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Nachhaltige Markenkonzepte

Das Dilemma zwischen dem Verlangen nach lustvollem Konsum und


der Verursachung gewaltiger Müllberge ist lösbar.
Guten Tag.

Mein Name ist Carsten Buck. Ich bin Designer und Geschäftsführer des
Design Büros Mutter.

Ich arbeite seit siebenundzwanzig Jahren in der Werbe- und


Designbranche, einigen von Ihnen werden mit Agenturnamen wie Ogilvy &
Mather, Scholz & Friends und Jones, Knowles, Ritchie in London vertraut
sein.

Ich bin außerdem seit einigen Jahren Berater der Kunsthalle Hamburg,
Repräsentant des Internationalen Design Partnerships für Deutschland und
Mitglied des Art Directors Club Deutschland.
Ich freue mich,

dass Sie so zahlreich auf den Plastikstühlen Platz genommen haben. Ich
werde jetzt meine Vortragsnotizen aus der Plastikhülle holen und etwa
eine Stunde mit Hilfe des plastikhaltigen Beamers referieren, bis die
Plastikzeiger meiner Armbanduhr 12:30 Uhr anzeigen, dann können wir
gemeinsam mit Mineralwasser aus Plastikbechern anstoßen und dabei ins
Gespräch kommen.
Ich bin wie wir alle

ein Kind des Plastikzeitalters. Und bin als Designer von Produkten und
Verpackungen natürlich mitverantwortlich dafür, wo und wie viel und
welcher Art Plastik in unserer Welt verwendet wird.

Und dafür, was das für Folgen für uns und unsere Umwelt hat.
Plastik ist überall.

Von der Babymilchflasche über CD-Hüllen, Eimer, Einmalrasierer, und


Feuerzeugen

Jährlich produzieren wir weltweit 200 Millionen Tonnen Plastik. Die Menge,
die wir seit Beginn des Plastikzeitalters produziert haben, reicht aus, um
unseren Erdball sechs Mal in Plastikfolie einzuwickeln.

Wir essen Plastik, wir trinken Plastik, wir nehmen Plastik durch unsere
Haut auf.
Tests haben gezeigt, wie Chemikalien sich aus Plastik lösen, in unseren
Körper gelangen und dort Krankheiten verursachen. Zum Beispiel
Allergien, Fettleibigkeit, Krebs und Herzerkrankungen.

Schon vor 20 Jahren hat Professor Dr. Michael Braungart auf die in Plastik
enthaltene Chemikalie Bisphenol A aufmerksam gemacht. Er fand heraus,
dass die Menge dieser Chemikalie, die wir durchschnittlich in unserem
Körper haben, unter anderem dabei ist, uns unfruchtbar zu machen. So
hat sich bei Männern die Zahl der fortpflanzungsfähigen Spermien seit
Beginn des Plastikzeitalters offenbar um 40% vermindert.
Aber unser Plastikkonsum hat noch andere, weitreichende Folgen.

Nämlich mehrere tausend Tonnen Plastikmüll jährlich. Müll, der verbrannt


wird, auf Mülldeponien lagert, ins Ausland verschoben wird oder
weggeworfen in der Natur landet.

Ganz Nullkomma-schießmichtot Prozent werden recycelt. Das meiste


davon wird zu minderwertigen Primitivprodukten downgecycelt.

Plastik liegt in Wäldern und an Wegrändern. Die Sahara ist mit Tonnen
von Plastikmüll übersät. In indonesischen Slums lagert Plastikmüll aus
der ganzen Welt. Nördlich von Hawaii treibt ein Müllstrudel aus
Plastikteilen - der sogenannte Great Pacific Garbage Patch. Fläche: Etwa
doppelt so groß wie Texas.

Das Verhältnis Plastik zu Plankton in den Weltmeeren ist 6 zu 1. Das


entspricht laut einer Studie des United Nations Environment Programme
18.000 Plastikteilen auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche

Wer den ausgezeichneten Dokumentarfilm „Plastic Planet“ von Werner


Boote gesehen hat, weiß, was das für unsere Zukunft bedeutet. Aber auch
ohne ihn gesehen zu haben, kann man es sich vorstellen.
Und wer ist schuld?

Einer der größten Produzenten von Kunststoff und zugleich Verursacher


von Plastikmüll ist mit 33% Anteil die Verpackungsindustrie.

Wieso verzichtet die nicht auf Plastik?


Weil Verzicht keine Lösung ist.

Werfen wir einen raschen Blick auf unsere westliche Industriegesellschaft.

Wir sind satt, wir haben (jedenfalls die überwiegende Anzahl von uns) ein
Dach über dem Kopf, wir wiegen uns in psychischer und physischer
Sicherheit.

Keine Generation vor uns hat eine vergleichbar lange Zeitspanne in


solchem Wohlstand gebt. Es mangelt uns an wenig. An die Stelle der
existenziellen Bedürfnisse sind neue Werte getreten.

Selbstverwirklichung spielt eine Rolle, Eigenverantwortlichkeit, der


Wunsch nach geistiger, schöpferischer und ästhetischer Befriedigung.
Unabhängigkeit, Beweglichkeit und ein starker Wunsch nach
Individualisierung.

Auf der anderen Seite führt die Globalisierung mit ihrem unübersichtlichen
Angebot an Waren, Informationen und Lebensmodellen dazu, dass wir uns
überfordert fühlen und Orientierung suchen.

In einer Zeit, in der die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht,


Klasse, Ehe, Familie oder Religion an Bedeutung verloren hat und auch vor
dem Hintergrund des Klimawandels, der Finanzkrise und der
Staatsverschuldung, wächst der Wunsch nach Gemeinschaft
Individualität, Orientierung und Gemeinschaft?

Wie das zusammengeht, zeigen einige aufschlussreiche Bilder des


Fotografen James Molisson.

(Hier folgt die Erörterung der Fan-Portraits)


Urban Tribes

So nennt Michel Maffesoli, französischer Professor für Soziologie, die


flüchtigen Subkulturen, die sowohl Individualisten als auch Gemeinschaft
sind. Eine Art postmoderne Stämme, ein Netzwerk unterschiedlichster
Personen, die durch eine gemeinsame Leidenschaft miteinander
verbunden sind. Im Unterschied zu traditionellen Stämmen sind
postmoderne Stämme nicht exklusiv. Das heißt: Jedes Stammesmitglied
kann gleichzeitig mehreren Stämmen angehören.

Diese modernen Tribes definieren sich jedoch längst nicht nur – wie auf
den Bildern eben dargestellt - über Style und Musik. Die gemeinsame
Leidenschaft kann eine gute Sache sein, ein Sport, ein politisches Anliegen
sein.

Oder eben auch eine bestimmte Auswahl an Marken und Produkten.


Ich bin, was ich kaufe.

In einem Buch, das der Professor für Marketing Bernard Cova, der
kanadische Marketinfachmann Rob Kozinets und der britische Marketing-
Dozent Dr. Avi Shankar herausgegeben haben, wurde der Begriff
Consumer Tribes geprägt. Das war 2007.

Mittlerweile sind Consumer Tribes - andere nennen sie Brand-


Communities – nicht Randerscheinung sondern die Regel. Sprich: Die
Zeiten, in denen ein klassischer Kunde passiver Endabnehmer von Marken
und Produkten war, sind passé.

Der moderne Konsument trifft Kauf-Entscheidungen nicht nur nach


sachlichen Nutzkriterien (schmeckt, passt, hält, ist günstig etc). Sondern
fragt sich:

Hat dieses Angebot einen emotionalen Mehrwert, der zu mir und


meinen Gleichgesinnten passt? Einen Mehrwert, der auf mich
abstrahlt und Auskunft darüber gibt, wer ich bin, welchen Status,
welche Überzeugung, welchen Geschmack und welchen Lebensstil
ich habe?

Konsum ist somit Ausdruck von Individualität geworden. Und Marken sind
ein Medium, über das sich ein bestimmter Lifestyle synchronisiert.

Was bedeutet das für die Industrie?


Eine riesige Herausforderung.

Wie können Unternehmen diesen veränderten Parametern gerecht


werden?

Sie können. Denken Sie nur an Marken wie Apple, MiniCooper, Star Trek
oder die Lomo Kameras.

Oder an Milch.
Von der Milchkanne zum verpackten Markenartikler

An Milch kann man wunderbar sehen, wie die zunehmende Auffächerung


der klassischen Zielgruppe aus einem simplen Grundnahrungsmittel ein
Fast Moving Consumer Good gemacht hat - mit einer Vielzahl von
Produkten, die die Kategorie Milch immer wieder neu erfindet.

Beginnen wir bei der guten, alten Milchkanne. In dieser wird die gesunde
Milch frisch vom Bauern geholt. Und gleich getrunken oder zu
Milchprodukten weiterverarbeitet. Weder Marke noch Verpackung spielen
zu diesem Zeitpunkt eine Rolle. Milch ist einfach Milch. Und die Milchkanne
eine wunderbar umweltfreundliche, immer wieder verwendbare
Verpackung.

Bis der französische Wissenschaftler und Mikrobiologe Luis Pasteur eine


große Entdeckung macht. Nämlich die, dass Milch durch Erhitzen haltbar
gemacht werden kann. (Zum Dank heißt haltbar gemachte Milch seitdem
pasteurisierte Milch. ) Ab jetzt kann man die Milch in Glasflaschen füllen
und gekühlt 4-6 Tage lagern. Auch die Glasflaschen kann man ausspülen
und wieder wenden.

Nach und nach wird die Milch in immer weitere Sorten unterteilt:
Rohmilch, Frischmilch, H-Milch, Vorzugsmilch, Vollmilch, fettarme Milch,
Magermilch, Buttermilch. Darüber hinaus gibt es Veredlungsprodukte wie
Kondensmilch und Sahne oder Milchprodukte mit Fruchtzusätzen. Diese zu
klassifizieren und unterscheiden bedient man sich im Lauf der
Spezifizierung zunehmend des gebrandeten Tetra Paks in
unterschiedlichen Größen, die Produktmerkmale und Produkt-Typik
kommunizierten. Spätestens hier kommt zentralisiertes Recycling ins
Spiel.

In den späten Achtzigern kommen plötzlich sogenannte probiotische


Functional Drinks von Kunstmarken wie LC1, Yacult und Actimel auf den
Markt. Diese kommen in winzigen Portionsflaschen in die Kühlregale.
Und produzieren jede Menge Plastik-Müll.

In Zahlen: Jede einzelne Sekunde werden weltweit 129 Flaschen Actimel


getrunken.
Das bedeutet alleine in Deutschland pro Jahr zwei Supertanker voller Müll.
Müll, der nicht verschwindet.
Kann man nicht 1-Liter-Familienflaschen statt dieser winzig
kleinen Portionsdosen verwenden?

Nein, denn die Positionierung von Actimel als kleines, feines Wundermittel
gegen Erkältungen beschert Danone Millionenumsätze. Und zum
probiotischen Märchen gehört die „persönliche“ Selbstmedikations-
Dosierung von zwei Mini-Portionen am Tag.

Klingt albern. Ist aber Marketing-Realität.


Oder wenigstens 500 ml-Flaschen wie die Wettbewerber?

Nein, denn der Verbraucher zahlt ohne mit der Wimper zu zucken doppelt
soviel Geld dafür wie für die gleiche Menge des Konkurrenzproduktes in
der 500 ml Portionierung. Hätte er plötzlich den direkten Preis-Menge-
Vergleich vor Augen, käme er ins Grübeln.

Ist zynisch. Aber: Es ist die Realität.


Kann man nicht wenigstens, sagen wir mal: Pappemaché für die
Packung verwenden?

Nein. Denn bislang gibt es noch keine Möglichkeit, umweltfreundliche


Materialien wie Pappemaché so zu verarbeiten, dass sie auch nur
annähernd die ästhetische Perfektion von Plastik-Verpackungen erreichen.

Und der Look ist ganz entscheidend für den Erfolg von Actimel.
Jungfräuliches Weiß, medizinische Reinheit, technisch glänzender
Aludeckel: All diese Designkomponenten sind ein wesentlicher Teil des
Markenzaubers und Wirkversprechens von Actimel.

Da ist der Bauch des Konsumenten stärker as der Kopf. Auch das ist
Realität.
Kann man darauf bauen, dass die Konsumenten auf den Konsum
solcher Produkte verzichten werden?

Nein. Actimel ist geradezu ein Paradebeispiel für ein Produkt, das nicht
nach sachlichen Nutzkriterien gekauft wird, sondern aus gefühltem
Nutzen. Wider besseren Wissens!

Hier einige Consumer-Insights.

Mit Actimel tue ich mir etwas Gutes, denn Actimel fördert meine
Abwehrkräfte.
Mit Actimel nehme ich mir zweimal am Tag Zeit – nur für mich.
Mit Actimel weise ich mich als Mensch aus, der bewusst an seinen
Gesundheit denkt.
Mit Actimel mache ich Stress und sonstige negativen Einflüsse wett.
Mit Actimel verwöhne ich mich, wenn es mir nicht so gut geht.
Actimel ist der zeitgemäßer Weg, sich fit und gesund zuhalten.

Und, und, und.

Aufgrund dieser und ähnlicher gefühlter Produktnutzen ist Actimel trotz


zahlreicher Belege, dass das probiotische Milcherzeugnis so gesund ist wie
ein stinknormaler Joghurt und obendrein komplett überzuckert - mit 70
Prozent unangefochtener Marktführer in Deutschland.
Wir lassen uns unseren Genuss nicht nehmen!

Und damit sind wir ziemlich in der Zwickmühle. Einerseits profitieren wir
von einem schier unerschöpflichen Warenangebot, das unsere
emotionalen Bedürfnisse befriedigt, unserer Persönlichkeit Ausdruck gibt
und uns ein Gefühl der Zugehörigkeit gibt.
Wir sind aber auch Verursacher eines gewaltigen Verpackungsbergs.

Wir wollen nicht verzichten. Aber wir wollen auch nicht die Welt zerstören.
Wie können wir diesen Konflikt lösen?
Wie macht das Mutter Natur?

In der Natur gibt es nämlich keinen Abfall – sondern nur „wertvolle


Lebensgrundlagen“ Schauen Sie sich einen Kirschbaum an. Er bringt jedes
Frühjahr tausende von Blüten hervor. Viel mehr als überhaupt gebraucht
werden, um Insekten anzulocken und sich fortzupflanzen.

Die reinste Verschwendung!

Oder einen Apfelbaum, der Unmengen von Früchten produziert. Was


passiert mit all den Früchten? Über die Hälfte fällt zu Boden und wird zu
Nahrung für Tiere, Pflanzen und andere Organismen in der Umgebung.
Dabei wird kein Gramm Müll verursacht und es besteht zu keinem
Zeitpunkt ein Umweltproblem.

Was können wir von diesem Prinzip lernen?


Verschwenderische, sinnliche Freude
und Nachhaltigkeit sind kein
Widerspruch!
Das Cradle to Cradle Prinzip.

Produkte so zu konzipieren und herzustellen, wie die Natur das seit


Jahrmillionen macht - nämlich so, dass der Wert aller zugrunde liegenden
Materialien erhalten bleibt und fortwährend in Kreisläufen fließen kann.
Das war auch die Vision, die Professor Dr. Michael Braungart, Leiter des
Hamburger Umweltinstituts, dazu brachte, zusammen mit dem
Architekten und Designer William Mc Donough die Nachhaltigkeits-Bibel
„Cradle to Cradle“zu schreiben. Eine Anleitung dazu, wie man Produkte
von Anfang an so designt, dass ihre Lebensdauer von der Wiege zur Wiege
zur Wiege reicht - und nicht nur von der Wiege zur Bahre.

1987 rief er die EPEA Internationale Umweltforschung GmbH ins Leben -


ein Team aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Industrieberatern, die
das Cradle-to-Cradle Designkonzept auf Produkte, Prozesse und
Dienstleistungen anwenden - für einen wachsenden internationalen
Kundenkreis.
Wie funktioniert so etwas?

Im Cradle to Cradle-Designprozess definiert die EPEA zu allererst den


Idealzustand eines Produkts, eines Prozesses oder einer Dienstleistung.
Dann gleicht sie diesen mit dem Ist-Zustand ab und zeigt, in welchen
Schritten das Ziel erreicht werden kann.

Ist das Ziel – also hervorragende Umweltqualität - erreicht, wird das


Cradle-to-Cradle Zertifikat verliehen.

Von dieser Bewertung profitieren Kunden und Firmen zugleich. Denn das
Cradle-to-Cradle Zertifikat kommuniziert Umweltbewusstsein und
Glaubwürdigkeit. Das gibt den Kunden, die durch ihren Konsum in
umweltfreundliche Unternehmen investieren, ein gutes Gefühl. Und den
Unternehmen gibt es einen Marktvorteil.

Ein Beweis dafür, dass ökologisch intelligente Recyclingsysteme nicht


Verzicht bedeuten - sondern einen Mehrwert für alle.
Welche Unternehmen haben vom Cradle to Cradle Konzept
profitiert?

Seit 1988 berät EPEA immer mehr Unternehmen; Dadurch sind in den
letzten Jahren Teppiche, Möbel, Lampen, Kleidung, Farben, Kühlschränke,
Elektro-Geräte und sogar Fenster nach den Cradle-to-Cradle Prinzipien
entstanden. Weltweit haben bereits rund 500 Architekten Braungarts
Ideen umgesetzt. Insgesamt sind rund 600 Cradle to Cradle-Produkte auf
dem Markt.

Vor allem international genießt Michael Braungart ein hohes Renommee.


Kaliforniens Gouverneur steht auf ihn. Steven Spielberg dreht einen Film
über ihn. Brad Pitt nennt Cradle to Cradle sei eines der drei wichtigsten
Bücher, die er gelesen habe. In den USA wird das Cradle to Cradle-
Konzept bereits in größerem Stil angewendet. Die Niederlande sind auf
dem Weg, zum ersten europäischen Cradle to Cradle-Land zu werden.
Unternehmen wie Philips, Akzo und DSM, aber auch Institutionen wie
TNO, Royal Haskoning, SenterNovem und die Region Limburg sind dabei,
Kreisläufe für biologische und technische Nährstoffe zu schließen.

Auch in Deutschland gibt es immer mehr Cradle to Cradle Konzepte. Doch


- wie so oft - gilt der Prophet im eigenen Land nicht so viel - oder erst
spät.
Einige Beispiele für Unternehmen, die das Cradle to Cradle Prinzip
anwenden.

Der US-Sportartikel-Multi Nike ließ 2005 von EPEA einen Öko-Turnschuh


entwickeln. Äußerlich vom Normalschuh nicht zu unterscheiden aber
schadstofffrei und komplett recyclebar. Bis 2011 sollen alle Schuhe "grün"
sein, bis 2015 alle Textilen und bis 2020 die gesamte Produktion des
Konzerns. Zudem setzt Nike auf ein Schuhrücknahme-System in den
Geschäften. Das Prinzip: Container, in denen alte Schuhe geschreddert
werden - und zum Beispiel das Gummi für neue Sohlen verwendet wird.

Der US-Kosmetikhersteller Aveda nutzt nicht nur fast ausschließlich


organische Inhaltsstoffe, sondern hat über EPEA ein Vetosystem
eingeführt. Wissenschaftler von EPEA prüfen die Rezepturen: Jede
Substanz, die nicht 20 definierten Kriterien entspricht, muss ersetzt
werden.

Die Cradle to Cradle-Vision bewegt derzeit ganz Holland. Ein


Fachkongress lockte vor kurzem rund 600 Teilnehmer nach Maastricht.
Die holländische Regierung will Cradle to Cradle-Kriterien in der
öffentlichen Beschaffung berücksichtigen, die Stadt Venlo sich mit
Unterstützung der niederländischen Industrie- und Handelskammer sowie
der Provinz Limburg als nachhaltige Region etablieren. Die ortsansässige
Hochschule richtet einen Lehrstuhl für Cradle to Cradle-Design ein,
mehrere Dutzend Betriebe analysieren derzeit ihre Produktionsprozesse.
Das Leuchtturm-Projekt schlechthin ist die 2012 in Venlo stattfindende
Weltgartenausstellung Floriade. Aus den dafür errichteten Bauten soll
anschließend ein innovatives Gewerbegebiet im Grünen entstehen.
Wie könnte Cradle to Cradle Design für Actimel aussehen?

Den Begriff Bioplastik werden einige von Ihnen schon gehört haben. Als
Bioplastik oder Biokunststoff werden Kunststoffe bezeichnet, die auf Basis
von nachwachsenden Rohstoffen - zum Beispiel Kartoffel- oder Maisstärke
- erzeugt werden. Über Handys, deren Hülle aus Maisstärke besteht,
wurde schon einiges berichtet. Auch Verpackungen können bereits aus
nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden. Werden sie
weggeschmissen, lösen sie sich nach wenigen Wochen zu 100% zu
Kompost auf. Eine herkömmliche Verpackung aus Kunststoff verrottet
hingegen in 450 Jahren nicht.

Bioplastik gilt zunehmend als vielversprechende Alternative für


Kunststoffe aus Erdölprodukten. Der Anteil von Bioplastik liegt heute bei
0,2 Prozent. Optimistischen Hochrechnungen nach wird er bis zum Jahr
2030 bei 15 bis 20 Prozent liegen. Nach und nach rüsten große
Supermärkte vom Kunststoff-Tragetüten auf Bio-Plastik-Tüten um. Bio-
Läden und viele Bio-Bauern, die ab Hof verkaufen oder Bio-Bestellungen
nach Hause liefern, sind schon auf Bio-Plastik umgestiegen.

Bioplastik ist aufgrund seiner 100prozentigen Abbaubarkeit, der


gesundheitlichen Unbedenklichkeit, der hohen Fett- und UV-Beständigkeit
und vieler anderer Vorteile vielseitig verwendbar: As Tragetaschen, als
Frischhaltebeutel, als Partygeschirr, und, und, und.

Und eben auch als Joghurt-Becher – zum Beispiel für Actimel.


Warum gibt es das nicht längst?

Jede Umstellung auf neue Materialien und Herstellungsprozesse


verursacht natürlich Kosten für den Hersteller. Darüber hinaus würde jede
einzelne Actimel-Bioplastik-Flasche in der Herstellung etwas teurer sein
als eine herkömmliche Flasche. Vielleicht 0,1 Cent. Das reicht oft schon als
Killerargument.

Denn trotz wachsendem Umweltbewusstsein ist der soziale Druck, den die
Konsumenten auf die Milchprodukte-Industrie ausüben noch nicht groß
genug, um ein Umdenken seitens der großen Unternehmen zu bewirken.

Aber der Druck wird kommen. Und dann wird auch Danone Lösungen
brauchen.
Und was ist mit dem Verbraucher?

Umweltbewusstes Verhalten hört ja damit auf, dass man schwuppdiwupp


ein Verpackungsmaterial gegen ein neues austauscht. Die Frage ist:
Wohin mit dem umweltfreundlichen Müll? In den Park, an den
Straßenrand, in Seen und Bäche?

Geben wir den Leuten die Möglichkeit Chance, ohne Aufwand an einem
ganzheitlichen Recyclings-Konzept teilzunehmen. Nicht mit einem
wiederum neuen, aufwändig zentralisierten Recyclingsystem wie Grüne
Tonne, Gelbe Tonne, Altpapier oder Altglas , zu dem man wieder Tüten
voller Verpackungsmüll hinschleppen muss, sondern ganz einfach, mit
Spaß und für zuhause.
Vergessen wir jedoch nicht:

Wie bei allen anderen Bio-Konzepten muss man vorsichtig mit Prognosen
sein: Das Projekt kompostierbares Bioplastik ist noch in den
Kinderschuhen und es sind viele
Aspekte zu berücksichtigen – bevor man das neue Material schlechthin zu
DER Lösung für die Zukunft deklariert.
Cradle to Cradle wird eine neue Industrie-Revolution einläutet

oder nur begrenzt umsetzbar sein. Es bleibt abzuwarten.

Fest steht jedoch: Nur wir Menschen produzieren Müll, den die Natur nicht
verdauen kann.

Damit sind wir - ob als Privatperson, aber auch in unserer Funktion als
Designer und als Werber - gefragt, alles in Bewegung zu setzen, um
unsere Umwelt zu retten. Und zukunftsweisende und machbare
Alternativen aufzuzeigen, die es uns ermöglichen, unseren Konsum
verantwortungsvoll zu genießen.

Diese Alternativen müssen wir im Gespräch mit unseren Auftraggebern


anbieten. Bei der Konzeption unserer Produkte einbeziehen Und in ihrer
Vermarktung kommunizieren.
Dankeschön.

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