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Mike Gonzaga

Welches gemeinsame Grundverständnis gibt es in der internationalen


Entwicklungspolitik, was die Förderung von Good Governance leisten soll und leisten
kann?

Arthur Benz definiert Governance als „Gesamtheit „aller nebeneinander bestehenden Formen
der kollektiven Regelung gesellschaftlicher Sachverhalte: von der institutionalisierten
zivilgesellschaftlichen Selbstregelung über verschiedene Formen des Zusammenwirkens
staatlicher und privater Akteure bis hin zu hoheitlichem Handeln staatlicher Akteure.“1

Good Governance wird häufig mit "gute Regierungsführung", "gute Staatsführung" oder auch
"verantwortungsvolle Regierungsführung" übersetzt. Ein umfassendes Verständnis von Good
Governance geht jedoch darüber hinaus. Sehr treffend hat das der ehemalige UN-
Generalsekretär Kofi Anan im ‘African Governance Report 2005‘ beschrieben: „Gute
Regierungsführung und nachhaltige Entwicklung lassen sich nicht trennen. Das ist die Lehre
aus all unseren Bemühungen und Erfahrungen von Afrika über Asien und Lateinamerika.
Ohne gute Regierungsführung – ohne Rechtsstaatlichkeit, verlässliches Regierungshandeln,
legitimierte Machtausübung und bürgernahe Regelsetzung – werden uns alle Gelder und alle
Wohltätigkeit dieser Welt nicht auf den Weg zum Wohlstand bringen.“ 2

Die Förderung von Good Governance soll auf der einen Seite dazu führen, dass die
Regierungen und die Führungseliten politische Inhalte und Entscheidungen transparent und
effektiv formulieren und umsetzen; Menschenrechte beachten, schützen und gewährleisten;
für Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit sorgen; die institutionalisierte Beteiligung der
Zivilgesellschaft an politischen Entscheidungsprozessen ermöglichen; die Meinung und die
Bedürfnisse von Minderheiten und Schwachen berücksichtigen; alle Bürger mit den
notwendigen öffentlichen Gütern und sozialen Dienstleistungen versorgen und sich um eine
marktorientierte Wirtschaftsordnung im Land kümmern. Besonders wichtig ist in diesem
Zusammenhang, die Veränderung der Mentalität der herrschenden Eliten, also die
Beseitigung von Korruption, Vetternwirtschaft und Kleptokratie sowie die Stärkung ihrer
sozialen und wirtschaftlichen Verantwortung. Auf der anderen Seite zielt die Förderung von
Good Governance auch auf die Entwicklung einer professionellen Verwaltung, Polizei und
unabhängiger Justiz, welche die entwicklungsorientierte Politik effizient und bürgerfreundlich
umsetzen. Good Governance bedeutet aus Sicht der EZ auch, dass staatliche Akteure und
Institutionen gemeinsam mit nicht-staatlichen Akteuren um die Erfüllung dieser Ziele und
Kriterien zusammen arbeiten und sich ernsthaft darum bemühen sollen.3

Nach der Euphorie, die der Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er Jahren und die
Transformationsprozesse in verschiedenen Ländern (dritte Welle der Demokratisierung, wie
Huntington (1991) formulierte), hervorriefen, wurde Good Governance zu einer Art „Catch-
All-Phrase“, unter der sich jeder etwas anderes und möglichst viel Gutes vorstellen könnte.
Good Governance sollte zu einer Art Passepartout für eine bessere Welt werden und als
Grundlage zu einer ubiquitär passenden Blaupause dienen. In diesem Zusammenhang haben
Entwicklungsbehörden wie das BMZ Fahrpläne und Blaupausen für die Förderung von Good

1
Zitiert nach Nuschler, F. (2013): Good Governance, Studienbrief EZ0210 des Fernstudienganges “Nachhaltige
Entwicklungszusammenarbeit“ der TU Kaiserslautern. S. 8.
2 Vgl. Reinhard Stockmann, Ulrich Menzel, Franz Nuscheler (2010): Entwicklungspolitik: Theorien – Probleme – Strategien,

Oldenburg Verlag München, S. 320


3 Vgl. https://www.bmz.de/de/themen/goodgovernance/index.html
Governance entwickelt. Im Rahmen der praktischen Umsetzung wurde aber in verschiedenen
Bereichen deutlich was Entwicklungszusammenarbeit leisten kann und was nicht. Die sog.
„defekten Demokratien“ zeigen, dass man im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit
keine weltumspannende Blaupause anwenden kann, die die sehr unterschiedlichen sozio-
ökonomischen Problemlagen, soziokulturellen Verschiedenheiten und unterschiedlichen
Bedingungen des Regierens ignoriert.1 Und dass man im Rahmen der Entwicklungs-
zusammenarbeit keine Ersatzvornahmen zur Festigung der Good Governance in
Entwicklungsländer durchführen kann.2 “Es erwies sich als unmöglich, von außen durch
eine Art von constituional engineering Rahmenbedingungen für Good Governance
herzustellen.“3 Das bedeutet, dass die Entwicklung der Good Governance nur durch die
Betroffenen selbst geschehen kann. Die Förderung der Good Governance im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit kann diesen Prozess nur unterstützen, bei verschiedenen
Teilfragen der Entwicklung Anstöße geben und diesen Prozess als „ehrlicher Makler“
moderieren.4

Literatur:

Foljanty-Jost, G./Sprengel, R. (2014): Civil Society. Studienbrief EZ0220 des


Fernstudienganges “Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit“ der TU Kaiserslautern.

Kwasniewski, N. (2012): Im Spinnennetz, Lobbyismus in Brüssel,


http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/lobbyismus-in-bruessel-wie-die-industrie-sich-ihre-gesetze-schreibt-a-837515.html

Yalcin, E., Felbermayr, G., Kinzius, L. (, 2017): "Hidden Protectionism: Non-Tariff Barriers
and Implications for International Trade“,ifo Institute, München.

Ziedler, Ch. (2014): Die Einflüsterer von Brüssel


http://www.tagesspiegel.de/themen/agenda/lobbyismus-bei-der-eu-die-einfluesterer-von-bruessel/10131624.html.

1
Vgl. Nuschler, F. (2013): Good Governance, Studienbrief EZ0210 des Fernstudienganges “Nachhaltige
Entwicklungszusammenarbeit“ der TU Kaiserslautern. S. 83, 88. Nuschler zitiert auch Rudolf Dolzer, der Good Governance
zum universellen Leitbild von Entwicklung erklärte, der gewarnt hatte: „Der Oktroi von Methoden nach Art von Blaupausen
vom Reißbrett, die in jedes Land importiert werden sollten, verspricht danach keinen Erfolg.“
2
König, K. (2001): Institutionelle Aspekte der Modernisierung – die Sphäre der öffentlichen Verwaltung, in Modernisierung
- Prozess oder Entwicklungsstrategie?, Hill, H. (Hrsg.), Campus
3
Nuschler, F. (2013): Good Governance, Studienbrief EZ0210 des Fernstudienganges “Nachhaltige
Entwicklungszusammenarbeit“ der TU Kaiserslautern. S.88.
4
Ruck, Ch, Good Governance aus Sicht der Entwicklungspolitik; S. 46,
http://www.kas.de/upload/dokumente/verlagspublikationen/Governance/governance_Ruck.pdf

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