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Sechste Auflage
Gerd Habenicht
Kleben
Grundlagen, Technologien, Anwendungen
123
Dr. rer. nat. Gerd Habenicht
em. Univ.-Professor des Lehrstuhls für Fügetechnik
der Technischen Universität München
Seestraße 33
82237 Wörthsee/Steinebach
DOI 10.1007/978-3-540-85266-7
c 2009, 2006, 2002, 1997, 1990 und 1986 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der
Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk-
sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in
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nenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen
Fassung hinzuzuziehen.
987654321
springer.de
V
Mit der Herausgabe der vorliegenden 5. vollständig neu bearbeiteten und er-
gänzten Auflage sind seit der Erstauflage im Jahre 1986 zwanzig Jahre vergan-
gen. Ein Zeitraum, der dem Fertigungssystem Kleben in Grundlagen, Techno-
logien und Anwendungen außerordentliche und zum Teil auch spektakuläre
Fortschritte gebracht hat. Während dieser Entwicklungen haben die bisheri-
gen Auflagen für die Wissensvermittlung in den verschiedenen Bereichen der
Klebtechnik beitragen können und sind von der Fachwelt sehr wohlwollend
aufgenommen worden. Dieser Sachverhalt war für Verlag und Autor Anlass,
wiederum eine dem aktuellen Wissensstand entsprechende Auflage heraus-
zugeben.
Die wichtigsten Neubearbeitungen und Ergänzungen erfolgten auf den
Gebieten
– Nanotechnologie für klebtechnische Anwendungen
– Klebstoffentwicklungen für Crashbeanspruchungen
– elastisches Kleben
– Hybrid-(Kombinations-)Klebungen
– Klebebänder und Haftklebstoffe
– Dichtstoffe und Klebestifte
– Automatisierung in der Klebstoffverarbeitung
– Plasmaverfahren
– Anwendungen in den Gebieten Fahrzeugbau, Elektronik und weiteren
wichtigen Bereichen.
Für diese Arbeiten dienten Forschungsberichte und Veröffentlichungen aus
befreundeten Instituten und wissenschaftlichen Einrichtungen als wertvolle
Hilfe, für die an dieser Stelle gedankt sei.
Einen besonderen Schwerpunkt bei der Bearbeitung nahm abermals die
Patentliteratur ein, die dankenswerter Weise von Herrn Dipl.-Chem. Rudolf
Hinterwaldner, Hinterwaldner Consulting, zur Verfügung gestellt wurde. Da
ca. 80% des dokumentierten Wissens heute in Patentschriften zu finden ist,
ist diese Informationsquelle auch für das Gebiet des Klebens unverzichtbar,
zumal deren Inhalte in Fachzeitschriften aus Prioritätsgründen nur einge-
schränkt veröffentlicht werden. Patentschriften bieten außerdem in vorteil-
hafter Weise Einblicke in entwicklungsgeschichtliche Hintergründe, aktuelle
Entwicklungstrends sowie in das Basiswissen für Neuentwicklungen und
VIII Vorwort zur 5. Auflage
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2 Klebstoffgrundstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.1 Polymerisationsklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.1.1 Einkomponenten-Polymerisationsklebstoffe . . . . . . 17
2.1.1.1 Cyanacrylatklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.1.1.1 Chemischer Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.1.1.2 Eigenschaften und Verarbeitung . . . . . . . . . . . . 18
2.1.1.1.3 Primer und Aktivatoren für Cyanacrylatklebstoffe . . . 22
2.1.1.2 Anaerobe Klebstoffe (Diacrylsäureester) . . . . . . . . 23
2.1.1.2.1 Chemischer Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.1.1.2.2 Härtungsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.1.1.2.3 Beschleuniger und Aktivatoren . . . . . . . . . . . . . 28
2.1.1.2.4 Eigenschaften und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . 29
2.1.1.3 Strahlungshärtende Klebstoffe . . . . . . . . . . . . . 31
2.1.1.3.1 Allgemeine Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.1.1.3.2 Aufbau strahlungshärtender Klebstoffsysteme . . . . . 31
2.1.1.3.3 Reaktionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.1.1.3.4 UV-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.1.1.3.5 Energetische Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . 35
2.1.1.3.6 UV-Strahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2.1.1.3.7 Reflektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.1.1.3.8 Photoinitiatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
X Inhaltsverzeichnis
2.1.1.3.9 Photosensibilisatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2.1.1.3.10 Kationische Strahlungshärtung . . . . . . . . . . . . . . 42
2.1.1.3.11 Lichthärtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2.1.1.3.12 Kombinationshärtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2.1.1.3.13 Elektronenstrahlhärtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2.1.1.3.14 Laserstrahlhärtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.1.1.3.15 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.1.1.4 Aerobe Klebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.1.2 Zweikomponenten-Polymerisationsklebstoffe . . . . . . . 49
2.1.2.1 Methacrylatklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.1.2.2 Verarbeitungssysteme der Methylmethacrylatklebstoffe . . 52
2.1.3 Polymere Grundstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.1.3.1 Polyvinylacetat (PVAC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2.1.3.2 Polyvinylalkohol (PVAL) . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2.1.3.3 Polyvinylether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
2.1.3.4 Ethylen-Vinylacetat (EVA) . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.1.3.5 Ethylen-Acrylsäure-Copolymere . . . . . . . . . . . . . 59
2.1.3.6 Polyvinylacetale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
2.1.3.7 Polystyrol (PS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2.1.3.8 Polyvinylchlorid (PVC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
2.1.3.9 Polyvinylidenchlorid (PVDC) . . . . . . . . . . . . . . . 61
2.1.4 Kautschukpolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
2.1.4.1 Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) . . . . . . . . . . . . . 62
2.1.4.2 Styrol-Blockpolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
2.1.4.3 Chloroprenkautschuk (CR) . . . . . . . . . . . . . . . . 66
2.1.4.4 Nitrilkautschuk (NBR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
2.1.4.5 Butylkautschuk (IIR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
2.1.4.6 Polybutene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.1.5 Sonstige Thermoplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.1.5.1 Polyethylen (PE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.1.5.2 Polypropylen (PP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
2.1.5.3 Fluorierte Kohlenwasserstoffe (Fluorthermoplaste) . . . . 72
2.2 Polyadditionsklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.2.1 Epoxidharzklebstoffe (EP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.2.1.1 Aufbau der Epoxidharze . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.2.1.2 Vernetzungsreaktionen der Epoxidharze . . . . . . . . . 77
2.2.1.3 Kalthärtende Epoxidharzklebstoffe . . . . . . . . . . . . 82
2.2.1.4 Warmhärtende Epoxidharzklebstoffe . . . . . . . . . . . 83
2.2.1.5 Zweikomponenten-Epoxidharzklebstoffe . . . . . . . . . 84
2.2.1.6 Lösungsmittelhaltige Epoxidharzklebstoffe . . . . . . . . 85
2.2.1.7 Zähharte („toughened“) Epoxidharzklebstoffe . . . . . . 85
2.2.1.8 Reaktive Epoxidharzschmelzklebstoffe . . . . . . . . . . . 90
2.2.1.9 Pulverförmige Epoxidharzklebstoffe . . . . . . . . . . . . 91
2.2.2 Polyurethanklebstoffe (PUR) . . . . . . . . . . . . . . . 92
2.2.2.1 Feuchtigkeitshärtende Einkomponenten-Polyurethan-
klebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Inhaltsverzeichnis XI
2.2.2.2 Zweikomponenten-Polyurethanklebstoffe . . . . . . . . . 97
2.2.2.3 Polyurethandispersionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
2.2.2.3.1 Emulgatorhaltige Dispersionen . . . . . . . . . . . . . . 98
2.2.2.3.2 Emulgatorfreie Dispersionen . . . . . . . . . . . . . . . 98
2.2.2.4 Lösungsmittelhaltige Polyurethanklebstoffe . . . . . . . . 101
2.2.2.5 Reaktive Polyurethan-Schmelzklebstoffe . . . . . . . . . 101
2.2.2.6 Thermisch aktivierbare Polyurethanklebstoffe . . . . . . 104
2.2.2.7 Radikalisch vernetzende Polyurethanklebstoffe . . . . . . 105
2.2.2.8 Polyurethan-Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
2.2.3 Polycyanurate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
2.3 Polykondensationsklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . 107
2.3.1 Formaldehydkondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
2.3.1.1 Phenol-Formaldehydharz-Klebstoffe (PF) . . . . . . . . . 108
2.3.1.2 Kresol-/Resorzin-Formaldehydharz-Klebstoffe . . . . . . 111
2.3.1.3 Harnstoff-Formaldehydharz-Klebstoffe (UF) . . . . . . . . 111
2.3.1.4 Melamin-Formaldehydharz-Klebstoffe . . . . . . . . . . . 113
2.3.1.5 Formaldehydemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
2.3.2 Polyamide (PA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
2.3.3 Polyester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
2.3.3.1 Gesättigte Polyester und Copolyester . . . . . . . . . . . 117
2.3.3.2 Ungesättigte Polyester . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
2.3.4 Silicone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
2.3.4.1 Einkomponenten-RTV-Systeme . . . . . . . . . . . . . . 122
2.3.4.2 Zweikomponenten-RTV-Systeme . . . . . . . . . . . . . 124
2.3.4.3 Siloxan-Dispersionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
2.3.4.4 Silicon-Trennmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
2.3.4.5 Silanmodifizierte (MS) Polymere . . . . . . . . . . . . . 129
2.3.4.5.1 Aufbau der MS-Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
2.3.4.5.2 Eigenschaften und Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . 130
2.3.4.5.3 Modifikationen von MS-Dichtstoffen . . . . . . . . . . . 131
2.3.5 Polyimide (PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
2.3.6 Polybenzimidazole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
2.3.7 Polysulfone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
2.3.8 Polysulfide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
2.4 Zusammenfassende Darstellung der Polyreaktionen . . . . 138
2.5 Klebstoffe auf natürliche Basis . . . . . . . . . . . . . . 141
2.5.1 Klebstoffe auf Basis tierischer Naturprodukte . . . . . . . 142
2.5.1.1 Klebstoffe auf Glutinbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
2.5.1.2 Klebstoffe auf Caseinbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
2.5.1.3 Kleben in der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
2.5.2 Klebstoffe auf Basis pflanzlicher Naturprodukte . . . . . . 145
2.5.3 Biologisch abbaubare Polymere . . . . . . . . . . . . . . 147
2.6 Klebstoffe auf anorganischer Basis . . . . . . . . . . . . 147
2.7 Klebstoffzusätze und haftvermittelnde Substanzen . . . . 151
2.7.1 Härter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
2.7.2 Vernetzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
XII Inhaltsverzeichnis
3 Klebstoffarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
3.1 Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
3.1.1 Reaktionskinetische und physikalische Grundlagen . . . . 170
3.1.1.1 Einfluss der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
3.1.1.2 Einfluss der Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
3.1.1.3 Einfluss des Drucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
3.1.1.4 Abhängigkeit der Klebschichtdicke vom Anpressdruck . . 177
3.1.1.5 Topfzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
3.1.2 Blockierte Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . 181
3.1.2.1 Chemisch blockierte Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . . 181
3.1.2.2 Mechanisch blockierte Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . 182
3.1.3 Kalt- und warmhärtende Reaktionsklebstoffe . . . . . . . 183
3.1.3.1 Kalthärtende Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . . . . . . 183
3.1.3.2 Warmhärtende Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . . . . . 183
3.1.4 Lösungsmittelhaltige Reaktionsklebstoffe . . . . . . . . . 184
3.2 Lösungsmittelklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
3.3 Kontaktklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
3.4 Haftklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
3.4.1 Aufbau und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 191
3.4.2 Einteilung der Haftklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . 192
3.4.2.1 Wiederablösbare, repositionierbare Haftklebstoffe . . . . 192
3.4.2.2 Permanente Haftklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . 194
3.4.2.3 Strukturelle Haftklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . 194
3.4.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
3.4.4 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
3.4.5 Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
3.4.6 Grundlagen der Haftklebung . . . . . . . . . . . . . . . 196
3.4.6.1 Klebschichtfestigkeit als Folge des strömungsmechanischen
Verhaltens von Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 196
Inhaltsverzeichnis XIII
17 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821
17.1 Verzeichnis von Normen, Standards, Richtlinien und
Merkblättern zum Kleben und zu verwandten Gebieten . 821
17.1.1 Allgemeine Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822
17.1.2 Definitionen und Prüfungen von Klebstoffen;
Klebstoffverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822
17.1.3 Prüfung von Metallklebungen . . . . . . . . . . . . . . 823
17.1.4 Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825
17.1.4.1 Kurzbezeichnungen, Einteilung . . . . . . . . . . . . . 825
17.1.4.2 Prüfung mechanischer und physikalischer Eigenschaften . 826
17.1.4.3 Kleben von Kunststoffen und Kunststoff-Metall-
Klebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826
17.1.4.4 Prüfung von Polymereigenschaften . . . . . . . . . . . 827
17.1.4.5 Faserverstärkte Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . 827
17.1.5 Gummi, Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827
17.1.6 Oberflächenbehandlung und -prüfung . . . . . . . . . . 828
17.1.7 Alterungs- und Klimaprüfungen . . . . . . . . . . . . . 828
17.1.8 Dichtstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829
17.1.9 Klebebänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830
17.1.10 Schmelzklebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830
17.1.11 Kleben von Holz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830
17.1.12 Kleben von Leder- und Schuhwerkstoffen . . . . . . . . 831
17.1.13 Kleben in der Papierverarbeitung . . . . . . . . . . . . 831
17.1.14 Kleben in der Bauindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . 832
17.1.15 Prüfung von Oberflächen und Materialeigenschaften . . 833
17.1.16 Definitionen und Messungen mechanischer, physikalischer
und thermodynamischer Größen . . . . . . . . . . . . . 833
17.2 Verzeichnis ausgewählter ASTM-Methoden für die
Prüfung von Klebstoffen und Klebungen . . . . . . . . . 834
17.3 Kurzzeichen für Klebstoffgrundstoffe und Kunststoffe . . 837
17.4 Ausgewählte Umrechnungsfaktoren angelsächsischer Ein-
heiten und SI-Einheiten für klebtechnische Berechnungen 840
17.5 Ausgewählte deutsch-englische und englisch-deutsche
Begriffe aus dem Gebiet des Klebens . . . . . . . . . . . 841
18 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863
Veröffentlichungen aus nationalen und internationalen
Fachzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863
Bücher aus dem deutschen Sprachraum . . . . . . . . . 1043
Bücher aus dem angelsächsischen Sprachraum . . . . . . 1044
19 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047
Verzeichnis der Formelzeichen und Abkürzungen
Bemerkungen:
(1) Aufgrund entsprechender Festlegungen in den Normen (Abschn. 17.1)
werden Festigkeiten und Spannungen in der Einheit MPa (Mega-Pascal)
angegeben. Da 1 Pa = 1 N/1 m2, ergibt sich 1 MPa = 1 N mm–2.
(2) In Abgrenzung zu der Einheit m für Meter wird die Einheit milli (10–3) in
kursiver Schreibweise (m) angegeben.
(3) Kurzzeichen für Kunststoffe und Klebstoffgrundstoffe sind in Abschnitt
17.3 zusammengestellt.
(4) Die den angegebenen Abkürzungen zugeordneten Fachbegriffe werden in
den jeweils in Klammern aufgeführten Abschnitten erläutert.
υs ms–1 Schlaggeschwindigkeit
x mm Koordinate in Belastungsrichtung
y mm Koordinate senkrecht zur Belastungsrichtung in
der Fügeebene
z mm Koordinate senkrecht zur Klebfläche
Abkürzungen
AES Augerelektronen-Spektroskopie (5.1.3.3)
AFERA s. Abschnitt 3.4.7
AFM Atomic-Force-Microscopy (Rasterkraft-Mikroskopie (5.1.3.10)
ASTM American Society for Testing Materials (17.2)
ATR Infrarotspektroskopie mit abgeschwächter Totalreflektion (5.1.3.7)
BAT Biologischer Arbeitsstofftoleranz-Wert (12.5)
BG Berufsgenossenschaft (12.5)
BGA Ball-Grid-Array (15.5.1)
BUK Bundesverband der Unfallkassen (12.5)
CAA Chromic acid anodization (13.2.1)
CEN Centre European d’Normalisation/European Committee
for Standardisation (17.1.)
CIPG Cured-in-place-gasket (3.19.3)
COB Chip-on-Board (15.5.1)
CSP Chip-Size(-Scale)-Package (15.5.1)
DDK Dynamische Differenz Kalorimetrie (16.4.2)
DEA Dielektrische Analyse (16.4.4)
DETA Dielektrische Thermoanalyse (16.4.4.)
DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft (12.5)
DIN Deutsches Institut für Normung (17.1)
DMA Dynamisch Mechanische Analyse (16.4.1)
DMTA Dynamisch Mechanische Thermoanalyse (16.4.1)
DSC Differential Scanning Calorimetry (16.4.2)
DTA Differential Thermo-Analyse (16.4.2)
DVS Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V.
(12.4.1.2)
Verzeichnis der Formelzeichen und Abkürzungen XXXI
1.1
Begriffe und Definitionen
Aus dem täglichen Sprachgebrauch sind zur Beschreibung klebender Substan-
zen verschiedene Ausdrücke, wie z.B. Leim, Kleister, Kleber oder sonstige
Namen, die ihren Ursprung z.T. in alten Zunfttraditionen oder Anwendungs-
möglichkeiten haben, bekannt. Ergänzend hierzu finden auch Begriffe Ver-
wendung, die in Zusammenhang mit verarbeitungstechnischen Gesichts-
punkten, z.B. Lösungsmittelklebstoff, Haftklebstoff, oder nach der auftreten-
den Verfestigungsart, z.B. Reaktionsklebstoff, Schmelzklebstoff gewählt
werden. Als einheitlichen Oberbegriff, der die anderen gebräuchlichen Be-
griffe für die verschiedenen Klebstoffarten einschließt, definiert DIN EN 923
einen Klebstoff als einen „nichtmetallischen Stoff, der Fügeteile durch Flä-
chenhaftung und innere Festigkeit (Adhäsion und Kohäsion) verbinden kann“.
Unter Klebstoffen sind demnach Produkte zu verstehen, die gemäß ihrer je-
weiligen chemischen Zusammensetzung und dem vorliegenden physikali-
schen Zustand zum Zeitpunkt des Auftragens auf die zu verbindenden Füge-
teile oder während ihrer Erwärmung (z.B. Klebstofffolien) eine Benetzung der
Oberflächen ermöglichen und in der Klebfuge die für die Kraftübertragung
zwischen den Fügeteilen erforderliche Klebschicht ausbilden. Ergänzend sind
die folgenden Definitionen zu erwähnen:
Kleben: Fügen gleicher oder ungleicher Werkstoffe unter Verwendung eines
Klebstoffes;
Klebung: Verbindung von Fügeteilen, hergestellt mit einem Klebstoff (der
Begriff „Klebung“ ist also an die Stelle der bisher allgemein gebrauchten Be-
zeichnung „Klebverbindung“ getreten);
Klebfläche: Die zu klebende oder geklebte Fläche eines Fügeteils bzw. einer
Klebung;
Klebfuge: Zwischenraum zwischen zwei Klebflächen, der durch eine Kleb-
schicht ausgefüllt ist;
Klebschicht: Abgebundene oder noch nicht abgebundene Klebstoffschicht
zwischen den Fügeteilen (Bemerkung: Um eine einheitliche Beschreibung
sicherzustellen, wird in diesem Buch, wenn nicht anders vermerkt, unter
der Klebschicht ausschließlich die abgebundene, also im festen Zustand
vorliegende Klebschicht verstanden);
4 1 Einteilung und Aufbau der Klebstoffe
Fügeteil: Körper, der an einen anderen Körper geklebt werden soll oder ge-
klebt ist;
Abbinden: Verfestigen der (flüssigen) Klebschicht. Zur Begriffsbestimmung
im Hinblick auf „Härtung“ bzw. „Aushärtung“ siehe Abschnitt 12.3.4.
Abbindezeit: Zeitspanne, innerhalb der die Klebung nach dem Vereinigen
der Fügeteile eine für die bestimmungsgemäße Beanspruchung erforder-
liche Festigkeit erreicht.
In der Vergangenheit hat sich der Begriff „strukturelles Kleben“ vielfältig ein-
geführt. Eine exakte Definition ist bisher nicht geprägt worden, doch ist davon
auszugehen, dass mit dieser Ausdrucksweise eine durch das Kleben mögliche
konstruktive Gestaltung mit hoher Festigkeit bzw. Steifigkeit bei weitgehend
gleichmäßiger und günstiger Spannungsverteilung beschrieben werden soll.
Weiterhin charakterisiert dieser Begriff auch die Forderung an eine Klebung,
die an sie gestellten mechanischen und durch Alterungsvorgänge bedingten
Beanspruchungen dauerhaft ohne Versagen zu erfüllen.
1.2
Einteilung der Klebstoffe
1.2.1
Einteilung nach der chemischen Basis
Wie Bild 1.1 zeigt, werden zwei Gruppen unterschieden, und zwar die auf or-
ganischen und anorganischen Verbindungen basierenden Klebstoffe. Von die-
sen beiden Gruppen stellen die organischen Klebstoffe den weitaus größten
Anteil dar und von diesen werden wiederum die Klebstoffe auf künstlicher Ba-
sis am häufigsten eingesetzt.
Als wesentliche Unterscheidungskriterien ergeben sich entsprechend dieser
Einteilung:
1.2.2
Einteilung nach dem Abbindemechanismus
1.3
Aufbau der Klebstoffe
Der chemische Aufbau der (organischen) Klebstoffe ist dem der Kunststoffe
und der entsprechenden Ausgangsprodukte sehr eng verwandt. Die aus diesen
Klebstoffen durch entsprechende chemische Reaktionen sich ausbildenden
Klebschichten sind daher den organischen Polymerverbindungen zuzu-
ordnen. Die auch als „Polyreaktionen“ bezeichneten Bildungsmechanismen
führen dabei zu Molekülstrukturen, die je nach ihrem Aufbau die Eigenschaf-
ten der Klebschichten sehr wesentlich bestimmen. Für das Verständnis des
chemischen Aufbaus von Klebstoffen und Klebschichten ist daher die Kennt-
nis der folgenden Zusammenhänge wichtig:
– Der chemische Aufbau der jeweiligen Monomere,
– die vom Monomer zum Polymer führenden Reaktionsmechanismen,
– die Struktur der Polymere.
Für die Begriffe Monomer und Polymer gelten folgende Definitionen:
Monomer: Ausgangsprodukt, dessen Moleküle einzeln vorliegen und die in-
folge Vorhandenseins von mindestens zwei funktionellen (reaktionsfähi-
gen) Gruppen in der Lage sind, durch eine chemische Reaktion ein Polymer
zu bilden.
Polymer: Organischer Stoff, dessen hohes Molekulargewicht auf der vielfa-
chen Wiederkehr eines Grundmoleküls (Monomer, Struktureinheit) be-
ruht. Bei Polymeren mit nur wenigen Monomereinheiten spricht man von
Oligomeren. Linear aufgebaute Oligomere mit einer größeren Anzahl von
Monomereinheiten (sog. Makromonomere), die an beiden Enden funktio-
nelle Gruppen aufweisen, werden als telechelische Polymere (Telechele) be-
zeichnet (Telomerisation). Als Homopolymer bezeichnet man ein Polymer,
das nur aus einer Art von Monomereinheiten bei gleichartiger Verknüp-
fungsweise der Monomere aufgebaut ist. Unter einem Copolymer bzw.
Mischpolymer ist ein Polymer zu verstehen, das sich aus verschiedenartigen
(mindestens zwei) Monomereinheiten aufbaut (Abschn. 2.1.3).
Prepolymere sind Polymere, die nur aus einer begrenzten Anzahl von Mono-
meren bestehen, aber noch reaktive Gruppen (Abschn. 1.3.1) aufweisen.
Ihre Viskosität liegt in der Regel deutlich über der der reinen Monomere.
Der Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen liegt bei den Klebstoffen auf
Basis der künstlichen organischen Verbindungen, da diese den größten An-
wendungsbereich besitzen.
8 1 Einteilung und Aufbau der Klebstoffe
1.3.1
Chemischer Aufbau der Monomere
Tabelle 1.1. Charakteristische Bindungsarten der am Aufbau von Klebstoffen beteiligten Ele-
mente
Esterbindung –C–O–
||
Polyester
O
| |
Etherbindung –C–O–C–
| |
Epoxide
Amidbindung –C–N–
|| |
Polyamide
O H
Urethanbindung –CH2–N–C–O–CH
| ||
2– Polyurethane
H O
1.3 Aufbau der Klebstoffe 9
1.3.2
Aufbau der Polymere
1.3.2.1
Reaktionsmechanismen zur Polymerbildung
(1.1)
(1.2)
1.3 Aufbau der Klebstoffe 11
Dieser primäre (saure) Ester hat wegen seiner freien Säure- und Alkoholgrup-
pen wiederum zwei Verknüpfungsstellen, sodass es bei der Weiterreaktion in-
folge des kontinuierlichen Molekülwachstums zum Entstehen eines Polyesters
der allgemeinen Formel
(1.3)
kommt.
(1.4a)
(1.4b)
Polyreaktionen sind demnach nur dann möglich, wenn die monomeren Aus-
gangsverbindungen mindestens bifunktionell sind. Als mögliche Reaktionsar-
ten zur Polymerbildung werden generell unterschieden:
– Polymerisation (Abschn. 2.1),
– Polyaddition (Abschn. 2.2),
– Polykondensation (Abschn. 2.3).
Die genaue Beschreibung dieser drei Reaktionsarten erfolgt zweckmäßiger-
weise in Verbindung mit den für diese Reaktionen typischen Klebstoffsyste-
men, die in den genannten Abschnitten behandelt werden. Eine zusammen-
fassende Darstellung findet sich in Abschn. 2.4.
Bemerkung: Der Vollständigkeit halber sei noch auf eine vierte Reak-
tionsart, die der Vulkanisation, hingewiesen. Nach dieser Reaktion entste-
hen beispielsweise die in den Abschnitten 2.1.4 und 14.4 beschriebenen
Kautschukpolymere.
1.3.2.2
Struktur der Polymere
2.1
Polymerisationsklebstoffe
Zustand überzugehen. Für eine Vinylgruppe stellt sich dieser Vorgang sche-
matisch beispielsweise wie folgt dar:
(2.1)
(2.2)
2.1.1
Einkomponenten-Polymerisationsklebstoffe
Bei diesen Systemen sind die Monomere in der Weise stabilisiert, dass die Po-
lymerisation erst durch Einflüsse, die während des Auftragens auf die Füge-
teile wirksam werden, beginnt. Diese Einflussfaktoren können entweder Spu-
ren von Feuchtigkeit und somit OH–-Ionen (Cyanacrylate, Abschn. 2.1.1.1),
oder Metallionen bei gleichzeitigem Ausschluss von Sauerstoff sein (anaerobe
Klebstoffe, Abschn. 2.1.1.2). Für die Monomeraushärtung ist, wie aus diesen
beiden Beispielen hervorgeht, zwar eine zweite „Komponente“ erforderlich,
diese wird dem Monomer aber im Gegensatz zu den klassischen Zweikompo-
nentensystemen vor der Verarbeitung nicht besonders hinzugegeben. Da diese
Klebstoffe in Form von nur einer Komponente verarbeitet werden, fallen sie
unter den Begriff „Einkomponenten-Polymerisationsklebstoff“.
2.1.1.1
Cyanacrylatklebstoffe
2.1.1.1.1
Chemischer Aufbau
Die chemische Konstitution der Cyanacrylatklebstoffe (in Kurzform „Cyan-
acrylate“ genannt) leitet sich von der α-Cyanacrylsäure ab, in der R verschiedene
Alkylgruppierungen wie z.B. Methyl-(CH3–), Ethyl-(C2H5–), n-Propyl-(C3H7–),
n-Butyl-(C4H9–) und Allyl-(CH2=CH–CH2–) sowie gelegentlich auch Methoxy-
ethyl-(–C2H4–O–CH3) oder Ethoxyethyl-(–C2H4–O–C2H5) darstellen kann:
(2.3)
(2.4)
18 2 Klebstoffgrundstoffe
(2.5)
2.1.1.1.2
Eigenschaften und Verarbeitung
2.1.1.1.3
Primer und Aktivatoren für Cyanacrylatklebstoffe
Wie vorstehend erwähnt, lässt sich ein großer Teil der Kunststoffe mit Cyan-
acrylatklebstoffen gut kleben. Aufgrund der unpolaren Eigenschaften von
Polyethylen und Polypropylen (Abschn. 14.1.6.2) sind diese ohne eine geeig-
nete Oberflächenbehandlung mit zufriedenstellenden Festigkeiten nicht kleb-
bar. Durch die Verwendung von Primern oder Aktivatoren besteht die Mög-
lichkeit, deren Oberflächen im Sinne einer Verbesserung der Haftungseigen-
schaften entscheidend zu verändern. Bei diesen Produkten handelt es sich
um Verbindungen mit vorwiegend basischem Charakter, so z.B. aliphatische
Amine, Pyridin- bzw. Chinolinderivate, Imidazolinderivate. Als Primer beson-
ders vielfältig eingesetzt wird das Dimethyl-p-Toluidin (Formel 2.26). Primer
und Aktivatoren werden als ca. 0,05–2,0%ige Lösungen in Ethylalkohol/
Ethylacetat mittels Pinsel auf die Oberflächen aufgetragen. Nach Abdunsten
des Lösungsmittels (ca. 5–10 min) erfolgt der Klebstoffauftrag und die an-
2.1 Polymerisationsklebstoffe 23
2.1.1.2
Anaerobe Klebstoffe (Diacrylsäureester)
2.1.1.2.1
Chemischer Aufbau
Ausgangsprodukte für die Grundstoffe sind Monomere, die sich von der
Methacrylsäure (Formel (2.24)) durch Veresterung mit Tetraethylenglykol
ableiten, z.B. das Tetraethylenglycoldimethacrylat (TEGMA):
(2.6)
(2.7)
Durch Ersatz der Methylgruppe (CH3–) der Methacrylsäure und von Wasser-
stoffatomen der Ethylengruppierung durch andere Alkylreste oder sonstige
Substituenten lässt sich eine große Vielzahl an Monomeren aufbauen, deren
Vinylgruppen aufgrund der durch die Estergruppierung vorhandenen La-
dungsverschiebung zu mannigfachen Polymerisationsreaktionen nach dem
Prinzip der Radikalkettenpolymerisation in der Lage sind. (Unter Radikalen
versteht man Molekülteile, die ein ungepaartes freies Elektron besitzen). Als
radikalbildende Substanz dient, wie auch bei den Methylmethacrylatklebstof-
fen, ein organisches Peroxid, und zwar in der Regel das Dimethylbenzylhydro-
peroxid (=Cumolhydroperoxid):
2.1 Polymerisationsklebstoffe 25
(2.8)
2.1.1.2.2
Härtungsreaktionen
Der genaue Reaktionsmechanismus dieser komplizierten Radikalkettenpoly-
merisation ist nach wie vor Gegenstand von Forschungsarbeiten, kann aber im
Prinzip wie folgt angenommen werden:
(1) Metallionenkatalysierte Zersetzung des Hydroperoxids als Quelle zur
Bildung freier Radikale
(2.9)
(2.10)
Die Geschwindigkeit der Reaktion, d. h. die für die Aushärtung der Kleb-
schicht erforderliche Zeit, ist dabei abhängig von der Stellung der zu fügen-
den Metalle in der elektrochemischen Spannungsreihe. Die Neigung, Elek-
tronen abzugeben und somit die für die Radikalbildung erforderlichen Me-
tallionen zu bilden, ist bei edleren Metallen geringer als bei unedleren.
Hieraus folgt, dass Letztere sich mit anaeroben Klebstoffen leichter verkle-
ben lassen müssten. Eine Einschränkung erfährt dieser Zusammenhang
allerdings dadurch, dass die zu fügenden Metalle nicht mit einer metallisch
reinen Oberfläche vorliegen, sondern mit Oxidschichten wechselnder Zu-
sammensetzungen bedeckt sind. Weiterhin bestehen die Fügeteile im Allge-
meinen aus Metallegierungen mit Komponenten unterschiedlichen elektro-
chemischen Verhaltens. Die verschiedene Aktivität der von den jeweiligen
Substraten resultierenden Metallionen auf die Radikalbildung erklärt somit
das unterschiedliche Verhalten der metallischen Werkstoffe bei der Verkle-
bung mit anaeroben Klebstoffen.
(2) Die gebildeten freien Radikale R–O • und R–O–O • leiten die Polymeri-
sation der TEGMA-Monomere durch eine Anlagerung an eine der beiden end-
ständigen Doppelbindungen ein (TEGMA-Radikal):
26 2 Klebstoffgrundstoffe
(2.11)
(2.12)
(2.13)
Von den beiden Reaktionen (2.12) und (2.13) besitzt (2.12) mit k1 die
wesentlich höhere Geschwindigkeitskonstante, sodass die Reaktion bei An-
wesenheit von Sauerstoff auf dieser Stufe stehen bleibt und die Reaktion
entsprechend (2.11) nicht stattfinden kann. Dieser latent stabile Zustand
wird im Klebstoff dadurch erzielt, dass er nur in Verpackungen mit großem
Kopfraum (hohes Sauerstoffangebot) und für Sauerstoff in ausreichendem
2.1 Polymerisationsklebstoffe 27
Speziell zur Klärung der Radikalbildung ist von Wellmann und Brockmann
[W60] der Härtungsmechanismus im System Cumolhydroperoxid (1), Sac-
charin (2) und N,N-Dimethyl-p-toluidin (3) näher untersucht worden. Die
Ergebnisse weisen aus, dass in Anwesenheit von Sauerstoff aus (2) und (3)
ein Aminal (s. Fußnote) gebildet wird, das über eine Chelatbildung in An-
wesenheit von (2) Metallionen aus der Oberfläche generiert, die wiederum
aus (1) Radikale für die Polymerisation bilden. Als wesentlicher Schritt für
den Härtungsmechanismus ist somit die Aminalbildung zu sehen (s. Fuß-
note).
Der gegenüber den Cyanacrylatklebstoffen (Abschn. 2.1.1.1) sehr viel
langsamere Aushärtungsmechanismus der radikalischen Polymerisation bei
den anaeroben Klebstoffen ist im Wesentlichen auf das Vorhandensein der
Cyan-Gruppe bei den Ersteren zurückzuführen:
(2.15)
bei denen R1, R2, R3, R4 verschiedene aliphatische, aromatische oder heterocyclische Struk-
turen aufweisen können.
28 2 Klebstoffgrundstoffe
(2.14)
2.1.1.2.3
Beschleuniger und Aktivatoren
Wegen der erwähnten unterschiedlichen Reaktivität der Metallionen auf das
Polymerisationssystem werden den anaeroben Klebstoffen zur Erzielung
praxisbezogener Abbindezeiten Reaktionsbeschleuniger, z.B. Dimethyl-p-
toluidin oder Aktivatoren zugesetzt. Unter Aktivatoren werden separat anzu-
wendende Beschleuniger zum Aushärten eines chemisch reagierenden Kleb-
stoffs verstanden. Diese Maßnahme ergibt sich insbesondere bei Fügeteilen
mit inaktiven oder passiven Oberflächen (z.B. hochlegierte Stähle, verzinkte
und verchromte Stähle, stark oxidierte oder auch lackierte Oberflächen) oder
bei nichtmetallischen Werkstoffen, z.B. Kunststoffen und Gläsern. Diese Ver-
bindungen werden in der Regel als Lösungen von Metallionen (z.B. Kupfer-
salze) vorher auf mindestens eine Fügeteiloberfläche aufgebracht. Es gibt
auch die Möglichkeit, sie dem Klebstoff vor der Verarbeitung zuzumischen
(ca. 0,3–1%), dann ist aber eine gewisse Topfzeitbeschränkung (Abschn.
3.1.1.5) zu beachten. Auf diese Weise ist dann die katalysierende Wirkung von
Metallionen sichergestellt. Als Werkstoffe mit aktiven Oberflächen gelten z.B.
2.1 Polymerisationsklebstoffe 29
2.1.1.2.4
Eigenschaften und Anwendungen
Die anaeroben Klebstoffe lassen sich in unterschiedliche Viskositätsbereiche
[DIN 54453] einteilen, um eine Anpassung an die verschiedenartigen Kleb-
fugenspalte zu ermöglichen (Tabelle 2.1).
takts mit Sauerstoff lange Zeit flüssig bleibt und somit später problemlos ent-
fernt werden kann.
Die erzielbaren Druckscherfestigkeiten nach DIN 54452 (Abschn. 16.2.1.4)
können ebenfalls den speziellen Gegebenheiten angepasst werden. Sie liegen –
in Abhängigkeit von den vorhandenen Klebschichtdicken – bei den vorwie-
gend eingesetzten Systemen im Bereich von ca. 5–40 Nmm–2.
Die wichtigsten Anwendungsbereiche liegen auf dem Gebiet der Sicherung
von Schraubengewinden und der Herstellung von Welle-Nabe-Verbindungen
(Abschn. 10.2). Schraubverbindungen können unter Beanspruchungen eine
bleibende Längenänderung erfahren, d.h. ihre Vorspannkraft verlieren und
sich somit lockern. Durch eine Klebung mittels anaerober Klebstoffe (und
auch mit mikroverkapselten Reaktionsklebstoffen (Abschn. 3.13)) wird dieser
Möglichkeit vorgebeugt. Der vollständige Flächenkontakt hat eine Belas-
tungsverteilung auf die gesamte Einschraublänge zur Folge und beugt somit
einer Werkstoffermüdung vor. Gleichzeitig übt die Klebschicht eine Dich-
tungsfunktion aus.
In [S309] wird ein Verfahren zur Herstellung von Welle-Nabe-Verbindun-
gen beschrieben, bei dem nach dem „trockenen“ Fügen der anaerobe Kleb-
stoff in eine definierte Klebfuge injiziert wird und darin anschließend unter
einem hydrostatischem Druck aushärtet. Ziel dieser Arbeiten ist die Entwick-
lung einer weitgehend automatischen Hochdruck-Injektionsanlage.
Weitere Anwendungen erstrecken sich auf Flächendichtungen (z.B. im
Motoren- und Getriebebau). Hierfür werden Formulierungen gewählt, die ge-
genüber den zu dichtenden Flächen eine relativ geringe Adhäsion aufweisen
aber gleichzeitig über hohe Kohäsionskräfte verfügen. Derartige Dichtungen
sind mit hohen Anpressdrücken belastbar und lassen sich im Reparaturfall
leicht von den Oberflächen wieder entfernen.
Beim Einbringen von Fügeteilen in Sacklöcher empfiehlt es sich, den
Klebstoff in die Bohrung zu dosieren und die Schrauben dann zu montieren.
Durch das Komprimieren des Luftpolsters im Gewindesackloch steigt der
Klebstoff nach oben und benetzt die ganze Schraube gleichmäßig. Die Füge-
spalte sollten, je nach Viskosität des eingesetzten Klebstoffs, im Bereich zwi-
schen 0,2–0,4 mm liegen.
Zusammenfassend bietet die Anwendung der anaeroben Klebstoffe die fol-
genden Vorteile:
2.1.1.3
Strahlungshärtende Klebstoffe
2.1.1.3.1
Allgemeine Betrachtungen
Zum Auslösen der Polymerisationsreaktionen bei strahlungshärtenden Kleb-
stoffen werden Strahlungen verwendet, deren Energiedichte so hoch ist, dass
die notwendige Aktivierungsenergie für das Aufrichten der C=C-Doppelbin-
dung direkt oder indirekt erreicht wird. Polymerisationsfähig sind Monomere
oder Prepolymere mit einer oder mehreren C=C-Doppelbindungen. Als
Strahlungsquellen sind UV-Strahler und Elektronenstrahler im praktischen
Einsatz. In Ergänzung zu diesen beiden Strahlungstypen sind für spezielle An-
wendungen ebenfalls Laser (Abschn. 2.1.1.3.14) untersucht worden.
Die für die photoinitiierte Strahlungshärtung wesentlichen Grundlagen
sind in Bild 2.1 dargestellt.
Bei der Elektronenstrahlhärtung wird die kinetische Energie hochbe-
schleunigter Elektronen für die Aktivierung der C=C-Doppelbindung einge-
setzt (Abschn. 2.1.1.3.13).
2.1.1.3.2
Aufbau strahlungshärtender Klebstoffsysteme
Die Basis strahlungshärtender Klebstoffsysteme stellen reaktive Mono-
mere bzw. Oligomere mit funktionellen Vinylgruppen (Acrylate, Methacrylate)
dar. Diesen werden zur Erzielung der erforderlichen Verarbeitungsviskositäten
bzw. Klebschichteigenschaften reaktive Verdünner (Abschn. 2.3.3.2) zugege-
ben, deren Monomere nach Beendigung der Polymerisationsreaktion durch
kovalente Bindungen in die vernetzte Klebschicht eingebaut sind.
Um auch Monomere einer Strahlungshärtung zugänglich zu machen, die
nicht über C=C-Doppelbindungen verfügen, besteht die Möglichkeit, diese zu
„acrylieren“. Auf diese Weise erhält man Klebstoffe, deren Klebschichten spe-
zielle gewünschte Eigenschaften aufweisen, wie z.B. Haftung, Temperaturbe-
32 2 Klebstoffgrundstoffe
2.1.1.3.3
Reaktionsmechanismen
Der grundlegende Ablauf strahlungschemischer Reaktionen umfasst die fol-
genden Stufen:
(2.16)
(2.17)
(2.18)
2.1.1.3.4
UV-Strahlung
Die UV-Strahlung ist ein Teil des Spektrums der elektromagnetischen Strah-
lung. Sie schließt sich an den kurzwelligen Teil des sichtbaren Lichtes an
(380 nm) und erstreckt sich bis zur ionisierenden Strahlung (Röntgenstrah-
lung, 100 nm). Bei der Aushärtung von Klebstoffen spielt der UV-A-Bereich
die zentrale Rolle u.a. auch dadurch bedingt, dass Haut- und Augenschädi-
gungen bei bestimmungsgemäßer Anwendung nicht auftreten.
Nach DIN 5031, Teil 7 werden die in Tabelle 2.3 aufgeführten Strahlungsar-
ten unterschieden.
Als „Quarz-UV“ wird der Wellenlängenbereich von 180–300 nm bezeich-
net, da Quarz für diesen Bereich durchlässig, Glas jedoch undurchlässig ist.
Grundsätzlich bedeutet eine vorhandene Werkstofftransparenz im sichtba-
ren Bereich nicht, dass dieser Werkstoff auch UV-durchlässig ist, in Zwei-
felsfällen ist die UV-Durchlässigkeit mit einem UV-Messgerät zu bestimmen.
Die Bezeichnung „Vakuum-UV“ unterhalb 200 nm beruht auf der Tatsache,
dass diese Wellenlängen von Sauerstoff sehr stark absorbiert werden und
0
Vakuum UV VUV 100 … 200 12,4 … 6,2
UV-C
Ultra- Fernes UV FUV 200 … 280 6,2 … 4,4
violett Mittleres UV UV-B 280 … 315 4,4 … 3,9
Nahes UV UV-A 315 … 380 3,9 … 3,3
0
Nahes IR IR-B 1400 … 3000 0,9 … 0,4
Infra-
rot Mittleres IR MIR 3000 … 50000 0,4 … 0,025
rot IR-C
Fernes IR FIR 50000 … 106 0,025 … 0,001
somit im Vakuum oder unter Schutzgas (z.B. Argon) gearbeitet werden muss.
Der bei der Wellenlänge λ = 187,6 nm entstehende atomare Sauerstoff vermag
sich an den molekularen Sauerstoff unter Ozonbildung anzulagern. In gerin-
gen Mengen gebildetes Ozon (Geruchsschwelle bei 0,01 ppm, MAK-Wert
0,1 ppm) muss abgesaugt werden.
Die UV-Strahlung wird gelegentlich auch als „aktinische Strahlung“ (von
griech. aktis = Strahl) bezeichnet. Besonders in der älteren medizinischen
Literatur findet man den Begriff „aktinisches Licht“ wegen dessen vielfältiger
chemischer und biologischer Wirkung.
2.1.1.3.5
Energetische Betrachtungen
Das folgende Berechnungsbeispiel soll den Zusammenhang zwischen der UV-
Strahlungsenergie und der Bindungsenergie einer C=C-Doppelbindung mit
6,1 · 105 J Mol–1 verdeutlichen.
Aus der bekannten Beziehung zwischen Wellenlänge λ (cm) und Frequenz ν
(s–1) einer elektromagnetischen Strahlung
c
λ=
ν
(c Lichtgeschwindigkeit im Vakuum 3,00 · 1010 cm s–1) ergibt sich für eine UV-
Strahlung mit einer Frequenz von 1,5 · 1015 s–1 eine Wellenlänge von
3,00 · 1010
λ= = 2 · 10–5 cm = 200 nm.
1,5 · 1015
Der Zusammenhang zwischen der Energie E, Frequenz ν und der Wellenlänge
λ wird durch die Plancksche Beziehung
E = hν
(h Plancksches Wirkungsquantum 6,63 · 10–34 Js) wiedergegeben. Aus beiden
Beziehungen lässt sich ableiten, dass ein Strahlungsquant von 200 nm eine
Energie von
c 1
E = h · = 6,63 · 10–34 · 3,00 · 1010 · · 107 = 9,9 · 10–19 J
λ 200
besitzt.
Die gesamte pro Mol umgesetzte Energie ergibt sich unter Berücksich-
tigung der Avogadro-Konstanten 6,02 · 1023 (Anzahl der Atome bzw. Moleküle
pro Mol; früher Loschmidtsche Konstante genannt, nach der die Anzahl der
Moleküle in 1 cm3 eines idealen Gases – also volumen- und nicht masse-
bezogen – bei 0 °C und 0,1 MPa 2,687 · 1019 beträgt) zu
E = 9,9 · 10–19 · 6,02 · 1023 = 5,96 · 105 J Mol–1.
Das Ergebnis bestätigt die vergleichbaren Energieinhalte der für die Berech-
nung gewählten UV-Strahlung und der Bindungsenergie einer C=C-Doppel-
36 2 Klebstoffgrundstoffe
bindung (s.o.) und macht gleichzeitig deutlich, dass die UV-Strahlung für
Reaktionen bei organischen Verbindungen mit hohem Wirkungsgrad einge-
setzt werden kann.
Unter Berücksichtigung der atomphysikalischen Einheit der Energie in
Elektronenvolt (1eV = 1,602 · 10–19 J, entspricht der kinetischen Energie eines
Teilchens mit der Elementarladung e bei Beschleunigung durch eine Poten-
zialdifferenz von 1V im Vakuum) ergibt sich für eine UV-Strahlung von
200 nm eine Photonenenergie von
9,9 · 10–19
QE = = 6,18 eV (vgl. Tab. 2.3).
1,602 · 10–19
2.1.1.3.6
UV-Strahler
Die wesentlichen Bauelemente einer UV-Anlage sind neben der Stromversor-
gung, den Steuerungs- und Kühlsystemen sowie ggf. einer Ozonabsaugung die
UV-Lampen (Strahler) und der Reflektor. Die Erzeugung der UV-Strahlen er-
folgt im Allgemeinen in Gasentladungslampen, von denen die Quecksilber-
dampflampen als Mittel- und Hochdrucklampen (1–10 bar) die weiteste Ver-
beitung gefunden haben. Die Anregung erfolgt durch Stromdurchfluss oder
Mikrowellen, wobei die Mikrowellenanregung den Vorteil einer sehr scharfen
Bündelung des Strahls aufweist [K150, S158]. Sie besitzen ein Linienspektrum
mit den stärksten Emissionslinien bei 313 und 366 nm (neben weiteren Emis-
sionen im sichtbaren Bereich). Durch eine Dotierung der Gasatmosphäre mit
Metallhalogeniden (Eisen-, Zinn-, Kobaltjodide sowie Gallium) lassen sich
sowohl Lücken im UV-Spektrum ausfüllen als auch höhere Strahlerwirkungs-
grade erzielen.
Die kurzwellige Strahlung des Quecksilberatoms regt die Metallhalogenide
oder auch das Gallium an, mit der Folge von Emissionen in Bereichen größe-
rer Wellenlängen durch die entsprechenden Ionen oder Atome.
Folgende Orientierungswerte können für die Leistungsschwerpunkte der
erwähnten Strahler dienen:
– Normaler Hg-Strahler 230–320 nm
– eisendotierter Strahler 300–400 nm
– galliumdotierter Strahler 400–450 nm.
Somit ist eine spezifische Anpassung der Emissionswellenlängen auf die Ab-
sorptionsspektren der Initiatorsysteme des auszuhärtenden Klebstoffs möglich.
Die durch ein Spektrum zu charakterisierende Strahlung kann im Prinzip
drei Formen aufweisen:
– Alle Wellenlängen sind über den gesamten Strahlungsbereich vertreten:
Kontinuierliches Spektrum,
– nur einzelne Wellenlängen werden abgestrahlt: Linienspektrum,
– Zwischenform beider Arten, sog. quasi konstantes Spektrum: Viellinien-
und Bandenspektrum.
Bild 2.2 zeigt die Emissionsspektren zweier verschiedener Strahler:
2.1 Polymerisationsklebstoffe 37
Aus Bild 2.3 geht schematisch der Zusammenhang zwischen dem Emis-
sionsspektrum eines Strahlers und dem Absorptionsspektrum eines Photo-
initiators hervor. Es zeigt sich, dass der Klebstoff 1 mit der Strahlungsquelle A
nur schwer, mit B gar nicht zu härten ist, während der Klebstoff 2 mit beiden
Strahlungsquellen (mit A allerdings schneller als mit B) vernetzbar ist.
Möglichkeiten zur Beeinflussung eines UV-Strahlungsspektrums bestehen
durch entsprechende Filter bzw. über andere Lampen. Eine definierte Ände-
rung des Spektrums über den Lampenstrom ist nicht möglich.
Eine spezielle Entwicklung stellen UV-Strahler nach dem Excimer-Prinzip
dar (Abschn. 14.1.4.8). Je nach Auswahl der anzuregenden Molekülkomplexe
stehen Lampen für die jeweils erforderlichen Wellenlängen (Bereich zwischen
193 und 351 nm) zur Verfügung. Da diese Strahler keine IR-Strahlung emittie-
ren, erfolgt auch keine Wärmebelastung des bestrahlten Mediums.
38 2 Klebstoffgrundstoffe
2.1.1.3.7
Reflektoren
Berechnungsbeispiel
Die Strahlungsenergie E (Dosis) wird definiert als Strahlungsintensität I mul-
tipliziert mit der Belichtungsdauer t
mJ mW
E = I · t 6 = 7 · [s]
cm2 cm2
Wenn ein Klebstoff bei einer Bestrahlung mit einer Intensität von 100 mW cm–2
in 20 Sekunden aushärtet, ist dafür eine Strahlungsenergie von E=2000 mJ cm–2
erforderlich.
Bei diesem Beispiel ist ergänzend zu berücksichtigen, dass durch Strah-
leralterung infolge zunehmender Betriebszeiten die Bestrahlungszeiten ent-
sprechend länger zu bemessen sind oder der Intensitätsverlust durch eine Ver-
ringerung des Abstandes Lampe zu Klebstoff ausgeglichen wird.
Zum Einsatz der UV-Strahlung für Glasklebungen siehe Abschnitt 14.2.4.
2.1.1.3.8
Photoinitiatoren
Bei den Photoinitiatoren handelt es sich um eine spezielle Klasse organischer
Verbindungen, die unter Lichtausschluss stabil sind und bei Einwirkung von
40 2 Klebstoffgrundstoffe
(2.19)
(2.20)
2.1 Polymerisationsklebstoffe 41
Für diese beiden Gruppen an Photoinitiatoren ist typisch, dass sie wenigs-
tens eine Carbonylgruppe (=C=O) besitzen, die mit einer aromatischen
Ringstruktur konjugiert ist.
– Kationische Photoinitiatoren: Diese Gruppe von Photoinitiatoren stellt die
Voraussetzung für die kationische Polymerisation dar. Es handelt sich
hierbei um Aryldiazoniumsalze (Oniumsalze) der allgemeinen Formel
Ar–N=NX, die unter UV-Strahlungseinfluss einer schnellen Molekül-
spaltung unterliegen bei gleichzeitiger Bildung freier Lewis-Säuren (z.B.
BF3 , AsF5 , PF5):
(2.21)
Aufgrund der begrenzten thermischen Stabilität und der Bildung von gas-
förmigem Stickstoff, der zur Blasenbildung in der auszuhärtenden Schicht
führen kann, sind in der Vergangenheit u.a. Initiatoren auf Basis von
U Y U Y
Ar Ar
Diaryliodonium- J X und Triarylsulfonium- Ar S X Salzen
Ar Ar
entwickelt worden. Diese bilden in Gegenwart von Protonendonatoren
starke Brönstedt-Säuren, die als sehr effektive Initiatoren für die kationische
Polymerisation gelten. Besonders bei der Strahlungshärtung von Epoxid-
harzen haben diese Initiatoren Bedeutung erlangt (Abschn. 2.2.1.2).
Bemerkung: Unter Lewis- bzw. Brönstedt-Säuren versteht man allgemein
Verbindungen, die durch Abgabe eines Protons in die korrespondierende
Base übergehen können.
In Bild 2.4 sind die Grundstrukturen einiger wichtiger ionischer Photoinitia-
toren zusammengestellt.
2.1.1.3.9
Photosensibilisatoren
Durch Photosensibilisatoren ist es möglich, die Absorptionswellenlängen von
Photoinitiatoren zu kürzen und/oder zu längeren Wellenlängen auszuweiten
und auf diese Weise die Vernetzungsgeschwindigkeit zu beschleunigen. Die
von ihnen absorbierte Strahlung bestimmter Wellenlänge wird als Energie auf
den Photoinitiator übertragen. Derartige Photosensibilisatoren sind insbe-
sondere für die kationische Polymerisation im Einsatz, wo sie den Wirkungs-
grad der Oniumsalz-Initiatoren deutlich erhöhen.
2.1.1.3.10
Kationische Strahlungshärtung
Gegenüber der anionischen Polymerisation (z.B. bei Cyanacrylaten, Abschn.
2.1.1.1) besitzen Härtungsmechanismen nach dem Prinzip der kationischen
Polymerisation ebenfalls große Bedeutung. Als Ausgangsmonomere eignen
sich insbesondere cycloaliphatische Verbindungen, die unter Ringöffnung
leicht polymerisieren, so z.B. cycloaliphatische Epoxide (Abschn. 2.2.1.1).
Als Photoinitiatoren dienen die bereits beschriebenen Oniumsalze, die un-
ter UV-Einfluss freie Lewis- oder Brönstedtsäuren bilden. Der Reaktionsme-
chanismus mit einer Epoxidverbindung läuft beispielsweise bei einem Diaryl-
iodonium-Salz als Photoinitiator wie folgt ab (Ar = C6H5–):
(1) Photoinduzierte Spaltung einer C-J-Bindung unter Bildung eines Arylra-
dikals Ar· und eines kationischen Aryliodoniumradikals ArJ ·.
(2) In einer weiteren Reaktionsstufe erfolgt dann in Gegenwart eines Proto-
nendonators RH die Bildung einer starken Brönstedt-Säure HBF4, die die
kationische Polymerisation einleitet:
(2.22)
2.1.1.3.11
Lichthärtung
2.1.1.3.12
Kombinationshärtung
Der bereits in Abschnitt 2.1.1.3.11 erwähnte Nachteil der inhomogenen Photo-
initiatoraktivierung in abgeschatteten Bereichen hat neben der Entwicklung
der Lichtstrahlhärtung zu weiteren Klebstofformulierungen geführt, um eine
der Bestrahlung anschließende Härtung zu ermöglichen. Hierzu zählen u.a.:
– UV- und thermisch härtbare Klebstoffe. Neben den Photoinitiatoren werden
den Klebstoffen noch thermisch aktivierbare Peroxide zugegeben, die im
Sinne einer Radikalkettenpolymerisation (Abschn. 2.1.2.1) wirksam wer-
den. Der Nachteil dieser Klebstoffe besteht in der z.T. begrenzten Lagersta-
bilität.
– UV- und feuchtigkeitshärtende Klebstoffe. Diese Klebstofformulierungen be-
inhalten Monomer-/Oligomersysteme, die nach der Strahlungshärtung
noch über funktionelle Isocyanat- oder auch Silanol-Gruppen verfügen
und die mittels eindiffundierender Feuchtigkeit eine zusätzliche Härtung
ergeben. Diese Reaktionen sind allerdings sehr zeitabhängig (Abschn.
2.2.2.1 und 2.3.4.1 und [E172]).
– UV- und anaerob härtende Klebstoffe. Diese Klebstoffe sind in Abschnitt
2.1.1.2 beschrieben.
2.1.1.3.13
Elektronenstrahlhärtung
Die Elektronenstrahlung ist im Gegensatz zur elektromagnetischen Strah-
lung eine Teilchenstrahlung. Elektronen weisen eine endliche Ruhemasse
auf, die in einem elektrischen Feld beschleunigt wird. Die kinetischen Ener-
gien der Elektronen sind wesentlich größer als der Energieinhalt der UV-
Strahlung.
Hieraus ergibt sich bei im Prinzip gleichen Reaktionsmechanismen als we-
sentlicher Unterschied zu der UV-Härtung, dass keine Photoinitiatoren für die
Energieübertragung erforderlich sind. Da auf der anderen Seite die hochener-
giereichen Elektronen durch die Luftmoleküle stark abgebremst werden
(Ozonbildung) und somit ihre kinetische Energie verlieren, kann ein Elektro-
nenstrahler nur im Hochvakuum betrieben werden. Das Arbeitsprinzip ist wie
folgt (Bild 2.5).
Die von einer auf Glühtemperatur erhitzten Kathode emittierten Elektro-
nen werden in einem im Hochvakuum befindlichen Hochspannungsfeld zur
Anode hin beschleunigt, wobei die Beschleunigungsspannungen zwischen
70 und 300 kV (bis 125 kV spricht man von Niederspannungselektronen) bei
einem Elektronenstrom bis zu ca. 250 mA liegen (bei einem Linearstrahler ist
die Anode das Elektronenaustrittsfenster). Eine Mindestbeschleunigungs-
spannung ist in jedem Fall für die Überwindung des Austrittsfensters und des
sich anschließenden Luftraumes erforderlich. Die Kathode kann punkt- oder
stabförmig ausgebildet sein. Bei einer punktförmigen Kathode bilden die
Elektronen einen gebündelten Strahl, der durch ein elektrisches Wechselfeld
2.1 Polymerisationsklebstoffe 45
mit einer Ablenkfrequenz von ca. 800–900 Hertz das auszuhärtende Material
bestrahlt. Durch diese hohe Frequenz wird auch bei einer schnelllaufenden
Bahn jedes Flächenelement oftmals bestrahlt, sodass man praktisch von
einem „stehenden“ Elektronenstrahl sprechen kann. Dieser Vorgang wird als
„Scanning“ und ein derartiger Strahler als „Scanner“ bezeichnet. Nach dem
„Electrocurtain“-Prinzip wird eine der Bahnbreite entsprechende stabförmige
Kathode verwendet, die einen „Elektronenvorhang“ erzeugt. Ein Ablenkungs-
system ist hierbei nicht erforderlich. Die Abdichtung des im Hochvakuum
arbeitenden Beschleunigers gegenüber der Atmosphäre erfolgt durch ein mit
einer Titanfolie abgedecktes Austrittsfenster (Lenardfenster). Diese Folie in
einem Dickenbereich von 10–15 μm ist thermisch belastbar, verursacht je-
doch ein Abbremsen der beschleunigten Elektronen. Die durch das Fenster
austretenden Elektronen treffen anschließend auf das mit der zu härtenden
Klebschicht vorbeilaufende Substrat. Die hohe kinetische Energie führt dann
bei den acrylierten Monomeren zur Radikalbildung und somit Initiierung
der Polymerisationsreaktion in der bereits beschriebenen Weise. Zur Ab-
schirmung der beim Abbremsen der beschleunigten Elektronen entstehenden
Röntgenstrahlen ist die Anlage mit Bleiblech umkleidet.
Die Eindringtiefe der Elektronen ist von der Beschleunigungsspannung
abhängig, sie liegt je nach Anlagentyp in Bereichen von 10–300 μm. Es hat
sich eingebürgert, die Eindringtiefe auf die Mengeneinheit des zu härtenden
46 2 Klebstoffgrundstoffe
2.1.1.3.14
Laserstrahlhärtung
Für die Härtung von Monomersystemen lassen sich Laser (Light amplification
by stimulated emission of radiation) prinzipiell einsetzen. Je nach Anregung
und Art des Lasermediums erzeugen Laser Strahlen im infraroten, sichtbaren,
ultravioletten Bereich und auch Röntgenstrahlung. Der Einsatz beruht auf der
Ausnutzung der folgenden charakteristischen Eigenschaften eines Lasers:
Kohärenz, exakt definierbare Wellenlängen, hohe Energiedichte und Möglich-
keit der Fokussierung auf kleinste Bereiche. Entsprechende Anwendungen
werden in Abschnitt 12.3.5, der Einsatz von Excimer-Lasern zur Oberflächen-
vorbehandlung von Kunststoffen in Abschnitt 14.1.4.8 beschrieben.
2.1.1.3.15
Anwendungen
Die Anwendungsmöglichkeiten strahlenhärtender Klebstoffsysteme sind sehr
vielfältig. Ein Einsatz erfolgt insbesondere dort, wo bahnförmig beschichtete
Substrate bei hohen Produktionsgeschwindigkeiten ausgehärtet werden sol-
len, z.B. bei der Herstellung von Haftkleb- bzw. Trennmittelbeschichtungen.
Während bei der UV-Strahlungshärtung die Klebschicht der Strahlung direkt
ausgesetzt werden muss, ist es bei der Elektronenstrahlhärtung zusätzlich mög-
lich, Kaschierungen aus Folienkombinationen mittels Durchstrahlung einer
Folienbahn durchzuführen. Weitere Anwendungsgebiete, die wegen der nied-
48 2 Klebstoffgrundstoffe
2.1.1.4
Aerobe Klebstoffe
(2.23)
2.1 Polymerisationsklebstoffe 49
Nach dem Klebstoffauftrag erfolgt dann über eine Oxidation des Hydrazons
die Bildung des entsprechenden Peroxids, das wiederum die Radikalketten-
polymerisation einleitet. Die Klebstofformulierungen enthalten als Beschleu-
niger weiterhin Kupfer-, Cobalt- oder Manganverbindungen sowie Stabili-
satoren gegen unkontrollierte Radikalbildung und Sauerstoffeinwirkung.
Somit ist es zur Gewährleistung einer ausreichenden Lagerstabilität erforder-
lich, dass diese Klebstoffe unter Sauerstoffausschluss hergestellt und verpackt
werden.
Der beschriebene Härtungsmechanismus bedingt für die Aktivierung nach
dem Klebstoffauftrag eine bestimmte Zeit, um den Sauerstoff aus der Luft auf-
zunehmen (Luftkontaktzeit), die Aushärtung findet anschließend bei Raum-
temperatur in kurzer Zeit statt.
Für die industrielle Fertigung mit ihren kurzen Taktzeiten kann die Zeit
zwischen der Klebstoffapplikation und dem Fixieren der Fügeteile durch Zu-
mischung des Sauerstoffs zu dem Klebstoff schon vor dessen Auftrag verrin-
gert werden. Dafür ist in der Auftragsanlage eine Mischkammer vorgesehen,
in der der Sauerstoff – in reiner Form oder als Luft – unter entsprechendem
Druck in den Klebstoff dosiert wird. Zur Kontrolle der ausreichenden Sauer-
stoffaufnahme sind in den Formulierungen entsprechende Farbstoff-Indika-
toren vorhanden [D320].
Wichtige Klebstoffgrundstoffe sind Methacrylate und Polyurethan-
Methacrylate. Im Vergleich zu Klebstoffen auf Basis von z. B. Epoxiden
oder Polyurethanen handelt es sich bei den aeroben Klebstoffen um relativ
neue Systeme, die inzwischen eine umfangreiche Anwendungsbreite erlangt
haben.
Ergänzende Literatur zu Abschnitt 2.1.1.4: [D141, D142, D314, D315, D320–D322, I29,
R112].
2.1.2
Zweikomponenten-Polymerisationsklebstoffe
2.1.2.1
Methacrylatklebstoffe
Wie die Cyanacrylate, so leiten sich auch diese Klebstoffe von der Acrylsäure
ab. Besondere Bedeutung als Grundstoff hat für diese Systeme der Methylester
der Methacrylsäure, das Methylmethacrylat:
(2.24)
(2.25)
Durch das Vorhandensein der Vinylgruppe und die durch die Estergruppe
vorhandene Ladungsverschiebung innerhalb der C=C-Doppelbindung han-
delt es sich um sehr polymerisationsfreudige Monomere. Kennzeichnendes
Merkmal für die Polymerbildung ist bei diesen Grundstoffen im Gegensatz zu
der Ionenkettenpolymerisation bei den Cyanacrylaten die Radikalkettenpoly-
merisation, bei der die Aufspaltung der C=C-Doppelbindung durch eine Radi-
kalanlagerung erfolgt. Hierbei entsteht ein neues Radikal, an das sich nun ein
zweites und weitere Monomere anlagern können (Formeln (2.16)–(2.18)).
Im Einzelnen gestaltet sich diese Reaktion bei dem Methylmethacrylat-
monomer (MMA) wie folgt:
Als radikalbildende Substanz dient das Dibenzoylperoxid, das als zugege-
bene Härterkomponente durch einen sog. Beschleuniger in zwei Radikale
aufgespalten wird. Als Beschleuniger finden tertiäre aromatische Amine der
allgemeinen Formel (Rx)3N Verwendung, wie z.B. das Dimethyl-p-toluidin:
(2.26)
(2.27)
2.1 Polymerisationsklebstoffe 51
(2.28)
2.1.2.2
Verarbeitungssysteme der Methylmethacrylatklebstoffe
Die Tatsache, dass es sich bei dieser Radikalkettenpolymerisation nach Verei-
nigen der Komponenten Monomer, Härter und Beschleuniger um sehr schnell
verlaufende Reaktionen handelt, die für eine praktische Anwendung hinder-
lich sind, hat zu mehreren Entwicklungen einer fertigungsgerechten Verarbei-
tung geführt. In diesem Zusammenhang sind verschiedene „Generationen“
(1., 2., ggf. eine 3. Generation) dieser Systeme vorgestellt worden. Eingebürgert
haben sich z.B. Bezeichnungen wie „modified acrylics“ oder „second genera-
tion acrylics“, die sog. SGA-Typen. Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen
Bezeichnungen um die verschiedenen Variationen der Mischungsmöglichkei-
ten von Monomer, Härter und Beschleuniger im Sinne einer für die praktische
Verarbeitung vertretbaren Topfzeit (Abschn. 3.1.1.5) sowie Weiterentwicklun-
gen im Hinblick auf verbesserte Festigkeits- und Verformungseigenschaften.
Scharfe Abgrenzungen zwischen und genaue Definitionen bei den einzelnen
Entwicklungsstufen liegen nicht vor, aus diesem Grunde können diese Be-
zeichnungen auch nicht als Qualitätsmerkmale angesehen werden.
Die Verarbeitung der Methacrylatsysteme erfolgt heute im Wesentlichen
nach drei Verfahrensarten:
A–B-Verfahren: Komponente A enthält als Hauptanteil das MMA-Monomer
sowie die erforderliche Menge des Beschleunigers. Diese Mischung ist sta-
bil und lagerfähig, d.h. nicht an eine vorgegebene Topfzeit gebunden. Kom-
ponente B enthält als Hauptbestandteil in gleicher Menge wie bei A ebenfalls
das MMA-Monomer, als zweiten Bestandteil jedoch den Härter, allerdings in
doppelter Menge ausreichend für den Monomeranteil sowohl in A als auch
in B. Auch diese Mischung ist stabil und lagerfähig. (Eine Variante zur Er-
höhung der Lagerstabilität der Komponente B besteht darin, dass in ihr das
Härterpulver nicht bereits bei der Anlieferung enthalten ist, sondern vor der
Anwendung zugemischt wird). Beide Komponenten A und B werden entwe-
der direkt vor dem Auftragen und die Fügeteile in gleichen Anteilen ge-
mischt oder auch gleichzeitig in gleicher Menge auf die Fügefläche dosiert
und durch den Anpressdruck der Fügeteile in sich vermischt. Es ist ebenfalls
möglich, die Komponente A auf die eine, die Komponente B auf die andere
Fügeteiloberfläche aufzubringen, die Durchmischung erfolgt dann ebenfalls
nach dem Vereinigen der Fügeteile (Bild 2.7). Die Aushärtung bis zu einer
ausreichenden Anfangsfestigkeit findet anschließend innerhalb weniger Mi-
nuten statt. Vorteilhaft ist bei diesem Verfahren, dass die Dosierung des Här-
ters, der bereits beim Klebstoffhersteller in die Komponente B eingearbeitet
ist, beim Anwender in einem 1:1 Verhältnis mit der Komponente A erfolgen
kann. Somit entfällt die mischungsmäßig schwerer zu beherrschende Zu-
gabe des Härters von nur wenigen Gewichtsprozentgehalten.
Eine besonders anwenderfreundliche Auftragsmöglichkeit besteht in der
Bereitstellung der Komponenten A und B in Kartuschen, aus denen sie mit-
tels einer Handpistole (Abschn. 12.3.3) über ein angeschlossenes statisches
Mischrohr exakt gemischt auf die Fügeteile aufgetragen werden können. Bei
2.1 Polymerisationsklebstoffe 53
System“). Wegen der geringen Härtermenge ist in diesem Fall auf eine sehr
gute Durchmischung besonders zu achten. Nach Härterzugabe ist dann
sofort mit der Klebstoffverarbeitung im Rahmen der angegebenen Topfzeit
zu beginnen. Bei Monomeren mit einer hohen Reaktionsgeschwindigkeit
ist dieses Verfahren nicht anwendbar, die Verarbeitung erfolgt in diesen
Fällen nach dem Härterlack-Verfahren.
Zur Erhöhung der Klebschichtzähigkeit und somit auch der Klebfestigkeit
werden zähharte Systeme angeboten, wie sie in gleicher Weise auch bei Epo-
xidharzklebstoffen (Abschn. 2.2.1.7) bekannt sind. Dazu werden Kautschuk-
verbindungen mit reaktiven C=C-Doppelbindungen mittels einer Radikalket-
tenpolymerisation in die Polymerstruktur der Methacrylate eingebaut [A67,
B160].
Um die Haftung der Methacrylatklebstoffe auf Kunststoffen zu verbessern,
kann nach [E77] eine der beiden Komponenten ein polymerisierbares Iso-
cyanat, z.B. Isocyanatoethylmethacrylat, enthalten:
(2.29)
Der große Vorteil der Klebstoffe auf Methacrylatbasis liegt gegenüber anderen
Zweikomponentensystemen, die eine stöchiometrische Mischung der Kompo-
nenten erfordern, in der einfachen Handhabungsweise und den kurzen Aus-
härtungszeiten. Weitere Vorteile sind die hohen Festigkeiten der Klebungen,
sowie relative Unempfindlichkeit gegenüber fetthaltigen Oberflächen.
Methacrylatklebstoffe mit einem größerem Spaltfüllungs- bzw. Spaltüber-
brückungsvermögen werden in [D323] beschrieben. Diese Systeme bilden bei
der Aushärtung poröse Polymerstrukturen, verursacht durch ein bereits in
dem Klebstoff vorhandenes Treibmittel, z.B. Azo- bis -isobutyronitril (AIBN).
Dieses setzt beim Erwärmen Stickstoff frei und führt so zu einer Volumenzu-
nahme der Klebschicht. Die Klebstoffe können einkomponentig verarbeitet
werden, da das Treibmittel beim Zerfall gleichzeitig Radikale freisetzt, die die
Polymerisation initiieren.
Eine Verbesserung der Klebschichtverformbarkeit bei tiefen Temperaturen
ergibt sich nach [D324] durch Zusatz von Urethan(meth)acrylaten zu den
Methacrylatkomponenten. Diese Systeme werden vielfältig auch als Wandbe-
schichtungen und Versiegelungen verwendet.
Ergänzende Literatur zu Abschnitt 2.1.2.1: [A67, B79, B159, B160, D62, D130, D323, D324, E76,
E150, E258, F63, H398, K2–K4, M224, W2].
2.1 Polymerisationsklebstoffe 55
2.1.3
Polymere Grundstoffe
2.1.3.1
Polyvinylacetat (PVAC)
Polyvinylacetat, ebenfalls als Ethylenacetat bezeichnet, ist das Polymerisa-
tionsprodukt des Vinylacetats (VAC):
(2.30)
Aufgrund der in dem Molekül vorhandenen stark polaren Acetatgruppe be-
sitzt das Polyvinylacetat sehr gute Haftungseigenschaften auf vielen Fügeteil-
oberflächen:
(2.31)
2.1.3.2
Polyvinylalkohol (PVAL)
Polyvinylalkohol entsteht als Verseifungsprodukt des Polyvinylacetats oder
anderer Polyvinylester:
(2.32)
2.1 Polymerisationsklebstoffe 57
2.1.3.3
Polyvinylether
Von den Polyvinylethern sind insbesondere die folgenden drei Polymere als
Klebstoffgrundstoffe von Interesse:
(2.33)
2.1.3.4
Ethylen-Vinylacetat (EVA)
(2.34)
2.1.3.5
Ethylen-Acrylsäure-Copolymere
(2.35)
Diese Copolymere, die die chemische Resistenz des Polyethylens mit den
guten Haftungseigenschaften der Säure- bzw. Estergruppierung in sich verei-
nigen, stellen wichtige Basispolymere für Schmelzklebstoffe dar. Als Ester-
komponente werden vorzugsweise Acrylsäureester eingesetzt (Ethylenmeth-
acrylat, Ethylenethylacrylat).
Ergänzende Literatur zu Abschnitt 2.1.3.5: [D336, K5].
2.1.3.6
Polyvinylacetale
(2.36)
2.1.3.7
Polystyrol (PS)
(2.37)
Das Monomer (Monostyrol) ist als Bestandteil für Klebstoffgrundstoffe vor-
wiegend in drei Bereichen im Einsatz:
Als Copolymer mit weichmachenden Monomeren, insbesondere Butadien,
für die Herstellung von Styrol-Butadien-Dispersionen (Abschn. 3.5).
2.1 Polymerisationsklebstoffe 61
2.1.3.8
Polyvinylchlorid (PVC)
(2.38)
2.1.3.9
Polyvinylidenchlorid (PVDC)
(2.39)
2.1.4
Kautschukpolymere
2.1.4.1
Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR)
2.1.4.2
Styrol-Blockpolymere
(2.40)
SBS
(2.41)
SIS
ponente bei –65 bis –55°C. Somit ergibt sich für die Verarbeitung als Schmelze
eine Verarbeitungstemperatur oberhalb von 100 °C, in der Praxis bei ca.
140–200 °C bei gleichzeitiger Anwendung relativ hoher Scherkräfte (z.B. in
Doppelschneckenpressen).
Die Tatsache des Vorhandenseins von zwei Glasübergangsbereichen weist
aus, dass es sich um Zweiphasensysteme handelt, die im thermodynamischen
2.1 Polymerisationsklebstoffe 65
2.1.4.3
Chloroprenkautschuk (CR)
(2.42)
2.1.4.4
Nitrilkautschuk (NBR)
Nitrilkautschuk ist ein Copolymerisat von Butadien mit einem Anteil von ca.
20–40% Acrylnitril:
(2.43)
2.1.4.5
Butylkautschuk (IIR)
(2.44)
2.1.4.6
Polybutene
Polybutene leiten sich vom Buten ab:
(2.45)
2.1.5
Sonstige Thermoplaste
2.1.5.1
Polyethylen (PE)
Das Polyethylen als Polymerisationsprodukt des Ethylens
(2.46)
70 2 Klebstoffgrundstoffe
2.1.5.2
Polypropylen (PP)
Für die Anwendung des Polypropylens als Klebstoffgrundstoff ist der sterische
Aufbau und der damit verbundene Kristallinitätsgrad entscheidend. Grund-
sätzlich werden die folgenden Strukturen unterschieden:
– Ataktisches (amorphes) Polypropylen (APP), bei dem die CH3-Gruppen in
statistischer Verteilung, teils oberhalb und teils unterhalb der Hauptkette
liegen. Dadurch kommt es nur in sehr geringem Maße zur Ausbildung kris-
talliner Bereiche, der Erweichungspunkt liegt bei 105–110°C.
(2.47)
(2.48)
In dieser Formel ist R1 meistens ein Wasserstoffatom (dann spricht man von
Poly-α-Olefinen), R2 eine gerade oder verzweigte gesättigte aliphatische Kette.
Die amorphen Polyolefine sind überwiegend in 5 Gruppen als Homo-, Co-
und Terpolymere verfügbar:
– Amorphes Polypropylen – Homopolymer
– Propylen – Ethylen – Copolymer
– Propylen – Buten – Copolymer
– Propylen – Hexen – Copolymer
– Propylen – Buten – Ethylen – Terpolymer.
Der Vorteil der amorphen Polyolefine als Grundstoffe insbesondere für
Schmelzklebstoffe liegt darin, dass es sich um gesättigte Polymere mit sehr
guter Wärmestabilität der Schmelze während der Verarbeitung handelt, wei-
terhin zeichnen sie sich durch niedrige Schmelzviskositäten aus und weisen in
Verbindung mit entsprechenden Rezepturbestandteilen (Kohlenwasserstoff-
harze, Wachse, Weichmacher) günstige Haftungseigenschaften auch gegenüber
schwer klebbaren Substraten auf. Basierend hierauf werden die amorphen
Polyolefine außer für Schmelzklebstoffe zunehmend auch als Basispolymere
für Haft- und Kontaktklebstoffe eingesetzt.
Durch das Aufpfropfen von Trimethoxysilangruppen auf amorphe Poly-α-
Olefine gelingt es, reaktive, feuchtigkeitshärtende Schmelzklebstoffe herzu-
72 2 Klebstoffgrundstoffe
2.1.5.3
Fluorierte Kohlenwasserstoffe (Fluorthermoplaste)
(2.49)
das wegen seines hohen Schmelzpunktes von ca. 335 °C als Schmelzklebstoff
keine Anwendung findet, existieren eine Reihe Co- und Terpolymere mit
niedrigeren Schmelzpunkten. Hierzu gehören insbesondere
– Poly(tetrafluorethylen-Co-hexafluorpropylen-Co-vinylidenfluorid), TFB
(Schmelzbereich 160–180 °C)
(2.50)
(2.51)
– Poly(tetrafluorethylen-Co-hexafluorpropylen), FEP
(Schmelzbereich 250–280°C)
(2.52)
2.2 Polyadditionsklebstoffe 73
– Poly(tetrafluorethylen-Co-perfluoralkyl-vinylether), PFA
(Schmelzbereich 305–310°C)
(2.53)
2.2
Polyadditionsklebstoffe
2.2.1
Epoxidharzklebstoffe (EP)
2.2.1.1
Aufbau der Epoxidharze
(2.54)
(2.55)
2.2 Polyadditionsklebstoffe 75
Bei dieser im Molverhältnis 2:1 erfolgenden Reaktion erhält man den flüssigen
Diglycidylether von Bisphenol A mit zwei äußerst reaktiven Epoxidgruppen
im Molekül, die wiederum mit Bisphenol A reagieren können, bis die ge-
wünschte Kettenlänge erhalten ist:
(2.56)
Cycloaliphatische Diepoxide:
Hierbei handelt es sich um eine Klasse von Epoxidharzen, die keinen parziell
aromatischen Charakter tragen, wie dies bei den Bisphenol A-Typen der Fall
ist. Zwei bekannte Vertreter dieser Gruppe sind das Dicyclopentadiendioxid
und das Vinylcyclohexenmonoxid, aus dem durch Oxidation das Vinylcyclo-
hexendioxid mit einer weiteren Epoxidgruppe entsteht:
(2.57)
(2.58)
Der kürzere Abstand zwischen den reaktiven Gruppen führt zu sehr starken
Quervernetzungen, sodass z.B. bei einer Härtung mit Säureanhydriden eine
besonders hohe Warmformbeständigkeit der Klebschicht resultiert.
Wie in Abschnitt 2.1.1.3.10 erwähnt, bilden die cycloaliphatischen Epoxide
die wesentlichen Komponenten für die kationische Strahlungshärtung. Im
Beisein von Polyolen (mehrwertige Alkohole) und katalysiert durch kationi-
sche Photoinitiatoren entstehen vernetzte Polymersysteme, bei denen die
Polyole als Vernetzer zwischen den Epoxiden wirken.
Diepoxide zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, aufgrund der Mole-
külorientierung flüssigkristalline Zustände auszubilden. Dieser Zustand liegt
bezüglich der Molekülordnung zwischen den hochgeordneten kristallinen
Feststoffen und den zugehörigen Schmelzen bzw. Flüssigkeiten. Die den Mo-
lekülen eigene Orientierung gilt als Ursache für ihre guten mechanischen Ei-
genschaften und ihre Warmformbeständigkeit. Untersuchungen, über die in
[H346, S314, W139] berichtet wird, führten zu dem Ergebnis, dass die flüssig-
kristallinen Diepoxide in Abhängigkeit von den Bedingungen bei der Strah-
lungshärtung und dem dadurch resultierenden Ordnungszustand erhöhte
Klebfestigkeiten aufweisen. Ergänzend steigt ebenfalls die adhäsive Festigkeit.
2.2 Polyadditionsklebstoffe 77
Aliphatische Epoxide:
Diese Gruppe der epoxidierten Polyolefine enthält neben den Epoxidgruppen
noch Hydroxylgruppen und C=C-Doppelbindungen in der Molekülstruktur.
Sie lassen sich sowohl über Peroxidhärter als auch mit Aminen oder Säure-
anhydriden härten. Die Vernetzung sowohl über die Peroxidhärtung als auch
über die Additionsreaktionen ergibt sehr stark vernetzte Polymersysteme, die
sich in ähnlicher Weise wie die cycloaliphatischen Diepoxide durch eine hohe
Warmformbeständigkeit auszeichnen.
Epoxidierte Fettsäuren:
Als Klebstoffgrundstoffe spielen diese Produkte keine Rolle. Sie finden Ver-
wendung als Weichmacher und als stabilisierende Zusätze in PVC-Plastisolen
(Abschn. 3.14).
2.2.1.2
Vernetzungsreaktionen der Epoxidharze
(2.59)
(2.60)
(2.61)
Durch die gezielte Auswahl der Funktionalitäten der zur Anwendung gelan-
genden Amine bzw. Polyamine lassen sich die resultierenden Vernetzungs-
dichten der Klebschichten steuern.
Typische Vertreter aliphatischer Amine sind
– Diethylentriamin
(H2N–CH2–CH2–NH–CH2–CH2–NH2),
– Triethylentetramin
(H2N–CH2–CH2–NH–CH2–CH2–NH–CH2–CH2–NH2),
sowie das tetrafunktionelle Dicyandiamid (Schmelzpunkt 212 °C), dessen
Aditionsreaktion mit dem Epoxidharz wie folgt beschrieben werden kann:
(2.62)
2.2 Polyadditionsklebstoffe 79
(2.63)
(2.64)
Bei der Reaktion von Diethylentriamin und Adipinsäure ergeben sich bei-
spielsweise für
R1 = R2 = –(CH2)2–
R3 = –(CH2)4– .
Der Reaktionsmechanismus der Aminhärtung ist von Groß [G32] sehr ein-
gehend an Modellreaktionssystemen untersucht worden. Danach verläuft
bei Einsatz aliphatischer primärer Amine (s. Bemerkung) die Reaktion se-
lektiv in zwei Stufen, wobei zunächst die primären Aminogruppen reagieren
und Monoadditionsprodukte bilden. Die so entstandenen sekundären Ami-
nogruppen nehmen erst in einem zweiten Schritt an der Umsetzung teil. Der
für den Härtungsmechanismus entscheidende Parameter ist dabei die Nu-
kleophilie (d. h. das Vermögen, als Elektronendonator zu wirken) der funk-
tionellen Gruppe der Aminkomponente. Diese Nukleophilie ist bei primären
Aminen am größten, gefolgt von sekundären Aminen und weiterhin von Hy-
droxylgruppen.
Weitere Ergebnisse mittels an Modellsubstanzen durchgeführten Unter-
suchungen haben ergeben, dass ausschließlich das terminale (endständige)
Kohlenstoffatom der Epoxidgruppe angegriffen wird und die Härtungsreak-
tion selektiv über dieses Kohlenstoffatom verläuft [G76].
Bemerkung: Primäre Amine: 1 H-Atom durch einen org. Rest ersetzt RNH2 ;
Sekundäre Amine: 2 H-Atome durch je einen org. Rest ersetzt R2NH; Ter-
tiäre Amine: alle 3H-Atome durch je einen org. Rest ersetzt R3N.
80 2 Klebstoffgrundstoffe
Säureanhydridhärtung:
Carbonsäureanhydride werden gegenüber den entsprechenden Säuren bevor-
zugt, da bei letzteren auch Kondensationsreaktionen (Abschn. 2.3 und 2.4)
unter Wasserbildung (Veresterung mit vorhandenen Hydroxylgruppen) mög-
lich sind. Die Säureanhydride liegen entweder in fester oder niedrigschmel-
zender Form vor. Als typische Vertreter werden die folgenden Verbindungen
verwendet:
(2.65)
Zur Einleitung der Polyaddition muss zunächst eine Öffnung des Carbon-
säureanhydridringes erfolgen, was z.B. durch Reaktion mit Hydroxylgruppen
ermöglicht wird. Anschließend erfolgt die Anlagerung der Epoxidharzkom-
ponente, sodass das Anhydridmolekül als Vernetzer unter Ausbildung von
Polyesterstrukturen fungiert:
(2.66)
2.2 Polyadditionsklebstoffe 81
(2.67)
Strahlungshärtung:
Voraussetzung für die Strahlungshärtung der Epoxidharze ist wegen der lö-
sungsmittelfreien Applikation eine möglichst geringe Viskosität (bei hohen
Ausgangsviskositäten der Bisphenol A-Harze über Reaktivverdünner zu errei-
chen) und eine vorhandene Photoreaktivität.
Für die Strahlungshärtung können zwei verschiedene Systeme unterschie-
den werden, zum einen die Polymerisation der cycloaliphatischen Epoxide
durch kationische Photoinitiatoren (Abschn. 2.1.1.3.8), zum anderen die Poly-
merisation nach vorausgegangener Acrylierung der Epoxide (Epoxiacrylate)
mittels der in Abschnitt 2.1.1.3.3 beschriebenen radikalisch wirkenden Photo-
initiatoren:
(2.68)
82 2 Klebstoffgrundstoffe
(2.69)
2.2.1.3
Kalthärtende Epoxidharzklebstoffe
(2.70)
2.2 Polyadditionsklebstoffe 83
(2.71)
2.2.1.4
Warmhärtende Epoxidharzklebstoffe
2.2.1.5
Zweikomponenten-Epoxidharzklebstoffe
2.2.1.6
Lösungsmittelhaltige Epoxidharzklebstoffe