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Es geht auch anders: wurzeln anfressen, bekämpft er

4. Sepp Holzers Permakultur sie nicht, sondern bietet ihnen


statt dessen wohlschmeckende-
Einen revolutionär anderen Weg res Futter in Form zusätzlich an-
geht der österreichische Agrar- gebauter Pflanzen. Wenn Vögel
Pionier Sepp Holzer, der inzwi- Kirschen, Himbeeren, Brombee-
schen Berühmtheit weit über ren wegfressen, pflanzt er eine
die Grenzen seiner Heimat hin- Eberesche, für deren Früchte die
aus erlangt hat. Der oberste Vögel dann das Menschenfutter
Grundsatz seiner Anbaumetho- unberührt lassen. Seine Philoso-
de liegt in der Beobachtung der phie: Jeder soll seinen Teil be-
Natur. Holzer erforscht seit kommen. Unkräuter und Schäd-
1962, wie sich Pflanzen bzw. linge gibt es nicht: Disteln, gifti-
Pflanzen und Tiere gegenseitig ge Blumen, Brennnesseln, In-
helfen – und experimentiert mit sekten, Käfer, Fliegenpilze – sie
Der österreichische Agrar-Pionier
sich selbst unterstützenden und alle sind Teil eines Ganzen, wo Sepp Holzer inmitten seiner
erhaltenden Systemen. eines dem anderen hilft. Permakultur am Krameterhof

Sein eigener Hof, der Krameter- Holzer züchtet Regenwürmer als re Pilze. Nichts ist auf dem Kra-
Hof im Lungau (Bundesland beste Pfleger des Bodens, er legt meterhof überflüssig, nichts Ab-
Salzburg), liegt am „Kältepol Terrassen- und Hügelbeete an, fall, nichts „schädlich“ – alles er-
Österreichs“ auf über 1100 bis schafft Bachläufe, integriert füllt seine Aufgabe und gehört
knapp 1500 Meter Meereshöhe. Aqua- und Fortkultur, bildet ins große Ganze.
Hier gibt es normalerweise nur Symbiosen. So gibt es auf dem
Forst- oder Almwirtschaft. Obst- Krameterhof beispielsweise Tausende Menschen aus aller
bau sei nur bis etwa 1000 m Hö- auch Schweine (eine ganz be- Welt reisen jährlich auf den Kra-
he möglich. Sepp Holzer kulti- sondere Rasse, sog. Mangaliza- meterhof, um sich von den Wun-
viert auf seinen 45 Hektar Berg- schweine), die das ganze Jahr im dern mit eigenen Augen zu über-
hangfläche im „Sibirien Öster- Freien leben und ganz ohne Mo- zeugen. Sepp Holzer wird zu-
reichs“ rund 14.000 Obstbäume, natsgehalt den Boden lockern. dem aus allen Teilen der Welt ge-
nicht nur Äpfel, Birnen, Pflau- Sie brauchen keine besondere bucht, um unfruchtbares Land
men, Kirschen in unzähligen Fürsorge, keine Ställe oder indu- in ein Paradies zu verwandeln.
Sorten, sondern auch Maroni, striellen Futtermittel. Sie leben Dies tat er mittlerweile im tro-
Aprikosen, Zitronen und Man- einfach dort, finden alles, was ckenen Alentejo im Süden Por-
darinen. Auch Kiwis, Orchideen sie zum Leben brauchen, sind ge- tugals (im Friedensdorf Tamera),
und viele andere wärmebedürf- sund und munter. geradezu spektakulär erfolg-
tige Pflanzen wachsen auf dem reich in Ecuador und Kolum-
Gelände, wie Tomaten, Kürbis- Es gibt auf dem Hof auch Steine bien, auf Teneriffa, in der Steppe
se, Zucchini, Mais usw. und Felsen. Sie heizen sich wäh- Kasachstans sowie in weiteren
rend des Tages durch das Son- Regionen Russlands, vom Sü-
Das Geheimnis liegt in der bun- nenlicht auf und dienen wärme- den der Ukraine bis nach Sankt
ten, ja bewusst vielfältigsten bedürftigen Pflanzen als Hei- Petersburg, in Chile und Schott-
Kombination. Holzer schließt zung. Abgestorbene Bäume oder land ebenso wie in Jordanien.
nicht aus, sondern integriert. Er Baumstümpfe werden nicht ent- Denn das ist ja gerade die Beson-
bekämpft nicht, sondern unter- fernt, denn sie sind Lebensraum derheit der Holzerschen Anbau-
stützt. Wenn Wühlmäuse Baum- für Kleinstlebewesen und lecke- methode. Sie ermöglicht die

Links: Permakultur im Friedensdorf „Tamera“ in Südportugal, wo Holzer eine Permakultur angelegt hat. Mitte: Auf dem Krameterhof
wachsen Zitrusfrüchte und Wein geschützt von wärmenden Steinen. Rechts: Terrassen-Teich-Kultur am Krameterhof.

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landwirtschaftliche Nutzung in währleistet werden soll als mit
Extremzonen (von alpinen Re- den industriell-konventionellen
gionen, bis hin zu Trockengebie- Anbaumethoden. Für seinen
ten und Kältesteppen), wie auch Denkansatz prägte er den Begriff
die Rekultivierung durch Inten- Permakultur. Derselbe ist eine
sivlandwirtschaft geschädigter Verknüpfung der Wörter perma-
Flächen. Sie ist wirksame Kata- nent agriculture – zu deutsch:
Als Grundlage eines Hügelbeets dienen
strophenvorbeugung gegen „dauerhafte Landwirtschaft“. Hecken- und Baumschnitt, Laub und
Hochwasser, Erosion und Komposterde. Durch die Hügelform wird
Sturmschäden, schafft ganzheit- Sepp Holzer entwickelte sein die Anbaufläche vergrößert (oder über-
haupt erst geschaffen) – die Verrottung
liche Naturerlebnislandschaf- Konzept ohne Vorkenntnis der der organischen Substanzen erzeugt für
ten, ja schließt sogar die Nut- australischen Ideen, wobei seine Pflanzen vorteilhafte Wärme. Alles wei-
tere dazu erfährt man im Blog von Depe-
zung alternativer Energiesyste- Anbaumethode der Mollisons schenbezieherin Hannelore Zech:
me mit ein. Besonderes Augen- nahe kam. Der Begriff „Holzer- http://permagarten.wordpress.com/
Die Veranstaltungen zum Thema hier:
merk wird dabei auf den Wasser- sche Permakultur“ wurde erst http://waldgarten.wordpress.com/
haushalt der Landschaft gelegt. später von anderen geprägt.

Der Begriff der Permakultur wur- Permakultureller Anbau erfor- senbeete, die Holzerschen Infor-
de dabei nicht von Sepp Holzer dert, die Natur, ihre Kreisläufe mationen zur Pilzzucht, zur Bo-
erdacht, sondern geht auf den und Zusammenhänge zu beob- denbearbeitung usw. Aus der Be-
Australier Dr. Bill Mollison zu- achten, zu verstehen, zu unter- schäftigung mit der Permakultur
rück, der Mitte der 1970er Jahre stützen. Sobald der Landwirt – Sepp Holzer hat mittlerweile
Ideen zum Aufbau landwirt- dies einmal erfasst hat, wird er fünf Bücher geschrieben und ei-
schaftlicher Systeme entwickel- selbst kreativ und intuitiv das ne DVD produziert – kann somit
te, mit denen die Nahrungsver- Richtige tun und kann dann An- jeder Landwirt Nutzen und Ge-
sorgung langfristig besser ge- bauflächen kultivieren, die fast winn ziehen, egal, wie viel Pro-
keinen Aufwand und Personal- zent der permakulturellen Ge-
Mittlerweile ist der „Agrar-Rebell“ Hol-
einsatz erfordern. Denn der samtidee er letztlich umsetzt.
zer ein international gefragter Experte Landwirt schafft hier sich selbst
geworden und hilft von Russland über regulierende Kreisläufe und Sys- Auch die Permakultur ist längst
Schottland, Spanien und Portugal bis
hin nach Südamerika bei der Renatu-
teme, lässt alles kunterbunt „erwachsen“ geworden, keine
rierung von Landschaften und beim wachsen und gedeihen. Außenseitermethode mehr, son-
Aufbau alternativer Möglichkeiten der dern weltweit anerkannt, solide
Selbstversorgung im städtischen
Selbst Verkauf und Ernte lassen erprobt und funktionsfähig. Sie
Raum. Im Zentrum von Sepp Holzers
neuestem Buch stehen die Anlage von sich permakulturell organisie- wird von Privatpersonen in ih-
Teichen und Seen und das naturgemä- ren: So kann der Landwirt von ren Hausgärten angewendet, in
ße Wasser-Management als Grundla- Zeit zu Zeit Besucher über den
gen jeder Renaturierung von Land-
„Permakultur-Gewächshäusern“
schaften. Waldaufbau, Mischkultur Hof führen, die mitnehmen, was und Schrebergärten, bis hin zu
und Regenerierung des Bodenlebens sie tragen können – am Ausgang alternativ denkenden landwirt-
sind weitere zentrale Themen in Hol- wird gewogen und abgerechnet.
zers Strategie für die Welternährung.
schaftlichen Betrieben und
Seine Botschaft: Selbstversorgung ist Landwirtschaften in Extremzo-
– mit den richtigen Methoden – überall Aber auch ohne permakulturelle nen. Die Zeiten, in denen per-
auf der Erde möglich. Gesamtzusammenhänge verin- makulturell Anbauende als
nerlicht zu haben, lassen sich Querdenker verunglimpft wur-
die Grundprinzipien der Perma- den, gehören längst der Vergan-
kultur in Obst-, Forst-, Wasser- genheit an. Permakultur ist pra-
und Landwirtschaft sowie im xisbewährt, lebenrettend und
Gartenanbau erfolgreich umset- weltweit bekannt für ihre her-
zen, wie z.B. Hügelbeete, Terras- vorragenden Ergebnisse.

Depeschen, Bücher, Internet-Links und Tipps zum Thema:


Depesche: Kostenlose Leseprobe „Flaschenpost“ auf www.sabinehinz.de
Bücher: Mittlerweile gibt es fünf Bücher von Sepp Holzer selbst, siehe:
www.krameterhof.at -> Rubrik „Publikationen“
Dokumentationen: www.krameterhof.at -> Rubrik „Videos“
Veranstaltungen: www.krameterhof.at -> Rubrik „Veranstaltungen“
http://waldgarten.wordpress.com
Webseite allg.: www.krameterhof.at
Blog: http://permagarten.wordpress.com

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Es geht auch anders: 3. Mikroben (hier können EM Pilze erforschten. Terra Preta
5. Terra Preta zum Einsatz kommen) und 4. kann heute wieder ganz exakt so
Holzkohle sorgt für eine Humus- hergestellt werden wie seiner-
Die vielleicht revolutionärste Erde, die sich selbst regeneriert zeit im Amazonas und ist nun
Entdeckung von allen wurde und – wie im Amazonas gesche- seit etwa 2006 frei auf dem
erst kürzlich wieder „ausgegra- hen – über Jahrtausende hinweg Markt verfügbar. Die Markenna-
ben“. Die Rede ist von der ewig fruchtbar bleibt. Was man erst men lauten beispielsweise Pala-
fruchtbaren Humus-Erde der heute weiß: Im Amazonasgebiet terra (fertige Terra Preta) oder
Amazonas-Indios in Brasilien, lebte vor Jahrhunderten und Triaterra (Starterset zur Selbst-
„Terra Preta“ genannt, portugie- Jahrtausenden eine Indianerkul- herstellung von Terra Preta).
sisch (Landessprache in Brasi- tur, die Dutzende Millionen
lien) für „schwarze Erde“. Menschen umfasste – trotz ei- Seither experimentieren Wis-
gentlich unfruchtbarer Böden – senschaftler mit Terra Preta und
Archäologen entdeckten Ende ausschließlich dank Terra Preta. entdecken ganz Erstaunliches:
des 20. Jahrhunderts im brasilia- Terra Preta regeneriert sich nicht
nischen Amazonas-Dschungel Die fruchtbare Ackerkrume be- nur selbst, sie speichert auch
zahlreiche, auf eine Hochkultur trug im Amazonasgebiet über ei- Wasser und Nährstoffe, wie bis-
hindeutende Tonscherben, die nen Meter Tiefe, teils mehrere her keine andere Erde. Mit ihr
in ganz besonders nährstoffrei- Meter, an vereinzelten Stellen so- werden viele Pflanzen dreimal
chen Schwarzerde-Böden einge- gar bis zu 20 Meter (Hügel) – und so groß, der Gesamtertrag bis zu
schlossen waren – Böden, wie sie regenerierte sich selbst. Egal, viermal so hoch. Auf Versuchs-
sie im Amazonasgebiet nicht na- was auch immer man anbaute, feldern wächst „Rote Bete so
türlich vorkommen und die Wis- wie sehr man den Boden nutzte, groß wie ein Handball; Zucchi-
senschaft vor ein Rätsel stellten: seine Fruchtbarkeit blieb erhal- ni, deren Scheiben so groß wie
Weshalb tritt ausgerechnet in ten. Der Boden musste nie mehr Kuchenteller sind und Lauch, so
den gelben, unfruchtbaren Ver- zusätzlich nachgedüngt werden dick wie ein Staubsaugerrohr.“
witterungsböden des Amazonas – sein Humusgehalt betrug dau- Mit diesen Worten (und Bildern)
fruchtbarste Schwarzerde auf, erhaft 10 bis 20 Prozent. beginnt eine 7-minütige, sehr se-
die sich dazu noch bis heute als henswerte SWR-Doku.
fruchtbarer Boden erhalten hat? Zum Vergleich: Etwa die Hälfte
aller Ackerböden in Europa Die Doku spricht konkret davon,
In der Folge erforschen Boden- weist einen Humusgehalt von dass Terra Preta den Ackerbau
kundler seit den 1990er Jahren unter einem Prozent bis maxi- auf der ganzen Welt revolutio-
die Zusammensetzung dieser mal zwei Prozent auf, 40 Prozent nieren könne und zitiert For-
Terra Preta und das Geheimnis der europäischen Böden zeigen scher, die bestätigen, dass Terra
ihrer Entstehung. Ein Team der einen mittleren Humusgehalt Preta sämtliche Bodenfruchtbar-
Universität Bayreuth konnte von 2 - 6 Prozent. Nur 15 Prozent keitsprobleme der Welt lösen
schließlich beweisen, dass die der Flächen besitzen einen Hu- könnte. Explizit werden dabei
Terra Preta von Menschenhand musgehalt von über 6 Prozent
geschaffen worden war. Doch (www.bodenwelten.de). 10 bis
Depesche 08/2010 „Terra Preta – das Ge-
wie? Die Amazonas-Indios ga- 20 Prozent werden hierzulande heimnis ewig fruchtbarer Humus-Erde“:
ben organische Abfälle (Grün- so gut wie nirgends erreicht. Die Wodurch entsteht unendliche Boden-
schnitt, Essensreste, Knochen, fruchtbarkeit? Terra Preta selbst gemacht!
Regenerationsfähigkeit der Terra
Fäkalien usw.) in ein Tongefäß Preta im Amazonas ging sogar so-
und fermentierten sie zusam- weit, dass die Wissenschaftler
men mit – und das ist nun das den Boden dezimeterweise ab-
große Geheimnis – Holzkohle! tragen konnten und nach ein,
Mit diesem Superdünger rei- zwei Jahren war die Humus-
cherten sie die ansonsten un- schicht wieder genau so dick
fruchtbare Regenwalderde an. wie ursprünglich.

Der Gag: Die Holzkohle mit ih- Nun ist das Geheimnis dieser sa-
ren feinen Poren bietet ein gutes genhaft fruchtbaren Humus-
Zuhause für Mikroorganismen Erde wieder entdeckt, maßgeb-
verschiedenster Art, sie können lich von Wissenschaftlern aus
dort besser und länger überle- Rheinland-Pfalz, welche die ge-
ben. Die Kombination also aus 1. naue Zusammensetzung der Bo-
Dung, 2. pflanzlichen Abfällen, denorganismen, Bakterien und
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Versuche hervorgehoben, die er- le Prinzipien. Zudem benutzt
gaben, dass Terra Preta sogar voll- der erfolgreiche Wüstenbegrü-
kommen zerstörte Böden und ner das Penergetic-System zur
Sandböden, wie etwa in Wüs- Wasserbelebung und experi-
ten, in fruchtbares Ackerland mentiert mit Sonic-Bloom für
(zurück) verwandeln konnten. besseres Pflanzenwachstum.

Es geht auch anders: Penergetic


6. Weitere Alternativen Das Unternehmen Penergetic bie-
tet – nach homöopathischem
Das bringt uns zu weiteren Al- Prinzip – informierte Produkte
ternativen: So haben wir in Depe- im landwirtschaftlichen Bereich
sche 23/2011 (Bild) das Wüsten- an, wie etwa zur Erhöhung der
begrünungsprojekt von Dipl.- Wasserqualität, zur Verminde-
Ing. Madjid Abdellaziz (Wil- rung der Bodenerosion, zur Ver-
helm-Reich-Gesellschaft in Ber- besserung der Kompostierung, Depesche 23/2011: „Wüste ade!“
lin) vorgestellt. Der gebürtige Al- des Pflanzenwachstums und der Integrale Umweltheilung und Wüsten-
gerier lässt es in der algerischen Wurzelbildung. Näheres auf der begrünung. Wie Dipl.-Ing. Madjid Ab-
dellaziz aus einem einst toten Stück
Wüste seit mehreren Jahren mit Webseite (siehe Kasten). Wüste einen Garten Eden erschafft.
Hilfe der Technologien von Wil-
helm Reich und Viktor Schau- Sonic Bloom
berger regnen. Algerien meldet Hierbei handelt es sich um eine Grander
seither die höchsten Nieder- Entwicklung des Amerikaners Belebtes bzw. informiertes Was-
schlagsmengen seit Jahrzehn- Dan Carlson, der in jahrzehnte- ser wie z.B. durch die Grander-
ten. Im Winter 2011/2012 hat es langer Forschung entdeckte, wel- Wasserbelebung (und andere)
dort sogar geschneit (zum ersten che Klangfrequenzen Pflanzen kommen in der Landwirtschaft
Mal seit 27 Jahren). dazu anregen, mehr Nährstoffe zunehmend zum Einsatz. Der be-
aufzunehmen. Carlsen erreicht kannte österreichische „Wasser-
Doch Niederschlag ist keines- damit heute eine phantastisch beleber“ zählt auf seiner Websei-
wegs alles, wenn es darum geht, anmutende Steigerung in Quan- te für sein Verfahren u.a. folgen-
die Wüste zu begrünen. Würde tität und Qualität. Sojabohnen, de Zielsetzungen in der Land-
einfach nur Wasser vom Himmel die es statt 30 Schoten auf 300 wirtschaft auf: gesündere Tiere,
fallen, käme es zwar kurzfristig pro Pflanze bringen, 800 Toma- eine bessere Nährstoffverfügbar-
zu Seenbildung (Überschwem- ten an einer Staude, dreifache keit für die Pflanzen, besseres
mung), danach aber würde das Ernte in der Hälfte der Zeit, 60 Wachstum, weniger Geruchs-
Wasser „unverrichteter Dinge“ statt 10 Blüten an einem Rosen- entwicklung der Gülle.
im Boden versickern (ver- busch, doppelte Höhe von Bäu-
schwinden), da keine lockere Er- men in Baumschulen, Samen, Demeter
de, keine Bodenorganismen und die in der Hälfte der Zeit keimen. Den auf den Begründer der An-
keine Pflanzen vorhanden sind, Aber dies ist nur die eine Seite: throposophie Rudolf Steiner zu-
deren Wurzelwerk das Wasser Was nutzen größere „Münder“, rückgehenden biodynamischen
speichern könnte. wenn nichts Nahrhaftes angebo- Demeter-Anbau ließen wir bis-
ten wird. So entwickelte Carlson her unerwähnt. Nicht etwa, weil
Daher verwendet Madjid Abdel- parallel dazu ein effektives an seinen Ergebnissen etwas aus-
laziz mehrere Methoden, um die Nährstoffkonzentrat, das den zusetzen wäre, sondern weil er
Speicherfähigkeit des Bodens zu Pflanzen einmal pro Woche früh- sich bereits auf breiter Ebene
erhöhen, wie etwa die bereits er- morgens, wenn der Tau noch auf durchsetzen konnte. Man erhält
wähnten HOMA-Techniken, Ef- den Blättern liegt, mit musikali- Demeter-Produkte heute auf je-
fektive Mikroorganismen, Terra scher Begleitung auf die Blätter dem Wochenmarkt, in jedem Bio-
Preta sowie auch permakulturel- gesprüht wird. laden und Reformhaus. Hieran
erkennen wir einmal mehr, dass
Depeschen, Bücher, Internet-Links und Tipps zu Terra Preta: industrielle Methoden, Spritz-
gifte, Kunstdünger, Gentechnik
Terra Preta: http://www.palaterra.eu (Einkaufsmöglichkeit für Terra Preta)
www.triaterra.de (Alles zum Selbermachen)
etc. keinesfalls der Weisheit letz-
Depesche: 08/2010: „Terra Preta – das Geheimnis ewig fruchtbarer Erde“ ten Schluss bzw. nicht unbe-
Forum: http://www.terra-preta-forum.de/ dingt den allein selig machen-
Dokumentationen: SWR: googeln nach „swr im grünen terra preta“ den Weg zum Erfolg darstellen.
Auf YouTube: „ARTE Terra Preta Gold des Amazonas“ (43 Minuten) Doch Demeter kann noch mehr:
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SEKEM Weitere in industrie- und regierungsun-
Der bio-dynamische Anbau Ein spannendes Versuchsfeld ist abhängigem Rahmen fortgeführt
nach den Prinzipien Rudolf Stei- die Beeinflussung von Saatgut würden. Mehr im Kasten unten.
ners wird auch dazu benutzt, in einem elektrostatischen Feld,
Wüstenflächen urbar zu ma- einem Hochspannungsfeld bzw. Unabhängig davon existieren
chen. Das beeindruckendste Bei- durch geringe Dosen Gamma- Dutzende, Hunderte, wenn
spiel in dieser Hinsicht ist die strahlung. Diesbezügliche For- nicht gar Tausende alternative
weltbekannte SEKEM-Initiative. schungen wurden bisher unter Projekte, Initiativen, Methoden,
1977 in Ägypten durch Ibrahim Verschluss gehalten. Dennoch Techniken, Tricks, Ideen, teils
Abouleish gegründet, hat diesel- darf als erwiesen gelten, dass auch unerprobter oder fragli-
be seither hektarweise ägypti- leichte radioaktive Strahlung cher Natur wie etwa das Erd-
sche Wüste in fruchtbares die Linie der genetischen Ent- Magneto-Verfahren (Mehrertrag
Ackerland verwandelt, auf dem wicklung an einen früheren im elektromagnetischen Feld),
Lebensmittel und Baumwolle Punkt zurückwirft. Ähnliches physikalische Verfahren, ausge-
biodynamisch angebaut wer- vollzieht sich offenbar in star- klügelte Nährlösungen, energe-
den. Seither hat sich eine Firma ken elektrostatischen Feldern. tisierte Pflanzenjauchen, basi-
nach der anderen zur Initiative sche Urgesteinsmehle usw.
gesellt: Unternehmen für Natur- Bestätigt wurden diese For-
medizin, Tees, Biotextilien u.v.a. schungen 1987 durch den Es gibt ganze Verlage, die ihr
Schweizer Ciba-Konzern, der so Buchsortiment rund um Tipps
Der bio-dynamische Anbau in Ur-Farne, Ur-Weizen, Ur-Mais, ja und Tricks zum biologischen
der Wüste ist so erfolgreich, dass sogar Formen von Ur-Forellen Landbau oder Eigenanbau aus-
die ägyptische Regierung im gan- „gezüchtet“ hat. Der Ur-Weizen richten wie z.B. den OLV (Orga-
zen Land auf Spritzgifte im war gesünder, stärker, wohl- nischer Landbau Verlag Kurt
Baumwollanbau (zuvor 35.000 t schmeckender, nährstoff- und er- Lau, Herausgeber der Zeitschrift
jährlich) verzichtet. Bis heute ha- tragreicher als sein Nachkom- „Natürlich Gärtnern“). Es geht
ben sich 850 Partnerfarmen der me, dasselbe galt für die Urforel- da um ökologischen Landbau,
Ägyptischen Bio-Dynamischen len, die viel größer, gesünder Humus, giftfreien Gemüsean-
Vereinigung EBDA (Egyptian und widerstandsfähiger waren. bau, Bodenpflege, um Mischkul-
Bio-Dynamic Association) ange- turpraxis, um das Mulchen, um
schlossen und praktizieren in Ich erwähne diese Entdeckung, Naturbauten (einfache Häuser,
Ägypten nach Steiners Prinzi- weil hier ein Weg bestehen könn- Brücken, Naturzäune, Terrassen
pien. Weitere Informationen un- te, um die überzüchteten, dege- u.a.), Selbstversorgung, EM, Per-
ter den Links (Kasten). nerierten Sorten und Arten heu- makultur, Obstbau, aber auch
tiger Tage in einen ursprüngli- ums Wohnen, Kochen sowie um
Es gibt einen 45-minütigen Doku- cheren Zustand zurückzufüh- ein gutes Dutzend spannender
mentarfilm von Bertram Ver- ren. Wenngleich man derlei Ma- Themen mehr. Natürlich gibt es
haag: „Aus der Kraft der Sonne – nipulation natürlich mit gesun- noch viele weitere Verlage, die
Ibrahim Abouleish, der Visio- der Skepsis begegnen muss, so lohnenswerte Literatur in die-
när“ und ein Buch „DIE SEKEM- birgt der Gedanke an sich doch sem Bereich anbieten. Einfach
VISION“ von Ibrahim Abouleish eine gewisse Hoffnung, speziell mal googeln...
selbst (ISBN: 3-932386-77-9). dann, wenn solche Forschungen

Depeschen, Bücher, Internet-Links und Tipps zum Thema


Wüstenbegrünung: www.desert-greening.com
Depesche 23/2011
Penergetic: www.penergetic.com
Sonic Bloom: www.real-sonic-bloom.com · www.originalsonicbloom.com
Grander-Wasser: www.grander.com · www.grander-technologie.com
Demeter: www.demeter.de
SEKEM: www.sekemshop.de · sekem-freunde.de, sekem-reisen.de
Dokumentation: www.denkmal-film.com/abstracts/Sekem.html
Buch: „Die Sekem-Vision” von Ibrahim Abouleish
Urzeit-Code: www.desert-greening.com/umweltheilung/ciba-geigy
Depesche: 08+09/2008 (zum Urzeit-Code)
Buch: Luc Bürgin: „Der Urzeit-Code –
die ökologische Alternative für umstrittene Gen-Technologie“
Erd-Magneto-Verfahren: Das originale Buch zu den Forschungen aus den
1940er Jahren existiert komplett als PDF zum Herunterladen:
http://www.thai-vita.de/downloads/Der%20Orga-Urkult.pdf
OLV-Verlag: http://www.olv-verlag.de

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Ein neues Miteinander!

E s gibt nicht nur alternati-


ve Anbauarten oder An-
bauhilfen, sondern auch
neue Konzepte für die Zusam-
Ausnahmefällen direkt an den
Verbraucher (z.B. als Puten-
schnitzel auf dem Wochen-
marktstand). Viel eher liefert der
Neues zu wagen, erfordert hin-
gegen Mut, selbst dann, wenn es
nach bestem Ermessen und ge-
sundem Menschenverstand au-
menarbeit zwischen Anbauen- Hähnchenmastbetrieb gerade- genscheinlich besser, vernünfti-
den (Erzeugern) und Konsumie- wegs an „Wüstenhof“ oder der ger und lohnenswerter wäre. Ein
renden (Verbrauchern). Bisher Getreidebetrieb an die Groß- Leben als Pionier ist verzwickt.
kennen wir vorwiegend (A) den mühle, die ihrerseits an die Groß- Alleine dazustehen ist hart. Eige-
klassischen Bauernhof in Fami- bäckerei liefert etc. ne Entscheidungen zu treffen,
lienbesitz mit gemischter Pro- fällt schwer. Wege zu beschrei-
duktion, das landwirtschaftli- Wohin dieses Konzept uns führt, ten, die noch kein anderer ging,
che Idyll, das mehr und mehr wenn wir es weiterhin exzessiv, bedeutet Risiko. Auf alternative
verschwindet bzw. (B) das mo- rücksichtslos und rein profit- Anbaumethoden umzusteigen –
derne industrielle Konzept. orientiert betreiben – zur Aus- und sei es „nur“ echtes Bio oder
rottung der Menschheit – wurde Demeter – erfordert immenses
(A) Klassischer Bauernhof beschrieben. Will die Mensch- Umdenken, ein Umstieg auf HO-
heit also überleben, muss sie zu- MA oder Permakultur erst recht.
Beim klassischen Bauernhof ge- sätzliche Wege entdecken.
langen die Erzeugnisse entwe- Jeder Landwirt, der einen alter-
der über den Groß- und Einzel- Natürlich wird das vorherr- nativen Weg erfolgreich be-
handel zum Verbraucher, über schende agrarindustrielle Kon- schreitet, ist ein Stück bessere
den Wochenmarkt/Bauernmarkt zept nie gänzlich verschwinden, Welt! Jeder, der es wagt, verdient
oder über einen „Hofladen“ – das wie es für gewisse Produktions- unseren Respekt – und unsere
ist ein an den Hof angeschlosse- schienen seinen Zweck erfüllt. Unterstützung! Welche Wege
ner Laden, wo die Endkunden di- Es muss nur seinen richtigen nun gibt es also noch, um Land-
rekt einkaufen. Für den Erzeuger Platz finden als Puzzleteil unter wirte bzw. landwirtschaftliche
bedeutet dies eine höhere Ge- vielen. Denn so lautet die heuti- Produkte und Konsumenten zu-
winnspanne, für den Konsu- ge Devise: Die Landwirtschaft sammenzubringen?
menten maximale Frische und der Zukunft braucht Vielfalt. Ein
höhere Gewissheit bzw. Pro- Bestandteil dieser Vielfalt wird C. Der Landwirt als Lehrer und
duktsicherheit (er kann sehen, der monokulturelle, industrielle Dienstleister für Städter
wo und wie produziert wird). Anbau bleiben, nur eben in deut-
lich geringerem Ausmaß. Das Immer mehr Städter zieht es –
(B) Industriebetrieb Problem mit der industriellen nicht zuletzt dank drohender
Landwirtschaft ist ja nur, dass Weltuntergangsszenarien – „zu-
Da in modernen agrarindustriel- sie zu dominant, einnehmend rück zur Natur“. Andere wieder-
len Betrieben kaum mehr ge- und beherrschend geworden ist, um sind mit den herkömmli-
mischte Landwirtschaft, son- so dass viele Landwirte heutzu- chen Anbaumethoden nicht zu-
dern vorrangig Spezialisierung tage schlicht keinen anderen frieden. Sie würden gerne selbst
stattfindet (z.B. auf Milch- oder Ausweg sehen, als dem Ruf der anbauen, können es aber nicht.
Eierproduktion, auf Hähnchen- Industrie zu folgen (Domino- Denn (a) haben Sie keinen eige-
mast, Futtermittel- oder Getrei- Effekt). Überlebensfähigkeit nen Garten, (b) auch keine an-
deproduktion etc.), sind diesel- scheint da irrigerweise nur noch derweitig passende Fläche (c) zu
ben mehrheitlich an die Indu- gewährleistet zu sein, wenn wenig Fachwissen und Erfah-
strie angeschlossen, d.h. ihre Er- man immer größere Flächen mit rung und (d) auch nicht die Zeit,
zeugnisse gelangen nur noch in High-Tech-Mitteln bearbeitet. um sich um den Eigenanbau zu
kümmern. Sie können es sich
z.B. während einer Hitzewelle
Zwei klassische Vertriebskonzepte, die seit Jahrhunderten funktionierten. Es sind im Sommer nicht leisten, täglich
gute Konzepte, die auch in der Zukunft beibehalten, ja gestärkt werden sollten. Hier
vor der Arbeit in den Schreber-
wird noch direkter Kontakt zwischen Erzeuger und Verbraucher gepflegt.
garten zu fahren – oder die Kir-
schen zu ernten, bevor die Vögel
sie klauen, die Erdbeeren, bevor
die Schnecken kommen usw.

Einige Landwirte mit stadtna-


hen Flächen haben festgestellt,
dass sie mehr verdienen, wenn
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sie den herkömmlichen Anbau Unterweisung zur Verfügung D. Die Erzeuger-Verbraucher-
unterlassen und dafür Parzellen steht, für Bewässerung sorgt, Gemeinschaft
an Städter vermieten, denen sie beim Anlegen von Hügelbeeten
zudem unter die Arme greifen. hilft, Tipps zum Anbau gibt, und Diesem Grundkonzept folgen
der – gegen Sonderhonorar – als auch die „Erzeuger-Verbraucher-
Dabei ist es wichtig, klare Ab- Erntehelfer einspringt, z.B. bei Gemeinschaften“, auf neu-
sprachen zu treffen, denn theo- der Erdbeerernte usw. Der Mitar- deutsch „Food-Coops“ genannt
retisch ist bei einem solchen beiter ist vor Ort und kümmert (was dasselbe bedeutet), nur
Konzept alles denkbar – von der sich um die Leute und ihre Par- dass die Zusammenarbeit zwi-
reinen Überlassung einer Parzel- zellen. Im Winter hilft er beim schen Landwirt und Verbrau-
le ohne weitere Beratung oder Heranziehen von Setzlingen, cher hier anders organisiert
Hilfe, bis hin zum Full-Service- hält Seminare und Schulungen. wird. Der Zweck ist hier nicht,
Paket mit „Lehrauftrag“ und dass die Städter selbst anbauen
Rundumservice beim Säen, Darüber hinaus könnten Son- oder mehr aufs Land kommen,
Pflanzen, Setzen, Pflegen, derkonditionen vereinbart wer- sondern dass der Landwirt ge-
Gießen, Schneiden, Ernten usw. den, wenn ein Städter z.B. Hüh- zielt für die Verbraucher nach de-
ner oder Karnickel auf seinem ren Vorgaben produziert.
Sagen wir, ein Bauer verwendet Gelände halten oder einen Karp-
nur einen einzigen Hektar seiner fenteich anlegen will. Durch die Food-Coops wird der
Fläche für ein derartiges Projekt, Beruf des Landwirts quasi neu
verbessert dort den Boden mit Vergleich: Wenn ein Landwirt definiert. Er erzeugt nicht mehr,
Terra Preta, HOMA und EM, un- auf einem Hektar durch z.B. wovon er denkt, dass er es ver-
terteilt diesen Hektar in 100 ein- Rapsanbau 1.800 Euro Erlös er- kaufen könne, sondern nur noch
zelne Flächen zu je 1 Ar (10 x 10 zielt, gilt dies als Spitzenwert! das, was er quasi vorab schon
Meter, siehe Schaubild zu Flä- Der Gewinn pro Hektar reicht verkauft hat. Bei einer Food-
chenmaßen am Anfang des Arti- von Minusbeträgen aufwärts bis Coop besteht nämlich ein direk-
kels). Wenn er von jedem Städ- zu ca. 1000 Euro. Wenn unser tes Geschäftsverhältnis zwi-
ter, je nach geleistetem Service, Landwirt nun vergleichsweise schen dem Landwirt und seinen
im Schnitt 100 Euro monatliche von den vorgenannten 10.000 Konsumenten. D.h. die Konsu-
Pacht verlangt, ergibt dies be- Euro pro Hektar seine Eigen- menten beauftragen den Erzeu-
reits einen Erlös von 10.000 Eu- pacht abzieht, das Gehalt des ger – ohne Zwischenhändler.
ro im Monat – pro Hektar! Für Mitarbeiters, Versicherungen,
dieses Geld kann er tatsächlich Saatgut, Wasser, Strom, Kosten In der Praxis sieht das so aus,
einen qualifizierten Mitarbeiter für Werbung (Bekanntmachung dass sich z.B. 20, 50 oder 100 Fa-
einstellen, der sich mit Perma- des Projekts), Internetseite und milien zusammenschließen (Or-
kultur etc. gut auskennt, den sonstige Aufwendungen, dann ganisationsform frei wählbar,
Städtern am Wochenende für sollte er minimal 2.000,- Euro sinnvoll kann ein Verein sein) –
vor Steuer pro Hektar erzielen, wie z.B. alle Familien in einer
was in der Landwirtschaft als Straße – und diese beauftragen
13/2011: Die Idee der Erzeuger- sensationeller Gewinn gilt – und den Landwirt. Der Nachteil ist,
Konsumenten-Gemeinschaft: Wenn der
Bauernhof direkt für Ihre Familie sowie für alle haben riesige Vorteile: dass die Familien im Voraus wis-
Freunde und Bekannte produziert – frisch, sen müssen, was sie das Jahr
bio, unabhängig, nach Ihren Wünschen. über brauchen, also abschätzen
Der Landwirt, weil er mehr ver-
dient und (hoffentlich) noch müssen, wie viele Kilo Karotten,
mehr Spaß an seiner Arbeit hat, Kartoffeln, Rettiche, Zwiebeln
der Städter, weil er viel dazu- benötigt werden.
lernt, öfter an die frische Luft
kommt und selbst angebaute, ge- Die großen Vorteile für die Ver-
sunde Lebensmittel erhält (wo- braucher sind dabei: Sie können
bei er ja seine Aufwendungen genau bestimmen, wie angebaut
beim Einkauf wieder einspart), wird, wo angebaut wird, was an-
die Natur, weil sie gepflegt und gebaut wird, womit angebaut
geschützt wird, die Vögel und wird, was verwendet wird, wel-
Kleinlebewesen, weil ihnen na- che Anbaumethode zum Einsatz
türliche Kleinbiotope geschenkt kommt. Sie können individuel-
werden usw. Ein klassisches le, d.h. auch „esoterische“ Wün-
Win-Win-Konzept also (ein Kon- sche äußern wie etwa HOMA-
zept, bei dem alle gewinnen). Anbau, Terra Preta usw.
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Der Landwirt ist hier Dienstleis- Anregung für jene, die eben ge- schon eine Kinderschaukel gilt
ter und liefert, was seitens seiner nau das können: andere für neue oft als „Verbrechen“. Wer da Ra-
Auftraggeber gewünscht wird. Konzepte zu begeistern! Hier dieschen anpflanzt oder zur Be-
Preis frei verhandelbar. Seine liegt Potential für eine neue Ge- grenzung seines Grundstücks
Vorteile: Er verdient mehr als schäftsidee: Man gewinne Land- gar eine stachelig-unordentliche
mit Raps, Weizen o.Ä, hat eine wirte und Konsumenten für die Brombeerhecke wählt, mutiert
gewisse Einkommenssicherheit, Konzepte C und D. Die Verbrau- schnell zur „Unperson der Nach-
(wahrscheinlich) mehr Freude cher sind meist total begeistert – barschaft“. Doch es ist kein Zei-
an der Tätigkeit, leistet mehr Hil- und die Landwirte machen ohne chen von Gesundheit an eine zu-
fe, hat direkteren Kontakt zu sei- zu zögern mit, wenn sich einer- tiefst kranke Gesellschaft gut an-
nen Abnehmern, gewinnt neue seits genügend Interessenten be- gepasst zu sein, sagte der indi-
Erfahrungen, lernt neue Leute teiligen und gleichzeitig jemand sche Philosoph Krishnamurti.
kennen, und er hat erstmals seit da ist, der mit den Städtern
vielen Jahren wieder ein Ge- spricht und die ganze Angele- Das eindeutig Beste, was Sie in
schäft mit einer realen Chance genheit koordiniert und leitet. Sachen Ernährung, Gesundheit
auf Expansion! Food Coops sind und sogar Umweltschutz tun
daher im Kommen. Neue Ideen und Konzepte können, ist es nun einmal, Ei-
braucht das Land! genanbau zu betreiben. Legen
Es gibt Konzepte, die also ganz Sie eine kleine Wildnis um Ihr
anders funktionieren. Manch- Eigenanbau Haus herum an. Lassen Sie es
mal muss man nur ein wenig um- blühen und gedeihen. Experi-
denken, um in seinem Beruf bei Wenn jemand ein Stück Land, ei- mentieren Sie mit Terra Preta,
gleichem Arbeitsaufwand ein nen Garten, eine Terrasse, einen Permakultur und/oder einem Per-
Mehrfaches zu verdienen. Der Balkon oder einen Schrebergar- makulturgewächshaus, mit
Schlüssel dazu ist, herauszufin- ten besitzt, sich ein wenig aus- HOMA-Techniken und Effekti-
den, was der Verbraucher wirk- kennt und Spaß an der Sache ven Mikroorganismen (EM).
lich braucht bzw. wünscht. hat, braucht er keinen externen
Dienstleister. Doch Selbstanbau Vielleicht werden Ihre Nach-
Ein Hauptgrund, warum Land- ist heutzutage unpopulär! Wie barn anfangs über Sie lachen
wirte sich nicht auf solche neu- viele Familien haben in der Vor- oder gar hinter Ihrem Rücken
en Konzepte stürzen, ist der, stadt heute noch ein Gemüse- tratschen. Doch spätestens
dass sie ein extrovertiertes Natu- gärtchen? Das ist dieser Tage dann, wenn es einmal zu Eng-
rell erfordern und man mit Leu- nicht mehr „in“! Heute hat man pässen in der Nahrungsmittel-
ten reden muss. Nicht gemein- einen englischen Rasen, sorg- versorgung kommt, werden sie
hin die klassischen Stärken ei- sam gepflegte Blumenbeete, per- aufhören zu lachen. Es heißt,
nes Landwirts! Dies daher als fekt geschnittene Hecken, ja dass man auf gerade einmal 25

Manchmal braucht es gar nicht viel Platz, sondern nur ein wenig Phantasie, um Eigenanbau zu betreiben. Wer würde nicht ger-
ne am lauschigen Plätzlichen links zu Abend speisen – drei Quadratmeter der Terrasse reichen aus. Auch alte Töpfe, Krüge,
Kannen, Flaschen können als Anbaufläche dienen, und ein trostloser Innenhof kann so zur lebendigen Oase werden.

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bis 100 Quadratmetern ausrei- zweiten – so angeordnet, dass Deutschland ist in dieser Hin-
chend Lebensmittel für einen das Wasser alle Kästen durch- sicht viel zu aufgeräumt! Es
Menschen produzieren könne. fließt und aus dem letzten ab- braucht ein paar lebendige Geis-
Die sollten sich finden lassen! fließen kann. Es gibt tatsächlich ter, die Initiative einbringen,
„das-halbe-Jahr-über-beinahe- neue Konzepte, Anstöße vermit-
Falls Sie eigentlich wollen, aber Selbstversorger“ aus Balkonien, teln – andere Länder sind da
über keine geeignete Anbauflä- was Tomaten, Paprika, Kresse, teils viel fortschrittlicher als wir.
che verfügen, fragen Sie doch Rucola, Basilikum, Minze,
einfach mal Ihre Nachbarn. Vie- Schnittlauch, Petersilie usw. be- Wenn Sie in einer ländlichen Re-
le, vor allem ältere Leute, geben trifft. Ein schönes Hobby. Auch gion leben, können Sie Landwir-
auch gerne einen Teil ihres Gar- wird man erstaunt sein, was te fragen, ob Sie Ihnen ein paar
tens ab, weil es ihnen zu viel Ar- man aus einem einzigen Balkon Quadratmeter vermieten. Egal,
beit geworden ist. alles herausholen kann. wie wenig der Bauer dafür von
Ihnen verlangt, er wird dann aus
Wenn Sie zur Miete wohnen, Wenn sich in Ihrer Nähe Obst- diesen Quadratmetern mehr Pro-
könnten Sie den Eigentümer wiesen finden lassen, fragen Sie fit herausholen, als wenn er das
(und Ihre Nachbarn) fragen, ob den Inhaber, ob Sie ein Eckchen Land selbst bewirtschaftete.
er/sie etwas dagegen hätte/n, abhaben dürfen. Manchmal gibt Dies gilt vor allem dann, wenn
wenn Sie ein wenig auf dem ge- es da ungenutzte Winkel, Bah- es sich z.B. um spitz zulaufende
meinsamen Hausgrundstück nen, Rand- und Zwischenflä- Seitenstücke handeln sollte, die
gärtnern. Vielleicht finden Sie chen, Teilstücke, die ungenutzte nicht mit Landmaschinen zu be-
so Mitmacher oder sogar neue Pufferfläche darstellen etc. arbeiten sind. Nutzen Sie spe-
Freunde? Schließen Sie sich als Selbst, wenn es eine Schiene ziell solche Flächen.
Mieter eines Mehrfamilienhau- von 20 x 1 Meter ist, käme Ihnen
ses zusammen und fragen Sie das doch grade recht. Eine sol- Wenn ein Landwirt aus einem
den Eigentümer. Sie könnten er- che Fläche können Sie super Hektar üblicherweise etwa 500
staunt sein, wie oft dieser Ge- von allen Seiten bearbeiten. Das Euro Gewinn herausholt und er
danke (a) begrüßt wird, und (b), müsste nach deutschem Recht Ihnen nur den zehnten Teil de-
was Sie aus wenigen Quadrat- sogar erlaubt sein, so lange es selben (= 1000 Quadratmeter)
metern in einem Jahr alles ern- nicht die ganze Obstwiese, son- für 100 Euro im Monat vermie-
ten können. Vor allem dann, dern nur ein kleines Teilstück da- tet, dann bringt ihm das propor-
wenn Sie die vorigen Kapitel von ist (man kann gegenüber ei- tional doppelt so viel ein – und
über Permakultur, HOMA und ner spitzfindigen Behörde argu- zwar ganz ohne dass er dafür et-
Terra Preta sowie das nachfol- mentieren, dass Obstbäume bes- was arbeiten muss. Doch Sie kön-
gende Kapitel über sog. „Stufen- ser gedeihen, wenn zwischen- nen mit dem hier geschilderten
gärten“ berücksichtigen. durch Bodenauflockerer ge- Wissen über alternative Anbau-
pflanzt werden etc., siehe nächs- methoden auf 1000 Quadratme-
So mancher Tüftler hat ein aus- tes Kapitel über Stufengärten). ter Fläche locker vollkommen
geklügeltes System auf seinem autark werden! Für den Bauern
Balkon installiert: Aus der Re- Ich beschreibe solche Ideen hier bedeutet es also einen Zugewinn
genrinne läuft Regenwasser vor allem deshalb, damit Sie se- auf einem ansonsten ungenutz-
über eine Schiene in den ersten hen, dass schlicht Erfindungs- ten Stück Land, für Sie bedeutet
Blumenkasten, weiter in den reichtum gefragt ist. denn es Autarkie!

Links: Es ist erstaunlich, was man aus einem normalen Balkon an Anbaufläche herausholen kann. Wie das im Foto unten mit Blu-
men praktiziert wird, lässt es sich mit essbaren Kräutern, Salat, Tomaten etc. praktizieren. Mitte: Um das ganze Fenster optimal
auszunutzen, hat Depeschenbezieherin Hannelore Zech ein Fensterregal gebastelt (http://waldgarten.wordpress.com).
Rechts: Anstatt einer Pergola lässt sich auch ein Tomaten-Baum pflanzen :-)

33 besser leben 07-09/2012 · Sabine Hinz Verlag · Alleenstr. 85 · 73230 Kirchheim · Tel.: (0 70 21) 7379-0, Fax: -10 · info@sabinehinz.de · www.sabinehinz.de
Im KOPP-Verlag ist ein wunder- senderer Ausdruck dafür wäre: Wenn höchste juristische Kreise
schön aufgemachtes Buch er- „Wild- und Holzzuchtfläche”. Da- glauben, dass die Natur den Men-
schienen (A4 und durchgehend mit ist Deutschland das wald- schen brauche, um Wildtiere ab-
in Farbe) des amerikanischen Au- reichste europäische Land. In- zuschießen, zeigt uns dies, wie
tors Brett L. Markham, das eben nerhalb Deutschlands wieder- weit sich der Mensch vom Wis-
diesen Titel trägt: „Mini-Farming um ist Bayern nach Baden- sen entfernt hat, dass die Natur
– autark auf 1000 Quadratme- Württemberg am waldreichsten. aus sich selbst regulierenden
tern“. Inhaltlich ist mir das Buch Kreisläufen besteht. Keiner der
von der Denkweise zu amerika- Diese riesigen Waldflächen wer- Richter, der diese Entscheidung
nisch und zu orthodox (zu tradi- den deutschlandweit, und das getroffen hat, würde noch leben,
tionell im Denken). Dennoch ist sogar per Gesetz, einerseits zur wenn irgendeine äußere Kraft
es ein Buch eines Praktikers, das Erzeugung von Holz genutzt, an- derart in sein körperinneres Mi-
eben genau dies aufzeigt (wes- dererseits als Jagdrevier, wobei lieu eingegriffen hätte, wie der
halb ich es hier auch anführe): die Gesetzeslage hier bizarr bis Mensch meint, „regulierend“ in
wie der Autor sich und seine Fa- grotesk anmutet. ;-) So können die Natur eingreifen zu müssen.
milie im Nebenberuf auf 1000 Sie sich durchaus ein Stück
Quadratmetern autark versorgt Wald kaufen – für den Quadrat- Die gegebene Gesetzeslage ver-
hat und teils sogar noch Über- meter zahlt man in Deutschland hindert, dass ein Drittel der ge-
schüsse verkaufen konnte. je nach Holzbestand und Lage samtdeutschen Fläche als etwas
zwischen 30 Cent und 1,50 Euro genutzt werden kann, wofür der
Falls Ihnen das alles zu viel Pla- – doch dieser Wald gehört Ihnen Wald traditionell schon seit Jahr-
ckerei ist, fragen Sie doch Kin- dann gar nicht wirklich. Denn ei- millionen genutzt wurde: Als
der, Rentner, Arbeitslose aus der nerseits dürfen da Spaziergän- reich gedecktes Schlaraffenland
Nachbarschaft, ob sie nicht mit- ger durchlatschen, andererseits – als grundlegender Ernährer
machen und dafür ein paar kos- ist Ihr legal erworbener Grund des Menschen. Eine Auflistung
tenlose Lebensmittel bester Qua- trotzdem noch ein Jagdrevier! von Pflanzen aus dem Deutsch-
lität erhalten möchten. Sie brau- land des 17. Jahrhunderts führt
chen nicht alles selbst zu tun. Wenn Sie mindestens 75 Hektar auf, dass die Menschen damals
Menschen, die sich ein Zubrot zusammenhängenden Wald er- 73 verschiedene – ich wiederho-
verdienen oder helfen möchten, werben, dürfen Sie eine eigene le: dreiundsiebzig – roh essbare
gibt es Allenthalben. Also mana- Jagd gründen und dann „selbst Gemüse- und Wildpflanzen aus
gen Sie einfach: Ihre eigene Le- bestimmen“. Das bedeutet aber dem Wald gewonnen haben,
bensmittelversorgung in Besser- nicht, dass Sie bestimmen dürf- sprich Wildgemüse und Salate!
als-Bio-Qualität nach Ihren eige- ten, dass keine Jagd stattfindet!
nen Anbauvorstellungen (z.B. Als ein Waldeigentümer vor eini- Ich möchte daher eine dahin ge-
HOMA etc.) und tun damit ein gen Jahren versucht hat, Jagd- hende Reform anregen, dass
gutes Werk – wiederum eine freiheit in seinem Wald juris- Wald künftig von den Menschen
Win-Win-Lösung für alle. tisch durchzusetzen, hat er da- der Region genutzt werden darf.
bei nicht nur vor der höchsten Jäger, Holzbauern und Bürger-
Wälder nutzen deutschen Instanz, sondern vor vereine sollten sich koordinie-
dem Europagericht verloren. Die ren, um den Wald auch als na-
Etwa 30 Prozent der Gesamtflä- Jagd ist ja so „arterhaltend und türliches Biotop für Tausende Ar-
che unseres Heimatlandes sind, umweltschützend“ – und das ten sowie als wertvollen Lebens-
man glaubt es kaum, tatsächlich Allgemeinwohl steht über indi- spender für den Menschen nutz-
„Wald“, zumindest das, was heut- viduellen Wünschen. So wurde bar zu machen. Ich finde: Holz-
zutage so genannt wird. Ein pas- das begründet. wirtschaft darf anderweitige Nut-

Links: Das ist WALD. Mitte: Das ist WALD. Rechts: Das ist KEIN Wald, sondern nur eine Holzzucht mit Jagd.

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Guerilla-Gardening,
Urban Guardening

An immer mehr Orten setzt sich


das sog. „Guerilla-Gardening“
durch: Die Bürger pflanzen an öf-
fentlichen Flächen selbständig
an, z.B. in städtischen Blumen-
beeten, die nicht mehr betreut
werden, an der Bushaltestelle
Gefallene, verrottende Baumstämme sind ein idealer Nährboden für Pilze; sie bie- oder an der nicht gepflasterten
ten Verstecke, Behausungen und Brutstädten für viele Kleintiere des Waldes. Fläche um Stadtbäume herum.
Am Rande eines Bürgersteigs,
zung nicht verhindern! Dasselbe Anregung aufbringen, eine drit- von Wegen, Spielplätzen. In un-
gilt für die Jagd. Wir sollten te Waldnutzung zuzulassen: die zugänglichen Teilen von Parks,
nicht ausgrenzen, sondern ler- Nutzung des Waldes durch orts- ja sogar auf den Mittelflächen
nen, zu integrieren. So sollten ansässige Bürgervereine im Rah- von mehrspurigen Straßen.
zwischen all den „Nutzhölzern“ men von Waldgärten.
auch wilde Apfel- und Walnuss- „Guerillas“ sind eigentlich Pri-
bäume (u.a.) zugelassen sein, Diese Bürgervereine dürfen für vatpersonen, die sich – außer-
wie auch verrottende Baum- den Eigenanbau käuflich erwor- halb der militärischen Kontrolle
stämme nicht entfernt werden bene oder von der Gemeinde ge- – an einem Krieg beteiligen. Als
sollen (obwohl es die Waldwirt- pachtete Waldteile sowie den Guerillakrieg bezeichnet man ei-
schaft erschwert), da sie Lebens- Waldrand für Vereinsmitglieder nen Krieg von Volkstruppen ge-
grundlage für Insekten, Kleinst- zugänglich machen. Den Ver- gen eine Besatzungsmacht. In so-
lebewesen, Pilze und andere Ar- einsmitgliedern soll es gestattet fern ist die Wortwahl zwar
ten sind und lebenswichtige Ver- sein, die Früchte ihrer Arbeit vor durch Kampf, vor allem gegen ei-
stecke, Lebensräume und Brut- fremdem Zugriff zu schützen. ne als feindlich erachtete Obrig-
städten für einzelne Arten. Dies mit dem Zweck, dass dort keit geprägt, im Grunde wird
ökologisch und biologisch wert- aber deutlich, was damit ge-
Vor allem aber sollte der so wich- volle Waldrandgartenbiotope meint ist. Die Bürger sagen: Öf-
tige Waldrand für die Menschen entstehen können (siehe auch fentliche Fläche ist unsere Flä-
der Region (z.B. im Rahmen von entsprechendes Kapitel), welche che! Und diese Flächen nutzen
hierfür gegründeten Bürgerver- die Menschen der Region mit wir nun auf sinnvolle Weise.
einen) zur Verfügung stehen, um Wildgemüsen, Nüssen, Wild- Und tatsächlich – obwohl die
etwa Wildgemüse, Kräuter, Bee- beeren, mit ursprünglichen Obst- Wortwahl kriegerisch getroffen
ren, Pilze und Nüsse zu ernten. sorten, wertvollen Wildkräutern wurde – lassen die meisten Ge-
Ich möchte daher die politische und Pilzen versorgen. meindeverwaltungen ihre Bür-

Von links oben nach rechts unten: 1) Guerilla-Gardening in Hamburg. 2) In Holland, wo sogar am Gartenzaun frech die
Webadresse der Guerillas angebracht wurde. 3) In der berühmten englischen Kleinstadt Todmorden, die sich anschickt, zur
ersten Selbstversorgerstadt Englands zu werden. 4) In Berlin. 5) In Japan. 6) In London bei einer Nacht und Nebel-Aktion.

35 besser leben 07-09/2012 · Sabine Hinz Verlag · Alleenstr. 85 · 73230 Kirchheim · Tel.: (0 70 21) 7379-0, Fax: -10 · info@sabinehinz.de · www.sabinehinz.de
ger bisher gewähren, was mir wird. Das kostenlose Angebot schlossen und die Immobilien-
auch richtig und sinnvoll er- führt nicht zu Missbrauch! Das krise die Menschen massenhaft
scheint. Denn die Bürger enga- Gegenteil passiert: Das „Incredi- aus ihren Häusern warf, hat sich
gieren sich, tragen bei, verschö- ble Edible“-Programm hat die Be- die Lage dramatisch verschärft.
nern in den meisten Fällen das ziehung in der Gemeinschaft Die Schlangen vor den Suppen-
Stadtbild, tun Sinnvolles und verbessert und die Kriminalität küchen wurden immer länger.
sparen mancherorts ihrer Ge- reduziert. Seit Programmbeginn Zehntausende hatten keinen Job
meinde sogar reichlich Geld. berichtet die Polizei laufend sin- mehr. Inoffizielle Schätzungen
kende Kriminalitäts-Statistiken. spachen von Arbeitslosenzah-
Massenmedial bekannt wurde Die Bewohner zeigen mehr Ver- len über 70 Prozent! In manchen
in diesem Zusammenhang die antwortung und kümmern sich Stadtteilen sah es aus wie in
englische Kleinstadt Todmor- um ihre Stadt. New Orleans nach dem Sturm
den, zwischen Yorkshire und Katrina – nur ohne Sturm: Ver-
Lancashire. In Eigeninitiative ha- Derart urbanes Landwirtschaf- fallene Häuser, leere Schulen,
ben die Bürger dort jeden Fleck ten gibt es nicht nur in Großbri- verlassene Parks.
Erde mit Sträuchern, Hecken, tannien, auch in Berlin Kreuz-
Bäumen und Gemüse bepflanzt, berg ist ein viel versprechendes Die von außen zu erbringenden
auch öffentliche Grasflächen Projekt entstanden. Robert Shaw Hilfsleistungen stiegen ins Uner-
und triste Ecken. Ihr Programm und Marco Clausen haben dort messliche, bis die ersten sog.
nennt sich „Incredible Edible” eine brachliegende Fläche von „Urban Farmers“ auf den Plan
(„unglaublich essbar“). Wäh- 6000 Quadratmetern in eine blü- traten, die aus zerfallenen Fab-
rend der warmen Jahreszeit hende Oase verwandelt. Sie zie- rikhallen Gewächshäuser mach-
sieht man überall Gärten mit hen Gemüse in Reissäcken, ten und auf ungenutzten Park-
Kräutern, Früchten und fri- Bäckereikisten und Milchtüten plätzen, alten Industriezonen
schem Gemüse, die in der Nähe und bringen Menschen ver- und verwaisten Vorgärten Obst,
von öffentlichen Gebäuden, schiedenster Milieus zusam- Salat und Gemüse anbauten.
Schulen, Supermärkten, Park- men. Ihr sog. „Prinzessinnengar-
plätzen wachsen und gedeihen. ten“ ist eine Plattform für Leute, Anstatt die Hand aufzuhalten,
die etwas tun wollen. Hier ist pflanzen sie Gurken und Toma-
Gegründet haben das Programm Platz für den naturnah wirt- ten an. Aktuell schafft das Pro-
eine Großmutter und eine ehe- schaftenden Imker, den Künst- jekt bereits neue Jobs und gibt
malige Restaurantbesitzerin. Die ler, der mit Kindern aus dem den Menschen Hoffnung. Bis zu
beiden Frauen haben das Ziel, Kiez kocht, die osteuropäische 15 Prozent des Obst- und Gemü-
Todmorden als erste Stadt in Eng- Nachbarin, die ihre Bio-Chilis sebedarfs der Stadt kommen
land zur völligen Selbstversor- aus der Heimat anbaut. schon von den neuen Feldern
gung zu führen. Das Programm der Stadt-Bauern – und fast 1000
besteht aus 70 Anpflanzungen, Das weltweit größte Projekt urba- Kleinfarmen sind so in Detroit
die in der Stadt verteilt sind. ner Landwirtschaft wird aus De- auf den Trümmern der Indu-
Dort findet man Äpfel, Kirschen, troit vermeldet. Schon vor der ak- striegesellschaft entstanden.
Aprikosen, Erdbeeren, Himbee- tuellen US-Wirtschaftskrise war
ren, Bohnen, Karotten, Kartof- die einstige Autostadt Amerikas Stellen Sie sich nur einmal vor,
feln, Zwiebeln, Salate und viele („Motor City“, Sitz von Ford, Ge- was geschähe, würden solche
Kräuter. Das Erstaunliche: Die neral Motors und Chrysler) kei- Projekte auch noch mit den in
Bevölkerung respektiert das Sys- ne reiche Stadt mehr. Seit aber dieser Depesche beschriebenen
tem des „Selbsterntens“ und die Autobauer Bankrott gingen, Anbaumethoden und Anbauhil-
nimmt nur so viel, wie benötigt die Zulieferer ihre Fabriken fen kombiniert werden.

Hinter dem einstigen Wahrzeichen Detroits, dem markanten Bahnhofsgebäude wächst heute Mais, auf ehemaligen Grünflächen
wird Salat angebaut und in den Hinterhöfen finden Schulungen für die Bürger statt, die zu neuen “Urban Farmers” werden.

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