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nzzs 08.05.05 Nr.

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Fastalleskann
schlankmachen
Das Richtige essen oder Lachs und Thon die schlanke Linie begünstigen.
Sie können aber auch das Gegenteil bewirken.
weglassen – beide Dann nämlich, wenn diese Nahrungsmittel vom
Immunsystem schlecht toleriert werden. In die-
sem Fall bilden sich komplexe Abwehrreaktio-
Methoden verheissen nen im Körper, die eine Gewichtszunahme zur
Folge haben können.» Als Ursache dafür kom-
müheloses Abnehmen men genetisch bedingte Überempfindlichkeits-
bereitschaft, Verzicht auf Stillen, industrielle
Der Frühling schärft die Sinne für Ästhetik, vor Nahrungsverarbeitung sowie Umweltbelastun-
allem bezüglich der eigenen Körperformen, die gen in Frage. Die Abhandlung, die der Arzt den
wieder einmal allzu rund erscheinen. Magisch Ratsuchenden in die Hand drückt, hält fest, dass
werden die Blicke auf Plakate und Inserate ge- das Immunsystem gegen jeden in den Blutkreis-
lenkt, die schlanke, straffe Silhouetten zeigen. lauf gelangenden Fremdkörper eine Immunant-
Und Versprechungen wie «dauerhaft schlank» wort und Abwehr-Eiweisse (Antikörper, Im-
und «in 20 Tagen 20 Pfunde weniger» setzen munglobuline) aufbaut, um den Fremdkörper
sich wie Widerhaken im Fettgewebe fest. zu neutralisieren. Entscheidend ist der Grad der
In dieser Situation scheut mancher vor Inves- Immunabwehr und wie lange sie dauert. Je
titionen nicht zurück. Zum Beispiel für den mehr der Organismus beschäftigt ist, Antikör-
Kauf eines Buches mit dem Titel «Der Negativ- per zu bilden, umso weniger Energie hat er für
Kalorien-Effekt», das eine Gewichtsreduktion den Transport von Sauer- und Vitalstoffen so-
von 2,5 Kilo in der ersten Woche und von min- wie für die Bekämpfung von Viren und Bakte-
destens 1,5 Kilo in den folgenden verheisst. Und rien. Geschieht dies über eine längere Phase, so
dies ohne Mühsal und Hunger. Hier geht es kommt es zu unheilvollen Veränderungen im
nicht darum, weniger zu essen, sondern anders Fettstoffwechsel. Das Gewicht steigt langsam,
zu essen. Wenn der Speiseplan mit den richti- aber stetig an und kann nicht mehr unter Kon-
gen 19 Nahrungsmitteln angereichert wird, ist trolle gebracht werden. Selbst Diäten, die frü-
das Abnehmen angeblich programmiert. Wie her wirkten, bringen nichts mehr.
auf 150 Seiten zu erfahren ist, fressen die guten
Kalorien sozusagen die schlechten auf, weil ihre Gewohnheiten ändern
Verdauung mehr Kalorien benötigt, als sie sel- Perfiderweise werden die Unverträglichkeiten
ber haben. Demzufolge machen Peperoni von den Betroffenen selber meistens nicht er-
schlank, lässt Grünkohl die Kilos purzeln, ver- kannt. Anders als bei primären Allergien, die
helfen Zwiebeln zur Idealfigur. Alles ganz ein- sich sofort mit allerlei Beschwerden bemerkbar
fach. Oder vielleicht doch nicht? machen, tritt bei dieser Art von Immunabwehr
die spürbare Reaktion erst viel später oder gar
Bei jedem anders nicht auf. Wenn sich sozusagen aus heiterem
Der Fitness-Papst Dr. Ulrich Strunz vertritt je- Himmel ein Bauchzwicken einstellt, denkt kei-
denfalls eine andere Theorie. In seinem Buch ner an das Filet, das er zwei Tage vorher ver-
«Fit mit Fett» ist nicht von kalorienverzehren- zehrt hat. Ein Bluttest liefert indessen Klarheit
dem Gemüse, sondern von «Killerfetten» die über allfällige Übeltäter. Und sobald diese ein-
Rede. Da vernimmt der Leser, dass Oliven-, mal aussortiert sind, geschieht das Abnehmen
Lein- und Rapsöl, aber auch Erdnüsse und fetter wie von allein. Drei Viertel aller Patienten, so
Fisch wie Lachs und Thon den Speck an Bauch Dr. Davis, verlieren durch Weglassen der be-
und Hüften zum Schmelzen bringen. Dies dank treffenden Lebensmittel in drei bis sechs Mona-
den darin enthaltenen ungesättigten Fettsäuren, ten vier bis zehn Prozent ihres Gewichts. Aller-
aus denen der Körper fettverbrennende Hor- dings ist es nicht immer leicht, die Essensge-
mone bildet. Bevor man sich gemütlich mit wohnheiten nach den Resultaten zu richten, vor
einem Päckchen Nüsschen aufs Sofa fläzt, emp- allem für Menschen, die sich oft auswärts ver-
fiehlt sich jedoch die Lektüre eines weiteren pflegen müssen. Wenn Kaviar und Austern im
Buches: Laut «Genuss-Diät» von Dr. Rainer roten Bereich liegen, ist das in der Regel nicht
Holzhüter gibt es keine allgemein gültigen Re- so schlimm. Ananas und Papaya lassen sich
zepte. Jeder Mensch, so liest man, hat seine per- ebenfalls relativ leicht aus dem Speiseplan ver-
sönlichen Dickmacher. Denn für Stoffwechsel- bannen. Aber die geliebten Steaks weglassen?
störungen und Übergewicht sind Nahrungsmit- In der Spargelzeit keine Spargeln essen? Und –
telunverträglichkeiten verantwortlich. Wenn noch schlimmer – auf Eier und Milch verzich-
die Störenfriede entlarvt und künftig wegge- ten? Offensichtlich gibt es Menschen, die auf
lassen werden, kann das Idealgewicht beinahe zwei Drittel aller getesteten Substanzen reagie-
mühelos erreicht und auch erhalten werden. ren. Anderseits stehen bei einzelnen Personen
Gleicher Ansicht ist der Zürcher Diätspezia- nur Dinge auf der Verbotsliste, die sie ohnehin
list Dr. med. Clarence P.Davis, der in seinem nie konsumieren. Oder es kommt vor, dass
Institut «Swissestetix» in Zollikon abklärt und praktisch gar keine Unverträglichkeiten ent-
berät. «Möglich, dass Peperoni, Zwiebeln, deckt werden, obwohl sich Bauch und Hüften
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unvorteilhaft wölben. Dann bleibt wohl doch


nichts anderes übrig, als die alten Weisheiten
hervorzukramen, die da heissen: weniger essen
und viel Bewegung. Kalorien sind halt leider
immer Kalorien. Christa Arnet
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Weight-Management nach Dr. Clarence P.Davis, bei Swissestetix
in Zollikon, Tel. 0449343434. Lektüre: Dr. Rainer Holzhüter:
Die Genuss-Diät, Ullstein-Verlag. Dr. Ulrich Strunz: Fit mit Fett.
Heyne-Verlag. Isabelle Martin: Nahrungsmittel, die schlank machen –
der Negativ-Kalorien-Effekt. Edition GIE.

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