Sie sind auf Seite 1von 94

Manuskript zur Vorlesung

Gröbner-Basen
und
nicht-lineare Gleichungssysteme

gehalten an der

U n i v e r s i t ä t Rostock

von

Prof. Dr. Dieter Neßelmann

Rostock, April 2009

Fassung vom 21. April 2009


Inhaltsverzeichnis

0 Einführung 1

1 Algebraische Varietäten 5

2 Ideale in kommutativen Ringen 10

3 Potenzproduktideale (Monomial ideals) 17

4 Gröbner-Basen 22

5 Eliminationstheorie 34

6 Dimension und Durchschnitte von Idealen 50

7 Der null-dimensionale Fall 55

8 Der allgemeine Fall - Quotientenringe 65

9 Polynomiale Abbildungen und ganzzahlige Optimierung 74

10 Ergänzung: Ordnung und Multiplizitäten von Idealen 85


0 EINFÜHRUNG 1

0 Einführung

Sei k ein beliebiger Körper und



→ →

A·−

x = b, A ∈ km×n , b ∈ km


ein lineares Gleichungssystem mit Koeffizenten aus k. Wendet man auf A · − →x = b den
Gaußschen Algorithmus an, so erhält man im Lösungsfall die allgemeine Lösung in der Form



x =−

x 0 + t1 · −

x 1 + . . . tn−r · −

x n−r

mit Parametern t1 , . . . , tn−r . Die Lösungsmenge ist stets ein linearer Teilraum des An (k).
Bei nichtlinearen Gleichungssystemen ist die Situation wesentlich schwieriger, wie schon ein-
fache Beispiele zeigen:
x2 + 1 = 0 hat in k = R keine Lösungen, aber in k = C zwei verschiedene Lösungen; in
k = {0, 1, 2} = Z/3 · Z keine Lösungen, aber in k = {0, 1, 2, 3, 4} = Z/5 · Z wieder zwei
verschiedene Lösungen, wie man leicht nachrechnet.
Wir wollen in dieser Vorlesung nur den Fall char k = 0 betrachten und beschränken uns
daher auf k = R bzw. k = C. Aber auch dann zeigen einfache Beispiele, dass die Struktur der
Lösungsmengen schon von einfachen Gleichungssystemen erheblich vielfältiger als im linearen
Fall ist.
In A2 (k) gilt:

x · y = 0 hat als Lösungsmenge zwei sich schneidende Geraden

x2 = 0 ist eine Doppelgerade

x2 − 1 = (x − 1)(x + 1) = 0 sind im affinen Fall parallele Geraden

In der projektiven Ebene ergibt

x21 − x20 = (x1 − x0 )(x1 + x0 ) = 0

zwei beliebige Geraden.


Ist k = C, so klärt der Fundamentalsatz der Algebra die Lösbarkeit und Lösungsstruktur
einer Gleichung mit einer Unbestimmten:

an · xn1 + · · · + a1 · x1 + a0 = 0, an 6= 0, n > 0,

hat genau n Lösungen, wenn wir jede Lösung mit einer geeigneten Vielfachheit zählen.
Wir betrachten im R3 die gemeinsamen Nullstellen von einer, zwei und drei Hyperflächen
F1 : f1 = 0, F2 : f2 = 0 und F3 : f3 = 0:

F1 : f1 = x · y − x3 − z 3 = 0
F2 : f2 = x − z 2 = 0
F3 : f3 = y − z 2 − 1 = 0
0 EINFÜHRUNG 2

y
-2

0
z

-2

-2

0
x
2

Abbildung 1: Fläche F1

-2
y

0
z

-1

2 x

Abbildung 2: Fläche F2
0 EINFÜHRUNG 3

y
-2
0

0
z

-2

-2

0
x
2

Abbildung 3: Flächen F1 und F2 mit Schnittkurve - Ansicht von der Seite -

z
0

-2

2
2
0
0 y
x
-2 -2

Abbildung 4: Flächen F1 und F2 mit Schnittkurve - Ansicht von unten -


0 EINFÜHRUNG 4

-1
y
0

0 z

-1

0
0.5
1
1.5
x
2

Abbildung 5: Schnittkurve F1 ∩ F2
y
-2

0
z

-2

-2

0
x
2

Abbildung 6: Flächen F1 , F2 und F3


1 ALGEBRAISCHE VARIETÄTEN 5

1 Algebraische Varietäten

Definition 1.1 Sei k ein Körper, n = 1 und An (k) = {(a1 , . . . , an ); (a1 , . . . , an ) ∈ kn }.


An (k) heißt (als Punktmenge) der affine n-dimensionale Raum über k.

A = k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1) sei der Polynomring in n Unbestimmten X1 , . . . , Xn über k,


f = f (X1 , . . . , Xn ) ∈ A ein Polynom über k.

Definition 1.2 a) Die Menge

Z(f ) = {(a1 , . . . , an ) ∈ An (k) : f (a1 , . . . , an ) = 0} = {P ∈ An (k) : f (P ) = 0}

heißt Nullstellenmenge von f .

b) Ist T = {f1 , . . . , fr }, r ≥ 1, dann heißt

Z(T ) = {P ∈ An (k) : fi (P ) = 0 (i = 1, . . . , r)}

Nullstellenmenge von T .

c) Eine Teilmenge V ⊂ An (k) heißt algebraische Menge (oder auch algebraische


Mannigfaltigkeit, algebraische Varietät) :⇐⇒ ∃ endliche Menge T ⊂ A =
k[X1 , . . . , Xn ], T 6= ∅, mit V = Z(T ). Ist T = {f1 , . . . , fr }, so schreiben wir

V = V (f1 , . . . , fr ) = {(a1 , . . . , an ) ∈ An (k) : fi (a1 , . . . , an ) = 0 (i = 1, . . . , r)}.

Beispiele algebraischer Mengen:


1. Lineare k-Varietäten: Lösungsmengen linearer Gleichungssysteme
2. Hyperflächen: T = {f }, f ∈ A

f = f (X1 , . . . , Xn ) =⇒ V (f ) = {(x1 , . . . , xn ) ∈ kn : f (x1 , . . . , xn ) = 0}.

Satz 1.3 Sind Vi = V (Ti ) (i = 1, 2) algebraische Mengen, so sind auch V1 ∩ V2 und


V1 ∪ V2 algebraische Mengen.

Beweis: Es gilt V1 ∩ V2 = Z(T1 ∪ T2 ) und V1 ∪ V2 = Z(T1 · T2 ) (Beweis als Übung!). ¤

Bemerkung 1.4 1. Der Durchschnitt beliebig vieler algebraischer Mengen ist wieder eine
T S
algebraische Menge: α∈I Vα = Z( α∈I Tα ), denn es wird sich zeigen, dass wir stets
S
mit einer endlichen Teilmenge T ⊆ α∈I Tα auskommen.

2. Wir können in An (k) eine natürliche“ Topologie einführen, die Zariski-Topologie“:


” ”

M ⊂ An (k) ist abgeschlossen :⇐⇒ ∃ T ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] : M = Z(T )

O ⊂ An (k) ist offen :⇐⇒ ∃M (abgeschlossen) : O = An (k) \ M.


1 ALGEBRAISCHE VARIETÄTEN 6

Folglich gilt
∅ = V (1) ist abgeschlossen;
An (k) = V (0) ist abgeschlossen;
∅ = An (k) \ An (k) ist offen;
An (k) = An (k) \ ∅ ist offen.
Der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen und die Vereinigung beliebig vieler
offener Mengen ist offen.

3. Dieses führt zu einer kompletteren“ Definition einer algebraischen Mannigfaltigkeit:



Eine algebraische Mannigfaltigkeit ist eine algebraischen Menge, versehen mit der
oben definierten Zariski-Topologie.
Wenn wir daher von algebraischen Mannigfaltigkeiten sprechen, meinen wir stets die
algebraischen Menge + Zariski-Topologie.

Satz 1.5 Sei k unendlich, n = 1 und V = V (f ) eine Hyperfläche. Dann gilt:

a) ∃ unendlich viele Punkte P ∈ An (k)\V .

b) Ist k algebraisch abgeschlossen (etwa k = C) und n = 2, dann gibt es unendlich viele


Punkte P ∈ V .

a) trifft insbesondere auch für alle V $ An (k) zu.

Beweis: a) Induktion bezüglich n:


Ist n = 1, dann hat f (X1 ) nur endlich viele Nullstellen. Daher gibt es unendlich viele Punkte
P mit f (P ) 6= 0 (Grad f > 0).
Sei n > 1 und f = ϕ0 + ϕ1 · Xn + . . . + ϕt · Xnt , ϕi ∈ k[X1 , . . . , Xn−1 ], ϕi 6≡ 0
=⇒ nach Induktionsvoraussetzung ∃(x1 , . . . , xn−1 ) : ϕt (x1 , . . . , xn−1 ) 6= 0
=⇒ f (x1 , . . . , xn−1 , Xn ) hat nur endlich viele Nullstellen. Da k unendlich ist, gibt es unend-
lich viele Punkte (x1 , . . . , xn−1 , z), so dass f (x1 , . . . , xn−1 , z) 6= 0.
b) n > 1 und f = ϕ0 + ϕ1 · Xn + . . . + ϕt · Xnt , ϕt 6= 0 wie oben;
=⇒ nach a) gibt es unendlich viele (x1 , . . . , xn−1 ) mit ϕ(x1 , . . . , xn−1 ) 6= 0;
=⇒ für jedes solches (n − 1)-Tupel gibt es ein z0 , so dass f (x1 , . . . , xn−1 , z0 ) = 0. ¤

Definition 1.6 Sei V ⊂ An (k) eine algebraische Mannigfaltigkeit und

I(V ) = {f ∈ A : f (P ) = 0 ∀ P ∈ V }

I(V ) heißt das Ideal von V.

Beispiel V sei die Neilsche Parabel mit der Gleichung y 2 − x3 = 0 (y = t3 , x = t2 ). Dann ist

I(V ) = {r(X, Y ) · (Y 2 − X 3 ) : r(X, Y ) ∈ k[X, Y ]}.


1 ALGEBRAISCHE VARIETÄTEN 7

Bemerkung 1.7 a) I(V ) hat die charakteristischen Eigenschaften der Null:

1. ∀ f1 , f2 ∈ I(V ) gilt f1 + f2 ∈ I(V )


2. ∀ r ∈ A und ∀ f ∈ I(V ) gilt r · f ∈ I(V ).

b) Wir werden sehen, dass die geometrische Beschreibung von V ⊂ An (k) und die algebrai-
sche Beschreibung von I(V ) ⊂ A = k[X1 , . . . , Xn ] gleichwertig sind aber unterschiedlich
gut handhabbar.

Ideale sind aus der Ringtheorie (bereits) bekannt:

Definition 1.8 a) Sei R ein beliebiger kommutativer Ring und a ⊂ R eine nicht-leere
Teilmenge.

a heißt Ideal :⇐⇒ 1. ∀ a1 , a2 ∈ a gilt a1 + a2 ∈ a


2. ∀ a ∈ a und ∀ r ∈ R gilt a · r = r · a ∈ a

b) Eine Menge M ⊆ a heißt Erzeugendensystem


α
X
:⇐⇒ ∀ a ∈ a ∃ m1 , . . . , mα ∈ M und ∃ r1 , . . . , rα ∈ R, so dass a = ri · mi
i=1

(endliche Summe!).

Wir werden es durchweg mit Ringen zu tun haben, in denen jedes Ideal ein endliches Erzeu-
gendensystem besitzt ( noethersche“ Ringe, benannt nach Emmy Noether (1882 - 1935)).

c) Das Ideal Rad(a) = {a ∈ R : ∃ r ∈ N mit ar ∈ a} heißt Radikal von a.

Ideale treten als Kern homomorpher Abbildungen auf:


Sei ϕ : R −→ R eine homomorphe Abbildung und Ker ϕ = {a ∈ R : ϕ(a) = 0}. Dann ist
Ker ϕ ein Ideal in R:

a, b ∈ Ker ϕ =⇒ ϕ(a + b) = ϕ(a) + ϕ(b) = 0̄ + 0̄ = 0̄ =⇒ a + b ∈ Ker ϕ


a ∈ Ker ϕ, r ∈ R =⇒ ϕ(r · a) = ϕ(r) · ϕ(a) = ϕ(r) · 0̄ = 0̄ =⇒ r · a ∈ Ker ϕ

Ein Ideal a in R bewirkt in R eine Einteilung in Restklassen (modulo a):

a ∼ b :⇐⇒ a − b ∈ a

Die Restklasse von a bezeichnen wir mit a = [a] = {b ∈ R : b ∼ a}.


Beispiel: R = Z, Rechnen modulo 5
n ∈ Z =⇒ n = 5 · m + r mit r ∈ {0, 1, 2, 3, 4} und n1 ∼ n2 ⇐⇒ 5 | n1 − n2
d.h. n1 und n2 haben bei Division durch 5 denselben Rest. Damit erhalten wir die Restklassen
[0] = 0̄, [1] = 1̄, [2] = 2̄, [3] = 3̄, [4] = 4̄.
1 ALGEBRAISCHE VARIETÄTEN 8

Durch die Vereinbarung

ā + b̄ := [a + b], ā · b̄ := [a · b]

erhält die Menge der Restklassen eine Ringstruktur, im Beispiel

Z = Z/(5) = {0̄, 1̄, 2̄, 3̄, 4̄}

Allgemein: Sei a ⊂ R ein Ideal. Zu (R, a) gehört ein neuer“ Ring R, der Restklassenring

modulo a: R = R/a. Wir haben den
Homomorphiesatz für Ring:


1. Sei ϕ : R −→ R∗ eine homomorphe Abbildung von R auf R∗ . Dann ist der Kern von
ϕ ein Ideal a und es gilt R∗ ∼
= R/a

2. Ist a ⊂ R ein Ideal. Dann gibt es eine homomorphe Abbildung ϕ von R auf R/a mit a

als Kern: ϕ : R −→ R/a.

Für Ideale a ⊂ A = k[X1 , . . . , Xn ] können wir nun wie oben definieren:


Definition 1.2∗ : Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal.
V (a) = {P ∈ An (k) : ∀ f ∈ a gilt f (P ) = 0} heißt Nullstellenmenge von a.

Bemerkung 1.9 Unter Beachtung der endlichen Erzeugbarkeit von Idealen in A haben wir
hiermit die gleiche Definition wie bei algebraischen Mannigfaltigkeiten V (T ), T endlich, wenn
T ein Erzeugendensystem für a ist (Beweis siehe später!).

Satz 1.10 Folgende Aussagen gelten:

a) Sind T1 ⊆ T2 ⊆ A Mengen, so gilt Z(T1 ) ⊇ Z(T2 ).

b) Für alle algebraischen Mannigfaltigkeiten V ⊆ An (k) gilt Z(I(V )) = V .

c) Sind V1 ⊆ V2 ⊆ An (k) Mengen, so gilt I(V1 ) ⊇ I(V2 ).

d) Sind V1 , V2 ⊆ An (k) algebraische Mannigfaltigkeiten, so gilt


I(V1 ∪ V2 ) = I(V1 ) ∩ I(V2 ) und V1 ∪ V2 = Z(I(V1 ) · I(V2 )).

e) Für jede Familie {Vλ }λ∈Λ von algebraischen Mannigfaltigkeiten gilt


T P
λ∈Λ Vλ = Z( λ∈Λ I(Vλ )).

f) ∀ V ⊆ An (k) gilt I(V ) = Rad I(V ).

c∗ ) Sind V1 ⊆ V2 ⊆ An (k) algebraischen Mannigfaltigkeiten, so gilt


V1 $ V2 ⇐⇒ I(V1 ) % I(V2 ).

Beweis:

a) P ∈ Z(T2 ) =⇒ ∀ f ∈ T2 : f (P ) = 0,
T1 ⊆ T2 =⇒ ∀ g ∈ T1 : g(P ) = 0 =⇒ P ∈ Z(T1 ).
1 ALGEBRAISCHE VARIETÄTEN 9

b) P ∈ V ⇐⇒ ∀ f ∈ I(V ) : f (P ) = 0 ⇐⇒ P ∈ Z(I(V )).

c) f ∈ I(V2 ) =⇒ ∀ P ∈ V2 : f (P ) = 0 =⇒ ∀ Q ∈ V1 : f (Q) = 0 =⇒ f ∈ I(V1 ).

d) f ∈ I(V1 ∪ V2 ) ⇐⇒ ∀ P ∈ V1 ∪ V2 : f (P ) = 0 ⇐⇒ f ∈ I(V1 ) und f ∈ I(V2 ) ⇐⇒ f ∈


I(V1 ) ∩ I(V2 ).

P ∈ V1 ∪ V2 ⇐⇒ P ∈ V1 oder P ∈ V2 ⇐⇒
(∀ f ∈ I(V1 ) : f (P ) = 0) oder (∀ f ∈ I(V2 ) : f (P ) = 0) ⇐⇒ ∀ g ∈ I(V1 ) · I(V2 ) :
g(P ) = 0 ⇐⇒ P ∈ Z(I(V1 ) · I(V2 )).
T
e) P ∈ λ∈Λ Vλ ⇐⇒ ∀ λ ∈ Λ : P ∈ Vλ ⇐⇒ ∀ f ∈ I(Vλ ) : f (P ) = 0 ⇐⇒
P
P ∈ Z( λ∈Λ I(Vλ ))

f ) Sei f ∈ Rad I(V ) =⇒ ∃ r : f r ∈ I(V ) =⇒ ∀ P ∈ V : f r (P ) = 0 =⇒


∀ P ∈ V : f (P ) = 0 =⇒ f ∈ I(V ).

c∗ ) folgt aus b) und c). ¤

Die Struktur algebraischer Mannigfaltigkeiten ist eng mit der Struktur von Idealen verknüpft.
Daher wird diese zunächst näher untersucht.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 10

2 Ideale in kommutativen Ringen

Im folgenden sei R stets ein kommutativer Ring mit Einselement.

Lemma 2.1 Seien a, b ⊆ R Ideale. Dann gilt:

1) a ∩ b ist ein Ideal.

2) a · b ist ein Ideal.

3) (a, b) = a + b = {a + b : a ∈ a und b ∈ b} ist ein Ideal.

4) a + b ∈ a und a ∈ a =⇒ b ∈ a.

5) a ∪ b ist im allgemeinen kein Ideal,


denn für a ∈ a, a ∈
/ b und b ∈ b, b ∈
/ a =⇒ a + b ∈
/ a ∪ b.

Definition 2.2 R heißt noethersch :⇐⇒ jedes Ideal a ⊆ R besitzt ein endliches Erzeugen-
densystem {a1 , . . . , am }.

Bezeichnung: a = (a1 , . . . , am ) = (a1 , . . . , am ) · R; {a1 , . . . , am } heißt auch Basis für a.

Satz 2.3 Folgende Aussagen sind äquivalent:

a) R ist noethersch.

b) Es gilt der Teilerkettensatz für Ideale, d.h. jede aufsteigend Kette von Idealen aus R:
a1 ⊆ a2 ⊆ . . . wird stationär.
( Stationär heißt, ∃ n ≥ 1, so dass ∀ m ≥ 0 gilt: an = an+m .)

c) Es gilt die Maximalbedingung für Ideale, d.h. jede nichtleere Menge von Idealen aus
R enthält ein maximales Element (bezüglich der Inklusion).

S

Beweis: a) ⇒ b) Sei a1 ⊂ a2 ⊂ . . . und a = ai
i=1
=⇒ a ist ein Ideal und nach Voraussetzung endlich erzeugt: a = (a1 , . . . , am )
=⇒ ∃ n : a1 , . . . , am ∈ an =⇒ an = an+1 = . . ..
b) ⇒ c) Angenommen, M sei eine Menge von Idealen ohne maximales Element und M 6= ∅.
=⇒ ∀ a1 ∈ M ∃ a2 ∈ M : a1 ⊂ a2 usw. Daher existiert eine nichtstationäre aufsteigende
Kette von Idealen aus R.
c) ⇒ a) Sei a ⊆ R ein Ideal und

S = {b ⊆ R; b ⊆ a, b endlich erzeugt}.

Nach Voraussetzung besitzt S ein maximales Element, etwa a0 . Ist a ∈ a, dann ist offenbar
(a0 , a) endlich erzeugt und damit in S; also (a0 , a) = a0 , da a0 maximal in S und somit
a = a0 , also endlich erzeugt. ¤
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 11

Folgerung 2.4 Mit R ist auch jedes homomorphe Bild ϕ(R) noethersch.

Beweis: Sei c = Ker ϕ und a0 ⊆ a1 ⊆ . . . eine aufsteigende Kette von Idealen in ϕ(R). Dann
gibt es eine aufsteigende Kette c ⊆ a0 ⊆ a1 ⊆ . . . in R mit ϕ(ai ) = ai , i = 1, 2, . . .. Da R
noethersch, gibt es ein n, so dass an = an+m ∀ m ≥ 0. Daher ist

an = ϕ(an ) = ϕ(an+m ) = an+m . ¤

Satz 2.5 (Hilbertscher Basissatz (David Hilbert, 1862 - 1943)) Ist R noethersch und
X eine Unbestimmte über R, dann ist auch R[X] noethersch. Insbesondere ist k[X1 , . . . , Xn ]
noethersch.

Beweis: Wir zeigen: Ist R[X] nicht noethersch, dann ist auch R nicht noethersch.
Sei a ⊆ R[X] ein Ideal, das nicht endlich erzeugbar ist. Sei

f1 ∈ a ein Polynom vom kleinsten Grad n1 und höchstem Koeffizienten a1 ;


..
.

fk+1 ∈ a \ (f1 , . . . , fk ) vom kleinsten Grad nk+1 und höchstem Koeffizienten ak+1 ;

=⇒ n1 5 n2 5 . . . 5 nk 5 . . .
Behauptung: (a1 ) ⊂ (a1 , a2 ) ⊂ . . . ist eine Idealkette in R, die nicht stationär ist.
Angenommen, (a1 , . . . , ak ) = (a1 , . . . , ak+1 )
P k
=⇒ ak+1 ∈ (a1 , . . . , ak ) =⇒ ak+1 = bi · ai (bi ∈ R) und
i=1

k
X
g := fk+1 − bi · X nk+1 −ni · fi ∈ a \ (f1 , . . . , fk ), Grad g < nk+1 = Grad fk+1 .
i=1

Widerspruch. ¤

Folgerung 2.6 a) Jede absteigende Kette affiner Mannigfaltigkeiten ist stationär.


b) Sei R noethersch und S ein endlich erzeugter Erweiterungsring von R. Dann ist auch S
noethersch.

Beweis: a) Ist V1 ⊃ V2 ⊃ . . . eine absteigende Kette affiner Mannigfaltigkeiten, dann ist


I(V1 ) ⊂ I(V2 ) ⊂ . . . eine aufsteigende Kette von Idealen und

Vr = Vr+1 ⇐⇒ I(Vr ) = I(Vr+1 ).

Daher folgt die Aussage aus 2.5.


b) Nach 2.5 gilt die Aussage für A = k[X1 , . . . , Xn ]. Ist S = R[z1 , . . . , zr ], so erhält man S
als homomorphes Bild von R[X1 , . . . , Xn ] mit einem geeigneten Ideal a als Kern:


ϕ : R[X1 , . . . , Xr ] −→ S ∼
= R[X1 , . . . , Xr ]/a.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 12

Wegen 2.4 ist mit R[X1 , . . . , Xr ] auch jedes homomorphe Bild ϕ(R[X1 , . . . , Xr ]) noethersch.
¤
Definition 1.2 ⇐⇒ Definition 1.2∗ : a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] ⇒ a = (f1 , . . . , fm ) ⇒ Ta :=
{f1 , . . . , fm } ist endlich und V (a) = Z(Ta ).
V als algebraische Mannigfaltigkeit ist eine abgeschlossene Menge in der Zariski-Topologie des
An (k). Wir erhalten daher für abgeschlossene Mengen des An (k) ein entsprechendes Ergebnis
wie 2.5.

Satz 2.7 An (k) ist noethersch, d.h. jede absteigende Kette A1 ⊃ A2 ⊃ . . . abgeschlosse-
ner Mengen ist stationär.

Beweis: Aus A1 ⊃ A2 ⊃ . . . folgt I(A1 ) ⊂ I(A2 ) ⊂ . . . ⊆ k[X1 , . . . , Xn ]. Da die


Kette der Ideale stationär ist, muss auch die Kette der Mannigfaltigkeiten stationär sein. ¤
Mit diesen Vorbereitungen können wir nun Zerlegungssätze für Mannigfaltigkeiten und Ideale
beweisen.

A. Mannigfaltigkeiten

Definition 2.8 Eine k-Mannigfaltigkeit V ⊂ An (k) heißt irreduzibel


:⇐⇒ wenn V = V1 ∪ V2 mit Mannigfaltigkeiten V1 und V2 , so ist V = V1 oder V = V2 .

Satz 2.9 Sei V ⊂ An (k) eine algebraische Mannigfaltigkeit. Dann gibt es irreduzible Man-
nigfaltigkeiten V1 , . . . , Vr ⊂ An (k), so dass V = V1 ∪ . . . ∪ Vr .
Gilt Vi * Vj für alle i, j (i 6= j), so sind V1 , . . . , Vr eindeutig bestimmt.
V1 , . . . , Vr heißen die irreduziblen Komponenten von V .

Beweis: a) (Existenz) Sei S die Menge der algebraischen Mannigfaltigkeiten, die keine
solche Darstellung besitzen.
Behauptung: S = ∅
Angenommen, S 6= ∅. Dann besitzt S wegen Folgerung 2.6 ein minimales Element Y ;
Y ist nicht irreduzibel: Y = Y1 ∪ Y2 und Y1 , Y2 $ Y =⇒ Y1 , Y2 ∈
/S
=⇒ sowohl Y1 als auch Y2 besitzen solch eine Darstellung, also auch Y1 ∪ Y2 .
Die Eindeutigkeit ergibt sich später aus Satz 2.19.

B. Ideale

Definition 2.10 a) (Primideal) Ein Ideal p ⊆ R heißt Primideal :⇐⇒


∀ a, b ∈ R gilt: wenn a · b ∈ p und a ∈
/ p, dann ist b ∈ p.

b) (Primärideal) Ein Ideal q ⊆ R heißt Primärideal :⇐⇒


/ q, dann existiert ein % > 0, so dass b% ∈ q.
∀ a, b ∈ R gilt: wenn a · b ∈ q und a ∈
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 13

c) Ist a ⊆ R ein Ideal und c = {r ∈ R | ∃% > 0 : r% ∈ a}, dann heißt c das Radikal von a:

Rad a := {r ∈ R | ∃% > 0 : r% ∈ a}.

Jedes Primideal ist insbesondere ein Primärideal.

Satz 2.11 a) Ist q ⊆ R ein Primärideal, so ist p := Rad q ein Primideal.


Sei q ein p-primäres Ideal. Dann gilt:

b) a · b ∈ q und a ∈
/ p, dann ist b ∈ q.

c) a · b ⊆ q und a " p, dann ist b ⊆ q.

Beweis: a) Zu zeigen: ∀ a, b ∈ R gilt: wenn a · b ∈ p und a ∈ / p, dann ist b ∈ p.


r / p =⇒ ar ∈
Ist a · b ∈ p, dann gibt es ein r > 0, so dass (a · b) ∈ q, a ∈ / q =⇒
r % r·%
∃ % > 0 : (b ) = b ∈ q =⇒ b ∈ p.
/ q =⇒ ∃ % > 0 : a% ∈ q =⇒ a ∈ p, Widerspruch!
b) Angenommen, b ∈
c) Sei b ∈ b beliebig =⇒ ∀ a ∈ a : a · b ∈ q. Ist a0 ∈ a, a0 ∈
/ p =⇒ a0 · b ∈ q =⇒ b ∈ q. ¤
Offenbar ist p% ⊆ q ⊆ p für ein geeignetes % > 0.
q heißt p-primär und %0 = min{% : p% ⊆ q} heißt der Exponent von q.
Beispiele sind durchweg schwer anzugeben außer bei Potenzproduktidealen:
Sei R = k[X1 , X2 , X3 ], p = (X1 , X2 ) ist prim und q = (X12 , X2 ) ist primär.

Definition 2.12 Ein Ideal a ⊂ R heißt irreduzibel :⇐⇒


a ist nicht darstellbar in der Form a = b ∩ c, a $ b, a $ c.
Gibt es für a eine solche Darstellung a = b ∩ c, a 6= b, a 6= c, so heißt a reduzibel.

Satz 2.13 a) Jedes irreduzible Ideal ist primär.

b) Jedes Primideal is irreduzibel.

c) Es gibt reduzible Primärideale.

Wir haben folgende Inklusionen als Mengen:

{Primärideale} ⊃ {irreduzible Ideale} ⊃ {Primideale}

und jede Inklusion ist echt!


Bevor wir Satz 2.13 beweisen, benötigen wir den Begriff des Idealquotienten.

Definition 2.14 Seien a, b ⊆ R. Dann ist a : b = {c ∈ R : c · b ⊆ a} der Idealquotient


von a und b.

Idealquotienten haben folgende Eigenschaften, die hier nicht alle bewiesen werden:
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 14

Satz 2.15 Seien a, b, c, . . . Ideale in R. Dann gilt:

a) a ⊆ b =⇒ a : c ⊆ b : c und c : b ⊆ c : a

b) c = a : b =⇒ b · c = b · (a : b) ⊆ a

c) a : (b, c) = (a : b) ∩ (a : c)

d) a : (b1 , . . . , bs ) = (a : b1 ) ∩ · · · ∩ (a : bs )

e) (a1 ∩ · · · ∩ as ) : b = (a1 : b) ∩ · · · ∩ (as : b)

f) (a : b) : c = a : (b · c)

g) a ∩ (b) = (a : (b)) · (b)

Beweis: z.B. c) α · (b, c) ⊆ a ⇐⇒ α · b ⊆ a und α · c ⊆ a


⇐⇒ α ∈ a : b und α ∈ a : c ⇐⇒ α ∈ (a : b) ∩ (a : c)
g) Sei α ∈ a ∩ (b) ⇐⇒ α = r · b ∈ a ⇐⇒ r ∈ a : (b) ⇐⇒ α = r · b ∈ (a : (b)) · (b). ¤
Beweis zu Satz 2.13: a) Angenommen, a sei nicht primär.
Wir zeigen: a ist reduzibel. Da a nicht primär ist, gibt es b, c ∈ R, so dass
/ a und ∀ % = 0 : c% ∈
b · c ∈ a, b ∈ / a. Wir erhalten die Kette von Idealen

a : (c) ⊆ a : (c2 ) ⊆ · · · ⊆ a : (ck ) ⊆ a : (ck+1 ) ⊆ · · ·

Da R noethersch ist, ∃ k : a : (ck ) = a : (ck+1 ) = · · ·


Behauptung: a = (a, (b)) ∩ (a, (ck ))
a ⊆ (a, (b)) ∩ (a, (ck )) ist trivial.
Sei u ∈ (a, (b)) ∩ (a, (ck )), u = a1 + b · r1 = a2 + ck · r2 , a1 , a2 ∈ a, r1 , r2 ∈ R
⇒ u · c = a1 · c + b · c · r1 = a2 · c + ck+1 · r2 ∈ a ⇒ ck+1 · r2 ∈ a
⇒ r2 ∈ a : (ck+1 ) = a : (ck ) ⇒ r2 · ck ∈ a ⇒ u ∈ a.
b) Angenommen, p = a ∩ b ⊇ a · b, a * p ⇒ b ⊆ p ⇒ Widerspruch!
c) Beispiel: R = k[X1 , X2 ], a = (X12 , X1 X2 , X22 ) = (X12 , X2 ) ∩ (X1 , X22 ). ¤

Satz 2.16 Seien q1 , q2 Primärideale zum selben Primideal p als Radikal. Dann ist q1 ∩ q2
ein p-primäres Ideal.

Beweis: 1. Rad(q1 ∩ q2 ) = Rad q1 ∩ Rad q2 = p ∩ p = p, denn:


α ∈ Rad q1 ∩ Rad q2 ⇐⇒ ∃ %i : α%i ∈ qi (i = 1, 2) ⇐⇒ mit % = max{%1 , %2 } ist
α% ∈ q1 ∩ q2 ⇐⇒ α ∈ Rad(q1 ∩ q2 ).
2. q1 , q2 - primär =⇒ q1 ∩ q2 - primär, denn:
0
sei a · b ∈, a ∈
/ q1 ∩ q2 =⇒ (z.B.) a ∈ / q1 =⇒ b% ∈ q1 =⇒ b ∈ p =⇒
00
b% ∈ q2 =⇒ mit % = max{%0 , %00 } ist b% ∈ q. ¤
Damit stehen alle Elemente für die Struktur- bzw. Zerlegungssätze zur Verfügung.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 15

Satz 2.17 (1. Zerlegungssatz von E. Lasker (1868 - 1941)) Sei R ein noetherscher Ring.
Dann lässt sich jedes Ideal a ⊂ R als Durchschnitt endlich vieler irreduzibler Ideale darstellen:

a = c1 ∩ · · · ∩ cl , ci − irreduzibel.

Beweis: Ist a irreduzibel, dann sind wir fertig. Andernfalls gibt es Ideale a1 , a2 , die beide a
echt enthalten, so dass a = a1 ∩ a2 ; sind die ai irreduzibel, dann sind wir fertig. Andernfalls
gibt es Ideale a11 , a12 , die beide a1 echt enthalten, so dass a1 = a11 ∩ a12 usw. Das ergibt
eine Teilerkette

a ⊂ a1 ⊂ a11 ⊂ · · · .

Diese bricht nach endlich vielen Schritten ab bzw. wird stationär. ¤


Insbesondere sind c1 , . . . , cl primär. Fassen wir alle irreduziblen Komponenten mit demselben
Radikal zu einem Primärideal zusammen und lassen überflüssige“ Komponenten fort, dann

erhalten wir

Satz 2.18 (2. Zerlegungssatz von E. Noether (1882 - 1935)) Sei R ein noetherscher
Ring. Dann gibt es zu jedem Ideal a ⊂ R eine unverkürzbare Darstellung durch größte“

Primärkomponenten

a = q1 ∩ · · · ∩ qr , Rad qk = pk und pi 6= pj , f alls i 6= j.

Für Eindeutigkeitsaussagen benötigen wir den Begriff der isolierten und eingebetteten Kom-
ponenten.

Definition 2.19 Sei a = q1 ∩· · ·∩qr eine unverkürzbare Darstellung durch größte Primärkom-
ponenten. Eine Primärkomponente qi heißt eingebettet, wenn eine Komponente qj existiert,
so dass

pi = Rad qi ⊃ Rad qj = pj .

Die nicht-eingebetteten Primärkomponenten heißen isoliert.

Wir werden nun zeigen, dass in obigen Darstellungen


a) die Menge der zugehörigen (isolierten und eingebetteten) Primideale und
b) die Menge der isolierten Primärideale
eindeutig bestimmt sind.

Satz 2.20 Sei a = q1 ∩ · · · ∩ qr eine unverkürzbare Darstellung durch größte Primärkompo-


nenten und pi = Rad qi (i = 1, . . . , r). Dann gilt:

a) {p1 , . . . , pr } sind eindeutig bestimmt.

b) Sind q1 , . . . , qr0 isolierte Komponenten und qr0 +1 , . . . , qr eingebettet (1 5 r0 5 r), so


sind q1 , . . . , qr0 eindeutig bestimmt (nicht aber qr0 +1 , . . . , qr ).
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 16

Zum Beweis benötigen wir zwei technische Resultate über Idealquotienten.

Hilfssatz 2.21 Sei q ein Primärideal p = Rad q und % der Exponent von q, d.h. p% ⊆ q, aber
p%−1 * q, und a ein Ideal. Dann gilt:

a) q : a = q, falls a * p;

b) q : a = q, falls a ⊆ p, a * q.
q ist ein Primärideal zum Radikal p mit einem Exponenten % < %.

Beweis a) Es gilt q : a ⊇ q.
Sei b ∈ q : a =⇒ (b) · a ⊆ q, a * p =⇒ (Satz 2.11 b)) b ∈ q.
b) Sei a ⊆ p, a * q, p% ⊆ q, p%−1 * q.
Sei p ∈ p%−1 =⇒ p · a ⊆ p% ⊆ q =⇒ p ∈ q : a = q =⇒ p%−1 ⊆ q.
Ist a ∈ q = q : a =⇒ a · a ⊆ q ⊆ p, a * q =⇒ a ∈ p =⇒
q ⊆ p =⇒ p%−1 ⊆ q ⊆ p =⇒ Rad q = p = Rad q.
Wir zeigen: q ist primär.
/ q =⇒ b · c · a ⊆ q, b · a * q =⇒ c ∈ p bzw. c% ∈ p% ⊆ q ⊂ q. ¤
Sei b · c ∈ q, b ∈
Beweis zu 2.20 a) Angenommen, a = q1 ∩ · · · ∩ qr = q1 ∩ · · · ∩ qt seien jeweils unverkürzbare
Darstellungen mit pi = Rad qi , pi = Rad qi und etwa p1 maximal in {p1 , . . . , ps , p1 , . . . , pt }.
Wir zeigen: p1 tritt unter {p1 , . . . , pt } auf.
Angenommen, p1 ∈
/ {p1 , . . . , pt }. Dann ist wegen q1 * pi (i > 1) und q1 * pj (j = 1)

a : q1 = (q1 : q1 ) ∩ (q2 : q1 ) ∩ · · · ∩ (qs : q1 ) = q2 ∩ · · · ∩ qr


= q1 ∩ · · · ∩ qt = a = q1 ∩ · · · ∩ qr

im Widerspruch zu a = q1 ∩ · · · ∩ qr nicht verkürzbar“.



Sei etwa p1 = p1

=⇒ a : q1 · q1 = q2 ∩ · · · ∩ qr = q2 ∩ · · · ∩ qt = a1 .

Wiederholung mit a1 statt a führt schließlich zu s = t und pi = pi für i = 1, . . . , s.


b) Sei p1 minimal in {p1 , . . . , ps }. Wir zeigen: q1 = q1 .
Sei hierzu b = q2 ∩ · · · ∩ qs und b = q2 ∩ · · · ∩ qs . Dann ist b * p1 = p1 , denn für i = 2, . . . , s
ist qi * p1 =⇒ ∃ qi ∈ qi , qi ∈ / p1 =⇒ q2 · · · qs ∈ b, aber q2 · · · qs ∈
/ p1 . Hieraus folgt

a : b = (q1 ∩ b) : b = (q1 : b) ∩ (b : b) = q1 : b = q1
= (q1 ∩ b) : b = (q1 : b) ∩ (b : b) ⊆ q1

Genauso zeigt man q1 ⊆ q1 woraus dann q1 = q1 folgt. ¤

Definition 2.22 Ein Ideal a nennen wir Radikalideal, wenn Rad a = a.


3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 17

3 Potenzproduktideale (Monomial ideals)

Sei R = k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1) ein Polynomring über k.

Definition 3.1 a) Ein Ausdruck der Form p = X1i1 · · · Xnin (i1 , . . . , in = 0) heißt Potenz-
produkt oder Monom.

b) Ein Ideal a ⊂ R, das eine (nicht notwendig endliche) Basis aus lauter Potenzprodukten
besitzt, heißt Potenzproduktideal oder monomiales Ideal.

b∗ ) a ⊂ R heißt Potenzproduktideal :⇐⇒ ∃ A ⊆ Zn=0 , so dass


X
a={ hα X α : hα ∈ R, α ∈ A},
α

wobei α = (α1 , . . . , αn ), X α = X1α1 · · · Xnαn .

Es ist

X α · X β = X γ ⇔ γ = α + β mit α, β, γ ∈ Zn=0 ,

wobei α = (α1 , . . . , αn ), β = (β1 , . . . , βn ), γ = (γ1 , . . . , γn ) und γi = αi + βi für i = 1, . . . , n


und X α |X β ⇔ ∃γ ∈ Zn=0 mit β = α + γ.
Potenzproduktideale repräsentieren geometrisch lineare Teilräume des An (k). Das erklärt
sowohl ihre geometrische als auch algebraische recht gute Handhabung.
Für Potenzproduktideale gilt

Lemma 3.2 Sei a = ({X α : α ∈ A}) ein Potenzproduktideal. Dann gilt:

a) X β ∈ a ⇐⇒ ∃ α ∈ A, so dass X α | X β .

b) Sei f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann ist f ∈ a ⇐⇒ jeder Summand von f liegt in a.

c) a besitzt eine Basis aus Monomen.

Beweis: a) ”⇐=” X β = X α · X γ ⇒ X β ∈ a.
Ps
”=⇒” Ist X β ∈ a, etwa X β = hi X α(i) , dann ist wegen der eindeutigen Darstellung von
i=1
Polynomen o.B.d.A. s = 1 und h1 ein Monom, etwa h1 = X γ , also X β = h1 X α(1) = X γ · X α .
b)”⇐=” trivial!
P
”=⇒” Sei f = ai fi , ai ∈ k und o.B.d.A. fi Monome;
P P
f ∈ a =⇒ ∃ Monome pj ∈ a, so dass f = bj pj = ai fi und etwa ai fi = bi pi , ai ∈ k.
−1
Daher ist fi = ai · bi · pi ∈ a.
c) Da R noethersch ist, besitzt a eine endliche Basis: a = (f1 , . . . , fs ). Nach b) liegt jedes
Monom von f1 , . . . , fs in a, die folglich eine endliche Basis bilden. ¤
Für die Bestimmung einer Basis von Potenzproduktidealen ist das Lemma von Dickson (1913)
von zentraler Bedeutung. Hierzu führen wir auf Nn eine natürliche“ Ordnung ≥nat ein.

3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 18

Definition 3.3 Sei α = (a1 , . . . , an ), β = (b1 , . . . , bn ) ∈ Nn . Dann ist

α ≥nat β :⇐⇒ ai ≥ bi für alle i = 1, . . . , n.

Lemma 3.4 (Dickson) Sei A ⊆ Nn eine beliebige Teilmenge. Dann gibt es eine endliche
Teilmenge B ⊆ A, so dass ∀ α ∈ A ∃ β ∈ B mit β ≤nat α.

B heißt auch eine Dickson-Basis für A.


Beweis (Induktion bezüglich n): Für n = 1 sei b1 := min{a1 : α = (a1 ) ∈ A} und β = (b1 ).
Dann ist offenbar B = {β} die Dickson-Basis.
Für n > 1 und k ∈ N definieren wir

Ak := {α0 = (a1 , . . . , an−1 ) ∈ Nn−1 : (a1 , . . . , an−1 , k) ∈ A}.

Nach Induktionsvoraussetzung besitzt Ak eine Dickson-Basis Bk und ebenfalls nach Induk-


S
tionsvoraussetzung hat k∈N Bk ⊆ Nn−1 eine Dickson-Basis B0 . B0 ist endlich. Daher gibt es
ein s ∈ N, so dass

B0 ⊆ B1 ∪ . . . ∪ Bs .

Wir zeigen, dass

B := {(β 0 , k) ∈ Nn : 0 ≤ k ≤ s, β 0 ∈ Bk }

eine Dickson-Basis für A ist.


Sei hierzu (α0 , an ) ∈ A. Dann ist α0 ∈ Aan und, da Ban eine Dickson-Basis für Aan ist, gibt
es ein β 0 ∈ Ban mit β 0 ≤nat α0 .
1. Fall: an ≤ s ⇒ (β 0 , an ) ∈ B und (β 0 , an ) ≤nat (α0 , an ).
2. Fall: an > s ⇒ ∃ γ 0 ∈ B0 und ein k ≤ s, so dass γ 0 ≤ β 0 und (γ 0 , k) ∈ Bk . Dann ist
(γ 0 , k) ∈ B und (γ 0 , k) ≤nat (α0 , an ). ¤
Beachtet man X β |X α ⇔ β ≤nat α, erhält man hieraus durch die Zuordnung α ←→ X α
eine entsprechende Aussage für Potenzproduktideale.

Satz 3.5 (Lemma von Dickson) Sei a ⊂ R ein Potenzproduktideal,

a = {hα X α : α ∈ A, hα ∈ k[X1 , . . . , Xn ]} = ({X α : α ∈ A})

Dann gibt es eine endliche Teilmenge A∗ ⊂ A, so dass a = ({X α : α ∈ A∗ }), d.h. es gibt
α(1), . . . , α(s) ∈ A, so dass a = (X α(1) , . . . , X α(s) ).

Für Potenzproduktideale lässt sich der Durchschnitt und damit insgesamt die Idealstruktur
besonders einfach bestimmen.
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 19

Satz 3.6 Seien a = (p1 , . . . , ps ) und b = (q1 , . . . , qt ) Potenzproduktideale mit Monomen


p1 , . . . , ps , q1 , . . . , qt . Dann gilt:

a ∩ b = (p1 t q1 , . . . , p1 t qt , p2 t q1 , . . . , p2 t qt , . . . , ps t q1 , . . . , p2 t qt )

wobei pi t qj das kleinste gemeinsame Vielfache von pi und qj ist.

(Ist p = X α , α = (α1 , . . . , αs ), und q = X β , β = (β1 , . . . , βs ) sowie γ = (γ1 , . . . , γs ) mit


γi = max{αi , βi }, dann ist p t q = X γ .)
Bemerkung: Die so entstandene Basis von a ∩ b ist i.a. nicht minimal.
Wir fügen ein Lemma ein, von dem wir Teil a) für den Beweis von Satz 3.6 benötigen, und
danach Satz 3.6 zum Beweis von Teil b) verwenden.

Lemma 3.7 Für Potenzproduktideale a, b, c gilt

a) (a, b) ∩ c = a ∩ c + b ∩ c

b) (a ∩ b, c) = (a, c) ∩ (b, c)

Bemerkung 3.8 Beide Aussagen gelten nicht für beliebige Ideale.

Beweis a) ”⊇” Sei α ∈ a ∩ c + b ∩ c


⇒ α = a + b mit a ∈ a ∩ c ⊆ a und b ∈ b ∩ c ⊆ b ⇒ α ∈ (a + b) ∩ c.
”⊆” Sei α = a + b ∈ c ⇒ (Lemma 3.2 (b)) a ∈ c und b ∈ c ⇒ α ∈ α ∈ a ∩ c + b ∩ c.
Beweis 3.6: Mit a = (p1 , . . . , ps ) und b = (q1 , . . . , qt ) ist nach 3.7 a)
X
a∩b= (pi ) ∩ (qj )
i,j

sowie {α ∈ (pi )∩(qj ) ⇐⇒ α ∈ (pi tqj )} wegen der eindeutigen Darstellung, also (pi )∩(qj ) =
(pi t qj ). Hieraus folgt die Darstellung für a ∩ b. ¤
Beweis 3.7 b) Sei a = (p1 , . . . , ps ), b = (q1 , . . . , qt ) und c = (r1 , . . . , rm ).
Dann ist nach 3.6 (a ∩ b, c) = (p1 t q1 , . . . , ps t qt , r1 , . . . , rm ) und

(a, c) ∩ (b, c) = (p1 , . . . , ps , r1 , . . . , rm ) ∩ (q1 , . . . , qt , r1 , . . . , rm )


= (p1 t q1 , . . . , ps t qt , r1 , . . . , rm )
= (a ∩ b, c).

¤
Beispiel: (X12 , X1 X2 X32 , X3 X4 ) ∩ (X1 X32 , X2 X42 )
= (X12 X32 , X12 X2 X42 , X1 X2 X32 , X1 X2 X32 X42 , X1 X32 X4 , X2 X3 X42 )
= (X12 X32 , X12 X2 X42 , X1 X2 X32 , X1 X32 X4 , X2 X3 X42 )
Prime Potenzproduktideale
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 20

Satz 3.9 Ein Potenzproduktideal p ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] ist prim


⇐⇒ p ist von der Bauart p = (X1 , . . . , Xr ).

Beweis: ”⇐=” Sei p = (X1 , . . . , Xr ) und etwa a · b ∈ p, a ∈


/ p. O.B.d.A. sei a · b ein
Potenzprodukt (siehe 3.2 (b)) ⇒ ∃ j : Xj | b ⇒ b ∈ p.
”=⇒” Sei p ein primes Potenzproduktideal und etwa p = X1i1 · · · Xrir ∈ p
⇒ ∃ j : Xj ∈ p (1 5 j 5 r) :
/ p ⇒ X1i1 ∈
Wäre etwa X1 ∈ / p ⇒ X2i2 · · · Xrir ∈ p usw. bis spätestens Xrir ∈ p ⇒ Xr ∈ p.
¤
Primäre Potenzproduktideale

Satz 3.10 Sei q ein primäres Potenzproduktideal mit dem Radikal p, etwa p = (X1 , . . . , Xr ).
Dann ist

q = (X1%1 , X2%2 , . . . , Xr%r , p1 , . . . , ps ) mit %1 , . . . , %r = 1 (3.A)

und p1 , . . . , ps sind Monome, die nur von X1 , . . . , Xr abhängen.


Umgekehrt ist jedes Ideal der Art (3.A) primär.

Beweis: Sei Rad q = p = (X1 , . . . , Xr ) und angenommen, Xjα · p ∈ q mit j ∈


/ {1, . . . , r} und
α
α > 0 ⇒ Xj ∈ / p ⇒ p ∈ q.
Die Umkehrung ergibt sich später aus dem Zerlegungssatz für Potenzproduktideale. ¤

Definition 3.11 Potenzproduktideale der Form a = (X1%1 , X2%2 , . . . , Xr%r ) heißen reine Po-
tenzproduktideale.

Satz 3.12 Ein Potenzproduktideal a ist rein ⇐⇒ a ist irreduzibel.


Insbesondere sind reine Potenzproduktideale primär.

Beweis: ”⇐=” Sei a 6= R, a = (p1 , . . . , ps ) ein irreduzibles Potenzproduktideal und ange-


nommen, a wäre nicht rein, etwa

p1 = X1σ1 · X2σ2 · p ∈ a, σ1 , σ2 = 1, X1σ1 · p ∈


/ a, X2σ2 · p ∈
/a

und X1 , X2 treten in p nicht auf. Sei q1 = (X1σ1 · p, p2 , . . . , ps ), q2 = (X2σ2 · p, p2 , . . . , ps )

⇒ a ⊂ q1 , a ⊂ q2 , und a = q1 ∩ q2 = (X1σ1 · X2σ2 · p, p2 , . . . , ps ),

Widerspruch!
”=⇒” folgt, da der Durchschnitt zweier Potenzproduktideale nach 3.6 immer gemischte Po-
tenzprodukte enthalten muss. Qed.
Wir wollen nun einen Zerlegungssatz für Potenzproduktideale in irreduzible Ideale angeben,
der dann insbesondere den Satz 3.10 vollständig beweist.
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 21

Sei a = (p1 , . . . , ps ) ein beliebiges Potenzproduktideal und etwa p1 ein gemischtes Potenzpro-
dukt, d.h. es kommen mindestens zwei Variable in p1 vor. Sei o.B.d.A.

p1 = X1%1 · · · Xr%r (%1 , . . . , %r = 1, r = 2) und mi = Xi%i

⇒ p1 = m1 · · · mr , mi t mj = mi · mj (i 6= j) und (m1 ) ∩ · · · ∩ (mr ) = (m1 · · · mr ).

Nach Lemma 3.7 b) ist

a = (m1 · · · mr , p2 , . . . , ps ) = (m1 , p2 , . . . , ps ) ∩ · · · ∩ (mr , p2 , . . . , ps ).

Dieses Verfahren auf p1 , . . . , ps angewandt, ergibt

Satz 3.13 (Zerlegungssatz von R. Kummer) Ist a = (p1 , . . . , ps ) ein Potenzproduktide-


al und pσ = mσ1 · · · mσυσ (σ = 1, . . . , s) eine Zerlegung in teilerfremde Monome, dann ist

(p1 , . . . , ps ) = (m11 , m21 , . . . , ms1 ) ∩ · · · ∩ (m1υs , m2υs , . . . , msυs )

eine (i.a. verkürzbare) Darstellung von (p1 , . . . , ps ) als Durchschnitt irreduzibler Potenzpro-
duktideale.

Folgerung 3.14 Jedes Ideal der Form

q = (X1%1 , X2%2 , . . . , Xr%r , p1 , . . . , ps ) mit %1 , . . . , %r = 1,

in dem p1 , . . . , ps nur von X1 , . . . , Xr abhängen, ist primär.


(Umkehrung von Satz 3.10.)

Beweis: Nach Satz 3.13 ist q ein Durchschnitt irreduzibler Ideale der Art (X1ν1 , . . . , Xrνr ), die
sämtlich primär mit dem Radikal (X1 , . . . , Xr ) sind, also wieder primär nach Satz 2.16. Qed.
Beispiel: 1) a = (X13 , X24 , X12 X2 ) ⊂ k[X1 , X2 ], p = X12 X2 ⇒ m1 = X12 , m2 = X2

⇒ a = (X13 , X24 , X12 ) ∩ (X13 , X24 , X2 ) = (X12 , X24 ) ∩ (X13 , X2 )

2) a = (X12 , X22 , X1 X2 X3 ) ⊂ k[X1 , X2 , X3 ], p = X1 X2 X3


⇒ m1 = X1 , m2 = X2 , m3 = X3

⇒ a = (X12 , X22 , X1 ) ∩ (X12 , X22 , X2 ) ∩ (X12 , X22 , X3 )


= (X1 , X22 ) ∩ (X12 , X2 ) ∩ (X12 , X22 , X3 )
| {z }
nicht primaer

= (X12 , X1 X2 , X22 ) ∩ (X12 , X22 , X3 )


4 GRÖBNER-BASEN 22

4 Gröbner-Basen

Gröbner-Basen wurden von Bruno Buchberger in seiner Dissertation 1965 entwickelt nach
seinem Lehrer Wolfgang Gröbner (1899 - 1980) benannt.
Aus der Idealtheorie und der Geometrie ergeben sich vier grundlegende Probleme für das
praktische Rechnen:

a) Sei a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal. Man gebe ein System von Polynomen f1 , . . . , fs ∈
k[X1 , . . . , Xn ] an, so dass a = (f1 , . . . , fs ).

b) Sei a = (f1 , . . . , fs ) ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] und f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Man entscheide, ob f ∈ a


oder f ∈
/ a.
Geometrisch: V (f1 , . . . , fs ) ⊆ V (f ) oder V (f1 , . . . , fs ) * V (f ).
Ist f ∈ a, dann finde man v1 , . . . , vs ∈ k[X1 , . . . , Xn ], so dass f = v1 f1 +. . . vs fs . Hiermit
kann auch entschieden werden, wann zwei Ideale a = (f1 , . . . , fs ) und b = (g1 , . . . , gr )
gleich sind:

∀ i ist fi ∈ b und ∀ j ist gj ∈ a.

c) Sei a = (f1 , . . . , fs ). Man gebe V (f1 , . . . , fs ) an, d.h. man finde in kn sämtliche Lösungen
des Gleichungssystems

f1 (x1 , . . . , xn ) = · · · = fs (x1 , . . . , xn ) = 0.

d) Sei umgekehrt V ⊂ An (k) gegeben durch die Parameterdarstellung

x1 = g1 (t1 , . . . , tm )
..
.
xn = gn (t1 , . . . , tm ).

Man gebe ein System von Polynomen f1 , . . . , fs ∈ k[X1 , . . . , Xn ] an, so dass


I(V ) = (f1 , . . . , fs ) ⊆ k[X1 , . . . , Xn ].

Problem a) Für n = 1 wird a = (f1 ) und das Problem (fast) trivial.


Problem b) Für n = 1 ergibt sich der Euklidische Algorithmus:
a = (f1 ) = (g), f ∈ k[X] =⇒ f = q · g + r, r = 0 oder Grad r < Grad g
=⇒ {f ∈ a ⇐⇒ r = 0.}
Problem c) und d) sind für lineare Gleichungssysteme durch den Gauß-Algorithmus gelöst.
Daher müssen für das Lösen der Problem a) - d) sowohl der Euklidische als auch der Gauß-
Algorithmus übertragen werden. Hierzu werden zunächst geeignete Wohlordnungen auf der
Menge der Monome definiert.
Für n = 1 ist das klar: X1m > X1m−1 > · · · > X1 > 1 = X10
Sei p = X1α1 · · · Xnαn ein Potenzprodukt und α := (α1 , . . . , αn ) ∈ Zn=0 , d.h. αi = 0 für
i = 1, . . . , n. Dann wählen wir folgende Bezeichnung: p = X α := X1α1 · · · Xnαn .
4 GRÖBNER-BASEN 23

Wenn in Zn=0 eine Ordnung > definiert ist, soll sich diese auf Monome direkt übertragen:

X α > X β :⇐⇒ α > β in Zn=0 .

Ordnungen sollen stets monoton sein, d.h.

α>β und γ ∈ Zn=0 beliebig =⇒ α + γ > β + γ.

Für Potenzprodukte heißt das:

Xα > Xβ und γ ∈ Zn=0 beliebig =⇒ Xα · Xγ > Xβ · Xγ.

Das führt zu folgender

Definition 4.1 Eine monomiale Ordnung k[X1 , . . . , Xn ] ist eine Relation ”>” auf Zn=0 bzw.
mit obiger Bemerkung auf der Menge der Monome X α , die folgende Bedingungen erfüllt:

(i) ”>” ist eine totale oder lineare Ordnung auf Zn=0 .

(ii) ”>” ist monoton, d.h. ∀ α, β, γ ∈ Zn=0 gilt : α > β ⇒ α + γ > β + γ.

(iii) ”>” ist wohlgeordnet, d.h. jede nichtleere Teilmenge von Zn=0 enthält ein kleinstes Ele-
ment bezüglich ”>”.

Lemma 4.2 Die Ordnungsrelation ”>” auf Zn=0 ist wohlgeordnet


⇐⇒ jede fallende Kette α(1) > α(2) > · · · in Zn=0 ist endlich.

Beweis: Angenommen, (Zn=0 , >) ist wohlgeordnet und es gibt eine Kette
α(1) > α(2) > · · ·, die nicht endlich ist =⇒ S = {α(1), α(2), · · ·} besitzt kein kleinstes
Element.
Angenommen, jede fallende Kette sei endlich und (Zn=0 , >) ist nicht wohlgeordnet
=⇒ ∃ S ⊂ Zn=0 , S 6= ∅ und S hat kein kleinstes Element.
=⇒ {wenn α ∈ S ⇒ ∃ β ∈ S mit α > β ⇒ ∃ γ ∈ S mit β > γ usw}.
=⇒ ∃ eine unendliche fallende Kette im Widerspruch zur Voraussetzung. ¤
Wenn wir Unbestimmte X1 , . . . , Xn in einer bestimmten Reihenfolge anordnen, etwa X1 >
X2 > · · · > Xn , gibt es im wesentlichen drei praktikable Möglichkeiten, eine monomiale
Ordnung zu erklären:

1. lexikographische Ordnung (engl.: lexicographic order): >lex

2. graduierte lexikographische Ordnung (engl.: graded lexicographic order): >grlex

3. entgegengesetzte graduierte lexikographische Ordnung (engl.: graded revers lexicogra-


phic order): >grevlex

Definition 4.3 Sei α := (α1 , . . . , αn ), β := (β1 , . . . , βn ), αi , βi ∈ Z, αi , βi = 0


P
n P
n
|α| = αi , |β| = βi
i=1 i=1
4 GRÖBNER-BASEN 24

1. α >lex β :⇐⇒ in α − β = (α1 − β1 , . . . , αn − βn ) ist die erste von Null verschiedene


Differenz von links positiv (X α >lex X β :⇐⇒ α >lex β).

2. α >grlex β :⇐⇒ |α| > |β| oder |α| = |β| und α >lex β
(X α >grlex X β :⇐⇒ α >grlex β).

3. α >grevlex β :⇐⇒ |α| > |β| oder |α| = |β| und in α − β ist die erste von Null
verschiedene Differenz von rechts negativ
(X α >grevlex X β :⇐⇒ α >grevlex β).

Beispiele: zu 1. a) (1, 2, 0) >lex (0, 3, 4) bzw. X1 X22 >lex X23 X34


b) (3, 2, 4) >lex (3, 2, 1), da α − β = (0, 0, 3)
c) Xi ←→ (0, . . . , 1, . . . , 0) (1 in i-ter Komponente)
=⇒ (1, 0, . . . , 0) >lex (0, 1, 0, . . . , 0) >lex · · · >lex (0, . . . , 0, 1)
=⇒ X1 >lex X2 >lex · · · >lex Xn .
zu 2. a) (1, 2, 3) >grlex (3, 2, 0) da |α| = 6 > |β| = 5
b) (1, 2, 4) >grlex (1, 1, 5) da |α| = 7 = |β| aber (1, 2, 4) >lex (1, 1, 5)
c) wie bei 1. gilt X1 >grlex X2 >grlex · · · >grlex Xn
zu 3. a) (4, 7, 1) >grevlex (4, 2, 3) da |α| = 12 > |β| = 9
b) (1, 5, 2) >grevlex (4, 1, 3) da |α| = 8 = |β| aber α − β = (−3, 4, −1)
c) wie bei 1. gilt X1 >grevlex X2 >grevlex · · · >grevlex Xn
Man prüft leicht nach: Die oben definierten Ordnungen sind monomial.
Motiviert werden die graduierten Ordnungen dadurch, dass bei rein lexikographischen Ord-
nungen die Dominanz der 1., 2.,... Variablen gegenüber den folgenden sehr stark ist, z.B.
X1 >lex X25 X37 u.ä., was mitunter zu großen Rechenzeiten und ungewöhnlich vielen Basisele-
menten führt.

P α ∈ k[X , . . . , X ], wobei X α = X α1 · · · X αn und α =


Definition 4.4 Sei f = α aα X 1 n 1 n
(α1 , . . . , αn ) ∈ Zn=0 , und sei ”>” eine monomiale Ordnung.

(i) Multigrad(f ) = multideg(f ) := max{α ∈ Zn=0 : aα 6= 0} bezüglich ”>”.

(ii) Anfangskoeffizient von f : LC(f ) := amultideg(f )

(iii) Anfangsmonom von f : LM(f ) := X multideg(f )

(iv) Anfangsterm von f : LT(f ) := LC(f ) · LM(f )

Beispiel: f = 4X1 X22 X3 + 4X32 − 5X13 + 7X12 X32 , die Ordnung sei >lex
=⇒ multideg(f ) = (3, 0, 0); LC(f ) = −5; LM(f ) = X13 ; LT(f ) = −5X13 .
Ist die Ordnung >grlex , dann haben wir:
multideg(f ) = (2, 0, 2); LC(f ) = 7; LM(f ) = X12 X32 ; LT(f ) = 7X12 X32
4 GRÖBNER-BASEN 25

Lemma 4.5 Sei f, g ∈ k[X1 , . . . , Xn ], f, g 6= 0. Dann gilt:

(i) multideg(f · g) = multideg(f ) + multideg(g)

(ii) f + g 6= 0 =⇒ multideg(f + g) 5 max{multideg(f ), multideg(g)}.


Wenn multideg(f ) 6= multideg(g), dann gilt die Gleichheit.

Die Aussagen kann man leicht nachprüfen.

Divisionsalgorithmus in k[X1 , . . . , Xn ]

Satz 4.6 (Divisionsalgorithmus) Sei ”>” eine monomiale Ordnung in Zn=0 und
F = hf1 , . . . , fs i ein geordnetes s-Tupel von Polynomen aus R = k[X1 , . . . , Xn ]. Dann kann
jedes f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] geschrieben werden in der Form

f = a1 f1 + · · · + as fs + r, ai , r ∈ R

und entweder r = 0 oder r ist eine Linearkombination von Monomen mit Koeffizienten aus k,
so dass keines von ihnen durch einen der Terme LT(f1 ), . . . , LT(fs ) teilbar ist. Ist ai fi 6= 0,
dann ist multideg(ai fi ) 5 multideg(f ) für i = 1, . . . , s.
F
r heißt der Rest von f bei Division durch F; Bezeichnung r = f¯F oder auch f −→+ r.

Beweis: Dem Beweis stellen wir einen Algorithmus voran:


Input: f1 , . . . , fs , f
Output: a1 , . . . , as , r
a1 := 0, . . . , as := 0, r := 0
p := f
WHILE p 6= 0 DO
i := 1
divisionoccured := f alse
WHILE i 5 s AND divisionoccured = f alse DO
IF LT(fi ) devides LT(p) THEN
ai := ai + LT(p)/LT(fi )
p := p − (LT(p)/LT(fi )) · fi
divisionoccured := true
ELSE i := i + 1
IF divisionoccured = f alse THEN
r := r + LT(p)
p := p − LT(p)
Dieser Algorithmus leistet das Gewünschte:

I. Ausgangspunkt ist die richtige Relation f = a1 f1 + · · · + as fs + p + r. Diese Relation


wird im Algorithmus an zwei Stellen verändert:

1) ai · fi + p = (ai + LT(p)/LT(fi )) · fi + (p − (LT(p)/LT(fi )) · fi )


= a0i · fi + p0
4 GRÖBNER-BASEN 26

2) p + r = (p − LT(p)) + (r + LT(p)) = p0 + r0

II. Offenbar ist multideg(p0 ) < multideg(p) oder p0 = 0


=⇒ der Algorithmus endet nach endlich vielen Schritten, wenn p = 0, denn
bei 1): p0 = p − (LT(p)/LT(fi )) · fi und
LT(p) LT(p)
multideg( LT(f i)
· fi ) = multideg( LT(fi)
) + multideg(fi )
nach Lemma 4.5.
LT(p) LT(p)
=⇒ LT( LT(f i)
· fi ) = LT( LT(f i)
) · LT(fi ) = LT(p) und damit
multideg(p0 ) < multideg(p).
bei 2): klar!

III. Jeder Term in ai ist von der Form LT(p)/LT(fi ) für einen gewissen Wert p∗ von p, also

LT(p∗ )
LT(ai fi ) = LT( · fi ) = LT(p∗ ).
LT(fi )

Da p den Anfangswert f hat und sein Multigrad nicht wächst, ist

multideg(ai fi ) 5 multideg(p) 5 multideg(f ).

Bemerkung 4.7 r und ai sind nicht eindeutig bestimmt. Sie hängen von der Ordnung und
der Reihenfolge der fi ab.

Beispiel: f = X 2 Y + XY 2 + Y 2 , f1 = Y 2 − 1, f2 = XY − 1, F =< f1 , f2 >


Als Ordnung wird die lexikographische Ordnung >lex gewählt.
p = f, r = 0

1. Schritt: LT(p) = X 2 Y, LT(f1 ) = Y 2 , LT(f2 ) = XY


LT(p)
a1 = 0, a2 := a2 + LT(f2)
=X
p = p − X · f2 = XY + X + Y 2 , p 6= 0 =⇒
2

2. Schritt: LT(p) = XY 2 , LT(p)/LT(f1 ) = X


a1 := a1 + X, a2 = X
p = p − X · f1 = 2X + Y 2 , p 6= 0 =⇒

3. Schritt: LT(p) = 2X =⇒ keine Teilbarkeit


r := r + LT(p) = 2X, p := p − LT(p) = Y 2 , p 6= 0 =⇒
LT(p)
4. Schritt: LT(p) = Y 2 , LT(f1)
= 1 =⇒
a1 := a1 + 1 = X + 1, p := p − 1 · f1 = 1, p 6= 0 =⇒

5. Schritt: keine Teilbarkeit


r := r + LT(p) = 2X + 1, p := p − LT(p) = 1 − 1 = 0 =⇒ fertig!
f = (X + 1) · f1 + X · f2 + 2X + 1.
4 GRÖBNER-BASEN 27

Wir vertauschen jetzt f1 und f2 : F =< f2 , f1 >

LT(p)
1. Schritt: LT(p) = X 2 Y, LT(f 2)
= X, a1 = 0, a2 := X
p = p − X · f2 = XY + X + Y 2 , p 6= 0 =⇒
2

LT(p)
2. Schritt: LT(p) = XY 2 , LT(f 2)
= Y, a1 = 0, a2 := a2 + Y = X + Y
2
p = p − Y · f2 = X + Y + Y, p 6= 0 =⇒

3. Schritt: LT(p) = X =⇒ keine Teilbarkeit


r := r + LT(p) = X, p := p − LT(p) = Y 2 + Y, p 6= 0 =⇒
LT(p)
4. Schritt: LT(p) = Y 2 , LT(f1)
= 1, a1 = 1, a2 = X + Y
p := p − 1 · f1 = Y + 1, p 6= 0 =⇒

5. Schritt + 6. Schritt: keine Teilbarkeit


r := r + Y + 1 = X + Y + 1, p = 0
f = 1 · f1 + (X + Y ) · f2 + X + Y + 1.

Man prüft leicht nach, dass beide Darstellungen richtig sind und demnach ai und r von der
Reihenfolge der fi (und der gewählten Ordnung) abhängig sind. Im allgemeinen ist nicht
einmal r = 0 notwendig dafür, dass f ∈ (f1 , . . . , fs ). Diese Schwierigkeit wird mit Hilfe einer
Standardbasis“ oder Gröbner-Basis“ überwunden.
” ”

Definition 4.8 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal, a 6= (0). Dann sei bezüglich einer festen
Ordnung ”>”:

1) LT(a) = {c · X α : ∃ f ∈ a mit LT(f ) = c · X α }

2) (LT(a)) sei das von LT(a) in k[X1 , . . . , Xn ] erzeugte (Potenzprodukt-)ideal.

Bemerkung 4.9 Ist a = (f1 , . . . , fs ), dann ist zwar LT(f1 ), . . . , LT(fs ) ∈ (LT(a)), im allge-
meinen erzeugen aber LT(f1 ), . . . , LT(fs ) noch nicht (LT(a)).

Beispiel: a = (f1 , f2 ) ⊂ k[X, Y ] mit f1 = X 3 − 2XY, f2 = X 2 Y − 2Y 2 + X, >grlex


Dann gilt LT(f1 ) = X 3 , LT(f2 ) = X 2 Y jedoch

X · f2 − Y · f1 = X(X 2 Y − 2Y 2 + X) − Y (X 3 − 2XY ) = X 2 ∈
/ (X 3 , X 2 Y ) = (LT(f1 ), LT(f2 )).

Satz 4.10 ∃ g1 , . . . , gr ∈ a, so dass (LT(a)) = (LT(g1 ), . . . , LT(gr )).

Beweis: Der Beweis folgt unmittelbar aus dem Lemma von Dickson.

Definition 4.11 Sei eine monomiale Ordnung festgelegt. Dann heißt die Menge G = {g1 , . . . , gs } ⊂
a eine Gröbner-Basis oder Standardbasis für a ⊂ R
:⇐⇒ (LT(a)) = (LT(g1 ), . . . , LT(gs )).

Satz 4.12 (i) Jedes Ideal a ⊂ R, a 6= (0), besitzt eine Gröbner-Basis.


4 GRÖBNER-BASEN 28

(ii) Jede Gröbner-Basis von a 6= (0) ist eine Basis von a.

Beweis: (i) Nach Lemma 3.2 (b) besitzt (LT(a)) eine Basis aus Monomen p1 , . . . , ps . Nach
Konstruktion von (LT(a)) gibt es g1 , . . . , gs ∈ a mit LT(gi ) = pi für i = 1, ..., s. Daher ist
G = {g1 , . . . , gs } eine Gröbner-Basis.
Ps P
s
(ii) Sei f ∈ a und LT(f ) = ai · LT(gi ). Dann ist für f ∗ = f − ai · gi
i=1 i=1

multideg(f ∗ ) < multideg(f ), LT(f ∗ ) ∈ (LT(a))

und f ∈ (g1 , . . . , gs ), also a = (g1 , . . . , gs ). Daher bricht dieser Prozess nach endlich vielen
Schritten ab, qed.
Wir kommen nun zu einigen Aussagen, die den Wert der Gröbner-Basen unterstreichen und
eine Berechnungsmöglichkeit aufzeigen.

Satz 4.13 Sei G = {g1 , . . . , gs } eine Gröbner-Basis für a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] = R, f ∈ R


und ”>” eine fest vorgegebene Ordnung. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes r ∈ R mit
folgenden Eigenschaften:

(i) Kein Term von r ist teilbar durch eines der Elemente LT(g1 ), . . . , LT(gs ).

(ii) ∃ g ∈ a, so dass f = g + r.

r ist nunmehr ein eindeutig bestimmter Rest von f unter der Division“ durch G unabhängig

von der gewählten Reihenfolge der Elemente g1 , . . . , gs .

Definition 4.14 Der Divisionsrest von f unter G heißt auch Normalform von f bezüglich
G : r = NG (f ).

Beweis: a) Die Existenz von r mit den Bedingungen (i) und (ii) folgt aus dem Divisions-
algorithmus Satz 4.6.
b) Eindeutigkeit: Angenommen, f = g + r = g ∗ + r∗ und r 6= r∗ . Dann ist
r − r∗ = g ∗ − g ∈ a und r − r∗ 6= 0 =⇒ LT(r − r∗ ) ∈ (LT(a)) = (LT(g1 ), . . . , LT(gs ))
=⇒ ∃ i0 : LT(gi0 ) | LT(r − r∗ ), da Potenzprodukte,
jedoch LT(gi0 ) teilt keinen Term von r oder r∗ . Daher ist r − r∗ = 0, qed.

Folgerung 4.15 Sei G = {g1 , . . . , gs } eine Gröbner-Basis für a. Dann gilt ∀ f, g ∈ k[X1 , . . . , Xn ]

a) f ∈ a ⇐⇒ NG (f ) = 0

b) f − g ∈ a ⇐⇒ NG (f ) = NG (g).

Insbesondere ist in die Menge {NG (f ) : f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]} eine Menge von Repräsentanten
für k[X1 , . . . , Xn ]/a und

NG : k[X1 , . . . , Xn ] −→ k[X1 , . . . , Xn ]

ist eine k-lineare Abbildung.


4 GRÖBNER-BASEN 29

Beispiel: G = {X 2 Y − Y 2 , X 4 Y 2 − Y 2 }, >lex
G
=⇒ X 5 Y = (X 3 + XY )(X 2 Y − Y 2 ) + 0 · (X 4 Y 2 − Y 2 ) − XY 3 ⇒ X 5 Y = XY 3 .
Die folgenden Aussagen über S-Polynome bilden das Herzstück des Buchberger-Algorithmus“

zur Berechnung von Gröbner-Basen.

Definition 4.16 Seien f, g ∈ k[X1 , . . . , Xn ], f, g 6= 0.

(i) Wenn multideg(f ) = α = (α1 , . . . , αs ) und multideg(g) = β = (β1 , . . . , βs ), dann sei


γ = (γ1 , . . . , γs ) mit γi = max{αi , βi } für i = 1, . . . , n.
X γ = X1γ1 · · · Xnγn ist das kleinste gemeinsame Vielfache von LM(f ) und LM(g):
X γ = LCM(LM(f ), LM(g)).
Xγ Xγ
(ii) S(f, g) := LT(f ) ·f − LT(g) · g heißt das S-Polynom von f und g.

Beispiel: f = X 3 Y 2 − X 2 Y 3 + X, g = 3X 4 Y − Y 2 , >grlex
LT(f ) = X 3 Y 2 , LT(g) = 3X 4 Y, α = (3, 2), β = (4, 1) ⇒ γ = (4, 2)
X4Y 2 X4Y 2 1
S(f, g) := X3Y 2
·f − 3X 4 Y
·g =X ·f − 3 · Y · g = −X 3 Y 3 + X 2 + 31 Y 3 .

P
s
Lemma 4.17 Sei ci · fi mit ci ∈ k und multideg(fi ) = δ für alle i ∈ {1, . . . , s} (gleich!).
i=1
P
s P
s P
Wenn multideg( ci · fi ) < δ, dann gibt es cjl ∈ k, so dass ci · fi = cjl · S(fj , fl ).
i=1 i=1 j,l
Insbesondere ist ∀ j, l : multideg(S(fj , fl )) < δ.

P
Beweis: Sei di = LC(fi ) ⇒ ci di = LC(ci fi ) ⇒ (nach Voraussetzung) ci di = 0, da
multideg(fi ) = δ für alle i ∈ {1, . . . , s}. Sei pi = fi /di , d.h. LC(pi ) = 1.
Ps Ps
Wir betrachten die Teleskop-Summe“ ci · fi = ci · di · pi =
” i=1 i=1
P
s
c1 d1 (p1 − p2 ) + (c1 d1 + c2 d2 )(p2 − p3 ) + · · · + (c1 d1 + · · · + cs−1 ds−1 )(ps−1 − ps ) + ( ci · di )ps ,
i=1

wobei der letzte Summand verschwindet. Offenbar ist LT(fj ) = dj · X δ und

Xδ Xδ Xδ Xδ
S(fj , fl ) = · fj − · fl = · fj − · fl = pj − pl
LT(fj ) LT(fl ) dj · X δ dl · X δ

und damit
s
X
ci · fi = c1 d1 S(f1 , f2 ) + (c1 d1 + c2 d2 )S(f2 , f3 ) + · · · + (c1 d1 + · · · + cs−1 ds−1 )S(fs−1 , fs ).
i=1

Insbesondere fällt in pj − pl der Term X δ heraus


=⇒ multideg(pj − pl ) = multidegS(fj , fl ) < δ, qed.

Satz 4.18 (Kriterium für Gröbner-Basis) Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], ”>” eine monomiale
Ordnung und G = {g1 , . . . , gs } eine Basis für a. Dann gilt:
Die geordnete Menge G = {g1 , . . . , gs } ist eine Gröbner-Basis für a
G
⇐⇒ ∀ i, j mit i 6= j gilt S(gi , gj ) = 0 in der gewählten monomialen Ordnung ”>”.
4 GRÖBNER-BASEN 30

G
Beweis: ”=⇒” Da S(gi , gj ) ∈ a, ist S(gi , gj ) = 0 nach Folgerung 4.15.
”⇐=” Sei f ∈ a. Wir haben zu zeigen: LT(f ) ∈ (LT(g1 ), . . . , LT(gs )).
P
s
Sei f = hi · gi =⇒ (Lemma 4.5) multideg(f ) 5 max{multideg(hi gi )} = δ
i=1
und δ sei minimal unter allen Darstellungen von f .
Tritt Gleichheit ein, etwa für i = i0 , dann ist

LT(f ) = a · LT(hi0 gi0 ) ∈ (LT(g1 ), . . . , LT(gs ))

und wir sind fertig.


Sei multideg(f ) < max{multideg(hi gi )} = δ und etwa mit m(i) = multideg(hi gi )
X X
f = hi · gi + hi · gi
m(i)=δ m(i)<δ
X X X
= LT(hi ) · gi + (hi − LT(hi )) · gi + hi · gi (4.A)
m(i)=δ m(i)=δ m(i)<δ
| {z }
multideg < δ

P
s
Wir zeigen: Es gibt eine Darstellung f = h0i · gi mit max{multideg(h0i · gi )} = δ 0 < δ.
i=1
P P
Es ist LT(hi ) · gi = ci · X α(i) · gi . Wir setzen fi = X α(i) · gi und erhalten nach
m(i)=δ m(i)=δ
Lemma 4.17
X X
LT(hi ) · gi = cjk S(fj , fk ).
m(i)=δ j,k

Es ist

Xδ Xδ
S(fj , fk ) = S(X α(j) · gj , X α(k) · gk ) = · X α(j)
gj − · X α(k) gk
X α(j) LT(gj ) X α(k) LT(gk )

wegen δ = multideg(X α(j) gj ) = multideg(X α(k) gk ).


γjk γjk
Sei X γjk = LCM(LM(gj ), LM(gk )) ⇒ S(gj , gk ) = X · gj − X ·g
LT(gj ) LT(gk ) k
P P
⇒ S(fj , fk ) = X δ−γjk · S(gj , gk ) also LT(hi ) · gi = cjk · X δ−γjk · S(gj , gk )
m(i)=δ j,k
nach Lemma 4.17 und multideg(X δ−γjk · S(gj , gk )) < δ.
G
Nach Voraussetzung ist S(gj , gk ) = 0, also nach dem Divisionsalgorithmus

s
X
S(gj , gk ) = aijk · gi mit multideg(aijk · gi ) 5 multideg(S(gj , gk )).
i=1

s
X s
X
=⇒ X δ−γjk · S(gj , gk ) = aijk · X δ−γjk · gi = bijk · gi
i=1 i=1

=⇒ multideg(bijk · gi ) 5 multideg(X δ−γjk · S(gj , gk )) < δ


4 GRÖBNER-BASEN 31

Zusammenfassend ergibt sich:

X X s
X
δ−γjk
LT(hi ) · gi = X · S(gj , gk ) = h∗i · gi und multideg(h∗i · gi ) 5 δ ∗ < δ.
| {z }
m(i)=δ j,k i=1
P
s
= bijk ·gi
i=1

Zusammen mit Gleichung (4.A) ergibt sich für f die Darstellung


s
X
f= h0i · gi mit max{multideg(h0i · gi )} = δ 0 < δ
i=1

im Widerspruch zur Minimalität von δ. Qed.


Dem Buchberger-Algorithmus stellen wir ein Beispiel voran:
a = (f1 , f2 ) ⊂ k[X, Y ] mit f1 = X 3 − 2XY, f2 = X 2 Y − 2Y 2 + X, >grlex
LT(f1 ) = X 3 , LT(f2 ) = X 2 Y, α = (3, 0), β = (2, 1), γ = (3, 1)
G = {f1 , f2 } ist keine Gröbner-Basis.
X3Y X3Y
S(f1 , f2 ) = X3
· f1 − X2Y
· f2 = Y · f1 − X · f2 = −X 2
G
Es ist LT(S(f1 , f2 )) = −X 2 ∈
/ (X 3 , X 2 Y ) und −X 2 = −X 2 .
G
Wir fügen f3 := S(f1 , f2 ) = −X 2 zur Basis hinzu: G = {f1 , f2 , f3 }.
G
S(f1 , f3 ) = f1 − (−X) · f3 = −2XY = S(f1 , f3 ) 6= 0, f4 = −2XY
G G
G = {f1 , f2 , f3 , f4 } =⇒ S(f1 , f2 ) = S(f1 , f3 ) = 0
G
S(f1 , f4 ) = Y · f1 − (− 12 X) · f4 = −2XY 2 = Y · f4 ⇒ S(f1 , f4 ) = 0
G
S(f2 , f3 ) = f2 − (−Y ) · f3 = −2Y 2 + X = S(f2 , f3 ) 6= 0, f5 = −2Y 2 + X
G
G = {f1 , f2 , f3 , f4 , f5 } =⇒ S(fi , fj ) = 0 (1 5 i, j 5 5).
Daher ist G = {f1 , f2 , f3 , f4 , f5 } eine Gröbner-Basis.
Mit diesen Vorbereitungen lässt sich nun der Buchberger-Algorithmus zur Berechnung von
Gröbner-Basen in Form eines Programms entsprechend wie der Divisionsalgorithmus (Satz
4.6) formulieren.

Satz 4.19 (Buchberger-Algorithmus) Sei a = (f1 , . . . , fs ) ⊆ k[X1 , . . . , Xn ], a 6= (0) ein


Polynomideal. Dann entsteht eine Gröbner-Basis wie folgt:

Input: F = {f1 , . . . , fs }
Output: Gröbner-Basis G = {g1 , . . . , gt } mit F ⊆ G
G := F
REPEAT
G0 := G
FOR each pair {p, q}, p 6= q in G0 DO
G0
S := S(p, q)
IF S 6= 0 THEN G := G ∪ {S}
UNTIL G = G0
4 GRÖBNER-BASEN 32

Beweis:

I. Die Ausgangsbasis (f1 , . . . , fs ) von a wird solange erweitert, bis alle S-Polynome einer
erweiterten Basis, deren Divisionsrest 6= 0 ist, einen Divisionsrest = 0 bezüglich der
neuen Basis haben.
G0
II. Da mit p, q ∈ a auch S(p, q) ∈ a, ist auch S = S(p, q) ∈ a, also stets G ⊂ a.

III. Der Algorithmus bricht nach endlich vielen Schritten ab:


G0 $ G ⇒ (LT(G0 )) $ LT(G) ⇒ nach dem Teilerkettensatz ist diese Folge stationär.

Qed.
Wir wollen nun zeigen, dass wir auch eine eindeutig bestimmte Gröbner-Basis für eine fest
vorgegebene monomiale Ordnung erhalten können.

Definition 4.20 Eine Gröbner-Basis G für a heißt minimal :⇐⇒

(i) ∀ g ∈ G ist LC(g) = 1

(ii) ∀ g ∈ G ist LT(g) ∈


/ (LT(G \ {g}))

Ersetzen wir (ii) durch schärfere Bedingung

(ii)* ∀ g ∈ G liegt kein Monom von g in (LT(G \ {g}))

dann heißt G reduziert.


Ein Element g ∈ G heißt reduziert für G, wenn kein Monom von g in (LT(G \ {g})) liegt.

Satz 4.21 Sei a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ], a 6= (0). Dann besitzt a für jede fest vorgegebene mono-
miale Ordnung eine eindeutig bestimmte reduzierte Gröbner-Basis.

Beweis: Wir beweisen den Satz in vier Schritten.

1) Sind G und G0 minimale Gröbner-Basen, dann ist LT(G) = LT(G0 ):

Sei p ∈ LT(G) ⇒ ∃ g ∈ G : LT(g) = p und p ∈


/ LT(G \ {g})
jedoch: (LT(G)) = (LT(G )) ⇒ p ∈ (LT(G )) ⇒ ∃ p0 ∈ LT(G0 ) : p0 | p.
0 0

Angenommen, p0 ist ein echter Teiler von p (sonst wäre p ∈ LT(G0 ) und wir wären fertig!)
=⇒ ∃ p∗ ∈ LT(G) : p∗ | p0 , p∗ = LT(g ∗ ) mit einem gewissen g ∗ ∈ G. Da p∗ auch ein echter
Teiler von p sein muss, gilt g ∗ 6= g. Daher ist LT(g ∗ ) ∈ LT(G \ {g}) und LT(g ∗ ) = p∗ | p im
Widerspruch zur Minimalität von G.
Genauso zeigt man LT(G0 ) ⊆ LT(G).

2) Sind G und G0 minimale Gröbner-Basen von a und g reduziert für G. Wenn g ∈ G0 , dann
ist g auch reduziert für G0 .

Da LT(G) = LT(G0 ) ist auch LT(G \ {g}) = LT(G0 \ {g}). Hieraus folgt die Aussage.
4 GRÖBNER-BASEN 33

3) Sei G minimal, g ∈ G, g 0 = g G\{g} und G0 = (G \ {g}) ∪ {g 0 } ⇒ LT(G) = LT(G0 ) und


damit ist G0 ebenfalls minimale Gröbner-Basis für a und g 0 reduziert für G0 .

Es ist LT(g) = LT(g 0 ), denn ∀ g ∗ ∈ G \ {g} ist LT(g ∗ ) kein Teiler von LT(g)
⇒ LT(g) tritt im Divisionsrest g G\{g} von g auf und ist damit auch sein Führungsterm
⇒ LT(G) = LT(G0 ), g 0 ∈ a ⇒ G0 ⊂ a
⇒ G0 ist Gröbner-Basis und g 0 reduziert für G0 .
Diesen Prozess setzen wir fort, bis alle Elemente reduziert sind. Nach endlich vielen Schrit-
ten erhalten wir eine reduzierte Gröbner-Basis, da ein reduziertes Element wegen LT(G) =
LT(G0 ) reduziert bleibt.

e reduzierte Gröbner-Basen. Dann ist G = G.


4) Eindeutigkeit Seien G und G e

Da G und G e minimal sind, ist LT(G) = LT(G). e Sei g ∈ G ⇒ ∃ ge ∈ G e : LT(g) = LT(eg ).


Offenbar ist g − ge ∈ a. Da sich die führenden Terme aufheben und kein weiterer Term von g
und ge durch einen Term aus LT(G) = LT(G) e teilbar ist, gilt

G G
g − ge = 0 und g − ge = g − ge, also g = ge, qed.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 34

5 Eliminationstheorie

Elimination bedeutet geometrisch die Projektion auf (affine oder projektive) Unterräume und
algebraisch einfach die Elimination einzelner Variabler wie folgt:

Definition 5.1 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1) ein Ideal. Das i-te Eliminationsideal ai ist
das Ideal

ai := a ∩ k[Xi+1 , . . . , Xn ] (0 5 i 5 n),

wobei a0 = a und k[Xi+1 , . . . , Xn ] = k, falls i = n.

Problem: Wie findet man eine Basis für ai , wenn eine Basis für a bekannt ist?
Lösung: Mit Hilfe einer Gröbner-Basis bezüglich der lexikographischen Ordnung.
Beispiel: a = (X 2 + Y + Z − 1, X + Y 2 + Z − 1, X + Y + Z 2 − 1) ⊂ k[X, Y, Z]
G = {g1 , . . . , g4 } mit

g1 = X + Y + Z 2 − 1 ∈ k[X, Y, Z]
2 2
g2 = Y − Y − Z + Z ∈ k[Y, Z]
2 4 2
g3 = 2Y Z + Z − Z ∈ k[Y, Z]
g4 = Z 6 − 4Z 4 + 4Z 3 − Z 2 ∈ k[Z]

Das optische Bild“ ist auch mathematische richtig. Es gilt (siehe Satz 5.2)

a = (g1 , g2 , g3 , g4 )
a1 = a ∩ k[Y, Z] = (g2 , g3 , g4 )
a2 = a ∩ k[Z] = (g4 )
a3 = a ∩ k = (0)

Satz 5.2 (Eliminationssatz) Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1) ein Ideal und G eine Gröbner-
Basis für a bezüglich der lexikographischen Ordnung X1 > X2 > · · · > Xn . Dann ist für jedes
i (0 5 i 5 n) die Menge

Gi = G ∩ k[Xi+1 , . . . , Xn ]

eine Gröbner-Basis für ai .

Beweis: Sei i fest (0 5 i 5 n). Wegen Gi ⊂ ai müssen wir zeigen: (LT(ai )) = (LT(Gi )).
Offenbar ist (LT(Gi )) ⊆ (LT(ai )).
Sei p ∈ (LT(ai )), p = LT(f ) mit f ∈ ai . Dann ist f ∈ a. Folglich ∃ g ∈ G : LT(g) | LT(f ),
und daher enthält LT (g) nur Variable aus der Menge {Xi+1 , . . . , Xn }. Wegen der lexikogra-
phischen Ordnung enthält g ebenfalls nur Variable aus der Menge {Xi+1 , . . . , Xn }. Daher ist
g ∈ k[Xi+1 , . . . , Xn ], also g ∈ Gi ⇒ p = LT(f ) ∈ (LT(Gi )), qed.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 35

Nachteil: Die lexikographischen Ordnung ist nicht immer günstig für die Berechnung der
Gröbner-Basis; sie führt mitunter zu einer sehr großen Anzahl von Basispolynomen, während
etwa eine graduierte Ordnung mit wesentlich weniger Basiselementen auskommen könnte.

Erweiterungssatz
Gegeben sei eine algebraische Mannigfaltigkeit

V (a) = {(a1 , . . . , an ) ∈ An (k) : ∀ f ∈ a ist f (a1 , . . . , an ) = 0}.

Bei Vorgabe des Ideals a ist es i.a. schwierig, die Lösungsmenge anzugeben bzw. zu beschrei-
ben. Mit Hilfe der Eliminationstheorie wird folgender Weg beschritten:
Sei

ai = a ∩ k[Xi+1 , . . . , Xn ] (i = 1)
= (g1 , . . . , gri )
und ai−1 = (g1 , . . . , gri , . . . , gri−1 ).

Ist (ci+1 , . . . , cn ) eine partielle Lösung von ai , so soll diese ergänzt werden zu einer partiellen
Lösung von ai−1 :
gegeben: g1 (ci+1 , . . . , cn ) = · · · = gri (ci+1 , . . . , cn ) = 0
gesucht: Lösung ci von gri +1 (Xi , ci+1 , . . . , cn ) = · · · = gri−1 (Xi , ci+1 , . . . , cn ) = 0
Beispiel: a = (XY − 1, XZ − 1) = (Y − Z, XY − 1) ⊂ k[X, Y, Z]
Es ist g1 = Y − Z, g2 = XY − 1 und G = {g1 , g2 } eine Gröbner-Basis für a.
Daher: a1 = a ∩ k[Y, Z] = (Y − Z) · k[Y, Z]
{partielle Lösungen für a1 } = {(a, a) : a ∈ k} (Gerade)
⇒ g1 (X, a, a) = a − a = 0, g2 (X, a, a) = X · a − 1 = 0
⇒ für a 6= 0 lässt sich die partielle Lösung (a, a) fortsetzen zu einer Lösung (1/a, a, a) von
a.

Satz 5.3 (Erweiterungssatz) Sei k algebraisch abgeschlossen, etwa k = C,


a = (f1 , . . . , fs ) ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1) und a1 = a ∩ k[X2 , . . . , Xn ] das
1. Eliminationsideal. Dann sei

fi = hi (X2 , . . . , Xn ) · X1Ni + (T erme, in denen X1 einen Grad < Ni hat)

Ni = 0, hi ∈ k[X2 , . . . , Xn ], hi 6= 0 (1 5 i 5 s).
Sei (a2 , . . . , an ) ∈ V (a1 ) eine partielle Lösung. Wenn (a2 , . . . , an ) ∈
/ V (h1 , . . . , hs ), dann
∃ a1 ∈ k, so dass (a1 , . . . , an ) ∈ V (a).

Bemerkung 5.4 (i) Die Voraussetzung über V (h1 , . . . , hs ) ist erfüllt, wenn eines der hi
konstant 6= 0 ist, d.h.

∃ i : fi = a · X1Ni + (T erme, in denen X1 einen Grad < Ni hat) a 6= 0.


5 ELIMINATIONSTHEORIE 36

(ii) Mit dem Erweiterungssatz kann man sukzessiv Lösungen (a1 , . . . , an ) aufbauen, indem
man die Ideale

an , an−1 , . . . , a1 , a

betrachtet und beim ersten Ideal an0 mit an0 6= (0) (1 5 n0 5 n − 1) mit einer partiellen
Lösung (an0 +1 , . . . , an ) startet.
Ist etwa an = (1), dann existiert keine Lösung!

Zum Beweis des Erweiterungssatzes benötigen wir Aussagen über die eindeutige Faktorisie-
rung im Polynomring k[X1 , . . . , Xn ] und über Resultanten.
Eindeutige Faktorisierung

Definition 5.5 Sei k ein Körper und f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. f heißt irreduzibel


:⇐⇒ f ist kein Produkt zweier nicht-konstanter Polynome.

Satz 5.6 Jedes f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] kann als Produkt irreduzibler Polynome dargestellt werden.

Beweis: Wir wählen die lexikographische Ordnung >lex . Sei f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Ist f irreduzi-
bel, dann sind wir fertig. Andernfalls gibt es nicht-konstante Polynome g, h ∈ k[X1 , . . . , Xn ],
so dass f = g · h, multideg(g) + multideg(h) = multideg(f ), also

multideg(g), multideg(h) < multideg(f ).

Daher ist nach endlich vielen Schritten keine weitere Zerlegung möglich, qed.

Satz 5.7 Ist f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] irreduzibel und f | g · h, dann gilt f | g oder f | h.

Beweis: siehe [1], Ch. 3, §5, Theorem 3.


Man kann Satz 5.7 auch idealtheoretisch interpretieren:
Sei a = (f ) ein Hauptideal in k[X1 , . . . , Xn ], dann gilt

a = (f ) ist prim ⇐⇒ f ist irreduzibel.

Es gilt g · h ∈ a ⇔ g · h = % · f ⇔ f | g · h und folglich:

a prim ⇐⇒ {∀ g, h gilt : g · h ∈ a und g ∈


/ a ⇒ h ∈ a}
⇐⇒ {∀ g, h gilt : f | g · h und f 6 | g ⇒ f | h}
⇐⇒ f ist irreduzibel.

Definition 5.8 Sei I ein Integritätsbereich (kommutativer Ring mit Einselement und ohne
Nullteiler). Dann sei

a a a0
Qu(I) = { | a, b ∈ I, a 6= 0 und = 0 ⇔ a · b0 − a0 · b = 0}.
b b b
5 ELIMINATIONSTHEORIE 37

Qu(I) ist, versehen mit der üblichen Addition und Multiplikation, offenbar ein Körper und
heißt der Quotientenkörper von I.
Ist insbesondere I = k[X1 , . . . , Xn ], dann bezeichnen wir den Quotientenkörper von I mit
k(X1 , . . . , Xn ).

Folgerung 5.9 Angenommen, f, g ∈ k[X1 , . . . , Xn ] haben beide positiven Grad in X1 . Dann


gilt: f und g haben einen gemeinsamen Faktor mit positivem Grad aus X1
in k[X1 , . . . , Xn ] ⇐⇒ f und g haben einen gemeinsamen Faktor mit positivem Grad in
X1 aus k(X2 , . . . , Xn )[X1 ].

Beweis: ”=⇒” ist klar!


”⇐=” Angenommen, f = e h · fe1 , g = e
h · ge1 , und e h, fe1 , ge1 ∈ k(X2 , . . . , Xn )[X1 ].
Sei d ∈ k[X2 , . . . , Xn ] der Hauptnenner von e h, fe1 , ge1 und etwa

e h f1 g1
h = , fe1 = , ge1 = mit h, f1 , g1 ∈ k[X1 , . . . , Xn ],
d d d

also d2 · f = h · f1 und d2 · g = h · g1 . Sei h1 ein irreduzibler Faktor von h mit positivem Grad
in X1 . Dann ist h1 | d2 · f, aber h1 6 |d, da d nicht von X1 abhängt
⇒ h1 | f wegen Satz 5.7. Genauso folgt h1 | g. Qed.

Satz 5.10 Jedes Polynom f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] besitzt bis auf die Reihenfolge und Faktoren aus
k eine eindeutig bestimmte Darstellung f = f1 · · · fr mit irreduziblen Polynomen f1 , . . . , fr ∈
k[X1 , . . . , Xn ].

Bemerkung 5.11 Fassen wir gleiche Faktoren bzw. Faktoren, die sich nur um einen Faktor
aus k unterscheiden, zusammen, dann ergibt sich für f die Darstellung
f = c · g1r1 · · · gsrs mit c ∈ k, c 6= 0, und r1 , . . . , rs = 1. Man zeigt wie oben

(i) qi ist ein Primärideal mit dem Radikal pi = (gi ) für i = 1, . . . , s.

(ii) a = (f ) = (g1r1 ) ∩ · · · ∩ (gsrs ) ist eine unverkürzbare Darstellung von a als Durchschnitt
größter Primärkomponenten.

(iii) Für n = 1 sind dieses die einzigen Ideale 6= (0) und 6= (1), d.h. k[X1 ] ist ein Haupt-
idealring.

Letzteres sieht man wie folgt: Ist etwa a = (f1 , . . . , fs ) $ k[X1 ], a 6= (0), dann ermittelt man
mit Hilfe des Euklidischen Algorithmus den größten gemeinsamen Teiler g von f1 , . . . , fs mit
den Eigenschaften

(iv) g hat positiven Grad (da 1 ∈


/ a);

(v) g | fi für i = 1, . . . , s und

(vi) ∃ g1 , . . . , gs ∈ k[X1 ], so dass g = g1 f1 + · · · + gs fs .


5 ELIMINATIONSTHEORIE 38

Daher ist a = (g).


Resultanten
Wir betrachten zunächst den Polynomring k[X] in einer Unbestimmten über k. Die Ergeb-
nisse lassen sich dann geeignet auf k[X1 , . . . , Xn ] erweitern.
Problemstellung: Unter welchen Bedingungen haben f, g ∈ k[X] einen gemeinsamen Faktor?
Gleichwertig damit ist: Wann liefert der Euklidische Algorithmus den Rest 0?

Satz 5.12 Seien f, g ∈ k[X] Polynome, Grad f = r > 0, Grad g = s > 0. f und g haben
einen gemeinsamen Faktor ⇐⇒ ∃ A, B ∈ k[X] mit folgenden Eigenschaften:

(i) A und B sind nicht beide ≡ 0.

(ii) Grad A 5 s − 1, Grad B 5 r − 1.

(iii) A · f + B · g ≡ 0.

Beweis: ”=⇒” Sei h ein gemeinsamer Faktor: f = h · f1 , g = h · g1 ⇒

g1 · f + (−f1 · g) = g1 · h · f1 − f1 · h · g1 ≡ 0.

”⇐=” Angenommen, f und g hätten keinen gemeinsamen Faktor, also den größten gemein-
samen Teiler 1.

e B
⇒ ∃ A, e ∈ k[X] : A
e·f +B
e · g = 1.

Nach (i) sei etwa B 6= 0, Grad B 5 r − 1

e·f +B
⇒ B = 1 · B = (A e · g) · B = A
e·B ·f +B
e · B · g = (A
e · B − A · B)
e · f,

e · B − A · B)
da B · g = −A · f nach (iii). ⇒ Grad B = Grad (A e + Grad f = r, Widerspruch!
Qed.
Gemäß Satz 5.12 machen wir folgenden Ansatz:

f = a0 X r + a1 X r−1 + · · · + ar (a0 6= 0, r > 0)


g = b0 X s + b1 X s−1 + · · · + bs (b0 6= 0, s > 0)
A = c0 X s−1 + c1 X s−2 + · · · + cs−1
B = d0 X r−1 + d1 X r−2 + · · · + dr−1

⇒ A · f + B · g ≡ 0 liefert folgendes lineare Gleichungssystem aus r + s Gleichungen in den


r + s Unbestimmten ci und dj (i-te Gleichung: Koeffizient von X r+s−i = 0):

X r+s−1 : a0 c0 +b0 d0 = 0
X r+s−2 : a1 c0 +a0 c1 +b1 d0 +b0 d1 = 0
X r+s−3 : a2 c0 +a1 c1 +a0 c2 +b2 d0 +b1 d1 +b0 d2 = 0
· · · · · · (5.A)
· · · · · ·
X 1 : ar cs−2 +ar−1 cs−1 +bs dr−2 +bs−1 dr−1 = 0
X 0 : ar cs−1 +bs dr−1 = 0
5 ELIMINATIONSTHEORIE 39

Dieses hat eine nicht-triviale Lösung ⇐⇒ Koeffizientendeterminante = 0.

Definition 5.13 Die (transponierte) Koeffizientendeterminante des linearen Gleichungssy-


stems (5.A) heißt die X-Resultante von f und g:
¯ ¯
¯ a , a1 , . . . , ar ¯
¯ 0 ¯
¯ ¯
¯ a0 , a1 , . . . , ar ¯
¯ ¯
¯ ........................... ¯
¯ ¯
¯ ¯
¯ a0 , a1 , . . . , ar ¯
Res(f, g, X) = ¯¯ ¯
¯
¯ b0 , b1 , . . . , bs ¯
¯ ¯
¯ b0 , b1 , . . . , bs ¯
¯ ¯
¯ ........................... ¯
¯ ¯
¯ ¯
¯ b0 , b1 , . . . , bs ¯

Ist I ein Integritätsbereich und f, g ∈ I[X], dann gehen wir zum Quotientenkörper K =
Qu(I) über und erhalten dasselbe lineare Gleichungssystem (5.A), jedoch mit Koeffizienten
ai , bj ∈ I. Da die Berechnung der Determinante nur Addition und Multiplikation erfordert,
also bereits in I erfolgt, wird die X-Resultante Res(f, g, X) wie in 5.13 definiert. Dieses
wird insbesondere für Polynome f, g ∈ k[X1 , . . . , Xn ] verwendet mit X = X1 und I =
k[X2 , . . . , Xn ]. Dann ist die X1 -Resultante Res(f, g, X1 ) ein Polynom in k[X2 , . . . , Xn ].

Lemma 5.14 Sei I ein Integritätsbereich und F, G ∈ I[X] Polynome vom Grad r bzw. s.
Dann gibt es Polynome A, B ∈ I[X] mit Grad A 5 s − 1, Grad B 5 r − 1, so dass

Res(F, G, X) = A · F + B · G.

Beweis: 1) F und G haben einen gemeinsamen Faktor


⇒ ∃ A, B ∈ I[X] : A · F + B · G = 0. Dann ist nach Satz 5.12

Res(F, G, X) = 0 = A · F + B · G.

2) F und G haben keinen gemeinsamen Faktor


Wir ersetzen I durch seinen Quotientenkörper K und erhalten:

e B
F, G ∈ K[X], (F, G) · K[X] = (1) ⇒ ∃ A, e ∈ K[X] : A
e·F +B
e·G=1

Mit dem Ansatz

F = a0 X r + a1 X r−1 + · · · + ar (a0 6= 0, r > 0)


G = b0 X s + b1 X s−1 + · · · + bs (b0 6= 0, s > 0)
e = c0 X s−1 + c1 X s−2 + · · · + cs−1
A
e = d0 X r−1 + d1 X r−2 + · · · + dr−1
B
5 ELIMINATIONSTHEORIE 40

e·F +B
und A e · G = 1 erhalten wir entsprechend wie 5.A das lineare Gleichungssystem

X r+s−1 : a0 c0 +b0 d0 = 0
X r+s−2 : a1 c0 +a0 c1 +b1 d0 +b0 d1 = 0
X r+s−3 : a2 c0 +a1 c1 +a0 c2 +b2 d0 +b1 d1 +b0 d2 = 0
· · · · · · (5.B)
· · · · · ·
X 1 : ar cs−2 +ar−1 cs−1 bs dr−2 +bs−1 dr−1 = 0
X 0 : ar cs−1 bs dr−1 = 1

Die Koeffizientendeterminante Res(F, G, X) ist nach Voraussetzung 6= 0, so dass sich nach


der Cramerschen Regel folgende Lösung ergibt:

A0 As−1
c0 = , . . . , cs−1 =
Res(F, G, X) Res(F, G, X)
(Ai , Bj ∈ I).
B0 Br−1
d0 = , . . . , dr−1 =
Res(F, G, X) Res(F, G, X)

Setzen wir A := A0 X s−1 + · · · + As−1 und B := B0 X r−1 + · · · + Br−1 , so ergibt sich

e·F +B
e·G= A B
A ·F + = 1,
Res(F, G, X) Res(F, G, X)

und daher Res(F, G, X) = A · F + B · G, qed.

Bemerkung 5.15 Ist f, g ∈ a, dann ist Res(f, g, X) = A · f + B · g ∈ a ∩ k[X2 , . . . , Xn ] = a1


also Res(f, g, X) = Res(f, g, X)(X2 , . . . , Xn ).

Beweis zu 5.3: Sei c = (a2 , . . . , an ) ∈ V (a1 ), (a2 , . . . , an ) ∈


/ V (h1 , . . . , hs ).
I. Sei s = 2 und Res(f1 , f2 , X1 ) ∈ k[X2 , . . . , Xn ] die X1 -Resultante.
Wegen c = (a2 , . . . , an ) ∈ V (a1 ), a1 = a ∩ k[X2 , . . . , Xn ], und Res(f1 , f2 , X1 ) ∈ a1 ist
Res(f1 , f2 , X1 )(c) = 0 und a0 (c), b0 (c) nicht beide = 0.
Angenommen, a0 (c) 6= 0 und b0 (c) 6= 0. Dann gibt es wegen Res(f1 , f2 , X1 )(c) = 0 eine
gemeinsame Nullstelle a1 von f1 (X1 , c) und f2 (X1 , c).
Ist a0 (c) 6= 0 aber b0 (c) = 0, dann ersetzen wir f2 durch f2 + X1N · f1 mit genügend großem
N . Offenbar ist (f1 , f2 ) = (f1 , f2 + X1N · f1 ) und damit o.B.d.A. a0 = b0 , also a0 (c) 6= 0 und
b0 (c) 6= 0.
II. s = 3 (s = 1 ist trivial)
Sei c = (a2 , . . . , an ) ∈
/ V (h1 , . . . , hs ) und etwa h1 (c) 6= 0. Wir setzen f := u2 · f2 + · · · + us · fs
mit Unbestimmten u2 , . . . , us und betrachten

Res(f1 , f, X1 ) = Res(f1 , u2 · f2 + · · · + us · fs , X1 )
X
= qα · uα ∈ k[X2 , . . . , Xn , u2 , . . . , us ]
α
qα ∈ k[X2 , . . . , Xn ]
5 ELIMINATIONSTHEORIE 41

Wir zeigen: qα ∈ (f1 , . . . , fs ) = a und damit qα ∈ a1 .


Nach Lemma 5.14 ∃ A, B ∈ k[X2 , . . . , Xn , u2 , . . . , us ] mit
X
Res(f1 , f, X1 ) = A · f1 + B · (u2 · f2 + · · · + us · fs ) = qα · uα .
α

P P
Sei A = α Aα · uα , B = β Bβ · uβ , Aα , Bβ ∈ k[X2 , . . . , Xn ] und ui = uei mit
e2 = (1, 0, . . . , 0), . . . , es = (0, . . . , 0, 1). Dann ist
X
qα = Aα · f1 + Bβ · fi ∈ a1 = a ∩ k[X2 , . . . , Xn ] = a1 .
i=2
β+ei =α

⇒ ∀ c ∈ V (a1 ) und ∀α ist qα (c) = 0 ⇒ Res(f1 , f, X1 )(a2 , . . . , as ) = 0.

Wie oben können wir durch Ersetzen von f2 durch f2 +X1N ·f1 erreichen, dass f1 und f densel-
ben höchsten Koeffizienten h1 (X2 , . . . , Xs ) besitzen, und damit ist h2 (c) 6= 0. Daher können
wir jede Nullstelle (a2 , . . . , an ) von Res(f1 , f, X1 ) ergänzen zu einer Nullstelle (a1 , . . . , an )
von (f1 , u2 ·(f2 +X1N ·f1 )+· · ·+us ·fs ). Da u2 , . . . , us Unbestimmte sind, ist dieses gemeinsame
Nullstelle von (f1 , . . . , fs ), qed.
Als eine der wichtigsten Anwendungen der Eliminationstheorie behandeln wir den
Hilbertschen Nullstellensatz
Sei k ein beliebiger Körper und k sein algebraischer Abschluss. Ist a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] ein
n
Ideal, dann bezeichnen wir mit V (a) die Nullstellenmenge von a in k bzw. An (k), d.h.
n k
V (a) = {(a1 , . . . , an ) ∈ k | ∀ f ∈ a ist f (a1 , . . . , an ) = 0}.
k

Satz 5.16 (schwache Form des Nullstellensatzes) Sei a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] und n = 0.


Wenn V (a) = ∅, so ist a = k[X1 , . . . , Xn ].
k
Umkehrschluss: a $ k[X1 , . . . , Xn ], ⇒ V (a) 6= ∅.
k

Beweis: Sei a = (f1 , . . . , fs ). Nach geeigneter Variablentransformation können wir o.B.d.A.


annehmen, dass a bezüglich X1 die Voraussetzungen von Satz 5.3 erfüllt, a1 = a∩k[X2 , . . . , Xn ]
dieses bezüglich X2 usw. Sei i0 (1 5 i0 5 n) derart, dass ai0 = (0) oder ai0 = k[Xi0 , . . . , Xn ]
(spätestens für an gilt an = (0) oder an = k). Ist an = (0), dann existiert nach Satz 5.3 ein
Punkt (a1 , . . . , an ) ∈ V (a) - Widerspruch!
k

⇒ an = k ⇒ 1 ∈ a ⇒ a = k[X1 , . . . , Xn ],

qed.
Bemerkung: Im Beweis zu Satz 5.3 ist natürlich der Fundamentalsatz der Algebra verwendet
worden. Insofern ist der relativ einfache Beweis des Nullstellensatzes erklärbar.

Satz 5.17 (Hilbertscher Nullstellensatzes) Sei k ein Körper, k sein algebraischer Ab-
schluss und f, f1 , . . . , fs ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Wenn V (f ) ⊇ V (f1 , . . . , fs ), dann existiert ein
k k
m = 1, so dass f m ∈ (f1 , . . . , fs ).
5 ELIMINATIONSTHEORIE 42

Beweis: Sei a = (f1 , . . . , fs ) und a∗ = (a, 1 − Y · f ) ⊆ k[X1 , . . . , Xn , Y ] ⇒ V (a∗ ) = ∅,


k
denn falls a = (a1 , . . . , an ) Nullstelle von f1 , . . . , fs ⇒ f (a1 , . . . , an ) = 0
⇒ 1 − Y · (a1 , . . . , an ) = 1 6= 0 ⇒ a∗ = k[X1 , . . . , Xn , Y ] ⇒ 1 ∈ a∗ .
Daher gibt es g1 , . . . , gs , g ∈ k[X1 , . . . , Xn , Y ], so dass

1 = g1 · f1 + · · · + gs · fs + g · (1 − Y · f ).

Setzen wir Y = 1/f und multiplizieren mit f m , wenn m der höchste Grad von Y in g1 , . . . , gs
ist, dann gilt

f m = g1∗ · f1 + · · · + gs∗ · fs , gi∗ ∈ k[X1 , . . . , Xn ],

qed.

Folgerung 5.18 Seien a und b Radikalideale in k[X1 , . . . , Xn ]. Dann gilt a = b genau dann,
wenn V (a) = V (b).
k k

Geometrie der Elimination

Definition 5.19 Sei k ein algebraisch abgeschlossener Körper und An (k) der n-dimensionale
affine Raum über k, etwa k = C. Dann sei

πi : An (k) → An−i (k) mit πi (a1 , . . . , an ) = (ai+1 , . . . , an ) (1 5 i 5 n)

die Projektion von An (k) auf An−i (k). Insbesondere ist für V = Z(a):

πi (V ) = {(ai+1 , . . . , an ) | (a1 , . . . , an ) ∈ V }.

Frage: Wenn ai = a ∩ k[Xi+1 , . . . , Xn ], wie stehen dann πi (V ) und Z(ai ) zueinander?

Lemma 5.20 πi (V ) ⊆ Z(ai ) für 1 5 i < n.

Beweis: Wir wählen für a eine Gröbner-Basis (f1 , . . . , fs ) = (f1 , . . . , fri , . . . , fs ), so dass
ai = (f1 , . . . , fri ) ⊆ k[Xi+1 , . . . , Xn ]. Dann gilt:

c = (a1 , . . . , an ) ∈ V ⇒ fj (c) = 0 (j = 1, . . . , s)

⇒ fj (ai+1 , . . . , an ) = 0 (j = 1, . . . , ri ) ⇒ (ai+1 , . . . , an ) = π(c) ∈ Z(ai ),

qed.
Damit können wir πi (V ) auch folgendermaßen beschreiben:

πi (V ) = {(ai+1 , . . . , an ) ∈ Z(ai ) | ∃ a1 , . . . , ai ∈ k mit (a1 , . . . , an ) ∈ V }.

Im allgemeinen ist πi (V ) 6= Z(ai ).


Beispiel: a = (XY − 1, XZ − 1) = (Y − Z, XZ − 1), a1 = (Y − Z)
⇒ Z(a1 ) = {(a, a) | a ∈ k} und π1 (V ) = {(a, a) | a ∈ k, a 6= 0}.
Dieses Beispiel zeigt, dass wir die Ausnahmepunkte gemäß Satz 5.3: Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 )
sicherlich hinzufügen müssen. Es gilt
5 ELIMINATIONSTHEORIE 43

Satz 5.21 Sei a = (f1 , . . . , fs ) ⊆ k[X1 , . . . , Xn ], V = Z(a), a1 = a ∩ k[X2 , . . . , Xn ] und


fi = gi (X2 , . . . , Xn ) · X1Ni + · · · für i = 1, . . . , s. Dann ist

Z(a1 ) = π1 (V ) ∪ (Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 )).

Beweis: Offenbar ist π1 (V ) ∪ (Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 )) ⊆ Z(a1 ).


Sei (a2 , . . . , an ) ∈ Z(a1 ) und etwa (a2 , . . . , an ) ∈
/ Z(g1 , . . . , gs ). Dann existiert nach Satz 5.3
ein a1 ∈ k, so dass (a1 , . . . , an ) ∈ V ⇒ (a2 , . . . , an ) ∈ π1 (V ), qed.

Folgerung 5.22 Ist eines der gi konstant, also fi = c · X1Ni + · · · , c ∈ k, c 6= 0 und k


algebraisch abgeschlossen, dann ist π1 (V ) = Z(a1 ).

Im obigen Beispiel sehen wir, dass π1 (V ) eine Gerade g \ {(0, 0)} ist, also keine algebraische
Mannigfaltigkeit ist, während π1 (V ) ∪ (Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 )) durch Hinzufügen von (0, 0)
wieder eine solche wird. Wir zeigen nun, dass Z(a1 ) die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit
ist, die π1 (V ) enthält. Es gilt

Satz 5.23 (Abschluss-Theorem) Sei k algebraisch abgeschlossen, a = (f1 , . . . , fs ) ⊂ k[X1 , . . . , Xn ],


V = Z(a) und ai = a ∩ k[Xi+1 , . . . , Xn ] (1 5 i 5 n). Dann gilt:

1) Z(ai ) ist die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit, die πi (V ) ⊆ An−i (k) enthält.

2) Wenn V 6= ∅, dann gibt es eine affine Mannigfaltigkeit W $ Z(ai ), so dass Z(ai ) \ W ⊆


πi (V ).

Was bedeutet kleinste Mannigfaltigkeit”?


Definition 5.24 Sei S ⊆ An (k) eine Teilmenge. V0 ⊇ S heißt kleinste Mannigfaltigkeit,


die S enthält :⇐⇒ ∀ Mannigfaltigkeiten V ⊇ S gilt V0 ⊆ V .

Lemma 5.25 Ist S ⊆ An (k) und I(S) = {f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] : ∀ s ∈ S ist f (s) = 0} das
Ideal von S, dann ist Z(I(S)) die kleinste Mannigfaltigkeit, die S enthält.

Beweis: Sei W ⊇ S eine algebraische Mannigfaltigkeit ⇒ I(W ) ⊆ I(S) ⇒ Z(I(W )) ⊇


Z(I(S)) und (Z(I(W ))) = W nach Satz 1.10 f), qed.
Beweis 5.23: 1) Wegen 5.25 müssen wir zeigen: Z(ai ) = Z(I(πi (V ))).
”⊇”: Z(ai ) ⊇ πi (V ) ⇒ I(Z(ai )) ⊆ I(πi (V ))

⇒ Z(I(πi (V ))) ⊆ Z(I(Z(ai ))) = Z(ai ).

”⊆”: Sei f ∈ I(πi (V )) ⇒ ∀ (ai+1 , . . . , an ) ∈ πi (V ) ist f (ai+1 , . . . , an ) = 0


⇒ ∀ a ∈ V ist f (a) = 0 ⇒ ∃ m f m ∈ a, f m ∈ k[Xi+1 , . . . , Xn ] ⇒ f m ∈ ai
⇒ f ∈ Rad ai = I(Z(ai )) ⇒ I(πi (V )) ⊆ I(Z(ai ))
⇒ (siehe oben) Z(I(πi (V ))) ⊇ Z(ai ).
5 ELIMINATIONSTHEORIE 44

2) Wir beweisen nur den Fall i = 1, der Fall i > 1 wird durch Induktion und mit dem
erweiterten Resultantenbegriff wie in 5.3 bewiesen, ist aber mit erheblich mehr technischem
Aufwand verbunden ⇒ wird hier weggelassen (siehe[1], Ch. 5, §6).
Wir wissen: Z(a1 ) = π1 (V ) ∪ (Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 )) und zeigen, dass im wesentlichen
W = Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 ) das Gewünschte leistet.
a) Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 ) $ Z(a1 ) ⇒ W := Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 ).
b) Z(g1 , . . . , gs ) ∩ Z(a1 ) = Z(a1 ) ⇒ Z(g1 , . . . , gs ) ⊇ Z(a1 )
⇒ g1 , . . . , gs ∈ Rad a1 ⊆ Rad a ⇒ Z(g1 , . . . , gs ) = Z(f1 , . . . , fs , g1 , . . . , gs ).
Sei e
a = (f1 , . . . , fs , g1 , . . . , gs ) ⊇ a ⇒ Z(e
a) = Z(a) = V .
Wir ersetzen fi durch fi − X1 · gi = fi Ni e

⇒ GradX1 fei < GradX1 fi a = (fe1 , . . . , fes , g1 , . . . , gs ).


und e

Nach endlich vielen Schritten erhalten wir entweder

a) W ⊂ Z(a1 ) oder b) GradX1 fi = 0 ∀ i und damit W = ∅ und Z(a1 ) = π1 (V ), qed.

Beispiel 1) a = (X1 X2 − 1, X1 X3 − 1) = (f1 , f2 ), g1 = X2 , g2 = X3


{X2 − X3 , X1 X3 − 1} - Gröbner-Basis ⇒ a1 = a ∩ k[X2 , X3 ] = (X2 − X3 )
Z(g1 , g2 ) = {(0, 0)} ⇒ π1 (V ) = {(a, a)| a 6= 0}.
Es ist Z(g1 , g2 ) ∩ Z(a1 ) = Z(X2 , X3 ) ∩ Z(X2 − X3 ), d.h. x2 = x3 = 0 ⇒ W = {(0, 0)}.
Beispiel 2) a = ((X2 − X3 ) · X12 + X1 X2 − 1, (X2 − X3 ) · X12 + X1 X3 − 1)
Man rechne nach: a = (X1 X2 − 1, X1 X3 − 1) wie im Beispiel 1)
⇒ a1 = (X2 − X3 ), g1 = g2 = X2 − X3 ⇒ W = Z(a1 )
Sei fe1 = f1 − X12 · g1 = X1 X2 − 1, fe2 = f2 − X12 · g2 = X1 X3 − 1. Dann ist

a = (fe1 , fe2 , g1 , g2 ) = (X1 X2 − 1, X1 X3 − 1, X2 − X3 ) = (X2 − X3 , X1 X3 − 1).


e

Fortsetzung wie im Beispiel 1) und W = {(0, 0)}.


Eine weitere Anwendung der Eliminationstheorie ist die Umwandlung einer Parameterdar-
stellung von V in eine parameterfreie Darstellung.
Beispiel: x = t + u, y = t2 + 2t · u, z = t3 + 3t2 · u
(Tangentenfläche der irreduziblen Kubik ϕ(t) = (t, t2 , t3 ), t ∈ k).
Prinzip: Wir betrachten das Ideal a = (X − (t + u), Y − (t2 + 2t · u), Z − (t3 + 3t2 · u)) ⊂
k[t, u, X, Y, Z] mit einer lexikographischen Ordnung, so dass {t, u} vor {X, Y, Z} stehen,
etwa t > u > X > Y > Z, und eliminieren die Parameter t, u mittels Gröbner-Basis:
a2 = a ∩ k[X, Y, Z].
Man erhält eine Gröbner-Basis a = (g1 , . . . , g7 ) mit:

g1 = 4X 3 Z − 3X 2 Y 2 − 6XY Z + 4Y 3 + Z 2
g2 = 2uY 3 − 2uZ 2 − 4X 2 Y Z + XY 3 − XZ 2 + 5Y 2 Z
g3 = 2uXZ − 2uY 2 + 2X 2 Z − XY 2 − Y Z
5 ELIMINATIONSTHEORIE 45

-2
5 x
y
0

2
0

0
z
-5

Abbildung 7: Tangentenfläche

y 2
-1
1 x
0 0
4
1

0
z
-2

-4

Abbildung 8: Raumkurve 3. Ordnung


5 ELIMINATIONSTHEORIE 46

g4 = uXY − uZ − X 2 Y − XZ − 2Y 2
g5 = 2uX 2 − 2uY − 2X 3 + 3XY − Z
g6 = u2 − X 2 + Y
g7 = t + u − X

=⇒ a2 = a ∩ k[X, Y, Z] = (g1 ) · k[X, Y, Z] = I(V ).


allgemein: Sei V gegeben durch die ganz-rationale Parameterdarstellung

x1 = f1 (t1 , . . . , tm )
..
.
xn = fn (t1 , . . . , tm )

mit fi (t1 , . . . , tm ) ∈ k[t1 , . . . , tm ] (i = 1, . . . , n). Dann haben wir eine Funktion


F : km −→ kn mit

F (t1 , . . . , tm ) = (f1 (t1 , . . . , tm ), . . . , fn (t1 , . . . , tm )).

F wird folgendermaßen zerlegt:

km+n
i % & πm
F
km −→ kn

i(t1 , . . . , tm ) = (t1 , . . . , tm , f1 , . . . , fn ) ←→ W ;
πm (t1 , . . . , tm , x1 , . . . , xn ) = (x1 , . . . , xn )

⇒ F (km ) = πm (i(km )) = πm (W )

Offenbar ist dann W = Z(X1 − f1 (t1 , . . . , tm ), . . . , Xn − fn (t1 , . . . , tm )) ⊆ km+n .


Wir haben folgenden

Satz 5.26 Sei k unendlich und F : km −→ kn wie oben. Sei

a = (X1 − f1 (t1 , . . . , tm ), . . . , Xn − fn (t1 , . . . , tm )) ⊆ k[t1 , . . . , tm , X1 , . . . , Xn ]

und am = a ∩ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann ist Z(am ) die kleinste Mannigfaltigkeit in An (k), die
F (km ) enthält.

Zunächst folgendes
Beispiel: Sei x1 = f1 (t) = t2 , x2 = f2 (t) = t3 und i : k1 → k1+2
mittels i(t) = (t, t2 , t3 ) ←→ W - kubische Kurve.
Dann ist a = (X1 − f1 (t), X2 − f2 (t)) = (X1 − t2 , X2 − t3 ) ⊆ k[t, X1 , X2 ] und
F : k1 −→ k2 , F (t) = (t2 , t3 ) und W der Graph der Abbildung F . Für die Projektion
π1 ergibt sich π1 (k3 ) = F (k1 ) mit π1 (t, t2 , t3 ) = (t2 , t3 ).
5 ELIMINATIONSTHEORIE 47

Als Gröbner-Basis für a erhält man G = {g1 , . . . , g4 } mit

g1 = X13 − X22 , g2 = −X12 + t · X2 , g3 = t · X1 − X2 , g4 = t2 − X1

und daher a1 = a ∩ k[X1 , X2 ] = (X13 − X22 ).


Beweis zu 5.26: Wir haben F (km ) = πm (V ). Wenn k algebraisch abgeschlossen ist, so folgt
die Aussage aus 5.23: Z(am ) ist die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit, die πm (V ) enthält.
Sei k beliebig und K ⊇ k der algebraische Abschluss. Nach Lemma 5.20 haben wir F (km ) =
πm (V ) ⊆ Zk (am ).
Sei nun Vk = Zk (g1 , . . . , gs ) ⊂ km eine algebraische Mannigfaltigkeit über k, die F (km )
enthält: F (km ) ⊆ Vk . Wir müssen zeigen: Zk (am ) ⊆ Vk .
(Beispiel: a = (X 2 + 1) ⊂ R[X], ZR = ∅, ZC = {i, −i})
Wir werden zeigen: ZK (am ) ⊆ VK , woraus dann durch Einschränkung auf k die Aussage
folgt.
Für alle P = (p1 , . . . , pn ) ∈ Vk gilt gi (p1 , . . . , pn ) = 0 (i = 1, . . . , s) =⇒ ebenfalls
∀ P = (p1 , . . . , pn ) ∈ F (km ) gilt gi (p1 , . . . , pn ) = 0, d.h. Gi := gi ◦ F = 0 ∀ (t) ∈ km ,
also Gi (t1 , . . . , tm ) = (gi ◦ F )(t) = gi (f1 (t), . . . , fn (t)) = 0 ∀ (t) ⇒ Gi ≡ 0 auf km und k un-
endlich; daher verschwindet das Polynom Gi identisch, und folglich ist auch Gi (t1 , . . . , tm ) = 0
für alle (t1 , . . . , tm ) ∈ Km . Somit ist

F (Km ) ⊆ VK = ZK (g1 , . . . , gs ).

Da die Aussage für algebraisch abgeschlossene Körper gilt, folgt

ZK (am ) ⊆ VK und daher Zk (am ) ⊆ Vk ,

qed.
Dieses Prinzip lässt sich auch auf rationale Parameterdarstellungen ausdehnen, wobei den
Nennern eine besondere Bedeutung zufällt.
2 2
Beispiel: Sei x = uv , y = vu , z = u
=⇒ v · x − u2 = 0, u · y − v 2 = 0, z − u = 0 und (x, y, z) liegt stets auf

u4 v 2
x2 · y − z 3 = ( )( ) − u3 = 0.
v2 u
Sei a = (v · X − u2 , u · Y − v 2 , Z − u) ⊂ k[u, v, X, Y, Z]
=⇒ a2 = a ∩ k[X, Y, Z] = (Z · (X 2 Y − Z 3 )) =⇒ V (a2 ) = V (X 2 Y − Z 3 ) ∪ V (Z)
Jedoch: V (a2 ) ist nicht die kleinste Mannigfaltigkeit, die die Parametrisierung enthält!
Sei
f1 (t1 , . . . , tm ) fn (t1 , . . . , tm )
x1 = , . . . , xn = , f1 , . . . , fn , g1 , . . . , gn ∈ k[t1 , . . . , tm ]. (5.C)
g1 (t1 , . . . , tm ) gn (t1 , . . . , tm )
µ ¶
f1 fn
F (t1 , . . . , tm ) = ,..., : km \ W −→ kn ,
g1 gn
5 ELIMINATIONSTHEORIE 48

wobei W = V (g1 · · · gn ) ⊂ km .
Problem: Gesucht ist die kleinste Mannigfaltigkeit von kn , die F (km \ W ) enthält.

km+n
i % & πm
m F
k \W −→ kn

Offenbar ist i(km \ W ) ⊆ V (a) mit a = (g1 · X1 − f1 , . . . , gn · Xn − fn ).


Sei g = g1 · · · gn . Dann erweitern wir a um den Term 1 − g · Y und erhalten ein neues Ideal

J = (g1 · X1 − f1 , . . . , gn · Xn − fn , 1 − g · Y ) ⊂ k[Y, t1 , . . . , tm , X1 , . . . , Xn ].

Dann ist bei einer Nullstelle von J auch 1 − g · Y = 0 und damit alle Nenner in (5.C) 6= 0.
Wir betrachten jetzt

km+n+1
j % & πm+1
m F
k \W −→ kn

mit
µ ¶
1 f1 (t) fn (t)
j(t1 , . . . , tm ) = , t1 , . . . , tm , ,...,
g(t) g1 (t) gn (t)

und πm+1 (Y, t1 , . . . , tm , X1 , . . . , Xn ).


Wie oben erhalten wir

Satz 5.27 Sei k unendlich und F : km \ W −→ kn eine rationale Parameterdarstellung.


Sei

J = (g1 · X1 − f1 , . . . , gn · Xn − fn , 1 − g · Y )

mit g = g1 · · · gn und Jm+1 = J ∩ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann ist Z(Jm+1 ) die kleinste Mannigfal-
tigkeit in An (k), die F (km \ W ) enthält.

Beweis entsprechend wie 5.26.


t2 t2
Beispiel: Sei x1 = t1 , x2 = t2 , x3 = t1 .
2 1
Dann ist
f1 (t1 , t2 ) = t21 , f2 (t1 , t2 ) = t22 , f3 (t1 , t2 ) = t1 ,
g1 (t1 , t2 ) = t2 , g2 (t1 , t2 ) = t1 , g3 (t1 , t2 ) = 1 =⇒ g(t1 , t2 ) = t1 · t2
J = (t2 · X1 − t21 , t1 · X2 − t22 , X3 − t1 , 1 − t1 t2 · Y )
Gröbner-Basis für die lexikographische Ordnung Y > t1 > t2 > X1 > X2 > X3 :
G = {X12 X2 − X33 , −X1 X2 + t2 X3 , t2 X1 − X32 , t22 − X2 X3 , t1 − X3 , −X1 + X33 Y,
− t2 + X2 X32 Y, −1 + X1 X2 Y }
5 ELIMINATIONSTHEORIE 49

=⇒ J3 = J ∩ k[X1 , X2 , X3 ] = (X12 X2 − X33 ) d.h. V (g) ist nicht erforderlich.


Wir zeigen zum Abschluss, dass Mannigfaltigkeiten, die eine Parameterdarstellung zulassen,
irreduzibel sind.

Satz 5.28 Sei k unendlich und V ⊂ kn definiert durch

x1 = f1 (t1 , . . . , tm ), . . . , xn = fn (t1 , . . . , tm )

mit fi ∈ k[t1 , . . . , tm ] (1 5 i 5 n). Dann ist V irreduzibel.

Beweis: Sei F : km −→ kn definiert durch

F (t1 , . . . , tm ) = (f1 (t1 , . . . , tm ), . . . , fn (t1 , . . . , tm ))

Dann ist V der Zariski-Abschluss von F (km ) und I(V ) = I(F (km )).
Sei g ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann wird g ◦ F ∈ k[t1 , . . . , tm ] durch

(g ◦ F )(t1 , . . . , tm ) = g(f1 (t1 , . . . , tm ), . . . , fn (t1 , . . . , tm ))

=⇒ I(V ) = {g ∈ k[X1 , . . . , Xn ] : g ◦ F = 0}
Angenommen, p · q ∈ I(V ) ⇒ (p · q) ◦ F = (p ◦ F ) · (q ◦ F ) = 0
⇒ p ◦ F = 0 oder q ◦ F = 0 ⇒ p ∈ I(V ) oder q ∈ I(V ) ⇒ I(V ) ist prim, qed.
Der Satz gilt auch für rationale Parameterdarstellungen:
Satz 5.28∗ : Sei k unendlich und V ⊂ kn die durch

f1 (t1 , . . . , tm ) fn (t1 , . . . , tm )
x1 = , . . . , xn =
g1 (t1 , . . . , tm ) gn (t1 , . . . , tm )

mit fi , gi ∈ k[t1 , . . . , tm ] (1 5 i 5 n) definierte algebraische Mannigfaltigkeit. Dann ist V


irreduzibel.
Beweis: V ist die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit, die F (km \ W ) enthält, also V =
Z(Jm+1 ). Wir müssen zeigen, dass I(V ) = Rad Jm+1 prim ist.
Sei h(X1 , . . . , Xn ) ∈ I(V ) ⇒ h( fg11 (t)
(t)
,..., fn (t)
gn (t) ) = (h ◦ F )(t1 , . . . , tm ) = 0.
Ist nun g = g1 · · · gn , dann wird g ◦ F 6= 0 auf ganz V und für vorgegebenes h gibt es ein N ,
so dass (g N · h) ◦ F = (g N ◦ F ) · (h ◦ F ) ein Polynom ist. Wenn dann wie oben p · q ∈ I(V ), so
folgt (g N · p) ◦ F = (g N ◦ F ) · (p ◦ F ) = 0 oder (g N · q) ◦ F = (g N ◦ F ) · (q ◦ F ) = 0 und daher
p ◦ F = 0 oder q ◦ F = 0, qed.
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 50

6 Dimension und Durchschnitte von Idealen

Wir führen zunächst den Begriff der Dimension eines Ideals bzw. einer Mannigfaltigkeit ein.

Definition 6.1 Sei R ein kommutativer noetherscher Ring mit Einselement.

(i) Ist p ⊂ R ein Primideal, dann heißt das Supremum d der Länge r aller Ketten von
Primidealen

p = p0 ⊂ p1 ⊂ · · · ⊂ pr ⊂ R (pi 6= pi+1 , pr 6= R)

die (Krull-) Dimension von p.


Bezeichnung: dim p = d = sup{r | ∃ Primidealkette der Länge r von p zu R}

(ii) Sei a ⊂ R ein beliebiges Ideal und

Ass a = {p | p ist assoziiertes Primideal von a}

d.h. wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qs , qi primär und pi = Rad qi (1 5 i 5 s), dann sind p1 , . . . , ps


nach Satz 2.20 eindeutig bestimmt und Ass a = {p1 , . . . , ps }. Dann heißt

dim a = max{dim p | p ∈ Ass a}

die Dimension von a.

(iii) dim R := dim(0)R heißt die Dimension von R.

(iv) Ist R = k[X1 , . . . , Xn ] und a ⊂ R, a = I(V ), dann ist


dim V := dim I(V ) = dim a die Dimension von V .

In beliebigen kommutativen noetherschen Ringen ist die Dimensionstheorie ein durchaus


schwieriges Thema, da z.B. nicht jede maximale Kette von Primidealen dieselbe Länge haben
muss und daher allein die Auswahl der Wege von p zu R problematisch ist. In Polynomringen
R = k[X1 , . . . , Xn ] treten solche exotischen Fälle nicht auf. Wir haben

Satz 6.2 Sei R ein kommutativer noetherscher Ring mit Einselement und p1 ⊆ p2 ⊂ R zwei
Primideale. Dann gilt

(i) dim p1 = dim p2 und {dim p1 = dim p2 ⇐⇒ p1 = p2 }

(ii) Ist R = k[X1 , . . . , Xn ] und V1 = Z(p1 ), V2 = Z(p2 ) irreduzible Mannigfaltigkeiten,


dann gilt dim V1 = dim V2 und {dim V1 = dim V2 ⇐⇒ V1 = V2 }

Beweis: Jede Kette von Primidealen von p2 zu R lässt sich verlängern zu einer Kette von
p1 zu R. Die Verlängerung ist echt genau dann, wenn p1 $ p2 . Qed.
Satz 6.2 gilt nicht für beliebige Ideale bzw. Mannigfaltigkeiten:
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 51

Sei a = p1 ∩ p2 , p1 6= p2 und dim p1 = dim p2 = dim a =⇒ a $ p1 .


Definition 6.1 ist zwar algebraisch sehr hilfreich, aber geometrisch muss man stets prüfen,
wie viele Mannigfaltigkeiten erforderlich sind, um bis zu einem Punkt zu kommen:

V = V0 ⊃ V1 ⊃ ··· Vr ⊃ ∅
l l l l
I(V0 ) ⊂ I(V1 ) ⊂ · · · I(Vr ) ⊂ I(∅)
k k k k
p = p0 p1 pr (1)

deshalb gehen wir einen anderen Weg, vergleichbar mit dem für lineare Räume

V : ~x = ~x0 + t1 ~x1 + · · · + tn−r ~xn−r

⇒ dim V = n − r = {maximale Anzahl der Parameter}


= {maximale Anzahl linear unabhängiger Vektoren in V }
Außerdem suchen wir einen Gröbner-Basis tauglichen“ Dimensionsbegriff.

Bezeichnung: Sei R = k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1) und {U } = {U1 , . . . , Ur } ⊆ {X1 , . . . , Xn } =
{X}. Dann bedeutet {U } ¿ {X} \ {U }, dass in der gewählten monomialen Ordnung jedes
Ui kleiner ist als jedes Xj ∈
/ {U1 , . . . , Ur }. (Ist r = 0, dann ist {U } = ∅.)

Definition 6.3 Sei R = k[X1 , . . . , Xn ] (n = 1), a ⊂ R ein Ideal und {U } = {U1 , . . . , Ur } ⊆


{X1 , . . . , Xn }.

(i) Ist {U } ¿ {X} \ {U }, dann sei aU = a ∩ k[U1 , . . . , Ur ].

(ii) {U1 , . . . , Ur } heißen unabhängig modulo a :⇐⇒ aU = (0).

(iii) {U1 , . . . , Ur } heißen maximal unabhängig modulo a :⇐⇒ {U1 , . . . , Ur } sind unabhängig
modulo a und {U1 , . . . , Ur } ist in keiner größeren Menge
{U1 , . . . , Ur , Ur+1 , . . . , Us }, s > r, enthalten, die unabhängig modulo a ist.

(iv) dim∗ a := max{|{U }| : {U } ist unabhängig modulo a}.

Satz 6.4 Sei a = q1 ∩ · · · ∩ qs , Rad qi = pi (1 5 i 5 s), dann ist

dim∗ a = max{dim∗ pi | i = 1, . . . , s}.

Beweis 1) dim∗ a = max{dim∗ pi | i = 1, . . . , s}:


Sei max{dim∗ pi | i = 1, . . . , s} = dim∗ p1 und {U } = {U1 , . . . , Ur } eine Menge größter
Mächtigkeit mit p1 U = (0). Falls a ∩ k[U1 , . . . , Ur ] 6= (0), wäre auch
p1 ∩ k[U1 , . . . , Ur ] 6= (0).
2) dim∗ a 5 max{dim∗ pi | i = 1, . . . , s}:
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 52

Angenommen, {U } = {U1 , . . . , Ur } sei eine maximal unabhängige Menge größter Mächtigkeit


bezüglich a. Falls ∀ p ∈ {p1 , . . . , pr } : pU 6= (0), dann gibt es fi ∈ pi U , fi 6= 0 für i = 1, . . . s.
Dann ist aber (f1 · · · fr )m ∈ aU mit einem hinreichend großen m im Widerspruch zu aU = (0).
Qed.

Satz 6.5 Für R = k[X1 , . . . , Xn ] und a ⊂ R gilt stets dim a = dim∗ a.

Wir zeigen hier nur die Beweisidee auf. O.B.d.A. sei a = p ein Primideal.
Sei R = R/p ∼ = k[x1 , . . . , xn ] = k[X 1 , . . . , X n ] der Faktorring und K = Qu(R/p). Dann ist K
eine endlich erzeugte Erweiterung von k. Unter den x1 , . . . , xn gibt es algebraisch unabhängige
und von diesen algebraisch abhängige Elemente entsprechend der Gleichungen

f1 (x1 , . . . , xn ) = · · · = fs (x1 , . . . , xn ) = 0,

wenn (f1 , . . . , fs ) eine Basis von p ist. Ist etwa {x1 = X 1 , . . . , xr = X r } eine Menge algebraisch
unabhängiger Elemente und xr+1 , . . . , xn davon algebraisch abhängig, dann ist {x1 , . . . , xr }
eine sogenannte Transzendenzbasis von K über k.
Geht man von p zu p0 ⊃ p über und bildet K0 = Qu(R/p0 ), so kommt mindestens eine
Relation hinzu und der Transzendenzgrad verringert sich. Man kann zeigen: liegt zwischen
p und p0 kein weiteres Primideal, dann verringert sich die Transzendenzbasis um genau ein
Element. Daher ist dim p = r. Die Aussage folgt nun aus

Lemma 6.6 {U1 , . . . , Ur } ist maximal unabhängig modulo p ⇐⇒ B = {U 1 , . . . , U r } ist


eine Transzendenzbasis für K über k.

Beweis: ”=⇒”
a) U i 6= U j für i 6= j, denn andernfalls wäre Ui − Uj ∈ p ⇒ pU 6= (0).
b) B ist algebraisch unabhängig, denn andernfalls ∃ f ∈ k[U1 , . . . , Ur ] :
f (U 1 , . . . , U r ) = 0 ⇒ f ∈ p ∩ k[U1 , . . . , Ur ] = pU 6= (0), Widerspruch!
c) B ∪ {X j }, X j ∈
/ B, sind algebraisch abhängig, denn {U1 , . . . , Ur } ist maximal unabhängig
und daher p∩k[U1 , . . . , Ur , Xj ] 6= (0) ⇒ ∃ f ∈ p∩k[U1 , . . . , Ur , Xj ], so dass f (U 1 , . . . , U r , X j ) =
0. Folglich sind U 1 , . . . , U r , X j algebraisch abhängig.
”⇐=” Seien U 1 , . . . , U r algebraisch unabhängig. Dann ist p ∩ k[U1 , . . . , Ur ] = pU = (0).
Jedes X j ∈ / B ist algebraisch abhängig hiervon. Daher gibt es Polynome fj 6= 0, so dass
fj (U 1 , . . . , U r , X j ) = 0. Dann ist aber fj (U1 , . . . , Ur , Xj ) ∈ p ∩ k[Xj ] 6= (0). Qed.

Bemerkung 6.7 Wenn a nicht prim ist, kann es maximal unabhängige Mengen geben, die
nicht maximale Mächtigkeit haben:
a = (X1 X3 + X3 , X2 X3 + X3 ) = (X1 + 1, X2 + 1) · X3 = (X1 + 1, X2 + 1) ∩ (X3 )
⇒ {X3 } und {X1 , X2 } sind maximal unabhängig.

Für spätere Anwendungen sind folgende leicht zu beweisenden Lemmata nützlich:


6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 53

Lemma 6.8 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann gilt:

(i) dim a = 0 ⇐⇒ ∀ i ∃ fi ∈ k[Xi ] mit fi ∈ a

(ii) Wenn dim a = 0 und {U1 , . . . , Ur } ⊆ {X1 , . . . , Xn }, dann ist


dim a ∩ k[U1 , . . . , Ur ] = 0.

Lemma 6.9 Sei a ⊂ R und dim a = 0, dann gilt: a maximal ⇐⇒ a ist prim.

Beweis: Angenommen, a prim aber nicht maximal. Dann gibt es ein Primideal p mit p ⊃ a
im Widerspruch zu dim a = 0.
Wir wollen in diesem Abschnitt Methoden angeben, wie man zu vorgegebenen Idealen a und b
deren Durchschnitt a∩b, den Quotienten a : b und das Radikal Rad a berechnet. Anschließend
werden wir sehen, wie man zur Durchschnittsdarstellung

a = q1 ∩ · · · ∩ qs

gelangt.

Satz 6.10 Seien a, b ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] Ideale und t eine Unbestimmte. Dann gilt

a ∩ b = (t · a + (1 − t) · b) · k[X1 , . . . , Xn , t] ∩ k[X1 , . . . , Xn ].

Beweis: ”⊆” Sei f ∈ a ∩ b ⇒ t · f ∈ t · a und (1 − t) · f ∈ (1 − t) · b sowie f = t · f + (1 − t) · f ∈


k[X1 , . . . , Xn ].
”⊇” Sei f ∈ (t · a + (1 − t) · b) · k[X1 , . . . , Xn , t] ∩ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann ist

f (X1 , . . . , Xn ) = g(X1 , . . . , Xn , t) + h(X1 , . . . , Xn , t)

mit g(X, t) ∈ t · a · k[X1 , . . . , Xn , t] und h(X, t) ∈ (1 − t) · b · k[X1 , . . . , Xn , t], wenn wir


X = {X1 , . . . , Xn } setzen. Wir erhalten
für t = 0 : f (X) = g(X, 0) + h(X, 0) = h(X, 0) ∈ b und
für t = 1 : f (X) = g(X, 1) + h(X, 1) = g(X, 1) ∈ a, also f (X) ∈ a ∩ b, qed.
Entsprechend beweist man die allgemeinere Darstellung
Satz 6.10∗ : Sei a1 , . . . , am ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], t1 , . . . , tm Unbestimmte und

b = (1 − (t1 + · · · + tm ), t1 a1 , . . . , tm am ) · k[X1 , . . . , Xn , t1 , . . . , tm ].

Dann ist a1 ∩ · · · ∩ am = b · k[X1 , . . . , Xn , t1 , . . . , tm ] ∩ k[X1 , . . . , Xn ].


Bemerkung: Obige Durchschnittsdarstellung lässt sich mit Hilfe einer Gröbner-Basis bezüglich
einer lexikographischen Ordnung gewinnen.
Um den Idealquotienten auszurechnen, benutzen wir folgende Konstruktion:
Sei a, b ∈ k[X1 , . . . , Xn ], b = (g1 , . . . , gs )

=⇒ a : b = a : (g1 , . . . , gs ) = (a : (g1 )) ∩ · · · ∩ (a : (gs ))


6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 54

nach Satz 2.15 d). Da wir den Durchschnitt bereits berechnen können, benötigen wir noch
eine Methode für die Berechnung von a : (g).

Satz 6.11 Sei a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ], g ∈ k[X1 , . . . , Xn ] und (h1 , . . . , hr ) = a∩(g) ⊆ k[X1 , . . . , Xn ].


Dann ist hi /g ∈ k[X1 , . . . , Xn ] für i = 1, . . . , r und {h1 /g, . . . , hr /g} ist eine Basis für a : (g).

Beweis: Sei a ∈ (g) ⇒ a = b · g, b ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann ist auch hi = h∗i · g und damit
hi /g = h∗i ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Nun ist

f ∈ (h1 /g, . . . , hr /g) = (h∗1 , . . . , h∗r ), f = α1 · hg1 + · · · + αr · hgr

⇐⇒ f · g = α1 · h1 + · · · + αr · hr ∈ a ⇐⇒ f ∈ a : (g),

qed.
Für die weiteren Überlegungen ist der Begriff des quadratfreien Polynoms in k[X1 , . . . , Xn ]
wichtig.

Definition 6.12 Sei f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Wegen der eindeutigen Zerlegbarkeit in irreduzible


Faktoren in k[X1 , . . . , Xn ] (Satz 5.10) besitzt f eine Darstellung f = g1r1 · · · gsrs mit irredu-
ziblen Polynomen g1 , . . . , gs und r1 , . . . , rs > 0.
f heißt quadratfrei :⇐⇒ r1 = · · · = rs = 1.

Lemma 6.13 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] und f, g1 , . . . , gs ∈ k[X1 ], so dass f = g1r1 · · · gsrs mit
paarweise relativ primen Polynomen g1 , . . . , gs . Dann ist
s
\
(a, f ) = (a, giri ).
i=1

Beweis: ”⊆” ist trivial.


T
”⊇” Sei h ∈ si=1 (a, giri ) =⇒ ∃ qi ∈ k[X1 , . . . , Xn ] und ai ∈ a mit h = ai + qi · giri
Q rj
für i = 1, . . . , s. Sei fi = gj (i = 1, . . . , s) =⇒ h · fi ∈ (a, f ).
j6=i

k[X1 ] ist ein Euklidischer Ring. Daher ist nach dem Satz vom größten gemeinsamen Teiler
ggT(gi , gj ) = 1 für i 6= j, also auch ggT(f1 , . . . , fs ) = 1
P P
=⇒ ∃ αi ∈ k[X1 ] : αi fi = 1 und daher h = αi · fi · h ∈ (a, f ), qed.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 55

7 Der null-dimensionale Fall

Wir beschränken uns zunächst auf den wichtigen Fall dim a = 0 und zeigen dann im folgenden
Abschnitt, wie der allgemeine Fall hierauf zurückgeführt werden kann. In der Primärdarstel-
lung a = q1 ∩ · · · ∩ qs , Rad qi = pi ist dann pi maximal für i = 1, . . . , s.
Für die Zerlegung von Idealen in einen Durchschnitt von Primäridealen und die Bestimmung
geeigneter Gröbner-Basen und der Nullstellen a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] sei char k = 0, etwa k = Q
oder k = R. Der algebraische Abschluss von k ist dann k = C.
Die Aussagen gelten auch für perfekte Körper mit positiver Charakteristik, worauf am Ende
dieses Abschnitts kurz eingegangen wird.

Lemma 7.1 (Seidenberg) Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], dim a = 0 und angenommen,


∀ i ∈ {1, . . . , n} ∃ fi ∈ k[Xi ], fi ∈ a und fi quadratfrei. Dann ist Rad a = a.

Beweis: Wir beweisen das Lemma durch Induktion bezüglich n.


n = 1 =⇒ a = (f ) ⊂ k[X1 ] ist ein Hauptideal, f = g1 · · · gs und die gi sind paarweise prim.
Dann ist nach Lemma 6.13
s
\ s
\
a= (f, gi ) = (gi )
i=1 i=1

und die (gi ) sind prime, maximale Ideale.


Sei n > 1 und etwa f1 = g1 · · · gs wie oben. Dann ist nach Lemma 6.13
s
\
a = (a, f1 ) = (a, gi ).
i=1

Es ist Rada = a, wenn Rad(a, gi ) = (a, gi ) für i = 1, . . . , s. Sei daher o.B.d.A. f1 = g1


irreduzibel. Wir rechnen modulo f1 :


ψ : k[X1 ] −→ k[X1 ]/(f1 ) = K

K ist eine einfache algebraische Erweiterung von k und damit wieder ein Körper. Wir setzen
diesen Homomorphismus fort zu


ϕ : k[X1 ][X2 , . . . , Xn ] −→ K[X2 , . . . , Xn ]
Xi 7−→ Xi (i = 2, . . . , s)

mit Ker ϕ = f1 · k[X1 , . . . , Xn ], ϕ(a) = a∗ und ϕ(fi ) = fi (i = 2, . . . , n). Nach Induktionsvor-


aussetzung ist a∗ = Rad a∗ = m∗1 ∩ · · · ∩ m∗r . Die Ideale m∗1 , · · · , m∗r sind maximal und prim.
Bezeichnen wir mit mj das vollständige Urbild von m∗j in k[X1 , . . . , Xn ] : mj = ϕ−1 (m∗j ), dann
ist f1 ∈ mj , mj ∩ k[X1 ] = (f1 ) und mj maximal und prim in k[X1 , . . . , Xn ] für j = 1, . . . , r.
Folglich ist a = m1 ∩ · · · ∩ mr = Rad a, qed.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 56

Folgerung 7.2 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] und dim a = 0. Wenn a ∩ k[Xi ] = (fi ) und gi der
quadratfreie Teil von fi ist für i = 1, . . . , n, dann ist

Rad a = (a, g1 , . . . , gn ).

Beweis: Offenbar ist Rad a = Rad(a, g1 , . . . , gn ) und nach Lemma 7.1

Rad(a, g1 , . . . , gn ) = (a, g1 , . . . , gn ),

qed.
Auch für die Zerlegung von a in Primärkomponenten wird zunächst der Fall dim a = 0
behandelt. Der allgemeine Fall wird über die Konstruktion des Quotientenringes

RM = k(X1 , . . . , Xd )[Xd+1 , . . . , Xn ], M = k[X1 , . . . , Xd ] \ {0},

hierauf zurückgeführt.
Ist dim a = 0, a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] und a = q1 ∩ · · · ∩ qs , dann sei pi = Rad qi . Die pi sind
maximal und isoliert, d.h. für alle i 6= j gilt pi " pj .

Lemma 7.3 Sei (a) = (a1 , . . . , an ) ∈ kn und ca = (X1 − a1 , . . . , Xn − an ). Dann gilt

1) ca ist maximal und enthält alle Ideale mit (a) als Nullstelle.

2) Wenn k algebraisch abgeschlossen, so hat jedes maximale Ideal m die Gestalt ca .

Beweis: zu 1) G = {X1 −a1 , . . . , Xn −an } ist offenbar Gröbner-Basis für ca , da die führenden
Terme paarweise disjunkt sind. (Ist z.B. f1 = X1 − a1 , f2 = X2 − a2 ⇒ LT(f1 ) =
X1 , LT(f2 ) = X2 ⇒ S(f1 , f2 ) = XX 1 ·X2
1
f1 − XX1 ·X2
2
f2 = a1 X2 − a2 X1 und a1 X2 − a2 X1 −
G
(a1 f2 − a2 f1 ) = 0 also S(f1 , f2 ) = 0.)
Falls m ⊃ ca und f (X) ∈ m, f (X) ∈ / ca , dann führt der Divisionsalgorithmus modulo ca
zu einem Rest 6= 0 und Grad < 1, also einer von Null verschiedenen Konstanten =⇒ m =
k[X1 , . . . , Xn ].
zu 2) Der Rest des Beweises ergibt sich aus dem Hilbertschen Nullstellensatz. Ist k algebraisch
(i) (i) (i)
abgeschlossen und f ∈ m ∩ k[Xi ] =⇒ f = (Xi − α1 )ν1 · · · (Xi − αs )νs =⇒ z.B. Xi − α1 ∈
m. Daher ist m = ca mit (a) ∈ kn , qed.
Sei k perfekt und k der algebraische Abschluss von k. Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], dim a = 0 und
n
a = a · k[X1 , . . . , Xn ]. Dann ist a = q1 ∩ · · · ∩ qr mit Rad qi = pi und pi = ca(i) mit (a(i) ) ∈ k
für i = 1, . . . , r.

Definition 7.4 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], dim a = 0. Wir sagen a befindet sich in


Normalposition bezüglich Xi :⇐⇒ die Xi -Komponenten aller Nullstellen von
a = a · k[X1 , . . . , Xn ] sind paarweise verschieden.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 57

Geometrisch: Die Projektion der Nullstellen (a(1) ), . . . , (a(r) ) auf die Xi -Achse liefert auf
dieser r paarweise verschiedene Punkte.
Beispiel: a = (Y 2 − X 3 , Y 2 + X 2 − 2X), G = {X 3 + X 2 − 2X, Y 2 + X 2 − 2X}
ist Gröbner-Basis, wenn Y > X. Offenbar ist V = Z(a) der Schnitt einer Neilschen Pa-
rabel mit einem Kreis. (Durch einfaches Ausrechnen erhält man 5 Schnittpunkte
√ √
P1 = {0, 0}, P2 = {1, 1}, P3 = {1, −1}, P4 = {−2, i · 8}, P5 = {−2, −i · 8}.)
Im Reellen ergibt sich folgendes Bild:

1.5

0.5

0.5 1 1.5 2

-0.5

-1

-1.5

-2

Abbildung 9: Schnitt einer Neilschen Parabel mit einem Kreis

Offenbar ist a nicht in Normalposition bezüglich X, wohl aber bezüglich Y .


(Bezüglich Y erhalten wir mit X > Y folgende Gröbner-Basis:

G = {−8Y 2 + 7Y 4 + Y 6 , 12X − 11Y 2 − Y 4 }


√ √
und daher y1 = 0, y2 = 1, y3 = −1, y4 = 2 2i, y5 = −2 2i. )
Wir nehmen folgende Variablentransformation vor:

X = X 0 + Y 0 , Y = X 0 − 2Y 0

und erhalten als Gröbner-Basis, wenn wir wieder X und Y statt X 0 und Y 0 schreiben:

{−8X 2 + 24X 3 + 5X 4 − 12X 5 − 9X 6 , 836Y + 836X − 8003X 2 − 429X 3 + 4599X 4 + 2997X 5 }.

Jetzt ist a in Normalposition bezüglich X und


1
f = −8X 2 + 24X 3 + 5X 4 − 12X 5 − 9X 6 = −X 2 (X − 1)(X − )(X − z)(X − z)
3

wobei z = − 43 + 23 2 · i.
Im Reellen ergibt sich jetzt folgendes Bild:
Es gilt nun folgendes Lemma, was zu einer Primärdarstellung von a führt.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 58

0.8

0.6

0.4

0.2

-0.5 0.5 1 1.5 2


-0.2

-0.4

Abbildung 10: Affines Bild des Schnittes einer Neilschen Parabel mit einem Kreis

Lemma 7.5 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], dim a = 0 und a in Normalposition bezüglich X1 . Wenn


ein irreduzibles Polynom p ∈ k[X1 ] existiert, so dass pν ∈ a∩k[X1 ] mit einem gewissen ν > 0,
dann ist a primär.

Beweis: Sei p1 ⊇ a. Dann ist a offenbar primär, wenn p1 einziges maximales Ideal mit dieser
Eigenschaft ist. Angenommen, es gibt p2 mit dieser Eigenschaft und p1 6= p2 . Dann ist wegen
a ⊆ p1 ∩ p2 auch p ∈ p1 ∩ p2 . Damit erzeugt p sowohl p1 ∩ k[X1 ] als auch p2 ∩ k[X1 ], d.h.
p1 ∩ k[X1 ] = p2 ∩ k[X1 ].
n
Behauptung: p1 und p2 haben dieselben Nullstellen in k .
Sei z1 ∈ k eine Nullstelle von p, p(z1 ) = 0, dann ist z1 eine Nullstelle von p1 ∩ k[X1 ] und
p2 ∩ k[X1 ]. Daher kann nach dem Erweiterungssatz 5.3 z1 ergänzt werden zu einer Nullstelle
sowohl von p1 ·k[X1 , . . . , Xn ] als auch p2 ·k[X1 , . . . , Xn ], die nach Voraussetzung bezüglich der
Normalposition“ gleich sein müssen. Da wir offenbar jede Nullstelle von p1 und p2 auf diese
” n
Weise erhalten, haben p1 und p2 dieselben Nullstellen in k und sind somit wegen Folgerung
5.18 gleich, qed.

Satz 7.6 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], dim a = 0 und a in Normalposition bezüglich X1 . f ∈ k[X1 ]


sei das eindeutig bestimmte Polynom mit höchstem Koeffizienten 1, für das gilt a ∩ k[X1 ] =
(f ). Sei f = pν11 · · · pνr r mit irreduziblen und paarweise verschieden p1 , . . . , pr ∈ k[X1 ]. Dann
ist
r
\
a= (a, pνi i )
i=1

die (eindeutig bestimmte) Primärdarstellung von a.

Tr
Beweis: Nach Lemma 6.13 ist a = i=1 (a, pνi i ). Wir zeigen:

1) (a, piνi ) 6= k[X1 , . . . , Xn ] für i = 1, . . . , r;

2) kein (a, pνi i ) ist überflüssig;

3) pi = Rad(a, pνi i ) sind paarweise verschieden.


7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 59

ν
zu 1) Angenommen, ∃ j, so dass 1 ∈ (a, pj j ). Dann ist
Y ν
\
pνi i ∈ (a, pj j ) ∩ ( (a, pνi i )) = (a, f ) = a
i6=j i6=j

Q
=⇒ pνi i ∈ a ∩ k[X1 ] = (f ) - Widerspruch!
i6=j
ν T
zu 2) Angenommen, ∃ j, so dass (a, pj j ) ⊇ i6=j (a, pνi i )
Q νi ν ν Q νi
=⇒ (wie oben) pi ∈ (a, pj j ). pj j und pi sind relativ prim in k[X1 ]
i6=j i6=j
ν
=⇒ 1 ∈ (a, pj j ) - Widerspruch!
zu 3) Falls pi = pj für i 6= j, dann ist pi , pj ∈ pi und damit 1 ∈ pi - Widerspruch!
Nach Lemma 7.5 ist nun qi = (a, pνi i ) (i = 1, . . . , r) ein Primärideal. Qed.
Bemerkung: Rad(a, pνi i ) ist gemäß (7.2) zu bestimmen für i = 1, . . . , r.
T
5 T
5
Im obigen Beispiel erhalten wir a = (a, pνi i ) = qi und
i=1 i=1

q1 = (X 2 , Y ), q2 = (X − 1, Y ), q3 = (X − 13 , Y − 32 ) (reelle Punkte)
√ √
q4 = (X − z, Y + 23 + 23 2 · i), q5 = (X − z, Y + 23 − 32 2 · i)

Wenn das Ideal a keine mehrfachen Nullstellen hat, besitzt die Gröbner-Basis für eine mono-
miale Ordnung ”≤” mit {X1 } ¿ {X2 , . . . , Xn } eine besonders einfache Struktur.

Satz 7.7 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ], dim a = 0 und a in Normalposition bezüglich X1 . Dann


hat die reduzierte Gröbner-Basis G von a bezüglich einer beliebigen monomialen Ordnung mit
{X1 } ¿ {X2 , . . . , Xn } die Gestalt

G = {g1 (X1 ), X2 − g2 (X1 ), . . . , Xn − gn (X1 )}

mit g1 (X1 ), . . . , gn (X1 ) ∈ k[X1 ].

Damit haben wir die Bestimmung der Nullstellen auf die Transformation auf Normalposition
bezüglich einer Variablen, die Berechnung einer reduzierten Gröbner-Basis und die Bestim-
mung der Nullstellen eines Polynoms in einer Unbestimmten zurückgeführt.
Zum Beweis des Satzes 7.7 benötigen wir einige technische Vorbereitungen.
Wir beschränken und auf den Fall char k = 0, da in praktischen Anwendungen überwiegend
mit k = Q oder k = R gerechnet wird. Die entsprechenden Nullstellen findet man dann stets
im algebraischen Abschluss k = C, wenn sie nicht bereits in k liegen. Die Aussagen selbst
kann man für beliebige perfekte Körper beweisen, zu denen Körper der Charakteristik 0 und
alle endlichen Körper zählen.
Reduzierte Terme
Sei T die Menge aller Monome (Potenzprodukte) X ν = X1ν1 · · · Xnνn , ν = (ν1 , . . . , νn ) ∈ Nn :

T = {X ν = X1ν1 · · · Xnνn | ν = (ν1 , . . . , νn ) ∈ Nn }


7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 60

und ≤“ eine beliebige monomiale Ordnung. Dann ist für ein Ideal a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ]

LM(a) = {X ν ∈ T | ∃ f ∈ a mit LM(f ) = X ν }

und für eine Gröbner-Basis G von a bezüglich der Ordnung ≤“


LM(G) = {X ν ∈ T | ∃ g ∈ G mit LM(g) = X ν }


= {X ν ∈ LM(a) | ∃ g ∈ G mit LM(g) = X ν },

also LM(G) ⊆ LM(a) ⊆ T. Dann ist die Menge der reduzierten Terme modulo a:

RT(a) := T \ LM(a)
= {t = X ν ∈ T | ∀ s ∈ LM(a) gilt s 6 | t}
= {t = X ν ∈ T | ∀ s ∈ LM(G) gilt s 6 | t}.

Letztere Gleichheit gilt, da G eine Gröbner-Basis von a ist und daher die von LM(a) und
LM(G) in k[X] erzeugten Ideale gleich sind:

LM(a) · k[X] = LM(G) · k[X].

Bezeichnen wir mit − die Restklassen modulo a, dann gilt

Lemma 7.8 Sei B = RT(a) = {t ∈ k[X]/a | t ∈ RT(a)}. Dann ist B eine Basis des k-
Vektorraumes Vk = k[X]/a. Insbesondere ist die Abbildung

ψ : RT(a) −→ B (t 7−→ t)

bijektiv.

Beweis 1) B erzeugt den Vektorraum Vk :


Sei f ∈ Vk und etwa f ∈ k[X], h = NG (f ) die Normalform von f . Dann ist f = h und etwa
X X X
f =h= at · t = at · t = at · t, t ∈ B,
t∈T (h) t∈T (h) t∈T (h)

wenn T (h) die Menge der in h auftretenden Monome ist.


2) B ist eine Menge linear unabhängiger Elemente aus Vk :
Sei B = {t1 , . . . , tr } und etwa
r
X
ai · ti (ai ∈ k, ti ∈ RT(a), i = 1, . . . , r)
i=1
Pr
und nicht alle ai = 0, etwa a1 6= 0 und t1 > ti für i = 2, . . . , r. Sei h = i=1 ai · ti ∈ k[X].
Dann ist h 6= 0, LM(h) = t1 und h ∈ a, da h = 0.

=⇒ ∃ g ∈ G : LM(g) | t1
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 61

im Widerspruch zu t1 ∈ RT(a) = T \ LM(a).


3) ψ : RT(a) −→ B ist bijektiv:
ψ ist offenbar surjektiv. Um zu zeigen, dass ψ auch injektiv ist, sei s, t ∈ RT(a) mit s = t und
etwa s < t. Dann ist s − t = 0 und daher s − t ∈ a, also t = LM(s − t) ∈ LM(a) - Widerspruch
und damit Lemma 7.8 bewiesen.
Sei nun char k=0, K ein Erweiterungskörper von k, also k ⊆ K und f (X1 ) ∈ k[X1 ] ein
Polynom vom Grad > 0. k[X1 ] und K[X1 ] sind Ringe mit eindeutiger Primelementzerlegung.
Daher gibt es für f (X1 ) ∈ k[X1 ] ⊆ K[X1 ] eine bis auf die Reihenfolge und Faktoren aus k
eindeutige Darstellung

f (X1 ) = p1 (X1 )ν1 · · · ps (X1 )νs

mit paarweise verschiedenen Primpolynomen p1 (X1 ), . . . , ps (X1 ). Ist f 0 (X1 ) die Ableitung
von f (X1 ) bezüglich X1 und q(X1 ) einer der Primfaktoren von f (X1 ), so dass

f (X1 ) = q(X1 )r · g(X1 ), q(X1 )r+1 6 | f (X1 ),

dann gilt

f 0 (X1 ) = (g(X1 ) · q(X1 )r )0 = g 0 · q r + r · g · q 0 · q r−1 ,

woraus q r−1 | f 0 (X1 ) und q r 6 | f 0 (X1 ) folgt, da ggT(q, q 0 )=1 und ggT(q, g)=1. Insbesondere
ist

ggT(f, f 0 ) = p1 (X1 )ν1 −1 · · · ps (X1 )νs −1

und damit

f (X1 ) / ggT(f, f 0 ) = p1 (X1 ) · · · ps (X1 )

der quadratfreie Teil von f (X1 ). Insbesondere erhalten wir

Lemma 7.9 Sei char k = 0, K ein Erweiterungskörper von k und f (X1 ) ∈ k[X1 ]. Dann
sind folgende Aussagen äquivalent:

(i) ggT(f, f 0 ) = 1;

(ii) f (X1 ) ist quadratfrei in k[X1 ];

(iii) f (X1 ) ist quadratfrei in K[X1 ].

Beweis: Da der ggT(f, f 0 ) über den Euklidischen Algorithmus bestimmt werden kann, gilt
die Aussage ggT(f, f 0 ) = 1 gleichermaßen über k und K.

Folgerung 7.10 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal, dim a = 0 und K ein Erweiterungskörper
von k. Wenn a · k[X1 , . . . , Xn ] ein Radikalideal ist, d.h. Rad a = a, dann ist auch a ·
K[X1 , . . . , Xn ] ein Radikalideal.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 62

Beweis: Ist fi ∈ k[Xi ] ∩ a quadratfrei, dann ist auch fi ∈ K[Xi ] ∩ a und quadratfrei nach
Lemma 7.9 und daher a wegen Lemma 7.1 Radikalideal, qed.

Satz 7.11 Sei k ein Körper der Charakteristik 0, L = k der algebraische Abschluss von k
und a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] ein Radikalideal. Dann ist die Anzahl r der Nullstellen von a in Ln
gleich der Dimension des L-Vektorraumes L[X1 , . . . , Xn ]/a:

r = dimL (L[X1 , . . . , Xn ]/a).

Beweis Sei G eine Gröbner-Basis von a bezüglich einer beliebigen monomialen Ordnung und
A = G · L[X1 , . . . , Xn ] das von G in L[X1 , . . . , Xn ] erzeugte Ideal. Dann haben a und A in Ln
offenbar dieselben Nullstellen. Da die Bestimmung der S-Polynome und der Normalformen
NG (f ) bereits in k[X1 , . . . , Xn ], d.h. über k erfolgt, ist G auch eine Gröbner-Basis für A.
Daher ergibt sich auch aus Lemma 7.8, dass k[X1 , . . . , Xn ]/a und L[X1 , . . . , Xn ]/A dieselbe
Anzahl von Elementen haben, also

dimk k[X1 , . . . , Xn ]/a = dimL L[X1 , . . . , Xn ]/A.

Nach Folgerung 7.10 ist mit a auch A ein Radikalideal. Damit ist A wegen Folgerung 7.3
Durchschnitt von r (= Anzahl der Nullstellen) maximalen Idealen der Art ca = (X1 −
a1 , . . . , Xn − an ), etwa

A = m1 ∩ . . . ∩ mr .

Wir zeigen:
r
M r
M
L[X1 , . . . , Xn ]/A ∼
= L[X1 , . . . , Xn ]/mi ∼
= L
i=1 i=1

als Vektorräume über L, woraus die Aussage des Satzes folgt.


Sei
r
M
ϕ : L[X1 , . . . , Xn ] −→ L[X1 , . . . , Xn ]/mi
i=1
f 7−→ (f + m1 , . . . , f + mr )

ein Vektorraumhomomorphismus.
ϕ ist surjektiv:
L
Sei etwa (f1 + m1 , . . . , fr + mr ) ∈ ri=1 L[X1 , . . . , Xn ]/mi . Da die Ideale mi maximal sind,
T
sind für jedes i die Ideale mi und rj=1, j6=i mj paarweise comaximal, d.h.

r
\ r
\
mi + mj = L[X1 , . . . , Xn ] also 1 ∈ mi + mj .
j=1 j=1
j6=i j6=i
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 63

Daher gibt es für jedes i Polynome pi , qi ∈ L[X1 , . . . , Xn ] mit


\
1 = pi + qi , pi ∈ mi , qi ∈ mj , also qi ≡ 1 (mi ), qi ≡ 0 (mj , j 6= i).
j6=i

Pr
Wir setzen f := i=1 qi · fi und haben damit

ϕ(f ) = (f + m1 , . . . , f + mr ) = (f1 + m1 , . . . , fr + mr ).
Tr
Es ist f ∈ ker ϕ genau dann, wenn f + mi = mi (i = 1, . . . , r), also f ∈ i=1 mi = A. Damit
ist

dimk k[X1 , . . . , Xn ]/a = dimL L[X1 , . . . , Xn ]/A = r

und Satz 7.11 bewiesen.


Geht es uns nur um die paarweise verschiedenen Nullstellen von a in L, dann ist diese Anzahl

r = dimk k[X1 , . . . , Xn ]/Rada.

Wir kommen nun zum


Beweis von Satz 7.7: Sei L der algebraische Abschluss von k und G die reduzierte Gröbner-
Basis von a bezüglich der gewählten monomialen Ordnung. Dann hat G ∩ k[X1 ] genau ein
Element, etwa f1 (X1 ). Sei nun

d = Grad f1 (X1 )
m1 = Anzahl der verschiedenen Nullstellen von f1 (X1 ) in Ln
m = dimk k[X1 , . . . , Xn ]/a
= Anzahl der verschiedenen Nullstellen von a in Ln

Dann gilt nach obigen Ausführungen

d ≤ dimk k[X1 , . . . , Xn ]/a = m ≤ m1 ≤ d

und damit die Gleichheit

d = dimk k[X1 , . . . , Xn ]/a = m = m1 .

Nach Lemma 7.8 hat B = RT(a) eine Basis aus genau d Elementen. Hierzu gehören die
Restklassen von 1, X1 , . . . , X1d−1 , also keine weiteren Elemente. Demnach ist

Xi ∈ LM(a) = LM(G), i = 2, . . . , n.

Da nun G reduziert ist, kann Xi i ∈ {2, . . . , n} nur in einem einzigen Polynom fi von G und
dort auch nur linear auftreten und X1 nur in Potenzen < d, also ist

T (fi ) ⊆ {Xi , 1, X1 , . . . , X1d−1 }, (i = 2, . . . , n).


7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 64

Daher hat die reduzierte Gröbner-Basis von a die Gestalt

G = {g1 (X1 ), X2 − g2 (X1 ), . . . , Xn − gn (X1 )}

mit g1 (X1 ), . . . , gn (X1 ) ∈ k[X1 ], qed.


Umgekehrt gilt

Satz 7.12 Sei k ein beliebiger Körper, a ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal mit einer Basis

G = {g1 (X1 ), X2 − g2 (X1 ), . . . , Xn − gn (X1 )},

wobei g1 (X1 ), . . . , gn (X1 ) ∈ k[X1 ]. Dann ist dim a = 0 und a in Normalposition bezüglich
X1 .

Beweis Da in einer monomialen Ordnung mit {X1 } ¿ {X2 , . . . , xn } von jedem Xi eine
Potenz in (LM(a)) liegt, ist dim a = 0. Ist a = (a1 , . . . , an ) ∈ Ln , L = k - algebraischer
Abschluss, eine Nullstelle von a, dann bestimmt a1 die restlichen Komponenten a2 , . . . , an
wegen ai = gi (a1 ). Daher ist a in Normalposition bezüglich X1 , qed.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 65

8 Der allgemeine Fall - Quotientenringe

Eng verbunden mit der Dimensionstheorie ist die Theorie der Quotientenringe
Sei R ein kommutativer, noetherscher Ring mit Einselement und

M0 = {a ∈ R | a 6= 0 und a ist kein Nullteiler in R}.

Dann ist M0 multiplikativ abgeschlossen in R, d.h. ∀ a, b ∈ M0 gilt a · b ∈ M0

Definition 8.1 Sei RM0 = {(a, u) | a ∈ R, u ∈ M0 } mit folgenden Bedingungen:

(i) (a, u) ∼ (b, v) ⇔ a · v = b · u; a/u = (a, u) ist die Restklasse von (a, u)
a + b := av + bu
(ii) u v uv
a · b := a · b
(iii) u v u·v

(RM0 , +, ·) heißt totaler oder vollständiger Quotientenring von R: RM0 = Qu(R).

Sei M eine beliebige multiplikativ abgeschlossene Menge von R, so dass 0 ∈


/ M , und

nM = {a ∈ R | ∃ s ∈ M : a · s = 0}.

Offenbar ist nM ⊂ R ein Ideal und nM ∩M = ∅, denn andernfalls gibt es für jedes a ∈ nM ∩M
ein s ∈ M mit a · s = 0 =⇒ 0 ∈ M - Widerspruch!

Definition 8.2 Mit obigen Bezeichnungen sei

RM = {a/m | a ∈ R, m ∈ M } ⊂ Qu(R).

RM heißt der Quotientenring von R bezüglich M .

Der für uns wichtigste Fall ist, wenn M das Komplement eines Primideals p in R ist: M =
R \ p. Dann ist M offenbar multiplikativ abgeschlossen:

a, b ∈ M ⇒ a, b ∈
/ p ⇒ a·b∈
/ p ⇒ a · b ∈ M.

Wir betrachten im folgenden die Beziehungen zwischen den Idealen aus R und RM und
führen folgende Bezeichnungen ein:

1. a ⊂ R =⇒ ae := a · RM ; ist a = (a1 , . . . , as ) · R, dann ist


P
ae = a · RM = {α = αi∗ · ai ; αi∗ = αi /mi ∈ RM }.
Q
Setzen wir m = mi , dann wird mit einem geeigneten a ∈ a : α = a/m.

2. A ⊂ RM =⇒ Ac := A ∩ R

3. a ⊂ R =⇒ aec := a · RM ∩ R
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 66

Folgende Probleme wollen wir betrachten:

I. Wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qr ⊂ R, wie sieht die Struktur von ae = a · RM aus?

II. Wenn A = Q1 ∩ · · · ∩ Qs ⊂ RM , wie sieht die Struktur von Ac = A ∩ R aus?

Lemma 8.3 Ist M ⊂ R multiplikativ abgeschlossen, p ⊂ R ein Primideal und q ⊆ p ein


p-primäres Ideal, dann gilt: q ∩ M = ∅ ⇐⇒ p ∩ M = ∅
(bzw. allgemein gilt für ein Ideal a mit Rad a = p: a ∩ M = ∅ ⇐⇒ p ∩ M = ∅).

Beweis: Folgt aus ps ⊆ q ⊆ p für ein gewisses s > 0.

Lemma 8.4 Mit obigen Bezeichnungen gelten folgende Aussagen:

a) Wenn a ⊂ R, dann ist ae 6= RM genau dann, wenn a ∩ M = ∅.

b) Sei q ein p-primäres Ideal in R und p ∩ M = ∅, dann ist pe prim, qe primär mit pe als
Radikal sowie qec = q · RM ∩ R = q und pec = p · RM ∩ R = p.

c) Sei Q ein P-primäres Ideal in RM , dann ist Pc = P ∩ R prim, Qc primär mit Pc als
Radikal sowie Qce = (Q ∩ R) · RM = Q und Pce = (P ∩ R) · RM = P.

d) a, b ∈ R =⇒ (a ∩ b) · RM = a · RM ∩ b · RM
A, B ∈ RM =⇒ (A ∩ B) ∩ R = (A ∩ R) ∩ (B ∩ R)

Beweis: a) In RM hat jedes Element aus M ein Inverses. Daher ist 1 ∈ ae genau dann, wenn
a ∩ M 6= ∅.
b) p · RM ist prim:
Sei x0 , y 0 ∈ RM , x0 · y 0 ∈ p · RM und x0 ∈
/ p · RM .
Dann gibt es x, y, z ∈ R, m, n, s ∈ M , so dass x0 = x/m und y 0 = y/n und x0 · y 0 = z/s mit
z ∈ p ⇒ x · y · s − z · m · n = 0 ∈ p ⇒ x · y · s ∈ p, s ∈
/ p ⇒ x · y ∈ p, x ∈
/p ⇒ y∈p ⇒
0
y ∈ p · RM .
Genauso zeigt man: q · RM ist primär.
Wir zeigen noch: q · RM ∩ R = qec = q (die Aussage für p folgt entsprechend).
P
Offenbar ist q ⊆ qec . Sei α ∈ qec = q · RM ∩ R ⇒ α = αi · qi mit αi ∈ RM und
a Q P 0
qi ∈ q ⇒ αi = mi , mi ∈ M . Sei m = mi ⇒ m · α = αi · qi , αi0 ∈ R
i

⇒ m · α ∈ q, m ∈ / p ⇒ α ∈ q.
c) Wir müssen nur Q ⊆ Qce bzw. P ⊆ Pce zeigen. Die anderen Aussagen sind trivial. Sei
q
etwa q 0 ∈ Q, q 0 = m mit q ∈ Q ∩ R und m ∈ M . Dann ist q 0 · m = q ∈ (Q ∩ R) · RM und
q
folglich q 0 = m ∈ (Q ∩ R) · RM = Qce .
d) Es bleibt zu zeigen: a · RM ∩ b · RM ⊆ (a ∩ b) · RM .
Sei α ∈ a · RM ∩ b · RM . Wie im Teil b) gibt es x ∈ R, m ∈ M , so dass α = ϕ(x)/ϕ(m).
Offenbar ist x ∈ a ∩ b und daher α ∈ (a ∩ b) · RM , qed.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 67

Satz 8.5 Sei R ein kommutativer, noetherscher Ring mit Einselement und M ⊂ R eine
multiplikativ abgeschlossene Menge. Dann gilt:

(i) Wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qr ∩ qr+1 ∩ · · · ∩ qs , Rad qi = pi eine unverkürzbare Darstellung


größter Primärideale ist, so dass pi ∩ M = ∅ für i = 1, . . . , r und pi ∩ M 6= ∅ für
i = r + 1, . . . , s, dann ist

a · RM = q1 · RM ∩ · · · ∩ qr · RM

eine ebensolche für a · RM .

(ii) Ist A = Q1 ∩ · · · ∩ Qr ⊆ RM eine unverkürzbare Darstellung größter Primärideale in


RM , dann ist

A ∩ R = (Q1 ∩ R) ∩ · · · ∩ (Qr ∩ R)

eine ebensolche für A ∩ R.

(iii) Mit den Bezeichnungen aus (i) ist

a · RM ∩ R = (q1 · RM ∩ R) ∩ · · · ∩ (qr · RM ∩ R).

Der Beweis folgt unmittelbar aus Lemma 8.4.


Zum Schluss beweisen wir entsprechende Aussagen, wenn der Erweiterungsring von R ein
Polynomring über R ist.

Satz 8.6 Sei R ein kommutativer Ring mit Einselement und S = R[X1 , . . . , Xn ]. Dann gilt:

(i) Für alle Ideale a ⊆ R gilt aec = a · S ∩ R = a.

(ii) Sei q ein p-primäres Ideal in R, dann ist pe = p · S prim und qe = q · S primär mit pe
als Radikal.

(iii) a, b ∈ R =⇒ (a ∩ b) · S = a · S ∩ b · S.

(iv) Wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qr , Rad qi = pi , eine unverkürzbare Darstellung größter Primäridea-


le ist, dann ist

a · S = q1 · S ∩ · · · ∩ qr · S

eine ebensolche für a · S und es gilt

aec = a · S ∩ R = (q1 · S ∩ R) ∩ · · · ∩ (qr · S ∩ R) = a.

Beweis: Es reicht aus, die Aussagen für n = 1 zu beweisen. Sei also S = R[X] mit einer
P
Unbestimmten X über R. Dann lässt sich α ∈ a · R[X] als Polynom α = ai X i mit ai ∈ a
darstellen. Hieraus folgt bereits (i).
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 68

P
s P
r
(ii) Sei p ⊆ R prim und etwa α = ai X i , β = bj X j derart, dass α · β ∈ p, α ∈
/ p.
i=0 j=0
O.B.d.A. sei as ∈
/ p, as br ∈ p ⇒ br ∈ p. Entsprechend ergibt sich br−1 , . . . , b0 ∈ p und damit
β ∈ p.
Genauso zeigt man, dass q primär ist. Da ein % > 0 existiert mit p% ⊆ q, ist auch p% · S ⊆ q · S
und damit Rad q · S = p · S.
(iii) Wir müssen zeigen: a · S ∩ b · S ⊆ (a ∩ b) · S.
Ps
Sei α = ai X i ∈ a · S ∩ b · S ⇒ ∀ i : ai ∈ a ∩ b ⇒ α ∈ (a ∩ b) · S.
i=0
(iv) ergibt sich nun aus (i), (ii) und (iii). Qed.

Die Bestimmung der Nullstellen von a im Fall dim a > 0 führen wir mit Hilfe folgender
Konstruktionen auf den nulldimensionalen Fall zurück:

I. Wenn {X1 , . . . , Xr } ⊆ {X1 , . . . , Xn } maximal unabhängig bezüglich a sind, dann sei M


die multiplikativ abgeschlossene Menge M = k[X1 , . . . , Xr ] \ {0} und
RM = k(X1 , . . . , Xr )[Xr+1 , . . . , Xn ] ⇒ dim a · RM = 0.

II. ∃ f ∈ R = k[X1 , . . . , Xn ], so dass a = (a, f s ) ∩ (a : f s ) für genügend großes s und es ist


a : (f s ) = a · RM ∩ R.

III. Für a · RM können wir die Durchschnittsdarstellung über K = k(X1 , . . . , Xr ) in RM


und damit für a · RM ∩ R in k[X1 , . . . , Xn ] bestimmen.

IV. Wir wiederholen den Prozess mit (a, f s ) statt a. Der Prozess endet, wenn f = 1.

Satz 8.7 Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] = R, n = 1, M = k[X1 , . . . , Xd ] \ {0} (1 5 d 5 n) und


ae = a · RM . Dann gilt

1. ae 6= RM ⇐⇒ {X1 , . . . , Xd } sind unabhängig modulo a.

2. Sind X1 , . . . , Xd maximal unabhängig modulo a =⇒ dim ae = 0.

Beweis: zu 1. Es gilt ae 6= RM ⇐⇒ a ∩ M = ∅ ⇐⇒ a ∩ k[X1 , . . . , Xd ] = (0)


⇐⇒ {X1 , . . . , Xd } sind unabhängig modulo a.
zu 2. Nach 1. ist ae 6= RM und für alle i ∈ {d + 1, . . . , n} gilt a ∩ k[X1 , . . . , Xd , Xi ] 6= (0),
etwa fi ∈ k[X1 , . . . , Xd , Xi ] =⇒ fi ∈ k(X1 , . . . , Xd )[Xi ] =⇒ (Lemma 6.8)
dim ae = 0. Qed.

Lemma 8.8 Sei R kommutativ, noethersch mit Einselement, a ⊂ R ein Ideal in R und
N∗ = N \ {0}. Dann gilt:

1. Ist f ∈ R, f 6= 0, dann existiert ein s = 1, so dass


[
a : (f s ) = a : (f s+1 ) und damit a : (f s ) = a : (f i ).
i∈N∗
S
Bezeichnung: a : f ∞ := a : (f i )
i∈N∗
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 69

2. Ist s derart, dass a : f ∞ = a : (f s ) =⇒ a = (a, f s ) ∩ (a : (f s )).

Beweis: zu 1. Wegen (f ) ⊇ (f 2 ) ⊇ · · · ⊇ (f i ) ⊇ · · · gilt

a : (f ) ⊆ a : (f 1 ) ⊆ · · · ⊆ a : (f i ) ⊆ · · ·

Die aufsteigende Kette ist stationär, da R noethersch ist. Daher gibt es ein s, so dass

a : (f s ) = a : (f s+1 ) = a : (f s+i ) ∀ i = 1.

zu 2. a ⊆ (a, f s ) ∩ (a : (f s )) ist trivial.


Sei a ∈ (a, f s ) ∩ (a : (f s )) =⇒ a · f s ∈ a und a = b + α · f s mit einem Element b ∈ a
=⇒ a · f s = b · f s + α · f 2s , also α · f 2s = a · f s − b · f s ∈ a
=⇒ α ∈ a : (f 2s ) ⊆ a : f ∞ = a : (f s ) =⇒ α · f s ∈ a =⇒ a = b + α · f s ∈ a, qed.
a : f ∞ lässt sich über Gröbner-Basen in R = k[X1 , . . . , Xn ] berechnen:

Lemma 8.9 Sei X = {X1 , . . . , Xn }, a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] = k[X], f ∈ k[X], f 6= 0, und


b = (a, 1 − Y · f )k[X, Y ]. Dann gilt:

1. a : f ∞ = b ∩ k[X].

2. Ist a = (f1 , . . . , fr ), b ∩ k[X] = (a, 1 − Y · f )k[X, Y ] ∩ k[X] = (g1 , . . . , gm ) und gi =


Pr
hi (1 − Y · f ) + hij · fj für 1 5 i 5 m; hi , hij ∈ k[X, Y ] und s = max{degY (hij ) | 1 5
j=1
i 5 m, 1 5 j 5 r} =⇒ a : f ∞ = a : (f s ).

P
r
Beweis: zu 1. Sei g ∈ b ∩ k[X], g = qi (X, Y )fi + q(X, Y )(1 − Y · f ), qi , q ∈ k[X, Y ].
i=1
In k(X, Y ) bleibt die Gleichung richtig, wenn wir Y durch 1/f ersetzen:
r
X
g= qi (X, 1/f )fi mit qi (X, 1/f ) ∈ k(X).
i=1

P
r
Ist d = max{degY qi | i = 1, . . . , r}, dann gilt f d · g = f d · qi (X, 1/f )fi ∈ a, da
i=1
f d · qi (X, 1/f ) ∈ k[X] =⇒ g ∈ a : (f d ) ⊆ a : f ∞ .
Sei g ∈ a : f ∞ , etwa f d · g ∈ a ⊆ b. Da 1 ≡ Y · f (mod b) =⇒ 1 ≡ (Y · f )d (mod b) =⇒ g ≡
g · Y d · f d ≡ 0 (mod b), also g ∈ b ∩ k[X].
zu 2. Sei g ∈ a : f ∞ = (a, 1 − Y · f )k[X, Y ] ∩ k[X] = (g1 , . . . , gm ). Dann ist
m
X
g = qi · gi (qi ∈ k[X])
i=1
m
X r
X
= qi · (hi (1 − Y · f ) + hij fj ).
i=1 j=1

Wie oben ersetzen wir Y durch 1/f, s = max{degY (hij ) | 1 5 i 5 m, 1 5 j 5 r}


=⇒ f s · g ∈ a =⇒ g ∈ a : (f s ), qed.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 70

Für die Rückführung auf den nulldimensionalen Fall haben wir folgende Situation:
Sei k ein Körper, X1 , . . . , Xn Unbestimmte und {U1 , . . . , Ur } ⊆ {X1 , . . . , Xn } maximal un-
abhängig bezüglich a ⊆ R = k[X1 , . . . , Xn ].
Wir setzen zur übersichtlicheren Darstellung U = {U1 , . . . , Ur }, X = {X1 , . . . , Xn } und V =
{V1 , . . . , Vn−r } = {X1 , . . . , Xn }\{U1 , . . . , Ur } = X\U . Dann gehen wir zu k(U1 , . . . , Ur )[V1 , . . . , Vn−r ] =
k(U )[X \ U ] = K[X \ U ] über, wenn K = k(U1 , . . . , Ur ).
Sei T (X) die Menge der Monome in X1 , . . . , Xn und entsprechend T (U ) und T (X \ U ).
Eine monomiale Ordnung in X1 , . . . , Xn bedeutet eine monomoiale Ordnung auf T (X) und
entsprechend auf T (U ) und T (X \ U ).
Für die Relation a = (a, f s ) ∩ (a : f ∞ ) wollen wir ein geeignetes f und a : f ∞ bestimmen:

Lemma 8.10 Sei ”5” eine monomiale Ordnung auf T (X \ U ) und b ⊆ k(U )[X \ U ] ein
Ideal. G sei eine Gröbner-Basis für b bezüglich 5, so dass G ⊂ k[X] (d.h. ∀ g ∈ G ist g
rational in U1 , . . . , Ur und ganz-rational in X \ U =⇒ es wird mit dem Hauptnenner aus
k[U ] durchmultipliziert!). Sei a = (G) · k[X] und f = k.g.V.{LC(g) ∈ k[U ] : g ∈ G}.
Dann ist b ∩ k[X] = bc = a : f ∞ .

Beweis: ”⊇” Sei f ∈ k[U ] beliebig und g ∈ a : f ∞ =⇒ ∃ s : f s · g ∈ a


=⇒ g = 1s · f s g ∈ b ∩ k[X].
f
”⊆” Sei g ∈ bc = b ∩ k[X] =⇒ g ∈ b und g G = 0. Der Divisionsprozess g → g G
wird in endlich vielen Schritten vollzogen =⇒ ∃ minimale Anzahl m von Schritten und eine
zugehörige Strategie für den Divisionsalgorithmus. Wir beweisen die Aussage durch Induktion
nach m:
Sei m = 0 =⇒ g = g G = 0 ∈ a : f ∞ .
G G G
Sei m > 0 und g −→ g1 −→ · · · −→ 0 = g G = g G
1 . Aus dem Divisionsalgorithmus folgt:

LT(g) h
∃ p ∈ G, h ∈ k[U ], s ∈ T (X \ U ), so dass g1 = g − ·p=g− · s · p.
LT(p) LC(p)

Nach Voraussetzung über f ist f ∈ K = k(U ) und LC(p) | f in k[U ]

f
=⇒ f · g1 = f · g − · h · s · p ∈ b ∩ k[X]
LC(p)

und nach Induktionsvoraussetzung g1 ∈ a : f ∞ , da g1 zum Erreichen des Divisionsrestes 0


f
weniger als m Schritte benötigt. Da p ∈ a und · h · s ∈ k[X], folgt f · g ∈ a : f ∞ , also
LC(p)
g ∈ a : f ∞ , qed.

Definition 8.11 Sei U = {U1 , . . . , Ur } ⊆ X = {X1 , . . . , Xn } und ≤1 eine monomiale Ord-


nung auf T (U ) sowie ≤2 eine monomiale Ordnung auf T (X \ U ). Für s1 , t1 ∈ T (U ) und
s2 , t2 ∈ T (X \ U ) sei

s1 · s2 ≤ t1 · t2 :⇐⇒ s2 <2 t2 oder s2 =2 t2 und s1 ≤1 t1 .

”≤” heißt eine inverse Blockordnung auf T (X) bezüglich U .


8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 71

Lemma 8.12 Sei ≤ eine inverse Blockordnung auf T (X) bezüglich U und G ⊆ k[X] ei-
ne Gröbner-Basis für ein Ideal a bezüglich ≤. Dann ist G auch eine Gröbner-Basis für
a · k(U )[X \ U ] in k(U )[X \ U ] bezüglich der Einschränkung ≤0 von ≤ auf T (X \ U ).

Beweis: Sei G = {g1 , . . . , gm } eine Gröbner-Basis für a bezüglich ≤.


Wir zeigen: (LT≤0 (g1 ), . . . , LT≤0 (gm )) = (LT≤0 (a · k(U )[X \ U ]))
P
bzw.: wenn f = m i=1 hi gi ∈ a · k(U )[X \ U ] =⇒ ∃ g ∈ G : LT≤0 (g) | LT≤0 (f ).

Sei q = k.g.V.{Nenner von h1 , . . . , hm } ∈ k[U ]

m
X
=⇒ q · f = (q · hi )gi ∈ a =⇒ ∃ g ∈ G : LT≤ (g) | LT≤ (q · f )
i=1

Aufgrund der inversen Blockordnung bezüglich U bleiben Führungsterme in k[X] bezüglich


≤ auch Führungsterme in k(U )[X \ U ] bezüglich ≤0

=⇒ LT≤0 (g) | LT≤0 (q · f ) = LT≤0 (f ), qed.

Mit diesen Vorbereitungen kommen wir zur entscheidenden Aussage, mit deren Hilfe Radikal
und Durchschnittsdarstellung beliebiger Polynomideale berechnet werden können.

Satz 8.13 Sei ≤ eine inverse Blockordnung auf T (X) bezüglich U und a ⊆ k[X] ein Ideal
mit der Gröbner-Basis G bezüglich ≤. Sei f = k.g.V.{LC(g) ∈ k[U ] : g ∈ G}. Dann ist

aec = a · k(U )[X \ U ] ∩ k[X] = a : f ∞ .

Beweis: Nach 8.12 ist G eine Gröbner-Basis für ae = a · k(U )[X \ U ] und nach 8.10 gilt
aec = a : f ∞ , qed.
Was haben wir nun erreicht?
Sei a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] = k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal und {U1 , . . . , Ur } ⊆ {X1 , . . . , Xn } eine
maximal unabhängige Menge bezüglich a.
I. r = 0: =⇒ a ∩ k[Xi ] 6= (0) für i = 1, . . . , n =⇒ dim a = 0 =⇒ ”fertig”:
Es ist a = (f1 , . . . , fm ) = q1 ∩ · · · ∩ qs , qi - primär und Rad qi = pi - prim für i = 1, . . . , s.
Ist k algebraisch abgeschlossen, etwa k = C, dann besitzt pi die Darstellung

(i)
pi = (X1 − a1 , . . . , Xn − an(i) ), i = 1, . . . , s

(i) (i)
Ist Pi = (a1 , . . . , an ) ∈ An (k), dann sind {P1 , . . . , Ps } genau die gemeinsamen Nullstellen
von

f1 = 0, . . . , fm = 0

behaftet mit Vielfachheiten, die im folgenden Abschnitt behandelt werden.


8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 72

II. r > 0: Sei ”≤” eine inverse Blockordnung auf T (X) bezüglich U = {U1 , . . . , Ur } und
G = {f1 , . . . , fm } eine Gröbner-Basis für a bezüglich ”≤”, etwa

fi = gi (U ) · hi (X \ U ) + · · · mit LC(fi ) = gi , LM(fi ) = hi (X \ U ), i = 1, . . . , s.

Dann ist nach Satz 8.13

f = k.g.V.{g1 (U ), . . . , gm (U )}.

Wir betrachten nun a · k(U )[X \ U ] = a · K[X \ U ] = ae .


(Satz 8.7) (Satz 7.6)
{U1 , . . . , Ur } ist maximal unabhängig bezüglich a =⇒ dim ae = 0 =⇒ wir können für
ae in K[X \ U ] die Durchschnittsdarstellung ae = Q1 ∩ · · · ∩ Qt1 angeben und erhalten mit
qi = Qi ∩ k[X]

aec = a : f ∞ = q1 ∩ · · · ∩ qt1

=⇒ a = (a, f s ) ∩ q1 ∩ · · · ∩ qt1 , da a = (a, f s ) ∩ (a : f ∞ ) nach Lemma 8.8 und Lemma 8.9.


Den Prozess wiederholen wir mit (a, f s ) statt a solange, bis f = 1. Dieser Fall tritt nach
endlich vielen Schritten ein, da {U1 , . . . , Ur } z.B. nicht mehr unabhängig bezüglich (a, f s ) ist
und sich damit die Anzahl der unabhängigen Variablen in jedem Schritt verringert.
Die Bestimmung und Darstellung der Nullstellen der assoziierten Prim- bzw. Primärideale
von a ist gleich bedeutend mit der Darstellung irreduzibler algebraischer Mannigfaltigkeiten,
etwa in parametrisierter Form. Es ist ratsam, dieses im jeweils vorliegenden Fall gesondert in
Abhängigkeit von der konkreten Beschaffenheit des zugehörigen Ideals zu untersuchen. Bei
der Bestimmung einzelner Nullstellen kann man auf den Erweiterungssatz 5.2 zurückgreifen.
Beispiel: a = (X3 (X1 + 1), X3 (X2 + 1)) ⊂ k[X1 , X2 , X3 ]
∃ 2 maximal unabhängige Mengen von Variablen:

1. U1 = X3 ⇒ U = {X3 }, X \ U = {X1 , X2 }

2. U1 = X1 , U2 = X2 ⇒ U = {X1 , X2 }, X \ U = {X3 }

Fall 1. Gröbner-Basis: {f1 , f2 } = {X3 (X1 + 1), X3 (X2 + 1)},


also die oben angegebene Basis für a ⇒ g1 = g2 = X3 ⇒ f = X3
a · k(X3 )[X1 , X2 ] = (X1 + 1, X2 + 1) ⇒ aec = a : f ∞ = (X1 + 1, X2 + 1)
(a, f ) = (X3 ) ist ein Primideal =⇒
a = (a, f ) ∩ (a : f ∞ ) = (X3 ) ∩ (X1 + 1, X2 + 1) ist Primärdarstellung.
Fall 2. X3 > X1 > X2 , Gröbner-Basis: {f1 , f2 } = {(X1 + 1)X3 , (X2 + 1)X3 }
⇒ g1 = X1 + 1, g2 = X2 + 1 ⇒ f = (X1 + 1)(X2 + 1)
a · k(X1 , X2 )[X3 ] = (X3 ) ⇒ aec = a : f ∞ = (X3 )
⇒ a = (a, f ) ∩ (a : f ∞ ) = ((X1 + 1)X3 , (X2 + 1)X3 , (X1 + 1)(X2 + 1)) ∩ (X3 )
Weiter mit: a(1) = (a, f ) = ((X1 + 1)X3 , (X2 + 1)X3 , (X1 + 1)(X2 + 1))
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 73

Maximal unabhängige Mengen sind: {X1 }, {X2 }, {X3 };


alle Mengen sind unabhängig maximaler Mächtigkeit.
Wir wählen: U1 = X1 , U = {X1 }, X \ U = {X2 , X3 }

(1) (1) (1)


f1 = (X1 + 1)X3 , f2 = (X2 + 1)X3 , f3 = (X1 + 1)(X2 + 1)

(1) (1) (1)


=⇒ g1 = X1 + 1, g2 = 1, g3 = X1 + 1 =⇒ f (1) = X1 + 1

a · k(X1 )[X2 , X3 ] = (X3 , (X2 + 1)X3 , (X1 + 1)(X2 + 1)) = (X3 , X2 + 1)

a(1)ec = (X3 , X2 + 1), (a(1) , f (1) ) = ((X2 + 1)X3 , X1 + 1)

=⇒ a = (X3 ) ∩ (X3 , X2 + 1) ∩ ((X2 + 1)X3 , X1 + 1)


Weiter mit: a(2) = (a(1) , f (1) ) = ((X2 + 1)X3 , X1 + 1)
Maximal unabhängige Mengen sind: {X2 }, {X3 };
wir wählen: U1 = X2 , U = {X2 }, X \ U = {X1 , X3 }
(2) (2) (2) (2)
f1 = (X2 + 1)X3 , f2 = X1 + 1 =⇒ g1 = X2 + 1, g2 = 1 =⇒ f (2) = X2 + 1

a · k(X2 )[X1 , X3 ] = (X3 , X1 + 1) =⇒ a(2)ec = (X3 , X1 + 1)

und (a(2) , f (2) ) = ((X2 + 1)X3 , X1 + 1, X2 + 1) = (X1 + 1, X2 + 1)

=⇒ a = (X3 ) ∩ (X3 , X2 + 1) ∩ (X3 , X1 + 1) ∩ (X1 + 1, X2 + 1)


= (X3 ) ∩ (X1 + 1, X2 + 1)

Weiter mit: a(3) = (a(2) , f (2) ) = (X1 + 1, X2 + 1)


Maximal unabhängig ist: U = {X3 }
(3) (3) (3) (3)
f1 = X1 + 1, f2 = X2 + 1 =⇒ g1 = g2 = 1 =⇒ f (3) = 1
=⇒ fertig!
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 74

9 Polynomiale Abbildungen und ganzzahlige Optimierung

Die ganzzahlige Optimierung bereitet wegen der einschränkenden Bedingung, Lösungen im


ganzzahligen Bereich zu suchen, durchweg erhebliche theoretische als auch praktische Proble-
me bei der algorithmischen Umsetzung. Andererseits lassen sich Optimalitätsprobleme der
Diskreten Mathematik/Graphentheorie durchweg durch ganzzahlige Optimierung lösen. Die
Theorie der Gröbner-Basen ist ein geeignetes Hilfsmittel zur algorithmischen Lösung.
Zur Vorbereitung werden einige Aussagen über polynomiale Abbildungen bereitgestellt.

Definition 9.1 Sei k ein Körper, Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn Unbestimmte über k und

Φ : k[Y1 , . . . , Ym ] −→ k[X1 , . . . , Xn ]

ein k-Algebra Homomorphismus. Φ ist ein Ring-Homomorphismus, der ebenfalls eine lineare
k-Vektorraum-Transformation ist mit

Φ : Yi −→ fi (X1 , . . . , Xn ) (i = 1, . . . , m).

P α
P α1
Ist h = h(Y1 , . . . , Ym ) ∈ k[Y1 , . . . , Ym ], h = α cα Y = α cα Y1 · · · Ymαm , dann ist
X
Φ(h) = cα f1α1 · · · fm
αm
= h(f1 , . . . , fm ) ∈ k[X1 , . . . , Xn ].
α

Wir wollen Kern und Bild von Φ bestimmen. Es ist

ker Φ = {h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] : Φ(h) = h(f1 , . . . , fm ) = 0}

und damit das Ideal der Relationen zwischen f1 , . . . , fm . Weiter ist

Im Φ = {f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] : ∃ h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] mit Φ(h) = f }.

Daher ist

Im Φ = k[f1 , . . . , fm ] ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] und k[Y1 , . . . , Ym ]/ker Φ ∼


= k[f1 , . . . , fm ].

Damit tun sich 2 Probleme bezüglich Gröbner-Basen auf:

I. Bestimmung einer Gröbner-Basis für ker Φ

II. Algorithmus für die Entscheidung: Wann gilt für f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] auch f ∈ k[f1 , . . . , fm ]?

Zunächst ein vorbereitendes

Lemma 9.2 Sei R ein beliebiger kommutativer Ring und a1 , . . . , an , b1 , . . . , bn ∈ R. Dann


ist a1 · · · an − b1 · · · bn ∈ (a1 − b1 , . . . , an − bn )R.
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 75

Beweis: Induktion bezüglich n: n = 1 ist trivial. Sei n > 1. Dann ist

a1 · · · an − b1 · · · bn = a1 (a2 · · · an − b2 · · · bn ) + b2 · · · bn (a1 − b1 ) ∈ (a1 − b1 , . . . , an − bn ). ¤


| {z }
∈(a2 −b2 ,...,an −bn )

Satz 9.3 Mit obigen Bezeichnungen sei a = (Y1 −f1 , . . . , Ym −fm ) ⊆ k[Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn ].
Dann ist ker Φ = a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ].

Beweis: 1) a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ] ⊆ ker Φ:


Sei g ∈ a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ],
m
X
g = g(Y1 , . . . , Ym ) = (Yj − fj (X))hj (Y, X),
j=1

dann ist g(f1 , . . . , fm ) = 0 und damit g ∈ ker Φ.


2) ker Φ ⊆ a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ]:
P
Sei g ∈ ker Φ, g = α cα Y1α1 · · · Ymαm , cα ∈ k und g(f1 , . . . , fm ) = 0. Dann ist
X
g = g − g(f1 , . . . , fm ) = cα (Y1α1 · · · Ymαm − f1α1 · · · fm
αm
) ∈ (Y1 − f1 , . . . , Ym − fm )
α

nach Lemma 9.2. ¤


Wenn wir eine Gröbner-Basis für a mit einer Eliminationsordnung X À Y berechnen, haben
wir eine Basis für ker Φ. Diese ist für die Lösung ganzzahliger Optimierungsprobleme geeignet,
wie wir später sehen werden.

Beispiel 9.4 Sei Φ : Q[Y1 , Y2 , Y3 , Y4 ] −→ Q[X1 , X2 ] mit

Y1 7−→ X14 , Y2 7−→ X13 X2 , Y3 7−→ X1 X23 , Y4 7−→ X24

oder einfacher geschrieben Φ : Q[r, u, v, w] −→ Q[x, y] mit

r 7−→ x4 , u 7−→ x3 y, v 7−→ xy 3 , w 7−→ y 4 .

Es ist a = (r − x4 , u − x3 y, v − xy 3 , w − y 4 ) ⊂ Q[r, u, v, w, x, y]. Als monomiale Ordnung


wählen wir eine Blockordnung mit y > x > r > u > v > w und außerdem: >1 grlex auf x, y
mit y > x und >2 grevlex auf r, u, v, w mit r > u > v > w. Dann erhält man eine reduzierte
Gröbner-Basis

G = {x4 − r, x3 y − v, xy 3 − v, y 4 − w, yv − xw, yr − xu, y 2 u − x2 v,


x2 y 2 w − v 2 , yuw − xv 2 , yu2 − xrv,
uv − rw, v 3 − uw2 , rv 2 − u2 w, u3 − r2 v}

und hieraus

G ∩ Q[r, u, v, w] = {uv − rw, v 3 − uw2 , rv 2 − u2 w, u3 − r2 v} = ker Φ.

Der zentrale Satz ist nun


9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 76

Satz 9.5 Mit obigen Bezeichnungen sei a = (Y1 −f1 , . . . , Ym −fm ) ⊆ k[Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn ]
und G eine reduzierte Gröbner-Basis für a bezüglich einer Eliminationsordnung, so dass
X À Y . Dann gilt für f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]:

f ∈ Im Φ ⇐⇒ ∃ h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] mit NG (f ) = h,

d.h. der Divisionsrest h = NG (f ) von f unter G liegt in k[Y1 , . . . , Ym ]. In diesem Fall ist
f = Φ(h) = h(f1 , . . . , fm ).

Beweis: =⇒“ Sei f ∈ Im Φ ⊆ k[X1 , . . . , Xn ] und etwa f = g(f1 , . . . , fm ) für g ∈ k[Y1 , . . . , Ym ].



Dann ist

f (X1 , . . . , Xn ) − g(Y1 , . . . , Ym ) = g(f1 , . . . , fm ) − g(Y1 , . . . , Ym ) ∈ a

wegen Lemma 9.2. Daher haben f und g unter G wegen Folgerung 4.15 denselben Divisi-
G G
onsrest, etwa h : f −→+ h, g −→+ h. Da g ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] und X À Y , kann g nur durch
Polynome aus G ∩ k[Y1 , . . . , Ym ] reduziert werden, also h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ].
G
⇐=“ Wenn f −→+ h und h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ], dann ist f − h ∈ a, also

s
X
f (X1 , . . . , Xn ) − h(Y1 , . . . , Ym ) = gi (X1 , . . . , Xn , Y1 , . . . , Ym )(Yi − fi ).
i=1

Daher ist f (X) − h(f1 , . . . , fm ) = 0, also f (X) = h(f1 , . . . , fm ) und f ∈ Im Φ. ¤


Satz 9.5 ist gleichzeitig ein Kriterium dafür, wann ein Element f ∈ k[X1 , . . . , Xn ] in k[f1 , . . . , fm ]
liegt. Es gilt

Folgerung 9.6 Mit denselben Bezeichnungen wie im Satz 9.5 sei f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]. Dann
ist

f ∈ k[f1 , . . . , fm ] ⇐⇒ NG (f ) ∈ k[Y1 , . . . , Ym ].

Beispiel 9.7 Sei Φ : Q[u, v] −→ Q[x] mit Y1 = u 7→ x4 + x = f1 (x), Y2 = v 7→ x3 = f2 (x).

Dann ist a = (u − x4 − x, v − x3 ) und

G = {u3 − v 4 − 3v 3 − 3v 2 − v, xv + x − u, xu2 − v 3 − 2v 2 − v, x2 u − v 2 − v, x3 − v}

eine Gröbner-Basis. x5 wird wie folgt reduziert:


x3 −v xv+x−u
x5 −→ x2 v −→ −x2 + xu = NG (x5 ) ∈
/ Q[u, v] ⇒ x5 ∈
/ Q[x4 + x, x3 ].

Was passiert nun, wenn wir k[X1 , . . . , Xn ] durch k[X1 , . . . , Xn ]/I mit einem Ideal I ⊆
k[X1 , . . . , Xn ] ersetzen? Wir haben dann

Φ : k[Y1 , . . . , Ym ] −→ k[X1 , . . . , Xn ]/I

mit

Φ : Yi 7−→ fi + I, fi ∈ k[X1 , . . . , Xn ] (i = 1, . . . , m).


9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 77

Satz 9.8 Mit obigen Bezeichnungen sei a = (I, Y1 −f1 , . . . , Ym −fm ) ⊆ k[Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn ].
Dann ist ker Φ = a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ].

Beweis: Sei g ∈ a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ] und etwa

m
X
g= hi (X, Y )(Yi − fi ) + w(Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn )
i=1
P
und w = j qj (X, Y ) · vj (X1 , . . . , Xn ), vj (X1 , . . . , Xn ) ∈ I. Dann ist
X
Φ(g) = g(f1 , . . . , fm ) = qj (X1 , . . . , Xn , f1 , . . . , fm ) · vj (X1 , . . . , Xn ) + %
j

mit vj (X1 , . . . , Xn ), % ∈ I, also Φ(g) ∈ I und damit g ∈ ker Φ.


Sei umgekehrt g ∈ ker Φ, also Φ(g) = 0, g = g(Y1 , . . . , Ym ) ∈ k[Y1 , . . . , Ym ]. Dann ist Φ(g) =
g(f1 , . . . , fm ) + w(Y, X) ∈ I mit w ∈ I und daher g(f1 , . . . , fm ) ∈ I. Entsprechend wie oben
erhält man

g(Y1 , . . . , Ym ) = g(Y1 , . . . , Ym ) − g(f1 , . . . , fm ) + g(f1 , . . . , fm ) ∈ a ∩ k[Y1 , . . . , Ym ]


| {z } | {z }
∈ (Y1 − f1 , . . . , Ym − fm ) ∈I

¤
Damit können wir auch Satz 9.5 übertragen.

Satz 9.9 Mit obigen Bezeichnungen sei

a = (I, Y1 − f1 , . . . , Ym − fm ) ⊆ k[Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn , W ]

und G eine Gröbner-Basis für a bezüglich einer Eliminationsordnung mit X, W À Y . Dann


gilt für f ∈ k[X1 , . . . , Xn ]

G
f + I ⊆ Im Φ ⇐⇒ ∃ h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] mit f −→+ h.

In diesem Fall ist f + I = Φ(h) = h(f1 , . . . , fm ) + I, d.h. in k[X1 , . . . , Xn ]/I ist f =


h(f1 , . . . , fm ).

Beweis (entsprechend wie zu 9.5): =⇒“ Sei f + I ⊆ Im Φ =⇒ ∃ g ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] mit



f −g(f1 , . . . , fm ) ∈ I. Wir betrachten f (X)−g(Y ) = f (X1 , . . . , Xn )−g(Y1 , . . . , Ym ) ∈ k[X, Y ].
Es ist wie oben

f (X) − g(Y ) = g(f1 , . . . , fm ) − g(Y1 , . . . , Ym ) + f (X1 , . . . , Xn ) − g(f1 , . . . , fm ) ∈ a


| {z } | {z }
∈ (Y1 − f1 , . . . , Ym − fm ) ∈ I

G G
=⇒ ∃ h : f −→+ h und g −→+ h und wegen g ∈ k[Y1 , . . . , Ym ] auch h ∈ k[Y1 , . . . , Ym ].
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 78

G
⇐=“ Sei f ∈ k[X1 , . . . , Xn ], f −→+ h und h = h(Y1 , . . . , Ym ) ∈ k[Y1 , . . . , Ym ]. Dann ist

auch f − h(Y ) ∈ a, etwa
m
X
f −h= gi (X, Y )(Yi − fi ) + w, w∈I
i=1

und
X
w= qj (Y1 , . . . , Ym , X1 , . . . , Xn ) · vj (X1 , . . . , Xn ) mit vj (X1 , . . . , Xn ) ∈ I.
j

Ersetzen wir Yi durch fi (i = 1, . . . , m), so folgt


X
f (X1 , . . . , Xn ) − h(f1 , . . . , fm ) = qj (f1 , . . . , fm , X1 , . . . , Xn ) · vj (X1 , . . . , Xn ) ∈ I
j

und daher f + I ⊆ Im Φ. ¤
Folgerung 9.6 erhält nun die Form

Folgerung 9.10 Mit obigen Bezeichnungen ist f +I ∈ k[X1 , . . . , Xn ]/I im Bild von Φ genau
dann, wenn NG (f ) ∈ k[Y1 , . . . , Ym ].

Ganzzahlige Optimierung

Wir betrachten das ganzzahlige Optimierungsproblem

a11 σ1 + a12 σ2 + . . . + a1m σm = b1


..
. (9.A)
an1 σ1 + an2 σ2 + . . . + anm σm = bn

mit aij , bi ∈ Z (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m) und der Kostenfunktion


m
X
c(σ1 , . . . , σm ) = cj σj −→ min, (σ1 , . . . , σm ) ∈ Nm .
j=1

Lösungen (σ1 , . . . , σm ) ∈ Nm von (9.A) heißen zulässig. Die Menge aller zulässigen Lösungen
heißt der zulässige Bereich.
Die Hauptschwierigkeit gegenüber der linearen Optimierung besteht im Auffinden des zulässi-
gen Bereiches. Hierzu betrachtet man zunächst die linke Seite“ von (9.A) bzw. die Menge

der Optimierungsprobleme

A · σ = b, b-beliebig,
      
a11 . . . a1m σ1 b1 a1j
 . .   .   .   . 
wenn A =  .
. .. , σ =  ..
 
 und b =  .. . Sei a =  ..
  
j

.

an1 . . . anm σm bn anj
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 79

Wir untersuchen zunächst den Spezialfall aij , bi ≥ 0 und erweitern anschließend die Über-
legung auf beliebige ganze Zahlen. k sei ein beliebiger Körper, o.B.d.A. sei Char k=0, etwa
k = Q oder k = R.

I. aij ≥ 0, bi ≥ 0 (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m)

Wir betrachten das Monoid M = Nm . Dann sind die Spalten aj ∈ M (j = 1, . . . , n) und


erzeugen ein Teilmonoid N = ha1 , . . . , an i.
Das System (9.A) besitzt eine zulässige Lösung ⇐⇒ b ∈ N.
Seien nun x1 , . . . , xn , y1 , . . . , ym Unbestimmte über k. Dann schreiben wir die Gleichungen
aus (9.A) in der Form

xai i1 σ1 + ai2 σ2 + ... + aim σm = xbi i (i = 1, . . . , n)

und das gesamte System als

xa111 σ1 + ... + a1m σm · · · xann1 σ1 + ... + anm σm = xb11 · · · xbnn

oder auch

( xa111 xa221 · · · xann1 )σ1 · · · ( xa11m xa22m · · · xannm )σm = xb11 xb22 · · · xbnn .
| {z } | {z } | {z }
=f1 (x1 , . . . , xn ) =fm (x1 , . . . , xn ) =f (x1 , . . . , xn )

Sei nun Φ die polynomiale Abbildung

a a
Φ : k[y1 , . . . , ym ] −→ k[x1 , . . . , xn ] mit Φ(yj ) = x11j · · · xnnj = fj (x1 , . . . , xn )

(j = 1, . . . , m). Dann ist die Existenz einer zulässigen Lösung für eine rechte Seite b von (9.A)
gleichwertig mit b ∈ N bzw.

f (x1 , . . . , xn ) = xb11 · · · xbnn ∈ Im Φ,

und zwar xb11 · · · xbnn = Φ(y1σ1 · · · ym


σm ). Wir haben

Lemma 9.11 Mit obigen Bezeichnungen sei aij ≥ 0, bi ≥ 0 (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m).


Dann existiert eine Lösung (σ1 , . . . , σm ) ∈ Nm für das System (9.A) genau dann, wenn
xb11 · · · xbnn das Bild unter Φ eines Potenzproduktes y1σ1 · · · ym
σm ist:

xb11 · · · xbnn = Φ(y1σ1 · · · ym


σm
).

(σ1 , . . . , σm ) ∈ Nm ist die gesuchte Lösung.

In Satz 9.5 wird als Kriterium angegeben:

f = xb11 · · · xbnn ∈ Im Φ ⇐⇒ NG (f ) ∈ k[y1 , . . . , ym ].


9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 80

Um dieses anwenden zu können, müssen wir sichern:

f = xb11 · · · xbnn ∈ Im Φ =⇒ f ist Bild eines Potenzproduktes.

Dieses leistet

Lemma 9.12 Mit obigen Bezeichnungen gilt

f = xb11 · · · xbnn ∈ Im Φ =⇒ f = Φ(y1σ1 · · · ym


σm
).

a a
Beweis: Sei a = ({yj −x11j · · · xnnj : j = 1, . . . , m}) und G eine Gröbner-Basis für a bezüglich
einer Eliminationsordnung mit x À y. Dann folgt aus Satz 9.5

G
xb11 · · · xbnn ∈ Im Φ ⇐⇒ xb11 · · · xbnn −→+ h ∈ k[y1 , . . . , ym ]

und x1b1 · · · xbnn = Φ(h). Da sowohl G als auch die S-Polynome Differenzen zweier Monome
sind, ergibt sich in jedem Reduktionsschritt als Ergebnis wieder ein Potenzprodukt, also ist
auch h ein solches. ¤
Der Divisionsalgorithmus liefert gleichzeitig eine zulässige Lösung, wenn eine solche existiert:

G
xb11 · · · xbnn −→+ h ∈ k[y1 , . . . , ym ] und h = y1σ1 · · · ym
σm

sowie

xb11 · · · xbnn = Φ(h) = f1σ1 · · · fm


σm
= (xa111 xa221 · · · xann1 )σ1 · · · (xa11m xa22m · · · xannm )σm

wie oben.

3σ1 + 2σ2 + σ3 + σ4 = 10
Beispiel 9.13
4σ1 + σ2 + σ3 = 5

2 Variable x1 , x2 für die Zeilen, 4 Variable y1 , . . . , y4 für die Unbestimmten

Φ
Q[y1 , y2 , y3 , y4 ] −→ Q[x1 , x2 ]
y1 7−→ x31 x42
y2 7−→ x21 x2
y3 7−→ x1 x2
y4 7−→ x2

a = (y1 − x31 x42 , y2 − x21 x2 , y3 − x1 x2 , y4 − x2 ) ⊆ Q[y1 , y2 , y3 , y4 , x1 , x2 ]

x1 > x2 > y1 > y2 > y3 > y4 - lexikographische Ordnung.


Gröbner-Basis G = {f1 , . . . , f5 } mit

f1 = x1 − y4 , f2 = x2 y4 − y3 , f3 = x2 y33 − y1 , f4 = y2 − y3 y4 , f5 = y1 y4 − y34
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 81

G
x10 5 5 5
1 x2 −→+ y3 y4 ⇒ (σ1 , σ2 , σ3 , σ4 ) = (0, 0, 5, 5)

II. aij , bi ∈ Z (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m)

Wir müssen nun negative Exponenten der xi zulassen und führen hierzu eine neue Variable w
ein. Dann wird k[x1 , . . . , xn ] ersetzt durch k[x1 , . . . , xn , w]/I mit dem Ideal I = (x1 · · · xn w −
1) ⊆ k[x1 , . . . , xn , w].
Wir wählen a0ij , αj ∈ N derart, dass

(a1j , a2j , . . . , anj ) = (a01j , a02j , . . . , a0nj ) + αj (−1, −1, . . . , −1)

Beispiel: (−3, 2, −7) = (4, 9, 0) + 7(−1, −1, −1)


In k[x1 , . . . , xn , w]/I ist x1 · · · xn w − 1 = 0, d.h. w nimmt die Rolle von x−1 −1
1 · · · xn ein. Somit
a1j anj
können wir den Repräsentanten von x1 · · · xn + I definieren als

a a a0 a0
x11j · · · xnnj + I := x11j · · · xnnj wαj + I.

Entsprechend setzen wir

(b1 , b2 , . . . , bn ) = (b01 , b02 , . . . , b0n ) + β(−1, −1, . . . , −1)


b0 b0
mit b01 , . . . , b0n , β ∈ N und xb11 · · · xbnn + I := x11 · · · xnn wβ + I.
Dann erhält unser Optimierungsproblem die Gestalt
a0 a0 a0 0 b0 0
(x111 · · · xnn1 wα1 )σ1 · · · (x11m · · · xannm wαm )σm + I = x11 · · · xbnn wβ + I.

Die linke Seite betrachten wir wieder als Bild von y1σ1 · · · ym
σm unter dem Homomorphismus

Φ
k[y1 , . . . , ym ] −→ k[x1 , . . . , xn , w]/I
a0 a0
yj 7−→ x11j · · · xnnj wαj + I

Vergleichbar wie Lemma 9.11 erhalten wir

Lemma 9.14 Mit obigen Bezeichnungen existiert eine zulässige Lösung für das Optimie-
b0 b0
rungsproblem (9.A) genau dann, wenn x11 · · · xnn wβ + I das Bild unter Φ von einem Potenz-
produkt aus k[y1 , . . . , ym ] ist. Wenn
b0 0
x11 · · · xbnn wβ + I = Φ(y1σ1 · · · ym
σm
),

dann ist (σ1 , . . . , σm ) ∈ Nm die gesuchte Lösung.

Wie im Fall I. müssen wir noch zeigen:

b0 b0
Lemma 9.15 Ist mit obigen Bezeichnungen x11 · · · xnn wβ + I Bild eines Elementes h ∈
k[y1 , . . . , ym ], dann ist h ein Potenzprodukt y1σ1 · · · ym
σm ∈ k[y , . . . , y ]:
1 m

b0 0
f = x11 · · · xbnn wβ + I = Φ(y1σ1 · · · ym
σm
).
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 82

Beweis: Sei
a0 a0
a = (x1 · · · xn w − 1, {yj − x11j · · · xnnj wαj : j = 1, . . . , m}) ⊆ k[y1 , . . . , ym , x1 , . . . , xn , w]

und G eine Gröbner-Basis für eine Eliminationsordnung mit x, w À y. Dann ist nach Satz
9.9
b0 0 b0 b0 G
x11 · · · xbnn wβ + I ∈ Im Φ ⇐⇒ x11 · · · xnn wβ −→+ h ∈ k[y1 , . . . , ym ].

Da a und damit auch G von Differenzen zweier Potenzprodukte erzeugt wird, ist h ebenfalls
ein Potenzprodukt. ¤

Beispiel 9.16 Wir betrachten das folgende System

3σ1 − 2σ2 + σ3 − σ4 = −1
4σ1 + σ2 − σ3 = 5

2 Variable x1 , x2 für die Zeilen, 4 Variable y1 , . . . , y4 für die Unbestimmten


Dann ist I = hx1 x2 w − 1i ⊂ Q[x1 , x2 , w] und Φ der Homomorphismus

Φ
Q[y1 , y2 , y3 , y4 ] −→ Q[x1 , x2 , w]/I
y1 7−→ x31 x42 + I
y2 7−→ x32 w2 + I
y3 7−→ x21 w + I
y4 7−→ x2 w + I

a = (y1 − x31 x42 , y2 − x32 w2 , y3 − x21 w, y4 − x2 w, x1 x2 w − 1) ⊆ Q[y1 , y2 , y3 , y4 , x1 , x2 , w]

x1 > x2 > w > y1 > y2 > y3 > y4 - lexikographische Ordnung.


Gröbner-Basis G = {f1 , . . . , f9 } mit

f1 = x1 − y1 y34 y46 , f2 = x2 − y1 y33 y46 , f3 = w − y3 y42 , f4 = y1 y34 y47 − 1, f5 = y1 y33 y48 − y2

f6 = y1 y32 y49 − y22 , f7 = y1 y3 y410 − y23 , f8 = y1 y411 − y24 , f9 = y2 y3 − y4

Der rechten Seite (−1, 5) = (0, 6) + 1 · (−1, −1) entspricht das Potenzprodukt x−1 5
1 x2 und
damit x−1 5 6 6
1 x2 + I = x2 w + I. Wir reduzieren x2 w bezüglich G:

{f1 ,f2 } f4 f4
x62 w −→ y16 y319 y438 −→ y15 y315 y431 −→ y14 y311 y424
f4 f4 f5
−→ y13 y37 y417 −→ y12 y33 y410 −→ y1 y3 y42

und y1 y3 y42 ist reduziert bezüglich G. Da alle Reduzierungen in Q[y1 , y2 , y3 , y4 ] liegen, haben
wir als zulässige Lösungen die Exponententupel

(6, 0, 19, 38), (5, 0, 15, 31), (4, 0, 11, 24), (3, 0, 7, 17), (2, 0, 3, 10), (1, 1, 0, 2).
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 83

Bisher wurden lediglich zulässige Lösungen bezüglich einer vorgegebenen Eliminationsord-


nung bestimmt, jedoch die Kostenfunktion außer Acht gelassen. Zum Abschluss wollen wir
zeigen, wie wir zu optimalen Lösungen bezüglich einer vorgegebenen Ordnung kommen.
P
Sei c = c(σ1 , . . . , σm ) = m
j=1 cj σj (m > 1) eine lineare Kostenfunktion.

Definition 9.17 Eine monomiale Ordnung <c auf den Variablen y1 , . . . , ym heißt kompa-
tibel mit der Kostenfunktion c und der Abbildung Φ, wenn gilt:
0 0 )
σm ) = Φ(y σ1 · · · y σm )
Φ(y1σ1 · · · ym 0 0
1 m σm < y σ1 · · · y σm .
=⇒ y1σ1 · · · ym
0 0 c 1 m
und c(σ1 , . . . , σm ) <c c(σ1 , . . . , σm )

Derartige Ordnungen liefern genau zulässige Lösungen, die die Kostenfunktion minimieren,
wie Satz 9.18 zeigt. Wir betrachten das Optimierungsproblem (9.A) mit der polynomialen
Gleichung

(xa111 · · · xann1 )σ1 · · · (xa11m · · · xannm )σm = xb1 · · · xbn

aij , bi ∈ Z (i = 1, . . . , n; j = 1, . . . , m), σ1 , . . . , σm ∈ N und der Kostenfunktion


m
X
c = c(σ1 , . . . , σm ) = cj σj −→ min .
j=1

Sei

(a1j , a2j , . . . , anj ) = (a01j , a02j , . . . , a0nj ) + αj (−1, −1, . . . , −1)


(b1 , b2 , . . . , bn ) = (b01 , b02 , . . . , b0n ) + β(−1, −1, . . . , −1)

mit a0ij , b0i , αj , β ≥ 0 (i = 1, . . . , n; j = 1, . . . , m). Sei I = (x1 · · · xn w − 1)k[x1 , . . . , xn , w].


Wir betrachten die polynomiale Abbildung

Φ : k[y1 , . . . , ym ] −→ k[x1 , . . . , xn , w]/I


a0 a0
Yj 7−→ x11j · · · xnnj wαj + I (j = 1, . . . , m)

a0 a0
wobei x11j · · · xnnj wαj = fj (x1 , . . . , xn , w). Dann ist a das Ideal

a0 a0
a = (x1 · · · xn w − 1, {yj − x11j · · · xnnj wαj : j = 1, . . . , m})
= (x1 · · · xn w − 1, y1 − f1 , . . . , ym − fm )k[y1 , . . . , ym , x1 , . . . , xn , w].

Es gilt

Satz 9.18 Mit obigen Bezeichnungen sei G eine Gröbner-Basis für a bezüglich einer Elimi-
nationsordnung, in der x, w À y, und einer Ordnung <c auf den Variablen y1 , . . . , ym , die
mit der Kostenfunktion c und der Abbildung Φ kompatibel ist. Wenn
0 0 G
xb1 · · · xbn wβ −→+ y1σ1 · · · ym
σm ,

wobei y1σ1 · · · ym
σm reduziert bezüglich G ist, dann ist (σ , . . . , σ ) eine zulässige Lösung, die
1 m
die Kostenfunktion c minimiert.
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 84

0 0 G
Beweis: Sei xb1 · · · xbn wβ −→+ y1σ1 · · · ym
σm und y σ1 · · · y σm reduziert bezüglich G. Nach Lemma
1 m
9.15 ist (σ1 , . . . , σm ) eine Lösung von (9.A). Wir müssen zeigen, dass (σ1 , . . . , σm ) minimal
ist.
Angenommen, (σ1 , . . . , σm ) wäre nicht minimal. Dann existiert eine Lösung (σ10 , . . . , σm
0 ) mit

m
X m
X
c(σ10 , . . . , σm
0 )= cj σj0 < cj σj = c(σ1 , . . . , σm ).
j=1 j=1

σ0 σ0
Für das Potenzprodukt y1 1 · · · ymm gilt

σ0 σ0 0 0
Φ(y1σ1 · · · ym
σm ) = Φ(y 1 · · · y m ) = xb · · · xb w β + I.
1 m 1 n

Daher ist

σ0 σ0
y1σ1 · · · ym
σm − y 1 · · · y m ∈ ker Φ ⊆ a,
1 m

σ0 σ0 G
also y1σ1 · · · ym
σm − y 1 · · · y m −→ 0.
1 m +
σ0 σ0 σ0 σ0
Da y1σ1 · · · ym
σm > y 1 · · · y m , ist LT(y σ1 · · · y σm − y 1 · · · y m ) = y σ1 · · · y σm . y σ1 · · · y σm ist
c 1 m 1 m 1 m 1 m 1 m
σ1
reduziert bezüglich G: y1 · · · ym = NG (y1 · · · ym ). Daher kann die Differenz y1σ1 · · · ym
σ m σ1 σ m σm −
σ10 σ 0
y1 · · · ymm nicht zu 0 reduziert werden. ¤

Bemerkung 9.19 Zu einer vorgegebenen Ordnung <c ist das Minimum eindeutig bestimmt.
Verschiedene Ordnungen erzeugen i.A. auch verschiedene optimale Lösungen.
10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 85

10 Ergänzung: Ordnung und Multiplizitäten von Idealen

Wir haben bereits an dem einfachen Beispiel des Schnittes eines Kreises mit einer Neilschen
Parabel gesehen, dass man Schnittpunkten eine Vielfachheit zuordnen muss, um sämtliche“

Schnittpunkte zu erreichen, entsprechend der Vielfachheit einer Nullstelle eines Polynoms aus
dem Fundamentalsatz der Algebra. Dieses ist relativ einfach bei sogenannten vollständigen

Schnitten”, d.h.

a = (f1 , . . . , fr ) ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] und dim a = n − r,

und noch einfacher, wenn n − r = 0. Der allgemeine Fall

dim a = d = n − r, d = 0,

erfordert erheblich mehr Aufwand und wird hier nur im Überblick dargestellt.
I. Homogenisierung
Um alle Schnittpunkte zu erhalten, müssen die (im affinen Raum) im Unendlichen“ liegenden

Punkte ins Endliche“ transformiert werden, ohne dass sie lediglich gegen andere ausgetauscht

werden. Dieses geschieht mittels Homogenisierung wie folgt:
P
Sei f = f (X1 , . . . , Xn ) = aα X α , α = (α1 , . . . , αn ), X α = X1α1 · · · Xnαn ein Polynom in
k[X1 , . . . , Xn ] und m der maximale Grad von f in einer graduierten Ordnung, d.h. wenn
P n P
|α| = αi dann ist m = max{|α| : f = aα X α , aα 6= 0}. Wir führen eine neue Variable
i=1
Xi
X0 ein und ersetzen Xi durch X0 . Dann sei

X1 Xn
F (X0 , . . . , Xn ) := X0m · f ( ,..., ) ∈ k[X0 , X1 , . . . , Xn ].
X0 X0

Beispiel: f = X2 + X1 · X3 = X (0,1,0) + X (1,0,1) ⇒ m = 2 und


µ ¶
X1 X2 X3 X2 X1 X3
X02 · f( , , ) = X02 · + · = X0 X2 + X1 X3 = F (X0 , X1 , X2 , X3 )
X0 X0 X0 X0 X0 X0

Definition 10.1 (i) F ist ein homogenes Polynom vom Grad m in X0 , . . . , Xn und heißt
die Homogenisierung von f (X1 , . . . , Xn ). Es ist f (X1 , . . . , Xn ) = F (1, X1 , . . . , Xn ).

(ii) Ist a ⊂ k[X1 , . . . , Xn ] ein Ideal und

aH = {F (X0 , . . . , Xn ) ∈ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] : F (1, X1 , . . . , Xn ) ∈ a},

dann heißt aH das zu a äquivalente H-Ideal.

(iii) dim aH := dim a (= Krull-Dimension von aH − 1).

Bemerkung 10.2 (i) Ist (f1 , . . . , fr ) eine Basis für a in k[X1 , . . . , Xn ] und Fi die Homo-
genisierung von fi , dann ist aH ⊇ (F1 , . . . , Fr )

(ii) aH = (F1 , . . . , Fr ) : X0∞


10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 86

(iii) Geometrisch bedeutet die Homogenisierung den Übergang vom affinen Raum zum ”pro-
jektiven” Raum.

(iv) Es ist dim(X0 , X1 , . . . , Xn ) = −1. Geometrisch ist dieses sinnvoll, da


Z(X0 , X1 , . . . , Xn ) = {(0, . . . , 0)} und (0, . . . , 0) kein Punkt des projektiven Raumes
ist.

(v) Ideale der Dimension −1 heißen triviale Ideale. Dieses sind genau die Primärideale mit
dem Radikal (X0 , X1 , . . . , Xn ).

Beispiel 10.3 a = (f1 , f2 ) = (X12 , X2 + X1 X3 ) =⇒ X1 · X2 = −X3 · f1 + X1 · f2 ∈ a


und daher X1 · X2 ∈ aH .
(F1 , F2 ) = (X12 , X0 X2 + X1 X3 ) =⇒ X1 · X2 ∈
/ (F1 , F2 ),
aber −X3 · F1 + X1 · F2 = X0 X1 X2 =⇒ X1 · X2 ∈ (F1 , F2 ) : (X0 ).

Ist man lediglich an den gemeinsamen Nullstellen von f1 , . . . , fr und damit F1 , . . . , Fr inter-
essiert, so kann man mit (F1 , . . . , Fr ) fortfahren statt mit aH !
II. Die Hilbert-Funktion
Die Hilbert-Funktion ist der geeignete numerische Charakter, um Ordnung und Vielfachheit
beliebiger Ideale und Primärkomponenten zu definieren.
Sei aH ⊂ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein beliebiges homogenes Ideal und k stets unendlich. Dann
bilden die Elemente des Grades t (t = 0) aus aH einen k-Vektorraum

V (t, aH ) = {F (X0 , . . . , Xn ) ∈ aH : Grad F = t}.

Insbesondere ist V (t, (1)) = {X α : |α| = t}.


¡ + t¢ ¡n + t¢
Lemma 10.4 dim V (t, (1)) = n n = t

Beweis: Vollständige Induktion bezüglich n!


¡ + t¢
Definition 10.5 H(t, aH ) = n n − dimk V(t, aH ) heißt die Hilbert-Funktion von aH .

Beispiel 10.6 aH = (F ), Grad F = τ = 1, dim aH = n − 1




 {0}, falls t < τ
V(t, aH ) = hF i, falls t = τ


hp · F : p = X α , |α| = t − τ i, falls t > τ


 0, falls t < τ
=⇒ dim V(t, aH ) = 1, falls t = τ

 ¡t − τ + n¢
H(t − τ, (1)) = n , falls t > τ

und für die Hilbert-Funktion erhalten wir


( ¡ ) µ
n + t¢, falls 0 5 t < τ n+t
¶ µ
n+t−τ

H(t, aH ) = n
¡n + t¢ ¡n + t − τ ¢ = − ,
n − n , falls t = τ n n
10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 87

¡ ¢
wenn wir m
n = 0 setzen für m < n. Hieraus folgt
¡ t ¢ ¡ t ¢ ¡ t ¢ ¡ t ¢
H(t, aH ) = τ · n − 1 + h1 n − 2 + · · · + hn−1 = h0 · n − 1 + h1 n − 2 + · · · + hn−1

mit h0 , h1 , . . . , hn−1 ∈ Z. h0 = h0 (aH ) = τ heißt die Ordnung von aH und ist hier gleich dem
Grad von F . Diese Darstellung von H(t, aH ) ergibt sich auch für beliebiges aH (siehe unten).
Aus der Theorie der Vektorräume erhält man unmittelbar

Satz 10.7 Seien aH , bH ⊂ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] homogene Ideale. Dann gilt:

(i) Wenn aH ⊆ bH =⇒ H(t, aH ) = H(t, bH ) ∀ t = 0

(ii) H(t, aH + bH ) = H(t, aH ) + H(t, bH ) − H(t, aH ∩ bH )

(iii) Ist F ∈ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein homogenes Polynom des Grades τ , dann gilt

H(t, (aH , F )) = H(t, aH ) − H(t − τ, aH : (F )).

Insbesondere ist

H(t, (aH , F )) = H(t, aH ) − H(t − τ, aH ), falls aH : (F ) = aH .

(iv) Ist aH ein triviales Ideal, dann gibt es ein t0 = 0, so dass H(t, aH ) = 0 für alle t = t0
und umgekehrt. Das trifft insbesondere dann zu, wenn (X0 , . . . , Xn )t0 ⊆ aH .

Beweis: Nach der Dimensionsformel für Vektorräume gilt:

dimk V(t, aH + bH ) = dimk V(t, aH ) + dimk V(t, bH ) − dimk V(t, aH ∩ bH ).

Hieraus folgt unter Beachtung von

V(t, aH + bH ) = V(t, aH ) + V(t, bH ) und V(t, aH ∩ bH ) = V(t, aH ) ∩ V(t, bH ),

sofort (ii).
Zum Beweis von (iii) beachte man, dass nach Satz 2.15 gilt

aH ∩ (F ) = (aH : (F )) · (F )

und daher dimk V(t, aH ∩ (F )) = dimk V(t − τ, aH : (F )). Für die Hilbert-Funktion bedeu-
tet dieses
¡n + t¢
H(t, aH ∩ (F )) = n − dimk V(t, (aH : (F )) · (F ))
¡n + t¢
= n − dimk V(t − τ, aH : (F ))
¡n + t¢ ¡n + t − τ ¢ ¡n + t − τ ¢
= n − n + n − dimk V(t − τ, aH : (F ))
= H(t, (F )) + H(t − τ, aH : (F ))
10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 88

nach obigem Beispiel, also

H(t, (aH , (F ))) = H(t, aH ) + H(t, (F )) − H(t, aH ∩ (F ))


= H(t, aH ) − H(t − τ, aH : (F )),

qed.

Folgerung 10.8 Besitzt aH eine triviale Komponente a−1 , dann hat diese keinen Einfluss
auf die Hilbert-Funktion H(t, aH ) für genügend großes t.

Beweis: Es ist aH = aH ∗ ∩ a−1 , a−1 ist trivial.

=⇒ H(t, aH ) = H(t, aH ∗ ) + H(t, a−1 ) − H(t, aH ∗ + a−1 )

und H(t, a−1 ) = H(t, aH ∗ + a−1 ) = 0 für t À 0, qed.

Folgerung 10.9 Ist dim aH = 0, dann ist H(t, aH ) = const > 0 für t = t0 .

Beweis: Sei aH = aH ∗ ∩ a−1 , a−1 ist trivial =⇒ H(t, aH ) = H(t, aH ∗ ) für t = t0 .


Sei l eine Linearform, die in keinem p ∈ Ass aH ∗ liegt. Dann ist aH ∗ : (l) = aH ∗ nach
Hilfssatz 2.21. Aus Satz 10.7 (iii) ergibt sich

H(t, (aH ∗ , l)) = H(t, aH ∗ ) − H(t − 1, aH ∗ ) = 0

für t À 0, da (aH ∗ , l) trivial ist. Dann existiert ein t0 , so dass für alle t = t0 gilt

H(t, aH ) = H(t, aH ∗ ) = H(t − 1, aH ∗ ) = const.

Qed.

Satz 10.10 (Hilbertscher Satz): Sei aH ⊂ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein homogenes Ideal,


dim aH = d mit 0 5 d 5 n, d.h. aH ist nicht trivial. Dann gibt es ganze Zahlen h0 >
0, h1 , . . . , hd , so dass für alle genügend großen t, d.h. ∀ t = t0 , gilt
¡ ¢ ¡ t ¢
H(t, aH ) = h0 · dt + h1 d − 1 + · · · + hd .

h0 = h0 (aH ) heißt die Ordnung von aH .

Beweis: Induktion bezüglich d:


Sei d = 0 =⇒ H(t, aH ) = const. = h0 (aH ) für t À 0 nach Folgerung 10.9.
Sei d > 0 =⇒ wir können o.B.d.A. annehmen, dass aH keine triviale Komponente besitzt.
Dann gibt es eine Linearform l, so dass aH : (l) = aH , d.h. l liegt in keinem assoziierten
Primideal von aH =⇒ dim(aH , l) = d − 1 =⇒

H(t, (aH , l)) = H(t, aH ) − H(t − 1, aH )


¡ t ¢ ¡ t ¢
= h∗0 · d − ∗ ∗
1 + h1 d − 2 + · · · + hd−1
10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 89

für alle t = t0 nach Induktionsvoraussetzung. Dann ist


t ³
X ´
H(ν, aH ) − H(ν − 1, aH ) = H(t, aH ) − H(t0 − 1, aH ) =
ν=t0

t
X tX
0 −1
¡ ν ¢ ¡ ν ¢ ¡ ν ¢ ¡ ν ¢
[h∗0 ∗ ∗
· d − 1 + h1 d − 2 + · · · + hd−1 ] − [h∗0 · d − 1 + h ∗
1

d − 2 + · · · + hd−1 ].
ν=0 ν=0

t ¡ ¢
Unter Beachtung von
P ν = ¡ t + 1 ¢ = ¡ t ¢ + ¡ t ¢ ergibt sich
k k+1 k+1 k
ν=0
¡ ¢ ¡ t ¢
H(t, aH ) = h∗0 · dt + (h∗0 + h∗1 ) d − ∗
1 + · · · + hd
¡ ¢ ¡ t ¢
= h0 · dt + h1 d − 1 + · · · + hd ,

qed.

Satz 10.11 Sei aH = (F1 , . . . , Fr ) ⊂ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein vollständiger Schnitt, d.h. dim aH =
d = n − r und sei Grad Fi = τi (i = 1, . . . , r). Dann ist h0 (aH ) = τ1 · · · τr .

Zum Beweis bemerken wir, dass aH die Durchschnittsdarstellung aH = q1 ∩ · · · ∩ qs mit


dim qi = d besitzt und damit (F1 , . . . , Fj ) : (Fj+1 ) = (F1 , . . . , Fj ) für j = 0, 1, . . . , r − 1.
Dann folgt der Satz durch Induktion bezüglich r:
r = 1: Siehe obiges Beispiel.
r > 1: Sei bH = (F1 , . . . , Fr−1 ) =⇒ aH = (bH , Fr ) und bH : (Fr ) = bH , dim bH = d + 1
=⇒ (Satz 10.7 (iii))
¡ t ¢ ¡t − τr ¢
H(t, aH ) = H(t, bH ) − H(t − τr , bH ) = h0 (bH )[ d + 1 − d + 1 ] + ···

sowie
τr
¡ t ¢ ¡t − τr ¢ X ¡t + 1 − ν ¢ ¡ t − ν ¢ ¡ ¢
d+1 − d+1 = d + 1 − d + 1 = τr dt + · · ·
ν=1 | {z }
¡t − ν ¢
d
Daher ist

h0 (aH ) = h0 (bH ) · τr = τ1 · · · τr−1 · τr ,

qed.

Satz 10.12 Sei aH = (F1 , . . . , Fr ) ⊂ k[X0 , X1 , . . . , Xn ] und

aH = q1 ∩ · · · ∩ qs ∩ qs+1 ∩ · · · ∩ qt

derart, dass dim qi = d = dim aH für i = 1, . . . , s und dim qi < d für i = s + 1, . . . , t. Dann
gilt

h0 (aH ) = h0 (q1 ) + · · · + h0 (qs ),

d.h. die Komponenten geringerer Dimension haben keinen Einfluss auf die Ordnung.
10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 90

Beweis: Sei a1 = q1 ∩ · · · ∩ qs und a2 = qs+1 ∩ · · · ∩ qt . Dann ist

H(t, aH ) = H(t, a1 ) + H(t, a2 ) − H(t, (a1 , a2 )) =⇒ h0 (aH ) = h0 (a1 ).

Setzen wir bH = q1 ∩ · · · ∩ qs−1 , so ergibt sich genauso

h0 (a1 ) = h0 (bH ) + h0 (qs ) = h0 (q1 ) + · · · + h0 (qs−1 ) + h0 (qs ),

qed.
Wir wollen noch darstellen, welche Beziehungen zwischen h0 (q) und h0 (p) besteht, wenn q
ein p-primäres Ideal ist.

Lemma 10.13 Sei p ⊂ R = k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein homogenes Primideal und q1 ⊂ q2 ⊆ p


zwei p-primäre Ideale, so dass zwischen q1 und q2 kein weiteres p-primäres Ideal liegt. Dann
gilt

h0 (q1 ) = h0 (q2 ) + h0 (p).

Beweis: Sei q2 = (q1 , u1 , . . . , us ).


Wir zeigen: u1 , . . . , us lassen sich so auswählen, dass

1. p · u1 ⊆ q1

2. ∃ ai , bi : bi · ui − ai · u1 = 0 (i = 2, . . . , s) und bi ∈
/p

Hierzu gehen wir von R zum Quotientenring Rp über. In diesem ist p · Rp wegen Lemma 8.4
offenbar das einzige maximale Ideal und zwischen q1 · Rp und q2 · Rp kann kein weiteres Ideal
liegen, da dieses ebenfalls das Erweiterungsideal eines p-primären Ideals sein müsste.

u u
=⇒ ∃ u∗ = (u ∈ q2 , m ∈
/ p) : q2 · Rp = (q1 , ) · Rp = (q1 , u) · Rp
m m

Angenommen, p · u · Rp * q1 · Rp =⇒ (q1 , p · u) · Rp = q2 · Rp 3 u, etwa u = q + p · u


=⇒ (1 − p) · u = q ∈ q1 , 1 − p ∈ / p =⇒ u ∈ q1 , Widerspruch!
Sei u1 = u. Da ui ∈ (q1 , u) · Rp , gibt es αi = ai , bi ∈
/ p, so dass ui = qi + αi · u1 . Sei o.B.d.A.
bi
a
qi = 0. Dann ist ui = i · u1 =⇒ bi · ui − ai · u1 = 0.
bi
Wir betrachten nun die Ideale

q1 ⊂ (q1 , u1 ) ⊂ (q1 , u1 , u2 ) ⊂ · · · ⊂ (q1 , u1 , . . . , us ) = q2 .

Ist τi = Grad ui , dann ergibt sich aus Satz 10.7 (iii)

H(t, (q1 , u1 , . . . , ui+1 )) = H(t, (q1 , u1 , . . . , ui )) − H(t − τi+1 , (q1 , u1 , . . . , ui ) : (ui+1 )).

Da bi+1 ∈ (q1 , u1 , . . . , ui ) : (ui+1 ), bi+1 ∈


/ p, ist dim (q1 , u1 , . . . , ui ) : (ui+1 ) < dim p

=⇒ h0 (q1 , u1 , . . . , ui+1 ) = h0 (q1 , u1 , . . . , ui ) = h0 (q1 , u1 ) (i = 1, . . . , s − 1).


10 ERGÄNZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITÄTEN VON IDEALEN 91

Andererseits ist

H(t, (q1 , u1 )) = H(t, q1 ) − H(t − τi , q1 : (u1 )).

Nach Hilfssatz 2.21 ist q1 : (u1 ) ein p-primäres Ideal und wegen p · u1 ⊆ q1 auch p ⊆ q1 : (u1 ),
also p = q1 : (u1 ) und daher

h0 (q1 , u1 ) = h0 (q1 ) − h0 (p) = h0 (q2 ), qed.

Wir kommen nach diesen Vorbereitungen zu dem wichtigen

Satz 10.14 Sei p ⊂ R = k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein homogenes Primideal und q ⊆ p ein p-


primäres Ideal. Zwischen q und p existiere eine längste Kette von p-primären Idealen

q = q1 ⊂ q2 ⊂ · · · ⊂ qµ = p (µ = 1).

Dann gilt

h0 (q) = µ · h0 (p).

µ heißt die Vielfachheit oder Multiplizität von q und wird mit λ(q) bezeichnet.
Beweis: Nach 10.13 ergibt sich

h0 (q) = h0 (q2 ) + h0 (p) = · · · = h0 (qµ ) + (µ − 1) · h0 (p) = µ · h0 (p), qed.

Folgerung 10.15 Sei aH ⊂ R = k[X0 , X1 , . . . , Xn ] ein homogenes Ideal,

aH = q1 ∩ · · · ∩ qs ∩ qs+1 ∩ · · · ∩ qt

eine Primärdarstellung, so dass dim qi = dim aH = d für i = 1, . . . , s und dim qi < d für
i = s + 1, . . . , t. qi sei pi -primär und µi = λ(qi ). Dann gilt

s
X
h0 (aH ) = µi · h0 (pi ).
i=1

Ist insbesondere k algebraisch abgeschlossen und dim pi = 0, dann ist h0 (pi ) = 1.

Die Berechnung der Hilbert-Funktion und damit der Ordnungen erfolgt z.B. durch die Be-
rechnung der Syzygien-Module, was ebenfalls korrekt mit Hilfe von Gröbner-Basen erfolgen
kann.
LITERATUR 92

Literatur

[1] Cox, Little, O’Shea; Ideals, Varieties and Algorithms, Springer-Verlag, New York . . .
1997

[2] T. Becker, V. Weispfenning; Gröbner Bases, Springer-Verlag, New York . . . 1993

[3] W.A. Adams, P. Loustaunau; An Intoduction to Gröbner Bases, American Mathe-


matical Society, Providence 1994

[4] G.-M. Greuel, G. Pfister; Singular, An Introduction to Commutative Algebra,


Springer-Verlag, New York . . . 2002

[5] D. Eisenbud; Commutative Algebra, Springer-Verlag, New York . . . 1994/96

[6] K. Hulek; Elementare algebraische Geometrie, Vieweg Verlag, Braunschweig 2000

[7] W. Gröbner; (Moderne) algebraische Geometrie, Springer-Verlag, Wien 1949 bzw.


1968/1970

[8] R. Kochendörffer; Einführung in die Algebra, 3. Aufl., Dt. Verlag der Wiss., Berlin
1966

[9] E. Kunz; Einführung in die algebraische Geometrie, Vieweg Verlag, Braunschweig 1997

[10] B. Renschuch; Elementare und praktische Idealtheorie, Dt. Verlag der Wiss., Berlin
1976

[11] O. Zariski, P. Samuel; Commutative Algebra I + II, Springer-Verlag, New York . . .


1975 (1958/60)

Das könnte Ihnen auch gefallen