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Die Schwangerschaft kann sowohi zu physiologischen der Schwangerschaft. Die Diagnose ergibt sich nach
als auch zu pathologischen schwangerschaftsspezifi- Ausschlul3 anderer rnoglicher Ursachen für einen ode-
schen Veranderungen am Auge fUhren. Desweiteren rnatösen PapillenprozeB.
werden jedoch auch präexistente Augenerkrankungen
durch Schwangerschaft und Gebnrt beeinflnl3t (61), so Während einige Veroffentlichungen einen moglichen
daB sich insbesondere bei Pseudotumor cerebri, hoher Zusammenhang zwischen Schwangerschaft und Pseu-
Myopie, Ablatio retinae, Retinopathie im Rahrnen einer dotumor cerebri beschreiben (12,56), wird von den mei-
EPH-Gestose, malignern Melanorn der Aderhaut und sten Autoren em EinfluB bzw. em haufigeres Auftreten
diabetischer Retinopathie die Frage der optimalen Ge- dieser Erkrankung während der Schwangerschaft eher
burtsieitung bzw. sogar der Interruptio ergibt —urn dro- verneint (18,42,49). Shekleton beschrieb 1980 das Syn-
hende irreversible Visusverluste der Mutter abzuwen- drom des Pseudotumors cerebri wahrend der Schwan-
den. gerschaft als gewohnhich schwerwiegende Erkrankung,
die nur iangsam auf gangige Therapieformen (wie wie-
Da sich von Seiten der Gynakologen immer wieder die derholte Lumbalpunktionen, Salz- und Wasserrestrik-
Frage der optimalen Geburtsleitung bzw. sogar der In- tion, Diuretika, Kortikosteroide, lumboperitonealer
terruptio bei verschiedenen Angenerkranknngen ergibt, Shunt oder Dekompression des N. opticus) anspricht.
sollen irn folgenden Geburtsleitung, Indikationen zurn Da bei lange bestehender Symptomatik em irreversibler
Schwangerschaftsabbruch oder Sectio caesarea bei oben Visnsverlust bzw. Gesichtsfeiddefekte drohen, empfiehlt
genannten Augenerkrankungen diskutiert werden. er, ebenso wie Erdheirn, Greer und Elian die vorzeiti-
ge Entbindnng bzw. den Abbruch der Schwangerschaft,
was zur Besserung der Syrnptornatik fuhren soil (12,14,
1) Pseudotumor cerebri 22,56). Poweii dagegen beschreibt den Pseudotumor ce-
rebri ais gewohnlich selbstlimitierende Erkrankung mit
Beim sog. Pseudotumor cerebri — charakterisiert durch sehr guter Prognose. Die Symptomatik bessere sich in
erhöhten intrakraniellen Druck, Kopfschrnerzen, Pa- der Regel schon nach Wochen bzw. Monaten, unab-
pillenodern, Sehstorungen,jedoch fehiende lokalisierte hangig von der angewandten Therapieform. So tendiert
neurologische Symptornatik (61) — handeit es sich urn er, ebenso wie Sunnes und Digre zunächst zu abwar-
eine seitene ophthalmologische Komplikation während tender Haltung rnit engrnaschiger Kontrolle von Visus
und Gesichtsfeld. Bei stabilern Verlauf kann die vaginale
Kim Monatsbl Augenheilkd 1997; 211:349—353 Entbindnng angestrebt werden. Auch sollten zunächst
1997 F. Enke Verlag Stuttgart bei schwerern Verlauf o. g. Therapieforrnen versucht
350 Kim Monatsbl Augenheilkd 1997; 211 GB Kuba, P Kroll
werden, so daB eine Sectio caesarea bzw. sogar em bei vorausgegangener Netzhaut-Operation und bei zu
Schwangerschaftsabbruch nur in schwersten therapie- Ablationes pradisponierten Schwangeren (34). Die mei-
refraktären Fallen angezeigt ist (8, 49, 61). sten in den letzten Jahren erschienenen Publikationen
kommen jedoch zu einem gegenteiligen Ergebnis: In der
Unserer Meinung nach steilt das Syndrom des Pseudo- Literatur wurde noch kein Fall beschrieben, bei dem
tumors cerebri — auch bei Visusabfall und Gesichts- während einer normalen oder komplizierten Entbin-
feldverschlechterung — bei konservativen Therapieop- dung eine Ablatio retinae aufgetreten ware. Auch in ei-
tionen heutzutage keine Indikation zur Sectio caesarea ner 1975 von Schenk durchgefuhrten Umfrage wurde
oder sogar zur Interruptio dar. kein einziger Fall mitgeteilt. Der Autor, ebenso wie
Funk, vertritt die Meinung, daB sowohi hochmyopen als
auch zur Ablatio retinae pradisponierten Frauen eine
2) Hohe Myopie und Ablatio retinae Schwangerschaft und eine vaginale Entbindung zuzu-
muten ist, und dal3 durch verbesserte Operationstech-
Auch bei hoher Myopie und Ablatio retinae werden in niken bei Netzhautablosung keinerlei Indikation zur In-
der Literatur sowohi die optimale Geburtsleitung als terruptio besteht (18,54). Auch Sunness und Landau be-
auch die Indikation zur Schwangerschaftsunterbrechung furworten eine normale vaginale Entbindung bei Pati-
unterschiedlich beurteilt. Unter der Vorstellung, daB es entinnen mit erhöhtem Risiko für Netzhautablosungen
während der PreBwehen in der Austreibungsperiode zu (35,61), ebenso Neri, zumal Entbindungen mit Forceps
einem pathologischen Anstieg des intraokularen oder Vacuum mit höheren Geburtsverletzungen em-
Druckes kommt (1), ging man noch vor wenigen Jahren hergehen (46). Auch sprechen vor der Schwangersch aft
ner Beendigung der Schwangerschaft ab (18). Die EPH- Bei nicht nachgewiesenem EinfluB der Schwangerschaft
Gestose kann zu unterschiedlichen Veranderungen am auf die Inzidenz bzw. Progression des matignen Metan-
Fundus fUhren: Blutungen, Cotton-wool-Herde, harte oms der Aderhaut und heutzutage guten Thera-
Exsudate, choroidale Ischämie, und am haufigsten Ge- piemogtichkeiten (Aufnahung einer Rutheniumptom-
faBspasmen. Basierend auf der Uberlegung, daB die re- be) gibt es unserer Meinung nach keine Indikation zum
tinalen Gefafie den Zustand der Plazentagefal3e wider- vorzeitigen Abbruch der Schwangerschaft.
spiegeln, raten mehrere Autoren beim Vorhandensein
von starken Spasmen zur vorzeitigen Entbindung (23,45,
51,53,62). Wenn auch viele Studien eine Korrelation zwi- 5) Diabetische Retinopathie
schen dem Schweregrad der Retinopathie und dem
Schweregrad der Eklampsie aufzeigen (11,23,36,45,53), Ob die Schwangerschaft einen EinfluB auf die Ent-
ist, taut Jaffe, die Rotle des Augenarztes bei Diagnose und wicktung einer diabetischen Retinopathie bzw. auf ihr
Management der EPH-Gestose eher gering (28). Fortschreiten hat, wird in der Literatur ebenfalts kon-
trovers diskutiert. Wahrend sich bei einigen Schwange-
Unserer Meinung nach kann die Indikation zur Inter- ren eine rapide Verschlechterung der diabetischen Re-
ruptio bzw. Sectio nur von Seiten der Internisten und tinopathie zeigt, bleibt diese bei anderen Patientinnen
Gynakotogen gestetlt werden; wenn eine schwere Att- stabil. Daruberhinaus wird auch eine Verbesserung nach
gemeinerkrankung vortiegt, stetit sich die Indikation von der Geburt beschrieben (32).
atleine. Der Ophthatmotoge kann ledigtich eine Ent-
scheidungshilfe teisten. Von groBer Bedeutung ist v. a. der EinfluB der Schwan-
nigen Frauen — unter der hormonellen Urnstellung groBer Bedeutung. Ophthalrnologische Funduskon-
während der Schwangerschaft zu einer Verschlechte- trollen sind im 1. Trimester obligat, die Abstände für wei-
rung der diabetischen Retinopathie kommen kann. tere Kontrolluntersuchungen hangen vorn Vorliegen
bzw. vom Stadium einer diabetischen Retinopathie ab.
So wurde früher sowohl von Ophthalmologen als auch
von Gynakologen die proliferative diabetische Retino- Unserer Meinung nach braucht aus ophthalrnologischer
pathie als relative Kontraindikation für eine Schwan- Sicht die Indikation zur Interruptio bzw. Sectio caesarea
gerschaft angesehen. 1950 empfiehlt Beetharn, 1952 bei Pseudotumor cerebri, hoher Myopie,Ablatio retinae,
Landesrnann et al., 1965 Driscoll und Gillespie und 1971 Retinopathie irn Rahmen der EPH-Gestose, malignem
White irn Falle einer proliferativen diabetischen Reti- Melanom der Aderhaut oder proliferativer diabetischer
nopathie — zur Vermeidung eines irreversiblen Visus- Retinopathie nicht mehr gestelit zu werden.
verlustes — sogar den Schwangerschaftsabbruch (3, 10,
37,64). Selbst 1981 noch beschreibt Mewe das Vorliegen
einer proliferativen diabetischen Retinopathie ohne Literatur
Einschrankung als Indikation zur Interruptio (43). Be-
zuglich der Geburtsleitung bei proliferativen diabeti- AtassiAR. Intraokulare Druckschwankungen unter der Geburt. Ge-
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