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Berlin / Kabul. 19. Juli 2010. Die Frauenrechte-Organisation medica mondiale hat
aus Anlass der morgen stattfindenden Afghanistan-Konferenz in Kabul ihre große
Besorgnis über die aktuelle Verschlechterung der Situation zu Frauenrechten und
Menschenrechten in einem offenen Brief an die Bundesregierung und an
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Außenminister Guido Westerwelle,
Verteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Innenminister Thomas
de Maizière sowie Entwicklungsminister Dirk Niebel mitgeteilt.
Zwar würden täglich 100 Millionen U.S. Dollar in militärische Aktionen investiert, doch nur
sieben Millionen U.S. Dollar für zivile Aufbau-Projekte, etwa der Einrichtung von
Frauenhäusern zu Gute kommen. Erst kürzlich wurden zwei der neu eingerichteten
Frauenhäuser, die teuer mit internationalen Geldern errichtet wurden, geschlossen. Dieses
finanzielle Missverhältnis könne auch durch eine Aufstockung mit zehn Millionen Euro
durch die Bundesregierung nicht verändert werden.
Die Lage für Frauen in dem Kriegs-erschütterten Land verschlechtert sich nahzu täglich in
erschreckendem Ausmaß. Weiblichen Abgeordneten werde gedroht und junge Frauen
senden bislang unbekannte Täter Szenen von Vergewaltigungs-Videos auf deren Handys.
Die extreme strenge Auslegung des Scharia-Gesetzes bereite den Kinder, Frauen und
Mädchen sehr ernste Probleme. Bereits wenn sich eine Frau alleine, ohne männliche
Begleitung auf eine Reise begebe, werde dies als ein Verstoß gegen das Scharia-Gesetz
ausgelegt. Frauen, die als Politikerinnen oder Abgeordnete tätig werden wollen, erhalten
Todes-Drohungen. Von einer positiven Entwicklung für Frauen und für Menschenrechte
könne in Afghanistan nicht die Rede sein.
Die Regierung bestehe zum Teil aus ehemaligen "war lords" (Kriegs-Herren), die bereits in
der Vergangenheit oft genug bewiesen hätten, dass diese am Aufbau einer
demokratischen Strukturierung von Afghanistan kein Interesse haben. Die Kriegs-Herren
(war lords) hätten auch auch kein Interesse an der Einhaltung von Frauenrechten oder
Menschenrechten gezeigt.
medica mondiale mahnte, das Konzept der Afghanisierung dürfe nicht zu Lasten der
zivilen Bevölkerung in Afghanistan umgesetzt werden.
Die internationale Gemeinschaft habe es bislang auch sträflich versäumt, den Aufbau
demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen in Afghanistan voranzutreiben.
Funktionierende Staatsapparate, die große Summen von Entwicklungsgeldern
vertrauenswürdig und sinnvoll verwalten könnten, gebe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Dies sei auch einer der Gründe, die dazu führen, dass internationale Abkommen zum
Schutz der Frauen in Afghanistan nicht umgesetzt werden könnten.
In einem aktuellen Positions-Papier zur Lage der Frauen in Afghanistan fordert die
Frauenrechte-Organisation medica mondiale unter anderem ein sofortiges Ende der
Operation „Enduring Freedom“ und die Unterstellung sämtlicher internationaler Truppen
unter UNO-Mandat.
Des weiteren müsse eine klare Trennlinie gezogen werden zwischen Militär und zivilen
Organisationen der Entwicklungszusammen- und Menschenrechtsarbeit.
Das Verhältnis der bereitgestellten internationalen Gelder sollte sich dringend zugunsten
des zivilen Aufbaus verschieben. Drei Viertel der deutschen Ausgaben für Afghanistan
gingen bislang immer in den militärischen Einsatz, nur ein Viertel komme dem zivilen
Aufbau zu Gute. Die Gelder für Frauen-Projekte betragen sogar nur ein Prozent der
Gesamt-Ausgaben. Die Finanz-Geber-Länder sollten die Bereitstellung von Finanzen mit
der Forderung der Einhaltung der Menschenrechte abhängig machen. Insgesamt gibt es
13 Forderungen von medica mondiale, die eine bessere Zukunft für Frauen, die Einhaltung
von Frauenrechten und Menschenrechte und eine Hilfe für die zivile Bevölkerung in
Afghanistan möglich machen sollen.