Sie sind auf Seite 1von 1017

Hans Rick

Gasturbinen und
Flugantriebe
Grundlagen, Betriebsverhalten
und Simulation
Gasturbinen und Flugantriebe
Hans Rick

Gasturbinen und
Flugantriebe
Grundlagen, Betriebsverhalten
und Simulation
Hans Rick
Institut für Luft- und Raumfahrt
Lehrstuhl für Flugantriebe
Technische Universität München (TUM)
Garching bei München, Deutschland

ISBN 978-3-540-79445-5 ISBN 978-3-540-79446-2  (eBook)


DOI 10.1007/978-3-540-79446-2

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;


detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Springer Vieweg
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht
ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und
die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk


berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne
der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von
jedermann benutzt werden dürften.

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Springer Vieweg ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe
Springer Science+Business Media
www.springer-vieweg.de
Vorwort (Konzept)

50 Jahre Lehrstuhl für Flugantriebe LFA (1964–2014) am Institut für Luft- und Raum-
fahrt der Technischen Universität München TUM sind Anlass, der Tradition des LFA
folgend, wiederum eine Publikation zur gemeinsamen Betrachtung von Gasturbinen und
Flugantriebe zu erstellen.
Wesentliche Abschnitte und Inhalte der vorliegenden Publikation basieren auf den
Arbeiten des Teams von Mitarbeitern, Diplomanden und Doktoranden der von Dr.
Kurzke (MTU) und dem Autor in den 1970er Jahren am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr.
H.G. Münzberg begründeten Arbeitsgruppe „Leistungs- und Betriebsverhalten, Regelung
und Versuch“ kurz „Performance Group“.
Besonders unterstützt von Herrn Prof. Dr. Dr.h.c. G. Kappler erweiterte die Gruppe ab
1982 ihre Aktivitäten verbunden mit der LFA-Prüfstandstechnik von Herrn Dr. W. Erhard.
In enger Kooperation mit der Industrie, den DLR-Forschungsinstituten und der Deutschen
Forschungsgemeinschaft DFG wurden zahlreiche Entwicklungen erfolgreich bearbeitet,
was sich in vielen Forschungsberichten, Dissertationen und Publikationen wiederspiegelt.
Die Leitung des LFA und besonders die beteiligten Doktoranden der „Performance Group“
sollen deshalb hier zum LFA-Jubiläum mit diesem Buch „Gasturbinen und Flugantriebe“
hervorgehoben mit besonderem Dank eine gemeinsame Würdigung, eine Hommage,
erfahren. Der Überblick zeigt den LFA mit Hochschullehrern und die beteiligten Wissen-
schaftlichen Mitarbeiter, das Jahr der Promotion sowie teilweise das berufliche Umfeld.

Lehrstuhl für Flugantriebe LFA an der TUM, 50 Jahre (1964–2014)


Prof. Dr. H.G. Münzberg, 1964*, BMW, SNECMA, TU Berlin**
Prof. Dr. Dr.h.c. G. Kappler, 1982, MTU, BMW-RR, Dornier
Prof. Dr. H.-P. Kau, 1998, BMW-RR, TUM
„Performance Group“: Leistung, Betriebsverhalten, Regelung und Versuch
Prof. Dr. H. Rick 1972***, Dornier, TUM**
Dr. J. Kurzke 1975, MTU, GasTurb GmbH
Dr. W. Erhard, 1982, BMW-RR, Dornier, TUM
Dr. W. Muggli, 1982 Dr. A. Spirkl, 1981
Dr. A. Biagosch, 1984 Dr. F. Hörl, 1986

V
VI Vorwort (Konzept)

Dr. K. Scheuerer, 1987 Dr. M. Menrath, 1989


Dr. S. Bogner, 1992 Dr. H. Braun, 1992
Dr. H. Schmuttermair, 1993 Prof. Dr. R. Fiola, 1993
Dr. A. Bauer, 1994 Prof. Dr. S. Staudacher, 1995
Dr. E. Auer, 1995 Dr. T. Esch, 1996
Dr. S. Hollmeier, 1997 Dr. R. Gabler, 1998
Dr. S. Kopp, 2000 Dr. O. Rupp, 2000
Dr. A. Kreiner, 2001 Dr. A. Preiss, 2001
Dr. R. Schaber, 2001 Dr. H. Uhlmann, 2003
Dr. M. Bauer, 2005

*Jahr der Berufung, **teilweise berufliches Umfeld, ***Jahr der Promotion

Zur Motivation, Gestaltung und zum Gelingen dieser Publikation der „Performance
Group“ trugen die umfangreiche Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch mit
befreundeten Fachkollegen in Industrie, Instituten und Hochschulen in hohem Maße
bei. Dies betrifft zum Beispiel die Arbeitskreise wie AGTurbo sowie auch die Vorhaben
der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG mit den Sonderforschungsbereichen SFB.
Daneben erfolgte ebenso eine intensive Kooperation bei der gemeinsamen Betreuung von
Diplomanden und Doktoranden sowie bei Lehrveranstaltungen im Austausch von Erfah-
rungen und Lehrmaterial zu Vorlesungen und Praktika, zu Seminaren und Kolloquien. In
diesem Zusammenhang seien besonders die langjährigen freundschaftlichen Verbindungen
zu Technischen Universitäten, zum DLR und vor allem zur MTU Aero Engines genannt.
Allen diesen genannten Kollegen sei hier für das gemeinsame Engagement herzlich gedankt.

Lehrbeauftragte am LFA aus der MTU Aero Engines:


Prof. Dr. H.-J. Lichtfuß, ehemals Leiter der MTU-Entwicklung
Prof. Dr. K. Steffens, ehemals Vorsitzender der
Geschäftsführung der MTU Aero Engines
Dr. J.-M. Henne, Leiter Entwicklung und Technologie der MTU.
Fachkollegen der Technischen Universitäten RWTH Aachen, UniBW München, Uni Stuttgart,
Uni Darmstadt, Uni Bochum und des DLR-Köln:
Prof. Dr. H. Gallus, RWTH Aachen
Prof. Dr. W. Koschel, RWTH Aachen, TU Berlin, DLR
Prof. Dr. G. Winterfeld, RWTH Aachen, DLR-Köln
Prof. Dr. L. Fottner, Universität der Bundeswehr München, MTU
Prof. Dr. W. Braig, Universität Stuttgart, MTU
Prof. Dr. D. K. Hennecke, Universität Darmstadt, MTU
Prof. Dr. K. Grahl, Universität Bochum, MTU
Prof. Dr. H. Weyer, Universität Bochum, DLR

Zum ursprünglichen Auftakt der vorliegenden Publikation unterstützte Herr Prof.


Dr. S. Staudacher der Universität Stuttgart das Zustandekommen grundlegender
Vorwort (Konzept) VII

Abschnitte dieses Buches. Prof. Staudacher begann in der „Performance Group“ am LFA
seine berufliche Laufbahn als Diplomand und Doktorand. Ihm gebührt deshalb mit eini-
gen Mitarbeitern vom ILA-Stuttgart voran Frau Dr. Arago hier ein besonderer Dank.
Die langjährige enge Zusammenarbeit der LFA-Performance Group mit Herrn Dr.
Kurzke, dem Mitbegründer der Gruppe am LFA und ab 1976 bei der MTU, führte mit
dem Autor zu den ersten Aktionen einer gemeinsamen Publikation zu numerischen
Simulationsprogrammen des Betriebsverhaltens von Gasturbinen und Flugantrieben.
Daraus entwickelte sich das kommerziell weltweit verbreitete Programmsystem „Gas-
Turb“, das auch die vorliegende Publikation anschaulich und deutlich prägte. Mit der
Weiterentwicklung von „GasTurb“ in einer „GasTurb GmbH“ von Herrn Dr. Kurzke
und Herrn Prof. Dr. Jeschke, RWTH Aachen, findet das Zusammenspiel der gemein-
samen Aktivitäten der RWTH Aachen und der TU München wieder eine Fortset-
zung. Für die Kontinuität der gemeinsamen Arbeiten sei Herrn Dr. Kurzke vielmals
gedankt.
Herrn Dipl. Ing. A. Schäffler, ehemals leitender Mitarbeiter der MTU Aero Engines
und in internationalen Fachkreisen wohl bekannt für klare, anschauliche und fundierte
technische Darstellungen schwieriger Vorgänge, schuldet der Autor besonderen Dank.
Als stets engagierter Gesprächspartner unterstützte er mit vielen Hinweisen, wertvollen
Anregungen und Informationen das Zustandekommen dieses Buches.
Für die umfangreiche Unterstützung und freundliche Erlaubnis zur Verwendung
mancher Abbildungen und Texte gilt ein besonderer Dank den Firmen der Energietech-
nik und besonders der Luftfahrtbranche:
Airbus Airbus S.A.S., Blagnac Cedex, France
ALSTOM Alstom S.A., Schweiz
Boeing Boeing Commercial Airplanes, Washington, USA
CFM CFM International S. A., Melun, France
LH Deutsche Lufthansa AG, Köln, Hamburg, Germany
GE, GEAE GE Aviation, Cincinnati, Ohio, USA
IAE International Aero Engines, East Hartfort, Connecticut, USA
LH, LHT Lufthansa AG, Lufthansa Technik, Technical Training, Hamburg, Germany
MTU MTU Aero Engines AG, München, Germany
P&W Pratt&Whitney, East Hartfort, Connecticut, USA
RR, RRD Rolls-Royce International Ltd., London, UK, Dahlewitz, Germany
Siemens Siemens AG, München, Berlin, Germany
SNECMA Snecma S. A., Paris, France
Herrn Dr. F. Rick und Herrn Dipl. Ing. H. Schubert, MTU Aero Engines, gilt Dank
für die kritische Durchsicht mancher Kapitel mit ihren sehr wertvollen Hinweisen. In
besonderem Maße betrifft dies den Cheflektor Technik des Springer-Verlags Herr T.
Lehnert mit Frau U. Butz sowie Frau A. Stegner, die mit unermüdlicher Geduld und akti-
ver Unterstützung diese Publikation begleiteten. Vielen Dank an den Springer-Verlag.

München, März 2013 Hans Rick


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Hans Rick
1.1 Vorstellung von Gasturbinen und Flugantrieben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Grundbegriffe und Hauptparameter der Arbeitsprozesse. . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3 Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.4 Kenngrößen und Entwicklungstendenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.4.1 Umwelt und Klimaschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.4.2 Sicherheit von Flugantrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1.5 Multidisziplinäre Auslegung und Simulationstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.6 Historie und Entwicklungstendenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2 Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Hans Rick
2.1 Elementare gasdynamische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
2.1.1 Erhaltungssätze der gasförmigen Fluide. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
2.1.2 Isentrope, unter- und überkritische Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2.1.3 Wärmezufuhr im Strömungskanal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
2.1.4 Senkrechter Verdichtungsstoß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
2.1.5 Schiefe und rotationssymmetrische Verdichtungsstöße. . . . . . . . . . . 75
2.1.6 Impulssatz und Netto-Schub bei Luftstrahltriebwerken. . . . . . . . . . . 79
2.1.7 Impulssatz und installierter Schub bei Flugtriebwerken. . . . . . . . . . . 81
2.2 Standard-Arbeitsprozesse ideal und real . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
2.2.1 Ideale und halbideale Gasturbinen-Arbeitsprozesse. . . . . . . . . . . . . . 85
2.2.2 Standard-Arbeitsprozesse von Turboshaft und Turbojet. . . . . . . . . . 96
2.3 Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
2.3.1 Parameterstudie von Arbeitsprozessen und Vorgabewerte. . . . . . . . 105
2.3.2 Einlaufströmung (0-1-2). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
2.3.3 Turboverdichter (2-3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
2.3.4 Brennkammer (3-4). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
2.3.5 Hochdruckturbine gekühlt (4-44) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

IX
X Inhaltsverzeichnis 

2.3.6 Nutzleistungsturbine PT (44-5) mit Abgaskanal (5-8). . . . . . . . . . . . 123


2.3.7 Turbojet-Triebwerk TJ mit Schubdüse N (7-8-9). . . . . . . . . . . . . . . . 126
2.4 Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
2.4.1 Leistungskennwerte für Turboshaft-Gasturbinen. . . . . . . . . . . . . . . . 129
2.4.2 Kennwerte für Flugtriebwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
2.5 Turbojet- und Ramjet-Triebwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
2.5.1 Einstrom-Turbojet ohne Nachbrenner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
2.5.2 Einstrom-Turbojet mit Nachbrenner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
2.5.3 Ramjet- und Scramjet-Triebwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
2.6 Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass. . . . . . . . . . . . . . . . . 166
2.6.1 Propeller, Turboprop und Propfan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
2.6.2 Turbofan mit hohem Bypass-Verhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
2.6.3 Entwicklung und Bauweisen von Turbofan-Triebwerken. . . . . . . . . 187
2.6.4 Turbofan-Triebwerke mit Mischung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
2.7 Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
2.7.1 Auslegung von Turbofan-Bypass-Triebwerken mit
kleinem Bypassverhältnis und Mischung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
2.7.2 Auslegung von Turbofan-Triebwerken mit
Mischung und Nachbrenner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
2.8 Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und
Marine-Technik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
2.8.1 Turboshaft-Gasturbinen und Auslegungsparameter . . . . . . . . . . . . . 210
2.8.2 Turboshaft-Triebwerke für Hubschrauber und Turboprop. . . . . . . . 213
2.8.3 Turboshaft-Gasturbinen und Aeroderivate
in der Energietechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
2.8.4 Beispiele zu Gasturbinen in Energie- und Kraftwerkstechnik. . . . . . 224
2.9 Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
2.9.1 Arbeitsprozess einer Turboshaft-Gasturbine
mit Wärmetauscher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
2.9.2 Auslegung von Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher . . . . . 233
2.9.3 Leistungsverhalten einer Turboshaft-Gasturbine
mit Rekuperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
3 Einläufe für verschiedene Flugbereiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
Hans Rick
3.1 Einlaufarten und Betriebszustände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
3.1.1 Unterschalleinlauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
3.1.2 Überschall-Einlauf-Diffusoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
3.1.3 Einlaufkenngrößen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
3.1.4 Überschalleinläufe mit Außen- und Innenverdichtung. . . . . . . . . . . 261
3.2 Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Inhaltsverzeichnis XI

3.2.1 Einläufe der Turbofan-Triebwerke bei Gondeleinbau . . . . . . . . . . . . 265


3.2.2 Einläufe von Turboprop-Triebwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
3.2.3 Einläufe von Hubschraubern- und V/STOL-Triebwerken . . . . . . . . 270
3.3 Betriebsverhalten von Überschalleinläufen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
3.3.1 Stabilitätsverhalten unter- bis überkritischer Einläufe. . . . . . . . . . . . 278
3.3.2 Ungleichförmige Zuströmung zum Einlauf
und Grenzschichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
3.3.3 Betriebsbereiche von Überschalleinläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
3.3.4 Startverhalten von Überschalleinläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
3.3.5 Hammershock bei Überschalleinläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
4 Turbomaschinen-Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
Hans Rick
4.1 Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
4.1.1 Die Strömungsmaschinen Turboverdichter und Turbinen. . . . . . . . 293
4.1.2 Hauptgleichung der Turbomaschinenstufe (Euler-Gleichung). . . . . 297
4.1.3 Strömungsphänomene und Bewegungsgleichungen. . . . . . . . . . . . . . 302
4.2 Turboverdichter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
4.2.1 Einleitung und Verdichterbauarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
4.2.2 Verdichterstufe im Mittelschnitt, Verluste und Kenngrößen. . . . . . 308
4.2.3 Kenngrößen von Verdichterstufen und Kennlinien. . . . . . . . . . . . . . 317
4.2.4 Gitterströmung, Kenngrößen, Verluste and Bauweisen. . . . . . . . . . . 323
4.2.5 3D-Strömung, Stromlinienmethoden und Radialverdichter. . . . . . . 344
4.2.6 Betriebsverhalten und Kennfelder von ein- und
mehrstufigen Verdichtern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366
4.2.7 Betriebsverhalten in Stabilitätsgrenzbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
4.2.8 Betriebsverhalten und Anpassung mehrstufiger Verdichters . . . . . . 417
4.2.9 Entwicklungsstufen von Turboverdichtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430
4.2.10 Aeromechanische Gestaltung und Entwicklungstrend. . . . . . . . . . . 457
4.3 Turbinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
4.3.1 Vorstellung und Auslegung von Axial-Turbinen . . . . . . . . . . . . . . . . 469
4.3.2 Turbinenstufe ungekühlt im Mittelschnitt mit u1 > u2. . . . . . . . . . . . 474
4.3.3 Turbinen-Kenngrößen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484
4.3.4 Auslegungs- und Belastungsdiagramme von
Turbinenstufen sowie Smith-Diagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
4.3.5 Mehrdimensionale Turbinenstufenrechnung
in der S2-Ebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492
4.3.6 Kennfeld ungekühlter Turbinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496
4.3.7 Turbinenstufe gekühlt, Kenngrößen und Wirkungsgrade. . . . . . . . . 503
4.3.8 Kennfelder und Rechenmodelle gekühlter Turbinen. . . . . . . . . . . . . 518
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
XII Inhaltsverzeichnis 

5 Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541


Hans Rick
5.1 Funktion, Bauweisen und Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541
5.1.1 Aufbau und Funktion der Brennkammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543
5.1.2 Brennkammertypen und Bauweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546
5.1.3 Kenngrößen und Forderungen an Brennkammern. . . . . . . . . . . . . . 550
5.2 Entwicklungsstufen und Tendenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561
5.2.1 Schadstoffemission. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561
5.2.2 Brennkammer-Funktion und -Bauweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
5.2.3 Bedingungen für NOx-Bildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
5.2.4 Entwicklungstendenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
5.2.5 Brennkammern in Gasturbinen der Energietechnik. . . . . . . . . . . . . . 572
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578
6 Schubdüsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585
Hans Rick
6.1 Isentrope Düsenströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586
6.2 Verlustbehaftete eindimensionale Düsenströmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589
6.2.1 Korrekturkoeffizienten bei verlustbehafteter Düsenströmung . . . . . 590
6.2.2 Konvergent-Düse und Konvergent-Divergent im Vergleich. . . . . . . 596
6.3 Nicht angepasste Konvergent-Divergent-Düse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596
6.4 Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
6.4.1 Schubdüsen von Unterschall-Flugzeugen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
6.4.2 Schubdüsen von Überschall-Flugzeugen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
7 Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und
Turboshaft-Gasturbinen der Flug-, Energie- und Fahrzeugtechnik. . . . . . . . . . 621
Hans Rick
7.1 Zusammenarbeit der Komponenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621
7.1.1 Vereinfachte, ähnlichkeitsgerechte Kennfeldbestimmung. . . . . . . . . 623
7.1.2 Gesamtkennfeld des Turbojet vereinfacht betrachtet. . . . . . . . . . . . . 627
7.1.3 Schub- und Verbrauchskennfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
7.1.4 Iterative, vereinfachte Teillast-Syntheserechnung
über Ähnlichkeitskennfelder der Komponenten. . . . . . . . . . . . . . . . . 632
7.2 Syntheserechnung und Simulation des Turbojet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
7.2.1 Numerischer Syntheserechnung am Beispiel Turbojet TJ. . . . . . . . . 636
7.2.2 Iterationsalgorithmus bei numerischen
Syntheserechnungen GTSYN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640
7.2.3 Betriebsverhalten im Flugbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
7.2.4 Hinweise zu numerischen Problemen der Syntheserechnung. . . . . . 646
7.3 Syntheserechnung und Simulation des Turboshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
7.3.1 Teillastberechnung von Turboshaft-Gasturbinen. . . . . . . . . . . . . . . . 650
Inhaltsverzeichnis XIII

7.4 Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen. . . . . . 658


7.4.1 Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher
und Simulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659
7.4.2 Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher für
Fahrzeuge und Energiepakete. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665
7.5 Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung. . . . . . . . . 679
7.5.1 Turboshaft- Gasturbinen der mittleren Leistungsklasse. . . . . . . . . . . 679
7.5.2 Parameter-Auslegungsstudie für eine Turboshaft-Gasturbine
und Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693
8 Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und
Kombinationstriebwerken für sub-, super- bis hypersonische Flüge. . . . . . . . . 699
Hans Rick
8.1 Auslegung und multidisziplinäre Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 700
8.1.1 Struktur multidisziplinärer Simulationsprogramme
zum Betriebsverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
8.1.2 Anforderungen an GTSSD-Vorauslegungsverfahren. . . . . . . . . . . . . 704
8.2 Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan. . . . . . . . . . . 709
8.2.1 Syntheserechnung GTSYN und Betriebsverhalten von TF . . . . . . . . 709
8.2.2 Multidisziplinäre Simulation GTSSD zur Analyse und
Vorauswahl von Turbofan-Triebwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715
8.2.3 Auslegung und Betriebsverhalten von Hoch-Bypass-Turbofan . . . . 724
8.2.4 Turbofan-Triebwerke mit hohem BPR ohne
und mit Getriebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738
8.2.5 Multidisziplinäre Turbofan-Vorauslegung mit
Parametervariation und Optimierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743
8.2.6 Turbofan und Propfan mit neuen Technologien. . . . . . . . . . . . . . . . . 753
8.2.7 Konzepte von fortschrittlichen Turbofan-Triebwerken. . . . . . . . . . . 758
8.2.8 Technologieprogramme zur Brennstoffeffizienz und zur
Emissionsverringerung im Luftverkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766
8.3 Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis und Nachbrenner. . . . 769
8.3.1 Betriebs- und Teillastverhalten von Turbofan
mit BPR = 0,3 und 1,0 im Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769
8.3.2 Vollastbetrieb der Turbofan-Triebwerke TFM und TFMAB. . . . . . . 775
8.4 Ramjet- und Scramjet-Triebwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777
8.4.1 Supersonische Ramjet-Triebwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778
8.4.2 Hypersonische Ramjet- und Scramjet-Triebwerke. . . . . . . . . . . . . . . 786
8.5 Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795
8.5.1 Triebwerke für SST-Verkehrsflugzeuge der 1. Generation. . . . . . . . . 795
8.5.2 Turbojet-Triebwerk des Mach-2-SST-Concorde. . . . . . . . . . . . . . . . . 798
8.5.3 Triebwerke für SST-Verkehrsflugzeuge der 2. Generation. . . . . . . . . 803
XIV Inhaltsverzeichnis 

8.6 VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805


8.6.1 Bedarf und Anforderungen an künftige SST-Triebwerke. . . . . . . . . 806
8.6.2 Konventionelles VCE-Turbofan-Triebwerk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809
8.6.3 VCE-Turbofan-Turbojet-SST-Triebwerk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 811
8.6.4 VCE-Turbofan-SST-Triebwerk für Mach-3+. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815
8.7 Kombinationsantriebe für Über- und Hyperschallflüge . . . . . . . . . . . . . . . . . 817
8.7.1 Turbo-Ramjet-Kombinationstriebwerk TRJ (Turbo-Ramjet). . . . . . 817
8.7.2 Turbojet-Rakete-Kombinationstriebwerk
TJR (Turbojet-Rocket) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820
8.7.3 Hybrid-Turbo-Rakete-Kombinationstriebwerk SABRE. . . . . . . . . . . 822
8.7.4 Kombinations-Antriebssysteme mehrerer Generationen . . . . . . . . . 822
8.8 Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825
8.8.1 Antriebssysteme für den Über- und Hyperschallflug. . . . . . . . . . . . . 825
8.8.2 Auslegung von Hyperschall-Kombinations-Triebwerken. . . . . . . . . 827
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843
9 Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben. . . . . . . . 855
Hans Rick
9.1 Instationäres Betriebsverhalten und Simulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855
9.2 Betriebsverhalten von Turboshaft-Gasturbinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 860
9.3 Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863
9.3.1 Wärmeübergänge und Wärmeströme sowie Bauteilmodelle. . . . . . . 865
9.3.2 Rechenmodelle mit Wärmetauscher-Elementen. . . . . . . . . . . . . . . . . 868
9.3.3 Einflüsse von Spalten und Modellierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 870
9.3.4 Spaltkontrolle ACC (Active Clearance Control). . . . . . . . . . . . . . . . . . 871
9.3.5 Strömungs-Ungleichförmigkeiten („Distortionseffekte“) . . . . . . . . . 873
9.4 Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-
Turboshaft-Gasturbinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 873
9.4.1 Syntheserechnung zum instationären Betrieb
von Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875
9.4.2 Simulation einer Beschleunigung beim Turboshaft . . . . . . . . . . . . . . 877
9.4.3 Simulation eines Triebwerksausfalls beim Hubschrauber. . . . . . . . . 877
9.4.4 „Kalt“-„Heiß“-Beschleunigung beim Durchstarten . . . . . . . . . . . . . . 880
9.5 Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken. . . . . . . . . . . 883
9.5.1 Transientes Betriebsverhalten und Sekundäreffekte
bei Turbofan mit kleinem Bypass. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 883
9.5.2 Transientes Betriebsverhalten und Sekundäreffekte
bei Turbofan mit großem Bypass. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 893
9.5.3 Starten des Triebwerks und Anlaßstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899
Inhaltsverzeichnis XV

9.5.4 Beeinflussung des transienten Betriebsverhaltens


von Turbofan-Triebwerken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 904
9.5.5 Instationäre Stabilitätsüberprüfung mit Fuel-Spiking. . . . . . . . . . . . . 910
9.5.6 Triebwerksregelung und Brennstoffzumessung mit
FADEC-Systemen und EEC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 917
Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 925
Nomenklatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 955
Umrechnungen (Conversions). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 979
Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983
Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991
Einführung und Zielsetzung

Die Gasturbine, eine thermische Turbomaschine, prägte vor etwa einem Jahrhundert
beginnend in der Energiewandlung und Energieübertragung entscheidend die ein-
drucksvollen Fortschritte der Energie- und Kraftwerkstechnik sowie des Verkehrswesens
als Antrieb von Flugzeugen aller Geschwindigkeitsbereiche, als Schiffsantrieb und als
Motor von Land- und Schwebefahrzeugen.
Gasturbinen mit ihren Hauptkomponenten Turboverdichter, Brennkammern und
Turbinen werden kontinuierlich durchströmt und zeichnen sich im Vergleich zu ande-
ren Antriebsmaschinen wie Kolbenmotoren mit hohen Leistungsdichten bezogen auf
Volumen und Masse aus. Das Leistungspektrum reicht von wenigen Kilowatt bis zu Leis-
tungen von über 200 bis 300 MW.
Bei den Flugantrieben beherrschen die Turbotriebwerke mit der Gasturbine als Basis
seit den 1950er Jahren beginnend den gesamten Luftverkehr. Diese Dominanz der Gas-
turbine als Flugtriebwerk beruht hauptsächlich auf der Leistungskonzentration und
der kompakten Bauweise. Es werden Vortriebskräfte bzw. Schübe erzielt von wenigen
Dekanewton bis über 400 Kilonewton. Die Einsatzbereiche betreffen die Wellenleis-
tungs- bzw. Turboshaft-Triebwerke der Hubschrauber und Propeller-Flugzeuge sowie
besonders die Turbofan- und Kombinationstriebwerke der Unterschall-, Überschall-
und Hyperschall-Flugzeuge, wobei der zivile Luftverkehr im Mittelpunkt steht.
Das Leistungs- und Betriebsverhalten der Gasturbinen und Flugantriebe, die Perfor-
mance, betrifft die abgegebene Leistung, die von solchen Anlagen mit einer bestimmten
Energiemenge bzw. einem Brennstoffstrom effizient umgesetzt wird unter Beachtung
von Emissionen, Masse und Abmessungen sowie Lebensdauer und Kosten. Die viel-
fältigen Anwendungen der Gasturbinen und Flugantrieben können prinzipiell in einer
gemeinsamen Betrachtungsweise dargestellt werden, wie dies in den umfassenden Fach-
büchern von Walch/Fletcher [Wal00B], von Lechner/Seume u. a. [Lec03B] sowie frü-
her von Münzberg, Kurzke u. a. behandelt wird [Mün72K, Mün77B]. Dazu im Vorwort
einige Informationen.
Die vorliegende Publikation verfolgt in Abstimmung mit derzeitigen Fachbüchern
besonders des deutschen Sprachraums das Ziel, als Lehr- und Fachbuch einen Leitfa-
den zur gemeinsamen Betrachtung von Gasturbinen und Flugantrieben zu bieten. Die
E-Book-Ausgabe entspricht dabei den Anforderungen der Medien- und Internet-Welt.

XVII
XVIII Einführung und Zielsetzung

Ausgehend von den Grundlagen der Thermodynamik und Fluidmechanik, den


Arbeitsprozessen und Komponenten steht das stationäre und instationäre, transiente
Betriebsverhalten der Gasturbinen und Flugantriebe in allen Lastbereichen hier im Mit-
telpunkt dieser Publikation. Der rasanten Entwicklung der EDV-Technik folgend wird
dabei die numerische Simulation des Betriebsverhaltens der Gasturbine mit dem Zusam-
menspiel, dem „Matching“, besonders der Turbomaschinenkomponenten beachtet.
Das Buch wendet sich zunächst an Hochschul-Studenten der technischen Fachrich-
tungen sowie an berufstätige Ingenieure des Maschinenbaues, der Energie- und Strö-
mungsmaschinen sowie der Verkehrs- und Luftfahrttechnik. Als E-Book-Version kann
diese Lehr- und Fachpublikation begleitend zu Vorlesungen, Fortbildungskursen, Prak-
tika und Seminaren hilfreich sein, die grundlegenden Zusammenhänge der Thermischen
Strömungsmaschine Gasturbine leichter zu erfassen.
Ausgangspunkt zur Bearbeitung des Lehr- und Fachbuches „Gasturbinen und Flug-
antriebe“ waren die Arbeiten, Vorlesungen, Publikationen und Fachbücher des Lehr-
stuhls für Flugantriebe LFA der TU München, an denen der Autor beginnend bei Herrn
Prof. Dr.-Ing. H. G. Münzberg in leitender Funktion als Hochschullehrer tätig war. So
war er auch am universell angesetzten Fachbuch der Luft- und Raumfahrtantriebe

H.G. Münzberg: Flugantriebe, Springer-Verlag, 1972,


als Mitautor mit den Abschnitten „Luftatmende Triebwerke und Komponenten“ betei-
ligt sowie mit Beiträgen und Zuarbeiten bei den Fachbüchern
H.G. Münzberg, J. Kurzke: Gasturbinen-Betriebsverhalten und
Optimierung, Springer-Verlag, 1976,
H. Hagen: Fluggasturbinen und ihre Leistungen, Braun-Verlag, 1982.

Eine Neuauflage oder Erweiterung der genannten Bücher wurde in Abstimmung mit
dem Springer-Verlag nicht mehr in Erwägung gezogen. Stattdessen wurde eine Publi-
kation im Rahmen einer neuen Buchreihe zur Luft- und Raumfahrttechnik bei Munich
Aerospace mit VDI vorgezogen.
Der ersten Kapitel 1 bis 6 geben nach einem allgemeinen Überblick die Grundlagen
der Thermodynamik und Fluidmechanik sowie die vielfältigen Gasturbinen-Arbeitspro-
zesse wieder, gefolgt von den Darstellungen der Komponenten wie Turbomaschinen,
Brennräume, Einläufe und Düsen. Das Betriebsverhalten in allen stationären und transi-
enten Lastbereichen steht in den Kapiteln 7 bis 9 im Mittelpunkt. Die Basis bilden dabei
die modularen Leistungssynthesrechnungen und die numerischen universellen Aus-
legungsprogramme „Gasturbine-System-Simulation- and Design“ GTSSD. Beispielhaft
wird in zahlreichen Anwendungen dieser Publikation das Programmsystem „GasTurb“
von Dr. Kurzke herangezogen.

München, Dezember 2012 H. Rick


Einleitung
1

1.1 Vorstellung von Gasturbinen und Flugantrieben

Die technologischen Entwicklungen und großen Erfolge in den vergangenen fünf Jahr-
zehnten auf dem Gebiet der Energie- und Kraftwerkstechnik sowie besonders der
Antriebe in der Luftfahrt und der Marine wurden von den mannigfaltigen Anwendun-
gen der Gasturbinen GT geprägt. Dabei steht die Fülle der verwendeten Ingenieursdis-
ziplinen in direkter Verbindung mit der Turbomaschinen- und Gasturbinentechnik, so
dass selbst bei Beschränkung auf die wichtigsten Gebiete eine große Zahl von zum Teil
weit auseinander liegenden Wissensgebieten in eine Betrachtung dieser Systeme mit ein-
bezogen werden muss [Kru60K, Gas67B, Mün72K, Wal98B, Gri04B] (Abb. 1.1-1, 1.1-2).
Diese Situation erschwert dem jungen Ingenieur in Industrie und Forschung sowie beson-
ders dem Studierenden den Überblick. Deshalb werden in den folgenden Abschnitten
und Kapiteln gemeinsame Gesichtspunkte und Zusammenhänge in der Energie- und
Antriebstechnik in Verbindung mit Gasturbinen GT und Flugantrieben FA der Luftfahrt
in den Vordergrund gestellt.
Mit den Disziplinen aller Antriebe der Luft- und Raumfahrttechnik ist die Mannig-
faltigkeit der Anwendungen der Gasturbinentechnologie noch wesentlich zu erweitern,
wie z. B. in [Mün72K, Mün77B] mit der umfangreichen gemeinsamen Betrachtung von
Systemen demonstriert wird. Dabei werden in [Mün72K] alle bedeutsamen Antriebsarten
der Luft- und Raumfahrt in vier Systemgruppen eingeordnet. Dies sind: Atmosphärische
Antriebe, chemische Raketen, nuklearthermische Raketen und elektrische Antriebe. Diese
damit weit gespannte Betrachtungsweise wird hier im Rahmen dieses Buches auf Luft
atmende Flugantriebe in Verbindung mit den Gasturbinen der Energie- und Antriebs-
technik stationärer und mobiler Anlagen und Triebwerke begrenzt und behandelt.
Da bei Kraftwerks-Gasturbinen und Flugzeug-Antrieben die Energiewandlung und
die Energieübertragung von dominanter Bedeutung sind, spielt die Thermo- und Fluid-
dynamik eine sehr wichtige Rolle.

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_1, 1


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
2 1 Einleitung

Gasturbinen - Anwendungsbereiche

Energietechnik Marine
Wellenleistungs-Gasturbinen PGT bzw. Turboshaft TS
Kraftwerks-Gasturbinen KW-GT Marine-Antriebe MGT
Leistungsbereich
PNutz = PPT 1 bis 300 MW PNutz=PPT 1 bis 70 MW

Luftfahrt
Hubschrauber- und Rotor-Flugzeuge, Propeller- und Flächen-Flugzeuge
Rotor- und Propeller-Triebwerke Schubtriebwerke
Turboshaft TS Turbopro TP Turbojet TJ Turbofan TF Ramjet RJ

PWelle = PPT 100 bis 5000 kW FN 1 bis 450 kN

40
H0 [km]
Flughöhe

30

20 SR71
Concorde
10 Kombinations -Triebwerke
A340
Raketen
Turbo-Triebwerke Ramjet
0
0 1 2 3 4 5 6 7
Flug-Mach-Zahl M0
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000
Flug-Geschwindigkeit (Cruise) c0 [km/h]

Abb. 1.1-1 Gasturbinen GT und ihre wichtigsten Anwendungsbereiche in der Energietechnik


und bei der Schifffahrt als Wellenleistung abgebende Gasturbinen sowie in der Luftfahrt als Flug-
antriebe FA für Hubschrauber und Rotor-Flugzeuge und besonders als Triebwerke von Unter-
schall-, Überschall- bis zu Hyperschall-Flugzeugen

Zu den Hauptkomponenten der Gasturbine zählen die thermischen Turbomaschinen


TM wie die Turboverdichter und die gasbeaufschlagten Turbinen. Als Gasturbine wird
üblicherweise eine vollständige, Leistung abgebende Wärmekraftmaschine bezeichnet,
die aus den Hauptkomponenten Verdichter C (compressor), Brennkammer B (burner,
combustor) und Turbine T (turbine) besteht.
1.1  Vorstellung von Gasturbinen und Flugantrieben 3

Gasturbinen-Antriebe

Energietechnik Marine-Schiffahrt

Luftfahrt-Triebwerke

GP7200

Abb. 1.1-2 Gasturbinen in der Energietechnik und bei der Marine-Schifffahrt als Wellenleis-


tungs-Gasturbinen sowie in der Luftfahrt als Antriebe für Flugzeuge besonders als Triebwerke des
zivilen Luftverkehrs mit z. B. den Bypass-Turbofan-Triebwerken. Darstellung nach MTU Aero
Engines, Airbus S.A.S, GE Aviation, Pratt & Whitney

Eine solche Anlage verfügt als Luft atmende Maschine über die weiteren Teilkompo-
nenten Einlauf E (entry, intake) und gasdurchströmten Düsen N (nozzle) oder Austritts-
Diffusoren (diffusor) (Abb. 1.1-3). Die atmosphärischen Flugantriebe werden auch als
Durchströmtriebwerke bezeichnet und somit gegenüber den Raketenantrieben, den Aus-
strömtriebwerken, abgegrenzt.
Sowohl Flugtriebwerke als auch mobile, auf Gasturbinen basierende Antriebe zeich-
nen sich durch eine hohe massen- und volumenbezogene Leistungsdichte aus. Hierbei
ist jedoch zu beachten, dass auf Gasturbinen bezogene Antriebe anderen Antriebssyste-
men erst im dreistelligen Kilowattbereich überlegen sind. Bei kleineren Leistungen sind
Hubkolbenmotoren und bei sehr kleinen Leistungen oft auch elektrische Antriebe den
Gasturbinen vorzuziehen. Die hohen Leistungsdichten moderner Gasturbinen werden
einerseits durch eine extreme Leichtbauweise verbunden andererseits mit einer Steige-
rung der Betriebstemperaturen und -drücke erreicht. Damit spielen Werkstoffkunde,
Betriebsfestigkeit sowie die Mechanik und Dynamik bei der Entwicklung neuer Antriebe
eine wichtige Rolle. Die Abstimmung der Baugruppen untereinander und die Anpassung
des Gesamtsystems auf die Erfordernisse des Flugzustandes ist wiederum eine Aufgabe
4 1 Einleitung

Gasturbinen GT und Flugantriebe FA


Gasgenerator GG
Verdichter C Brennkammer B Turbine T

2 3 4 44

Turboshaft TS Turbojet TJ
Wellenleistungsgasturbine (PGT) Turboluftstrahl-Triebwerk (TL)
Gasgenerator GG + Nutzleistungsturbine PT Gasgenerator GG + Schubdüse N

1 2 3 4 44 5 8 1 2 3 4 5 7 8/9

PPT
Abgabe von Turbinenleistung F
Schubkraft zum Vortrieb

Abb. 1.1-3 Gasgenerator GG, Basis und Kernteil (core) von Gasturbinen GT mit Abgabe von
Nutzleistung an der Abtriebswelle und Flugantrieben FA mit Erzeugung von Schub-Vortriebskräf-
ten wie bei Turbojet- und Turbofan-Triebwerken TJ und TF [GasTurb]

der Steuerungs- und Regelungstechnik. Die Bedeutung letzterer wird durch Fragestellun-
gen der Zustandsüberwachung der Antriebssysteme und durch die Entwicklung „intelli-
genter“ Triebwerke noch wesentlich verstärkt. Damit wird deutlich, wie ausgeprägt das
Zusammenspiel vieler Ingenieurwissenschaften in der Gasturbinen- und der Flugtrieb-
werkstechnik ist.
Die Gasturbine stellt also eine Verbrennungskraftmaschine dar und ist neben der
Dampfkraftmaschine dem Bereich der thermischen Wärmekraftmaschinen zuzuordnen,
bei denen die Energiezufuhr chemisch, thermisch oder auch nuklear erfolgen kann. Wie
bei einem Kolbenmotor erfolgt dabei die Energiezufuhr direkt in einem Brennraum über
eine interne Verbrennung. Die Umwandlung der Brennstoffenergie in mechanische bzw.
elektrische Energie verläuft dabei über verschiedene Zustandsänderungen des am Einlauf
aufgenommenen Arbeitsmediums Luft, dessen Zustand am Ende des Arbeitsprozesses
auf den Ausgangszustand der Umgebung wieder zurückgestellt wird. Für Gasturbinen ist
die kontinuierliche Durchströmung der Komponenten charakteristisch (Abb. 1.1-3).
Beim Kolbenmotor finden die Verdichtung, die Verbrennung und die Entspan-
nung der Heißgase in zeitlicher Aufeinanderfolge aber in demselben Bauelement, dem
1.1  Vorstellung von Gasturbinen und Flugantrieben 5

Zylinder, statt. Das gilt sowohl für das mit angenäherter Gleichdruckverbrennung
arbeitende Diesel-Verfahren als auch für das Otto-Verfahren mit Drucksteigerung bei
der Verbrennung. In der üblicherweise offenen, durchströmten Gasturbine finden die
einzelnen Zustandsänderungen in gesonderten Komponenten statt. Im Verdichter
C wird das Arbeitsmedium nur komprimiert, in der Brennkammer B nur einem Ver-
brennungsvorgang unterworfen und in der Turbine T nur entspannt. Trotzdem erfol-
gen innerhalb des Triebwerkes alle diese Zustandsänderungen gleichzeitig. Somit gibt
es grundsätzliche Unterschiede in den thermodynamischen Arbeitsverfahren gegenüber
dem Kolbenmotor.
Für den Kolbenmotor gilt, dass die zeitliche Aufeinanderfolge des Arbeitsspiels am
gleichen Ort in einem Zylinder stattfindet.
Bei der Gasturbine dagegen verlaufen die Zustandsänderungen gleichzeitig jeweils in
besonderen Komponenten wie Einlauf, Turboverdichter, Brennkammer und Turbine
bzw. Schubdüse beim Flugtriebwerk.
Im Sinne einer ersten Definition einer Basisstruktur von Gasturbinen oder Flugan-
trieben lässt sich ein Kerntriebwerk (core engine, core) bestehend aus Verdichter, Brenn-
kammer und Turbine definieren. Diese auch als „Heißteil“ der Maschine bezeichnete
Baugruppe ist den höchsten Betriebsdrücken und -temperaturen sowie den höchsten
Drehzahlen ausgesetzt.
Der Begriff des „Gasgenerators“ GG (gas generator) bezieht sich auf den Teil des
Triebwerks, der notwendig ist, um die Nutzleistung des Triebwerks zur Verfügung zu
stellen. Die vom Gasgenerator bereit gestellte Leistung kann in Form von Wellenleistung
bei der Turboshaft-Gasturbine TS oder von Strahlleistung beim Turbojet-Triebwerk TJ
zum Vortrieb oder zur Energiewandlung genutzt werden. Die in Abb. 1.1-3 dargestellte
einfache Konfiguration mit dem Einwellen-Kerntriebwerk als Gasgenerator ist somit
eine Besonderheit, da der Gasgenerator auch Baugruppen des Mittel- und Niederdruck-
teils bei komplexeren Gasturbinen umfassen kann.

1.2 Grundbegriffe und Hauptparameter der Arbeitsprozesse

Zur Diskussion der Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Turboflugtriebwerken sind


einige der wichtigsten Kenngrößen und Auslegungsparameter zu erläutern, wie sie in
Abb. 1.2-1 und 1.2-2 zu sehen sind. Die Ausgangsgrößen sind hierbei die von den Gas-
turbinen an der Abtriebswelle abgegebene Leistung PPT = PW und bei den Turboflug-
triebwerken die Vortriebskraft bzw. der Schub F sowie der Brennstoffverbrauch bzw.
spezifische Brennstoffverbrauch SFC (specific fuel consumtion). Mit dem Durchsatz bzw.
Massenstrom ṁ stehen der gesamte Luftdurchsatz der Maschine und damit eine wichtige,
dimensionierende Größe zur Verfügung. Bei der Diskussion der Arbeitsprozesse ist es
jedoch zweckmäßig, spezifische Größen zu verwenden. Hierzu kann bei Wellenleistungs-
Gasturbinen die auf den Durchsatz bezogene Leistung verwendet werden, die auch spezi-
fische Leistung SPW (specific power) genannt wird [Mün72K, Wal98B, Gri04B, GasTurb]
6 1 Einleitung

Turboshaft-Gasturbine TS (Wellenleistungs-Gasturbine PGT)


Gasgenerator GG und Nutzleistungsturbine PT

Wärme-
Kompression Expansion
zufuhr QB
Turboverdichter C Turbinen T und PT

0 1 2 3 4 44 5 7 8

E C T PT G
nPT
PPT Getriebe
PEx nC = nT
PC+PEx= PT
Nutzleistungs-
turbine
Einlauf Verdichter Brennkammer Turbine PT Abgasrohr
E C B T A
0–1-2 2-3 3-4 4 - 44 44 - 5 5 – 7 - 8

0,6
1 2 3 4 5 8 Realer Joule-Prozess
th 45
Annahmen:
Cpol= Tpol =0.9
TMetall=const
Thermischer Wirkungsgrad

Prozess-Verluste const.

0,5 η th=0,5
Gesamtdruckverhältnis
OPR= ges= 50 40
30

0,4 ηth=0,4

10
1400 K 1600 K 1800 K 2000 K
Totaltemperatur Tt4
0,3
200 400 600 800
PPT  kW 
spez. Leistung  kg/s
m2  
Abb. 1.2-1  Turboshaft- bzw. Wellenleistungs-Gasturbine TS bzw. PGT mit Einstrom-Einwellen-
Gasgenerator GG als Kern (core) und Nutzleistungsturbine PT. Thermischer realer Wirkungsgrad
abhängig von Hauptparametern
1.2  Grundbegriffe und Hauptparameter der Arbeitsprozesse 7

mB  g 
F  
 kN s  Totaltemperatur Tt4= 1800 K 5
Brennstoffverbrauch spez. SFC

50 pt 3
1600 K
pt 2
1400 K 10
1200 K 15
40 20
25

30 Flug: ISA H0=9000 m


M0=0,8
0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
FN  kN 
Schub spez.  
m2  kg s 

Abb. 1.2-2  Turbojet-Triebwerk TJ mit Einstrom-Einwellen-Gasgenerator GG als Schubtriebwerk


mit Schubdüse N (nozzle). Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC abhängig vom spezifischen Schub
SFN = FN /ṁ2 und den Hauptparametern TET bzw. Tt4 und Gesamtdruckverhältnis OPR = pt3/pt4
im Flug bei H0 = 9000 m und M0 = 0,8

PPT Wellenleistung abgegeben


SPW = = = wPT , (1.2-1)
ṁ2 Durchsatz
8 1 Einleitung

und bei den Turboflugtriebwerken die spezifische Strahlleistung


PJ PStrahl Strahlleistung abgegeben
= = = wStrahl · (1.2-2)
ṁ2 ṁ2 Durchsatz
Analog kann bei den Turbojet-Triebwerken der Massenstrom spezifische Schub SFN
(specific thrust)
F Schubkraft F
SFN = = (1.2-3)
ṁ2 Durchsatz ṁ
sowie der auf die Leistung PPT bezogenen spezifische Brennstoffverbrauch SFC (specific
fuel consumption) bzw. SFCP
ṁB Brennstoffdurchsatz
SFCP = = (1.2-4)
PPT Leistung abgegeben
bzw. auf den Schub F bezogene SFCF definiert werden

ṁB Brennstoffdurchsatz
SFCF = = · (1.2-5)
F Schub F
Zu den wichtigsten Einflussgrößen der Arbeitsprozesse und Parameterstudien zählen

• das vom Verdichter aufgebrachte Gesamtdruckverhältnis Πges = OPR,


• die höchste Prozess-Temperatur nach der Brennkammer am Turbinen-Eintritt TET
bzw. Tt4
• und bei den Bypass-Turbofan-Triebwerken das Bypass-Verhältnis BPR = (Bypass-
Massenstrom/Massenstrom Kerntriebwerk).

Mit dem thermischen Wirkungsgrad ηth oder inneren Wirkungsgrad ηi einer Anlage
wird die Güte der Umsetzung von zugeführter spezifischer Wärmeenergie qzu bzw. Leis-
tung Q̇B = ṁ qzu in den Brennkammern in nutzbare spezifischen Energie wPT bzw. Leis-
tung PPT = ṁ wPT angegeben.
Damit ergibt sich für Wellenleistungs-bzw. Turboshaft-Gasturbinen
PPT Wellenleistung abgegeben
ηth = = (1.2-6)
Q̇B Wärmestrom durch Verbrennung zugeführt
oder mit den spezifischen Energien bzw. der spezifischen Arbeit wPT und der mit dem
Brennstoff zugeführten spezifischen Energie qzu. Wird im Rahmen einer vereinfachten
Betrachtung die Verbrennung und äußere Wärmezufuhr gleich gesetzt, so kann eine
Brennstoffleistung ṁB Hu eingeführt werden und es folgt
wPT PPT PPT
ηth = = = (1.2-7)
qzu ṁB Hu ṁB LCV
1.2  Grundbegriffe und Hauptparameter der Arbeitsprozesse 9

mit dem unteren Heizwert Hu bzw. LCV (lower calorific value) bei hier angenommen
vollständiger Verbrennung.
Turbojet-Triebwerke TJ (Turboluftstrahltriebwerke TL, Abb. 1.2-2) geben nicht wie
das Turboshaft-Triebwerk TS mechanische Leistung in Form von Wellenleistung ab.
Sinngemäß ist deshalb die vom Triebwerk erzeugte Strahlleistung PStrahl zur Definition
des thermischen Wirkungsgrades anzusetzen. Diese wird als Anstieg der kinetischen
Energie des Arbeitsmediums wie folgt definiert

c29 c2
PStrahl = PJet = ṁ9 − ṁ0 0 ·
2 2
Auf dieser Basis erfolgt die Definition des thermischen Wirkungsgrades wiederum mit
Hilfe der Brennstoffleistung

c29 c2
Strahlleistung ṁ9 − ṁ0 0
ηth = = 2 2 · (1.2-8)
Wärmestrom durch Verbrennung zugeführt ṁB Hu
Zur groben Orientierung bei den Bauweisen der Luftstrahltriebwerke vom Turboprop-
TP bis zum Turbofan-Triebwerk TF und ihren günstigen Einsatzbereichen kann auch
ein äußerer Wirkungsgrad beziehungsweise ein Vortriebswirkungsgrad (propulsion
efficiency) für Schub-Triebwerke definiert werden. Er lautet:
Vortriebsleistung F c0 2
ηP = = = c9
Strahlleistung c29 c20 1+ (1.2-9)
ṁ9 − ṁ0 c0
2 2
Die Vortriebsleistung wird im Inertialsystem definiert. Sie drückt die am Fluggerät durch
die Vorwärtsbewegung mit c0 vollbrachte Leistung aus. In Gl. (1.2-9) wird dabei nähe-
rungsweise gleicher Durchsatz angenommen sowie vollständige Entspannung der Strö-
mung in der Schubdüse auf Umgebungsdruck (Abschn. 2.1 und Kap. 6).
Auf Basis der Gl. (1.2-8) und (1.2-9) kann nun der Gesamtwirkungsgrad ηges bzw. η0
(overall efficiency) nach Gl. (1.2-10) definiert werden. Dieser beschreibt die Effizienz der
Wandlung von zugeführter Wärme in Vortriebsleistung und ist folglich ein Maß für die
Güte der Wärmekraftmaschine bzw. des Flugtriebwerks aus Sicht des Fluggerätes.
Vortriebsleistung
η0 = ηges = ηth ηP =
Wärmestrom zugeführt durch Verbrennung
(1.2-10)
F c0 c0
= = .
ṁB Hu SFC Hu
Es entsteht ein Parameter, der umgekehrt proportional zu dem auf den Schub bezoge-
nen spezifischen Brennstoffverbrauch SFCF ist. Somit sind der auf den Schub bezogene
spezifische Brennstoffverbrauch und der Gesamtwirkungsgrad beim Vergleich der Effizi-
enz von Antrieben als analog anzusehen, wenn Antriebe für Fluggeräte gleicher Flugge-
schwindigkeit bei gleichem Brennstofftyp verglichen werden sollen
10 1 Einleitung

ṁB c0 1
SFCF = = · · (1.2-11)
F Hu ηges
Wird ein Flug mit konstantem Auftrieb L (lift), konstantem Widerstand D (drag) und
konstanter Fluggeschwindigkeit c0 angenommen, so lässt sich ein Zusammenhang mit
der bekannten „Breguet-Formel“ für die Flugstrecke S herstellen [Hil92K, Gri04B,
Cum03B, Wal98B]
L F m1 1 CL m1
S= c0 ln = · c0 · · ln (1.2-12)
D ṁB m2 SFCF CD m2
mit dem Auftriebsbeiwert CL, dem Widerstandsbeiwert CD und den Start- und Endmas-
sen m1 und m2 des Flugzeugs.
Bei genauer Betrachtung der in Abschn. 1.3 vorgestellten Schaltungsarten und Bau-
gruppen von Gasturbinen für stationäre Anlagen und mobile Anwendungen wird
erkennbar, dass die Wellenleistung PW abgebende Turboshaft-Gasturbine TS mit Nutz-
turbine PT eine der einfachsten Schaltungsarten einer Gasturbinenanlage darstellt
(Abb. 1.1-3 und 1.2-1). Analog hierzu ist das Turbojet-Triebwerk TJ (Einstrom-Turbo-
luftstrahl-triebwerk TL) mit Einwellen-Gasgenerator GG und Schubdüse N (Abb. 1.2-2).
Die Darstellungen der prinzipiellen Bauweisen dieser Einstrom-Triebwerke werden in
Form von schematischen Blockschaltbildern ersichtlich. Der Arbeitsprozess (Kreispro-
zess, cycle) nur des Gasgenerators GG für die einfachen Gasturbinen-Triebwerke wird
in Abschn. 2.2 in (Abb. 2.1-2–2.1-7) im h-s-Diagramm mit den wesentlichen thermody-
namischen Zustandsgrößen gezeigt. Die den Arbeitsprozess abschließende Expansion
der Heißgase auf etwa Umgebungsdruck p0 in der Arbeits- bzw. Nutzleistungsturbine
PT beziehungsweise der Schubdüse N wird in Abschn. 2.2 und Abschn. 2.3 detailliert
behandelt.
Vom ungestörten Umgebungszustand (Ebene 0) aus wird durch den Einlauf E (Ebene
1 bis 2) der Luftmassenstrom ṁ0 = ṁ1 = ṁ2 dem von der Turbine angetriebenen Tur-
boverdichter C (Ebene 2 bis 3) zugeführt und in diesem auf den Arbeitsprozessdruck pt3
kontinuierlich verdichtet.
Zwischen Verdichter C und Gasgenerator-Turbine T wird das Arbeitsfluid in einer
Gleichdruckbrennkammer (Ebene 3 bis 4) auf die Arbeitsprozess-Spitzentemperatur Tt4
aufgeheizt und anschließend beim Wellenleistungs-Triebwerk von der Triebwerksebene
4 ausgehend in der Turbine T des Gasgenerators bis Ebene 44 expandiert. Diese Ebene
44 entspricht beim Turbojet-Triebwerk der Ebene 5 vor der Schubdüse N.
Nach Abschluss der inneren Energieabgabe von der Gasgenerator-Turbine T an den
auf gleicher Welle sitzenden Verdichter C kann die Nutzung der energiereichen Heiß-
gase durch die Expansion vom Totaldruck pt44 beziehungsweise beim Turbojet TJ von
pt5 aus im Sinne der jeweiligen Aufgabe des Triebwerks verschieden vorgenommen
werden.
Im Falle der Turboshaft-Gasturbine TS bzw. des Wellenleistungs-Triebwerks PGT
(Abb. 1.2-1) beaufschlagen die Heißgase in der Turbinensektion von 44 ausgehend die
1.2  Grundbegriffe und Hauptparameter der Arbeitsprozesse 11

freilaufende Arbeitsturbine, die als Nutzleistungsturbine PT (power turbine) die Wel-


lenleistung PW meist über ein Getriebe G zum Verbraucher nach außen abgibt. Die
Heißgase verlassen als Abgase mit noch relativ hohem Energieinhalt etwa auf Umge-
bungsdruck p8 ≈ p0 entspannt durch das meist diffusorartige Austrittsrohr (Ebene 5 bis
8) die Anlage.
Zur Vermeidung von Verlusten durch zu hohe Abgasgeschwindigkeiten sowie gege-
benenfalls zur Erhöhung der spezifischen Leistungsabgabe der Nutzleistungsturbine
PT ist es häufig zweckmäßig, das Austrittsrohr als Diffusor zu gestalten. Damit kann
die Expansion der Heißgase in der PT bis zum statischen Druck p5 ≈ p7 kleiner als der
Umgebungsdruck p0 also p5 ≈ p7 < p8 ≈ p0 erweitert werden. Die Leistungsabgabe der
Nutzturbine kann somit vergrößert werden.
Der Basis-Arbeitsprozess der Gasturbine GT bzw. des Turboschaft-Triebwerks TS
und damit auch des Turbojet-Triebwerkes TJ ist der aus der Thermodynamik bekannte
Joule- oder auch Brayton-Prozess, wie er in Abschn. 2.2 ausführlich behandelt wird. Er
besteht im verlustlosen Fall betrachtet prinzipiell aus isentroper Verdichtung im Turbo-
verdichter, isobarer Wärmezufuhr in der Brennkammer, isentroper Entspannung der
Heißgase in der Turbine und isobarer Rückführung des Arbeitsmediums zum Ausgangs-
zustand. Wie in Kap. 2 gezeigt wird, lassen sich die anderen Arbeitsprozesse (Kreispro-
zesse, cycle), die bei den atmosphärischen Antrieben der Luftfahrt eine Rolle spielen,
hiervon ableiten. Von besonderer Bedeutung sind nur der Joule- bzw. Isentropen-Iso-
baren-Prozess sowie auch der gleiche Prozess mit Wärmetauscher und der Isentropen-
Isobaren-Prozess mit Zwischenkühlungen, Zwischenerwärmungen und Wärmetausch.
Zur Vermeidung von Missverständnissen wird darauf hingewiesen, dass die Bezeich-
nung der Prozess-Eckpunkte mit 2, 3, 4 und 5 dem internationalen üblichen Standard
SAE-ARP755 der Kennzeichnung von Gasturbinen und Luftstrahltriebwerken der Flug-
technik entspricht [GasTurb, SAE89, Wal98B].
Die Turboshaft-Gasturbinen TS nach Abb. 1.1-3 und 1.3-1 werden zum einen haupt-
sächlich als Flugtriebwerke zum Antrieb von Propeller- oder Rotorflugzeugen und
Hubschraubern verwendet. Zum anderen werden sie modifiziert als ortsfeste Kraftwerks-
anlagen, sog. Aeroderivative, zum Beispiel als Anlagen zur schnellen Deckung von Spit-
zenlasten in Kraftwerks-Energienetzen eingesetzt (Abschn. 2.8).
Der Zusammenhang der wichtigsten Auslegungsgrößen von Turboshaft-Gasturbi-
nen ist in Abb. 1.2-1 mit dem Ergebnis einer Parameterstudie zu sehen. Deutlich ist zu
erkennen, dass hohe Spitzentemperaturen am Turbinen-Eintritt und hohe Verdichter-
Druckverhältnisse für maximale thermische Wirkungsgrade und damit geringen Brenn-
stoffverbrauch anzustreben sind.
Beim Einstrom-Einwellen-Turbojet-Triebwerk TJ nach Abb. 1.1-3 bzw. Abb. 1.2-2
ist dem Gasgenerator nach der Verdichter-Turbine über ein Übergangsrohr 5 bis 6 die
Schubdüse N von Ebene 7 bis 8 bzw. 9 angeschlossen.
Mit der Turbine T des Gasgenerators wird dem Arbeitsfluid in jedem Lastzustand
für den inneren Energieaustausch lediglich soviel mechanische Energie entzogen, wie
der Verdichter sowie die Nebengeräte an der gemeinsamen Welle benötigen. Die bei der
12 1 Einleitung

Entspannung zur Verfügung stehende Nutzenergie ab Ebene 44 wird über die Entspan-
nung in der Düse in kinetische Energie der Heißgase umgesetzt.
Die durch die Expansion der Heißgase in einer konvergenten oder konvergent-
divergenten Unterschall- oder Überschall-Düse C- oder C-D-Düse (convergent nozzle,
convergent divergent nozzle) entstehende Strahlleistung ergibt gegenüber der Flugge-
schwindigkeit v∞ oder auf das Triebwerk bezogen c0 eine erhöhte Triebwerks-Aus-
trittsgeschwindigkeit c8 beziehungsweise c9. Die Beschleunigung dieser Heißgase in der
Schubdüse im Heckbereich des Flugantriebes liefert gemäß dem Impulssatz der Fluid-
mechanik (Abschn. 2.1.1.3) mit den Impuls- und Druckkräften den Bruttoschub (gross
thrust)
 
FG = ṁ8 c8 + A8 p8 − p0 · (1.2-13)
Mit dem Impulssatz angesetzt über die gesamte Durchströmung vom Einlauf E bis zur
Düse N lautet der Nettoschub (net thrust) (Abschn. 2.1.1 bis 2.1.3)
 
FN = ṁ8 c8 − ṁ0 c0 + A8 p8 − p0 · (1.2-14)
Wie bereits besonders in Abschn. 1.1 erläutert, stellt der Einwellen-Gasgenerator GG
einmal gasdynamisch gekoppelt mit der Nutzleistungsturbine PT zum anderen mit der
die Heißgase beschleunigende Schubdüse N das Basiskonzept zahlreicher Gasturbinen-
Schaltungen und Verbund-Turboluftstrahltriebwerke wie Turbojet und Turbofan dar
(Abschn. 1.3).
Bei den einerseits Vor- oder Auftrieb erzeugenden Propeller-Flugtriebwerken bzw.
Turboprop-Triebwerken TP, andererseits bei den Schub abgebenden Strahltriebwerken
bzw. Turbojet-Triebwerken TJ kann von einem kontinuierlichen Übergang vom Propel-
ler- oder Rotor-Triebwerk (turboprop) über das Prop-Fan und Turbofan-Triebwerk TF
(Gebläse-Triebwerk) bis zum reinen Bypass-Schubtriebwerk TF ohne und mit Mischung
M und Nachbrenner AB gesprochen werden. Basis dieser Triebwerksfamilien ist stets der
Gasgenerator GG bzw. das Kerntriebwerk (core engine, core).
Das Ergebnis einer Parameterstudie der wichtigsten Auslegungsgrößen von Tur-
bojet-Triebwerken ist ebenfalls in Abb. 1.2-2 zu sehen. Auch hier ist zu erkennen, wie
hohe Spitzentemperaturen am Turbinen-Eintritt TET (turbine entry temperature) bzw.
Tt4 und hohe Gesamtdruckverhältnisse OPR (overall pressure ratio) für gute thermische
Wirkungsgrade und damit für einen geringen spezifischen Brennstoffverbrauch SFC
maßgebend sind.

1.3 Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben

Die Anwendungsbereiche und die damit verbundenen Anforderungen an die Flugan-


triebe haben seit Beginn in den 1940er Jahren die Bauweisen und auch die sich wandeln-
den Klassifizierungen der Triebwerke in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend
beeinflusst.
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 13

Dominante Auslegungsgrößen der Triebwerke sind einmal der die Reichweite und die
Nutzlast eines Flugzeuges bestimmende Brennstoffverbrauch bzw. der auf die Leistung
oder den Schub bezogene spezifische Brennstoffverbrauch SFC.
Weiterhin spielt die abgegebene Nutzleistung PPT bzw. der Schub F eines Triebwerks
und die Triebwerksmasse eine große Rolle, die für Flugleistungen vom Start über Steig-
und Reiseflug bis zu den Landemanövern einen wesentlichen Faktor darstellen. Schließ-
lich beeinflussen neben den Einbaumodalitäten die Lärm- und Schadstoff-Emissionen
sowie die Betriebs- und Wartungskosten, die Lebensdauer und schließlich die Gesamt-
konzeption den Erfolg eines Antriebssystems.
Wie bereits in Abschn. 1.2 vorgestellt wurde, stellt die Basis aller Gasturbinen-Anla-
gen und Turboluftstrahltriebwerke das Kerntriebwerk (core engine) dar. Ausgehend von
dieser Baugruppe (Abb. 1.1-3) sind mehrere Triebwerksarchitekturen und Gruppierun-
gen möglich, wobei die einzelnen Triebwerkstypen in Ein- oder Mehrwellen-Bauweise
ausgeführt werden können.
Die Einordnung von Luftfahrttriebwerken in einer Gruppe 1 stellen die Einstrom-
Gasturbinen mit 1- oder auch 2- Rotoren dar (Abb. 1.3-1). Erste Vertreter dieser Trieb-
werke waren in den 1940er Jahren die später in Abb. 1.6-3 dargestellten Triebwerke
Jumo004, BMW003 und ATAR 101V.
Turboshaft-Triebwerke mit nachgeschalteter Nutzleistungsturbine PT bilden die
Basisantriebe für Hubschrauber und Propellerflugzeuge oder auch für Kipprotor-Flug-
zeuge [Haf82B, Mug88]. Zur verbesserten Drehzahlanpassung von Nutzleistungsturbine
PT und Propeller Pr oder Rotor R ist es zweckmäßig, ein Untersetzungsgetriebe G (gear-
box) einzuschalten.
Bei den Propeller-Turboshaft-Mehrwellen-Triebwerken bzw. Turoprops (turbop-
rop) wird in der Turbinen-Sektion eine an die Fluggeschwindigkeit angepasste Leis-
tung zum Propellerantrieb entnommen, wobei die über eine Düse abströmenden
Heißgase noch etwas Restschub liefern. Dabei sollte mit steigender Fluggeschwindig-
keit eine optimale Aufteilung von Propellerschub und Düsenschub angestrebt werden
(Abschn. 2.6.1.1).
Bei den Turboshaft-Triebwerken von Hubschraubern und anderen Rotor-Flächen-
flugzeugen wird abhängig von der Fluggeschwindigkeit eine möglichst maximale Tur-
binenleistung den Heißgasen entnommen, wobei die Düsen-Auströmgeschwindigkeit
minimal bleiben sollte.
Ein Propeller- bzw. Turboprop-Triebwerk kann prinzipiell auch als Zweistrom- bzw.
Bypass-Triebwerk mit sehr großem Bypass-Verhältnis BPR betrachtet werden.
Beim Einstrom-Turbojet-Triebwerk TJ kann zwischen Ein- und Zweiwellen-Trieb-
werken ohne oder mit Nachbrenner AB unterschieden werden. Beim Nachbrenner-
Triebwerk kann wahlweise auch in dem der Schubdüse vorgeschalteten Brennraum der
Fluidstrom nochmals zur kurzzeitigen Schubverstärkung aufgeheizt werden.
In den frühen 1940er Jahren wurden mit den neuen Konzepten und Entwicklungen
von ersten Turbo-Flugantrieben die hier in der Gruppe 1 gezeigten Triebwerke wegen
ihrer einfachen und kompakten Bauweise und ihres relativ hohen Schubes bezogen auf
14 1 Einleitung

Einstrom-Gasturbinen und -Flugtriebwerke


Standard-Triebwerke (Beispiele)

Turboshaft TS für Hubschrauber und


stationäre Gasturbinen-Anlagen

Turbojet TJ/TJA
ohne/mit Nachbrenner AB
Al C250
T64, T700

Turboprop TP und ATAR 9K


Propfan PF J79

Turbojet (2 Wellen) TJ2/TJ2A


ohne/mit Nachbrenner AB
TP400
Tyne

Olympus 593

Abb. 1.3-1  Einstrom-Gasturbinen-Anlagen mit Gasgenerator GG der Gruppe 1 als Turboshaft-


Gasturbine TS mit Nutzleistungsturbine PT und mit Propeller Pr als Turboprop TP (turboprop)
oder als Schubtriebwerk bzw. als Turbojet-Triebwerk TJ (turbojet) mit Schubdüse N (nozzle) und
gegebenenfalls Nachbrenner AB (after burner). Einige Beispiele bekannter Triebwerke sind ange-
merkt. Darstellung nach [GasTurb]

den Stirnflächen-Querschnitt häufig eingesetzt (Abschn. 1.6). Beispiele dazu sind die


Triebwerke Jumo 004, BMW003 und ATAR9K. Auch bei Trainingsflugzeugen, leichten
Bodenkampf-Flugzeugen und unbemannten Drohnen-Fluggeräten werden solche Ein-
strom-Turbojet-Triebwerken häufig verwendet.
Besonders geeignet waren und sind die Einstrom-Turbojet-Triebwerke TJ für den Über-
schallflug und die Kombinations-Turbojet-Ramjet-Triebwerke bis in den Hyperschall-Flug-
bereich hinein, da bei Super- und Hyperschallflügen hier die Integration des Antriebssystem
mit geringen Einbau-Widerständen erfolgen kann. Dies zeigten zum Beispiel die Über-
schall-Verkehrsflugzeuge Concorde (Triebwerk Rolls Royce/SNECMA Olympus 593) und
Tupolev Tu 144 (mit dem Triebwerk NK-144) oder auch das stärkste jemals gebaute reine
Turbojet-Triebwerk General Electric GE4 des Boeing-SST-Projektes B2702, das entwickelt
und auf dem Prüfstand erprobt wurde, jedoch wegen mangelnder Umweltfreundlichkeit
und zu geringer Wirtschaftlichkeit im Jahr 1972 nicht mehr fertig entwickelt wurde (Kap. 8).
Durch den auf Grund der hohen Strahlgeschwindigkeiten niedrigen Vortriebswir-
kungsgrad von Turbojet-Triebwerken (Gl. 1.2-9, Abb. 1.3-6), wird die Effizienz der
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 15

Bypass-Turbofan-Triebwerke TF
Standard-Triebwerke (Beispiele)
Turbofan TF
BPR > 2 bis 3 Ring-Düse 2-Wellen-Turbofan TFMA
mit Mischung und Nachbrenner
BPR < 2

CF6-80

EJ200
Turbofan TFM mit Mischung F100
BPR < 2 bis 3
3-Wellen-Turbofan TFMA
Mischung mit Nachbrenner
BPR < 2

BR715

RB199

Abb. 1.3-2  Bypass-Turbofan-Triebwerke mit Kerntriebwerk (core) der Gruppe 2 als Turbofan-


Triebwerke TF mit hohem Bypass-Verhältnis BPR ohne und mit Mischer TFM sowie Turbofan-
Triebwerke mit kleinem Bypass-Verhältnis und Mischer ohne bzw. mit Nachbrenner TFMA.
Darstellung nach [GasTurb]

Flugantriebe gesteigert, wenn die den Vortrieb bewirkende Strahlgeschwindigkeit relativ


zur Umgebung klein gehalten wird. Der Vortriebswirkungsgrad nähert sich theoretisch
dem idealen Wert von 1, wenn sich die Strahlgeschwindigkeiten c9 der Flugeschwin-
digkeit v0 bzw. c0 nähern. Hohe Strahlgeschwindigkeiten stellen allerdings große Lärm-
quellen dar, sodass bei der Konzeption von Triebwerken die Minimierung des Lärms zu
berücksichtigen ist. Mögliche Lösungen hierfür sind das Propeller-Turboshaft-Triebwerk
TP und für höhere Flugeschwindigkeiten das Bypass-Turbofan-Triebwerk TF. Bei Letz-
terem treibt die Nutzleistungsturbine PT einen ummantelten Bläser oder Fan an. Dieser
kann besonders bei kleinen Bypass-Verhältnissen quasi als Niederdruck-Verdichter LPC
(low pressure compressor) bzw. Booster auch mehrstufig ausgelegt werden.
Mit Abb. 1.3-2 wird dazu eine weitere Einordnung von Turbotriebwerken mit der
Gruppe 2 von Bypass-Turbofan-Triebwerken TF vorgestellt. Diese wurden Ende der
1950er Jahre aus den Triebwerken von Gruppe 1 weiterentwickelt und repräsentieren im
Verlauf von Jahrzehnten die wichtigsten Standard-Turbotriebwerke auch der modernen
zivilen und militärischen Luftfahrt.
16 1 Einleitung

Turbofan-Triebwerk TF
22 H0=11km, M0 =0,80
[g/(kNs)]
21
spez. Brennstoffverbrauch SFC

20 5

19

18 10
Druckverhältnis
15
17 20 OPR
25
15
16
20
25
15 30
35
40
14
1,75 2,00 2,25 2,50 2,75 3,00 3,25 3,50 3,75
Fan-Durchmesser [m]
Abb. 1.3-3 Turbofan-Triebwerk TF mit hohem Bypass-Verhältnis BPR ohne Mischung. Spe-
zifischer Brennstoffverbrauch SFC abhängig von wesentlichen Auslegungsparametern wie dem
Bypass-Verhältnis BPR, dem Gesamtdruckverhältnis OPR und dem Fan-Durchmesser für den Rei-
seflug (cruise)

Über die Nutzleistungsturbine PT bzw. die Niederdruckturbine LPT wird dabei ein
Teil der Energie auf einen Fan F oder Niederdruckverdichter LPC übertragen, der den
Bypass-Luftstrom wie einen Mantelluftstrom um das Kerntriebwerk fördert. Bei höheren
Bypass-Verhältnissen kann der Bypass-Luftstrom in einer Ringdüse mit reduzierter Strahl-
geschwindigkeit zum Schub des zweiten äußeren Bypass-Massenstroms umgesetzt werden.
Bei den meisten Turbofan-Triebwerken liefert der verdichtete Bypass-oder Sekundär-
luftstrom über die Sekundärdüse den wesentlich höheren Schubanteil gegenüber dem
Schub des heißen Primärkreises über die Primär-Schubdüse. Dabei kann je nach Flug-
mission und Schubhebelstellung PLA (power lever angle) das Verhältnis beider Massen-
ströme zueinander variieren. Generell bewirkt bei Turbofan-Triebwerken eine Erhöhung
des Bypass-Verhältnisses über die Erhöhung des Vortriebswirkungsgrades eine Verrin-
gerung des SFC. Es ist jedoch zu beachten, dass auch hier ein Minimum erreicht wird
und somit eine Optimierung vorgenommen werden muss. Eine solche Optimierung
ohne Berücksichtigung der Triebwerksinstallation, wie sie (Abb. 1.3-3) dargestellt ist,
führt zu sehr hohen Werten für ein optimales Bypass-Verhältnis.
Die damit verbundenen, sehr großen Fan-Durchmesser erschweren wesentlich die Inte-
gration der Turbofan-Triebwerke in das gesamte Flugzeugsystem. Die Berücksichtigung
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 17

Turbofan mit Mischung TFM


ohne/mit Nachbrenner TFMA
37
[g/(kNs)]
Bypass-Verhältnis
8
spez. Brennstoffverbrauch SFC

36 Überschall-Höhenflug
BPR
2 H0=11000 m, M0=2
OPR ohne Nachbrenner
35
12 3
5
34
16
20 40
33
24 36
28
32
32 OPR
OPR
Gesamtdruckverhältnis [GasTurb]
31
0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2
Fan-Durchmesser [m]
Abb. 1.3-4 Turbofan-Triebwerk TFMA mit kleinem Bypass-Verhältnis BPR, mit Mischung M
und Nachbrenner AB. Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC abhängig von wesentlichen Aus-
legungsparametern wie BPR, OPR und Fan-Durchmesser für Überschall-Reiseflug bei M0 = 2.
Nachbrenner nicht geschaltet

der Installationsverluste und der erhöhten Gewichte führt zu einem wesentlich kleineren
optimalen Bypass-Verhältnis. Nachteilig wirken sich mit steigenden hohen Bypass-Ver-
hältnissen die Erhöhung der Druckverhältnisse von Niederdruckturbinen aus und damit
die Steigerung der Stufen- und Schaufelzahlen sowie das ansteigende Gewicht der Nieder-
druckturbine. Hier kann das Turbofan-Triebwerk mit Getriebe GTF (geard turbofan) Ver-
besserungen bringen (Abschn. 2.6 und Kap. 8).
Bei besonders hohen, Umwelt bedingten Anforderungen an die Flugtriebwerke zum
Beispiel bei Regionalflugzeugen kann zur verstärkten Lärmreduzierung eine Mischung
des Bypass- und Primär-Fluidstromes vorgenommen werden, wie das Turbofan-Trieb-
werk mit Mischer TFM zeigt (Abb. 1.3-2).
Für den Überschallflug von Hochleistungsflugzeugen bis hin zum Hyperschallflug kön-
nen Turbojet- und vor allem Turbofan- und Kombinations-Triebwerke eingesetzt werden.
Hierbei können aus der Weiterentwicklung der Technologien der klassischen Einstrom-
Turbojet-Triebwerke ohne und mit Nachbrenner die Turbofan-Triebwerke mit kleinem
Bypass-Verhältnis und Mischung des Primär- und Sekundär-Fluidstromes sowie anschlie-
ßendem Betrieb ohne oder mit Nachbrenner eingesetzt werden (Abb. 1.3-4 und 1.3-5).
18 1 Einleitung

60
Überschall-Höhenflug
[g(kNs)] H0=11000 m, M0=2
1,50
59 Nettoschub FN=const
spez. Brennstoffverbrauch SFC

1,00
58 mit Nachbrenner

0,50
57
0,25
56
BPR 0,0
Bypass-Verhältnis 4
55
6
OPR 8 14
54 10
Gesamtdruckverhältnis
[GasTurb]
53
1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0 3,2
Fandruckverhältnis Fan

Abb. 1.3-5  Turbofan-Triebwerk TFMA wie Abb. 1.3-4, hier mit Nachbrenner AB

Die Auslegung und die Konzeption der Turbofan-Triebwerke ohne oder mit
Mischung und Nachbrenner TFMA mit der Fähigkeit von ökonomischen Unterschall-
und Überschallflügen für mehrere variable Flugmissionen werden durch ein weit gefass-
tes Spektrum an Leistungskonzentration und optimalem Brennstoffverbrauch geprägt.
Zusätzlich kann der Brennstoffverbrauch im kurzzeitigen Nachbrennerbetrieb die
Gesamtkonzeption wesentlich mitbestimmen.
Der subsonische Reiseflug (cruising) führt bei einer optimierten Auslegung zu hohen
Bypass-Verhältnissen bei ebenfalls hohen Gesamtdruckverhältnissen OPR, sodass hier
häufig ein Kompromiss in der Auslegung eingegangen werden muss. Dies wird bei der
Beurteilung der Parameterstudie in Abb. 1.3-5 deutlich, wie dies zum Beispiel bei dem
europäischen Turbofan-Nachbrenner-Triebwerk EJ200 mit einem Bypass-Verhältnis
BPR = 0,4 und einem Gesamtdruckverhältnis OPR = 25 der Fall ist.
Beim Überschallflug ohne Nachbrenner wäre das verbrauchsoptimale Bypass-Ver-
hältnis BPRopt ≈ 3. Um die Stirnfläche des Triebwerks wegen des Flugzeugwiderstandes
klein zu halten, ist ein Kompromiss zwischen Verbrauch und Bypass-Verhältnis BPR < 2
sinnvoll. Das entsprechende Gesamtdruckverhältnis OPR wurde z. B. beim Triebwerk
EJ200 mit etwa 28 festgelegt.
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 19

0,90
P Turboprop TP
Turbofan TF
Vortriebswirkungsgrad

0,80
Turbofan (gemischt) TFM
BPR
6,0
0,70
3,0
Turbojet TJ
1,0
0,60

0,50
0 0,5 1,0 1,5
Flug-Mach-Zahl M 0

0 500 1000 1500


Geschwindigkeit Reiseflug (Cruise) c 0 [km/h]

Abb. 1.3-6 Vortriebswirkungsgrad und günstige Geschwindigkeitsbereiche der verschiedenen


Triebwerke vom Turboprop-, Turbofan- und Turbojet-Triebwerk

Beim hohen supersonischen Flug mit eingeschaltetem Nachbrenner wäre prinzi-


piell nach der Parameterstudie von Abb. 1.3-5 ein Turbojet-Triebwerk TJ günstig. Das
verbrauchsoptimale Druckverhältnis OPR bei BPR = 0 beträgt dabei nur etwa 12. Der
Brennstoff-Verbrauch wäre allerdings je nach Stellung des Nachbrenners bei etwa 50 %
bis 70 % höher als beim Turbofan ohne Nachbrenner.
Die unterschiedlich günstigen Einsatzbereiche der verschiedenen Flugantriebe vom
Turboprop- und Turbojet- bis zum Turbofan-Triebwerk können über den Vortriebs-
wirkungsgrad bzw. dem spezifischen Brennstoffverbrauch SFC abhängig von der Flug-
Mach-Zahl M0 bzw. der Fluggeschwindigkeit c0 tendenziell dargestellt werden, wie dies
in Abb. 1.3-6 zu sehen ist.
Bis zu einer Flug-Mach-Zahl M0 von 0,3 bis etwa 0,7 sind die Propeller-Triebwerke
unterschiedlicher Bauweisen mit ihrem sehr hohen Bypass-Verhältnis von Vorteil.
Dann folgen bis M0 ≈ 0,8 die Turbofan-Triebwerke mit hohem BPR > 3 bis 7 gefolgt
von den Turbofan-Triebwerken mit Mischung TFM mit kleinem Bypass-Verhält-
nis BPR ohne und mit Nachbrenner AB. Mit steigender Fluggeschwindigkeit in den
20 1 Einleitung

Erweiterte Turboshaft-, Turbojet- und Turbofan-Triebwerke

Turboshaft-Gasturbine TS-R Turbofan mit Nachbrenner TFMA


2- Wellen mit Rekuperator Variable Arbeitsprozesse VCE
(V/STOL-Eigenschaften)

Variable Elemente und Geometrie


Variable Bypass-Fluidströme
Turbofan (3 Wellen) mit Verstellgeometrie bei Verdichter
Rekuperator und Kühler TF-RC und Turbinen
Variable gestufte Brennräume
Variable Luftsysteme
Variable Einläufe und
2-oder 3-D-Vektor-Düsen

Kombinationstriebwerke
Turbojet – Turbofan - Ramjet

Abb. 1.3-7  Gruppe 3 von Gasturbinen und Flugtriebwerken mit erweiterten und modifizierten
Systemen wie Turboshaft- und Turbofan-Triebwerke ohne und mit Wärmetauschern und Kühlern
sowie Verstellgeometrien und variablen Arbeitsprozessen VCE (variable cycle engine) zur Verbes-
serung der Arbeitsprozess-Parameter. Darstellung nach [GasTurb]

supersonischen Flugbereich hinein wird das reine Turbojet-Triebwerk TJ ohne und mit
Nachbrenner AB die günstigste Wahl sein und schließlich gefolgt vom Ramjet-Trieb-
werk RJ (ramjet).
Die Entwicklung der Turbo-Flugtriebwerke in den letzten über fünf Jahrzehnten nach
den oben vorgestellten zwei Gruppierungen von Standard-Triebwerken war geprägt
durch eine stetige Verbesserung der wichtigsten Auslegungsparameter wie z. B. bei den
zivilen Antrieben die Gesamtdruckverhältnisse OPR bis über 45, die Turbinen-Eintritt-
stemperaturen TET bis über etwa 1600 °C und die Bypass-Verhältnisse BPR bis über 10
(Abschn. 2.5 bis 2.7).
Um die zukünftigen Anforderungen an die Flugantriebe aber auch an die gesteigerte
Effizienz der stationären Gasturbinen-Anlagen und mobilen Antrieben der Schiffs- und
Fahrzeug-Technik verwirklichen zu können, sind erhebliche Neuerungen bei den bisher
üblichen Konzeptionen vorzunehmen, die weltweit bereits in zahlreichen Entwicklungs-
und Forschungsprogrammen für zukünftige Projekte untersucht werden [Wal98B,
Eps11, Fro11, Gar11, Gou11, Grö11, Hen11, Lor11, Ros11].
Im Abb. 1.3-7 werden in einer Gruppe 3 Beispiele von erweiterten Gasturbinen und
modifizierten Flugantrieben vorgestellt.
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 21

Dabei ist hervorzuheben, dass fast alle dargestellten Konzepte und Modifikationen
bereits in den vergangenen Jahrzehnten mehr oder weniger intensiv und umfangreich
untersucht, gebaut und als Prototypen getestet wurden. Die dauerhafte serienmäßige
Verwendung dieser Entwicklungen fand allerdings bisher nur begrenzt statt, da häu-
fig die Lebensdauer oder die optimale Steuerung und Regelung, die Sicherheit und vor
allem die geforderten Umweltaufgaben und ökonomischen Bedingungen nicht genügend
erfüllt werden konnten.
Als Beispiel seien hier die zahlreichen Triebwerksprojekte und Prototypen der 1960er
und 1970er Jahre aus der Fahrzeugtechnik vom kleinen PKW bis zum LKW und vom
Schwerfahrzeug bzw. von Panzerfahrzeugen genannt. Die angestrebte notwendige
Lebensdauer bei den häufigen Lastwechseln und die Massen der Regenerator- und Reku-
perator-Wärmetauscher dieser Gasturbinen waren mit den Technologien der damaligen
Zeit nur ungenügend oder nicht zu erreichen.
Mit dem inzwischen erreichten Technologieniveau und mit den zum Beispiel zur
Verfügung stehenden numerischen Rechen- und Simulationsmethoden können die in
Abb. 1.3-7 gezeigten Modifikationen realistischer als vor zwei bis drei Jahrzehnten ver-
wirklicht werden (Kap. 8).
Bei den Wellenleistungs-Gasturbinen und besonders den Turboshaft-und Turbofan-
Flugtriebwerken bieten sich Wärmetauscher- und Kühler-Bauweisen an, die zu erhebli-
chen Verbesserungen zumindest der Arbeitsprozesse führen, wie sie in Abschn. 2.9 und
Kap. 7 und 8 gezeigt werden.
Bei den Turboluftstrahltriebwerken wird zum Beispiel eine variable Geometrie bei
verschiedenen Komponenten zu seit langem angestrebten VCE-Triebwerken (varia-
ble cycle engine) mit variablem Arbeitsprozess führen. Damit könnten besonders flexi-
ble Systeme von Hochleistungs-Triebwerken für gemischte Flugmissionen auch mit
V/STOL-Anforderungen (vertical/short take off and landing) bereitgestellt werden.
Ein Trend allgemein der bisherigen Entwicklungen sowie Hinweise zu zukünftigen
Projekten wird in Abb. 1.3-8 im Überblick gegeben, der am Verlauf des spezifischen
Brennstoffverbrauchs SFC über der Zeit orientiert ist. Die technologische Entwicklung
der Turbofan-Triebwerke ist anhand von mehreren Generationen am Beispiel der zivi-
len Turbofan-Triebwerke mit hohem Bypass-Verhältnis dargestellt. Für jede Triebwerks-
generation wird ein typisches Triebwerk angeführt. Die Gruppierung in verschiedene
Generationen von Bypass-Triebwerken ist näherungsweise bis zur 3. Generation ange-
geben. Eine Zuordnung in eine definierbare 4. und 5. Generation zukünftiger Triebwerke
ist nach dem aktuellen Stand der Projekte noch unklar.
Durch beständige Erhöhung der Bypass-Verhältnisse BPR, der Gesamtdruckverhält-
nisse OPR und der Turbinen-Eintrittstemperaturen TET konnten sowohl Brennstoffver-
bräuche als auch Lärm- und CO2-Emissionen der Flugzeug-Triebwerke kontinuierlich
verbessert werden. Diese wichtigen Kriterien werden auch für zukünftige Antriebe neben
den Kosten vorrangige Bedeutung haben.
Aus der historisch gesehenen Entwicklung des Brennstoffverbrauchs von der zweiten
bis zur vierten Generation moderner „High-Bypass”-Turbofan-Triebwerke kann eine
22 1 Einleitung

Bypass-Turbofan-Triebwerke TF
Entwicklungsstufen
SFC 1. Gen.
+20% Spey, JT8D,
BPR<2
Verhältnis
Brennstoffverbrauch spez.

2. Gen.
BPR
CF6, PW2037, BPR<6
+10% RB211, V2500
3. Gen.
CFM56, Trent700,BPR=5-8
+0% Referenz
Referenz GE90, PW4000 4. Gen.
GP7000, Trent900 BPR>8
-10% 5. Gen. BPR>10
Trent1000,GEnx
BPR>>10
Geard-TF
IRA-TF
-20% ACARE-Ziel OpenRotor

1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025
Jahr EIS (entry into service)

1. Gen. 2. Gen. 3. Gen.


GP7000
BPR<2 BPR<6 BPR=5-9 BPR=8,7, 2 Rotoren

P&W JT8D OPR=44, F = 311 kN


BPR=1,8, 2 Rotoren GE CF6-50
OPR=20, F = 89 kN BPR=4,4, 2 Rotoren
OPR=30, F = 233 kN
4. Gen.
BPR>8
PW1000G
BPR=8,7, 2 Rotoren 5. Gen. BPR>10
OPR=44, F = 178 kN
OpenRotor
IRA-TF

Geard-TF

Abb. 1.3-8  Zeitliche Entwicklung des relativen spez. Brennstoffverbrauchs SFC bei Turbofan-Trieb-
werken u. a. mit IRA-Turbofan (intercooled recuperated aero engine) während der vergangenen drei
Jahrzehnte mit Hinweisen zum Bypass-Verhältnis BPR und Kennzeichnung der Entwicklungsziele
nach ACARE-Vorgaben bis zum Jahr 2020. Darstellung nach GE Aviation, MTU Aero Engines,
Pratt&Whitney
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 23

Modifizierte Gasturbinen der Energietechnik und der Marine

Aeroderivativ-Turboshaft-Gasturbine Turboshaft-Gasturbine mit


(2- Wellen) mit Booster sequentieller Verbrennung

Turboshaft-Gasturbine (2- Wellen) Turboshaft-Gasturbine (2 Wellen) mit


mit Booster und Rekuperator Zwischen-Kühler und Rekuperator

Abb. 1.3-9  Modifizierte, erweiterte Gasturbinen der Gruppe 4 als Ein- und Mehrwellen-Gasturbi-
nen-Anlagen mit Wärmetauschern und Kühlern sowie gestufter sequentieller Verbrennung. Dar-
stellung nach [GasTurb]

Sättigung der Entwicklungskurve abgelesen werden (Abb. 1.3-8). Die erreichte Absen-


kung des Brennstoffverbrauchs über den Jahren wurde im letzten Jahrzehnt immer
geringer. Für eine weitere Senkung des SFC werden deshalb neue Triebwerkskonzepte
benötigt, wie in Abb. 1.3-8 (unten) an Beispielen gezeigt wird.
Der Getriebe-Turbofan GTF (geared turbofan) und das Triebwerk mit Rekupera-
toren und gegebenenfalls Zwischenkühlern IRA (inter cooled recuperated aeroengine)
versprechen ein erhebliches Potential zur Senkung des Brennstoffverbrauchs und der
Abgasemissionen.
Das zur Planung des 6. EU-Rahmenprogramms einberufene „Advisory Council
of Aeronautical Research in Europe“ (ACARE) hat anspruchsvolle Ziele definiert, die
Richtwerte bis zum Jahr 2020 für die europäische Forschung und Entwicklung darstel-
len. Mitglieder im ACARE sind alle wichtigen Hersteller der europäischen Luftfahrt-
industrie. Neben dem Ziel einer 15 bis 20 % Reduktion des SFC wurden auch Ziele zur
NOx- und Lärmminderung festgelegt.
In der Gruppe 4 nach Abb. 1.3-9 sind neben den erwähnten Gasturbinen-Trieb-
werken der Luftfahrt weitere typische Wellenleistung abgebende Gasturbinen für
verschiedene bedeutsame Anwendungsbereiche der Energietechnik und Schifffahrt
dargestellt.
24 1 Einleitung

Stationäre Gasturbinen und GuD


Historische Entwicklung
Beispiel: ALSTOM-Produkt-Familie
70
th
% Gasturbine und
60 Dampfturbine
GuD
Thermischer Wirkungsgrad

50

40
Dampfturbine DT

30

20
Gasturbine GT
10

(Daten: BBC / Alstom)


0
1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020

Jahre

Abb. 1.3-10  Zeitliche Entwicklung der thermischen Wirkungsgrade stationärer Kraftwerks-Gas-


turbinen und -Dampfturbinen sowie gekoppelt betrieben als Gasturbinen- und Dampfturbinen-
Kraftwerk GuD. Nach Daten der FA. Alstom Gas-, Dampfturbinen, GuD

Von den Gasturbinen-Turbotriebwerken der Flugtechnik wurden zudem in den ver-


gangenen Jahrzehnten verstärkt Gasturbinenaggregate besonders zur Spitzenlast-Strom-
erzeugung abgeleitet. Diese so genannten Aeroderivate (aeroderivative) finden weiterhin
als Kompakt-Antriebssysteme besonders bei Marine-Fahrzeugen oft in Kombination mit
Dieselmotoren und Dampfkraftanlagen umfangreiche Einsatzgebiete (Abschn. 2.8).
Bei solchen Konzepten wird auch hier wie in einem Spitzenlast-Kraftwerk über die
Abtriebswelle die Nutzleistung PPT an einen elektrischen Generator GEN (generator) abge-
geben. In energietechnischen Anlagen wird häufig die im heißen Abgas enthaltene Wärme
in Verbindung mit einem Dampfturbinenprozess genutzt. Diese kombinierten Gas- und
Dampfturbinenprozesse GuD bzw. CHP (combined heat and power cycle) erreichen inzwi-
schen thermische Wirkungsgrade um 60 %. Dieser Wirkungsgrad bezieht die von der Gas-
turbine GT und der Dampfturbine ST (steam turbine) nach außen abgegebene gesamte
nutzbare Wellenleistung auf den durch Verbrennung zugeführten Wärmestrom mit ein.
Als Beispiel für die zeitliche Entwicklung der stationären Gasturbinen in der Ener-
gie- und Kraftwerkstechnik ist in Abb. 1.3-10 die stete Steigerung des thermischen Wir-
kungsgrades der Dampfturbine, der Gasturbine und des Verbundes von Gasturbine und
Dampfturbine GuD von Beginn an um 1900 über ein Jahrhundert hin dargestellt. Die
1.3  Bauweisen von Gasturbinen und Flugantrieben 25

Stationäre Gasturbine in einem GuD-Kraftwerk

Brennstoff Gasaustritt zum


Brenner Dampf-Arbeitsprozess
Turbine
Rotor
Brennkammer
Frischluft

280 MW Gasturbine im
GuD-Kraftwerk Irsching
Kompressor
(Siemens SGT5-4000F)

Abb. 1.3-11  Stationäre 280 MW-Gasturbine in einem Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk GuD.


Indienststellung EIS der SGT5-4000F (Fa. Siemens A.G.) im Jahr 2009. Thermischer Wirkungs-
grad der GuD-Anlage über 60 %. Darstellung nach Fa. Siemens AG Kraftwerk

Daten hier nach Angaben von BBC/Alstom zeigen eindrucksvoll die Bedeutung der Gas-
turbine besonders auch in der Kopplung mit Dampfturbinen für das erreichte hohe Wir-
kungsgradniveau von Kraftwerken mit Gesamtleistungen pro Anlage von 200 bis nahe
300 MW. Weitere Hinweise sind in Abschn. 2.8 enthalten.
Als hervorgehobenes Beispiel ist in Abb. 1.3-11 die um das Jahr 2009 in Betrieb
gegangene 280 MW Gasturbine im Kraftwerk Irsching (Bayern) dargestellt. Bei dieser
Gasturbine handelt es sich weltweit um eine der leistungsstärksten stationären Gastur-
binen. Sie besteht aus einer Einwellen-Gasturbine in Axialbauweise mit Ring-Brennkam-
mer [Lec03B].
Ebenso wie in der Energietechnik wurde in den 1960er und 1970er Jahren angenom-
men, dass die Gasturbine in Verbindung mit Rekuperator- oder Regenerator-Wärmetau-
schern als Fahrzeugmotor oder als Antrieb bei Schienenfahrzeugen eine umfangreiche
Anwendung finden könnte. Obwohl weltweit zahlreiche Projekte in dieser Zeit gestartet
und als Prototypen getestet wurden, kam es zu keinem Durchbruch. Die technologischen
Voraussetzungen waren damals noch nicht genügend gereift, um effiziente, ökonomi-
sche Antriebe mit genügend Lebensdauer serienreif auf den Markt zu bringen [Gas67B,
Mün77B, Wal91B, Wal98B].
Der inzwischen bekannteste realisierte Anwendungsfall einer Fahrzeug-Gasturbine ist
beispielsweise der Motor des Abrams M1-Panzers in den USA, der von einer Lycoming
1500 kW-Rekuperator-Gasturbine angetrieben wird. Diese hat den Vorteil einer höheren
Leistungsdichte gegenüber einem konventionellen Kolbenmotor, bedeutet aber einen größe-
ren Aufwand bei Wartung und Instandhaltung sowie höheren Brennstoffverbrauch (Kap. 8).
26 1 Einleitung

Weiterhin gab es in der Vergangenheit auch mehrere Anwendungen von Gasturbinen


in Schienenfahrzeugen mit unterschiedlichem Erfolg, die inzwischen wieder eingestellt
wurden [Gas67B, Hei77, Mün77B, Ric89, Wal91B].

1.4 Kenngrößen und Entwicklungstendenzen

Die Parameterstudien von Gasturbinen und Flugantrieben auf der Basis von Arbeitspro-
zessrechnungen in den vorstehenden Abschnitten zeigten, dass die Güte und damit der
Brennstoffverbrauch der Turboluftstrahl-Triebwerke entscheidend von dem Gesamt-
druckverhältnis OPR und der Turbinen-Eintrittstemperaturen TET bestimmt wird.
Dabei sind die hohen Temperaturen nur mit hochwertigen Werkstoffen und aufwen-
digen Kühlungstechnologien der Turbinenschaufeln zu bewerkstelligen, da die Pro-
zesstemperaturen über der Schmelztemperatur der verwendeten Werkstoffe liegen. Als
weiterer wichtiger Auslegungsparameter bei den zivilen Turbofan-Triebwerken erweist
sich das Bypass-Verhältnis BPR. In Verbindung mit dem spezifischen Brennstoffver-
brauch SFC nach Abb. 1.3-3 wird in Abb. 1.4-1 deshalb der thermische Wirkungsgrad
ηth abhängig von den genannten Parametern für die verschiedenen Generationen von
Bypass-Turbofan-Triebwerken gezeigt. Dieser Wirkungsgrad stellt das Verhältnis der für
die Vortriebskräfte verfügbaren Energie bezogen auf die mit dem Brennstoff über eine
Verbrennung zugeführte Energie dar.
Der Gesamtwirkungsgrad ergibt sich aus der Multiplikation des thermischen Wir-
kungsgrades ηth mit dem Vortriebswirkungsgrad ηP.
Die Weiterentwicklung der Turbofan-Triebwerke in den verschiedenen Generationen
war mit erheblichen technologischen Verbesserungen der Turbomaschinen-Komponen-
ten Verdichter, Fan und Turbinen verbunden, wie in Abb. 1.4-2 und 1.4-3 zu sehen ist.
Hier wird die zeitliche Entwicklung der Arbeitsprozess-Hauptparameter Turbinen-Ein-
tritts-temperatur TET bzw. Tt4 und Gesamtdruckverhältnis OPR gezeigt.
Mit den erzielten Verbesserungen der Brennstoffverbräuche verringerten sich auch
die CO2-Emisionen.
Mit den gesteigerten Bypass-Verhältnissen konnten auch die Lärmemissionen stark
gesenkt werden. Bei Turbojet- und Turbofan-Triebwerken mit Bypass-Verhältnissen
BPR < 3 bis 5 dominierten als Lärmquellen gegenüber den Turbomaschinen-Komponen-
ten die hohen Ausströmgeschwindigkeiten aus den Schubdüsen. Ab etwa BPR > 8 verur-
sachen die Komponenten bei insgesamt sinkendem Lärmpegel die Gesamtlärmemission.

1.4.1 Umwelt und Klimaschutz

In Verbindung mit Umweltbelastungen sowie Umwelt- und Klimaschutz haben sich


in den vergangenen Jahrzehnten die Lärm- und Schadstoff-Emissionen zu dominanten
Parametern bei der Auslegung und dem Betrieb von Gasturbinen- und Flugantrieben
entwickelt [Umw08B].
1.4  Kenngrößen und Entwicklungstendenzen 27

RR Trent 900

50 TET
CFM56
th
[%] 2000 K
48
1900 K
thermischer Wirkungsgrad

GE CF6 1800 K
46

4. Gen. 1700 K
BPR>8
44
3. Gen.
BPR 5 8 1600 K

42
1500 K
Turbinen -
2. Gen. Eintrittstemperatur TET
40
BPR<6

38
15 20 25 30 35 40 45 50

Abb. 1.4-1  Thermischer Wirkungsgrad von Bypass-Turbofan-Triebwerken verschiedener Gene-


rationen abhängig vom Gesamtdruckverhältnis OPR und der Turbinen-Eintrittstemperatur TET

Entwicklung Turbinen-Eintrittsemperatur Tt4 bzw. TET


2000
Tt4 [°C]
Airbus A 380
1800
Turbinen-Eintrittstemperatur

)
1600 BPR
ni s( Trent800
Trent 900
lt
erhä RB211-535
1400 -V
ss JT9D
PW2037
pa
By RB211-524 CFM56
CF6-50C
1200 Boeing B 707 Spey
JT3D
1000 Tyne

Dart
800
BMW003
1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
Jahr EIS (entry into service)

Abb. 1.4-2  Zeitliche Entwicklung der Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 bzw. TET von Gasturbi-
nen am Beispiel von Turbo-Flugtriebwerken [Rol05B u. a.]
28 1 Einleitung

Entwicklung Gesamtdruckverhältnis OPR


Turbofan-Triebwerke TF
50 Airbus A 380

OPR
40
Gesamtdruckverhältnis

30

20

Boeing B 707

10

BMW003
0
1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
Jahr EIS (entry into service)
Abb. 1.4-3  Zeitliche Entwicklung des Verdichter- bzw. Geamtdruckverhältnisses OPR von Gas-
turbinen am Beispiel der Turboflugtriebwerke [Rol05B]

Schadstoffemission
Auf dem Gebiet des Klimaschutzes allgemein spielt die Schadstoffemission im Bereich
des Reisefluges der Flugzeuge in großen Höhen eine besondere Rolle. Dem gegenüber
stehen die Umweltbelastungen in Bodennähe in der Umgebung der Flugplätze meist
mehr im Fokus der Betrachtungen, wie bisher auch deutlich an den entsprechenden
Regularien und Kontrollen zu beobachten ist (Abb. 1.4-4).
Durch die unvollständige Verbrennung und Dissoziation bei hohen Brennraumtem-
peraturen entstehen in den Brennräumen neben CO2 und H2O die Schadstoffe Kohlen-
monoxid CO, die giftigen Stickoxide NOx und die unverbrannten Kohlenwasserstoffe
CHx, bzw. UHC (unburned hydrocarbons) sowie die zur Rauchbildung führenden unver-
brannten Kohlenstoffpartikel C.
Das Ziel einer sauberen Verbrennung ist bei den Triebwerken der Flugtechnik schwe-
rer zu erzielen als dies bei stationären Gasturbinen-Anlagen der Fall ist. Einmal muss die
Brennkammer eines Turbostrahltriebwerks nicht nur bei verschiedenen Lastzuständen
sondern auch in verschiedenen Flughöhen bei stark wechselnden Drücken und Tem-
peraturen einwandfrei arbeiten, wobei stets extreme Forderungen an die relativ kleine
Brennkammervolumen und Brennkammermassen zu erfüllen sind.
1.4  Kenngrößen und Entwicklungstendenzen 29

Entwicklung der NOx-Emissionen und Grenzwerte


140
ICAO 96 gültig ab 2003
[g/kN]
CAEP/4, CAEP/3 gültig ab 2007
120 ICAO 95
ICAO 96

100
ICAO NOx -Emission

CAEP/4
CAEP/3
80

60

40
Ziel 2020
20

10 20 30 40 50
Gesamtdruckverhältnis OPR
Abb. 1.4-4  Entwicklungsstufen der NOx-Emissionen (ICAO) und der Grenzwertbereiche bei verschie-
denen Typen von Turbojet- und Turbofan-Triebwerken. Darstellung nach ACARE [Umw05B, Umw08B]

Bis in die 1960er Jahre wurden die Brennkammerauslegungen in konventionellen,


relativ einfachen Bauweisen ausgeführt, wobei das Hauptziel in einem hohen Ausbrenn-
grad bei geringen Druckverlusten lag.
Durch die ansteigenden Anforderungen an ein umweltfreundliches Emissionsver-
halten ab etwa der 1970er Jahre wurde die Entwicklung emissionsarmer effizienter
Brennkammern in der Kraftwerkstechnik und besonders bei den Flugzeug-Triebwerken
vorangetrieben.
Um diese Entwicklungen zu forcieren, wurden ausgehend von ersten Richtlinien
der EPA (Environmental Protection Agency) in den USA und von der ICAO (Interna-
tional Civil Aviation Organization) in umfangreicher Form Emissions-Grenzwerte in
mehreren zeitlichen Stufungen insbesondere für NOx festgeschrieben (Abb. 1.4-4). Die-
ses internationale ICAO-Gremium von Vertretern der Industrie und Behörden gibt die
ICAO-Grenzwert-Parameter vor, die über einen definierten Start- und Landezyklus
die emittierte Schadstoffmasse, bezogen auf den Triebwerks-Standschub erfassen. Für
30 1 Einleitung

einen „Landing and Take-Off“-Zyklus kurz LTO-Zyklus werden zum Beispiel folgende
Betriebsbedingungen angenommen:

• Taxing, Bodenbetrieb mit (26 min) vom Startschub 7 %


• Take-Off, Start (0,7 min) 100 %
• Climb out, Steigflug (2,2 min) 85 %
• Approach, Sinkflug (4,0 min) 30 % .

Dabei werden neben dem Brennstoffverbrauch auch die verschiedenen Emissionsmen-


gen einzeln gemessen und mit dem Emissions-Index EI die EI –Werte beschrieben. Die-
ser lautet
EI = Emissionsmenge/Brennstoffmenge
und die Spezies NOX bzw. UHC, CO und NOX werden mit der Dimension (g/kg)
angegeben.
Da bei den sehr stark gesteigerten Triebwerks-Druckverhältnissen OPR die angestreb-
ten NOx-Emissionen schwieriger zu erreichen sind, werden die NOX-Werte abhängig vom
Verdichterdruckverhältnis bzw. OPR dargestellt. Ebenso wird auch die Bestimmung der
Emission von Rauch-partikeln mit einer entsprechenden Kennzahl SN (smoke number)
erfasst.
Um die angestrebten Emissionsziele zu erreichen, wurden ausgehend von den kon-
ventionellen Brennkammern verschiedene Brennkammerbauweisen erfolgreich weiter-
entwickelt, erprobt und in Serie eingesetzt (Abschn. 5.2).
Die technologischen Weiterentwicklungen betreffen zum Beispiel nach Angaben der
Firma MTU Aero Engines radial gestufte Brennkammerformen mit optimierten Ver-
brennungszonen, Rich-Quench-Lean-Konzepte RQL mit optimierter Luftverteilung
und Brennstoffaufbereitung und Kühlkonfigurationen, Lean-Premixed-Prevaporized-
Konzepte LPP mit sehr mageren Verbrennungsbedingungen und optimaler Brenn-
stoffaufbereitung sowie Kombination von RQL und LPP in radial oder axial gestufter
Anordnungen (Kap. 5) [Gri04B, Lef98B].

Lärmemission
Mit dem schnell ansteigenden zivilen Flugverkehr in den 1960er Jahren und der damit
verbundenen stark anwachsenden Lärmemission der Flugzeuge mit Luftstrahltriebwer-
ken wurden bereits Ende der 1960er besonders durch die FAA in den USA die ersten
Regularien zur Lärm-Begrenzung besonders in der Umgebung von Flughäfen vorge-
schlagen und durchgesetzt (Abb. 1.4-5). Die Federal Aviation Regulation FAR Part 36
und der damit verbundene Annex 16 des ICAO Committee on Aircraft Noise hatten
sehr schnell einen starken Einfluss besonders auf die Neu- und Weiterentwicklung ziviler
Flugzeug-Triebwerke.
Die entscheidenden Lärmquellen bei den Gasturbinen-Luftstrahltriebwerken sind auf
der Einströmseite die Verdichter und bei den Bypass-Turbofan-Triebwerken besonders
der Fan. Auf der Abströmseite stellen die Lärmquellen wiederum der Fan dar sowie die
1.4  Kenngrößen und Entwicklungstendenzen 31

ICAO Annex 16 Steigflug


Schub reduziert
FAA FAR Part 36

6500 m

450 m Abflug-Messpunkt
EPNdB
Messlinie seitlich
Höhe 3°
120
120 m
Lärm-Pegel (Side Line)

Anflug-Messpunkt
20 db

B707
Turbojet 2000 m
110
Caravelle DC9 Lärmzertifizierung mit Schalldruck
B747-100 „Approach“, „Flyover“ , „Sideline“
100 1. Gen. BPR<2
A300 2. Gen. BPR<6
20 db

A320
B747-400 3. Gen. BPR<8
90

80

1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020


Jahr EIS (entry into service)

Abb. 1.4-5  Zeitliche Entwicklung der Lärmemissionen von Flugtriebwerken und Regularien zur
Lärmdämmung mit Beispielen von Flugzeugtypen [Umw05B, Umw08B]

Brennkammer, die Turbinen-Sektion und wegen der hohen Ausströmgeschwindigkeiten


sehr intensiv der Mischungsprozess mit der Umgebungsluft am Düsenaustritt.
Zur Lärm-Zertifizierung nach den ICAO-Regularien wird von 3 Referenz-Messpositionen
im Flugplatzbereich ausgegangen (Abb. 1.4-5). Dies sind die Messpunkte beim Start und
Steigflug (Abstand 6500 m und 2000 m), beim Landeanflug und auf der seitlichen Messlinie
im Abstand von 450 m quer zur Start- und Landebahn [Brä09B, Gri04B, Rol05B].
Bei der Lärmabstrahlung nach vorn konnten in den vergangenen Jahrzehnten bei den
Verdichtern und besonders bei den Bypass-Triebwerken die akustischen Phänomene
bei den auftretenden Interferenzen zwischen den Schaufel-Gittern von Rotor und Stator
der Verdichter und Fan durch gezielte Maßnahmen verbessert werden. Hilfreich waren
dabei die Abstimmung der Schaufelzahlen von Laufrad- und Leitrad sowie die Vergrö-
ßerung und die Optimierung der axialen Abstände von umlaufenden und feststehenden
Gittern oder Gehäuseteilen.
Mit den Erweiterungen der Bypass-Turbofan-Triebwerke zu größeren Bypass-Ver-
hältnissen auf inzwischen über 10 hinaus mit immer größer werdenden Massenströmen
sowie Einlaufquerschnitten und Schaufellängen traten die Lärmquellen und deren Beein-
flussung mehr und mehr in den Vordergrund. Zahlreiche Maßnahmen zur steten Ver-
minderung der Lärmbelastungen führten zu dem in Abb. 1.4-5 gezeigten Verlauf. Die
32 1 Einleitung

Lärmemission konnte um über 30 dB im Zeitraum von etwa fünf Jahrzehnten vom Tur-
bojet der 1950er Jahre bis zum Hochbypass-Turbofan-Triebwerk der 2000er Jahre herab-
gesetzt werden.
Bei der Lärmabstrahlung nach hinten können beim Turbofan die das eigentliche
Basistriebwerk verlassenden Heißgase entweder mit dem kälteren Bypass-Luftstrom
gemischt werden oder die Abströmung verläuft durch zwei getrennte Düsen, die Primär-
und Sekundär-Ringdüse.
Der Mischungsprozess wird hauptsächlich bei Turbofan-Triebwerken mit klei-
nem Bypass-Verhältnis angewendet, da dadurch die Wiedererhitzung des gemischten
Gesamtmassenstroms im Nachbrenner erleichtert wird (Abb. 1.3-2, Abschn. 2.5 und
Kap. 8).
Der getrennt austretende Bypass-Massenstrom beim Turbofan ohne Mischung
umschließt mantelförmig den Heißgasstrahl der Primärdüse. Durch diesen “isolieren-
den” Ummantelungseffekt wegen des bei allen Bypass-Triebwerken stark reduzierten
Niveaus der Heißgasgeschwindigkeit wird die durch Schubdüsenstrahlen emittierte
akustische Energie relativ gering gehalten. Die Geschwindigkeitsverteilung im Flug-
zustand ist meist so abgestuft, dass die Primärgeschwindigkeit der Heißgase größer als
die Sekundärgeschwindigkeit der Bypassluft ist und diese wiederum höher als die Flug-
geschwindigkeit. Durch Reduktion der Strahlgeschwindigkeiten konnte so gegenüber
dem Einstromtriebwerk gleichen Startschubs bei Bypass-Triebwerken mit hohen Bypass-
Verhältnissen eine Herabsetzung des Lärmpegels um die in Abb. 1.4-5 gezeigten Größen
erreicht werden.
Bei den stationären Gasturbinen der Energietechnik und der mobilen Anlagen wie
Schiffe und Fahrzeuge können die Kanäle der Luftzuströmung und der Abgase lang
und lärmgedämmt ausgeführt werden, sodass beim Einbau von Schalldämpfern ein sehr
wirksamer Lärmschutz erreicht wird.
Wird hinter dem Turbosatz das Heißgas noch durch einen Wärmetauscher gelei-
tet, wie dies in modifizierten, erweiterten Triebwerken (Abschn. 2.9) und bei Fahr-
zeug-Gasturbinen der Fall ist, dann wird dadurch nur noch wenig von dem innerhalb
der Gasturbine erzeugten Lärm nach außen durchdringen. Das gleiche gilt für den
Einlaufkanal, bei dem in vielen Fällen eine zusätzlich dämpfende Luftfilterung einge-
setzt ist.
Bei Vergleichen der Lärmemission von Gasturbinen mit den Kolbenmotoren, wie sie
zum Beispiel auf dem Schiffssektor im Verbund mit Gasturbinen eingebaut werden, zei-
gen sich die Gasturbinen-Anlagen als wesentlich leiser und müssen deshalb nicht tief im
Schiffsrumpf wie die Dieselaggregate eingebaut werden (Abschn. 2.8).

1.4.2 Sicherheit von Flugantrieben

Neben den vorstehend angeführten Auslegungs- und Arbeitsprozess-Parametern sind


für den Markterfolg einer Triebwerksentwicklung das Leistungs- und das Schubniveau,
die Anschaffungskosten und besonders die Wartungskosten von großer Bedeutung.
1.4  Kenngrößen und Entwicklungstendenzen 33

Sicherheit der Flugtriebwerke


IFSD 1,0
In Flight Shut Down

0,8

0,6
Turbojet und
Turbofan-Triebwerke
0,4 (1950er und 1960er Jahre)

0,2 (1970er (ab 1990er Jahre)


und 1980er Jahre)
ETOPS=0,02
0
0,01 0,1 1,0 10,0
Flugstunden kumuliert in Millionen
Abb. 1.4-6 Sicherheit von Flugtriebwerken und Entwicklungstendenzen entsprechend IFSD
(In Flight Shut Down). Darstellung nach Daten von Boeing Comp

Damit verbunden sind aber auch die hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit
und Sicherheit S&R (safety and reliability) der Flugtriebwerke besonders in der kom-
merziellen Luftfahrt. Diese Anforderungen werden u. a. mit der ETOPS-Zulassung eines
Triebwerks gekennzeichnet. ETOPS (extendet range twin operations) definiert die Zeit
in Minuten, die bei Ausfall eines Triebwerks noch notwendig ist, um mit dem oder den
intakten Triebwerk/en einen Ausweichflughafen sicher zu erreichen. Damit sind die
erlaubten Flugstrecken und Flugrouten über Wasser außerhalb vom Festland für Flug-
zeuge mit 2, 3 oder 4 Triebwerken vorgegeben.
Für die ETOPS-Zulassungen werden aus der Flugpraxis die Triebwerksausfälle IFSD
(in flight shut downs) für verschiedene Flugzeugtypen herangezogen. Für die Zulassung
werden weniger als 0,02 Triebwerksausfälle im Flug (IFSD) pro 1000 Flugstunden von
der ICAO gefordert. Die zeitliche Entwickung der IFSD-Werte in Flugstunden von
Turbojet- und Turbofan-Triebwerken nach Daten der Firma Boeing abhängig von den
kumulierten Flugstunden in Millionen in den vergangenen Zeiträumen zeigt Abb. 1.4-6.
Diese beeindruckende Verbesserung der Flugsicherheit von Flugantrieben ist entschei-
dender Garant für die Effizienz des Luftverkehrs insgesamt.

1.5 Multidisziplinäre Auslegung und Simulationstechnik

Der in den vergangenen Jahrzehnten erreichte Entwicklungsstand der Gasturbinen und


die damit verbundene hohe Effizienz der Luftstrahltriebwerke basieren unter anderem auf
dem stetigen Wachstum an zur Verfügung stehender Rechnerleistung. Diese ermöglicht
34 1 Einleitung

High-Bypass-Turbofan

GE 90
F = 400 kN
BPR = 8,3
OPR = 40
EIS: 1995

Hochdruck-Kompressor HPC Hochdruck-Turbine HPT gekühlt


Weiterentwicklung des GE 90-HPC Weiterentwicklung der GE 90-HPT

3-D-CFD-Strömungssimulation
3-D-Druck-, Temperatur- und Geschwindigkeitsverteilungen
Multidisziplinäre Entwicklungsmethode für Triebwerks-Gesamtsimulation
NPSS Numerical Propulsion System and Simulation
NASA-Lewis Research / GE – Technologie

Abb. 1.5-1 Anwendung EDV-basierter Rechenmethoden zur Entwicklung von Gasturbinen-


Anlagen und Flugantrieben beispielhaft dargestellt an 3-D-CFD-Rechnungen des NASA Lewis
Research Center (seit 1999 NASA Glenn Research Center benannt) und GE für das Kerntriebwerk
des 400 kN-Bypass-Turbofan-GE 90. Darstellung nach NASA und General Electric Aviation GEAE

es mit Hilfe hochwertiger numerischer Rechenverfahren weiterhin neue Erkenntnis


selbst aus bereits vorhandenen Daten zu generieren. Es ist zu erwarten, dass dies auch
für die zukünftigen Entwicklungen Gültigkeit haben wird. Hierfür ist in Abb. 1.5-1 bei-
spielhaft ein mehrstufiger Axial-Verdichter und eine intensiv gekühlte Axial-Turbine
gezeigt, die in einem NASA-Entwicklungsprogramm mit Hilfe 3-dimensionaler, statio-
närer und instationärer CFD-NS-Technik bearbeitet wurden. Das seit den 1980er Jahren
vom NASA Lewis Research Center (seit 1999 NASA Glenn Research Center benannt) in
Kooperation mit der Industrie entwickelte multidisziplinäre Simulationsprogramm NPSS
(Numerical Propulsion System and Simulation) ist ein Beispiel für diese Entwicklung.
Ähnlich leistungsstarke numerische Methoden werden auf den Gebieten Wärme-,
Festigkeits- und Schwingungstechnik sowie der Regel-, Material- und Produktionstech-
nik im Zusammenhang mit der Entwicklung von neuen Technologien zukünftiger Gas-
turbinen und Flugantriebe eingesetzt.
Um die Leistungsfähigkeit neuer Triebwerkskonzepte frühzeitig bewerten zu kön-
nen, sind umfangreiche numerische Modellbildungen und Simulationen notwendig.
Dies betrifft besonders auch die kritischen Bereiche des stationären und instationären
Betriebsverhaltens der Antriebe (Kap. 7, 8 und 9). Hierbei müssen sowohl die regulä-
ren Betriebspunkte innerhalb der zu erwartenden Flugmission genau vorhergesagt
1.5  Multidisziplinäre Auslegung und Simulationstechnik 35

Multidisziplinäre Simulation von Antriebssystemen


Gasturbinen- bzw. Triebwerk-System-Simulation und -Auslegung
Gast Turbine resp. Propulsion System Simulation and Design
„GTSSD“ „PSSD“

alitä t
latio nsqu Intera
ktion
Simu

Fachdisziplinen
Kosten
Integration

I
e
rg
ita
o
n

Aeromechank

Fluidmechanik

fe när
Komp ngstie tatio en
onen beitu > ins ru n g
uf te n Bear1D > 3D tio nä r
n fo de
r
ta r a
Einla ichte
r s ne
Ve rd e n Rech
b in
Tur Düse
n

Abb. 1.5-2  Simulationsbereiche innerhalb einer Matrix von GTSSD bzw. PSSD (Gas Turbine resp.
Propulsion System Simulation and Design) [Cla92, Kop00, Sch01]

aber auch kritische Flugfälle bei Störungen des Systems simuliert werden. Insbeson-
dere für die Flugzeug-Simulatoren sind daher auch echtzeitfähige Simulationsmodelle
notwendig.
Die kontinuierliche Verkürzung der Entwicklungszeiten und die damit einherge-
hende Verdichtung der Arbeit im Ingenieursbereich haben die Art und Weise der
Zusammenarbeit stark verändert. Integrierte Projektteams greifen auf umfassende
Gesamtsystemsimulationen zu, die ein komplettes Antriebssystem auch im struktu-
rellen Aufbau sowie in der Akustik und im Emissionsverhalten vorhersagen können.
Hierbei wurden frühere voneinander unabhängige Programme wie z. B. Programme
der Disziplinen Aerothermodynamik, Wärmetechnik und Festigkeit gekoppelt
(Abb. 1.5-2).
Im Abschn. 8.1 wird im Zusammenhang mit den multidisziplinären numerischen
Simulationsverfahren detaillierter auf diese Verfahren eingegangen, die hier allgemein
als „Gasturbinen- bzw. Triebwerk-System-Simulation und-Auslegung“ (Gas Turbine
resp. Propulsion System Simulation and Design) „GTSSD“ bzw. „PSSD“ bezeichnet wer-
den sollen. Sie stellen matrixartig aufgebaute Entwurfsverfahren dar, die von der Vor-
auslegung ausgehend über das stationäre und instationäre Betriebsverhalten bis zur
Produktions- und Versuchstechnik ein wichtiges Werkzeug für die Entwicklung effizien-
ter Antriebssysteme reichen.
Mit den hier kurz angesprochenen Methoden wie z. B. das NPSS der NASA in den
USA oder die PSSD-Programme in [Kop00, Rup00, Wal00B] wird es möglich sein, die
36 1 Einleitung

Technologie-Ziele Zeitraum 2000 bis 2020


ACARE Advisory Council for Aeronautic Research in Europe

Entwicklungs- und Spez. Brennstoffverbrauch


Produktionskosten - 30% - 15 bis 20 %
Multidisziplinäre Auslegungstools Innovative Triebwerkskonzepte
Reduktion der Prüfstandsversuche Fortschrittliche Komponenten
Innovative Produktionsmethoden

NOx-Emission - 80% Lärmemission - 30 dB


Lärmarme Auslegungen
Neue Brennraumkonzepte
Active Noise Control
Schadstoffarme Verbrennung
High-Bypass-Triebwerke
Schub/Gewicht >> 5 Wartungskosten - 40%
Leichte, hochfeste Werkstoffe Minimale Stufen- und Schaufelzahl
Innovative Konstruktionen Wirtschaftliche Reparaturverfahren
Inteligente Regelung und Monitoring

Abb. 1.5-3  Technologieziele im Zeitraum 2000 bis 2020 zum Beispiel nach ACARE [Umw05B,
Umw08B]

Anforderungen an zukünftige zivile Triebwerke mit Hilfe numerischer Simulationsme-


thoden leichter zu erreichen, wie dies in Kap. 7, 8 und 9 dargestellt wird.
Die wirtschaftlichen Technologieziele für die derzeitige und zukünftige Entwicklung
von Gasturbinen und besonders von zivilen Flugantrieben sind in Abb. 1.5-3 neben der
Senkung der direkten operativen Kosten DOC (direct operating costs) zusammenge-
fasst. Die angegebenen Ziele nach ACARE (Advisory Council for Aeronautical Research
in Europe) sind sehr hoch angesetzt z. B. für die Lärmemission. Ob und wann die Ziele
in dem angesetzten Zeitraum realistisch zu erreichen sind ist offen. Der Kaufpreis wird
dabei von den ökonomischen Randbedingungen des sozioökonomischen Systems Luft-
verkehr bestimmt. Dabei wird z. B. ein Teil der direkten Betriebskosten abhängig von
den Lärm- und Schadstoffemissionen durch die Flughafengebühren festgelegt. Der
Brennstoffverbrauch und die Warungskosten beeinflussen während der gesamten Lauf-
zeit die direkten Betriebskosten maßgeblich.
Ebenso wirkt sich die Triebwerksmasse indirekt über die mögliche Nutzlast auf die
Betriebskosten aus.
Als Maßstab zur Beurteilung aktueller Technologie-Zielwerte sind zusammengefasst
in Abb. 1.5-3 als Beispiel die von ACARE für den Zeitraum von 2000 bis 2020 vorgegebe-
nen Forderungen aufgelistet.
1.5  Multidisziplinäre Auslegung und Simulationstechnik 37

Die Ingenieure werden also in Zukunft vor der Herausforderung stehen, immer kom-
plexere Fragestellungen in immer kürzerer Zeit lösen zu müssen. Moderne numerische
Methoden sind dabei sicherlich eine wichtige Grundlage, ersetzen jedoch nicht ein soli-
des Wissen über das Gesamtsystem Gasturbine oder Flugzeugtriebwerk.

1.6 Historie und Entwicklungstendenzen

Bereits zu Beginn der frühen Entwicklungen und ersten Anwendungsversuchen von


Gasturbinen am Ende des 19ten Jahrhunderts stand die Wahl des wirkungsvollsten ther-
modynamischen Arbeitsprozesses aus der Vielfalt möglicher und damals bereits gut
bekannter Arbeitsprozesse im Mittelpunkt [Sto22K, Kru60K, Mün72K]. Eine Gasturbine
als Wärmekraftmaschine besteht in ihrem einfachsten Aufbau aus Verdichter, Brenn-
kammer und Turbine. Mit diesen Basis-Komponenten ließ sich damals eine Gasturbine
zwar günstig herstellen, jedoch nur mit sehr mäßigem Wirkungsgrad und entsprechend
hohen Brennstoffkosten [Sto22K, Tra82K, Mün77B, Hag82B, Gri04B, Brä09B].
Die theoretische Möglichkeit, mit Gasturbinen den aus der Thermodynamik bekann-
ten Ericsson-Prozess (Doppel-Isothermenprozess) mit dem thermischen Wirkungsgrad
des Carnot-Prozesses in stufenweiser Näherung zu erreichen, verführte zur Hoffnung
auf die Verwirklichung einer universellen, idealen, damals sogenannten Kraftmaschine
(Abschn. 2.2.1). Für viele Anwendungszwecke besonders in der Kraftwerks- und Ener-
gietechnik wurden daraufhin aufwendige, kostenintensive Forschungs- und Entwick-
lungsprogramme erstellt, deren späteren wirtschaftlichen Erfolge allerdings ausblieben.
In Abb. 1.6-1 ist ein kurzer zeitlicher Überblick zur Gasturbinentechnik aus den ver-
gangenen Jahrzehnten ab dem ersten Gasturbinen-Patenten zusammengestellt. Maß-
gebend für die Gasturbinen-Entwicklung waren die langsame aber stete Steigerung der
thermischen Wirkungsgrade verbunden mit höheren Durchsätzen des Arbeitsmediums
Luft oder bei geschlossenen Anlagen verschiedener Gase wie zum Beispiel bei geschlosse-
nen Anlagen Helium, sodass damit die Leitungsabgabe pro Anlage wesentlich gesteigert
werden konnte. Zu den zahlreichen Gasturbinenprojekten und Anlagen sei hier beispiel-
haft auf die umfassenden Darstellungen verwiesen wie zum Beispiel 1960 von Kruschik
[Kru60K], 1967 von mehreren Fach-Autoren im VDI-Band „Gasturbinen“ [Gas67B]
sowie 2000 von Bräunling [Brä09B] und 2006 von Lechner, Seume u. a. in [Lec03B]. Die
Entwicklungshistorie der Flugtriebwerke wurde 1989 im DGLR-Bericht „50 Jahre Tur-
bostrahlflug“ [DGL89B] dargestellt sowie zusammengefasst 1995 von Gersdorff, Gras-
mann und Schubert in [Ger95B] erschienen.
Ab Ende der 1930er Jahre begann die Entwicklung von Flugtriebwerken auf der Basis
von einfachen Gasturbinenschaltungen. Es wurde erkannt, dass mit einer Gasturbine der
kolbengetriebene Propellermotor als Flugantrieb nicht mehr konkurrenzfähig sein wird
Entscheidend für den Erfolg der Gasturbinen waren die zu erwartende, gegenüber
den besten Kolbenmotoren wesentlich höhere Leistungskonzentration, der geringe
Raumbedarf und der günstige Luftwiderstand.
38 1 Einleitung

+LVWRULH]XU(QWZLFNOXQJYRQ*DVWXUELQHQ *7 XQG)OXJDQWULHEHQ )$
1791 1. Patent von John Barber in England
1897 F. Stolze patentiert das Prinzip „Gasturbine“
ab etwa
1900 F. Stolze baut erste GT in Berlin ( th < 0)
1905 Zusammenarbeit Rateau und BBC mit erster Gasturbine zur Stro
merzeugung in Paris (Pel 6 – th = 2 - 3%)
1910 Holzwarth-GT bei BBC in Mannheim gebaut
1920 Steigerung der Wirkungsgrade auf th 10 – 15 % bei
C 4 – 5 und Tt4 550 – 750 °C, Mangel an effizienten
Turboverdichtern mit großen Luftdurchsätzen
Befriedigender Lauf einer Holzwarth-BBC-GT
1930 BBC baut ein Kraftwerksaggregat von 4 MW Leistung
1935 Beginn erster Gasturbinen-Entwicklungen zu Flugtriebwerken
$XJXVWHUVWHU)OXJPLW7XUERWULHEZHUN He S3B von Dr.
Pabst von Ohain mit Heinkel-Flugzeug
1940 In Deutschland, England und etwas später in den USA lief eine
intensive Entwicklung von Turbojet -Triebwerken an mit star -
ken Auswirkungen auf stationäre Gasturbinen aller Bereiche
1950 Mit Gasturbinen-Kraftwerken wird ein großer Prozentsatz der in
der Welt installierten Kraftwerksleistung produziert
1960 Erdgebundene GT-Entwicklung beginnt entscheidende Impulse
aus der Flugtechnik zu erhalten
Fahrzeug-Gasturbinen werden zahlreich weltweit entwickelt
1970 Modifizierte Turboluftstrahl triebwerke werden verst ärkt in Be
reichen außerhalb der Luftfahrt besonders in der Energie-, Bahn-
und Marine-Technik eingesetzt
Einsatz von kommerziellen LKW- GT wird erprobt
Gasturbinen-Flugtriebwerke decken über 90% der Transport-
kapazität in der Weltluftfahrt ab
1980 Bypass-Turbofan-Triebwerke ohne und mit Nachbrenner steigern
die ökonomischen und umweltfreundlichen Qualitäten des Luft-
verkehrs, sie erreichen nahe 100% der globalen Luftfahrt,
Gasturbinen-Antriebe bei Straßen - und Schienen -Fahrzeugen
werden wieder bedeutungslos
ab 1990 In der Energie - und Marine -Technik dominiert die Welle n
leistungs-Gasturbine mit Leistungen von 50 bis 300MW.
Turbofan-Triebwerke der 2. bis 4. Generation mit Schüben bis
etwa 400 kN beherrschen den Markt

Abb. 1.6-1  Historie zur Entwicklung von Gasturbinen GT und Flugantrieben FA

Ursprünglich liefen die Aktivitäten zum Bau von Gasturbinen für die Luftfahrt und
für andere ortfesten und mobilen Anwendungen getrennt. Nur wenige der Gasturbinen-
und Kraftwerks-Produzenten waren gleichzeitig auf beiden Gebieten tätig. Die eindrucks-
vollen Erfolge der Entwicklungen der Luftfahrtantriebe in den 1940er Jahren führten
in den 1950er Jahren zu gemeinsamen Wegen, wobei die in der Luftfahrt entstandenen
Technologien den stationären Gasturbineneinsatz maßgeblich befruchteten. Dies betrifft
zum Beispiel die Unternehmen General Electric Co. (GE) und Rolls Royce Plc. (RR) mit
1.6  Historie und Entwicklungstendenzen 39

Gasturbinen, die inzwischen pro stationärer Anlage thermische Wirkungsgrade von über
40 % erreichen, kombiniert mit Dampfturbinen sogar Werte um 60 % (Abb. 1.3-10).
Entwicklung der Turbo-Flugtriebwerke bis 1945
In England begann bereits Anfang der 1930er Jahre Sir Frank Whittle nach dem
Konzept einer Gasturbine theoretische Studien zum Bau von Flugzeug-Strahltriebwer-
ken. 1932 erhielt er die Anerkennung entsprechender Patente. Das erste Whittle-Trieb-
werk mit einem Radialverdichter und einer Turbinenstufe wurde bei Rover in England
gebaut und hatte 1937 den ersten erfolgreichen Testlauf. Der Erstflug mit einem Flug-
zeug der Firma Gloster fand nach Kriegsbeginn 1941 statt (Abb. 1.6-2).
Priorität allerdings, den ersten Flug mit einem strahlgetriebenen Heinkel-Flugzeug
durchgeführt zu haben, hat der deutsche Luftfahrt-Pionier Dr. Hans Pabst von Ohain,
unterstützt von dem technisch weitsichtigen Unternehmer Prof. Heinkel.
Ab Mitte der 1930er Jahre hatte unabhängig von den Arbeiten in England Dr. Hans
Pabst von Ohain in Deutschland Arbeiten an einem, dem Whittle-Triebwerk ähnlichen
Gasturbinen-Flugtriebwerk begonnen, das als Prototyp ab 1936 in Verbindung mit den
Heinkel-Flugzeug-Werken gebaut wurde (Abb. 1.6-2). Ab 1936 bis 1945 war Dr. von
Ohain Entwicklungsleiter für Strahltriebwerke bei der Firma Heinkel in Rostock und
Zuffenhausen. Ein Triebwerk absolvierte die Erstläufe im Jahr 1937, wobei anfänglich
als Brennstoff Wasserstoff eingesetzt wurde. Dieses Heinkel-Triebwerk HeS3 mit einem
Schub von etwa 4,9 N (490 daN) flog anschließend im August 1939 im ersten „Düsen-
flugzeug“ der Welt, der Heinkel He 178.
Im Jahre 1936 hatte auch Herbert Wagner, der Leiter der Junkers Flugzeugentwick-
lung in Dessau mit solchen Arbeiten an Strahltriebwerken im Junkers-Werk in Magde-
burg begonnen. Während von Ohains und Whittles Triebwerke radiale Komponenten
hatten, war dieses Junkers-Triebwerk erstmals von axialer Bauweise.
Um 1939 bis 1941 wurden die bereits umfangreichen Projekte von Turbotriebwerken
in den verschiedenen deutschen Firmen und Instituten in gemeinsamer Abstimmung
mit dem Reichs-Luftfahrt-Ministerium RLM (H. Schelp) analysiert und die Schwer-
punkte der weiteren Entwicklungen vorgegeben. Nach den bisher gewonnenen Erfah-
rungen in Deutschland wurde nun besonders die mehrstufige axiale Bauweisen der
Verdichter und Turbinen von den Auftraggebern gewählt und vorgegeben. Dies war eine
für die Zukunft der Luftfahrt weltweit wichtigsten Entscheidungen und verschaffte den
deutschen Triebwerksprojekten einen Technologievorsprung.
Neben den weiteren Projekten bei Heinkel und Daimler-Benz (Prof. Karl Leist) mit
Mantelstrom- bzw. Bypass-Triebwerken standen bei Junkers und BMW die Einstrom-
Einwellen-Turbojet-Triebwerke Jumo 004 und BMW 003 in axialer Bauweise im
Mittelpunkt.
In den Junkers Flugzeugwerken in Dessau wurde ab 1939 unter der Leitung von
Dr. Anselm Franz mit der Entwicklung eines bald serienreifen Turbostrahltriebwerks,
dem Jumo 004 begonnen (Abb. 1.6-3). Der Prototyp wurde erstmals 1940 getestet und
bereits im Jahr 1942, eingebaut in ein Flugzeug von Messerschmitt, geflogen. Beson-
ders unterstützt wurden die Arbeiten am Jumo 004 durch die Zusammenarbeit mit
40 1 Einleitung

Erstflüge der ersten Turbojet-Triebwerke

1939 in Deutschland 1941 in England


HeS3, P. von Ohain W1, Frank Whittle
in He 178 Heinkel in E28 Gloster

Schub 5,4 kN (1214 lb) Schub 3,8 kN (854 lb)


Radial-Kompressor 1 Stufe Radial-Kompressor doppelflutig
1 Ringbrennkammer 9 Einzel-Brennkammern
Radial-Turbine 1 Stufe Axial-Turbine 1 Stufe

Erste Serien-Turbojet-Triebwerke

1942 in Deutschland, Junkers Jumo 004A, Axial-Bauweise FN = 8,8 kN


C = 3,2
Tt4 = 1000 K
Axial-Verdichter Axial-Turbine
Luft-Einlauf E Ring-Brennkammer Verstell-Düse

1944 in England, Rolls Royce Derwent, Radial-Bauweise FN = 22 kN


C = 4,5
Radial-Verdichter 2-flutig Axial-Turbine Tt4
9 Einzel-Brennkammern Schub-Düse
Ring-Einlauf E
doppelt, seitlich

Abb. 1.6-2 Historisch-technische Entwicklung der Turbojet- bzw. Turboluftstrahltriebwerke.


Erstflug 1939 mit Triebwerk HeS3b von Dr. von Ohain in He 178 und 1941 mit W1-Triebwerk
von Whittle in Gloster E 28. Erstflüge mit Serien-Triebwerken 1942 und 1944 mit RR-Nene bezie-
hungsweise RR-Derwent

der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen (AVA) und deren Erfahrungen mit


mehrstufigen Axialverdichtern, die im Vergleich zu Radialverdichtern überlegene
­Wirkungsgrade und weitere Vorteile als Flugtriebwerke zeigten.
1.6  Historie und Entwicklungstendenzen 41

Entwicklung der ersten Turboluftstrahl-Serien-Triebwerke (Turbojet)


1940 bis 1945 in Deutschland, Firmen Junkers und BMW
1945 bis etwa 1958 Fortsetzung u.a. in Frankreich,Firma SNECMA

Junkers JUMO 004A Turbojet EIS 1942


Verdichter C FN = 8,8 kN
Turbine T
Luft-Einlauf E = 3,2
Brennkammer B Verstell-Düse
Tt4 = 1000 K

Ebene
0 1 2 3 4 5 6 7 8/9

BMW 003 Turbojet EIS 1944


FN = 7,8 kN
Verdichter C Turbine T = 3,1
Luft-Einlauf E Brennkammer B Verstell-Düse Tt4 = 1000 K

Ebene
0 1 2 3 4 5 7 8/9
ATAR-101 V SNECMA Turbojet EIS 1949
Weiterentwicklung von Triebwerk BMW 003 FN = 22,2 kN
= 4,5
Tt4 = 1050 K

Ebene
0 1 2 3 4 5 7 8/9

ATAR-9 SNECMA Turbojet TJ mit Nachbrenner AB EIS 1958


FN ≈ 70 kN
Weiterentwicklung von ATAR-101 V = 6,2
Tt4 = 1200 K

Ebene
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Abb. 1.6-3  Historisch-technische Entwicklung von erfolgreichen Bauweisen von Turbojet- bzw.


Turboluftstrahltriebwerken. Beispiele von Axial-Turbojet-Triebwerke vom Junkers Jumo 004 und
BMW 003 bis zum Nachbrenner-Turbojet SNECMA-ATAR9. Darstellung nach SNECMA S.A.
42 1 Einleitung

In seinem Aufbau hatte das Jumo 004-Triebwerk bereits große Ähnlichkeit mit
Strahltriebwerken der später folgenden Generationen (Abb. 1.3-1 und 1.3-2). Es besaß
einen achtstufigen Axialverdichter, Einzelbrennkammern, eine einstufige Axialturbine
und eine mit verschiebbarer Düsennadel verstellbare Schubdüse, welche für die Einfüh-
rung eines Nachbrenners konstruiert und später auch ausgestattet war.
Von Anfang an war in Deutschland für die Turbinen die Einführung luftgekühlter
Hohlschaufeln geplant und später bei den Serientriebwerken auch ausgeführt. Erfahrun-
gen mit der Schaufelkühlung von Turboladern lagen bei der DVL und BMW vor.
Für das zweistrahlige Flugzeug Messerschmitt Me 262 (Geschwindigkeit von über
850 km/h) wurden in Großserienproduktion bis zum Kriegsende 1945 über 1.400 Stück
hergestellt.
Das Junkers Jumo 004-Triebwerk war auch das erste in Großserie gefertigte und auf
breiter Basis angewandte Turboluftstrahltriebwerk der Welt. Es war als Axial-Turbojet-
Triebwerk in einer Konzeption, die später über Jahrzehnte ebenso wie das BMW 003
Vorbild als Standard-Kerntriebwerk (Gasgenerator) in der Entwicklung verschiedener
Bauweisen wurde.
Neben Dr. A. Franz ist auch Dr. Hermann Oestrich zu den Pionieren der Technik
von Turbostrahltriebwerken zu zählen. Er entwickelte in Deutschland mit seinem Inge-
nieurteam bei BMW das ab 1944 in Serie gebaute Strahltriebwerk BMW 003. Leitende
Ingenieure in der Entwicklungsmannschaft von Dr. Oestrich waren von Anfang an Dr.
Hermann Hagen als leitender Oberingenieur und Dr. H.G. Münzberg mit dem Bereich
von Vorprojekt und Thermodynamik.
Das Turbojet-Triebwerk BMW 003 hatte anfänglich einen siebenstufigen Axial-Tur-
boverdichter, eine Ring-Brennkammer, eine gekühlte Axial-Turbine und eine verstell-
bare Schubdüse. Erstlauf und Erstflug mit einem Standschub von 7,8 kN (etwa 800 kp)
auf einer Me 262 fand bereits erfolgreich 1941 statt. Der Schub wurde später auf etwa 8
bis 9 kN gesteigert und das Triebwerk ab 1944 in Serie gebaut und im „Volksjäger“ der
Heinkel He162 und der ARADO Ar234C eingesetzt.
Das Triebwerk HeS 011 unter der Regie von Dr. Papst von Ohain in der Firma Hein-
kel entwickelt, lief im Jahr 1945 bereits mit dem beachtlichen Schub von etwa 12,7 kN
(1300 kp) und war damals wohl das stärkste Turbojet-Triebwerk der Welt.
Weiterhin befanden sich bei Daimler Benz in Stuttgart, bei BMW und bei Hein-
kel auch die ersten Bypass- und Propeller-Turbotriebwerke in der Entwicklung und
Erprobung.
Hinweise zu den weiteren Triebwerks-Projekten in Deutschland sind in [Lei63B] dem
zusammenfassenden Werk von Gersdorff, Grassmann und Schubert [Ger95B] gegeben.
In Großbritannien wurde auf der Basis der ersten Whittle-Triebwerke das Trieb-
werk Rolls-Royce Welland entwickelt, das etwa 7.6 kN Schub abgab. Dieses Triebwerk
wurde anfangs in der Gloster Meteor verwendet. Eine weiter leistungsgesteigerte Vari-
ante war die Rolls-Royce Derwent, die ebenfalls im Strahlflugzeug Meteor ihren Einsatz
fand. Diese beiden Triebwerke waren die einzigen auf britischer Seite, die für Kampf-
flugzeuge eingesetzt wurden. Auf diesem Triebwerkskonzept mit 1- und 2-flutigem
1.6  Historie und Entwicklungstendenzen 43

Radialverdichter, mit Rohrbrennkammer und Axialturbinen basierte über lange Jahre


die gesamte Entwicklungslinie der britischen Strahltriebwerke bis zum Anfang der
1950er Jahre.
Weiterentwicklungen der Gasturbinen-Flugantriebe nach 1945
Nach Kriegsende 1945 waren weltweit in vielen Industriestaaten fast alle deutschen Inge-
nieurgruppen auf den Gebieten der Strahltriebwerke wegen ihres führenden Fachwissens
und ihrer Erfahrungen gefragte Informanten und Triebwerks-Ingenieure zur Entwicklung
der die Zukunft der Luftfahrt bestimmenden Gasturbinen-Luftstrahltriebwerke.
Dr. Hans von Ohain (Firma Heinkel) war nach 1945 lange als Wissenschaftler in den
USA zum Beispiel beim Wright Patterson Air Force Propulsion Laboratory in Dayton/
Ohio tätig. Er wurde 1963 Chief Scientist beim Aerospace Research Laboratory mit den
Aufgabengebieten der Energieumwandlung allgemein und der luftatmenden Strahlan-
triebe befasst.
Dr. Anselm Franz (Firma Junkers) und zahlreiche deutsche Ingenieure waren mehrjährig
als wissenschaftliche Berater beim Wright Patterson Air Force Base in Dayton/Ohio, tätig.
1951 baute Dr. Franz die Gasturbinenentwicklung bei der US-Motorenfirma Lycoming auf.
Er wurde Vice President und Assistent General Manager der AVCO-Lycoming Division in
Stratford/Connecticut. Unter seiner Verantwortung entstanden zahlreiche Triebwerks-Neu-
entwicklungen bzw. erfolgreiche Hubschrauber-, Flugzeug- und Fahrzeug-Antriebe unter
anderem auch die in Serie gebaute Fahrzeug-Gasturbine AGT 1500 u. a. für Panzer.
Dr. Hermann Oestrich von BMW bildete 1945 in München eine 120 Mann große
Arbeitsgruppe vornehmlich von BMW-Spezialisten und Experten der Firmen Junkers
und Heinkel. Mit mehrjährigen Arbeitsverträgen aus Frankreich versehen wurden von
der Gruppe Dr. Oestrich („Gruppe O“) auf der Basis des BMW 003 erste Weiterentwick-
lungen in Rickenbach am Bodensee begonnen, einer Zwischenstation nach Frankreich.
Das „Atelier Aeronautique de Rickenbach“, kurz „ATAR“ genannt, bildete den Start
einer Jahrzehnte andauernden Erfolgsgeschichte der bewährten Turbojet-Triebwerksfa-
milie ATAR der Firma SNECMA in Villaroche in Frankreich (Abb. 1.6-3). Ab 1950 war
Dr. Oestrich der Technische Direktor der SNECMA. Ihm folgte später bis zum Jahr 1964
als Chef der SNECMA-Strahltriebwerksentwicklung Dr. H.G. Münzberg.
Ab 1955 war Dr. Hermann Hagen wieder bei BMW in München tätig und einer der füh-
renden Ingenieure beim Aufbau der neuen deutschen Triebwerksentwicklung in der BRD.
Aus diesem neuen Beginn entstand über mehrere Zwischenstufen das Entwicklungsteam
der heutigen Motoren- und Turbinen-Union München MTU bzw. der MTU Aero Engines,
bei der Dr. Hagen in verschiedenen leitenden Positionen bis im Jahre 1976 tätig war.
In Frankreich wurde 1945/46 auch ein großes Entwicklungsbüro mit deutschen Ingeni-
euren bei der Firma Turbomeca in Pau eingerichtet, das sich verstärkt mit den Weiterent-
wicklungen von Turbomaschinenkomponenten beschäftigte sowie mit der Entwicklung
von Kleintriebwerken für Trainerflugzeuge und Hubschrauber, wobei unter der Leitung
von Dr. Bruno Eckert (später leitend bei Daimler-Benz, Stuttgart) der Schwerpunkt bei
den Verdichtern lag. Anfang der 1950er Jahre erschien von ihm zusammen mit Erwin
Schnell das klassische Fachbuch über Axial- und Radial-Kompressoren [Eck61K].
44 1 Einleitung

Airbus A320neo

Pratt&Whitney / MTU Aero Engines


Turbofan mit Getriebe GTF
PW1100G
BPR > 10 F > 100 kN

Gulfstream 550

Rolls-Royce Deutschland GmbH


Turbofan mit Mischer TFM
Rolls-Royce BR710
BPR=4,5 FN =65 kN

Abb. 1.6-4 Triebwerksindustrie in Deutschland der Jahre um 2000. Firma MTU Aero Engi-


nes AG mit Beispiel eines Getriebe-Turbofan GTF, dem PW1000G, in Partnerschaft mit
Pratt&Whitney (Bild oben). Firma Rolls-Royce Deutschland mit Beipiel eines Turbofan mit
Mischung TFM, BR710 (Bild unten)

Unter der Regie der russischen Verwaltung in Ostdeutschland wurden 1945 beson-
ders im Bereich von Staßfurt zahlreiche Triebwerksspezialisten von BMW und Junkers
in Dessau ohne besondere Arbeitsverträge versammelt. Sie mußten die Entwickungen
der BMW- und Junkers-Turbotriebwerke fortsetzen.
1.6  Historie und Entwicklungstendenzen 45

Während einer nächtliche Deportation im Oktober 1946 wurden damals etwa 600
deutsche Ingenieure und Techniker zusammen mit den ganzen Werkseinrichtungen
nach Russland verschleppt, um dort bis zu fast einem Jahrzehnt verbleibend am Aufbau
einer russischen Triebwerks-Industrie tätig zu werden. Das Triebwerk Jumo 004 zum
Beispiel wurde in Samara als RD-10 zur Serie entwickelt und in großen Stückzahlen im
Jäger Yak-15 geflogen. Das BMW003-Triebwerk wurde in Kazan gebaut und ab 1946 als
RD-20 im Jäger Mig-9 geflogen.
Große Beachtung fand in Fachkreisen das 8800 kW (12000 PS) starke russische
Turboprop-Triebwerk NK 12 mit gegenläufigen Propellern, das aus deutschen Vorent-
wicklungen stammend noch bis über das Jahr 2000 hinaus in zahlreichen zivilen und
militärischen russischen Großflugzeugen eingesetzt wurde (u. a. Tu-95, Tu-114, An-22).
Beim Vergleich der ersten Turboflugtriebwerke in der Gegenüberstellung von
Abb. 1.6-3 mit den Darstellungen der wichtigsten modernen Triebwerks-Gruppen nach
den Abb. 1.3-1, 1.3-2 und 1.3-3 wird deutlich, wie die Axial-Bauweise der ersten Turbo-
jet-Triebwerke der 1940er Jahre weltweit Vorbild und häufig auch Ausgangsbasis für die
Kerntriebwerke (core engine) fast aller späteren erfolgreichen Konfigurationen von Tur-
bojet- und Turbofan-Flugtriebwerken wurden.
In der Nachfolge der früheren deutschen Triebwerksindustrie mit hauptsächlich den
Firmen Junkers, BMW und Daimler-Benz gingen bis zur Jahrhundertwende um das
Jahr 2000 zwei Triebwerkshersteller hervor: Dies ist Firma MTU Aero Engines AG in
München als größter deutscher Triebwerksproduzent ausgehend von BMW, MAN und
Daimler-Benz (Abb. 1.6-4).
Ausgehend von der Automobilfirma BMW AG wurde 1990 unter der technischen
Leitung von Prof. Dr.-Ing. Günter Kappler mit der Firma Rolls-Royce plc die Firma
BMW Rolls-Royce gegründet. Ab dem Jahr 2000 wurde diese von Rolls-Royce plc allein
übernommen als Fa. Rolls-Royce Deutschland GmbH mit Sitz in Berlin-Dahlewitz.
Schwerpunkt dieser Firma ist die Turbofan-Triebwerksfamilie BR700, 715 und 725.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[Alb02] Albrecht, G., Schäffler, A.: Zusammenhänge zwischen Aerodynamik, Mechanik,


Geometrie, Gewicht und Herstellkosten bei der Triebwerksgestaltung. Seminarvor-
trag an der TU München (2002)
[Ara11] Arago, O.: Eine Methode zur Abschätzung der produktionskostenbezogenen lang-
fristigen Planungsziele ziviler Turboflugtriebwerke. Dissertation, Universität Stutt-
gart (2011)
[Bau05] Bauer, M.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren zur automatisierten modellba-
sierten Leistungsanalyse von Gasturbinen. Dissertation, Universität Stuttgart (2005)
[Bie07] Bierkamp, S., Köcke, S., Staudacher, S., Fiola, R.: Influence of ATF Dynamics and
Controls on Jet Engine Performance. GT2007-27586 (2007)
46 1 Einleitung

[Bir00] Birch, N.T.: 2020 Vision: The Prospects for Large Civil Aircraft Propulsion, Advan-
ced Propulsion System Design. Rolls-Royce plc, Derby (2000)
[Boc07] Bock, S., Horn, W., Wilfert, G., Sieber, J.: Active Core Technology within the
NEWAC Research Program for Cleaner and More Efficient Aero Engines. CEAS
Paper CEAS-2007-055 (2007)
[Bor12] Borchers, G.: Untersuchungen zur Auswirkung des More-Electric-Konzepts auf das
Betriebsverhalten von Turboluftstrahl-Triebwerken. Dissertation, Universität Stutt-
gart (2012)
[Bra79] Braig, W., Riegler, C., Schulte, H.: Comparative analysis of the windmilling perfor-
mance of turbojet and turbofan engines. J. Propul. Power. 15(2) (1979)
[ Brä09B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 3. Aufl. Springer, Heidelberg (2009)
[Bre07] Bretschneider, S., Arago, O., Staudacher, S.: Architecture of a Techno and Environ-
mental Risk Assessment Tool Using a Multi-modular Build Approach ISABE-2007-
1103. 18th ISABE conference, Beijing (2007)
[Bre08] Bretschneider, S., Staudacher, S.: Introduction to the VITAL TERA2020 techno-
economic and environmental risk assessment tool. In: 5th European Congress on
Computational Methods in Applied Sciences and Engineering, Venice (2008)
[Bre10] Bretschneider, S.: Knowledge-Based Preliminary Design of Aero-Engine Gas-Gene-
rators. Dissertation, Universität Stuttgart (2010)
[Cla92] Claus, R.W., Evans, A.L., Follen, G.J.: Multidisciplinary Propulsion Simulation
using NPSS. AIAA-92-4709 (1992)
[Cum89B] Cumpsty, N.A.: Compressor Aerodynamics. Longman Group Ltd., Pearson Educa-
tion Ltd., Essex (1989)
[ Cum03B] Cumpsty, N.A.: Jet Propulsion. Cambridge University Press (2003)
[DGL89B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt DGL: 50 Jahre Turbostrahlflug.
DGLR-Bericht 92-05 (1989)
[DLH01]
Deutsche Lufthansa (Hrsg.): Balance, Lufthansa Umweltbericht, Ausgabe
2000/2001. Deutsche Lufthansa AG, Frankfurt (2001)
[DLR04]
DLR, N.N.: Leiser Flugverkehr. Zusammenfassender Projekt Abschlussbericht.
DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (2004)
[Dod02] Dodds, W.: Engine and aircraft technologies to reduce emissions. In: UC Techno-
logy Transfer Symposium Dreams of Flight, San Diego (2002)
[Dub86] Dubiel, D.J.: Energy Efficient Engine: Combustor Component Performance Pro-
gram. Final Report, NASA-CR-179533 (1986)
[Eck61] Eckert, B.: Die Gasturbine als Antriebsmaschine für das schwere Straßenfahrzeug.
MTZ 31 (1970)
[Eck61K] Eckert, B., Schnell, E.: Axial und Radialkompressoren, 1. bzw. 2. Aufl., 1953 bzw.
1961. Springer, Berlin (1961)
[Eck91] Eckardt, D.: Future engine design trade offs. In: l0th International Symposium on
Air Breathing Engines (1991)
[Eng07] Engber, M., Rüd, K., Ardey, S., Gier, J., Waschka, W.: Advanced Technologies for
Next Generation Regional Jets – Survey of Research Activities at MTU Aero Engi-
nes. ISABE Paper ISABE-2007-1282 (2007)
[Eps11] Epstein, A.: Long Term Trends for Sustainable Commercial Air Transport: Evolu-
tion vs. Innovation. Pratt&Whitney. Invited Lecture, 20th ISABE Conference 2011,
Gothenburg (2011)
[Esc95] Esch, T., Hollmeier, S., Rick, H.: Design and off-design simulation of highly integrated
hypersonic propulsion systems. In: AGARD/PEP, 86th Symposium, Seattle (1995)
[FAA97] FAA: Estimated airplane noise levels in a weighted decibels, appendix I, equations for the
calculation of noise certification limits. AEE/FAA Advisory Circular AC 36 IG (1997)
Literatur 47

[Fio93] Fiola, R.: Berechnung des instationären Betriebsverhaltens von Gasturbinen unter
besonderer Berücksichtigung von Sekundäreffekten. Dissertation, Technische Uni-
versität München (1993)
[Fis72] Fishbach, L.H., Koenig, R.W.: GENENG II – A Program for Calculating Design
and Off-Design Performance of Two- and Three-Spool Turbofans With as Many as
Three Nozzles. NASA TN D-6553 (1972)
[Fis75] Fishbach, L.H., Caddy, M.J.: NNEP – The Navy/NASA Engine Program, NASA
TM-X-71857 (1975)
[Fis88] Fishbach, L.H., Gordon, S.: NNEPEQ – Chemical Equilibrium Version of the Navy
NASA Engine Program, NASA TM-100851, NASA Lewis (1988)
[Foe04] Foerstemann, M.: Optimierung der Architektur moderner ziviler Flugtriebwerke
zur Verbesserung der Lebenswegkosten. Dissertation, Universität Stuttgart (2004)
[Fra05] Franke, B., Spieler, S., Staudacher, S., Gebser, D.: Factory and Process Simulation in
Aero-Engine Component Manufacturing. GT2005-68309, Reno-Tahoe (2005)
[Fro11] Frota, J.: Aircraft Concepts for the Future. Airbus R&T. Invited Lecture, 20th
ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Gar11] Garnier, V.: Aero Engines of the 21st Century: Evolution or Revolution? SNECMA.
Invited Lecture, 20th ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Gas67B] Gasparovic, N., et al. (Hrsg.): Gasturbinen. Probleme und Anwendungen. VDI-
Verlag, Düsseldorf (1967)
[GasTurb]
Kurzke, J.: GasTurb – A program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2010)
[GasTurb] Det Kurzke, J.: GasTurbDetails - Utility for GasTurb Performance Simulations.
Manual. GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[Gei89] Geidel, H.A., Eckardt, D.: Gearless CRISP – The Logical Step to Economic Engines
for High Thrust. ISABE 89-7116, ISABE 3th International Symposium on Air Brea-
thing Engines, Athens (1989)
[Ger95B] Gersdorff von, K., Grasmann, K., Schubert, H.: Flugmotoren und Strahltriebwerke.
Entwicklungsgeschichte der deutschen Luftfahrtantriebe von den Anfängen bis
zu den internationalen Gemeinschaftsentwicklungen, 3. Aufl. Bernard & Graefe,
Bonn (1995)
[Gou11] Goulain, M.: Evolutionary and revolutionary approach for New Engines in Clean
Sky. Invited Lecture, 20th ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[ Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser, Basel (2004)
[Grö11] Grönstedt, C.: Aero Engine Energy Efficiency towards 2050. Invited Lecture, 20th
ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Haf82B]
Hafer, X., Sachs, G.: Senkrechtstarttechnik – Flugmechanik, Aerodynamik,
Antriebstechnik. Springer, Berlin (1982)
[Hag82B]
Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. Verlag G. Braun, Karlsruhe
(1982)
[Hei77] Heilmann, W.: Die Entwicklung von Gasturbinen kleiner Leistung mit regenerati-
vem Wärmetauscher in der MTU. MTZ 38 (1977)
[Hen11] Henne, J.: Turning Technology into Products. MTU Aero Engines. Invited Lecture
20th ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Her87] Herrmann, O., Rick, H.: Auslegung und Integration luftatmender Antriebssysteme
von Raumtransporter-Hyperschallflugzeugen. Jtg. DGLR, Berlin (1978)
[Hil92K] Hill, P., Peterson, C.: Mechanics and Thermodynamics of Propulsion, 3. Aufl.
Addison Wesley, Inc. (1992)
[Hol95] Hollmeier, S., Rick, H., Wagner, O.: Zur Echtzeitsimulation von Hyperschallkombi-
nationstriebwerken im Flugsimulator. DGLR-Jahrestagung 1995, Bonn (1995)
48 1 Einleitung

[Hol97] Hollmeier, S., Kopp, S., Fiola, R., Rick, H.: Simulationsmodelle zur Regelung von
Antriebssystemen für Hochgeschwindigkeitsflugzeuge. 3. Hyperschall-Workshop
SFB 253-255-259-Antriebstechnik, Stuttgart (1997)
[Hop11] Hopkins, G.: The Rapidly Expanding Developments of More Electric Engines for
Civil and Defence Power Systems. Rolls-Royce plc. Invited Lecture, 20th ISABE
Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Hör88] Hörl, F., Kappler, G., Rick, H.: System-theoretical methods for dynamic on-condi-
tion-monitoring of gas turbines. In: 71st Symposium Property and Energy Panel
on Engine Condition Monitoring. AGARD-Qebec (1989)
[ICA81]
ICAO: Aircraft Engine Emissions. International Standards and Recommended
Practices, ICAO. Annex 16, Bd. II, 1. Aufl. (1981)
[ICA88] ICAO: International Standards and Recommended Practices Environmental Pro-
tection. Annex 16 to the Convention on International Civil Aviation; Bd. 1, Aircraft
Noise, 2. Aufl. International Civil Aviation Organization (ICAO), Montreal (1988)
[ICA91] ICAO: International Standards and Recommended Practices, Environmental Pro-
tection. Annex 16 to The Convention on International Civil Aviation, Bd. II Air-
craft Engine Emissions, 2. Aufl. International Civil Aviation Organization (ICAO),
Montreal (1991)
[Jes02] Jeschke, P., Kurzke, J., Schaber, R., Riegler, C.: Preliminary Gas Turbine Design
Using the Multidisciplinary Design System Mopeds. ASME TURBO EXPO 2002,
GT-2002-30496, Amsterdam (2002)
[Jes04] Jeschke, P., Kurzke, J.: Preliminary gas turbine design using the multidisciplinary
design system mopeds. ASME GT-2002-30496. J. Eng. Gas Turb. Power (2004)
[Kap81] Kappler, G.: Komponentenentwicklung für energieeffiziente Flugantriebe. MTU-
Berichte, 81/30, München (1981)
[Kar90] Karadimas, G.: Application of computational systems to the development of turbo-
machine components. Revue Scientifique Snecma l, 25–36 (1990)
[Kni02] Knittel, H., Broichhausen, K.: Zukünftige Entwicklungsprozesse in der Triebwerks-
industrie. DGLR 2002-021 (2002)
[Kof92] Koff, B.L.: Aircraft gas turbine emissions challenge. In: ILA Symposium Aero Engi-
nes and the Environment, Berlin (1992)
[Kop00]
Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und
Störeffekten für Hyperschall-Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München (2000)
[ Kru60K] Kruschik, J.: Die Gasturbine. Springer, Wien (1960)
[Küc65] Küchemann, D.: Hyperschallflugzeuge und ihre aerodynamischen Probleme. In:
Jahrb. 1964 der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, Braun-
schweig (1964)
[Kuc98] Kucszera, H.: FESTIP system study – an overview. In: 8th International Space Pla-
nes and Hypersonic Systems and Technologies Conference, Norfolk (1998)
[Kur05] Kurzke, J.: GasTurb11 – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2005)
[Kur07] Kurzke, J.: GasTurb 11, Program for Design and Off Design Performance of Gas-
turbines. www.gasturb.de (2007)
[Kur08] Kurzke, J.: Preliminary Design. Aeroengine Design: From State of the Art Turbo-
fans Towards Innovative Architectures. VKI Lecture Series 2008-04, 3.–7. March
2008
[Kur09] Kurzke, J.: Fundamental Differences Between Conventional and Geared Turbofans.
ASME GT2009-59745 (2009)
[Kur92] Kurzke, J.: Calculation of Installation Effects within Performance Computer Pro-
grams. AGARD LS-183, S. 7.1–7.19 (1992)
Literatur 49

[Kur95] Kurzke, J.: Advanced User-Friendly Gas Turbine Performance Calculations on a


Personal Computer. ASME 95-GT-147 (1995)
[Kur99] Kurzke, J., Riegler, C.: A Mixed Flow Turbofan Afterburner Simulation for the
Definition of Reheat Fuel Control Laws. NATO Research and Technology Organi-
sation RTO-MP-8, AC/323(AVT) TP9 (1999)
[Lec03B]
Lechner, C., Seume, J., et al. (Hrsg.): Stationäre Gasturbinen. Springer, Berlin
(2003)
[Lef98B] Lefebvre, A.H.: Gas Turbine Combustion, 2. Aufl. Taylor & Francis, Philadelphia
(1998)
[Lic04] Lichtfuss, H.-J.: Customized Profiles – The Beginning of an Era. ASME Paper
GT2004-53742 (2004)
Lei63B Leist, K., Wiening, H.G.: Enzyklopädische Abhandlung über ausgeführte Strahl-
triebwerke. DVL-Bericht Nr. 350 (1963)
[Lor11] Lorence, C.B.: Powering the Next Generation of Flight. GE Aviation. Invited Lec-
ture, 20th ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Luf92] Lufthansa: Airplane Systems 2. Handbook. German Airlines Pilots School, Bremen,
Index TC 1 (1992)
[Luf99] Lufthansa: Umweltbericht Balance 1998/99. Herausgeber Deutsche Lufthansa AK,
Konzernkommunikation (1999)
[Mer05] Merkler, R., Staudacher, S., Schölch, M., Schulte, H., Schmidt, K.-J.: Simulation of
Clearance Changes and Mechanical Stresses in Transient Gas Turbine Operation by
a Matrix Method, AIAA-2005-4022, Tucson (2005)
[Mey00B] Meyer, D., Rick H., Thomas, D.: Dornier V/STOL–Transportflugzeug Do31, in
DGLR-Bericht 2000-01: Die deutschen Senkrechstartflugzeuge, Bonn (2000)
[Mic04]
Michel, U.: Projekt „Leiser Flugverkehr“, Arbeitspaket „Triebwerkslärm“,
Abschlusspräsentation, 16. März 2004, DLR, Institut für Antriebstechnik, Köln-
Porz (2004)
[ MTU00] MTU: Operation Zukunft. MTU Report Spezial, Ausgabe 1/2000 (2000)
[Mug78] Muggli, W., Rick, H., Spirkl, A.: Numerische Berechnungsverfahren zur Bestim-
mung des stationären Betriebsverhaltens von Fluggasturbinen. DFG-Bericht RI-
324/1/1978/1 (1978)
[Mug88] Muggli, W., Rick, H.: Engine aspects in the design of advanced rotorcraft. In: 14th
European Rotorcraft Forum, No. 24, Milano (1988)
[Mül10] Müller, M., Staudacher, S., Friedl, W.H., Köhler, R., Weißschuh, M.: Probabilisti-
sche Modellierung des Einflusses variierender Umwelt- und Betriebsbedingungen
auf die Triebwerksinstandhaltung, DLRK2010-161165, Hamburg (2010)
[Mün42]
Münzberg, H.G.: Das Gasturbinentriebwerk als Antriebsaggregat für Hochge-
schwindigkeitsflugzeuge. Dissertation, TH Berlin-Charlottenburg (1942)
[ Mün54] Münzberg, H.G.: Höhenflugprobleme der Strahlturbine. WGL Jahrbuch (1954)
[Mün68] Münzberg, H.G.: Antriebe in der Flugtechnik, Gesamtschau und Ausblick. MW
1968, Heft 9 (1968)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft-
und Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung,
Springer, Berlin (1977)
[Nor99] Norton, L.K.: The beginnings of jet propulsion. Aeronaut. J. 103(1022), 200–209
(1999)
[Pen99] Penner, J.E., Lister, D., Griggs, D.J., Dokken, D.L., McFarland, M.: Aviation and the
global atmosphere. A Special Report of IPCC Working Groups I and III. University
Press, Cambridge (1999)
50 1 Einleitung

[Ric67] Rick, H.: Atmosphärische Flugantriebe. Bd. 12: Lueger Lexikon der Technik (16
Bände). Dt. Verlags-Anstalt, Stuttgart (1967)
[Ric72B] Rick, H.: Luftatmende Triebwerke und Komponenten (Kap. B.1.1, 2, 4, 5, C.1.3,
1.5). In: Münzberg, H.G. (Hrsg.) Flugantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Ric74] Rick, H.: Zur Brennstoffzufuhr bei Überschallverbrennung. Z. für Flugwissenschaf-
ten (ZFW), Heft 11 (1974)
[Ric75] Rick, H.: Zur aerodynamischen Auslegung und zum Betriebsverhalten eines Drei-
wellen-Zweistrom-Triebwerks mit Strahlmischung. In: Münzberg, H.G., Rick, H.,
Rist, D. (Hrsg.) Bericht 7-75 Ri Rt00 BMVtg. TU München (1975)
[Ric82] Rick, H.: Zur digitalen Simulation des stationären und instationären Betriebs- und
Leistungsverhaltens von Fluggasturbinen insbesondere von Hubschrauber-Trieb-
werken. Habilitationsschrift, TU München (1982)
[Ric82] Rick, H., Muggli, W.: Generalized digital simulation technique with variable engine
parameter input for steady state and transient behaviour of aero gas turbines. In:
60th Symposium of Propulsion and Energetics Panel (AGARD), Marathon, 11.-14.
October 1982
[Ric89]
Rick, H., Bogner, S.: AGATA-Fahrzeug-Gasturbine AGT89/3, Betriebsverhal-
ten stationär/dynamisch. Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München, LFA-TUM-
Ri/Bo-12/89 (1988)
[Ric98B] Rick, H.: Numerische Methoden zur Berechnung des Betriebsverhaltens von Gas-
turbinen und Flugantrieben. Vorlesung, TU München (1998)
[Rie97]
Riegler, C.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren für Turboflugtriebwerke
mit Kennfelddarstellung für Wärmeübertragungsvorgänge. Dissertation, Universi-
tät Stuttgart (1997)
[Ris71] Rist, D.: Zur Konzeption und zum Flugverhalten eines strahlgetragenen Abwurf-
triebwerks. Dissertation, TU München (1971)
[ Ris95B] Rist, D.: Dynamik realer Gase. Springer, Berlin (1995)
[Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1986)
[Rol96B] Rolls Royce: The Jet Engine, 5. Aufl. Rolls Royce plc, London (1995)
[Ros11] del Rosario, R.: Propulsion Technologies for Future Aircraft Generations: clean,
Lean, Quiet and Green. NASA. Invited Lecture, 20th ISABE Conference 2011,
Gothenburg (2011)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simulation
of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power Gene-
ration. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
[Rup00]
Rupp, O.C.: Vorhersage von Instandhaltungskosten bei der Auslegung ziviler
Strahltriebwerke. Dissertation, TU München (2000)
[SAE89] Society of Automotive Engineers (SAE): Gas Turbine Engine Steady-State Perfor-
mance for Digital Computer Programs, Aerospace Standard, AS681 Rev. E., Society
of Automotive Engineers, Warrandale (1989)
[Sch01] Schaber, R.: Numerische Auslegung und Simulation von Gasturbinen. Dissertation,
TU München (2001)
[Sch03] Schulte, H.: Leistungsverhalten luftatmender Kombinationstriebwerke mit Zwei-
strom-Turboteilung. Dissertation, Universität Stuttgart (2003)
[Sch87] Scheuerer, K.: Berechnung des stationären und instationären Betriebsverhaltens
von Solar-Kraftanlagen mit Paraboloidkonzentrator und Gasturbine. Dissertation,
TU München (1987)
Literatur 51

[Sch94] Schaber, R., Albers, M.: SCT Supersonic Cruise Thermodynamic Cycle Choice and
Resulting Consequences. 7. European Aeroengine Conference (1994)
[Sch96] Schumann, U.: Emissionen des Luftverkehrs im Reiseflug und dadurch bedingte
Änderungen in der Atmosphäre, DLR-Seminar „Luftreinhaltung im Flugverkehr“,
Weßling (1996)
[Sch99B] Schubert, H.: Deutsche Triebwerke, Flugmotoren und Strahltriebwerke von den
Anfängen bis 1999, 3. erweiterte Aufl. Aviatic Verlag, Oberhaching (1999)
[SFB05B] Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG-SFB: Basic Research and Technologies for
Two-Stage-to-Orbit Vehicles. DFG-Sonderforschungsbereich SFB255, TU Mün-
chen, Wiley-VCH (2005)
[Sie10] Sieber, J.: Triebwerkstechnologien für den zukünftigen Luftverkehr. Fluglärmkom-
mission Salzburg (2010)
[Sie12] Sieber, J.: Verbesserung von Energieeffizienz und Klimaschutz im Luftverkehr. Tech-
nische Potenziale Antrieb. Workshop Energieeffizienz und Klimaschutz im Luftver-
kehr. Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, München (2012)
[ Sig11B] Sigloch, H.: Technische Fluidmechanik, 8. Aufl. Schroedel-Verlag (2011)
[Sig13B] Sigloch, H.: Strömungsmaschinen. Grundlagen und Anwendungen, 5. Aufl. Carl
Hanser Verlag, München (2013)
[Spi81] Spirkl, A.: Zur Diagnose von Komponentenstörungen in Turboluftstrahlantrieben
mit gasdynamischer Parameterüberwachung. Dissertation, TU München (1981)
[Sta07B] Staudacher, S., Bauer, M., Berns, W., Fiola, R., Kurzke, J., Schmidt, K.-J.: Gas Tur-
bine Performance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Sta97] Staudacher, S., Kau, H.P.: Engine Design for Low Specific Fuel Consumption. Air-
craft Technology Engineering & Maintenance; Engine Yearbook 1996–1997 (1997)
[Ste03B]
Steffens, K.: Technik der Luftfahrtantriebe. Vorlesung TU München, RWTH
Aachen (2003)
[Ste99] Steffens, K., Schäffler, A., Buckl, F.: Entwicklungstendenzen im Luftfahrttriebwerks-
bau. DGLR 1999-075 (1999)
[Sto22K] Stodola, A.: Dampf und Gasturbinen. Mit Anhang über die Aussichten der Wär-
mekraftmaschinen, 5. umgearbeitete und erweiterte Aufl. Springer, Berlin (1922)
[Stu09] Stumvoll, A.: Methoden statistischer Toleranzanalyse bei der Entwicklung von Tur-
bomaschinen. Dissertation, TU München (2009)
[The92] Therkorn, D.: Fortschrittliches Leistungs-Berechnungsverfahren für luftatmende
Turbotriebwerke. Dissertation, Universität Stuttgart (1992)
[Tra82K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. I, 3. bzw. 4. Aufl., 1982 bzw. 2000.
Springer, Berlin (1982)
[Umw05B] Umweltbundesamt (Hrsg.): Klimaschutz in Deutschland bis 2030. Forschungsbe-
richt 20141 142, Umweltbundesamt, Berlin (2005)
[Umw08B] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Gmelin, C.,
Hüttig, G., Lehmann, O.: Zusammenfassende Darstellung der Effizienzpotenziale
bei Flugzeugen unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Triebwerkstech-
nik sowie der absehbaren mittelfristigen Entwicklungen. FKZ UM 07 06 602/01.
Berlin (2008)
[Urb72] Urban, L.A.: Gas path analysis to turbo engine condition monitoring. In: 8th Joint
Propulsion Conference, AIAA-72-1082, New Orleans (1972)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford (lst
published 1998, reprinted 2000) (2000)
[Wal86]
Walther, R.: Berechnung der Schadstoffbildung in Gasturbinenbrennkammern.
MTU, Technischer Bericht 86/012 (1986)
52 1 Einleitung

[Wal91] Walther, R.: Künftiger Einsatz alternativer Brennstoffe in der Luftfahrt. In: Trieb-
werk und Umwelt. MTU München GmbH (1991)
[ Wal91B] Walzer, P.: Die Fahrzeug-Gasturbine.VDI-Verlag, Düsseldorf (1991)
[Wal98B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford (lst
published 1998, reprinted 2000) (1998)
[Wil07] Wilfert, G., Sieber, G., Rolt, A., Baker, N., Touyeras, A., Colantuoni, S.: New Envi-
ronmental Friendly Aero Engine Core Concepts. ISABE Paper ISABE-2007-1120
(2007)
[Zhu10] Zhuravlev, V.: Russian Approach to Aircraft Design an Development: Past an Pre-
sent. Forum Luft- und Raumfahrt, Technische Universität München (2010)
Arbeitsprozesse von Gasturbinen
und Flugtriebwerken 2

2.1 Elementare gasdynamische Grundlagen

In diesem Abschnitt wird die Strömung kompressibler Fluide mit und ohne Energie-
zufuhr auszugsweise behandelt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beschreibung der
sub- und supersonischen kompressiblen Gasströmung. Diese Beschreibung kann im
Wesentlichen mit den Beziehungen des idealen Gases erfolgen [Sha53K, Zie76B, Alb78K,
And90B, Sig91B, And91B, And95B].

2.1.1 Erhaltungssätze der gasförmigen Fluide

2.1.1.1 Kontinuitätsgleichung
Mittels der Kontinuitätsgleichung wird für eine Stromröhre der Erhaltungssatz der
Masse formuliert. Für einen von einem Fluid stationär kontinuierlich durchflossenen
Kontrollraum mit den Querschnittsflächen A1 und A2 gilt gemäß Abb. 2.1-1

ṁ = const = ṁ1 = ṁ2 = ρ1 c1 A1 = ρ2 c2 A2 · (2.1-1a)


Allgemein kann also mit dem Volumenstrom V̇ geschrieben werden

ṁ = const = ρ c A = ρ V̇ (2.1-1b)
bzw. in differentieller Form
dρ dc dA
+ + = 0. (2.1-1c)
ρ c A
Hieraus leitet sich die in der Gasdynamik häufig verwendete Größe der Massenstrom-
dichte ab mit ṁ/A = ρ c. Sie bezeichnet die Masse, die pro Zeiteinheit durch die Quer-
schnittsfläche A strömt.

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_2, 53


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
54 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

1 2

p2
p1
c1 c2
T 1 T 2

1 2

m1
m2

A 1

A 2

Abb. 2.1-1 Stromröhre (hier Unterschall-Diffusor) eindimensional, stationär durchströmt mit


c2 < c1, p2 > p1 (s. Abb. 2.1-5)

2.1.1.2 Energiesatz
Neben der Kontinuitätsgleichung und dem Impulssatz (Abschn. 2.1.1.3) besitzt in der
Thermogasdynamik der Energiesatz für offene Strömungssysteme eine besondere
Bedeutung. Der Kontrollraum nach Abb. 2.1-2, der schematisch zum Beispiel einer
beliebigen Wärmekraftmaschine entsprechen könnte, wird von einem Fluid durch-
strömt, dem in verschiedener Art Energie zu- oder abgeführt werden kann. In der Quer-
schnittsebene A1 fließt ein Massenstrom ṁ1 mit den dort angegebenen Zustandsgrößen
ein, dem anschließend durch die Kontrollraum-Mantelflächen pro Zeiteinheit eine Wär-
mestrom Q̇ und eine technische Arbeit pro Zeiteinheit Ẇ zu- oder abgeführt wird. In
Ebene A2 verläßt ein Massenstrom ṁ2 den Kontrollraum.
Mit dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik in der Form für stationär durchströmte
Systeme kann folgende Leistungsbilanz in allgemeiner Form aufgestellt werden
  c2
   d   
ṁi u + p v + + gz + Q̇ + Ẇ = mi u + ekin + epot .
2 dt
(2.1-2)
Für eine stationäre Strömung, d. h. bei einem kontinuierlich durchströmten Kontroll-
raum mit konstantem Massenstrom

ṁ1 = ṁ2 = ṁ = const = ρ c A = ρ V̇


ergibt sich eine Energiestrom- oder Leistungsbilanz
 
Ėi = 0 bzw. Ė1 + Ėzu − Ėab − Ė2 = 0.
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 55

Energieerhaltungssatz für durchströmte Systeme

Energiestrom- bzw. Leistungsbilanz


∑ Ei = 0 E1 + E zu − E ab − E 2 = 0

1 Q = mq
A1
E zu
c1
Kontrollraum Eab
m1
p1 PW
2
T1
1, v1, u1, A2
c2
m2
z1 p2
T2
2, v2, u2,
z2

Abb. 2.1-2  Energiesatz bei offenem Kontrollraum (Stromröhre)

Bei gasförmigen Fluiden kann die potentielle Energie epot = g z vernachlässigt werden,
sodass der Energiesatz für stationär betrachtete Systeme lautet
c21 c22
   
ṁ1 u1 + p1 v1 + + Q̇ + Ẇ = ṁ2 u2 + p2 v2 + . (2.1-3a)
2 2
Diese Bilanz schließt die reibungsbehaftete Strömung mit ein. Im Einzelnen bedeuten
als spezifische Größen u die innere Energie, p v (Produkt von Druck und spezifischem
Volumen) die sogenannte Volumen-Änderungsarbeit oder Verdrängungs- bzw. Ver-
schiebearbeit, c2/2 die kinetische Energie und g z die potentielle Energie, die hier bei
thermischen Turbomaschinen vernachlässigt werden kann.
Mit der spezifischen Enthalpie h  = u +  pv und der auf den Massenstrom
ṁ = ṁ1 = ṁ2 bezogenen spezifischen Leistung PW /ṁ, beziehungsweise spezifischen
Arbeit w = Ẇ/ṁ, sowie der spezifischen Wärmeenergie q = Q̇/ṁ, erhält der Energie-
satz die Form

c21 c2
h1 + + q + w = h2 + 2 . (2.1-3b)
2 2
Für einen differentiellen Abstand zwischen Zu- und Abströmquerschnitt gilt der Ener-
giesatz in der allgemeinen Form
dq + dw = dh + c dc· (2.1-3c)
56 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Impulssatz-Kontrollfläche AK Impulskraft
FI = ∫ c (c ⋅ dA ) = ∫ c dm = ∫ c c n dA
A A A
dA

p c

dA
dA

AK cn
c

dA
Skalar-Produkt
( c ⋅ dA ) = c cos dA

Abb. 2.1-3  Kontrollfläche AK zum Impulssatz der Fluidmechanik mit vektorieller Bestimmung


der Impulskräfte am Flächenelement dA

Mit dem Enthalpiedifferential dh = v dp + T ds ergibt sich daraus mit dem spezifischen
Volumen v = 1/ρ
1
dq + dw = c dc + dp + T ds· (2.1-3d)
ρ
2.1.1.3 Impulssatz
Nach dem Newtonschen Axiom gilt die Beziehung für den Kraft-Vektor

d�I d(m �c)


F� = = . (2.1-4)
dt dt
Das Produkt �I = m · �c wird als Bewegungsgröße oder Impuls bezeichnet. Die Kraft F
und die Geschwindigkeit c sind Vektoren, sodass der Impuls I ebenfalls ein Vektor ist,
dessen Richtung mit der Richtung der Geschwindigkeit übereinstimmt.
Die Verallgemeinerung dieses Grundgesetzes führt zum Impulssatz der Fluid-
mechanik (Abb. 2.1-3). Er erlaubt die Ermittlung der Kraftwirkungen, die infolge von
Geschwindigkeitsänderungen auf durch- oder umströmte Körper ausgeübt werden.
Wesentlich ist, dass der Impulssatz der Fluidmechanik eine Bestimmung der Kräfte
beim Ablenken, Verzögern, Beschleunigen der Strömung sowie beim Rückstoßprinzip
(action-reaction) und bei Mischvorgängen erlaubt. Dabei ist eine genauere Kenntnis der
einzelnen Vorgänge im Inneren des betrachteten Kontrollraumes nicht notwendig. Es
genügt, die Strömungsverhältnisse in der Eintritts- und Austrittsebene des zu untersu-
chenden Kontrollraumes zu kennen.
In den nachfolgenden Betrachtungen soll der Impulssatz nur auf stationäre Strö-
mungsvorgänge in einem offenen System angewandt werden. Zur Erfassung instationä-
rer Vorgänge sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen [Alb78K, And90B, And91B,
And89B].
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 57

Nach dem Newtonschen Grundgesetz wird verlangt, dass zwischen der Impulsände-
rung des Fluids und der Summe aller angreifenden Kräfte Fi ein Gleichgewicht besteht
 d�I
(2.1-5)
 
= F� I = F� .
dt
Das heißt, der durch die Öffnungen eines abgegrenzten Kontrollraumes pro Zeiteinheit ein-
und austretende Impulsstrom ist mit den auf den Strömungsraum wirkenden äußeren Kräften
F i im Gleichgewicht. Zu beachten ist dabei, dass der austretende Impuls negativ zu rechnen ist.
Für den Bereich A einer Kontrollfläche (Abb. 2.1-3) ist über eine Integration die auf-
tretende Impulskraft F I vektoriell zu bestimmen
  
� = �c dṁ = �c ρ cn dA,
F� I = �c ρ(�c · dA)
(2.1-6)
A A A

� = c cosα dA ein Skalarprodukt ist.


wobei (�c · dA)
Der Vektor dA  beschreibt ein Flächenelement der Kontrollfläche AK. Der Vektor
steht senkrecht auf dem Flächenelement und ist nach außen orientiert. Der Betrag von
dA entspricht dem Flächeninhalt des Flächenelements.
Bei der präzisen, oft schwierigen Festlegung des Kontrollraumes sollte schrittweise
vorgegangen werden. Beim Eintritt des Fluidstromes in den Kontrollraum wirken Akti-
onskräfte und am Austritt Reaktionskräfte.

1. Bestimmung eines übersichtlichen Kontrollraumes in Verbindung mit einem Koor-


dinatensystem und sinngemäßer Vorzeichenregelung. Dabei sollten möglichst an den
Grenzen des Kontrollraums die Drücke, Geschwindigkeiten, Oberflächen und die
Fluidreibung eindeutig bekannt und erfassbar sein.
2. Hilfreich ist es, alle Vektoren bzw. deren Komponenten graphisch und numerisch
übersichtlich in einem Kräfteplan darzustellen. Zu beachten ist, dass alle Kräfte auf
den Kontrollraum gerichtet sind.
3. Aufstellung von Kräfte- und Momenten-Bilanzen zur Überprüfung der Gleichge-
wichte am Kontrollraum.

Zusammengefasst lässt sich für stationäre Fluidströme nach Festlegung einen Kontroll-
raums schreiben
  
F� I = �c ṁ = F� i = F� P + F� S + F� K · (2.1-7)

Die Druckkraft FP stellt als Oberflächenkraft eine äußere Kraft dar



F� P = − �
p dA, (2.1-8)
A

 nach außen der Druckkraft entgegen gerichtet ist.


da der Flächenvektor A
58 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Die Stützkraft F s wirkt von der Mantelfläche O des Kontrollraumes auf das Fluid und
setzt sich aus Druck- und Schubkräften gemäß einem Spannungsvektor s zusammen

F� S = �s dO· (2.1-9)
O

Die Volumenkraft F K entsteht durch aufgeprägte Kraftfelder wie zum Beispiel das Erd-
Schwerefeld mit der Beschleunigung g. Bei den hier zu betrachtenden Fluidströmen von
Luft und Heißgasen kann diese Kraft vernachlässigt werden.
Die gesamte zeitliche Impulsänderung eines Fluids im Kontrollraum ergibt sich durch
Integration über den definierten Kontrollbereich. Diese Integration bei Fluiden entspricht
dem physikalischen Prinzip von „actio und reactio“, so dass sich die Kraftwirkungen inner-
halb des Kontrollraumes aufheben. Es verbleiben nur die Kraftwirkungen an der Ober-
flächenberandung des betrachteten Bereiches. Dabei wirken immer alle Kräfte auf den
Kontrollraum zu. Am Eintritt des Fluidstroms wirken Aktionskräfte und am Austritt Reak-
tionskräfte. Um das Kräftegleichgewicht zu erfüllen, müssen die auf den Kontrollraum
gerichteten Wandkräfte beachtet werden. Der Impulsstrom lässt sich allgemein darstellen

�İ = d(m �c) = m d�c + �c dm = m �ċ + �c ṁ . (2.1-10)


dt dt dt
Bei stationärer Strömung ergibt sich daraus für die Impulskraft

dm
F� I = �c = �c ṁ (2.1-11)
dt
und schließlich für den Impulssatz der Fluid-Mechanik
  
F� = F� I = (�c ṁ). (2.1-12)

Anwendung des Impulssatzes am Beispiel eines Rohrkrümmers


Die Anwendung des Impulssatzes auf Strömungen soll hier an den Kräften des in
Abb. 2.1-4 gezeigten, gekrümmten Kontrollraumes erläutert werden.
In der Strömungsebene 1 tritt der Massenstrom ṁ1 in den Krümmer ein, in der Ebene
2 mit ṁ2 = ṁ1 wieder aus. Die seitlichen Begrenzungen des Kontrollraumes werden als
undurchlässig angenommen.
Die durch den eintretenden Massenstrom ṁ1 eingebrachte Impulskraft beträgt

F� I 1 = ṁ1 �c1 . (2.1-13)


Die Impulskraft am Austritt der Ebene 2 beträgt

F� I 2 = −ṁ2 �c2 . (2.1-14)


Da die Masse ṁ2 austritt, ist das Vorzeichen nach dem Rückstoßprinzip negativ.
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 59

Momente
1 ∑M = 0
A1 FR′ = FH

Kontrollraum
FI1 FP 1

2
c1
A2
p1
Impulssatz 1 FP 2
FI = Fa p2 c2
FP 2 = p 2 A1 2
FI 2
FR = − FR′
y FI 2 = m2 A 2
FR′ = FH

x FI1 = m1 A1 FP 1 = p1 A1

Abb. 2.1-4  Impulssatz der Fluidmechanik angewandt auf eine gekrümmte Stromröhre. Die resul-
tierende Kraft F′R = FH ist die von der Wandung auf das Fluid ausgeübte Kraft (Halte- oder Stütz-
kraft). Nach dem Prinzip „actio = reactio“ bewirkt das Fluid eine gleich große entgegengesetzte
Kraft FR auf die Wand aus

Der Impulssatz wird in diesem Zusammenhang nur auf eine stationäre Strömung
angewandt. Aus Gründen der Kontinuität muss die einströmende Masse ṁ1 genauso
groß sein wie die ausfließende Masse ṁ2.
Da es sich ferner bei dem hier betrachteten Fluid um ein inkompressibles Fluid han-
delt, lässt sich die Masse durch das Volumen und die Dichte ausdrücken.
Wird eine gerader, koaxialer Kontrollraum zwischen den Querschnittsflächen A1 und
A2 betrachtet bei dem F’R, die resultierende aller Kräfte in Strömungsrichtung kenn-
zeichnet, so lautet die Gleichung für den Impulssatz

p1 A1 + ρ1 c21 A1 + F′R = p2 A2 + ρ2 c22 A2 . (2.1-15)


Für ein Stromröhrenelement ergibt dies den Impulssatz allgemein in differentieller Form
[And91B, Sig91B]
dp
− + f dx = c dc, (2.1-16)
ρ
wobei f die pro Masseneinheit wirkende äußere Kraft in Strömungsrichtung darstellt.
60 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

2.1.2 Isentrope, unter- und überkritische Strömung

Bei der Berechnung von Strömungsvorgängen in adiabaten Strömungskanälen werden häu-


fig die Ausgangswerte der anschließenden genaueren Rechnung durch die Annahme einer
verlustlosen d. h. isentropen Strömung ermittelt. Daneben werden in Strömungskanälen mit
verlustbehafteter Strömung oftmals an einer bestimmten Querschnittsebene die Beziehungen
zwischen den einzelnen Zustands- bzw. Strömungsgrößen benötigt, die ebenfalls über die
Berechnungsmethoden der isentropen Strömung gefunden werden. Der einfache Fall einer
stationären, eindimensionalen, isentropen Strömung ist in Abb. 2.1-5 schematisch dargestellt.
Für den Kontrollraum zwischen den Ebenen 1 und 2 gilt nach dem Energiesatz
Gl. (2.1-3b)

c21 c2
h1 + = h2 + 2 = const. (2.1-17)
2 2
Der isentrope Strömungsvorgang des kompressiblen Fluids im h-s-Diagramm ist in
Abb. 2.1-6a dargestellt. Zu der Enthalpie h wird die kinetische Energie c2/2 addiert, so
dass ein Gesamtenergieniveau bzw. eine Totalenthalpie in der Ebene 1 und 2 gemäß

c21 c2
ht1 = h1 + = ht2 = h2 + 2 = const (2.1-18)
2 2
erreicht wird. Wegen der als adiabat angenommenen Strömung bleibt das Totalenergie-
niveau im Strömungskanal konstant, das heißt ht1 = ht2 = const.
Die lokal in der Strömung vorliegenden Zustandsgrößen (feststellbar durch in der
Strömung „itschwimmende“ Messgeräte) wie der Druck p und die Temperatur T sowie
die Enthalpie h werden gegenüber den Totalzustandsgrößen wie pt, Tt und ht als sta-
tische Zustandsgrößen bezeichnet. Ist die Geschwindigkeit c = 0, so sind demnach die
statischen Zustandsgrößen gleich den Totalzustandsgrößen, die früher auch als „Ruhe-
bzw. Kesselzustandsgrößen“ bezeichnet wurden.
Wie in Abb. 2.1-6b gezeigt ist, gilt allgemein in irgendeiner Strömungsquerschnittsebene für
die Totalenthalpie einer Strömung ht = h + c2/2, wobei die kinetische Energie c2/2 die Enthal-
piedifferenz zwischen der Totalenthalpie ht und der statischen Enthalpie h kennzeichnet.
Den Zusammenhang zwischen dem statischen Zustand und dem Totalzustand lässt
sich über die Isentropenbeziehungen finden

  κ−1
Tt pt κ
= . (2.1-19)
T p

Für die Strömung eines kompressiblen Fluids ist die Schallgeschwindigkeit a eine wich-
tige Kenngröße. Sie kennzeichnet die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer schwachen Stö-
rung in Form von Druckwellen und lautet für ideale Gase

p √

dp
a= = κ = κ R T. (2.1-20)
dρ ρ
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 61

(a) (b)
Strömungskanal adiabat
Strömung isentrop angenommen

1 2 *

c=0
pt T t
m c1>0 m c2>0 m c >0 m c*=a*
p1 T1 p2 T 2 p T p* T*

Zustand
kritisch *
Diffusor: Total- bzw. Ruhe-Zustand Düse:
Strömung verzögert c= 0 Strömung beschleunigt
c2< c1 c*=a*> c
Kompression: p2 > p1 Expansion: p*< p

Abb. 2.1-5  a, b Adiabater Kanal mit Strömungsverzögerung (Diffusorströmung) und Strömungs-


beschleunigung (Düsenströmung)

(a) pt2 = pt1 (b) pt = p*t


ht2=ht1 Tt2 =Tt1 ht=h*t Tt =T*t
M=0
pt1 p*t

c 22 c2
c12 2 2
(c *)2
2 2 p
p2
h
h2 M<1
T
T2
h h

h1 T1
h* T*
M=1=M*
p1
p* M>1
s s

Abb. 2.1-6  a, b Isentrope, eindimensionale Strömung, a für den Bereich zwischen den Strömungs-
ebenen 1 und 2 (Diffusorströmung), b für die Strömungsebene an einer beliebigen Stelle sowie an
der Stelle mit einer Strömungsgeschwindigkeit c*, die gleich der lokalen Schallgeschwindigkeit a* ist

Mit der Strömungsgeschwindigkeit c und der Schallgeschwindigkeit a als Bezugsge-


schwindigkeit wird
die Mach-Zahl M
c c
M= =√ (2.1-21)
a κRT
gebildet. In einer Unterschallströmung ist M < 1, in einer Überschallströmung M > 1.
62 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

In den folgenden Ableitungen wird vereinfacht ein ideales Gas mit konstanten spezifi-
schen Wärmekapazitäten cp und cv vorausgesetzt. Bei Rechnungen mit großen Tempera-
tur- oder Druckänderungen sollten allerdings cp, cv und der Isentropenexponent κ = cp/cv
als Mittelwerte zwischen den zu betrachtenden Zustandsänderungen verwendet werden.
Für einen lokalen Strömungszustand ergibt sich mit der kinetischen Energie
c2
 
T
wc = = cp (Tt − T) = cp Tt 1 − (2.1-22)
2 Tt
sowie der spezifischen Wärme cp = κ R/(κ − 1) und der Mach-Zahl-Beziehung M2 = c2/
(κ R T) das Temperaturverhältnis
 
Tt κ−1 2
= 1+ M , (2.1-23)
T 2
mit der Gl. (2.1-19) die Beziehung

  κ−1
c2

κ p κ
wc = = R Tt 1 − (2.1-24)
2 κ−1 pt

und schließlich das Druckverhältnis

  κ
pt κ−1 2 κ−1
= 1+ M (2.1-25)
p 2

bzw. das Dichteverhältnis mit ρt = pt/(RTt)

  1
ρt κ−1 2 κ−1
= 1+ M . (2.1-26)
ρ 2

Für die Massenstromdichte (ṁ/A = ρ c) ergibt sich mit der Mach-Zahl und den
Gl. (2.1-23) und (2.1-25)

ṁ κ pt M
= √ κ+1 .
A R Tt  κ−1 2

2(κ−1) (2.1-27)
1+ M
2

Mit den bisher gefundenen allgemeinen Beziehungen können nun zusammengefasst die
Beziehungen der jeweiligen Strömungsgrößen für zwei beliebige Kanalquerschnitte 1
und 2 direkt angeben, wie in Abb. 2.1-7 gezeigt wird.
Ein besonderer Zustand bei einem kompressiblen Strömungsvorgang ist dann gege-
ben, wenn die Mach-Zahl M = c/a = 1, die Strömungsgeschwindigkeit c also gleich der
Schallgeschwindigkeit a ist. Dieser Zustand wird als kritischer Zustand oder Laval-
Zustand bezeichnet. Seine Größen werden hier mit einem Stern * gekennzeichnet. Bei
vorgegebener Totaltemperatur Tt bleibt die Laval-Geschwindigkeit
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 63

Zwischen den Bezogen auf den


Strömungsebenen 1 und 2 kritischen Querschnitt

−1 2 T +1
T2 1 + 2 M1 =
= T*  −1 2 
T1 1 + − 1 M 2 21 + M 
2  2 
2
 −1 2  −1   −1
p 2  1 + 2 M1  p  +1 
=  = 
p1  1 + − 1 M 2  p *
  −1 2
 2 2
  1 +  M 
 2   2  
1 1
 −1 2  2  2
c 2 M 2  1 + 2 M1  c  +1 
=   = M 
c1 M1  1 + − 1 M 2  c *
  −1 2
 2 2
  1 +  M 
 2   2  
1 1
 −1 2  −1   −1 2  -1
v2 1+ M2 
v *  21 + 2  M 
= 2
= 2  = =   
v1 1+ −1 M2  v*  +1 
1  1   
 2   
+1 +1
 − 1 2  2( −1)   − 1  2  2( -1)
21 + M 
A 2 M1  1 + 2 M 2  A 1   2 
=   =  
A1 M 2  1 + − 1 M 2  A* M  +1 
 1   
 2   

Abb. 2.1-7  Isentrope Strömung für adiabaten Strömungskanal (Abb. 2.1-6a, b)




a* = κ R T*= R Tt (2.1-28a)
κ+1
konstant. Sie eignet sich deshalb als Bezugsgeschwindigkeit und wird in der Form der
kritischen Mach-Zahl M*- auch Laval-Zahl La genannt – oft verwendet
c a
M∗ = = M ∗. (2.1-28b)
a∗ a
Die Abhängigkeit der lokalen Mach-Zahl M und der kritischen Mach-Zahl M* vom
Druckverhältnis ist in Abb. 2.1-8 aufgetragen.
Werden die Gaszustände an einer beliebigen Stelle eines Strömungskanals auf die jeweili-
gen kritischen Zustandsgrößen bezogen, dann ergeben sich die in Abb. 2.1-7 aufgezeigten
Beziehungen. Abbildung 2.1-9 zeigt für die Isentropenexponenten κ = 1,4; 1,3 und 1,2 = const
einige Strömungsbeziehungen der isentropen eindimensionalen Strömung eines idealen Gases.
In wichtigen Strömungsebenen von Triebwerken liegen häufig aus Arbeitsprozess-
rechnungen die Totalzustände vor. Für die weitere Auslegung der Strömungskanäle,
64 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 2.1-8  Mach-Zahl M A
und kritische Mach-Zahl A*
M* in Abhängigkeit vom
Druckverhältnis p/pt (Ideales M c M* c=c*=a*
Gas, κ = 1,4) p p* T*
T
*
kritisch
M
M*3,0

Mach-Zahl
2,0

M*
1,0

0
0,1 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Druckverhältnis p / pt

Abb. 2.1-9 Verhältnis A / A*
einiger Zustandsgrößen in 10,00
Abhängigkeit von der Mach- K=1,2...1,4
Zahl M bei eindimensionaler,
isentroper Strömung. Bereiche 4,00
für Turboverdichter κ = 1,4,
Turbinen κ = 1,3
1,00

0,40
T / Tt

0,10
K=1,2...1,4
0,04
K=1,2...1,4

0,01
0,1 0,2 0,4 1,0 2,0 4,0 10,0
Mach-Zahl M

die mit den Abmessungen der Triebwerke eng zusammenhängen, interessieren


direkte Beziehungen zwischen den Total- und statischen Zustandsgrößen sowie der
Massenstromdichte.
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 65

Auch für Messungen am Triebwerk, bei denen es meist leichter ist die Totalzustände
aufzunehmen, sind die Beziehungen zwischen totalen und statischen Zustandsgrößen
wichtig. Über die Kontinuitäts- und die Zustandsgleichung für ideale Gase ergibt sich für
die Strömungsgeschwindigkeit
ṁ R T
c= . (2.1-29a)
A p
Für die gleiche Massenstromdichte ṁ/A wird analog zu der soeben angegebenen wirkli-
chen Geschwindigkeit c mit Hilfe der Gesamt- bzw. Totalzustandgrößen eine Gesamt-
bzw. Totalgeschwindigkeit cges = ct definiert. Dabei ist zu beachten ist, dass der
Totalzustand durch einen angenommenen isentropen Aufstau der Strömung vom stati-
schen Zustand mit c > 0 bis zum Zustand mit c = 0 gekennzeichnet ist.
Die „Gesamtgeschwindigkeit“ stellt also eine reine Rechenhilfsgröße dar und charak-
terisiert lediglich den Gesamt- bzw. Totalzustand. Es gilt also
ṁ R Tt
cges = ct = (2.1-29b)
A pt
und mit den Gl. (2.1-29a) und (2.1-29b) sowie Gl. (2.1-19)
 1
cges ct Tt p p κ
= = = .
c c T pt pt

Es zeigt sich, dass cges= ct ≤ c ist, da stets gilt p/pt ≤ 1.


Die Einführung der lokalen Mach-Zahl sowie des Temperaturverhältnisses Tt/T nach
Gl. (2.1-23) führt zu
√ √
cges ct ṁ R Tt M κR
√ =√ = =  κ+1 = f(M,κ).
Tt Tt A pt κ − 1 2 2(κ−1) (2.1-30)
1+ M
2
2.1.3 Wärmezufuhr im Strömungskanal

Die Energiezufuhr in einem Strömungskanal, wie sie zum Beispiel bei Wärmetau-
schern und Verbrennungsprozessen auftritt, kann in den meisten Fällen als reibungs-
freie Strömung nach den Grundbeziehungen der Gasdynamik berechnet werden. Wird
von reibungsfreier, stationärer, eindimensionaler Strömung ausgegangen, auf die keine
äußeren Kräfte wirken sollen, so können die Zustandsänderungen der Strömung nach
Abschn. 2.1.1 mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung (Gl. 2.1-1a)
dc dρ dA
+ + = 0, (2.1-31a)
c dx ρ dx A dx
der Impulsgleichung (Gl. 2.1-16)
dc 1 dp
c + =0
dx ρ dx (2.1-31b)
66 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

und der Energiegleichung (2.1-3a–2.1-3d)


dc dp Tds dq
c + + = (2.1-31c)
dx ρ dx dx dx
berechnet werden. Hier kennzeichnet dx ein Wegelement der Stromröhre.
Unter Beachtung der Gesetze für ein ideales Gas, wobei cp und cv Funktionen der

Temperatur sind, ergeben sich mit der Schallgeschwindigkeit a = κ p/ρ und der Mach-
Zahl M = c/a folgende Differentialgleichungen für den Strömungskanal nicht konstan-
ten Querschnitts (A ≠ const) bei Wärmezufuhr q (bei Wärmeabfuhr negative Werte für
q) [Osw56K, Sha53K, And90B, Zie76B]
 
1 dc 1 1 dA 1 dq
=− − , (2.1-32)
c dx 1 − M2 A dx cp T dx

κ − 1 2 1 dA 1 + κM2 1 dq
   
1 dM 1
= − 1+ M + , (2.1-33)
M dx 1 − M2 2 A dx 2 cp T dx

κM2
 
1 dp 1 dA 1 dq
= − , (2.1-34)
p dx 1 − M2 A dx cp T dx

M2 dA
 
1 dρ 1 1 dq
= − , (2.1-35)
ρ dx 1 − M2 A dx cp T dx

(κ − 1)M2 dA 
 
1 dT 1 2 1 dq

= + 1 − κM . (2.1-36)
T dx 1 − M2 A dx cp T dx
Aus dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik sowie mit konstant angenommener spe-
zifischer Wärmekapazität cp ergibt sich die Total-druckänderung
 
1 dpt κ 1 dq T
=− 1− . (2.1-37)
pt dx κ−1 cp T dx Tt

Die dargestellten Differentialgleichungen lassen sich geschlossen integrieren, falls


gewisse Bedingungen vorausgesetzt werden. Für die Praxis interessant sind folgende
Fälle: konstante Mach-Zahl (M = const), konstanter statischer Druck (p = const) sowie
ein Strömungskanal mit konstantem Flächenverlauf (A = const). Für Verbrennungs-
prozesse in Brennkammern und Nachbrennern von Luftstrahltriebwerken haben die
Energiezufuhr bei Gleichdruckverbrennung (dp = 0) und bei Kanälen konstanten Quer-
schnitts (dA = 0) vornehmliche Bedeutung [Osw56K, Bar61, Zie76B, And91B].

2.1.3.1 Gleichdruckverbrennung
Den beiden Differentialgleichungen Gl. (2.1-32) und (2.1-34) kann entnommen werden,
dass bei der Bedingung p = const bzw. dp = 0 eine konstante Strömungsgeschwindigkeit
c = const bzw. dc = 0 folgt. Damit ist die Wärmezufuhr
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 67

dq = cp dTt = cp T· (2.1-38)
Dies bedeutet weiterhin, dass sich eine Flächenänderung
dA dq
= (2.1-39)
A cp T
ergibt und mit Gl. (2.1-33) und (2.1-36) eine Flächen- bzw. Temperaturänderung

dA dT dM
= = −2 . (2.1-40)
A T M
Mit Gl. (2.1-37) und dem Temperaturverhältnis

Tt κ−1 2
=1+ M
T 2
wird für die Änderung des Gesamtdruckes erhalten

dpt κM
= dM.
pt κ−1 2 (2.1-41)
1+ M
2
Wird wieder eine konstante spezifische Wärmekapazität vorausgesetzt, so ergeben die
Integrationen der obigen Differentialgleichungen für den Bereich zwischen zwei Strö-
mungsquerschnitten aus den Gl. (2.1-39) und (2.1-40)

M1 M1
M2 =  =
q  
1+ κ−1 2 q (2.1-42a)
cp T1 1+ 1+ M1
2 cp Tt1

oder
 2  
M1 κ−1 2 q
=1+ 1+ M1 (2.1-42b)
M2 2 cp Tt1

und schließlich
 2
A2 T2 M1
= = . (2.1-43)
A1 T1 M2
Bei einer Wärmezufuhr mit konstantem statischemn Druck sinkt die Mach-Zahl also stets
ab. Um bei Überschallströmung die Mach-Zahl M2 = 1 zu erreichen, wird die Wärmezufuhr

M21 − 1
 
q
= für M2 = 1
cp Tt1 κ−1 2 (2.1-44)
1+ M1
2
68 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

benötigt. Das Verhältnis der Totaldrücke wird aus Gl. (2.1-37) erhalten zu

q  κ−1κ  q  κ
 κ−1
1+ 1+
pt2  cp Tt1   cp Tt1 
=  · (2.1-45)
pt1 1 + q
� �
κ−1 2
 
q
 
cp T1 1 + 1 + M 1 cp Tt1
2

Der Totaldruck fällt also bei Wärmezufuhr.

2.1.3.2 Wärmezufuhr bei konstantem Kanalquerschnitt


Die Änderungen der Zustandsgrößen bei der Wärmezufuhr in einem reibungsfrei ange-
nommenen, zylindrischen Rohr kann aus den allgemeinen Differentialgleichungen (2.1-
32) bis Gl. (2.1-37) entwickelt werden.
Mit der Bedingung A = const bzw. dA = 0 wird aus den Gl. (2.1-33) und (2.1-36) die
Temperaturänderung erhalten
dT 1−κ M2 dM
=2 , (2.1-46)
T 1+κ M2 M
aus den Gl. (2.1-34) und (2.1-12) die Druckänderung
dp M dM
= −2 κ (2.1-47)
p 1+κ M2
und aus den Gl. (2.1-33) und (2.1-37) mit

Tt M2
= 1+(κ−1)
T 2
die Gesamtdruckänderung
1 − M2 M dM
 
dpt
= −κ  . (2.1-48)
pt κ−1 2
1+κ M2 1+
 
M
2
Bei konstant angenommenem Isentropenexponent innerhalb des Integrationsbereiches
ergibt sich aus Gl. (2.1-46) durch Integration ein Verhältnis der statischen Temperaturen
durch Wärmezufuhr zwischen den Ebenen 1 und 2
2
M2 1+κ M21

T2
= . (2.1-49)
T1 M1 1+κ M22
Mit Gl. (2.1-23) lautet damit die Beziehung für die Totaltemperaturen vor und nach der
Wärmezufuhr (Tt1 und Tt2) in Abhängigkeit von den jeweiligen Mach-Zahlen (M1 und M2)

κ−1 2 κ−1 2 
Tt2 T2 1+ 2 M2 1+ 2 M2 M2 1+κ M21
2
= =
κ−1 2 M1 1+κ M22
. (2.1-50)
Tt1 T1 κ−1 2
1+ M1 1+ M1
2 2
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 69

Die Integration der Gl. (2.1-47) führt zum Verhältnis der statischen Drücke
p2 1+κ M21
= (2.1-51)
p1 1+κ M22
und mit der Beziehung
  κ
pt κ−1 2 κ−1
= 1+ M
p 2

oder über die Integration der Gl. (2.1-48) ergibt sich das Totaldruckverhältnis

 κ  κ
κ − 1 2 κ−1
 
κ−1 2 κ−1
pt2 p  1+ M 2 2
1 + κ M1  1+ M 2
= 2 2 = 2  . (2.1-52)
pt1 p1 κ − 1  2
1 + κ M2 1+
 κ−1
1+ M21 M21
2 2

Über das Mach-Zahl-Verhältnis



M2 c2 T1
=
M1 c1 T2
wird das Geschwindigkeitsverhältnis erhalten

M2 2 1+κ M21
 
c2
= . (2.1-53)
c1 M1 1+κ M22
Die Wärmezufuhr bezogen auf die Anfangstemperatur Tt1 ist
q Tt2
= −1 (2.1-54)
cp Tt1 Tt1
Mit dem Gesamttemperaturverhältnis nach Gl. (2.1-50) lautet die maximale Wärmezu-
fuhr bis zur End-Mach-Zahl M2 = 1
2
M21 −1

qmax
= .
(2.1-55)

cp Tt1 κ−1 2
2 (κ+1) M21 1+ M1
2

Wird der Verlauf der Zustandsgrößen nach den oben erhaltenen Beziehungen für eine
bestimmte Massenstromdichte ṁ/A = const in einem h-s-Diagramm aufgetragen, zeigt
sich für die statischen Zustandsgrößen ein typischer Kurvenverlauf, der allgemein als
Rayleigh-Linie bekannt ist. Diese kennzeichnet den Zustandsverlauf einer reibungs-
freien, zylindrischen Rohrströmung mit stetiger Wärmezu- oder -abfuhr und unverän-
dert bleibenden Zuströmbedingungen (Abb. 2.1-10).
Für praktische Rechnungen und übersichtliche Darstellungen ist es sinnvoll,
die Beziehungen für den Verlauf der Zustandsgrößen auf einen hervorgehobenen
70 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

1 2 Wärmezufuhr bei A=const (Rayleigh-Linie)


m Wärme +q
M1<1 M2>M1
pt / ptA
A1=A2=const A2 p / pA
ptA 2,00
pt / ptA
htA TtA
1,00
+q 0,80
c 2A
Tt / TtA
e
m

2
är

pt2 pB 0,40
W

-q Tt2 TB B pA T / TA
0,20 T / TA
T p / pA
pt1 c 22 A A
2 MA=1 0,10 Tt / TtA
Tt1 T2
c12 p2 <1
1
M>

2 T1 ll M 0.04
ha
ll
ha

p1 r sc
sc

e =1,4
nt 0.02 K
er

h U
Üb

0.01
0,04 0,10 0,20 0,40 1,00 2,00
Rayleigh-Linie
s Mach-Zahl M

Abb. 2.1-10  Wärmezufuhr im Rohr konstanten Querschnitts (dA = 0) ohne Reibung betrachtet


(Rayleigh-Linie). Zustandsgrößen in Abhängigkeit von der Strömungs-Mach-Zahl M = c/a

Strömungszustand zu beziehen. Hierzu eignet sich als Bezugswert, wie in der Gas-
dynamik häufig üblich, der Zustand mit der Mach-Zahl M = 1. Für ihn sind bei einer
bestimmten Massenstromdichte beziehungsweise einem gegebenen Anfangszustand die
Strömungsgrößen festgelegt. Sie entsprechen dem Punkt A auf der Rayleigh-Linie in
Abb. 2.1-10, der durch den maximalen Entropiewert charakterisiert ist.
In die Strömungsbeziehungen der Gl. (2.1-49) bis (2.1-53) kann nun der Index A für
den Punkt 2 eingeführt werden. Für den Punkt 1 vor der Zustandsänderung wird nun
kein Index mehr verwendet.
Für die statische Temperatur gilt

T (1+κ)2
= M2  2 , (2.1-56)
TA 1+κ M2

für die Totaltemperatur


 
κ−1 2
2 (1+κ)M2 1+ M
Tt 2 (2.1-57)
= 2 ,
Tt A 1+κ M2


für den statischen Druck


2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 71

0,20
∆p t ∆p t = p t 1 − p t 2 0,22 M1=0,20 1,0
Tt = Tt 2 − Tt1 0,26 0,24 0,9 M2
p t1 0,30
0,28 0,8
K=1,3
0,34 0,7

Mach-Zahl
Druckabfall

0,15
0,40 0,18
0,6
M1=
0,50 0,16
0,10 0,5

0,14
0,4
0,12
0,05
0,10 0,3
0,08
0,2
Mach-Zahl M1
0
0 1 2 3 4 5 6
Wärmezufuhr bei A1=A2=const ( =const) Tt Tt 2 − Tt1
=
Tt1 T1

Abb. 2.1-11 Gesamtdruckverluste durch Aufheizung im Rohr konstanten Querschnitts


(Rayleigh-Linie)

p (1+κ)
= , (2.1-58)
pA 1+κ M2
für den Totaldruck
 � � κ
κ−1 2 κ−1
2 1+ M
pt 1+κ  2 
=  , (2.1-59)
ptA 1+κ M2  κ+1 

und für die Strömungsgeschwindigkeit


c (1+κ) M2 (2.1-60)
= .
cA 1+κ M2

Den Verlauf der Zustandsgrößen nach den Gl. (2.1-56) bis (2.70) zeigt Abb. 2.1-11.
Werden die Strömungszustände bei Unterschallgeschwindigkeiten (M < 1) betrachtet,
die dem oberen Ast der Rayleigh-Linie entsprechen, kann festgestellt werden, dass durch
Wärmezufuhr, das heißt durch steigende Totaltemperatur, die Mach-Zahl ebenfalls bis
zum Punkt A mit dem Wert M = MA = 1 ansteigen kann.
Für diesen Grenzwert gilt, dass die Strömungsgeschwindigkeit unmittelbar hinter dem Auf-
heizgebiet gleich der dortigen Schallgeschwindigkeit ist. Durch weitere Wärmezufuhr reagiert
die Strömung über einen instationären Vorgang wie bei einer Verengung des Strömungsquer-
schnitts. Diese thermische Drosselung oder Verstopfung bewirkt eine Änderung der Aus-
gangszustände, insbesondere eine Verringerung des Massenstroms ṁ. Mit der nun geänderten
72 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Massenstromdichte ist die ursprüngliche Rayleigh-Linie nicht mehr für den neuen Zustands-
verlauf gültig, sie entspricht einer neuen, im h-s-Diagramm verschobenen Rayleigh-Linie.
Die maximale statische Temperatur wird im Punkt B der Rayleigh-Linie erreicht. Die

Temperaturänderung in B ist dT = 0 und damit die Mach-Zahl MB = 1/ κ. Bei weite-
rer Wärmezufuhr über B hinaus fällt die statische Temperatur wieder ab, wogegen die
Gesamttemperatur steigt, bis für die vorliegende Rayleigh-Linie die maximale Wärmezu-
fuhr bei A mit MA = 1 erreicht ist.
Im Falle der Wärmezufuhr bei einer Überschallströmung (M > 1) ist der untere Ast
der Rayleigh-Linie maßgebend. Dem Verlauf der Zustandsgrößen ist zu entnehmen, dass
mit Wärmezufuhr d. h. bei steigender Totaltemperatur die Mach-Zahl M fällt, bis der
Punkt A mit MA = 1 beziehungsweise maximaler Entropie erreicht ist. Bei gleichbleiben-
der Massenstromdichte ṁ/A, die für eine Rayleigh-Linie vorausgesetzt ist, wird damit
auch die maximale Wärmezufuhr erzielt.
Wird weiter Wärme zugeführt, so bildet sich ein Verdichtungsstoß vor der Auf-
heizzone aus. Die Strömungsgeschwindigkeit wird auf Unterschallgeschwindigkeit
gebracht (entsprechend einem Punkt auf dem Unterschallast der Rayleigh-Linie), die
dann für den Bereich der Wärmezufuhr maßgebend ist. Der Verdichtungsstoß wird
stromaufwärts abgedrängt und verursacht schließlich im gesamten Strömungskanal
Unterschallströmung beziehungsweise geänderte Anfangswerte, so dass die betreffende
Rayleigh-Linie mit ṁ/A keine Gültigkeit mehr besitzt. Bemerkenswert für Unterschall-
und Überschallwärmezufuhr ist der jeweilige Abfall des Gesamtdruckes.

2.1.4 Senkrechter Verdichtungsstoß

Treten bei einer Überschallströmung starke Störungen als Rand- oder Anfangsbedingungen
auf, so bilden sich Unstetigkeitsfronten aus, die durch sprungartige Änderungen der Strö-
mungsgrößen gekennzeichnet sind. Liegt eine ebene Unstetigkeitsfront vor, die senkrecht
zu den sie passierenden Stromlinien steht, wird von einem senkrechten Verdichtungsstoß
gesprochen (später in Abb. 2.1-14 und 2.1-15). Schiefe, ebene und rotationssymmetrische
Stoßfronten werden in Abschn. 2.1.5 dargestellt und erläutert. Zur Ableitung der gasdy-
namischen Beziehungen des senkrechten Verdichtungsstoßes kann von einer Stromröhre
konstanten Querschnitts ausgegangen werden, in der durch eine stationäre Stoßfront die
Überschallgeschwindigkeit in Unterschallgeschwindigkeit überführt wird (Abb. 2.1-12).
Die Erhaltungssätze der Fluidmechanik liefern die Ausgangsbeziehungen der Stoßbe-
rechnung. Es gilt neben der Impulsgleichung die Energiegleichung

c21 c2
h1 + = h2 + 2
2 2
und die Kontinuitätsgleichung
ṁ c1 c2
= ρ1 c1 = ρ2 c2 bzw. = .
A v1 v2
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 73

1 2
pt1 pt2
ht1 Tt1 Tt2 ht2=ht1

c1 M1 c2 M2<M1 c 22
p2
p1 T1 p2 T2 2 T2
1 2 h2
p*
Stoßfront

sstoß
c12 T*
h*
Zustandsgrößen 2 M=1

htung
ht1 Tt1 ht2 Tt2 M*=1

ic
pt1 T2

Verd
T1 pt2 h M >1
c1 p2
h1 T1 p1
p1
c2
Fanno-Linie

Abb. 2.1-12 Zustandsänderung der Strömungsgrößen durch einen senkrechten Verdichtungs-


stoß im h-s-Diagramm mit „Fanno-Linie“ (rechte Bildhälfte)

Wird zunächst nur die Energie- und Kontinuitätsgleichung unter Berücksichtigung der
Zustandsgleichung für ideale Gase betrachtet
p2 ρ2 T2
= ,
p1 ρ1 T1
so führt dies für eine bestimmte Massenstromdichte ṁ/A und den bekannten Strö-
mungsdaten vor der Stoßfront zu einem Kurvenverlauf der statischen Zustandsgrö-
ßen im h-s-Diagramm, der in der Gasdynamik als sogenannte Fanno-Linie bekannt ist
(Abb. 2.1-12, rechts). Dieser Kurvenverlauf entspricht demnach auch den Zustandsän-
derungen, die bei einer reibungsbehafteten Strömung im zylindrischen Kanal auftreten,
wobei die Reibung als eine Art innere Wärmezufuhr aufgefasst werden kann.
Deshalb kann die Fanno-Linie immer nur in Richtung steigender Entropie durchlau-
fen werden.
Die Tendenz der Fanno-Kurve ist mit der Rayleigh-Linie (Abschn. 2.1.3.2) vergleich-
bar. Es treten ein Unterschallast (M < 1), ein kritischer Punkt (Index * M = M*= 1)
und ein Überschallast (M > 1) auf. Die Totalenthalpie bleibt dagegen konstant
(ht1 = ht2 = ht = const).
Wie bei der Rayleigh-Linie werden die Zustandswerte wieder auf die Daten des kriti-
schen Punktes bezogen, sodass folgende Beziehungen erhalten werden (Tab. 2.1-1)

 1
2

p 1 κ+1
(2.1-61a)

=  �  ,
�

p M  κ−1
2 1+ M2
2
74 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Tab. 2.1-1  Senkrechter Verdichtungsstoß


p2 1 + κ M21 2κ M21 + 1 − κ
= =
p1 1 + κ M22 κ+1

κ−1 2
T2 1+ M1 
(κ − 1)M21 + 2 2κ M21 + 1 − κ
 
= 2 =
T1 κ−1 2 (κ + 1)2 M21
1+ M2
2
  1
κ−1

pt 2 p p p 1
= 2 t2 1 = 
 
� �κ � �
pt 1 p1 p2 pt 1  κ−1 2 2κ κ−1 
+ 2 M21 −
κ + 1 (κ + 1)M1 κ+1 κ+1

2
M21 +
M22 = κ−1

M2 − 1
κ−1 1
   1 
s2 − s 1 2 κ−1 2κ κ − 1 κ
= In + M21 −
cp (κ + 1)M21 κ+1 κ+1 κ+1

T κ+1
=   ,
T* κ−1 2 (2.1-61b)
2 1+ M
2

   κ+1
pt 1 2 κ−1 2 2(κ−1)
= 1+ M . (2.1-61c)
pt ∗ M κ+1 2

Fanno-Kurven idealer Gase verschiedener Massenstromdichten ṁ/A aber gleicher Total-


zustandsgrößen können durch Verschiebung parallel zur Abszisse untereinander zur
Deckung gebracht werden.
Die Zustandsänderungen des Gases über einen senkrechten Verdichtungsstoß hin-
weg müssen, den Voraussetzungen folgend, der Fanno-Linie entsprechen (Abb. 2.1-12).
Der Ausgangszustand 1 der Strömung vor dem Stoß ist bekannt. Der Zustandspunkt 2
nach dem Stoß wird über den Schnittpunkt der Fanno-Linie mit derjenigen Rayleigh-
Linie gefunden, die den Daten des gemeinsamen Ausgangszustandes 1 entspricht. Diese
Lösung ist möglich, weil bei der Rayleigh-Linie u. a. die Impulsgleichung für die gleiche
Stromröhre angesetzt wird. Damit erfüllen die beiden gemeinsamen Schnittpunkte 1 und
2 von Fanno- und Rayleigh-Linie insgesamt die eingangs angesetzten Erhaltungssätze.
Der Stoßvorgang folgt einer Zustandsänderung von 1 nach 2, wobei die
Entropie zunimmt (s2 > s1), ein Gesamtdruckabfall (pt2 < pt1) entsteht und die
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 75

Überschallströmungsgeschwindigkeit auf Unterschallgeschwindigkeit gebracht wird.


Aus den für die Fanno- bzw. Rayleigh-Linie geltenden Beziehungen werden zusammen-
fassend folgende Gleichungen erhalten, welche den Stoßvorgang gasdynamisch beschrei-
ben (Abb 2.1-12).

2.1.5 Schiefe und rotationssymmetrische Verdichtungsstöße

Aus dem Gebiet der thermogasdynamischen mehrdimensionalen Strömung wird hier


eine Beschränkung auf einige Ausschnitte der Überschallströmung außerhalb von wand-
nahen Grenzschichten vorgenommen. Dies findet häufig eine praktische Anwendung
auf dem Sektor der Flugantriebe und thermischen Strömungsmaschinen. Hierzu werden
folgende vereinfachende Voraussetzungen getroffen: Stationäre Strömung, Vernachlässi-
gung der Wärmeleitfähigkeit und der inneren Reibung des Fluids, keine Einflüsse äuße-
rer Kräfte beziehungsweise Kraftfelder sowie isoenergete Strömung.
In ebenen Überschall-Strömungsfeldern tritt beim Umströmen von Profilen oder bei
einer Ablenkung der Strömung an einer konkaven Ecke ein schiefer Verdichtungsstoß
als Unstetigkeitsfront auf, deren Neigung ϕ zur Anströmrichtung nicht mehr senkrecht
ist (Abb. 2.1-13).
Wegen der Richtungsänderung δ der Überschallströmung wird der schiefe Stoß auch
als Richtungsstoß bezeichnet.
Ist der Ablenkungswinkel δ sehr klein, dann liegt ein schwacher Verdichtungsstoß
vor und der Stoßfrontwinkel ϕ ist nur etwas größer als der jeweilige Machsche Win-
kel α = arcsin (1/M). Der Stoßvorgang verläuft also annähernd isentrop (Abb. 2.1-14).
Mit steigendem Ablenkungswinkel δ nimmt bei konstanter Anström-Mach-Zahl M
die Intensität des Stoßes zu, der Stoßfrontwinkel ϕ wächst und ab einem bestimmten
Grenzwinkel liegt das Zentrum des Stoßes nicht mehr am Knickpunkt der Ablenkfläche
oder an der Profilspitze, sondern stromaufwärts.
Es wird von einem abgehobenen oder abgelösten Verdichtungsstoß gesprochen. Die
Stoßfront verläuft gekrümmt, da das Stoßzentrum einem senkrechten Stoß (ϕ → 90°)
entspricht, der mit zunehmender Entfernung vom Stoßzentrum in einen schiefen Stoß
kontinuierlich übergeht (Abb. 2.1-14).
Zur Berechnung des schiefen Stoßes wird in analoger Weise zur Darstellung des
senkrechten Verdichtungsstoßes (Abschn. 2.1.4) der schiefe Stoß im Bereich eines Strö-
mungskanals mit Hilfe der Erhaltungssätze betrachtet, wobei die Geschwindigkeits-
komponenten parallel und normal zur schiefen Stoßfront liegen (Abb. 2.1-13). Es lässt
sich zeigen, dass die der Stoßfront parallele Geschwindigkeitskomponente c2t = c1t ist.
Durch Zerlegen der Geschwindigkeitsvektoren vor und hinter der Stoßfront in Kompo-
nenten tangential t und normal n zur Stoßfrontebene gelingt es, in einfacher Weise über
die Gesetze des bereits bekannten senkrechten Verdichtungsstoßes die Beziehungen des
schiefen Stoßes darzustellen. Maßgebend für die Zustandsänderungen sind die Normal-
komponenten c1n und c2n die abhängig von dem jeweiligen Strömungsablenkungswinkel
bzw. Stoßfrontwinkel und den Geradstoßbeziehungen sind.
76 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Stoßfront
nt
fro

St
c2
c2
-
c1 c2t c1n c2t
c2n
c1t c2n
c1n c1t
c1

Abb. 2.1-13  Schiefer bzw. ebener Verdichtungsstoß mit Stoßfront und Geschwindigkeitsvektoren


c1, c2 sowie deren Komponenten normal n bzw. tangential t

Verdichtungsstöße
M = const Eben (Keil)
(a)
=
M M2
=0
M1
(b)
M

Konisch (Kegel)
(c)
M
M2
M1

(d)
M

Abb. 2.1-14 Verdichtungsstöße bei verschiedenen Keil- bzw. Kegelwinkeln und konstanter


Anström-Mach-Zahl M

Anstelle der Geradstoßgrößen, insbesondere der Mach-Zahl M und der Geschwindig-


keit c, treten nun die Umrechnungsgrößen
c1n = c1 sinϕ M1 n = M1 sinϕ
.
c2n = c2 sin(ϕ−δ) M2 n = M2 sin(ϕ−δ)
Dies führt für den schiefen Verdichtungsstoß zum statischen Druckverhältnis
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 77

p2 2 κ M21 sin2 ϕ+1−κ


= , (2.1-62)
p1 κ+1
zum statischen Temperaturverhältnis

(κ−1) M21 sin2 ϕ+2 2 κ M21 sin2 ϕ+1−κ


  
T2
= , (2.1-63)
T1 (κ+1)2 M21 sin2 ϕ

dem Totaldruckverhältnis
  1
κ−1

pt2  1 
= �

�κ �

� (2.1-64)
pt1  κ−1 2 2κ 2 2 κ−1 
+ M sin ϕ−
κ+1 (κ+1)M21 sin2 ϕ κ+1 1 κ+1

und zur Abström-Mach-Zahl


2
M21 sin2 ϕ +
M22 = κ − 1 ·

2κ (2.1-65)
2
sin (ϕ−δ) 2 2
M sin ϕ − 1
κ−1 1
Die Gesamttemperatur bleibt konstant (Tt2 = Tt1).
Die Intensität des schiefen Verdichtungsstoßes und damit dessen Verluste, insbeson-
dere dessen Totaldruckverluste, hängen von der Strömungsablenkung δ ab und sind gerin-
ger als beim senkrechten Verdichtungsstoß. Abbildung 2.1-15 zeigt die gegenseitigen
Abhängigkeiten der Strömungsparameter für den schiefen Verdichtungsstoß (Keilstoß).
Wie oben gezeigt wurde, sind ebene und axialsymmetrische Überschallströmungs-
felder miteinander verwandt. Das gleiche gilt für ebene und rotationssymmetrische
Verdichtungsstöße. In Abb. 2.1-15 ist neben der Keilströmung die Anströmung eines
Störkegels dargestellt. Die Rotationssymmetrie des gesamten Strömungsbereiches ergibt
einmal einen kegelförmigen Verdichtungsstoß, zum anderen sind die Strömungszu-
stände auf den von der Spitze ausgehenden Kegelflächen im Strömungsfeld zwischen
dem konischen Stoß und dem Kegelmantel gleich. Die parallel ankommende Über-
schallströmung erfährt durch den Kegelstoß auf allen Stromlinien in Störkegelnähe den
gleichen Sprung der Zustandsgrößen und wird anschließend stetig isentrop weiterver-
dichtet. Die Entropie des homentropen Strömungsfeldes nach dem Kegelstoß liegt um
den Entropiesprung des Stoßes höher als die der Anströmung.
Die Stromlinien erhalten durch den Kegelstoß in Wandnähe einen Knick und nähern
sich nach dem Stoß asymptotisch der Störkegeloberfläche, auf der wie auf allen Kegelflä-
chen bezüglich der Drehkegelspitze die Strömungsdaten konstant sind.
Weitere Effekte, wie zum Beispiel die Stoßablösung bei einem kritischen Ablenkungs-
winkel δmax, sind bei Keil- und Kegelstoß analog zu betrachten. Lediglich die jeweiligen
78 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Verdichtungsstöße

(a) Eben (Keil) (b) Konisch (Kegel)


90° 90°
80° 80°
70° 70° ϑ=50°
60° M2=1 ϑ=35 60° 45°
°
30° 40°
50° 50°
35°
2 5°
40° 20 ° 40° 30°
25°
30° 15° 30° 20°
10° 15°
5° 1 0°
20° 20°

10° 10°
4,0 0°
4,0 0°
ϑ = 5° ϑ=
3,6 3,6 °
° 10
3,2 10 3,2
° °
2,8 15 2,8 20
20°
2,4 2,4 30°
25°
2,0 2,0
M2 30 ° M2
1,6 1,6 40°
3 5°
1,2 1,2 50°
0,8 0,8
0,4 0,4
1,0 ϑ=0° 5° 1,0 ϑ=15
°
10°
0,9 0,9 20°
15°
0,8 0,8 25
20 °
0,7 ° 0,7
M2=1 30
°
0,6 25 0,6
° 35
0,5 0,5 °
p2 / p 1 30
° p2 / p 1 40
0,4 0,4 °
35 45
° °
0,3 Geradstoß 0,3 Geradstoß 50
°
0,2 0,2
0,1 0,1
0 0
1,0 2,0 3,0 4,0 1,0 2,0 3,0 4,0
M1 M1

Abb. 2.1-15 Ebene a und konische b Verdichtungsstößeeben

Winkel- oder Zustandsgrößen sind verschieden. Insbesondere ist bei gleichem Keil- oder
Kegelwinkel δ der Neigungswinkel der Kegelstoßfront ϕ kleiner als der des Keilstoßes,
die Intensität des Kegelstoßes also geringer als die des Keilstoßes. Das Gas hat im Strö-
mungsfeld um einen Störkegel gegenüber der Keilströmung in gewissem Sinne eine
Ausweichmöglichkeit.
Die Bestimmung des konischen Strömungsfeldes hinter dem Verdichtungsstoß kann
numerisch in der Art der Charakteristikenverfahren [Osw76, Sha53K, Sau55] oder nach
grafischen Methoden aus entsprechenden Stoß-Diagrammen (Abb. 2.1-16) erfolgen. Mit
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 79

Hilfe aufwendiger CFD-Technik [And90B, And95B] sind auch reibungsbehaftete Über-


schall-Strömungsfelder mit Verdichtungsstößen, Grenzschichten und den verschiedenen
Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Strömungsbereichen bestimmbar.

2.1.6 Impulssatz und Netto-Schub bei Luftstrahltriebwerken

Das gemeinsame Arbeitsprinzip aller Strahltriebwerke besteht in der Aussto-


ßung von Massenströmen entgegen der Antriebsrichtung. Mittels des Impulssatzes
(Abschn. 2.1.1.3) können die Vortriebskräfte von Raketen bis zu Luftstrahltriebwerken für
Unterschall- bis Hyperschallflüge bestimmt werden, wie in den vorstehenden Abschnitten
prinzipiell erläutert wurde. Das mit einem Strahltriebwerk angetriebene Fluggerät erfährt
also eine Schubkraft in Richtung seiner Fortbewegung. Diese Betrachtung gilt für einen
außerhalb des Massensystems sich in Ruhe befindenden Beobachter. In Abb. 2.1-16 wird
dazu schematisch das einfache Beispiel eines Luftstrahltriebwerkes gezeigt.
Das Kontrollvolumen, hier zweidimensional betrachtet die Kontrollfläche AK, wurde
zwischen der Fläche A weit vor dem Triebwerk in ungestörter, gleichförmiger Strömung
mit dem Druck p0 und der Anströmgeschwindigkeit c0 sowie der der Ausströmebene
(Düsenaustritt) A9 angesetzt. Die Seitenflächen sind parallel zur Anströmgeschwindig-
keit beziehungsweise damit zur Fluggeschwindigkeit gerichtet.
Von dem Triebwerk in Gondel-Bauweise wird die Innenströmung mit dem Durch-
satz ṁ0 erfasst, der mit dem Brennstoffstrom erhöht mit ṁ9 = ṁ0 + ṁB aus der Düse
ausgestoßen wird. Bei unvollständiger Entspannung der Heißgase in der Düse ist der
statische Druck p9 > p0.
Die Summe aller äußeren Kräfte ist

F� a = F� P + F� H (2.1-66)

mit F P den Kräften infolge des Druckes auf die Kontrollfläche, F H ist die Halte- oder
Stützkraft, die mit den Kräften im Kontrollvolumen Gleichgewicht hält. Dabei gilt für
den zu bestimmenden Nettoschub F N = F H .
Für die Impulskräfte bei stationärer Strömung (dc/dt = 0) gilt

F� I = F� I Austritt − F� I Eintritt . (2.1-67)

Mit dem Impulssatz, hier angewandt koaxial nur in x-Richtung, ergibt sich für die äuße-
ren Kräfte F a und die Impulskräfte F I der Innenströmung
 
F� a = p0 A0 − p9 A9 + FH (2.1-68)
x

 
F� I = (ṁ0 + ṁB ) c9 − ṁ0 c0 (2.1-69)
x
80 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Impulssatz- Nettoschub FN= – FH


Kontrollfläche A K
p0 FH
mB
c0
Außenströmung p′0
c ′0
p0

A A
c0 A 0 p0 A 9 p9 c9
m0 Innenströmung
m9

c0 p0
p′0 c ′0

y p0 m Ab
p0
0 1 9
x

Abb. 2.1-16  Impulssatz und Kontrollraum beim Luftstrahltriebwerk angewendet in x-Richtung


bzw. in Flugrichtung

   
zusammen wegen F� a = F� I
x x
p0 A0 − p9 A9 + FH = (ṁ0 + ṁB ) c9 − ṁ0 c0 (2.1-70)
und der Außenströmung
 
F� a = p0 (A − A0 ) − p′0 (A − A9 ) (2.1-71)
x

 
F� I = ṁ′0 (c′0 − c0 ) (2.1-72)
x

damit zusammen wegen


p0 A − p0 A0 − p′0 A + p′0 A9 = ṁ′0 c′0 − ṁ′0 c0 (2.1-73)
und der gesamten Strömung von innen und außen

A(p0 − p′0 ) − A9 (p9 − p′0 ) + FH


(2.1-74)
= (ṁ0 + ṁB ) c9 − ṁ0 c0 + ṁ′0 (c′0 − c0 )

Es kann vereinfacht angenommen werden, dass


c′0 = c0 und p′0 = p0 , (2.1-75)
sodass sich daraus mit der Haltekraft F� H = −F� N bzw. |FH | = |FN | der Nettoschub FN
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 81

(net thrust) in x-Richtung ergibt


FN = (ṁ0 + ṁB ) c9 − ṁ0 c0 + A9 (p9 − p0 ). (2.1-76)
Der Nettoschub im Standfall (0/0) lautet mit c0 = 0
FN, 0/0 = (ṁ0 + ṁB ) c9 + A9 (p9 − p0 ) (2.1-77)
und bei angepasster Düsenströmung mit vollständiger Entspannung, mit also p9 = p0
(Kap. 6), ergibt sich
F∗N,0/0 = (ṁ0 + ṁB ) c9 = ṁ9 c9 . (2.1-78)
Der Bruttoschub FG (gross thrust) wird nur mit den Kräften am Düsen-Austritt definiert
und lautet demnach
FG = (ṁ0 + ṁB ) c9 + A9 (p9 − p0 ) = ṁ9 c9 + A9 (p9 − p0 ). (2.1-79)

2.1.7 Impulssatz und installierter Schub bei Flugtriebwerken

Beim Anbau oder Einbau bzw. Integration der Flugtriebwerke am Flugzeug oder im Flug-
zeugrumpf werden abhängig von der Flugsituation und dem Betriebszustand des Antriebs-
systems von der Durchströmung und der Umströmung des Antriebssystems Vortriebs- und
Widerstandskräfte bewirkt, die nach dem Impulssatz mit der allgemeinen, einfachen Glei-
chung des Nettoschubes nach Gl. (2.1-76) nicht eindeutig erfasst werden können.
Für den einfachen Fall des Flügeleinbaus eines Turbojet-Triebwerks in einer Gon-
del (nacelle) zeigt Abb. 2.1-17 schematisch das durch- bzw. umströmte Triebwerk für
den hohen Unterschallflug mit M0 > M2 ≈ 0,5. Der Impulssatz-Kontrollraum zwischen
Einström- und Ausströmebene (E) und (A) soll hier das komplette Triebwerk umfas-
sen. Es werden dabei nicht die einzelnen Komponenten wie Verdichter oder Turbinen
unterschieden.
Wird hier das gesamte Turbojet-Triebwerk vom Lufteinlauf E bis zur Schubdüse N
aufgeteilt in Komponenten wie Verdichter C, Brennkammer B und Turbine T betrachtet
sowie deren Kräfte in axialer Richtung bestimmt, dann ergeben sich die in Abb. 2.1-18
dargestellten Kräfte der Einzelkomponenten. Die gezeigten Kraftkomponenten beinhal-
ten hier allerdings lediglich die Strömungskräfte der von Luft oder vom Heißgas durch-
strömten Komponentenkanäle. Die Kräfteverteilung innerhalb der Komponenten führt
dazu, dass z. B. Einlauf und Verdichter im Sinne der Vortriebskraft positiv wirken, Tur-
bine und Düse entgegengesetzt.
Mit diesem kurzen Hinweis sollte deutlich werden, dass bei der mechanischen und
dynamischen Auslegung und Gestaltung von z. B. Triebwerksrotoren, Lagerungen usw.
sorgfältig auch in Verbindung mit dem internen Luft- und Kühlsystem alle wirksamen
Kräfte beachtet werden müssen. Abbildung 2.1-19 zeigt dazu beispielhaft eine schemati-
sche Kräftebilanz für ein Turbofan-Triebwerk zur Illustration der Kräfte zum Axialschu-
bausgleich am Rotor mit entsprechenden Lagerungen.
82 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Nettoschub
FN = m9 c 9 + A 9 (p9 − p0 ) − m0 c 0
Nettoschub installiert
FN, inst = m9 c 9 + A 9 (p9 − p0 ) − m0 c 0 − Dadd − DLip − DNac

Nettoschub
FN = −FH
FH
E L A
0 DLip DNac= DNac,p+ DNac,R
9
Dadd

c0 c9
p0 Kontroll-Volumen p9
m0 m9

A0 A1 A9
Einlauf Verdichter Brenn- Turbine Schub-
E C kammer T Düse N
B

Abb. 2.1-17 Nettoschub und Kräfte (schematisch) am Kontrollraum beim Luftstrahltriebwerk


angewendet in x-Richtung (Flugrichtung)

Bei Überschall- und Hyperschallflugzeugen (Abschn. 2.5 und 2.7 sowie 8.3 bis 8.5)
ist durch den hohen Grad an Integration von Triebwerk und Flugzeugrumpf eine klare
Abgrenzung aller am System angreifenden Kräfte und Momente notwendig. Zu diesem
Zweck muss eine umfangreiche Kräfte- und Momentenbilanz bzw. „Bookkeeping“ des
Antriebssystems in Verbindung mit dem Flugzeug definiert werden (Abb. 2.1-20).
Die Kontrollgrenzen sind danach so zu wählen, dass alle primär durch das Antriebs-
system beeinflussten Oberflächen- und Impulskräfte zum Triebwerk gezählt werden.
Außer der Vorverdichtung am Flugzeugrumpf im Strömungsfeld des Flugzeugs kommt
hier dem Flugzeug-Heckbereich bei einer einseitig expandierenden Rampendüse beson-
dere Bedeutung zu. In Abschn. 2.5.3, Abb. 2.5-19, wird dazu eine typische Kräftebilanz
gezeigt. Die große Rumpfoberfläche im Zuström- und Abströmbereich wird dabei zum
Triebwerk gezählt, da die Oberflächen-Druckverteilung wesentlich vom Düsendruckver-
hältnis, der Heißgastemperatur und dem Triebwerksmassenstrom abhängt. Neben Ein-
lauframpen und Grenzschichtabscheider werden auch die Einlauflippe sowie die durch
die Triebwerksregelung verstellbare Düsenheckklappe zum Antriebssystem gerechnet
(Abschn. 2.5) [Bau94, Hol97, Kop00, Ric05].
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 83

Turbojet-Triebwerk
Kräfte der Komponenten und resultierende Kraft FN,axial= ±Fi,Komponenten

0 1 2 3 31 4 5 6 7 8/9

c0 c9

Einlauf Verdichter Diff. Brennk. Konus


E C Dif B K

Schubkraft res. FN = FR = ∑ ± Fi,Komponente n


Turbine T Schub-
Düse N
Nettoschub FN

Abb. 2.1-18  Kräftebilanzierung (schematisch) mit den einzelnen Komponenten beim Turbojet-


Triebwerk angewendet in x-Richtung (Flugrichtung) nach dem Impulssatz für den Kontrollraum
gemäß Abb. 2.1-17

Zusammengefasst kann nach Abb. 2.1-17 und 2.1-20 allgemein für ein installiertes
und/oder integriertes Antriebssystems für den installierten Nettoschub definiert werden
 
FN,inst = ṁ9 c9 + A9 p9 − p0 − ṁ0 c0
(2.1-80)
−DAdd − DLip − DNac .

mit Zusatz-Widerstand (additive drag)


E
 
DAdd = p − p0 dA, (2.1-81)
0

Lippen-Widerstand (lip drag)


L
 
DLip = p − p0 dA, (2.1-82)
E

Gondel-Widerstand (nacelle drag) ohne Reibungskräfte


84 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbofan-Triebwerk TF (Rolls-Royce)

Rotor-Schubausgleich
Axial-Schubkraft Axial-Schubkraft
Fan und Verdichter Turbine
Axial-Schubkraft
Dichtung

Rotor-Lager

Internes Luftsystem
Druck-
Ausgleichsdichtung
Abb. 2.1-19  Kräftebilanzierung zum Rotor-Axialschubausgleich. Beispiel: Turbofan-Triebwerk RR
[Rol05B]

A
 
DNac,p = p − p0 dA, (2.1-83)
E

wobei dabei ein Anteil als Heck-Widerstand DBase (base drag) bezeichnet wird.
Abhängig vom Flug- oder Lastzustand des Triebwerks verändert sich die Einlauf-
Stromröhre von 0 bis E und von E bis L im Zusammenhang mit dem Überlauf der Strö-
mung bei nicht angepasstem Schluckverhalten des Einlauf-Triebwerk-Systems erheblich.
Beispiel dazu wird in Abschn. 3.2 und 3.3 gezeigt.
Damit ist es ggf. zweckmäßig, auch einen Überlaufwiderstand (spillage drag) zu definieren
L E L
p − p0 dA. (2.1-84)
     
DSpill = Dadd + p − p0 dA = p − p0 dA +
E 0 E
2.1  Elementare gasdynamische Grundlagen 85

Kombinations-Triebwerk Raumtransporter-Hyperschallflugzeug

Integration
Turbojet-Ramjet-Triebwerk
mit Unterschall-Verbrennung

c0 Rampendüse
w0 . DDiv
mBL
FI .
m0 DBl
FI c9 w9

DLip DBase FG
DAdd DNac FBleed FG

Kräftebilanz
(Bookkkeeping) FD Gondelwiderstand
FN
FI Einlaufwiderstand
Nettoschub

FG Bruttoschub

Abb. 2.1-20  Kräftebilanzierung bzw. „Bookkeeping“ schematisch eines integrierten Antriebssys-


tems für Hyperschallflugzeuge vom Einlauf mit gemischter äußerer und innerer Verdichtung und
Grenzschichtabscheidung bis zum Heckbereich mit Rampendüse [SFB89, Hol97, Kop00 Ric05]
und Abschn. 2.5 und 8.5

2.2 Standard-Arbeitsprozesse ideal und real

2.2.1 Ideale und halbideale Gasturbinen-Arbeitsprozesse

Der Basis-Arbeitsprozess der Gasturbine und damit auch des Turbojet-Triebwerkes ist der
als Joule- oder auch als Brayton-Prozess bekannte Isentropen-Isobaren-Arbeitsprozess.
Er besteht im verlustlosen Fall aus isentroper Verdichtung, isobarer Wärmezufuhr, isen-
troper Entspannung und isobarer Rückführung zum Ausgangszustand. Wie noch gezeigt
wird, lassen sich die anderen Verfahren, die bei den atmosphärischen Antrieben der Luft-
fahrt eine Rolle spielen, hiervon ableiten. Von einer gewissen Bedeutung sind nur der eben
zitierte Isentropen-Isobaren-Prozess, auch der mit Wärmetausch und der Isentropen-Iso-
baren-Prozess mit Zwischenkühlungen, Zwischenerwärmungen und Wärmetausch.
Joule-Brayton-Prozess. Da die innere Energie eines arbeitenden Gases beim Durch-
laufen eines Arbeitsprozesses nicht geändert wird, muss der Wärmewert der nach außen
abgegebenen Energie gleich dem der Differenz von zu- und abgeführter Wärme sein.
Dem hier betrachteten reversiblen Vergleichsprozess liegt ideales Gas zugrunde
(cp(T, p) = const), ferner gibt es keine Druck- bzw. Reibungsverluste (Δp = 0). Letztere
Feststellung besagt auch, dass Verdichtung (compression) und Entspannung (expansion)
mit den Wirkungsgraden ηComp = ηExp = 1 verlaufen.
86 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Joule-Brayton-Prozess ideal 4
h isentrope Kompression 2 3
isobare Wärmezufuhr 3 4

Enthalpie isentrope Expansion 4 5


isobare Wärmeabgabe 5 2

qzu 5

p3=p4

3 p2=p5

qab
2

Entropie s

Abb. 2.2-1  Idealer Joule-Brayton-Prozess. Bezeichnung der Eckpunkte nach der internationalen


Kennzeichnung von Gasturbinen und Flugantrieben [SAE97]

Im T- bzw. h-s-Diagramm des Abb. 2.2-1 stellen die Strecke 2–3 die isentrope Kom-
pression, die Fläche unter 3–4 die dem Gas von außen zugeführte Wärme (Verbren-
nung) und die Strecke 4–5 die isentrope Expansion dar. Der Ladungswechsel mit dem
Abströmen des Heißgases und Zuströmen der Frischluft (Strecke 5–2) wird bei einem
geschlossenen Prozess durch die Wärmeabgabe nach außen ersetzt.
Zur Vermeidung von Missverständnissen wird hier darauf hingewiesen, dass die Bezeich-
nung der Prozess-Eckpunkte mit 2 -3–4- 5 dem internationalen üblichen Standard der Kenn-
zeichnung von Gasturbinen und Luftstrahltriebwerken der Flugtechnik entspricht [SAE97].
Werden, wie dies in Abb. 2.2-1 dargestellt, die statischen Temperaturen den Total-
temperaturen praktisch gleichgesetzt und dasselbe für die Drücke vorgenommen, somit
T ≈ Tt und p ≈ pt zugrunde gelegt, dann wird angenommen, dass das Geschwindigkeits-
niveau der kontinuierlich durchströmten Maschinen sehr niedrig ist, also cax → 0. Erläu-
terungen aus der Gasdynamik dazu sind in Abschn. 2.1 enthalten.
Der thermodynamische Wirkungsgrad dieses idealisierten Prozesses lautet somit
qzu − qab cp (T4 − T3 ) − cp (T5 − T2 ) T5 − T2
ηth id = = =1− (2.2-1a)
qzu cp (T4 − T3 ) T4 − T3
In einem T-s-Diagramm eines Idealgases können die Isobaren durch Parallelverschiebung
längs der Entropieachse miteinander zur Deckung gebracht werden, was auch besagt, dass
T3 T4 T5 T4
= bzw. = (2.2-1b)
T2 T5 T2 T3
ist. Damit ergibt sich in Fortführung des letzten Ausdrucks aus Gl. (2.2-1a):

  κ−1
(T5 /T2 − 1) T2 T2 p2 κ
ηth id = 1 − =1− =1− . (2.2-1c)
(T4 /T3 − 1) T3 T3 p3
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 87

isentrope Kompression 2 => 3 4


h T4
isentrope Expansion 4 => 5
qzu

Enthalpie Wärmezufuhr B
31 => 4 isobar

5
Wärmezufuhr EX 31 T5
3 => 31 isobar

p3= p4
3 Wärmeübertragung EX
T3 51 5 => 51 isobar
qab
2 p2 = p5
T2
Wärmeabgabe 51 => 2

Entropie s

Abb. 2.2-2  Isentropen-Isobaren-Prozess mit Wärmetauscher EX (heat exchanger)

pt3/pt2 = ΠC ist hier das Druckverhältnis des Verdichters C. Der Wirkungsgrad des idea-
len Joule-Prozesses wird also umso besser, je größer das Druckverhältnis des Verdichters
bzw. das Gesamtdruckverhältnis OPR ist. Weder die maximale Temperatur des Prozes-
ses (Verbrennungs-Endtemperatur) noch das Verhältnis von maximaler und minimaler
Temperatur T4/T2 spielen dabei eine besondere Rolle (Abb. 2.2-14).
Isentropen-Isobaren-Prozess mit Wärmetausch. Herrscht durch einen Wärme-
tauscher EX (heat exchanger) vollkommener Wärmetausch (heat exchange), wie dies in
Abb. 2.2-2 vorausgesetzt ist, dann wird diejenige Wärmemenge, die durch die Tempera-
turdifferenz T5−T3 gekennzeichnet wird, von der Heißgasseite auf die Kaltluftseite über-
tragen. Dies würde in der Praxis allerdings eine unendlich große Wärmetauscherfläche
voraussetzen. Von außen ist dann, unter Zugrundelegung der sonstigen Bedingungen, im
Abb. 2.2-2 nur noch zwischen T4 und T31 die geringere Wärmemenge qzu zuzuführen.
Dies ergibt für den thermodynamischen idealen Wirkungsgrad

qzu − qab q T3 − T2 T3 T2 T3
ηth id = = 1 − ab = 1 − =1− =1−
qzu qzu T4 − T 5 T4 T4 T2
  κ−1 κ−1 (2.2-2)
T2 p3 κ  κ
=1 − =1− .
T4 p2 τ

Dabei ist das Verhältnis von maximaler und minimaler Temperatur des Prozesses
Tmax T4
= = τ.
Tmin T2
Gleichung (2.2-2) enthält sowohl das Druckverhältnis Π = ΠC = OPR als auch das
Temperaturverhältnis τ. Bei gegebenem τ nimmt der Wirkungsgrad mit abnehmendem
Druckverhältnis zu. Es ergibt sich somit die umgekehrte Tendenz des Joule-Prozesses.
88 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Fluggasturbinen mit Wärmetauscher sind in den vergangenen Jahrzehnten vereinzelt


als Prototypen gebaut worden (Abschn. 2.9). Wegen der hier günstigen niedrigen Druck-
verhältnisse werden die Turbomaschinen Verdichter und Turbine sogar einfacher und
kleiner als beim Joule-Prozess. Der Wärmetauscher ist andererseits ein sehr aufwendiges
Gebilde, das eine Erhöhung des Volumens und der Masse des Antriebssystems mit sich
bringt und Druckverluste kostet.
Isentropen-Isobaren-Prozess mit Zwischenkühlungen, Zwischenerhitzung und
Wärmetausch. Es ist aus der Thermodynamik bekannt, dass, ausgehend von einem
gewählten Zustandspunkt, die notwendige Verdichtungsarbeit zur Erreichung eines
bestimmten Druckverhältnisses bei isothermer Kompression (d. h. Wärmeabfuhr wäh-
rend der Kompression) geringer ist als bei isentroper Kompression
wComp, isoth < wComp, isentrop .

Die für ein bestimmtes Druckverhältnis gewinnbare Expansionsarbeit ist bei isothermer
Entspannung (d. h. Wärmezufuhr während der Expansion) größer als bei isentroper
Expansion. Es ist
wExp, isoth > wExp, isentrop .

Die Größe der Einsparung beziehungsweise des Gewinns hängt von dem jeweiligen Druck-
verhältnis ab. Da in der Flugtechnik hohe Strömungsgeschwindigkeiten in den hier inter-
essierenden Komponenten Verdichter und Turbine üblich sind, ist es praktisch zwecklos,
geeignete Kühl- bzw. Heizelemente in diese Maschinen einzubauen, um isotherme Vor-
gänge zu verwirklichen. Als Ersatzlösung bietet sich an, statt isotherm zu komprimieren, das
Druckverhältnis in mehreren kleinen Schritten zu erreichen, die selbst isentrop sind, zwi-
schen welchen jedoch jeweils auf die Ausgangstemperatur zurückgekühlt wird (Abb. 2.2-3).
Analog wird die Expansion in Teilstücke zerlegt und dazwischen jeweils aufgeheizt.
In Abb. 2.2-3 ist der betreffende Arbeitsprozess diesmal durch ein h-s-Diagramm dar-
gestellt. Die Arbeiten beziehungsweise Wärmemengen sind demnach als Strecken und
nicht als Flächen ablesbar.
Die Kompression erfolgt in n Schritten, wobei die Teildruckverhältnisse von (2) über
(A) und (B) bis (3) jeweils gleich sind. Von der Temperatur T3 wird (n-1) -mal auf die
Ausgangstemperatur T2 rückgekühlt. Wegen

pA p p
= B = 3
p2 pA pB

kann geschrieben werden:  n


p3 pA
= (2.2-3)
p2 p2
Im Beispiel nach Abb. 2.2-3 ist n gleich 3. Der Einfachheit halber werden auch n glei-
che Schritte für die Expansion angenommen, was zur Folge hat, dass hier dieselben Zwi-
schendrücke erreicht werden.
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 89

Isentropen-Isobaren-Prozess
Zwischenkühlung
Wärmetausch Zwischenerhitzung qzu

h Zwischenerhitzung 4 T4
wB wExp
Enthalpie

5
T5
Wärmetausch
Kaltseite

p3=p4
Wärmetausch
Heißgasseite
3 B A p2=p5
T3
wComp
T2
2
Zwischenkühlung qab

Entropie s

Abb. 2.2-3 Isentropen-Isobaren-Prozess mit Zwischenkühlungen (intercooling), Zwischenerhit-


zungen (interheating) und Wärmetausch (heat exchange)

Der thermodynamische ideale Wirkungsgrad ist gleich dem Quotienten von geleiste-
ter Arbeit wExp – wComp und von außen zugeführter Wärme wB. Wegen des vollständigen
Wärmetausches ist die Wärmezufuhr nur durch die kleine Temperaturdifferenz T4 – T5
bestimmt. Die Aufheizung erfolgt n-mal; einmal in der Hauptbrennkammer und dann
noch (n 1) -mal in Zwischenbrennkammern. Da alle interessierenden Größen wie wComp,
wExp und wB n-mal vorkommen, genügt es, sie für den Wirkungsgrad nur einmal anzu-
schreiben. Außerdem ist wB = wExp

wExp − wComp wComp T3 − T2


ηth id = = 1− =1−
wB wExp T4 − T 5
. (2.2-4a)
/T
(T3 2 −1)T 2
=1−
(1−T5 /T4 )T4

Unter Benützung der Isentropengleichung und Gl. 


(2.2-3) wird für die
Temperaturverhältnisse
  κ−1  1 κ−1
T3 pA κ p3 n κ
= =
T2 p2 p2
  κ−1  1 κ−1
T5 p2 κ p2 n κ
= =
T4 pA p3

und damit für den idealen Wirkungsgrad


90 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Ericson-Prozess Carnot-Prozess
ideal
qzu,Exp qzu,Exp
h
Enthalpieh 4‘ 5‘ 4 5

Carnot-Prozess Ericson-Prozess

p3

p2

3 2
qab,Comp

Entropie s

Abb. 2.2-4  Vergleich von Ericson- und Carnot-Prozess. Ericson-Prozess (2 – 3 – 4 – 5 – 2) und


Carnot-Prozess (2 – 3 – 4′ – 5′ – 2)

κ−1
1  nκ − 1
ηth id =1− , (2.2-4b)
τ 1−κ
1 −  nκ
also auch hier eine Abhängigkeit vom Druck- und Temperaturverhältnis Π bzw. τ.
Würden die einzelnen Schritte ständig verkleinert, führt dies schließlich zu n = ∞,
das heißt zu einer isothermen Kompression und Expansion mit
1
ηth id = 1 − . (2.2-4c)
τ
Beim Übergang von Gl. (2.2-4b) zu Gl. (2.2-4c) führt dies zum Ericson-Prozess. Sein
Wirkungsgrad hängt nur vom Temperaturverhältnis ab und stellt theoretisch den für
Gasturbinen-Prozesse vorteilhaftesten Fall dar. Der letzte Quotient in Gl. (2.2-4b) ist
eine Art Korrekturwert gegenüber dem Ericson-Prozess.
Erinnert sei hier daran, dass der günstigste aller thermodynamischen Arbeitsprozess-
Wirkungsgrade gleichfalls lautet:
Tmin 1
η=1− =1− .
Tmax τ
Dieser Ausdruck wird auch als Carnot-Faktor bezeichnet. Wird in einem T-s-Diagramm
der Ericson- und Carnot-Prozess zusammen eingetragen, dann ist ihre Gleichwertigkeit
zu erkennen (Abb. 2.2-4).
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 91

1,0
th id

Isentropen-Isobaren-
therm. Wirkungsgrad, ideal 0,8 n=3 Prozess mit Zwischen-
kühlung und Zwischen-
n=2 Erhitzung, ideal
Gl. 2.1-5a und Gl. 2.1-5b
0,6 Joule-Brayton-Prozess,
ideal
Gl. 2.1-1a
Isentropen-Isobaren-
0,4 Prozess mit
Wärmetausch, ideal
Gl. 2.1-3

0,2
0 10 20 30
Druckverhältnis

Abb. 2.2-5  Thermodynamische Wirkungsgrade von den idealen Arbeitsprozessen wie Joule-Brayten-


Prozess (untere Kurve), Isentropen-Isobaren-Prozess mit Wärmetausch (mittlere Kurve) und Isentro-
pen-Isobaren-Prozess mit Zwischenkühlung und Zwischenerhitzung in n = 2 und n = 3 Stufen

Im Gasturbinen- und Flugtriebwerksbau sind Verfahren nach Abb. 2.2-3 bisher nicht


besonders ertragreich verwirklicht worden. Projekte, bei denen die Kühlung während
oder vor der Verdichtung eine Rolle spielt sowie Gasturbinen und Prototyp-Triebwerke,
deren Turbinen mit Zwischenerhitzungen arbeiten, wurden versuchsweise gebaut.
Bei Turbojet- und Turbofan-Triebwerken mit Nachbrenner AB (afterburner) bzw.
Wiedererhitzung RH (reheat) der Heißgase nach Entspannung in der Turbine ist mit der
Nachbrennertechnik ein sehr verbreitetes Mittel zur Leistungs- bzw. zur Schubsteigerung
möglich (Abschn. 2.7).
Zusammengefasst sind in Abb. 2.2-5 die Verläufe der idealen thermischen Wirkungs-
grade ηth id gemäß den Gl. (2.2-1c), (2.2-2) und (2.2-4b) eingetragen. Drei Feststellungen
sollen hervorgehoben werden:
Der Prozess nach Gl. (2.2-4b) mit Zwischenkühlung und Zwischenerhitzung ist allen
andern Prozessen überlegen. Dies gilt auch für die Leistung pro Einheit des Luftdurch-
satzes, die dem Diagramm nicht zu entnehmen ist.
Der sehr einfache Joule-Brayton-Prozess nach Gl. (2.2-1c) wird bei großen Druckver-
hältnissen attraktiv. Es ist sinnlos, Wärmetausch bei großen Druckverhältnissen reali-
sieren zu wollen. Rechts vom Schnittpunkt der Kurven la und 3 würde die Wärme der
verdichteten Luft auf das Heißgas übergehen.
Verlustbehafteter, vereinfachter Arbeitsprozess und Optimierung. Bisher wurde in
den Darstellungen nach den Abb. 2.1-1 bis 2.2-5 vorausgesetzt, dass die Strömungsge-
schwindigkeiten in den wichtigsten Querschnitten klein sind und deshalb jeweils Total-
Zustandsgrößen und statische Zustandsgrößen gleich gesetzt werden können wie Tt ≈ T
und pt ≈ p. Da, wenn auch vereinfacht, die wahren Verhältnisse betrachten werden sol-
len, also der verlustbehaftete Prozess, müssen die im Gasturbinenbau und besonders bei
92 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

4
Tt4
h pt B

= wExp is
Enthalpie

5
wB

Tt5
pt3

3
Tt3

wComp is pt2
2
Tt2

Entropie s

Abb. 2.2-6  Verlustbehafteter Joule-Brayton-Prozess (vereinfacht betrachtet)

Flugtriebwerken tatsächlich hohen Strömungsgeschwindigkeiten Berücksichtigung fin-


den. Dies wird in den anschließenden Abschnitten und Kapiteln so im Detail beachtet.
Deshalb sind in dem h-s-Diagramm von Abb. 2.2-6 alle charakteristischen Eckpunkte
durch ihren Totalzustand gekennzeichnet.
Es handelt sich daher auch um die Gesamtenergien bzw. Totalenthalpien, die jeweils
die kinetische Energie der Massenströme mit beinhalten (Abschn. 2.1.2).
Der verlustbehaftete Prozess unterscheidet sich von dem verlustlosen, idealen Prozess
in diesem einfachen Fall, der nur aus den drei Hauptkomponenten Verdichter, Brenn-
kammer und Turbine bestehenden Einheit, in folgender Weise:
Die Verdichtung verläuft längs einer Polytropen. Dadurch wird bei dem geforderten
Druckverhältnis die Austrittstemperatur Tt3 höher als im isentropen Fall. Die entsprechende
Verdichterleistung wird größer, was andererseits bei gleicher Turbinen-Eintrittstemperatur
Tt4 auch zur Verringerung der in der Brennkammer umzusetzenden Enthalpiedifferenz
führt. Die Verbrennung verursacht einen gewissen Druckabfall in der Brennkammer ΔptB,
außerdem wird der Ausbrand ηB < 1 sein.
Die Entspannung der Heißgase verläuft polytrop, wodurch die abgebbare Leistung
verkleinert wird. Würde ein Wärmetauscher EX nachgeschaltet, dann stünde deswegen
eine größere Temperaturdifferenz ΔTtEX im Wärmetauscher heißseitig zur Verfügung
als bei isentroper Entspannung.
Etwaige Verluste bei der Zu- und Abströmung können im Wirkungsgrad für die
Kompression beziehungsweise Expansion mit erfasst werden.
Der thermodynamische Wirkungsgrad auch als innerer Wirkungsgrad bezeichnet
lautet gemäß Abb. 2.2-6
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 93

WComp is
WExp is ηExp _
ηComp (2.2-5)
ηth = .
WB /ηB
Bei der Entwicklung eines neuen Flugtriebwerkes kann vorausgesetzt werden, dass
außer der Eintrittstemperatur Tt2 auch die durch den technologischen Entwicklungs-
stand der hochhitzebeständigen Werkstoffe erreichbare Temperatur Tt4 bekannt und
vorgegeben ist. Auch für die Teilwirkungsgrade des Prozesses werden bei Festlegung
auf ein gewisses Triebwerkskonzept Anhaltswerte vorhanden sein. Damit kann die Auf-
gabe bearbeitet werden, welche isentrope Kompressionsarbeit zum thermodynamischen
Wirkungsgradoptimum führt.
Wird Gl. (2.2-5) so umgeformt, dass außer dem gesuchten wComp is nur noch
bekannte Werte vorkommen, führt dies zu
 
k Tt4 1
wComp is ηExp −
Tt2 + wComp is /cp ηComp
ηth =   . (2.2-6)
wComp is 1
cp (Tt4 − Tt2 ) −
ηComp ηB

Der Wert k < 1 drückt aus, dass die Expansion nicht im Schnittpunkt von pt3 und Tt4
beginnt, sondern weiter rechts im Schnittpunkt von pt4 und Tt4. Je nach der Größe des
Druckverlustes Δpt B ist die zwischen pt4, Tt4 und pt2 verlaufende Isentrope mehr oder
weniger kleiner als die zwischen pt3 Tt4 und pt2. Das Verhältnis dieser beiden Strecken ist
k. Nach Differentiation gemäß
∂ ηth
= 0. (2.2-7)
∂ wComp is
wird die optimale spezifische Verdichtungs1eistung erhalten.
Eine ähnliche Betrachtung könnte vorgenommen werden, wenn diejenige spezifische Ver-
dichtungsleistung wComp is gesucht würde, die zu der größten nach außen abgebbaren Leistung
pro Durchsatzmasseneinheit führt (Abb. 2.2-7 und 2.2-8). Untersuchungen solcher Art sind
stets erforderlich, wenn die Auslegungsgesichtspunkte eines Antriebes fixiert werden sollen.
Der spezifische Brennstoffverbrauch ist aus dem ηth-Wert der Gl. (2.2-6) direkt
bestimmbar. Da Wirkungsgrade normalerweise Leistungen ins Verhältnis setzen, bezieht
sich der so erhaltene spezifische Brennstoffverbrauch daher zunächst auf die nach außen
abgebbare Wellenleistung PW.
Die in der Brennkammer umgesetzte Leistung kann geschrieben werden als
PB = wB ṁ ≈ Hu ṁB ηB . (2.2-8)
Dabei bedeuten wB die Enthalpiedifferenz gemäß der Brennkammer-Temperaturdiffe-
renz (Tt4 − Tt3) und Hu den unteren Heizwert des Brennstoffes.
Der so genannte Wellen-Wirkungsgrad ηPW ist definiert mit der mechanisch an der
Welle nach außen abgegebenen Leistung und ist bei den einfachen Gasturbinen-Triebwerken
94 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 2.2-7 Spezifischer SFC Tt4 = 800 K


Verbrauch SFC von
0,5
Turboprop-Triebwerken TP 900 K
(auf Wellen-Vergleichsleistung [kg/kWh]
1000 K
bezogen)

0,4

spez. Brennstoffverbrauch
0,3
1200 K

1400 K
1600 K
0,2
0 5 10 15 20
Druckverhältnis p t3/pt2

Abb. 2.2-8 Spezifische 400
PW Tt4=1600 K
Wellenleistung (pro ·2 [kJ/kg]
m
Durchsatzmasse) von
Turboprop-Triebwerken
300
1400 K
spez. Wellenleistung

200
1200 K

100 1000 K

800 K
0
0 5 10 15 20
Druckverhältnis p t3/pt2

häufig mit dem thermodynamischen gleichzusetzen, da der mechanische Wirkungsgrad ηm


meist sehr nahe 1 liegt
ηPW = ηth ηmech ≈ ηth . (2.2-9a)
Der thermodynamische Wirkungsgrad, der somit als Quotient von Wellenleistung und
von außen zugeführter Leistung geschrieben werden kann, ergibt sich zu
PW
ηth = . (2.2-9b)
Hu ṁB
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 95

Somit ist der spezifische Brennstoffverbrauch SFC gleich dem Reziprokwert des Produk-
tes von ηth und einer Brennstoff abhängigen Konstanten, dem unteren Heizwert:
ṁB 1
SFC = = . (2.2-10)
PW ηth Hu
Den Verlauf der spezifischen Verbräuche SFC eines Turboshaft-Flugtriebwerks zum Beispiel
eines Turboprop-Triebwerks zeigt Abb. 2.2-7. Als Abszissenmaßstab wurde das Verdichtungs-
druckverhältnis pt3/pt2 = ΠC = OPR gewählt, ebensogut hätte die spezifische Verdichterleis-
tung wComp, is oder die bezogene Verdichtungsleistung wComp,is/Tt2 genommen werden können.
Im praktischen Joule-Brayton-Prozess spielen also Druckverhältnis ΠC = pt3/pt2 und
Temperaturverhältnis τ = Tt4/Tt2 eine Rolle.
Mit steigender Verbrennungstemperatur muss auch das Druckverhältnis gesteigert
werden, um zu dem jeweiligen Verbrauchsminimum zu kommen. Bei niedrigen Verbren-
nungstemperaturen wirkt sich ein Vergrößern des Druckverhältnisses allerdings schnell
schädlich aus. Die sinnvollen Auslegungsbereiche werden sich stets links von dem jeweili-
gen Minimum befinden. Es ist demnach nicht sinnvoll, die Komponenten Verdichter und
Turbine schwer zu machen, da hohe Druckverhältnisse große Stufenzahlen erfordern.
Abbildung 2.2-8 enthält die Leistungen PW pro Durchsatzeinheit ṁ2, also die Leis-
tungskonzentration. Es ist deutlich erkennbar, dass hier die Maxima bei kleineren
Druckverhältnissen liegen als die entsprechenden Minima des Abb. 2.2-7.
Wird zum Beispiel ein Turboprop-Triebwerk, also ein Turboshaft-Triebwerk, im
Fluge betrachtet, dann kann auch der Strahlschub einen Leistungsanteil ergeben. Es wird
dann zweckmäßigerweise alles auf die Schubleistung umgerechnet. Hier soll nur kurz
gezeigt werden, wie der bei Strahltriebwerken übliche schubspezifische Brennstoffver-
brauch SFCF aus dem eben berechneten spezifischen Verbrauch abgeleitet werden kann.
Aus Abschn. 2.4 (Gl. 2.4-22ff.) mit dem Produkt der Wellenleistung PW und dem
Propellerwirkungsgrad ηProp ergibt sich die Vortriebsleistung PP (propulsion power) all-
gemein gleich dem Produkt von Schub F und Fluggeschwindigkeit c0 also PP = F c0 bzw.
beim Propellerantrieb
 
PP = PW ηProp = FProp c0 (2.2-11a)
und damit der Propellerschub FProp über die Wellenleistung PW ausgedrückt zu
PW ηProp
FProp = . (2.2-11b)
c0
Der schubspezifische Verbrauch SFCF stellt den auf die Zeiteinheit bezogenen Verbrauch
dividiert durch den Schub F dar. Daraus ergibt sich nach Erweiterung mit Gl. (2.2-10)
ṁB ṁB c0 c0 c0
SFCF = = = = SFC . (2.2-12)
F PW ηProp ηth Hu ηProp ηProp
Gleichung (2.2-12) zeigt, dass der schubspezifische Verbrauch SFCF aus dem spezifischen
Verbrauch bezogen auf die Wellenleistung abgeleitet werden kann. Der Propeller-Wir-
kungsgrad ηProp steht deshalb in der Gleichung, weil die Wellenleistung PW zum Beispiel
96 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

des Turboprop-Triebwerks TP in Schubleistung verwandelt werden muss. Geht es um ein


reines Strahltriebwerk, zum Beispiel um ein Turbojet-Triebwerk TJ, dann gibt es keine
Umrechnung über einen Wellenwirkungsgrad, da keine Wellenleistung abgegeben wird.
Gleichung (2.2-12) zeigt ferner, dass bei gleichem SFC der schubspezifische Verbrauch
SFCF umso größer wird, je größer die Fluggeschwindigkeit c0 ist. Der spezifische Ver-
brauch gemäß Gl. (2.2-10) ist, da auf die Leistung bezogen wurde, der Reziprokwert des
thermodynamischen Wirkungsgrades. Durch Erhöhung der Fluggeschwindigkeit c0 wird
der Prozesswirkungsgrad einer vernünftig ausgelegten Gasturbine verbessert, da das durch
Vorstau und Verdichter gemeinsam bestimmte gesamte Druckverhältnis steigt. Wenn ηth
somit steigt, wird der SFC kleiner. Bei dem auf den Schub bezogenen spezifischen Ver-
brauch SFCF der Gl. (2.2-12) ist die Tendenz jedoch umgekehrt. SFCF kann zur verglei-
chenden Wertung zweier Triebwerke bei gleichem c0 herangezogen werden.
Die vorstehenden Bemerkungen über die Bedeutung von SFC und SFCF zeigen, dass die
Wirkungsgradbestimmung, beziehungsweise die Optimierung in der gemäß Gl. (2.2-7) darge-
stellten Weise, stets dem Zwecke dient, die Zonen des günstigsten Verbrauches zu bestimmen.
Es wird nicht in allen Fällen möglich sein, zum Beispiel durch Vor- bzw. Nachschal-
ten oder Wegnahme von Verdichterstufen die gewünschte Änderung des Arbeitsprozesses
durchzuführen. Es gibt jedoch Beispiele, wo Triebwerke im Sinne der vorstehend erläu-
terten Tendenzen günstig weiterentwickelt werden konnten. Bereits bei der Neuauslegung
eines Antriebes sollte darauf geachtet werden, dass besonders der Verdichter als kompli-
zierte, teuere und schwierig zu entwickelnde Komponente so konzipiert ist, dass spätere
konstruktive Veränderungen ohne großen Aufwand vorgenommen werden können.

2.2.2 Standard-Arbeitsprozesse von Turboshaft und Turbojet

Mit Hilfe der in Kap. 1 vorgestellten verschiedenen Schaltungsarten und Bauweisen von
Gasturbinen für stationäre Anlagen und mobile Anwendungen der Verkehrstechnik von
Land- und Luftfahrzeugen wurde erkennbar, dass die einfachste Schaltungsart einer Gas-
turbinenanlage die Turboshaft-Gasturbine TS (turboshaft) bzw. die Wellenleistungsgastur-
bine PGT mit Nutzturbine PT (power turbine) oder das Turbojet-Triebwerk TJ (turbojet)
mit Einwellen-Gasgenerator GG (gasgenerator) darstellt. In Abb. 2.2-9a und b wird die
prinzipielle Bauweise dieser Einstromtriebwerke in Blockschaltbildern dargestellt.
Der Arbeitsprozess nur des Gasgenerators GG für die in Abb. 2.2-9a, b dargestellte
einfache Turboshaft-Gasturbine bzw. das Turbojet-Triebwerk ist in Abb. 2.2-10 im
h-s-Diagramm mit den wesentlichen statischen und Totalzustandsgrößen schematisch
gezeigt. Die den Arbeitsprozess abschließende Expansion der Heißgase auf etwa Umge-
bungsdruck p0 in der Arbeits- oder Nutzleistungsturbine PT beziehungsweise der Schub-
düse N wird in Abb. 2.2-11 detaillierter vorgestellt.
Vom ungestörten Umgebungszustand (Ebene 0) aus wird durch den Einlauf E (Ebene 1
bis 2) der Luftmassenstrom ṁ0 = ṁ1 = ṁ2 dem von der Turbine angetriebenen Turbover-
dichter C (Ebene 2 bis 3) zugeführt und in diesem auf den Arbeitsprozessdruck pt3 kontinu-
ierlich verdichtet. Zwischen Verdichter C und Gasgenerator-Turbine T wird das Arbeitsfluid
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 97

(a)
Gasgenerator GG mit Nutzleistungsturbine PT oder Schubdüse N
Kompression Wärme- Expansion
Turboverdichter C zufuhr QB Turbinen T, PT / Schubdüse N

Turboshaft-Gasturbine TS (Wellenleistungs-Gasturbine PGT)

0 1 2 3 4 44 5 7 8

E C T PT G
nPT
PPT Getriebe
PEx nC = nT
PC+PEx= PT Nutzleistungs-
Turbine
PT
Einlauf Verdichter Brennkammer Turbine Abgasrohr
E C B T A
0-1-2 2-3 3-4 4 - 44 44 - 5 5 - 7 - 8

(b)
Turbojet-Triebwerk TJ (Turboluftstrahltriebwerk TL)

Gasgenerator GG und Schubdüse N

B
m0 m9
c0 nC = nT c9 Strahlleistung
E C T
A0 PEx p9
PEx A9
B

PC+PEx= PT
0 1 2 3 4 5 6 7 89

Bruttoschub FG = m9 c 9 + A 9 (p9 − p0 )
Nettoschub FN = FG − m0 c 0 = m9 c 9 − m0 c 0 − A 9 (p9 − p0 )

Abb. 2.2-9 Gasturbinen-Anlagen mit Einstrom-Einwellen-Gasgenerator GG als a Turboshaft-


Gasturbine TS (turboshaft) bzw. Wellenleistungs-Gasturbine PGT mit Nutzleistungsturbine PT
(power turbine) oder als b Schubtriebwerk bzw. als Turbojet-Triebwerk TJ (turbojet) mit Schub-
düse N (nozzle)

in einer Gleichdruck-Brennkammer B (Ebene 3 bis 4) auf die Arbeitsprozess-Spitzentem-


peratur Tt4 aufgeheizt und anschließend beim Wellenleistungs-Triebwerk von der Trieb-
werksebene 4 ausgehend in der Turbine T des Gasgenerators bis Ebene 44 expandiert. Diese
Ebene 44 entspricht beim Turbojet-Triebwerk TJ der Ebene 5 vor der Schubdüse N.
Nach Abschluss der inneren Energieabgabe von der Gasgenerator-Turbine T an
den auf gleicher Welle sitzenden Verdichter C kann die Nutzung der energiereichen
98 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

1 2 3 4 44 (5 7 8)

B Nutzenergie
pt4
htPid= wPid
T 4
E C Tt4

Pex
Wärme-Zufuhr wTid
qB pt44
Gas-Generator GG 44
für Turboshaft oder Turbojet Tt44
Nutzenergie

Idealer Joule-Prozess bzw. wPid


Gleichdruck-Arbeitsprozess
pt5id
Tt5id
3
Tt3
pt3
Kompression
h wCid
pt2
02
T0=Tt2 p0

c 24 pt4
Realer 2 4
Arbeitsprozess Tt4 p4
Joule-Prozess T4
Druck- und Temperaturverhältnis wTis
wie beim Ideal-Prozess wT
qB
pt44
44 Tt44
T44
p44
wPTis
pt3
p5is
T5is
Tt3 3

c 32
2
h wC
wCis

0 2 pt2
T0 Tt0 Tt2
p0 pt0
p2 2 T2
c 2
s 2

Abb. 2.2-10  Ideal- und Real-Arbeitsprozess im h-s-Diagramm des Gasgenerators GG schema-


tisch mit Darstellung der spezifischen isentropen Nutzenergie wPTis bei Expansion der Heißgase
auf maximal Umgebungsdruck p0
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 99

Heißgas - Expansion mit Abgabe der Nutzenergie


Nutzleistungsturbine PT Schubdüse N
PW = PPT = m PT h tPT = m PT w PT FN = m9 c 9 − m0 c 0 + A 9 (p9 − p0 )
pt44
44 ht44 5 7 9 pt9 ht7=ht9
Tt44 Tt9
c 24 pt5
2
c 92is p7 c 92
wPT
wPTis 2
2
5 8 pt8 ht5 p9 h9
Tt5 Tt8 T9
pt5 p5<p0 c 82 p0<p9
2 p0
p0
4 44 5 7 8 4 5 6 7 8 9

Ausström-
nPT Diffusor nT c9
nT PT T N
PT T PT
PT PPT

Gasgenerator Nutzleistungs- Gasgenerator Schubdüse N


Turbine Turbine PT Turbine T

Abb. 2.2-11 Heißgas-Expansion im h-s-Diagramm ideal und real zur Abgabe der spezifischen


Nutzenergie wPT bzw. der kinetischen Energie c29/2: a in einer Nutzleistungsturbine PT bei einer
Turboshaft-Gasturbine TS oder b in einer Schubdüse N bei einem Turbojet-Schubtriebwerk TJ

Heißgase durch die Expansion vom Totaldruck pt44 beziehungsweise beim Turbojet
von pt5 aus im Sinne der jeweiligen Aufgabe des Triebwerks verschieden vorgenommen
werden.
Im Falle der Turboshaft-Gasturbine TS nach der in Abb. 2.2-9a und später in
Abb. 2.2-12 gezeigten Bauweise beaufschlagen die Heißgase in der Turbinensektion
von 44 ausgehend die freilaufende Arbeitsturbine (free power turbine), die als Nutzleis-
tungsturbine PT meist über ein Getriebe G die nutzbare Wellenleistung der gesamten
Gasturbinenanlage PW nach außen abgibt. Die Heißgase verlassen als Abgase mit noch
relativ hohem Energieinhalt etwa auf Umgebungsdruck p8 ≈ p0 entspannt durch das der
PT nach geschaltete diffusorartige Austrittsrohr (Ebene 5 bis 8) die Anlage.
Zur Vermeidung von Verlusten durch zu hohe Abgasgeschwindigkeiten c8 sowie
gegebenenfalls zur Erhöhung der spezifischen Leistungsabgabe der Nutzleistungsturbine
PT ist es häufig zweckmäßig, das Austrittsrohr als Diffusor Dif zu gestalten. Damit kann
die Expansion der Heißgase in der PT bis zum statischen Druck p5 ≈ p7 kleiner als der
100 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turboshaft-Gasturbine TS
1 2 3 4 44 5 7 8
pt4
B 4 41
Tt4
E C T PT PPT
PC= PT isentrope
isobare
PEx Wärmezufuhr Expansion T
Gas-Generator GG Nutzleistungs- QBid pt44 wTid
Turbine PT 44
Tt44
Idealer isentrope
Isentropen-Isobaren-Prozess Expansion PT
Joule-Prozess wPTid
pt5 pt8
58
Tt5 Tt8
3
Tt3
pt3 p0
isentrope
h Kompression
wCid
2
Tt0 Tt2
pt0 pt2
s

pt4
4 41
Realer p4 Tt4
c 24
Arbeitsprozess T4
2
Joule-Prozess
wTis
Druck- und Temperaturverhältnis wT
wie beim Ideal-Prozess qB
pt44
44 Tt44
wPT
pt3 58
Tt5
pt5
Tt3 3 p5<p0

c 32
p0
wC 2
h wCis
pt2
02 Tt2
T0 Tt0 p0 pt0
p2 T2 c 22
s 2

Abb. 2.2-12  Turboshaft-Gasturbine TS bzw. Wellenleistungs-Gasturbine mit Abgasdiffusor und


idealem sowie realem Arbeitsprozess im h-s-Diagramm (Betriebszustand Standfall SL mit c0 = 0
bzw. M0 = 0)
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 101

Umgebungsdruck p0 also p5 ≈ p7 < p8 ≈ p0 erweitert werden. Die Leistungsabgabe der


Nutzleistungsturbine kann somit vergrößert werden.
Die Turboshaft- bzw. Wellenleistungs-Gasturbinen nach Abb. 2.2-9a werden einmal
hauptsächlich als Flugtriebwerke zum Antrieb von Propeller- oder Rotorflugzeugen und
Hubschraubern verwendet (Abschn. 2.6). Zum anderen werden sie modifiziert als orts-
feste Kraftwerksanlagen (Aeroderivative) zum Beispiel zur schnellen Deckung von Spit-
zenlasten in Kraftwerks-Energienetzen eingesetzt (Abschn. 2.8).
Beim Turbojet-Triebwerk TJ (turbojet) nach Abb. 2.2-9b bzw. Abbildung 2.2-13 ist
dem Gasgenerator GG nach der Verdichter-Turbine T über ein Übergangsrohr 5 bis 6
die Schubdüse N von Ebene 7 bis 8 bzw. 9 angeschlossen. Mit der Turbine T des Gasge-
nerators wird dem Arbeitsfluid in jedem Lastzustand für den inneren Energieaustausch
lediglich soviel mechanische Energie entzogen, wie der Verdichter C sowie die Neben-
geräte an der gemeinsamen Welle benötigen. Die bei isentroper Entspannung zur Ver-
fügung stehende Nutzenergie wPTis ab Ebene 44 wird in kinetische Energie der Heißgase
c29/2 umgesetzt.
Die durch die Expansion der Heißgase in einer konvergenten (C-Düse) oder konvergent-
divergenten Unterschall-Überschall-Düse (C-D-Düse) entstehende Strahlleistung ergibt
gegenüber der Fluggeschwindigkeit v∞ bzw. auf das Triebwerk bezogen der Anströmge-
schwindigkeit c0 eine erhöhte Triebwerks-Austrittsgeschwindigkeit c8 bzw. c9 (Kap. 6).
Die Beschleunigung der Heißgase in der Schubdüse im Heckbereich des Flugtrieb-
werks liefert gemäß dem Impulssatz der Fluidmechanik (Abschn. 2.1.6) mit Impuls- und
Druckkräften den Brutto-Schub
FG = ṁ8 c8 + A8 (p8 − p0 ) (2.2-13a)
bzw. den Nettoschub
FN = ṁ8 c8 − ṁ0 c0 + A8 (p8 − p0 )· (2.2-13b)
Wie bereits vorstehend und in Kap. 1 erläutert, stellt der Einwellen-Gasgenerator GG als
Kern (core) einmal gasdynamisch gekoppelt mit der Nutzleistungsturbine PT zum ande-
ren mit der die Heißgase beschleunigende Schubdüse N das Basiskonzept zahlreicher
Gasturbinen-Schaltungen und Turboluftstrahl-Triebwerke dar.
Bei den einerseits Vor- oder Auftrieb erzeugenden Propeller-Flugtriebwerken, ande-
rerseits bei den Schub abgebenden Strahltriebwerken kann von einem kontinuierlichen
Übergang vom Propeller- oder Rotor-Triebwerk über das Prop-Fan und Gebläse -Trieb-
werk bis zum reinen Bypass-Schubtriebwerk ohne und mit Nachbrenner gesprochen
werden. Ausgangspunkt dieser Triebwerksfamilien allerdings ist stets der Gasgenerator
GG bzw. das Kerntriebwerk (core engine).
Zu den idealen und den näherungsweise idealen („halbidealen“) Joule-Arbeitsprozes-
sen werden zusammengefasst und in Gegenüberstellung in Abb. 2.2-14 und Abb. 2.2-15
die Ergebnisse von einfachen Parameterstudien gezeigt, die mit [GasTurb] berechnet
wurden. Dargestellt wird in Abb. 2.2-14 der thermische Wirkungsgrad ηth, id abhängig
von der spezifischen Leistung mit den Prozess-Hauptparametern Gesamtdruckverhältnis
102 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbojet-Triebwerk TJ pt4
0 1 23 4 5 67 89 4 41
B Tt4
c0 nC = nT c9 isentrope
E CT T
PC= PT pt9 Expansion T
isobare wT
PEx
B 5 9
Wärmezufuhr Tt5 Tt9
qB pt5
Gas-Generator GG Schubdüse N

Idealer isentrope
Isentropen-Isobaren-Prozess Expansion
Joule-Prozess Düse N
Flugzustand M0 > 1 c 92
2

pt3
3
Tt3
isentrope
Kompression
h wCid 0 2 pt2
2 pt0 Tt0 Tt2
c
Aufstau 0
2 T0
p0
s
pt4
Realer 4 41
p4 Tt4
Arbeitsprozess c 24
Joule-Prozess T4
2
Flugzustand M0 > 1 wTis wT
Druck- und Temperaturverhältnis qB
wie beim Ideal-Prozess 5 7 9pt9
Tt9
T5is
p 2
c
pt5 p5 9
7
2
pt3 p9
T9

3
Tt3
c 32
2
w
C
wCis
h
02 pt2
T
c 2
0
pt0 p2 Tt0 t2
2 T0
p0
s

Abb. 2.2-13  Turbojet-Triebwerks TJ mit idealem bzw. realem Arbeitsprozess im h-s-Diagramm.


Betriebszustand ist der Flugfall bei höherer Flug-Machzahl mit M0 > M2 (Kap. 5) ideal, real
2.2  Standard-Arbeitsprozesse ideal und real 103

0,8
Idealer Joule-Prozess
Cpol= Tpol= 1,0, = f(T)
th, id
Druckverhältnis OPR= th id=0,7
C
0,7
100
80
therm. Wirkungsgrad

60
0,6 50
40
30

th id=0,5
0,5 20

1200 K 1400 K 10
1600 K 1800 K 2000 K
0,4 Temperatur T t4

0,3
200 400 600 800 1000

spez. Leistung PPT m 2 [kW (kg / s)]

Abb. 2.2-14 Idealer, verlustloser Joule-Arbeitsprozess (Isentropen-Isobaren-Prozess). Thermi-


scher Wirkungsgrad abhängig von der spezifischen Leistung, dem Gesamtdruckverhältnis OPR
und von der Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 berechnet mit κ = f(T) Joule-Brayton-Prozess

0,6
th
Turboshaft TS
Joule-Prozesse
halb ideal
Verdichter-
Cpol= Tpol= 0,9 Druckverhältnis
therm. Wirkungsgrad

C
50 th=0,5
0,5 40

30
25
20

0,4 15

10
K

K
K
K

K
K

K
00

00
00
00
K
K

00
00

00
16
00

18
17
15
00

19
14

20
13
12

Temperatur T t4
0,3
200 300 400 500 600 700 800
spez. Leistung PPT m2 [kW (kg / s)]

Abb. 2.2-15  Halbidealer Joule-Arbeitsprozess wie in Abb. 2.2-14, hier aber mit konstanten poly-
tropen Wirkungsgraden für Kompression und Expansion in Verdichter C und Turbine T halbideal
104 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

OPR (overall pressure ratio) und Turbinen-Eintrittstemperatur TET = Tt4, wobei in die-


sen Rechnungen die Abhängigkeit des Isentropenkoeffizienten κ von der Temperatur
beachtet wurde. Damit sinken die thermischen Wirkungsgrade mit steigender Tempera-
tur bei konstantem Druckverhältnis leicht ab [Kur08].
Realistischer als der reine ideale Joule-Prozess sollte besser der näherungsweise ideale,
der sog. „halbideale“ Prozess angesetzt werden. Dabei werden von den Hauptkomponenten
Verdichter und Turbine durchschnittliche Wirkungsgrade z. B. von 0,9 kontant bleibend
angenommen, wie dies in der Studie nach Abb. 2.2-15 mit [GasTurb] ausgeführt wurde.
Der Vergleich der beiden Studien in den Abb. 2.2-14 und 2.2-15 zeigt, dass beim
Idealprozess der thermische Wirkungsgrad abhängig von steigender Turbinen-Eintritt-
stemperatur näherungsweise konstant bleibt, beim halbidealen Prozess dagegen mit stei-
gendem Druckverhältnis zunimmt.
Weiterhin zeigt ein Vergleich zweier Punkte in den beiden Parameterstudien z. B. mit
OPR = 50 und Tt4 =2000 K, dass gegenüber dem Idealprozess der thermische Wirkungs-
grad ηth des halbidealen Prozesses von etwas über 60 % auf etwas über 50 % stark abfällt.
Damit wird mit diesem einfachen Vergleich bereits deutlich, dass bei praxisorientier-
ten Parameterstudien von Arbeitsprozessen Verluste dringend mit berücksichtigt wer-
den müssen. Mit Programmsystemen zur Leistungsrechnung wie z. B. [GasTurb] ist dies
leicht durchführbar.
In den folgenden Abschn. 2.3.1 bis 2.3.7 sowie im Anhang A1 werden zuerst die
verlustbehafteten thermodynamischen Arbeitsprozesse des Gasgenerators GG einmal
gekoppelt mit einer freilaufenden Nutzleistungsturbine PT oder zum anderen mit einer
Schubdüse N in einer Gegenüberstellung betrachtet. Anschließend werden zur Verbes-
serung der Leistungs- und Schubwerte der Triebwerke sowie zur Anpassung an verschie-
dene Aufgaben und Flugmissionen in Abschn. 2.5 bis 2.9 die von den Basis-Gasturbinen
und Luftstrahltriebwerken abgeleiteten Konzepte in Mehrwellen- und/oder Mehrstrom-
Bauweise vorgestellt.
Die Funktionsweise und das Verhalten der wichtigsten Antriebskomponenten sowie
das Leistungs- und Betriebsverhalten der gesamten Gasturbinenantriebe und Flugtrieb-
werke in verschiedenen Lastbereichen bei Volllast- und Teillastbetrieb werden ausführ-
lich in Kap. 7 bis 9 behandelt.
Bei der Bearbeitung der Arbeitsprozesse in diesem Abschn. 2.2 unter idealen
oder vereinfachten Bedingungen wurden die Turbomaschinen Komponenten ideal
oder die Verluste lediglich pauschal berücksichtigt. Bei der wirklichkeitsnahen,
vollständigen gasdynamischen Berechnung der realen Arbeitsprozesse sind alle in
den Einzelkomponenten der Triebwerke auftretenden Verluste mit entsprechen-
den Verlustmodellen zu berücksichtigen. Hierzu können Verluste oder Abwei-
chungen der Zustandsänderungen von den idealen Vergleichsprozessen, hier dem
Joule-Brayton-Prozess, entweder durch Komponentenwirkungsgrade oder durch
Druckverlustkoeffizienten erfasst werden. Diese Verluste werden dabei meist mit
Total-Druckverlusten definiert und entsprechen thermodynamisch sinngemäß den
jeweiligen Entropieänderungen.
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 105

2.3 Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet

2.3.1 Parameterstudie von Arbeitsprozessen und Vorgabewerte

In Abschn. 2.2.2 wurde bereits auf einige Grundsätze der Wirkungsgrad- und Verlust-
definitionen bei gasdynamischen Basisvorgängen und Arbeitsprozessen besonders
eingegangen.
Im gesamten Betriebsbereich einer Turboshaft-Gasturbine TS oder eines Turbo-
jet-Triebwerks TJ wird in jedem Betriebspunkt Bi vom Auslegungspunkt A bzw. BA
bzw. DS (z. B. bei Max Climb oder Max Take Off) ausgehend bis zum Leerlauf BI
(idle) der Zustand des Triebwerks durch den jeweiligen gasdynamischen Arbeits-
prozess charakterisiert. Ein solcher realer Arbeitsprozess wurde bereits beispielhaft
in Abb. 2.2-12 für die Turboshaft-Gasturbine und in Abb. 2.2-13 für das Turbojet-
Triebwerk wiedergegeben.
Im Vergleich zum idealen oder vereinfachten Arbeitsprozess nach Abschn. 2.2.1
müssen hier bei den realen Prozessen in allen Strömungsebenen die statischen und
totalen Zustandsgrößen beachtet werden. Um einen Betriebspunkt der Gasturbine mit
den jeweiligen Zustandspunkten im h-s-Diagramm festzulegen, genügen für die Total-
Zustandspunkte zwei Zustandsgrößen wie Druck pt und Temperatur Tt. Zur Bestim-
mung der statischen Zustandsgrößen ist neben T und p oder der Enthalpie h noch die
jeweilige örtliche Geschwindigkeit c in den einzelnen Strömungsebenen am Eintritt
und Austritt der Triebwerkskomponenten zu berücksichtigen. Dies wurde bereits in
Abschn. 2.2.2 mit einbezogen.
Zur Bestimmung beliebiger Arbeitsprozesse von Gasturbinen im gesamten Vollast-
und Teillastbetriebsbereich außerhalb des Punktes A wird nachfolgend in Kap. 7 bis 9
auf das stationäre und instationäre Betriebsverhalten der Turboshaft-Gasturbine und des
Turbojet-Triebwerks sowie der wichtigsten weiteren Antriebs– und Gasturbinen-Anla-
gen ausführlich eingegangen.
Für einen Auslegungspunkt A entsprechend einem Betriebspunkt BA, sind zur ersten
Vorausberechnung wesentliche Triebwerkgrößen bereits bekannt oder vorzugeben und
weitere Annahmen zu treffen, die später nach genaueren Berechnungen der einzelnen
Komponenten zu bestätigen sind. Erste Vorgaben und Annahmen können auch durch
iterative Prozess- und Komponentenberechnungen bis zu einer gewünschten Genauig-
keit mit Hilfe einer Leistungssyntheserechnung wie z. B. [GasTurb] bestimmt werden.
Mit der iterativ zuletzt erhaltenen Arbeitsprozessrechnung sind schließlich alle wichtigen
Zustandsgrößen, Eckwerte und Leistungsgrößen des Triebwerks für den betrachteten
Arbeitspunkt A bekannt. Damit ist die Ausgangsbasis zur Berechnung z. B. der Leis-
tungs- und Schub-Kennfelder nach Kap. 7 bis 9 gegeben.
In einer zusammenfassenden Darstellung sind in Abb. 2.3-1 die Ergebnisse der Ausle-
gungs-Parameterstudien aus Abschn. 2.2.2 von Turboshaft- und Turbojet-Triebwerken
bei idealem und vereinfacht realem Joule-Prozess dem realen Prozess gegenübergestellt.
Der Verlauf der Berechnungen für den realen Arbeitsprozess kann z. B. mit [GasTurb]
106 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Joule-Prozesse ideal, halbideal und real


0,7
1200 K 1400 K Temperatur TET= T t4
th 1600 K
1800 K 2000 K
50
therm. Wirkungsgrad

0,6 Joule-Prozess ideal 40


30
2000 K
1800 K
0,5 1600 K 50 20
1400 K halb ideal
40
real 30
50 40 10 OPR= C
0,4 30 20
OPR 20
= C =10 10 OPR= C
Tt4= 1400 K 1600 K 1800 K 2000 K
0,3
200 400 600 800 1000
spez. Leistung PPT m 2 [kW (kg / s)]

Abb. 2.3-1  Parameter-Vergleichstudie zum Joule-Brayton-Prozess von Gasturbinen bei idealer,


halbidealer und realer Auslegungsrechnung. Zusammenfassung nach den Abb. 2.2-14 und 2.3-15
sowie Abb. 2.8-5 im späteren Abschn. 2.8

durchgeführt werden. In den folgenden Abschn. 2.3.2 bis 2.3.7 wird darauf genauer
eingegangen.
Eindrucksvoll wird damit beim Vergleich der Ergebnisse zum thermischen Wir-
kungsgrad deutlich, dass Parameterstudien auf der Basis idealer oder halbidealer Arbeits-
prozesse für die Praxis eigentlich wenig Aussagekraft haben.
Übliche Vorgabewerte für einen Auslegungspunkt A bzw. DS (design point) sind in
nachstehender Übersicht zusammengestellt. Bei der Auswahl dieser Werte ist auf die ein-
deutige Festlegung des Arbeitsprozesses zu achten. Eine Überbestimmung des Arbeits-
prozesses sollte vermieden werden.

Umgebungsbedingungen für die Normatmosphäre (ISA):


Höhe H0 mit Luftdruck p0
Lufttemperatur T0
Mach-Zahl der zuströmenden Luft M0 = c0 /a0
Arbeitsprozess-Hauptparameter:
Verdichter-Druckverhältnis bzw. OPR

C = pt3 /pt2
Prozess-Spitzentemperatur am
Turbineneintritt TET Tt4 = Tt,max
Bypassverhältnisse, anteilig BPRi = ṁi /ṁj
Leistungs-, Durchsatz- und Verbrauchswerte, Kenngrößen:
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 107

Leistung an der Nutzleistungsturbine PPT


Nettoschub FN
Brennstoffdurchsatz ṁB
Luftmassenstrom ṁ0 , ṁ1 bzw. ṁ2
spezifischer Brennstoffverbrauch
auf Leistung PPT bezogen SFCp = ṁB /PPT
auf Nettoschub FN bezogen SFCp = ṁB /FN
Gütewerte, Wirkungsgrade und Verluste,
Wirkungsgrade, isentrop, polytrop:
Verdichter ηCis ,ηCp
Turbinen T ηTis ,ηTp
Einlauf-Druckverhältnis

E = pt2 /pt0
Einlauf-Total-Druckverlust relativ �Pt2 /Pt0
Total-Druckverluste z. B. in Brennkammern und
Zwischenkanälen (�Pt /Pt )K,i
Wirkungsgrade Düse N ηN is
Mischungsverluste von Fluidströmen (�Pt /Pt )M,i
Inneres Luftsystem:
Kühl- und Enteisungsluftströme relativ µC1,i = ṁC1,i /ṁ1
Leckluftanteile relativ µA,i = ṁA,i /ṁ1
Brennkammer und Brennstoffwerte:
Ausbrenngrad ηB
Brennstoff-Heizwert (unterer Heizwert) Hu

Weitere Bedingungen zum Arbeitsprozess durch Verknüpfung wesentlicher Triebwerks-


und Zustandsgrößen über z. B. die Erhaltungssätze der Gasdynamik (Abschn. 2.1):

• Massenstrom-Bilanzen mit Kühl- und Leckageluft für die jeweiligen Triebwerksebe-


nen z. B. ṁ3 = ṁ1 − ṁCl,i − ṁLk ·.
• Leistungsbilanzen z. B. PT = PC + PEx an den Rotoren .
• Drehzahlgleichheit für mechanisch gekoppelte Rotor-Komponenten z. B. mit den
Drehzahlen nC = nT.

Geometrie und Bauweise von Einlauf- und Abgas- bzw. Austrittskanal sowie beim Flug-
triebwerk die Bauweisen der Schubdüsen:

• Einlauf-Stromröhre je nach Einbausituation des Triebwerks für z. B. ortsfesten Stand-


betrieb, Langsam- oder Hochgeschwindigkeitsflug.
• Abgas-Diffusor bei Wellenleistungs-Gasturbinen.
• Abgas-Düse bei Turboprop- und Propfan-Triebwerken.
108 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

• Konvergent- oder Konvergent-Divergent-Düse (C-D-Düsen) bei Triebwerken für


Unterschall- und Überschallflug (Kap. 6).

Aufbauend auf den Darstellungen zum Turboshaft-Triebwerk und dem Turbo-


jet-Triebwerk werden in den nachfolgenden Abschn. 2.5 bis 2.8 für die wichtigs-
ten typischen Standard-Gasturbinen und Flugantriebe deren reale Arbeitsprozesse
für ausgewählte Auslegungspunkte behandelt und mit Rechenbeispielen für Trieb-
werksfamilien ausgehend von einem zentralen Gasgenerator GG als Kerntriebwerk
vorgestellt.
Dabei werden zur Berechnung der Auslegungspunkte A sowie zu Parameter- und
Optimierungsstudien auch von sehr komplexen Antriebssystemen hier (wie in Kap. 7 bis
9) prinzipiell die gleichen numerischen Rechenverfahren herangezogen, wie sie bei den
Syntheserechnungen zur umfassenden Bestimmung des stationären und instationären
Betriebsverhaltens in allen Lastbereichen der Antriebe im Zusammenspiel der Kompo-
nenten verwendet werden. Im Rahmen dieser Abhandlungen basieren die Ergebnisse der
numerischen Syntheserechnungen im Wesentlichen auf [Hol02, Kop05, Ric82 u. a.] und
auf dem EDV-Programmsystem [GasTurb] von J. Kurzke, wie es in Abb. 2.3-2 vorge-
stellt wird.

2.3.2 Einlaufströmung (0-1-2)

Der Lufteinlauf einer Gasturbinen-Anlage oder eines Flugtriebwerkes kann abhän-


gig von der jeweiligen Aufgabe und dem Lastzustand sowie der Einbausituation des
Triebwerkes sehr verschiedene Strömungsformen haben (Kap. 3). Abbildung 2.3-3 und
Abb. 2.3-4 zeigt den Betriebszustand für den Schnellflug mit M0 > M2 .
Hauptaufgabe des Einlaufs (Ebene 0-1-2) ist allerdings stets, den vom Triebwerk
benötigten Luftmassenstrom ṁ2 dem Verdichter (Ebene 2-3) bei allen auftreten-
den Betriebs- und Lastzuständen möglichst gleichförmig mit minimalen Verlusten
zuzuleiten.
Beim Flug mit höheren Unterschall- oder Überschall-Mach-Zahlen ist die mittlere
Zuströmgeschwindigkeit c0 ≥ c2 beziehungsweise M0 ≥ M2 ≈ 0,4 bis 0,7. Der Luftmas-
senstrom wird in der Einlauf-Stromröhre von c0 auf c2 verzögert, so dass hier fluidme-
chanisch betrachtet von einer Diffusorströmung gesprochen werden kann. Der statische
Druck wird von p0 auf p2 gesteigert.
Abhängig von Flugzustand und Installation des Triebwerks ist nicht immer gewähr-
leistet, dass die Flugzeuggeschwindigkeit v∞ mit der Anströmgeschwindigkeit c0 zum
Antriebssystem identisch ist. Dies gilt besonders für den Überschallflug mit einem im
Flugzeug und damit im Strömungsfeld des Flugzeuges integrierten Triebwerk.
In den anschließenden Abschnitten zu den verschiedenen Flugzuständen vom
Start, Steigflug zum Reiseflug wird zuerst der Zustand des Reisfluges gewählt. Es
liegt dabei eine Diffusorströmung vor. Diese erste Darstellung der Einlaufströmung
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 109

www.gasturb.de

Abb. 2.3-2  Arbeitsprozess-Syntheserechnung für ein Turboshaft TF mit Eingabegrößen aus dem


GTSSD-Programmsystem [GasTurb] nach J. Kurzke

für den Schnellflug (Abb. 2.3-3 und 2.3-4) mit der Anström-Machzahl M0 > M2
erleichtert das Verständnis zu den Strömungsarten der weiteren davon abgeleite-
ten Vorgänge des Langsamfluges (Düsenströmung) und des Standfalles am Boden
(Senkenströmung).

Schnellflug mit c0 > c2 und M0 > M2  Die Einlauf-Stromröhre für den Schnell-
flug mit M0 ≥ M2 stellt für den Auslegungspunkt A den Standardfall dar, für den
mit dem 1. Hauptsatz nach Abschn. 2.1 der Verlauf der verlustbehafteten, adiabaten
110 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Einlauf 0 – 1 - 2
Flugzustand M0 > M2
2
0 1 Lippe
Diffusor-Stromröhre adiabat
für den Schnellflug
c0 c2
A1 A0 Ath
A2 Fan- oder
Verdichter-
Eintrittsebene
Einlauf-Stromröhre mit A0
Fangstromfläche A 1=AC
Hals-Querschnitt Ath Einlauf-Haube (Cowl)

pt0 pt2
Einlauf ht0 0 1 2 ht2
h-s-Diagramm Tt0 Tt2
c 22
p2 2
h2
T2
c 02
2
Verdichtung
Druck p2 > p0
h

h0
T0
p0

Abb. 2.3-3  Lufteinlauf E im Schnellflug mit der Einlaufströmung (Diffusor-Strömung) im h-s-


Diagramm. Flugfall mit einer Flug-Mach-Zahl M0 > M2 ≈ 0,5. (Strömungs-Mach-Zahl M2 am Ein-
lauf-Austritt vor einem Turboverdichter)

Zustandsänderung im h-s-Diagramm nach Abb. 2.3-3 beschrieben werden kann.


Durch die Bewegung des Flugzeugs in der freien Atmosphäre bei einer Flughöhe H0
mit der Fluggeschwindigkeit v∞ strömt relativ zum Triebwerk der Luftmassenstrom ṁ0
mit der mittleren Zuströmgeschwindigkeit c0 ≈ v∞ durch die Einlaufstromröhre (0-1-
2) dem Verdichter zu.
Die Zustandsgrößen der ruhenden Atmosphäre weit vor der Einlaufebene 1 entspre-
chen gut den statischen Zustandsgrößen am Stromröhren-Eintritt in der Ebene 0 mit

dem Druck p0 der Temperatur T0 und der Schallgeschwindigkeit a0 = κ R T0 . Mit Hilfe
der Beziehungen des Energieerhaltungssatzes (Abschn. 2.1.1) sind die Total-Zustands-
größen relativ für das mit dem Flugzeug verbundene Triebwerk in der Einströmebene

0 festgelegt. Mit der Mach-Zahl M0 = c0 /a0= c0 / κ R T0 , die meist der Flugzeug-
Mach-Zahl M ∞ gleichgesetzt werden kann, ergeben sich für den Total-Zustand in der
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 111

Einlauf- Stromröhre (adiabat) M2 ≈ 0,5 p0 = const

(a) M0 > M 2 (b) M0 < M2 (c) M0 =0, c0 =0


0 1 2 0 1 2 0 1 2

c0 c0 c0

p2>p0 p2<p0 p2<p0


pt2
ht0 0 2 ht2
Tt0 Tt2
c 22
p2 2 pt0 pt2
h2
c 02 T2 ht0 0 2 ht2
Tt0 Tt2
2
c 02
p2 > p0 c 22 pt0=p0 pt2
2 p0
p0 h0 2 h0 0 2 ht2
h0 T0 p2 T0 Tt2
h T h h2 h
0 T2
c 22
p0 > p2 p0 > p2
p2 2
h2
T2
s s s

Abb. 2.3-4 Einlaufströmung im h-s-Diagramm (Schema) für verschiedene Betriebszustände in


Gegenüberstellung (Umgebung p0 = p0,ISA, T0 = T0,ISA): a Hochgeschwindigkeitsflug: Unter-
schall-Flug M0 < 1 c0 > c2 M0 > M2 Überschall-Flug M0 ≫ 1, b Langsam-Flug c0 < c2 M0 < M2,
c Standfall c0 = 0 M0 = 0

Ebene 0 mit Hilfe der Isentropen-Beziehungen zwischen dem statischen und dem totalen
Zustandspunkt folgende Beziehungen:
Totalenthalpie

c20
ht0 = h0 + mit c0 = a0 M0 , (2.3-1)
2
Totaltemperatur
c20
 
κ−1 2
Tt0 = T0 1+ M0 = T0 + , (2.3-2)
2 2 cp
und Totaldruck

  κ   κ
Tt0 κ−1 κ−1 2 κ−1
pt0 = p0 = p0 1+ M0 . (2.3-3)
T0 2

Diese Größen werden häufig auch als Ruhe- oder als Staupunktgrößen bezeichnet
(Abschn. 2.1.2). Beim hohen Überschallflug können Temperatur und Druck abhängig
112 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

von der Flughöhe und der Flug-Mach-Zahl schnell Werte im technologisch machbaren
Grenzbereich erreichen. Dies wird detaillierter im Zusammenhang mit dem Flugkorri-
dor in Abschn. 3.1 und Abschn. 8.3 bis 8.6 behandelt.
Wesentliche Aufgabe eines Einlauf-Diffusors im Schnellflug bei hohen Unterschall-
oder Überschallflügen ist es, die Strömung auf eine, dem nachfolgenden Verdichter
angepasste Mach-Zahl zu verzögern und somit den Druck in der Strömung von p0 auf p2
bei möglichst gutem Diffusionswirkungsgrad zu erhöhen, wobei die Einlauf-Totaldruck-
verluste Δpt E = pt0 – pt2 möglichst klein gehalten werden sollen.
Die Güte des Einlaufs kann über entsprechende Wirkungsgraddefinitionen oder mit
Hilfe von Totaldruckverlusten angegeben werden. Als energetischen Einlauf-Gesamt-
wirkungsgrad kann angelehnt an Wirkungsgraddefinitionen von Verdichtergittern das
Verhältnis der isentropen Enthalpiedifferenz zur realen, verlustbehafteten Enthalpiedif-
ferenz definiert werden:
ht2 is − h0
ηE is = . (2.3-4)
ht2 − h0
Um den sehr verschiedenen Strömungsarten zum Beispiel von der düsenähnlichen
Expansionsströmung im Langsamflug M0 < M2 nach Abb. 2.3-4b bis zur Diffusorströ-
mung mit statischer Druckerhöhung p2 > p0 nach Abb. 2.3-4a besser gerecht zu werden,
empfiehlt sich meist, die Einlaufgüte mit Hilfe der Totaldruckverluste zu beschreiben.
Dies ist einmal der relative Einlauf-Totaldruckverlust
 
pt p − pt2
= t0 , (2.3-5)
pt0 E pt0
und zum anderen das Einlauf-Totaldruckverhältnis
pt2
E = · (2.3-6)
pt0

Dieses Totaldruckverhältnis wird manchmal etwas unzutreffend als Einlauf-Druckrück-


gewinn oder Einlauf-Wirkungsgrad bezeichnet.
Für das Totaldruckverhältnis E kann nach AIA (Aircraft Industries Association) bei
üblichen Überschall-Einläufen zum Beispiel folgende Beziehung für 1,0 < M0 < 5,0 ange-
setzt werden
pt2
�E,AIA = = 1 − 0,075 (M0 − 1)1,35 · (2.3-7)
pt0

Im anschließenden Kap. 3 wird ausführlich auf das Betriebsverhalten von Lufteinläufen


eingegangen.
Im Standfall oder im Langsamflug liegt strömungsmechanisch gesehen eine Beschleu-
nigung des Luftmassenstromes vom Umgebungs- oder Ruhezustand (p0, T0) mit der
Geschwindigkeit c0 = 0 beziehungsweise c0 ≤ c2 auf die Verdichter-Eintrittsgeschwin-
digkeit c2 ≥ c0 vor (Abb. 2.3-4b, c).
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 113

Langsamflug c0 < c2 und M0 < M2  Beim Langsamflug mit M0 ≈ 0,2 bis 0,5 < M2
wird der Einlauf-Luftmassenstrom ṁ0 = ṁ2 auf c1 beschleunigt, die Strömung expan-
diert vom statischen Druck p0 über p1 auf p2, so dass hier nach den Gesichtspunkten
der Fluidmechanik von einer Düsenströmung gesprochen werden kann (Abb. 2.3-4).
Anschließend wird die Strömung auf die Machzahl M2 verzögert. Diese Stromröhre ist in
Abb. 2.3-4b skizziert und im h-s-Diagramm energetisch dargestellt.

Standfall mit c0 = 0 und M0 = 0  Bei Flugzeugantrieben im Standfall oder beim Start-
vorgang sowie bei stationären Gasturbinenanlagen ist die Zuströmgeschwindigkeit weit
vor dem Einlauf näherungsweise c0 = 0, der Luftmassenstrom wird aus der Umgebung
angesaugt und auf c2 beschleunigt, wobei der statische Druck p2 < p0 ist. Im Innern des
Einlaufs liegt demnach ein Unterdruck gegenüber außen vor, was bei der Konstruktion
des Einlaufkanals sowie aus Sicherheitsgründen zu beachten ist. Es besteht gegebenen-
falls die Gefahr des Ansaugens von Fremdkörpern.
Im Standfall entspricht fluiddynamisch gesehen die Einlauf-Stromröhre einer Senkenströ-
mung. Da hier c0 = 0 ist, fallen im h-s-Diagramm die statischen und Total-Zustandsgrößen
zusammen, es gilt für den Totaldruck und die Totaltemperatur
pt0 = p0 = pISA und Tt0 = T0 = TISA . (2.3-8)
Strömungszustände am Austritt des Einlaufes (Ebene 2)  Mit dem Totaldruckverhältnis
ΠE = pt2/pt0 nach Gl. (2.3-6) ergeben sich zum Beispiel für die adiabate, verlustbehaftete
Stromröhre von Ebene 0 bis 2 am Einlauf-Austritt 2 vor dem Verdichter folgende Größen:
Totalenthalpie

c20
ht2 = ht0 = h0 + , (2.3-9)
2
Totaltemperatur
 
κ−1 2
Tt2 = T0 1 + M0 , (2.3-10)
2
Totaldruck

  κ   κ
Tt0 κ−1 κ−1 2 κ−1
pt2 = pt0 E = p0 E = p 0 E 1+ M0 . (2.3-11)
T0 2

Die Änderung der Totalzustandsgrößen der Ebenen 0-1-2 im adiabaten Einlauf werden
durch Isenthalpen wiedergegeben. Die statischen Zustandsgrößen h2, T2 und p2 können
mit der Machzahl M2 nach den Darstellungen in Abschn. 2.1.5 berechnet werden:
Temperatur statisch

Tt2
T2 = ,
κ−1 2 (2.3-12)
1+ M2
2
114 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Druck statisch
  κ
Tt2 κ−1
p2 = pt2 , (2.3-13)
T2

Geschwindigkeit
 
c2 = a2 M2 = κ R T2 M2 = 2 cp (Tt2 − T2 ). (2.3-14)

Mit der Kontinuitätsgleichung Gl. 2.1-1a und den statischen Zustandsgrößen ist mit
dem Durchsatz ṁ2 = ṁ1 = ṁ0 die notwendige Ringquerschnittsfläche der Ebene 2
bestimmbar
R T2
A2 = ṁ2 . (2.3-15)
c2 p2
Weitere Hinweise zur Bauweise, zur Funktion und zum Betriebsverhalten der Einläufe
von Gasturbinen und Flugtriebwerken werden in Kap. 3 gegeben.

2.3.3 Turboverdichter (2-3)

Dem Lufteinlauf zwischen den Strömungsebenen 1 und 2 folgt der meist mehrstufige
Turboverdichter C mit der Eintrittsebene 2 und der Austrittsebene 3 (Abb. 2.3-5).
Abhängig von den Auslegungsdaten besonders vom Durchsatz ṁ2, dem Druck-
verhältnis ΠC = pt3/pt2 und dem Aufbau der gesamten Gasturbinenanlage werden
Turboverdichter als Axial-, Radial- oder Kombinationsverdichter ausgeführt. Eine aus-
führliche Darstellung der thermischen Turbomaschine Verdichter wird in Abschn. 4.2
gegeben.
Die genaue gasdynamische Berechnung der dreidimensional sehr komplexen Strö-
mungsvorgänge in den einzelnen Verdichterstufen mit Rotor- und Stator-Diffusorgittern
(Leitrad, Laufrad) mit Hilfe von CFD-Verfahren ist schwierig und aufwendig. Im Rah-
men erster Auslegungsrechnungen kann mit eindimensionaler Stromröhrentheorie und
entsprechenden Integralwerten im Mittelschnitt der Ringflächen A2 und A3 gearbeitet
werden.
Für eine erste Vorauslegungsrechnung wird hier als idealer Vergleichsprozess zuerst
eine adiabate, verlustlose, das heißt isentrope Verdichtung des Massenstromes ṁ2
von Ebene 2 bis Ebene 3 angenommen. Zur genauen Verdichtungsrechnung wird auf
Abschn. 4.2 verwiesen.
Mit dem meist vorgegebenen Verdichterdruckverhältnis �C = pt3 /pt2 ergibt sich der
Totaldruck am Verdichteraustritt
pt3 = C pt2 ·
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 115

pt3
Verdichter C
(2→3) ht3 3 Tt3
c 32
Tt3is T3
1 2 3 4 44 2
p3

wC
wCis

h pt2
ht0 ht2 2 Tt2
c 22
T2
2
p2
s

Abb. 2.3-5 Turboverdichter C mit Kennzeichnung der Strömungsebenen am Eintritt E bzw.


2 und am Austritt A bzw. 3 sowie dem Zustandsverlauf (schematisch) der Luftströmung im
h-s-Diagramm

Mit einer geschätzten mittleren spezifischen Wärmekapazität cpC oder mit geschätztem
κC lautet die isentrope, auf den Durchsatz bezogene spezifische Verdichtungsleistung
 
� � κC −1
κ Pt3 κC
wC is = ht C is = ht3 is − ht2 = R Tt2  − 1. (2.3-16)
κ−1 Pt2

Es wird hier darauf hingewiesen, dass besonders bei numerischen Syntheserechnungen


für gasdynamische Vorgänge effizienter mit der Entropiefunktion Ψ nach Kap. 7 gear-
beitet werden sollte [GasTurb].
Mit vorgegebenem oder bekanntem isentropen Verdichterwirkungsgrad
ηC is = �htC is /�htC wird die effektive spezifische Verdichterleistung berechenbar

�ht C is
wC = �ht C = = ht 3 − ht 2 = cp C (Tt 3 − Tt 2 )
ηC is
κC
. (2.3-17)
= R (Tt 3 − Tt 2 )
κC −1
Die isentropen Wirkungsgrade des Verdichters C liegen abhängig von der Baugröße,
dem Technologieniveau, dem Druckverhältnis und der Stufenzahl bei Werten von
0,82 < ηCis < 0,92, wobei bei gleicher aerodynamischer Auslegung Verdichter mit gro-
ßem Durchsatz höhere Werte haben. Die Wirkungsgrade der Radialverdichter liegen im
Durchschnitt um 1 bis 5 % tiefer als die Werte von Axialverdichtern.
Mit Gl. 2.3-17 ergibt sich für die Totaltemperatur am Verdichteraustritt

ht C
Tt 3 = T t 2 + .
κC
R (2.3-18)
κC −1
116 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

wobei die mittleren Isentropenexponenten κC wiederum iterativ zwischen den Tempera-


turen Tt2 und Tt3 bestimmt werden müssen.
Wird vereinfacht angenommen, dass der Luftmassenstrom im Verdichter näherungs-
weise konstant bleibt (ṁ2 = ṁ3 ), dann ergibt sich die Wellenleistung zum Antrieb des
Verdichters mit Gl. 2.3-17
PC = ṁ2 ht C · (2.3-19)
Im Zusammenhang mit dem inneren Triebwerksluftsystem ist es hier am Verdichteraus-
tritt zweckmäßig, eine genaue Massenstrombilanz durchzuführen, da vom Hauptfluid-
strom in und besonders nach der Verdichtersektion verschieden abgeleitete Fluidströme
zu berücksichtigen sind. Dies sind hauptsächlich die Kühlluftanteile für die Turbine,
dann Leckluftanteile sowie Enteisungsluftströme, Bypassluftströme für Sondergeräte und
die Luftentnahme für allgemeine Flugzeuganwendungen.
Mit zum Beispiel den Kühlluftanteilen µCl i = ṁCl i /ṁ2, den Leckluftströmen
µLk i = ṁLk i /ṁ2, den Zapfluftströmen beziehungsweise den Bleedluftströmen
µBl i = ṁBl i /ṁ2 werden folgende Massenströme für die weitere Arbeitsprozessberech-
nung erhalten
 
ṁ3 = ṁ2 − ṁCl i − ṁLk i
i i
 , (2.3-20)
ṁ31 = ṁ3 − ṁBl i
i

wobei wegen der Luftstromanteile für die Enteisung von Einlaufteilen auch der Durch-
satz in der Ebene 2 gegebenenfalls nachkorrigiert werden muss

ṁ2 = ṁ1 − ṁE i . (2.3-21)
i

Bei der endgültigen Berechnung des Arbeitsprozesses müssen neben den Massenstrom-
korrekturen besonders zur Bestimmung der Kühlluftdaten im Bereich des Luftsystems
weitere Detailrechnungen zu den Energieströmen und den Druckverlusten vorgenom-
men werden.
Abhängig vom Zielort im Turbinenbereich und dem dortigen Druckniveau wird an
verschiedenen Stellen des Verdichters Kühlluft abgezweigt. Bei bekannten Stufendruck-
verhältnissen eines z-stufigen Verdichters können zum Beispiel mit den Beziehungen
der polytropen Verdichtung (Abschn. 2.1.2) die Zustandsgrößen der einzelnen Kühlluft-
ströme bestimmt werden. Entsprechend der Auslegung des internen Luftsystems sind
gegebenenfalls Temperaturänderungen und Druckverluste der jeweiligen Kühlluftströme
für die einzelnen Turbinenstufen zu berücksichtigen.
Die endgültige, korrigierte Antriebsleistung des Verdichters ergibt sich damit zu

PC = (ṁCl i �htC Cl i ) + ṁ2 (1 − ηCl i �ht C ) (2.3-22)
i
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 117

Diese besteht aus dem Anteil, der von den jeweiligen Kühlluftströmen aufgenommen
wird und der Verdichterleistung des Hauptluftstromes.
Es sei hier betont, dass mit Hilfe genau zu definierenden Kontrollraumgrenzen sorg-
fältige Bilanzen der jeweiligen Energie- und Massenströme zu erstellen sind. Der Anteil
der Massenströme in Verbindung mit dem Luftsystem kann bei modernen Triebwerken
über 20 % des Hauptluftstromes umfassen.

2.3.4 Brennkammer (3-4)

Die Aufgabe der Brennkammer B besteht darin, die vom Verdichter C austretende,
komprimierte Luft ṁ3 beziehungsweise ṁ31 durch kontinuierliche Verbrennung eines
Brennstoffstromes ṁB von der Verdichteraustrittstemperatur Tt3 auf die Turbinenein-
tritts-Temperatur TET  = Tt4 näherungsweise isobar aufzuheizen und damit die Enthal-
pie des Fluid-Hauptstromes zu erhöhen (Abb. 2.3-6 und 2.3-7).
Dabei können zur Beurteilung der Qualität einer Brennkammer die Strömungs- und
die Verbrennungsvorgänge zuerst einmal getrennt voneinander betrachtet und bewer-
tet werden. Um eine stabile Verbrennung zu gewährleisten ist wegen der relativ hohen
mittleren Strömungs-Mach-Zahl am Verdichteraustritt M3, nach dem Verdichter als
Brennnkammereinlauf (Ebene 31) ein Diffusor erforderlich, um eine Brennraum-Ein-
tritts-Mach-Zahl von M32 ≈ 0,1 bis 0,2 zu erzielen.
Der gesamte Totaldruckverlust der Brennkammer ΔptB = pt4 − pt3 kann in einen
strömungsmechanischen und einen thermogasdynamischen Anteil unterteilt werden.
Die strömungsmechanischen Verluste, auch „kalte“ Verluste genannt, treten hauptsäch-
lich durch die für eine Flammenstabilisierung wichtige Verzögerung der Strömung mit
Turbulenzerzeugung und durch die Mischungsvorgänge des Luftstromes mit Brenn-
stoff auf. Die gasdynamischen Totaldruckverluste werden durch die Aufheizung des
Fluidstromes in einem Flammrohr von näherungsweise konstantem Querschnittsver-
lauf durch Volumenvergrößerung des Massenstromes bewirkt. Dieser gasdynamisch
bedingte Vorgang lässt sich gut mit den Gesetzen der Aufheizung eines kompressiblen
Fluids im Rohr konstanten Querschnitts gemäss den Beziehungen der sogenannten
„Rayleigh-Linien“ (Abschn. 2.1.3) beschreiben.
Aus praktischen, vereinfachenden Gründen wird der Totaldruckverlust als spezifische
Größe für die gesamte Brennkammersektion zusammengefasst dargestellt mit
pt B p − pt 4
= εB = t 3 · (2.3-23)
pt 3 pt 3
Übliche Werte liegen bei εB ≈ 0,02 bis 0,05. Infolge der Druckverluste ergibt sich damit
für den mittleren Totaldruck am Brennkammeraustritt
 
pt B
pt 4 = pt 3 1 − . (2.3-24)
pt 3
118 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Brennkammer B ( 3 → 4 )
pt4
3 4 ht4 4 41
mB c 24
p4 Tt4
T4
2
m4
m3 qB

Energiebilanz
m3 h t 3 + mB (hB − B Hu ) = m4 ht 4
pt3

h 3 ht3
Tt3
c 32
T3
p3 2
s

Abb. 2.3-6  h-s-Diagramm schematisch des Zustandsverlaufs in der Brennkammer B des Gasge-


nerators GG einer Gasturbinen-Anlage mit Kennzeichnung der Strömungsebenen Eintritt E bzw.
(3) und Austritt A bzw. (4) und der Brennkammer-Energiebilanz zur Bestimmung spezifischer
Brennkammergrößen

Turbine T gekühlt pt4


( 4 → 44 ) 4 ht4
Tt4
c 24 p4
1 2 3 4 44 2 T4

wT
wTis

44
h pt44 ht44
Tt44
p44
ht44is 44is T44
Leistungsbilanz Rotor PC+ PEx= PT
s

Abb. 2.3-7  Turbine bzw. hier gekühlte Hochdruckturbine T mit Energie- bzw. Leistungsbilanz
und mit dem Zustandsverlauf der Heißgase im h-s-Diagramm

Neben den Druckverlustkoeffizienten εB kann auch ein Brennkammer-Totaldruckverhältnis


definiert werden
pt 4
B = . (2.3-25)
pt 3

Mit Hilfe einer Energiestrom-Bilanz für die Brennkammer zwischen Ebene 3 und 4 wird
der für die Aufheizung des Luftstromes ṁ3 auf die Arbeitsprozess-Spitzentemperatur Tt4
notwendige Brennstoffstrom ṁB bestimmbar. Der mit den Totalgrößen der Enthalpie
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 119

ht 3, Temperatur Tt 3 und Druck pt 3 in die Brennkammer eintretende Energiestrom


Ė3 = ṁ3 ht 3 wird durch den Energiestrom des Brennstoff-Fluids und hauptsächlich
durch den über die Verbrennung zugeführten Wärmestrom Q̇B = ṁB hB + ṁB ηB Hu
auf den Energiestrom der Heißgase am Brennkammeraustritt Ė4 = ṁ4 ht4 erhöht

ṁ3 ht 3 + ṁB (hB − ηB Hu ) = ṁ4 ht 4 = Ė4 . (2.3-26)


Bei dieser Energiestrombilanz wird vereinfacht angesetzt, dass die Enthalpiewerte und
der untere Heizwert Hu sowie der Brennstoff auf die gleiche Referenz-Temperatur bezo-
gen wurden. Wird die Energie des Brennstoff-Fluids vernachlässigt, so ergibt sich die
vereinfachte Energiebilanz folgendermaßen

ṁ3 ht3 + ṁB ηA Hu = (ṁ3 + ṁB ) ht4 = Ė4 . (2.3-27)


Der Brennkammer-Wirkungsgrad oder Ausbrenngrad ηB stellt ein Maß für die Umset-
zung der chemischen Brennstoffenergie in Wärme des Massenstromes an Brennkam-
meraustritt dar
ṁ3 (ht 4 − ht 3 ) Tt 4 − Tt 3
ηB = ≈ . (2.3-28)
ṁB Hu Tt 4 theor. − Tt 3
Der Ausbrenngrad kann demnach auch durch das Verhältnis des für die gemessene
Temperatursteigerung in der Brennkammer TB = Tt4 − Tt3 ideal notwendigen Brenn-
stoffmassenstromes ṁB ideal zu dem tatsächlich zugeführten Brennstoffstrom ṁB defi-
niert werden
ṁB, ideal, notwendig Tt B gemessen
ηB = = . (2.3-29)
ṁB Tt B theoretisch
Im Bereich des Auslegungspunktes werden bei Gasturbinen-Brennkammern Ausbrenn-
grade ηB von 98 % bis nahezu 100 % erreicht.
Unter der Annahme, dass die Verbrennungsvorgänge reaktions- oder mischungsdo-
miniert ablaufen, kann die Lastabhängigkeit der ηB-Werte durch den Ausbrandparame-
ter ΩB charakterisiert werden. Dieser Parameter ist abhängig vom Zustand des Gases am
Brennkammereintritt und vom Brennkammervolumen (Kap. 5)
 
B = f ṁ3 , pt 3 , Tt 3 , VB . (2.3-30)
Der Brennstoffdurchsatz ṁB und damit das Brennstoff-Luftverhältnis FAR (fuel air
ratio) FAR = µB = ṁB /ṁ3 kann aus der Energiebilanz mit Gl. 2.3-27 bestimmt werden
ṁB ht 4 − ht 3
FAR = µB = = (2.3-31)
ṁ3 ηB H u − h t 4
Bei der Berechnung der Total-Enthalpiewerte ht ist besonders zu beachten, dass diese
von der Temperatur und vom Brennstoff-Luft-Verhältnis FAR abhängig sind
κ
h = cp T = R T = f(T, FAR). (2.3-32)
κ−1
120 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Mit Hilfe von geeigneten cp- oder κ-Diagrammen, Tabellenwerten oder Rechenpro-
grammen können durch entsprechende Iterationen die Enthalpiewerte, Tempera-
turen und das Brennstoff-Luft-Verhältnis FAR auf eine gewünschte Genauigkeit
bestimmt werden.
Die Totaltemperatur am Brennkammeraustritt bzw. die Turbinen-Eintrittstemperatur
TET stellt auch die maximale Temperatur Tt max des Gasturbinen-Arbeitsprozesses dar
und wird meistens aufgrund von technologischen Gesichtspunkten vorgegeben.

2.3.5 Hochdruckturbine gekühlt (4-44)

Der Verdichter C mit der mechanisch verbundenen Turbine T bilden zusammen den
Gasgenerator GG der 2-welligen Gasturbinen-Anlage. Die Entspannung der Heißgase
beginnt mit der maximalen Prozesstemperatur Tt4 am Eintritt der Turbine bzw. hier der
Hochdruckturbine und liefert die zum Antrieb des Verdichters und gegebenenfalls eini-
ger externer Hilfsgeräte PEx benötigte Wellenleistung PT. Die Expansion der Gase in der
gekühlten Turbine findet zwischen den Ebenen 4 bis 44 statt.
Für jeden stationären Betriebspunkt muss das Leistungsgleichgewicht am Rotor mit
Verdichter und Turbine erfüllt sein, das sich für den Gasgenerator also folgendermaßen
ergibt
PT ηm = PC + PEx (2.3-33)
bzw. mit den jeweiligen Massenströmen im Verdichter ṁC und der Turbine ṁT sowie
den spezifischen Leistungen ht = cp Tt
ṁT ht T ηm = ṁC ht C + PEx . (2.3-34)
Die Leistung der Hilfsgeräte PEx liegt bei etwa 1 bis 3 % der Turbinenleistung.
Die Anforderungen moderner ziviler Transportflugzeuge führen zu einem weiteren
Anstieg der für die Hilfsgeräte notwendigen Leistung. Der mechanische Rotor-Wir-
kungsgrad ηm berücksichtigt im wesentlichen Lager- und Dichtungsverluste.
Das hohe Niveau der Prozess-Spitzentemperatur Tt4 erreicht im Volllastbetriebs-
bereich häufig Werte über 1700 K bis etwa 1900 K und erfordert besondere Kühlmaß-
nahmen. Auf Details spezieller Kühlmethoden wird in Abschn. 4.3 eingegangen. Für
die in diesem Abschn. 2.3.5 vorgestellte Leistungsrechnung der Heißgasentspannung
in den gekühlten Turbinengittern wird die Absenkung der Totalenthalpie in der Tur-
bine wT = htT = ht4 − ht 44 unter Berücksichtigung der im Detail komplizierten
Zuführung einzelner, vom Verdichter kommender Kühlungsströme in drei Abschnitten
berechnet.
Hierzu wird die Summe aller Kühlluftströme in zwei Gruppen aufgeteilt. Dabei
wird angenommen, dass ein Kühlluftanteil in der Turbine Arbeit leistet während der
zweite Anteil an der Expansion in der Turbine nicht teilnimmt und somit einen Druck-
abfall über eine reine Drosselung erfährt. Die Zumischung des Kühlluftanteils, der in
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 121

der Turbine Arbeit leistet, erfolgt vor dem Turbinenrotor (Ebene 41). Der nicht Arbeit
leistende Anteil wird nach dem Turbinenrotor (Ebene 43) zugemischt. Zwischen den
Zuständen 41 und 43 wird eine adiabate, verlustbehaftete Expansion des Heißgases
wie in einer ungekühlten Turbine durchgeführt. Die Enthalpiedifferenz ht41 − ht43 ent-
spricht somit der spezifischen Turbinenleistung PT /ṁ41 = �htT = wT und ist in der
Leistungsbilanz nach Gl. 2.3-34 zu verwenden. Die modellhafte Abbildung der Kühlluft
hat somit großen Einfluss auf die Enthalpiedifferenz und damit auf den angegebenen
Turbinenwirkungsgrad (Abschn. 4.3).
Die Basis der Mischungsrechnungen von Kühlluft und Heißgas stellen die Erhal-
tungssätze von Masse und Energie dar (Abschn. 2.1.1). Hierbei wird angenommen,
dass die Sekundärluft bei der Einmischung den gleichen Totaldruck wie die Hauptströ-
mung besitzt. Für die Sekundärluft werden dabei vereinfacht die thermodynamischen
Zustandsgrößen an der Entnahmestelle angenommen.
Für die erste Kühlluftzumischung von ṁC1 in die Hauptströmung gemäß den Darstel-
lungen in Abschn. 4.3.7 ergibt sich für den Massenstrom
ṁ41 = ṁ4 + ṁC1 1 (2.3-35)
und für die Energiebilanz (4-41)
ṁ41 ht 41 = ṁ4 ht4 + ṁC1 1 hC11 . (2.3-36)
Hieraus ergibt sich durch Auflösung der Gl. 2.3-36 und mit Beachtung der Darstellung
des halbidealen Gases die gesamte spezifische Total-Energie nach der Mischung
 
1 κT κT
ht41 = ṁ4 R Tt4 + ṁCl 1 R Tt3 (2.3-37)
ṁ41 κT − 1 κT − 1
und damit für die Total-Temperatur
 
κT
Tt41 = ht41 R . (2.3-38)
κT − 1
Die durch die Mischung aerodynamisch bedingten Verluste können zum Beispiel über
ein Mischungs-Druckverhältnis ΠMCl 1 berücksichtigt werden. Somit ist der Totaldruck
pt 41 = pt4 M Cl 1 . (2.3-39)
Die weitere Expansion der Heißgase in der nun vereinfacht angenommen adiabat
arbeitenden Turbine erfolgt nach den Gesichtspunkten einer ungekühlten Turbine.
Aus der Leistungsbilanz am GG-Rotor gemäß Gl. 2.3-34 ergibt sich die spezifische
Turbinenleistung

PT ṁC �htC + PEx


�htT = =
ṁ41 ṁ41 ηm (2.3-40)
= ht 41 − ht 43 = cp T (Tt41 − Tt44 )
122 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

und mit dem isentropen Turbinenwirkungsgrad folgt die spezifische isentrope Expansi-
onsleistung der Turbine
�htT cpT (Tt41 − Tt 43 is )
�ht T is = = (2.3-41)
ηT is ηT is
Aus der Enthalpiedifferenz der Gl. 2.3-40 kann die Temperatur

ht T
Tt 43 = Tt 41 − κT
R (2.3-42)
κT − 1
sowie aus Gl. 2.3-41 über die Isentropen-Beziehung zwischen Zustand 41 und 43 ist der
Totaldruck

  κT
κT −1
ht T is
pt 43 = pt 41 1 − κT · (2.3-43)
κT −1 R Tt 41

Mit dem Durchsatz ṁT = ṁ41 = ṁ43 ist die von der Turbine abgegebene Wellenleistung
bestimmbar
PT = ṁT ht T . (2.3-44)
Mit den bekannten Totalzustandsgrössen Tt43 und pt 43 sowie dem Durchsatz ṁ43 und
dem Kühlluftstrom ṁCl 2 können wiederum über eine Mischungsrechnung zwischen den
Positionen 43 und 44 die endgültigen Zustandsgrößen am Austritt der gekühlten Hoch-
druckturbine berechnet werden. Dies ergibt gemäß der vereinfachten Mischungsrech-
nung von Zustand 4 auf 41 nun analog für 43 auf 44 die Total-Zustandsgrößen für die
Enthalpie, die Temperatur und den Druck
1
ht 44 = (ṁ43 ht 43 + ṁCl 2 ht 3 ) (2.3-45)
ṁ44
mit ṁ44 = ṁ43 + ṁCl 2,
 
κT
Tt44 = ht44 R (2.3-46)
κT −1
und
pt 44 = pt 43 M Cl 2 (2.3-47)
mit dem Mischungs-Druckverhältnis �M Cl 2 = pt 44 /pt 43 entsprechend den aerody-
namischen Mischungsverlusten. Damit sind die Ausgangsgrößen für die Expansion
der Heißgase in der Nutzleistungsturbine PT gegeben, wobei der Übergang der Strö-
mung von der GG-Turbine T auf die hier betrachtete ungekühlte Niederdruckturbine
LPT bzw. PT vereinfacht über eine adiabate Rohrströmung gegebenenfalls mit geringen
Totaldruckverlusten berücksichtigt werden kann.
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 123

2.3.6 Nutzleistungsturbine PT (44-5) mit Abgaskanal (5-8)

Nach dem Abschluss des inneren Energieaustausches im Gasgenerator kann die verblei-
bende Nutzenergie entsprechend dem Energiepotential der Heißgase in der Strömungs-
ebene 44 gegenüber der Umgebung in der Nutzleistungsturbine PT abgebaut werden
(Abb. 2.3-8). Am Austritt aus der Nutzturbine (Ebene 5) liegen bei gut ausgelegten
Turbinenstufen mittlere Austrittgeschwindigkeiten c5 von weit über 100 m/s vor. Es ist
deshalb zweckmäßig, die Nutzleistungsturbine und den anschließenden Abgaskanal so
auszulegen, dass einerseits eine große spezifische Leistung wPT = �ht PT = PPT / ṁPT
der Nutzleistungsturbine erzielt wird, andererseits die kinetische Energie der Abgase
c82/2 nicht zu hoch ist. Dies würde einen Energieverlust für den Arbeitsprozess einer
Turboshaft-Gasturbine bedeuten.
Bei stationären Gasturbinen-Anlagen sowie bei Gasturbinen zum Beispiel für langsam
fliegende Hubschrauber ist es deshalb im Sinne der Aufgabe des Triebwerks angebracht,
die Wellenleistungsturbine PT (44-5) mit einem Austrittsdiffusor Div (6-8) gekoppelt zu
betrachten. Der Diffusor hat dabei die Aufgabe, die relativ hohe Geschwindigkeit c5 auf
c8 < 100 m/s herabzusetzen, wobei der Strömungsdruck p5 kleiner als p8 und damit auch
kleiner als der Umgebungsdruck p0 sein kann.
Die optimale Anpassung im Auslegungsfall der Sektion (5) bis (8), also Nutzleis-
tungsturbine PT und Austrittsdiffusor Dif, erfolgt durch Iterationsrechnungen, da c8
und die spezifische Wellenleistung wPT voneinander abhängen.
Mit einer angenommenen Geschwindigkeit c5 bzw. mit der kinetischen Energie c25 /2
sowie der vorläufigen Annahme für die statischen Drücke p5 ≈ p8 ≈ p0 kann eine isen-
trope Enthalpiedifferenz zwischen Zustand 44 und 8 näherungsweise berechnet werden
 
� � κPT −1
p5 κPT
hEx is = ht 44 − h5 is = cp PT Tt 44 1 − 
pt 44
. (2.3-48)
c25
≈ ht PT is +
2

Damit ergibt sich eine isentrope spezifische Leistung der PT, mit der das Turbinen-
Totaldruckverhältnis �PT = pt 44 /pt 5 zusammenhängt
 
� � κPT −1
pt5 κPT
wPT is = ht PT is = cp PT Tt 44 1 − . (2.3-49)
pt 44

Mit dem Turbinenwirkungsgrad


ht PT
ηPT is = ≈ 0,85 bis 0,94 (2.3-50)
ht PT is
ist die spezifische Leistung der PT
124 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turboshaft-Triebwerk TS pt44
Nutzleistungsturbine PT 44 ht44 Tt44
( 44 → 5 ) ungekühlt c 24
2
44 5 8 wPT
wPTis

ht5 5 8 pt8 ht8 Tt8


ht5is c 82
h pt5 p0 2
p5<p0 Austrittsdiffusor
PPT PT Austrittsdiffusor
( 5 →8 ) (5→ 8)

Abb. 2.3-8  Niederdruck- bzw. Nutzleistungsturbine PT (Schema) mit Abgaskanal als Austritts-


diffusor Dif sowie Zustandsverlauf der Expansion der Heißgase im h-s-Diagramm

�ht PT = �ht PT is ηPT is = ht 44 − ht 5 = cp PT (Tt44 − Tt 5 ) (2.3-51)


sowie mit dem Durchsatz ṁPT die an die Welle abgegebene Leistung
PPT = ṁPT ht PT . (2.3-52)
Wird vom Rotor der Nutzleistungsturbine Leistung an Hilfsgeräte gegeben, verringert
sich zusätzlich die an der Abtriebswelle extern nach außen abgegebene Wellenleistung
PW, wobei auch Lager- und andere Verluste über den mechanischen Wirkungsgrad
ηm PT zu berücksichtigen sind
PW = PPT − PEx PT = ṁPT ht PT − PEx PT . (2.3-53)
Der Totaldruck pt5 und die Totaltemperatur Tt5 können mit den Gl. 2.3-49 und Gl. 2.3-51
berechnet werden.
Für das Übergangsrohr und den Abgasdiffusor wird abschließend mit vorgegebener
Geschwindigkeit c8 < c5 oder der Abströmfläche
ṁ8 R T8
A8 = (2.3-54)
c8 p8
die Abströmbedingung der Abgase aus der Gasturbinen-Anlage festgelegt.
Wird die Turboshaft-Gasturbine zum Antrieb eines Flugzeug-Propellers oder
eines Hubschrauberrotors eingesetzt, dann kann das Abgasrohr als Düse geformt zur
Beschleunigung der Abgase und damit zur Erzeugung eines Restschubes herangezogen
werden. Die Berechnung der Düsen-Zustandsgrößen erfolgt hierbei nach den Anga-
ben in Abschn. 2.1.2 und 2.3.7. Der „Restschub“ bzw. der entsprechende Nettoschub ist
schließlich bei vernachlässigbarem Einlauf-Impuls ṁ0 c0
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 125

 
FN = ṁ8 c8 + A8 p8 − p0 , (2.3-55)
wobei der Schubanteil A8 p8 − p0 bei angepasster Düse mit p8 ≈ p0 meist unbedeu-
   

tend ist.
Mit den Totaldruckverlusten zwischen den Ebenen 5 bis 8 pt59 = pt5 − pt8 kann das
Druckverhältnis pt8 /p8 mit p8 ≈ p0 berechnet werden. Mit konstanter Totaltempera-
tur Tt8 = Tt5 (angenommen adiabate Stromröhre 5-8) ist die Abströmgeschwindigkeit c8
aus der kinetischen Energie zu bestimmen
 
� � κ8 −1
c28 p 8
κ8
= cp8 Tt8 1 − . (2.3-56)
2 pt8

Zusammengefasst ergeben sich für die Zweiwellen-Gasturbinenanlage nach Abb. 2.3-1 außer


dem Brennstoffverbrauch ṁB nach Gl. 2.3-31 und der Wellenleistung PW nach Gl. 2.3-53 der
thermische Wirkungsgrad
PW PW
ηth = = (2.3-57)
Q̇B ṁB Hu
sowie der auf die Leistung bezogene, spezifische Brennstoffverbrauch SFC
ṁB
SFCP = . (2.3-58)
PW
Der Energiestrom der Abgase in die Umgebung ist
 
Q̇Abgas = ṁ8 (ht8 − ht0 ) = ṁ8 cp8 Tt8 − cp0 Tt0 . (2.3-59)

Zur näherungsweisen geometrischen Dimensionierung der Gasturbinenanlage wer-


den mit Hilfe der statischen Zustandsgrößen wie Drücke und Temperaturen sowie
den aus Erfahrungswerten angenommenen Machzahlen die Durchströmflächen
Ai berechenbar.
Zur Erläuterung dieser Vorgehensweise sei beispielhaft die Dimensionierung des
Ringkanals vor dem Verdichter in der Ebene 2 dargestellt. Der Ringquerschnitt A2 ergibt
sich aus der Kontinuitätsgleichung in Abschn. 2.1.4 mit ṁ2 = A2 c2 ρ2 zu
ṁ2 R T2
A2 = . (2.3-60)
c2 p2
Mit dem nach der Arbeitsprozessrechnung bekannten Totalzustandsgrößen und ange-
nommenen Mach-Zahlen M2 ≈ 0,4 bis 0,6 können die statischen Zustandsgrößen aus
dem Temperaturverhältnis
Tt2 κ2 − 1 2
=1+ M2 (2.3-61)
T2 2
126 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

und dem Druckverhältnis bzw. der Isentropenbeziehung

  κ2   κ2
pt2 Tt2 κ2 −1 κ2 − 1 2 κ2 −1
= = 1+ M2 (2.3-62)
p2 T2 2

berechnet werden.
Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit ist

c2 = M2 a2 = M2 κ2 R T2 · (2.3-63)
Der Außen- und Innenradius ra und ri des Strömungskanals wird entsprechend der
Geometrie des Ringkanals

A2 = π (ra22 − ri22 ) = π ra22 (1 − ν2 ) (2.3-64)


berechenbar, wobei das Nabenverhältnis ν2 = ri 2 /ra 2 . ist:

A
ra 2 =  2 . (2.3-65)
π 1 − ν2

Die von Abschn. 2.3.1 bis 2.3.5 erläuterte vereinfachte Berechnung des Arbeitsprozesses
einer typischen Turboshaft-Gasturbine mit Gasgenerator GG und Nutzleistungsturbine
PT ist im Anhang A 1 formelmäßig aufgelistet und als einführendes Übungsbeispiel für
„Handrechnungen“ neben der numerischen Leistungsrechnung mit z. B. dem Programm
[GasTurb] vorgesehen. Die Zahlenwerte betreffen typische Auslegungen von Gasturbi-
nen und Flugantrieben sowie für stationäre Kraftanlagen.

2.3.7 Turbojet-Triebwerk TJ mit Schubdüse N (7-8-9)

Wird der Gasgenerator bzw. das Kerntriebwerk (core engine) mit Turboverdichter,
Brennkammer und Hochdruckturbine anstelle der Nutzleistungsturbine PT mit einer
Schubdüse N gekoppelt betrieben, so entsteht ein Turbojet-Triebwerk TJ (Turboluft-
strahltriebwerk TL) als Schubtriebwerk (Abb. 2.3-1b und Abb. 2.3-9). Das Potential der
nach der Turbine T zur Verfügung stehenden Nutzenergie entsprechend der isentropen
Enthalpiedifferenz hEx is zwischen Turbinenaustritt (Ebene 44) und Umgebungsdruck
p0 kann im Fall des Luftstrahltriebwerks zur Erzeugung von Strahlleistung PJ (jet power)
der abströmenden Heißgase und damit in Schubkraft eines Luftstrahltriebwerks umge-
setzt werden.
Die Beschleunigung der Heißgase vom Turbinenaustritt (Ebene 5) bis zum Trieb-
werksaustritt (Ebene 8/9) erfolgt über eine Schubdüse N. Diese kann bei Unterschall- und
kleinen Überschall-Flug-Mach-Zahlen bis etwa M0 = 1,5 bis 1,7 als konvergente Düse
(C-Düse) und bei großen Machzahlen M0 bis in den hohen Überschallflug als Überschall-
düse (Laval-Düse) bzw. Konvergent-Divergent-Düse (C-D-Düse) ausgeführt werden
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 127

Turbojet-Triebwerk TJ

Schubdüse N 5 7 8/9
ht5=ht7 pt7 pt9 h =h
( 7 → 8/9 ) t7 t9
Tt7 Tt9
c 72
p7
2 T
7
c 92
5 7 8 9 c 92is 2
2
p9 h9
T9
p0<p9
p0
Nettoschub h
FN = m9 c 9 − m0 c 0 + A 9 (p9 − p0 )
s

Abb. 2.3-9 Turbojet-Triebwerk TJ mit Schubdüse N zur Expansion und Beschleunigung der


Heißgase sowie mit dem Zustandsverlauf der Heißgase im h-s-Diagramm (Schema)

(Abschn. 2.1.2 und Kap. 6). Diese Düse steht gleichsam anstelle einer Nutzleistungsturbine
PT und einem Abgasrohr.
Der jeweiligen Flugaufgabe angepasst sollte die Schubdüse einen maximalen Netto-
schub bieten, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine angepasste vollständige Expansion
der Heißgase von Zustand 7 bis 8 oder 9 abhängig von den Düsenverlusten nicht unbe-
dingt den maximalen Nettoschub nach Gl. (2.1-76) ergibt
 
FN = FG − FE = ṁ8 c8 + A8 p8 − p0 − ṁ0 c0 . (2.3-66)
Zur Berechnung des Nettoschubs FN müssen die Abströmgeschwindigkeit c8, der stati-
sche Druck p8 sowie die Düsenaustrittsfläche A8 bestimmt werden. In Abb. 2.3-9 wird
schematisch die unvollständige Expansion der Heißgase in der Düse im h-s-Diagramm
gezeigt. Entsprechend den Hinweisen in Abschn. 2.1.2 und Kap. 6 zur Expansionsströ-
mung in Düsen wird hier nur eine einfache C-Düse betrachtet.
Durch den konvergenten Querschnittsverlauf der Düsenkontur können die Heißgase
maximal bis zum engsten
 Querschnitt A8 auf Schallgeschwindigkeit a8 beschleunigt werden

c8 = a8 = κN R T8 , wobei die statischen Zustandsgrössen p8 < p7 und T8 < T7 mit


wachsender Beschleunigung der Strömung von c7 aufc8 kontinuierlich fallen. Bei verlustlo-
ser, isentroper Strömung liegt die Schalldurchgangslinie genau im engsten Querschnitt A8 krit
. Mit wachsenden Verlusten verschiebt sich die Iso-Machlinie M8 = 1 stromabwärts hinter
den engsten Kanalquerschnitt, was bei C-D-Düsen besonders ausgeprägt sein kann (Kap. 6).
Zur Definition von Düsen-Wirkungsgraden wird hier auf Kap. 6 verwiesen. Im
einfachsten Fall können die Verluste in der realen, nicht isentropen, adiabat ange-
nommenen Düsenströmung mit Hilfe von gut zu messenden Totaldruckverlusten
angegeben werden. Die entsprechenden Druckverhältnisse sind für das Übergangsrohr
128 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

�5, 6, 7 = pt7 /pt5 sowie für den konvergenten Düsenkanal �7, 9 = pt8 /pt7. Der Total-
druck am Düsenende ergibt sich damit zu
pt8 = pt5 5, 6, 7 7, 8 · (2.3-67)
Mit den verlustbedingten Totaldruckdifferenzen
pt5, 8 p − pt8
= t5 (2.3-68)
pt5 pt5
lässt sich der Totaldruck am Düsenaustritt pt8 ebenfalls berechnen. Ist das an der Düse
anliegende Druckverhältnis pt8 /p0 größer als das kritische Druckverhältnis pt8 /p8) krit,


dann liegt bei C-Düsen im Bereich des engsten Querschnitts A8 Schallgeschwindigkeit vor
M8 = 1 = Mkrit.
Das kritische Temperaturverhältnis hierzu wird aus der Beziehung nach Gl. (2.1-23)
bestimmt
   
Tt8 κN + 1
= = f(κN ) (2.3-69)
T8 krit 2
Das kritische Druckverhältnis lässt sich analog über die Isentropenbeziehung (Gl. 2.1-25)
zwischen den statischen und den Totalzustandsgrössen berechnen

    κN
pt8 κN + 1 κN −1
= = f(κN ) (2.3-70)
p8 krit 2

Mit diesem kritischen Druckverhältnis kann im Vergleich festgestellt werden, welcher


Fall von Düsenströmung vorliegt (Abschn. 2.1.2).
Ausgehend von den bekannten Totalzustandsgrössen pt8 und Tt8 ist für eine konver-
gente Düse die Geschwindigkeit

c8 = a8 = κN R T8 . (2.3-71)
Mit den statischen Zustandsgrössen p8 und T8 und der Kontinuitätsgleichung
ṁ8 = A8 c8 ρ8 ist der Düsenaustrittsquerschnitt festgelegt
ṁ8 R T8
A8 = . (2.3-72)
c8 p8
Zur Berechnung des Nettoschubs FN nach Gl. (2.1-76) sind nun alle Größen bekannt,
sodass der spezifische Nettoschub FSN = FNS = FN /ṁ0, der Nettoschub FN bezogen auf
den Luftstrom am Verdichtereintritt ṁ2 =ṁ0 lautet
 
ṁ8 c8 + A8 p8 − p0 − ṁ0 c0
FSN = FN S = FN /ṁ0 = (2.3-73)
ṁ0
sowie der spezifische, auf den Nettoschub bezogene Brennstoffverbrauch SFCF
ṁB FAR ṁ0
SFCF = = (2.3-74)
FN FN
2.3  Arbeitsprozess von Turboshaft und Turbojet 129

mit dem Brennstoff-Luftverhältnis FAR = µB = ṁB /ṁ0 bestimmt werden kann, wobei
vereinfacht angenommen wird ṁ3 ≈ ṁ2 = ṁ0 .

2.4 Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen

Nach den einführenden Abschn. 2.2 und 2.3 zu den Arbeitsprozessen der einfachen Bau-
weisen von Turboshaft- und Turbojet-Triebwerken können nun wichtige, allgemeine
Parametergrößen zur Bestimmung des Auslegungspunktes A bzw. DS (design point)
definiert werden. Gezielte Parameterstudien verbunden mit entsprechenden Optimie-
rungs-Strategien stellen die Schlüsselaufgaben bei der Vorauslegung von einfachen hin
bis zu komplexen Hochleistungstriebwerken dar, wie sie mit Leistungssynthesepro-
grammen nach z. B. [GasTurb] durchgeführt werden können. Zum Teillastverhalten in
allen Lastbereichen wird in Kap. 7 bis 9 näher eingegangen [Mün60, Mün72K, Mün77B,
Haf82B, DGL00, Wal00B, Brä00Ba, Gri04B].

2.4.1 Leistungskennwerte für Turboshaft-Gasturbinen

Bei den stationären Gasturbinenanlagen in der Energietechnik stellt neben der Tur-
binen-Eintrittstemperatur TET (turbine entry temperature) beziehungsweise Tt4 in
Verbindung z. B. mit der gesamten Wärmetechnik eines Kraftwerkes auch die Tur-
binen-Austrittstemperatur EGT (exhaust gas temperature) bzw. Tt5 eine wesentliche
Kenngröße dar. Diese Temperatur ist besonders bei den GuD-Kombinations-Kraft-
werken wegen der intensiveren Wärmenutzung ein wichtiger Prozessparameter im
Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der gesamten Gasturbinen-Anlage.
Bei den Turboshaft-Gasturbinen TS z. B. mit Nutzleistung-Turbine PT bzw. Wellenleis-
tungs-Gasturbinen ist die spezifische Leistung PS bzw. SPW (specific power) die auf den
Durchsatz ṁ0 bezogene nutzbare Leistung PW (Absolutbetrag). Dieser Prozess-Hauptpara-
meter entspricht dem spezifischen Schub FS bei den Luftstrahl-Triebwerken nach Gl. (2.3-73).
|PW | |PPT |
SPW = PS = = . (2.4-1)
ṁ0 ṁ0
Der thermische Wirkungsgrad ηth wird allgemeingültig mit dem Verhältnis der nach
außen abgebbaren Nutzleistung PW bzw. PWSD (output shaft power) bezogen auf den
zugeführten Wärmestrom bzw. dem Verhältnis der Nutzarbeit zur dem Prozess zuge-
führten Wärme definiert. Beim idealen Joule-Brayton-Prozess ergibt sich somit in
Abschn. 2.2.1 die Gl. 2.2-1a
|PW |
ηth = bzw. im Idealfall Gl. (2.97)
Q̇zu
(2.4-2)
qzu − qab T5 − T2
ηth id = =1− .
qzu T4 − T3
130 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

In der Energietechnik besonders bei den Kompaktanlagen, die häufig ihre Nutzleistung
an der Gasturbinen-Abtriebswelle über den angekoppelten Generator als elektrische
Leistung Pel = Pnet in das Stromnetz liefern, wird ein die zusätzlichen Verluste berück-
sichtigender thermischer Netto-Wirkungsgrad [Lec03B] definiert
|Pnet | |Pnet |
ηth net = ηth el = = . (2.4-3)
Q̇zu ṁB (Hu + hB )
Dabei stellt Hu den unteren Heizwert und hB die Wärme pro Masse des Brennstoffes dar.
Bei einem GuD-Kombikraftwerk mit der Wellenleistung der Gasturbine PW GT und
der Dampfturbine PW DT ergibt sich eine spezifische Leistung
|PWGT + PWDT |
PS Kombi bzw. PS GuD = (2.4-4)
ṁGT
und sinngemäß ein thermischer Wirkungsgrad der GuD-Kombianlage
|PWGT + PWDT |
ηth Kombi bzw. ηth GuD = (2.4-5)
Q̇zu
Der Wärmestrom Q̇zu entspricht dabei der in der Gasturbinen-Brennkammer mit dem
Brennstoffstrom zugeführten Energie.
Bei Gasturbinen-Schaltungen mit Wärmetausch, Zwischenerhitzungen und Zwi-
schenkühlungen ist bei der Definition von Kenngrößen sinngemäß wie in den oben
stehenden Darstellungen vorzugehen (Abschn. 2.2.1). Zu den realen Prozessen wer-
den detaillierte Hinweise über stationäre Gasturbinen-Anlagen zum Beispiel in
Lechner/Seume u. a. [Lec03B] gegeben.
Mit Abb. 2.4-1 wird für stationären Gasturbinen-Anlagen (Abschn. 2.8 und 2.9). in
Ergänzung zu Abb. 2.2-13, 2.2-14 und 2.2-15 sowie 2.3-1 ein Überblick über den Zusam-
menhang wichtiger Auslegungs-Parameter gegeben Es zeigt sich, dass im Vergleich der
Arbeitsprozesse ohne und mit Zwischenerhitzung RP (reheat prozess) durch RP wesent-
lich bessere thermische Wirkungsgrade erzielt werden können.

2.4.2 Kennwerte für Flugtriebwerke

Schub-Kennwerte
Der spezifische Schub FS bzw. SFN (specific thrust) eines Flugtriebwerks kann gemäß
Abschn. 2.1.6 z. B. beim Vergleich von Luftstrahltriebwerken wie Turbojet, Turbop-
rop-, Turbofan- hin bis zu Ramjet-Triebwerken als wichtige Kenngröße definiert wer-
den, indem der Schub F bzw. der Nettoschub FN bezogen wird auf den vom Triebwerk
über den Einlauf aufgenommenen Massenstrom
SFN = FS = F/ṁ0 in kN/(kg/s). (2.4-6)
2.4  Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen 131

(a) Joule-Prozess (halbideal)


0,45
ΠT = pt4/pt5 Druckverhältnis
ηth Annahmen: 30 Turbine
Wirkungsgrade von
0,40 20
Verdichter und
thermischer Wirkungsgrad Turbinen const. 15
κ = 1,35 = const
0,35
10

8
0,30
6
1400 °C
0,25 1200 °C
Tt4=1000 °C

0,20
100 200 300 400 500 600
spez. Nutzarbeit w PT [kJ/kg]

Reheat-Joule-Prozess RP (halbideal)
(b) 0,50 ΠT 2 = pt44/pt5 Turbine 2
30
η th RP
1 Zwischenerhitzung zwischen 20
0,45 Turbine 1 und 2 15
κ = 1,35 = const
thermischer Wirkungsgrad

10
0,40
8
6
0,35 1400 °C
1200 °C
Tt4=Tt44=1000 °C
0,30
Annahmen:
Wirkungsgrade Verdichter und Turbinen const.
Turbinen-Eintrittstemperatur T t4 =Tt44=Tt4 RP
0,25
Druckverhältnis Turbine 1 ΠT1 = pt4/pt44 = 2 = const
Druckverhältnis Turbine 2 ΠT2 = pt44/pt5 variiert

0,20
100 200 300 400 500 600
spez. Nutzarbeit w PT [kJ/kg]

Abb. 2.4-1  Gasturbinen-Joule-Prozess (halbideal) ohne a sowie mit b einer Zwischenerhitzung


RP (reheat prozess) mit Turbine 1 und 2 (Abb. 2.2-3). Thermische Wirkungsgrade ηth bzw. ηth,RP
und spezifische Leistung bzw. Nutzarbeit wPT abhängig von den Turbinen-Eintrittstemperaturen
Tt4 bzw. Tt44 und von den Turbinen-Druckverhältnisssen ΠT bzw. ΠT2 [Lec03B]

Mit der vereinfachenden Annahme für den Durchsatz ṁ0 = ṁ1 = ṁ2 in der allgemei-
nen Beziehung für den Schub nach Gl. (2.1-76) und dem Brennstoff-Luftverhältnis (fuel
air ratio) FAR = ṁB /ṁ0 lautet der spezifische Schub
 
F A9 p 9 − p 0
FS = = (1 + FAR)c9 − c0 + . (2.4-7a)
ṁ0 ṁ0
Bei vollständiger Entspannung der Heißgase in einer angepassten Düsenströmung mit
p9 = p0 ergibt sich
132 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

F
FS = = (1 + FAR)c9 − c0 im Standfall FS 0/ 0 = (1 + FAR)c9 . (2.4-7b)
ṁ0
Diese auf den Massenstrom bezogene Schubkenngröße FS stellt ein gutes Kriterium zur
Beurteilung des Volumens und der Masse bzw. des Gewichts eines Triebwerkes dar. FS
kennzeichnet quasi die Kompaktheit eines Flugtriebwerks. Damit verbunden ist weiter-
hin die Größe der Frontfläche A1 in Verbindung mit dem Stirnflächenschub F/A1, der
besonders eine wichtige Kenngröße für die Eignung eines Triebwerks zum Schnellflug
bzw. besonders für den Überschallflug darstellt.
Über den spezifischen Schub FS kann zum Beispiel der Luftdurchsatz und damit die
Dimensionierung eines Triebwerks abgeschätzt werden, wenn z. B. nach Auslegungsstu-
dien für ein bestimmtes Triebwerk die Größe des spezifischen Schubes FS vorgegeben ist.
In der allgemeinen Fachliteratur zur Beschreibung und zum Vergleich der Leis-
tungsfähigkeit von Schubtriebwerken wie Luft atmende Strahltriebwerke und Rake-
tentriebwerke wurde ehemals die Kenngröße spezifischer Impuls IS verwendet. Diese
Größe wurde lange Zeit leider auch zur Charakterisierung von Schubtriebwerken und
deren Brenn- bzw. Treibstoffen herangezogen. Er stellt sinngemäß das gleiche dar wie
der spezifische Schub FS nach Gl. 2.4-6. Es wird hier nur das alte, technische Maßsystem
verwendet mit Gewicht/Zeit als Bezugsgröße für den Durchsatz an Stelle des Massen-
stromes ṁ. Diese Dimension des spezifischen Impulses lautet
F c9
IS = = Dimension in [s], (2.4-8)
Ġ g0
also mit der Dimension Sekunden. Da g0 die erdgebundene Fallbeschleunigung ist, stellt IS
eine irdische Größe dar, was in der Raumfahrt nicht angebracht ist. So wird dazu beispiel-
haft in Abschn. 8.4 mit Abb. 8.4-1 ein Überblick zum Verlauf des spezifischen Impuls IS in
[s] abhängig von der Flug-Mach-Zahl der verschiedenen Antriebsarten gegeben.
Ähnliche Bedeutung wie der spezifische Schub hat bei den Turboshaft- und Turbo-
prop-Triebwerken von z. B. Hubschraubern und Propellerflugzeugen die spezifische
Wellenleistung PW,S bzw. SPW (specific power) wie vorstehend in Abschn. 2.4.1 bereits
ausgeführt wurde
PW
SPW = PW S = . (2.4-9)
ṁ0
Der auf den Schub F bezogene spezifische Brennstoffverbrauch SFC (specific fuel
consumption) lautet
SFCF = ṁB /F in kg/(kNs) oder kg/(Nh) (2.4-10)
und mit dem spezifischen Schub bei vollständiger Entspannung der Heißgase in der
Schubdüse (p9 = p0) sowie mit dem Brennstoff-Luftverhältnis FAR (fuel air ratio) gemäß
Gl. (2.4-8) ergibt dies
ṁB FAR
SFCF = = .
F (1 + FAR) c9 − c0 (2.4-11)
2.4  Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen 133

Für diesen sehr wichtigen Auslegungsparameter SFC ist bei allen Flugaufgaben stets ein
Minimum anzustreben.

Thermische Wirkungsgrade Der thermische Wirkungsgrad ηth oder auch innere


Wirkungsgrad ηi ist auch bei den Flugtriebwerken eine allgemeine Kenngröße für die
Güte eines Arbeitsprozesses.
Er wird für die Turboshaft-Gasturbine TS mit der Wellenleistung PW (shaft power)
bezogen auf die mit dem Brennstoff zugeführte Leistung Q̇B prinzipiell für den idea-
len, halbidealen und realen Prozess definiert und lautet nach Abschn. 2.2, 2.3 und 2.4.1,
wobei vereinfacht für den Ausbrand ηB ≈ 1 angenommen werden kann
PW PW PW
ηth = ηi = = ≈ . (2.4-12)
Q̇B ṁ η H
B B u ṁB Hu

Beim Turbojet-Triebwerk TJ oder auch für Turbofan-Triebwerke mit Mischung TFM


kann allgemein für den Flugfall (c0 > 0) mit Beachtung des Energiesatzes nach Abb. 2.4-2
angesetzt werden, dass der thermische Wirkungsgrad gleich ist dem Verhältnis der Erhö-
hung der kinetischen Energie zwischen Ein- und Austrittsebene 0 und 9 zu der in der
Brennkammer zugeführten Wärmeenergie

c29 c2
ṁ9 − ṁ0 0
ηth TJ bzw. ηth TFM = 2 2
ṁB ηB Hu
. (2.4-13a)
c29 c20
(ṁ0 + ṁB ) − ṁ0
= 2 2
ṁB ηB Hu
Mit der Vernachlässigung des Brennstoffanteils am Gesamtdurchsatz (ṁB => 0) wird
weiterhin vereinfachend angenommen, dass der Durchsatz gleich bleibt ṁ9 = ṁ0, der
Ausbrand ηB = 1 ist und der Schub damit nur durch
F = ṁ9 c9 − ṁ0 c0 ≈ ṁ0 (c9 − c0 )
erfasst wird.
Dann lautet der vereinfachte innere bzw. thermische Wirkungsgrad nach Gl. 2.4-13a
mit dem SFC

ṁ0 (c29 − c20 ) (c9 + c0 )


ηth TJ bzw. ηth TFM ≈ = (2.4-13b)
2 ṁB Hu 2 SFC Hu .
Bei einem Turbofan-Triebwerk ohne Mischung TF nach Abb. 2.4-3, also mit getrenn-
ten Primär- und Sekundärdüsen, kann an Stelle der Abströmgeschwindigkeit c9 eine
äquivalente mittlere Geschwindigkeit c9eq verwendet werden
(c9 ṁ9 + c19 ṁ19 )
c9 eq = . (2.4-14)
ṁ9 + ṁ19
134 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

0 2 3 4 5 7 8/9
· c2 · c2
m9 9 − m0 0
ηth TJ = ηi TJ = 2 2
· η H
m
c0 c9 B B u
· m9
m0
h0 h8/9 4
· · η H
h QB = mB B u
·
QB 5 8/9
Enthalpie

3 c 92 2
c 02 2
0 2
2
c 2
0

Entropie s

Abb. 2.4-2 Zur Definition eines thermischen Wirkungsgrades ηth (innerer Wirkungsgrad ηi)


eines Turbojet-Triebwerks TJ oder auch Turbofan-Triebwerks mit Mischung TFM dargestellt nach
dem Energiesatz für den Flugfall mit c0 > 0. Darstellung nach [GasTurb]

Damit ergibt sich für ein Turbofan-Triebwerk TF z. B. mit hohem Bypassverhältnis BPR
nach Abb. 2.4-3 ein thermischer Wirkungsgrad

c29 eq c20
(ṁ0 + ṁB ) − ṁ0
2 2 . (2.4-15)
ηth TF =
ṁB ηB Hu
Bei Turbofan-Triebwerken ist die Leistungsfähigkeit und Effizienz des Kerntriebwerks
(core engine) wichtig. Dies betrifft besonders auf Triebwerksfamilien zu sowie auf deren
Weiterentwicklungen auf der Basis bewährter Triebwerke.
Am Austritt des Kerntriebwerks (core exit) steht zwischen dem dort vorliegenden
Druck und dem Umgebungsdruck p0 isentrop gesehen eine spezifische Nutzenergie
wcore,is zur Weiterverwendung zur Verfügung. Diese könnte bei einem Kerntriebwerk
sinngemäß als einfaches Turbojet-Triebwerk betrachtet nach Abb. 2.4-2 einer Geschwin-
2
digkeitsenergie c9    /2 der Abströmung entsprechen. Mit dieser Energie am Austritt
des Kerntriebwerks kann nun beim Turbofan-Triebwerk TF nach Abb. 2.4-3 in einer
Niederdruckturbine LPT und dem angekoppelten Fan F unter Berücksichtigung ent-
sprechender Verluste eine kinetische Energie für die Abströmung aus der Sekundär-
2
Schubdüse c19  /2 bewirkt werden.
       
2.4  Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen 135

0
c19 . c 02
c0 mcore w core −
c9
is 2
ηcore = .
mB ηB Hu
c19
. .
QB = mB ηB Hu 4

h (45) Austritt Kerntriebwerk


Core
. . 44 45
QB = mB ηB Hu Core-Austritt
Enthalpie

5/8/9
wcore is-c02/2
3 p8
2 wcore
c 2
0
p0 is

21 25
13 19
0 2
c 02 2 p0

Entropie s

Abb. 2.4-3 Zur Definition des thermischen Wirkungsgrades ηcore eines Kerntriebwerks (core


engine) für ein Turbofan-Triebwerk TF ohne Mischung mit Ringdüse dargestellt nach dem Ener-
giesatz für eine Stromröhre allgemein für den Flugfall mit c0 > 0 [GasTurb]

Mit einer solchen inneren Energieübertragung ergibt sich die Definition eines thermi-
schen Wirkungsgrades ηCore für das Kerntriebwerk
c2
 
ṁCore wCore is − 0
2 (2.4-16)
ηCore = .
ṁB ηB Hu
Um nun die Qualität der Energieübertragung vom Kerntriebwerk auf die Energie der
den Schub bestimmenden Abströmung der Bypass-Strömung über eine Kenngröße zu
erfassen, kann ein sogenannter Transfer-Wirkungsgrad für Turbofan-Triebwerke defi-
niert werden
ηth TF
ηTrans = bzw. ηth TF = ηTrans ηCore . (2.4-17)
ηCore
Dieser Transfer-Wirkungsgrad für Turbofan-Triebwerke beinhaltet also die Wirkungs-
grade von der Niederdruckturbine LPT und dem Fan F sowie Druckverluste im Bypass-
Kanal und in der Sekundärdüse sowie gegebenenfalls auch Verluste im Getriebe und
Mischer bei Getriebe-Turbofan-Triebwerken GTF.
Für den spezifischen Brennstoffverbrauch SFC eines Turbofan-Schubtriebwerkes wird
wie beim TJ der Brennstoffstrom ṁB auf den gesamten Schub F bezogen
SFCF = ṁB /F in kg/(kN s). (2.4-18)
136 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Bei modifizierten Turboshaft-Triebwerken mit Abgabe von Schub und vor allem von
Wellenleistung PW ggf. an verschiedene Abnehmer sollten sinngemäß zu den vorstehen-
den Definitionen entsprechende Kenngrößen analog angesetzt werden
SFCP = ṁB /PW in kg/(kW h). (2.4-19)
Schubleistung und Vortriebswirkungsgrad  Wirkungsgrade werden bei Luftstrahltrieb-
werken wie allgemein definiert als der Quotient von Nutzeffekt und Aufwand, sie stellen
also das Verhältnis von zwei Energien bzw. zwei Leistungen dar.
Spezifische Strahlleistung. Die Technik der Luftstrahltriebwerke vom Turbojet
TJ bis Ramjet RJ beruht auf der Impulsübertragung. Es ist jedoch vorteilhaft, zunächst
Energien und Leistungen zu betrachten. Wird die Energie auf die Masseneinheit m und
die Leistung auf die Einheit des Massenstromes ṁ bezogen, dann wird von spezifischer
Energie bzw. spezifischer Leistung gesprochen. Bei Massenströmen ergibt sich für die
spezifische Strahlleistung PStrahl S bzw. SPJ (jet)

PJ ṁ (c2J /2) c2J


PStrahl S = SPJ = = = . (2.4-20)
ṁ ṁ 2
Schub- oder Vortriebsleistung. Bei Turboshaft- und Turboprop-Triebwerken ist die
Wellenleistung PW maßgebend. Wird zum Beispiel beim Turboprop PW mit dem Pro-
peller-Wirkungsgrad ηProp multipliziert, dann ergibt dies die Schub- oder Vortriebsleis-
tung PP. Analog dazu kann also bei jedem Schub abgebenden Luftstrahltriebwerk das
Produkt von Schub F und Fluggeschwindigkeit c0 als Schub- oder Vortriebsleistung PP
definiert werden
P P = F c0 . (2.4-21a)
Beim Turboprop-Triebwerk TP ergibt sich demgemäß mit dem Propellerschub FProp die
Propeller-Vortriebsleistung
PP Prop = FProp c0 . (2.4-21b)
Damit kann z. B. mit dem auf einem Prüfstand gemessenen Propellerschub FProp und
c0 sowie mit der Propeller-Wellenleistung PW Prop ein Propeller-Wirkungsgrad ηProp
definiert werden
FProp c0 ηProp PW Prop
ηProp = bzw. FProp = , (2.4-21c)
PW Prop c0
wobei für diese Darstellung üblicherweise beim Vergleich von Triebwerken bei gleicher
Fluggeschwindigkeit c0 vereinbarungsgemäß angenommen wird, dass ηProp = 0,85 =
const ist.
Ergänzend dazu kann mit Berücksichtigung des Düsen-Restschubes FN der Turbo-
prob-Schubdüse sinngemäß eine Restschubleistung PN Prop angesetzt werden
FN Prop c0 FN Prop c0
PN Prop = mit z. B. = · (2.4-21d)
ηProp 0,85
2.4  Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen 137

Beim Turboprob-Triebwerk kann somit zusammengefasst mit der Propeller-Wellenleistung


PW,Prop eine äquivalente Wellenvergleichsleistung PWeq (equivalent shaft power) für den
Flugfall definiert werden
FN Prop c0 FN Prop c0
PW eq = PW Prop + = PW Prop + (2.4-22)
ηProp 0,85
Für den Standfall wird dabei vergleichbar zweckmäßigerweise z. B. im Synthesepro-
gramm [GasTurb] mit c0 = 10 m/s gerechnet.
Ein Vortriebswirkungsgrad ηP (propulsive efficiency), der auch als äußerer Wir-
kungsgrad bezeichnet wird, kann mit der Vortriebsleistung definiert werden. Er ergibt
sich aus dem Verhältnis der Vortriebsleistung F c0 zu der aufzubringenden kineti-
schen Energie. Diese kinetische Energie ist beim Turbojet TJ oder beim Turbofan mit
Mischung TFM die Differenz der kinetischen Energie am Schubdüsenaustritt, vermin-
dert um die Eintrittsenergie am Luft-Einlauf
F c0 F c0
ηP = ≈ ·
c29 c20
 2
c9 c2 (2.4-23a)
ṁ9 − ṁ0 ṁ9 − 0
2 2 2 2
Mit (c9   2 /2) als Austrittsenergie und (c0    2 /2) als Eintrittsenergie sowie dem Schub verein-
facht mit F = ṁ0 (c9 − c0 ) und ṁ9 ≈ ṁ0 aus Gl. (2.4-23a) ergibt sich schließlich

(c9 − c0 ) c0 2
ηP ≈  2  =
c9 − c20 /2 c9 . (2.4-23b)
1+
c0

Mit der in Abb. 2.4-4 dargestellten Beziehung ist zu sehen, dass der Vortriebswir-
kungsgrad ηP mit der Zunahme von c9/c0 abnimmt. Bei Turbojet-Triebwerken bewirkt
also eine Verbesserung des Arbeitsprozesses, die zum Beispiel durch eine Steigerung
eines Komponentenwirkungsgrades erzielt wird, eine Zunahme des Wertes c9/c0.
Damit fällt aber der Vortriebswirkungsgrad ab. Günstiger werden die Verhältnisse
bei den Bypasstriebwerken, bei denen sich mit steigenden Bypassverhältnissen BPR
der Vortriebswirkungsgrad erheblich verbessert, wie zusammengefasst in Abb. 2.4-5
tendenzmäßig die Bereiche vom Turboprop, Turbofan bis Turbojet abhängig von der
Flug-Mach-Zahl zeigen.

Gesamtwirkungsgrad des Flugtriebwerks  Als Gesamtwirkungsgrad ηO (overall effici-


ency) von Luftstrahltriebwerken wird das Verhältnis der Schub- bzw. Vortriebsleistung F
c0 und der in der Brennkammer zugeführten Leistung ṁB ηB Hu = Q̇B definiert
F c0 F c0
ηO = = , (2.4-24a)
ṁB ηB Hu Q̇B
wobei alle Verluste bei der Umwandlung der verfügbaren Wärmeleistung Q̇B in Vor-
triebsleistung F c0 berücksichtigt werden.
138 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

0 2 8/9
Vortriebswirkungsgrad
(PropulsiveEfficiency) c0 c9

ηP
1,0
Vortriebswirkungsgrad

F c0 2
ηP = ⇒
0,8 c 92 c 02 c9
m9 − m0 1 +
2 2 c0
0,6

0,4

0,2

0,0
1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0
Geschwindigkeitsverhältnis c9 /c0

Abb. 2.4-4 Vortriebswirkungsgrad ηP allgemein von Luftstrahltriebwerken. Darstellung nach


[GasTurb]

0,90
ηP Turboprop TP
Turbofan TF
Vortriebswirkungsgrad

0,80
0 2 8/9
Turbofan TFM
c0 c9
0,70
BPR
6,0

0,60 3,0
1,0

0,50
0 0,5 1,0 1,5
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 2.4-5 Vortriebswirkungsgrade ηP abhängig von der Flug-Mach-Zahl M0 von Turbotrieb-


werken verschiedener Bauweisen und Bypassverhältnissen BPR vom Turboprop- über Turbofan-
bis zum Turbojet-Triebwerk (s. a. Abb. 1.2-2)

Mit den bereits oben angeführten Vereinfachungen wie ηB = 1, ṁ9 = ṁ0 und Schub
F = ṁ0 (c9−c0) lautet mit ṁB = SFC F der Gesamtwirkungsgrad nach Gl. 2.4-24a
vereinfacht
c0
ηO = bzw. nach einigen Umstellungen
SFC Hu
2.4  Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen 139

   
(c9 + c0 ) c0 (c9 − c0 ) 2
ηO = ·  2 = ηth · ηP · (2.4-24b)
c9 − c20

2 SFC Hu

Dies entspricht nach Gl. 2.4-13b und 2.4-23a dem Produkt des thermischen Wirkungs-
grad ηth bzw. inneren Wirkungsgrades ηi mit dem Vortriebswirkungsgrad ηP. Mit
ηth = ηCore ηTrans nach Gl. (2.4-17) ergibt sich schließlich für den Gesamtwirkungsgrad
c0
ηO = = ηth ηP = ηCore ηTrans ηP . (2.4-24c)
SFC Hu
Es zeigt sich somit, dass der Gesamtwirkungsgrad ηO das Produkt des thermischen und
des Vortriebswirkungsgrades beziehungsweise das Produkt aus ηCore mal ηTrans mal ηP
ist. Der auf den Schub bezogene spezifische Verbrauch SFCF  = ṁB /F sagt praktisch das
gleiche aus, wenn dazu die Fluggeschwindigkeit angegeben wird
ṁB c0 c0 c0
SFCF = = = = . (2.4-25)
F ηO Hu ηth ηP Hu ηCore ηTrans ηP Hu
Das bedeutet, dass bei einer Fluggeschwindigkeit c0 der spezifische Brennstoffverbrauch
SFCF umgekehrt proportional dem Gesamtwirkungsgrad ηO bzw. dem thermischen Wir-
kungsgrad ηth und Vortriebswirkungsgrad ηP ist. Eine Steigerung dieser Wirkungsgrade
führt zur Verbesserung des Brennstoffverbrauchs.

Reduzierte und korrigierte Kenngrößen bei Gasturbinen und Flugtriebwerken  Ähn-


lichkeitskenngrößen anstelle nicht ähnlicher Kennwerte ermöglichen es, Arbeitsprozesse
und Betriebszustände von Strömungsmaschinen allgemein unter verschiedenen Einsatz-,
Umgebungs- und Zuströmbedingungen zu vergleichen. Ohne hier auf die theoretischen
Grundlagen der Ähnlichkeitstheorien detailliert einzugehen [Pra65B, Tra82K, And90B,
Sig91B, Wal00B], sei daran erinnert, dass strömungsmechanische Ähnlichkeit dann vor-
liegt, wenn die Reynolds-Zahl, Mach-Zahl, Froude-Zahl und die Isentropenexponenten
gleich sind. Für die thermodynamische Ähnlichkeit folgt daraus, dass gleichzeitig kon-
stante Druck- und Temperaturverhältnisse herrschen. Von den unter diesen Verhält-
nissen geltenden Kenngrößen werden die wichtigsten für Turboshaft-Gasturbinen und
Flugantriebe nachstehend zusammengefasst angeführt.
Dabei können die Kenngrößen in drei Gruppen eingeteilt werden [Wal04B]. Dies sind
neben der Gruppe der dimensionslosen Kenngrößen vor allem die Gruppe der quasi-
dimensionslosen bzw. reduzierten Kenngrößen, die Dimensionen enthalten wie der
Massenstrom reduziert
√  √ 
ṁ Tt kg K
ṁred = in z. B. , (2.4-26)
pt s kPa

sowie die Gruppe der korrigierten Größen (corrected or referred) wie der Massenstrom
korrigiert
140 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

 
√ Tt

ṁ 288,15 K  
ṁ θ kg
ṁcorr = =    in z. B. (2.4-27)
δ pt s
101,325 kPa

mit δ = (Totaldruck am Eintritt/101,325 [kPa])


und θ = (Totaltemperatur am Eintritt/288,15 [K]).
Druckverhältnis bzw. Gesamtdruckverhältnis Πges bzw. OPR (overall pressure ratio)
zwischen einem oberen und unteren Totaldruck einer kompletten Anlage wie bei einem
Turbojet-Triebwerk oder das Totaldruckverhältnis zwischen Zustand A (Austritt) und E
(Eintritt) einer Komponente wie zum Beispiel bei einem Verdichter
pt max ptA
OPR = und OPR bzw.  = , (2.4-28)
pt min ptE

Temperaturverhältnis (analog OPR)


TtA
τ= , (2.4-29)
TtE
Arbeit reduziert bzw. korrigiert
w w w
wred = wcorr = bzw. wcorr = , (2.4-30)
Tt θ θ
Brennstoffdurchsatz reduziert bzw. korrigiert

ṁB ṁB
ṁB red = √ bzw. ṁB corr = √ , (2.4-31)
pt Tt δ θ
Leistung reduziert bzw. korrigiert
P P
Pred = √ bzw. Pcorr = √ , (2.4-32)
pt Tt δ θ
Schub reduziert bzw. korrigiert
F F
Fred = bzw. Fcorr = , (2.4-33)
p0 δ
Drehzahl reduziert bzw. korrigiert
n n
nred = √ bzw. ncorr = √ , (2.4-34)
Tt θ
Geschwindigkeit reduziert bzw. korrigiert
c c
cred = √ bzw. ccorr = √ ,
Tt θ (2.4-35)
2.4  Ähnlichkeit, Leistung, Schub und Kenngrößen 141


Mach-Zahl mit der Schallgeschwindigkeit a = κRT
c c
M= =√ , (2.4-36)
a κRT
Laval-Zahl bzw. Mach-Zahl kritisch

c 2 κ R Tt
La = M∗ = mit ccrit = , (2.4-37)
ccrit (κ + 1)

spezifischer Brennstoffverbrauch leistungsbezogen,


reduziert bzw. korrigiert

ṁB ṁB
(SFCP )red = bzw. (SFCP )corr = , (2.4-38)
P P
spezifischer Brennstoffverbrauch schubbezogen,
reduziert bzw. korrigiert

ṁB ṁB (2.4-39)


(SFCF )red = √ bzw. (SFCF )corr = √ .
F Tt F θ

2.5 Turbojet- und Ramjet-Triebwerke

2.5.1 Einstrom-Turbojet ohne Nachbrenner

Wie in Abschn. 2.2 und 2.3 dargestellt wurde, stellt der Einwellen-Einstrom-Gasgene-


rator GG mit einem vorgeschalteten Lufteinlauf und einer nachgeschalteten Abström-
bzw. Schubdüse die einfachste Bauform eines Turbojet-Triebwerkes TJ dar. Verdichter
und Turbine sitzen auf einer gemeinsamen Welle. Zwischen diesen beiden Turbo-
maschinen ist die Brennkammer angeordnet, die meist als koaxiales Ring- oder Ein-
zelbrennkammersystem ausgeführt wird. In Abb. 2.5-1 sind ein Turbojet-Triebwerk
und der Arbeitsprozess im T-s-Diagramm zu sehen, wie es sich aus einer numerischen
Synthese-Prozessrechnung mit [GasTurb] ergeben hat. In Abb. 2.5-2 wird dazu für den
Flugzustand in 11 km Höhe bei der Flug-Mach-Zahl 1,5 eines der ersten erfolgreichen
serienmäßigen Turbojet-Triebwerke (SNECMA ATAR 101, um 1950) mit dem Verlauf
wichtiger Strömungsgrößen gezeigt (Abschn. 1.6).
Den realen, verlustbehafteten Arbeitsprozess im h-s-Diagramm für ein Turbojet-
Triebwerk im Flugzustand wurde bereits in Abb. 2.2-13 dargestellt und in Abschn. 2.3
detailliert behandelt. Der Arbeitsprozess ist dem der offenen, stationären Gasturbinen-
anlage, der Turboshaft-Gasturbine (Abb. 2.2-12) im Wesentlichen gleich. Lediglich der
Verdichter-Eintrittsdruck pt2 ist wegen des Aufstaues des aufgenommenen Luftstro-
mes bei richtig arbeitendem Einlauf größer als der Luftdruck der Umgebung p0 und die
142 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Verdichter C Turbine T
Einlauf E Brenn- Schubdüse N
kammerB C-Düse
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

T-s-Diagramm

Stand ISA / SL
H0=0 km M0=0
8/9
c 92
2

p0

[GasTurb]

Abb. 2.5-1  Turbojet-Triebwerk TJ und Arbeitsprozess (Totalzustandsgrößen) im T-s-Diagramm


(erstellt mit [GasTurb]) für den Standfall ISA/SL. Ein h-s-Diagramm dazu ist in Abb. 2.2-13 zu
sehen. Bei der C-Schubdüse liegt unvollständige Entspannung der Heißgase vor

nutzbare Expansions-Enthalpiedifferenz wird nicht wie bei der Turboshaft-Gasturbine


als Leistung nach außen abgegeben, sondern in der Schubdüse in Geschwindigkeitsener-
gie umgesetzt.
Die statischen und die Gesamtzustandsgrößen der Luft bzw. des Heißgases in den
wichtigsten Strömungsquerschnitten des Triebwerks werden durch die den jeweiligen
Triebwerksebenen entsprechenden Positionen von Ebene 0 bis Ebene 8/9 gekennzeichnet.
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 143

Turbojet TJ Typ: ATAR-101 / SNECMA


Verdichter C Turbine T
Flug: M0=1,5 Lufteinlauf E Brennkammer B C-Düse N
H0=11 km mB

Druck Temp.
pt , p Tt , T Geschwindigkeit c
[bar][K] [m/sec] 1 2 3 4 5 6 7 8
8 1600 800

6 1200 600 Temp. Tt


T
4 800 400
Geschwindigkeit c Geschw. c

2 400 200 Druck pt


Temp. Tt, T
p
Druck pt, p
0 0 0
0 1 2 3 4 5 6 7 8

Abb. 2.5-2 Turbojet-Triebwerk TJ für den Flugfall (M0 > M2) und Gasströmungs-Diagramm


mit statischen und Totalzustandsgrößen. Bei der C-Düse liegt unvollständige Entspannung der
Heißgase vor. Beispiel hier eines erfolgreichen, historischen Triebwerks (um1949) SNECMA-
ATAR-101 (s. a. Abb. 1.6-3, Abschn. 1.6)

Die Arbeitsprozessrechnung, wie sie in Abschn. 2.3 gezeigt wurde, stellt die Ver-
knüpfung der thermodynamischen und strömungsmechanischen Teilprozesse dar, die
schließlich eine Bestimmung des Brutto- und Nettoschubes FG und FN und anderer
Leistungsgrößen, wie zum Beispiel des spezifischen Brennstoffverbrauches SFC, ermög-
licht. Bei der Ausführung der Prozessrechnung für zum Beispiel Parameterstudien
können, abhängig von der jeweiligen Aufgabenstellung, gegebenenfalls vereinfachende
Annahmen getroffen werden.

2.5.1.1 Energiefluss-Diagramm eines Turbojet-Triebwerks


Energiefluss-Diagramme, auch Sankey-Diagramme genannt, eignen sich allgemein
bei Wärmekraftmaschinen gut zur übersichtlichen Bilanzdarstellung der Umwand-
lung von Brennstoff-Wärmeenergie in Nutzenergie. Es gilt die Forderung zu erfüllen,
dass in einem wärmetechnischen System die Summe der zugeführten Energien gleich
der Summe der abgeführten Energien sein muss. Am Beispiel eines einfachen Tur-
144 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Energiefluss-Diagramm Turbojet-Triebwerk

Brennstoffenergie c 02 2
.
q B = 100%

WC
Verd.
Brennkammer
Verluste Ausbrand
Turbine

Düse WT
Verluste Abstrahlung
c 92 2 c 02 2

wN
Abgaswärme
qab
FN
(c 9 − c 0)2 . c0
Strahl- m2
Verlustenergie 2 Vortriebsenergie

Abb. 2.5-3 Energiefluss-Diagramm eines Turbojet-Triebwerks TJ nach Abb. 2.5-2 für den


Flugfall mit c0 > 0 und der Vortriebsenergie mit dem Nettoschub vereinfacht erfasst mit
FN =ṁ2 (c9 − c0 ) (Abschn. 2.1.6)

bojet-Triebwerks nach Abb. 2.5-2 wird dazu in Abb. 2.5-3 ein typisches Energiefluss-


Diagramm vorgestellt.
Die von außen zugeführte Brennstoffenergie ist mit 100 % bezeichnet, wobei es von
Vorteil ist, das Sankey-Diagramm maßstäblich darzustellen, sodass die jeweiligen Bal-
kenbreiten die prozentualen Energiemengen wiedergeben. Gegenüber dem bewegten
Flugzeugsystem mit Flug-Mach-Zahl M0 > 0 besitzt die dem Verdichter mit c0 zuströ-
mende Außenluft eine
entsprechende kinetische Energie c20/2. Diese Energie der Stauverdichtung erhöht die
Energie des Luftstromes, die durch die Kompression im Verdichter aufgebracht wird.
Die Heißgase am Brennkammeraustritt enthalten die Summe dreier Energien, die von
der Stauverdichtung, von der mechanischen Verdichtung und von dem Brennstoffanteil.
Mit Ausnahme des Verlustes durch unvollkommene Verbrennung, dem Ausbrand, geht
diese Gesamtenergie in die Turbine. Da es sich hier um einen Fluidstrom handelt, kann
auch von der umgesetzten Leistung gesprochen werden.
Die Turbine gibt an der Welle zunächst denjenigen Energieanteil ab, der die mecha-
nische Verdichtung deckt. Da die Energie innerhalb des Triebwerks übertragen wird,
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 145

ist der Balken, dessen Breite durch die mechanische Verdichtung gegeben ist, in sich
geschlossen. Das die Turbine verlassende Heißgas wird schließlich auf die letzte Kompo-
nente des Turbojet, die Schubdüse, geleitet.
Da das Bezugssystem das bewegte Flugtriebwerk ist, muss zunächst diejenige Strah-
lenergie abgezogen werden, die der Energie der Zuströmung aus der Stauverdichtung
entspricht. Dies ist deshalb erforderlich, weil am Anfang der Bilanzierung die Energie
der Zuströmung als additives Glied behandelt wurde. Die Deckung dieser Stauenergie
ist auf diese Weise wie eine innere Energieübertragung zu behandeln und der entspre-
chende Energiebalken ist gleichfalls in sich geschlossen.
Um den Energieanteil zu bestimmen, der für den Vortrieb genutzt werden kann,
muss zunächst die resultierende Austrittsgeschwindigkeit aus der Schubdüse c9 bekannt
sein. Da diese resultierende Austrittsgeschwindigkeit c9 größer als die Fluggeschwindig-
keit c0 ist, entsteht ein Verlust. Der größte Energieverlust liegt bei diesem Beispiel in der
Wärme der Abgase, deren Temperatur bei einem Flugtriebwerk besonders hoch ist.
Prinzipiell ist es auch möglich, einen Teil der Abgaswärme in einem Wärmetauscher
zurückzugewinnen, wie es bei Gasturbinen der stationären Energietechnik häufiger der
Fall ist (Abschn. 2.9). Diese Art der Wärmerückgewinnung bei Flugtriebwerken wurde
bisher nur bei einigen Prototypen versuchsweise getestet, sollte aber bei zukünftigen
Triebwerksprojekten wieder mehr an Bedeutung erlangen (ACARE-Programm der
EU). Nur bei sehr langen Betriebszeiten lohnt es sich damit den spezifischen Brenn-
stoffverbrauch zu vermindern, da Wärmetauscher wegen der hohen Durchsätze
aufwendig an Volumen und Masse werden und außerdem zum Teil beträchtliche
Druckverluste verursachen.
Zusammenfassend zum Energiefluss-Diagramm kann festgestellt werden, dass damit
eine einfache, übersichtliche Darstellung der Energie- und Wärmeströme möglich ist
durch Gegenüberstellung zum Beispiel der prozentualen einzelnen Energieanteile, wie
es besonders in der Energie- und Kraftwerkstechnik bei komplexen Anlagen und deren
Energiebilanzen zweckmäßig sein kann.

2.5.1.2 Einflussgrößen auf Triebwerksleistungen


Als wichtige Einflussgrößen bei der Auslegung und dem Betriebsverhalten von Flug-
triebwerken und deren Auswirkung auf die Leistungsdaten kann zwischen äußeren und
triebwerkseigenen Größen unterschieden werden. [Mün72K, Mün77B, Ric82, Hag82B,
Brä01Ba, Gri09B, Wal00B].
Dies sind: Die Umgebungs- und Umweltbedingungen, die Flughöhe und die Flug-
Mach-Zahlen sowie die Eintritts- bzw. Einlauf- und die Austrittsbedingungen an den
Schubdüsen.
Triebwerkseigene Parameter sind das Gesamtdruckverhältnis OPR bzw. Verdichter-
druckverhältnis ΠC, die Turbinen-Eintrittstemperatur TET bzw. Tt4, die Komponen-
ten-Wirkungsgrade, die Druck- und Leckageverluste sowie die Mischbedingungen und
deren Verluste (Abb. 2.5-4).
146 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbojet TJ Flug: ISA H0= 9000 m


Flug: ISA M0= 0,8

[ kNg s ]
Druckverhältnis
SFCF Temperatur Tt4= 1800 K 5 OPR
50 pt 3
1600 K pt 2
spez. Brennstoffverbrauch

1400 K 10
1200 K 15
40
20
25

30

0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0

spez. Schub FS=


FN
m2 [ ]
kN
kg / s

Abb. 2.5-4 Parameterstudie zum Turbojet-Triebwerk TJ (Flughöhe H0 = 9 km, Flug-Mach-


Zahl M0 = 0,8) mit dem Einfluss der Turbinen-Eintrittstemperatur TET = Tt4 und dem Gesamt-
druckverhältnis OPR auf den spez. Brennstoffverbrauch SFCF abhängig vom spez. Schub FN/ṁ2.
Angenommen sind konstante Komponenten-Wirkungsgrade und Druckverluste [Mün72K, Ric80,
Hag82B]

Weiterhin sind die Auswirkungen der Abgabe von verdichteter Abzapfluft bzw.
Bleed-Luft (bleed air) und die externe Entnahme von Wellen-Leistungen PEx,i als Ein-
flussgrößen zu nennen.
Die Berechnung der Triebwerksleistungen wird abhängig von den Umgebungsbedingun-
gen durchgeführt und auf Normzustände umgerechnet. Dies betrifft den mit der Flughöhe
abnehmenden Luftdruck, wobei die Umgebungstemperatur bis zur Höhe von 11000 m sinkt.
Die Temperaturabhängigkeit der Triebwerke an kalten und heißen Tagen ist ebenfalls gegen-
über den Normbedingungen zu korrigieren. Die Leistungsgrößen bei Gasturbinen und Flug-
triebwerken ändern sich damit gegebenenfalls erheblich mit dem Eintrittsdruck p0 bzw. p1
und mit der Eintrittstemperatur T0 bzw. T1. Davon abhängig ändert sich mit den Kompo-
nenten-Wirkungsgraden auch der spezifische Brennstoffverbrauch SFC der Triebwerke. Wei-
terhin sind Grenzwerte für unzulässige oder instabile Betriebsbereiche zu berücksichtigen. In
größeren Flughöhen sind die Verschlechterung der Wirkungsgrade und der Stabilitätsberei-
che in Abhängigkeit von den Reynolds-Zahlen besonders zu beachten (Abschn. 4.2.6).
Auch der Einfluss der Flug-Mach-Zahl und damit die Vorverdichtung durch den
Luftaufstau verändert den Massenstrom und damit das Leistungsverhalten erheblich.
Bei der Vorprojektierung eines Triebwerks werden unter Berücksichtigung der
beabsichtigten Auslegungsgrößen realistische Komponenten-Wirkungsgrade für einen
Auslegungspunkt DS (design point) angenommen. Dazu wird der Arbeitsprozess für
den geplanten Flugbereich mit vorgegebenen Verdichter-Druckverhältnissen und
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 147

Turbojet TJ Flughöhe
g H0= 9000 m
SFCF
kN s pt 3
50 Druckverhältnis OPR
pt 2
5
spez. Brennstoffverbrauch

M0 2,0
1,5 1,2 0,8
OPR Höhe
10 5 H0 = 0 m
40 M0 = 0
15
20
25 10
15
20
30 25

0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0


FN kN
spez. Schub FS =
m2 kg / s

Abb. 2.5-5 Turbojet-Triebwerk TJ und vereinfachte Parameterstudie für Flughöhe H0 = 9 km


und M0 = 0,8 mit dem Einfluss der Flug-Mach-Zahlen M0 und der Gesamtdruckverhältnisse
OPR auf den spez. Brennstoffverbrauch SFCF bei der Flughöhe H0 = 9 km sowie im Standfall mit
H0 = 0 km. Angenommen sind konstante Turbinen-Eintrittstemperaturen sowie konstante Kom-
ponenten-Wirkungsgrade und Druckverluste [Mün72K, Mün77B, Ric82, Hag82B]

Turbinen-Eintrittstemperaturen bestimmt. Für verschiedene mögliche Flugmissionen


können mehrere Betriebspunkte für Auslegungspunkte interessant sein, sodass mit ent-
sprechenden Optimierungsstrategien die jeweils günstigsten Konzepte gefunden werden
können.
In Abb. 2.5-4 wird als Beispiel für ein Turbojet-Triebwerk eine vereinfachte Parame-
terstudie für den Reiseflug gezeigt, wobei der spezifische Schub FS abhängig vom spezi-
fischen Brennstoffverbrauch SFCF, von der Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 und dem
Gesamtdruckverhältnis OPR = pt3/pt2 aufgezeigt wird.
Aus dieser Darstellung geht hervor, dass für einen günstigen SFC und eine kom-
pakte Bauweise bei vorgegebenem Schubwert eine hohe Turbinen-Eintrittstemperatur
anzustreben ist. Für hohe spezifische Schubwerte FS und damit kleine Abmessungen
und Gewichte sowie geringe SFC-Werte sind allerdings steigende Druckverhältnisse in
Kauf zu nehmen. Dabei ist zu beachten, dass die im Bild angegebenen Druckverhält-
nisse für den Höhenflug gelten. Für gleiche Flughöhe aber höhere Flug-Mach-Zahlen
steigt der spezifische Brennstoffverbrauch leicht an (Abb. 2.5-5), während der spezi-
fische Schub stark abfällt. Im Bild ist dieser Einfluss für konstant gehaltene Kompo-
nenten-Wirkungsgrade und ein konstante Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 gezeigt.
Bemerkenswert ist, dass bei Turbojets sich das dem maximalen spezifischen Schub
zugehörige Verdichter-Druckverhältnis bei zunehmender Flug-Mach-Zahl vermindert.
Da Flugzeuge oft auch große Strecken mit kleiner Flug-Mach-Zahl zurücklegen sollen,
muss auch hier eine Optimierung für die gesamte Flugmission durchgeführt werden.
148 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Zum Vergleich ist in Abb. 2.5-5 für den Start in Seehöhe (SL, STD) die Abhängigkeit
des spezifischen Schubs und des spezifischen Verbrauchs für die gleichen Auslegungspa-
rameter dargestellt. Beide Werte sind für den Standfall günstiger als im Flugfall.
Für den Startfall in Seehöhe ist der verschiedene Einfluss der Komponenten-
Wirkungsgrade zu beachten. Zu erkennen ist dabei die stärkere Auswirkung einer Wir-
kungsgradänderung beim Verdichter gegenüber derjenigen bei der Turbine. Das steht
im Gegensatz zum Turboshaft-Triebwerk. Zusammengefasst kann festgestellt werden,
dass sich beim Turbostrahltriebwerk eine Wirkungsgradänderung des Verdichters
erheblich stärker auswirkt als eine solche bei der Turbine.
Mit wachsender FlugMachZahl wird eine steigende Turbinen-Eintrittstemperatur
immer vorteilhafter für die Wirtschaftlichkeit eines einfachen Turbojets. So gesehen ist
die Turbinen-Schaufelkühlung trotz der damit verbundenen Verluste von Bedeutung.
Beispielsweise wird für ein Geschäftsreiseflugzeug ein relativ einfach gebautes und preis-
wertes Triebwerk gewünscht sein. Eine Schaufelkühlung der Turbine sollte dabei nicht
so intensiv ausgeführt werden. Das Verdichterdruckverhältnis muß dann folgerichtig
niedriger sein als bei einem Triebwerk mit wirksamerer Turbinen-Schaufelkühlung und
hohem Wirkungsgradniveau.
Bei der endgültigen Wahl der Auslegungsparameter sind noch weitere Bewertungspa-
rameter wie die Triebwerksmasse, der Durchmesser, die Stirnfläche des Triebwerks, das
Einbauvolumen und von den Betriebseigenschaften z. B. die Startzeit sowie die Beschleu-
nigungszeit von Leerlauf auf Volllast zu beachten.
Erfahrungsgemäß sind die erreichbaren Leistungskenngrößen wie der spezifische
Schub FS bei Turbojet bzw. die spezifische Leistung PS bei Turboshaft-Triebwerken und
der spezifische Brennstoffverbrauch SFC, aber auch das Verhältnis Schub/Masse bzw.
Leistung/Masse von der Triebwerksgröße stark abhängig.
Durch die Abgabe von Bleed-Luft oder die Entnahme von Wellenleistung kann sich
das Triebwerksverhalten beträchtlich verändern. Bei Bleed-Luftentnahme oder bei
Abgabe von Leistungen an Nebengeräte verändert sich die Betriebslinie im Verdichter-
kennfeld (Kap. 7, 8 und 9). Es kann daher, ähnlich wie bei instationären Betriebszustän-
den, zum Pumpen oder zur Triebwerksüberhitzung kommen. In großer Flughöhe ist
dieser Gefahr besondere Beachtung zu schenken (Abschn. 4.2.6 und 4.2.7).
Beim Einbau eines Triebwerks in die Flugzeugzelle ergeben sich, abhängig von der
Einlauf- und Schubdüsenauslegung und deren Integration mit der Zelle Auswirkungen
auf die installierten Schübe und auf die Brennstoffverbräuche des Triebwerks, die im all-
gemeinen bei der Flugleistungsrechnung dem Triebwerk zur Last gelegt werden. Sie soll-
ten bei der Optimierung des Arbeitsprozesses berücksichtigt werden.
Die vom Hersteller der Flugzeug-Zelle spezifizierten Luft- und Leistungsentnah-
men sind in der Regel bekannt und können bei einer Optimierung des Arbeitsprozesses
berücksichtigt werden. Im Laufe der Entwicklung eines Triebwerks auftretende Abwei-
chungen von diesen Auslegungszuständen sind zudem mit Syntheserechnungen wie
[GasTurb] gut simulierbar und in ihrer Wirkung abzuschätzen. In Kap. 7 wird bei der
Darstellung der numerischen Leistungs-Syntheserechnung darauf genauer eingegangen.
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 149

Turbojet TJ ohne Nachbrenner AB


100 Höhe 0 m
SFC [kg/daN h]

1,
FN

1,

55
[%] 1,

50
4 3000
FN DS 0

1,
1,10

1,2
1,2

30
5
6000

0
Nettschub rel.

9000
H
50 11000
12000

15000

18000

0
0 1,0 2,0
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 2.5-6 Schub- und Verbrauchskennfeld (relativiert) eines Turbojet-Triebwerks TJ ohne


Nachbrennerbetrieb. Berechnung nach [Mün72K, Ric82, Hag82B] mit Syntheseprogramm [Gas-
Turb], (Kap. 7)

Es wird sich dabei zeigen, dass das Betriebsverhalten eines Turbojet-Triebwerkes bei
variablen Betriebsbedingungen im Teillastbetrieb ausgehend vom Auslegungspunkt A
bzw. DS mit numerischen Triebwerks-Synheseprogrammen GTSSD iterativ gut bestim-
men lässt. Dabei können zum Beispiel die charakteristischen Leistungs- und Schubkenn-
felder mit Hilfe numerischer Iterationstechnik für beliebige Arbeitsprozesse abhängig
von der Flugmission umfassend erstellt werden. Dazu werden in Kap. 7 ausführlich
numerische Verfahren zur Bestimmung der Triebwerkskennfelder erläutert und Bei-
spiele für typische Flugantriebe vorgestellt. Aus diesen Syntheserechnungen wird vorab
aus Kap. 7 hier in Abb. 2.5-6 das Schub- und Verbrauchskennfeld eines Turbojet TJ
ermittelt mit dem Syntheseprogramm [GasTurb] gezeigt.
Der charakteristische Schubverlauf eines Turbojet-Triebwerkes wurde in dieser Darstel-
lung bezogen auf den Nettoschub des Auslegungspunktes DS (design point) im Standfall
(ISA, SL) aufgetragen in Abhängigkeit von der Flug-Mach-Zahl M0 mit den Werten des
spezifischen Brennstoffverbrauchs SFCF bei den erreichbaren Flughöhen H0 bis zu 18 km.
Bei kleinen Fluggeschwindigkeiten c0 hat eine Schubkurve wegen des Ansteigens des
Eintrittsimpulses und des noch geringen Einfluss des Vorstaues eine abfallende Ten-
denz. Mit größer werdender Fluggeschwindigkeit wirkt sich der Luftaufstau stärker
aus, die Dichte der vom Triebwerk aufgenommenen Luft wächst merklich und führt zu
einer Durchsatz- und damit Schubsteigerung. Bei sehr großen Flug-Mach-Zahlen steigt
jedoch das Temperaturniveau im Verdichter derart an, dass bei konstant zu haltender
150 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Brennkammer-Austrittstemperatur Tt4 die Temperaturdifferenz ΔTB = Tt4 − Tt3 schnell


kleiner wird. Die pro Masseneinheit zuführbare Verbrennungsenergie verringert sich und
der Schub fällt wieder ab. Hinzu kommt, dass auch die Flugwiderstände bzw. die ungünsti-
gen Verdichtungsstoßverluste im Lufteinlauf stärkeren Einfluss auf den Schub haben kön-
nen. Der Betriebszustand eines Turbojet-Triebwerkes sollte also nicht zu weit im Bereich
rechts vom Schubmaximum liegen, da ab diesem Maximum und hohen Flug-Mach-Zah-
len z. B. Ramjet- oder Kombinationstriebwerke vorteilhafter eingesetzt werden können
(Abschn. 2.5.3).
Die Tendenz der Parameter des spezifischen Brennstoffverbrauches SFCF im Schub-
diagramm zeigt, dass mit steigender Flug-Mach-Zahl M0 der SFC zunimmt, was jedoch
keine Wirkungsgradverschlechterung bedeutet, da der Brennstoffverbrauch auf den
Schub bezogen ist und nicht auf die Schubleistung. Das Abknicken der SFC-Kurven bei
H0 = 11 km ist durch den Temperaturverlauf der Atmosphäre bedingt, der ebenfalls
bei 11 km einen Knick aufweist. Der höhenbedingte Reynolds-Zahl- und Druckeinfluss
verursacht ein Abfallen des Brennkammer-Wirkungsgrades in großen Flughöhen und
damit ein Abbiegen der Verbrauchskurven.
Das stabile Funktionieren einer Triebwerksbrennkammer wird u. a. wesentlich von
dem Brennkammerdruckniveau bestimmt. Bei großen Flughöhen bestimmt damit der
Druck die untere Grenze im Schubkennfeld. Die linke Grenze des Diagramms ist durch
das Flugzeug selbst gegeben, da in diesem Bereich kein aerodynamischer Flug mehr mög-
lich ist. Die Grenzkurve rechts ist durch die Bauteilfestigkeit, also technologisch bedingt.

2.5.2 Einstrom-Turbojet mit Nachbrenner

Soll der Schub eines einfachen Einstrom-Turbojet-Triebwerkes TJ, wie es in


Abschn. 2.5.1 gezeigt wurde, wesentlich gesteigert werden, so kann dies durch eine Wie-
dererhitzung RH (reheat) der die Turbine verlassenden, teilentspannten Heißgase im
Nachbrenner AB (afterburner) geschehen. Die Verbrennung kann infolge der Erhöhung
der Düsen-Austrittsgeschwindigkeit c8 bzw. c9 bei konstantem Triebwerksdurchsatz zu
Schubsteigerungen von 50 % und mehr beim Start und zu mehreren 100 % bei großen
Fluggeschwindigkeiten führen. Diese Energieerhöhung im Nachbrenner ist nicht zu ver-
wechseln mit der unerwünschten Nachverbrennung eines Brennstoff-Luft-Gemisches
nach der Primärbrennkammer des Triebwerks während der Expansion in der Turbine
oder im Abströmkanal, wie es zum Beispiel durch ein zu geringes Druckniveau beim
Höhenflug auftreten kann. Abbildung 2.5-7 zeigt dazu schematisch den Arbeitsprozess
eines Turbojet-Triebwerks mit Nachbrenner TJA. In Abb. 2.5-8 ist neben einem sche-
matischen Triebwerksschnittbild eines der erfolgreichsten, klassischen Triebwerke
(SNECMA-ATAR-9K) ein
Diagramm über den Zustandsverlauf wichtiger Strömungsgrößen im Triebwerk dar-
gestellt (s. a. Abb. 1.6-3). In ähnlicher Bauweise wie das ATAR-9K wurde z. B. auch das
GE-Triebwerke J79 entwickelt und in sehr großer Stückzahl gebaut und geflogen.
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 151

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

pt7 pt9
Tt7 7 9 Tt9

C-D-Düse
Nachbrenner
QAB c 92
2
p9

pt4 p0
Tt4 4

T
Brennkammer 5 6
QB

pt3
h Tt3 3
Verdichter
Einlauf 0 2
c 02
T0 p0
2
s

Abb. 2.5-7  Einstrom-Turbojet-Triebwerk TJA mit Wiedererhitzung RH bzw. Nachbrenner AB


und dem Arbeitsprozess (schematisch) im h-s-Diagramm für den Flugfall mit M0 > M2 ≈ 0,5
sowie bei unvollständiger Entspannung der Heißgase in der Schubdüse. Darstellung nach
[GasTurb]

Das schubstärkste Einwellen-Turbojet dieser Bauweise, das GE-4 wurde in den 1960er
entwickelte und war für das Mach-3+-Überschall-Verkehrsflugzeugs Boeing SST ausge-
legt mit einem Standschub von nahe 250 kN (Abb. 8.5-1 und 8.5-2). Die Entwicklung
dieses Projektes wurde nach dem Flugzeug-Roll-Out wegen zu hoher Umweltbelastun-
gen und ungenügenden ökonomischen Werten um 1972 aufgegeben.
Beim TJA werden die für eine weitere Verbrennung noch genügend Sauerstoff ent-
haltenden Heißgase hinter der Turbine von einer Mach-Zahl M5 ≈ 0,4 bis 0,65 in einem
Diffusor auf eine Geschwindigkeit entsprechend M6 ≈ 0,2 bis 0,3 verzögert, damit eine
einwandfreie Verbrennung im Nachbrennerrohr möglich ist. Zur Stabilisierung der
Flammen im anschließenden zylindrischen Flammrohr ist nach dem Diffusor ein Flam-
menhalter notwendig. Vor dem Flammenhalter liegt das Brennstoff-Einspritzsystem.
152 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbojet mit Nachbrenner TJA ATAR-9K SNECMA EIS 1955


FN=70,6 kN
Π=6,2
Verdichter CBrennkammer B Nachbrenner AB Tt4=1200 K
mB Turbine T m AB C-D-Düse

2 3 4 5 6 7 8/9
Druck Temp. Geschwindigkeit
pt [bar] Tt [K] [m/sec]
10 2000 1000

8 1600 200 Temperatur Tt

6 1200 200
Druck pt
4 800 200 Geschwindigkeit c
2 400 200

0 0 0
2 3 4 5 6 7 8/9

ATAR-9K SNECMA

Turbojet mit Nachbrenner TJA

Abb. 2.5-8 Turbojet-Triebwerk TJA mit Nachbrenner AB. Verlauf der Totalzustandsgrößen


Druck pt und Temperatur Tt sowie der Geschwindigkeit c im Strömungskanal. Beispiel eines
erfolgreichen, historischen M2+-Triebwerks ATAR 9K (SNECMA, EIS 1955). Darstellung nach
Fa. SNECMA S.A.
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 153

1,0 Totaldruck-
M7 verluste
0,9 Eintritts- ∆pt t7 p t 61 p
Machzahl p t 61 p t 61
Austritts-Machzahl 0,8 M61 12%
11%

0
0,7

0,5
10%

40
0,
40 9%
0,6 0,
5 8%
0,3
7%
0,5
0,30 6%
5%
0,4
0,25 4%
3%
0,3 2% 0,20
1%

0,2
1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4
Totaltemperaturverhältnis Tt7/Tt61

Abb. 2.5-9  Strömungskennfeld für ein Nachbrenner-Rohr konstanten Querschnittes mit Aufhei-


zung (Rayleigh-Linie) analog zu Abb. 2.1-11

Bis zum Beginn der Wärmezufuhr in der Flammenfront (Ebene 61) nach dem Brenn-
schirm bleibt die Gesamtenthalpie der Strömung konstant (ht61 = ht6 = ht5). Die Ver-
luste im Diffusorkanal (Ebene 5–6) und am Brennschirm (6–61), gekennzeichnet durch
einen Gesamtdruckabfall, betragen etwa 1 bis 3 % des jeweiligen Eintrittsdruckes pt5 bzw.
pt6. Die Wärmezufuhr in dem annähernd zylindrischen Nachbrennerrohr (Ebene 61-7)
wird analog der bereits erwähnten Energiezufuhr in der Primärbrennkammer des Tur-
bojet-Triebwerkes berechnet (Kap. 5).
Bei vorliegender Nachbrenner-Endtemperatur Tt7 kann über eine Energiestrombilanz
das Brennstoff-Luft-Verhältnis FARAB = ṁBAB /ṁ61 und damit der benötigte Brenn-
stoffmassenstrom ṁBABbestimmt werden. Es ist zu beachten, dass im Unterschied zur
Primärbrennkammer nicht Luft, sondern ein Heißgasgemisch für die Verbrennung zur
Verfügung steht und dass der Ausbrand bei etwa ηB AB = 0,85 bis 0,98 liegt.
Bei dieser Wärmezufuhr im Nachbrennerrohr wie es in Abschn. 2.1.3 beschrieben
wurde (Rayleigh-Linie) ergeben sich strömungsmechanische Reibungs- und Turbu-
lenzverluste und damit entsprechende Totaldruckverluste Δpt,Ström = (pt61−pt7)/pt7
im Bereich von 1 bis 4 % (Abb. 2.5-9). Hinzu kommen die Gesamtdruckverluste ther-
mischer Art ΔptAB,Therm, die durch die Aufheizung eines reibungsfrei angenommenen,
strömenden Mediums im Nachbrennerrohr zustande kommen. Diese Druckverluste
sowie die weiteren Zustandsgrößen, Geschwindigkeiten und Mach-Zahlen lassen sich
154 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

7,0
FN AB
FN 6,0
OPR= 5
Tt4 = 1200 K
Schubsteigerung
5,0
H0 = 11 km ,2 5
4,0 =2 00
/ T t61 2,
T t7 5
3,0 1 ,7
0
1, 5
2,0 1,25

1,0
2,0
SFC AB OPR = 5
SFC Tt4 = 1200 K
Tt7 /
Tt6
= 2,
H0 = 11 km
Brennstoffverbrauch

1
25
1,5 2,00
spezifisch rel.

1,75
1,50
1,25

1,0
1,0 1,5 2,0 2,5 3,0
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 2.5-10  Einfluss der Flug-Mach-Zahl M0 und des Nachbrenner-Temperaturverhältnisses Tt7/


Tt61 auf die Schuberhöhung (Bild oben) und das Ansteigen des spezifischen Brennstoffverbrauches
SFC (Bild unten) bei konstanten Werten OPR = 5, TET = 1200 K und Höhe = 11 km

nach den allgemeinen thermogasdynamischen Beziehungen für die Wärmezufuhr in


einem Kanal bestimmen.
Abbildung 2.5-9 zeigt analog zu Abb. 2.1-11 das Strömungskennfeld für ein Nachbrenner-
rohr, in dem die Ein- und -Austritts-Mach-Zahlen M61 und M7 sowie der Gesamtdruckverlust
als Funktion des Nachbrenner-Temperaturverhältnisses Tt7/Tt61, aufgetragen sind. Deutlich ist
der erhebliche Einfluss der Mach-Zahlen auf den Druckverlust zu erkennen.
Wird am Flammrohr-Austritt durch die Aufheizung eine Strömungs-Mach-Zahl
M7 ≈ 1 erreicht, so tritt „thermische Verstopfung“ ein. Die Massenstromdichte erreicht
ihren Grenzwert. Bei weiterer Wärmezufuhr würden störende Rückwirkungen auf die
vorgeschalteten Triebwerks-Komponenten die Folge sein, da dies eine Massenstrom-
drosselung für das gesamte Triebwerk bedeuten würde.
Den Einfluss der Flug-Mach-Zahl M0 und des Nachbrenner-Temperaturverhältnisses
Tt7/Tt61 auf die Schuberhöhung FNAB/FN und das Anwachsen des spezifischen Brenn-
stoffverbrauches SFCAB/SFC zeigt die Darstellung in Abb. 2.5-10.
In Abb. 2.5-11 ist für den Standfall das Schubverhältnis FNAB/FN als Funktion der
Nachbrenner-Eintritts-Mach-Zahl und der Aufheizung gemäß Tt7/Tt61 aufgetragen. Die
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 155

1,4
Eintritts-
FNAB/FN
Mach-Zahl M61 0,20
0,25

Nettoschub-Verhältnis
1,3
0,30

0,35
1,2

0,40 nt
sta itt
n tr
1,1 ko us
tr e n-A
we ine
0,50 nz rb
re T u
G
am
1,0
1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4
Gesamttemperatur-Verhältnis Tt7/Tt61

Abb. 2.5-11  Schubverhältnis eines Turbojet-Triebwerks TJA mit Nachbrenner abhängig vom


Gesamttemperatur-Verhältniss und von der Eintritts-Mach-Zahl M61 für den Standfall

Eintritts-Mach-Zahlen sollten nicht zu hoch sein, da die Standschuberhöhung durch drei


Grenzen beschränkt werden kann. Bei M61 = 0,5 bringt für das gezeigte Beispiel ein Tem-
peraturanstieg von über 30 % bereits wieder eine Reduzierung der Schubsteigerung. Trotz
Erreichung der stöchiometrischen Verbrennung (Höchstwert von Tt7) bei M61 ≈ 0,3 begren-
zen die Druckverluste die Schuberhöhung. Erst Machzahlen von M61 ≈ 0,2 ergeben gute
Schubwerte.
Turbojet-Triebwerke mit Nachbrenner TJA lassen sich gut an die jeweilige Flugaufgabe
wie Start, Steig- oder Unterschall und Überschall-Fluggeschwindigkeiten anpassen. Allerdings
erfordert dies auch eine Anpassung der Schubdüsenfläche an den jeweiligen Betriebszustand.
Die Schubdüsenregelung kann dabei im einfachsten Fall durch eine Zweistellungs-
düse erfolgen oder bei vielfältigeren Anforderungen eine kontinuierliche Verstellmög-
lichkeit erfordern (Kap. 6).
Die Änderung und damit die Regelung der Ausströmflächen hier bei einer Kon-
vergent-Düse mit A8 beziehungsweise mit A8 AB für den Betrieb ohne oder mit Nach-
brenner kann bei jeweils konstant angenommenem Triebwerksdurchsatz über die
Kontinuitätsgleichung und das Verhältnis der jeweiligen Enthalpiedifferenzen in der
Düse die Werte für c28 /2 bzw. c28AB /2 berechnet werden. In erster Näherung ergibt sich,
dass die Düsen-Austrittsfläche A8 proportional etwa c28 /2 zu regeln ist.
Das Schubkennfeld für Volllastbetrieb des Turbojet mit Nachbrenner von Abb. 2.5-8 ist
in Abb. 2.5-12 relativ dargestellt bezogen auf den Vollschub bei SL ohne Nachbrenner. Das
Kennfeld zeigt deutlich die erhebliche Schubsteigerung im Nachbrennerbetrieb gegenüber
156 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbojet TJA mit Nachbrenner AB


Schubsteigerung
FN AB
Höhe 0 m
FN 0/0
SFC [kg/daNh] 2,50 3000 m
200
2,45
6000 m
% 2,40
Schubsteigerung mit Nachbrenner AB

2,35
9000 m
150
2,30

2,25 11000 m
2,20
12000 m
100

2,15
15000 m
50
2,15 18000 m

0
0 1,0 2,0 3,0
Mach-Zahl M0

Abb. 2.5-12  Schubkennfeld (relativiert) eines Turbojet-Triebwerk TJA mit Nachbrennerbetrieb.


Schubsteigerung prozentual bezogen auf den Schub (SL) ohne Nachbrenner AB

dem Betrieb ohne Nachbrenner (Abb. 2.5-6) allerdings bei entsprechend hohem Brenn-
stoffverbrauch. Dieses Betriebsverhalten bei verschiedenen Betriebsbedingungen wurde
wie für das Kennfeld in Abb. 2.5-6 mit dem numerischen Triebwerks-Syntheseprogramm
nach [GasTurb] bestimmt, wie dies in Kap. 7 demonstriert wird.

2.5.3 Ramjet- und Scramjet-Triebwerke

Das Ramjet-Triebwerk RJ (ramjet) auch Staustrahl-Triebwerk (oder früher Staustrahl-


rohr oder Staurohr genannt) ist von seinem Aufbau her gesehen die einfachste Form eines
Luftstrahltriebwerkes. Es wird, wie Abb. 2.5-13 zeigt, von einem meist axialsymmetrischen
Strömungskanal gebildet, der aus dem Einlauf-Diffusor E ähnlich dem beim Turboluft-
strahl-Triebwerk, dem Brennraum B mit Brennstoffsprühdüsen und Flammenhaltern
ähnlich denen im Nachbrennerrohr des Turbojet sowie der Ausström- bzw. Schubdüse
N besteht. Im Gegensatz zum Turbojet-Triebwerk mit Nachbrenner TJA hat das Ramjet-
Triebwerk keine umlaufenden Bauteile, wie Verdichter- und Turbinen-Rotoren. Die dem
Triebwerkseinlauf mit der Fluggeschwindigkeit c0 zuströmende Luft wird in einem Über-
schalldiffusor aufgestaut, in der Brennkammer bis zur Totaltemperatur Tt7 aufgeheizt und
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 157

Einlauf-Diffusor E Brennkammer B Schubdüse N


M0 M0 >1 M2 < 1 M6<1 M6<M7<1 M9>1
c0

0 1 2/6 7 8 9
Unterschall-
M p t, p T t, T verbrennung
[bar] [K] pt
Tt
4 4 2000

M T
3 3 1500
pt
pt
2 2 1000 p
Tt Tt M
1 1 500 T
T M p
0 0 0 p

Abb. 2.5-13 Ramjet-Triebwerk RJ (schematisch) mit Unterschallverbrennung. Darstellung für


Flug-Mach-Zahl M0 = 3 und Flughöhe H0 = 15 km. Verlauf von Mach-Zahl M, Druck pt und p
sowie Temperatur Tt und T

abschließend in der Konvergent- oder Konvergent-Divergent-Schubdüse (C-D-Düse)


durch Entspannung auf die Triebwerks-Austrittsgeschwindigkeit c9 > c0 beschleunigt. Der
so erzielte Impulsgewinn ergibt den Schub F.
Für Start und auch kleine Fluggeschwindigkeiten ist das Ramjet-Triebwerk des zu
geringen Luftaufstaues wegen nicht betriebsfähig und muss deshalb durch andere Flug-
antriebe, wie zum Beispiel Turbojet-Triebwerke oder auch Raketen, auf eine minimale
Fluggeschwindigkeit gebracht werden, ab der es dann einen Eigenschub liefert. Mit
steigender Flug-Mach-Zahl M0 und damit steigendem Luftaufstau im Einlauf-Diffusor
wächst der Schub. Gleichzeitig erhöht sich der Vortriebswirkungsgrad. Ab M0 ≈ 3,5
ist die Wirtschaftlichkeit des Ramjet so gut, dass es den meisten Turbostrahlantrieben
gleichkommt oder ihnen gar überlegen ist. Der vorteilhafte Flugbereich des Ramjet-
Triebwerks mit Unterschallverbrennung liegt bei Flug-Mach-Zahlen zwischen M0 ≈ 3
und ≈ 6.
Der Basis-Arbeitsprozess wie er in Abb. 2.5-14 zu sehen ist, besteht aus der adiabaten
Verdichtung im Einlauf-Diffusor von der Strömungsebene 0 bis zur Einlaufaustrittse-
bene 2 bzw. zum Brennraumeintritt 6, der meist isobaren Wärmezufuhr bis zur Ebene 7
und der anschließenden adiabaten Entspannung und Strömungsbeschleunigung bis zur
Triebwerksaustrittsfläche 9. Dieser Arbeitsprozess entspricht thermodynamisch gesehen
dem des Turbojet-Triebwerkes TJ.
Neben den bereits bekannten thermogasdynamischen Berechnungen der Einlauf-
und Düsenströmung können die Strömungszustände in der Brennkammer wie z. B. die
158 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

pt7 pt9
Tt7 Tt9
c 72
T7 2

qB c 92
2

p9
T9

Tt0 Tt2 0 2
pt2 c 22
h c 02 p2 T2
2
2
T0
p0

Abb. 2.5-14  Arbeitsprozess im h-s-Diagramm eines Ramjet-Triebwerks RJ mit Unterschallver-


brennung schematisch dargestellt für den Überschallflug

des Nachbrenners von Turboluftstrahl-Triebwerken, bestimmt werden. Die Theorie der


Wärmezufuhr in einem durchströmten Rohr bildet also auch hier einen wesentlichen
Teil der Berechnungsgrundlagen.
Der Anwendungsbereich der Ramjet-Triebwerke ist hauptsächlich begrenzt durch die
Minimalfluggeschwindigkeit c0,min (zu geringer Eigenschub), durch die Luftdichte der
Erdatmosphäre beim Höhenflug (abnehmender Flugstaudruck bzw. Luftdichte ρ0), die
mechanische und temperaturbedingte Materialbeanspruchung im Triebwerk bei niedrigen
Flughöhen und großer Luftaufheizung durch den Staudruck und die Stautemperatur sowie
die aerodynamische Erhitzung z. B. durch die Reibung an der Triebwerksoberfläche. Die
großen Temperaturbelastungen können durch Wärmeabstrahlung nach außen und durch
besondere Kühlmaßnahmen vermindert werden. Die wachsenden Anforderungen bei stei-
genden Über- bis Hyperschallflug-Mach-Zahlen lassen es angebracht erscheinen, dieses
Luftstrahltriebwerk getrennt für den supersonischen und hypersonischen Flug zu behandeln.

Supersonische Ramjet-Triebwerke Das in Abb. 2.5-13 schematisch gezeigte Ramjet-


Triebwerk mit Unterschallverbrennung und der Arbeitsprozess hierzu in Abb. 2.5-14
betreffen Triebwerke für supersonische Flug-Mach-Zahlen um M0 ≈ 2 bis 6.
Der Schub dieses Antriebes steigt mit wachsendem M0 rasch an und zwar steiler
als beim Turbojet-Triebwerk, erreicht ein Maximum und fällt wieder ab. Die maxi-
malen Schubwerte verschieben sich bei größer werdenden Temperaturen zu höheren
Flug-Mach-Zahlen.
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 159

Abb. 2.5-15  Kennfeld bzw. FN 5,5


Auslegungs-Schubdiagramm Ramjet ,0 3,5
(AB p0) 5,0 =4
eines Ramjet-Triebwerks RJ M0=2,5 /3T 2
T
H0=11000 m
dimensionslos in Ähnlichkeits- 3,0
4,5 pt2 / pt0=const.

Nettoschub spez.
Darstellung
2-Stoß-Einlauf 6
4,0 2,
A 2,5
3,5 5
2, 2 ,4
3,0
2,0
2,5 2, 3

2,0
2, 4
h
2,5 g/da
N
1,5 ,6 k
)=2
m
1,5
11 k
/ T t2,
(T t2
1,0 /
SFC

0,30

,40
0,35
0,25
0,5

2t 0
0,20

M =
0,0 0,15
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
Flächenverhältnis A9/AB

Das Triebwerkskennfeld für eine bestimmte Flug-Mach-Zahl M0 und Flughöhe H0


kann zum Beispiel für den flächenspezifischen Schub FN/AB in Abhängigkeit vom Flächen-
verhältnis A9/AB mit den Parametern Brennkammer-Eintrittsgeschwindigkeit c2, Auf-
heiztemperatur Tt7 und schubspezifischem Brennstoffverbrauch SFCF dargestellt werden,
wobei die Bezugsfläche AB die Brennraum-Querschnittsfläche bedeutet. Neben der kons-
tanten Mach-Zahl M0 und Flughöhe H0 wird hier noch als Bedingung u. a. ein konstantes
Einlauf-Druckverhältnis pt2/pt0 angenommen. Soll die Darstellung gemäß Abb. 2.5-15, das
zunächst eine Vielzahl möglicher Auslegungen wiedergibt, zu einem allgemeinen, ähnlich-
keitsgrechten Triebwerkskennfeld werden, dann muss außer einer Verstellschubdüse auch
ein Verstelleinlauf mit durchsatzunabhängigem Druckrückgewinnfaktor vorhanden sein.
Die Schubvariation eines Ramjet-Triebwerkes kann durch eine Änderung der Auf-
heiztemperatur Tt7 oder des Massendurchsatzes ṁ erfolgen. Ein bestimmter Schub wird
somit bei hohem ṁ und relativ kleinem Tt7-Wert oder durch Umkehrung der Werte
erreicht. Stets wird jedoch zu versuchen sein, möglichst im Gebiet optimaler Wirkungs-
grade, das heißt minimaler spezifischer Brennstoffverbräuche SFC, zu arbeiten. Mit
verstellbarem Einlauf und regelbarer Schubdüse können verschiedene Punkte im Kenn-
feld eingestellt werden. Aus Gründen der Stabilität der Verbrennung und der Regelung
ist nach dem Brennraum eine gewisse Querschnittsverengung angebracht. Werte von
Amin/AB < ≈ 0,8 sind zweckmäßig.
Wird ein Ramjet-Triebwerk zur Erzielung besserer Leistungen und Wirkungsgrade
mit einer Konvergent-Divergent-Düse (C-D-Düse, Laval-Düse) ausgerüstet und ist
die Einschnürung Amin/AB nicht zu stark, dann kann die Austrittsfläche A9 größer
160 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

als der Brennraumquerschnitt AB sein. Dies zieht eine divergente Außenkontur des
Triebwerks nach sich, die sich aber auf die gesamte Schubbilanz nicht ungünstig aus-
wirken muss, da der Flugkörper selbst eine nach rückwärts schlank auslaufende Form
haben kann.
Für die Darstellung eines Auslegungsdiagrammes nach Abb. 2.5-15 in Ähnlich-
keitskenngrößen wird der Schub nach Abschn. 2.4.2 meist auf den Umgebungsdruck
p0 und ebenfalls auf die Brennraumquerschnittsfläche AB bezogen, also FN/(AB p0).
Der Abszissenmaßstab A9/AB stellt bereits einen Verhältniswert dar. Die Verbren-
nungstemperatur Tt7 wird wie beim Turbojet-Triebwerk auf die Einlauf-Totaltem-
peratur Tt2 bezogen. Die Geschwindigkeit c2 bezogen auf eine Schallgeschwindigkeit
gebildet mit der Gesamttemperatur Tt2 ergibt eine Mach-Zahl mit Totalzustandsgrößen

M2 t = c2 / κ R Tt2 als Diagrammparameter. Für den spezifischen Brennstoffverbrauch

wird die schon beim Turboluftstrahl-Triebwerk benutzte Form SFCF / Tt2 verwendet.
Wie für den Druck gilt auch hier analog, dass sowohl auf die Temperatur vor der Ver-
brennung Tt2, als auch auf die mit der Stau- oder Umgebungstemperatur (zum Beispiel
T0 = 216,5 K
 fürH0 = 11 km) dimensionslos gemachten Werte bezogen werden kann,

also SFCF / Tt2 Tt2,11km oder SFCF / Tt2 /T0 .

Hypersonische Ramjet-Triebwerke Für die allgemeine Luftfahrt und insbesondere


für die Raumfahrt ist die Erweiterung des Flugbereichs in den hohen Überschall- bzw.
den Hyperschallflug (M0 etwa >5) vorgesehen, wie es in Abschn. 1.1 (Abb. 1.1-1) und in
Abschn. 8.4 (Abb. 8.4-1) dargestellt wird.
Die Entwicklung geeigneter Fluggeräte für diese Geschwindigkeiten erfordert den
Flugzeugen angepasste Antriebe, so dass die integrierte Einheit von Zelle und Triebwerk
zu einem wirtschaftlichen Flugsystem führt (Kap. 8).
Konventionelle Raketentriebwerke würden als Antriebe von NutzlastRaumtrans-
portern zwischen Erde und Satellitenbahnen einen sehr hohen Treibstoffanteil aus
Brennstoff und Oxydator der Gesamtstartmasse erfordern, wobei allein der Anteil
des Sauerstoffs bei nahezu 70 % liegt. Es ist also sinnvoll, als Antriebe für Erststufen
von Raumtransportern luftatmende, das heißt Sauerstoff der Atmosphäre aufneh-
mende Triebwerke in Betracht zu ziehen. In Abb. 2.5-16 wird allgemein ein Überblick
zur Leistungsfähigkeit von Luft atmenden Antrieben aller Kategorien gegeben, indem
der spezifische Impuls Is = (F/Ġ) in [s] (Abschn. 2.4, Gl. 2.4-8) der Triebwerke über
der Flug-Mach-Zahl M0 aufgetragen wurde. Die Mach-Zahl-Bereiche für Ramjet- und
Scramjet-Triebwerke RJ und SCRJ erstrecken sich von etwa M0 = 2 bis weit über 10.
Vereinfachte Arbeitsprozess-Parameterstudien zum Ramjet-Triebwerk nach
Abb. 2.5-13 und 2.5-14 für den Über- und Hyperschallflug ergeben bereits aufschluss-
reiche qualitative Hinweise auf die Anwendbarkeit der Ramjet-Antriebe mit Unter-
schallverbrennung.Ergänzend zum Arbeitsprozess für das Ramjet-Triebwerk mit
Unterschallverbrennung RJ nach Abb. 2.5-16 wird in Abb. 2.5-17 dazu der entspre-
chende Arbeitsprozess im h-s-Diagramm für hohe Flug-Mach-Zahlen über etwa M0 > 5
hinaus schematisch dargestellt.
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 161

M0
MB<1 MN>1

0 1 2/6 7 8 9

9
Ramjet RJ 9
7
.
Unterschallverbrennung
Unterschall-Verbrennung QB
c2 
 9 
2 
 c 2   gleit.
 9

0 2/6  c 2   2 
 9
 
c 22  2 eingefr.
2
p9
c 02
2
h

p0

Abb. 2.5-16  Ramjet-Triebwerk RJ mit Unterschallverbrennung. Arbeitsprozess schematisch im


h-s-Diagramm für M0 ≫ 1 und M2 < 1

M0
M9>>1
MB>1

0 1 2/6 7/8 9

7 9
Scramjet SCRJ .
c 72
Überschall-Verbrennung
Überschallverbrennung QB
2
c 92
2
0 2/6
c 22
2 p9
c 02
2
h

p0

Abb. 2.5-17  Ramjet-Triebwerk mit Überschallverbrennung SCRJ (scramjet), Arbeitsprozess für


M0 ≫ 1; M2 > 1
162 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Dem Arbeitsprozess mit Unterschallverbrennung steht hier der Arbeitsprozess eines


Ramjet-Triebwerks mit Überschallverbrennung, dem Scramjet-Triebwerk SCRJ
(supersonic combustion ramjet), in Abb. 2.5-17 gegenüber.
Werden die Auslegungen für das Ramjet- und Scramjet-Triebwerk im Bereich der
Mach-Zahlen von M0 ≈ 2 bis 3 mit den Auslegungen von M0 ≈ 6 bis 8 für die entspre-
chenden Höhen im Flugkorridor von H0 ≈ 10 bis 20 km bzw. H0 > 30 km verglichen, so
zeigen sich bereits wesentliche Tendenzen in der technologischen Belastung der Trieb-
werke und den damit verbundenen Schwierigkeiten (Abb. 1.1-1a, 8.4-1).
Bei den hypersonischen Ramjet-Triebwerken mit Unterschallverbrennung treten mit
steigender Flug-Mach-Zahl durch das hohe Temperaturniveau im Brennraumbereich
schwerwiegende konstruktive und thermodynamische Probleme auf. Liegen die Aufstau-
bzw. Totaltemperaturen bei geringeren Flug-Mach-Zahlen unterhalb 1000 K, so steigen
sie im Hyperschallflug schnell auf Werte über 2000 K.
Die weitere Temperatursteigerung durch Verbrennung wird demnach durch die
auftretende Dissoziation der Luft- bzw. Heißgasbestandteile immer geringer und im
Temperaturbereich über etwa 3500 K wird bei den in Frage kommenden Drücken die
Dissoziationsenergie gleich dem Heizwert des Brennstoffes, so dass eine Temperaturer-
höhung durch Verbrennung nicht mehr möglich ist. Dies verschlechtert den thermody-
namischen Prozess.
Da während der Entspannung der Heißgase in der Schubdüse die statische Tempera-
tur ständig sinkt, könnte in Abhängigkeit von der Temperatur die gebundene Dissozia-
tionsenergie für die Beschleunigung des expandierenden Gases wieder nutzbar werden.
Voraussetzung wäre hierfür ein dem jeweiligen chemischen Gleichgewicht entspre-
chendes sofortiges Rekombinieren der dissoziert vorliegenden Molekülbestandteile. Die
Strömungsgeschwindigkeiten in der Schubdüse von weit über 1000 m/s erlauben jedoch
in der Düse nur Aufenthaltszeiten der Gasbestandteile in der Größenordnung von Mil-
lisekunden, so dass eine vollständige Einstellung des chemischen Gleichgewichts nicht
gewährleistet ist und die freiwerdende Rekombinationswärme teilweise dem Triebwerk
mit den Abgasen verlorengeht.
Da über die Dissoziations- bzw. die Rekombinationsvorgänge bei hohen Strömungs-
geschwindigkeiten für eine exakte numerische Bestimmung ungenügende Kenntnis
vorliegt, können die hier angestellten Parameterstudien über Hyperschall-Ramjet-Trieb-
werke nur auf Abschätzungen beruhen. Es kann zum Beispiel vereinfacht einmal mit der
Annahme des sich stets sofort einstellenden chemischen Gleichgewichts der Fluide (glei-
tendes Gleichgewicht) gerechnet werden, zum andern mit dem ungünstigsten Fall ohne
eine Rekombination mit eingefrorenem Gleichgewicht.
Der in Abb. 2.5-16 dargestellte thermodynamische Arbeitsprozess des Ramjet-Trieb-
werks zeigt schematisch den Entspannungsprozess des Heißgases in der Schubdüse, aus
dem die angedeuteten Probleme und deren Auswirkungen auf die nutzbare Enthalpiedif-
ferenz gemäß der kinetischen Energie zu erkennen sind.
Gegenüber den Ramjet-Triebwerken mit Kerosen als Brennstoff kann von Ram-
jet-Triebwerken mit Wasserstoff als Brennstoff bezüglich der reaktionskinetischen
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 163

Eigenschaften ein günstigeres Betriebsverhalten erwartet werden. Darüber hinaus eignet


sich Wasserstoff gut als Kühlmittel bei den hochtemperaturbeanspruchten Triebwerks-
komponenten. Neben den auftretenden Temperaturproblemen ist weiterhin das Druck-
niveau eines Triebwerkes von entscheidender Bedeutung für die Konstruktion besonders
des Brennraumes eines Ramjet-Triebwerkes. Der Bereich des statischen Druckes ist für
eine stabile Verbrennung nach unten begrenzt von Drücken um etwa 0,1 bar und sollte
nach oben bei Werten nicht wesentlich höher als etwa 10 bar liegen. Wie in Abschn. 8.4,
auch Abb. 8.4-1 für Ramjet-Triebwerke mit Unterschallverbrennung zeigt, können des-
halb Flug-Mach-Zahlen bis lediglich etwa M0 ≈ 7 erreicht werden.
Um die bisher angesprochenen Schwierigkeiten bei Ramjet-Triebwerken mit
Unterschallverbrennung zu umgehen, erscheint es sinnvoll, besonders bei hohen
Flug-Mach-Zahlen, eine Energiezufuhr durch Verbrennung in Überschallströmungen
(M2 > 1, M7 > 1) in Betracht zu ziehen.

Ramjet-Triebwerke mit Überschallverbrennung (Scramjet). Das Ramjet-Triebwerk mit


Überschallverbrennung SCRJ (supersonic combustion ramjet) ist in seiner prinzipiellen Funk-
tionsweise dem Ramjet-Triebwerk mit Unterschallverbrennung RJ gleich. Im Abb. 2.5-17
wird schematisch der thermodynamische Arbeitsprozess eines solchen Antriebs gezeigt.
Die mit hoher Überschallgeschwindigkeit dem Einlauf zuströmende Luft wird in
einem Überschalldiffusor auf eine geringere Überschallgeschwindigkeit abgebremst
(M2 > 1). Nach der anschließenden Wärmezufuhr im Überschalluftstrom werden die
Heißgase auf eine angemessene Abströmgeschwindigkeit c9 in einer nur noch divergen-
ten Schubdüse beschleunigt. Das für die Wärmezufuhr beziehungsweise die Konstruktion
maßgebliche statische Temperatur- bzw. Druckniveau (T2 und T7 beziehungsweise p2
und p7) kann so für Flug-Mach-Zahlen M0 > 5 in erträglichen Grenzen gehalten werden.
Obwohl beim Ramjet-Triebwerk mit Überschallverbrennung die vom Einlaufdif-
fusor aufgenommene Luft in geringerem Maß als beim Überschall-Unterschall-Einlauf
verzögert wird, sind dennoch dessen Verluste erheblich. Wie bereits vereinfachte Aus-
legungsrechnungen zeigen, können kleine Änderungen der Einlaufgüte die gesamte
Antriebscharakteristik beeinflussen und damit den Nettoschub erheblich mindern.
Für die Energiezufuhr durch Überschallverbrennung kommen zwei Arten in Frage.
Dies ist einmal die Verbrennung in Überschalldiffusionsflammen, zum andern die durch
einen Verdichtungsstoß induzierte Verbrennung. In Abschn. 8.4 wird detaillierter auf
die möglichen Formen und die Problematik der Überschallverbrennung eingegangen.
Die thermogasdynamischen Grundlagen für den vereinfachten Fall der eindimensi-
onalen Berechnung einer Strömung mit Wärmezufuhr wurden bereits in Abschn. 2.1.3
dargestellt. Brennraumberechnungen nach diesen Grundgleichungen zeigen bereits, dass
neben der Verbrennung im Kanal konstanten Strömungsquerschnitts (RayleighLinie)
die Wärmezufuhr bei konstantem statischem Druck beziehungsweise konstanter Strö-
mungsgeschwindigkeit von besonderem Interesse sind. Bei geringeren Hyperschallflug-
Mach-Zahlen erscheint die Verbrennung bei konstantem Druck günstiger, bei höheren
Geschwindigkeiten die Verbrennung im Kanal konstanten Querschnitts. Je nach der
164 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Boeing X-43A
Hypersonic Test Drone Scramjet

Vorverdichtung

Scramjet

Rampen-Düse

CFD-Modellierung
Hyperschall-Scramjet in Betrieb
Flug-Mach-Zahl M0=7

Abb. 2.5-18  Beispiel eines Hyperschall-Fluggerätes mit Scramjet-Triebwerk SCRJ (NASA X43A)


[Kop00]. Darstellung nach NASA und Boeing Comp

Form der Brennraumgestaltung können weitere Arten der Wärmezufuhr, insbesondere


auch Kombinationen der verschiedenen Methoden, angebracht sein. Wichtige Randbe-
dingung in allen Fällen ist der Betriebszustand, bei dem eine thermische Verblockung
bzw. Verstopfung auftritt, da eine beliebige bzw. zu starke Querschnittserweiterung des
Brennraumes vom Triebwerksgesamtkonzept her nicht ausgeführt werden kann
Bei der praktischen Ausführung der Überschallverbrennung gleich welcher Art sind
schwierige Detailprobleme zu lösen, auf die in Abschn. 8.4 näher eingegangen wird.

Beispiele neuerer Scramjet-Projekte Ein angeblich erstmals erfolgreiches Ramjet-


Projekt mit Überschallverbrennung stellt das unbemannte Scramjet-Demonstrations-
Fluggerät „Boeing X-51A Waverider“ dar. Das X-51A ist das Nachfolgeprojekt des
NASA-X43-Programms und wird von Boeing, Pratt & Whitney Rocketdyne und der
DARPA entwickelt. Der geplante Flugbereich als Ramjet mit Überschallverbrennung
also als Scramjet liegt zwischen M0 = 4 bis M0 = 8 und ist für militärische Anwendun-
gen und künftige Raumtransporter-Projekte vorgesehen.
Mit dem Demonstrator X-43A (Abb. 2.5-18) wurden im Jahr 2004 Testflüge bis um
M0 = 7 durchgeführt, bei denen im Scramjet-Betrieb eine stabile Rekordbrennzeit von
etwa 12 sec erzielt wurde.
Der 3,6 m lange Flugkörper X-43A verbunden mit einer modifizierten Pegasus-Rakete
als Träger wurde von einem Boeing-Flugzeug B-52 in über 12000 m Höhe abgesetzt und
2.5  Turbojet- und Ramjet-Triebwerke 165

mit der Rakete auf eine Höhe von 30000 m gebracht, in welcher der Testflug absolviert
wurde. In Abb. 2.5-18 ist die NASA-Testflug-Drone im Flug zu sehen. Daneben wird
eine CFD-Modellrechnung des Scramjet-Triebwerks für Mach 7 gezeigt.
Fundierte Informationen aus den Testflügen zum Beispiel über einen definierbaren,
erreichten Nettoschub oder Triebwerks-Wirkungsgrade mit dem Waverider X-51A sind
bisher nachvollziehbar nicht bekannt.
Die Aktivitäten und bisherigen Ergebnisse zur Entwicklung von Ramjet- und beson-
ders von Scramjet-Triebwerken zeigen nach über 5 Jahrzehnten weltweit intensiver
Anstrengungen, dass diese Antriebstechnik für Flugkörper und besonders für ein- oder
zweistufige Hyperschall-Raumtransporter-Flugzeuge sich immer noch im praktischen
Betriebsverhalten als sehr komplex und sensibel erweist. Die Attraktivität dieser luftat-
menden Triebwerke ist jedoch sehr groß, sodass zumindest bei zukünftigen Kombina-
tions-Antriebssystemen die Scramjet-Technik erfolgreich Anwendung finden könnte
[Hol97, Kop00, Ric05, SFB05B, Fuh10].
Auslegungen von Hyperschallflugzeugen zeigen, dass eine Integration von Antrieb,
Rumpf und Flügel erhebliche Vorteile bieten kann [Kuc10]. Gemäß den aerodynamischen
Forderungen des Hyperschallfluges wurden in den vergangenen Jahrzehnten (Abb. 2.1-20)
Flugkörper entworfen, die zum Beispiel auf der Basis der bekannten Keil- oder Kegelüber-
schallströmung aufbauend, günstige dreidimensionale Hyperschallflugkörper ergeben.
Das Strömungsfeld dieser Flugzeuge enthält kombinierte Auf- und Vortrieb erzeu-
gende Gebiete, wobei die Energiezufuhr mit Ramjet- oder Scramjet-Triebwerken in halb-
offenen Rampendüsen stattfinden soll [Küc65, SFB05B, Kuc11B].
Im Abschn. 8.4 werden bei der Vorstellung von Über- und Hyperschall-Antriebssys-
temen über den Einsatz von Ramjet-Triebwerken bei Kombinationstriebwerken weitere
Informationen gegeben.
Als Beispiel eines kombinierten Turbojet-Ramjet-Triebwerks für Hyperschall-Flug-
zeuge wird in Abb. 2.1-20 der prinzipielle Aufbau eines mit dem Rumpf intgrierten
2-stufigen Antriebssystems vorgestellt [SFB05B, Kop00, Ric05]. An diesem Beispiel wird
auch deutlich, welche Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Nettoschubes im Rahmen
eines aufwendigen „Bookkeeping“ (Bilanzierung aller Kräfte und Momente am Flugge-
rät) von integrierten Triebwerken in einem Hyperschall-Flugzeug auftreten können.
Das Nettoschub-Kennfeld des Turbojet-Ramjet-Kombinations-Triebwerks der
genannten Auslegungsstudie in [SFB05B, Ric05] eines Raumtransporter-Hyperschall-
flugzeugs ist in Abb. 2.5-19 zu sehen.
In diesem Diagramm ist der maximale Nettoschub abhängig von der Flug-Mach-Zahl
bei konstantem Anstellwinkel des Flugzeugs von 6° dargestellt. Weiterhin sind typische
Vollast-Betriebspunkte während der Aufstiegs-Flugbahn bis zur Flughöhe von etwa 32 km
eingetragen. Besonders bemerkenswert ist die erhebliche Änderung des Winkels des Net-
toschub-Vektors. Damit verbunden können sich schwierige Aufgaben in der Flugmechanik
des gesamten Hyperschallflugzeuges ergeben. Dies kann besonders in Notsituationen auf-
treten, wenn zum Beispiel bereits bei kleineren Störungen im Triebwerksbetrieb große Aus-
wirkungen auf die Kräfte- und Momentenbilanz des Flugzeugs entstehen können [SFB05B].
166 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

500
FNet,max 20 km 22 km 24 km Anstellwinkel Flugzeug
Höhe=18 km konstant 6°
[kN] 26 km
400 10
90 00
Staudru 80 0 k kPa 28 km
ck q=7
0 kPa 70 0 k Pa
Nettoschub

0k P
300 Pa a
30 km
Staudruck q=30
200 kPa 32 km
34 km
36 km
100

18°
19°
38 km

20°
21°
Nettoschub-
23 °
24°
28°
27°
26°
25°

22°
Vektorwinkel β

4,0 5,0 6,0 7,0


Flug-Mach-Zahl M0
Festigkeitsgrenze Staubrennkammer Druck [kPa]

Abb. 2.5-19  Schubkennfeld eines Ramjet-Triebwerks in integrierter Rampenbauweise


(Abb. 2.1-20) für ein Hyperschall-Raumtransporter-Flugzeug mit ausgewählten Betriebspunkten
zur Flugmission [Hol98, SFB05B, Ric05]

2.6 Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass

Die Basis der Turboprop- und Turbofan-Triebwerke TP und TF wird von einem Gas-
generator GG gebildet, der in 1- oder 2-Wellenbauweise aus einer Einheit von Turbo-
verdichter, Turbine und dazwischen liegender Brennkammer besteht (Abb. 2.6-1 und
2.6-2). Ein wesentlicher Unterschied dieses Triebwerktyps gegenüber zum Beispiel dem
reinen 1-Wellen-Turbojet-Triebwerk (Abschn. 1.3, 2.3 und 2.5) besteht darin, dass die
gesamte abgegebene Turbinenleistung größer als die aufgenommene Verdichterleistung
ist. Es ist also ein Überschuss an mechanischer Wellenleistung PW vorhanden. Diese
freie Wellenleistung kann in einem normalen Propeller Pr (Luftschraube) ähnlich wie
beim Kolben-Flugzeugmotor, in einer Mantelschraube oder einem Fan F (Gebläse) bzw.
einem Niederdruck-Verdichter LPC oder durch Zwischenschaltung eines mehrstufigen
Axialverdichters in Vortriebsleistung gewandelt werden.
Zum Überblick über die Entwicklungstendenzen bei Turboprop-, Propfan- bzw. Q-Fan
(quiet fan) und Turbofan-Triebwerke TF wird in Abb. 2.6-1 die Abhängigkeit des Vor-
triebswirkungsgrades ηP (Gl. 2.4-23a) vom Fan-Druckverhältnis und der Flug-Mach-Zahl
M0 gezeigt. Gegenüber dem konventionellen Turboprop TP ist quasi als Weiterentwick-
lung das Propfan PF entstanden, dessen Bypass-Verhältnisse BPR bei 20 bis 30 liegen. Das
2.6 Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 167

Turbofan-Triebwerk Niedrig- bis Hoch-Bypass-Turbofan)

Turboprop-Triebwerke

Front-Fan Propfan-Triebwerke Aft-Fan

100
ηP [%]
90 Flug-Mach-Zahl M0
Vortriebswirkungsgrad

0,8
80

0,6
70

0,4
60

0,2
50
Prop-Fan 0,1
40
Propeller Q-Fan Turbo-Fan
30
1,01 1,02 1,03 1,05 1,10 1,20 1,30 1,60
Fan-Druckverhältnis

Abb. 2.6-1 Vortriebswirkungsgrad ηP (tendenziell) für Propeller-, Prop-Fan-, Q-Fan- und Tur-


bofan-Triebwerke im Zusammenhang mit der Flug-Mach-Zahl M0 und dem Propeller- bzw. Fan-
Druckverhältnis ΠF sowie den Einsatzbereichen der verschiedenen Triebwerkstypen bezüglich des
Fan-Druckverhältnisses. Darstellung nach Dornier GmbH, EPI, GEAE
168 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

[GasTurb]

Abb. 2.6-2 Zweiwellen-Turboprop TP (Propeller-Turboshaft-Triebwerk) mit Getriebe sowie


Bleed- und Kühlluftströmen dargestellt nach [GasTurb]

Propeller-Triebwerk TP erreicht BPR-Werte von 50 bis 100 und eignet sich gut auch für
den Langsam- oder Schwebeflug bei Kurz- und Senkrechtstart-Flugzeugen bzw. V/STOL-
Flugzeugen (Kap. 6).
Beim einfachen Turboprop TP, also dem konventionellen Propeller-Turboshaft-
Triebwerk (Abb. 2.6-2) wird von der Turbinenwelle über ein Getriebe G eine Luft-
schraube angetrieben, die einen großen Luftmassenstrom erfasst. Dieser sekundäre
Luftmassenstrom kann, je nachdem, ob der Startfall oder zum Beispiel eine Flug-
Mach-Zahl von M0 ≈ 0,6 angenommen wird, 30 bis 100mal so groß sein wie der das
eigentliche Basistriebwerk passierende Primärluftstrom.
Neben der schematischen Schnittdarstellung eines Zweiwellen-Turboprop-Trieb-
werks in Abb. 2.6-2 ist in Abb. 2.6-3 für den Standfall der Arbeitsprozess im h-s-Dia-
gramm gezeigt, wie er zum Beispiel aus einer Syntheserechnung nach [GasTurb] erstellt
wurde. In Kap. 7 wird ausführlich auf das Teillast-Betriebsverhalten der Mehrwellen-
Turboshaft-Triebwerke eingegangen, die wegen ihres anpassungsfähigen Betriebsverhal-
tens die Basis der Propeller-, Propfan- und Hubschrauber-Triebwerke bilden.
Bei den Zweistrom- bzw. Bypass-Turbofan-Triebwerken TF (Abschn. 2.6.2 und 8.1
und 8.2) ist das Verhältnis der Sekundär- und Primärfluidströme bzw. das Bypassver-
hältnis BPR geringer im Vergleich zum offenen Turboprop TP. Es liegt bei großen Trieb-
werken von Hochleistungsflugzeugen bei Niedrig-Bypass-Turbofan-Triebwerken LTF
(low bypass turbofan) etwa zwischen BPR = 0,3 bis 4 und bei Hoch-Bypass-Triebwerken
HTF (high bypass turbofan) für den Unterschallflug bei etwa 4 bis über 10.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 169

1600

1400
h [kJ/kg] 4

1200

1000 43
44 45
Enthalpy

800
49
600 5 8
s8
Pa
0k a
400 3 1200 kP
1000 kPa
80 kPa
600 a
kP
200 400
a
kPa 01 kP
200 t) = 1
mbien
Pso (a
0 1 2

0 .2 .4 .6 .8 1 1.2 1.4
Entropy s [kJ/kg K]
Abb. 2.6-3  Arbeitsprozess im h-s-Diagramm des Turboprop-Triebwerks TP (Abb. 2.6-3) darge-
stellt nach [GasTurb]

Wird die Vielfalt der bereits existierenden, einfachen Turbojet-Triebwerken mit und
ohne Nachbrenner beachtet (Abschn. 1.3 und 2.5), dann liegt die Folgerung nahe, dass
sich durch das Hinzukommen von weiteren wesentlichen Auslegungsparametern eine
große Mannigfaltigkeit innerhalb der Familie der Bypass-Triebwerke ergeben wird. Die
zusätzlichen Auslegungsparameter neben dem Bypass-Verhältnis BPR sind die Leis-
tungsaufteilung auf die Erzeugung von Propeller- bzw. Fan-Schub und Düsen-Schub, die
eventuelle Aufheizung des Sekundärluftstromes und die Mischung der Heiß- und Kalt-
luftströme [Mün60, Mün72K, Mün77B, Haf82B, DGL00, Wal00B, Brä04B, Gri04B].

2.6.1 Propeller, Turboprop und Propfan

Das Turboprop-Triebwerk TP bzw. Propeller-Turboshaft-Triebwerk (Propeller-Tur-


boluftstrahl-Triebwerk PTL) erzeugt den Hauptteil seiner Vortriebskraft durch einen
Propeller P und zwar 70 bis über 90 % des Schubes bei Start und bei kleinen Fluggeschwin-
digkeiten. Die Schuberzeugung über den Propeller-Luftstrom wird als indirekter Strahl-
antrieb bezeichnet. Da aber ein Teil des Gesamtschubes direkt auch über eine Schubdüse
entsteht, gehört der Turboprop TP allgemein in die Gruppe der Gemischtstrahl-Antriebe.
Das wirtschaftliche Anwendungsgebiet des Turboprop ist der mittlere Unterschall-
flugbereich (etwa 400 bis 800 km/h), da ein Propeller bei sehr hohen Flugzeuggeschwin-
digkeiten nur niedrige Wirkungsgrade zulässt und zudem bei sehr kleinen Leistungen
170 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

und niedrigen Unterschallgeschwindigkeiten der Kolbenmotor immer noch erfolgreich


eingesetzt werden kann.
Zu der schematischen Darstellung eines TP-Triebwerks in Abb. 2.6-2 wird der
Arbeitsprozess im h-s-Diagramm in Abb. 2.6-3 nach [GasTurb] gezeigt. Die Luftströ-
mung wird im Einlauf-Diffusor E bis zur Strömungsebene 2 verzögert und hier in einem
axialen Turboverdichter C bis zur Ebene 3 weiter verdichtet.
Anschließend wird die Luft in einer Brennkammer B etwa isobar bis zur Turbinen-
Eintrittstemperatur Tt4 aufgeheizt. Dem Verbrennungsprozess bzw. der Energiezufuhr
folgt die Energieabgabe während der Expansion der Heißgase in der Turbinen-Sektion
und ggf. in der abschließenden Schubdüse N.
Die Hochdruckturbine HPT (Ebene 4 bis 45) treibt den Turboverdichter C an und
gewährleistet damit den inneren Leistungsbedarf. Der verbleibende Leistungsüberschuss
wird größtenteils von einer freilaufenden Niederdruckturbine LPT (Ebene 45 bis 5) bzw.
Nutzleistungsturbine PT über eine eigene Welle und ein Untersetzungsgetriebe G an den
Propeller Pr abgegeben.
Die verbleibende Expansions-Enthalpiedifferenz dient in der Konvergent-Schubdüse
C-N (Ebene 6 bis 8) der Erhöhung der kinetischen Energie der Heißgase. Damit setzt
sich der Gesamtschub aus dem von dem Propeller Pr erzeugten Hauptschubanteil FPr
und dem Restschubanteil der Ausströmdüse FN zusammen. Die Leistungsberechnung
des Triebwerks erfolgt analog der in Abschn. 2.2.2 und Kap. 7 gegebenen Syntheserech-
nungen der Turboshaft-Gasturbine TS.
Neben dem klassischen Zweiwellen-Turboprop und dem seltener vorkommenden
Einwellen-Turboprop werden noch folgende andere Bauformen ausgeführt: Zweiwellen-
Doppelverdichter-TP (Beispiel RR-Tyne, TP400) und Zwillings- oder Doppel-TP mit
zwei völlig getrennten, parallel liegenden Gasturbinen-Aggregaten, die über ein gemein-
sames Getriebe den Propeller antreiben.
Bypass-Turbotriebwerke bzw. Turbofan-Triebwerke TF nach Abschn. 2.6.2 sind ihrer
Funktion nach zwischen das reine Turbojet-Triebwerk TJ und das Turboprop-Triebwerk
TP einzureihen. In Kap. 7 und Kap. 8 werden diese Bauweisen ihrer großen Bedeutung
im Luftverkehr wegen mit ihrem Betriebs- und Leistungsverhalten ausführlich behan-
delt. Von den Sonderbauweisen sind erwähnenswert der Turboprop mit gegenläufigen
Propellern sowie Triebwerksprojekte mit Wärmetauschern.

2.6.1.1 Leistungsaufteilung bei Turboprop und Turbofan


Eine wichtige Frage bei der Auslegung eines Turboprop TP oder Turbofan-Triebwerks
TF (Abschn. 2.6.2) betrifft die effiziente Leistungsaufteilung auf den Primär- und den
Sekundärkreis. Beim reinen Turbojet-Triebwerk wird der Gesamtwirkungsgrad ηO
(Gl. 2.4-24a) besonders bei kleinen Fluggeschwindigkeiten ungünstig, da trotz guten
thermischen Wirkungsgrades ηth der geringe Vortriebswirkungsgrad ηP die Leistungsbi-
lanz erheblich verschlechtert.
Mit der Steigerung des Bypass-Massenstromes durch den Propeller- bzw. durch den
Bypass-Fan kann der Mittelwert der Abströmgeschwindigkeiten vom ersten und zweiten
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 171

Abb. 2.6-4 Leistungsaufteilung pt4
der Expansion der Heißgase ht4 4 Tt4
im h-s-Diagramm bei einem
Turboprop TP mit der
gesamten nutzbaren Energie
wto = wT,II + wN und dem
Anteil für den Propeller Pr wT wTI
II und für die Schubdüse N
wN = c28/2 pt45
45 Tt45

wTIIis wTII
pt5 pt8
Tt5 5 Tt8
8
wtotis
wN wNis
T 8 p8

T8is

p0

Kreis erheblich kleiner sein als im Falle des gleichen Basisprozesses für ein reines Turbojet-
Triebwerk. Dies bedeutet, dass bei mittleren Unterschall-Fluggeschwindigkeiten der Tur-
boprop, bei größeren Fluggeschwindigkeiten das Hoch-Bypass-Turbofan-Triebwerk HTF
(high bypass turbofan) und bei Überschallflug-Mach-Zahlen das Turbofan-Triebwerk von
mittlerem und kleinem Bypass-Verhältniss LTF (low bypass turbofan) mit gegebenenfalls
Nachbrenner und Aufheizung im Bypass-Luftstrom günstigere Konzepte darstellen.
Die Verbesserung des Vortriebswirkungsgrades ηP bei Turboprop und Turbofan
gegenüber demjenigen beim Turbojet bewirkt auch eine Umkehrung des Einflusses der
Verbrennungstemperatur Tt4 auf den spezifischen Brennstoffverbrauch SFC. Während
beim Turbojet mit ansteigendem Tt4 der Schub F wächst, der Verbrauch jedoch mit Aus-
nahme des Gebietes sehr hoher Fluggeschwindigkeit verschlechtert wird, bewirkt beim
Turboprop und Turbofan eine Tt4-Erhöhung außer einer Leistungserhöhung auch eine
Verminderung des spezifischen Brenstoffverbrauchs SFC.
Um die Art der Leistungsaufteilung zu erläutern, wird bei der anschließenden
Betrachtung von einem Basisprozess ausgegangen und versucht, das vorliegende isen-
trope Enthalpie-Nutzgefälle wtot,is möglichst günstig auf Primär- und Sekundärkreis zu
übertragen, so dass die gesamte Triebwerkscharakteristik zu optimalen Werten für den
Schub und den spezifischen Verbrauch führt. In Abb. 2.6-4 ist schematisch der Entspan-
nungsvorgang der Heißgase im h-s-Diagramm dargestellt. Zunächst wird der klassische
Fall des Turboprop TP betrachtet. Die Vorgehensweise kann sinngemäß auf das Prop-
fan- und Turbofan-Triebwerk übertragen werden.
Die Entspannung der Heißgase vom Zustandspunkt 4 nach der Brennkammer bis
45 gemäß dem I. Turbinen-Enthalpiegefälle wT I deckt den inneren Leistungsbedarf zur
172 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Verdichtung des Primärluftstromes. Die Verteilung der nutzbaren Enthalpiedifferenz


ab Punkt 45 auf den reinen Strahlschub erzeugenden Primärstrom einerseits und auf
den über die Luftschraube gehenden indirekten Schubanteil andererseits wird durch
die Größe der Düsen-Ausströmgeschwindigkeit c8 bzw. die Düsen-Enthalpiedifferenz
wN = c82/2 bestimmt. Je kleiner c8 wird, desto größer ist die Leistung, die über die Pro-
pellerwelle gehen kann entsprechend der II. Turbinen-Enthalpiedifferenz wT II.
Die Schubleistung PF setzt sich also zusammen aus der Propellerleistung
PPr = ṁ1 wTII ηmech ηPr und der Düsen-Schubleistung des Primärkreises I
PN = ṁI (c8 − c0 ) c0 .
Unter Vernachlässigung der Divergenz der Isobaren im Bereich der Schubdüsenentspan-
nung kann für die auf die Durchsatzeinheit des Primärkreises bezogene Gesamtschub-
leistung geschrieben werden
PF PPr PN
= + = wT IIis ηTis ηmech ηPr + (c8 − c0 )c0 (2.6-1)
ṁI ṁI ṁI
oder mit dem Düsen-Geschwindigkeitsbeiwert ϕN
c28
 
PF
= wtot,is − 2 ηT is ηmech ηPr + (c8 − c0 ) c0 . (2.6-2)
ṁ1 2 ϕN
Für diese Betrachtung wurde der Basis-Arbeitsprozess bis zur Strömungsebene 45 als
gegeben vorausgesetzt. Werden nun der Turbinen-, der Propeller-, der Düsen- und der
mechanische Wirkungsgrad als konstante Werte angenommen, dann bleibt als einzige
variable Größe in Gl. (2.6-2) die Düsenaustrittsgeschwindigkeit c8.
Die Differentiation der Schubleistung PF nach der Geschwindigkeit c8 und das Null-
setzen des Differentialquotienten, also ∂ PF /∂ c8 = 0, führt zu der Beziehung für die
Geschwindigkeit c8, die eine optimale Gesamtschubleistung gewährleistet
2
ϕN
c8 opt = c0 . (2.6-3)
ηT is ηmech ηPr
Es ergibt sich daraus, dass mit steigender Fluggeschwindigkeit c0 ein Übergang vom Tur-
boprop TP zum reinen Turbojet TJ erfolgt und zwar bei denjenigen Werten von c8 bzw.
wN is, die das gesamte zur Verfügung stehende Enthalpiedifferenz wtot is benötigen. Wei-
terhin ist ersichtlich, dass bei vorgegebenem c0 die Geschwindigkeit c8 um größer wer-
den muss, je schlechter die Wirkungsgrade ηTis ηmech und ηPr sind.
Da beim Start und Langsamflug die Fluggeschwindigkeit c0 = 0 oder nur sehr klein
ist, kann in diesem Fall die Leistungsbetrachtung nach Gl. (2.6-2) nicht verwendet wer-
den. Es wird deshalb für den Start der Gesamtschub F0/0 in analoger Weise wie oben die
Gesamtleistung angenommen und folgender Ansatz erhalten:
c2
 
F0/0
= wtot is − 82 ηT is ηmech k + c8 , (2.6-4)
ṁI 2 ϕN
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 173

PW Pr
Drehmomentenbegrenzung

Propeller-Wellenleistung H 0=0

Flughöhe H0

Turboprop-Leistungskennfeld

Fluggeschwindigkeit c0

Abb. 2.6-5 Leistungskennfeld (schematisch) für ein Turboprop TP mit Leistungs- bzw.


Drehmomentenbegrenzung

wobei der Faktor k das Verhältnis von Propellerschub FPr zu Propeller-Wellenleistung


PW,Pr darstellt. Eine Optimierungsrechnung kann in ähnlicher Weise durchgeführt
werden.
Das Leistungskennfeld für ein Turboprop TP gemäß der abgeleiteten Optimalauf-
teilung zeigt Abb. 2.6-5. Es kann vorkommen, dass zum Beispiel aus konstruktiven
Gründen (Getriebe, Propeller usw.) besonders in kleinen Flughöhen eine Drehmomen-
ten-Begrenzung erforderlich wird. Zur Regelung von Turboprop TP eignet sich neben
der Brennstoffzufuhr normalerweise die Propeller-Blattverstellung.
Für Turboprop-Triebwerke wird häufig die äquivalente Wellenvergleichsleistung
(equivalent shaft power) PWeq angegeben. Hierbei wird zu der freien Wellenleistung der
auf eine Wellenleistung umgerechnete Düsenschubanteil FN addiert. Im Flugfall gilt mit
dem Propellerwirkungsgrad ηPr
FN c0
PW eq = PW + (2.6-5)
ηPr
und im Standfall wird
FN 0/0
PW eq 0/0 = PW 0/0 + (2.6-6)
k
verwendet mit einem Umrechnungsfaktor k. Der Schubdüsenanteil beträgt im Stand oft
weniger als 10 % des Turboprop-Gesamtschubes.
174 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

2.6.1.2 Ideale Propeller-Theorie
Die klassische, aus der Stromfadentheorie stammende Betrachtung von Propellern geht
vereinfacht von reibungsfreier, drallfreier Strömung aus, bei der weder die Propellerform
noch die Zahl der Propeller-Blätter Berücksichtigung finden. Dazu die schematischen
Darstellungen der Propellerströmung in den Abb. 2.6-6 und 2.6-7 und nach Zimmerman
in [LTH94B, Sig91B] u. a.
Es wird nach Abb. 2.6-7 angenommen, dass unmittelbar vor bzw. nach der Propel-
ler-Kreisfläche eine statische Druckänderung erzeugt wird und dass die Strömungsge-
schwindigkeit unmittelbar vor bzw. hinter der Schraubenebene durch dieses Druckfeld
beeinflusst wird. Hierbei sind durch die „Absaugwirkung“ die statischen Drücke p1 < p0
und p2 > p0. Der Propeller beschleunigt also nach dem Ansaugen den Luftstrom von der
Zuströmgeschwindigkeit c0 auf die höhere Abströmgeschwindigkeit c3, die als Strahlge-
schwindigkeit (jet velocity) cJ = c3 bezeichnet wird [And91B, Sig91B].
Wegen der Kontinuitätsbedingung ṁ3 = ṁPr = ṁ0 wird die Stromröhre einge-
schnürt A3 < APr < A0. Gleichzeitig erfährt der Fluidstrom einen Drall (Abb. 2.6-6), der
hier anschließend für die weiteren einfachen Betrachtungen vernachlässigt wird.
Vereinfacht wird angenommen, dass der durch die Propeller-Ebene passierende Luft-
strom in allen Bereichen die gleiche Druckerhöhung erfährt. Für die nabennahen Zonen
und an den Propeller-Blattspitzen trifft diese Annahme nicht zu. Bei genaueren Betrach-
tungen besteht jedoch die Möglichkeit, die wirksame
Propeller-Kreisfläche durch entsprechende Verminderung der geometrischen Fläche
zu erhalten. Die Druckerhöhung gleicht sich kurz hinter der Propeller-Kreisebene wieder
aus und gemäß Abb. 2.6-7 entsteht mit der Strahlgeschwindigkeit (jet velocity) cJ = c3 ein
Gebiet erhöhter Geschwindigkeit.
Für die Schubkraft des Propellers gilt allgemein (Abschn. 2.4)

FPr = APr p. (2.6-7)


Nach dem Impulssatz lautet die für die Stromröhre sich ergebende Schubkraft mit dem
2
Massen- bzw. dem Volumenstrom V̇ = cPr APr in der Propeller-Ebene mit APr = π DPr   /4

FPr =ṁPr (c3 − c0 ) = ρ V̇PR (c3 − c0 )


π D2Pr .
=ρ cPr �c. (2.6-8)
4
Mit der Energiegleichung bzw. der inkompressiblen Bernoullischen Gleichung
(ρ = const) ergibt sich für ideale Fluide bei reibungsfreier Strömung unter der
Annahme, dass cPr ≈ c1 ≈ c2 ist, vor der Propeller-Ebene 1
ρ 2 ρ
p0 + c = p1 + c2Pr (2.6-9)
2 0 2

und nach der Ebene 2


ρ ρ
p0 + (c0 + �c)2 = p2 + c2Pr . (2.6-10)
2 2
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 175

III

Aufgerollter Randwirbel II
von Blatt I (3 Umdrehungen)
Blatt I

IV
IV

Blatt I

III Wirbelschleppe von Blatt I


Blatt II (3/4 Umdrehungen)
Einhüllende Stromröhre
Blattspitzenbahn

Abb. 2.6-6  Freilaufender, realer 4-Blatt-Propeller (Blatt I, II, III, IV) als mathematisches Modell
mit einhüllender Stromröhre, Wirbelschleppe und Randwirbel [LTH94B]

Abb. 2.6-7 Stromröhrenverlauf c0 0 1 2 3
Pr
für einen Standard-Flugfall M0 < 1
zur allgemeinen, vereinfachten
Propeller-Theorie mit Verlauf der cPr
c1 c2 DPr
Strömungsgeschwindigkeit c und c0 FPr PPr c3
des statischen Druckes p
p1 p2 c0+∆c

c0

Geschwindigkeit
c [m/s]

cPr c3
c0 c1 c2 c0+∆c

Druck p2
p [bar]

+
p0 p0
p1
176 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Für den Druckunterschied wird daraus


ρ 2
�p = (c − c20 ) (2.6-11)
2 3
und mit dieser Druckdifferenz auf der Vorder- und Rückseite der Propeller-Ebene ergibt
sich der Propellerschub
ρ 2 π D2Pr
FPr = APr �p = (c3 − c20 ) (2.6-12)
2 4

Werden die Beziehungen für den Schub nach Gl. (2.6-8) und (2.6-12) gleich gesetzt,
ergibt sich daraus
c3 − c0 c J − c0
cPr = = .
2 2

Die Strömungsgeschwindigkeit in der Propeller-Ebene stellt also den arithmetischen


Mittelwert zwischen der Zu- und Abströmgeschwindigkeit dar. Diese Beziehung wurde
bereits von Froude (1818–1894) angegeben und wird in der Fluidmechanik als Froude-
Theorem bezeichnet [Sig91B].
Die Propeller-Kreisbelastung beziehungsweise der ideale Belastungsgrad des Propellers
(ideal thrust coeffizient) CF id wird definiert als dimensionslose Größe mit dem Propellerschub
FPr bezogen auf die Propellerfläche APr und den Staudruck der Zuströmgeschwindigkeit c0
 2
FPr c3
CF id = = − 1.
(ρ/2) c20 APr c0 (2.6-13)
Damit wird der Propellerschub
FPr = CF id ρ APr c20 /2· (2.6-14)
Als weitere Propeller-Belastungsgröße gilt der mit der Leistung definierte ideale
Propeller-Leistungskoeffizient
FPr cPr APr p cPr
CPW id = = ρ
q0 c0 c2 APr c0 (2.6-15a)
2 0
und mit PW Pr = Md ω = Md π nPr /30 wird der ideale Propeller-Leistungskoeffizient
PW Pr PW Pr
CPW id = ρ ⇒ .
2
uPr uPr APr ρ n3Pr D5Pr (2.6-15b)
2

Als theoretischer, idealer Propeller-Wirkungsgrad beziehungsweise Vortriebs-Wir-


kungsgrad wird nach Froude die Propeller-Nutzleistung PPr = FPr c0 bezogen auf die
vom Propeller bewirkte Strahlleistung PJ definiert
FPr c0
ηPr id = .
(2.6-16a)

ṁPr c2J /2 − c20 /2
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 177

Mit Gl. (2.6-8) und (2.6-11) ergibt dies schließlich


c0 c 2
ηPr id =   = 0 = . (2.6-16b)
cJ + c0 /2 cPr 1 + cJ/c0

Dieser Ausdruck ist dabei identisch mit Gl. (2.4-23b) für den Vortriebswirkungsgrad ηP, da
cJ = c3 = c0 + Δc die Abströmgeschwindigkeit und c0 die Flug- oder Zuströmgeschwindig-
keit darstellt. Daher wird der wirkliche Propeller-Wirkungsgrad ηPr < ηPr id sein. Für einen
guten Wirkungsgrad ηPrid muss die Zusatzgeschwindigkeit Δc im Verhältnis zur Flugge-
schwindigkeit klein sein, was eine große Luftmasse bzw. Propeller-Kreisfläche zur Errei-
chung eines bestimmten Schubes erforderlich macht.
Mit dem Belastungsgrad nach Gl. (2.6-13) lautet der ideale Propeller-Wirkungsgrad
2
ηPr id = √ . (2.6-16c)
1 + CF id + 1
Mit der Strahlgeschwindigkeit cJ = c3 = c0 + c ergibt sich schließlich der ideale
Vortriebswirkungsgrad
2 1
ηPr id = = .
c0 + c 1 c (2.6-17)
1+ 1+
c0 2 c0
2.6.1.3 Standschub für freilaufenden Propeller und Propfan
Für den Standfall mit der Zuströmgeschwindigkeit zu einem Propeller oder Propfan von
c0 = 0 ist in Abb. 2.6-8 der Verlauf der Geschwindigkeits- und Druckverteilung schema-
tisch dargestellt. Analog zu den Betrachtungen nach Abb. 2.6-7 ist zu erkennen, dass mit
c0 = 0 die Geschwindigkeit cPr = cJ/2 = c3/2 ist.
Wie in Gl. (2.6-8) ergibt sich aus dem Impulssatz der Standschub des freilaufenden
Propellers
c3 π 2 c3
FPr 0/0 = ṁPr c3 = ρ APr =ρ D . (2.6-18)
2 4 Pr 2
Mit dem Leistungskoeffizient nach Gl. (2.6-15b), mit dem Drehmoment und daraus
der Umfangskraft bezogen auf die Blattspitze sowie mit dem Schubkoeffizienten nach
Gl. (2.6-13) ergibt sich der Propeller-Standschub [Wai87]
CF PW Pr CF PW Pr
FPr 0/0 = ⇒ · (2.6-19a)
CPW uPr CPW nPr DPr
Ebenso ergibt sich für den Propeller-Wirkungsgrad im Standfall

2 C3/ 2

F
ηPr 0/0 = (2.6-19b)
π CPW
Werden nach Abb. 2.6-8 und 2.6-9 die verschiedenen am Flügelprofil auftretenden
Kräfte betrachtet, so ist zu erkennen, dass ein günstiges Wirkungsgradverhalten bei star-
ker Änderung der Fluggeschwindigkeit, welche eine Änderung von cPr nach sich zieht,
178 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Propeller Pr Prop-FanPF
c0=0
c0=0

FPr FPF>FPr
c3=cJ c3=cJ
APr=APF

cPr=cJ/2 cPF=cJ
Geschwindigkeit

c [m/s]
c [m/s]

cJ cJ

cPF=cJ
cPr=cJ/2

Druck
p [bar]
p [bar]

p0 p0
∆p
∆p

Abb. 2.6-8  Propeller-Theorie für den Standfall für freilaufenden Propeller Pr und für Propfan-
Mantelpropeller PF

L Auftrieb
γ D Widerstand
FPr
R resultierende Kraft
R L α
FPr Schub in Flugrichtung
w T Tangentialkraft (T~PW)
β c0
ϕ α Anstellwinkel
T
β Einstellwinkel
D u ϕ Winkel zwischen der rel. Anströmrichtung
und der Drehrichtung (Fortschrittswinkel)
γ Gleitwinkel
c0 Fluggeschwindigkeit
Propeller-Profil-Element u Umfangsgeschwindigkeit

Abb. 2.6-9  Propeller-Profilelement und auftretende Kräfte

nur dann erwartet werden kann, wenn ein Verstellpropeller mit veränderlicher Flügel-
steigung (Blattsteigungswinkel) verwendet wird. Bei kleinem c0 und somit cPr wird eine
flache Flügelsteigung zweckmäßig, bei Schnellflug dagegen ein großer Steigungswinkel.
Die Resultierende aus Auftrieb L (lift) und Widerstand D (drag) kann auch in eine
Komponente in Richtung der Fluggeschwindigkeit FPr und in eine der Umfangsge-
schwindigkeit entgegengesetzte Komponente T zerlegt werden. Die normalen Kompo-
nenten aller Profilelemente erzeugen den Schub.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 179

Die Momente der Tangentialkomponenten bestimmen das notwendige Drehmoment


des Triebwerks (ΣT → MT → PPrW). Der Wirkungsgrad kann so mit der Winkelge-
schwindigkeit ω auch wie folgt definiert werden:
FPr c0
ηPr = . (2.6-20)
MT ω
2.6.1.4 Reale Propeller und Propfan- sowie Propeller-Kenngrößen
Der reale Propeller-Wirkungsgrad ist wegen der Reibungs- und Drallverluste klei-
ner als der ideale Wirkungsgrad. Das Verhältnis des zum Beispiel durch Messung
bestimmten Propeller-Wirkungsgrades ηPr zu ηPr id wird als Propeller-Gütegrad
bezeichnet:
ηPr
ηPr G = . (2.6-21)
ηPr id
Zur Definition charakteristicher Propeller-Kenngrößen werden ähnlich wie bei anderen
Turbomaschinen die Zuströmgeschwindigkeit, hier also die Fluggeschwindigkeit c0, und
die Propeller-Umfangsgeschwindigkeit an der Blattspitze uPr = DPr ω/2 = RPr ω heran-
gezogen mit ω = π/30 bei der Drehzahl nPr in 1/min.
Der Fortschrittgrad des Propellers (advance ratio) ist ein Maß für die Vorwärtsbe-
wegung des Propellers und lautet analog dem Anstellwinkel bei Tragflügeln J = c0/uPr.
Mit der Umfangsgeschwindigkeit uPr ~ π nPr DPr wird der Propeller-Fortschrittsgrad all-
gemein definiert mit
c0
J= · (2.6-22)
nPr DPr
Weitere dimensionslose Propeller-Parameter sind der Schubkoeffizient (thrust coeffici-
ent), definiert mit dem Propeller-Schub FPr bezogen auf den mit der Umfangsgeschwin-
digkeit gebildeten Staudruck und auf die Propeller-Kreisfläche

FPr FPr
CF = ρ ⇒ .
u2Pr APr ρ n2Pr D4Pr (2.6-23)
2
Bei der Vorauslegung von Flugzeugen ist eine weitere dimensionslose Kennziffer in Ver-
bindung mit der Vortriebsleistung von Interesse. Es wird deshalb die Propeller-Wellens-
leistung bezogen auf den Staudruck multipliziert mit der Umfangsgeschwindigkeit und
der Propeller-Kreisfläche angesetzt. Daraus ergibt sich der reale Propeller-Leistungsko-
effizient (propeller power coefficient)

PPrW PPrW
CPrW = ρ ⇒ .
u2Pr uPR APr ρ n3Pr D5Pr (2.6-24)
2
180 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Der reale Propeller-Wirkungsgrad lautet schließlich


abgegebene Schubleistung FPr c0
ηPr = = .
Propeller − Antriebsleistung PPr W
(2.6-25)
CF
= J
CPrW
Bei der Charakerisierung von Propeller-Blättern bezüglich ihrer aerodynamischen und
leistungsmäßigen Belastbarkeit ist der Activity-Factor AF von wesentlicher Bedeutung
und bei der Kennfelddarstellung zu beachten [Ham63, Wai87, LTH04B].
1,0  3  
100000 b r r
AF = d . (2.6-26)
16 DPr RPr RPr
0,2

Es bedeuten b die Blatt-Profiltiefe, r der Radius längs dem Blatt und RPr der Radius am
Blattende. Der Activity-Factor stellt ein Maß für die Leistungsaufnahme eines Propel-
lerblattes dar mit dem Integral über der örtlichen Blatt-Tiefe von 20 % Radius bis zur
Blattspitze. So werden die äußeren Blattelemente infolge der quadratisch zunehmenden
Umfangsgeschwindigkeit und des linear zunehmenden Hebelarms entsprechend stärker
berücksichtigt. Propellerblätter mit einem AF von unter 90 können als „schmal“ bezeich-
net werden, sie haben eine entsprechend geringe mögliche Leistungsbelastung. Soge-
nannte Propfan-Blätter haben einen AF von zum Teil über 200 und können als „breit“
bezeichnet werden mit einer entsprechend großen Leistungsbelastung.
Der Activity Factor AF allein ist zur Charakterisierung eines Propellerblattes nicht
ausreichend, da sehr verschiedene Blattgrundrisse bei gleichem AF möglich sind, wobei
die Blattfläche ebenfalls sehr verschieden sein kann. In [LTH94B] wird auf die aerodyna-
mischen Auswirkungen verschiedener Modifikationen näher eingegangen.
Neben dem AF ist deshalb der integrierte Entwurfs-Auftriebsbeiwert (integrated
design lift coefficient) CLD wichtig. Er stellt den für die Leistungsaufnahme des Entwurfs-
punktes gebildeten mittleren Auftriebsbeiwert des Propeller-Blattes dar. Er lautet
1,0
r 3
   
r
CLD = CLr d (2.6-27)
RPr RPr
0,2

mit dem Auftriebskoeffizient CLr des Blatt-Profilelementes am Blatt-Radius r bezogen


auf den Radius an der Blattspitze RPr.

2.6.1.5 Propfan (Mantelschraube) ideal betrachtet


Läuft der Propeller nicht im Freien, sondern wird er von einem Strömungskanal mit
günstiger aerodynamischer Form umgeben, so wird von einer Mantelschraube oder
Propfan gesprochen. Durch die Kanalisierung der Strömung wird der Wirkungsgrad im
Gebiet der Blattspitzen vergrößert und die Schraubenkreisbelastung kann heraufgesetzt
werden (Abb. 2.6-8).
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 181

Ohne hier näher auf die Theorie einzugehen, sei bemerkt, dass der Kontrakti-
onseffekt des freilaufenden Propellers (Kontraktion A3/APr (Abb. 2.6-8) durch eine
geeignete Ummantelung abgeschwächt bzw. aufgehoben wird. Dies hat zur Folge,
dass zum Beispiel bereits in der Propeller-Kreisebene die Zusatzgeschwindigkeit Δc
erreicht wird. Dies gegenüber Δc/2 bei dem frei laufenden Propeller, was zusammen
mit der Verbesserung des Gütegrades eine Steigerung des Schubes ergibt. Beim Start
können gegenüber dem Propeller Schuberhöhungen von 25 bis 35 % erreicht wer-
den. Die Ummantelung nimmt einen Teil der Schubkräfte auf und entlastet so die
Rotorblätter. Wird die Anzahl der Blätter vergrößert, so führt dies zu einem Nieder-
druckgebläse oder Fan. Hier wird zunächst das statische Druckniveau um ein Gerin-
ges erhöht, die Luft in einen mehr oder minder langen Kanal geführt, worauf die
Expansion ins Freie erfolgt.
Für Propeller und Propfan ist charakteristisch, dass die erfasste Luftmenge (Sekun-
därluft) groß ist (ein Vielfaches des Durchsatzes des Basistriebwerks bzw. der Primär-
luftmenge) und die Druckerhöhung selbst klein ist. Wenn für die Sekundärluft eine
gesonderte Strömungsführung vorhanden ist, für welche die Begriffe Druckerhöhung
und Expansion eine Bedeutung zu haben beginnen, ist der Übergang zum Bypass- bzw.
Turbofan-Triebwerk gegeben (Abschn. 2.6.2 bis 2.6.4).

2.6.1.6 Kennfelder von Propeller und Propfan


Wie bei allen Gasturbinen-Antriebsanlagen mit Turbomaschinenkomponenten stel-
len deren charakteristische Kennfelder die Basis für das gesamte Vollast- und Teillast-
Betriebsverhalten dar Kap. 7.
In Abb. 2.6-10 ist aus einer Kennfeld-Sammlung der Firma Hamilton Standard Divi-
sion [Ham63], einer der führenden Luftschrauben-Firmen, ein typisches Leistungs-
Kennfeld eines konventionellen freilaufenden 4-Blatt-Propellers dargestellt [LTH94B].
Aufgetragen ist der Leistungskennwert
cPW = PW Pr / ρn3Pr D5Pr
 

über dem Fortschrittsgrad J mit den Parametern Blatt-Winkel β0,75 bei ¾ der Blattlänge
und dem Propeller-Wirkungsgrad ηPr.
Das Beispiel gilt für eine Vielzahl von Propellertypen, gekennzeichnet durch die
Blattzahl, den Activity Factor AF und den integrierten Entwurfs-Auftriebsbeiwert CLD.
Bei einem gegebenen Fortschrittsgrad J kann für den betrachteten Leistungsbeiwert der
Propeller-Wirkungsgrad und damit der Schub sowie der Blattwinkel β bei 75 % relativer
Schaufelhöhe ermittelt werden.
Gegenüber Abb. 2.6-10 wird mit der Abb. 2.6-11 ein typisches Propfan-Kennfeld
nach [LTH94B] für den Flugfall mit M0 = 0,8 vorgestellt. Der konventionelle Propel-
ler nach Abb. 2.6-10. kann bei kleiner Leistungsbelastung einen Vortriebswirkungsgrad
ηP von bis zu 0,91 erreichen. Mit dem Propfan ist nach Abb. 2.6-11 für eine wesentlich
höhere Leistungsbelastung bei M0 = 0,8 ein Vortriebswirkungsgrad ηPF von etwas über
0,8 möglich.
182 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

1,0 Propeller Efficiency Chart Hamilton Standard Div.


CPW 4-Bladed
Leistungsbeiwert (Power Coefficient)
0,9 100 Activity Factor
55°
0,8 0,500 Inetgrated Design CLD Propeller
52,5
°
0,7 β0
,75 =5

0,6 47,5
°

5
4 5°

0,12
0,5

70
β 0,75

0
50

60
0
ηP =
0,20

0,4
80

0 ,3

0,
0,

0,
40° 0, 85
0,4 0, 5
35° 0,8
0,3 30° 0
0,9
25° η P=
0,2
20° 0,80
0,1 15° 0,70
10°

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0
Propeller-Fortschrittsgrad (Advance Ratio) J

Abb. 2.6-10  Kennfeld eines freilaufenden klassischen 4-Blatt-Propellers von Hamilton Standard


Division (US) [LTH94B]

1,2
CP
2,8 Propfan
Flug-Mach-Zahl M0=0,8 1,1
2,4 77% Mach-Za
78% hl Blattsp
79% itze 1,0
2,0 Mach-Zahl Blattspitze
Leistungsbeiwert

ηPF=80%
0,9
79%
1,6 78%
75%
1,2 70%
60%
0,8 50°


0,4
63,3° 64,7°
58,3° 59,3° 60,5° 62,3°
Blatt-Winkel β0,75=57,3°
0,2
2,8 3,0 3,2 3,4 3,6 3,8 4,0 4,2 4,4 4,6 4,8
Fortschrittsgrad J

Abb. 2.6-11  Kennfeld eines Propfans im Flugbetrieb bei M0 = 0,8. Die Leistungs-Belastung (FPF/
APF) ist sehr viel größer als bei konventionellen, freilaufenden Propellern [LTH94B]

Dabei arbeiten unterhalb des Fortschrittsgrades von etwa 4,2 die Blattspitzen örtlich
in Überschallströmung bei Mach-Zahlen von 0,95 bis 1,20.
Die Kennfeldbestimmung erfolgt entweder mit verschieden aufwendigen numeri-
schen Rechenverfahren oder sie basieren auf Prüfstands-Messungen, bei denen häufig
auch Modellpropeller verwendet werden.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 183

Turboprop D27 (Progress) Advanced Ducted PropFan ADF


Flugzeug Antonov AN-70 P&W / MTU / NASA
F0/0= 63 kN, DPr= 4,5 m F= 230 kN, PW=30000 kW

Unducted Fan UDF GE 36


GE / SNECMA / NASA
FPF = 110 kN, DPF=3,6 m, PW =15 MW

Abb. 2.6-12 Beispiele von Propeller- und Propfan-Projekten : Antonov/Progress D27, ADP


P&W-MTU, GE/SNECMA-UDF. Darstellung nach GE AE, Pratt&Whitney, MTU Aero Engines

Durch die Entwicklung der EDV-Technik verläuft inzwischen die Entwicklungspro-


zedur zu optimalen Propellern in integrierten Schritten mit numerischen CFD-Verfah-
ren, Prüfstands-Messungen und Analysen aus Flugversuchen. Es zeigt sich aber auch,
dass die Messungen an Modellpropellern sehr aussagekräftig sein können, da der Ein-
fluss der Reibung und damit auch der Mach- und Reynolds-Zahl in der Propellerströ-
mung relativ klein ist. Bei den Kennfeld-Modelldarstellungen ist eine Umrechnung auf
andere Propellergrößen und Betriebszustände möglich.
Aus der Vielzahl von Projekten zu Propfan-Triebwerken, die primär in den 1960er
und 1970er Jahren durchgeführt wurden, werden mit Abb. 2.6-12 einige Beispiele
herausgegriffen.
Der von den Firmen General-Electric und SNECMA entwickelte Unducted-Propfan
UDF arbeitet im Heckbereich mit 2 gegenläufigen Fanstufen und erzielt einen Stand-
schub von 110 kN bei einem Fan-Außendurchmesser von 3,6 m und einer Wellenleis-
tung von etwa 15000 kW. Die Entwicklung dieses Propfan konzentrierte sich auf hoch
belastete Gegenlauf-Propeller-Anordnungen in einer getriebelosen Version und einer
Version mit Getriebe, von welchen jeweils ein Demonstrator-Triebwerk gebaut und
umfangreich im Flugversuch erprobt wurde.
Bei dieser UDF-Konfiguration befinden sich die Rotoren am Ende der Triebwerksgon-
del, da sie von einer gegenläufigen Niederdruckturbine direkt angetrieben werden. Das
184 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

100 Propeller Turoprop Propfan


ηP [%] Hochgeschwindigkeit
fortschrittlich
90
Vortriebswirkungsgrad fortschrittlich

80
konventionell fortschrittlich
70 Turbofan

60
konventionell
50

40
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
Reiseflug-Mach-Zahl M0

Abb. 2.6-13  Installierter Vortriebswirkungsgrad ηP von Propeller-, Propfan und Turbofan-Trieb-


werken abhängig von der Reiseflug-Mach-Zahl M0 = MCruise [LTH94B]

Bypass-Verhältnis BPR dieser Anordnung liegt etwa bei 36 im Vergleich zu BPR = 5 bis
über 10 von später entwickelten großen Turbofans und Hoch-Bypass-Turbofan-Trieb-
werke (UHB) wie zum Beispiel das P&W –Triebwerk Advanced Ducted Prop (ADP).
Im Vergleich dazu erzeugt das ADP-Demonstrator-Triebwerk mit einem Fan-
Durchmesser von 3.0 m bei 18 Blättern und einer Fan-Leistung von etwa 30000 kW, die
über ein Planetengetriebe im Drehzahlverhältnis 4:1 übertragen wird, einen Standschub
von etwa 236 kN. Im Rahmen des UDF-Projektes wurden eine Version mit 8 + 8 und
eine mit 10 + 8 Blättern untersucht. Die letztere Version erzeugte etwa 3dB weniger
Lärm. Nach über 200 Stunden Erfahrung im Flugversuch auf einer Boeing 727 (40 Std.)
und einer McDonnell Douglas 80 (160 Std.) konnte festgestellt werden, dass die Vorher-
sagen eines über 20 % geringeren Brennstoffverbrauchs im Flugbereich bis M0 = 0.86
und H0 = 11000 m erreicht oder übertroffen wurden. Ferner wurde eine geringere Lär-
mentwicklung als bei modernen Turbofans festgestellt.
Ein zusammenfassender Überblick zum Vergleich der Triebwerke kann nach
Abb. 2.6-13 erfolgen, in dem der Vortriebswirkungsgrad ηP in Abhängigkeit von der
Flug-Mach-Zahl M0 für verschiedenen Typen dargestellt ist.
Der Abfall des Vortriebswirkungsgrades der Einzelpropeller-Anordnungen mit
zunehmender Mach-Zahl, ist hieraus deutlich zu ersehen. Das angegebene Band ist die
Einhüllende der Wirkungsgradkurven möglicher Propeller-Entwürfe. Diese sehen für
jede Entwurfs-Mach-Zahl anders aus. Eine Tendenz ist zu erkennen, dass die für anstei-
gende Entwurfs-Mach-Zahlen entworfenen optimalen Propeller immer mehr Blätter
haben und auch zunehmend breiter werden sowie eine zunehmende Blattspitzenpfei-
lung aufweisen. Der Vortriebswirkungsgrad fällt mit steigender Mach-Zahl langsam
ab, was auf zunehmende umströmte Blattflächen und den einsetzenden transsonischen
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 185

Widerstandsanstieg zurückzuführen ist. Eine ausgeprägte, aerodynamisch bedingte


Mach-Zahl-Grenze wurde nicht festgestellt. Der geringere Vortriebswirkungsgrad
der konventionellen Propeller der allgemeinen Luftfahrt ist hauptsächlich auf ungüns-
tige Einbauverhältnisse (relativ große Triebwerksgondel) und nicht optimale Blattform
und Profilierung zurückzuführen. Ebenso sind die Verbesserungen deutlich, die durch
Gegenlaufpropeller-Anordnungen erzielbar sind.

2.6.2 Turbofan mit hohem Bypass-Verhältnis

Das Turbofan-Triebwerk TF mit mittlerem und hohem Bypass-Verhältnis BPR ist als
klassisches Bypass-Turbofan-Triebwerk (Zweistrom-Turboluftstrahl-Triebwerk ZTL)
seiner Funktion nach zwischen das reine Turbojet-Triebwerk TJ und das Turboprop-
Triebwerk TP einzureihen (Abschn. 1.3 und 1.4). Ein Teil der vom Triebwerkseinlauf
insgesamt erfassten Luftmasse wird beim Turbofan-Triebwerk nach dem Niederdruck-
verdichter abgezweigt und umströmt das innen liegende Basistriebwerk bzw. Kern-
Triebwerk (core engine) mit dem Gasgenerator GG.
Beim klassischen Front-Turbofan kurz Turbofan TF nach Abb. 2.6-14 haben der Pri-
mär- und Sekundärluftstrom, ṁI und ṁII, einen gemeinsamen Lufteinlauf. Die Sekun-
därluft wird zusammen mit dem Innenluftstrom im Gebläse verdichtet und um den
Hochdruck-Verdichter HPC, die Brennkammer B und den Turbinenteil mit HPT und
LPT mantelartig geführt. Im Gegensatz zu einem Front-Turbofan-Triebwerk FTF (front
turbofan) haben die beiden Luftströme bei einem Heck-Turbofan-Triebwerk ATF (aft-
turbofan) keinen gemeinsamen Lufteinlauf.
Der äußere Luftstrom expandiert beim Turbofan TF in einer eigenen Ringdüse
(Abb. 1.3-8 und 2.6-14) oder mit dem inneren Primärluftstrom zusammengeführt
in einer gemeinsamen Schubdüse. Es liegt dann ein Turbofan mit Mischung TFM vor
(Abschn. 2.6.4).
Der Energietransport vom Primär- auf den Sekundärkreis kann nach verschiedenen
Methoden erfolgen (Abb. 2.6-14 bis 2.6-16): Bei Ein- und Mehrwellen-Bauweise kann
der Niederdruckverdichter LPC mit verlängerten Schaufelblättern in den ersten Stufen
ausgeführt werden. Möglich sind so Turbofan-Triebwerke mit offenem und geschlos-
senem Bypass-Strom. Ein Teil des Gesamtluftstromes fließt hinter dem Niederdruck-
verdichter in den zweiten Kreis ein. Ebenso können den Niederdruck-Turbinenstufen
Verdichterschaufeln aufgesetzt werden, die den Bypass-Luftstrom fördern. Weiterhin
kann durch Zusammenführen des Innen- und Außenluftstromes im Abströmteil des
Turbofan-Triebwerks eine zusätzliche strömungsmechanische Energieübertragung über
eine Strahlmischung erfolgen.
Das Abb. 2.6-14 zeigt zu dem klassischen TF-Triebwerk den Arbeitsprozess im h-s-
Diagramm für den Flugfall mit höherer Unterschall-Flug-Mach-Zahl M0 > M2 ≈ 0,5.
Die Einlaufströmung entspricht in der Darstellung fluidmechanisch gesehen einer
Unterschall-Diffusorströmung (Abschn. 2.3.2 und Kap. 3). Der Prozessverlauf wie auch
186 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

0 1 2 13 16 18
21 25 5 6 8

3 4 44

pt4
Tt4 4

HP-Turbine

44
Brennkammer QB
LP-Turbine
5 8

2
Düse primär c 8
2

3
Tt3
pt3
HP-Verdichter
h 2 13 Fan
Einlauf 18
Tt0 0
2
c18
c 02 Düse sekundär
T 2
2 0
p0

Abb. 2.6-14 Turbofan TF (Schema aus [GasTurb]) eines klassischen Front-Fan-Bypass-Trieb-


werks ohne Mischung in 2 Wellen-Bauweise mit Fan F, ohne Niederdruckverdichter LPC und
ohne Mischung. (Typ Beispiel GE CF6-50, CF6-80). Arbeitsprozess im h-s-Diagramm für den
Flugfall M0 > M2 (Abb. unten). Darstellung nach [GasTurb]
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 187

die wesentlichen Schritte der thermodynamischen Rechnung unterscheiden sich prin-


zipiell nicht von den Prozessen des Turbojet TJ und des Turboprop TP in Abschn. 2.5
und 2.6.1. Lediglich der Kompressions- und Expansionsvorgang des Sekundärluft-
stroms ist als Erweiterung des gesamten Arbeitsprozesses zu Beginn des Prozesses
mit eingetragen, und zwar durch den Kurvenverlauf der Bypassluft über die Zustände
0-1-2-13-16-18.
Im Fall des Turbofan-Triebwerks TF wird gegenüber dem Turboprop-Triebwerk TP
(Abschn. 2.6.1) statt dem Propeller ein Niederdruckverdichter angetrieben. In Anleh-
nung an die Betrachtungen über die günstigste Leistungsaufteilung beim Turboprop
(Gl. 2.6-3) kann für das TF mit einer durchgehenden Trennung von Primär- und Sekun-
därluftstrom eine Beziehung für die Primärdüsen-Austrittsgeschwindigkeit c8 gefunden
werden, die eine optimale Aufteilung der Energieübertragung von Primär- und Sekun-
därkreis erlaubt (Abschn. 2.6.1.1).
Anstelle des Propellerwirkungsgrades der Gl. (2.6-25) sind nun die Verluste, denen
der Bypass-Strom unterliegt, detailliert zu berücksichtigen, wie aus der schematischen
Darstellung des Expansions-Zustandsverlaufs der Primär- und Sekundärluft im h-s-Dia-
gramm zu sehen ist.

2.6.3 Entwicklung und Bauweisen von Turbofan-Triebwerken

Die Entwicklung der Flugtechnik in den vergangenen fünf Jahrzehnten stellte beson-
ders auf dem zivilen Sektor an den Triebwerksbau erhöhte Anforderungen nach
schubstärkeren Antrieben mit den Eigenschaften eines kleinen spezifischen Brennstoff-
verbrauches SFC, relativ leichter und einfacher Bauweise, großer Zuverlässigkeit, hoher
Lebensdauer, leichter Wartbarkeit sowie geringer Lärmerzeugung und Abgas-Emission.
Zudem wird eine weitgehende Anpassungsfähigkeit an die jeweilige Flugaufgabe gefor-
dert. Obwohl mit dem Einstrom-Turboluftstrahl-Triebwerk bzw. Turbojet-Triebwerk
bereits ab den 1940er Jahren und besonders in den 1950er-Jahren in mancher Hin-
sicht erhebliche Fortschritte erzielt werden konnten, so waren damals doch nicht alle
gestellten Anforderungen befriedigend zu erfüllen. Die Verdichterdruckverhältnisse
und damit der thermische Wirkungsgrad konnten nur noch mit besonderem Auf-
wand gesteigert werden und die hohen Düsen-Austrittsgeschwindigkeiten wirkten sich
ungünstig auf den Vortriebswirkungsgrad aus. Die intensive Entwicklung von Bypass-
Triebwerken bzw. Turbofan-Triebwerke war die Folge. Dies trifft sowohl für den zivilen
Flugverkehr zu als auch für die militärischen Hochleistungsflugzeuge besonders für den
Überschallflug.
Durch die Gestaltung der Niederdruck-Verdichterstufen in Fan- bzw. Gebläse-
Bauart verschiedener Variationen entstanden in den 1960er und 1970er Jahren die
Mitteldruck-Turbofan-Triebwerke mit Bypass-Verhältnissen BPR zwischen etwa 2 bis
über 6. Der ““uflade-Effekt””führte zu Verdichter- bzw. Gesamtdruck-Verhältnissen
OPR = ΠC ≈ 10 bis über 20. Die Turbinen-Eintrittstemperaturen erreichten Werte von
188 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Tt4 ≈ 1300 bis über 1500 K. Die Komponenten-Wirkungsgrade wurden merklich gestei-


gert und die Anpassungsfähigkeit der Antriebe durch Mehrwellen-Bauweise und ver-
stellbare Komponenten verbessert. Damit verbunden waren erhebliche Steigerungen der
Schub- bzw. Leistung-Masse-Verhältnisse F/m bzw. P/m und Verbesserungen der spezi-
fischen Brennstoffverbräuche SFC.
Eine weitere Steigerung der Bypassverhältnisse war erst sinnvoll, als einerseits Brenn-
kammern mit hohen Austrittstemperaturen sowie Verbesserungen bei der Kühlung von
Turbinenschaufeln erzielt worden waren (Abb. 1.4-1), andererseits im Turbomaschinen-
bau Gebläse bzw. Fans ausgeführt werden konnten, die Nabenverhältnisse etwa von 0,3
und supersonische Mach-Zahlen an den Schaufelblattspitzen aufwiesen.
Die Anwendung der ursprünglich meist einstufigen Hochleistungs-Gebläse an der
Stirnseite des Triebwerks war kennzeichnend für die Hochdruck-Turbofan-Triebwerke
mit Bypass-Verhältnissen BPR bis über etwa 6. Die Turbinen-Eintrittstemperaturen Tt4
erreichten damals Werte bis über 1500 K und das Triebwerks-Gesamtdruck-Verhältnis
OPR wurde bei geringer werdenden Stufenzahlen der Turbomaschinen auf ΠC ≈ 30
gesteigert.
Neben Triebwerken mit mittleren Schublasten um 50 kN für kleinere Verkehrsflug-
zeuge lag der wesentliche Auslegungsbereich von Hochdruck-Turbofan-Triebwerken bei
Schublasten um 200 kN wie sie damals bei Großraumflugzeugen verlangt wurden. Zur
praktischen Ausführung gelangten Bauweisen mit zwei und drei Wellen.
Bei der Zweiwellen-Bauweise (Abb. 2.6-15) sitzen auf der Niederdruckseite auf einer
Welle der meist einstufige Fan F, der mehrstufige Niederdruck-Verdichter LPC sowie
eine mehrstufige Niederdruck-Turbine LPT. Auf der Hochdruckseite im Gasgenerator
GG ist vor der Brennkammer ein vielstufiger Verdichter mit Schaufelverstellung in den
ersten Stufen angeordnet, der von einer gekühlten Hochdruckturbine angetrieben wird.
Die Aufheizung der verdichteten Luft erfolgt meist in kurzen und leichten Ring-Brenn-
kammern bei hohem Ausbrenngrad ηB > 99,8% und geringen Emissionswerten. Die
primärseitige Abströmung vollzieht sich in einer Schubdüse, sekundärseitig liegt eine
Ringdüse vor. Durch die Verstellung der Stator-Schaufeln im Hochdruckverdichter HPC
ist eine günstige Anpassung der gesamten Anlage an die jeweilige Flugaufgabe bei ver-
schiedenen Betriebszuständen gewährleistet.
Das Dreiwellen-Turbofan-Triebwerk (Abb. 2.6-16) arbeitete ursprünglich norma-
lerweise ohne eine Schaufelverstellung, da das konstruktive Konzept mit drei Wellen
sich flexibel an die verschiedenen Betriebszustände anzupassen vermag (RR RB211-
Familie). Der einstufige Fan wird bei relativ geringen Drehzahlen über die innen lie-
gende Welle von der Niederdruck-Turbine LPC angetrieben. Unabhängig davon laufen
die mehrstufigen Mittel- und Hochdruckverdichter IPC und HPC jeweils auf einer
Welle mit der ihnen zugeordneten Mittel- bzw. Hochdruck-Turbine, IPT und HPT.
Die weiteren Komponenten entsprechen den oben erwähnten Systemen. Nachfol-
gende 3-Wellen-Turbofan-Triebwerke mit sehr hohem Gesamtdruckverhältnis OPR
wie das Turbofan-Triebwerk RR-Trent1000 wurden mit verstellbaren Verdichterstufen
ausgestattet.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 189

Fan F Hochdruck- Hochdruck-


verdichter turbine HPT
HPC

B
Brennkammer

LPC Niederdruck- Niederdruck-


verdichter turbine LPT

2-Wellen-Turbofan-Triebwerk

Abb. 2.6-15 2 Wellen-Turbofan- Triebwerk (Konzept Pratt&Whitney PW4000) mit LP-Ver-


dichter LPC und Fan-Teil (II. Kreis), HP-Verdichter HPC mit Leitradverstellung in den ersten
Stufen, Ringbrennkammer B sowie HP- und LP-Turbine HPT und LPT. Darstellung nach Fa.
Pratt&Whitney und MTU Aero Engines

Für den Überschallflug eignen sich die bisher hier erwähnten Hochdruck-Turbofan-
Triebwerke nicht, da die hohen aerodynamischen Widerstände bei Überschallflugzeugen
neben einerseits großen Schüben andrerseits geringe Stirn-Widerstände der Antriebe
erfordern.
Neben der Reiseflug-Mach-Zahl ist die gesamte Flugmission für die Wahl eines Trieb-
werks besonders zu beachten. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Brennstoffzuladung
190 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Mitteldruck- Hochdruck- Hochdruck- Mitteldruck-


verdichter verdichter turbine turbine
IPC HPC HPT IPT

Fan F

B LPT
Brennkammer Niederdruck-
turbine

3-Wellen-Turbofan-Triebwerk

Abb. 2.6-16  3-Turbofan-Triebwerk (Rolls-Royce RB 211) Fan F (II. Kreis), Mitteldruckverdichter


IPC und Hochdruckverdichter HPC, Ringbrennkammer B sowie Hoch-, Mittel- und Niederdruck-
turbine, HPT, IPT, und LPT. Darstellung nach Fa. Rolls-Royce plc

eines Flugzeuges wird beim Start sowie im Steig- und Landeanflug verbraucht. Da nor-
malerweise ein Triebwerkstyp während des gesamten Fluges den jeweils notwendigen
Schub liefern muss, fordert man für dieses sowohl einen günstigen Brennstoffverbrauch
in allen Flugzuständen als auch zur Verkürzung der Start- und Steigzeit bis zur Reiseflug-
höhe große Schubreserven.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 191

6
DF m NK12
TP400
5
AN70 rs
C130PW150 Rot o
en
4 Op
UDF VHB-Turbofan
Fan-Durchmer

(BPR>6) GE90
fan
op GP7000
3 d- Pr GEnx
n
o fa ucte Trent500
rb D
Tu F
- G - GT
2 B
VH Turbofan
MRJ (BPR<6)
1

Existierende Triebwerke Neue Projekte


0
0 100 200 300 400 500
Nettoschub FN (Take-off) kN

Abb. 2.6-17 Überblick geplanter und ausgeführter Turbofan-Bypass-Triebwerke mit einem


BPR < 6 bis > 10 gruppiert eingeteilt dargestellt mit Fan-Durchmesser DF in m und Nettoschub FN
in kN [Hen12B]

Turbofan-Bypass-Triebwerke TF mit hohem Bypassverhältnis von inzwischen


BPR > 10 stellen den dominierenden Antrieb von allen Unterschall-Verkehrsflugzeugen
dar. Die Syntheserechnung zum Leistungs- und Betriebsverhaltens dieser komplexen
Triebwerke in Mehrwellen-Mehrstrom-Bauweise setzt erweiterte, flexible EDV-Pro-
grammtechniken voraus. Im Rahmen von Kap. 7 werden in Verbindung z. B. mit [Gas-
Turb] Hinweise und Darstellungen zu numerischen Berechnungsverfahren vorgestellt,
mit denen beispielhaft für beliebige Flugbereiche für typische Turbofan-Antriebssysteme
jeglicher Art berechnet werden können.
Zusammengefasst ist in Abb. 2.6-17 in Ergänzung zu Abb. 1.3-8 und 1.4-1 eine Über-
sicht zu den verschiedenen Turbofan-Triebwerken mit Fan-Durchmesser DF und Take-
Off-Nettoschüben dargestellt. Es kann in Verbindung mit der Darstellung in diesem Bild
festgestellt werden:
Turbofan-Bypass-Triebwerke TF ohne Mischung können mit zwei oder drei Wellen aus-
geführt werden. Die erste Komponente stellt der Fan F oder/und der Niederdruckverdichter
LPC dar, angetrieben durch die Niederdruckturbine LPT. Zwischen Fan F und Hochdruck-
verdichter HPC kann ein weiterer Verdichter angeordnet sein. Dieser als Booster bezeichnet
kann entweder von der Niederdruckturbine LPT angetrieben werden oder von einer Mittel-
druckturbine IPT. Den Kern des Triebwerks bildet der ein- oder zweiwellige Gasgenerator GG
mit dem Hochdruckverdichter HPC, der Brennkammer B und der Hochdruckturbine HPT.
192 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Schub-Kennfeld
250 Turbofan TF ohne Mischung
FN [kN] FSL Std =235 kN
225 BPR=4,3, OPR=30,
SFC g/(kN s) TET=1650 K
200 14 Durchsatz = 662 kg/s
Flughöhe
16 H0 = 0 m
175 18
Nettosscnach

H0=3273 m 1091 m
150 2182 m
4364 20
125
5455
100 6545
7636 22
75 8727
9818
10909
50 12000

25
0 .2 .4 .6 .8 1
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 2.6-18 Schubkennfeld eines Turbofan-Triebwerks TF (z. B. Typ GE CF6) berechnet mit


Drehzahlvorgabe nH = f(Tt2 ) und nH,max = 1.04nach [GasTurb]

Fan-Bypass-Triebwerke ohne oder mit Getriebe GTF mit Bypass-Verhältnis BPR


von etwa 6 bis über 10 bilden die Gruppe der VHB-Fan (very high bypass) sowie
Triebwerke mit BPR etwa > 10 die Gruppe der UHB-Fan (ultra high bypass). Daneben
werden weiterhin gemäß ihrer
Bauweise Unterteilungen für Bypass-Antriebe mit offenen oder ummantelten, 1
oder 2 Propellern oder Rotoren vorgenommen. Diese werden als DPF (ducted prop fan)
und als ADP-Fan-Triebwerke (advanced ducted fan) bezeichnet. Dabei werden die bei-
den Rotoren im Front- und Heckbereich des Antriebssystems gegenläufig betrieben.
In Abschn. 2.6.1 sind bereits Hinweise zu den Turboprop- und Propfan-Triebwerken
gegeben worden.
Schub und Brennstoffverbrauch im Flugbereich. In Abb. 2.6-18 ist als typisches
Ergebnis einer Leistungssyntheserechnung nach [GasTurb] und Kap. 7 das Schubkenn-
feld eines Turbofan-Triebwerks TF ohne Mischer dargestellt. Dabei wurde die Drehzahl
der Hochdruckwelle nH abhängig von der Verdichtereintrittstemperatur Tt2 vorgegeben.
Das Schubkennfeld wird durch die Charakteristik des spezifischen Brennstoffverbrau-
ches SFC ergänzt. Damit ergibt sich der Brennstoffverbrauch eines Triebwerks für z. B.
eine Flugmission im Höhenflug, wobei die Lage des Minimums dieser Kurve ausschlag-
gebend ist, wie Abb. 2.6-19 zeigt.
Die typische Form einer einzelnen SFC-Kurve ist in Abb. 2.6-19 für das hier betrach-
tete Beispiel eines Turbofan-Triebwerks TF ohne Mischer gegenüber einem TF-Trieb-
werk mit Mischung TFM aus dem folgenden Abschn. 2.6.4 vorab mit dargestellt.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 193

[g/kN s] H0=11000 m, M0 =0,80, ISA+10°


SFC
Spezifischer Brennstoffverbrauch

Turbofan
mit Mischung TFM
Turbofan
ohne Mischung TF

Nettoschub FN [kN]

Abb. 2.6-19  Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC und Nettoschub eines Turbofan-Triebwerks


TF ohne Mischung gegenüber einem TF-Triebwerk mit Mischung TFM (Abschn. 2.6.4) bei Reise-
flugbedingungen. Darstellung nach [GasTurb]

2.6.4 Turbofan-Triebwerke mit Mischung

Bei Bypass-Triebwerken mit großem Bypassverhältnis und Mischung der Primär- und
Sekundärluft TFM (dargestellt nach dem Programm [GasTurb] in Abb. 2.6-20) wer-
den der äußere, kältere Sekundär-Luftstrom (Ebene 16) und der innere Primär-Heiß-
luftstrom (Ebene 6) bei etwa gleichem Totaldruck und gleichem statischen Druck (d. h.
bei etwa gleichen Mach-Zahlen) beider Fluidströme durch den Mischer bis zur Ebene
64 zusammengeführt. Dies liegt prinzipiell auch bei den Turbofan-Triebwerken mit klei-
nem Bypassverhältnis mit Mischung und Nachbrenner TFMA vor, wie sie in Abschn. 1.3
und besonders anschließend in Abschn. 2.7 dargestellt werden. Dabei gilt es größere
Verluste an Totaldruck im Zusammenhang mit der Mischung zu vermeiden. Nach der
Mischung werden abschließend die gemischten Ströme durch eine gemeinsame Düse
beschleunigt und entspannt.
Bei Turbofan-Triebwerken mit hohem Bypassverhältnis kann durch die Mischung
außer einer Reduzierung der Lärmemission auch eine Erhöhung der Schubwerte erzielt
werden (Abb. 2.6-19). Dies bedarf allerdings einer guten Abstimmung der Zustands-
größen der beiden Fluidströme, die über eine Optimierung der Arbeitsprozesse vorge-
nommen werden kann. Weiterhin ist bei Bypass-Turbofan-Triebwerken mit kleinem
Bypassverhältnis (Abschn. 2.7) mit zusätzlicher Brennstoff-Einspritzung und Düsenrege-
lung eine getrennte Aufheizung der beiden Ströme primär- und sekundärseitig möglich,
194 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 2.6-20  Turbofan-Triebwerk mit Mischung TFM (häufig bei Regionalflugzeugen) nach [Gas-
Turb]. Beispiele: V2500 (EAE) und RR-BR700-Familie

wie es zum Beispiel auch bei VCE-Triebwerken mit variablem Arbeitsprozess (variable
cycle engine) der Fall sein kann (Abschn. 8.5).
Die numerische Bestimmung der Mischungscharakteristiken über entsprechende
Simulationsmodelle wie sie in [GasTurb] angewandt werden können mit Vernachlässi-
gung einer vollständigen Mischung über den Impulssatz, den Energiesatz und die Kon-
tinuitätsgleichung berechnet werden. Dabei werden gleiche Totaldrücke im Haupt- und
Nebenstrom und konstante Totaltemperaturen über dem Mischer-Austrittsquerschnitt
angenommen. Ideale Verhältnisse mit verlustloser Mischung dieser Art lassen sich in
Wirklichkeit nicht herstellen. Die auftretenden Mischungsverluste sind abhängig vom
Unterschied der Geschwindigkeiten an der Trennstelle zwischen Primär- und Sekundär-
strom und hängen bei angenommen konstantem Gesamtdruck am Mischereintritt vom
Verhältnis der Totaltemperaturen beider Ströme primär aus Ebene 6 und sekundär aus
Ebene 13 bzw. 16 ab. Abhängig vom Bypass-Verhältnis stellt sich nach der Mischung
in der Ebene 64 eine Totaltemperatur Tt64 zwischen den Totaltemperaturen Tt6 und
Tt13 ein, wie in Abb. 2.6-21 bei einem Arbeitsprozess eines Turbofan-Triebwerks mit
Mischung TFM im h-s-Diagramm dargestellt zu sehen ist.

Numerische Modellierung der Mischung Ausgangsbasis zur numerischen Model-


lierung eines idealen Mischungsvorganges sind die gasdynamischen Grundlagen mit
den Erhaltungssätzen nach Abschn. 2.1 und [GasTurb]. Angenommen wird dabei
eine vereinfachte Geometrie des Mischers nach Abb. 2.6-22. Der heiße Primärstrom
(Ebene 6) und der Sekundärstrom (Ebene 16) werden in einem Rohr etwa konstanten
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 195

pt4
Tt4 4
Turbofan mit Mischung TFM Tt41
41
BPR 4 - 5 Brennkammer Expansion
Status: M0=0 B
HPT
Standfall SL, STD
43
44

LPT
pt3
6 5
3 p0
Tt3

HPC
Verdichtung Mischung
21 64 8
LPC
h Fan 13
c 82 Schubdüse N
Einlauf T0 0 2 p0
2
p0

Abb. 2.6-21  Arbeitsprozess im h-s-Diagramm eines Turbofan-Triebwerks mit hohem Bypassver-


hältnis und Mischung TFM (Standfall, M0 = 0)

Mischer Simulationsmodell

16
∆ptk 161
163
∆A A=const
pt=const 64
Mischung 8
6 61
∆pth 63

Heißgas-Primärluft Gemischter Fluidstrom

Bypass-Kaltluft

Abb. 2.6-22 Simulationsmodell zum Mischvorgang bei Bypass-Turbofan-Triebwerken TFM.


Darstellung nach [GasTurb]

Querschnitts mit A64 = A6 + A16 gemischt. Für beide Ströme sind vor der Mischung
neben den Flächen die Durchsätze, die Totaltemperaturen und die Totaldrücke bekannt.
Zu bestimmen sind die Zustände in der gemischten Strömung in der Ebene 64, also
Tt64 , pt64 , p64 und ṁ64.
196 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Der Gesamtmassenstrom ṁ64 sowie das Brennstoff-Luftverhältnis FAR (fuel air ratio)
und der Luftmassenstrom ṁA lassen sich nach der Addition der Teilströme bestimmen mit
ṁ64 = ṁ6 + ṁ16 und ṁA 64 = ṁA 6 + ṁA 16 (2.6-28)
sowie durch die Mischung des Heißgasstromes mit dem Bypasstrom das Brennstoff-
Luftverhältnis FAR
FAR = (ṁ64 − ṁA 64 )/ṁ64 (2.6-29)
Aus dem Energieerhaltungssatz ergibt sich die Totalenthalpie des Gemisches aus
ht64 = (ṁ6 ht6 + ṁ16 ht16 )/ṁ64 (2.6-30)
und daraus die Totaltemperatur Tt64 der gemischten Strömung
Tt64 = T(ht64 , FAR64 ) (2.6-31)
Die isentropen Zustandsgrößen nach der Mischung müssen über den Gesamtdruck pt6
berechnet werden. Da dieser aber selbst eine gesuchte Größe ist, muss die Berechnung
mittels einer Iterationsrechnung und einem vorgeschätzten Totaldruck pt64 mit Hilfe des
Impulssatzes für die Mischung durchgeführt werden.
Der Impulssatz lautet hier
ṁ64 c64 + A64 p64 = ṁ6 c6 + A6 p6 + ṁ16 c16 + A16 p16 . (2.6-32)
Nach der Iteration ergibt sich mit einer vorgegebenen Genauigkeit der Totaldruck pt64
und die Geschwindigkeit c64 bei bekanntem A64. Damit ist mit ṁ64 = A64 c64 ρ die stati-
sche Temperatur bestimmbar
p64 c64
T64 = A64 (2.6-33)
R ṁ64
und schließlich im Rahmen der Iterationsschleifen neben der Geschwindigkeit c64 auch
alle andern endgültigen statischen Zustandsgrößen.
Die statischen Drücke p6 und p16 sind gleich, wenn die Strömung am Eintritt in den
Mischer parallel verläuft. Die Geschwindigkeiten c6 und c16 können aus dem Durchsatz,
der Fläche und den Totalzuständen am Eintritt in den Mischer bestimmt werden.
Der Schubgewinn, der bei Turbofan-Triebwerken durch Mischung der beiden Ströme
erzielen werden kann, ist in Abb. 2.6-23 für das Beispiel eines Triebwerks von mittle-
rem Bypass-Verhältnis BPR ≈ 5 mit dem Verhältnis des Schubes der gemischten Strö-
mung zu dem der ungemischten Ströme aufgetragen. Das Diagramm gilt für konstante
Eintritts-Machzahlen M6 = M16 = 0.35 und mit der Temperatur Tt16 = 400 K und bei
konstantem BPR.
Ein Schubgewinn stellt sich mit diesem Ergebnis nur dann ein, wenn die Temperatur
beider Ströme verschieden ist. Durch ungeschickte Wahl der Totaldrücke am Eintritt in
den Mischer kann der Schubgewinn absinken.
2.6  Propeller, Turboprop und Turbofan mit hohem Bypass 197

Turbofan mit Mischung TFM BPR = 5.0


1,05
FG M
1,0 1,1 Heißgas-Temp.
FG 1,04 0,9
pt161/pt61 0,8 1,2 Tt61
1,03
Bruttoschub-Verhältnis

1200K

1,02
1000K
1,01
800K
1,00
600K
0,99 400K

0,98
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8
Geschwindigkeitsverhältnis c163/c161

Abb. 2.6-23 Theoretisch, idealer relativer Schubgewinn bei einem Bypass-Triebwerk TFM mit


BPR = 5 durch Mischung der beiden Fluidströme. Darstellung nach [GasTurb, Kur08]

Mit steigendem Bypassverhältnis nimmt der maximale Schubgewinn ab, wie in der Dar-
stellung von Abb. 2.6-24 nach [Gri04B, Wal00B] gezeigt wird. Das Verhältnis der Brut-
toschübe mit Mischung zu den Bruttoschüben ohne Mischung ist umso größer, je höher
das Druckverhältnis und das Temperaturverhältnis Tt41 zu Tt2 ist bzw. das Verhältnis von
Heißgastemperatur zur Kaltlufttemperatur vor der Mischung Tt61 zu Tt161. Weitere detail-
lierte Hinweise zu Mischungsvorgängen sind in [Gri04B, Wal00B, Kur08] enthalten.

Reale Mischungsströmung und Verluste Die bisherige Berechnung der Mischung


erfolgte ohne Berücksichtigung eventueller Strömungs- oder Druckverluste. Der oben
gezeigte theoretisch mögliche Schubgewinn stellt sich in dieser Größe in der Praxis nicht
ein. Im stark vereinfachten Fall ist es deshalb möglich, durch eine pauschale Vorgabe
eines Gesamtdruckverlustes eine bessere Anpassung der realen thermodynamischen
Zustandsgrößen in der Abströmebene zu erreichen.
Eine vollständige Durchmischung mit einem vollständigen Temperaturausgleich zwi-
schen kaltem und heißem Kreis ist bei akzeptablem Aufwand nicht möglich. Über die
Definition eines Mischungswirkungsgrades
FGM − FG
ηM = = 0,5 bis 0,8 (2.6-34)
FGM opt − FG
mit der Summe der Bruttoschübe der ungemischten, einzelnen Ströme FG = FG8 + FG18
kann der verlustbehaftete Mischungsvorgang erfasst werden. Dabei stellt FGM den durch
198 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbofan mit Mischung


Gewinn an Bruttoschub H0=0 M0=0 ISA
1,06 ηF•ηLPT=const
FGM
FG 1,05 ptkalt / ptheiß=1,0

1,04
Bruttoschub relativ

1,03
C
Tt41/Tt2
1,02 40 6,5
35 5,5
1,01 30 4,5

1,00
0 2 4 6 8 10
Bypassverhältnis BPR

Abb. 2.6-24 Theoretischer Gewinn an Bruttoschub bei Bypass-Turbofan-Triebwerken TFM


durch Mischung der heißen und der kalten Primär- und Sekundärströme abhängig vom Bypass-
verhältnis BPR, dem Verdichter-Totaldruckverhältnis ΠC und dem Totaltemperaturverhältnis.
Ergebnisse nach Daten von Grieb [Gri04B, Wal00B]

Mischung wirklich erzielten Bruttoschub dar und FGM opt den bei idealer vollständiger
Durchmischung optimal erreichbaren Bruttoschub.
Eine genaue numerische Modellierung der Mischungsvorgänge ist exakt kaum mög-
lich, so dass die oben dargestellten Angaben zum Schubgewinn als rein empirisch zu
verstehen sind. Der praktische Einsatz von Mischern bei Turbofan-Triebwerken mit
hohem Bypassverhältnis ist demnach im Detail sehr sorgfältig zu prüfen. Ebenso ist bei
Turbofan-Triebwerken mit Mischung und Nachbrenner unter anderen aber ähnlichen
Gesichtspunkten der optimale Betrieb mit Mischung kritisch zu analysieren und zu
beurteilen (Abschn. 2.7 und 8.3) [Gri04B, Kur05].

2.7 Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner

Für Hochleistungsflugzeuge, die mit Unter- und Überschallgeschwindigkeit fliegen sol-


len, sind Turbofan-Triebwerke TFMA mit kleinem Bypassverhältnis bis BPR ≈ 2 und
Mischer M sowie Nachbrenner AB dominant. Das optimale Bypassverhältnis hängt von
der jeweiligen Flugmission ab. Je wichtiger der subsonische Flugbereich ist, desto größer
ist das Bypassverhältnis zu wählen. Beispielhaft werden anschließend Turbofan-Trieb-
werke im Vergleich einander gegenübergestellt. Zum Betriebsverhalten solcher Trieb-
werke wird in Abschn. 8.3 nochmals näher eingegangen. Abb. 2.7-1 zeigt schematisch
ein TFM und ein TFMA.
2.7  Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner 199

Turbofan-Triebwerk TFM
mit kleinem Bypass BPR und mit Mischung M

ohne Nachbrenner mit Nachbrenner AB


TFM TFMA

Abb. 2.7-1  Turbofan-Triebwerk mit Mischung TFM in 2-Wellen-Bauweise mit kleinem Bypass-


Verhältnis BPR (Bild links) sowie mit Mischung und Nachbrenner TFMA (Bild rechts) geeignet
für Unterschall- und Überschallflüge. Darstellung nach [GasTurb]

Die große Zahl der Parameter, die eine Auslegung von Bypass-Turbofan-Triebwerken
in 1-, 2- und 3-Wellenbauweise beeinflussen, erfordern abhängig von der Flugaufgabe
meist umfangreiche Parameterstudien. Anschließend werden deshalb in diesem Abschnitt
an ausgewählten Beispielen wesentliche Gesichtspunkte zur Auslegung dieser Triebwerke
dargestellt. Grundlage der Betrachtungen ist der teilweise vereinfacht betrachtete Arbeits-
prozess, wie er in den vorstehenden Abschn. 2.2 bis 2.6 bereits vorgestellt wurde. Die
Rechnungen wurden mit Syntheserechnungen wie mit [GasTurb] durchgeführt.

2.7.1 Auslegung von Turbofan-Bypass-Triebwerken mit kleinem


Bypassverhältnis und Mischung

Wie bei Turbofan-Triebwerken mit hohem Bypassverhältnis ohne oder mit Mischung
(Abschn. 2.6) deutlich wurde, ergeben sich auch bei Turbofan mit kleinem Bypassver-
hältnissen wesentlich bessere Gesamtwirkungsgrade ηO = ηth ηP als bei den einfachen
Turbojet-Triebwerken (Abschn. 2.4.2). In Abb. 2.7-2 wird schematisch solch ein typi-
sches 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk mit Mischung TFM gezeigt zusammen mit dem
Verlauf der Zustandsgrößen im h-s-Diagramm. Eine 3-Wellen-Bauweise ist prinzipiell
ebenso auf der Basis eines 2-Wellen-Gasgenerators möglich, wie in Abb. 1.3-1 zu sehen
ist [GasTurb, Mün72K, Hag82B, Gri04B, Wal00B].
Durch eine Aufteilung der Nutzenergie auf einen Primär- und Sekundärkreis mit
anschließender Mischung und gemeinsamer Schubdüse wird ein Energieanteil über eine
Niederdruckturbine LPT einem 3-stufigen Niederdruckverdichter LPC (oder Fan F)
zugeführt. Die vom LPC abgezweigte, komprimierte Luft umströmt als Bypassluft hier
den 1-welligen Gasgenerator GG und gelangt als Sekundärluftstrom nach der Mischung
mit dem Primärheißgasstrom zur Schubdüse. Ein 2-welliger Gasgeneratoren GG wäre
ebenfalls möglich. Im Gegensatz zu den Turbofan-Triebwerken mit hohem Bypassver-
hältnis ergibt sich hier bei kleinen Bypassverhältnissen im Abströmkanal ein höheres
Temperaturniveau vor der gemeinsamen Schubdüse.
200 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbofan mit Mischung TFM [GasTurb]


(BPR=0,3, FN=50 kN)
pt4
Arbeitsprozess 4
Turbofan mit Mischung Tt4
TFM HPT

44
Flugzustand Brennkammer
M0 > M2 LPT
QB 5 6

63 64 8 9 Düse
Mischung
pt3 c 92
3
Tt3 2
HPC p0
25
LPC 13
h Fan 182
Einlauf Tt0 0 2 c18
c 02 pt0 2
2
s

Abb. 2.7-2 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk mit Mischung TFM und kleinem Bypassverhältnis


BPR ohne Nachbrenner AB sowie mit Arbeitsprozess (schematisch) für den Flugfall mit M2 < M0
(Abb. 2.3-4a). Darstellung nach [GasTurb]
2.7  Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner 201

Die numerischen Berechnungen der Arbeitsprozesse basieren auf den gleichen


Grundlagen wie es im Abschn. 2.3 für das Turbojet-Triebwerk dargestellt wurde. Liegen
mehrere Verdichter vor, so sind die Eintrittszustände eines nachgeschalteten Verdichters
durch die Austrittszustände des vorhergehenden Verdichters bestimmt. Die Erhaltungs-
sätze für Massenströme und Energien sind sorgfältig zu kontrollieren sowie die Leis-
tungsgleichgewichte an den jeweiligen Rotoren. Wie bei allen Bypass-Triebwerken mit
Mischung liegt eine aerodynamische Koppelung der Verdichter durch die Mischung des
Primär- und Sekundärstromes vor. Als Mischungsbedingung gilt, dass vor der Mischung
gleiche statische Drücke primär- und sekundärseitig gegeben sind und die Strömungsge-
schwindigkeiten nicht zu sehr differieren, wie dies in Abschn. 2.6.4 sinngemäß behandelt
wurde.
Der Arbeitsprozess des TFM in Abb. 2.7-2 gilt für den Flugfall mit M0 > M2, das heißt
mit einer Verdichtung durch den Flugstau und damit einer Erhöhung der spezifischen
Enthalpie um c20/2.
Die Verdichtung des gesamten Massenstroms im LPC oder Fan erfolgt für den Pri-
märstrom von Ebene 2 bis 25 bzw. für den Bypass-Luftstrom außen von 2 auf 13. Im
HPC bzw. GG-Verdichter wird der Primärstrom vom Zustand 25 weiter auf den Ver-
dichterenddruck des Zustandes 3 gesteigert.
Nach der Brennkammer B expandieren die Heißgase in den beiden Turbinen HPT
und LPT, die den LPC und HPC antreiben. Nach der Mischung (Ebene 64) des heißen
Primär-Fluidstromes mit dem Ausgangszustand 6 und dem Bypass-Fluidstrom vom
Zustand 16 gelangt der gemischte Fluidstrom in die gemeinsame Schubdüse N, in wel-
cher der Massenstrom weiter expandiert und beschleunigt die Ausströmgeschwindigkeit
c9 bzw. kinetische Energie c29/2 erreicht.
An Stelle eines 1-Wellen-Gasgenerators ist abhängig von der Flugmission gegebenen-
falls ein 2-Wellen-Gasgenerator zweckmäßig. Es liegt dann ein 3-Wellen-Turbofan mit
Mischung vor (Abb. 1.3-2, Beispiel RB199, Flugzeug Tornado). In allen Fällen gilt, über
entsprechende Optimierungs-Parameterstudien das günstigste Bypassverhältnis BPR
und Gesamtdruckverhältnis OPR sowie die Teildruckverhältnisse der Einzelverdichter
wie ΠLPC, ΠIPC und ΠHPC zu finden. Dabei sollten frühzeitig auch über Syntheserech-
nungen nach Kap. 7, 8 und 9 der zu erwartende Verlauf der stationären und instatio-
nären, dynamischen Fahrlinien besonders in den Verdichterkennfeldern in Betracht
gezogen werden, wobei Verdichtergitter mit Schaufelverstellung das Betriebsverhalten
erheblich verbessern können. Nicht zuletzt sind technologische Gesichtspunkte und
Grenzbereiche der Triebwerkskomponenten von großer Bedeutung.
Tendenzmäßig ergeben Auslegungs-Studien zu TFM-Triebwerken für Unterschall-
flüge größere Bypassverhältnisse über 2 bis 4 hinaus und höhere Druckverhältnisse über
25 bis 30, wie dies bereits in Abschn. 2.6 für Triebwerke von Verkehrsflugzeugen mit
BPR größer 4 bis 5 zu sehen ist. Die auf eine Mission bezogene optimale Auslegung sollte
mit flexiblen Syntheseprogrammen wie zum Beispiel [GasTurb] vorgenommen werden.
Vereinfachte Verfahren zum Prinzip optimaler Auslegungen sind z. B. in [Mün72K,
Hag82B, Gas67B] enthalten.
202 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

SFC Turbofan mit Mischung TFM


[g/(kN s)] 10
38
15
36 Unterschallflug p
M0=0,9 20 OPR t 3
pt 2
spez. Brennstoffverbrauch

25
34 ISA, SL
30
32 0
BPR=0 A 10
30 reines TJ
0,5 15 p
28 OPR t 3
20 pt2
1,0 25
26 30
2,0 BPR
24 0

22 Stand, Start
M0=0 ISA, SL
20 0,5

18 B
1,0 Angenommen:
Wirkungsgrade const,
16 BPR Tt4, DS =1800 K
2,0
14
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
spez. Nettoschub FN m2 [kN/(kg/s)]

Abb. 2.7-3 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFM mit kleinem Bypassverhältnis BPR und


Mischung M (ohne Nachbrenner), geeignet für Unterschall- und Überschallflüge. Auslegungsrech-
nungen hier für DS (konstante Wirkungsgrade, Tt4 DS = 1800 K) und Flug in Bodennähe. Berech-
net nach [GasTurb, Mün72K, Hag82B]

Für Turbofan-Triebwerke mit mittlerem Druck- und relativ kleinem Bypassverhältniss


zeigt Abb. 2.7-3a das Ergebnis von Auslegungsrechnungen für den Stand- und Flugfall
in Bodennähe mit M0 = 0,9 (ISA, SL). Es handelt sich um 2-Wellen-Bypass-Triebwerke
mit einem Fan bzw. Niederdruckverdichter hinter dem die Sekundärluft in den außen
liegenden Bypasskanal abgezweigt wird sowie mit anschließender Mischung und einer
für Primär- und Sekundärstrom gemeinsamen Schubdüse, wie dies im Abschn. 2.6.3 bei
Triebwerken mit hohem Bypass-Verhältnis bereits prinzipiell behandelt wurde.
Der spezifische Brennstoffverbrauch SFC ist in Abb. 2.7-3 über dem auf den gesam-
ten Durchsatz bezogenen, spezifischen Netto-Schub FN /ṁges = FN /ṁ2 aufgetragen.
Parameterkurven sind das Gesamtdruckverhältnis OPR = pt3/pt2 und das Bypassver-
hältnis BPR = ṁII /ṁI. Die obere Parametergruppe wird durch den bodennahen Flug
mit M0 = 0,9 gekennzeichnet, die untere Gruppe gilt für den Standfall, also ISA, SL. Das
Bypass-Verhältnis BPR = 0 entspricht dabei dem reinen Turbojet-Triebwerk TJ.
Die Berechnungen in diesem Diagramm wurden so durchgeführt, dass die Kompo-
nentenwirkungsgrade und besonders die Turbinen-Eintritts-temperatur TET = Tt4
konstant gehalten wurden. Die eingetragenen Werte entsprechen dem jeweiligen Schub-
Maximum bzw. minimalen Verbrauch. Sie gelten für ein betrachtetes Bypassverhältnis
der günstigsten Leistungsaufteilung zwischen Primär- und Sekundärkreis.
2.7  Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner 203

Für den Standfall und den bodennahen Flug wird deutlich, wie stark der spezifische
Brennstoffverbrauch SFC und der spezifische Schub FN /ṁ2 mit zunehmenden Bypass-
verhältnis BPR abnimmt. Weiterhin ist zu erkennen, dass die Erhöhung des Gesamt-
druckverhältnisses OPR von 10 bis nahe 30 zu etwas besseren SFC-Werten führt, wobei
der Einfluss auf den spezifischen Schub gering bleibt.
Besonders zu beachten ist, dass die Schubwerte jeweils auf den Gesamtdurchsatz
bezogen sind. Der Primärdurchsatz des Basistriebwerks ist jedoch umso höher, je grö-
ßer die Aufladung durch den vorgeschalteten Niederdruckverdichter LPC ist. Dies
bedeutet, dass die Schubsteigerung durch das Vorschalten eines Fan oder LPC vor ein
Turbojet-Triebwerk wesentlich größer sein kann, als etwa entsprechend dem Anstieg der
auf den Primärdurchsatz bezogenen Schubwerte vermutet werden kann. Wenn es sich
auch in der Darstellung der Abb. 2.7-3 um eine Vielzahl möglicher Auslegungen han-
delt, so sind jedoch beispielhaft zwei Auslegungspunkte (A) und (B) eingetragen, anhand
derer gezeigt werden kann, welche Veränderungen das Schub- und Verbrauchsverhalten
erfahren, wenn ein Turbojet-Triebwerk TJ (Punkt A) in ein Bypass-Turbofan-Triebwerk
TFM (Punkt B) verwandelt wird.
Der Betriebspunkt (A) im Abb. 2.7-3 stellt ein reines Turbojet TJ mit einem Druck-
verhältnis von 10 und einer Brennkammertemperatur von 1800 K dar. Wird diese Tem-
peratur beibehalten und vor das TJ-Basistriebwerk ein Niederdruckverdichter LPC für
ein Bypassverhältnis von zum Beispiel BPR = 1 angeordnet, dann wird so der Punkt (B)
in Abb. 2.7-3 erreicht. Ein LPC-Druckverhältnis von etwa 3,2 ergibt zusammen mit dem
nunmehr reduzierten Druckverhältnis des Hochdruckverdichters HPC von etwa 7,8 ein
Gesamtdruckverhältnis von OPR = 25 (Abb. 2.7-4).
Ergänzend zu den Auslegungen sind in Abb. 2.7-4b nach Abb. 2.7-3 für den boden-
nahen Flug mit M0 = 0,9 die entsprechenden Druckverhältnisse der Komponenten LPC
und HPC sowie die Gesamtdruckverhältnisse OPR aufgetragen, wie sie sich abhängig
vom Bypassverhältnis durch die oben erwähnte Mischbedingung ergeben haben.
Infolge der Vorverdichtung ist der Primärdurchsatz angestiegen, so dass mit dem
Anstieg des spezifischen Schubes eine wirkliche Schuberhöhung erzielt wird. Dabei geht
der Brennstoffverbrauch erheblich zurück. Beträgt der zusätzliche konstruktive Aufwand
für den Niederdruckverdichter, dessen Antriebsturbine, den Bypasskanal und die etwa
nötige Verstärkung des Basistriebwerkes weniger als das ursprüngliche Masse des Basis-
triebwerks, so wird das Gesamttriebwerk spezifisch leichter. Außerdem wird die Schu-
berhöhung eines Bypass-Triebwerks gegenüber dem Turbojet-Triebwerk mit steigender
Brennkammertemperatur relativ größer.
Für den Flug in Bodennähe kann, wie bereits tendenziell beim Turbojet-Triebwerk TJ
(Abschn. 2.5) zu sehen ist, festgestellt werden, dass der spezifische Schub und der spezifische
Brennstoffverbrauch SFC im Standfall günstiger sind als beim Reiseflug. Durch die mit stei-
gender Flughöhe sinkenden Temperaturen am Triebwerkseintritt verbessert sich der SFC.
Für den Unterschallflug mit hohem Bypassverhältnis werden, wie bereits im
Abschn. 2.6 gezeigt wurde, besonders im zivilen Luftverkehr aus ökonomischen Gründen
Bypass-Triebwerke mit BPR von 4 bis über 10 entwickelt und geflogen. Damit verbunden
sind, wie bei militärischen Triebwerken, steigende Turbinen-Eintrittstemperaturen.
204 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Gesamtdruckverhältnis
OPR
p3 t
12 = 30
p2 t

Hochdruckverdichter
10 25
HPC
Verdichter-Druckverhältnisse


HPC

8 20
B

15
6
Niederdruckverdichter

10
4
∏ LPC B 20 30

LPC 10
2
0,5 1,0 1,5 2,0
Bypassverhältnis BPR

Abb.2.7-4 Druckverhältnisse der Hoch- und Niederdruckverdichter HPC und LPC sowie das
Gesamtdruckverhältnis OPR von Turbofan-Triebwerken TFM mit Mischung ohne Nachbrenner
nach Abb. 2.7-3a abhängig vom Bypassverhältnis BPR für den Flug in Bodennähe mit M0 = 0,9
(ISA SL). Berechnet nach [GasTurb, Mün72K, Hag82B]

Beim Überschallflug mit Bypass-Triebwerken mit Mischung zeigen die vorstehen-


den Auslegungsstudien, dass innerhalb einer Flugmission beim Start und bodennahen
Flug auch unter Berücksichtigung der Lärmemission bereits das Triebwerk ohne Nach-
brenner gute Eigenschaften zeigt. Im Überschallflug allerdings sind nur noch kleine
Bypassverhältnisse unter BPR < 2 bis 3 sinnvoll. Zudem spielt im Überschallflug mit
steigender Fluggeschwindigkeit die Stirnfläche des Triebwerks eine bedeutende Rolle,
sodass aus Gründen des Flugzeugwiderstandes maximal BPR bis 2 möglichst zu wählen
sind. Als optimale Gesamtdruckverhältnisse OPR können Werte von 25 bis 30 ange-
setzt werden.
Mit Abb. 2.7-5 wird zusammenfassend auch in Verbindung mit Kap. 8 als Ergeb-
nis einer Parameterstudie von Turbofan-Triebwerken für den Überschall-Höhenflug
bei M0 = 2 gezeigt, bei welcher der spezifische Brennstoffverbrauch SFC abhängig von
BPR und OPR sowie vor allem vom Fan-Durchmesser zu sehen ist. Die einzelnen Aus-
legungspunkte gelten für vorgegebenen konstanten Nettoschub FN. Unabhängig von der
Lärmabstrahlung ist für einen höheren Überschallflug das einfache Turbojet-Triebwerk
TJ (BPR = 0) dem Bypass-Triebwerk überlegen.
2.7  Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner 205

Turbofan mit Mischung TFM


SFC ohne Nachbrenner
37
[g/(kN s)]
OPR
8

Gesamtdruckverhältnis
36
2
Bypassverhältnis
spez. Brennstoffverbrauch

BPR
35
3 Überschall-Höhenflug
12
4 5 H0=11000 m, M0=2
34 Schub FN= const.
16

20 40
33
24
36
28
32
32

31
0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2
Fan Durchmesser [m]

Abb. 2.7-5 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFM mit kleinem Bypassverhältnis BPR und


Mischung. Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC abhängig von Auslegungsparametern wie BPR,
OPR und Fan-Durchmesser für Überschall-Reiseflug bei M0 = 2. Nachbrenner nicht geschaltet.
Darstellung nach [GasTurb, Mün72K, Hag82B]

2.7.2 Auslegung von Turbofan-Triebwerken mit Mischung


und Nachbrenner

In Erweiterung des Turbofan-Triebwerks TFM mit Mischung aber ohne Nachbrenner


erweisen sich beim Überschallflug und bei Flug-Mach-Zahlen über 1,5 bis 2 hinaus die
Turbofan-Bypass-Triebwerke mit Mischer und Nachbrenner TFMA dem Triebwerk
ohne Nachbrenner überlegen. Die Bauweise solcher Triebwerke und der dazugehörige
Arbeitsprozess sind Abb. 2.7-6 zu entnehmen. Auch hier gilt es, die Mischungsbedin-
gung beim Zusammenführen von Primär- und Sekundärluft zu beachten. Die Drücke
in der Strömung vor der Mischung mit Zustand 6 und 16 müssen in beiden Strömen
nahezu gleich sein (Abschn. 2.6.4).
In Gegenüberstellung zu den Ergebnissen der Parameterstudie zum TFM ohne Nach-
brenner (Abb. 2.7-3a) wird in Abb. 2.7-7 das Ergebnis einer Parameterstudie zum Betrieb
mit Aufheizung der gemischten Primär- und Sekundärmassenströme dargestellt. Die
Daten der Basistriebwerke sind dabei die gleichen wie bei Abb. 2.7-3a. Die Nachbrenner-
Endtemperatur wurde hier beim TFMA mit Tt7 =2000 K konstant bleibend beibehalten.
Für den bodennahen Flug, hier bei M0 = 0,9 (SL), zeigt sich bereits, dass das Gesamt-
druckverhältnis OPR sowohl beim SFC wie auch beim spezifischen Schub von geringem
Einfluss ist. Gegenüber dem Triebwerk ohne Aufheizung im Nachbrenner AB wird der
206 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

13 16
0 1 2 21 3 4 44 5 6 64 7 8 9

7 89
Tt7 pt7
Düse
Arbeitsprozess pt4 Nachbrenner c 92
Tt4 4 qAB
2
Flugzustand HPT p0
M0 > M2
44
Brennkammer
LPT
qB 5 6

64
63
pt3 Mischung
3
Tt3
HPC
24
h LPC 13 2
Fan 18 c18
T
Einlauf t0 0 2 2
c 02 pt0 p0
2
s

Abb. 2.7-6 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFMA mit Mischung und kleinem Bypassverhältnis


BPR wie in Abb. 2.7-2 hier aber mit Nachbrenner AB (Beipiel SNECMA M88 mit BPR = 0,3).
Darstellung nach [GasTurb]

spezifische Schub erheblich gesteigert. Weiterhin ist zu sehen, dass der SFC gegenüber
dem „Trockenbetrieb“ ohne AB ebenfalls stark ansteigt. Eine Flugmission mit lang
andauerndem Nachbrennerbetrieb ist demnach möglichst zu meiden.
Bei einer Flug-Mach-Zahl von M0 = 2,2 im Höhenflug bei H0 = 11000 m zeigen sich
tendenzmäßig in verstärktem Maße ähnliche Zustände wie beim bodennahen Flug. Das
im Bild angegebene OPR hier im Höhenflug stellt nicht das Auslegungs-OPR der jewei-
ligen Triebwerke dar, sondern die Druckverhältnisse im Teillastbetrieb. Das Gesamt-
druckverhältnis OPRA der Auslegung A kann etwa doppelt so hoch sein wie die im Bild
angegebenen Werte, die eigentlich Teillast-Betriebspunkten Bi entsprechen. Dazu werden
2.7  Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner 207

Turbofan mit Nachbrenner TFMA

SFC Nachbrenner
75 AB
BPR=2,0 BPR=2,0
[g/(kN s)]
OPR 1,0
5 - 15 Überschallflug M0=2,2
0,5 BPR=1,0
Unterschallflug M0=0,9
70 BPR=0,0
spez. Brennstoffverbrauch

(reines TJ)
BPR=1,0
Überschallflug
H0=11000 m, M0=2,2
ISA
65
BPR=0,5
OPR=10, 15 bis 25
Unterschallflug
H0=0 m, M0=0,9
60 ISA, SL
BPR=0,0
(reines TJ)

0,80 0,90 1,00


spez. Schub F m2 [kN/(kg/s)]
N

Abb. 2.7-7  2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFMA mit kleinem Bypassverhältnis BPR, Mischung


M und Nachbrenner AB, geeignet für Unterschall- und Überschall-Flüge. Darstellung nach [Gas-
Turb, Mün72K, Hag82B]

bei der Darstellung des Betriebs- und Teillastverhaltens von TFMA in Abschn. 8.3 nähere
Details gegeben.
Der erhebliche Anstieg des spezifischen Brennstoffverbrauchs SFB bei kleiner Flug-
Mach-Zahl (hier bei M0 = 0,9) mit zunehmendem Bypass-verhältnis BPR ist beachtlich.
Beim Höhenflug mit der Mach-Zahl M0 = 2,2 ist der SFB-Anstieg wesentlich geringer.
Bei der optimierten Auslegung von TFMA-Triebwerken ist deshalb dem Bypassver-
hältnis BPR abhängig von der Flugmission besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Zusammengefasst zeigt sich, dass Auslegungs-Parameterstudien mit flexiblen nume-
rischen Syntheseprogrammen wie [GasTurb] gekoppelt mit entsprechenden Optimie-
rungsstrategien zu bearbeiten sind, um mit der großen Zahl von Auslegungsparametern
schließlich eine effiziente Lösung zu erzielen.
Analog zur Darstellung der Parameterstudie in Abb. 2.7-7 wird für den Nachbren-
nerbetrieb in Abb. 2.7-8 für konstanten Nettoschub die Abhängigkeit vom Fan-Druck-
verhältnis vorgestellt. Das optimale Gesamtdruckverhältnis liegt bei OPR = 8 bis 14 bei
sehr kleinen BPR kleiner 0,5. Für eine ökonomische Flugmission sollten höhere BPR und
OPR angestrebt werden bei möglichst langen Flugphasen im Unterschall sowie minima-
len Einsatz des Nachbrenners.
Mit den beiden Abb. 2.7-9 und 2.7-10 werden zwei typische, erfolgreiche Turbofan-
Serientriebwerke TFMA mit kleinem BPR, mit Mischung und stufenlos einstellbarem
Nachbrennerbetrieb vorgestellt.
208 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbofan mit Mischung und Nachbrenner


SFC TFMA
[g/(kN s)] 1,50
59 Nachbrenner
AB
1,00
spez. Brennstoffverbrauch

58

0,50
57 Überschall-Höhenflug
H0=11000 m, M0=2
0,25 Schub FN=const.
56 Bypassverhältnis
BPR 0,0
4
55
6
Gesamtdruckverhältnis 8
54 OPR 10 14

53
1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0 3,2
Fan-Druckverhältnis Fan

Abb. 2.7-8 Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC von Turbofan-Triebwerken TFMA mit klei-


nem Bypassverhältnis BPR, Mischung M und Nachbrenner AB abhängig vom Fan-Durchmesser,
Bypassverhältnis BPR und Gesamtdruckverhältnis OPR hier für den Überschall-Höhenflug nach
[GasTurb, Mün72K, Hag82B]

2-Wellen-Turbofan TFMA GE F414-400


mit Mischung und Nachbrenner

Schub (SL/STD) FN,max,AB 98 kN


Schub/Masse FN/m 9:1
Durchsatz 77,1 kg/s
Druckverhältnis OPR 30:1
Durchmesser 890 mm

Abb. 2.7-9  2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFMA mit kleinem Bypassverhältnis BPR, Mischung


M und Nachbrenner AB, geeignet für Unterschall- und Überschallflüge (GE F 414-400). Darstel-
lung nach Fa. GE Aircraft Engines

Das 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk mit Schaufelverstellung von General Elec-


tric (USA) GE F 414-400 (Abb. 2.7-9) und das 3-Wellen-Turbofan-Triebwerk RB199
ohne Schaufelverstellung, mit Mischung und Nachbrenner sowie einer Schubdüse mit
2.7  Turbofan mit kleinem Bypass und Nachbrenner 209

3-Wellen-Turbofan TFMA RB199 (RR, MTU, Fiat)


mit Mischung, Nachbrenner und Schubumkehr

Schub (SL/STD) FN,max,AB 74,5 kN


Schub/Gewicht FN/m 7,6 kN
Durchsatz 75,3 kg/s
Druckverhältnis OPR 24,5
Durchmesser 752 mm

Abb. 2.7-10 3-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFMA (ohne Schauferverstellung) mit kleinem


Bypassverhältnis BPR, Mischung M und Nachbrenner AB sowie Schubdüse mit integrierter Schu-
bumkehr geeignet für Unterschall- und Überschallflüge (RR, MTU, Fiat u. a., RB199). Darstellung
nach Turbo-Union Ltd

integrierter Schubumkehr der europäischen Firmen RR, MTU, Fiat u. a. sind beson-
ders gut geeignet für Unterschall- und Überschallflüge bei vielfältigen militärischen
Flugmissionen.

2.8 Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie-


und Marine-Technik

Turboshaft-Gasturbinen TS bzw. Wellenleistungs-Gasturbinen PGT in einfacher Bau-


weise und Schaltungsart wurden in den einführenden Kap. 1, Abschn. 2.2 und 2.3
vorgestellt. Der entsprechende Arbeitsprozess wird in Abb. 2.2-12 gezeigt. Eine Gastur-
binen-Anlage mit dem Kern des 1- oder 2-Wellen-Gasgenerators GG und einer Nutz-
leistungsturbine PT ermöglicht mit der Abgabe von Wellenleistung eine Vielzahl von
stationären und mobilen Anwendungen, wonach sich letztlich die zweckmäßige Ausle-
gung und der entsprechende Arbeitsprozess ergibt. Auf Erweiterungen dieser Anlagen
mit Wärmetauschern und Kühlern zur Verbesserung zum Beispiel des thermischen
Wirkungsgrades wird in Abschn. 2.9 und in Abschn. 7.3 eingegangen. Die Anwen-
dungsgebiete reichen von den stationären Energieanlagen in Kraftwerken, den Antrie-
ben von Schiffen, Luftkissen- und Schienen-Fahrzeugen hin bis zu den Triebwerken
von Propeller-Flugzeugen und Hubschraubern. Abbildung 2.8-1 gibt eine Übersicht zu
diesen Anwendungsbereichen mit einer Unterteilung nach Leistungsklassen. [GasTurb,
Mün72K, Mün77B, Hag82B, Brä01Ba, Lec03B, Gri04B, Wal00B].
210 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turboshaft-Gasturbinen TS Standardversionen
Wellenleistungs-Gasturbine mit 1- bzw. 2-Wellen-Gasgenerator GG
stationär mobil
Konventionelle GT Aero-Derivative Turboshaft-Flugantriebe
Energietechnik Schiffstechnik Flugtechnik

Kraftwerks-GT Handelsschiffe Hubschrauber


20 → 300 MW 10 → 70 MW 0,3 → 5 MW
Industrie-GT Marine Turboprop
5 → 70 MW 10 → 70 MW 0,3 → 10 MW
Heavy-Duty-GT Hovercraft Hilfsgasturbinen
50 → 300 MW 5 → 25 MW 0,1→ 2 MW
Kombi GuD-KW
50 → 300 MW
Schienen-Triebwagen
2 → 10 MW

Abb. 2.8-1  Anwendungsbereiche von Turboshaft-Gasturbinen TS mit Wellenleistungsabgabe PW


in 1-, 2- und 3-Wellenbauweise ohne oder mit Getriebe G

2.8.1 Turboshaft-Gasturbinen und Auslegungsparameter

Für eine typische 2-Wellen-Turboshaft-Gasturbine wurde bereits in Abb. 2.2-12 das


Schema des Triebwerks und der Arbeitsprozess dargestellt, wobei die Abströmung der
Heißgase nach der Nutzleistungsturbine PT hervorgehoben gezeigt wurde. Einmal für die
Bauweise mit einem Abgasrohr ohne und zum andern mit einer Diffusor-Kanalabströmung.
Bei Triebwerken für Propeller-Flugzeuge und Hubschrauber kann die kinetische Aus-
strömenergie c28 /2 und somit die Austrittsgeschwindigkeit c8 zur Erzeugung eines Rest-
schubes mit etwa 2 bis 4 % des Gesamtschubes von Propeller und Düse herangezogen
werden (Abschn. 2.6 und 8.1).
Zum Überblick über die Abhängigkeit der Leistungsdaten von wichtigen Auslegungs-
parametern werden in Abb. 1.2-1 und in Abb. 2.8-2 der thermische Wirkungsgrad ηth
abhängig vom Verdichterdruck- bzw. Gesamtdruckverhältnis OPR = pt3/pt2 und von
der Turbinen-Eintrittstemperatur TET = Tt4 sowie von der spezifische Leistung PPT /ṁ2
gezeigt (Abb. 2.2-15 und 2.3-1). Zugrunde gelegt sind in dieser vereinfachten Studie der
beiden Bilder konstante polytrope Wirkungsgrade von Verdichter C und Turbine T mit
90 %.
Weiterhin werden übliche Verluste angenommen wie Druckverluste in Brennkammer
und Abgasrohr, Kühlluftströme abhängig vom Temperaturniveau, Leckluft sowie Leis-
tungen für Hilfsgeräte.
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 211

0,6 Joule-Prozesse
halb ideal
η th
ηCpol=ηTpol= 0,9
therm. Wirkungsgrad
2000 K
1800 K
0,5 1600 K
1500 K
1400 K

1300 K

0,4
Temperatur Tt4 =1200 K

0,3
0 10 20 30 40 50 60
Verdichter-bzw. Gesamtdruckverhältnis ΠC bzw. OPR

Abb. 2.8-2  Thermischer Wirkungsgrad von Turboshaft-Gasturbinen TS abhängig vom Gesamt-


druckverhältnis OPR und von der Turbinen-Eintritts-temperatur Tt4

Einer bestimmten Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 ist jeweils ein Optimum des ther-
mischen Wirkungsgrades ηth und/oder der spezifischen Leistung bei unterschiedlichen
Druckverhältnissen OPR zugeordnet. Für den thermischen Wirkungsgrad liegt das opti-
male Druckverhältnis für eine konstante Turbinen-Eintrittstemperatur TET höher als
bei der spezifischen Leistung. Bei detaillierten, erweiterten Triebwerksauslegungen ist
zusätzlich eine sorgfältig abgestimmte Erfassung des internen Kühl- und Luftsystems
vorzunehmen, da dies erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer des Triebwerks und des-
sen Folgekosten hat.
Dazu wird anschließend für ein typisches Turboshaft-Triebwerk der 1000 kW-Klasse
wie sie zum Beispiel für Hubschrauber-Triebwerke ausgelegt werden, in Abb. 2.8-3 eine
Auslegungs-Parameterstudie gezeigt. Dabei wurde der Durchsatz am Triebwerks-Eintritt
ṁ konstant gehalten und als Prozessparameter das Gesamtdruckverhältnis OPR = pt3/
pt2 und die Turbinen-Eintrittstemperatur TET = Tt4 verwendet.
Ausgehend von einer konventionellen Auslegung nach Punkt (A1) soll bei gleich blei-
bendem ṁ2 eine fortschrittliche Auslegung nach Punkt (A2) mit Steigerung der maxi-
male Turbinen-Eintrittstemperatur TET und Erhöhung des OPR erreicht werden. Dabei
ist das Druckverhältnis der 1-stufigen HPT pt4/pt45 = 4 zu halten und die Eintrittstem-
peratur der LPT Tt45 = 1300 K soll nicht überschritten werden, damit die LPT weiterhin
ungekühlt betrieben werden kann. Das Ergebnis der Parameterstudie zeigt, dass mit den
212 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

1 2 3 4 5 8
Turboshaft-Gasturbine TS 45

1000 kW – Klasse
Parameterstudie PPT

SFCP TET=Tt4 1400 K 1500 K


PT
400 1600 K
1700 K 1800 K
[g/(kW h)]
5,0
OPR
spez. Brennstoffverbrauch

350

7,5
300
10
A1
15
A2
250 20
25
30
400 600 800 1000 1200 1400 1600
Wellenleistung PPT [kW]

Abb. 2.8-3 Parameterstudie zur Optimierung einer 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine TS vom


Auslegungspunkt (A1) zum Punkt (A2). Darstellung nach [GasTurb, Mün77B, Ric82, Hag82B,
Lec03B, Wal00B]

Leistungskennfeld Turboshaft-GT
1200
PPT A = 1100 kW A
PPW [kW] SFC = 280 g/(kW h)
100%
1000 290
Wellenleistung

95%
800 300

320 90% Drehzahl


nGG
600
350
85%
400 400
80%
200 450 75%

0
60 70 80 90 100 110 120
Abtriebsdrehzahl nPT [%]
Abb. 2.8-4 Leistungskennfeld eines 1100 kW-Turboshaft-Triebwerks TS vom Typ GE T700
bestimmt mit Synthese-Teillastrechnung nach [GasTurb, Ric82]
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 213

TurboshaftGE T700

Abb. 2.8-5  2-Wellen-Turboshaft-Triebwerk TS für Hubschrauber (GE T700 mit etwa 1100 kW


Leistung) hier eingebaut in Doppelbauweise in einem Rettungshubschrauber. Darstellung nach GE
Aircraft Engines

vorgegebenen Werten eine Auslegung (A2) mit TET = 1730 K und einem OPR = 18 der
spezifische Brennstoffverbrauch SFC erheblich gesenkt werden kann und die Nutzleis-
tung an der Abtriebswelle nahezu 1400 kW erreicht.
Das typische Leistungskennfeld eines 1100 kW-Turboshaft-Triebwerks wird in
Abb. 2.8-4 gezeigt. Mit diesem Kennfeld für das stationäre Leistungs- und Betriebsver-
halten wird deutlich, dass abhängig von den Drehzahlen des Gasgenerators nGG und der
Nutzleistungsturbine nPT verbrauchsoptimale Betriebsbereiche bei verschiedenem Leis-
tungsniveau möglich sind. Zur Bestimmung des stationären und instationären Betriebs-
verhaltens im Volllast- und Teillastbetrieb mit Hilfe numerischer Syntheserechnung wie
[GasTurb] wird in Abschn. 7.3 näher eingegangen.
In Abb. 2.8-5 wird ergänzend zu Abb. 2.8-4 als Beispiel ein typisches sehr erfolg-
reiches Serientriebwerk der Leistungsklasse um 1100 bis 1700 kW gezeigt, das Hub-
schrauber-Turboshaft-Triebwerk GE T700, das auch als Propeller-Triebwerk (GE CT7)
eingesetzt wird. In Verbindung mit den Hubschrauber-Turboshaft-Triebwerken werden
mit Abb. 2.8-10 weitere Hinweise zum Turboshaft T700 gegeben.

2.8.2 Turboshaft-Triebwerke für Hubschrauber und Turboprop

Kleingasturbinen und Turboshaft-Triebwerke für Energie- und Hilfs-Gasturbinen sowie


als Antriebe für Hubschrauber und Propeller-Flugzeuge können grob in Leistungsbe-
reiche bis etwa 500 kW, bis 1500 kW und bis 10000 kW eingeordnet werden. Von der
214 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turboshaft-Gasturbinenzur Abgabe von Wellenleistung


ohne oder mit Getriebe

mit Ein-Wellen-Gasgenerator

mit Zwei-Wellen-Gasgenerator

Abb. 2.8-6  Turboshaft-Gasturbinen zur Abgabe von Wellenleistung mit 1- und 2-Wellen-Gasge-


neratoren GG. Darstellung nach [GasTurb]

Bauweise her gesehen setzen sich diese Turboshaft-Triebwerke aus 1- oder 2-Wellen-
Gasgeneratoren GG bzw. Kerntriebwerke (core engine) zusammen sowie mit oder
ohne einer freilaufenden Nutzleistungsturbine PT. Abbildung 2.8-6 gibt ergänzend zu
Abb. 1.3-1 einen Überblick zu diesen Schaltungen.
Wie bei allen Gasturbinen und Turbotriebwerken sind abhängig vom Einsatzbereich
und der Flugaufgabe das Leistungsniveau und der Durchsatz für die Auslegung und die
Auswahl der Ein- oder Mehrwellen-Verdichterbauweisen maßgebend. Bis zu einem
Durchsatz von etwa 2 bis 4 kg/s dominiert der 1-stufige Radialverdichter, der bis zu
einem Druckverhältnis von über 6 bis 7 ausgelegt werden kann.
Bei höheren Durchsätzen bis zu 10 kg/s werden Axial-Radial-Kombinationsverdichter
ausgeführt. Bei noch größeren Durchsätzen sind hauptsächlich mehrstufige, mehrwellige
Axialverdichter im Einsatz, wobei allerdings für sehr hohe Gesamtdruckverhältnisse die
letzte Verdichtersektion wieder mit einer Radial-Endstufe abgeschlossen werden kann.
Damit verbunden ergeben sich höhere Werte für die pezifischen Leistungen und die Ver-
besserung der spezifischen Brennstoffverbräuche SFC.
Einwellen-Gasturbinen mit Abgabe der Nutzleistung direkt von der Gasgenerator-
Welle sind auch bei starker Leistungsänderung bei Energieanlagen zum Antrieb von
Elektro-Generatoren günstig einsetzbar.
Turboshaft-Gasturbinen mit 1- oder 2-Wellen-Gasgenerator und frei laufender Nutz-
leistungs-Turbine ergeben einen erhöhten Verlauf der Drehmomente an der Abtriebs-
welle, was für mobile Anlagen bei Fahrzeug- und Schiffsantrieben wichtig ist.
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 215

Hilfsgasturbine APU
im Heck eines
Großflugzeugs

Abb. 2.8-7  Turboshaft-Kleingasturbine als APU integriert im Heck eines Flugzeugs Airbus A 380.
Darstellung nach Fa. Airbus

Auf die Erweiterung von Turboshaft-Gasturbinen mit zusätzlichen Komponenten wie


Wärmetauscher und Kühler wird in Abschn. 2.9 und 7.3 näher eingegangen.
Zu den Kleingasturbinen und den Hilfsgasturbinen APU (auxiliary power unit) für
Flugzeuge werden Turboshaft-Triebwerke mit Leistungen bis zu etwa 500 kW gerechnet,
die zahlreich als Hilfsaggregate zur unabhängigen Bereitstellung von Energie eingesetzt
werden. Der spezifische Brennstoffverbrauch SFC ist wegen der kleinen Dimensionen
der Komponenten häufig ungünstiger als bei großen Anlagen.
Bei Flugzeugen liefern die APU meist elektrische Energie und/oder Druckluft zum
Beispiel für die Klimaanlagen unabhängig von den Großtriebwerken, die selbst gegebe-
nenfalls mit einem APU gestartet werden können. Die APU selbst können entweder mit
Batterien oder mit Druckluft der Bodenaggregate oder der Großtriebwerke angelassen
werden. Auch in schwierigen Flug- oder Notsituationen, in sehr großen Flughöhen sowie
bei Start und Landung werden die APU aus Sicherheitsgründen angelassen und betrie-
ben. Wie in Abb. 2.8-7 an einem Beispiel zu sehen ist, werden die APU häufig im Heck-
bereich des Flugzeugs integriert platziert.
Bei Schiffen, Schwerfahrzeugen und Panzerfahrzeugen mit Turboshaft-Antrieben die-
nen häufig kleine Gasturbinen-Hilfstriebwerke mit Leistungen unter 100 kW als unab-
hängiger Energie-Lieferanten (Abschn. 7.3). Da die Betriebszeiten der APU meist relativ
kurz sind, spielt gegenüber der Baumasse und dem Volumen hier der Brennstoffver-
brauch eine untergeordnete Rolle.
Turboshaft-Triebwerke für Hubschrauber können dem Leistungsbereich von etwa
300 kW bis 3500 kW zugeordnet werden und sind meist besonders aus Sicherheitsgrün-
den in einem Antriebssystem mit 2 gekoppelten Triebwerken angeordnet. Bei kleinen
Hubschraubern sind in seltenen Fällen noch Einwellen-Turboshaft-Triebwerke vorhan-
den. Beim überwiegenden Einsatz der Triebwerke im gekoppelten Parallelbetrieb domi-
nieren die 2-Wellen-Triebwerke.
Im unteren Leistungsbereich um 300 kW für kleinere Hubschrauber (wie z. B
Bo105) wird in Abb. 2.8-8 als typisches Beispiel das Triebwerk RR-Allison 250C30
(ursprünglich T64) ausgewählt vorgestellt.
216 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

RR-Allison 250 C20

Umkehr-
Brennkammer B

Luft

Axial-Radial-
Verdichter C
HP-Turbine LP -Turbine
PW=300 kW Abgase

Getriebe G

Abb. 2.8-8 2-Wellen-Turboshaft-Gasturbine (RR-Allison 250 C20, PW = 315 kW) mit Axial-


Radial-Verdichter, Umkehrbrennkamer, HP-Turbine, Nutzleistungsturbine PT und Unterset-
zungsgetriebe. Einsatz hauptsächlich bei Hubschraubern [Pri68, AGA68]. Darstellung nach Fa.
Rolls-Royce plc

Dieses Wellenleistungs-Triebwerk in Kompaktbauweise wurde ursprünglich von


der amerikanischen Firma Allison Engine Company entwickelt und bereits ab etwa
1965 für den Einsatz in militärischen Hubschraubern vorgesehen. Ab etwa 1967 fand
es Eingang bei zivilen Hubschraubern. Nach der Übernahme der Firma Allison durch
Rolls-Royce im Jahre 1995 wurde dieses Triebwerk als Rolls-Royce 250 bezeichnet. Das
Triebwerk wurde in verschiedenen Modifikationen in einer Stückzahl um 30 000 Ein-
heiten gebaut. Das russische Triebwerk Isotow GTD-350 hat eine ähnliche Auslegung.
Aktuelle Modelle sind die Modifikationen von Rolls-Royce mit der Bezeichnung 250 C40
und C47, die über ein FADEC verfügen. Das Triebwerk wird, wie die meisten seiner Art,
auch als Turboprop-Triebwerk geflogen.
Der Verdichter besteht aus einer Kombination von 6 axialen und abschließend einer
Radialstufe. Die axialen Verdichterstufen sind von einem axial geteilten Edelstahlge-
häuse umgeben, das zur optimalen Herstellung des Verdichterspitzenspiels mit einer
speziellen Kunstoffauskleidung versehen ist. Hervorzuheben ist, dass die axialen Rotor-
stufen bereits eine Art von „Blisk-Bauweise“ darstellen, die bei Luftfahrt-Triebwerken in
größerem Umfang erst etwa 20 Jahre später zum Einsatz kamen. Es handelt sich dabei
um Rotor-Scheiben mit integraler Beschaufelung, die in einem besonderen Feinguss-
verfahren hergestellt wurden. Der Axial-Verdichter verfügt bei Stufe 5 und 6 über ein
Bleedluft-Ventil, das abhängig vom Lastzustand eine Luftmenge stufenlos regelt, um den
Verdichter im unteren Drehzahlbereich zu entlasten [Gab98, Pre01].
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 217

Hubschrauber-
Turboshaft-Gasturbine
mit Wärmetauscher

2 Regenerator-
Wärmetauscher

Prototyp Allison 250 C20 300 kW

Abb. 2.8-9  Turboshaft-Triebwerk RR-Allison 250-C20 mit Regenerator-Wärmetaucher ausgerüs-


tet und als Experimentaltriebwerk im Flugversuch getestet [AGA68]

Unkonventionell ist die Führung der komprimierten Luft vom Verdichteraustritt um


das Triebwerk außen herum zu der am Triebwerksende angeordneten Rohr-Umkehr-
brennkammer. Von der Brennkammer strömen dann die Heißgase auf die Triebwerks-
mitte zu und beaufschlagen die 2-stufige Gasgenerator-Turbine. Die anschließende
2-stufige Niederdruck- bzw. Nutzleistungsturbine PT treibt über ein Getriebe G die ver-
setzt liegende Abtriebswelle.
Das Konzept des Triebwerks Allison 250 mit der ungewöhnlichen Luftführung war
ursprünglich so ausgelegt, dass ein Betrieb mit Wärmetauscher leicht möglich sein sollte.
Bereits im Jahr 1967 wurden mit einem solchen Demonstrator-Wärmetauscher-Trieb-
werk umfangreiche Flugversuche durchgeführt. In Abb. 2.8-9 ist dies im Flug erfolgreich
erprobte Triebwerk dargestellt [AGA68].
Da damals im Wesentlichen die Wärmetauschertechnik in Lebensdauer, Gewicht
bzw. Masse und Effizienz den ökomomischen Ansprüchen noch nicht genügte, wurden
wie auch bei anderen ähnlichen Projekten in den vergangenen Jahrzehnten die Wärme-
tauschertechnik noch nicht zur Serienreife für Flugtriebwerke weiter umgesetzt.
Als Beispiel eines Turboshaft-Triebwerks der mittleren Leistungsklasse um 1000 kW
bis über 1500 kW wurde in Abschn. 2.8.1 (Abb. 2.8-5) bereits das GE-T700 vorgestellt.
Die Triebwerke T700 und CT7 gehören zu einer Familie von Turboshaft- bzw. Turbo-
prop-Triebwerken der Fa. General Electric in der Klasse von 1100 bis 1850 kW Leistung
(Abb. 2.8-10). Sie werden seit 1978 gebaut und sind als Antrieb hauptsächlich zahlrei-
cher Hubschrauber (Sea Hawk, Black Hawk u. a.) und auch als Turboprop bei kleineren
Verkehrsflugzeugen im Einsatz [AGA68, Pri68, Cra73, Ric82].
218 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turboshaft-Gasturbine TS GE T700 / CT7


Antrieb für Hubschrauber und Turboprop-Flugzeuge
Regelung und
Einlauf mit Hilfgeräte Drehmoment-
Separator Ring-Brennkammer Sensor

Axial-Radial- Axial-Turbine Nutzleistungs-Turbine


Verdichter gekühlt ungekühlt
Öl-System

Wellenleistung (SL, STD) PW 1210 kW 0 0,25 0,50 m


Druckverhältnis OPR 15 Durchsatz 4,5 kg/s
Turbinen-Eintrittstemperatur TET 1125 K Masse m 198 kg

Abb. 2.8-10  2-Wellen-Turboshaft-Triebwerk GE T700 der 1300 bis 1500 kW-Leistungsklasse[Cra73,


Ric82]. Darstellung nach GE Aicraft Engines

Beim T700 besteht der Gasgenerator aus einem Kombinationsverdichter mit fünf
Axial- und einer Radialverdichterstufe, die von zwei gekühlten Turbinenstufen angetrie-
ben werden Die zweistufige Arbeitsturbine treibt das Hubschraubergetriebe durch die
Hohlwelle des Gaserzeugers an.
Die Axialverdichterstufen wurden in Blisk-Bauweise gefertigt. Die Einlassleitschau-
feln und die ersten zwei Statorstufen sind verstellbar ausgeführt. Der ringförmigen
Brennkammer mit zentraler Kraftstoffeinspritzung folgt eine zweistufige axiale Nutzleis-
tungsturbine PT. Das Turboshaft-Triebwerk wurde mit FADEC auf hohe Zuverlässigkeit
für den Betrieb besonders bei schwierigen Umgebungsbedingungen ausgelegt.
Am Lufteintritt ist ein Filter platziert, der Schmutz, Sand- und Staub abscheidet.
Zum aktiven Ausscheiden von Fremdkörpern kann bei Sonderbauweisen der T700 ein
Gebläse mit Dralleinrichtung geschaltet werden, worauf in Abschn. 3.2, Abb. 3.2-11,
bei Lufteinläufen nochmals näher eingegangen wird. Die CT7 ist eine Turboprop-Ver-
sion mit gleichem Basistriebwerk wie das Turboshaft-Triebwerk T700, aber mit einem
Getriebe zum Antrieb eines Propellers ausgerüstet.
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 219

Turbofan-Flugtriebwerk
CF6-50 GE

Schub 240 kN
A300, B747 1-Wellen-
Gasgenerator

CF6-50
1 Fan+3 LPC 4 LPT
Gasgenerator

14 HPC+B+2 HPT

5 LPC 1 IPT 3 PT
Turboshaft-Gasturbine 2-Wellen-
Aeroderivat Gasgenerator
LM 5000 GE

Leistung
34500 kW

Abb. 2.8-11  Turbofan-Schubtriebwerk GE CF6-50 (240 kN Schub) umgerüstet mit Niederdruck-


verdichter LPC, Mitteldruck- und Nutzleistungsturbine IPT und PT zur Aero-Derivat-Gasturbine
LM5000 GE (34500 kW Leistung). Darstellung nach Fa. General Electric Comp

2.8.3 Turboshaft-Gasturbinen und Aeroderivate in der


Energietechnik

Angeregt von den umfangreichen Entwicklungen der Luftfahrt-Triebwerke und deren


Komponenten wurden in den vergangenen Jahrzehnten mit neuen Technologien im
Ausbau von konventionellen Gasturbinen-Kraftwerken die Konkurrenzfähigkeit die-
ser Anlagen gegenüber den reinen Dampfkraftwerken wesentlich gesteigert. Besonders
trifft dies bei den Kraftwerken zu, die häufig als Spitzenlast-Kraftwerke mit umgerüsteten
Hochleistungstriebwerken aus der Flugtechnik als Basis bestückt sind. Die von Turbo-
Schubtriebwerken abgeleiteten sogenannten Aeroderivate (aero derivative) dominieren
einen weiten Teil moderner Kraftwerkstechnik (Abb. 2.8-11 und 2.8-14). In der Form
von kompakten Powerpaketen (power package) werden sie auch flexibel in großem
Umfang bei Schiffsyachten, Handelsschiffen und bei der Marine sowie bei Amphibien-
fahrzeugen verwendet [Mün77B, Brä01Ba, Lec03B, Gri04B, Wal00B].
220 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

46 Gasturbinen-Anlagen
η th [%] einfach (simple cycle)
44
Aero-Derivate
Trent RR
therm. Wirkungsgrad
SGT58000H Sie
42
(ηthGuD 60%)
LM6000 GE SGT54000F Sie
40
RB211 RR
V94.3A Sie
FT8Pac PW GT26 Als
38 FT8 PW GTX100 Als
PGT9351FA GE
V64.3A Sie
36 LM2500 GE GT13E2 Als
6FA GE
L20A KHI V94.2 Sie
34 PG9171E GE
GT8C2 Als PG9231EC GE

32 Heavy-Duty-Gasturbinen
Mobil- und Industrie-Gasturbinen
30
0 50 100 150 200 250 300 350
Nutzleistung el. Pel [MW]

Abb. 2.8-12  Turboshaft-Gasturbinen der Energietechnik in der klassischen Bauweise mit einfa-


chem Prozessverlauf (simple cycle) und Aeroderivate (Abschn. 2.8.4.2) [Lec03B]

Bei den Aeroderivaten wird gegenüber den Flugtriebwerken meistens die Heißgas-
temperatur und die Gasgenerator-Drehzahl etwas zurückgenommen, um die Lebens-
dauer weiter zu steigern. Wahlweise werden hoch verdichtete Gasturbinen-Anlagen
ohne Wärmetauscher und niedrig verdichtete Anlagen mit Rekuperator-Wärmetau-
schern verwendet (Abschn. 2.9 und 7.3).
Auf die umfangreichen Anwendungen und die vielfältigen Schaltungsmöglichkei-
ten stationärer Gasturbinen in der Energie- und Kraftwerkstechnik besonders auch in
Verbindung mit Aeroderavativen sei hier auf die umfassenden Werke von Münzberg
und Kurzke [Mün77B], Lechner, Seume u. a. [Lec03B] sowie von Walsh und Fletcher
[Wal00B] hingewiesen.
Mit Abb. 2.8-12 wird ein Überblick zu Turboshaft-Gasturbinen gegeben, wie sie in
verschiedenen Leistungsbereichen bis über 300 MW eingesetzt werden. Aufgetragen ist
der thermische Wirkungsgrad zahlreicher Wellenleistungs-Gasturbinen, wobei im Leis-
tungsbereich unter 100 kW die Aeroderivative mit Wirkungsgraden über 40 % dominant
sind [Lec03B].
Bei Kombinations-Antriebsanlagen für Schiffe aus Diesel-Motor und Gasturbine
können die Leistungen zum Beispiel über Fluidkupplungen auf die Propellerwelle über-
tragen werden, wobei bei der Gasturbine wegen ihrer hohen Drehzahl noch ein Zwi-
schengetriebe angeordnet werden muss.
Da die Gasturbine in der Lage ist, außer Wellenleistung über zusätzliche Kompresso-
ren auch Druckluft abzugeben oder ein Gebläse zusätzlichanzutreiben, stellt sie auch das
ideale Antriebsaggregat für Luftkissenboote (hovercraft) dar.
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 221

Bei Pipeline-Pumpstationen und Bohrinsel-Plattformen ist es nahe liegend, bei der


Förderung von flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen zum Antrieb der Pumpen oder
Verdichter einfache Gasturbinen meist als Aeroderivate-Power-Pakete einzusetzen, da
sie niedrig im Preis sind und anspruchslos im Betrieb und in der Wartung. Sie sind dabei
häufig mit entsprechender Automatisierung und Fernbedienung versehen.
Die Brennkammer solcher Anlagen wird dabei meist direkt aus der Erdgasleitung
gespeist. Auch der Turbinenanlasser kann über ein Verstellorgan vom Druckgas direkt
beaufschlagt werden. Zur Abstimmung von Förderdruck und -menge kann die Drehzahl
der Nutzturbine PT unabhängig von Leistung und Drehzahl des Gasgenerators geregelt
werden. Auch über entsprechende Bypassventile ist zusätzlich die Lage des Betriebspunk-
tes im Gasverdichter beeinflussbar. Genügt bei extremen Forderungen dies alles noch
nicht, dann kann in der Nutzturbine auch eine Leitradverstellung vorgenommen werden.
Zur Spitzenstrom-Erzeugung in Verbindung zum Beispiel mit Windkraft-Parkanla-
gen spielen Druckluft-Speicherkraftwerke mit Gasturbinen verstärkt eine Rolle. Es wer-
den sogenannte Festdruckspeicher, die ein oberirdisches Wasserbecken erfordern und
G1eitdruckspeicher unterschieden. Beide benötigen eine Kaverne möglichst im Fels. Zu
Zeiten des Billigstroms, zum Beispiel in der Nacht, treibt ein Elektromotor die Verdich-
ter an, der Druckspeicher wird aufgefüllt. Zur Spitzenlastdeckung wird die Hochdruck-
luft über Brennkammern und gegebenenfalls Zwischenerhitzer den Turbinen zugeführt
und Strom erzeugt. Es sind hier zwar alle Komponenten einer Gasturbinenanlage vertre-
ten, dennoch handelt es sich nicht um eine Gasturbine im klassischen Sinne, das heißt,
um eine selbständige Wärmekraftmaschine. Dies ist ein Vorteil, da so die Turbine für
höhere Durchsätze ausgelegt werden kann als die Verdichter. Wird zum Beispiel mit
einem Aufladebetrieb von 8 Stunden Dauer und einem Durchsatzverhältnis Turbine
zu Verdichter von etwa 4 gerechnet, dann kann unter Berücksichtigung der Energieer-
höhung durch Verbrennung etwa sechs bis achtmal soviel Leistung für Spitzenbedarf
während zweier Stunden abgegeben werden als vorher dem Netz während des Auflade-
betriebes entnommen wurden. Eine ferngesteuerte mit Erdgas betriebene 290 MW-Gleit-
druckanlage wurde bereits 1977 in Huntorf bei Bremen in Betrieb genommen.
Seit den 1980er Jahren haben in der Energie- und Kraftwerkstechnik Gasturbinen
kombiniert mit Dampfturbinen eine bedeutsame Position übernommen. In diesem
Zeitraum wurden die thermischen Wirkungsgrade von etwa 45 % inzwischen auf über
60 % gesteigert. Bei den Gasturbinen-Dampfturbinen-Kraftwerken (GuD-Kraftwerke)
wird bei der Standardschaltung eine Gasturbine der Dampfturbine vorgeschaltet, sodass
die Hauptkomponenten beider Einheiten praktisch unverändert zusammen arbeiten.
Wie das Schema in Abb. 2.8-13a zeigt, geben die Turbinenabgase im Dampfkessel bzw.
Abhitzekessel AK Wärme ab und ermöglichen damit den Dampfturbinenbetrieb. Statt
durch einen solchen Abhitzekessel zu strömen, kann das sauerstoffreiche Abgas im
Dampfkessel auch zusätzlich verbrannt werden, wodurch pro Einheit des Luftdurchsat-
zes große Leistungen erreicht werden können. Wird nicht zusätzlich verbrannt, wird also
mit reinem Abhitzebetrieb gearbeitet, kann durch das Zuschalten der Dampfturbine die
Leistung um über 50 % erhöht werden.
222 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

(a)
GuD Gasturbinen- und Dampfturbinen-KW
Gasturbine GT (2-Wellen-Turboshaft TS)
Brennstoff
Trafo
Luft 3 Heißgas
BK 44 PEl, GT+PEl,DT
4 PGT
C T PT EG E-Generator GT

1 2 5
Luft Abgase

Abhitze- 6 Dampf
Dampfturbine
Kessel
D3 D4 PDT
AK
DT EG E-Generator DT

Wasser D5
Kondensator
7 Kond
P D6
Abgase D2 D1
(b) Pumpe Kühlwasser
1400
Tt °C 4
1200 Gasturbinen-Arbeitsprozess

1000 T
Temperatur total

44
800
PT
5
600 BK
3 AK D4
400 Gasturbine

200 C AK DT
2 Dampfturbine
Kond
D2 P D5
0
D1
Dampfturbinen-Arbeitsprozess

Entropie sLuft/ Gas


Entropie sDampf

Abb. 2.8-13  a GuD-Gasturbinen- und Dampfturbinen-Kraftwerk (Schaltschema). b Arbeitspro-


zesse schematisch eines Gasturbinen- und Dampfturbinen-Kraftwerks GuD im T-s-Diagramm.
Darstellung nach [Lec03B, Wal00B]

In Abb. 2.8-13b wird im T-s-Diagramm neben dem Gasturbinenprozess schema-


tisch ein über die Abgase energetisch gekoppelter, einfacher Dampfturbinen-Arbeits-
prozess mit seinen üblichen Komponenten dargestellt. Der ideale, thermodynamische
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 223

Vergleichsprozess dieser Art stellt den erstmals von Clausius und Rankine um 1854
angegebenen Prozess dar, wie er in Abb. 2.8-13b vereinfacht verlustbehaftet im T-s-Dia-
gramm gezeigt wird.
Einem Speisewasserbehälter wird Kreislaufwasser entnommen und über der Pumpe
P unter Druckerhöhung in den Abhitze-Kessel AK gefördert. Dort wird das Wasser
erwärmt, verdampft und in der Regel überhitzt.
Vom Kessel strömt der Dampf über Sicherheits- und Regelventilen der Dampfturbine
DT zu. Hier expandiert das Arbeitsfluid Dampf unter Abgabe der Wellenleistung PDT
bis auf den Druck im Kondensator und der Dampf wird gekühlt und verflüssigt. Das als
Kondensat bezeichnete Kreislaufwasser wird schließlich mittels der Kondensatpumpe in
den Speisewasserbehälter zurückgefördert.
Für grundlegende Auslegungsstudien genügt es, den Wärmeschaltplan vereinfacht zu
betrachten, wobei Ventile, Kondensatpumpe und Speisewasserbehälter wegelassen wer-
den. Die relativ geringe Arbeit der Kondensatpumpe wird dann der Speisepumpenarbeit
zugerechnet.
Es bedeuten in Abb. 2.8-13 gekürzt dargestellt: D1 – D2 Förderung des Kondensats
auf Kesseldruck, D2 – D4 Erwärmung des Kesselwassers auf Verdampfungstempera-
tur, Verdampfung und Überhitzung bis zur Spitzen-Temperatur bei D4, Expansion des
Dampfes von D4 bis D5 sowie Verflüssigung des Dampfes im Kondensator von D5 bis
D1. Die den Maschinenkomponenten zuzuordnenden Zustandsänderungen in der
Pumpe bzw. Dampfturbine wurden adiabat, die in den Wärmetauschern bzw. im Kessel
und Kondensator gegebenen Zustandsänderungen wurden vereinfacht isobar betrachtet.
Wie in den vorstehenden Abschnitten zu sehen war, ist das Temperaturniveau bei
den Turboshaft-, Turbojet- und Turbofan-Triebwerken wesentlich höher als bei Dampf-
turbinen-Arbeitsprozessen. Der thermische Wirkungsgrad der Dampfkraftanlagen liegt
dennoch wegen der niedrigeren mittleren Temperatur der Wärmeabfuhr im Gegensatz
zur nicht isothermen Wärmeabfuhr beim Gasturbinenprozess höher als dies durch die
isotherm-isobar verlaufende Kondensation des Arbeitsfluids möglich wird. Es liegt also
nahe, beide Prozesse so miteinander zu verknüpfen, dass die Wärmezufuhr teilweise
oder ganz in der Gasturbine erfolgt, während die Wärmeabfuhr möglichst nur im Kon-
densator der Dampfkraftanlage stattfindet. Die Abgaswärme der Gasturbine muß dann
dem Dampfturbinenprozess zugeführt werden. Am einfachsten lässt sich dies durch
Einleiten des Gasturbinenabgases in den Abhitzekessel der nachgeschalteten Dampf-
kraftanlage erreichen (Abb. 2.8-13a). Da die heißen Abgase der Gasturbine noch einen
hohen Luftgehalt haben und somit sauerstoffreich sind, können sie als Verbrennungs-
luft für eine zusätzliche Verbrennung herangezogen werden. Dadurch kann die Leistung
des Dampfturbinenprozesses auf ein mehrfaches gegenüber dem Prozess der Gasturbine
erhöht werden, sodass die Gesamtleistung des Kombiprozesses noch wesentlich gestei-
gert werden kann.
Der thermische Wirkungsgrad der GuD-Anlage wird wie üblich mit den Teilleistun-
gen der Gasturbine und der Dampfturbine gebildet bezogen auf den in der Brennkam-
mer zugeführten Energiestrom.
224 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

PGT + PGT
ηth GuD = . (2.8-1)
Q̇B
Da in beiden Teilprozessen verschiedene Arbeitsstoffe mit verschieden großen Massen-
strömen umlaufen, ist es nicht sinnvoll, Wirkungsgrade mit auf die Masseneinheit des
Arbeitsmediums bezogenen Wärmemengen oder Arbeiten zu bilden. Stattdessen sind
Wärmeströme und Leistungen hier die zweckmäßigeren Größen.
In Kap. 1, Abb. 1.3-10, wurden bereits bei der einführenden Vorstellung der stationä-
ren Gasturbinen die thermischen Wirkungsgrade von Gasturbinen, Dampfturbinen und
GuD-Anlagen in ihrer zeitlichen Entwicklung dargestellt.

Kraft-Wärme-Kopplung  Wird eine Kraftanlage außer zur Erzeugung elektrischer


Energie gleichzeitig zur Wärmeerzeugung benutzt, so wird von Kraft-Wärme-Kopplung
gesprochen. Das betreffende Kraftwerk wird dann auch als Heizkraftwerk bezeichnet.
Hierfür eignen sich sowohl Dampfkraft- wie auch Gasturbinenanlagen. Die Kraft-
Wärme-Kopplung ist außer für Stadtheizungen in der Industrie üblich und zweckmä-
ßig, besonders wenn Dampf oder Warmwasser auch für Fabrikationszwecke benötigt
wird. Dabei kommt verstärkt der vielfältigen Nutzung anfallender Wärmeenergie in
Heizkraftwerken eine größere Bedeutung zu. Bei entsprechender Ausnützung der in
Wärmetauschern und Kühlern zur Abwärmeverwertung anfallenden Energien können
Gesamt-Wirkungsgrade von über 70 % erreicht werden
PGT + PGT + Q̇Wärme
ηth GuD,WK = . (2.8-2)
Q̇B
Notstrom-Aggregate  Ergänzend zu den bisher genannten Anwendungsbereichen der Gas-
turbinen ist noch auf den Einsatz von Notstrom-Aggregaten hinzuweisen. Häufig werden
dabei modifizierte kleinere Flugzeug-Turbotriebwerke mit geringen Umbaumaßnahmen ver-
wendet. Handelt es sich um reine Luftstrahltriebwerke, dann wird anstelle der Schubdüse N
eine Nutzleistungsturbine PT angekoppelt, welche die sonst zur Strahlerzeugung zur Verfü-
gung stehende Energie wie bei der Turboshaft-Gasturbine als Wellenleistung umsetzt.
Kompakte Turboshaft-Gasturbinen werden häufig auch als mobile Kraftwerkspakete
besonders als Spitzenlast-Kraftwerke eingesetzt. Dabei gestattet die neuere Gasturbinen-
technik sehr große Leistungen auf geringstem Raum zu realisieren. Die Montage solcher
Anlagen in Straßen- oder Schienenfahrzeugen oder auch in durch Schiffe oder Flugzeuge
transportierbaren Containern erlaubt die kurzzeitige Bereitstellung von Strom für fast
alle Verwendungszwecke auch in abgelegenen Regionen aller Kontinente.

2.8.4 Beispiele zu Gasturbinen in Energie- und Kraftwerkstechnik

Wie in Abschn. 1.3 und 2.8.1 bereits erwähnt, spielen seit den 1980er Jahren verstärkt
besonders auch bei den Gasturbinen-Dampfturbinen-Kraftwerken (GuD-Kraftwerke)
die modifizierten Turbojet- und Turbofan-Flugtriebwerke mit ihren Hochtechnologien
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 225

als Aeroderivate eine wesentliche Rolle. Mit ausgewählten Beispielen wird anschließend
der Einsatz von Aeroderivativen bei einigen typischen Anwendungen erläutert.
Die Entwicklungen neuer Kraftwerkstechnologien zur Reduzierung von Brennstoffver-
brauch und Emissionen sowie mit hoher Energieeffizienz optimiert führte weltweit in den
führenden Firmen der Energie- und Kraftwerkstechnik zu neuen Generationen von stati-
onären Gasturbinen auf der Basis bewährter Konzepte. Die Entwicklungsziele der klassi-
schen Industrie- und Kraftwerks-Gasturbinen werden ebenfalls zunehmend geprägt durch
eine zuverlässige und wartungsfreundliche sowie preisgünstige und umweltfreundliche
Stromerzeugung, möglichst verbunden mit umfassender Abwärmenutzung. Als Beispiele
dazu werden in Abschn. 2.8.4.2 neuere Entwicklungen aus dem oberen bisher erreich-
ten Leistungsbereich um 300 MW pro Einheit vorgestellt. Dies sind die SGT5-8000H der
Firmen Siemens Power Generation und die GT24/GT2.6- von ALSTOM, mit denen sehr
hohe Effizienz bei geringen Lebenszykluskosten und günstiger Betriebsflexibilität erzielt
werden konnten. Dabei werden thermische Wirkungsgrade um 40 %, im Kombinationsbe-
trieb als GuD-Kraftwerk um 60 % erreicht (Abb. 2.8-1 und 2.8-12) [Wal00B, Lec03B].

2.8.4.1 Power-Pakete mit Aeroderivaten


Die von Turbo-Schubtriebwerken abgeleiteten Aeroderivate werden besonders zahlreich in
der Energie- und Kraftwerkstechnik mit stark wechselndem Energieniveau sowie in Form
von kompakten Power-Paketen in großem Umfang bei Schiffsyachten, Handelsschiffen
und Marine- sowie bei Amphibienfahrzeugen verwendet, wie dies mit Abb. 2.8-14 am
Beispiel der Turbofan-Triebwerksfamilie GE-CF6 der Firma General Electric gezeigt wer-
den kann. Bei der Umrüstung eines Turbofan-Triebwerks vom Typ GE-CF6 (Abb. 2.8-11)
wird die Schubdüse des Primärkreises entfernt und die den Fan und Booster antreibende
Niederdruckturbine LPT umgebaut nun zum Antrieb eines neu konzipierten Nieder-
druckverdichters LPC herangezogen (Abb. 2.8-15).
In der LPT als Nutzleistungsturbine PT wirkend werden die Heißgase weitgehend auf
den atmosphärischen Umgebungsdruck entspannt und die Nutzleistung dieser PT über
eine Welle abgegeben. Die Nutzleistungsturbine kann im einfachsten Fall auch mit der
Hochdruckturbine HPT auf einer Welle angeordnet oder auf einer eigenen Welle betrie-
ben werden. Wie bei den meisten stationären Gasturbinen-Anlagen ist es zweckmäßig,
das Abgasrohr als Diffusor zu gestalten (Abschn. 2.3.6).
Es ergeben sich folgende Vorteile der Aeroderivate gegenüber den konventionellen
Gasturbinen-Anlagen:

• Geringe Masse und kompakte Bauweise,


• schnelles Ansprechverhalten und einfache Regelung,
• gute Eignung für flexible Spitzenlast-Anforderungen.

Als Nachteile seien erwähnt

• Die gute Eignung für die offene Gasturbinen-Anlage mit geringer Abgastemperatur
ist allerdings für den Kombibetrieb der GuD-Kraftwerksanlagen mit der Nutzung von
Abwärme ungünstig,
226 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turbofan-Schubtriebwerk

GE CF6-6
CF6-50
CF6-80

FTO = 178 kN
= 240 kN
= 334 kN
Jahre 1967 bis 2009

Aero-Derivat

GE-LM2500

22.000 kWe

Leistung gesteigert

GE-LM2500+

30.500 kWe

40 000
LM2500+4G
Aero Derivate GE PPT [kW]
30 000 LM2500+
Leistung

LM2500
20 000

10 000
0 -10° 0° 10° 20° 30° 40°
Umgebungstemperatur T [°C]

Abb. 2.8-14  Vom Turbofan-Triebwerk CF6 GE abgeleitetes Aeroderivat der Reihe GE-LM2500


mit modifizierten Turbomaschinen wie LP-Verdichter LPC, IP- und Nutzleistungsturbine IPT und
PT, Darstellung nach General Electric Comp
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 227

Power Pack

LM2500+4G GE
35.300 kWe

Abb. 2.8-15 Aeroderivat-Power-Pack GE-LM2500 mit PW = 35300 kWe. Darstellung nach


General Electric Comp

• Leistungs-Obergrenzen liegen bei 50 bis 100 MW,


• Lebensdauer der Heißteile sind geringer wegen erhöhtem Temperatur- und Drückeniveau,
• eventuell ungünstigere Emissionswerte im Vergleich zur klassischen Gasturbinen-
Bauweise,
• Wartung und Zugang z. B. zur Brennkammer relativ schwierig.

Von der Turbofan-Familie GE-CF6-6, CF6-50 und CF6-80 wurden von der Firma Gene-
ral Electric die Turboshaft-Gasturbinen GE-LM2500, -LM5000 und -LM6000 als Aero-
derivat-Familie für Industrie- und Schiffs-Turboshaft-Gasturbinen abgeleitet.
Die Standard-Versionen des LM2500 liefern 25,1 MW bei einem thermischen
Wirkungsgrad von 37 %. Diese Turboshaft-Gasturbine wurde bei Schiffen (US Navy
u. a.) eingesetzt sowie in großen Stückzahlen bei Yachten und Schnellbooten, bei
Luftkissen-Fahrzeugen (hovercraft) und bei schnellen Fähren. Die meisten Anlagen
sind in kompakten Containern integriert, gut transportfähig und mit nur geringen
Einbaumaßnahmen für die Zu- und Abluft relativ leicht auf einem Schiffskörper zu
installieren.
Das Anwendungs-Spektrum der LM2500 reicht zusammengefasst von den Energie-
erzeugern über Marineanwendungen bis hin zu Betreibern von Erdölplattformen und
Kompressor-Stationen und dies für On- und Offshore-Betrieb.
Im Gegensatz zu den Baumustern LM5000 und LM6000 weist die LM2500 einen Gas-
generator GG mit einem Rotor und einer freilaufenden, aerodynamisch gekoppelten
Nutzturbine PT auf. Sie besteht aus einem 16-stufigen Verdichter, einer Ringbrennkam-
mer, einer zweistufigen Hochdruckturbine und der Nutzturbine. Die LM2500 ist die am
weitesten verbreitete Gasturbine in der Leistungsklasse von 20 bis 25 MW. Die Gastur-
bine LM2500+ ist eine leistungsgesteigerte Version der LM2500 mit 30,5 MW.
228 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Kreuzfahrtschiff „Queen Mary 2“


Baujahr 2003

3000 Passagiere
Kombi-Maschinenanlage
CODLAG-Antrieb
Turbodiesel-Elektrisch
(COmbined DieseleLectric And Gas)
2 x LM2500+ GE (2 x 30 000 kW)
4 x 16 Zyl.-Diesel (4 x 16 800 kW)
4 x Propellergondeln RR/Alstom (4 x 21 500 kW)

Abb. 2.8-16  Beispiel einer CODLAG-Konfiguration. Turbo-Diesel-Elektrischer-Antrieb kombi-


niert mit 2 Gasturbinen LM2500 + GE. Darstellung nach Cunard Line Ltd., General Electric Comp

Schiffs-Gasturbinen-Antriebssysteme  Bei den Antriebssystemen besonders von gro-


ßen Schiffen werden die Turboshaft-Gasturbinen meist für Spitzengeschwindigkeiten
mit anderen Antrieben kombiniert betrieben. Dabei sind verschiedene Schaltungen des
Antriebsstranges möglich.
Die General Electric-Gasturbinen LM2500 bzw. LM2500+ werden besonders im
Schiffsbau häufig als Teil einzeln oder paarweise für COGAG-Antriebssysteme verwen-
det. Bei diesem CODAG-Antrieb (COmbined Diesel And Gasturbine) sind Gasturbinen
und Dieselmotoren zusammen auf die Antriebswelle geschaltet. Der besondere Vorteil
eines CODAG-Antriebes liegt in seinem geringeren Brennstoffverbrauch durch die Die-
selmotoren in Verbindung mit kurzfristig für Höchstgeschwindigkeiten zuschaltbaren
Gasturbinen. Nachteilig sind relativ komplizierte Sammelgetriebe, da sehr unterschied-
liche Leistungen gleichzeitig umgesetzt werden müssen. Diesel-Motoren arbeiten bei
einigen tausend kW und Gasturbinen hier bei einigen zehntausend kW. Die CODAG-
Antriebssysteme werden auch bei der militärischen Marine häufig eingesetzt.
Ein weiterer Marine-Kombiantrieb ist der CODLAG-Antrieb (COmbined DieseleLec-
tric And Gasturbine). Dabei liefern Dieselgeneratoren Strom für die Elektrofahrmotoren
und zur Erreichung der Höchstgeschwindigkeit wird eine Gasturbine zugeschaltet. Dies
führt zu Anlagen mit geringem Wartungs- und Instandsetzungsaufwand (Abb. 2.8-16).
Zwei der genannten GE-LM2500 Turboshaft-Gasturbinen gekoppelt mit 2 Elektro-
Generatoren wurden z. B. in dem transatlantischen Kreuzfahrtschiff „Queen Mary 2“ (Bj.
2003) im CODAG-Electric-System (CODLAG-Antrieb) installiert Sie liefern bei Bedarf
zusätzliche elektrische Energie, wenn die vier Generatoren der Diesel-Schiffsmotoren
voll ausgelastet oder ausgefallen sind.
Das CODAG-Electric-System der Queen Mary 2 besteht aus vier Dieselmotoren und
zwei Turboshaft-Gasturbinen. Im Falle der Queen Mary 2 treiben Dieselmotoren und
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 229

Gasturbinen die Generatoren an, die das Schiff und seine Schiffspropeller-Gondeln mit
elektrischer Energie versorgen. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 24 bis 26 Knoten
arbeiten nur die Dieselmotoren. Um die Höchstgeschwindigkeit von mehr als 30 Knoten
zu erreichen, werden die Gasturbinen hinzugeschaltet.
Die vier 16-Zylinder-Dieselmotoren sind u. a. aufgrund ihres hohen Gewichts im
tief liegenden Maschinenraum des Schiffes installiert. Jeder Motor ist 12,5 m lang, 4,4 m
breit und 5,5 m hoch und entwickelt eine Leistung von 16.800 kW. Sie erzeugen insge-
samt etwa 57 % der gesamten Vortriebsleistung.
Aufgrund des hohen Luftdurchsatze sind die Gasturbinen unmittelbar unterhalb des
Schornsteins in einem schallgedämmten Raum eingebaut. Bei einer Drehzahl von 3600/
min entwickelt jeder der beiden Turbogeneratoren eine elektrische Leistung von ca.
25 MW. Jeder Turbinensatz hat eine Masse von ca. 95 Tonnen.
Im Falle, dass die Schiffs-Gasturbine in der Kombination mit einer Dampfturbine
betrieben wird, kann diese entweder durch einen separaten Dampferzeuger mit Dampf
versorgt werden oder über einen Abhitzekessel die Energie aus dem Abgas der Gastur-
bine nutzen. Das Arbeitsprinzip entspricht dem in einem GuD-Kraftwerk.

2.8.4.2 Gasturbinen in der Kraftwerkstechnik


Bei der Neuentwicklung von stationären Gasturbinen-Anlagen der Energietechnik bil-
den ganze Produkt-Familien, wie auch bei den Turboluftstrahltriebwerken, meist über
einen Zeitraum von Jahrzehnten die Basis. An den Beispielen der Firmen Mitsubishi
(Japan) und Siemens Power Generation (Deutschland) wird dieses am Produkt-Portfolio
von zwei der größten Hersteller von kompletten Kraftwerksanlagen besonders deutlich,
wie an Abb. 2.8-17 und 2.8-18 zu sehen ist. Das gleiche gilt für die Produktreihen der
Firmen General Electric und ALSTOM, die bereits im einleitenden Kap. 1, Abschn. 1.3
mit Abb.  1.3-10 und 1.3-11 besonders erwähnt wurden.
In Abb. 2.8-17 wird als Beispiel die Produktfamilie M701 von Mitsubishi im Leis-
tungsbereich über 100 MW mit den Entwicklungsstufen D, F, G und H gezeigt, wobei
die Steigerung der Turbinen-Eintrittstemperaturen einen entscheidenden Faktor dar-
stellte. Weiterhin sind (in Klammer angegeben) die inzwischen erreichten thermischen
Wirkungsgrade in Verbindung mit Dampfturbinen als GuD-Kraftwerk vermerkt.
Bei der Firma Siemens wurde mit einer neu entwickelten 340 MW-Gasturbine, der
SGT5- 8000H, ein weitere Ergänzung bewährter Heavy-Duty-Gasturbinen vorgenom-
men (Abb. 2.8-19 und 2.8-20).
Damit können alle Marktsegmente von sehr flexiblen Spitzenlastanwendungen bis hin
zu GuD-Kraftwerken bedient werden.
Das Spektrum der Leistungen bei den Industrie-Gasturbinen der Baureihe SGT-100
bis -800 reicht von etwa 5 bis 50 MW, bei den Heavy-Duty-Anlagen der Baureihe SGT5
und 6 bis über 300 MW. Abhängig vom Baujahr liegen die thermischen Wirkungsgrade
der Gasturbinen um 30 bis 40 % bei entsprechenden Turbinen-Eintritts-Temperatu-
ren um 1000 °C bis über 1500 °C. Die Abgastemperaturen im Zusammenhang mit den
230 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Stationäre Gasturbinen der Mitsubishi


Produktfamilie M701D, F, G, H (ηth, GuD)
1600
TET [°C] M701H (60%)
1500
Turbinen-Eintrittstemperatur M701G (58%)

1400
M701F (56%)
1300

1200
M701D (52%)
1100

1000
in Produktion
900 in Entwicklung
entwickelt
800 skaliert

5 10 20 40 80 160 320 640


Wellenleistung PW [MW]

Abb. 2.8-17  Familien-Produktreihe M701 stationärer Kraftwerks-Gasturbinen der Firma Mitsu-


bishi (Japan) mit Angaben zur Steigerung der Prozess-Spitzentemperaturen TET und der thermi-
schen Wirkungsgrade (in Klammern). Darstellung nach Mitsubishi Ltd

Abb. 2.8-18  Familien-Produktreihe stationärer Gasturbinen der Firma Siemens Power Genera-


tion PG als Industrie- und Heavy-Duty-Gasturbinen. Darstellung nach Siemens AGHeavy-Duty-
Gasturbinen
2.8  Turboshaft-Gasturbinen in Luftfahrt-, Energie- und Marine-Technik 231

GuD-Prozessfür
optimalen Kundennutzen und Vierstufige Turbine mit fortschrittlicher
niedrige Emissionen Beschaufelung und thermischer Schutzschicht
Siemens SGT5-8000 von 340 MW Abgaszustände ausgelegt
> 60% GuD-Wirkungsgrad für optimalen GuD-Prozess
thGuD
Weiterentwickeltes Ultra Low
NOx Verbrennungssystem

Verdichter mit 3D-Beschaufelung


Verstellbare
Verdichterleitgitter
für optimiertes
Teillastverhalten

Gehäuse aus kosten-


günstigem Werkstoff
Aktive Hohe Lastwechselfähigkeit durch
Spaltkontrolle durch fortschrittliche neue Kühlsysteme
hydraulisch Läuferverschiebung
Läuferkonzept mit zentralem
Zuganker und Hirth-Verzahnung

Abb. 2.8-19  340 MW-Heavy-Duty 1-Wellen-Gasturbine der Fa. Siemens SGT5-8000H im GuD-


Kraftwerk Irsching (Bayern). Darstellung nach Fa. Siemens AG

Abb. 2.8-20  Rotor der 1-Wellen Gasturbine SGT5-8000H mit Blick zum mehrstufigen Axialver-
dichter fortschrittlicher Bauweise. Darstellung nach Fa. Siemens AG
232 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

GuD-Prozessen bewegen sich um 550 bis 600 °C, die Gesamtdruckverhältnisse OPR lie-
gen dabei im Bereich um 20 bis 30.
In der Kopplung mit einer Dampfturbine als GuD-Kraftwerk erreicht die SGT5-
8000H im GuD-Kraftwerk Irsching (Bayern) bei etwa 530 MW Gesamtleistung einen
thermischen Wirkungsgrad über 60 %. Im Abb. 2.8-19 wird ein Überblick zu der im Jahr
2009 leistungsstärksten Gasturbine der Welt gegeben. Mit dem Blick auf den Rotor der
340 kW-Einwellen-Gasturbine ist zu erkennen, dass zum Beispiel die 3D-Auslegung des
vielstufigen Axialverdichters Auslegungsmerkmale wie sie Hochleistungsverdichter von
Flugtriebwerken aufweisen (Abschn. 4.2.9 und 4.2.10).

2.9 Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher

2.9.1 Arbeitsprozess einer Turboshaft-Gasturbine mit


Wärmetauscher

Zur Erweiterung der bisher in Abschn. 2.8 dargestellten Turboshaft- bzw. Wellenleis-


tungs-Gasturbinen ohne Wärmetauscher EX (heat exchanger) wird in Ergänzung zu
den vorstehenden Abschnitten die Auslegung von Gasturbinen mit Rekuperator- oder
Regenerator-Wärmetauscher (recuperator, regenerator) in diesem Abschnitt behandelt.
Dazu werden Auslegungs- und Parameterstudien mit der in Abschn. 7.3 beschriebenen
Leistungssynthese-Programmtechnik nach z. B. [GasTurb] vorgestellt.
In Abb. 2.9-1 sind in einer Gegenüberstellung die Blockschaltbilder der Turbos-
haft-Gasturbinen (a) ohne und (b) mit Wärmetauscher zu sehen. In Abb. 2.9-2 wird
dazu eine Turboshaft-Gasturbine mit 1-Wellen-Gasgenerator, Niederdruck- bzw.
Nutzleistungsturbine PT und Rekuperator Rec detaillierter vorgestellt sowie der
Arbeitsprozess im h-s- und T-s-Diagramm (Abb. 2.9-3) [GasTurb, Mün77B, Ric82,
Lec03B, Gri04B].
Nach dem Verdichter C (Ebene 3) wird die komprimierte Luft zum Rekuperator Rec
hinter dem Turbinenaustritt geleitet, durchströmt den Rekuperator kaltseitig und wird
vorgeheizt der Brennkammer B zugeführt (Ebene 31). Die Heißseite des Rekuperators
wird von dem Heißgas aus der Nutzturbine PT (Ebene 6) beaufschlagt und verlässt den
Rekuperator nach Abgabe eines Teiles ihrer Wärmeenergie (Ebene 7). Abschließend
strömen die Abgase über den Diffusor (Ebene 7 und 8) aus der Anlage. Durch den inne-
ren Wärmetausch verringert sich die Energiezufuhr durch Verbrennung in der Brenn-
kammer erheblich, sodass eine wesentliche Steigerung des thermischen Wirkungsgrades
erreicht werden kann. Nachteile ergeben sich durch die Erhöhung des Gewichts bzw. der
Masse und des Volumens der Anlage sowie durch die technologischen Schwierigkeiten
beim instationären Betriebsverhalten und in der Lebensdauer.
Zur Erläuterung dieser Gesichtspunkte wird anschließend eine Gegenüberstel-
lung einer Turboshaft-Gasturbine TS ohne und mit Rekuperator TSRec der mittleren
2.9  Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher 233

(a) Turboshaft-Gasturbine TS
ohne Wärmetauscher
5
1 2 4 44
3 B 7 8
PW
E C T PT G
nC = n T nPT
PC + PEx = PT

(b) Turboshaft-Gasturbine TSRec


mit Rekuperator-Wärmetauscher Rec

5
1 2 31 4 44 6 8
3 7
B
PW
E C T PT G
nC = nT nPT

PC + PEx = PT

Abb. 2.9-1 Turboshaft-Gasturbinen a ohne und b mit Rekuperator-Wärmetauscher Rec also Tur-


boshaft TSRec (schematisch)

Leistungsklasse von 1000 bis etwa 1500 kW vorgestellt. Die Auslegungsleistung der hier
betrachteten Turboshaft-Gasturbine TS soll beispielhaft 1100 kW betragen. Ein Ver-
gleich wird mit einer gleichartigen 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator
TSRec vorgenommen.

2.9.2 Auslegung von Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher

Eine erste Vergleichsstudie zwischen der Turboshaft-Gasturbine ohne TS und mit Reku-
perator-Wärmetauscher TSRec kann im Wesentlichen über Arbeitsprozess-Parameter-
studien von Auslegungspunkten A bzw. DS mit z. B. der Programmtechnik [GasTurb]
vorgenommen werden, wobei mit den Eingabedaten technologische, konstruktive und
wirtschaftliche Gesichtspunkte bereits mit beachtet werden. [Mün77B, Ric82, Hag82B,
Brä01Ba, Lec03B, Gri04B, Wal00B].
Das Ergebnis einer solchen Vorstudie ist in im Abb. 2.9-4 dargestellt.
Zur Verbesserung der Arbeitsprozesse bzw. der Brennstoffverbräuche auch im Teil-
lastverhalten wird in Abschn. 7.3 die Anlage mit Rekuperator TSRec mit variabler Geo-
metrie im Turbinenbereich durch Verstellung der Leiträder der Nutzleistungsturbine PT
genauer untersucht. Wie die Ergebnisse einer Vergleichsstudie in Abschn. 7.3 im zeigen
234 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

(a) 0 1 2 3 4 44 5 6 7 8

Diffusor Dif
Einlauf E
31

Verdichter C Turbine T Rekuperator Rec


Brennkammer B
Gasgenerator GG LP-Turbine bzw.
PT-Turbine

4
(b)
HP-Turbine
Brennkammer
qB 44
45

LP-Turbine
5
6
31
Rekuperator
Rekuperator heißseitig
kaltseitig QRek
qRek 7
8
3 Diffusor
mit c8<c5
Verdichter

h 2 0
Einlauf

Abb. 2.9-2  Turboshaft-Gasturbine TSRec mit Rekuperator-Wärmetauscher Rec und Arbeitspro-


zess schematisch im h-s-Diagramm [GasTurb]

werden, ist diese Erweiterung mit variabler Geometrie der einfachen Standard-Turbo-
shaft-Gasturbine ohne Verstellgitter gegenüber besonders effizient.
Abbildung 2.9-4 gibt in Gegenüberstellung der beiden Turboshaft-Gasturbinen die
Abhängigkeit des spezifischen Brennstoffverbrauchs SFC von der auf den Luftdurchsatz
bezogenen spezifischen Rotor-Leistung PW, vom Gesamt- bzw. Verdichtungsdruckver-
hältnis OPR = ΠC = pt3/pt2 und der maximalen Prozesstemperatur bzw. Turbinen-Ein-
trittstemperatur Ttmax bzw. TET = Tt4. Bei solchen vergleichenden Vorprojektstudien
2.9  Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher 235

1600
5 4
4
Tt4 [K] 1 2 35 4 44
3 B 6 7 8
1400 PPW
E C T PT 4343
n PT
Temperatur

1200 44
4445 45

4949
1000 55 66
35

800
8
s8
600 3 7/8

600 kPa kPa


200
400 400 kPa
kPa
101
p=
11 2
200
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,1 1,2
Entropie s [kJ/(kgK)]

Abb. 2.9-3 Arbeitsprozess im T-s-Diagramm nach [GasTurb] für eine Turbohaft-Gasturbine


TSRec mit Rekuperator-Wärmetauscher Rec

Turboshaft-Gasturbine ohne bzw.mit Wärmetauscher


350
SFC Tt4 [K] 1400 1450 1500
[g/kWs] C=7
Turboshaft ohne
8 Rekuperator TS
spez. Brennstoffverbrauch

10
300
A 12
16 14
Tt4 [K] 1450 1500
1550
C=16

250 14
12 Turboshaft mit
A 10 Rekuperator TSRec
8
6

200
200 250 300 350
P kW
spez. Wellenleistung ⋅W
m1 kg / s

Abb. 2.9-4  Auslegungs-Parameterstudie zu Turboshaft-Gasturbinen ohne TS und mit Rekupera-


tor TSRec [Ric82, Hag82B, Lec03B,Gri04B, Wal00B, GasTurb]
236 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 2.9-5 Auslegungsgrößen zur Vergleichs-Studie von 1100 


kW-Turboshaft-Gasturbinen
ohne- und mit Rekuperator TS und TSRec [Ric82, GasTurb]

(Abb. 2.9-5) ist auch eine Abschätzung der zu erwartenden Baugröße für das jeweilige
Druck- und Temperaturniveau bereits zu berücksichtigen, da abhängig von diesen Grö-
ßen die Wirkungsgrade der Komponenten erhebliche Veränderungen wichtiger Parame-
ter hervorrufen können, wie in Abb. 2.9-6 und abschließend in Abb. 2.9-9 zu sehen ist.
Mit Hilfe der in Kap. 7 und 8 beschriebenen Syntheserechnung z. B. nach [GasTurb]
sind umfangreiche Parameterstudien gut durchführbar. Dazu können wesentliche Hin-
weise und Abschätzungen zu den Komponenten-Wirkungsgraden der einschlägigen
Fachliteratur entnommen werden [Kay73B, Mün77B, Ric82, Gri04B, Wal00B u. a.]. Für
den Leistungsbereich von 1000 bis 1300 kW wurde bei der hier betrachteten Studie dem
Stand der Kühltechnologie entsprechend eine maximale Temperatur am Eintritt der
gekühlten Hochdruckturbine von 1400 bis 1500 K angesetzt. Zusammenfassend kann
nach dieser Parameterstudie für eine fortschrittliche Triebwerksauslegung folgendes der
Darstellung in Abb. 2.9-4 entnommen werden:
Bei Arbeitsprozessen ohne Wärmetauscher erhöht sich mit steigendem Druckver-
hältnis OPR und steigender Temperatur Tt4 die spezifische Leistung bis zu einem Opti-
mum. Der günstigste spezifische Brennstoffverbrauch liegt besonders wegen der mit
steigendem Druckverhältnis fallenden Wirkungsgrade der Turbomaschinen-Kom-
ponenten bei kleineren Druckverhältnissen als dies bei Rechnungen mit konstanten
2.9  Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher 237

Turboshaft-Gasturbine TSRec
mit Rekuperator-Wärmetauscher
PW=1100 kW

PW

Einlauf E Verdichter C
Brennkammer B
Turbine HPT Rekuperator Rec
Nutzleistugs-Turbine
LPT = PT
500 mm

Abb. 2.9-6 Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec der 1100 kW-Leistungsklasse mit


Gegenstrom-Rekuperator Rec [Mün77B, Ric82, Gri04B, Wal00B]

Komponentenwirkungsgraden der Fall wäre. Das Minimum liegt hier im Bereich


OPR ≈ 12 bis 15.
Für Triebwerke mit Wärmetauscher mit einem Rekuperator-Wirkungsgradbereich
um ηRec ≈ 0,80 liegt das Minimum der Brennstoffverbräuche um über 20 % günstiger
als beim Prozess ohne Wärmetauscher. Das günstigste Druckverhältnis liegt im Bereich
zwischen OPR = 8 bis 10. Für die weiteren Vergleiche werden mit verschiedenen Modi-
fikationen der beiden Konzepte TS und TSRec deren Leistungs- und Teillastbetriebsver-
halten in Kap. 7 und 8 genauer untersucht.
Als Vergleichsbasis wird eine Volllastleistung für den Auslegungspunkt A an der
Rotorwelle bzw. Niederdruckturbine von PWTS = PWTS Rec = 1100 kW gewählt. Weiter-
hin wurde für die Bauteile der beiden Triebwerke konstruktiv und technologisch eine
gleichartige Triebwerksstruktur angestrebt. Vorausgesetzt wird jeweils in beiden Basis-
konzepten ein ähnliches, auf die jeweiligen Auslegungs-Druckverhältnisse abgestimmtes
Verdichter-Kennfeld. Abbildung 2.9-5 gibt einen Überblick zu den Hauptauslegungspa-
rametern der beiden Basistriebwerke TS und TSRec.
Für die Konzeptstudie der 2-Wellen-Gasturbine TSRec wurde hier ein Kompakt-
Platten-Rekuperator vorgesehen, wie er zum Beispiel in [Kay73B, Ric82] beschrie-
ben wird. Das Ergebnis der Arbeitsprozessrechnungen und der technologisch
konstruktiven Vorprojektierung führte zu einem Triebwerk, wie es in Abb. 2.9-6 dar-
gestellt ist. Soweit es die erwähnten Randbedingungen erlaubten, wurde der Aufbau
dieses Modelltriebwerks TSRec auf der Basis der Auslegung des Vergleichstriebwerks
TS in Abschn. 2.8.1, Abb. 2.8-3, gestaltet. Der Einlauf und die Nutzleistungsturbine PT
blieben bei dieser Auslegung eines TSRec gegenüber dem TS im Wesentlichen erhalten.
238 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 2.9-7 Schema des Gegenstrom-Rekuperator-Wärmetauschers und dessen Wirkungsgrad


abhängig von der Wärmeübertragungsgröße NTU sowie der Übertragungsgrößen kA/Cmax und
Cmin/Cmax [Kay73B, Mün77B, Ric82, Gri04B]

Das Druckverhältnis im Vollastbereich von OPR = 8 bei einem Luftdurchsatz von


ṁC = 4,33 kg/s ergab einen kombinierten Verdichter mit 3 Axial- und 1 Radialstufe,
wobei die Leiträder der Axialstufen gegebenenfalls verstellbar sein können.
Dem Verdichter folgt eine Umkehr-Ringbrennkammer, deren Außendurchmes-
ser relativ groß ist im Vergleich zur Ringbrennkammer des Vergleichstriebwerks ohne
Rekuperator. Demgegenüber ergibt die Umkehrbrennkammer eine kurze Baulänge des
Verdichter-Turbinen-Rotors und ist in Verbindung mit dem Rekuperator im Abström-
bereich der Gasturbine vorteilhaft. Der gekühlten, einstufigen Hochleistungsturbine
in Axialbauweise folgt die freilaufende zweistufige Niederdruckturbine. Diese axiale
Arbeitsturbine gibt durch eine Hohlwelle ihre Nutzleistung nach außen zum Beispiel an
den Rotor eines Hubschraubers ab. Die Statorschaufeln sind verstellbar, was erhebliche
Vorteile für die Regelung des Betriebsverhaltens im Teillastbereich bietet (Abschn. 7.3).
Die Heißgase beaufschlagen nach der Turbinensektion HPT-PT einen Kompakt-Platten-
Rekuperator Rec in Gegenstrombauweise und verlassen das Triebwerk über den diffu-
sorartigen Abgasstutzen.
Zur Berechnung und Auslegung des Hochleistungs-Wärmeübertragers wird auf die
oben angeführte Fachliteratur verwiesen. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden
besonders die grundlegenden Darstellungen in [Kay73B, Mün77B, VDI88B, Wal00B,
Gri04B] herangezogen. In Abb. 2.9-7 ist schematisch der Temperaturverlauf im Gegen-
strom-Rekuperator skizziert.
Die Güte des Wärmetauschers wird durch den Rekuperator-Wirkungsgrad ηRec ange-
geben, wobei üblicherweise für den stationären Betrieb der tatsächlich übertragene Wär-
mestrom auf der Heißseite H

Q̇H = ṁH cp H (TH E − TH A ) = ĊH (TH E − TH A ) (2.9-1)


2.9  Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher 239

bzw. auf der Kaltseite K

Q̇K = ṁK cp K (TK A − TK E ) = ĊK (TK A − TK E ) (2.9-2)


mit der Gleichheit Q̇H = Q̇K auf den theoretisch maximal möglichen Wärmestrom bezo-
gen wird
 
ṁH cp H (TH E − TK E )
Q̇max = min . (2.9-3a)
ṁK cp K (TH E − TK E )

Mit

Q̇max = Ċmax (TH E − TK E ) (2.9-3b)


lautet der Wärmetauscher-Wirkungsgrad

ηRec = . (2.9-4)
Q̇max
Dabei ist zu beachten, dass die Wärmekapazitätsströme ĊH und ĊK bzw. die spezifi-
schen Wärmen cpH und cpK von der Temperatur abhängig sind, was bei den verschie-
den möglichen Wirkungsgraddefinitionen in der einschlägigen Fachliteratur manchmal
vernachlässigt wird. Zur Erläuterung der Diskussion über Wärmetauscher-Wir-
kungsgrade sei hier besonders zum Beispiel auf die Darstellung in [Kay73B, VDI88B]
verwiesen.
Die Betriebscharakteristik des Wärmeübertragers wird wesentlich vom Wärmedurch-
gangs-Koeffizienten k bzw. dem Wärmedurchgangs-Widerstand RW = 1/k beeinflusst.
Für einen Platten-Rekuperator kann z. B., nach [Kay76, VDI05] folgende Beziehung zum
Beispiel für die Heißseite angesetzt werden:
1 1 a 1
= + + . (2.9-5)
kH η0 H αH (Am /AH )  (AK /AH ) αK η0 K
Bei dieser Darstellung ist eine Berippung der Oberflächen mitberücksichtigt. Der Ober-
flächenwirkungsgrad ηO Rec enthält hierzu das Flächenverhältnis ARec/A und einen Rip-
penwirkungsgrad ηR Rec wie folgt
ARec
ηO Rec = 1 − (1 − ηRRec ) (2.9-6)
A

tan h (m s) α
mit ηR Rec = sowie m = mit der Steghöhe s, der Stegdicke b, der
(m s) 2b
mittleren Wandfläche A, dem Wärmeübergangskoeffizienten α und dem Wärmeleitwert
λ. Für den Wärmedurchgangs-Koeffizienten der Kaltseite kK ergibt sich eine zur Heiß-
seite analoge Beziehung.
Der Wirkungsgrad des Gegenstrom-Rekuperators lässt sich damit zusammenfassend
folgendermaßen angeben
240 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

 
k A Ċmin
ηRec =f , . (2.9-7)
Ċmin Ċmax

Die Wärmeübertragungsgröße k A/Ċmin ist bekannt mit der Bezeichnung NTU (Number
of Heat TranferUnit). Wie zum Beispiel in [Hau78, Kay76] ausführlich gezeigt wird, lässt
sich der Wirkungsgrad ηRec wie folgt mit C∗ = Ċmin /Ċmax ermitteln.

1 − e−NTU (1−C )
ηRec = ∗ (2.9-8)
1 − C∗ e−NTU (1−C )
Für den Grenzfall, dass C∗ = Ċmin /Ċmax → 1 geht, ergibt sich über eine Potenzreihen-
entwicklung die Beziehung
NTU
ηRec = (2.9-9)
1 + NTU
Für Gasturbinenanlagen ist nur der Bereich 0,8 < ηRec < 1,0 von Bedeutung. Abbil-
dung 2.9-7 zeigt den Verlauf des Wirkungsgrades ηRec abhängig von der Wärmeüber-
tragungsgröße NTU und Ċmin /Ċmax. Als weiterer Parameter ist die Übertragungsgröße
k A/Ċmax dargestellt, die sich durch Erweiterung von NTU finden lässt.
Außer den thermischen Eigenschaften des Wärmetauschers im Hinblick zum Beispiel
auf die Wärmeübertragung sind für kompakte Hochleistungs-wärmetauscher auch die
strömungsmechanischen Eigenschaften von hervorgehobener Bedeutung. Die Druckver-
luste in den kalt- und heißgasseitigen Strömungskanälen beeinflussen erheblich die Güte
des thermischen Arbeitsprozesses der gesamten Gasturbinenanlage. In Anlehnung an
[Kay76] kann für den Druckverlust folgende Beziehung angewandt werden
 2 

p = f , ρ , KE ,KB , KV , KA . (2.9-10)
AFK

Dabei ist ṁder Durchsatz, AFK der freie Strömungsquerschnitt, ρ die Dichte der Luft
bzw. des Heißgases. KE, KB, KV sowie KA sind Terme für Einflüsse am Kanaleintritt, der
Strömungsbeschleunigung und der Strömungsverluste sowie Störeffekte am Kanalaus-
tritt. Die Summe der Druckverluste im Wärmetauscher kalt- und heißgasseitig erreichen
Werte von zusammengefasst etwa 5 bis 10 %. Dies spielt bei der vergleichenden Beurtei-
lung von Gasturbinen mit und ohne Wärmetauscher eine wesentliche Rolle.
Für das Bauvolumen und die Baumasse des Wärmetauschers ist die Flächendichte
α = A/VEX maßgebend, das heißt das Verhältnis von Wärme übertragender Oberfläche
kalt- oder heißseitig zum Volumen der Wärmetauscher-Matrix. Bei Hochleistungs-Wär-
metauschern der Fahrzeug- und Flugtechnik sind α-Werte von etwa 1000 bis 3000 m2/
m3 erreichbar.
Im EDV-Programm [GasTurb] wird für die Simulation von Rekuperator-Wär-
metauschern eine Methode nach [Fle05] verwendet. Ausgehend vom bekannten
2.9  Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher 241

Wärmetauscher-Wirkungsgrad des Auslegungspunktes A also ηrec A wird für den Teil-


lastbetrieb für ηrec folgende einfache Beziehung angesetzt (K Kaltseite):
ṁKein ṁ3
ηRec = 1 − (1 − ηRec A ) = 1 − (1 − ηRec A ). (2.9-11)
ṁKein A ṁ3 A
Für den Totaldruckverlust kann ebenfalls nach [Fle05] nachstehende Beziehung verwen-
det werden:
Kaltseite des Rekuperators (Eintritt 1, Austritt 2):

ṁ1 2 T1,55

t2
T0,55
 
pt1 − pt2 pt1 − pt2 pt1 t1
=  2 , (2.9-12a)
pt1 pt1 A ṁ1 T1,55
t2A
pt1 A T0,55
t1A

Heißseite des Rekuperators (Eintritt 1, Austritt 2):

ṁ2 T
 
pt1 − pt2 pt1 − pt2
=  21 t1 . (2.9-12b)
pt1 pt1 A ṁ1 Tt1 A

2.9.3 Leistungsverhalten einer Turboshaft-Gasturbine mit


Rekuperator

Im Vergleich zur konventionellen Turboshaft-Gasturbinen TS ohne Wärmetauscher


wie es als Modell-Triebwerk TS in Abschn. 2.3 vorgestellt wurde mit einem spezifischen
Brennstoffverbrauch SFC von 285 g/kWh bietet das Triebwerk mit Wärmetauscher
TSRec im gesamten Leistungsbereich eine erhebliche Verbesserung des spezifischen
Brennstoffverbrauchs von etwa 20 bis 30 %. Im Rahmen der vorliegenden Studie wird
hier nicht detailliert auf Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit eingegangen. Es wird
lediglich auf den typischen Verlauf der Verbrauchskurven und den Vergleich mit ähnli-
chen Triebwerken ohne Wärmetauscher hingewiesen, wie sie sich aus der Syntheserech-
nung in [GasTurb] und Abschn. 7.3 ergeben.
In Abb. 2.9-8 ist im Leistungskennfeld des TSRec die Wellenleistung des 1100 kW-
Modell-Triebwerks mit Rekuperator in Abhängigkeit vom spezifischen Brennstoffver-
brauch SFC, vom Leistungsniveau des Gasgenerators gemäß der Verdichterdrehzahl nC
und von der Nutzturbinen-Drehzahl nPT dargestellt. Die Charakteristik des Kennfeldes
des TSRec ist tendenzmäßig ähnlich dem Leistungskennfeld des Turboshaft-Triebwerks
TS in Abb. 2.8-4. Die Werte des spezifischen Brennstoffverbrauchs SFC liegen allerdings
wesentlich niedriger als dies beim konventionellen Turboshaft-Triebwerk TS der Fall ist.
Dem günstigeren Brennstoffverbrauch des Triebwerks mit Wärmetauscher steht die
erhöhte Gesamtmasse des Turboshaft-Triebwerks gegenüber. In Abb. 2.9-9 werden das
Triebwerk- und die Rekuperator-Masse sowie die resultierende Gesamtmasse der Trieb-
werksanlage aus verschiedenen Parameterstudien zusammengestellt gezeigt. Abhängig
242 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Turboshaft-Gasturbine TSRec
mit Rekuperator Rec Verdichter-
1200
SFC 235 [g/kWh] drehzahl
PW [kW] nC 100%
A
1000 240
Wellenleistung

95%
245
800 250
90%
260
600
270
85%
400
300

325 80%
200

0
60 70 80 90 100 110 120
Drehzahl Abtriebswelle nPT [%]

Abb. 2.9-8 Leistungskennfeld einer 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec


[Ric82, Lec03B, Gri04B, Wal00B, GasTurb]

mTSRec 400
mTS [kg]
Gesamtmasse
Turboshaft-GT
Masse Turboshaft-GTohne/mit Rekuperator

A
mit Rekuperator TSRec
300
PW=1100 [kW]
mRec
Masse
A Turboshaft-GT TS
Masse RekuperatorRec

200
ohne Rekuperator Rec

Masse
A RekuperatorRec
100

60 70 80 90
Rekuperator-Wirkungsgrad Rec [%]

Abb. 2.9-9 Masse einer 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine ohne bzw. mit Rekuperator TS bzw.


TSR. Die Bereiche umfassen verschiedene Auslegungskonzepte ausgehend vom Auslegungspunkt
A [Mün77B, Ric82, Gri04B, Wal00B]
2.9  Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher 243

vom Rekuperator-Wirkungsgrad erhöht sich durch die Masse des Rekuperators die
Gesamtmasse des Antriebssystems erheblich.
Eine Bewertung der Massenerhöhung durch den Wärmetauscher muss durch
weitere vergleichende Analysen von Kraftwerksanforderungen oder ggf. von Flug-
missionen, also Reichweite, Brennstoffkosten und weiteren Einflussgrößen beurteilt
werden.
Weiterhin sind bei mobilen und flugtechnischen Anwendungen auch das Volu-
men und der Stirnquerschnitt des Triebwerks bei der Gesamtbewertung z. B. beim
Einsatz als Hubschrauber-Triebwerk von Bedeutung, sowie das Verhalten bei insta-
tionärem, dynamischem Betrieb, wie dies in Abschn. 7.3 und Kap. 9 ausführlich
behandelt wird.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[ AGA68] AGARD: Helicopter Propulsion Systems. AGARD CP No. 31, Ottawa (1968)
[AGA74] 
AGARD: Distortion Induced Engine Instability. North Atlantic Treaty Org.
AGARD-LS-72 (1974)
[AGA76] AGARD: Variable Geometry and Multicycle Engines, AGARD-CP-205, 48th
Meeting, Paris (1976)
[Alb78K] Albring, W.: Angewandte Strömungslehre, 5. Aufl. Akademie Verlag, Berlin
(1978)
[And89B] Anderson, J.D. Jr.: Hypersonic and High Temperature Gas Dynamics. Mc-Graw
Hill, New York (1989)
[And91B] Anderson, J.D. Jr.: Fundamentals of Aerodynamics, 2. Aufl. McGraw Hill, New
York (1991)
[And95B] Anderson, J.D. Jr.: Computational Fluid Dynamics, McGraw HillBook (1996)
[And90B] Anderson, J.D. Jr.: Modern Compressible Flow, 2. Aufl. McGraw Hill, New York
(1990)
[Bar61] Bartlmä, F.: Berechnung des Strömungsvorganges bei Überschreiten der kriti-
schen Wärmezufuhr. DVL-Bericht Nr. 168 (1961)
[Bar97] Bareis, B.: Beitrag zur Optimierung luftatmender Kombinationstriebwerke für
eine Hyperschall-Beschleunigungsmission. Fortschritt-Bericht VDI Reihe 7 Nr.
323, VDI-Verlag, Düsseldorf. Dissertation, Universität Stuttgart (1997)
[Bat96B] Bathie, W.W.: Fundamentals of Gas Turbines, 2. Aufl. Wiley, New York (1996)
[Bau93] 
Bauer, A., Ludäscher, M., Rick, H.: Leistungsrechnung und Simulation des
Betriebsverhaltens von Antriebssystemen für Hyperschallflugzeuge. DGLR-
Tagung Göttingen, DGLR-93-03-079 (1993)
[Bau94] 
Bauer, A.: Betriebsverhalten luftatmender Kombinationstriebwerke für den
Hyperschallflug unter besonderer Berücksichtigung der Triebwerksintegration.
Dissertation, TU München (1994)
[Bil93] Billig, F.S.: Research on supersonic combustion. J. Propul. Power 9(4), 499–514
(1993)
[Bog93] Bogner, S.: Experimentelle Validierung und Analyse stationärer und dynami-
scher Zustandsüberwachung von Hubschrauber-Gasturbinen. Dissertation, TU
München (1993)
244 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

[ Brä00Ba] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 1. Aufl. Springer, Berlin (2000)


[Brä00Bb] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 2. Aufl. Springer, Berlin (2004)
[Brä00Bc] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 3. Aufl. Springer, Berlin (2009)
[Brä01Ba] Bräunling, W.J.G.: Flugzeutriebwerke, 1. Aufl. Springer (2001)
[Bre97] Brehm, N., Kau, H.-P., Jones, S.P.: The BR710, an environmentally friendly
engine. In: CASI Annual Conference, Toronto (1997)
[Cra73] Crawford, W.J.: The T 700-GE-700 Turboshaft Engine Program. SAE-Paper
730917, Los Angeles, 16.–.18 Okt 1973
[DGL00] 
DGLR-Symposium V/STOL: Die Deutschen Senkrechtstartflugzeuge, Bericht
2000-2001, Oberschleißheim, Bonn 31. März 2000
[DGL00B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt: Die deutschen Senkrechtstart-
flugzeuge. DGLR-Bericht 2000-2001 (2000)
[Eck61] Eckert, B.: Die Gasturbine als Antriebsmaschine für das schwere Straßenfahr-
zeug. MTZ 31 (1970)
[Esc95] Esch, Th., Bauer, A., Rick, H.: Simulation and nozzle/afterbody integration of
hypersonic propulsion systems. Z. Flugwiss. Weltraumforsch. 19(1) (1995)
[Fer49B] Ferri, A.: Elements of Aerodynamies of Supersonic Flow. Macmillan,New York
(1949)
[Fuh09] Fuhrmann, T.: Auslegung und Betriebsverhalten von SCRamjet-Antriebssyste-
men für Raumtransporter-Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München.
ISBN: 978-3868532371 (2009)
[Fuh10] Fuhrmann, S., Kau, H.-P.: Validation of CFD-Simulations for a supersonic com-
bustion chamber using ANSYS CFX. In: Ansys Conference and 28th CADFEM
UsersMeeting, Aachen (2010)
[Gab95] Gabler, R., Auer, E., Erhard, W., Rick, H.: Turboshaft Engine Monitoring System
including Contingency Operation.In: 5th European Propulsion Forum, Pisa (1995)
[Gab98] Gabler, R.: Betriebsverhalten von Wellenleistungsgasturbinen bei Verdichterin-
stabilitäten und Methoden zur Realisierung. Dissertation, TU München (1998)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual .GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de 2010
[GasTurbDet] 
Kurzke, J.: GasTurbDetails – Utility for GasTurb Performance Simulations.
Manual. GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[Gas67B] Gasparovic, N., et al. (Hrsg.): Gasturbinen. Probleme und Anwendungen.VDI-
Verlag, Düsseldor (1967)
[Gei03] Geipel, H., Keppel, W., Weyer, H.: Wege zur umweltverträglichen Kraftwerks-
technik – Verbundforschung der AG Turbo im Rahmen des Konzeptes COORE-
TEC-. Kraftwerkstechnisches Kolloquium, Turbomaschinen in Energieanlagen,
Dresden (2003)
[Gon08] Gonser, H.: Untersuchungen zum Einsatz von Wärmetauschern in zivilen Tur-
boflugtriebwerken. Dissertation, Universität Stuttgart (2008)
[Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser , Basel (2004)
[Gri09B] Grieb, H.: Verdichter für Turbo Flugtriebwerke. Springer, Berlin (2009)
[Gri81a] Grieb, H. et al.: Comparison of different nozzle concepts for a reheated turbo-
fan. In: AGARD Fluid Dynamics Panel Symposium on Aerodynamics of Power
Plant Installation, Toulouse (1981a)
[Gri81b] Grieb, H., Klussmann, W.: Regenerative Helicopter Engines – Advances in Per-
formance and Expected Development Problems. AGARD, Toulouse (1981b)
[Gri86] Grieb, H., Eckardt, D.: Turbofan and Propfan as Basis for Future Economic Pro-
pulsion Concepts, AIAA/ASME/SEA/ASEE 22.Joint Propulsion Conference,
Huntsville Alabama, 16 .–18. Juni, AIAA Paper No. 86 1474 (1986)
Literatur 245

[Haf82B] 
Hafer, X., Sachs, G.: Senkrechtstarttechnik – Flugmechanik, Aerodynamik,
Antriebstechnik. Springer, Berlin (1982)
[Hag60] Hagen, H.: Optimalauslegung von Zweistromstrahlturbinen. Luftfahrttechnik

6(12), 338–342 (1960)
[Hag82B] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. Verlag G. Braun, Karlsruhe
(1982)
[Hei77] Heilmann, W.: Die Entwicklung von Gasturbinen kleiner Leistung mit regenera-
tivem Wärmetauscher in der MTU. MTZ 38 (1977)
[Hen12B] Henne, J.: Technologie und Entwicklung von Triebwerken dernächsten Genera-
tion. Vorlesung, TU München (2012)
[Hil60] Hilsenrath, J. et al.: Tables of Thermodynamic and Transport Properties of Air,
Argon, Carbon dioxide, Carbon monoxide, Hydrogen, Nitrogen, Oxygen, and
Steam. Pergamon Press, Oxford (1960)
[Hol95] Hollmeier, S., Esch, Th., Hermann, O., Rick, H.: Propulsion/Aircraft integration
and dynamic performance of hypersonic TSTO vehicles. In: 12th International
Symposium on Airbreathing Engines, ISABE, Melbourne (1995)
[Hol97] Hollmeier, S.: Simulation des Betriebsverhaltens von Antrieben für Raumtranspo
rter/Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München (1997)
[Hol98] Hollmeier, S., Kopp, S., Hermann, O., Rick, H.: Propulsion/Aircraft integration
of hypersonic vehicles enabling active thrust vectoring and realtime simulation
of dynamic engine behaviour. Int. J .Turbo Jet Engines (1998)
[Hou73] Hourmouziadis, J.: Optimierung des Zweistromtriebwerkes unter Berücksichti-
gung des Lärms. Konstr. 25, 338–342 (1973)
[Hou81] Hourmouziadis, J., Kreiner, H.B.: Component Design and Development for
Future Helicopter.In: Seventh European Rotorcraft and Powered Lift Aircraft
Forum, DGLR, Garmisch Partenkirchen (1981)
[Hou82] Hourmouziadis, J., Klussmann, W.: Zukünftige Entwicklung von wirtschaftli-
chen Wellenleistungsgasturbinen. MTU München, Seminar für Flugantriebe
und Gasturbinen, TU München (1982)
[Joo06B] Joos, F.: Technische Verbrennung. Springer, Heidelberg (2006)
[Kay72B] Kays, W.M.: Compact Heat Exchangers. AGARD LS 57-72 (1972)
[Kay73B] Kays, W.M., London, A.L.: Hochleistungswärmeübertrager. Akademie-Verlag,
Berlin (1973)
[Köh04] Köhli, R., Staudacher, S., Schulte, H., Schmidt, K.-J.: Validierung eines Perfor-
mancemodells für ein Turbofantriebwerk im tiefen Teillastbereich DGLR-2004-
180, Dresden (2004)
[Kop00] Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und
Störeffekten für Hyperschall- Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München (2000)
[Kop99] Kopp, S., Hollmeier, S., Rick, H., Herrmann, O.: Airbreathing hypersonic pro-
pulsion system integration within FESTIP FSSC-12. In: 9th International Space
Planes and Hypersonic Systems and Technologies Conference, AIAA 99-4813,
Norfolk (1999)
[Kre01] Kreiner, A.: Modellbasierte Regelung der Hochleistungstriebwerke von Hyper-
schallflugzeugen. Dissertation, TU München (2001)
[Kre01] Kreiner, A., Lietzau, K., Gabler, R., Rick, H.: Modellbasierte Regelungskonzepte
für Turbo-Luftstrahltriebwerke (2001)
[Kuc11B] 
Kuczera, H., Sacher, P.W.: Reusable Space Transportation Systems.Springer,
Berlin (2011)
[Küc65] Küchemann, D.: Hypersonic aircraft and their aerodynamic problems. Prog.
Aeronaut. Sci. 6 (1965)
246 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

[Kur05] Kurzke, J.: GasTurb11 – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual www.gasturb.de (2005)
[Kur08] Kurzke, J.: Preliminary Design. Aeroengine Design: From State of the Art Tur-
bofans towards Innovative Architectures. VKI Lecture Series 2008 – 2004, 3 .–. 7
März 2008
[Kur09] Kurzke, J.: Fundamental Differences Between Conventional and Geared Turbo-
fans. ASME GT2009-59745 (2009)
[Kur99] Kurzke, J., Riegler, C.: A Mixed Flow Turbofan Afterburner Simulation for the
Definition of Reheat Fuel Control Laws. NATO Research and Technology Orga-
nisation RTO-MP-8, AC/323(AVT) TP9 (1999)
[Lec03B] Lechner, C., Seume, J., et al. (Hrsg.): Stationäre Gasturbinen. Springer, Berlin
(2003)
[LTH94B] Arbeitskreis Triebwerk: Luftfahrttechnisches Handbuch, Band Triebwerkstech-
nologie . LTH Koordination IABG (1994)
[Mai08] Maier, D., Kirstein, S., Fuhrmann, T., Hupfer, A., Kau, H.-P.: Scramjet research
activities at the Institute of Flight Propulsion of the Technische Universität
München. In: Sixth European Symposium on Aerothermodynamics for Space
Vehicles, 3.–6., Versailles (2008)
[McB63B] McBride, B.J., Heimel, S., Ehlers, J.G., Gordon, S.: Thermodynamic Properties
to 6000 K for 210 Substances Involving the First 18 Elements. NASA SP-3001
(1963)
[Men85] Menrath, M., Rick, H.: Verfahren zur digitalen Simulation von Hubschrauber-
Antriebssystemen DGLR-Jtg. DGLR, Bonn (1985)
[Men89] Menrath, M.: Experimentelle Kennwertermittlung und Systemanalyse bei Hub-
schrauber-Gasturbinen. Dissertation, TU München (1989)
[Mer03] Merkler, R., Staudacher, S., Schmidt, K.-J.: Modellierung des Luftsystems von
Turboflugtriebwerken für die Anwendung in Leistungssyntheseprogrammen.
DGLR Jahrestagung (2003)
[Mor79] Morris, R.E., Brewer, G.D.: Hypersonic Cruise Aircraft Propulsion Integration
Study, Bd. I+II. NASA CR-158926-1/-2, Lockheed-California Company, Bur-
bank (1979)
[Mug81] Muggli, W.: Zum Betriebsverhalten von Turboluftstrahlantrieben unter beson-
derer Berücksichtigung der gekühlten Hochdruckturbine. Dissertation, Techni-
sche Universität München (1981)
[Mug88] Muggli, W., Rick, H.: Engine Aspects in the Design of Advanced Rotorcraft. 14th
European Rotorcraft Forum, No. 24, Milano (1988)
[Mün60] Münzberg, H.G.: Das Bypass-Triebwerk und seine Eignung für Steil- bzw. Senk-
rechtstart. WGL-Jahrb (1960).
[Mün72K] Münzberg, H.G. : Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft
und Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün76] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: The Pros and Cons of Variable Geometry Turbines.
48th AGARD-Meeting, PEP, Paris
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[Oer60B] Oertel, H.: Stoßrohre – Shock Tubes – Tubes a Choc. Springer, Wien (1960)
[Osw56K] Oswatitsch, K.: Gasdynamik. Springer, Wien (1952); auch Gas Dynamics. Aca-
demic Press, New York (1956)
[Pel92] Pellischek, G., Reile, E.: Compact Energy Recovery Units for Vehicular Gas Tur-
bines, SAE 92015 1. International Congress & Exposition, Detroit (1992)
Literatur 247

[ Pra65B] Prandtl, L.: Führer durch die Strömungslehre. Braunschweig, Vieweg (1965)
[Pre01] Preiß, A.: Eintrittsstörungen bei Fluggasturbinen unter besonderer Berücksichti-
gung instationärer Gaszusammensetzungen. Dissertation, TU München (2001)
[Pri68] Privoznik, E.J.: Allison T63 Regenerative Engine Program. 24th Annual Nat.
Forum, American Helicopter Society Washington, D.C. (1968)
[Rey03] Reynolds, R., Srinivasan, R., Myers, G., Cardenas, M.: Small Engine Technology
(SET)-Task 4, Regional Turboprop/Turbofan Engine Advanced Combustor
Study. Final contractor Report NASA CR-2003-212470 (2003)
[Rey95] Reynolds, O.: On the dynamical theory of incompressible viscous fluids and the
determination of the criterion. Philos. Trans. R. Soc. A 86 (1895)
[Ric05] Rick, H., Bauer, A., Esch, T., Hollmeier, S., Kau, H.-P., Kopp, S., Kreiner, A.:
Hypersonic highly integrated propulsion systems – design and off-design simu-
lation. Chapter 5.3.2. In: Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-
Orbit Vehicles. DFG, Wiley-VCH (2005)
[Ric76] Rick, H., Kurzke, J.: Zum Betriebsverhalten von Verbund-Zweistrom-Turboluft-
strahltriebwerken mit verstellbaren Düsen und Turbinen. Z. Flugwiss. (ZFW) (5)
(1976)
[Ric80] Rick, H.: Stationäres und instationäres Betriebsverhalten und Variable Geome-
trie von Turboluftstrahltriebwerken sowie Anpassung Triebwerk - Flugzeug.
Carl-Cranz-Gesellschaft, CCG-F8.03 (1980)
[Ric82] Rick, H.: Zur digitalen Simulation des stationären und instationären Betriebs-
und Leistungsverhaltens von Fluggasturbinen insbesondere von Hubschrauber-
Triebwerken. Habilitationsschrift, TU München (1982)
[Ric88] Rick, H., Muggli, W.: Einfluß neuer Antriebstechnologien auf das Betriebsver-
halten zukünftiger Hubschrauber- und Kipprotor-Flugzeuge. Jtag., DGLR, Ber.-
Nr. 88-013, Darmstadt (1988)
[Ric89] Rick, H., Bogner, S.: AGATA-Fahrzeug-Gasturbine AGT89/3, Betriebsverhal-
tenstationär/dynamisch. Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München, LFA-TUM-
Ri/Bo-12/89 (1988)
[Ric97] Rick, H.: Neue Technologie für Hubschrauber – Anforderungen an zukünftige
Hubschrauberantriebe, CCG-Symposium, DLR-Oberpfaffenhofen/München,
13.–17. Okt 1997 (1997)
[Ris01] Rist, D.: Brennkammer-Entwicklungslinien, in Luftfahrtforschungin Deutsch-
land. In: Hirschel, E.H. et al. (Hrsg.) Die deutsche Luftfahrt, Bd. 30, S. 404–418.
Bernhard & Graefe Verlag (2001)
[Ris95B] Rist, D.: Dynamik Realer Gase. Springer, Berlin (1995)
[Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1986)
[Rol96B] Rolls Royce: The Jet Engine, 5. Aufl. Rolls Royce plc, London (1995)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simu-
lation of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and
Power Generation. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.
nato.int(2007)
[Rue89] Rued, K. et al.: High performance Gear Systems and Heat Management for
Advanced Ducted Systems. AIAA 89-2482, AIAA/ASME/SAE/ASEE 25th Joint
Propulsion Conference, Monterey (1989)
[SAE89] Society of Automotive Engineers (SAE): Gas Turbine EngineSteady-State Perfor-
mance for Digital Computer Programs, AerospaceStandard, AS681 Rev. E., Soci-
ety of Automotive Engineers, Warrandale (1989)
248 2  Arbeitsprozesse von Gasturbinen und Flugtriebwerken

[SAE80] SAE: Aerospace Recommended Practice ARP 1256A, Society of Automotive


Engineers (SAE) (1980)
[SAE97] 
SAE: Aircraft Propulsion System, Performance, Station Designation and
Nomenclature. SAE AS 755 C (1997)
[Sch02] Scheugenpflug, H., Wilfert, G., Simon, B.: Erfüllung zukünftiger Umweltanfor-
derungen durch den Einsatz eines Wärmetauschertriebwerks. MTU Technik
Berichte (2002)
[Sch07] Schütte, G., Staudacher, S.: Non-deterministic analysis of a scramjet propulsion
system CEAS-2007-366. In: 1st European Air and Space Conference, Berlin (2007)
[Sch08] Schütte, G., Staudacher, S.: Probablistic design analysis of scramjets AIAA 2008-
1811. In: Proceedings of the 10th AIAA Non-Deterministic Approaches Confe-
rence, Schaumburg (2008)
[Sch09] Schütte, G.: Probalistische Untersuchungen zu Scramjet-Antriebssystemen. Dis-
sertation, Universität Stuttgart (2009)
[Sch87] Scheuerer, K.: Berechnung des stationären und instationären Betriebsverhaltens
von Solar-Kraftanlagen mit Paraboloidkonzentrator und Gasturbine. Disserta-
tion, TU München (1987)
[Sch93] Schmuttermair, H.: Experimentelle Simulation und Analyse des Betriebsverhal-
tens einer Solar-Kraftanlage mit Gasturbine. Dissertaion, TU München (1993)
[SFB05B] Deutsch Forschungsgemeinschaft DFG-SFB: Basic Research and Technologies
for Two-Stage-to-Orbit Vehicles, DFG-Sonderforschungsbereich 255, TU Mün-
chen, Wiley-VCH (2005)
[Sha53K] Shapiro, A.H.: The Dynamics and Thermodynamics of Compressible Fluid Flow,
Bd. I II. Ronald Press, New York (1953)
[Sig91B] Sigloch, H.: Strömungsmaschinen. Grundlagen und Anwendungen, 5. Aufl.Carl
Hanser Verlag, München (2013)
[Sim71] Simon, U.: Das stationäre Betriebsverhalten von Zweikreis-Turbostrahltriebwer-
ken mit Strahlmischung. Dissertation, Universität Stuttgart (1971)
[Sim73] Simon, U.: Der optimale Restschub von Propeller-Turbinentriebwerken. MTZ
26 (1965), 175–176 (1973)
[Sot87] Sotheran, A.: High Performance Turbofan Afterburner Systems. AIAA 87-1830,
AIAA/SAE/ASME/ASEE 23rd Joint Propulsion Conference, San Diego (1987)
[Sta95] Staudacher, S.: Untersuchung zum sekundären Luftsystem von Luftstrahltrieb
werken. Dissertation, TU München (1995)
[Ste03B] Steffens, K.: Technik der Luftfahrtantriebe. Vorlesung, TU München (2003)
[Ste91] Steinhardt, E.: The Use of Non Linear Rotor Dynamics in Aero Engines. Euro-
pean Propulsion Forum, ONERA, Paris (1991)
[Ste98B] Stephan, K., Mayinger, F.: Thermodynamik. Band 1: Einstoffsysteme. Grundla-
gen und technische Anwendungen, 15. Aufl. Springer, Berlin (1998)
[Ste99] Steffens, K., Schäffler, A., Buckl, F.: Entwicklungstendenzen im Luftfahrttrieb-
werksbau. DGLR 1999-075 (1999)
[Str82] Strack, W.C. et al.: Technology and Benefits of Aircraft Counter Rotation Pro-
pellers, NASA TM 82983, SAE Aerospace Congress and Exposition, Anaheim
(1982)
[Tho75B] Thomas, H.-J.: Thermische Kraftanlagen. Springer, Berlin (1975)
[Tra82K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. I, 4. Aufl., 1982 bzw. 2000.
Springer, Berlin (1982)
[Tru98B] Truckenbrodt, E.: Fluidmechanik, Bd. 1 und 2. Springer, Berlin (1998)
[Umw05] Umweltbundesamt (Hrsg.): Klimaschutz in Deutschland bis 2030, Forschungs-
bericht 20141 142, Umweltbundesamt, Berlin (2005)
Literatur 249

[Umw08B] Gmelin, C., Hüttig, G., Lehmann, O.: Zusammenfassende Darstellungder Effizi-
enzpotenziale bei Flugzeugen unter besonderer Berücksichtigungder aktuellen
Triebwerkstechnik sowie der absehbaren mittelfristigen Entwicklungen, Bun-
desministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,FKZ UM 07 06
602/01, Berlin (2008)
[VDI88B] VDI: VDI- Wärmeatlas (1988)
[Wal00B] 
Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. BlackwellScience, Ltd.,
Oxford, lst published 1998, reprinted 2000 (2000)
[Wei06] Weigand, B., Gaisbauer, U., Reinartz, B., Kau, H.-P., Schröder, W.: Das Gra-
duiertenkolleg 1095/1: Aero-Thermodynamische Auslegung eines Scramjet –
Antriebssystems für zukünftige Raumtransportsysteme. DGLR-2006-127, DGLR
Jahrestagung (2006)
[Zel08] Zeller, P.: Effizienzsteigerung von Turboluftstrahltriebwerken durch Optimie-
rung des sekundären Luftsystems. Dissertation, Universität Stuttgart (2008)
[Zie76B] Zierep, J.: Theoretische Gasdynamik. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1976)
Einläufe für verschiedene Flugbereiche
3

3.1 Einlaufarten und Betriebszustände

Die kinetische Energie der einem luftatmenden Triebwerk mit der Fluggeschwindig-
keit c0 zuströmenden Luft kann besonders bei höheren Flug-Mach-Zahlen M0 für den
Arbeitsprozess des gesamten Antriebes einen beachtlichen Gewinn bedeuten. Hierzu
wird die mit der Geschwindigkeit c0 anströmende Luft in einem Diffusor verzögert,
woraus sich ein Anstieg des statischen Drucks p2 ergibt, wie bereits im Abschn. 3.3 in
Abb. 2.3-3 und 2.3-4 zu sehen ist. Dies geschieht im Lufteinlauf, der außerdem in allen
Flug- und Lastzuständen dem Basistriebwerk die erforderliche Luftmenge in stabiler,
gleichmäßiger Strömung zuzuführen hat (Abb. 3.1-1). Darüber hinaus ist bei der Ausle-
gung des Einlaufs stets auf eine geringe Störung der Außenströmung zu achten [Her56B,
Car58, Car64, Hes64K, Mün72K, Hil92K, Brä00B, Gri04B, Wal00B, Ric05].
In Abschn. 2.3 wurde bereits zur Bestimmung der Standard-Arbeitsprozesse von
Turbojet-Triebwerken und Turboshaft-Gasturbinen die thermodynamische Erfassung
der Einlaufströmung im Verbund mit den drei wichtigsten Sektionen einer Gasturbine,
Verdichter, Brennkammer und Turbine, vorgestellt. In einfacher Form wurden die Ein-
laufzustände für den Standfall sowie für den Langsamflug und den Flug mit höherer
Fluggeschwindigkeit M0 > M2 in Abb. 2.3-4 gezeigt.
Mit der Kenntnis der einzelnen Komponenten für Verdichter (Abschn. 4.2) und Turbinen
(Abschn. 4.3) wird in Kap. 7 und 8 das gesamte aero-thermodynamische Zusammenwirken
aller Komponenten im Gesamttriebwerk mit Hilfe der numerischen Syntheseprogramme wie
z. B. [GasTurb] betrachtet. In den hier nachfolgenden Abschnitten dieses Kapitels soll ledig-
lich die Zusammenarbeit des Basistriebwerks mit seinem Lufteinlauf, der Komponente in der
die Luftzuströmung erfolgt, behandelt werden. Zur Luft- oder Heißgasabströmung wird auf
Kap. 6 verwiesen.
Die drei Betriebs- oder Flugbereiche Unterschall-, Überschall- und Hyperschallflug
(subsonischer, supersonischer und hypersonischer Flug) nach Abb. 3.1-1 zeichnen sich
durch die grundsätzlich verschiedenartigen Bau- und Arbeitsweisen der Einlaufarten

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_3, 251


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
252 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Einläufe und Bauweisen: rotationssymmetrisch oder eben


Größe (geometrisch) relativ zum Basistriebwerk
H0 [km] klein etwa gleichrangig sehr viel größer
Gemischte Verdichtung
40 Extern-Intern
c0
Externe Verdichtung
30 c0 c2
(HTSM)
Pitot-Einlauf
Flughöhe

(SR-71)
c0
20

c0 (Concorde) Ramjet Scramjet


(A340)
10 Turbojet
Turbo
-shaft, Turbofan Kombinations-Triebwerke
-prop
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 3.1-1 Einlauf-Bauweisen für verschiedene Flugbereiche und Antriebsarten im Höhen-


Mach-Zahl-Diagramm mit Beispielen zu Einlauftypen

für verlustarme Zuströmung aus. In Abb. 3.1-1 werden im Rahmen eines Höhen-Mach-


Zahl-Diagrammes (Flugkorridor) typische Beispiele von Einläufen für die verschiedenen
Antriebssysteme der Turboshaft-Triebwerke TS für Propeller-Flugzeuge und Hub-
schrauber (M0 < 0,7), der Turbojet TJ und Turbofan-Triebwerke TF für Unterschall- und
Überschallflugzeuge (M0 < 0,9 und M0 < 1,5 bis 4) sowie der Ramjet- und Scramjet-
Antriebe für Überschall- bis Hyperschall-Fluggeräte (M0 ≈ 4,5 bis über 10) vorgestellt.
Die Bauweise der Einläufe kann näherungsweise eben, rotationssymmetrisch oder
rampen- und kastenförmig ausgeführt werden. Außer dem Betrieb im Langsamflug
erfolgt die Verdichtung der aufgenommenen Luft in einem Unter- oder Überschall-
Einlaufdiffusor mit interner, externer oder gemischter Unter- und Überschallströmung.
Die Verdichtung der Luft im Unterschallflug erfolgt vornehmlich in Pitot-Einläufen.
Einläufe für Überschallgeschwindigkeiten arbeiten mit einfachen oder komplexen
Verdichtungsstoßsystemen.
Mit steigender Fluggeschwindigkeit steigt die Bedeutung der Einlauftechnik auf die
Schub- und Verbrauchswerte stark an, beim Hyperschallflug ist sie die dominierende
Größe. Das gleiche gilt sinngemäß auch für die Ausström-Schubdüsen (Abschn. 6.1). Die
geometrische Baugröße von Einlauf und Schubdüsen und davon abhängig auch deren
Massen bezogen auf das Basistriebwerk stellen im Unterschallflug einen Bruchteil des
3.1  Einlaufarten und Betriebszustände 253

(a) Unterschall-Pitot-Einlauf
Subsonischer Schnellflug M0 > M1 > M2 ; c0 > c1 > c2

Turbofan-Triebwerk
A1 A2
A0

M0

m 0 = m1 = m2

Diffusor-Stromröhre
Gondelverkleidung
Einlauflippe Einlaufhaube
(inlet lip) (inlet cowl)

(b) Durchsatzverhältnis oder


Drosselgrad
m0 ρ c A A0 resultierende Saugkraft
µE = = 0 0 1 = aus der Druckverteilung
m0,max ρ c A A1
0 0 1
2
0 1

Schub-
A1 A0 At Komponente

Staupunkt
Einlauf-Stromröhre A0 Staupunkt-Stromlinie
Fangstromfläche A1=AC Eintrittsebene A2 Einlaufströmung hier kritisch

Halsquerschnitt At

Abb. 3.1-2  a Unterschall-Pitot-Einlauf (Beispiel B747). b Einlauf-Diffusor-Strömung bei M0 > M2 ≈ 0,5


am klassischen Pitot-Einlauf für den subsonischen Schnellflug bis zur maximalen Flug-Mach-Zahl
M0 ≈ 0,9 [Rol05B]. c Einlaufströmung (Pitot-Einlauf) für den subsonischen Langsamflug bei etwa
M0 < M2 ≈ 0,5 mit näherungsweise Beschleunigungs-(„Düsen“-) Strömung. Strömungsbild für den
Standfall. d bei M0 = 0 als „Senken-Strömung“. Weiterhin wird für den Standfall schematisch die Situa-
tion bei Seitenwind mit der Gefahr von Strömungsablösungen gezeigt

Antriebssystems dar. Beim Überschallflug liegt etwa die gleiche Größenordnung vor.
Beim Hyperschallflug beträgt die Dimension von Einlauf und Schubdüse ein Vielfaches
von der des Basistriebwerkes (z. B. Abb. 2.5-17).

3.1.1 Unterschalleinlauf

Der klassische Unterschall-Einlaufdiffusor wird durch einen in Strömungsrichtung mehr


oder weniger sich erweiternden Kanal gebildet, wobei die Einlaufhaube eine strömungs-
günstige abgerundete Kontur haben muss (Abb. 3.1-2a–d).
254 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

(c) Langsamflug subsonisch


M0 < M1 < M2 c0 < c1 < c2

Gondelumströmung Staupunktstromlinie
Gondelumströmung

A0 At

Staupunkt wandert abhängig


vom Flugzustand

0 1 2

(d) Standfall (Senkenströmung) Standfall mit Seitenwind


M0 =0 c0 =0 M0 =0 c0 =0
p1<p0 (Unterdruck) Strömungsgeschw.
Seitenwind
hoch
Gefahr von Ablösung

A1 At A1

A2 A2

0 1 2 0 1 2

Abb. 3.1-2 (Fortsetzung)

Diese Forderung ist im Stand und Langsamflug (c0 ≈ 0) notwendig, da in diesen Fäl-
len die vom Triebwerkseinlauf aufzunehmende Luft beschleunigt werden muss, zum
andern soll in allen Flugbereichen auch bei seitlicher Zuströmung sowie im Steigflug
noch eine gute Qualität der Einlaufströmung vor der Verdichtersektion bewirkt werden.

3.1.2 Überschall-Einlauf-Diffusoren

Wird ein Fluggerät für Überschallgeschwindigkeiten, das heißt für Flug-Mach-Zahlen


M0 = c0/a0 > 1 bis etwa M0 ≈ 6 konzipiert, so wird der Triebwerkeinlauf gemäß den
gasdynamischen Gesetzen der Überschallströmung ausgelegt. Nach dem Einlauf vor
dem Eintritt in das Basistriebwerk muss eine möglichst gleichförmige Unterschallströ-
mung erreicht werden und zwar bei Turboluftstrahl-Triebwerken vor dem Verdichter
3.1  Einlaufarten und Betriebszustände 255

Abb. 3.1-3  a Überschall-Standard-Einlauf bei kritischem Betriebszustand mit 2-Stoß-Außenver-


dichtung und anschließendem Unterschall-Diffusor, Grenzschichten und Bypass-Öffnungen. Der
vom Einlauf-Fangquerschnitt AC = A1 „geschluckte“ Massenstrom ṁ0 wird vom anschließenden
Basistriebwerk durch die Fläche A2 vollständig übernommen. b Verlauf der Zustandsgrößen eines
2-Stoß-Überschall-Einlaufes (Keil-Diffusor) mit Außen- und Innenverdichtung nach Bild a längs
einer Stromlinie. c Verlauf der Zustandsgrößen im h-s-Diagramm (schematisch)

M2 = c2/a2 ≈ 0,4 bis 0,7, bei Ramjet-Triebwerken vor der Brennkammer M2 ≈ 0,1 bis
0,3. Die Form des Lufteinlaufes ist damit konstruktiv so zu gestalten, dass das im Über-
schallteil erzeugte Verdichtungsströmungsfeld die aufgenommene Luft bei geringen
Stoß- bzw. Totaldruckverlusten auf Unterschallgeschwindigkeit verzögert. Ein idealer,
also isentroper Überschall-Diffusor ohne jegliche Verdichtungsstöße, der strömungs-
technisch einer „umgekehrten“ Laval-Düse entspricht, ist praktisch nicht zu verwirkli-
chen (Abb. 3.1-3a–c).
Demgegenüber wird für Hyperschallflüge über M0 = 5 bis 7 hinaus bei den Ramjet-
Antriebskonzepten mit Überschallverbrennung (Scramjet, Abschn. 2.5.3 und 8.4) eine
Einlaufaustritts-Mach-Zahl von etwa M2 > 2 angesetzt.
256 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

3.1.3 Einlaufkenngrößen

Die Güte und das Betriebsverhalten des Lufteinlaufs, dem ersten Hauptteil einer Flug-
triebwerksanlage, können durch mehrere Kenngrößen charakterisiert werden. Als
Beispiel sei hier der Einlaufbeiwert kD angeführt. Er stellt einen Zusammenhang dar zwi-
schen dem thermodynamischen Einlauf-Wirkungsgrad (Abb. 3.1-3a)
ht2 − h02 ht0 − h02
ηE = = (3.1-1)
ht0 − h0 ht0 − h0
und dem statischen Enthalpieaufbau (Druckaufbau) des Einlaufs
 2
c20
   2
c2 c2
ηE − ηE −
2 2 c0
kE =  2   2  =  2 . (3.1-2)
c0 c2 c2
− 1−
2 2 c0

Diese Definition eignet sich gut, um Über- oder Hyperschall-Einläufe zu vergleichen.


Neben den Wirkungsgraden (meist auf energetischer Basis) werden üblicher-
weise drei andere Kenngrößen verwendet, das Einlauf-Totaldruckverhältnis ΠE,
oder Druckrückgewinn bzw. auch Gütegrad genannt, der Einlaufwiderstand DE und
der Durchsatzkoeffizient µE = (ṁ0 /ṁ1max ) = (A0 /AC ). Diese sich auf das nachge-
schaltete eigentliche Triebwerk verschieden auswirkenden Parameter sind auch bei
Betriebszuständen außerhalb des Auslegungspunktes so aufeinander abzustimmen,
dass die Gesamtschubbilanz des Antriebs optimale Werte annimmt. Zur Erläuterung
der drei Kenngrößen sei hier beispielhaft der einfache, ebene Schrägstoß-Gerad-
stoß-Einlauf nach Abb. 3.1-3 und zwar reibungsfrei ohne Grenzschichteinflüsse
betrachtet.
Die Güte der im Einlauf stattfindenden Kompression der aufgenommenen Luftmasse
hat wesentlichen Einfluss auf den Triebwerksschub. Die Güte kann durch das Einlauf-
Druckverhältnis beschrieben werden. Als Einlauf-Druckverhältnis E wird das Verhält-
nis von Totaldruck pt2 nach dem Einlauf zum Totaldruck pt0 bei isentrop gedachtem
Aufstau der anströmenden Luft definiert
�E = �02 = pt2 /pt0 . (3.1-3)
Obwohl es sich dabei nicht um einen Wirkungsgrad, sondern um ein Totaldruckverhält-
nis handelt, wird auch vom Diffusor- oder Umsetzungswirkungsgrad gesprochen.
Für einen Einlauf mit einer Mehrstoß-Konfiguration nach Abb. 3.1-4, welche bei-
spielsweise mit einem Schrägstoß beginnt und nach mehreren Stößen St1, St2,… Stn mit
einem Geradstoß endet, gilt
  
  pt St n pt2
�E = pt2 /pt0 = �St1 �St2 . . . .�St n �D = . (3.1-4)
pt0 pt St n
3.1  Einlaufarten und Betriebszustände 257

Rampen-Einlauf
Betriebsweise kritisch m =m
0 2
A0/A1=(A0/A1)krit < 1
Stöße schräg
Bypass
Spill

A1=AC
M0>>1 m 0 = m2 M <1 Diffusor m 2= m0
A01 M >1
A0

Bleed-Luft
0 1 2
Diffusor supersonisch Diffusor subsonisch

Abb. 3.1-4 Überschall-Einlauf-Diffusor mit Außenverdichtung bei kritischem Betriebszu-


stand. Dabei nimmt nach der Ebene 2 das Triebwerk den vom Einlauf kommenden Massenstrom
ṁ0 = ṁ2 ohne Rückwirkungen auf den Einlauf auf

Die Größen ΠSt1…n geben die Totaldruckverhältnisse der einzelnen Stöße an, der Total-
druckverlust des Unterschalleinlaufteils wird mit ΠD beschrieben.
Beim dem hier betrachteten Einlauf nach Abb. 3.1-4 mit Außen-Verdichtung wird
der Druckrückgewinn in Erweiterung zu obiger Definition sowohl durch zusätzliche
Stoßverluste als auch durch Reibungsverluste bestimmt. Im Wesentlichen verändern
Grenzschichteinflüsse die berechnete Stoßkonfiguration derart, dass eine endgültige
exakte Berechnung von ΠE meist nur in Sonderfällen mit Hilfe von CFD-Rechenverfah-
ren möglich ist.
Die Güte des Strömungsfeldes am Ende des Einlaufs kann die Leistungsfähigkeit des
nachgeschalteten Triebwerks stark beeinflussen. Als Kennzahl für die Qualität des Strö-
mungsprofils wird häufig eine Kenngröße für die Ungleichförmigkeit der Strömung, der
Distortion-Koeffizient, DC (distortion coefficient) verwendet. Für die Strömungsebene
am Verdichter-Eintritt (2) gilt demnach
pt2 max − pt2 min
DC2 = , (3.1-5a)
pt2 m

wobei pt2max − pt2min die Differenz von maximalem und minimalem Totaldruck des
Strömungsprofils darstellt und pt2m, den Mittelwert der Totaldrücke repräsentiert.
Statt dieses Distortion-Koeffizienten der Druckverteilung wird unter Beachtung sek-
toraler Bereiche (Abb. 3.1-5) häufig der Wert
⌊pt − pt min 60◦ ⌋
DC60p = (3.1-5b)
qm
verwendet. Der Wert ptmin60° ist der Mittelwert des Gesamtdruckes in demjenigen 60°
Sektor, in dem pt minimal ist. Der Wert qm ist der mittlere Zuström-Staudruck des
gesamten Einlaufquerschnittes.
258 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

pt 0°
360°

Totaldruck , Mittelwert radial


Sektor 60°

60
°
pt
270° 90°
pt,min,60°

pt,min
180°

Umfangswinkel 0° bis 360°

Abb. 3.1-5  Distortion-Totaldruckparameter DC60 zur Erfassung von Strömungsstörungen bzw.


Ungleichförmigkeiten in einer Einlauf-Stromröhre

0 2
S 1=C

c2

M0

c0

A0 AS AC A2
Kegel-Verdichtungsstöße

Abb. 3.1-6  Stromröhre schematisch bei einem Überschall-Einlauf

Einlaufwiderstand und Kräfte am Einlauf Analog zu den Kräften an einem Flug-


triebwerk können die verschiedenen Widerstände der Triebwerkskomponente Ein-
lauf behandelt werden (Abb. 3.1-6). Um den Impulssatz anwenden zu können, wird
ein Kontrollraum K definiert, der mit der Außenfläche der vom Einlauf aufgenomme-
nen Stromröhre einschließlich der Einlaufverkleidung übereinstimmt. Die Durch- bzw.
Umströmung dieses Kontrollraumes von den Positionen 0 über S (Verdichtungsstoß)
und C bis 2 ergibt Kräfte, die in der Nettoschubbilanz des gesamten Flugtriebwerkes als
Widerstände bezeichnet werden.
Die Einlauf-Kräftebilanz lautet allgemein als Oberflächenintegral [Mün72K, And91B,
Sig91B]

� E ges =
R [�σ + ρ�c(�c · n� )]dO.
(3.1-6)
K(0...2)
3.1  Einlaufarten und Betriebszustände 259

Die Größe σ bezeichnet die Oberflächenspannung am Flächenelement, O die Oberfläche


und n den Normalvektor zur Oberfläche. Für axialsymmetrische Strömung sowie ohne
Berücksichtigung von Reibungskräften und Bypassöffnungen an der Einlaufverkleidung
gilt mit den achsnormalen Flächenanteilen A für den Gesamtwiderstand
�C
   2 

DE ges = p0 A0 + ṁ0 c0 + p dA +  p dA. (3.1-7)
0 C

Der Widerstandsanteil bis zur Einlauflippe C bzw. (1) stellt den Auffangwiderstand DC
dar, der sich zusammensetzt aus den Kräften in der Stromröhreneintrittsfläche A0 und
dem Zusatzwiderstand
C
DZ = p dA, (3.1-8a)
0

dem Integral zwischen den achsnormalen Flächen A0 beziehungsweise AS und AC. Das
Integralglied zwischen AC und A2 außen wird als Verkleidungswiderstand DC bezeichnet
2
DC = p dA. (3.1-8b)
C

Mit ṁ c0 = A0 p0 κ M20 und dem Durchsatzkoeffizienten μ = A0/AC lautet der


Auffangwiderstand
DA = µ AC p0 1 + κ M20 + DZ .
 
(3.1-8c)
Bei kritischer oder überkritischer Einlaufströmung und μ = 1 (Abschn. 3.3, Abb. 3.3-1)
wird DZ = 0, da die Fläche A0 gleich AC ist. Zur Berechnung der Widerstandsgrößen ist
eine genaue Kenntnis des Strömungsfeldes um den Einlauf notwendig.
In den Fällen des Pitot-Einlaufes, des Keileinlaufes und konischer Einläufe lässt sich
mit den Stoßbeziehungen der Zusatzwiderstand DZ direkt berechnen. Günstig erweist
sich hierbei die Definition eines Beiwertes für DZ gemäß (Abb. 3.1-7c, d)
DZ 2DZ
cDz = = = f(M0 ,µ) (3.1-9)
q AC κ p0 AC M20
sowie eine weitere allgemeine Darstellung mit dem Koeffizienten
cDz
KDz = (3.1-10)
1−µ
beziehungsweise bei kritischer Einlaufströmung (Abb. 3.1-7)
cDz
KDz = ≈ f(M0 ,ϑ) (3.1-11)
1 − µcrit
In gleicher Weise kann ein Beiwert für den Verkleidungswiderstand DC definiert werden.
260 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Keilstoßdiffusor (b) 1,00 Kegelstoßdiffusor


(a) 1,00 αK= ° °
40,0° 45 2,5° 40 °
αK= 37,5° 4 37,5
0,75 0,75 35,0°
40° 32,5° 35°
35° 30,0°
0,50 45° 27,5°
0,50
µkrit

µkrit
30° αK=40° 25,0°
,5°
αK= 32
0,25 0,25
35°

0 0
1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0
M0 M0
(c) 1,50 (d) 1,50

1,00 1,00
ϑ=30°
0,75 K DZ = 0,75
K DZ = ϑ=20° αK 50°…30°
c DZ ϑ=30°
c DZ 0,50 0,50
1− krit
1− krit αK 50°…20°
0,25 0,25
ϑ=20°

0 0
1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
M0 M0

Abb. 3.1-7 Verdichtung bei (a) kritischem Durchsatzkoeffizienten µE,krit für einen Keileinlauf


(nach Abb. 3.1-3a) in Abhängigkeit von der Anström-Mach-Zahl M0, und dem Keilpositionswin-
kel αK, Keilwinkel δ = 20°____, δ = 30° - - - -, (b) kritischem Durchsatzkoeffizienten µkrit für einen
Kegeleinlauf (nach Abb. 3.1-6) in Abhängigkeit von der Anström-Mach-Zahl M0 und dem Kegel-
positionswinkel αK, Kegelöffnungswinkel δ = 20°____, δ = 30° - - -, (c) Widerstandsbeiwert KDz
für Keileinlauf, (d) Widerstandsbeiwert KDz für Kegeleinlauf [Car58, Mün72K]

Durchsatzkoeffizient  Die Zusammenarbeit von Lufteinlauf und nachgeschaltetem


Triebwerk kann durch das Verhältnis des Luftmassenstroms ṁ0 zum maximal auf-
nehmbaren Luftmassenstrom ṁ0 max beschrieben werden. Der maximale Massenstrom
ṁ0 max wird erreicht, wenn die durch den Triebwerkseinlauf und dessen Verdichtungs-
stöße unbeeinflusste Stromröhre vollständig von den Einlauflippen geschluckt wird
(A0 = AC bzw. μE = μE,max = 1, Abb. 3.3-1). Der Einlauf-Durchsatzkoeffizient ist damit
definiert als
ṁ0 ρ0 c0 A0 A0
µE = = = . (3.1-12)
ṁ0 max ρ0 c0 AC AC
Liegt der das Überschallströmungsfeld abschließende Geradstoß im Bereich des engsten
Einlaufquerschnitts, dem Halsquerschnitt (throat), so erreicht der Durchsatzkoeffizient
seinen kritischen Wert (μcrit ≤ 1). Dieser anzustrebende, kritische Einlauf-Strömungs-
zustand ergibt gute Einlaufwirkungsgrade sowie Druckrückgewinne und wird meist als
Auslegungspunkt gewählt (Abb. 3.1-3a und 3.3-1c).
3.1  Einlaufarten und Betriebszustände 261

Die Lage der ersten Stoßfront und damit der Wert μE bzw. μEcrit ändert sich mit der
Anström-Mach-Zahl M0 und der axialen Position αK sowie der Neigung δ des Einlauf-
Zentralkörpers (Abb. 3.3-1). Auf das damit zusammenhängende Stabilitätsverhalten von
Überschall-Einlaufdiffusoren wird in Abschn. 3.3 hingewiesen.

3.1.4 Überschalleinläufe mit Außen- und Innenverdichtung

Die Auslegung eines Überschalleinlaufes wird bestimmt durch die Flugaufgabe, also das
Flugprofil mit Flug-Mach-Zahlen und Flughöhen, die Größe und Charakteristik des
Triebwerkssystems, die Anforderungen an Regelbarkeit und Wirtschaftlichkeit sowie
die Lage des Einlaufs im oder am Flugzeug. Mit den Gesetzen der Gasdynamik, insbe-
sondere denen der Verdichtungsstöße und der kontinuierlichen Verdichtung einerseits
sowie unter Beachtung von Grenzschichten und instationären Strömungsvorgängen
bzw. Instabilitäten andererseits, ist es möglich, die der Einlaufaufgabe angemessenen
Auslegung zu bestimmen (Abb. 3.1-8).
Wird die Vielzahl von Einlauftypen aufgeteilt in Arten mit äußerer oder innerer
Überschallverdichtung, so treten sehr deutlich die unterschiedlichen Merkmale und Pro-
bleme auf. Überschalleinläufe werden nach gasdynamischen Gesichtspunkten als Ver-
dichtungssysteme mit einem und mehreren Verdichtungsstößen, mit kontinuierlicher
sog. isentroper Verdichtung sowie als Kombinationen der genannten Arten ausgeführt.

Einläufe mit Außenverdichtung Bei der reinen Außenverdichtung wird die


anströmende Luft durch Ablenkung der Strömung an Verdrängungskörpern vor
der Einlauflippe komprimiert. Das Verdichtungssystem von einem oder mehre-
ren Schrägstößen und einem abschließenden Geradstoß wird meist durch ebene,
rotationssymmetrische oder kegelförmige Wände gebildet. Ihre Aufgabe ist, den
statischen Druck bei geringen Gesamtdruckverlusten zu erhöhen. Der Einlaufdruck-
verlust gemäß dem Gütegrad ΠE = Π02 = pt2/pt0 ist hauptsächlich von der Anström-
Mach-Zahl M0 und dem Grad der Strömungsablenkung, dem Winkel δ abhängig
(Abb. 3.1-9).
Bei steigender Anström-Mach-Zahl M0 werden Systeme mit mehreren Schrägstößen
erforderlich, da sich so die Intensität und damit die Verluste der einzelnen Stöße verrin-
gern und das Gesamtdruckverhältnis Π02 verbessern lassen.
Das Ergebnis umfangreicher Optimalbetrachtungen [Osw56K] für ebene Mehrstoß-
Einlaufdiffusoren ist in Abb. 3.1-10 dargestellt. Bei unendlich vielen Stößen würde ein
derartiger Einlauf mit kontinuierlicher Verdichtung nach den Stoßgesetzen beurteilt
keine Verluste mehr aufweisen, also als isentroper Einlauf arbeiten. Im praktischen Fall
sind jedoch nur isentrope Teilverdichtungen möglich.
Mit steigender Anström-Mach-Zahl M0 und der damit notwendigen stärkeren Strö-
mungsumlenkung nach außen wird der Grenzwinkel für die maximale Außenver-
dichtung erreicht. Nach der Verdichtung muss die abgelenkte Stromröhre möglichst
262 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Einstoß-Verdichtung

Innenverdichtung Außenverdichtung

Mehrstoß-Verdichtung

IsentropeVerdichtung
(mit einem Geradstoß)

Gemischte Verdichtung
außen-innen

Abb. 3.1-8  Einlauf-Verdichtungssysteme (schematisch) hier beispielhaft von rotationssymmetri-


schen Überschall-Einläufen. Ebene Verdichtungssysteme sind analog darstellbar [Mün72K]

tangential in die Einlaufverkleidung einfließen. Dadurch wird auch der Neigungswinkel


der Einlaufschneide gegenüber der Außenströmung mit M0 festgelegt. Überschreitet die-
ser Schneidenwinkel den für einen Keil- oder Kegelstoß maßgeblichen Maximalwinkel,
so löst sich der an der Einlauflippe liegende Schrägstoß ab und geht als Geradstoß in eine
Kopfwelle über. Diese Welle durchdringt das vom Verdrängungskörper gebildete Stoß-
system und lässt es fast unwirksam werden.
3.1  Einlaufarten und Betriebszustände 263

(a) (b)

M0 M0

Keil Kegel

1,0 M0 4
E 1,5
2,0 M0
Einlauf-Druckverhältnis total

0,8
3

Anström-Mach-Zahl
2,5 Keil
0,6
3,0 Kegel
2
3,5
0,4

4,0
1
0,2
Keil Kegel

0 0
0° 10° 20° 30° 40° 0° 10° 20° 30°
Keil- bzw. Kegelwinkel optimale Keil- bzw. Kegelwinkel opt

Abb. 3.1-9  Keil- und Kegel-Einlauf mit zwei Verdichtungsstößen (Schrägstoß und Geradstoß). a
Einlauf-Gesamtdruckverhältnis ΠE abhängig vom Keil- bzw. Kegelwinkel δ. b optimale Keil- bzw.
Kegelwinkel bei verschiedenen Anström-Mach-Zahlen [Mün72K]

Abb. 3.1-10 Maximale 1,0
pt,n/pt0 Druckverhältnis
Druckverhältnisse bei n ebenen
total
Verdichtungsstößen nach
[Osw56K, Mün72K, And91B] 0,8
Zahl der Stöße n

0,6
4
pn/p0
Druckverhältnis

3
0,4
2
Druckverhältnis
statisch
0,2 1

0
1 2 3 4
Mach-Zahl M0
264 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Einläufe mit Geradstoß-Innenverdichtung Findet die Kompression der aufgenom-


menen, mit Überschallgeschwindigkeit anströmenden Luft in einem geschlossenen
Diffusorkanal hinter dem Auffangquerschnitt statt, so wird von innerer Verdichtung
gesprochen.
Ausgehend von der isentropen, kompressiblen Strömung und analog zur Düsen-
strömung ist theoretisch eine umgekehrt durchströmte Laval-Düse (Abschn. 2.1) als
Diffusor ohne verlustreiche Verdichtungsstöße vorstellbar. Die praktische Ausfüh-
rung einer solchen idealen, umgekehrten Laval-Düse ist jedoch nicht möglich. Durch
die stets reibungsbehaftete Strömung baut sich an den Diffusorwänden eine Grenz-
schicht mit steigenden Druckgradienten auf, die besonders bei der empfindlich reagie-
renden Überschallströmung zu Grenzschichtablösungen und damit verbunden zu
unerwünschten Verdichtungsstößen führt (Abb. 3.1-3 und 3.1-4). Abgesehen von den
erwähnten Grenzschichtschwierigkeiten müsste solch ein Diffusor bereits bei gerin-
gen Änderungen der Flug- bzw. Anström-Mach-Zahl M0 sehr genau bezüglich seiner
Flächenverhältnisse nachgeregelt werden, da nur bei exakt eingehaltenem Verhältnis
von engstem bzw. kritischem Querschnitt A* zum Stromröhren-Eintrittsquerschnitt
A0 eine angenähert isentrope Strömung zu verwirklichen ist. Bei zu kleinem Halsquer-
schnitt entsteht ein verlustreicher Geradstoß vor den Einlaufschneiden, bei zu großer
Halsfläche geht im konvergent-divergenten Diffusor die Strömung nicht auf Unter-
schall-Geschwindigkeit über.
Bereits bei der einfachsten, wirklich ausführbaren Diffusorart muss also in Anleh-
nung an den idealen Diffusor mit dem Auftreten eines Geradstoßes als Übergang von
Überschall- auf Unterschallgeschwindigkeit gerechnet werden. Da sich ein Geradstoß im
konvergenten Diffusorteil und auch im Halsquerschnitt selbst instabil verhält, ist das Ziel
einer guten Auslegung, den Geradstoß kurz nach der engsten Stelle anzuordnen, so dass
bei der hier vorliegenden kleinen Mach-Zahl vor dem Stoß dessen Verluste relativ gering
bleiben. Einläufe dieser Art bereiten allerdings beim Anfahren von geringen Zuström-
Mach-Zahlen bis zur Mach-Zahl des Auslegungspunktes besondere Schwierigkeiten. Auf
diese Anlass- oder Startprobleme von Überschall-Einläufen mit Innenverdichtung wird
in Abschn. 3.3 detaillierter eingegangen.
Neben den erwähnten Abstimmungs- und Regelschwierigkeiten zeigen sich Ein-
läufe mit Innenverdichtung besonders empfindlich bei Schräganblasung. Sie bie-
ten aber gegenüber den Einläufen mit äußerer Verdichtung den Vorteil von geringen
Außenwiderständen.

Einläufe mit gemischter Verdichtung  Bei der gemischten Verdichtung, einer Kom-
bination von äußerer und innerer Kompression, können die grundsätzlichen Vor-
teile der beiden Systeme zu einer optimalen Kombination führen. Hierbei werden
das Anfahrverhalten, die Einlaufwiderstände, die Verdichtungsgrenzwerte sowie das
Regelverhalten im Sinne einer praktischen Kompromissauslegung von Einfluss sein
(Abb. 3.1-8).
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 265

3.2 Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen

3.2.1 Einläufe der Turbofan-Triebwerke bei Gondeleinbau

Beim Gondel-Einbau eines Turbofan-Triebwerks TF sollte der Massenstrom dem Fan


oder dem Verdichter gleichförmig und möglichst verlustarm zugeführt werden. Weiter-
hin soll die Luft, welche außen die Verkleidung des Triebwerks umströmt, einen gerin-
gen aerodynamischen Widerstand erzeugen (Abb. 3.1-2 und 3.2-1). Je nachdem, ob die
Zuströmgeschwindigkeit c0 kleiner oder größer als die Axialgeschwindigkeit c2 vor dem
Verdichter ist, wird die Verzweigungsstromlinie verschieden gekrümmt sein. Es wird
dabei davon ausgegangen, dass sich der Eintrittsquerschnitt A1 bzw. der Halsquerschnitt
At (throat) A1 ≈ At der rotationssymmetrischen, nabenlosen Eintrittshaube nur wenig
von der Kreisringfläche A2 unmittelbar vor dem Verdichter unterscheidet.
Da zwischen den Querschnitten At und A2, je nach Einbaubedingungen des Trieb-
werks in der Zelle, oftmals ein größerer Abstand besteht, ist der Verbindungskanal,
der eine kreisförmige oder auch mehr elliptische Form haben kann, nabenlos. Nur bei
besonderen Triebwerksgondeln kommt es vor, dass die Triebwerksnabe bis nahe an den
Eintrittsquerschnitt At vorgezogen ist.
Ohne hier auf die Fülle von Details der nach CFD-Studien und Windkanalversu-
chen konzipierten Unterschall-Einlaufhauben einzugehen, sei hier nur auf das Prin-
zip der Zuströmung hingewiesen. Wird mit M0 > M2 bzw. c0 > c2 geflogen, dann ist der
Querschnitt der ankommenden Luftsäule A0 kleiner als A2, es handelt sich in der Zone
zwischen A0 und A2 um einen echten Luftaufstau. Es wird deshalb auch von einem Stau-
oder auch von einem Einlauf-Fangdiffusor gesprochen.
Die in Abb. 3.2-2 mit c2/c0 < 1 bezeichnete Stromlinie deutet diesen Aufstau an. c2/
c0 < 1 ist der weitaus wichtigste Flugbereich für Turbojet- und Turbofan-Flugzeuge.
Im Beschleunigungs- oder Steigflug kommt jedoch auch c2/c0 > 1 vor, was zu einem
grundsätzlich anderen Verlauf führt. Es ist von der aerodynamische Formgebung her
einleuchtend, dass beim Wegfallen des inneren, als Nasenausrundung bezeichneten
Haubenteils eine Ablösung der Innenströmung hinter dem Staupunkt P zu erwarten ist.
Messungen des Einlauf-Verlustbeiwertes
�pt
ζ1 = (3.2-1)
(ρ/2)c22
ergeben, dass die Nasenausrundung besonders bei A0/A1 > 1 bzw. c2/c0 > 1 wirksam
wird. Bei Start (Senkenströmung), das heißt c0/c2 = 0, erfolgt die Zuströmung von allen
Seiten, also auch von hinten (gestrichelte Linie in Abb. 3.2-2). Eine gewisse Ablösung
auch bei vorhandener Nasenausrundung und damit ein ζ-Anstieg sind unvermeidlich.
Als Beispiel für der Formgebung der Einlauflippe wird in Abb. 3.2-3 für einen Flugfall
im höheren Flugbereich (Drosselgrad A0/AC = 0,9 < 1) der Einfluss des Lippen-Flächen-
verhältnisses AC/At auf das Einlauf-Totaldruckverhältnis pt2/pt0 dargestellt abhängig
266 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Einlauf-Stromröhre bei Flug in Bodennähe


Turbofan BPR < 5, Vollast
4
A0
A1
3
A0 A1
Durchsatzkoeffizient

A2

2
A0 A1
A2

0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 3.2-1  Durchsatz-Koeffizient (A0/A1) abhängig von der Anström-Mach-Zahl M0 für einen


Pitot-Einlauf eines Turbofan (BPR < 5, Vollast) im bodennahen Flug

Langsamflug Start c0 =0
(c2 / c0) >1

Schnellflug
(c2 / c0) <1 Nasenausrundung
AC At
pt 0 − pt 0 0,6

( ρ 2 ) c 22
0,4
Verlustbeiwert

ohne Ausrundung

0,2
Einlauf-

mit Ausrundung
0
0 0,5 1,0 1,5 2,0

Geschwindigkeitsverhältnis c2 /c0

Abb. 3.2-2 Einfluss der Nasenausrundung auf die Strömungsverluste beim nabenlosen


Einlauf-Diffusor

vom Anstellwinkel α0. Einläufe mit dickeren Lippen sind auch im Flugfall unempfind-
licher gegen Änderungen von Anstell- und Schiebewinkel oder bei Störungen durch
Seitenwind.
Als Auslegungspunkt für die Auslegung der Einlaufaußenkontur wird ein Flugzu-
stand mit der Drosselung A0/AC < 1 im Reiseflug (cruise flight) im Teillastbetrieb bei der
Flugmachzahl M0 gewählt. Die Ablösung der äußeren Strömung kann durch eine spezi-
elle Formgebung der Einlauflippe verhindert werden.
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 267

Anstellwinkel
1,00 α0=0°
pt2
pt0 α0=4°

0,98 α0=0°
α0=8°
Einlauf-Druckverhältnis

A0
Drosselgrad =0,9
AC
0,96

A0 AC
At
α0
0,94 α0=12°

Lippendicke

0,92
1,00 1,08 1,16 1,24
AC
Lippen-Flächenverhältnis At

Abb. 3.2-3 Einlauf-Totaldruckverhältnis pt2/pt0 abhängig vom Lippen-Flächenverhältnis AC/At


und dem Anstell-Winkel α0 für den Flugzustand bei einem Durchsatz-Koeffizient bzw. Drossel-
grad A0/AC = 0,9

Zu beachten ist, dass beim Betrieb bei Mach-Zahlen nahe 1 durch örtliches Auftreten
von Überschallgeschwindigkeiten an der Außenkontur Stoß induzierte Ablösungen auf-
treten. Mit geeigneter Formgebung kann dieser Zustand zu höheren Flug-Mach-Zahlen
hin verschoben werden.
Mit sogenannten Gleichdruckprofilen aus der Flugzeug-Aerodynamik lassen sich hohe
kritische Flug-Mach-Zahlen erreichen ohne zu starke Abweichungen vom Auslegungs-
punkt zu bewirken. Optimale Auslegungen der Außenkontur orientieren sich dabei am
maximal zulässigen Gesamtdurchmesser einer Triebwerksgondel oder am Einbauort im
Zellenbereich. Das führt häufig dazu, dass die Ergebnisse der Außen- und Innenkontur-
auslegung nicht harmonieren. Eine realistische Einlaufauslegung stellt also einen Kompro-
miss für die gesamte Flugmission dar. Zur Verbesserung einer Kompromisslösung können
Bypass-Hilfseinrichtungen beim Start oder beim Langsamflug wirksame Maßnahmen zur
Erhöhung der Leistungsfähigkeit eines für den Schnellflug ausgelegten Einlaufs sein.
Abbildung 3.2-4 zeigt für den Start- oder Standfall, wie durch einen zusätzlichen
Bypass-Einlauf (Schlitze oder Klappen variabler Breite) die auf den Staudruck vor dem
Verdichter bezogenen Verluste heruntergesetzt werden können.
Bei einer Schlitzbreite gleich dem halben Einlaufradius sinken die Verluste unter die
Hälfte des Falles ohne Zusatzeinlauf. Trotz dieses Vorteils findet der Zusatzeinlauf, der
geregelt werden muss und auch konstruktiv nicht leicht zu verwirklichen ist, bei Unter-
schall-Flugzeugen nur wenig Anwendung.
268 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Abb. 3.2-4 Einlaufhaube
s
(cowl) mit Bypass-Öffnungen

R
p t 0 − p t 2 1,0
( ρ 2 ) c 22 0,8

0,6

Verlustbeiwert
Start c0/c2 =0
0,4

Einlauf-
0,2

0 0,2 0,4 0,6 0,8


Bypassöffnung rel. s/R

Beim Start und im Langsamflug kann so eine größere Einlauf-Fangfläche an einer


geeigneten Stelle zwischen Haupteinlauf und Triebwerkseintritt eingerichtet werden,
um dem Triebwerk den erforderliche Luftmassenstrom mit möglichst kleinem Gesamt-
druckverlust und geringer Strömungsstörung (Distortion) zuzuführen.
Das Bypass-System kann also zur Reduzierung des Überlaufwiderstands dienen. Beim
Drosseln des Triebwerks unterhalb des Auslegungsdurchsatzes wird die überschüssige
Luft außen um den Einlauf herumgeführt. Durch die Stauwirkung vor dem Einlauf ent-
steht der Zusatzwiderstand, dem eventuell ein Lippensog entgegenwirkt.
Ein typisches Beispiel für einen Einlauf-Bypass wird in Abb. 3.2-5 gezeigt. Es betrifft
den Einbau von Klappen in den Triebwerks-Gondeln des 4-motorigen Transporter-
Großraum-Flugzeuges (Lockheed C-5 Galaxy).
Um hier eine hohe Effizienz von Einlauf und Triebwerk in der kritischen Phase nach
dem Abheben des Flugzeuges zu gewährleisten, wurden schwenkbare Klappen vorgese-
hen. Um diese Klappen unterzubringen, war allerdings eine Verlängerung der Einlau-
fröhre notwendig. Die Folge davon war eine Zunahme der Einlaufmasse. Der gänzliche
Verzicht auf Hilfseinlauftüren hätte eine weitere Verlängerung des Einlaufs erforderlich
gemacht, was wiederum einen erheblichen Anstieg des Widerstandes bedeutet hätte.
Der Druckverlust des Einlaufs führt je nach Flugbedingung zu unterschiedlichen
Druckniveaus in der Verdichtereintrittsebene. Der thermodynamische Arbeitsprozess
wird somit beim Flug mit Unterschallgeschwindigkeiten durch den Einlauf nur relativ
wenig beeinflusst. Die geometrischen Abmessungen der Einlaufhaube sind hierbei für
die Leistungsfähigkeit des integrierten Antriebs von geringer Bedeutung.

3.2.2 Einläufe von Turboprop-Triebwerken

Die Gestaltung der Einläufe von Propeller-Turboshaft-Triebwerken TP (turboprop) wird


wesentlich von den jeweiligen Flugmissionen bestimmt. Diese betreffen den Flugbereich
bis maximale Flug-Mach-Zahlen von M0 ≈ 0,7 für Langstreckenflüge in verschiedenen
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 269

Lockheed C-5A Galaxy


Turbofan P&W TF33-P-7
FN=93 kN

1,00
p t2

e
ie n

is
hl pe
ff
p t0

ru
O

ße
sc lap

C
ke

K
0,98

Ta
Druckverhältnis

d
an
Bypass-Klappen

St
0,96

0,94
0 0,2 0,4 0,6 0,8
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 3.2-5  Einlaufhaube (cowl) mit Bypass-Klappen an der Triebwerks-Gondel und der Verlauf
des Einlauf-Totaldruckverhältnis ΠE abhängig von der Flug-Mach-Zahl M0. Darstellung nach
Pratt&Whitney, Lockheed Martin Corp

Höhen oder bodennahe Flüge mit schnell wechselnden Flughöhen und bei extremen
Witterungsbedingungen. Bei Spezialeinsätzen werden gegebenenfalls Start und Landun-
gen auch auf unpräparierten Pisten und bei Wasser-Flugzeugen auf unruhigen Wasser-
oberflächen gefordert. Die daraus resultierende Vielfalt von Einlaufbauweisen soll hier
nur kurz angesprochen werden. Ziel ist stets, in allen Flugsituationen der meist mehrwel-
ligen Turboshaft-Gasturbine die für alle Lastbereiche notwendige Luft störungsfrei ohne
erhöhte Strömungsverluste stabil dem Turbotriebwerk zuzuführen.
Wie in Abb. 3.2-6 dargestellt, besteht das Turboprop-Antriebssystem aus dem Tur-
boshaft-Triebwerk TS, dem Untersetzungs-Getriebe G und dem Propeller Pr, der
gegebenenfalls verstellbar ist. Damit wird die Gestaltung der Einlaufkanäle vor dem Ver-
dichter mit einer vom Propeller beeinflussten Luftzufuhr erheblich durch die Anord-
nung des Getriebes bestimmt.
In Abb. 3.2-6 werden dazu zwei Standard-Beispiele gezeigt, die sich aus der Konzep-
tion der Anordnung von Turboshaft-Triebwerk und Getriebe ergeben. Bei dem rotations-
ymmetrischen, ringförmigen Einlauf im Abströmfeld des Propellers (Abb. 3.2-6, links) liegen
die Achsen aller Turbokomponenten koaxial, sodass sich eine günstige Form der gesam-
ten integrierten Gondel mit ähnlichem Antrieb ergibt.
Wird besonders bei kleineren Triebwerken eine betont kompakte Bauweise eines
Turboshaft mit nicht fluchtenden Komponenten-Achsen gefordert, dann werden meist
270 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Einlauf
Turboprop

Getriebe Turboshaft

Propeller Pr - Einlauf E - Getriebe G - Turboshaft TS


koaxiale Bauweise keine koaxiale Bauweise
Einlauf rotationssymmetrisch Einlauf-Kanal gekrümmt

Abb. 3.2-6  Typische Turboprop-Einläufe bei koaxialer Bauweise (links) und nicht koaxialer Bauweise
mit gekrümmter von unten kommender Kanalführung (rechts). Darstellung nach Dornier GmbH

gekrümmte Einlaufkanäle vorn unten oder seitlich angeordnet sowie gegebenenfalls im


Gondelbereich integriert vorgesehen (Abb. 3.2-6).
Liegen wie bei einem Mehrzweck-Transportflugzeug Flugmissionen mit hohen Anfor-
derungen von Seiten der Flugmanöver und schwierigen Umgebungsbedingungen vor,
dann müssen Zusatzeinrichtungen zur Erfüllung aller Forderungen vorgesehen werden.
Als Beispiel wird in Abb. 3.2-7 der Einlauf des 3-Wellen-Turboshaft-Triebwerk TP400 des
Transporter Airbus A400 M mit 4 über 8000 kW-Turboshaft-Triebwerken gezeigt. Dieses
Triebwerk mit axial versetztem Getriebe ermöglicht in Verbindung mit dem Lufteinlauf auch
die Abscheidung von Fremdkörpern verschiedener Art, Konsistenz und Größe.
Die Abstimmung somit aller vielfältigen Anforderungen an den Einlauf mit dem Ziel,
einen stabilen Betrieb mit geringen Verlusten und drallfreier Strömung zum Verdichter
zu gewährleisten, stellt häufig eine besonders schwierige Aufgabe zum sicheren effizien-
ten Betriebsverhalten eines sensiblen Antriebssystems dar.

3.2.3 Einläufe von Hubschraubern- und V/STOL-Triebwerken

Der stabile und sichere Betrieb von Hubschrauber-Triebwerken wird erheblich von
den Umgebungsbedingungen beeinflusst. Dies gilt besonders bei bodennahen Flug-
manövern. Bei diesen Manövern kann die Zu- und Abströmung der Luft bzw. der
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 271

Einlauf mit Abscheider

Transporter Airbus A400M


Turboprop TP 400

Getriebe
2
0 1
Turboprop -Gondel
Ausschnitt

Abs
cheid
Schaufel er

Koaxial-Schnitt Verdichter

Getriebe

2
0 1

Abs
chei
Schaufel der

Abb. 3.2-7  Turboprop-Triebwerk (TP400 des Airbus A400 M) mit Gondeleinbau und mit unter-
halb vom Getriebe geführtem, gekrümmten Einlaufkanal sowie Partikel-Abscheider nach außen
unten geführt. Darstellung nach MTU Aero Engines, Airbus S. A. S

heißen Abgase im Umfeld der Triebwerke durch das vom Rotor und von Windböen
bewirkte Strömungsfeld die Leistungsfähigkeit des Hubschraubers empfindlich stö-
ren. Der Integration von Antriebssystem und Hubschrauberzelle kommt deshalb eine
beachtliche Bedeutung zu. Wichtig sind hierbei neben den Komponenten zur Übertra-
gung der Wellenleistung an den Hauptrotor die damit gekoppelte Lage des Triebwerks
in der Zelle sowie die Gestaltung und Strömungsführung von Lufteinlauf und Abgas-
rohr (Abb. 3.2-8, 3.2-9 und 3.2-10). In den nachfolgenden Abschnitten werden deshalb
kurz einige grundsätzliche Fragen der äußeren Betriebsbedingungen bei Hubschrauber-
Triebwerken behandelt sowie deren Auswirkung auf das Betriebsverhalten der Turbos-
haft-Gasturbine diskutiert.
272 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Turboshaft-Einläufe und Distortion-Parameter


Seiten-Einlauf
0,4

DC60p [-]

0,3
Druck-Distortion-Parameter

Anströmwinkel αE=90°
Schräg-Einlauf
0,2

αE=45°

0,1 Front-Einlauf

αE=0°
0
0 100 200 300 400
Fluggeschwindigkeit c 0 [km/h]

Abb. 3.2-8  Anordnung von Einlaufkanälen der Triebwerksanlagen von Hubschraubern mit Dis-
tortion-Parameter DC60p bei verschiedenen Anströmwinkeln αE abhängig von der Anström- bzw.
Fluggeschwindigkeit c0 [Ric82, AGA68]

Stabilitäts- bzw. Pumpgrenzen - Verschiebung


abhängig von der Form der
Distortionsbereiche
Strömungsstörung im Luft-Einlauf

e
enz
pgr
Verdichterdruckverhältnis

um
.P A
bzw
en Volllast
e nz
sgr linie
lität bs
bi trie
a Be
St re
o nä
ati
St
Leerlauf nred

Verdichterdurchsatz red.

Abb. 3.2-9  Distortionsausbreitung verschiedener Art am Triebwerks-Einlauf sowie tendenzmä-


ßig deren Auswirkung auf die Verschiebung der Verdichter-Stabilitäts- bzw Pumpgrenze. Instatio-
näres Betriebsverhalten wird in Abschn. 4.2.6 und Kap. 9 dargestellt [AGA68, Ric82]
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 273

Transporthubschrauber
2 Turboshaft-Triebwerke
(Turbomeca-Makila 1400 kW)

Lufteinlauf-
Partikel-Separatoren
(IPS)
frontal und seitlich

Abb. 3.2-10 Strömungs-Umfeld schematisch bei einem Hubschrauber im bodennahen Schwe-


beflug (Bild oben) und Einläufe eines 2-motorigen Transport-Hubschraubers mit passiven
Schutzvorrichtungen IPS für Flüge unter schwierigen Umgebungsbedingungen [AGA68, Ric82].
Darstellung nach Rolls-Royce plc

Der von den Turboshaft-Triebwerken in verschiedenen Flugphasen und Lastzustän-


den benötigte Luftmassenstrom kann bei ein- oder zweimotoriger Hubschraubern über
einen gemeinsamen oder über getrennte Lufteinläufe dem Triebwerk zugeführt werden.
Druckverluste, Strömungsablösungen und -turbulenzen sowie Strömungsungleichför-
migkeiten sind bei den verschiedenen Fluggeschwindigkeiten und Flugmanövern weit-
gehend zu vermeiden. Daneben müssen besonders für bodennahe Flüge mehr noch als
bei den Turpoprop- oder Turbofan-Triebwerken (Abschn. 3.2.2) Vorrichtungen zum
Aufhalten und Abführen von Fremdkörpern, Sand und Schnee berücksichtigt werden.
In manchen Fällen wird auch ein Teil des Einlaufluftstroms zum Kühlen von anderen
Hubschrauberkomponenten wie z. B. das Rotorgetriebe herangezogen, was den Arbeits-
prozess und damit den thermischen Wirkungsgrad des Triebwerks verschlechtert. Vom
konstruktiven Einbau in der Zelle her gesehen muss der Einlauf leicht sein, darf bei War-
tungsaufgaben nicht hinderlich sein und muss besonders bei zivilen Hubschraubern
optisch unauffällig der Zelle angepasst werden. Häufig stellen so der Triebwerkseinbau
mit dem angeschlossenen Lufteinlauf und der Heißgasabströmung eine konstruktive
Kompromisslösung dar.
274 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Nach Bauformen für Triebwerks-Einläufe von Hubschraubern wird unterschieden


zwischen aerodynamisch gesehen frontalen und schräg oder auch 90° quer zur mitt-
leren Zuströmungsrichtung situierten Einlauföffnungen (Abb. 3.2-8). Weiterhin sind
die Krümmungsradien der Kanalkonturen sowie die Gestaltung der oben seitlich
oder vorn über der Kabine freistehenden oder in der Zelle integrierten Einlauftrichter
wichtig.
In Abb. 3.2-8 ist nach verschiedenen Zusammenstellungen aus [Ric82, Haf82B] der
Druck-Distortion-Parameter DC60p abhängig von der Fluggeschwindigkeit c0 tendenz-
mäßig aufgetragen. Deutlich ist festzustellen, dass frei angeströmte Einlauföffnungen von
Vorteil sind.
Zur Beurteilung der Güte des Lufteinlaufs und der Qualität der Strömung am Ein-
tritt in das Turboshaft-Triebwerk werden Kenngrößen definiert, wie sie zum Beispiel in
Abschn. 3.1.3 bereits vorgestellt wurden. Dies sind Größen für die Erfassung von mittleren
Gesamtdruckverlusten und vor allem Kenngrößen für Strömungs-Ungleichförmigkeiten,
die Distortion-Parameter zur Erfassung von Ungleichförmigkeiten des Druckes, der Tem-
peraturen und der Geschwindigkeiten. Grundsätzlich muss auch zwischen stationären
und instationären Strömungs-Ungleichförmigkeiten (Abb. 3.3-4) unterschieden werden.
Hervorzuheben ist, dass die zeitabhängigen, instationären Distortionserscheinungen meist
wesentlich intensiver sind als die stationären. Weiterhin wird zwischen Störungen unter-
schieden, die mehr in radialer Richtung ausgebreitet sind oder mehr in Umfangrichtung
außen oder mehr innen im Ringkanal vor dem Verdichter auftreten. In Abb. 3.2-9 sind
hierzu einige Beispiele dargestellt. In der Fachliteratur finden sich vielfältige Möglichkei-
ten zur Definition von Distortion-Parametern in Verbindung mit der Reaktion des nach-
geschalteten Turbo-Triebwerks zum Beispiel in [Kün79, Tön80]. Sie sind häufig von den
Erfahrungen in den luftfahrttechnischen Institutionen und Firmen geprägt.
In Abb. 3.2-9 sind einige typische Fälle von lokalen Strömungsstörungen und deren
tendenzmäßige Auswirkungen auf die Verschiebung der Pumpgrenze abgebildet. Im
oberen Lastbereich bei höheren reduzierten Drehzahlen ist die Pumpgrenzenverschie-
bung meist größer als im unteren Teil des Kennfeldes. Zu bemerken ist außerdem,
dass abhängig von der Zeit innerhalb von Sekundenbruchteilen eine Störungsform in
eine andere Form wechseln kann. Auf das instationäre Betriebsverhalten wird detail-
liert in Abschn. 4.2.6 und Kap. 9 eingegangen. Weiterhin treten bei bodennahen Flü-
gen Druck- und Temperaturdistortion häufig gleichzeitig und gekoppelt auf, wie dies
bei den V/STOL-Flugzeugen teilweise intensiv vorhanden sein kann [DGL00B, Haf82B,
Mün72K].
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die Stabilitäts- bzw. Pumpgrenzen
in den Verdichterkennfeldern, relativ zu den oberen Druckverhältnissen des ungestör-
ten Betriebs, Verschiebungen um 10 bis 20 % in Richtung kleinerer Druckverhältnisse
erfahren können. Der stabile Arbeitsbereich der Fahrlinien im Verdichterkennfeld
wird demnach stark eingeschränkt, was einen erheblichen Einfluss auf das gesamte sta-
tionäre und instationäre Betriebsverhalten besonders von Hubschrauber-Triebwerken
hat (Kap. 9).
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 275

Die genauere Bestimmung der komplexen Umgebungs- und Einlauf-Strömungsfelder


kann mit numerischen CFD-Verfahren näherungsweise simuliert werden. Es ist allerdings
festzustellen, dass zum Beispiel die Ergebnisse von Strömungsfeldberechnungen für kri-
tische, besonders bodennahe Flüge unter Berücksichtigung zum Beispiel von Fremdpar-
tikeln wie Sand, Staub, Schnee, Wasser und anderem auf der Basis von CFD-Verfahren
noch ungenügend das gesamte wechselseitige und meist instationäre Betriebsverhalten
der Einlaufströmung und der nachfolgenden Turbomaschinen-Komponenten erfassen.
Zahlreiche Flugaufgaben, die von Hubschraubern zu erfüllen sind, finden in Boden-
nähe statt, über Gelände mit verschiedenen Unebenheiten und Bepflanzungen, über mit
Sand oder Schnee bedeckten Oberflächen sowie über Wasserflächen und Küstengebie-
ten. Häufig sind schwierige Flugmissionen bei ungünstigen Witterungs- und schlechten
Sichtverhältnissen über See und im Gebirge auszuführen [Car58, Pre00, Ric82]. Hierbei
muss der Pilot oft seine ganze Aufmerksamkeit mit voller Konzentration auf die Steu-
erung des Fluggeräts richten und Flugbewegungen mit vertikalen Versetzungen nach
allen Richtungen vorwärts, seitlich und rückwärts bei wechselnden Belastungen des
Hubschraubers sicher beherrschen. Damit wird auch vom Triebwerkssystem erwartet,
dass es in allen stationären und instationären Betriebszuständen zuverlässig, möglichst
automatisch geregelt, die vom Piloten jeweils am Hauptrotor geforderte Leistung zur
Verfügung stellt. Bei Flughöhen über dem Boden von Werten etwa kleiner Rotordurch-
messer muss ständig mit sogenannten Bodeneffekten gerechnet werden (Abb. 3.2-10
oben). Diese Flughöhe beziehungsweise die Kufenhöhe liegt bei leichten Hubschraubern
unterhalb etwa 10 m.
Zu den Bodeneffekten zählt in der Hubschraubertechnik hauptsächlich die Abminde-
rung der vom Hauptrotor induzierten Strömungsgeschwindigkeiten. Der Hubschrauber
bewegt sich in Bodennähe über einem mehr oder weniger wirksamen Luftpolster und
benötigt zum Beispiel im Schwebeflug bei geringer Windgeschwindigkeit eine kleinere
Rotorleistung als dies beim Flug ohne aerodynamischen Bodeneffekt der Fall ist [Ric82].
Die Aufgabe des Einlaufes eines Hubschrauber-Antriebes besteht einmal darin, dem
Basistriebwerk in allen Lastbereichen genügend Luft bei minimalen Druckverlusten
und bei möglichst geringer Strömungsdistortion zuzuführen. Zum andern muss der
Einlauf Einrichtungen haben, die das Triebwerk vor angesaugten Fremdkörpern wie
abgelöste Schrauben, Dichtungen, Lappen und anderem schützen sowie vor Partikeln
aus der Umgebung wie zum Beispiel Staub, Sand, Regen, Wasser, Schnee, Hagel und
Schneematch. Die notwendigen Abscheider-Vorrichtungen verursachen allerdings
erhöhte Strömungsverluste, sodass der Flugmisssion entsprechend optimale Kompro-
misse in der Gestaltung und im Betrieb von Einläufen gefunden werden müssen. Dazu
können passive und aktive Einlauf-Partikel-Separatoren IPS (inlet particle separator)
eingesetzt werden.
Das Beispiel eines passiven IPS bei einem 2-motorigen zivilen und militärischen
Transport-Hubschrauber (Eurocopter EC725, Triebwerk Turbomeca Makila) wird in
Abb. 3.2-10 gezeigt. Die Einläufe mit passiven Schutzvorrichtungen sind frontal mit pils-
förmigen Schutzhüllen versehen und seitlich mit Bypass-Gittern.
276 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Turboshaft-Triebwerk
GE T700 1300 kW

Einlauf-Separator mit
Gebläse und Drallgitter

Fremdkörper-
Abscheider-Gebläse

Abb. 3.2-11 Aktive und passive Partikel-Abscheidung IPS eines Turboshaft-Triebwerks (GE-


T700) der mittleren Leistungsklasse um 1000 bis 1500 kW. Darstellung nach General Electric AE
[Cra73]

In Abb. 3.2-11 ist ein weiteres Beispiel mit einer kombinerten passsiven und aktiven
Einlauf-Schutzvorrichtung abgebildet (Turboshaft GE T700). Der Luftstrom passiert
im ringförmigen Einlauf ein drallerzeugendes Leitrad-Gitter, sodass Fremdkörper nach
außen zentrifugiert werden. Im Bypass-Abscheiderkanal werden dann die Fremdstoffe
nach außen geleitet. Dies kann gegebenenfalls durch ein zusätzliches Gebläse unterstützt
werden. Dem so gereinigten Luftstrom wird über weitere Leitgitter die drallbehaftete
Strömung vor dem Verdichter wieder normal ausgerichtet zugeführt. Gegebenenfalls
sind bei tiefen Temperaturen der den Einlauf passierenden Luft besondere Einrichtun-
gen zur Enteisung des Einlaufes vorzusehen.
Die angesprochenen Maßnahmen zum Schutz der Triebwerke führen einerseits zwar
zu Leistungsverlusten, andererseits ergeben sich durch die Schutzeinrichtungen und
auch die Separatoren eine verbesserte Betriebssicherheit und vor allem wegen zum Bei-
spiel verringerter Erosion im Triebwerk eine erhebliche Steigerung der Überholungszei-
ten und der Lebensdauer.
3.2  Betriebsverhalten von Unterschalleinläufen 277

V/STOL Transportflugzeug
Dornier Do31 1962 - 1972

Heißgasfontänen
Bodennaher Betrieb mit
Strahlinterferenzeinflüssen
der Schubdüsen-Heißgasstrahlen

Abb. 3.2-12 Strömungsfeld z. B. beim Abheben der V/STOL-Do 31 und Strahlinterferenzein-


flüsse besonders der Düsen-Heißgasstrahlen [DGL00B]

V/STOL-Flugzeug
Harrier, Hawker P.1127 STOL- / VTOL-Flugzeug F-35
Joint Strike Fighter- JSF, USA

Abb. 3.2-13 V/STOL-Flugzeuge: Harrier (GB) und F-35 JSF (USA). Darstellung nach Rolls-
Royce Plc., Lockheed Martin AE

Auf dem Gebiet der V/STOL-Flugzeuge besteht häufig die Problematik, senkrecht
zur Flugrichtung eingebaute Hubtriebwerke oder Hubgebläse mit Luft zu versorgen
(Abb. 3.2-12, 3.2-13). Diese Triebwerke sind dabei normalerweise bis zu Flug-Mach-
Zahlen von etwa M0 = 0,4 in Betrieb. Beispiele dazu sind die typischen Einläufe für
Hubtriebwerke, wie sie bei dem deutschen V/STOL-Transporters Do31 in Betrieb
278 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

waren [DGL00B, Mün72K, Haf82B, Gri04B]. Auch bei den vertikal gerichteten Ein-
läufen der Hubgebläse des V/STOL-Flugzeugs F35 JSF (Joint Strike Fighter) zeigen
sich häufig Schwierigkeiten bei der Lufteinströmung zum Triebwerk. Da wegen gerin-
gen Einbauraumes meistens kein ausreichend langer Diffusor zwischen Einlauflippe
und Triebwerkseintritt verwirklicht werden kann, kommt der Konturierung der Lippe
in Flugrichtung (Sogseite) eine besondere Bedeutung zu, um Ablösungen und damit
Druck-Ungleichförmigkeiten zu vermeiden.

3.3 Betriebsverhalten von Überschalleinläufen

Als Einführung zu Überschalleinläufen wurden in Abschn. 3.1.2 bis 3.1.4 die Bau-


weisen, die wichtigsten Kenngrößen und die verschiedenen Betriebszustände mit
Außen-, Innen- und gemischter Diffusor-Verdichtung erläutert. Besondere Aufmerk-
samkeit ist zusätzlich den Erscheinungen im wirklichen Betriebsverhalten zu widmen,
da sich die notwendige Regelbarkeit im Zusammenhang mit Verdichtungsstößen und
sensiblen Stabilitätsproblemen schwierig gestalten kann. Der Einlauf muss über einen
weiten Flugbereich vom Start, Unterschallflug bis zum Überschall- und Hyperschall-
flug auch außerhalb seines Auslegungspunktes stabil und mit gutem Druckrückge-
winn arbeiten.

3.3.1 Stabilitätsverhalten unter- bis überkritischer Einläufe

In Abschn. 3.1.3 wurde in Verbindung mit dem Durchsatzverhalten von Überschal-


leinläufen der kritische Zustand (μcrit ≤ 1) dargestellt, bei dem der das Überschallströ-
mungsfeld abschließende Geradstoß im Bereich des Halsquerschnitts At (throat) liegt.
Dieser kritische Betriebszustand führt zu guten Einlaufwirkungsgraden und Druckrück-
gewinnen und ist über entsprechende variable Einlaufgeometrie einstellbar (Abb. 3.1-3,
3.1-4 und 3.3-5).
So kann durch axiales Verschieben des Zentralkörpers sowie durch eine Änderung
des Neigungswinkels δ der Durchsatz geregelt werden (Abb. 3.1-7a, b):
 
A0
µE,krit = = f(M0 ,αK ,δ) ≤ 1. (3.3-1)
AC krit
Bei den cn Definition für μE,crit wurde angenommen, dass das dem Einlauf nachge-
schaltete Triebwerk die gelieferte Luftmenge gerade benötigt (μE = μE,crit). Ändert das
Triebwerk bei konstanter Flug-Mach-Zahl M0 und gleicher Einlaufgeometrie seinen
Lastzustand und damit den Gegendruck am Einlaufende, so verschiebt sich die Lage des
Geradstoßes (Abb. 3.3-1a–d). Dies kann zum Beispiel durch Drehzahländerungen oder
Verstellung der Schubdüsenfläche beim Turboluftstrahl-Triebwerk, oder durch Ände-
rung der Verbrennungstemperatur beim Ramjet-Triebwerk bewirkt werden.
3.3  Betriebsverhalten von Überschalleinläufen 279

(a) (b)
u f
Überla Überla
uf

AC AC
M0 A0 A0

E AC A
Instabil Stabil 0
pt2
2
pt0 (c)
3
1
Einlauf-Druckverhältnis total

ACA
0

(d)

µE,krit µ =1
E
Einlauf-Drosselgrad µE= A0/AC

Abb. 3.3-1  Überschalleinlauf (Beispiel 2-Stoß-Kegel-Einlaufs) mit verschiedenen Betriebszustän-


den bei gleich bleibender Anströmung M0 = const. a Stark unterkritischer Einlauf (1) μE ≪ μE,krit.
b unterkritischer Einlauf (2) μ < μkrit. c kritischer Einlauf (3) μ = μkrit. d überkritischer Einlauf
(4) μ = μkrit [Mün72K, Gri04B]

Durch erhöhten Gegendruck des Triebwerks gegenüber dem Arbeitszustand bei


Zustand (c) mit μE = μE,krit, beispielsweise hervorgerufen durch eine kurzzeitige Regel-
störung des Triebwerks, wandert der Geradstoß stromaufwärts vor die Einlaufverklei-
dung. Ein Teil der ursprünglichen Stromröhre wird abgedrängt, der Durchsatz geht
zurück und der Druckrückgewinn ΠE fällt wegen der intensiveren Verdichtungsstöße.
Der Einlauf arbeitet unterkritisch (μE < μE,crit). Bei leicht unterkritischem Betrieb steigt
häufig ΠE gering an, hervorgerufen durch das abgesenkte Geschwindigkeitsniveau im
Unterschalldiffusor.
Arbeitet der Einlauf stark unterkritisch (Abb. 3.3-1a Zustand (1)), so wird die vorhan-
dene Stoßkonfiguration instabil. Infolge der kurzzeitigen Abnahme der zuströmenden
Luftmasse wird der Einlaufkanal vor dem Triebwerk teilweise entleert. Hierdurch steigt
die Aufnahmefähigkeit des Überschalleinlaufes, der nun auch den vor der Regelstörung
passierenden Massenstrom ṁ bei einem kleineren Druckrückgewinn ΠE aufnehmen
280 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Kennfeld eines 1 2
0
Verstell-Überschalleinlaufes
M0=1,5 2,5
A0=A1

M0=2,5 1,5
Verschiebung des Zentralkörpers zur
pt2 Anpassung der Einlauf-Stromröhre
pt0 unterkritischer
Betrieb
Ma Auslegungsbereich
ch-
Einlauf-Druckverhältnis total

Za 2 (A) µ=µ krit M0=M0,A


hl M
1 0 3

überkritischer
Betrieb

µE,krit
Einlauf-Drosselgrad µE= A0/AC

Abb. 3.3-2  Kennfeld (Schema) eines Überschalleinlaufes mit verstellbarer Geometrie durch Ver-
schiebung des Zentralkörpers bei verschiedenen Betriebszuständen und Anström-Mach-Zahlen
M0 [Mün72K, Gri04B]

kann (Zustand (4)). Der einsetzende Auffüllvorgang lässt den letzten Verdichtungsstoß
in Richtung des Zustandes gemäß Punkt (3) nach vorn wandern. Nach weiterem Abdrän-
gen des Stoßes stromaufwärts (in Abb. 3.3-1 zum Zustand (2) hin) beginnt der periodi-
sche Druckwechselvorgang von neuem. Diese instationären Druckschwankungen bzw.
die pulsierende Strömung können Verdichterpumpen, ein Verlöschen der Brennkammer
beim Ramjet-Triebwerk oder sogar eine Zerstörung des Einlaufs hervorrufen. Die insta-
bile Diffusorströmung wird des Geräusches wegen mit Diffusor-Brummen (diffusor buzz)
bezeichnet. Mit steigender Flug-Mach-Zahl wird der Bereich vom Betriebspunkt bei
μE,crit bis zum Diffusorbrummen kleiner, die Gefahr einer Instabilität somit größer.
Fällt der Gegendruck am Einlaufende, dann liegt der überkritische Zustand mit
μE = μE,crit vor (Abb. 3.3-1, Bereich (3) bis (4)). Die Aufnahmefähigkeit des Triebwerks
ist größer als der vom Einlauf gelieferte Luftmassenstrom, der gleich dem Durchsatz bei
kritischem Betrieb ist
(ṁüberkrit = ṁkrit > ṁunterkrit ). Der die Überschallströmung abschließende gerade
Innenstoß läuft weiter in den Diffusor hinein, die Geschwindigkeit vor dem letzten Stoß
steigt, so dass dessen Intensität und damit die Verluste zunehmen. Der Totaldruckrück-
gewinn ΠE fällt stark ab.
Die Anpassung der Einlaufströmung an den jeweiligen Flugzustand und die
Abstimmung des Durchsatz- und Schluckverhaltens von Einlauf und nachgeschalte-
tem Triebwerk erfolgt vornehmlich durch eine Änderung der Einlauf- bzw. Diffusor-
geometrie. Bei Mehrstoß- und Isentropic-Diffusoren (Abb. 3.1-8) erweisen sich ebene
3.3  Betriebsverhalten von Überschalleinläufen 281

Verdichtungssysteme allen anderen meist überlegen, da sich ihre Schneiden und Ober-
flächen leichter als rotationssymmetrische oder andere Strömungskanäle verstellen
lassen.
Die Anpassung des Einlaufes an die jeweilige Flug-Mach-Zahl außerhalb des Ausle-
gungspunktes erfolgt am Beispiel eines einfachen 2-Stoß-Einlaufes nach Abb. 3.3-2 durch
Verschiebung des Zentralkörpers. Das Überschallströmungsfeld mit Verdichtungsstößen
kann dabei derart gestaltet werden, dass bei wechselnden Anström-Mach-Zahlen M0 und
geringen Druckverlusten das Durchsatzverhalten Einlauf – Triebwerk gut abgestimmt
und geregelt werden kann.
Bei abrupt auftretenden, nicht angepassten intensiven Druckdifferenzen zwischen
Einlauf und nachgeschaltetem Basis-Turbotriebwerk besteht intensiver als der Diffusor-
Buzz die Gefahr des „Hammershock“, auf den in Abschn. 3.3.5 kurz eingegangen wird.

3.3.2 Ungleichförmige Zuströmung zum Einlauf und


Grenzschichten

Treten Flugzustände auf, bei denen der Einlauf nicht mehr entsprechend der Auslegung
angeströmt wird, so kann die damit verbundene Ungleichförmigkeit des Geschwindig-
keits- und Druckverlaufs am Diffusoraustritt erhebliche Störungen im nachgeschalteten
Turboverdichter von Turbostrahltriebwerken oder im Brennraum von Ramjet-Triebwer-
ken hervorrufen (Abb. 3.3-3).
Im Gegensatz zu Unterschalleinläufen mit abgerundeten Einlauflippen führen superso-
nische Einlaufdiffusoren mit ihren scharfen Schneiden sowohl im Stand als auch bei sub-
sonischer Anströmung (M0 < 1) zu Strömungsablösungen und damit verbunden zu starken
Druckverlusten entsprechend einem Einlauf-Totaldruckruckverhältnis ΠE ≈ 0,8 bis 0,9.
Mit der Erweiterung des Flugbereichs, also bei größeren Flug-Mach-Zahlen und Flug-
höhen, wachsen die störenden Einflüsse der Grenzschicht stark an. Die Grenzschicht
selbst, laminar oder turbulent sowie ihr Verhalten wird einmal bestimmt durch die Rey-
nolds-Zahl, die Form und die Beschaffenheit der Oberflächen und durch den in Strö-
mungsrichtung auftretenden Druckgradienten, zum anderen durch die Einwirkung von
Verdichtungsstößen und bei Hochgeschwindigkeits- bzw. Hyperschall-Flugantrieben
eventuell durch den Wärmefluss in die Einlaufwände. Besonders gefährdet sind die Stel-
len des Strömungskanals, an denen Verdichtungsstöße auf die Grenzschicht treffen. Der
durch den Stoß induzierte Drucksprung kann zum Abheben und Ablösen der Grenz-
schicht führen, wobei eine energieärmere, laminare Grenzschicht eine geringere Stabili-
tät aufweist als eine turbulente Schicht.
Die durch den Verdichtungsstoß hervorgerufene Verformung der Grenzschichtkon-
tur verursacht nun ihrerseits ein geändertes Stoßsystem, so dass schließlich die Inter-
ferenz von Stoß und Grenzschicht eine bis dahin gute Einlaufcharakteristik abwertet.
Einläufe mit Innenverdichtung reagieren besonders empfindlich auf Grenzschicht-
störungen, da im Diffusor-Hals, in der Nähe des Geradstoßes, der Kanalquerschnitt
282 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Anstellwinkel α = 0° α = 15°

pt2 / pt0

( pt max − pt min )
ptm 0,4
Druckverhältnis total

0,3

0,2

0,1

0
0° 2° 4° 6° 8° 10 ° 12 ° 14 ° 16 °
Einlauf-Anstellwinkel α

Abb. 3.3-3  Einlaufströmung bei nicht koaxialer, ungleichförmiger Anströmung (ptm ist der Mit-
telwert des Totaldruckes) [Mün72K, Aul74, AGA74B]

unkontrolliert verringert werden kann und so zum Beispiel das in Abschn. 3.3.4


(Abb. 3.3-8) angesprochene Schluckproblem sich noch sensibler gestaltet.
Die angesprochenen Schwierigkeiten im Betriebsverhalten von Überschalleinläufen
treten verstärkt beim Auftreten ungleichförmiger und instationären Strömungsfelder im
Einlaufbereich auf, wie in Abb. 3.3-4 dargestellt wird.
Wirksame Maßnahmen zur Vermeidung der Grenzschichtprobleme sind das Absau-
gen und Ableiten der wandnahen Strömungsschicht (Abb. 3.3-5).
Die Anpassung von Triebwerks- und Einlaufcharakteristik kann über eine Bypass-Rege-
lung erfolgen, bei welcher der Luftmassenstrom von Einlauf und Triebwerk aufeinander
abgestimmt werden (Abschn. 3.3.1). In Abb. 3.3-5 sind als Beispiele ein 2-Schrägstoß-
Geradstoß-Diffusor sowie ein ebener Mehrstoß-Diffusor dargestellt [AGA74B].
Außer der sich längs des Diffusorkanals aufbauenden Grenzschichtströmung ist bei
rumpf- oder flügelnahen Einläufen die Grenzschicht der Flugzeugzelle zu beachten. Dies
trifft besonders bei Hyperschalleinläufen
mit sehr großer Fangstromfläche auf (Abb. 3.1-1) und z. B. [Bau94, Hol97, Kop00,
Ric05, Fuh09].
Die Einlaufschneide sollte soweit von der Zellenoberfläche entfernt sein, dass das Einflie-
ßen der Rumpf- oder Flügelgrenzschicht in den Diffusor vermieden wird. Abbildung 3.3-6
zeigt den Einfluss des Verhältnisses von Diffusorabstand und Grenzschichtdicke eines Drei-
stoß-Diffusors auf das Einlauf-Totaldruckverhältnis ΠE. Dieser Vorgang zeigt, wie wichtig
3.3  Betriebsverhalten von Überschalleinläufen 283

pt
Einlauf- =1,00
0,96
∆ pt pt
Strömungsfeld =18 %
ungleichförmig pt 1,04
1,08 0,94
instationär
Relative 1,10
Druckabweichung % 0,92
1,08
p∆ t 30
instationär 1,04
pt 25
20 1,00 0,96
15 pt
schnell =1,00
10 pt
stationär Druckgeber langsam stationär
5
0
Zeit [mmsec]
0,98
1,00
∆p t
=3 %
pt
0,98

Abb. 3.3-4  Einlaufströmung bei instationärer, gestörter Anströmung [Aul74, AGA74B]

Rotationssymmetrischer
Überschalleinlauf mit
Grenzschichtabführung
Einlauftyp für Mach 3+ Flugzeug M<1
(NASA-SR-71) M0

Ebener Mehrstoß-Überschalleinlauf
mit Verstelleinrichtungen für Bypass-
und Grenzschichtabführung
Einlauftyp für Mach 2+ Flugzeug
(Concorde)

M0>1 M2≈0,5
M<1

Abb. 3.3-5 Überschalleinläufe und Grenzschichteinflüsse. Rotationssymmetrischer Überschal-


leinlauf mit Grenzschichtabsaugung (Typ SR71, Bild oben). Ebener Mehrstoßeinlauf mit Verstell-
einrichtungen und Grenzschichtableitung (Typ Concorde, Bild unten) [Mün72K, AGA74B]
284 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Abb. 3.3-6  Einfluss der 0,95


pt2
Grenzschichtdicke δ auf
R
das Betriebsverhalten pt0
0,90 h
eines Überschall-

E
Seiteneinlaufes. Anström- µB, max
0,85

Einlauf-Totaldruckverhältnis
Mach-Zahl M0 = 1,88;
Instabiler
Grenzschichtdicke δ bzw. Bereich
δ/R = 0,093, ΠE,Stöße = 0,94, 0,80
Bypass-Massenverhältnis µB=0,7
µB = ṁB /ṁB,max [Mün72K,
0,75
AGA74B]
µB=0,5
0,70
µB=0

0
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
(Wandabstand h) / (Grenzschichtdicke

es ist, alle erwähnten Eigenschaften von Einläufen gut aufeinander abzustimmen, so dass die
praktische Einlaufauslegung stets eine ralisierbare Kompromisslösung darstellt.
Je nach den Einbaumöglichkeiten des Einlaufs unter oder auf dem Tragflügel, in der
Flügelwurzel und im oder am Rumpf sowie je nach dem Verwendungszweck und den
regeltechnischen Gegebenheiten werden ebene, kastenähnliche oder oft auch rotations-
symmetrische Einlaufkanäle ausgeführt.

3.3.3 Betriebsbereiche von Überschalleinläufen

Bis zu Flug-Mach-Zahlen von M0 ≈ 1,5 arbeitet der einfache Geradstoß-Diffusor mit


scharfkantiger Einlauflippe ausreichend effizient und stabil. Aufwendige Verstelleinrich-
tungen sind meist nicht erforderlich (Abb. 3.3-7 und 3.3-1). Bei M0 von etwa 1,5 bis 2,5
empfiehlt sich äußere, gegebenenfalls äußere und innere Überschallverdichtung mit Zwei-
bis Dreistoß-Diffusoren und einfacheren Regelmöglichkeiten. Für Flug-Mach-Zahlen ab
etwa M0 > 2,5 ist eine teilweise Innenverdichtung des günstigeren Druckrückgewinnes und
Außenwiderstandes wegen angemessen. Eine gute Anpassung und Regelung ist notwendig.
Für Mach-Zahlen etwa M0 > 3,5 gewinnt die gemischte Verdichtung besonders bei
den nicht integrierten Antrieben an Bedeutung. Äußere Mehrstoßverdichtung und kon-
tinuierliche Verdichtung (isentropic diffusor) eignen sich gut für hypersonische Antriebs-
konzepte, zum Beispiel den Antrieben von Hyperschall-Flugzeugen mit Ramjet- und
Scramjet-Triebwerken (Abschn. 2.5.3, [Ric05] und Abschn. 8.4).
Um bei Triebwerksprojekten ohne detaillierte Kenntnis der Einlaufauslegung
Abschätzungen über die erreichbare Einlaufgütegrade vornehmen zu können, können
mit der Kenntnis über ausgeführte und erprobte Einlauftypen repräsentative Kurven-
verläufe des Totaldruckverhältnis ΠE in Abhängigkeit von der Anström-Mach-Zahl M0
3.3  Betriebsverhalten von Überschalleinläufen 285

M0 > 1 M<1

Anteil des Unterschall-Einlaufteiles


kontinuierliche Verdichtung
pt2 1,0
pt0 Isentrope Verdichtung M0 M<1
ons-
0,8 (Idealfall) bis M=1 Rotati per
kör
E

l
Kege
Totaldruckverhältnis

0,6
M>1
ϑ = 30° AIA MIL M<1
0,4 engster Quer-
M0 schnitt
Geradstoß
0,2 1 Kegel- und
1 Geradstoß
M0
0 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0
Anström-Mach-Zahl M0

Abb. 3.3-7 Einlaufgüte bzw. Einlauf-Totaldruckverhältnisse ΠE verschiedener Überschallein-


läufe. Mittlere erreichbare Total-Druckverhältnisse ΠE repräsentiert durch die AIA- bzw. MIL-E-
5008-Standard-Kurven [Car58, Mün72K, AGA74B, Gri04B]

definiert werden. In Abb. 3.3-7 sind Beispiele solcher Verläufe dargestellt. Die Kurven in
Abb. 3.3-7 werden durch folgende Beziehungen repräsentiert:
AIA (Aircraft Industries Association)
pt2
= 1 − 0,1(M0 − 1)1,5 1 für M0 >; 1,5 (3.3-1)
pt0

sowie MIL (MIL-E-5008 B-Standard)


pt2
für 1 < M0 < 5 = 1 − 0,075(M0 − 1)1,35 , (3.3-2)
pt0

pt2 800
bzw. fur
¨ M0 > 5 = 4 . (3.3-3)
pt0 M0 + 935

3.3.4 Startverhalten von Überschalleinläufen

Bei der Vorstellung der verschiedenen Bauweisen von Überschalleinläufen in Abschn. 3.1.4


wurde bereits deutlich, dass das Zusammenspiel von Überschall-Strömungsfeldern mit
äußeren und inneren Verdichtungsstoßsystemen und dem wechselseitigen Durchsatzver-
halten von Einlauf und Basistriebwerk abhängig von den jeweiligen Querschnittsverhält-
nissen komplexe Abstimmungsaufgaben bewirken kann (Abb. 3.3-8a–c).
286 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

(a) Startverhalten : Überschall-Einlaufdiffusor

A1 At A0 A1 At
A0

M0<1 M<1 M<1 M0<1 M0>1 M<1 M=1 M<1

Stoß stark

M0<1 M<1 M=1 M0<1 M=M0-dM >1 M<1 M=1 M<1

M0=1 M<1 M=1 M0<1 M=M0+dM >1 M>1 M>1 M<1

Stoß schwach stark


A0 A1 At Stoß
Auslegung A
schwach
M0=MA>1 M>1 M=1 M<1

(b) Einlauf-Schluckverhalten M0
konstante Geometrie (A 1/At)=const A1 At
A0
5
 A0  Überschall-Diffusor con.-div.
 
 A *  is (e‘)
4
A1
At  A0   A0 
   
3  A * is  A * is
A0
At
(a)  A1   A0 
 
2  A  = const 
A 

 t (f)  t 
A
(e)
1 (b) (d)
(c)
MA M0
0
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
Mach-Zahl M

Abb. 3.3-8  a Startverhalten eines konvergent-divergenten, eindimensionalen Überschall-


Einlaufdiffusors bei Anströmungs-Mach-Zahlen M0 kleiner, gleich und größer 1. Das vorge-
stellte gasdynamische Verhalten entspricht prinzipiell dem Verhalten von Gitterkanälen bei
einem Hochleistungsverdichter (Abschn. 4.2) [Car58, Mün72K, AGA74B, Gri04B, Hil92B].
b „Schluckverhalten“ eines eindimensionalen Überschalldiffusors bei angenommen reibungs-
freier Einlaufströmung und fester Geometrie. c „Schluckverhalten“ bei variabler Einlaufgeomet-
rie [Mün72K, Hil92B]
3.3  Betriebsverhalten von Überschalleinläufen 287

F Einlauf-Schluckverhalten
geregelt, variable Geometrie M0 A1 At

5
 A0   A0   A0 
   
 A *  is  A * 
 is  A * is
4
A1
At
3 A 
A0 Einlauf geregelt  1 
At  A t A A
(f)
(a)
A
2 At öffnen
1 schließen  A0 
 
A 
(d)  t
1 (b)
(c)
MA
0
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
Mach-Zahl M

Abb. 3.3-8 (Fortsetzung)

Das damit besonders verbundene Anlass- und Startproblem von supersonischen Ein-
läufen soll deshalb am einfachen Beispiel eines rotationsförmigen Überschalldiffusors
erläutert werden.
Vorausgesetzt für diese vereinfachte Betrachtung wird ein reibungsfreier adiaba-
ter, konvergent-divergenter Strömungskanal allerdings mit Berücksichtigung von Ver-
lusten durch Verdichtungsstöße. Die Kurve (A0 /A∗ )is = f (M0 ) (A0/A*)is = f(M0) in
Abb. 3.3-8b stellt das Flächenverhältnis der konvergenten-divergenten Düsenströmung
(Abschn. 2.1) dar und damit auch das des idealen konvergenten-divergenten Überschall-
diffusors ohne Verdichtungsstöße.
Wird ein Überschalleinlauf nach Abb. 3.3-8a (Zustand (a) bis (e)) mit fester Geomet-
rie, also konstantem Flächenverhältnis,
   
AC A
= ∗ (3.3-4)
Amin A A MoA

von einem Strömungsfeld mit M0 < 1 über M0 = 1 bis zur Auslegungs-Mach-Zahl
M0 A angeströmt, so arbeitet der Diffusor ab einer gewissen Unterschall-Mach-Zahl
mit einem Durchsatzkoeffizienten μE = (A0/AC) < 1 und an der engsten Stelle Amin,
dem Diffusor-Hals, stellt sich im verlustlosen Fall Schallgeschwindigkeit gemäß
MA,min = 1 ein.
288 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Vor dem Einlauf entsteht ab M0 > 1 ein Geradstoß (Zustand (c)), und im divergenten
Diffusorteil kann je nach der Größe des Gegendruckes am Diffusorende ein zweiter Stoß
entstehen (Zustand (e)).
Bei anliegendem Geradstoß und μE = 1 (Zustand (e)) gilt als Strömungsbedingung
für das Flächenverhältnis kurz nach dem Geradstoß (Abschn. 2.1)

       κ+1
A1′ A 1 2 κ−1 2 2(κ−1)
= = 1+ M1′ . (3.3-5)
Amin A∗ 1′ M1′ κ + 1 2

Mit der Mach-Zahl M1′ = f (M0 )nach dem Geradstoß ergibt sich eine Kurve A0/Amin,
die die Bedingung angibt, ab welcher Mach-Zahl A0,S der vor dem Einlauf stehende
Stoß geschluckt werden kann (Zustand (e′)). Ist die Anström-Mach-Zahl M0 > M0,S
erreicht (gestrichelte Linie in Abb. 3.3-8b), so läuft der Stoß sprungartig in den Einlauf
und bleibt im divergenten Diffusorteil stehen. Der Strömungszustand im konvergenten
Teil erfüllt nun die Bedingung der Kurve (A0/A*)is.
Durch eine Zurücknahme von M0 > M0,S bis M0,A wandert der Stoß stabil in die
Nähe der engsten Stelle Amin und führt so zu einem minimalen Gesamtdruckverlust.
Zum Starten bzw. Anlassen eines nicht verstellbaren Einlaufdiffusors ist allerdings
eine Übergeschwindigkeit im gezeigten Ausmaß nicht realistisch, da im Fluge ein
M0 > M0,A im Falle des noch nicht korrekt arbeitenden Diffusors wegen der ungünstigen
Schubbilanz gar nicht erreicht werden kann.
Wird ein Einlauf-Überschalldiffusor mit variabler Geometrie im engsten Querschnitt
ausgestattet, so kann beim Anfahren, reibungsfrei betrachtet, ein Flächenverhältnis
   
AC AC
< (3.3-6)
Amin Start Amin A

eingestellt werden und damit bei geöffnetem Halsquerschnitt der Stoß geschluckt
werden (strichpunktierte Linie in Abb. 3.3-8c). Durch anschließendes Verkleinern von
Amin wird der Stoß im divergenten Teil in die günstige Position nahe der engsten Stelle
geführt und damit die Stoßverluste klein gehalten.
Die technisch anspruchsvolle Verstelleinrichtung der Diffusorkontur kann zum Bei-
spiel durch axiales Verschieben eines Zentralkörpers, einer teilweise offenen Seitenfläche
oder durch eine flexible Konturwand erfolgen. Weitere Maßnahmen zur Verringerung
des Startproblems sind perforierte, luftdurchlässige Wände, der „Offene“ Diffusor sowie
Einläufe mit Bypassöffnungen (Abb. 3.3-9).
Neben den erwähnten Regelschwierigkeiten zeigen sich Einläufe mit Innenver-
dichtung besonders empfindlich bei Schräganblasung. Sie bieten aber gegenüber den
Einläufen mit äußerer Verdichtung den Vorteil von geringen Außenwiderständen.
3.3  Betriebsverhalten von Überschalleinläufen 289

(a) (b) (c)


M0
M0 M0

Abb. 3.3-9 Einlaufdiffusoren mit besonderen Start-Einrichtungen wie perforierte Wände und


teilweise seitlich offene Einlaufdiffusoren [Car58, Mün72K, AGA74B]

Hammerstoß Druckmessung statisch


Einlauf-Instabilitäten
Druck statisch
Druck vor Eintritt in Verdichter
mit „Hammershock“

1 msec Zeit msec


Anstellwinkel α = 0°
Mach-Zahl M0 = 2,5 Hammerstoß-Welle

Stall-
0,14 Abrupter Hammershock
Distortion -Parameter rel.

Verdichter-Stall
0,12
kritische Grenze
0,10
0,08
0,06
0,04
0,02
0
0 10 20 30 40 50
Zeit msec

Abb. 3.3-10  „Hammerstoß“ nach Instabilitäten im Verdichter nach Überschreitung eines Grenz-


wertes des Einlauf-Distortion-Parameters und einem Verdichter-Stall [Gre81, Gri09B]

3.3.5 Hammershock bei Überschalleinläufen

In Verbindung mit dem Stablitätsverhalten von Überschalleinläufen wurde in Abschn. 3.3.1


bereits das Diffusor-Brummen (diffusor buzz) bei unterkritisch betriebenen Diffusor erläu-
tert. Weiterhin wird bei den Darstellungen zu Turboverdichtern in Abschn. 4.2.7 und 4.2.8
auf das Betriebsverhalten und die Instabilitäten der Verdichter eingegangen.
Im Zusammenhang mit extremen, plötzlich auftretenden intensiven Instabilitäten bzw.
harten Druckwellen aus den dem Einlauf nachgeschalteten Triebwerkskomponenten kann es
zu den gefürchteten „Hammerstoß“-Druckwellen (hammershock) kommen (Abb. 3.3-10).
290 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

Als Folge zum Beispiel von instationären Strömungsablösungen im Verdichter kann


durch schlagartige Blockierung des Durchsatzes eine starke Druckwelle stromaufwärts
durch den Einlauf gehen und zu einem Zusammenbruch der Strömung im gesamten
Triebwerk führen.
Die Ursachen dieser Hammerstöße können aber auch bei einer fehlerhaften Anpas-
sung der Triebwerksregelung liegen, wie sie bei schnellen Beschleunigungen, bei
Fehlanpassung von Verstellelementen wie Düsen und Verdichter oder bei Brennstoff-
Übersättigung und Nachbrenner-Transients auftreten können. Dabei liegen meist
gleichzeitige Strömungsstörungen im Einlauf vor wie Druck-, Temperatur- und Drall-
Distortion sowie Diffusor-Brummen.
Eine präzise Vorhersage des Auftretens von Hammerstößen erweist sich als sehr
schwierig. Dazu ist in Abb. 3.3-10 aus dem Verdichterbereich gezeigt, dass dargestellt am
Distortions-Parameter nach Überschreitung eines kritischen Grenzwertes durch einen
abrupten Verdichter-Stall eine Hammerstoßwelle ausgelöst werden kann. Die inten-
sive Überdruck-Unterdruck-Welle kann zum Erlöschen des Triebwerks, zur Beschädi-
gung des Einlaufes oder gar im schlimmsten Fall zur Zerstörung des gesamten Antriebes
führen.
Da die auftretenden wechselnden Spitzendrücke den Gesamtdruck der Anströmung
um über 100 % überschreiten können, ist bei der Dimensionierung von Triebwerkskom-
ponenten die Gefahr eines Hammerstoßes zu berücksichtigen. Bei Auslegungen von
Triebwerken für Hochleistungs-Überschall-Flugzeuge und extreme Flugmanöver sind
gegebenenfalls Maßnahmen wie flexible Bypass-Einrichtungen zur Verhinderung oder
zumindest zur Dämpfung der Druckwellen vorzusehen.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[ AGA68] AGARD: Helicopter Propulsion Systems. AGARD CP No. 31, Ottawa (1968)
[AGA74B]
AGARD: Distortion Induced Engine Instability. North Atlantic Treaty Org.
AGARD-LS-72 (1974)
[And91B] Anderson, J.D. Jr,: Fundamentals of Aerodynamics, 2. Aufl. McGraw Hill, New
York (1991)
[Aul74] Aulehla, F., Besigk, C.: Reynolds number effects on fore- and aftbody pressure
drag. In: AGARD-FDP/PEP Symposium on Airframe/propulsion Interference,
Rome (1974)
[Bau94]
Bauer, A.: Betriebsverhalten luftatmender Kombinationstriebwerke für den
Hyperschallflug unter besonderer Berücksichtigung der Triebwerksintegration.
Dissertation, TU München (1994)
[ Brä00B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 1. Aufl. Springer, Berlin (2000)
[Brä09B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 3. Aufl. Springer, Berlin (2009)
Literatur 291

[Car58] Carrière, P.: Rôle de la prises d’air dans le bilan propulsif d’un réacteur. AGAR-
Dograph No. 27 (1958)
[Car64] Carrière, P.: Méthodes théoriques d'études des écoulements supersoniques. Ser-
vice de Doc. Sc. et Techn. de l'Armement, Paris (1964)
[Cra73]
Crawford, W.J.: The T 700-GE-700 turboshaft engine program. SAE-Paper
730917, Los Angeles, 16–18 Okt (1973)
[Cri67]
Crispin, B.: Einlaufdiffusoren für den Überschallflug. DLV Bericht Nr. 144
(1967)
[DGL00B] Deutsche Gesellschaft für Luft und Raumfahrt: Die Deutschen Senkrechtstart-
flugzeuge. DGLR-Bericht 2000-01 (2000)
[Esc96] Esch, Th.: Zur Integration des Antriebs in ein Hyperschallflugzeug unter beson-
derer Berücksichtigung der Kräftebilanzierung. Dissertation, TU München
(1996)
[Fab58B] Fabri, J.: Air Intake Problems in Supersonic Propulsion. AGARDograph No. 27
(1958)
[Far65] Faro, I.D.V.: Supersonic Inlets. AGARDograph No. 102 (1949)
[Fuh09]
Fuhrmann, T.: Auslegung und Betriebsverhalten von SCRamjet-Antriebssys-
temen für Raumtransporter-Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München
(2009)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. Gasturb GmbH, Aachen. www.gasturb.de (2010)
[GasTurbDet] Kurzke, J.: GasTurbDetails – Utility for GasTurb Performance Simulations.

Manual. GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[Gre81] Greitzer, E.M.: The stability of pumping sytsems. ASME. J. Fluids Eng. 103
(1981)
[Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser, Basel (2004)
[Gri09B] Grieb, H.: Verdichter für Turbo-Flugtriebwerke. Springer, Berlin (2009)
[Haf82B]
Hafer, X., Sachs, G.: Senkrechtstarttechnik – Flugmechanik, Aerodynamik,
Antriebstechnik. Springer, Berlin (1982)
[Hag82K] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. G. Braun, Karlsruhe (1982)
[Her56B] Hermann, R.: Supersonic Inlet Diffusers and Introduction to Internal Aerodyna-
mics. Honeywell Regulator Comp, Anneapolis (1956)
[Her82] Hercock, R.G.: Effects of Intake Flow Istortion on Engine Stability. AGARD PEP
Conference on Engine Handling, Marathon, Attika, CP324, Paper 20 (1982)
[Hes64K] Hesse, W., Mumford, N.: Jet Propulsion for Aerospace Applications. Pitman,
New York (1964)
[Hil92B] Hill, P., Peterson, C.: Mechanics and thermodynamics of propulsion, 2. Aufl.
Addison Wesley, Inc., USA (1992, 2010)
[Hil92K] Hill, P., Peterson, C.: Mechanics and Thermodynamics of Propulsion, 3. Aufl.
Addison Wesley (1995, 1992, 2010)
[Hol97a] Hollmeier, S.: Simulation des Betriebsverhaltens von Antriebenfür Raumtrans-
porter/ Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München (1997)
[Hol97b] Hollmeier, S., Kopp, S., Fiola, R., Rick, H.: Simulationsmodelle zur Regelung von
Antriebssystemen für Hochgeschwindigkeitsflugzeuge. 3. Hyperschall-Work-
shop SFB 253-255-259-Antriebstechnik, Stuttgart (1997)
[Hur76] Hurd, R.: Subsonic Pitot Intakes High Speed High Incidence Performance. Rolls
Royce Bristol, Report PD 2029 (1976)
292 3  Einläufe für verschiedene Flugbereiche

[Kop00] Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und


Störeffekten für Hyperschall-Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München
(2000)
[Kün79] Künkler, H., Tönskötter, H.: Zum Einfluß stationärer Temperatur und Druck-
störungen auf die Strömung in einem installierten Strahltriebwerks-Verdichter.
ZFW 3(6) (1979)
[Mok74] Mokelke, H.: Circumferential inlet flow distortions in multistage axial compressors.
Diss. Ph.D., Cambridge (1974)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft-
und Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[Osw56K] Oswatitsch, K.: Gasdynamik. Springer, Wien (1952) auch Gas Dynamics. Acade-
mic Press, New York (1956)
[Pre00] Preiß, A., Kreiner, A., Erhard., W.: Monitoring of critical inlet air conditions for
helicopter gas turbines. In: 20th AIMS Symposium, Garmisch-Partenkirchen,
Germany (2000)
[Pre01] Preiß, A.: Eintrittsstörungen bei Fluggasturbinen unter besonderer Berücksichti-
gung instationärer Gaszusammensetzungen. Dissertation, TU München (2001)
[Ric05] Rick, H., Bauer, A., Esch, T., Hollmeier, S., Kau, H.-P., Kopp, S., Kreiner, A.:
Hypersonic highly integrated propulsion systems –design and off-design simula-
tion. Chapter 5.3.2. In: Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit
Vehicles. DFG, Wiley-VCH (2005)
[Ric72B] Rick, H.: Luftatmende Triebwerke und Komponenten (Kap. B.1.1, 2, 4, 5, C.1.3,
1.5). In: Münzberg H.G. (Hrsg.) „Flugantriebe“ . Springer,Berlin (1972)
[Ric82] Rick, H.: Zur digitalen Simulation des stationären und instationären Betriebs-
und Leistungsverhaltens von Fluggasturbinen insbesondere von Hubschrauber-
Triebwerken. Habilitationsschrift TU München (1982)
[ Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1986)
[Rol96B] Rolls Royce: The Jet Engine. 5. Aufl. Rolls Royce plc, London (1995)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Predictionand Simula-
tion of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine,Vehicular, and Power
Generation. NATO RTO Technical ReportTR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
[Rüg96] Rüggeberg, Th.: Experimentelle Untersuchungen des Betriebsverhaltens eines
Triebwerkseinlaufs bei Überschall-Anström-Machzahlen. Dissertation, RWTH
Aachen (1996)
[Sch90] Schuette, W.: Blade behaviour during birdstrike. In: Conference on Science and
Engineering on Supercomputers, London (1990)
[Sig91B] Sigloch, H.: Technische Fluidmechanik, 2. erweiterte Aufl. VDI-Verlag GmbH,
Düsseldorf (1991)
[Tön80]
Tönskötter, H.: Untersuchungen über das Verhalten eines Turbostrahltrieb-
werks– bei inneren und äußeren Störungen im Hinblick auf Schadensfrüherken-
nung. Dissertation, RWTH Aachen (1980)
[ Tro66] Trommsdorf, W.: Untersuchungen an Triebwerkseinläufen. DLR FB, 66 34 (1966)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell, Oxford lst pub-
lished 1998, reprinted 2000 (2000)
[Wie96] Van Wie, D.M., Kwok, F.T., Walsh, R.F.: Starting characteristics of supersonic
inlets. 32nd Joint Propulsion Conference, AIAA-96-2914, Lake Buena Vista (1996)
Turbomaschinen-Komponenten
4

4.1 Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen

4.1.1 Die Strömungsmaschinen Turboverdichter und Turbinen

Luftbeaufschlagte Turboverdichter und gasbeaufschlagte Turbinen stellen dynamisch


arbeitende Fluidenergiemaschinen dar, bei denen im Wesentlichen durch die Änderung
von Strömungsgeschwindigkeiten die Energie umgesetzt wird. Mit diesem Arbeitsprinzip
bewirken sie eine Änderung des Druckniveaus im Fluid. Bei Energiezufuhr im Verdich-
ter wird der statische Druck erhöht, bei Energieabgabe in der Turbine wird der statische
Druck abgesenkt. Beide Maschinen Verdichter und Turbinen haben also geometrische
und kinematische Gemeinsamkeiten (Abb. 4.1-1 und 4.1-2). Dies ist die Anordnung von
rotierenden und feststehenden Strömungselementen zu einer Einzelstufe mit Rotorgitter
R (Laufrad La) und Statorgitter S (Leitrad Le) und in mehrstufigen Maschinen ist dies
eine enge Aufeinanderfolge von drehenden und feststehenden Schaufelreihen. Die Ener-
gieumsetzung im gesamten Strömungsprozess findet nur beim Durchgang durch den
Rotor statt, wobei eine erhöhte Energieumsetzung durch eine größere Umlenkung des
Fluids erfolgen kann [Eck61K, Tra00Ka, Cum89B, Gri09B]. Dem statischen Druckver-
lauf im Rotor-Schaufelkanal folgend kann zwischen Gleichdruck- und Überdruckmaschi-
nen unterschieden werden. Nach der Strömungsrichtung des Fluids ergeben sich Axial-,
Radial- und dazwischen Diagonal-Turbomaschinen.
Im Falle des Verdichters C (compressor) wird durch ein System von sich drehenden Rotor-
Schaufelgittern (Laufrad) dem Arbeitsfluid von der Antriebswelle Energie zur Druckerhö-
hung zugeführt; im Falle der Turbine (turbine) gibt das Arbeitsfluid einen Teil seiner Energie
an die Rotorwelle ab. In den ruhenden Statorgittern (Leitrad) wird keine Energie übertragen.
Die in der Beschaufelung der Strömungsmaschine wirkenden Kräfte werden durch
Druck- und Geschwindigkeitsänderungen hervorgerufen. Bei den Verdichtern handelt
es sich also vornehmlich um diffusorähnliche Verzögerungsgitter, bei den Turbinen

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_4, 293


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
294 4 Turbomaschinen-Komponenten

Turboverdichter C Turbine T
Energiezufuhr an der Welle Energieabgabe an der Welle
Strömung in Rotor- und Stator-Schaufelgittern
Diffusorströmung w2 < w1 Düsenströmung w2 > w1
verzögerte Strömung beschleunigte Strömung
Fluid-Kompression Fluid-Expansion
Druck pt , p Druck pt , p
Temperatur Tt , T Temperatur Tt , T
Enthalpie ht , h Enthalpie ht , h
w1 w1
1 1
u u

2 2
w2 w2

Abb. 4.1-1  Verdichter C und Turbine T mit Gitterbauweisen zur Verzögerung und Beschleuni-
gung bzw. Kompression und Expansion der Strömung mit Ablenkung

um düsenähnliche Beschleunigungsgitter, die jeweils eine Geschwindigkeitsänderung in


Größe und Richtung bewirken können.
Um die Schaufelanordnung zu verdeutlichen, werden deren Gitterkanäle in einer
Meridianfläche in Umfangsrichtung geschnitten und in der Bildebene abgewickelt
(ebene Gitter), so dass die Strömungsverhältnisse anschaulich zu erkennen sind. Der
Meridianschnitt wird dabei so gelegt, dass das aufgezeigte Schaufelgitter die mittlere
Energieumsetzung eines sich radial erstreckenden Kanals repräsentiert. Die vom Mittel-
schnitt aus gesehen radial weiter außen oder innen liegenden Meridianschnitte ergeben
analoge ebene Abwicklungen.
Bei der Projektierung von Turbomaschinen sind die Strömungszustände am Gitterein-
tritt und -austritt wichtig. Diese Zustände werden in Vektorform mit Geschwindigkeits-
dreiecken der Strömungsebene vor und nach den Gittern dargestellt (Abb. 4.1-2). Eine
Übersicht möglicher Darstellungsformen, die in der Praxis üblich sind, enthält Abb. 4.1-3.
Um die Arbeitsweise einer Turbomaschinenstufe kennenzulernen, wird nun die drallbe-
haftete Gitterströmung mit den bekannten Gesetzen der Fluidmechanik untersucht, insbe-
sondere mit Hilfe des Impulsmomentensatzes. Dieser besagt, dass die Summe der Momente
aller Kräfte, die auf eine Fluidmasse in einem stationär durchströmten Kontrollraum wirken,
gleich ist der zeitlichen Änderung der Impulsmomente aller durch die Kontrollfläche zu-
und abströmenden Massen.
4.1  Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen 295

Verdichter C Turbine T
Energiezufuhr Energieabgabe
h-s-Diagramm 0 pt0
pt3 ht0
3
ht3

∆htT
∆htC ∆htTis
∆htCis 2 pt2
ht2
1
ht1
pt1

Strömungskanal
1 2 3 1 2
Stufe 0
Stator S (Leitrad)
u2>u1 u1>u2

Rotor R (Laufrad)

Abb. 4.1-2  Gemeinsame Betrachtung einer Stufe von Verdichter C und Turbine T mit Strömungs-
kanal, Rotoren und Statoren sowie Geschwindigkeitsdreiecken
296 4 Turbomaschinen-Komponenten

Darstellungsarten der Geschwindigkeitsdreiecke und Winkel

Turboverdichter Turbinen

w1 c1 c1
u1 u1 w1
1 1
u Rotor R
(Laufrad) u
2 2
w2 c2
c2 w2
u2 u2
Darstellung I
nach Norm, LTH [LTH00]

c1
w1 c1 c2 c2 w2
w2 w1
β2 α1 α2 α1 β1 α2 β2
β1 c1 u1 u1
u2 u2

Darstellung II
nach Norm, LTH [LTH00]
u1 u1
α2 u2 β1 u2 α1 α2
α1 β2 β1 β2
c2 w1 c2
c1 c1
w2 w2
w1

Darstellung III
nach Traupel, Münzberg u.a. [Tra58/88, Mün72]

c2 c1 w2
w1 c1 w1 c2
w2 β1
β2 α1 α2 α1 β2
α2
β1 u2 u1
u1 u2

Darstellung IV
nach Horlock, Cumpsty, NASA SP290 [Hor58/67, Cum89]

β1 α2 c1 α1 β2
β2 c2 w2
w1 w2 c1 w1
β1 c2
α1 α2
u2 u1
u1 u2

Abb. 4.1-3 Geschwindigkeitsdreiecke von Verdichter- und Turbinenstufen sowie deren übli-


che Darstellungsformen. Diese hier gezeigten Formen stellen eine Auswahl dar und geben Hin-
weise zur zeitlichen, historisch-technischen Entwicklung der thermischen Strömungsmaschinen
im deutschen und angelsächsischen Sprachraum wieder. Um Missverständnisse besonders bei
numerischen Verfahren zu vermeiden sollte sinngemäß Darstellung I verwendet werden [LTH94B,
Mün72K, Tra00Ka, Cum89B, Hor67K]
4.1  Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen 297

Den Impuls- oder Drehmomentensatz auf die in den Schaufelplänen des Verdichter-
bzw. Turbinen-Rotors eingetragene Kontrollfläche angewendet, ergibt bei konstantem
Massenstrom ṁ (bezogen auf die Rotorachse) das Eintrittsmoment
M1 = (ṁ cu1 ) r1 (4.1-1a)
und das Austrittsmoment
M2 = (ṁ cu2 ) r2 . (4.1-1b)
Es ist dabei zu beachten, dass den Massenstrom durch das gesamte Gitter darstellt.
Das an der Rotorwelle auftretende Drehmoment MC ist demnach beim Verdichter als
Aktionsmoment auf das Fluid wirkend

ṁ ṁ
MC = M2 − M1 = ṁ (cu2 r2 − cu1 r1 ) = (Ŵ2 − Ŵ1 ) = Ŵ (4.1-2)
2π 2π
und bei der Turbine als Reaktionsmoment auf das Arbeitsmedium wirkend
MT = M1 − M2 = ṁ (cu1 r1 − cu2 r2 ), (4.1-3)
wobei sich in Gl. (4.1-2) die Darstellung mit der Zirkulation über den Radumfang ergibt
zu Γ = cu 2 π r, wie dies in Gl. 4.1-18 dargestellt wird.
Die an einer Welle übertragene Leistung P ergibt sich allgemein mit der Winkelge-
schwindigkeit ω = u/r zu

P = M ω. (4.1-4)
Damit lautet die auf den Massenstrom ṁ bezogene effektive spezifische Leistung der
Verdichterstufe (Ebene 1 und 3)
PC
wC = �ht C = (ht 3 − ht 1 ) = . (4.1-5)

Damit ergibt sich für Verdichter C und Turbine T die als Eulersche Turbomaschinen-
gleichung bekannte Form
wC = �ht C bzw. wT = �ht T = ±(u2 cu2 − u1 cu1 ) (4.1-6)
mit dem positiven Vorzeichen für den Verdichter und dem negativen Vorzeichen für die
Turbine. Im anschließenden Abschn. 4.1.2 wird diese Gleichung ausführlicher dargestellt.

4.1.2 Hauptgleichung der Turbomaschinenstufe (Euler-Gleichung)

Das Arbeitsprinzip der Fluidenergiemaschinen wurde allgemein am Beispiel der ther-


mischen Turbomaschinen Verdichter und Turbine in Abschn. 4.1.1 vorgestellt. Dabei
wurde betont, dass die wesentlichen Basiselemente der jeweiligen Turbomaschinenstu-
fen einmal die Diffusorströmung beim Verdichtergitter und zum anderen die Düsenströ-
mung beim Turbinengitter darstellen.
298 4 Turbomaschinen-Komponenten

w1 c1 FS= – FWand
u1
1 Fp2
Fp1
l
2 Fl2
t
Fl1
w2 c2
u2 Kräfteplan

Geschwindigkeitsdreiecke
FSax FS
w1 u2 c1 c2
w2
cu1 FSu
u1
cu2
Schaufelkraft-
Komponenten
Spezifische Leistung der Stufe
„Euler“-Gleichung: PC St
w C St = ∆ h t C St = u2 c 2 − u1 c u2 =
mC

Abb. 4.1-4  Anwendung des Impulssatzes auf ein Schaufelgitter. Beispiel: Rotorgitter eines Axial-
verdichters C mit Relativgeschwindigkeiten w  2 , Druckkräften F P = p A
 1, w  , Impulskräften F� I = ṁ w

Die Energieübertragung zwischen dem Rotor-Schaufelgitter und dem Fluid kann mit
Hilfe der Erhaltungssätze der Fluidmechanik in verschiedener Form beschrieben werden.
Die Hauptgleichung der Turbomaschinen, nach Leonhard Euler (1754) als Euler’sche
Tubomaschinengleichung benannt, lässt sich anhand des Impulssatzes bzw. Impulsmo-
mentensatzes oder Drallsatzes ableiten, wie dies bei Gl. 4.1-6 ausgeführt wurde. Die so
ermittelte technische Arbeit w ist Teil der Energiebilanz eines stationär
 durchströmten
Systems. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Zirkulation Ŵ = �c d �s, das Linien-
integral der Geschwindigkeit entlang einer geschlossenen Wegstrecke, auf Turbomaschi-
nen-Gitter anzuwenden [Eck61K, Tra82K, Gri09B].
Mit Hilfe des Impulssatzes der Fluidmechanik entsprechend der Darstellung in
Abb. 4.1-4 kann die Euler-Gleichung ebenfalls anschaulich hergeleitet werden. Am Bei-
spiel des Verdichter-Rotorgitters (Laufrad) für einen Kontrollraum im Relativsystem
„Rotor“ wird dies anschließend gezeigt. Eine weitere Darstellung über eine energeti-
sche Betrachtungsweise wird in den Abschn. 4.2 Turboverdichter und 4.3 Turbinen zur
Erläuterung der Euler-Gleichung vorgestellt.

Kräfte am Schaufelgitter  Nach dem Impulssatz für durchströmte Systeme (Abschn. 2.1.1.3)


ist die Summe aller am durchströmten Kontrollraum wirkenden Kräfte gleich der Summe der
Impulsströme
  d �I
F� i = , (4.1-7)
dt
wobei der differentielle Impulsstrom aus d�I = �c dṁ gleich ist dem Produkt aus der
Geschwindigkeit c und dem Durchsatz ṁ.
4.1  Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen 299

Der differentielle Massenstrom ist dṁ = ρ (�c · dA), � mit dem skalaren Produkt des
Vektors c und dem Flächenvektor dA. 
Der Flächenvektor A  ist vom Kontrollraum her gesehen nach außen gerichtet. Die an
der Oberfläche des Kontrollraums wirkenden Druckkräfte F P,i, die resultierenden Druck-
kräfte längs der Schaufelkanalwände F S sowie die Druckkräfte am Ein- und Austritt der
Kontrollflächen des Gitters ergeben für Gl. (4.1-7) folgende Kräftebilanz
  
F� S + F� P 1 + F� P 2 = F� I i = (�c dṁAus ) − (�c dṁEin ). (4.1-8)
O O

Für den Strömungs-Kontrollraum am Rotorgitter zwischen Ebene 1 und 2 ergibt sich


mit dem jeweiligen ein Impulskraftanteil

�F1 = � = ṁ �c
(ρ �c) �c dA
O

und die Druckkraft



F� p = � = −p dA.
p dA �
K

Die Druckkräfte stehen normal auf der jeweiligen Fläche und sind dem nach außen zei-
genden Flächenvektor A  entgegengerichtet.
Zusammengefasst ergibt sich allgemein (ohne besondere Kennzeichnung für Vekto-
ren) für ein Gitter im Absolutsystem mit den Geschwindigkeitsvektoren c1 und c2 die auf
den Fluidstrom wirkende resultierende Schaufelkraft
FS = FP 1 − Fi1 + Fi2 + FP 2 = p1 A1 − ṁ1 c1 + ṁ2 c2 + p2 A2 . (4.1-9)
Analog wird mit den Relativgeschwindigkeiten w1 und w2 die gleiche Schaufelkraft FS
erhalten, wie dies in Abb. 4.1-4 dargestellt ist.
Bei der Anwendung des Impulssatzes auf das Rotorgitter ergeben sich mit der
Schaufelkraft FS entsprechend Gl.  (4.1-9) die Kraftkomponenten in Axial- und
Umfangsrichtung. Die Komponenten der Schaufelkräfte in axialer Richtung führen
zu den Lagerkräften am Verdichterrotor. Die resultierenden Kraftkomponenten in
Umfangsrichtung bewirken über die entsprechenden Drehmomente die Energieüber-
tragung zwischen Rotor und Fluid. In Umfangsrichtung ist dies dargestellt mit den
Absolut-geschwindigkeiten
FI u = FI1 u − FI2 u = ṁ1 cu1 − ṁ2 cu2 . (4.1-10)
Der Impulsmomentensatz oder Drallsatz nach den Gesetzen der Fluidmechanik besagt,
dass die Summe der Momente aller Kräfte, die auf eine Fluidmasse in einem stationär
durchströmten Kontrollraum wirken, gleich ist der zeitlichen Änderung der Impulsmo-
mente aller durch die Kontrollfläche zu- und abströmenden Massen. Demnach ergeben
sich für das Rotorgitter in den Ebenen 1 und 2 mit den Kraftkomponenten in Umfangs-
richtung die Momente
300 4 Turbomaschinen-Komponenten

M1 = FI 1u r1 = ṁ1 cu1 r1 und M2 = FI 2u r2 = ṁ2 cu2 r2 (4.1-11)


sowie daraus das resultierende Drehmoment der Verdichterstufe
MCSt = M2 − M1 = ṁ2 cu2 r2 − ṁ1 cu1 r1 . (4.1-12)
Das Produkt aus Drehmoment M und Winkelgeschwindigkeit ω = u/ r stellt die von der
Rotorwelle an das Fluid übertragene Leistung dar
PC St = MC St ω = ṁ2 cu2 u2 − ṁ1 cu1 u1 . (4.1-13)
Bei konstantem Fluidstrom im Gitter ist ṁ1 = ṁ2 = ṁC. Damit ist die Leistung pro
Verdichterstufe C
PC St = ṁC (cu2 u2 − cu1 u1 ). (4.1-14)
Euler-Gleichung der Turbomaschinen   Die spezifische, auf den Durchsatz bezogene
Leistung bzw. die spezifische Arbeit wC der Verdichterstufe lautet
PC St
wC St =  ht C St = = cu2 u2 − cu1 u1 . (4.1-15)
ṁC
Diese Gleichung stellt die „Euler’sche“ Hauptgleichung der Turbomaschinen in bekann-
ter Form dar, wie sie bereits in Gl. (4.1-6) angeführt wurde [Eck61K, Tra00Ka, Cum89B,
Gri09B].
Die spezifische Leistung der Stufe ΔhtC St ist thermodynamisch gesehen gleich der
Totalenthalpiedifferenz zwischen Aus- und Eintritt der Stufe
ht C St = ht3 − ht1 .
Für die Geschwindigkeitsdreiecke c1 , w1 , u1und c2 , w2 , u2 wird mit den trigonometri-
schen Beziehungen des Cosinus-Satzes

(w2 = c2 + u2 − 2 cu cos α = c2 + u2 − 2 cu u
aus der Gl. (4.1-14) die zweite Form der Euler-Gleichung mit kinetischen Energien erhalten
 2
c2 − c21
  2
w2 − w21
  2
u2 − u21

wC St =  ht C St = + + . (4.1-16)
2 2 2
Wird der Fluidstrom in einem mit der Winkelgeschwindigkeit ω rotierenden Schaufel-
kanal, dem Relativsystem R, vom Radius r1 auf einen größeren Radius r2 bewegt, dann
verursacht das der Strömung im rotierenden Schaufelkanal aufgeprägte Zentrifugalkraft-
feld eine Erhöhung der spezifischen Energie des Fluidelementes dm zwischen Aus- und
Eintrittsebene entsprechend d Z = dm r ω2. Wegen dieser Zentrifugalkräfte erhöht sich
die spezifische Energie in einer Stufe um
 2
u2 − u21
� hZ = (r ω2 ) dr = 2 . (4.1-17)
1 2
4.1  Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen 301

Bei diagonal oder radial durchströmten Turboverdichtern mit u2 > u1 bewirkt das im
Rotor wirkende Zentrifugalkraftfeld den wesentlichen Anteil des Energieaustausches
zwischen Rotorschaufeln und Fluid. Radialverdichter-Stufen erreichen deshalb 3 bis 4
mal größere Druckverhältnisse als Axialverdichter-Stufen (Abschn. 4.2.5.3).
Die Erhöhung der kinetischen Energie im Rotor (Laufrad) entsprechend dem Anteil
der Absolutgeschwindigkeiten (c22 − c21 )/2 kann im anschließenden Stator-Diffusor
(Leitrad) in höheren statischen Druck umgesetzt werden.
Mit dem aus der Fluidmechanik bekannten Begriff der Zirkulation ist weiterhin
eine dritte Form der Euler’schen-Hauptgleichung möglich (s. a. Gl. (4.1-2)). Für das
Schaufelgitter in einem Ringkanal mit dem Umfang 2 π r, den Zirkulationsgrößen
Ŵ1 = cu1 2 π r1 und Ŵ2 = cu2 2 π r2 ergibt sich allgemein mit der Gitter-Zirkulation
ŴGitter = Ŵ2 − Ŵ1 = 2 π (cu2 r2 − cu1 r1 )
das resultierende Moment der Stufe


MC St = M2 − M1 = (Ŵ2 − Ŵ1 )

sowie schließlich analog zu Gl. (4.1-15) und (4.1-16) die spezifische Stufenleistung bzw.
Arbeit
PC St ω
wC St = = � ht C ,St = ŴGitter . (4.1-18)
ṁ 2π
Die Umsetzung der kinetischen Energie im Rotor-Diffusor gemäß (w21 − w22 )/2 führt
ebenfalls zu einer Steigerung des statischen Drucks.
Die Euler-Gleichung in den verschiedenen Formen nach Gl. (4.1-14) bis (4.1-17)
gilt prinzipiell für alle Fluidströmungsmaschinen [Eck61K, Tra00Ka, Sig91B, Boh04B,
Gri09B].
Bei turbinenartigen Strömungsmaschinen liegt eine Energieübertragung vom Fluid auf den
Rotor vor, die positiven Vorzeichen der Euler-Gleichung wechseln auf negative Vorzeichen.
Wie in der klassischen Fachliteratur und der internationalen Praxis bewährt und
üblich (Zitat nach Traupel [Tra00Ka]), „ist es bei Turbinen, den Expansionsmaschinen,
naheliegend, die abgegebene Arbeit positiv zu rechnen, wobei die Energiegleichung die
Form annimmt“
wT = ht, Eintritt − −ht, Austritt
Demnach lautet die Euler’sche Turbomaschinengleichung für die Stufe einer Turbine T

PT St
 ht T St = wT St = = cu1 u1 − cu2 u2 . (4.1-19)
ṁT
Bei gekühlten Turbinenstufen (Abschn. 4.3.7) ist die Turbomaschinen-Hauptgleichung
mit Beachtung der verschiedenen Fluidströme und ihrer Energien sinngemäß zu modifi-
zieren. Dabei muss der Kontrollraum zur Anwendung der Erhaltungssätze der Fluidme-
chanik besonders sorgfältig abgestimmt und definiert werden.
302 4 Turbomaschinen-Komponenten

4.1.3 Strömungsphänomene und Bewegungsgleichungen

Die reale Strömung in Turbomaschinen ist instationär, bei stationärem Betrieb zumin-
dest periodisch instationär durch vorauslaufende Schaufelreihen, weiterhin dreidimensi-
onal, kompressibel, reibungsbehaftet sowie mit turbulenten Grenzschicht-, Wirbel- und
Mischungsbereichen durchsetzt. Die Strömungsfelder umfassen häufig komplexe in einan-
der übergehende subsonische, transsonische und supersonische Gebiete mit ihren jeweiligen
Phänomenen (Abb. 4.1-5) [Eck61K, Cor63K, Tra00Ka, Cum89B, And90B, Sig91B, Gri09B].
Diese gasdynamischen Strömungserscheinungen stehen in Wechselwirkung mit
werkstoffabhängigen Festigkeits- und Schwingungsproblemen, wie sie in Abschn. 4.2.10
nochmals kurz erläutet werden.
Mit unterschiedlichen Rechenverfahren kann die hochkomplexe Turbomaschi-
nenströmung je nach Aufwand und Bedarf mit verschieden aufwendigen numerischen
Methoden teilweise ideal oder angenähert realistisch bestimmt werden. Grundsätzlich
werden dabei drei verschiedene Hauptberechnungsverfahren unterschieden, wobei zur
Orientierung über die mathematischen Verfahren und ihre Koordinatensysteme die
Darstellungen in Abb. 4.1-6, 4.1-7 zu beachten sind.
Bei der eindimensionalen Rechnung (1-D) gemäß der Stromfadentheorie werden
kongruente Stromlinien im Profilschnitt vorausgesetzt, d. h. unendlich viele Schaufeln
der Dicke „null“ erbringen die Umlenkung. Weiterhin werden kongruente Stromlinien
im Meridianschnitt angenommen, d. h. eine Mittelung über der Schaufelhöhe.
Bei den zweidimensionalen Verfahren (2-D) werden quasi-dreidimensionale Lösun-
gen angestrebt. Rein mathematisch kann ein dreidimensionales Problem durch zwei
gekoppelte zweidimensionale Problemstellungen beschrieben werden, wobei zwei soge-
nannte Stromflächen S1 und S2 jeweils eine zweidimensionale Betrachtung nach der
Methode von Wu [WuC52, Tra00Ka, Cum89B, Gri09B] zulassen (Abb. 4.1-6).
Es wird dabei eine Hub-to-Tip- oder S2-Fläche definiert, die sich von der Nabe bis
zum Gehäuse erstreckt und eine Blade-to-Blade oder Sl-Fläche, die zwischen zwei Schau-
feln liegt. Es wird dabei angenommen, dass die Strömung in Stromröhren unabhängig
von den benachbarten Strömungsbereichen ist, was aber ungeeignet ist für 3D-Effekte
wie Verdichtungsstoßflächen, Strömungsablösungen und Wirbel- und Eckenströ-
mungen. Für beide Flächen S1 und S2 gilt die Bedingung, dass sie in allen Punkten der
Schnittkanten vom Vektor der Relativströmung tangiert werden.
Bei den vollen dreidimensionalen Lösungsverfahren ist die realistische Betrachtung
der Strömungsverhältnisse erheblich komplizierter als sie in den 1D- und 2D-Methoden
vereinfacht angenommen wurden.
Neben den bekannten Schwierigkeiten bei Lösungsverfahren in der Fluidmechanik
zu reibungsbehafter, turbulenter und kompressibler Strömung soll hier betont auf zwei
Punkte der Turbomaschinenströmung hingewiesen werden.
Bei der vollen 3D-Strömung sind im Meridianschnitt alle Stromfäden von Nabe
bis Gehäuse unterschiedlich infolge der nicht-zylindrischen sondern verwundenen
4.1  Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen 303

Verdichtungsstoß
Stoß-Wirbel
Spaltwirbel Interaktion

Kanalwirbel
SS DS

t
hich SS DS
zsc Hinterkanten-
n
re wirbel
ilg
of
Na Pr
ch
la
uf
Strömungs-
ablösung Kanalwirbel
Ecke
Hufeisenwirbel
ω

Abb. 4.1-5  Stationäre und instationäre Strömungsphänomene in Turbomaschinen (schematisch)


am Beispiel einer transsonischen Verdichterstufe mit druck- und saugseitigen Bereichen an den
Profilen [Cum89B, Güm00, Hem09, Gri09B]

Stromfläche
Relativgeschwindigkeit w Stromfläche S2
tangiert Schnittkante S1
der Stromflächen

„blade to blade“ R „hub to tip“


Gitterstromfläche Meridianstromfläche

z z

Abb. 4.1-6  Definition von S1-Flächen (blade to blade) in Umfangsrichtung und S2-Flächen (hub
to tip) in Meridianrichtung [WuC52, Tra00Ka]
304 4 Turbomaschinen-Komponenten

Koordiantensystem Strömungsorientiertes
im Meridianschnitt Koordinatensystem
t t Stromlinie
s
m Meridianebene
Rt t s
n m
t r

ms
n
Meridianschnitt he
fläc
r S trom

r ω
s
Ac hse
Blick auf
Tangentialebene
n s-Richtung tangential
an die Stromlinie
Rn
u

Koordinatenrichtungen sind bei der Annahme rotaionssymmetrischer


Flutflächen wie folgt angelegt :
n – Richtung: Liegt senkrecht zur Strömungsrichtung in der durch die
Position des Masseteilchens festgelegten Tangentialebene
an die Flutfläche (Normalrichtung)
s – Richtung: Strömungsrichtung
t – Richtung: Normal zur Tangentialebene (Tangentialrichtung)
r – Richtung: Radiale Richtung
– Richtung: Umfangsrichtung
m – Richtung Meridianrichtung, festgelegt durch die Schnittgerade
von Meridian- und Tangentialebene

Abb. 4.1-7 Relativ-Koordinatensysteme mit Meridianschnitt-Koordinatensystem und strö-


mungsorientiertem t-s-n-Koordinatensystem

Schaufeln. Mit dem Radius ändern sich die Geometrie sowie die Teilung und die Ver-
windung und damit die Geschwindigkeitsverhältnisse. Im Gitterschnitt sind alle Strom-
fäden unterschiedlich infolge der unterschiedlichen Anströmung vom Vorgitter mit
Strömungsdellen und wegen des Druckgradienten von der Druck- und Saugseite.
Weiterhin ist bei angenommen stationärem Betrieb durch den gegenseitigen Einfluss
der Schaufelreihen untereinander mit ihrem jeweiligen Nachlauf die Strömung zumin-
dest periodisch instationär. Meistens wird jedoch bei den verschiedenen Rechenverfah-
ren die Strömung vereinfacht durch eine stationäre Beschreibung im Sinne zeitlicher
4.1  Gemeinsame Grundlagen zu Turbomaschinen 305

Mittelwerte behandelt. Damit können die Relativströmung in den Rotoren und die
Absolutströmung in den Statoren quasi-stationär betrachtet werden.
Bei der Aufstellung der gesamten Gleichungssysteme zur räumlichen Turbomaschinen-
strömung zur vollständigen Erfassung der 3-dimensionalen, stationären Strömung eines
zähen, kompressiblen Fluids sind mit der Definition verschiedener Koordinatensysteme
die Erhaltungssätze der Fluidmechanik zu erfüllen und spezielle Randbedingungen einzu-
halten. Häufig wird dabei das mitrotierende, strömungsorientierte n-s-t-Koordinatensys-
tem gewählt (Abb. 4.1-7).
Die abgeleiteten Gleichungen gelten für den allgemeinen Fall des rotierenden Gitters.
Der Übergang zum feststehenden Gitter ergibt sich sinngemäß mit den entsprechenden
Absolutgeschwindigkeiten.

Die Basis der Rechenverfahren bilden die Erhaltungssätze mit

• der Kontinuitätsgleichung, also der Massenbilanz an einem Volumenelement,


w2 u2
• der Energiegleichung mit ht rel = h + − = const und
2 2
• den Bewegungsgleichungen in 3 Richtungen

sowie die Zustandsgleichungen mit

• der thermischen Zustandsgleichung,


• der kalorischen Zustandsgleichung und
• dem empirischen Zähigkeitsgesetz.

Die Ableitung der allgemeinen Bewegungsgleichungen, der Navier-Stokes-Gleichun-


gen (NS-Gleichungen), ergibt für das x-y-z-Koordinatensystem in der in Abb. 4.1-8 auf-
gelisteten Form [And90B, Cum89B, Sig91B, Gri09B].
Bei Betrachtung der Relativbewegungen im Rotor wird auf ein mitbewegtes Koordi-
natensystem übergegangen. In diesem System setzt sich die Absolutgeschwindigkeit aus
der Relativ- und der sogenannten Führungsgeschwindigkeit zusammen. Die Absolutbe-
schleunigung besteht nach den Gesetzen der allgemeinen Mechanik aus drei Anteilen.
Dies sind die Relativbeschleunigung brel, die Führungsbeschleunigung bf = − bZ und die
Coriolisbeschleunigung bC.
Ausgehend von dem vorgestellten allgemeinen NS-Gleichungssystem können abhän-
gig von den jeweiligen Vereinfachungen und dem zweckmäßigen numerischen Auf-
wand verschiedene Lösungsverfahren je nach Aufgabenstellung angewandt werden. Dies
umfasst 1D-Rechenverfahren für Vorauslegungsstudien hin bis zu 3D-CFD-Methoden
mit Ansätzen zur näherungsweisen vollständigen Lösung der NS-Gleichungen. Darauf
wird in einigen anschließenden Abschnitten zur Auslegung und zum Betriebsverhalten
von Verdichtern und Turbinen fallweise auf den Zusammenhang mit den NS-Gleichun-
gen hingewiesen. Weitere Informationen sind der einschlägigen Fachliteratur zu entneh-
men [Eck61K, Tra00K, Cum89B, Sig91B, Gri09B].
306 4 Turbomaschinen-Komponenten

Masse • Beschleunigung = ∑ Kräfte Navier-Stokes-Gleichungen NS


dc
dm = ∑ Fi
dt
Substantielle Gesamt- Summe aller
beschleunigung äußeren Kräfte

 ∂c   dc ∂c 
dm  c grad c +  = dm  +  = ∑ Fp + ∑ FR + ∑ FF
 ∂t   dt ∂t 
konvekt. + lokale ∑ Drück- ∑Reibungs- ∑ Feld-
Beschleunigung kräfte kräfte kräfte
Mit den getroffenen Vereinfachungen für
stationäre ∂ c reibungsfreie keine
= 0
Strömung ∂t Strömung ∑ FR = 0 Feldkräfte ∑ FF = 0

ergibt sich im
 dc 
Absolutsystem dm   = ∑ Fp
 dt 
Absolutbeschl. b abs ∑ Druckkräfte
Trägheitkraft

Relativsystem dm ( b rel − bZ + b C) = Σ Fp

Relativ- Zentrifugal- Coriolis- ∑ Druckkr


beschleunigung. beschleunigung. beschleunigung.

Abb.  4.1-8 Bewegungsgleichungen (Navier-Stokes-Gleichungen, NS-Gleichungen) für mehrdi-


mensionale Strömungen realer Fluide [And90B, Cum89B, Sig91B, Gri09B]

4.2 Turboverdichter

4.2.1 Einleitung und Verdichterbauarten

In der Gruppe der Strömungsmaschinen gehört der Turboverdichter, wie in Abschn. 4.1


vorgestellt, zu den thermischen Turbomaschinen. Diese arbeiten nach dem kinetischen
Verfahren, bei dem Druckunterschiede entweder zur Geschwindigkeitserzeugung her-
angezogen werden oder durch Umwandlung von kinetischer Energie potentielle Energie
erzeugt wird. Die Strömungsvorgänge treten in ruhenden und bewegten Schaufelkanälen
auf. Die Turboverdichter werden auch als Arbeitsmaschinen bezeichnet, da zur Drucker-
zeugung Arbeit an das Fluid abgegeben wird. Bauweisen einiger Verdichtertypen sind in
den Abb. 4.2-1, 4.2-2, 4.2-3, 4.2-4 zu sehen.
Das Strömungsmedium bei Turboverdichtern ist Luft, ein gasförmiges, also kom-
pressibles Fluid, das tatsächlich verdichtet werden kann. Die Kreiselpumpen fördern als
4.2 Turboverdichter 307

Niederdruckverdichter mit Hochdruckverdichter mit


kleinem Nabenverhältnis großem Nabenverhältnis

Abb. 4.2-1  Axial-Turboverdichter-Rotoren mit Nieder- und Hochdruckverdichter LPC (3 Stu-


fen) und HPC (6 Stufen). Darstellung nach MTU Aero Engines

Radialverdichter mit halboffenem Diagonalverdichter


Laufrad und Verstell-Keildiffusor

Abb. 4.2-2 Radialverdichter (RWTH Aachen) und Diagonalverdichter, Darstellung nach Fa.


MTU Aero Engines

Kombinationsverdichter mit
3 Axial - und 1 Radialstufe

Abb. 4.2-3  Axial-Radial-Kombinationsverdichter mit 3 Axial- und 1 Radialstufe. Darstellung nach


MTU Aero Engines
308 4 Turbomaschinen-Komponenten

Fan:
Booster
wide-cord
swept fan blades Hochdruck-
verdichter

Turbofan-Triebwerk
GP 7200
Startschub 311 kN
OPR 43,9 BPR 8,7

Abb. 4.2-4  Fan-LP-Verdichter F und Booster-LP-Verdichter LPC sowie HP-Verdichter HPC des


Turbofan-Triebwerks GP 7200 mit hohem Bypassverhältnis (GE-P&W-MTU-SNECMA). Schub-
bereich 310 bis 380 kN, Gesamtdruckverhältnis OPR = 43,9, Bypassverhältnis BPR = 8,7. Darstel-
lung nach MTU Aero Engines

Turbomaschinen demgegenüber inkompressible Fluide, die ihre Dichten beim Durch-


strömen der Maschinen nicht ändern. Da die Dichten am Ein- und Austritt eines Turbo-
verdichters sehr verschieden sein können, werden damit die Dimensionierung und der
Aufbau von Verdichtern deutlich beeinflusst.
Soll über den Grad der Verdichtung eine Aussage gemacht werden, dann führt dies
im Sinne wachsender spezifischer Leistung PC/ṁ vom Ventilator über das Gebläse zum
mehrstufigen Verdichter bzw. Kompressor C. Auch bei vielstufigen Verdichtern treten
nicht nur Dichteerhöhungen beim Durchströmen der Maschine auf, sondern es können
auch lokal Expansionen vorkommen. Dies ist besonders bei den Kopfstufen bzw. Erst-
stufen stark durchsatzbelasteter Axialverdichter der Fall.
Je nach der Hauptströmungsrichtung wird nach den Bauarten und Schaltungen
unterschieden zwischen Axial-, Diagonal- und Radial-Turboverdichtern. Im ersten Fall
ist die Hauptströmungsrichtung parallel zu Drehachse, im letzteren Fall erfolgt sie in
einer Ebene normal zur Drehachse und beim Diagonalverdichter liegt die Strömungs-
richtung zwischen den beiden genannten Fällen.

4.2.2 Verdichterstufe im Mittelschnitt, Verluste und Kenngrößen

Die reale, sehr komplexe dreidimensionale Verdichterströmung ist lokal im Wesentli-


chen instationär, kompressibel sowie reibungs- und wirbelbehaftet. Zudem treten an den
4.2 Turboverdichter 309

Gehäusewänden und in den Schaufelgittern Wärmeübergänge in verschiedener Art auf.


Für eine genaue Beschreibung der Strömungsphänomene müssten die zahlreichen flu-
iddynamischen Parameter wie zum Beispiel thermodynamische Größen und Geschwin-
digkeiten als Funktion von Ort und Zeit, also vierdimensional mit Hilfe entsprechender
Rechenmodelle erfasst werden. Die Navier-Stokes-Gleichungen der Fluiddynamik NS
(Abb. 4.1-8) stellt dazu ein grundlegendes Gleichungssystem zur Erfassung auch zahlrei-
cher detaillierter Strömungsphänomene dar (Abschn. 4.2.5). Bei Vorauslegungen zum
Beispiel im Verdichter-Mittelschnitt und bei Mehrschnittsbetrachtungen gegebenen-
falls verbunden mit Parameterstudien und Optimierungen, können damit über teilweise
erhebliche Vereinfachungen zweckmäßige, praxisorientierte Lösungen zu den gestellten
Teilaufgaben gefunden werden.
In Abschn. 2.1 und 4.1 wurde auf einige fluiddynamische Grundlagen der thermi-
schen Turbomaschinen eingegangen und in Abschn. 4.2.5 und 4.2.9 wird ein einfüh-
render Überblick zu dreidimensionalen Rechenverfahren sowie zur Anwendung der
CFD-Technik bei der Erfassung und Analyse komplexer Strömungsvorgänge gegeben.
Dabei sind auch aeromechanische Vorgänge wichtig, wie dies in Abschn. 4.2.10 erläutert
wird. Ausgangsbasis aller Darstellungen sind die Erhaltungssätze der Fluidmechanik für
kompressible Medien.
Zur Energieumsetzung in einer Strömungsmaschinenstufe wurde in Abschn. 4.1.2
ausgehend vom Impuls- bzw. Impulsmomentensatz bereits die Turbomaschinen-Haupt-
gleichung (Euler-Gleichung) für eine typische Stufe abgeleitet (Gl. (4.1-6), (4.1-15) und
(4.1-16)). Darauf aufbauend wird im folgenden Abschnitt beispielhaft die Mittelschnitts-
betrachtung einer axialen Verdichterstufe behandelt (Abb. 4.2-5, 4.2-6).

4.2.2.1 Energieumsetzung in einer Verdichterstufe


Zu Beginn dieses Abschnitts soll am Beispiel des Verdichters C einleitend zur üblichen
Mittelschnittsrechnung mit Hilfe des Energiesatzes die Turbomaschinen-Hauptglei-
chung nochmals im Vergleich zu Abschn. 4.1.2 aus anderer, hier energetischer Sicht,
im h-s-Diagramm betrachtet werden. Nach Abb. 2.1-5 bzw. Abb. 4.2-6 wird zwischen
zwei Gitterebenen eine adiabate Stromröhre mit einer stationären, isoenergeten und
kompressiblen Kontinuumströmung angenommen. Es gilt nach der Energiegleichung
Gl. (2.1-3a) mit den Enthalpien und den Geschwindigkeiten im Absolut-Koordina-
tensystem zum Beispiel für das feststehende Stator- bzw. Leitradgitter mit Ebene 2 und
Ebene 3

c22 c2
ht 2 = h2 + = h3 + 3 = ht 3 . (4.2-1)
2 2
Im Relativsystem des Rotors R kann für das adiabate Laufrad einer reinen axialen Stufe
mit u1 = u2 wie oben für das Statorgitter angesetzt werden

w22 w2
ht2 R = h2 + = h1 + 1 = ht1 R . (4.2-2)
2 2
310 4 Turbomaschinen-Komponenten

1 2 3

c3

c1
Dm1 Dm3
Dm2

Schaufelpläne Geschwindigkeitsdreiecke
w1 c1
u1 Eintritt Austritt
1
1

Rotor R (Laufrad) w1 c2 cax2


cax1 w2 c3
w2 c2 β2 α2
u2 22 α1
β1 c 1 u1
u2
Stator S (Leitrad) cu1
wu2
cu2
3 wu1
c3

Abb. 4.2-5  Axial-Verdichterstufe mit Rotor R (Laufrad La) und Stator S (Leitrad Le) im Meridi-
anschnitt sowie Schaufelplan und Geschwindigkeitsdreiecke (c1 , w
 1 , u 1 ), (c2 , w
 2 , u 2 )

Bei der Bewegung eines Massenelementes im rotierenden Rotorkanal (Relativgeschwin-


digkeit w) mit der Winkelgeschwindigkeit ω treten im Vergleich zum Absolutsystem
die Zentrifugalbeschleunigung b�Z = �r ω2 und zusätzlich die Coriolis-Beschleunigung
b�C = 2 [w � als Feldkräfte auf (Abb. 4.1-8). Die Bewegung des Massenelementes dm
� × ω]
längs des Stromlinienelementes ds erfordert die Arbeit

dwZ = bZ dr = r ω2 dr

und zwischen Position 1 und 2


 r2 r22 − r21 u2 − u21
 hZ = ω 2
r dr = ω2 = 2 (4.2-3)
r1 2 2

Auf die Berücksichtigung der Corioliskraft wird in Abschn. 4.2.5.3 (Strömung im Radial-


verdichter) nochmals detaillierter eingegangen. Die Arbeit dieser Kraft längs des Wegele-
mentes ds entfällt, da hier für den Axialverdichter mit u1 = u2 das Vektorprodukt zweier
rechtwinklig zueinander stehender Vektoren Null ist.
Die gesamte spezifische Energie der Strömung im Rotor (Laufrad) bzw. Relativsystem
R ist damit

w22 u2 − u21 w2 u2 − u21 (4.2-4)


ht2R = h2 + = ht1R + 2 = h1 + 1 + 2 .
2 2 2 2
4.2 Turboverdichter 311

Axial-Verdichterstufe 1→ 2 → 3

Rotor R 1 → 2 Stator S 2 → 3

u 22 − u12
u2 > u 1 ∆ hZ = ht2
2t 3t pt3
2 ht3

c 32
2 p 2tR pt2R 2
ht2Ris tRis t2Ris ht2R c 22
∆h Z pt1R 2 T3 p 3
h3
ht1R 3
w 22
2

w 12 p2
T2 2 2 p2
2 h2 T2 h2
2
h2is
hr

h h1 p1 h
T1
h1

s s

Stufenverband: Rotor+Stator 1 → 2 →3

pt3is ht2 2t 3t pt3 h


t3
w1 c1
u1 c 22 c 32
(1) ht3is 2
2
pt2Ris 2 pt2R
u2 > u1 ht2Ris tR
ht2R
∆h Z pt1R T3 p3
w2 (2) h
ht1R 3 3
c2 w 22 ∆h tC= wC
∆h tCis= wCis
u2 2
w 12
(3) 2
c3 p2
T2 2
h2
h2is
Euler‘scheTurbomaschinengleichung ht1 ht1
pt1
hr
PC c12
= w C = (u2 c u2 − u1 c u1 ) p1
m h1 2 T1
h1
h p1
w C = ∆ h t C = (h t 3 − h t1 )
s
c 22 − c12 w 12 − w 22 u22 − u12 c 22 − c12 w 12 − w 22
wC = + + = + + ∆ hZ
2 2 2 2 2

Abb. 4.2-6  Verdichterstufe dargestellt im h-s-Diagramm für Rotor R (Laufrad) mit u2 > u1 und
Stator S (Leitrad) sowie für den gesamten Stufenverband Rotor-Stator
312 4 Turbomaschinen-Komponenten

Mit den Energien bzw. Enthalpien im Absolutsystem nach Gl. (4.2-1) und im Relativsys-
tem nach Gl. (4.1-10) folgt zusammengefasst für die spezifische Stufenarbeit wC St oder für
die spezifische Energiezufuhr von der Verdichterstufe an das Fluid folgende Beziehung
PC St
= wC St = ht 3 − ht 1 = �htC St
ṁC
(4.2-5)
1
= (c22 − c21 + w21 − w22 + u22 − u21 ).
2
Diese Gleichung kann mit den trigonometrischen Beziehungen der Geschwindigkeits-
dreiecke in die Euler-Gleichung nach Gl. (4.1-15) übergeführt werden.

4.2.2.2 Mittelschnittsbetrachtung der Verdichterstufe


Bei einer Mittelschnittsrechnung von Turbomaschinen wird die Strömung der Stufe ein-
dimensional entsprechend der „Stromfadentheorie“ für einen repräsentativen mittleren
Kanalquerschnitt behandelt. Dieses relativ einfache Verfahren gibt bei der Vorauslegung
für die Energieumsetzung in einer Strömungsmaschine bereits einen guten Überblick
und liefert zum Beispiel bei Optimierungen von Verdichtern grundlegende Ergeb-
nisse. Der numerische Aufwand ist im Vergleich zu anderen, in Abschn. 4.2.5 und 4.2.9
erwähnten 2- und 3-D-NS- Rechenverfahren relativ gering.
Die Strömung wird bei der Mittelschnittsrechnung einmal im Meridianschnitt, der
sogenannten S1-Fläche (Abb. 4.1-6), über der Schaufelhöhe radial gemittelt betrachtet,
zum anderen eindimensional in einer Gitterebene, der S2-Fläche. Die Mittelwertbildung
der gasdynamischen Größen kann, über eine Flächenmittelung des Ringkanals oder über
eine Massenstrommittelung arithmetisch erfolgen.

Weitere vereinfachende Annahmen zur Mittelschnittsrechnung sind:

• Adiabate Strömung, d. h. es findet kein Wärmetausch zwischen Fluid und Material statt.
• Konstanter Durchsatz ṁ1 = ṁ2 = ṁ3 = ṁC.
• Die Geschwindigkeiten bestehen nur aus Axial- und Umfangskomponenten.
• Strömungs- und Zustandsgrößen werden nur in den Ebenen zwischen den Schaufelgit-
tern betrachtet, das heißt, es wird die sogenannte „Duct-Flow“-Methode (Abschn. 4.1.2)
angewandt.

Der Aufbau und die Arbeitsweise der Axial-Verdichterstufe mit den wichtigsten Kenn-
zeichnungen sind in Abb. 4.2-5 und 4.2-6 schematisch gezeigt.
Bei einer mittleren Stufe eines ein- oder mehrstufigen Turboverdichters bestehend
aus Rotor R (Laufrad) und Stator S (Leitrad) sind beide Gitterkanäle als diffusorähnliche
Strömungskanäle ausgelegt, in denen eine Verzögerung der Strömung und somit eine
Erhöhung des statischen Druckes in der Strömung erfolgt. Die Geschwindigkeitsdreiecke
am Rotor-Eintritt und -Austritt ergeben sich aus der vektoriellen Addition

�c1 = u� 1 + w
� 1 und �c2 = u� 2 + w
� 2.
4.2 Turboverdichter 313

Hierbei sind die Komponenten der Geschwindigkeiten in Umfangsrichtung cu1 und cu2
nach Gl. (4.1-8) besonders für die Turbomaschinen-Hauptgleichung von Bedeutung. Die
Komponenten in axialer Richtung sind für die Durchsätze und die Gestaltung des Ring-
raumes wesentlich.
Das Fluid strömt dem Gitter mit der Absolutgeschwindigkeit c1 und der spezifischen
Enthalpie h1 zu, woraus sich folgende Totalenthalpie vor dem Rotor-Eintritt ergibt

c21
ht 1 = h1 + . (4.2-6)
2
Hierbei ist zu beachten, dass die statischen Zustandsgrößen p und T in der Strömung
beim Übergang der Strömung vom Absolutsystem zum Relativsystem unverändert blei-
ben, sodass im Relativsystem bzw. Rotor R folgende Totalenthalpie vorliegt

w21
ht1 R = h1 + . (4.2-7)
2
Wenn die Strömung radial vom Radius r1 auf den Radius r2 > r1 geleitet wird und damit
die Umfangsgeschwindigkeit von u1 auf u2 > u1 ansteigt, muss das der Relativströmung
aufgeprägte Zentrifugal-Kraftfeld mit �hZ = (u22 − u21 )/2 nach Gl. (4.1-3) zur Bestim-
mung der Gesamtenergie am Rotor-Austritt berücksichtigt werden

w22 u2 − u21
ht2 R = h2 + = ht1 R + 2 . (4.2-8)
2 2
Im Absolutsystem ergibt sich am Rotor-Austritt bei adiabat angenommener Schaufelka-
nalströmung für die über den Stator konstant bleibende spezifische Totalenthalpie

c22 c2
ht2 = h2 + = ht3 + 3 . (4.2-9)
2 2
Auch das Stator-Gitter arbeitet in der Regel fluiddynamisch als Diffusor, um die kineti-
sche Energie in eine Steigerung des statischen Druckes von p2 auf p3 umzusetzen. Weiter-
hin wird im Stator die drallbehaftete Abströmung des Rotors (�c2 = �cax2 + �cu2 ) möglichst
wieder in koaxialer Richtung auf c3 umgeleitet und verzögert (c3 < c2 ). Es ist zweckmäßig,
die Umlenkung und die Verzögerung des Fluids derart vorzunehmen, dass die Zu- und die
Abströmung einer Stufe etwa gleiche Geschwindigkeitsvektoren haben. Die Auslegung der
einzelnen Stufen eines mehrstufigen Verdichters kann damit in gleichartiger Bauweise aus-
geführt werden. Weiterhin kann vor dem Rotor der ersten Stufe eines Verdichters ein Vor-
leitrad nützlich sein, das auch verstellbar ausgeführt werden kann.

4.2.2.3 Wirkungsgrade der Verdichterstufe


Die Definition von Wirkungsgraden für Verdichterstufen kann in verschiedener Form
auf der Basis von üblichen Strömungswirkungsgraden vorgenommen werden. Die Güte
der Energieübertragung von der Antriebswelle auf das Fluid wird hier analog der allge-
meinen Wirkungsgraddefinition (Abschn. 2.1.2 und 2.3.3) sinngemäß auf eine Verdich-
terstufe übertragen.
314 4 Turbomaschinen-Komponenten

Der isentrope Stufen-Wirkungsgrad lautet damit


ht C is ht3 is − ht1
ηC is = = . (4.2-10)
ht C ht3 − ht1
Die spezifische, isentrope Stufenleistung ht Cis ist nach den thermodynamischen
Grundlagenbeziehungen für Verdichtung
  κ−1 
κ pt3 κ
ht C is = R Tt1 −1 ,
κ−1 pt1

wobei der Isentropenexponent κ einen mittleren Wert zwischen Anfangs- und Endzu-
stand der Verdichtung darstellt.
Der polytrope Stufen-Wirkungsgrad ist nach Gl. (2.1-1b)
R ln(pt3 /pt1 )
ηC pol = . (4.2-11)
cp ln(Tt3 /Tt1 )
Um Missverständnisse bei den zahlreich möglichen Wirkungsgraddefinitionen zu ver-
meiden, ist es zweckmäßig, möglichst Totalzustandsgrößen heranzuziehen.
Für Rotor- und Stator-Gitter werden mit den statischen Größen für eine Diffusorströ-
mung in Anlehnung allgemein an strömungsmechanische Wirkungsgrade folgende Defi-
nitionen angesetzt:
Rotor-(Laufrad)-Wirkungsgrad
h2 is − h1
ηCR = ,
h2 − h1 (4.2-12)
Stator-(Leitrad)-Wirkungsgrad
h3 is − h2
ηCS = . (4.2-13)
h3 − h2
Eine weitere Definition von Gitterkanal-Wirkungsgraden ist üblicher Weise mit den
Geschwindigkeiten bzw. den kinetischen Energien an die Definition von Verlustkoeffizi-
enten in Strömungskanälen angelehnt
Es ergeben sich damit folgende Wirkungsgrade der Beschaufelung:
w22 /2
Rotor (Laufrad) η′C R = (4.2-14)
w22 is /2

c23 /2
Stator(Leitrad) η′C S = : (4.2-15)
c23 is /2
Damit sind auch die Verlustkoeffizienten ζ für die Gitterströmung festgelegt. Es gilt fol-
gender Zusammenhang
η′C = 1 − ζ. (4.2-16)
4.2 Turboverdichter 315

Verdichterstufe transsonisch Verluste:


Profil Rand
Rotor R Stoß Spalt

M1M=1.3
= 1,3

M1M=1.0
= 1,0

M1M=0.8
= 0,8

Rotor
Rotor Stator

Verlusterfassung an
flächengleichen Schnitten

Abb. 4.2-7  Strömungsverlustanteile im Rotor-Laufrad einer Transsonik-Verdichterstufe über der


Schaufelhöhe bei Auslegungsdrehzahl und maximalem Wirkungsgrad

4.2.2.4 Verluste am Verdichtergitter
Der Gesamtverlust einer Gitterströmung setzt sich aus den Profilverlusten ζP und einem Rest-
verlust zusammen, der allerdings bei Hochdruckverdichtern sehr groß sein kann (Abb. 4.2-7).
Dieser wird durch Reibungsvorgänge an den Wänden sowie eine durch die Sekundärwirbel
bzw. Sekundärverluste entstehende Energiedissipation verursacht (Abb. 4.1-5).
Die Profilverluste ζP bestehen aus einem Basiswert ζPO und aus Korrekturfaktoren für
Mach-Zahl- und Reynolds-Zahl-Einflüsse χM und χRe sowie einem Anteil für Zusatzver-
luste bei endlicher Schaufelhinterkante χδ und für Carnot’sche Stoßverluste ζc
ζP = ζPO χM χRe χδ ζc . (4.2-17)
Weitere Hinweise zu Verlusten im Teillast-Betriebsverhalten von Verdichtern werden
in Abschn. 4.2.4 und 4.2.9 gegeben oder sind der Fachliteratur zu entnehmen[Cum89B,
Tra00Ka, Gri09B].
Eine in der Praxis bewährte Form der Erfassung von Verlusten stellt der Gitterver-
lustbeiwert ω dar. Dieser Beiwert wird mit dem Totaldruckverlust pt Gitter bezogen auf
den sogenannten „dynamischen Druck“ am Gitter-Eintritt ptE − pE definiert. Für einen
Schaufel-Gitterkanal mit Eintrittsebene E und Austrittsebene A gilt
pt E ideal − pt A p − pt A
ωGitter = = t E is . (4.2-18)
pt E − pE pt E − pE

Bei einer Verdichterstufe (Abb. 4.2-6) mit nicht rein koaxialer Durchströmung (u2 � = u1 )
ergeben sich damit unter Beachtung der von den Zentrifugalkräften abhängigen spezi-
fischen Energie �hZ = (u22 − u21 )/2 die Totaldruckverluste mit folgenden Beziehungen:
Verlustbeiwert Rotor (Laufrad)
pt 2 R is − pt 2 R
ωR = . (4.2-19)
pt 1 R − p1
316 4 Turbomaschinen-Komponenten

Verlustbeiwert Stator (Leitrad)


pt2 − pt3
ωS = . (4.2-20)
pt2 − p2

Diese Beiwerte werden für typische Verdichtergitter zumindest durch Prüfstandsmes-


sungen abgesichert. Der gesamte Verlustbeiwert eines Gitters setzt sich aus einer Summe
von Verlustanteilen ωi zusammen, die einzeln über halbempirische Verlustmodelle
erfasst werden können

ωges = ωPink + ωP komp + ωStoß + ωWand + ωsec + ωSpalt (4.2-21)

ωPink inkompressible Profilverluste,


ωP kompr kompressible Profilverluste,
ωStoß Verluste durch Verdichtungsstöße,
ωWand Seitenwand Reibungsverluste,
ωsec Sekundärverluste,
ωSpalt Spaltverluste.
Außer bei den Stoßverlusten werden diese Verlustkorrelationen auf eine Referenz-Rey-
noldszahl bezogen, bei der die jeweiligen Experimente durchgeführt wurden [Cum89B,
Tra00Ka, Gri09B].

4.2.2.5 Dimensionierung der Verdichterstufe


Zur Dimensionierung der Verdichterstufe in den einzelnen ringförmigen Durchströme-
benen A1 , A2 und A3 wird die Kontinuitätsgleichung Gl. (2.1-1a) herangezogen.
Der geometrische Ringkanalquerschnitt
π 2
Aax = (D − D2i ) = π Dm l
4 a
ergibt sich mit den jeweiligen Geschwindigkeiten wie folgt

V̇ ṁ R T
Aax = = . (4.2-22)
cax p cax

Die Gitterkanalströmung kann näherungsweise in eine freie, nahezu reibungslose Strö-


mung und in eine wandnahe, grenzschichtähnliche, stark verlustbehaftete Strömung
unterteilt werden. Für die Durchsatzbestimmung ist deshalb die Einführung von soge-
nannten Strömungsverdrängungsmodellen sinnvoll. Dabei wird zum Beispiel ein Ein-
schnürfaktor oder „Blockage“-Faktor für den Naben- und den Gehäusebereich definiert
[Cum89B, Gri09B]
AN
BlN = (4.2-23)
Ageom
4.2 Turboverdichter 317

AG
BlG = . (4.2-24)
Ageom
Die Flächenänderungen ΔA sind dabei die aus den Verdrängungsdicken resultierenden
Querschnittsverkleinerungen an Nabe N und Gehäuse G, bezogen auf die geometrischen
Ringraumflächen. Für die konstruktive Auslegung des Verdichters sind die geometri-
schen Flächen maßgebend, für die gasdynamische Berechnung die mit dem Blockage-
Faktor korrigierten Flächen.
Für mehrstufige Verdichter sind bei einer Mittelschnittsrechnung sinngemäß die
Hinweise zur Auslegung der Einzelstufen zu übernehmen. Es ist dabei zu beachten, dass
die Abströmgeschwindigkeit c3 einer Stufe näherungsweise gleich der Zuströmungsge-
schwindigkeit c1 der folgenden Stufe ist.

Totaldruckverhältnis der Verdichterstufe Das Totaldruckverhältnis eines gesam-


ten n-stufigen Verdichters ergibt sich aus dem Produkt der Totaldruckverhältnisse der
Einzelstufen
�C ges = �C St 1 �C St 2 . . . . . . .�C St n . (4.2-25)
Die spezifische Leistung des gesamten Verdichters resultiert aus der Summe der
Stufenarbeiten
PC ges
= wC ges = �hC ges = �ht C St1 + �htC St2 . . . . . . . + �htC Stn . (4.2-26)
ṁC
Falls der Durchsatz in den einzelnen Stufen sich ändert, ist dies bei den Arbeiten der Ein-
zelstufen zu berücksichtigen.

4.2.3 Kenngrößen von Verdichterstufen und Kennlinien

Im Verlauf der Entwicklungsgeschichte von Strömungsmaschinen wurden abhängig


vom jeweiligen Stand des Wissens und der Aufgabenstellungen zahlreiche Kenngrö-
ßen verwendet, die auch einen interessanten Spiegel der Technikgeschichte der Strö-
mungsmaschinen darstellen. Dies betrifft in besonderem Maße die Turbomaschinen wie
Pumpen, Verdichter und Turbinen. So ist es häufig auch schwierig, den Ursprung der
Definitionen und den vertieften Sinn einzelner Kenngrößen rückwirkend noch genau zu
erfahren. Als Beispiel sei hier bei der technischen Energieumwandlung die im Sprach-
gebrauch übliche allerdings dimensionsfalsche Bezeichnung „Kraftmaschine“ erwähnt.
Eine „Kraftmaschine wie z. B. eine Turbine liefert nicht Kräfte, sondern „Arbeit“ bzw.
mechanische Energie gleich „Kraft mal Weg“ [Kal89B, Tra00Ka, Sig91B u. a].
Beim Vergleich verschiedener Auslegungen sowie bei der Analyse von Turboma-
schinen ist die Verwendung bewährter Kennzahlen sehr zweckmäßig, die den allge-
meinen Gesetzmäßigkeiten der Ähnlichkeitsmechanik, der Thermodynamik und der
318 4 Turbomaschinen-Komponenten

Strömungsmechanik entsprechen (Abschn. 2.4). Besonders hilfsreich erweisen sich


Kenngrößen bei der Erfassung und Darstellung von Komponenten-Kennfeldern und
bei der numerischen Bestimmung des stationären und instationären Leistungs- und
Betriebsverhaltens komplexer Gasturbinenanlagen und Flugantrieben.

4.2.3.1 Reaktionsgrad r
Der Reaktionsgrad r, dessen Entwicklung historisch im Rahmen allgemein der Strö-
mungsmaschinentechnik besonders interessant ist [Eck61K, Kal89B, Sig91B, Tra00Ka,
Gri09B], charakterisiert die prinzipielle Auslegung der normalerweise aus zwei Schaufel-
gittern bestehenden Turbomaschinenstufe. Diese Kenngröße beschreibt die Aufteilung
der Umsetzung von Strömungsenergie im Rotor und im Stator einer Stufe.
Bei schwach belasteten Turboverdichtern mit kleinem Mach-Zahl-Niveau und gerin-
gen Druckänderungen wird häufig nur eine inkompressible Betrachtungsweise der Strö-
mung angesetzt. Der Reaktionsgrad r der Stufe wurde deshalb ursprünglich allgemein
mit dem Verhältnis der statischen Druckerhöhung im Rotor zur Totaldruckerhöhung
der gesamten Stufe definiert. Es ist dabei zweckmäßig hier die Stufen-Druckerhöhung
mit Totaldrücken anzugeben.
Der Reaktionsgrad bei inkompressibler Betrachtung der Strömung in einer Verdich-
terstufe lautet
statische Drucker höhung im Rotor p − p1
rink = = 2 . (4.2-27)
Totaldrucker höhung der Stufe pt3 − pt1
Zur Einordnung des Stufentyps ist es jedoch bei hochbelasteten Turboverdichtern zum bes-
seren Verständnis der Energieumsetzung einer Stufe angebracht, die Enthalpiedifferenzen
einer Stufe zu verwenden. Üblicherweise wird deshalb folgender Reaktionsgrad definiert
statische Enthalpiedifferenz isentrop im Rotor
r=
Totalenthalpiedifferenz isentrop der Stufe
. (4.2-28)
hr h2 is − h1
= =
ht C is ht3 is − ht1
Bei dieser Formulierung wurde zur Definition des Reaktionsgrades der isentrope Vergleichs-
prozess herangezogen. Anstelle der isentropen können auch die realen Enthalpiedifferenzen
verwendet werden, sodass sich damit der sogenannte kinematische Reaktionsgrad ergibt
h21 h2 − h1
rh = = .
h23 + h21 h3 − h1
Der kinematische Reaktionsgrad mit kinetischen Energien lautet
(w21 − w22 ) + (u22 − u21 )
rh = . (4.2-29)
(c22 − c23 ) + (w21 − w22 ) + (u22 − u21 )
Liegt ein rein koaxial durchströmter Verdichter vor mit u1 = u2 und wird der Sonder-
fall mit konstanter Axialgeschwindigkeit cax 1 = cax 2 betrachtet sowie inkompressible
4.2 Turboverdichter 319

Strömung mit konstanter Fluiddichte ρ vorausgesetzt, dann ergibt sich mit der vektoriell
mittleren Relativgeschwindigkeit w∞ der vereinfachte kinematische Reaktionsgrad
w∞ u
rh = . (4.2-30)
u
Dieser kinematische Reaktionsgrad wird bei Vorauslegungen in Verdichtern, die nicht
den genannten Vereinfachungen genügen, in folgender Form verwendet
w∞ u
rh = . (4.2-31)
(u1 + u2 )/2

Für eine aerodynamische Verdichterauslegung kann der Reaktionsgrad ebenso wie die
Stufen-Enthalpieerhöhung vorgegeben werden, sodass mit rh und der Euler-Gleichung
Gl. (4.1-9) bzw. (4.2-5) die Geschwindigkeitskomponenten an Rotor-Eintritt und -Aus-
tritt berechnet werden können. Hierzu wird zunächst die Gl. (4.2-31) mit den Geschwin-
digkeitskomponenten cu1 und cu2 umgeformt
cu1 + cu2
rh = 1 − . (4.2-32)
u1 + u2
Mit der Euler-Gleichung ergibt sich nun für die Drall-Komponenten
�ht C St
cu1 = u2 (1 − rh ) − , (4.2-33)
u1 + u2

�ht C St
cu2 = u1 (1 − rh ) − . (4.2-34)
u1 + u2
Typische Beispiele zu Verdichterauslegungen mit verschiedenen Reaktionsgraden werden
in Abb. 4.2-8 vorgestellt. Die Zahlenwerte üblicher Stufen liegen bei r ≈ 0,6 bis 0,9. Für
vergleichbare Bauweisen und bei gleichen Umfangsgeschwindigkeiten haben die Verdich-
ter mit höheren Mittelschnitts-Reaktionsgraden auch größere Stufen-Druckverhältnisse.
Bei kleineren Reaktionsgraden und damit ausgeglichener Aufteilung der Druckumsetzung
in Rotor und Stator können gute Wirkungsgrade bei höheren Umfangsgeschwindigkeiten
erzielt werden. Weiterhin beeinflusst die Wahl des mittleren Reaktionsgrades mit der dar-
aus resultierenden Bauweise auch die Stabilität der Strömung, was beim Betrieb in verschie-
denen Lastbereichen auch in Verbindung mit dem Achsschub von Bedeutung sein kann.

4.2.3.2 Kinematische Ähnlichkeitskenngrößen
Bei thermischen Turbomaschinen wie Verdichter und Turbinen sind zur Charakte-
risierung der Bauweise und des Betriebsverhaltens der Durchsatz ṁ bzw. der Mas-

senstromparameter ṁ R Tt /pt, das Druckverhältnis , die Energieumsetzung
entsprechend den Totalenthalpiedifferenzen  ht bzw. Δht/Tt und der Drehzahl n

bzw. n/ R Tt von Bedeutung. Diese Größen stellen Hauptparameter für das Betriebs-
verhalten der Maschine dar und werden neben den Wirkungsgraden zum Beispiel zur
Kennfelddarstellung herangezogen. Da diese Parameter besonders von der Drehzahl n
320 4 Turbomaschinen-Komponenten

Axialverdichter-Stufen und Reaktionsgrad r

u u
r = 0,5

r=0 r = 0,85
w1 c2
c1
w2
u1 u2
c2
w1
w1 c2
c1 =c 3
w2 w2 c1

u1 u2 u1 u2

Abb. 4.2-8 Axialverdichter-Stufen verschiedener Reaktionsgrade r mit den entsprechenden


Geschwindigkeitsdreiecken

bzw. Umfangsgeschwindigkeit u des Rotors abhängen, wurden im Sinne der kinemati-


schen Ähnlichkeit dimensionslose Kenngrößen definiert. Sie erlauben einmal eine gute
Übertragbarkeit der Messergebnisse von Modellversuchen auf die Großausführung der
Maschine und zum anderen sind diese Größen sehr hilfreich bei der Vorauslegung von
neuen Anlagen. Hier ist zum Beispiel. die Übertragbarkeit von ähnlichen Komponenten-
Kennfeldern von Bedeutung (Abschn. 4.2.6).

Durchsatzzahl oder Lieferzahl. Diese Kennzahl charakterisiert den Volumenstrom bzw.


Massenstrom einer Strömungsmaschinenstufe. Dieser Massenstrom ist proportional
zur mittleren axialen Strömungsgeschwindigkeit, sodass damit die auf die Umfangsge-
schwindigkeit bezogene Durchsatz- oder Lieferzahl lautet
cm
ϕ= . (4.2-35)
u
Bei Turboverdichterstufen wird meist anstelle der Meridiangeschwindigkeit cm die Axi-
alkomponente der Geschwindigkeit c2 und die Umfangsgeschwindigkeit u2 angesetzt.
Da der Durchsatz ṁ bzw. der Volumenstrom V̇ = cax A2 proportional zur mittleren
axialen Geschwindigkeit ist, hat sich auch folgende Definition mit Totalzustandsgrößen
und der Zustandsgleichung pt V̇t = ṁ R Tt bewährt

V̇t1 ṁ1 Tt1 R


ϕt1 = = . (4.2-36)
A1 u A1 pt1 u
4.2 Turboverdichter 321

Abb. 4.2-9  Bereiche der 2,5


Leistungsziffern Ψht und
Durchsatzziffern ϕ von Axial-
und Radialverdichterstufen 2,0
ψht
Radialverdichter
RC

Leistungsziffer
1,5

1,0
Axialverdichter
AC
0,5

0
0 0,5 1,0 1,5
Durchsatzziffer ϕ

Druckzahl. Diese Kenngröße spiegelt das Druckverhältnis und damit die Leistung einer
Stufe wieder. Sie lautet
hC is
ψis = (4.2-37)
u22 /2
oder mit der isentropen Totalenthalpiedifferenz der Stufe
ht C is
ψt is = . (4.2-38)
u22 /2
Die Druckzahl stellt also ein relatives Maß für das den isentropen Enthalpiedifferenzen
entsprechende statische Totaldruckverhältnis dar. Die spezifische, isentrope Leistung
nach Abschn. 2.1.2 ist dafür sinngemäß anzusetzen.

Leistungszahl. Mit der Leistungsziffer wird die spezifische Leistung der Verdichterstufe
charakterisiert
�hC
ψh = . (4.2-39)
u22 /2
Anstelle der statischen, effektiven Enthalpiedifferenzen wird diese Kennzahl häufig mit der
realen Totalenthalpiedifferenz gemäß der Euler-Gleichung definiert. Es ergibt sich damit
�ht C wC
ψht = 2 = 2 . (4.2-40)
u2 /2 u2 /2
Mit der hier definierten Leistungszahl ψh sowie der oben erwähnten Durchsatzzahl ϕ
lassen sich die Auslegungsbereiche von Verdichterstufen in verschiedener Bauweise
vom Axial- bis zum Radialverdichter vergleichend darstellen. Nach dem ψ − ϕ− Dia-
gramm in Abb. 4.2-9 ist deutlich zu erkennen, dass die dimensionslosen Leistungs- und
322 4 Turbomaschinen-Komponenten

Ψis ηis
Drosselzahl µ Ψis,A µ ηis, A
Druckverhältnis

1,0 1,0

hl nn
reehhzzaahl
Dr
D
Volumenstrom V 1,0 ϕis 1,0 ϕΦ
ΦisAP
ϕis,A ϕis,A

Abb. 4.2-10  Vereinfachte Kennfelddarstellung einer Verdichterstufe mit Druckverhältnis Π, Dreh-


zahl n, Drosselzahl μ, Volumenstrom V̇ bzw. Durchsatzzahl ϕ, Leistungszahl Ψ und Wirkungsgrad ηis

Durchsatzkennzahlen eine wichtige Hilfe bei der Vorauswahl und Bewertung von Ver-
dichtertypen für entsprechende Aufgaben bieten können.

Drosselzahl. Diese Kenngröße beschreibt den Betriebszustand eines Verdichters zum


Beispiel bei verschiedenen Drehzahlen und Drosselzuständen, das heißt bei geänderten
Betriebsbedingungen außerhalb des Auslegungsbereiches.
Damit kann die Betriebslinie in einem Verdichterkennfeld beschrieben werden
(Abschn. 4.2.6 und 4.2.8). Wird die Strömung in einem Verdichter näherungsweise inkom-
pressibel betrachtet, dann ist ein dimensionsloses Verdichterkennfeld mit ψ = f(ϕ, µ)
darstellbar, wobei die Drosselzahl μ als Kennfeldparameter den Drosselzustand bzw. eine
Fahrlinie beschreibt
ϕ2
µ= . (4.2-41)
ψ
Wird bei einem schwach belasteten Verdichter, für den inkompressible Strömung
angenommen werden kann, auf dem Prüfstand ein Kennfeld mit variabler Dreh-
zahl aufgenommen, dann ist solch ein Kennfeld-Diagramm gut mit der Funktion
ψ = f(ϕ) ≈ ϕ2 /µ zu beschreiben (Gl. (4.2-41)). Die Drosselzahlen µ = const stellen
näherungsweise eine Parabelschar dar und geben die Verdichterkennlinie für konstante
Drosselung wieder, wie in Abb. 4.2-10 zu sehen ist.

Gasdynamische Ähnlichkeits-Kenngrößen. In den meisten Betriebsfällen kann bei Ver-


dichtungsvorgängen in Turboverdichtern die Kompressibilität des Fluids nicht vernach-
lässigt werden. Deshalb muss die Mach-Zahl oder auch die Laval-Zahl
c c c
M= =√ bzw. La = (4.2-42)
a κRT akrit
4.2 Turboverdichter 323

berücksichtigt werden (Abschn. 2.1.5). Diese beiden dimensionslosen Größen der Gas-


dynamik sind besonders bei der Charakterisierung der Strömungsverhältnisse im schall-
nahen und Überschallbereich zu beachten.
Die Mach-Zahl M stellt zudem die wesentliche Kenngröße zur Darstellung ähn-
lichkeitsgerechter Verdichterkennfelder dar (Abschn. 4.2.6). Neben der Mach-Zahl ist
in besonderen Fällen noch der Reynolds-Zahl-Einfluss bei Kennfelddarstellungen zu
berücksichtigen (Abschn. 4.2.6.4).

4.2.4 Gitterströmung, Kenngrößen, Verluste and Bauweisen

4.2.4.1 Strömung allgemein bei Transsonik-Verdichtergittern


Die räumliche, im Einzelnen sehr komplexe Strömung durch Verdichtergitter kann mit
verschiedenen Vereinfachungen auf zweidimensionale Berechnungen der Strömung
einmal im Schaufelgitter, zum anderen im Meridianschnitt (S1-Flächen) zurückgeführt
werden. Einige allgemeine Hinweise hierzu wurden bereits in Abschn. 4.1.1 gegeben. Die
Aufgabe der Rotor- und Stator-Gitter (Lauf- und Leitrad-Gitter) besteht in der Umlen-
kung der Strömung und hier bei einer Verdichterstufe in einer Verzögerung der Strö-
mung in diffusorartigen Schaufelkanälen. Damit wird die kinetische Strömungsenergie
in innere Energie und somit in eine Druckerhöhung umgesetzt. Die Aufteilung der
Druckerhöhung auf die beiden Stufengitter kann mit der Kenngröße des Reaktionsgra-
des r angegeben werden (Abschn. 4.2.2).
Zur Erläuterung von Strömungsvorgängen am Gitter ist es hilfreich, die Grundlagen
der aerodynamischen Auftriebserzeugung an Einzelprofilen zu betrachten (Abb. 4.2-11
a und b) [Eck61K, And91B, Boh04B].
Die Umströmung eines Profils führt zu einer erhöhten lokalen Geschwindigkeit und
damit zur Absenkung des statischen Druckes über der Profiloberseite, der Saugseite SS
(suction surface) des Profils. Die resultierende Druckdifferenz zwischen der Oberseite und
der Unterseite, der Druckseite PS (pressure surface), bewirkt schließlich den Auftrieb und
den Widerstand des Profils, das heißt die spezifischen Größen der Auftriebs- und Wider-
standsbeiwerte cL und cD. Bei einer Steigerung des Profil-Anstellwinkels α nimmt der
Auftriebsbeiwert cL zunächst etwa linear zu, flacht bei beginnender Ablösung der Grenz-
schicht ab bis bei einem kritischen Anstellwinkel die stabile Strömung zusammenbricht.
Die anschließend angegebenen Phänomene der aerodynamischen Belastung von
Flugzeug-Tragflügeln können sinngemäß auf die Umströmung von Schaufelgittern über-
tragen werden (Abb. 4.2-12). Hier wird von der Betrachtungsweise her gesehen von einer
Kanalströmung durch das Gitter zwischen den Schaufelwänden ausgegangen.
Da die Kanalkonturen eine diffusorähnliche Stromröhre bilden, kann die Energieum-
setzung gemäß den Gesetzmäßigkeiten der Diffusorströmung erfasst werden. In der rei-
bungsbehafteten, wandnahen Grenzschicht treten mit der Verzögerung der Strömung und
324 4 Turbomaschinen-Komponenten

(a)
Auftrieb cL
Widerstand cD

cL

cD

-5° 0° +5° +10°


Anstellwinkel α
(b)
wKontur α=12°
w1 w1
wmax α
α=5° Saugseite
x
ma

ite

e
w

eit
se

ks
ug

uc
Sa

1 w2
Dr

sl

Druckseite
t
sl w2

Abb. 4.2-11  a Umströmung eines Profils mit Auftrieb L (lift) und Widerstand D (drag) analog
zur Umströmung eines Flugzeug-Tragflügels. b Umströmung eines Gitter-Profils mit Strömungs-
verzögerung analog Bild oben sowie Geschwindigkeitsverteilung entlang den Profil-Konturen
(Druckseite PS, Saugseite SS) bei 2 Profil-Anstellwinkeln α = 5° und 12° [And91B, Boh04B]

der abnehmenden Geschwindigkeitsenergie bei steigendem Strömungsdruck die aus der


Fluidmechanik bekannten typischen Grenzschichtphänomene und deren Probleme auf.
Wie der Turbomaschinen-Hauptgleichung bzw. der Euler-Gleichung Gl. (4.1-15)
und den Geschwindigkeitsdreiecken zum Beispiel in Abb. 4.1-4 und 4.2-6 zu entneh-
men ist, wird die Energieumsetzung in einer Stufe ganz entscheidend von der Ände-
rung der Geschwindigkeitskomponenten in Umfangsrichtung  wu bzw.  cu geprägt
(Abb. 4.2-13). Dabei hängt die Intensität der Strömungsverzögerung und -umlenkung
im Wesentlichen von der Gittergeometrie und der Schaufelprofilierung ab. Weiterhin ist
die Zuordnung der Einzelschaufeln untereinander im Gitterverband für den Verlauf der
Stromlinien von besonderer Bedeutung.
4.2 Turboverdichter 325

Transonic-Gitter-Anströmung
Unterschall M<1 (a)
M=0,75
M>1 M<1

(b) (c)
M=0,80 M=0,90
M>1 M<1
M>1 M<1 M>1 M<1

Unterschall M<1

(d) (e)
M=1,15 M=1,30 M>1
M>1 M<1 M>1 M<1

Abb. 4.2-12 Verdichtergitter bei transsonischer (transonic) und supersonischer (supersonic)


Anströmung, die aus der Fluidmechanik bekannte typische Grenzschichtphänomene und Strö-
mungsprobleme schematisch aufzeigen

Maßgebend ist hier das Teilungsverhältnis t/s (solidity). Bei üblichen Teilungsverhältnis-
sen erreicht man die erwünschten bleibenden Strömungsumlenkungen, wobei noch die soge-
nannte Winkelübertreibung zu berücksichtigen ist. Würden Werte von t/s → ∞ zugelassen,
dann könnte das Schaufelprofil quasi einem Tragflügel ähnlich als Einzelprofil ohne Strö-
mungsumlenkung wirken. Geht t/s → 0, dann wird von einem idealen Gitter gesprochen.
Das Verhalten von Verzögerungsgittern, das stark von der Anström-Mach-Zahl M1
beziehungsweise axial M1ax und von der Strömungsablenkung  β = β2 − β1 beeinflusst
wird, ist in Abb. 4.2-13 gezeigt.
Für zwei Anström-Mach-Zahlen M1 = 0,3 und 0,8 im unteren und oberen Geschwin-
digkeitsbereich sind abhängig von der Umlenkung  β die auf den Staudruck q1 bezogene
statische Druckerhöhung  p = p2 − p1 und der Totaldruckverlust der adiabaten Gitter-
strömung  pt = pt1 − pt2 aufgetragen. Der günstige Anströmwinkelbereich mit geringen
Verlusten liegt für subsonische Strömung M1 < 1 bei  β1 ≈ 15◦, bei hoher Machzahl M1
mit lokalen Überschall-Strömungsverhältnissen M > 1 bei � β < 5◦. Dies zeigt, dass bei
Verzögerungsgittern mit steigendem Geschwindigkeitsniveau besonders im transsonischen
Bereich die Sensibilität der Strömung bezüglich Anströmwinkeländerungen zunimmt,
bzw. der Winkelbereich mit einer effizienten stabilen Strömung erheblich abnimmt.
326 4 Turbomaschinen-Komponenten

M1

Abb. 4.2-13 Verhalten eines Verdichtergitters bei verschiedenen Anströmwinkeln und Mach-


Zahlen M1 [Fot85B, Sch79a]

Die in Abschn. 4.1.1 und 4.3.2 dargestellten Beschleunigungsgitter von Turbinen mit


düsenartiger Strömung reagieren demgegenüber wegen des abfallenden Druckgradien-
ten wesentlich unempfindlicher auf Anströmwinkeländerungen. Dies bedeutet, dass pro
Stufe in Turbinen wesentlich mehr Energie übertragen werden kann als dies in Verdich-
ter-Verzögerungsgittern mit einer Diffusorströmung und einer Erhöhung des statischen
Druckes möglich ist.
4.2 Turboverdichter 327

Abb. 4.2-14  Verdichtergitter mit wesentlichen Gittergrößen dargestellt an einem Verdichtergitter


mit Winkelangaben nach Abb. 4.1-2 Darstellungsform III

4.2.4.2 Gitterbelastungszahlen und allgemeine Kenngrößen


Bei der Vorstellung der Mittelschnittsberechnung von Verdichterstufen in Abschn. 4.2.2
wurden bereits allgemeine Hinweise zu Verlusten in Verdichtergittern gegeben, Gl. (4.2-17)
bis (4.2-21). Die verschiedenen Verlustmodelle betreffen die fluiddynamischen Verluste der
Verdichterstufen mit Profil-, Sekundär- und Überschallströmungsverlusten. Dabei wurde
auf allgemeine Verlust-Kenngrößen hingewiesen.
Zum Verständnis der weiteren Erläuterungen sind im Abb. 4.2-14 wichtige Größen
für Verdichtergitter angegeben. Die wesentlichen Einflussparameter auf Gitterverluste
können in drei Gruppen unterteilt werden.

Dies sind:

• Gitterparameter wie das Schaufelgitter-Teilungsverhältnis t/s und der Staffelungswin-


kel der Schaufel .
• Schaufelparameter wie der Skelettlinienverlauf mit geometrischem Umlenkungswin-
kel bzw. Schaufelwinkel βS und die Dickenverteilung mit Festlegung der maximalen
Dicke und der Radien der Schaufel-Vorder- und Hinterkanten.
• Fluiddynamische Parameter wie die Anström-Mach-Zahl M1, das Reynolds-Zahl-
Niveau Re, die aerodynamische Schaufelbelastung und das axiale Stromdichteverhält-
cax2 ρ2
nis  = .
cax1 ρ1
Die maximale aerodynamische Belastbarkeit bis zum Auftreten besonderer Grenz-
schichtprobleme wie Ablösung der Profilumströmung kann mit Hilfe von Gitter-Belas-
tungskriterien beurteilt und näherungsweise vorhergesagt werden.

Die wichtigsten allgemeinen Belastungskriterien sind:


328 4 Turbomaschinen-Komponenten

De Haller-Zahl oder Verzögerungszahl. Das De Haller-Kriterium gibt das Verzöge-


rungsverhältnis der Strömung im Rotor (Laufrad) w2 /w1 bzw. im Stator (Leitrad) c3 /c2
an. Dies ist eine empirisch gefundene Größe. Der Grenzwert von w2 /w1 bzw. c3 /c2 ≈ 0,7
sollte nicht unterschritten werden.
Gitter-Belastungszahl. Die Belastungszahl wird analog zum Auftriebsbeiwert der Trag-
flügeltheorie zum Beispiel für das Rotor-Gitter mit der Schaufelkraft FS = σ w∞ � h ŴS
und der Zirkulation

ŴS = w � ds = t (wu2 − wu1 ) = t �wu (4.2-43a)

als Zirkulationsbeiwert definiert


FS � wu
cŴ = ρ =
2
w � hS w ∞ s/t (4.2-43b)
2 ∞
t/s Teilungsverhältnis
Δh Länge des Schaufelprofils in radialer Richtung
w∞ mittlerer Geschwindigkeitsvektor zwischen w1 und w2
t Gitterteilung
s Sehnenlänge des Profils
Mit dem Zirkulationsbeiwert wird die in der Praxis übliche
Gitter-Belastungszahl cŴ erhalten
s 2� wu
cŴ = , (4.2-43c)
t w∞

deren Zahlenwerte sollten bei cŴ (s/t) ≈ 1,5 bis 2,5 liegen.

Diffusionszahl D beziehungsweise „Lieblein-Faktor“. Diese Gitter-Kenngröße ist eine


hauptsächlich bei der NASA von Lieblein [Lie53, Lie65, Cum89B, Gri09B] eingeführte
Größe, die inzwischen weitgehend in der Verdichtertechnik Eingang gefunden hat. Mit
Hilfe der Impulsgleichung für eine kompressibel betrachtete Grenzschicht sowie anhand
zahlreicher Messergebnisse wurde ein Diffusionsfaktor zur Beurteilung der Vorgänge
mit Grenzschichtablösungen folgendermaßen definiert
wmax − w2 w2
D= =1− . (4.2-44)
w1 wmax

Diese Größe kennzeichnet die Verzögerung der Strömung auf der Profilsaugseite vom
Geschwindigkeitsmaximum wmax auf die Austrittsgeschwindigkeit w2 und dies bezogen
auf die Anströmgeschwindigkeit w1. Für bestimmte NASA-Profilreihen konnte über
Grenzschichtbetrachtungen halbempirisch die Diffusionszahl D in der heute meistens
verwendeten Form definiert werden 
w2 �wu
D= 1− + .
w1 2 w1 s/t (4.2-45)
4.2 Turboverdichter 329

Rotor-Totaldruckverlust
0,3

M=1.3

M=1.0
Rand- und

Totaldruckverlust
0,2
Spaltverluste
M=0.8

Rotor Stator
0,1

Verdichterstufe transsonisch Stoßverluste


nA = 20 260 1/min
n = 100% nA Profilverlust
mred = 17,15 kg / s 0,0
0 20 40 60 80 100
maximaler Wirkungsgrad
rel. Kanalhöhe [%]

Abb. 4.2-15  Strömungsverlustanteile im Rotor (Laufrad) einer Transsonik-Verdichterstufe über


der Schaufelhöhe bei Auslegungsdrehzahl und maximalem Wirkungsgrad [Cum89B, Gri09B],
(Ergänzung zu Abb. 4.2-7)

Diese Kennzahl enthält analog zu der De Haller-Zahl einen Verzögerungsanteil w2 /w1


einen Anteil für die Strömungsablenkung  wu, das Geschwindigkeitsniveau mit der
Geschwindigkeit w1 sowie eine geometrische Gittergröße s/t. Die Zahlenwerte von
D = 0,45 bis 0,55 sollten nicht überschritten werden.
Die hier vorgestellten Gitterkriterien wurden für das Rotorgitter der Stufe dargestellt.
Die Gleichungen Gl. (4.2-43a) bis (4.2-45) können sinngemäß auch für Statoren verwen-
det werden. Die Relativgeschwindigkeiten w sind dann durch die Absolutgeschwindig-
keiten c zu ersetzen.

4.2.4.3 Verluste und Sekundärverluste hochbelasteter Verdichtergitter


Wie bereits in Abschn. 4.2.2.4 mit Gl. (4.2-21) dargestellt, besitzen die Verlustmodelle
zur Rotor- und zur Statorströmung eine herausragende Bedeutung bei der Auslegung
und Beurteilung von Turboverdichtern.
Die üblicherweise nach ihrem Entstehungsort aufgeteilten Gitter- und Randverluste
sind dabei in Profil- und Stoßverluste sowie Sekundär-, Spalt- und Seitenwandreibungsver-
luste unterteilt und werden bis auf die Stoßverluste auch einer Reynolds-Zahl- und Rau-
higkeitskorrektur unterzogen, bei der zum Beispiel die jeweiligen Messungen durchgeführt
wurden (Abb. 4.2-15). Der Gesamtverlustbeiwert setzt sich aus den ω-Verlustbeiwerten
einzelner Korrelationen zusammen und wird auf einen repräsentativen Mittelschnitt der
Rechenebenen vor und nach dem Gitter bezogen. Diese sind zwar gegenseitig voneinander
abhängig, werden aber meistens getrennt voneinander berechnet.
330 4 Turbomaschinen-Komponenten

Als Referenz-Reynolds-Zahl kann im Mittel ein Wert von

Reref = 3,3 · 105


angenommen werden.
Die einzelnen Verlust-Beiwerte ωi müssen demnach fallweise auf die tatsächlichen
Strömungsverhältnisse umgerechnet werden, sodass sich jeweils ein korrigierter Verlust-
beiwert bestimmen lässt. Die Umrechnung kann nach folgender Rechenvorschrift erfolgen
Rekorr −ε
 
ωkorr = ω .
Reref
Für den Exponenten ε liegen aufgrund von Messungen die Werte für Sekundär- und
Spaltverluste bei ε ≈ 0,06, für die anderen Profilverluste bei ε ≈ 0,2. Für Stoßverluste ist
kein Reynolds-Zahl-Einfluss zu berücksichtigen. Mit ωPink (inkompressible Profilver-
luste), ωP, kompr (kompressible Profilverluste), ωStoß (Verluste durch Verdichtungsstöße),
ωWand (Seitenwand Reibungsverluste), ωsec (Sekundärverluste) und ωSpalt (Spaltverluste)
ergibt sich zusammengefasst
 −εP  −εP
Re Re
ωges = ωP ink + ωP komp
ReRef ReRef
 −εWand
Re
+ ωStoß + ωWand (4.2-46)
ReRef
 −εsec  −εSpalt
Re Re
+ ωsec + ωSpalt
ReRef ReRef

Gitter-Profilverluste  Die Profilverluste von ebenen Gittern können in zwei Hauptgrup-


pen, den inkompressiblen und kompressiblen Verlustanteilen, unterteilt werden
ωP = ωP ink + ωP komp . (4.2-47)
Der Anteil für inkompressible Strömung ωP ink entsteht durch reibungsbehaftete Vor-
gänge im Schaufelkanal, der kompressible Anteil ωP komp durch Stoßverluste in den
Zonen des Strömungsfeldes, in denen die Strömung Überschall erreicht. Nach Lieblein
[NAS65B, Lie53, Lie65] kann eine empirische Korrelation für die maximale, saugseitige
Geschwindigkeit in Gl. (4.2-45) angegeben werden:
wmax � wu
=1+ . (4.2-48)
w1 2 w1 (s/t)
Damit ergibt sich zum Beispiel ein Diffusionsfaktor D0,1 nach Gl. (4.2-44), der für ein
Profil-Dickenverhältnis von 0,1 bei NACA-65-Profilen gilt. Nach [Fot69] kann hier fol-
gende Beziehung angesetzt werden (Abb. 4.2-16):
  
wmax d t wu d
= 1 + 0,4 + + 0,7 . (4.2-49)
w1 s s w1 s
4.2 Turboverdichter 331

0,06 w1 s
Re = 1 = 4 ⋅ 10 5 d 0,15
v
0,05 sl
0,10

s
0,04

Hinterkanten-
Impulsverlust
0,03 0,05

0,02
0,00
0,01

0,00
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
w − w2
Diffusionszahl D = max
w1

Abb. 4.2-16  Verlustmodell für Verdichtergitter. Empirische Korrelation für zweidimensionale,


inkompressible Profilverluste [Cum89B, Gri09B, Sch82]

Expansionswellen
Mach-Zahl M1 Kompressionswellen
Verdichtungsstoß
M>1,0
M<1,0 M<1,0

Abb. 4.2-17  Lokales Überschall-Strömungsfeld bei kritischer Anströmung

Mit der auf die Sehnenlänge bezogenen Impulsverlustdicke


 
δ2H d
=f ,D
s s
dargestellt in Abb. 4.2-16 wird der inkompressible Profil-Verlustbeiwert
   
p − pt2 δ2 1 sinβ1
ωPink = t1 =2 . (4.2-50)
pt1 − p1 s (t/s)sinβ2 sinβ2
Liegt eine transsonische oder Überschallanströmung der Gitter vor, dann sind abhängig
von der Profilwölbung bei kompressibler Strömung noch Verluste durch Verdichtungs-
stöße zu berücksichtigen.
Für überkritische Gitteranströmung M1k < M1 = 1 wird in Abb. 4.2-17 schematisch
ein lokales Überschall-Strömungsfeld gezeigt. Die kritische Anström-Mach-Zahl M1 k
wird hierbei als diejenige Machzahl definiert, bei der im Schaufelkanal über dem Profil
gerade Schallgeschwindigkeit erreicht wird [Cum89B, Fot70, Gri09B].
332 4 Turbomaschinen-Komponenten

Wird M1k überschritten, bilden sich an der Profilsaugseite lokale Überschall-Strö-


mungsfelder aus, die von Verdichtungsstößen stromabwärts begrenzt werden. Für die
kompressiblen Profilverluste wird zum Beispiel ausgehend von den inkompressiblen
Verlusten ωPink mit Hilfe eines Korrekturfaktors folgende Beziehung angesetzt werden
ωP komp = K ωP ink (M1 − M1 k ). (4.2-51)
Der Faktor K wird z. B. in [Gri09B] mit 1,8 angegeben. Weitere Informationen zu Kor-
rekturfaktoren sind in [AGA81B] enthalten.

Verluste durch Verdichtungsstöße Bereits bei Unterschallanströmung eines Gitters


können lokal Zonen mit Strömung im Überschall auftreten. Deren Verluste können
mit dem Profilverlust näherungsweise bestimmt werden [Fot69, Gri09B]. Liegt die Git-
teranströmung im Überschall oberhalb der kritischen Machzahl M1 k, dann können die
Verluste durch die auftretenden Verdichtungsstoßsysteme mit einem Stoßverlustbeiwert
berücksichtigt werden. Diese werden hauptsächlich von den Verlusten der geraden Ver-
dichtungsstöße bestimmt. Mit den Beziehungen der Gasdynamik (Abschn. 2.1.7) zur
Berechnung von Verdichtungsstößen kann das Totaldruckverhältnis für die Zustände
vor (1) und nach (2) dem Stoß z. B. mit der Laval-Zahl La bestimmt werden. Zusammen-
gefasst können die Profil- und Stoßverluste als Funktion der Anström-Mach-Zahl M1
z. B. nach Fottner und Grieb in [Fot69, Gri09B] erfasst werden. Liegt dabei ein Gitter mit
starker Umlenkung der Strömung vor, dann kann z. B. abhängig vom Ablenkungswinkel
 β und der Machzahl M1 ein zusätzlicher Verlustanteil angesetzt werden.

Seitenwand-Reibungsverluste  Im Bereich der Gitternabe und an der Gehäusewand bil-


den sich reibungsbehaftete Grenzschichten aus. Diese reibungsbedingten Seitenwandver-
luste können durch folgende Beziehung nach z. B. [Gri09B] erfasst werden

1 Wand w∞ 2
 
ωWand = . (4.2-52)
2 H/s w1
Die Rohr-Reibungszahl Wand liegt dabei bei Werten um 0,02. Die mittlere geometrische
Schaufelhöhe H ist auf die Länge s der Schaufelsehne im Meridianschnitt bezogen.

Sekundärverluste wie Rand- und Spaltverluste Im Bereich der Strömung treten im


Gitterkanal quer zur Hauptströmung Sekundärströmungen auf, die entsprechend den
Druckunterschieden zwischen Profil-Druck- und Saugseite sowie den Druckgradienten
in radialer Richtung zu verlustbehafteten Strömungswirbeln führen [Gri09B].
Aus im Wesentlichen experimentell ermittelten Korrelationen kann zum Beispiel
nach [Gri09B] folgende Beziehung abhängig von der Gitterbelastung nach Gl. (4.2-43a)
angegeben werden

w∞ 2
   
cŴ 1
ωsec = Ksec . (4.2-53)
t/s sinβ∞ w2
4.2 Turboverdichter 333

Mit der Gitter-Belastungszahl Gl. (4.2-43a) cŴ s = 2 � wu


t w∞
und w∞ cos β∞ = 0,5(wax 1 + wax 2 )/2 lautet Gl. (4.2-53)

w∞ 2
 
wu
ωsec = 4Ksec , (4.2-54)
wax1 + wax2 w2

wobei im Falle der Randverluste der Faktor Ksec = KR nach Messungen an zahlreichen
Verdichtern bei Werten um etwa 0,01 bis 0,025 liegt.

Spaltverluste  Spaltverluste entstehen außen zwischen Laufradspitze und Verdichterge-


häuse sowie innen zwischen Nabe und Leitschaufel. Diese werden durch sehr komplexe
Strömungsvorgänge hervorgerufen. Gl. (4.2-47) der Sekundärverluste kann demnach
erweitert werden, indem der Faktor Ksec für die Spaltverluste mit dem Faktor (KS SSp /H)
angesetzt wird [Gri09B]. Hier ist H die mittlere geometrische Schaufellänge und SSp die
radiale Spaltweite. Für KS können Werte von 0,5 bis 0,6 angesetzt werden.

4.2.4.4 Gitter-Bauweisen bei sub- bis supersonischen Strömungen


Bei Turboverdichtern von Flugtriebwerken wird neben einem möglichst guten Wir-
kungsgrad eine kompakte Bauweise mit großer Massenstromdichte, geringer Stufenzahl
und hohem Druckverhältnis gefordert. Neben hohen Axialgeschwindigkeiten führt dies
auf der Basis der Euler-Gleichung (Gl. (4.1-15), (4.1-16)) zu hohen Umfangsgeschwin-
digkeiten der einzelnen Stufen. In Axialverdichtern werden aus Festigkeitsgründen
z. B. Umfangsgeschwindigkeiten bis etwa 450 m/s erreicht, maximal bei Fan-Rotoren
bis um 500 m/s. Bezug nehmend auf die in Abschn. 4.2.4.3 vorgestellten Verluste und
in Hinblick auf die konstruktive Gestaltung eines Verdichters ist jedoch die optimale
Auslegung nicht notwendiger Weise bei maximalen Umfangsgeschwindigkeiten und
Stufenbelastungen gegeben.
Dabei ist der maximale Massendurchsatz von Turboverdichtern durch die Machzahl
der Axialgeschwindigkeit begrenzt. Das erreichbare Stufendruckverhältnis ist durch das
Verhältnis der Umfangsgeschwindigkeit zur Schallgeschwindigkeit, der Umfangs-Mach-
Zahl, limitiert. In den vergangenen Jahrzehnten bildete dabei der Entwicklungsfortschritt
hochbelasteter Diffusor-Gitter besonders der Axialverdichter eine sehr wichtige Basis zur
erfolgreichen Entwicklung der Gasturbinen- und Flugtriebwerkstechnik. Moderne zivile
Fan-Triebwerke der neunziger Jahre mit hoher Leistungskonzentration und hohen ther-
mischen Wirkungsgraden weisen z. B. Verdichter-Gesamtdruckverhältnisse von über
ΠC = 40 auf.
Um die Phänomenologie der Strömungsvorgänge bei Transsonik- und Überschall-
Verdichtergittern zu erläutern, sollen in einem ersten Schritt einige typische Strömungs-
erscheinungen an ebenen Schaufelgittern vorgestellt werden. Hierbei wird allgemein der
Kennzeichnung der Gasdynamik folgend von transsonischen Verdichtern gesprochen,
334 4 Turbomaschinen-Komponenten

W1 W1 W1

Rotor (Laufrad)

Stator (Leitrad)

Stoß im Rotor Stoß im Rotor Rotor Unter-/Überschall


Stator Unterschall Stoßim Stator Stoßim Stator

Abb. 4.2-18  Bauweisen von transsonischen- und supersonischen Gittertypen [Sch82]

wenn die lokalen Strömungs-Mach-Zahlen des Schaufelkanals im schallnahen Bereich


liegen. Das heißt, dass im Strömungsfeld lokal über der Schaufelhöhe Zonen auftreten
können, in denen Überschall mit Mach-Zahlen etwa M < 1,5 erreicht werden. Darunter
fallen auch solche Verdichterstufen, die über der gesamten Kanalhöhe mit Mach-Zahlen
M > 1 bis etwa M = 1,5 angeströmt werden.
Wie bei den Verzögerungsgittern von klassischen Unterschallverdichtern ist es die
Aufgabe von transsonischen und supersonischen Verdichter-Schaufelkanälen die
Strömung je nach Reaktionsgrad r der Stufe zu verzögern und umzulenken. Wird ein
Schaufelgitter mit hohen Unterschall-Mach-Zahlen angeströmt, so stellen sich ab der
kritischen Anström-Mach-Zahl lokal Überschallströmungsfelder ein, die von Verdich-
tungsstößen stromabwärts abgeschlossen werden. Bereits bei Strömungen nahe M = 1
bilden sich bereits über dem Durchströmquerschnitt Verdichtungsstoßsysteme aus
(Abb. 4.2-12, Abschn. 4.2.4.1).
Mit steigenden Mach-Zahlen wächst die Forderung nach der Auslegung von Strö-
mungskanälen gemäß den Gesetzen der Überschallströmung, wobei die Erhöhung des
statischen Druckes über schräge und gerade Verdichtungsstöße zu erfolgen hat. Bei jeder
Verdichterauslegung muss zudem beachtet werden, dass der Verdichter im Teillastbe-
trieb auch als Unterschallverdichter betrieben werden kann, wobei dabei eine extreme
Überschallauslegung zu starken Wirkungsgradabfällen führen kann.
Von den besonderen Aufgabenstellungen der Verdichterstufe her bestimmt, werden
in extremen Auslegungsfällen einmal Gitterkanäle mit großer Diffusion und geringer
Strömungsumlenkung verlangt, zum anderen Kanäle mit starker Kanalkrümmung und
relativ unerheblicher Geschwindigkeitsverzögerung.
In Abb. 4.2-18 sind einige typische Beispiele von möglichen Überschall-Verdich-
tergittern dargestellt. Die Analogie zu Überschall-Einlaufdiffusoren von atmosphäri-
schen Flugantriebwerken ist augenscheinlich. Grundlegende Hinweise dazu werden in
Abschn. 3.2 beim Betriebsverhalten von Überschall-Einläufen gegeben. Dazu werden
4.2 Turboverdichter 335

1 2
Überschall- 3
Verdichterstufe

Dm3
Dm1
Mc1<1
Stoß-Rotor Mc3<1
Impuls-Rotor

Mc2<1 Mc3<1
Mw1>1 Mw1>1
Mw2<1
Mu2 Mu1
Stoß
Mc1<1 Mw2>1 Mc2>1
Mu1 Stoß

(a) (b)
Mu2

Abb. 4.2-19 Verdichtergitter bei supersonischer Anströmung. a Stoßrotor mit Außen- und


Innenverdichtung, b Impulsrotor mit starker Umlenkung im Rotor und Stoßverdichtung im Stator
[Mün72K]

auch in Abb. 4.2-19 Geschwindigkeitsdreiecke zu Beispielen von Überschall-Stoß- und


Impuls-Rotoren dargestellt. Dies betrifft insbesondere das allgemeine Betriebsverhalten
wie die Start- und Regelprobleme sowie die Grenzschichtschwierigkeiten. Somit wird
auch die Funktionsfähigkeit eines effizienten Überschallgitters vornehmlich von der
Interferenz zwischen den unumgänglichen Verdichtungsstößen und den Überschall-
Expansionsfächern sowie den Grenzschichten bestimmt.
Transsonik-Verdichterstufen können in sehr unterschiedlicher Anordnung gebaut
werden, je nachdem ob im Rotor- oder Stator-Schaufelgitter Überschallströmung herr-
schen soll. Dies sind:

• Überschallströmung mit Verdichtungsstoß im Rotor und Unterschallströmung im


Stator,
• Überschallströmung mit Verdichtungsstoß im Rotor, Überschallströmung mit Ver-
dichtungsstoß im Stator,
• Unterschall- oder Überschallströmung ohne Verdichtungsstoß im Rotor, Überschall-
strömung mit Stoß im Stator (Typ „Impulsgitter“).

Zu Beginn der Entwicklung von Hochleistungsverdichtern in den 1940 Jahren wurde


anfangs in der praktischen Anwendung vornehmlich der erste Typ, mit Verdichtungs-
stoß im Rotor und Unterschallströmung im Stator eingesetzt. Eine Ausdehnung der
336 4 Turbomaschinen-Komponenten

Rotor-Gitterströmung in den sehr hohen Unterschall-Anströmungsbereich mit eingela-


gerten lokalen Überschallfeldern und Verdichtungsstößen wurde später jedoch ermög-
licht. Alle anderen Typen wurden wegen der Gefahr von mäßigen Wirkungsgraden der
Überschall-Stator-Gitter seltener verwirklicht. Die Entwicklung eines effizienten Über-
schall-Stator-Gitters war ursprünglich schwierig und stellte häufig die Grenze für die
erreichbaren Stufendruckverhältnisse dar. Die wesentlichen Auslegungsparameter von
axialen Überschallverdichtern sind u. a. der Reaktionsgrad, die Umfangsgeschwindigkeit
sowie der Grad der Strömungsumlenkung im Rotorgitter.
Wird in einer Verdichterstufe mit oder ohne Vorleitrad ein Überschallströmungsfeld
im Rotor über Stoßsysteme auf Unterschallgeschwindigkeit am Gitteraustritt gebracht
und damit der statische Druck entsprechend erhöht, so wird von einem Stoßrotor
gesprochen. Die Richtungsänderung der Geschwindigkeit von w1 auf w2 ist meist gering.
Dem Stoßrotor steht der Impulsrotor gegenüber. Die hohe Relativgeschwindigkeit im
Laufrad w1 erfährt eine Umlenkung ohne besondere Verzögerung der Überschallströ-
mung auf w2. Der statische Strömungsdruck im Rotor bleibt etwa konstant, die eigent-
liche Verdichtung findet also im Stator statt. Die hohe Stator-Zuströmgeschwindigkeit
c2 wird analog den Vorgängen im Rotor des Stoßrotors auf die Unterschallgeschwin-
digkeit c3 verzögert, so dass die Statorverluste für den Stufenwirkungsgrad maßgebend
sind (Abb. 4.2-19). Es wurden auch weniger erfolgreiche Konzepte mit Stößen in beiden
Gittern bzw. mit in die Gitter hineinlaufenden Überschallströmungen entwickelt. Die
Zuströmbedingungen am zweiten Gitter (Stator) sind nur in Ausnahmefällen befriedi-
gend zu verwirklichen, sodass die Verluste im Stator häufig sehr hoch sein können.
Neben den transsonisch-supersonischen Axialverdichtern spielt auch der radiale Transso-
nik- und Überschallverdichter besonders bei kleinen Gasturbinen-Anlagen wie Hubschrau-
ber- und Propeller-Gasturbinen mit geringen Massendurchsätzen eine Rolle. Sowohl im
Rotor wie auch im Stator können hier trans- und supersonische Strömungsfelder auftreten.
Zur historischen Entwicklung der Hochleistungsverdichter von Flugzeug-Turbotrieb-
werken und damit auch von stationären Gasturbinenanlagen wird anschließend zusam-
menfassend angelehnt an die Darstellungen besonders von Schäffler und Grieb [Sch79a,
Sch82, Ste00, Ste01, Gri09B] ein Überblick gegeben (Abb. 4.2-20).
Der Transsonikverdichter war ursprünglich in den Jahren zwischen 1944 und 1952
gleichsam das Zufallsprodukt der Entwicklung reiner Überschallverdichter, die intensiv
in den USA und England, teilweise während des II. Weltkrieges auch in Deutschland
(zum Beispiel Fa. Junkers u. a.) betrieben wurde. Diese Entwicklungen waren in der
praktischen Anwendung wenig erfolgreich, aber hinsichtlich der grundsätzlichen Mög-
lichkeiten so breit gestreut, dass der letztlich erfolgreiche Typ mit Verdichtungsstoß im
Rotor und Unterschall-Statorgitter seine höchste Effizienz im Teillastbereich, also im
Transsonikbereich, demonstrieren konnte.
Danach begannen intensive Entwicklungsaktivitäten beim National Advisary Com-
mittee for Aeronautics (NACA) und deren Nachfolgeorganisation NASA. Die entschei-
denden Erkenntnisse wurden in den Jahren 1954 bis 1962 hauptsächlich experimentell
gewonnen. Die Ausdehnung der Mach-Zahlen bis etwa 1,7 erfolgte nach dem Jahr 1965.
4.2 Turboverdichter 337

Historie Transsonik-Verdichter
Computer- Profile optimiert
CFD-Kontur-Optimierung
Keilprofil, Mehrfachkreisbogen

Doppelkreisbogen
Keilform
Platte
u
NASA, Triebwerksindustrie
NACA
M1 = 1,1 - 1,25 M1 = 1,3 - 1,7
ua = 300 - 350 m/s ua = 350 - 520 m/s
Entwicklungsversuche
Überschallverdichter

NACA RR, GE, PW


USA

1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000


Jahr
Anwendung bei Turbo-Flugtriebwerken

Abb. 4.2-20  Zeitliche Entwicklung von Verdichter-Transsonik-Gittern für Flugtriebwerke von


Beginn um 1940 bis etwa zum Jahr 2000 [Sch82, Gri09B]

In Abb. 4.2-21 ist die zeitliche Entwicklung der erreichten Stufendruckverhältnisse


und polytropen Verdichter-Stufenwirkungsgrade dargestellt. Von 1960 an wurde das
Doppelkreisbogengitter kleiner Teilung bis zu Stufendruckverhältnissen von 1,6 und
Mach-Zahlen um 1,4 eingesetzt, um etwa 1970 vom so genannten Mehrfachkreisbo-
genprofil mit weit nach hinten verlegtem Wölbungs- und Dickenmaximum abgelöst zu
werden. Damit konnten Stufendruckverhältnisse bis etwa 1,8, wie sie in den großen Fan-
Triebwerken aus Gründen eines optimalen Vortriebswirkungsgrades benötigt wurden,
erfolgreich mit ca. 86 % Wirkungsgrad in den 1980-er Jahren gebaut werden. Nachdem
ab Mitte der achtziger Jahre mit der Verfügbarkeit von CFD-Rechenverfahren für trans-
sonische Gitterstömungen maßgeschneiderte „Computerprofile“ mit noch etwas gerin-
geren Stoßverlusten ermöglicht wurden, konnten polytrope Stufen-Wirkungsgrade nahe
88 % erzielt werden.
Die Fortschritte im transsonischen Verdichterbau basierten auf der Erkenntnis, dass
die Mach-Zahl vor dem Auftreffen des Verdichtungsstoßes auf die Saugseite minimiert
werden muss, um

• den Entropieanstieg als Folge des Stoßes zu verringern und


• die Ablösung der Grenzschicht als Folge des starken Stoßes zu vermeiden oder weit-
gehend zu mindern.
338 4 Turbomaschinen-Komponenten

ηpol [%]
90
polytroper Wirkungsgrad

88
1980 0,9
86
1970
84
1960
0,8 – 1,0

Jahr 1950

1 1,2 1,4 1, 6 1 ,8
Stufe
0,85 1,1 1,4 1,6
M1

Abb. 4.2-21  Entwicklungsgeschichte zum Fortschritt der Profilierung von transsonischen Gittern


für axiale Verdichterstufen nach Schäffler [Sch79a, Sch82, Gri09B]

Dies gelingt auf zweierlei Weise:

• das Teilungsverhältnis sollte verkleinert werden, um die Auftreffstelle des Sto-


ßes möglichst weit nach vorne zu verlagern und damit die Überschallexpansion zu
begrenzen und
• die Saugseitenwölbung der Profile bis zum Auftreffen des Verdichtungsstoßes sollte
möglichst klein sein, um wiederum die Überschallexpansion gering zu halten.

Die logische Entwicklung war vom Unterschallprofil zum Doppelkreisbogengitter mit gerin-
ger relativer Profildicke und kleinerer Teilung. Von da führte der Weg direkt zum Mehrfach-
kreisbogen- oder Keilschaufelgitter mit verschwindender Überschallexpansion. Diese Gitter
verlegen die gesamte Umlenkung in den hinteren Profilteil und arbeiten je nach Gegendruck
entweder mit einem senkrechten Verdichtungsstoß oder auch mit mehrfach reflektierten
schrägen, also schwachen Stößen bei Überschallabströmung. Die hohen Stufendruckverhält-
nisse späterer Transsonikverdichter sind einerseits die Folge der hohen Umfangsgeschwin-
digkeiten und damit Mach-Zahlen und andererseits die Folge der erheblich höheren
Gitterbelastungen. Innerhalb von 20 Jahren ist damals die Druckziffer um 60 % gestiegen.
Durch das Zusammenspiel der lokalen Überschall- und Unterschall-Strömungs-
bereiche am Transsonik-Gitter und die damit verbundenen Verdichtungsstöße wird
der Arbeitsbereich eines Gitters bei wechselnden Anströmwinkeln β1 mit steigender
Anström-Mach-Zahl Mw1 erheblich eingeschränkt. In der schematischen Darstellung in
Abb. 4.2-22 ist deutlich zu erkennen, dass bei kleinen Winkeln β1 die Abreißgrenze und
bei höheren Werten die Sperrgrenze den Arbeitsbereich Δβ1 einengt [Böl86B]. Damit
bestimmt bereits die Auslegung eines Transsonik-Gitters entscheidend das Betriebsver-
halten des gesamten Verdichters bei verschiedenen Lastzuständen und Drehzahlen.
4.2 Turboverdichter 339

28 MW1
β1 [°] Sperrgrenze β1
Kopfwelle
M1>1
MF 1,4 1,5
24
1,6 1,7 F
M1<1
Abreißgrenze
20
1,0 1,2 1,4 1,6
Mw1

Abb. 4.2-22 Effektiver Arbeitsbereich eines typischen Kreisbogenprofil-Gitters mit Δβ1(Mw1).


Berechnung und Darstellung nach [Böl86B] (Winkel β1 nach Abb. 1.4-2, Darst. III)

Profiltypen und Gitter-Systematik mit


Anström-Mach-Zahlen
Unterschall Transsonik Überschall

NACA 65-Serie DCA Serie Keilprofile


Standard Standard Sonderfertigung

subsonisch transsonisch supersonisch


M 1=0,9 M1 =0,9-1,2 M 1=1,2-1,7
u a=300 m/s ua =300-350 m/s u a=350-500 m/s

Abb. 4.2-23  Entwicklungsstufen der Profilierung von Transsonik-Verdichtergitter mit Angaben


zu Grenzbereichen von Anström-Mach-Zahlen und Umfangsgeschwindigkeiten [Sch82, Gri09B]

Auf die sehr zahlreich entwickelten Profilierungstypen von Verdichtergittern in den


vergangenen Jahrzehnten (Abb. 4.2-23) sei hier kurz auf die entsprechende Fachlitera-
tur verschiedener Institutionen insbesondere der NACA/NASA, NGTE, des DLR-Göt-
tingen, der Turbomaschinenindustrie und andere Literaturstellen hingewiesen [Tra00Ka,
Cum89B, Gri09B].

Angestrebte Merkmale bei der Entwicklung effizienter Profile und Profil-Familien sind:

• optimale Druck-und Geschwindigkeitsverteilungen,


• minimale Verluste im Auslegungs- und in ausgewählten Teillastpunkten,
340 4 Turbomaschinen-Komponenten

Stoß-Bereich

ω
Konv. Profil
Konv. Profil Konv. Profil

Superkrit. Profil Superkrit. Profil Superkrit. Profil

Mach-Zahl M 1 Anstellwinkel α Anstellwinkel α

Anstellwinkelbereiche

Auslegungspunkt Teillastpunkte

Abb. 4.2-24  Gegenüberstellung des Verhaltens von konventionellen Profilen gegenüber superkri-


tischen Profilen mit dem Druckverlust-Koeffizienten ω bei verschiedenen Anström-Mach-Zahlen
M1 [Fot85B, Gri09B]

• günstige, stabile Grenzschichtausbildung ohne abrupte, örtliche Strömungsablösun-


gen zur Erzielung eines guten, stabilen Kennfeldverhaltens,
• hohe kritische Machzahlen und Auftriebswerte vor dem Abreißen der Strömung bei
möglichst unkritischem Stabilitätsverhalten.

Zur Entwicklung eines Teilbereiches der Profiltechnik wird beispielhaft in Abb. 4.2-24


das Verhalten von kritischen und superkritischen Profil-Gittern gegenüber konventi-
onellen Profilen mit dem Druckverlustkoeffizient ω bei Teillastpunkt-Anström-Mach-
Zahlen M1 = 0,60 und 0,85 vorgestellt. Auf Grundlage der Erfahrungen aus der
Profilentwicklung für Flugzeugtragflächen konnte das Verhalten von Unterschall-Ver-
dichterprofilen wesentlich erweitert werden.
Wie bei allen transsonischen Strömungsvorgängen in der Flugtechnik traten und tre-
ten auch in der Entwicklung trans- und supersonischer Verdichter und Fan gegenüber
den klassischen Unterschallverdichtern zusätzliche, spezifische Probleme auf, wie sie in
Verbindung mit Abb. 4.2-25 zusammengefasst sind:

• Eingeschränkter Gitterarbeitsbereich,
4.2 Turboverdichter 341

Abb. 4.2-25  Verhalten eines


1,1
M 1= ,7
typischen Transsonik-Gitters
mit dem Druckverlust- M 1=0
Koeffizienten ω abhängig
vom Anstellwinkel i bei
verschiedenen Anström-Mach- u
Zahlen M1 [Sch82, Gri09B]

M1
ω Sperrgrenze
1,1
0,9
0.9
Verlustbeiwert
0,7
0.7
0,4

Abreißen

2-4°
10-12°
Winkelübertreibung i

• Limitation des Schluckvermögens durch Gittersperren,


• zusätzliche Abhängigkeit der Gittereigenschaften vom axialen Massenstromdichtever-
hältnis,
• Schwierigkeit der Stufenabstimmung durch eingeschränkte Kennlinienbreite und
Sperren,
• Lage des Wirkungsgradoptimums nahe der Sperrgrenze der Gitter,
• schwieriger Übergang von Unterschall-, über Transschall- zur Überschallströmung,
daraus resultierendes Problem für die Teillastabreißgrenze.

Die starke Abhängigkeit des optimalen Zuströmwinkels von der Mach-Zahl und die
Verringerung des nutzbaren Gitterarbeitsbereichs auf wenige Grade verengen die Stu-
fencharakteristiken so sehr, dass eine Anpassung der einzelnen Stufen in mehrstufigen
Verdichtern nicht nur stufenweise sondern auch radial zu einer Herausforderung wird.
Transsonik-Gitter haben ihre Verlustminima unmittelbar vor der Gittersperrgrenze. Hat
nun eine nachfolgende Stufe ein zu großes Schluckvermögen, so sinkt das Druckverhält-
nis entlang des senkrechten Astes der Stufencharakteristik der betrachteten Stufe durch
Änderung des Stoßsystems und seiner Intensität solange, bis die Kontinuitätsbedingung
für die nachfolgende Stufe erfüllt ist. Dies geht allerdings auf Kosten des Wirkungsgrades
und der Gesamtdrucksteigerung des Verdichters.
342 4 Turbomaschinen-Komponenten

i ss 1,0
ηs

0,8
60
80
100
0,6

1,6
0,3
1,2
ω 0,2
M1

0,8 0,1

0,4 0,0
-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10
Inzidenzwinkel, Saugseite [°] Inzidenzwinkel, Saugseite [°]

Abb. 4.2-26  Typisches Betriebsverhalten von Transsonik-Gittern zum Beispiel bei verschiedenen


Drehzahlen von Teillast n = 60 % bis Vollast n = 100 % [Sch82]

Interessante und durchaus erhebliche Probleme ergeben sich bei Verdichtern, die nur
schwach transsonisch sind und in wichtigen Teillastgebieten eine reine Unterschallzu-
strömung aufweisen. Um bei Volllast den verlangten Durchsatz schlucken zu können,
benötigt die erste Stufe eine entsprechend hohe positive Winkelübertreibung von 3° bis
4°, was aufgrund der unmittelbar nach dem abgehobenen Verdichtungsstoß einsetzen-
den Überschallexpansion keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Wird dieses Gitter jedoch
mit unterkritischer Mach-Zahl angeströmt, so ergibt sich bei Teillast in der Nähe der
Abreißgrenze eine sehr hohe Anstellung mit einer Winkelübertreibung von i = 15° bis
17° auf ein schwach gewölbtes Profil, das einem ebenen Plattengitter ähnlich ist.
Die Lage des Wirkungsgradoptimums unmittelbar vor Erreichen der Sperrgrenze
ist eine für die Abstimmung mehrstufiger Transsonik-Verdichter unangenehme Eigen-
schaft, da nur geringfügige Änderungen sofort Wirkungsgradeinbußen kosten, wie zum
Beispiel aus Abb. 4.2-26 deutlich wird.
Die zusammenfassende Beurteilung der Güte von einer Verdichterstufe im Verbund
mit mehreren anderen Stufen hängt wesentlich auch von der Verhaltensweise des Gitters
in verschiedenen Lastzuständen und Umgebungsbedingungen eines im Triebwerk und
im Flugzeug integrierten Verdichtersystems ab. Hierzu werden ergänzende Hinweise in
Abschn. 4.2.7 gegeben.
Der Fortschritt im Bau von Transsonik-Verdichtern wurde aus historischer techni-
scher Sicht bereits in Abb. 4.2-20 bis 4.2-24 gezeigt. In Abb. 4.2-23 sind die bisher übli-
cherweise eingesetzten Verdichter-Schaufelprofile mit einigen der wichtigsten Bauarten
und Kenngrößen zusammengestellt. So werden zum Beispiel bei Bypass-Fan-Triebwerken
4.2 Turboverdichter 343

MehrstufigerAxialverdichter
Transsonik Transsonik-Wide Chord
M1<0,8 M1 >1,2 M1 >1,5

p t3
p t2 50

GE90 Trent
Gesamtdruckverhältnis Triebwerk

PW4098
PW4084
40 Zivil
0,50

V2500

30
J90 0,45
CF6
RB211

20 Militärisch 0,40
SPEY

J79
0,30
10

BMW003

1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000


Baujahr (EIS)

Abb. 4.2-27  Gegenüberstellung der zeitlichen Entwicklung der Leistungsdichte von mehrstufigen


Axialturboverdichtern im Zeitraum von über etwa 60 Jahren für Turbotriebwerke nach Schäffler
und Steffens [Ste00]

Stufendruckverhältnisse über 1,8 bei Wirkungsgraden über 86 % und maximalen Umfangs-
geschwindigkeiten um 450 bis 500 m/s erreicht. Die Steigerung der Leistungskonzentration
von mehrstufigen Turboverdichtern war die Folge, wie in Abb. 4.2-27 zu sehen ist.
Durch den Einsatz leistungsfähiger CFD-Rechenverfahren mit Hilfe von Finiten-Dif-
ferenzen, Finiten-Elementen oder Finiten-Volumen-Berechnungen sowie durch aufwen-
dige experimentelle Analysemethoden wie die Laser-Strömungsmesstechnik sind in den
einzelnen Auslegungsschritten von Verdichtergittern auch weiterhin noch Verbesserun-
gen möglich. Dies betrifft einerseits die Berechnung der sehr komplexen 3-D-Unterschall-
Überschallströmungsfelder sowie andererseits die Verbesserung der Schaufelprofilierung,
der Berechnung und Analyse von verlustbehafteten Ecken- Rand- und Spalteffekte.
Zusammengefasst werden die Entwicklungsstufen der Axial-Turboverdichter im Ver-
lauf der vergangenen 6 Jahrzehnte für Flugantriebe und stationäre Gasturbinenanlagen
in Abb. 4.2-27 [Ste00] vorgestellt.
344 4 Turbomaschinen-Komponenten

Vom reinen mehrstufigen Unterschallverdichter bis Mitte der sechziger Jahre mit
Gesamtdruckverhältnissen um etwa 10 bis 20 über Generationen von Transsonik-Ver-
dichtern bis zu den neueren Hochleistungsverdichtern zum Beispiel in „Wide Chord“-
Bauarten mit Druckverhältnissen um 40 bis 50 konnte die Basis für Gasturbinen und
Flugzeugantrieben mit hohen thermischen Wirkungsgraden nahe 50 % geschaffen werden.
Diese Wirkungsgrade, definiert mit der über eine Turbine oder eine Schubdüse
umsetzbaren, isentropen Nutzenergie bzw. Nutzleistung, wurden von Größen um 20 bis
30 % nahezu verdoppelt auf Größen über 50 %.
Über mehrere Generationen von Verdichterbauweisen wurde die pro Verdichterstufe
zugeführte spezifische Energie ΔhtStufe durch den Einsatz von Transsonik- und Über-
schallverdichter von Werten zwischen 20 bis 40 kJ/kg auf Werte für „Wide Chord“-Ver-
dichter von 60 bis 70 kJ/kg gesteigert, was auf die Erhöhung der Umfangs-Machzahl und
die stärkere Umlenkung der Strömung im Rotor zurückzuführen ist.
So wurden Umfangsgeschwindigkeiten über 500 m/s erreicht und Leistungsziffern
� = �ht Stufe /(u2 /2) > 0,9 [Ste00].

4.2.5 3D-Strömung, Stromlinienmethoden und Radialverdichter

4.2.5.1 Räumliche Strömung bei Verdichtern (Drallgesetze)


Bei der bisherigen Darstellung des Verdichterkanals wurde die an sich dreidimensionale und
instationäre Strömung vereinfacht durch gemittelte Zustandsgrößen am mittleren Durchmes-
ser des Ringkanals charakterisiert. Besonders die Entwicklung des Flugtriebwerksbaues führte
jedoch zu Strömungskanälen mit immer kleiner werdenden Nabenverhältnissen ν = Di/Da,
d. h. zu größeren Schaufellängen bezogen auf die Radien der Mittelschnitte, so dass die ver-
einfachte Betrachtungsweise am Mittelschnitt bei genaueren Auslegungsrechnungen nicht
mehr angebracht ist (Abb. 4.2-28) [Eck61K, Mün72K, Tra00Ka, Cum89, Gri09B].
Die Geschwindigkeitsdreiecke nehmen von Schaufelschnitt zu Schaufelschnitt in radi-
aler Richtung mit den sich ändernden Umfangsgeschwindigkeiten eine verschiedene
Gestalt an. Die für den Energieumsatz wichtige Verteilung der Umfangskomponente der
Absolutgeschwindigkeit cu ist demnach eine Funktion des Radius r sein (cu = f(r)).
Zur Erläuterung wird hier die Strömung des kompressiblen Fluids vereinfacht rei-
bungsfrei und inkompressibel betrachtet. Weiterhin sollen keine radialen Verschiebun-
gen der Fluidteilchen auftreten, die Strömung also auf rein koaxialen Zylindern verlaufen
und damit die Geschwindigkeiten nur eine Axial- und eine Umfangskomponente haben,
das heißt, der Druck p ist nur eine Funktion vom Radius r (Abb. 4.1-7 und 4.1-8).
Mit der Absolutgeschwindigkeit vektoriell c = cax + cu + cr und der Annahme cr = 0
sowie der Umfangsgeschwindigkeit auf einer Kreisbahn cu = r ω und der Zentrifugal-
beschleunigung bZ = r ω2 ergibt sich am Massenelement dm = ρ dr dA = ρ dV eine
Kräftebilanz aus der Zentrifugalkraft dFZ = dm bZ = (ρ dr dA )c2u /r und der Druckkraft
dFp = dp dA
c2
 
dp
dFZ − dFp = (ρ dr dA) u − dr dA = 0
r dr
4.2 Turboverdichter 345

1 2 3
R (La) S (Le) dm bZ

p+dp
dA

dr cu

r p
r
Kräftebilanz am
d
Fluidelementbei r

Abb. 4.2-28  Koaxialer zylindrischer Verdichterkanal und Kräftebilanz am Fluidelement dm im


Axialspalt bei drallbehafteter Strömung mit cu ≠ 0 und cr = 0

bzw. daraus die Gleichgewichtsbedingung mit dem Gradienten des statischen Druckes
über dem Radius
1 dp c2
= u. (4.2-55)
ρ dr r
In dieser differentiellen Kräftebilanz kann der Totaldruck pt über die Energiegleichung
für inkompressible Fluide, also die Bernoulli-Gleichung, eingeführt werden mit

c2 ρ 2
pt = p + ρ = p + (cax + cu2 ).
2 2
Mit einer Differentiation nach dem Radius r eingesetzt in Gl. (4.2-55) ergibt sich damit
folgende grundlegende Differentialgleichung der Strömungsmaschinen

dp dp dcax dcu
= t − ρcax − ρ cu . (4.2-56)
dr dr dr dr
Mit Gl. (4.2-55) ergibt (4.2-56) zusammengefasst für inkompressible, reibungsfreie,
koaxiale Strömung die vereinfachte Differentialgleichung des radialen Gleichgewichts
der Turbomaschinenströmung
1 dpt dcax dcu c2
= cax + cu + u. (4.2-57a)
ρ dr dr dr r
Damit wird ein Zusammenhang zwischen der Totaldruck- und der Geschwindigkeitsver-
teilung abhängig vom Radius r erfasst.
Wird davon ausgegangen, dass bei einer Verdichterstufe näherungsweise ein kons-
tanter Totaldruck über der Schaufelhöhe angestrebt wird, so folgt pt = const, und damit
346 4 Turbomaschinen-Komponenten

dpt/dr = 0. Die Werte cax und cu können nicht beliebig gewählt werden. Die Wahl von
cax = f(r) bestimmt cu = f(r) und umgekehrt. Es ergibt sich nach Gl. (4.2-57a)

dcax dcu c2
0 = cax + cu + u. (4.2-57b)
dr dr r
Analog zur Hauptgleichung für den Totaldruck nach Gl. (4.2-57a) kann mit Hilfe der Tota-
lenthalpie ht = h + c2 /2 = h + c2u /2 + c2ax /2., der Enthalpie dh = du + p dv + v dp
und der Gibb’schen Gleichung dh = v dp + T ds die Differentialgleichung Gl. (4.2-57c)
ermittelt werden

dht ds dcax dcu c2


=T + cax + cu + u. (4.2-57c)
dr dr dr dr r
Werden längs der Schaufel die Totalenthalpie und die Verluste als konstant angenommen,
ist in Gl. (4.2-57c) für die Totalenthalpie und die Entropie dht /dr = 0 und ds/dr = 0.
Dies gilt allerdings bei Fan-Stufen mit hohen Machzahlen nur eingeschränkt.
Die vereinfachte Differentialgleichung des radialen Kräftegleichgewichts nach
Gl. (4.2-57a) wird als Ausgangsbeziehung für die Berechnung der vom Radius abhängi-
gen Drallverteilung der Strömung verwendet. Sie bildet die Basis für die verschiedenen
Drallgesetze zur Verwindung der Schaufeln.

Drallgesetze, Drallverteilungen und Schaufelverwindung Um die verschiedenen


charakteristischen Fälle von Drallverteilungen real zu verwirklichen, ist es notwendig,
dass der den Rechnungen jeweils zugrunde liegende Gleichgewichtszustand (Strom-
linienverlauf auf Zylinderflächen) erreicht ist. Dies wird in vielen Fällen heißen, dass
die den Drall erzeugenden Leitrad-Schaufeln in größerem Abstand vor dem Rotorgitter
liegen.

Drallgesetz des Potential- oder Freiwirbels zur Schaufelverwindung.  In Anlehnung


an die in der allgemeinen Fluidmechanik bekannten Gesetze der drehungsfreien Strö-
mung eines Potentialwirbels kann aus Gl. (4.2-57c) für den Ringraum der Gitterströ-
mung das Drallgesetz für den Potential- oder Freiwirbel (free vortex) abgeleitet werden.
Dazu wird die Annahme getroffen, dass in radialer Richtung von der Nabe bis zum
Gehäuse die Axialgeschwindigkeit cax konstant ist, das heißt

dcax
cax (r) = const bzw. = 0.
dr
Der Totaldruck in Schaufelhöhe soll ebenfalls konstant bleiben, das bedeutet
pt (r) = const sodass damit sich aus der vereinfachten Differentialgleichung für Turbo-
maschinen Gl. (4.2-57b) ergibt

dcu c2 dcu dr
cu =− u oder =− (4.2-58)
dr r cu r
4.2 Turboverdichter 347

Drallgesetz
cu1= const. n = 0

außen mitte
innen

Potentialwirbel Fester Wirbel


n = -1 cax= const. n=1

Abb. 4.2-29  Geschwindigkeitsverteilung für eine axiale Verdichterstufe längs einer verwundenen


Schaufel nach dem Potentialwirbel-Gesetz (n = −1), dem Gesetz mit cu1 = const (n = 0) und dem
Gesetz „Fester Wirbel“ (n = +1)

und mit der Integration ln cu + ln r = const das Drallgesetz für die drehungsfreie Strö-
mung, das Potential- oder Freiwirbel-Gesetz
cu r = const. (4.2-59a)
Dieses Gesetz für drehungsfreie Strömung verlangt immer eine konstante Axialge-
schwindigkeit über dem Radius cax = const, gleichgültig, ob es bei kompressiblen oder
inkompressiblen Fluiden angewandt wird. Gl. (4.2-59a) als allgemeines Drallgesetz for-
muliert lautet

cu = k rn . (4.2-59b)
Der radiale Verlauf des Strömungswinkels α = f(r) über der Schaufelhöhe, also die
Ablenkung der Strömung, ergibt sich aus Gl. (4.2-59a), (4.2-59b) mit dem Index m
für die Daten des Mittelschnitts rm cu m = r cu = const und mit tan α = cax /cu der
Zusammenhang
rm r
cu = cum bzw. tan α = tan αm . (4.2-60)
r rm

Axialverdichter wurden in der Vergangenheit häufig nach dem Potentialwirbelgesetz


ausgeführt, da diese Drallverteilung prinzipiell besonders übersichtlich und der Berech-
nung leicht zugänglich ist. Außerdem ist die Axialgeschwindigkeit am Austritt der Lauf-
radbeschaufelung bei radiusunabhängiger Energiezufuhr gleichfalls konstant. Es ergibt
sich wiederum eine Potentialwirbelverteilung (Abb. 4.2-29).
348 4 Turbomaschinen-Komponenten

S Meridian-
R stromlinie
cm
cr Mittelschnitt
cax

bax
rM1 rM2

Abb. 4.2-30  Verdichterstufe mit Meridianstromlinie und Geschwindigkeitskomponenten sowie


Kräftebilanz für einfaches radiales Gleichgewicht

Der Reaktionsgrad rh (Abschn. 4.2.3.1) steigt beim Potentialwirbelgesetz längs der


Schaufel demnach von innen nach außen an, sodass zum Beispiel bei üblichen Naben-
verhältnissen die Werte der Reaktionsgrade in den verschiedenen Schaufelschnitten von
innen nach außen rhi ≈ 0,1 bis rha ≈ 0,8 liegen können. Die Geschwindigkeitsdreiecke
ändern sich dementsprechend wie in Abb. 4.2-29 zu sehen ist. Das Laufrad der Stufe
muss deshalb den Geschwindigkeitsdreiecken folgend stark verwunden werden, das Leit-
rad nur geringfügig.
Die Umsetzung der Energie im Laufrad entsprechend der Erhöhung des statischen
Druckes im Laufradgitter bezogen auf die gesamte Stufe nimmt beim Potentialwirbel-
gesetz in den verschiedenen Schaufelschnitten von innen nach außen mit steigendem
Reaktionsgrad rh erheblich zu. Die für die spezifische Leistung wesentlichen Kompo-
nenten cu1 und cu2 nehmen stark ab und die Axialgeschwindigkeit cax bleibt definiti-
onsgemäß konstant. Bei der Auslegungs- und Verwindungsrechnung der Schaufelgitter
muss deshalb stufenweise iterativ geprüft werden, ob die Anpassung der Schaufelgitter
an die sich radial ändernden Geschwindigkeitsverhältnisse unter Beachtung verschie-
dener Grenzwerte in allen Schnitten noch optimal ist. Dies betrifft bei hoch belasteten
Fan-Schaufeln von Bypass-Triebwerken besonders den Strömungsbereich außen an der
Laufradschaufel.
Bei Beachtung der kompressiblen Strömung (ρ � = const) und cax = const ergibt sich
eine Versetzung der Stromlinien im Meridianschnitt (Abb. 4.2-30). Eine Erweiterung der
Rechenverfahren wird dann notwendig. Hierauf wird im Abschn. 4.2.5.2 näher eingegangen.
Aus den hier nur kurz vorgestellten Ergebnissen einer Schaufelverwindung nach dem
Potentialwirbel-Gesetz folgt bereits, dass es zur Lösung praktischer Aufgaben zweck-
mäßig ist, weitere Drallgesetze mit beliebigen Exponenten n zu verwenden [Eck61K,
Mün72K, Cum89B, Tra00Ka, Gri09B].
4.2 Turboverdichter 349

Drallgesetze dieser Art sind zum Beispiel:

Schaufelverwindung nach dem Drallgesetz cu = const  Bei diesem Drallgesetz wird als
Bedingung dpt/dr = 0 vorgegeben sowie dcu/dr = 0 (Abb. 4.2-29, oben rechts). Hierbei
führt Gl. (4.2-57a) zu

dcax c2
cax + u =0 (4.2-61)
dr r
Da c2u/r immer positiv ist, wird d(c2ax/r) immer negativ und somit gilt für die Axialge-
schwindigkeiten im Außen- und Innenschnitt cax a < cax i.
Gleichung (4.2-61) wird integriert und zur Bestimmung der Integrationskonstanten
auf den Mittelschnitt bezogen, so dass die Tendenz des cax-Verlaufes abgelesen werden
kann (Abb. 4.2-29)

c2ax = c2ax m − 2 c2u ln (r/rm ). (4.2-62)


Schaufelverwindung nach dem Drallgesetz cu/r = const  Bei diesem Drallgesetz steigt
die Umfangskomponente mit dem Radius wie bei einem starr rotierenden Körper, wes-
halb man auch die Bezeichnung „Fester Wirbel“ (solid body) wählen kann. Wieder mit
dpt/dr = 0 sowie mit cu = k r und dcu = k dr (k = Konstante) folgt
2c2u 1 dc2ax (4.2-63)
=− .
r 2 dr
Der Differentialquotient dc2ax /dr ist hier stets negativ und die Axialgeschwindigkeit
nimmt gleichfalls nach außen ab, jedoch ist ihr Verlauf über dem Radius anders als im
Fall des Gesetzes mit cu = const.
Wird Gl. (4.2-63) integriert und das Ergebnis zum Beispiel auf den Innenschnitt bezo-
gen, so gilt

c2ax = c2ax i − 2 (c2u − c2ui ) (4.2-64)


Weiterhin gehören zu den klassischen Drallgesetzen [Eck61K, Mün72K, Tra00Ka,
Gri09B] mit entsprechenden vereinfachenden Annahmen die Gesetze der
Schaufelverwindung mit dem Drallgesetz α = const
und der
Schaufelverwindung mit konstantem Reaktionsgrad rh.

Das allgemeine Drallgesetz Die Geschwindigkeitsverteilung in radialer Richtung


und damit. die Verwindung der Schaufeln kann auf der Grundlage der vorstehenden
Betrachtungen als allgemeines Drallgesetz erfasst werden
B
cu (r) = A rn ∓ , (4.2-65)
r
wenn vorausgesetzt wird, dass sich die einzelnen Fluidteilchen auf zylindrischen Strom-
röhren bewegen und nur einem Zentrifugalkraftfeld unterworfen sind. Dabei sind A, B
und Exponent n Konstanten mit (−) für Ebene 1 bzw. 3 und (+) für Ebene 2.
350 4 Turbomaschinen-Komponenten

r Potential- Fest-
wirbel körper
ra n = -1 -0,5 0 +0,5 +1
1

rm 2

3
ri
cuM cu

Abb. 4.2-31  Radiale Drallverteilung von Schaufelnabe bis Gehäuse bzw. cu = f (r) für verschie-
dene Drall-Gesetze n = −1, −0,5, 0, +0,5, +1

Für die vorstehend dargestellten Verwindungsgesetze ergeben sich mit Hilfe der
bereits bekannten Bezugsgrößen und Geschwindigkeitsdreiecken bezogen auf den Mit-
telschnitt (Index m)
 n  n
r rm r rm
c1 u = A −B und c2 u = A +B .
rm r rm r
Das Potential- oder Freiwirbelgesetz (free vortex) folgt daraus
n = −1, B = 0, A = cu m rm
cu (r) r = A = const
und das Gesetz „Fester Wirbel“ (solid body)

cu (r)
n = +1, B = 0 und = const.
r
Für das Gesetz mit konstantem Drall cu = const folgt
n = 0, B = 0 und cu = A = const.
Zusammengefaßt ist in Abb. 4.2-31 schematisch die radiale Drallverteilung bzw.
cu = f(r) für verschiedene Drall-Gesetze dargestellt.
Neben den genannten Drallgesetzen sind Kombinationen von Verwindungsgesetzen
mit beliebigen Exponenten durchführbar. Auf dieser Basis ist es auch bei mehrstufigen
Turboverdichtern möglich, mit entsprechenden Optimierungsverfahren günstige Strö-
mungszustände in allen Lastzuständen zu erreichen [Gri09B]. Zusammenfassend ist die
Geschwindigkeitsverteilung längs der Schaufel für verschiedene typische Drallgesetze in
Abhängigkeit von dem Exponenten n in Abb. 4.2-31 dargestellt.
Die radiale Aufteilung des Reaktionsgrades und damit der radiale Verlauf der
Energieumsetzung in einer Stufe beeinflusst erheblich die Auslegung des gesamten
4.2 Turboverdichter 351

mittlere Stufe

Stator S
Leitrad

Rotor R
Laufrad
1, 2, 3 Berechnungsebenen in den Axialspalten
d Abstandslinien der Stromlinien
ms Mehrschnitt-Meridianstromlinien
Rm Krümmungshalbmesser der Meridianstromlinien
γ Neigungswinkel zwischen d und ms

Abb. 4.2-32  Stromlinienverlauf schematisch im mehrstufigen TurboverdichterStromlinienverlauf

Verdichters. Es ist deshalb zweckmäßig, die radiale Verteilung einflussreicher Stufen-


größen sowie eventuelle Grenzwerte längs der Schaufeln vorzugeben und dann durch
Anwendung verschiedener Drallverteilungen die Auslegung der verwundenen Schaufel-
gitter iterativ zu optimieren. In [Mün72K, Tra00Ka, Cum89B, Gri09B] werden Beispiele
hierzu vorgestellt.

4.2.5.2 Stromlinienkrümmungsmethoden
Im vorstehenden Abschn. 2.5.1 wurde bisher zylinderförmige Strömung vorausgesetzt
und betont, dass die radiale Verschiebung der Stromlinien ausgeglichen ist und verein-
facht eine rein koaxiale Strömung vorherrscht.
Die Umlenkung der Strömung eines kompressiblen Fluids führt entsprechend dem
Verlauf der cu-Komponente zu Druckgradienten in radialer Richtung. Diese bewirken
eine Krümmung der Stromlinien in den einzelnen Schaufelschnitten, wie in Abb. 4.2-32
und 4.2-33 schematisch gezeigt wird.
352 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-33 Strömungsverhältnisse -R m
schematisch im Meridianschnitt Rotor R
mit Stromlinienbahn und (Laufrad)
Radialversetzung

+Rm

dr
p

Zur Bestimmung der radialen Stromlinienversetzungen bei der erweiterten, ver-


einfachten Methode des radialen Gleichgewichts wird von einer Berechnung der kom-
pressiblen Strömung in den schaufelfreien Axialspalten zwischen den Schaufelgittern
ausgegangen.
Die Energiezufuhr im Rotor R (Laufrad) vergrößert die cu-Komponente von cu1 auf
cu2, sodass die Stromlinien tendenziell nach innen zur Nabe hin bewegt werden. Da im
Leitrad keine Energiezufuhr stattfindet, kehrt sich der Vorgang hier wieder um. Somit
entsteht ein geschwungener Verlauf der Stromlinien, denen die Massenelemente des Flu-
ids auf ihren Bahnen folgen. Im Vergleich zur rein koaxialen Strömung (Abschn. 4.2.5.1)
führt dies zu zusätzlichen Kräften auf den räumlich gekrümmten Strombahnen. Zur
Erläuterung dieser Kräfte wird hier die Strömung für den einfachen Fall einer Verdich-
terstufe (Ebene 1, 2 und 3) nach Abb. 4.2-32 betrachtet.
Die Tangente an die Bahnkurve mit dem Krümmungsradius ±Rm stimmt mit der
Richtung cm überein und schließt mit der Axialrichtung den Winkel γ ein.
Um das radiale Kräftegleichgewicht unmittelbar vor oder nach dem betrachteten
Gitter zu bestimmen, muss die vereinfachte radiale Druckgleichung (Abschn. 4.2.5.1,
Gl. (4.2-55)) erweitert werden. Den Druckkräften wirken nicht nur die Zentrifugal-
kräfte entgegen, sondern es müssen auch die Trägheitskräfte, hervorgerufen durch die
Beschleunigung des Fluidteilchens nach innen oder außen, beachtet werden.
Es kann hier angenommen werden, dass die Richtung der Koordinaten in Richtung
des Radius r übergeht. Die Schwingung der Stromlinien wird angenähert mit den Krüm-
mungsradien +R und −R beschrieben. Die Geschwindigkeit eines Masseteilchens auf
der Stromlinie in der Meridianebene ist cm = R ω = R (dγ/dt), sie wird in eine Axial-
komponente cax und eine Radialkomponente cr = cm sinγ zerlegt.
4.2 Turboverdichter 353

Im hier angewandten zylindrischen Koordinatensystem r, ϕ, z ist die radiale


Geschwindigkeitskomponente cr = f(r,z) und

dγ cm dγ
cr = cm sinγ sowie cm = R ω = R ⇒ =
dt R dt

Die Beschleunigung der Fluidelemente radial nach außen oder nach innen ist demnach

dcr dcm dγ
= sinγ + cm cosγ , (4.2-66)
dt dt dt
wobei dγ/dt durch cm /R ersetzt werden kann. Das einfache radiale Kräftegleichgewicht
nach Abschn. 4.2.5.1 Gl. (4.2-58) muss bei Beachtung der Stromlinien-Schwingung um
den Anteil dm (dcr /dt) erweitert werden. Damit ergibt sich gegenüber Gl. 4.2-58 das
erweiterte radiale Kräftgleichgewicht in folgender Form:
1 ∂p c2 d cr c2 dcm cm
· = u+ = u+ sinγ + cm cosγ . (4.2-67)
ρ ∂r r dt r dt Rm
Da der Winkel γ näherungsweise in den betrachteten schaufelfreien Ebenen gegen 0 geht
und cm etwa gleich cax ist, wird für den Axialverdichter die Differentialgleichung für das
erweiterte radiale Gleichgewicht erhalten
1 ∂p c2 c2
· = u + ax für γ = 0 (t ⇒ r). (4.2-68)
ρ ∂r r Rm
Wird die Stromlinienschwingung nicht berücksichtigt, dann geht Rm → ∞ und es ergibt
sich für eine koaxiale Stromlinie mit cm = cax = 0 und γ = 0 wieder das radiale Kräft-
gleichgewicht nach Gl. (4.2-58) (Abb. 4.2-34).
Die Stromlinienkrümmung ist an denjenigen Stellen besonders bedeutungsvoll, wo
die Richtungen von cm, und cax, zusammenfallen (bei γ = 0). Damit werden die zwi-
schen den Beschaufelungen liegenden Maxima und Minima der in die Meridianebene
geklappten Fluidteilchenbahn erfasst.
Wie bei der Differentialgleichung des einfachen radialen Gleichgewichts in
Abschn. 4.2.5.1 kann vereinfacht mit der Energiegleichung (Bernoulligleichung) bei
inkompressibler Strömung und cax = f(r) und cu = f(r) die erweiterte Differentialglei-
chung der Turbomaschinenströmung abgeleitet werden [Eck61K, Tra00Ka, Gri09B u. a.].
1 ∂pt c2 c2 ∂cax ∂cu
= u + ax + cax + cu . (4.2-69a)
ρ ∂r r R ∂r ∂r
Mit der Totalenthalpie

1 2
cax + c2u + c2r

ht = h + differenziert
2
∂ht ∂h ∂cax ∂cu ∂cr
⇒ = + cax + cu + cr
∂r ∂r ∂r ∂r ∂r
354 4 Turbomaschinen-Komponenten

(a) Konische Strömung (a)

(b) Koaxiale Strömung (b)

(c) Gekrümmte Stromlinie (c)

Abb. 4.2-34  Stromlinien im Verdichter-Meridianschnitt bei den Sonderfällen. a R = ∞, konische


Strömung, b R = ∞, γ = 0, cm = cax, koaxiale Stromlinie, c R endlich,, γ = 0, cm = cax, Stromlinie
gekrümmt

sowie dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik (Gibb’sche Gleichung)


dp ∂h ∂s 1 ∂p
d h = T ds + differenziert ⇒ =T +
ρ ∂r ∂r ρ ∂r
kann diese Differentialgleichung für die Totalenthalpie des Fluids im Axialspalt zwischen
den Schaufelgittern bei angenommen rotationssymmetrischer Strömung und vernach-
lässigbarer Radialkomponente cr ermittelt werden

∂ht ∂s ∂cu ∂cax c2 c2


= T + cu + cax + ax + u . (4.2-69b)
∂r ∂r ∂r ∂r Rm r
Bei idealer, reibungsfreier Strömung liegt keine Entropieänderung vor (T(∂s/∂r) = 0).
Unter Beachtung der Kontinuitätsgleichung können auf der Basis der hier kurz vorge-
stellten Beziehungen für das radiale Kräftegleichgewicht und für den radialen Verlauf der
Totalenthalpie die Änderungen von Geschwindigkeiten und Zustandsgrößen längs der
Schaufeln bestimmt werden.
Diese Rechenverfahren zur Lösung der Differentialgleichung für die radial sich
ändernden Größen können in etwa 6 bis 10 Schnitten von der Nabe bis zum Gehäuse
unterteilt durchgeführt werden. Abhängig von der Aufgabenstellung oder vom nume-
rischen Aufwand werden einfache Mehrschnittsrechnungen, Stromlinienkrümmungs-
verfahren oder auch sogenannte „Actuator-Disk-Methoden“ und schließlich Finite
Differenzen, Finite-Elemente- oder Volumen-Methoden eingesetzt.
4.2 Turboverdichter 355

Verdichterstufen Bauweisen axial, diagonal, radial

Axial-Verdichterstufe AC

Durchmesser R R S R S
D1a D1a D1a
Daußen= const
D1a = D2a

Druckverhältnis
Schluckfähigkeit
Nabenverhältnis D i / Da

Diagonal - und Radial-Verdichterstufe DC und RC

Durchmesser S S S
Daußen= const
D2a > D1a R
R R
D1a
D1a
D1a

Druckverhältnis
Schluckfähigkeit

Abb. 4.2-35  Verdichterbauweisen mit verschiedenen Rotor-Beschaufelungen axial, diagonal und


radial. Gegenüberstellung bei gleichem Außendurchmesser zur Verdeutlichung der Schluckfähig-
keit und der Bauweisen [Gri09B]

4.2.5.3 Radialverdichter-Strömung und Betriebsverhalten


Die Bauweisen von Radialverdichter werden je nach der Hauptströmungsrichtung im
Rotor R (Laufrad La) einer Stufe unterschieden in Axial-, Diagonal- und Radialver-
dichter (AC, DC und RC). Im ersten Fall ist die Hauptströmungsrichtung parallel zur
Drehachse, im letzteren erfolgt sie in einer Ebene normal zur Drehachse und beim Dia-
gonalverdichter liegt die Strömungsrichtung zwischen den beiden genannten Fällen
(Abb. 4.2-1 und 4.2-35) [Eck61K, Gr09B].
Der Radialverdichter RC (radial or centrifugal compressor) besteht aus 3 wichtigen
Elementen, dem Lufteinlauf, dem Rotor bzw. rotierenden Laufrad oder Impeller (impel-
ler) und dem Austrittsgehäuse meist als Stator- bzw. Leitrad-Diffusor (diffuser) gestaltet.
Die bisher in diesem Abschn. 4.2 hauptsächlich betrachtete Axialbauweise eignet sich
gut für große Durchsätze, die radiale Bauweise ist demgegenüber bei großen Druckver-
hältnissen pro Stufe günstig. Sollen beim Radialverdichter größere Durchsätze gefördert
werden, können auch mehrere Stufen parallel oder doppelflutig geschaltet werden.
Der Fluidstrom wird im Radialverdichter vorwiegend in radialer Richtung durch
die Schaufelkanäle des Rotors und Stators geführt. In den Schaufeln des Rotors bzw.
356 4 Turbomaschinen-Komponenten

Radialverdichter-Rotor R 3D-Geschwindigkeitsdreieck
Position (2)

3 c2r
Diffusor c2m
c2m
c2u
2 c2z
Impeller
1 c2
c2m
r2
c1m w2

u2

c2 u2
c2m
β2

w1 c1m
w2
β1 c1
r2
u1
r1
2D-Geschwindigkeitsdreiecke
Eintritts-Ebene (1)
ω
Austritts-Ebene (2)

Abb. 4.2-36  Radialverdichter RC in offener Bauweise mit Impeller (Rotor, Laufrad), hier mit rück-
wärts gekrümmten Schaufeln und den Geschwindigkeitsdreiecken am Rotor-Eintritt und -Austritt

Impellers erfolgt in gleicher Weise wie beim Axialverdichter die Energieübertragung an


das Fluid durch Impulsaustausch zwischen Rotoreintritt und -austritt (Abb. 4.2-36).
Die übliche Bauweise der Radialverdichter wird meist mit rückwärtsgerichteten Rotor-
schaufeln ausgeführt, die abhängig von der Drehzahl mit Rücksicht auf Strömungsver-
luste und besonders auf Fliehkräfte offen oder beidseitig befestigt ausgeführt werden
können (Abb. 4.2-37). Die geschlossenen Impeller können mit Deckscheiben ausgeführt
werden, wie es bei Industrieverdichtern häufig der Fall ist. Beim Einbau von Radialver-
dichter in kompakten Turbotriebwerken von Flugzeugen und leichter Bauweise werden
Verdichterstufen mit halboffenem Impeller vorgezogen. Halboffene oder offene Bauwei-
sen erlauben höhere Umfangsgeschwindigkeiten als geschlossene Impeller. Die radial ste-
henden Impellerschaufeln werden am Schaufeleintritt zur ankommenden Strömung so
gekrümmt, dass eine möglichst störungsfreie Einströmung zum Impeller gewährleistet ist.
Über die Impellerbeschaufelung, dem Rotor oder Laufrad, wird dem eintretenden
Fluid eine Drehbewegung erteilt. Durch die Beschleunigung, welche die einzelnen Mas-
seteilchen bei ihrer Bewegung längs gekrümmter Bahnkurven erfahren, baut sich im
rotierenden Schaufelkanal ein Druckfeld mit nach außen zunehmendem Druck auf. Die
fluiddynamischen Grundlagen zu diesem Vorgang mit einer 3D-Strömung im Relativ-
system wurden in Abschn. 4.1 vorgestellt.
4.2 Turboverdichter 357

Radialverdichter (Impeller)
Art der
Rotor-Beschaufelung

Geschwindigkeitsdreiecke

ω
radial endend β 2 =90°

ω
ω
rückwärts gekrümmt β2 > 90° vorwärts gekrümmt β 2 < 90°

Abb. 4.2-37  Radialverdichter-Bauweisen mit verschiedenen Rotor-Beschaufelungen radial, rück-


wärts- und vorwärts gekrümmt

Das Fluid strömt dem Radialverdichter etwa koaxial mit der Einlaufgeschwindig-
keit c0 zu, wird am Impellereintritt (1) in radialer Richtung umgelenkt und tritt mit
der Absolutgeschwindigkeit c1 in das rotierende Schaufelgitter ein. Mit dem Vektor der
Umfangsgeschwindigkeit u1 ergibt sich vektoriell die relative Eintrittsgeschwindigkeit
w1. Nach Durchströmen der Schaufelkanäle verlässt das Fluid das Laufrad mit der relati-
ven Austrittsgeschwindigkeit w2, woraus sich durch vektorielle Addition der Umfangsge-
schwindigkeit u2 die absolute Austrittsgeschwindigkeit c2 ergibt.
Zur Erhöhung des Strömungsdruckes wird die Absolutgeschwindigkeit c2 durch
eine Verzögerung im anschließenden Stator-Diffusor (Leitrad) bis auf die Absolutge-
schwindigkeit c3 gebracht. Abhängig von den konstruktiven Gegebenheiten und den
Anforderungen an die Strömungsqualität der Abströmung sind sehr verschiedene Diffu-
sorbauweisen möglich [Eck61K, Tra00Ka, Gri09B].
Ein Radialverdichter leistet pro Stufe eine größere spezifische Arbeit als eine Axial-
verdichterstufe, benötigt also für höhere Druckverhältnisse wesentlich weniger Stufen als
der Axialverdichter und ist in seinem Betriebsverhalten besonders unempfindlich. Wer-
den zum Beispiel bei Industrieanlagen Arbeitsprozesse mit Zwischenkühler ausgelegt,
dann bietet besonders der mehrstufige Radialverdichter vom Gehäuse her gesehen kons-
truktive Vorteile.
Im Niveau der Wirkungsgrade sind die Axialverdichter den Radialverdichtern überle-
gen. Die Effizienz und Stabilität der Verdichter hängt wie bei der Axialbauweise von den
358 4 Turbomaschinen-Komponenten

gegenseitigen Einflüssen der verschieden komplexen sub-, trans- und supersonischen


Strömungsbereichen ab, wie dies beispielhaft für eine Axialstufe in Abb. 4.1-5 gezeigt wird.
Den Darstellungen zur Strömungsmaschinen-Hauptgleichung (Euler-Gleichung)
in Abschn. 4.1.2 folgend ergibt sich sinngemäß nach den Geschwindigkeitsdreiecken in
Abb. 4.2-36 die gleiche Beziehung der Hauptgleichung für eine Stufe des Radialverdichters RC
�ht RC = u2 cu2 − u1 cu1
1 (4.2-70a)
= (c22 − c21 + u22 − u21 + w21 − w22 ).
2
Der Zustandsverlauf im h-s-Diagramm der Strömung einer Radialstufe entspricht prin-
zipiell der Darstellung der Axialstufe in Abb. 4.2-6 in analoger Weise. Gegenüber dem

schwindigkeiten mit u2 ≫ u1 der über die Zentrifugalkraft bewirkte Anteil der spezifi-
Axialverdichter AC ist wegen dem größeren Unterschied zwischen den Umfangsge-

schen Arbeit beim Radialverdichter RC sehr viel größer als beim Axialverdichter

u22 − u21
wRC = �ht RC = >> �ht AC . (4.2-70b)
2
4.2.5.4 Impeller-Beschaufelung und Leistungscharakteristik
Die anschließende Erläuterung der Tendenz des Leistungsverhaltens von Radialverdich-
tern abhängig von der Krümmung der Schaufeln folgt der ursprünglichen Darstellung in
dem Fachbuch-Klassiker von Eckert/Schnell [Eck61K].
Die mit der Relativgeschwindigkeit w1 unter einem Winkel β1 von optimal etwa 30°
dem Impellereintritt (Ebene 1) zuströmende Luft kann durch die Beschaufelungsform
des Impellers mit rückwärts gekrümmten (β2 > 90°), radial endigenden (β2 = 90°) und
vorwärts gekrümmten Laufschaufeln (β2 < 90°) am Impelleraustritt (Ebene 2) ausgeführt
werden (Abb. 4.2-36, 4.2-37).
Der Einfluss tendenziell des Austrittswinkels ß2 der Relativgeschwindigkeit w2 auf die
Strömung im Impeller und damit auf die umgesetzte Energie im Rotor kann über die
Euler-Gleichung (Gl. 4.2-70a) bestimmt werden.
Mit der vereinfachenden Voraussetzung einer angenommen unendlichen Schaufel-
zahl für den Impeller folgt daraus, dass die Schaufelkonturen mit der Form der Stromfä-
den identisch sind und die Strömung vor Eintritt in den Impeller bzw. nach Austritt aus
dem Laufrad über dem Umfang gleichmäßig verläuft. Weiterhin soll der Reibungsein-
fluss vorerst unberücksichtigt bleiben.
Bei angenommen drallfreier Zuströmung mit cu1 = 0 lautet die Euler-Gleichung
ht C cu2
ht C = u2 cu2 bzw. 2 = , (4.2-70c)
u2 u2
was mit cot β2 = (cu2 – u2)/cm2 und der Lieferzahl ϕ = cm/u die Druckzahl ergibt
ht RC cu2 cm2
RC = 2 = =1+ cotβ2 = 1 + ϕ2 cotβ2 . (4.2-71)
u2 u2 u2
4.2 Turboverdichter 359

Radialverdichter (Impeller) Schaufelkrümmung


vorwärts gekrümmt
rückwärts gekrümmt

c2+

c2 w2< w2+ c2 cu2+> cu2


c2+ u2
β2 cu2
cu2 w2 u2
w2 cu2+< cu2
w2+> w2
β2 > 90° β2 < 90°

ω ω
Leistungs-Charakteristik bei Erhöhung des Durchsatzes mC
Annahme: Schaufelwinkel βS ≈β 2 = const cu1= 0
spez. Leistung ∆htC = u2 cu2
mC mC
cm2 w2 cu2 cm2 w2 cu2
cu2+< cu2 cu2+> cu2

Schaufelkrümmung
2
Ψ2 vorwärts
Wirkungsgrad ηC β2 < 90°
∆ h tC
u2 60°
radial
Leistungsziffer

90° β2 = 90°
1
120°
rückwärts
β2 > 90°
Wirkungsgrad ηC

c m2
0 Durchsatzziffer ϕ 2 =
u2

Abb. 4.2-38  Geschwindigkeitsdreiecke am Radialverdichter-Rotor mit rückwärts- und vorwärts


gekrümmten Schaufeln (Bild oben). Tendenz der Leistungscharakteristik und der Wirkungsgrade
von Radialverdichtern mit β2 < 90°, β2 = 90° und β2 > 90° (Bild unten)

Mit einer vorausgesetzten optimalen Zuströmung von β1 ≈ 30° und der Abströmung mit
β2 etwa gleich dem Schaufel-Austrittswinkel ergeben sich die in Abb. 4.2-38 grundsätzli-
chen Tendenzen im Leistungsverhalten von Radialverdichtern.
Vorwärts gekrümmte Schaufeln mit β2 < 90° führen bei gleicher Umfangsgeschwin-
digkeit u und steigendem Durchsatz ṁ bzw. Lieferzahl ϕ zu einem Anstieg von cu2 und
360 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-39  Verteilung der relativer resultierende


Relativgeschwindigkeiten im
Durchflußströmung + Kanalwirbel = Relativströmung
rotierenden Schaufelkanal.
Aus der Addition von
Einzelströmungen ergibt
sich der resultierende, reale
Verlauf unter Vernachlässigung
der Grenzschicht- und
Reibungseinflüsse
ω

damit zu höheren spezifischen Leistungen und Druckzahlen ψ, wobei der Reaktionsgrad


rh abfällt (Abschn. 4.2.3.1). Bei rückwarts gekrümmten Schaufeln ist die Tendenz umge-
kehrt. Mit rückwärts gekrümmten Schaufeln lassen sich bessere Wirkungsgrade erzie-
len und bei radial endigenden Schaufeln sind wegen der günstigeren festigkeitsmäßigen
Strukturen höhere Umfangsgeschwindigkeiten erreichbar. Damit sind leichtere Bauwei-
sen realisierbar, was sich bei Flugtriebwerken vorteilhaft erweist.

4.2.5.5 Strömungsvorgänge im rotierenden Schaufelkanal


Nach theoretischen Überlegungen zur Strömung im rotierenden Schaufelkanal und Erfah-
rungswerten aus Messungen ergibt sich nach Abb. 4.2-39, dass die resultierende Rela-
tivströmung aus einer reinen „Durchflussströmung“ und einer im Kanal „rotierenden
Strömung“ ohne Durchfluss zusammengesetzt angenommen werden kann. Die rotierende
Teilströmung wird auch als „relativer Kanalwirbel“ bezeichnet. Diese Überlegung und
Erfahrung kann mit einer Kräftebilanz an einem Fluidelement auf einer Stromlinie im
Relativsystem erläutert werden (Abb. 4.2-40). Die anschließenden Hinweise zur Strömung
im Impeller sind wiederum an die Darstellung von Eckert/Schnell [Eck61K] angelehnt.
Ausgangspunkt sind dabei die Navier-Stokes Gleichungen (Abb. 4.1-8). Bei der
Betrachtung der Relativbewegungen im Impeller wird von einem mitbewegten Koor-
dinatensystem ausgegangen. Die Absolutbeschleunigung setzt sich aus drei Anteilen
zusammen, der Relativ-, der Führungs- und der Coriolis-Beschleunigung.
Angenommen und vorausgesetzt wird zur Vereinfachung eine reibungs- und ablö-
sungsfreie Kanalströmung. Die hierbei gewonnenen Resultate werden den wirklichen
Strömungsverlauf annähernd richtig wiedergeben, solange Ablösungserscheinungen der
Grenzschicht (Abb. 4.2-43) von der Betrachtung ausgeschlossen bleiben. Unter dieser
Voraussetzung verhält sich die wirkliche Strömung außerhalb der Grenzschicht mit hin-
reichender Näherung so wie eine reibungsfreie Strömung.
Betrachtet wird ein Fluidelement von der Masse dm = ρ (ds dn db), wobei db die
Breite senkrecht zur Zeichenebene ist. Die am Fluidelement angreifenden Kräfte werden
in Kräfte unterteilt, die senkrecht zur Strömungsrichtung (n) wirken und solche die in
Strömungsrichtung (s) wirken.
4.2 Turboverdichter 361

Radialverdichter (Impeller)
r n
Kräfte am Fluidelement
Stro s dZ1
rotierender Strömungskanal mlin wp
ie + dZ2
Relativsystem dp
u

r n p

R
s ds

dn
Strom
linie β u dC r

ω
dn

ds

r
R

ω Druckkräfte
r2
r1

Zentrifugalkräfte dZ1 und dZ2


Corioliskraft dC

Abb. 4.2-40 Kräfte am Fluidelement bei einer Relativströmung im rotierenden Schaufelkanal


(Schema)

Kräfte senkrecht zur Strömungsrichtung (s)  Da der Fluidstrom gezwungen ist, inner-
halb des Schaufelkanals mit dem Laufrad zu rotieren, ergibt sich aus der Rotationsbewe-
gung des Impellers eine Zentrifugalkraft von der Größe

dZ1 = dm r ω2 . (4.2-72)
Mit dem Krümmungsradius R der Strombahn und der Relativgeschwindigkeit w wirkt
die Zentrifugalkraft

w2
dZ2 = dm . (4.2-73)
R
Durch die Bewegung des Fluidteilchens mit der Relativgeschwindigkeit w entlang einer
rotierenden Bahn tritt neben den beiden Zentrifugalkräften eine Führungskraft, die aus
der Mechanik bekannte Coriolis-Kraft auf
dC = dm (2 ω w). (4.2-74)

Die Resultierende der 3 Kräfte steht im Gleichgewicht mit der am Fluidelement wirken-
den Druckkraft normal zur Strömungsrichtung Richtung (n)

∂p
dFp n = dn ds db = −dZ1 cosβ + dZ2 − dC (4.2-75a)
∂n
362 4 Turbomaschinen-Komponenten

bzw. mit der Masse des Elements dm = ρ(dn ds db) lautet der Gradient des statischen
Drucks
w2
 
∂p 2
= ρ −r ω cosβ + − 2ωw . (4.2-75b)
∂n R
Kräfte in Strömungsrichtung (s)  Von der Zentrifugalkraft dZ1 wirkt in Strömungsrich-
tung (s) die Komponente

dZ1 sinβ = dm r ω2 sinβ. (4.2-76)


Die Druckkraft tangential zur Strömungsrichtung s lautet
∂p
dFp s = ds dn db. (4.2-77)
∂s
Die Resultierende dieser beiden Kräfte bewirkt nach dem Newtonschen Grundgesetz
eine Beschleunigung des betrachteten Fluidteilchens

dw
dm = dZ1 sinβ − dFps (4.2-78)
dt
Daraus ergibt sich mit dm = ρ (ds du db)

dw ∂p
ρ = ρ r ω2 sinβ − . (4.2-79)
dt ∂s
Mit dem Ansatz

dw ∂w ds ∂w
= = w (4.2-80)
dt ∂s dt ∂s
folgt daraus die Diffentialgleichung in Strömungsrichtung s

dw dr dp
ρ w = ρ r ω2 − . (4.2-81)
ds ds ds

dp
bzw. wdw = ω2 r dr − . (4.2-82)
ρ
Durch Integration ergibt sich daraus die Energiegleichung der rotierenden Relativströmung
w2 u2 p
− + = const mit u = r ω. (4.2-83)
2 2 ρ
Angenommen reibungsfreie Strömung, keine „Schubkräfte“ in der Strömung und kon-
stante gleiche Energie in einzelnen Stromfäden bzw. gleiche Energie in benachbarten
Stromfäden ergibt die Differentiation von Gl. (4.2-83) normal n zur Strömungsrichtung
dp dw du
+w −u =0 (4.2-84)
ρ dn dn dn
4.2 Turboverdichter 363

c u2th
Radialverdichter-Stufe
c u2 ∆c u
spez. Arbeit (reibungsfreie Strömung)
∆htC= u2 cu2 – u 1 cu1 c2 c 2th
∆w u β 2th u2
theoretisch bei z ==>∞ w 2th
∆h tCth = u 2 c u2th – u 1 c u1 β2
w2
β 2S
Minderleistung
∆wu ==> ∆cu

wm
Slip-Geschwindigkeit

ax
cSL = cu2th – c u2

wm
Slip-Faktor
u − c SL c 2ω
σ = 2 = 1 − SL
u2 u2 Kanal-Wirbel

h
Minderleistungsfaktor (reibungsfreie Strömung)
wC ∆h tC u 2c u 2 − u 1c u 1 ω
µ= = =
wCth ∆h tC th u 2 c u 2 th − u 1c u 1

Abb. 4.2-41 Radialverdichter-Geschwindigkeitsdreiecke bei Minderleistung am Rotoraustritt


Ebene 2 mit dem typischen Kanal-Wirbel [Eck61K, Gri09B]

dr
und mit u = rω und d n =
cosβ
 
dp dw
2
= ρ r ω cosβ − w . (4.2-85)
dn dn

Mit Gleichsetzung der Gl. (4.2-75b) = (4.2-85) ergibt sich die Differentialgleichung der


rotierenden Relativströmung für rückwärts gekrümmte Schaufeln β2 > 90°

dw w
= 2ω − . (4.2-86a)
dn R
Für vorwärts gekrümmte Schaufeln mit β2 < 90°

dw w
= 2ω + . (4.2-86b)
dn R
Durch diese Beziehungen wird die Verteilung der Relativgeschwindigkeiten im rotieren-
den Schaufelkanal nach Abb. 4.2-39 und 4.2-41 bestätigt.

Minderleistung, Schlupf Die wirkliche reale Geschwindigkeitsverteilung im Strö-


mungskanal eines Impellers ist ungleichförmig und abhängig von der Kanal- bzw.
Schaufelform, von der Schaufelzahl z und verschiedenen Wirbelströmungen.
364 4 Turbomaschinen-Komponenten

Gegenüber der theoretischen Strömung bei angenommen unendlicher Schaufel-


zahl kommt es zu einer Minderleistung der radialen Verdichterstufe analog dem Ein-
fluss der Winkelübertreibung bei Axial-Turboverdichtern [Tra00Ka, Eck61K, Gri09B].
Die Geschwindigkeitsverteilung normal zur Strömungsrichtung s kann angenähert mit
einem linearen Verlauf angenommen werden (Abb. 4.2-41).
Nach Gl. (4.2-86b) ergibt sich bei rückwärts gekrümmten Schaufeln bei Vernachlässi-
gung des endlichen Krümmungshalbmessers R des Schaufelkanals mit R → ∞

dw
= 2 ω. (4.2-86c)
dn
Die resultierende Geschwindigkeitsverteilung w(n) normal zur Stromlinie s setzt sich aus
einer über die Kanalbreite konstanten Durchflussströmung mit der Geschwindigkeit w0
und einer mit 2ω kreisenden Bewegung zusammen.
Diese kreisende Bewegung ist dem Rotationssinn des Laufrades entgegengerich-
tet (Relativwirbel) und erzeugt am Ende des Schaufelkanals eine Komponente Δwu zur
Relativgeschwindigkeit w2 entgegen der Umfangsrichtung (Abb. 4.2-41). Die mittlere
lineare Geschwindigkeit der kreisenden Bewegung ergibt sich aus

h h
wm + 2 ω = wmax = wm + (2 ω) .
2 2
Wird entsprechend den Überlegungen von Stodola [Sto27K, Eck61K] angenommen,
dass der Mittelwert der Geschwindigkeitskomponente Δwu dieser mittleren Geschwin-
digkeit der kreisenden Bewegung entspricht, dann ist

h
wu ≈ ω .
2
Die Kanalbreite h lässt sich mit den Bezeichnungen in Abb. 4.2-41 ersetzen durch
2 π r2
h≈ sinβ2 .
z
Weiterhin ergibt sich aus den Geschwindigkeitsdreiecken

h
cu = cu2 − cu2+ ≈ wu = ω ,
2
Δcu ist dabei ein Maß für die Minderleistung als Folge des durch die endliche Schaufel-
zahl hervorgerufenen Relativwirbels. Hiermit wird
π r2 π
cu = sinβ2 ω = u2 sinβ2
z z
Das Verhältnis der spezifischen Arbeit bei endlicher Schaufelzahl Δht C (ohne Reibung)
zur spezifischen theoretischen Arbeit bei unendlicher Schaufelzahl Δht C th wird als Min-
derleistungsfaktor μ bezeichnet.
4.2 Turboverdichter 365

Abb. 4.2-42 Minderleistungsfaktor 1,0
Rückwärts gekrümmte Schaufeln
bei Nullförderung nach Eckert µ Schaufelwinkel
[Eck61K] β2S 160°

Minderungsfaktor
0,9

140°
0,8
cu1 = 0
120°
100° 90°
0,7
10 15 30 ∞
Schaufelzahl z

Mit der spez. Verdichterleistung ht C = u2 c2 u − u1 c1 u bzw. bei unendlicher Schau-


felzahl z = ∞ wird ht C th = u2 c2u th − u1 c1u und der Minderleistungsfaktor
ht C u2 c2u − u1 c1u
µ= = .
ht C th u2 c2u th − u1 c1u
Für den Fall des drallfreien Eintritts in das Laufrad u1 c1u = 0 und w2 ⇒ 0 führt dies zu
c2 u th ⇒ u2. Es liegt damit eine „Nullförderung“ vor.
In Abb. 4.2-42 wird für den Fall der Nullförderung die Abhängigkeit des Minder-
leistungsfaktors μ von der Schaufelzahl und dem Schaufel-Austrittswinkels β2 S nach
Eckert und Stodola [Eck61K] gezeigt. Der radiale Schaufelaustrittswinkel β2 = 90°
hat den kleinsten Schlupffaktor bzw. Minderleistungs-Faktor, ist aber technologisch
günstig.

Slipgeschwindigkeit und Slipfaktor Wie nach Abb. 4.2-41 zu sehen ist, bewirkt die


Vergrößerung des relativen Strömungswinkels ß2 am Laufradaustritt eine Verkleinerung
der Umfangskomponente cu2th. Damit wird gemäß der Euler-Gleichung im Rotor eine
geringere spezifische Arbeit ausgetauscht. Dabei ist c2u die in der wirklichen Strömung
vorhandene Umfangskomponente.
Die Differenz der Umfangskomponenten cSL wird als Schlupf- oder Slipgeschwindigkeit
bezeichnet

cSL = c2u th − c2u .


Der verminderte Impulsaustausch eines Rotors mit endlicher Schaufelzahl ist von einer
Vielzahl von Parametern abhängig, so z. B. von dem geometrischen Austrittswinkel ß2 S,
der Schaufellänge L, der Schaufelbelastung, der Kanalform, der Kanalreibung, dem Tem-
peraturgradienten usw.
Die genaue Vorausberechnung der dreidimensionalen Strömung im Impeller mit
Reibung, Sekundär- und Wirbelströmungen auch mit instationären Bereichen kann mit
Hilfe von CFD-Methoden angenähert bestimmt werden. Daraus und aus vergleichenden
366 4 Turbomaschinen-Komponenten

Experimenten können auch vereinfachte Ansätze z. B. für die Slipgeschwindigkeit cSL
oder den Slipfaktor σ ermittelt werden
u2 − cSL cSL
σ = =1− .
u2 u2

Mit dem Slipfaktor oder dem Minderleistungsfaktor sind zwei Kenngrößen gegeben, mit
denen die realen und die ideal theoretischen Strömungen praxisnah für die Vielzahl von
möglichen Auslegungen und Bauweisen der Radialverdichter analysiert und beurteilt
werden. Für Sonderfälle können Zusammenhänge zwischen den beiden Definitionen
σ = f(μ) hergestellt werden.
Neben der erstmals von Stodola angegebenen Defnition wurden weitere Minderleis-
tungsfaktoren bekannt. Zu nennen sind die Faktoren von Busemann, Eck, Pfleiderer und
vor allem von Stanitz und Wiesner [Eck61K, Gri09B, Cum89B].

Einfluss der Reibung auf die Minderleistung Die vorstehenden Ausführungen zur


Impellerströmung beschränkten sich auf eine ideale reibungsfreie Strömung. Bei der
wirklichen reibungsbehafteten rotierenden Schaufelströmung werden die Vorgänge
innerhalb des Kanals durch die Grenzschicht und Wirbelbereiche wesentlich beeinflusst
(Abb. 4.2-43).
Da die Geschwindigkeit an der Schaufelsaugseite größer ist als diejenige an der Schau-
feldruckseite, ist auch die Grenzschichtdicke bzw. der Energieverlust in der schaufelna-
hen Strömung an der Saugseite größer. Außerdem wird an der Schaufelsaugseite gegen
das Schaufelende hin ein relativ großer Druckanstieg angestrebt, den die energiearme,
durch die Grenzschicht gebremste Strömung nicht aufbringen kann.
Diese Vorgänge verursachen eine Strömungsablösung an den Schaufelsaugseiten
wie in Abb. 4.2-43 schematisch gezeigt wird. Dies hat eine Verkleinerung der aktiven
Kanalweite h und damit eine Verringerung der Geschwindigkeitsunterschiede zur Folge
hat. Wird entsprechend Abb. 4.2-43 die geometrische Kanalweite hgeo und die wirklich
aktive Kanalweite heff mit einander verglichen, dann kann das Verhältnis heff/hgeo nähe-
rungsweise bei 0,7 bis 0,9 liegen. Dabei kann für die Berechnung rückwärts gekrümm-
ter Schaufeln, bei denen die mittlere Relativgeschwindigkeit im Schaufelkanal nur wenig
verzögert wird und deshalb weniger Ablösungserscheinungen auftreten, die Werte 0,8
bis 0,9 und für radial endigende oder vorwärts gekrümmte Schaufeln etwa 0,7 angesetzt
werden.

4.2.6 Betriebsverhalten und Kennfelder von ein- und


mehrstufigen Verdichtern

4.2.6.1 Verdichter-Ähnlichkeitskennfeld
In den vorangegangenen Kapiteln und Abschnitten wurden Grundlagen zur Ausle-
gung von Verdichtern behandelt, wobei ein möglichst optimales Verhalten im Bereich
des Auslegungspunktes A bzw. DS (design point) im Mittelpunkt stand. Darüber hinaus
4.2 Turboverdichter 367

cu2th
cu2
Geschwindigkeitsdreiecke
u2 Geschwindigkeitsdreiecke
real mit c2 u2 w 2
theoretisch mit c2th u2 w2th
mit Grenzschichteffekt
w2 u2 c2 ohne Grenzschichteffekt
w2th
c2th
A geom

hgeo Strömungsablösung
A eff
heff

+ Grenzschicht
+ abgedrängt
+ von Druckseite
+ zur Saugseite
s +
+
+
+ n
+
+
+
+

Abb. 4.2-43  Reale Geschwindigkeitsverteilung am Kanalaustritt des Radialverdichter-Rotors bei


abgelöster Strömung und Verringerung der freien Kanalweite [Eck61K, Gri09B]

muss ein Verdichter jedoch nicht nur im Auslegungspunkt arbeiten, sondern auch über
einen weiten Arbeitsbereich stationärer und instationärer Betriebszustände vom Leerlauf
bis zu Überlasten sicher laufen und stabil funktionieren [Eck61K, Gri09B].
Hierzu wird das Betriebsverhalten eines Verdichters mit Hilfe von Ähnlichkeitskenn-
feldern über den gesamten stabilen Betriebsbereich bei allen Drehzahlen und Drosselzu-
ständen beschrieben (Abb. 4.2-44). Obwohl die Berechnung von Verdichterkennfeldern
mit verschiedenen Rechenverfahren erfolgen kann, ist es notwendig, Vorausberechnun-
gen auf einem Verdichterprüfstand auch experimentell zu überprüfen.
Dabei wird für eine Reihe von konstanten Drehzahlparametern der Gegendruck am
Verdichteraustritt mit Hilfe einer verstellbaren Drossel variiert. Pro Drehzahlparame-
ter werden etwa 6 bis 8 Messpunkte aufgenommen. Dabei ist der Betrieb besonders im
368 4 Turbomaschinen-Komponenten

B1 Drosseln

C
Instabiler
Betrieb Bi

e)
p t3 A

nz
riß gre
p t2 Auslegungspunkt

ab p
B1
gs um A
un (P
m e
Druckverhältnis

r ö nz
St gre

B2
s
ät
ilit
ab

100%
St

n%
Sperrgrenze B2 Entdrosseln

Massendurchsatz m 2 [kg / s]

Abb. 4.2-44  Verdichterkennfeld allgemein mit ΠC = f(ṁ2, nrel, ηCis) sowie den Drosselstellungen
A, B1, B2 und instabil Bi bei Auslegungsdrehzahl nA = 100 %

Bereich der Stabilitätsgrenze sehr sorgfältig zu bestimmen. In Abb. 4.2-44 ist dazu das
Kennfeld eines typischen, einstufigen Transonic-Turboverdichters schematisch dargestellt.
Darüber hinaus sind in Abb. 4.2-44 vier Betriebszustände mit den entsprechenden
schematischen Darstellungen der Gitter-Profilanströmung für den Auslegungspunkt A,
die Drosselzustände B1 und B2 sowie den instabilen Betrieb Bi dargestellt.
In einem ersten Schritt kann der Massenstrom ṁ beziehungsweise der entsprechende
Volumendurchsatz V̇ als Abszissenmaßstab verwendet werden. Des weiteren kann das
Totaldruckverhältnis �C = pt3 /pt2 oder die spezifische Leistung  ht C is als Ordinaten-
maßstab angesetzt werden. Als weitere Kennfeldparameter bieten sich die Drehzahl und
der durch Isolinien dargestellte Wirkungsgrad ηCis an. Beim Druckverhältnis handelt es
sich um Totaldrücke. Ebenso ist der Massenstrom am Verdichtereintritt in der Ebene 2
zu nehmen.
Im Bereich des Auslegungspunktes A werden die Verdichtergitter bei optimalem
Wirkungsgrad günstig, verlustarm angeströmt. Durch Schließen bzw. Drosseln des Ver-
dichteraustrittskanals bei konstanter Drehzahl (Punkt B1) steigt das Druckverhältnis an,
die Strömungsumlenkung im Gitter nimmt zu solange bis es zum Zusammenbruch der
Strömung nahe der Stabilitätsgrenze kommt.
Starkes Entdrosseln des Verdichters bei konstanter Drehzahl (Punkt B2) durch öffnen
des Verdichteraustrittskanal kann zum Abreißen der Strömung auf der Druckseite des Git-
ters führen bis die so genannte Schluck- oder Sperrgrenze erreicht wird. Bei Drehzahlen
4.2 Turboverdichter 369

Abb. 4.2-45 Verdichter- Auslegungspunkt A
Ähnlichkeitskennfeld in einer
C
Darstellung mit reduzierten
Größen ΠC = f(ṁ red., nred, pt 3
)
ηCis). Auslegungspunkt A pt 2 n ze
g re
im optimalen Vollastbereich u mp
(P
[GasTurb] ze 100%
en n

Druckverhältnis
gr ηCis,opt
äts Tt2
ilit
ab
St

Wirkungsgrad ηCis

m Tt 2  kg K 
red. Durchsatz mred =  
p t2  s kPa 

größer oder kleiner als die Drehzahl nA reagiert der Verdichter ähnlich wie oben für die
Drehzahl nA beschrieben. Auf das Betriebsverhalten in den Stabilitätsgrenzbereichen und
außerhalb des stabilen Betriebes wird ausführlich in Abschn. 4.2.7 und 4.2.8 eingegangen.
Wird ein Verdichterkennfeld mit den genannten Größen wie in Bild 40a derart ein-
fach aufgetragen, dann ist dies nur für den aktuellen Umgebungs- bzw. Ansaugzustand
(p0 = pISA, T0 = TISA) gültig. Ändern sich die Ansaugbedingungen und damit auch der
Eintrittsdruck pt2 und die Eintrittstemperatur Tt2, dann wird wegen einer zum Beispiel
kleineren Fluiddichte ρ2 die axiale Zuströmgeschwindigkeit ansteigen, da die Kontinu-
itätsbedingung mit ṁ = A c ρ erfüllt werden muss. Hieraus folgt eine Änderung der
Anströmwinkel des ersten Gitters und daher auch eine Veränderung von Druckverhält-
nis ΠC und Wirkungsgrad ηCis. Gleiche Strömungswinkel werden erhalten, wenn die
Geschwindigkeitsdreiecke von zwei Betriebszuständen einander ähnlich sind.
Die meist schnell laufenden Turboverdichter arbeiten bei Strömungsgeschwindig-
keiten im kompressiblen, transsonischen Bereich eines Fluids bei dem zum Beispiel die
Strömungsverluste im Gitter stark vom Mach-Zahl-Niveau abhängig sind. Die Mach-
Zahl ist demnach die entscheidende Ähnlichkeitskenngröße für eine allgemein gültige
Darstellung von Verdichterkennfeldern. Wenn die Strömungsverhältnisse in einem Ver-
dichter bei unterschiedlichen Ansaugbedingungen wirklich gleich sein sollen, dann müs-
sen auch die z. B. mit den Mach-Zahlen gebildeten „Geschwindigkeitsdreiecke“ an sich
entsprechenden Stellen in der Verdichterströmung gleich sein. Mit Berücksichtigung
der Mach-Ähnlichkeit der Fluidmechanik ist es möglich, entsprechende dimensionslose
Kennfeldgrößen zu erstellen (Abb. 4.2-45).
An Stelle des Durchsatzes ṁ = A c ρ = A c p/(R T) wird hierzu als Abzisse im Ver-
dichterkennfeld mit der mittleren Axialgeschwindigkeit cax und der Durchströmfläche
Aax eine dem Durchsatz proportionale Machzahl Max eingeführt. Damit gilt

cax cax ṁ R T
Max = =√ = √ . (4.2-87)
a κRT Aax p κ
370 4 Turbomaschinen-Komponenten

Die statischen Größen T und p in dieser Beziehung können mit Hilfe der gasdynami-
schen Zusammenhänge näherungsweise durch Totalzustandsgrößen ersetzt werden

    κ
Tt κ−1 2 pt κ−1 2 (κ−1)
= 1+ Max und = 1+ Max .
T 2 p 2

Damit ergibt sich


√    κ+1
cax ṁ Tt R κ − 1 2 2(κ−1)
Max = = 1+ Max (4.2-88)
a A pt κ 2

und daraus als Funktion der Machzahl Max und κ der sogenannte reduzierten Durchsatz

√ 
ṁ Tt κ 1
ṁred = = Max κ+1 = f(Max ,κ) (4.2-89a)
Aax pt R 1 + κ−1 2
 2(κ−1)
2 Max

Mit ähnlichen Betriebsbedingungen „a“ oder „b“ zum Beispiel auf dem Verdichter-
Prüfstand an verschiedenen Versuchstagen gilt gemäß dem Mach-Ähnlichkeitsgesetz
Max, a = Max, b
und bei gleicher Verdichtergeometrie mit den Flächen Aa = Ab
 
ṁ Tt, a ṁ Tt, b
ṁred, a = = ṁred, b = .
pt, a pt, b

Diese als reduzierter Durchsatz bezeichnete Größe wird sinngemäß für den Verdichter-
eintritt (Ebene 2) als Kennfeld-Abzisse verwendet

ṁ2 Tt 2
ṁred 2 = .
pt 2
An Stelle von ṁred 2 kann
√ auch mit den bezogenen Größen � = Tt /TISA und δ = pt /pISA
die Beziehung zu ṁ �/δ erweitert werden, sodass für den reduzierten Durchsatz zum
Beispiel am Verdichtereintritt der sogenannte korrigierte Durchsatz folgt

Tt 2

2 288,15
ṁcorr 2 = ṁ2 = ṁ2 pt 2 . (4.2-89b)
δ2
101,325
Diese Darstellung hat den Vorteil, dass für den so korrigierten reduzierten Durchsatz der
korrigierte Durchsatz ṁcorr die Dimension kg/s erhalten werden kann.
Um auch für den ursprünglichen Kennfeldparameter Drehzahl n eine bei verschiede-
nen Umgebungsbedingungen „a“ oder „b“ gültige Ähnlichkeitskenngröße zu definieren
4.2 Turboverdichter 371

wird die reduzierten Drehzahl nred eingeführt. Für ähnliche Betriebsfälle „a“ und „b“
muss neben der axialen Machzahl Max auch die mit der Umfangsgeschwindigkeit u (Pro-
dukt aus Radius r und Winkelgeschwindigkeit ω) gebildeten Machzahlen Mu, a = Mu, b
gleich sein. Die Machzahl Mu ist definiert als
u rω πrn
Mu = √ =√ = √ √ . (4.2-90)
κRT κRT 30 κ R T
Auch hier kann die statische Temperatur T durch die Totaltemperatur
 
κ−1 2
Tt = T 1 + M
2
ersetzt werden, sodass mit der Umfangsgeschwindigkeit u = r ω gilt
 
rω κ−1 2 n πr κ−1 2
Mu = √ 1+ Mu = √ √ 1+ Mu . (4.2-91)
κ R Tt 2 Tt 30 κ R 2
n n
Mit der Bedingung Mu, a = Mu, b ergibt sich √ a = √ b .
Tt a Tt b
Dieser Mach-ähnlichkeitsgerechte Zusammenhang wird in der Strömungsmaschinen-
praxis meist in der Form der reduzierten Drehzahl
n n
nred = √ und für den Verdichtereintritt nred 2 = √
Tt Tt 2

bzw. mit  = Tt 288,15 in der Form der korrigierten Drehzahl




n n
ncorr = √ und für den Verdichtereintritt ncorr 2 = √
 2
sinngemäß verwendet.
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die Drehzahl n eigentlich eine mit
einer Konstanten multiplizierte Umfangsgeschwindigkeit (u = D π n/60) darstellt. Diese
√ √
muss, um einer Machzahl zu entsprechen, gleichfalls durch Tt bzw. Tt 2 dividiert

werden, sodass sich auch so die reduzierte Drehzahl nred = n/ Tt 2 ergibt.
Oft wird im Verdichterkennfeld nred auf den Auslegungspunkt A bzw. DS (design
point) bezogen. Damit lautet die relative reduzierte Drehzahl
   
n n
nred rel = √ √ . (4.2-92)
Tt 2 Tt 2 A
An Stelle des Verdichterdruckverhältnisses ΠC kann zur Kennfelddarstellung für den
Ordinatenmaßstab auch die reduzierte bzw. korrigierte spezifische Verdichterarbeit ein-
gesetzt werden. Gemäß der Euler’schen Turbomaschinen-Gleichung Gl. (4.2-5) folgt für
die spezifische Energie einer Verdichterstufe
ht C,St = u2 cu2 − u1 cu1 . (4.2-93)
372 4 Turbomaschinen-Komponenten

Die Geschwindigkeiten
√ in dieser Formel können durch Machzahl-Beziehungen ent-
sprechend M = c/ κ R T dargestellt werden, indem diese Beziehung sinngemäß durch
κ R T. dividiert wird. Nach der Umformung mit der Totaltemperatur wird die korrigierte
spezifische Energie der Verdichterstufe �ht C St /Tt 2 erhalten. Für den Stufenverband mit
Eintrittsebene 2 folgt somit
�ht C /�2 mit �2 = Tt 2 /T288,15 K .
Mit der so korrigierten spezifischen Energie kann für den Verdichter das Totaldruckver-
hältnis ΠC nach folgender Beziehung ausgerechnet werden
  κ
pt3 ht C ηCis κ−1
= +1 . (4.2-94)
pt2 Tt 1 cp

Somit ergibt sich bei gleichen Mach-Zahlen auch ein gleiches Druckverhältnis.
Bei großen spezifischen Verdichterleistungen oder erhöhten Fluggeschwindigkeiten
mit Verdichter-Austrittstemperaturen Tt3 > 500 C ist auch die Temperaturabhängigheit
des Isentropenexponenten κ nicht mehr zu vernachlässigen.
Die allgemein übliche Darstellung eines Verdichterkennfeldes ist in Abb. 4.2-45 gezeigt.
Wie aus den oben angeführten Beziehungen folgt, gilt ein solches Verdichterkennfeld nur
für einen bestimmten Isentropenexponenten κ und eine feste Gaskonstante R.
Zusammenfassend wird bei dimensionsloser und exakter Darstellung für die redu-
zierte spezifische Verdichterleistung erhalten
 
htC is V̇t 2 n
= f1 √ ;√ ; Re (4.2-95a)
κ R Tt2 A2 κ R Tt 2 κ R Tt 2
oder bei Verwendung des Druckverhältnisses
 
pt3 V̇t 2 n
C = = f2 √ ;√ ; Re (4.2-95b)
pt2 A2 κ R Tt 2 κ R Tt 2
und für den isentropen Verdichterwirkungsgrad
 
V̇t 2 n
ηC is = f3 √ ;√ ; Re . (4.2-95c)
A2 κ R Tt 2 κ R Tt 2
Für eine vereinfachte Mach-ähnliche Kennfelddarstellung sowie mit vernachlässigter
Reynoldszahl-Abhängigkeit und konstante örtliche κ-Werten wird, wie meist in der Pra-
xis üblich, mit ṁred und nred angegeben
   √ 
pt3 V̇t 2 n p ṁ2 Tt 2 n
= f2 √ ;√ bzw. t3 = f2 ;√ (4.2-95d)
pt2 Tt 2 Tt 2 pt2 pt 2 Tt 2
und    √ 
V̇t 2 n ṁ2 Tt 2 n
ηC is = f3 √ , √ bzw. ηC is = f3 , √ (4.2-95e)
Tt 2 Tt 2 pt 2 Tt 2
4.2 Turboverdichter 373

Abb. 4.2-46 Verdichterkennlinie Ψ
in ψ-ϕ -Darstellung [Eck61K, ηC is
Mün72K, Gri09B] Ψ is

Ψ is

ηC is

ϕ 2 AP ϕ2 ϕ2 AP ϕ2

4.2.6.2 Kennfeld und Kennlinie einstufiger Verdichter in vereinfachter


Ψ-ϕ-Darstellung
In Abschn. 4.2.6.1 wurde beispielhaft das Kennfeld eines 1-stufigen Verdichters in einfa-
cher Darstellung mit �C = f(ṁ2 , n, ηCis ) gezeigt und einführend erläutert (Abb. 4.2-44).
In Abschn. 4.2.3.2 (Abb. 4.2-10) wurde darauf hingewiesen, dass unter der verein-
fachten Voraussetzung inkompressibler Strömung oder bei vergleichbaren Mach-Zahlen
das Betriebsverhalten eines einstufigen Verdichters (Ebenen Eintritt 2, Austritt 3) beim
Abweichen von dem durch die Auslegungsbedingungen gegebenen Betriebspunkt durch
eine Kennlinie mit � = f(ϕ) � = f(n) dargestellt werden kann. Der Kennlinienverlauf kann
auch experimentell ermittelt werden. Er lässt sich unter gewissen vereinfachten Bedingun-
gen rechnerisch bestimmen. Hierbei wird außer der inkompressiblen, reibungsfreien Strö-
mung auch die Kenntnis über das Verhalten der verwendeten Schaufelgitter insbesondere
bei verschiedenen Anströmwinkeln vorausgesetzt. Das Ergebnis solcher Kennlinienrech-
nungen oder Prüfstandsversuche ist schematisch in Abb. 4.2-46 dargestellt.
Neben der effektiven Leistungsziffer �ht = �ht C /(u2 /2) ist als Funktion der Durch-
satzziffer ϕ2 = cax 2 /u noch die isentrope Leistungsziffer

  κ−1 
�ht C is 2 cp Tt 2 pt3 κ
�h T is = 2
= 2 −1 (4.2-96)
u /2 u /2 pt2

eingetragen, wobei für den isentropen Stufenwirkungsgrad gilt


ηC is = �h t is /�h t . (4.2-97)
Die Kurve ηCis = f(ϕ2) ergibt sich rechnerisch aus den als bekannt vorausgesetzten Gitter-
verlusten. In Abb. 4.2-47 ist eine größere Anzahl von Messungen an Axialverdichterstufen
mit Schaufelverwindungen nach dem Potentialwirbelgesetz dokumentiert (Abschn. 4.2.5).
Für Verdichter verschiedener Belastungen und Nabenverhältnisse (ν = 0,55 bis 0,85)
wurde ein weitgehend einheitlicher Kennlinien- und Wirkungsgradverlauf erhalten. Der
374 4 Turbomaschinen-Komponenten

ψhtis / ψ htis A ∆ψ htis ηC is /ηC is A


A A
1 1
∆ϕ

rel. Leistungsziffer

rel. Wirkungsrad
1 1
rel. Lieferzahl ϕ/ϕ A rel. Lieferzahl ϕ / ϕA

Abb. 4.2-47  Relative Verdichterkennlinie einer Axialverdichterstufe mit stoßfreiem Eintrittszu-


stand (klassische Darstellung, [Eck61K, Mün72K])

Unterschied bis zum Maximum der Leistungsziffer ψhtis wird Leistungs- oder Druck-
reserve und der entsprechende Bereich im Abzissenmaßstab Δϕ Durchsatzreserve
genannt. Der Betrieb einer Verdichterstufe links von Ψhtis,max birgt das Risiko von Ablö-
sungen bis hin zum kompletten Abreißen der Strömung. Bei mehrstufigen Verdichtern
ist dies für die Frontstufen (Außenschnitt) im Teillastbereich jedoch unvermeidlich.
Der Kennlinienverlauf für Fuß- und Außenschnitt der Schaufel ist verschieden, da
die Geometrie der Geschwindigkeitsdreiecke, wie aus den Drallgesetzen bekannt ist, sich
von Schaufelschnitt zu Schaufelschnitt ändert. Der Fußschnitt besitzt wegen der dort
kleineren Umfangsgeschwindigkeit eine kleinere Druckreserve und hat einen flacheren
Verlauf als der Mittel- und Kopfschnitt (Abb. 4.2-48 und 4.2-49).
Mit steigender Androsselung der Stufe wird der Kopfschnitt relativ zum Fußschnitt
einen Leistungs- bzw. Druckanstieg aufweisen. Hieraus ergibt sich eine relative Erhöhung
der Geschwindigkeit am Schaufelkopf gegenüber der am Fuß. Mit konstanter Geschwindig-
keitsverteilung im Auslegungspunkt (cax = const ≠ f(r)) stellt sich bei einer Drosselung bzw.
Entdrosselung der Stufe eine Stromlinienversetzung ein (Abb. 4.2-32). Durch eine stärkere
Drosselung ist der Axialverdichter am Innenschnitt besonders gefährdet, da die Druck-
reserve dort kleiner ist. Am Innenschnitt kann es zu Strömungsablösungen und damit zu
einem Wirkungsgradabfall kommen, sowie zu Rückströmungen bzw. zum Strömungsabriss
mit instabilen Strömungsvorgängen bzw. zum Pumpen (Abschn. 4.2.6.3 und 4.2.7).
Die Drehzahlunabhängigkeit von � = f(ϕ) ist jedoch nicht mehr gegeben, wenn
der Kompressibilitätseinfluss nicht mehr vernachlässigbar ist. Werden die Kompres-
sibilitätseinflüsse bei einem Verdichter gegebener Geometrie berücksichtigt, so ergibt
sich am Austritt des Laufrades auf Grundlage der Kontinuitätsgleichung wegen ρ3 > ρ2
die Geschwindigkeit cax3 kompr < cax3 inkompr. Dies führt bei üblicher Beschaufelung
(Abb. 4.2-5 und 4.2-6) zu einer größeren Arbeitsleistung.
Werden die Stufenbelastung oder das Geschwindigkeitsniveau erhöht, so kann
das zur Vergrößerung der Verlustbeiwerte und damit zu einem Wirkungsgrad- und
4.2 Turboverdichter 375

1 2 3
ψ htis Kopf

dr
os
Mittel

se
ln
Leistungsziffer Fuß

en
td
osr
se
ln
Fuß
Mittel
Kopf

Lieferzahl ϕ 2

Abb. 4.2-48  Kennlinien einer Verdichterstufe für den Kopfschnitt, Mittelschnitt und Fußschnitt
[Mün72K]

cax,a > cax,i cax,a= cax,i cax,a< cax,i

ra

ri

ϕ < ϕA ϕA ϕ > ϕA
drosseln entdrosseln

Abb. 4.2-49 Stromlinienversetzungen in einer Verdichterstufe beim Drosseln und Entdrosseln


[Mün72K]

Leistungsabfall führen (Abschn. 4.2.7). Im Gebiet der positiven oder negativen Pro-


filanströmwinkel können zusätzliche Verluste hinzukommen, die durch das lokale
Überschreiten der Schallgeschwindigkeit einerseits und infolge Blockierens des Gitters
andererseits hervorgerufen werden. Das Betriebsverhalten wird dadurch im stark gedros-
selten und stark entdrosselten Gebiet ungünstig beeinflusst.

4.2.6.3 Betriebsverhalten von mehrstufigen Verdichtern in


vereinfachter Ψ-ϕ-Darstellung
Das Betriebsverhalten mehrstufiger Turboverdichter in verschiedenen Drehzahl- und Last-
bereichen basiert prinzipiell auf dem Verhalten der einzelnen Stufen und hängt demnach
von der jeweiligen Charakteristik der Einzelstufen ab. Dabei kann davon ausgegangen
376 4 Turbomaschinen-Komponenten

0 1 2 3

1 2 3 C 1 2 3
mC
mCc
PcC = mcC ∆tC
h tC

Abb. 4.2-50  Mehrstufiger Axialverdichter mit Anströmung der Gitter bei verschiedenen Dreh-
zahlen und Lastzuständen, hier Volllast- und Teillastdrehzahl (gestrichelt) in schematischer
Gegenüberstellung [Gri09B, GasTurb]

werden, dass bei gut abgestimmten Verdichterstufen für den Bereich des Auslegungspunk-
tes A meist ein möglichst optimales Verhalten aller Stufen verwirklicht wurde.
Bei Auslegungsbedingungen sollten also alle Rotor- und Stator-Gitter verlust-
arm angeströmt werden. Bei Drehzahlen und Drosselzuständen außerhalb des Ausle-
gungspunktes verändern sich z. B. die Geschwindigkeitsdreiecke und die thermischen
Zustandsgrößen wie Druck, Dichte und Temperatur gegebenenfalls erheblich. Dies führt
konsequenter Weise bei gleich bleibender Geometrie des Verdichters zu Abweichungen
der Betriebszustände. Als Beispiel dazu wird nachstehend das Verhalten eines mehrstufi-
gen Axialverdichters betrachtet (Abb. 4.2-50).
Bei niedriger Drehzahl wird der Verdichter ein deutlich kleineres Druckverhältnis
liefern als bei Volllast. Dementsprechend erhöht sich auch die Dichte des Fluids von
der ersten bis zur letzten Stufe wesentlich weniger als bei höheren Drehzahlen. Die Ein-
schnürung des Strömungskanals von der ersten bis zur letzten Stufe, die bei Auslegungs-
bedingungen zu günstiger axialer Strömungsgeschwindigkeit führt, passt also nicht mehr
4.2 Turboverdichter 377

zur Dichteänderung. Im Bereich der letzten Stufe mit einem nun tendenziell zu kleinen
Ringraum wird konsequenterweise die mittlere Axialgeschwindigkeit größer sein als in
der ersten Stufe.
Bei Teillast wird der Anströmwinkel i zum ersten Rotor-Gitter (gestrichelte Linien
in Abb. 4.2-50) positiv werden, das letzte Rotor-Gitter wird dagegen mit einem nega-
tiven Anströmwinkel i arbeiten müssen. Wird die Drehzahl konstant gehalten und mit
Hilfe einer verstellbaren Drossel der Durchsatz und damit die Axialgeschwindigkeit
verringert, dann vergrößert sich ebenfalls der Anströmwinkel der Gitter. Sobald vom
optimalen Anströmwinkel eines Gitters abgewichen wird, steigen die Strömungsver-
luste an. Diese sind außerdem erheblich von der Machzahl M1 abhängig. Bei zu großem
Anströmwinkel reißt die Strömung ab.
Im niedrigen Teillastgebiet kann der gesamte Verdichter bei abgelöster Strömung in
einzelnen Gittern insgesamt immer noch stabil arbeiten, bis bei intensiver Verschlech-
terung der Betriebsbedingungen die gesamte Strömung zusammenbricht und der
Verdichter die Stabilitätsgrenze überschreitet. Für eine kurze Zeit kann sich die Strö-
mungsrichtung umkehren, der Gegendruck geht zurück, es entstehen wieder günstige
Strömungsverhältnisse und die Strömung kann vorübergehend wieder zum Anliegen
kommen. Ist inzwischen der Drosselzustand nicht geändert worden, dann reißt die Strö-
mung erneut ab. Dieser zyklische Vorgang wird als „Pumpen“ des Verdichters bezeich-
net, wobei es zu erheblichen mechanischen Belastungen kommt. Pumpvorgänge sollten
auf jeden Fall vermieden werden. Zum Stabilitätsverhalten von Turboverdichtern wer-
den in Abschn. 4.2.7 weitere Erläuterungen gegeben.
Das Gesamtkennfeld eines Axialverdichters kann vereinfacht als Superposition von
mehreren Stufenkennlinien angesehen werden, wobei hier vereinfacht nur die reprä-
sentativen Werte des Mittelschnittes beachtet werden sollen. Derartige Berechnungen
wie besonders die numerischen Kennfeldrechenverfahren (Stufenaufbauverfahren oder
Stage Stacking Methods) sollten allerdings mit großer Genauigkeit durchgeführt wer-
den, da die gefundenen Austrittsbedingungen der einen Stufe die Eintrittsbedingungen
der darauf folgenden Stufe darstellen. Eine einmal vorkommende Rechenungenauigkeit
bei der Druck- oder Durchsatzbestimmung der einen Stufe wird sich in der darauf fol-
genden Stufe nicht kompensieren, sondern von Stufe zu Stufe vergrößern. Die numeri-
sche Berechnung von Verdichterkennfelder kann auf der Basis von Mittelschnitt- und
Mehrschnitt-Rechenverfahren (Stromlinien-Krümmungsverfahren) vorgenommen wer-
den sowie mit Hilfe der EDV-Technik verstärkt punktuell durch CFD-Rechenverfahren
wie Euler- und NS-Verfahren (Abschn. 4.2.9), die wesentlich genauere Ergebnisse liefern
[Cum89B, Gri09B].
Das Gesamtkennfeld eines mehrstufigen Verdichters nach Abb. 4.2-50 (Index Ein-
tritt (2), Austritt (3)) wird für jede Drehzahl n stufenweise berechnet. Die Diagramm-
darstellung zum Beispiel in Abschn. 4.2.6.1, Abb. 4.2-46, erfolgt mit der Ordinatengröße

ΔhtCis/Tt2 oder üblicherweise pt3/pt2, der Abszissengröße ṁ = ṁ2 Tt 2 /pt 2 und der

reduzierten Drehzahl nred = n/ Tt 2 .
378 4 Turbomaschinen-Komponenten

n>n AP
n=n AP
n<n AP n <nAP
n =nAP
R S R S R S n >nAP

Endstufe E
Mittelstufe M
Anfangsstufe A

Ψ is AP n 11 0 %
n 10 0 %
n 90 %
n 80 %

ϕA ϕM ϕE

Abb. 4.2-51 Betriebszustände im mehrstufigen Axialverdichter. Strömungskanal (oben) dem


Dichteverlauf entsprechend dargestellt. (Bild unten) Wanderung der Betriebspunkte auf den Stu-
fen-Kennlinien eines Axialverdichters bei verschiedenen Drehzahlen [Mün72K]

Verschiebung der Arbeitspunkte auf den Stufenkennlinien Für eine vereinfachte


Betrachtung der Wanderung der Betriebspunkte auf den einzelnen Stufenkennlinien
wird angenommen, dass alle Einzelstufen durch ein und dieselbe relative Kennlinie dar-
gestellt werden können. Außerdem sollen nur jeweils eine Anfangs- (A), eine mittlere
(M) und eine Endstufe (E) betrachtet werden. Weiterhin sollen alle Stufen bei den Dreh-
zahlen n entsprechend 100 % gleich belastet sein, es gilt also mit den Leistungsziffern
E = M = A. Wird für diesen Zustand der Strömungskanal des Verdichters entwor-
fen, verengt sich der Kanal entsprechend der Dichtezunahme, da die axialen Strömungs-
geschwindigkeiten im Verdichter wegen der Ausgangshypothese ϕE = ϕM = ϕA bei
uE = uM = uA gleich groß sind.
Wird bei gleich bleibender Drosselung (A3 = const) die Drehzahl erhöht, dann stei-
gen das Druckverhältnis pt 3 /pt 2 und auch das Dichteverhältnis ρ3 /ρ2 an. Dies würde,
wollte man den Axialgeschwindigkeitsverlauf in den Stufen beibehalten, einen adaptiven
quasi „Gummi“-Verdichterringkanal voraussetzen (Abb. 4.2-51, gestrichelte Linie).
Da jedoch Außen- und Innenbegrenzung des Strömungskanals kaum verändert
werden können, wird sich dort, wo die Fläche zu groß ist, eine Verkleinerung der Axi-
algeschwindigkeit ergeben und dort, wo sie zu klein ist, eine Vergrößerung von cax.
Im Bereich der mittleren Stufen wird die cax-Änderung am geringsten sein. Wird eine
4.2 Turboverdichter 379

Abb. 4.2-52 Betriebszustände
im mehrstufigen
Verdichterkennfeld mit
Abreißpunkten der Einzelstufen
am Anfang A, in der Mitte M
und am Ende E des Verdichters.
Darstellung nach [Eck61K] AP

AP

Gesamtdruckverhältnis rel.
ηVis,opt

konstante Drosselfläche hinter dem Verdichter vorausgesetzt, ergibt sich von der Ausle-
gungsdrehzahl aus gerechnet bei einer Drehzahlabnahme eine Entdrosselung der letzten
Stufen und eine Belastungssteigerung der Kopfstufen. Das Druckverhältnis, das in einem
mehrstufigen Einwellen-Axialverdichter ohne variable Geometrie erreicht werden kann,
ist dadurch begrenzt. Dazu ergänzend zu den gegebenen Hinweisen nach Abb. 4.2-51
wird in Abb. 4.2-52 (ursprünglich aus [Eck61K]) ein idealisiertes aber realistisches Bei-
spiel eines typischen, mehrstufigen Axialverdichters ausgelegt mit gleichen Charakteris-
tiken der Einzelstufen in vereinfachter Form dargestellt.
Dabei sind die Verbindungslinien der Abreißpunkte der Einzelstufen am Verdichter-
Anfang A, in der Mitte M und am Ende E des Verdichters sowie die resultierende Stabili-
tätsgrenze des gesamten Verdichters hervorgehoben gekennzeichnet.
Um ein besseres Betriebsverhalten bei Teillast zu erreichen, werden daher Maßnah-
men zur Erweiterung des stabilen Betriebsbereiches wie Schaufelverstellung und/oder
Luftabblasung bei mehrstufigen Verdichtern eingesetzt (Abschn. 4.2.6.4).

Schaufelverstellung  Werden bei einem mehrstufigen Verdichter zum Beispiel die vor-
deren Stufen, die Kopfstufen, zu stark belastet (Abb. 4.2-52), so kann zur Entdrosse-
lung eine flachere Einstellung (Schließen) für die Schaufelgitter gewählt werden. Aus
konstruktiven Gründen werden vornehmlich nur die Stator-Schaufeln (Leiträder) der
380 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-53 Schaufelverstellung (a)
beim Verdichter. a Schließen des
Schließen
Stator-Gitters (Leitrad),
Stator
b Schließen des Rotor-Gitters w1 w2 c1
[Mün72K]. Winkel nach β1 β1´ α1´ α 1´
Abb. 1.4-2, Darstellung III α1
Rotor u1
u α1´
∆(∆w u)

(b)

Stator w1 w2 c1

Schließen β2´ β2 α1
Rotor u1
u
β2 ∆(∆w u)
β2´

vorderen Stufen verstellt. Im Bereich der mittleren Stufen ist eine Verstellung kaum
erforderlich. Das Schließen des Vorleitrades oder der Rotor-Schaufeln (Laufrad) führt
vereinfacht gesehen zu den gleichen qualitativen Ergebnissen (Abb. 4.2-53).
In Wirklichkeit wirkt sich das Verstellen eines Gitters sowohl auf den Strömungszu-
stand im davorliegenden, als auch auf den des nachfolgenden Gitters aus.
Wird das Leitrad bei konstanter Umfangsgeschwindigkeit (u1 = const.) geschlossen
(α1′ < α1), so verschiebt sich unter der Annahme gleichen Durchsatzes (cax = const) im dar-
auf folgenden Laufrad der Anströmwinkel in Richtung geringerer Belastung β1′ > β1. Bei
annähernd gleichen Abströmbedingungen des Rotors (β2 = const) wird die Umlenkung um
�(�wu ) kleiner. Wird ein Rotor-Gitter geschlossen β1′ < β1, dann wird bei annähernd glei-
chen Zuströmbedingungen (α1 bzw. β1 ) die Umlenkung gleichfalls um �(�wu ) kleiner.
Wird in diesem Falle ein aus Stator und Rotor bestehender einstufiger Verdichter betrach-
tet, dann wird sich die Kennlinie nach links verschieben. Dies wird bei gleicher Drosselung
zu einem Leistungs- und Durchsatzrückgang führen (Punkt A geht über in A′, Abb. 4.2-54).
Dabei ergibt sich ϕ′ < ϕ und somit cax ′ < c . Nach Abb. 4.2-54 kompensiert die Ver-
ax
ringerung der Axialgeschwindigkeit die Tendenz zum Leistungsabfall in gewissem Maße,
am qualitativen Ergebnis ändert sich jedoch nichts.
Bei mehrstufigen Verdichtern muss davon ausgegangen werden, dass das Verstellen
eines Gitters die örtliche Axialgeschwindigkeit und damit den Durchsatz kaum beein-
flussen wird. Es kann vielmehr dazu kommen, dass die Verschiebung der Kennlinie die
betreffende Stufe in den normalen Arbeitsbereich zurückbringt, wenn sie vorher zum
Beispiel bei zu starker Drosselung oder am linken Ast der Kennlinie gearbeitet hat (Fall
n = 80 % in Abb. 4.2-50, 4.2-51, 4.2-52). Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass
bezüglich der Lage des Arbeitspunktes auf der Drehzahllinie das Zudrehen des Schaufel-
gitters zum gleichen qualitativen Ergebnis führt, wie es sich bei einer Kanalverengung im
Bereich der ersten Stufen ergeben hätte. In diesem praktisch kaum durchführbaren Falle
wäre der Betriebspunkt auf der festgehaltenen Kennlinie von links nach rechts gerückt
4.2 Turboverdichter 381

Ψ is Normalstellung
A
A‘

Rotor, Stator
oder beide Gitter
gegenüber der
Normalstellung
zugedreht

Abb. 4.2-54  Einfluss der Schaufelverstellung auf die Kennlinie eines einstufigen Verdichters
[Mün72K]

Mehrstufiger Verdichter (2) – (3)


2
3
A2 A3 Drosselung

A M E
Stufen

Volllastbetrieb n = 100%

2
Ψis 2
1
A 3 <A 3AP
2 1
1 AP AP A 3 =A 3AP
AP
A 3 >A 3AP

ϕA ϕM ϕE
Anfangsstufe A Mittelstufe M Endstufe E

Abb. 4.2-55  Stufenkennlinien mit Einfluss des Drosselgrades bei Volllastbetrieb [Mün72K]

worden. Im Fall des Schaufelgitterschließens bei annähernd festgehaltenem Betriebs-


punkt würde die Kennlinie von rechts nach links verschoben. Die beiden dargestellten

Für zwei Drehzahlen, n = 100 % (Drehzahl im Auslegungspunkt) und n ≪ 100 %


Fälle unterscheiden sich grundsätzlich im Verlauf von cax.

(Teillast), wird nun exemplarisch dargestellt, wie die Betriebspunkte der einzelnen Stu-
fen eines mehrstufigen Verdichters bei einer Änderung der Androsselung verschoben
werden (Abb. 4.2-55).
382 4 Turbomaschinen-Komponenten

Teillastbetrieb n < n AP = 100%

1 2
ψ is
1 2
2 A 3 <A 3 AP
AP AP 1

A 3 =A 3 AP

ϕA ϕM ϕE
Anfangsstufe A Mittelstufe M Endstufe E

Mehrstufiger Verdichter (2) – (3)

Abb. 4.2-56  Stufenkennlinien mit Änderung des Drosselgrades bei Teillastbetrieb (Drehzahlen


n < nAP = 100 %) [Mün72K]

Bei einer Kennfeldrechnung wird normalerweise mit der Änderung des Drossel-
zustandes der ersten Stufe begonnen. Dies führt in den folgenden Stufen zu einer sich
steigernden Drosselung oder Entdrosselung. Das so erzielte Ergebnis für den gesamten
Verdichter muss in diesem Falle dem Drosselzustand durch Anpassen des Betriebspunk-
tes der ersten Stufe iterativ angepasst werden. Die Änderung des Drosselzustandes im
Betrieb erfasst dagegen zu Beginn des instationären Vorganges zunächst die Endstufe.
Der Druck wird bei Auslegungsdrehzahl (Abb. 4.2-55 oben) und Erhöhung des Dros-
selgrades in allen Stufen ansteigen. Dabei werden für die hinteren Stufen des Verdichters
größere Änderungen in der Druckzahl  beobachtet als für die vorderen Stufen. Die
letzten Stufen werden somit bei einem richtig ausgelegten Verdichter zuerst im abge-
rissenen Gebiet arbeiten bzw. den Pumpvorgang einleiten. Allgemein haben jedoch bei
normal belasteten Verdichtern die Kopfstufen mit ihren kleineren Nabenverhältnissen,
geringeren Schaufelzahlen und geringeren spezifischen Leistungen flacheren Kennlinien
und die letzten Stufen mit kurzen Schaufeln steilere Kennlinien. Je steiler eine Kennlinie
ist, desto mehr besteht die Gefahr eines Strömungsabrisses längs der gesamten Schau-
fel, der den Pumpvorgang einleiten kann. Bei Verdichter von Flugtriebwerken allerdings
haben auch die Frontstufen ein besonders hohes Mach-Zahl-Niveau und große spezifi-
sche Leistungen und dem entsprechende Stufenkennlinien.
Anders sind die Verhältnisse bei Teillast. Hier muss zunächst davon ausgegangen
werden, dass bei A3 = A3AP die Drosselgrade von Erst-, Mittel- und Endstufe verschie-
den groß sind (Abb. 4.2-56).
Der Effekt stärkerer Drosselung wird sich wiederum bei den Endstufen am meisten
auswirken. Welche Stufe zuerst in das abgerissene Gebiet hineinkommt, hängt jedoch
sehr von der gewählten Teildrehzahl ab.
4.2 Turboverdichter 383

Abb. 4.2-57 Betriebsverhalten
eines Verdichters in C
(b) (a)
Abhängigkeit vom
pt3/pt2
nachgeschalteten Empfänger B
bzw. dessen Volumen ∆h tC
A` A

Gesamtdruckverhältnis
(Empfänger-Kennlinien.
a im stabilen Bereich und

Enthalpiedifferenz
A``
b im Stabilitäts-Grenzbereich)
[Mün72K]

In Abb. 4.2-56 liegt das Druckmaximum zwischen der Drosselstellung 1 und 2


der Kopfstufe. Es kommt bei mehrstufigen Verdichtern vor, dass durch die stabilisie-
rende Wirkung der mittleren und der Hochdruckstufen die erste oder die ersten Stu-
fen zwangsweise im abgerissenen Gebiet arbeiten (z. B. Punkt 2 der Anfangstufe A), der
Gesamtverdichter jedoch stabil betrieben werden kann. Hier besteht jedoch das Risiko
des Auftretens einer rotierenden Ablösung, die häufig die Ursache von Schaufelschwin-
gungen ist. Die Eigenschwingung einer Schaufel kann mit der Frequenz der rotierenden
Ablösung in Resonanz kommen, was in diesem Betriebsbereich nach kurzen Laufzeiten
zum Schaufelbruch führen kann (Abschn. 4.2.7 und 4.2.8).

Instabiles Betriebsverhalten  Entscheidend für einen instabilen Verdichterbetrieb ist die


relative Neigung der Charakteristiken des dem Verdichter nachgeschalteten Empfängers
wie der Brennkammer, der Turbinensektion, der Düse oder einem anderen Behälter und
das Volumen des Verdichters selbst. Dazu anschließend einige kurz gefasste prinzipielle
Hinweise. Weitere Darstellungen zum Stabilitätsverhalten sind in den Abschn. 4.2.7 und
4.2.8 enthalten.
Arbeitet zum Beispiel der Verdichter im Punkt B und geht aus irgendeinem Grund
der Durchsatz zurück, dann verlangt zwar gemäß der Drossellinie (b) der Empfänger
auch einen kleineren Druck, der Verdichter ist jedoch nicht einmal in der Lage diesen zu
liefern, da der Verdichterdruck noch mehr abnimmt (Abb. 4.2-57).
Die Verdichterströmung bricht nach B immer mehr zusammen, und es kann zu Rück-
strömungen kommen, da im Empfänger ein höheres Druckniveau herrscht (Abschn. 4.2.7).
Infolge dieses Entleerungsvorganges fällt für eine sehr kurze Zeitspanne der Gegen-
druck, der Verdichter ist momentan wenig gedrosselt und kann kurzzeitig wieder richtig
fördern. Ist der Auffüllvorgang beendet, dann kann der Gegendruck wieder zu hoch sein
und der Vorgang beginnt von neuem. Die Frequenz dieses periodischen Betriebsverhal-
tens (Pumpen) hängt von den geometrischen Abmessungen des Verdichters, der Stufen-
charakteristik, der Empfängercharakteristik und anderem ab. Es reicht von Frequenzen
mit wenigen Hz bis zu Frequenzen mit mehreren hundert Hz.
384 4 Turbomaschinen-Komponenten

Störungsrichtung
(relativ zum bewegten Gitter)
w1
+i

u
C B A

Abb. 4.2-58  Gitterströmung bei Rotating-Stall [Eck61K, Hor67K, Gri09B]

Im Punkt A hat ein plötzlich eintretender Durchsatzrückgang keine nachteiligen Fol-


gen, da der Verdichter im „gesunden“, stabilen Bereich arbeitend zunächst den Druck
entsprechend A’ liefert. Der Empfänger benötigt jedoch nur einen Druck gemäß A”. Der
Druck wird sich somit schnell ausgleichen und der ursprüngliche Zustand gemäß A ist
wieder hergestellt.
Bei einem mehrstufigen Verdichter kann es vorkommen, dass bereits links von ΔhtC
max oder (pt3/pt2)max kein stabiler Betrieb mehr möglich ist. Bei hohen Verdichtungsver-
hältnissen ist daher das Hineinfahren in diese instabilen Bereich unbedingt zu vermeiden.
Im instabilen Grenzbereich um Punkt B tritt bereits vor der Stabilitätsgrenze bzw.
Pumpgrenze in den Schaufel-Gittern die sogenannte rotierende Ablösung (rotating
stall) auf. Es handelt es sich um ein Phänomen, das nicht durch die Gesamtverdichter-
Charakteristik, sondern über die Stufenkennlinien zu erklären ist [Eck61K, Hor67K,
Cum89B, Gri09B u. a.].
Wird beispielsweise eine Kopfstufe bei Teildrehzahl und stärkerer Drosselung
gezwungen, links von Ψmax zu arbeiten, wie dies für Punkt 2 der Stufe A (Abb. 4.2-56)
der Fall ist, dann kann das in Abb. 4.2-58 dargestellte Strömungsverhalten auftreten.
Hierzu wird die Strömung im Relativsystem des Verdichters betrachtet. Der Schaufel-
kanal A sei hierbei mit positivem Anströmwinkel i beaufschlagt, arbeite jedoch noch
korrekt. Eine kleine Störung bewirke im Nachbarkanal B eine Ablösung an der Schau-
feleintrittskante, was zur Folge hat, dass der Kanalquerschnitt hier verengt wird. Der
ursprünglich diesem Kanal zugedachte Massenstrom kann nicht mehr passieren.
Die Richtung der Geschwindigkeit w1 wird noch flacher (gestrichelter Vektor w) und
im Kanal C beginnt ein ähnlicher Vorgang. Im Kanal B tritt wieder eine anliegende Strö-
mung auf. Die Störung läuft von rechts nach links, das heißt also gegen der Drehrichtung
des Rotor-Gitters jedoch mit einer Geschwindigkeit uStörung < u.

4.2.6.4 Betriebsverhalten bei Spalt-, Luftentnahme- und Reynoldszahl-


Effekten
In den vorstehenden Abschnitten zu Kennfeldern und Charakteristiken von Verdich-
tern wurde das Betriebsverhalten unter Standardbedingungen auf zum Beispiel Kom-
ponentenprüfständen oder im Gesamttriebwerksversuch dargestellt. Dabei sind die
4.2 Turboverdichter 385

Kennfeldparameter abhängig von den jeweiligen Betriebsbedingungen besonders im


eingebauten Zustand und in verschiedenen Flugbereichen erheblichen Abweichungen
gegenüber den Standardbedingungen (Bodennähe SL, M0 = 0) unterworfen. So können
sich für die Turbomaschinen, hier für die Turboverdichter, abhängig von der Flughöhe
auch die Reynolds-Zahlen Re der Zuströmung zu den Verdichtern erheblich ändern. Bei
genaueren Berechnungen der Verdichterströmungen mit ihren Verlusten und Kennfel-
dern dürfen demnach die Re-Effekte im Höhenflug oder bei sehr kleinen Gasturbinen
und Flugtriebwerken nicht vernachlässigt werden.
Neben den sich ändernden Gaseigenschaft wie zum Beispiel den κ-Veränderungen
müssen weitere, so genannte Sekundäreffekte auf das Betriebsverhalten besonders der
Turbomaschinenkomponenten genauer berücksichtigt werden. Solche Effekte sind:

• Variable Geometrien und besonders die Spitzenspalt-Effekte,


• Abgabe oder Aufnahme von Sekundär- bzw. Bypass-Luftströmen,
• Änderungen der Zuströmbedingungen mit Störungen wie zum Beispiel stationäre
und instationäre Geschwindigkeits-, Druck- und Temperatur-Distortion (Abschn.
Abschn. 4.2.7),
• Reynoldszahl-Effekte bei steigenden Flughöhen oder kleinen Triebwerkskomponenten.

Um die im Komponentenprüfstand erstellten Ähnlichkeitskennfelder auf reale Trieb-


werksbedingungen übertragen zu können, werden fallweise verschieden aufwendige
Korrekturansätze verwendet. Zusammenfassende Darstellungen dazu sind in [Was67,
Sch79a, Hou89, Fio93, Sal01,Kap07, Gri09B] enthalten.

Einflüsse durch Schaufelspalte Spaltveränderungen können bereits bei Änderungen


des Betriebsverhaltens im stationären Betrieb in den Ähnlichkeitskennfeldern nicht
direkt erfasst werden. Wird das Kennfeld auf einem Komponentenprüfstand ermittelt,
so unterscheidet sich der Spaltverlauf im Versuchsbetrieb und im eingebauten Gesam-
triebwerk wegen unterschiedlicher thermischer Belastungen, abweichender Materialei-
genschaften und anderem eventuell erheblich (Abb. 4.2-59). Auf den Spaltverlauf einer
Komponente im stationären- und instationären Betrieb wird zum Beispiel in [Fio93,
Wil05a, Hem09, Gri09B u. a.] ausführlich eingegangen. Für eine genaue Vorhersage
des Leistungsverhaltens einer eingebauten Komponente muss also der aus den Spaltän-
derungen resultierende Verlust zumindest näherungsweise berücksichtigt werden. Fol-
gende Kennfeldparameter sind in den Ähnlichkeitskennfeldern zum Beispiel auf den
sich verändernden Komponentenspalt hin zu korrigieren: Der reduzierte Massenstrom,
der isentrope Wirkungsgrad und die reduzierte spezifische Leistung der Turbomaschine
bzw. das Total-Druckverhältnis und die Verdichter-Pumpgrenze.
Im Verdichter sinken bei festem Drehzahlparameter der Wirkungsgrad, der Massen-
stromparameter und das erreichbare Druckverhältnis. Die Verschiebung des Kennfeldes
und die durch die Spaltströmung verursachten Störungen im Hauptstrom führen dazu,
dass der stabile Betriebsbereich des Verdichters kleiner wird.
386 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-59 Spaltverläufe 2,5
tendenziell von Komponenten s/h [%]
im Prüfstandsversuch
gegenüber dem Betrieb im Komponenten-Versuch
2,0

rel. Spalt
eingebauten Triebwerk [Fio93]

eingebaut im Triebwerk
1,5

0,5

0,5
50 60 70 80 90 100

Leerlauf
Drehzahl n [%] Vollast

Zweckmäßige Rechenmodelle und Verfahren zur Anwendung in der Leistungs-


rechnung können für die Korrektur der Stufenwirkungsgrade erstellt werden. Diese
Korrekturkorrelationen basieren meist auf Versuchsergebnissen oder entsprechenden
CFD-Rechnungen einzelner Turbokomponenten und sind daher nur bedingt allgemein-
gültig. Als Beispiel sei hier ein von Fiola [Fio93] angegebenes Modell, ausgehend vom
Ansatz Laksminarayanas [Lak70], zur Berechnung des Wirkungsgradverlustes erwähnt.
Dabei werden der induzierte Widerstand des Potentialwirbels an der Schaufelspitze und
die radiale Bewegung von Strömungsteilchen in der Schaufelgrenzschicht beachtet.
Dieses Verlustmodell kann an die verschiedenen Turbokomponenten wie Verdichter und
Turbinen angepasst werden. Für eine vom Betriebspunkt abhängige Wirkungsgradkorrektur
müssen somit die auf die Schaufelhöhe bezogene Spaltänderung, die Druck- und Volumen-
zahl sowie der mittlere Strömungswinkel bekannt sein. Diese Verfahren sind nur auf Ein-
zelstufen der Turbokomponente anwendbar. In der Praxis wird daher der Spalteinfluss auf
die Parameter der Gesamtkomponente mittels empirischer oder im Komponentenversuch
gewonnener Daten abgeschätzt. Für Verdichter bedeutet eine auf die Schaufelhöhe bezogene
Spalterweiterung von 1 % eine Verschlechterung des Komponentenwirkungsgrades von ca. 1
bis 2 % und ein Absenken der Stabilitätsgrenze von ca. 5 bis 10 %. Bei Turbinen (Abschn. 4.3)
wird von einer Absenkung des Wirkungsgrades von ebenfalls ca. 1 % ausgegangen [Wal99].

Aus- und Einblasung von Sekundärluft.  Die auf der Mach-Zahl basierenden Ähnlich-
keitskennfelder (Abschn. 4.2.6.1) gelten nur für eine vorgegebene bzw. festgelegte Geome-
trie. Ändern sich zum Beispiel die relativen Fluidströme wie die des Kühlluftsystems an
den Luftentnahme- und Luftzufuhrstellen einer Turbokomponenten über den gesamten
Betriebsbereich oder werden bei der Kennfelderstellung verschiedene Massenströme an
Ab- und Einblasestellen berücksichtigt (bleed air), so ist dieses mit dem Verhalten bei einer
Geometrieänderung vergleichbar. Damit ist eine präzise Erfassung des Betriebsverhaltens
anhand eines Ähnlichkeitskennfeldes nicht mehr möglich [Wal98B, Gri04B, Gri09B].
4.2 Turboverdichter 387

1,2 Mehrstufiger Verdichter


ΠC ohne Abblasung
10% Abblasung nach Stufe 8 BRef
ΠC Ref 1,0 15% Abblasung nach Stufe 5
e
nz
Druckverhältnis rel. g re
0,8 mp
Pu

0,6

0,4 100 %

n R Tt ein
0,2 95 % Drehzahl red.rel.
90 % (n R Tt ein )Ref
80 %
0
0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1
maus R Tt,ein  maus R Tt,ein 
Durchsatz red. rel  
p t, ein  p t, ein 
  Ref

Abb. 4.2-60  Einfluss der Abblasung (Bleed-Luft) nach Stufe 5 und Stufe 8 am Beispiel des Kenn-
feldes eines mehrstufigen Verdichters nach Salchow [Sal01]

Die Ab- oder Einblasemenge ist als ein weiterer Kennfeldparameter zu berücksichti-
gen, was zum Beispiel bei Leistungssyntheserechnungen wie zum Beispiel bei Verstell-
Verdichtern die Verwendung mehrer Kennfelder nötig macht (Kap. 7 und 8). In [Sal01]
wird beispielhaft der Einfluss verschiedener Bleed-Luftmengen in zwei Stufen auf die
Leistungscharakteristik eines Hochdruckverdichters untersucht (Abb.  4.2-60). Aus
Gründen der Darstellung wird der Austrittsmassenstrom zur Berechnung des Massen-
stromparameters verwendet. Es wird deutlich, dass die Abblasung bei konstantem Dreh-
zahlparameter einen Rückgang des Massenstromparameters und eine Aufweitung des
stabilen Betriebsbereiches des Verdichters bewirkt.

Reynolds-Zahl-Effekte  Die Reynoldszahl Re stellt eine dimensionslose Kenngröße


dar und definiert das Verhältnis von Trägheits- zu Reibungskräften [And91B, Sig91B]
(Abschn. 2.1)
cL cLρ
Re = = . (4.2-98a)
ν µ

Die Größe der Geschwindigkeit c, der Dichte ρ, der dynamischen bzw. kinemati-
schen Zähigkeit μ bzw. ν sowie die Wahl der charakteristischen Länge L hängt von der
Bezugsebene und der Art der betrachteten physikalischen Vorgänge ab. Die Reynolds-
Zahl charakterisiert den Zustand der Grenzschicht, die sich bei der Umströmung eines
Körpers bildet und ist ein Kriterium für den Umschlag von laminarer zu turbulenter
Strömung. Die Mach-Ähnlichkeitskennfelder der Turbokomponenten werden bei kons-
tanten Zu- oder Abströmbedingungen aufgenommen. Änderungen des Strömungsbildes
388 4 Turbomaschinen-Komponenten

25
Bereich mit turbulenter Bereich
H0 [km] laminarer Ablösung Höhengrenze hydrodyn. glatt

Temperaturgrenze
20 0,1
Flughöhe

ze
ren
0,2

sg
15

eb
0,4

ftri
Au 0,6
10
0,8 turbulenter Bereich
hydrodyn. rauh

ze
1,0

en
=
ref
/Re

gr
5

ts
Re

ei
1,2

k
ig
st
0 Fe
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
Flugmachzahl M 0

Mehrstufiger Hochdruckverdichter Relative Re-Zahlen


ReRef=1,1· 106 bei H0 = 0 km, M 0=0

Abb. 4.2-61  Relative Reynolds-Zahl RNI eines mehrstufigen Hochdruckverdichters im Bereich


der Flugenveloppe nach Schäffler [Sch79a]. Die gesamte Enveloppe umfasst den Unterschall- und
Überschallflug eines Hochleistungsflugzeuges und den Verdichter eines Bypass-Turbofan-Trieb-
werkes mit kleinem Bypassverhältnis, Mischer und Nachbrenner. Beim Unterschallflug von Fan-
Triebwerken wird der Flugbereich begrenzt bei H0 < 13 km und M0 < 0,95 [Sch79a, Fot85B]

innerhalb der Komponente, beeinflusst durch die Re-Zahl aufgrund veränderter Umge-
bungsbedingungen im Flugbetrieb, sind in den Komponenten-Kennfeldern normaler-
weise nicht abgebildet.
Abbildung 4.2-61 gibt nach Schäffler [Sch79a] einen Überblick über den relativen Re-
Verlauf beziehungsweise Re-Index RNI (Reynolds number index) eines typischen, mehr-
stufigen Hochdruckverdichters [Gri09B, Wal99] mit
RNI = (Re/ReRef ). (4.2-98b)
dargestellt in der Flugenveloppe mit der Flughöhe H0 über der Flug-Mach-Zahl M0 und
der relativen Verdichter-Re-Zahl als Parameter.
Die Bezugsgröße für RNI ist die Referenz-Re-Zahl ReRef im Standfall in Bodennähe
also ReRef = 1,1·106 bei H0 = 0 km, M0 = 0.
Bei dem Gitter des Verdichter-Rotors zu Abb. 4.2-62 wurde die Reynolds-Zahl defi-
niert für den Mittelschnitt
Re = (L w1 )/ν. (4.2-98c)
mit der Sehnenlänge L, der relativen Gitter-Anströmgeschwindigkeit w1 und der kine-
matischen Zähigkeit ν.
4.2 Turboverdichter 389

Abb. 4.2-62  Definition einer


Verdichter-Reynolds-Zahl zur
Darstellung im Abb. 4.2-61
Mittelschnitt
[Sch79a]
c
L

L ·w 1
Re =
w1

Drei typische Flugbereiche sind zu unterscheiden:

• Bei großer Flughöhe und kleinen Re-Zahlen liegt der Bereich möglicher laminarer
Strömungs-Ablösungen besonders in den Verdichter-Frontstufen,
• im mittleren Re-Zahl-Bereich liegt vornehmlich turbulente, hydrodynamisch glatte
Strömung vor und
• bei kleinen Flughöhen mit höheren Re-Zahlen wird besonders bei den mittleren und
Endstufen von Verdichtungssystemen mit höherem Druckverhältnis turbulente, hyd-
rodynamisch rauhe Strömung vorgefunden.

Die Auswirkungen der Re-Zahl-Effekte auf das Strömungs- oder mehr noch das Grenz-
schichtverhalten eines Verdichtergitters wird prinzipiell in der Darstellung nach
[Sch79a] in Abb. 4.2-63 angesprochen. Unterhalb einer kritischen Re-Zahl befindet sich
der Bereich laminarer Ablösung.
Bei größeren Re-Zahlen liegt die turbulente, hydrodynamisch glatte Strömung am
Profil an. Ab einer bestimmten Rauhigkeitsgrenze herrscht schließlich turbulente, hydro-
dynamisch rauhe Strömung vor.
Hohe Verluste und reduzierte Umlenkung der Strömung mit entsprechend mäßigen
Wirkungsgraden sowie einer Beeinträchtigung der Pumpgrenze kennzeichnen das Leis-
tungsverhalten der Verdichter bei kleinem Re-Zahl-Niveau. Mit steigenden Re-Zahlen
verbessern sich die Strömungsverhältnisse und damit die Wirkungsgrade, die ab einer
bestimmten Rauhigkeitsgrenze näherungsweise konstant bleiben.
Die Korrekturfaktoren für die Massendurchsatz- und die Wirkungsgrad-änderung
werden zweckmäßigerweise experimentell zum Beispiel in einem Höhenprüfstand
bestimmt. Das Druckverhältnis wird bei geänderter Reynolds-Zahl aus der unveränder-
ten spezifischen Energie und dem korrigierten Wirkungsgrad ηC berechnet.
Für einen typischen 3-stufigen Mitteldruck-Verdichter IPC zeigt nach Schäffler
[Sch79a] Abb. 4.2-64 den Einfluss verschiedener Re-Zahl-Bereiche von 1.4 bis 7,6·105 auf
das gemessene Kennfeld- und damit auf das Betriebsverhalten von Leerlauf bis Volllast.
Die vorstehenden Hinweise für Turbomaschinen zusammengefasst, kann festge-
halten werden, dass bei allen Strömungsvorgängen, bei denen die Zähigkeit des Fluids
390 4 Turbomaschinen-Komponenten

laminare Rauhigkeitsgrenze
Ablösegrenze

ηCpol
laminare
Unterschicht

laminare turbulent anliegend turbulent anliegend


Ablösung hydrodynamisch glatt hydrodynamisch rauh

reduzierte Umlenkung normale Umlenkung normale Umlenkung


hohe Verluste 1-ηCpol~Re-n ηCpol=const.
Pumpgrenze beeinträchtigt Pumpgrenze unverändert Pumpgrenze unverändert

Abb. 4.2-63  Auswirkungen von Reynolds-Zahl-Effekten auf den Verdichterwirkungsgrad sche-


matisch dargestellt bei verschiedenen Grenzschichtarten nach Schäffler [Sch79a]

Wirkungsgrad-
änderung 0
∆ηC is
-5

-10

1,25
−1 hydrodynamisch glatt
Ref − 1 über den getesteten Re-Bereich
A
1,00
red. rel. Druckverhältnis

0,75
n
= 100%
90% Tt
ze
0,50 ren
tsg
bilitä Re100%= 7,6·105
Sta 80% 2,6·105
60% 1,4·105
0,25
0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
m Tt p t
red. rel. Durchsatz
(
m Tt p t Ref)
Abb. 4.2-64  Kennfeld eines 3-stufigen Mitteldruckverdichters mit den Auswirkungen verschiede-
ner Re-Zahlen auf das Leistungsverhalten nach Schäffler [Sch79a]. Drehzahlen von Leerlauf 60, 80,
90 bis Vollast 100 %

maßgeblichen Einfluss auf die Ausbildung des Strömungsbildes hat, die Verlustbeiwerte
und damit die Wirkungsgrade und auch das Stabilitätsverhalten von der Reynolds-Zahl
abhängig sind. Korrelationen zur Korrektur der Betriebscharakteristiken sollten die
4.2 Turboverdichter 391

Reynolds-Zahl-Abhängigkeit folgender wesentlicher Verluste in den Turbokomponen-


ten Verdichter und Turbinen (Abschn. 4.3) berücksichtigen:

• Profilverluste,
• Stoßverluste und
• Effekte der Scheibenreibung.

Als besonders verlustarme Strömung ist die laminare Profilumströmung anzusehen. Da


laminare Grenzschichten jedoch nur sehr kleine Druckgradienten bewältigen, sind eine
Ablösung der Grenzschicht auf der Profilsaugseite und ein damit verbundener Anstieg der
Profilverluste schwer zu vermeiden. Bei der Auslegung von Verdichter- und Turbinenpro-
filen wird daher auf eine laminare Strömung im Anlauf des Profils und einen laminar-tur-
bulenten Umschlag am Punkt des niedrigsten Druckes geachtet. Bei hohen Reynoldszahlen
liegt eine nahezu über das gesamte Profil angelegte turbulente Strömung vor, welche erst
an der Hinterkante ablöst. Dies wird deutlich für Turbinen-Gitter wie von Hourmouziadis
in [Hou89] gezeigt wird. Mit absinkender Reynoldszahl kann die Ablösung verschwinden,
so dass eine vollständig anliegende, turbulente Umströmung entsteht, dessen Umschlags-
punkt weiter stromabwärts bis hinter den Punkt des negativen Druckgradienten wandert.
Es kann zu einer laminaren Ablösung mit sofortigem, turbulenten Anliegen der Strömung
kommen. Die entstehende Ablöseblase weitet sich bei weiter absinkender Reynoldszahl aus
bis eine vollständig abgelöste Strömung vorherrscht [Sch65B].
Einen wichtigen Anteil an den Profilverlusten besonders bei transsonischen Ver-
dichterströmungen stellen die über einen Stoß induzierten Verluste dar. Abrupte sta-
tische Druckänderungen über den Verdichtungsstoß bewirken eine Zunahme der
Grenzschichtdicke, was zu einer Strömungsablösung verbunden mit einem sprunghaften
Anstieg der Verluste führen kann.
Bei der Bewertung des Reynolds-Zahl-Effektes auf die Leistungsdaten der Gesamt-
komponente wird jedoch eine Größe benötigt, welche für die Gesamtheit der Ein-
zelprofile charakteristisch ist. Als solche Größen können die Profil-Sehnenlänge, die
Skelettlinie oder der Schaufelabstand gewählt werden. Bei Verdichtern wird der Mittel-
schnitt des ersten Rotors herangezogen [Sch79a].
Eine Vielzahl von Definitionen für eine die Turbokomponente charakterisierende
Reynolds-Zahl ist in der Fachliteratur zu finden [Cum89, Gri09B]. Wird ein Betriebs-
punkt in der Betriebscharakteristik einer Turbokomponente für einen festen Drehzahl-
parameter betrachtet, bewirkt eine Änderung der Reynolds-Zahl eine Änderung des
Komponentenwirkungsgrades und des Durchsatzes. Die Größe des Einflusses der Rey-
nolds-Zahl nach z. B. [Röm90, Kap07] hängt also ab von

• Turbulenzgrad,
• Machzahl,
• Oberflächenrauhigkeit sowie
• Schaufelgeometrie und Schaufelzahl.
392 4 Turbomaschinen-Komponenten

Ausgehend von einer allgemeinen Verlustgleichung zum Beispiel nach [Wie78] lieferte
[Was67] folgenden empirischen Ansatz, um die Gesamtheit der Effekte in einer einzigen
Korrekturkorrelation zusammenzufassen
(1 − ηpol ) = KW Re−nW . (4.2-99a)
Die exponentielle Abhängigkeit galt zunächst nur für Verdichter. Die verwendeten Grö-
ßen KW und nW sind experimentell gewonnene Maschinengrößen. Wird Gl. 4.2-99a auf
einen Referenzzustand bezogen und die Maschinengrößen als konstant angenommen,
ergibt sich
1 − ηpol Re −nW
 
= = f(RNI)−nW . (4.2-99b)
1 − ηpol, Ref ReRef
Für die Korrektur der Betriebscharakteristik ausgehend vom Referenzpunkt kann diese
Darstellung unter der Vereinfachung, dass
ηpol ηis
≈ (4.2-99c)
ηpol, Ref ηis,Ref

und das Verhältnis nahe 1 liegt, umgeformt werden zu


 
ηis Re
Cη = =f = f(RNI). (4.2-99d)
ηis,Ref ReRef
Die Korrektur des reduzierten Durchsatzes ṁred wird analog zu dieser Vorgehensweise
durchgeführt
 
ṁred Re
Cṁ,red = =f = f(RNI). (4.2-99e)
ṁred,Ref ReRef
Das Verhältnis der aktuellen Reynolds-Zahl zur Referenz- oder auch Kennfeld-Rey-
nolds-Zahl wird als Reynolds-Number-Index RNI bezeichnet (Gl. (4.2-98b)). Geht man
davon aus, dass sich die Länge L über den Betriebsbereich nicht ändert, ergibt dies aus
Gl. (4.2-98a)
Re µRef ρ c
RNI = = . (4.2-100a)
ReRef µ ρRef cRef
Unter Verwendung der idealen Gasgleichung und Sutherlands Formel für die dynami-
sche Viskosität
 0,75
Tt
µ ≈ µ273 K (4.2-100b)
273 K
sowie mit der Annahme einer konstanten Gaskonstante R vereinfacht sich Gl. 4.2-100a
zu 0,75
Re  p  T   c  T
Ref t,Ref
RNI = ≈ .
ReRef T pRef cRef Tt (4.2-100c)
4.2 Turboverdichter 393

Wird Gl. (4.2-100c) mit Tt, pt, Tt,Ref. und pt,Ref. erweitert und von einer konstanten
Mach-Zahl am Eintritt beziehungsweise konstantem Verhältnis von statischen zu totalen
Zustandsgrößen ausgegangen, folgt schließlich
  1,25 
Re pt Tt,Ref c Tt Ref
RNI = ≈ . (4.2-100d)
ReRef pt Ref Tt cRef Tt

u c u c
Mit der Annahme nred ≈ √ = √ ≈√ (4.2-100e)
Tt Tt c Tt
ergibt sich der RNI bei Verdichtern zu
  1,25
Re pt Tt,Ref nred
RNI = ≈ . (4.2-100f)
ReRef pt Ref Tt nred Ref

Da Verdichterstufen nicht immer kritisch durchströmt werden und davon ausgegangen


werden kann, dass sich das Reynolds-Zahl-Niveau der Einzelstufen proportional zu dem
der Eintrittsstufe verändert, ist daher die Verwendung der Reynolds-Zahl am Verdich-
tereintritt als Referenzgröße geeignet.
Die Umströmung verschiedener Schaufelprofile von Turbokomponenten in weiten
Bereichen der Reynolds-Zahl, das laminar-turbulente Umschlagverhalten und die Ablö-
semechanismen sind in der Fachliteratur dokumentiert. Schlüssige Verfahren, welche die
aerodynamischen Zusammenhänge in einer für die Korrektur von Kennfeldern mehrstu-
figer Turbokomponenten zusammenfassen, sind wenig bekannt. In [Cas85] sind Korre-
lationen für die Berechnungen in industriellen Radialverdichtern veröffentlicht, die sich
an strömungsmechanischen Verlustmodellen orientieren und sich zunächst auf einstu-
fige Komponenten beschränken. Die bekannt gewordenen Korrekturverfahren stützen
sich zu einem großen Teil auf empirisch gewonnene Zusammenhänge.
Für die Berücksichtigung der Re-Effekte bei genaueren Berechnungen des Betriebs-
verhaltens von Verdichtern und Turbotriebwerken im Rahmen von Syntheserechnun-
gen (Kap. 7, 8, 9) kann zum Beispiel nach [GasTurb] entsprechend der Darstellung von
Abb. 4.2-65 folgender Weg beschritten werden:
Die Reynolds-Zahl wird gegenüber einem Referenzwert reduziert, die Form der Dreh-
zahllinien bleibt dann ungefähr erhalten, sie werden aber zu geringerem Durchsatz hin
und zu kleinerem Druckverhältnis verschoben. Näherungsweise kann ein Referenzkenn-
feld mit Korrekturfaktoren auf die geänderten Zuströmbedingungen umgerechnet wer-
den. Die Faktoren korrelieren äquivalente Punkte auf beiden Drehzahllinien. Werden
nach [Kur02] als äquivalente Punkte Werte mit gleichem ΔhtC/Tt2 gewählt, dann ist die
Form der Geschwindigkeitsdreiecke der Verdichterstufen in beiden Fällen gleich.
Das Druckverhältnis wird bei geänderter Reynolds-Zahl aus der unveränderten spe-
zifischen Energie und dem korrigierten Wirkungsgrad ηCis neu berechnet. Die empiri-
schen Daten der Gitter von ein- und mehrstufigen Verdichtern können hier zum Beispiel
394 4 Turbomaschinen-Komponenten

t.
o ns
pt3 /pt2 =c
/T t2
∆ h tC
∆ηC is
Druckverhältnis

∆mred

m Tt
red. Durchsatz mred = Wirkungsgrad ηC is
pt

Abb. 4.2-65 Korrektur des Reynolds-Zahl-Einflusses bei Kennfeldern von Turboverdichtern


nach [GasTurb] bzw. [Kur02]

gut mit der Korrelation von Gl. (4.2-99a) beschrieben werden: Bei der Leistungssynthe-
serechnung zum Beispiel in Kap. 7 bis 8 und in [GasTurb] werden die vereinfachten, ein-
fachen Reynolds-Zahl-Korrekturen bei der Wirkungsgraderfassung angewandt, wie sie
von Kurzke [Kur92] in AGARD-LS-183 beschrieben werden.

4.2.6.5 Kennfelderfassung für Bypass-Turbofan-Triebwerke


In Bypass-Triebwerken wird die Strömung hinter dem Fan aufgeteilt (Abschn. 2.6,
Abb. 2.6-14), wobei ein Teil der Luft in das Kerntriebwerk strömt, der andere Teil in den
Bypasskanal (Abb. 4.2-66).
Im Außenbereich der Fan-Schaufeln sind die Umfangsgeschwindigkeit und damit
das Mach-Zahl-Niveau höher als im Innenbereich. Es ist deshalb einerseits möglich, dort
der Strömung mehr Energie zuzuführen, andererseits treten in diesen Bereichen höhere
Verluste auf. Für den außen laufenden Bypass-Luftstrom ist es daher sinnvoll mit einem
anderen Fan-Kennfeld als beim Innenstrom zu rechnen, wie es von Kurzke im Synthes-
programm [GasTurb] dargestellt wird.
Bei Triebwerken mit niedrigem Bypassverhältnis werden die beiden unterschiedli-
chen Kennfelder zweckmäßigerweise über dem Gesamtdurchsatz aufgetragen. Es werden
also für jede Drehzahl zwei Druckverhältnisse und zwei Wirkungsgrade erhalten. Dabei
muss allerdings die Einschränkung beachtet werden, dass das so erhaltene „Doppelkenn-
feld“ nur für dasjenige Bypassverhältnis gilt, das beim Prüfstandtest durch die beiden
unabhängigen Drosseln eingestellt wurde.
Wegen der üblichen Betriebsbedingungen bei Fan-Triebwerken ist es wenig sinnvoll, ein
ganzes Fan-Kennfeld bei konstantem Bypassverhältnis aufzunehmen. Für Bypass-Trieb-
werke ist es charakteristisch, dass mit abnehmender Drehzahl das Bypassverhältnis ansteigt.
Dasselbe wird auch durch eine vergrößerte Düsenfläche bei konstanter Drehzahl erreicht. In
einem Verdichtertestlauf werden deshalb drehzahlabhängige Bypassverhältnisse eingestellt.
4.2 Turboverdichter 395

Abb. 4.2-66  Fan-Sektion eines 2 21 13


Bypass-Turbofan-Triebwerks
[GasTurb] 0

C0

Es ist allerdings möglich, dass ein Verdichter in einem Triebwerk an demselben


Kennfeldpunkt mit unterschiedlichen Bypassverhältnissen betrieben wird. Es wird daher
eine Methode benötigt, um ein Fan-„Doppelkennfeld“ von einem Bypassverhältnis auf
ein anderes umzurechnen. Dazu die folgende Überlegung:
Findet die Aufteilung der beiden Ströme genügend weit stromabwärts vom Fan statt,
dann wird die Strömung im Verdichter selbst nicht durch die Strömungsteilung beeinflußt.
Das Gesamtkennfeld, in dem über beide Ströme „Massen“-gemittelte Größen für das Druck-
verhältnis und den Wirkungsgrad aufgetragen sind, wird daher unabhängig vom Bypassver-
hältnis sein. Wird zum gemessenen Doppelkennfeld das zu jedem Punkt beziehungsweise zu
jeder Drehzahl gehörende Bypassverhältnis mit abgespeichert, dann können stets die gemit-
telten Werte für das Druckverhältnis und den Wirkungsgrad berechnet werden
i BPRref
ges = + O . (4.2-101)
1 + BPRref 1 + BPRref
Das Druckverhältnis des Außenstroms ΠO für ein vom Referenzwert BPRref abweichendes
Bypassverhältnis BPR hängt mit dem Innenstrom-Druckverhältnis i . wie folgt zusammen
1 + BPR i
O = ges − . (4.2-102)
BPR BPR
Dies ist eine Gleichung mit zwei Unbekannten Πi und ΠO. Die fehlende Information –
wie zum Beispiel die Änderung des Außendruckverhältnisses mit dem Bypassverhältnis
BPR – hängt von der Verdichterauslegung ab und muß experimentell bestimmt werden.
Für die Wirkungsgrade gelten analoge Beziehungen.
Bei großen Bypassverhältnissen ist es in erster Linie wichtig, das Kennfeld des Außen-
stromes korrekt zu beschreiben. Das Innenstrom-Kennfeld hat besonders dann wenig
Bezug zum Außenkennfeld, wenn dem Fan-Rotor noch ein oder mehrere sogenannte
Booster-Verdichterstufen folgen. Im Prinzip hat aber auch in einer solchen Konstellation
das Bypassverhältnis einen Einfluß auf beide Kennfelder.
396 4 Turbomaschinen-Komponenten

4.2.6.6 Kennfeld bei Distortion und Parallelverdichter-Modell


Die Homogenität der Zuströmung zum ersten Verdichter eines Flugtriebwerkes ist kei-
neswegs immer gleichmäßig (Kap. 3 Einläufe u. a.). Flugzustände mit hohem Anstell-
oder Schiebewinkel des Flugzeuges führen in radialer und Umfangsrichtung zu einer
ungleichförmigen Verteilung des lokalen Totaldrucks im Strömungsfeld vor dem
Verdichter.
Zur Erläuterung der folgenden Modellrechnung nach [GasTurb] für gestörte Ein-
laufströmung wird vereinfachend angenommen, dass zwei im Umfangsbereich gleich
große Zonen mit unterschiedlichem Totaldruck am Eintritt in den Verdichter vorlie-
gen und am Verdichteraustritt ein Raum anschließt, in dem ein konstanter statischer
Druck herrscht (Abb. 4.2-67). Um diese Verhältnisse zu beschreiben, wird der Verdich-
ter in zwei gleichgroße Teilverdichter getrennt betrachtet. Der eine Verdichter arbeitet
mit dem niedrigen Totaldruck im Ansaugbereich, der andere mit erhöhtem Totaldruck.
Der statische Gegendruck beider Verdichter sei gleich bleibend angenommen. Die Ver-
dichter arbeiten gleichsam parallel. Diese Art der mathematischen Beschreibung der
Vorgänge bei gestörter Zuströmung wird daher auch als „Parallelverdichter-Modell“
bezeichnet.
Die beiden Teilverdichter arbeiten in ihrem Kennfeld an unterschiedlichen Betriebs-
punkten, wie in Abb.  4.2-67 dargestellt wird. Beide Punkte müssen auf derselben
Drehzahllinie liegen. Im Bereich N des niedrigeren Ansaugdruckes ist jedoch das Druck-
verhältnis höher als im Bereich H. Je größer der Unterschied der Ansaugdrücke ist, desto
weiter liegen beide Betriebspunkte auseinander.
Falls der Betriebspunkt „N“ im Kennfeld nahe der Pumpgrenze liegt, wird nach der
hier beschriebenen Modellvorstellung gleichzeitig die Stabilitätsgrenze des Gesamtver-
dichters erreicht sein. Der Verdichter beginnt zu pumpen, obwohl der mittlere Betriebs-
punkt „M“ noch genügenden Pumpgrenzabstand hat.
Die vereinfachte Bestimmung und Beschreibung des Stabilitätsverlustes eines Ver-
dichters ist das Hauptziel des Parallelverdichter-Modells. Daneben werden näherungs-
weise auch Aussagen über Wirkungsgrad- und Durchsatzänderungen erhalten.
Am Austritt des Verdichters ist laut Voraussetzung der statische Druck über dem
Umfang konstant. Da das Druckverhältnis unterschiedlich ist, wird die Totaltem-
peratur in den beiden Sektoren nicht gleich sein. Der Verdichter wandelt eine lokale
Druckstörung in eine Temperaturstörung um. Folgt dem Verdichter ein weiterer Ver-
dichter, dann werden in dessen Kennfeld die Betriebspunkte in den beiden gestör-
ten Sektoren nicht mehr auf derselben Drehzahllinie liegen. Auch hier ist die Folge
ein Verlust an Stabilität der Verdichterströmung entsprechend der Darstellung in
Abb.  4.2-67.
Das Parallelverdichter-Modell liefert in der gezeigten Form zwar die richtigen Ten-
denzen, stimmt jedoch quantitativ nicht gut mit der Wirklichkeit überein. Durch relativ
einfache Ergänzungen kann dieser Nachteil jedoch beseitigt werden, sofern ausreichende
Messdaten zur Verfügung stehen. In [Wal99] und [GasTurb] sind modifizierte Parallel-
verdichter-Modelle beschrieben.
4.2 Turboverdichter 397

(a)
niedriger
Ansaugdruck PC N
N
N M
M
H
H
H
hoher Druckstörung
Ansaugdruck
mr

niedrige PC
Ansaugtemperatur
M
N H H N N

H
hohe Temperaturstörung
Ansaugtemperatur
mr

(b) pt

p t,M 60
o
p t,M
pt,min,60o pt,M,Dist.
60

pt,min
o

j
N

j
M H p t- p t,min,60 o
Distortion-Faktor Druck DC60 =
q

Abb. 4.2-67 “Parallelverdichter-Modell” zur vereinfachten Erfassung von ungleichförmi-


ger Zuströmung bei a Druck-Distortion oder, b Temperatur-Distortion (Abb.  4.2-67) [Kur02,
Gri09B]

Die Intensität und Ausdehnung der Störung am Verdichtereintritt kann mit dem Dis-
tortions-Koeffizienten DC (distortion coefficient) beschrieben werden. Für eine Störung
zum Beispiel bei schlanken Schaufeln und in einem 60° Sektor ist dieser Koeffizient fol-
gendermaßen definiert
pt mittel − pt 60◦ Sektor
DC60 = . (4.2-103)
(pt − p)mittel

Analog zur näherungsweisen Bestimmung von Betriebspunkten bei Druck-Distortion


können Störungen des Temperaturfeldes berücksichtigt werden. Die Berechnung der
398 4 Turbomaschinen-Komponenten

pt3
pt2 )
nze
p gre
Verdichter-Druckverhältnis

Pum
z e(
ren
sg
ilität
ab
St

n
1 Tt21t
β -Linien 0

m 2 Tt2  kg K 
Durchsatz red.  
p t2  s kPa 

Abb. 4.2-68 Numerische Darstellung von Verdichterkennfeldern in Feldform mit Hilfe der


β-Hilfslinien und Zahlentripel (ΠC, ηC, ṁ red) für einen Betriebspunkt nach [GasTurb]

Sektorstörungen von Totaldruck und Totaltemperatur kann in Leistungssynthesrech-


nungen von Triebwerken eingebunden werden, wie zum Beispiel in Kap. 7, 8 und 9 und
[Ric82a, Pre01 u. a.] beschrieben wird.

4.2.6.7 Numerische Darstellung von Verdichterkennfeldern


Die numerische Erfassung der Kennfelder von Strömungsmaschinen über einen weiten
Betriebsbereich erfordert ein den gängigen Interpolationsalgorithmen zugängliches Vor-
gehen. Es wird davon ausgegangen, dass berechnete oder gemessene Kennfeldgrößen wie
C , ṁred , nred und ηC in Form von Tabellen vorliegen. Es genügt dabei im Allgemeinen
10 bis 15 Drehzahllinien mit jeweils 15 bis 20 Datenpunkten abzuspeichern. Beim „Able-
sen“ der jeweiligen Tabellenwerte sollte über der Drehzahl auf jeden Fall linear interpo-
liert werden. Bei anderen Interpolationsverfahren können die Diskontinuitäten, die zum
Beispiel durch Knicke in den Verstellgesetzen für die Leitgitter verursacht werden, nur
ungenügend beschrieben werden.
Um beim numerischen Ablesen der Wertetripel (ΠC, ηC, ṁ) Schwierigkeiten zu ver-
meiden, ist es zweckmäßig, entsprechend der Darstellung in Abb. 4.2-68 eine Hilfskoor-
dinate einzuführen, die im vorliegenden Beispiel β genannt wird. Damit ergeben sich
eindeutige Schnittpunkte zwischen den β- und den Drehzahllinien. Es ist dabei darauf zu
achten, dass auch der Bereich jenseits der Pumpgrenze abgedeckt wird. Die Pumpgrenze
selbst, deren Lage sich unter anderem z. B. mit dem Schaufelspitzenspiel und mit der
Reynolds-Zahl verschieben kann, wird separat abgespeichert. Diese Art der Kennfeld-
darstellung hat sich in der Praxis der Leistungssyntheserechnungen in der Gasturbinen-
und Triebwerkstechnik bewährt. Zur Erzeugung der Tabellen aus Messdaten kann ein
einfach zu bedienendes interaktives Programm empfohlen werden, wie es in [GasTurb]
enthalten ist.
4.2 Turboverdichter 399

C
pt3

e)
nz
pt2
ηCis,opt

re
pg
um
(P
B A= A

SL
e
Druckverhältnis

nz
Volllast

re
sg
Beschleunigung von
Verzögerung

ät
Leerlauf BL nach

ilit
ab
Volllast BA aus Volllastbereich

St
instationär zum Teillastbereich

100%

nred,rel
B nze
r r gr e
Spe stationäre
Leerlauf Betriebs-bzw. Fahrlinie

red. Massenstrom mred

Abb. 4.2-69  Verdichter-Ähnlichkeitskennfeld für eine Turboshaft-Gasturbine oder ein Flugtrieb-


werk mit Stabilitätsgrenzbereich SL (surge line) bzw. Pumpgrenze, stationärer Betriebslinie WL
(working line) und einer dynamischen Fahrlinie zur Beschleunigung (accel) von BL (Leerlaufbe-
reich) bis BA (Volllastbereich) sowie Verzögerung (decel) von Volllast auf Teillast

4.2.7 Betriebsverhalten in Stabilitätsgrenzbereichen

Ein besonderer Schwerpunkt bei Entwicklungsarbeiten zu Turboverdichtern bildet die Unter-


suchung der Strömungsstabilität an den Grenzen des Verdichterbetriebsbereiches nahe der
Pumpgrenze. Einführende Hinweise zum instabilen Betriebsverhalten von Turboverdichtern
wurden bereits in den Abschn. 4.2.6.3 bis 4.2.6.6 gegeben. Besonders bei Flugtriebwerken aber
auch in der Kraftwerkstechnik gewinnt diese Problematik immer mehr an Bedeutung, da ein
sicherer Betrieb der Gasturbine nicht nur im Auslegungspunkt gewährleistet sein muss, son-
dern ebenso z. B. bei der Frequenzstützung in schwachen Stromnetzen der Energietechnik.
Dabei muss die Gasturbinenanlage im Kraftwerk innerhalb kürzester Zeit von Sekunden bis
wenigen Minuten genügend Reserveleistung bereitstellen können, um zum Beispiel bei Netz-
frequenzschwankungen das Leistung- und Lastgleichgewicht aufrecht zu erhalten [Lec03B].
Diese zusätzliche Leistungsentnahme bei nahezu konstanter Drehzahl, hat zur Folge, dass der
Verdichterbetriebspunkt in Richtung Pumpgrenze wandert, wie Abb. 4.2-69 zeigt.
Eine zuverlässige Stabilitätsüberwachung zur Ausschöpfung der möglichen Stabili-
tätsreserve ist in diesem Bereich unerlässlich, sowohl für eine Kraftwerks-Gasturbine als
auch zum Beispiel für eine ähnlich geschaltete Turboshaft-Gasturbine eines Hubschrau-
bers oder Propeller-Flugzeuges.
400 4 Turbomaschinen-Komponenten

4.2.7.1 Instabile Strömungsvorgänge in Axialverdichtern und


Pumpgrenzenabstand
Für das Verständnis des stabilen und instabilen Betriebsverhaltens des Gesamtsystems
Gasturbine und insbesondere der Komponente Verdichter ist es nützlich, die entspre-
chenden Bereiche des Verdichterkennfeldes genauer zu betrachten, wie es vorab ver-
einfacht in Abschn. 4.2.6 vorgestellt wurde. Dabei ergibt sich das Gesamtkennfeld eines
mehrstufigen Turboverdichters aus dem Zusammenspiel der Einzelstufen und wird
üblicherweise mit 1D-, 2D-, Q3D- oder 3D-Rechenverfahren vorausberechnet oder auf
einem Verdichterprüfstand vermessen (Abschn. 4.2.9).
Das Betriebsverhalten von Verdichtern wird an der oberen Leistungsgrenze durch
aerodynamische Instabilitäten auch in Verbindung mit mechanischen Schwingungs-
problemen begrenzt (Abschn. 4.2.10). Diese führen zu einer erheblichen dynamischen
Belastung aller Komponenten, in erster Linie aber der Rotor- und Stator-Beschaufelung.
Ein längerer Betrieb des Verdichters jenseits der Stabilitätsgrenze hat im Extremfall die
Zerstörung der Maschine zur Folge. In der Praxis muss deshalb aus Sicherheitsgründen
der Betriebspunkt in ausreichendem Abstand zur oberen Kennfeldbegrenzung liegen,
wodurch häufig ein Bereich mit höchsten Druckverhältnissen und noch guten Wirkungs-
graden eingebüßt wird. Besteht die Forderung, den Arbeitsbereich möglichst nahe an die
Stabilitätsgrenze auszudehnen, muss durch Überwachungseinrichtungen und entspre-
chende Regeleingriffe der stabile Betrieb sichergestellt werden [Sch79a, Uhl03, Gri09B].
Wird der Verdichter bei konstanter Drehzahl angedrosselt, so wandert der Betriebs-
punkt in Richtung geringeren Massenstroms, gleichzeitig erhöht sich das Druckverhält-
nis (Abschn. 4.2.6.1, Abb. 4.2-44). Bei zu starker Androsselung – zum Beispiel durch
schließen des Verdichteraustrittskanals- nimmt die Umlenkung im Schaufelgitter zu, der
Anströmwinkel zum Gitter wird größer solange bis die Strömung abgelöst nicht mehr
der Schaufelkontur an einzelnen Stufen folgt. Es kommt schließlich zu einem Zusam-
menbruch der Strömung, das heißt, es wird die Abreiß- oder Pumpgrenze erreicht.
Besser sollte hier von Stabilitätsgrenze gesprochen werden. Beim Entdrosseln dage-
gen verläuft die Strömung mit umgekehrter Tendenz, das Druckverhältnis sinkt und
der Massenstrom steigt, bis eine Sperrwirkung an einzelnen Stufen aufgrund kritischer
Durchströmung oder Ablösungen auf der Profildruckseite auftritt. Der Massenstrom
kann deshalb nicht mehr weiter zunehmen, die Sperr- bzw. Schluckgrenze wird erreicht.
Die stationäre Arbeitslinie stellt eine Aneinanderreihung stationärer Betriebspunkte
dar und kann also nicht dynamisch durchfahren werden. Bei transienten, instationären
Vorgängen müssen zusätzliche Effekte berücksichtigt werden, wie zum Beispiel der Wär-
meaustausch zwischen Strömungskanal und Triebwerksbauteilen, der Gasaufstau in den
einzelnen Triebwerksvolumina und vor allem Trägheitseffekte der Rotorwelle. Daraus
resultieren dynamische Fahrlinien, die von der stationären Arbeitslinie abweichen und
im Falle einer Beschleunigung des Triebwerks im Hochdruckverdichter von Leerlauf BL
nach Volllast BA eine Annäherung an die Pumpgrenze nach sich ziehen (Abb. 4.2-69).
Auf dieses instationäre Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben wird in
Kap. 9 ausführlicher eingegangen.
4.2 Turboverdichter 401

C
Pumpgrenze (SMrel= 0%)
pt3
pt2 PG
Betriebspunkt
BP stationäre Arbeitslinie
(SMrel= 100%)
Druckverhältnis

AL

nred

red. Massenstrom mred

Abb. 4.2-70  Zur Definition des Pumpgrenzenabstandes SM auf einer Linie konstanter Drehzahl
nred [GasTurb]

Der Abstand des aktuellen Betriebspunktes zur Stabilitätsgrenze wird als Pumpgren-
zenabstand SM (surge margin) bezeichnet (Abb. 4.2-70). Abhängig zum Beispiel vom
Verlauf der Drehzahllinien, steiler Verlauf mehr bei Axialverdichtern und hohen Dreh-
zahlen oder mehr flacher Verlauf bei Radialverdichtern oder kleinen Drehzahlen, lassen
sich entsprechend Abb. 4.2-70 abhängig von der Form der Drehzahllinien verschiedene
Definitionen bilden [Hor67K, Cum89B, Wal99, Gri09B].
Die einfachsten Definitionen, meist angewandt für steile Drehzahllinien, werden mit
dem Verdichterdruckverhältnis ΠC wie folgt gebildet:

PG − BP
SM =
BP

PG − BP
oder SM−1 = 100 %. (4.2-104)
BP − 1

Bei tendenzmäßig mehr flachen Drehzahllinien gilt zweckmäßigerweise mit ṁred

ṁred BP − ṁred PG
SMṁ = − 1. (4.2-105)
ṁred BP

Häufig verwendet wird, und physikalisch sinnvoller, auch eine gemischte Definition mit
ṁred und ΠC formuliert

PG · ṁBP
SM ṁ = −1 (4.2-106a)
BP · ṁPG
402 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-71 Aerodynamische Axialverdichter mehrstufig


Instabilitätsarten bei rotierendes Abreißen („rotatingstall“)
Turboverdichtern. Rotierendes
„progressive stall“ „abrupt stall“
Abreisen RS (Rotating Stall) RS.
Bewegung in Umfangsrichtung
(Pfeile) schematisch dargestellt
[Hor67K, Cum89B, Gab98,
Gri09B]
nred nred

mred mred

„part speed stall” „full speed stall”

oder auch

ṁPG (�BP − 1)
SMṁ (�−1) = 1 − (4.2-106b)
ṁBP (�PG − 1)

Die Gl. (4.2-104) bis (4.2-106a), (4.2-106b) stellen übliche Definitionen dar. ΠBP und
ṁBP stehen für das Druckverhältnis und den reduzierten Massenstrom im aktuellen
Betriebspunkt, während der Index PG diese Größen an der Pumpgrenze bei gleicher
Drehzahl kennzeichnet. Sie müssen aus dem Kennfeld bekannt sein. Wie aus Abb. 4.2-70
ersichtlich ist, wird gemäß der Definition von Gl. (4.2-106a), (4.2-106b) eigentlich das
Verhältnis zwischen hellgrauer und dunkelgrauer Fläche bestimmt. An der Pumpgrenze
ergibt sich SM = 0.

4.2.7.2 Betriebsverhalten an der Stabilitätsgrenze bei mehrstufigen


Verdichtern
Im folgenden Abschnitt werden in Erweiterung zum Betriebsverhalten gemäß den
Ψ-ϕ-Kennlinien in Abschn. 4.2.6.3 die verschiedenen Betriebscharakteristiken
genauer nach den Darstellungen von Greitzer, Grahl und Cumpsty [Sch79a, Cum89B,
Gra84, Gre75] erläutert, wie sie bezüglich des stabilen und instabilen Verhaltens
bei mehrstufigen Turboverdichtern beobachtet werden können. Dies betrifft zum
einen die primäre Charakteristik, bei der keine Ablösungen auftreten und die somit
kennzeichnend für den stabilen Nominalfall ist. Sie entspricht den stabilen Betriebs-
punkten auf einer Linie konstanter Drehzahl n zwischen der Sperrgrenze und der
Pumpgrenze (Abb. 4.2-44 und 4.2-71). Im instabilen Kennfeldbereich existieren je
4.2 Turboverdichter 403

Axialverdichter mehrstufig
Verdichter-Pumpen („surge“)

„classic surge“ „deep surge“

Verdichter-Kennfeld
pt3 Abreißen (Phase 1)
pt2 erneutes Abreißen
2 bis 10 ms bei n = const

e“
Druckverhältnis

rg

SL
Druckaufbau
su

e
(Phase 4)
ic

nz
ss

re
la

sg
„c

ät
ilit

Betrieblinie
ab

WL, stationär
St

Primär-
Ausblasen Charakteristik
(Phase 2) Drehzahl
nach vorne n = const !
Wiederanlegen
30 bis 50 ms der Strömung (Phase 3)
5 bis 10 ms

· 0 m2 Tt2
–m red + mred red. Durchsatz
p t2 A 2

Abb. 4.2-72 Aerodynamische Instabilitätsarten besonders bei mehrstufigen Turboverdichtern:


Pumpen „Surge“ mit „classic surge“ und „deep surge“. Hauptbewegung in Achsrichtung (Pfeile),
schematisch dargestellt [Gre75, Cum89B, Gab98, Sch79a, Gri09B]

nach Form und Grad der Ablösungen sekundäre und tertiäre Charakteristiken, die
das Betriebsverhalten beim Überschreiten der Stabilitätsgrenze kennzeichnen, wie
dies später in Abb. 4.2-72 und 4.2-73 detaillierter gezeigt wird.
Die allgemein bei Turbomaschinen auftretenden Strömungsinstabilitäten lassen sich
aufgrund des periodischen Auftretens unterteilen in eindimensionale Pumpvorgänge
(surge) und lokal mehrdimensionale, rotierende Ablösungen RS (rotating stall), die sich
in Umfangsrichtung nur auf einen Teilbereich des Gitters erstrecken, aber sich entgegen
der Rotationsrichtung bewegen.
Häufig ist das Auftreten von „rotating stall“ nur durch eine Veränderung im Lauf-
geräusch oder durch eine zeitlich hochauflösende messtechnische Instrumentierung
der Maschine nachweisbar [Cum89B, Gra84]. In diesem Fall geht der stabile Arbeitsbe-
reich mit zunehmender Drosselung stetig in den instabilen Betriebszustand über. Dieses
404 4 Turbomaschinen-Komponenten

ηCis
Wirkungsgrad

pt3
pt2
Druckverhältnis

m2 Tt2
red. Durchsatz
p t2 A 2

Abb. 4.2-73 Grundformen der Betriebscharakteristiken im Verdichterkennfeld. Primär-


Charakteristik (stabil), Sekundär-Charakteristik (instabil), Tertiär-Charakteristik „Tiefes Abreißen“,
stabil nach [Sch79a]

Verhalten wird auch als „progressive stall“ bezeichnet. Bei anderen Verdichtern tritt
mit dem „stall“ plötzlich eine erhebliche Änderung im Druckverhältnis und im Durch-
fluss ein. Der Betriebspunkt verschiebt sich zu einem neuen Arbeitspunkt bei kleinerem
Druckverhältnis und niedrigerem Durchsatz. Dieses Verhalten wird mit „abrupt stall“
umschrieben.
In beiden Fällen ist die Strömung im Verdichter nicht mehr umfangssymmetrisch.
Es existieren dann am Umfang Gebiete mit ungestörter und andere mit abgelöster Strö-
mung. Durch diese „Teilbeaufschlagung“ ist es möglich, dass der Verdichter einen neuen
Betriebspunkt auf der Sekundär- bzw. Tertiärcharakteristik einnimmt. Dabei können
mehrere oder nur eine Stall-Zelle am Umfang auftreten.
Hinsichtlich der radialen Erstreckung des Störgebietes über der Schaufelhöhe wird
zwischen „part-span stall“ und „full-span stall“ unterschieden. Meist kommt es bei „part-
span stall“ zu mehreren Zellen am Umfang im Schaufelspitzenbereich. Sie rotieren mit
4.2 Turboverdichter 405

ungefähr 50 % der Rotordrehgeschwindigkeit und erstrecken sich zum Teil nur auf ein-
zelne Stufen des Verdichters. In Verbindung mit „part-span stall“ ist das „progressive
stall“-Verhalten wahrscheinlicher.
Erstreckt sich das Ablösegebiet über die gesamte Schaufelhöhe wird von „full-span
stall“ gesprochen. In der Regel handelt es sich dann um nur eine Zelle, welche ein erheb-
liches Umfangssegment und die gesamte axiale Baulänge des Verdichters einnimmt. Sie
rotiert üblicherweise langsamer, mit ca. 29 bis 40 % der Rotorgeschwindigkeit. Für das
„abrupt stall“-Verhalten ist das sofortige Auftreten von „full-span stall“ typisch. Tritt im
Verdichter zunächst „part-span stall“ auf und wird der Durchsatz weiter gedrosselt, dann
gehen die Ablösegebiete in „full-span stall“ über.
Experimentelle Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Verdichter mit kleinem
Nabenverhältnis eher zu „progressive stall“ neigen, während bei Maschinen mit großem
Nabenverhältnis „abrupt stall“ wahrscheinlicher ist [Gra84, Cum89B].
Ist der Verdichter in ein größeres Systemvolumen mit entsprechenden Speichereigen-
schaften eingebunden, so kann es zum Pumpen (surge) kommen bzw. zu einer Überlage-
rung von Pumpschwingungen (Abb. 4.2-72).
Während die rotierenden Ablösezellen lokal im Verdichter auftreten und die Strömung
durch die Schaufelgitter in Umfangsrichtung teilweise versperren, stellt das Pumpen eine
überlagerte Instabilität der Anlage dar, die im Wesentlichen von den Speichereigenschaften
der angeschlossenen Systemkomponenten geprägt wird. Beide Instabilitätsformen unter-
scheiden sich in der Regel um mehr als eine Zehnerpotenz hinsichtlich ihrer charakteristi-
schen Periodendauer [Hor67K, Gra84, Cum89B, Uhl03, Gri09B].
Bei der Instabilitätsform des Pumpens fluktuiert der gemittelte Durchfluss, so dass
die Strömung im gesamten Verdichter mehr oder weniger in Phase dazu ablöst und wie-
der anliegt. Diese Fluktuation kann so heftig sein, dass komprimiertes Fluid durch den
Verdichter zurückströmt (deep surge DS). Andererseits kann „surge“ sehr mild sein, so
dass der Betriebspunkt um die Kennlinie kreist. Als Anzeichen ist nur eine periodische
Veränderung des Laufgeräusches vorhanden. Während einiger „surge“-Zyklen kann die
Strömung im Verdichter auch vorübergehend durch „rotating stall“ gekennzeichnet sein.
Dieses Phänomen wird mit „classic surge“ (CS) oder „mild surge“ umschrieben.
Die Frequenz der Pumpschwingung hängt vom angeschlossenen Speichervolumen
ab und kann Werte zwischen 0,5 und 10 Hz annehmen. Der voll ausgeprägte „surge“-
Prozess ist umfangssymmetrisch. Dies ist im Übergangsgebiet nicht der Fall. Die gegebe-
nenfalls zerstörerische Wirkung. von „surge“ geht von der nicht umfangssymmetrischen
Belastung aus, deren Ursache in der Initialphase der Rückströmung zu suchen ist.
Die starken Oszillationen des Massenstroms beim Überschreiten der Verdichter-Sta-
bilitätsgrenze bzw. Pumpgrenze hängen von den Dämpfungseigenschaften des Gesamt-
systems Verdichter und aller vor- und nachgeschalteten Volumina ab. Dies bedeutet im
Extremfall eines „deep surge“ bei einer Gasturbine oder einem Turbotriebwerk sogar ein
Zurückströmen der heißen Gase aus der Brennkammer. Dies kann vor allem aufgrund
der mechanischen Belastung durch hohe lokale Kräfte und kritische Schwingungen eine
Schädigung der gesamten Anlage nach sich ziehen.
406 4 Turbomaschinen-Komponenten

Der Zusammenbruch der Strömung an der Stabilitäts- bzw. Pumpgrenze hat zur
Folge, dass bereits verdichtete Luft aus den nachgeschalteten Volumina zurückströmt
oder zumindest den Massenstrom stark verringert. Dabei wird der Verdichter insgesamt
entlastet, die Strömung liegt wieder an den Schaufeln an und es wird wieder Massen-
strom gefördert und dabei Druck aufgebaut. Bei unveränderten Randbedingungen findet
eine weitere Androsselung auf der Primärcharakteristik statt, bis erneut die Stabilitäts-
grenze erreicht und überschritten wird und der Zyklus von vorne beginnt. Die dabei auf-
tretenden niederfrequenten und energiereichen Schwingungen in einer Größenordnung
von typischerweise 1 bis 20 Hz verursachen hohe Belastungen für die Schaufeln und das
ganze Wellensystem einschließlich der Lagerung. Weitere Schäden können durch eine
nicht völlig rotationssymmetrische Ausbildung des Pumpens gerade in der Entstehungs-
phase verursacht werden, da hier die Gefahr von Gehäusedeformationen besteht und
infolgedessen die Schaufeln anstreifen und mechanisch überlastet abreißen können.
Die Lage der Stabilitätsgrenze im Kennfeld wird zum Teil auch beeinflusst durch die
Einbausituation des Verdichters in einem Rohrleitungssystem oder durch den Verdich-
ter als Teilkomponente in einer Gasturbinenanlage oder in einem Flugtriebwerk. Ins-
besondere führen Einlaufstörungen und eine unsymmetrische Verdichterbelastung zu
einer Verkleinerung der nutzbaren Kennfeldbreite. Bei mehrstufigen, hochbelasteten
Verdichtern kann die tatsächliche Lage der Stabilitätsgrenze nur mit einem erheblichen
Risiko im Versuch bestimmt werden, da aufgrund der hohen Druckverhältnisse bereits
der erste Pumpstoß zu Schäden an der Anlage beziehungsweise in dem Triebwerk führen
kann. Die fatalen Folgen eines längeren Betriebs bei „rotating stall“ und Pumpvorgän-
gen sind Schaufelbrüche aufgrund der potentiellen Eigenschwingungsanregung. Hieraus
ergibt sich auch die Notwendigkeit einerseits der allerdings schwierigen Vorausberech-
nung der Stabilitätsgrenze und andererseits der Früherkennung der Strömungsinstabili-
täten im Betrieb durch geeignete Messtechnik abzusichern.
Wird die Stabilitätsgrenze vom stabilen in den instabilen Betriebsbereich hin ohne
Pumperscheinungen überschritten, so können sekundäre und tertiäre Charakteristiken
auftreten, ggf. auch sogenannte Doppelcharakteristiken, wie nach Schäffler [Sch82] in
Abb. 4.2-73 gezeigt wird.
Die Sekundärcharakteristik kann als Fortsetzung der Primärcharakteristik in den
instabilen Bereich betrachtet werden und ist meist mit mehrzelligen rotierenden kleinen
Ablösungszellen im äußeren Bereich des Ringraums verbunden, sie erstrecken sich also
nicht über die ganze Schaufelkanalhöhe (part-span stall) und betreffen in der Regel auch
nur einzelne Schaufelreihen.
Nach z. B. Schäffler [Sch79a] u. a. [NAS65B, Gre75, Day76] können grundsätzlich
zwei Gruppen von Betriebscharakteristiken mehrstufiger Axialverdichter unterschie-
den werden. Einerseits die Kennlinien mit ablösungsfreier Strömung und mit rotieren-
der Ablösung sowie andererseits die Formen der rotierenden Ablösung, wie sie im tiefen
Teillastgebiet auftreten (Abb. 4.2-97).
Wird der Verdichter über die Primärcharakteristik hinaus gedrosselt, so springt er, falls
die Dämpfungseigenschaften des Gesamtsystems ausreichen, auf die Tertiärcharakteristik.
4.2 Turboverdichter 407

Abb. 4.2-74 Rotierende ηC
Ablösung im tiefen Kennfeld-
∆η C ≈ 2...12%
Teillastgebiet mit permanenter
rotierender Ablösung und
Doppelcharakteristiken nach
[Sch79a]
pt 3 Hysteresegebiet mit
pt2 Doppelcharakteristiken
(rotierende Ablösung)

Druckverhältnis
n
permanente
rot. Ablösung Tt 2

Primärcharakteristiken
Doppelcharakteristiken

m2 Tt 2
red. Durchsatz
pt2
1, 2, 3,...Zellen

Es liegt dann tiefes Abreisen vor, eine schwere Form der rotierenden Ablösung. Dabei kann
der Verdichter bis zum Nulldurchsatz bei annähernd gleichem Druck und ständig sinken-
dem Wirkungsgrad gedrosselt werden.
Zwischen den primären und tertiären Charakteristiken existieren manchmal noch
dritte Kennlinien, die sogenannten Sekundärcharakteristiken, die eine leichtere Form
der rotierenden Ablösung darstellen. Die Sekundärcharakteristik kann nach Schäffler
u. a.durch Entdrosseln des Verdichters aus dem Gebiet der tertiären Charakteristik her-
aus erreicht werden, wobei je nach den speziellen Eigenschaften eines Verdichters dieser
auch sofort auf die Primärcharakteristik springen kann, je nachdem, ob das rotierende
Ablösesystem verkleinert wird oder ganz verschwindet. Die Sekundärcharakteristik liegt
im Bereich der Abreißgrenze und ist in diesem Bereich generell instabil, d. h. der Ver-
dichter kann dann wieder auf die stabile Tertiärcharakteristik springen. Der Betriebszu-
stand der Sekundärcharakteristiken ist gekennzeichnet durch rotierende Ablösung in ein
– oder mehrzelligen Systemen, die nur einen Teil der Schaufelspannweite überdecken.
Die Wirkungsgrade liegen 2 bis 12 % unterhalb der Werte der Primärcharakteristik.
Formen der rotierenden Ablösung im sehr tiefen Drehzahlgebiet sind in Abb. 4.2-74
schraffiert dargestellt. Ihre Ausdehnung ist unabhängig von der Art wie der Verdichter in
diesen Betriebsbereich gebracht wird, ob aus sehr kleinen oder hohen Drehzahlen oder durch
Androsseln bei einer entsprechenden Drehzahl.
Er wird deshalb auch als Gebiet permanenter rotierender Ablösung bezeichnet. Dreh-
zahllinien im Bereich der permanenten rotierenden Ablösung zeigen kleine, sprungartige
Veränderungen entsprechend der Zahl der Ablösezellen, wobei für jeden Betriebspunkt
eine bevorzugte Zellenzahl existiert. Dieses Gebiet der permanenten rotierenden Ablö-
sung kann bei Verdichtern mit hohem Druckverhältnis zu schweren Einbrüchen in der
408 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-75 Modellierung „Verdichtungssystem“ Modell (Greitzer)


des Verdichtungssystems nach mit Umgebungs-Volumina
Greitzer [Gre78], das in einer
linearisierten Version bereits
Plenum
von Emmons beschrieben Verdichtermodell
wurde [Emm55] Drossel
AC

LC
VP

Pumpgrenze führen, wobei in diesem Bereich stabiler Betrieb eines Triebwerkes bei Wir-
kungsgradeinbußen möglich ist.
Es gibt allerdings auch Verdichter, die über das Gebiet der permanenten rotie-
renden Ablösung hinaus eine Zone mit rotierender Ablösung und daraus resultie-
render Doppel- bzw. Mehrfachcharakteristik haben. Diese Schleife kann nur aus
dem Gebiet der permanenten rotierenden Ablösung heraus erreicht werden, in dem
das Ablösezellensystem entwickelt und dann mit ausgeprägtem Hysteresecharakter
erhalten bleibt.
Beim Überschreiten der Hystereseschleife springt der Verdichter schlagartig
auf die Primärcharakteristik, was sich in einem Sprung von Durchsatz und Druck-
verhältnis äußert, der meist deutlich hörbar ist. Der Betriebszustand im Gebiet
der permanenten rotierenden Ablösung sowie innerhalb der Hystereseschleife
ist physikalisch weitgehend ähnlich dem Betrieb auf der Sekundärcharakteristik
(Abb. 4.2-74).
Während der Verdichter beim Übergang von primärer zu sekundärer Charakteris-
tik (progressive stall) verhältnismäßig geringe Leistungseinbußen zeigt, sind diese beim
Übergang zur Tertiärcharakteristik wesentlich intensiver (Abb. 4.2-73). Die stabilen und
instabilen Betriebsbereiche mit rotierender Ablösung außerhalb der Primärcharakte-
ristiken nach den Abb. 4.2-73 und 4.2-74 gilt es stets zu vermeiden, da die Gefahr von
Schwingungsbrüchen und der möglichen, schwer zu kontrollierenden Übergänge auf die
verschiedenen Betriebscharakteristiken besteht.

4.2.7.3 Modellierung des Verdichtungssystems


Grundlegende Modelle zur Erklärung des unterschiedlichen Verhaltens beim Über-
schreiten der Stabilitätsgrenze und damit zur Frage, ob ein Verdichter zu Rotating-
Stall oder Pumpen (surge) neigt, finden sich besonders in den Arbeiten von Greitzer
u. a. [NAS65B, Hor67K, Gre75, Gri09B u. a.]. Die Gasturbine, speziell das Verdich-
tungssystem, wird dabei stark vereinfachend nachgebildet aus einem Verdichter,
einem Speichervolumen als Plenum, das zum Beispiel dem Brennkammervolumen
entspricht, einer Drossel, die stellvertretend für die Gitterkanäle der Turbine steht und
einem Strömungskanal, der Verdichter und Plenum verbindet (Abb. 4.2-75). Während
4.2 Turboverdichter 409

ein früheres Modell nach Emmons [Emm55] aufgrund seiner Linearisierung nicht in
der Lage war, Schwankungen mit großer Amplitude, wie sie beim Verdichterpumpen
auftreten, zu beschreiben, entwickelte Greitzer ein nichtlineares dynamisches Modell,
mit dem sowohl Rotating-Stall als auch Pumpen näherungsweise dargestellt werden
konnten.
Das Gleichungssystem zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens dieses Modells,
das die Kompressibilität des Plenumvolumens, die Dämpfung aufgrund des Verdichters
und der Drossel sowie die Trägheit des Fluids im Strömungskanal berücksichtigt, ent-
hält dabei als entscheidende Größe den dimensionslosen B-Parameter. Dieser wurde von
Greitzer folgendermaßen definiert
u
B= . (4.2-107)
2 ω H LC
u ist dabei die mittlere Rotorgeschwindigkeit, ωH die Helmholtz-Resonanzfrequenz und
LC die effektive mittlere Kanallänge auf der Verdichterseite.
Die Eigenfrequenz ωH dieses Systems berechnet sich gemäß

AC LC
ωH = a (4.2-108)
VP

mit der Schallgeschwindigkeit a, dem Verdichter-Kanalquerschnitt AC und dem nach-


folgenden Plenum-Volumen VP. Wird Zähler und Nenner der B-Parameter-Definition
erweitert in der Form
0,5 ρ u2
B= , (4.2-109)
ρ u ω H LC
so lässt dies eine physikalische Deutung des B-Parameters zu. Es stehen somit ein Maß
für die Druckerhöhung des Verdichters und die zur Anregung von Massenstrom-
Oszillationen nötige Druckkraft zueinander im Verhältnis. Ein kleiner Wert für B
bedeutet also, dass der Verdichter nicht in der Lage ist, das System ins Schwingen und
damit zum Pumpen zu bringen,d. h.der Verdichter wird an der Stabilitätsgrenze zu
Rotating-Stall übergehen. Ist B dagegen groß genug, dann wird das System angeregt
und gerät ins Pumpen. Der theoretisch berechnete Grenzwert für Bkrit liegt bei etwa
0,7. Der Wert wurde durch Versuche in guter Näherung auch bestätigt, hierbei wurde
Bkrit = 0,8 ermittelt [Gre81]. Für eine eingehendere Betrachtung der Modellierung des
dynamischen Verhaltens von Verdichtungssystemen, insbesondere des instabilen Ver-
haltens, sei an dieser Stelle auf die Literatur verwiesen [Gre75, Moo85, Fin92, Gra99,
Gri09B].
Untersuchungen an Verdichtern und Triebwerken zeigen, dass Rotating- Stall und
Pumpen (surge) in realen Triebwerken nicht völlig unabhängig voneinander auftreten.
Vielmehr geht dem Pumpen eine mehr oder weniger ausgeprägte Phase mit Rotating-
Stall voraus, der Pumpzyklus kann quasi durch lokale Ablösegebiete initiiert werden.
410 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-76 Modalwellen
im Zusammenhang mit
Verdichter-Instabilitäten
[Uhl03]

„long length scale perturbations“

Abb. 4.2-77  „spike type


stall“ im Zusammenhang
mit Verdichter-Instabilitäten
[Uhl03]

„short length scale perturbations“

4.2.7.4 Modellvorstellung des Ablösemechanismus bei Verdichtern


Während bisher nur das globale Verhalten des Verdichters bzw. der Gasturbine beim
Überschreiten der aerodynamischen Stabilitätsgrenze betrachtet wurde, soll im Folgen-
den kurz auf den grundliegenden Auslösemechanismus eingegangen werden, der dem
Rotating-Stall vorausgeht, wie dies in [Uhl01] dargestellt wird. Es werden im Wesent-
lichen zwei unterschiedliche Modelle angenommen, die diesen komplexen Vorgang zu
beschreiben versuchen. Beide konnten auch an Versuchsverdichtern nachgewiesen wer-
den, so dass von mindestens zwei, im Allgemeinen unabhängigen Entstehungsmecha-
nismen ausgegangen werden kann. Dies ist zum einen die Modalwellentheorie, die auch
unter dem Stichwort „long length scale perturbation“ bekannt ist (Abb. 4.2-76), während
die als „short length scale perturbation“ bekannten „spikes“ signifikant für die zweite The-
orie sind (Abb. 4.2-77).
Gemäß der Modalwellentheorie kommt es bei der Annäherung des Verdichterbe-
triebspunktes an die Stabilitätsgrenze zu einer Überlagerung der axialen Geschwin-
digkeitskomponente mit einer homogenen Welle geringer Amplitude, die im
Ringraum umläuft und deren Grundwellenlänge dem Ringraumumfang entspricht.
Die Umlauffrequenz beträgt dabei 50 % und weniger der Rotor-Frequenz. Mit wei-
terer Annäherung an die Pumpgrenze nimmt die Amplitude der Geschwindigkeits-
modulation zunächst langsam, dann exponentiell zu und zeigt damit ein ähnliches
Verhalten wie ein schwingungsfähiges System mit abnehmender Dämpfung. Bedingt
durch die geringe Axialgeschwindigkeit im Wellental kommt es in diesem Bereich
zu einer Fehlanströmung der Laufradschaufeln mit Ablöseerscheinungen auf der
4.2 Turboverdichter 411

Profilsaugseite. Es bildet sich eine Rotating-Stall-Zelle aus, die relativ entgegen der
Rotordrehrichtung wandert.
Modale Störungen können üblicherweise bis zu mehrere 100 Rotorumdrehungen
vor dem ausgebildeten Rotating-Stall nachgewiesen werden und wären damit für eine
frühzeitige Stall-Vorhersage gut geeignet. Außerdem weist dieser Entstehungsmecha-
nismus den Weg für aktive Gegenmaßnahmen zur Erweiterung des Betriebsbereiches.
Der Grundgedanke ist dabei die Dämpfung der Amplituden der modalen Wellen durch
gegenphasige Schwingungen, die zum Beispiel durch schnelle Leitschaufelbewegun-
gen oder gezielte Lufteinblasung über mehrere Ventile am Umfang aufgebracht werden
könnten. Jedoch kann die Modalwellentheorie nicht bei allen Verdichterarten bestä-
tigt und als alleiniger Entstehungsmechanismus angesehen werden. Es lässt sich noch
ein zweiter, davon unabhängiger Vorläufer des Rotating-Stall beobachten. Eine weitere
Erschwernis ergibt sich aufgrund der Tatsache, dass Modalwellen bisher zuverlässig nur
in Verdichter-Prüfstandsversuchen festgestellt wurden, während ihre Detektierbarkeit in
der Gasturbine aufgrund ihrer kleinen Amplitude und des schlechteren Signal-Rausch-
Verhältnisses erheblich erschwert wird.
Beim zweiten Entstehungsmechanismus handelt es sich um den „spike-type-stall“,
kurz Spike, der durch lokale Ablösungen der Strömung an einzelnen Rotorschaufeln
ausgelöst wird. Diese treten in der Nähe der Stabilitätsgrenze aufgrund der geringen glo-
balen Axialgeschwindigkeit der Strömung stochastisch verteilt auf und führen zu klei-
nen, scharf definierten Stall-Zellen, die im Ringraum umlaufen und sich nur über ein bis
zwei Schaufelkanäle erstrecken. Diese wachsen innerhalb weniger Rotorumdrehungen
in Radial- und Umfangsrichtung an und bilden sich zum Rotating-Stall aus, wobei die
Umlaufgeschwindigkeit von anfänglich 60 bis 80 % der Rotorfrequenz auf konstante 35
bis 60 % zurückgeht.
Während Modalwellen oftmals nur in einem eng begrenzten Bereich der Dreh-
zahlcharakteristik und bei absolut homogener Zuströmung auftreten, scheint die
„spike“-Theorie zunächst den realen Gegebenheiten näher zu kommen, da Strömungs-
inhomogenitäten, die lokale Ablösungen begünstigen, praktisch immer vorhanden
sein werden. Dennoch kann auch aus dem „spike“-Modell keine allgemeingültige Stall-
Vorhersage-Methode abgeleitet werden, da auch diese Theorie allein nicht den Entste-
hungsmechanismus an unterschiedlichen Verdichtern unter verschiedenen Bedingungen
beschreiben kann. Außerdem erscheint die Detektion der kleinen nadelförmigen Druck-
spitzen, die auf den „spike type stall“ schließen lassen (Abschn. 4.2.7.6, Abb. 4.2-79), in
einer realen Triebwerkskonfiguration mit verrauschten Signalen als große Herausfor-
derung. Es zeigt sich vielmehr, dass die Modalwellentheorie und die „spike“-Theorie
gemeinsam betrachtet werden müssen und dabei eventuell der Einschränkung unterlie-
gen, dass sie bezüglich eines Identifikationsverfahrens nur für Verdichterprüfstandsver-
suche relevant sind.
In zahlreichen Untersuchungen an Versuchsverdichtern [Uhl03, Gri09B u.a.] konnte
gezeigt werden, dass beide Entstehungsmechanismen tatsächlich zu beobachten sind.
412 4 Turbomaschinen-Komponenten

Es gestaltet sich dabei aber schwierig, eindeutige Kriterien für das Auftreten der einen
oder anderen Form zu finden. Grundsätzlich tendieren langsamlaufende, schwach
belastete Verdichter eher zu Modalwellen, während „spikes“ bevorzugt bei hochbe-
lasteten mehrstufigen Verdichtern zu finden sind. Aber auch im letzteren Fall können
modale Störungen der aerodynamischen Instabilität vorausgehen, wobei hier die Dreh-
zahl wesentlicher bestimmender Faktor ist bzw. die Belastung der einzelnen Stufen und
ihre Abstimmung zueinander. Andererseits spielt die Drosselgeschwindigkeit eine ent-
scheidende Rolle bei der Frage, wie früh Störungen schon vor dem Einsetzen des Rota-
ting-Stall auftreten. Nicht ganz unerwartet ist das Ergebnis, dass bei einer schnelleren
Androsselung Störungen sich innerhalb einer kürzeren Zeitspanne vollständig ausbil-
den. Die rechtzeitige Erkennung dieser Instabilitätenindikatoren stellt damit gerade im
instationären Triebwerksbetrieb mit hohen Änderungsraten eine große Herausforde-
rung dar.

4.2.7.5 Spaltwirbeleinfluss bei Turboverdichtern


Die bisherigen Untersuchungen zur Entstehung aerodynamischer Verdichterinsta-
bilitäten mittels Methoden der numerischen Simulation weisen darauf hin, dass die
Spaltströmung zwischen Saug- und Druckseite einer Rotorschaufel einen wesentli-
chen Einfluss auf die Stabilität der Hauptströmung im Schaufelkanal haben dürfte
[Wil05a,  Bri10, Hem09, Gri09B]. Bedingt durch die Druckdifferenz zwischen Saug-
und Druckseite entlang einer Schaufel strömt Fluid über die Blattspitze und wickelt
sich im Schaufelkanal an der Rotorvorderkante beginnend zum wandnahen Spaltwir-
bel auf (Abb. 4.2-78).
Stationäre CFD-Rechnungen an der transsonischen Frontstufe eines modernen
Hochdruckverdichters mit Eintrittsleitrad, Rotor und Stator, die auf der Lösung der
dreidimensionalen Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen basieren, zei-
gen, dass dieser Spaltwirbel bei niedriger Belastung stabil ist und mit der Hauptströ-
mung durch den Schaufelkanal transportiert wird [Hof06, Wil05a, Bri10, Hem09].
Das heißt, der Spaltwirbel beeinträchtigt die aerodynamischen Strömungsverhält-
nisse an den Schaufeln kaum. Bei höheren Druckverhältnissen dagegen wird der
Kern des Spaltwirbels instabil und bricht kurz nach der Stoßfront im Schaufelkanal
zusammen, was als „vortex breakdown“ bezeichnet wird. Dabei löst sich der Spalt-
wirbelkern auf und bildet Rezirkulationszonen aus, die nicht mehr stromabwärts
abfließen, sondern die Hauptströmung im äußeren Kanalbereich behindern [Sch97,
Fur98]. Diese anfänglich kleinen Totwassergebiete wachsen bei weiterer Androsse-
lung rasant an und können schließlich zum Zusammenbruch der gesamten Rotor-
strömung führen.
Auch wenn dieser Mechanismus im Detail nur teilweise bekannt ist und noch der
experimentellen Bestätigung bedarf, vermag er eine Erklärung für den „spike type stall“
abzugeben. Kommt es in einer Rotorpassage beim Androsseln zum „vortex breakdown“,
so wird die Hauptströmung gezwungen zunächst nach unten und seitlich auszuweichen.
Gerade die Strömungsseparation auf die benachbarten Schaufelkanäle und die damit
4.2 Turboverdichter 413

Transsonischer Axialverdichter und


Spaltwirbel Verdichtungsstoß Anströmung

u
druckseitige
Blockage
Wirbelkern
Wirbel -
Blockage
Spaltwirbel

w
Betrieb bei Verdichtungsstoß
Wirkungsgrad maximal

Spaltwirbel
schwach

w
Betrieb Verdichtungsstoß
nahe Pumpgrenze

Spaltwirbel
aufgeplatzt

Abb. 4.2-78  Aufplatzen des Spaltwirbelkerns bei Annäherung an die Pumpgrenze eines Axialver-
dichters (CFD-Simulation nach Wilke [Wil05a, Hem09].)

verbundene Störung der axialen Geschwindigkeitskomponente wäre mit der „spike“-


Theorie gleichzusetzen, d. h. die Ausbildung einer lokalen Ablösung an einem Schau-
felprofil könnte als Folge der Blockage durch das Totwassergebiet des aufgeplatzten
Spaltwirbels im benachbarten Kanal gesehen werden.
414 4 Turbomaschinen-Komponenten

Messung der Strömungsgeschwindigkeit mit


Heißfilmsonden an sechs Umfangspositionen
1
2 6

3 5
4
Modalwelle rotierende “spike”-Ausbildung rotierende
Ablösezelle Ablösezelle
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1

Zeit Zeit

Abb. 4.2-79 Strömungsinhomogenitäten bzw. Drucksignale am Gitterumfang in Drehrichtung


geordnet. Modalwellen (links) und „spikes“ (rechts), Messungen aus [Cum97B]

4.2.7.6 Früherkennung aerodynamischer Verdichterinstabilitäten


Erste Einblicke in die Entstehung und Ausbildung aerodynamischer Instabilitäten bie-
tet die Aufbereitung der Rohsignale. Umlaufende Druckstörungen lassen sich anschau-
lich darstellen, indem die Signale der am Umfang verteilten Drucksensoren einer Ebene
ihrem Abstand entsprechend übereinander aufgetragen werden. In dieser Abwicklung des
Umfangs kann die Entstehung und Entwicklung solcher Störungen bezüglich Zeit und Ort
verfolgt werden, außerdem kann ihre Geschwindigkeit bestimmt werden (Abb. 4.2-79).
Je nach Art der umlaufenden Störungen zeichnen sich diese durch unterschiedli-
che Phänomene aus. Modalwellen, die eine Modulation der Anströmgeschwindigkeit
darstellen und daher primär in den durch Heißfilmsonden gemessenen Geschwindig-
keitsverläufen nachgewiesen werden können, lassen sich auch in den Drucksignalen als
schwache harmonische Schwingung erkennen, die an den verschiedenen Sensorpositi-
onen einen der Umlaufgeschwindigkeit entsprechenden Phasenversatz aufweist. Spikes
dagegen zeichnen sich durch kleine, scharf begrenzte Druckspitzen aus, die aufgrund
ihres rotierenden Charakters ebenfalls mit einem kleinen Zeitversatz an den verschiede-
nen Sensorpositionen auftreten [Bre95, Uhl03, Gri09B].
Zur Früherkennung der Störsignale in Verbindung mit den angesprochenen Instabilitäten
können bekannte Theorien der Signalverarbeitung wie das klassische Analyseverfahren der
Fourier-Transformation oder die Wavelet-Transformation eingesetzt werden [Bre95, Uhl03].
Die klassische Fourier-Transformation stellt die am weitesten verbreitete Methode
zur Signaltransformation dar. Sie erlaubt über ihren mathematisch theoretischen Hinter-
grund hinaus eine anschauliche Deutung physikalischer Vorgänge, die mit Schwingun-
gen und Zeitverläufen in Verbindung gebracht werden.
4.2 Turboverdichter 415

Stabilitätsgrenze bestimmt
3,2
C 100%
3,0

Druckverhältnis 2,8

2,6
95%
2,4
90%
2,2

2,0
80%
1,8

1,6
nred,rel= 60%
1,4

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
red. Durchsatz mred

Abb. 4.2-80 Gemessenes Kennfeld eines 4-stufigen Versuchsverdichters mit transsonischer


CDA- Beschaufelung. Massenstrom 14,1 kg/s, Drehzahl 18000 1/min, Gesamtwirkungsgrad 88 %,
Stufendruckverhältnis 1,3, Gesamtdruckverhältnis etwa 3 [Uhl03]

Die Fourier-Transformation weist allerdings in signaltheoretischer Hinsicht einen


Mangel auf, da sie lokale Eigenschaften eines Signals nicht berücksichtigt, sondern zeit-
abhängige Funktionen in trigonometrische Funktionen zerlegt, die unendlich lang mit
derselben Periode schwingen.
Zur Anwendung und zur Erläuterung der Wavelet-Transformation wird auf die ein-
schlägige Fachliteratur verwiesen wie [Bre95, Uhl03, Cum89B u.a.]. Hier wird lediglich
eine kurze Einführung zu einem Gebiet gegeben werden, das für einen sicheren, kont-
rollierten Betrieb von Hochleistungsverdichtern in Zukunft von besonderer Bedeutung
ist. Aus Forschungsvorhaben der Verdichtertechnik zur Vorwarnung von Instabilitäten
wird als ausgewähltes Beispiel ein mehrstufiger Transsonikverdichter hier kurz vorge-
stellt. Dazu wird in Abb. 4.2-80 aus [Uhl03] das gemessene Kennfeld eines 4-stufigen
Versuchsverdichters betrachtet, der mit einer CDA-Beschaufelung transsonisch ausge-
legt wurde. Das Kennfeld zeigt für die 80 % und die 95 % Drehzahlkennlinie, an welchen
Kennfeldpunkten die Messungen im stabilen Betriebsbereich durchgeführt wurden.
Zur Untersuchung lokaler, instationärer Strömungserscheinungen wurden in allen Ver-
dichterebenen bis zu fünf am Umfang verteilte instationäre Druckaufnehmer vor und nach
dem Rotor und dem Stator installiert. Die Abb. 4.2-81 und 4.2-82 zeigen die Signale von 4
Drucksensoren vor dem Laufrad der ersten Stufe des Verdichters bei verschiedenen Dreh-
zahlen während des Übergangs zu Rotating-Stall, der an den großen Amplituden am Ende
der Messungen zu erkennen ist. Zur Vervollständigung der Abwicklung ist das Signal des
ersten Drucksensors an der Umfangsposition (4) doppelt aufgetragen (Abb. 4.2-79).
Die Messungen für eine relative Rotordrehzahl von 50 % zeigen, dass Rotating-Stall
aus einer lokalen Ablösezelle hervorgeht, die sich ungefähr 16 Rotorumdrehungen davor
416 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-81 Drucksignale Sensor (vor LA1) Drehzahl n = 50%


vor Rotor 1 bei der n = 50 % [4]
(Abb. 4.2-80) [Uhl03]

[2]

[1]

[5]

[4]

1,6 1,7 1,8


Zeit t [s]

Abb. 4.2-82 Drucksignale Sensor (vor LA1) Drehzahl n = 80%


vor Rotor 1 bei der n = 80 % [4]
(Abb. 4.2-80) [Uhl03]

[2]

[1]

[5]

[4]

6,0 6,1
Zeit t [s]

ausbildet und mit konstanter Geschwindigkeit umläuft (Abb. 4.2-81). Sie geht zunächst
in eine mehrzellige Konfiguration über und wird etwas undeutlicher, führt dann aber
direkt in den Rotating-Stall.
Werden die Messungen für eine relative Rotordrehzahl von 80 % (Abb. 4.2-82) betrach-
tet, so können hier umlaufende, durch lokale Ablösegebiete verursachte Druckspitzen auf-
grund ihrer schwachen Ausprägung kaum erkannt werden. Die Ablösezelle, die in den
Rotating-Stall führt, kann nicht sicher über mehrere Umläufe zurückverfolgt werden,
sondern scheint in ihrer Entwicklung unterbrochen. Im Gegensatz zu den Messungen bei
niedrigeren Drehzahlen zeigen die Druckverläufe vor dem Einsetzen des Rotating-Stall
eine schwache Schwingung mit circa 70 Hz, die zunächst eine Modalwelle vermuten lässt.
Aufgrund ihrer gleichphasigen Lage an allen Sensorpositionen und der starken Ausprägung
kann aber eine Modalwelle sicher ausgeschlossen werden, die Schwingung dürfte vielmehr
mechanisch von außen angeregt sein und über das Gehäuse übertragen werden.
4.2 Turboverdichter 417

Rotierende Ablösung Pumpen

p anliegende Strömung Π Deep Surge

Surge
Druck

Ablösezellen

Zeit t neg.– 0 pos. + Durchsatz

Aerodynamik
Aeromechanik

Abb. 4.2-83  Überblick schematisch zu den Auswirkungen von Instabilitäten auf die aeromecha-
nische Integrität der Komponente Verdichter [Sch79a, Gri09B]

Beim Vergleich der gezeigten Ergebnisse kann festgehalten werden, dass die Signale im
Zeitbereich brauchbare Indizien für eine bevorstehende Ausbildung von Rotating-Stall liefern.
Wie aus Veröffentlichungen zur Thematik der Früherkennung von Verdichterinstabili-
täten hervorgeht, zeigte sich auch hier, dass sich bei relativen Drehzahlen von 50 bis 70 %
Druckspitzen gut erkennen lassen, die rotierende Ablösegebiete repräsentieren und nach
der „spike“-Theorie für die Entstehung des Rotating-Stall verantwortlich sind. Diese zeigen
sich aber erst kurz vor der ausgebildeten Instabilität und werden mit zunehmender Dreh-
zahl undeutlicher, so dass sie für ein sicheres und frühzeitiges Warnsystem für die Praxis
kaum in Frage kommen. Bei Rotordrehzahlen von 80 % und über 90% schließlich können
sie nicht mehr sicher detektiert werden und gehen zum Teil in einer Störung in Form einer
gleichmäßigen Druckschwankung unter. Dies erschwert eine Beobachtung und Erklärung
der Mechanismen beim Übergang vom stabilen in den instabilen Betriebsbereich erheblich.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass neben den klassischen Analyseverfahren
mit der Fourier-Tranformation das Erkennungsverfahren auf Wavelet-Basis prinzipiell
für Verdichter eingesetzt werden kann. Der geringere Aufwand an Instrumentierung
eröffnet dabei auch die Möglichkeit eines Einsatzes im praktischen Betrieb.

4.2.8 Betriebsverhalten und Anpassung mehrstufiger Verdichters

4.2.8.1 Auswirkungen von instabilen Betriebszuständen


Auf das Betriebsverhalten allgemein und besonders auf wesentliche Phänomene in Sta-
bilitätsgrenzbereichen von Verdichtern wurde in den vorstehenden Abschnitten hinge-
wiesen. Im zusammenfassenden Überblick dazu sind in Abb. 4.2-83 die wechselseitigen
418 4 Turbomaschinen-Komponenten

Auswirkungen von Strömungsinstabilitäten auf die Bauteile und deren mechanische


Integrität eines Verdichters schematisch dargestellt. In Gebieten mit rotierender Ablö-
sung verschlechtert sich zudem infolge der verringerten Verdichterwirkungsgrade der
thermodynamische Arbeitsprozess einer Gasturbine oder eines Flugtriebwerks unter
Umständen so sehr, dass das Triebwerk nach dem Anlassen nicht mehr beschleuni-
gungsfähig ist und bei einer bestimmten Drehzahl stagniert. Es liegt ein sogenanntes
„Hängenbleiben“ vor.
Gerät der Verdichter nach Überschreiten der Abreißgrenze in den Bereich der terti-
ären Charakteristiken (Abb. 4.2-73), so wird durch den damit verbundenen sehr star-
ken Wirkungsgradverlust der Arbeitsprozess der Gasturbine so verschlechtert, dass es
mit dem Abfallen der Drehzahl zu einem rapiden Anstieg der Turbineneintrittstem-
peratur mit den entsprechenden Überhitzungsproblemen kommt. Dies kann dazu
führen, dass der Verdichter durch Entdrosselung auf die Primärcharakteristik zurück-
kehrt und dann das Triebwerk normal beschleunigt werden kann. Falls der Verdichter
im Bereich der tertiären Charakteristiken verbleibt, kann die Drehzahl solange absin-
ken, bis ein Gleichgewichtszustand eintritt bzw. das Triebwerk eventuell abgestellt
werden muss.
Jede rotierende Ablösung bewirkt eine leichte, periodische Schwankung des sta-
tischen und besonders des dynamischen Drucks beim Durchlaufen der Ablösezel-
len. Die Frequenz dieser periodischen Drucksignale hängt von der Umlauffrequenz
und der Zellenzahl ab. Die Drucksignale enthalten aufgrund der Störungsform viele
harmonische Anteile ihrer Grundfrequenz, weshalb mit einer gewissen Wahrschein-
lichkeit eine Biege- oder Torsionseigenfrequenz der Beschaufelung getroffen wer-
den kann. Dies kann dann zu Schaufelschwingungsbrüchen in Folge einer Resonanz
führen.
Das Pumpen eines Triebwerks stellt einen niedrigfrequenten, sehr energiereichen,
nicht rotationssymmetrischen Vorgang dar. Wie in Abb. 4.2-83 gezeigt wird, bewegt
sich die zunächst lokale Ablösezone üblicherweise in der Art rotierender Ablösezellen
und breitet sich dabei in beiden Richtungen über den Umfang aus. „Pumpen“ führt
zu sehr hohen Biegebelastungen der Schaufeln und die Umfangsunsymmetrie bedingt
Durchbiegungen des Rotors. Die zum Teil sehr hohen Lagerkräfte in radialer und axi-
aler Richtung können die dünnwandigen Gehäuse verformen, was in Verbindung mit
der Rotordurchbiegung auch ein Anstreifen zur Folge haben kann. Dies wiederum
bedeutet eine bleibende Vergrößerung der Radialspalte und damit Leistungs- und
Stabilitätsminderung (Abschn. 4.2.10). Der Pumpvorgang ist oft so intensiv, dass bei
manchen Triebwerken nur eine begrenzte Zahl solcher Abreißvorgänge vom Trieb-
werk ohne schwerere Schäden überstanden werden kann. Die Empfindlichkeit nimmt
mit dem Schlankheitsgrad der Schaufeln zu. Es müssen sofort Maßnahmen zur Stabili-
sierung des Triebwerks eingeleitet werden, zum Beispiel die Verringerung des Brenn-
stoffflusses, rasche Verzögerung des Triebwerks oder Abstellen des Triebwerks. Diese
vom Piloten kaum durchführbaren Maßnahmen können über ein digitales FADEC-
System umgesetzt werden.
4.2 Turboverdichter 419

Abb. 4.2-84 Betriebszustände
eines Verdichters im Triebwerk Pumpgrenzabstand PG
bei Beschleunigung ohne PG
- A
SM =
äußere Störung und mit pt3 A -1
Strömungsabriss an der pt2
Stabilitäts- bzw. Pumpgrenze Beschleunigung
ohne Störung A

Druckverhältnis
Beschleunigung
mit
Strömungsabriß stationäre
Betriebslinie WL

Verzögerung
n
Tt2

m2 Tt2
red. Durchsatz
p t2 A 2

4.2.8.2 Betriebszustand des Verdichters im Triebwerk


Ob es in einem Triebwerk zum Pumpen kommt oder nicht, hängt vom momentanen
Betriebspunkt des Verdichters relativ zu seiner Stabilitätsgrenze ab. In Abb. 4.2-84 ist in
Ergänzung zu Abb. 4.2-70 als Beispiel das Verhalten eines Verdichters in einem Triebwerk
dargestellt. Neben der stationären Betriebslinie sind je eine Beschleunigungs- und Verzöge-
rungslinie eingetragen, die entsprechend der Drehzahländerungsrate von der stationären
Arbeitslinie abweichen. Dabei nähert sich die Beschleunigunglinie der Abreißgrenze und
der Pumpgrenzenabstand SM verkleinert sich. Dieser kann sowohl durch eine Anhebung
der Betriebslinie als auch durch eine Absenkung der Abreißgrenze entsprechend den in
Abschn. 4.2.8.3 aufgelisteten Maßnahmen, vermindert werden. Abbildung 4.2-84 zeigt
einen Beschleunigungsvorgang, der im Stabiltätsgrenzbereich zum Strömungsabriss führt.
Stationäre und ggf. instationäre Veränderungen der Stabilitätsgrenzen durch verschiedene
Einflüsse sowie Verschiebungen der Betriebslinien werden in Abb. 4.2-85 aufgelistet.
Dabei ist einerseits die verschobene Abreißgrenze des Verdichters durch eine schlech-
tere Beschaufelung innerhalb des Toleranzbereichs sowie durch etwas größere Spalte und
eine starke Ungleichförmigkeit der Verdichtereintrittsströmung stark abgesenkt sowie die
Betriebslinie als Folge eines kleineren Turbinenquerschnitts, verschlechterter Komponenten-
Wirkungsgrade, externer Leistungsentnahme und einer schnellen Beschleunigung soweit
angehoben, dass sich Abreißgrenze und Fahrlinie überschneiden. Es kommt zu instabilen
Vorgängen und z. B. zum Pumpen, wie sie in Abschn. 4.2.7.2 bis 4.2.7.6 dargestellt wurden.

4.2.8.3 Stabilitätsmindernde und stabilitätserhöhende Einflüsse


Bei den stabilitätsmindernden Erscheinungen haben die Radialspiele der Rotor- und in gerin-
gerem Maße der Stator-Gitter sowie ungleichförmige Druck- und Temperaturverteilungen
(Distortion) am Verdichtereintritt den größten negativen Einfluss auf die Abreißgrenze.
420 4 Turbomaschinen-Komponenten

Verschiebung der Stabilitätsgrenze durch:


Strömungs- Einflüsse schlechter Beschaufelung
C
Abriss (Pumpen) Spalte bzw. Spiel vergröß ert
pt3
Zuströmung ungleichförmig
pt2 Beschleunigung
Distortion:
Druck, Temperatur, Winkel
Druckverhältnis

Re-Zahl-Einflüsse
ze
ren

Veränderung der Fahrlinien durch:


pg
um

Leistungsentnahme extern
P
w.

Wirkungsgrad verschlechtert
bz
ts-

Turbinenkan äle verengt


itä

Luftabblasen bzw. -entnahme


bil
Sta

Stationäre Betriebs- bzw. Fahrlinie

m2 Tt2
red. Durchsatz
p t2 A 2

Abb. 4.2-85  Veränderungen bzw. Verschiebung der Stabilitäts- bzw. Pumpgrenze und der Betriebs-
bzw. Fahrlinie sowie davon ausgelöst Strömungsabriss im Verdichter bei Beschleunigung mit Störun-
gen [Sch79a]

Die Erhöhung der Radialspalte kann zu starken Verlusten der aerodynamischen Leis-
tungsparameter wie Durchsatz, Wirkungsgrad und Abreißgrenzabstand führen, sofern
der Spalt mehr als etwa 1 % der Schaufelspannweite beträgt. Die Einhaltung geringer
Spaltweiten ist vor allem bei Hochdruckverdichter moderner Triebwerke mit hohem
Verdichtungsverhältnis wichtig, da für die hinteren Stufen einerseits kleine Schaufelhö-
hen und andererseits große thermische Dehnungen auftreten. Abbildung 4.2-86 zeigt
schematisch die typischen Veränderungen der Kennlinien bei erhöhter Spaltweite. Eine
Vergrößerung der Radialspiele bewirkt nicht nur eine starke Absenkung der Abreiß-
grenze selbst, sondern auch eine Anhebung der Betriebslinie als Folge des verschlechter-
ten Wirkungsgrades und verringert damit den Abreißgrenzenabstand von beiden Seiten.
Ungleichförmige Eintrittsdruck- und Temperaturverteilungen am Umfang sind für
Verdichter besonders schädlich, da Druckungleichförmigkeiten in Umfangsrichtung
wegen der vielen Schaufeln nur wenig ausgeglichen werden können. Der Verdichter
arbeitet etwa so, als würde er aus zwei oder mehreren parallelen Verdichtersektoren
bestehen, die in einen gemeinsamen Behälter, zum Beispiel in eine Brennkammer, kom-
primierte Luftströme fördern [Sch79a]. Dabei muss der Sektor mit dem kleinsten Ein-
trittsdruck das höchste Druckverhältnis erzeugen und dieser Sektor wird auch zuerst
seine Abreißgrenze erreichen und damit das Gesamtsystem instabil machen. Die Erfah-
rung zeigt, dass etwa bei einer Umfangserstreckung des gestörten Bereiches von 80–120°
4.2 Turboverdichter 421

ηC
∆ηC

pt3 h
pt2 ∆SM

Nominalspalt
Druckverhältnis

Spalt vergrößert

red. Durchsatz mred

Abb. 4.2-86  Einfluss der Radialspaltweite auf die aerodynamische Leistung [Sch79a, Sch82]

Druck-Distortion
Druckverteilung ungleichförmig am Verdichtereintritt

ϕ Sektor mit
p t3 verringertem Druck
p t2
ohne Störung
Druckverhältnis

0
mit Störung
∆ SM [%]

-10

n red
-20
0 1 80 360
m Tt
Durchsatz ϕ [°]
pt A

Abb. 4.2-87  Druck-Distortion bzw. Einfluss ungleichförmiger Druckverteilung am Verdichter-


eintritt [Sch79a, Sch82]

die maximale Verschlechterung der Abreißgrenze erreicht wird und darüber hinaus
keine weitere Verschlechterung eintritt (Abb. 4.2-87).
Interessant ist auch, dass mehrere schmale, am Umfang verteilte Störungen, nicht
zu stärkeren Verschlechterungen der Abreißgrenzen führen als eine einzelne Stö-
rung der gleichen Winkelerstreckung. Ungleichförmige Druckverteilungen mit starken
422 4 Turbomaschinen-Komponenten

Temperatur-Distortion:
Temperaturverteilung ungleichförmig am Verdichtereintritt

Sektor mit erhöhter Drehzahl


Temperatur n = const
n
pt3 ≠ const.
pt2
T
Druckverhältnis

ungestörter Sektor

gestörter Sektor
nred

Durchsatz m Tt
pt A

Abb. 4.2-88  Temperatur-Distortion bzw. Einfluss ungleichförmiger Temperaturverteilung am


Verdichtereintritt [Sch79a, Sch82]

Auswirkungen auf die Abreißgrenze werden zum Beispiel von scharflippigen Überschal-
leinläufen bei hohen Anstellwinkeln im Unterschallflug als Folge der Ablösung der Strö-
mung erzeugt. Noch stärkere Störungen treten im Überschallflug schon bei geringen
negativen Anstellwinkeln auf, da die Strömung als Folge der Interferenz zwischen der
Grenzschicht und den vom Zentralkörper ausgehenden Verdichtungsstößen ablöst und
sehr starke örtliche Fluktuationen bildet.
In mehrstufigen oder mehrwelligen Verdichtern werden Eintrittsdruckstörungen von
den vorderen Stufen oder in mehrwelligen Triebwerken von den vorderen Verdichtern
durch erhöhte Energiezufuhr in den stark gestörten Bereichen in sektorartige Temperatur-
störungen umgewandelt. Diese Temperaturungleichförmigkeit führt dazu, dass der gestörte
Sektor mit einer kleineren Mach-Zahl läuft, aber annähernd dasselbe Druckverhältnis
liefern muss. Dadurch verringert sich der Abreißgrenzabstand ebenfalls und die Auswir-
kung ist vergleichbar schädlich der entsprechenden Druckstörung am Triebwerkseintritt.
Temperaturstörungen können auch auftreten beim Betrieb eines Schubumkehrers, bei
V/STOL-Flugzeugen oder beim Abfeuern von Waffen (Abb. 4.2-88) [DGL00B].

Die Stabilität gegen das Abreißen der Strömung kann z. B. durch folgende Maßnahmen
erhöht werden:

• schwächere aerodynamische Belastung (geringere Umlenkung,


größere Stufenzahl, größere Massen),
• enge Radialspiele bis ca. 1 % der Schaufelspannweite,
• enge axiale Schaufelabstände,
• kleine Schaufelstreckungsverhältnisse, erhöhte Baulänge,
4.2 Turboverdichter 423

(a) Radialspalt s (b) Schaufel-Streckungsverhältnis

h
 m Tt 
∆  pt 

 

Druckverhältnis
∆ηC

∆A
nred

0 1 2 3 4 5 m Tt
rel. Radialspalt s/h % Durchsatz red.
pt A

Abb. 4.2-89  Stabilitätserhöhung von Verdichtern durch Beeinflussung a der Spalte und b der
Streckungsverhältnisse [Sch82]

• Gehäusestrukturierung, Schlitze oder Umfangsnuten


• variable Statorgeometrie, mehrwellige Verdichtersysteme,
• Verbesserung im Teillastgebiet, Abblaseventile.

In Abb. 4.2-89 bis 4.2-94 wird gezeigt, wie sich die verschiedenen Möglichkeiten auswir-
ken. Während kleine Spalte die Kennlinien zu höherem Druck verschieben (Abb. 4.2-89a),
werden die Kennlinien durch kleine Schaufelstreckungsverhältnisse bzw. Gehäusestruktu-
rierungen primär zu kleineren Durchsätzen hin verlängert (Abb. 4.2-89b).

Gehäusestrukturierung (casing treatment)  Bei der Optimierung der Verdichter zu


gesteigerten Effizienz und Betriebssicherheit im Stabilitätsverhalten spielt die Verminde-
rung von Verlusten durch Sekundärströmungen sowie die Steigerung der Totaldruckver-
hältnisse bei gleichzeitiger Verminderung der Stufenanzahl eine besondere Rolle. Hier
zeigte sich, dass durch Gehäusestrukturierung CT (casing treatment) der stabile Betriebs-
bereich eines Verdichters wesentlich erweitert werden kann, was sowohl experimentell
als auch numerisch besonders mit Hilfe der CFD-Technik nachgewiesen wurde. Die
CT-Technik stellt inzwischen eine ggf. einfache, passive Gehäusestrukturierung dar und
kann abhängig von der Verdichterbauweise zur deutlichen Verschiebung der Stabilitäts-
grenzen führen und in manchen Fällen auch zur Einsparung von verstellbaren Stator-
Schaufelreihen [Bro05]. So wurde im 6. Rahmenprogramm der EU, um die Vorgaben
des Entwicklungsprogramms ACARE zu erfüllen, im Triebwerksprogramm NEWAC ein
Arbeitspaketen zu Casing Treatment mit eingebunden [Boc07, Wil05a].
Die typische Wirkung eines Casing Treatments auf das Verdichterkennfeld wird in
Abb. 4.2-90 tendenziell gezeigt. Es ist deutlich der angestrebte Effekt zur Reduzierung des
erreichbaren minimalen Massenstroms bei einer Verschiebung der Pumpgrenze zu erkennen.
424 4 Turbomaschinen-Komponenten

Wirkungsgrad Gehäuse-Strukturierung
ηC ∆ηC,max mit Axialnuten geneigt

IGV

Rotor
u
Druckverhältnis

mit Umlaufnuten
e
nz
re
tsg
itä

Rotor
bil
a
St

nred u

m Tt
Durchsatz red.
pt A

Abb. 4.2-90 Stabilitätverbesserung des Verdichters durch Gehäusestrukturierung CT (casing


treatment) und Auswirkung auf das Betriebsverhalten [Sch79a, Wil05a, Hem09]

Die positiven oder negativen Auswirkungen auf den Wirkungsgrad sind allerdings
schwer eindeutig zu erkennen. Tendenziell zeigen die meisten Arbeiten, dass die Wir-
kungsgrade im oberen Bereich sich leicht verschlechtern können. Ziel von weiteren
Untersuchungen ist es, ein besseres Verständnis für die 3D-Strömungsphänomene in
Verbindung mit Casing Treatment in subsonischen bis supersonischen Strömungs-
bereichen zu erhalten, wobei die Auswirkungen auf den erzielbaren Wirkungsgrad bei
verschiedenen Geometrien der Gehäusestrukturierungen festgestellt werden sollte. Ein
zusammenfassender Überblick zu den zahlreichen CT-Studien wird in z. B. [Gre79,
Wil05a, Hem09] gegeben.
Bisher kann noch nicht genau vorhergesagt werden, welche Kriterien für die Ausle-
gung eines Casing Treatments herangezogen werden müssen, um hohe Pumpgrenzver-
schiebungen bei guten Wirkungsgraden zu erzielen. Wie an Beispielen in Abb. 4.2-90
gezeigt wird, ist eine Vielzahl von Variationen bei der CT-Gestaltung möglich. Diese
reichen von axial orientierten Nuten hin bis zu Umfangsnuten. Dabei ist zum einen die
Lage und Form der Öffnungsfläche zur Hauptströmung und die Position relativ zum
Rotor von Bedeutung, zum anderen auch die innere Form der Nut an sich. Zusätzlich
zu den Umfangsnuten und Axialnuten, können noch weitere als Casing Treatment zu
bezeichnende Konzepte angeführt werden [Hem09], wie Honeycombs, Axialnuten mit
Plenum u.a.
Wie bereits in Abb. 4.1-5 dargestellt wurde, zeigt die Primärströmung im Bereich des
Mittelschnitts wenig dreidimensionale Strömungsphänomene bis auf die Ausbildung
der Grenzschichten auf der Schaufel, so dass sie in guter Näherung als zweidimensionale
Strömung angesehen werden kann.
4.2 Turboverdichter 425

Spaltwirbel Spaltwirbel
(schwach) (stark)
Wirbelaufplatzen
Stoß Stoß

w1 w1 w1

Spalt Spalt Spaltwirbel


Spaltwirbel
(stark)
Stoß Stoß

schwache Interaktion starke Interaktion

Abb. 4.2-91  Stabilitätverbesserung durch Gehäusestrukturierung bzw. Casing Treatment am Bei-


spiel einer Verdichterstufe mit Darstellung von schwacher und starker Stoß-Wirbel-Interaktion
[Sch97, Wil05a, Hem09]

Bei den komplexen dreidimensionale Phänomenen der Sekundärströmungen haben


die Spaltströmungen (Abb. 4.1-5) eine besondere Bedeutung, wie dies bei transsonischen
Rotoren im Schaufelspitzenbereich die Stoß-Wirbel-Interaktionen und die Stoß-Grenz-
schicht-Interaktion zeigen.. Zusammenfassende Arbeiten zu Sekundärströmungen fin-
den sich beispielsweise bei Gümmer [Güm99], Hübner [Hüb96], Nagel [Nag04].
Aufgrund der Bedeutung der Auslegung von Casing Treatments für transsonische
Rotoren werden dazu einige Phänomene bei Rotoren im Schaufelspitzenbereich betrachtet.
Von besonderer Bedeutung in transsonischen Turbomaschinen ist die Stoß-Wirbel
Interaktion (Abb. 4.2-91). Dabei passiert der Spaltwirbel der vorauseilenden Rotorschau-
fel den durch die nacheilende Schaufel induzierten Verdichtungsstoß in der Passage,
wobei es dabei nahe der Pumpgrenze zu einem Aufplatzen des Spaltwirbels kommen
kann, welcher die Passagenströmung zunehmend blockiert und somit das Pumpen des
Verdichters auslöst. Dazu z. B. die Arbeiten von Schlechtriem und Lötzerich [Sch97].
Es zeigte sich danach für einen transsonischen Verdichter, dass es an der Pumpgrenze
zum Aufplatzen des Spaltwirbels kommen kann, der für die Stabilitätsgrenze mit verant-
wortlich ist. Dieses wird mit einer zunehmenden Blockage der Hauptströmung begrün-
det. Es lassen sich dabei wesentliche Parameter für das Wirbelaufplatzen ableiten.
Dies betrifft die Mach-Zahl der ankommenden Strömung, die Zirkulation, das Druck-
verhältnis über den Verdichtungsstoß und der Winkel zwischen dem Wirbel und dem
Stoß. Daraus ergibt sich, dass von schwachen und starken Stoß-Wirbel-Interaktionen
ausgegangen werden kann.
426 4 Turbomaschinen-Komponenten

Verdichterstufe mit Gehäuse-Strukturierung


Casing-Treatment
Axialnuten

IGV

IGV S

Rotor R Stator S Rotor R

Abb. 4.2-92  Stabilitätverbesserung durch Gehäusestrukturierung bzw. Casing Treatment am Bei-


spiel einer Verdichterstufe in Seitenansicht und 3D-Darstellung aus [Wil05a, Hem09]

Die Interaktion wird stärker, wenn der Wirbel im rechten Winkel auf den Stoß auf-
trifft. Dieses wird beim Androsseln durch das Abheben des Stoßes von der Vorderkante
der nachlaufenden Schaufel und das Aufstellen der Wirbeltrajektorie erreicht. Außerdem
nehmen die instationären Vorgänge zu, so dass es zu starken Fluktuationen kommt. In
einer Studie von Hofmann und Ballmann [Hof06] wurde am Beispiel des NASA-Rotor
37 detailliert das Verhalten der Wirbel-Stoß-Interaktion dokumentiert. Sie identifizier-
ten 3 Stärken der Interaktion: Schwach im entdrosselten Zustand an der Schluckgrenze,
mittel am Auslegungspunkt und stark nahe der Pumpgrenze. Abbildung  4.2-91 (rechts)
zeigt dazu eine untersuchte Form nahe der Pumpgrenze.
Bei der schwachen Interaktion passiert der Wirbel den Stoß ohne merkliche Ver-
änderungen. Erst bei der starken Interaktion nahe der Pumpgrenze verändert sich
auch die Struktur des inneren Kernwirbels, so dass sich ein erster Stagnationspunkt
bildet.
Für eine transsonische Stufe mit Entrittsleitrad IGV wird als weiteres Beispiele aus
[Hem09] eine experimentell getestete Basiskonfiguration mit axialen Halbkreisnuten
vorgestellt (Abb. 4.2-92).
Am Punkt maximalen Wirkungsgrades bei 100 % Drehzahl beträgt das Totaldruck-
verhältnis der Stufe 1,63 bei einer relative Anströmmachzahl des Rotors an den Schaufel-
spitzen von M = 1,3. Der Rotorspalt für die Simulationen wurde auf 0,5 % der radialen
Höhe der Rotorschaufel festgelegt. Die Geometrie der Nuten besteht aus einfachen Halb-
kreisen. Diese sollten die Zirkulation in der Nut verbessern und die Bildung von Blo-
ckagezonen und Sekundärwirbeln hemmen. In Abb. 4.2-90 werden Konfigurationen des
hier untersuchten Casing-Treatments gezeigt.
Zur Erklärung dient der Konturplot (Abb. 4.2-93), welche eine Momentaufnahme
zeigt. Der Rotorspaltwirbel entwickelt sich aufgrund des Druckunterschiedes zwischen
der Schaufeldruck- und Schaufelsaugseite. Der Wirbelkern beginnt nahe der Schaufel-
vorderkante, wobei er sich beim Androsseln im Gegensatz zu subsonischen Rotoren bei
diesem transsonischen Rotor nur sehr gering nach vorne verschiebt.
4.2 Turboverdichter 427

Casing Treatment CT Zustand nahe der Pumpgrenze


IGV Rotor R Stator S

Statischer Druck p Wirbel-


trajektorie
Schaufelhöhe 98,5 %

Drehzahl 100 %

Abb. 4.2-93  Casing Treatment CT zum Beispiel nach Abb. 4.2-92 [Wil05a, Hem09]. Statischer Druck-
verlauf bei 98,5 % Schaufelhöhe und 100 % Drehzahl. Konturplot mit Verlauf nahe der Pumpgrenze

Zusätzlich nehmen die aerodynamische Belastung der Schaufel sowie die Druckdiffe-
renz zwischen Schaufeldruck- und Schaufelsaugseite zu, so dass sich auch die Intensität
der Spaltströmung etwas erhöht. Allerdings ist diese Erhöhung durch den bei transsoni-
schen Rotoren meist kritisch durchströmten Spalt gasdynamisch begrenzt, abhängig von
Spalthöhe, Totaldruck und Totaltemperatur. Das weiter stromab durch den Rotorspalt
tretende Fluid rollt sich um den Wirbelkern, der nahe der Vorderkante entspringt, und
bildet so den Rotorspaltwirbel.
Dieser wird, hauptsächlich durch den Impuls der ankommenden Hauptströmung
sowie der relativ dazu rotierenden Gehäusewand und dem in der Passage herrschen-
den Druckgefälle, in axialer Richtung umgelenkt und hinterlässt eine charakteristische
Spur in der statischen Druckverteilung. Das Niederdruckgebiet im Wirbelkern resultiert
aus dessen Entstehung aus Scherschichten der Oberkante der Schaufel. Dabei lösen sich
Wandgrenzschichten ab und bilden den Wirbelkern bzw. lagern sich um diesen an. Da
die Scherschicht im Relativsystem eine geringere Geschwindigkeit und eine niedrigere
Totaltemperatur als die Kanal- oder Spaltströmung besitzt, liegen im Bereich der Wirbe-
lachse die Minima dieser Größen, ebenso wie die von Dichte und Druck.
Am Punkt maximalen Wirkungsgrades bei 100 % Drehzahl kann der Wirbel den Ver-
dichtungsstoß ohne größere Störungen passieren. Es sind praktisch keine ausgeprägten
Blockageeffekte vorhanden. Der Passagenstoß liegt an der Schaufelvorderkante an und
trifft auf die Saugseite der vorauslaufenden Schaufel bei ca. 3/4 der axialen Rotorsehnen-
länge. Dadurch hat der durch niedrigen statischen Druck sowie hohe Totaldruckverluste
charakterisierte Spaltwirbel aus dem vorderen Rotorspalt genügend Zeit, um sich mit der
energiereichen Hauptströmung zu mischen.
428 4 Turbomaschinen-Komponenten

Die Wirbeltrajektorie ist nahezu gerade, mit einem relativ kleinen Winkel zur Rotor-
sehne. Der Wirbel durchquert den Verdichtungsstoß mit einem Winkel von ca. 90°. Im
weiteren Verlauf bewegt sich der Wirbel quer durch die Passage, bis er dann in den letz-
ten 10 % axialer Sehnenlänge der nachlaufenden Schaufel auf dessen Druckseite auftrifft.
Am Punkt nahe der Pumpgrenze (Darstellung in Abb. 4.2-93) passiert der Rotorspalt-
wirbel den Passagenstoß mit einer Zunahme des Wirbelquerschnitts.
Der Passagenstoß ist an diesem stark angedrosselten Betriebspunkt bereits von der
Vorderkante des Rotors abgehoben und trifft auf die vorauslaufende Schaufelsaugseite
bei ca. der Hälfte der axialen Rotorsehnenlänge. Zu weiteren Informationen zu den Strö-
mungsphänomenen wird auf [Hem09, Hof06] verwiesen.
Als Modellierungskonzepte zur CT-Technik stehen 3-dimensionale und reibungsbe-
haftete Navier-Stokes-Solver zur Verfügung. Diese erlauben einen detaillierten Einblick
in die vorherrschenden Strömungsphänomene und ermöglichen damit sowohl eine bes-
sere physikalische Erklärung der Vorgänge in der Hauptströmung als auch in den Casing
Treatments. Erst in den vergangenen Jahren konnte durch den Einsatz der numerischen
Strömungsmechanik (CFD) ein genauerer Einblick in die vorherrschenden Strömungs-
phänomene und somit in die Wirkungsweise von Casing Treatments erlangt werden.
Es ist schwierig, für einen gegebenen Verdichter ein „optimales“ Casing Treatment hin-
sichtlich Pumpgrenzerweiterung und Wirkungsgradverbesserung vorab zu entwerfen.
Die Simulation und die Experimente zu Casing Treatment von transsonischen Stufen
mit IGV hat gezeigt, dass eine erfolgreich getestete Casing Treatment Geometrie, welche
auf mehreren Verdichtern gut funktioniert, auf einem anderen Verdichter nicht die glei-
chen positiven Effekte zeigt.
Etwas einfacher zu analysieren sind Umfangsnuten auf subsonischen Verdichter-
stufen. Hier konnten wesentliche Beiträge zum Verständnis der Strömungsphänomene
sowie die Interaktionen mit der Hauptströmung geleistet werden. Weiterführende
Untersuchungen werden sich einerseits auf die Casing-Treatment-Geometrien an sich
und deren interne sowie interagierenden Strömungsphänomene konzentrieren, um das
Verständnis vor allem auch bei der Anwendung der Gehäusestrukturierungen auf ver-
schiedenen Verdichtergeometrien weiter zu verbessern.

Schaufelverstellung und Zwischenstufenabblasung  Einführend wurden zur Schaufel-


verstellung in Abschn. 4.2.6.3 gemäß Abb. 4.2-53 und 4.2-54 einige Hinweise vorab gege-
ben. Mit verstellbaren Stator-Gittern (Leitrad-Gitter) kann die Anpassung der Flächen
des Verdichters im Teillastgebiet an den Volumenstrom bzw. an die vorhandenen Strö-
mungsflächen verbessert werden und damit auch die Stabilitätsgrenzen besonders der
Frontstufen von Verdichtern wesentlich erweitert werden („Stall recovery“). Eine ähnli-
che Wirkung hat die Aufteilung des Verdichtungssystems auf mehrere Wellen, wobei die
unterschiedliche Drehzahl der einzelnen Verdichter die Anpassung an die veränderten
Volumenströme übernehmen kann (Abb. 4.2-94).
Befindet sich ein Verdichter eines Triebwerks im instabilen Bereich (tiefes Abreißen
bzw. Pumpen), so kann durch eine ausreichende Absenkung der Betriebslinie und/oder
4.2 Turboverdichter 429

Verdichter-Sektion eines 2-Wellen-Turbofan-Triebwerks


Variable Bleed-Ventile Variable Stator-Schaufel
LPC HPC

Verdichter-Kennfeld
C
Druckverhältnis

Verbesserung des
Betriebsverhaltens:
Schaufelverstellung
Bleed-Ventile
m Tt Mehrwellen-Bauweise
Durchsatz red.
pt A

Abb. 4.2-94 Stabilitätsverbesserung von Verdichtern durch Schaufelverstellung, Luftabblasung


(Bleed-Ventile) und Mehrwellen-Bauweise. Turbofan CFM56-7B. Darstellung nach Fa. CFM Interna-
tional S.A [Lin08B]

eine interne Verbesserung der Strömung im gestörten Verdichter wieder ein stabiler
Betrieb hergestellt werden.
Dies geschieht primär durch Zurücknahme des Brennstoffflusses und durch Öffnen
von Abblaseventilen. Im Falle von Einwellen-Turbojet-Triebwerken wird eine ähnliche
Wirkung durch Öffnen der Schubdüse erreicht. Bei mehrwelligen Triebwerken ist diese
Maßnahme nur wirksam, wenn entweder der Niederdruckverdichter selbst abreißt oder
aufgrund der hohen Belastung die Abströmbedingungen aus dem Niederdruckverdichter
so ungünstig sind, dass ein nachgeschalteter Verdichter zum Abreißen gebracht wird, da
die Schubdüse nur die Lage der Betriebslinie des Niederdruckverdichters beeinflusst.
Tritt die Instabilität im tiefen Drehzahlbereich auf, so handelt es sich um ein Problem
der rotierenden Ablösung. Dabei ist eine Zwischenstufenabblasung oder das Schließen
variabler Leitgitter besonders wirksam, da es die interne Abstimmung der Verdichter-
stufen verbessert und neben der durch die Brennstoffreduktion abgesenkten Arbeitsli-
nie auch die Abreißgrenze des Verdichters, sowie dessen Wirkungsgrad verbessert, was
zusätzlich eine Absenkung der Betriebslinie bedeutet.
Der am meisten gefürchtete Fall eines nicht auflösbaren Pumpens (lock-in surge) ist ent-
weder die Folge einer intensiven Eintrittsstörung, zum Beispiel als Folge zu hoher Anstellung
des Flugzeuges, oder einer schweren Beschädigung des Verdichters als Folge von Fremdkör-
perschäden oder einer Fehlreaktion des Regelsystems. Dabei können die zur Brennstoffsteu-
erung benützten Parameter nicht eindeutig unterscheiden, ob der betreffende Verdichter auf
430 4 Turbomaschinen-Komponenten

Fan F (Bläser) Niederdruck-Verdichter LPC Hochdruck-Verdichter HPC


Booster

Turbofan-Bypass-Triebwerk
Anteil des Verdichtungssystems an den wesentlichen Triebwerkspar ametern

Effizienz Länge / Masse Herstell- / Wartungskosten

C=3,5 → 45 55-60% / 40-50% 35-40% / 30%


η∗therm → 0,52
Absenkung Verbrauch/Sitz
∆ ≈ 40%

Abb. 4.2-95  Das Verdichtungssystem eines typischen Turbofan-Triebwerks als Schlüsseltechno-


logie eines Flugtriebwerks bei zivilen wie bei militärischen Triebwerken dargestellt nach Steffens
und Schäffler in [Ste00, Ste01]

der primären oder tertiären Charakteristik arbeitet, bzw. die fluktuierenden Drücke während
des Pumpens nicht ausreichend berücksichtigt. Im ersten Fall muss die Störung reduziert, das
heißt der Anstellwinkel verringert werden. Im zweiten Fall kann nur eine Leistungsreduktion
mit Öffnung der Düsen und Abblaseventile eine mögliche Hilfe sein. Im dritten Fall muss
das Regelungssystem in Verbindung mit den Sensoren zur kontrollierten Brennstoffzufuhr
so abgestimmt werden, dass ein stabiler Betrieb herbeigeführt wird, was mit einer digitalen
Regelung möglich ist. Dies ist umso mehr der Fall je größer die eventuelle Hysterese-Schleife
zwischen der primären und der tertiären Charakteristik ist. Im Falle eines nicht auflösba-
ren Abreißens hilft nur die Unterbrechung der Brennstoffzufuhr für einige Sekunden, um
den Verdichter vollständig zu entlasten und eventuelle rotierende Ablösesysteme zum Ver-
schwinden zu bringen (fuel blipping). In manchen Fällen muss das Triebwerk vollständig
abgeschaltet, auf kleine Drehzahlen verzögert und neu angelassen werden.

4.2.9 Entwicklungsstufen von Turboverdichtern

4.2.9.1 Das Verdichtungssystem als Basiskomponente von Flugantrieben


Das meist mehrwellige Verdichtungssystem moderner Fluggasturbinen nimmt einen sehr
hohen Anteil an allen wesentlichen technischen Parametern des Flugtriebwerks ein, wie dies
beispielhaft von Steffens und Schäffler in [Ste00, Ste01] demonstriert wird (Abb. 4.2-95). Die
4.2 Turboverdichter 431

Axialverdichter C mehrstufig
Subsonic C Transsoni c C Transsoni k-Wide Chord C
50
0,55 C
ηthGT GE90 Trent
Gesamtdruckverhä ltnis OPR zivil PW4098
40 PW4084
0,50
therm. Wirkungsgrad

V2500

0,45 30 J90
CF6
RB211

0,40 20 SPEY militärisch

J79
0,30
10

BMW003

1940 1950 1960 197 0 1 980 1990 2000 2010


Baujahr (EIS)

Abb. 4.2-96  Zeitliche und technische Entwicklung der Verdichtersysteme mit Gesamtdruckver-


hältnis OPR bzw. ΠC und damit verbunden die Steigerung des thermischen Wirkungsgrades von
Fluggasturbinen ηthGT. Der thermische Wirkungsgrad wurde mit der nutzbaren, isentropen Gas-
arbeit bezogen auf die zugeführte Brennstoffenergie definiert. Ausgewählte Beispiele wie GE90 u. a

Verdichter stellen neben den stark gekühlten Hochdruckturbinen (Abschn. 4.3.7) die tech-
nologisch anspruchvollste Sektion eines Antriebssystems dar. Die Verdichtersektion benötigt
bei einem Triebwerk mehr als die Hälfte der Triebwerksgesamtlänge.
Die Gesamtdruckverhältnisse und damit die Stufendruckverhältnisse der Verdich-
ter sind in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen (Abb. 4.2-96) wie
dies zum Beispiel in Abschn. 1.4 und Abb. 4.2-27 gezeigt wurde. Dies erfordert jedoch
aus Gründen der aerodynamischen Stabilität ein kleines Höhen-/Seitenverhältnis (aspect
ratio) für die Beschaufelung, was sich wiederum negativ auf die Baulänge auswirkt,
sodass sich letztlich an dem hohen prozentualen Längenanteil im Triebwerk wenig geän-
dert hat. Ohne Berücksichtigung eines Nachbrenners liegt auch bei militärischen Trieb-
werken der Längenanteil des Verdichtungssystems am gesamten Turbotriebwerk in der
gleichen Größenordnung.
Die Masse bzw. das Gewicht der Verdichter stellt an der Triebwerksgesamtmasse
knapp die Hälfte dar. Das liegt daran, dass in den ersten Stufen auf Grund eines niedri-
gen Temperaturniveaus leichte Werkstoffe wie z. B. Titan eingesetzt werden können, die
dem gegenüber auf der Turbinenseite nicht in gleichem Maß einsetzbar sind.
Beim Verdichter fallen die anteiligen Herstell- und Wartungskosten mit 30 bis 40 %
relativ gering aus. Ein Grund dafür sind die hohen Kosten in den Turbinenkomponen-
ten. Dort erfordern hohe Gastemperaturen eine aufwendige Kühlung der Beschaufelung.
432 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-97  Steigerung der Leitungsziffer


Druckverhältnisse und der ψ=1,0
Umfangsgeschwindigkeiten 2,0
von Axialverdichter-Stufen
0,8

Umlenkung
dargestellt anhand der St

Leistungsziffer Ψ = 0,6 1,8


bis 1,0 abhängig von der
0,6

Stufendruckverhältnis
Umfangs-Mach-Zahl bzw.
der korrigierten, mittleren 1,6 00
Umfangsgeschwindigkeit. 20
Darstellung nach Steffens
und Schäffler [Ste00] für den 85 Entwicklungszeit
Zeitraum der Jahre von 1960
1,4 19
um das Jahr
bis 2000
65
1,2 19

Mach-Zahl
200 250 300 350 400 450

uM m 
Umfangsgeschwindigkeit ucorr= s
Tt / 288  

Die Kühlsysteme sind in der Herstellung sehr aufwendig und teuer und zudem im
Betrieb auch einem erhöhten Verschleiß unterworfen
Bis in die Mitte der 1960er Jahre war der Unterschallverdichter mit maximalen Mach-
Zahlen um M = 0,80 bis 0,85 im Einsatz und erst die nächste Generation von zivilen und
militärischen Triebwerken um 1968 bis 1972 setzte konsequent den transsonischen Ver-
dichter ein, dessen Entwicklung bereits 1953 begann und vorwiegend von der NACA,
dem Vorläufer der NASA, in den USA getragen wurde (Abschn. 4.2.4).
Diese Verdichtergeneration verdoppelte die pro Stufe zugeführte spezifische Energie
von 21 auf etwa 42 kJ/kg. Mit der neuen Generation der „Wide Chord“ Verdichter, also
Verdichter mit kleinem Schaufel-Streckungsverhältnis, steigt dieser Energieumsatz pro
Stufe auf 60 bis 75 kJ/kg. Die Steigerung der spezifischen Energiezufuhr und damit des
erreichbaren Stufendruckverhältnisses hängt von drei Parametern ab, dem Mach-Zahl-
Niveau, der Umfangsgeschwindigkeit und der Strömungsumlenkung im Rotor-Gitter
(Laufrad), also der Leistungsziffer bzw. der Energiezahl Ψ.
Als Erläuterung dazu und zur Ergänzung der Darstellung von Schäffler und Steffens
in [Ste01] wird hier der Zusammenhang der wichtigsten Einflussgrößen auf das Druck-
verhältnis von Verdichterstufen und damit auch deren historisch-technische Entwick-
lung (Abb. 4.2-97) erläutert:
Für das Verdichterdruckverhältnis gilt
 
�ht C um
�C = f(�, Mu ) = f 2 , √ . (4.2-110)
um /2 Tt1
4.2 Turboverdichter 433

Mit der isentropen spezifischen Stufenleistung


 κ

�ht C is = �ht C ηC is = cp Tt 1 (�C ) κ−1 − 1 (4.2-111)

ergibt sich für das Druckverhältnis der Stufe


  κ
ht C ηC is κ−1
C = +1 . (4.2-112)
cp Tt 1

Über die Eulergleichung (Gl. 4.2-5) für den Fall mit u1 = u2 = u


ht C = cu2 u2 − cu1 u1 = u cu
und den Beziehungen aus der kinematischen Ähnlichkeit gemäß den ähnlichen Stufen-
Geschwindigkeitsdreiecken (Abb. 4.2-18) gilt
ht C = u cu bzw. h′t C = u′ c′u .
cu c′
Mit = ′ u = const also cu ≈ u und c′u ≈ u′
u u
ergibt sich zusammengefasst

ht C = u cu ≈ u2 .
Damit ergibt sich mit der entsprechenden Energiezahl bzw. der Leistungsziffer
�ht C u2m
�= und daraus �ht C = �
u2m /2 2
aus Gl. 4.2-112 ein Stufen-Druckverhältnis
κ   κ
 u2m ηC is um 2 κ−1
  κ−1  
 1
C = +1 = ηC is √ +1 (4.2-113)
2 cp Tt 1 2 cp Tt 1

Diese Gleichung liefert den Zusammenhang des Stufen-Druckverhältnisses abhängig von


der Leistungsziffer und der Umfangs-Mach-Zahl
   
um um
�C = f(�, Mu ) = f � , √ bzw. f � , √ (4.2-114)
Tt1 Tt1 /288
und ist für Leistungsziffern Ψ von 0,6 bis 1,0 in Abb. 4.2-97 dargestellt.
Die Erhöhung der Stufendruckverhältnisse konnte nur zu einem geringeren Teil
durch höhere Umlenkung im Schaufelgitter realisiert werden mit Belastungszahlen Ψ
von 0,6 auf 0,9, da die Belastbarkeit der Grenzschicht auf der Schaufeloberfläche einer
stärkeren Umlenkung entgegen steht.
Der größere Anteil an der Steigerung des Stufendruckverhältnisses resultiert aus einer
höheren Umfangsgeschwindigkeit mit der Steigerung von uM = 300 auf 450 m/s. Damit
434 4 Turbomaschinen-Komponenten

Forderung Methode / Tool Ergebnis


Triebwerkanforderungen Vorauslegung (PreDesign) Ringraum

Randbedingungen / Anforderungen Meridianschnitt (S2) Beschaufelung

Geschw.-Dreiecke / Anströmung Profilierung (Design) Profilierung (Design)

Schaufelzahlen / Drehzahl Eigenfrequenzen Campbell-Diagramm


mechanische Belastung Goodman-Diagramm

Ein- / Austrittsbedingungen 3D-Strömungsberechnung Optimierung


- 3D-Euler Stufenabstimmung
- 3D-Navier-Stokes radiale Abstimmung

Abb. 4.2-98  Auslegungsmethodik bei Verdichtersystemen [Ste00]

ist allerdings eine deutliche Erhöhung des Mach-Zahl-Niveaus in den Schaufelgittern


verbunden, wodurch der Übergang von einer Unterschallbeschaufelung zu einer Trans-
sonik-Beschaufelung erzwungen wird.
Bei einer reinen Unterschallbeschaufelung wird an keiner Stelle der Schaufeloberflä-
che die Schallgrenze überschritten. Unterschallprofile zeichnen sich durch einen breiten
Arbeitsbereich in Bezug auf Fehlanströmungen aus. Mit zunehmender Anström-Mach-
Zahl nimmt der Arbeitsbereich ab.
Transsonische Profile erzeugen einen großen Teil des statischen Druckaufbaus über
Verdichtungsstöße. Als Zwischenstufe gibt es die superkritischen Profile, die mit hohem
Unterschall angeströmt werden und auf der Saugseite einen begrenzten Überschallbe-
reich, aber noch keinen Stoß quer über den gesamten Schaufelkanal aufweisen. Diese
stoßfreie Rückverzögerung in den Unterschall funktioniert bis zu Druckverhältnissen
von 1,15 bis 1,2.
Der Stufen-Wirkungsgrad geht mit zunehmendem Mach-Zahl-Niveau in den Schau-
felgittern zurück, da die Stoßverluste ab Mach-Zahlen von etwa 1,3 überproportional
zunehmen. Zusätzlich steigen durch die hohen Druckunterschiede im Schaufelkanal die
Sekundärströmung und damit die Sekundärverluste stark an.
Im Verdichterkennfeld (Abschn. 4.2.6) ist das Mach-Zahl-Niveau in der Verdich-
terbeschaufelung an der Form der Drehzahllinien zu erkennen. Bei Unterschallströ-
mung sind die Drehzahllinien gekrümmt und nehmen mit zunehmender Drosselung
im Durchsatz ab. Bei höherer Überschallströmung sind die Drehzahllinien im Kenn-
feld fast senkrecht, d. h. bei annähernd konstantem Durchsatz. Gleichzeitig verlaufen
die besten Wirkungsgrade näher an die Pumpgrenze und engen den Pumpgrenz-
abstand ein, wenn im stationären Betrieb die Wirkungsgradoptima genutzt werden
sollen.
Der aerodynamische Auslegungsprozess von Verdichtersystemen nach (Abb. 4.2-98)
und die angewandten Berechnungsverfahren unterscheiden sich nur wenig von der
Turbinen-Aerodynamik.
4.2 Turboverdichter 435

„widechord“ Rückwärtspfeilung Vorwärtspfeilung

1960 1970 1980 1990 2000


Jahr

Abb. 4.2-99  Zeitliche Entwicklung von 3D-Schaufelformen für Transsonik-Verdichterstufen mit


dem Ziel von Verlustreduktion und Stabilitätsverbesserung besonders durch Beeinflussung der
Verdichtungsstöße und Spalteffekte

4.2.9.2 Entwicklung einer typischen Transsonik-Verdichterstufe


Zur Weiterentwicklung und Erprobung neuer Auslegungsmethoden von Hochleistungs-
Turboverdichtern besonders in Verbindung mit der 3D-Gestaltung von Schaufeln wur-
den in zahlreichen Forschungsprogrammen typische Transsonik-Verdichterstufen
unterschiedlicher Beschaufelungen für gleiche oder ähnliche Aufgabestellungen ausge-
legt, vermessen und auch mit den klassischen 2D-Basis-Beschaufelungen verglichen.
Die nachfolgende Darstellung erfolgt nach der beispielhaften stufenweisen Entwick-
lung eines Transsonik-Rotors mit den Versionen 1 bis 4 der Triebwerksfirma MTU Aero
Engines München und der TU Darmstadt mit den Arbeiten von Blaha, Bergner, Kablitz
und Hennecke [Bla00a, Kab03a, Ber05 u. a.].
Diese Entwicklung von 3D-Schaufelformen für Transsonik-Verdichterstufen hatte
zum Ziel, Verlustreduktionen und Stabilitätsverbesserungen besonders durch Beein-
flussung der Verdichtungsstöße und Spalteffekte zu verwirklichen (Abb. 4.2-99). Dabei
ergab sich, dass mit den einzelnen Gestaltungselementen entweder eine Wirkungsgrad-
verbesserung oder eine Stabilitätsverbesserung erzielt wurde. Selten lassen sich beide
Ziele gleich günstig beeinflussen. Wichtig war besonders für die aerodynamische Ausle-
gung die genaue und detaillierte Kenntnis der Wirkungsweise der einzelnen Merkmale,
damit sie bei Bedarf gezielt eingesetzt werden können.
Im Zusammenhang allgemein mit der Gestaltung wie Pfeilung und Neigung von
Schaufeln bei Turbomaschinen werden zur Beschreibung von Profilmerkmalen speziell
im Verdichterbau verschiedene Begriffe verwendet, deren Bedeutung anschließend kurz
erläutert wird. Weitere Informationen dazu können sinngemäß den Abb. 4.2-100, 4.2-101
und 4.2-104 entnommen werden [Bla00a].

Sweep (Pfeilung) Eine Schaufel besitzt Sweep, wenn eine Bezugslinie (Vorderkante,


Hinterkante, Auffädelkurve) nicht senkrecht zur Strömungsrichtung steht. Ist die
Bezugslinie entgegen der Strömungsrichtung geneigt, wird von Forward Sweep oder
Vorwärtspfeilung gesprochen, andernfalls von Aft Sweep oder Rückwärtspfeilung. Ist das
Vorzeichen des Sweep-Winkels über der Schaufelhöhe konstant, wird von Straight Sweep
gesprochen, ändert es sich, dann liegt Compound Sweep vor.
436 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-100  Kenngrößen im Totaldruckverhältnis 1,5


Auslegungspunkt von Rotor
1 bis 4 der transsonischen bezogener Massenstrom 16,0 kg/s
Verdichterstufe der MTU/TU Blattspitzengeschwindigkeit 398 m/s
Darmstadt [Ber05]
rel. Mach-Zahl der Zuströmung am Gehäuse 1,35

rel. Mach-Zahl der Zuströmung an der Nabe 0,70

Drehzahl 20000 U/min

Rotordurchmesser 0,38 m

Nabenverhältnis 0,51

Abb. 4.2-101  Rotor 1
der Transsonik-Stufe in
konventioneller Auslegung,
einteilig in Titanlegierung
und BLISK-Bauweise (bladed
disk) und radial aufgefädelten
Profilschnitten [Bla00a]
Rotor 1 Rotor 2
Blisk (Bladed Disk) Rückwärtspfeilung (CFK Rotor)

Fädelung der Profilschnitte

Lean (Neigung)  Eine Schaufel besitzt Lean, wenn die Bezugslinie in Umfangsrich-
tung nicht senkrecht zu den Seitenwänden (Nabe und Gehäuse) steht. Analog zur
Pfeilung beschreibt Lean die Abweichung des Winkels zwischen Rotationsstromflä-
che und Bezugslinie vom rechtenWinkel. Für den Begriff Lean ist in der Fachlite-
ratur auch der Begriff Dihedral zu finden, der speziell in der Flugzeugaerodynamik
die Abweichung vom rechten Winkel zwischen Rumpf und Flügel bezeichnet (die
sogenannte V-Stellung). Ähnlich wie bei Sweep existieren auch bei Lean die Begriffe
Straight Lean und Compound Lean. Für Compound Lean wird auch die Bezeichnung
Bow verwendet.

Twist (Verwindung) Aufgrund der hohen Umfangsgeschwindigkeiten in trans-


sonischen Rotoren ist speziell bei kleinen Nabenverhältnissen auch die Änderung
der Umfangsgeschwindigkeit über der Kanalhöhe groß. Wird von einer annähernd
4.2 Turboverdichter 437

gleichmäßigen radialen Verteilung der Axialgeschwindigkeit ausgegangen, so ändert


sich der Anströmwinkel des Rotors im rotierenden System über der Kanalhöhe ebenfalls
stark. Dies erfordert eine Anpassung der Schaufelwinkel, was zu einer Verdrehung des
Profils um die radiale Richtung führt. Dies wird als Twist bezeichnet.
Die Auslegung des MTU-Tansonic-Rotors 1 bis 4 orientierte sich an einer ersten
Hochdruckverdichterstufe von typischen zivilen Turbofan-Triebwerken. Neben der
Erprobung neuer Bauweisen und Verdichtertechnologien diente ein Prüfstand an der
TU Darmstadt auch der Validierung von numerischen CFD-Verfahren. Die wichtigsten
Auslegungsgrößen der transsonischen Stufe von Rotor 1 bis 4 werden in Abb. 4.2-100
vorgestellt. Abbildung 4.2-101 zeigt Rotor 1 und 2.
An einem ausgewählten Anwendungsfall sollte dabei der Einfluss von Rückwärts-
und Vorwärts-Pfeilung auf das Betriebsverhalten einer transsonischen Verdichterstufe
demonstriert werden. Zu diesem Zwecke wurde gegenüber dem klassischen transsoni-
schen Basis-Rotor 1 ein gepfeilter Rotor 2 ausgelegt, dessen Pfeilung im Wesentlichen
durch Compound Lean gebildet wird. Es entstand eine nur mit Faserverbundwerkstoffen
darstellbare Beschaufelung, bei der keine Kompromisse zwischen Festigkeit und Aerody-
namik eingegangen werden mussten.

Rotor 1  Mit dem ersten Ziel der vergleichenden Arbeiten an verschieden ausgelegten
Rotoren, hier Nummer 1 und 2, sollte ein Beitrag zum Verständnis der Auswirkungen
besonders der Schaufelblatt-Pfeilungen auf die Strömung in transsonischen Axialver-
dichtern geleistet werden.
Die spätere Auslegung von Rotor 2 erfolgte auf Basis des bereits vermessenen Rotors
1 mit einer konventionellen Beschaufelung aus Titan. Die Beurteilung des gepfeilten Ent-
wurfes konnte so im direkten Vergleich erfolgen. Dieser Vergleich wurde numerisch mit
Hilfe verschiedener kommerzieller CFD-Rechenverfahren durchführt. Der Vergleich
sollte dabei Antworten darauf geben, in wieweit eine Pfeilung die Leistung des Verdich-
ters, das Stabilitätsverhalten des Verdichters und die Lage und Struktur der Verdich-
tungsstoß-Systeme auch unter dem Einfluss von Effekten der Sekundärströmungen wie
Spaltströmungen beeinflusst.
Bei Rotor 1 lag der Schwerpunkt bei der aerodynamischen Auslegung der Beschau-
felung für den Auslegungspunkt A. Nach der Vorauslegung wurde als abschließendes
Berechnungsverfahren bei der Auslegung der Stufe eine „quasi-dreidimensionale“ Q3D
Rechnung mit Überlagerung zweier 2D Rechnungen verwendet.
Die S1 Rechnungen (Abschn. 4.1.3) basierten auf der Lösung der zweidimensionalen
Euler-Gleichungen mit nachgeschalteter Grenzschichtrechnung. Die dreidimensiona-
len Strömungsphänomene, welche in einer transsonischen Verdichterstufe eine erhebli-
che Rolle spielen, wie zum Beispiel die Interaktion zwischen Spaltwirbel und Kanalstoß
sowie die Blockagewirkung der Gehäusegrenzschicht, konnten bei diesen Verfahren nur
mit Hilfe empirischer, stark vereinfachender Korrelationen berücksichtigt werden. Zur
Bestimmung des Stufenkennfeldes für Rotor Nr. 1 kam schließlich ein 3D Euler-Verfah-
ren zum Einsatz.
438 4 Turbomaschinen-Komponenten

3D Euler 3D RANS 3D-L2F Messungen

Abb. 4.2-102 Relative Mach-Zahlen im Auslegungspunkt bei 95 % Kanalhöhe im Bereich mit


Spalteinfluss. CFD-Verfahren 3D-Euler, 3D-RANS gegenüber 3D-L2F Messungen [Ber05]

In Abb. 4.2-102 sind Ergebnisse der 3D Euler Rechnungen sowie die 3D Navier-


Stokes Rechnungen 3D RANS (Reynolds averaged Navier-Stokes) den experimentel-
len Ergebnissen einer L2F (Laser-2-Focus)-Messung gegenübergestellt [Bla00a, Ber05].
In diesem Bild werden die Unzulänglichkeiten der 3D Eulerrechnung deutlich. Zum
einen wird die Reibung mittels Korrelationen nur an den Schaufeloberflächen sowie den
Kanalwänden berücksichtigt. Zum anderen konnte der Spalt und damit die Spaltströ-
mung hier nicht modelliert werden.
Die folgenden Merkmale weisen Rotor Nr. 1 zusammenfassend als einen typischen
Entwurf der frühen 1990-er Jahre aus:

• 16 Schaufeln mit CDA Profilierung und Radial Fädelung der Schnitte,


• Geringe Streckung und hohe Umfangsgeschwindigkeit von 400 m/s,
• Hohe Vor-Stoß-Mach-Zahl und Integral-Bauteil (Titan BLISK).

Rotor 2  Bei dem Entwurf des Rotors Nr. 2 wurde der Ansatz verfolgt, mit einer drei-
dimensionalen Schaufelgeometrie den Verdichtungsstoß so zu beeinflussen, dass die
Verluste verringert werden. Nicht nur die Stoßverluste steigen mit zunehmender Vor-
stoßmachzahl deutlich an, ab einer gewissen Stoßstärke erhöht sich auch die Gefahr
einer stoßinduzierten Grenzschichtablösung. Die damit verbundenen Verluste können
die eigentlichen Stoßverluste noch übertreffen.
Der Grundgedanke bei dem Entwurf war daher, mit einer Rückwärtspfeilung des
Schaufelblattes die Stromabneigung des Verdichtungsstoßes zu vergrößern. Ähnlich wie
4.2 Turboverdichter 439

Rotor 1 Rotor 2

Abb. 4.2-103  Mach-Zahl-Verteilung auf der Saugseite nach 3D RANS Rechnungen für die Rotoren
1 und 2 [Bla00a]

bei den Flügelgrundrissen von Überschallflugzeugen, führt dies zu einer Verringerung


der Komponente der Vor-Stoß-Machzahl senkrecht zur Ebene des Verdichtungsstoßes.
Ein weiteres Ziel war es, die Rotorblätter aus Kohlefaser verstärktem Kunststoff zu
fertigen. Neben dem Potential einer erheblichen Massereduzierung eröffnet die im Ver-
gleich zu metallischen Werkstoffen niedrigere Dichte bei gleicher Festigkeit auch einen
erheblich größeren Spielraum bei der Gestaltung der Schaufeln. So kann weniger Rück-
sicht auf die radiale Fädelung der Profilschwerpunkte genommen werden, da die aus der
Fliehkraft resultierenden Biegespannungen deutlich geringer sind. Daher wurde, um das
Potential dieser Bauweise auszuloten, eine starke Umfangsneigung und Rückwärtspfei-
lung der Schaufeln gewählt.
Bei der aerodynamischen Vorauslegung kam ein 3D Eulerverfahren, zur Simulation
von Reibungseffekten um „body-forces“ erweitert, zur Anwendung. Zur Kalibration die-
ser Scheinkräfte standen experimentelle Daten von konventionellen, radial gefädelten
Rotoren, unter anderen auch die von Rotor 1, zur Verfügung. Es wurde davon ausge-
gangen, dass diese Korrelationen auch für dreidimensional geformte Schaufelgeometrien
gültig sind.
Abbildung 4.2-101 (rechts) zeigt den Rotor mit Beschaufelung in CFK Bauweise. Die
extreme Umfangsneigung wird in der Darstellung der Profilfädelungen sichtbar.
Das Auslegungsziel des Vorhabens mit Rotor 2, die Realisierung eines hochbelasteten,
transsonischen CFK-Rotors mit ausgeprägter 3D Geometrie wurde erreicht. Die experi-
mentellen Ergebnisse demonstrierten die deutliche Wirkung einer 3D Schaufelgeometrie.
Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von CFD-Rechenverfahren wurde eine präzisere
numerische Simulation des Strömungsfeldes von Rotor 2 mit Hilfe eines Verfahrens zur
440 4 Turbomaschinen-Komponenten

Rotor 1 Rotor 3
Blisk (BladedDisk) Vorwärtspfeilung
0,18
[m]
0,16
Radius

0,14

0,12

0,10

0,00 0,04 0,08


Z [m]

Abb. 4.2-104  Rotor 3 mit vorwärts gepfeilten Schaufeln im Vergleich mit Rotor 1 sowie der Pro-
jektion der Schaufelkanten der beiden Rotoren in der S2-Ebene [Kab03a]

Lösung der Reynolds-gemittelten, dreidimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen 3D


RANS möglich [Bla00a]. Abbildung 4.2-103 zeigt die numerische Simulation des Strö-
mungsfeldes von Rotor Nr. 2 gegenüber Rotor 1 mit Hilfe eines Verfahrens zur Lösung
der Reynolds-gemittelten, dreidimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen.
Mit diesem Auslegungswerkzeug, das neben der Dreidimensionalität der Strö-
mung auch die Reibungseinflüsse auf das Strömungsfeld sowie die Spaltströ-
mung mit berücksichtigt [Fri97], wurden alle wesentlichen Strömungsphänomene
einer transsonischen Verdichterstufe in ihrem physikalischen Zusammenhang
berücksichtigt.

Rotor 3  Bei dem wieder als Titan-Blisk ausgeführten Rotor 3 erfolgte die gesamte Aus-
legung mit einem 3D-RANS-Verfahren. Als logische Weiterführung sollte mit dem
Entwurf untersucht werden, inwieweit sich mit einer Vorwärtspfeilung der Rotor-
schaufeln die Verluste verringern lassen und der Arbeitsbereich sich vergrößern lässt
(Abb. 4.2-104).
Dazu wurde die Schaufelzahl um zwei von 16 auf 14 reduziert, um eine gegenüber
Rotor 1 vergleichbare Teilung zu erhalten, die Sehnenlänge um ca. 20 % vergrößert und
die Schaufelvorderkante soweit stromauf geneigt, wie es die Festigkeit zuließ.
4.2 Turboverdichter 441

Druckmessung
Stator-Eintritt mit
Sondenkamm

3D-Laser-2-Focus-Meßsystem
(3D-L2F) im Rotor

Abb. 4.2-105  Druckmessung mit Sonden am Stator-Eintritt (Bild oben) und berührungslos arbei-
tendes Meßsystem 3D-Laser-2-Focus-Verfahren (3D L2F) des DLR (Bild unten) zur Analyse des
Strömungsfeldes [Bla00a]

Untersuchungen hatten ergeben, dass mit diesen Maßnahmen eine Reduzierung der
aerodynamischen Belastung der Blattspitze einhergeht. Dies führte zu einer schwäche-
ren Spaltströmung, damit zu einer geringeren Interaktion zwischen Spaltwirbel und Ver-
dichtungsstoß und so zu einer Verringerung der für die Hauptströmung ungünstigen
Blockage.
Zur experimentellen Bestimmung des Verdichterkennfeldes auf dem Prüfstand der
TU Darmstadt mit einer üblichen Standard-Instrumentierung für stationäre und insta-
tionäre Strömungsvorgänge wurde zur genaueren Analyse der Strömung im Verdich-
ter-Rotor (Laufrad) besonders ein Laser-2-Focus-Verfahren (L2F) des DLR eingesetzt
(Abb. 4.2-105).
Die Kennfeldmessungen und die CFD-Rechnungen (Abb. 4.2-106) des Rotors 1 und 3
bestätigen die eingesetzte Auslegungsphilosophie. Im direkten Vergleich zu Rotor 1 wird
der vergrößerte Arbeitsbereich von Rotor 3 deutlich. Um die Leistungsfähigkeit des Ver-
dichters global beurteilen zu können, sind zunächst die Mittelwerte des Totaldruckver-
hältnisses und des Wirkungsgrads über dem auf ISA-Eintrittsbedingungen korrigierten
Massenstrom für einige konstante, korrigierte Drehzahlen dargestellt.
Für den Basisentwurf der Stufe mit Rotor 1 liegen vergleichbare Messungen mit iden-
tischem Versuchsaufbau und identischer Instrumentierung nur für die Drehzahlen von
80, 90 und 100 % der Nenndrehzahl vor.
442 4 Turbomaschinen-Komponenten

0,90
ηC is
0,86

0,82
isentr. Wirkungsgrad

0,78
n=100%
90%
0,74 80% Rotor 1
radial gefädelt
0,70 65%
50%
0,66 Rotor 3
40%
30% Vorwärtspfeilung
0,62

4 3
C Rotor 1
1,5 Rotor 3 radial gefädelt 2
Vorwärtspfeilung 6
1,4 7
Ddruckverhältnis total

5 1
1,3 n=100%
90%
1,2 80%

1,1
65%
50%
30% 40%
1,0
4,0 6,0 8,0 10,0 12,0 14,0 16,0
Massenstrom red. [kg/s]

Abb. 4.2-106  Gemessenes Stufenkennfeld Rotor 3 mit vorwärtsgepfeilten Schaufeln im Vergleich


zu Rotor 1. Betriebspunkt (2) bei n = 100 % und bestem isentropen Wirkungsgrad, Betriebspunkt (4)
an der Stabilitätsgrenze. Von Rotor 1 wurden nur die Drehzahlen 80, 90 und 100 % erfasst [Kab03a]

Wie aus dem Kennfeld hervorgeht, konnte das Auslegungsziel im Bereich von 80 bis
100 % Drehzahl eindeutig erreicht werden. Der Arbeitsumsatz der Stufe mit Rotor 3 ist
im Vergleich zu Rotor 1 in jedem gemessenen Betriebspunkt besser oder gleich. Im Wir-
kungsgradmaximum ist Rotor 1 bei 80 % Drehzahl geringfügig besser.
Der wesentliche Zugewinn ist der erheblich größere Arbeitsbereich von Rotor 3. Das
linke Ende der jeweiligen Drehzahllinien ist durch den letzten Betriebspunkt gekenn-
zeichnet, an dem noch ein stabiler Betrieb des Verdichters und die Durchführung einer
Kennfeldmessung möglich sind. Auf der 90 % Drehzahllinie fällt der Druckaufbau vor
dem Eintritt der Instabilität erheblich ab, ein Phänomen, das nur bei dieser Drehzahl
beobachtet werden konnte.
Um von experimenteller Seite genaueren Aufschluss über die Qualität des Strö-
mungsfeldes zu erhalten, werden in Abb. 4.2-107 an ausgewählten Punkten einige
Eckdaten einander gegenübergestellt. Die meist paarweise ausgezeichneten Punkte
wurden unter dem Gesichtspunkt der gleichartigen Verbrauchercharakteristik
ausgewählt und haben daher keine exakt gleichen Werte von Massenstrom oder
Druckverhältnis.
4.2 Turboverdichter 443

Nr. n m R1 m R3 R1 R3 Anmerkung

1 100 16,38 16,68 1,37 1,37 Sperrdurchsatz

2 100 16,21 16,38 1,46 1,48 bester Wirkungsgrad

3 100 15,04 16,16 1,53 1,54 Stabilitätsgrenze Rotor 1

4 100 - 12,60 - 1,55 Stabilitätsgrenze Rotor 3

5 90 14,97 15,04 1,31 1,33 bester Wirkungsgrad

6 90 13,28 13,38 1,41 1,42 Stabilitätsgrenze Rotor 1

7 90 - 10,58 - 1,36 Stabilitätsgrenze Rotor 3

Abb. 4.2-107 Ausgezeichnete Punkte im Kennfeld für Rotor 1 und 3 nach Abb. 4.2-106 mit


Drehzahl n, Durchsatz ṁ und Druckverhältnis ΠC

1,0 Betriebspunkt (2)

0,8
Bereich Rotor 3
optimaler Vorwärtspfeilung
Wirkungsgrade
rel. Kanalhöhe

0,6 Rotor 1
radial gefädelt

0,4

0,2

0,0
1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7
Totaldruckverhältnis C Verdichterstufe

Abb. 4.2-108  Radiale Verteilung des Totaldruckverhältnisses im Auslegungspunkt (Punkt 2) bei


optimalem isentropen Wirkungsgrad [Kab03a]

In der Tabelle in Abb. 4.2-108 sind die im Kennfeld ausgezeichneten Punkte von beson-
derem Interesse jeweils für Rotor 1 (R1) und Rotor 3 (R3) in einer Gegenüberstellung.
In den Diagrammen in Abb. 4.2-108 und 4.2-109 werden die radialen Verteilungen
des Totaldruckverhältnisses am Stufenaustritt für die beiden interessanten Betriebspunkte
(2) und (4) bei bestem isentropen Wirkungsgrad und an der Stabilitätsgrenze einander
gegenübergestellt.
Im Punkt 2 arbeiten beide Rotoren im Punkt des besten Wirkungsgrades. Dieser wird
in beiden Fällen bei einem Massenstrom leicht oberhalb des Auslegungsmassenstroms
von 16 kg/s erreicht. Die Drosselstellung und damit die Verbrauchercharakteristik sind
für beide Rotoren identisch.
444 4 Turbomaschinen-Komponenten

1,0 Betriebspunkt (4)

0,8 Bereich Rotor 3


nahe Vorwärts-
Pumpgrenze
rel. Kanalhöhe

Rotor 1 pfeilung
0,6 radial gefädelt

0,4

0,2

0,0
1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7
Totaldruckverhältnis C Verdichterstufe

Abb. 4.2-109  Radiale Verteilung des Totaldruckverhältnisses im Punkt nahe der Stabilitätsgrenze


[Kab03a]

Die Stufe mit Rotor 3 kann den Wirkungsgrad um gut einen Prozentpunkt steigern
bei einem gleichzeitig höheren Totaldruckverhältnis. Aus der radialen Verteilung wird
deutlich, wie Rotor 3 mit zunehmendem Radius mehr Arbeit verrichten kann.
Die Vorwärtspfeilung kommt hier insofern zum Zuge, als sie Strömung in Rich-
tung des Gehäuses verlagert, wo aufgrund der höheren Umfangsgeschwindigkeiten der
Arbeitsumsatz größer ist.
Mit Punkt 4 ist der letzte gemessene, stabile Betriebspunkt der Stufe mit Rotor 3
angegeben. Auch hier führt ein weiteres Androsseln reproduzierbar und eindeutig zum
Eintritt von Rotating-Stall. Zum rein qualitativen Vergleich ist in diesem Bild noch der
radiale Druckaufbau der Stufe mit Rotor 1 am Punkt 3 dargestellt (Abb. 4.2-106 und
4.2-107).
Es wird deutlich, wie kurz vor Erreichen der Stabilitätsgrenze bei Rotor 3 eine wei-
tere, deutliche Umverteilung des Arbeitsumsatzes zum Gehäuse hin stattfindet. In der
Kanalmitte geht der Druckaufbau hingegen schon wieder zurück, was auf die zuneh-
mende Fehlanströmung in den Statorschaufeln und die daraus resultierende wirksame
Blockage für die Rotorschaufeln zurückzuführen ist. Die Verhältnisse an der Blattspitze
lassen bereits an dieser Stelle darauf schließen, dass der Einsatz des Forward Sweep den
gewünschten Effekt erzeugt. Der Arbeitsbereich der Stufe mit Rotor 3 ist erheblich größer.
Der Entwurf des Rotors 2 basiert auf der Überlegung, mit einer Rückwärtspfeilung
der Schaufelblätter (aft-sweep) die Stromabneigung der Verdichtungsstöße zu vergrö-
ßern. Die damit verbundene Verringerung der Stoßverluste sollte zu einer Steigerung des
Wirkungsgrades führen.
Wie die Untersuchung vergleichbarer Rotoren zum Beispiel nach [Hah98] zei-
gen, richtet sich der Stoß im Blattspitzenbereich auf. Wegen der kinematischen
4.2 Turboverdichter 445

Stoßlage mit Stoßlage mit


Gehäuseeinfluss Gehäuseeinfluss
Stoßlage ohne
Gehäuseeinfluss

Stromlinie Stromlinie

Rückwärts- Vorwärts-
pfeilung pfeilung

Pfeilung 3D Stoßlage am Gehäuse [Hah99]

Abb. 4.2-110  Einfluss de Gehäusewand auf die Stoßlage und das Aufrichten des Verdichtungs-
stoßes bei Rückwärtspfeilung (aft sweep) von Rotor 2 [Hah98] und Vorwärtspfeilung (forward
sweep) von Rotor 3 [Kab03a]

Randbedingung, nach der am Gehäuse keine radiale Geschwindigkeitskomponente auf-


treten kann, steht der Stoß immer senkrecht auf der Gehäusewand. Lediglich ein schrä-
ger Stoß, der an der Wand reflektiert wird, wäre möglich. Diese Erkenntnis lieferte nicht
nur für das Ausbleiben deutlicher Wirkungsgradsteigerungen eine Erklärung sondern
auch für die Einbußen im Arbeitsbereich. Ein Verdichter erreicht ungefähr dann seine
Stabilitätsgrenze, wenn er so stark angedrosselt ist, dass der Gegendruck den Stoß an der
Blattspitze vor die Vorderkante drückt. Wie in Abb. 4.2-110 dargestellt ist, führt das Auf-
richten des stromab geneigten Stoßes zu einer ungünstigen Verschiebung der Stoßlage
in Richtung der Schaufelvorderkante. Die Stabilitätsgrenze wird folglich schon bei einem
geringeren Gegendruck als bei einem konventionell gefädelten Rotor erreicht.
Als Konsequenz der Ergebnisse von Rotor 2 sollte bei dem Entwurf mit dem vor-
wärtsgepfeilten Rotor 3 die Erweiterung des Arbeitsbereiches im Vordergrund ste-
hen. Um einen größeren Massendurchsatz an der Sperrgrenze zu erzielen, wurde die
Schaufelzahl von 16 auf 14 reduziert und so der nutzbare Kanalquerschnitt erhöht.
Die Sehnenlänge ist gegenüber Rotor 1 an der Blattspitze um rund 20 % vergrößert.
Damit konnte dort die aerodynamische Belastung trotz der verringerten Schaufel-
zahl sogar unter das Niveau von Rotor 1 gesenkt werden. Das Spaltmaß bezogen auf
die Sehnenlänge an der Blattspitze wurde gegenüber Rotor 1 von ca. 1,1 auf 0, 6 %
verringert.
Mit der lokal begrenzten Vorwärtspfeilung sollten mehrere Effekte erreicht werden.
Neben der aerodynamischen Entlastung der Blattspitze kommt es dort auch zu einer
günstigen, weiter stromab liegenden Position des Stoßes relativ zur Schaufelvorderkante.
Zusammen mit der vergrößerten Sehnenlänge steht damit dem Spaltwirbel eine längere
Distanz zur Verfügung, bis er auf den Stoß trifft. Damit kann die ungünstige Blockage,
verursacht durch die Interaktion von Spaltwirbel und Verdichtungsstoß, reduziert wer-
den, wie von Wilke und Kau gezeigt wird [Wil05a, Hem09]. Nach der Inbetriebnahme
446 4 Turbomaschinen-Komponenten

1,60
Rotor 3
C Vorwärtpfeilung
1,55

Totaldruckverhältnis
Rotor 1
radial
1,50
Stabilitätsgrenzen

1,45
Rotor 2
Rückwärtspfeilung
1,40

1,35 Drehzahl n=100%

1,30
12 13 14 15 16 17
Massenstrom red. [kg/s]

Abb. 4.2-111 Drehzahllinien der Verdichterstufen Rotor 1 (radial gefädelt), 2 (Rückwärtspfei-


lung) und 3 (Vorwärtspfeilung) bei Auslegungsdrehzahl 100 % [Ber05]

des Rotors bestätigten Kennfeldmessungen (Abb.  4.2-111) das Auslegungskonzept mit


vorwärts gepfeilten Schaufeln.
Die reduzierte Schaufelzahl bringt einen größeren Massendurchsatz an der Sperrgrenze
mit sich. Die gegenüber Rotor 1 günstigere Stoßlage sowie die aufgrund der Vorwärtspfei-
lung längere Wegstrecke, die dem Spaltwirbel bis zum Auftreffen auf den Verdichtungsstoß
zu Reenergetisierung durch die Hauptströmung zur Verfügung steht, führen in der Summe
zu einer Verlagerung der Stabilitätsgrenze zu niedrigeren Massenströmen [Kab03a].
Zusammenfassend kann mit den hier vorgestellten beispielhaft untersuchten Roto-
ren 1 bis 4 festgestellt werden, dass es mit der steigenden Leistungsfähigkeit der CFD-
Methoden zunehmend schwieriger wird, die Strömungsphänomene mit experimentellen
Methoden in ähnlich hoher Auflösung für eine Validierung bereitzustellen.
Die quantitative Erfassung zum Beispiel des Spaltwirbels sowie dessen Interaktion mit
dem Verdichtungsstoß wird umfassender der numerischen Simulation vorbehalten bleiben.
Ein weiterer Verbesserungsschritt stellt die Berücksichtigung der bisher zumeist
vernachlässigten instationären Ungleichförmigkeiten der Strömung dar. Für eine prä-
zise Vorhersage der Stabilitätsgrenze sowie die gezielte Auslegung von den Arbeits-
bereich vergrößernden Vorrichtungen, wie zum Beispiel Casing-Treatments CT
(Abschn. 4.2.8.3), wird es allerdings nötig sein, den Berechnungsaufwand aber auch
damit die Komplexität der Experimente und der Datenanalyse zu steigern.
Um die Leistungsfähigkeit der Verdichterstufe besonders in Verbindung mit Rotor
3 und der in einigen Details verbesserten Version mit Rotor 4 zusammenfassend bes-
ser beurteilen zu können, wurden für die hier vorgestellten Beispiele neben den expe-
rimentell am Prüfstand aufgenommenen Daten auch CFD-Rechenverfahren für die
4.2 Turboverdichter 447

Abb. 4.2-112  Rechennetze Rotor 3 in der S2-Ebene (oben) und der S1-Ebene (unten) nach [Kab03a]

Nachrechnung des Stufenverbandes Rotor-Stator mit kommerziell verfügbaren Strö-


mungslösern verwendet. Es handelte sich hier um ein Finite-Volumen-Verfahren, wel-
ches die Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen löst. Mit dem in Abb. 4.2-112
gezeigten typischen Rechennetz, strukturiert aus einer Kombination aus Q und H-Blö-
cken, wurde Rotor 3 in der S2- und in der S1-Ebene erfasst.

4.2.9.3 Mehrstufiger Verdichter als Auslegungsbeispiel


Zur Auslegung und Entwicklung mehrstufiger Turboverdichter wird in diesem
Abschnitt ein beispielhafte Darstellung präsentiert, die sich an den Veröffentlichungen
von Schäffler, Steffens, Walther u. a (MTU Aero Engines) orientiert [Ste03B, u. a.].
Wie bereits in Abschn. 4.2.9.1 z. B. mit Abb. 4.2-97 angesprochen wurde, spielt bei
den erhöhten Stufen-Druckverhältnissen neben dem gesteigerten Mach-Zahl-Niveau
und den gesteigerten Umfangsgeschwindigkeiten die intensivere Umlenkung der Git-
terströmung eine dominante Rolle. Die damit verbundenen hohen Stufen-Leistungszif-
fern Ψ können über eine Verringerung der Schaufel-Streckungsverhältnisse h/l (aspect
ratio) erreicht werden, wie dies zum Beispiel von Steffens und Schäffler in [Ste00] mit
448 4 Turbomaschinen-Komponenten

h / l=2,0 1,0 0,5


ψM
h
l
Leistungsziffer

1,0
Streckungsverhältnis h / l

Abb. 4.2-113  Auswirkungen des Schaufel-Streckungsverhältnis h/l (aspect ratio) auf die Leistungs-
ziffer ΨM, also die Umlenkung der Gitterströmung [Ste00, Wal99]

Abb. 4.2-113 gezeigt wird. Mit den kleineren Höhen/Seitenverhältnissen der Schaufel-


blätter wird allerdings auch die axiale Breite der Schaufelreihen erhöht. Die sich damit erge-
benden großen axialen Gitterlängen führen mit den hohen Umfangsgeschwindigkeiten zu
erhöhten mechanischen Belastungen, auf die in Abschn. 4.2.10 nochmals eingegangen wird.
Die Beschaufelungen mit kleinen Streckungsverhältnissen ermöglichen weniger
Stufen und breitere sowie robustere Schaufeln. Sie sind bis zu hohen Umfangsge-
schwindigkeiten unempfindlich bei Flattergefahr und liefern eine erhöhte aerodynami-
sche Stabilität, dies auch bei Druck- und Temperatur-Distortion. Als Nachteil erweist
sich die große Masse der Beschaufelung, die proportional der Sehnenlänge zunimmt.
Ausgehend von einem als Ausgangsbasis dienenden, 6-stufigen Hochdruckverdichter
(Abb. 4.2-114) wird zur Verdeutlichung der angeführten Zusammenhänge als Beispiel
eine Entwurfsstudie dargestellt, bei der die Stufenzahl von 5 bis 8 variiert wurde. Das
Gesamtdruckverhältnis ΠC von 10,5, ein Pumpgrenzenabstand von 25 % und das Tei-
lungsverhältnis t/l (Umfangsabstand der Schaufeln/Schaufellänge) wurden bei der Studie
konstant gehalten. Mit Abb. 4.2-114 (Bild oben) wird der Kanalverlauf nach einer Vor-
auslegung mit Hilfe einer Stromlinien-Krümmungsmethode gezeigt sowie der Verdich-
ter HD 12 (Abb. 4.2-114), wie er nach einer späteren Phase der Projektstudie der MTU
Aero Engines [Wal99] gebaut und getestet wurde.
Das Ergebnis der Auslegungsstudie ist in den folgenden Abb. 4.2-115 bis 4.2-117
zu sehen. In Abb. 4.2-115 wird für die vier Stufenzahlen 5 bis 8 die sich ergebenden
Gesamtschaufelzahlen in Abhängigkeit vom gewählten Streckungsverhältnis (Schaufelhö
he/Schaufellänge) der Schaufeln gezeigt. Da sich Verdichter mit Streckungsverhältnissen
kleiner als 1 wegen zunehmender Baulänge und Schwierigkeiten bei der Abstimmung
der Rotordynamik nicht bewährt haben, wurde abschließend die Auslegung mit 6 Stufen
als zweckmäßig erachtet.
Es wird deutlich, wie stark sich der Einfluss des Streckungsverhältnisses auf die
Gesamtschaufelzahl von mehrstufigen Verdichtern auswirken kann. Im Vergleich zur
4.2 Turboverdichter 449

6-stufiger Hochdruckverdichter (Turbofan PW6000)

Vorauslegung: Stromlinien-Krümmungsmethode

R1 R2 R3 R4 R5 R6

Abb. 4.2-114  6-stufiger Hochdruck-Verdichter HPC, Basis einer Vergleichsstudie mehrstufiger


Verdichter zur Abhängigkeit der Schaufelzahl, der red. Drehzahl und des isentropen Wirkungsgra-
des vom Schaufel-Streckungsverhältnis h/l (aspect ratio) und von der Stufenzahl nach MTU Aero
Engines [Wal99]

3
8-stufig
7-stufig
Gesamte Schaufelzahl

2 6-stufig

5-stufig

1
C = 10,5
SM = 25%
t/l = const.
0
0,5 1,0 1,5 2,0
Streckungsverhältnis h/l

Abb. 4.2-115 Gesamte Schaufelzahl mehrstufiger Hochdruck-Verdichter HPC abhängig vom


Schaufel-Streckungsverhältnis h/l und von den Stufenzahlen 5 bis 8 relativ zu dem 6-stufigen
Basisverdichter nach [Wal99]

8-stufigen Auslegung ergab die 5-stufige Version mit sehr kleinen Schaufelzahlen aero-
dynamisch und mechanisch höhere Belastungen, was in ihren Schaufelkonturen kompli-
ziertere 3D-Geometrien erforderte und damit größere Stückkosten gegenüber einfacher
gestalteten Schaufeln.
450 4 Turbomaschinen-Komponenten

1,5

1,3
5-stufig
Drehzahl red.
1,1 6-stufig
7-stufig
0,9 8-stufig

0,7 C = 10,5
SM = 25%
t/l = const.
0,5
0,5 1,0 1,5 2,0
Streckungsverhältnis

Abb. 4.2-116 Relative reduzierte Drehzahl eines mehrstufigen HP-Verdichters abhängig vom


Schaufelstreckungsverhältnis h/l (aspect ratio) und von der Stufenzahl nach [Wal99]

1,02
isentr. Wirkungsgrad rel.

1,00 8-stufig
7-stufig
0,98 6-stufig

0,96

5-stufig
0,94

C = 10,5
0,92 SM = 25%
0,5 1,0 1,5 2,0
t/l = const.
Streckungsverhältnis

Abb. 4.2-117 Relativer isentroper Wirkungsgrad eines mehrstufigen HP-Verdichters abhängig


vom Schaufel-Streckungsverhältnis h/l (aspect ratio) und von der Stufenzahl nach [Wal99]

Mit Abb. 4.2-116 der gleichen Studie wird deutlich, wie sich gegenüber der 8-stufi-
gen Version für die 5-stufige Auslegung eine wesentliche Steigerung der reduzier-
ten Drehzahl ergibt und somit die mechanische Belastung zunimmt. Um eine zu hohe
Schaufelzahl des 8-stufigen Verdichters zu vermeiden, wurde bei dieser Version das Tei-
lungsverhältnis gegenüber der 5-stufigen Auslegung bereits um 15 % erhöht.
Die Abhängigkeit vom Streckungsverhältnis fällt deutlich geringer aus. Da die schlan-
keren Schaufeln lediglich eine geringere aerodynamische Belastung ertragen als ein ent-
sprechendes Design mit kleinem Streckungsverhältnis, muss der jeweilige Verdichter mit
höherer Drehzahl betrieben werden.
Die mit der Reduzierung der Stufenzahl steigenden Drehzahlen bei der 5-stufigen
Auslegung führen neben wachsenden mechanischen Belastungen der Rotorscheiben zu
sehr hohen Anström-Machzahlen innerhalb der Schaufelgitter. Dabei nehmen die Ver-
luste stark zu, was zur Verschlechterung der Wirkungsgrade führt wie Abb. 4.2-117 zeigt.
4.2 Turboverdichter 451

Auch diese Ergebnisse sind auf den isentropen Wirkungsgrad des 6-stufigen Basis-Ver-
dichters mit Streckungsverhältnis 1 bezogen.
Die Ergebnisse der Auslegungsstudie relativ zur Basis-Version zusammengefasst erge-
ben, dass die Verringerung der Schaufelzahlen durch Reduzierung der Verdichterstufen
und das damit verbundene Einsparpotential an Herstellungskosten mit einer Erhöhung
der mechanischen Belastung und mit einer Verschlechterung des Verdichterwirkungs-
grades erkauft wird.
Mit Reduzierung der Stufenzahlen lässt sich zunächst auch ein Massenvorteil erzielen,
aufgrund der steigenden mechanischen Belastung insbesondere in den Verdichterschei-
ben kann dieser Vorteil jedoch rasch abnehmen. Eine sorgfältige,optimierte Abwägung
der Vor- und Nachteile unter Beachtung der Auslegungsziele des Triebwerks ist drin-
gend erforderlich.
Die optimale Abstimmung der aerodynamischen und mechanischen Auslegung
der Verdichtersektion unter Beachtung zahlreicher Anforderungen einschließlich der
Berücksichtigung der Herstellungs-, Betriebs- und Wartungskosten sollte bereits wäh-
rend der einzelnen Phasen der Projektstudien vorgenommen werden. Wie die ver-
einfachte Projektierungsstudie zeigte, besteht die Kernaufgabe bei der Auslegung
mehrstufiger Verdichter in der eng abgestimmten aerodynamischen und mechanischen,
also der aeromechanischen Gestaltung (Abschn. 4.2.10).
Zu dem hier betrachteten Beispiel des 6-stufigen HP-Verdichters sollen deshalb
lediglich einige kurze Hinweise zur aerodynamischen und teilweise mechanischen
Auslegung aufgezeigt werden. An weiteren ausgewählten Beispielen wird im folgenden
Abschn. 4.2.10 auf die Bedeutung der Aeromechanik detaillierter eingegangen.

Aerodynamische Gestaltung eines 6-stufigen HP-Verdichters. Nach der Dimensio-


nierung der Ringraumgeometrie und der Profilierung der Beschaufelung des 6-stufigen
HP-Verdichters wurde die 3-dimensionale Strömung auf die CFD-Berechnung zweier
überlagerter, 2-dimensionaler Strömungsfelder (S1/S2-Ebebene) zurückgeführt. Diese
quasi-dreidimensionale Berechnung (Q3D) stellt eine notwendige Ausgangsbasis der
ersten verfeinerten aerodynamischen Gestaltung dar. Daran schließt sich die eigentliche
aerodynamisch vertiefte Optimierung mit Hilfe 3-dimensionaler Navier-Stokes-Rechen-
verfahren an. Die eingesetzten Finite-Volumen-Zeitschrittverfahren erlaubten dabei eine
gekoppelte, mehrstufige Berechnung der 3-dimensionalen Verdichterströmung.
Ein wesentliches Endziel der Auslegungsrechnung ist dabei die Bestimmung der sta-
tionären Betriebscharakteristik, des Verdichter-Kennfeldes (Abb. 4.2-123), mit dem
drehzahlabhängigen Wirkungsgradverlauf und mit Instabilitäts-Grenzbereichen. Dazu
gehören beispielsweise auch die numerische Bestimmung der individuellen Stufenkenn-
linien und die jeweilige Lage ausgewählter Arbeitspunkte auf diesen Stufen-Kennlinien.
Zur Einstellung der gewünschten Stufenabstimmung bedarf es auch optimal gestal-
teter Verdichtergitter mit sorgfältig konturierten Schaufelprofilen, die auch der Haupt-
strömung überlagerte Sekundärströmungseffekte berücksichtigen. Mit Hilfe der
3D-Rechenverfahren lassen sich schließlich aerodynamisch besonders stark belastete
452 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-118  Beispiel einer


3D-gestalteten Bow-Stator-
Schaufel

Stator-Schaufeln
mit Bow ohne Bow

Schaufelregionen erkennen und daraus resultierend die verlustbehafteten Strömungsbe-


reiche besser gestalten.
Mit einer 3-dimensionalen Formgebung der Schaufelgeometrie ist es weiterhin zweck-
mäßig, lokale Belastungen zu reduzieren und damit Verlustquellen und Ablösetendenzen
zu vermeiden. Dadurch können der Gesamtwirkungsgrad und der Stabilitätsbereich des
Verdichters spürbar verbessert werden. Weiterhin lässt sich die Wirkung der 3-dimensi-
onalen Gestaltung quantifizieren, so dass über mehrere Iterationsschritte mit Berücksich-
tigung der Strukturmechanik (Abschn. 4.2.10) eine optimale Schaufelgeometrie entwickelt
werden kann. Abb. 4.2-118 zeigt so als Beispiel eine 3-dimensional gestaltete Stator-Schau-
fel mit „Bow“, eine Kontur, bei der die Schaufel im Naben- und Gehäusebereich über die
Saugseite in Umfangsrichtung gebogen ist. Eine weitere Möglichkeit zur günstigen Beein-
flussung des Stabilitätsverhaltens einer Verdichterstufe bietet die Pfeilung (sweep) der
Rotor-Schaufeln im Außenbereich (tip). Abbildung 4.2-119 zeigt eine Rotorschaufel, an
welcher der Einfluss der Pfeilung systematisch untersucht wurde (Abschn. 4.2.9.2).
Durch die Pfeilung der Schaufelspitze wird die Lage der Stoßfront auf der Schaufel-
saugseite beeinflusst. Im Vergleich zur ungepfeilten Kontur wandert im Fall der Vor-
wärtspfeilung die Stoßfront relativ zur Profillänge betrachtet weiter stromab, während sie
bei Rückwärtspfeilung weiter stromauf zu liegen kommt.
Die Mach-Zahl-Verteilung im Mittelschnitt zeigt darüber hinaus für die vorwärtsge-
pfeilte Vorderkante eine geringere Vorstoß-Mach-Zahl. Beide Phänomene zusammen
führen zu einer verlustärmeren Verzögerung und damit zu einem besseren Wirkungsgrad
sowie zu einer größeren Androsselfähigkeit und damit zu einem breiteren Stabilitätsbe-
reich des Rotors mit Vorwärtspfeilung. Bei der inneren, nicht von der Wandgrenzschicht
beeinflussten Kernströmung eines Schaufelgitters ist die Beschaufelung strömungsop-
timiert und trägt mit weniger als der Hälfte zu den Gesamtverlusten im Verdichter bei.
Hohe Verluste werden durch Spalt- und Sekundärströmungen verursacht.
Hier ermöglichen 3D-NS-Rechenverfahren eine umfassende, recht genaue Simulation
der Strömung durch die einzelnen Stufen und erlauben auch bis in die verlustbehafteten
4.2 Turboverdichter 453

Gehäuse
1,8 Basisprofil
M
Rückwärtspfeilung
1,5 VK
Mach-Zahl

Vorwärtspfeilung
1,2
Nabe

0,9 Basisprofil

0,6
Rückwärtspfeilung

0,3 Basisprofil
Vorwärtspfeilung
Rückwärtspfeilung
0,0
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
X / BM Vorwärtspfeilung

Abb.  4.2-119  Mach-Zahl-Verteilung im Mittelschnitt am Rotor-Profil. Beispiele 3D-gestalteter


Rotor-Schaufeln mit Pfeilung nach MTU Aero Engines [Wal99]

Naben-Konturierung der Beschaufelung


Kompensation der Schaufelversperrung
und Vermeidung von
Übergeschwindigkeiten auf der
Schaufel-Saugseite

Abb. 4.2-120 Naben-Konturierung der Beschaufelung zur Kompensation der Schaufelversper-


rung [Wal99]

Randzonen die Strömungsverhältnisse recht realistisch zu erfassen. Dabei kann neben


den bereits erwähnten Methoden der Pfeilung und Neigung der Beschaufelung auch eine
gezielte Naben-Konturierung zur Kompensation der Schaufelversperrung zur Vermeidung
von Übergeschwindigkeiten auf der Saufseite der Schaufel eingesetzt werden (Abb. 4.2-120).
454 4 Turbomaschinen-Komponenten

6-stufiger Hochdruckverdichter (MTU Aero Engines) (CFD-Vorauslegung)


mit Rotor-Schaufel-Pfeilung und Stator-Bow-Schaufeln

IGV R1 R2 R3 R4 R5 R6

Druckverteilung nach 3D-Navier-Stokes-Rechnungen

Abb. 4.2-121  Druckverteilung für einen 6-stufigen Hochdruckverdichter HPC mit Vorleitrad IGV,
Nachrechnung mit 3D-Navier-Stokes-Verfahren. Darstellung nach FA. MTU Aero Engines [Ebe03]

VL R1 R2 R3 R4 R5 R6

Entropie-Verteilung nach 3D-Navier-Stokes-Rechnungen


mit Berücksichtigung der Cavity-Strömungen

Abb. 4.2-122  Entropieverteilung für einen 6-stufigen Hochdruckverdichter HPC mit Vorleitrad


IGV. Nachrechnung mit 3D-Navier-Stokes-Verfahren mit Beachtung der Cavity-Strömungen.
Darstellung nach MTU Aero Engines

Weiterhin schließen umfassende 3D-Berechnungen aller Strömungsphänomene mehr-


stufiger Hochleistungsverdichter auch Vorgänge von Leckage- und Rezirkulationsströ-
mungen in Nebenräumen (cavity) ein. Zusammenfassende Ergebnisse der Auslegung des
eingangs vorgestellten 6-stufigen HP-Verdichters für Fan-Triebwerke werden in den fol-
genden Bildern auszugsweise vorgestellt.
Abbildung 4.2-121 zeigt beispielhaft die Druckverteilung innerhalb des 6-stufigen
Hochdruckverdichters mit Vorleitrad, die mit Hilfe des 3D-Navier-Stokes-Verfahrens
berechnet wurde. In Abb. 4.2-122 wird die für den gleichen HP-Verdichter berechnete
4.2 Turboverdichter 455

Arbeitslinie
Pumpgrenze Volllast-
C Messung drehzahl
Rechnung
Totaldruckverhältnis

Neuauslegung WL

Referenz-
verdichter

Teillast-
drehzahl

Durchsatz red.

Abb. 4.2-123 Kennfeldrechnung des 6-stufigen Verdichters mit Hilfe des 3D-Navier-Stokes-


Verfahrens im Vergleich zur Basis-Auslegung nach MTU Aero Engines [Wal99]

Entropie-Verteilung der optimierten CFD-Auslegung mit Beachtung auch der Cavity-


Strömungen dargestellt.
Werden nach den vorstehenden Hinweisen für unterschiedliche Drehzahlen und für
diese wiederum bei unterschiedlichen Drosselzuständen CFD-basierte Berechnungen
durchgeführt, so ergibt sich schließlich die Möglichkeit ein rechnerisch vorhergesag-
tes Verdichter-Kennfeld zu bestimmen. Allerdings sind die Rechenzeiten für nur einen
Betriebspunkt im Kennfeld numerisch sehr aufwendig.
Zur Kennfeld-Darstellung zeigt Abb. 4.2-123 auszugsweise ein gemessenes Verdich-
terkennfeld und die mit dem 3D-Navier-Stokes-Verfahren nachgerechnete Kennlinie bei
100 % Drehzahl. Die Übereinstimmung von Experiment und CFD-Rechnung ist gut. Bei
Androsselung nahe der Pumpgrenze zeigte die Rechnung ausgehend von den aerodyna-
misch am stärksten belasteten Gittern gewisse Strömungsablösungen.
Aufgrund der guten Übereinstimmung zwischen Nachrechnung und Messung
wurden komplette Neuauslegungen des 6-stufigen Referenzverdichters mit Hilfe des
3D-Navier-Stokes-Verfahrens durchgeführt. Dabei war die Treffsicherheit der Ausle-
gung umso größer, je enger sich die Hauptauslegungsparameter an einen zuvor auf dem
Prüfstand vermessenen und rechnerisch nachvollzogenen Verdichter anlehnten. Die
rechnerisch vorhergesagten Kennlinien eines auf diese Weise neu ausgelegten Verdich-
ters sind ebenfalls in Abb. 4.2-123 eingetragen.
Nach umfangreichen Entwicklungsphasen entstand stufenweise der in Abb. 4.2-124
gezeigte 6-stufige HP-Verdichter der MTU Aero Engines, der erfolgreich in einem neue-
ren Turbofan-Triebwerk mit hohem Bypass-Verhältnis (Pratt&Whitney PW 6000) inte-
griert, eine effiziente Funktionstüchtigkeit demonstrierte (Abb. 4.2-125).
456 4 Turbomaschinen-Komponenten

3D Rotor-Schaufel
(Swept)

6-stufiger HP-Verdichter
3D-Beschaufelung
Rotor-Schaufeln mit Pfeilung (Swept)
Stator-Schaufeln mit Bow 3D Stator-Schaufel
(Kombination aus Umfangs- und radialer Neigung (Bow)

Abb. 4.2-124  Rotor des 6-stufigen Hochdruckverdichters HPC nach Auslegung und Entwicklung
der MTU Aero Engines nach den Bildern 4.2-115, 4.2-116, 4.2-117. Darstellung nach Fa. MTU
Aero Engines [Ste03B, Hen12B]

Turbofan-Demonstrator P&W ATFI


Abb. 4.2-125  Turbofan-Triebwerk bzw. Technologie-Demonstator von Pratt&Whitney. Darstel-
lung nach MTU Aero Engines
4.2 Turboverdichter 457

Konstruktion
Kosten-Effizienz Wartung

Aerodynamik 2D /3D Mechanik


<> Meridianschnitt (S2)
<> Schaufel-Profilierung Schwingungen
<> Kennfeld Belastungen
3D-Euler / 3D-NS Lebensdauer
<> Stufenberechnung
<> Sekundärströmungen
<> Gesamt-Verdichter
<> Kennfeld HP- Verdichter

Fertigung <> Technologie Versuch <> Test

Abb. 4.2-126  Entwicklungsbereiche für Turboverdichter im iterativen und integrativen Prozessablauf


[Ste03B, Hen12B]

4.2.10 Aeromechanische Gestaltung und Entwicklungstrend

Bei der Konzeption und dem Bau effizienter Flugtriebwerke stellen der Entwurf und
die interdisziplinäre Entwicklung von Hochleistungs-Verdichtern die wichtigste Kern-
aufgabe dar. Aufgrund der hohen aerodynamischen und mechanischen Belastung aller
Verdichterteile bis zur Grenze der Fähigkeiten verfügbarer Werkstoffe ist die Ausle-
gung und Gestaltung nur im interdisziplinären Arbeitsablauf zwischen Aerodynamik,
Schwingungsmechanik und Festigkeit durchführbar. Dies trifft vornehmlich auf die
Beschaufelung und die Rotor-Scheiben zu. Mit Abb. 4.2-126 und umfassender später in
Abb. 4.2-140 wird im Überblick schematisch gezeigt, wie dabei im Mittelpunkt die Aero-
dynamik, die Mechanik und da besonders die Schwingungsmechanik, zusammen also
die Aeromechanik, stehen. Dabei ist stets in allen Bereichen die Kosten-Effizienz, die
Lebensdauer, die Wartung und die Sicherheit des Gesamtsystems Gasturbine und beson-
ders Flugtriebwerk durchgehend zu berücksichtigen.
Die Mechanik und die Fertigungs-Technologie, besonders verbunden mit den
kaum vermeidbaren Schwingungsproblemen, haben in den vergangenen Jahren in
enger Verbindung mit der CFD-basierten Fluidmechanik neben dem Kostenfaktor
einen dominierenden Einfluss gewonnen. Da bereits in den vorstehenden Kapiteln und
Abschnitten grundlegende aerodynamische Gesichtspunkte der Verdichterauslegung
behandelt wurden, werden nun daran anschließend einige wesentliche Gesichtspunkte
458 4 Turbomaschinen-Komponenten

Abb. 4.2-127 Zeitliche ∆T Stufe
ψM=1,0
Entwicklungsbereiche für 2,0 75°
Verdichter in konventioneller 0,8

Temperatursteigerung pro Stufe


Stufe
und Blisk-Bauweise mit 0,6

Stufen-Totaldruckverhältnis
verschiedenen Werkstoffen 1,8 60°
Rotor-Blisk
für Verdichterstufen Rotor Titan/Nickel
im Zusammenhang konventionell
1,6 Titan+Nickel 00 45°
von Druckverhältnis, 20
n g
Umfangsgeschwindigkeit Alu+Stahl
85 klu
und Leistungsziffer [Ste00]. 1,4 19 wic 30°
n t
Darstellung nach MTU Aero rE
de
Engines 65 hr
1,2 19 Ja 15°
Rotor
konventionell Blisk
1,0
250 300 350 400 450
u M m 
Umfangsges chwindigke it ucorr =
Θ  s 

aus der Mechanik in ihrer Bedeutung bei der Entwicklung von Hochleistungsverdichtern
vorgestellt. Um auf die Einflüsse der einzelnen Gebiete im Hinblick auf ein kostengünsti-
ges Endprodukt hinzuweisen, soll damit auf den Zusammenhang der vielschichtigen und
wechselseitigen Einflüsse aufmerksam gemacht werden.
Mit der kontinuierlichen Entwicklung der Leistungsfähigkeit von Verdichtern wie
bereits in Abschn. 4.2.9 aus den Abb. 4.2-97, 4.2-114, 4.2-115, 4.2-116 und 4.2-117 zu
erkennen ist, tendierte mit den steigenden Umfangsgeschwindigkeiten die Stufen-Bau-
weise zu kleineren Streckungsverhältnissen um h/l ≈ 1. Die hohen Umfangsgeschwin-
digkeiten bei niedrigen Streckungsverhältnissen erlaubten hohe Stufendruckverhältnisse
und damit weniger Bauteile. Die damit allerdings verbundene höhere mechanische
Belastung der breiten und schwerer werdenden Schaufeln führte zu Schwierigkeiten bei
der Schaufelbefestigung und der Festigkeit der Scheiben selbst.
Die Lösung der Problematik bestand in einer integralen Schaufel-Scheibe-Bauweise,
der sogenannten Blisk-Bauweise (bladed integrated disk). In Abb.  4.2-127 werden dazu,
ergänzend zu Abb. 4.2-97 in Abschn. 4.2.9.1, die zeitliche Entwicklung und die Bereiche
konventioneller und integraler Blisk-Bauweisen sowie die dazu notwendigen hochwerti-
gen Werkstoffen wie Titan- und Nickel-Basislegierungen tendenzmäßig angegeben.

Mechanisch statische Belastung Mit der Verdichterentwicklung von schnelllau-


fenden Stufen mit Blattspitzen-Umfangsgeschwindigkeiten bis zu 500 m/s und einer
reduzierten Zahl von breiteren Schaufelblättern mit Streckungsverhältnissen um 1
(wide-chord-design) führten die konventionell ausgeführten Schaufel-Scheiben-Ver-
bindungen zum Beispiel mit eingestecktem Schaufel-Schwalbenschwanzfuß zu wach-
senden mechanischen Belastungen in den Schaufelfuß-Scheibenhöcker-Verbindungen
(Abb. 4.2-128). Gleichzeitig stiegen die Anforderungen in der Lebensdauer und der
4.2 Turboverdichter 459

Fliehkraftspannungen

niedrig

Schaufel-Fuß
Spannungsspitzen
Schaufel-Höcker
Rotor-Nut

hoch

Schaufel-Scheiben-Segment FE-Modell

Abb. 4.2-128 Konventionelles Schaufel-Scheibe-Segment im FE-Modell mit lokalen Fliehkraft-


Spitzenspannungen [Ste00]

Sicherheit erheblich an. Für Schaufeln aus Titan waren die gestiegenen Anforderungen
auch mit aufwendigen Verschleißschutz- und Gleitmittelbeschichtungen nicht mehr
zu gewährleisten.
Für ein Schaufel-Scheiben-Segments wird als Beispiel in Abb. 4.2-128 ein typisches
FE-Modell mit berechneten qualitativen Spannungsverteilungen unter Fliehkraftbelas-
tung gezeigt. Neben den besonders kritischen Flächenpressungen in den Kontaktflächen
sind dabei schaufelseitig die unter Umständen Lebensdauer bestimmenden Zugspan-
nungen im Übergang von der Plattformunterseite zum Hals und im Übergang vom Hals
zur Tragflanke des Schaufelfußes von besonderem Interesse. Weiterhin sind scheibensei-
tig die Spannungskonzentrationen am Scheibenhöcker im Übergang zum Scheibenkör-
per und im Nutgrund besonders zu beachten.

Dynamische Belastung und Schwingungen  Die mechanisch-statischen Betriebspan-


nungen von Rotor-Schaufeln bei Turboverdichtern resultieren im Wesentlichen aus der
Fliehkraft und den stationären aerodynamischen Druckverteilungen in der Strömung.
Diesen statischen Spannungen sind Schwingungsbeanspruchungen überlagert, die sich
aus Druckschwankungen in der Strömung und anderen drehzahlsynchronen Störun-
gen ergeben (Abb. 4.2-129 und 4.2-130). Damit müssen bei der statischen Auslastung im
Blattbereich notwendige Reserven für überlagerte Schwingbeanspruchungen berücksich-
tigt werden.
Als Erregerquellen für diese Druckschwankungen in der Strömung können zum einen
ungleichmäßige Anströmung im Verdichtereinlauf (Einlauf-Distortion), Nachlaufdellen
der Schaufeln und Abblaseöffnungen im Gehäuse sein, zum anderen Rotor-Unwuchten,
460 4 Turbomaschinen-Komponenten

Schwingungsanregung durch
instationäre
dynamische Lasten Goodman-Diagramm
Dauerfestigkeit

Schwingungs -Spannung
Hochfrequente M
itt
l
Schwingungen M ere
at u
er nd
ia
Stationäre lfe mi
st nim
Fliehkräfte ig
ke ale
it
Spannungen
im Betrieb
Statische Spannung

Abb. 4.2-129 Stationäre und dynamische Betriebsbelastungen von Verdichter-Schaufeln sowie


Goodman-Diagramm schematisch (Abb. 4.2-133). Darstellung nach MTU Aero Engines [Ste03B,
Hen12B]

Schwingungsauslegung von Beschaufelungen mehrstufiger Verdichter


Erregungsquellen für Schwingungen
> Unwucht und nicht exakt fluchtende Wellen und Gehäuse
> Gehäuse-Ovalisierungen
> nicht-rotationssymmetrische Druckverteilungen der Zuströmung (Distortion)
> Druckschwankungen in der Strömung in Umfangsrichtung
(Beschaufelung, Abblaseöffnungen)

Abb. 4.2-130  Überblick zur Schwingungsauslegung von mehrstufigen Verdichtern mit möglichen


Erregerquellen [Ste03B, Hen12B]

nicht fluchtende Wellen sowie unrunde Gehäuse. Die harmonische Erregerordnung


(Drehzahlvielfaches) bestimmt sich aus der Anzahl der Störimpulse pro Umdrehung.
Unwuchten regen also mit der 1. Drehzahlordnung an und Nachlaufdellen mit demjeni-
gen Vielfachen der Drehzahl, das der Anzahl der Erregerschaufeln entspricht.
4.2 Turboverdichter 461

1. Biegeschwingung 2. Biegeschwingung 1. Torsionsschwingung

Grundschwingungsformen Verdichterschaufeln
Abb. 4.2-131 Elementare Schwingungsformen von fest eingespannten Verdichter-Blisk-Schau-
feln. Darstellung nach FE-Modellrechnungen von Klauke [Kla07]

Je nach dem Axialabstand der Schaufel-Gitter und dem Stufendruckverhältnis können


Ungleichmäßigkeiten in der Strömung sich auch durch mehrere Verdichterstufen hindurch
störend bemerkbar machen. So können zum Beispiel Nachlaufdellen des Eintritts-Statorgit-
ters noch mehrere Stufen stromabwärts mit entsprechender Erregungsintensität auftreten.
Vom Einlaufbereich her kommend können sich bei umfangreicheren Strömungsstörungen
wie bei Druck- und Temperatur-Distortion die Ungleichförmigkeiten sogar bis zum Austritt
des Verdichters axial sehr schnell auswirken, in Umfangsrichtung weniger ausgeprägt. Bei
der Auslegung von Triebwerksverdichtern spielt schließlich die Schwingungsermüdung HCF
(high cycle fatigue) in der Betriebsfestigkeit von Verdichtern eine dominante Rolle. Die sorg-
fältig abgestimmte Schwingungsauslegung von Beschaufelungen, Scheiben und Gehäuse stellt
also einen der wichtigsten Schwerpunkte in der Triebwerksentwicklung dar.

Eigenschwingungen bei Verdichtern  Besonders integrale Rotoren mit Schaufeln und


Ringscheiben weisen eine Vielzahl unterschiedlicher Eigenschwingformen auf. Abhängig
von der konstruktiven Gestaltung des Gesamttriebwerkes können durch die Interaktio-
nen zwischen den einzelnen Bauteilgruppen über verschiedene aerodynamische Anre-
gungen komplexe Schwingungserscheinungen angeregt werden, wie dies Abb. 4.2-131
für einige elementare Formen zeigt.
462 4 Turbomaschinen-Komponenten

Durch die Angabe der Knotenlinien, welche während des Schwingvorgangs in Ruhe
bleiben, wird eine Charakterisierung der Eigenformen ermöglicht. Die Eigenschwing-
formen unverstimmter Verdichter, bei denen sowohl die Rotor-Sektionen als auch alle
Schaufeln geometrisch und materialseitig identisch sind, können im Allgemeinen in drei
Kategorien unterteilt werden:
Dies sind zum einen die Scheiben-Schwingungen der Rotor-Ringe bzw. Blisk-Schei-
ben, zum andern die verschiedenen Schaufel-Schwingungen in den einzelnen Stufen
und schließlich die „gekoppelten“ Schwingungsformen. Auf die Schwingungen in Ver-
bindung mit Blisk-Scheiben wird bei den Darstellungen zu den Abb.  4.2-134, 4.2-135,
4.2-136, 4.2-137 und 4.2-138 nochmals eingegangen.
Bei vereinfachter Darstellung von Schaufelschwingungen kann die komplexe dreidi-
mensionale Gestaltung der Verdichter-Schaufeln vernachlässigt werden und die Schau-
feln als ebene Platten betrachtet werden.
Als elementare Eigenschwingformen der einseitig eingespannten Platte mit den nied-
rigsten Eigenfrequenzen können der 1. Biegemode, gefolgt vom 1. Torsionsmode ange-
geben werden. In Abhängigkeit von den geometrischen Abmessungen der Schaufeln
wechseln sich anschließend mit zunehmender Eigenfrequenz höhere Biege- beziehungs-
weise Torsionsmoden, aber auch komplexere Schwingungsformen sowie Mischformen
sind möglich.
Bei den im Betrieb auftretenden fremderregten Schwingungen sind insbesondere
die Nachlaufdellen umströmter Hinterkanten, hier der Schaufeln, und deren Vielfache
zu erwähnen, welche bei jeder Rotordrehung entsprechende Schwingformen anfachen
können. Werden die Nachlaufdellen, die stromabwärts einen lokalen Druckgradienten
erzeugen, während der Rotorumdrehung durchlaufen, so erfahren die Rotorschaufeln
eine mechanische Anregung in Höhe der Anzahl der Nachlaufdellen je Umdrehung. Die
Anzahl der sich einstellenden Nachlaufdellen bestimmt somit die Erregerordnung EO
(engine order). Neben der Anzahl an direkten Nachlaufdellen können auch Interaktionen
zwischen stromaufwärts und/oder stromabwärts liegenden Stator- und Rotor-Schaufeln
als Anregungsquelle wirken.
Zusammengefasst erfolgt die Resonanzabstimmung des Verdichters im Frequenz-
diagramm oder Campbell-Diagramm genannt (Abb. 4.2-132). Hier werden die
Eigenfrequenzverläufe einer Verdichterschaufel über der Drehzahl aufgetragen. Har-
monische Erregerordnungen zeigen sich als Ursprungsgeraden, als lineare Vielfache
der Drehzahl.
Für die Drehzahlabhängigkeit der Frequenzen sind zwei Effekte verantwortlich, die
Temperaturabhängigkeit des E-Moduls und die je nach Schwingungsform mehr oder
weniger starke Versteifung der Schaufeln aufgrund der elastischen Verformung im
Fliehkraftfeld.
Ziel der Frequenzauslegung des Verdichters ist die Sicherstellung der Betriebsfes-
tigkeit im gesamten Betriebsbereich von der Leerlauf-Drehzahl bis zur maximalen
Betriebs-Drehzahl. Frequenzen und Anregungsordnungen sollten so ausgelegt werden,
4.2 Turboverdichter 463

Campbell-Diagramm
Verdichter-Rotors-Stuf e
Min Steigflug Max
Leerlauf Reiseflug Vollast
Hz
Eigenfrequenzen

2.Torsionsmode
16.EO
48.EO
(Stator davor) 56.EO
(Stator dahinter)
1.Plattenmode
2.Biegemode 8.EO
1.Torsionsmode
5.EO
1.Biegemode 4.EO
3.EO
2.EO
1.EO
Arbeitsbereich
nmin Drehzahl nmax
Frequenz-Diagramm
Bestimmung kritischer Bauteil-Frequenzen

Abb. 4.2-132 Campbell-Diagramm (Frequenz-Diagramm) einer Verdichter-Blisk-Rotor-Stufe


(EO Erregerordnung) [Ste03B, Hen12B]

dass im Betriebsbereich keine fundamentalen Resonanzstellen mit Schnittpunkten zwi-


schen Eigenfrequenzen und Erregerordnungen liegen. Kann dies in Ausnahmefällen
nicht erreicht werden, muss gewährleistet werden, dass die Resonanz außerhalb des
normalen Betriebsbereichs liegt.
Für sichere Verdichterauslegungen sollten im üblichen Arbeitsbereich Resonan-
zen sorgfältig beobachtet werden und zwar zwischen den Haupterregerordnungen und
den Schaufelgrundmoden wie 1. und 2. Biegemode sowie 1. und 2.Torsions- und Plat-
tenmode. Dies betrifft also die 1. bis 5. EO generell sowie Ordnungen entsprechend der
Schaufelanzahl im stromauf- beziehungsweise stromabliegenden Nachbargitter und
eventuell zugeordnete Differenzordnungen.
Eine Resonanzabstimmung in der Auslegungsphase einer Verdichterentwicklung
kann die über die Schaufelfrequenzauslegung mit Profilsehnenlängen und Profildicken
sowie über die Abstimmung der Anregungsordnungen mit Schaufelzahlen und Zahl der
Luft-Abblaseöffnungen beeinflusst werden. Resonanzen, die nicht aus dem Betriebsbe-
reich herausgeschoben werden können, werden bevorzugt in den mittleren Drehzahl-
bereich des Verdichters gelegt. Hier ist einerseits die Gefahr von noch nicht vollständig
anliegender Strömung geringer als in der Nähe des Leerlaufbetriebs. Andererseits sind
die aerodynamischen Druckverhältnisse und Fliehkraftbelastungen niedriger als bei
Vollastbetrieb, das heißt, die instationäre Anregungsenergie aus der Strömung ist niedri-
ger, ebenso die statische Grundauslastung der Schaufel.
464 4 Turbomaschinen-Komponenten

+/−σ dyn
500
[N/mm2]
400 σ = σstat +/−σ dyn
Schwingungs-Spannung

be D
300 i m auer
ittle fes
rer tigk
Ma eits
200 ter gre
ialf nz
est e
igk
eit
100 Betriebsbeanspruchung an der
limitierenden Position

0
0 200 400 600 800 1000 1200
Mittelspannung σstat [N/mm2]

Goodman-Diagramm Dauerfestigkeits-Diagramm
Ermüdungsgefährdung durch Schwingungs-Spannungen

Abb. 4.2-133  Goodman-Diagramm (Dauerfestigkeits-Diagramm) einer konventionellen Verdichter-


Rotor-Stufe [Ste03B]

Die Anregungsintensität von Nachlaufdellen kann im Bedarfsfall über einen


vergrößerten axialen Gitterabstand abgesenkt werden. Darüber hinaus kann die
Anregungsintensität auch aus der Schaufelströmung durch gezielte konstruktive Ver-
stimmungsmaßnahmen abgesenkt werden.
Um beurteilen zu können, ob eine Resonanz zulässig ist oder nicht, müssen die
Schwingungsamplituden bekannt sein. In der Auslegungsphase werden die Amplitu-
den der in Frage stehenden Resonanzen über Analysen mit Hilfe einer Kombination aus
instationären aerodynamischen CFD-Rechenverfahren und strukturmechanischen FE-
Verfahren bestimmt. Eine Absicherung dieser analytischen Voraussage erfolgt experi-
mentell durch Schwingungsmessungen an Prototyp-Triebwerken.
Die Bewertung einer Resonanz erfolgt zusammengefasst in einem Dauerfestigkeits-
Diagramm, dem Goodman-Diagramm (Abb. 4.2-133). Hier wird die Schwingungs-
spannung über der statischen Mittelspannung aufgetragen. Die darin eingetragene
Dauerfestigkeitsgrenze wird aus Bauteilversuchen über die Messung der statischen
Festigkeit und der Schwingfestigkeit abgeleitet. Eine Resonanz kann dann zugelassen
werden, wenn die Betriebsbeanspruchung an der limitierenden Schaufelposition mit
ausreichendem Abstand unter der Dauerfestigkeitsgrenze liegt. Die Belastung sollte 50
bis 60 % der minimalen Werkstoff-Festigkeit für die jeweilige Einsatztemperatur nicht
überschreiten.
Da im Lauf der Triebwerksentwicklungen in den vergangenen Jahren die integ-
rale Blisk-Bauweise (blade integrated disk) von Verdichter-Rotoren einen immer grö-
ßeren Stellenwert eingenommen hat, wird anschließend als Beispiel einführend zur
4.2 Turboverdichter 465

Blisk-Rotor 1 vordere Stufe Blisk-Rotor 6 hintere Stufe

6-stufiger HP-Verdichter in Blisk-Bauweise (3E-I, RR D)

Abb. 4.2-134  Mehrstufiger 3E-I-Hochdruck-Verdichter (Rolls-Royce Deutschland) in Blisk-Bau-


weise, Rotor 1 mit 29 Schaufeln, Rotor 6 mit 87 Schaufeln [Küh06, Kla07]

Demonstration des Schwingungsverhaltens das Verhalten einer Blisk-Rotor-Stufe


eines mehrstufigen Hochdruckverdichters (Rolls-Royce-Deutschland, 3E-I) vorgestellt
(Abb. 4.2-134).
Die Blisk-Bauweise des Rotors weist hinsichtlich ihres strukturdynamischen Ver-
haltens eine Reihe von Besonderheiten auf, die unter anderem auch durch kleine, ferti-
gungsbedingte Störungen der Rotationasymmetrie hervorgerufen werden können. Dies
ist auch hinsichtlich der Lebensdauer von Blisk-Rotoren von zentraler Bedeutung. Zur
Analyse und Lokalisierung der Schwingungsformen werden allgemein entsprechende
FE-Rechenmodelle auch in Anlehnung und Abstimmung mit gezielt angesetzten Expe-
rimenten verwendet [Küh06, Kla07 u. a.]. Im Vordergrund stehen dabei ausgeprägte
Kopplungen von Scheiben- und Schaufelbewegung sowie fertigungsbedingte Schau-
felverstimmungen, wie sie grundlegend und ausführlich von Klauke, Kühhorn u. a. in
[Küh06] untersucht wurden.
Bei der exemplarischen Betrachtung eines zunächst unverstimmten Blisk-Rotors
(Rotor 1) mit 29 Schaufeln wurde eine Charakterisierung typischer Schwingungsformen
vorgenommen. Obwohl diese letztlich immer eine gekoppelte Bewegung von Scheibe
und Schaufel beschreiben, wurde eine prinzipielle Klassifizierung der Rotor-Strukturen
gemäß der anteiligen Verzerrungsenergie erstellt.
Im Falle von Scheiben-dominierten Schwingungsformen, die durch eine Konzent-
ration der Verzerrungsenergie in der Scheibe charakterisiert sind (Abb. 4.2-135), verhal-
ten sich die Schaufeln annähernd als Starrkörper mit geringem Verzerrungsniveau. Die
aerodynamische Erregung einer derartigen Schwingungsform stellt sich somit bezüglich
466 4 Turbomaschinen-Komponenten

uaxial norm
+1
Schaufel
0
1 5 9 13 17 21 25 29

-1
Knoten-
Durchmesserlinien

Scheiben-dominierte Schwingungsform CSM 2 772,34 Hz

Abb. 4.2-135  Scheiben-dominierte Schwingungsform des 3E-I-Blisk-Rotors 1 mit 29 Schaufeln


(1. Schaufelbiegung, CSM 2, 772,34 Hz) mit Axial-Verschiebungen der Schaufel-Spitzen über den
Umfang (FE-Modell) nach [Kla07]

uaxial norm
+1

0
1 5 9 13 17 21 25 29
Schaufel
-1

Knoten-Durchmesserlinie

Schaufel-dominierte Schwingungsform CSM 1 426,0 Hz

Abb. 4.2-136  Schaufel-dominierte Schwingungsform des Blisk-Rotors 1 mit 29 Schaufeln (1. Schau-


felbiegung, CSM 1, 426,00 Hz) mit Axial-Verschiebungen der Schaufel-Spitzen über den Umfang (FE-
Modellrechnung) [Kla07]

der Lebensdauer der Schaufeln prinzipiell als unkritisch dar, obwohl sich in diesem Fall
große Schwingungsamplituden einstellen können. Die Einteilung der Schwingformen
erfolgt gemäß ihrer Anzahl an Knotendurchmesserlinien (hier 2). Die maximale Anzahl
möglicher Knotendurchmesserlinien richtet sich generell nach der Schaufelanzahl z.
Die Schaufel-dominierte Schwingungsformen verhalten sich entsprechend der Dar-
stellung in Abb. 4.2-136, allerdings konzentriert sich die gesamte Verzerrungsenergie nun-
mehr auf die Schaufeln. Die Einteilung der Schaufelschwingungsformen wurde bereits in
Abb. 4.2-131 vorab gezeigt und orientierte sich dabei an Moden des einseitig „eingespann-
ten Balkens“. Fälle einer sich annähernden Verzerrungsenergieverteilung, wie in Abb. 4.2-137
gezeigt, werden mit dem Begriff „gekoppelte“ Schwingungsformen belegt.
Die zusammenfassende grafische Darstellung der möglichen Resonanzstel-
len des im Abb. 4.2-134 gezeigten Blisk-Rotors 3E-I ist mit dem zweidimensionalen
4.2 Turboverdichter 467

Knoten-
Durchmesserlinien

Gekoppelte Schwingungsform CSM 3 1484,3 Hz

Abb. 4.2-137 Gekoppelte Schwingungsform des Blisk-Rotors 1 mit 29 Schaufeln (CSM 3 bei


1484,30 Hz, FE-Modellrechnung) [Kla07]

Leerlauf Maximum
Arbeitsbereich
2000
1.Torsionsschwingung
[Hz]
EO48

20
0

10
16
EO4

EO

EO
EO

1500
2. Biegeschwingung 8
Frequenz f

EO

1000

1. Biegeschwingung EO3
500
EO2
EO1
0
7 8 9 10 11 12 13 14 15 x 1000
Campbell-Diagramm Drehzahl n [1/min]
HP-Verdichter-Blisk Rotor 1

Abb. 4.2-138 Campbell-Diagramm des Blisk-Rotors 1 des mehrstufigen 3E-I-Hochdruck-Ver-


dichters. Unverstimmtes Systems, Frequenzverlauf je elementarer Schaufelschwingform nach FE-
Modellrechnung nach [Küh06, Kla07]

Frequenz-Diagramm, dem Campbell-Diagramm, des Abb. 4.2-138 zu sehen. Es wird,


wie bereits zu Abb. 4.2-132 erwähnt, hier nochmals betont, dass zur Gewährleistung
einer hohen Lebensdauer Resonanzen im Arbeitsbereich des Verdichters zwischen Leer-
lauf und Volllast möglichst zu vermeiden sind.
468 4 Turbomaschinen-Komponenten

6-stufiger Referenz-HP-Verdichter

0,6
8
1,8
7 Wellendynamik
l
ah
nz
0,8 S
6
ufe

trec
kun
St

gsv
relative Masse

1,4 5 opt 1,0 erh


ältn
is
-0,5% Aero. HPT
-1% 1,4
Flattergrenze
1,0 -2%
1,8
Festigkeit 8
Hochdruckturbine
7
6 ah l
0,6 5 enz
Stuf

0,5 1,0 1,5 2,0 2,5


relative Schaufelzahl

Abb. 4.2-139  Optimierung von Masse und Bauaufwand nach einer zusammenfassenden Projekt-
studie ausgehend von den Darstellungen in Abschn. 4.2.9 zu den Entwicklungsschritten für ein
HP-Verdichtersystems nach K. Rüd, MTU Aero Engines [Ste03B]

Die Resonanzfrequenzen des Systems Blisk-Rotor 1 mit 29 Schaufeln werden als


annähernd waagerechte Linien dargestellt. Die Frequenzen der Erregerordnungen, wel-
che linear mit der Drehzahl n in U/min ansteigen, sind durch Geraden unterschiedlichen
Anstiegs repräsentiert. Die Schnittpunkte zwischen relevanten EO und den Resonanzfre-
quenzen des Systems kennzeichnen die Resonanzpunkte während des Betriebs.

Aeromechanische Verdichter-Auslegung im Überblick  Die im Wesentlichen aerody-


namische Gestaltung von Verdichterstufen und mehrstufigen Verdichtern wurde bereits
in Abschn. 4.2.9 dargestellt, wobei besonders beispielhaft die Entwicklung eines typi-
schen, mehrstufigen Hochdruckverdichters mit 6 Stufen und einem Druckverhältnis um
11 betrachtet wurde. Dieser Referenz-Verdichter wurde so ausgelegt, dass er von einer
kostengünstigen, einstufigen Hochdruckturbine angetrieben werden kann (Abschn. 4.3).
Nach den eingangs gegebenen Darstellungen zur Aeromechanik kann nun abschlie-
ßend die angeführte Auslegungsstudie für mehrstufige HP-Verdichter mit Stufenzahlen
von 5 bis 8 ergänzt im Überblick zusammengefasst in Abb. 4.2-139 vorgestellt werden.
Angenommen wurde bei der genannten Projektstudie ein Druckverhältnis um
11, ein konstanter mittleren Durchmessers und eine gleiche aerodynamische Stabili-
tät bzw. ein gleich bleibender Pumgrenzen-Abstand SM. Variiert wurde die Stufen-
zahl von 5 bis 8 und das Schaufel-Streckungsverhältnis zwischen h/l = 0,5 bis 2. Dabei
ergaben sich wesentliche Unterschiede in der erforderlichen Drehzahl, der Masse und
4.2 Turboverdichter 469

der Schaufelzahl als einem einfachen Maß für den erforderlichen Bauaufwand. Mit den
Gestaltungsgrenzen für geringe Masse, für Flatterstabilität des ersten Rotors und mit
Beachtung der aerodynamischen und mechanischen Belastung der Hochdruckturbine
ließ sich ein technologisch sinnvoll darstellbarer Bereich eingrenzen. Bemerkenswert ist,
dass das sehr schnelllaufende 5-stufige Verdichterkonzept mit der etwa 30 % niedrigeren
Laufschaufelzahl gegenüber dem effizienteren und leichteren 6- oder 7-stufigen Verdich-
ter vorteilhaft sein kann. Nach Berücksichtigung aller Gesichtspunkte wurde das Kon-
zept mit 6 Stufen gewählt und als Prototyp gebaut und erfolgreich getestet.
Wie in den vorstehenden Abschnitten erkennbar ist, stellen der Entwurf und die
Entwicklung eines Hochleistungs-Verdichters im Grenzleistungsbereich besonders
für Flugzeugantriebe eine intensiv ablaufende, interdisziplinäre Anstrengung zahlrei-
cher Fachgebiete dar. Aufgrund der hohen Belastung aller Bauteile bis zum technolo-
gischen Grenzbereich verfügbarer Werkstoffe ist die Gestaltung nur im kontinuierlich
interaktiven Prozess besonders zwischen Aerodynamik, Schwingungsmechanik und
Scheibenfestigkeit lösbar. Wie in Abb. 4.2-140 gezeigt wird, stehen dabei besonders die
Aerodynamik und die Schwingungsmechanik im Mittelpunkt.
Im Gegensatz zu früheren Jahren in denen zum Beispiel mit der Einführung des
Werkstoffes Titans neue Freiräume für den Entwicklungsingenieur entstanden und der
Aerodynamiker mit gut tragbaren Einschränkungen die Verdichter gestalten konnte, hat
anschließend an diese Zeit die Mechanik einen dominierenden Einfluss gewonnen. Nur
durch intensive gemeinsame Anstrengung auf allen Fachgebieten kann mit den verfüg-
baren Mitteln hier ein technologisch effizientes und wirtschaftliches Produkt entstehen,
bei dem auch die Anforderungen im Hinblick auf kontrolliertes und überwachtes Leis-
tungs- und Betriebsverhalten, auf Lebensdauer sowie auf Herstellungs- und Wartungs-
kosten stark angewachsen sind. Die Aeromechanik stellt dabei jedoch die dominierende
Herausforderung zur Entwicklung, zur Fertigung und zur Erprobung eines Turbover-
dichters dar, dem Verdichter als Schlüsseltechnologie für erfolgreiche Flugzeugantriebe.

4.3 Turbinen

4.3.1 Vorstellung und Auslegung von Axial-Turbinen

Bei vielen Flugantriebssystemen sind Komponenten notwendig, welche die innere


Energieübertragung von einer Turbinen-Sektion durch Entspannung der kompri-
mierten Heißgase ermöglichen. Ursprünglich wurden Turbinen unabhängig vom
Fluid wie Wasser oder Luft auch als sogenannte Arbeitsmaschinen bezeichnet. Sie sind
vom Arbeitsprinzip her gesehen thermische Turbomaschinen wie Turboverdichter
(Abschn. 4.1 und 4.2), jedoch den Verdichtern gegenüber mit entgegengesetzter Aufga-
benstellung. Der Schwerpunkt der anschließenden, einführenden Betrachtungen wird
auf die bei stationären Gasturbinenanlagen der Energietechnik und auf die in der Flug-
technik gebräuchlichen Typen der thermischen gasbeaufschlagten Turbinen beschränkt.
Auf weitere Details zu Hochleistungsturbinen und deren Leistungsbestimmung wird in
470 4 Turbomaschinen-Komponenten

Aero-Mechanische Verdichter-Entwicklung
Entwurf-Spezifikation Verdichter-Vorentwurf
> Durchsatz, Druckverhältnis,Wirkungsgrad, > Mittelschnitt-Auslegung, Massenströme
> Stabilitätsgrenze , Pumpgrenze > S2-Mehrschnitt-Berechnung
> Umfangsgeschwindigkeiten > Kennfeld, Stufen-Abstimmung
> Off-Design Anforderungen > Ringraum, Form, Geschw.-Vektoren

Aerodynamische Gestaltung

2D-Schaufelprofil S1-Auslegung
2D Profil-Vorentwurf S1-Stromfläche Gitter
subsonisch transsonisch

Aero-
Mechanische
Analyse
3D CFD-Auslegung
3D NS Stufen Berechnung
3D NS Sekundäreffekte
CT, Cavities, Konturierung
3D NS 3D Mehrstufen-Berechnung
Stufen-Abstimmung

Mechanisch-Dynamische Gestaltung
Erprobung

Aerodynamische
Leistungs-und Stabilitätsabschätzung

Mechanische Belastung
Festigkeitsgrenzen, Schwingungen

Demonstrator
Konstruktion Prüfstand Test

Abb. 4.2-140  Verdichter-Entwicklung zusammengefasst in der Aeromechanik


4.3 Turbinen 471

6-stufige Niederdruckturbine LPT


ungekühlt
2-stufige Hochdruckturbine HPT
gekühlt

Hochdruckverdichter HPC Ringbrennkammer B

Abb. 4.3-1  Turbinen-Sektion eines Zweiwellen-Bypass-Triebwerk (GP 7000 der Firmen GE, PW,
MTU u. a.) mit 2-stufiger, gekühlter Hochdruckturbine HPT und 6-stufiger Niederdruckturbine
LPT sowie mit aktiver Gehäuse-Spalt-Kontrolle ACC. Gesamt-Startschub F0/0 = 340 kN, BPR = 8,7,
Gesamtdruckverhältnis OPR = 45, Gesamtdurchsatz im Einlauf ṁE = 1360 kg/s, Heißgasdurchsatz
Turbinensektion ṁLPT ≈ 140 kg/s. Darstellung nach MTU Aero Engines [Ste03B, Hen12B]

[Cor63K, Gla72B, Tra00Ka, Gri04B, Lec03B, Brä09B, GasTurb, GasTurbDet] bzw. in


Kap. 7, 8 und 9 näher eingegangen.
Als Beispiel wird in Abb. 4.3-1 die Turbinensektion eines typischen zivilen Zweiwellen-
Turbofan-Triebwerks mit einem hohen Bypass-Verhältnis BPR = 8,7 der Schubklasse über
300 kN, mit 2-stufiger, gekühlter Hochdruckturbine HPT und 6-stufiger Niederdrucktur-
bine LPT gezeigt (GP 7000 der Firmen GE, PW, MTU Aero Engines u. a.). Der Strömungs-
kanal der intensiv gekühlten HPT ist etwa koaxial ausgelegt, die typische mehrstufige LPT
verläuft mit relativ stark ansteigendem mittlerem Radius nach außen. Die LPT ist mit akti-
ver Gehäuse-Rotor-Spalt-Kontrolle ausgestattet ACC (active clearance control).
In den weiteren Betrachtungen wird im Wesentlichen auf die axial beaufschlagte,
ungekühlte und gekühlte Axial-Turbine besonders eingegangen, die eine der wichtigs-
ten Komponenten sowohl bei Kraftwerks-Gasturbinen als auch vor allem bei vielen Luft-
strahltriebwerken darstellt. Die Antriebsturbinen zum Beispiel für die Pumpenaggregate
der Flüssigkeitsraketentriebwerke arbeiten thermodynamisch gesehen ähnlich, allerdings
mit überhitzten Arbeitsmedien oder Verbrennungsgasen und können deshalb allgemein
auch nach gleichartigen Rechenmethoden wie die für thermische Strömungsmaschinen
der Gasturbinen- und Dampfturbinentechnik behandelt werden.
472 4 Turbomaschinen-Komponenten

Turbinen-Auslegungsprozessund Methoden der


Aerodynamik
Mittelschnittauslegung und Ringraumoptimierung Ringraum-Auslegung

S2-Stromlinien-Rechnung Quasi-3D-Auslegung

2D-Schaufelschnittauslegung und -optimierung

3D-Rechnung mit Euler-Verfahren 3D-Mehrstufen-


Auslegung
3D-Rechnung mit Navier-Stokes-Verfahren

3D-Rechnung inkl. Kavitäten mit Navier-Stokes-Verfahren

Turbinen-Kennfeld
Betriebsverhalten in allen Lastbereichen

Zeitgenaue (instationäre) Rechnung

Abb.  4.3-2  Gasdynamischer Auslegungsprozess für Turbinen von 2-D- und 3-D- Stator- und Rotor-
Gittern. Darstellung nach MTU Aero Engines

Bei Turbinen werden wie im Turboverdichterbau axiale, radiale und ge- mischte bzw.
diagonale Bauweisen von der Hauptströmungsrichtung des Arbeitsmediums her gesehen
unterschieden (Abschn. 4.1). Bei großen Fluidströmen herrscht die axial beaufschlagte
Turbine besonders im Flugtriebwerksbau vor. Bei sehr kleinen Triebwerkseinheiten
wie Fahrzeug-Gasturbinen [Gas67B, Hei77, Wal91B] und bei Hilfsaggregaten APU von
Flugzeugen sind radial von außen nach innen durchströmte, häufig einstufige Radialtur-
binen (Zentripetalturbinen) zu finden.
Nach den Arbeitsprozessrechnungen im Auslegungspunkt A von Gasturbinen-Anla-
gen oder Turboluftsrahltriebwerken wie sie in Abschn. 2.3 bis 2.9 und in Kap. 7 und 8
mit Leistungssyntheserechnungen dargestellt werden, sind die wichtigsten gasdynami-
schen Größen und Randbedingungen zur detaillierten Auslegung der Turbinensektion
bekannt. Dies sind in den wesentlichen Turbinen-Ein- und -Ausströmebenen zum Bei-
spiel die Heißgas- und Kühlluft-Massenströme, die wichtigsten Zustandsgrößen wie
Temperaturen und Drücke, die Drehzahlen und die Umfangsgeschwindigkeiten sowie
aus technologischen und konstruktiven Vorauslegungen auch die Gestaltung der Strö-
mungskanäle. Damit können für die Mittelschnittrechnungen und die Ringraumkanäle
verschiedene Auslegungsparameter gewählt und vorgegeben werden, sodass die jeweili-
gen gewünschten Entwurfsziele gut erreicht werden können.
Die wesentlichen Ziele der Komponentenauslegung sind bei Hochleistungsturbinen
vornehmlich hohe Wirkungsgrade, kleine Volumen, besonders geringe Massen bei hoher
Lebensdauer und minimale Kosten. Zur Erreichung dieser Ziele sind oft gegenläufige
Maßnahmen notwendig, sodass der frühzeitige Einsatz von entsprechenden Optimie-
rungsstrategien angebracht ist. Einen Überblick zum Ablauf und den Methoden des Turbi-
nen-Auslegungsprozesses für 2-D- und 3-D-Schaufelgitter wird in Abb. 4.3-2 gegeben.
4.3 Turbinen 473

Stator S (Leitrad)

Rotor R (Laufrad)

Abb. 4.3-3  Beispiel einer Stator- und Rotor-Schaufel einer ungekühlten Niederdruckturbine LPT
(Quelle MTU Aero Engines) [Ste03B, Hen12B]

Stator S (Leitrad) Rotor R (Laufrad)


gekühlt gekühlt

Abb. 4.3-4  Stator- und Rotor-Schaufeln einer gekühlten Hochdruck-Turbine HPT mit verschie-
denen Strukturen von Kühlluftbohrungen. Darstellung nach MTU Aero Engines [Ste03B, Hen12B]

Auf der Basis von Mittelschnittsauslegung und Ringraumoptimierungen sind die


Energieumsetzung und die Belastung der einzelnen Turbinenstufen bestimmbar und
damit auch die vorläufigen Stufen- und Gesamtwirkungsgrade bekannt. Ausgeführte
Beispiele der Ergebnisse von Schaufelauslegungen für ungekühlte und gekühlte Turbi-
nenstufen sind in den Abb. 4.3-3 und 4.3-4 zu sehen.
Nach der Darstellung in Abb. 4.3-2 werden zuvor über eine quasi-3D- (Q3D-) Ausle-
gung mit Berechnungen in den S2-Ebenen Stromlinien-Rechnungen durchgeführt, die
den vorläufigen, radialen Verlauf der Gradienten von Strömungs- und Zustandsgrößen
474 4 Turbomaschinen-Komponenten

wie Drücke, Temperaturen und Mach-Zahlen sowie Geschwindigkeitsdreiecke und


Schaufelbelastungen ergeben. Anschließend erfolgt in der S1-Ebene die 2D-Auslegung
der Schaufelgitter zur Dimensionierung der Profile auf mehreren radialen Schnitten
unter Einsatz von 2D-Euler- oder 2D-Navier-Stokes-Verfahren.
Über vollständige 3D-Auslegungen der einzelnen Stufen erfolgt anschließend meist
mit Euler-Rechenverfahren die gezielte 3D-Schaufelgestaltung mit Erfassung auch der
komplexeren 3D-Strömungseffekte, bei denen die Zufuhr von Kühlluft und die Spalt-
strömungen berücksichtigt werden müssen.
Genauere 3D-Rechnungen mit Navier-Stokes-Verfahren unter Berücksichtigung
von Reibungseinflüssen, Gebieten mit abgelöster Strömung sowie laminaren und tur-
bulenten Strömungsanteilen führen sodann zur verbesserten Vorhersage der zu erwar-
tenden Komponentenwirkungsgraden, wie dies bereits für Verdichter in Abschn. 4.1.3
und 4.2.9 gezeigt wurde. Damit sind auch die Voraussetzungen zur Berechnung der
genaueren Turbinen-Charakteristik bzw. des Turbinenkennfeldes gegeben. Das Kenn-
feld umfasst das Betriebsverhalten im gesamten Auslegungs- und Teillastbereich den
Auslegungspunkt A, die Teillastpunkte Bi und die Grenzlastbereiche. Dabei spielen
auch Korrekturkorrelationen zur Berücksichtigung von Reynolds-Zahl-Effekten eine
wesentliche Rolle. Ergänzend können abschließend zur Erfassung und Analyse tran-
sienter Phänomene wie zum Beispiel Stator/Rotor-Interaktionen und Spalteffekte
zeitgenaue, instationäre CFD-Rechnungen allerdings mit hohem Rechenaufwand
angeschlossen werden.

4.3.2 Turbinenstufe ungekühlt im Mittelschnitt mit u1 > u2

Um die Arbeitsweise einer einfachen Turbinenstufe zu erläutern, wird zuvor der all-
gemeine Fall einer Stufe mit axialer Hauptströmungsrichtung und schwach konisch
verlaufendem Kanal betrachtet, bei dem nur geringe radiale Versetzungen der Strom-
linien innerhalb des Rotors R (Laufrad) auftreten. Um das somit in der Strömung auf-
tretende Zentrifugalkraftfeld im Sinne einer Turbine, also durch Energieabgabe gemäß
der Euler-Gleichung für eine Turbinenstufe nach Gl. (4.1-17) und (4.1-19), mit u1 > u2
wirken zu lassen, sollte der ringförmige Hauptströmungskanal von außen nach innen
zur Rotorachse verlaufend angelegt werden (Abb. 4.3-5). Dem entgegen haben beson-
ders mehrstufige Niederdruckturbinen LPT von großen Gasturbinenanlagen häufig im
Zusammenhang mit dem Gesamtkonzept der Anlage einen Strömungskanal, der von
innen nach außen verläuft, wie es Abb. 4.3-1 zeigt.
In Abb. 4.3-5 sind beispielhaft die Geschwindigkeitsdreiecke einer typischen unge-
kühlten Turbinenstufe mittleren Reaktionsgrades (Abschn. 4.3.2.3) mit verwundenen
Schaufeln für den Naben- und Außenschnitt dargestellt.
Die vollständige Auslegung der Turbinenstufe in der S2-Ebene, im Meridian-
schnitt, erfordert eine Mehrschnittsrechnung (Abschn. 4.3.5) und anschließend eine
Q3D- und 3D-CFD-Rechnung. Weiterhin sei hier für diesen Abschnitt angenommen,
4.3 Turbinen 475

Turbinenstufe
u1 > u2
Stator S (Leitrad Le) Rotor R (Laufrad La)

0 1 2

c1 w2
c1 w1 w1
c2
α1 β1 β1 c2 w2
u1 u1 α2 β2
β2
Nabe außen
u2 u2
Nabe außen
0
Stator S (Leitrad Le)
100 m/s
u1
1
Rotor R (Laufrad La)
2 u2

Abb. 4.3-5  Axial-Turbinenstufe in Seitenansicht schematisch mit u1 > u2 und Geschwindigkeits-


dreiecken am Innenschnitt (Nabe) und Außenschnitt (Spitze, gestrichelt) einer Turbinenstufe mit
mittlerem Reaktionsgrad rh (Überdruck- bzw. Reaktionsturbine) und verwundenen Schaufeln
[GasTurb]

dass die Strömung innerhalb einer Stufe adiabat, das heißt ohne Energieaustausch
durch die Kanalwände nach außen verläuft. Von Verlusten, die nicht direkt mit den
Strömungsverlusten im Stufenkanal zusammenhängen, wie zum Beispiel Radschei-
benreibung, Kühlluftefekte und anderes, soll ebenfalls hier vereinfacht abgesehen
werden.
In Abb. 4.3-6 sind zuerst im h-s-Diagramm getrennt die beiden wesentlichen Phasen
der Entspannung im ruhenden Stator S (Leitrad) und im rotierenden Rotor R (Laufrad)
dargestellt. Weiterhin sind beide Schaufelgitter anschließend im Abb. 4.3-7 im zusam-
mengesetzten Stufenverband vereinigt zu sehen.
476 4 Turbomaschinen-Komponenten

Axialturbinenstufe mit u2< u1

Stator S (Le)
h-s Diagramm Absolutsystem Schaufelplan und
pt0 pt1 Geschwindigkeiten
Tt0 Tt1
ht0=ht1
c 02 c0
2 p0
T0
h0 0
c12
c12is S (Le)
2
2
1
p1 α1
ht0 T1 c1
h1
h h1is c 02 c2
∆ht S Verl h t 0 = h0 + = h1 + 1
2 2
s

Rotor R (La)
Relativsystem R
pt1R pt2R
Tt1R
ht1 u12 − u22
2
Tt2R w1
w12 β1
2 1
w 2 p1 2
w
1is T1 2 R (La)
2 h1 2
2
p2 β2
T2 w2
T2is h2
h h1is w 12 u2 − u22
h t1R = h1 + = ht2R + 1
∆htRVerl 2 2
w 2 u2 − u22
s = h2 + 2 + 1
2 2

Abb. 4.3-6 h-s-Diagramme und Schaufelpläne einer ungekühlten Turbinenstufe mit Stator-


Düse S (Leitrad Le) und Rotor-Düse R (Laufrad La). Index für das Relativsystem bzw. den Rotor
ist R

4.3.2.1 Stator S der Axialturbinenstufe


Die energiereichen Heißgase strömen durch die Ebene 0 dem ungekühlten Stator S (Leit-
rad) mit der Geschwindigkeit c0 zu, werden in den düsenartigen Stator-Gitterkanälen
zwischen den Schaufeln um den Winkel α1 umgelenkt, auf den Betrag von c1 beschleu-
nigt und verlassen den auf der Austrittsseite schräg abgeschnittenen Stator durch die
Ebene 1.
Des adiabaten, verlustbehafteten Vorganges wegen ergeben sich für die Stator-Düsen-
strömung nach dem Energiesatz die Gesamtenthalpien

ht0 = h0 + c20 /2 = ht1 + c21 /2. (4.3-1)


Der Umsetzung von Druckenergie in Geschwindigkeitsenergie gemäß einer polytro-
pen Zustandsänderung statisch von p0 auf p1 entspricht die Geschwindigkeitsenergie
4.3 Turbinen 477

Turbinen-Stufe im Verbund
Stator S (Leitrad Le) und Rotor R (Laufrad La)
pt0 pt1
Tt0 Tt1 c0
ht0=ht1
c 02 0
2 T0 p0
h0 S
pt1R pt2R
Tt1R u12 − u22
ht1R c1 u1
2 1
ht2R
Tt2R w1
∆htT R
∆htStis
p1 2
T1 w 22 c2 u2
w2
h1 2
pt2
h1is Tt2 2
ht2 c2
hr 2
T2 p2 cax1 c1 c2 w2 cax2
w1
h2 α1 β1 α2 β2
h T2is
u1
h2Ris cu1 u2
cu2
cu1 wu2
h2is
s
spez. Leistung bzw. Energie
Turbinen-Stufe (Euler-Gleichung) w T = ∆ h t,T = (c − c 22 + w 22 − w12 + u12 − u22 )
1 2
2 1

Abb. 4.3-7 h-s-Diagramm der Axial-Turbinenstufe (mittlerer Reaktionsgrad) zusammengesetzt


im Verbund aus Stator-Düse S und Rotor-Düse R mit der Umfangsgeschwindigkeit u1 > u2

c21/2. Bei gleicher Druckabsenkung und verlustloser, also isentroper Strömung wäre die
Geschwindigkeitsenergie
c21 is c2 /2
= 1 mit ηS = ϕS2 , ϕS = c1 /c1 is (4.3-2)
2 ηS
entstanden, wobei der Stator-Wirkungsgrad ηs gleich dem Quadrat des Geschwindig-
keitsbeiwertes ist also ηS = ϕS2.
Der Verlust im Stator, der einem Entropieanstieg von s0 auf s1 bzw. einem Total-
druckabfall von pt0 auf pt1 entspricht, ergibt sich zu

c21 is c2 c2
�hS Verl. = − 1 = (1 − ϕS2 ) 1 is . (4.3-3)
2 2 2
Wird zunächst vereinfachend angenommen, dass der ringförmige Strömungskanal zwi-
schen zwei koaxialen Zylindern liegt, dann wird die Beschleunigung des Fluids umso
bedeutender, je stärker die Richtungsänderung der Strömung ist oder je kleiner der
Abströmwinkel α1 wird.
Die Bedeutung der Schaufelgeometrie und der Geschwindigkeitsdreiecke wird bei der
Betrachtung der Euler’schen-Turbomaschinen-gleichung (Gl. 4.1-15) deutlich mit der
spezifischen Arbeit wT
PT
wT = = ht T = u1 cu1 − u2 cu2 = ht 0 − ht 2 . (4.3-4a)
ṁT
478 4 Turbomaschinen-Komponenten

Mit Hilfe des cos-Satzes (Abschn. 4.1.2) angewandt auf die Geschwindigkeitsdreiecke der
Stufe ergibt sich daraus

1
wT = �ht T = (c21 − c22 + w22 − w21 + u21 − u22 ), (4.3-4b)
2
wobei für die Umfangskomponente der Geschwindigkeit c1 gilt cu1  = c1 cosα1.
Das der Strömung aufgeprägte Zentrifugal-Kraftfeld wZ  = (u21–u22)/2 zeigt, dass
im Sinne der größeren Energieumsetzung pro Stufe (Gl. 4.3-4b) bei Turbinen eine
Kanalführung zu kleineren Radien angebracht ist. Dies trifft besonders auf die von außen
nach innen durchströmten Radial-Turbinen zu, die vornehmlich bei Gasturbinen-Anla-
gen mit kleinem Leistungsniveau verwendet werden.
Mit der Axialkomponente von c1 ist der Ringquerschnitt Aax1 in der Ebene 1 über die
Kontinuitätsgleichung festgelegt:

ṁ1 ṁ1 R T1
Aax 1 = = . (4.3-5)
cax 1 ρ1 cax 1 p1

und Aax 1 = A1 /sin α1 .


Hieraus lässt sich die Schaufellänge l mit dem Rotordurchmesser Dm im Mittelschnitt
der Ebene 1 näherungsweise berechnen
Aax 1
lS 1 = . (4.3-6)
π Dm 1
Die Dichte ρ1 wird bei Gasen mit der Zustandsgleichung bestimmt zu

p1
ρ1 = (4.3-7)
R T1

und die statischen Zustandsgrößen ergeben sich für die Temperatur aus

c21 /2
T1 = Tt0 − κ (4.3-8)
R
κ−1

sowie mit der Gleichung


   κ−1 
c21 is κ p1 κ
= ht0 − h1 is = RTt0 1 − (4.3-9)
2 κ−1 pt0

gilt für den statischen Druck


κ
κ − 1 c21 is /2
   κ−1
p1 = pt0 1 − . (4.3-10)
κ R Tt0
4.3 Turbinen 479

Mit der kritischen Mach-Zahl für Düsenströmungen Mc1 = c1/a1 = 1 wird der kritische
statische Druck (Abschn. 2.1)

  κ
2 κ−1
p1 krit = pt0 . (4.3-11)
κ+1

Hinter dem feststehenden Stator-Gitter S geht die drallbehaftete Heißgasströmung mit


der Absolutgeschwindigkeit c1 in das mit der Winkelgeschwindigkeit ω sich drehende
Rotorgitter R ein.
Beim Übergang der Strömung vom Stator S (Absolutsystem, Leitrad Le) zum Rotor
R (Relativsystem R, Laufrad La) ändern sich die statischen Zustandsgrößen nicht, das
heißt die statischen Drücke, Temperaturen und Enthalpien bleiben konstant p1S = p1R,
T1S = T1R, h1S = h1R.

4.3.2.2 Rotor R der Axialturbinenstufe mit u1 ≥ u2


Die mittlere Umfangsgeschwindigkeit des Rotors R (Laufrad) im Bereich der Ebene
1 ist u1 = r1 ω. Einem mit dem rotierenden Rotorgitter verbundenen Koordinatensys-
tem strömt also das Fluid durch die Ebene 1 mit der Relativgeschwindigkeit w1 und
den statischen Zustandsgrößen p1 und T1 zu, wobei vektoriell gilt w
� 1 = �c1 − u� 1. Vom
rotierenden, hier koaxial durchströmten Relativsystem Rotor R her gesehen besitzt das
Arbeitsmedium ein gesamtes Energieniveau am Rotoreintritt in der Ebene 1 gemäß der
Totalenthalpie

w21 w2
ht1 R = h1 + = ht2 R = h2 + 2 . (4.3-12)
2 2
Wird einmal von der durch das Zentrifugalkraftfeld geleisteten spezifischen Arbeit

u21 − u22
wZ = .
2
abgesehen, also hier für den einfachen Fall einer Turbinenstufe ohne Kühlung mit
u1 = u2, dann gilt für die Totalenthalpie im Rotor (Relativsystem R)

w22
ht2 R = h2 + = ht1 R . (4.3-13)
2
Die Strömung verläuft in vielen Auslegungsfällen (Reaktionsgrad ρh > 0, s.
Abschn. 4.3.3) im Rotor genau wie im Stator, also als adiabate, verlustbehaftete,
beschleunigte Düsenströmung mit gleichzeitiger Änderung der Strömungsrichtung.
Mit der kinetischen Energie gemäß w21/2 ergibt sich für den Totaldruck

 κ  κ
κ − 1 w21 /2 κ−1
 
κ − 1 2 κ−1
pt1 R = p1 1 + = p1 1 + Mw 1 (4.3-14)
κ R T1 2
480 4 Turbomaschinen-Komponenten

und für die Totaltemperatur


κ − 1 w21 /2
   
κ−1 2
Tt1 R = T1 1 + = T1 1 + Mw 1 . (4.3-15)
κ R T1 2
Mit einem Rotor-Geschwindigkeitskoeffizienten ψR (wobei ψR = ηR) wird der Rotorverlust

w22 is w2 w2
�hR Verl = − 2 = (1 − ϕR2 ) 2 is . (4.3-16)
2 2 2
Im Falle der Reaktionsturbine mit rh > 0 nach (Abschn. 4.3.2.3), die das Beispiel in
Abb. 4.3-5, 4.3-6, 4.3-7 schematisch zeigt, expandiert im Rotor die Strömung vom stati-
schen Druck p1 auf p2. Turbinenstufen dieser Auslegung werden als Überdruckturbinen
bezeichnet. Durch die Beschleunigung der Fluidmasse und die damit verbundene Reak-
tion sowie durch Umlenken der Strömung im Rotorkanal wird ein Rotordrehmoment
bzw. mit der Winkelgeschwindigkeit ω eine Wellenleistungsabgabe PT aus der Turbinen-
stufe möglich (Abb. 4.3-8).
Ist die Turbinenstufe als Aktionsturbine mit rh = 0 ausgelegt, dann findet im Rotor
zwischen den Ebenen 1 und 2 lediglich eine Umlenkung der Strömung statt, wobei der
statische Druck konstant bleibt p1 = p2. Es wird dann auch von Gleichdruckturbinen
(Curtis-Turbinen) gesprochen.
Für die Totalenergie im Rotor bei einer Turbine mit u1 > u2 gilt einschließlich der
Zentrifugalkraftfeldwirkung

w21 w2 u2 − u22
ht1 R = ht2 R + wz = h1 + = h2 + 2 + 1 . (4.3-17)
2 2 2
Für die Zustandsgrößen am Rotoraustritt, bezogen auf das Relativsystem R gelten fol-
gende Beziehungen für die Totaltemperatur
κ−1 wZ
Tt2 R = Tt1 R − , (4.3-18)
κ R
die statische Temperatur

κ − 1 w22 /2 + wZ
T2 = Tt1 R − (4.3-19)
κ R
und die statische Temperatur bei isentropem Zustandsverlauf

κ−1  hR Verl
T2 is = T2 − . (4.3-20)
κ R
Der statische Druck ergibt sich mit der Isentropen-Beziehung zu

κ  κ−1
κ − 1 w22 is /2 κ
  
T2 is κ−1
p2 = pt1 R = 1− (4.3-21)
Tt1 R κ R T2 is
4.3 Turbinen 481

Gleichdruck-Turbine
0
Reaktionsgrad

r h =0,0 1 p 1 =p 2
u
w1≈w2
2

c1 w2
c2
w1
u2
u1

Überdruck-Turbinen

Reaktionsgrad r h =0,5 Reaktionsgrad r h =0,7

0 0

1 p 1 >p 2 1 p 1 >p 2
u u w 1 <w 2
w 1 <w 2
2 2

c1 w2
c1 w2 c2 w1
w1 c2
u1 u2
u1 u2

Abb. 4.3-8  Auswirkung des Reaktionsgrades rh auf die Schaufelform bei Gleichdruck-Turbinen bzw.
Aktions-Turbinen (rh = 0, p1 = p2) und Überdruckturbinen bzw. Reaktionsturbinen (ρh > 0, p1 > p2)

und der Totaldruck im Relativsystem zu


κ
w22 /2
  κ−1
κ−1
pt2 R = p2 1 + . (4.3-22)
κ R T2

Nach dem Rotorgitter verlässt die Strömung im Bereich der Ebene 2 wieder das Relativ-
system bzw. das Rotorgitter R. Bezogen auf das ruhende Turbinengehäuse hat das Fluid
nun eine Absolutgeschwindigkeit c2, die sich vektoriell aus der Relativgeschwindigkeit
w2 und der Laufradumfangsgeschwindigkeit u2 zusammensetzt. Die Gesamtenergie der
Strömung im Absolutsystem entspricht einer Totalenthalpie von

c22
ht2 = h2 + (4.3-23)
2
und einem Totaldruck
482 4 Turbomaschinen-Komponenten

κ
c22 /2
  κ−1
κ−1
pt2 = p2 1 + (4.3-24)
κ RT2

sowie einer Totaltemperatur

κ − 1 c22 /2
Tt2 = T2 + . (4.3-25)
κ R
Die Schaufellänge bzw. die Kanalhöhe in der Ebene 2 ist näherungsweise
Aax,2 1 ṁ R T2
lSch 2 = = (4.3-26)
π Dm 2 π Dm2 cax2 p2
4.3.2.3 Stufenverband, Reaktionsgrad und Wirkungsgrad
Durch das sinnvolle Zusammenwirken von Stator- und Rotorgitter im Stufenverband
mit Strömungsbeschleunigungen und -umlenkungen wurde eine Absenkung der spezi-
fischen Fluidenergie entsprechend einer effektiven Totalenthalpiedifferenz der Turbinen-
stufe bewirkt, die der an der Rotorwelle abgegebenen spezifischen Leistung entspricht

wT St = �hT St = ht0 − ht2 .


c20 c22 (4.3-27)
   
= h0 + − h2 + = cp (Tt0 − Tt2 ).
2 2

Mit den Geschwindigkeitsvektoren bzw. den Komponenten der Geschwindigkeitsdrei-


ecke lässt sich ebenfalls die spezifische Leistungsabgabe der Stufe nach der Eulerschen-
Gleichung bestimmen (Gl. 4.3-4a und 4.3-4b).
Abgesehen von weiteren Verlusten, die außerhalb der Schaufelkanäle auftreten und
die nach außen abgebbare Rotorwellenleistung vermindern können (Abschn. 4.3.7),
ergibt sich als nutzbare Wellenleistung der Turbinenstufe
PT Stufe = ṁT St wT St = ṁT St hT St . (4.3-28)
Das nach Abb. 4.3-5, 4.3-6 und 4.3-7 dargestellte Beispiel einer Turbinenstufe, insbeson-
dere der Hinweis auf die Aktionsturbine und die Reaktionsturbine verdeutlichen, dass
es eine Vielfalt von Auslegungsmöglichkeiten für Turbinen gibt. Als wesentliches Unter-
scheidungsmerkmal kann der Reaktionsgrad herangezogen werden.
Der Reaktionsgrad rh einer Turbinenstufe wird definiert (Abb. 4.3-7, Rotor), indem
entsprechend der statischen Druckabsenkung im Rotor von p1 auf p2 das isentrope, sta-
tische Enthalpiegefälle des Rotors Δhr = h1 –h2Ris auf das isentrope Enthalpiegefälle der
gesamten Stufe ΔhtStis = ht0 – h2is zwischen den Drücken pt0 und p2 bezogen wird, also

  κ−1   κ−1    κ−1 


hr h1 − h2 R is p1 κ p2 κ p2 κ
rh = = = − 1−
ht St is ht0 − h2 is pt0 pt0 pt0

(4.3-29)
4.3 Turbinen 483

Diese in der Gas- und Dampfturbinenliteratur eingeführte Definition wurde beibehal-


ten, obwohl man in „Umkehrung“ der Verhältnisse des Verdichters gleichfalls auf die
Totalzustandsgrößen am Ein- und Austritt hätte beziehen können. In Abb. 4.3-8 sind für
typische Gleichdruck- und Überdruckturbinen mit verschiedenen Reaktionsgraden die
Stufen-Beschaufelung und die Geschwindigkeitsdreiecke zu sehen.
Bei einer zweckmäßigen Definition eines Stufenwirkungsgrades ist es notwendig,
von dem jeweiligen Einsatzgebiet der Turbine beziehungsweise der Turbinenstufe auszu-
gehen. Besonders zu beachten ist hierbei der Einfluss der Turbinenaustrittsgeschwindig-
keit c2 im Sinne der Aufgabenstellung der Stufe oder der gesamten Turbinenanlage, die
aus mehreren Stufen bestehen kann.
Bei Gasturbinen und Flugantrieben sind ganz allgemein hohe Axialgeschwindigkeiten
in der Turbinensektion sinnvoll (Abschn. 4.3.4). Auch die Austrittsgeschwindigkeit der
letzten Stufe zum Beispiel bei den Nutzleistungsturbinen PT, die bei stationären Anlagen
einen Verlust darstellt, ergibt mit oder ohne Weiterbeschleunigung der Heißgase in einer
Düse bei Fan-Triebwerken TF und Propeller-Flugtriebwerken TP nützlichen Strahl-
schub. Bei Turboprop-Triebwerken TP und Turbofan-Bypass-Triebwerken TF kann
es vorkommen, dass wegen einer optimierten Leistungsverteilung (Abschn. 2.6.1.1) die
Austrittsgeschwindigkeit nicht über ein gewisses Maß ansteigen sollte.
Folgende Turbinen-Wirkungsgraddefinitionen ηT sind abhängig vom Aufgabenge-
biet angebracht:
Eine meist verwendete allgemeine Wirkungsgraddefinition mit Totalzustandsgrößen
lautet
�ht T cp (Tt 0 − Tt 2 ) �ht T
ηT is t = = = . (4.3-30)
�ht T is cp (Tt 0 − Tt 2 is ) �ht T is − c22 /2
Wird die kinetische Energie am Turbinenaustritt als Verlust betrachtet, wie zum Bei-
spiel bei den Endstufen von stationären Turbinenanlagen, so wird häufig folgender Wir-
kungsgrad definiert
�ht T cp (Tt 0 − Tt 2 ) �ht T
ηT is = = = . (4.3-31)
�ht T is cp (Tt0 − T2 is ) �ht Tis R + c22 /2
Soll mehr die aerodynamische Güte der Turbinenstufe charakterisiert werden, analog zu
dem bei Gittermessungen üblichen Verfahren, dann kann der Turbinen-Wirkungsgrad
als Quotient von erhaltener Leistung (Wellenleistung plus Strahlleistung der Austrittsge-
schwindigkeit) und zugeführter Leistung definiert werden:
�ht T + c22 /2 cp (Tt 0 − T2 )
ηT is aer = = . (4.3-32)
�ht T is cp (Tt 0 − T2 is )
Für die drei Stufenwirkungsgrade von Turbinen können etwa folgende Bereiche angege-
ben werden, wobei aus zwei η-Werten der jeweils dritte bestimmt werden kann
ηtTis = 0,87 bis 0,93, ηTis = 0,70 bis 0,92 und ηTis,aer = 0,82 bis 0,95.
484 4 Turbomaschinen-Komponenten

Die hier so definierten Wirkungsgrade einer Turbinenstufe, die sinngemäß auch für
mehrstufige Turbinen gelten, betreffen die Verluste jeweils eines Schaufelgitterverban-
des, also mehrere Einzelgitter. In einer detaillierten Stufenberechnung sind jedoch die
einzelnen Gitterverluste zu berücksichtigen, die sich selbst wieder nach verschiedenen
Gesichtspunkten der Gitterströmung noch weiter unterteilen lassen. In überschlägigen
Projektrechnungen und Vorauslegungen genügt es wie bei Wirkungsgraden von Düsen-
strömungen für Turbinen-Statorgitter einen konstant zu haltenden Geschwindigkeits-
beiwert ϕS anzunehmen, der in einem Bereich von ϕS ≈ 0,95 bis 0,99 liegen kann. Da
im Rotor die Verluste unter anderem stark von dem Grad der Strömungsumlenkung Δβ
abhängen, kann bei Vorauslegungen von Turbinen der Rotorwirkungsgrad ηR bzw. der
Rotor-Geschwindigkeitsbeiwert ψR2 = ηR in Abhängigkeit von der Umlenkung Δβ mit
Hilfe von Verlustkorrelationen berücksichtigt werden (Abb. 4.3-11). Dabei wird verein-
facht für einen ersten Anhalt weder der Anströmwinkel noch das Mach-Zahl-Niveau als
Parameter beachtet.
Bei gekühlten Hochleistungsturbinen mit umfangreichen Kühlluftströmen wird in
Abschn. 4.3.7 auf weitere Definitionen von Turbinen-Wirkungsgraden eingegangen.

4.3.3 Turbinen-Kenngrößen

Im Verlauf der Entwicklung der Turbomaschinen wurde zur Erfassung charakteristi-


scher Auslegungsparameter eine Vielzahl von Kennzahlen definiert, auf die hier nicht
vollständig eingegangen werden kann [Cor63K, Gla72B, Mün72K, Hag82K, Tra00Ka,
Lec03B, Gri04B, Brä09B]. Die nachstehende Ausführung soll deshalb mehr auf den Teil
des Turbinenbaues beschränkt werden, der wesentlich von den Arbeiten auf dem Flug-
triebwerkssektor bestimmt wurde. Dieser zeichnet sich durch große Stufenleistungen
und hohe Durchsatzbelastungen aus, beides Voraussetzungen für kleinere Masse bzw.
geringes Baugewicht. Es treten hohe Strömungsgeschwindigkeiten auf, bei denen die
Kompressibilität des Arbeitsmediums besondere Beachtung verdient. Weiterhin ist der
Reynolds-Zahl-Einfluß bei größeren Flughöhen oder bei relativ kleinen Turbomaschinen
zu berücksichtigen (Abschn. 4.3.6.3).
Wichtige Größen der Turbine sind allgemein die spezifische, auf die Masseneinheit
bezogene Leistung, ausgedrückt durch die effektive Enthalpiedifferenz ΔhtT bzw. die spe-
zifische Turbinenarbeit wT = ΔhtT, der Massenstrom ṁT, die Umfangsgeschwindigkeit
u, meistens angegeben für den mittleren Durchmesser Dm des Turbinenlaufrades also
um und die Strömungsquerschnittsfläche A normal zur Hauptströmungsrichtung. Mit
diesen Größen werden anschließend mehrere charakteristische Kennziffern definiert, die
zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Turbinenstufen herangezogen werden können
und die sich besonders bei Rechenverfahren zu Vorauslegungen und Optimierungsstrate-
gien bewährt haben. Die nachstehenden Definitionen beziehen sich üblicherweise meist
auf den Mittelschnitt des Turbinenkanals.
4.3 Turbinen 485

Leistungskennzahl und Enthalpiekenngröße Die dimensionslose Leistungskennziffer


einer ungekühlten, adiabaten Turbinenstufe setzt die effektive spezifische Leistung bzw.
Energie ΔhtT = wT ins Verhältnis zum halben Quadrat der Umfangsgeschwindigkeit.
Die Leistungszahl für eine Turbinenstufe (Ebene 0 bis 2) lautet demnach
PT /ṁT �ht T ht 0 − ht2 cp (Tt 0 − Tt 2 )
ψh = = 2 = = . (4.3-33)
u2 /2 u /2 u2 /2 u2 /2
Für diese Definition wurden die realen, totalen Enthalpiegrößen gewählt. Deshalb wird
die Leistungskennzahl Ψ in der Fachliteratur häufig auch als Enthalpiekenngröße mit
dem Index h gekennzeichnet.
Durch Einführen der Euler’schen-Turbomaschinengleichung (Gl. 4.1-4, 4.3-4a, 4.3-4b)
lässt sich diese Kennzahl umformen zu
u1 cu1 − u2 cu2
ψh = . (4.3-34a)
u2 /2

Sie stellt damit gleichsam die dimensionslose Form der Eulerschen − Turbomaschinen-
gleichung dar.
Da Axialturbinen selten genau koaxial durchströmt werden, ist es sinnvoll als
Umfangsgeschwindigkeit die gemittelte Geschwindigkeit am Austritt (Index 2) der Tur-
binenstufe im Mittelschnitt zu verwenden also u2 bzw. u2m. Im Falle der rein axial durch-
strömten Turbinenstufe ergibt dies
2
ψh = (cu1 − cu2 ) mit u1 = u2 = u (4.3-34b)
u

und bei dem in ersten Vorauslegungen häufig angestrebten Fall der axialen Austrittsströ-
mung aus der Turbinen gilt
cu,1
ψh = 2 mit cu2 = 0. (4.3-34c)
u
Werden zur Definition einer Leistungskenngröße die isentropen Enthalpiedifferenzen
statisch oder total verwendet, so kommt dies in stärkerem Maße der gesamten Druckän-
derung einer Stufe nahe. Es wird dann, wie in älterer Fachliteratur noch zu finden ist, an
Stelle der Leistungskennzahl auch von der Druckzahl gesprochen
�ht is cp �Tt is cp (Tt 0 − Tt 2 is )
ψt is = = = . (4.3-35)
u2 /2 u2 /2 u2 /2
Besonders zu beachten ist, dass international und vor allem besonders in der angelsächsi-
schen Fachliteratur analog zu den vorstehenden Darstellungen bei der Definition einer Leis-
tungskenngröße häufig als Bezugsgröße im Nenner an Stelle von u2/2 nur u2 verwendet wird.
Damit lautet die Belastungszahl (mit *) der Turbinenstufe auf internationaler Ebene

�ht T cp �Tt
ψh ∗ = = (entspricht �h ohne Faktor 2). (4.3-36)
u2 u2
486 4 Turbomaschinen-Komponenten

Diese Kennzahl wurde auch im klassischen Smith-Belastungsdiagramm für Turbinen


(u. a. Fa. Rolls-Royce) verwendet, wie im Abb. 4.3-13, 4.3-14 in Abschn. 4.3.4 zu sehen ist.

Durchsatzziffer oder Lieferzahl  Die Durchsatzziffer gibt das Verhältnis der mittleren
axialen Durchströmgeschwindigkeit cax in der betrachteten Strömungsebene zur mittle-
ren Umfangsgeschwindigkeit an:
cax
= · (4.3-37)
u
Durch Erweiterung mit dem Strömungsquerschnitt A ergibt sich

cax A V̇
= = · (4.3-38)
uA uA
Wegen der Bedeutung des Austrittsquerschnitts A2 bei hochbelasteten Turbinen verwen-
det man meistens die Definition
cax 2
2 = · (4.3-39)
u
Mit der Gesamt- oder Totalgeschwindigkeit cax tot gemäß (Gl. (2.1-29b)) wird oft auch
die Kennziffer
cax 0 tot
0 tot = (4.3-40a)
u
verwendet, wobei diese Gesamtgeschwindigkeit in der Ebene 0 auf die Gesamtzuständs-
größen pt0 und Tt0 bezogen ist, hier also lautet
ṁ0 R Tt 0
cax 0 tot = · (4.3-40b)
A0 pt 0
Kompressibilitätsziffer  Statt die Durchsatzziffer in verschiedenen Querschnitten anzu-
geben, wird eine dritte Kenngröße eingeführt, die Kompressibilitätsziffer, das Verhältnis
der Durchsatzkennziffern in den Ebenen 1 und 2 mit
2 cax 2
µ21 = = · (4.3-41)
1 cax 1
Durch diese Kennziffer wird bei bekannter Konizität des Turbinenkanals die Kompressi-
bilität des Fluids während der Expansion im Laufrad charakterisiert.
Um eine Turbinenstufe in Verbindung mit den genannten Kennzahlen eindeutig zu
bestimmen, insbesondere eine Aussage über die Verteilung der statischen Enthalpiediffe-
renzen auf Stator- und Rotor-Gitter geben zu können, ist neben den drei bisher definier-
ten Kenngrößen Ψ, Φ und μ, die allgemein für den Mittelschnitt gelten, noch eine vierte,
frei wählbare Größe erforderlich. Diese könnte zum Beispiel der Reaktionsgrad rh, der
Austrittswinkel α2 der Absolutgeschwindigkeit c2 oder die Austrittsfläche A2 sein. Über
4.3 Turbinen 487

c1
w u2 c ax 2
c ax1 u c2 =
= 1 w1 u u
2
u u
u
α1 β1
α2 β2
u1=u=1
u2=u=1
w u1
u
c u1 w u2
=
u 2 u

Abb. 4.3-9  Geschwindigkeitsdreiecke einer Turbinenstufe mit Turbinenkennziffern in dimensi-


onsloser Darstellung (Winkel nach Abb. 1.4-2, Darstellung III)

die trigonometrischen Beziehungen der Geschwindigkeitsdreiecke kann der Zusammen-


hänge aufgezeigt werden, welcher die Kennziffern untereinander verbindet.
Zur Veranschaulichung wird in vereinfachender Weise eine axial durchströmte Turbinen-
stufe angenommen mit den mittleren Umfangsgeschwindigkeiten u1 = u2 = u und einem
Strömungsaustrittswinkel α2 = 90°. Es gilt also cu2 = 0 und c2 = cax2. Weiterhin werden alle
Geschwindigkeiten auf die Umfangsgeschwindigkeit u. bezogen. In Abb. 4.3-9 sind die so
umgeformten Geschwindigkeitsdreiecke mit den sich ergebenden Kenngrößen dargestellt.
Im allgemeinen Fall mit drallbehafteter Abströmung (cu2 ≠ 0, α2 größer und kleiner
90°) und unter Einbeziehung des Stufenwirkungsgrades ηTis sowie des Reaktionsgrades
rh kann also die folgende Abhängigkeit für eine Auslegungs-Kennzahlengruppe ange-
setzt werden, wobei nur vier Größen unabhängig voneinander gewählt werden können:
ψh = f(�2 , µ21 , α2 , α1 , ηT is , rh , β1 , β2 ) (4.3-42)

4.3.4 Auslegungs- und Belastungsdiagramme von Turbinenstufen


sowie Smith-Diagramm

Mit Hilfe der Abhängigkeiten der Kennzahlengruppe nach Gl. (4.3-42) können für Vor-
auslegungsrechnungen geeignete Auslegungsdiagramme erstellt werden. Die hierzu ver-
wendeten Kenngrößen sind unabhängig von den Eigenschaften des Arbeitsmediums
und deshalb brauchbar für Gasturbinen jeglicher Art. Zur Diagrammdarstellung ist es
zweckmäßig, als Koordinatengrößen die Kennwerte Ψh als Ordinate und Φ2 als Abs-
zisse zu wählen. Für die Hauptparameter μ21 und α2 kann jeweils ein gesondertes Dia-
gramm erstellt werden. Als Diagrammparameter bleiben noch die Winkel α1, β1, β2, ηTis
und der Reaktionsgrad rh. Als Beispiel wird der einfache Auslegungsfall einer Turbinen-
stufe mit α2 = 90o und μ21 = Φ2/Φ1 =1 betrachtet und hierfür die Beziehungen für die
Diagrammparameter erläutert (Abb. 4.3-10). Die Geschwindigkeitsdreiecke und Winkel
wurden hier nach Abb. 1.4-2, Darstellung III, bzw. Abb. 4.3-9.
488 4 Turbomaschinen-Komponenten

20°
Tis=0,86

°
40
Turbinen-Auslegungsdiagramm

β1 =
2,5

40°
wT

°
30
h* = 2

α1 =
um
rh=0,0
°
2,0
0,1
60

0,2

°
40
ehemalige Darstellungsart
Leistungsziffer

1,5 0, 3 0,87 mit folgender Definition der


0,84 Vektor-Winkel
80°
0,4 0,88
0,89 0,82
1,0 0, 5
0,90
60
° c1 w u2
0,92
0,6 100° u w1 c2 u
α1 u u
0,5
0,7 0,80 β1 β2
u1=u=1 α2
u2=u=1
14

120

0,0 °
0,0 0,4 0,8 1,2 1,4
α2 = 90°
Durchsatzziffer =cax/um µ21 = 1

0° 10° 20° 30° 40° 50° 55°


Gitterabströmwinkel β2

Abb. 4.3-10 Turbinen-Auslegungs- bzw. Leistungsdiagramm für Ψh* = wT/u2m = f(Φ, α1, ηTis,


rh, β1, β2) mit den Größen μ21 = 1 und α2 = 90° (Winkel nach Abb. 1.4-2, Darstellung III, bzw.
Abb. 4.3-9) [Mün72K]

Der Winkel α1 ergibt sich aus dem Eintrittsgeschwindigkeitsdreieck zu


2 2
α1 = arctan , (4.3-43)
µ21 h
stellt also eine Geradenschar durch den Koordinatennullpunkt dar. Für den Winkel β1
der Relativströmung am Rotoreintritt ergibt sich
 
h
− 1 µ21
2 (4.3-44)
β1 = arctan
2
also wiederum eine Geradenschar, welche jedoch ihren Ursprung in Punkt Ψ* = 1,
Φ = 0 hat. Der Winkel der Relativströmung am Rotoraustritt ist
β2 = arctan 2 . (4.3-45)
Dies sind somit Geraden, die parallel zur Ordinatenachse liegen. Mit steigenden
Φ-Werten wachsen die Werte für β2. Mit den Parameterscharen für α1, β1 und β2 enthält
das Ψh*-Φ-Koordinatensystem ein Basisnetz, das ohne Kenntnis der Verlustbeiwerte
4.3 Turbinen 489

R = 2
R

Geschwindigkeitsbeiwert
1,0

0,9

0,8

0,7
0° 20° 40° 60° 80° 100° 120° 140°
Strömungsablenkung ∆β

Abb. 4.3-11 Rotor-Geschwindigkeitsbeiwert ΨR (nicht Leistungszahl Ψ) bzw. Wirkungsgrad des


Rotor-Gitters ηR = Ψ2R in Abhängigkeit von der Strömungsumlenkung Δβ vorgegeben für das
Auslegungsdiagramm nach Abb. 4.3-10

ermittelt werden konnte und in das die Parameterkurvenscharen für den Wirkungsgrad
ηTis und den Reaktionsgrad rh eingetragen werden können [Hau62B, Mün72K].
Abbildung 4.3-10 zeigt mit dem Auslegungs-bzw. Leistungsdiagramm nach einer
ersten Kennzahlengruppe, dass die erzielbaren Leistungen für Reaktionsturbinen mit
rh ≈ 0,5 bei Leistungsziffern von Ψ* ≈ 1 bis 1,2 liegen, während Gleichdruckturbinen
mit rh ≈ 0 Werte bis Ψ* ≈ 2 ergeben. Bei Reaktionsturbinen werden also bei gleicher spe-
zifischen Arbeit wT bzw ΔhtT etwa doppelt so viel Stufen wie bei Gleichdruckturbinen
erforderlich sein. Diesem Nachteil der Reaktionsturbinen steht der Vorteil besserer Wir-
kungsgrade gegenüber. Es kann weiterhin festgehalten werden, dass Turbinen mit kleinen
Durchsatzziffern die besseren Wirkungsgrade aufweisen und dass man sich der Leis-
tungsziffer Ψ* = 1 um so mehr nähert, je kleiner der Durchsatz wird. Nach den gleichen
Gesichtspunkten, wie sie für die Erstellung von Auslegungsdiagrammen mit α2 = 90o
und μ21 = 1 angewandt wurden, können weitere Auslegungsdiagramme erstellt werden,
und zwar bei Axialturbinen für die Hauptparameter zum Beispiel in Bereichen α2 < 90o
(größere Leistung als bei axialem Austritt) und μ21 = 0,8 bis 1,4 [Mün72K].
Für das Turbinen-Auslegungsdiagramm nach Abb. 4.3-10 wurde beispielhaft eine
einfache Darstellung des Rotor-Wirkungsgrades als Funktion der Strömungsumlenkung
nach Abb. 4.3-11 herangezogen.
Die hier kurz skizzierten Überlegungen zu den Auslegungsdiagrammen für eine einstu-
fige Turbine mit Stator- und Rotor-Gitter können sinngemäß für andere Stufenanordnungen
angewandt werden. In [Ris70] ist hierzu als Beispiel ein Auslegungsdiagramm für Turbinen-
stufen mit gegenläufigen Rotoren dargestellt.
Zur Beurteilung hochbelasteter Turbinenstufen können weiterhin auch Ausle-
gungsdiagramme einer Turbinenstufe definiert werden, die neben den Auslegungsdia-
grammen der Kennzah1engruppe gemäß Gl. (4.3-42) von Interesse sind. So werden
mit weiteren Kennzahlengruppen z. B. nach David [Dav69 u. a.] z. B. Aussagen über
das Mach-Zahl-Niveau des Fluids in den einzelnen Strömungsbereichen gegeben.
Dabei wird von den Geschwindigkeitsdreiecken einer Axialturbinenstufe ausgegangen,
wobei unter Beachtung der gasdynamischen Gesetze entsprechend der sogenannten
Gesamt- bzw. Totalgeschwindigkeit cges = ct (Abschn. 2.1 gemäß Gl. 2.1-29b und
490 4 Turbomaschinen-Komponenten

M cax1,Tt0 M c1,Tt0 M w2,Tt0


M cax2,Tt0
M w1,Tt0 M c2,Tt0

Mu,Tt0
M u,Tt0

Abb. 4.3-12  Mach-Zahl-Dreiecke einer axialen Turbinenstufe

2.1-30) die Geschwindigkeiten auf eine Schallgeschwindigkeit bezogen werden, die


mit der Gesamttemperatur Tt0 vor der Turbine gebildet wird

aTt0 = κ R Tt 0 . (4.3-46)
Damit entstehen die sogenannten Mach-Zahl-Geschwindigkeitsdreiecke in denen die
Umfangsgeschwindigkeit u in folgende so genannte „Umfangs-Mach-Zahl“ übergeht
(Abb. 4.3-12)
u
Mu Tt0 = √ . (4.3-47)
κ R Tt 0
Wird wieder vereinfacht eine Turbine mit u1 = u2 = u betrachtet, dann kann mit Hilfe
der Eulerschen-Hauptgleichung (Gl. 4.1-2) eine Leistungskennziffer für Turbinenstufen
definiert werden
�htT cu1 cu2 �h 2
ψT = = Mu Tt0 ( − )= Mu Tt0 (4.3-48)
a2Tt0 aTt0 aTt0 2
Der Tatsache, dass die Mach-Ähnlichkeit in den folgenden Kennzahlen eine Rolle spielt,
soll durch den Index (Tt) hier die Temperaturabhängigkeit (Totaltemperatur Tt) ausge-
drückt werden.
Der Durchsatzziffer Φ2 liegt die Kontinuitätsgleichung zugrunde. Bezogen auf die
Gesamttemperatur Tt0 und mit A1 = A0 im Falle der zylindrischen Turbine ergibt sich eine
Durchsatzziffer, die dem reduzierten Durchsatz entspricht (Abschn. 2.4, Gl. (2.4-26), (2.4-27))

ṁ Tt0 p A2
�T = = f(�2 , Mu Tt0 , t2 , ,ηT is ,Mc2 ). (4.3-49)
A1 pt0 pt0 A1
Die Leistungs- und die Durchsatzziffer eignen sich bei Diagrammdarstellungen wie hier
bei der ersten Kennzahlengruppe (Gl. 4.3-42) als Ordinaten- und Abszissengröße. Als
sinnvolle Parametergrößen erweisen sich die Mach-Zahlen Mu T0, Mw1, Mc1, die Druck-
verhältnisse p1/pt0, pt2/pt0 und das Flächenverhältnis A2/A1.
Um möglichst schnell die Werte der ersten (Gl. 4.3-42) und der zweiten Kennzah-
lengruppe einander zuordnen zu können, ist es vorteilhaft, die Koordinatengrößen von
Auslegungsdiagrammen der zweiten Gruppe über die oben gezeigten Zusammenhänge
mit der Leistungsziffer Ψh und der Durchsatzziffer Φ2, zu bilden. Allerdings sollte als
Parameter dann der reduzierte Durchsatz verwendet werden
4.3 Turbinen 491


ṁT Tt0
ṁred = .
(A1 pt0 )

Als Grenzwert für hochbelastete Axialturbinen sollte für die Leistungsbelastung Ψh* bei
einer einstufigen Turbine der Bereich von Ψh* = 1,5 bis 2,25 eingehalten werden. Hier-
durch werden der Grad der Strömungsumlenkung im Laufrad sowie der Restdrall nach
der Stufe charakterisiert. Für zwei- und mehrstufige Turbinen sind für die zweite und für
weitere Stufen Werte von Ψh* = 1,25 bis 1,75 sinnvoll.
Als Richtwerte für die Durchsatzbelastung können für einstufige Turbinen Größen
zwischen Φ2 = cax2/cu2 = 0,6 bis 1,2 und für mehrstufige Turbinen Φ2 = 0,8 bis 1,2
der letzten Stufe angenommen werden. Um negative -Reaktionsgrade am Fußschnitt
der Schaufeln zu vermeiden, die eine unerwünschte Strömungsverzögerung bedeuten
würden, ist es zweckmäßig, Reaktionsgrade im Mittelschnitt von etwa rh > 0,20 zu ver-
wenden. Bei fast allen Schaufelverwindungen ergibt sich eine mit dem Radius steigende
Reaktion. Das Mach-Zahl-Niveau am Stufenaustritt sollte auch bei hohen Durchsatz-
belastungen im Auslegungspunkt Werte von Mc2 ≈ 0,65 bis 0,7 nicht überschreiten.
Einstufige, hochbelastete Turbinen arbeiten meist mit einem Restdrall, der durch ein
nachgeschaltetes Umlenkgitter oder Stützrippen herausgenommen werden kann. Da
bei mehrstufigen Turbinen ein axialer Strömungsaustritt angestrebt wird, bedeutet eine
Auslegungs-Mach-Zahl Mc2 ≈ Mcax2 ≈ 0,7 ein sinnvoller Wert. Die Leistungsbelastung
besonders bei Fluggasturbinen ist starken Schwankungen unterworfen, sei es durch Last-
zustände oberhalb des Auslegungspunktes zum Beispiel beim Beschleunigen des Trieb-
werks oder sei es im Teillastbetrieb. Um nicht zu schnell die Leistungsgrenze der Stufe
mit Mcax2 ≈ 1 zu erreichen, sollten die obigen Mc2-Werte für den Auslegungspunkt nicht
überschritten werden. Weiterhin ist die Eintritts-Mach-Zahl Mw1 an der Schaufelwur-
zel des Rotor-Gitters besonders zu beachten. Die Strömung in. Nabennähe wird einmal
intensiv umgelenkt, zum anderen ist das Schaufelfußprofil festigkeitsmäßig und der Strö-
mungskanal aerodynamisch stark belastet, so daß die Anström-Mach-Zahl der Relativ-
strömung im Nabenbereich Mw1 bei Werten kleiner 0,75 sein sollte.
Für den Auslegungspunkt ist möglichst ein mittleres Rotor-Druckverhältnis im unter-
kritischen Bereich einzuhalten, um bei Lastschwankungen eine Leistungsreserve ober-
halb des Auslegungspunktes bis zur Leistungsgrenze zu gewährleisten.

Smith-Diagramm bzw. Belastungsdiagramm für Turbinenstufen  Allgemeiner als die


zuvor behandelten Turbinen-Auslegungediagramme wurde ursprünglich in Verbindung
mit Smith (1965) bzw. Rolls-Royce PLC. ein Belastungsdiagramm über Turbinenstufen
hauptsächlich aus statistischen Daten auf der Basis zumeist in der Literatur veröffent-
lichter, ausgelegter und gebauter Turbinen vorgestellt (Abb. 4.3-13). Diese Darstellung
wurde später von weiteren Autoren ergänzt und im wesentlichen Inhalt bestätigt.
Das in Abb. 4.3-13 gezeigte Turbinen-Auslegungsdiagramm nach Smith gibt im
Überblick die Leistungsziffer nach angelsächsischer Version (Gl. 4.3-36) wieder mit
492 4 Turbomaschinen-Komponenten

3,0 Smith-Diagramm
h
*
2,8
wT 2,6
2
um
2,4

2,2
Leistungsziffer

2,0

1,8

1,6

1,4

1,2

1,0
0,8

0,6
0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
Durchsatzziffer =c ax /u m

Abb. 4.3-13 Smith-Diagramm (1965, Rolls-Royce) bzw. Turbinen-Belastungsdiagramm nach


veröffentlichten statistischen Daten von Turbinenstufen im Auslegungspunkt

ψh* = ΔhT/u2 = ψh/2 aufgetragen über der Durchsatzziffer Φm = cax/um und mit dem


isentropen Turbinen-Wirkungsgrad ηTis als Parameter. Die statistisch zusammenge-
stellten Daten betreffen hauptsächlich Turbinenstufen mit einer Zu- und Abströmung
ohne besonderen Drall und mit mittlerem Reaktionsgrad um rh = 20 % bis 30 %. Das
Belastungsdiagramm der gezeigten Art eignet sich gut zur Abschätzung wichtiger Ausle-
gungsgrößen bei der Vorauslegung von Turbinenstufen.
In Verbindung mit der Leistungs-Syntheserechnung von Gasturbinen und Flugantrie-
ben nach Kap. 7, 8 und 9 bzw. [GasTurb, GasTurbDet] hat sich das Belastungsdiagramm
für Turbinenstufen (Smith-Diagramm) nach Abb. 4.3-14 für Auslegungsrechnungen gut
bewährt.

4.3.5 Mehrdimensionale Turbinenstufenrechnung in der S2-Ebene

Nach der Mittelschnittsrechnung einer Turbinenstufe im Bereich der S2-Ebene


(Abschn. 4.3.2) folgt in diesem Abschnitt eine Darstellung zum 2D-Strömungsverlauf
in radialer Richtung. Die Grundlagen zur räumlichen Drallverteilung in Schaufelka-
nälen von Rotor- und Statorgittern allgemein wurden bereits für Turboverdichter in
4.3 Turbinen 493

h* Wirkungsgrad rel. Tis/ Tis,max [%]


3,0 91
wT 92
2
um 93
2,6

in en
94

rb
u
-T
95

LP
Leistungsziffer 2,2
96 inen
- Turb
I P
97 HP-Turbinen
1,8
98

1,4 99

1,0

0,6
0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
Durchsatzziffer =cax/um

Abb. 4.3-14  Belastungsdiagramm für Turbinenstufen (Smith-Diagramm) in [GasTurb] zur Aus-


legung und Leistungs-Syntheserechnung von Gasturbinen und Flugantrieben im Auslegungspunkt
[Kur07, GasTurb, GasTurbDet]

Abschn. 4.2.5 erläutert. Die grundlegenden Beziehungen gelten sinngemäß auch für die
räumliche Strömung in Turbinen.
Die Verwindung der Schaufeln von Turbinenstufen erfolgt bei Vorauslegungen vor-
nehmlich nach den Drallgesetzen des Potentialwirbels, des konstanten Massenstro-
mes und manchmal in sehr vereinfachten Fällen mit unverwundenen Rotor-Schaufeln.
Auf den Ablauf der detaillierten Gesamtauslegung von Turbinenstufen in der S1- und
S2-Ebene bzw. mit Q3D- und 3D-CFD-Rechenverfahren wurde bereits in Abschn. 4.3.1,
Abb. 4.3-2, hingewiesen.

4.3.5.1 Schaufelverwindung nach dem Potentialwirbelgesetz


Das Potential- oder Freiwirbelgesetz aus dem allgemeinen Drallgesetz mit dem Expo-
nenten n = –1 ergibt sich über die radiale Druckgleichung und mit der Bedingung, dass
die Axialkomponente der Absolutströmung cax konstant unabhängig von der Schaufel-
höhe ist (Abschn. 4.2.5, Gl. (4.3-59)) zu
cu r = const = cu m rm (4.3-50)
Wird am Statoreintritt in der Ebene 0 ein gleichmäßiges Strömungsprofil angenommen,
dann können mit den obigen Bedingungen die Geschwindigkeitsdreiecke, ausgehend
von den bereits berechneten Daten des Mittelschnitts m (Abschn. 4.3.2.2), für die strom-
abwärts liegenden Ebenen l und 2 bestimmt werden (Abb. 4.3-15).
494 4 Turbomaschinen-Komponenten

Turbinenstufe axial
zylindrisch

e
Nab be Na

Nab
Na außen w1a be
w2a
c1a

e
u1a c2a außen

0 u2a
Stator S (Leitrad)
u1
1
100 m/s
u2 Rotor R (Laufrad)
2
Schaufelverwindung nach „Potentialwirbelgesetz“

Abb. 4.3-15  Verwindungsrechnung einer zylindrischen Turbinenstufe nach dem Potentialwirbel-


gesetz (cu r = const). Geschwindigkeitsdreiecke von außen bis zur Nabe innen (5 Schnitte, Außen-
schnitt grau hervorgehoben)

Der Verlauf der radialen Strömungsablenkung α1 für die Stator-Austrittsgeschwindig-


keit c1 ergibt sich über die Freiwirbelbedingungen

cu1 r1 = const. = cu1 m r1 m (4.3-51)

und cax 1 = cax 1 m = const. � = f(r1 ) (4.3-52)

r1
zu tanα1 = tanα1 m = f(r1 ). (4.3-53)
r1 m
Der Index m kennzeichnet hier die Größen der zuvor ausgeführten Mittelschnittsrech-
nung. Mit dem Eintrittswinkel der Relativströmung am Rotoreintritt entsprechend
cax 1 m
tanβ1 = = f(r1 ) (4.3-54)
u1 − cu1
ergibt sich der Betrag der Strömungsgeschwindigkeit w1 abhängig vom Radius r1
cax 1 m
w1 = = f(r1 ). (4.3-55)
sinβ1
Damit liegen die Eintrittsgeschwindigkeitsdreiecke für alle Schaufelschnitte fest. Für die
Ebene 2 nach dem Rotor gelten die analogen Drallbeziehungen wie in Ebene 1, also
cax 2 = const. = cax 2 m (4.3-56)

und cu2 r2 = const. = cu2 r2 m , (4.3-57)


womit die Austrittsgeschwindigkeitsdreiecke für die verschiedenen Schaufelschnitte fest-
liegen. Im Falle einer zylindrischen Turbine mit u1 = u2 = u = r ω wird die spezifische,
effektive Stufenleistung wT
4.3 Turbinen 495

wT = �ht T = ω (r cu1 − r cu2 ) (4.3-58)


also in radialer Richtung konstant bleiben.
Mit den für mehrere Schaufelschnitte erstellten Geschwindigkeitsdreiecken sowie den
Zustandsgrößen am Stufeneintritt, wie z. B. pt0, Tt0, kann nun für die einzelnen Schau-
felschnitte jeweils die Expansion des Arbeitsmediums verfolgt werden. Die Rechnung hat
nach den gleichen Gesichtspunkten wie bei der Mittelschnittsrechnung zu erfolgen. Im
Gegensatz zu dieser muss den Verlusten eine größere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Besonders in Nabennähe und an den Schaufelspitzen können durch Einflüsse zum Bei-
spiel der Wandreibung, der Rückströmung, der Spalteffekte und der Strömungsablösun-
gen u. a. in Tendenz und Intensität sehr verschiedenartige Verlustquellen auftreten. Für
abschätzende Vorauslegungen und Projektrechnungen genügt es allerdings, die Verlust-
koeffizienten des Stators und Rotors längs der Schaufeln als konstante Werte beizubehal-
ten. Das Ergebnis der Projektauslegung einer zylindrischen Turbine zeigt Abb. 4.3-15.
Bei der vorstehenden, allgemeinen Ableitung der Drallgesetze wurde eine inkom-
pressible Strömung vorausgesetzt, so auch für das Verwindungsgesetz des Potential-
wirbels. Nur bei inkompressibler Strömung verlaufen die Stromlinien auf koaxialen
Zylindern. Das Ergebnis der vereinfachten Mehrschnittsrechnung zeigt jedoch, dass die
wirkliche Strömung kompressibel abläuft, die Dichte demnach ρ = f (r) ≠ const ist. Die
Umlenkung der Gasströmung nach dem Potentialwirbelgesetz führt demnach zu einer
Stromlinienversetzung im Bereich der Ebene 1, die mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung
gefunden werden kann. Vor dem Stator liegt eine konstante Verteilung ρ0 cax0 vor, wäh-
rend nach dem Stator in Ebene 1 infolge der Zunahme von p und ρ von innen nach
außen ρ1 cax1 ≠ const sein wird.

4.3.5.2 Drallgesetz für „konstanten Massenstrom“ bei Turbinen


Das Drallgesetz für „konstanten Massenstrom“ ergibt auch für kompressible Strömun-
gen koaxiale Stromlinien. Dieses Gesetz ist jedoch nicht in einfacher Weise in der Form
der allgemeinen Drallgesetze darzustellen.
Es gilt für gleiche Stromdichte ṁ/A = const die Voraussetzung
cax ρ = const �= f(r), (4.3-59)
also das Gesetz des konstanten Massenstromes
cax 1 ρ1 = cax 0 ρ0 = const.
Zur Ableitung und Beschreibung der mathematischen Zusammenhänge des Verwin-
dungsgesetzes nach dem konstanten Massenstrom wird hier ledig lich auf die einschlä-
gige Fachliteratur verwiesen [Cor63K, Gla72B, Mün72K].
Um einen Vergleich mit dem Potentialwirbelentwurf (Abb. 4.3-15) zu sehen, sind in
Abb. 4.3-16 lediglich die Geschwindigkeitsdreiecke dargestellt, die sich aus einer Bei-
spielrechnung zum Gesetz des konstanten Massenstroms ergeben haben. Nach diesen
496 4 Turbomaschinen-Komponenten

Turbinenstufe axial
zylindrisch

c 1a

Na
u 1a außen w 1a w 2a

be
c 2a außen
u 2a

Schaufelverwindung nach
Gesetz des „konstanten Massenstroms“ Nabe 100 m/s

Abb. 4.3-16  Geschwindigkeitsdreiecke der zylindrischen Turbine von außen bis zur Nabe nach dem
Gesetz des „konstanten Massenstromes“ verwunden (5 Schnitte, Außenschnitt grau hervorgehoben)

Geschwindigkeitsdreiecken ist zu erkennen, dass die Verteilung der spezifischen Stufen-


leistung wT bzw. ΔhtT nicht mehr konstant über der Schaufelhöhe ist. Die Abweichung
ist jedoch gering. Nur im inkompressiblen Fall wäre ΔhtT konstant, da dann das Gesetz
des konstanten Massenstromes in das Potentialwirbelgesetz übergeht.

4.3.6 Kennfeld ungekühlter Turbinen

Ein- oder mehrstufige Turbinen arbeiten als ein- oder mehrwellige Turbomaschinen im
abgestimmten Verband mit anderen Komponenten von Gasturbinenanlagen oder Flugtrieb-
werken. Im Fall einer Fluggasturbine bilden Triebwerkseinlauf, Turboverdichter, Brenn-
kamme, Turbine und der abschließende Abströmteil eine Einheit, von der verlangt wird, dass
sie abhängig von der Flugaufgabe in einem weiten Lastbereich stationär und instationär trotz
der hohen thermischen Belastung, effizient, problemlos und mit hoher Lebensdauer arbeitet.
Dies erfordert von jeder Maschinenkomponente ein gutes Teillastverhalten.
Bei Auslegungen von Turbinenstufen gibt das Kennfeld Auskunft über den Teil-
lastbetrieb, wobei es meist genügt, das gegenseitige Verhalten der wichtigsten Turbi-
nenparameter im stationären Zustand und vereinfacht auf den Mittelschnitt bezogen
darzustellen. Da im Gegensatz zu den meisten Niederdruckturbinen LPT mit vielen
weniger stark belasteten Stufen (ähnlich wie bei den Dampfturbinen DT) die gekühlten
Hochdruckturbinen HPT besonders in der Flugtechnik oft transsonische bis superso-
nische Strömungszustände aufweisen, wird eine genaue analytische Berechnung eines
Turbinenkennfeldes mit Berücksichtigung aller Verluste verschiedener Art sehr schwer
möglich. Eine genauere analytische 2D- oder 3D-Berechnung eines Turbinenkennfeldes
mit Hilfe von CFD-Technik ist ebenfalls schwierig oder nur mit hohem numerischem
Aufwand umsetzbar. Während der Entwicklungsphasen von Turbinen zum Beispiel im
Projektierungsstadium müssen deshalb vereinfachte Kennfeldrechnungen, aufgebaut auf
dem Verhalten von Schaufelgittern und Messungen von Versuchsmustern am Prüfstand
Hand in Hand gehen [Cor63K, Fla67, Ric76, Mün77B, Tra00Ka, Wal00B, Gri04B].
4.3 Turbinen 497

Turbinen-Gitter (Schlierenaufnahme im Gitter-Windkanal)


Zuströmung M < 1

Düsenströmung mit
Mach-Zahl p T

(b) Amin M≈1


(d)
Akrit M=1

M>1
(c) (a) Überexpansions-Abströmung
Abström-Mach-Zahl M ≈1,25

Abb. 4.3-17  Turbinen-Gitter mit transsonischer Abströmung und Nachexpansionen aus Experi-


menten im Gitter-Windkanal mit Schlierenaufnahmen (Quelle MTU Aero Engines [Ste03B])

Für die Leistungsberechnung gesamter Gasturbinenanlagen und Turboflugtriebwerke


werden deshalb häufig experimentell ermittelte Ähnlichkeitskennfelder sowie sogenannte
„skalierte“ Kennfelder verwendet, wie dies in Kap. 7, 8 und 9 und im Leistungsprogramm
[GasTurb, GasTurbDet] dargestellt wird. Es sollen anschließend lediglich einige prinzi-
pielle Hinweise und kurze Erläuterungen zum Turbinenkennfeld gegeben werden, wie
sie bereits in den ersten Jahrzehnten bei der Entwicklung der Turbinentechnik z. B. in
[Cor63K, Gla73B, Tra00Ka] vorgestellt wurden und sich in der Praxis gut bewährt haben.

4.3.6.1 Strömungszustände im Turbinengitter
Zum Verständnis der möglichen Betriebszustände einer Turbinenstufe abhängig beson-
ders vom Turbinendruckverhältnis wird einführend ausgehend von den gasdynamischen
Grundlagen der transsonischen Düsenströmung mit Ablenkung in Abb. 4.3-17, 4.3-18
und 4.3-19 gezeigt, welche Strömungsverhältnisse in Turbinengittern bei schallnaher
Unterschall- und Überschallabströmung auftreten können.
Dieses Verhalten von Stator- und Rotor-Gitter bzw. Stator- und Rotor-Düsenströ-
mung beeinflusst wesentlich die Charakteristik einer Turbinenstufe und damit das
gesamte Turbinenkennfeld besonders bei mehrstufigen Turbinen. Eine typische trans-
sonische Gitterströmung mit Verdichtungsstößen und Expansionsgebieten im Gitter-
abströmbereich zeigt die Schlierenaufnahme aus einem Gitterwindkanal (Abb. 4.3-17),
wobei insbesondere ein schräger Stoß (a) am Turbinenaustritt von der Hinterkante der
Nachbarschaufel auf die Profilsaugseite trifft und die Grenzschicht des Profils beein-
flusst. Die komplexe Wechselwirkung von Verdichtungsstoß und Grenzschicht bewirkt
ein Ablösegebiet in der Grenzschicht (b), das selbst wiederum eine Expansionswelle (c)
verursacht.
Wird im Stator- oder im Rotor-Schaufelkanal das kritische Druckverhältnis erreicht,
dann bleibt der Massenstrom konstant, das heißt bei einer Kennfelddarstellung nach den
Abb. 4.3-20 und 4.3-21 verlaufen die Linien konstanter Drehzahlen angenähert parallel
zur Ordinaten mit wT/Tt0.
498 4 Turbomaschinen-Komponenten

Turbinenstufe
Überschallexpansionen abhängig vom Druckverhältnis
0

Stator-Düse S
Akrit

∆α 1 c1 1
c1 w1
Mc1 1
c1max u1 c1max
Mc1>1 Rotor-Düse R
w1
Akrit
u1
2
c2 w2 w2

u2 ∆β 2 Mw2 1
c2 w2max w2max

u2 Mw2>1

Abb. 4.3-18  Turbinen-Gitter mit Stator-Düse und Rotor-Düse einer ungekühlten Turbinenstufe


schematisch dargestellt mit Nachexpansionen (Prandtl-Meyer-Expansion) im Abströmbereich
abhängig vom Druckverhältnis

Bei überkritischen Druckverhältnissen in den schräg abgeschnittenen Stator- und


auch Rotor-Beschaufelungen tritt die komplexe expandierende Hauptströmung
(Abb. 4.3-17) zusammengefasst vereinfacht als eine Strahlablenkung ähnlich der Prandtl-
Meyer-Expansion auf, die als Nachexpansion zu einer weiteren Beschleunigung der Strö-
mung führt, wie mit den bildlichen Darstellungen nach Abb. 4.3-18 schematisch gezeigt
wird. Diesem Vorgang entsprechend ändern sich die jeweiligen Geschwindigkeitsdrei-
ecke, eine Leistungssteigerung der Turbinenstufe ist möglich. Allerdings muss bei diesen
stark kompressiblen Expansionsvorgängen der Einfluss auf die Verlustbeiwerte berück-
sichtigt werden. Die Leistungsgrenze der Turbinenstufe ist erreicht, wenn die letzte
Mach-Linie mit der Rotor-Gitteraustrittsebene zusammenfällt.
Die Strömungsverhältnisse in Turbinen-Gittern mit schallnaher und Überschallab-
strömung bei abgesenktem statischen Druckverhältnis p2/p1 wird in Abb. 4.3-19
schematisch für drei Fälle vorgestellt (I, II, III). Die hier gezeigten tendenzartigen Strö-
mungskonfigurationen sind in ihrer Struktur von weiteren Gitterparametern abhängig
wie von der Profilform, dem Teilungsverhältnis und dem Staffelungswinkel. Weitere
Details dazu in übersichtlicher Darstellung können [Böl86B] entnommen werden.

4.3.6.2 Darstellung von Turbinenkennfeldern


In Abb. 4.3-20 ist ein über eine Mittelschnittsauslegung gerechnetes Kennfeld einer ein-
stufigen, ungekühlten Turbine in der ursprünglichen Darstellung ΠT = f(ṁ Tred, nred,
ηTis) wiedergegeben. Maßstäbe und Parameter des Diagramms sind, wie im thermischen
Turbomaschinenbau üblich, unter Verwendung der Mach-Ähnlichkeit aufgetragen.
Zur hervorgehobenen Kennzeichnung der Heißgasströmung der einstufigen Turbine
4.3 Turbinen 499

Mw1<Mw1,A Mw1,A

I II M
w1,A
1,0
Mw2<1
p2/p1 Mw2>1
I

0,5
II III

III
M<1 Unterschall Mw2>1
0,0 M>1 Überschall
0 1
m mII

Abb. 4.3-19  Expansionsströmung im ungekühlten Turbinen-Gitter (Ebene 1 schematisch bei


transsonischer Unterschall- und Überschallabströmung abhängig vom Druckverhältnis (statisch)
p2/p1 Darstellung nach Bölcs/Suter [Böl86B]

bestehend aus Stator- und Rotorgitter wurde für dieses Kennfeld die Indizierung der
Stufe mit den Ebenen 0, 1 und 2 beibehalten.
Wie oben gezeigt, könnte das Kennfeld einer Turbine prinzipiell mit den gleichen
Parametern wie beim Verdichter (Abschn. 4.2.6) aufgetragen werden, hier also mit
 √ 
wT pt4 ṁ Tt4 n
bzw. = f(ṁred , nred , ηTis )T = f , √ ,ηTis
Tt4 pt5 pt4 Tt4 T

Abbildung 4.3-20 zeigt ein Kennfeld in dieser Auftragung. Alle reduzierten Drehzahlli-
nien liegen allerdings bei dieser Auftragung sehr dicht beieinander. Besonders im oberen
Lastbereich liegen die Drehzahlkurven wegen der Blockierung des Durchsatzes in Stator-
und/oder Rotor-Gitter nahezu
bei gleichen Durchsatzahlen, der Verlauf der Wirkungsgrade ist kaum zu unterscheiden.
Zweckmäßigerweise ist es deshalb besser, hier den reduzierten Durchsatz mit der
reduzierten Drehzahl nred zu multiplizieren, wie es in der Darstellung nach Abb. 4.3-21
ausgeführt wurde. Diese Multiplikation verhindert in der Diagrammdarstellung ein
Zusammenfallen der Kurvenscharen für die Drehzahl n bzw. nred, für die Umfangs-
Mach-Zahl für kritischen oder überkritischen Strömungszustand im Stator- bzw. Rotor-
Gitter und ermöglicht das bessere Ablesen der Wirkungsgrade. Die Darstellung lautet
wT
wTred = = f(ṁred · nred , nred , ηT ) (4.3-60a)
Tt4 √ 
ṁ Tt4 n n
bzw. wTred =f ·√ ,√ , ηTis .
pt4 Tt4 Tt4 T (4.3-60b)
500 4 Turbomaschinen-Komponenten

4,0
T
Turbinen-Ähnlichkeitskennfeld
3,5 (Darstellung wie Verdichterkennfeld)

Druckverhältnis
3,0

2,5

2,0 Drehzahl red. nred 1,1


1,0
1,5 0,8 0,9
0,65 0,7

1,0
0,6 0,7 0,9 1,0 1,6
red. Durchsatz mred

Abb. 4.3-20  Kennfeld einer zweistufigen Hochdruck-Turbine in der Darstellung ΠT = f(ṁTred, nred,


ηTis) wie bei Verdichterkennfeldern mit der red. Drehzahl als Parameter [GasTurb, GasTurbDet]

Weiterhin sind in diesem gerechneten Kennfeld die Kurven für kritische Strömung im
Stator- und Rotorgitter eingetragen sowie die Leistungsgrenze der Stufe auf Grund der
begrenzten Überexpansion bei der Abströmung aus den Gittern.
Für allgemeine Kennfelderfassung erweist sich auch sinnvoll, den reduzierten Durch-
satz ṁred bzw. die reduzierte Drehzahl nred relativ auf eine Referenzgröße zum Beispiel
auf die Größen des Auslegungspunktes A zu beziehen wie ṁred,rel bzw. die reduzierte
Drehzahl nred,rel.
Häufig werden auch in den reduzierten Größen die Drücke, Temperaturen und die
Gaskonstante auf Werte des Standardtages (STD, ISA) der Umgebung bezogen. Es wird
dann von korrigierten Größen gesprochen, also für den Durchsatz korrigiert
 
R Tt4 pt4
ṁcorr = ṁ (4.3-61)
RSTD Tt STD pt STD

und die Drehzahl korrigiert



n Tt STD
ncorr = =n (4.3-62)
Tt4 Tt4
Tt STD

mit den Größen des Standard-Tages Tt STD, pt STD und der Gaskonstanten RSTD bei tro-
ckener Luft.
Bei einstufigen Turbinen aus Stator- und Rotor-Gitter bestehend kann auch an Stelle

der reduzierten Drehzahl die Umfangs-Machzahl Mu Tt0 = u/ κ R Tt0 gebildet aus der
Umfangsgeschwindigkeit u und der Totaltemperatur Tt0 sowie ein reduzierter Durchsatz
4.3 Turbinen 501

280
w T,red HP-Turbine (4)–(5)
einstufig
 J 240
  Rotor-und Stator-Gitterblockiert
 kg K 
200 2
0 1 nz
e

red. Turbinen-Leistung
. Rotor blockiert
gre k r it
gs tor zuerst
160 t u n Ro
is
Le .
krit
tor
Sta Tis,opt
120
p1
0,54
80 p t 0 0,6 1,1
0,7 1,0
40 0,6
,rel
0,9 el. n red
red. r
zahl
0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 Dreh
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9
(Durchsatz red.) • (Drehzahl red.) mred ⋅ nred ⋅ 10 −2

Abb. 4.3-21  Kennfeld einer einstufigen, ungekühlten Hochdruck-Turbine in erweiterter Parame-


ter-Darstellung (ηTis,opt = 0,90) [Mün72K, Mün77B u.a.]

 √ 
ṁ R Tt0
ṁred Stufe = · Mu Tt0
AGitter sinα1 pt0 Stufe

als Parameter gewählt werden. Die Abszisse mit dem reduzierten Durchsatzes ṁred Stufe
gibt ebenfalls eine dem Massenstrom ṁ proportionale Größe wieder.
Als Parameter der Kennfelddarstellung können für das Stufenkennfeld die Drehzahl
in der Form der Umfangs-Mach-Zahl Mu, der Turbinenwirkungsgrad ηTis, das Leitrad-
Druckverhältnis p1/pt0 und das Totaldruckverhältnis pt2/pt0 in das Kennfelddiagramm
eingetragen werden.

4.3.6.3 Numerische Darstellung von Turbinen-Kennfeldern


In der Kennfelddarstellung z. B. nach Abb. 4.3-21 verlaufen die Drehzahllinien steil nach
oben, was sich bei numerischen Rechenmethoden nachteilig erweist. Hieraus ergibt sich
eine im Vergleich zu diesem Bild für numerische Verfahren wesentlich günstigere Dia-
grammdarstellung, wenn alternativ dazu die Drehzahl bzw. reduzierte Drehzahl nred
allein als x-Achse verwendet wird. Abbildung 4.3-22 zeigt diese Version.
Hier sind außer den Wirkungsgradverläufen die Kurven gleichen reduzierten Durch-
satzes ṁred eingetragen. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass im prak-
tischen Betrieb Turbinen nicht ständig in der Nähe ihrer Leistungsgrenze gefahren
werden. Dann kann auch anstelle des Druckverhältnisses die spezifische Leistung als
Kennfeldgröße verwendet werden.
Die numerische Darstellung von Turbinenkennfeldern kann wie bei den bereits in
Abschn. 4.2.6 vorgestellten Verdichterkennfeldern in Tabellenform erfasst und gespei-
chert werden, wie in Abb. 4.3-23 gezeigt. Wenn als Eingangsgröße die korrigierte
Drehzahl und das Druckverhältnis verwendet werden, dann ist es zum Beispiel bei
502 4 Turbomaschinen-Komponenten

Turbinenkennfeld (einstufige Turbine)


w T red Darstellung für numerische Erfassung

1 2
0
nze

Turbinenleistung red.
sgre
tung
Leis

d
. re

d.m
re
Tis,opt
tz
sa
Wi ch
rku ur
ng D
sg
rad
is.

0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1


Drehzahl red. rel. n red rel

Abb. 4.3-22  Ähnlichkeitsgerechtes Turbinenkennfeld in einer Darstellung geeignet für numeri-


sche Erfassung in Syntheseprogrammen wie in Kap. 7 mit wtred = f(nred,rel, ṁred, ηTis) [GasTurb,
GasTurbDet]

Abb. 4.3-23 Darstellung Turbinen-Kennfeld
von Turbinenkennfeldern w T,red 4 5
nach Kennfeld in Bild 4.3-13a
mit den Hilfskoordinaten β 1 2 hier mit Hilfslinien β
0
zur numerischen Erfassung
red. Turbinen-Leistung

beliebiger Kennfeldgrößen β
[GasTurb, GasTurbDet] 1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0,0
0,4 0,6 0,8 1,0
red. rel. Drehzahl n red, rel

Leistungssyntheserechnungen (Kap. 7, 8 und 9) gut möglich, beliebige Zahlenwerte mit


Hilfe von Interpolation aus den Kennfeldern zu entnehmen.
Wie beim Verdichterkennfeld werden auch hier Hilfskoordinaten eingeführt, die
wie beim Verdichter ebenfalls β-Linien genannt werden. Mit β = 0 wird die untere
Linie definiert und mit β = 1 die obere Kennfeldgrenze, dazwischen liegen die übrigen
β-Werte. Es ergibt sich so für alle Drehzahllinien dieselbe relativ kleine Anzahl von zu
4.3 Turbinen 503

1. Stufe gekühlt mit


Hochdruck (HP)-Kühlluft

HP-Kühlluft
LP-Kühlluft
HP-Kühlluft

Abb. 4.3-24 Gekühlte Turbinensektion mit Hochdruck HP- und Niederdruck LP-Kühlluft-


strömen sowie einer HPT-Stufe (rechts) mit kombinierter Schaufelkühlung. Darstellung nach Fa.
Rolls-Royce plc. [Rol05B]

tabellierenden Zahlenwerten und es können damit auch die Gebiete mit starken Wir-
kungsgradänderungen gut beschrieben werden.
Auch bei Turbinenkennfeldern können Reynoldszahl-Korrekturen notwendig
sein. Im Prinzip gelten dieselben Zusammenhänge wie sie bei Turboverdichtern in
Abschn. 4.2.6.4 beschrieben wurden. Die niedrigste Reynoldszahl im Turbinenbereich
trifft man bei der letzten Stufe der Niederdruckturbine an. Ein Wirkungsgradunter-
schied von 2–3 % zwischen Start am Boden und Reiseflug in großer Flughöhe ist für
moderne Bypass-Triebwerke typischerweise möglich [Kap07, Hou89 u. a.], [GasTurb].

4.3.7 Turbinenstufe gekühlt, Kenngrößen und Wirkungsgrade

Die Kühlung der Heißgasteile nach der Brennkammer von Gasturbinen-Anlagen im


Bereich der Turbinensektion beeinflusst erheblich die Leistungsfähigkeit der stationären
und mobilen Gasturbinen sowie besonders die der Turbotriebwerke aller Anwendungsge-
biete (Abb. 4.3-24 und 4.3-25). Die maximale Arbeitsprozesstemperatur Tt max = Tt4 und
das optimale Arbeitsprozess-Gesamtdruckverhältnis OPR sind besonders wichtige Pro-
zessparameter im Hinblick zum Beispiel auf minimalen spezifischen Brennstoffverbrauch
SFC und maximalen spezifischen Schub FS bzw. spezifische Leistungen des Gesamtsystems.
504 4 Turbomaschinen-Komponenten

mCl mCl
Hochdruck-Turbinenstufe
HPT mit
Kombinationskühlung
0 1 2

mG mG
Stator S (Leitrad) Rotor R (Laufrad)
mCl

mCl

Abb. 4.3-25  Hochdruck-Turbinenstufe mit kombinierter Stator- und Rotor-Kühlung. Darstellung


nach MTU Aero Engines [Hen12B]

Die wesentlichen Anforderungen an die Schaufelkühlung sind:

• Minimale Kühlluftströme im Sekundär-Luftsystem.


• Optimale Ausnutzung maximal zulässiger Materialtemperaturen der Heißteile
insbesondere der Turbinenschaufeln.
• Hohe Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Heißteile.
• Kostengünstige Bauweise von gekühlten Heißteilkomponenten.
• Minimale Verschlechterung der Wirkungsgrade.
• Geringe Beeinflussung der Radialspalte von Turbinen-Gittern.

Zusammengefasst ergibt sich damit als Ziel eine möglichst hohe Turbinen-Eintrittstem-
peratur Tt4 zu verwirklichen durch optimale Nutzung der Kühlluftströme bei minimaler
Verschlechterung der Stufen-Wirkungsgrade und maximaler Lebensdauer unter Beach-
tung minimaler Kosten.
Das Temperaturniveau des Heißgasmassenstromes nach der Brennkammer vor
der Turbinensektion bestimmt bei hohem Lastniveau und besonders bei instationären
Wechselbelastungen in erheblichem Maß den Arbeitsprozess einer Gasturbine. Über-
steigt die Heißgastemperatur kurz- oder langfristig bestimmte Grenzwerte, so führt dies
im Material der Turbinenschaufeln oder der Gehäusewandungen zu unzulässig hohen
Temperaturen und thermischen Spannungen. Diese können jedoch durch gezielte
4.3 Turbinen 505

pt0 pt1
Stator S (Leitrad)
Tt0
2
Tt0 gekühlt c0
c
0
2 m0
T0
p0 c12
2

h A min
p1
mCl m1 mCl
T1 c1

s
pt1R Rotor R (Laufrad)
pt2R
Tt1R gekühlt c1
Tt2R w1
w12
u1
2
T1 m1 1
2
p1 w 2
2
A min
h p2 2
mCl m2 mCl
T2 w2
c2

s u2

Abb. 4.3-26  Stator- und Rotor-Schaufelelemente einer gekühlten Turbinenstufe sowie Zustandsgrößen


im h-s-Diagramm und Geschwindigkeitsdreiecke

interne Kühlungsmaßnahmen des Materials auf wesentlich geringeren Werten gehalten


werden. Normalerweise wird die Kühlung durch Luft von verschiedenen Abzapfstellen
mit unterschiedlichem Druckniveau aus der Verdichtersektion bewerkstelligt.
Die Höhe des Kühlluftbedarfs aus der Verdichtersektion hat einen starken Einfluss
auf die Leistungsdaten des gesamten Triebwerks [Ric81, Mug82, Ric82a, Sta95, Gri04B
u. a.]. Für Auslegungs- und Projektrechnungen sind daher Rechenmodelle oder Dia-
gramme von Interesse, mit denen die von vielen Parametern abhängigen Kühl1uftmen-
gen für die jeweiligen Gitter ermittelt werden können [GasTurb, GasTurbDet].

4.3.7.1 Rechenmodelle zum Luftbedarf gekühlter Turbinengitter


In Abb. 4.3-26 sind das Stator- und Rotorgitter einer HP-Turbinenstufe mit Kombina-
tionskühlung (Konvektions-, Prall- und Filmkühlung) schematisch dargestellt sowie im
h-s-Diagramm jeweils der Verlauf der Zustandsgrößen mit der Auswirkung der Küh-
lungseffekte gezeigt.
506 4 Turbomaschinen-Komponenten

Konvektions-Innenkühlung
mit Hinterkanten-Ausblasung

Kühlströmung radial und


Hinterkanten-Ausblasung

Stifte, Stege
Bohrungen
verschiedener Form

Kombinierte Kühltechnologien
innen und außen ggf-mit Hinterkanten-Ausblasung
Konvektion Prallkühlung Filmkühlung Effusionskühlung

Laufrad Leitrad

Abb. 4.3-27 Konfigurationen verschiedener Kühltechnologien von Turbinenschaufeln von


Konvektions- bis zur Effusionskühlung

Neben den Strömungs- bzw. Druckverlusten ist der Abfall des mittleren Temperatur-
niveaus durch Zufuhr der im Vergleich zur Heißgasströmung kälteren Kühlluftströme
aus der Verdichtersektion zu erkennen.
Folgende Unterteilung kann prinzipiell für die Kühlungsarten bei Turbinengittern
vorgenommen werden, wie in Abb. 4.3-27 zu sehen ist:

• Konvektionskühlung mit Ein- und Mehrfach-Kanälen,


• Prall- und Filmkühlung,
• Effusionskühlungsarten.

Weiterhin sind Kombinationen und Mischungen der genannten Hauptkühlungsarten in


der Praxis üblich.

Wärmeübetragung an gekühlten Turbinenschaufeln Für die optimale Auslegung einer


gekühlten Turbine nach den Gesichtspunkten hoher Lebensdauer einerseits und guter Wir-
kungsgrade bei großer Leistungsausbeute und Zuverlässigkeit andererseits, ist die möglichst
genaue Kenntnis der lokalen Wärmebelastung der einzelnen Schaufelreihen eine wichtige
Voraussetzung. Auf diesem Gebiet der Wärme- und Kühltechnik im Bereich der Turbinen-
sektion wurden stets und werden auch weiterhin in Zukunft umfangreiche Entwickungs- und
Forschungsvorhaben experimentell und theoretisch verfeinert, um für Prozessrechnungen die
vorhandenen physikalischen und numerischen Modelle verbessern zu können.
4.3 Turbinen 507

Kühlluftzufuhr außen
durch Prallblech

Kühlrippen Kühlluftausblasung
Hinterkanten
Kühllufteinsatz
Prallkühlung

Filmkühlung

Kühlluft-Pins

Kühlluftzufuhr innen

Abb. 4.3-28  Entwicklung der Schaufel-Kühltechnologie bei Turbinen (Triebwerk GE-CF6). Darstel-


lung nach Fa. General Electric GE

Die Berechnung des Wärmehaushalts einer gekühlten Schaufel lässt sich in drei Teilgebiete
gliedern, die jedoch über die jeweiligen Randbedingungen fest miteinander gekoppelt sind:

• äußerer, heißgasseitiger Wärmeübergang,


• Wärmeleitung durch die Schaufelwand und
• innerer (kühlluftseitiger) Wärmeübergang.

Auf die einzelnen Teilgebiete des externen und internen Wärmeüberganges wird in der
nachstehenden Darstellung nur kurz eingegangen und auf die einschlägige Fachliteratur
sowie in Verbindung mit der Leistungsrechnung wie [GasTurb] verwiesen. Mit Abb. 4.3-28
wird als typisches Beispiel eine HPT-Statorschaufel mit Kombinationskühlung und Aus-
blasung aus den Hinterkanten vorgestellt.

Heißgasseitiger Wärmeübergang  Als Maß für die Größe eines konvektiven Wärmestro-
mes auf der Heißgasseite bei gegebenem Temperaturgefälle dienen die lokalen Wärme-
übergangskoeffizienten (Abb. 4.3-29). Deren Berechnung erfolgt meist mit entsprechenden
numerischen CFD-Verfahren zu Strömungsvorgängen im Grenzschichtbereich. Wird die
508 4 Turbomaschinen-Komponenten

(a) (b)
Konvektionskühlung reine Filmkühlung
Tt G
Heißgas G Tt Film = Tt G eff

A G , Tt G ,αG , c p G A G , Tt G ,αG , c p G

Wand Wärmestrom Q
mCl , Tt Cl , c p Cl
mCl , Tt Cl , c p Cl

Abb. 4.3-29  Wärmebilanz schematisch für ein Schaufelelment bei Konvektions-und Filmkühlung


[Mug81, Ric82a, Gri04B]

Temperaturgrenzschicht durch Einblasung kühler Luft in Form einer Filmkühlung beein-


flusst, müssen die Berechnungsverfahren entsprechend modifiziert werden. Auch hier
kann entweder vereinfacht mit Hilfe üblicher Grenzschichtgleichungen oder mit aufwen-
digeren 2-D- und 3-D- CFD-Methoden der Wärmeübergang lokal auf der Profilsaugseite
und Profildruckseite gut vorhergesagt werden, wobei auch für die Problematik der Bestim-
mung der laminar-turbulenten Umschlagpunkte brauchbare Näherungsverfahren zur Ver-
fügung stehen.
Bei der Filmkühlung führt die Ausblasung von Kühlluft aus verschiedenartigen Konfi-
gurationen von Bohrungen deutlich zur Erhöhung der Wärmeübergangskoeffizienten an
der Profiloberfläche. Die Effizienz der Einblasung ist dabei abhängig zum Beispiel vom
Einblaswinkel, von den Geschwindigkeitsverhältnissen, den lokalen Druckgradienten u. a.
sowie auch von der lokalen Positionierung von Film- bzw. Transpirationskühlung hin bis
gegebenenfalls zur Effusionskühlung. Diese bereitet allerdings in der praxisnahen Umset-
zung zum Beispiel wegen der Gefahr von Verschmutzungen häufig noch ungelöste Fragen.
Neben dem Wärmeübergang durch Konvektions- und Filmkühlung kann Wärme
auch durch Strahlung übertragen werden, was die konvektiven Wärmeströme unter
gewissen Umständen erheblich verändern kann. Eine Abschätzung auch dieses Effektes
sollte berücksichtigt werden.
Beim ersten Stator-Gitter einer Hochdruckturbine kann dabei von zwei verschiedenen
Strahlungsbereichen ausgegangen werden. Zum einen ergeben sich Strahlungseffekte zwi-
schen den Flammenzonen der Brennkammer und den Eintrittskanten der Statoren. Zum
anderen tritt Strahlung zwischen der Heißgasströmung und den Oberflächen im Schaufel-
kanal auf. Eine detaillierte Berechnung der lokalen Strahlungseinflüsse im Turbinenkanal ist
schwierig. Sie kann jedoch näherungsweise durch Abschätzungen vorgenommen werden.

Wärmeleitung durch die Außenwände  Die auf der Heißgasseite aufgenommene Wärme
wird durch entsprechende Transportvorgänge im Schaufelgitter zur Kaltseite geleitet und
dort wiederum durch Konvektion an das Kühlfluid abgegeben. Bei der Wärmeleitung
4.3 Turbinen 509

1940-1945 Innenkühlung um 1960 Innenkühlung


(BMW 003) (Rolls-Royce plc)

Rotor
mit Einsatzblech

LP-Kühlluft

Innenkühlung mit Außen-Filmkühlung


um 1970 um 1980

LP-Kühlluft
LP-Kühlluft

HP-Kühlluft HP-Kühlluft

Abb. 4.3-30  Zeitliche Entwicklung der Schaufel-Kühltechnologie von der Zeit etwa um das Jahr
1940 bis etwa zum Jahr 2000 [Rol05B]. Darstellung nach Fa. Rolls-Royce Plc

durch die Schaufelwände zwischen der externen Heißgasströmung und der internen Kühl-
luft spielen verstärkt auch Isolierschichten (coating) zum Beispiel aus Keramikmaterial
eine Rolle. Zur genaueren Bestimmung der lokalen Wärmeleitung durch das Material der
Schaufelwände kommen dabei FEM-Verfahren erfolgreich zum Einsatz.

Kühlluftseitiger Wärmeübergang  Bei einer gekühlten Turbinenstufe hat die Auslegung


der Kaltseite einen entscheidenden Einfluss auf Leistungsfähigkeit, Wirkungsgrad und
Lebensdauer des Turbinengitters. Bei Gittern mit hohem Durchsatz, also mit relativ gro-
ßen Schaufeln, kann das Kühlsystem den gestellten Anforderungen recht gut angepasst
werden, wie in Abb. 4.3-30 der zeitliche Verlauf der Kühltechnologie der vergangenen
Jahrzehnte zeigt.
Für die Stator- und Rotorgitter ergeben sich dabei unterschiedliche Ausführun-
gen. Zur Berechnung der kaltseitigen Wärmeübergangswerte stehen je nach Art der
510 4 Turbomaschinen-Komponenten

Kühlung verschiedene Rechenverfahren zur Verfügung. Die Ermittlung einer für eine
vorgegebene Wärmebelastung der Schaufel notwendigen Verteilung der inneren Wär-
meübergangskoeffizienten kann mit vereinfachenden Annahmen auch überschlagsweise
durchgeführt werden. Dies ist bei einer Vorauslegung des Kühlsystems im Rahmen der
Leistungsberechnung wichtig (Kap. 7, 8 und 9).
Genauere Untersuchungen der Heißgasströmung zeigen, dass an den Schaufeln
sowohl axial als auch radial recht unterschiedliche Wärmebelastungen auftreten kön-
nen. Aus Gesichtspunkten zum Beispiel der Lebensdauer ist weiter das Erreichen einer
bestimmten radialen Verteilung der Wandtemperaturen wünschenswert. Fertigungs-
möglichkeiten und Festigkeitsanforderungen ergeben zusätzliche Randbedingungen. Um
alle diese Punkte zu erfüllen, müsste auf der Kaltseite an jeder beliebigen Stelle die gerade
notwendige Kühlleistung erreicht werden.
Aufgrund der Zu- und Abströmbedingungen für das Kühlmedium ist dies nicht
immer vollständig realisierbar. Eine zweckmäßige Anpassung kann zum Beispiel
bei der Prallkühlung mit einem Luftzuführungseinsatz erfolgen. Hier kann die Luft
durch einen großen Hohlraum radial ohne Aufheizung strömen. Durch Ändern der
Lochdurchmesser, der Anzahl von Löchern, des Abstandes zwischen Leitblech und
Schaufelwand usw. besteht axial und auch radial eine große Variationsbreite der ver-
schiedenen Einflussparameter, die auf den Wärmeübergang entscheidenden Einfluss
haben können.
Lediglich im Bereich der Austrittskante sind die Auslegungsmöglichkeiten ein-
geschränkt. Diese Art der Kühlung erfordert relativ dicke Schaufeln und eignet sich
daher vor allem für Statorgitter. Für Rotoren würde außerdem die Befestigung sol-
cher Luftleiteinsätze Schwierigkeiten bereiten, weshalb dort in erster Linie Kühlsys-
teme mit dünnen Radialkanälen ausgeführt werden. (Abbildung 4.3-28) zeigt typische
Radialkühlungssysteme von Hochdruckturbinen-Rotorschaufeln für Großtriebwerke
(Abb. 4.3-30).
Die Schaufeln, nach konventioneller Art gefertigt, besitzen meist einige Bohrungen,
durch welche die Kühlluft nacheinander nach außen bzw. innen strömt und bei der eine
örtliche Anpassung des kühlluftseitigen Wärmeübergangs in den Kanälen nicht möglich
ist, da eine einfache Rohrströmung vor liegt. Mehr Variabilität in der Auslegung bietet
hier, trotz des Radialkonzepts, die Schaufeln, welche geteilt hergestellt werden können.
Diese Technologie gestattet es, die Schaufeln zum Beispiel in zwei Hälften herzustellen,
jede dieser Hälften ist mit den entsprechenden Kühlkanälen versehen und schließlich
werden die beiden Hälften zur endgültigen Schaufel zusammengeschweißt. Durch eine
möglichst gut angepasste Auslegung der Geometrie dieser Kanäle oder durch Rippen,
Noppen und dergleichen kann wieder, zumindest teilweise die gewünschte Wärmeüber-
gangsverteilung erreicht werden. Die Kühlung der Eintrittskanten beider Schaufeln muss
wegen der sonst lokal zu hohen Wärmebelastung durch eine spezielle kombinierte Kon-
vektions- und Filmkühlung erfolgen.
Die bei konvektivem, kaltseitigen Wärmeübergang auftretende Wärmestromdichte
kann mit der Beziehung q = α T berechnet werden. Das Problem besteht also in der
Bestimmung des lokalen Wärmeübergangskoeffizienten α zum einen und des örtlich
4.3 Turbinen 511

wirksamen Temperaturgefälles ΔT zum anderen. Die Berechnungsschritte müssen


zusammengefasst in iterativem Ablauf mit denen der Schaufel-Heißgasseite bzw. der
Wärmeleitung in den Wandbereichen der Schaufel erfolgen.
Dabei sind je nach Art und Einbaubedingungen des ausgeführten Kühlsystems ver-
schiedene Berechnungsmethoden für die Bestimmung der jeweiligen Nusselt-Funkti-
onen und Nusselt-Zahlen und damit der Wärmeübergangskoeffizienten möglich. Dies
trifft insbesondere für die meist umfangreichen Prallkühlungsbereiche der Schaufeln zu,
in denen sehr verschiedene geometrische und strömungsmechanische Gegebenheiten
die jeweils zu wählenden Nusselt-Funktionen bestimmen. In den Bereichen mit erzwun-
gener turbulenter Konvektionsströmung, also zum Beispiel bei Bohrungen, Kühlschlit-
zen usw. können ähnlich der Kanalströmung übliche Nusselt-Funktionen angewandt
werden.
Neben den kurz vorgestellten Konzepten, die in erster Linie auf die klassische Luft-
kühlung zugeschnitten sind, gab es auch frühzeitig Entwicklungen zur Schaufelkühlung
mit anderen Fluiden, zum Beispiel Wasser, Flüssigmetall usw. sowie damit verbunden
spezielle Auslegungsverfahren. So kann zum Beispiel bei Kühlverfahren mit Flüssig-
metall nur ein im geschlossenen Kreislauf arbeitendes Verfahren angewandt werden
[Mün77B]. Die Rückkühlung des Flüssigmetalls geschieht dann im Bereich des Schau-
felfußes oder der Scheibe mittels eines zweiten Kühlfluids, z. B. Luft oder auch Was-
ser [Mün77B]. Bei Kühlverfahren mit Wasser, unabhängig davon ob als Primär- oder
Sekundärkühlmittel verwendet, sollte die hohe Verdampfungswärme ausgenutzt wer-
den. Das Kühlwasser wurde deshalb meist in Form von Wasserdampf in das Heißgas
eingeleitet.

4.3.7.2 Definition von Kenngrößen zur Turbinenkühlung


Bei der Definition von Kenngrößen zur Kühlungstechnologie von thermisch hoch
belasteten Turbinenschaufeln spielen die Zustände der vom Verdichter abgezweigten
Kühlluftströme eine wesentliche Rolle. Allgemein wird sinngemäß zur Definition von
Wärmetauscher-Wirkungsgraden (Abschn. 2.9) bei der Turbinenkühlung eine Küh-
lungseffektivität ηCl E bzw. ε definiert (Abb. 4.3-29)
Tt G − T M
ηCl E bzw. ε = · (4.3-63)
Tt G _Tt Cl E
Sie stellt das Verhältnis der Temperaturdifferenz zwischen Heißgas G und Material-
oberfläche M sowie der Temperaturdifferenz zwischen Heißgas G und Kühlluftein-
trittstemperatur TtCl E dar. Große Kühlungseffektivitäten werden erzielt, wenn durch
entsprechend hohe Kühltechnologien kleine Unterschiede zwischen Außenwand- und
Kühlluftzufuhrtemperaturen erreicht werden. Für die Rotorschaufeln gelten dabei die
Zustandsgrößen des Relativsystems.
Die Güte der Ausnutzung des bei der Kühlung zur Verfügung stehenden Tempera-
turgefälles zwischen Innenwand- und Küh11uftaustrittstemperatur wird durch den
Küh11uftnutzungsgrad bzw. die Kühleffizienz oder auch Kühlwirkungsgrad benannt
beschrieben
512 4 Turbomaschinen-Komponenten

Tt Cl A − Tt Cl E
ηCl = (4.3-64a)
TM − Tt Cl E
mit Tt ClA, der Kühllufttemperatur am Austritt, Tt ClE der Kühllufttemperatur am Eintritt
vom Verdichter kommend und TM der Materialtemperatur bzw. der Wandtemperatur
innen.
Je kleiner die Temperaturdifferenz zwischen erwärmter Kühlluft und der angren-
zenden Wand wird, umso größer ist ηCl. Die Größe der auftretenden Wärmeströme
bestimmt dabei die lokal maximal möglichen Ausnutzungsgrade. Dies muss bei der
Anwendung der Kühl1uft-Aus1egungsdiagramme entsprechend berücksichtigt werden.
Beide Kenngrößen ηCl E bzw. ε und ηK werden für eine lokale Beschreibung der Küh-
lungsvorgänge ebenso herangezogen wie für eine globale Betrachtung an der gesamten
Schaufelreihe.
Als Wirkungsgrad der Filmkühlung kann analog zu Gl. (4.3-64a) und nach Abb. 4.3-28
folgende Definition angesetzt werden [Mug81, Mug82, Gri04B].
Tt G − Tt G eff
ηFilm = (4.3-64b)
Tt G − Tt Cl A
mit der Heißgastemperatur TtG, der Kühllufttemperatur an der Ausblasestelle Tt Cl A
und der sog. Filmtemperatur Tt Film = TtG eff. Diese Filmtemperatur entsteht durch eine
Vermischung der austretenden Kühlluft mit der äußeren Gasströmung in Wandnähe als
effektive Gastemperatur TtG eff.
Abweichend von der bei nur konvektivem Wärmeübergang verwendeten Heißgas-
eigentemperatur TtG wird bei der Filmkühlung also die so genannte Filmtemperatur
TtFilm eingesetzt. Diese Temperaturen TtG und TtFilm werden unter den jeweiligen Ver-
hältnissen (d. h. ohne bzw. mit Filmkühlung) in der adiabaten Wand gemessen. TtFilm
wird daher auch als adiabate Wandtemperatur bei Filmkühlung bezeichnet. Durch die
Einblasung der Kühlluft wird lokal die Heißgasströmung gestört und eine gewisse Ände-
rung der α-Werte verursacht. Stromabwärts der Einblasestelle klingt diese Störung rasch
ab, dadurch bleiben auch die α-Werte mit bzw. ohne Filmkühlluft näherungsweise etwa
gleich.
Die erforderlichen Kühlluftprozentsätze bei einer kombinierten Konvektions- und
Filmkühlung zeigt Abb. 4.3-31 nach [Mug81, Gri04B, Brä09B]. Hier sind für zwei ver-
schiedene Filmkühlwirkungsgrade ηFilm = 0,1 und ηFilm = 0,3, sowie für jeweils vier
verschiedene Wirkungsgrade für den konvektiven Teil (ηCl = 0,3, 0,5, 0,7, 0,9) die ent-
sprechenden Kurvenverläufe für ein Hochdruckturbinen-Statorgitter aufgetragen. Es wird
davon ausgegangen, dass die Kühlluft. entsprechend dem konvektiven Wirkungsgrad auf-
geheizt und dann mit dieser Kühlluftaustrittstemperatur als Kühlfilm ausgeblasen wird.
Ein Vergleich der Kühlluftprozentsätze bei konstanten Werten zeigt, dass mit größer wer-
dender Filmkühlwirkungsgraden teilweise erheblich Kühlluft eingespart werden kann.
Weitere Hinweise zu theoretischen und experimentellen Untersuchungen über Kühl-
luft-Rechenmode11e sind in [Mug82, Wal00B, Kur02, Gri04B, Lec03B] enthalten. In der
4.3 Turbinen 513

Film- und Konvektionskühlung kombiniert


1,0
Tt G − TM Filmkühlungswirkungsgrad
außen

Tt G − Tt Cl E Tt G − Tt G eff
Film =
Tt G − Tt Cl A = 0,3 ... 0,9
Cl
ε

Cl = 0,3 ... 0,9


= 0 ,3
Kühlungseffktivität

Film
0,5
Film
= 0,1

Kühlwirkun gsgrad jeweils


Tt Cl A − Tt Cl E
Cl = = 0,3 bis 0,9
TM innen − Tt Cl E
0,0
0 2 4 6 8
m Cl
Kühlluftanteil β = [%]
mG

Abb. 4.3-31 Kühlluft-Auslegungsdiagramm bei kombinierter Film- und Konvektionskühlung


für eine Hochdruckturbine eines Turbofan-Triebwerks mit hohem Bypassverhältnis. Basiswerte
am Eintritt in die Stufe: Heißgasdruck maximal ptG = 28 bar, Temperatur TtG = 1600 K, Material
Temperatur TM außen = 1250 K, Kühlluft Temperatur Tt Cl = 830 K. Parameter ηFilm mit oberem
Bereich ηFilm = 0,3 (ausgezogene Kurve), unterer Bereich ηFilm = 0,1 (unterbrochene Kurve)

praktischen Arbeit zum Beispiel bei der Leistungssyntheserechnung in Kap. 7, 8 und 9


werden in Form von Kühl1uft-Diagrammen bzw. ε-ß-Diagramme die wesentlichen
-Parameter zusammen erfasst dargestellt wie bereits in Abb. 4.3-31 geschehen.
Sie bilden eine bewährte Basis zur Beurteilung der jeweiligen Qualität der eingesetz-
ten Kühltechnologie und bilden eine gute Ausgangsbasis bei der Vorauslegung gekühlter
Turbinenschaufeln. Die Hauptparameter dieser Kühldiagramme sind dimensions-
lose Größen, die in ihren Definitionen wie in den Rechenverfahren aus dem Gebiet der
Wärme- und Stoffübertragung auch hier zweckmäßig verwendet werden.
Aus dem für die gesamte Schaufel sich ergebenden Wärmestrom Q̇ges lässt sich gemäß
Abb. 4.3-29 der notwendige Kühlluftmassenstrom ṁK vereinfacht aus dem Hauptsatz
der Thermodynamik für ein Modell eines Ausschnittes der gekühlten Schaufelwand
erfassen

Q̇ges = ṁCl cpCl (Tt Cl A − Tt Cl E ) = αG AG (Tt G − TM ) (4.3-65)

sowie erweitert mit (TtG – Tt ClE) die Kühlungseffektivität ηCl E =  ε und ṁCl berechnen
zu
514 4 Turbomaschinen-Komponenten

Tt G − TM ṁCl cp Cl (Tt Cl A − Tt Cl E )
ε= = . (4.3-66)
Tt G − Tt Cl E αG AG (Tt G − Tt Cl E )
Das Verhältnis der Kühlluft-Wärmekapazität ṁ cpCl und der gasseitigen Wärmeüber-
gangskapazität αG AG wird auch als Wärmetransferparameter θ [Ful74] bezeichnet
ṁCl cp Cl
θCl = · (4.3-67)
αG AG
Aus Gl. 4.3-66 ergibt sich demnach zusammengefasst für die Kühlungseffektivität
θCl ηCl
ηCl E = ε = · (4.3-68)
(1 + θCl ηCl )
In den Kühlungsdiagrammen wird zur Darstellung der erforderlichen Kühlluftmenge
meist der Kühlluftanteil oder Kühlluftprozentsatz ß verwendet
β = (ṁCl /ṁG ). (4.3-69)
Bei den rein konvektiv gekühlten Schaufeln wird mit steigendem Druck und steigen-
der Temperatur der Heißgasströmung ein Zustand erreicht, bei dem die übertrage-
nen Wärmeströme der Heißseite die Kühlungsmöglichkeiten auch der Prallkühlung
übersteigen. Abhilfe kann durch eine Verringerung der übertragenen Wärmemen-
gen geschaffen werden. Bei der Entwicklung der Kühltechnologien zeigte sich, dass
durch eine kalte Wandluftschicht der Wärmeübergang aus der Heißgaszone stark
vermindert werden kann. Viele Parameter beeinflussen allerdings diese spezielle Art
des Wärmeübergangs als Filmkühlung und dementsprechend groß ist auch die Zahl
der Untersuchungen auf diesem Sektor. Diese Filmkühlung stellt allerdings in den
derzeitigen Triebwerken einen entscheidenden Schwerpunkt in der Kühlungstechno-
logie dar.
Liegt gemäß der schematischen Darstellung nach Abb. 4.3-29 (rechts) ein Wärme-
übergang mit Filmkühlung vor, dann ergibt sich allgemein bei der Wärmebilanz der
kombinierten Konvektions- und Filmkühlung folgender Zusammenhang
αFilm AG (Tt Film − TW,a ) = ṁCl cp Cl (Tt A − Tt E )· (4.3-70)
Als Filmkühlungs-Wirkungsgrad wurde analog zu Gl. (4.3-64b) und den vorstehend
gegebenen Hinweisen folgende Beziehung definiert

Tt G − Tt Film Tt G − Tt G eff
ηFilm = = (4.3-71)
Tt G − Tt Cl A Tt G − Tt Cl A

Die Temperatur Tt Film stellt die gasseitig auftretende Temperatur dar, die in Wandnähe
durch die Auswirkung der eingeblasenen Kühlluft und deren Mischung mit der Heißluft
entsteht.
Eine wesentliche Kenngröße für den Filmkühlwirkungsgrad ist die Ausblasrate, das
Verhältnis der Massenstromdichten:
4.3 Turbinen 515

Tt Cl A − Tt CL E
Kühlungseffizienz CL=
KE= ε 0,9
TM − Tt ClE

Tt HG − TM 1,0
0,8 0,8
Tt HG − TCL E HPT 0,6
0,7 ation
nspir 0,4
u n d Tra
0,6 Film ktiv 0,3
Kühlungseffektivität

HPT konve
0,5 ion lun
g
vekt allküh 0,2
n r
Ko d P
0,4 un
LPT
0,3 kti
v
n ve
0,2 ko

0,1
0,0
0 1 2 3 4 5
Kühlluft-Massenstromfunktion .Cl = m
.
CL c p CL / (αHG A HG )

Abb. 4.3-32  ε-θ-Kühlungsdiagramm allgemein für gekühlte Turbinenschaufeln mit Bereichen


verschiedener Kühltechnologien von der einfachen Konvektionskühlung bis zur kombinierten
Konvektions-, Film- und Transpirationskühlung sowie der Kühleffizienz ηCl als Parameter. Dar-
stellung nach MTU Aero Engines

ṁCl /ACl ṁCl AG


= . (4.3-72)
ṁG /AG ṁG ACl
Zusammengefasst ist in Abb. 4.3-32 ein allgemeines ε-θ-Kühlungsdiagramm gezeigt mit
den Bereichen verschiedener typischer Schaufel-Kühltechnologien von der Niederdruck-
turbine LPT bis zu Hochdruckturbinenstufen HPT mit Kombinationskühlung.
In Abb. 4.3-33 ist analog zum ε-θ-Diagramm von Abb. 4.3-32 ein ε-β-Kühlungsdiagramm
gezeigt. das mehr auf der Basis von statistischen Daten realisierter Auslegungsbeispiele ent-
standen ist.
Um bei Leistungssyntheserechnungen von Arbeitsprozessen für Gasturbinen und
Flugantrieben nach den Ausführungen in Kap. 7, 8 und 9 und in der Programmtechnik
[GasTurb] zum Beispiel Parameterstudien oder Prozessoptimierungen für verschiedene
Kühltechnologien numerisch zweckmäßig durchführen zu können, sind zusammenfas-
sende Beziehungen zweckmäßig. Die Kühleffektivität ε abhängig vom Kühlluftbedarf
β und der jeweils gewünschten Kühltechnologie von dem einfachen Schaufelgitter mit
radialen Bohrungen bis zu komplexen Schaufelgittern mit Konvektions-, Prall- und
Filmkühlung kann angelehnt an die Diagramme der Abb. 4.3-31, 4.3-32 und 4.3-33 und
ausgehend von Gl. 4.3-66 empirisch mit folgender Funktion erfasst werden:
Tt G − T M ṁCl /ṁG
ηCl E = ε = = ·
Tt G − Tt Cl E ṁCl /ṁG − CCl (4.3-73)
516 4 Turbomaschinen-Komponenten

1,0
CL E= ε
0,8 spiration
Film- / Tran

Kühllufteffektivität
kühlung
Film- / Prall
0,6
ühlung
/ Prallk
ktions-
Konve
0,4 ng
skühlu
ektion
Konv
anä le
0,2 Ra dial-K

0
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Kühlluftanteil β [%]

Abb. 4.3-33  ε-β-Kühlungsdiagramm allgemein basierend auf empirischen Daten für Turbinen-


schaufeln bei verschiedenen Auslegungen des Kühlsystems mit Konvektions-, Film- und Transpi-
rationskühlung. Darstellung nach Fa. MTU Aero Engines [Ste03B, Hen12B]

1,0 Kühlluftkontante
CCl in Gl. von Kühl CCl
Cl E= εCl 0,03
0,8 0,05
0,07
Kühllufteffektivität

0,6

0,4

0,2

0,0
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20
Kühlluftanteil β CL = mCl mG

Abb. 4.3-34  Kühlungsdiagramm empirisch allgemein für Turbinenschaufeln nach [GasTurb, Gas-


TurbDet] bei Auslegungen des Kühlsystems mit Konvektions-, Film- und Transpirationskühlung

Der Kühlluftfaktor CK in dieser Gleichung liegt etwa bei Werten CCl = 0,03 bis 0,05. Damit
können die wesentlichen Bereiche der Diagramme aus Abb. 4.3-32 und 4.3-33 für verschie-
den gekühlten Schaufeltypen gut erfasst werden, wie in Abb. 4.3-34 zu erkennen ist.
Die mittlere Metalltemperatur der gekühlten Schaufeln ergibt sich zu

TM = Tt G − ε (Tt G − Tt Cl )· (4.3-74)
4.3 Turbinen 517

Brennkammer (3) – (4) 4

41 intritt
ator-E
41eq ng St
Kühlu

Ex =0,9
pa
p
HP-Turbinen-Stufe

ol

nsi
gekühlt

on
Kühlung Rotor 43
h 44 45
Tu-Übergang
mit ∆pt

Kühlluft vom
Verdichter A

4 43
41 45 5
44

Kühlluft vom
Verdichter

Abb. 4.3-35  Der für Leistungsrechnungen nach [GasTurb, GasTurbDet] vereinfacht ange-


nommene Verlauf der Zustandsgrößen im h-s-Diagramm für eine gekühlte HP-Turbinen-
stufe dargestellt mit Brennkammer-Austritt (4), gekühlte Stator-Schaufel (4–41), Expansion
und Energieabgabe im Rotor (41−4.3), Zufuhr der Rotor-Kühlluft (34−44), Druckverlust im
Übergangskanal zur folgenden Stufe (44−45), eventuell weitere Stufe bis Ende Turbinen-Sek-
tion mit (5)

Für das Beispiel einer gekühlten HPT-Stufe nach Abb. 4.3-35 aus [GasTurb] lautet dem-
nach die Kühleffektivität der Stator-Schaufeln
Tt 4 − TM
ηCl E S = εS = · (4.3-75)
Tt 4 − Tt 3
Für die Schaufeln des Rotors R (Laufrade) kann nach [GasTurb] näherungsweise mit
518 4 Turbomaschinen-Komponenten

0,9 · Tt 41 − TM
ηCl E R = εR = · (4.3-76)
0,9 · Tt 41 − Tt 3
angesetzt werden. In dieser Korrelation aus [GasTurb] wurde als Totaltemperatur die
Temperatur nach dem gekühlten Stator (Ebene 41) relativ zum Rotor als Erfahrungswert
annähernd angesetzt mit 0,9·Tt41.

4.3.8 Kennfelder und Rechenmodelle gekühlter Turbinen

Die Darstellung und Beurteilung des Betriebs- und Leistungsverhaltens moderner


Gasturbinen-Flugtriebwerke setzt eine umfangreiche, detaillierte Kenntnis der Cha-
rakteristiken bzw. Kennfelder der einzelnen Komponenten voraus. Der Heißgas
beaufschlagten und bei Hochdruckturbinen meist intensiv gekühlten Komponente
„Turbine“ kommt hierbei eine hervorgehobene Bedeutung zu. Dies ist besonders dann
gegeben, wenn abhängig vom Temperaturniveau der Triebwerksheißteile des Kern-
triebwerks eine enge Kopplung über das Kühlsystem zwischen Verdichter- und Turbi-
nensektion besteht.

4.3.8.1 Modelle gekühlter Turbinen und Wirkungsgrad-Definitionen


Ausgehend von Rechenverfahren für ungekühlte Turbinen erfolgt die Nachrechnung
des stationären Betriebsverhaltens bzw. der Kennfelder von ein- und mehrstufigen
gekühlten Turbinen unter besonderer Berücksichtigung der verschiedenen Energie-
ströme und der auftretenden Verlusten. Aufbauend auf dem Berechnungsschema für
eine ungekühlte Turbine, (Abschn. 4.3.2 und 4.3.6), kann bei gekühlten Turbinen im
Stator und im Rotor an verschiedenen axialen und radialen Stellen Kühlluft zuge-
führt werden. Die dadurch bedingten gasdynamischen Änderungen der jeweiligen
Energieströme müssen dabei sorgfältig über Energiebilanzen berücksichtigt werden
(Abb. 4.3-36).
Bei modularer EDV-gemäßer Programmtechnik von Leistungssyntheserechnungen
gemäß Kap. 7, 8 und 9 und [GasTurb]) ist der gesamte Kühlluftstrom abschnittweise
zu erfassen wie zum Beispiel die Kühlluftströme für das Stator-Gitter einschließlich
Gehäuse, für das Rotor-Gitter und für die verschiedenen Spalten vor und nach dem
Rotor. Der Kühlluftstrom für die Spalten kann dabei vereinfacht im gesamten Betriebs-
bereich prozentual konstant bezüglich Durchsatz und Gesamtdruckverlust angenom-
men werden. Diese Näherung hat aufgrund des relativ kleinen, sich auch effektiv nur
wenig ändernden Spaltkühlluftprozentsatzes einen vernachlässigbaren Einfluss auf das
Ergebnis.
Bei für Leistungsrechnungen gut geeigneten Turbinenmodellen kann die Charakte-
ristik der Kühlluftströme von Stator- und Rotorschaufeln sowie von der Rotorscheibe
zweckmäßig in drei Abschnitte aufgeteilt erfasst werden.
4.3 Turbinen 519

E Cl,Geh 1 E CL,Geh 2

Ebene 0 Stator S 1 Rotor R 2

EG 0 EG 2

(m, p t , Tt )G, 0 (m, p t , Tt )G, 2

E Cl,S
(m, p t , Tt )CL,Le ECl,Sch
EK,Sch
(m, p, Tt )CL,Sch
(m, p t , Tt )K,Sch
ECL,La
(m, p t , Tt )CL,La
EW

EW

Abb. 4.3-36 Gekühlte Turbinenstufe mit Kontrollvolumen (gepunktet) sowie verschiedenen


Energieströmen Ėi, gekennzeichnet mit: K Kühlluft, Geh Gehäuse, Sch Scheibe, W Welle, t Total-
zustand, S Stator, R Rotor [Mug82, Ric82a]

Dies sind:

• Bestimmung der Kühlluftströme und deren Konditionen,


• Aufheizung der Sekundärluftströme und deren Energiezufuhr teilweise an der Rotor-
scheibe,
• Mischung von Kühlluft und Heißgas.

Die anschließend vorgestellten allgemeinen Rechenmodelle gelten in erster Linie für


kühlluftseitig axial durchströmte Schaufeln an entsprechenden Ausblasestellen. In die-
sen Strömungsbereichen liegen allerdings häufig starke Wechselwirkungen zwischen der
Kühlluft- und der Heißgasströmung vor, die durch geeignete Verlustmodelle erfasst wer-
den müssen. Für filmgekühlte Schaufeln sind ebenfalls entsprechende Rechenmodelle
zur Berücksichtigung zum Beispiel der Gesamtdruckverluste in der Heißgasströmung
aufgrund der zugeführten Filmkühlluft zu erstellen sowie auch für Kombinationen von
Konvektions-, Film- und Effusionskühlung (Abb. 4.3-27).
Bei der gekühlten Turbine leistet nicht nur das Heißgas, sondern auch die Kühlluft
einen bestimmten Beitrag zum abgebbaren Rotor-Drehmoment. Dieser muss bei der
Definition der charakteristischen Kenngrößen entsprechend berücksichtigt werden.
Dazu wird hier am Beispiel einer einstufigen Hochdruckturbine das in Abb. 4.3-36
520 4 Turbomaschinen-Komponenten

gezeigte weit gefasste Kontrollvolumen betrachtet. Im Gegensatz zur ungekühlten Tur-


bine, bei der zur Anwendung des Drehimpulssatzes das Kontrollvolumen nur um den
Rotor gelegt wird, soll das hier definierte Kontrollvolumen die gesamte Turbinensek-
tion umfassen. Für diese Betrachtung im Absolutsystem der Stufe zeigt Abb. 4.3-36
die über die Systemgrenzen gehenden Energieströme von Kühlluft und Heißgas. Der
Energiestrom ĖW entspricht der effektiv zur Verfügung stehende Wellenleistung der
Turbine, da auch die Förderung der Kühlluft an der Rotorscheibe als systeminter-
ner Prozess abläuft und bei der Betrachtung der Rotorströmung bereits entsprechend
berücksichtigt wurde.
Wird die in das Kontrollvolumen gehenden Energieströme mit einem positiven Vor-
zeichen bezeichnet und die abgehenden mit einem negativen, so ergibt sich aus der Ener-
giestrombilanz die Wellenleistung PW = ĖW

PW = ṁG 0 (ht 0 − ht 2 ) +
Kühlluftströme i
ṁCl i (ht Cl i − ht2 ) (4.3-77)

Der zweite Term betrifft dabei speziell die Kühlluftanteile. Da diese mit möglichst niedri-
ger Temperatur zugeführt werden, ist ht2 größer als htKi, wodurch dieser Term ein nega-
tives Vorzeichen erhält.
Bei der Definition eines umfassenden Wirkungsgrades einer gekühlten Turbinenstufe
wird die bei angenommen isentroper Entspannung mögliche Arbeit der Kühlluft berück-
sichtigt. Die Definition dieses Wirkungsgrades, meist als thermodynamischer Wir-
kungsgrad bezeichnet, lautet dann in allgemeiner Form
PW
ηth T =  . (4.3-78)
ĖG is + Cl i (ĖCl is i )

Die Energieströme ĖG is . bzw. ĖCl is i ergeben sich bei der hier angenommenen verlustlo-
sen Entspannung des Heißgases bzw. der Kühlluft vom jeweiligen Gesamtdruck am Ein-
tritt in das Kontrollvolumen auf den Gesamtdruck pt2 nach der Stufe.
Bei der gekühlten Turbine ist die spezifische Turbinenleistung wT berechenbar aus
PT
wT = hT = ht 1 − ht 2 =  . (4.3-79)
ṁG 0 + i ṁCl i
Dabei ergibt sich die Totalenthalpie ht1 direkt am Rotor-Eintritt aus einer Mischung
des Heißgases vom Stator-Austritt und der Kühlluft, die bis zur Stelle 1 vor dem Rotor
zugeführt wird:

ṁG 0 ht 0 + i ṁCl i ht Cl i
ht 1 =  . (4.3-80)
ṁG 0 + i ṁCl i
Die Durchrechnung des gesamten Entspannungsprozesses einer gekühlten Turbinen-
stufe erfordert weiterhin eine iterative Bestimmung des Gesamtdrucks pt2 am Stufen-
austritt, da dieser Wert einerseits zur Bestimmung der isentropen Energieströme für die
4.3 Turbinen 521

n  n 
Drehzahl red. rel.   [%]
Turbinen-Stufe Tt
220  Tt  AP
gekühlt 120%
J kg K 100%
nz e
200 sgre
tung
∆ ht Leis
80% Topt
Tt 180

90
ch

0,

89
0,8
160 itis

0,
r
spez. Turbinenleistung

rk
to
140 60% Ro

8
8
0 ,8
7
0 ,8
0,8
6

120 86
0 ,8

ηT =0,

100

9,5 Kühlluft [%]


80 9,0 9,1 9,2 9,3

0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,10 1,20 1,30

m Tt  n  n  
   ⋅ 10 3
Durchsatz red. rel p t  Tt  T  
  t  AP 

Abb. 4.3-37 Kennfeld einer gekühlten, einstufigen, Hochdruckturbine eines Turbofan-Trieb-


werks (Schub ca. 200 kN, Bypassverhältnis BPR = 5). Rechnung für typische triebwerksähnliche
Randbedingungen. Darstellung mit Kühlluftprozentsatz β in % [Mug82]

Kühlluft innerhalb der Wirkungsgraddefinition gebraucht wird, aber andererseits erst


nach Durchrechnung der verlustbehafteten Entspannung vorliegt.
In Turbinenkennfeldern ist zur Darstellung der Ergebnisse gegenüber dem Fall ohne
Kühlluft eine Modifikation der Kenngrößen wie Wirkungsgrad und Enthalpiedifferenz
notwendig (Abb. 4.3-37).
Wichtig ist hier gegebenenfalls auch die Einführung des Kühlluftanteiles β = ṁG /ṁG im
Turbinenkennfeld. Weiterhin können in der Kennfelddarstellung auch die Zusammenhänge
zum Beispiel zwischen einigen Kühlluftparametern und dem Wirkungsgrad der Hochdruck-
turbine berücksichtigt werden, wie dies in [Mug82, Lec03B, Gri04B, Brä09B] vorgestellt wird.
Die zusammenfassende Berechnung des Kennfeldes gekühlter Turbinen kann durch
Variation der beiden Parameter Druckverhältnis und Drehzahl erfolgen bei gleich-
zeitig konstanten Werten für die Zuströmgrößen (Totaltemperatur und Totaldruck)
sowohl des Heißgases als auch der Kühlluft. Das in Abb. 4.3-37 gezeigte Kennfeld stellt
ein berechnetes Turbinenkennfeld einer gekühlten, einstufigen Hochdruckturbine eines
Turbofan-Triebwerks mittlerer Schubklasse dar.
Die Ordinate mit der reduzierten spezifischen Turbinenleistung ergibt sich als Quo-
tient der oben definierten spezifischen Leistung einer gekühlten Turbine und des Mit-
telwertes der Gesamttemperatur des zuströmenden Heißgases Tt4. Bei der Berechnung
der Wellenleistung einer gekühlten Turbine ist daher zu beachten, dass die im Kennfeld
522 4 Turbomaschinen-Komponenten

abgelesene spezifische Turbinenleistung mit dem Gesamtmassenstrom (Heißgas plus


Kühlluft) multipliziert werden muss.

4.3.8.2 Gekühlte Turbinen und Arbeitsprozessrechnungen


Bei Gasturbinen und besonders bei Flugantrieben mit hohen Brennkammer-Aus-
trittstemperaturen über 1500 K und stark gekühlten ein- und mehrstufigen Hoch-
druckturbinen werden Kühlluftmengen von 10 bis über 20 % des Durchsatzes von den
zugeordneten Hoch- oder Mitteldruckverdichtern dem Heißgasstrom in der Turbinen-
sektion zugemischt.
Bei Leistungssyntheserechnungen (Kap. 7, 8 und 9) zu solchen Triebwerken nach
z. B. [GasTurb, GasTurbDet]) reicht es im Gegensatz zu ungekühlten Turbinen also
nicht mehr aus, die Zustandsgrößen wie Drücke und Temperaturen und die jeweiligen
Energien nur am Ein- und Austritt der Turbinenstufe oder der gesamten mehrstufigen
Turbine zu betrachten. Auf die verschiedenen Energieströme und das Arbeitsvermögen
der Kühlluftströme wurde im Abschn. 4.3.3.3 in Verbindung mit Abb. 4.3-36 bereits
hingewiesen.
Bei der Definition von Wirkungsgraden in Verbindung mit den gesamten Arbeitspro-
zessen können je nach der Komplexität der Prozessrechnungen verschiedene Gesichts-
punkte berücksichtigt und damit Rechenmodelle erstellt werden. Hier ist sehr genau zu
prüfen, welche Definitionen im Bereich der stark gekühlten Turbinen angewandt werden
sollten. Eine sorgfältige Energiestrombilanz ist unumgänglich. Zur Erläuterung werden
dazu die schematischen Darstellungen auszugsweise des Verlaufes der Zustandsgrößen
der Arbeitsprozesse im h-s-Diagramm nach Abb. 4.3-38 herangezogen.
Von den verschiedenen Möglichkeiten, Wirkungsgrade ein- und mehrstufiger,
gekühlter Turbinen zu definieren, wird anschließend auf die üblichen auch in [GasTurb]
verwendete Wirkungsgrad-Definitionen ηTSt, ηthT und ηtheq eingegangen und die einzel-
nen Rechenmodelle kurz vorgestellt.
Für den recht einfachen Fall einer Wirkungsgrad-Definition nach zum Beispiel
[Wal00B] ist im Abb. 4.3-38a (links oben) der Verlauf der Zustandsgrößen gezeigt. Nach
der Brennkammer (4) wird vor dem Rotor (41) dem Heißgasstrom der Anteil des Kühl-
luftstromes vom Verdichteraustritt (3) kommend energetisch zugemischt, der anschlie-
ßend an der Expansionsarbeit im Turbinen-Rotor beteiligt ist. Der andere, übrige Teil
des Kühlluftstromes aus dem Verdichter wird erst nach dem Rotor (44) zugegeben und
ergibt so den Zustand nach der Zumischung (45). Die Expansion im Turbinen-Rotor
erfolgt rechnerisch wie in einer ungekühlten Turbinenstufe. Es sind demnach nur zwei
Kühlluftströme zu berücksichtigen, was eine Arbeitsprozessrechnung erleichtert.
Die Expansion im Rotor findet also real effektiv zwischen den Totaldrücken pt4 = pt41
und pt44 = pt45 statt. Damit lautet der einfache Stufen-Wirkungsgrad ηT St gekühlter
Turbinen
PT ṁ41 wT
ηT St = = . (4.3-81)
ṁ41 wT is ṁ41 (ht 41 − ht 44 is )
4.3 Turbinen 523

(a) (b)
HP-Turbinen-Stufe gekühlt

4
Stator-Kühlung A
er Kühlluft 5
mm 41
Bre n n ka 4 41 43 45
44

Ex
pa
∆htT
ns
∆h tTis
h
Rotor-Kühlung io n 44
Kühlluft
45 5
44 is

(c)
Verdichter und Kühlluft-Abgabe
4

Brennkammer Turbine
Verdichter-Sektion p t4 gekühlt
Kühlluft-Abgabe w Tis
w is,Cl,i 3
w Pump
45
p t3 2x w is,Cl 45 is

p t2x
p t45
w is,Cl,j
h h

s s

Abb. 4.3-38 Verlauf der Zustandsgrößen schematisch im h-s-Diagramm einer gekühlten HP-


Turbinenstufe für die verschiedenen Wirkungsgrad-Definitionen a,b und c nach [GasTurb, Gas-
TurbDet]. Brennkammer-Austritt (4), gekühlte Statorschaufel (4-41), Zufuhr weiterer Kühlluft
(41-41eq), Expansion und Energieabgabe im Rotor (41-44 bzw. 45), Zufuhr von Kühlluft nach dem
Rotor (44-45), Druckverlust im Übergangskanal zur folgenden Stufe (44-45), bei weiteren Stufen
analog wie bei der ersten Stufe bis zum Ende der Turbinen-Sektion mit (5)

Wie bereits allgemein mit Gl. 4.3-78 angegeben und in der Fachliteratur verbreitet,
wird umfangreich und genauer als mit Gl. 4.3-81 unter Berücksichtigung der wichtigen
Energieströme der thermodynamische Wirkungsgrad ηthT definiert (im Programm
524 4 Turbomaschinen-Komponenten

[GasTurb] wird er mit ηA bezeichnet). Zur Erläuterung sind in Abb. 4.3-38c (unten)


schematisch die entsprechenden Angaben aus dem h-s-Diagram auszugsweise zu
erkennen.
Bei dieser Definition wird die gesamte Turbinenstufe mit ihrem alles umfassenden
Kontrollraum als Einheit betrachtet, in den der Heißgas-Energiestrom ṁ4 ht4 an der
Stelle 4 vor der Stator-Schaufel eintritt sowie die Energie der Sekundärluftströme i, also
ṁi ht,i. Dabei wird zur Darstellung eines Wirkungsgrades die im Idealfall zur Verfügung
stehende Leistung als die Summe aller Leistungen der einzelnen Massenströme am Kont-
rollraum bei Entspannung auf den Turbinenaustrittssdruck pt45 berechnet.
Dies betrifft hauptsächlich die von verschiedenen Stellen i des Verdichters kom-
menden Kühlluftströme, deren Energie mit den Zustandsgrößen an der jeweiligen Ent-
nahmestelle i bzw. 3 oder 2× im Verdichter bestimmt wird sowie mit der spezifischen
isentropen Energie wis Cl,i der isentropen Expansion vom jeweiligen Totaldruck pti auf
den Totaldruck am Turbinenaustritt 45 also auf pt45. Am Verdichteraustritt 3 liegt die
Entnahmestelle der HP-Kühlluft mit pt3, ht3 und ṁK3 vor, die Mitteldruck-Kühlluft-
ströme i kommen von den im Verdichter davor liegenden Entnahmestellen 2× und
expandieren von jeweils pt2× ebenfalls auf pt45.
Ein Teil der Rotor-Kühlluft wird entlang der Rotorscheibe zu den Schaufeln geführt
und erfährt somit eine Energieänderung. Die damit von der Turbine theoretisch abge-
bare, gesamte Leistung steht also nicht vollständig an der Welle zur Verfügung. Die
Kühlluft im Bereich der Rotorschaufel wird recht nahe an der Rotor-Nabe zugeführt und
strömt dann hinter einer Deckscheibe (coverplate) radial nach außen und wird quasi wie
in einem Radialverdichter komprimiert. Dies erfordert also zusätzliche Pumpleistung.
Die zusätzliche Arbeit wPump wird als die Energiezufuhr der an der Rotor-Scheibe ent-
lang geführten Kühlluft formuliert, die zu ihrer Beschleunigung auf die Geschwindigkeit
des Schaufelblattes notwendig ist.
Zusammengefasst lautet der thermodynamische Wirkungsgrad
PT + PPump
ηthT St =  . (4.3-82)
ṁ4 wT is + i ṁCl i (wCl is + wPump is )
Die isentropen, also idealen spezifischen Arbeiten der einzelnen sekundären Massen-
ströme werden über ihre Zustandsgrößen wie Druck und Temperatur bestimmbar und
können auch gut aus Experimenten und Messungen erhalten werden.
Im Zusammenhang mit gekühlten Turbinen ist es zur Vermeidung von Missver-
ständnissen erforderlich, einige der Temperaturen mit eigenen Bezeichnungen zu bele-
gen. Der Begriff Brennkammer-Austrittstemperatur Tt4 ist gleichbedeutend mit der
HP-Turbinen-Eintrittstemperatur. Die Zustandsgrößen am Rotor-Eintritt Tt41 und pt4
und deren Bestimmung sind wesentliche Größen bei der Definition und Verwendung
der Wirkungsgrade. Der Unterschied zwischen Tt4 und Tt41 ist allerdings für Arbeitspro-
zessrechnungen nicht relevant, für die mechanisch-thermische Belastung von Leit- und
Laufräder sind diese Temperaturen allerdings von großer Bedeutung.
4.3 Turbinen 525

Wirkungsgrad äquivalent gekühlter mehrstufiger Turbinen Bei einem weiteren


Rechenmodell in [GasTurb] für gekühlte ein- und besonders mehrstufige Turbinen wird
angenommen, dass nach der Kühlung des Stators (im h-s-Diagramm von Ebene 4 bis 41)
die Massenströme weiterer Kühlluftströme noch vor dem Rotor-Eintritt 41 dem Haupt-
strom zugemischt werden können. Damit ergibt sich nach der Zumischung ein theoreti-
scher, äquivalenter Zustandspunkt 41eq, von dem aus die Expansion im Turbinen-Rotor
von pt41eq = pt4 mit ṁ41,eq wie in einem ungekühlten Turbinen-Rotor auf pt45 erfolgt.
Die Temperatur Tt41 direkt nach dem gekühlten Leitrad kann über eine energetische
Mischung des Heißgases und der Leitrad-Kühlluft bestimmte werden
ṁ4 ht4 + ṁCl S ht Cl,S
ht41 = . (4.3-83)
ṁ4 + ṁCl S
Durch die Zumischung weiterer Kühlluftströme sinkt die Temperatur von Tt41 auf die
äquivalente Temperatur Tt41eq. Dabei werden für die Zustandsgrößen der Kühlluft die
Größen vom Verdichteraustritt 3 angenommen.
Der äquivalente Wirkungsgrad für ein- oder mehrstufige Turbinen ergibt sich
demnach
PT PT
ηTeq = = . (4.3-84)
ṁ41,eq wT is ṁ41,eq (ht41eq − ht44 is )
Zu den verschiedenen, oben angegebenen Wirkungsgraden (a), (b) und (c) soll zusam-
mengefasst betont werden, dass beim realistischen Vergleich von Leistungsgrößen
gekühlter Turbinen hier besonders in Verbindung mit Wirkungsgraden eindeutige
Klarheit über die Grenzen der Kontrollräume und die Definitionen der Wirkungsgrade
geschaffen werden muß. Die zahlenmäßigen Unterschiede von Ergebnissen können
sonst verwirrend und sehr irreführend werden.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[Ada93] Adamczyk, J.J., Celestina, M.L., Greitzer, E.M.: The role of tip clearance in high-
speed fan stall. ASME J. Turbomach. 113, 28–39 (1993)
[AGa81B] AGARD: Aerodynamics of Power Plant Installation. North Atlantic Treaty Org.
AGARD-XP-301 (1981)
[And90B] Anderson, J.D. Jr.: Modern Compressible Flow, 2 Aufl. McGraw Hill, New York
(1990)
[And91B] Anderson, J.D. Jr.: Fundamentals of Aerodynamics, 2. Aufl. McGraw Hill, New
York (1991)
[Aur09a] Aurahs, L., Kasper, C., Kürner, M., Rose, M., Staudacher, S., Gier, J.: Water flow
model turbine flow visualization study of the unsteady interaction of secondary
526 4 Turbomaschinen-Komponenten

flow vortices with the downstream rotor Journal of Power and Energie. In: Pro-
ceedings Mechanical Engineers, Bd. 223, Part A (2009)
[Aur09b] Aurahs, L., Rose, M., Staudacher, S.: Experimental Investigation of Unsteady
Interaction of Secondary Flows in a Turbine Stage, DLRK2009-1158, Aachen
(2009)
[Bal64] Balje, O.E.: A study on Reynolds number effects in turbomachines. J. Eng. Power
(1964)
[Bam68] Bammert, K., Kläukens, H., Hartmann, D.: Der Einfluss des radialen Schaufel-
spalts auf den Wirkungsgrad mehrstufiger Turbinen. VDI-Z 110(10) (1968)
[Bau05]
Bauer, M.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren zur automatisierten
modellbasierten Leistungsanalyse von Gasturbinen. Dissertation, Universität
Stuttgart (2005)
[Bau09] Baumann, J., Ries, T., Rose, M.G., Staudacher, S., Raab, I.: Actuated Transition
in LP Turbine Laminar Separation – An Experimental Approach. DLRK2009-
121277, Deutscher Luft- und Raumfahrtkongress. Aachen (2009)
[Bau99B] Bauerfeind, K.: Steuerung und Regelung der Turboflugtriebwerke. Birkhäuser,
Basel (1999)
[Bec07] Becker, B., Reyer, M., Swoboda, M.: Steady and unsteady numerical investiga-
tion of transitional shock-boundary-layer-interaction on a fan blade. Aerosp. Sci.
Technol. 11, 507–517 (2007)
[Bel95] Bell, R.M.: Untersuchungen zur Stoß-Grenzschicht-Interferenz an aerodynamisch
hochbelasteten Transsonik-Verdichtergittern. Dissertation, Universität der Bun-
deswehr (1995)
[Ben86] Benra, F.K.: Beitrag zur Berechnung der Strömung in mehrstufigen Axialverdich-
tern unter besonderer Berücksichtigung der Seitenwandgrenzschichten und der
Sekundärströmungen, Dissertation, Universität Duisburg (1986)
[Ber04] Bergner, J., Hennecke, D.K.: Entwicklung von Verdichterrotoren für eienen ein-
stufigen, transsonischen Axialverdichterprüfstand. DGLR-Kongress (2004)
[Ber05] Bergner, J.: Experimentelle Untersuchung der Strömung im Blattspitzenbereich
eines transsonischen Axialverdichters nahe der Stabilitätsgrenze. Dissertation,
Technische Universität Darmstadt (2005)
[Bia84] Biagosch, A.: Verfahren zur Optimierung der aerothermodynamischen Auslegung
mehrstufiger Axialverdichter. Dissertation, Technische Universität München
(1984)
[Bla00a] Blaha, C.: Transsonischer Axialverdichter mit gepfeilten Profilen. Dissertation,
Technische Universität Darmstadt (2000)
[Bla00b] Blaha, C., Kablitz, S., Hennecke, D.K., Schmidt-Eisenlohr, U., Pirker, K., Haselho,
S.: Numerical investigation of the flow in an aft-swept transonic compressor
rotor". In: Proceedings of the ASME TURBOEXPO 2000. ASME, Munich (2000)
[Boc07] Bock, S., Horn, W., Wilfert, G., Sieber, J.: Active Core Technology Within the
NEWAC Research Program for Cleaner and More Efficient Aero Engines. CEAS
Paper CEAS-2007-055 (2007)
[ Boh04B] Bohl, W., Elmendorf, W.: Strömungsmaschinen 1. Aufl. Vogel Buchverlag (2004)
[Bol05] Boll, Ch., Spieler, S., Staudacher, S., Gebser, D.: Supply chain simulation and eco-
nomical evaluation of forged Titanium discs for aircraft engines, GT2005-68310.
Reno-Tahoe (2005)
[Böl86B] Bölcs, A., Suter, P.: Transsonische Turbomaschinen, Wissenschaft und Technik:
Taschenausgabe. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1986)
[Brä09B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 3. Aufl. Springer, Berlin (2009)
Literatur 527

[Brä85] Bräunling, W.: Berechnung des Abströmwinkels aus rotierenden Turbinen Ring-
gittern auf konischen Stromflächen im Machzahlbereich sub bis supersonisch,
Thermische Strömungsmaschinen 85. VDI Berichte 572.1. Düsseldorf (1985)
[Brä88] Bräunling, W., Quast, A., Dietrichs, H.J.: Detection of separation bubbles by infra-
red images in transonic turbine cascades. Trans. of the ASME. J. Turbomach. 110,
504–511 (1988)
[Bra94] Braig, W., Riegler, C.: Berücksichtigung des Einflusses des Isentropenexponenten
auf die Kennfelder von Turbinen. Forschung im Ingenieurwesen (1994)
[Bre07] Bretschneider, S., Staudacher, S.: A feature based design approach to high pressure
compressor peliminary design for civil aircraft propulsion systems. In: 1st DGLR-
CEAS Conference 2007, DGLR-CEAS 2007-217, Berlin (2007)
[Bre08] Bretschneider, S., Rothe, F., Rose, M., Staudacher, S.: Compressor casing prelimi-
nary design based on features. GT2008-50102, ASME Turbo Expo 2008, Power for
Land, Sea and Air, Berlin (2008)
[Bre91] Breuer, M.: Numerische Lösung des Navier-Stokes Gleichungen für dreidimensi-
onale inkompressible instationäre Strömungen zur Simulation des Wirbelaufplat-
zens. Dissertation, RWTH Aachen (1991)
[Bre95] Breuer, T., Servaty, S.: Stall inception and surge in high speed axial flow compres-
sors, AGARD propulsion and energetics panel (PEP). In: Symposium on Loss
Mechanisms and Unsteady Flows in Turbomachines, Derby, UK, Paper 26 (1995)
[Bri08] Brignole, G., Danner, F., Kau, H.-P.: Time Resolved Simulation and Experimental
Validation of the Flow in Axial Slot Casing Treatments for Transonic Axial Com-
pressors. ASME GT2008-50593 (2008)
[Bri10] Brignole, G.: Parameter zur Auslegung effizienter Gehäusestrukturierungen. Dis-
sertation, TU München (2010)
[Bro05] Broichhausen, K.D., Ziegler, K.U.: Supersonic and Transonic Compressors: Past,
Status and Technology Trends. ASME Paper GT2005-69067 (2005)
[Cas02] Castner, R., Chiapetta, S., Wyzykowski, J., Adamczyk, J.J.: An Engine Research
Program Focused on Low Pressure Turbine Aerodynamic Performance. ASME
Turbo Expo GT-2002-30004 (2002)
[Cas85] Casey, M.V.: The effects of Reynolds number on the efficiency of centrifugal com-
pressor stages. J. Eng. Gas Turbines Power 107, 541–548 (1985)
[Cas86] Casey, M.V., Marty, E.: Centrifugal compressors performance at design and off
design. Institute of refrigeration at the institute of marine engineers, London
(1986)
[ Con58] Conrad, J.: Strömung im Axialverdichter mit 50 % Reaktion, Mot Z (MTZ) (1958)
[Cor63K] Cordes, G.: Strömungstechnik der gasbeaufschlagten Axialturbine. Springer, Ber-
lin (1963)
[Cum89] Cumpsty, N.A.: Part circumference casing treatment and the effect on compressor
stall. In: ASME Gas Turbine and Aeroengine Congress, Paper 89 GT312, Toronto
(1989)
[Cum89B] Cumpsty, N.A.: Compressor Aerodynamics. Longman Group Ltd. Pearson Edu-
cation Ltd. Harlow (1989)
[ Cum97B] Cumpsty, N.A.: Jet Propulsion. Cambridge University Press (1997)
[Dan09] Danner, F.C.T., Kau, H.-P., Müller, M.M., Schiffer, H.-P., Brignole, G.A.: Experi-
mental and Numerical Analysis of Axial Skewed Slot Casing Treatments for a Tran-
sonic Compressor Stage. GT2009-59647, ASME Turbo Expo 2009, Orlando (2009)
[Dav69] David, O., Hourmouziadis, J., Marx, N.: Auslegungsdiagramme für Axialturbi-
nenstufen. Kiepert-Verlag, Berlin (1969)
528 4 Turbomaschinen-Komponenten

[Daw86] Dawson, R.E., Pashley, D.G., Melville, L.E.: Technology of the wide chord fan
blade. AIAA/ASME/SAE/ASEE Joint Propulsion Conference, Huntsville, Ala-
bama, AIAAPaper 86 1748 (1986)
[ Day76] Day, I.J.: Axial compressor stall. Dissertation, University of Cambridge (1976)
[Den93] Denton, J.D.: Loss mechanisms in turbomachines. ASME J. Turbomach. 115,
621–656 (1993)
[DGL00B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt: Die deutschen Senkrechtstartflug-
zeuge. DGLR-Bericht 2000-01 (2000)
[Die87] Dietrichs, H.J., Hourmouziadis, J., Malzacher, F., Bräunling, W.: Flow phenomena
in transonic turbine cascades. detailed experimental and numerical investigation.
In: 8th International Symposium on Air Breathing Engines (ISABE), Cincinnati
(1987)
[Die93] Dietrichs, H.-J., Malzacher, F., Broichhausen, K.: Development of a HP-turbine
for a small helicopter engine. In: AGARD Conference on Technology Require-
ments for Small Gas Turbines, conference proceedings No. 537, Montreal, CDN
(1993)
[Dor00] Dorney, D.J., Flitan, H.C., Ashpis, D.E., Solomon, W.J.: Effects of Blade Count on
Boundary Layer Developement in a Low Pressure Turbine. AIAA 2000-0742, S.
1–17 (2000)
[Dun70] Dunham, J.: A review of cascade data on secoundary losses in turbines. J. Mech.
Eng. Sci. 12(1) (1970)
[Dun83] Dunkler, R. et al.: Redesign and performance analysis of a transonic axial com-
pressor stator and equivalent plane cascades with subsonic controlled diffusion
blades. In: ASME Gas Turbine Conference, Phoenix, Arizona, Paper 83 GT 208
(1983)
[Dun88] Dunker, R.: Theoretische und experimentelle Untersuchungen über die Verdich-
tungsstoßverluste in transsonischen Axialverdichtern, DFVLR-FB 88-38 (1988)
[Dup84] Dupslaff, M.: Stabilität hochbelasteter Verdichtersysteme in Mehrwellen-Trieb-
werken, MTU, Technischer Bericht 84/009 (1984)
[Ebe03] Ebenhoch, G., Maar, K., Winkler, P., Jeschke, P., Selmeier, R.: PW6000 Hoch-
druckverdichter: Vom Technologieprogramm zur Serienanwendung. DGLR-Kon-
gress München (2003)
[Eck61] Eckert, B.: Die Gasturbine als Antriebsmaschine für das schwere Straßenfahrzeug,
MTZ 31 (1970)
[Eck61K] Eckert, B., Schnell, E.: Axial und Radialkompressoren, 2. Aufl. Springer, Berlin
(1961)
[Eck74] Eckardt, D.: Instantaneous measurements in the jet wake discharge flow of a cen-
trifugal compressor impeller. In: ASME Gas Turbine Conference, Zurich, Paper
74 GT 90 (1974)
[Eck76] Eckardt, D.: Detailed flow investigations with in a high speed centrifugal com-
pressor impeller. In: ASME Gas Turbine and Fluids Engineering Conference, New
Orleans, La., Paper 76 FE 13 (1976)
[Eck78] Eckardt, D.: Jet wake mixing in the diffuser entry region of a high speed centri-
fugal compressor. In: Proceedings Joint Symposium on Design and Operation of
Fluid Machinery, Colorado State University Fort Collins, Colorada (1978)
[Eck84] Eckert, E.R.G.: Analysis of film cooling and full coverage film cooling of turbine
blades. transactions of the ASME. J. Gas. Turb. Power 106, 206–213 (1984)
[Emm07] Emmrich, R., Hönen, H., Niehuis, R.: Time resolved investigations of an Axial
Compressor with Casing Treatment Part 2 – Simulation, ASME Paper GT2007-
27582 (2007)
Literatur 529

[Emm55] Emmons, H.W., Pearson, C.E., Grant, H.P.: Compressor Surge and Stall Propaga-
tion. Trans. ASME 77, 455–469 (1955)
[Eng07] Engber, M., Rüd, K., Ardey, S., Gier, J., Waschka, W.: Advanced Technologies for
Next Generation Regional Jets – Survey of Research Activities at MTU Aero Engi-
nes. ISABE Paper ISABE-2007-1282 (2007)
[Eul00] Eulitz, F.: Numerische Simulation und Modellierung der instationären Strömung
in Turbomaschinen. Dissertation, Ruhr Universität Bochum, Forschungsbericht
2000–05 (2000)
[Eul96] Eulitz, F., Engel, K., Pokorny, S.: Numerical Investigation of Inviscid and Viscous
Interaction in a Transonic Compressor. AGARD-CP-571, S. 38.1–38.13 (1996)
[Fab67B] Fabri, J.: Rotating Stall in Axial Compressors. Translation into English by NASA,
TT F 11, 765 (1967)
[Far88] Farokhi, S.: Analysis of rotor tip clearance loss in axial-flow turbines. AIAA J. Pro-
pul. 4(5) (1988)
[Fin92] Fink, D.A., Cumpsty, N.A., Greitzer, E.M.: Surge dynamics in a free-spool centri-
fugal compressor system. J. Turbomach. (1992)
[Fio93] Fiola, R.: Berechnung des instationären Betriebsverhaltens von Gasturbinen unter
besonderer Berücksichtigung von Sekundäreffekten. Dissertation, Technische
Universität München, Berlin (1993)
[Fla67] Flagg, E.E.: Analytical Procedure and Computer Program for Determining the Off
Design Performance of Axial Flow Turbines. NASA CR 710 (1967)
[Fot68] Fottner, L.: A semi empirical approach of the transonic flow past cascades inclu-
ding shock and viscous effects, Adv. Group for Aeron. Res. and Development
(AGARD), Conference Proceedings Nr 34, Paris (1968)
[Fot69] Fottner, L.: Loss correlation for two dimensional cascades at the design point with
incompressible flow. Technischer Bericht MTU 69/13 (1969)
[Fot70] Fottner, L.: Ein halbempirisches Verfahren zur Bestimmung der reibungsbehafte-
ten transsonischen Schaufelgitterströmung mit Einschluß von Überschallfeldern
und Verdichtungsstößen. Dissertation, Technische Hochschule München (1970)
[ Fot85B] Fottner, L.: Strömungsmaschinen I, II. UniBW (1985)
[Fre92] Freeman, C., Cumpsty, N.A.: Method for the prediction of supersonic compressor
blade performance. J. Propul. 8(1), 199–208 (1992)
[Fri97] Fritsch, G., Hoeger,M., Blaha, C., Bauer, D.: Viscous 3D compressor simulations
on parallel architectures – design tool development and application to a transonic
compressor stage. AIAA Paper 97-2876 (1997)
[Frö10]
Fröbel, T., Groth, C., Gümmer, V., Kau, H.-P.: Numerical investigation of
unsteady flow phenomena in an hp axial compressor incorporating stator shroud
cavities. In: 46th AIAA/ASME/SAE/ASEE Joint Propulsion Conference and Exhi-
bition, Nashville Tennessee (2010)
[Ful74] Fullagar, K.P.L.: The Design of Air Cooled Blades. British Aeronautical Research
Council Report 35684, HMT 361 (1974)
[Fur98] Furukawa, M., Inoue, M., Saiki, K., Yamada, K.: The Role of Tip Leakage Vortex
Breakdown in Compressor Rotor Aerodynamics, ASME 98-GT-239, Stockholm
(1998)
[Gab98] Gabler, R.: Betriebsverhalten von Wellenleistungsgasturbinen bei Verdichterinsta-
bilitäten und Methoden zur Realisierung. Dissertation, TU München (1998)
[Gal85] Gallimore, S.J.: Spanwise mixing in multi stage axial compressors. Dissertation,
University of Cambridge (1985)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. Gasturb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
530 4 Turbomaschinen-Komponenten

[GasTurbDet] Kurzke, J.: GasTurbDetails – utility for gasturb performance simulations. Manual.
Gasturb GmbH Aachen. (www.gasturb.de) (2010)
[Gas02B] Gasch, R., Nordmann, R., Pfützner, H.: Rotordynamik, 2. Aufl. Springer, Berlin
(2002)
[Gas67B] Gasparovic, N. et al. (Hrsg.): Gasturbinen. Probleme und Anwendungen. VDI-
Verlag, Düsseldorf (1967)
[Gla72B] Glassman, A.J.: Turbine design and application, Bd. 1 (1972), 2 (1973), 3 (1975).
NASA SP-290 (1972)
[Gla73B] Glassman, A.J.: Turbine Design and Application, Bd. 1 (1972), 2(1973), 3 (1975).
NASA SP-290 (1973)
[Gla76] Glassman, A.J.: Computer Program for Design and Analysis of Radial Inflow Tur-
bines. NASA Technical Note, TN 8164 (1976)
[Gra84]
Grahl, K.: Kennfelderweiterung aerodynamisch hochbelasteter Axialverdichter
durch Leitradumstaffelung, Fortschritt-Bericht VDI Reihe 7 Nr 83. VDI-Verlag,
Düsseldorf (1984)
[Gra85] Grahl, K., Schwarz, S.: Theoretische Untersuchungen des Betriebsverhaltensvon
Gasturbinen mit einem Simulationsprogramm unter Einbeziehungder Kennfeld-
rechnung, Fortschritt-Bericht VDI Reihe 7 Nr. 103,VDI-Verlag, Düsseldorf (1985)
[Gra93B] Grahl, K.G.: Turbomaschinen I. Vorlesung Turbomaschinen TM I. Ruhr-Univer-
sität, Bochum (1993)
[Gra99] Grauer, F.: Entwicklung einer Pumpgrenzwarnung für mehrstufige,hochbelastete
Axialverdichter, Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 7, Nr. 355,Düsseldorf (1999)
[Gre75] Greitzer, E.M.: Surge and rotating stall in axial flow compressors. In: ASME Gas
Turbine Conference, Houston. Paper 75 GT 9 (1975)
[Gre78] Greitzer, E.M. et al.: A fundamental criterion for the application of rotor casing
treatment. J. Fluids Eng. 101 (1978)
[Gre79] Greitzer, E.M., Nikkanen, J.P., Haddad, D.E., Mazzawy, R.S., Joslyn, H.D.: A fun-
damental criterion for the application of rotor casing treatment. J. Fluids Eng.
101, 237–243 (1979)
[Gre81] Greitzer, E.M.: The stability of pumping sytsems. ASME J. Fluids Eng. 103 (1981)
[Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser, Basel (2004)
[Gri09B] Grieb, H.: Verdichter für Turbo Flugtriebwerke. Springer, Berlin (2009)
[Gri72] Grieb, H., Schäffler, A.: Seitenwandgrenzschichten in Axialverdichtern, DGLR
Fachausschuss für luftatmende Triebwerke. Friedrichshafen (1972)
[Gri74] Grieb, H., Schäffler, A., Laudenberg, H.: Entwicklungsprobleme an Axialverdich-
tern für Kleingasturbinen. DGLR Fachausschuss für luftatmende Triebwerke,
Frankfurt (1974)
[Gri75] Grieb, H., Schill, G., Gumicio, R.: A semi empirical method for the determina-
tion of multistage axial compressor efficiency. In: ASME Gas Turbine Conference,
Houston, Texas, Paper 75 GT 11 (1975)
[Güm00] Gümmer, V., Wenger, U., Kau, H.-P.: Using sweep and dihedral to control three-
dimensional flow in transonic stators of axial compressors. In: ASME 2000-GT-
491, ASME Conference, Munich (2000)
[Güm99] Gümmer, V.: Pfeilung und V-Stellung zur Beeinflussung der dreidimensionalen
Strömung in Leiträdern transsonischer Axialverdichter. Disserration, TU Mün-
chen (1999)
[Haa08] Haake, M., Staudacher, S., Fiola, R.: 1-dimensionaler, stufenweiserModellierungs-
ansatz zur Simulation des Pump- und Stallverhaltensvon mehrstufigen Axialver-
dichtersystemen. DLR-Kongress 2008, Darmstadt,DLRK 2008-81308 (2008)
Literatur 531

[Hag82K] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. Verlag G. Braun, Karlsruhe
(1982)
[Hah91] Hah, C., Wennerstrom, A.J.: Three-dimensional flowfields inside a transonic com-
pressor with swept blades. ASME J. Turbomach. 113, 241–251 (1991)
[Hah98] Hah, C., Puterbaugh, S.L., Wadia, A.R.: Control of Shock Structureand Secondary
Flow Field Inside Transonic Compressor Rotors Through Aerodynamic Sweep.
ASME paper 98-GT-561 (1998)
[Hal53] de Haller, P. Das Verhalten von Tragflügelgittern in Axialverdichtern und im
Windkanal. Brennstoff-Wärme-Kraft. Z Energ tech Überw 5(4) (1953)
[Hal89] Haller, J.: Ein Berechnungsverfahren für verlustbehaftete transsonische Schaufel-
gitterströmungen in mehrstufigen Turbomaschinen mit Koppelung von Rechnun-
gen in der Meridianebene und auf rotationssymmetrischen Profilschnittflächen.
Dissertation, Universität Stuttgart (1989)
[Hal94] Hall, E.J., Crook, A.J., Delaney, R.A.: Aerodynamic analysis of compressor casing
treatment with a 3-D Navier-Stokes Solver. AIAA Paper 94-2796 (1994)
[Hap85] Happel, H.W.: Application of a 2D Time Marching Euler Code to transonic tur-
bomachinery flow. In: Proceedings of the 6 GAMM Conference on Numerical
Methods in Fluid Mechanics. Vieweg Verlag, Braunschweig (1985)
[Hau62B]
Hausenblas, H.: Vorausberechnung des Teillastverhaltens von Gasturbinen.
Springer, Berlin (1962)
[Hei77] Heilmann, W.: Die Entwicklung von Gasturbinen kleiner Leistung mit regenerati-
vem Wärmetauscher in der MTU. MTZ 38 (1977)
[Hei81] Heinig, K.E.: Sound propagation in multi-stage axial flow turbomachines. In:
AIAA Aeroacoustics Conference, Palo Alto, Paper 81-2047 (1981)
[Hem08] Hembera, M., Kau, H.-P., Johann, E.: Simulation of casing treatments of a transo-
nic compressor stage, ISROMAC 12 Paper ISROMAC12-2008-20042 (2008)
[Hem09] Hembera, H.: Numerischer Entwurf von effizienten Casing Treatments für einen
4,5-stufigen Hochdruckverdichter. Dissertation, TU München (2009)
[Hen11] Henne, J.: Turning technology into products. MTU aero engines. In: Invited 20th
ISABE Conference 2011, Gothenburg (2011)
[Hen12B] Henne, J.: Technologie und Entwicklung von Triebwerken dernächsten Genera-
tion. Vorlesung, TU München (2012)
[Hen89] Henne, J.M.: Instationäre Stoß- und Grenzschichtphänomene an Einzelprofilen
und in einem ebenen Gitter bei transsonischer Strömung. Dissertation, RWTH
Aachen (1989)
[Hie80] Hiebel, J.-H.: Beitrag zur Berechnung von stationären Unter- undUeberschallströ-
mungen durch Turbomaschinen unter Berücksichtigungvon Strömungsverlusten
und Wärmeflüssen. Dissertation universität Stuttgart(1980)
[Hil06]
Hilgenfeld, L.: Turbulenzstrukturen in hochbelasteten Transsonik-Verdichter-
gittern unter besonderer Berücksichtigung der Verdichtungsstoß-Grenzschicht-
Interferenz. Dissertation, Universität der Bundeswehr (2006)
[Hir07] Hirsch, C.: Numerical Computation of Internal and External Flows: Introduction
to the Fundamentals of Computational Fluid Dynamics. Butterworth Heinemann
Verlag (2007)
[Hir94]
Hirsch, C.: CFD Methodology and Validation for Turbomachinery Flows.
AGARD Lecture Series 195 (1994)
[Hir96] Hirsch, Ch., Kang, S., Pointel, G.: A Numerically Supported Investigation of the
3D Flow in Centrifugal Impellers, Part II: Secondary Flow Structure. In: ASME
Gas Turbine and Aeroengine Congress, Birmingham, UK, Paper 96 GT 152 (1996)
532 4 Turbomaschinen-Komponenten

[Hoe00] Hoeger, M., Lahmer, M., Dupslaff, M., Fritsch, G.: A correlation for tip leakage
blockage in compressor blade passages. ASME J. Turbomach. 122, 426–432 (2000)
[Hof05] Hofmann, W., Ballmann, J.: Flow Mechanisms in a Transonic Turbocompressor
at Conditions Near Stall. ISABE Paper ISABE-2005-1139 (2005)
[Hoh86] Hoheisel, H., Seyb, N.J.: The Boundary Layer Behaviour of Highly loaded Com-
pressor Cascade at Transonic Flow Conditions. In: AGARD Conference on Tran-
sonic and Supersonic Phenomena in Turbomachines, München, CP 401 (1986)
[Hoh87] Hoheisel, H., Kiock, R., Lichtfuss, H.J., Fottner, L.: Influence of free stream turbu-
lence and blade pressure gradient on boundary layer and loss behavior of turbine
cascades. Trans. ASME. J. Turbomach. 109, 210–219 (1987)
[Hor10] Horn, W.: Verbesserung des Betriebsverhaltens von Turboflugtriebwerkendurch
aktiv geregelte Verdichter, Dissertation, Universität Stuttgart (2010)
[ Hor58B] Horlock, J.H.: Axial Flow Compressors. Butterworth, London (1958)
[Hor67K] Horlock, J.H.: Axialkompressoren. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1967)
[Hor85B]
Horlock, J.H.: Axial Flow Turbines. Fluid Mechanics and Thermodynamics.
Reprint by Krieger Publishing, Malabar (1985)
[Hou81] Hourmouziadis, J., Kreiner, H. B.: Component design and developmentfor future
helicopter. Seventh European Rotorcraft and Powered Lift Aircraft Forum, DGLR,
Garmisch Partenkirchen (1981)
[Hou82] Hourmouziadis, J., Klussmann, W.: Zukünftige Entwicklung von wirtschaftlichen
Wellenleistungsgasturbinen. MTU München, Seminar fürFlugantriebe und Gas-
turbinen, T.U. München (1982)
[Hou89] Hourmouziadis, J.: Aerodynamie Design of Low Pressure Turbines. AGARD LS-
167, S 8.1–8.40 (1989)
[Hüb96] Hübner, J.: Experimentelle und theoretische Untersuchung der wesentlichen Ein-
flussfaktoren auf die Spalt- und Sekundärströmung in Verdichtergittern. Disserta-
tion, Universität der Bundeswehr (1996)
[Huc75] Huck, W.: Beitrag zum Einfluss der Reynoldszahl bei Axialverdichtern im gesam-
ten Betriebsbereich. Dissertation, Universität Stuttgart (1974)
[Irm95] Irmisch, S.: Numerische Simulation der Turbinenschaufelströmung mit Kühl-
luftausblasung unter Einbeziehung der Kühlluftkanäle. Dissertation, Universität
Stuttgart (1995)
[Joh65B] Johnson, I.A., Bullock, R.O.: NASA SP36, Chapter III…VIII, Aerodynamic Design
of Axial Flow Compressors. National Aeronautics and Space Administration,
Washington (1965)
[Kab03a] Kablitz, S.: Beeinflussung der Spaltströmung von TranssonischenAxialverdichtern
durch Forward Sweep. Dissertation, Technische UniversitätDarmstadt (2003)
[Kab03b]
Kablitz, S., Hennecke, D.K., Passrucker, H., Engber, M.: Experimentalanaly-
sis of the Influence of sweep on tip leakage vortex structureof an axial transonic
compressor stage. In: Proceedings of the 16thSymposium Air Breathing Engines
(ISABE-2003-1226), Cleveland (2003)
[Kal89B] Kalide, W.: Energieumwandlung in Kraft- und Arbeitsmaschinen, 7. Aufl. Hanser
Verlag, München (1989)
[Kap07] Kappei, F.: Höhenverhalten des Niederdruckturbinenwirkungsgradesbei Turbo-
flugtriebwerken. Dissertation, Universität Stuttgart (2007]
[Kar90] Karadimas, G.: Application of Computational Systems to the Developmentof Tur-
bomachine Components. Revue Scientifique Snecma,No.l, S. 25-36 (1990)
[Kas08] Kasper, C., Rose, M.G., Staudacher, S., Gier, J.: A study of unsteady secondary flow
in a water flow axial turbine model. ASME GT2008-50239, 2008, Berlin (2008)
Literatur 533

[Kas09] Kasper, C., Aurahs, L., Rose, M., Staudacher, S., Gier, J.: Water flow model turbine
flow visualization study of the unsteady interaction of secondary flow vortices
with the downstream rotor 8th ETC, Graz (2009)
[Kau90] Kau, H.-P.: Berechnung der zweidimensionalen, instationären Durchströmung
axialer Turbomaschinengitter mit einem expliziten Zeitschrittverfahren. Disserta-
tion, RWTH Aachen (1990)
[Kau98a] Kau, H.-P.: Compressor matching and designing for tip clearance, Invited Lecture
RTO/AGARD, Lecture Series 211 Multidiscipliniary design of multistage com-
pressors, RTO-EN-1 AC/323(AVT)TP/1, Lyon (1998a)
[Kau98b] Kau, H.-P.: The multidisciplinary design process, Invited Lecture RTO/AGARD.
Lecture Series 211 Multidiscipliniary design of multistage compressors, RTO-
EN-1 AC/323(AVT)TP/1, Lyon (1998b)
[Kha99] Khalid, S.A., Khalsa, A.S., Waltz, I.A., Tan, C.S., Greitzer, E.M., Cumpsty, N.A., et
al.: Endwall Blockage in Axial Compressors. ASME J. Turbomach. 121, 499–509
(1999)
[Kla07] Klauke, T.: Schaufelschwingungen realer integraler Verdichterräderim Hinblick
auf Verstimmung und Lokalisierung. Dissertation, TechnischeUniversität Cott-
bus, 2007 (2007)
[Köc10] Köcke, S.: Simulation eines Höhenprüfstands zur Untersuchung der Verdichter-
Pumpverhütungs-Regelung. Dissertation, Universität Stuttgart (2010)
[Kol07] Kolulovic, D.: Modellierung des Grenzschichtumschlags bei Turbomaschinenströ-
mungen unter Berücksichtigung mehrerer Umschlagsarten, Forschungsbericht
DLR-FB-2007-20 (2007)
[Köl99] Köller, U.: Entwicklung einer fortschrittlichen Profilsystematik für stationäre Gas-
turbinenverdichter. Dissertation, Ruhr Universität, Bochum (1999)
[Kos01] Kosing, O.E., Scharl, R., Schmuhl, H.J.: Design improvements of the EJ200 HP
compressor, from design verification engine to a future all blisk version. In: Pro-
ceedings of ASME Turbo Expo, New Orleans, Louisiana, Paper 2001 GT 0283
(2001)
[Kos88] Kost, F., Bräunling, W., Schüpferling, E., Göhl, R.: Detection of separation bubbles
by heated thin film sensors in transonic turbine cascades. In: Proceedings of the
9th Symposium of Measuring Techniques for Transonic and Supersonic Flow in
Cascades and Turbomachines, Oxford, 21.–22. März 1988
[Kro12] Kroll, F.: Simulation und Regelung eines Brennstoffzelle-Gasturbine-Hybridkraft-
werks. Dissertation, Universität Stuttgart (2012)
[Küh06] Kühhorn, A., Beirow, B., Parchem, R., Klauke, T.: Schaufelschwingungen bei rea-
len Verdichter-Integralrädern (BLISK). Deutscher Luft- und Raumfahrtkongress,
Beitrag DGLR-2006-211 (2006)
[Kün79] Künkler, H., Tönskötter, H.: Zum Einfluß stationärer Temperatur- und Druckstö-
rungen auf die Strömung in einem installierten Strahltriebwerksverdichter. ZFW
3(6) (1979)
[Kur02] Kurzke, J.: Performance Modeling Methodology: Efficiency Definitions for Cooled
Single and Multistage Turbines. ASME 2002-GT-30497 (2002)
[Kur03] Kurzke, J.: Model based gas turbine parameter corrections. In: Proceedings of
ASME TURBO EXPO 2003: Power to Land, Sea & Air, GT2003-38234 (2003)
[Kur07] Kurzke, J.: GasTurb 11, Program for Design and Off Design Performance of Gas-
turbines www.gasturb.de (2007)
[Kur92] Kurzke, J.: Calculation of Installation Effects within Performance Computer Pro-
grams. AGARD LS-183, S. 7.1–7.19 (1992)
534 4 Turbomaschinen-Komponenten

[Kur95] Kurzke, J.: Advanced User-Friendly Gas Turbine Performance Calculations on a


Personal Computer. ASME 95-GT-147 (1995)
[Kyp03] Kypuros, J.A., Melcher, K.J.: A Reduced Model for Prediction of Thermal and
Rotational Effects on Turbine Tip Clearance. NASA TM-2003-212226 (2003)
[Lak70] Lakshminarayana, B.: Methods of Predicting the Tip Clearance Effects in Axial
Flow Turbomachinery. J. Basic Eng. Trans. ASME (1970)
[Lak96B] Lakshminarayana, B.: Fluid Dynamics and Heat Transfer of Turbomachinery.
John Wiley, New York (1996)
[Lec03B] Lechner, C., Seume, J., et al. (Hrsg.): Stationäre Gasturbinen. Springer, Berlin
(2003)
[Leh77] Lehthaus, F.: Berechnung der transsonischen Strömung durch ebene Turbinengit-
ter nach dem Zeitschritt-Verfahren. Dissertation, TU Braunschweig (1977)
[Leh78] Lehthaus, F., Lawaczeck, O.: Untersuchungen über die transsonische Strömung durch
Turbinen Schaufelgitter. VDI Forschungs-heft 586. VDI Verlag, Düsseldorf (1978)
[Lic04] Lichtfuss, H.-J.: Customized Profiles – The Beginning of an Era, ASME Paper
GT2004-53742 (2004)
[Lic82] Lichtfuß, H.J., Dupslaff, M.: Pumpgrenzenbestimmung eines Axial/Radial-Kom-
binationsverdichters bei gegebenen Einzelkennfeldern. MTU/EW Notiz 82/048
(1982)
[Lie53] Lieblein, S., Schwenk, F.C., Broderick, R.L.: Diffusion Factor for Estimating Losses
and Limiting Blade Loadings in Axial Flow Compressor Blade Elements. NACA
RM E53D01 (1953)
[Lie58] Lieblein, S.: Loss and Stall Analysis of Compressor Cascades. ASME Annual Mee-
ting, New York, Paper 58 A 91 (1958)
[Lie65]
Lieblein, S.: Experimental Flow in 2D-Cascades. Chapter VI ofAerodynamic
Design of Axial Flow Compressor. NACA RME 561303,1956, NASA SP 36 (1965)
[Lin08B] Linke-Diesinger, A.: Systems of Commercial Turbofan Engines.An Indroduction
to System Functions. Springer, Berlin (2008)
[LTH94B] Arbeitskreis Triebwerk: Luftfahrttechnisches Handbuch, BandTriebwerkstechno-
logie. LTH Koordination IABG (1994)
[Mai01] Mailach, R., Lehmann, I., Vogeler, K.: Rotating instabilities in an axial compres-
sor originating from the fluctuating blade tip vortex. ASME J. Turbomach. 123,
453–463 (2001)
[Mai07] Mailach, R., Lehmann, I., Vogeler, K.: Periodical Unsteady Flow within a Rotor
Blade Row of an Axial Compressor – Part 1: Flow Field at Midspan. ASME Paper
GT2007-27210 (2007)
[Mof01] Moffat, T.J., Cleghom, W.L.: Prediction of bird impact pressures and damage
using MSC/Dytran. In: Proceedings of ASME Turboexpo, New Orleans, Paper
2001GT 0280 (2001)
[Mok74] Mokelke, H.: Circumferential inlet flow distortions in multistage axial compres-
sors. Dissertation, Ph.D., Cambridge (1974)
[Mol06] Moll, C.: Kennwertermittlung und Systemanalyse des thermomechanischenVer-
haltens von Turbomaschinenkomponenten. Dissertaion,Universität Stuttgart
(2006)
[Moo82] Moore, R.D., Reid, L.: Performance of Single Stage Axial Flow Transonic Com-
pressor with Rotor and Stator Aspect Ratios of 1.63 and 1.78, Respectively, and
with Design Pressure Ratio of 1.82, NASA Technical Paper 1974 (1982)
[Moo83] Moore, L., Moore, J.G., Timmis, P.H.: Performance Evaluation of Centrifugal
Compressor Impellers Using Three Dimensional Viscous Flow Calculations. In:
ASME Gas Turbine Conference, Phoenix, Paper 83 GT 62 (1983)
Literatur 535

[Moo85] Moore, F.K., Greitzer, E.M.: A theory of post stall transients in axial compression
systems: part 1 : development of equations. In: ASME Gas Turbine Conference,
Houston, Paper 85 GT 171 (1985)
[Mug81] Muggli, W.: Zum Betriebsverhalten von Turboluftstrahlantrieben unter besonde-
rer Berücksichtigung der gekühlten Hochdruckturbine. Dissertation, Technische
Universität München (1981)
[Mug82] Muggli, W., Rick, H.: Zur Berechnung der Kennfelder gekühlter mehrstufiger Axi-
alturbinen. MTZ 1 (1982)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft und
Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[Nag04] Nagel, M.G.: Numerische Optimierung dreidimensionaler parametrisierter Turbi-
nenschaufeln mit umfangsunsymmetrischen Plattformen – Entwicklung, Anwen-
dung und Validierung. Dissertation, Universität der Bundeswehr (2004)
[Nak12] Nakaten, D.: Untersuchung zum Einfluss von Eintrittsstörungen auf das Betriebs-
verhalten von Verdichtern. Dissertation, Universität Stuttgart (2012)
[ NAS65B] NASA: Aerodynamic design of Axial Flow Compressors. NASA SP-36 (1965)
[Pei03] Peitzsch, D., Friedl, W.H.: Detailed Investigation of the Flow within the Secondary
Air System in High Pressure Turbines of Aero Engines. ISABE 2003-1038 (2003)
[Pet97] Peters, M. et al.: Effective Thermal Barrier Coatings for Modern Turbine Engine
Design. European Propulsion Forum on Design of Aero Engines for Safety, Relia-
bility, Maintainability and Cost, Berlin (1997)
[Pre01] Preiß, A.: Eintrittsstörungen bei Fluggasturbinen unter besonderer Berücksichti-
gung instationärer Gaszusammensetzungen. Dissertation, TU München (2001)
[Pri75] Prince, D.C. Jr., Wisler, D.C., Hilvers, D.E.: A Study of Casing Treatment Stall
Margin Improvement Phenomena. ASME Paper 75-GT-60 (1975)
[Raa00] Raab, I., Artmeier, M., Wilfert, G.: Technologieerprobung für schnelllaufende
Niederdruckturbinen für wirtschaftliche und umwelt-schonende Triebwerke.
MTU Technik Berichte, DGLR Jahrestagung (2000)
[Ric76] Rick, H., Kurzke, J.: Zur Kennfeldberechnung ein- und mehrstufiger Axialturbi-
nen bei vorgegebener Stufengeometrie. 47th AGARD-Meeting, Köln (1976)
[Ric81] Rick, H., Muggli, W.: Zur Berechnung von Kennfeldern mehrstufiger Axialturbi-
nen. MTZ 1 (1982)
[Ric82a] Rick, H.: Zur digitalen Simulation des stationären und instationären Betriebs- und
Leistungsverhaltens von Fluggasturbinen insbesondere von Hubschrauber-Trieb-
werken. Habilitationsschrift, TU München (1982)
[Ric82b]
Rick, H., Muggli, W.: Generalized digital simulation technique with variable
engine parameter input for steady state and transient behaviour of aero gas tur-
bines. In: 60th Symposium of Propulsion and Energetics Panel (AGARD), Mara-
thon, 11.–14. Okt. 1982
[Rie00] Riegler, C., Bauer, M., Kurzke, J.: Some Aspects of Modelling Compressor Beha-
vior in Gas Turbine Performance Calculations, ASME 2000-GT-0574. J. Turbo-
mach. (2001)
[Rie09a] Ries, T., Baumann, J., Rose, M., Rist, U., Staudacher, S.: LP-Turbine laminar sepa-
ration bubble study: flat plate DNS calculations and preliminary PIV data. In: 8th
ETC, Graz (2009)
[Rie09b] Ries, T., Mohr, F., Baumann, J., Rose, M., Rist, U., Raab, I., Staudacher, S.: LP Tur-
bine laminar separation with actuated transition; DNS, experiment and fluidic
oscillator GT2009-59600. ASME Turbo Expo, Orlando (2009)
536 4 Turbomaschinen-Komponenten

[Rie95] Rieß, W., Walbaum, M.: Initiation and propagation of flow instabilities in multi
stage axial compressors. In: AGARD PEP Symposium on „Loss Mechanisims and
Unsteady Flows in Turbomachines“, Derby, Paper 30 (1995)
[Rie97] Riegler, C.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren für Turboflugtriebwerke
mit Kennfelddarstellung für Wärmeübertragungsvorgänge. Dissertation, Univer-
sität Stuttgart (1997)
[Ris70] Rist, D., Graggo, W.: Auslegungsdiagramme von Turbinenstufen mit zwei gegen-
läufigen Rotoren. Institutsbericht, Institut für Flugantriebe, TU München (1970)
[Rod00] Rodgers, C.: Effects of Blade Number on the Efficiency of Centrifugal Compressor
Impellers. ASME Turbo Expo, Munich, Paper 2000 GT 455 (2000)
[ Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce: The Jet Engine, Rolls Royce plc, London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1986)
[Rol95B] Rolls Royce: The Jet Engine, 5. Aufl. Rolls Royce plc, London (1995)
[Röm90] Römer, N.: Theoretische und experimentelle Untersuchungen zum Umschlagver-
halten der Profilgrenzschicht an Verdichter- und Turbinengittern. Dissertation,
Universität der Bundeswehr (1990)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simula-
tion of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power
Generation. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036 www.rto.nato.int (2007)
[SAE97] SAE: Aircraft Propulsion System, Performance, Station Designation and Nomen-
clature. SAE AS 755 C (1997)
[Sal01] Salchow, K.: Verbesserung des instationären Betriebsverhaltens von Turboflug-
triebwerken durch Leitgitterverstellung und Abblasung im Verdichter. Disserta-
tion, Universität Stuttgart (2001)
[Sbr01]
Sbresny, H.: Ein zweidimensionales, hybrides Rechenverfahren für Turbinen-
schaufelströmungen mit Kühlluftausblasung auf adaptiven strukturiert-unstruk-
turierten Gittern. Dissertation, Universität Stuttgart (2001)
[Sch01] Schaber, R.: Numerische Auslegung und Simulation von Gasturbinen. Disserta-
tion, TU München (2001)
[Sch06] Schumann, T., Kasper, C., Staudacher, S., Gier, J.: Untersuchung von geometri-
schen Einflussparametern bei Grenzschichteinblasung an hochbelasteten Nieder-
druckturbinenprofilen am Wasserkanal. DGLR-2006-192 (2006)
[Sch62] Schäffler, A.: Das Verhalten von TL-Triebwerken beim Antrieb durch den Flug-
stau (Windmilling). AVA-Forschungsbericht Nr. 62-02 (1962)
[Sch65B] Scholz, N.: Aerodynamik der Schaufelgitter, Bd. 1. Verlag G. Braun, Karlsruhe
(1965)
[Sch75]
Schmidt-Eisenlohr, U.: Auslegung eines Radialverdichters mit rückwärts
gekrümmten Rotorschaufeln und großer Kennfeldbreite, MTU Techn. Bericht
75/005 (1975)
[Sch79a] Schäffler, A.: Aerodynamische Instabilität in mehrstufigen Axialverdichtern. MTU
Bericht 79/25 (1979)
[Sch79b] Schäffler, A.: Experimental and analytical investigation of the effects of Reynolds
number and blade surface roughness on multistage axial flow compressors. In:
ASME Gas Turbine Conference, San Diego, Paper 79 GT 2 (1979)
[Sch82] Schäffler, A.: Methoden zur Auslegung und Entwicklung transsonischer Axialver-
dichter. MTU-Bericht Heft 36,1982 (1982)
[Sch83] Schreiber, H.A., Starken, H.: Experimental Cascade Analysis of a Transonic Com-
pressor Rotor Blade Section. ASME Paper 83GT209 (1983)
Literatur 537

[Sch88] Schreiber, H.A.: Shock Losses in Transonic and Supersonic Compressor Cascades.
VKI lecture series 1988 03 (1988)
[Sch94] Schmücker, L., Schäffler, A.: Performance deterioration of axial compressors due
to blade defects. In: AGARD Symposium on Erosion, Corrosion and Foreign
Object Damage Effects in Gas Turbines, Rotterdam, Conference Proceedings 558
(1994)
[Sch97] Schlechtriem, S., Lötzerich, M.: Breakdown of Tip Leakage Vortices in Compres-
sors at Flow Conditions Close to Stall. ASME Paper 97-GT-41 (1997)
[Ser76] Serovy, G.K.: Compressor and Turbine Performance Prediction System Develop-
ment – Lessons From 30 Years of History. AGARD LS-83 (1976)
[Sid95] Siden, G., Kau, H.-P.: Thermodynamische Auslegung der Niederdruckturbinen
der BR700 Triebwerksfamilie. DGLR- Jahrestagung, Bonn (1995)
[Sig11B] Sigloch, H.:Technische Fluidmechanik, 8. Aufl. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf
(2011)
[Sig91B] Sigloch, H.: Technische Fluidmechanik, 2. Aufl. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf
(1991)
[Sig13B] Sigloch, H.: Strömungsmaschinen. Grundlagen und Anwendungen, 5. Aufl. Carl
Hanser Verlag, München 1984 (2013)
[Spi06] Spieler, S., Staudacher, S., Kappmeyer, G., Lou, W.: Reparaturverfahren und ihre
Bedeutung für die Bewertung von Blisks über den Lebenszyklus von Flugtriebwer-
ken. DGLR-2006-160 (2006)
[Spi81] Spirkl, A.: Zur Diagnose von Komponentenstörungen in Turboluftstrahlantrieben
mit gasdynamischer Para meterüberwachung. Dissertation TU München (1981)
[Sta02] Staudacher, S., Linke, A., Fiola, R.: A comparison of methods for the extrapolation
of turbomachinery performance maps for the use in performance synthesis pro-
grams. In: European Turbomachinery Conference (2002)
[Sta03] Staudacher, S., Berns, W., Haiwen, Y.: Modeling Multistage Compressors by Seve-
ral Split Compressors. ISABE Paper (2003)
[Sta70] Starken, H., Lichtfuß, H.J.: Supersonic cascade performance. AGARD Lecture
Series XXXIX Advanced Compressors, Brussels (1970)
[Sta95] Staudacher, S.: Untersuchung zum sekundären Luftsystem von Luftstrahltrieb
werken. Dissertation, TU München (1995)
[Ste00]
Steffens, K., Schäffler, A.: Triebwerksverdichter-Schlüsseltechnologie für den
Erfolg bei Luftfahrtantrieben. DGLR-Jahrestagung (2000)
[Ste01] Steffens, K., Schäffler, A., Buckl, F.: Entwicklungstendenzen im Luftfahrttrieb-
werksbau, DGLR 1999-075 (1999)
[ Ste03B] Steffens, K.: Technik der Luftfahrtantriebe. Vorlesung, RWTH Aachen (2003)
[Ste75] Stenning, A.H.: Rotating stall and surge. ASME J. Fluids Eng. 102 (1975)
[Ste91] Steinhardt, E.: The use of non linear rotor dynamics in aero engines. In: European
Propulsion Forum, ONERA, Paris (1991)
[Ste99] Steffens, K.; Schäffler, A., Buckl, F.: Entwicklungstendenzen im Luftfahrttrieb-
werksbau. DGLR 1999-075 (1999)
[Sto27K] Stodola, A.: Steam and Gas Turbines. McGraw Hill Book Company, New York
(1927)
[Sto93] Storer, J.A., Cumpsty, N.A.: An approximate analysis and prediction method for
tip clearance loss in axial compressors. In: ASME Gas Turbine and Aeroengine
Congress, Cincinati, Paper 93 GT 140 (1993)
[Suc70] Suciu, S.N.: High temperature turbine design considerations. In: AGARD Conference
on High Temperature Turbines, Conference Proceedings No. 73, Florence (1970)
538 4 Turbomaschinen-Komponenten

[Tho03] Thomer, O.: Numerische Untersuchung der Wechselwirkung von Längswirbeln


mit senkrechten und schrägen Verdichtungsstößen. Dissertation, RWTH Aachen
(2003)
[ Tra00Ka] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. 1, 1. Aufl. Springer, Berlin (2000)
[Tra00Kb] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. II, 1. Aufl. Springer, Berlin (2000)
[Tra82K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. I, 3. Aufl. Springer, Berlin (1982)
[Uhl01] Uhlmann, G., Rick, H.: Weiterentwicklung von Analyseverfahren zur aktiven Sta-
bilitätsverbesserung mit Schwerpunkt Wavelet-Methode. (2001)
[Uhl03] Uhlmann, H.-G.: Früherkennung aerodynamischer Verdichterinstabilitäten mit-
tels Wavelet-Transformationsregeln. Dissertation, TU München (2003)
[Vav60B] Vavra, M.H.: Aero Thermodynamics and Fluid Flow in Turbomachines. John
Wiley, New York (1960)
[Vol74] Volkmann, H., Fottner, L., Scholz, N.: Aerodynamische Entwicklung eines drei-
stufigen Transsonik Frontgebläses. Z. Flugwiss. 22(4) (1974)
[Wag02] Wagner, S.: Modellbasiertes Regelkonzept für den störunempfindlichen Betrieb
eines Axialverdichters mit reduziertem Pumpgrenzabstand. (2002)
[Wal01]
Walbaum, M.: Entstehungsmechanismen und Erscheinungsformen des Rota-
ting Stall in einem sechsstufigen Axialverdichter mit verstellbaren Leitschaufeln,
Fortschr.-Ber. VDI Reihe 7, Nr. 352. VDI Verlag, Düsseldorf (1999)
[Wal08] Waldner, D.: Optimierung der Spiele und Spalte im Konstruktionsprozess von
Flugtriebwerken. Dissertation, Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München (2008).
ISBN 978-3-89963-581
[ Wal91B] Walzer, P.: Die Fahrzeug-Gasturbine. VDI-Verlag, Düsseldorf (1991)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance, Blackwell Science, Oxford (lst
published 1998, reprinted 2000) (2000)
[Wal98B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford
(1998)
[Wal99] Walther, R., Frischbier, J., Selmeier, R.: Aeromechanische Gestaltung fortschrittli-
cher Triebwerksverdichter. MTU-Technik-Berichte (2001)
[Was67] Wassel, A.D.: Reynolds number effects in axial compressors. In: ASME Winter
Annual Meeting, Pittsburgh, ASME Paper 67WA/GT 2 (1967)
[Wei83] Weigel, A.: Zur aerodynamischen Auslegung mehrstufiger Axialverdichter. Dip-
lomarbeit TU München, Lehrstuhl für Flugantriebe (1982)
[Wei93] Weiß, A.P.: Der Einfluss der Profilgeometrie auf die Entwicklung der Sekundär-
strömungen in Turbinengittern. Dissertation, Universität der Bundeswehr (1993)
[Wen83] Wennerstrorn, A.J., Puterbaugh, S.L.: A three dimensional model for the predic-
tion of shock losses in compressor blade rows. In: ASME Gas Turbine Conference,
Phoenix, Paper 83 GT 216 (1983)
[Wie78] Wiesner, F.J.: A new appraisal of Reynolds number effects on centrifugal compres-
sor performance. In: ASME Gas Turbine Conference, London, Paper 78 GT 149
(1978)
[Wil00] Wilke, I., Kau, H.-P.: CFD-Simulationen von Verdichterstufen mit Casing Treat-
ment. DGLR-JT 2000-102, DGLR Jahrestagung, Leipzig (2000)
[Wil04] Wilke, I., Kau, H.-P.: A Numerical Investigation of the Flow Mechanisms in a
HPC Front Stage with Axial Slots. ASME GT-2003-38481 (2004)
[Wil05a] Wilke, I.: Verdichterstabilisierung mit passiven Gehäusestrukturen. Dissertation,
TU München (2005)
[Wil05b] Wilke, I., Kau, H.-P., Brignole, G.: Numerically Aided Design of a High-Efficient
Casing Treatment for a Transonic Compressor. ASME Paper GT2005-6 8993
(2005)
Literatur 539

[Wil07] Wilfert, G., Sieber, G., Rolt, A., Baker, N., Touyeras, A., Colantuoni, S.: New Envi-
ronmental Friendly Aero Engine Core Concepts. ISABE Paper ISABE-2007-1120
(2007)
[Wil77a] Wilde, G.l.: The design and performance of high temperature turbines in turbofan
engines. Aeronaut J. (1977)
[Wil77b] Willard, C.M. et al.: Static Performance of Vectoring/Reversing Nonaxisymmetric
NozzIes, AIA-A 77-840. AIAA/SAE 13th Propulsion Conference, Orlando (1977)
[Wis80] Wisler, D.C.: Core Compressor Exit Stage Study. NASA lewis research center,
Contract NAS3 20070 (1980)
[Wis87] Wisler, D.C., Bauer, R.C., Okiishi, T.H.: Secondary flow, turbulent diffusion, and
mixing in axial flow compressors. In: ASME Gas Turbine Conference, Anaheim,
Paper 87 GT 16 (1987)
[WuC52] Wu, C.H.: A General Theory of Three Dimensional Flow in Subsonic and Super-
sonic Turbomachines of Axial, Radial and Mixed Flow Types. NACA Technical
Note TN 2604 (1952)
[WuC50] Wu, C.H.: A general theory of three dimensional flow in subsonic and supersonic
turbomachines of axial, radial, and mixed flow types. In: ASME Conference, NY,
Paper 50 A 79 (1950)
[Zie03] Ziegler, K.U.: Experimentelle Untersuchung der Laufrad Diffusor Interaktion in
einem Radialverdichter variabler Geometrie. Dissertation, RWTH Aachen (2003)
Brennkammern von Gasturbinen und
Flugtriebwerken 5

5.1 Funktion, Bauweisen und Kenngrößen

An die Brennkammern von Gasturbinen und besonders von Luftstrahltriebwerken wer-


den technologisch vielfältige Forderungen gestellt, die vom jeweiligen Verwendungs-
zweck der Anlagen abhängen. So werden an die Brennkammer eines Triebwerks von
Verkehrsflugzeugen oder an den Nachbrenner eines Überschall-Hochleistungsflugzeuges
andere Maßstäbe anzulegen sein als an eine Gasturbinen-Brennkammer in einem stati-
onären Spitzenlast-Kraftwerk. Die nachfolgenden Darstellungen in diesem Kapitel ori-
entieren sich im Wesentlichen an [Mün72K, Hag82B, Lef98B, Gri04B, Lec03B, Hup06,
Joo06B, Kok07, GasTurb]. Im Abschn. 2.1.3 wurde bei den gasdynamischen Grundlagen
bereits die Wärmezufuhr in Strömungskanälen erläutert und in Abb. 5.1-1 sinngemäß
auf einen Brennraum übertragen.
Weiterhin wurde Im Abschn. 2.3.4 in Verbindung mit der Vorstellung der Basis-
Arbeitsprozesse von einfachen Turboshaft- und Turbojet-Triebwerken die Energie-
zufuhr in der Brennkammer einführend dargestellt. Abbildung 5.1-2 gibt dazu einen
Überblick.

Allgemeine Anforderungen an Brennkammern  Bei der Weiterentwicklung und Ver-


besserung der Technologie und Effizienz von Luftstrahltriebwerken und von stationären
Gasturbinen-Anlagen werden an die Brennkammern hohe Anforderungen und Bedin-
gungen gestellt [Lef98B, Gri04B, Lec03B, Hup06]:

• Die der Brennkammer folgenden Turbinen sind mit einem möglichst gleichmäßigen,
meist unter hohem Druck stehenden Heißgasstrom zu beaufschlagen,
• in allen stationären und instationären Betriebsbereichen zwischen Teillast und Voll-
last sowie gegebenenfalls im Notfallbetrieb bis zu Überlasten soll ein homogener Ver-
brennungsprozess mit geringen Totaldruckverlusten und hohen Ausbrenngraden
über 99 % ermöglicht werden,

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_5, 541


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
542 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Auslegungsdiagramm für die Eintritt 1 Wärmezufuhr +q 2 Austritt


Verbrennung in einem
zylindrischen Rohr ( = 1,3) A=const
M1<1 M2>M1
A1 A2
T2/T1=1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0
1,0
M2
0,9
Mach-Zahl Brennrau-Austritt

p2/p1=
0,8 0,6

0,7
0,5

0,7 pt2/pt1=
1=

0,88
5
M
0,4

0,6
0,4
5 0,90
0,5 0,3 0,8
0,3 0,92
0,4 0,25
0,2 0,94
0,9
0,3 1,2 0,96
0,95
0,98
0,2
1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0 3,2 3,4
Tt2 / Tt1

Abb. 5.1-1  Wärmezufuhr im Kanal konstanten Querschnitts nach Abschn. 2.1.3 (Rayleigh-Linie)


und in Ergänzung zu Abb. 2.1-10

• stets sind geringe Umweltbelastungen bei Lärm- und Schadstoff-Emissionen zu erzie-


len und es sind
• hohe Sicherheiten zu verwirklichen bei langer Lebensdauer, Wartungsfreundlichkeit
und Kosten-Effizienz.

Weiterhin sind dabei folgende Ziele anzustreben:

• optimale Temperaturverteilung vor der Turbine,


• stabile und möglichst vollständige Verbrennung bei allen Einsatz- und Witterungs-
bedingungen an Heiß- und Kalttagen mit Regen, Hagel, Schnee oder Sand bei unter-
schiedlichen Flughöhen und Fluggeschwindigkeiten,
• kleine Abmessungen, geringes Bauvolumen und Gewicht sowie
• beim Starten oder Wiederanlassen nach einmaliger Fremdzündung dauernde Selbst-
zündung und Wiederzündfähigkeit während der Brennstoffeinspritzung bei sich
gegebenenfalls auch abrupt ändernden Brennstoff/Luft-Verhältnissen.

Zusammengefasst liegt bei den Brennkammern also die Aufgabe vor, die im Brennstoff
enthaltene chemische Energie in möglichst effizienter Weise der Strömung im Trieb-
werk zuzuführen und einen gleichmäßigen Heißgasstrom für die Expansion im Turbi-
nen- und Schubdüsenbereich bereitzustellen. Die Schwierigkeiten bestehen dabei in der
Forderung, dass der Verbrennungsprozess wegen der geforderten kurzen Bauweise der
Brennkammern auf engstem Raum und mit minimalem Druckverlust stattfinden sollte.
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 543

Brennkammer B Diffusor Brennkammer Turbine


Energiebilanz 3 Dif 31 B 4/41 T
(adiabate Kanalwand) mB

Wärmezufuhr
(stationäre Strömung)

Diffusor Mantel Flammrohr

c 24 pt4
4
3 h t4 2 4 41
ht3 Tt4
ht4 p4
T4 Turbine
3 31 4 41
Brennstoff B htB B = B Hu B
qB
Energiebilanz

pt31
pt3
3 31 ht31 =ht3
Tt3
h 2
c 31
c 32
2
2
Verdichter

Abb. 5.1-2 Wärmezufuhr in Brennkammern (Ebene 3 bis 4) von Gasturbinen und Luftstrahl-


triebwerken schematisch dargestellt mit einer Energiebilanz im Brennraum und im h-s-Diagramm

Erschwerend wirkt sich bei der Suche nach der optimalen Brennkammer die Umweltbe-
lastung durch den Verbrennungsvorganges aus.
In den nachfolgenden Abschnitten werden angelehnt an die umfassenden Dar-
stellungen in der Fachliteratur typische Brennkammern und Nachbrenner von Luft-
strahl-Triebwerken behandelt und abschließend dazu einige Beispiele von stationären
Gasturbinen-Anlagen gezeigt [Lef98B, Hup06 u. a.].

5.1.1 Aufbau und Funktion der Brennkammer

Am Beispiel einer klassischen Standard-Ring-Brennkammer für Turbotriebwerke soll


hier der Verbrennungsprozess kurz erläutert werden. In Abb. 5.1-3 und 5.1-4 wer-
den dazu schematisch typische fortschrittliche Brennkammern von Turbofan-Trieb-
werken mit detaillierten Angaben zu einzelnen Funktionsbereichen dargestellt. Die
544 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Brennstoff Außengehäuse Flammrohr außen Turbine

3 31 4 41
Diffusor
Verdichter
Primär-
Mischzonen
zone

Drallkörper

Flammrohrkopf Innengehäuse Flammrohr innen


Dom

Abb. 5.1-3  Konventionelle Brennkammer und Teilbereiche [Lef98B, Hup06, Gri04B]

Verdichter Brennkammer Turbine


Zonen Stator / Rotor
Brennstoff primär sekundär 4 41
3 31

=0,37

Flamme
1650 K
2400 K
=1

Temperatur
Profil
Zerstäubung Mischluft Kühlluft

Abb. 5.1-4 Arbeitsbereiche in Brennkammern eines Turbofan-Triebwerks schematisch darge-


stellt in einzelnen Brennraumzonen [Lef98B, Hup06]

Brennkammer soll so zwischen Verdichter und Turbine platziert werden, dass ihr
Durchmesser nach Möglichkeit diejenigen der Turbomaschinen nicht überschreitet. Bei
der Bestimmung der Brennkammerlänge sind die entsprechenden Brennkammerbelas-
tungswerte zu berücksichtigen.
Den Übergang zur Brennkammer vom Verdichter zum Brennraumeintritt bildet ein
Diffusor. Die Geschwindigkeitsverteilung hinter dem Verdichter, bzw. am Brennkam-
mereintritt beeinflusst sowohl die Vorgänge in der Brennzone als auch den Mischvor-
gang. Eine einmal, z. B. für den Auslegungspunkt, erreichte Temperaturverteilung am
Austritt der Brennkammer kann sich durch geänderte Zuströmbedingungen besonders
im Teillastbetrieb in unerwünschter Weise verändern. Eine weitere Möglichkeit, den
Brenner möglichst gleichmäßig zu beaufschlagen, besteht darin, Führungswände bis
nahe an den Verdichteraustritt vorzuziehen.
Die Aufteilung der Luftströme erfolgt so, dass in der eigentlichen Brennzone etwa
stöchiometrisches Mischungsverhältnis herrscht, da dann günstige Reaktionsbedin-
gungen gegeben sind. Für Brennkammern üblicher Triebwerke wird etwa ein Drittel
des Gesamtdurchsatzes, die Primärluft, für die Verbrennung verwendet, während es für
die Sekundärluft etwa zwei Drittel sind. Letztere dient dazu, die Flammrohrmäntel zu
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 545

kühlen, die Temperatur der Verbrennungsluft durch Beimischung herabzusetzen und


die gewünschte Temperaturverteilung vor der Turbine zu erreichen.
Die Bauweisen mit Flammenhalter werden so ausgebildet, dass sie möglichst gleich-
mäßig den an der Vorderseite der Flammrohrmäntel zur Verfügung stehenden Raum
ausfüllen. Statt mehrerer sich berührender Einzelbrenner kann auch ein einziger kreis-
ringförmiger Widerstandskörper treten. Die Ausbildung von Rückströmzonen sind in
Abb. 5.1-4 zu erkennen.
Im Zentrum der Brenner sitzen Dralldüsen, die den Brennstoff mit großem Sprühwinkel
der Brennzone zuführen. Es kann auch von Vorteil sein, einen Teil der in die Brennzone
einströmenden Luft mit Hilfe eines Dralleinsatzes in Rotation zu versetzen. Hierdurch kön-
nen der Brennstofftransport sowie die Rückströmgebiete zusätzlich beeinflusst werden.
Da bei Bodenschnellflug die erforderlichen Brennstoffmengen mit der Maximal-
menge und beim Höhenflug im Teillastbetrieb mit der Minimalmenge sich erheblich
unterschiedlich verhalten können, wäre bei Einfachdüsen, die bei der Kleinstmenge noch
richtig zerstäuben, für die großen Durchsätze ein sehr hoher Maximaldruck erforderlich.
Ein möglicher Weg, diese großen Drücke zu vermeiden, ist den Brennstoffstrom dosiert
regelbar in den Brennstoffzuleitungen zu unterteilen.
Die Zündvorrichtung muss eine hohe Wärmekonzentration ermöglichen, da sie
auch unter den besonders ungünstigen Bedingungen einwandfrei funktionieren muss,
die bei der Wiederzündung verlöschter Brennkammern in großer Flughöhe herrschen.
Nach verlöschten Brennkammern im Windmilling-Betrieb liegt der Brennkammerdruck
nur wenig über dem Umgebungsdruck und die Temperatur ist gleichfalls sehr nied-
rig. Die Einleitung des Brennvorganges ist daher besonders schwierig und kann durch
eine Hochenergiezündung erfolgen. Hierzu eignen sich Zündkammern, die, nachdem
sie selbst gezündet sind, Flammen in das Rückströmgebiet eines oder zweier Brenner
richten. Liegen die Brenner nahe genug beisammen, ist meist keine besondere Durch-
zündvorrichtung erforderlich, da sich die Flamme nach allen Seiten hin fortpflanzt. Bei
Einzelbrennkammern werden die heißen Gase mittels Durchzündrohren zu den Nach-
barkammern geführt und leiten dort die Verbrennung ein.
Die Ausbildung der Mischzone kann im Zusammenhang mit der Brennzone gesehen
werden. Die Temperatur kann dann herabgesetzt bzw. vergleichmäßigt werden, wenn den
Gebieten höchster Temperatur auch die entsprechenden Kaltluftmengen zugesetzt werden.
Wenn die größte Wärmeentwicklung in der Brennerachse entsteht, muss viel Sekundär-
luft bis zur Mitte des Heißgasstromes vordringen. Die verhältnismäßig breiten Luftschlitze,
die hinter einer Einziehung des äußeren Flammrohres angeordnet sind, ermöglichen dieses
Eindringen.
Je nach Wirksamkeit der Dralldüsen oder der drallerzeugenden Bauteile der Pri-
märluft kann auch eine homogene Heißgaszone oder eine solche mit Außenkonzentra-
tion erreicht werden. Die Sekundärluft kann dann z. B. in der im unteren Teil (inneres
Flammrohr) gezeigten Weise zuströmen. Durch die Schlitze zwischen den überlappen-
den Blechen werden Kühlluftfilme erzeugt, die das Flammrohr gegen zu starke Überhit-
zung schützen.
546 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

5.1.2 Brennkammertypen und Bauweisen

Auslegung und Entwicklung von Brennkammern für Luftstrahlantriebe werden mit 1D-,
2D- und 3D-Rechenverfahren auf CFD-Basis stufenweise ausgelegt, bei denen die Ver-
wendung empirisch gefundener Gesetzmäßigkeiten die Weiterentwicklungen erheblich
fördert. Weiterhin werden Prüfstandserfahrungen herangezogen, die bei Prinzipver-
suchen an Modellbrennkammern oder im Triebwerk selbst gesammelt wurden. Bei der
Konzeption von Brennkammern ist eine Fülle von Grundregeln zu beachten, sodass es
keine allgemein gültige Auslegungs-Philosophie für stets optimale Brennkammern gibt.
Dies zeigt auch die Vielfalt der existierenden Brennkammer-Typen [Lef98B, Hup06,
Gri04B, Rol05B].

5.1.2.1 Geometrische Formen der Brennkammern


Die bisherigen drei meist gebräuchlichen Brennkammertypen sind die Einzel- oder
Rohr-Brennkammern (can type burner), die Ring-Brennkammern (annular type burner)
und die Ring-Rohr-Brennkammern (can annular oder cannular type burner) [Lef98B,
Hup06, Rol05B].
Bei Einzel- oder Rohrbrennkammern erfolgt die Luftzuführung symmetrisch zum
zentralen Brennstoffstrahl (Abb. 5.1-5).
Ein solches einfaches Modell erfordert geringe Entwicklungsarbeit, außerdem können
Änderungen an der Brennkammer schnell durchgeführt werden. Funktioniert eine ein-
zelne Brennkammer zufrieden stellend, dann können, je nach Größe des Luftdurchsat-
zes, mehrere von ihnen ringförmig um die Verdichter und Turbinen verbindende Welle
angeordnet werden. Bei Triebwerken mit Axialverdichter sind die Einzelbrennkammern
meist parallel zur Triebwerkshauptachse angeordnet, bei Radialtriebwerken jedoch häu-
fig nach innen gegen die Turbine hin geneigt, wobei ihre Achsen dann Erzeugende eines
gedachten Kegelmantels darstellen.
Die Einzelkammern münden mit ihrem zylindrischen Austritt in ein Sammelgehäuse,
das den Übergang zu dem Ringquerschnitt des Turbinenleitgitters bildet.
Soll der Raum zwischen Verdichter und Turbine besser ausgenützt werden, dann eig-
net sich besonders für Axialtriebwerke die Verwendung einer Ring-Brennkammer. Die
Übergänge vom Verdichter zur Turbine können hier strömungsmäßig besonders günstig
gestaltet werden. Außerdem werden damit geringe Temperaturungleichmäßigkeiten in
Umfangsrichtung erreicht. Bei gleich hoher Brennkammerbelastung wie bei der Einzel-
brennkammer sind ein kleinerer Außendurchmesser und etwa 25 bis 30 % Einsparung
an Masse möglich. Außerdem fallen die bei Einzelbrennkammern notwendigen Durch-
zündrohre weg. Die Entwicklung einer Ring-Brennkammer ist andererseits wesent-
lich aufwendiger und kostspieliger als die einer Gruppe von Einzelbrennkammern. Aus
Abb. 5.1-6 ist der wesentlich größere Gesamtströmungsquerschnitt zu erkennen. Sowohl
die Brennkammergehäuse als auch die Flammrohre sind zylindrische Bauteile, deren
Achsen mit der des Triebwerkes zusammenfallen.
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 547

Durchzündrohr Außengehäuse
Luftzufuhr
Sekundärluft
Brennerkopf

Verdichter Brennkammer Turbinen-Gitter


Rohr-Querschnitt
(Rohr-Brennkammer)

Abb. 5.1-5  Rohr-Brennkammer (can type burner) [Lef98B, Hup06, Gri04B]

Ring-Brennkammer Zünder Außengehäuse


Brennstoff Flammrohr

1800°K
2300°K
Diffusor

Primär- Sekundär-
Brennerdüse zone zone

Brennraum- Sekundärluft
Querschnitt

Abb. 5.1-6  Ring-Brennkammer (annular burner) (Turbofan GE CF6-50) [Lef98B, Hup06, Gri04B]

Eine Verbindung der beiden vorgenannten Typen ergibt sich durch Anordnung
von Rohr-Brennkammern in einem Ringgehäuse. Diese Ring-Rohr-Brennkammer
(Abb. 5.1-7) zeichnet sich durch leichte Beherrschbarkeit der Verbrennung in den Rohr-
kammern sowie durch einen kleinen Außendurchmesser aus, der infolge der besseren
Raumausnutzung für den Gesamtströmungskanal ermöglicht wird. Eine hohe Brenn-
kammerbelastung erfordert die Aufteilung des Strömungsquerschnitts für eine möglichst
große Zahl von Einspritzdüsen, die von mengenmäßig gut dosierten Luftmänteln umge-
ben sind.
Besonders viele solcher „Elementarbrennkammern“ lassen sich dann unterbringen,
wenn die Einzelrohrkammern in dem zuletzt dargestellten Brennkammertyp durch
kleine Ring-Brennkammern ersetzt werden. Bauweisen solcher Ring-Rohr-Brennkam-
mern wurden besonders von Pratt & Whitney eingeführt, wobei zum Beispiel jeweils 6
Brennstoffdüsen in kleinen Ring-Brennkammern angeordnet wurden, von denen 8 in
dem großen Ringgehäuse stecken.
548 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Rohr-Ring-Brennkammer Außengehäuse Sekundärluft Turbinen-


Mischluft leitrad

Brennraum- Sekundärluft
querschnitt
Durchzündrohr Innengehäuse Flammrohr

Abb. 5.1-7  Rohr-Ring-Brennkammer (can annular type burner) [Lef98B, Hup06, Gri04B, Rol05B]

5.1.2.2 Strömungsrichtung der Luft in der Brennkammer


Bei den Brennkammern mit direktem Durchfluss zwischen Verdichter und Turbine wird
von einer Gleichstrom-Brennkammer gesprochen. Dieses Konzept ist eine sinnvolle
Lösung für Axialverdichter-Triebwerke mit hoher Durchsatzbelastung bzw. großem
Schub pro Triebwerks-Stirnquerschnitt.
Stehen große Durchmesser und nur kleine axiale Längen zur Verfügung, wie zum
Beispiel bei Hubschrauber-Triebwerken, kann eine Gegenstrom oder Umkehr-Brenn-
kammer von Vorteil sein. Abbildung 5.1-8 und 5.1-9 zeigt den nach einem Radialver-
dichter auf großem Durchmesser angeordneten Lufteintrittskanal, die 360°-Umlenkung
und den auf mittlerem Durchmesser liegenden Kreisringkanal vor der Turbine. Hier
ist der Druckverlust in der Brennkammer verhältnismäßig hoch, andererseits lässt sich
durch die zusätzliche turbulente Mischung ein guter Ausbrand verwirklichen.

5.1.2.3 Einspritzrichtung des Brennstoffes


Bei der Gleichstrom- oder Mitstromeinspritzung durch Dralldüsen verschiedener Art,
wie sie bei den hier in diesem Abschnitt gezeigten Brennkammern angewandt werden.
Bei Hubschrauber- und kleinen Tuboshaft-Triebwerken wurde teilweise auch eine Quer-
strom-Einspritzung (Fa. Turbomeca) eingeführt (Abb. 5.1-9) [Tur93B].
Der Brennstoff wird dabei mit niedrigem Druck und in der Menge bereits dosiert in
die mit hoher Drehzahl umlaufende, hohle Triebwerkswelle geführt, von wo aus er über
ein Zerstäuberrad aus mehreren radialen Öffnungen in die Brennkammer abgeschleu-
dert wird. Auf Grund der hohen Umfangskomponenten werden Austrittsgeschwindig-
keiten des Brennstoffes erreicht, die bei normalen Einspritzdüsen Drücken von mehr als
100 bar entsprechen würden. Eine sehr feine Zerstäubung und eine große Brennkam-
merbelastung können bei dieser rotierenden Brennstoffeinspritzung erreicht werden. Sie
eignet sich besonders gut für Triebwerke kleineren Luftdurchsatzes.
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 549

Umkehr-Brennkammer Brennkammer-Gehäuse

Brennraum

Brennstoff -
Radialverdichter
Einspritzung

Leitrad / Laufrad Axialturbine

Abb. 5.1-8  Umkehr-Brennkammer (Fa. Turbomeca, France) [Tur93B]

Außengehäuse

Brenn-
raum

Radialverdichter

Rotor-
Brennstoff- Axialturbine
Quer-Einspritzung 2-stufig

Abb. 5.1-9  Umkehr-Brennkammer mit Querstrom-Einspritzung (nach Fa. Turbomeca)

5.1.2.4 Brennstoffzustand
Die Hochdruck-Einspritzung ist die am häufigsten verwendete Methode, bei welcher der
Brennstoff in flüssiger Form in die Brennkammer eingesprüht wird. Bei Volllast werden
dabei Drücke zwischen 50 und 100 bar erreicht. Wird zur Zerstäubung etwas Druckluft
herangezogen, dann kann der Einspritzdüsendruck herabgesetzt werden, was die Rauch-
bildung des Triebwerkes vermindert [Lef98B, Hup06, Gri04B, Rol05B].
550 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Sekundärluft / Mischluft
Flammrohr

Turbinen-Leitrad

Brennstoff

Sekundärluft

Verdampferrohr

Abb. 5.1-10  Verdampfungs-Brennkammer. Darstellung nach Fa. Rolls-Royce Plc., R, Fa. Armst-


rong-Siddeley [Lef98B, Rol05B]

Demgegenüber steht der Niederdruckbetrieb mit p < 5 bis 10 bar in der Verdamp-
fungsbrennkammer. In Abb. 5.1-10 ist schematisch das von der Fa. Armstrong-Siddeley
entwickelte Konzept dargestellt. Der Brennstoff wird mit niedrigem Druck in Rohre
gespritzt, in die gleichzeitig ein Teil der Primärluft einströmt. Durch Wärmezufuhr aus
der Heißzone wird der Brennstoff teilweise verdampft und das Dampf-Luft-Gemisch
nach zwei rechtwinkeligen Umlenkungen entgegen der Hauptströmungsrichtung in die
Primärzone geführt.
Zum Starten der Brennkammer sind einige Zündkerzen und Zünddüsen vorgese-
hen, deren Flammen die Verdampferrohre vorheizen, wodurch das Gemisch zur Ent-
flammung kommt. Verdampfungskammern arbeiten fast ohne Zündverzug, da ein Teil
des Brennstoffes in feinste Dampfbläschen zerlegt und außerdem mit Luft gemischt
ist. Ferner können leicht- und schwersiedende Brennstoffe mit annähernd gleich guten
Wirkungsgraden verbrannt werden. Einspritzpumpe und Regler werden für das Nieder-
druck-Brennstoffsystem im Aufbau einfacher. Das hier beschriebene System ist bereits
frühzeitig entwickelt worden, es wurde bisher jedoch nur wenig verwendet. Die Ver-
dampfungs- oder Vorverdampfungs-Brennkammer gewannen in den vergangenen
Jahren stets an Bedeutung, da mit ihr besonders wegen der intensiven Durchmischung
„saubere“ und rauchfreie Emissionen ermöglicht wurden.

5.1.3 Kenngrößen und Forderungen an Brennkammern

An alle Brennkammertypen werden sehr vielfältige Anforderungen gestellt, die auch


vom Verwendungszweck des jeweiligen Triebwerks abhängen. Zum Beispiel werden an
2-motorige Hubschrauber-Triebwerke nicht die gleichen strengen Maßstäbe anzulegen
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 551

sein wie an die Brennkammern für Triebwerke von Verkehrsflugzeugen und für statio-
näre Kraftwerks-Gasturbinen [Lef98B, Hup06, Gri04B, Rol05B].

5.1.3.1 Brennkammerwirkungsgrad
Eine Brennkammer sollte einen hohen Ausbrand erreichen, das heißt die chemische
Energie des Brennstoffes soll möglichst verlustarm in Wärme umgesetzt werden. Der
dabei entstehende Druckverlust soll so klein wie möglich sein, da das Ziel einer nach
dem offenen Verfahren arbeitenden Fluggasturbinen-Brennkammer eine näherungs-
weise isobare Verbrennung darstellt (Abschn. 2.1.3.1).
Die auf 1 kg Luftdurchsatz bezogene Energiebilanz der Verbrennung erlaubt, die
Wärme des Heißgases aus der Summe der von Brennstoff und Verdichterwarmluft mit-
gebrachten Energien zu berechnen
 
FAR Hu ηBQ + cpA TTt3t0 (Tt3 − Tt0 ) = (1 + FAR) cpG TTt4t0 (Tt4 − Tt0 ) . (5.1-1)
 

Dabei bedeuten FAR das Brennstoffluftverhältnis ṁBr /ṁA (fuel air ratio), Hu den auf
die Umgebungstemperatur Tt0, bezogenen unteren Heizwert, ηBQ den Ausbrand, cpA
die spezifische Wärmekapazität der Luft bei konstantem Druck zwischen Tt0 und der
Verdichteraustrittstemperatur Tt3 und cpG die spezifische Wärmekapazität des Ver-
brennungsgases zwischen Tt0 und der Verbrennungsendtemperatur Tt4. Die Wärme des
flüssigen Brennstoffs kann auch dann, wenn der Brennstoff nicht genau die Umgebungs-
temperatur haben sollte, vernachlässigt werden. Der Ausbrand oder Brennkammer-Wir-
kungsgrad ηB, definiert mit der Wärmeenergie (Index Q), stellt hier das Verhältnis von
der in der Brennkammer frei werdenden Wärme zu derjenigen im Brennstoff enthalte-
nen Energie dar:
QB Qeff
ηBQ = = . (5.1-2)
QBr Qtheor
Mit den Gl. 2.144 bis 2.146 wurde bereits in Abschn. 2.3.4 in Verbindung mit einer Ener-
giebilanz zur Brennkammer dieser Ausbrenngrad ηB vorgestellt.
Eine andere Definition, nämlich das Verhältnis von effektiv erreichbarer und theore-
tisch möglicher Temperaturdifferenz, führt zu
Tt eff Tt4 − Tt3
ηBT = = . (5.1-3)
Tt theor T4t theor − Tt3
Tatsächlich wird bei der Verbrennung die statische Temperatur am Austritt des Ver-
dichters T3 auf die statische Temperatur im Brennkammeraustritt T4 gebracht. Da bei
den Gasturbinen-Arbeitsprozessen die Energieumsetzung jedoch stets auf die Gesamtzu-
stände bezogen wird, werden auch hier die Totaltemperaturen verwendet.
Eine weitere Definition für den Ausbrand ist möglich, in der die Energieumsetzung in
der Brennkammer mit dem Verhältnis der Enthalpiedifferenzen angesetzt wird
552 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

ht B ht eff


ηBh = = . (5.1-4)
ht Br ht theor
Folgende Zusammenhänge bestehen zwischen den drei ηB-Werten
cp eff �Tt eff (ṁ + ṁBr )eff
ηBQ = ,
cp theor �Tt theor (ṁ + ṁBr )theor

Tt eff
ηBT = ,
Tt theor

cp eff Tt eff


ηBh = .
cp theor Tt theor

5.1.3.2 Stabilisierung der Brennraumflammen


Bei atmosphärischen Flugantrieben sind die Luftgeschwindigkeiten auch nach dem Dif-
fusor, der meist der Brennzone vorgeschaltet ist, so groß, dass bei Einspritzung in den
ungestörten Luftstrom ohne ständige Zündung keine Verbrennung aufrechterhalten
werden könnte. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Flammen in turbulenter Strö-
mung, die von mehreren Parametern abhängt, ist wesentlich niedriger als die üblichen
Strömungsgeschwindigkeiten vor der Brennkammer. Soll ein Ausblasen der nach ein-
maliger Zündung des eingesprühten Brennstoffes entstehenden Flamme vermieden
werden, muss eine Zone niedriger Strömungsgeschwindigkeit und hoher Turbulenz
geschaffen werden. Das Rückströmgebiet hinter einem in den Hauptstrom eingeführ-
ten Widerstandskörper kann diese Forderungen erfüllen. In Abb. 5.1-11 ist dies sche-
matisch dargestellt, wie es deutlich bei der Flammenstabilisierung in den Flammrohren
von Nachbrenner angewandt wird. Es wird daher von Flammenhaltern oder auch Brenn-
schirmen bzw. Brennern gesprochen.
Die Rückströmung kommt dadurch zustande, dass sich hinter einem stumpf enden-
den Körper infolge der inneren Strömungsablösung eine Zone mit gegenüber der
Hauptströmung abgesenktem Druck ausbildet, in die von rückwärts kommend Heißgas
einströmt. Wird andererseits der Luftstrom durch einen geeigneten Drallkörper in Rota-
tion versetzt, dann bewirkt das hierdurch induzierte Zentrifugalkraftfeld einen radialen
Druckgradienten mit einem Druckminimum in der Strahlachsenzone.
Nach der inneren Strahlablösung der Hauptströmung, die hier auch ohne mechani-
schen Widerstandskörper erfolgt, geht diese in eine Ringströmung über, innerhalb der
ein Teil des Heißgases in umgekehrter Richtung strömt.
Zu beiden Seiten der rotationssymmetrischen Brennfläche sind die statischen
Drücke näherungsweise gleich, die Strömungsgeschwindigkeiten und teilweise
die Strömungsrichtungen sind jedoch verschieden, wodurch quer zur Brennfläche
ein Massenaustausch stattfindet. Der überwiegende Teil der in die Brennzone ein-
strömenden Massenteilchen kommt jedoch von rückwärts. Ist VR das Volumen der
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 553

Abb. 5.1-11 Flammenstabilisierung Frischluftzufuhr Zone intensiver Verbrennung


schematisch hinter einem
Brennstoff
Widerstandskörper
Heißgas-
Rückströmung

Luft
vom Verdichter

Rückströmzone und V̇ das sekundliche Austauschvolumen, so ergibt sich die mittlere


Verweilzeit

t̄V = VR /V̇. (5.1-5)


Diese kann (hier ohne Verbrennung) durch ein Potenzgesetz dargestellt werden

t̄V = f(C, db ca ). (5.1-6)


Die Werte a, b und C hängen hauptsächlich von der Form des Widerstandskörpers und
der Turbulenz ab. Die Verweilzeit nimmt also annähernd linear mit dem Durchmesser d
des Störkörpers zu und mit steigender Anblasgeschwindigkeit c ab.
Soll bei der Verbrennung in einem Wirbelgebiet die chemische Reaktion abgeschlos-
sen sein, so darf die mittlere Reaktionszeit für den Vorgang im heißen Betriebsfall höchs-
tens der Verweilzeit gleichkommen. Dabei ist es wesentlich, dass in der Brennzone eine
intensive Durchmischung bzw. Durchwirbelung von Brennstoff und Luft stattfindet. In
Relation zur Reaktionsgeschwindigkeit bzw. Brenngeschwindigkeit kann ein Brennkam-
mer-Belastungsparameter ΩB definiert werden.
Wird davon ausgegangen, dass Gasturbinen-Brennkammern zumindest im Bereich
der Volllast einen Ausbrand von ηB nahe 100 % haben, dann kann das Verhalten dieser
Brennkammern bei niedrigen Lastzuständen bis hin zum Leerlauf je nach Auslegung zu
mehr oder minder großen Wirkungsgradabfällen führen.
Für den gesamten Betriebsbereich bei verschiedenen Flughöhen, Flug-Mach-Zahlen
und Lastzuständen kann der jeweilige Ausbrenngrad ηB mit Hilfe des Brennkammer-
Belastungsparameters  bestimmt werden
ṁ31
�B = f(ηB ) = 1,8 Tt3 /300K . (5.1-7)
pt3 e VB
mit dem Durchsatz ṁ31 in (kg/s), pt3 in (bar), Tt3 in (K) am Verdichtereintritt und
mit VB in (m3) ist das Brennraumvolumen einzusetzen, das nur einen Teil des gesam-
ten Brennkammervolumens VBK ausmacht. Wegen des relativ geringen Niveaus der
Geschwindigkeiten in Brennernähe kann darauf verzichtet werden, statische und
Gesamtzustände zu unterscheiden. Bei gaskinetischen Betrachtungen können stets die
realen, also statischen Zustandswerte zugrunde gelegt werden.
554 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 5.1-12 Brennkammer- B 1,00
Brennkammer-Belastung Parameter b

Wirkungsgrad ηB abhängig 1,0


B,ref=0,95

Brennraum-Wirkungsgrad
vom Brennkammer- 1,3
Belastungsparameter. 0,90 1,6
Darstellung nach [GasTurb]
1,9

0,80

(
a = log 1 − B,Re f ) 2,2
0,70 log(1 − B) = a + b (B
log B,ref)

m31
Brennkammer-Belastung B = f( B )=
p1t,38 e Tt3 300K
VB

Wie zum Beispiel in [GasTurb] angegeben wird, kann der jeweilige Ausbrenngrad ηB
mit dem relativen, auf einen bekannten Referenzzustand (Ref, zum Beispiel für Ausle-
gungspunkt A) bezogenen Belastungsparameter �/�Ref Ω/ΩRef bestimmt werden
log(1 − ηB ) = a + b log (�/�Ref ), (5.1-8)
mit der Konstanten a, bestimmt über den gegebenen ηB-Wert des Referenz-Punktes
 
a = log 1 − ηB,Ref . (5.1-9)
Mit a und einer Teillast-Konstanten b kann nun der Ausbrenngrad bestimmte werden,
wie Abb. 5.1-12 zeigt.
Der Durchmesser des Flammenhalter-Störkörpers sollte eine Mindestgröße haben
und die Anblasgeschwindigkeit darf nicht zu groß sein, wenn eine bestimmte Verweilzeit
gefordert wird.
Die Reaktionszeit wird bei sonst gleichen Bedingungen mit steigender Flughöhe, d. h.
abnehmendem Umgebungsdruck und damit auch mit ab fallendem Druck pt3, zunehmen.
Tatsächlich erlischt eine Triebwerksbrennkammer, wenn ihr Druck genügend weit absinkt
und damit die notwendige Reaktionszeit zu groß wird. Um im Flugzustand ein höhenbe-
dingtes Brennkammerverlöschen zu vermeiden, sollten dessen Einsatzbedingungen vor
Auslegung des Triebwerks bekannt sein, damit die Brennkammer richtig dimensioniert
werden kann. Hohe Brennkammer-Eintrittstemperaturen und ein großer zur Turbulenz-
erzeugung verwendeter Druckabfall bewirken eine Verkleinerung der Reaktionszeit.
Je größer die Verweilzeit gegenüber der Reaktionszeit ist, desto günstigere Bedingun-
gen bestehen für einen hohen Ausbrand. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass es im
Wesentlichen um die Verweilzeit im Reaktionsraum selbst geht. In der anschließenden
Mischzone wird durch die Gasabkühlung die Reaktionsgeschwindigkeit stark herabge-
setzt, so dass nur noch wenig vorher nicht verbranntes Material umgesetzt werden kann.
Zur Flammenstabilität wird in Abb. 5.1-13 gezeigt, wie bei gleicher Eintrittstem-
peratur und -geschwindigkeit in die Brennkammer in der Nähe des stöchiometrischen
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 555

Brennkammer-Flammenstabilität
Druck Temperatur Geschwindigkeit
pB Verlösch- TB Verlösch- cB
(p3) grenzen grenzen
arm reich
arm reich
Verbrennung
möglich Verbrennung Verbrennung
möglich möglich

arm reich
Verlösch-
grenzen
mager fett mager fett mager fett

FAR Br FAR Br FAR Br

stöchiom. stöchiom. stöchiom.


Mischungsverhältnis Mischungsverhältnis Mischungsverhältnis
Vorausgesetzt:
TB(T3)=const pB=const pB=const
cB(c3)=const cB=const TB=const
(a) (b) (c)

Abb. 5.1-13  Einfluss der Brennkammer-Eintrittswerte auf die Flammenstabilität

Gemisches der Brennkammerdruck am stärksten abgesenkt werden kann, ohne dass die
Brennkammer ausgeblasen wird. Bei zu kleinen oder zu großen FAR-Werten entsteht
durch die Verbrennung weniger Wärme, somit wird auch weniger an die ankommende
Frischluft weitergegeben. Es muss also ein anderer Faktor so geändert werden, dass die
Reaktionszeit günstig beeinflusst, d. h. verkleinert wird. Durch Steigerung des Brenn-
kammerdruckes kann dies erreicht werden. Die Reich- und Armverlöschgrenzen rücken
weiter auseinander.
Nach Abb. 5.1-13 darf wiederum in der Nähe des stöchiometrischen Gemisches eine
Bedingung ungünstig sein, hier die Brennkammereintrittstemperatur. Durch deren
Erhöhung wird die Reaktionszeit verkürzt und die Verlöschgrenzen entfernen sich.
Nach Abb. 5.1-13 ergibt höchste Brennkammer-Eintrittsgeschwindigkeit eine kür-
zeste Verweilzeit. Es müssen also die sonstigen Reaktionsbedingungen günstig sein, was
in der Nähe des stöchiometrischen Gemisches der Fall ist. Abnehmende Geschwindig-
keit erweitert das Gebiet, in dem die Verbrennung aufrechterhalten werden kann.
In Abb. 5.1-14 ist schematisch der Verlauf von p, t und c über der Drehzahl eines
Turbotriebwerkes dargestellt. Ausgehend vom Auslegungspunkt bei n = 100 % in Rich-
tung Teillast, fällt unter Berücksichtigung der Verdichtercharakteristik der Druck stark
ab, die Temperatur etwas weniger. Im Teillast-Betrieb können somit Bedingungen auf-
treten, die zum Ausgehen der Brennkammer (flame out) führen können. In diesem
556 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 5.1-14 Lastabhängiger 150
bzw. drehzahlabhängiger
Verlauf von Brennkamnmer-
Eintrittswerten (Beispiel), c B (c3)
Geschwindigkeit
A = Auslegungspunkt 100 A
cB %
TB %
Temperatur T B (T 3 )
pB %
50

Druck p B (p3 )
Teillast Vollast
0
40 60 80 % 100
Triebwerks-Drehzahl n

Bereich sind daher gegebenenfalls schnelle Verstellungen der Schub- oder Leistungs-
hebel zu vermeiden. Sowohl eine intensive Verminderung des Mischungsverhältnisses
FAR beim Herunterfahren der Leistung als auch eine FAR-Leistungserhöhung durch
Beschleunigen des Triebwerkes vergrößern noch zusätzlich die Gefahr einer instabilen
Verbrennung bzw. des Verlöschens der Brennkammer.
Beim Höhenflug kann eine plötzliche Schubwegnahme bereits von der Maximaldreh-
zahl ausgehend zu Brennkammer-Instabilitäten führen, die normalerweise dem Erlö-
schen vorausgehen oder zu diesem selbst führen.
Infolge der Rotorträgheit bleiben kurzzeitig p3 und T3 fast unverändert. Diese
Werte sind in großer Flughöhe selbst bei Volllast niedrig. Der FAR-Wert jedoch sinkt
schlagartig ab. Es wird dabei riskiert, in die Armverlöschgrenze hinein zufahren.
Gute Triebwerksregelungen können allzu ruckartige Verstellungen des Pilotenhe-
bels (pilots lever) dadurch ausgleichen, dass sie die Auswirkung nur abgeschwächt zur
Brennkammer durchkommen lassen, was bei modernen FADEC-Systemen gut kont-
rolliert ausgeführt werden kann. Triebwerke mit hoher Verdichtung haben grundsätz-
lich geringere Schwierigkeiten beim Höhenflug. Auch können die Kammern selbst bei
gleichen Verweilzeiten kleiner gebaut werden.

5.1.3.3 Brennkammerbelastung
Die Brennkammerbelastung kennzeichnet die auf die Einheiten von Brennkammervo-
lumen beziehungsweise Brennraumvolumen, Brennkammerdruck und zeitbezogene
Wandlung von chemischer Energie in Wärme


qBK = (5.1-10)
VBK pt3
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 557


bzw. qB = (5.1-11)
VB pt3

Sie ist keine dimensionslose Zahl, sondern charakterisiert die Aufenthaltszeit. Wird die
Brennkammerbelastung zu vergleichenden Betrachtungen herangezogen, so heißt dies,
dass damit dem zeitlichen Verlauf wesentliche Bedeutung zukommt.
Gleichung (5.1-10) bezieht den Wärmestrom Q̇ auf das Volumen der gesamten Brenn-
kammer VBK. Es ergibt sich somit auch ein Maß für die Raumausnutzung, das zur Trieb-
werksdimensionierung herangezogen werden kann. Gleichung (5.1-11) bezieht den
Wärmestrom auf das Volumen des eigentlichen Brennraumes VB, in dem der chemische
Umsetzungsprozess stattfindet. Würde über die Größe dieses Raumes eine echte Aussage
gemacht werden können, dann wäre die Definition (5.1-11) die bessere. Leider ist dies
jedoch selten möglich. Es gibt zwar Brennkammertypen, die bis an die Turbine reichende
Flammrohre besitzen, innerhalb derer die Verbrennung stattfindet. Die Zone intensiver
Verbrennung selbst ist jedoch meist erheblich kleiner als das Volumen des Flammrohres,
in dessen gegen die Turbine gerichtetem Ende hauptsächlich der Mischprozess abläuft.
Dieser stromabwärts gelegene Teil des Flammrohres, dessen Aufgabe es ist, die Heiß-
gastemperatur herabzusetzen und ein gewünschtes Temperaturprofil zu erreichen, trägt
kaum noch zur Verbrennung selbst bei. Aus den genannten Gründen soll der Definition
nach Gl. (5.1-10) der Vorzug gegeben werden. Je höher der qB-Wert ist, desto leistungs-
stärker ist die Brennkammer, desto größer ist ihre Leistungskonzentration.
Zur Charakterisierung des technologischen Standes einer Brennkammer wird qB
nur dann benützen werden können, wenn das sonstige Brennkammerverhalten mit
Wirkungsgrad, Stabilität und z. B. Wiederzündbarkeit in der Höhe ungeändert bleibt.
Eine Übereinstimmung dieser Werte bei verschiedener Brennkammerkonzeption wird
jedoch nur ausnahmsweise erreichbar sein. So wäre es z. B. zur Beurteilung der techno-
logischen Qualität nicht gerechtfertigt, die Brennkammerbelastung eines reinen Hub-
schrauber-Triebwerks, das nur für Bodenflug ausgelegt ist, mit der Brennkammer eines
für Überschallflug geeigneten Triebwerkes zu vergleichen, da die Anforderungen an die
Brennkammern recht verschieden sind.
Auf eine weitere Einschränkung sollte hingewiesen werden. Wird z. B. die Brenn-
kammerbelastung eines Triebwerkes bei gleichen Lastzuständen bei Boden- und Höhen-
flug verglichen, so ergibt dies für das Verhältnis der Brennkammerbelastungen [Lef98B,
Gri04B, Hup06]
qB, H0
≈ 1.
qB, H0 =0

Hieraus darf jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine in Bodennähe gut funk-
tionierende Brennkammer dies auch bei Höhenflug erfüllt. Wie oben in Abschn. 5.1.3.2
ausgeführt, verändern die langsameren Reaktionsabläufe das Brennkammerverhalten. Es
kann zum Ausbrandrückgang bzw. zum Brennkammerverlöschen kommen.
558 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Um ähnliche Betriebsbedingungen bei Brennkammern zu vergleichen, können


dimensionslose Kennzahlen eingeführt werden. Es kann gezeigt werden, dass das Boden-
bzw. Höhenverhalten derselben Brennkammer trotz der vorhandenen geometrischen
Ähnlichkeit, der gasdynamischen Ähnlichkeit mit gleichen Strömungs-Mach-Zahlen an
vergleichbaren Stellen und der thermodynamischen Ähnlichkeit mit gleichen Tempe-
raturen bzw. Temperaturverhältnissen an vergleichbaren Stellen noch zu keiner echten
Brennkammerähnlichkeit führt.
Dies gilt auch noch bei für Boden- bzw. Höhenflug geeigneten Brennstoffdüsen mit
ähnlich verwirklichten Einspritzbedingungen wie Einspritzwinkel, Tröpfchengröße
und Tröpfchenverteilung, da die Damköhler-Zahl nicht gleich ist [Lef98B]. Diese Ver-
brennungskenngröße charakterisiert den thermochemischen Reaktionsverlauf der Ver-
brennung. Sie wird mit der Zeit des Brennstoff-Diffusions-Mischungsprozesses gebildet
bezogen auf die mittlere Zeit des reaktionskinetischen Umsatzes
mittlere Verweilzeit tMischung
Dam = = . (5.1-12)
mittlere Reaktionszeit der Gasreaktion tChem
Die Gestaltung des Brennraumes lässt sich mit der Damköhler-Zahl charakterisieren. Bei
sehr kleinen Damköhler-Zahlen kann die Steuerung der chemischen Reaktion durch die
Organisation der Mischungsvorgänge beeinflusst werden [Sat03] in [Lec03B], bei Dam >
1 wird der lokale Umsatz in der Flamme mehr durch die Mischungsgeschwindigkeit als
durch den chemischen Reaktionsablauf begrenzt.
Eine große Damköhler-Zahl bedeutet also, dass die chemischen Reaktionen viel
schneller als die Strömungseffekte sind und die Verbrennungsqualität also hauptsächlich
durch die Mischungsqualität bestimmt wird. Meist werden bei Brennkammern stationä-
rer Gasturbinen möglichst kleine Damköhler-Zahlen angestrebt.
Treten verstärkt Zähigkeitskräfte durch Wirbelbildung und turbulente Mischvor-
gänge zwischen Brennstoffdampf und Verbrennungsluft auf, so sollte weiterhin die Kon-
stanthaltung der Reynolds-Zahl beachtet werden.

5.1.3.4 Brennkammer-Temperaturverteilung
Für das Temperaturfeld am Austritt der Brennkammer und damit Eintritt in die Turbi-
nengitter sind folgende Bedingungen zu erfüllen:

• Die massenmäßige Mittelwertbildung über das gesamte Temperaturfeld muss die


gewünschte Heißgastemperatur ergeben.
• Die besonders für die feststehenden Turbinenleitkränze wichtige umfangsmäßige
Temperaturverteilung soll so homogen wie möglich sein.
• Die radiale Temperaturverteilung soll günstig sein.

Die Turbinenlaufschaufeln sind resultierenden Spannungen unterworfen, die einer-


seits aus dem Zentrifugalkraftfeld und andererseits aus den durch die Gaskräfte bewirk-
ten Spannungen herrühren. In Abb. 5.1-15 ist der für eine einfache, konventionelle
5.1  Funktion, Bauweisen und Kenngrößen 559

Abb. 5.1-15 Radiale Kopfprofil 1,00


Spannungs- und

Schaufelhöhe rel.
Temperaturverteilung in 0,75 σzul
einer Turbinen-Laufschaufel σres
TSch,zul
und angestrebtes Heißgas- Tt4,zul
0,50
Temperaturprofil am
Brennkammeraustritt (Schema)
0,25

Fußprofil 0
Spannung σ
Temperatur T

Turbinen-Laufschaufel entsprechende Temperatur- und Spannungsverlauf mit TtB ≈ Tt4


und σres aufgetragen.
Hieraus kann unter Annahme der gewünschten Sicherheit die zulässige Zeitdehn-
grenze σzul bestimmt werden. Je nach Verjüngungsgrad der Turbinenschaufel (Quer-
schnittsabnahme vom Fußprofil zum Kopfprofil) werden die mehr außen liegenden
Schnitte geringeren Spannungen unterworfen sein. Somit sind dort höhere Werkstoff-
temperaturen erlaubt. Weiterhin sollte auch das Turbinengehäuse nicht zu heiß werden.
Deshalb sollen die Temperaturen zu den Kanalwänden hin stark abfallen. Ein derartiges
anzustrebendes Profil zeigt die Kurve TBK,zul.
Durch den starken Temperaturabfall im Gebiet der Begrenzungswände des Strö-
mungskanals ergibt sich ein Anstieg der Spannungskurve σzul. Die Verbrennung soll am
Austritt der Kammer abgeschlossen sein.
Es kann vorkommen, dass sich beim Flug in großen Höhen infolge der länge-
ren Reaktionszeiten die am Boden erreichten Temperaturprofile verändern und beim
Durchströmen der Turbine teilweise noch Restreaktionen stattfinden, was als sehr uner-
wünschtes Phänomen bezeichnet werden kann.
Ist die Bedingung, dass die Verbrennung in der eigentlichen Brennzone abgeschlossen
ist, erfüllt, so lässt sich durch entsprechende Anordnung von Schlitzen und Bohrungen
im rückwärtigen Teil des Flammrohres der Mischvorgang so beeinflussen, dass ein kor-
rektes Temperaturfeld entsteht.
Mit Rücksicht auf die thermische Belastung der vorderen Turbinenstufen werden
akzeptable Temperaturprofile am Brennkammeraustritt erforderlich. Dazu werden zur
Beurteilung der Temperaturverteilungen in Umfangsrichtung und radial Kenngrößen
bzw. Richtwerte definiert (Abb. 5.1-16).
Am Eintritt in das erste Turbinen-Leitrad bzw. das Stator-Gitter ist der auf die
gesamte Strömungsfläche bezogene Ungleichförmigkeitsgrad OTDF (overall tempera-
ture distribution factor) nach z. B. [Wal00B, Gri04B] üblich

Tt4max − Tt4m
OTDF = ≤ 0,30 (. . . 0,35). (5.1-13)
Tt4m − Tt3
560 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Tt4

Temperaturverteilung
am Brennkammeraustritt
in Umfangsrichtung

Tt4 = f(r, )
Tt 4 max − Tt 3
OTDF =
Tt 4 m − Tt 3

 r − ri 
Temperaturverteilung  
r −r 
am Brennkammeraustritt  a i  1,0
in radialer Richtung  Tt 4 m (r ) − Tt 3 
Kanalhöhe relativ BK-Austritt

  = RTDF
 Tt 4 m − Tt 3 
  max
Tt4 m = f(r)

0,5

0
0  Tt 4 m (r ) − Tt 3  1,0
 
 Tt 4 m − Tt 3 
 

Abb. 5.1-16  -Temperaturverteilungen am Brennkammeraustritt in Umfangsrichtung und in


radialer Richtung [Lef98B, Wal00B, Gri04B]

OTDF wird gelegentlich auch als PTF (pattern factor) bezeichnet [Lef98B].
Die radiale Temperatur-Ungleichförmigkeit RTDF (radial temperature distribution
factor) für ein Turbinen-Gitter ist abhängig vom Radieus r besonders am Eintritt in das
erste Turbinenlaufrad bzw. Rotor-Gitter zu prüfen. Die Definition lautet
Tt4max (r) − Tt4m
RTDF = ≤ 0,08 (. . . 0,10). (5.1-14)
Tt4m − Tt3
RTDF wird auch als PF (profile factor) angegeben [Lef98B].
In Abb. 5.1-16 wird ein Beispiel für die diesen Grenzwerten entsprechenden Tempe-
raturprofilen Tt4 (r, ϕ) und Tt4(r) gezeigt [Gri04B]. Bei späterer verbindlicher Berech-
nung einer Hochdruckturbine HPT ist aus dem Temperaturprofil Tt4(r) das unter dem
Einfluss der Kühlluftzufuhr am Laufradeintritt entstehende Temperaturprofil Tt41(r)
sorgfältig zu bestimmen.
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 561

5.2 Entwicklungsstufen und Tendenzen

5.2.1 Schadstoffemission

Bei der Auslegung und Projektierung von derzeitigen und besonders der zukünftigen
Kraftwerks-Gasturbinen und Flugzeug-Triebwerken kann die Beachtung der Emissions-
beschränkungen entscheidend für den Erfolg eines Projektes sein. Die Voraussetzungen
und Erfordernisse zur Reduzierung der Schadstoffemission, besonders der NOx-Werte
hängen wesentlich von den theoretischen und experimentellen Analysen in Verbindung
mit den Vorgängen in den Brennräumen ab. Dies betrifft die Brennstoffeinspritzung
und deren Aufbereitung, die reaktionskinetischen und aerothermodynamischen Abläufe
besonders in den Primärzonen sowie damit verbunden die Brennkammerbauweisen im
Verbund mit den gesamten Gasturbinen-Anlagen.
Zu dieser Thematik werden angelehnt an die umfassenden Darstellungen von
Lefebvre [Lef98B], Sattelmayer u. a. in Lechner/Seume [Lec03B, Gri04B] sowie Hup-
fer [Hup06] und Kokanovic [Kok07] hier in einem Überblick einführende Hinweise zu
Brennkammern und zur Schadstoffemission gegeben.
Zur Emissionsbeschränkung für die Luftfahrt selbst ist der von ICAO in den 70er Jah-
ren definierte LTO-Zyklus [ICA81] maßgebend, der lediglich die Flugzeugbewegungen
im Flughafenbereich mit mehreren Phasen des Lande- und Startvorgangs LTO (landing
and take-off) umfasst. Für zivile Turbofan-Triebwerke z. B. sind im Rahmen der Trieb-
werkszulassung die als Kriterium dienenden Emissionsparameter auf der Basis von am
Triebwerk gemessenen Emissionsindices zu ermitteln. Dies betrifft die Schadstoffe NOx,
CO, HC und den Rauch, für die international geltenden Grenzwerte einzuhalten sind.

Lastabhängigkeit der Emissionsindizes. Als Beispiel dafür, wie die einzelnen Schad-
stoffmengen vom Lastzustand einer Gasturbine abhängen zeigt Abb. 5.2-1 die CO-
und COx-Emissionen einer konventionellen Brennkammer eines Flugtriebwerks.
Der Abszissenmaßstab stellt die Eintrittstemperatur in die Brennkammer bzw. nähe-
rungsweise die Austrittstemperatur aus dem Verdichter dar. Sie steigt bei sonst glei-
chen Bedingungen mit der Drehzahl des Gasgenerators des Triebwerks, d. h. mit dem
Lastzustand an.
Die entstehenden Emissionen von CO und NOx in Abhängigkeit von der Primärzo-
nentemperatur zeigen deutlich das gegenläufige Verhalten dieser Emissionen. Für eine
konventionelle Brennkammerauslegung mit insgesamt niedrigen Schadstoffemissionen
steht daher nur ein schmaler Arbeitsbereich zu Verfügung, welcher sich mit verbesserten
Brennkammertechnologien erweitern lässt.

ICAORegulierung.  Mit der Einführung von Turbotriebwerken für Flugzeuge und


dem Anstieg des Luftverkehrs ergab sich eine verstärkte Diskussion über die Umwelt-
einflüsse. Es galt die Reduktion der Lärm- und Schadstoffemissionen vor allem im
562 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

120 30
[ppm] [ppm]
Bereich
100 geringer 25
Emission
80 CO 20
NOx

CO 60 15 NOx

40 10

20 5

0 0
1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100
Primärzonen-Temperatur [K]

Abb. 5.2-1  CO- und NOx-Emissionen abhängig vom Lastzustand bzw. von der Primärzonentem-
peratur einer konventionellen Brennkammer nach Lefebvre [Lef98B]

Flughafen-Nahbereich zu reduzieren. Die im Jahre 1973 von der EPA (Environmental


Protection Agency) veröffentlichten Emissionsrichtlinien für Flugtriebwerke beinhalteten
Grenzwerte für unverbrannte Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Kohlenmonoxid. Spä-
ter kamen in einer neuen Ausgabe [EPA97] auch Grenzwerte für Rauchemissionen SN
(smoke number) hinzu.
In Anlehnung an amerikanische Richtlinien hat die ICAO (International Civil Avia-
tion Organization) im Jahre 1981 in ihrer Konvention über die zivile Luftfahrt [ICA81]
erste Grenzwertfestlegungen für diese Schadstoffemissionen festgeschrieben. Anpassun-
gen dieser Grenzwerte erfolgten in Stufe 2 [ICA91] und in der seit 2004 gültigen Stufe 4.
Um einen Vergleich zwischen den einzelnen Schubklassen und mit den Richtlinienwer-
ten zu erhalten, werden für den Lande- und Startvorgang bzw. LTO-Zyklus unter folgen-
den Betriebsbedingungen

• Bodenbetrieb (Taxiing, 7 % vom Startschub, 26 min),


• Start (Takeoff, 100 % vom Startschub, 0,7 min),
• Steigflug (Climb out, 85 % vom Startschub, 2,2 min),
• Sinkflug (Approach, 30 % vom Startschub, 4,0 min)

neben dem Brennstoffverbrauch auch die Emissionsindizes

Emissionsmasse in g
EI =
Brennstoffmasse in kg
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 563

Flugtriebwerks-Brennkammer
(a) 80

EI [g/kg] Emissions-Charakteristiken mit


Emissionsmasse in g
EI =
60 Brennstoffmasse in kg 20 SN
Emissionsindex

Rauchzahl (Smoke Number)


Rauch

40

10
CO
CO

20
NOx
UHC
UHC

0 0
0 20 40 60 80 100
Lastzustand bzw. Schub / Startschub in %

(b) 60 Emissions-Indizes
Schadstoff in g Turbofan-Triebwerk LTO-Zyklustt
Brennstoff in kg
50
CO
Emissionsindex EI

40

30
HC

20
NOx

10

0
Start Steigen Reiseflug Landeanflug Taxiing

Abb. 5.2-2  Emissionsindizes eines zivilen Turbofan-Triebwerks in verschiedenen Missionspha-


sen nach Lefebvre [Lef98B] und Grieb [Gri04B]

für UHC, CO und NOx in g pro kg Brennstoff gemessen. Die quantitative Bestimmung
der Rauchemissionen SN (smoke number) wird nach ICAO im [ICA81] beschriebenen
Verfahren vorgegeben.
Unter Beachtung der Umgebungsbedingungen und unter Verwendung festge-
legter Brennstoff-Spezifikationen werden mit Hilfe der Verweilzeiten für einzelne
oben genannte Lastpunkte die Referenzemissionen ermittelt, die in so genannte
564 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

charakteristische Werte umgerechnet werden. Für die Zulassung werden üblicherweise 1


bis 3 Tests durchgeführt und die daraus ermittelten Werte den Grenzwerten vergleichend
gegenübergestellt. Abbildung 4.2-10a, b zeigt typische Emissionsverläufe eines Flugtrieb-
werks in Abhängigkeit vom Lastzustand bzw. Schub. Die Beurteilung des Schadstoffemis-
sionsverhaltens eines Flugtriebwerks erfolgt auf der Basis dieser Werte.
Eines der gewünschten Endprodukte der Kohlenwasserstoffverbrennung ist CO2. Die Ver-
brennung von Kohlenstoff zu Kohlenmonoxid CO erfolgt verhältnismäßig schnell, jedoch
diejenige von CO in Kohlendioxid CO2 relativ langsam. Je nach den vorhandenen Drücken
und Temperaturen im Brennraum sind die Reaktionszeiten und Reaktionszwischenprodukte
verschieden, abhängig davon, ob Brennstoff- oder Sauerstoffüberschuss herrscht und ob es
sich um Tröpfchenverbrennung oder Zusammenführung gasförmiger Reaktionspartner han-
delt, d. h. ob mit Brennstoffvorverdampfung gearbeitet wird (Abb. 5.2-2).

5.2.2 Brennkammer-Funktion und -Bauweisen

In Abschn. 5.1.2 wurden bereits die wichtigsten Brennkammertypen vorgestellt, sodass


anschließend auf die Brennstoffzufuhr und die Verbrennung mit dem Emissionsverhal-
ten näher eingegangen wird (Abb. 5.1-1 bis 5.1-10).

Brennstoffzufuhr bei Flugtriebwerken Bei Turboshaft-Gasturbinen und Flugtrieb-


werken liegen normalerweise kontinuierliche Einspritzverfahren vor. Es wird zwischen
Druckeinspritzung, rotierender Einspritzung, Einspritzung mit Luftunterstützung und
Verdampferbrennern unterschieden.
Bei der Druckzerstäubung kommen im allgemeinen Dralldüsen als Einfach-
(Simplex) oder Doppeldüsen (Duplex) zum Einsatz. Der Brennstoff tritt unter hohem
Druck in eine Drallkammer ein, verlässt diese durch die Düsenmündung als Hohlkegel,
der in der Brennkammer aufreißt und in Tröpfchen zerfällt. Der Einsatz- und der Regel-
bereich sind jedoch begrenzt durch die Entstehung zu großer Tropfen bei zu geringem
Brennstoffüberdruck, d. h. bei zu kleinem Durchsatz und zu hohem Überdruck bei sehr
großen Durchsätzen. Das bedeutet, dass sich eine solche Düse für Brennkammern von
Flugtriebwerken nur bedingt eignet, da hier ein großer Regelbereich verlangt wird. Die
Duplexdüse, die über zwei separate, konzentrisch angeordnete Austrittsöffnungen ver-
fügt, ermöglicht größere Volumenströme bei niedrigerem Brennstoffüberdruck. Bei klei-
nen Volumenströmen tritt der Brennstoff mit hohem Druck nur aus der innen liegenden
primären (Pilot-)Düse aus, womit in diesem Bereich eine gute Zerstäubung erreicht
wird. Mit steigendem Durchfluss und Brenstoffdruck wird die äußere Hauptdüse über
ein Servoventil zugeschaltet. Auch bei diesem Prinzip ist jedoch je nach benötigter
Brennstoffmenge wegen der unterschiedlichen Förderdrücke mit unterschiedlichen
Zerstäubungsqualitäten zu rechnen. Eine Verbesserung vor allem bei geringen Massen-
strömen kann erreicht werden, indem die kinetische Energie der Luft zusätzlich zur Zer-
stäubung genutzt wird. Es bestehen dabei generell zwei Möglichkeiten:
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 565

Die Zerstäubung durch Luft mit kleinem Massenstrom und hoher Geschwindigkeit
wird als Air-Assist-Atomizing bezeichnet. Bei großen Luftmassenströmen mit geringerer
Geschwindigkeit von ca. 100 bis 120 m/s wird von Airblast-Atomizing gesprochen.
Beim Verdampfersystem wird der Brennstoff zusammen mit Luft in einer Röhre
durch die Flamme in der Brennkammer geführt. Dies hat den Vorteil, dass der Brenn-
stoff am Eintritt in die Brennkammer bereits verdampft vorliegt und eine vollständige
Verbrennung bei vergleichsweise kurzen Brennkammerlängen möglich wird.
Weiterhin, vor allem bei kleineren Flugtriebwerken mit Umkehr-Brennkam-
mern, kann ein Einspritzverfahren mit rotierender Einspritzung eingesetzt werden
(Abschn. 5.1.2.3, Abb. 5.1-9). Dabei wird der Brennstoff aus der Hohlwelle heraus in die
Brennkammer eingespritzt. Dieses Prinzip erfordert nur sehr geringe Brennstoffdrücke,
wobei eine zufriedenstellende Zerstäubungsqualität auch im Teillast erreicht wird (Fa.
Turbomeca).

Schadstoffarme Brennkammern Bei neueren Brennkammerkonzepten und zukünf-


tigen Entwicklungen werden trotz steigender Brennkammerein- und -austrittstempe-
raturen geringere Stickoxidemissionen gefordert mit der Vorgabe, das bisher erreichte
Niveau hinsichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit beizubehalten. Bei stationären
Gasturbinen können die Stickoxidemissionen durch Wasser- bzw. Dampfeinspritzung
oder DLE-Systeme (dry low emissions) um bis zu 90 % verringert werden Diese Mög-
lichkeiten sind bei Fluggasturbinen wesentlich schwieriger umzusetzen (Abschn. 5.2.5)
[Höl95, Jos91, Rok03, Sat98, Sat03, Hup06].
Wie in [Lef98B] gezeigt wird, bewirken vor allem niedrigere Spitzentemperaturen und
kürzere Aufenthaltszeiten in der Primärzone der Brennkammer eine Verringerung der
entstehenden Stickoxide. Die Verhältnisse innerhalb der Primärzone wiederum werden
maßgeblich durch die Gemischbildung beeinflusst. Grundsätzlich wird dabei zwischen
einem mageren, stöchiometrischen und fetten Gemisch unterschieden.
Turbofan-Triebwerke mit großem Schub arbeiten z. B. im Vollastbereich mit einem
Verdichterdruckverhältnis über 40 (Abb. 1.4-3) bei Brennkammer-Eintrittstemperaturen
von bis zu 950 K. Eine gute Brennstoffaufbereitung ist so möglich, da z. B. der Brenn-
stoff Kerosin unter diesen Bedingungen schnell verdampft und sich gut mit der Verbren-
nungsluft mischen lässt. Nachteilig wirken sich die hohen Temperaturen und Drücke
jedoch auf die Stickoxidbildung aus. Eine weitere Erhöhung des Verdichterdruckverhält-
nisses und des damit verbundenen thermischen Wirkungsgrades erfordert somit Brenn-
kammertechnologien mit niedrigen Stickoxidemissionen, die bereits im Rahmen vieler
europäischer und amerikanischer Forschungsprogramme vor allem für große Turbofan-
Triebwerke der neuen Generationen untersucht wurden. Die Ergebnisse allerdings fie-
len bisher bei den einzelnen Triebwerksherstellern zum Teil unterschiedlich aus. Neuere
Triebwerksentwicklungen und verschiedene Forschungsaktivitäten werden in [Lef98B,
Hup06] beschrieben. Dies betrifft folgende Konzepte:
Gestufte Brennkammern. Konzeptstudien wurden hier von den Firmen GE
und P&W gemeinsam mit der NASA in umfangreichen Technologieprogrammen
566 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Einfache Ring-Brennkammer Gestufte Ring Brennkammer


(Single Annular Combustor SAC) (Double Annular Combustor DAC)

Abb. 5.2-3  Schadstoffarme einfache und gestufte Ringbrennkammer DAC (double annular com-
bustor) für ein Turbofan-Triebwerk (Bild oben). Kombinierte Umfangs- und Radialstufung bei der
DAC-Brennkammer des Triebwerks CFM56513 (Bild unten) [Lef98B, Gri04B, Hup06]. Nach Fa.
CFM International

durchgeführt. Dies sind Programme wie das ECCP (Experimental Clean Combustor Pro-
gram), QCSEE (Quiet Clean Short-Haul Experimental Engine) [Bah79]) und E3 (Energy
Efficient Engine Program) [Dub86]. Eine Weiterentwicklung führte bis zur Serienreife
dieser als DAC (dual annual combustor) bezeichneten Brennkammer für die Triebwerk-
stypen CFM 56 und GE 90 (Abb. 5.2-3). Die für geringe Brenntstoffdurchsätze opti-
mierte Pilotstufe kann im unteren Teillastbereich sicher und wirtschaftlich betrieben
werden, bei hoher Last wird die Hauptstufe zugeschaltet. Letztere zeichnet sich durch
kürzere Aufenthaltszeiten der Reaktionspartner mit geringem Stickoxidausstoß aus.
Fett-Mager-Verbrennung. Eine weitere Möglichkeit zur Verringerung der Stick-
oxide ist das Konzept der Fett-Mager-Verbrennung, auch als RQL (rich burn/quick
quench/lean burn) bekannt. In einer ersten Stufe wird bei Volllast mit einem Äquiva-
lenzverhältnis Φ zwischen 1, 6 bis 1, 8 (entspricht ca. 20 bis 30 % der Gesamtluftmenge)
eine fette Verbrennung bei entsprechend niedrigeren Temperaturen initiiert (rich burn)
(Abb. 5.2-4). Daran schließt sich die Mischphase an, in der der Verbrennung sehr schnell
zusätzliche Luft zugeführt wird (quick quench).
Ziel dieser Zumischung ist es, die fette Verbrennung durch Luftüberschuss in eine
magere Verbrennung (Φ = 0,4) zu überführen und dabei die Aufenthaltszeit des Brenn-
gasgemischs unter stöchiometrischen Verhältnissen im Bereich der Zumischung zu
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 567

(a) Betrieb
konventionell
Leerlauf Volllast TO

3000 CO, HC- NOx-Bildung Rauch-


Tt PZ [K] Bildung Bildung
Mittlere Temperatur in Primärzone

2500

ng
2000 erga
c h e r Üb R
Ras R
Arm-Verlöschgrenze

A
Bereiche
1500 A angestrebt
Bereich R (reich) und A (arm)
angestrebt bei Reich/Arm-
Mager- Verbrennung
1000 Verbrennung
(c)
(b) und (d)

500
0 0,5 1,0 1,5 2,0
Äquivalenzverhältnis in Primärzone PZ

Brennkammer-Konzepte eingeführt oder zukünftig


(a) Primärzone

„Konventionell“, bedingt „Mager“

(b) (c) (d)

R A

„Mager“ „Reich / Arm“ Vormischung/Vorverdampfung


Doppeldom mit (Technologie-Programme ) mit Typ (a) oder (b)
Pilot / Hauptstufe

Abb. 5.2-4  Brennkammern von Flugtriebwerken mit konventioneller Verbrennung, mit Doppel-


dom-Pilot-, Reich-Arm- und Vormischungs-Vorverdampfungs-Brennkammertypen nach Grieb
und Simon [Gri90, Gri04B] sowie Lefebvre [Lef98B]
568 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

minimieren bzw. gänzlich zu vermeiden. Danach erfolgt der weitere Ausbrand im mage-
ren Bereich unterhalb der stöchiometrischen Verbrennungstemperatur (lean burn).
Problematisch gestaltet sich die schnelle Luftzufuhr zwischen der fetten und mageren
Verbrennung, da hier der Verbrennung durch die Brennkammerwand ein großer Anteil
Luft so homogen wie möglich zugemischt werden muss. Eine zu starke Abkühlung im
Randbereich führt zu erhöhten CO-Emissionen. Ergebnisse aus numerischen und expe-
rimentellen Untersuchungen hinsichtlich der Strömungsoptimierung in diesem Bereich
wurden unter anderem in [Blo97, Has98] und [Hat95] veröffentlicht.
Technologische Probleme bereitet außerdem die fette Verbrennungszone. Eine
konventionelle Filmkühlung mit Luftzufuhr würde im wandnahen Bereich zu stöchi-
ometrischen Mischungsverhältnissen führen, was lokal höhere Wärmebelastung und
Stickoxidbildung ergibt. Daher sind neue Kühlungstechniken konvektiver Art und hit-
zebeständigere Brennkammermaterialien bzw. Beschichtungen notwendig. Wegen des
Sauerstoffmangels entstehen hier auch vermehrt Rußpartikel, die im weiteren Verlauf
der Verbrennung nicht vollständig abgebaut werden können.
Magere Direkteinspritzung. Bei der mageren Direkteinspritzung LDI (lean direct
injection) wird der Brennstoff direkt in die Brennkammer eingebracht, im Gegensatz zur
konventionellen Verbrennung jedoch mit hohem Luftüberschuss. In der sich ausbilden-
den Flammenfront findet daher die komplette Verbrennung im mageren Bereich statt,
was zu niedrigeren Spitzentemperaturen und somit auch zu einer geringeren Stickoxid-
bildung führt. Voraussetzung für eine stabile und schadstoffarme Verbrennung ist die
homogene Aufbereitung und feine Zerstäubung des Brennstoffs.
Im Rahmen des europäisch geförderten Technologieträger-Programms ANTLE
(Affordable Near Term Low Emissions) wird eine LDI-Brennkammer mit intern gestufter
Brennstoffzufuhr untersucht. Mit diesem Konzept werden NOx-Werte von weniger als
50 % bezogen auf die aktuellen ICAO-Grenzwerte erwartet.
Vorgemischte und vorverdampfte Magerverbrennung. Eine vielversprechende,
in stationären Gasturbinen (Abschn. 5.2.5) bereits erfolgreich eingesetzte Methode
zur Verringerung von Stickoxidemissionen stellt die vorgemischte und vorverdampfte
Magerverbrennung LPP (lean premixed prevaporized combustion) dar [Lec03B]. Hierbei
werden zum einen die hohen Flammentemperaturen, wie sie bei nahe-stöchiometrischen
Mischungsverhältnissen auftreten, vermieden und zum anderen verkürzen sich durch
die bereits stattgefundene Vorverdampfung des Brennstoffs die notwendigen Aufent-
haltszeiten in der Primärzone. Die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Verbrennungs-
konzeptes in Flugtriebwerks-Brennkammern erfordert jedoch die Optimierung von
Parametern mit zum Teil gegensätzlichen Auswirkungen. Diese sind:

• Sichere Stabilisierung der mageren Flamme im gesamten Betriebsbereich,


• die Herstellung einer möglichst homogenen Brennstoff-Luft-Mischung mit möglichst
kleinen Druckverlusten und kompakten Brennergrößen,
• möglichst großer Luftanteil an der Verbrennung bei gleichzeitig sicherer Kühlung
aller heißgasberührten Teile der Brennkammer,
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 569

• möglichst gleichförmige Temperaturverteilung des Heißgases im Turbineneintritt,


• kompakte Brennkammern und vollständiger Ausbrand.

Da ein brennbares Gemisch bereits vor Eintritt in die Brennkammer vorliegt, besteht
zusätzlich die Gefahr eines Zurückschlagens der Flamme in die Vormischstrecke (flash-
back). Bei hoch belasteten Brennkammern, die entsprechend hohe Eintrittsdrücke und
Eintrittstemperaturen haben, kann es bei entsprechender Aufenthaltszeit des Gemi-
sches in der Vormischstrecke auch zu einer Selbstzündung (auto ignition) kommen.
Diese Zustände sind unter allen Umständen zu vermeiden. Weiterhin dürfen keine star-
ken Druckpulsationen auftreten. Die Erfahrung zeigt, dass magere Vormischflammen
auf vielfältige Weise Schwingungen anregen können. Diese Schwingungen können die
Gemischhomogenisierung und Brennstoffverteilung beeinträchtigen, was bei einer reso-
nanten Verstärkung durch eine periodische Wärmefreisetzung zu einer Beschädigung
der Brennkammer führen kann.

5.2.3 Bedingungen für NOx-Bildung

Da die NOx-Bildung um so größer ist, je höher die Drücke und Temperaturen beim Ver-
brennungsvorgang sind und je langsamer der Verbrennungsvorgang abläuft, kommt es
bei der Gestaltung der Brennkammer darauf an, in der Primärzone folgende Anforde-
rungen z. B. nach Grieb [Gri04B] anzustreben:

• Die Verbrennungstemperatur sollte durch Vermeidung des stöchiometrischen


Mischungsverhältnisses, d. h. durch Einstellung eines mittleren Äquivalenzverhältnis-
ses so weit wie möglich gesenkt werden.
• In der Primärzone PZ sollte das örtliche Äquivalenzverhältnis ΦPZ möglichst homo-
gen sein, d. h. es ist eine möglichst geringe Ungleichförmigkeit der örtlichen Brenn-
stoffverteilung zu erreichen.
• Der Verbrennungsablauf sollte bei ΦPZ < 1 so schnell wie möglich erfolgen. Dabei ist
zu bedenken, dass nach Abb. 5.2-4 stabile Verbrennung nur im Bereich ΦPZ ≥ 0,35…
0,37 zu erreichen ist, während im Bereich ΦPZ ≥ 1,3… 1,5 mit Rußbildung zu rech-
nen ist, die absolut vermieden werden muss.

Aus der Forderung mit den o.g. Beschränkungen des Äquivalenzverhältnisses haben sich
folgende zwei Funktionsprinzipien herausgebildet:
Beim Konzept der Mager-Verbrennung wird versucht, das mittlere Äquivalenzver-
hältnis so dicht wie möglich an die Armgrenze ΦPZmin heranzurücken. Hierzu wird
angestrebt, dies dadurch zu erreichen, dass der in die Primärzone einströmende Luft-
anteil entsprechend dem Lastzustand bzw. entsprechend der Brennstoffmenge durch
variable Geometrie geregelt wird. Dies ist bei Flugtriebwerken schwer zu erfüllen. In
der Praxis hat sich bisher das Doppeldom-Konzept durchsetzen können (Abb. 5.2-3
570 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

und 5.2-4). Dabei ist im Bereich niedriger Last die eine, z. B. die innere Düsengruppe,
im Bereich hoher Last z. B. die äußere Düsengruppe in Aktion. In einigen Fällen wird
die äußere Düsengruppe axial nach hinten versetzt, wobei in diesem Falle die inneren
(Pilot-) Düsen im Leerlauf und unteren Lastbereich, die äußeren (Haupt-) Düsen im
oberen Lastbereich arbeiten [Bah92, Lan88].
Bei der „Reich/Mager“-Verbrennung wird zunächst ein Teil des Brennstoffs in einer
ersten Primärzone bei ΦPZ > 1 teilweise verbrannt, so dass hier nach Abb. 5.2-4 nur
moderate Verbrennungstemperaturen auftreten können. Dann wird der Betrieb nach
möglichst raschem Übergang in einem entsprechend eingeschnürten Übergangskanal zu
einer zweiten Primärzone geführt, wo der restliche Brennstoff unter Luftzufuhr bei nied-
rigem ΦPZ < 1 und damit ebenfalls bei niedrigen Verbrennungstemperaturen verbrennt.
Brennkammern, die nach diesem Prinzip funktionieren, neigen eher zur Rußbildung,
sind relativ lang und führen zu großen zu kühlenden Flammrohroberflächen.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass z. B. nach [Gri90] mit zuneh-
menden Temperaturen im Bereich des Flammrohrs das Problem knapper werdender
Flammrohrkühlluft besteht, da auch bei herabgesetzten Verbrennungstemperaturen
einerseits konvektive Kühlung der Flammrohrwände durch die Sekundärkanäle nicht
ausreicht und andererseits die Filmkühlung auch dazu nötig ist, um die Verbrennungs-
zonen von den Flammrohrwänden fernzuhalten.
Bei der Mager-Verbrennung kommt es darauf an, den Brennstoff in die Primärzone
so einzubringen, dass eine räumlich möglichst gleichmäßige Verteilung bei minimaler
Tröpfchengröße und größtmöglichem Verdampfungsgrad entsteht. Dabei ist neben der
Homogenität der Brennstoffkonzentration die Schnelligkeit des Verbrennungsablaufs für
den Erfolg im Sinne minimaler NOx-Emission maßgebend. Eine möglichst geringe mitt-
lere Verweilzeit der Verbrennungsgase im Flammrohr ist anzustreben. Bei der Reich-/
Mager-Verbrennung gilt zwar ähnliches, wobei hier jedoch die Brennstoffverteilung
nur über die Brennstoffeinspritzung in die erste Primärzone beeinflussbar ist. Auch hier
spielt im Zusammenhang mit der NOx-Bildung die mittlere Verweilzeit zumindest in
der zweiten Primärzone eine wesentliche Rolle [Gri04B].
Die erreichbare Homogenität der Brennstoffverteilung, der Teilchengröße und des Ver-
dampfungsgrades ist von der Qualität der Brennstoffeinspritzung abhängig. Während in
den 1970er Jahren, einfache Hochdruck-Zerstäuberdüsen als 2-Mengen-Düsen vorherrsch-
ten, geschieht die Brennstoffeinspritzung später in den nachfolgenden Jahren mittels Drall-
Luftstrahldüsen mit zwei konzentrischen, konischen, gegensinnigen Drallzonen, zwischen
denen der Brennstoff in feinste Tröpfchen zerstäubt wird und die Gemischbildung einsetzt.
Da bei der Brennstoffeinspritzung durch Luftstrahldüsen nur begrenzte Gleichför-
migkeit der Gemischbildung und geringe Verdampfungsraten erzielt werden können, ist
die Vormischung und Vorverdampfung des Brennstoffs vor dem Eintritt des Gemischs
in die Primärzone erstrebenswert. Mit Rücksicht auf die Gefahr der Fremdzündung z. B.
durch Flammenrückschlag beim Pumpen des Triebwerks oder durch Selbstzündung bei
genügender Aufenthaltsdauer in der Vormischkammer wird es schwierig, dieses Prinzip
bei Flugtriebwerken einzuführen [Gri90].
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 571

Zumindest bei der „Mager“-Verbrennung hat die Dauer des Verbrennungsvorgangs


unter sonst gleichen Bedingungen für Druck und Temperatur einen bedeutenden Einfluss
auf die NOx-Bildung. Daher wird zur Analyse der in Triebwerksbrennkammern herr-
schenden Bedingungen die mittlere Aufenthaltszeit der Brenngase im Flammrohr ermittelt.
Ein Hinweis auf den Einfluss der mittleren Aufenthaltszeit im Flammrohr auf die
NOx-Emission ergibt sich aus der Korrelation der für gleiche Brennkammer-Eintritts-
bedingungen entsprechend dem Verdichterdruckverhältnis ПC = 30 normierten NOx-
Emissionswerte über der mittleren Aufenthaltszeit.
Für die Dimensionierung des Flammrohrs bzw. der Primärzone ergeben sich folgende
entgegengesetzte Optimierungstendenzen:

• Einerseits hohe Stromdichte bzw. kurze Verweilzeit im Flammrohr vom Standpunkt


der NOx-Emission und
• andererseits niedrige Stromdichte bzw. großes Primärzonen- und Flammrohrvolumen
mit Rücksicht auf Ausbrenngrad, Wiederzündfähigkeit und Beschleunigungsvermögen.

5.2.4 Entwicklungstendenzen

Zusammenfassend für die verschiedenen, vielfältigen Brennkammerkonzepte ist


festzustellen, dass die bisherigen Ansätze zur vorgemischten und vorverdampften
Magerverbrennung in Flugtriebwerken auf gestufte Brennkammerbauweisen zurück-
greifen (Abb. 5.2-5). Die Voraussetzung für den sicheren Betrieb eines LPP-Brenners
ist vor allem bei hohen Laststufen gegeben, da hier die erhöhten Lufteintrittstempe-
raturen und Brennkammerdrücke ein schnelles Verdampfen des Brennstoffs ermög-
lichen. In Verbindung mit konventionellen oder RQL-Pilotbrennern werden sie
daher als Hauptstufenbrenner eingesetzt. Bei sehr großen Triebwerken, bei denen
ein Druckverhältnis von über 40 und Eintrittstemperaturen von über 650 °C erreicht
werden, steigt jedoch die Gefahr einer Selbstzündung bzw. eines Flammenrückschla-
ges. In diesem Fall müssen die Aufenthaltszeit des zündfähigen Gemischs in der
Vormischstrecke und somit auch deren Länge verringert werden, was bis hin zum
Übergang von der Vormischung zur Direkteinspritzung führen kann. Dies spiegelt
sich auch in den aktuellen Entwicklungsarbeiten der verschiedenen Triebwerks-
hersteller wieder, deren Fokus bei den großen Triebwerken in der mageren Direkt-
einspritzung liegt, während im mittleren Schubbereich vor allem bei Firmen der
europäischen Triebwerksindustrie die vorgemischte und vorverdampfte Magerver-
brennung favorisiert wird.
Ob ein Einspritzmodul eine magere, stöchiometrische oder fette Verbrennung in
der Primärzone der Brennkammer erzeugt, hängt von der Luftaufteilung in der Brenn-
kammer und vom durchgesetzten Brennstoffmassenstrom im Einspritzelement ab. In
Abhängigkeit vom jeweiligen Last- und Betriebszustand können sich für das globale
572 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

NOx-Emission in % vom ICAO-NOx-Grenzwert


100 ICAO-Grenzwerte
%
90
NOx in % von ICAO-NOx-Grenzwert

ab 1996
80
Ring-Rohr-
JT8-D7
Brennkammer
70
CFM56-5B

60 CFM56-3C CFM56-5C GE90


CF6-80C
CFM56-2
50 PAT
CFM56-5A

40 CFM56-5A
Ring-Brennkammer
2-Stufen-
30 Ring-Brennkammer
CFM56-5B

20 vorgemischt
(Entwicklung nach GE / SNECMA)

10
1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

Jahr (EIS)

Abb. 5.2-5  Stand der Technik und erwartete Fortschritte in der Reduzierung der NOx-Emission bei
Brennkammern ziviler Turbofan-Triebwerke CTF im Vergleich zu den ICAO-NOx-Grenzwerten
nach [Gri04B] und am Beispiel der Entwicklungsstufen der Firmen GE und SNECMA [Cum03B]

Luft-Brennstoffverhältnis AFR (air fuel ratio) über die gesamte Brennkammer Werte
zwischen 35 unter Volllast und bis zu 250 bei unterer Teillast einstellen. Bei kleinen
Triebwerken allgemein gestaltet sich die Einführung neuer Brennkammertechnologien
schwieriger als bei den großen Schubtriebwerken [Lef98B, Gri04B].
Abschließend wird mit Abb. 5.2-5 ein Überblick beispielhaft zu den in der Triebwer-
kindustrie bestehenden oder geplanten Brennkammerentwicklungen mit der weiteren
Senkung der NOx -Emission gegeben und ihre Einordnung in den Stand der Technik
und in den Trend der ICAOGrenzwerte.

5.2.5 Brennkammern in Gasturbinen der Energietechnik

Wie bei den Flugtriebwerken die Reduktion des Schadstoffausstoßes eine Vorrangstel-
lung inne hat, liegt ein Schwerpunkt der Entwicklung in der Gasturbinentechnologie der
Kraftwerks- und Energietechnik ebenfalls auf der Absenkung des CO2-Ausstoßes. Die
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 573

Steigerung der Turbinen-Eintrittstemperaturen bewirkte jedoch wie in der Luftfahrt eine


unerwünschte Zunahme des NOx-Ausstoßes. Eine einführende Darstellung dazu erfolgt
anschließend im Wesentlichen nach Lechner und Seume Hrsg. et al. [Lec03B] sowie
Hupfer [Hup06] und Kokanovic [Kok07].
Bei den Gasturbinen mit sequentieller Verbrennung (Abb. 2.2-2) des gestuften Ver-
brennungssystems, wie z. B. bei der Siemens-GT24/26 Familie, ermöglicht dies moderate
Verbrennungstemperaturen einzustellen. Dadurch und durch den Einsatz der drallstabi-
lisierten Vormischbrenner (EV-Brenner; [Lec03B]) wie auch der mager vorgemischten
Nachbrenner (SEV-Brenner) können bei der GT24/26 Familie NOx-Emissionen von
unter 25 ppm erreicht werden. Es wird damit deutlich, dass der Gasturbinenprozess bei
Kraftwerksanlagen mit dem Einsatz geeigneter Brennkammertechnologien leichter als
bei Flugtriebwerken beeinflusst werden kann.
Bei den stationären Gasturbinen erfolgten die Brennkammerentwicklungen in den
vergangenen Jahren in unterschiedlichen Schritten. Dabei unterliegen diese Entwick-
lungen einer Anzahl vielfältiger Einflüsse, die teilweise miteinander in Wechselwirkung
stehen. Der Gasturbinen-Arbeitsprozess gibt mit der Verdichterarbeit den Brennkam-
mereintrittsdruck und die Eintrittstemperatur vor. Dies wiederum beeinflusst die in der
Brennkammer auftretenden Temperaturen, Brennkammerschwingungen und die Menge
der Emissionen. Durch die Auslegung und Gestaltung der Brennkammer kann das Tem-
peraturprofil am Turbineneintritt vorbestimmt werden, das für eine günstige Belastung
der anschließenden Turbine gefordert wird.
Der bisherige Entwicklungsprozess der Brennkammern stationärer Gasturbinen
wurde vor allem durch geometrische Änderungen dominiert [Lec03B]. Dabei wurden bei
den stationären Gasturbinen früher häufig große, extern angebrachte Silo-Brennkam-
mern eingesetzt (Abb. 5.2-6, 5.2-7). Der Vorteil dieser großen Brennkammern, wie sie
zum Bespiel bei der Fa. ALSTOM eingesetzt werden, ist der hohe Ausbrenngrad sowie
die Möglichkeit, die Gasturbine mit einem weiten Spektrum an Brennstoffarten von Erd-
gas bis Rohöl zu betreiben. Damit ist der Anteil an unverbrannten Kohlenwasserstof-
fen UHC praktisch vernachlässigbar und die CO-Werte liegen unter 10 ppm [Moo97].
Aufgrund ihrer Größe benötigen Silo-Brennkammern viel Kühlluft. Gleichzeitig nimmt
mit der zunehmenden Verweilzeit in der Brennkammer auch der NOx-Ausstoß zu. Silo-
Brennkammern wurden im Lauf der vergangenen Jahre immer weniger eingesetzt und
durch mehrere kleinere in Umfangsrichtung angeordnete Brennkammern ersetzt. Sol-
che Rohr-Brennkammern benötigen aufgrund ihrer geringen Größe weniger Kühlluft
und produzieren wegen der kürzeren Aufenthaltsdauer weniger NOx. Bei den Firmen
Siemens-Westinghouse und Rolls-Royce kommt dieser Brennkammertyp ebenfalls zum
Einsatz [Sca00, Lec03B].
Bei vielen Herstellern von Gasturbinen werden Ring-Brennkammern eingesetzt, bei
denen die in Umfangsrichtung der Gasturbine angeordneten Brenner in einer gemeinsa-
men Brennkammer münden (Abb. 5.2-7). Hierbei wird zunächst über einen Umkehrdif-
fusor die Luft in konvektive Kühlkanäle der Innen- und Aussenwandsegmente geleitet.
Grundlegender Vorteil beim Einsatz von Rohr-Brennkammern ist, dass die thermischen
574 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Silo-Brennkammer
mit Vormischbrenner

Verdichter
Turbine

Kraftwerks-Gasturbine GT 11N2

Abb. 5.2-6 Beispiel einer Silo-Brennkammer mit Vormischbrenner (GTI 1 der Fa. ALSTOM).


Darstellung nach Fa. ALSTOM

2,2 m

2 vertikale 2 horizontale Hybrid-


Silo- gegenüberliegende Brenner-Ring
Brennkammern Brennkammern in Ring-Brennkammer
mit je 8 Brenner mit je 8 Brenner mit 24 Brenner
2,2 m

SGT5-2000E V94.3 SGT5-4000F

1990 ==> 1995 1995 ==> 1996 1997 ==>

Zeit Jahren Entwicklungshistorie der Brennkammern


Kraftwerks-Gasturbinen von Siemens
Leistungsbereich ca 100 MW bis 300 MW

Abb. 5.2-7  Entwicklung von Brennkammer-Sytemen nach Siemens [Lec03B]. Darstellung nach


Fa. Siemens AG
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 575

und mechanischen Eigenschaften unter realistischen Bedingungen im Komponenten-


prüfstand ermittelt werden können.
Auch ein einfacher Austausch des kompletten Rohr-Brennkammer-systems ist gut
möglich [Mye03]. Ein Vorteil der Ringbrennkammern hingegen ist, dass sie an die
anschließende Turbine eine in Umfangsrichtung homogene Temperaturverteilung
liefern.

Einflussgrößen der NOX-Emissionen Durch den Einsatz der selektiven kata-


lytischen Reduktion SCR (selective catalytic reduction), kann der NOx-Ausstoß
gemindert werden [Moo97]. Prinzipiell wird die Entstehung von NOx-Emissionen
durch eine lange Verweilzeit in der Brennkammer, hohe Verbrennungstemperatu-
ren und eine schlechte Mischqualität begünstigt. Die Reduktion des NOx-Aussto-
ßes in stationären Gasturbinen kann somit durch Kontrolle und Absenkung der
Temperatur während der Verbrennung erfolgen. Eine Möglichkeit hierzu ist die
Wasser-Dampf-Einspritzung.
Bei der Wassereinspritzung im Einsatz mit der Ölverbrennung konnte bereits in
den Anfängen eine NOx-Reduktion von bis zu 40 % erreicht werden [Sar01B]. Bei der
Zugabe von Dampf wurde bei zwei Gasturbinentypen der Fa. GE eine Reduktion des
NOx-Ausstoßes von bis zu 60 % festgestellt [Lef98B].
Grundsätzlich ist der Einsatz der Wasser-Dampf-Einspritzung mit Nachteilen
behaftet. Einerseits wird zwar durch den erhöhten Massenstrom der Turbinendurch-
satz und somit die Leistung erhöht, gleichzeitig wird der thermische Wirkungsgrad
aufgrund der geringen Turbineneintrittstemperatur gesenkt. Zusätzlich werden für
die Wasser-Dampf-Einspritzung große Mengen an destilliertem Wasser benötigt.
Um dabei immer noch die notwendige Turbineneintrittstemperatur zu erreichen,
muss mehr Brennstoff verwendet werden, was einen erhöhten Bedarf an Wasser und
Brennstoff und damit Mehrkosten verursacht. Gleichzeitig kann Wasser zu Korro-
sionen an den verschiedenen, heißen Komponenten der Gasturbine führen. Durch
die Zugabe von Wasser bzw. Dampf wird auch der Verbrennungsprozess verschlech-
tert, was zu einem verstärkten CO- und UHC-Ausstoß bei einer gleichzeitigen
Erhöhung der Druckoszillationen der Brennkammer führt [Moo97]. Aufgrund der
genannten Nachteile haben sich Hersteller von Gasturbinen auf die Entwicklung von
„dry low-NOx“, also „trockene“ Brennkammern mit einem geringen NOx-Ausstoß,
konzentriert.
Durch den Einsatz der mageren Vormischverbrennung werden die Verbrennungs-
temperatur und somit der NOx-Ausstoß reduziert. Bei der Diffusionsflamme lässt sich
zwar die lokale Wärmefreisetzung in einem weiten Bereich über die Steuerung der
Mischung beeinflussen, die Zustände in der Reaktionszone sind aber nicht ausreichend
kontrollierbar. Ein Nachteil ist, dass bei der Diffusionsflamme nur niedrige NOx-Werte
bei einem überstöchiometrischen Brennstoff-Luft-Verhältnis FAR erreicht werden kön-
nen. Die dabei auftretenden heißen Zonen benötigen große Mengen an Kühlluft, wobei
der Verbrennungsprozess meist unvollständig abläuft.
576 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 5.2-8 Entwicklung von Brennkammer-Sytemen [Dav00]. Darstellung nach Fa. General


Electric

Die NOx-Emission der Vormischflamme ist prinzipiell von der Wechselwirkung zwi-
schen der Turbulenz in der Flammenfront und den chemischen Reaktionen beeinflusst.
Um trotz Lastwechsel in einem konstanten Temperaturbereich bleiben zu können, erfor-
dert der Übergang von der nicht-vorgemischten zur vorgemischten Verbrennung einen
gezielten Eingriff in die Brennstoff-Luftverteilung der Brennkammer. Über die Vertei-
lung der Luftmassenströme oder auch die Brennstoffverteilung kann bei verschiedenen
Lastfällen die Luftzahl variiert werden. Bei der Luft-Stufung kann durch eine Zuführung
der Bypassluft hinter der CO-Ausbrandzone ein schadstoffarmer Betrieb über einen gro-
ßen Lastbereich ermöglicht werden. Nachteil dieser Methode ist, dass ein komplexer
Regler benötigt wird, was mit höheren Kosten und mit einer geringeren Betriebssicher-
heit verbunden ist. Das Risiko besteht darin, dass bei einem Überschuss an Bypass-Luft
die Geschwindigkeit im Brenner stark abfällt und bei geschlossenem Nebenstromkanal
thermische Probleme in nicht durchströmten Komponenten auftreten können. Daher
wird eine Brennstoff-Stufung der Luft-Stufung meist vorgezogen.
Als Beispiel ist in Abb. 5.2-8 das Stufenkonzept des DLN1-Brenner, eines 2-stufigen
Vormischbrenners der Fa. GE zu sehen. Gemäß [Dav00] wird den beiden Brennerdü-
sen unabhängig voneinander Brennstoff zugeführt. Dabei werden vier verschiedenen
5.2  Entwicklungsstufen und Tendenzen 577

Zuführungs-Konstellationen eingesetzt, um die Gasturbine auf Volllast hochfahren zu


können. Durch den Einsatz dieses Brenners, kann die Fa. GE nach eigenen Angaben
bei Gasturbinen mit kleiner Leistung einen NOx-Ausstoß von 9 ppm erreichen.
GE-Gasturbinen größerer Leistungsklassen benötigen aufgrund der höheren Turbinen-
eintrittstemperaturen (1300 °C statt 1100 °C) ein anderes Brennerkonzept, welches zu der
Entwicklung der DLN2-Reihe führte [Dav00]. Bei der DLN2-Reihe wurde das Konzept der
mageren Verbrennung des DLN1-Brenners beibehalten, nur die Geometrie wurde geän-
dert. Komponenten, welche größere Kühlluftmengen benötigen, werden in diesem, in den
1980er Jahren entwickelten Brenner, nicht mehr eingesetzt. Insbesondere verfügt dieses
Brennersystem über fünf einstufige Vormischdüsen. Die Flamme ist hier bereits wie bei
den meisten modernen Brennern drallstabilisiert. Die darauf folgende Marktentwicklung
mit dem Einsatz der „onedigit“ Systeme (NOx-Ausstoß < l0 ppm) führte bei der Fa. GE in
den 1990er Jahren zu dem DLN2.6-Brenner und später zu den leistungsstärkeren DLN2+-
Brennern. Die Brennersysteme DLN2+ und DLN2.6 können mit gasförmigem, aber auch
mit flüssigem Brennstoff betrieben werden. Diese Eigenschaft ist von großem Nutzen, da
der Betreiber bei der Brennstoffwahl freie Hand hat ohne technische Änderungen vorneh-
men zu müssen. Die Entwicklung solcher Verbrennungssysteme unter Berücksichtigung
beschränkter Schadstoffmengen ist allerdings komplex.
Durch die Verbrennung flüssiger Brennstoffe kommt zur mageren Vormischver-
brennung eine weitere Variante der mageren Verbrennung zum Einsatz, die magere
vorvaporisierte Vormischverbrennung. Da lokale heiße Zonen in der Brennkammer
unerwünscht sind, wird eine möglichst homogene Brennstoffkonzentration in der
Brennkammer angestrebt. Hierzu muss bei der Verbrennung flüssiger Brennstoffe, wie
zum Beispiel Öl, der Tröpfchendurchmesser klein sein. In [Rok03] wird eine Übersicht
über die derzeit vorhandenen Verbrennungssysteme gegeben, die für den Einsatz von
flüssigen und gasförmigen Brennstoffen geeignet sind.
Der EV-Brenner von ALSTOM (Abb. 5.2-9) beispielsweise, ein drallstabilisierter
Vormischbrenner, kann mit einer zusätzlichen Vollstrahldüse im Kegelkopf für Gas- als
auch Ölbetrieb eingesetzt werden [Lec03B].
Dieser EV-Brenner besteht aus zwei Kegelhälften, deren Mittelachsen gegeneinander
versetzt sind. Durch die dabei entstehenden, tangentialen Spalte, wird der Verbrennungs-
luft ein Drall aufgezwungen, welcher stromab zunimmt. Auf Höhe der Brenneraustrittse-
bene platzt die Kernströmung auf und es bildet sich eine innere Rückstromblase. Mittels
Bohrungen, die in Längsrichtung angebracht sind, wird der gasförmige Brennstoff in den
Luftspalt des Brenners eingeführt und bildet damit eine gleichmäßige Mischung.
Bei Teillastbetrieb muss auf die Löschgrenze Rücksicht genommen werden. Um auch bei
tieferen Temperaturen noch eine stabile Flamme sicherzustellen, wird in dem Betriebsbereich
zwischen tiefen Flammtemperaturen und Zünden eine zusätzliche Pilot-Gaseindüsung im
Kegelkopf eingesetzt. Dieselbe Pilotlanze wird dann für den Ölbetrieb verwendet. Der ent-
stehende Strahl, welcher durch die Vollstrahlzerstäubung in den Brenner gelangt, wird durch
das Strömungsfeld verteilt. Der größte Teil der Tropfen verdampft noch im Brenner, womit
ein gasförmiges Öl-Luft-Gemisch die Flammenstabilisierungszone erreicht.
578 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

Abb. 5.2-9 Prinzipskizze des EV-Brenners nach ALSTOM [Lec03B]. Darstellung nach Fa.


ALSTOM

Die im EVBrenner eingesetzte magere Vormischverbrennung, mit Flammtemperatu-


ren weit unter der stöchiometrischen Flammentemperatur, stellt den Stand der Technik für
hochbelastete Brennkammern mit niedrigen NOx-Emissionen dar. Hierzu wird eine homo-
gene Brennstoff-Luftmischung benötigt, wobei gleichzeitig ein großer Luftanteil bei der
Verbrennung vorhanden sein muss. Zusätzlich sind weitere Luftmengen für die Kühlung
notwendig. Die magere Vormischflamme muss möglichst stabil sein und sollte weder bei
Volllastbetrieb noch bei Teillast verlöschen. Dies wird üblicherweise durch den Einsatz einer
geeigneten Pilotierung sichergestellt. Auch muss ein möglicher Flammenrückschlag vermie-
den werden und das Auftreten hoher Druckpulsationen ist ebenfalls nicht erwünscht. Pulsa-
tionsgebiete zu vermeiden bzw. zu umgehen ist eine der wesentlichen Herausforderungen bei
der Brenner- und Brennkammerauslegung von stationären Gasturbinenanlagen [Lec03B].

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[AST04] ASTM: Standard Specification for Aviation Turbine Fuels, Standard Specification
D1655-04a, ASTM International (2004)
[Bah79]
Bahr, D.W., Burrus, D.L., Sabla, P.E.: Quiet Clean Short-haul Experimental
Engine (QCSEE): Double-annular Clean Combustor Technology Development
Report. Final Report, NASA-CR-159483 (1979)
Literatur 579

[Bah92] Bahr, D.W.: Aircraft turbine engine NOx Ernission Limits Status and Trends.
American Society of Mechanical Engineers, ASME Paper 92 GT 415 (1992)
[Bes03] Bessler, W.G.: Quantitative Nitric Oxide Concentration and Temperature Ima-
ging in Flames Over a Wide Pressure Range with Laser-induced Fluorescence.
Dissertation, Universität Heidelberg (2003)
[Bil93] Billig, F.S.: Research on supersonic combustion. J. Propuls. Power 9(4), 499–514
(1993)
[Blo97] Blomeyer, M., Krautkremer, B., Hennecke, D.K., Doerr, T.: Optimization of the
mixing process in the quenching zone of an RQL-Combustor. In Proceedings of
13th International Symposium on Air Breathing Engines, Chattanooga, ISABE
97-7208 (1997)
[Bra04]
Brandstetter, A.: Betriebsverhalten einer Dualmodus-SCRamjet-Modellbrenn-
kammer mit Wasserstoffverbrennung. Dissertation, TU München (2004)
[ Brä09B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 3. Aufl. Springer, Berlin (2009)
[Bre98] Brehm, N., Schilling, T.: Emissionsanforderungen an zukünftige Flugtriebwerke
aus heutiger Sicht, DGLR-Jahrestagung, Bremen
[Bur95] Burbank, J.: Zur Berechnung der chemischen Reaktion in einer Gasturbinen-
Brennkammer. Dissertation, TU München (1995)
[Can02] Candel, S.: Combustion dynamics and control: progress and challenges. Proc.
Combust. Inst. 29, 1–29 (2002)
[Coh03] Cohen, J.M., Wake, B.E., Choi, D.: Investigation of instabilities in a lean, premixed
step combustor. J. Propul. Power 19(5), 81–88 (2003)
[ Cum03B] Cumpsty, N.A.: Jet Propulsion. Cambridge University Press (2003)
[Dav00] Davis, L.B., Black, S.H.: Dry Low NOx Combustion Systems for GE Heavy-duty
Gas Turbines. GE Power Systems, GER-3568G (2000)
[Deu01]
Deutsche Lufthansa (Hrsg.): Balance, Lufthansa Umweltbericht, Ausgabe
2000/2001. Deutsche Lufthansa AG, Frankfurt (2001)
[Don05] Donnerhack, S.: Präsentation- Beiträge der Flugtriebwerke zur Schadstoffreduk-
tion im Luftverkehr. MTU Aero Engines, München (2005)
[Dub86] Dubiel, D.J.: Energy Efficient Engine: Combustor Component Performance Pro-
gram. Final Report, NASA-CR-179533 (1986)
[Duc03] Ducruix, S., Schuller, T., Durox, D., Candel, S.: Combustion dynamics and insta-
bilities: elementary coupling and driving mechanisms. J. Propul. Power 19(5),
722–734 (2003)
[EPA97] EPA: Control of Air Pollution from Aircraft and Aircraft Engines – Emission Stan-
dards and Test Procedures, U.S. Environmental Protection Agency (EPA), Title 40,
Code of Federal Regulation, Part 87, Federal Register (38 FR 19088) (1997)
[ Fer69] Ferri, A.: Supersonic Combustion Technology. AGARDograph 120 (1969)
[Fin01] Fink, R.: Untersuchungen zu LPP-Flugtriebwerksbrennkammern unter erhöhtem
Druck. Dissertation, TU München (2001)
[Fin02] Fink, R., Hupfer, A., Rist, D.: Non Intrusive Measurements of a LPP Combus-
tor Under Elevated Pressure Conditions, GT-2002-30078. Proceedings of ASME
Turbo Expo, Amsterdam (2002)
[Fio80] Fiorentino, A.J., Mularz, E.J.: Variable Geometry, Lean, Premixed, Prevaporized
Fuel Combustor Conceptual Design Study, ASME 80-GT-16. ASME Gas Turbine
Conference and Products Show, New Orleans (1980)
[Fuh10] Fuhrmann, S., Kau, H.P.: Validation of CFD-simulations for a supersonic com-
bustion chamber using ANSYS. In: CFX Ansys Conference and 28th CADFEM
Usersmeeting, Aachen (2010)
580 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2010)
[GasTurbDet] GasTurbDet Kurzke, J.: GasTurbDetails - Utility for GasTurb PerformanceSimu-
lations. Manual, GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[Gri04B]
Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser Verlag, Basel
(2004)
[Gri90] Grieb, H., Simon, B.: Pollutant Emissions of Existing and Future Engines for
Commercial Aircraft. DLR Seminar on Air Traffic and the Environment, Back-
ground, Tendencies and Potential Global Atmospheric Effects, Bonn (1990)
[Hag82K] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. Verlag G. Braun, Karlsruhe
(1982)
[Has03] Hassa, C., Heinze, L., Stursberg, K.: Investigation of the response of an air blast
atomizer combustion chamber configuration on forced modulation of air feed at
realistic operating conditions. J. Eng. Gas Turbines Power 125(4), 872–878 (2003)
[Has98] Hassa, C., Migueis, C.E.S.S., Voigt, P.: Design Principles for the Quench Zone of
Rich-Quench-Lean Combustors, AGARD PEPSymposium on Design Principles
and Methods for Aircraft Gas Turbine Engines, Toulouse (1998)
[Hat95] Hatch, M.S., Sowa, W.A., Samuelsen, G.S., Holdeman, J.D.: Influence of Geometry
and Flow Variations on NO Formation in the Quick Mixer of a Staged Combus-
tor. NASA TM 105639 (1995)
[Hau89] Haunschild, M.: Theoretische und experimentelle Untersuchungen zur katalytisch
unterstützten Verbrennung in Gasturbinenbrennkammern. Dissertation, Techni-
sche Universität München (1989)
[Her97] Hermann, J., Hantschk, C., Zangl, P., Gleis, S., Vortmeyer, D., Seume, J., Vort-
meyer, N., Krause, W., Orthmann, A.: Aktive Instabilitätskontrolle an einer 170
MW Gasturbine. VDI-Bericht Nr. 1313, 18. Deutsch-Niederländischer Flammen-
tag, TU Delft/NL (1997)
[Hil88] Hillemanns, R.: Das Strömungs- und Reaktionsfeld sowie Stabilisierungseigen-
schaften von Drallflammen unter dem Einfluss der inneren Rezirkulationszone.
Dissertation, Universität Karlsruhe (1988)
[Höl95] Höllbacher, T.: Gasturbinen: DLE -Technologie reduziert Schadstoffbildungin der
Brennkammer. Erdöl Erdgas Kohle 113(11), 472–473 (1995)
[Hön95]
Hönig, R.: Konzentrations- und Temperaturbestimmung in Brennkammern
luftatmender Antriebe mit Hilfe laserspektroskopischer Meßverfahren. Disserta-
tion, TU München (1995)
[Hön96] Hönig, R., Theisen, D., Fink, R., Kappler, G., Rist, D., Andresen, R.: Diagnositics
of non-reacting and reacting supersonic flows in a SCRAMJET model combustor
using non-instrusive spectroscopic methods. In: 4th International Symposium on
Special Topics in Chemical Propulsion (1996)
[Höp70] Höper, H.J.: Grundlagen der Auslegung von Brennkammern in Luftstrahltrieb-
werken, MTU, Technischer Bericht 70/008 (1970)
[Hup00] Hupfer, A., Fink, R., Mazella, R., Kau, H.P., Rist, D.: Einfluss des Drucks auf
die Emissionscharakteristik von LPP-Brennern, DGLR Jahrestagung, DGLR-
JT2000-182, Leipzig (2000)
[Hup06] Hupfer, A.: Kraftstoffeinspritzsysteme für Vormischbrenner kleiner Fluggasturbi-
nen. Dissertation, TU München. ISBN: 3-934767-92-3 (2007)
[ICA81] ICAO: Aircraft Engine Emissions, International Standards and Recommended
Practices, ICAO, 5. Aufl. Annex 16, Bd. 2 (1981)
Literatur 581

[ICA88] ICAO: International Standards and Recommended Practices Environmental Pro-


tection. Annex 16 to the Convention on International Civil Aviation; Bd. 1, Air-
craft Noise, 2. Aufl., International Civil Aviation Organization (ICAO), Montreal
(1988)
[ICA91]
ICAO: International Standards and Recommended Practices, Environmen-
tal Protection. Annex 16 to the Convention on International Civil Aviation, Bd.
2, Aircraft Engine Emissions, 2. Aufl. International Civil Aviation Organization
(ICAO), Montreal, (1991)
[Joh01] Johnson, C.E., Neumeier, Y., Neumaier, M., Zinn, B.T., Darling, D.D., Sattinger,
S.S.: Demonstration of Active Control of Combustion Instabilities on a Full-scale
Gas turbine combustor. Presented at the International Gas Turbine and Aeroen-
gine Congress and Exhibition, 2001-GT-519 (2001)
[ Joo06B] Joos, F.: Technische Verbrennung. Springer, Berlin (2006)
[Jos91] Joshi, N.D., Mongia, H.C. Leonard, G., Steggmaier, J.W., Vickers, E.C.:Dry Low
Emissions Combustor Development, ASME Paper 98-GT-310 (1991)
[Kap76] Kappler, G.: Die Entstehung von Schadstoffen in Gasturbinenbrennkammern und
Methoden zur Reduzierung ihrer Emission. MTU Bericht 76/10 (1976)
[Kir09]
Kirstein, S., Maier, D., Fuhrmann, T., Hupfer, A., Kau, H.P.: Experimental
Study on Staged Injection in a Supersonic Combustor. AIAA-2009-7343, 16th
AIAA/DLR/DGLR International Space Planes and Hypersonic Systems and Tech-
nologies Conference, Bremen, (2009)
[Klö10] Klötzer, A., Staudacher, S., Wachter, J., Weißschuh, M.: Entwicklung eines Prüf-
stands zur Vermessung gemischter Abgassysteme unter Höhenbedingungen
DLRK 161156, Hamburg (2010)
[Kok07] Kokanovic, S.: Echtzeitsimulation der NOx-Emissionen und thermoakustischen
Druckoszillationen in Brennkammern stationärer Gasturbinen. Dissertation, Uni-
versität Stuttgart (2007)
[Lac03] Lachner, R.: Pre-premix Gas Operation of the EVI Burner at Atmospheric Pres-
sure Conditions. TN03/0406, ALSTOM (Switzerland) Ltd (2003)
[Lac98] Lachner, R.: Laserspektroskopische Untersuchungen im Primärteil einer Flug-
triebwerks-Brennkammer. Dissertation, TU München (1998)
[Lan88] Langhome, P.J.: Reheat buzz: an acoustically coupled combustion instability. J.
Fluid Mech. 193 (1988)
[Lec03B] Lechner, C., Seume, J. et al. (Hrsg.): Stationäre Gasturbinen. Springer, Berlin
(2003)
[Lec95] Lecht, M., Räde, M., Schmitt, A.: Emissionssituation im Luftverkehr, DLR, Köln,
Vortrag im Haus der Technik, Essen (1995)
[Lef98B] Lefebvre, A.H.: Gas Turbine Combustion, 2. Aufl., Taylor & Francis, Philadelphia
(1998)
[Lie03] Lieuwen, T., McManus, K.: Introduction: combustion dynamics in Lean-Pre-
mixed Prevaporized (LPP) gas turbines. J. Propul. Power 19(5), 721 (2003)
[Mai08] Maier, D., Rocci-Denis, S., Kirstein, S., Hupfer, A., Kau, H.P.: Gestufte Verbren-
nung in einer Überschallbrennkammer. DLRK2008-81297, Deutscher Luft- und
Raumfahrtkongress 2008 (2009)
[Mel80] Mellor, A.M.: Semi-empirical correlations for gas turbine emissions ignition and
flame stabilization. Prog. Energ. Combust. Process 6, 347–358 (1980)
[Moo97] Moore, M.J.: NOx emission control in gas turbines for combined cycle gas turbine
plant. Proc. Inst. Mech. Eng., A 211, 1979 (1997)
582 5  Brennkammern von Gasturbinen und Flugtriebwerken

[Mul79] Mularz, E.J.: Lean, Premixed, Prevaporized Combustion for Aircraft Gas Turbine
Engines. AIAA 79-1318, AIAA/SAE/ASME 15th Joint Propulsion Conference, Las
Vegas (1979)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft
und Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[Mye03] Myers, G., Tegel, D., Feigl, M., Setzer, F., Bechtel, W., Fitts, D., Couture, B.,
Tuthill, R.: Dry, Low Emissions for the Heavy - Duty Industrial Gas Turbines:
Full-Scale Combustion System Rig Test Results. Proceedings of ASME Turbo
Expo 2003, GT2003-38193 (2003)
[Ric72] Rick, H.: Zur Brennstoffzufuhr bei Staustrahltriebwerken mit Überschallverbren-
nung. Dissertation, Technische Universität München (1972)
[Ric74] Rick, H.: Zur Brennstoffzufuhr bei Überschallverbrennung. Zeitschrift für Flug-
wissenschaften (ZFW), Heft 11, Vieweg, Braunschweig (1974)
[Ris01] Rist, D.: Brennkammer-Entwicklungslinien. In: Hirschel, E.H., et al. (Hrsg.) Luft-
fahrtforschung in Deutschland, Bd. 30 der Reihe Die deutsche Luftfahrt. Bernhard
& Graefe Verlag, S. 404–418 (2001)
[Roc09] Rocci-Denis, S., Maier, D., Kau, H.P.: Experimental investigation on staged injec-
tion in a dual-mode combustor. In: 26th International Symposium on Shock
Waves, Bd. 2, S. 1123–1128. Springer, Berlin (2009)
[Rok03] Rokke, P.E., Hustad, J.E., Rocke, N.A., Svendsgaard, O.B.: Technology Update
on Dual Fuel, Dry Low Emission Gas Turbine Combustion Systems. ASME GT-
2003-38112 (2003)
[ Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1986)
[Rol96B] Rolls Royce: The Jet Engine, 5. Aufl. Rolls Royce plc, London (1995)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simula-
tion of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power
Generation. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
[SAE85] SAE: Gas turbine Jet Exhaust Noise Prediction. Aerospace Recommended Practice
(ARP) 876C, Society of Automotive Engineers, Warrendale, (1985)
[SAE97] SAE: Aircraft Propulsion System, Performance, Station Designation and Nomen-
clature. SAE AS 755 C (1997)
[Sar01B] Saravanamuttoo, H.I.H., Rogers, G.F.C., Cohen, H.: Gas Turbine Theory, 5. Aufl.
(2001)
[Sat03] Sattelmayer, T.: Grundlagen der Verbrennung in stationären Gasturbinen. In:
Lechner, C., Seume, J. (Hrsg.) Stationäre Gasturbinen S. 385–445. Springer, (2003)
[Sat98] Sattelmayer, T., Polifke, W., Winkler, D., Döbbeling, K.: NOx-abatement poten-
tial of lean-premixed GT-combustors, transactions of the ASME. J. Eng. Gas Turb.
Power 120, 48–59 (1998)
[Sca00] Scarinci, T., Halpin, J.L.: Industrial trent combustor – combustionnoise characte-
ristics. ASME. J. Eng. Gas Turb. Power 122 (2000)
[Sch03] Schuermans, B.: Modeling and Control of Thermoacoustic Instabilities. EPFL
Lausanne, (2003)
[Seu98] Seume, J.R., Vortmeyer, N., Krause, W., Hermann, J., Hantschk, C.C., Zangl, P., Gleis,
S., Vortmeyer, D., Orthmann, A.: Application of active combustion instability control
to a heavy duty gas turbine. ASME. J. Eng. Gas Turb. Power 120 (1998)
Literatur 583

[Sim90] Simon, B.: Entwicklung neuer Brennkammerkonzepte für schadstoffarme Flug-


zeugantriebe. MTU Focus, Heft 2, S. 10–17 (1990)
[Spy10] Spyra, N.: Entwicklung und Untersuchung eines neuartigen Brennstoffaufberei-
tungssystems für kleine Gasturbinen. Dissertation, TU München (2010)
[Sut65] Suttrop, F.: Versuche stoßinduzierter Verbrennung für die Anwendung in Hyper-
schalltriebwerken. WGLR-Tagung 1965 (VI. Europäischer Luftfahrt-Kongress
München) (1965)
[Tac90]
Tacina, R.R.: Combustor Technology for Future Fircraft, AIAA 90-2400.
AIAA/SAE/ASME/ASEE 26th Joint Propulsion Conference, Orlando (1990)
[Tur93B] Turbomeca: Gas Turbine Engines. Training notes, TURBOMECA Training Cen-
tre (1993)
[Umw05] Umweltbundesamt (Hrsg.): Klimaschutz in Deutschland bis 2030, Forschungsbe-
richt 20141 142, Umweltbundesamt, Berlin (2005)
[Val95] Valk, M.: Untersuchung der Stickoxidbildung in einer katalytischen Brennkam-
mer für Gasturbinen. Dissertation, TU München (1995)
[Vor94]
Vortmeyer, N.: Katalytische Brennkammern für Hochtemperaturgasturbinen.
Dissertation, TU München (1994)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford,
(lst published 1998, reprinted 2000) (2000)
[ War01B] Warnatz, J., Maas, U., Dibble, R.W.: Verbrennung. Springer, Berlin (2001)
[Win68] Winterfeld, G.: On the stabilisation of hydrogen diffusion flames by flame hol-
ders in supersonic flow at low stagnation temperatures. In: Proceedings Cranfield
International Propulsion, Symposium 1967. Pergamon Press, Oxford (1968)
[Win90] Winterfeld, G., Eickhoff, H.E., Depooter, K.: Fuel injectors. In: Mellor, A.M.
(Hrsg.) Design of Modern Turbine Combustors. Academic Press (1990)
[Wul01] Wulff, A.: Entwicklung eines Verbrennungsmodells für Brennkammern von Flug-
gasturbinen. Doktorthesis, Technischen Universität Berlin (2001)
[Xie95] Xie, Y.: Zur Auslegung einer thermisch homogenen Gasturbinenbrennkammer.
Dissertation, TU München (1995)
[Zar02] Zarzalis, N., Ripplinger, T., Hohmann, S., Hettel, M., Merkle, K., Leuckel, W.,
Klose, G., Meier, R., Koch, R., Wittig, S.: Low-NOx Combustor Development Pur-
sued within the Scope of the Engine 3E German National Research Program in
a Cooperative Effort among Engine Manufacturer MTU. University of Karlsruhe
and DLR German Aerospace Research Center, Aerospace Science and Technology
6(7), 531–544 (2002)
[Zel45] Zeldovich, Y.A.: The oxidation of nitrogen in combustion and explosion. Acta
Physiochimi. 21(4), 577–628 (1946)
Schubdüsen
6

Durch die Wandlung von Enthalpie eines Heißgasmassenstroms in kinetische Ener-


gie wird bei Flugantrieben über eine Düse der Strahlschub erzeugt (Abschn. 2.3 und 2.5
bis 2.7). Strömungsvorgänge in einer Düse stellen thermogasdynamisch gesehen einen
Entspannungsvorgang dar, der zur Beschleunigung des Fluids und damit zur Erhöhung
seiner kinetischen Energie führt. Solche Strömungsprozesse finden in verschiedenen
Variationen ebenso Anwendung bei den meisten thermischen Maschinen, wie zum Bei-
spiel in der Turbine (Abschn. 4.3), die über stufenweise Entspannung der Wandlung von
thermodynamischer in mechanische Energie dient. Da die Flugtriebwerke bei stationä-
rer Kontinuumsströmung arbeiten, soll auch hier in diesem Kapitel die Düsenströmung
als solche behandelt werden. Auf instationäre Strömungsvorgänge in Strömungsmaschi-
nen und Flugantriebe wird in Kap. 9 und besonders in dem Programmsystem-Manual
[GasTurbDet] von J. Kurzke näher eingegangen (www.gasturb.de) [Sha53K, Osw56K,
Mün72K, And90B, Sig91B, Wal00B].
Im Fall der luftatmenden Luftstrahltriebwerke handelt es sich immer im Gegensatz
zu Raketentriebwerken um Düsenströmungen mit einer Vorgeschwindigkeit. In bei-
den Fällen geht es um Strömungsprozesse ohne größeren Energieaustausch mit der
Umgebung. Es sollen deshalb weiterhin allgemein als Düsenströmung hier nur adiabate
Vorgänge betrachtet werden. Nicht adiabate Beschleunigungsströmungen, wie zum Bei-
spiel in Brennkammern und Nachbrennern von luftatmenden Triebwerken, werden in
Abschn. 2.1 und Kap. 5 behandelt.
Vereinfacht kann die Düsenströmung mit den Beziehungen der eindimensionalen Strom-
röhrentheorie für kompressible Fluide behandelt werden. Zur Erläuterung der prinzipiel-
len Arbeitsweise eines adiabaten Strömungskanals, hier der Düse, soll zuvor die verlustlose
bzw. isentrope Beschleunigungsströmung in Anlehnung an Abschn. 2.1 betrachtet werden.
Es genügt deshalb in diesem Zusammenhang, die charakteristischen Beziehungen aus dem
genannten Abschnitt im Sinne der allgemeinen Düsenströmung zu interpretieren. Anschlie-
ßend wird ein Überblick zur verlustbehafteten Strömung gegeben. Auf Fragen, die eine

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_6, 585


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
586 6 Schubdüsen

genauere Betrachtung der Konvergent-Divergent-Unterschall-Überschalldüsen (C-D-Düsen)


betreffen, wird in Abschn. 6.4 eingegangen [Sha53K].

6.1 Isentrope Düsenströmung

Bei der isentropen Düsenströmung wird angenommen, dass in dem Raum vor dem
Düsenkanal (Index 0) eine vernachlässigbare Strömungsgeschwindigkeit c0 ≈ 0 und ein
konstantes Gesamtenergieniveau gemäß den Ruhe- oder Totalzustandsgrößen ht0, pt0,
Tt0 vorliegt (Abb. 6.1-1). In dem angeschlossenen Strömungskanal ohne Energieaus-
tausch durch die Wände wird im Kanalquerschnitt A die Strömungsgeschwindigkeit c
bei den statischen Zustandsgrößen p, T und h vorliegen. Diesen Größen entsprechen die
Gesamt- bzw. Totalzustände pt = pt0, Tt = Tt0 und ht = ht0. Mit dem Energiesatz für
strömende Fluide (Abschn. 2.1) gilt für die Totalenthalpie ht = h + c2/2 und damit für
die Geschwindigkeit in A
 
c= 2(ht0 − h) = 2 cp (Tt0 − T) (6.1-1)

bzw. mit der Isentropengleichung sowie cp = κ R/(κ − 1)


 
   κ−1 
 κ p κ
c= 2
 RTt0 1 − . (6.1-2)
κ−1 pt0

Bei isentroper Expansion bis zum Vakuum entsprechend p=0 wird eine Grenzgeschwin-
digkeit erreicht

κ
cmax = 2 RTt0 . (6.1-3)
κ−1
Wird die isentrope Strömung zwischen den Ebenen A1 und A2 betrachtet, so ergibt sich
auf dem gleichen Weg die Ausströmgeschwindigkeit c2 mit der Vorgeschwindigkeit c1
 
   κ−1 
 κ p2 κ
c2 = 2
 RT1 1 − + c21 . (6.1-4)
κ−1 p1

Ist c1 = 0, so wird T1 = Tt1 =Tt0 und p1 =pt1 = pt0, also ein der Gl. (6.1-2) entsprechen-
der Ausdruck erhalten. Die Gl. (6.1-2) und (6.1-4) lassen erkennen, dass die Ausström-
geschwindigkeit c2 abhängig ist von der Totaltemperatur Tt0, dem Düsendruckverhältnis
(p/pt0), dem Isentropenexponenten κ = cp /cv und der Gaskonstanten R.
Mit der Kontinuitätsgleichung und Gl. (6.1-2) sowie mit der Isentropengleichung
ergibt sich für die Massenstromdichte folgende Beziehung
6.1  Isentrope Düsenströmung 587

0 1 * 2 Expansion
A isentrop verlustbehaftet
ht0 Amin
s=const. s pt=pt0- p t
Tt0 c1 c h T c2 pt0 pt
pt0 Tt0 Tt
p
ht0 ht=ht0
m
M<1 M>1
Unterschall Überschall c2
c is2
M 2
2

T M
h T
p h
Tis
M=1 his
p
s
T
p s
0 1 * 2
krit

Abb. 6.1-1  Entspannung eines kompressiblen Fluids in einer Düse N (nozzle). Dargestellt ist im
h-s-Diagramm die adiabate, isentrope Expansion ohne Verluste (s = const) sowie die verlustbehaf-
tete Expansion mit Δs bzw. Δpt = pt0 −pt

   2   κ+1 

ṁ pt0  2cp
 p κ p κ
= − . (6.1-5)
A R Tt0 pt0 pt0

Mit der Ausflussfunktion (Abb. 6.1-2)


   2   κ+1    1  
    κ−1 
 κ p κ p κ p κ κ p κ
=  − =  1−
κ−1 pt0 pt0 pt0 κ−1 pt0
(6.1-6)

wird


ṁ = A pt0 . (6.1-7)
RTt0
Die Abhängigkeit der Ausflussfunktion Ψ von κ und (p/pt0) zeigt Abb. 6.1-2. Durch
Ableiten von Ψ nach p/pt0 und Nullsetzen des Differentialquotienten ergibt sich das kri-
tische Druckverhältnis zu
  κ
pkrit 2 κ−1
= (6.1-8)
pt0 κ+1
588 6 Schubdüsen

* A 0,5
pt0 Amin =1,4
ht0 p c
Tt0 h T =1,3
0,4
m
M<1 M=1 M>1
=1,2
Durchsatz 0,3

Ausflussfunktion
2
m=A pt0
R Tt 0
0,2
Ausflussfunktion
 2 +1

=  p  −  p   0,1
− 1 p t 0   p t 0  
 
0,0
1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0

Düsen-Druckverhältnis p/pt0

Abb. 6.1-2  Isentrope Expansion eines kompressiblen Fluids in einer Düse N dazu die Ausfluss-
funktion Ψ in Abhängigkeit vom Düsen-Druckverhältnis p/pt0

bei

  1 
2 κ−1 κ
max = (6.1-9)
κ+1 κ+1

mit dem kritischen Temperaturverhältnis


 
Tkrit 2
= . (6.1-10)
Tt0 κ+1

Druckverhältnissen (p/pt0) ≪ (pkrit/pt0) wieder ab. Dies bedeutet, dass der Düsenkanal
Bis zur kritischen Stelle Akrit nimmt die Massenstromdichte ṁ/A zu und danach bei

vor Akrit einen konvergenten, nach Akrit, einen divergenten Verlauf erfordert. Eine solche
Konvergent-Divergent-Düse (C-D-Düse) wird auch Laval-Düse genannt. Bemerkens-
wert ist, dass bei einem Gegendruck am Düsenaustritt, der kleiner ist als der kritische
Druck, die maximale Massenstromdichte ψmax nicht weiter gesteigert werden kann. Die
Düse blockiert ab p ≤ pkrit.
Da die Düsenströmung bisher unter den Bedingungen der isentropen, isoener-
geten Stromröhrentheorie betrachtet wurde, können die in Abschn. 2.1.2 vorgestell-
ten Beziehungen, insbesondere die Abhängigkeiten der verschiedenen Größen von
der Strömungs-Mach-Zahl M = c/a und dem Druckverhältnis, hier sinngemäß auf die
Düsenströmung übertragen werden (Abb. 2.1-6).
6.2  Verlustbehaftete eindimensionale Düsenströmung 589

Konvergent-Divergent- Düse
Akrit A
C-D-Düse mit pt0
verlustbehafteter Strömung ht0 c p c
Tt0 h T
m Mkrit M=1
M<1 pkrit M>1
Tkrit
Tt0 Tt ht=h t0 h t0 Tt0 Tt ht=h t0
ht0

 c2 
2 c2  c is2   
 2
c  
is     krit,
 c is2   2  krit,
<1
2
2   <1
pkrit,
 2  <1
  krit, =1

h h pkrit, =1
h
Tis T
his
p
s s

Abb. 6.2-1  Verlustbehaftete eindimensionale C-D-Düsenströmung (schematisch). Schall-Durch-


gangsebene mit M = 1 nach Akrit = Amin abhängig von Düsen-Verlustbeiwert ϕN

6.2 Verlustbehaftete eindimensionale Düsenströmung

Gegenüber der verlustlosen, isentropen Düsenströmung nach Abschn. 6.1 soll hier für
die reale Strömung angenommen werden, dass nur Reibungsverluste ein Abweichen der
Strömungsgrößen von dem Zustandsverlauf in der Idealdüse verursachen. Abbildung
6.2-1 zeigt den verlustbehafteten Entspannungsvorgang im h-s-Diagramm. Durch das im
Düsenkanal vorliegende Druckverhältnis p/pt0 wird in der Strömungsebene A die effek-
tive Geschwindigkeit c bzw. Strömungs-Mach-Zahl M = c/a erhalten mit den statischen
Zustandsgrößen h, p, T und den Totalzustandsgrößen ht0, pt0, Tt0.
Im Gegensatz zur isentropen Strömung ist bei gleichem Druckverhältnis p/pt0 wegen
der Reibungsverluste die Geschwindigkeit c kleiner als beim verlustlosen Prozess die
Geschwindigkeit cis. Die Reibungswärme wird dem Gas während der Expansion zuge-
führt, dessen Zustandsänderung somit polytrop verläuft (κ → n).
Es wird deshalb ein Geschwindigkeits-Koeffizient für eine Düse N definiert
mit ϕN=c/cis (nicht zu verwechseln mit der Lieferzahl ϕ beim Turboverdichter
(Abschn. 4.2.3.2).
Als Düsen-Wirkungsgrad ηN wird das Verhältnis der effektiven, verlustbehafteten
Enthalpiedifferenz Δh zur isentropen Enthalpiedifferenz Δhis. formuliert. Diese Enthal-
piedifferenzen entsprechen den jeweiligen kinetischen Energien, also c2/2 beziehungs-
weise c2is/2.
590 6 Schubdüsen

Es gilt somit für den Düsen-Wirkungsgrad

c2 /2 �h ht0 − h cp (Tt0 − T)
ηN = 2 = = =
cis /2 �his ht0 − h is cp (Tt0 − Tis )
2 c2 /2 (6.2-1)
ϕN is 2
= = ϕN .
c2is /2

Damit ergibt sich für die Geschwindigkeit


 
   κ−1 
 κ p κ
c = ϕN cis = ϕN 2
 RTt0 1 − . (6.2-2)
κ−1 pt0

Dem verlustbehafteten Strömungsprozess entspricht ein Entropieanstieg

     κ−1 
T p κ
�s = s − sis = cp ln = cp ln (1 − ηN ) t0 + ηN . (6.2-3)
Tis p

Damit wird für den Polytropenexponenten n folgende Beziehung erhalten

    κ−1 
p κ
  ln 1 − ηN 1 − p
n−1 t0
(6.2-4)
=   .
n p
ln
pt0

6.2.1 Korrekturkoeffizienten bei verlustbehafteter


Düsenströmung

Zur Berechnung von technischen Expansionsprozessen, wie zum Beispiel die Strömung
in Turbinengittern oder in Schubdüsen, ist es sinnvoll, die Zusammenhänge der wesent-
lichen Düsenparameter derart zu entwickeln, dass sie den praktischen Anforderungen
angepasst sind. Als Beispiel dazu kann ein Durchsatzdiagramm erstellt werden, das die
reibungsbehaftete Düsenströmung ähnlichkeitsgerecht im Sinne der Mach-Ähnlichkeit
wiedergibt und sich somit gut für die Vorauslegung bei atmosphärischen Flugantrieben
eignet.
Mit den Enthalpiedifferenzen gemäß den kinetischen Energien c2 /2 = cp (Tt − T),
angewandt auf die isentrope und auf die reale Düsenströmung bei gleichem Ausgangszu-
stand ht0, ergibt sich mit der Isentropenbeziehung

  κ−1
Tis p κ
=
Tt0 pt0
6.2  Verlustbehaftete eindimensionale Düsenströmung 591

das Verhältnis der Temperaturen zu

 
 
2 2
 
T  1 − ϕN 2  Tis
  1 − ϕN 2  Tis
 Tis
=

T
+ ϕN  =  � � κ−1 + ϕN 
 = C1 (6.2-5)
Tt0 is Tt0  p κ  Tt0 Tt0
Tt0 pt0

Der Temperaturkoeffizient C1 beschreibt das Abweichen des effektiven von dem isentro-
pen Temperaturverhältnis bei gleichem Druckverhältnis p/pt0, wobei C1 > 1 ist.
Mit der Zustandsgleichung p/ρ = RT kann das Verhältnis der Dichten wegen des glei-
chen Druckverhältnisses ebenfalls durch C1 ausgedrückt werden zu
ρt,0 ρt,0
= C1 . (6.2-6)
ρ ρis
wobei die Dichte ρt gemäß Gl. (2.1-25) in Abschn. 2.1.2 mit den Totalzustandsgrößen
gebildet wurde.
Die Kontinuitätsgleichung in der Form
p
ṁ = A c ρ = A c . (6.2-7)
RT
führt im Vergleich der isentropen mit der reibungsbehafteten Strömung bei vor-
ausgesetzter gleichbleibender Durchströmfläche A des Düsenkanals zum
Durchsatzkorrekturfaktor
ṁ cρ ϕN
C2 = = = < ϕN < 1. (6.2-8)
ṁis cis ρis C1
Mit steigenden Reibungsverlusten nimmt bei sonst gleichen Bedingungen der Massen-
strom ṁ ab. Unter Beachtung der Isentropenbeziehungen

 1   κ−1
ρt,0 pt0 κ Tis p κ
= und = .
ρis p Tt0 pt0

ist die Massenstromdichte darstellbar in der Form

 
   κ−1 

κ p κ
ϕN 2 κ−1 RTt0 1 −
 ρt,0
ṁ pt0
=   1  . (6.2-9)
A pt0  p κ
1 − ϕN + ϕN t0
2 2

p p
592 6 Schubdüsen

0,57 18,5
m 1 
pkrit /pt0 s 
 K
0,56 18,0
kritisches Druckverhältnis

c krit Tt 0

kritische red. Geschwindigkeit


0,55 17,5

0,54 17,0

0,53 16,5

0,52 16,0
1,25 1,30 1,35 1,40 1,25 1,30 1,35 1,40
Isentropenexponent Isentropenexponent

Abb. 6.2-2 Verlustbehaftete Düsenströmung. Abhängigkeit des kritischen Druckverhältnisses


pkrit/pt0 (links) und der kritischen reduzierten Geschwindigkeit (rechts) vom Isentropenexponen-
ten κ und Geschwindigkeits-Koeffizienten ϕN

Die engste Stelle des Düsenkanals, der Düsenhals (throat) mit (ṁ/A)max, wird wieder wie
bei der isentropen Düsenströmung als kritischen Strömungsquerschnitt Akrit bezeichnet.
Die maximale Massenstromdichte (ṁ/A)max, abhängig vom Druckverhältnis, wird über
eine Differentiation der Gl. (6.2-9) und Nullsetzen des Differentialquotienten erhalten.
Das so gefundene kritische Druckverhältnis ist

pkrit    κ
κ−1
= C3 + C3 + C4 = f(κ,ϕN ). (6.2-10)
pt0

mit
 
3κ − 1 1
3κ + 1 − 2 2κ 2 − 1
ϕN ϕN (6.2-11)
C3 = ; C4 = .
2(κ + 1) κ+1
Wie Abb. 6.2-2 zeigt, steigt mit fallendem Isentropenexponenten und abnehmendem
Düsenwirkungsgrad (ηN = ϕ2N) das kritische Druckverhältnis. Vereinfachend wird für
die Geschwindigkeit ckrit angenommen

κ
ckrit = ϕN ckrit,is = ϕN 2RTt0 . (6.2-12)
κ+1

ckrit
bzw. √ κ
= ϕN 2R.
Tt0 κ+1
6.2  Verlustbehaftete eindimensionale Düsenströmung 593

Die hier verwendete kritische isentrope Geschwindigkeit ckrit,is entspricht der Laval-
Geschwindigkeit a* aus Abschn. 2.1. Das Temperaturverhältnis ergibt sich zu
Tkrit 2 κ−1
= 1 − ϕN . (6.2-13)
Tt0 κ+1
und mit der Schallgeschwindigkeit in Amin beziehungsweise Akrit
  
akrit = κRTt0 2 κ−1
1 − ϕN . (6.2-14)
κ+1

wird die kritische Mach-Zahl



ckrit 2
Mkrit = = ϕN 2 (κ − 1) ≤ 1. (6.2-15)
akrit κ + 1 − ϕN

Im Gegensatz zur Strömung in einer Idealdüse tritt bei der reibungsbehafteten Düsen-
strömung im Düsenhals noch keine Schallgeschwindigkeit auf.
Um die bisher gefundenen Ergebnisse den Rechenmethoden bei Strömungsmaschi-
nen anzupassen, wird nach Gl. (2.1-25) mit den Düseneintrittsdaten (Totalzustand t,
ehemalige Bezeichnung in der Fachliteratur mit „Gesamtzustand ges“) ein reduzierter
Durchsatz definiert

ṁ R Tt0 ct
ṁred t = =√ . (6.2-16)
A pt0 Tt0
Der reduzierte Durchsatz ṁred t, mit den Totalzuständen für die Geschwindigkeit und
die Bezugsschallgeschwindigkeit definiert, entspricht einer Mach-ähnlichkeitsgerechten
Darstellung, die für gasdynamische Berechnungen vorteilhaft benutzt werden kann.
Diese Form des reduzierten Durchsatzes findet mit anderen, gleichfalls Mach-ähnlich-
keitsgerechten Darstellungen bei den Strömungsmaschinen Verdichter (Abschn. 4.2)
und Turbine (Abschn. 4.3) Verwendung. Die verschiedenen reduzierten Durchsätze
können gleichrangig verwendet werden. Sie sind zahlenmäßig jedoch nicht übereinstim-
mend. Die Gesamt- oder Totalgeschwindigkeit ct (entspricht ehemals cges) ist hier also
mit der Kontinuitätsgleichung und der Zustandsgleichung für den Totalzustandspunkt
gebildet worden (Abschn. 2.1).
Für die hier behandelte reibungsbehaftete Strömung gilt mit Gl. (6.2-8) sowie mit
√  1
ct / Tt0 p κ
√ = .
c/ Tt0 pt0

und Gl. (6.2-16) für den reduzierten Durchsatz (Abb. 6.2-3)


ϕN ϕN ct,is ϕN ct,ϕ=1
ṁred t = ṁred t,is = √ = √ . (6.2-17)
C1 C1 Tt0 C1 Tt0
594 6 Schubdüsen

pt0 Akrit
ht0
12 M<1 M>1
m Tt0
m
s K Mkrit M=1
 m R Tt 0  11 N=1,00
 
 p t0 A 
  0,96
10
Durchsatz reduziert tot

0,92
mred, max
9 (p p t 0 )krit 0,88

6
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
Düsendruckverhältnis p/p t0

Abb. 6.2-3 Verlustbehaftete Düsenströmung. Verlauf des reduzierten Durchsatzes total ṁred t


abhängig vom Druckverhältnis p/pt0 und dem Geschwindigkeitskoeffizienten ϕN bei konstantem
Isentropenexponenten κ= 1,35

oder

 √   1     κ−1 
ṁ R Tt0 ϕN p κ  κ p κ
ṁred t = = 2 R 1− . (6.2-18)
Apt0 ϕ C1 pt0 κ−1 pt0

Abbildung 6.2-3 zeigt den Verlauf des reduzierten Durchsatzes abhängig vom Düsen-
druckverhältnis und dem Geschwindigkeitskoeffizienten bei konstantem Isentropenex-
ponenten κ= 1,35.
Die Verschiebung des maximalen reduzierten Massenstromes mit steigenden Rei-
bungsverlusten zu größeren Düsendruckverhältnissen ist zu erkennen. Die Verbindungs-
linie der Maxima stellt den Verlauf der kritischen Zustandswerte im Düsenhals dar.
Neben dem Parameter ϕN für den Geschwindigkeitsbeiwert ist weiterhin die Mach-
Zahl eingetragen (Gl. 6.2-2)
 
c p
M= √ =f ,κ,ϕN . (6.2-19)
κR T pt0
Dem durch die Reibungsverluste verursachten Entropieanstieg Δs entspricht ein pro-
zentualer Totaldruckabfall, der seinerseits auch als Maß für einen verlustbehafteten Strö-
mungsvorgang verwendet werden kann.
6.2  Verlustbehaftete eindimensionale Düsenströmung 595

Der Düsenwirkungsgrad in der Form



2 1 − T Tt0
ηN = ϕN =  (6.2-20)
1 − Tis Tt0

zusammen mit der Isentropengleichung

  κ−1   κ−1
Tis p κ T p κ
= bzw. = .
Tt0 pt0 Tt0 pt

ergibt das die Verluste kennzeichnende Totaldruckverhältnis

  κ
  κ−1  κ−1
pt0 pt0 2 p κ
= 1 − ϕN 1− . (6.2-21)
pt p pt0

Das Druckverhältnis p/pt0 lautet hierbei


   κ
� κ−1
p 1 2
� 2 �
=  − 1 + ϕN . (6.2-22)

ϕN 
pt0 κ−1 2 
1+ M
2
Anschauliche Darstellungen der Strömungszustände im Düsenkanal entstehen, wenn die
verschiedenen Zustandsgrößen auf die Daten der verlustlosen Strömung mit der Mach-
Zahl M = 1 bezogen werden. Alle Größen in dieser Durchströmebene werden hierbei
üblicherweise mit einem Stern * gekennzeichnet.
Da die Totaltemperaturen des adiabaten Strömungsvorganges gleich bleiben, gilt mit
Gl. (6.2-19) für das statische Temperaturverhältnis
T κ+1
∗ =
 .
T κ−1 2 (6.2-23)
2 1+ M
2
und das Geschwindigkeitsverhältnis

c (κ + 1)M2

= .

c∗ (6.2-24)

κ−1 2


2 1+ M
2

Mit Gl. (6.2-22) kann das statische Druckverhältnis gefunden werden


p
= f(κ,ϕN ,M). (6.2-25)
p∗
596 6 Schubdüsen

woraus sich mit der Kontinuitätsgleichung und den Gl. (6.2-23) und (6.2-25) das Flä-
chenverhältnis ergibt
A T p∗ c∗
= . (6.2-26)
A∗ T∗ p c

6.2.2 Konvergent-Düse und Konvergent-Divergent im Vergleich

Am Beispiel der Schubdüse mit den beiden meist vorliegenden Bauformen der Konver-
gent-Düse (C-Düse) und der Konvergent-Divergent-Düse (C-D-Düse, Laval-Düse) kann
gezeigt werden, bei welchen Druckverhältnissen und Geschwindigkeitsverlustbeiwer-
ten die C- oder die C-D-Düse bessere Schubwerte liefert. Bei verlustloser Strömung und
einem überkritischen Druckverhältnis ergibt die Laval-Düse stets den höheren Schub.
Bei verlustbehafteter Strömung können sich die Reibungsverluste an den Wandungen
der vergleichsweise längeren Laval-Düse so auswirken, dass der erreichbare Schub klei-
ner ist als der Schub der konvergenten, kritischen Düse mit gleichem Verlustbeiwert. So
ist zum Beispiel für gleiche Verlustbeiwerte ϕN bei Druckverhältnissen p/pt0 >> 0,208 die
konvergente Düse günstiger, bei p/pt0 < 0,208 liefert die C-D-Düse (Laval-Düse) bessere
Werte.

6.3 Nicht angepasste Konvergent-Divergent-Düse

Bei den bisherigen Betrachtungen in Abschn. 6.1 und 6.2 zur Düsenströmung wurde
vorausgesetzt, dass in allen Düsenquerschnitten dem jeweiligen Druckverhältnis ein
ganz bestimmtes Flächenverhältnis entspricht. Für die weiteren Betrachtungen zu den
Strömungsvorgängen in Düsen besonders der C-D-Düsen wird zur Kennzeichnung der
jeweiligen Strömungsebenen die Indizierung der Schubdüsen von Luftstrahltriebwerken
mit den Ebenen 7, 8 und 9 verwendet, wie sie bereits in den Kap. 1 und 2 angegeben
wurden (Abb. 6.3-1).
In den meisten Betriebsfällen ist der statische Druck am Düsenaustritt pN = p9 der
Strömung nicht gleich dem Umgebungs- bzw. Gegendruck p0, es liegt dann eine nicht
angepasste Düsenströmung vor (Abb. 6.3-1 oben). Verlässt das Fluid die Düse mit einem
statischen Druck größer als der Umgebungsdruck p9 > p0, so liegt eine Unterexpansion
der Strömung vor. Diese tendiert je nach der Größe der Druckdifferenz p9 – p0 zu einer
Nachexpansion hinter dem Düsenendquerschnitt ausgehend von den Austrittskanten.
Die sich kreuzenden Wellen des Expansionsfächers werden an der Freistrahlgrenze wie-
der reflektiert und gehen in ein System von Verdichtungswellen über. Durch die Nach-
expansion wird der Druck im Strahlkern zuerst kleiner, dann im Verdichtungsgebiet
wieder größer als der Umgebungsdruck.
Das periodische Wechselspiel von Expansion und Kompression setzt sich solange
fort, bis stromabwärts die grenzschichtartig wachsenden Mischungszonen den Über-
schallfreistrahl meist über eine geradstoßähnliche Front in einen Unterschallstrahl
6.3  Nicht angepasste Konvergent-Divergent-Düse 597

C-D-Düse Freistrahl-Expansionssystem
7 8 9 Umgebungsdruck

pt7
c7 p9 c9
ht7 M<1 M>1
Tt7 Akrit

Unterexpansion p9> p0 Freistrahl-Nachexpansion


pt7 pt9
ht7 Tt7 ht9=ht7
Expansions-System Stoß-System
2
Tt9
c 7
2
T7 c 92 p0
p7 2
p9
p9>p0 M>1
h
T
T h9 9
h9is 9is

p0
s

Überexpansion p9< p0 Leichte Überexpansion

pt7 pt9 Freistrahl eingeschnürt


ht7 Tt7 ht9=ht7 p0

Tt9 p9
c 72
M>1
2
T7 p7
c 92
2

h p9<p0
T Starke Überexpansion
h9 9
T9is
h9is Ablösung der Strömung innerhalb der Düse

s p0

p9
M>1

Abb. 6.3-1 Gegenüberstellung von C-D-Düsenströmungen mit Unter- und Überexpansionen


sowie den Strömungsstrukturen der Überschall-Freistrahlen

überführen. Dieses Strömungsbild sowie der noch zu besprechende Vorgang der Über-
expansion können besonders bei Überschallflügen mit hohen Machzahlen M0 und bei
Raketenstrahlen eventuell deutlich beobachtet werden (Abb. 6.3-2).
Ein überexpandierter Düsenstrahl liegt vor, wenn der Umgebungsdruck p0 am
Düsenaustritt größer ist als der Druck am Düsenende p9. Ist die Druckdifferenz p0 – p9
nur gering, so geht, wie Abb. 6.3-1 (unten) schematisch zeigt, von den Austrittskanten
598 6 Schubdüsen

Freistrahl-
Überschall-Expansion
am Flugzeug und
am Prüfstand

Flug-Mach-Zahl M0 = 3+ Überschall-Forschungsflugzeug SR-71 (NASA)

Abb. 6.3-2  Überschall-Freistrahl einer C-D-Düsenströmung des Nachbrenner-Triebwerks eines


M = 3+-Hochgeschwindigkeits-Flugzeuges (NASA, SR-71). Darstellung nach NASA, US

ein Verdichtungsstoßsystem aus, der Freistrahl wird eingeschnürt und der Druck im
Strahlzentrum steigt stromabwärts auf Werte über den Gegendruck p0 an. Die Verdich-
tungswellen werden am Strahlrand reflektiert und gehen in Expansionswellen über, der
Strahldruck fällt. Dieser Vorgang wiederholt sich und entspricht weiterhin dem Strö-
mungsfeld der oben erwähnten Strahl-Unterexpansion.
Der Winkel der divergenten bzw. konvergenten Strahlkontur am Düsenende wird im
Falle der Unter- oder Überexpansion vom jeweiligen Druckverhältnis p9/p0 bestimmt. Das
Strömungsfeld selbst kann mit den üblichen CFD-Methoden der numerischen Fluidme-
chanik berechnet werden. Liegt der Gegendruck p0 wesentlich höher als der Strömungs-
druck im Endquerschnitt bei angepasster Düse, so wird das Strömungsfeld erhebliche
Änderungen erfahren. Gemäß Abb. 6.3-3 sollen einige charakteristische Fälle für eine vor-
gegebene Kanalkontur zwischen den Querschnittsebenen 0 und a dargestellt werden.
Ist p0 = p9, so liegt der Fall der angepassten Düse vor, und der Druckverlauf in der
Düse entspricht der Kurve O-K-A. Bei p0 < pA ergibt sich der bereits besprochene Fall
der Unterexpansion (Abb. 6.3-1).
Für den Gegendruckbereich zwischen p0 = pF und p0 = pA soll zuvor vereinfachend
angenommen werden, dass keine die Strömung störenden Grenzschichteinflüsse auftre-
ten. Vorausgesetzt sei zudem eine annähernd eindimensionale Strömung entsprechend
der Stromröhrentheorie (Abschn. 2.1).
6.3  Nicht angepasste Konvergent-Divergent-Düse 599

0 a
F
E
p/pt0 M<1 D M<1 M=1 M<1
Düsen-Gegendruckverhältnis

M<1 C

p*/pt0 L
K M<1 M>1 M<1
M=1

Stoß B
G
M<1 M>1 M<1
M>1 A

9
7
8
M<1 M>1 M>1
pt0 pt7 c p9
ht0 ht7 M<1 M>1
p
Tt0 Tt7 pa
Akrit

Abb. 6.3-3  Nicht angepasste Konvergent-Divergent-Düse bei verschiedenem Gegendruckverhält-


nis (vereinfachte reibungsfreie Strömung angenommen)

Im Druckbereich zwischen pF und pD wird die C-D-Düse (Laval-Düse) durchgehend


mit Unterschallgeschwindigkeit durchströmt. Gemäß dem konvergent-divergenten Flä-
chenverlauf wird die Strömung anfangs beschleunigt und dann wieder wie in einem Dif-
fusor verzögert. Der Druckverlauf entspricht zum Beispiel der Kurve O-E.
Ist der Gegendruck p0 = p9, so tritt bei angenommener isentroper Expansion in der
engsten Stelle Schallgeschwindigkeit auf und der Massenstrom erreicht seinen Höchst-
wert (Kurve O-K-D).
Bei Gegendrücken von p0 = pC < pD verläuft die Strömung von Unterschall auf Über-
schallgeschwindigkeit wechselnd zunächst gemäß dem Druckverlauf der angepassten
Überschallexpansion (Kurve O-K-A). Bei hohen Gegendruckwerten p0 > pB durchläuft
die Strömung sodann eine Unstetigkeitsfront in Form eines Verdichtungsstoßes und
passt sich über den so erzeugten Drucksprung und eine anschließende Unterschall-Dif-
fusion dem aufgeprägten Gegendruck p0 = pC an (Kurve O-K-G-L-C).
Mit kleiner werdenden Drücken p0 < pC verschiebt sich die Stoßebene zum Düsen-
austritt hin. Für p0 = pB kann theoretisch angenommen werden, dass die Geradstoßfront
genau im Düsenendquerschnitt liegt, es ergibt sich ein Verlauf gemäß O-K-A-B.
Die Kurve K-L-B kennzeichnet also den Druckverlauf unmittelbar hinter der Stoß-
front, ab der eine stetige Unterschall-Diffusion bis zum Gegendruck p0 abläuft.
Im Druckbereich pB > p0 > pA treten außerhalb der Düsenkontur, ausgehend von den
Austrittskanten, schräge Verdichtungsstöße auf; es liegt dann statt der Überexpansion
im Innern der Düse der Fall des überexpandierenden Freistrahles vor.
600 6 Schubdüsen

Das bisher dargestellte, theoretische Verhalten der als eindimensional angenomme-


nen Düsenströmung mit Überexpansion wird im praktischen Betriebsfall entscheidend
vom Charakter der im Wandbereich auftretenden Grenzschichtströmung beeinflusst.
Die in der Grenzschicht herrschende Unterschallgeschwindigkeit geht in Wandnähe
gegen Null. Abhängig von der Intensität des im Düsenkanal auftretenden Verdichtungs-
stoßes neigt die Grenzschicht durch den stoßinduzierten Drucksprung zur Ablösung.
Neben dieser Interferenz zwischen Verdichtungsstoß und Grenzschicht wird die Ablö-
sungstendenz von dem der wandnahen Unterschallströmung aufgeprägten und strom-
aufwärts wirkenden Außendruck p0 verstärkt.
Der beiden erwähnten wesentlichen Effekte wegen und abhängig von der Höhe des
Gegendruckes p0 sowie von der Düsenkontur bzw. dem jeweiligen Neigungswinkel der
Wand, verschiebt sich das Stoßfrontgebiet soweit stromaufwärts, bis sich ein Gleichge-
wichtszustand des gestörten Strömungsfeldes einstellt. Aber auch die Stabilität dieses
Gleichgewichts ist in Wirklichkeit oft unsicher, da das gesamte Strömungsgebilde nicht
mehr homogen im Sinne der Stromröhrentheorie ist. Lokale, meist einseitig wirkende,
von der Wand ablösende Strömungsschichten führen leicht zu Schwingungen, die eine
ausgeglichene Strömung unmöglich machen können.
Die für die noch gesunde Kernströmung scheinbare grenzschichtbedingte Quer-
schnittsverengung sowie die Grenzschichtablösung verursachen eine Wandlung der
theoretisch vorliegenden Geradstoßfront in ein kompliziertes System von grenzschicht-
nahen sogenannten λ-Stößen, die in sich überschneidende, schräge, zu Instabilitäten
neigende Verdichtungsstöße übergehen. Besonders auch experimentell gesammelte
Daten über das Ablösungsverhalten von Düsen, besonders von Raketendüsen, zeigen,
dass bei kleinen Düsendrücken p relativ zum Gegendruck p0 gemäß einem Druckver-
hältnis zwischen p/pt7 ≈ 0,5 bis 0,25 mit Strömungsablösungen gerechnet werden muss.
Der Öffnungswinkel der Düse, deren Konturführung und Rauhigkeit sowie der Grenz-
schichtzustand sind hier von entscheidender Bedeutung.
Neben den erwähnten Problemen der Düsen-Innenströmung sei noch kurz auf die
Düsen-Außenströmung eingegangen, die wesentlichen Anteil am Strömungsverhalten
der gesamten Düse hat. Innen- und Außenströmung beziehungsweise Umströmung
vermischen sich meist in komplexer Weise besonders bei nicht vollkommen angepass-
ten Düsen. Die Art der Mischungszone beziehungsweise die auftretenden Verluste und
Druckverteilungen werden von mehreren Einflüssen bestimmt. Dies sind vornehmlich
die Heckform und die Ausbildung der Basisfläche sowie die außen und innen sich entwi-
ckelnden Grenzschichten und besonders die Geschwindigkeits- und Druckunterschiede
der verschiedenen Strömungsgebiete. Das Zusammenwirken dieser Größen ist tendenz-
mäßig in Abb. 6.3-1 schematisch angedeutet. lm Falle des Strahltriebwerks kann somit
die resultierende Druckkraftbilanz des Abströmteils den Schub oder den Widerstand
wesentlich beeinflussen.
Zur Auslegung von C-D-Düsen bei variablen Düsen-Flächenverhältnissen wird in
Abschn. 6.4 näher eingegangen.
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 601

Bauweisen von Schubdüsen schematisch


(ev. ohne oder mit Schubumkehr)
Düsen 1- oder 2-dimensional

C-Düsen C-D-Düsen
Verstell-Düsen

Vektor-Düsen

Mehrfach-Düsen

Bypass-Düsen

Ejektor-Düsen

Rampen-Düsen

Abb. 6.4-1  Düsenformen mit 1- und 2-dimensionalen C-Düsen und C-D-Düsen, wie auch ver-
stellbare rotationssymmetrische Düsen, Pilsdüsen und Ringdüsen sowie Rechteckdüsen und Klap-
pendüsen [Ric72, Brä00B, Gri04B, Wal00B, GasTurbDet]

6.4 Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen

Die Auslegung und die Bauweise der Schubdüsen von Luftstrahltriebwerken können
abhängig von der Flugaufgabe im Wesentlichen in zwei Hauptgruppen unterteilt wer-
den. Dies betrifft einmal die Antriebe von Unterschall-Flugzeugen und Hubschraubern
angetrieben von Einstrom- oder Mehrstromtriebwerken mit konvergenten Düsen (Abb.
6.4-1). Zum andern betrifft es Flugantriebe von Hochleistungs-Flugzeugen für Über-
schall- und Hyperschallflüge mit Konvergent- und Konvergent-Divergent-Düsen, bei
denen allerdings auch der zeitweise Unterschallflug von großer Bedeutung für das Ausle-
gungskonzept ist.

6.4.1 Schubdüsen von Unterschall-Flugzeugen

Die Turbofan-Triebwerke von mittleren bis hohen Bypassverhältnissen BPR sind bei
den meisten Unterschall-Flugzeugen dominant. Es herrscht die Gondel-Bauweise
vor. (Abb. 6.4-2). Die Bypassluft oder die Heißgase aus dem Primärkreis expandie-
ren über konvergente Düsen oder vom Konzept des Triebwerks vorgegeben über
602 6 Schubdüsen

Turbofan-Triebwerk Gondel-Bauweise (RR-Trent 800)

Zentralkörper

Primär-Düse

Bypass-
Sekundär-Düse

RR-Chevron-Konvergent-Ring-Düsen
Lärmdämmung mit perforierten Düsenkonturen

Abb. 6.4-2  Konvergente Ringhals-Schubdüse mit Schall mindernden Düsen-Konturen (RR-Che-


vron-Düse) bei einem Turbofan-Triebwerk mit hohem Bypassverhältnis eines Unterschall-Ver-
kehrsflugzeuges. Darstellung nach Fa. Rolls Royce Plc [Rol05B]

axialsymmetrische Ringhals-Düsen. Bei Triebwerken mit Mischung der verschiedenen


Fluidströme vor der Abströmung aus dem Antrieb werden ebenfalls konvergente Düsen
eingesetzt.
Bei den Standard-Turbofan-Triebwerken in Gondeln mit versetzten Ring-Düsen
beeinflusst die äußere Gondelumströmung im Strömungsfeld des Flugzeuges erheb-
lich die Abströmbedingungen aus den hier nicht verstellbaren Düsen. Die aerodynami-
sche Auslegung der strömungsbeaufschlagten Gondelkonturen muss deshalb sorgfältig
ausgeführt werden. Dabei sind CFD-Rechnungen und entsprechende Experimente mit
Modellen hilfreich. Ebenso können eine optimierte Formgebung und die axiale Position
der Zentralkörper der innen liegenden Primär-Düse die Strömungsverhältnisse günstig
beeinflussen.
Mit Abb. 6.4-3 wird ein Überblick zu den wichtigsten Bauformen von typischen
Schubdüsen gegeben, für klassische Unterschall-Flugzeuge vom Hubschrauber-Tur-
boshaft- und Turboprop-Triebwerk bis zum Turbofan-Triebwerk mit kleinem bis sehr
großem Bypassverhältnis BPR > 10. Bei allen Konfigurationen sollte eine optimierte
Abstimmung zwischen spezifischem Brennstoffverbrauch SFC, Lärm-Emission und
Masse durchgeführt werden.
Unter Beachtung dieser Kriterien von Lärmemission und Strukturmasse kann im
Sinne eines vorgegebenen Flugprofils eine effiziente Bauweise mit Mischung der Flu-
idströme und gemeinsamer Abströmdüse oder auch mit speziellen Mischvorrichtun-
gen erwogen werden. Als Beispiel dazu wird in Abb. 6.4-4 ein Turbofan-Triebwerk der
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 603

(a) (b)

(c) (d)

Abb. 6.4-3 Prinzipielle Bauweisen der Konvergent-Schubdüsen von Triebwerken für Unter-


schall-Flugzeuge wie Hubschrauber sowie Propeller- und Turbofan-Flugzeuge. Darstellung nach
[GasTurb]. a Turbojet und Turboshaft- Einstrom-Treibwerk mit Konvergent-Düse. b Turbofan-
Bypass-Triebwerk mit Konvergent-Ringdüse koaxial versetzt. c Turbofan Bypass-Triebwerk
mit Mischung und Konvergent-Düse. d Turbofan-Bypass-Triebwerk mit Blütenmischer und
Konvergent-Düse

mittleren Schubklasse mit einem Blüten-Mischer, einem Schubumkehrer mit vertikal


angeordneten Klappen und einer Konvergent-Düse vorgestellt (RR BR715).
Obwohl Einrichtungen zur Schubumkehr sowohl bei zivilen als auch bei militärischen
Hochleistungs-Flugzeugen eine Erhöhung der Masse des gesamten Antriebssystems
verursachen, sind sie bei fast allen neueren Flugzeugen aus Sicherheitsgründen unum-
gänglich. Damit kann bis zu einem Viertel die Bremsleistung des Fahrwerks verringert
werden und eine beachtliche Verkürzung der Landebahnstrecken besonders bei schwie-
rigen Wetterbedingungen verwirklicht werden. Die Lebensdauer der Bremsen lässt
sich wesentlich verlängern sowie Wartungs- und Überholungskosten können merklich
gesenkt werden.
Bei dem Betrieb der Schubumkehr-Anlagen ist allerdings sorgfältig zu beachten, dass der
nach vorn, seitlich oder nach unten umgelenkte Düsenstrahl durch aufgewirbelte Fremd-
körper, Schmutz, Wasser oder Schnee die Betriebssicherheit des Triebwerks selbst oder
der anderen Triebwerke am Flugzeug besonders im Einlaufbereich ungünstig beeinflussen
kann. Dies stellte sich besonders problematisch bei V/STOL-Flugzeugen dar [DGL00B].
604 6 Schubdüsen

Blüten-Mischer
RR-Konzept

Schubumkehr-Klappen

Bypass-Turbofan-Triebwerk Rolls-Royce BR710


Blüten-Mischer und Klappen-Schubumkehrer BPR=4,5 FN=65 kN

Abb. 6.4-4  Turbofan-Triebwerk mittlerer Schubklasse mit Mischung von Primär- und Sekundär-
luft, Schubumkehrer (reverser) mit Klappen (bucket door reverser BDR) und Konvergent-Düse (Fa.
RR-Deutschland, BR710) [Rol05B]

Besonders bei Turbofan-Triebwerken mit sehr hohem Bypassverhältnis BPR > 6


haben sich Schubumkehrer mit verstellbaren Kaskaden bewährt, (Abb. 6.4-5). Im Nor-
malbetrieb sind diese Vorrichtungen in der Gondelverkleidung integriert und strö-
mungsgünstig gestaltet. Gekoppelt mit der Schubhebel-Vorrichtung und gut abgesichert
gegen Fehlbedienungen wird nach Bedarf der Umkehrschub von den Piloten aktiviert.
Schubumkehrer der in Abb. 6.4-5 gezeigten Art oder in ähnlicher Konfiguration wer-
den hauptsächlich in der äußeren Bypassströmung eingesetzt. Bei entsprechender Gon-
del- und Düsengestaltung können allerdings auch die Heißgase des Primärkreises innen
bei der Schubumkehr mit herangezogen werden. Die Ausrichtung und die Aufteilung
der um- und abgelenkten Strömung in einzelnen Strömungssegmenten sollten dabei
nach der Anordnung der anderen Triebwerke in der Umgebung am Flugzeug und nach
deren Störungsanfälligkeit ausgerichtet werden.
Ergänzend sei zur Schubumkehrung bemerkt, dass sich bei Propeller-Flugzeugen der
geringen Strahlleistung der heißen Düsenabströmung wegen entsprechende Maßnah-
men an Triebwerks-Düsen nicht eignen.
Bei diesen Turboprop-Triebwerken wird über Verstellung der Propellerblätter eine
Schubumkehr vorgenommen. Bei den Ultra-Hoch-Bypass-Fan-Triebwerken (UHBF) der
verschiedenen Bauweisen ist Schubumkehr ebenen so wie bei den üblichen Turboprop-
Triebwerken TP zweckmäßig.
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 605

Kaskaden-Schubumkehrer

Außenströmung

Bypass-
Strömung
Umlenk-Klappe
eingefahren

Bypass-
Strömung

Abb. 6.4-5  Turbofan-Triebwerk hoher Schubklasse mit Primär- und Sekundär-Ringdüsen sowie


einem Kaskaden-Schubumkehrer (cascade reverser). Darstellung nach Fa. Rolls-Royce Plc [Rol05B]

Bei manchen Flugmissionen und Triebwerken ohne oder nur mit teilweiser Schubum-
kehrung können gegebenenfalls auch zusätzliche Bremsschirme zum Einsatz kommen.

6.4.2 Schubdüsen von Überschall-Flugzeugen

Wie bei den Konvergent-Schubdüsen für Unterschall-Flugzeuge (Abschn. 6.4.1) besteht


auch die Aufgabe der Düsensysteme für Überschall-Flugzeuge darin, die gesamte Ener-
gie der den Düsen zugeführten Fluidströme möglichst weitgehend in kinetische Energie
des Vortriebsstrahls umzuwandeln, das heißt in allen Flugzuständen die Erzeugung eines
hohen Austrittsimpulses bei geringen Strömungsverlusten. Bei der Formgebung der
Strömungskanäle können prinzipiell für Konvergent- und Konvergent-Divergent-Düsen
(C- und C-D-Düsen) verschiedene Düsenformen vorgesehen werden (Abb. 6.4-6). Für
Unterschall-Fluggeschwindigkeiten werden meist starre konvergente bzw. konvergent-
divergente, regelbare Schubdüsen bis zu Flug-Mach-Zahlen M0 ≈ 1,7 verwendet, wobei
Turbojet- und Turbofan-Triewberke mit Nachbrennereinrichtungen regel- und verstell-
bare Düsen mit recht komplexem Aufbau haben können. Dies kann allerdings zu Ver-
schlechterungen des Düsen-Wirkungsgrades von etwa 0,5 bis 3 % führen.
Für Überschallflüge können mit regelbaren C-D-Schubdüsen die Düsenquerschnitte
am Düsenhals und am Düsenaustritt an die wechselnden Umgebungsdrücke und Last-
zustände gut angepasst werden. Dabei haben sich unter den vielfältigen Düsenformen
606 6 Schubdüsen

Konvergent-Düse C-Düse Konvergent-Divergent-Düsen C-D-Düsen


M0<1 M0<1 M0 bis ≈1,7 M0<1 M0>1

M<1 M<1 M<1 M>1

(a) (b) (c)

Rampen-C-D-Düse Hyperschall
SERN (Single Expansion Ramp Nozzle)
M0>>1
variable Grenzschicht-
Zumischung M>>1

M<1 M>1

(d)
Stellklappen

Abb. 6.4-6  Prinzipielle Bauweisen der Konvergent- und Konvergent-Divergent-Schubdüsen (C-


und C-D-Düsen) von Triebwerken für Unterschall- und für Überschall- sowie Hyperschall-Flug-
zeuge mit SERN-Düsen. Darstellung nach [GasTurb]

die Ejektor-Düse in verschiedenen Ausführungen und die Iris-Düse bewährt. In


Abb. 6.4-7 werden vier typische, rotationssymmetrische 1D-Verstelldüsen gezeigt, die
in den vergangenen Jahrzehnten bei zahlreichen Hochleistungsflugzeugen in Standard-
Turbojet- und Turbofan-Triebwerken mit kleinem Bypassverhältnis eingesetzt wur-
den (Abschn. 2.7). Diese 1D-C-D-Düsen und deren Modifikationen wie Ejektor- und
Mischerdüsen wurden zum Beispiel auch zur verbesserten Lärmminderung und auch zur
Schubsteigerung ausgelegt und verwirklicht. An die klassischen 1D-Düsen anknüpfend
ergaben sich vielfältige Weiterentwicklungen an Düsenformen in Verbindung mit den
zusätzlichen Anforderungen zur Schubvektorsteuerung.
Ab den 1960er und den 1970er Jahren wurden bei der Auslegung besonders von mili-
tärischen Flugzeugen und von Konzepten zu Hyperschall-Flugzeugen zweidimensionale
C-D-Düsen, näherungsweise Rechteck-Düsen, und teilweise halboffene Düsenkonturen
vorgesehen (Abb. 6.4-6). Diese Konzepte der offenen C-D-Düsen oder Rampen-C-D-
Düsen SERN (single expansion ramp nozzle) sind bei Antrieben von Hyperschall-Raum-
transporter-Flugzeugen die Regel [Mün72K, Kop00, Gri04B, Ric05, SFB05B] und
Abschn. 8.6.
Ohne eine umfangreiche vergleichende Bewertung der verschiedenen Bauweisen von
C-D-Düsen anzustellen, sollen einige Hinweise zur Auslegung und zu Beispielen von
Bauformen angeführt werden, die jeweils zeigen sollen, wie die Erfüllung der vorgege-
benen Forderungen besonders auch mit dem Ziel der Schubvektorisierung umgesetzt
werden kann. Dabei wurden und werden wie bei der Auslegung allgemein von Flugzeu-
gen auch die Bauarten von C- und C-D-Schubdüsen der Triebwerke wesentlich von den
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 607

1D-Regelbare Verstelldüsen rotationssymmetrisch


Nachbrenner-Turbojet- und Turbofan-Triebwerke

A7 A8 A7 A8 A9

D E

A7 A8 A9 A7 A8 A9

F G

Abb. 6.4-7 Bauweisen der klassischen, rotationssysmmetrischen Konvergent- und Konvergent-


Divergent-Schubdüsen (C- und C-D-Düsen) von Triebwerken für Überschall- und Hochleistungs-
flugzeuge, teilweise als Ejektor- oder MischerDüsen ausgeführt mit Hinweisen zu entsprechenden
Triebwerken wie RB199 u. a.

Forderungen aus den jeweiligen Flugmissionen bestimmt. Folgende Gesichtspunkte soll-


ten dabei angestrebt werden:

a) Effiziente Umsetzung der den Druckverhältnissen entsprechenden nutzbaren Enthal-


piedifferenz in der Düse.
b) Anpassung des Endquerschnitts an die meist wechselnden Umgebungsbedingungen
bzw. Lastzustände. Um dabei Schubverluste zu vermeiden, ist die Integration der
Düse im Rumpfheck oder der Triebwerks-Gondel sorgfältig zu gestalten. Auswirkun-
gen auf den Heckwiderstand sind unbedingt zu berücksichtigen.
c) Durchsatz- beziehungsweise Schubregelung durch flexible Anpassung der
Düsenquerschnitte.
d) Möglichkeiten der Schubvektorisierung 2- oder 3-dimensional.
e) Dem Flugantrieb angemessene Lebensdauer bei möglichst geringem Kühlluftbedarf
besonders bei längerem Betrieb mit Nachbrenner.
f) Geringe Düsenmasse.
g) Einrichtungen zur Schubumkehrung mit hoher Betriebssicherheit.
h) Lärm dämmende Maßnahmen und Einrichtungen.
i) Hohe Zuverlässigkeit, Lebensdauer und kostengünstige Wartbarkeit.
608 6 Schubdüsen

Konvergent-Divergent-Düse verstellbar
Mehrdimensionales Unterschall-Überschall-Strömungsfeld
mit Grenzschichtbereichen

7 8 9 Ausströmung
möglich mit
A 8=A kr it p9 = p0 ;
p9 < p0 ;
ht7
p9 > p0
pt7 M<1 M>1 p9
Tt7

realer sonischer Durchgang (M 1)


Abb. 6.4-8 Schematische Darstellung des sub-, trans- und supersonischen realen Strömungs-
feldes mit Grenzschichten einer verstellbaren, rotationssysmmetrischen Konvergent-Divergent-
Schubdüse (C-D-Düse) für Triebwerke von UnterschallÜberschall-Flugzeugen. Darstellung nach
[GasTurb]

Bei vereinfachten Vorauslegungsrechnungen im Zusammenhang mit einer Düsen-


Expansionströmung kann angenommen werden, dass die Strömung eindimensional
verläuft. Bei einer umfassenden Düsenauslegung müssen jedoch zwei- und dreidimen-
sionale CFD-Rechenmethoden eingesetzt werden, um das Strömungsfeld in Abhän-
gigkeit von Anfangs- und Randbedingungen lokal genauer zu erfassen. Hinweise zur
realen Düsenströmung werden schematisch in Abb. 6.4-8 gegeben. Drei Strömungsty-
pen liegen hauptsächlich vor, die Unterschall-, die schallnahe sonische und transsoni-
sche sowie die Überschallströmung eventuell gekoppelt mit verschiedenen Systemen
von Verdichtungsstößen auch verbunden mit wandnahen Grenzschichten. Diese Grenz-
schichten gegebenenfalls in Verbindung mit Bypass- und Ejektor-Öffnungen sowie Ein-
richtungen zur Kühlung der zahlreichen heißen Düsenbauteile besonders bei variablen
Düsen-Konfigurationen.
Wird einmal von Grenzschicht- und Mischungsrechnungen mit den ihnen eigenen
Schwierigkeiten abgesehen und werden Wärme- und Stoffübergänge vernachlässigt, dann
ist der Überschallströmung eine größere Bedeutung beizumessen als den problemloseren
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 609

Bereichen der Unterschallströmung. Eine Gestaltung der divergenten Überschallkontur


von C-D-Düsen sollte wegen auftretender Verdichtungsstöße und deren Wechselwirkung
mit Grenzschichten sorgfältig vorgenommen werden.
Düsenberechnungen können meist nach zwei Aufgabenstellungen unterschieden wer-
den. Einmal wird bei gegebenen Druckverhältnissen eine gleichmäßige, z. B. koaxiale
Abströmung am Düsenaustritt gefordert. Zum andern tritt das Problem auf, bei gegebe-
nen, häufig recht kurzen Düsenlängen beziehungsweise Düsenkonturen und vorliegen-
dem Druckverhältnis das Strömungsfeld zu bestimmen, um präzise Aussagen über den
Schub ermitteln zu können. Nicht zuletzt kommt der Integration von Schubumkehr-Ein-
richtungen in der Struktur der Düse eine große Bedeutung zu.
In allen Fällen ist bei C-D-Düsen dem sonischen und transsonischen Übergangsge-
biet im Düsenhals in Verbindung mit Grenzschicht- und Mischungsbereichen besondere
Aufmerksamkeit beizumessen. Dieses Strömungsgebiet stellt die Anfangsbedingung des
Überschallfeldes dar und kann mit entsprechenden CFD-Rechenmethoden unter Beach-
tung entsprechender Randbedingungen näherungsweise bestimmt werden.
Bei Turbojet- und Turbofan-Triebwerken werden neben festen Schubdüsen beson-
ders im Zusammenhang mit Nachbrenner-Anlagen für Hochgeschwindigkeitsflüge
Verstell-Schubdüsen mit regelbaren Klappen, mit axial verstellbarem Zentralkörper
(Regelpilz) und mit mehreren Verstellsegmenten ähnlich der Irisblende verwendet. Wei-
terhin werden 2- und 3-dimensionale Mehrstellungsdüsen sowie kontinuierlich regel-
bare, hydraulisch, pneumatisch oder elektrisch betätigte Schubdüsen den Anforderungen
gemäß eingesetzt. Bei kurz- oder senkrecht startenden Flugzeugen (V/STOL) mit Schub-
vektorsteuerung sind die Schubdüsen zum Teil bis über 90° zur Triebwerkslängs-
achse schwenkbar angeordnet [Mün72K, Haf82B, DGL00B]. Mit einigen ausgewählten
Beispielen wird anschließend ein kurzer Überblick zu verschiedenen Entwicklungen
gegeben.

6.4.2.1 2D-Schubvektorisierung mit Konvergent-Divergen-Düsen


2D-Rechteckdüsen erweisen sich vorteilhaft durch einen relativ geringen und gut beein-
flussbaren Heckwiderstand des Flugzeugs mit Antriebssystem. Mit dem integrierten Ein-
bau von z. B. zwei Triebwerken im Flugzeugheck kann mit relativ einfachen Mitteln eine
Schubablenkung zur Erhöhung der Start- und der Manövrierfähigkeit sowie eine Schu-
bumkehrung gut verwirklicht werden [Gri04B, Brä00B].
Abbildung 6.4-9 zeigt als typisches Beispiel aus einer Flugzeug-Entwurfsstudie in den
USA über zwei in einem Flugzeugheck integrierte Rechteckdüsen den Vergleich mit zwei
Kreisdüsen (Flugzeug F-111 von General Dynamics, Triebwerke TF30 von Pratt & Whit-
ney). Das in diesem Bild gezeigte Beispiel stellt eine Rechteck-Düsenkonfiguration mit
drei beweglichen Klappen dar. Über eine Veränderung der Position der Primärklappen
kann der Halsquerschnitt verstellt werden, wobei die Sekundärklappe und die äußere
Klappe dann eindeutig definierte Stellungen einnehmen können. Durch Verschieben
des Scharnierpunktes der äußeren Klappe mit Hilfe eines Hydraulikzylinders kann die
Kinematik so geändert werden, dass die im Bild dargestellten Positionen bis hin zur
610 6 Schubdüsen

2D-Rechteck- C-D-Düse
C-D-Schubdüse Nachbrenner aus
verstellbar

Primärklappe

Nachbrenner eingeschaltet Schubablenkung


C-D-Düse offen Nachbrenner ein

Abb. 6.4-9 2dimensionale C-D-Klappen-Schubdüse (Schema) für Turbofan-Triebwerke von


Überschallflugzeugen mit Schubvektorisierung (Flugzeug F-111 von General Dynamics, Trieb-
werke TF30 von Pratt & Whitney). Darstellung nach Fa. Pratt&Whitney

Strahlablenkung erreicht werden können. Weiterhin sind auch zweiseitige Rechteck-


düsen zum Beispiel mit verstellbarem Zentralkörper untersucht, getestet und eingesetzt
worden.
Aus einer langjährigen, in den 1980er Jahren in den USA beginnenden Entwicklung
zu Hochleistungs-Flugzeugen mit Schubvektorsteuerung wird in Abb. 6.4-10 das Serien-
Turbofan-Triebwerk F119-100 (Pratt & Whitney) des Flugzeugs F-22 Raptor (Lockheed/
Martin Marietta) gezeigt. Die 2D-Schubvektor-Klappen-Düse kann horizontal um bis zu
20° ausgelenkt werden, wobei ein kompletter Durchlauf (von +20° auf −20°) nur eine
Sekunde dauert. Das Triebwerk besitzt genug Schub, um auch ohne Einsatz des Nach-
brenners Überschallgeschwindigkeit bis M0 ≈ 1,72 zu erreichen (supercruise). Die Reich-
weite im Überschallflug mit Trockenschub konnte deshalb gegenüber konventionellen
früheren Triebwerken erheblich gesteigert werden.
Das 156 kN-Turbofan-Triebwerk mit Bypassverhältnis BPR = 0,25 besteht aus einem
dreistufigen Fan, einem 6-stufigen Verdichter, einer Brennkammer, einer einstufigen
Hochdruck-Turbine, einer einstufigen Niedrigdruck-Turbine, Mischer, Nachbrenner
und abschließend einem 2D-Klappen-C-D-Düsensystem.
Der Nettoschub des Turbofan beträgt im Nachbrennerbetrieb FN = 156 kN, ohne
Nachbrenner 111 kN. Das Schub-Masse-Verhältnis des Triebwerks liegt bei 9:1. Das
gesamte Triebwerk mit Schubvektorsteuerung wird von einem doppelt redundanten
Triebwerk-FADEC-System geregelt und überwacht.
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 611

2D-Schubvektor-Steuerung mit C-D-Düse +/- 20°

Turbofan F119-PW-100 (Flugzeug F-15-STOL/MTD bzw. F-22 Raptor)

Abb. 6.4-10 2D-Schubvektorsteuerung +/−20° bei Turbofan-Triebwerks F119-PW-100 (Flug-


zeug F-111 Lockheed Martin/Boeing bzw. F22 Raptor). Prüfstand-Bodentests mit Nachbrenner im
Betrieb. Darstellung nach NASA, Boeing Comp., Pratt&Whitney

6.4.2.2 Schubdüsen mit 3D-Schubvektorisierung


Weitere Steigerungen der flugmechanischen Agilität von Hochleistungsflugzeugen in
allen Flugbereichen gelingen mit axialen 3-dimensionalen (3D)-Vektor-Düsen, die
modulierbare Betriebsweisen der aus zahlreichen Elementen bestehenden Multifunk-
tions-C-D-Düse erlauben. Beispiele dazu sind in den Abb. 6.4-10, 6.4-11, 6.4-12, 6.4-13
und 6.4-14 zu sehen.
Eine 3D-Schubvektorsteuerung erfolgt durch das gezielt geregelte Ausrichten des
Heißgasstrahles. Dies kann durch Strahl-Ruderklappen, Ablenkflächen am Düsenaus-
tritt oder Schwenken des gesamten Düsensystems erreicht werden. Neben konventi-
onell startenden Flugzeugen wurde seit den 1960er Jahren umfangreich beginnend die
Schubvektorsteuerung in verschiedenen Phasen auch bei kurz- und senkrechtstarten-
den V/STOL-Flugzeugen eingesetzt [Mün72K, Haf82B, DGL00B]. Für den Horizontal-
flug werden die Düsen in die entsprechende Position in Flugrichtung gestellt, um dem
612 6 Schubdüsen

(a) Forschungsflugzeug X-31


mit 3 Verstell- Klappen zur
Schubvektorisierung-

(b) Serienflugzeug Su-30MKI mit3D-C-D-Düse

Abb. 6.4-11  3-dimensionale Schubvektorsteuerung mit Turbofan-Triebwerken. a Prototyp-Test-


flugzeug X31 von General Dynamics, Triebwerke TF30 von Pratt & Whitney). b Schubvektorsteue-
rung an einer Su-30MKI. Darstellung nach NASA, EADS, Suchoi OAK (Moskau)

GE Iris-Vektor-Düse Externe Hebel am A 9 -Stellring

Stellring
mit Aktuatoren
A8 A9

A9 A9
größer kleiner
A8 A8

Abb. 6.4-12  3-dimensionale C-D-Klappen-Schubdüse schematisch für Turbofan-Triebwerke von


Überschallflugzeugen mit Schubvektorisierung zum Beispiel für das Flugzeug F-111 von General
Dynamics. Darstellung nach Fa. General Electric Aircraft Engines
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 613

Abb. 6.4-13 3-dimensionale C-D-Vektor-Schubdüse vorgesehen für das europäische Flugzeug


Eurofighter (Typhon) mit 2 Turbofan-Triebwerken EJ200 (Schub mit Nachbrenner 90 kN, ohne
Nachbrenner 60 kN, BPR = 0,4) geregelt und überwacht mit DECMU (digital engine control and
monitoring unit). Darstellung nach Fa. EADS bzw. Eurofighter GmbH. a Eurofighter mit zwei
EJ200 Turbofan-Triebwerken mit Nachbrenner. b 3D C-D SchubvektordüSE ITP (Spanien)

Flugzeug Vortrieb zu geben, der Auftrieb wird dann auf konventionelle Weise nur von
den Flügeln erzeugt.
3D-Schubvektorsteuerung ermöglicht bei einem Flugzeug wesentlich höhere Anstell-
winkel, sodass steuerbare Flugzustände jenseits des kritischen Anstellwinkels des Flug-
zeuges möglich sind. Durch den Einbau der 3D-Schubvektorsteuerung sind daher neben
besserer Manövrierfähigkeit auch Landungen auf kurzen Landebahnen möglich. In
Abb. 6.4-11 werden zwei Beispiele von Flugzeugen mit 3D-Vektor-Düsen gezeigt.
Beim deutsch-amerikanischen Projekt Rockwell-MBB X-31 wurden Anstellwin-
kel bis zu 70° ohne Verlust der Kontrolle über das Flugzeug erreicht und bereits in den
1990er Jahren eindruckvoll demonstriert (Abb. 6.4-11). Das Konzept der Schubvektor-
steuerung der X-31 wurde wesentlich von der Firmen EADS (ehemals MBB) und Rock-
well entwickelt. Aus den Erfahrungen mit diesem Forschungsflugzeug wurde das in
Abb. 6.4-10 erwähnte Serienflugzeug F22 Raptor konzipiert und gebaut. Weiterhin spie-
len die Erkenntnisse aus der X31-Entwicklung bei den Vorbereitungen zur Schubvekto-
risierung des europäischen Serienflugzeuges Eurofighter mit dem Turbofan-Triebwerk
EJ200 eine wesentliche Rolle.
In Russland entstand das erste Serien-Kampfflugzeug Su-30MKI mit 3D-Schubvek-
torsteuerung, das zusammen mit der indischen Luftwaffe entwickelt wurde (Abb. 6.4-11).
614 6 Schubdüsen

(a)

(b)

Schwenk-C-Düse
Konzept
Rolls-Royce

Abb. 6.4-14  V/STOL-Flugzeuge mit Schubvektor-C-Düsen schwenkbar bis über 100°. a V/STOL-


Flugzeug Sea Harrier mit einem 105 kN-Turbofan-Triebwerk (RR Pegasus) und 2 Bypass-
Schwenkdüsen und 2 Heißluft-Schwenkdüsen. b V/STOL-Flugzeug F-35 JSF (Joint Strike Fighter).
Darstellung nach Fa. Rolls-Royce Plc., Lockheed Martin

Während alle Flugzeuge F-22 Raptor der USAF mit einer 2D-Schubvektordüse ausge-
rüstet wurden, ist für den Eurofighter eventuell eine 3D-Düsen-Nachrüstung geplant.
Weiterhin ist auch bei der chinesischen Chengdu J-10 eine 3D-Schubvektorsteuerung
vorgesehen.
Umfangreiche Projektarbeiten der vergangenen 2 Jahrzehnten zu variablen 3D-C-
D-Düsen entstammen aus den von der Fa. GE unter der Kennzeichnung AVEN (axi-
symmetric vectoring exhaust nozzle) entwickelten Projekten wie z. B. des Triebwerks
F110-GE-229A (Abb. 6.4-12). Wie die Darstellung dieser C-D-Vektor-Düse zeigt, wird
deren Ausrichtung über 3 Aktuatoren und einen Stellring an den Hebeln der inneren
und äußeren Düsensegmenten vorgenommen. Durch Axial- und Kippbewegungen des
Stellringes kann die 3D-Ausrichtung und die Veränderung der Durchströmflächen kont-
rolliert von einer Triebwerks-DECU bewerkstelligt werden.
Mit der bereits seit den 1990er Jahren entwickelten und auf dem Prüfstand erprob-
ten 3D-C-D-Düse soll durch eine Nachrüstung des EJ200 das Potential und die Agilität
des Eurofighter erheblich gesteigert werden (Abb. 6.4-13). Mit der Schubvektor-C-D-
Düse TVN (thrust vectoring nozzle) von der Fa. ITP (Spanien) soll bei einer typischen
6.4  Bauweisen von Unterschall-Überschall-Düsen 615

Flugmission der spezifische Brennstoffverbrauch SFC um 5 % gesenkt werden können,


der erreichbare Schub im Supercruise um 7 % und beim Start um 2 % gesteigert werden.
Auf dem Gebiet der V/STOL-Fluggeräte stellt das V/STOL-Serienflugzeug Harrier
wohl die bekannteste Version mit 2D-Schubvektorsteuerung dar, die nicht nur zum
Bremsen, sondern auch zum Fliegen von 3D-Manövern benutzt wird. Dieser ab den
1960er Jahren entwickelte britische Senkrechtstarter Hawker Siddeley Harrier mit dem
105 kN-Turbofan-Triebwerk RR-Pegasus (Abb. 6.4-14) besitzt 4 über 110° schwenkbare
Kaskaden-Düsen, wobei 2 Düsen von dem Bypass-Luftstrom und die beiden hinteren
Düsen von der Heißluft nach der Niederdruckturbine LPT beaufschlagt werden. Der
Harrier wurde in zahlreichen Versionen entwickelt und erfolgreich über fast 30 Jahre mit
dem Serien-Triebwerk RR-Pegasus im Einsatz geflogen.
Fast parallel zu dieser Entwicklung entstand ab den 1970er Jahren in der Sowjetunion
ein ähnliches Serien-V/STOL-Flugzeug, das spätere Yak-38M mit einem Tumansky
R-28-Triebwerk (66,7 kN) und zwei Rybinsk RD-38-Triebwerken (31,9 kN).
Eine spätere Neuentwicklung eines V/STOL-Flugzeuges stellt das aus den 1990er Jah-
ren stammende US-Flugzeug F-35 JSF (Joint Strike Fighter) dar, wie es ebenenfalls in
Abb. 6.4-14 vorgestellt wird.
Bei Über- und Hyperschall-Flugzeugen ab Flug-Mach-Zahlen größer M0 ≈ 3 wird bei
vollständiger Entspannung der Austrittsquerschnitt A9 wesentlich größer als der gesamte
Triebwerksquerschnitt, was Einbauschwierigkeiten und eine Erhöhung des Triebwerks-
Heckwiderstandes zur Folge haben kann. Durch näherungsweise rechteckige oder
halbrunde divergente Düsen-Konturflächen kann zum Beispiel einerseits der Austritts-
querschnitt A9 in Größe und Form den konstruktiven Gegebenheiten der Flugzeugzelle
und denjenigen des Einlaufs bzw. des Auffangquerschnittes gut angepasst werden, wie
im Abb. 6.4-6 schematisch zu sehen ist. Andererseits kann durch eine geschickte Anord-
nung des Antriebssystems integriert in der Flugzeugzelle der durch die Rumpfeinzie-
hung vergrößerte Heckwiderstand des Fluggerätes zur Abströmseite hin kompensiert
werden. Dies trifft besonders bei der Expansionsströmung von Hyperschall-Flugzeugen
mit teilweise offenen Rampen-Düsen zu, wie sie in Abschn. 8.6 zu sehen sind.
Aus dem Bereich der Überschall-Verkehrsflugzeuge zeigt am Beispiel des 2-motori-
gen Flugzeuges Concorde Abb. 6.4-15 den typischen vollständigen Abströmteil eines
Einstrom-Turbojet-Triebwerks mit 2 Wellen und Nachbrenner, eine verstellbare
Konvergent-Divergent-Schubdüse (Primärdüse) mit einem variablen, divergenten
Abschlussteil, das je nach seiner Position unter anderem auch als Schubumkehrvorrich-
tung dient. Des Weiteren ist das Triebwerk mit ausfahrbaren Schalldämpfer-Klappen
versehen.
Die Ringhalsdüse des Olympus-Triebwerks mit kontinuierlich profiliertem Zentral-
körper bewirkt eine selbsttätige Anpassung der Strahlaustrittsflächen für verschiedene
Flug-Mach-Zahlen. Die divergente Strömung ist nur einseitig geführt, eine Verstellung
des divergenten Teiles erübrigt sich somit. Soll das Triebwerk durch die Schubdüse leis-
tungsgeregelt werden, geschieht dies allerdings durch eine axiale Verschiebung des Zent-
ralkörpers. Die Baulänge ist insgesamt relativ gering.
616 6 Schubdüsen

Rolls-Royce/SNECMA Olympus
M0,A=2,2 H0 15 km F0/0 15000 daN
Überschall-Verkehrsflugzeug Concorde

D Start-und Übergangs-Flug m2 m3
Schall-Dämpferbleche
ausgefahren
m1

E Reise-Flug (Cruise)
Schall-Dämpferbleche m1

eingefahren

Abb. 6.4-15 Abströmteil des Überschall-Einstrom-2-Wellen-Turbotriebwerks (Olympus, Rolls-


Royce/SNECMA). a Position für Start- und Übergangsflug, Schalldämpfer-Klappen ausgefahren. b
Position für Reiseflug, Schalldämpfer eingefahren. Darstellung nach Fa. SNECMA S.A

Das Ausström-C-D-Düsensystem der russischen Tupolew Tu-144 mit 4 200 kN-Kus-


nezow NK144-Triebwerken wurde in den 1960er Jahren parallel zur Entwicklung der
Concorde-Triebwerksanlage ähnlich ausgeführt.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[AGA81] AGARD: Aerodynamics of Power Plant Installation. North Atlantic Treaty Org.
AGARD-XP-301 (1981)
[And90B] Anderson, J.D., Jr.: Modern Compressible Flow, 2. Aufl. McGraw Hill, New York
(1990)
[ Brä00B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 1. Aufl. Springer, Berlin (2000)
[Brä04B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 2. Aufl. Springer, Berlin (2004)
[Brä09B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke, 3. Aufl. Springer, Berlin (2009)
[Bur91] Burgsmüller, W., Castan, C., Kooli, J.W., Bcle, J.P.: Recent developments in low speed
TPS testing for engine integration drag and installed thrust reverser simulation. In:
Proceedings AGARD Symposium on Aerodynamic Engine/Airframe Integration,
Fort Worth (1991)
[Cap81] Capone, F.J., Hunt, B.L., Poth, G.E.: Subsonic/supersonic Nonvectored Aeropropul-
sive Characteristics of Nonaxisymmetric NozzIes installed on an F-18 Model. AIAA
81-1445, AIAA/SAE/ASME 17th Joint Propulsion Conference, Colorado Springs
(1981)
Literatur 617

[Che94] Chen, C.L., Chakravarthy, S.R., Hung, C.M.: Numerical investigation of separated
c/d-nozzle flows. AIAA 32(9) (1994)
[Coh85] Cohn, J.A. et al.: Axisymmetric Thrust Reversing Thrust Vectoring Exhaust
System for Maneuver and Balanced Field Length Aircraft. AIAA 85-1466,
AIAA/SAE/ASME/ASEE 21st Joint Propulsion Conference, Monterey (1985)
[DGL00B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt: Die deutschen Senkrechtstartflug-
zeuge. DGLR-Bericht 2000-01 (2000)
[Dus77] Dusa, D.J., McCardle, A.: Simplified Multi-mission Exhaust Nozzle System. AIAA
77-960, AIAA/SAE 13th Propulsion Conference, Orlando (1977)
[Dus88] Dusa, D.J.: Engine Integration with Aircraft Exhaust Nozzle Systems. Aero-Pro-
pulsion Short Course, University of Tennessee, Space Institute (1988)
[End83] Enderle, H., Jabs, A., Eckardt, D.: Konvergent-divergente Rechteck- und Kreis-
düsen mit Schubvektorisierung und Schubumkehr. MTU, Technischer Bericht
83/040 (1983)
[Fuh09] Fuhrmann, T.: Auslegung und Betriebsverhalten von SCRamjet-Antriebssystemen
für Raumtransporter-Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München (2009)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[GasTurbDet] Kurzke, J.: GasTurbDetails – Utility for GasTurb Performance Simulations.

Manual. GasTurb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[Gei87] Geidel, H.A.: Improved agility for modern fighter aircraft, Part 11: Thrust vec-
toring engine nozzles, ISABE 87-7062. In: 8th International Symposium on Air
Breathing Engines, Cincinnati (1987)
[Gei92]
Geidel, H.A.: Schubvektorvariable Turbofantriebwerke integriert in Hochleis-
tungsflugzeuge. Seminarvortrag, TU München (1992)
[Goe76] Goetz, G.F., Young, J.H., Palcza, L.L.: A Two-dimensional Airframe Integrated Nozzle
Design with Inflight Thrust Vectoring and Reversing Capabilities for Advanced Figh-
ter Aircraft. AIAA 76-626, AAIA/SAE 12th Propulsion Conference, Palo Alto (1976)
[Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser, Basel (2004)
[Haf82B]
Hafer, X., Sachs, G.: Senkrechtstarttechnik – Flugmechanik, Aerodynamik,
Antriebstechnik. Springer, Berlin (1982)
[Hag82K] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1982)
[Her91] Herrmann, O., Rick, H.: Propulsion Aspects of Hypersonic Turbo-ramjet-engi-
nes with Special Emphasis on Nozzle/Afterbody Integration. ASME, 91-GT-395,
Orlando (1991)
[Hie84]
Hienz, E., Vedova, R.: Requirements, Definition and Preliminary Design for
an Axisymetric Vectoring nozzle to Enhance Aircraft Maneuverability, AIA-A
84-1212, AIAA/SAE/ASME. 20th Joint Propulsion Cenference, Cincinnati (1984)
[Kop00] Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und
Störeffekten für Hyperschall-Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München (2000)
[Kos91] Koschel, W., Rick, W.: Design Considerations for nozzIes of Hypersonic Airbrea-
thing Propulsion. AIAA 91-5019, AIAA 3rd International Aerospace Planes Con-
ference, Orlando (1991)
[Kuc89] Kuchar, A.P.: Variable convergent divergent exhaust nozzle aerodynamics. In:
Oates, G.C. (Hrsg.) Aircraft Propulsion Systems Technology and Design, AIAA
Education Series, 2nd Printing. Washington (1989)
[Lan75]
Landet, J.A., Nash, D.O., Palcza, J.L.: Augmented Deflector Exhaust Nozzle
(ADEN) Design for Future Fighters. AIAA 75-1318, AIAA/SAE Propulsion Con-
ference, Anaheim (1975)
618 6 Schubdüsen

[Led93] Lederer, R., Hertel, J.: Exhaust System Technology. Space Course, TU München
(1993)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft
und Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[Nag76] Nagel, I.I., Heinig, K.: Auslegungsverfahren zur Optimierung konvergent-diver-
genter Schubdüsen sowie Methoden zur Berechnung der Überschallstrahlausbrei-
tung. MTU, Technischer Bericht 76/007 (1976)
[ Nas72] NASA: STOL Technology. NASA SP220 (1972)
[Osw56K] Oswatitsch, K.: Gasdynamik. Springer, Wien (1952); auch Gas Dynamics. Acade-
mic Press, New York (1956)
[Pal76] Palcza, L.L.: Augmented Deflector Exhaust Nozzle (ADEN) design for high per-
formance fighters. In: AGARD Symposion on “Variable Geometry and Multicycle
Engines”, AGARD Conference Proceedings No. 205, Paris (1976)
[Reb93] Rebolo, R. et al.: Aerodynamies Design of Convergent-Divergent Nozzles. AIAA
93-2574, AIAA/SAE/ASME/ASEE 29th Joint Propulsion Conference and Exhibit,
Monterey (1993)
[Ric05] Rick, H., Bauer, A., Esch, T., Hollmeier, S., Kau, H.-P., Kopp, S., Kreiner, A.:
Hypersonic highly integrated propulsion systems – design and off-design simula-
tion. Chapter 5.3.2. In: Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit
Vehicles. DFG, Wiley-VCH (2005)
[Ric72] Rick, H.: Zur Brennstoffzufuhr bei Staustrahltriebwerken mit Uberschallverbren-
nay. Dissertation, Technische Universitat Munchen (1972)
[ Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Sch74] Schnell, W.C.: F-14A Installed Nozzle Performance. AIAA 74-1099, AIAA/SAE
l0th Propulsion Conference, San Diego (1974)
[See76] Seed, A.R.: Design techniques for high bypass ratio powerplant nozzle systems. In:
International Council of the l0th Aeronautical Sciences Congress, Ottawa (1976)
[SFB05B] Deutsce Forschungsgemeinschaft DFG-SFB: Basic Research and Technologies for
Two-Stage-to-Orbit Vehicles, DFG-Sonderforschungsbereich SFB255. TU Mün-
chen, Wiley-VCH (2005)
[Sha53K] Shapiro, A.H.: The Dynamics and Thermodynamics of Compressible Fluid Flow,
Bd. I, II. Ronald Press, New York (1953)
[ Sig11B] Sigloch, H.: Technische Fluidmechanik, 8. Aufl. Schroedel-Verlag (2011)
[Sig91B] Sigloch, H.: Technische Fluidmechanik, 2. erweiterte Aufl. VDI-Verlag GmbH,
Düsseldorf (1991)
[Sta03] Staudacher, S., Weißschuh, M.: Numerical and experimental investigations on
the flow phenomena of chevron nozzles. In: Proceedings of the 12th Internatio-
nal Conference on Fluid Flow Technology, Conference on Modelling Fluid Flow
(CMFF 03), Budapest, S. 652–660 (2003)
[Sta04] Staudacher, S., Weißschuh, M.: Investigation on the Influence of a Core Chevron
Nozzle on the Performance of a Modern Bypass Engine. ASME Turbo Expo, Wien,
Juni 2004
[Sta04] Staudacher, S., Weißschuh, M., Kaminski, N.: Ökonomische Bewertung von zur
Lärmminderung eingesetzten Chevrondüsen. DGLR Jahrestagung, Dresden (2004)
[Str79] Straight, D.M.: Effect of Shocks on Film Cooling of a Full Scale Turbojet Exhaust
Nozzle Having an External Expansion Surface. AIAA 79-1170, AIAA/SAE/ ASME
15th Joint Propulsion Conference, Las Vegas (1979)
Literatur 619

[Swa72] Swavely, C.E., Soileau, J.F.: Aircraft Aftbody/Propulsion System Integration for
low drag. AIAA 72-1101, AIAA/SAE 8th Joint Propulsion Specialist Conference,
New Orleans (1972)
[Tay73] Taylor, R.P., Lander, J.A.: Recent technology advances in thrust vectoring systems.
In: 42nd Meeting of the AGARD Propulsion and Energetics Panel on V/STOL
Propulsion Systems, AGARD Conference Proceedings No. 135. Schliersee (1973)
[Tho01] Thomas, R.H., Kinzie, K.W., Paul, P.S.: Computational Analysis of a Pylon Chev-
ron core nozzIe interaction. 7th AIAA/CEAS Aero Acoustics Conference, AIAA
Paper 2001 2185, Maastricht, 28.–30. Mai 2001
[Tra82] Tracksdorf, P. et al.: Alternative Konzepte konvergent/divergenter Rechteckdü-
sen mit Schubvektorisierung und Schubumkehrung. MTU, Technischer Bericht
82/036 (1982)
[Ved79]
Vedova, R., Wildner, W.: Verbesserung der Heckkonfiguration zweistrahliger
Kampfflugzeuge mit Hilfe zweidimensionaler Düsen. MTU, Technischer Bericht
79/038 (1979)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell, Oxford (lst publis-
hed 1998, reprinted 2000) (2000)
[Wei06] Weißschuh, M.: Untersuchungen zum Einfluss gezahnter Düsen auf Leistungsfä-
higkeit und Betrieb moderner ziviler Luftstrahltriebwerke. Dissertation, Universi-
tät Stuttgart (2006)
[Wei89] Weist, G., Albers, M.: Wind tunnel tests of four axisymmetric CRISP nozzle confi-
gurations. MTU, Technischer Bericht 89/004 (1989)
[Wil77] Willard, C.M. et al.: Static performance of Vectoring/Reversing Nonaxisymmetric
nozzIes. AIA-A 77-840, AIAA/SAE 13th Propulsion Conference, Orlando (1977)
[Zim93] Zimmermann, H. et al.: CFD study of nozzle configurations for Ultra High Bypass
Engines. ASME 93-GT-389. International Gas Turbine and Aeroengine Congress
and Exposition, Cincinnati (1993)
Betriebsverhalten und Simulation von
Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen 7
der Flug-, Energie- und Fahrzeugtechnik

7.1 Zusammenarbeit der Komponenten

Das Betriebsverhalten einer Gasturbine oder eines Turboluftstrahltriebwerks wird


im Wesentlichen durch das Zusammenspiel (matching) der einzelnen Komponenten
bestimmt. Ausgehend von der Modellierung der Triebwerkskomponenten beschreibt
die Leistungssyntheserechnung, kurz Syntheserechnung genannt, die Verknüpfung
des Betriebsverhaltens der Komponenten eines gesamten Antriebssystems. Dies ist in
Abb. 7.1-1 im Überblick schematisch dargestellt. Dabei stellt die aerothermodynamische
Arbeitsprozessrechnung (Kap. 2) für jeden Betriebspunkt Bi im Volllast- oder Teillastbe-
reich die Basis jeder Leistungs- und Syntheserechnung zum stationären und instationä-
ren, dynamischen Betriebsverhalten dar.
In der Auslegungsrechnung im Betriebspunkt A bzw. Auslegungspunkt DS (design
point) wird aufgrund der vorgegebenen Auslegungsspezifikationen wie zum Beispiel
Verdichterdruckverhältnis ΠC, Brennkammer-Austrittstemperatur Tt4 oder Nettoschub
FN das Triebwerk modelliert und in seinen wesentlichen Abmessungen dimensioniert
(Abschn. 2.3 und 2.5 bis 2.9).
Die auf diese Weise bestimmte Geometrie, insbesondere die Strömungsquerschnitte,
werden in der anschließenden Berechnung der Teillastpunkte gleichbleibend beibehal-
ten, während die Auslegungsparameter entsprechend der Vorgaben wie Brennstoff-
massenstrom und Drehzahl neue Werte annehmen können. Bei Triebwerksanlagen mit
lokal variabler Geometrie wie z. B. verstellbaren Verdichterschaufeln sind deren Vorga-
ben jeweils mit zu berücksichtigen. Die Teillastrechnung umfasst dabei unabhängig vom
Lastzustand alle stationären und instationären Betriebspunkte.
Die Aufteilung eines Gasturbinen- bzw. Triebwerkssystems in eine Vielzahl von Kom-
ponenten erfordert einen modularen Aufbau der Syntheserechnung: Einlauf E, Verdichter
C, Brennkammer B, Turbinen T, Nachbrenner AB und Düse N sowie Strömungskanäle
(duct) wie Diffusoren D sind die Hauptbestandteile, aus thermogasdynamischer Sicht.

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_7, 621


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
622 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Syntheserechnung iterativ GTSYN


Zusammenspiel aller Komponenten
Eingabe: Komponenten-Kennfelder Ausgabe:
Auslegungspunkt A
Teillast- und Volllastpunkte B i
Konfiguration und Leistungen,
Dimensionierung Luft-Einlauf A0/AC Schübe,
des Triebwerks -ungestört Drehmomente
-gestört .......
Flugzustand
Lastfall/Umgebung Brennstoffstrom
M M
Luft- und Verdichter Brennkammer w/Tt Turbinen Triebwerkspa-
Leistungsentnahme rameter (p, T, A,
M,…)
Triebwerksregelung
FADEC, … u.a. für
·
m nr
Flugsimulatoren
Betriebsgrenzen cD A8 ,Instrumente,
n, nred, pmax, T max FADEC,
Abströmung: Monitoring
Düse / Diffusor
M

Abb. 7.1-1 Leistungs- und Syntheserechnung GTSYN für das stationäre und instationäre


Betriebsverhalten von Gasturbinen und Turboluftstrahltriebwerken basierend allgemein auf dem
Zusammenspiel aller Komponenten im Auslegungspunkt A und in allen Betriebspunkten Bi im
Leerlauf-, Teillast- und Volllastbereich

Jede dieser Komponenten bewirkt im durchströmenden Fluid, also im Luft- oder Luft-
Brennstoff-Gemisch, Zustandsänderungen, sei es durch Energiezu- bzw. Energieabfuhr
oder durch Reibungsverluste. Die Summe der Zustandsänderungen ergibt den einem
Triebwerk zugrunde liegenden Arbeitsprozess.
Das Zusammenspiel der Komponenten findet sich in der Leistungssyntheserechnung
wieder. Jede dieser Komponenten wird durch ein eigenes Modul beschrieben. Die gasdy-
namische und mechanische Verknüpfung der Module erfolgt über die Berechnungsebe-
nen bzw. Stationen der Komponenten. Obgleich in der Realität die Strömung zwischen
den Komponenten teilweise erhebliche Dreidimensionalitäten aufweist, beschränkt sich
die Leistungssyntheserechnung meist auf gemittelte Werte, also auf eine eindimensionale
Modellierung. Da das Betriebsverhalten einzelner Komponenten nur selten analytisch
hinreichend genau beschrieben werden kann, werden die Charakteristiken in Kennfel-
dern abgebildet. Hierbei wird beispielsweise bei einem Verdichter der Zusammenhang
zwischen Drehzahl, Druckverhältnis, Massendurchsatz und Wirkungsgrad beschrieben
(Abschn. 4.2.6). Die Komponentenkennfelder werden entweder experimentell oder mit
Hilfe von komplexen, rechenzeitaufwendigen numerischen Verfahren ermittelt, wobei
dreidimensionale Effekte im Betriebsverhalten der Komponenten durchaus im Kenn-
feld berücksichtigt und auf die integralen eindimsensionalen Zustandsänderungen
zurückgeführt werden können wie dies in [Koe72, Mün77B, Mug82, Ric82, Sch01, Jes02,
RTO07B] sowie in [GasTurb] gezeigt wird.
7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 623

Aufgabe der Syntheserechnung ist es, die einzelnen Komponenten über den Arbeits-
prozess zu verknüpfen und einen möglichen stationären oder instationären Betriebs-
punkt des Gesamtsystems zu finden. Die Verknüpfungslogik besagt, dass die Gaszustände
(Massenstrom, Temperatur, Druck und Geschwindigkeit) am Austritt einer Komponente
gleich den Eintrittsbedingungen der nachfolgenden Komponente sein müssen. Weiterhin
werden alle Komponenten einer Welle, zum Beispiel bei einem Kerntriebwerk (Core) bzw.
Gasgenerator GG mit dem Hochdruckverdichter HPC und die Hochdruckturbine HPT,
mit der gleichen Drehzahl mechanisch gekoppelt rotieren. Damit muss das Leistungs-
gleichgewicht an dieser Welle, einschließlich Verluste und externer Leistungsabzweigung,
erfüllt sein. Aus der Vielzahl der möglichen Betriebszustände wird durch Vorgaben wie
beispielsweise Drehzahlen ein bestimmter Arbeitspunkt herausgegriffen. Insbesondere
durch die Verwendung von Kennfeldern ist eine explizite Lösung nicht mehr möglich, so
dass jeder Betriebspunkt iterativ gefunden werden muss (Abb. 7.1-2).

7.1.1 Vereinfachte, ähnlichkeitsgerechte Kennfeldbestimmung

Am Beispiel eines einfachen Einwellen-Einstrom-Turbojet-Triebwerks TJ wird im fol-


genden Abschnitt das prinzipielle Verhalten eines Gasturbinen-Turboluftstrahl-Trieb-
werkes bei variablen Betriebsbedingungen behandelt, wie sie im Teillastbetrieb oder
bei verschiedenen Umgebungs- und Flugzuständen auftreten können Dieses Turbojet-
Triebwerk besteht aus dem Gasgenerator GG mit Verdichter C, Brennkammer B und
Turbine T sowie der Schubdüse N (Abb. 7.1-2).
Den Betrachtungen zur Syntheserechnung wird ein Verdichterähnlichkeitskennfeld
(Abschn. 4.2.6.1, Abb. 4.2-45) zugrunde gelegt, da die jeweiligen Betriebszustände des
Verdichters das Verhalten des Gesamtsystems vornehmlich beeinflussen. Das Betriebsver-
halten der übrigen Triebwerkskomponenten wird dann der Charakteristik des Verdichters
überlagert. Der Kopplung der einzelnen Triebwerkskomponenten wegen besteht die Auf-
gabe darin, Beziehungen dieser Komponenten untereinander derart zu finden, dass damit
ein Leistungs- bzw. Schubkennfeld des Triebwerks aufgebaut werden kann (Abschn. 2.4).

Einfluss von Brennkammer und Turbine.  Für die Brennkammer wird zunächst ange-
nommen, dass ihr Gesamtdruckverlust ΔptB = pt4 − pt3 proportional dem Verdichter-
austrittsdruck sei, was für den oberen Drehzahlbereich den wahren Verhältnissen gut
nahekommt. Mit dem Druckverlustkoeffizienten εB (strömungsmechanische und ther-
modynamische Druckverluste zusammengefasst, Abschn. 2.3.4) in der Form
pt3 − pt4 pt B
ǫB = = = const (7.1-1)
pt3 pt3
lautet der Brennkammeraustrittsdruck
pt4 = pt3 (1 − ǫB )· (7.1-2)
624 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Einlauf E Brennkammer B Düse N


0 1 2 3 4 7 8

B
PC PT
C T
PEx
B

2 3 4 5
Verdichter C Turbine T
Drehzahl nC = nT
Leistung PC + PEx = PT
Durchsatz mC − mKü − mBleed = mT

Arbeitsprozesse auf
C
Fahrlinie mit wTred
Auslegungspunkt A A
A Betriebspunkte Bi Bi

Bi

mred nred
4
Arbeitsprozesse
Volllast A Volllast A
Teillast B 4
5 8

5 8 p0
3
Teillast B i
3

h 0 2
p0

Abb. 7.1-2  Betriebsverhalten eines Einwellen-Einstrom-Turbojet-Triebwerks TJ in schematischer


allgemeiner Darstellung mit den Turbomaschinen-Kennfeldern und dem Arbeitsprozesse im Voll-
last- und Teillastbetrieb A und Bi

Als konstant wird das Brennstoff-Luft-Verhältnis FAR = ṁB /ṁA sowie der Ausbrenn-
grad ηB angenommen. Schwankt der Ausbrenngrad lastabhängig, dann können die
Linien konstanten spezifischen Brennstoffverbrauches SFC nachträglich im Triebwerks-
kennfeld korrigiert werden.
Bei hoch belasteten Turbojet-Triebwerken liegen wie allgemein bei einer Düsenströmung
in den Kanälen der Turbinen-Gitter besonders im ersten Statorgitter häufig kritische oder
leicht überkritische Druckverhältnisse vor (Abschn. 2.1 und 4.3, Abb. 4.2-14). Es soll daher
7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 625

zunächst dieser für ein Kennfeld besonders einfache Fall behandelt werden. Sowohl das
Druckverhältnis wie auch die Düsen-Ausflussfunktion  (Abschn. 6.1, Abb. 6.1-2) sind bei
kritischen Strömungszuständen lediglich abhängig vom Isentropenexponenten κ

    κ
p 2 κ − 1 bzw. � = � (7.1-3)
= crit max = f(κ)·
pt crit κ+1

Wird für den Turbinentemperaturbereich (Tt4, bis Tt5) ein konstantes κ angenommen,
dann gilt für den Massendurchsatz der kritischen Turbinendüse TD

2
ṁ4 = ATD crit pt4 · (7.1-4)
RG Tt4
wobei ATD die Stator-Durchströmfläche an der engsten Stelle und RG die Gaskonstante
des Heißgases bezeichnet.
Um die bisher vorausgesetzte isentrope Strömung der wirklichen Strömung anzunä-
hern, werden die Reibungsverluste in der Düse durch den Koeffizienten ϕ, etwaige Quer-
schnittsverengungen im Strahlaustritt durch die Einschnürungszahl μ und eventuelle
Temperatur-Inhomogenitäten im Strömungsfeld am Austritt der Brennkammer durch ent-
sprechende Temperaturkoeffizienten δ berücksichtigt. Mit der Einbeziehung des Verdich-
teraustrittsdruckes pt3 nach Gl. (7.1-2) ergibt sich der Massenstrom im Turbinen-Stator

2
ṁ4 = ATD �crit ϕ µ δ (1 − ǫB ) pt3 (7.1-5)
RG Tt4
und mit konstant angenommenen Koeffizienten bzw. gegebenem ATD
p
ṁ4 = k1 √ t3 · (7.1-6)
Tt4
Der Massenstrom vor der Turbine ṁ4 ist aus Kontinuitätsgründen gleich der Summe der
eingespritzten Brennstoffmasse ṁB und der Luftmasse am Brennkammereintritt ṁ3, die
wiederum gleich ist der Durchsatzmasse am Verdichtereintritt ṁ2, vermindert um die
Kühl- und Leckluftverluste. Mit der Annahme etwa konstanter Kühl- und Leckluftanteile
ṁCl und ṁBleed ergibt sich mit dem Brennstoff-Luft-Verhältnis FAR = α
ṁ4 = (ṁ2 − ṁCl − ṁBleed ) (1 + α) = ṁ3 (1 + α) = k2 ṁ2 (7.1-7)
Durch Gleichsetzen der Gl. (7.1-6) mit (7.1-7) wird
k1 pt3
ṁ2 = √ · (7.1-8)
k2 Tt4
und mit der Zustandsgleichung für die Strömungsebene vor dem Verdichter in der Form
V̇2 pt2
ṁ2 = √ √ ,
Tt2 RA Tt1
626 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Tt 4
Tt4 [K]
16 Tt 2
pt3/pt2 1600 5,6
14 1400 4,7
1200 4,2
12 1000 3,5
Druckverhältnis

10
1,05
8
1,0
6 0,9
4 0,8

2 0,7 ncorr,r
0,6
0
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Durchsatz mcorr

Abb. 7.1-3 Einfaches Gesamttriebwerks-Kennfeld im Rahmen des Verdichter-Kennfeldes mit


Tt4/Tt2 – Linien als Geradenschar zum Betriebsverhalten eines Einwellen-Einstrom-Turbojet-
Triebwerks TJ im Vollast- und Teillastbetrieb

kann die aus dem Verdichterkennfeld bekannte ähnlichkeitsgerechte Durchsatzgröße


folgendermaßen geschrieben werden (RA = Gaskonstante der Luft)
√ 
ṁ2 Tt2 pt3 Tt2 k1
= RA , (7.1-9)
pt2 pt2 Tt4 k2

  √ 
pt3 Tt4 ṁ2 Tt2
= C = k3 · (7.1-10)
pt2 Tt2 pt2

Diese Beziehung, ins Verdichterähnlichkeitskennfeld eingetragen, stellt eine durch den


Nullpunkt des Koordinatensystems gehende Geradenschar mit dem Temperaturverhält-
nis Tt4/Tt2, als Parameter dar (Abb. 7.1-3). Die Konstante k3, kann zum Beispiel mit den
Daten des Auslegungspunktes A des zu untersuchenden Triebwerks bestimmt werden
und gilt dann auch für die anderen Betriebspunkte Bi. Diese einfache Darstellung der
Temperaturlinien ist wegen der vorausgesetzten kritischen Turbinen-Statordüse ohne
Kenntnis von Verdichter- und Turbinenkennfeld möglich.
Während der Entwicklung der ersten Turbotriebwerke in den 1940er-Jahren
wurde auf dem Gebiet der Regelung von Turboflugtriebwerken diese Geradenschar
der Tt4/Tt2-Linien aus der Leistungsrechnung stammend bereits in den Anfängen der
7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 627

Regler-Entwicklungen für Turbotriebwerke besonders beachtet, wie sie von Kühl in


[Küh43] verwendet werden. Sie werden deshalb gelegentlich nur im deutschen Sprach-
raum auch als Kühl’sche Geraden bezeichnet.
Erst im unteren Lastgebiet bei kleiner werdendem Turbinengefälle arbeitet die Tur-
binendüse unterkritisch, und die Tt4/Tt2-Linien beginnen nach oben abzubiegen. Ab der
Grenzkurve mit kritischem Leitrad-Druckverhältnis ist im unteren Kennfeldbereich für
die Bestimmung der Tt4/Tt2-Kurvenschar außer der Kenntnis des Verdichterkennfeldes
auch die des Turbinenkennfeldes notwendig. Dieses gibt den Zusammenhang von redu-
ziertem Durchsatz bzw. Durchsatzvolumen

m4 Tt4 V̇4
bzw. √ ,
pt4 Tt4
sowie an die Turbine angelegtem Druckverhältnis pt4/pt5, oder reduzierter Turbinen-
Leistung ΔhtTis und reduzierter Drehzahl n/√Tt4 wieder (Abschn. 4.2.3.6).

7.1.2 Gesamtkennfeld des Turbojet vereinfacht betrachtet

Die Tt4/Tt2-Temperatur-Linien in Abb. 7.1-3 zeigen, dass eine Erhöhung der Brennkam-


mertemperatur Tt4, bei konstanter Temperatur Tt2 und konstanter Drehzahl n den Verdich-
ter drosselt. Arbeitet ein Triebwerk stationär in einem Punkt des Kennfeldes, so muss die
Kontinuitätsbedingung an allen Stellen des Triebwerks erfüllt und das Leistungsgleichge-
wicht zwischen Turbine T und Verdichter C gegeben sein PT = PC (Abb. 7.1-2). Es gilt also
ṁ4 ht T = ṁ2 ht C oder
ṁ2
ht T = ht C = k4 hC . (7.1-11)
m4
hC is
oder mit den isentropen Wirkungsgraden hT is ηT is = k4
ηC is
und damit durch Erweiterung
hT is k4 hC is Tt2
= · (7.1-12)
Tt4 ηC is ηT is Tt2 Tt4
Zur Wahl des Auslegungspunktes A und der Lage der Betriebslinie im Kennfeld sei
bemerkt, dass bei instationärem Betrieb (Kap. 9), Druckverhältnisse auftreten können,
die im Bereich der Verdichterstabilitäts- bzw. -pumpgrenze liegen und unbedingt zu ver-
meiden sind. Für eine bestimmte Drehzahl sollten demnach die Druckverhältnisse etwa
15 bis 25 % unter dem jeweiligen Druckverhältnis der Pumpgrenze SM (surge margin)
liegen (Abschn. 4.2 und 9.2, Abb. 9.3-6).
Die Forderung nach Erfüllung der Kontinuitätsbedingung in den Strömungska-
nälen der Turbine sowie der Schubdüse bedeutet, dass es bei einer Änderung der
Triebwerksdrehzahl nur eine einzige Temperatur Tt4 geben wird, bei der auch die
Bedingung des Leistungsgleichgewichts (Gl. (7.1-11)) gewährleistet ist. Hierdurch ist
628 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

14 TET T t4 K
pt3 1600
pt 2 1500
A 1400
12 1300
1200
1100
Druckverhältnis

10

Betriebslinie mit A8A= const


8 1,0

0,95
ncorr,r

0,90
0,85

20 24 28 32 36

Durchsatz mcorr [kg / s]

Abb. 7.1-4 Tubojet-Gesamttriebwerks-Kennfeld im Volllast- und Teillastbetrieb mit Tt4/Tt2-


Geradenschar und dem Bereich einer Schubdüsenverstellung um A8 ± 20 % gegenüber dem Aus-
legungspunk A

der neue Betriebspunkt eindeutig bestimmt. Für eine konstante Schubdüsenstellung


(AN = A8 = const) ist somit bei stationärem Betrieb auf jeder Drossellinie (n = const)
nur ein einziger Arbeitspunkt möglich. Die Verbindungslinie all dieser Punkte auf den
verschiedenen Drehzahllinien stellt also eine Betriebs-, Arbeits- oder Fahrlinie dar. Mit
den bekannten Daten irgendeines Betriebspunktes (meistens ist dies der Auslegungs-
punkt A), kann der weitere Verlauf im Kennfeld bestimmt werden (Abb. 7.1-4).
Liegt ein Triebwerk mit verstellbarer Schubdüse vor, so existiert für jede Schubdüsen-
stellung eine Fahrlinie. Es wird dann von einem Fahrbereich im Gesamttriebwerkskenn-
feld gesprochen.
Da bei den meisten Flugtriebwerken die Durchströmfläche der Turbinenleitrad-
düse ATD nicht verstellt werden kann, wird die Schubdüsenaustrittsfläche A8 auf ATD
der Turbinendüse bezogen, es wird so die dimensionslose Parameterschar AN/ATD im
Verdichter-Kennfeld erhalten (Abb. 7.1-4). Diese zeigt deutlich, dass eine Schubdüsen-
verstellung zur Triebwerksregelung herangezogen werden kann. Schließen der Düse
bedeutet Drosselung des Triebwerks, öffnen der Düse Entdrosselung, wobei das Gesamt-
kennfeld unverändert bleibt.
Dieser Regelung durch Variation der äußeren Geometrie bei gleichbleibender Form
der inneren Triebwerkskomponenten steht die Regelmöglichkeit durch Ändern der
inneren Geometrie gegenüber. Durch Flächenveränderung zum Beispiel der Turbinen-
Statordüse wird ebenfalls für eine bestimmte Triebwerksdrehzahl eine Verlagerung
des Arbeitspunktes erreicht (Abschn. 7.3). Ein Eingriff in die innere Geometrie zieht
7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 629

jedoch eine Änderung des gesamten Kennfeldes nach sich. Weitere Regelmöglichkei-
ten der inneren Geometrie sind zum Beispiel die Verstellung der Verdichterbeschaufe-
lung, Abblasen von Luft u. a., wobei jedesmal das Kennfeld neu bestimmt werden muss
(Abschn. 7.3). Werden diese Parameter der einer inneren Verstellungsgeometrie nach
den Gesetzen der ähnlichen Betriebsbedingungen geregelt, dann kann die Gesamtheit
aller möglichen Betriebspunkte in einem einzigen Kennfeld erfasst werden.
Die Darstellung des nun vorliegenden Gesamtkennfeldes nach Abb. 7.1-4 erfolgte auf
der Basis der Mach-Zahl-Ähnlichkeit. Ein Betriebspunkt ist nicht nur durch die im Ver-
dichterähnlichkeitskennfeld enthaltenen Kennwerte und die hieraus abgeleiteten, verein-
fachten, nicht mehr dimensionslosen Kennzahlen charakterisiert, sondern auch durch
ein bestimmtes Temperaturverhältnis Tt4/Tt2. Hier wird der große Vorteil einer ähnlich-
keitsgerechten Darstellung deutlich. Ändert sich zum Beispiel ein beliebiger Absolutwert
von Druck, Temperatur, Durchsatz oder Drehzahl, so werden nach Wiederherstellen des
Ausgangswertes der betreffenden Ähnlichkeitsgröße alle anderen Ähnlichkeitsgrößen
gleichfalls auf ihre Ausgangswerte zurückgeführt.

7.1.3 Schub- und Verbrauchskennfelder

Schub-Ähnlichkeitskennfeld.  Außer den im einfachen Triebwerkskennfeld nach Abb. 7.1-4


gezeigten Ähnlichkeitsparametern ist der Schub in Ähnlichkeitsdarstellung von besonderem
Interesse. Nach Abschn. 2.1 wird angenommen, dass der Schub eines Turbojet mit konver-
genter Düse vereinfacht durch die Formel
F = ṁ2 (c8 − c0 ) (7.1-13)
gegeben sei. Für den Standfall ergibt sich mit c0 = 0 also F = ṁ2 c8. Die Düsenausström-
geschwindigkeit c8 ist in ähnlichkeitsgerechter Darstellung proportional der Wurzel der
Düsenströmungs-Totaltemperatur Tt8

c8 = k5 Tt8 · (7.1-14)
Diese Beziehung ist möglich, weil voraussetzungsgemäß im Ähnlichkeitspunkt alle
Druckverhältnisse und damit auch das der Schubdüse gleich bleiben.
Im Stand gilt mit der Zustandsgleichung und der Gaskonstanten R = RA ≈ RG, für
die Durchsatzmasse ṁ2:
 √  
ṁ2 Tt2 pt2
F= √ k5 Tt8 · (7.1-15)
pt2 R Tt2
oder
√ 
F ṁ2 Tt2 k5 Tt8
= = const· (7.1-16)
pt2 pt2 R Tt2
630 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Abb. 7.1-5 Schub- rel. Temperatur


Standkennfeld FN/pt2
(ähnlichkeitsgerecht) eines
Turbojet mit variabler Düse Tt 4
Tt 2

red. Schub
SFC
Tt 2

n
red. Drehzahl
Tt 2

Da für einen bestimmten Kennfeldpunkt außer dem reduzierten Durchsatz auch


das Temperaturverhältnis jeweils konstant ist, bleibt der reduzierte Schub F/pt2
gleichfalls konstant, also auch unabhängig von der Verdichter-Eintrittstemperatur
Tt2. Die Parameterlinien F/pt2 = const können in das betrachtete Verdichterkenn-
feld eingetragen oder auch so dargestellt werden, wie es Abb. 7.1-5 zeigt, wobei
hier die Verwirklichung des gesamten Kennfeldes eine Schubdüsenverstellbarkeit
voraussetzt.
Werden die Linien konstanter Schubdüsenfläche, oder, da die Turbinen-Gitterfläche
ATD meist unverändert bleibt, die Iso-A8/ATD-Linie in das Verdichter- oder Schub-
kennfeld eingezeichnet, so können auch sofort die Schübe ermittelt werden, die sich
einstellen, wenn sich durch Höhenflug oder auch bei konstant bleibendem Druck die
Verdichtereintrittstemperatur Tt2 ändert und mit n = const gefahren werden sollte. Es
ist festzustellen, dass in den meisten Fällen sich bei A8/ATD = const die Temperatur Tt3
ändert.
Werden als Volllast diejenigen Schübe definiert, die entstehen, wenn bei beliebigen
Eintrittsbedingungen, gekennzeichnet durch pt2, und Tt2, sowohl die Drehzahl n als auch
die Verbrennungstemperatur Tt3 konstant gehalten werden, so muss ein zusätzlicher
variabler Parameter eingeführt werden, beispielsweise eine Schubdüse mit veränderbarer
Fläche.

Schub- und Verbrauchskennfeld.  Der typische Schubverlauf eines Turbojet-Triebwerks,


ohne und mit Nachbrenner, aufgetragen in Abhängigkeit von der Flug-Mach-Zahl M0 mit
den Parametern Flughöhe H0 und spezifischer Brennstoffverbrauch SFC ist in Abb. 7.1-6
qualitativ dargestellt.
Wird bei Flugbedingungen in Bodennähe eine vollständige Entspannung in der
Schubdüse N angenommen, dann gelten für den Standschub und für den Schub im Flugfall

F0/0 = ṁ c8 und F = ṁ (c8 − co )· (7.1-17)


7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 631

(a) Turbojet TJ ohne Nachbrenner

FN 5000
[daN] 1,0 SFC [kg/daNh]
1,5 0
1,1 1,4
4000 1,2 1,3
2 Höhe
H 0 [km]
4
Nettoschub

3000
6

8
2000
10
12

1000 14
16
1,6 1,7

0
0 0,5 1,0 1,5 2,0
Mach-Zahl M0
(b)
F N AB
Turbojet TJA 0
8000 mit Nachbrenner AB 2 Höhe
4 H 0 [km]
[daN] 2,4
Nettoschub mit Nachbrenner

SFC [kg/daNh] 6
2,35
2,1 2,4
6000 2,2 8
2,3
10

2
4 12
4000
2,3
6 2,25 14
2,2
8 2,15
10 16
2000
12
18
14
20
16
18 20
0
0 0,5 1,0 1,5 2,0
Mach-Zahl M0

Abb. 7.1-6 Schubkennfelder eines Turbojet-Triebwerks TJ für Unterschall- und Überschallflug


a ohne; b mit Nachbrenner AB (SNECMA ATAR-9) [Mün72K, Hag82K]
632 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Bei kleinen Fluggeschwindigkeiten c0 hat eine Schubkurve bei konstanter Flughöhe


wegen des Ansteigens des Eintrittsimpulses und wegen des noch geringen Einfluss des
Vorstaues eine abfallende Tendenz. Mit größer werdender Fluggeschwindigkeit wirkt
sich der Luftaufstau stärker aus, die Dichte der vom Triebwerk aufgenommenen Luft
wächst merklich und führt zu einer Durchsatz- und damit Schubsteigerung. Bei sehr
großen Flug-Mach-Zahlen steigt jedoch das Temperaturniveau im Verdichter derart,
dass bei konstant zu haltender Brennkammer-Austrittstemperatur Tt4 die Temperatur-
differenz Tt4–Tt3 schnell kleiner wird. Die pro Masseneinheit zuführbare Verbrennungs-
energie verringert sich und der Schub fällt wieder ab. Hinzu kommt, dass auch die
Flugwiderstände bzw. die ungünstigen Verdichtungsstoßverluste im Einlauf stärkeren
Einfluss auf den Schub haben können. Das Arbeitsgebiet eines Turboluftstrahl-Triebwer-
kes sollte daher nicht zu weit im Bereich über den Mach-Zahlen vom Schubmaximum
liegen, da bei diesen hohen Flug-Mach-Zahlen z. B. Kombinationsantriebe vorteilhafter
eingesetzt werden können (Abschn. 8.5).
Neben den Triebwerkskennfeldern in ähnlichkeitsgerechter Darstellung (Abb. 7.1-5)
werden meist Schub- und Verbrauchskennfelder mit Absolutwerten als Parametergrö-
ßen nach Abb. 7.1-6 verwendet. Die Tendenz der Schubkurven mit dem Parameter Flug-
höhe H0, ist bereits erläutert worden. Der zweite Parameter des Schubdiagrammes ist der
spezifische Brennstoffverbrauch SFC. Mit steigender Flug-Mach-Zahl M0, nimmt der
SFC zu, was jedoch keine Wirkungsgradverschlechterung bedeutet, da der Brennstoffver-
brauch auf den Schub bezogen ist und nicht auf die Schubleistung. Das Abknicken der
SFC-Kurven bei H0 = 11 km ist durch den Temperaturverlauf der Atmosphäre bedingt,
der ebenfalls bei 11 km einen Knick aufweist. Der höhenbedingte Reynolds-Zahl- und
Druckeinfluss verursacht ein Abfallen des Brennkammerwirkungsgrades in großen Flug-
höhen und damit ein Abbiegen der Verbrauchskurven
Das stabile Funktionieren einer Triebwerksbrennkammer B wird wesentlich von dem
Brennkammer-Druckniveau bestimmt. Bei großen Flughöhen bestimmt der Druck die
untere Grenze im Schubkennfeld. Die linke Grenze des Diagramms ist durch das Flug-
zeug selbst gegeben, da in diesem Bereich kein aerodynamischer Flug mehr möglich ist.
Die Grenzkurve rechts ist durch die Bauteilfestigkeit, also technologisch bedingt.

7.1.4 Iterative, vereinfachte Teillast-Syntheserechnung über


Ähnlichkeitskennfelder der Komponenten

In den Abschn. 7.1.1 bis 1.1.3 und mit Abb. 7.1-2 wurden in vereinfachter Form einige
Hinweise zum grundlegenden Zusammenhang der Komponenten im Gesamtsystem
gegeben. Auf der Basis der ähnlichkeitsgerechten Beziehungen in Verbindung mit Ver-
dichter-Kennfeldern ohne Kenntnis von weiteren Komponenten-Kennfeldern war es in
der Frühzeit der Entwicklung von Gasturbinen und Flugantrieben bis in die 1960er-Jah-
ren möglich, das Teillastverhalten mit relativ großem Aufwand über „Handrechenver-
fahren“ zu ermitteln.
7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 633

Auf der Basis aller Ähnlichkeits-Komponenten-Kennfeldern von Verdichtern


und Turbinen wird anschließend das allgemeine Prinzip der iterative Syntheserech-
nung zur Bestimmung des Teillastverhaltens von komplexen Antriebssystemen vor-
gestellt. Im folgenden Abschn. 7.2 wird sodann auf die numerische Iterationstechnik
der Syntheseprogramme GTSYN (Gas Turbine Synthesis Programme) zur Bestim-
mung beliebig komplexer Antriebssysteme ausführlicher eingegangen hin bis zu den
universellen, multidisziplinären Systemsimulationen GTSSD (Gas Turbine System
Simulation and Design) in Abschn. 8.1 und 8.2. Als Beispiele dazu dienen in den fol-
genden Abschnitten Programmsysteme wie [NPSS] der NASA u. a., [MOPEDS] der
Firma MTU Aero Engines oder [MUSYN] der TU München [Fis80, Mug78, Ric82,
Jes02, Ric05, RTO07B] und besonders von Kurzke das Programm [GasTurb]. Ein-
führend zur numerischen Syntheserechnung werden anschließend als Beispiele einfa-
cher Gasturbinen und Flugtriebwerke das Turbojet TJ und das Turboshaft-Triebwerk
TS betrachtet. Dazu wird in Abb. 7.1-7 schematisch ein Überblick nach A. Schäffler
(MTU Aero Engines) gegeben. Der iterative, prinzipielle Berechnungsablauf dazu
wird in Abb. 7.1-8 aufgezeigt.
Als Vorgaben für Teillastrechnung sind die Umgebungs- und Flugbedingungen
wesentlich sowie die ähnlichkeitsgerecht erfassten Komponentenkennfelder von Ver-
dichter C, Turbine T und ggf. der Düse N. Aus der Arbeitsprozessrechnung des Aus-
legungspunktes A = BA ist die Düsen-Austrittsfläche A8 bekannt. Weiterhin werden
Verluste sowie die verschiedenen Massenströme und Leistungsentnahmen vorgegeben.
Der Einlauf wird dabei vereinfacht als adiabate Stromröhre (Ebene 0 – 1 – 2) ange-
nommen, sodass die Zustandsgrößen am Verdichter-Eintritt (Ebene 2) bekannt sind. Für
die stationäre Arbeitslinie ist für jeden Teillastpunkt Bi jeweils eine eigene Arbeitspro-
zessrechnung für das Leistungsverhalten maßgebend (Abschn. 2.3). Bedingungen dabei
sind für einen Arbeitsprozess die Gleichheit der Drehzahlen von Verdichter und Tur-
bine, das Leistungsgleichgewicht zwischen Verdichter und Turbine sowie die Kontinui-
tätsgleichung in Turbine und Düse.
Der nach Vorgabe auf der stationären Betriebslinie im Verdichterkennfeld gesuchte,
genaue Teillastbetriebspunkt Bi ist vorerst unbekannt. Zu diesem Betriebspunkt ist wie
für den Auslegungspunkt A (Abschn. 2.3) ein Arbeitsprozess zugeordnet, für den alle
Kriterien und Bedingungen von Arbeitsprozessen erfüllt sein müssen.
Für eine reduzierte Verdichterdrehzahl wird nun mit einem geschätzten Druck-
verhältnis (nach Abschn. 7.2, „Variable 1“) ein Punkt Bi vorgegeben, dessen einzelnen
Werte dem Verdichterkennfeld zu entnehmen sind. Damit kann die Antriebsleistung des
Verdichters sowie der Zustand am Brennkammereintritt berechnet werden.
Zu der anschließenden Brennkammer-Turbinen-Iteration wird als „Variable 2“
eine Brennkammeraustritts-bzw. Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 = TET vorgegeben,
sodass damit einerseits der reduzierte Massenstrom in der Ebene 4 berechnet werden
kann. Andererseits kann mit der reduzierten Turbinen-Drehzahl, dem Leistungsgleich-
gewicht an der Welle Turbine-Verdichter aus dem eingangs vorgegebenen Turbinen-
kennfeld ein reduzierter Massenstrom für die Turbine entnommen werden.
634 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Arbeitsprozess-Syntheserechnung Turbojet TJ
0 1 2 3 45 6 8
Auslegung A und
iterativ bestimmte
Teillastpunkte B i

Leistung PC + EEX = PT Drehzahl nC = nT


Durchsatz mC − mKü − mBleed = mT
Turbinengitter und Düse unterkritisch / kritisch
12
pt3/pt2
10 Verdichter C A
Druckverhältnis

8 Bi

6
1,0
4 0,9
0,8 ncorr
2 0,7
10 15 20 25 30
korr. Durchsatz

2,6
Turbine T
pt4/pt5
2,4 A
Druckverhältnis

2,2

2,0
Bi
1,8

1,6

1,4 0,8 0,9 1,0 1,1 ncorr

7 7,5 8 8,5 9 9,5


Durchsatz corr. · corr
. (m corr)

Abb. 7.1-7 Einwellen-Einstrom-Turbojet-Triebwerk TJ mit Verdichter- und Turbinenkennfeld


sowie ausgehend von Auslegung A iterativ bestimmte Betriebspunkte Bi bzw. Betriebslinien für
Volllast- und Teillastbereiche [GasTurb]

Stimmen die Werte des berechneten und des aus dem Kennfeld bestimmten reduzierten
Massenstroms bis auf eine vorzugebende Genauigkeit nicht überein, muss die „Variable 2“,
die Brennkammer-Austritttemperatur, neu vorgegeben werden, bis der „Iterations-Fehler
2“ genügend klein ist. Damit sind schließlich alle Werte und die Austrittdaten der Turbine
bekannt. Bei der anschließenden Turbine-Düsen-Iteration muss geprüft werden, ob bei der
aus der Auslegungsrechnung A bekannten Düsen-Austrittsfläche A8 und dem vorhande-
nen Düsen-Druckverhältnis gegenüber dem Außendruck der Umgebung p0 der nach der
Turbine ankommende, berechnete Massenstrom die Düse passieren kann.
Stimmen die berechneten und die Düsen-Kennfeld-Werte bis auf eine vorzugebende
Genauigkeit nicht überein, muss hier die „Variable 1“, das Verdichter-Druckverhältnis,
7.1  Zusammenarbeit der Komponenten 635

Abb. 7.1-8 Strukturdiagramm zur iterativen Leistungs-Syntheserechnung eines Einwellen-Ein-


strom-Turbojet-Triebwerks im Volllast- und Teillastbetrieb

neu vorgegeben werden, bis der „Iterations-Fehler 1“ genügend klein ist. Bei der gegebe-
nen Totaltemperatur Tt8 = Tt5 und dem Umgebungsdruck bzw. Gegendruck pamb wird
also ein ganz bestimmter Totaldruck pt8 benötigt, um den Durchsatz ṁ8 = ṁ5 durch die
636 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

gegebene Düsenfläche A8 zu führen. Der Vergleich der Totaldrücke am Turbinen-Aus-


tritt und Düsen-Eintritt kann demnach auch als Iterations-Fehler herangezogen werden.
Liegen beide „Iterations-Fehler“ unterhalb einer zugelassenen Fehler-Schranke, dann
ist ein stationäre Betriebspunkt Bi für das Triebwerk gefunden.
Ausgehend von den bekannten Größen des zuletzt berechneten Betriebspunktes
können iterativ weitere Punkte auf der Arbeitslinie bestimmt werden. Damit sind alle
Größen zum Beispiel für das gesamte Schub- und Verbrauchskennfeld abschließend
berechenbar.
Mit Hilfe numerischer Iterationstechnik zur Leistungs-Syntheserechnung komplexer
Gasturbinen- und Flugtriebwerkssysteme werden in den nachfolgenden Abschnitten
ausgewählte typische Beispiele vorgestellt. Der numerische Aufwand kann dabei erheb-
lich sein. So können bei manchen Aufgaben zur Leistungssyntheserechnung die Zahl der
für die Iterationstechnik notwendigen „Variablen“ Werte bis über 20 betragen. Der Ein-
satz entsprechender Rechenanlagen wird im Vergleich zu früheren „Handrechnungen“
unumgänglich.

7.2 Syntheserechnung und Simulation des Turbojet

Die numerische Syntheserechnung des Leistungs- und Betriebsverhaltens von


komplexen Mehrwellen-Mehrstrom-Turboluftstrahltriebwerken und Wellenleistungs-
gasturbinen setzt flexible numerische modulare Programmtechniken voraus. Der Aufbau
der Programme für die jeweiligen Triebwerkstypen ist hierbei mit Hilfe von Programm-
Moduln und einem den Berechnungsablauf steuernden Hauptprogramm derart struk-
turiert, dass mit minimalem Aufwand die verschiedenen Antriebssysteme mit ihrem
gesamten Leistungsspektrum erfasst werden können. In Abb. 7.2-1 ist ein Überblick zur
numerischen iterativen Simulation dargestellt. Wesentliche Darstellungen zu nume-
rischen Syntheseprogrammen sind z. B. in [Mug82, Ric82, Hol95, Kop00, Wal00B,
RTO07B u. a.] sowie von Kurzke in [GasTurb] enthalten.

7.2.1 Numerischer Syntheserechnung am Beispiel Turbojet TJ

In Fortsetzung des in Abschn. 7.1 vorgestellten Prinzips der Syntheserechnung mit Hilfe der
Ähnlichkeitsbeziehungen wird nun zuvor am Beispiel eines sehr einfachen Einwellen-Ein-
strom-Turbojet-Triebwerks gezeigt, wie die digitale numerische Simulation und die Synthe-
serechnung zum stationären Betriebsverhalten durchgeführt werden kann (Abb. 7.2-2).
Die Basis zur Bestimmung des Betriebszustandes eines Turbojet bilden für jeden
stationären und auch instationären Zustand die Erhaltungssätze der Thermogasdyna-
mik besonders für offene, durchströmte Systeme (Abschn. 2.1). Dabei gelten für einen
Arbeitspunkt des gesamten Triebwerks gewisse einzuhaltende Bedingungen wie zum
Beispiel die Drehzahlgleichheit und die Leistungsgleichgewichte an den Rotoren des
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 637

Modulare, universelle, stationäre und


dynamische Leistungssyntheserechnung
GTSYN
Auslegungsdaten (Vorgabe für Komponenten),
Eingabe
Netzwerkaufbau, externe Größen (Höhe, Machzahl,

Lösung des nichtlinearen Ausgabe


Steuerprogramm
Gleichungssystemes
Schubkennfelder
Zustandsdaten
Triebwerksregler Arbeitsprozesse Emissionsdaten

Komponenten-Module Zusätzliche Module


Komponenten- Einlauf Verdichter BK „Bookkeeping“-Modul
kennfelder Luftsystem
Abströmung,
Turbinen
Düsen

Thermogasdynamik & Fluiddynamik

Abb. 7.2-1 Allgemeines Prinzip einer modularen digitalen Simulation und Leistungssynthe-


serechnung von Gasturbinen und Flugantrieben GTSYN [Fis72, Hol95, Kur07, Kop00, Wal00B,
RTO07B u. a.]

Triebwerks. Die mathematische Verknüpfung aller thermogasdynamischen Beziehungen


der Komponenten unter Beachtung weiterer Randbedingungen in einem Betriebspunkt
stellt schließlich den Arbeitsprozess dar. In Abb. 7.2-2 ist eine Darstellung zur Synthe-
serechnung eines Turbojet-Triebwerks wiedergegeben, dessen Arbeitsprozess bereits in
Abb. 7.1-2 vereinfacht gezeigt und in Abschn. 2.3 ausführlich behandelt wurde. Für den
Auslegungspunkt A (meist im Volllastbereich) und für einen beliebigen Betriebspunkt Bi
auf einer Drehzahllinie im Teillastbereich sind die Arbeitsprozesse zu sehen.
Zur dupetaillierten Berechnung dieser Arbeitsprozesse für Volllast A und Teillast Bi
bei verschiedenen Lastzuständen ist die Kenntnis des Betriebsverhaltens charakterisiert
durch die jeweiligen Kennfelder aller Komponenten und Untersysteme erforderlich
sowie Angaben zu deren gegenseitigen Kopplung. Dies betrifft die Hauptkomponenten
Einlauf E, Verdichter C, Brennkammer B, Turbine T und Düse N, aber auch Vorrichtun-
gen und Untersysteme wie solche für Wellenleistungs- und Druckluftabgabe nach außen.
Bei Hochleistungstriebwerken umfasst dies besonders auch das triebwerksinterne Luft-
und Kühlsystem für Heißteile, Lager usw.
Zu der Darstellung der numerischen Syntheserechnung sollen hier vereinfacht jedoch
nur die Kennfelder der Komponenten Verdichter C und Turbine T Berücksichtigung
638 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

0 1 2 3 45 6 8

Bedingungen
Drehzahl nC = nT Volllast A 4
5 8
Leistung PC + PEx = PT
Durchsatz mC − m Kü − m Bleed = m T
5 8 p0
3 Teillast B i
3

0 2
p0

Verdichter C 2 -3 Iteration von B i


12
A
A numerisch
10
Bi
B1
Druckverhältnis

8
B2
6 B3
1,0
4 0,9 n corr
0,8
2 0,7 Turbine 4 - 5
10 15 20 25 30 35 2.6
Durchsatz corr. A
2.4
p t4 /p t5 Bi
Betriebs - bzw. 2.2
Arbeitslinien WL 2
Druckverhältnis

1.8

1.6
Turbinen-Gitter und Düse
unterkritisch/kritisch 1.4 0,8 0,9 1,0 1,1 n corr

7 7 .5 8 8 .5 9 9 .5
Durchsatz corr n corr m corr [kg/s]

Abb. 7.2-2  Einwellen-Einstrom-Turbojet-Triebwerk TJ mit Kennfeld des Verdichters C und der


Turbine T, Betriebspunkten Bi, Arbeitslinien WL (working line) sowie Arbeitsprozess schematisch
für Volllast A und einen beliebigen Teillastpunkt Bi. Darstellung nach [GasTurb, Ric98B]
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 639

finden. Jeder Betriebspunkt A oder Bi in einem Komponentenkennfeld ist durch zwei


Kennfeldwerte festgelegt. Die Verbindungskurven der einzelnen Betriebspunkte A bis
Bi bilden bei entsprechenden Einstellungen des Gesamttriebwerks die so genannten
Arbeits- oder Betriebslinien WL (working line).
Typische Betriebslinien ergeben sich zum Beispiel für Betriebspunkte mit konstanter
Turbineneintrittstemperatur TET = Tt4 oder für Punkte bei gleich bleibender geomet-
rischer Einstellung der Düse. Auf diese allgemeinen Zusammenhänge wurde bereits in
Abschn. 7.1 hingewiesen. Dabei wurde der Ablauf der Bestimmung einzelner Arbeits-
punkte Bi und der dazugehörenden Arbeitsprozesse bereits allgemein als Triebwerks-
syntheserechnung bezeichnet. Typisch ist für jede Syntheserechnung die Kenntnis des
Teillastverhaltens (Kennfeld) der Komponenten und darauf aufbauend das gekoppelte
Zusammenspiel (Matching) dieser Komponenten.
Nach den in Abschn. 7.1 dargestellten Leistungsrechnungen „von Hand“ wurden
die Syntheserechnungen seit den 1960er-Jahren beginnend in der Praxis der zeitlichen
Entwicklung und dem Aufwand an Rechnerkapazitäten entsprechend vornehmlich
numerisch, schrittweise und iterativ durchgeführt (Abschn. 7.1.1). Davor ab den 1940er-
Jahren wurden die Rechenverfahren für die damals einfachen Turbojet-Triebwerke auf
der Basis der Ähnlichkeitstheorien mit Hilfe von Handrechnungen und mechanischen
Tischrechenmaschinen oder Rechenschiebern bearbeitet (Abschn. 1.6).
Der Start allgemein einer digitalen numerischen Syntheserechnung für alle möglichen
komplexen Gasturbinen- und Flugantriebe bei oft sehr variablen Betriebsbedingungen
wird mit den Daten aus der Arbeitsprozessrechnung eines bekannten Betriebspunktes,
zum Beispiel des Startpunktes A oder eines bereits bekannten Punktes Bi vorgenommen.
Der Punkt A entspricht meist dem Auslegungspunkt DS (Design Point). bei MCL (Max
Climb). Diese Daten zum Start der Rechnung können bei bereits vorhandenen Trieb-
werkskomponenten auch zum Beispiel Prüfstandsmessungen entnommen werden. Mit
den Eingabedaten für den Startpunkt liegen die Ausgangswerte zusammen mit den wei-
teren Randbedingungen wie Umgebungsgrößen des Flugzustandes sowie Werte für Leis-
tungs- oder Luftabzweigungen aus dem Triebwerk für jeden Betriebspunkt fest. Damit
ist der komplette Arbeitsprozess des Startpunktes A (oder gegebenenfalls eines bereits
bekannten Punktes Bi) mit allen thermogasdynamischen Zustandsgrößen für Drücke,
Temperaturen und Enthalpien sowie Strömungsgeschwindigkeiten, Mach-Zahlen, spez.
Brennstoffverbräuchen, Schubwerten und Wellenleistung berechenbar.
Den Kern aller Syntheserechnungen zusammengefasst bildet also immer punktu-
ell für jeden beliebigen stationären und instationären Betriebspunkt Bi der jeweilige
Arbeitsprozess als Bindeglied im Zusammenspiel der gekoppelten Komponenten.
Mit den bekannten Werten des Arbeitsprozesses im Betriebspunkt A sowie den für
einen Punkt Bi vorgegebenen bzw. gewünschten Randbedingungen werden zum Auf-
takt erste Vorschätzungen verschiedener Größen des Arbeitspunktes Bi durchgeführt.
Vorschätzungen dieser Art sind z. B. auch Daten vorläufig gewählter Betriebspunkte Bi
in einem Komponentenfeld. Mit Hilfe der Annahmen und Schätzwerte kann durch spe-
zielle mathematische Iterationstechniken der Arbeitsprozess mit den entsprechenden
640 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Bedingungen des Punktes Bi mit einer vorgebbaren, gewünschten Genauigkeit iterativ


berechnet werden. Damit liegt der funktionale, thermogasdynamische Zusammenhang
der verschiedenen Triebwerksparameter über die Arbeitsprozessrechnung vor. Es erge-
ben sich damit aus dem Arbeitsprozess alle Größen wie hier beim Turbojet z. B. der Net-
toschub FN und der spezifische Brennstoffverbrauch SFC.
Die Abfolge der Arbeitsprozessrechnungen aller iterativ bestimmter Betriebpunkte Bi
definiert die Arbeitslinie WL bzw. bei variabler Geometrie einzelner Komponenten den
Betriebsbereich und alle Größen für z. B. das Gesamtleistungs- oder Schubkennfeld der
untersuchten Gasturbinenanlage oder des Flugtriebwerks.

7.2.2 Iterationsalgorithmus bei numerischen


Syntheserechnungen GTSYN

Numerischer Iterationsalgorithmus allgemein. Das System Gesamttriebwerk – hier


ein sehr einfaches Turbojet-Triebwerk TJ aus Gasgenerator und Schubdüse – kann in
seinem gekoppelten Betriebsverhalten entsprechend den jeweiligen Betriebspunkten Bi
bestimmt durch zahlreiche Triebwerksparameter xi wie Drücke, Temperaturen, Massen-
ströme usw. allgemein mit einem nicht linearen Gleichungssystem beschrieben werden
 
f1 (x1 , x2 , x3 , . . . . . . .xn )
 f2 (x1 , x2 , x3 , . . . . . . .xn ) 
 
f(x) = 

=0
 (7.2-1)
 
fn (x1 , x2 , x3 , . . . . . . .xn )

Im Falle des hier gewählten, sehr einfachen Triebwerks nach Abb. 7.2-2 liegen bei verein-
fachter Betrachtung der Triebwerksteilsysteme insgesamt zwei Komponentenkennfelder
von Verdichter C und Turbine T vor sowie eine konvergente Schubdüse N. Ein Betriebs-
punkt Bi in einem Verdichter- oder Turbinenkennfeld wird durch zwei Größen festgelegt.
Dies sind z. B. die Drehzahl n, der Durchsatz ṁ oder die meist verwendeten Kennfeld-Hilfs-
koordinaten β (Abschn. 4.2.6.7, Abb. 4.2-68). Demnach sind hier beim Turbojet-Triebwerk
mit 2 Turbomaschinen-Kennfeldern zuvor 2 plus 2 unabhängige Variable Vi bzw. Trieb-
werksparameter xi zur Darstellung des Gleichungssystems (7.2-1) prinzipiell erforderlich.
Durch die mechanische Kopplung von Verdichter C und Turbine T folgt weiter-
hin eine Drehzahlgleichheit von nC = nT. Damit reduziert sich die Zahl der mindes-
tens für einen Kennfeld-Betriebspunkt notwendigen unabhängigen Variablen xi von
n = 2 + 2 = 4 auf n = 2 + 1 = 3.
Der funktionale Zusammenhang der einzelnen unabhängigen Variablen in f(x) ist
für jeden Betriebspunkt Bi durch den Arbeitsprozess gegeben, in dem unter anderem
Energie- oder Leistungsbilanzen und der Massenerhaltungssatz enthalten sind wie es in
Abb. 7.2-2 oben angegeben ist.
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 641

Zur Lösung des nichtlinearen Gleichungssystems f(x) = 0 müssen geeignete Ite-


rationsverfahren zur Nullstellenbestimmung aus der numerischen Mathematik
herangezogen werden. Hier erweisen sich auf mehrere Variable erweiterte Newton-
sche-Näherungsverfahren als besonders geeignet, die in der Fachliteratur teilweise als
Newton-Raphson-Verfahren bekannt sind [GasTurb, Koe72, Sel75, Mün77B, Ric98B,
RTO07B].
In diesen Verfahren wird in der Umgebung der Nullstellen xi der Funktion f(x) diese in
eine Taylor-Reihe um einen Punkt mit den zu Beginn geschätzten Werten x0,i entwickelt.
Wird die Taylorentwicklung nach den linearen Gliedern abgebrochen, so wird ein lineares
Gleichungssystem erhalten, das mit den üblichen Verfahren der numerischen Mathema-
tik lösbar ist. Dieses erweiterte Newton-Verfahren wird als Newton-Raphson-Verfahren
bezeichnet [Koe72, Mün77B, RTO07B].
Nach dem Newton-Verfahren ergibt sich als weitere Näherung für die Nullstelle die
Beziehung

xk+1 = xk − (Df(xk ))−1 f(xk ) (7.2-2)


mit k = 0, 1, 2,..Iterationsschritten und der Funktionalmatrix Df(xk)
 ∂f ∂f1 ∂f1 
1
...
 ∂x1 ∂x2 ∂xn
 ∂f ∂f2 ∂f2
 2 ... 
 ∂x ∂x2 ∂xn
 
D f(xk ) =  1 (7.2-3)

 ...


 
 
 ∂f ∂fn ∂fn 
n
∂x1 ∂x2 ∂xn

Hieraus resultiert in Matrizenschreibweise allgemein


 ∂f ∂f1 ∂f1 
1
...
 ∂x1 ∂x2 ∂xn   �x   −F 
 ∂f 1 1
 2 ∂f2 ∂f2 
  �x   −F 
...   2  2
 ∂x1 ∂x2 ∂xn

 ∗  ...  =  ...  (7.2-4)
 
 ...   
  
...   ... 
 ...
 

 ∂f
n ∂fn ∂fn  �xn −Fn
∂x1 ∂x2 ∂xn

Die Matrix auf der linken Seite von Gl. (7.2-4) wird auch Fehler-Änderungsmatrix M
genannt. In der einschlägigen Fachliteratur finden sich außerdem die Bezeichnungen
Jacobi- und Funktionalmatrix. Die Funktionswerte Fi(x) mit i = 1, 2,…n bzw. abhängige
Variable werden auch kurz als „Fehler F“ bezeichnet.
Die iterative Bearbeitung dieses linearen Gleichungssystems muss schrittweise
solange fortgeführt werden, bis die Funktionswerte F1, F2….Fn(x) genügend kleine
642 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Werte innerhalb von zum Beispiel Fi (x) < 10−3 haben. Der programmtechnische Ablauf
und weitere Dupetails zum Auffinden eines Betriebspunktes gemäß der oben gezeigten
numerischen Darstellung sind u. a. in [GasTurb] beschrieben.

Numerische Iterationsalgorithmus am Beispiel des Turbojet.  Für das in Abb. 7.2-2


gezeigte Turbojet-Triebwerk mit 2 Kennfeldern für Verdichter C und Turbine T muss
zur Standardberechnung eines Betriebspunktes ein Gleichungssystem mit 3 unabhän-
gigen Variablen Vi i = 1, 2, 3 iterativ gelöst werden. Für die 2 Turbomaschinen-Kenn-
felder ergeben sich wegen der Drehzahl-Gleichheit nC = nT statt 4 nur 3 Variablen. Als
Variablen bieten sich hier Komponenten-Kennfeldgrößen wie Drehzahlen an. Gut als
Variable Vi eignen sich auch Totaltemperaturen in typischen Triebwerksebenen zum
Beispiel nach der Brennkammer vor der Hochdruckturbine Tt4 u. a. Für die numerische
Bearbeitung von Turbomaschinen-Kennfeldern wurde bereits in Abschn. 4.2.6.7 eine so
genannte Kennfeld-Hilfskoordinate β definiert, die sich ebenfalls als unabhängige Varia-
ble bewährt hat.
Zur Erfassung der abhängigen Funktionswerte Fi(V) im Verlauf der Iteration müs-
sen gemäß der Zahl der unabhängigen Variablen Vi ebenfalls 3 geeignete Größen aus
der Arbeitsprozessrechnung gewählt werden, die hier als F(V)-Werte oder Fehler
F(V) beim Aufsuchen eines Betriebspunktes gegen Null gehen sollen. Es eignen sich
für Standardrechnungen ggf. Werte aus dem Massenerhaltungssatz und dem Energie-
erhaltungssatz. Verglichen wird zum Beispiel für die Hochdruckturbine der Massen-
strom, der sich vor der Turbine bei durchlaufender Rechnung des Arbeitsprozesses
ergibt, mit dem Massenstrom, der durch Vorschätzung eines Turbinen-Kennfeld-
punktes oder vom zuvor berechneten Betriebspunkt im Kennfeld selbst vorliegt. Ist
der numerisch iterativ aufzufindende Betriebspunkt mit allen Bedingungen gefunden,
dann muss die Differenz zwischen dem berechneten Massenstrom und dem Massen-
strom im Kennfeld Null oder zumindest bis zu einer gewissen Toleranzgrenze genü-
gend klein werden.
In Abb. 7.2-3 ist eine Zusammenstellung der unabhängigen Variablen V1,2,3 sowie die
entsprechenden Fi(V)-Werte für das einfache Triebwerk dargestellt. In Abb. 7.2-3 wird
zusammenfassend z. B. aus [GasTurb] ein Überblick zum Iterations-Algorithmus nach
dem Newton-Verfahren gegeben.
Zur geeigneten Strategie nach z. B. [GasTurb], möglichst schnell die Schätzwerte zu
verbessern, kann zunächst eine kleine Veränderung von nur einer der Variablen V1 vor-
genommen werden. Die Fehler werden sich damit ändern und es ergeben sich die Ein-
flusskoeffizienten ∂F1/∂V1, ∂F2/∂V1 und ∂F3/∂V1. Die erste Variable wird nun wieder
auf ihren Ausgangswert zurück gestellt und mit der zweiten und dritten Variablen V2
und V3ein Testschritt versucht. Wieder werden sich die Fehler ändern, es ergeben sich
die Einflusskoeffizienten ∂F1 /∂V2, ∂F2 /∂V2 und ∂F3 /∂V2.
Wird unterstellt, dass die Einflusskoeffizienten ∂Fj/∂Vi konstant sind, können die
erforderlichen Änderungen der Variablen ΔVi berechnet werden, welche die Fehler Fi zu
Null machen
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 643

(a)

(b)
Newton-Raphson Iterationsalgorithmus
Standardverfahren der numerischen Synthesetechnik

Schätzung 0 1 2 3 45 68
V1 V2 V3 Vi

Vi,neu=Vi,alt+ Vi
Darstellung der
Tr iebwerks -Physik Bestimmung der ∂F1 ∂F ∂F
Modelle V1 + 1 V2 + 1 V3 = −F1
Jacobi-Matrix ∂V1 ∂V2 ∂V3
∂F2 ∂F ∂F
F1 F 2 F 3 Fi V1 + 2 V2 + 2 V3 = −F2
∂V1 ∂V2 ∂V3
Check ∂F3 ∂F ∂F
V1 + 3 V2 + 3 V3 = −F3
∂V1 ∂V2 ∂V3
alle nein
Fi=0?

ja

Abb. 7.2-3  a Iterationstechnik in der Standard-Syntheserechnung GTSYN mit Mindestzahl an


Variablen für ein einfaches Turbojet-Triebwerk TJ (Bild oben). b Newton-Raphson-Iterationstech-
nik der Standard-Syntheserechnung für ein Turbojet-Triebwerk TJ nach Abb. 7.2-3 aus [GasTurb]
(Bild unten)
644 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

∂F1 ∂F1 ∂F1


�V1 + �V2 + �V3 = −F1
∂V1 ∂V2 ∂V3
∂F2 ∂F2 ∂F2
�V1 + �V2 + �V3 = −F2 (7.2-5)
∂V1 ∂V2 ∂V3
∂F3 ∂F3 ∂F3
�V1 + �V2 + �V3 = −F3
∂V1 ∂V2 ∂V3

Die reduzierte Drehzahl n/ Tt2 wird um ΔV1, βC um ΔV2 und βT um ΔV3 geändert
und das ganze Triebwerk erneut berechnet. Die beiden Fehler werden deutlich kleiner,
aber nicht Null sein. Das liegt daran, dass die Einflusskoeffizienten doch nicht konstant
sind, das Problem also nichtlinear ist.
Die Einflusskoeffizienten könnten jetzt neu bestimmt und der Algorithmus wiederholt
werden. Es ist aber anzunehmen, dass sich die Einflusskoeffizienten nur wenig verändern
werden, wenn diese bereits nahe an der Lösung sind. Daher wird nur die rechte Seite
der beiden Gleichungen durch die aktuellen Fehler Fi ersetzt und das Gleichungssystem
erneut gelöst. Das vorstehend kurz beschriebene Verfahren – die Newton-Raphson Ite-
ration – lässt sich auf beliebig viele Variable und Fehler übertragen. Zur Auflösung des
linearen Gleichungssystems kann auch ein Gauss-Algorithmus verwendet werden.
Es ist sinnvoll, den Iterationsalgorithmus eindeutig von der physikalisch-thermo-
dynamischen Beschreibung und Modellbildung der Triebwerkssysteme zu trennen,
um ein leicht modifizierbares Leistungssynthesprogramm GTSYN für alle möglichen
Bauweisen von Gasturbinen- und Luftstrahltriebwerken zu erzielen (Abb. 7.2-1).
Die Struktur eines solchen Syntheseprogrammes GTSYN ist weitgehend in mehre-
ren Hierarchiestufen zu strukturieren, wobei ein entsprechender Algorithmus mit
Optimierungsstrategien die oberste Stufe einnehmen sollte. Darunter kann die Itera-
tionssteuerung angeordnet werden. Auf der dritten Hierarchiestufe können die aus ein-
zelnen Moduln aufgebauten mathematischen Modelle der Gasturbinensysteme folgen.
Der Optimierungsalgorithmus legt die Zahlenwerte der Optimierungsvariablen fest
und startet dann die Berechnung von einem oder mehreren Betriebspunkten. Die Ziel-
funktion kann unter Umständen aus mehreren wichtigen Punkten einer Flugmission
bestimmt werden.

7.2.3 Betriebsverhalten im Flugbereich

Die Genauigkeit der Syntheserechnung (Abb. 7.2-4 nach z. B. [GasTurb]) hängt nicht
nur vom Lastzustand ab, sondern auch von den Zustandsgrößen am Eintritt des Trieb-
werks wie Drücke und Temperaturen.
Der Druck pt2 bestimmt maßgebend das Reynoldszahl-Niveau im Triebwerk
und damit die Komponentenwirkungsgrade. Die Temperatur Tt2 hat einen Einfluss
auf die Stoffwerte, die in der vereinfachten Rechnung konstant eingesetzt sind. Das
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 645

Abb. 7.2-4  Turbojet mit Nachbrenner TJA. Beispielrechnung mit Syntheseprogramm [GasTurb].


Ergebnisdaten des Auslegungspunktes A (Nomenklatur nach SAE ARP755 bzw. [Wal00B])

Temperaturniveau wirkt sich außerdem bei der Brennkammer aus, denn der erforder-
liche Brennstoffdurchsatz hängt von der Temperaturdifferenz Tt4–Tt3 ab und nicht vom
Temperaturverhältnis Tt4/Tt3. Besondere Beachtung erfordern bei kleinen Triebwerken
die mechanischen Verluste bei Lager, Nebengeräte wie Öl- und Hydraulikpumpen. In
646 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Verdichterkennfeld mit Betriebslinien


ohne und mit Abgabe von Bleedluft
8
C
7

6
HPC Druckverhältnis

Volllast
5
Betriebslinie
4 ohne Bleed

2 Leerlauf Betriebslinie
mit Bleed
1
20 40 60 80
Durchsatz [kg/s]

Abb. 7.2-5  Teillast-Syntheserechnung GTSYN dargestellt im Komponenten-Kennfeld Verdichter


C mit Betriebslinien Volllast A > Teillast ohne/mit Bleed-Luft nach [GasTurb]

Meereshöhe ist deren Leistung klein gegenüber der Verdichterleistung, im Reiseflug in


großer Höhe dagegen spielen mechanische Verluste und zusätzliche Leistungsentnah-
men für den Bedarf des Flugzeuges eine wichtige Rolle.
Präzise mathematische Modelle enthalten noch weitere Effekte, die nicht mit Hilfe der
Mach-Ähnlichkeit beschrieben werden können. Das sind zum Beispiel variable Spalte bzw.
Spitzenspiele, ein nicht konstanter Brennkammerausbrand oder komplexe Luftsysteme.
Auszüge beispielhaft aus wesentlichen Ergebnissen der Turbojet-Syntheserechnung
mit [GasTurb] sind bereits Abschn. 2.5 und in den Abb. 7.2-5 und 7.2-6 dargestellt.
In Abb. 7.4-4 ist das Schubkennfeld für das Turbojet-Nachbrenner-Triebwerk TJA
im Betrieb mit Nachbrenner AB geschaltet zu sehen, das aus der Sicht der Syntheserech-
nung wie das Triebwerk ohne Nachbrenner TJ (Abb. 7.1-6) bearbeitet wird.
Bereits die einfachste Version einer Gasturbine, hier das Turbojet-Triebwerk nach
Abb. 7.2-2, 7.2-3 und 7.2-4, erfordert bei der Teillastrechnung eine Iteration mit 3 Vari-
ablen. Die komplexeren Triebwerke (Kap. 8), die problemlos mit einem Synthesepro-
gramm wie zum Beispiel [GasTurb] simuliert werden können, führen standardgemäß zu
Iterationssytemen mit 6 bis 10 Variablen und mehr. Bei praktischen Aufgabenstellungen
in der Triebwerksentwicklung sind über 20 Variable und mehr keine Seltenheit.

7.2.4 Hinweise zu numerischen Problemen der Syntheserechnung

Liegt bei der Syntheserechnung nur eine einzige Iterationsvariable V vor, dann wird aus
der Newton-Raphson Iteration der Sonderfall einer Nullstellensuche mit Hilfe der „regula
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 647

60
Turbojet mit Nachbrenner TJA Höhe=0 m
FN [kN]
SFC [g/(kNs)]=27...40 1071
50 2143
3214
4286
27 32 5357
30
7500
40
Nettoschub

9643
10714
30
11786
40
12857
37
20 13929
35
15000

10

0
0 0,5 1,0 1,5 2,0
Mach-Zahl M0

Abb. 7.2-6  Volllast-Schubkennfeld eines Turbojet mit Nachbrenner TJA aus Teillast-Synthese-


rechnung [GasTurb]. Auslegungsdaten wie in Abb. 7.1-6

Newton-Raphson-Verfahren Iterationstechnik zur Nullstellensuche

F=f(V)

F1
Fehler F

1. Testschritt
V2 V3
0
F3 V4≈ V gesucht V1 Variable V

Geschätzter
F2
Gesuchte Nullstelle Startwert

Abb. 7.2-7  Eindimensionale Iterationstechnik zur Erläuterung der numerischen, mehrdimensio-


nalen Newton-Raphson Iterationstechnik

falsi“. In Abb. 7.2-7 ist eine gut konvergierende Iteration nach diesem Algorithmus sche-
matisch dargestellt. Die Zahlen geben die Reihenfolge der Auswertungen des mathemati-
schen Modells wieder. Nach dem 4. Schritt ist die Nullstelle praktisch gefunden.
Abbildung 7.2-8 zeigt eine gegenüber Abb. 7.2-7 schwierigere Situation. In diesem
Fall gibt es eine obere Grenze für die Variable, dort geht der Fehler nach – ∞. Der Algo-
rithmus liefert nach den ersten beiden Funktionsauswertungen einen Schätzwert für die
Variable, der jenseits der Obergrenze liegt.
648 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

F=f(V)
Sicherheitsabstand

1. Testschritt
Fehler F(V)

1 2 4 5 6 7 8 Variable V

Abb. 7.2-8 Eindimensionale Newton Iterationstechnik zur Erläuterung der Problematik von


Konvergenzschwierigkeiten bei numerischen, mehrdimensionalen Newton-Raphson Iterationen
mit oberer Grenze für die Variable

Um die singuläre Stelle auszuschließen, sollte ein Sicherheitsabstand eingeführt wer-


den. Die dritte Funktionsauswertung wird mit dem maximal zulässigen Variablenwert
durchgeführt. Weitere Iterationen werden wiederholt zu derselben Situation führen, das
Verfahren konvergiert nur langsam. Selbst nach dem 8. Schritt ist eine Lösung noch weit
entfernt. Fehlerfunktionen von der in Abb. 7.2-7 gezeigten Art sollten vermieden werden.
Es wird bereits an den einfachen Beispielen in Abb. 7.2-7 und 7.2-8 deutlich, dass bei
den mehrdimensionalen Newton-Verfahren Probleme auftreten können, die mit Hilfe
von zweckmäßigen mathematischen Modellen vermieden oder umgangen werden müs-
sen. Im Programmsystem von [GasTurb] wird darauf dupetaillierter eingegangen.
Eine sinnvolle Maßnahme besteht darin, die Variablenänderung von einer Funkti-
onsauswertung zur nächsten zu begrenzen. Im Falle von Abb. 7.2-8 würde eine geeignete
Schrittweitenbegrenzung zu schnellerer Konvergenz führen. Absolute Begrenzungen für
die Variablen sollten nur eingeführt werden, wenn sie unbedingt nötig sind zum Bei-
spiel beim „Verbot“ von negativen Geschwindigkeiten, Temperaturen, Drücken und
Strömungsquerschnitten.
Zur Verbesserung der Iterationstechnik kann im Ablauf der Iteration numerisch
auch zugelassen werden, dass vorgegebene Kennfelder über die Grenzbereiche hinaus
extrapoliert werden. Nach Ablauf der Konvergenz kann immer noch festgestellt und
entschieden werden, dass die mathematische Lösung zum Beispiel bei einem Verdichter-
Kennfeld jenseits der Pumpgrenze eines Verdichters liegt und daher keine physikalisch
sinnvolle Lösung existiert.
Wird die Kennfeld-Extrapolationen nicht zugelassen und die mathematische Lösung
liegt außerhalb des Kennfeldes, dann wird die Iteration nicht konvergieren. Eine Nicht-
konvergenz kann aber auch andere Ursachen haben, wie oft auch zum Beispiel fehler-
hafte Eingabe von Daten zum Start einer Syntheserechnung.
7.2  Syntheserechnung und Simulation des Turbojet 649

Einlauf mit Regelung und Ring - Drehmoment -


Separator Hilfgeräte Brennkammer Sensor

Axial - Radial - Axial - Turbine Nutzleistungs -


Öl -System Verdichter gekühlt Turbine ungekühlt

Turboshaft GE T700 / CT7 mit 1100 kW 0 0,25 0,50 m

Abb. 7.3-1 Turboshaft-Triebwerk TS (GE-T700) in 2-Wellen-Einstrom-Bauweise der Leis-


tungsklasse 1100 kW (TET ≈ 1450 K) mit Gasgenerator GG bestehend aus einem Axial-Radial-
Verdichter ARC, Ringbrennkammer B und gekühlter Hochdruckturbine HPT sowie einer
Nutzleistungsturbine PT. Einsatzgebiete besonders für Hubschrauber und Propeller-Flugzeuge
(GE-CT7) [Cra73, Cra78]

Die Zahlenwerte der Variablen Vi können sehr unterschiedlich sein. Die β-Werte der
Hilfskoordinaten von Kennfeldern liegen zwischen 0 und 1, Brennkammertemperaturen
Tt4 zwischen 1000 und 2000 K und korrigierte Drehzahlen n/√θ können Werte bis 100
000 erreichen. Damit zusammenhängende numerische Probleme können auch vermie-
den werden, wenn die Variablen so skaliert werden, dass sie alle in derselben Größen-
ordnung liegen und stets positiv sind. Statt der absoluten Drehzahlen können so besser
z. B. relative Drehzahlwerte verwendet werden.

7.3 Syntheserechnung und Simulation des Turboshaft

Im Abschn. 7.2 wurde als Einführung in die numerische Leistungssyntheserechnung das


Beispiel eines einfachen 1-Wellen-Turbojet-Triebwerks vorgestellt. Zur Erweiterung der
bisherigen Rechenverfahren wird nun eine Zweiwellen-Turboshaft-Gasturbine betrach-
tet. Dazu ist in Abb. 7.3-1 ein typisches Turboshaft-Triebwerk dargestellt, das in gro-
ßer Stückzahl in den 1970er-Jahren von General Electric entwickelte GE-T700 mit über
1100 kW Wellenleistung. Bauweisen dieser Art werden zum Beispiel als Hubschrau-
berantriebe oder als Propeller-Turboshaft-Triebwerke der mittleren Leistungsklasse
von 1000 bis etwa 1500 kW (TET ≈ 1450 K) sowie auch in kleineren stationären oder
650 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

mobilen Energiestationen verwendet. Anschließend wird in Abschn. 7.4 das Leistungs-


verhalten des gleichen Turboshaft-Triebwerks erweitert mit einem Rekuperator-Wärme-
tauscher TSRec untersucht.

7.3.1 Teillastberechnung von Turboshaft-Gasturbinen

Die in Abschn. 2.9, Abb. 2.6-7 und in 7.3-1 ausgewählte Turboshaft-Gasturbine TS wurde


im Auslegungspunkt für eine Leistung von PWA = 1100 kW ausgelegt. Abb. 7.3-2 beinhal-
tet analog zu Abb. 7.1-2 die wesentlichen Merkmale, die zur Berechnung des Leistungs-
und Teillastverhaltens dieses Triebwerkes erforderlich sind. Es soll anschließend für eine
numerische Syntheserechnung gegenüber dem einfachen Triebwerk nach Abschn. 7.2.1
gezeigt werden, wie viele und welche Variable Vi und Fehler F(Vi) prinzipiell für ein
Turboshaft-Triebwerk nach Abb. 7.3-2 in der Iterationstechnik benötigt werden.
Die Turboshaft-Gasturbine nach Abb. 7.3-2 besteht aus einem Gasgenerator GG und
einer aerodynamisch gekoppelten, mechanisch freilaufenden Nutzleistungs-Niederdruck-
turbine PT bzw. LPT, die ihre Wellenleistung z. B. über ein Getriebesystem an einen
Hubschrauberrotor abgibt. Die dem Gasgenerator folgende Nutzleistungsturbine PT
ist ungekühlt und kann eventuell auch als LP-Turbine mit verstellbarem Leitrad-Gitter
VSV (variable stator vane), als VLPT (variable low pressure turbine) ausgeführt werden,
was besonders bei der in Abschn. 7.4 behandelten Anlage mit einem Rekuperator-Wär-
mupetaucher unumgänglich ist. Für jede Stellposition der Statorgitter der Turbine kann
bei einer Leistungssyntheserechnung ein eigenes Turbinenkennfeld vorgegeben werden
und so numerisch das Betriebsverhalten der Verstellturbine über Interpolationen zwi-
schen den Einzelkennfeldern erfasst werden. Der Gasgenerator GG mit Hochdruckver-
dichter HPC, Brennkammer B und Hochdruckturbine HPT kann als Einwellen- oder
Zweiwellenanlage ausgeführt werden. Zur Verbesserung des Teillastverhaltens ist der Tur-
boverdichter hier als Axial-Radialverdichter mit teilweise verstellbaren Leitschaufeln VSV
ausgeführt. Im Abb. 7.3-2 ist weiterhin der thermodynamische Arbeitsprozess jeweils für
Volllast- und Teillastbetrieb im h-s-Diagramm schematisch wiedergegeben. Der aus-
führliche Arbeitsprozess für den Auslegungspunkt DS wurde bereits in Abschn. 2.2.2
(Abb. 2.2-12) und 2.3 vorgestellt.
Bei Gasturbinen für mobile Anlagen ist zur Erzielung eines besseren thermischen
Wirkungsgrades die Verwendung von Wärmetauschern zweckmäßig. Dies trifft beson-
ders bei Fahrzeug-Gasturbinen zu, deren Bauweise mit Rekuperator- oder Regenerator-
Wärmetauscher auch Verstellturbinen gehören. (Abschn. 7.4).
Im hier vorliegenden Beispiel nach Abb. 7.3-2 ist die Abtriebswelle der Nutzleis-
tungsturbine durch die Hohlwelle des Gasgenerators nach vorn geführt, um den Anfor-
derungen von Hubschraubern und Propeller-Flugzeugtriebwerken besser gerecht zu
werden. Die Volllastdrehzahl der Arbeitsturbine liegt im dargestellten Beispiel etwa bei
20000 1/min und läuft in den meisten Betriebsfällen des Hubschrauberrotors geregelt
konstant bei n ≈ 100 %.
7.3  Syntheserechnung und Simulation des Turboshaft 651

0 1 2 3 4 45 5 7 8

PPT

Gasgenerator GG Nutzleistungs-Turbine PT
C (2-3) B (3-4) HPT (4-45) LPT (45-5) Diffusor (7-8)
nPT = 100%
Drehzahl nC = nT
Leistung PC + PEx = PT
Durchsatz mC − mCl − mBleed = mT
LP-Turbine
Verdichter htHPT HP-Turbine htLPT var. Geometrie
A A
A mr
Bi
Bi
Bi

mr nr nr

4
Arbeitsprozesse HPT
Volllast A 4
44
B 44 PT
58
58
3 Teillast Bi
3 p0
C

0 2
p0

Abb. 7.3-2  Turboshaft-Gasturbine TS in 2-Wellen-Bauweise mit Gasgenerator GG und verstell-


barer Niederdruckturbine VLPT. Darstellung schematisch für Syntheserechnung hier mit 3 Turbo-
maschinenkennfeldern (C, HPT, LPT variabel), Betriebspunkten Bi auf der stationären Betrieblinie
und mit den Arbeitsprozessen für Volllast A und Teillastpunkt Bi analog zu Abb. 7.1-2 und 7.2-2

Zur Erfassung des Betriebsverhaltens der Komponenten werden deren Kennfelder


digitalisiert benötigt und eingegeben. Dazu sind zum Beispiel im Programm [GasTurb]
entsprechende Routinen vorhanden. Wie beim Triebwerk in Abschn. 7.2.1 beschrieben
und in Abb. 7.3-2 schematisch dargestellt, werden die Kennfelder der Turbomaschinen-
komponenten für ein Axial-Radial-Verdichter, eine gekühlte Hochdruckturbine und
hier für eine verstellbare Niederdruckturbine mit mehreren Einzelkennfeldern angesetzt.
(Abb. 7.3-3). Gemäß Abschn. 4.3 und Abb. 4.3-23 werden diese Kennfelder mit den ent-
sprechenden Hilfskoordinaten β als Kennfeldparameter erfasst.
652 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

(a)
Axial-Radial-Verdichter HPC
20
C Betriebslinien für Betrieb
mit Verstellturbine LPT TET
C=85%
Tt4 [K]
Verdichter-Druckverhältnis

in 3 Positionen
16 VT = 0,8 , 1,0 und 1,2 1450
A 1400
1300
12 1200

8
VT=0,8 110%
VT=1,0 100%
VT=1,2 95%
4 90% Drehzahl nrel
85%
nr=75% 80%

2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5


red. Durchsatz [kg/s]
(b)
HP-Turbine gekühlt
360 Fahrlinien für Betrieb mit Verstellturbine
ht  J 
  in 3 Positionen VT = 0,8 , 1,0 und 1,2
Tt  kg K  0,1125
320
TET 1400
Kühlluftparameter 1300
VT=1,2
spez. Turbinenleistung red.

1200 VT=1,0
280 Kü

1100 1450
1200 0,112 m Tt ⋅ 103
240 VT=0,8 pt
TET 1450
 kg K 
1200
0,111  s Pa 
6,0  
200
5,9 0,110

160 0,109
5,8 0,107
5,7 0,106
120 5,6 0,105
0,104
80

0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2

n  n 
Drehzahl red. rel.  
Tt  Tt  A

Abb. 7.3-3  Kennfeld des HPC und der HPT (gekühlt) mit Betriebslinien der 1100 kW-Turbos-
haft-Gasturbine mit Verstell-LPT. a HPC-Kennfeld axial-Radial und b GG-HPT-Kennfeld mit
Kühlluft-Parameter βc1 = ṁc1 ṁG in %. LPT verstellbar mit Flächenverhältnis hier in 3 Positionen


VT = 0,8, 1,0 und 1,2

In Abb. 7.3-3 ist das Kennfeld einer gekühlten Turbine für das 1100 kW-Triebwerk dar-
gestellt (Abschn. 4.3, Abb. 4.3-38). Der kleinste Kühlluftprozentsatz liegt bei den niedrigsten
Werten von Druckverhältnis und Drehzahl vor und beträgt 5,5 %. Mit zunehmender Dreh-
zahl steigt auch der Kühlluftanteil monoton und erreicht einen Maximalwert von 6 %.
7.3  Syntheserechnung und Simulation des Turboshaft 653

Nutzleistungs-Turbine LPT
320 Verstell-Turbine 3 Positionen
ht  J  Gegenüber A ± 20%
Tt  kg K  280 0,436
TET 1450 m Tt

spez. Turbinenleistung red.


240 A 1400
0,425 ⋅ 10 3
pt
0,417  kg K 
200  
0,407  s Pa 
1200
160 0,395
0,381
120
0,363

80 0,340
0,312
40 0,274

0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2

n  n 
Drehzahl red. rel.  
Tt  Tt  A

Abb. 7.3-4  Das LPT-Kennfeld mit Betriebslinie des 1100 kW-2-Wellen-Turboshaft. LP-Turbine


hier durch 3 Verstellpositionen erfasst, Flächenverhältnisse mit VTA = 1,0 sowie VT = 0,8 und 1,2

Die reduzierte spezifische Turbinenleistung ergibt sich als Quotient der spezifi-
schen Leistung der gekühlten Turbine und des Mittelwertes der Gesamttemperatur des
zuströmenden Heißgases. Zur Erzielung eines günstigen Betriebsverhaltens sind Tur-
binen mit verstellbaren Leitradgittern VSV interessant. Kennfelder von Verstellturbi-
nen dieser Art werden entweder auf dem Prüfstand aufgenommen oder mit Hilfe von
EDV-Programmen näherungsweise berechnet [Ric82, Ric76, Mün77B]. Die hier ange-
nommenen 3 Verstellpositionen VT (variable turbine) umfassen einen Verstellbereich
der Gitter-Durchströmfläche von ± 30 % bezogen auf die mittlere Leitradstellung
VTA = 1,0.
Zur iterativen Syntheserechnung der Betriebspunkte im gesamten Arbeitsbereich mit
Hilfe des Newton-Raphson-Verfahrens (Abschn.7.2.2) müssen für Standardrechnungen
die unabhängigen Variablen Vi und die abhängigen Variablen Fi(V) angegeben werden.
Mit Beachtung hier von 3 Turbomaschinenkennfeldern nach Abb. 7.3-2, 7.3-3 und 7.3-4
sind demnach zuvor 3 mal 2 gleich 6 unabhängige Variable Vi für die numerische Rech-
nung anzusetzen. Wegen der Drehzahlgleichheit von Verdichter und Hochdruckturbine
des Gasgenerators verringert sich die Zahl der unabhängigen Variablen um eine Größe
auf 5 (Abb. 7.3-5).
Für den Fall, dass ein Triebwerksregler, wie bei Hubschraubern und in Kraftwerks-
anlagen üblich, die Abtriebsdrehzahl des Rotors und damit der mechanisch über das
Getriebe angekoppelten Niederdruckturbine konstant bei n = 100 % hält, kann die
Zahl der unabhängigen Variablen Vi auf 4 reduziert werden. Abbildung 7.2-4 gibt eine
Übersicht zu den für das vorliegende 1100 kW-Modelltriebwerk definierten Iterations-
Variablen Vi und Fi(x). Wird wie bei Wellenleistungstriebwerken die Drehzahl der
654 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Iterationstechnik der Standard-Syntheserechnung


Turboshaft -Zweiwellen-Einstrom-Gasturbine TS
Unabhängige Iterations-Variable V i
V1 = C β-Wert Verdichter-Kennfeld C
β-Wert HP-Turbine
V3 = LPT β-Wert LP-Turbine
V4 = Tt 4 (TET ) Turbinen -Eintrittstemperatur T t4 (TET)

Abhängige Iterations-Variable Fi ( V )
h t red HPT Tt 4 − PW HPT / m 41
F1 = Leistungsvergl. HPT -Welle
PW HPT / m 41

red HPT − red 4


F2 = Massenstrom-Kontrolle HPT
m red 4
p t 7 Diff − p t 7
F3 = entspr. Massenstrom-Kontrolle Diffusor
p t 7 Rohr
m red LPT − red 45
F4 = Massenstrom-Kontrolle LPT
m red 45

Abb. 7.3-5 Iterationstechnik zur Turboshaft-2-Wellen-Gasturbine für eine Standard-Synthese-


rechnung (Newton’sches Näherungsverfahren) mit 4 Variablen

Niederdruckturbine mit dem Propeller mechanisch gekoppelt ein Drehzahlbereich klei-


ner 100 % geregelt zugelassen oder sind Betriebspunkte zu bestimmen, bei denen die
Zahl der unabhängigen Variablen höher liegt als im Falle der oben dargestellten Stan-
dardberechnung, dann kann die Zahl der Iterationsvariablen im Syntheseprogramm mit
den Eingabedaten für den Auslegungspunkt A oder für die Teillastpunkte Bi ohne Ände-
rung der Programmstruktur erhöht werden [GasTurb].
Als Ergebnis der Syntheserechnung ist in Abb. 7.3-6 ist ein typisches Leistungskenn-
feld der 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine dargestellt. Aufgetragen ist die Rotor- bzw.
Wellenleistung PR = PW an der Rotorwelle in Abhängigkeit von der Rotordrehzahl nR,
dem spezifischen auf die Leistung bezogenen Brennstoffverbrauch SFCP und der Dreh-
zahl der Gasgeneratorwelle bzw. des Verdichters nC. Die günstigsten Werte des Brenn-
stoffverbrauchs und damit des Turboshaft-Wirkungsgrades liegen im Volllastbereich
und nicht im Teillastgebiet. Im Teillastbetrieb ist es für einen minimalen Brennstoffver-
brauch zweckmäßig, die Abtriebsdrehzahl nPT abzusenken, wie es z. B. bei Turboprop-
Flugzeugen durch Trimmung ausgeführt wird.
Zur Verdeutlichung des Verlaufs des spezifischen Brennstoffverbrauchs bei Turbos-
haft-Gasturbinen abhängig von der relativen Wellenleistung PW und der HPT-Eintritts-
temperatur Tt4 sei noch auf Abb. 7.3-7 verwiesen.
In dieser Darstellung sind weiterhin die Auswirkungen des Einsatzes von verstellba-
ren Statorgittern VSV in der verstellbaren Nutzleistungsturbine VPT zu erkennen, wie
7.3  Syntheserechnung und Simulation des Turboshaft 655

Turboshaft-Gasturbine TS (Leistungsklasse 1000 bis 2000 kW)


Leistungskennfeld
PW
SFCP [g/(kWh)] A GG-Drehzahl nC
100 %
280 100 %
290
Wellenleistung nach außen

95 %
80 % 300

320 90 %
60 %
350

40 % 85 %
400

80 %
20 %
450
75 %

0%
60 70 80 90 100 110 120
Drehzahl Abtriebswelle nR [%]

Abb. 7.3-6 Leistungskennfeld relativ einer Turboshaft-Gasturbine der Leistungsklasse um


1500 kW (hier ohne Verstellturbine). Demgegenüber in Abb. 7.4-7 das Kennfeld eines Turboshaft
mit Rekuperator-Wärmetauscher und verstellbarer Nutzleistungsturbine PT

sie in der zusammenfassenden Gegenüberstellung des Leistungs- und Verbrauchsver-


haltens nach Abb. 7.4-7 gezeigt werden. Gegenüber dem Auslegungspunkt mit der Stell-
position VTA = 1,0 sind die Kurven bei geschlossener Stellung mit VT = 0,85 und dem
um 20 % vergrößerten Flächenverhältnis in geöffneter Stellung VT = 1,2 zu sehen. Dar-
aus ergibt sich, dass der Einsatz verstellbarer PT im Gegensatz z. B. zu Gasturbinen mit
Rekuperatoren (Abschn. 7.4) hier unbedeutend ist.
Die Bedeutung der Ergebnisse aus Abb. 7.3-6 und 7.3-7 wird erkennbar, wenn das
oben vorgestellte Turboshaft-Triebwerk als Antrieb von Hubschraubern eingesetzt wird
(Abb.  7.3-8). Dazu sind in Abb. 7.3-7 typische Lastbereiche für Hubschrauber-Trieb-
werke während einer üblichen Flugmission vom Reiseflug und Schwebeflug bis in Not-
fällen zum Flug mit nur einem Triebwerk dargestellt (Abb. 7.4-8 und 7.4-9).
Es ist zu erkennen, dass dem Brennstoffverbrauch über einen weiten Bereich des
Teillastbetriebs besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Eine Verbesserung des Teil-
lastverhaltens ist deshalb bereits bei der Entwicklung neuer Triebwerkssysteme hervor-
gehoben zu beachten. Die optimierte Abstimmung des Leistungsverhaltens der einzelnen
Triebwerkskomponenten ist dabei sorgfältig vorzunehmen.
In den Abb. 7.3-3 wurden die Turbomaschinen-Kennfelder dargestellt, in denen auch
die Arbeits- bzw. Betriebslinien WL mit verstellbarer Nutzleistungsturbine PT eingetra-
gen sind. Sie zeigen den Verlauf der Fahrlinien bezogen auf den Auslegungspunkt für
die Einstellungen VTA = 1,00 (Normalstellung), 0,80 (schließen 20 %) und 1,20 (öffnen
656 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

SFCP 450
[g/(kWh)] Turboshaft -Gasturbine TS
LPT verstellbar
PW,A =1100 kW
spez. Brennstoffverbrauch
400

1200
Verstell-LPT
VT=0,85 , 1,0 und 1,2
350
1300
1400
1450
VT=1,2
300
A T =1470
Normal max t4
VT=0,85
VT=1,00
Reiseflug Schwebeflug
Start
250
20 40 60 80 100 120
Wellenleistung PW /PW,A [%]

Abb. 7.3-7  Spezifischer Brennstoffverbrauch SFCP eines 1100  kW-Turboshaft-Triebwerks


abhängig von der relativen Wellenleistung PW, der HPT-Eintrittstemperatur Tt4 und von dem
PT-Flächenverhältnis VT = 0.80, 1,00 und 20 % geöffnet mit VT = 1,20 sowie mit typischen Flug-
bereichen von Hubschraubern

Hubschrauber-Leistungsbedarf
Leistung
Turboshaft-
Triebwerke
100 Startleistung
Max. Dauerleistung
[%] 2 Triebwerke

Dauerleistung
Leistung [%]

2 Triebwerke

50
1-Triebwerk-Flug

0
0 100 200 300 400
Fluggeschwindigkeit [km/h]

Abb. 7.3-8 Leistungsbedarf eines Hubschraubers abhängig von der Fluggeschwindigkeit sowie


dem Leistungsangebot der Triebwerksanlage
7.3  Syntheserechnung und Simulation des Turboshaft 657

Abb. 7.3-9 Wellenleistung 120
Turboshaft-Gasturbine mit LP-Verstellturbine
PW einer 1100 kW-Turboshaft- PW [%]
Gasturbine abhängig von der TET Temperatur T t4 [K]
Einstellung der verstellbaren 1470
Nutzleistungsturbine gemäß 100

Wellenleistung Turboshaft
VT = A/AA und der Turbinen- 1450
EintrittstemperaturTt4 1400

80
1350

1300
60

schließen öffnen
40
0,80 1,00 1,20 1,40
Verstell-Turbine VT = A/AA

Abb. 7.3-10 Spezifischer 360
Turboshaft-Gasturbine mit LP-Verstellturbine
Brennstoffverbrauch SFCP der  g 
SFCP   TET Temperatur
1100 kW-Turboshaft-Gasturbine  kW h  Tt4 [K]
(nach Abb. 7.3-9) abhängig von 340
spez. Brennstoffverbrauch

1300 K
der Einstellung der verstellbaren
Nutzleistungsturbine gemäß 1350 K
VT = A/AA und der Turbinen- 320
EintrittstemperaturTt4 1400 K
schließen öffnen
1450 K
300

1470 K
280
0,80 1,00 1,20 1,40
Verstell-Turbine VT = A/A A

20 %). Die Verstellung des Leitrades in der Nutzleistungsturbine führt zu einer Verschie-
bung der Betriebslinien, abhängig jeweils von dem Flächenverhältnis der Leitrad-Gitter-
kanäle VT = A/AA, wobei hier AA die wirksame Durchströmfläche des Rotorgitters im
Auslegungspunkt kennzeichnet. Der Einfluss der Turbinenverstellung auf die Wellen-
leistung und den spezifischen Brennstoffverbrauch für verschiedene Turbineneintritts-
temperaturen TET ist den Abb. 7.3-9 und 7.3-10 zu entnehmen.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Wellenleistungstrieb-
werken sind variable Kühlungsprozeduren, variable Geometrien und der Einsatz von Wär-
metauschern. Durch variable Kühlung kann eine Verbrauchsverbesserung von 1 bis über
2 % erwartet werden. Zur variablen Geometrie wurde hier beispielhaft die Auswirkungen
658 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Turboshaft-Gasturbine mit Wärmetauscher


Rekuperator oder Regenerator

5
1 2 31 4 44 8
3 B
6 7
PW
E C T PT G
nPT
nC = nT
PC + PEx = PT

Wärmetauscher HEX
Rekuperator Rec Regenerator Reg
Platten-Bauweise Scheiben-Bauweise
Verdichter Verdichterluft

Brennkammer
Abgas

Turbine Turbine

Brennkammer Abgasaustritt

Abb. 7.4-1 Turboshaft-Wärmetauscher-Gasturbine mit Rekuperator TSRec oder mit rotierendem


Regenerator TSReg

des Betriebs mit einer verstellbaren Niederdruckturbine LPT vorgestellt. Wie in Abschn. 7.4
gezeigt wird, hat diese Form von variabler Geometrie bei Fahrzeug-Gasturbinen VGT
(vehicle gas turbine) mit Wärmetauschern eine hervorgehobene Bedeutung.

7.4 Betriebsverhalten und Simulation der


Wärmetauscher-Gasturbinen

Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher EX (heat exchanger) wurden in Abschn. 2.9


bereits vorgestellt und nach einer Auslegungs-Parameterstudie mit einer Gasturbine
ohne Wärmetauscher verglichen (Abb. 2.6-10). Im Mittelpunkt der Darstellungen stan-
den dabei beispielhaft wie in Abschn. 7.3 eine Turboshaft-Gasturbine TS der mittleren
Leistungsklasse von 1000 kW bis etwa 1500 kW ohne und mit Rekuperator-Wärme-
tauscher Rec (recuperator), wie sie in Abb. 2.6-7 und in Abb. 7.4-1 und 7.4-2 mit Dar-
stellungen zu Wärmetauschern zu sehen sind. In diesen Darstellungen wird neben dem
Turboshaft mit Rekuperator-Wärmetauscher TSRec auch ein Turboshaft mit rotieren-
dem Scheiben-Regenerator-Wärmetauscher TSReg gezeigt, wie sie bei Fahrzeug-Gastur-
binen kleinerer Leistungen verwendet werden (Abschn. 7.4.2).
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 659

Kreuz -Gegenstrom -Rekuperator


Rohr - bzw. Profil -Wärmetauscher
Gas
Ausschnitt
Luft

B
Luft Gas

Gegenstrom -Rekuperator
Platten -W ärmetauscher
Gas
Ausschnitt

Luft Gas Luft

Abb. 7.4-2 Rekuperative Wärmetauscher-Bauweisen für Turboshaft-Gasturbinen und


Flugtriebwerke nach MTU Aero Engines bzw. nach Grieb [Gri81, Gri04B]

Auf der Basis der in Abschn. 7.2 vorgestellten numerischen Synthese-Rechenver-


fahren wird in diesem Abschnitt nun das stationäre Teillast-Betriebsverhalten genauer
untersucht. Auf das instationäre Betriebsverhalten von Turboshaft-Gasturbinen mit
Wärmetauscher wird in Abschn. 7.4.2.2 und in 9.4, genauer eingegangen.
Die EDV-gemäße Berechnung des Betriebsverhaltens einer Wellenleistungs-Gas-
turbine mit Wärmetauscher geht von den numerischen Methoden aus, die bereits zur
Syntheserechnung für Gasturbinen ohne Wärmetauscher in Abschn. 7.2 beschrieben
wurden. In Ergänzung zu den Hauptgruppen der EDV-Programmstruktur sind weitere
Unterprogramme aufzunehmen, die für Anlagen mit Wärmetauscher notwendig sind.
Als Turbomaschinenkennfelder können dabei die gleichen wie bei der Turboshaft-Gas-
turbine ohne Wärmetauscher nach Abschn. 7.3.1, Abb. 7.3-2 und 7.3-3 analog verwendet
werden [Mün77B, Ric82, Wal00B, GasTurb].

7.4.1 Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher


und Simulation

Für die Wärmetauscherkomponente Rekuperator Rec liegt allerdings bei diesem Beispiel
kein eigenes Kennfeld vor. Die Wärmeübertragung von der Heißgasseite (Ebene 6-7, Abb. 7.4-
3) zur Luftseite vor der Brennkammer (Ebene 3-31) bedeutet aber für den Arbeitsprozess eine
sehr wichtige energetische Kopplung im Bereich des Gesamtsystems Turboshaft TSRec.
660 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Turboshaft-Gasturbine mit
Rekuperator TSRec Rekuperator
Rec
D
6 7 8
B
LPT PW
E HPT
C GB
nHP PT nLP
Gasgenerator Getriebe
0 2 3 4 45 5

1600
4
4

1400
4343

1200 44
44 45
45
Temperatur T t4 [K]

4949
1000 55 66
35

800
8
s8
600 3 s8

600 kPa
400 400 kPa

11 2
200
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,1 1,2
Entropie s [kJ/(kgK)]

Abb. 7.4-3 Block-Diagramm einer Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator-Wärmetauscher


TSRec mit verstellbarem Verdichter C und verstellbarer Nutzleistungsturbine PT (Bildoben).
Arbeitsprozess der TSRec im h-s-Diagramm

Thermogasdynamische Kopplungen ähnlicher Art können auch bei Gasturbinen mit


einem umfangreichen Luft- und Kühlsystem auftreten. Im Vergleich zur Gasturbine
ohne Wärmetauscher ist deshalb eine Erweiterung des Standard-Rechenverfahrens von
Abschn. 7.3.1 hier bei der TSRec erforderlich.
Vor Beginn der iterativen Bestimmung von Betriebspunkten Bi muss als Startpunkt
der Rechnung der Arbeitspunkt A bereits iterativ bestimmt werden, wie dies bereits in
Abschn. 2.9 ausgeführt wurde.
Sind für diesen Auslegungspunkt A bereits die wesentlichen Abmessungen und die
weiteren Daten des Wärmeübertragers bekannt, dann kann sogleich mit der numeri-
schen Iterationstechnik zur Bestimmung der Punkte Bi begonnen werden. Häufig jedoch
muss bei der Berechnung des Auslegungspunktes A zuvor die zusätzliche Aufgabe der
Festlegung wichtiger Wärmetauschergrößen bearbeitet werden. Größen dieser Art sind
zum Beispiel der Rekuperator-Wirkungsgrad ηRec und das Volumen VRec oder die Masse
mRec des Rekuperators.
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 661

Abb. 7.4-4 Iterative Arbeitprozess-Synthese-Iterationsrechnung
Syntheserechnung zum Auslegungspunkt A
Auslegungspunkt A für eine Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec
Turboshaft-Gasturbine mit
Rekuperator-Wärmetauscher Unabhängige Iterations-Variable xi,A
TSRec x1 = Strömungsquersachnitt Gegenstromteil AF,Ge
x2 = Durchsatz m1
x3 = Temperatur Tt31
x4 = Temperatur Tt7
Abhängige Iterations-Variable fi,A(x)
f1(x) = Vergleich LPT-Rotorleistung
f2(x) = Vergleich Rekuperator-Wirkungsgrad
f3(x) = Vergleich Temperatur Tt31
f4(x) = Vergleich Temperatur Tt7

Ergebnis der Iterationsrechnung für


Auslegungspunkt A bzw. Startpunkt der Syntheserechnung
Frontfläche AF der Rekuperator-Matrix

In einem Datenblock sind im ersten Abschnitt typische Vorgabegrößen für einen hier
vorgegebenen GegenstromRekuperator aufzulisten, die mit den Daten des Betriebspunk-
tes A eingelesen werden. Außer den geometrischen Parametern der Strömungskanäle im
Rekuperator sind weitere wichtige Größen zum Beispiel für die Flächendichten α sowie
den gewünschten Wirkungsgrad ηRec wertemäßig anzugeben. Im Ablauf des mathemati-
schen Modells für Betriebspunkt A einschließlich der Vorauslegung wird zu Beginn eine
vereinfachte Arbeitsprozessrechnung vorgenommen. Die Ergebnisse dieser vereinfach-
ten Vorberechnung bilden durch entsprechende Belegung der Rechnerspeicherplätze die
Ausgangswerte für die anschließende iterative Bestimmung der endgültigen Prozessdaten
von A. Hierbei werden auch die Abmessungen und das Gewicht des Rekuperators fest-
gelegt. Die Iterationsrechnung zur Bestimmung des Punktes A wird sodann zweckmä-
ßigerweise mit dem gleichen numerischen Verfahren vorgenommen, mit dem auch die
Bestimmung der Betriebspunkte Bj außerhalb von A durchgeführt wird. Abbildung 7.4-4
gibt beispielhaft einen Überblick zu den gewählten unabhängigen und abhängigen Itera-
tions-Variablen Vi für den Auslegungspunkt bzw. Startpunkt A der Syntheserechnung.
Für die anschließende iterative Bestimmung der Teillast-Betriebspunkte Bi außerhalb
des Arbeitspunktes A müssen in Erweiterung des mathematischen Iterationsverfahrens
für Triebwerke ohne Wärmeübertrager (Abschn. 7.3.1) hier für Triebwerke mit Rekupe-
rator die Zahl der abhängigen und unabhängigen Iterations-Variablen erhöht werden.
Bei einer Standardrechnung für eine Zweiwellen-Gasturbine mit Rekuperator erhöht sich
wegen des Gegenstrom-Rekuperators gegenüber der einfacheren Turboshaft-Gasturbine
TS in Abschn. 7.3.1 die Zahl der Variablen von i = 4 auf i = 6.
Hierbei wird für die Standardberechnung wieder eine gleichbleibende Drehzahl der
Nutzleistungsturbine PT vereinfacht vorausgesetzt. Abbildung. 7.4-5 gibt eine Zusammen-
stellung der Iterations-Variablen für den Standard-Betriebsfall. In zahlreichen Fällen zum
662 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Abb. 7.4-5  Abhängige und Arbeitprozess-Synthese-Iterationsrechnung


unabhängige Iterations- Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec
Variable zur Synthese- Teillastpunkte Bi Standardrechnung
Teillastrechnung einer
Turboshaft-Gasturbine
Unabhängige Iterations-Variable xi = xi,min
TSRec mit Rekuperator-
x1 = zC -Wert Verdichter-Kennfeld C
Wärmetauscher x2 = zT -Wert Hochdruckturbinen-Kennfeld HPT
x3 = zPT -Wert Nutzleistungsturbinen-Kennfeld PT
x4 = T t6 Temperatur vor Rekuperator Rec
x5 = T t4 Temperatur vor Hochdruckturbine HPT
x6 = T t7 Temperatur nach Rekuperator Rec

Abhängige Iterations-Variable fi(x) = fi,min (x)


f1(x) = Leistungsgleichgewicht Hochdruckturbine HPT
f2(x) = Massenstrom-Kontrolle Hochdruckturbine HPT
f3(x) = Massenstromkontrolle Abgasrohr
f4(x) = Massenstromkontrolle Nutzleistungsturbine PT
f5(x) = Vergleich Temperatur Tt31
f6(x) = Vergleich Temperatur Tt7

Beispiel bei Optimierungen, bei instationären und dynamischen Regelvorgängen usw.


reicht die Standardrechnung mit minimaler Zahl von Iterations-Variablen allerdings nicht
mehr aus (Kap. 9).
Wie bereits in Abschn. 7.3. beschrieben wurde, können über die Dateneingabe für die
verschiedenen Betriebspunkte Bi die Zahl der Variablen je nach Bedarf erhöht werden.
Eine Änderung der Programmtechnik ist dabei nicht erforderlich.

Leistungskennfeld und Teillastbetrieb, Beispiel: 1100  kW-Turboshaft-Gastur-


bine mit Rekuperator TSRec. Im Vergleich zur konventionellen 1100 kW-Turbos-
haft-Gasturbine ohne Wärmetauscher (Abschn. 2.9 und 7.3.1) mit einem spezifischen
Brennstoffverbrauch SFC von 285 g/kWh (Abb. 2.5-8) bietet das Beispiel hier des
1100 kW-Turboshaft-Triebwerks mit Rekuperator-Wärmetauscher und einem SFCP
von 235 g/kWh (Abb. 2.6-14) im gesamten Leistungsbereich eine Verbesserung des spe-
zifischen Brennstoffverbrauchs von etwa 20 bis 30 % (Abb. 7.4-6).
Im Rahmen des vorliegenden Vergleichs von TS und TSRec wird nicht dupetailliert
auf weitere Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen eingegangen. Es wird lediglich auf den
Verlauf der Verbrauchskurven und den Vergleich mit ähnlichen Triebwerken ohne
Wärmetauscher hingewiesen.
In Abb. 2.6-14 ist vorab zu diesem Abschn. 7.3.2 als Leistungskennfeld die Wellenleistung
des 1100 kW-Modell-Triebwerks mit Rekuperator TSRec in Abhängigkeit vom spezifischen
Brennstoffverbrauch SFCP, vom Leistungsniveau des Gasgenerators gemäß der Verdichter-
drehzahl nC und von der Nutzturbinen-bzw. Rotor-Drehzahl nPT = nR dargestellt.
Die Charakteristik des Kennfeldes ist tendenzmäßig ähnlich dem Leistungskennfeld
der Turboshaft-Gasturbine TS in Abb. 7.3-6. Die Werte des Brennstoffverbrauchs SFC
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 663

Turboshaft-Gasturbine TSRec (mit Rekuperator Rec)

PW
A GG-Drehzahl
SFCP [g/kWh]
100 % nC 100%
Wellenleistung nach außen
235
240
95%
80 % 245
250
90%
60 % 260

270
85%
40 %
300

325 80%
20 %

0%
60 70 80 90 100 110 120
Drehzahl Abtriebswelle nPT [%]

Abb. 7.4-6  a Leistungskennfeld eines 1100 kW-Turboshaft-2-Wellen-Triebwerks TS vom Typ GE


T700 bestimmt mit Syntheserechnung nach [GasTurb]. b Leistungskennfeld einer 1100 kW-Tur-
boshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec

liegen also hier wesentlich niedriger als dies beim konventionellen Triebwerk TS ohne
Rekuperator der Fall ist.

Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec und Verstell-Turbine. Wie bereits in


Abschn. 7.3.1 bei der Turboshaft-Gasturbine ohne Wärmetauscher die Möglichkeit der
Verstellbarkeit des Leitrad-Gitters VSV der LPT untersucht wurde (Abb. 7.3-3 und 7.3-7),
wird auch hier die Wirkung einer Verstellturbine auf das Betriebsverhalten einer Turbos-
haft-Gasturbine mit Wärmetauscher behandelt (Abb. 7.4-7). Das Ergebnis der Synthese-
rechnung für die Turboshaft-Gasturbine mit Rekuperator TSRec und mit Verstellturbine
VT = 0,8 bis VT = 1,2 wird in Abb. 7.4-7 im unteren Bildteil als Parameterschar gezeigt.
Die hervorgehobenen Kurven mit der Auslegungseinstellung der Niederdruck-
turbine VT = A/AA = 1,00 (Stellung der Leiträder in Normalposition) kennzeich-
nen das Triebwerksverhalten der 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine TS und TSRec im
Vergleich ohne die Auswirkungen der Verstellung der ungekühlten Nutzleistungstur-
bine. Wird die Niederdruck- bzw. Nutzleistungsturbine LPT mit verstellbaren Leit-
rädern ausgerüstet, lässt sich mit Schließen und öffnen der Turbine zum Beispiel bei
VT = 0,80 bis VT = 1,20 über einen weiten Bereich eine Lastregelung des Triebwerks
664 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

450
SFCP Turboshaft-Gasturbine TS
[g/kwh]

ohne/mit Rekuperator Rec


400 Tt4K
Tt4K ohne/mit Verstellturbine VT
spez. Brennstoffverbrauch

1200
1100
1250 A
350 Tt4=1500K ohne Rec
1150
1300 ohne VT
1200 1350 C=8
1400
1250 1500
300 A ohne Rec
1300 mit VT
1350 1,20 C = 14

250 1400 1,10


1450 A mit Rec
1500 mit VT
0,90 1,00
Verstellturbine VT = 0,80 C=8
200
0 20 40 60 80 100 120
Wellenleistung rel. P W/PW,A [%]

Abb. 7.4-7  Vergleich von TS und TSRec im spez. Brennstoffverbrauch SFCP abhängig von der rel.
Wellenleistung mit den Parametern Turbinen-Eintritts-Temperatur Tt4.und der Verstell-Turbine
mit VT = ± 20 % gegenüber der Auslegungs-Position VT = 1,0 [Ric82, Hol95, Ric98B, GasTurb]

bei gleichbleibender Turbineneintrittstemperatur Tt4 und etwa konstantem spezifischen


Brennstoffverbrauch SFCP bewerkstelligen. Dies bedeutet erhebliche Vorteile für die
Lebensdauer eines Triebwerks, das hier für einen lastwechselreichen Betrieb ausgelegt
wurde. Im Vergleich dazu bietet das konventionelle Triebwerk ohne Wärmetauscher
TS ausgerüstet mit einer Verstellturbine keine besonderen Vorteile gegenüber dem
Triebwerk mit Rekuperator TSRec.
Das Öffnen der verstellbaren Nutzturbine zur Erhöhung des Lastzustandes bei gleich
bleibendem Temperaturniveau wird im Volllastbereich durch die maximal zulässige
Gasgeneratordrehzahl begrenzt (nC = 110 %).
Im unteren Lastbereich kann durch Öffnen der verstellbaren Turbinenleiträder der
Betriebsbereich von der Pumpgrenze weg in sichere Kennfeldbereiche verlagert werden.
Dies bietet für die Sicherheit und die Beschleunigungsfähigkeit der Gasturbine erhebli-
che Vorteile.
Zusammenfassend wird in Abb. 7.4-7 eine Gegenüberstellung der Triebwerke TS
und TSRec ohne und mit Verstellturbine VT dargestellt. Zugleich zeigt dieses Bild das
Verhalten einer Turboshaft-Gasturbine ohne Wärmetauscher mit dem Druckverhältnis
Π = 8 und Tt4 = 1500 K, also mit den gleichen Auslegungsparametern wie bei der Gas-
turbine TSRec mit Rekuprator. Es zeigt sich, dass das Betriebsverhalten dieser Anlage
auch bei Verstellung der Nutzturbine wesentlich schlechtere Brennstoffverbräuche bietet
als dies bei der Gasturbine TS mit Rekuperator gegeben ist.
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 665

Rekuperator-Gasturbine <==> Kolbenmotor


2,6
SFCrel Brennstoffverbrauch spez. relativ SFC rel
2,4
GT einfache
2,2
spez. Brennstoffverbrauch rel.

Schaltung
2,0
Gasturbine GT
1,8
Rekuperator-GT mit
1,6 variablem PT-Statorgitter

1,4

1,2
1,0
Kolbenmotor KM Benzin
0,8 Diesel
0,6
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Wellenleistung PW [%]

Abb. 7.4-8  Relativer spezifischer Brennstoffverbrauch SFCrel von Turboshaft-Gasturbinen ohne


und mit Wärmetauscher in vergleichender Gegenüberstellung mit Benzin- und Diesel-Kolben-
motoren nach [Wal98B]

Dem günstigeren Brennstoffverbrauch des Triebwerks mit Wärmetauscher


TSRec steht allerdings die erhöhte Masse des gesamten Antriebssystems gegenüber. In
Abschn. 2.9, Abb. 2.6-15 wurden bereits die Massen der Turboshaft-Gasturbine- und des
Rekuperators sowie die resultierende Gesamtmasse der Turboshaft-Gasturbine TSRec
aus verschiedenen Parameterstudien zusammengestellt gezeigt. Abhängig vom Rekupe-
rator-Wirkungsgrad erhöht sich durch die Masse des Rekuperators das Gesamtgewicht
des Antriebssystems erheblich.
Eine Bewertung der Massen- bzw. Gewichtserhöhung durch einen Wärmetauscher
besonders bei mobilen Turboshaft-Gasturbinen AVGT (automotive vehicle gas turbine)
muss durch vergleichende Betrachtungen von Einsatzgebiet, Reichweite, Brennstoff-
kosten und anderen Größen beurteilt werden. Weiterhin sind neben der Lebensdauer
und Wartbarkeit auch das Volumen und der Stirnquerschnitt des Triebwerks bei der
Gesamtbewertung zum Beispiel beim Einbau in einem Hubschrauber-Antriebssystem
von Bedeutung, sowie das sichere Verhalten bei instationärem, dynamischen Betrieb
(Kap. 9).

7.4.2 Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher


für Fahrzeuge und Energiepakete

Bestrebungen zur Anwendung der Gasturbine für den Antrieb von Personen- und
Lastkraftwagen sowie besonders von Schwerfahrzeugen führten in Ländern mit nam-
haften Automobilherstellern in den 1960er und 1970er Jahren zur Durchführung
666 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

3,0
TRQrel Rekuperator-Gasturbine <==> Kolbenmotor
2,5 Drehmoment relativ TQR rel

Gasturbine GT
2,0
Drehmoment rel.

GG-Drehzahl 100 [%]

1,5

Kolbenmotor KM
1,0

Kolbenmotor KM mit
0,5
Turbolader

0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Abtriebsdrehzahl nPT [%]

Abb. 7.4-9 Relatives Drehmomentverhalten von Turboshaft-Gasturbinen ohne und mit Wär-


metauscher in vergleichender Gegenüberstellung mit Benzin- und Diesel-Kolbenmotoren nach
[Wal98B]

umfangreicher Entwicklungsvorhaben. Ziel dieser Vorhaben war es, die Vorteile


der Gasturbine, wie hohe Leistungskonzentration, geringe Schadstoffemission,
günstige Drehmomenten-Charakteristik, geringer Schmierölverbrauch, einfaches
Zündsystem, schwingungsfreier Lauf ohne hin- und hergehende Massen und hohe
Zuverlässigkeit aufgrund geringer Bauteilanzahl, für die Fahrzeuge zu nutzen. Trotz
hervorragender Einzelergebnisse in den jeweiligen Auslegungspunkten und der
guten Abstimmung technisch fortschrittlicher Komponenten konnten damals die
spezifischen Nachteile der Gasturbine entwurfsmäßig und konstruktiv noch nicht
soweit eingeschränkt werden, dass die Gasturbine gegenüber dem Kolbenmotor
konkurrenzfähig wurde (Abb. 2.6-15, 7.4-8, 7.4-9). Die wichtigsten Nachteile der
Gasturbine waren und sind bisher bis Anfang dieses Jahrhunderts der höhere Brenn-
stoffverbrauch insbesondere im Teillastbereich, das Drehmomenten-Ansprechver-
halten und die hohen Gastemperaturen, die kostenintensive Kühlungstechnologien
bei gleichzeitiger Lebensdauerbegrenzung der hoch belasteten Bauteile erfordern
[Eck70, Mün72B, Ric89, Wal98B].
Der Schwerpunkt zukünftiger Verbesserungen liegt inzwischen in der Vielzahl von
Anwendungen neuer Technologien, nämlich bei den hochfesten und keramischen
Werkstoffen sowie der elektronischen Regelung und Steuerung. Keramische Werkstoffe
bieten die Möglichkeit hohe Gastemperaturen mit ungekühlten Komponenten, insbe-
sondere Turbinen, zu realisieren und dabei gleichzeitig das Trägheitsmoment rotieren-
der Bauteile zu reduzieren.
Dies führt zu einer erheblichen Absenkung des Brennstoffverbrauchs, einer Ver-
kleinerung der Gesamtmasse und Verkürzung des Ansprechverhaltens. Trotz der
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 667

Sprödigkeit keramischer Werkstoffe, die bei Temperaturschocks zu Rissbildungen nei-


gen, konnten damals fast in allen namhaften Projektvorhaben ansehnliche Betriebszeiten
mit feststehenden und rotierenden keramischen Bauteilen erreicht werden. Dabei war es
erforderlich, den Umgang mit dem keramischen Werkstoff von der Herstellung über die
„Keramik gerechte“ Konstruktion bis zur Qualitätsprüfung neu zu gestalten.
Auf diesem über verschiedene Fachbereiche reichenden technologischen For-
schungsgebiet wurden die größten Fortschritte, die zur Markteinführung der Fahrzeug-
Gasturbine führen, erwartet. Die Anwendung neuester elektronischer Verfahren der
Regelungstechnik weist Möglichkeiten auf, Regelgesetze ohne Verzögerungszeiten zu
verwirklichen, die ein besseres Ansprechverhalten und eine bessere Anpassung an spe-
zifische Fahrzeuganforderungen ergeben. Neben der Neugestaltung des dynamischen
Betriebsverhaltens können hier auch alle Aspekte der modernen Triebwerksüberwa-
chung, insbesondere das sog. „Monitoring“, eingebracht werden.
Da durch das gesteigerte Umweltbewusstsein die Einführung noch strengerer Emis-
sionsgesetze für Fahrzeuge zu erwarten ist, wird es auch für Kolbenmaschinen zuneh-
mend schwieriger, die Schadstoff. und Schallemissionsgrenzen einzuhalten. Da der
Verbrennungsprozess in Gasturbinen kontinuierlich, ohne Explosionsgeräusche etwa
bei Gleichdruck abläuft, bieten sich hier mehr technische Möglichkeiten zur Reduk-
tion der Schadstoffemissionen. Für solche zukünftigen Anforderungen an Fahrzeugan-
triebe weist die Gasturbine ein hohes Anwendungspotential auf. Dies gilt insbesondere
dann, wenn es durch die Einführung der vorher angesprochenen neuen Technologien
gelingt, den spezifischen Brennstoffverbrauch bei Teillast, das Ansprechverhalten und
die Lebensdauer hoch belasteter Bauteile zu verbessern.

7.4.2.1 Fahrzeug-Gasturbinen mit Rekuperator der mittleren


Leistungsklasse um 1000 kW
Zum prinzipiellen Aufbau und Schaltungsarten typischer Turboshaft-Gasturbinen für
Fahrzeuge VGT bzw. AVGT (automotive vehicular gas turbine) werden in Abb. 7.4-10
zwei Beispiele vorgestellt, die sich aus der Fülle möglicher Konfigurationen für zweckmä-
ßige Versionen von Fahrzeug-Triebwerken eignen.
Weiterhin sei hier betont, dass die speziell für Fahrzeuge entwickelten Kompakt-
Gasturbinen kleiner und mittlerer Leistungen sich neben z. B. leistungsstarken Die-
sel-Motoren als autarke Energiepakete zur unabhängigen Stromversorgung (power
generation) besonders bewährt haben [Wal98B].
Die klassische Wellenleistungs-Gasturbine mit Wärmetauscher (Abb. 7.4-1 und 7.4-
10) besteht aus dem Gasgenerator GG mit Turboverdichter C und der Gasgenerator-
Turbine GGT bzw. Verdichter-Turbine CT mechanisch gekoppelt auf einer Welle sowie
der frei laufenden Nutzleistungsturbine PT, die. mechanisch mit dem Getriebe G ver-
bunden das Fahrzeug antreibt. Nach der Verdichtung erreicht der Luftstrom über den
Wärmetauscher WT (Kaltseite) die Brennkammer B und beaufschlagt nach der Aufhei-
zung durch Verbrennung die Gasgeneratorturbine mit der maximalen Prozesstempera-
tur TET = Tt4. Nach der Gasgenerator- bzw. Verdichter-Turbine CT gelangt das Heißgas
668 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

(a)
2-Wellen-Fahrzeug-Gasturbine AVGT mit
Rekuperator Rec oder Regenerator Reg
Wärmetauscher HEX Abgasrohr D
Rekuperator Rec oder
Regenerator Reg 7
Einlauf 8
1
E 2 31 4 44 5 6
VG 3 VG
B
nPT
C T PT G PW
n1 n2 nAb
Getriebe

S/Dyn
K
Starter/Dynamo Kupplung
(b)
3-Wellen-Fahrzeug-Gasturbine AVGT mit
Rekuperator Rec oder Regenerator Reg
Hilfs-Turbine AT und Leistungs-Rückkopplung K
Abgasrohr D
Wärmetauscher HEX
Rekuperator Rec oder
Regenerator Reg
6 7 8
Einlauf
1 5
E 2 31 4 44 45
VG 3 VG Hilfs-Turbine
B AT PW
nPT nPT
C T PT
n1 n2 n3

S/Dyn G
K
Starter/Dynamo Kupplung Getriebe

Abb. 7.4-10 Turboshaft-Gasturbinen mit Wärmetauscher WT bzw. HEX (heat exchanger)


in 2- und 3-Wellen-Bauweise als Fahrzeug-Triebwerke und Energiepakete zur autarken
Energieversorgung [Mün77B, Ric89, Wal98B]

über ein verstellbares Leitrad VGV (variable guide vane) zur Nutzleistungsturbine PT
sowie zum Wärmetauscher WT (Heißseite) und strömt über das Abgasrohr D nach
außen.
Die gasdynamische Kopplung des Gasgenerators und der freien Arbeitsturbine PT
ergibt wie z. B. auch bei Hubschrauber-TS-Triebwerken wesentliche Vorteile, da sich die
Drehzahlen der beiden Turbinen unabhängig voneinander wählen bzw. einstellen lassen.
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 669

(a) Turboshaft-Fahrzeug-Gasturbine mit Wärmetauscher


und Verstell-LP-Turbine für LKW und Schwerfahrzeuge Garrett GT 601

Brennkammer Rekuperator Abgasdiffusor


Leistung 400 bis 500 kW
PW max 427 kW
Brennstoffverbrauch spez.
SFC 236 g/kW h B
Durchsatz 2,3 kg/s
Masse m 1000 kg
OPR 8,4
Drehzahl nAb 3000 1/min
PW
Entwicklungsbeginn ab 1973
der Firmen: HP-Turbine
Luft-Einlauf 1-stufig, radial
Garrett Corporation, USA Verdichter LP-Turbine
Klöckner-Humboldt-Deutz AG , KHD 2-stufig, radial 2-stufig, axial
Mack Trucks Inc. USA

(b) GG-Drehzahl GG-Drehzahl


nGG % nGG%
PW [kW] Brennstoffverbrauch spez. TRQ
SFC g/kWh 248 3000 100
100 440 Brennstoffverbr. spez.
260 240 [Nm]
400 275 95 340 SFC [g/kWh]
95 2500 300
300 236 275
Drehmoment

90 260
Wellenleistung

90
300 340 2000 248
85 85 240
1500 80
200 440
80 236
75
1000
75 70
100 65
70 500
53
53 65
0 0
0 500 1000 1500 2000 2500 3000 0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Abtriebsdrehzahl nPT 1/min Abtriebsdrehzahl nPT 1/min

(c) Frontlenker-Schwerfahrzeug mit PW, Br Motor-Bremscharakteristik


rekuperativem Gasturbinen-Triebwerk 500
Garrett GT 601 P W max 427 kW [kW]
400 Zusatzbremse
Bremsleistung

300

200

100
Leitschaufel-
Verstellung
0
1500 2000 2500 3000
Abtriebsdrehzahl nPT 1/min

Abb. 7.4-11  400 kW-Turboshaft-Fahrzeug-Gasturbine GT601 in 2-Wellen-Bauweise mit Reku-


perator. Test im Mack Trucks/KHD-LKW [Bro82, Wal98B]
670 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Wie das Drehmomentkennfeld (Abb. 7.4-11) einer 2-Wellen-Gasturbine zeigt, steigt das


Drehmoment bei konstanter Gasgenerator-Drehzahl n1, also konstantem Lastzustand
des Motors, näherungsweise linear mit fallender PT-Drehzahl nPT bzw. n2 und erreicht
bei n2 etwa 0 die höchsten Drehmomente. Die Drehmomente bei Stillstand der Antriebs-
welle können das 2 bis 3-fache der Momente im Volllastbetrieb bei maximaler Dreh-
zahl der Nutzturbine PT betragen, ein entscheidender Vorteil der 2-Wellen- Gasturbine
gegenüber der 1-Wellen-Gasturbine oder dem Kolbenmotor.
Fahrzeug-Gasturbinen werden zur besseren Energienutzung mit Kompakt-Wärme-
tauschern ausgestattet, wobei für Gasturbinen mit einer Leistung unterhalb etwa 150
bis 200 kW der Regenerator dominiert, bei höheren Leistungsklassen wird vornehm-
lich der Rekuperator verwendet (Abb. 7.4-10). Zur Verbesserung des stationären und
dynamischen Betriebsverhaltens werden Leiträder des Verdichters und besonders der
Nutzleistungsturbine verstellbar ausgeführt, sowie eine Rückkopplung eines Teils der
Energie von der Abtriebswelle auf den Gasgenerator über eine Kupplung K ermöglich.
Zusätzlich kann zum Beispiel zur Verbesserung des Ansprechverhaltens von einem
Dynamo-Starter S/Dyn während einer Schnellbeschleunigung kurzzeitig Energie auf
die Gasgeneratorwelle geschaltet werden. Der Lufteinlauf E ist mit einem Luftfilter
und einer Schalldämmung versehen, das Abgasrohr D mit einer Schalldämmeinrich-
tung. Durch Verstellung des Leitrades der Nutzleistungsturbine über 90° hinaus kann
eine Bremsleistung über 60 bis 80 % bezogen auf die Maxi- malleistung erreicht werden
(Abb. 7.4-11).
Zur Verbesserung des stationären und instationären Betriebsverhaltens besonders
des Ansprech- und Beschleunigungsverhaltens kann eine 3-Wellen-Gasturbine nach
dem Schema in Abb. 7.4-10 ausgeführt werden. Die Nutzleistungsturbine PT ist zweck-
mäßigerweise als Mitteldruckturbine angeordnet, die Hilfsturbine AT (auxilary turbine)
kann über das Getriebe auf den Gasgenerator- und die Abtriebswelle geschaltet werden.
Abhängig von der jeweiligen Aufgabe ist sorgfältig abzuwägen, welche Gasturbinenschal-
tung zum Beispiel nach Abb. 7.4-10 zu wählen ist, um abhängig vom baulichen Auf-
wand, von der Funktionstüchtigkeit, der Servicefreundlichkeit, dem Brennstoffverbrauch
und der Lebensdauer eine optimale Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
Zur Veranschaulichung des Standes der Technologie bei Fahrzeug-Gasturbinen sowie
des möglichen Technologientransfers von Luftfahrt-Antrieben auf Fahrzeuge-Trieb-
werke werden im Abb. 7.4-11 und im Abb. 7.4-12 zwei bedeutsame VGT vorgestellt.
Beide Triebwerke im Leistungsbereich um 500 bis über 1000 kW sind im wesentlichen in
Mupetallbauweise ausgeführt und haben weiterhin einige aus Keramik bestehende Bau-
teile, elektronische, teilweise Mehrgrößenregelung verbunden mit Überwachungs- und
Diagnosesystemen. Den hohen Anforderungen bei Fahrzeugen entsprechend können
Beschleunigungszeiten von unterer Teillast bis Volllast in 1 bis 2 s erzielt werden (später
in Abb. 7.4-15).
Eine typische Fahrzeug-Gasturbine in 2-Wellenbauweise mit Rekuperator-Wär-
metauscher für eine Volllast-Wellenleistung von über 400 kW wird in Abb. 7.4-11 die
Garrett GT601 mit Leistungs- und Drehmomentkennfeld vorgestellt. Diese Gasturbine
wurde im praktischen Fahrbetrieb umfangreich als LKW-Antrieb in einem Test-LKW
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 671

(a)
Fahrzeug-3-Wellen-Gasturbine AGT1500
(Schwerfahrzeuge, Abrams M1 , Panzer)
Fa. Honeywell Aerospace

Nutzleistung PW 1120 kW (1500 shp)


Drehmoment TRQ 3754 Nm (3000 1/min)
Druckverhältnis OPR 14
Temperatur Abgas 499 °C
Durchsatz 5,36 kg/s
Masse 1134 kg Länge 1,629 m

Rohrbrennkammer Rekuperator-
Leitgitter IGV Diffusor Wärmetauscher
variabel
Abtriebswelle PT
Lufteinlauf Nutzleistung PW

Getriebe G

LP-Verdichter LP-Turbine
HP-Verdichter HP-Turbine 2-stufige-Nutzturbine PT
Hilfsgeräte-Abtrieb mit variablem Leitradgitter
(b)
1400 7000
PW [kW] TRQ [Nm] Gasturbine
1200 6000 AGT1500
1000 Gasturbine
5000
Wellenleistung

Drehmoment

AGT1500
800 4000

600 3000 Diesel-Motor


Diesel-Motor MTU 833
400 2000
MTU 833
200 1000

0
0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100
Abtriebsdrehzahl nPT [%] Abtriebsdrehzahl nPT [%]

Abb. 7.4-12  1100 kW Turboshaft-Fahrzeug-Gasturbinen Honeywell AGT1500 mit Rekuperator


in 3-Wellen-Bauweise, Darstellung nach Fa. Honeywell und [Wal98B, Har86]

von Mack Trucks und Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) erprobt [Bro82, Wal91B]. Die
Funktionstüchtigkeit wurde erfolgreich bestätigt, die Konkurrenzfähigkeit zu Kolbenmo-
toren sollte später mit dem Einsatz neuer Werkstoffe und voller, digitaler Regelung sowie
Nutzung aller Verstellmöglichkeiten von Komponenten erreicht werden.
672 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Für besondere Schwerfahrzeuge mit Leistungen um 500 bis über 1000 kW wird in
Abb. 7.4-12 mit der Honeywell AGT1500 eine weitere 3-Wellen-Gasturbine mit Rekupe-
rator vorgestellt, die in großer Stückzahl serienmäßig als Triebwerk in den USA für den
Panzer Abram M1 gefertigt und eingesetzt wird. Weiterhin ist in diesem Bild das Leis-
tungs- und Drehmomentverhalten dieser Gasturbine gegenüber einem konkurrierenden
Dieselmotor von MTU, dem Motor MTU833, dargestellt [Har86].
Als Ergänzung zu den Syntheserechnungen für Turboshaft-Gasturbinen sei erwähnt,
dass hier in den entsprechenden GTSSD-Unterprogrammen die Bestimmung der Schad-
stoff- und Lärm-Emissionswerte besondere aufmerksam zu berücksichtigen ist. Hierzu
können als Ausgangsbasis halbempirische Korrelationen benutzt werden, wie z. B. in
[GasTurb, Wal98B] zu sehen ist.

7.4.2.2 Auslegung von 200-kW-Fahrzeug-Gasturbinen fortschrittlicher


Technologie
Für erweiterte Entwicklungen von Fahrzeug-Gasturbinen mit verbesserten Technolo-
gien wird das Potential dieser Gasturbinen an verschiedenen Auslegungsbeispielen von
200-kW-Gasturbinen (AGT200) mit Rekuperator- oder Regenerator-Wärmetauscher
entsprechend Abb. 7.4-13 vorgestellt [Ric89].
Als Ergebnis einer Parameterstudie zur Vorauswahl von Auslegungseckgrößen ist
in Abb. 7.4-14 der spezifische Brennstoffverbrauch abhängig von der Wellenleistung
PW bezogen auf den Luftdurchsatz dargestellt. Parameter sind die maximale Prozess-
temperatur TET bzw. Tt4 und das Verdichter- bzw. Gesamtdruckverhältnis OPR sowie
die Wärmetauscher-Wirkungsgrade von 80 und 90 %. Die Wirkungsgrade der weiteren
Triebwerkskomponenten wurden mit Werten fortschrittlicher Hochleistungstriebwerke
belegt. Einige Auslegungsbeispiele von 200-kW-Gasturbinen mit Rekuperator-Wir-
kungsgraden von 82 % und Regenerator-Wirkungsgrade von 90 % sind in das Ausle-
gungsdiagramm eingetragen.
Ausgehend von den vorstehenden Beispielen zum Betriebs- und Leistungsverhalten
der Turboshaft-Gasturbinen sowie vom Stand der Entwicklung neuer Technologien
zukünftiger Gasturbinen- und Flugtriebwerke mit Wärmetauscher-Komponeneten
werden in Abb. 7.4-13 für eine der 200 kW-AGT nach den Vorauslegungsstudien der
drei Konzepte das Leistung- und Drehmomentenkennfeld vorgestellt. Dabei waren
entsprechend den allgemeinen Anforderungen von Seiten der Automobiltech-
nik sowohl das stationäre wie auch das dynamische Betriebsverhalten genauer zu
betrachten.
Im Vergleich zu Neuentwicklungen von 200 kW-Kolbenmotoren KM wurden dabei zur
Auslegung der 200 kW-Gasturbine GT hier folgende allgemeine Anforderungen gestellt:

• Nennleistung maximal 200 kW


• Spez. Brennstoffverbrauch um 200 g/kWh,
• Brennstoffverbrauch im Leerlauf < 10…15 % vom Volllast-Verbrauch
• Beschleunigungsverhalten GT > KM
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 673

Fahrzeug-200 kW-Gasturbine AGT mit Wärmetauscher HEX


Kompakt-2-Wellen-Bauweise
Fortschrittliche Technologien
Auslegungsvarianten : u.a. Keramik-Bauteile
Rekuperator-Gegenstrom Rec L 760 mm

Rec 82% Abgase


Rekuperator Rec
OPR 6 Getriebe G (Gegenstrom)
TET 1650 K bzw. PW
Radial- Regenerator Reg
82% Verdichter RC
Rec
Verstell-Leitrad nPT
OPR 5
TET 1600 K
Luft

Regenerator Reg

Reg 90%
OPR 6 HP-Turbine Kopf-
Nutzleistungs- HPT Brennkammer
TET 1650 K
Turbine PT

Abb. 7.4-13  Auslegungsstudie mit der Varianten zu 200 kW Fahrzeug-Gasturbinen (AGT200) in


2-Wellen-Bauweise mit Rekuperator oder Regenerator. Darstellung nach [Ric89, Wal98B]

Ansprechverhalten, GT ≈ KM das heißt, Drehmoment-Anstieg


vom Leerlauf- zum Volllastbereich in weniger als 0,7…0,8 s
• Bremsleistung bezogen auf die Nennleistung bei etwa −60 90 %
• Umwelt- bzw. Umgebungsbelastung
• Vibrationen der GT gleich oder besser als der KM
• Gewicht GT < KM
• Bauvolumen GT < KM
• Wartungsaufwand und Lebensdauer mit GT gleich oder besser KM

Wie bereits in Abschn. 2.2 (Abb. 2.2-6) an einer Parameterstudie zu Turboshaft- bzw.


Fahrzeug- Gasturbinen gezeigt wurde, können die angestrebten Zielwerte für eine ver-
besserte 200 kW-Gasturbine mit folgenden Eckwerten für den thermodynamischen
Arbeitsprozess erfüllt werden:

• Die Verdichter-Druckverhältnisse zwischen 4 bis über 6.


• Das Temperatur-Niveau am Brennkammeraustritt Tt4 über 1600 K.
• Der Rekuperator-Wirkungsgrad für oberen Lastbereich bei über 80 %

Der Aufbau bzw. das Blockschaltbild der Referenz-200-Gasturbine mit Rekuperator in


2-Wellenbauweise AGT200 wird in Abb. 7.4-13 zusammen mit einem Überblick zu den
wichtigsten Auslegungsgrößen gezeigt.
674 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Die Kalt- und Heißseite des Gasgenerators GG liegen an den beiden Seiten des Getrie-
bes G. Nach einem Radialverdichter C mit verstellbaren Eintrittsleiträdern wird die kom-
primierte Frischluft über einen Gegenstrom-Wärmetauscher WT der axial angeordneten
Kopf-Brennkammer BK zugeleitet. Nach der den Verdichter antreibenden Axial-Hochdruck-
turbine HPT in Keramikbauweise wird das Laufrad der Axial-Nutzleistungsturbine PT über
ein verstellbares Leitrad VGV mit Heißgas beaufschlagt. Die Gasgeneratorturbine treibt außer
dem Verdichter noch die verschiedenen Hilfsgeräte an. Die Nutzleistungsturbine ist über die
Abtriebswelle mit dem Untersetzungsgetriebe gekoppelt. Mit dem Hauptgehäuse direkt ver-
bunden sind der Rekuperator-Wärmetauscher und im Bereich der Luftströmung der Einlauf
E mit Filter und Schalldämmelementen sowie das Abgasrohr D mit Schalldämmung.
Das Regelungssystem ist elektronisch als Mehrgrößenregelung ausgeführt, wobei
insbesondere die verstellbare Geometrie der Strömungsmaschinenleiträder sowie die
Zuschaltung eines Dynamo-Starters zum Beispiel als Beschleunigungshilfe herangezogen
werden kann. Weiterhin ist gegebenenfalls die Koppelung der Nutzturbinen- Abtriebs-
welle mit dem Gasgenerator vorgesehen, damit wahlweise besonders im stationären Teil-
lastbetrieb sowie bei Beschleunigungsvorgängen eine optimale Leistungsaufteilung auf
verschiedene Wellen elektronisch gesteuert vorgenommen werden kann.
Die in Abb. 7.4-13 auszugsweise wiedergegebenen, thermogasdynamischen Arbeits-
prozessgrößen entsprechen dem Stand des technologisch Machbaren. Dies betrifft insbe-
sondere die Werkstoffseite bzw. die Heißteile der Gasturbine in Keramikbauweise.
Mit Hilfe der Leistungssyntheseprogramme GTSSD wurden entsprechend den vor-
gegebenen Auslegungsgrößen die Motor-Kennfelder der AGT 200 Gasturbine bestimmt.
Außer den thermogasdynamischen und technologischen Eckwerten waren zur Leistungs-
rechnung die Kennfelder der Turbomaschinen-Komponenten erforderlich (Abb. 7.4-14).
Für den Volllast- und möglichst optimalen Teillastbetrieb wurden typische Ähn-
lichkeits-Kennfelder aus Sammlungen wie z. B. in [GasTurb] enthalten und gege-
benenfalls linear auf den Auslegungspunkt bezogen korrigiert. Fallweise wurden zur
vorläufigen Optimierung der Teillastverbräuche die variable Geometrie der Turboma-
schinen mit mehreren Verstell-Kennfeldern in der Leistungsrechnung berücksichtigt
(Abschn. 7.2).
Nach den bisherigen Erfahrungen an Demonstrator-Fahrzeug-Gasturbinen mit ver-
stellbaren Leiträdern ist es möglich, dass z. B. der Brennstoffverbrauch im Leerlauf um
40…70 % gesenkt werden kann, wenn die Gasturbine mit variablem Leitrad vor dem
Verdichter und der Nutzleistungsturbine optimal eingestellt wird. Diese Maßnahme
verbessert entscheidend einen besonderen Nachteil der Gasturbine im Vergleich zum
Kolbenmotor. Mit der Darstellung in Abb. 7.4-14 werden die Ergebnisse der Leistungs-
rechnungen in Form des Motor-Kennfeldes für die Konfigurationen der AGT 200-
Rekuperator-Gasturbinen vorgestellt.
Das Regelungs- und Überwachungssystem einer Fahrzeug-Gasturbine muss unter
schwierigen Betriebsbedingungen auch bei ungeübten Fahrern einen sicheren, problemlo-
sen Betrieb des Fahrzeugs gewährleisten. Das bedeutet, dass einmal das Triebwerk im stati-
onären Betrieb in den verschiedenen Laststufen besonders bei niedriger Teillast stets einen
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 675

VGT-Parameterstudie
BGT 200 SFC
220 1300
TET K
[g/kw h] 1400
HEX 80%
1500

spez. Brennstoffverbrauch
200 1600
1450 1700

1550 5 6 7 OPR
180
1650
TET K 1750
4 5 6 7 OPR
160 HEX 92%

150 200 250 300 350 400 450


spez. Wellenleistung [kW/(kg/s)]

Leistungskennfeld Drehmomentkennfeld
PW nGG% TRQrel
200 195 2,0 nGG%
200 100
210 100
SFC [g/kWh] 220
Drehmoment rel.

[kW] 95 340 SFC [g/kWh]


240 300
1,5 95 260
240
Wellenleistung

150 260
210 200
300 90 90 195
100 340 1,0
85 85
80
80
50 0,5
75 70
70
0 65 0
0 20 40 60 80 100 120 0 20 40 60 80 100 120
Abtriebsdrehzahl nPT [%] Abtriebsdrehzahl nPT [%]

Abb. 7.4-14  Leistungs- und Drehmomentkennfeld der 200 kW Turboshaft-Fahrzeug-Gasturbinen


AGT200 mit Rekuperator in 2-Wellen-Bauweise. Darstellung nach [Ric89, Wal98B]

minimalen Brennstoffverbrauch bei möglichst niedrigen Schadstoff-Emissionswerten auf-


weist, zum anderen muss in den verschiedenen Lastzyklen ein sehr schneller Lastwechsel
verbunden mit einem guten Ansprechverhalten gefordert werden. Die Verbesserung des
Ansprechverhaltens der Gasturbine im Vergleich zum Kolbenmotor stellt eine Schlüs-
selaufgabe in der künftigen Entwicklung der Gasturbine als Fahrzeugantrieb dar.
Die prinzipiell unterschiedlichen Arbeitsweisen von Kolbenmotor und Mehrwellen-
Gasturbine führen im instationären Betrieb zu einem verschiedenen Ansprech- und
Beschleunigungsverhalten dieser beiden Triebwerkstypen. Der Gasgenerator und die
Nutzleistungsturbine laufen bei der Gasturbine auf verschiedenen Wellen, sind also nur
gasdynamisch miteinander gekoppelt. Die Drehmomenten-Charakteristik zum Beispiel
der 2-Wellen-Gasturbine mit einem etwa 2-fachen Drehmoment im Leerlaufbereich
gegenüber dem Volllastpunkt (Abb. 7.4-15) erlaubt im Vergleich zu Kolbenmotoren eine
gute Beschleunigung des Fahrzeugs mit relativ wenig Schaltstufen des Getriebes.
676 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Beschleunigungs- und Ansprechverhalten


200 kW-2-Wellen-Rekuperator-Gasturbine
Verstell-Gitter VG
Rekuperator Rec
Leistung PW max,SL 200 kW
Durchsatz 0,68 k/s E
VG VG
Druckverhältnis OPR 5 B nPT PW
Temperatur TET 1600 K C n1 T PT G
nGG= n1 72000 1/min
nPT = n2 65000 1/min
nAbtrieb 5500 1/min S/Dyn
K

Drehmoment 120
Volllast
TRQ % 100
80
Beschleunigung
60 ohne Verstell-Gitter
40 mit Verstell-Gitter VG
20 Leerlauf mit PExtern +10%
0

Drehzahl 110
Volllast
nGG %
100
mit VG nGG max 72000 1/min
90
ohne VG
80

70 Leerlauf

Temperatur 2000
TET K TETmax 1600 K
1800 mit VG
Volllast
1600
ohne VG
1400
Leerlauf
1200

0 1 2 3
Zeit sec
Beginn Volllast-Beschleunigung

Abb. 7.4-15  Beschleunigungs- und Ansprechverhalten der 200 kW Turboshaft-Fahrzeug-Gastur-


binen AGT200 mit Rekuperator in 2-Wellen-Bauweise, Darstellung nach [Ric89, Wal98B]

Das dynamische, instationäre Betriebsverhalten und hier besonders das Beschleuni-


gungsverhalten eines Fahrzeug-Motors werden außer der Gesamtbeschleunigungsfä-
higkeit des Fahrzeugs wesentlich durch das Ansprechverhalten des Triebwerks bestimmt
(Abb. 7.4-15). Bevor das volle Drehmoment an der Abtriebswelle erreicht wird, muss bei
der Gasturbine zunächst der Gasgenerator auf die dem gewünschten Drehmoment zuge-
ordnete Drehzahl hochgefahren werden.
7.4  Betriebsverhalten und Simulation der Wärmetauscher-Gasturbinen 677

Diese Hochlaufzeiten des Gasgenerators vom Leerlauf bis Volllast können ohne
besondere Maßnahmen bei 1 bis 2 s liegen. Dieses im Vergleich zum Kolbenmotor „träge
Ansprechen“ der Gasturbine – ähnlich dem Effekt des Turboladers bei aufgeladenem
Kolbenmotor – kann mit elektronischer Mehrgrößen-Regelung beeinflusst erheblich
verbessert werden.
Maßnahmen zur Verkürzung der Ansprechzeiten der Gasturbine liegen einmal im
Bereich der Konstruktion und zum anderen in der Basis-Auslegung des Triebwerks
selbst. So sollten die polaren Trägheitsmomente des Rotors einerseits und die zu über-
windenden Drehzahldifferenzen zwischen Teillast und Volllast des Gasgenerators ande-
rerseits möglichst klein gehalten werden. Weiterhin kann durch geregelten, kurzzeitig
überhöhten Brennstoffstrom ein größerer Leistungsüberschuss am Gasgenerator das ext-
rem schnelle Hochfahren des Gasgenerators bewirken. Die damit verbundenen Tempe-
raturspitzen in den mit Heißgas beaufschlagten Triebwerkskomponenten sind allerdings
sorgfältig zu beachten und ihre Auswirkungen auf die Betriebssicherheit und die Lebens-
dauer der Komponenten zu beurteilen. Um Maßnahmen dieser Art zu verwirklichen
kann zum Beispiel zur Vermeidung von Pumperscheinungen im Verdichter sowohl das
Leitrad des Verdichters wie insbesondere auch das Leitrad der Turbine zur Entlastung
des Gasgenerators innerhalb etwa 2/10 s verstellt werden.
Zu beachten ist dabei allerdings die Gefahr des Überschreitens der reichen Verlöschgrenze
der Brennkammer und weiterhin beim Öffnen des Nutzturbinen-Leitrades ein unerwünsch-
tes Abfallen des Abtrieb-Drehmomentes während des Hochlaufens des Gasgenerators.

Weitere Möglichkeiten zur Verbesserung des Ansprechverhaltens sind:

• Luftabblasung aus der Verdichtersektion.


• Öffnen eines Luft-Bypass zwischen Verdichter und Nutzleistungsturbine bis in den
Wärmetauscher hinein.
• Kurzzeitige Leistungsrückkopplung über das Getriebe zu Gasgeneratorwelle.
• Kurzfristige elektrische Zuschaltung von Beschleunigungsleistung an den Gasgenera-
tor mit Hilfe eines Anlass- bzw. Starter-Motors (Dynamo-Starter).

Die gesamte Funktionstüchtigkeit der Gasturbine in einem Kraftfahrzeug wird weiter-


hin durch die Bremsfähigkeit des Triebwerks bestimmt. Die Bremswirkung einer freilau-
fenden Nutzleistungsturbine ist nur begrenzt vorhanden, eine direkte Motorbremsung
besteht nicht. Maßnahmen zur Verbesserung oder Unterstützung der Bremsvorgänge
sind verstärkt mit Hilfe digitaler Regelung durch folgende Einrichtungen wirkungsvoll
möglich (Abb. 7.4-12):
> Die Verstellung der Leiträder der Nutzturbine in eine Bremsposition ist die bisher
meistens verwendete Methode, wobei der Gasgenerator je nach Bremslast-Anforderung
auf den gewählten Lastzustand bzw. die höhere Drehzahl mit dem jeweils zugeordne-
ten Brennstoffverbrauch gefahren werden muss. Die erzielbare Bremsleistung kann
dabei über 70…80 % der Nennleistung des Triebwerks erreichen. Ein sehr wirksames
678 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Verfahren zur Verbesserung des Bremsverhaltens einer Gasturbine kann mit Hilfe eines
hydrodynamischen Wandlers ausgeführt werden, wie es bisher bereits an Versuchs-
Fahrzeug-Gasturbinen erfolgreich erprobt werden konnte.
> Eine gute Bremsleistung ohne zusätzlichen Brennstoffverbrauch durch Hoch-
fahren des Gasgenerators ist durch eine Kopplung der Nutzleistungsturbine mit dem
Gasgenerator bzw. dem Verdichter über eine regelbare Kupplung möglich. Da die Ver-
dichterleistung bei einer solchen Bremsschaltung wesentlich größer als die Leistung der
Nutzturbine ist, wird die Verdichter-Antriebsleistung zur Bremsung herangezogen. Der
gerätetechnische Aufwand kann dabei allerdings erheblich sein. Liegt jedoch bereits eine
Kopplungseinrichtung von Abtriebsturbine und Gasgenerator zur Verbesserung des
stationären Teillastverhaltens der Gasturbine vor, dann ist der technische Aufwand im
Zusammenhang mit einer elektronisch gesteuerten Bremseinrichtung zweckmäßig und
vertretbar.
Alle oben genannten Maßnahmen zum instationären Betriebsverhalten bzw.
Lastwechselverhalten können in Verbindung mit einem elektronischen Regel- und
Überwachungssystem wirkungsvoll ausgeführt werden. Eine gut ausgelegte digitale
Mehrgrößenregelung ist demnach eine der wichtigsten Voraussetzung für den Einsatz
der Gasturbine als Antrieb von Kraftfahrzeugen.
Ausgehend von der Beschleunigungskurve des Referenz-Triebwerks AGT200 ohne
Verstell- Turbinenleitrad zeigen die Diagramme im Abb. 7.4-15 die Verbesserungen
der Beschleunigungszeiten durch gesteuertes Öffnen (etwa  +30 %) und wieder Schlie-
ßen des Turbinenleitrades sowie durch zusätzliches Ankoppeln eines Dyna-Starters
mit Zufuhr externer Leistung. Werden Temperaturspitzen in den Heißteilen der Gas-
turbine kurzzeitig bewusst in Kauf genommen, dann sind Beschleunigungszeiten des
Gasgenerators weit unterhalb 1 s erreichbar. Mit dem Ziel, 80 % Volllast-Drehmo-
ment nach etwa 0,7 s aus dem Leerlaufbereich heraus beschleunigt zu erreichen, wird
gezeigt, dass im Vergleich zum Kolbenmotor das Ansprechverhalten der Gasturbine
verbunden mit ihrem sehr guten Beschleunigungsverhalten einen Fahrkomfort bietet,
der dem Kolbenmotor gleich kommt. Als Beispiel zur Beschleunigungsfähigkeit einer
Fahrzeug-Gasturbine nach dem früheren Entwicklungsstand um 1980 ist in Abb. 7.4-
15 der Drehmomentenverlauf während einer Beschleunigung der Versuchs-Gasturbine
VW-GT-150 mit 100 kW Volllast-Leistung der Fa. Volkswagen ergänzend eingetragen
[Wal91B].
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Ansprech- und Beschleunigungsvorgänge der
VW-Gasturbine noch nicht den gewünschten Zielwerten genügten. Mit Hilfe des oben
zusammengestellten Entwicklungspotentials konnte mit der numerischen Simulation
mit Hilfe von GTSSD an der AGT200 mit einigen ausgewählten Methoden demonst-
riert werden, dass die Zielwerte im Vergleich zum Kolbenmotor für die Ansprech- und
Beschleunigungszeiten von Fahrzeug-Gasturbinen technisch erreichbar sind. Wesent-
liche Voraussetzungen sind auch hier Gasturbinen-Komponenten in Keramikbauweise
mit entsprechenden kleinen, polaren Trägheitsmomenten, verstellbare Geometrie bei
den Turbomaschinen und eine wirkungsvolle digitale Mehrgrößenregelung.
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 679

7.5 Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und


Optimierung

7.5.1 Turboshaft- Gasturbinen der mittleren Leistungsklasse

In den bisherigen Abschn. 7.3 und 7.4 wurden Turboshaft-Gasturbinen und ihre Kom-
ponenten grundlegend beschrieben. Auf dieser Basis ist es möglich die Komponenten
eines Antriebssystems so zu gestalten, dass sie optimal in allen Lastbereichen zusammen-
arbeiten. Als Beispiel zur Auslegung und Vorauswahl von Gasturbinen wird anschlie-
ßend in Abschn. 7.5.2 wie in den vorstehenden Abschnitten eine Turboshaft-Gasturbine
in der Leistungsklasse um 1000 kW gewählt, wie sie häufig zum Antrieb von Hubschrau-
bern verwendet wird (Abb. 7.5-1).
Im Abschn. 2.3 wurde bereits der Arbeitsprozess einer solchen Gasturbine ausführlich
dargestellt. Der Aufbau dieses Gasturbinentyps ist in Abb. 7.5-1 schematisch zu sehen.
Beispielhaft werden in Abb. 7.5-1 einige typische Triebwerke angeführt, wobei bereits
in Abschn. 7.3 das GE-Triebwerk der T700-Familie und das Triebwerk MTR 390 vorge-
stellt wurden. Turboshaft-Gasturbinen wie sie bereits in Abschn. 1.3, 2.2 und 2.8 gezeigt
wurden, werden meist in Zweiwellenbauweise mit dem Gasgenerator GG bzw. Kern-
triebwerk (Core) und einer Nutzleistungsturbine PT ausgeführt. In der Energie- und
Kraftwerkstechnik kommen die Einwellen-Gasturbinen häufig zum Einsatz (Abschn. 1.3
und 2.8). In den Abb. 7.5-2, 7.5-3, 7.5-4 und 7.5-5 werden Beispiele von einigen Hub-
schraubertriebwerken (MTR390, T700, T800, GE38) gezeigt. In Abb. 7.5-1 sind dazu
einige Daten dieser Turboshaft-Gasturbinen zusammengestellt.
Der ideale Arbeitsprozess dieser Gasturbinen ist der einfache Joule-Prozess. In
Abschn. 2.3 wurde im Dupetail gezeigt, wie ein solcher Prozess berechnet wird (dazu
„Hand“-Rechnung im Anhang A1 und A2). Die Berechnung der realen Gasturbine
erfolgt seit über 3 Jahrzehnten in der Praxis je nach dem Umfang des Anforderung-
kataloges RFP (request for proposal) des Kunden bzw. Betreibers mit Hilfe von nume-
rischen Syntheseprogrammen wie GTSYN (Abschn. 7.1 und 7.2) oder vertieft mit
multidisziplinären Auslegungs- und Simulationsprogrammen GTSSD. Mit diesen
Programmen sind neben der üblichen Leistungsrechnung auch komplexe und wirk-
lichkeitsnahe Optimierungen in Verbindung zu verschiedenen Fachdisziplinen gut
durchführbar (Kap. 8 und 9).

7.5.2 Parameter-Auslegungsstudie für eine Turboshaft-Gasturbine


und Optimierung

Die Definition einer „optimalen“ Auslegung von effizienten Turboshaft-Gasturbinen


hängt sehr von der geplanten Anwendung und der Einsatzumgebung der Gasturbine ab.
Letztlich werden aber immer die Lebenszykluskosten zu minimieren sein, sodass auch
die Frage der Kostenzusammensetzung häufig im Mittelpunkt der Untersuchungen
680 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

41 45
5 6 8
2 3 31 4 44

HP leak to LPT exit

Handling
Bleed NGV
Cooling
Overboard
HPT cooling
Bleed

LPT NGV cooling

LPT cooling

TS- Leistung OPR Anwendung EIS


Triebwerk PW [kW] Hubschrauber
T700 1408 18 UH60L 1978
CT7 1490 17 EH101 1977
Makila 1500 10,4 AS332/532 1991
RTM322 1566 14,2 -15,2 Tiger 1998
MTR390 957 13 NH90 1998
T800 1165 14 RAH-66 2003
GE38-1B 5600 18,6

Abb. 7.5-1 Zweiwellen-Turboshaft-Gasturbinen TS der 1000 bis 5000  kW-Leistungsklasse


für Hubschrauber und Propeller-Flugzeuge sowie für stationäre und für mobile Energie- und
Antriebstechnik. (Abschn. 1.3, 2.8 und 7.3)

steht. Neben dem Brennstoffverbrauch und dessen Kosten spielen weiterhin die Beschaf-
fungskosten sowie die Wartungs- und Instandhaltungskosten der Gasturbinen eine
wesentliche Rolle. Die Anzahl, die Lebensdauer und die Herstellkosten der einzel-
nen Triebwerksteile sind vor diesem Hintergrund so zu wählen, dass ein Optimum der
Lebenszykluskosten entsteht. Schließlich sind bei einem Flugtriebwerk das Gewicht bzw.
die Masse und das Volumen der Antriebsanlage weitere besonders wichtige Parameter.
Neben der Kostenminimierung muss zudem die geforderte Leistung in allen Anwen-
dungsbereichen zuverlässig aufgebracht werden. Diesen Forderungen entsprechend ist der
thermodynamische Arbeitsprozess unter den gegebenen Randbedingungen zu optimieren.
Die Auswahl der Materialien, die eingesetzten Technologien und die Herstellungsverfahren
werden wesentlich von der Wahl des Arbeitsprozesses beeinflusst und können für eine Vor-
auslegungsstudie gut mit einer klassischen Syntheserechnung GTSYN durchgeführt werden.
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 681

Turboshaft-Gasturbine TS

GE T700 / CT7
PW etwa 1100 kW bis 1500 kW

Regelung und
Hilfgeräte

HP-Turbine
Einlauf mit gekühlt LP-Turbine
Separator Ring-Brennkammer ungekühlt

Abb. 7.5-2  Turboshaft-Gasturbine TS mit Axial-Radial-Verdichter und Verstell-Leiträder der ­ersten


Stufen des Verdichters (Abb. 7.3-1). TS-Triebwerk für Hubschrauber und P
­ ropeller-Flugzeuge. Typ
GE T700, PW,max = 1500 kW. Darstellung nach Fa. GE Aviation [Cra78]

LP-Turbine LPT
Einlauf 2-stufig
Nutzleisung PW

Getriebe GB

HP-Turbine HPT
1-stufig
Abtriebswelle Radialverdichter RC
Umkehr-
2-stufig
Brennkammer
Abb. 7.5-3 Turboshaft-Hubschrauber-Gasturbine mit 2 Radialverdichter und Axialturbinen
(MTU-Turbomeca-RR MTR 390, Leistungsklasse PW = 1000 kW)
682 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

Umkehr- LP-Turbine LPT


Brennkammer 2-stufig
Nutzleisung PW
Einlauf

Abtriebswelle Diagonal-Radial- HP-Turbine HPT


Verdichter DRC 2-stufig
T800 -802
2-stufig
Abb. 7.5-4  Turboshaft-Hubschrauber-Gasturbine mit Axial-Radialverdichter und Axialturbinen
(Rolls-Royce/Honeywell T800-802, Leistungsklasse PW  = 1100 bis 1500 kW)

Hubschrauber-
Turboshaft-Gasturbine TS

GE38 aus
T700-TS-Triebwerksfamilie

Hilfsgeräte-
Kompaktbauweise Ring-Brennkammer

Einlauf mit
Separator

3-LP-Turbine
ungekühlt
2-HP-Turbine
Single-Crystal
gekühlt
FADEC-Regelung mit
5+1-Axial-Radial-Verdichter
Prognose-, Diagnose-
mit Erosions-Coating
und Monitor-System
Leistung PW ca. 5600kW, OPR = 18,6, m TS = ca. 500 kg
Abb. 7.5-5  Turboshaft-Gasturbine GE38 der höheren Schubklasse, Bauweise nach GE-T700-Fami-
lie. Axial-Radial-Verdichter 5 + 1, HP-Turbine 2 gekühlt, LP-Turbine 3, FADEC-System mit Prog-
nose-, Diagnose- und Monitorsystem. Darstellung nach Fa. GE Aviation und Sikorsky Corp, USA
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 683

7.5.2.1 Vereinfachte Parameter-Auslegungsstudie
Auch für den realen Arbeitsprozess sind die zu optimierenden Größen primär das
Gesamtdruckverhältnis OPR und die Brennkammer-Austrittstemperatur TET bzw. Tt4.
Diese beiden Parameter können unter Annahme konstanter polytroper Wirkungsgrade
der Turbomaschinen und konstanter Kühlluftströme systematisch variiert werden, wie
in Abb. 7.5-6 für ein Beispiel gezeigt wird [Kur95, GasTurb].
Die Annahmen und daraus resultierenden Arbeitsprozessgrößen sind in Abb. 7.5-7
für den in Abb. 7.5-6 hervorgehobenen Auslegungspunkt zusammengefasst enthalten.
Das Ergebnis einer so vereinfachten Parameterstudie ist allerdings unrealistisch, da der
Kühlluftbedarf abhängig von Temperaturniveau, Stufenzahl und Kühltechnologie nicht
konstant ist.
Die Auswirkung eines veränderten Kühlluftbedarfes ist in Abb. 7.5-8 für ein kons-
tantes Verdichterdruckverhältnis dargestellt. Es wird deutlich, dass der korrekten Aus-
legung des Kühlluftsystems bei der Optimierung des Arbeitsprozesses große Bedeutung
zukommt. Die hierzu notwendige Vorgehensweise wird daher im Weiteren dupetailliert
vorgestellt.
Aus Abb. 7.5-6 kann entnommen werden, dass für eine hohe spezifische Leistung,
das heißt für ein Triebwerk mit kleinem Gewicht und Volumen, eine hohe Brenn-
kammertemperatur notwendig ist. Im Gegensatz hierzu wird deutlich, dass für jedes
Auslegungsdruckverhältnis dem minimalen Brennstoffverbrauch eine Brennkammer-
austrittstemperatur zugeordnet werden kann, die mit dem Auslegungsdruckverhältnis
steigt. Vor diesem Hintergrund ist der Trend bei der Entwicklung moderner Gasturbi-
nen hin zu hohen Gesamtdruckverhältnissen OPR und Brennkammeraustrittstempera-
turen TET zu verstehen.
Es wird im Folgenden vereinfachend nicht zwischen Brennkammer-Austrittstempe-
ratur Tt4 und Turbinen-Eintrittstemperatur SOT = Tt41 unterschieden. Das Ergebnis der
Untersuchungen wird hier dadurch kaum beeinflusst.
Unter der Annahme, dass auf Grund der verwendeten Materialien und Kühltechno-
logie eine Turbinen-Eintrittstemperatur von Tt41 = 1450 K nicht überschritten werden
soll, ergibt sich nach Abb. 7.5-6 das verbrauchsoptimale Gesamtdruckverhältnis OPR
zu etwa 22. Analog ergibt sich das Gesamtdruckverhältnis für die optimale spezifische
Leistung zu 13. Diesen Überlegungen können die Gesamtdruckverhältnisse ausgeführ-
ter Turboshaft-Gasturbinen für Hubschrauber gegenüber gestellt werden, wie sie in
Abb. 7.5-1 angegeben werden.
Bei einem Vergleich mit den in Abb. 7.5-9 dargestellten Daten ausgeführter stationä-
rer Gasturbinen aus der Energietechnik wird deutlich, dass die Wahl der Arbeitsprozess-
Parameter und die daraus sich ergebenden optimalen Auslegungen nicht nur von den
oben erwähnten Arbeitsprozess-Parametern bestimmt werden. Bei einer realistischen
Optimierung müssen bei Änderung der Randbedingungen und bei Berücksichtigung
weiterer Gesichtspunkte z. B. aus der Disziplin Mechanik zu anderen Gesamtdruckver-
hältnissen OPR führen. Beispiele dazu sind in Abschn. 8.2 zu sehen.
684 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

240
[g/(kW h)] 1300 Tt4 [K]
240 1350

spez. Brennstoffverbrauch SFC


1400
1450
240 1500
1550
1600
8 OPR
300

10
280
12
14
260 16
18
20
24 22
240
120 160 200 240 280 320 380

spez. Leistung [kW /(kg/s)]

Abb. 7.5-6 Auslegungspunkt-Parameterstudie von Turboshaft-Gasturbinen der Leistungs-


klasse um 1000 bis 1500 kW. Konstant bleiben: Wirkungsgrade Verdichter und Turbinen.
Parameter: Gesamtdruckverhältnis OPR  =  8…24, Turbinen-Eintrittstemperatur TET bzw.
Tt4 = 1300…1600 K. Annahme: Kühlluftanteil konstant μCl = 5 % [Kur95, GasTurb]

Arbeitsprozessgrößen in den Triebwerksebenen Ergebnisse


. .
Pos. m kg/s Tt K pt Pa m √Θ/δ Arbeitsprozesse
0 288.15 101325
2 3.465 288.15 100312 3.500 PW = 935kW
3 3.240 658.57 1304053 0.381 SFC = 283g/kWh
.
4 3.313 1450.00 1264931 PW/m2
41 3.313 1499.99 0.595
.
45 3.487 1099.41 324344 2.128 mB=0.073
5 3.521 863.31 106495 5.799 η Core = 0.351
3.521 863.31 104365 pt 45 /pt 44
pt8/pamb = 1.03
Vorgabe Komponentenwirkungsgrade M8 = 0.21
. .
Wirkungsgrade isentrop polytrop Πt mHC1/m2= 0- 050
. .
Kompressor 0.82 0.87 13.0 mNC1/m2= 0-010
. .
HP-Turbine 0.85 0.82 3.8 mBld/m2=0.005
LP-Turbine 0.89 0.87 3.0

Abb. 7.5-7 Arbeitsprozessgrößen im Auslegungspunkt der Referenz-Turboshaft-Gasturbine in


Zweiwellen-Bauweise mit typischen Eckwerten zu Abb. 7.5-1
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 685

360
[g/(kW h)
1300 Tt4 [K] OPR = 13 = const
340 0.10
1-stufige HP-Turbine

spez. Brennstoffverbrauch SFC


0.08 1350
320 0.06 1400
Kühlluftanteil
µ CL 0.04
1% 1450
300
1500
1550
1600
280

260

240

220
150 200 250 300 350
spez. Leistung [kW /(kg/s)]

Abb. 7.5-8  Einfluss des Kühlluftbedarfs auf die Auslegung einer Zweiwellen-Turbosfhaft-Gastur-


bine auf den SFC und die spez. Leistung (ηCis, ηTis = const) [Kur95, GasTurb]

Gasturbine Hersteller EIS OPR PW


stationär [-] [MW]
Energietechnik
GT26 ALSTOM 1996 34
GT24 ALSTOM 1996 32
GT13E2 ASLTOM 1991 16,5
GT11N2 ALSTOM 1994 15,5
GT8C2 ALSTOM 1995 17,6

Abb. 7.5-9  Gesamtdruckverhältnisse OPR stationärer Gasturbinen. Beispiele der Fa. Alstom

7.5.2.2 Realistische Parameter-Auslegungsstudie mit Optimierung


Für die Abb. 7.5-6 und 7.5-8 sind konstante, isentrope Wirkungsgrade sowohl beim
Verdichter als auch bei den Turbinen verwendet worden. Das kann bei Vorauslegungen
allgemein so angenommen werden. Bei Verwendung des polytropen Wirkungsgrades
ergibt sich als verbrauchsoptimales Druckverhältnis ein nur geringfügig kleinerer Wert
als OPR = 22.
Bei einer realen Optimierung der Arbeitsprozessparameter muss eine Wahl von kon-
kreten Stufenzahlen z für die Turbinen getroffen werden. So ist z. B. für die hier vorge-
stellte beispielhafte Auslegungsrechnung entweder eine einstufige oder eine zweistufige
Hochdruckturbine zu verwenden. Die Optimierung muss somit zweimal durchgeführt
werden, um im Anschluss beide Alternativen vergleichend zu bewerten.
686 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

360
[g/(kW h) 1-stufige HP-Turbine
340 Tt4 [K]
1300
spez. Brennstoffverbrauch SFC
1350
1400
320 1450
1500
1550
1600
1% 8 OPR
300

10
280
12
14
260 16
20 18

240

220
150 200 250 300 350
spez. Leistung [kW/(kg/s)]

Abb. 7.5-10  Auslegung eines Turboshaft-Gasturbine mit einstufiger Hochdruckturbine [Kur95,


GasTurb]

Triebwerksoptimierung mit einstufiger Hochdruckturbine  Zunächst wird die Ausle-


gung unter Annahme einer einstufigen Hochdruckturbine betrachtet. Ihr Wirkungsgrad
ist stark abhängig von ihrer Belastung (Abschn. 4.3). Wird ein vereinfachtes Verfahren
zur Turbinenauslegung herangezogen, kann eine Korrelation zwischen aerodynamischer
Belastung, Wirkungsgrad und anderen wichtigen Größen abgeleitet werden.
Die Drehzahl, das Nabenverhältnis und der Durchmesser der Turbinen wurden für die
folgende Auslegung so gewählt, dass für den in Abb. 7.5-7 dokumentierten Auslegungspunkt
mit einem Druckverhältnis Π = 13 und einer Brennkammertemperatur Tt4 = 1450 K güns-
tige Bedingungen herrschen. Am Verdichtereintritt wurden die axiale Mach-Zahl sowie die
Umfangsgeschwindigkeit am Außenradius und das Nabenverhältnis vorgegeben. Mit dem
gleichen Massendurchsatz ergeben sich dann für alle Punkte in den Diagrammdarstellungen
bei allen untersuchten Maschinen gleiche Werte für Verdichterdrehzahl und Verdichter-
durchmesser. Dazu passend werden für die Turbinen die Durchmesser und die Nabenver-
hältnisse konstant gehalten. Damit ist auch die mechanische Belastung der Turbomaschinen
für alle Auslegungsvarianten gleich. Die absolute Leistung ist wegen des somit konstanten
Massendurchsatzes direkt proportional zur spezifischen Leistung.
Die in Abb. 7.5-10 für die Auslegung mit einer einstufigen Hochdruckturbine dar-
gestellten Ergebnisse unterscheiden sich wesentlich von den in Abb. 7.5-6 vorgestellten
Werten. Bei einer Turbineneintrittstemperatur von 1450 K liegt das verbrauchsoptimale
Gesamtdruckverhältnis bei nur 15,2.
In den Abb. 7.5-11 und 7.5-12 werden weitere Ergebnisse der Parameterstudie mit
einstufiger Hochdruckturbine vorgestellt. Hier sind nicht nur der Wirkungsgrad wichtig,
sondern auch die Mach-Zahl und die Richtung der Strömung hinter der Turbine. Hohe
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 687

0
1-stufige HP-Turbine

-10
8 OPR
HP-Turbine Abströmwinkel
-20
10

12
-30
14
16
18 20
-40
1300
1350
1400
1450
1500
-50 Tt4 [K] 1600 1550

-60
0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
HP-Turbine Austritts-Machzahl

Abb. 7.5-11  Strömungswinkel und Machzahl am Austritt der einstufigen HP-Turbine für die Aus-
legungspunkt. Parameterstudie entsprechend den Auslegungen nach Abb. 7.5-10 [Kur95, GasTurb]

0.88
HPT OPR 8
0.87
10
HP-Turbinen Wirkungsgrad

0.86
12
14
0.85
16
18
0.84
20
1300
0.83 1350
1400
1450
1500
0.82 1550
Tt4 [K] 1600

0.81
2 4 6 8
HP-Turbinen-Druckverhältnis

Abb. 7.5-12  Isentroper Wirkungsgrad der einstufigen HP-Turbine für die Auslegungsparameter-


studie nach Abb. 7.5-10 [Kur95, GasTurb]

Machzahlen und großer Drall in der Strömung sind für den Zwischenkanal und die Nie-
derdruckturbine ungünstig. Auslegungen mit Machzahlen über M = 0,5 und mit Strö-
mungswinkeln am Turbinenaustritt gemessen zur Triebwerksachse über 30–35° sollten
dabei möglichst vermieden werden.
688 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

1100
TMet [K] Tt4 [K] 1600
1550
1050
1500
mittlere Materialtemperatur
HP-Turbine Rotorschaufel 1000
1450

1400

950 1350
1300
20 18
900 16 14
12
10
OPR 8
850

800
150 200 250 300 350
Spezifische Leistung [kW / (kg/s)]

Abb. 7.5-13 Mittlere Mupetalltemperaturen der Rotorschaufel der einstufigen HP-Turbine für


die Auslegungsstudie nach Abb. 7.5-10 bis 7.5-12 [Kur95, GasTurb]

Eine weitere wichtige Verbesserung dieser Parameterstudie wird erzielt, wenn die
Berechnung des Kühlluftbedarfes in der Arbeitsprozessrechnung integriert durchgeführt
wird. Eine solche Betrachtung führt zu der mittleren Mupetalltemperatur der Rotor-
schaufel wie sie in Abb. 7.5-13 zu sehen ist. Bei konstanter Turbineneintrittstemperatur
ist die Schaufeltemperatur keineswegs konstant. Das ergibt sich hauptsächlich aus dem
Anstieg der Kühllufttemperatur mit dem Verdichterdruckverhältnis.
Ein nicht unwesentlicher Sekundäreffekt ist dabei, dass das Verhältnis von Rela-
tivtemperatur der Rotorströmung zur Turbineneintrittstemperatur mit steigender
Turbinenbelastung bzw. mit steigendem Verdichterdruckverhältnis sinkt. Dies wird
am Ende dieses Abschnitts bei der Diskussion zur Wahl der Turbinenstufenzahl
behandelt.

Auslegungen mit vorgegebener Mupetalltemperatur  Die Kosten für Hochdruckturbi-


nenschaufeln hängen wesentlich von dem verwendeten Material ab. Einkristallschaufeln
erlauben hohe Betriebstemperaturen, sind aber meist sehr teuer. Wofür auch immer sich
der Auslegungsingenieur entscheidet, mit der Wahl des Materials ist implizit auch eine
Mupetalltemperaturgrenze gegeben. Diese Grenze hängt von der gewünschten Lebens-
dauer und der mechanischen Belastung ab.
Während der Kühlluftbedarf für eine vereinfachte Auslegung konstant mit 5 % ange-
nommen werden kann, kann hier der Kühlluftbedarf abhängig vom eingesetzten Mate-
rial in der Auslegungsrechnung integriert berechnet werden. Hierbei wird beispielhaft
angenommen, dass eine konstante Mupetalltemperatur für die Hochdruckturbinen-
schaufel erzielt werden soll.
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 689

0.65
16 OPR
14
0.60
12
10
Cl 8
0.55
Kühllufteffektivität

0.50

0.45

0.40

Tt45 = 1100 K
0.35

0.30
1300 1400 1500 1600
Brennkammer-Austrittstemperatur T t4 [K]

Abb. 7.5-14 Kühleffektivität des ersten Rotors der HP-Turbine abhängig von Brennkammer-


Austrittstemperatur Tt4 und dem Gesamtdruckverhältnis OPR [Kur95, GasTurb]

360
[g/(kW h)
340 1-stufige HP-Turbine
spez. Brennstoffverbrauch SFC

Tt45 = 1100 [K]


320
Tt4 [K]
1300 8 OPR
1%
300
1350
1400 10
280 1450
1500 12
1550 14
1600 16
260

240

220
150 200 250 300 350
spezifische Leistung [kW/(kg/s)]

Abb. 7.5-15 Auslegungspunkt-Parameterstudie einer Turboshaft-Gasturbine mit einstufiger


Hochdruckturbine bei besonderer Beachtung der Materialtemperaturen und der Kühlluftanteile
[Kur95, GasTurb]

Da das komplexe Kühlluftsystem in der Rechnung vor dem ersten Turbinenrotor


vereinfacht über einen einzigen Kühlluftstrom abgebildet werden kann, ist zu beachten,
dass die hiermit errechnete Mupetalltemperatur der Rotorschaufeln unrealistisch niedrig
ist. Dies kann über eine verfeinerte Darstellung des Kühlluftsystems erfasst werden. Die
690 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

erforderlichen Kühlluftströme können abhängig von Tt4 und OPR dargestellt werden.
Abbildung 7.5-14 zeigt dazu die Kühleffektivität ηCl abhängig von Tt4 und OPR mit der
Temperaturgrenze Tt45 = 1100 K.
Die Kühlluftmenge steigt mit dem Verdichterdruckverhältnis, da auch die Kühlluft-
temperatur ansteigt. Beachtenswert ist, dass der Kühlluftbedarf näherungsweise linear
und nicht exponentiell mit der Turbineneintrittstemperatur ansteigt.
In Abb. 7.5-15 sind der spezifische Verbrauch SFC und die spezifische Leistung für
die Arbeitsprozessoptimierung mit einstufiger Hochdruckturbine bei konstanter Schau-
feltemperatur dargestellt. Gegenüber Abb. 7.5-10 zeigt sich wieder eine deutliche Ver-
änderung: Das Verbrauchsminimum für eine Turbineneintrittstemperatur von 1450 K
wird nun bei einem Druckverhältnis von 14 erreicht.
Ferner ist festzustellen, dass der spezifische Verbrauch unter den gegebenen Annah-
men trotz erheblich zunehmender Kühlluftmenge mit steigender Turbinen-Eintrittstem-
peratur im untersuchten Bereich immer noch sinkt.
Zusätzlich zu den Laufschaufeln der Turbinenstufe müssen die Schaufeln des Turbi-
nen-Eintrittsleitrades mit betrachtet werden. Dort treten lokal hohe Temperaturen auf.
Bei einem angenommenen Wert für einen Temperatur-Verteilungsfaktor OTDF (overall
temperature distribution factor, Kap. 5) von 25 % ergeben sich bei einer mittleren Brenn-
kammer-Austrittstemperatur Tt4 von 1500 K, die zu einer Rotor-Eintrittstemperatur Tt41
von 1450 K passt, lokale Temperaturspitzenwerte um 1700 K.
Eine weitere Grenze stellt die zulässige Eintrittstemperatur Tt45 der Niederdruckturbine dar.
Da von deren Eintrittsleitrad bzw. von deren Stützrippen im Übergangskanal zwischen beiden
Turbinen auch die lokalen Temperaturspitzen bei Überlastbetrieb ertragen werden müssen,
liegt der zulässige Wert für eine mittlere Temperatur relativ niedrig. Für das hier behandelte
Auslegungsbeispiel soll als maximale LP-Turbinentemperatur ein Wert von 1100 K gelten.
Über die bisherige Diskussion hinaus sind noch zwei weitere Kriterien zu beachten.
Wie aus Abb. 7.5-14 zu erkennen ist, bedeutet der Temperaturschritt von 1450 K auf
1500 K Eintrittstemperatur eine notwendige Steigerung der Kühllufteffektivität von 0,5
auf 0,56. Das kann eine erheblich komplexere Kühlkonfiguration erfordern. Zudem darf
nicht außer acht gelassen werden, dass längs der Kurve Tt45 = 1100 K das dazugehö-
rige OPR bzw. Verdichterdruckverhältnis von 13 auf 16 (bei Tt41 = 1500 K) steigt. Das
bedeutet mehr Verdichterstufen oder einen Verdichter mit besserer Qualität.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass für die hier untersuchte Turboshaft-Gastur-
bine mit einstufiger Hochdruckturbine das optimale Druckverhältnis etwa bei 13 bis 14
liegt und die Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 etwa 1450 bis 1500 K betragen sollte.

Wellenleistungstriebwerke mit zweistufiger Hochdruckturbine  Während für die ein-


stufige Turbine geringere Herstellkosten, weniger Kühlluftbedarf, geringeres Gewicht,
kleineres Massenträgheitsmoment und kleineres Volumen sprechen, hat die zweistufige
Turbine einen deutlich besseren Wirkungsgrad, mehr Potential für spätere Leistungsstei-
gerungen der Maschine, kleinere Mach-Zahlen und weniger Drall in der Abströmung.
Der Vergleich zwischen Ausführung mit einstufiger Hochdruckturbine und zweistufiger
Hochdruckturbine ist daher großer Sorgfalt durchzuführen.
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 691

0.89

HPT is
9 10 11 12
0.88 OPR 8 13
14
15
HP-Turbine-Wirkungsgrad isentr. 16 2-stufige

0.87 HP-Turbine
OPR 8
9
0.86 10
11
12
0.85
13
14 1-stufige
0.84 15 HP-Turbine
16

0.83
2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0
HP-Turbinen-Druckverhältnis

Abb. 7.5-16 Isentroper Turbinenwirkungsgrad abhängig vom HP-Turbinen-Druckverhältnis


einer Auslegungspunkt-Parameterstudie für Turboshaft-Gasturbinen mit 2-stufiger Hochdruck-
turbine HPT gegenüber der Auslegung mit 1-stufiger HP-Turbine [Kur95, GasTurb]

30

20 8
10 9
12 11
2-stufige HP-Turbine
HP-Turbine Abströmwinkel

10 13
14
15
0 OPR 16

-10
8
-20 9

OPR 10 1-stufige HP-Turbine


-30 11
12
-40 13 14
15
16
-50
0.35 0.40 0.50 0.50 0.55 0.60
HP-Turbinenaustritts-Mach Zahl

Abb. 7.5-17  Abströmwinkel einer 1-stufigen oder 2-stufigen HP-Turbine abhängig von der HP-
Turbinen-Abström-Mach-Zahl und OPR bzw. dem Verdichterdruckverhältnis ΠC für eine Ausle-
gungspunkt-Parameterstudie [Kur95, GasTurb]
692 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

320
[g/(kW h)
8 OPR
310
spez. Brennstoffverbrauch SFC
1% 9
300

10
290 1-stufige HP-Turbine 11
12
16 15 14 13

280

270 2-stufige HP-Turbine

260
250 255 260 265 270 275 280
Spezifische Leistung [kW / (kg/s)]

Abb. 7.5-18  Auslegungspunkt-Parameterstudie einer 2-Wellen-Turboshaft-Gasturbine mit


2-stufiger Hochdruckturbine HPT gegenüber der Auslegung mit einer 1-stufigen HP-Turbine.
Angenommen: Konstante Temperaturen Tt4 = 1450 K, TMat um 900 K = const, OPR
bzw. Verdichterdruckverhältnis OPR = 8…16 [Kur95, GasTurb]

Für das hier behandelte Modelltriebwerk ist der Wirkungsgradunterschied aus


Abb. 7.5-16 abzulesen. Die Änderung der Abströmverhältnisse bei 1- oder 2-stufiger HP-
Turbine ist in Abb. 7.5-17 dargestellt.
Wird analog zur Auslegung mit einstufiger Hochdruckturbine die Temperatur auf
1450 K festgelegt, ergibt sich für eine konstante Mupetalltemperatur das Diagramm ent-
sprechend Abb. 7.5-18. Als optimales Druckverhältnis einer realen Maschine würde ein
Wert etwa von 13 bis 14 gewählt werden können. Der minimale Verbrauchsvorteil bei
höheren Druckverhältnissen rechtfertigt aber nicht den zusätzlichen Aufwand auf der
Verdichterseite. Der Vorteil eines Triebwerks mit zwei statt einer Hochdruckturbinen-
stufe beträgt im vorliegenden Beispiel beim Brennstoffverbrauch um 3 bis 3,5 %.

Zusammenfassung und Hinweise zur optimierten Auslegung einer Wellenleistungs-Gas-


turbine  Eine Arbeitsprozess-Parameterstudie in einfacher Art führt nicht immer in allen
Bereichen zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Nur wenn alle Randbedingungen für die
Auslegung der Komponenten beachtet werden, wird auch ein realitätsnahes Ergebnis für das
optimale Druckverhältnis und die günstigsten Turbineneintrittstemperatur erzielt.
Das behandelte Beispiel ist typisch für Auslegungen von effizienten Turboshaft-
Gasturbinen der Energietechnik und besonders der Hubschrauber-Triebwerke. Der
Schwerpunkt der Untersuchungen lag hier bei der gekühlten Hochdruckturbine. Die
Verdichterauslegung wurde nur gestreift und die Auslegung der Nutzturbine wurde hier
im Dupetail nicht ausführlich berücksichtigt.
7.5  Turboshaft-Gasturbine, Auslegungsmethodik und Optimierung 693

Eine genaue Verdichterauslegung ist im Rahmen einer groben Arbeitsprozessstudie


nicht unbedingt notwendig. Es genügt, die Drehzahl aus Nabenverhältnis, Durchsatz
und Spitzenumfangsgeschwindigkeit am Eintritt in den Verdichter zu bestimmen. Die
Stufenzahl ergibt sich sodann aus dem Druckverhältnis.
Der Wirkungsgrad des Verdichters hängt von seiner Bauart z. B. axial, radial oder
kombiniert axial-radial ab sowie von der aerodynamischen Belastung, dem Technologie-
niveau und der absoluten Größe des Triebwerks. Bei kleinen Verdichtern werden ten-
denziell niedrige Wirkungsgrade nicht nur wegen der kleinen Reynoldszahlen, sondern
auch wegen der auf die Schaufelhöhe bezogenen relativ großen Spalte erhalten.
In den oben beschriebenen Beispielen wurde weiterhin ein konstanter polytroper
Wirkungsgrad für die Nutzturbine verwendet. Eine ausführliche Auslegung kann analog
wie bei der Hochdruckturbine erfolgen.
Die Drehzahl ist in der Regel durch das Getriebe des Hubschraubers vorgegeben.
Die Vielzahl der bei einer Optimierung zu beachtenden Parameter lässt es kaum zu,
in allen Punkten realitätsnahe Auslegungsdiagramme zu erstellen. Hier müssen Ausle-
gungsprogramme wie GTSYN oder noch besser GTSSD auf entsprechenden Rechnern
herangezogen werden. So ist es zum Beispiel mit Hilfe des GTSYN-Programmes Gas-
Turb möglich, die vorgestellten Beispiele nachzuvollziehen und zusätzliche Parame-
terstudien auch grafisch darzustellen. Damit können weitere Parameterstudien und
Optimierungen mit geänderten Komponentenwirkungsgraden angestellt werden.
Weiterhin ist es möglich, z. B. folgende Aufgaben zu behandeln wie die optimale Aus-
legung der Nutzleistungsturbine und optimale Verdichterdruckverhältnisse beim Betrieb
einer Gasturbine mit Wärmetauscher (Abschn. 7.4).
Die Ergebnisse der thermodynamischen Arbeitsprozessrechnungen auf GTSYN-Basis
stimmen bereits gut mit den umfangreichen multidisziplinären Programmen GTSSD für
Großrechenanlagen überein. Dupetails der Komponentenauslegung müssen im Einzel-
fall kritisch geprüft werden.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[ AGA68] AGARD: Helicopter Propulsion Systems. AGARD CP No. 31, Ottawa (1968)
[AGA81] AGARD: Helicopter Propulsion Systems. AGARD CP No. 302 Toulouse (1981)
[AGA86] AGARD: Engine-Airframe Integration for Rotorcraft. AGARD LS No. 148, St.
Louis (1986)
[Bau62] Bauerfeind, K.: Einfluss des Kraftstoff-Regelsystems auf die Schubcharakteristik
eines Einwellen-Einstrom-Strahltriebwerkes. Luftfahrttechnik 8 (Dez.) (1962)
[Bau68] Bauerfeind, K.: Die exakte Bestimmung des Übertragungsverhaltens von Turbo-
strahltriebwerken unter Berücksichtigung des instationären Verhaltens seiner
Komponenten. Dissertation, TU München (1968)
[Bir00]
Birch, N.T.: 2020 Vision: The Prospects for Large Civil Aircraft Propusion,
Advanced Propulsion System Design. Rolls-Royce plc, Derby (2000)
694 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

[Bra94] Braig, W., Riegler, C.: Berücksichtigung des Einflusses des Isentropenexponenten
auf die Kennfelder von Turbinen. Forschung im Ingenieurwesen (1994)
[Bro82] Brockmann, H.: Die Entwicklung der Fahrzeug-Gasturbine GT 601. MTZ 43
(1982) 7/8 (1982)
[Cla92] Claus, R.W., Evans, A.L., Follen, G.J.: Multidisciplinary Propulsion Simulation
using NPSS, AIAA-92-4709 (1992)
[Coh96B] Cohen, H., Rogers, G.F.C., Saravanamuttoo, H.1.H.: Gas Turbine Theory, 4. Aufl.
Longman Group, Ltd, Essex (1996)
[Cra73]
Crawford, W.J.: The T 700-GE-700 Turboshaft Engine Program. SAE-Paper
730917, Los Angeles (1973)
[Cra78] Crawford, W.J.: Neue technologische Forderungen an Turbinen- Triebwerke von
Hubschraubern für die 80er Jahre. General Electric, XII. Intern. Hubschrauberfo-
rum Bückeburg (1978)
[Cum03B] Cumpsty, N.A.: Jet Propulsion. Cambridge University Press (2003)
[Die93] Dietrichs, H.-J., Malzacher, F., Broichhausen, K.: Development of a HP-turbine for
a small helicopter engine. In: AGARD Conference on Technology Requirements
for Small Gas Turbines, Conference Proceedings No. 537, Montreal, CDN (1993)
[Dub86] Dubiel, D.J.: Energy Efficient Engine E3: Combustor Component Performance
Program. Final Report, NASA-CR-179533 (1986)
[Ear86]
Early, M.L.: Influence of Engine Variables on Future Helicopter Systems. In
AGARD LS No. 148: Engine-Airframe Integration for Rotorcraft, St. Louis (1986)
[Eck70] Eckert, B.: Die Gasturbine als Antriebsmaschine für das schwere Straßenfahrzeug,.
MTZ 31 (1970)
[Eva98] Evans, A., Follen, G., Naiman C., Lopez, I.: Numerical Propulsion Systems Simu-
lations National Cycle Program, AIAA-98-3113,. 34th AIAA/ASME/SAE/ASEE
Joint Propulsion Conference & Exhibit, Cleveland (1998)
[Fis72] Fishbach, L.H., Koenig, R.W.: GENENG II – A Program for Calculating Design
and Off-design Performance of Two- and Three-spool Turbofans with as Many as
Three Nozzles. NASA TN D-6553 (1972)
[Fis75] Fishbach, L.H., Caddy, M.J.: NNEP – The Navy/NASA Engine Program, NASA
TM-X-71857 (1975)
[Fis80] Fishbach, L. H.: Computer Simulation of Engine Systems. AIAA- 80-0051, Pasa-
dena (1980)
[Fis88] Fishbach, L.H., Gordon, S.: NNEPEQ – Chemical Equilibrium Version of the
Navy NASA engine program. NASA TM-100851, NASA Lewis (1988)
[Fla67] Flagg, E.E.: Analytical Procedure and Computer Program for Determining the Off
Design Performance of Axial Flow Turbines. NASA CR 710 (1967)
[Gab98] Gabler, R.: Betriebsverhalten von Wellenleistungsgasturbinen bei Verdichterinsta-
bilitäten und Methoden zur Realisierung. Dissertation, TU München (1998)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2005)
[GasTurbDet] Kurzke, J.: Gasturbdetails – utility for gasturb performance simulations. Manual.
www.gasturb.de (2005)
[ Gla76] Glassman, A.J.: Computer Program for Design and Analysis of Radial Inflow Tur-
bines. NASA Technical Note, TN 8164 (1976)
[Gon08] Gonser, H.: Untersuchungen zum Einsatz von Wärmetauschern in zivilen Turbo-
flugtriebwerken. Dissertation, Universität Stuttgart (2008)
[Gor96] Gordon, S., McBride, B.J.: Computer Program for Calculation of Complex Che-
mical Equilibrium Compositions and Applications. Users Manual and Program
Description. NASA Ref. Publication 1311 (1996)
Literatur 695

[ Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser, Basel (2004)


[Gri81] Grieb, H., Klussmann, W.: Regenerative Helicopter Engines – Advances in Perfor-
mance and Expected Development Problems. AGARD, Toulouse (1981)
[Hag82K] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen, Verlag G. Braun, Karlsruhe
(1982)
[Har86] Harmon, R.A.: Turbines for tanks. In: Mechanical Engineering, Bd. 108/No. 6
(1986)
[Hei77] Heilmann, W.: Die Entwicklung von Gasturbinen kleiner Leistung mit regenerati-
vem Wärmetauscher in der MTU. MTZ 38
[Hen95] Henrich, E.: Kühlung von thermisch hochbelasteten Gasturbinenbauteilen. MTU
Focus, Luftfahrtantriebe, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Heft 1 (1995)
[Hol95] Hollmeier, S., Rick, H., Rupp, O.: Universelle Leistungssynthesrechnung MUSYN
von Gasturbinen und Flugantrieben. Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München,
LFA-HoRiRu-6/95 (1995)
[Hol95] Hollmeier, S., Rick, H., Wagner, O.: Zur Echtzeitsimulation von Hyperschallkom-
binationstriebwerken im Flugsimulator. DGLR-Jahrestagung 1995, Bonn (1995)
[Hol97] Hollmeier, S.: Simulation des Betriebsverhaltens von Antrieben für Raumtrans-
porter/ Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München (1997)
[Hou81]
Hourmouziadis, J., Kreiner, H.B.: Component Design and Development for
Future Helicopter. Seventh European Rotorcraft and Powered Lift Aircraft
Forum, DGLR, Garmisch Partenkirchen (1981)
[Hou82] Hourmouziadis, J., Klussmann, W.: Zukünftige Entwicklung von wirtschaftlichen
Wellenleistungsgasturbinen. MTU München, Seminar für Flugantriebe und Gas-
turbinen, TU München (1982)
[ICA81] ICAO: Aircraft Engine Emissions, International Standards and Recommended
Practices, ICAO, Annex 16, Bd. II, 1.Aufl. (1981)
[ICA88] ICAO: International Standards and Recommended Practices Environmental Pro-
tection. Annex 16 to the Convention on International Civil Aviation; Bd. 1, Air-
craft Noise, 2. Aufl., International Civil Aviation Organization (ICAO), Montreal
(1988)
[ICA91]
ICAO: International Standards and Recommended Practices, Environmental
Protection. Annex 16 to the Convention on International Civil Aviation, Bd. II,
Aircraft Engine Emissions, 2. Aufl. International Civil Aviation Organization
(ICAO), Montreal (1991)
[Jes02] Jeschke, P., Kurzke, J., Schaber, R., Riegler, C.: Preliminary Gas Turbine Design
Using the Multidisciplinary Design System Mopeds. ASME TURBO EXPO 2002,
GT-2002-30496, Amsterdam (2002)
[Jes02] Jeschke, P., Kurzke, J., Schaber, R., Riegler, C.: Preliminary gas turbine design
using the multidisciplinary design system MOPEDS. J. Eng. Gas Turb Power 126,
258–264 (2004)
[ Joo06B] Joos, F.: Technische Verbrennung. Springer, Berlin (2006)
[Kai10] Kainz, M., Danner, D., Le Chuiton, F., Kau, H.-P.: Numerical Investigation into
the Unsteady Aerodynamics of a Ducted Helicopter Tail Rotor under Side-wind
Conditions. GT2010-22142, ASME Turbo Expo 2010, Glasgow (2010)
[ Kay72B] Kays, W.M.: Compact Heat Exchangers. AGARD LS 57–72 (1972)
[Kay73B]
Kays, W.M., London, A.L.: Hochleistungswärmeübertrager. Akademie-Verlag,
Berlin (1973)
[Koe72] Koenig, W., Fishbach, L.H.: GENENG – A Program for Calculating Design and
Off-design Performance for Turbojet and Turbofan Engines, NASA TN D-6552,
NASA Lewis Research Center (1972)
696 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

[Kop00]
Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und
Störeffekten für Hyperschall- Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München (2000)
[Küh43] Kühl, H.: Grundlagen der Regelung von Gasturbinen für Flugzeuge. Teil 1:Ver-
einheitlichung der Berechnung der Regelung von GT Triebwerken für Flugzeuge
durch Anwendung der Ähnlichkeitsgesetze. Deutsche Lufa-FB 1796/1, DVL Ber-
lin, 1943. Teil 2: Gemeinsame Prinzipien der Regelung bei TL-, PTL- und ZTL-
Triebwerken. Deutsche Lufa-FB 1796/2, DVL Berlin, 1943. Teil 3: Regelung von
TLTriebwerken. Deutsche Lufa-FB 1796/3, DVL Berlin (1943)
[Kur02] Kurzke, J.: Performance Modeling Methodology: Efficiency Definitions for Cooled
Single and Multistage Turbines. ASME 2002-GT-30497 (2002)
[Kur03] Kurzke, J.: Preliminary design. In: Aero-Engine Design: A State of the Art. VKI
Lecture Series 2003-06 (2003)
[Kur05] Kurzke, J.: GasTurb11 – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual.www.gasturb.de (2005)
[Kur05B] Kurzke, J.: GasTurb 11. Programm for Gas Turbine Performance Calculations.
User’s Manual. www.gasturb.de (2005)
[Kur07]
Kurzke, J.: Engine and Component Performance, Design Decisions and Off-
design Basics. Gas Turbine Performance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Kur07] Kurzke, J.: GasTurb 11, Program for Design and Off design Performance of Gas-
turbines. www.gasturb.de (2007)
[Kur95] Kurzke, J.: Advanced User-friendly Gas Turbine Performance Calculations on a
Personal Computer. ASME 95-GT-147 (1995)
[ Lec03B] Lechner, C. et al. (Hrsg.): Stationäre Gasturbinen. Springer, Berlin (2003)
[Lef98B] Lefebvre, A.H.: Gas Turbine Combustion, 2. Aufl. Taylor & Francis, Philadelphia
(1998)
[Mat06B] Mattingly, J.D.: Elements Propulsion: Gas Turbines and Rockets. AIAA Education
Series, Reston (2006)
[Men85] Menrath, M., Rick, H.: Verfahren zur digitalen Simulation von Hubschrauber-
Antriebssystemen. DGLR-Jtg., DGLR, Bonn (1985)
[Men89] Menrath, M.: Experimentelle Kennwertermittlung und Systemanalyse bei Hub-
schrauber-Gasturbinen. Dissertation, TU München (1989)
[Mug78] Muggli, W., Rick, H., Spirkl, A.: Numerische Berechnungsverfahren zur Bestim-
mung des stationären Betriebsverhaltens von Fluggasturbinen. DFG-Bericht RI-
324/1/1978/1 (1978)
[Mug81] Muggli, W.: Zum Betriebsverhalten von Turboluftstrahlantrieben unter besonderer
Berücksichtigung der gekühlten Hochdruckturbine. Dissertation, TU München (1981)
[Mug82] Muggli, W., Rick, H.: Zur Berechnung der Kennfelder gekühlter mehrstufiger Axi-
alturbinen. MTZ 1
[Mug84] Muggli, W., Rick, H.: Zur numerischen Berechnung des Betriebsverhaltens von
Gasturbinen-Luftstrahltriebwerken mit Hilfe eines Universell Modularen Simula-
tionsprogramms (MUSYN). Institutsbericht LFA-MuRi-4/84, Lehrstuhl für Flug-
antriebe, TU München (1984)
[Mug88] Muggli, W., Rick, H.: Engine Aspects in the Design of Advanced Rotorcraft. 14th
European rotorcraft forum, No. 24, Milano (1988)
[Mün72B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft und
Raumfahrtantriebe, Springer, Berlin (1972)
[Mün76] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: The Pros and Cons of Variable Geometry Turbines.
48 AGARD-Meeting, PEP, Paris (1976)
Literatur 697

[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.


Springer, Berlin (1977)
[Pel92] Pellischek, G., Reile, E.: Compact Energy Recovery Units for Vehicular Gas Turbi-
nes, SAE 92015 1, International Congress & Exposition, Detroit (1992)
[Pre00] Preiß, A., Kreiner, A., Erhard, W.: Monitoring of critical inlet air conditions for
helicopter gas turbines. In: 20th AIMS Symposium, Garmisch-Partenkirchen
(2000)
[Raa00] Raab, I., Artmeier, M., Wilfert, G.: Technologieerprobung für schnelllaufende
Niederdruckturbinen für wirtschaftliche und umwelt-schonende Triebwerke.
MTU Technik Berichte, DGLR Jahrestagung (2000)
[Ric05] Rick, H., Bauer, A., Esch, T., Hollmeier, S., Kau, H.-P., Kopp, S., Kreiner, A.:
Hypersonic highly integrated propulsion systems – design and off-design simula-
tion. Chapter 5.3.2. In: "Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit
Vehicles. DFG, Wiley-VCH (2005)
[Ric72] Rick, H.: Luftatmende Triebwerke und Komponenten (Kap. B.1.1, 2, 4, 5, C.1.3,
1.5). In Münzberg H.G., (Hrsg.) Flugantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Ric75] Rick, H.: Zur aerodynamischen Auslegung und zum Betriebsverhalten eines Drei-
wellen-Zweistrom-Triebwerks mit Strahlmischung. In: Münzberg, H.G., Rick, H.,
Rist, D.(Hrsg.) Bericht 7-75 Ri Rt00 BMVtg. TU München (1975)
[Ric76] Rick, H., Kurzke, J.: Zur Kennfeldberechnung ein- und mehrstufiger Axialturbi-
nen bei vorgegebener Stufengeometrie. 47th AGARD-Meeting, Köln (1976)
[Ric76] Rick, H., Kurzke, J.: Zum Betriebsverhalten von Verbund- Zweistrom-Turboluft-
strahltriebwerken mit verstellbaren Düsen und Turbinen. ZFW, Heft 5, Vieweg,
Braunschweig (1976)
[Ric81] Rick, H., Muggli, W.: Zur Berechnung von Kennfeldern mehrstufiger Axialturbi-
nen. MTZ 1 (1982)
[Ric82] Rick, H.: Zur digitalen Simulation des stationären und instationären Betriebs- und
Leistungsverhaltens von Fluggasturbinen insbesondere von Hubschrauber-Trieb-
werken. Habilitationsschrift, TU München (1982)
[Ric82] Rick, H., Muggli, W.: Generalized Digital Simulation Technique with Variable
Engine Parameter Input for Steady State and Transient Behaviour of Aero Gas
Turbines. In: 60th Symposium of Propulsion and Energetics Panel (AGARD),
Marathon, Greece (1982)
[Ric88] Rick, H., Muggli, W.: Einfluß neuer Antriebstechnologien auf das Betriebsverhal-
ten zukünftiger Hubschrauber- und Kipprotor-Flugzeuge. Jtag. 1988, DGLR, Ber.-
Nr. 88-013, Darmstadt (1988)
[Ric89]
Rick, H., Bogner, S.: AGATA-Fahrzeug-Gasturbine AGT89/3, Betriebsverhal-
ten stationär/dynamisch. Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München, LFA-TUM-
Ri/Bo-12/89 (1989)
[Ric98B] Rick, H.: Numerische Methoden zur Berechnung des Betriebsverhaltens von Gas-
turbinen und Flugantrieben. Vorlesung TU München (1998)
[Rie00] Riegler, C., Bauer, M., Kurzke, J.: Some aspects of modelling compressor behavior in
gas turbine performance calculations. ASME 2000-GT-0574, J. Turbomach. (2001)
[Rie97] Riegler, C.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren für Turboflugtriebwerke
mit Kennfelddarstellung für Wärmeübertragungsvorgänge. Dissertation, Univer-
sität Stuttgart (1997)
[RTO07] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simula-
tion of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power
Generation. RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
698 7  Betriebsverhalten und Simulation von Turbojet und Turboshaft-Gasturbinen

[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simula-
tion of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power
Generation. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
[Rup00] Rupp, O.C.: Vorhersage von Instandhaltungskosten bei der Auslegung ziviler
Strahltriebwerke. Dissertation, TU München (2000)
[Sar01B] Saravanamuttoo, H.I.H., Rogers, G.F.C., Cohen, H.: Gas Turbine Theory, 5. Aufl.
(2001)
[Sch01] Schaber, R.: Numerische Auslegung und Simulation von Gasturbinen. Disserta-
tion, TU München (2001)
[Sch01] Schirmeister, U., Ardey, S., Jeschke, P., Kurzke, J.: Multidisziplinäre Triebwerk-
sauslegung: Zielgerichteter Einsatz des integrierten Programmsystems MOPEDS.
DGLR 2002-116 (2002)
[Sch03] Schilling, F., Staudacher, S., Student, J.: The Design of the ILA001 Micro Gas Tur-
bine. ISABE Paper (2003)
[Sch06] Schirmeister, U., Staudacher, S.: Operational Performance Analysis of an Exter-
nally Fired Gas Turbine, GT2006-90830. ASME Turbo Expo, 2006, Barcelona
(2006)
[Sch09] Schilling, F.U.: Untersuchungen zum Betriebsverhalten von Mikrogasturbinen.
Dissertation, Universität Stuttgart (2009)
[Sch93] Schmuttermair, H.: Experimentelle Simulation und Analyse des Betriebsverhal-
tens einer Solar-Kraftanlage mit Gasturbine. Dissertaion, TU München (1993)
[Sel75] Sellers, J.F., Daniele, C.J.: DYNGEN – Program for Calculating Steady State and
Transient Performance of Turbojet Engines, NASA TN D-7901, NASA Lewis
Research Center (1975)
[Smi65] Smith, S.F.: A simple correlation of turbine efficiency. J. Roy. Aeronaut. Soc. 69
(1965)
[Soe80] Soestmeyer, C.K.: Entwicklungsrichtung von zukünftigen Wellenleistungs- Gas-
turbinen. General Electric Co., Seminar für Flugantriebe und Gasturbinen, TU
München (1980)
[Sta95] Staudacher, S.: Untersuchung zum sekundären Luftsystem von Luftstrahltrieb-
werken, Dissertation, TU München (1995)
[The92] Therkorn, D.: Fortschrittliches Leistungs-Berechnungsverfahren für luftatmende
Turbotriebwerke. Dissertation, Universität Stuttgart (1992)
[Tur93B] Turbomeca: Gas Turbine Engines. Training notes, TURBOMECA Training Cen-
tre (1993)
[Wal00B] Walsh, P. P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford
(lst published 1998, reprinted 2000)(2000)
[ Wal91B] Walzer, P.: Die Fahrzeug-Gasturbine. VDI-Verlag, Düsseldorf (1991)
[Wal98B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance, l. Aufl. Blackwell Science
Oxford, (reprinted 2000) (1998)
Betriebsverhalten und Simulation von
Turbofan und Kombinationstriebwerken 8
für sub-, super- bis hypersonische Flüge

Gasturbinen und ihre wichtigsten Anwendungsbereiche in der Energietechnik und bei


der Schifffahrt als Wellenleistung abgebende Gasturbinen sowie in der Luftfahrt als
Flugantriebe für Hubschrauber und Rotor-Flugzeuge und besonders als Triebwerke von
Unterschall-, Überschall- bis zu Hyperschall-Flugzeugen wurden in Kap. 1 und 2 mit
ihren wichtigsten Bauweisen vorgestellt und in ihren Anwendungsbereichen erläutert.
Die Luftfahrtantriebe vom Turbofan und Turbojet bis zu den Ramjet-Triebwerken für
Flugzeugtypen sind in Ergänzung zu Abb. 1.1-1 hier in Abb. 8-1 im Zusammenhang mit
ihren Flugbereichen im Flugkorridor schematisch zu sehen.
Die günstigen Einsatzbereiche der verschiedenen Flugantriebe vom Rotor- und Turbo-
prop-Triebwerk bzw. vom Turbojet- bis zum Turbofan-Triebwerk können näherungsweise
über den Vortriebswirkungsgrad bzw. mit dem spezifischen Brennstoffverbrauch SFC
abhängig von der Fluggeschwindigkeit beurteilt werden, wie dies in Abb. 1.3-6 zu sehen ist.
Für reine Unterschallflugzeuge bis zu einer Flug-Mach-Zahl M0 von 0,3 bis etwa 0,7 sind
die Propeller-Triebwerke TP verschiedener Bauweisen mit ihrem extrem hohen Bypassver-
hältnis von Vorteil. Danach folgen bis M0 ≈ 0,9 die Turbofan-Triebwerke TF mit hohem
BPR > 3 bis über 10 gefolgt von den Turbofan-Triebwerken TFM für den Überschallflug mit
kleinem Bypassverhältnis ohne und mit Mischung und abschließendem Nachbrenner AB.
Mit steigender Flugeschwindigkeit in den supersonischen Flugbereich hinein wer-
den für Hochleistungsflugzeuge, die mit Überschallgeschwindigkeiten bis Mach-Zah-
len M0 ≈ 3 bis 4 fliegen sollen, Turbojet und/oder Turbofan-Triebwerke mit kleinem
Bypassverhältnis, Mischer und Nachbrenner dominant (Abschn. 2.7). Das optimale
Bypassverhältnis von etwa BPR = 0 (Turbojet) bis BPR ≈ 2 für Turbofan-Triebwerke
hängt von den jeweiligen Flugmissionen ab. Je wichtiger in einer Flugmission für Über-
schall-Flugtriebwerke der subsonische Flugbereich ist, desto größer ist tendenzmäßig
dabei das Bypassverhältnis zu wählen.
Für den super- und hypersonischen Flugbereich folgen schließlich die Ramjet-Trieb-
werke RJ, die mit Lufteinlauf, Brennraum und Schubdüse ganz ohne Turbomaschinen
funktionsfähig sind.

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_8, 699


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
700 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

X15

Flugkorridor
H0 [km] ze
subsonisch ==> hypersonisch ren
-G
ebs
ftri
-/ Au
h te
Space Shuttle Dic
HTSM-6
HTSM HTSM
Sänger
„Sänger“ ELAC
X-43
Flughöhe

SR-71
OZON-SCHICHT NASP

Concorde
renze
e rm ische G
A340 /th
A400M nische
mecha
Sramjet -
Ramjet -
Turbofan-/Turbojet – Kombinations-Triebwerke

sub-
sub-, trans-
trans-, supersonisch ==> hypersonisch ==>
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 8-1 Flugkorridor mit typischen Flugbahnen ausgewählter Hochleistungs-Flugsysteme


mit den Einsatzbereichen wesentlicher Triebwerkstypen vom Turbofan bzw. Turbojet bis zu
den Hyperschallflug-Ramjets: Helikopter EC135, Unterschallflugzeug Airbus A340, Überschall-
flugzeuge Concorde und NASA SR71, Hyperschallflugzeuge NASA X-14, X-43 und NASP sowie
Raumtranspoprter HTSM und USA-Space Shuttle [SFB05B, Ric05]

In den anschließenden Abschn. 8.1 bis 8.6 dieses Kapitels werden ergänzend zu


Abschn. 2.3 bis 2.9 ausgewählte Beispiele ausgeführter und erfolgreich geflogener Trieb-
werke in ihrem typischen Betriebsverhalten mit Hilfe der Leistungssyntheserechnung
GTSYN und umfangreicher mit universellen, multidisziplinären Auslegungsverfahren
GTSSD gekoppelt mit Opimierungsprogrammen dargestellt und in einigen vergleichen-
den Gegenüberstellungen ausführlicher erläutert.
Weiterhin wird auf zukünftige Triebwerksprojekte und Technologieprogramme
hingewiesen.

8.1 Auslegung und multidisziplinäre Simulation

Der mit den in Abschn. 1.5 mit den Abb. 1.5-1 und 1.5-2 vorab gezeigten Darstellungen
erreichte Entwicklungsstand der Gasturbinen und die damit verbundene hohe Effizi-
enz der Luftstrahl-Triebwerke basieren unter anderem auf dem stetigen Wachstum an
zur Verfügung stehender Rechnerleistung. Diese ermöglicht es mit Hilfe hochwertiger
8.1  Auslegung und multidisziplinäre Simulation 701

Hochdruck-Kompressor HPC Hochdruck-Turbine HPT gekühlt


Weiterentwicklung des GE 90-HPC Weiterentwicklung der GE 90-HPT

3-D-CFD-Strömungssimulation
3-D-Druck-, Temperatur- und Geschwindigkeitsverteilungen
Multidisziplinäre Entwicklungsmethode für Triebwerks-Gesamtsimulation
NPSS Numerical Propulsion System and Simulation
NASA-Lewis Research / GE – Technologie

Abb. 8.1-1 Anwendung EDV-basierter-Rechenmethoden zur Entwicklung von Gasturbinen-


Anlagen und Flugantrieben beispielhaft dargestellt an 3-D-CFD-Rechnungen des NASA Lewis
Research Center (seit 1999 NASA Glenn Research Center benannt) und GE für das Kerntriebwerk
des 400 kN-Bypass-Turbofan-GE 90. Darstellung nach GE Aviation und NASA

numerischer Rechenverfahren weiterhin neue Erkenntnis selbst aus bereits vorhandenen


Daten zu generieren, wie sie in Abb. 1.5-1 mit dem Beispiel eines Verdichters und einer
Turbine gezeigt wird, die in einem NASA-Entwicklungsprogramm mit Hilfe 3-dimensi-
onaler, stationärer und instationärer CFD-NS-Technik bearbeitet wurden (Abb. 8.1-1).
Das seit den 1980er Jahren vom NASA Lewis Research Center (seit 1999 NASA Glenn
Research Center benannt) in Kooperation mit der Industrie entwickelte multidiszipli-
näre Simulationsprogramm NPSS (Numerical Propulsion System and Simulation) ist ein
hervorgehobenes Beispiel für diese Entwicklungsprogramme [Cla92, RTO07B u.a.].
Ähnlich leistungsstarke numerische Methoden werden auf den Gebieten Wärme-,
Festigkeits- und Schwingungstechnik sowie der Regel-, Material- und Produktionstech-
nik im Zusammenhang mit der Entwicklung von neuen Technologien zukünftiger Gas-
turbinen und Flugantriebe eingesetzt.

8.1.1 Struktur multidisziplinärer Simulationsprogramme zum


Betriebsverhalten

Schon bei der frühzeitigen Bewertung und Analyse der Leistungsfähigkeit neuer Trieb-
werkskonzepte sind umfangreiche numerische Modellbildungen und Simulationen
notwendig. Dies betrifft besonders auch die kritischen Bereiche des stationären und
instationären Betriebsverhaltens der Antriebe. Dabei müssen sowohl die regulären
Betriebspunkte innerhalb der zu erwartenden Flugmission genau vorhergesagt aber
auch kritische Flugfälle bei Störungen des Systems simuliert werden. Insbesondere für
die Simulatortechnik und die Reglerentwicklung sind echtzeitfähige Simulationsmodelle
notwendig. Hierbei wurden frühere voneinander unabhängige Programme wie z. B. Pro-
gramme der Disziplinen Aerothermodynamik, Wärmetechnik und Festigkeit gekoppelt
in Matrix-Strukturen verbunden (Abb. 8.1-2).
702 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Multidisziplinäre Simulation von Antriebssystemen


„GTSSD“ bzw. „PSSD-Matrix“
tät
uo
qti an sqt uali
li tä
lS o nusla
a tiim Leve Leve
Leve l 4: 3 l5
: 3-D
Lev l 3: 2-D -D qua insta
ti
Leve el 2: 1-D quasista sistationä onär Intera
l 1: 1 d y ti
-D sta namisc när o r ktion
tionä h
r
Materialien, Akustik

Fachdisziplinen
Kosten
Integration

Verbrennung, Emission
Wärmeübergänge
Regelung, Monitoring
Strukturen
Fluidmechanik
uf fe
Einla dichter mer
gstie
,Ver am
FAN Brennk Turbine üsen
n
a r b eitun
her,D mun
g Be ende
Misc Umströ steig
+
Komp en
onente e ru n g
n - Rechneranford

Abb. 8.1-2 Simulationsbereiche innerhalb einer Matrix GTSSD bzw. PSSD (Gas Turbine resp.
Propulsion System Simulation and Design) für Gasturbinen und Flugantriebe wie z. B. NPSS
(Numerical Propulsion System Simulation) der NASA oder das MOPEDS der MTU Aero Engines
[Cla91, Cla92, Sch01, Jes02, Kop00, RTO07B]

Die computergestützte Vorausberechnung der aerodynamischen, thermischen sowie


strukturellen Eigenschaften von Gasturbinen und deren Komponenten ist aufgrund der
komplexen physikalischen Zusammenhänge und starken Interaktionen der Fachgebiete
jedoch noch immer eine große Herausforderung. Es erweist sich schwierig, Wirkungen
aus einem Analyseprozess umgehend in den folgenden Auslegungsprozess zu überneh-
men. Zum Beispiel können Deformierungen, die aus der strukturellen Analyse abgeleitet
worden sind, nur schwer in die aerodynamische Auslegung zurückgeführt werden, um
deren Auswirkungen auf das lokale Leistungsverhalten detailliert vorher zu bestimmen.
Werden beispielsweise die Deformationen nicht in der Modellierung der Spitzen-
spalteffekte einer Verdichtersektion berücksichtigt, so wird die aerodynamische Analyse
dieser Sektion die Wirkungsgrade und die Pumpgrenze nicht ausreichend genau vorher-
sagen werden können. Der Versuch an Prototypen würde zu überraschenden Ergebnis-
sen führen. Der Verdichterentwurf muss dementsprechend aufwendig modifiziert und
der Analyseprozess erneut durchlaufen werden.
In einem solchen Umfeld ist es erforderlich, die verschiedenen Fachdisziplinen in
allen Richtungen miteinander verknüpfen zu können. Eine Fähigkeit die immer aus-
schlaggebender wird, da die Antriebskomponenten immer höher belastet und nahe an
ihren Betriebsgrenzen betrieben werden [Cla92, Jes02, Kop00, Sch01].
Im Rahmen der Vorauslegungen von Triebwerken mit Hilfe eines „virtuellen
Triebwerks“ stehen für die ersten Berechnungen häufig nur sehr wenige Parameter
8.1  Auslegung und multidisziplinäre Simulation 703

zur Verfügung, anhand derer das Leistungs- und Betriebsverhalten des Antriebssys-
tems sowie das instationäre Verhalten (Kap. 9) bestimmt wird. Bereits in dieser frühen
Phase wird eine Abschätzung von Massen, Lebensdauer und anfallenden Kosten inner-
halb einer technischen Bewertung gefordert. Die hierfür eingesetzten Rechenverfah-
ren werden meist auf 1D-Modelle der Leistungssyntheserechnung wie GTSSD bzw. in
Hinblick auf Längen- und Massenabschätzungen, Lebensdauer und Kosten auf empiri-
sche Modelle und statistische Daten existierender Typen zurückgreifen. Daher muss die
Genauigkeit bei den geometrischen und analytischen Berechnungen so festgelegt wer-
den, dass die physikalischen Zusammenhänge für jede Komponente und Disziplin in
angemessener Weise berücksichtigt und erst im weiteren Verlauf schrittweise gesteigert
werden.
Dies führt zu Berechnungen auf Ebenen mit unterschiedlicher Genauigkeit, Komple-
xität und damit Zeitbedarf. Diese werden für alle Komponenten und Disziplinen, wie
dies in Abb. 8.1-2 in verschiedenen Ebenen (level) schematisch dargestellt ist wie folgt
definiert [Cla92, Eva98, Kop00, Sch01]:

Level 1:  Eine 1-D-Modellierung für unterschiedliche stationäre Auslegungs- und Teil-
lastpunkte zur Leistungsabschätzung und Parameterstudie.

Level 2: Dynamische Effekte für das transiente Betriebsverhalten werden in das


1D-Modell integriert. Zusätzlich können Betriebspunkte außerhalb des nominalen
Arbeitsbereiches zum Beispiel für Störfälle bereits erfasst werden.

Level 3:  Übergang auf 2D-Lösungsverfahren, bei denen auf die Daten und Ergebnisse
der vorherigen Berechnungen als Startlösung zurückgegriffen werden und nur notwen-
dige zusätzliche Parameter zur Verfügung gestellt werden.

Level 4:  3D-quasistationäre Modelle für Detailuntersuchungen ausgewählter Betriebs-


punkte. Hieraus können Kennfelder und Modelle für die vereinfachten Verfahren der
Level 1 bis 3 abgeleitet werden.

Level 5: Instationäre 3D-Berechnungen sind mit vereinfachten Berechnungsmetho-


den möglich. Hier steht neben der steigenden Leistung der einzelnen Rechner-Prozes-
soren auch zunehmend die Möglichkeit einer Parallelisierung der Rechenverfahren im
Vordergrund.

Die Bearbeitung mit steigendem Maß an Genauigkeit und Komplexität unter Berück-
sichtigung der bereits erstellten Ergebnisse wird hier als Zooming bezeichnet. Dies
erfordert das Vorhandensein einer Hierarchie der Geometrien, der verwendeten Codes
und Modelle, um eine vollständige Spanne von Simulationen von Level 1 bis Level 5
zu ermöglichen. So müssen Modelle abgeleitet werden können, um Informationen und
Daten aus detaillierten Analysen in Berechnungen mit geringerem Genauigkeitsgrad zu
704 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

übertragen. Dabei greift für das geometrische Zooming das Entwicklungssystem in ers-
ter Linie auf CAD-basierte Systeme zurück.
Sobald die genauen Abmessungen und Geometrien der Bauteile festgelegt sind, ist es
oftmals einfacher, diese durch Parameterdarstellungen zu ersetzen. Dies vereinfacht die
Speicherung und datentechnische Verarbeitung der Teile und wird von den CAD-Syste-
men unterstützt. Hieran kann dann eine Gitternetzerstellung für CFD-, CCD- und FEM-
Analysen angeschlossen werden.
Für das analytische Zooming wurden verschiedene Arten des Zooming definiert, wie
es hier kurz am Beispiel der CFD-Rechnung dargestellt wird. Gleiches gilt für die ande-
ren in Abb. 8.1-2 gezeigten Fachdisziplinen.
Der CFD Code ist so aufgebaut, dass als Eingabe Standarddaten aus der eindimensi-
onalen Leistungsrechnung einer Komponente verwendet werden um daraus Kennfeld-
punkte der Komponente zu bestimmen. Er berechnet die Leistung der Komponente für
einen bestimmten Betriebspunkt und liefert eindimensionale Werte an die Arbeitspro-
zessrechnung zurück, so wie dies normalerweise durch das Auslesen von Komponenten-
kennfeldern geschieht (Kap. 4).
Beim ein-, zwei- und dreidimensionalen Zoomimg werden Informationen und
Daten aus der 1D-Arbeitsprozssrechnung als Startabschätzung für eine vollständige 2D
oder 3D CFD-Simulation genutzt. Die ursprüngliche, vereinfachte 1D-Modellierung
wird hauptsächlich zur Reduzierung der möglichen Parameter verwendet, die in einem
Modell höherer Ordnung alle hätten untersucht werden müssen.
Mit den kurz vorgestellten Methoden wie das NPSS der NASA oder das PSSD
[Kop00, Sch01, RTO07B] wird es möglich sein, auch die Anforderungen an zukünftige
Triebwerke mit Hilfe numerischer Simulationsmethoden leichter zu erreichen.
In Abb. 8.1-3 wird als Beispiel das modulare Auslegungsprogramm MOPEDS
(MOdular Performance and Engine Design System) der MTU Aero Engines schematisch
gezeigt, mit dem jeder Triebwerkstyp abgebildet werden kann. Die Spalten beinhalten
die Komponenten und die Zeilen stehen für die Module der jeweiligen Fachdisziplinen.
Diese Berechnungsmodule können je nach Aufgabenstellung kombiniert werden, sodass
damit die Leistungs- und Simulationsrechnungen jeglicher Triebwerkstypen zusammen-
gesetzt durchgeführt werden können [Eva98, Jes02, RTO07B].

8.1.2 Anforderungen an GTSSD-Vorauslegungsverfahren

Die parametrische, multidisziplinäre Verknüpfung unterschiedlicher Fachabteilungen


steht im Rahmen der Vorauslegungsverfahren zum Konzeptentwurf im Vordergrund.
Abb. 8.1-4 gibt einen Überblick zu den Anforderungen an universelle, multidisziplinäre
Simulationsverfahren.
Ziel eines solchen Programmsystems muss die projektmäßige Vorauslegung eines
Gesamttriebwerkes mit vernünftig ausgelegten Komponenten innerhalb kurzer Zeit sein.
Der frühe Entwurf des Triebwerkes sollte bereits so gut sein, dass wesentliche Ände-
rungen bei den späteren detaillierten Untersuchungen und Berechnungen nicht mehr
8.1  Auslegung und multidisziplinäre Simulation 705

Betriebsverhalten und Simulation


Turbofan-Zweiwellen-Triebwerk

Multidisziplinäres Auslegungs- und Simulationprogramm GTSSD


Beispiel: MOPEDS MTU Aero Engines

Turbofan

E F LPC HPC B HPT LPT N

Komponenten - Module
Fachdisziplinen

Abb. 8.1-3 Übergeordnete Modulstruktur des GTSSD. Beispiel des Simulationsprogramms der


MTU Aero Engines MOPEDS (MOdular Performance and Engine Design System) [Sch01, Jes02]

vorgenommen werden müssen [Sch01]. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass
gerade in der Projektphase in der Regel nicht Spezialisten aller betroffenen Fachgebiete
am Entwurf arbeiten, sondern Universalisten.
Allerdings haben die betroffenen Fachabteilungen ihre eigenen Rechenprogramme,
die von ihnen gepflegt und weiterentwickelt werden. Ein übergeordnetes Werkzeug
zur Triebwerksauslegung wird also nicht notwendigerweise ein eigenständiges Ent-
wicklungssystem sein, sondern vielmehr eine intelligente Schnittstelle zwischen diesen
706 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Allgemein Anforderungen Organisation


> Bearbeitung beliebiger GT-FA-Komponenten
> Bearbeitungstiefe wählbar (Level 1-5) > Speicherung der Quellen nur an einem
> Optimierung der Gesamt-und Teilsysteme Ort unter Verwaltung des Fachgebietes
> Dokumentation der Entwurfsregeln > CAD/CAE/CAM-Schnittstellen
> EinheitlichteNomenklatur und Definitionen > Standardisierte Parameterübergabe

Multidisziplinä
Multidisziplinäre Auslegung GTSSD
> Multidisziplinärer, modularer Aufbau
beliebig erweiterbar
> Weitgehende Unabhängigkeit vom
Betriebssystem und von der Rechnerarchitektur
> Übersichtliche, dokumentierte und
standardisierte Programmquellen
> Algorithmen der zuständigen Fachabteilungen

Bedienung Physik
> Nachvollziehbarkeit der Auslegung in
> Graphische Benutzeroberfläche beliebigen Betriebspunkten
> Einfache Bedienbarkeit > Zugriff auf Arbeitsprozessdaten beliebiger
> Expertendatenbank bei der Eingabe Betriebspunkte
und als Hilfe mit Überwachungsfunktion > Auslegung an existierenden Komponenten
> Unterstützung bei der Erweiterung orientiert
> Typen-und Baumusterdatenbank
> Konkurrenzmuster

Abb. 8.1-4 Anforderungen an universelle, multidisziplinäre Simulationsverfahren GTSSD bzw.


PSSD (Gas Turbine resp.Propulsion System Simulation and Design) übergeordnet für Gasturbinen
und Flugantriebe [Sch02]

Fachprogrammen kombiniert mit einem Expertensystem, welches zu jedem Zeitpunkt


des Entwurfes die Eingaben kontrolliert und die notwendige Unterstützung liefert.
Zudem muss eine fachübergreifende Optimierung von Leistung, Verbrauch, Gewicht,
Kosten und Umweltverträglichkeit möglich sein.
Weiterhin sollte Expertenwissen als Datenbasis derart verfügbar sein, dass glo-
bale und interdisziplinäre Zusammenhänge leicht vom Anwender auch außerhalb der
Fachabteilung erkannt werden können. So sollte z. B. auch die Koppelung von Reglerent-
wicklungsumgebungen und Analysewerkzeugen sowie eine Displaydarstellung mit der
Echtzeitsimulation des Betriebsverhaltens mit der Synthese- und Simulationsrechnung
problemlos erreicht werden (Kap. 9).
Durch eine einheitliche Triebwerksbewertung lassen sich aber auch konkurrierende Ent-
würfe hinsichtlich unterschiedlicher Parameter (Triebwerkstypen, Schubklassen, Gestal-
tungsmethoden, Materialwahl, Technologieniveaus), gerade auch in Hinblick auf zukünftige
Antriebssysteme besser vergleichen und somit der favorisierte Entwurf leichter einordnen.

Schnittstellen an die Fachdisziplinen Arbeitsprozess. Ein vorläufiger parametrischer


Entwurf in Level 1 (Abb. 8.1-2) kann durch die Auslegungspunktrechnung innerhalb der
8.1  Auslegung und multidisziplinäre Simulation 707

Leistungssyntheserechnung (Abschn. 7.1 bis 7.3) geschehen. Zur Bestimmung und ersten


Auslegung sind nur wenige Parameter erforderlich. Ausgehend von diesen Daten ist es mög-
lich, das Betriebsverhalten über den gesamten geplanten Arbeitsbereich im Level 2 und auch
eingeschränkt im Level 3 zu bestimmen. Sind die Geometrie sowie weitere Leistungsparame-
ter wie z. B. Kühlluftströme optimiert, kann innerhalb der Level 3 bis 5 sehr detailliert auf den
Arbeitsprozess des Gesamttriebwerkes aber auch auf Details innerhalb der Komponenten
eingegangen werden. Die Modellkomplexität kann somit durch die Ergebnisse aus dem vor-
hergegangen Level beliebig im Rahmen der vorhandenen Ressourcen gesteigert werden.

Aerodynamik. Für die aerodynamische Erstauslegung der Turbokomponenten in Level


1 und 2 werden neben der üblichen skalierten Kennfelddarstellung [Mün77B, GasTurb]
Mittelschnittsverfahren eingesetzt. Diese Verfahren sind ausreichend schnell und hinrei-
chend genau, um erste Abschätzungen über Leistungs- und Betriebsverhalten machen
zu können. Mehrschnittsverfahren und Strömlinienkrümmungsverfahren werden dann
ab Level 3 eingesetzt. Sie können aber auch schon in den vorherigen Entwurfsstadien
genutzt werden, sofern auf eine Echtzeitdarstellung verzichtet werden kann und genü-
gend geometrische Daten vorhanden sind. CFD-Verfahren, die auf die Auslegung und
die Berechnung von Turbokomponenten spezialisiert sind, kommen in Level 4 und 5
zum Einsatz. Hier ist zu unterscheiden, ob aus einzelnen Betriebspunkten Kennfelder
erstellt werden, oder ob diese Programme durch schrittweises Zooming in das Triebwerk
aufgerufen werden und somit jeweils aktuelle Betriebspunkte bestimmen.

Festigkeit und Mechanik. In Level 1 und 2 spielen Mechanik und Vibrationen nur eine
untergeordnete Rolle. Erst ab Level 3, wo eine genauere Geometrie verfügbar ist, können
erste Abschätzungen über die Festigkeitseigenschaften der Bauteile getroffen werden. Level
4 und 5 beziehen die klassischen FEM-Verfahren in den fortgeschrittenen Auslegungs- und
Definitionsprozess mit ein. Dabei muss auf die einleitend angesprochene mögliche und not-
wendige Koppelung der verschiedenen Disziplinen geachtet werden. Neben der Koppelung
CFD-/FE-Methoden ist es beispielsweise auch notwendig, zusätzlich zur Druckverteilung
auf die Schaufeln die Temperaturverteilung am Brennkammeraustritt sowie das Kühlluft-
system in der Festigkeitsberechnung der Turbinenstufe zu berücksichtigen.

Gewichts- und Längenabschätzungen. Zu unterscheiden sind Verfahren, die das ganze


Triebwerk, einzelne Komponenten wie Verdichter und Brennkammer oder einzelne
Bauteile wie Turbinenschaufeln und -scheiben anhand wichtiger Designparameter ohne
Kenntnis einer genauen Geometrie in ihren zu erwartenden Gewichten und Dimensio-
nen abschätzen. Die in der Literatur gefundenen Längenabschätzungen liefern für neue
Triebwerke keine sonderlich guten Ergebnisse, so dass hier bessere Module entwickelt
werden müssen. Bei den Gewichtsabschätzverfahren liegt momentan der Schwerpunkt
auf einzelnen Komponenten. Jedoch ist die Streuung dieser Abschätzungen noch sehr
hoch, so dass diese Verfahren mit weiteren Gewichtsdaten kalibriert werden müssen. Die
noch verwendeten statistischen Verfahren werden zukünftig durch fundierte analytische
708 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Beziehungen ersetzt. Ein Zooming ist hierfür möglich und sollte bereits in Level 1 und 2
deutlich innerhalb einer 10 %-Fehlermarge liegen.

Brennkammerberechnung und Emissionsmodelle. Mit Hilfe der „Computational


Combustion Dynamics“ (CCD) können durch numerische Vorhersage des Leistungs-
und Teillastverhaltens der Brennkammer gezielt wirtschaftliche und emissionsarme
Technologien eingesetzt werden (z. B. Optimierung gestufter Brennkammern). Zusätz-
lich sind detailliertere Modelle für die Level 1 bis 3 zur Verfügung zu stellen. Insbeson-
dere Koppelungen mit der Festigkeitsrechnung und der Optimierung der Kühlluftströme
spielen hier neben der Emissionsabschätzung eine große Rolle.

Akustikmodellierung. Durch zunehmend schärfere Umweltgesetze bezüglich Lärm-


minderung ist beim Entwurf frühzeitig auf entsprechende Konstruktionsmerkmale zu
achten. Gelingt es, Aussagen über die Lärmentwicklung schon am Rechner zu treffen,
kann sehr viel gezielter auf die „problematischen“ Module eingegangen werden. Wei-
terhin können Garantien für die Vermarktung bezüglich Einsatzmöglichkeiten, genannt
seien hier Cityflughäfen wie in London oder Nachtfluggenehmigungen, frühzeitig gege-
ben werden. Auch die Interaktion zwischen Triebwerk und Flugzeugzelle spielt hier eine
große Rolle. Ihr kann somit im Rahmen eines virtuellen Gesamtflugzeugentwurfes besser
Rechnung getragen werden.

Umweltverträglichkeit. Bei allen Flugmissionen vom Unterschallflug in Bodennähe


bis zu Hyperschallflugzeugen in großen Flughöhen sind Umweltaspekt umfassend zu
berücksichtigen. Durch das direkte Einbringen der Emissionseinflüsse wie beispielsweise
Stickoxide in die kritische Ozonschicht (Abb. 2.1-5) und die dort extrem lange Verweil-
dauer der Radikale muß von Anfang an im Designprozess des Triebwerks Rechnung
hinsichtlich kritischer Umweltbelastungen getragen werden.

Kostenmodule. Im Rahmen der Vorauslegungsverfahren wurden Modelle entwickelt,


um frühzeitig Kostenaussagen über Triebwerksentwicklungen und deren Folgekosten
im Betrieb durchführen zu können [Sch01, RTO07B, Rup98]. Bei der Beurteilung und
Auswahl neuer Triebwerke spielt für die am zivilen Luftverkehr beteiligten Branchen die
Frage der Folgekosten, insbesondere der Instandhaltungskosten EMC (Engine Mainte-
nance Cost) eine große Rolle. Zur zuverlässigen Vorhersage der EMC ist allerdings ein
ständiger Abgleich der Vorhersagen mit den Daten aus dem Betrieb ausgelieferter Trieb-
werke erforderlich. Auch hier ist ein Zooming im beschränkten Rahmen möglich.

Reglerentwicklung FADEC. An die verwendeten Simulationsmodelle für die Reglerentwick-


lung werden besondere Anforderungen gestellt, insbesondere an die zeitliche Auflösung, bei
gleichzeitig sehr detaillierter Modellierung des dynamischen Betriebsverhaltens von Tur-
boluftstrahltriebwerken, wie dies in Kap. 9 dargestellt wird. Es ist hierfür notwendig, auch
Sekundäreffekte und Betriebszustände mit äußeren und inneren Störungen zu modellieren,
8.1  Auslegung und multidisziplinäre Simulation 709

die nicht dem normalen stationären Lastzustand des Triebwerks entsprechen, aber im dyna-
mischen Betrieb durch Ausfall des Reglers oder einer Stellgröße auftreten können [Kre01,
Hol97]. Insbesondere Level 2 und 3 werden diesen Anforderungen gerecht.
Die Ingenieure werden also in Zukunft vor der Herausforderung stehen immer kom-
plexere Fragestellungen in immer kürzerer Zeit lösen zu müssen. Moderne numerische
Methoden sind dabei sicherlich eine wichtige Grundlage, ersetzen jedoch nicht ein soli-
des Wissen über das Gesamtsystem Gasturbine oder Flugzeugtriebwerk.

8.2 Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-


Turbofan

8.2.1 Syntheserechnung GTSYN und Betriebsverhalten von TF

Die Turbofan-Bypass-Triebwerke TF mit großem Bypassverhältnis, wie sie in


Abschn. 2.6 bereits vorgestellt wurden, stellen in verschiedenen Konfigurationen den
wichtigsten Antrieb von Unterschall-Verkehrsflugzeugen dar. In Fortsetzung zu der in
Kap. 7 dargestellten Syntheserechnung des Leistungs- und Betriebsverhaltens von ein-
fachen Turbojet- und Turboshaft-Triebwerken setzen die Syntheserechnungen für die
Turbofan-Triebwerke in Mehrwellen- und Mehrstrom-Bauweise erweiterte flexible
EDV-Programmtechniken entsprechend den GTSSD-Programmen voraus. Im Rah-
men dieses Abschnitts werden allgemeine Grundlagen und Darstellungen zu numeri-
schen Berechnungsverfahren vorgestellt, mit denen beispielhaft in späteren Abschnitten
typische Antriebssysteme für Flugbereiche vom Hubschrauber-, vom Unterschall- und
Überschallflug bis zum Hyperschallflug berechnet werden können.
Abbildung 8.2-1 zeigt eine klassische Variante eines relativ einfachen Turbofan-
Antriebes mit einem mittleren Bypassverhältnis BPR < 6, wie zum Beispiel der CF6-
Familie von GE oder das der V25000-Familie von IAE, eines der erfolgreichsten
Ziviltriebwerke der vergangenen Jahrzehnte (Abschn. 2.6.2).
Zur weiteren Erläuterung der Syntheserechenverfahren wird ein Turbofan-Trieb-
werk TF gewählt, wie es schematisch in Abb. 8.2-2 und 8.2-3 mit den 5 Turboma-
schinen-Kennfeldern dargestellt ist. Für einen Volllastpunkt A und einen beliebigen
Teillast-Betriebspunkt Bi sind vereinfacht die Arbeitsprozesse im h–s-Diagramm zu
sehen. Weiterhin ist für eine hier betrachtete Flughöhe H0 und eine Machzahl M0 in
den Kennfeldern der Verlauf der Arbeitslinien von Volllast bis Teillast wiedergege-
ben, wie er sich aus der Leistungssyntheserechnung [GasTurb] punktweise und mit
Standardkennfeldern ergibt. Zur detaillierten Berechnung der jeweiligen Teillast-
Arbeitsprozesse des TF bei verschiedenen Lastzuständen ist die Kenntnis des Betriebs-
verhaltens der der Kennfelder aller Komponenten und Untersysteme sowie deren
gegenseitige Kopplung erforderlich.
Für das anschließend analog zur Darstellung in Abschn. 7.2 vorgestellte nume-
rische Iterationsverfahren werden hier jedoch nur die 5 wichtigsten Kennfelder der
710 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

GE CF6-80A IAE V2500-A5

High Bypass Turbofan HBP-TF

1800
4
Brennkammer-Austrittstemperatur Tt4 [K]

41
1600

1400

45 44
1200

1000
3 5 8
800

600

400 Pa
13 25 18 101 k
p0 =
0 2
200
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
Entropie [kJ/(kg K)]

Abb. 8.2-1  Klassische Turbofan TF mit BPR < 6, Fan F, ohne Mischung. Volllast-Arbeitsprozes-


ses des Turbofan-Triebwerks im T-S-Diagramm nach [GasTurb]. TF-Beispiel: GE CF6-80, IAE
V2500)
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 711

4
0 2 13 18

3 4 45 Arbeits-Prozesse 4
21 25 5 8 45
Volllast A 5 8
58
p0
Teillast
3 Bi
HPC HPT 3
Fan

LPC LPT
25
18
0 2
5 Kennfelder 2 Rotoren p0

16 Gasgenerator 5
14 HPC-Kennfeld A wred HPT-Kennfeld
HPC Kennfeld HPC-B-HPT HPT-Kennfeld Bi A
12 4
10
Bi nHPC= nHPT
8 1,0 3
6 0,9
nred
4 0,8 2
PHPC= PHPT 0,80 0,90 1,00 1,05
0,7
2 0,6 nred
0 1
10 20 30 40 50 .
mred
60 70 7 8 9 . 10
mred nred
2,0 LP-Rotor mit FAN - IPC - LPT
A
FAN
nFan= nIPC=nLPT
Druckverhältnis

1,6 PFAN+ PIPC= PLPT


Bi 1,0 4,4
1,2 0,8 4,0 LPT A
0,6 nred 3,6
Druckverhältnis

0,4 3,2 LPT


0,8
0 100 200 300 400 500 600 700 2,8 Bi
·
m red [kg/s] 2,4
2,4 1,01
2,0 1,00
0,90
IPC 1,6 0,80
4 0,70 nred
2,0 A 1,2 0,50 0,60
Booster
Druckverhältnis

0,8
12 16 20 24 28 32 36 40 44
1,6 .
mred·nred
Bi 1,1
1,0
1,2 0,9 Synthese-Iterationstechnik
0,8 nred 5 Kennfelder und 2 Rotoren
0,6
0,8
0,4 0,5 sowie mit gleichen Drehzahlen
20 40 60 80 100 120 nFan= nIPC=nLPT und nHPC= nHPT
·
m ergeben sich
red [kg/s]
10 – 3 = 7
Iterations-Variablen Vi

Abb. 8.2-2 Turbofan-2-Wellen-Triebwerk TF mit 5 Turbomaschinen-Kennfeldern auf 2 Roto-


ren und Betriebspunkten Bi bzw. Betriebslinien sowie mit den Arbeitsprozessen für Volllast A und
einen Teillastpunkten Bi [Ric98B, GasTurb]
712 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Betriebsverhalten und Simulation


Turbofan-
Turbofan-2-Wellen-
Wellen-Triebwerk
Synthese-Iterationstechnik
5 Kennfelder auf 2 Rotoren

Drehzahlen nFan= nIPC=nLPT


nHPC = nHPT
Leistungen PFAN+ PIPC= PLPT
PHPT+PEXT=PLPT
daraus ergeben sich
5 2 – 3 = 7 Synthese-Iterations-Variablen Vi
Fan F HP-
HP-Verdichter HP-
HP-Turbine Düsen
Einlauf E IP-
IP-Verdichter Brennkammer LP-
LP-Turbine

E F IPC HPC B HPT LPT N

Komponenten-
Komponenten-Kennfelder

Kühlluft/Sekundä
hlluft/Sekundärluft
Bypass

Komponenten-
Komponenten-Kennfelder Komponenten-
Komponenten-Module
Modulares Syntheseprogramm

LP-
LP-Rotor
HP-
HP-Rotor

E F IPC HPC B HPT LPT N

Kühlluft/Sekundä
hlluft/Sekundärluft
N
Bypass-
Bypass-Luftstrom

Abb. 8.2-3  Turbofan-Triebwerk TF mit Turbomaschinen-Kennfeldern und Betriebspunkten bzw.


Betriebslinien in Modul-Darstellung für Syntheserechnungen [Ric98B, Sch01a, Jes02, RTO07B]

Turbomaschinenkomponenten, Fan F, Mitteldruckverdichter IPC und Hochdruckver-


dichter HPC sowie Hochdruck- und Niederdruckturbine HPT und LPT in der Synthese-
rechnung berücksichtigt.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 713

Jeder Betriebspunkt A oder Bi in einem Komponentenkennfeld wird durch 2 Kenn-


feldwerte festgelegt. Die Verbindungskurven der einzelnen schrittweise berechne-
ten Betriebspunkte bilden für entsprechende Einstellungen des Gesamttriebwerks die
so genannten Arbeits- oder Betriebslinien WL (working line, running line). Typische
Betriebslinien ergeben sich zum Beispiel für Betriebspunkte mit konstanter Turbinen-
Eintrittstemperatur TET = Tt 4 oder für Punkte bei gleich bleibender Einstellung der Pri-
mär- und der Sekundärdüsen.
Mit den bekannten Werten des Arbeitsprozesses von Betriebspunkt A sowie den für
einen Teillastpunkt Bi vorgegebenen Randbedingungen werden Vorschätzungen ver-
schiedener Werte des Arbeitspunktes durchgeführt. Vorschätzungen dieser Art sind zum
Beispiel auch Daten vorläufig gewählter Betriebspunkte Bj in einem Komponentenfeld.
Mit Hilfe dieser Annahmen und Schätzwerte kann durch in Abschn. 7.2 und 7.3 vorge-
stellten mathematischen Iterationstechniken der Arbeitsprozess mit einer vorgebbaren,
gewünschten Genauigkeit berechnet werden. Damit ist schließlich der funktionale, ther-
mogasdynamische Zusammenhang der verschiedenen Triebwerksparameter bestimmbar
wie Nettoschub FN, Brennstoffverbrauch SFC u. a.
Die Arbeitsprozessrechnungen aller Betriebpunkte Bi liefern die einzelnen Werte für
das Gesamtleistungs- oder auch das Schubkennfeld für Start-, Steig- und Reiseflug. Wie
bereits oben angedeutet, müssen dabei in jedem Arbeitsprozess eines Betriebspunktes
der Massenerhaltungssatz und der Energieerhaltungssatz sowie weitere thermogasdyna-
mische, geometrische und mechanische Bedingungen eingehalten werden.
Das gesamte System des Turbofan-Triebwerks bestehend aus mehreren Komponen-
ten kann in seinem Betriebsverhalten entsprechend den jeweiligen Betriebspunkten Bi
bestimmt durch zahlreiche Triebwerksparameter xi wie Drücke, Temperaturen, Massen-
ströme usw. allgemein mathematisch gesehen mit einem nicht linearen Gleichungssys-
tem nach Gl. (7.18) erfasst werden.
Im Falle des Turbofans liegen nach Abb. 8.2-2 und 8.2-3 bei vereinfachter Betrachtung
der Triebwerksteilsysteme insgesamt 5 Komponentenkennfelder vor. Ein Betriebspunkt
in einem Kennfeld wird durch 2 Größen festgelegt wie zum Beispiel die Drehzahl n und
der Durchsatz ṁ. Demnach sind mit den 5 Kennfeldern zuvor 2 × 5 unabhängige Variable
bzw. Triebwerksparameter xi zur Darstellung des Gleichungssystems (7.18) erforderlich.
Durch die mechanische Kopplung von Fan F, Mitteldruckverdichter IPC und Nieder-
druckturbine LPT einerseits sowie Hochdruckverdichter HPC und Hochdruckturbine
HPT andererseits sind folgende Drehzahlen gleich:
nF = nIPC = nLPT
nHPC = nHPT .
Damit reduziert sich die Zahl der mindestens für einen Betriebspunkt notwendigen
unabhängig Variablen xi von n = 10 auf n = 7.
Für das in Abb. 8.2-2 und 8.2-3 gezeigte Beispiel eines Turbofans muss zur Standard-
Berechnung eines Betriebspunktes ein Gleichungssystem mit 7 unabhängigen Variablen
xi i = 1, 2,…7 iterativ gelöst werden. Hier bieten sich Komponentenkennfeldgrößen wie
zum Beispiel Drehzahlen an. Gut als Variable xi eignen sich auch Totaltemperaturen in
714 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Iterationstechnik Standard für Turbofan-Triebwerk TF


Turbofan- 2-Wellen-Bypass-Triebwerk
Unabhängige Iterations-Variable Vi
V1 = F β-Wert Fan-Kennfeld F
V2 = IPC β-Wert IP-Verdichter sIPC
V3 = HPC β-Wert HP-Verdichter HPC
V4 = HPC β-Wert HP-Turbine HPT
V5 = LPT β-Wert LP-Turbine LPT
V6 = Tt4 HP-Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 (TET)
V7 = nred,rel HPC-Drehzahl, reduziert, relativ
Abhängige Iterations-Variable
F1 Leistungsgleichgewicht HP-Rotor
F2 Massenstrom-Kontrolle HP-Turbine
F3 Leistungsgleichgewicht LP-Rotor
F4 Massenstrom-Kontrolle LP-Turbine
F5 Massenstrom-Kontrolle HP-Verdichter
F6 Massenstrom-Kontrolle Primär-Düse
F7 Massenstrom-Kontrolle Sekundär-Düse

Abb. 8.2-4  Turbofan-Syntheseiteration nach dem Newtonschen Näherungsverfahren für mehrere


Variable. Standardrechnung mit Mindestzahl an Variablen

typischen Triebwerksebenen zum Beispiel nach der Brennkammer vor der Hochdrucktur-
bine Tt4. Ebenfalls gut als unabhängige Variable hat sich Kennfeld-Hilfsgröße β bewährt.
Der funktionale Zusammenhang der einzelnen unabhängigen Variablen in f(x) ist
für jeden Betriebspunkt durch den Arbeitsprozess gegeben, in dem unter anderem Ener-
gie- oder Leistungsbilanzen enthalten sind. Zur Lösung des nichtlinearen Gleichungssys-
tems f(x) = 0 wird wie in Abschn. 7.2 das Newton–Raphson-Iterationsverfahren aus der
numerischen Mathematik herangezogen.
Zur Erfassung der abhängigen Variablen bzw. Funktionswerte fi(x) im Verlauf der
Iteration müssen gemäß der Zahl der unabhängigen Variablen xi ebenfalls 7 geeignete
Größen aus der Arbeitsprozessrechnung gewählt werden, die hier als f(x)-Werte oder als
„Fehler“ F(x) beim Aufsuchen eines Betriebspunktes gegen Null gehen sollen. Es eignet
sich für Standard-Rechnungen gegebenenfalls der Massenerhaltungssatz und der Ener-
gieerhaltungssatz. Verglichen wird zum Beispiel für die Hochdruckturbine der Mas-
senstrom, der sich vor der Turbine bei durchlaufender Rechnung des Arbeitsprozesses
ergibt, mit dem Massenstrom, der durch Vorschätzung eines Turbinen-Kennfeldpunk-
tes im Kennfeld selbst vorliegt. Ist der iterativ aufzufindende Betriebspunkt mit allen
Bedingungen gefunden, dann muss die Differenz zwischen dem berechneten Massen-
strom und dem Massenstrom im Kennfeld Null oder zumindest bis zu einer gewissen
Toleranzgrenze genügend klein werden. Abb. 8.2-4 zeigt die Zusammenstellung der
unabhängigen Variablen x1, 2,..,7 sowie die entsprechenden f(x)-Werte für das Turbofan-
Triebwerk von Abb. 8.2-2 und 8.2-3.
Als Ergebnis einer Syntheserechnung ergibt sich das Volllast-Schubkennfeld z. B. für
den Steigflug, wie dies bereits vorab in Abschn. 2.6.3 in Abb. 2.6-10 als typisches Schub-
kennfeld eines Standard-Turbofan-Triebwerks ohne Mischer gezeigt wurde. Dabei
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 715

wurde die Drehzahl der Hochdruckwelle nH abhängig von der Verdichtereintrittstempe-


ratur Tt2 vorgegeben.
Dieses Schubkennfeld wird durch die Charakteristik des spezifischen Brennstoffver-
brauches SFC ergänzt. Damit ergibt sich der Brennstoffverbrauch eines Triebwerks für
eine gegebene Flugmission. In Abschn. 2.6.3 wurde vorab in Abb. 2.6-19 als Beispiel ein
typisches Schubkennfeld und der Verlauf des SFC bei Reiseflugbedingung im Höhenflug
bei ISA + 10° gezeigt.

8.2.2 Multidisziplinäre Simulation GTSSD zur Analyse und


Vorauswahl von Turbofan-Triebwerken

Für zwei Turbofan-Triebwerke der mittleren Schubklasse soll an zwei Beispielen die
Anwendung und das Potential von multidisziplinären GTSSD-Programmen demons-
triert werden, wie dies in Kap. 7 und Abschn. 8.2.1 vorgestellt wurde. Hierzu wird für
die Schubklasse um 100 kN als Basis und Referenztriebwerk ein erfolgreiches Turbo-
fan-Triebwerk der IAE V2500-Triebwerksfamilie mit einem Bypassverhältnis um etwa
BPR = 5 nachgerechnet und analysiert. Dabei sind auch die geometrische Struktur und
wichtige technologische Größen bekannt. Ausgehend von analysierten Referenztriebwer-
ken als Basis und den damit bekannten Arbeitsprozessen, sind neue, verbesserte Trieb-
werkskonzepte mit z. B. günstigerem Brennstoffverbrauch und besseren Emissionsdaten
durch eine Parameterstudie projektmäßig zu finden. Abb. 8.2-5 zeigt als Referenztrieb-
werke zwei typische Vertreter der 100 kN-Klasse, die in den 1980er Jahren entwickelt
wurden und als Antriebe z. B. der Flugzeug Airbus A320 und Boeing 737 dienen. Das
GE-Snecma-Triebwerk CFM56-A und das IAE-Triebwerk V2500-A5 zählen zu den
erfolgreichsten Ziviltriebwerken der vergangenen Jahrzehnte.

Analyse und Nachrechnung eines existierenden Turbofan  Bei Neuentwicklungen von


Flugtriebwerken stellen Untersuchungen zu existierenden Triebwerken und deren Kom-
ponenten eine typische Aufgabe im Rahmen einer Projektabteilung in der Industrie dar.
Dies betrifft insbesondere auch die Triebwerke der konkurrierenden Hersteller.
Ziel derartiger Untersuchungen ist es gemäß der Flugmission (Abb. 8.2-6), in erster
Linie Aussagen zu erhalten über z. B.

• den spezifischen Brennstoffverbrauch SFC,


• die Temperatur- und Druckniveaus,
• das Wirkungsgrad- und Belastungsniveau der Komponenten,
• die Triebwerksgesamtmasse und die Massen der Komponenten,
• die Emissionen und die Kosten.

Die Weiterentwicklung bewährter Triebwerke oder die Neuentwicklung werden durch


die Erfahrungen und die Anforderungen der Kunden, den zukünftigen Betreibern, von
716 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Flugzeug A321-100 B 737


Turbofan / EIS IAE V2500-A5 / 1997 CFMI CFM56-7 / 1998
Startschub [kN (lbf)] 139,67 (31400) 116
BPR 4,6 5,1
Fan-Durchmesser [m] 1,613 1,55
Stufenzahlen 1 / 4 / 10 / 2 / 5 1/3/9/1/4
Durchsatz [kg/s] 389 355
OPR (MCL) 35,2 34
SFCC Cruise [g/s/kN] 15,5 16

Abb. 8.2-5  Klassische Bypass-Turbofan TF mit BPR < 6, Fan F, ohne Mischung. Schubklasse um


100 kN, EIS um 1995 (Beispiel CFM56, V2500)

14 Auslegunspunkt DS
H0 [km]
12 Max Climb Point End Cruise
Begin Cruise
10
Höhe

6 Mid Climb 2 Mid Descend 1

4 Holding Pattern

2 Mid Climb 1 Mid Descend 2 Beginn Approach


Begin Climb End Descend
0
0 Take Off 20 40 60 80 100
Approach
Zeit [min]

Flugmission Airbus A320


Schub bezogen auf Startschub

Turbofan : CFM56-
CFM56-5B, V2500-
V2500-A5
TO Thrust Range: 98 - 147 kN

Abb. 8.2-6 Flugmission und Stufen der Schubbelastung für ein Zivilflugzeug vom Typ Airbus
A320 mit den Turbofan CFM56-5B und V2500-A5. Darstellungen nach Airbus S.A.S und [Sch01]
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 717

Abb. 8.2-7  Ringraum-Nachrechnung eines Referenztriebwerks mit Daten der Bezugstriebwerks-


familie IAE-V2500 [Sch01]

den behördlichen Richtlinien sowie von dem Entwicklungstand der einzusetzenden


Technologien geprägt.
Sie sind im RFP (request for proposal), dem Anforderungskatalog des Kunden enthal-
ten. Dies betrifft hauptsächlich die Flugmissionen der Flugzeuge mit Flug-Mach-Zahlen
und Flughöhen, mit den Schubbereichen, dem Brennstoffverbrauch sowie der Luft- und
Leistungsentnahme vom Triebwerk. In Abb. 8.2-6 wird dazu ein Überblick zu einer typi-
schen Flugmission eines Mittelstrecken-Verkehrsflugzeuges (z. B. Airbus A320) gegeben.
Weiterhin liegen umfangreiche Anforderungen an die FADEC-Syteme mit Monitor-,
Diagnose- und Betriebskontrolle vor sowie Forderungen an die Lebensdauer, die Wartbar-
keit, die Zuverlässigkeit, die Triebwerksmassen und die Schadstoff- und Lärmemissionen.
In den ersten Auslegungsschritten wird mit Hilfe von Leistungsyntheserechnungen
GTSYN (Abschn. 8.2.1 der Arbeitsprozess des Triebwerks in den Flugpunkten Steigflug
MCL, Start TO und Reiseflug CR in Anlehnung an entsprechende Daten der Referenz-
triebwerke nachgebildet. Hierzu sind der Aufbau und die Modellierung einer Konfigura-
tion im Syntheseprogramm notwendig. Die für die Syntheserechnungen erforderlichen
Kennfelder von Verdichter und Turbinen liegen meist von Referenztriebwerken vor. Für
erste Abschätzungen genügen skalierte Standard-Kennfelder aus Literatursammlungen
vor, wie dies beispielhaft bei dem Programmsystem [GasTurb] der Fall ist.
Ausgehend von den vorab berechneten Arbeitsprozessen werden die Turbokomponenten
im Steigflug MCL projektmäßig vereinfacht eindimesional im Mittelschnitt berechnet, wobei
die realen bekannten Abmessungen der Komponenten hier vorgegeben werden. Der für die
Syntheserechnung zugrunde gelegte Ringraum ist nach den Daten des Referenz-triebwerks
zu erstellen und hier beispielhaft für das IAE V2500 in Abb. 8.2-7 zu sehen.
Darauf aufbauend können dann über Variationen der Triebwerkshauptparameter
die Zielgrößen einer Neuauslegung bestimmt werden. Das Ergebnis der Missionsanalyse
und der entsprechenden Leistungs- und Betriebsanforderungen erlaubt eine erste Vor-
auswahl der in Frage kommenden neuen Triebwerkskonzepte.
Durch Off-Design Studien werden neben dem Auslegungspunkt DS (design point)
sodann alle anderen wichtigen Betriebspunkte Bi des Referenztriebwerks für die Flug-
mission numerisch mit GTSSD bestimmt. Die Analyse des Betriebsverhaltens gibt dann
718 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

1,15
SFCrel 1700
15
Turbofan-Triebwerk TF
1,10 1600 OPR
Reiseflug (Cruise)
spez. Brenstoffverbrauch relativ

1500 20
1,05 Tt4 [K] 1400
25
30
1,00
Tt4 [K] 1700
1400 1500 1600 15
0,95 BPR = 4
OPR
20
0,90 25
30
BPR = 10
0,85
0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4
spez. Schub relativ

Abb. 8.2-8  Parameterstudie vereinfacht zur Weiterentwicklung von Turbofan mit mittlerem BPR
um 4-5 (Referenztriebwerke) auf UHBTF mit hohem BPR um 8 bis 10. Darstellung nach K. Rüd,
MTU Aero Engines

Aufschluss über den Arbeitsbereich, die Stabilität und die Handhabbarkeit des Trieb-
werks. Damit sind gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung oder Neuauslegung
weiterer Triebwerke des gleichen Typs gegeben.

Neuauslegung von Turbofan-TriebwerkenVorauswahl nach Parameterstudie Der


erste Schritt in der Auslegung eines Antriebs besteht in der Suche nach einem geeigne-
ten, erfolgversprechenden Arbeitsprozess. Zu diesem Zweck kann eine Parameterstudie
mit einem Syntheseprogramm wie hier z. B. mit [GasTurb, Kur98] durchgeführt werden.
Ein wesentlicher Aspekt dabei besteht darin, während der Parametervariation alle den
Arbeitsprozess wesentlich beeinflussenden Größen, die von den variierten Parametern
abhängen, entsprechend anzupassen. Dies ist z. B. die Kühlluftmenge bei Variation der
Turbineneintrittstemperatur.
Über anschließende Parameterstudien mit multidisziplinären Auslegungsprogram-
men GTSSD werden die Auslegungsgrößen, Randbedingungen, Zielgrößen und wesent-
lichen Betriebspunkte der Flugmission in Art und Anzahl erreicht. Im Rahmen der
Auslegungsaufgabe hat es sich bewährt, frühzeitig auch Optimierungsroutinen mit ein-
zubeziehen, um z. B. den Einfluss der einzelnen Auslegungsvariablen auf die Zielgrößen
über Parameterstudien deutlicher zu erkennen.
Zur Orientierung für Weiterentwicklungen zu einem erfolgreichen Referenztriebwerk
ist beispielhaft in Abb. 8.2-8 und 8.2-9 nach allgemeinen Parameterstudien zur Voraus-
wahl der Zielbereich zu sehen. Wie diese Parameterstudien für Turbofan zeigen, hat für
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 719

19,0
Druckverhältnis
[g/(kN s)] HP-Verdichter
Tt4 [K] 1900
Tt4 [K] 9
18,5 1400 1800
spez. Brennstoffverbrauch SFC

1400 1700 10
1500 1600
1500 11
18,0 BPR = 4 12
1400
13
14
17,5 Tt4 [K] 15
BPR = 10 16
1500
17,0
14
1600 15
1700 16 Druckverhältnis HP-Verdichter
16,5
100 150 200 250 300
spez. Schub FS [m/s]

Abb. 8.2-9  Parameterstudie vereinfacht zur Weiterentwicklung von Turbofan mit mittlerem BPR
um 4-5 (Referenztriebwerke) auf UHBTF mit hohem BPR um 8 bis 10. Darstellung nach K. Rüd,
MTU Aero Engines

derzeitige Triebwerke mit BPR um 4 bis 6 die Steigerung des OPR nur geringe Auswirkung
auf die Verbesserung des SFC. Erst mit einer Erhöhung des BPR können bei höheren OPR
und TET Verbesserungen der Cruise-SFCC erreicht werden. Alle drei Auslegungsparame-
ter kombiniert sind nötig, um die weiterentwickelten Turbofan-Triebwerke hinsichtlich
ihres Brennstoffverbrauches und ihrer CO2-Emissionen zu verbessern.
Als Zielvorgabe für Neuauslegungen von TF soll ausgehend von den Daten der Refe-
renztriebwerke mit Parametervariationen wichtiger Kenngrößen die Neuauslegung von
TF der gleichen Schubklasse im Bereich von 100 kN bis 150 kN verwirklicht werden, die
bei wesentlicher Steigerung des BPR auf Werte BPR > 8 bis 10, des OPR auf Werte > 40
und eine deutliche Senkung des SFCC um 5 % bis 10 % bei wesentlicher Verbesserung
der Emissionswerte von Lärm und Schadstoffen bewirken.
Um den optimalen Arbeitsprozess der Neuauslegungen ermitteln zu können, müssen
neben den Ergebnissen im Steigflug MCL auch Take-off-Werte berücksichtigt werden.
Diese Betriebszustände stellen quasi Teillastpunkte dar und können nur über Synthese-
rechnungen auf der Basis von Komponenten-Kennfeldern bestimmt werden. Insbeson-
dere sind weiterhin bei den Komponenten die HP-Verdichter-Austrittstemperatur Tt3
und die LP-Turbinen-Eintrittstemperatur Tt45 zu beachten.
Um keinen Materialwechsel in der letzten Verdichterstufe vornehmen zu müssen, soll
bei Take-off eine Verdichter-Austrittstemperatur Tt3 von Tt3 = 800 K nicht überschrit-
ten werden. Daneben soll das Triebwerk mit einer ungekühlten LP-Turbine ausgestattet
werden. Für die LP-Turbinen-Eintrittstemperatur gilt die Beschränkung Tt45 < 1200 K.
720 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

SFC Turbofan BPR = 8 Parameterstudie mit Grenzwerten


18,2
[g/(kN s) Temperatur HPT-
HPT-Eintritt
18,0
TET = Tt4 [K]
Druckverhä
Druckverhältnis 1450 Temperatur HPT-
HPT-Eintritt
17,8 HPC 10 Limit Cruise Tt4 = 1600 [K]
1500 Tt4 TO = 1850 [K]
spez. Brennstoffverbrauch

11
17,6 1550
12
13 1600
14 1650 1700
17,4 15
1716 Druckverhä
Druckverhältnis
1160 HP-
HP-Turbine
17,2 HPT
3,2
17,0 Tt45 [K] 920
Temperatur
16,8 LPT-
LPT-Eintritt 960 1120 3,6

16,6 1000 4,0


1040
Druckverhä
Druckverhältnis
16,4 1080 4,4
Temperatur LPT-
LPT-Eintritt HPT 1-1-stufig
Limit Cruise Tt45 = 1050 [K] Limit
16,2
100 110 120 130 140 150
spez. Schub [m/s]

Abb. 8.2-10  Parametervariationen zur Weiterentwicklung von Turbofan mit mittlerem BPR um


4-5 (Referenztriebwerke) auf UHBTF mit hohem BPR um 8 bis 10. Darstellung nach K. Rüd, MTU
Aero Engines

Als maximale Prozesstemperaturen sind einzuhalten für Take Off ein TETTO max < 1850 K
und für Cruise TETC max < 1600 K.
Ergänzend zu Abb. 8.2-10 und nicht als Parameter eingetragen sind z. B. als Prozess-
variable folgende Bereiche zu nennen (Abb. 8.2-9):

• Druckverhältnis HPT = 2,8 bis 6,


• Druckverhältnis LPT = 4,2 bis 5,6

Unter Berücksichtigung dieser Grenzen ergibt sich ein optimaler Arbeitsprozess bei
einem Gesamtdruckverhältnis von ca. 35 und einer TurbinenEintrittstemperatur Tt4 von
Tt4 = 1550 K im Steigflug MCL.
Eine Übersicht über die sich ergebenden Arbeitsprozessparameter gibt Abb. 8.2-10.
Aus dem Ergebnis einer ersten Arbeitsprozessstudie mit Hilfe von Syntheseprogam-
men und Parametervariationen zur Verbesserung des SFC auf Werte um 17 g/(kN s) ist
eine fundierte Basis für vertiefte, multidiszipinäre Studien durchführbar, wobei techno-
logische Grenzen verstärkt eine Rolle spielen.

Betriebsgrenzen des Flugtriebwerks im Verdichterkennfeld. Bei der Vorauslegung


und den entsprechenden Parameterstudien sind bereits Betriebsgrenzen und Stabili-
tätsbereiche der wichtigsten Komponenten im stationären und instationären Betrieb
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 721

(a)
C

Supersonic Stall Shock


Flutter Flutter
Stabilitätsgrenze
Druckverhältnis

SL
L
W
ie Supersonic
lin
eits Unstalled
Subsonic Stall rb
A Flutter
Flutter

Schluckgrenze
Choke Flutter

Verdichterdurchsatz red.
(b)
maximale TET
C TETmax = Tt4 max
Beschleunigung
Slam Accel
e TET = Tt4
nz
Druckverhältnis

g re
p nmax Drehzahl max.
m rn
. Pu atte
bzw Fl
Verzögerung
ts-
ilitä t al
l
e Arbeitslinie Slam Decel
ab gS z
St i n ren WL
tat ck
g
Ro hlu
Sc
Stabilität Verlöschen Drehzahl n
Brennkammer

Verdichterdurchsatz red.

Abb. 8.2-11 Stabilitätsgrenzbereiche a (oben) und Betriebsgrenzen b (unten) dargestellt im


HP-Verdichterkennfeld mit Arbeitslinie WL (working line), Stabilitätsgrenze SL (surge line) und
Schluckgrenze (choke line)

dringend zu beachten. Die trifft besonders auf die Verdichterkomponenten zu, da


deren stabiler Betrieb entscheidend die Stabilität und Sicherheit aller anderen Kom-
ponenten und des Gesamttriebwerks bestimmt. In Abb. 8.2-11 werden entsprechend
den Erläuterungen besonders aus Kap. 4 einige Angaben zu den Betriebsgrenzen gege-
ben. Dies betrifft besonders die maximalen TET, die Strömungsinstabilitäten an der
Pump- und Schluckgrenze und den Verlauf von Arbeitslinien zwischen Leerlauf- und
Volllastdrehzahlen.
Für alle von einem Piloten bzw. einem FADEC-System vorgegebenen Betriebspunkte
muss auch in Notfallsituationen der sichere Betrieb gewährleistet werden. Dies ist bei der
722 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Projektierung und bei der Auswahl der Komponenten mit ihren Kennfeldern frühzeitig
zu berücksichtigen.
Mit Hilfe der GTSSD-Vorauslegungen kann ggf. zur Untersuchung der Stabilität
mit transienten Simulationen das dynamische Triebwerksverhalten zum Abschluss der
Auslegungsphase zusätzlich studiert werden. Bei schnellem Hochfahren bzw. Beschleu-
nigungen oder Verzögerungen liegen die transienten Betriebspunkte nicht auf der stati-
onären Betriebslinie, sondern in vielfältigen Übergangsphasen zwischen den stationären
Betriebspunkten, wie es in Abschn. 4.2 gezeigt wurde. Im praktischen Betrieb ist das
dynamische Betriebsverhalten oft von entscheidender Bedeutung für den Erfolg eines
Triebwerks. Dies bedeutet aber auch, dass bereits im Vorfeld einer Projektierung auch
variable Geometrie bzw. geregelte Schaufelverstellung mit berücksichtigt und einbezogen
werden müssen.
In diesem Zusammenhang ist eine Simulation des Triebwerks bei Anlass- und Start-
vorgängen zu untersuchen. Gemäß dem Anforderungskatalog RFP ist es wichtig, schon
in der Auslegungsphase mit Simulationsprogrammen zu prüfen, ob überhaupt ein
Anlass- und Startvorgang sicher funktioniert, was z. B. beim Wiederanlassen im Flug
problematisch sein kann (Abschn. 9.5.3).
Bei der Darstellung zu einem Startvorgang ist in Abschn. 9.5 in Abb. 9.2-3 die sog.
„Hung Line“ im Verdichterkennfeld eingetragen. Die Start-Betriebslinie liegt deutlich über
der „Hung Line.“ Die „Hung Line“ verbindet die stationären Betriebspunkte, in denen mit
befeuerter Brennkammer und laufendem Starter keine Beschleunigung auf stabilen Leer-
lauf mehr erreicht wird. Das Triebwerk erreicht also nur oberhalb dieser Betriebspunkte
die stabile Leerlaufdrehzahl. Bei einem „Hung Start“ ist dies nicht der Fall.
Bei kleinen Anlassdrehzahlen kann die transiente Betriebslinie die Stabilitätsgrenze im
niedrigen Drehzahlbereich überschreiten. Dies kann in der ersten Startphase zu rotierenden
Ablösungen und zu Schwingungsproblemen bei der Beschaufelung führen, was durch die
Wahl der Charakteristik des Verdichterkennfeldes und die Wahl des Auslegungspunktes zu
beachten ist. Vom Anlassen bis zum Leerlauf ist dafür zu sorgen, dass die Start-Betriebslinie
in dem Bereich zwischen Stabilitätsgrenze und „Hung Line“ einen sicheren Start erlaubt.
Als wesentliches Ergebnis aus Parametervariationen, wie sie oben einführend vor-
gestellt wurden, können mit GTSSD-Programmen gemäß der Zielvorgabe für die mitt-
lere TF-Schubklasse um 100 bis 140 kN Neuentwicklungen technologisch mit folgenden
Richtwerten verwirklicht werden:

Bypassverhältnis BPR > 10 bis 12, OPR > 40 bis 50


Turbinen-Eintrittstemperatur
TET 1900 K bis 2000 K, T45 1300 bis 1400 K
Fan-Druckverhältnis FPR > 1,5
HP-Verdichterdruckverhältnis PRHPC > 16 in 8 bis 10 Stufen
HP-Turbinendruckverhältnis PRHPT > 5 in 2 gekühlten Stufen
LP-Turbinendruckverhältnis PRLPT > 7 in 6 Stufen
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 723

High-Bypass-Direct-Turbofan HB-DTF
CFM International LEAP-X

Boeing 737 MAX


Airbus A320 neo
Comac C919

F = 80 [kN] bis 140 [kN]


BPR = 10
OPR = 50 (Top of Climb)
Fan 1, LPC 3, HPC 10
HPT 2, LPT 7

High-Bypass-Geard-Turbofan HB-GTF
P&W / MTU PW1000G

Airbus A320 neo


Bombardier CS
Comac C919

F = 80 [kN] bis 130 [kN]


BPR = 12
OPR = 50 (Top of Climb)
Fan 1, LPC 3, HPC 8
HPT 2, LPT 3

Abb. 8.2-12  Beispiele von Turbofan-Triebwerken ohne und mit Getriebe der Schubklasse 80 bis
140 kN mit hohem über BPR > 10 und OPR > 40. Darstellung nach Fa. Pratt&Whitney, MTU Aero
Engines, Airbus S.A.S., Boeing Comp

Wie die Weiterentwicklungen der in Abb. 8.2-1 gezeigten beiden Turbofan der 100
kN-Klasse zeigen, folgen deren Nachfolgetriebwerke dem in diesem Abschnitt kurz dar-
gestellten Entwicklungstrend (Abb. 8.2-12).
Die mehrdimensionale Parameterstudie bezog sich im Wesentlichen auf die ther-
modynamischen Arbeitsprozesse. Sie ist sinngemäß in analoger Form auch für die Tur-
bofan-Triebwerke mit Getriebe GTF übertragbar, wie das entsprechende Projekt von
P&W/MTU mit dem PW1000G zeigt [Rie07, Hen12B].
In Abb. 8.2-12 ist neben diesem Getriebe-Turbofan das Beispiel der Weiterentwick-
lung der CFM-Triebwerksfamilie mit dem LEAP-X dargestellt.
724 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

8.2.3 Auslegung und Betriebsverhalten von Hoch-Bypass-


Turbofan

8.2.3.1 Betriebsverhalten von Turbofan ohne und mit Mischung


Für den Unterschallflug werden überwiegend Turbofan-Bypass-Triebwerke sowohl mit
als auch ohne Mischer ausgeführt (Abb. 8.2-13). Dabei können bei der Teillast-Synthe-
serechnung Turbofan mit Mischung der beiden Hauptströme weitgehend gleich den
Turbofan ohne Mischer behandelt werden, wie das in Abschn. 8.2.1 dargestellte einfa-
che Fan-Triebwerk. Die Sekundärdüse entfällt, dafür liegt hier eine Mischungsbedingung
vor, bei der die statischen Drücke in beiden Strömen gleich sein müssen (Abschn. 2.6).
Zum Vergleich der beiden Turbofan-Triebwerke ohne und mit Mischung wird ange-
nommen, dass für das Ende des Steigfluges ein bestimmter Schub MCL (max climb)
gefordert ist. In diesem Betriebspunkt soll der maximale reduzierte Fan-Durchsatz
√ √
ṁ2 T12 /pt2 und die maximale aerodynamische Drehzahl nN / Tt2 erreicht werden.
Der Vergleich wird hier am Beispiel zweier Triebwerke mit einem Bypassverhältnis
BPR = 6 durchgeführt. Die Auslegungsdaten der beiden Vergleichstriebwerke mit glei-
chem Kerntriebwerk (core) nach Vorauslegungsrechnung sind in Abb. 8.2-14 zusam-
mengestellt. Die Unterschiede der Daten sind klein aber keineswegs unbedeutend. Die
Differenz im spezifischen Brennstoffverbrauch SFC beträgt etwa 1,5 %. Mit einem so
genannten Blütenmischer, der zu einer Steigerung des Mischungswirkungsgrades von
30 % auf etwa 70 % führen kann, wäre der Verbrauchsunterschied etwa bei 2 bis 4 %.
Da der Durchsatz beider Triebwerke gleich angenommen ist, wird auch der Durch-
messer am Gondeleintritt bei identischem Nabenverhältnis des Fans derselbe sein. Die
Gondel des Triebwerks mit Mischung wird länger und damit schwerer. Für einen objek-
tiven Vergleich bei dem die unterschiedlichen Gewichte der Triebwerksgondeln sowie
deren aerodynamischer Widerstand berücksichtigt werden sei auf weiterführende Litera-
tur verwiesen [Gri04B, Wal98B, GasTurb].
Die weiteren Unterschiede beider Arbeitsprozesse sind eine Folge der verschie-
denen Fan-Druckverhältnisse PRFan. Beim Triebwerk mit Mischung ist das optimale
Fan-Druckverhältnis niedriger. Das kann aus dem Vergleich der Abb. 8.2-15a und b ent-
nommen werden.
Das optimale Fan-Druckverhältnis wäre nach einer ersten Arbeitsprozessstudie noch
größer als 1,9. Für einen einstufigen Fan ist dieses Druckverhältnis von 1,9 aber bereits
recht hoch.
Bei einem Triebwerk mit Mischer kann im Vergleich zum Triebwerk ohne Mischer
ggf. mit einer Niederdruckturbinenstufe weniger ausgekommen werden, da eine gerin-
gere Leistung zum Antrieb des Fans mit dem niedrigeren Druckverhältnis benötigt
wird. Damit würde das Zusatzgewicht der längeren Gondel zum Teil wieder kom-
pensiert werden. Wird dennoch die gleiche Anzahl von Turbinenstufen für beide
Triebwerksversionen gewählt, dann wird der Wirkungsgrad der Niederdruckturbine
des gemischten Triebwerks besser, da die aerodynamische Belastung mit ΔhtT/u2
zurückgeht.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 725

(a) (b)

Abb. 8.2-13  Turbofan-Triebwerke mit großem Bypassverhältnis BPR a ohne Mischung TF und b


mit Mischung TFM [GasTurb]

Turbofan-Triebwerk ohne und mit Mischer, BPR= 6


H0 = 11km, M0 = 0,8 ohne mit
Schub, ISA + 10° FN 69,3 kN 69,3 kN
Spez. Brennstoffverbrauch SFCF 17,7 g / (s kN) 17,4 g/(s kN)
Luftdurchsatz m⋅ 360 kg / s 360 kg / s
Fan Druckverhältnis (außen) pt13 / pt2 (1,9) 1,8 1,86
isentr. Wirkungsgrad LPC
Innenstrom i ηCis,i 0,88 0,88
Außenstrom a ηCis,a 0,89 0,89
HPC-Druckverhältnis pt3 / pt25 14 14
isentr. Wirkungsgrad HPC ηHCis 0,86 0,86
Gesamtdruckverhältnis pt3 / pt2 34,65 34,65
Brennkammeraustrittstemp. Tt4 1705 K 1700 K
isentr. Wirkunksgrad HPT ηHPTis 0,919 0,919
isentr. Wirkunksgrad LPT ηLPTis 0,9015 0,9026
Mischerwirkungsgrad ηmix - 30%

Abb. 8.2-14  Auslegungsdaten zweier Turbofan-Bypass-Triebwerke ohne TF und mit Mischung


TFM (Auslegungsbeispiele nach Vorauslegungsrechnung) [GasTurb]

Eine weitere Alternative ist, die Drehzahl der Niederdruckwelle herabzusetzen,


sodass die aerodynamischen Belastungen von Fan und Niederdruckturbine konstant
bleiben. Dadurch würden Vorteile in der mechanischen Auslegung und im Gewicht
erzielt.
726 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

(a)
SFC PRFan, außen
[g/(kNs)]
Turbofan TF 1800 1,60

Fa
20 ohne Mischung

n-
Dr
1,65

uc
1750

kv
1,70

erh
spez. Brennstoffverbrauch

ält
1700 1,75

ni
19

s(
1,80

au
ße
1650 1,85

n)
Turbinen- 1,90
Eintrittstemperatur 1600
18 Tt4 [K] 1500
1550

17

50 55 60 65 70 75
Nettoschub FN [kN]
(b)
SFC
[g/(kNs)]
20 Turbofan TFM
mit Mischung
spez. Brennstoffverbrauch

Fan-Druckverhältnis
PRFan, außen 1,70 (außen)
19 1,65
Turbinen- 1,60 1,75
Eintrittstemperatur 1,80
Tt4 [K]
1,85
1550
1500 1,90
18 1600
1800

1750
1700
1650
17

50 55 60 65 70 75
Nettoschub FN [kN]

Abb. 8.2-15 Parameterstudie zur Vorauslegung eines Turbofan-Triebwerks mit BPR = 6 (a)


ohne Mischung und (b) mit Mischung [GasTurb]

Betriebsverhalten von Turbofan ohne und mit Mischer Nach der Vorauslegungs-


studie ist in einem nächsten Schritt die Triebwerksauslegung durch eine Untersuchung
des Teillastverhaltens zu ergänzen. Neben der Betrachtung des Betriebes im Reiseflug
ist der Startfall SLS (Sea Level Static) von besonderer Bedeutung, da hier die größten
mechanischen Drehzahlen und die höchsten Temperaturen auftreten. Die aerodynami-
schen Drehzahlen erreichen besonders an Tagen mit Umgebungstemperaturen höher
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 727

2 21 24 25 16 18
13

44 45 5 6 8
41
3 31 4

HP leak to LPT exit

a b
handling bleed
c

LPT NGV Cooling

LPT cooling

leakage from bypass overboard bleeds a HP leakage to bypass


b NGV cooling
c HPT cooling

Abb. 8.2-16  Turbofan-Triebwerk TF ohne Mischung

als die ISA-Temperaturen (International Standard Atmosphere) bei weitem nicht ihre
Maximalwerte.
Die Mischungsrechnung selbst kann allerdings während der Teillastiteration Prob-
leme bereiten. Ungünstige Kombinationen der zu iterierenden Variablen können dazu
führen, dass die Drücke in beiden Strömen sehr unterschiedlich sind. Wenn sich die
Totaldrücke um mehr als das kritische Druckverhältnis unterscheiden, dann ist statische
Druckgleichheit nicht mehr möglich und es wird schwierig, sinnvolle Eintrittszustände
in die Düse zu berechnen.

Auslegung für Turbofan ohne Mischung TF  Unter Annahme eines gegebenen Gasge-
nerators stellt sich bei Turbofan-Triebwerken mit ungemischten Fluidströmen die Frage
nach der optimalen Auslegung des Niederdrucksystems. Für ein solches in Abb. 8.2-16
dargestelltes Triebwerk ist dabei zu klären, welche Kombination von Bypassverhältnis
und Druckverhältnis im Außenstrom gewählt werden sollte, um einen minimalen Brenn-
stoffverbrauch zu realisieren. Hierzu ist das Verhältnis der Strahlgeschwindigkeiten c1 8 /c8
gleich dem Transferwirkungsgrad zu wählen [GasTurb] oder auch zum Beispiel [Gas76]:
 
c18
= ηTrans
c8 opt
(8.2-1)
ηTrans = ηFan · ηNDT · ηmech · ηMantelstrom
728 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Bypass-Verhältnis (BPRA)
18,0
7,4

spez. Brennstoffverbrauch SFC [g/(kNs)]


17,6
7,8

17,2
8,2
2,05
16,8 8,6 2,00
1,95
9,0
16,4 1,90
9,4

1,85
16,0 1,65
1,80 Fan,außen
1,70 1,75 Fan Druckverhältnis außen
15,6

0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6


Bypass-Geschwindigkeitsverhältnis (ideal) c18/c8

Abb. 8.2-17 Auslegungsstudie zum Transferwirkungsgrad eines Turbofan-Triebwerks ohne


Mischung. Flugzustand H0 = 11 km, M0 = 0,8, Bypassverhältnis BPR = 4 bis 10, Druckverhältnis
Fan (außen) ΠF = 1,6 bis 2 nach [GasTurb]

Diese Definition basiert auf den Strahlgeschwindigkeiten, die bei einer idealen Entspan-
nung auf Umgebungsdruck erreicht werden. Bei überkritischem Druckverhältnis ist
dazu eine im Flächenverhältnis angepasste, konvergent-divergente Düse anzunehmen.
Der verwendete Transferwirkungsgrad beschreibt die Güte des Energietransfers vom
Hauptstrom in den Mantelstrom und muss neben dem Fan-Wirkungsgrad ηFan auch
den Druckverlust im Mantelstromkanal ηMantelstrom beinhalten.
Eine Parameterstudie für ein Turbofan-Triebwerk ist im Abb. 8.2-15a, b dargestellt.
Eine Steigerung des Bypassverhältnisses hat ein Sinken des optimalen Fan Druck-
verhältnisses zur Folge. Für ein gegebenes Bypassverhältnis stellt sich der minimale
Verbrauch bei demselben idealen Strahlgeschwindigkeitsverhältnis von etwa 0,8 ein
(Abb. 8.2-17).
Das ideale Strahlgeschwindigkeitsverhältnis (c18/c8)id ist also ein geeignetes Kriterium
zur Wahl des optimalen Fan-Druckverhältnisses beim Turbofan-Triebwerk. Dieses theo-
retisch erreichbare Geschwindigkeitsverhältnis ist in Abb. 8.2-18 für Reiseflugbedingun-
gen und für den Startfall abhängig vom Druckverhältnis pt16/pt6 dargestellt. Zur Teillast
hin steigt (c18/c8)id an. Es ist daher zweckmäßig, bei Volllast ein suboptimales Strahlge-
schwindigkeitsverhältnis zu wählen, wenn im Reiseflug optimale Bedingungen erreicht
werden sollen.
Beim gemischten Triebwerk tritt an Stelle des Strahlgeschwindigkeitsverhältnisses
das Verhältnis der Totaldrücke am Mischereintritt pt16/pt6 als Kriterium für Optima.
Das Teillastverhalten einer solchen Konfiguration ist in Abb. 8.2-19 für den Reiseflug
und den Startfall abgebildet. Der angepasste Abszissen-Maßstab ist beim Vergleich mit
Abb. 8.2-18 zu beachten. Das Druckverhältnis pt16/pt6 ändert sich besonders in der Höhe
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 729

Volllast

Volllast

Abb. 8.2-18  Ideales Strahlgeschwindigkeitsverhältnis (c18/c8)id des TF abhängig vom Druckver-


hältnis pt16/pt6 im Startfall und bei Reiseflugbedingungen [GasTurb]

M16
Mach-Zahl Bypassluft, Mischereintritt

Volllast

Volllast

Teillast

Abb. 8.2-19  Druckverhältnis pt16/pt6 und Mach-Zahl des Bypassstromes am Mischereintritt M163


im Startfall und für Reiseflugbedingungen [GasTurb]

viel weniger als beim ungemischten Triebwerk, wie der Vergleich mit Abb. 8.2-18 zeigt.
Zu beachten sind die unterschiedlichen Maßstäbe.
Die Veränderung der Mach-Zahl M163 des Außenstroms am Eintritt in den Mischer
steht in direktem Zusammenhang mit der Betriebslinie im Fankennfeld. Beim unge-
mischten Triebwerk tritt an die Stelle der Mach-Zahl M163 die Mach-Zahl M18 im
730 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

2 21 24 25 27 28
13
16
64
44 45 8
5
41
163
31 3 4
63

HP leak to LPT exit

IP handling bleed b
HP handling bleed
a c
LPT NGV Cooling

LPT cooling

leakage from bypass overboard bleeds a HP leakage to bypass


b NGV cooling
c HPT cooling

Abb. 8.2-20  Turbofan-Triebwerk mit Mischung [GasTurb]

Austrittsquerschnitt der Sekundärdüse. Beide Mach-Zahlen treten jeweils am Ende des


Nebenstromkanals auf und beschreiben den Drosselzustand des Fans.
Wie in Abb. 8.2-19 zu sehen ist, steigt M163 im Reiseflug an, wenn der Schub zurück-
genommen wird. Die Mach-Zahl M18 beim Triebwerk ohne Mischer bleibt dagegen kon-
stant, solange die Sekundärdüse kritisch arbeitet und sinkt bei unterkritischer Strömung
in der Düse ab. Die Konsequenzen aus den hier gegebenen Darstellungen können mit
Hilfe der Betriebslinien in den Komponenten-Kennfeldern erläutert werden.
Die notwendige Anzahl von Niederdruckturbinenstufen hängt von der benötigten
Antriebsleistung des Fans und damit sowohl von dessen Druckverhältnis als auch vom
gewählten Bypassverhältnis ab. Die für die optimalen Kombinationen von Bypassver-
hältnis und Fan-Druckverhältnis zu wählende Zahl der Niederdruckturbinenstufen
kann in Verbindung mit einer umfassenden Auslegungsmethodik zu Fan-Triebwerken
bestimmt werden.

Auslegung für Turbofan mit Mischung TFM. Das beim ungemischten Turbofan-


Triebwerk gefundene Kriterium für die optimale Abstimmung von Bypassverhältnis und
Fan-Druckverhältnis ist beim Triebwerk mit Mischung nicht anwendbar (Abb. 8.2-20).
Es existiert hier eine andere Bedingung, die aus der thermodynamischen Wirkungs-
weise des Mischers resultiert. Der Gewinn durch Mischung beider Ströme wird nur dann
maximal, wenn das Totaldruckverhältnis pt16/pt6 in der Nähe von 1 liegt.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 731

Eine analog zum Bypass-Triebwerk ohne Mischung durchgeführte Parameterstu-


die zur Auslegungsmethodik führt dazu, dass die optimale Abstimmung für gemischte
Triebwerke ein Totaldruckverhältnis pt16/pt6 ≈ 1,05 erfordert. Bei einem Triebwerk
ohne Mischung und optimalem c18/c8 wird ein Wert für pt16/pt6 von etwa 1,4 erreicht.
Obwohl beim gemischten Turbofan hier eine LP-Turbinenstufe zur Kompensation des
Gewichtes des Mischers weggelassen wurde, weist das Triebwerk mit Mischung einen
Vorteil im Brennstoffverbrauch auf. Hierbei ist zu beachten, dass Installationseffekte und
der Gondelwiderstand für diese Untersuchungen vernachlässigt wurden.

Betriebslinien im Fan-Kennfeld bei Turbofan mit und ohne Mischung  Das Teillast-
verhalten eines Triebwerkes ohne Mischung (Abb. 8.2-16) unterscheidet sich von dem
eines Triebwerks mit Mischung (Abb. 8.2-20) weiterhin auch in der Lage der Betriebsli-
nien in den Fan-Kennfeldern (Abb. 8.2-21).
Von den Daten des Auslegungspunktes (H0 = 11000 m, M0 = 0,8) ausgehend können
zum Beispiel mit [GasTurb] die Volllast-Teillast-Betriebslinien in den Turbomaschinen-
Kennfeldern bestimmt werden.
Es wird dabei deutlich, dass die Fan-Betriebslinie
√  des Triebwerks mit Mischer bei
Reiseflugbedingungen steiler verläuft als die ṁ13 θ13 δ13-Linien.
√ Beim ungemischten
Triebwerk verläuft die Betriebslinie dagegen flacher als die ṁ13 θ13 δ13-Linien.
Weiterhin ergibt sich der Betriebsbereich zwischen Start und Reiseflug beim Trieb-
werk ohne Mischung nicht so breit wie bei der gemischten Triebwerksversion. Bei einem
Triebwerk mit Mischung ist es somit tendenziell schwieriger bei niedrigen Schubwerten
unter Reiseflugbedingungen einen guten Fan-Wirkungsgrad zu erreichen.
Durch die „flachen“ Betriebslinien des ungemischten Triebwerks werden im oberen
Lastbereich nicht so gute Fan-Wirkungsgrade erreicht. Wie aus dem Vergleich der Rei-
seflug-Betriebslinien in den Abb. 8.2-21a und b zu erkennen ist liegen in diesem Fall die
Betriebslinien bei Teillast jedoch besser.
Der große Unterschied zwischen den Betriebslinien im Standfall ISA-SLS und im Rei-
seflug wird vom Verhalten der Düsen verursacht. Sowohl die Sekundärdüse des unge-
mischten Triebwerks als auch die für beide Ströme gemeinsame Düse des Triebwerks
mit Mischer arbeiten in vorliegendem Beispiel im oberen Lastbereich bei Reiseflug über-
kritisch. Im Standfall erreichen die Machzahlen im engsten Querschnitt der Düse jedoch
keinen höheren Wert als 0,9. Je kleiner die Machzahl ist, desto kleiner wird der reduzierte
Durchsatz. Die Betriebslinien beider Triebwerke verlaufen daher bei ISA-SLS recht flach.

Betriebslinie im Mitteldruckverdichter Im Vergleich zur Lage der Betriebslinie im


Fan-Kennfeld hat die Betriebslinie im Mitteldruckverdichter IPC (Booster B) eine
besonders kleine Steigung (Abb. 8.2-22). Hinter dem Mitteldruckverdichter IPC ist der
Hochdruckverdichter HPC angeordnet, dessen reduzierter Durchsatz mit dem Schub
ansteigt. Jede Betriebslinie im Mitteldruckverdichter muss also flacher als die Linien

ṁ25 θ25 /δ25 = const. verlaufen. Ob das Triebwerk einen Mischer hat oder nicht, spielt
dabei keine Rolle.
732 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

(a)

Turbofan TF
ohne Mischung
Fan Fan-Kennfeld
Volllast
Fan-Druckverhältnis

Start
H0 = 0 km (SL, ISA,+10)
M0 = 0

Reiseflug
H0 = 11 km (ISA+10)
M0 = 0,8
Leerlauf

Massenstrom red.
(b)

Turbofan TF
mit Mischung
Fan
Fan-Kennfeld
Fan-Druckverhältnis

Volllast
Start
H0 = 0 km (SL, ISA,+10)
M0 = 0

Reiseflug
H0 = 11 km (ISA,+10)
M0 = 0,8
nred Leerlauf

Massenstrom red.

Abb. 8.2-21  Betriebslinien für Reiseflug und Standfall (ISA,SLS) im Fan-Kennfeld des a Turbofan
ohne Mischer, b Turbofan mit Mischer [GasTurb]

Abbildung 8.2-22 zeigt Betriebslinien im Kennfeld des Mitteldruckverdichters IPC.


Sie sind sehr flach, sodass mit Abblaseventil VBV (variable bleed valve) gearbeitet wer-
den muss. Im gezeigten Beispiel wurden 10 % des Massenstromes in den Bypasskanal
abgeblasen. Dies wäre zumindest für Reiseflugbedingungen noch ungenügend.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 733

IPC Turbofan TF

Mitteldruckverdichter-Druckverhältnis Mitteldruckverdichter-Kennfeld

Reiseflug
H0 = 11 km (ISA,+10)
M0 = 0,8
Volllast

nred

Start
H0 = 0 km (SL, ISA,+10)
Leerlauf M0 = 0

Massenstrom red.

Abb. 8.2-22  Betriebslinien im Kennfeld des Mitteldruckverdichters IPC (booster) für den Reise-
flug und für den Standfall. Bleed-Luftabblasung im unteren Drehzahlbereich [GasTurb]

8.2.3.2 Regelung, Schub und Verbrauch im Flugbereich


Das Betriebsverhalten und die Überwachung moderner Flugtriebwerke wird über
FADEC-Systeme (Full Authority Digital Engine Control) vorgenommen. Am Beispiel
der Turbofan-Triebwerke mit hohem Bypass-Verhältnis werden hier einführend einige
Hinweise zu den zweckmäßigen Leistungsstufen (ratings), zu den Hauptaufgaben der
Regelung und zu Regelgesetzen gegeben. Auf ausführliche Fachliteratur wie [Bau99B,
Wal00B, Gri04B, RTO07B, Lin08B u.a.] wird hingewiesen.
Ausgehend von hydromechanischen Reglerstrukturen führte in den vergangenen
Jahrzehnten der Weg über Semi-Elektronische Regelsystemen hin zur flexibel adaptiven
FADEC-Regelung und Überwachung mit einer großen Zahl an Parametern. Zur Darstel-
lung der Entwicklung von Regelungs- und Überwachungssystemen speziell der Turbo-
fan-Triebwerke wird hier auf Linke-Diesinger, Lufthansa-Technik [Lin08B] verwiesen.
Hauptziel der Regelung ist, das vom Piloten oder vom Flugzeug-Managementsystem
angeforderte Schubniveau für sichere, stationäre und instationäre Betriebszustände über
die Dosierung der Brennstoffzufuhr in die Brennkammern zuverlässig zu gewährleisten.
Dabei gilt, besonders thermische und mechanische Grenzwerte einzuhalten und kritische
Stabilitätsbereiche zu beachten.
Im einfachsten Fall der Auslegungsberechnung einzelner Betriebspunkte wird die
Brennkammertemperatur bzw. Turbinen-Eintrittstemperatur TIT bzw. TET = Tt4 vor-
gegeben. Dieses Vorgehen ist zwar wichtig, da die TET ein Maß für die Bauteilbelastung
ist. Für die Praxis allerdings ist dies eigentlich ungeeignet, da im Triebwerk selbst diese
734 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Schub-Kennfeld Turbofan ohne Mischung


100 Take Off BPR=4,3, ges = 30, TIT = 1650 K
% (Sta
(ISA, Standard Day)
nda
rd D
(Ho ay)
t Da
y)
80
Höhe [km]
0
SFC
14 [g/(kN*s)]
Schub netto FN/FN,SL

2000
60 16
4000
18
6000
40 20
Max Cruise 8000
10000
22
20 12000
Vorgaben: nH = f(Tt2) = 0,745+0,0001Tt2
nH,max = 1,04 [GasTurb 10]
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 8.2-23  Schubkennfeld (ISA STD) des Turbofan-Triebwerks ohne Mischer mit den Vorga-
ben Drehzahl nH = f(T2 ) = 0.745 + 0.001 T2 und nH,max = 1.04 bei konstanter Turbinen-Ein-
trittstemperatur TET = 1650 K [GasTurb]

Temperatur nicht real gemessen werden kann. Für die Leistungsrechnungen und die
Simulationen, für die Aufgaben der Regelung und für die Überwachung der Triebwerke
durch den Piloten im Cockpit müssen Regelgesetze mit zweckmäßigen Eingangsgrößen
angegeben werden, die umfassende flexible Regelungs- und Überwachungsprozeduren
erlauben.
Ein wichtiger Aspekt des Betriebsverhaltens von Turboluftstrahltriebwerken ist deren
Schubcharakteristik bzw. allgemein das Schubkennfeld wie es in Abb. 8.2-23 gezeigt
wird. Diese Charakteristik wird durch den Triebwerksregler beeinflusst. So fällt der
Standschub einer Fluggasturbine gegenüber dem ISA-Standard-Day (15 °C) mit steigen-
der Umgebungstemperatur T0 stark ab (ISA-Hot-Day mit zum Beispiel +30 °C), wenn
die Brennkammer-Austrittstemperatur TET = Tt4 konstant gehalten wird. Dies ent-
spricht dem Schubverlauf beim Betrieb Full Rated Engine (Abb. 8.2-24, Mitte links).
Im umgekehrten Falle an kalten Tagen führt die Regelung mit konstanter Brenn-
kammer-Austrittstemperatur TET = Tt4 zu einem hohen Standschub. Der Schubbedarf
eines Flugzeuges dagegen ist im Wesentlichen von der Umgebungstemperatur T0 unab-
hängig. Daher müssen Triebwerke so ausgelegt und dimensioniert werden, dass auch an
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 735

Cockpit-Triebwerksanzeigen
Airbus A320/A321
Turbofan IAE V2500

0 2 3 4 5

EPR = p t5 /pt2
Engine Pressure Ratio OAT Outside Air Temperature
EGT = Tt5 Exhaust Gas Temperature °C FRT = TISA+15 Flat Rate Temperature
N1 = n1 = nL Low Pressure Rotor Speed % FLX Flex Take Off Temperature
N2 = n2 = nH High Pressure Rotor Speed % FF Fuel Flow
TIT resp. TET Turbine Inlet Temperature FOB Fuelon Bord

Schub Schub
FN FN
„full rated“

Max.T.O.FN „flat rated“


Max.
T.O.FN „flat rated“ Flex.T.O.FN

„derated“
ISA ISA+15 Outside Air Temp. FRT OAT
(15 °C) FRT (30 °C) OAT (T0) Flex.T.O.Temp.
EGT EPR
EGT -Limit EPR
Tt5 „full rated“

EGT Margin Actual EGT N1

„flat rated“ „derated“ N1

ISA ISA+15 Outside Air Temp. FRT OAT


FRT OAT

Abb. 8.2-24 Triebwerks-Anzeigen (IAE V2500) im Cockpit (A320/A321) und Schub-„Rating“


mit „full rated“, „derated“ und „flat rated“ abhängig von OAT (Outside Air Temp. T0) mit den
Standard-Stufen ISA und FRT bei ISA + 15° sowie Flex.T.O. Temp. [Lin08B]. Darstellung nach
Airbus S.A.S und Lufthansa AG
736 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

heißen Tagen ausreichend Schub für einen sicheren Start des jeweiligen Flugzeugs zur
Verfügung steht. Es ist dabei die Aufgabe der Regelung sicher zu stellen, dass die mit der
Dimensionierung des Triebwerks verbundenen Betriebsgrenzen eingehalten werden.
Die Regelung mit konstanter Brennkammertemperatur TIT kann daher so erweitert
werden, dass bei veränderten Umgebungstemperaturen T0 = OAT (outside air tempe-
rature) unterhalb eines definierten Abknickpunktes (kink point) der Schub praktisch
konstant bleibt (Abb. 8.2-24, Mitte). Es wird in einem solchen Fall von FR (flat rating)
gesprochen, da die Schubkurve abhängig von der Umgebungstemperatur OAT bei Tem-
peraturen unterhalb des Abknickpunktes FRT (flat rate temperature) flach verläuft. Mit
steigender Umgebungstemperatur OAT höher als FRT sinkt in der Schubkurve der
Schub deutlich ab. FRT am Abknickpunkt wird häufig bei ISA + 15° (= 30 °C auf Mee-
reshöhe) gesetzt.
Da der Schub bei eingebautem Triebwerk nicht genau messbar ist, kann unterhalb
von FRT nicht direkt auf einen Soll-Schub geregelt werden. In der Praxis finden daher
zwei indirekte Verfahren zur Schubeinstellung Anwendung. Hierbei werden zum einen
das Druckverhältnis Core EPR bzw. pt5/p t2 (core engine pressure ratio) oder zum ande-
ren die reduzierte Drehzahl des Fan nL / Tt2 als Regelparameter verwendet. In beiden
Fällen ist der Standschub näherungsweise unabhängig von der Umgebungstemperatur.
Der Schub hier beim Triebwerk ohne Mischer steigt bei einer Verringerung der Umge-
bungstemperatur von ISA + 15° auf ISA-35° (−20 ◦ C) bei konstantem pt5 /pt2 lediglich
um 1 bis 2 % an. Beim Triebwerk mit Mischer (Abschn. 8.2.3) ist der Schubanstieg bei
konstantem pt5 /pt2 geringer. √
Bei der Regelung mit konstanter reduzierter Drehzahl nL / Tt2 werden ähnliche
Ergebnisse erzielt. Bei einer Verringerung der Umgebungstemperatur von +30 ◦ C auf
−20 ◦ C führt eine solche Regelung in den Beispielfällen zu einem starken Abfall der
Brennkammertemperatur Tt4.
Eine Schubanpassung, Thrust Rating, ist eng mit dem Flat Rating verwandt. Dabei
geht es nicht um den Einfluss von unterschiedlichen Ansaugtemperaturen, son-
dern um die Auswirkung von Triebwerksalterung, Luftentnahme und Entnahme von
Wellenleistung.
Der Begriff Thrust Rating bedeutet, dass der Schub konstant gehalten wird. Auch
wenn sich zum Beispiel durch Verschmutzung oder durch Ausrieb von Belägen und
Dichtungen die Wirkungsgrade der Turbomaschinen verschlechtern, wird dennoch ein
gleichbleibender Schub erzeugt, allerdings bei höheren Heißgastemperaturen als bei
einem neuen Triebwerk. Hierzu muss die Heißgastemperatur Tt45 oder Tt5 bzw. falls
ein Pyrometer vorhanden ist, eine Schaufeltemperatur gemessen werden. Ist die Alte-
rung des Triebwerks so weit fortgeschritten, dass für den geforderten Schub die maximal
zulässige Heißgastemperatur überschritten wird müsste, dann kann das Triebwerk auch
durch eine Waschung gereinigt oder ausgebaut und überholt werden.
In Abb. 8.2-24 (Mitte rechts) ist weiterhin für ein flat rated Triebwerk zu sehen, dass
bei konstantem Umgebungsdruck (pressure altitude) die Drehzahl des Niederdruck-
Rotors N1 = nL bis zum FRT-Wert ansteigt und dann wieder abfällt. Sinkt zum Beispiel
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 737

mit steigender Flughöhe der Druck, dann verschiebt sich die FRT-Wert zu kleineren
OAT-Werten.
Um geringere Belastungswerte für das Triebwerk zu erzielen, kann gegenüber der full
rated-Schubkurve das Temperaturniveau durch Herabsetzung der EGT-Werte gesenkt
werden, sodass dies zu einem derated-Triebwerk führt. Deutlich ist nach Abb. 8.2-24 zu
erkennen, wie mit sinkender OAT-Werten kleiner als FRT der EGT-Bereich (EGT-mar-
gin) zwischen full rated und flat rated vergrößert wird, sodass bei konstant bleibendem
Schub das Triebwerk eine geringere Belastung erfährt.
Bei den meisten FADEC-Systemen kann der Pilot abhängig vom Schwierigkeits-
grad der Startsituation zusätzlich über den FMC (flight management computer) selbst
einen Flex. T.O.-Schub (fexible take off thrust) unterhalb vom maximalen Schub
(max.T.O.thrust) zum Beispiel bei höheren OAT-Werten wählen. Dieses Vorgehen kann
zur Sicherheit und Wirtschaftlichkeit erheblich beitragen.
Um bei konstant bleibenden Schub eine Schonung des Triebwerks und günstige
Lebensdauer zu erzielen, müssen also keine zusätzlichen Regelungsparameter eingeführt
werden. Sowohl mit konstantgehaltenem Druckverhältnis pt5/pt2 als auch mit konstan-
ter reduzierter Drehzahl nL / Tt2 kann dafür gesorgt werden, dass eine Komponenten-
verschlechterung nicht zu einem Schubabfall führt und somit der Betrieb des Flugzeuges
nicht
 beeinträchtigt wird. Bei der Schubregelung mit Hilfe der reduzierten Drehzahl
nL / Tt2 besteht ein gewisser Nachteil, da in diesem Fall der Schub sinkt, wenn z. B. der
Fan verschmutzt oder beschädigt wird.
Alterung und Beschädigung des Triebwerks führen bei einer solchen Regelung zu
höheren Heißgastemperaturen als bei einem neuen Triebwerk. Folglich muss die Heiß-
gastemperatur Tt45 oder Tt5 bzw. eine Schaufeltemperatur gemessen werden. Ist die Alte-
rung des Triebwerks so weit fortgeschritten, dass für den geforderten Schub die maximal
zulässige Heißgastemperatur überschritten wird, kann das Triebwerk überholt werden.

Schub und Verbrauch im Flugbereich  Mit Hilfe einer flexiblen FADEC-Regelung ist es
möglich, den Schub über das Flat Rating hinaus an die Anforderungen einzelner Flug-
zeugtypen und deren spezifischen Missionen anzupassen. Hierzu werden Regelgesetze
verwendet, bei denen für den maximalen Steigschub MCR (max climb rating) das Druck-
verhältnis EPR bzw. pt5 /pt2 (engine pressure ratio) als Funktion von Flughöhe, von Flug-
Mach-Zahl und der Abweichung von den ISA-Temperaturen dargestellt wird. Damit
wird die Schubcharakteristik eines Triebwerks auch durch die Anforderungen des Flug-
zeuges festgelegt. Eine gemeinsame Abstimmung der Anforderungen an die Regelung
und die Regelgesetze für den jeweiligen Triebwerkstyp zwischen den Triebwerks- und
Flugzeugproduzenten ist unumgänglich.
Als Auslegungsbeispiel wurde in Abb. 8.2-23 das Schubkennfeld eines Triebwerks
ohne Mischer dargestellt, wie es mit dem Syntheseprogramm [GasTurb] erstellt wurde.
Dabei wurde die Drehzahl der Hochdruckwelle nH abhängig von der Verdichter-Eintritt-
stemperatur Tt2 vorgegeben. Im Auslegungsfall beträgt nH = 100 %, bei ISA/SLS Bedin-
gungen Tt2 = 288,15 K ist nH = 103,3 %.
738 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Abb. 8.2-25 Spezifischer

spez. Brennstoffverbrauch SFC [g/(kNs)]


26
H0=11000 m; M0=0,80; ISA+10°
Brennstoffverbrauch SFC
von Turbofan-Triebwerken 24

ohne und mit Mischung


22
bei Reiseflugbedingungen,
ISA + 10°, H0 = 11 km. ZTL mit Mischung
20
M0 = 0,8 [GasTurb]
18
ZTL ohne Mischung

16

14
0 20 40 60 80
Nettoschub FN [kN]

Das Schubkennfeld wird durch den Verlauf des spezifischen Brennstoffverbrauches


SFC ergänzt (Abb. 8.2-25). Der Brennstoffverbrauch eines Triebwerks für eine gege-
bene Mission ergibt sich damit durch die Auswertung der diese Charakteristik bilden-
den Kurvenschar. Die Verbrauchskurve wird an Hand der für die Flugmission wichtigen
Referenzpunkte beurteilt. Hierbei ist die Lage des Minimums dieser Kurve in Relation
zu den Referenzpunkten ausschlaggebend. Da diese Kurve der Form eines „Körbchens“
(bucket) ähnlich sieht, wird auch vom BSFC (bucket SFC) gesprochen. Die typische Form
einer einzelnen Kurve ist in Abb. 8.2-15 für die hier betrachteten Beispieltriebwerke ohne
Mischer gegenüber dem Triebwerk mit Mischer (Abschn. 8.2.3) dargestellt.
Bei einem im gesamten mit dem Flugzeug verbundenen, integrierten Regel- und
Monitorsystem, dem kompletten FADEC, können eine große Zahl von Einflussparame-
ter berücksichtigt werden, wie dies in Abb. 8.2-26 und in Abschn. 9.5.6, Abb. 9.5-28 zu
sehen ist.
Hier wird als Beispiel schematisch der prinzipielle Aufbau des Triebwerks-FADEC-Sys-
tems am Beispiel der Airbus-Flugzeuge A320/A321 mit dem Turbofan IAE-V2500 gezeigt
in Verbindung mit der elektronischen Triebwerksregelung EEC (electronic engine control),
der hydromechanischen Einheit HMU (hydro mechanical unit) zur Brennstoff-Dosierung
und weiteren Regler-Einheiten insgesamt gekoppelt mit dem Flugzeug-Management-
System. Informationen und weitere Details zu Regler- und FADEC-Systemen speziell zu
dem Turbofan werden in [Lin08B] vorgestellt. Bemerkenswert ist, dass die prinzipiellen
Strukturen der FADEC-Systeme auch im Zusammenhang mit den verschiedenen Regler-
„Philosophien“ der Triebwerks-Produzenten zu sehen sind.

8.2.4 Turbofan-Triebwerke mit hohem BPR ohne und mit Getriebe

Die Weiterentwicklung der konventionellen Turbofan-Triebwerke (Abschn. 8.2.1 und


8.2.2) zur Verwirklichung der vorgegebenen Ziele zu verbesserten umweltfreundli-
chen und ökonomischen Antrieben führte besonders für zivile Flugzeuge zu deutlich
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 739

FADEC-System Turbofan IAE V2500 Airbus A319, A320, A321

Abb. 8.2-26  FADEC bzw. EEC-System (electronic engine control) schematisch von Turbofan IAE
V2500 mit hohem BPR . Darstellung nach Airbus S.A.S und [Lin08B]

gesteigerten Gesamtdruckverhältnissen über 40 hinaus und zu höheren Bypassverhält-


nissen über BPR > 6. Beispiele dieser Entwicklungen sind für zivile Großflugzeuge (A
380, B787 und A350) die 3 typischen Vertreter der Hoch-Bypass-Triebwerke VHB-TF
(very high bypass turbo fan) GP7200, GEnx und Trent 1000. Diese Antriebe der Schub-
klasse um 300 kN haben Gesamtdruckverhältnisse OPR von 40 bis 50, Bypassverhält-
nisse BPR von etwa 9 bis über 10 und Turbinen-Eintrittstemperaturen TET über 1800 K.
Mit diesen Größen konnte der spezifische Brennstoffverbrauch SFC deutlich herabge-
setzt sowie verbesserte Emissionswerte für Lärm und CO2 erzielt werden [Arn07, Rie07,
Boc07, Dro07].
Bei diesen umweltfreundlichen Triebwerken mit einem Bypassverhältnis über 10
hinaus wird bereits nach einfachen Vorstudien deutlich, dass der Einsatz von Turbofan-
Triebwerken mit Untersetzungsgetrieben GTF (geared turbo fan) eine zweckmäßige
Lösung für die steigenden technologischen Aufgaben darstellen kann (Abb. 8.2-27).
Zum Vergleich des Potentials von Hoch-Bypass-Turbofan HB-TF mit BPR über 10
und höher ist eine gezielte Auslegungs-Parameterstudie hilfreich, wie sie von Kurzke
[Kur09] mit Hilfe des Syntheseprogramms [GasTurb] vorgestellt wurde. Abb. 8.2-28
zeigt als Ausgangsbasis zu dieser Studie einige Auslegungsgrößen des für die Parameter-
Vergleichsrechnung gewählten Referenz-Turbofan mit BPR = 6.
740 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Abb. 8.2-27  Turbofan-Triebwerk GTF mit Getriebe zwischen langsamlaufendem Fan und schnell
laufender Niederdruck-Turbine LPT. Abb. nach [GasTurb]

Für den Vergleich wird angenommen, dass die weiteren untersuchten Turbofan-
Triebwerke mit gleichem Gasgenerator-Kerntriebwerk GG ausgestattet sind. Weiterhin
wird als Betriebszustand gleich bleibend Hot Day Take Off angesetzt. Zum Vergleich
werden 4 Triebwerks-Vorauslegungen in einer Gegenüberstellung betrachtet.
Wie dem Abb. 8.2-29 zu entnehmen ist, wurden nach Vorausberechnungen der
Leistungen und der SFC-Werte Triebwerke ohne und mit Getriebe von BPR = 6 bis
14 genauer untersucht und dem vorgegebenen Referenztriebwerk mit BPR = 6 gegen-
übergestellt. Das optimale Fan-Geschwindigkeitsverhältnis c18/c8 (Abschn. 8.2.2) wurde
dabei beachtet und konstant bleibende polytrope Wirkungsgrade von Fan, Booster und
LPT beibehalten.
Die Basis-Auslegung des Referenz-TF-Triebwerkes ohne Getriebe erfolgte mit den in
Abb. 8.2-28 angeführten Eingabe-Eckwerten.
Nach dem Ergebnis der Studie von Kurzke [Kur09] sinkt gegenüber dem Referenz-
triebwerk mit BPR = 6 der SFC bei der Auslegung mit BPR = 10 um 14,4 % und bei
einem BPR = 14 um weitere 8,2 % (Abb. 8.2-29).
Bei angenommen gleich bleibendem Kerntriebwerk mit HPC, B und HPT, wurde das
Niederdrucksystem mit Fan F, LPC (booster) und Niederdruckturbine LPT unter Beach-
tung gleicher Belastungskriterien für Fan und Booster sowie für die LPT jeweils neu
gestaltet. Diese Kriterien orientierten sich z. B. an Turbinen-Auslegungs-Diagrammen
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 741

Basis-Daten des Referenz-TF mit BPR = 6


Sea Level, ISA+15K, Mach 0.25 Stage Count
No Installation Losses Fan 1
Thrust = 102,9 kN Booster 4
SFC = 13,0 g/(kN s) HPC 8
ISA Corrected Air Flow = 408.6 kg/s HPT 2
Bypass Ratio = 6 LPT 5
Overall Pressure Ratio = 43.9
HPC Pressure Ratio = 16
HPC Corrected Flow W√ = 25kg/s
Burner Exit Temperature = 1875K

Referenz-TF-Triebwerk
BPR=6 OPR=43,9
GG-Kerntriebwerk 5 stufige LPT

Länge m
[GasTurb 11]

Abb. 8.2-28  Turbofan-Referenz-Triebwerk TF mit BPR = 6 zur Parameter-Vergleichsstudie der


TF ohne und mit Fan-Getriebe. Syntheserechnung und Abb. nach [Kur09; GasTurb]

Arbeitsprozess-Parameter-Studie
mit gleichem Kerntriebwerk (HPC und HPT),
konstanten polytropen Wirkungsgraden für
Fan, Booster und LPT sowie optimalem
Geschwindigkeitsverhältnis c18/c8=const)

5
LPT
7 - S tu
7
fe n
89
9
Fan
Tip Speed m/s
360
400
440
480
Conventional Turbofan Geared Turbofan

Abb. 8.2-29  Arbeitsprozess-Parameterstudie VHB-TF ohne und mit Fan-Getriebe für Hot Day
Take Off: GG-Kerntriebwerk (HPC, BK, HPT) gleich bleibend, konstante polytrope Wirkungs-
grade für Fan, LPC und LPT, optimales Geschwindigkeitsverhältnis. Parameter: LPT-Stufenzahl,
Fan-Geschwindigkeit uFTipnach Kurzke [Kur09, GasTurb]
742 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Bypass Verhältnis 10
9 LPT-Stufen
Leistungsziffer ∆ ht/u2

Bypass Verhältnis 6
5 LPT-Stufen

Durchsatzziffer cax/u2

Abb. 8.2-30  Betriebspunkte im Auslegungs-Diagramm für LPT („Smith“ -Diagramm) der kon-


ventionellen TF-Triebwerke mit BPR = 6 und 10 (Abschn. 4.3.4, Abb. 4.3-10, 4.3-13, 4.3-14)

(Smith-Diagramm, Abschn. 4.3.4, Abb. 4.3-13) bzw. nach Abb. 8.2-30 sowie an maxima-


len Fan-Spitzengeschwindigkeiten.
Es ergibt sich dabei für die LPT der Auslegung mit BPR = 10 ein Anstieg der Stu-
fenzahl von 5 auf 9, wie dies in Abb. 8.2-29 gezeigt wird. Bei konventionellen TF-Trieb-
werken erhöht sich also mit steigendem BPR die Zahl der LPT-Stufen erheblich. Wird
ähnlich der Bauweise wie bei PTL-Triebwerken das Turbofan-Triebwerk mit einem
Untersetzungsgetriebe G zwischen dem LPT-Rotor und dem Fan ausgestattet, dann ist
für die LPT gekoppelt mit dem Booster eine Drehzahl unabhängig von der Drehzahl des
Fans möglich. Dies führt bei optimal angepassten Drehzahlen der LPT und dem Booster
zu besseren Wirkungsgraden und auf alle Fälle zu einer starken Verminderung der Zahl
der Turbinenstufen.
Unter Beachtung weiterer angemessener mechanischer und aerodynamischer Belas-
tungskriterien ergibt sich für das Getriebe-TF mit BPR = 10 bei einem optimalen
Getriebe-Verhältnis (gear ratio) von 2,5 eine LPT-Stufenzahl nur von 3 gegenüber dem
konventionellen Triebwerk.
Mit Erhöhung des BPR des GTF von 10 auf 14 zeigt die Parameterstudie, dass ein
GTF gegenüber dem konventionellen TF besonders bei der Zahl der LPT-Stufen Vorteile
bietet. Dazu sind in Abb. 8.2-31 die wichtigsten Auslegungsparameter der 4 hier unter-
suchten Turbofan-Triebwerke einander gegenübergestellt. Abb. 8.2-32 zeigt bildlich das
Ergebnis der TF-Parameterstudie zu Turbofan-Triebwerken mit von BPR = 6 bis 14.
Bei einer vergleichenden Bewertung von Hoch-Bypass-Turbofan-Triebwerken
ohne oder mit Getriebe sind neben dem spezifischen Brennstoffverbrauch SFC die
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 743

Abb. 8.2-31 Wichtige Auslegungsparameter zum technologischen Vergleich konventioneller


Hoch-Bypass-TF mit BPR = 6 bis 14 ohne und mit Getriebe [Kur09]

Schallemission, die geometrischen Einbaumaße am Flugzeug, das Gewicht und vor allem
die Kosten von Bedeutung. Dabei spielt die Zahl der Bauteile und deren Gewichtsanteil
bei den Beurteilungskriterien eine besonders wichtige Rolle.
Bei einem BPR von etwa 10 bis 11 zeigen die Bauweisen ohne oder mit Getriebe, dass
sich Vor- und Nachteile gegeneinander aufwiegen. Die Entscheidungen zu der einen
oder anderen Bauweise hängen auch wesentlich von den jeweiligen Erfahrungen der
Triebwerkshersteller ab.
So sind in Abb. 8.2-33 3 typische Projekte der 300 kN-Schubklasse mit BPR um 10 bis
11 der führenden Triebwerkshersteller dargestellt: GE mit Genx, RR mit RR-Trent1000
und P&W-MTU mit Getrieb-Fan PW 1000G.
Für höhere BPR über 11 hinaus erscheint das Konzept mit Getriebe besonders inter-
essant, wobei der Stand der Getriebetechnologie mit extrem hoher Leistungsdichte eine
wesentliche Rolle spielen wird.
Bei den Hoch-Bypass-TF-Triebwerken der mittleren und unteren Schubklassen bis
etwa 200 kN sind Ausführungen mit Getriebe leichter realisierbar, wie zum Beispiel in
[Rie07, Hen11, Hen12B u. a.] gezeigt wird.

8.2.5 Multidisziplinäre Turbofan-Vorauslegung mit


Parametervariation und Optimierung

Zur Analyse vorhandener Triebwerke und zu deren Weiterentwicklungen sowie zur


projektmäßigen Vorauswahl von neuen Triebwerken wurde in Abschn. 8.2.2 die Vorge-
hensweise mit Hilfe von Standard-Syntheseprogrammen gezeigt. In Fortsetzung zu der
744 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Bypass SFC Stufenzahl Fan


BPR g/kN s LPC LPT D
6 13,0 3 5 1,78 m

Bypass SFC Stufenzahl Fan


BPR g/kN s LPC LPT D
10 11,44 7 9 2,32 m

ohne Getriebe

10 11,40 2 3 2,23 m

mit Getriebe

[GasTurb 11]

Abb. 8.2-32  Gegenüberstellung der Hoch-Bypass-TF mit BPR = 6 bis 10 ohne und mit Getriebe.
Ergebnis der Parameterstudie zum technologischen Vergleich nach Kurzke [Kur09, GasTurb]
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 745

Hoch-Bypass-Turbofan-Triebwerke
BPR = 9 bis 11, OPR = 40 bis 45

GE GEnx
2 Rotoren BPR = 11, Fan 2,82 m, F = 310 kN
Fan, LPR, HPR

RR Trent 1000 3 Rotoren


BPR = 11, Fan 2,85 m, F = 334 kN
Fan, LPR, IPR, HPR

P&W-MTU PW 1000G
2 Rotoren, BPR = 11, Fan 2,85 m, F = 178 kN
Fan, Getriebe, LPR, HPR

Abb. 8.2-33  Beispiele von Hoch-Bypass-Turbofan-Triebwerken. Projekte führenden Triebwerks-


hersteller wie GE GEnx, RR Trent 1000, P&W-MTU. Darstellung nach Fa. GE Aviation, Rolls-
Royce plc, Pratt & Whitney und MTU Aero Engines
746 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

BPR > 10 bis 12 OPR > 40 bis 50


TET 1900K bis 2000K T45 1300 bis 1400 K
FPR > 1,5
PRHPC > 16 in 8 bis 10 Stufen
PRHPT > 5 in 2 gekühlten Stufen
PRLPT > 7 in 6 Stufen

Abb. 8.2-34  Turbofan TF mit BPR < 6 (Typ IAE V2500) nach [GasTurb] bzw. [Kur09]

in Kap. 7 und Abschn. 8.2.1 dargestellten numerischen Verfahren mit der Syntheserech-


nung GTSYN und dem übergeordneten multidisziplinären Programmsystem GTSSD
soll in diesem Abschnitt beispielhaft für die 100 kN-Turbofan-Schubklasse eine vertiefte
multidisziplinäre Vorauslegung mit GTSSD-Programmen dargestellt werden.
Als wesentliches Ergebnis aus Parametervariationen, wie sie im Abschn. 8.2.2 einge-
setzt wurden, ergaben sich gemäß den Zielvorgaben für Turbofan-Triebwerke der mitt-
leren Schubklasse um 100 bis 140 kN für Neuentwicklungen folgenden technologisch
verwirklichbare Richtwerte, wie sie in Abb. 8.2-34 gezeigt werden.

Parameterstudie bei Variation des HP-Verdichter-Druckverhältnisses. Die fol-


gende Darstellung zu multidisziplinären Parameterstudien mit vertiefter Auslegung und
Optimierung orientiert sich an den Veröffentlichungen von Kurzke, Jeschke, Schaber
und Ardey [Sch01a, Jes02, Sch02a, Ste03B, Hen12B] und stellt eine der Standardme-
thoden zur Ermittlung geeigneter Auslegungen bei gegebenen Randbedingungen dar.
Entscheidend ist dabei, dass alle wesentlichen Effekte während der Parametervariation
mit Modellen in entsprechenden Modulen abgebildet werden. Im Unterschied zu der
herkömmlichen, in Leistungssyntheseprogrammen verwendeten Parametervariation
können mit multidisziplinären Programmen auch in einem Schritt neben der Thermo-
dynamik weitere Disziplinen wie z. B. der Mechanik sowie der Massen- und Kostenab-
schätzungen berücksichtigt werden.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 747

SFC (BCR) SM
Surge Margin (MCL)
η HPC (MCL)
SFC (BCR)

Surge Margin (MCL)


ηHPT (MCL)

η HPT (MCL)

η HPC (MCL)

Nabenverhältnis am Austritt des Hochdruckvertdichters

Abb. 8.2-35  Einfluss der Variation des HPC-Nabenverhältnisses ν auf die aerodynamische Quali-
tät des Referenz-Turbofans vom Typ V2500 bei MCL [Sch02, Ste03B]

Das Ziel der hier gewählten Aufgabenstellung mit der Anwendung von GTSSD
besteht in Ergänzung zur Darstellung in Abschn. 8.2.2 darin, im Zuge einer vertieften
Triebwerksvorauslegung für ein bekanntes oder vorausgelegtes Triebwerk in einer wei-
teren Parameterstudie eine einzelne Komponente, z. B. hier den Hochdruckverdichter
HPC, zu verbessern. Dabei sollten alle anderen Triebwerkskomponenten besonders
der Niederdruckteil in ihrer Auslegung und ihrem Betriebsverhalten beibehalten
werden.
Die Eckdaten des in Abschn. 8.2.2 aus der Vorauswahl sich ergebenden Turbofans
wie die Druckverhältnisse der Komponenten, die Temperaturen, die Massenströme und
die Schubforderungen sollen weiterhin beibehalten werden. Der Niederdruckteil soll
unverändert bleiben und das Kerntriebwerk nur so weit angepasst werden, wie es sich
aus der Veränderung der Hochdruckverdichterauslegung ergibt. Die Ringraumgeomet-
rie der Hochdruckturbine bleibt erhalten. Die aerodynamische Auslegung der Beschau-
felung so wie die Scheibenauslegung wird jedoch den geänderten Anforderungen des
neuen Hochdruckverdichters angepasst.
Variiert werden soll dazu das Radien- bzw. Nabenverhältnis ν am Austritt des Hoch-
druckverdichters HPC, die Auslegungsdrehzahl der Hochdruckwelle nH und die Stufen-
zahl zHPC.
Ziel der Optimierung ist hier die Verbesserung des spezifischen Brennstoffverbrauchs
im Reiseflug (Cruise) SFCC. Der thermodynamische Arbeitsprozess sowie der Nieder-
druckteil des Triebwerks sollen möglichst unverändert bleiben, während die Hochdruck-
turbine HPT bei gleichbleibendem Ringraum jeweils neu ausgelegt werden soll.
Im ersten Schritt der eindimensionalen Parameterstudie wird unter Konstanthal-
tung aller anderen Parameter das Nabenverhältnis am Verdichteraustritt variiert
(Abb. 8.2-35).
748 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Das Ergebnis der Parameterstudie zeigt, wie abhängig vom Nabenverhältnis die
Werte spezifischer Brennstoffverbrauch SFCBCR, Wirkungsgrad des Hochdruckverdich-
ters ηHPC, Wirkungsgrad der Hochdruckturbine ηHPT und Pumpgrenzabstand SM (surge
margin) die aerodynamische Qualität der Komponenten wiedergeben.
Deutlich ist der direkte Zusammenhang zwischen dem spezifischen Brennstoffver-
brauch SFC und den Wirkungsgraden, insbesondere die Abhängigkeit von ηHPC auf-
grund der Geometrieänderung dieser Komponente, zu erkennen. Der Wirkungsgrad
des Hochdruckverdichters hat ein Maximum bei einem Nabenverhältnis von 0.89. Bei
zunehmendem ν verringert sich die Schaufelhöhe und die relative Spalthöhe nimmt zu,
so dass ηHPC aufgrund der steigenden Spaltverluste stark abfällt. Zusätzlich treten bei
kurzen Schaufeln auch erhöhte Sekundärströmungsverluste auf. Ein sinkendes ν bewirkt
ein Ansteigen der Druckzahl ψ über den Optimalwert hinaus und damit eine Wirkungs-
gradabnahme. Die Druckzahl ändert sich umgekehrt proportional zu dem Quadrat der
Umfangsgeschwindigkeit.
Bei einem Absinken des HP-Verdichterwirkungsgrads ηHPC muss die Turbine auf-
grund des Leistungsgleichgewichtes eine erhöhte Leistung erbringen. Die spezifische Stu-
fenarbeit, die aerodynamische Belastung der Schaufeln und auch die Verluste steigen, so
dass der Hochdruckturbinenwirkungsgrad ηHPT bei großen Nabenverhältnissen ν abfällt.
Unter den hier aufgeführten Randbedingungen ergibt sich hinsichtlich des spezifi-
schen Brennstoffverbrauchs SFC numerisch ein optimales Nabenverhältnis von ν = 0,89,
wobei mit kleineren Nabenverhältnissen nur unwesentlich höhere SFC-Werte erreicht
werden.

Parameterstudie bei Variation der Hochdruckwellen-Drehzahl.  Im zweiten Schritt


der Parameterstudie erfolgt eine Variation der Hochdruckwellen-Drehzahl nH bei fest-
gehaltener Ringraumgeometrie. Diese Variation beeinflusst in ihrem Verhalten erheb-
lich den HP-Verdichter und auch die HP-Turbine, wie in Abb. 8.2-36 zu sehen ist. Der
Wirkungsgrad des HP-Verdichters hat ein Maximum bei 12500 1/min. Bei kleineren
Drehzahlen steigt die Druckzahl an. Die Stufen sind somit überlastet, was einen Ein-
bruch von ηHPC bewirkt. Bei hohen Drehzahlen ist zwar die Druckzahl, d. h. die Belas-
tung niedrig, aber die zunehmenden Mach-Zahl-Verluste bewirken eine Absenkung
von ηHPC.
Der Pumpgrenzabstand SM wird hauptsächlich durch die aerodynamische Belastung,
der Druckzahl Ψ, beeinflusst. Hohe Druckzahlen bei niedrigen Drehzahlen führen in
diesem Beispiel bei einer Drehzahl von 11200 RPM zu einem Pumpgrenzabstand von 0,
d. h. einem völligen Versagen des Verdichters.
Bei der Turbine treten mit steigender Hochdruckwellendrehzahl keine zunehmen-
den Mach-Zahl-Verluste auf, da die Leistungszahl Δh/u2 sinkt. Dadurch werden die
Umlenkungen und die Mach-Zahlen kleiner. Somit verbessert sich ηHPT mit steigender
Drehzahl. Unter den hier aufgeführten Randbedingungen folgt der spezifische Brenn-
stoffverbrauch SFC in seinem Verlauf einer Kombination aus den Verläufen von ηHPC
und ηHPT. Das Drehzahloptimum liegt hierbei bei 15000 1/min.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 749

SFC (BCR) SM
Surge Margin (MCL)
ηHPC (MCL)

Surge Margin (MCL)


ηHPT (MCL) SFC (BCR) η HPT (MCL)

η HPC (MCL)

Drehzahl Hochdruckwelle 1/min

Abb. 8.2-36  Einfluss der Variation der Hochdruckwellen- bzw. HPC-Drehzahl nH auf die aero-
dynamische Qualität des Referenz-Turbofans bei MCL [Sch02, Ste03B]

SFC (BCR)
Surge Margin (MCL)
SM
ηHPC (MCL)

Surge Margin (MCL)


ηHPT (MCL)
SFC (BCR)

ηHPT (MCL)

η HPC (MCL)

Stufenzahl Hochdruckvertdichter zHPC

Abb. 8.2-37  Einfluss der Variation der HPC-Drehzahl auf die aerodynamische Qualität des Refe-
renz-Turbofans (Typ V2500) bei MCL [Sch02, Ste03B]

Parameterstudie bei Variation der Hochdruckverdichter-Stufenzahl.  Bei der Varia-


tion der Hochdruckverdichter-Stufenzahl z wird das Nabenverhältnis am Verdichteraus-
tritt konstant gehalten. Vereinfachend wird angenommen, dass der mittlere Radius des
Hochdruckverdichters über alle Stufen hinweg ebenfalls konstant ist. Dabei ist jedoch zu
beachten, dass die geometrische Austrittsfläche des Verdichters durch die zunehmende
Blockage bei zusätzlichen Stufen größer werden muss und somit der mittlere Radius
ansteigt. Dieses Verhalten ist in Abb. 8.2-37 bei den hohen Stufenzahlen zu erkennen.
750 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

SFC (BCR)
SM
η HPC (MCL)

Surge Margin (MCL)


Surge Margin (MCL)
ηHPT (MCL)
SFC (BCR)

ηHPT (MCL)

ηHPC (MCL)

Nabenverhältnis am Austritt des Hochdruckvertdichters

Abb. 8.2-38 Erneute Variation des HPC-Nabenverhältnisses mit veränderter Ausgangsbasis


für die neue Konfiguration : νHPC = 0,89 → 0,86, nH = 13329 → 15000 1/min, zHPC = 10 → 11
[Sch02, Ste03B]

Das Wirkungsgradoptimum des Verdichters liegt bei einer Stufenzahl von 11. Eine
kleinere Stufenzahl bewirkt eine Überbelastung der einzelnen Stufen und somit einen
Abfall von ηHPC. Bei einer Vergrößerung der Stufenanzahl sollte sich demnach ηHPC
verbessern. Durch die mit steigender Stufenzahl anwachsende Oberfläche im Strömungs-
kanal nehmen aber die Reibungsverluste zu und überwiegen gegenüber dem Wirkungs-
gradgewinn, der durch die geringere Druckzahl entsteht.
Der Pumpgrenzenabstand SM nimmt mit zunehmender Stufenanzahl zu, da in den
einzelnen Stufen weniger Umlenkung erfolgt und somit die Abreißgefahr der Strömung
sinkt.
Bei der Turbine findet nur eine kleine Leistungsanpassung aufgrund der veränderten
Verdichterleistung statt. Dies spiegelt sich in einem nahezu konstanten Turbinenwir-
kungsgrad ηHPT wieder.
Der spezifische Brennstoffverbrauch SFCBCR verhält sich wieder dem Kurvenverlauf
der Wirkungsgrade entsprechend. Das Optimum des SFCBCR dieser Parametervariation
liegt demnach bei einer Stufenzahl von 11

Mehrdimensionale Parameterstudie mit Optimierung. Aus den oben vorgestellten


Parametervariationen ergeben sich Erkenntnisse über den Einfluss einzelner Größen
auf z. B. den SFC. Aufgrund dieser Parametervariationen aber ein Optimum zu bestim-
men, fällt schon bei nur wenigen gleichzeitig zur Optimierung freigegebenen Parametern
schwer. Wird z. B. die Ausgangsbasis der vorstehenden Parametervariationen verändert,
so verschieben sich die Kurvenverläufe und damit auch das Optimum. In Abb. 8.2-38
ist die nochmalige Variation des Nabenverhältnisses zu sehen. Hierbei wurden aber die
Drehzahl auf 15000 RPM und die Stufenzahl auf 11 gesetzt.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 751

Das neue Optimum dieser Parametervariation liegt nun bei ν = 0,86 (zuvor ν = 0.89).
Es ist offensichtlich, dass eine einfache Parametervariation bei einer Suche nach einem
Gesamtoptimum nicht ausreicht. Hierzu ist eine mehrdimensionale Optimierung not-
wendig, die alle Einflüsse gleichzeitig berücksichtigt und daraus Rückschlüsse auf den
oder die als nächstes zu variierenden Parameter zulässt.
Zusammengefasst ergibt sich: Eine Parameterstudie auf Basis einzelner Variab-
len führt nicht zum Gesamtoptimum. Optimierungen von stark gekoppelten Trieb-
werkssystemen können nicht mit Hilfe von eindimensionalen Parameterstudien allein
durchgeführt werden. Eine tiefer gehende mehrdimensionale letztlich multidisziplinäre
Optimierung ist notwendig.

Optimierungsziel: Aerodynamische Qualität.  Zunächst wird eine Optimierung durch-


geführt, die als einziges Ziel eine Verringerung des spezifischen Brennstoffverbrauchs im
Reisflug bei minimalen SFCBCR (bucket cruise) hat. Diese Optimierung ist direkt aus den
Parameterstudien abzuleiten. Die drei zur Verfügung stehenden Parameter Nabenver-
hältnis, Drehzahl und Stufenzahl werden von einem Optimierungsprogramm verändert
und als Zielfunktion der spezifische Brennstoffverbrauch bewertet. Dabei werden Grenz-
werte festgelegt bei deren Über- bzw. Unterschreitung das Ergebnis als nicht in Betracht
kommende Lösung ausgeschlossen wird.
Werte, die nicht überschritten werden dürfen, sind Grenzwerte für die Brennkam-
meraustrittstemperatur Tt4 und die Blattspitzengeschwindigkeit am Hochdruckver-
dichter. Nicht zu unterschreiten ist der minimale Pumpgrenzenabstand. Mit diesen
Randbedingungen ergibt sich ein optimales Triebwerk, bei dem der spezifische Brenn-
stoffverbrauch gegenüber der Referenz um 2 % gesenkt werden kann.
Die solchermaßen optimierten Werte der veränderbaren Variablen sind:

> Nabenverhältnis ν = 0,83


> Drehzahl nH = 150941/min
> Stufenzahl z = 13

Bei vergleichender Gegenüberstellung der Triebwerksgeometrien vom Zustand des


Referenztriebwerks und dem aerodynamisch optimiertem Zustand ergeben sich unför-
mige, nicht baubare Scheiben besonders in der ersten Stufe der Hochdruckturbine. Ursa-
che dafür ist die bisher fehlende Berücksichtigung der Mechanik in der Optimierung.

Multidisziplinäre Optimierung. Werden in einer multidisziplinären Optimierung,


weitere Disziplinen wie Mechanik oder auch Massen und Emissions-Grenzwerte mit
einbezogen. dann müssen mit einem GTSSD alle diese Disziplinen gekoppelt betrachten
werden, damit ein realistisches Gesamtoptimum erzielt werden kann.

Interidisziplinäre Optimierung. Mit der neuen Zielfunktion zu einem Minimum


einer gewichteten Kombination aus SFC und Triebwerksmasse sowie den zusätzlichen
Randbedingungen der Restriktionen durch Festigkeitsanforderungen und konstruktive
752 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Multidisziplinäre Vorauslegung und Optimierung


GTSSD-Programm: MOPEDS (MTU Aero Engines)

Turbofan - Referenztriebwerk

Turbofan nach multidisziplinärer Optimierung

Parameter Basis- Parameterstudie Optimierung Optimierung


Triebwerk ν n z aerodyn. multidiszipl.

ν 0,89 0,89 - - 0,83 0,86


nHP [1/min] 13329 - 15000 - 15094 14001
Stufen z 10 - - 11 13 11

Abb. 8.2-39  Darstellung der Triebwerksgeometrie mit dem Referenz-Turbofan und dem HPC-
seitig optimierten Triebwerk nach einer multidisziplinären Optimierung mit einem GTSSD-Pro-
grammsystem (MTU Aero Engines MOPEDS) [Sch01a, Jes02, Sch02a, Ste03B, Hen12B]

Machbarkeit führt eine interdisziplinäre Optimierung zu dem in Abb. 8.3-39 dargestellten


Ergebnis.
Besonders mit Berücksichtigung der Fachdisziplin Mechanik in der Optimierung und
mit Beachtung auch der Triebwerksmassen usw. wird gegenüber der aerodynamischen
Optimierung ein neues Optimum erhalten, das eine so ermittelte SFC-Einsparung nur
noch von 1 % erreicht statt der 2 % bei rein aerodynamischer Optimierung.
Fazit: Für eine effektive Triebwerksvorauslegung ist ein integriertes multidisziplinäres
Triebwerksvorauslegungsprogramm (pre design tool) unverzichtbar.
Also: Die Optimierung einer Komponente hinsichtlich einer Disziplin führt nicht
zum Gesamtoptimum für das Triebwerk. Sie kann sogar völlig unsinnig sein. Eine ziel-
führende Optimierung im Rahmen der Triebwerksvorauslegung muss interdisziplinär
sein, um sinnvolle Lösungen zu generieren.

ZUSAMMENFASSUNG zur Anwendung von GTSSD.  Schon in der ersten Phase der
Triebwerksentwicklung, bei der Vorauslegung, wird ein erheblicher Teil der Kosten und
das Leistungsspektrum festgelegt wie in Abb. 8.2-40 dargestellt ist.
Im Rahmen der Triebwerksvorauslegung müssen zudem viele verschiedene Kon-
zepte in kürzester Zeit abgestimmt und bewertet werden können. Die zu diesem Zweck
entwickelten integrierten Programmsysteme GTSSD, bei der NASA „NPSS“, bei der
MTU Aero Engines „MOPEDS“ u. a., unterstützen die Projektabteilungen durch ihre
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 753

Triebwerksentwicklung und Kosten


100 %
95%
80 %

n
uk egte

n
ste

ste
e
od len
tko
l

tko
Kosten %

Pr stge

Pr efal
60 %

uk
fe
od

g
an
40 %

30%
20 %
Go Ahead

0%
g
n un g n un
d
tio sleg lun ypen tio rt
z
p
e au w i ck t ot duk tr ieb ppo
n r t o o Be Su
Ko Vo En Pr Pr

Abb. 8.2-40  Vorauslegung und Verlauf der Kosten für ein typisches Turbofan-Triebwerk nach
[Bai98, Kop00, Sch01]. Angebot ATO (Authorization to offer), Programmstart GA (go ahead)

Multidisziplinarität, Modularität, Flexibilität und Modellierungstiefe im Vergleich zu


den klassischen Synthesprogrammen GTSYN.
Dies gilt besonders auch wegen der umfangreichen Kopplung mit numerischen Opti-
mierungsverfahren. Es bleibt jedoch der Erfahrung des Entwicklungsingenieurs überlassen,
welche Ziele und Randbedingungen er für das jeweilige Triebwerkskonzept ansetzt. Das
automatisch aus GTSSD mit Hilfe von Optimierungsprogrammen generierte Optimum
hängt in erheblichem Maß von den Zielen und Randbedingungen ab. Es ist deshalb sehr hilf-
reich, wenn der Einfluss der zu variierenden Parameter auf das Gesamtsystem zunächst in
einem ersten Schritt über eindimensionale Parametervariationen abgebildet wird und erst
in einem zweiten Schritt eine mehrparametrige Optimumsuche gestartet wird. Die erziel-
ten Ergebnisse sollten stets von fachkundigen und erfahrenen Ingenieuren hinsichtlich
ihrer Sinnhaftigkeit und ihrer technisch-physikalischen Korrektheit überprüft und bewer-
tet werden. Durch dieses Vorgehen ist gewährleistet, dass es sich bei dem so gefundenen
optimierten Triebwerkskonzept wirklich um ein Optimum und nicht um einen ggf. später
sich erweisenden teure Fehlentscheidung auf Grund unzutreffender Modellierung handelt.
Eine abschließende Parameterstudie um das gefunden Optimum herum soll schließlich die
Robustheit des Ergebnisses sowie die Relevanz der gesetzten Randbedingungen zeigen.

8.2.6 Turbofan und Propfan mit neuen Technologien

8.2.6.1 Anforderungen an zukünftige Turbofan-Triebwerke


Seit der Einführung von Turboluftstrahltriebwerken in der allgemeinen Luftfahrt vor
etwa 50 Jahren, konnte der Brennstoffverbrauch pro 100 Pkm um 70 Prozent verrin-
gert werden. Ungefähr zwei Drittel der Verbesserung des Brennstoffverbrauchs gehen
dabei auf die Effizienzsteigerung der Triebwerke im Reiseflug zurück [Umw08B].
754 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Reduktion des spez. Brennstoffverbrauchs von Flugzeugen


(Passagierluftverkehr gesamte Lufthansa-Flotte)

Liter 6,5
average spec. fuel consumption
100 km
of the passenger fleet LH
6,0 based on actual fuel consumption
from gate to gate
Passagier-Kilometer

Airbus A380
including taxiing on ground
2,9 Lit./100 km
5,5 and holdings in the air

5,0
Reduktion
um 33%
4,5

4,0
1990 1995 2000 2005 2010
Zeit Jahre

Abb. 8.2-41  Zeitlich Entwicklung des durchschnittlichen Brennstoffverbrauchs pro 100 Pkm der
Lufthansa-Flotte. Dabei liegt Airbus A380 mit 2,9 l/100 Pkm unter dem Durchschnitt [Umw08B]

Die Steigerung des Bypassverhältnisses BPR von Turbofan-Triebwerken ging in der


Vergangenheit mit den ständigen Bemühungen zur Verbesserung des Vortriebswir-
kungsgrades und damit mit Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit einher. Abb. 1.3-8 in
Abschn. 1.3 zeigt den Zusammenhang an einigen Beispielen der einzelnen Triebwerksge-
nerationen. Die heutigen hoch entwickelten Turbofantriebwerke haben sich im Verlauf der
letzten 50 Jahre aus Turbojets und Turbofans mit geringem Bypassverhältnis, zu Triebwer-
ken mit einem BPR von etwa 10 und höher sowie mit zwei oder drei Wellen entwickelt.
Auch die Lärmemissionen konnten in der Vergangenheit erheblich gesenkt werden.
Mit wachsendem BPR konnte die Lärmemission von Flugzeugen um ungefähr 20 dB in
den vergangenen 40 Jahren verringert werden (Abb. 1.4-5).
Die in diesem Abschnitt gegebenen Darstellungen der Aktivitäten zur Effizienzsteige-
rung des Luftverkehrs mit dem Entwicklungspotential besonders aus der Sicht der Trieb-
werke basiert auf dem umfassenden Fortschrittsbericht von Gmelin, Hüttig, Lehmann
u. a. [Umw08B], der im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (IG I5 11055 Berlin, 2008) erstellt wurde [Eps11, Fro11, Gar11, Gou11,
Hen11, Hop11, Lor11, Ros11].
Der Verlauf der Fortschritte zur Effizienzsteigerung im Luftverkehr in den vergange-
nen Jahren können z. B. beim Brennstoffverbrauch pro 100 Pkm der Lufthansa-Flotte
dargestellt werden (Abb. 8.2-41). Im Jahr 1970 verbrauchten Flugzeuge im Durchschnitt
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 755

12 Liter pro 100 Pkm. Ein Airbus A340-600 der Lufthansa-Flotte benötigt etwa vier
Liter pro 100 Pkm. Der Airbus A380-800 wird diesen Wert voraussichtlich um 15 Pro-
zent verringern und somit nur 3,4 Liter pro 100 Pkm auf dem Lufthansa-Streckennetz
benötigen. Der gesamte Brennstoffverbrauch der Lufthansa Flotte lag z. B. im Jahr 2006
bei einem Durchschnitt von 4,38 Liter pro 100 Pkm. Ein differenziertes Bild ergibt sich,
wenn die jeweilige Streckenlänge betrachtet wird. So lag der durchschnittliche Brenn-
stoffverbrauch des Langstreckenverkehrs bei 4,06 Liter pro 100 Pkm, während der Kurz-
streckenverkehr durchschnittlich 8,85 Liter pro 100 Pkm verbrauchte (Quelle Lufthansa
AG, [Umw08B]).
Neuere Flugzeuge wie z. B. Airbus A340-600 und Boeing 747-800 ausgestattet mit
z. B. den General Electric GEnx-Turbofan liegen abhängig von der Flugmission inzwi-
schen um 3 bis 4 Liter pro 100 Pkm.

8.2.6.2 Brennstoffeffizienz und Einflussparameter bei Turbofan-


Triebwerken
Zur Verbesserung der Effizienz der Flugtriebwerke muss der Gesamtwirkungsgrad der
Triebwerke gesteigert werden. Dieser stellt das Produkt von Vortriebswirkungsgrad und
thermischen Wirkunggrad dar, die u. a. von der Steigerung des Bypassverhältnisses BPR
und der Arbeitsprozessgrößen Gesamtdruckverhältnis OPR, Turbinen-Eintrittstemperatur
TET sowie der Wirkungsgrade der Komponenten bestimmt werden. Zum Verlauf der Ent-
wicklungen dieser Größen werden bereits in Kap. 1 zusammenfassende Tendenzen gege-
ben (Abb. 1.3-8, 1.4-5).
Zur Verringerung bzw. Vermeidung von Schadstoffemissionen bei Luftfahrzeugen
bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, die im Wesentlichen aus folgenden Maßnah-
men beruhen:
Zur Verbesserung der Komponenten- und Modulwirkungsgrade werden geringere
Strömungsverluste und z. B. weniger Kühlluftbedarf angestrebt. Gewichtseinsparungen
durch neue Werkstoffe und Bauweisen sowie die Senkung des Zellenwiderstandes mit
Verbesserung der Integration in das Fluggerät sind zu nennen. Weitere Einflussparame-
ter betreffen die alternativen Brennkammerkonzepte mit gesteigerter Brennkammerleis-
tung z. B. durch magere Verbrennung, die Zuordnung der Mischungsverhältnisse und
die neuen Brennkammer-Geometrien und die verbesserte Brennstoffaufbereitung.
Weiterhin sind erhebliche Verbesserungen der Luftverkehr-Effizienz in Verbindung mit
einer optimierten Anpassung des Flugmanagements an die Flugmissionen zu erwarten.
Der stetig wachsende Luftverkehr mit infolgedessen stark wachsenden Emissionen
hat die Industrie und die Fluggesellschaften veranlasst, neue Produkte bei den Trieb-
werken und Flugzeugen zunehmend hinsichtlich reduzierter CO2-Emissionen zu ent-
wickeln. Die Kaufentscheidungen der Fluggesellschaften zu neuen Produkten wird in
Zukunft verstärkt durch die mit der CO2-Emission korrelierende Brennstoffeffizienz
beeinflusst werden.
Um zu diesen Aktionen einen offiziellen Rahmen für die europäische Luftfahrtindus-
trie zu schaffen, ist das Advisory Council for Aeronautics Research in Europe (ACARE)
756 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

ACARE Advisory Council for Aeronautics Research in Europe


neue Triebwerkstechnologien und Zielesetzungen
bis 2020
Umwelt und Emissionen Kosten & Wirtschaftlichkeit
Zuverlässigkeit und Sicherheit

≈ 20% Reduktion im In Flight Shut Down ≈ 30% niedrigere


spez. Brenstoffbverbrauch IFSD-Rate > 0 Entwicklungskosten

80% NOX-Reduktion 30 – 40% niedrigere


(relativ zu ICA96)‘ Wartungskosten

≈ 10% niedrigere ≈ 30% niedrigere


Lärmemissionen Herstellkosten
Referenz-Triebwerke
CFM56, V2500, Trent700

10 – 20% niedrigere Delays/Cancellation >10-4


Triebwerksmasse On Wing Time > 15 000 h

Abb. 8.2-42  Anforderungen an zukünftige Turbofan nach ACARE [Umw08B]

eine Selbstverpflichtung mit dem Ziel eingegangen, die spezifischen CO2-Emissionen


von neuen Flugzeugen gegenüber dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2020 auf die Hälfte zu
reduzieren. Die Ziele von ACARE beziehen sich dabei auf den spezifischen Brennstoff-
verbrauch bzw. auf die spezifischen Emissionen von Flugzeugen und Triebwerken, die ab
2020 auf den Markt kommen sollen (EIS 2020).
Als Referenz hinsichtlich der Triebwerksverbesserungen wurde dabei der Status der 3.
Generation des Jahres 2000 mit den Triebwerken TRENT 700 und CFM 56 definiert. Die
sich daraus ergebenden Anforderungen an zukünftige Triebwerke sind in Abb. 8.2-42 im
Überblick dargestellt.
Zur Beurteilung der Verbesserungen der Brennstoffeffizienz von Flugzeugen kann die
spezifische Reichweite SR (z. B. in Nm/kg) herangezogen werden. Sie gibt die Leistungs-
fähigkeit eines Flugzeugs an, genauer für konstante Flugzeugmasse, Fluggeschwindigkeit
und Flughöhe, mit
1 VL 1
SR = · · . (8.2-2)
TSFC D mAircraft
Die Leistungsfähigkeit eines Flugzeugs ist demnach eine Funktion aus Vortriebswir-
kungsgrad, Aerodynamik und Strukturcharakteristik und wird prinzipiell über folgende
Parameter bestimmt:

• spez. Brennstoffverbrauch SFC (Specific Fuel Consumption),


• Auftrieb-Widerstand-Verhältnis L/D (Lift-To-Drag Ratio),
• Fluggeschwindigkeit V bzw. c∞, Auslegungs-Machzahl M0,
• Flugzeugstrukturmasse m bzw. Flugzeugabflugmasse.
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 757

Die spezifische Reichweite eines Flugzeugs kann demnach durch effizientere Triebwerke,
geringere Strukturmasse und verbessertes Auftriebs-Widerstand-Verhältnis, (höhere
Gleitzahl durch aerodynamische Maßnahmen) verbessert werden [Umw08B].
Zur Verringerung von Schadstoffemissionen bei Luftfahrzeugen bieten sich verschie-
dene Möglichkeiten an, die im Wesentlichen zur Treibstoffeffizienzverbesserung bei
Triebwerken aus folgenden Maßnahmen bestehen:
Herabsetzung von Widerstand (drag) und Triebwerksmasse sowie Steigerung des
Gesamtwirkungsgrades bzw. Reduzierung des SFC.
Der Widerstand eines Triebwerks wird maßgeblich durch die Größe der Eintrittsflä-
che bzw. des Fandurchmessers bestimmt, durch die Größe der Gondeloberfläche, durch
die aerodynamische Interaktion zwischen Gondel (nacelle) und Pylon sowie durch die
Interaktion zwischen Pylon und Flügel beeinflusst. Hieraus resultiert der Widerstand
eines installierten Triebwerks. Die Triebwerksmasse wird u. a. maßgeblich durch die
Triebwerksgröße bzw. den Fandurchmesser, durch die Anzahl der Bauteile sowie durch
die Bauweise und das Material beeinflusst. Bei Turbofan-Triebwerken verhält sich der
spezifischen Brennstoffverbrauchs SFC näherungsweise umgekehrt proportional zum
Gesamtwirkungsgrad, der aus dem Produkt aus thermischem Wirkungsgrad und Vor-
triebswirkungsgrad besteht. Eine Reduzierung des SFC kann demnach auf eine Verbesse-
rung der einzelnen Wirkungsgrade zurückgeführt werden
1
≈ ηges = ηth ηprop . (8.2-3)
SFC
Der SFC von Triebwerken wird dabei maßgeblich durch die TriebwerksArbeitsprozess-
daten bestimmt. Die wichtigsten thermodynamischen Parameter, die Einfluss auf den
SFC ausüben, sind dabei das Gesamtdruckverhältnis OPR (overall pressure ratio), die
Turbineneintrittstemperatur TET (turbine entry temperature), Bypassverhältnis BPR
(bypass ratio).
Durch die Entwicklung und den Einsatz von neuen hochtemperaturfesten L ­ egierungen
für Turbine und Brennkammer, kann die Prozesstemperatur in den nächsten Jahren weiter
gesteigert werden (Abb. 1.4-2, Abschn. 1.4). Um dies zu gewährleisten, muss der Joule-Pro-
zess an die neuen Anforderungen angepasst werden. Effizientere Arbeitsprozesse können
den thermischen Wirkungsgrad gegenüber konventionellen Arbeitsprozessen erheblich
verbessern. Dies kann z. B. in einem IRA-Turbofan (Inter-Cooled Recuperative Aero Engine
Cycle) mit Zwischenerhitzung in der Verdichtersektion und mit Wärmetauscher HEX
(heat exchanger) erfolgen), wie später in Abb. 8.2-45) zu sehen ist.
Bei der Optimierung eines Antriebsystems muss auch die Integration des Triebwerks
am Flugzeug in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Obwohl der spezifische
Brennstoffverbrauch eines Triebwerks durch einen kleineren spezifischen Schub verbes-
sert werden kann, kann sich der Brennstoffverbrauch pro Passagierkilometer (Block Fuel
Burn) eines Luftfahrzeugs verschlechtern. Grund dafür ist das zunehmende Masse, sowie
der zunehmende Gondelwiderstand [Umw08B]. Durch passive und aktive aerodynami-
sche Maßnahmen bei der Auslegung der Gondel kann der Gesamtbrennstoffverbrauch
um rund zwei Prozent verringert werden.
758 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Das Open-Rotor-Konzept mit einfach angeordneten oder gegenläufigen Rotoren


unterliegt nicht so sehr dem Massen- und Widerstandsproblem, den ein ummanteltes
Triebwerk mit sich bringt. Daher können diese Antriebskonzepte prinzipiell höhere Vor-
triebswirkungsgrade erzielen. Diese Wirkungsgradsteigerung kann wieder dafür einge-
setzt werden, das Gesamtdruckverhältnis und die Turbineneintrittstemperatur zu senken
und dadurch den Brennstoffverbrauch sowie die NOX-Emissionen zu verringern.
Die europäische ACARE und die amerikanische ATE (Aerospace Technology Enter-
prise) haben die kurz-, mittel und langfristigen Ziele für die Reduktion von SFC, CO2,
NOX sowie Lärm für die Szenaren bis 2020 festgelegt. Dies soll vor allem durch die Wei-
terentwicklung bereits existierender Technologien bewerkstelligt werden.
Langfristig gelten die Ziele der ACARE 2020, die über die Verbesserungspotenziale
von existierenden Konzepten hinausgehen und durch neue und innovative Technologien
erreicht werden sollen.

8.2.7 Konzepte von fortschrittlichen Turbofan-Triebwerken

Bei den Methoden zur Reduzierung des SFC zu Wirkungsgradverbesserungen stellt das
Bypassverhältnis den Haupteinflussparameter dar [Umw08B]. Das Bypassverhältnis
eines konventionellen Turbofantriebwerks liegt in einem Bereich etwa um BPR = 10.
Triebwerke mit Getriebefan GTF erreichen ein BPR von ungefähr 15. Triebwerke mit
Wärmetauscher liegen beim BPR bei Werten über 18. Propfan-Antriebe mit oder ohne
Ummantelung können ein BPR von deutlich über 20 erreichen.

8.2.7.1 Getriebe-Turbofan
Zur Steigerung des Vortriebwirkungsgrads von Triebwerken mit einem Bypassverhältnis
sehr viel größer als BPR = 10 ist es notwendig, den Fan von der Welle der Niederdruck-
turbine zu entkoppeln. Dies ist erforderlich, da der Fan einen erhöhten Wirkungsgrad bei
niedrigen, die Niederdruckturbine jedoch dies erst bei sehr hohen Drehzahlen erreicht.
Hierfür wird das Konzept eines Getriebe-Turbofans GTF (Geared Turbofan) umgesetzt.
(Abb. 8.2-27). Dabei wird der Fan von der Niederdruckwelle über ein Übersetzungsge-
triebe entkoppelt, so dass beide Komponenten mit ihrer jeweils optimalen Drehzahl betrie-
ben werden können. Aufgrund des so erhöhten Wirkungsgrades der Niederdruckturbine
LPT, kann die Anzahl der notwendigen Turbinenstufen verringert werden (Abb. 8.2-33).
Der Vorteil liegt in einer verkürzten Bauweise, einem geringeren Gewicht und nicht zuletzt
in reduzierten Produktions- und Instandhaltungskosten des Niederdrucksystems.
Hauptpartner im GTF-Entwicklungsprogramm sind Pratt & Whitney P&W und ist
MTU Aero Engines. Insgesamt wird mit hier dem GTF eine 15-prozentige Reduktion
des Brennstoffverbrauchs bis 2015 angestrebt. In einem zweiten Schritt bis zu Jahr 2025
soll diese GTF-Technologie in Verbindung mit einem gegenläufig drehenden Fan CRTF
(Counter Rotating Turbofan) den Brennstoffverbrauch um weitere 20 Prozent senken.
Bis 2035 könnten durch eine Kombination aus GTF, CRTF und IRA, dem Turbofan
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 759

mit Wärmetauscher und Zwischenkühler (Abschn. 8.2.7.3), die CO2-Emissionen um 30


Prozent reduziert werden [Umw08B]. Die GTF-Technologie wird in dem Schubbereich
70 bis 150 kN mit dem Triebwerk PW1000G in der Serie z. B. für den Airbus A320neo
erfolgreich umgesetzt. GTF wird als Technologie in näherer Zukunft für die nächste
Triebwerksgeneration charakterisiert. Insgesamt besitzen die GTF das Potenzial, sich in
den Standardantrieben des Schubbereiches von 10 bis 200 kN für zukünftige Kurz- und
Mittelstreckenflugzeuge zu etablieren.
Bei mittelgroßen GTF-Triebwerken verursacht ein angenommener mechanischer
Verlust von einem Prozent im Getriebe einen Kühlungsbedarf von mehreren hundert
Kilowatt, welcher sehr große Wärmetauscher erfordert [Hem07, Hen11].

8.2.7.2 Open-Rotor-Propfan und ummantelter Turbofan


Propfanantriebe sind Propellerantriebe, die bereits in den 1980er Jahren in verschiede-
nen Studien untersucht wurden. Um den Vortriebswirkungsgrad zu erhöhen, werden
Turbofan-Konzepte mit gegenläufige Fans CRTF untersucht, die aus zwei gegenläufig
drehenden Fans (Counter Rotating Turbofan) bestehen (Abb. 8.2-43). Diese CRISP-Kon-
zepte (Counter Rotating Integrated Shrouded Propfan) können sowohl offen, als auch von
einer Gondel ummantelt sein.
Zwei gegenläufig drehende Fans besitzen im Gegensatz zu nur einem Fan die Fähig-
keit, bei gleich bleibendem Fandurchmesser und geringen Fandrehzahlen einen großen
Massenstrom mit hoher axialer Geschwindigkeit durch das Triebwerk zu fördern. Da das
Fandruckverhältnis durch zwei Fanstufen erhöht wird, sind weniger Rotorblätter in jeder
Stufe notwendig. Damit wird das Flächenverhältnis im Fan verbessert sowie bei hohen
Axialgeschwindigkeiten der Strömung die Effekte aerodynamischer Überschallstöße ver-
ringert bzw. das Sperren am engsten Querschnitt des Fans vermieden werden (Hinweise
in Abschn. 3.3.4).
Der Fandurchmesser von Turbofantriebwerken und daher auch der maximale Vor-
triebswirkungsgrad wird u. a. durch die Triebwerksgondel und den daraus resultieren-
den Widerstand begrenzt. Im Gegensatz dazu tragen offene Propfan-Konzepte nicht zu
einer Widerstandserhöhung durch die Ummantelung des Triebwerks bei. Der Antrieb
des Fan eines CRTF kann durch zwei entgegengesetzt drehenden Niederdruckturbinen
mit dem Wegfall eines Stators erfolgen oder durch ein Übersetzungsgetriebe, wie es beim
Getriebe-Turbofan GTF der Fall ist [Plo06].
Der wesentliche Nachteil hinsichtlich Schallemission besteht darin, dass ein offe-
ner Propfan mehr Lärm erzeugt als ein ummanteltes Triebwerk. Da die zweite Fan-
stufe im gestörten Nachlauf der ersten Stufe liegt, emittiert vor allem diese Stufe
besonders viel Lärm. Ein weitergehender Einsatz offener Rotoren wird somit erst
dann erfolgen, wenn die Lärmemissionen deutlich reduziert werden können. Dabei
können folgende Methoden angewandt werden: Aktive oder passive und adaptive
Schallabsorber, lärmarme Schaufelgestaltung von Fans, Turbinen und Verdichtern.
Propfan-Triebwerke sind daher nur dann eine Alternative für mittelgroße Flug-
zeuge und mittlere Schubklassen, wenn die Lärmanforderungen nach Kapitel 4 des
760 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Puller Pusher
Open Rotor Turbofan

hohes Bypassverhältnis
offene gegenläufige Fan

Getriebe oder gegenläufige LP-Turbine

Abb. 8.2-43  Open Rotor Counter Rotating Turbofan CRTF [Pri07, Dro07, Umw08B]

ICAO-Annex 16, Band I, erfüllt werden sowie die Lärmbelastung für die Passagiere
vor allem im Reiseflug reduziert wird.
In den ACARE-Technologieprogrammen werden die GTF-Open-Rotor-Konzepte
genauer untersucht, um vor allem die Schallemissionen weiter zu reduzieren. Die not-
wendigen Maßnahmen zur Integration des offenen Propfans in ein Luftfahrzeug
könnten jedoch durch das insgesamt höhere Gewicht den theoretischen Vorteil des
geringeren Brennstoffverbrauchs auf nur 5 Prozent reduzieren [Umw08B]. Eine Variante
des CRTF stellt das gegenläufig drehende, ummantelte Turbofan-Triebwerk CRISP nach
Abb. 8.2-44 dar (Counter Rotating Integrated Shrouded Turbofan). Dies kann wie das
CRTF mit Getriebe oder gegenläufigen LP-Turbinen ausgerüstet sein.
Als Ziele und Vorteile von CRISP gelten nach MTU Aero Engines und ACARE
[Umw08B] gesteigerte Wirkungsgrade, hohe Durchsätze und Bypassverhältnisse,
weite Betriebsbreiche bei Reduzierung des Brennstoffverbrauches um etwa 20 % im
Vergleich zu üblichen Turbofan des Jahres 2000. Die technologischen Herauforde-
rungen liegen bei der Entwicklung widerstandsarmer Gondeln mit integrierter Schu-
bumkehr, bei der Lärmemission und in der Leichtbauweise, was besonders für das
Getriebe zutrifft.

8.2.7.3 Turbofan mit Wärmetauscher und Zwischenkühlung


Da sich die Steigerung der Wirkungsgrade von den Triebwerkskomponenten wie den
Turbomaschinen immer schwieriger gestaltet, wird eine Änderung des klassischen ther-
modynamischen Joule-Arbeitsprozesses angestrebt, um besser den thermischen Wir-
kungsgrad weiter zu verbessern. Eine Möglichkeit den Joule-Prozess zu optimieren, stellt
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 761

Abb. 8.2-44  Gegenläufig drehendes, ummanteltes Turbofan-Triebwerk CRISP (Counter Rotating


Integrated Shrouded Turbofan). Darstellung nach MTU Aero Engines

der IRA-Arbeitsprozess dar (Inter-Cooled Recuperative Aero Engine Cycle), wie er in


Abb. 8.2-45 dargestellt wird [Umw08B u.a.].
Wie Abb. 8.2-45a, b zeigt, wird beim IRA-Turbofan ein Zwischenkühler (Inter-
cooler) zwischen dem Niederdruckverdichter LPC und dem Hochdruckverdichter
HPC platziert. Er kühlt die im Verdichter komprinierte und aufgeheizte Strömung,
indem Wärme an die kältere Bypass-Strömung abgeführt wird. Ein weiterer Reku-
perator-Wärmetauscher HEX-Rec (Recuperator) überführt Wärmeenergie aus der
Heißgasströmung nach der LP-Turbine vor der Schubdüse und leitet diese in den
Hochdruckbereich nach dem HP-Verdichter vor die Brennkammer wieder ein. Mit
Hilfe einer Zwischenkühlung in der Verdichtersektion und Energierückgewinnung
nach der LPT über die expandierte Heißgasströmung, kann ein sehr effizienter ther-
mischer Arbeitsprozess bei vergleichsweise niedrigen Gesamtdruckverhältnissen OPR
zwischen 25 und 30 realisiert werden. Die Zwischenkühlung reduziert den spezifischen
Leistungsbedarf des Hochdruckverdichters, indem der Massenstrom mit der Bypass-
Strömung gekühlt wird.
Die benötigte Arbeit des Hochdruckverdichters zur Erhöhung des Gesamtdruckver-
hältnisses verringert sich proportional zur reduzierten Verdichtereintrittstemperatur.
Die größere Temperaturdifferenz zwischen Verdichter- und Abgasmassenstrom ermög-
licht eine Wärmerückgewinnung über den Abgaswärmetauscher. Der Massenstrom vor
dem Brennkammereintritt wird dadurch vorgeheizt, so dass eine Temperaturerhöhung
in der Brennkammer nur durch Brennstoffzufuhr nicht mehr erforderlich ist.
Abbildung 8.2-46 zeigt weiterhin, dass beim IRA-Prozess mit Wärmetauscher und
Zwischenkühlung im Vergleich zum konventionellen Arbeitsprozess der Vorgänger-
Turbofan-Generationen sehr hohe thermodynamische Wirkungsgrade bei niedrigen
Gesamtdruckverhältnissen (OPR < 30) erzielt werden können [Bog04]. Außerdem ist
erkennbar, dass die Differenz des thermischen Wirkungsgrads zwischen dem Joule-
Prozess und dem IRA-Arbeitsprozess mit zunehmendem Gesamtdruckverhältnis OPR
abnimmt (Abb. 8.2-47).
762 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

IRA-Turbofan-3-Wellen-Triebwerk mit Getriebe IRA-GTF


(Getriebe-Turbofan GTF mit Rekuperator Rec und Zwischenkühler IC)

Zwischenkühler IC
Wärmetauscher HEX
(Rekuperator Rec)

Getriebe

Auslegungsparameter (Langstreckenflüge)
Bypassverhältnis BPR > 10 bis 15
Gesamtdruckverhältnis OPR < 25 bis 30
Turbinen-Eintrittstemperatur TET 1600 bis 1900 K

IRA-Turbofan-3-Wellen-Triebwerk IRA-TF

Zwischenkühler IC Wärmetauscher HEX


(Rekuperator Rec)

[GasTurb]

Abb. 8.2-45 Arbeitsprozess der IRA-Konfiguration mit Zwischenerhitzung und Rekuperator


sowie Wirkungsgrade des IRA-Turbofan-Kerntriebwerks (Core) abhängig OPR. Darstellung nach
Boggia und Rüd [Bog04, GasTurb, Wil05]
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 763

HPT

B IPT
Zwischenkühler Wärmetauscher
IC HEX
LPT

Zwischen-
kühler IC er HEX
HEX Wärmetausch

HPC
IC

LPC Fan ohne Zwischenkühlung

ηCore [%]
70
Wirkungsgrad Kerntriebwerk

IRA-Turbofan mit HEX und IC


60
Turbofan mit HEX
50
(core)

40 Turbofan TF
konventionell

30

20
0 10 20 30 40 50
Gesamtdruckverhältnis OPR

Abb. 8.2-46 Arbeitsprozess der IRA-Konfiguration mit Zwischenerhitzung und Rekuperator


sowie Wirkungsgrade des IRA-Turbofan-Kerntriebwerks (Core) abhängig OPR. Darstellung nach
Boggia und Rüd [Bog04, GasTurb]

Da die Vorteile des IRA-Prozesses vor allem bei niedrigen Gesamtdruckverhältnis-


sen liegen, können so die NOX-Emissionen und die Masse des Kerntriebwerks reduziert
werden [Umw08B]. Darüber hinaus erzielt die IRA-Architektur hohe thermische Wir-
kungsgrade bei geringen OPR-Werten, wodurch der Einsatz von neuen Brennkammer-
technologien wie Low-NOX –Brennkammern ermöglicht werden, die in konventionellen
Arbeitsprozessen nicht anwendbar wären.
Der Einsatz von Wärmetauschern im Verdichtersystem kann auch auf eine Kühlung
von Triebwerks-Kühlluft (Cooled Cooling Air Technique) angewandt werden. Bei die-
ser Technik wird ein Teil des Primär- bzw. Kernmassenstroms abgezweigt z. B. durch die
764 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

IRA-Turbofan-Triebwerk NEWAC-Konzeption

Wärmetauscher HEX
Rekuperator-Matrix

Wärmetauscher IC
Intercooler

NEWAC-Konzeption
IRA-Turbofan-Triebwerk mit Zwischenkühler IC

Abb. 8.2-47 Gesamtkonzeption eines IRA-Turbofan-Triebwerks mit Rekuperator-Matrix und


Intercooler IC aus EU-Technologieprogrammen. Darstellung nach [Bog04, Umw08B]

Bypassströmung gekühlt, wodurch diese effizienter zum Kühlen von heißen Komponenten
wie Brennkammer, Turbinenschaufeln und Scheiben verwendet werden kann. Durch die
Reduzierung der Bleedlufttemperatur kann der Massenstrom zur Kühlung dieser Kompo-
nenten verringert und dadurch die Effizienz des Kerntriebwerks gesteigert werden.
Der Nachteil des IRA-Konzepts ist die enorme Komplexität und das höhere Gewicht,
welches sich durch die großen Oberflächen des Abgaswärmetauschers ergibt. Die Kom-
plexität dieses Konzeptes ist auch der Grund, weshalb mit einer Anwendung erst nach
dem Jahr 2020 gerechnet wird [Plo06, Umw08B]. Die ersten IRA-Module wurden als
Leitkonzepte im Technologieprogramm ACARE/CLEAN betrachtet. Weitere Aktivitä-
ten zum IRA-Konzept wurden innerhalb des Technologieprogramm NEWAC bis 2010
untersucht. Es ist ein Triebwerkskonzept, um den Brennstoffverbrauch vor allem auf
Langstreckenanwendungen zu reduzieren.

8.2.7.4 Hybrid-IRA-Turbofan-Antriebssysteme
Eine langfristig weit in die Zukunft projizierte, visionäre Konzeption von Turbofan-
Triebwerkssystemen stellen die Hybrid-IRA-Turbofan-Triebwerke dar, die teilweise mit
elektrischen Komponenten und elektrisch angetriebenen Fan-Rotoren ausgestattet sind,
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 765

Hybrid-IRA-Turbofan-Triebwerk

E-Mot

E-Mot
Flugzeug-Konzeption
Bauhaus Luftfahrt

Intercooler IC Recuperator Rec

B Batterie
IC HEX

LPC HPC HPT LPT Generator

Abb. 8.2-48 Hybrid-IRA-Turbofan-Triebwerk mit Wärmetauscher HEX, Zwischenkühler IC,


Generator-Motor-Batterie-System zum Fan-Antrie. Darstellung nach MTU Aero Engines, Bau-
haus Luftfahrt München, Sieber [Sie12]

wie an einem Beispiel von Bauhaus Luftfahrt, München, in Abb. 8.2-48 gezeigt wird
[Umw08B].
Es handelt sich hier um elektrisch angetriebene fanartige Vortriebserzeuger, die ver-
teilt in einem mit der Flugzeugzelle integrierten Antriebssystem angeordnet sind [Sie12].
Die Energieumsetzung erfolgt über ein Mehrwellen-IRA-Gasturbinen-Triebwerk mit
Zwischenkühlung IC und Wärmetauscher HEX. Die von der LP-Turbine abgegebene
Nutzleistung treibt einen Generator an, mit dessen Leistung der Vortriebserzeuger bzw.
der Fan über einen Elektromotor angetrieben wird. Für Leistungsspitzen wird eine Puf-
ferbatterie mit Energie versorgt.
Mit der Schuberzeugung über am Rumpf verteilte Fans kann zudem eine Reduk-
tion des Flugzeugwiderstandes bewirkt werden. Weitere Vorteile liegen in einer flexi-
blen Anpassung und Optimierung des integrierten Antriebssystems im Reiseflug bei
Langstreckenflügen.
Im Vergleich zu Turbofans um das Jahr 2000 wird erwartet, dass nach einer Techno-
logiereife um die Jahre 2050 mit solchen Hybrid-Triebwerken neben der Absenkung des
Lärms vor allem der Brennstoffverbrauch um 40 % gesenkt werden kann. Zur Verwirkli-
chung dieser Ziele werden dazu besonders hohe technologische Herausforderungen an die
Entwicklung für die Flugtechnik geeigneter, effizienter elektrischer Komponenten gestellt.
766 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

8.2.8 Technologieprogramme zur Brennstoffeffizienz und zur


Emissionsverringerung im Luftverkehr

Zur Entwicklung neuer Technologien zur Effizienzsteigerung und zur Reduzierung von
Emissionen im Luftverkehr stellten die entsprechenden bisherigen Aktivitäten häufig
Maßnahmen, die von Unternehmen der Luftfahrttechnik selbst allein geführt wurden.
Ihr Interesse bestand insbesondere auch in direktem Zusammenhang mit der Verbesse-
rung der Wirtschaftlichkeit der eigenen Firmenprodukte. Zu den EU-Forschungs-Rah-
menprogrammen FP (Framework Programme) wird in Abb. 8.2-49 und Abb. 8.2-50 eine
Überblick gegeben. Aufgrund der Selbstverpflichtung gegenüber ACARE, wird bei neuen
Technologieprogrammen ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen aller beteiligten
Institutionen forciert. Alle größeren Programme auf nationaler und europäischer Ebene
müssen ihre Bedeutung und ihre Beiträge zur Verwirklichung der ACARE-Ziele stufen-
weise nachweisen.
Jedes Thema muss dabei eine angestrebte Verbesserung relativ zum Status und zur
Ausgangssituation im Jahr 2000 haben sowie weiterhin einen angestrebten Technolo-
giereifegrad mit einer Roadmap zur Produktreife und mögliche Wechselwirkungen mit
anderen Entwicklungsmaßnahmen darlegen [Umw08B].
Die Zielsetzungen zur Minderung von CO2-Emissionen werden dabei in Roadmaps
zusammengefasst. Für die in der Roadmap aufgeführten Programme sind neben der
Festlegung des Referenzjahres und der Referenztriebwerke die Ziele zur Effizienzsteige-
rung festgeschrieben. Darüber hinaus sind Potenzialbereiche enthalten, deren technische
Realisierbarkeit jedoch noch nicht nachgewiesen ist.
Treibstoffeffiziente Triebwerke der 4. Generation (Abb. 1.3-8 und 8.2-50), wie das
TRENT 1000, das GEnx oder das GP7000 sind zunächst Weiterentwicklungen konventi-
oneller Turbofantriebwerke.
Über die bereits erreichten umweltrelevanten Fortschritte mit den Turbofans der 4.
und 5. Generation hinaus existieren weitere Konzepte, die jedoch nur durch neue Trieb-
werkstechnologien verwirklicht werden können. Diese Technologien werden in den
verschiedenen europäischen und internationalen Forschungsprogrammen systematisch
entwickelt, anschließenden Tests in Triebwerks-Demonstratoren unterworfen und lie-
fern dann bereits aussagekräftige Ergebnisse (Abb. 8.2-50).
Maßnahmen zur Verringerung der Lärmemissionen liegen vor allem bei den Kom-
ponenten des Fans und der Schubdüse. Eine Verringerung der Schadstoffe, wie NOX,
UHC und CO ist dabei vor allem Gegenstand neuer Brennkammertechnologien. Hierzu
zählen unter anderem Low-NOX- und Ultra-Low-NOX-Technologien [Umw08B]. Die
Möglichkeiten der Verminderung von CO2-Emissionen liegen vor allem in der Redu-
zierung des spezifischen Schubs und dadurch in der Verringerung des spezifischen
Brennstoffverbrauchs

Triebwerksentwicklung und Auswirkungen auf den allgemeinen Luftverkehr Dem


etwa 5-prozentigen Wachstum des Luftverkehrs pro Jahr steht eine etwa 1 bis
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 767

European Framework Programmes

5.

6.

7.

Abb. 8.2-49 ACARE-EU-Programme und Technische Roadmap für gemeinsame, innovative


zukünftige Triebwerkskonzepte entwickelt [Umw08B, Sie12]

2-prozentige jährliche Reduzierung des Brennstoffverbrauchs gegenüber, was zu einem


jährlichen Wachstum der CO2-Emissionen von 3 bis 4 Prozent führt (Abb. 8.2-51 und
8.2-52).
Bis zum Jahr 2020 könnten sich demzufolge die CO2-Emissionen mehr als verdoppeln.
Die Umweltauswirkungen des Luftverkehrs lassen sich jedoch durch effizientere Flug-
zeuge im Zuge von kontinuierlichen Modernisierungen der Flotten von Fluggesellschaften
768 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

GTF, BPR >12


Reduzierung SFC bzw. CO2-Emission

+ 12-15% 2nd Gen. BPR < 5


PW2037

IRA, BPR >20


3rd Gen. BPR = 5 - 8
Referenz CFM56, V2500, Trent700
4th Gen. BPR = 8 -10
Trent599/900, GP700
- 5-8% 5th Gen. BPR >10
PW2037
- 10%
- 15%

- 20% Open Rotor, BPR >35


ACARE-Target

1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025


Jahr

Abb. 8.2-50  Einsatz neuer Technologien zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei fortschrittli-
chen Turbofan-Triebwerken nach ACARE [Arn07, Umw08B]

Abb. 8.2-51  Entwicklung des zivilen Luftverkehrs bis zum Jahr 2050 mit der Anforderung von
erheblichen CO2-Reduzierungen durch neue Flugzeuge. Darstellung nach Airbus Ind [Fro11]
8.2  Betriebsverhalten und Simulation von Hoch-Bypass-Turbofan 769

5 Luftverkehr bei
+5% Wachstum Brennstoffverbrauch und
Relative Änderung CO2-Emissionen

pro Jahr CO2-Emissionen bei +2%


4 Effizienzsteigerung pro Jahr
(Business as usual)

3 CO2-Emmisionen bei
neuen, innovativen
Technologien
2 Brennstoffverbrauch und
CO2-Emissionen bei
Effizienzsteigerung bis 2050
1 Flugzeug 30%
Triebwerk 30 bis 50%
0 Luftverkehr-Management
und Betrieb 20%
2000 2010 2020 2030 2040 2050 Alternative Brennstoffe
Jahr bis 2050
IATA – Ziele: CO2 neutrales Wachstum ab 2020 80% CO2 freier Brennstoff
Halbierung der CO2-Emisssionen
bis 2050 relativ zum Jahr 2000

Abb. 8.2-52  Entwicklung des zivilen Luftverkehrs und der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050
sowie voraussichtliche CO2-Reduzierung durch neue Technologien. Darstellung nach Airbus,
MTU Aero Engines, Price [Pri07, Umw08B]

reduzieren. Es besteht die Aussicht, dass durch neue effiziente Technologien die Umwelt-
auswirkungen zumindest relativ gesehen reduziert werden [Pri07, Umw08B, Sie12].

8.3 Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis und


Nachbrenner

Bei Hochleistungsflugzeugen, die mit Überschallgeschwindigkeit fliegen sollen, domi-


nieren Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis, Mischer und Nachbrenner.
Das optimale Bypassverhältnis hängt von der jeweiligen Flugmission ab. Je wichtiger der
subsonische Flugbereich ist, desto größer ist das Bypassverhältnis zu wählen. Beispielhaft
werden zwei Turbofan-Triebwerke im Vergleich einander gegenübergestellt. Abb. 8.3-1
zeigt das Turbofan-Triebwerk mit Mischung TFM und mit Nachbrenner TFMAB sowie
das Beispiel eines ausgeführten, erfolgreichen Turbofan-Triebwerks, das GE 414-400.

8.3.1 Betriebs- und Teillastverhalten von Turbofan mit BPR = 0,3


und 1,0 im Vergleich

Zwei Turbofan-Triebwerke mit BPR = 0,3 und 1,0 nach Abb. 8.3-1, 8.3-2 sind mitein-
ander zu vergleichen. Die weiteren Kurzbezeichnungen der hier betrachteten 50 kN
770 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Unterschall- und/oder Überschallflüge M0 <1, M0>1


Turbofan mit kleinem Bypass BPR und Mischung M
ohne Nachbrenner mit Nachbrenner
TFM TFMAB

Abb. 8.3-1  2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFMAB mit kleinem Bypassverhältnis BPR, Mischung


M und Nachbrenner AB, geeignet für Unterschall- und Überschallflüge. Beipiel GE F414-400 mit
BPR = 0,27, OPR = 30. Darstellung nach General Electric Aircraft Engines GEAE

2-Wellen-Triebwerke seien TF03-50 und TF10-50. Beide Triebwerke sollen im „trocke-


nen“ Betrieb ohne Nachbrenner den gleichen Schub abgeben. Die polytropen Wirkungs-
grade der Turbomaschinen seien gleich angenommen. In Abb. 8.3-3 sind die wichtigsten
Parameter einer Vorauslegung der beiden Triebwerke gemäß ISA-SLS zusammengestellt
nach J. Kurzke [GasTurb].
Das Triebwerk TF10-50 mit dem größeren Bypassverhältnis hat ohne Nachbrenner den
besseren, das heißt 20 % niedrigeren spezifischen Brennstoffverbrauch. Mit Nachbrenner-
betrieb ist dagegen der spezifische Brennstoffverbrauch um 16 % höher. Bei gleichem Schub
ohne eingeschalteten Nachbrenner („Trockenschub“) ist der Nachbrennerschub des Trieb-
werks mit dem Bypassverhältnis von 1,0 um 11.6 % höher. Der Luftdurchsatz ist allerdings
um 28 % erhöht, was einen entsprechend größeren Triebwerksquerschnitt bedeutet.
Zum Betriebsverhalten der beiden hier betrachteten Flugzeug-Gasturbinen ist am Beispiel
der Fahrlinie im LPC-Kennfeld des Triebwerks mit BPR = 1,0 in Abb. 8.3-4 dargestellt, dass
stets von Vollast bis Leerlauf ein ausreichender Abstand zur Pumpgrenze vorhanden ist.
8.3  Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis und Nachbrenner 771

Turbofan TFMAB
Gasgenerator GG Bypass BP Mixer M
LPC HPC B HPT LPT AB N con/div

[GasTurb]

Abb. 8.3-2 2-Wellen-Turbofan-Triebwerk TFMAB mit kleinem Bypassverhältnis BPR, Mischung


M und Nachbrenner AB, geeignet für Unterschall- und Überschallflüge. Darstellung nach [GasTurb]

Im nächsten Abb. 8.3-5 werden drei Fahrlinien im LPC-Kennfeld des Triebwerkes


mit dem kleinen Bypassverhältnis BPR = 0,3 gezeigt. Die oberste Linie gilt für die nomi-
nale Düsenstellung des Auslegungspunktes A8,nominal, die beiden anderen für 10 % bzw.
20 % größere Düsenflächen. Es ist mit dem unteren Verlauf der Betriebslinien deutlich,
dass eine Annäherung und Überschreitung der Pumpgrenze nur dann vermieden wird,
wenn die Düse bei niedrigen Lastzuständen relativ zur Stellung im Auslegungspunkt
beträchtlich geöffnet wird.
Wie zu sehen ist, liegt beiden Auslegungen der Abb. 8.3-4 und 8.3-5 das gleiche
Verdichter-Ähnlichkeits-Kennfeld zugrunde. Sie unterscheiden sich lediglich in der
Kennfeld-Skalierung (Abschn. 4.2). Der Auslegungspunkt hat in beiden Fällen einen
Pumpgrenzabstand von 30 %. Der Vergleich der Pumpgrenzabstände für Teillast
geschieht also auf gleicher Auslegungsbasis.
Der Vergleich der beiden Kennfelder wird hier vereinfacht vorgenommen. Das wirk-
liche Kennfeld, insbesondere die Pumpgrenze eines Fan mit einem Druckverhältnis von
4,6 wird nicht dieselbe Form haben wie das Kennfeld eines Fan mit einem Druckverhält-
nis von 3,4. Es sollten hier lediglich die prinzipiellen Unterschiede im Betriebsverhalten
zwischen den beiden Triebwerken verdeutlicht werden.
Der Niederdruckverdichter mit einem Druckverhältnis von 4.6 sollte also mit einem
verstellbaren Eintrittsleitrad versehen werden. Damit kann die Pumpgrenze bei Teil-
last zu kleineren Durchsätzen verschoben werden. Der in Abb. 8.3-5 selbst bei der
772 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Bypassverhältnis BPR 0.3 1.0


Schub ohne Nachbrenner AB FN 50,8 kN 50,8 kN
Schub mit Nachbrenner AB FN,AB 73,8 kN 82,4 kN
Spez. Verbrauch ohne Nach-
bs, ohne AB 21,4 g/(s kN) 17,8 g/(s kN)
brenner AB
Spez. Verbrauch mit Nachbr. bs, mit AB 43,1 g/(s kN) 50,1 g/(s kN )
.
Durchsatz m2 62,4 kg/s 80 kg/s
LPC Druckverhältnis (außen) pt13/pt2 4,6 3,4
isentr. Wirkungsgrad LPC
Innenstrom i 0,8854 0,89
Außenstrom a 0,8749 0,88
HPC Druckverhältnis pt3/pt25 5,6 7,65
isentr. Wirkungsgrad HPC HCis 0,8654 0,86
Gesamtdruckverhältnis OPR pt3/pt2 26,1 26,1
Turbineneintrittstemperatur Tt4 1700K 1700K
isentr. Wirkungsgrad HPT HTis 0,8982 0,9
isentr. Wirkungsgrad LPT LTis 0,908 0,91
Druckverh. Mischereintritt pt16/pt6 1,045 1,045
Mischerwirkungsgrad
ohne Nachbrenner mix 0,5 0,5
mit Nachbrenner 1 1
Nachbrenner- Eintrittstemp. Tt64 970 K 748 K
N achbrenner- Austrittstemp. Tt7 1900K 1900K
Düsendruckverhältnis pt8/pamb 4,2 3,1
Düsentyp con-di con-di
Flächenverhältnis
ohne Nachbrenner A9/A8 1,2 1,2
mit Nachbrenner 1,4 1,4

Abb. 8.3-3 Auslegungsdaten (ISA, SLS) der beiden 50 kN Turbofan-Triebwerk mit kleinem


Bypassverhältnis BPR = 0,3 und 1,0, Mischung und Nachbrenner, kurz bezeichnet TF03-50 und
TF10-50. Geeignet für Unterschall- und Überschallflüge

Düsenfläche von +20 % noch unzureichende Pumpgrenzenabstand wird dann größer


und verbessert sein sein.
Die Verstellung der Düse nach Abb. 8.3-5 hat nicht nur Folgen für die Betriebs-
linie im Fankennfeld, auch im Kennfeld der Niederdruckturbine werden veränderte
8.3  Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis und Nachbrenner 773

Turbofan mit Mischung TFM


BPR=1,0
4,0
Kennfeld LPC
C
H0=0 km, ISA, SL
Volllast
M0=0
Betriebslinie mit
Druckverhältnis

3,0
Düse A8 nominal
1,05
1,00

0,95
2,0
ncorr
0,75

0,65 Leerlauf
0,55
1,0
20 40 60 80
Durchsatz mcorr [kg/s]

Abb. 8.3-4 Kennfeld mit Betriebslinien des Niederdruckverdichters des Turbofan-Triebwerks


TF10-50 mit einem Bypassverhältnis BPR = 1,0 (ISA, SLS). Die Düsenfläche A8 wurde wie im
Auslegungspunkt konstant [GasTurb] gehalten

Betriebslinien auftreten. Bei kleinem Bypassverhältnis reagiert die Niederdruckturbine


stärker auf die Düsenverstellung als bei größerem Bypassverhältnis wie der Vergleich der
Triebwerke in Abb. 8.3-6 und für den Betrieb mit Nachbrenner in Abb. 8.3-7 zeigt.
Die Strömungszustände im Bypass- beziehungsweise im Mantelstromkanal ändern
sich ebenfalls stärker bei kleinerem als bei großem Bypassverhältnis. Generell steigen bei
Teillast sowie beim öffnen der Düse die Machzahlen am Mischereintritt erheblich an. Bei
kleinem Bypassverhältnis und großer Düsenfläche kann im unteren Teillastbereich die
Schallgeschwindigkeit am Bypass-Austritt erreicht werden.
Zur Teillast hin steigt auch das für die Mischungsverluste maßgebende Druckverhält-
nis pt16 /pt6. Es steigt umso mehr, je größer die Düsenfläche und je niedriger das Bypass-
verhältnis ist. Es ist deshalb sinnvoll, im Auslegungspunkt eines gemischten Triebwerkes
das Druckverhältnis pt16 /pt6 etwas kleiner zu wählen als eigentlich thermodynamisch
optimal wäre.
Eine Verstellung der Düse beim Triebwerk mit kleinem Bypassverhältnis ist notwen-
dig, um eine akzeptable Betriebslinie im Fan-Kennfeld zu erhalten. Die Düsenverstellung
hat auch Konsequenzen für den Schub und den spezifischen Brennstoffverbrauch. Bei
etwa der Hälfte des Auslegungsschubes ist es günstig, die Düse zu öffnen. Es wird damit
774 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

7
Turbofan mit Mischung TFM
6 LP-Verdichter LPC
BPR=0,3

5 ISA, SL, M0=0


A8,nominal
Druckverhältnis

Betriebslinien mit Düse A8+10%


4 > A8 const. A8+20%
> +10%
1,05
> +20% 1,00
3 0,95

0,85

2 0,89
7 0,75 ncorr
0,8 ,84
0 0,65
0,55
1
20 30 40 50 60 70
Durchsatz mcorr [kg/s]

Abb. 8.3-5 LPC-Kennfeld eines Turbofan-Triebwerks mit Mischung und kleinem Bypassver-


hältnis BPR = 0,3 sowie den Betriebslinien für Öffnen der Düsenflächen A8 mit +10 % und 20 %.
(ISA-SLS) [GasTurb]

dann der günstigste Brennstoffverbrauch erhalten. Bei Vollast dagegen ist die kleinste
Düsenfläche am besten geeignet, wie in Abb. 8.3-8 zu sehen ist.
Beim Triebwerk mit dem höheren Bypassverhältnis kann auch ohne Verstellung
der Düse ein ausreichender Pumpgrenzabstand im Fan-Kennfeld erhalten werden.
Außerdem ist der Einfluss der Düsenstellung auf den spezifischen Brennstoffver-
brauch gering (Abb. 8.3-9). Die Regelung dieses Triebwerks kann im Trockenbe-
trieb daher einfacher gestaltet werden als bei einem Triebwerk mit sehr kleinem
Bypassverhältnis.
In Abb. 8.3-10 sind zusätzlich zu den Verbrauchskurven im Betrieb ohne Nachbren-
ner („Trockenbetrieb“) auch Kurven für den Nachbrennerbetrieb enthalten. Die drei
Kurven für ein Bypassverhältnis BPR = 0.3 gelten für die Nachbrenner-Ausbrandwerte
von 80 %, 85 % und 90 %. Beim höheren Bypassverhältnis ist nur die Kurve für 90 %
gezeigt. Reale Triebwerke werden keinen konstanten Ausbrand haben. Die Teillastver-
bräuche im Nachbrennerbetrieb werden sich so ergeben, wie durch die gestrichelten
Linien angedeutet ist.
Die Arbeitspunkte mit eingeschaltetem Nachbrenner in Abb. 8.3-10 wurden so berech-
net, dass die Turbomaschinen in ihren Auslegungspunkten laufen. Die Düsenfläche
8.3  Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis und Nachbrenner 775

3,0 0,86 0,89


Turbofan mit Mischung 0,90
LP-Turbine LPT 0,91
LPT BPR=0,3
H0=0 km, ISA, SL 0,80
2,5 M0=0 A8+20%
LPT-Druckverhältnis

Betriebslinien mit Düse A8+10%


> A8 const.
A8,nominal
> +10%
> +20% 0,90
2,0
0,89
0,86
0,84
1,5
1,10
1,00
0,91 ncorr
0,82
0,64 0,73
0,55
1,0
4 6 8 10 12
nred·mred

Abb. 8.3-6  Kennfeld der Niederdruckturbine LPT mit den 3 Betriebslinien entsprechend den 3
Düsenpositionen nominal, +10 % und +20 % des Turbofan-Triebwerks mit kleinem Bypassver-
hältnis BPR = 0,3 analog zu den Abb. 8.3-4 und 8.3-5. Betrieb in Bodennähe ISA, SLS [GasTurb]

ist dann so eingestellt, dass das Basistriebwerk unbeeinflusst vom Nachbrennerbetrieb


arbeitet. Es wird in diesem Fall von einer äquivalenten Düsenfläche von 0 % gesprochen
(Equivalent Dry Nozzle Area EDNA). Vergrößert man die Düsenfläche derart, dass der
Betriebspunkt im Fankennfeld auf der „trockenen“ Fahrlinie mit A8,nominal+10 % liegt,
dann ist EDNA = + 10 %. Der optimale Wert von EDNA hängt vom Flugzustand und
von Überlegungen zur Stabilität des Triebwerks ab. Zu kleine, äquivalente Düsenflächen
können zum Pumpen des Fans führen, zu große Flächen bergen die Gefahr des Verlö-
schens des Nachbrenners.

8.3.2 Vollastbetrieb der Turbofan-Triebwerke TFM und TFMAB

Der Vollastbetrieb bei Turbofan-Triebwerken bedeutet, dass einer von mehreren Trieb-
werksparametern seinen Grenz- oder Maximalwert erreicht hat. Welcher Parameter
das ist, hängt vom Flugzustand, den Installationsverhältnissen wie zum Beispiel von
dem Einlauf-Druckverlust, von der Luft- und Leistungsentnahme sowie von der Düsen-
stellung ab. Für das hier betrachtete Beispieltriebwerk mit einem Bypassverhältnis
776 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

4,0
Turbofan mit MischungTFM
LPT LP-Turbine 0,86 0,89
0,90
3,5 BPR=1,0 0,91

H0=0 km ISA, SL 0,80


3,0 M0=0
LPT-Druckverhältnis

A8+20%
Betriebslinien mit Düse A8+10%
2,5 > A8 const. A8,nominal
> +10% 0,90
> +20% 0,89
2,0 0,86
0,84
1,10
1,5 1,00
0,91
0,82 ncorr
0,55 0,64 0,73
1,0
4 6 8 10 12
nred · mred

Abb. 8.3-7  LPT-Kennfeld mit den 3 Betriebslinien entsprechend den 3 Düsenpositionen nomi-


nal, +10 % und +20 % des Turbofan-Triebwerks TFMAB mit BPR = 1,0 und Nachbrenner und 3
Düsenstellungen A8. Betrieb in Bodennähe ISA-SLS [GasTurb]

BPR = 0,3 wurden die in Abb. 8.6-8 zusammengestellten Grenzwerte vorgegeben


(Abb. 8.3-11).
Die Abb. 8.3-12 und 8.3-13 stellen den resultierenden Schub im Flugbereich bei ISA
Bedingungen dar. Die Düsenfläche A8 ist im „Trockenbetrieb“ der Einfachheit halber
unverstellt gelassen, im Nachbrennerbetrieb ist die hierfür äquivalente Düsenfläche
stets 0 %. Die jeweils „aktiven“ Grenzwertgrößen sind an den Kurventeilbereichen
angegeben. √
Bei kleinen StautemperaturenTt2 ist der Drehzahlbegrenzer mit nLPC / θ aktiv. Bei
höheren Werten von Tt2 bestimmt zunächst die Grenztemperatur Tt41 und dann die Ver-
dichteraustrittstemperatur Tt3 den Vollast-Schub. In niedriger Flughöhe kommt auch
der Druck am Hochdruckverdichter-Austritt pt3 als begrenzende Größe zum Eingriff.
Die maximale Drehzahl des Hochdruckverdichters wird nicht erreicht.
In praktisch ausgeführten Triebwerken arbeiten die Begrenzer in der Regel ohne
konstante Zahlenwerte. Bei seltener vorkommenden Flugzuständen wie zum Beispiel
dem Überschallflug werden oft höhere Temperaturen als im Unterschallflug zugelassen.
Außerdem wird die Düsenfläche an den jeweiligen Flugzustand angepasst. In den übli-
chen elektronischen Reglern beziehungsweise FADEC-Systemen können auch komplexe
Regelgesetze verwirklicht werden.
8.3  Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis und Nachbrenner 777

28
Turbofan mit Mischung
spez. Brennstoffverbrauch SFC [g/kNs]

BPR = 0,3
26
H0 = 0 km, ISA, SL
M0 = 0
24
Betriebslinien mit Düse
> A8 const.
22 > +10%
> +20% A8,nominal

20
A8+10%

18 A 8+20%

16
0 10 20 30 40 50 60
Nettoschub FN [kN]

Abb. 8.3-8 Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC eines Turbofan-Triebwerks mit Nachbrenner


TFMAB und einem Auslegungs-Bypassverhältnis BPR = 0,3 bei verschiedenen Laststufen und
Düsenstellungen A8 [GasTurb]

Wie schon oben erwähnt, gilt die Darstellung nach Abb. 8.3-13 für eine konstante,
äquivalente Düsenfläche. Bei hohen Flug-Mach-Zahlen kann wegen des erhöhten Mas-
sendurchsatzes durch Vergrößern der Düsenfläche noch erheblich an Schub gewon- √
nen werden. Bei niedrigen Mach-Zahlen dagegen, wenn das Triebwerk durch nLPC / θ
begrenzt wird, bleibt der Massendurchsatz etwa konstant. Das Öffnen der Düse führt
dann zu einem niedrigeren Druckverhältnis pt8 /p0. Als Folge davon fällt der Schub ab.

8.4 Ramjet- und Scramjet-Triebwerke

Hinweise zur Auslegung sowie zur Funktions- und Bauweise von Ramjet-Triebwerken
RJ mit Unterschallverbrennung wurden bei der Vorstellung von Standard-Flugtriebwer-
ken in Abschn. 2.5.3 einführend gegeben.
Ab M0 ≈ 3,5 ist die Wirtschaftlichkeit des Ramjet-Triebwerkes so gut, dass es den
meisten Turbostrahltriebwerken gleichkommt oder ihnen gar überlegen ist. Der vorteil-
hafte Flugbereich des Ramjet-Triebwerkes liegt bei Flug-Mach-Zahlen zwischen M0 ≈ 3
und ≈ 10 (Abb. 2.5-16).
778 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

28
Turbofan mit Mischung
spez. Brennstoffverbrauch SFC [g/kNs]

BPR = 1,0
26
H0 = 0 km, ISA, SL
M0 = 0
24
Betriebslinien mit Düse
> A8 const
22 > +10%
> +20%

20
A8+10%
A8+20%
18

A 8,nominal
16
0 10 20 30 40 50 60
Nettoschub FN [kN]

Abb. 8.3-9 Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC eines TFMAB mit einem Bypassverhältnis


BPR = 1,0 und verschiedenen Düsenstellungen A8 im Vergleich zu Abb. 8.3-8 [GasTurb]

Konventionelle Raketentriebwerke würden als Antriebe von Nutzlasttransportern


zwischen Erde und Satellitenbahnen einen sehr hohen Treibstoffanteil aus Brennstoff
und Oxydator der Gesamtstartmasse erfordern, wobei allein der Anteil des Sauerstoffs
bei nahezu 70 % liegt.
Es ist also sinnvoll, als Antriebe für Erststufen von Raumtransportern luftatmende, das
heißt Sauerstoff der Atmosphäre aufnehmende Triebwerke in Betracht zu ziehen (Abb. 8.4-1).
Hier bietet sich das im prinzipiellen Aufbau einfache Ramjet- und Scramjet-Trieb-
werk besonders in Kombinationen mit Turbojet- und Turbofan-Triebwerken an. Ver-
einfachte Arbeitsprozess-Parameterstudien über das klassische Ramjet-Triebwerk im
Über- und Hyperschallflug ergeben bereits aufschlussreiche qualitative Hinweise auf die
Anwendbarkeit derartiger Antriebe.

8.4.1 Supersonische Ramjet-Triebwerke

Das bereits in Abschn. 2.5.3 und hier in Abb. 8.4-2 dargestellte Ramjet-Triebwerk und


der entsprechende Arbeitsprozess (Abb. 2.5-13, 2.5-14 und 2.5-17) betreffen Triebwerke
für supersonische Flug-Mach-Zahlen bis M0 ≈ 5.
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 779

50
SFC Turbofan mit Mischung TFMA
ohne/mit Nachbrenner
[g/kNs]
BPR=0,3 und 1,0 BPR = 0,3
spez. Brennstoffverbrauch

40 H = 0 km ISA, SL
0
BPR = 1,0
M0 = 0
Wirkungsgrad
Nachbrenner ηAB ηAB= 80% mit
30 85% Nachbrenner
90%
ηAB=90%

20 BPR = 0,3 ohne


Nachbrenner

BPR = 1,0

10
0 20 40 60 80
Nettoschub FN [kN]

Abb. 8.3-10 Spezifische Brennstoffverbrauch SFC verschiedener Turbofan-Triebwerke mit


Bypassverhältnis BPR = 0,3 und 1,0 sowie den Nachbrennerausbrenngraden ηA = 80 %, 85 % und
90 % [GasTurb]

Hochdruck-Drehzahl nHV 102 %


HV-Austrittstemperatur Tt3 825 K
HV-Austrittdruck pt3 3200 kPa
Turbinen-Eintrittstemperatur T t41 1680 K
NV-Drehzahl korrigiert n LPC / 100 %

Abb. 8.3-11  Grenzwerte (Limiter) für den Vollastbetrieb des TFMAB

Zur Anpassung von Ramjet-Triebwerk und Überschalldiffusor bei variabler Flug-


Mach-Zahl M0 und veränderlichem Einlauf-Druckrückgewinn ΠE wird anschließend
das Zusammenspiel der Komponenten an einem ausgewählten Beispiel für eine Ausle-
gungs-Mach-Zahl von M0A = 3 im Sinne eines optimalen Schubes vorgestellt.
Aus Abschn. 2.5.3 sowie Abschn. 3.3 (Überschall-Einläufe) und Kap. 6 (Schubdüsen)
ist bekannt, dass die Zuordnung von Durchsatzbeiwert, Verkleidungsquerschnitt, größ-
tem Triebwerksquerschnitt und Einlauf-Druckrückgewinn ΠE durch Funktionen der
Flug-Mach-Zahl M0 und der Triebwerkseintritts-Mach-Zahl M2 gegeben sind. Weiter-
hin ergibt sich aus den gasdynamischen Beziehungen zu C-D-Düsen (Laval-Düsen), dass
780 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

60
Turbofan mit Mischung TFM
FN [kN]
H0 =0 m BPR=0,3 ohne AB
max. Schub FN Limiter

nL
Tt41

40 pt3
Nettoschub

Tt41 Tt3
H0=6096 m
nL
20
Tt41
H0=11000 m
nL

0
0 0,4 0,8 1,2 1,6
Mach-Zahl M0

Abb. 8.3-12  Volllast-Kennfeld des Nettoschubes FN für ein Turbofan-Triebwerk mit Bypassver-


hältnis BPR = 0,3 (Nachbrenner
√ nicht eingeschaltet) sowie Kennzeichnung der Bereiche mit maxi-
malen Grenzwerten für nLPC / θ,Tt41 und pt 3. Flughöhen: H0 = 0 km, 6,01 km, 11 km [GasTurb]

bei vorgegebenem kritischem Flächenverhältnis der Düse der entsprechende maximale


Durchsatz festgelegt ist.
Für das Beispiel eines Ramjet-Triebwerks nach Abb. 8.4-2 sei angenommen, dass es in
konstanter Flughöhe H0, bei gleicher Verbrennungstemperatur TtB = Tt7 und bei zunächst
konstant bleibendem Düsen-Flächenverhältnis arbeiten soll. Letzteres ist gleichbedeutend mit
der Fixierung der Heißgas-Mach-Zahl am Ende der zylindrischen Brennkammer MBK = M7.
Durch die Flughöhe H0 und die Flug-Mach-Zahl M0 ist die Gesamt-Totaltemperatur
(Stautemperatur) vor dem Triebwerk gegeben, die mit Temperatur vor der Verbren-
nung Tt2 = Tt6, übereinstimmt. Durch das Brennkammer-Temperaturverhältnis Tt7/
Tt6 ist auch die Kalt-Mach-Zahl M6 vor der Verbrennung gemäß der Rayleigh-Linie
(Abschn. 2.1.3.2) bestimmt. Es ergibt sich demnach
M6 = f(H0 , M0 , Tt7 , Mt7 ). (8.4-1)
Für den Einlauf-Druckrückgewinn werden für das hier behandelte Auslegungsbei-
spiel verschiedene Verläufe angenommen. Der beste Einlauf ist ein idealer, verlustfreier
Überschall-Diffusor, gefolgt von einem verlustbehafteten Unterschallteil mit ΠE = pt2/
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 781

80
H0=0 m Turbofan mit Mischung TFM
Tt41 pt3 BPR=0,3 mit AB
FN [kN]
nL max. Schub FN
60
Limiter Tt3
Tt41
Nettoschub

nL Tt3
40 H0=6096 m
Tt41

nL
20 H0=11000 m

0
0 0,4 0,8 1,2 1,6 2,0
Mach-Zahl M
Abb. 8.3-13 Volllast-Schub-Kennfeld mit Nachbrenner-Nettoschubes FN für ein Turbofan-
Triebwerk mit Bypassverhältnis BPR = 0,3 und verschiedenen Grenzwerten (Limiter) im Ver-
gleich zu Abb. 8.3-5 [GasTurb]

10000
IS sec Spez. Impuls IS =( F / G) sec
9000 Luftatmende Triebwerke und Raketen

8000 Brennstoff
Wasserstoff
7000 Kohlenwasserstoffe
Spez. Impuls

Turbofan TF
6000
Turbojet TJ
5000
Ramjet
4000
3000 Olympus
Sramjet
Turbofan TF
2000 Ramjet
J58
1000 Sramjet
Raketen R SSME
(Shuttle)
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Flug-Mach-Zahl

Abb. 8.4-1 Spezifische Impuls IS von Turbojet- und Turbofan- sowie Ramjet- und Scramjet-
Triebwerken vom Unterschall- bis zum Hyperschallflug mit Kohlenwasserstoff- und Wasserstoff-
Brennstoffen [Mün72K, Gri04B, SFB05B, Ric05, Fuh09]
782 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Ramjet RJ
Einlauf-Diffusor C-D-Düse
variabel Brennkammer variabel
A 6=A7=const
M0=1,5 6 M1 >1 M2 < 1 M6 M6<M7<1 M9>1

c0 A A9
1
A6 A7 A8
A0 M6 M7

0 1 2 bzw. 6 7 8 9

Abb. 8.4-2  Standard-Ramjet (schematisch) mit Unterschall-Verbrennung in einer Brennkammer


B konstanten Querschnitts sowie mit variablem Überschall-2-Stoß-Einlauf und verstellbarer C-D-
Düse. Auslegungs-Mach-Zahl M0A = 3

Mach-3-Ramjet: Einlauf-Konzepte ( I ) idealer Überschall-Diffusor


„Isentropic Diffusor“
M0 >1
M2<1
0
6 1 2
A0 (I)
A2 Flächenverhältnis ( II ) Kegelstoß und
5 isentrope äußere
A0 ( II ) Verdichtung
Flächenverhältnis

4
A2 0 1 2

3
( III ) ( III ) 1 Kegelstoß
1 Geradstoß
2
0 1 2

1 ( IV ) M0 M2<1
( IV ) Geradstoß -
0 0 1 2 Diffusor
2 3 4 5
Mach-Zahl M0

Abb. 8.4-3 Ramjet-Einlauf-Diffusoren zum Beispiel in Abb. 8.4-2. Hier Verhältnis von Quer-


schnitt A0 (Querschnittsfläche der ankommenden Luft-Stromröhre) zu Triebwerksquerschnitt
A2 bei Flug-Mach-Zahlen von 2 bis 6: (I) Idealer Überschalldiffusor bzw. Isentropic-Diffusor,
(II) Schwacher Kegelstoß mit nachfolgender äußerer isentroper Verdichtung (Abb. 3.3-7), (III) 1
Kegelstoß (δ = 25°) plus Geradstoß. (IV) Geradstoß

pt0 = 0,95. Der schlechteste Einlauf wird durch einen Geradstoß-Diffusor gebildet mit
entsprechend hohen Stoßverlusten. Dazwischen liegen zwei andere Konfigurationen
(Abb. 3.1-8). Die mit (I) bis (IV) bezeichneten ΠE-Verläufe sind der Abb. 8.4-3 darge-
stellt. Die zugrunde gelegten Kurven wurden ohne Grenzschichteinfluss berechnet. Der
gesuchte Flächenverhältnis A0/A2 ist mit den gasdynamischen Beziehungen zu Über-
schall-Einläufen nach Abschn. 2.1.4 und Abschn. 3.3.5 bestimmbar. Mit den hier vorge-
gebenen Auslegungsdaten M7 = 0,5, Tt7 = 2200 K und Flughöhe H0 = 11 km wurde das
Diagramm in Abb. 8.4-3 erstellt.
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 783

Die Mindestgröße von A2, welche hier zweckmäßigerweise als Auffangquerschnitt


statt als Verkleidungsquerschnitt zu bezeichnen ist, wird dann gegeben sein, wenn
μ = μkrit = (A0/A2)krit = 1 ist, der ankommende Luftmassenstrom ṁ0 also ungehindert
bis an die Lippe des Auffangquerschnittes A1 herankommt.
Im Falle des Idealdiffusors (Kurve (I)) wird also etwa bei M0 = 2,7 und bei dem wirkungs-
gradmäßig schon recht schlechten Zweistoß-Diffusor der Kurve (III) etwa bei M0 = 3,3 der
notwendige Auffangquerschnitt A1 den größten Triebwerksquerschnitt A2 erreichen.
Wird die Flug-Mach-Zahlen M0 über diese Grenzwerte hinaus gesteigert, dann wird
der Auffangquerschnitt zum Maximalquerschnitt des Antriebes.
Folgende Schlussfolgerungen können gezogen werden:
Bei höheren Überschallgeschwindigkeiten benötigt das Ramjet-Triebwerk RJ einen
Auffangquerschnitt, der größer als der maximale Triebwerksquerschnitt ist. Für das Tur-
bojet TJ kann prinzipiell eine ähnliche Abhängigkeit gefunden werden. Verlängert man
die Kurven in den Hyperschallbereich, dann verstärken sich diese Tendenzen. Je bes-
ser das Einlaufdruckverhältnis bzw. der Druckrückgewinn ΠE ist, desto kleiner ist die
Grenz-Mach-Zahl M0 für A1 = A2.

Regelungsmöglichkeiten bei Teillastbetrieb des Ramjet. Wird ein Triebwerk für


eine bestimmte maximale Flug-Mach-Zahl ausgelegt, so kann im allgemeinen ange-
nommen werden, dass bei kleineren Fluggeschwindigkeiten, also bei M0 < M0A, der
Schub zurückzunehmen ist. Inwieweit dies zu geschehen hat, ist nur im Zusammen-
hang mit einem Flugzeug- oder einer Flugmission zu entscheiden. In einem Fall wird
ein Minimalschub gefordert werden, der vielleicht gerade noch vom Triebwerk gegeben
wird. Dies kann zum Beispiel dann eintreten, wenn ein Ramjet-Triebwerk das einzige
Antriebsaggregat im Fluggerät darstellt. Wegen der grundsätzlich steilen Charakte-
ristik des Ramjet-Schubkurve über der Flug-Mach-Zahl ist es durchaus denkbar, dass
der geforderte Schub bei M0max zwar ausreicht, bei M0 < M0max jedoch knapp wird. Ein
anderer wichtiger Fall ist der, dass bei gegebener Teillast unter verschiedenen Rege-
lungsmöglichkeiten diejenige auszuwählen ist, die den günstigsten Verbrauch pro gelie-
fertem Nettoschub ergibt.
Nachfolgend wurde für das dargestellte Beispiel davon ausgegangen, dass ein für
M0 = 3 ausgelegtes Ramjet-Triebwerk unter Zugrundelegung verschiedener Regelungs-
möglichkeiten bei M0 = 2, 5, 2 bzw. bei 1,5 funktionieren soll. Das Triebwerk arbeitet
mit einem Zweistoß-Diffusor, wobei der erste Stoß von einem konischen Zentralkörper
mit 30° halbem Kegelwinkel ausgeht. Der zweite, der Geradstoß, entsteht im Bereich des
engsten Ringquerschnittes zwischen Außenverkleidung und Zentralkörper (Fall (III)
nach Abb. 8.4-3. Bei M0 = 3 ist die Heißgastemperatur Tt7 = 2200 K und die Heißgas-
Mach-Zahl M7 = 0,35. Für die C-D-Düse wurde isentrope Entspannung zugrunde
gelegt, und zwar bis zu einem Endquerschnitt, der gleich dem Größtquerschnitt des
Triebwerkes ist.
In Abb. 8.4-4 ist der mit dem maximalen Triebwerksquerschnitt A2 = AB und dem
Umgebungsdruck p0 dimensionslos gesetzte Nettoschub FN über der Flug-Mach-Zahl
M0 aufgetragen.
784 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Ramjet-Triebwerk RJ
M0A= 3 TB=Tt7= 2200 K
A0 A1 AB
M0A=3
2200 K

Kegel-Einlauf C-D-Düse

7 A
FN/(A2 p0) (4) Einlauf und Düse
variabel
6
Tt7= 617 bis 2200 K
(4)
5 (3) Einlauf variabel
Tt7= 2200 K = const.
spez. Schub

4 (3)

(1) Einlauf und Düse


3
nicht variabel
Tt7= 903 bis 2200 K (1)
2

(2) (2) Einlauf variabel


1 Düse fest
Tt7 = 570 bis 2200 K
0
1,5 2,0 2,5 M0 3,0

SFC 6
[kg/(daNh)]
Brennstoffverbrauch spez.

(3)
4

(1) A

(4)
2
(2)

0
1,5 2,0 2,5 3,0
Mach-Zahl M 0

Abb. 8.4-4  (a) Spez. Nettoschub FNs des Mach-3-Ramjet-Triebwerks mit Teillast-Regelfällen (1)
bis (4) und dazu (b) die spez. Brennstoffverbräuche SFC. Auslegungsbereich von M0 = 3 bis 1,5 bei
TBA = Tt7A = 2200 K

Fall (1)  Eintrittsdiffusor und Schubdüse sind unverstellbar. Wird bei gleichbleibender
Verbrennungstemperatur mit M0 zurückgegangen, so reduziert sich die Schluckfähigkeit
des Triebwerkes, es wird in den unterkritischen Betriebsbereich μ < μkrit (Abschn. 3.1)
eingetreten. Da dies die Gefahr von Pulsationen (Diffusorbrummen) in der Brennkam-
mer mit sich bringt, muss die Temperatur Tt7 jeweils so stark zurückgenommen wer-
den, dass μ = μkrit < 1 wird. Aus den bei den interessierenden Flug-Mach-Zahlen in
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 785

Abb. 8.4-4 eingetragenen Temperaturen ist zu sehen, dass ihr Abfall recht beachtlich ist.
Natürlich hätte auch zwischen dem Einlauf-Diffusor und dem Triebwerk Luft abgeblasen
werden können.

Fall (2)  Hier ist der Einlaufdiffusor verstellbar. Der Zentralkörper wird so lange ein-
gefahren, bis die ankommende Stromröhre jeweils bis an die Verkleidungslippe heran-
kommt, d. h., dass μkrit = 1 des Auslegungspunktes erhalten bleibt. Da nun gegenüber
Fall 1 der Durchsatz bei jeder der betrachteten M0-Werte größer ist, muss bei unverstell-
barer Schubdüse die Temperatur noch stärker zurückgenommen werden. Dies bewirkt
einen steilen Schubabfall. Diese Regelart ist also bei kleinen M0-Werten unbrauchbar, da
der Nettoschub bereits bei M0 = 1,83 zu Null wird. Für den rechnerisch möglichen, phy-
sikalisch jedoch wenig sinnvollen Fall, dass TB = Tt2 wird, d. h. keine Aufheizung mehr
erfolgt, ergibt sich wegen der Verluste ein negativer Schub.

Fall (3) Auch hier ist der Einlaufdiffusor verstellbar, der Zentralkörper wird jedoch
nicht ein-, sondern ausgefahren. Das Ziel ist, die Brennkammer-Temperatur TB bei M0-
Abfall konstant zu halten. Obzwar der Durchsatzrückgang damit besonders ausgeprägt
ist, ist der Nettoschubgradient flacher als bei den Fällen (1) und (2). Andererseits bewirkt
der stark gedrosselte Durchsatz einen Anstieg des Zusatzwiderstandes (Abschn. 3.1).
Dies führt dazu, dass besonders bei mittleren und kleinen M0-Werten der spezifische
Verbrauch SFC sehr ungünstig wird (Abb. 8.4-4b).

Fall (4)  Hier sind Einlaufdiffusor- und Schubdüse regelbar eingesetzt. Dieses technolo-
gisch aufwendigste Konzept erlaubt eine große Zahl von möglichen Schubverläufen. Es
wird hier nur derjenige Betrieb für μkrit = 1 dargestellt. Der Zentralkörper wird dabei
nach demselben Regelgesetz verstellt (eingefahren) wie bei Fall (2). Die Schubkurve fällt
im oberen Mach-Zahl-Bereich gegenüber allen bisher besprochenen Fällen am wenigsten
ab. Dies ist im Wesentlichen auf den Abfall des TB-Wertes zurückzuführen.

Zusammenfassend ist zu dem Abb. 8.4-4a, b, c festzustellen, dass sowohl Schub-als


auch Verbrauchscharakteristiken ganz wesentliche Unterschiede aufweisen. Soll ein
Triebwerk entworfen werden, das über einen breiten Flug-Mach-Zahl-Bereich ein flexib-
les Betriebsverhalten ermöglicht, so muss eine relativ komplexe Regelung entworfen wer-
den, bei der außer der Brennstoffdosierung auch ein verstellbarer Einlaufdiffusor und
eine verstellbare Schubdüse mit in den Regelkreis aufgenommen werden.
Das Betriebsverhalten eines Ramjet-Triebwerks wurde bereits in Abschn. 2.5.3
(Abb. 2.5-15) mit dem Triebwerks-Kennfeld zusammengefasst dargestellt und erläutert.
Der Nettoschub FN bezogen auf den Brennkammer-Querschnitt AB wurde dabei ent-
sprechend dem Abb. 2.5-15 in folgender Form erfasst
 
FN A9
=f , Tt7 , c6 , SFC (8.4-2)
ABK ABK
786 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Der Schub dieses Antriebes steigt mit wachsendem M0 rasch an, und zwar steiler als beim
Turbojet-Triebwerk, und erreicht ein Maximum, wobei die maximalen Schubwerte sich
bei größer werdenden Temperaturen Tt7 zu höheren Flug-Mach-Zahlen verschieben.
Für eine erweiterte Darstellung des Triebwerks-Kennfeldes in Diagrammform
mit Ähnlichkeitskenngrößen wird der Schub FN meist auf den Umgebungsdruck
p0 und ebenfalls auf die Brennraumquerschnittsfläche AB bezogen, also FN/(AB p0).
Der Abszissenmaßstab A9/AB stellt dabei bereits einen Verhältniswert dar. Die Ver-
brennungstemperatur Tt7 beziehen wir wie beim Turboluftstrahl-Triebwerk auf die
Einlaufgesamttemperatur Tt2 = Tt6. Die Geschwindigkeit c2 = c6 bezogen auf eine
Schallgeschwindigkeit gebildet mit der Gesamttemperatur Tt2 ergibt eine Mach-Zahl

M2 = c2 / κR Tt2 als Diagrammparameter. Für den spezifischen Brennstoffverbrauch

wird die schon beim Turboluftstrahl-Triebwerk benutzte Form SFCF / Tt2 verwen-
det. Wie für den Druck gilt auch hier analog, dass sowohl auf die Temperatur vor der
Verbrennung Tt2, als auch auf die mit der Stau- oder Umgebungstemperatur (z. B.
T0 = 216,5 K für H0 = 11 km)
 dimensionslos gemachten Werte bezogen werden kann,

also in der Form SFCF /F Tt2 /Tt2,11km oder SFCF / Tt2 /T0 . Abb. 2.5-15 zeigt das
dimensionslose Ramjet-Ähnlichkeits-Schubkennfeld für ein Ramjet-Triebwerk der Aus-
legung mit M0A = 2,5 in der Flughöhe H0 = 11 km sowie einem 2-Stoß-Einlauf und
gleich bleibendem ΠE = const. In Abb. 8.4-4c ist.

8.4.2 Hypersonische Ramjet- und Scramjet-Triebwerke

Für die allgemeine Luftfahrt und insbesondere für die Raumfahrt ist die Erweiterung des
Flugbereichs in den hohen Überschall- bzw. den Hyperschallflug (M0 etwa > 5) vorgese-
hen. Die Entwicklung geeigneter Fluggeräte für diese Geschwindigkeiten erfordert den
Flugzeugen angepasste luftatmende Antriebe, so dass eine integrierte Einheit von Zelle
und Triebwerk zu einem wirtschaftlichen Flugsystem führen kann (Abschn. 8.5 und 8.6)
[Mün72K, SFB05B, Gri04B, Ric05, Kuc11B].
Abbildung 8.4-5 zeigt ergänzend zu dem Abb. 2.5-14 und 2.5-17 ein Ramjet-Trieb-
werks mit Überschallverbrennung bzw. Scramjet (Supersonic Combustion Ramjet) für
Hyperschall-Flug-Mach-Zahlen sowie schematisch den Arbeitsprozess im h–s-Dia-
gramm. Dem gegenüber ist in Abb. 8.4-2 ein Ramjet- Triebwerk mit Unterschallverbren-
nung, also ein klassisches Ramjet-Triebwerk RJ zu sehen.

Werden die Auslegungen z. B. für Flug-Mach-Zahlen von M0 ≈ 2 bis 3 mit den Aus-
legungen für M0 ≈ 6 bis 8 bei den entsprechenden Flughöhen im Flugkorridorbereich
von H0 ≈ 10 bis 20 km bzw. H0 > 30 km verglichen, so zeigen sich bereits einige wesent-
liche Tendenzen und die damit verbundenen Schwierigkeiten (Abb. 8-1).
Mit vorausgesetzten Brennkammer-Mach-Zahlen MB ≈ 0,5 beziehungsweise 0,7 und
Einlaufdruckverhältnissen gemäß ΠE ≈ 0,9 bis 0,6 bzw. ΠE ≈ 0,4 bis 0,1 ergeben sich
bei Ramjet-Triebwerken abhängig von der Brennstoffart (zum Beispiel Wasserstoff oder
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 787

(a)
Hyperschall-Flugkörper mit Scramjet-Triebwerk integriert
Flug-Machzahl ab
M > 4 bis 5

Vorverdichtung Zelle
Scramjet-Triebwerksverbund Rampendüse mit
Heißgas-Expansion

M2 >2 Brennstoff-
0 1 2/6 Injektion 7/8 9

Luft-Einlauf Brennraum Rampen-Düse


Außen- / Innen-Verdichtung Überschall-Verbrennung teilweise

7 9
(b) Arbeitsprozess
Scramjet c7
2

QB
2
Überschall-Verbrennung
2
c9

0 2
2/6
2
c2
2
2 p9
c0
h 2

p0

Abb. 8.4-5  (a) Ramjet-Triebwerk mit Überschallverbrennung SRJ (Scramjet) integriert im Ver-


bund mehrerer Scramjet-Einheiten in einem Hyperschall-Fluggerät für M0 > 4 bis 7 und M2 > 1.
(b) Arbeitsprozess schematisch im h–s-Diagramm für M0 ≫ 1 und M2 > 1 für ein Scramjet-Trieb-
werk. M0 ≫ 1; M2 > 1 [Mün72K, Ric72, SFB05B, Fuh09]

Kerosen) die in Abb. 8.4-6 dargestellten Werte für den auf den Brennstoff bezogenen
Schub FN/ṁB in daN/(kg/s. Der spezifische Schub dieser Art ist u. a. ein Kriterium für die
Wirtschaftlichkeit des Antriebes.
788 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

5000
Ramjet-/ Scramjet-Triebwerke
Wasserstoff- Unterschall-/Überschall-Verbrennung
4000 Verbrennung
spez. Schub F/mB [daN/(kg/s)]

gle
ite
3000 nd
ein
ge
. Kerosin-
fro
ren
2000 Verbrennung
gleit
end
1000 eing
efro
ren
Chemische Rakete

0
0 2 4 6 8 10 12 14
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 8.4-6 Spezifischer Schub FN /ṁB in Abhängigkeit von der Flug-Mach-Zahl M0 für Stau-


strahltriebwerke mit den Brennstoffen Wasserstoff oder Kerosen (der innere Bereich entspricht
den etwa realistisch erreichbaren Daten) [SFB05B]

Ein Vergleich des Staustrahltriebwerkes mit einer Rakete zeigt die Überlegenheit des
luftatmenden Triebwerks. Wird jedoch der auf die Lufteintrittsfläche bezogene Schub
von Staustrahltriebwerken mit dem Stirnflächenschub der Rakete verglichen, so ist letz-
tere stark überlegen.
Bei hypersonischen Staustrahltriebwerken treten schwerwiegende konstruktive
und thermodynamische Probleme insbesondere durch das hohe Temperaturniveau im
Brennraumbereich auf. Liegen die Aufstau- bzw. Ruhetemperaturen bei geringeren Flug-
Mach-Zahlen unterhalb 1000 K, so steigen sie im Hyperschallflug schnell auf Werte über
2000 K, wie Abb. 8.4-7a zeigt.
Die weitere Temperatursteigerung durch Verbrennung wird demnach durch die
auftretende Dissoziation der Luft- bzw. Heißgasbestandteile immer geringer, und im
Temperaturbereich über etwa 3500 K wird bei den in Frage kommenden Drücken die
Dissoziationsenergie gleich dem Heizwert des Brennstoffes, so dass eine Temperaturer-
höhung durch Verbrennung nicht mehr möglich ist. Dies verschlechtert den thermody-
namischen Prozess.
Da während der Entspannung der Heißgase in der Schubdüse die statische Tempera-
tur ständig sinkt, könnte in Abhängigkeit von der Temperatur die gebundene Dissozia-
tionsenergie für die Beschleunigung des expandierenden Gases wieder nutzbar werden.
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 789

Abb. 8.4-7 Hyperschall- (a)
Ramjet-Triebwerke (s. a. 6000
TB [K]
Abschn. 8.6, [SFB05B, Ric72b]). 5000
a Bereiche des Brennraum-

Temperatur
4000 Ramjet RJ
Temperaturniveaus bei Ramjet-
Triebwerken mit Unter- und 3000
Überschallverbrennung nung
bren
2000 ha ll-Ver
in Abhängigkeit von der rs c rennung
Unte Überschall-Verb
Flug-Mach-Zahl M0. b 1000
Scramjet SCRJ
Bereiche des Brennraum-
0
Druckniveaus bei Ramjet- 4 5 6 7 8 9 10
Triebwerken mit Unter– und
Überschallverbrennung in
(b) 30
Abhängigkeit von der Flug- pB [bar]
25
Mach-Zahl M0 Ramjet RJ
20
Druck

ung
15 enn
rbr
Ve
hall- Scramjet SCRJ
10 rs c
U nte
5 Überschall-Verbrennung

0
4 5 6 7 8 9 10
Mach-Zahl M0

Voraussetzung wäre hierfür ein dem jeweiligen chemischen Gleichgewicht entspre-


chendes sofortiges Rekombinieren der dissoziert vorliegenden Molekülbestandteile. Die
Düsenströmungsgeschwindigkeiten von weit über 1000 m/s erlauben jedoch in der Düse
nur Aufenthaltszeiten der Gasbestandteile in der Größenordnung von Millisekunden, so
dass eine vollständige Einstellung des chemischen Gleichgewichts nicht gewährleistet ist
und die freiwerdende Rekombinationswärme teilweise dem Triebwerk mit den Abgasen
verlorengeht.
Da über die Dissoziations- bzw. die Rekombinationsvorgänge bei hohen Strömungs-
geschwindigkeiten noch ungenügende Kenntnis vorliegt, können die hier angestellten
Parameterstudien über Hyperschall-Ramjet-Triebwerke nur auf Abschätzungen beru-
hen. Man kann so vereinfacht z. B. einmal mit der Annahme des sich stets sofort einstel-
lenden chemischen Gleichgewichts (gleitendes Gleichgewicht) rechnen, zum andern mit
dem ungünstigsten Fall ohne eine Rekombination (eingefrorenes Gleichgewicht).
Der in Abb. 8.4-5 dargestellte, thermodynamische Arbeitsprozess zeigt schematisch
den Entspannungsprozess des Heißgases in der Schubdüse für die angedeuteten Prob-
leme und deren Auswirkungen auf die nutzbare Enthalpiedifferenz gemäß der kineti-
schen Energie.
Gegenüber den Ramjet-Triebwerken mit Kerosen als Brennstoff kann von Ramjet-
Triebwerken mit Wasserstoff als Brennstoff bezüglich der reaktionskinetischen Eigen-
schaften ein günstigeres Betriebsverhalten erwartet werden. Darüber hinaus eignet sich
790 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Wasserstoff gut als Kühlmittel bei den hochtemperaturbeanspruchten Triebwerkskom-


ponenten. Neben den auftretenden Temperaturproblemen ist weiterhin das Druckniveau
eines Triebwerkes von entscheidender Bedeutung für die Konstruktion besonders des
Brennraumes eines Ramjet-Triebwerkes. Der Bereich des statischen Druckes ist für eine
stabile Verbrennung nach unten begrenzt von Drücken um etwa 0,1 bar und sollte nach
oben bei Werten nicht wesentlich höher als etwa 10 bar liegen. Wie Abb. 8.4-7b für Stau-
strahltriebwerke mit Unterschallverbrennung zeigt, können deshalb Flug-Mach-Zahlen
bis lediglich etwa M0 ≈ 7 erreicht werden.
Um die bisher angesprochenen Schwierigkeiten bei Ramjet-Triebwerken mit Unter-
schallverbrennung zu umgehen, erscheint es sinnvoll, besonders bei hohen Flug-Mach-
Zahlen, eine Energiezufuhr durch Verbrennung bei Überschallströmungen (M2 > 1,
M7 > 1) in Betracht zu ziehen.

Ramjet-Triebwerke mit Überschallverbrennung (Scramjet) (Supersonic Combustion-


Ramjet Scramjet). Das Ramjet-Triebwerk mit Überschallverbrennung ist in seiner prinzipi-
ellen Funktionsweise dem Ramjet-Triebwerk mit Unterschallverbrennung gleich. Abb. 8.4-5
zeigt schematisch den thermodynamischen Arbeitsprozess eines solchen Antriebs.
Die mit hoher Überschallgeschwindigkeit dem Einlauf zuströmende Luft wird in einem
Überschalldiffusor auf eine geringere Überschallgeschwindigkeit abgebremst (M2 > 1).
Nach der anschließenden Wärmezufuhr im Überschalluftstrom werden die Heißgase auf
eine angemessene Abströmgeschwindigkeit c9 in einer nur noch divergenten Schubdüse
beschleunigt. Das für die Wärmezufuhr beziehungsweise die Konstruktion maßgebliche
statische Temperatur- beziehungsweise Druckniveau (T2 und T7 beziehungsweise p2 und
p7) kann so für Flug-Mach-Zahlen M0 > 5 in erträglichen Grenzen gehalten werden.
Abbildung 8.4-7a und b stellen Ergebnisse vereinfachter thermogasdynamischer
Parameterstudien über Staustrahltriebwerke mit Unter- und Überschallverbrennung
dar. Die Vorteile des Scramjets gegenüber Antrieben mit Unterschallverbrennung
bei hypersonischen Flug-Mach-Zahlen sind zu erkennen. Voraussichtlich sind Trieb-
werks-Gesamtwirkungsgrade von etwa 20 bis 40 % zu erzielen, die sich bei Brenn-
raum-Eintritts-Mach-Zahlen von M2 ≈ 2 bis über 4 sowie relativ geringen Einlauf- und
Dissoziationsverlusten ergeben
Der auf den Brennstoffverbrauch bezogene Schub, dargestellt in Abb. 8.4-6, zeigt
noch bei Flug-Mach-Zahlen M0 > 10 besonders bei Wasserstoffverbrennung wirtschaft-
lich interessante Größen. Der mittlere Bereich kennzeichnet möglicherweise zu rea-
lisierende Werte. Mit wachsender Flug-Mach-Zahl steigen die Schwierigkeiten bei den
Komponenten Einlaufdiffusor und Abströmteil. Die größten Probleme liegen jedoch bei
der Überschallverbrennung selbst vor.
Obwohl beim Staustrahltriebwerk mit Überschallverbrennung die vom Einlaufdif-
fusor aufgenommene Luft in geringerem Maß als beim Überschall-Unterschall-Einlauf
verzögert wird, sind dennoch dessen Verluste erheblich. Wie bereits vereinfachte Aus-
legungsrechnungen zeigen, können kleine Änderungen der Einlaufgüte die gesamte
Antriebscharakteristik stark beeinflussen.
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 791

Die verschiedenartigen Verluste erfasst bei der Beurteilung und beim Vergleich von
Hyperschalleinläufen der in Abschn. 3.1 definierte Einlauf-Wirkungsgrad ηD bezie-
hungsweise der Einlaufbeiwert kD, wobei ηD > 0,90 ist und kD bei Werten um etwa 0,85
liegen kann.
Hohe Stoßverluste können mit kontinuierlichen Verdichtungsarten ähnlich den
sogenannten Isentropic-Diffusoren (Abschn. 3.2) teilweise umgangen werden.
Besonders unangenehm machen sich auftretende Strömungs- und Temperatur-
grenzschichten bemerkbar, die im Zusammenhang mit Verdichtungsstößen und
dem stromabwärts stark ansteigenden Druck ein schwer beherrschbares mehrdi-
mensionales Strömungsfeld darstellen. Gut angepasste, grenzschichtvermindernde
Methoden sind also neben Kühleinrichtungen der hohen Wandtemperaturen wegen
erforderlich.
Aus regeltechnischen Gründen sowie der kühlungsgünstigeren Wärmeabstrahlung
wegen sind Einlaufdiffusoren mit teilweise äußerer Verdichtung (Abschn. 3.2 und 8.6)
von Vorteil. Die gegenseitige Abstimmung von Einlauf, Brennraum und Abströmteil ist
besonders zu beachten.
Für die Energiezufuhr durch Verbrennung kommen zwei Arten der Überschallver-
brennung in Frage. Dies ist einmal die Verbrennung in Überschalldiffusionsflammen,
zum andern die durch einen Verdichtungsstoß induzierte Verbrennung.
Bei der Diffusionsverbrennung wird dem Überschalluftstrom nach dem Einlauf
Brennstoff zugeführt. Da die statischen Temperaturen und Drücke der komprimier-
ten Luft eine Selbstzündung des Brennstoffes ermöglichen, entsteht je nach der Vermi-
schung der Reaktionspartner eine mehr oder minder ausgeprägte Flammenzone, die
stark von der Art der Brennstoffeinspritzmethode abhängt (Abb. 8.4-8b).
Gegenüber dieser Diffusionsverbrennung wird bei der stoßinduzierten Verbrennung
der Brennstoff bereits weit vor dem Brennraum, zum Beispiel im Bereich des Einlaufdif-
fusors, dem Luftstrom beigegeben. Im Verlauf des weiteren Verdichtungsvorganges ver-
mischt sich der Brennstoff mit dem Luftstrom, der noch nicht die für die Verbrennung
notwendigen Zündbedingungen aufweist. Erst beim Passieren eines zum Beispiel den
Einlaufdiffusor abschließenden schiefen Verdichtungsstoßes wird das zündfähige Brenn-
stoff-Luft-Gemisch nach dem sprungartigen, auf Zündbedingungen führenden Tempe-
ratur- und Druckanstieg zur spontanen Verbrennung gebracht.
Die Zündverzugszeit sowie die Flammenlänge sind gegenüber der Diffusionsverbren-
nung kürzer, also für die Gestaltung des Brennraumes geeigneter (Abb. 8.4-8c).
Die thermogasdynamischen Grundlagen für den vereinfachten Fall der eindimensi-
onalen Berechnung einer Strömung mit Wärmezufuhr wurden bereits in Abschn. 5.1
dargestellt. Brennraumberechnungen nach diesen Grundgleichungen zeigen, dass
neben der Verbrennung im Kanal konstanten Strömungsquerschnitts (Rayleigh–Linie)
die Wärmezufuhr bei konstantem statischen Druck beziehungsweise konstanter Strö-
mungsgeschwindigkeit von besonderem Interesse sind. Bei geringeren Hyperschallflug-
Mach-Zahlen erscheint die Verbrennung bei konstantem Druck günstiger, bei höheren
Geschwindigkeiten die Verbrennung im Kanal konstanten Querschnitts. Je nach der Form
792 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

(a)

M0
MB<1 MN>1

Unterschall-Verbrennung
(b)
M0

MB>1

Überschall-Verbrennung Diffusion
(c)

M0
MB>1

Überschall-Verbrennung stoßinduziert

Abb. 8.4-8  Ramjet-Triebwerke für den Über- und Hyperschallflug (schematisch) mit: a Unter-
schallverbrennung, b Diffusions-Überschallverbrennung, c stoßinduzierter Überschallverbren-
nung [Mün72]

der Brennraumgestaltung können weitere Arten der Wärmezufuhr, insbesondere auch


Kombinationen der verschiedenen Methoden, angebracht sein. Wichtige Randbedingung
in allen Fällen ist der Betriebszustand, bei dem eine thermische Verblockung bzw. Ver-
stopfung auftritt, da eine beliebige beziehungsweise zu starke Querschnittserweiterung des
Brennraumes vom Triebwerksgesamtkonzept her nicht ausgeführt werden kann.
Bei der praktischen Ausführung der Überschallverbrennung gleich welcher Art sind
mehrere schwierige Detailprobleme zu lösen, von denen wir hier nur einige kurz andeu-
ten wollen.
Die Brennstoffzufuhr bei Scramjet-Triebwerken. Der Brennstoff kann in gasförmiger
oder flüssiger Form von Brennstoffeinspritzkörpern oder aus der Kanalwand über Ein-
spritzdüsen oder porösen Oberflächen dem Luftstrom beigemischt werden (Abb. 8.4-5
und  8.4-9).
Die Störung der Hauptströmung durch die Brennstoffzufuhr muss hierbei möglichst
gering gehalten werden, was bei der geforderten schnellen, tief eindringenden und inten-
siven Mischung in einer empfindlich reagierenden, zu unerwünschten Verdichtungsstö-
ßen neigenden Überschallströmung problematisch ist [Ric72]. Voraussetzung hierfür
sind Brennstoffe mit guten Mischungs- und Zündeigenschaften.
Wie schon beim Einlauf treten auch bei der Brennkammer in erhöhtem Maß Küh-
lungs- und Grenzschichtschwierigkeiten auf. Eine intensive Kühlung der Brennraum-
wände ist meist unumgänglich. Hierfür eignet sich Wasserstoff besonders gut.
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 793

Abb. 8.4-9  Beispiele Überschallverbrennung mit gestufter Brennstoff-Zufuhr [Fuh09]

Für Betriebsbereiche, in denen die Selbstzündungsbedingungen des normalerweise


verwendeten Brennstoffes nicht mehr gewährleistet sind, kann zum Beispiel mit pyro-
phoren Zusatzbrennstoffen oder besonderen Verbrennungseinrichtungen beziehungs-
weise Pilot-Flammen gearbeitet werden.
Die Schubdüse, die lediglich einen sich in Strömungsrichtung erweiternden Kanal
darstellt, kann sich kontinuierlich an den Brennraum anschließen. Neben den Kühlungs-
problemen sind bei der Auslegung der Düsen im wesentlichen die Verluste auf Grund
ungenügender Rekombination der dissoziierten Molekülbestandteile sowie die Verluste
durch Reibung und Divergenz der Strömung zu berücksichtigen.
Von besonderem Interesse neben den Hyperschall-Ramjet-Triebwerken mit einem
allseits geschlossenen Strömungskanal sind die Flugzeugkonzepte beziehungsweise
Schubkörper mit integriertem, halb- oder ganz offenen Antriebsströmungskanälen und
Außenverbrennung, wie sie in Abschn. 8.6 an Beispielen vorgestellt werden (Abb. 8.4-5).
Auslegungen von Hyperschallflugzeugen zeigen, dass eine Integration von Antrieb,
Rumpf und Flügel erhebliche Vorteile bieten kann [SFB05B, Ric05]. Gemäß den
aerodynamischen Forderungen des Hyperschallfluges wurden in den vergangenen
Jahrzehnten Flugkörper entworfen, die, zum Beispiel auf der Basis der bekannten Keil-
oder Kegelüberschallströmung aufbauend, günstige dreidimensionale Hyperschall-
flugkörper ergeben (Abb. 8.4-10, Abschn. 8.5 und 8.6). Das Strömungsfeld dieses
Körpers enthält kombinierte Auf- und Vortrieb erzeugende Gebiete, wobei die Wärme-
zufuhr durch Überschallverbrennung in halboffenen oder ganzoffenen Strömungsbe-
reichen stattfindet. Die Wärmezufuhr im ummantelten Strömungskanal des klassischen
794 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Historie
Ramjet/ Scramjet

ab etwa 1950 - 1960


> Waverider-Studien
> Ramjet-Flugkörper
> Ramjet-Flugzeuge

ab etwa 1960 - 1975


> Scramjet-Entwicklungen
USA u.a. Test-Flüge X-15-A2 mit
Garret HRE, Marquardt

USSR,

Europa u.a. BS-Thor


ONERA-Staltatex, DLR, Uni

ab etwa 1990 - 2010


> Scramjet-
Forschungsprogramme
USA u.a. X-43
Europa
SSSR
Japan

Australien

Boeing X-51A
Scramjet-Waverider Lufteinlauf
montiert an B-52 Brennraum

Divergent-Düse

Hypersonic-Scramjet-DemoX-51A
Mach 4 bis 6+ (200 sec 1.-Lauf im Mai 2010)
Boeing-Pratt&Whitney Rocketdyne, DARPA
Abb. 8.4-10 Zusammenfassender Überblick zur Entwicklung von Hyperschall-Ramjet/Scramjet-
Antrieben und Waveridern an ausgewählten Beispielen. Darstellungen nach NASA und Boeing Comp.
8.4  Ramjet- und Scramjet-Triebwerke 795

Strahltriebwerks ist damit zur Außenverbrennung geworden; es liegt also auch eine
weitgehende strömungsmechanische Integration beziehungsweise Interdependenz von
Antrieb und Zelle vor. Es wird von Wellenreitern, Detonationsreitern oder von tra-
genden Schubkörpern gesprochen, wie sie bereits in den 1960er Jahren besonders von
Küchemann [Küc65K] vorgeschlagen und in Modellen untersucht wurden.
Im Abschn. 8.6 werden bei der Vorstellung von Über- und Hyperschall-Antriebssys-
temen über den Einsatz von Ramjet-Triebwerken bei Kombinationstriebwerken weitere
Hinweise gegeben.

Beispiele neuerer Scramjet-Projekte. Nach Abschluss der X-43-Testflüge wurde als


Weiterentwicklung im Jahr 2004 die verbesserten X-51A begonnen und in den USA
von der DARPA (Defence Advanced Research Projects Agency) organisiert im Jahr 2010
erfolgreich mit einer Scramjet-Brennzeit von etwa 200 s geflogen (Abb. 8.4-10). Als
Brennstoff wurde dabei ähnlich wie bei den meisten früheren Scramjet-Testflügen in der
Sowjetunion mit dem Brennstoff-Typ JP-7 gearbeitet, der für die Lockheed SR-71 ent-
wickelt wurde. Die meisten vorherigen Scramjet-Triebwerke wurden mit Wasserstoff
betrieben, der im praktischen Betrieb schwieriger zu handhaben ist und wesentlich mehr
Tankvolumen erfordert. Zum Starten und Beschleunigen auf über Mach 4,5 in einer
Höhe von 15000 m wurde der Flugkörper am Pylon einer Boeing B-52 aus abgesetzt[.
Angetrieben wurde das Fluggerät von einer modifizierten Feststoffrakete als Booster.

8.5 Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen

8.5.1 Triebwerke für SST-Verkehrsflugzeuge der 1. Generation

Das in den 1960er Jahren in England und Frankreich entwickelte Überschall-Verkehrs-


flugzeug Concorde war das einzige längere Zeit im Liniendienst stehende Überschall-
Verkehrsflugzeug SST (Super Sonic Transport) der 1. Generation (Abb. 8.5-1). Wegen
der hohen Kosten und der schlechten Umweltverträglichkeit (insbesondere Startlärm
und Überschallknall) wurden nur wenige Exemplare von nicht mehr als zwei Fluggesell-
schaften gekauft und in den Linienbetrieb genommen. Es wurde erwartet, dass bis etwa
zum Jahre 2005 ein sicherer Betrieb der Concorde-Flotte gewährleistet werden könnte.
Dann sollte eine Ausmusterung erfolgen [Hab90]. Nach dem Flugunfall in Paris im Jahr
2000 wurden allerdings die Linienflüge endgültig eingestellt und das Zeitalter des ersten
Überschallverkehrs beendet.
Neben dem Concorde-Projekt wurden weltweit über Jahrzehnte seit den 1960er Jah-
ren in wechselnden Phasen immer wieder Untersuchungen und Aktionen für einen
Überschall-Flugverkehr betrieben, wie z. B. früher für den Mach-2,8-SST Boeing 2707
mit dem weltweit bis heute schubstärksten Turbojet GE4 (Abb. 8.5-2a) sowie für den
russischen Mach-2-SST Tu144 [Gri04B, ACA89B, Wal00B u. a.]. Infolge der hohen
Entwicklungskosten und der relativ geringen Stückzahlen wird es allerdings bei einer
796 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Concorde Tu 144

Boeing AST (SST 2. Gen)

Überschall-Verkehrsflugzeuge Concorde, Boeing 2707 SST / AST


Konzepte und Projekte um 1970 Boeing AST
Boeing SST
Concorde

Concorde Boeing AST (SST 2. Gen)


Masse [kg] 181 000 325 000
Brennstoff [kg] 94 000 148 000
Schub max. [kN] 4 x 170 300
Sitzplätze 120 290
Flug-Mach-Zahl 2,05 2,62
Flughöhe [km] 17,0 19,8

Abb. 8.5-1  Auswahl an Überschall-Verkehrsflugzeugen SST (Super Sonic Transport) wie sie in


den 1960er bis 1970er Jahren konzipiert, gebaut, erprobt und teilweise auch im Liniendienst geflo-
gen wurden. Boeing SST (eingestellt 1972) mit 280kN-Nachbrenner-Turbojet GE4, TU144 (einge-
stellt 1983), Concorde (eingestellt 2005) mit 170kN-Nachbrenner-2-Rotor-Turbojet Olympus

zukünftigen Entwicklung von SST-Flugzeugen zu größeren internationalen Koope-


rationen kommen müssen. Dies betrifft vorerst vornehmlich zivile Business-Über-
schall-Verkehrsflugzeuge SSBJ der nächsten, der 2. Generation von SST-Flugzeugen
(Abschn. 8.5.3).
Bereits in den Vorstudien der Entwicklungsarbeiten muss dabei geklärt werden, ob
ein ziviles Überschall-Verkehrsflugzeug und sein Antrieb umweltfreundlich und wirt-
schaftlich einem Unterschallflugzeug gleichwertig oder überlegen ist. Bei der Erfüllung
8.5  Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen 797

Turbojet-Triebwerk General Electric GE4


Mach-2,7 Überschall-Verkehrsflugzeug SST Boeing 2707

Turbojet mit Nachbrenner TJA


Schub F = 120 [kN] mit Nachbrenner F AB = 280 [kN]
Gesamtdruckverhältnis OPR = 12,5
Turbinen-Eintrittstemperatur TET = 1200 °C
Abb. 8.5-2  Turbojet-1-Rotor-Triebwerk mit Nachbrenner TJA von General Electric GE4 im SST
Boeing 2707

dieser Anforderungen spielt das Triebwerk eine wesentliche Rolle. Beim Start und im
Unterschallflug wäre ein Turbofan mit hohem Bypassverhältnis und niedrigen Strahl-
austrittsgeschwindigkeiten vorteilhaft, um einen geringen Startlärm und Brennstoffver-
brauch zu erzielen. Im Überschallflug hingegen kann ein niedriger Verbrauch nur mit
einem Turbofan mit sehr kleinem Bypassverhältnis oder mit einem Turbojet erreicht
werden [Ric05, Gri04B, Wal00B, Kuc11B u.a.].
Um diese gegensätzlichen Forderungen zu erfüllen, sind in den USA und in Europa
Triebwerkskonzepte erarbeitet worden [Nor90, Kan90, Gri04B] bei denen das Bypass-
verhältnis während des Fluges gezielt beeinflusst und dem jeweiligen Flugzustand
angepasst werden kann. Ein solches Triebwerk wird als Variable Cycle Engine VCE
bezeichnet (Abschn. 8.6 und Abb. 8.5-2b).
Zu den VCE-Triebwerken werden im Wesentlichen solche Triebwerke gerechnet, die
über die bisher üblichen verstellbaren Organe wie Lufteinläufe, Verdichter- und Turbi-
nen-Gitter sowie Schubdüsen variabler Geometrie hinaus über Einrichtungen verfügen,
mit denen der Arbeitsprozessverlauf in seiner Konfiguration der Flugaufgabe angepasst
werden kann. Dies betrifft abhängig von der jeweiligen Flugaufgabe besonders die Maß-
nahmen zur Veränderungen der Bypass-Fluidströme mit dem Ziel, optimierte Schub-
und Verbrauchswerte sowie günstige Emissionswerte zu erreichen.
Für den hohen Überschallflug von zivilen und militärischen Hochleistungs-Trieb-
werken stellt die einfachste Form das Turbofan-Triebwerk mit wahlweiser Aufheizung
im Nachbrenner dar, wie das Beispiel des Mach-3-Turbojet-Triebwerk GE4 des SST Boe-
ing-2707 zeigte (Abb. 8.6-2).
Die in Abschn. 8.2 behandelten Hochdruck-Turbofan-Triebwerke eignen sich verständ-
licherweise nicht für den Überschallflug, da die hohen aerodynamischen Widerstände bei
798 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Überschallflugzeugen sehr hohe Schübe bei allerdings geringen Stirnwiderständen der


Antriebe erfordern. Neben der supersonischen Reiseflug-Mach-Zahl ist die gesamte Flug-
mission bzw. das Flugprofil für die Auswahl der Triebwerke besonders zu beachten. Ein
im Vergleich zum Unterschallflugzeug nicht unbeträchtlicher Teil der Brennstoffzuladung
eines Flugzeuges wird beim Start sowie im Steig- und Landeanflug verbraucht.
Da normalerweise ein Triebwerkstyp während des gesamten Fluges den jeweils notwen-
digen Schub liefern muss, werden für dieses sowohl ein günstiger Brennstoffverbrauch in
allen Flugzuständen, als auch zur Verkürzung der Start- und Steigzeit bis zur Reiseflughöhe
große Schubreserven gefordert. Das Turbofan-Triebwerk mit ggf. wahlweiser Aufheizung
der Fluidströme in verschiedenen Brennräumen ist gut geeignet, diese über einen weiten
Aufgabenbereich gehenden Anforderungen zu erfüllen (Abschn. 8.6).

8.5.2 Turbojet-Triebwerk des Mach-2-SST-Concorde

Der Antrieb für das Überschall-Verkehrsflugzeug Concorde ist das Turbojet-Triebwerk


Rolls-Royce/SNECMA Olympus 593-MK. Dieses Einstrom-2-Rotor-Triebwerk war mit
Nachbrenner und Schubumkehr ausgerüstet (Abb. 8.5-3 und 8.5-4) [Mün72K, Gri04B,
Rol05B, Wal00B]
1960 begannen die französiche Sud-Aviation und die damalige British Aircraft Corpo-
ration BAC mit gemeinsamen Studien eines Überschall-Verkehrsflugzeuges. Im Novem-
ber 1962 beschlossen sie die gemeinsame Entwicklung eines SST-Flugzeuges mit dem
Namen Concorde. Im Gegensatz zu amerikanischen SST-Projekten wie die Boeing 2707,
ein Mach-2,8-SST, wurde die Concorde nur bis M0 = 2 bis 2,2 ausgelegt, um dieses Flug-
zeug mit den damaligen Technologien aus konventionellen Materialien bauen zu können.
Das Triebwerk, basierend auf der Olympus-Serie von ehemals Bristol-Siddeley, entwi-
ckelte Rolls-Royce in Zusammenarbeit mit der französischen SNECMA. Im März 1969
wurde die Concorde zum ersten Mal geflogen.
Der weitere Verlauf des Concorde-Programmes wurde überschattet von wirtschaftli-
chen Problemen wie stark gestiegenen Entwicklungskosten und Brennstoffpreise der Ener-
giekrise 1973/74 sowie von politischen Entscheidungen mit strengeren Lärmvorschriften,
vom Verbot des Überschallfluges über bewohnten Gebieten und von vorübergehender
Verweigerung der Landerechte für Überschall-Verkehrsflugzeuge bei US-Flughäfen. Nur
Air France und British Airways setzen die Concorde seit Januar 1976 im Liniendienst ein.
Anpassung der Zu- und Abströmung mit dem Basistriebwerk  Wurde in Kap. 7 und
Abschn. 8.2 bis 8.4 gezeigt, wie die drei wichtigsten Sektionen von Antriebssystemen mit
Verdichtern, Brennkammern und Turbinen, durch das Zusammenwirken der Kompo-
nenten charakterisiert durch ihre Kennfelder zum Triebwerkskennfeld aerothermo-
dynamisch verbunden werden, so soll anschließend für Fluggeschwindigkeiten vom
Unterschall- bis zum hohen Überschallflug besonders die Zusammenarbeit des gesamten
Antriebssystems mit den weiteren Basis-Komponenten der Luftzu- und Heißgasabströ-
mung dargestellt werden.
8.5  Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen 799

Turbojet-2-Rotor-SST-Triebwerk
Nachbrenner
Schubumkehr
Überschall-Verkehrsflugzeug SST
Concorde

Abb. 8.5-3 
Turbojet-2-Wellen-SST-Triebwerk mit Nachbrenner und Schubumkehr RR-
SNECMA-Olympus 593 der Concorde. Dargestellt nach Fa. Snecma S.A. und Rolls-Royce plc

Mit steigender Fluggeschwindigkeit über Mach 1 hinaus, wächst beim Überschallflug


und besonders beim Hyperschallflug (Abschn. 8.7 und 8.8) die Bedeutung der Luft-Ein-
läufe und der Schubdüsen-Abströmung sehr stark an. Daraus resultieren unter anderem
auch die Auswahl und die Einsatzfähigkeit der jeweiligen Triebwerkstypen für Flugmis-
sionen im Flugkorridor. Dies ist am Beispiel des integrierten Concorde-Triebwerks nach
Abb. 8.5-5 und 8.5-6 zu sehen.
Beim Unterschallflug nimmt ein Triebwerk mit einem für den Unterschallflug ausge-
legten Luft-Einlauf den erforderlichen Luft-Massenstrom ohne besondere Maßnahmen
gut auf, wie dies in Abschn. 3.1, Abb. 3.1-4 zum Beispiel gezeigt wird.
Im Überschallflug dagegen kann bei verschiedenen Durchsatzcharakteristiken von
Lufteinlauf und Basistriebwerk sehr wohl eine sensible Abstimmung der Luftströme von
einem meist zu kleinen Einlaufdiffusor und dem nachfolgenden Basis-Triebwerk not-
wendig machen.
Weiterhin muss auch eine adäquate Schluckfähigkeit des dem Verdichterbereich
zuströmenden Massenstromes bei den übrigen Triebwerks-Komponenten wie Brenn-
räume, Turbinen und Schubdüsen gewährleistet werden. Dies trifft besonders bei
800 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Daten der Concorde und des Olympus-Triebwerks


Leergewicht: 78700 kg, Max. Startgewicht: 184500 kg
Brennstoff: 94000 kg
Nutzlast: 11000 kg
Max. Reichweite: 6200 km
Reise-Mach-Zahl: 2,05
Dienstgipfelhöhe: 18290 m
Spannweite: 25,56 m
2
Flügelfläche: 358,25 m , Länge: 62,1 m, Höhe: 11,4 m

Startlärm nach FAR 36:


Approach: 116,7 EP NdB, Take off / Fly over: 119,5 EPNdB
Sideline: 112,2 EPNdB
Turbojet: 4 Rolls-Royce/SNECMA Olympus 593-MK 610
Einstrom-2 Wellen Turbojet mit Nachbrenner
Flugphasen M0 H0 Mode: OPR Schub SFC
Turbojet km Turbojet kN g/(kN s)
Nachbr.
Start TO 0,0 0,0 Nachbr. 15,5 169 37,4
ISA ein
Subsonic 0,95 10,0 Nachbr. 50 28,1
Cruise aus
Transonic 1,2 11,4 Nachbr. 18,8 109
Climb ein
Supersonic 2.05 16,1 Nachbr. 11,3 44,6 33,6
Cruise aus

Abb. 8.5-4  Betriebszustände und Leistungen des SST-Turbojet SNECMA/RR Olympus, Superso-


nic Cruise M0 = 2,0, H0 = 16,1 km, FNCruise = 44,6 kN, Takeoff ISA FNTO = 169 kN [Hol95]

variablen Flug-Mach-Zahlen und veränderlichem Einlauf-Druckrückgewinn zu. Das


bedeutet bei der Leistungs-Syntheserechnung von Über- und Hyperschall-Antrieben,
dass die Kennfelder oder zumindest vereinfachte Charakteristiken aller genannten Kom-
ponenten auch der Einläufe und Abströmorgane berücksichtigt werden müssen.
Wird ein Überschall-Einlaufdiffusor (Abschn. 3.3) an die Charakteristik des Trieb-
werkes bei hoher Auslegungs-Mach-Zahl angepasst, dann muss für den Bereich
M0 ≠ M0 A durch Verstellgeometrie im Einlauf die entsprechende Querschnittsverände-
rung variabel verwirklicht werden. Natürlich kann auch umgekehrt vorgegangen werden
und die Turbomaschinen an die Charakteristik des Eintrittsdiffusors angepasst werden.
Die Schluckfähigkeit eines Turbotriebwerks ist jedoch nur in relativ engen Grenzen ver-
änderlich (Kap. 3 und 4). Es liegt nahe, beide Möglichkeiten gleichzeitig zu versuchen
und zusätzlich noch durch Bypass-Einrichtungen die Anpassung zu verbessern, wie dies
in Abb. 8.5-6 für das Olympus-Triebwerk in verschiedenen Flug-Phasen gezeigt wird.
Beim Start wird durch einen Zusatzeinlauf Luft aufgenommen. Auf der Abströmseite
wird durch Ejektorwirkung Außenluft angesaugt. Hierdurch soll verhindert werden, dass
der expandierende Heißgasstrahl den divergenten Teil der Schubdüse berührt, was die
8.5  Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen 801

Concorde M0 = 2,2

Luft-Einlauf-Diffusor 2-Wellen-Turbojet Nachbrenner AB


Düse mit Schubumkehr
Primär-Luftstrom Sekundär-Luftströme

Abb. 8.5-5 Luftregelung der Zu- und Abströmseite des Triebwerks RR-SNECMA-Triebwerks


Olympus 593. Nettoschub (ISA,SL) mit AB FN = 169 kN, OPRmax = 14,7, 2 Wellen mit LPC, HPC,
HPT und LPT, Nachbrenner AB; C-D-Schubdüse und Schubumkehr, BPR = 0). Dargestellt nach
Snecma S.A. [ACA89B, Hol95]

Gefahr der Überexpansion mit sich bringen würde. Beim Unterschallflug ist der Zusatz-
einlauf geschlossen. Der Ejektor arbeitet etwa wie im Startfall. In der transsonischen Phase
(Flugfall M0 > 1) lässt der Einlauf zuviel Luftmasse herein, daher wird vor dem Verdich-
ter Luft nach außen abgeblasen. Also selbst bei diesem nur für M0,A = 2,2 ausgelegten
Triebwerk ist bei Reduktion der Flug-Mach-Zahl um etwa eine Einheit der Rückgang der
Schluckfähigkeit des Triebwerkes so groß, dass die vom Einlauf gelieferte überschüssige
Luft abgeblasen werden muss. Die durch den Heißgasstrahl von außen angesaugte Luft-
menge ist nur noch gering. Der wegen der steigenden Druckumsetzung innerhalb der Düse
expandierende Heißgasstrahl folgt schon fast dem divergenten Teil der C-D-Schubdüse.
Beim Überschallflug mit der Auslegungs-Mach-Zahl M0 = 2,2 sind Einlauf und
Triebwerk durchsatzmäßig einander angepasst. Auf der Abströmseite wird keine Luft
mehr von außen entnommen, der Heißgasstrahl füllt den divergenten Teil vollständig
aus. Zur Vermeidung von Grenzschichtablösungen und zur Stabilisierung der Verdich-
tungsstöße werden zwischen Stoßdiffusor und Triebwerk etwas des Lufdurchsatzes dem
das Triebwerk umgebenden Zwischenraum zugeführt.

Erfahrungen und Nachteile des SST-Concorde:  Im üblichen Liniendienst erwies sich


die Concorde als sehr zuverlässig. Aus der Konzeption des Olympus als 2-Wellen-Tur-
bojet ergab sich eine gute Überschall-Flugtauglichkeit mit für ein Überschallflugzeug
relativ niedrigem Brennstoffverbrauch.
802 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Takeoff

Subsonic M0 < 1

Transonic M 0 > 1

Supersonic Cruise M0 = 2,2

Landing Thrust Reverse

Abb. 8.5-6 Luftregelung der Zu- und Abströmseite des Triebwerks RR-SNECMA-Triebwerks


Olympus 593 der Concorde. Dargestellt nach Snecma S.A. [Mün72K, ACA89B]

Folgende Nachteile waren festzustellen:

• Der Start erfolgte mit Nachbrenner, wodurch sich ein sehr hoher Triebwerkslärm
ergab.
• Wegen des Überschallknalls durfte über Land nur mit Unterschallgeschwindigkeit
geflogen werden. In dieser Flugphase ist der Verbrauch viel höher als bei einem übli-
chen Unterschall-Verkehrsflugzeug mit einem Turbofan-Triebwerk mit hohem Bypass.
• Die Betriebskosten waren so hoch, dass sie nicht vollständig auf die Flugticketpreise
umgelegt werden konnten.
• Die Reichweite mit 6200 km war für ein Überschall-Verkehrsflugzeug hinsichtlich der
Flugeffizienz zu gering. Der Zeitvorteil durch den Überschallflug wirkte sich erst bei
langen Flugstrecken entscheidend aus.

Um das Triebwerksgeräusch beim Start und den Brennstoffverbrauch der Concorde zu


senken, untersuchte Rolls-Royce und die SNECMA in den 1970er Jahren verschiedene
Konzepte eines verbesserten Olympus-Triebwerks [Gup80, Hab90].
8.5  Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen 803

8.5.3 Triebwerke für SST-Verkehrsflugzeuge der 2. Generation

Nach dem Ende der ersten Ära einer zivilen Überschall-Verkehrsluftfahrt (Abschn. 8.5.1)
mit dem Absturz der Concorde im Jahr 2000 und ihrer endgültigen Ausmusterung im Jahr
2005 war eine Zeit der Neuorientierung zu Überschall-Verkehrsflugzeugen gekommen.
Dabei war die Concorde schon vor ihrem ersten Linienflug-Einsatz wirtschaftlich
wenig erfolgreich, was an den erheblichen Betriebskosten und vor allem am sehr hohen
Brennstoffverbrauch lag. Zahlreiche Fluggesellschaften hatten wegen der ersten Ölkrise
ihre Vorbestellungen storniert. Lediglich die nationalen Fluggesellschaften der Heimat-
länder mit Air France und British Airways setzten anfangs 16 Flugzeuge im Liniendienst
besonders auf der lukrativen Nordatlantik-Strecke nach New York ein. Auch Jahre nach
der Ausmusterung erscheint es inzwischen unrealistisch zu sein, dass sich der Einsatz
von größeren Überschall-Verkehrsflugzeugen im kommerziellen Passagierverkehr von
Fluggesellschaften lohnen könnte.
Es ist anzunehmen, dass die nächste, die zweite Generation von zivilen Überschall-
Verkehrsflugzeugen lediglich von kleinen Business-Jet-Flugzeugen bestimmt sein wird,
da bei kleineren Flugzeugen die technologischen und umweltbedingten Schwierigkeiten
leichter lösbar sind.
Dies betrifft die bei der französisch-britischen Concorde bereits aufgetretenen
Schwachstellen, den Fluglärm, die Schadstoffemissionen und den für zivilen Überschall-
flüge typisch zu hohen Brennstoffverbrauch.
Mehrere Studien- und Entwicklungsprojekte von zivilen Überschall-Flugzeugen der
neueren Generation wurden weltweit in den letzten Jahren von Privatunternehmen
und staatlichen Forschungsinstitutionen untersucht. Davon könnten einige dieser Pro-
jekte nach Bedarf innerhalb von etwa zwei Jahrzehnten zu Serienflugzeugen ausreifen
(Abb. 8.5-7).
Das Unternehmen Aerion in den USA arbeitet an einem 12-sitzigen Businessjet SSBJ,
der über Land effizient nahe der Schallgrenze fliegen könnte und über dem Meer bis zu
Mach 1,6 erreichen sollte sowie eine Reichweite von 4000 nautischen Meilen aufweisen
würde.
Die Betriebskosten sollten allerdings mit denen herkömmlicher Privatjets vergleich-
bar sein. Vor allem aber sollte der SSBJ bis zur Flug-Mach-Zahl von 1,15 den Über-
schalknall am Boden vermeiden können.
Das Unternehmen Aerion setzt bei dem projektierten Flugzeug auf einen laminaren
Luftstrom über den Tragflächen, durch den der Widerstand stark verringert werden soll.
Als Triebwerk ist eine modernisierte Version des Turbofan-Triebwerks vom Typ des
Pratt & Whitney JT8D vorgesehen.
Nach einer Marktstudie nimmt Aerion an, etwa 300 SSBJ’s in den ersten zehn Jahren
verkaufen zu können. Mit einem Demonstrator soll gezeigt werden, dass sich der Über-
schallknall beim Flug über Land weitgehend unterdrücken lässt.
804 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Business-Jet Aerion SBJ


Mach 1,6

Supersonic Aerospace
International SAI-QSST
mit v-Leitwerk Mach 1,8

High Speed Aircraft HISAC


(Dassault)

SST Lockheed Martin Corp.

Abb. 8.5-7 Beispiele ziviler Überschall-Flugzeug-Projekte, die besonders als Business-Jet mit


Flug-Machzahlen unter Mach 2 umweltfreundlich bei Bedarf in einer nächsten Generation des
Überschall-Luftverkehr zum Einsatz kommen könnten. Die Antriebssysteme basieren auf klassi-
schen und vorhandenen, effizienten Hochleistungs-Turbofan-Triebwerken ohne oder mit Nach-
brenner. Darstellungen nach den oben genannten Firmen
8.5  Antriebe von Überschall-Verkehrsflugzeugen 805

Auch Supersonic Aerospace International SAI (USA) setzt mit ihrem Quiet Super-
sonic Transport QSST auf Lärmvermeidung (Abb. 8.5-7). Die Firma hat ein besonderes
V-Leitwerk entwickelt, das den Überschallknall besonders beim transonischen Flug ver-
ringern soll. Das Unternehmen, das mit dem US-Konzern Lockheed Martin zusammen-
arbeitet, spricht wie Aerion davon, seinen Privatjet SSBJ Mitte des laufenden Jahrzehnts
fertig zu stellen. Auch der Flugzeugbauer Gulfstream hat Pläne für einen Quiet-Superso-
nic-Jet in Arbeit.
In Europa arbeiten zahlreiche Länder und Unternehmen im Auftrag der EU unter der
Führung von Dassault an Machbarkeitsstudien für Überschall-Verkehrsflugzeuge SST
(Abb. 8.5-7).
Grundsätzlich ist nach den Studien- und Projektarbeiten in europäischen Institutio-
nen und Luftfahrtunternehmen die Überzeugung vorhanden, dass nach vorliegenden
Umweltmaßstäben akzeptable Überschallflugzeuge möglich sind. Es wird davon ausge-
gangen, dass ein solcher Überschall-Jet schon um das Jahr 2020 bereitstehen könnte. Der
französische Business Jet-Hersteller Dassault Aviation, der russische Flugzeugbauer Suk-
hoi und der italienische Luftfahrtkonzern Alenia Aeronautica haben sich im sogenannten
HISAC-Projekt (High Speed Aircraft) zusammengeschlossen, um Grundlagen für künf-
tige SST-Flugzeuge zu untersuchen. Dabei müssen nach den Richtlinien für Fördermittel
der Europäischen Union erhebliche Anstrengungen unternommen werden, die Lärm-
und Schadstoffemissionen wie bei herkömmlichen Flugzeugen zu erreichen. Als Basispa-
rameter wurde vorgegeben, ein Demo-Flugzeug zu entwerfen, das acht Passagiere über
4000 nautische Meilen mit einer Geschwindigkeit von Mach 1,6 transportieren kann.
Boeing entwickelt mit der US-Raumfahrtbehörde NASA Studien zu Überschallflug-
zeugen, die aber erst in den kommenden Jahrzehnten in Dienst gestellt werden könn-
ten. Auch in Japan wird in Verbindung mit der dortigen Weltraumagentur JAXA (Japan
Aerospace Exploration Agency) die Entwicklung solcher Flugzeuge für etwa 30 bis 50 Pas-
sagiere für die kommenden Jahrzehnte vorangetrieben. Von der russischen Firma Tupo-
lev wurde bisher der Mach-2-SSBJ Tu 144 für etwa 10 Passagiere bekannt
Die Europäische Luftfahrtagentur ESA ließ in Projektstudien (Framework Program-
mes FP1 bis FP6) im Rahmen des Projekts LAPCAT (Long-Term Advanced Propulsion
Concepts and Technologies) auch große Überschall- bis Hyperschall-Flugzeuge untersu-
chen, die Mach 4 bis 7 erreichen könnten (Abschn. 8.7, Abb. 8.7-7). Hauptprobleme sind
dabei allerdings gegenüber dem Überschall-Business-Jet hier die Antriebssysteme und
die enorme Aufheizung der Zellenstrukturen.

8.6 VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge

Das Interesse an zukünftigen Überschall-Verkehrsflugzeugen SST (Supersonic Trans-


port) ist nicht nur für kleine Business-Jets SSBJ (Abschn. 8.8.3) in den letzten Jahren in
USA, Europa, Japan, China u.a. wieder erwacht. Der wesentliche Grund für das Interesse
liegt wohl im überproportionalen Wachstum, das den allgemeinen Langstreckenverkehr,
806 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

SST-Flugrouten zwischen 5 000 und 10 000 km, über Wasser > 50%

SFO
LHR
CDG FRA
LAX JFK
HND

MIA
CLK

SIN

GIG

SYD
JNB

Durchschnittliche Flugzeiten für Hauptrouten


Mach 3,0 4,0
Mach 2,5 4,4
Mach 2,0 5,0
Mach 0,85 9,0

Zeit h 0 2 4 6 8 10

Abb. 8.6-1 SST-Streckenverbindung und Zeitersparnisse. Prädestinierte SST-Flugstrecken zwi-


schen 5 000 und 10 000 km, mehr als 50 % über Wasser [ACA89B, Alb94, Hol95b]

insbesondere den transpazifischen, auszeichnet. Gerade im Langstreckenverkehr mit


großen Streckenanteilen über dem Meer könnten Überschall-Flugzeuge die Flugzeiten
erheblich verkürzen (Abb. 8.6-1).
Einige wichtige der hier gezeigten Verbindungen konnte damals die Concorde wegen
ihrer zu geringen Reichweite nicht nonstop bedienen. Eine Zwischenlandung würde den
Zeitgewinn wieder zunichte machen. Damit ein SST in größerer Stückzahl vom Markt
angenommen wird, muss es darüber hinaus noch weitere schwierig lösbare Anforderun-
gen erfüllen.

8.6.1 Bedarf und Anforderungen an künftige SST-Triebwerke

Wie Analysen der Langstreckenverbindungen (> 5000 km) zeigen, machen die Stre-


cken bis 9500 km ca. 90 % des heutigen Langstreckenverkehrs aus. Daher ergibt sich für
zukünftige SST eine geforderte Reichweite von mindestens 9000 km bis vorzugsweise
11000 km.
8.6  VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge 807

Diese sind nur erreichbar, wenn die Kapazität mit 250 bis 300 Sitzplätzen deutlich
über der der Concorde liegt. Eine dieser Kapazität entsprechend hohe Nachfrage ist nur
dann zu erwarten, wenn das SST über eine wie auch sonst übliche 3-Klassen-Bestuhlung
verfügt und wenn die Flugpreise um nicht mehr als 10 bis 20 % über denen der kon-
kurrierenden Unterschallflugzeuge liegen. Dies setzt voraus, dass ein neues SST ent-
sprechend wirtschaftlich betrieben werden kann. Auch dies erscheint denkbar, wenn
die Reiseflug-Machzahl mit 2 bis 2,5 nicht zu hoch gewählt wird. Weitere sehr wesent-
liche Kriterien für die Akzeptanz eines neuen SST ergeben sich aus der Forderung
nach Umweltverträglichkeit. Selbstverständlich wird das SST die heute für Unterschall-
Verkehrsflugzeuge gültigen Zulassungsvorschriften für den Lärmschutz und die Abga-
semissionen beim Start, Steig- und Reiseflug erfüllen müssen. Aus Lärmschutzgründen
wird auch der Reiseflug für große Flugzeuge nur über unbewohnten Gebieten, d. h.
im Wesentlichen nur über dem Meer, im Überschall erfolgen dürfen. Daher sind auch
im Unterschall-Reiseflug sehr gute Leistungen erforderlich. Darüber hinaus wird ein
zukünftiges SST im Reiseflug in großer Höhe sehr niedrige NOx-Emissionen vorweisen
müssen, damit sein Betrieb in der Stratosphäre oberhalb des heutigen Unterschall-Luft-
verkehrs ohne Beeinträchtigung der schützenden Ozonschicht möglich ist.

Umweltverträglichkeit  Der Einfluss der Triebwerksabgase in großer Höhe auf die Atmo-
sphäre ist Gegenstand kontroverser Diskussionen und umfangreicher, nicht abgeschlos-
sener, wissenschaftlicher Untersuchungen. Dennoch wird allgemein angenommen, dass
die Erhöhung der NOx-Emissionen im Reiseflug, die bei einem SST mit konventioneller
Brennkammer-Technologie prinzipbedingt unvermeidlich wäre, nicht akzeptabel sein wird.
Aus diesem Grunde müssen neue Brennkammertechnologien erarbeitet werden, mit
denen eine Reduzierung der NOx-Emissionen auf ein Bruchteil gegenüber üblichen
Brennkammern angestrebt wird (Kap. 5).
Eine weitere technische Herausforderung für die Triebwerksindustrie stellen die
Lärmgrenzwerte für den Start dar. Dies hängt mit den Austrittsgeschwindigkeiten des
Düsenstrahls als dominierende Lärmquelle zusammen, wobei der abgestrahlte Lärm mit
zunehmender Strahlgeschwindigkeit deutlich zunimmt. Bei Unterschallflugzeugen ist
mit einer Reduzierung des spezifischen Schubes auch eine Verringerung des Brennstoff-
verbrauchs verbunden, so dass diese Entwicklung mit einer Steigerung der Reichweite
und einer Senkung der Betriebskosten einherging. Dieser Trend gilt für Überschall-Ver-
kehrsflugzeuge jedoch nur begrenzt. Aus Gründen des Gewichts und des Widerstandes
der Triebwerksgondeln sollte der spezifische Schub hier nicht zu niedrig sein. Anderer-
seits erfordern die Startlärmvorschriften auch für diese Triebwerke eine ganz erhebliche
Reduzierung der Austrittsgeschwindigkeit des Düsenstrahls.
In Europa und in den USA sind deshalb auch Konzepte mit variablem Arbeitsprozess
VCE (Variable Cycle Engines) in der Projektphase, welche die verschiedenen Anforde-
rungen an SST-Antriebe erfüllen sollen. Dabei soll der Arbeitsprozess insbesondere beim
Start so beeinflusst werden, dass die Strahlaustrittsgeschwindigkeit auf lärmmäßig akzep-
table Werte um 400 m/s gesenkt wird.
808 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

VCE-Turbofan-Bypass-Triebwerk
mit variabler Geometrie und/oder variablem Arbeitsprozess

Verstellelemente für Verstellelemente für Düsen-Geometrie


Einzel- und Mischung Primär- und verstellbar, kon-div
Mehrstrom-Bypass Sekundärstrom ohne/mit Bypass

Variable, gestufte
Verbrennung in Variable, gestufte
Verstellbarer Brennkammer und Verstellbare Verbrennung im
Fan- und Verdichter Bypass Turbinen-Gitter Nachbrenner

Abb. 8.6-2 Mehrwellen-Bypass-Turbofan-Triebwerk TFMABV mit variabler Geometrie und


variablem Arbeitsprozess VCE (Variable Cycle Engine) geeignet für Unterschall- und Überschall-
flüge nach [GasTurb]

Abb. 8.6-3 Konventionelles VCE-Turbofan-2-Wellen-SST-Triebwerk mit variabler C-D-Schub-


düse (ohne Nachbrenner) und variablem Arbeitsprozess VCE (Variable Cycle Engine) geeignet
für Unterschall- und Überschall-Verkehrsflugzeuge. Konzept MTU Aero Engines [Alb94, Sch94,
Gri04B]. Daten zur Auslegung in Abb. 8.6-4

In den folgenden Abschn. 8.6.2 und 8.6.3 werden zwei Beispiele aus der Fülle von
möglichen SST-Triebwerkskonzepten ausgewählt und dargestellt [Gri04B]: Ein konven-
tionelles VCE-Turbofankonzept der MTU Aero Engines von Albers, Hertel und Schaber
[Alb94, Sch94] und ein sehr komplexes VCE-Triebwerk der SNECMA, das MCV99 dar-
gestellt von Habrard in [Hab90].
Die beiden Konzepte wurden im Rahmen von Triebwerksanalysen mit einem GTSSD-
Programm, dem universellen, modularen Leistungssyntheseprogramm MUSYN90 über
Volllast- und Teillastrechnungen für die verschiedenen Betriebszustände und Flugpha-
sen von SST-Flugzeugen mit entsprechenden Parameterstudien von Hollmeier, Kopp,
Rupp, und Rick untersucht [Hol95b].
8.6  VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge 809

Zu den VCE-Triebwerken werden im Wesentlichen solche Triebwerke gerechnet, die


über die bisher üblichen verstellbaren Organe wie Lufteinläufe, Verdichter- und Turbi-
nen-Gitter sowie Schubdüsen variabler Geometrie hinaus über Einrichtungen verfügen,
mit denen der Arbeitsprozessverlauf in seiner Konfiguration der Flugaufgabe angepasst
werden kann. Dies betrifft abhängig von der jeweiligen Flugaufgabe besonders die Maß-
nahmen zur Veränderungen der Bypass-Fluidströme mit dem Ziel, optimierte Schub-
und Verbrauchswerte sowie günstige Emissionswerte zu erreichen.
Für den hohen Überschallflug von zivilen und militärischen Hochleistungs-Trieb-
werken stellt die einfachste Form das Turbofan-Triebwerk mit wahlweiser Aufheizung
im Nachbrenner dar.
Diese Triebwerke sollten kleine bis mittleren Druck- und Bypass-Verhältnisse haben.
Die komprimierte Sekundärluft wird mit dem Heißgasstrom nach der Turbine vermischt
und anschließend in einem gemeinsamen Nachbrennerrohr aufgeheizt, bevor sie das
Triebwerk über eine verstellbare C-D-Schubdüse verlässt
Die Sekundärluft eines Bypass-Turbofan kann im ringförmigen Bypass-Kanal
getrennt vom Primärkreis aufgeheizt, mit der Primärluft gemischt und über eine
gemeinsame Schubdüse ausgestoßen werden.
Die in Abschn. 8.2 behandelten Hochdruck-Turbofan-Triebwerke eignen sich ver-
ständlicherweise nicht für den Überschallflug, da die hohen aerodynamischen Wider-
stände bei Überschallflugzeugen neben großen Schüben u. a. geringe Stirnwiderstände
der Antriebe erfordern. Neben der supersonischen Reiseflug-Mach-Zahl ist die gesamte
Flugmission (Flugprofil) für die Wahl eines Triebwerks besonders zu beachten. Ein nicht
unbeträchtlicher Teil der Brennstoffzuladung eines Flugzeuges wird beim Start sowie im
Steig- und Landeanflug verbraucht.
Da normalerweise ein Triebwerkstyp während des gesamten Fluges den jeweils not-
wendigen Schub liefern muss, werden für dieses sowohl ein günstiger Brennstoffver-
brauch in allen Flugzuständen, als auch zur Verkürzung der Start- und Steigzeit bis zur
Reiseflughöhe große Schubreserven gefordert. Das VCE-Bypass-Triebwerk mit wahlwei-
sen Aufheizungen in verschiedenen Brennräumen ist gut geeignet, diese über einen wei-
ten Aufgabenbereich gehenden Anforderungen zu erfüllen.

8.6.2 Konventionelles VCE-Turbofan-Triebwerk

Bei der Konzeption eines neuartigen Überschallantriebes liegt es nahe, zunächst einen
konventionellen Arbeitsprozess für eine SST-Anwendung zu optimieren und dabei fest-
zustellen, unter welchen Voraussetzungen und Randbedingungen ein vergleichsweise
konventionelles VCE-Konzept in Frage kommt. Der entscheidende Vorteil dieses Kon-
zeptes liegt in seiner geringen Komplexität, denn es werden ausschließlich Komponenten
verwendet, mit denen man bei bereits in Betrieb befindlichen Triebwerken schon einige
Erfahrungen sammeln konnte (Abb. 8.6-2).
In diesem von MTU vorgeschlagenen Konzept [Alb94, Sch94] wird die nötige
Variabilität des Arbeitsprozesses im Wesentlichen nur durch eine Verstellung der
810 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Flugphase M0 H0 Düsen- Strahl- Schub SFC


VCE- km Halsfläche Geschw. kN g/(kN s)
2
Turbofan- m c9

Start TO 0.0 0.0 1,5 408 193 14,83


ISA
Subsonic 0,8 10,0 1,24 85 27,48
Cruise
Transonic 1.3 12,0 1,24 73 26,5
Climb
Supersonic 2.0 16,0 1,24 59 28,0
Cruise

Abb. 8.6-4  Betriebszustände und Leistungen des konventionellen VCE-Turbofan [Alb94, Sch94]


im Startfall und Climb sowie als Turbojet im Cruising Leistungswerte des VCE-Triebwerkes des
Auslegungspunktes, Supersonic Cruise M0 = 2,0, H0 = 16000 m, FNet = 59 kN, Takeoff ISA
FNet = 208 kN, nHP = 100 % [Hol95b]

Düsenhalsfläche erzielt (Abb. 8.6-3). Eine solche verstellbare Düsenhalsfläche wird im


Normalfall nur für einen Nachbrenner benötigt. Der Aufbau des Triebwerkes entspricht
ansonsten dem eines normalen Turbofan-Bypass-Triebwerks mit zwei Wellen.
Als Auslegungspunkt wurde der Bodenstand (M0 = 0, H0 = 0 km) gewählt, was hier
allerdings nicht dem Startfall entspricht. Für den Start wird die Größe der Düsenfläche
deutlich erhöht, nach [Sch94] auf 121 % der nominalen Düsenfläche. Somit entsteht
immer noch der erforderliche Startschub von ca. 190 kN, die Strahlaustrittsgeschwindig-
keit sinkt jedoch auf einen Wert von ca. 400 m/s ab. Somit reduziert sich der Startlärm
erheblich und es ist damit zu rechnen, dass die Anforderungen für die Lärmwerte nach
FAR 36 stage 3 erfüllt werden können.
Für alle weiteren Betriebspunkte wurde die Düsenhalsfläche auf ihrem nominalen
Wert gehalten. Zur Schubsteigerung, z. B. für den Teillastfall Mach-2-Climb, ist es mög-
lich, die Düsenhalsfläche noch weiter zu verringern.
Die für die Berechnung verwendeten Vorgaben für das konventionelle VCE sind im
Folgenden aufgelistet. Da bei der Syntheserechnung hier mit MUSYN bzw. [Hol95b] die
Größe der Düsenhalsfläche in den Teillastpunkten normalerweise ein Ergebnis der Synthe-
serechnung ist, war es erforderlich, diese als zusätzlichen Fehler anzugeben (Abschn. 7.3).
Dafür wurde als weitere Größe die Niederdruck-Rotordrehzahl variabel belassen.
Abbildung 8.6-4 zeigt einige Ergebnisse der Berechnungen für verschiedene Teillast-
fälle. Diese Fälle beschreiben die wichtigsten Flugphasen und ermöglichen wegen der
ähnlichen Lage der Punkte auch einen Vergleich mit dem Olympus-Triebwerk des SST-
Concorde dargestellt in Abschn. 8.5.2.
Der im Startfall gegenüber dem Auslegungspunkt leicht gestiegene spezifische Brenn-
stoffverbrauch kann wegen des nur relativ geringen Zeitanteils an der Gesamtmission
in Kauf genommen werden. Außerdem verringert sich durch das Öffnen der Düse die
Strahlaustrittsgeschwindigkeit auf einen akzeptablen Wert. Ein Vergleich mit dem
Olympus- Triebwerk zeigt die enorme Verringerung dieser Geschwindigkeit und somit
8.6  VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge 811

Fan-Kennfeld und Betriebspunkte


des konventionellen SST-Turbofan

Fan
Transonic Climb
M0 1,3
Fan-Druckverhältnis

Supersonic Climb Auslegung


M0 2,0

Cruise M0 2,0

Cruise M0 0,8
Take-Off M0 0,0

red. Fan-Durchsatz

Abb. 8.6-5  Fan-Kenfeld mit wichtigen Voll- und Teillastpunkten des konventinelles VCE-Tur-
bofan-2-Wellen-Triebwerk mit variabler C-D-Schubdüse (ohne Nachbrenner) sowie variablem
Arbeitsprozess VCE (Variable Cycle Engine) geeignet für Unterschall- und Überschall-Verkehrs-
flugzeuge. Konzept MTU Aero Engines [Alb94, Sch94, Hol95b]

des Startlärms. Dies hängt in erster Linie auch mit dem vergleichsweise hohen Bypass-
verhältnis des betrachteten Turbofan zusammen.
Hier sei erwähnt, dass die Einlauf-Fangfläche so gewählt wurde, dass es im Reiseflug
bei Überschall, also der längsten Flugphase, zu keinem Überlauf kommt bei dem Fang-
flächenverhältnis A0/AC = 1 (Kap. 3).
In Abb. 8.6-5 sind typische Betriebspunkte bzw. Teillastpunkte hier beispielhaft im
Fan-Kennfeld des SST-Turbofan eingetragen zu sehen, wie sie Abb. 8.6-5 gezeigt wer-
den. Ein Vergleich mit den entsprechenden Kennfeldern und den Betriebslinien für SST-
Triebwerke aus der entsprechenden Fachliteratur zeigt, dass die Ergebnisse der hier mit
MUSYN durchgeführten Analyserechnung denen der Rechnungen mit anderen GTSSD-
Programmen z. B. in [Hol97, Kop00, Ric05] eine gute Übereinstimmung ergeben.

8.6.3 VCE-Turbofan-Turbojet-SST-Triebwerk

Ein kombiniertes VCE-Turbofan-Turbojet-SST-Triebwerk ohne Nachbrenner wurde als


Nachfolgetriebwerk des Concorde-Turbojet von der französichen SNECMA als MCV99
812 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

VCE-2-Rotor-Turbofan-Turbojet
Snecma MCV99 ohne Nachbrenner

Einlaufsystem

Turbofan-Betrieb (Bild oben) Takeoff, Subsonic Cruise


Bypass-Fan- Brennkammer Mischer Bypass
10-Stufen-Verdichter mit var.-Turbine Einspritzung bei primär/sekundär
var. Geometrie

4 var. Verdichter-Gitter Fan-Turbine Turbine C-D-Schubdüse


Bypass 4 stufig, Kühlung variabel

Turbojet-Betrieb (Bild unten) Supersonic Cruise

Abb. 8.6-6  VCE-TF-TJ-2-Rotor-SST-Triebwerk SNECMA MCV99 [Hab90]

(Moteur a Cycle Variable) in [Hab90] von Habrard vorgestellt. Davon sind zwei ver-
schiedene Konfigurationen veröffentlicht worden, ein 2-Wellen- und ein 3-Wellen-SST-
Triebwerk (Abb. 8.6-6).
Im Rahmen der Darstellung in diesem Abschnitt wird in erster Linie die Konfigura-
tion mit zwei Wellen betrachtet. Die 3-Wellen-Version des Triebwerkes bietet zwar eine
noch etwas größere Variabilität des Arbeitsprozesses, ist jedoch auch deutlich aufwendi-
ger und schwerer als die 2-Wellen-Version mit zwei Brennkammern und komplizierter
Massenstromführung (Abb. 8.6-6).
Das Triebwerk arbeitet beim Start und im Unterschallflug als Turbofan
(Abb. 8.6-7). Bevor der Primärluftmassenstrom in die Brennkammer gelangt, wird
ein Teil davon (nach [Hab90] bis zu 35 %) abgezweigt und bei der 3-Wellen-Version
in eine Sekundärbrennkammer geführt. Dieser abgezweigte Massenstrom expandiert
dann in die den Fan des Sekundärkreises antreibende Turbine, die Fan-Turbine, und
vermischt sich mit dem Sekundärluftstrom, nachdem dieser durch verschließbare
seitliche Lufteinlässe angesaugt und über den Fan des Sekundärkreises verdichtet
wurde. Primär- und Sekundärstrom werden nicht wieder gemischt, sondern durch-
laufen zwei getrennte, variable Düsen.
8.6  VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge 813

VCE-Turbofan-Turbojet-Triebwerk
VCE-Turbofan-Betrieb
Start Take-0ff H0 = 0 km M0 = 0
BPR = 1,0 Bleed ratio = 0,35

Turbojet-Betrieb
Supersonic Cruise H0 = 18,3 km M0 = 2,0
BPR = 0 Bleed ratio = 0

Abb. 8.6-7  Betriebszustände MCV99 als VCE-Turbofan im Startfall und als Turbojet im Reiseflu
Cruising

Durch die niedrige Austrittsgeschwindigkeit, mit hier berechneten Werte von unter
400 m/s, ergibt sich beim Start ein niedriger Lärmpegel und im Unterschallflug ein nied-
riger spezifischer Brennstoffverbrauch SFC. Gleichzeitig gewährleistet der hohe Massen-
durchsatz den beim Start erforderlichen Schub.
Auch in der Transsonikbeschleunigung läuft das Triebwerk als Turbofan. Ein Nach-
brenner ist nicht vorgesehen.
Im Überschallflug ist der seitliche Sekundäreinlauf geschlossen; die Fan-Turbine, der
Fan, und bei der 3-Wellen-Version die Sekundärbrennkammer, sind nicht in Betrieb.
Daher arbeitet das Triebwerk als Turbojet, um einen optimalen spezifischen Schub und
einen entsprechend niedrigen spezifischen Brennstoffverbrauch zu erreichen. Der Trieb-
werksquerschnitt ist relativ klein und verursacht daher nur geringe Widerstände.
Die Tatsache, dass die Fan-Turbine und der Fan im Überschallflug nicht in Betrieb
sind, führte zu Problemen hinsichtlich des Verlaufes der Betriebslinien in den ent-
sprechenden Kennfeldern, bei denen die Kennfeldränder bzw. die Stabilitätsgrenzen
überschritten wurden, da der reduzierte Durchsatz zu sehr kleinen Werten führte. Im
Rahmen der Analyserechnung mit dem Synthesprogramm MUSYN, war es zweckmä-
ßig, schwerpunktartig zwei Triebwerksversionen für den Turbofan- bzw. den Turbo-
jet-Betrieb zu simulieren. Der Umschaltpunkt zwischen diesen Versionen wurde im
Teillastpunkt bei M0 = 1.3 und einer Höhe von H0 = 11000 m (transsonische Beschleu-
nigung) festgelegt.
814 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Flugphase M0 H0 Mode: OPR BPR Schub SFC


VCE-Turbofan- km Turbofan Bleed- kN kg/(daN h)
Turbojet Turbojet Ratio

Start TO 0.0 0.0 Turbofan 19,2 1,0 220 0,65


ISA TF 0.35
Subsonic 0.95 9.4 Turbofan 19,0 0.34 78 0,89
Cruise ISA+5 TF 0,99
Transonic 1.3 11.0 Turbofan 18,8 1,04 109 1,02
Climb ISA+5 TF 0,36
Supersonic 2.0 18.3 Turbojet 17,0 0,0 42 1,16
Cruise ISA+10 TJ 0,0

Abb. 8.6-8 Betriebszustände und Leistungen des MCV99 als VCE-Turbofan im Startfall und


Climb sowie als Turbojet im Cruising Leistungswerte des VCE-Triebwerkes der Auslegung
SNECMA MCV 99), Supersonic Cruise M0 = 2,0, H0 = 18300 m, FNet = 45 kN, Takeoff ISA
FNet = 260 kN

VCE-Turbofan-Turboje t
(Typ MCV99) ohne Nachbrenner
Reiseflug (Supersonic Cruise) ISA+10°
SFCrel M0 = 2,0, OPR = 17, Fan-Pr = 1,3
1,04
spez. Brennstoffverbrauch rel.

1,03
TET [K] 1700 0

1,02 0,5
BPR 1,5 1,0

1,01 1600

1500
1,00

0,99
0,40 0,60 0,80 1,00 1,20 1,40
spez. Schub F/m2 rel.

Abb. 8.6-9 Parameterstudie zur Auslegung eines VCE-Turbofan.-Turboshaft-SST-Triebwerks


vom Typ des SNECMA MCV99 nach [Hab90]

Als Auslegungspunkt für die Turbofan-Version wurde der Startfall gewählt, während
für die Turbojet-Version der Reiseflug bei M0 = 2 und einer Höhe von H0 = 18300 m
zugrunde gelegt wurde. Die sich daraus ergebenen Resultate sind in Abb. 8.6-8
zusammengefasst.
Zur Auslegungs- und Parameter-Vorstudie ist in Abb. 8.6-9 aus [Hab90] der Zusam-
menhang von relativem spezifischem Brennstoffverbrauch SFC und relativem spezi-
fischem Schub FN/ṁ2 abhängig von der Turbinen-Eintrittstemperatur TET und dem
Bypassverhältnis BPR für den Mach-2-Reiseflug in 18,3 km Flughöhe dargestellt.
In Abb. 8.6-10 wird das Schubkennfeld des VCE-Turbofan-Turbojet-Triebwerk vom
Typ MCV99 gezeigt, wie es sich aus der Analyse-Leistungsrechnung mit MUSYN ergab.
8.6  VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge 815

VCE-Turbofan-Turbojet
(Typ MCV99) ohne Nachbrenner
350
FN [kN]
300
Turbofan-Betrieb

250 H0 [km] Turbojet-Betrieb


Subsonic Cruise
0 Start
Schub FN

Transonic Climb
200
2 H0 [km]
10
150 4
12
6 14
100
8 16
10 18
50
Supersonic Cruise
0
0,00 0,50 1,00 1,50 2,00
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 8.6-10 Volllast-Schubkennfeld eines VCE-2-Wellen-Turbofan-Triebwerkes mit variabler


Geometrie und variablem Arbeitsprozess nach Abb. 8.6-7 (Konzept: SNECMA MCV 99), Super-
sonic Cruise M0 = 2,0, H0 = 18300 m, FNet = 45 kN, Takeoff ISA FNet = 260 kN [Hab90, Hol95b]

Die Übereinstimmung der Betriebspunkte mit den Angaben der Firma SNECMA [Hab90]
ist gut. Dabei sei bemerkt, dass hier die für Syntheserechnungen von Volllast- Teillast-
Betriebspunkten notwendigen Kennfelder z. B. der Verdichter und Turbinen aus Fir-
menunterlagen nicht vorlagen. Damit musste mit entsprechend skalierten, typischen
Turbomaschinen-Kennfeldern gerechnet werden. Diese können z. B. aus der Kennfeld-
sammlung von [GasTurb] übernommen werden.

8.6.4 VCE-Turbofan-SST-Triebwerk für Mach-3+

Gegenüber dem in Abschn. 8.8.2, Abb. 8.5-3 und 8.4-4 vorgestellten Mach-2-Tur-


bojet-Triebwerk der Concorde erfordern bei steigenden, hohen Flug-Mach-Zahlen
über M0 = 3 weitere Maßnahmen zur Anpassung von Zu- und Abströmung mit dem
Basistriebwerk wie dies für Mach-3 + Hochgeschwindigkeitsflugzeug in Abb. 8.6-11
und 8.6-12 zu sehen ist. Dieses Bild zeigt das Schema eines für M0 ≈ 3 + ausgelegten
2-Rotor-Turbojet-Bypass-Triebwerks. Zur Anpassung an die verschiedenen Flugphasen
vom Unterschallflug bis zum hohen Überschall wurde das Nachbrenner-Turbojet-Trieb-
werk außer dem verstellbaren, rotationsförmigen Einlauf-Diffusor (mit axial verschieb-
barem Zentralkörper) zusätzlich mit Luftabblaseeinrichtungen über Bypassrohre vom
mehrstufigen verstellbaren Axialverdichter nach hinten geführt. Dieser Bypass bleibt im
normalen Reiseflug bei Mach-3 + geschlossen.
816 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

2-Wellen-Turbofan-Bypass-Triebwerk Flug-Machzahl M0>3 Konzept P&W

Einlauf Verstellgitter Verstellgitter Bypass- Düse


variabel Fan, Verdichter Turbine Klappen verstellbar
Start M0>1 Aufheizung Tertiärluft-
Bypass-Klappen Bypass-Kanal Klappen

Abb. 8.6-11  2-Wellen-Turbofan-Triebwerk mit Spike-Einlauf für Flug-Mach-Zahlen M0 = 3 + mit


Aufheizung im Bypasskanal (Konzept P&W) [Mün72K]

Lockheed SR71
1-Wellen-Turbojet-Bypass-Triebwerk Flug-Machzahl M0>3 P&W J58 in SR71

4-stufiger LPC 5-stufiger HPC Brennkammer Nachbrenner

Bypass Bypass-Kanäle 2-stufige Turbine Verstell-C-D-Düse


BPR < 0,2 belüftet

Abb. 8.6-12  Turbojet-1-Wellen-Triebwerk für den Überschallflug_bei Mach-Zahlen M0 = 3 + mit


Aufheizung im Nachbrenner AB (P&W J58 in SR71), Nettoschub (ISA,SL) mit AB FN = 145 kN,
Nettoschub FN,Cruise = 50 kN in Höhe 25 km, M0 = 3,2, OPRmax = 6, BPR < 0,2). Darstellung nach
NASA und Pratt&Whitney
8.6  VCE-Triebwerke für Überschall-Verkehrsflugzeuge 817

Die Bypass- und Abblaseöffnungen erleichtern hinter dem Einlauf ein gutes Funk-
tionieren von 1- und auch 2-Rotor-Triebwerken mit mittleren bis höheren Druck-
verhältnissen. Dies trifft besonders für den unteren und mittleren Drehzahlbereich zu.
Weiterhin sind verstellbare Leiträder im Verdichter vorgesehen, durch die der Verdich-
terdurchsatz in gewissen Grenzen verändert werden kann (Abschn. 4.2). Schließlich ist
bei diesem Konzept eine Aufheizung im Bypass-Kanal vorgesehen und die Schubdüse
verstellbar im divergenten Teil versehen. Die ergibt so eine gute Anpassung der Heißgas-
Expansionsströmung bei variablen Flug-Mach-Zahlen.
Ein ähnliches, etwas einfacheres Triebwerk dieser Art mit mehreren Bypass-Rohren
und kleinem BPR < 0,2 ist seit 1967 als Antrieb in dem Aufklärungs- und NASA-For-
schungsflugzeug SR71 im Dienst (Abb. 8.6-12).

8.7 Kombinationsantriebe für Über- und Hyperschallflüge

Ein Kombinationsantrieb liegt dann vor, wenn einzelne Komponenten bestehender


Antriebskategorien zu einem neuen System zusammengefügt werden. Im Sonderfall kön-
nen auch komplette Einheiten wie das Turbojet-Triebwerk und die Rakete, die bereits
autonom funktionsfähig sind, in einen neuen Verband zusammen kombiniert werden.
Werden nur die wichtigsten vorhandenen oder in Entwicklung stehenden Antriebe
betrachtet so wie sie in den vorstehenden Kapiteln vorgestellt wurden, dann wird deut-
lich, dass aus ihnen eine große Zahl von Kombinationsantrieben abgeleitet werden kann.
Wie die verschiedenen Projekte in der Vergangenheit gezeigt haben, ist die richtige
Selektion nicht immer einfach [Mün72K, ACA89B, Gri04B, Kuc11B]. Als oberste Richt-
linie gilt dabei: Das Kombinationssystem soll die gestellten Flugaufgaben besser bewälti-
gen als es durch ein vorhandenes Triebwerk oder die Verbindung zweier oder mehrerer
Triebwerke möglich wäre. Diese sollten hintereinander oder parallel geschaltet oder auch
in ihrem Betriebsverhalten sich überschneidend effizient und sicher funktionieren. Bes-
ser kann dabei bedeuten, dass ihr Betriebsverhalten sicherer, emissionsfreundlicher und
ökonomischer als andere Konzepte ist sowie in der Regelung und Überwachung eine
höhere Agilität aufweist.

8.7.1 Turbo-Ramjet-Kombinationstriebwerk TRJ (Turbo-Ramjet)

Das Antriebssystem eines Turbo-Ramjet-Kombinationstriebwerk ist dadurch gekenn-


zeichnet, dass ein Turbotriebwerk als Kerntriebwerk (Core) und ein dieses umgebender
gegebenenfalls auch parallel geschalteter Strömungskanal zwischen einem gemeinsamen
Lufteinlauf und der gemeinsamen Schubdüse angeordnet ist wie das Beispiel der Griffon
(Frankreich) aus den 1950er Jahren nach Abb. 8.7-1 zeigt. Bei niedrigen Flug-Mach-Zah-
len wird hauptsächlich das Turbotriebwerk arbeiten, welches als reines Turbojet- oder
auch als Turbofan-Triebwerk ausgebildet sein kann. Ab einer gewissen Flug-Mach-Zahl,
818 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Überschall-Testflugzeug
Nord-Aviation Griffon

Turbojet-Ramjet-Kombinationstriebwerk
Kerntriebwerk: Turbojet SNECMA ATAR 101

Abb. 8.7-1 Überschallflugzeug Griffon (Frankreich 1958) mit Turbojet-Ramjet Kombinations-


triebwerk. Basis: ATAR 101 E3 abgeleitet vom Turbojet BMW003 (1943/44). Darstellung nach
Snecma S.A. [Bod96B]

die bei M0 = 3 und 4 liegen kann, wird der Turbojet-Kerntriebwerk nicht mehr durch-
strömt, sondern nur noch umströmt. Das Druckverhältnis, welches dann für die Strah-
lexpansion ab dem Austritt des Kerntriebwerks zur Verfügung steht, ist nicht mehr
größer als dasjenige, welches sich durch den reinen Aufstaueffekt ergibt (Abschn. 8.4). Je
nach Konzeption wird der Ramjetbetrieb dadurch hergestellt, dass die Luft im Wesent-
lichen direkt hinter dem Turbosatz oder bereits in dem den Turbosatz umgebenden
Bypass-Kanal mit parallel geschalteter Ramjet-Brennkammer aufgeheizt wird.
Das mit einem solchen Kombinations-Triebwerk bestückte Forschungsflug-
zeug Griffon 02 der Firma Nord-Aviation (Frankreich) erzielte bereits 1958 als ers-
tes Hochgeschwindigkeits-Flugzeug Steiggeschwindigkeiten von über 100  m/s bei
Steigflug-Mach-Zahlen M0 von etwa 1,85. Das von der Firma SNECMA hierzu gelie-
ferte Einwellen-Einstrom-Turbojet-Triebwerk ATAR 101 E 3 erlaubte durch seine Form
einen großen auf die Stirnfläche bezogenen Schub und eine gleichfalls günstige Gestal-
tung des umgebenden ringförmigen Ramjet-Triebwerkes. Das Triebwerk ATAR 101 E3
ist das Nachfolgetriebwerk des deutschen Turbojet BMW 003 aus den 1940er Jahren
(Abschn. 1.6).
Ging es bei dem Konzept des Griffon mehr darum, in einen Flugzeugrumpf, der zu
einem großen Teil den Strömungskanal des Ramjet-Triebwerkes bildete, ein Turbo-
triebwerk einzubauen, so mussten im Gegensatz dazu in den nachfolgenden Jahrzehn-
ten besonders bei zahlreichen Konzepten für Über- und Hyperschall-Flugzeuge die
8.7  Kombinationsantriebe für Über- und Hyperschallflüge 819

variabler Einlauf Einlass-Leitschaufeln variable Düse


(große Fläche) (offen) (große Fläche)

kleine Flug-Mach-Zahl

variabler Einlauf Einlass-Leitschaufeln variable Düse


(kleine Fläche) (geschlossen) (kleine Fläche)

große Flug-Mach-Zahl

Abb. 8.7-2  Turbojet-Ramjet-Kombinationstriebwerk für Überschall- bis hohe Überschall-Mach-


Zahlen [Rol05B]. Darstellung nach Rolls-Royce plc

Kombinationstriebwerke den hohen Anforderungen entsprechend intensiv mit dem


Fluggerät integriert betrachtet werden.
Diese Fluggeräte mit Kombinationsantrieben waren stets mit den Überlegungen ver-
bunden, wie der durch ein bestimmtes Antriebssystem zu überdeckende Flug-Mach-
Zahl-Bereich effizient erweitert werden könnte. Besonders deutlich wird dies mit den
Turbojet-Ramjet- oder mehr noch mit den Turbo-Ramjet-Scramjet-Kombinationsan-
trieben für Hyperschallflugzeuge in Abschn. 8.8 demonstriert.
Zur verbesserten Anpassung an weite Unterschall-Überschall-Flugbereiche wird das
in Abb. 8.7-2 dargestellte Turbo-Ramjet-Triebwerk der Firma Rolls-Royce (England)
gezeigt, dessen Konzeption bereits aus den 1960er Jahren stammt.
Das Kombinationstriebwerk besteht aus einem umfangreich verstellbaren Lufteinlauf
E, einem Kerntriebwerk (Core) mit mehrstufigem Axialverdichter C, Brennkammer B
und hier 3-stufiger gekühlter Turbine T, einer Nachbrennereinrichtung AB sowie einer
abschließenden variablen Konvergent-Divergent-Schubdüse (C-D-Düse). Vor dem Ver-
dichter C sind verstellbare Leitschaufel angeordnet, die in verschiedenen Positionen von
ganz offen bis vollständig geschlossen eingestellt werden können. Um das Kerntrieb-
werk herum verläuft mantelstromartig ein Bypasskanal bis zur Nachbrennereinrichtung.
Beim Start und Steigflug bis in den Überschallbereich mit M0 = 2 bis 3 kann dieses
Turbojet-Triebwerk wie üblich ohne oder mit Nachbrenner geschaltet betrieben werden
(Abb. 8.7-2).
Ab dem Flugbereich mit hohen Mach-Zahlen M0 ≈ 3 bis 4 wird die Zuströmung
zum Verdichter mit den Leitschaufeln verschlossen, sodass nun mit der aufgestauten
820 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Raumtransporter-
2-stufiges Hyperschalflugzeug mit
Turbojet-Ramjet-Kombinatiosnantrieb

Grenzschichtkanal

Turbojet
Einlauf und Rampen-C-D-düse
Diverter Bypassöffnungen einseitig expandierend

Abb. 8.7-3 Turbo-Ramjet-Kombinationstriebwerk integriert in ein Raumtransporter-Hyper­


schall-Flugzeuge für Flug-Machzahlen von 0 bis 6 + (Abschn. 8.8) [SFB05B, Ric05]

Luftströmung über den Bypasskanal und den Nachbrenner ein reiner Ramjetbetrieb
vorliegt.
Dieses einfache oben gezeigte Konzept eines Turbo-Ramjets kann wesentlich erweitert
mit einem Mehrwellen-Kerntriebwerk oder auch als Turbofan-Triebwerk mit Verstell-
klappen, Bypass und Nachbrenner ausgelegt werden. Ab den 1950er Jahren sind weltweit
neben RR von allen namhaften Triebwerksfirmen wie P&W, GE, SNECMA, MTU sowie
Forschungsinstitutionen wie z. B. die NASA (USA) oder ONERA (Frankreich) zahlrei-
che Turbo-Ramjet-Projekte konzipiert, gebaut und getestet worden [Mün72K, Rol86B,
ACA89B, Wal00B, Gri04B u.a.]. Im praktischen Flugbetrieb bei z. B. Überschall-Ver-
kehrsflugzeugen wurden allerdings bisher keine Turbo-Ramjet-Triebwerke eingesetzt.
Für den Flugbereich vom Start über den Unterschallflug bis zum Hyperschallflug mit
Flug-Mach-Zahlen über M0 = 5 hinaus wurden besonders in Verbindung mit Raumtrans-
porter-Hyperschall-Flugzeugen umfangreiche integrierte Turbo-Ramjet-Antriebssysteme
von Mach 0 bis über 6 entworfen, auf die an Beispielen in Abschn. 8.8 eingegangen wird.
Im Abb. 8.7-3 wird dazu schematisch ein Beispiel integrierter Antriebe gezeigt.

8.7.2 Turbojet-Rakete-Kombinationstriebwerk TJR


(Turbojet-Rocket)

Schon kurz nach Beginn der intensiven Entwicklung von Luftstrahlantrieben und che-
mischen Raketen, der etwa gegen das Ende der 1930er Jahre erfolgte, wurde erkannt,
dass das Turbojet-Triebwerk TJ und die Rakete R gewisse sich ergänzende Eigenschaf-
ten besitzen. Bei den Bayerischen Motorenwerken entstand aus dem Turbojet BMW 003
und aus einer gleichfalls bei dieser Firma entwickelten Flüssigkeitsrakete das Triebwerk
BMW-003 R (Abb. 8.7-4).
Vom Geräteträger des Turbojet führte eine Welle zu der in Turbinennähe mon-
tierten Rakete, um deren Pumpen anzutreiben. Hier handelte es sich mehr um eine
8.7  Kombinationsantriebe für Über- und Hyperschallflüge 821

Turbojet-Triebwerk TJ Raketenmotor R

Einlauf E Brennkammer B C-Düse N


Verdichter C Turbine T

Abb. 8.7-4  Turbojet-Raketen-Kombinationstriebwerk BMW003R (1943/44)

Luft-Einlauf variabel Nachbrenner Brennkammer

Getriebe
Verdichter Turbine Oxydator und Verstell-Düse
Brennstoff
Turbo-Rocket Kozept: Rolls-Royce Plc

Abb. 8.7-5 Turbo-Rakete-Kombinationstriebwerk. Darstellung nach Rolls-Royce plc [Mün72K,


Rol86B]

Parallelschaltung von zwei Basistriebwerken, während die in Abb. 8.7-5 gezeigte Turbo-


Rakete ein stärker integriertes System darstellt [Mün72K].
Dieser Kombinationsantrieb wurde hauptsächlich für Beschleunigungsflüge konzi-
piert. Eine vierstufige, kleine Turbine treibt einen zweistufigen Niederdruckverdichter
mit einem Druckverhältnis von etwa 2 bis 3 an, der die dem Triebwerk zuströmende
Luft nach dem Vorstau weiter verdichtet. Die Turbine selbst wird im Gegensatz zu
822 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

dem klassischen Luftstrahltriebwerk nicht von einem in einer Brennkammer aufgeheiz-


ten Luftstrom beaufschlagt, sondern durch Heißgase, die in einer Raketenbrennkam-
mer gebildet werden. Zwischen Turbine und Verdichter ist ein Untersetzungsgetriebe
geschaltet. Die Firma Rolls-Royce, von der dieser Entwurf aus den 1960 Jahren stammt,
war offensichtlich der Meinung, dass das Gewicht von schnell laufender Turbine und
Untersetzungsgetriebe zusammen geringer ist als dasjenige einer langsam laufenden Tur-
bine von wesentlich höherer Stufenzahl, welche notwendig wäre, wenn man das Unter-
setzungsgetriebe vermeiden möchte.

8.7.3 Hybrid-Turbo-Rakete-Kombinationstriebwerk SABRE

Die Europäische Luftfahrtagentur ESA ließ in den vergangenen Jahren in Projektstudien


FP1 bis FP6 (Framework Programmes) im Rahmen des Projekts LAPCAT (Long-Term
Advanced Propulsion Concepts and Technologies) Überschall- bis Hyperschall-Flug-
zeuge untersuchen, die Mach 4 bis 7 erreichen sollen. Als Kombinationsantrieb wurde
ein Hybrid-Triebwerk mit Turbomaschinen- und Raketen-Komponenten vorgesehen
(Abb. 8.7-6). Hauptprobleme sind dabei allerdings gegenüber den Turbojet-, Turbo-
fan- und Ramjet-Triebwerken hier die kombinierten Antriebe in Verbindung mit der
durch die hohen Mach-Zahlen bedingten intensiven Aufheizung der Antriebs- und der
Zellenstrukturen.
Das hier im Mittelpunkt stehende Antriebssystem SABRE (Synergistic Air-Breathing
Rocket Engine) stellt ein Hybrid-Triebwerk dar bestehend aus einem Lufteinlauf mit
Vorkühler, luftatmenden Turbokomponenten, Wärmetauscher in Verbindung mit
geschlossenem Heliumkreislauf und einem Raketen-Motor. Diese Entwicklung ähnelt
den früheren LACE-Projekten (Liquid Air Cycle Engine) wie sie in den 1980er Jah-
ren z. B. im HOTOL-Konzept verwendet wurde (horizontal take-off and landing). Das
Schaltschema der Anlage ist in Abb. 8.7-6 zu sehen.
Der Schub von SABRE wird abhängig von den sehr unterschiedlichen jeweiligen
Flugphasen angegeben mit Fvac = 2940 kN und FSL = 1960 kN. Zum Vortriebs-Fluid-
strom und zur Verbrennung dient Luft, LO2 und LH2. Weitere detaillierte Informatio-
nen zu diesem Sondertriebwerk sind den Berichten des EU-Programmes FP6 und den
Darstellungen der Fa. Reaction Engines Ltd. zu entnehmen.

8.7.4 Kombinations-Antriebssysteme mehrerer Generationen

Ausgehend von den in den vorstehenden Abschnitten dargestellten konventionellen


Basistriebwerken wie Turbojet, Turbofan- und Ramjet-Triebwerken, wie sie auch als
Hochleistungstriebwerke in Betrieb oder zumindest in Entwicklungsprojekten entwickelt
wurden, werden in Abb. 8.7-7 mit der 1. Generation von Kombinations-Antriebssyste-
men eine Auswahl dieser Triebwerke oder deren Komponenten vorgestellt, wie sie gemäß
8.7  Kombinationsantriebe für Über- und Hyperschallflüge 823

Supersonic / Hypersonic Transport Aircraft Mach 4 to 8

LAPCAT-A2
Long-Term Advanced Propulsion Concepts and Technologies
SSTO
Single Stage To Orbit
Reaction Engines Ltd

distance 18700 km
300 passengers
TO 400 tonnes
length 139 m
span 41 m
SABRE Synergistic Air-Breathing Rocket Engine
(Hypersonic Precooled Hybrid Air Breathing Rocket Engine)

Liquid-fuel engine: Air/LO2/Liquid hydrogen


Combined cycle: precooled jet engines + closed rocket cycle

Air Intake Compressor


Precooler

He Circulator

HX4

LH2 Pump

HX3 LOX Pump

Preburner
Rocket Nozzle

Abb. 8.7-6 Hybrid-Antriebssystem SABRE für SST-/HST-Überschall-/Hyperschall-Flugzeug


nach Reaction Engines Ltd
824 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Basis-Triebwerke Zukünftige Kombinations-Antriebssysteme


1990-2010 1. Generation 2. Generation 3. Generation

Turbo-Triebwerke Turbojet / Turbofan Turbo-Triebwerke Kombinations-


Triebwerke
Ein- und Zweistrom- ohne/mit Nachbrenner mit
aus 1. und 2. Generation
Triebwerke: Turbo-Staustrahl- Wärmetauscher, mit zusätzlichen
Turbojet BPR < 0,2 Triebwerk Vor- und Zwischen- Komponenten wie
kühlung
Turbofan BPR > 0,2 Variabler Prozess Luftverflüssigung
Supersonic-Fan
(VCE) (LACE)
Staustrahl-Triebwerke HyperCrisp
... ...
Verbrennung Wasserstoffturbine
MB<1 Ramjet Staustrahl-Triebwerke Turbo-Expander
Staustrahl-Triebwerke
MB>1 Scramjet Scramjet MB>1
Ramjet MB<1 ...
Staustrahl-Rakete Turbo-Staustrahlrakete
Raketen-Triebwerke Raketen-Booster
Turbo-Rakete

Abb. 8.7-7 Konzepte von Kombinations-Antriebssystemen von Überschall- bis Hyperschall-


Flugzeugen für Flug-Mach-Zahlen von M0 = 0 bis M0 > 10 [Mün72K, SFB05B, Kuc11B]

den Flugmissionen zu entsprechenden Kombinationsantrieben zusammengefügt werden


können. Hierbei werden Triebwerke mit variablem Arbeitsprozess VCE (Abschn. 8.6) mit
zum Beispiel aktiver Veränderung des Bypassverhältnisses mit eingeschlossen. Als Brenn-
stoff ist bei allen Konzepten Kerosen, Wasserstoff und gegebenenfalls Methan möglich.
Im Rahmen der gezeigten Triebwerksauswahl wurden der 2. Generation von z. B.
Hyperschallflug-Antriebssystemen solche Konzepte zugeordnet, die erweiterte oder neu-
artige Komponenten enthalten, wie zum Beispiel Wärmetauscher zur Vorkühlung der
Luft, gegenläufige Fanstufen, spezielle Überschallverdichter oder mit Raketengas beauf-
schlagte Turbinen. Der Entwicklungsstand der Antriebe der 2. Generation erscheint
teilweise noch zu ungewiss, um sie in ein anspruchvolles Großprojekt eines Hyperschall-
Transportflugzeuges einzuplanen [SFB05B, Kuc11B u.a.].
Bei der meist notwendigen Integration in die Zelle ist allerdings zu beachten, dass
realistische Triebwerke der 2. Generation wahlweise in späteren Entwicklungsphasen
der kommenden Jahrzehnte eingesetzt werden können. Dies trifft realistisch besonders
für die Triebwerke der 3. Generation zu. Bei der Auslegung derartiger Kombinationsan-
triebe sind stets folgende Punkte besonders zu beachten:
Der Turboteil wird sinnvoller Weise im Gebiet der unteren Überschall-Mach-Zahlen,
z. B. für M0 = 2 bis 2,5 ausgelegt.
Der Auslegungspunkt von variablem Lufteintritt und Gasabströmung mit variab-
ler Schubdüse und entsprechender Verstellgeometrie sollte nur wenig unterhalb der zu
erreichenden Maximal-Mach-Zahl liegen.
Der Umschaltpunkt von Turbo- auf reinen Staustrahlbetrieb richtet sich nach dem
Druckverhältnis des oder der Verdichter und der Höhe der Brennkammertemperatur.
8.7  Kombinationsantriebe für Über- und Hyperschallflüge 825

Weiterhin gibt es Konzepte, bei denen ein übergreifender Betrieb, d. h. ein gleichzeitiges
Funktionieren von Turbo-Basistriebwerken und Ramjet-Triebwerken vorteilhaft ist.

8.8 Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST

Für Hochleistungsflugzeuge bzw. Überschall-Transportflugzeuge SST (super sonic trans-


port), die mit Überschallgeschwindigkeiten bis M0 ≈ 3 bis 4 fliegen sollen, sind Turbojet
und/oder Turbofan-Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis, Mischer und Nachbren-
ner dominant (Abb. 8-1). Dies wurde bereits in Abschn. 8.4 und 8.7 aufgezeigt. Das opti-
male Bypassverhältnis von näherungsweise BPR = 0 beim Turbojet TJ bis BPR ≈ 2 beim
Turbofan hängt von den jeweiligen Flugmissionen für militärische Triebwerke oder für
zivile Verkehrsflugzeuge ab. Je wichtiger dabei der subsonische Flugbereich ist, desto
größer ist das Bypassverhältnis zu wählen. In den vorstehenden Abschnitten wurden
bereits einige Beispiele von ausgeführten und erfolgreich geflogenen Turbojet- und Tur-
bofan-Triebwerkssystemen oder von Projektstudien vorgestellt, wie sie im Flugkorridor
nach Abb. 8.8-1 ergänzend zu Abb. 8-1 enthalten sind [Gri04B, SFB05B, Hol97, Kop00,
Ric05, Kuc11B].

8.8.1 Antriebssysteme für den Über- und Hyperschallflug

Für ein Hyperschall-Transportflugzeuge HST (hyper sonic transport) stellt das Antriebs-
system mit Zu- und Abströmung in gewissem Sinne die Extrapolation der Verhältnisse
von Überschall-Transportflugzeugen SST (super sonic transport) dar (Abb. 8.8-1). Der
Überschall-Einlaufdiffusor übertrifft bei Flug-Mach-Zahlen > 4 bis 5 in seiner Größe
bei weitem das gesamte Triebwerk. Da die Schubdüse nach Möglichkeit eine geführte
Heißgasentspannung bis auf ein Druckniveau erlauben soll, das nur wenig über dem
der Umgebung liegt, muss der divergente Teil vergleichbare Ausmaße wie der Einlauf
haben. Die Integration des Antriebes wird zum integrierten Bestandteil des gesamten
Flugzeugsystems.
Nachdem bereits in den 1960er Jahren umfangreiche Untersuchungen zum zivilen
und militärischen Über- und Hyperschallflug durchgeführt und Anfang der 1970er Jahre
wieder eingestellt wurden, waren die 1980er und 1990er Jahre international durch ein
gegenüber den 1960er Jahren wiedererwachtes Interesse an luftatmenden Raumtranspor-
ter-Flugzeugen geprägt [Küc65K, Mün72K, Gri04B, SFB05B, Kuc11B].
Dabei wurden sowohl einstufige als auch mehrstufige Konzepte untersucht. Abge-
sehen von Raketen ist bisher kein gebautes Antriebssystem in der Lage, den weiten
Betriebsbereich vom Start bis zum Hyperschall ökonomisch und umweltfreundlich
826 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

75 Über- und Hyperschall-Antriebe


Flugkorridor
H0 [km]

K
Totaltemperatur

1x10 3
x
1
0

renze

10
Dichteg
2

10

2
60 0,1

5
5

Druck in
Überschall-
Brennkammer
45
Flughöhe

Kombinations- 1,0 bar


Ü
b
re
s
c
h
-la

Antriebssysteme Staudruck
30 ze
G ren
Scramjet he
HTSM-6R m isc
e r
Th
Ramjet
15 Turbojet
Turbofan Totaldruck bar
10 102 103
2 3

104
4

0 U
R
B
JO
E
T

0 5 10 15 20 25
Flug-Mach-Zahl M0

Abb. 8.8-1  Höhen-Mach-Zahl-Diagramm (Flugkorridor) von Überschall- und Hyperschall-Flug-


zeugen mit Turbofan/Turbojet- bis Scramjet-Triebwerken. Daten aus [Tim96B] mit dem Beispiel
des Flugbereichs eines Kombinations-Antriebssystems eines Raumtransporter-Projektes HTSM-
6R aus [SFB05B, Kop00]

abzudecken. Der begrenzte Einsatzbereich lässt sich mit einer Kombination der Basis-
triebwerke wie Turbojet und Turbofan, Ramjet mit Unterschallverbrennung oder
Scramjet mit Überschallverbrennung (Abschn. 8.4.2) und ggf. Raketenantrieb erweitern
(Abb. 8-1, Abb. 8.8-1). Dabei sind Variationen der herkömmlichen Basistriebwerke wie
zum Beispiel durch Vor- oder Zwischenkühlung, Luftverflüssigung (LACE) oder den
Einsatz von Wasserstoffturbinen (Turboexpander) denkbar, wie sie bereits schon in den
1960er und 1970er Jahren konzipiert wurden (Abb. 8.7-6). Aus ökonomischen und tech-
nologischen Gründen wurden diese Projekte später wieder eingestellt [Mün72, Gri04B].
Im zivilen Überschall-Flugverkehr wurden umfangreiche Erfahrungen in der Ver-
gangenheit mit SST-Flugzeugen wie der Concorde (1973) und der Tupolev 144 sowie
dem Boeing SST (1972) gesammelt (Abschn. 8.5). Neben diesen Überschall-Verkehrs-
flugzeugen erreichen viele Militärflugzeuge mit Turbo-Triebwerken und Nachbren-
ner Geschwindigkeiten bis Mach 2 und 3. Einen Meilenstein in der Entwicklung von
Hochgeschwindigkeits-Flugzeugen mit luftatmenden Triebwerken stellte schon sehr
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 827

früh das Aufklärungsflugzeug und spätere NASA-Forschungs-Flugzeug Lockheed


SR-71 (Abb. 8.6-12) dar, das mit einem Einstrom-Turbotriebwerk mit Nachbrenner
Mach 3.2 + erreicht. Eine Besonderheit der SR-71 ist, dass bei hohen Flug-Machzah-
len ein Teil des Luftmassenstromes nach dem LP-Verdichter um das Turbotriebwerk
in Rohren herumgeleitet und direkt dem Nachbrenner zugeführt wird. Damit stellt
dieser Antrieb bereits eine Kombination aus Turbo- und Ramjet-Triebwerk mit sehr
kleinem Bypass dar. Reine Ramjet-Triebwerke sind in Serienflugzeugen bisher nicht
realisiert worden, kommen jedoch bereits seit den 1950er Jahren in militärischen Flug-
körpern zum Einsatz. Das in Abschn. 8.7 (Abb. 8.7-1) erwähnte Testflugzeug Griffon
mit Turbo-Ramjet-Kombinationstriebwerk war eine sehr frühe Entwicklung, die später
nicht mehr zum Tragen kam, da die inzwischen üblichen Turbofan-Bypass-Triebwerke
mit Nachbrenner für den Überschallflug bis etwa Mach 3 flexibler eingesetzt werden
können.
Weitere Erfahrungen mit Projekten zu Hyperschall-Flugmissionen brachten in den
1960er Jahren amerikanische Forschungsprogramme um das raketenbetriebene Experi-
mentalflugzeug X-15 mit Scramjet-Testflüge (Abschn. 8.4, Abb. 8.4-10). Zwischen 1959
und 1968 wurden 199 Flüge durchgeführt, wobei unter anderem ein Geschwindigkeitsre-
kord mit Mach 6.72 aufgestellt wurde. In der weiteren Entwicklung von Raumtranspor-
tern stand das Space Shuttle aus den 1970er Jahren, das bis Anfang der 2000 Jahre ein der
wichtigsten Raumtransportsysteme darstellte [SFB05B, Kuc11B].
Besondere technologische Herausforderungen an das Leistungs- und Betriebsverhal-
ten stellen Antriebssysteme für Raumtransporter-Hyperschallflugzeuge dar. Die For-
derung nach neuartigen Raumtransportsystemen, die geringe Betriebskosten und eine
hohe Zuverlässigkeit aufweisen, voll wieder verwertbar sind und von meteorologischen
Einschränkungen weitgehend unabhängig sind, führte zu flugzeugähnlichen, horizontal-
startenden Konzepten. Diese unterscheiden sich von herkömmlichen Raketen dadurch,
dass der aerodynamische Auftrieb so weit wie möglich genutzt werden kann und der zur
Verbrennung des Brennstoffes nötige Sauerstoff in den niedrigeren Atmosphärenschich-
ten der Luft entnommen wird und nicht mitgeführt werden muss.

8.8.2 Auslegung von Hyperschall-Kombinations-Triebwerken

Um den geringen Nutzlastanteil bei Raumtransportersystemen auf der Basis von Rake-
tentechnologien merklich steigern zu können, mussten in den vergangenen Jahren
andere Konzepte in den Vordergrund rücken. Bevorzugt sind ein- und zweistufige, flug-
zeugähnliche Transportersysteme SSTO und TSTO (Single- and Two Stage to Orbit)
(Abb. 8.8-2). Beim TSTO ist die Grundidee, dass ein Hochgeschwindigkeits-Flugzeug
eine Oberstufe auf hohe Geschwindigkeiten von über M0 = 4 in große Höhen von bis zu
35 km bringt.
Der Start der Unterstufe erfolgt horizontal. Die Aufstiegsphase wird durch den aero-
dynamischen Auftrieb unterstützt und der benötigte Sauerstoff für den Antrieb der
828 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

1-stufiges Raumtransporter
Hyperschallflugzeug SSTO
Projekt
X33, NASA, USA

2-stufiges Raumtransporter
Hyperschallflugzeug TSTO
HSTM des DFG-SFB255
Projekt
HSTM des DFG-SFB255-München

Abb. 8.8-2 Projekte von Raumtransporter-Hyperschallflugzeuge als ein- und zweistufigen Sys-


teme wie X33-SSTO (USA) und HTSM-TSTO (Europa)

Atmosphäre entnommen. Bei gleicher Baugröße kann ein Nutzlastanteil von nahezu
15 % theoretisch erwartet werden [Hic99, Hol97, Kop00, Gri04B, SFB05B, Kuc11B].
Nach einer erfolgreichen Trennung von Unter- und Oberstufe wird bei dem TSTO die
Oberstufe durch Raketentriebwerke beschleunigt und in die Umlaufbahn gebracht. Diese
können durch den bereits zuvor erfolgten Geschwindigkeits- und Höhengewinn entspre-
chend klein ausfallen. Die Unterstufe kehrt auf einer Brennstoff sparenden Abstiegsbahn
zu ihrem Ausgangspunkt oder zu einem Ausweichflughafen zurück (Abb. 8.8-1).
Neben den Raumtransporter-Aktivitäten in den USA (NASA u. a.) wurden auch in
europäischen Programmen wie FESTIP (Future European Space Transportation Inves-
tigations Programme) Studien initiiert. Daran gekoppelt wurden im Rahmen eines
Sonderforschungsbereiches SFB der deutschen Forschungsgesellschaft DFG an den
Technischen Universitäten in Aachen, Stuttgart und München Hyperschalltechnologie-
Programme mit luftatmender Unterstufe durchgeführt [SFB05B] und dies in Koope-
ration mit Industrie-Programmen wie solche der EADS und der MTU Aero Engines
abgestimmt.
Im DFG-Sonderforschungsbereich SFB255 „Transatmosphärische Flugsysteme“ in
München stand das Leitkonzept HTSM (Hypersonic Transport System München) im
Vordergrund, bei dem 3 Konzepte für Flug-Machzahlen bis M0 = 4, M0 = 6 und M0 = 8
als HTSM-4, -6 und -8 in Kooperation mit dem europäischen Forschungsprogramm
FESTIP-FSSC-12 in ihrer Funktionsfähigkeit untersucht und verglichen wurden. Aus-
zugsweise wird anschließend hier als Beispiel für ein typisches Hyperschall-Kombina-
tions-Triebwerk eines Raumtransporters das für M0 = 6 konzipierte Referenz-Konzept
HTSM-6R kurz in wesentlichen Bereichen vorgestellt (Abb. 8.8-3) [SFB05B, Hol97,
Kop00, Ric05].
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 829

Aerodynamic Flight Mechanic


Propulsion Related
Nozzle/Afterbody Forces & Moments
Expansion Ramp Thrust
Vectorisation
Base Drag
Control & Monitoring
Systems Integration
Boundary Layer

Forebody Subsystems
Precompression
Heat
Air Inlet Management
incl. Control Thermal
Performance
Analysis Analysis

Flight Control Simulation

c0 DDiv
DBl
c9
FI

DAdd D DNac FBleed FG


Lip DBlade

Integration Antriebssystem-Fluggerät
Kombinations-Turbo-Ramjet-Triebwerkstypen

LPC HPC B HPT LPT AB

Abb. 8.8-3 Raumtransporter-Hyperschallflugzeug mit integriertem Antriebssystem und dem


Zusammenspiel von Einzeldisziplinen gemäß dem EU-FESTIP-Programm. Hier Mach-6-Referenz-
Projekt des „Hyperschallflug-Transportsystem München HTSM-6R“ verbunden mit dem Sonder-
forschungsprojekt der DFG, dem SFB 255 München. Turbo-Ramjet Kombinations-Triebwerk mit
Nachbrenner-Turbojet-Ramjet-Triebwerkssystem für Flugmachzahlen von 4 bis 6 [SFB05B]
830 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

(a)
Kombinations-Turbo-Ramjet-Antriebssystem in Parallelbauweise

Turbofan-Triebwerk

Ramjet-Mode ab M 0 ≈ 3,6 bis etwa 6,8


variabler Hyperschall-Rampeneinlauf variable C-D-Rampendüse

(b)
Turbofan-Triebwerk

Scramjet-Mode ab M 0 ≈ 5 bis 6 bis etwa 8


variabler Hyperschall-Rampeneinlauf variable D-Rampendüse

Abb. 8.8-4  In der Raumtransporter-Zelle integriertes HTSM-8-Kombinations-Turbo-Ramjet-Trieb-


werk. a Ramjet-Antrieb und b Scramjet-Antrieb für Flug-Mach-Zahlen > 5 bis 6 [SFB05B, Ric05]

8.8.2.1 Konzeption eines Raumtransporter-Hyperschallflugzeugs


Das Referenz-Triebwerk des HTSM-6R stellt als Antriebssystem eine Kombination aus
Turbofan-Triebwerk und Ramjet dar. Während des Startvorganges bis zu einer Flugmach-
zahl von M0 ≈ 3,5 bis 4,0 übernimmt das Turbotriebwerk die Beschleunigung des Systems.
Ab einer Flug-Mach-Zahl von etwa 3,5 wird das Turbotriebwerk durch ein Umschaltorgan
(plug) abgeschottet und der Nachbrenner wird, ermöglicht durch die koaxiale Bauweise
des Kombinationsantriebes, als Unterschall-Ramjet-Brennkammer betrieben.
Nach dem Start des HTSM-6R in einem Bereich innerhalb z. B. Südeuropas, ist ein
Streckenflug bis zum Äquator vorgesehen, wo dann die eigentliche Beschleunigung auf
die vorgesehene Trenn-Mach-Zahl von etwa 6,8 sowie das Aufschwungmanöver auf die
Separationsflughöhe in 33 km bis 36 km Höhe stattfindet [SFB05B, Hol97a, Kop00]. Der
Ablauf einer Flugbahn ist in Abb. 8.8-1 zu sehen.
Das anschließend für hohe Flug-Mach-Zahlen bis 8 erweiterte HTSM-8-Konzept
basiert ebenfalls auf der Referenzkonfiguration HTSM-6R. Ab einer Flug-Mach-Zahl von
etwa 5 bis 6 wird allerdings die Unterschallverbrennung (Abb. 8.8-4a) durch eine Über-
schallverbrennung (Abb. 8.8-4b) abgelöst, wobei die Staubrennkammer für Unter- und
Überschallverbrennung im Gegensatz zum Konzept HTSM-6R durch die notwendige
variable Geometrie und das vorherrschende hohe Temperaturniveau parallel zum Tur-
botriebwerk angeordnet werden muss.
Die maximale Flug-Mach-Zahl beträgt hier etwa M0 = 8. Durch die Parallelbauweise
kann die Kühlung des Turboteils bei hohen Flugmachzahlen im Vergleich zum Refe-
renzkonzept HTSM-6R vereinfacht werden. Ein weiterer Vorteil dieser Konfiguration ist,
dass die Staubrennkammern wesentlich besser angeströmt werden können, was sich für
eine Stabilisierung einer Überschallverbrennung im Teillastbereich positiv auswirkt.
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 831

Abb. 8.8-5  Hyper-X-Demonstrator des NASA Dryden Flight Research Centers aus Hyper-X-Stu-
die der NASA mit Flugtest-Versuchsreihen in den Jahren 2000. Dazu CFD-Studie für M0 = 7 und
volle Triebwerksleistung (NASA ED 43968-02-01) in Abb. 2.5-18. Darstellung nach NASA und
Boeing Comp.

Gerade die Überschallverbrennung im Scramjet-Mode (Supersonic Combustion Ram-


jet) des Konzepts HTSM-8 umfasst einen besonders schwierigen Aufgabenkomplex,
der allerdings bei den hohen Flug-Mach-Zahlen und dem dadurch verbundenen hohen
Niveau der Totalenthalpie von Wichtigkeit ist (Abschn. 2.5.3 und 8.4). Der spezifische
Impuls ist bei einem Scramjet mit Wasserstoff-Brennstoff mit Isp = 4000 s um ein Viel-
faches höher als bei allen gegenwärtigen Antriebssystemen, was dieses System als luftat-
mendes Triebwerk sehr attraktiv machen könnte (Abschn. 8.4.2)d. Allerdings zeigen die
zahlreichen weltweiten Entwicklungs- und Forschungsarbeiten, dass trotz Jahrzehnte
andauernder Arbeiten bisher keine Institution einen effizienten Betrieb für Scramjets
mit Unter- und Überschallverbrennung für mehrere Lastpunkte und Flugsituationen
einen bemerkenswerten positiven Nettoschub realisieren konnte. Die bisherigen Ergeb-
nisse lassen allerdings erwarten, dass stufenweise in den kommenden Jahren Scramjet-
Antriebe im sehr wichtigen Flug-Mach-Zahlbereich über M0 > 6 realistisch sein können.
In Abb. 8.8-1 ist dazu beispielhaft ein möglicher Flugkorridor für luftatmende Scramjet-
Antriebe zu sehen.
In den vergangenen Jahren ab etwa ab den Jahren um 2000 erlebte die Hyperschall-
technologie in den USA, aber auch in Japan, Russland und teilweise Europa einen neuen
Aufschwung. Aus den verschiedenen Programme wird hier als Beispiel in Abb. 8.8-5 der
Hyper-X Demonstrator des NASA Dryden Flight Research Centers gezeigt. Über Test-
programm liegen allerdings bisher nur vage Informationen zu Ergebnissen mit positivem
Nettoschub vor.

8.8.2.2 Auslegung und Simulation eines kombinierten


Hyperschallflug-Antriebssystems
Die numerische Simulation bzw. Syntheserechnung zur Bestimmung des statio-
nären und instationären Betriebs- und Leistungsverhaltens des hier vorgestellten
Antriebssystems HTSM (Abb. 8.8-3) wurden mit dem universelen GTSSD-Programm
MUSYN [Hol97, Kop00, Kre01] durchgeführt. Gegenüber der klassischen, nur auf das
832 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Integriertes Hyperschallflug-
Antriebssystem

Turbofan-Ramjet-
Kombinations-Triebwerk

LPC Splitter Mixer

HPC B HPT LPT

Abb. 8.8-6 GTSSD-Module schematisch zur numerischen Simulation des Referenz-Antriebs-


systems HTSM-6R für ein Raumtransporter-Hyperschallflugzeug bestehend aus einer Turbofan-
Ramjet-Kombination hier in koaxialer Anordnung sowie den Modulen der integrierten Zu- und
Abström-Komponenten[SFB05B, Hol97, Kop00, Ric05]

Turbo-Triebwerk bezogenen Syntheserechnung mit den Kennfeldern der Basis-Kom-


ponenten Verdichter und Turbinen, musste hier bei einem Hyperschall-Kombinations-
Triebwerk der iterative Berechnungsablauf mit den Komponentenkennfeldern der
variablen Rampen-Einläufen und der variablen Rampen-Schubdüse mit der Heißgasab-
strömung erheblich erweitert werden (Abb. 8.8-6).
Für eine gesamte Vorauslegung und Analyse des in die Flugzeugzelle integrier-
ten Hyperschallflug-Antriebssystems ist neben der Syntheserechnung des stationä-
ren Betriebsverhaltens auch die Simulation des instationären, geregelten, ungestörten
und gestörten Betriebsverhaltens mit einzubeziehen [Bau94, Esc96, Hol97, Kop00,
Ric05]. Dabei war es auch notwendig, umfangreiche Echtzeit-Simulationsprogramme
zum Beispiel für Flugsimulatoren [Hol97] und Reglerauslegungen [Kre01] zu entwi-
ckeln und auch die multidisziplinären Entwicklungsprogramme GTSSD für integrierte
Antriebe zu erweitern. Auszugsweise wird anschließend hier nur kurz auf wesentli-
che Ergebnisse des DFG-SFB [SFB05B] zu Raumtransporter-Hyperschallflugzeugen
eingegangen.
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 833

Modellierung und Simulation des Raumtransportersystems Die Hyperschallflug-


Transportersystem HTSM-4 und HTSM-6R setzen sich aus einer flugzeugähnlichen,
luftatmenden Unterstufe und einer raketenbetriebenen Oberstufe zusammen. Die aero-
dynamische Stufentrennung erfolgt bei einer Flugmachzahl von M0 = 4,0 in einer Flug-
höhe von etwa 21 bis 24 km. In Abb. 8-1 und Abb. 8.8-1 ist die Flugmission im Vergleich
zu anderen, rein turbogetriebenen Hochleistungsflugzeugen dargestellt. Zusätzlich ist
das Flugprofil des HTSM-6R mit eingetragen, bei dem allerdings zwischen M0 = 3,5 und
M0 = 4,0 ein Umschalten von Turbo- auf Ramjetbetrieb erfolgt.
Durch den hohen Grad an Integration von Triebwerk und Rumpf ist eine klare
Abgrenzung aller am System angreifenden Kräfte und Momente erforderlich (Abb. 2.1-
20 und 8.8-3).
Diese werden in der Kräfte- und Momentenbilanz, dem so genannten „Bookkeeping“ -
System zusammengestellt (Abschn. 2.1.7).
Die Kontrollgrenzen sind danach so gewählt, dass alle primär durch das Antriebssys-
tem beeinflussten Oberflächenkräfte sowie die Impulskräfte zum Triebwerk bilanziert
werden können. Von Interesse für die gesamte Bookkeeping-Bilanzierung und damit für
die Leistungsfähigkeit des HST sind hier besonders der resultierende Nettoschubvektor
FN sowie das resultierende Gesamtmoment (Abb. 8.8-7 bis 8.8-13).
Als Basistriebwerk für das Antriebssystem der luftatmenden Unterstufe wurde hier
ein Ein- oder Zweiwellen-Einstrom-Turbojet-Triebwerk mit Nachbrenner ausgewählt.
Im Auslegungspunkt bei Mach 1,2 liegt das Gesamt-Verdichtungsverhältnis OPR bei
Π = 13,5 (ΠLPC = 3, ΠHPC = 4,5). Dazu sind zwei Niederdruck- und vier Hochdruck-
verdichterstufen erforderlich (Abb. 8.8-3). Die Verdichteraustrittstemperatur Tt3 wird
auf 1200 K begrenzt. Die maximale Brennkammer-Austrittstemperatur TET wird mit
2100 K festgelegt. Hochdruckturbine HPT und Niederdruckturbine LPT besitzen jeweils
eine gekühlte Stufe mit sehr hohem Kühlluftanteil. Der Nachbrenner wird stöchiomet-
risch betrieben, erst beim Trennmanöver wird eine überstöchiometrische Erhitzung not-
wendig, um den verfügbaren Schub für das Aufschwungmanöver kurzzeitig steigern und
sicherstellen zu können. Als Rampendüse ist eine variable Düsengeometrie vorgesehen.
Im Betrieb ohne Nachbrenner wird ergänzend entweder ein zusätzlicher Luftmassen-
strom aus dem Diverter eingeführt oder einfache Störklappen in der Düse ausgefahren,
um eine zu starke Entdrosselung des Triebwerkes zu vermeiden. Als Technologieniveau
wurde der zu erwartende Standard der vergangenen Jahre zugrunde gelegt.

8.8.2.3 Betriebsverhalten von Einlauf und Rampen-Schubdüse


Bei Hyperschallflugzeugen haben die Komponenten Einlauf und Schubdüse dominanten
Einfluss auf das Betriebsverhalten des Antriebssystems. Die Untersuchung erfolgte hier
üblicherweise getrennt in den drei Gebieten: Leistungsanalyse, thermische Analyse sowie
Massen- und Strukturanalyse. Unter Abwägung der Ergebnisse müssen in einem itera-
tiven Prozess die Vorverdichtung, die Behandlung der Rumpfgrenzschicht, der Luftein-
lauf, die Schubdüse, sowie das komplette Triebwerk inklusive Subsysteme aufeinander
gut abgestimmt und in ihrem Zusammenwirken optimiert werden. Dabei sind zusätzlich
834 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Aerodynamik Flugmechanik
Aerodynamische Koeffizienten 6-Freiheitsgrad-Flugmechanik
als Funktion von Anstellwinkel α, geoidförmige, rotierende Erde
Schiebewinkel, Flug-Mach-Zahl
und Ruderauslenkungen des Flugzeugs

Auftrieb

MY D
FI,X

FI,Z FN,X
mg FN,Z

Flugmechanik Bookkeepingssystem
Quasi-zweidimensionales, Kräfte- und Momentenbilanz
stationäres und instationäres des 2-stufigen Raumtransporters
modulares Antriebsmodells

Rampen-Einlauf Rampen-Düse

Diverterstrom Druckkräfte
senstrom
geschluckte Hauptmas
Einlaufströmung Rampen-Düse SERN
Massenstrom-Überlauf
Lippen-Widerstand

First Stage Second Stage


Length 86.43 m 32.45 m
Height 16.80 m 5.41 m
Wing Span 43.20 m 17.70 m
Payloadt 115 Mg 7 Mg
Propulsion Turbo-Ramjet Rocket
Number 5 1
Thrust 1300 kN (M0 1,2) 1500 kN
Propellant LH2/134 Mg LOX/LH2/83 Mg
Total Weight 435 Mg(incl.2.Stage) 115 Mg

Abb. 8.8-7  Integration des Turbo-Ramjet-Antriebssystems in die Flugzeugzelle und „Bookkee-


ping“ schematisch am Beispiel des HTSM-4 bzw. FESTIP FSSC-12 mit Basisparameter der ersten
Stufe des 2-stufigen Raumtransporters [SFB05B, Ric05, Kuc11B]

externe Leistungs- und Luftentnahmen und insbesondere eine Schubvektor-Winkelkon-


trolle zu beachten [Bau94, Hol97].
Rampen-Einlauf In Abb. 8.8-3 und 8.8-7 ist der Aufbau des Hyperschall-Einlaufsys-
tems des Mach-4-Antriebskonzepts HTSM-4 mit Rampen-Einlauf und den auftreten-
den Teilmassenströmen, sowie den sich daraus ergebenden Widerstandskomponenten
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 835

Diverterklappe Grenzschicht Diverterkanal


c0 FEinl
AC A0

FZ FLip Einlaufhals
FByp

1,0
A0/AC

0,3
0,8

0,4
Flächenverhältnis

0,6

0,5
0,6
0,7

0,4 Einlauf-
druckverhältnis Ein
0,2

0,0
2,0 3,0 4,0 5,0 6,0
Anström-Mach-Zahl M0

Abb. 8.8-8  Einlauf-Fangflächenverhältnis A0/AC bzw. Massenstromverhältnis ṁ0/ṁc des HTSM


über der lokalen Anström-Mach-Zahl und dem Arbeitsbereich mit dem Einlauf-Totaldruckver-
hältnis ΠEinlauf

schematisch dargestellt. Für die Syntheserechnung ergibt sich das Problem, ein derart
komplexes Einlaufsystem mit tragbarem numerischem Aufwand möglichst realitäts-
nah zu modellieren, wobei auch das Einlaufverhalten bei „Unstart“ (Abschn. 3.3.4,
Abb. 3.3-8 und 3.3-8) und das Einlaufbrummen bzw. „Buzz“ (Abschn. 3.3.1) zu
berücksichtigen sind.
In Abb. 8.8-8 ist zusammengefasst zur Auslegungsstudie des Einlaufes für lokale
Anström-Mach-Zahlen das „Fangflächenverhältnis“ A0/AC. bzw. das Massenstromver-
hältnis ṁ0/ṁc dargestellt. Dazu ist der Arbeitsbereich gekennzeichnet und die resultie-
renden Totaldruckverluste sind über den gesamten Einlauf eingetragen.
Für eine lokale Anström-Mach-Zahl zum Beispiel von M0 = 3 (entspricht etwa einer
Flug-Mach-Zahl von 3,3) ist der Verlauf der Hals-Mach-Zahl Mthroat (throat) abhängig
von der Einlaufhalsfläche Athroat von Interesse.
Wird Athroat zu klein, blockiert der Einlaufhals im kritischen Zustand. Hals-Mach-
Zahlen zwischen 1,0 und 1,4 können in der Praxis nur schwer stabilisiert gehalten
werden, so dass im Flug die Halsfläche so eingestellt werden muss, dass Mthroat = 1,4
erreicht wird. Durch eine höhere Hals-Mach-Zahl ergibt sich jedoch auch eine höhere
Strömungsgeschwindigkeit vor dem abschließenden Verdichtungsstoß.
Der aufgefangene Massenstrom wird in der Regel begrenzt durch die Überschallströ-
mung an der Einlauflippe. Im unterkritischen Einlaufbetrieb („Unstart”) jedoch begrenzt
der Halsquerschnitt den Massenstrom (Abb. 8.8-9).
836 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

1.0

Fangflächenverhältnis A0 / AC
µ

0.8 überkritischer Einlauf

0.6
Tendenz zum Unstart
0.4

0.2 unterkritischer Einlauf

0.0
0.2 0.4 0.6 0.8
Einlauf-Druckverhältnis total

Abb. 8.8-9  Einlauf-Fangflächenverhältnis A0/AC über dem Einlauf-Druckverhältnis ΠEinlauf für


eine hier ausgewählte Einlauf-Anström-Mach-Zahl von M0 = 3

Überschreitet der aufgefangene Massenstrom den geforderten Massenstrom nach-


haltig, so bricht das interne Stoßsystem zusammen, es findet ein Massenausgleich über
ein Unterschallgebiet vor der Einlauflippe statt. Ein Teil der theoretisch aufnehmbaren
Stromröhre fließt als Überlauf an der Lippe vorbei („Spillage“). Durch den abgelösten
Verdichtungsstoß bereits vor der Einlauflippe steigt der statische Druck an der Trieb-
werksaußenseite stark an.
Abhängig von der Lage und Stärke des bogenförmigen Verdichtungsstoßes ergeben sich
mitunter sehr große Oberflächenkräfte mit Auftrieb und Widerstand aufgrund des starken
Anstiegs des statischen Drucks nach dem Stoß. Der tatsächlich aufgefangene Massenstrom
bei einer hier ausgewählten Anström-Mach-Zahlen M0 = 3.0 ist in Abb. 8.8-9 in Form des
Fangflächenverhältnisses A0/AC über dem Einlauf-Druckverhältnis (Totaldruck) aufgetragen.
Es sind jeweils zwei Bereiche erkennbar: Zum einen der Bereich des gestarteten, also
überkritischen Betriebszustandes, mit in der Regel höherem Massendurchsatz, zum
anderen der blockierte, also unterkritische Zustand mit einer Hals-Mach-Zahl von
Mthroat = 1 (Kap. 3).

Rampendüse  Im Gegensatz zum Einlauf kann hier die Schubdüse in einer Syntheserech-
nung durch eine Kennfelddarstellung beschrieben werden. Mit entsprechenden CFD-
Methoden stehen Werkzeuge zur Verfügung, die eine Berechnung der Düsenkennfelder mit
für die Triebwerksleistungsrechnung ausreichender Genauigkeit erlauben. Diesen Verfah-
ren muss jedoch wegen des damit verbundenen Aufwandes bei der Gittergenerierung und
wegen des Rechenzeitbedarfs die Bestimmung einzelner Betriebspunkte vorbehalten bleiben.

SERN-Schubdüse (Single Expansion Ramp Nozzle)  Die Schubdüse von Hyperschallan-


trieben bei Raumtransportern muss einen weiten Arbeitsbereich abdecken. Das Düsen-
druckverhältnis variiert zwischen etwa 3 beim Start und bis zu 100 bei der Stufentrennung
bei M0 = 4,0. Praktikable Flächenverhältnisse lassen sich unter Ausnutzung des Rumpf-
hecks als Expansionsrampe erzielen, wie dies im Konzept der einseitig expandierenden
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 837

Abb. 8.8-10  CFD-Rechnung für eine SERN-Schubdüse [Bau94, Kop00, Ric05] mit Zufuhr eines
Diverter-Luftstroms zur abgestimmten Anpassung der Heißgasabströmung

Rampendüse der Fall ist. Das Rumpfheck bildet dabei die obere Düsenkontur, der untere
Strahlrand stellt sich frei dem Betriebszustand entsprechend ein (Abb. 8.8-10).
Nachteil einer solchen Rampendüse ist die Richtungsvariation, die der resultierende
Kräftevektors, der Bruttoschubvektor, auf das Kontrollvolumen insbesondere im Teillastbe-
trieb durch die asymmetrische Geometrie ausübt (Abb. 8.8-11). Das für große Flug-Mach-
Zahlen und Düsendruckverhältnisse ausgelegte Abströmvolumen kann insbesondere im
Transschall und bei Teillast bei niedrigeren Düsendruckverhältnissen nicht genügend durch
den Triebwerksmassenstrom gefüllt werden. Dies führt zu niedrigen Schubbeiwerten in axi-
aler Richtung und unerwünschten abwärtsgerichteten Schubkräften. Die Bruttoschubvek-
torwinkel β können in der gewählten Konfiguration Abweichungen von bis zu über ± 20°
gegenüber der Triebwerksachse erreichen. Der negative Winkel des Bruttoschubvektors
erreicht im transsonischen Flug-Mach-Zahlbereich betragsmäßig seinen Maximalwert.
Besonders bei hohen Flug-Mach-Zahlen haben kleine Änderungen der Düsencharak-
teristik und Düsenanströmung beispielsweise aufgrund geringer Änderungen im Durch-
satz großen Einfluss auf den installierten Nettoschub. Vor allem Expansionsverluste und
der steigende Widerstand der unteren Düsenlippe wirken sich negativ auf die Gesamt-
leistung aus, was sich in einer reduzierten Steuerbarkeit des Systems widerspiegeln kann.
Durch die Zuführung des im Einlaufsystem entnommenen Divertermassenstroms
(Abb. 8.8-8) kann die Leistung der Düse und deren Charakteristik deutlich verbessert
werden [Hol97, Kop00, Ric05].

Analyse des Betriebsverhaltens des HTSM-4-Antriebes Bei Studien zu dem in der


Zelle integrierten Antriebssystem zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit des Nettoschub-
vektorwinkels und des Antriebsmoments von der Schubforderung. Wegen der großen
Bedeutung für den Kräfte- und Momentenhaushalt des gesamten Fluggerätes muss die-
ses für integrierte Antriebssysteme charakteristische Verhalten in Untersuchungen zur
Flugmechanik berücksichtigt werden. Insbesondere spielt auch das Regelsystem bei
838 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

10,0
β [°] SERN-Schubdüse

0,0 zu erwartender
Winkelbereich

Bruttoschub-Vektorwinkel
β

-10,0

-20,0
FB

-30,0
β
B
s
c
h
u
b
tv
ro
w
k
ile
°n

Bruttoschubvektor
-40,0
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0
Flug-Mach-Zahl M0

Navier Stokes CFD-Rechnung [TASCFLOW]

Abb. 8.8-11  Schubdüsen-Kennfeld einer SERN-Düse bei verschiedenen Flugmachzahlen. Bestim-


mung des Winkels β mit CFD-Rechenverfahren

solchen komplexen Fluggeräten eine zentrale Rolle. In Abb. 8.8-3 wurde bereits schema-
tisch das Zusammenspiel der betroffenen Einzeldisziplinen gezeigt.

8.8.2.4 Betriebsverhalten des gesamten Antriebssystems


Das Referenztriebwerk des HTSM wird im Ramjetbetrieb bei stöchiometrischer Aufheizung
betrieben, solange die maximal zulässige Temperatur von 2800 K nach der Ramjet-Brenn-
kammer nicht überschritten wird. Darüberhinaus wird zusätzlich Wasserstoff als Brennstoff
eingespritzt, so dass eine überstöchiometrische Verbrennung mit wieder abnehmenden Tem-
peraturen die Folge ist. Das Turbotriebwerk hat dabei eine maximale Brennkammer-Austritt-
stemperatur TET von 1850 K, im Nachbrennerbetrieb ab einer Flug-Mach-Zahl von 0.9 wird
im Nachbrenner maximal stöchiometrische Verbrennung zugelassen [Hol97, Kop00, Ric05].
Im Auslegungspunkt A des Turbotriebwerks in einer Höhe von 10 km und bei einer
Flug-Mach-Zahl von etwa 1,2 wird pro Triebwerk ein Nettoschub von 260 kN in x-Rich-
tung gefordert. Dabei wird das Turbotriebwerk auf einen Massenstrom von 279 kg/s
dimensioniert. Die mechanische Rotordrehzahl wird für die Syntheserechnung bei Voll-
last derart geregelt, dass die mit der Verdichter-Eintrittstemperatur reduzierte Drehzahl
(repräsentativ für die aerodynamischen Lasten des Verdichters) den im Auslegungs-
punkt des Turbotriebwerks ermittelten Wert nicht überschreitet.
Das Schubminimum im transsonischen Mach-Zahlbereich stellt sich als Folge der
im Transschall anwachsenden Widerstandskomponenten und des niedrigen Staudruck-
niveaus ein. Mit ansteigender Flug-Mach-Zahl in einer Flughöhe von 10 km und ab der
Flug-Mach-Zahl 1,64 im Steigflug bei konstantem Staudruck nimmt der Nettoschub stark
zu. Der Maximalwert stellt sich mit dem Erreichen der isothermen Tropopause in 11 km
Höhe bei M0 ≈ 1,75 ein. Bis zu diesem Bereich kann die Auswirkung der mit der Flug-
Mach-Zahl anwachsenden Totaltemperatur am Verdichtereintritt auf das Verdichter-
druckverhältnis durch die sinkende Umgebungstemperatur und eine gleitende Erhöhung
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 839

der mechanischen Drehzahl auf 105 % kompensiert werden. Über dieser Flugmachzahl
fällt der Nettoschub mit dem Druckverhältnis des Verdichters. Mit zunehmendem Total-
druck vor dem Fluggerät wird der Schubabfall abgeschwächt. Ab etwa Mach 2.9 führt dies
zu einem leicht anwachsenden Nettoschub. Bei M0 ≈ 3,2 erreicht die Verdichteraustritts-
temperatur den Grenzwert 1000 K. Der Schubverlauf über dieser Mach-Zahl spiegelt die
nötige Drosselung des Turbotriebwerks durch Drehzahlabsenkung wieder.
In Abb. 8.8-12 sind beispielhaft im in der Syntheserechnung verwendeten skalierten
LP-Verdichterkennfeld hervorgehobene Betriebspunkte einer Flugmission mit der Flug-
bahn entsprechenden Flug-Mach-Zahlen M0 eingetragen. Deutlich ist hier zu sehen, wie
mit steigenden Flug-Mach-Zahlen in den verschiedenen Flughöhen die Betriebspunkte
im Teillastgebiet des Kennfeldes verlaufen (z. B. Abschn. 8.3).
Im Ramjetbetrieb wird der Schubverlauf durch das Betriebsverhalten des Einlaufs
und die Missionsvorgaben für Flughöhe und Anstellwinkel dominiert. Eine Ausnahme
bildet der Bereich bei niedrigen Flug-Mach-Zahlen. Wegen des hier noch relativ niedri-
gen Druckverhältnisses über Vorverdichtung und Einlauf kann das Ramjet-Triebwerk
den vom Einlauf gelieferten Massenstrom nicht verarbeiten, es muss ein Teilmassenstrom
durch das Einlauf-Bypasssystem abgeführt werden. Begrenzend wirkt die maximal mög-
liche Öffnung des Düsenhalses bei geöffnetem Diverter unterhalb einer Flug-Mach_Zahl
von 3,5. Bei geschlossenem Diverter ist dies unter einer Flug-Mach-Zahl von 4 der Fall.
In Abb. 8.8-13 sind die Kennfelder für Vollschub (Nettoschub) im Turbobetrieb und
im Ramjetbetrieb jeweils für einen Flugzeug-Anstellwinkel von 6° dargestellt. Als Para-
meter ist der für die Flugmechanik bedeutende Winkel des Nettoschubvektors eingetra-
gen. Neben den Kraftkomponenten ist für die Flugmechanik auch das Abtriebsmoment
um die Querachse und eine Angabe über Brennstoffverbrauch von großer Bedeutung.
Beim Betrieb des HTSM-6R-Kombinationstriebwerks sind für bestimmte Parameter
Grenzwerte zu beachten. Beim hier betrachteten Referenztriebwerk sind als Mindestsatz
folgende Betriebsgrenzen gegeben:
Brennkammerdruck: Mit steigenden Werten für Flug-Mach-Zahl und Staudruck
wächst der Totaldruck im Triebwerksinneren an. Er darf einen, von der Strukturausle-
gung vorgegebenen Wert nicht überschreiten.
Flugzeuganstellwinkel: Ein Hineinlaufen der äußeren Verdichtungsstöße in den
Einlauf ist zu vermeiden. Entsprechend existiert für jede Flug-Mach-Zahl größer als die
maximale Einlaufanström-Mach-Zahl ein minimaler Anstellwinkel, bei dem diese maxi-
mal zulässige Anström-Mach-Zahl des Einlaufs nach der Vorverdichtung erreicht wird.
Totaltemperatur: Im Ramjetbetrieb sollte eine vorgegebene Maximaltemperatur
in der Brennkammer nicht überschritten werden. Eine Reduktion der Schubforde-
rung und damit des Stöchiometrieverhältnisses führt in diesem Fall zur Erhöhung der
Verbrennungstemperatur.
Neben den Volllast-Betriebszuständen des Kombinationsantriebs muss für eine Opti-
mierung des Gesamtsystems Raumtransporter HST auch das Teillastverhalten bekannt sein.
Vor allem bei Flugmanövern wie Start und Steigflug sowie bei Oberstufen-Absetzmanövern
oder beim Rückflug zum Startplatz sind Teillastzustände des Triebwerks zu beachten.
840 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

2,6
Niederdruck-Verdichter LPC
LPC Volllast-Betriebspunkte bei M0 während
2,4
Raumtransporter-Aufstiegsbahn
Auslegungspunkt bei M0=1,2
2,2
Druckverhältnis LPC

M0=1,2=M0,A
2,0

1,8 M0=1,8

1,6 M0=2,4
M0=3,0
1,4
M0=3,6 120
M0=4,0 100
1,2 90
80 nred,rel [%]
1,0 70
60
50

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2


red. rel. Durchsatz
Abb. 8.8-12  Verlauf der Betriebspunkte im Niederdruck-Verdichterkennfeld während des
Aufstiegs bei Volllastbetrieb. Auslegungspunkt A bei M0 = 1,2 [Hol95b]

Bei der hier gegebenen Triebwerkskonfiguration sind im Turbobetrieb zwei Stellgrö-


ßen zur Lastregelung denkbar: Das geforderte Schubniveau kann über die Vorgabe des
Brennstoffstromes im Nachbrenner und über die Drehzahl der Turbokomponenten ein-
gestellt werden.
Zur verbrauchsminimalen Drosselung sollte zunächst die Brennstoffzufuhr im Nach-
brenner und erst bei weiter fallender Schubanforderung, oder bei abgeschaltetem Nach-
brenner, die Drehzahl reduziert werden. Der Winkel des Nettoschubvektors lässt sich im
Turbobetrieb bei gegebener Schubforderung nur geringfügig über die Wahl der Stellgrö-
ßen beeinflussen.
Im Ramjetbetrieb kann der Nettoschub über die Brennstoffzugabe und über eine
Variation des Triebwerksmassenstroms durch die Verstellung der Einlauf-Rampenwin-
kel eingestellt werden. Wie schon im Turbobetrieb ergibt sich als günstigste Variante die
Schubdrosselung über eine Reduktion der Brennstoffzufuhr. Im Unterschied zum Tur-
bobetrieb ist eine deutliche Abhängigkeit des Nettoschubvektorwinkels von der Wahl
der Regelgrößen festzustellen. In beiden Fällen des Turbo- und Ramjetbetriebs zeigt sich
eine deutliche Abhängigkeit des Nettoschubvektorwinkels und des Antriebsmoments
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 841

Anstellwinkel Flugzeug
konstant 6°
700
Flugzeu ganste llwinke l
[kN] konstant 6°
10 km 12 km
600 Höhe = 8 km
max

S
Sta
tauuddrruuck
[kN]

ck q 14 km
500 q==7700 kPa
k Pa
Net,

16 km
FNET,XF,max

5
50 k0 kPa
400 Pa
Nettoschub
Nettoschub

300 18 km
30 kkP
Paa
200

15°
15°
12.5°

17.5°
10°
100

20°
10°

20°
7.5°



2.5°

-5°
-2.5°
-5°

Vektorwinkel βσ
-10°

Nettoschub
-20°
-15°

Ne ttoschubvektorwinkel
-20°

0
1.5
1,5 2.0
2,0 2.5
2,5 3.0
3,0 3.5
3,5
Flug-Mach-Zahl M0
Nettoschub-Kennfeld
Turbofan-Betrieb Volllast MUSYN
Vollast-Nettoschubkennfeld - Turbobetrieb
500
FNet,max 20km
20 km 22
22 km
km 24km
24 km Flugzeuganstellwinkel
Anstellwinkel Flugzeug
Höhe=18
Höhe =18 km
km konsta nt 6°
konstant 6°
[kN]
400 10 26 26 km
km
FNET,X,max [kN]

1
99 00MPk
StaSutadur 80 0000
8 Pa a
du ckckq=q7
ru 770 000 k kP k 28
28km
km
=0 000 P a
kPk kPaa
Nettoschub

5 0kkPPa
a Pa a
300
30 km
30 km
Nettoschub

Stau
30 kPa
druck q=30
200 kPa 32 km
km
34 km
34 km
36 km
36 km
100
18°
19°

38
38 km
km
20°
21°

Nettoschub-
18°
23 °
24°

19°
28°
27°
26°
25°

22°

21°
20°

Nettoschubvektorwinke σ= Vektorwinkel β
0
4.0 5.0 6.0 7.0
4,0 5,0 6,0 7,0
Flugmachzahl
Nettschub-Kennfeld Flug-Mach-Zahl M
Festigkeitsgrenze0 Staubrennkammer - Druck
Ramjet-Betrieb Volllast Festigkeitsgrenze Staubrennkammer Druck [kPa]

Abb. 8.8-13  a Nettoschub-Vollast-Kennfeld im Turbofan-Betrieb bis M0 ≈ 3 bis 4 hier bei kon-


stantem Flugzeug-Anstellwinkel von 6°. Angabe ausgewählter Werte der Schub-Anforderungen
während einer typischen Aufstiegsbahn eines 2-stufigen Raumtransporters (TSTO). b Nettoschub-
Vollast-Kennfeld im Ramjet-Betrieb bis M0 ≈ 6 bis 7. Angaben analog Bild a [Kop00, Ric05]
842 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

Normaler Einlaufbetrieb

FI F Net FN
F Nac M 0= 5
(a) Normalbetrieb

FI FN
F Nac F Net

(b) Verlöschen der Brennkammer

Einlauf - choking

FN
F Nac M 0= 5
FI
F Net

(c) „Choking“ Einlaufgestört

Abb. 8.8-14  Kräftebilanzierung („Bookkeeping“) am Antriebssystem bei verschiedenen Betriebs-


fällen und einer Machzahl von 6 sowie einem Anstellwinkel von 5,8 Grad: a Maximalschub im
Nominalbetrieb. b Betrieb mit Ausfall der Brennstoffzufuhr. c Einlauf-”unstarted” mit einem Mas-
senstrom-Durchsatzm = 20 % [Esc96, Hol97, Kop00, Ric05]

von der Schubforderung. Wegen der großen Bedeutung für den Kräfte- und Momenten-
haushalt des Fluggerätes muss dieses für integrierte Antriebssysteme charakteristische
Verhalten in Untersuchungen zur Flugmechanik berücksichtigt werden.

8.8.2.5 Störfall-Simulation eines Raumtransporter Antriebssystems


Für den Nachweis der Machbarkeit des hier vorgestellten Hyperschall-Transportsystems
HTSM ist es nicht ausreichend, nur reguläre Betriebszustände zu untersuchen. So kön-
nen z. B. beim Triebwerksausfall recht große Querkräfte erzeugt werden, die die Steuer-
barkeit des Fluggerätes erheblich beeinträchtigen können.
Bei hohen Flug-Mach-Zahlen erscheint ein Triebwerksausfall wegen der auftretenden
großen aerodynamischen Lasten besonders kritisch. Der Spielraum zum Ausgleich des
Momentenhaushalts bei Fehlersituationen nimmt wegen der fallenden Ruderwirksam-
keiten bei großen Mach-Zahlen und großen Höhen ab. Aus diesem Grund wurden bei
Flug-Mach-Zahl 6 typische Fehlersituationen untersucht (Abb. 8.8-14). Der Ausfall der
Aufheizung in einer Brennkammer (flame out) stellt im Ramjetbetrieb einen relativ ein-
fach zu modellierenden und zu simulierenden Störfall dar.
Das Kräftesystem des Antriebes kann mit den hier vorgestellten Simulationsmetho-
den bei regulärem Einlaufbetrieb realistisch ermittelt werden. Eine Verstärkung des
8.8  Antriebe für Hyperschall-Raumtransporter HST 843

Schwierigkeitsgrades zur Bestimmung des Störverhaltens ergibt sich, wenn z. B. durch
einen Fehler in der Regelung der Düsenhalsfläche der Einlauf so stark angedrosselt wird,
dass der abschließende senkrechte Verdichtungsstoß vor den Einlauf gedrückt wird. Die
Fehlersituation des „unstarted inlet“ wurde hier in dem vorgestellten HTSM – Projekt
mit einem Navier–Stokes-Verfahren untersucht.
Abbildung 8.8-14 zeigt das resultierende Kräftesystem für den regulären Triebwerks-
betrieb und für Beispiele der untersuchten Triebwerksstörungen. Da bei ausgestoßenem
senkrechtem Verdichtungsstoß die Druckverteilung an der unteren Triebwerksverkleidung
große Veränderungen erfährt, wurde der Antriebskontrollraum entgegen der üblichen
Konvention für die Untersuchung des Triebwerksausfalls um diese Fläche erweitert.
Bei erloschener Brennkammer und regulärem Einlaufbetrieb bleiben die Einlaufkräfte
unverändert, das Triebwerk produziert Auftrieb und Widerstand. Auch der „kalte“ Fluid-
strom ist aufgrund des großen Druckverhältnisses in der Lage, das Abströmvolumen der
Schubdüse aufzufüllen. Bei nicht gestarteter Einlaufströmung mit 90 % Luftmassenstrom
erfahren die Kräfte und das Moment nur relativ kleine, bei 20 % Luftmassenstrom verhält-
nismäßig große Veränderungen. Die Änderung der Einlaufkraft hat wegen des geringen
Hebelarms zum Schwerpunkt nur einen mäßigen Einfluss auf das Abtriebsmoment. Der
stark reduzierte Massenstrom führt zu einer überexpandierten Düsenströmung. Das resul-
tierende Stoßsystern in der Schubdüse liefert einen großen kopflastigen Momentenbeitrag.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[ACA89B] Academie Nationale de l’Air et de l’Espace: European Symposium on Future Super-


sonic Hypersonic Transportation Systems, Strasbourg, 6.–8. Nov 1989. ISBN
2.85428.2698 (1989)
[AGA76] AGARD (1976) Variable Geometry and Multicycle Engines, AGARD-CP-205, 48th
Meeting, Paris
[AGA81] AGARD: Aerodynamics of Power Plant Installation. North Atlantic Treaty Organisa-
tion. AGARD-XP-301 (1981)
[Alb94] Albers, M., Hertel J., Schaber R.: Antriebskonzepte für zukünftige Überschallverkehrs-
flugzeuge. MTU-Focus 2/94, S. 16–20, ISSN 0935-8099 (1994)
[Arn07] Arndt, N.: Environmentally friendly aero-engines for the 21st century. In: 1st CEAS
European Air and Space Conference (CEAS-2007), Berlin (2007)
[Bai98] Bailey, M.W., Long, L.L., Herbert, J.G.: Design to cost and manufacturing process
considerations – session 2. In: RTO Lecture Series 211 „Integrated Multidisciplinary
Design of High Pressure Compressor Systems“, Sept. 1998
[Bar97] Bareis, B.: Beitrag zur Optimierung luftatmender Kombinationstriebwerke für eine
Hyperschall-Beschleunigungsmission, Fortschritt-Bericht VDI Reihe 7 Nr. 323, VDI-
Verlag, Düsseldorf. Dissertation, Universität Stuttgart (1997)
[Bau05] Bauer, M.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren zur automatisierten modellba-
sierten Leistungsanalyse von Gasturbinen. Dissertation, Universität Stuttgart (2005)
844 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

[Bau92] Bauerfeind, K.: Der gesteuerte Nachbrennerbetrieb beim Tornado-Triebwerk RB 199,


ZFW 16 (1992)
[Bau93] Bauer, A., Ludäscher, M., Rick, H.: Leistungsrechnung und Simulation des Betriebs-
verhaltens von Antriebssystemen für Hyperschallflugzeuge. DGLR-Tagung Göttingen,
DGLR-93-03-079 (1993)
[Bau94] Bauer, A.: Betriebsverhalten luftatmender Kombinationstriebwerke für den Hyper-
schallflug unter besonderer Berücksichtigung der Triebwerksintegration. Dissertation,
TU München (1994)
[Bau99B] Bauerfeind, K.: Steuerung und Regelung der Turboflugtriebwerke. Birkhäuser Verlag,
Basel (1999)
[Bea91]  Beach, H.L.: Prospects für future hypersonic air-breathing vehicles. In: ISABE
91-7001, 10th International Symposium on Air Breathing Engines, Nottingham, 1.–6.
Sept 1991
[Bil93] Billig, F.S.: Research on supersonic combustion. J. Propul. Power 9(4), 499–514 (1993)
[Bir00] Birch, N.T.: 2020 Vision: The Prospects for Large Civil Aircraft Propusion, Advanced
Propulsion System Design. Rolls-Royce plc, Derby (2000)
[Boc07] Bock, S., Horn, W., Wilfert, G., Sieber, J.: Active core technology within the NEWAC
research program for cleaner and more efficient aero engines. In: 1st CEAS European
Air and Space Conference, Berlin, CEAS-2007-055 (2007)
[Bod96B] Bodemer, A., Laugier, R.: L’ATAR et tous les moteurs à réaction francais. Edition J.D
Reber-Riquewihr. ISBN 2-9510745-0-6 (1996)
[Bog04] Boggia, S., Rüd, K.: Intercooled Recuperated Aero Engine, MTU Aero Engines, Mün-
chen (2004)
[Bor10] Borm, O., Balassa, B., Barthmes, S., Fellerhoff, J., Kührmann, A., Kau, H.-P.: Demons-
tration of an aerodynamic design process for turbomachines using open source soft-
ware tools GT2010-22194. In: ASME Turbo Expo 2010, Glasgow (2004)
[Bou98] Bouchez, M., Falempin, F., Levine, V., Davidenko, D., Avrashkov, V.: Airbreathing
Space Launcher Interest of a Fully Variable Geometry Propulsion System. AIAA-98-
3728, 34th AIAA/ASME/SAE/ASEE Joint Propulsion Conference & Exhibit, Cleve-
land (1998)
[Boy11] Boyce, R.: Hypersonic airbreathing propulsion research in Australia towards scram-
jet-based access-to-space systems. In: XX International Symposium on Air Breathing
Engines ISABE, Gothenburg (2011)
[Bra04] Brandstetter, A.: Betriebsverhalten einer Dualmodus-SCRamjet-Modellbrennkammer
mit Wasserstoffverbrennung. Dissertation, TU München (2004)
[Bra79] Braig, W., Riegler, C., Schulte, H.: Comparative analysis of the windmilling perfor-
mance of turbojet and turbofan engines. J. Propul. Power 15(2) (1979)
[Bre98] Brehm, N., Schilling, T.: Emissionsanforderungen an zukünftige Flugtriebwerke aus
heutiger Sicht. In: DGLR-Jahrestagung, Bremen (1998)
[Bro05] Broichhausen, K.D., Ziegler, K.U.: Supersonic and Transonic Compressors: Past, Sta-
tus and Technology Trends. ASME Paper GT2005-6 9067 (2005)
[Bro98] Brown, F.A.: Dryden and the Hyper-X Program. NASA Dryden Flight Research Cen-
ter, California (1998)
[Cla08] Claus, R.W., Lavelle, T., Townsend, S., Turner, M.: Coupled high-fidelity engine sys-
tem simulation. In: 26th ICAS-Congress (2008)
[Cla91] Claus, R.W. et al (1991) Numerical propulsion system simulation NPSS. Comput. Syst.
Eng. 2(4) (1991)
[Cla92] Claus R,W., Evans, A.L., Follen, G.J.: Multidisciplinary Propulsion Simulation Using
NPSS. AIAA-92-4709 (1992)
Literatur 845

[Dan83] Daniele, C.J., Krosel, S.M., Szuch, J.R., Westerkamp, E.J.: Digital Computer Program for
Generating Dynamic Turbofan Engine Models (DIGTEM). NASA TM-83446 (1983)
[Dir93] Dirmeier, S.: Thermofluiddynamik des idealen Vergleichsprozesses für Staustrahlan-
triebe mit und ohne Kühlung. Dissertation, TU München (1993)
[Dro07] Dron, S.: Toward ACARE 2020: Innovative engine architectures to achieve the Envi-
ronmental goals?. In: 1st CEAS European Air and Space Conference CEAS-2007-
053, Berlin (2007)
[Dus88] Dusa, D.J.: Engine Integration with Aircraft Exhaust Nozzle systems. Aero-Propul-
sion Short Course, University of Tennessee, Space Institute (1988)
[Eck91] Eckardt, D.: Future engine esign trade offs. In: ISABE l0th International Symposium
on Air Breathing Engines, Nottinghain (1991)
[Els92] Elston, S.B.: Evolution of the GE90 Composite Fan. GE Aircraft Engines Publication
(1992)
[Eng07] Engber, M., Rüd, K., Ardey, S., Gier, J., Waschka, A.: Advanced Technologies for
Next Generation Regional Jets. ISABE-2007-1282 (2007)
[Eng07] Engber, M., Rüd, K., Ardey, S., Gier, J., Waschka, W. (2007): Advanced Technolo-
gies for Next Generation Regional Jets – Survey of Research Activities at MTU Aero
Engines, ISABE Paper ISABE-2007-1282
[Eps11] Epstein, A.: Long term trends for sustainable commercial air transport: evolution
vs. innovation (P&W). In: XX International Symposium on Air Breathing Engines
ISABE (2011)
[Esc96] Esch, Th.: Zur Integration des Antriebs in ein Hyperschallflugzeug unter besonderer
Berücksichtigung der Kräftebilanzierung. Dissertation, TU München (1996)
[Eva98] Evans, A., Follen, G., Naiman C., Lopez, I.: Numerical Propulsion Systems Simulation’s
National Cycle Program. In: AIAA-98-3113, 34th AIAA/ASME/SAE/ASEE Joint Pro-
pulsion Conference & Exhibit, Cleveland, 13.–15. July 1998. Fanmodelle und Analyse
vorliegender Versuchsergebnisse, DGLR 89 120, Deutscher Luft und Raumfahrt Kon-
greß 1989, Hamburg, Jahrbuch der DGLR
[Fer69] Ferri A. (1969) Supersonic Combustion Technology. AGARDograph 120
[Fis72] Fishbach, L.H., Koenig, R.W.: GENENG II – A Program for Calculating Design and
Off-Design Performance of Two- and Three-Spool Turbofans with as Many as Three
Nozzles. NASA TN D-6553 (1972)
[Fis75] Fishbach, L.H., Caddy, M.J.: NNEP – The Navy/NASA Engine Program. NASA TM-
X-71857 (1975)
[Fri05] Frischbier, L., Kraus, A.: Multiple stage turbofan bird ingestion analysis with ALE
and SPH methods. In: ISABE Symposium on Airbreathing Engines, Munich, Paper
2005 1016 (2005)
[Fro11] Frota, J.: Aircraft concepts for the future (airbus). In: XX International Symposium
on Air Breathing Engines (ISABE), Gothenburg (2011)
[Fuh08] Fuhrmann, T., Kau, H.P.: 1D und 3D-Simulationen zur Leistungsvorhersage von
SCRAMJET-Antriebssystemen. In: DGLR Jahrestagung, Darmstadt (2008)
[Fuh09] Fuhrmann, T.: Auslegung und Betriebsverhalten von SCRamjet-Antriebssystemen
für Raumtransporter-Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München. ISBN 978-
3868532371 (2009)
[Fuh10] Fuhrmann, T., Kau, H.P.: Validation of CFD-simulations for a supersonic combus-
tion chamber using ANSYS. In: CFX ANSYS Conference and 28th CADFEM Users
Meeting, Aachen (2010)
[Gar11] Garnier, V.: Aero engines of the 21st century evolution or revolution ? (SNECMA). In:
XX International Symposium on Air Breathing Engines ISABE, Gar11, Sweden (2011)
846 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

[Gas76] Gasparovic, N.: Das Zweistromtriebwerk bei optimaler und nicht-optimaler Ausle-
gung. Forsch. Ing.-Wesen 42(5) (1976)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2010)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2005)
[Gei87] Geidel, H.A.: Improved agility for modern fighter aircraft. Part 11: Thrust vectoring
engine nozzles. In: 8th International Symposium on Air Breathing Engines ISABE
87-7062, Cincinnati (1987)
[Gei89] Geidel, H.A., Eckardt, D.: Gearless CRISP the logical step to economic engines for
high thrust. In: ISABE 9th International Symposium on Air eathing Engines ISABE
89– 7116, Athens (1989)
[Gei92] Geidel, H.A.: Schubvektorvariable Turbofantriebwerke integiert in Hochleistungs-
flugzeuge. Seminarvortrag, TU München (1992)
[Gon08] Gonser, H.: Untersuchungen zum Einsatz von Wärmetauschern in zivilen Turbo-
flugtriebwerken. Dissertation, Universität Stuttgart (2008)
[Gou11] Goulain, M.: Evolutionary and revolutionary approach for new engines in clean sky
(CLEANSKY). In: XX International Symposium on Air Breathing Engines ISABE,
Gothenburg (2011)
[Grä10] Gräter, F., Staudacher, S., Weißschuh, M.: Unterstützung des Triebwerk-Monito-
rings durch eine modellbasierte Alterungsvorhersage, DLRK2010-161158, DGLR-
Kongress, Hamburg (2010)
[Gra82] Grasmann, K.: Die modernen Flugtriebwerke. Verlag E.S. Mittler & Sohn, Herford
(1982)
[Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser Verlag, Basel (2004)
[Gri86] Grieb, H., Eckardt, D.: Turbofan and Propfan as Basis for Future Economic Propul-
sion Concepts. AIAA/ASME/SEA/ASEE 22. Joint Propulsion Conference, Huntsville
Alabama, June 16.–18., AIAA Paper No. 86 1474 (1986)
[Gup80] Gupta, P.C.: Advanced Olympus for Next Generation Supersonic Transport Aircraft.
SAE-Paper (1980)
[Hab90] Habrard, A.: The variable-cycle engine to meet the economic and environmen-
tal challenge of the future supersonic transport aircraft. Rev. Sci. Snecma 1, 25–36
(1990)
[Har67] Hartmann, A.: Theory and Test of Flow Mixing for Turbofan Engines. AIAA
67–416, AIAA 3rd Propulsion Joint Specialist Conference, Washington (1967)
[Hei83] Heinig, K., Kennepohl, F.: Theoretische Untersuchung zur Verminderung der tief-
frequenten Nachbrennerinstabilität, MTU Technischer Bericht 83/041 (1983)
[Hei93a] Heitmeir, F., Schmitt-Thomas, K.G., Dietl, U.: Hypersonic Propulsion. Challenges
in Design and Materials. 2nd SPACE COURSE on Low Earth Orbit Transportation,
München 11.–22. Oct 1993
[Hei93b] Heiser, W.H., Pratt, D.T.: Hypersonic Airbreathing Propulsion, AIAA Education
Series (1994)
[Hem07] Hemmer, H., Otten, T., Plohr, M., Lecht, M., Döpelheuer, A.: Influence of the Bypass
Ratio on Low Altitude NOx Emissions. German Aerospace Center (DLR), Institute
of Propulsion Technology (2007)
[Hen11a] Henne, J.: Turning technology into products (MTU aero engines). In: XX Internatio-
nal Symposium on Air Breathing Engines ISABE, Gothenburg (2011)
[Hen11b] Henne, J.: Turning Technology into Products. MTU Aero Engines. Invited Lecture,
20th ISABE Conference, Gothenburg (2011)
Literatur 847

[Hen12B] Henne, J.: Technologie und Entwicklung von Triebwerken dernächsten Generation.
Vorlesung, TU München (2012)
[Her87] Hermann, O., Rick, H.: Auslegung und Integration luftatmender Antriebssysteme
von Raumtransporter-Hyperschallflugzeugen. DGLR-Jahrestagung, 87–103, Berlin
(1987)
[Her91] Herrmann, O., Rick, H.: Propulsion Aspects of Hypersonic Turbo-Ramjet-Engines
with Special Emphasis on Nozzle/Afterbody Integration. ASME, 91-GT-395, Orlando
(1991)
[Her96] Herrmann, O.: Airbreathing Propulsion Activity Report, FESTIP B2/SCT Discipline
Report WP4010 (1996)
[Hic93] Hicks, J.: Flight Testing of Airbreathing Hypersonic Vehicles. 2nd SPACE COURSE
on Low Earth Orbit Transportation, München, 11.–22. Okt. 1993
[Hic99] Hicks, J.W.: NASA Dryden Flight Research Contributions to Space Access Technology
Development, Vortrag innerhalb des Sonder-forschungsbereichs 255, TU München,
27. Januar 1999
[Hie84] Hienz, E., Vedova, R.: Requirements, Definition and Preliminary Design for an Axi-
symetric Vectoring Nozzle to Enhance Aircraft Maneuverability. AIA-A 84-1212,
AIAA/SAE/ASME 20th Joint Propulsion Conference, Cincinnati (1984)
[Hir98] Hirschel, E.H., Kuczera, H.: The FESTIP Technology Development and Verification
Plan. AIAA 98-1567, AIAA 8th International Space and Hypersonic Systems and
Technologies Conference, Norfolk, 27.–30. April 1998
[Hod94] Hodder, S.D.: A comparison of possible powerplants for a second generation super-
sonic transport aircraft. In: 7. European Aeroengine Conference (1994)
[Hol95a] Hollmeier, S., Esch, Th., Hermann, O., Rick, H.: Propulsion/aircraft integration and
dynamic performance of hypersonic TSTO vehicles. In: 12th International Sympo-
sium on Airbreathing Engines ISABE, Melbourne (1995)
[Hol95b] Hollmeier, S., Rick, H., Rupp, O.: Universelle Leistungssynthesrechnung MUSYN
von Gasturbinen und Flugantrieben. Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München, LFA-
HoRiRu-6/95 (1995)
[Hol95] Hollmeier, S., Rick, H., Wagner, O. (1995): Zur Echtzeitsimulation von Hyperschall-
kombinationstriebwerken im Flugsimulator. DGLR-Jahrestagung, Bonn (1995)
[Hol97] Hollmeier, S.: Simulation des Betriebsverhaltens von Antrieben für Raumtransporter
/Hyperschallflugzeuge. Dissertation, TU München (1997)
[Hol98] Hollmeier, S., Kopp, S., Hermann, O., Rick, H.: Propulsion/aircraft integration of
hypersonic vehicles enabling active thrust vectoring and realtime simulation of dyna-
mic engine bevaviour. Int. J. TurboJet Eng. (1998)
[Hop11] Hopkins, G.: The rapidly expanding developments of more electric engines for civil
and defence integrated power systems (Rolls-Royce). In: XX International Sympo-
sium on Air Breathing Engines ISABE, Gothenburg (2011)
[Hou73] Hourmouziadis, J.: Optimierung des Zweistromtriebwerkes unter Berücksichtigung
des Lärms. Konstr. 25, 338–342 (1973)
[Jes02] Jeschke, P., Kurzke, J., Schaber, R., Riegler, C.: Preliminary gas turbine design using
the multidisciplinary design system mopeds. In: ASME TURBO EXPO 2002, GT-
2002-30496, Amsterdam (2002)
[Jes04] Jeschke, P., Kurzke, J.: Preliminary gas turbine design using the multidisziplinary
design system mopeds. ASME GT-2002-30496. J. Eng. Gas Turb. Power (2004)
[Kan90] Kandebo, S.W.: Pratt & Whitney, GE Team to Study HSCT Propulsion. Aviation
Week & Space Techno1ogy, 15. Okt. 1990
[Kap81] Kappler, G.: Komponentenentwicklung für energieeffiziente Flugantriebe. mtu
berichte, 81/30, München (1981)
848 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

[Kau98] Kau, H.-P.: Compressor Matching and Designing for Tip Clearance. Invited Lecture
RTO/AGARD. Lecture Series 211 Multidiscipliniary Design of Multistage Compres-
sors. RTO-EN-1 AC/323(AVT)TP/1, Lyon (1998)
[Koe72] Koenig, W., Fishbach, L.H.: GENENG – A Program for Calculating Design and Off-
Design Performance for Turbojet and Turbofan Engines, NASA TN D-6552, NASA
Lewis Research Center (1972)
[Köh04] Köhli, R., Staudacher, S., Schulte, H., Schmidt, K.-J.: Validierung eines Performance-
modells für ein Turbofantriebwerk im tiefen Teillastbereich DGLR-2004-180, Dres-
den (2004)
[Kop00] Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und Stör-
effekten für Hyperschall- Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München (2000)
[Kop99b] Kopp, S., Hollmeier, S., Rick, H., Herrmann, O.: Airbreathing hypersonic propulsion
system integration within FESTIP FSSC-12. In: 9th International Space Planes and
Hypersonic Systems and Technologies Conference, AIAA 99-4813, Norfolk (1999)
[Kos81] Koschel, W.: Methoden der thermodynamischen Funktionskontrolle und der Scha-
densanalyse von Flugtriebwerken mit Hilfe von Flugdatenregistriersystemen. Habili-
tationsschrift, RWTH Aachen (1981)
[Kos91] Koschel, W., Rick, W.: Design considerations for Nozzles of Hypersonic Airbrea-
thing Propulsion, AIAA 91-5019. AIAA 3rd International Aerospace Planes Confe-
rence, Orlando (1991)
[Kos93] Koschel, W.: Fundamentals of Hypersonic Airbreathing Propulsion. 2nd SPACE
COURSE on Low Earth Orbit Transportation, München, 11.–22. Okt. 1993
[Kre01] Kreiner, A.: Modellbasierte Regelung der Hochleistungstriebwerke von Hyperschall-
flugzeugen. Dissertation, TU München (2001)
[Kuc11B] Kuczera, H., Sacher, P.W.: Reusable Space Transportation Systems. Springer, Berlin
(2011)
[Küc65] Küchemann, D.: Hyperschallflugzeuge und ihre aerodynamischen Probleme, in
Jahrb. 1964 der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luft und Raumfahrt, Braun-
schweig (1964)
[Küc65K] Küchemann, D.: Hypersonic aircraft and their aerodynamic problems. Prog. Aero-
naut. Sci. 6 (1965)
[Kuc89] Kuchar, A.P.: Variable convergent divergent exhaust nozzle aerodynamics. In: Oates,
G.C. (Hrsg.) Aircraft Propulsion Systems Technology and Design, 2. Aufl. AIAA
Education Series, Washington DC (1989)
[Kuc98] Kucszera, H.: FESTIP system study – an overview. In: 8th International Space Planes
and Hypersonic Systems and Technologies Conference, Norfolk (1998)
[Kur05] Kurzke, J.: GasTurb11 – A program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual. www.gasturb.de (2005)
[Kur07] Kurzke, J.: Engine and Component Performance, Design Decisions and Off-Design
Basics. Gas Turbine Performance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Kur07] Kurzke, J.: GasTurb 11, Program for Design and Off Design Performance of Gastur-
bines www.gasturb.de (2007)
[Kur08] Kurzke, J.: Preliminary design. Aeroengine design: from state of the art turbofans
towards innovative architectures. In: VKI Lecture Series 2008-04, 3.–7. März 2008
[Kur09] Kurzke, J.: Fundamental Differences Between Conventional and Geared Turbofans.
ASME GT2009-59745 (2009)
[Kur11] Kurzke, J.: Transient Simulations During Preliminary Conceptual Engine Design.
ISABE 2011, Gothenburg, ISABE 2011-1321 (2011)
[Kur92] Kurzke, J.: Calculation of Installation Effects within Performance Computer Pro-
grams. AGARD LS-183, S. 7.1–7.19 (1992)
[Kur95] Kurzke, J.: Advanced Userfriendly Gas Turbine Performance Calculations on a Per-
sonal Computer. ASME 95-GT-147 (1995)
Literatur 849

[Kur98] Kurzke, J.: Gas Turbine Cycle Design Methodology: A Comparison of Parameter
Variation with Numerical Optimization. ASME 98-GT-343, J. Eng. Gas Turbines
Power (1998)
[Kur99] Kurzke, J., Riegler, C.: A Mixed Flow Turbofan Afterburner Simulation for the Defi-
nition of Reheat Fuel Control Laws. NATO Research and Technology Organisation
RTO-MP-8, AC/323(AVT) TP9 (1999)
[Lec95] Lecht, M., Räde, M., Schmitt, A.: Emissionssituation im Luftverkehr, DLR, Köln,
Vortrag im Haus der Technik, Essen (1995)
[Led89] Lederer, R.: Auslegung eines Hyperschall-Antriebes für Sänger unter Berücksichti-
gung von Realgaseffekten. DGLR-Jahrestagung 89-147, Hamburg (1989)
[Leh87] Lehrach, R.P.C.: Thrust/Drag Accounting for Aerospace Plane Vehicles. AIAA-87-
1966, 23th Joint Propulsion Conference, San Diego (1987)
[Lin08B] Linke-Diesinger, A.: Systems of Commercial Turbofan Engines. An Indroduction to
System Functions. Springer, Berlin (2008)
[Lor11] Lorence, C.B.: Powering the Next Generation of Flight. GE Aviation. Invited Lecture,
20th 6ISABE Conference, Gothenburg (2011)
[Lüc89] Lücking, P., Tracksdorf, P., Gaag, R.: Neue Manteltriebwerke, Auslegung der CRISP
Gondel und Versuchsanalyse, DGLR 89 121, Deutscher Luft und Raumfahrt Kon-
greß 1989, Hamburg, Jahrbuch der DGLR (1989)
[Mai08] Maier, D., Kirstein, S., Fuhrmann, T., Hupfer, A., Kau, H.-P.: Scramjet research acti-
vities at the institute of flight propulsion of the Technische Universität München. In:
Sixth European Symposium on Aerothermodynamics for Space Vehicles, 3–6, Ver-
sailles (2008)
[Mar07] Martens, R.: Das Technologieprogramm CLAIRE der MTU Aero Engines, MTU,
Aero Engines, Pressegespäch am 18. Juli 2007
[Mer03] Merkler, R., Staudacher, S., Schmidt, K.-J.: Modellierung des Luftsystems von Turbo-
flugtriebwerken für die Anwendung in Leistungssyntheseprogrammen. DGLR Jah-
restagung (2003)
[Mor79] Morris, R.E., Brewer, G.D.: Hypersonic Cruise Aircraft Propulsion Integration Study,
Bd. I + II, NASA CR-158926-1/-2. Lockheed-California Company, Burbank (1979)
[Mug78] Muggli, W., Rick, H., Spirkl, A.: Numerische Berechnungsverfahren zur Bestim-
mung des stationären Betriebsverhaltens von Fluggasturbinen. DFG–Bericht RI–
324/1/1978/1 (1978)
[Mug81] Muggli, W.: Zum Betriebsverhalten von Turboluftstrahlantrieben unter besonderer
Berücksichtigung der gekühlten Hochdruckturbine. Dissertation, Technische Uni-
versität München (1981)
[Mug84] Muggli, W., Rick, H.: Zur numerischen Berechnung des Betriebsverhaltens von Gas-
turbinen-Luftstrahltriebwerken mit Hilfe eines Universell Modularen Simulations-
programms (MUSYN). Institutsbericht LFA-MuRi-4/84, Lehrstuhl für Flugantriebe,
TU München (1984)
[Mün72] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft und
Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft und
Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Mün76] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: The Pros and Cons of Variable Geometry Turbines. 48th
AGARD-Meeting, PEP, Paris (1976)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[NAS65B] NASA.: Aerodynamic Design of Axial Flow Compressors. NASA SP-36 (1965)
[Nas72] NASA.: STOL Technology. NASA SP–220 (1972)
[Nor90] Norris, G.: Green supersonics. Flight International, 5.–11. Sept. 1990
850 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

[Num91] Numbers K.: Hypersonic propulsion system force accounting. ISABE 91-7030. In: 10th
International Symposium on Air Breathing Engines, Nottingham, 1.– 6. Sept. 1991
[Pei03] Peitzsch, D., Friedl, W.H.: Detailed Investigation of the Flow Within the Secondary
Air System in High Pressure Turbines of Aero Engines. ISABE 2003-1038 (2003)
[Pei03] Peitsch, D.: Umweltwirkungen von Luftfahrtantrieben, Technische Universität Ber-
lin, Institut für Luft- und Raumfahrt, Fachgebiet Luftfahrtantriebe (2007)
[Pie95] Pierre, L., Duponchel, J.P., Gérard, P.: Contribution of dynamic engine simulation to
military turbofan control systems design and development. In: Advisory Group for
Aerospace Research and Developement AGARD-CP-572- 30, Seattle (1995)
[Plo06] Plohr, M., Lecht, M., Otten, T., Döpelheuer, A., Hemmer, H.: Aero-engine techno-
logy to cope with ACARE goals. In: 25th Congress of the ICAS, Hamburg (2006)
[Pri07a] Price, P.: Aircraft Propulsion for the Future- Meeting the Environmental Challenge.
Rolls Royce plc (2007)
[Pri07b] Price, P.D.: Bringing technology to market. Rolls-Royce plc, Derby (2007)
[Ric05] Rick, H., Bauer, A., Esch, T., Hollmeier, S., Kau, H.-P., Kopp, S., Kreiner, A.: Hyper-
sonic highly integrated propulsion systems – design and off-design simulation.
Chapter 5.3.2 In: Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit Vehicles,
DFG, Wiley (2005)
[Ric72a] Rick, H.: Luftatmende Triebwerke und Komponenten (Kap. B.1.1, 2, 4, 5, C.1.3, 1.5).
In: Flugantriebe Münzberg H.G. (Hrsg.) Springer, Berlin (1972)
[Ric72b] Rick, H.: Zur Brennstoffzufuhr bei Staustrahltriebwerken mit Überschallverbren-
nung. Dissertation, Technische Universität München (1972)
[Ric74] Rick, H.: Zur Brennstoffzufuhr bei Überschallverbrennung. Z. Flugwiss. (11) (1974)
[Ric75] Rick, H.: Zur aerodynamischen Auslegung und zum Betriebsverhalten eines Drei-
wellen-Zweistrom-Triebwerks mit Strahlmischung. In: Münzberg, H.G., Rick, H.,
Rist, D. (Hrsg) Bericht 7-75 Ri Rt00 BMVtg, TU München (1975)
[Ric76] Rick, H., Kurzke, J.: Zum Betriebsverhalten von Verbund-Zweistrom-Turboluft-
strahltriebwerken mit verstellbaren Düsen und Turbinen. Z. Flugwiss. (5) (1976)
[Ric82] Rick, H.: (1982) Zur digitalen Simulation des stationären und instationären
Betriebs- und Leistungsverhaltens von Fluggasturbinen insbesondere von Hub-
schrauber-Triebwerken”. Habilitationsschrift, TU München
[Ric82] Rick, H., Muggli, W.: Generalized digital simulation technique with variable engine
parameter input for steady state and transient behaviour of aero gas turbines. In:
60th Symposium of Propulsion and Energetics Panel (AGARD), Marathon, 11.–14..
Oct 1982
[Ric98B] Rick, H.: Numerische Methoden zur Berechnung des Betriebsverhaltensvon Gastur-
binenund Flugantrieben. Vorlesung TU München (1998)
[Rie07] Riegler, C., Bichlmaier, C.: The geared turbofan technology – opportunities, challen-
ges and readiness status. In: 1st CEAS European Air and Space Conference, Berlin,
CEAS-2007-05 (2007)
[Rie97] Riegler, C.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren für Turboflugtriebwerke mit
Kennfelddarstellung für Wärmeübertragungsvorgänge. Dissertation, Universität Stutt-
gart (1997)
[Ris82] Rist, D.: Zur thermogasdynamischen und technologischen Auslegungsphilosophie
komplexer Turbostrahltriebwerke. Habilitationsschrift, TU München (1982)
[Rol05B] Rolls Royce.: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce.: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce.: The Jet Engine. Rolls Royce plc, London (1986)
[Rol96B] Rolls Royce.: The Jet Engine. 5. Aufl. Rolls Royce plc, London (1995)
Literatur 851

[Ros11] Rosario, R. del.: Propulsion Technologies for Future Aircraft Generations: Clean,
Lean, Quiet and Green. NASA. Invited Lecture, 20th ISABE Conference, Gothen-
burg (2011)
[RTO07] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simulation
of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power Gene-
ration. RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simulation
of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power Gene-
ration. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (1989)
[Rue89] Rued, K. et al.: High Performance Gear Systems and Heat Management for Advan-
ced Ducted Systems. AIAA 89–2482, AIAA/ASME/SAE/ASEE 25th Joint Propulsion
Conference, Monterey (1989)
[Rup00] Rupp, O.C. Vorhersage von Instandhaltungskosten bei der Auslegung ziviler Strahl-
triebwerke. Dissertation, TU München (2000)
[Rup98] Rupp, O., Grigoleit, M.: Vorhersage von Instandhaltungskosten bei zivilen Triebwer-
ken. DGLR-Jahrestagung, DGLR-JT98-137, Bremen (1998)
[Sal01] Salchow, K.: Verbesserung des instationären Betriebsverhaltens von Turboflugtrieb-
werken durch Leitgitterverstellung und Abblasung im Verdichter. Dissertation, Uni-
versität Stuttgart (2001)
[Sät11] Sätmark, T.: Sustainable and competitive aero engine research and technology
(VOLVO Aero). In: XX International Symposium on Air Breathing Engines ISABE,
Gothenburg, (2011)
[Sch01a] Schaber, R.: Numerische Auslegung und Simulation von Gasturbinen. Dissertation,
TU München (2001)
[Sch01b] Schaber, R., Jeschke, P., Kurzke, J.: Konzept eines multidisziplinären Vorauslegungs-
programms für Gasturbinen. DGLR 2001-150 Hamburg (2001)
[Sch02a] Scheugenpflug, H., Wilfert, G., Simon, B.: Erfüllung zukünftiger Umweltanforderun-
gen durch den Einsatz eines Wärmetauschertriebwerks. MTU Technik Berichte (2002)
[Sch02b] Schirmeister, U., Ardey, S., Jeschke, P., Kurzke, J.: Multidisziplinäre Triebwerksaus-
legung: Zielgerichteter Einsatz des integrierten Programmsystems MOPEDS. DGLR
2002-116 (2002)
[Sch03] Schulte, H.: Leistungsverhalten luftatmender Kombinationstriebwerke mit Zwei-
strom-Turboteil. Dissertation, Universität Stuttgart (2003)
[Sch07] Schütte, G., Staudacher, S.: Non-deterministic analysis of a scramjet propulsion sys-
tem CEAS-2007-366. In: 1st European Air and Space Conference, Berlin (2007)
[Sch08] Schütte, G., Staudacher, S.: Probablistic design analysis of scramjets AIAA 2008-
1811. In: Proceedings of the 10th AIAA Non-Deterministic Approaches Conference
Schaumburg (2008)
[Sch09] Schütte, G.: Probalistische Untersuchungen zu Scramjet-Antriebssystemen. Disserta-
tion, Universität Stuttgart (2009)
[Sch79] Schäffler, A.: Experimental and Analytical Investigation of the Effects of Reynolds
Number and blade Surface Roughness on Multistage Axial flow Compressors. In:
ASME Gas Turbine Conference, San Diego, Paper 79 GT 2 (1979)
[Sch94] Schaber, R., Albers, M.: SCT Supersonic cruise thermodynamic cycle choice and
resulting consequences. In: 7. European Aeroengine Conference (1994)
[Sch94] Schmücker, L., Schäffler, A.: Performance deterioration of axial compressors due to
blade defects. In: AGARD Symposium on Erosion, Corrosion and Foreign Object
Damage Effects in Gas Turbines, Rotterdam, Conference Proceedings 558 (1975)
[Sch99B] Schubert H (1999) Deutsche Triebwerke, Flugmotoren und Strahltriebwerke von den
Anfängen bis 1999, 3. erweiterte Aufl. Aviatic Verlag, Oberhaching
852 8  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan und Kombinationstriebwerken

[Sel75] Sellers, J.F., Daniele, C.J.: DYNGEN – Program for Calculating Steady State and
Transient Performance of Turbojet Engines. NASA TN D-7901, NASA Lewis
Research Center (1975)
[SFB05B] DFG-SFB255.: Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit Vehicles.
DFG-Sonderforschungsbereich 255. TU München, Wiley-VCH (2005)
[Sid95] Siden, G., Kau, H.-P. Thermodynamische Auslegung der Niederdruckturbinen der
BR700 Triebwerksfamilie. DGLR- Jahrestagung, Bonn (1995)
[Sie10] Sieber, J.: Triebwerkstechnologien für den zukünftigen Luftverkehr. Fluglärmkom-
mission Salzburg, 5. Okt. 2010
[Sie12] Sieber, J.: Verbesserung von Energieeffizienz und Klimaschutz im Luftverkehr. Tech-
nische Potenziale Antrieb. Workshop Energieeffizienz und Klimaschutz im Luftver-
kehr. Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, München, 15. Okt. 2012
[Sim71] Simon, U.: Das stationäre Betriebsverhalten von Zweikreis-Turbostrahltriebwerken
mit Strahlmischung. Dissertation, Universität Stuttgart (1971)
[Sin11] Singh, R.: Distributed propulsion and beyond. In: XX International Symposium on
Air Breathing Engines ISABE, Gothenburg (2011)
[Spi06] Spieler, S., Staudacher, S., Fiola, R., Sahm, P.: Merkmalsbasierte Modellierung von
Produktionsschwankungen bei Flugzeugtriebwerken DGLR-2006-159 (2006)
[Spi07] Spieler, S., Staudacher, S., Fiola, R., Weissschuh, M., Sahm, P.: Probabilistic Engine
Performance Scatter and Deterioration Modeling GT2007-27051 (2007)
[Spi81] Spirkl, A.: Zur Diagnose von Komponentenstörungen in Turboluftstrahlantrieben
mit gasdynamischer Para meterüberwachung. Dissertation, TU München (1981)
[Sta04] Staudacher, S., Weißschuh, M.: Investigation on the Influence of a Core Chevron
Nozzle on the Performance of a Modern Bypass Engine. ASME Turbo Expo, Wien
(2004)
[Sta07] Staudacher, S., Bauer, M., Berns, W., Fiola, R., Kurzke, J., Schmidt, K.-J.: Gas Turbine
Performance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Sta95] Staudacher, S.: Untersuchung zum sekundären Luftsystem von Luftstrahltrieb wer-
ken. Dissertation, TU München (1995)
[Ste01] Steffens, K.: Advanced Compressor Technology Key Success Factor for Competitive-
ness in modern aero engines. In: ISABE Conference on Airbreathing Engines, Ban-
galore, Paper 20011009 (2001)
[Ste03] Steffens, K.: Technik der Luftfahrtantriebe. Vorlesung, RWTH Aachen (2003)
[Ste03B] Steffens, K.: Technik der Luftfahrtantriebe. Vorlesung TU München,RWTH Aachen
(2003)
[Ste91] Steinhardt, E.: The Use of Non Linear Rotor Dynamics in Aero Engines. European
Propulsion Forum. ONERA, Paris (1991)
[Ste99] Steffens, K., Schäffler, A., Buckl, F.: Entwicklungstendenzen im Luftfahrttriebwerks-
bau. DGLR 1999-075 (1999)
[Sut65] Suttrop, F.: Versuche stoßinduzierter Verbrennung für die Anwendung in Hyper-
schalltriebwerken. WGLR-Tagung 1965 (VI. Europäischer Luftfahrt-Kongress Mün-
chen) (1965)
[Swi87] Swihart, J.M.: U.S. Aeronatical R&D goals - SST: bridge to the next century. ISABE
87-7087 (1987)
[The92] Therkorn, D.: Fortschrittliches Leistungs-Berechnungsverfahren für luftatmende
Turbotriebwerke. Dissertation, Universität Stuttgart (1992)
[Tho01] Thomas, R.H., Kinzie, K.W., Paul Pao, S.: Computational Analysis of a Pylon Chev-
ron Core Nozzie Interaction. 7th AIAA/CEAS Aero Acoustics Conference, 28.–30.
Mai 2001, Maastricht, AIAA Paper 2001 2185 (2001)
[Tim96B] Timnat, Y.M.: Advanced airbreathing propulsion. Krieger Publishing, Malabar (1996)
Literatur 853

[Umw05] Umweltbundesamt (Hrsg): Klimaschutz in Deutschland bis 2030, Forschungsbericht


20141 142, Umweltbundesamt, Berlin (2005)
[Umw08B] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Gmelin, C.,
Hüttig, G., Lehmann, O.: Zusammenfassende Darstellung der Effizienzpotenziale
bei Flugzeugen unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Triebwerkstechnik
sowie der absehbaren mittelfristigen Entwicklungen. FKZ UM 07 06 602/01, Berlin
(2008)
[Vol74] Volkmann, H., Fottner, L., Scholz, N.: Aerodynamische Entwicklung eines dreistufi-
gen Transsonik Frontgebläses. Z. Flugwiss. 22(4) (1974)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford (l.
Aufl. 1998 reprinted 2000)
[Wal01] Walther, R., Frischbier, J., Selmeier, R.: Aeromechanische Gestaltung fortschrittli-
cher Triebwerksverdichter. MTU-Technik-Berichte (2001)
[Wal08] Waldner, D.: Optimierung der Spiele und Spalte im Konstruktionsprozess von Flug-
triebwerken. Dissertation, Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München (2008)
[Wal86] Walton, J.T., Burcham, W.: Augmentor Performance of an F100 Engine Model Deri-
vative Engine in an F-15 Airplane. NASA Technical Memorandum 86745 (1986)
[Wal96] Waltrup, P.J., White, M.E., Zarlingo, F., Gravlin, E.S.: History of U.S. Navy Ramjet,
Scramjet, and Mixed-Cycle Propulsion Development. 32nd Joint Propulsion Confe-
rence, AIAA-96-2914 (1996)
[Wal98B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford lst
published 1998, reprinted 2000 (1998)
[Wal99] Walbaum, M.: Entstehungsmechanismen und Erscheinungsformen des Rota-
ting Stall in einem sechsstufigen Axialverdichter mit verstellbaren Leitschaufeln,
Fortschr.-Ber. VDI Reihe 7, Nr. 352, Düsseldorf, VDI Verlag (1999)
[Was05] Waschka, W., Rüd, K., Humhauser, W., Metscher, M., Michel, A.: ATFI-HDV:
Design of a New 7 Stage Innovative Compressor for 10-18 klbf Thrust. ISABE-2005-
1266 (2005)
[Weh89] Wehlitz, P., Sieber, J., Helmig, K.: Aerodynamische Auslegung der CRISP (1989)
[Wei06] Weigand, B., Gaisbauer, U., Reinartz, B., Kau, H.-P., Schröder, W.: Das Graduier-
tenkolleg 1095/1: Aero-Thermodynamische Auslegung eines Scramjet – Antriebssys-
tems für zukünftige Raumtransportsysteme. DGLR-2006-127, DGLR Jahrestagung
(2006)
[Wei06] Weißschuh, M.: Untersuchungen zum Einfluss gezahnter Düsen auf Leistungsfä-
higkeit und Betrieb moderner ziviler Luftstrahltriebwerke. Dissertation, Universität
Stuttgart (2006)
[Wil05] Wilfert, G., Kriegl, B, Scheugenpflug, H., Bernard, J., Ruiz, X., Eury, S.: CLEAN –
Validation of a High Efficient Low NOx Core, a GTF™ Engine High Speed Turbine
and an Integration of a Recuperator in an Environmental Friendly Engine Concept,
AIAA – 2005 – 4195 (2005)
[Wil77] Wilde, G.l.: The design and performance of high temperature turbines in turbofan
engines. Aeronaut. J. (1977)
[Win68] Winterfeld, G.: On the stabilisation of hydrogen diffusion flames by flame holders in
supersonie flow at low stagnation temperatures. In: Proceedings Cranfield Internati-
onal Propulsion, Symposium 1967. Pergamon Press, Oxford (1968)
[Wis87] Wisler, D.C., Bauer, R.C., Okiishi, T.H.: Secondary Flow, Turbulent Diffusion, and
Mixing in Axial Flow Compressors. ASME Gas Turbine Conference, Anaheim,
Paper 87 GT 16 (1987)
Instationäres Betriebsverhalten von
Gasturbinen und Flugantrieben 9

9.1 Instationäres Betriebsverhalten und Simulation

Beim Entwurf und der Auslegung von Gasturbinen-Luftstrahltriebwerken stehen in den


ersten Auslegungsphasen das stationäre Betriebs- und Leistungsverhalten der Antriebe
im Mittelpunkt. Mit den fortschreitenden Entwicklungsstufen hinsichtlich der Fluger-
probung und der Serienreifmachung von Antriebssystemen treten das Regelungs- und
das Übertragungsverhalten und damit die instationären Betriebszustände in den Vorder-
grund, die letztlich nicht selten für den Erfolg oder Mißerfolg einer Triebwerksentwick-
lung entscheidend sein können [Sel75, Ric82, Fio93, Hol97, Bau99B, Wal00B, RTO07B,
GasTurb].
In Abb. 9.1-1 werden einführend beispielhaft für eine Turboshaft-Gasturbine in
Erweiterung zu den Ausführungen in Abschn. 7.2 und 7.3 (Abb. 7.1-2 und 7.3-2) über
das stationäre Betriebsverhalten hier schematisch in den Turbomaschinen-Kennfeldern
ausgehend von stationären Betriebspunkten typische Betriebslinien des dynamischen
Verhaltens gezeigt. Dies betrifft eine kontrollierte Beschleunigung von Teillast B1 nach
Vollast B2 und eine Verzögerung von B2 nach B1 zurück. Die Beschleunigungs-Betriebs-
linie läuft im Verdichterkennfeld tendenzmäßig in Richtung der Pumpgrenze, eine Ver-
zögerung tendiert in Richtung der Schluckgrenze. Damit ist hier bereits ersichtlich, dass
bei instationären Vorgängen der Regelung und Überwachung von Betriebszuständen
eine dominante Bedeutung zukommt. Weiterhin sind im gleichen Bild wesentliche Ein-
flussgrößen zum ungestörten und gestörten Betriebsverhalten vorab aufgelistet, auf die
in den nachfolgenden Abschnitten genauer eingegangen wird.
Außer den allgemeinen Anforderungen an Fluggasturbinen wie maximale gewichts-
oder volumenspezifische Schübe, optimale Brennstoffverbräuche für die jeweiligen
Flugmissionen u. a. müssen gegebenenfalls noch weitere Anforderungen erfüllt wer-
den. Dies sind insbesondere bei zivilen Flugtriebwerken erhöhte Forderungen bezüg-
lich der Sicherheit und Zuverlässigkeit, der Handhabung, Bedienung, Regelbarkeit und

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2_9, 855


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
856 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Dynamische Arbeitsprozesse, Lastwechsel, instationäre Betriebslinien

Turboshaft-Gasturbine TS
45 5 7 8
0 1 2 3 4
Diffusor

PPT

Verdichter C HP-Turbine HPT PT-Turbine


dynamisch ∆h tHP ∆h tPT
tC B2
Beschl. B2
B2 Verz.
Beschl.
B1 mr
B1
Verz.
B1 mr
nr
stationär

mr nr nr

Legende: Stationäre Betrieblinie Beschleunigung Accel


B1 B2 B1 Verzögerung Decel

Einflüsse auf das ungestörte und gestörte Betriebsverhalten

Rotordynamik Zündverzug Alterung, Verschmutzung


Wärme-, Energieströme Dichtungsänderungen Leistungs- und Luftabgabe
Massenström e Spalteinflüsse Distortion, Fremdkörper

Abb. 9.1-1 Überblick schematisch zum instationären Betriebsverhalten z. B. einer Turboshaft-


Gasturbine TS mit dynamischen Betriebslinien der Beschleunigung Accel (acceleration) und Ver-
zögerung Decel (deceleration) in den Turbomaschinen-Kennfeldern sowie wichtige Einflussgrößen
auf das Betriebsverhalten

Wartbarkeit, weiterhin der Kosten, der Lebensdauer und damit der Wirtschaftlichkeit
sowie nicht zuletzt die umweltbedingten Forderungen bezüglich Lärm- und Abgaswerte.
Ebenso können zusätzliche Anforderungen maßgeblich Einfluss gewinnen wie flexi-
ble, vielseitige Einsatzbereiche in gegebenenfalls schwierigen Flugzuständen mit extre-
men, kurzzeitig wechselnden Höchstbelastungen einschließlich eventueller Belastungen
in Notbetriebszuständen.
Viele der genannten Aufgaben und Anforderungen sind mehr oder weniger intensiv
vom Übertragungsverhalten der Antriebskomponenten bzw. vom gesamten Regelver-
halten des Antriebssystems abhängig. Mit der Entwicklung der Fluggasturbine in den
9.1  Instationäres Betriebsverhalten und Simulation 857

Vorgaben, Schätzwerte numerische Steuer-und


Optimierungsparameter Iterationstechnik Regelgrößen
Ebene Ebene
Eintritt Austritt

p,T, h p,T, h
PC
E m Modul Verdichter C m A

A, M nC A,M

Distortion (t) p,T, c mi (t) Qi (t) Pi (t)


Fremdkörper Masse Wärme Wellen-Leistung

Abb. 9.1-2  Typische Modul-Darstellung in der instationären numerischen Simulation von Gas-


turbinenkomponenten. Beispiel Verdichter C

vergangenen Jahren musste deshalb auch die Entwicklung und Analyse des Regel- und
Übertragungsverhaltens der Flugtriebwerke, besonders der komplexen Verbund-Tur-
boluftstrahltriebwerke hin bis zu Mehr-Wellen-Mehrstromtriebwerken mit variablen
Arbeitsprozessen in verstärktem Maß beachtet werden. Weiterhin ist die Kenntnis des
Triebwerksübertragungsverhaltens bei Simulationsaufgaben der Flugtechnik mit Echt-
zeitanforderungen von Bedeutung. Je nach Flugzeug und Flugmission werden vom
Antriebssystem direkt oder indirekt Schübe beziehungsweise Kräfte für Vortrieb, Auf-
trieb und eventuell Steuerungsaufgaben erzeugt, die sich abhängig vom jeweiligen
Betriebszustand in Betrag und Richtung zeitlich ändern. Daneben muß in zahlreichen
Betriebzuständen vom Triebwerk Druckluft und über zusätzliche Abtriebswellen Leis-
tung zum Antrieb von Hilfsgeräten aufgebracht werden. Abbildung 9.1-2 zeigt beispiel-
haft zusammengefasst schematisch für die Turbomaschinen-Komponente Verdichter
Vorgänge und Einflüsse, die im Zusammenhang mit den hier angesprochenen Aufgaben
des geregelten und überwachten Betriebsverhaltens von Bedeutung sind.
Die Problematik bei der Syntheserechnung und Triebwerkssimulation ist häufig die
sich gegenseitig widersprechende Forderung nach einer hohen Geschwindigkeit der
Berechnung einerseits und einer möglichst hohen Detailtreue der Modellierung ande-
rerseits. Bei den Berechnungen ist unabhängig vom Grad der Komplexität und der
zugrunde liegenden Simulationsmethode zwischen stationärer, transienter und dynami-
scher Simulation zu unterscheiden.
858 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

In der stationären Simulation werden Lastpunkte des Triebwerkes berechnet, bei


denen sämtliche zeitabhängigen Effekte bereits abgeklungen sind. Wärmeströme bei-
spielsweise in eine Komponente entsprechen denen der durch die Kühlung abgeführten
Wärmeströme. Die Materialien dehnen sich somit nicht weiter aus. Beschleunigungen
zum Beispiel von Rotoren treten nicht auf, da zwischen allen Energieströmen Gleich-
gewicht herrscht. Diese Berechnungsmethode ist vor allem für die Bestimmung des
Leistungsspektrums eines Triebwerkes bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen
sinnvoll und kann in Schub- und Leistungskennfeldern zusammengefasst werden, wie es
in Kap. 7 und 8 dargestellt wurde.
Bei einer transienten Simulation müssen demgegenüber zeitliche Einflüsse in der Syn-
theserechnung und Simulation berücksichtigt werden. Wärmeströme in das Material
bewirken unterschiedliche Ausdehnungen von Schaufeln und Gehäuse während eines
Beschleunigungs- oder Verzögerungsmanövers, welche wiederum Einfluss auf Spalte in den
Turbokomponenten und damit auf das Gesamtleistungsverhalten des Triebwerks haben.
Diese Effekte sind relativ langsam, so dass eine zeitliche Auflösung im Bereich von einigen
Hertz ausreichend ist, um das Betriebsverhalten hinreichend beschreiben zu können.
Eine voll dynamische Simulation muss nicht nur die langsamen zeitlichen Ände-
rungen der transienten Simulation im Triebwerk beschreiben, sondern auch die
schnell ablaufenden, „hochfrequenten“ Störungen, die bei bestimmten Manövern oder
Betriebszuständen auftreten können. Hierunter fallen Effekte wie zum Beispiel Einlauf-
Strömungsstörungen („Distortion“, Fremdkörper FOD) und Verdichterpumpen, wie
„Start“- und „Unstart“-Phänomene von zum Beispiel Überschall- und Hyperschallein-
läufen wie auch Brennkammerverlöschen und -wiederzünden. Mit Hilfe der nume-
rischen Modelle mit zeitlichen Auflösungen von einigen hundert Hertz lassen sich
beispielsweise neue, robuste und sich selbst adaptierende Regelsysteme und -konzepte
für eine aktive Pumperkennung und -kontrolle der Turbokomponenten, für stabile Ein-
laufregelungen aber auch für Schubvektorsteuerungen realisieren und entwickeln.
Das Übertragungsverhalten und damit die instationäre Syntheserechnung einer
Fluggasturbine hängen von dem dynamischen, zeitabhängigen Verhalten seiner Kom-
ponenten ab. Das Verhalten des Gesamtsystems kann demnach nur auf der Basis des
Betriebsverhaltens der Triebwerkskomponenten über zahlreiche energetische und ther-
mogasdynamische Beziehungen und Verknüpfungen beschrieben werden, wie die in
Kap. 7 und 8 für den stationären Betrieb angewandten Verfahren.
Die theoretische Beschreibung des instationären Triebwerksverhaltens führt zu einem
System nichtlinearer Differentialgleichungen, die meist über entsprechende Linearisie-
rungen lösbar gemacht werden. Der Geltungsbereich der sich ergebenden linearisierten
Differentialgleichungssysteme mit konstanten Koeffizienten für den thermogasdyna-
mischen Arbeitsprozess ist allerdings auf das engere Gebiet um den zu betrachtenden
Arbeitspunkt begrenzt.
Außer den Differentialgleichungen für die thermogasdynamische Kopplung der
Triebwerkskomponenten sind die Beziehungen für die Rotor-Beschleunigungen mit den
Überschussleistungen zwischen den jeweiligen Turbinen und Verdichtern zu beachten.
9.1  Instationäres Betriebsverhalten und Simulation 859

Um bei der praktischen, numerischen Berechnung den Aufwand in Grenzen zu


halten, wird allerdings meist vereinfacht quasi-stationär gerechnet. Dies bedeutet, dass
fast alle Übertragungsfunktionen in den oben genannten Differentialgleichungs-
systemen gleich einer Konstanten gesetzt werden, außer den Beziehungen für die
Rotorbeschleunigungen. Damit sind bei einfach aufgebauten Triebwerken beziehungsweise
deren Regelstrecken Berechnungen instationärer Vorgänge in der Umgebung stationärer
Betriebspunkte mit sehr geringem Rechenaufwand durchführbar. Bei komplizierte-
ren Verbund-Fluggasturbinen wird mit angemessenen digitalen Rechnerstrukturen
das Übertragungs- und Regelverhalten sehr präzis bestimmbar. Ausgehend von
den Berechnungsverfahren für stationäres Betriebsverhalten (Abschn. 7.2 und 8.1)
werden sinngemäß die für stationären Betrieb grundlegenden Beziehungen erweitert.
Dies betrifft das Leistungsgleichgewicht an einem Rotor, der Massenerhaltungs-
satz (Kontinuitätsgleichung) sowie der Energieerhaltungssatz für die einzelnen
Triebwerkskomponenten.
Typische gasdynamische „Bausteine“ oder Moduln bei der Syntheserechnung
(Abschn. 7.2) einer Turboshaft-Gasturbine oder Flugtriebwerks sind Untersysteme wie
Einläufe, Verdichter, Brennräume, Turbinen, Abströmteile bzw. Schubdüsen, Kühlsys-
teme, Wärmetauscher usw. Weiterhin können bei der Unterteilung von Triebwerks-
moduln mechanische Untersysteme wie Rotoren oder auch Regel- und Steuergruppen
gesondert betrachtet werden.
Gemäß dem Massenerhaltungssatz gilt:

dṁSp
ṁA (t) = ṁE (t) − ṁi (t) − (9.1-1)
dt

Für die Energiestrom- bzw. Leistungsbilanz ergibt sich:

ĖE (t) + Pi (t) = ĖA (t) + Ėi (t) + Q̇i (t) + ĖSp (t) (9.1-2)

ĖE (t),ĖA (t),Ėi (t) Enthalpieströme


Pi (t) Wellenleistung
Q̇i (t) Wärmeströme
ĖSp (t) Energie gespeichert
 π 2
Rotor (-Leistung) ĖR (t) = 30 �pol n dn
dt
Wärmeströme ĖSchaufel ,ĖGehäuse
ṁi (t) Massenstrom-Entnahmen.

Die numerische, digitale Berechnung eines instationären Vorgangs erfolgt prinzipiell


gleich dem Berechnungsverfahren für stationäre Betriebszustände (Abschn. 7.2). Fall-
weise werden lediglich den im thermogasdynamischen Arbeitsprozess angegebenen
860 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Beziehungen die jeweiligen Differentialquotienten hinzugefügt, wobei für diese verein-


facht die Differenzenquotienten eingeführt werden können. So gilt z. B. für das Leis-
tungsgleichgewicht an einem Rotor eines Gasgenerators GG bzw. Kerntriebwerks (core)
mit Turbine T und Verdichter C (Abb. 9.1-1)

PT = PC + �PEX + ĖRotor (t) + Q̇Material (t) (9.1-3)


Das hier kurz dargestellte, numerische Verfahren führt letztlich als Differenzenverfahren
bei der Behandlung der oben angeführten Differentialgleichungen im Zusammenhang
mit den iterativen Berechnungen von instationären Betriebspunkten zu brauchbaren
Ergebnissen bei angemessenen Rechenzeiten. Die numerische Iterationstechnik basiert
bei den instationären Syntheserechnungen auf den gleichen Verfahren wie bei den stati-
onären Rechnungen (Abschn. 7.2 und 8.2).
Zu Beginn der Iterationsrechnung für einen instationären Betriebspunkt Bi(t) müs-
sen also die Daten eines stationären Betriebspunktes Bi als Startpunkt bekannt sein.
Ausgehend von diesen Daten kann sodann schrittweise das Übertragungsverhalten des
Triebwerks abhängig von den vorgegebenen, zeitabhängigen Eingangsgrößen untersucht
werden. Dies sind zum Beispiel der Brennstoffmassenstrom, die nach außen abzuge-
bende komprimierte Luft wie die Abzapfluft, ein von der Flugmission her vorgegebener
Schub- oder Wellenleistungsverlauf und zeitabhängige Störgrößen verschiedener Art.

9.2 Betriebsverhalten von Turboshaft-Gasturbinen

Die primäre Charakteristik des Betriebsverhaltens bei transienten Vorgängen in Turbo-


triebwerken wird vornehmlich durch die Änderung der kinetischen Rotationsenergie in
den schnellaufenden Rotoren, hervorgerufen durch Leistungsüberschuss oder Leistungs-
defizit an den Rotoren, bestimmt (Abb. 9.2-1). Eine Drehzahländerung der Gasgenera-
tors GG beziehungsweise des Verdichters C wird beschrieben durch
(PHPT − PC − PEx − PVerlust )
ω̇GG ≈ �ωGG /�t = (9.2-1)
�GG ω
und die der Niederdruckturbine LPT bzw. der Nutzleistungsturbine PT durch
(PLPT − PVerlust )
ω̇LPT ≈ �ωLPT /�t = . (9.2-2)
�LPT ω
Sie liegt abhängig von der Größe der Anlage bei einigen Sekunden. Dabei gibt der Term
PEx die Leistung wieder, die für externe Abnehmer beispielsweise für flugzeugseitige
Generatoren und Hydraulikpumpen von der Hochdruckwelle entnommen wird.
Für eine 2-Wellen-Turboshaft-Gasturbine der Leistungsklasse um 1000 kW, zum
Beispiel zum Antrieb eines 2-motorigen Hubschraubers (Abb. 9.4-1) ist in Abb. 9.2-1
eine geregelte Beschleunigung von Teillast B1 auf Vollast B2 und anschließend eine
9.2  Betriebsverhalten von Turboshaft-Gasturbinen 861

Turboshaft-Gasturbine TS Vorgabe n1
1,1
n C,rel
PPT = 1100 kW
Beschleunigung Verzögerung

Verdichterdrehzahl
Instationäre Syntheserechnung 1,0
mit Rotoren-Energiespeicherung
0,8 Drehzahl
0 1 2 3 4 45 5 7 8 Verdichter nC = n1
0,8
Drehzahl PT-Rotor nPT = n2 const
PPT 0,7
1550 Beschleunigung
T41 [K]
1500 Verzögerung
Drehzahlen

Turbineneintrittstemperatur
1450
n 1 = n C = n HPT
n 2 = n LPT = n PT 1400
1350
Rotor-Leistungen 1300
dn Temperatur Tt41
ER (t) = PR (t) = M =( 2 1250
) pol n
30 dt
1200 ohne Sekundäreffekte
1150
0 5 10 15 20
Zeit t [s]

Abb. 9.2-1 Lastwechsel bei einer einfachen Hubschrauber-Wellenleistungs-Gasturbine PGT.


Numerische Syntheserechnung GTSYN ohne Berücksichtigung von Sekundäreffekten. Regelung mit
Rotor-Drehzahl nPT = n2 = const. Vorgabe nC(t) = nGG(t) zwischen 80 % und 100 % [GasTurb]

Verzögerung von B2 wieder auf B1 zurück mit dem typischen Verlauf der instationä-
ren Betriebslinien im Verdichter- und im Niederdruckturbinen-Kennfeld dargestellt
(Abb. 9.2-2, 9.2-3).
Abhängig vom Rotor-Trägheitsmoment ΘRotor werden primär die instationären
Vorgänge besonders bei sehr schnellen Beschleunigungen und Verzögerungen beein-
flusst. Die Massenträgheit des Rotors bewirkt bei Lastwechseln zum Beispiel bei einem
Gasgenerator GG in der Energiebilanz am Rotor quasi wie eine Leistungsabgabe oder
Leistungszufuhr und verursacht analog dazu eine Verschiebung des aktuellen Arbeits-
punktes im Verdichter-Kennfeld in Richtung der Pumpgrenze oder in Richtung der
Schluckgrenze. Bei der numerischen Syntheserechnung nach GTSYN bzw. [GasTurb]
dieser instationären Vorgänge wurden deshalb hier für die Ergebnisse in Abb. 9.2-1,
9.2-2 und 9.2-3 nur die kinetische Rotorenergie und hier keine Sekundäreffekte
berücksichtigt.
Wird ein intensiver Brennstoffsprung zur Beschleunigung oder Verzögerung vor-
gegeben (Abb. 9.2-2), dann kann dies abrupt zum Verdichter-Pumpen oder bei Ver-
zögerung zum Erlöschen der Brennkammerflamme führen. Dieses Vorgehen mit
862 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

16
p t3 /p t2
14 Verdichter C

B2
12
Beschleunigung
nach Vorgabe
10
Druckverhältnis

Brennstoff- 1,05
Sprungeingabe B3
8 1,00
B1 0,90 Verzögerung
6

0,80
4
stationäre Betriebslinie
nC rel= 0,70
2
Syntheserechnung
ohne Sekundäreffekte
0
1,6 2,0 2,4 2,8 3,2 3,6 4,0
red. Durchsatz [kg/s]

Abb. 9.2-2  Lastwechsel nach Abb. 9.2-1 im Verdichter-Kennfeld [GasTurb, Ric98B]

4,0
LP-Turbine LPT
3,6
Syntheserechnung
ohne Sekundäreffekte
3,2 B2 Verzögerung
Totaldruckverhältnis

2,8
Beschleunigung
2,4
B3

2,0
B1
1,6 1,2
1,1
nPTrel = 0,8 0,9 1,00
1,2 stationäre Betriebslinie

1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6


nred • mred

Abb. 9.2-3  Lastwechsel nach Abb. 9.2-1 im LP-Turbinenkennfeld


9.2  Betriebsverhalten von Turboshaft-Gasturbinen 863

Brennstoffsprüngen (fuel spiking) wird bei Prüfstands-Testläufen von Triebwerken in


Verbindung zum Beispiel mit Regelungsaufgaben angewandt.

9.3 Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte

Bei genaueren Untersuchungen des instationären Triebwerkverhaltens können außer


den bisher vorgestellten Einflußgrößen auf das Übertragungsverhalten von Fluggas-
turbinen im wesentlichen noch weitere Erscheinungen, manchmal auch Sekundäref-
fekte genannt, zusätzlich berücksichtigt werden (Abb. 9.3-1) [Bau99B, Fio93, Ric82,
RTO07B].
Während größerer Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge tritt zwischen der
Luft- bzw. Heißgasströmung und den Materialmassen der durchströmten Triebwerks-
baugruppen ein teilweise intensiver Wärmeaustausch auf. Die Folge hiervon ist einmal
eine Beeinflussung der Ansprech- und Beschleunigungs- bzw. Verzögerungszeiten, Ver-
änderungen der Luft- und Gasabdichtungen sowie die dadurch verursachten Wirkungs-
gradänderungen. Weiterhin treten relative Bauteilverschiebungen aufgrund thermischer
Belastungen usw. auf. Bei genauen Berechnungen des instationären Betriebsverhaltens
sollten deshalb die jeweiligen Bauteile der Triebwerke bezüglich ihres thermischen Ver-
haltens möglichst einzeln betrachtet werden. Dies bedeutet eine detailliert Bestimmung
der Wärmeströme von der Luft bzw. den Heißgasen in die Schaufelgitter, die Gehäuse
und die Rotoren sowie auch die Wärmeübergänge von den Schaufeln in die Kühlluft-
ströme. Bei vereinfachten Rechnungen können die jeweiligen Triebwerkskomponen-
ten durch thermisch äquivalente Plattenmodelle ersetzt werden, welche bezüglich ihrer
Wärmeübergangscharakteristik den jeweiligen Triebwerkskomponenten nahekommen
(Abschn. 9.3.1).
Als Folge der Materialaufheizung sind wie oben bereits erwähnt, die Änderungen
des Spiels der Luft- und Gasabdichtung zu beachten. Gegebenenfalls wird hierdurch
ein besonders ungünstiger Einfluss auf die Sekundärverluste hervorgerufen. Dies
sind zum Beispiel Rückströmungen außen an den Schaufelgittern, abhängig u. a. von
dem Radialspiel der Schaufeln, das sich ebenfalls während eines Lastwechsels ändert.
Da diese zeitabhängigen Sekundäreinflüsse meist im Detail nur schwer rechnerisch
zu erfassen sind, müssen vereinfachte, modellartige Berechnungsansätze aufgestellt
werden.
Im Bereich der Brennkammern sowie in Nachbrennern treten besonders in sehr gro-
ßen Flughöhen zeitliche Verzögerungen während der einzelnen Brennphasen auf, welche
die instationären Vorgänge ebenfalls beeinflussen können. Vom Zeitpunkt der Brenn-
stoffeinspritzung bis zum Freiwerden der entsprechenden Brennstoffenergie laufen in
Zeitabschnitten von einigen Millisekunden sehr komplexe, den Ausbrenngrad beein-
flussende Einzelvorgänge ab, die nur mit größerem Aufwand genau rechnerisch erfasst
werden können. Weiterhin kann festgestellt werden, dass etliche Effekte einen unterge-
ordneten Einfluss auf das hier numerisch bestimmte Betriebsverhalten haben. Bei der
864 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Sekundäreffekte und ihre Ursachen beim


stationären und instationären Betriebsverhalten

Lufteinlauf Verdichter Brennräume Turbinen Düsensysteme

Sekundäreffekte
Wärmeübergänge Grenzschichtprobleme Flammen-/Heißgasstrahlung
(Platten, Schaufeln, Strömungsablösung Brennstoffaufbereitung
Gehäuse) Interferenzen chemische Reaktionskinetik

Dichtungsleckagen Reynoldszahl-Einflüsse Hochenthalpieströmungen

Auswirkungen

Wirkungsgradänderung Druckverluste Leistungsgrenzenverschiebung


Wechselwirkungen im Zündverzug Spitzenspaltströmungen

Kühlsystem Ausbrandgrad Mischungsverluste


Einflüsse auf Pumpgrenze Dissoziationseffekte
(z.B. Distortion, FOD)

Abb. 9.3-1  Überblick zu wichtigen Sekundäreffekten und ihren Auswirkungen auf Gasturbinen


und Flugantriebe

digitalen Simulation des instationären Betriebsverhaltens von Fluggasturbinen kann so


z. B. der Volumenauffüllvorgang in den meisten Fällen vernachlässigt werden.
Für die numerische Syntheserechnung sind am Anfang einer Triebwerksentwick-
lung noch sehr wenige Informationen über Geometriedaten vorhanden und diese
können sich in den einzelnen Entwicklungsstufen durch geänderte Leistungsanforde-
rungen im Auslegungspunkt schnell ändern. Die Syntheserechenverfahren basieren
daher häufig auf gemessenen und skalierten Kennfelddarstellungen der Turbokompo-
nenten. Diese Komponentenkennfelder werden durch Versuche ermittelt und reprä-
sentieren jeweils stationäre Betriebspunkte. In diesen gemessenen Punkten sind die
auftretenden Strömungsverluste für den entsprechenden Betriebszustand des Trieb-
werks bereits enthalten. Bei dynamischen Vorgängen, wie Beschleunigungen und
Verzögerungen, Brennkammerausfall und Wiederzünden oder Leitradverstellung der
Verdichter, die nicht den Kennfeldpunkten entsprechen, müssen die ausgelesenen
Kennfeldwerte durch Modelle entsprechend korrigiert werden, die die Abweichun-
gen des dynamischen Betriebspunktes vom korrespondierenden stationären Punkt
beschreiben. Daher müssen vereinfachte, allgemeingültige Beziehungen zur Korrektur
geschaffen werden.
9.3  Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte 865

In Abb. 9.3-1 werden in Erweiterung zum Abb. 9.1-1 zum Betriebsverhalten von Antriebs-


systemen einige wesentliche Sekundäreffekte und ihre Ursachen dargestellt, die größten Teils
in der Fluidmodellierung und der Modellbildung berücksichtigt werden können.
Der Einfluss des Massenaufstaues in den Komponenten- und Zwischenvolumina
kann erfahrungsgemäß in der Syntheserechnung bei den üblichen Standard-Triebwer-
ken vernachlässigt werden. Die dynamische Massenstromspeicherungen in den Volu-
mina im Bereich sehr großer Komponenten können näherungsweise beschrieben werden
und müssen insbesondere bei den Syntheserechenverfahren ohne übergeordnete Iterati-
onstechnik genau modelliert und integriert werden.

9.3.1 Wärmeübergänge und Wärmeströme sowie Bauteilmodelle

Wärmeübergänge und Wärmeströme in die Strukturbauteile des Triebwerkes und von


der Struktur in die Luft- oder Heißgasströmung haben einen erheblichen Einfluss auf die
Betriebscharakteristik.
Um diese wesentlichen instationären Effekte möglichst einfach, aber dennoch reali-
tätsnah zum Beispiel in einer Syntheserechnung bzw. Simulation berücksichtigen zu
können, wird auf eine direkte Beschreibung der Bauteilstrukturen zurückgegriffen, die
mit Hilfe vereinfachter numerischer Modelle realisiert werden, wie dies zum Beispiel in
[Bau68, Tho74, Ric82, Fio93, Kop00] gezeigt wird. Wesentliche Unterscheidungen sind
dabei hinsichtlich der gekühlten und ungekühlten Bauteilstrukturen und deren Ersatz-
modelle vorzunehmen.
Um den wirklich stattfindenden Wärmeaustausch zwischen dem Heißgas und der
betreffenden Komponente berechnen zu können, müssten die Strömungsvorgänge an
jeder Stelle der einzelnen Bauteile genau erfasst werden. Aber auch dann lassen sich die
Wärmeströme nur über empirisch gefundene Formeln näherungsweise berechnen. Diese
Aufgabe wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die mehrdimensionalen Strömungen
in Verdichter und Turbine nur unter sehr großem CFD-Aufwand und dann auch nur
näherungsweise, berechnet werden können. Zu alledem kommt hinzu, dass sich diese
Strömungsvorgänge bei instationärem Betriebsverhalten zeitlich ändern und Grenz-
schichtprobleme durch Rückströmungen und Druckschwankungen auftreten, die eine
Bestimmung der örtlichen Nusselt-Zahl nur stark vereinfacht ermöglichen.
An Stelle dieser komplizierten Vorgänge werden deshalb für Syntheserechnungen und
Simulationen vereinfachte Rechenmodelle angesetzt, die auf der Basis der Wärmeübertra-
gung der Thermodynamik näherungsweise das Verhalten der wirklichen Vorgänge mit aus-
reichender Genauigkeit und Rechneraufwand numerisch wiedergeben [Kay72B, Kay73B,
VDI88B, Wal00B u.a.]. Dazu die schematischen Darstellungen in Abb. 9.3-2 und 9.3-3.
Der von der Zeit abhängige Wärmestrom, beziehungsweise die mittlere Wandtempe-
ratur, und bei gekühlten Komponenten die Kühllufttemperatur, lassen sich lokal durch
ein System von Differentialgleichungen beschreiben. Da eine analytische Behandlung
dieses Problems jedoch aufwendig ist, und die Exaktheit ihrer mathematischen Lösung
866 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Modell „ungekühlte Bauteile“

(m cpT) G,E,(t) ( m cpT)G,A,(t)


Q G,(t)
OG αG

(mc )M TM,(t) Q M,(t)

TG,E,(t)

x TG,A,(t)
L

Abb. 9.3-2 Modell „ungekühlte Bauteile“ zu Synthese-Rechenmodellen für den Wärmetausch


zwischen Luft- und Heißgasen bei Triebwerksbauteilen

mit den zuvor getroffenen Vereinfachungen in keinem Verhältnis zum rechnerischen


Aufwand steht, ist es zweckmäßig, den Wärmetauschvorgang über so genannte Platten-
modelle mit Hilfe geeigneter Differenzenverfahren iterativ zu lösen.
Die mathematische Darstellung und Erfassung von stationären und instationären
Wärmeströmen mit Hilfe von plattenähnlichen Rechenmodellen wurde zum Beispiel
mit gutem Erfolg in [Bau68, Tho74, Mug82, Ric82, Hol97] bei der Bearbeitung von
Rechenverfahren für gekühlte Hochleistungsturbinen angewandt. Weiterhin wird zum
Verständnis der Modellrechnung auf die Ausführungen im folgenden Abschn. 7.3.2 auf-
merksam gemacht, wo ein Rechenmodell für das instationäre Betriebsverhalten eines
Gegenstrom-Rekuperators bearbeitet wird. Im Falle der hier angestrebten Rechenmo-
delle für Wärmeströme im Bereich der verschiedenen Triebwerkskomponenten wie
hauptsächlich Verdichter, Brennkammer und Turbinen wird als Basis ein Modell ver-
wendet, das sich für gekühlte und ungekühlte Komponenten des Triebwerks eignet. Wie
Abb. 9.3-2, 9.3-3 zeigt, entsprechen die Rechenmodelle der ungekühlten und der gekühl-
ten Platte den Vorgängen in einem Gleichstrom-Wärmetauscher.
Die maßgebliche Temperatur für den Wärmeübergang stellt im Allgemeinen die
jeweilige mittlere Temperatur des Fluids dar. Es muss dabei innerhalb der Triebwerks-
komponenten zwischen Teilen im Hauptgasstrom liegend und solchen Teilen unter-
schieden werden, die von den Wärmeströmen nur indirekt betroffen sind wie zum
Beispiel Rotorscheiben. Da ungekühlte Teile die mittlere Temperatur des sie umströ-
menden Fluids annehmen, wird die mittlere Gastemperatur zwischen Ein- und Aus-
tritt dieser Komponenten herangezogen. Die Temperatur steigt oder fällt nicht linear
entlang dem angenommenen Plattenmodell, sodass eine Korrektur gemäß einem
9.3  Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte 867

Modell „gekühlte Bauteile“

Q H,(t)
(m cpT ) G,E,(t) (mc pT )G,A,(t)
OH αH

(m c )M TM,(t) Q M,(t)

OK αK
(mc pT )K,E,(t) (m cpT )G,A,(t)
Q K,(t)

TH,E,(t)

TH,A,(t)

TK,A,(t)

TK,E,(t)

x
L

Abb. 9.3-3  Modell „gekühlte Bauteile“ zu Synthese-Rechenmodellen für den Wärmetausch zwi-


schen Luft- und Heißgasen bei Triebwerksbauteilen

Temperatur-Korrekturfaktor vorgenommen werden muss. Liegt ein gekühlter Teil


einer Triebwerkskomponente vor, dann ist für den Temperaturverlauf des Materials
die mittlere Temperatur der Kühlluft maßgebend. Falls die betrachtete Komponente
jedoch ungekühlt ist, zum Beispiel ein Verdichter, dann wird die mittlere Temperatur
von Ein- und Austritt der Hauptgasströmung dieser Komponenten als Referenztempe-
ratur herangezogen, wobei eine Anpassung durch einen Korrekturfaktor erfolgen kann.
Die Berechnung eines instationären Wärmeübergangs lässt sich auf eine quasi-stationäre
Rechnung zurückführen, wie es auch bei den meisten anderen instationären Vorgängen
gehandhabt werden kann. Eine ausführliche Darstellung der numerischen Bearbeitung
ist zum Beispiel in [Kay73B, Ric82, Hol97, RTO07B] enthalten.
Entsprechend den oben kurz erläuterten Rechenverfahren zu den Haupteinflussgrö-
ßen auf instationäre Vorgänge, den Rotor-Trägheitsmomenten und den Wärmeströmen
868 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

zwischen Arbeitsfluid und Triebwerksmaterial, können teilweise davon abhängig wei-


tere, so genannte Sekundäreffekte berücksichtigt werden. Dies sind zum Beispiel Ände-
rungen der Komponentenwirkungsgrade aufgrund von thermischen Einflüssen auf
Dichtungsspiele, Auswirkungen durch Gas-Aufstaueffekte, Verzögerungen bei Verbren-
nungsvorgängen usw. Von Fall zu Fall ist allerdings abzuwägen, ob und mit welchem
Aufwand Sekundäreffekte durch vereinfachte Rechenmodelle numerisch erfasst werden
sollen.

9.3.2 Rechenmodelle mit Wärmetauscher-Elementen

Als Erweiterung der in Abschn. 9.3.1 gegebenen Hinweise zur Berechnung der instatio-
nären Wärmetauschvorgänge mit Hilfe der Modelle der „ungekühlten“ und „gekühlten“
Bauteile werden für Bauteile mit Wärmetauschereigenschaften oder kompletten zum
Beispiel Rekuperator-Wärmetauschern zusätzliche Rechenmodelle notwendig, wie nach
[Kay73B] am Beispiel einer Gasturbine mit Gegenstrom-Rekuperator in [Ric82] gezeigt
wird. Hierbei wird die Auslegung des 1100 kW-Zweiwellen-Triebwerks entsprechend
dem Modell-Triebwerk nach Abschn. 2.9, 7.3.2 und 7.4 beachtet.

Wärmeübertragung in differentialer Darstellung Im Abschn. 7.4 wurde eine allge-


meine Darstellung des Übertragungsverhaltens von Wärmetauschern für stationären
Betrieb gegeben. Basis der Ausgangsgleichungen sind die Erhaltungssätze der Thermo-
dynamik für die Masse, den Impuls und die Energie sowie die Zustandsgleichung für
Gase. Das zeitabhängige Übertragungsverhalten für ein Wärmetauscherelement wird
mit Hilfe verschiedener Vereinfachungen durch ein System von Differentialgleichungen
erfasst, wobei das in Abb. 9.3-4 skizzierte Modell einer Gegenstrom-Wärmeübertragung
zugrunde gelegt werden kann. Beim Gleichstrom-Übertrager sind die Vorzeichen der
Differentialgleichungen sinngemäß zu ändern:
Heißseite (H):
ᾱH AH ∂TH ∂TH
(TH − TW ) = ṁH c̄p,H − ρH c̄p,H Af,H . (9.3-1)
L ∂x ∂t
Ka1tseite (K):
ᾱK AK ∂TK ∂TK
(TW − TK ) = ṁK c̄p,K − ρK c̄p,K Af,K . (9.3-2)
L ∂x ∂t
Übertrager-Material:
∂TM
mM cM = ᾱH AH (TH − TW ) − ᾱK AK (TW − TK ). (9.3-3)
∂t
9.3  Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte 869

Modell „Gegenstrom-Wärmetausch“

TH, E, t = ∞

TH

TH, E, t = 0
TK, A, t = ∞
fa,2
TH,A, t = ∞
TK, A, t = 0
fa,1
TH, A, t = 0

TK,E,t = 0, ∞
x
L

(m cpT )H,E,(t) (m cp T )H,A,(t)


QH,( t )

(m c)M TM,( t) Q M,(t )

Q K,(t)
(m cpT )K, A, (t) (m c pT )K, E, (t)
Abb. 9.3-4 Modell „Gegenstrom-Wärmetausch“ als vereinfachtes GTSYN-Rechenmodell zur
Wärmeübertragung bei Triebwerks-Bauteilen

Folgende Annahmen wurden hierbei vereinfachend getroffen:

• Der Wärmeübergang wird nur eindimensional erfasst.


• Das Wärmeübertragermodell wird als adiabates System behandelt.
• Keine Wärmeleitung in axialer Richtung.
• Annahme thermisch idealer Fluide.

Zur Lösung der Differentialgleichungssysteme können allgemein verschiedene Metho-


den aus der Wärmetauschertechnik verwendet werden, wie sie zum Beispiel von Kays
und London für kompakte Wärmetauscher in [Kay73B] ausführlich dargestellt werden.
Die einschlägige Fachliteratur bietet weitere mehr oder weniger aufwendige und verein-
fachte Lösungsverfahren an wie zum Beispiel VDI-Wärmeatlas [VDI88B, Hau76B].
870 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Da im Rahmen von GTSYN-Programmen und digitalen Echtzeit-Simulationen der


numerische Aufwand für ein Rechenmodell zur Erfassung des instationären Verhaltens
in Grenzen gehalten werden muss, können vereinfachte linearisierte Rechenmodelle für
den Gegenstrom-Übertragung angewandt werden. Das jeweilige Übertragungsverhalten
sollte allerdings mit anderen Lösungen auch aus experimentell Ergebnisse aus der Fach-
literatur vergleichend überprüft werden. Dieser Vergleich kann im Wesentlichen anhand
von Temperatur-Sprungantworten durchgeführt werden.
Wird die Eintrittstemperatur eines Fluids geändert, so ändert sich die Austrittstem-
peratur dieses Fluids und des Fluids auf der anderen Seite des Übertragers mit gewissen
Verzögerungen. Diese zeitlichen Verzögerungen werden durch die Wärmekapazitäten
der beiden Fluide und der Matrix beeinflusst. In [Kay73B] werden aus umfangreichen
numerischen und experimentellen Untersuchungen die Ergebnisse des Übertragungs-
verhaltens insbesondere von Gasturbinen-Wärmeübertragern dimensionslos in Übertra-
gungs-Diagrammen wiedergegeben. Das charakteristische Übertragungsverhalten wird
durch sprunghafte Änderungen der Temperaturen eines der beiden Ströme erzeugt.
Zur Verdeutlichung und zum Vergleich der Rechenmodelle kann das Übertragungs-
verhalten eines gesamten Rekuperator-Wärmetauschers mit dem Verlauf der Tempera-
tur-Sprungantworten von Modell und Messung herangezogen werden.
Für jeden Zeitschritt, der im Rahmen eines instationären Betriebspunktes berech-
net wird, werden über Energiestrombilanzen analog den Differentialgleichungen für
ein Matrix-Element nach Gl. (9.3-1), (9.3-2) und (9.3-3) die Wärme- beziehungsweise
Energieströme sowie die abhängig von der Zeit im Matrix-Material gespeicherte Wärme
berechnet (Abb. 9.3-4).

9.3.3 Einflüsse von Spalten und Modellierung

Die Wärmeströme in die Schaufeln und in das Gehäuse vollziehen sich schneller als der
Wärmestrom in die Rotorscheibe [Ric82, Fio93]. Unterschiedliche thermische Ausdeh-
nungen resultieren in typischen Spaltänderungen bei Beschleunigung und Verzögerung.
Diese beeinflussen merkbar die Wirkungsgrade, insbesondere der Turbine, und somit
die Charakteristik des Gesamtsystems [Kur92, Fio93, Kop00, RTO07B].
Eine Berechnung von Spaltänderungen für die erweiterte Leistungsrechnung erfordert
somit die Implementierung thermischer und mechanischer Bauteilmodelle (Abb. 9.3-5).
Voraussetzung ist dazu eine vorherige thermische und mechanische Diskreti-
sierung aller zu berechnenden Komponentenbauteile aus der Stufengeometrie. Zur
Berechnung der Wärmeübergänge zwischen Fluid und Bauteilgruppen wurden die
diskutierten Modelle, die das thermische Verhalten ähnlich den Originalbauteilen
wiedergeben [Fio93]. Um den durch die nur eindimensionale thermische Diskretisie-
rung entstehenden Fehler beurteilen zu können, kann auf der Basis einer Finite-Dif-
ferenzen-Modellierung ein zweidimensionales Rechenverfahren für die Rotorscheiben
der Turbokomponenten angewandt werden. Als Resultat eines solchen Vergleichs
9.3  Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte 871

(a) Reale Stufengeometrie (b) Diskretisierte Synthesemodelle


Mehrkörpermodell Mehrkörpermodell
MKM detailliert MKM vereinfacht
1 2 3 5 s Sp
4 sSP 3
G 3
Tip G(Stator) 3 G(Stator)
Ring- h S R 2 2
2 S 2 S
fläche A 1 1 3
4
Hub s Lab 3 s Lab
r
Tip
rHub 2 Sch 1
Sch 1

Turbinenstufe detailliert vereinfacht


Reale Geometrie Mehrkörpermodell MKM

Abb. 9.3-5  Ableitung diskreter Synthesemodelle zur Bestimmung von Spitzenspalten: a Validie-


rungsmodell nach [Fio93], b abgeleitete Mehrkörpermodelle (MKM) mit reduziertem Rechenauf-
wand für Echtzeitanwendungen [Kop00]; G = Gehäuse, S = Schaufel, Sch = Scheibe

in [Fio93, Hol97] ist festzuhalten, dass trotz einer Abweichung der berechneten
Temperaturen von zum Beispiel maximal 8,5 % die Abweichung der Dehnungskurven
1,5 % nicht überschreitet, was die thermische Diskretisierung der Bauteile in dieser
Art rechtfertigt.
Zur Bestimmung der Materialausdehnung muss beachtet werden, dass die zugrunde-
liegenden gemessenen Kennfelder für stationäre Betriebspunkte gelten und damit bereits
stationäre Spaltverluste enthalten. Dies bedeutet, dass nur während des instationären
Vorgangs zusätzliche Wirkungsgrad änderungen betrachtet werden dürfen. Dazu muß
zu jedem Zeitpunkt der Temperaturunterschied ΔT = TMat;ist− TMat,stat zwischen der
aktuellen Materialtemperatur TMat,ist und der korrespondierenden, stationären Material-
temperatur TMat,stat bekannt sein.

9.3.4 Spaltkontrolle ACC (Active Clearance Control)

Die Kombination aus numerischer Wärme- und Spaltmodellierung erlaubt es nun nicht
nur die resultierenden Effekte zu simulieren, sondern auch gezielt das Betriebsverhalten
durch den Regler positiv beeinflussen zu können. Als besonderes Beispiel sei hier die soge-
nannte „Active Clearance Control“ ACC bei Turbinenstufen genannt. Eine Variation der
Kühlluftzumischung in Schaufel- und Gehäusestrukturen in Abhängigkeit von der gewähl-
ten Laststufe oder des geforderten Lastwechsels führt zu einer aktiven Spaltbeeinflussung,
die insbesondere zu einer Leistungssteigerung aufgrund besserer Wirkungsgrade in den
Turbokomponenten durch schnelle digitale Regelsysteme führt (Abschn. 4.2.7).
872 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

C Kennfeld Verdichter C
Verschiebung der Stabilitätsgrenze und
der Arbeitslinie im Verdichterkennfeld
6
Verdichterdruckverhältnis

durch Sekundär-Effekte
5
SL
e
4 e nz
sgr Kennfeld-Ausschnitt
ät
3 ilit Stationäre
ab
St 100% Arbeitslinie WL
2 90%
80% Drehzahl red. n red
60% 70%
1
Massenstrom red.

Kennfeld-Ausschnitt

rn
en
ranz

Inte
n g stole rung)
u e
stell ion (Alt
nominelle Stabilitätsgrenze Her t ten
riora sien
Pumpgrenze SL Dete le Tran hler
rma g Fe
The ckin

ern
T r a
or
Stat tion

Ext
en
Dist
or ranz
n Tole
ort io
Dist ave
s
ar W rve
Plan ese
sr
ilit ät
reale Pumpgrenze SL
tab
n de S ient
en
eibe ans

rn
gstr
erbl u n

Inte
t
reale v is
r Le ienten
t. de ns
Arbeitslinie WL Varia ungstra rung
)
e is t (Alte en
L tio n
riora ranz
Dete stole
t e ll ung
nominelle s
Her
Arbeitslinie WL

Abb. 9.3-6  Verschiebung der Pump- bzw. Stabilitätsgrenze im Verdichterkennfeld durch interne


und externe Störungseffekte [Kop00, Lon92]

Hierfür kommen alle bis hierher vorgestellten Modelle simultan zum Tragen. Dies
betrifft besonders das Kühlluftmodell einer komplett gekühlten Turbinenstufe durch
simultane Berücksichtigung der Kühllufteffekte sowohl für die Schaufel- als auch für
die Gehäuseausdehnung, die Modellierung der Spalteffekte resultierend aus den unter-
schiedlichen Materialdehnungen, den mechanischen Belastungen und den Belastungsän-
derungen sowie eine „Kontrolle“ des Spaltes durch Variation der Kühlluftmassenströme
auf die Gehäuseoberfläche in Abhängigkeit von der Dynamik des Triebwerkes. Das in
Hinsicht auf Wärmeausdehnungen schneller reagierende Gehäuse kann somit derart
beeinflusst werden, dass der Spalt einerseits klein gehalten werden kann, um gute Wir-
kungsgrade zu ermöglichen, andererseits groß genug, um ein Anschleifen der Schaufels-
pitze zu vermeiden.
9.3  Instationäres Betriebsverhalten und Sekundäreffekte 873

9.3.5 Strömungs-Ungleichförmigkeiten („Distortionseffekte“)

Die Stabilität der Verdichter und somit des gesamten Triebwerks hängt bei den hier
behandelten Gasturbinen und Flugantrieben besonders bei den Antriebssystemen von
Hyperschallflugzeugen (SFB05B; Kop00; Ric05] stark von der drallfreien oder drallbehaf-
teten Strömung im Kanal zwischen Einlauf und Turbotriebwerkseintritt ab (Abb. 9.3-6).
Der Querschnitt des Einlaukanals wird häufig von rechteckig auf rund überführt
(Kap. 3).
Mit Hilfe des Modells der „parallelen Verdichter“, [Kur92, Lon92, GasTurb] ist es
möglich, die damit verbundenen unterschiedlichen Druck- und Temperaturprofile der
Anströmung zu modellieren. Ist der gestörte Sektor klein, können lokale Instabilitäten
ausgeglichen werden. Ab einer kritischen Größe des gestörten Bereichs gerät der gesamte
Verdichter in instabile instationäre Betriebsbereiche bzw. Pumpen (surge). Im Verdich-
terkennfeld ist dieser Zusammenhang durch „Verschieben“ der effektiven Stabilitäts-
grenze zu einem gemittelten Betriebspunkt der beiden Parallelverdichtermodelle und die
daraus resultierende Reduzierung des Pumpgrenzabstandes feststellbar [Lon92, Hol97,
RTO07B].

9.4 Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-


Turboshaft-Gasturbinen

Auf den Zusammenhang und die Bedeutung des stationären und instationären Betriebsver-
haltens von Fluggasturbinen sowie deren digitale Simulation mit Hilfe von angemessenen,
numerischen Rechenmodellen wurde in Abschn. 4.2 (Turboverdichter) sowie Kap. 7 und 8
hingewiesen. Anschließend wird in Anlehnung an den praktischen Flugbetrieb am Beispiel
eines Hubschrauber-Triebwerks der Leistungsklasse um 1100 kW (Abschn. 7.2 und 7.3)
gezeigt werden, unter welchen Einflüssen und Umgebungsbedingungen die Turboshaft-Gas-
turbine besonders instationär betrieben wird und wie prinzipiell deren Betriebsverhalten mit
Syntheserechnungen auch in Echtzeit simuliert werden kann (Abb. 9.4-1).
Die in einem Hubschrauber meist eingebauten 2 Triebwerke sind im oberen Teil der
Zelle nahe der Rotorachse platziert. Zu- und Abströmung liegen mehr oder weniger im
Bereich des Strömungsfeldes des Hauptrotors (Kap. 3). Dieses Strömungsfeld unterliegt
weiterhin noch Wind- und Böeneinflüssen, sodass beim Anlassen, Bodenleerlauf und
Starten sowie bei Landevorgängen und bodennahen Flügen abhängig vom Lastzustand
äußere Störeinflüsse und Ansaugen von Fremdstoffen (FOD) auf die Arbeit der Gastur-
bine einwirken.
Beim Durchstarten des Hubschraubers oder beim Ausfall eines Triebwerks sind aus
Sicherheitsgründen die Beschleunigungsfähigkeit des Triebwerks sowie der Betrieb im
Überlastbereich von großer Bedeutung. In den nachfolgenden Abschnitten werden des-
halb rechnergestützte Simulationen und mathematische Modelle vorgestellt, mit denen
Untersuchungen zu den oben genannten Vorgängen durchgeführt werden können.
874 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Antriebssystem Hubschrauber
Signalflußplan
Regelung

Hauptrotor

Luft Heißgas Heckrotor


p, T, m B
C T PT G

Triebwerk I Triebwerk II
PEx mEx L PC mLBr n T TT nPT
nR

Triebwerkssystem Pilot
Regelung mit
- Beschleunigungs-Regelung
- Temperatur-Begrenzung
Leistungshebel Anstellwinkel
- Drehzahl-Begrenzung
- Momenten-Begrenzung mit Trimmung (n Rotor ) Rotorblatt (Pitch)
- Leistungs-Synchronisation TWI / TWII
- Automatische Regelung bei Ausfall Vorgabe Leistungs- Anlassen, Leerlauf,
eines TW, Hochfahren intaktes TW ... niveau gemäß nC Flug

Abb. 9.4-1 Antriebssystem (schematisch) eines Hubschraubers mit 2 Triebwerken und Strö-


mungsfeld in der Umgebung der Turboshaft-Triebwerke

Antriebsanlagen von Hubschraubern arbeiten meist nach dem in Abb. 9.4-1 skizzenhaft


dargestellten Schema. Die Turboshaft-Gasturbinen treiben über ein Untersetzungsgetriebe
den Hauptrotor und über einen Nebenabtrieb den zum Momentenausgleich notwendi-
gen Heckrotor an. Das Bild zeigt als Beispiel die Triebwerks- und Steuerungsanlage eines
leichten Hubschraubers mit zwei Gasturbinen, deren Wellenleistung auf ein gemeinsames
Getriebe G und dann auf den Rotor übertragen wird. Zwischen einem der Triebwerke und
dem Hauptrotorgetriebe ist normalerweise ein Freilauf vorgesehen, der beim Ausfall eines
Motors diesen vom Hauptrotor trennt und im Falle einer Notlandung die Autorotation
erleichtert.
Während des normalen Flugbetriebs werden vom Piloten über den Blattverstellhe-
bel (collective pitch) die Anstellwinkel der Rotorblätter verstellt und damit der Auftrieb
an den Rotorblättern verändert. Mit dieser direkten Beeinflussung der Auftriebskräfte
durch den Piloten wird im Wesentlichen die Steuerung der Vertikalbewegungen durch-
geführt. Die Drehzahl des Rotors muss beim Start, im Flug und bei der Landung inner-
halb bestimmter Grenzen geregelt, bei etwa nR = 100 %, gehalten werden. Eine Nebenwelle
führt vom Hauptrotorgetriebe zum Heckrotor, dessen Blätter ebenfalls verstellbar
9.4  Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen 875

sind. Durch die Verstellung der Heckrotorblätter verändert der Pilot mit den Pedalen
das Gegendrehmoment zum Hauptrotor und steuert auf diese Art den Hubschrauber um
die Hochachse. Die Steuerung von Vorwärts- und Seitenbewegungen sowie die Einlei-
tung von Kurvenflügen werden vom Piloten durch Bewegungen des Steuerknüppels oder
Sticks (control stick) ausgeführt, die eine Änderung der Richtung des resultierenden Auf-
triebsvektors am Hauptrotor bewirken.
Das für den Flug benötigte Leistungsniveau wird vom Piloten über den Leistungs-
hebel freigegeben. Entsprechend den Steuereingaben am Blattverstellhebel ändern sich
der Rotorauftrieb bzw. das Rotordrehmoment und damit die Leistungsanforderung für
das Triebwerk. Die Regelanlage des Antriebssystems bestehend aus Turboshaft, Getriebe
und Rotor hat die Aufgabe, die vom Piloten am Hauptrotor indirekt geforderte Leistung
bei möglichst gleichbleibender Rotordrehzahl sicherzustellen. Ein typisches Schema
des Signalflusses der Regelanlage eines Hubschraubers ist mit einigen Erläuterungen
in Abb. 9.4-1 zusammengestellt. Da im normalen Flugbetrieb eines Hubschraubers der
Lastzustand des Triebwerks häufig gewechselt wird, ist es Aufgabe der Regelanlagen den
Piloten von der Überwachung und Steuerung der Antriebsanlage zu entlasten. Dies führt
zu einer weitgehend automatisierten Regelanlage. Dem schematischen Wirkschaltplan
des Systems Regler-Triebwerk-Rotor dieses Bildes ist zu entnehmen, dass die Regelung
der Antriebsanlage aus zwei gekoppelten Regelkreisen besteht, die je nach Betriebs- und
Flugzustand des Triebwerks oder des Hubschraubers verschiedene Prioritäten besitzen.
Der innere Regelkreis mit der Regelgröße „Drehzahl des Verdichter-Turbinen-
Rotors“ nHT kontrolliert beim Anlassen, im Bodenleerlauf und in Sonderfällen den
sicheren Betriebszustand der Gasturbine. Zum Start des Hubschraubers wird der Leis-
tungshebel auf Flugbetrieb eingestellt und der äußere Regelkreis mit der Rotordrehzahl
nR bzw. nNT als Regelgröße übernimmt sodann mit Priorität für den Flugzustand die
Regelung des am Rotor geforderten Drehmomentes bei möglichst konstanter Drehzahl
um nR = 100 %. Treten während des Flugbetriebs extreme, das Triebwerk gefährdende
Belastungszustände auf, übernimmt für diese Vorgänge der innere Regelkreis mit nHT
die Kontrolle des Triebwerks. Dieser innere Kreis besitzt deshalb Elemente zum Beispiel
für die Beschleunigungsregelung sowie für Temperatur- und Drehzahlbegrenzungen.
Es sei hier angemerkt, dass bei Gasturbinenanlagen der Energie- und Kraftwerkstech-
nik (Abschn. 2.8) die Regelung auf konstante Abtriebsdrehzahl ähnlich der Triebwerks-
regelung von Hubschrauber-Triebwerken erfolgt.

9.4.1 Syntheserechnung zum instationären Betrieb von


Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen

Der programmtechnische Ablauf instationärer Vorgänge wird im Steuerhauptprogramm


der Syntheserechnung vorgenommen. Ausgehend von einem mit der Dateneingabe zu
bestimmenden beliebig wählbaren, stationären Betriebspunkt Bi wird der instationäre
876 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Betriebsablauf gestartet. Zeitschritt Δt und Zeitdauer des instationären Betriebs sind mit
der Dateneingabe des Punktes Bi vorzugeben. Entsprechend werden nacheinander ablau-
fend die jeweiligen instationären, zeitabhängigen Betriebspunkte Bi(t) quasi wie ein sta-
tionärer Betriebspunkt iterativ bestimmt, wie bereits in Abschn. 7.2 allgemein erläutert
wurde. Ist die Berechnung eines Punktes Bi(t) zum Zeitpunkt t abgeschlossen, dann wer-
den die aktuellen Werte zur Zeit t abgespeichert, um anschließend zur Berechnung der
zeitlichen Ableitung des nächsten Zeitschrittes t+Δt zur Verfügung zu stehen.
Die auf das Triebwerk einwirkenden Steuer- und Regelgrößen sowie triebwerksex-
terne und -interne Störgrößen sind in einem Eingabe-Unterprogramm als Funktion von
der Zeit vorzugeben. So können analytisch oder punktweise beziehungsweise in Form
von Datenfeldern abhängig von der Zeit beliebig die Triebwerksgrößen eingegeben wer-
den. Dies können zum Beispiel Größen sein wie:

• Massenströme von Luft, Heißgas oder Brennstoff.


• Drücke, Temperaturen, Machzahlen, Geschwindigkeiten.
• Wellenleistungen, Komponentenwirkungsgrade, Drehzahlen.
• Umgebungsbedingungen entsprechend der Flughöhe und Mach-Zahl.
• Äußere Druck und Temperatur Störungen am Einlauf (Distortion).
• Variable Flächen wie verstellbare Düsen, Verdichter und Turbinen.

Durch eine derartige Vorgabe von zeitabhängigen Triebwerksparametern sind die Vor-
aussetzungen geschaffen, mit einer Syntheserechnung auch regeltechnische Aufgaben in
der Struktur von GTSYN-Programmen mit einzubeziehen.
Wesentliche Haupteinflussgrößen auf das instationäre Betriebsverhalten bei Hub-
schrauber-Antriebssytemen sind einmal die Trägheitsmomente der Rotoren des Trieb-
werks selbst sowie die des Hauptrotors und Heckrotors, zum anderen die Wärmeströme
zwischen den Luft- und Heißgasmassenströmen besonders in der Turbinensektion und
dem gasbeaufschlagten Material. Für die instationären Syntheserechnungen auf der Basis
von iterativ zu bestimmenden Arbeitsprozessrechnungen werden bei den Energiestrom-
oder Leistungsbilanzen die Trägheitsmomente und Drehzahlen der am System betei-
ligten Rotoren benötigt. Für einen zweimotorigen Hubschrauber errechnet sich zum
Beispiel das gesamte Trägheitsmoment des Abtriebs an der Nutzturbine
  2  
nR nHeck − Rotor
ges = KT 2LPT + R + Heck − Rotor (9.4-1)
nLPT nLPT

KT stellt dabei einen Korrekturfaktor für sonstige rotierende Teile dar.


Während zum Beispiel eines Beschleunigungs- oder Verzögerungsvorganges tritt
zwischen der Luft- bzw. Heißgasströmung und dem Material der durchströmten Trieb-
werksbaugruppen ein teilweiser intensiver Wärmeaustausch auf. Die Folge hiervon ist
einmal eine Verzögerung der Ansprech- und Beschleunigungs- bzw. der Verzögerungs-
zeiten sowie gegebenenfalls ein erhöhter Überschussbrennstoffstrom.
9.4  Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen 877

Zur numerischen Modellierung der Wärmetauschvorgange bei instationärem Betrieb


wurde in Abschn. 9.3.1 bereits näher eingegangen.
Zu den am Anfang dieses Abschn. 9.4. dargestellten Vorgängen beim Betrieb von
Hubschrauber-Triebwerksanlagen in verschiedenen Flugphasen werden nachfolgend
einige typische Fälle aus dem Flugbetrieb beispielhaft behandelt. Hierbei soll einmal die
Eignung der in den vorstehenden Abschnitten beschriebenen Rechenverfahren zur digi-
talen Simulation des instationären Betriebsverhaltens von Gasturbinen und Flugantrie-
ben demonstriert werden. Zum anderen wird für die beiden 1100 kW-Modelltriebwerke
ohne und mit Rekuperator aus Abschn. 2.8 und 2.9 sowie 7.3 bis 7.5 das dynamische
Betriebsverhalten vorgestellt. Weiterhin werden für die beiden Modelltriebwerke aus-
gewählte Betriebsfälle vorgeführt, die in typischen Flugsituationen von entscheidender
Bedeutung sein können. Dies sind Flugmanöver im Zusammenhang mit dem Ausfall
eines Triebwerks bei einem zweimotorigen Hubschrauber, dem Durchstarten bei schwie-
rigen Landungen und das bodennahe Fliegen. Bei der Behandlung dieser Vorgänge wird
die Triebwerksanlage gekoppelt mit einem Regelkreis betrachtet.

9.4.2 Simulation einer Beschleunigung beim Turboshaft

Die dynamische, instationäre Betriebsfähigkeit sowie die Handhabung einer Flug-


Gasturbine kann durch ihr Ansprech-, Beschleunigungs- und Verzögerungsverhalten
beurteilt werden. Die Änderung der Leistung oder der Belastung pro Zeit ΔP/Δt ist
hierbei maßgebend. Um das Verhalten des Antriebs allein zu erkennen, ist es zweck-
mäßig, zuvor das Triebwerk, die Regelstrecke, ohne Einfluss der Regelanlage zu unter-
suchen. Dies wird, mit einer Temperatur-Sprungeingabe ΔTET = ΔTt4 innerhalb von
etwa 0,2 sec durchgeführt, wobei die Leistung von einem Teillastpunkt gemäß der Ver-
dichterdrehzahl nC = 75 % entsprechend einer Teillast PW = 200 kW bis auf Volllast
PWA = 1100 kW kurzzeitig erhöht wird. Das Triebwerk erreicht den Volllastzustand
nach etwa 2 bis 2,5 sec. Abbildung 9.4-2 zeigt die auf die Komponenten aufgeteilten gro-
ßen Wärmeströme, die bis über 20 sec nach der Beschleunigung deutlich anhalten.

9.4.3 Simulation eines Triebwerksausfalls beim Hubschrauber

Der Flugbetrieb von Hubschraubern insbesondere die Start- und Landevorgänge müssen
sicher und zuverlässig ausgeführt werden können. Hierzu werden von den Flugsicher-
heitsbehörden zum Beispiel Vorschriften zu An- und Abflugverfahren auch für Flug-
situationen nach dem Ausfall eines Triebwerks definiert. Bei den nach der Kategorie A
zugelassenen Hubschraubern muss nach einem Triebwerksausfall die sichere Rückkehr
zum Startplatz oder ein Flug mit verminderter Leistung des zweimotorigen Antriebssys-
tems durchgeführt werden können.
878 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Turboshaft-2-Wellen-Gasturbine für Hubschrauber


100,0
Nutzleistung PW 1100 kW
Qi [kW]
87,5
C
Wärmeströme nach
75,0
Wärmeströme TS-Komponenten

Sprung-Beschleunigung
Bereich: Kanal Innen
Bereich
62,5 Kanal Verdichter C
LPT Brennkammer B
50,0 Hochdruck-Turbine HPT
Niederdruck-Turbine LPT

HPT
37,5
B

25,0
B

12,5
Innen
0
0 4 8 12 18 20 24 28 32
Zeit t [s]
Abb. 9.4-2  Sprungartige Teillast-Volllastbeschleunigung simuliert bei einem Turboshaft-1100 kW-
Hubschrauber-2-Wellentriebwerk mit den Wärmeströmen Q̇i in die einzelnen Komponenten

In Abb. 9.4-3 sind die Messkurven für einen mittelschweren 2-Motor-Hubschrau-


ber aufgetragen, die den simulierten Triebwerksausfall eines 300-kW-Triebwerks und
das Verhalten des verbleibenden Triebwerks beschreiben. Ausgangspunkt der Betrach-
tung ist der stationäre Betriebszustand, bei dem beide Triebwerke die gleiche Leistung
von 152 kW, in einer Höhe von 1500 m und einer Fluggeschwindigkeit vIAS = 65 km/h,
abgeben. Zum Zeitpunkt t = 0 wird das Triebwerk I abgeschaltet und demnach fällt die
Leistung nach etwa 6 sec auf Null. Die Leistungsanforderung des Hubschrauber-Rotors
bleibt konstant und entsprechend der Leistungsabnahme des Triebwerks I wird die Leis-
tungsanforderung an das Triebwerk II erhöht.
Da das Triebwerk aber nur mit einer gewissen Zeitverzögerung auf die zusätzliche
Leistungsanforderung reagieren kann, entspricht die Leistungskurve von Triebwerk II zu
Anfang nicht der Leistungsanforderung am Rotor. Hieraus folgt ein Drehzahlabfall der
9.4  Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen 879

Hubschrauber-Testflug bei Ausfall eines Triebwerks (Nr. I)


Pitch const., H0 = const= 1450 m, IAS= const= 65 km/h

300
PW [kW] Simulation
( )
250 Leistung Triebwerk II
Testflug
Leistung Triebwerk I, II

200 ( )

150
Verdichter-Drehzahl
100
100 Rotor-Drehzahl [%]
95

Drehzahl
50
Leistung Triebwerk I
90
0

85
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Zeit nach Ausfall von Triebwerk I [s ]
Abb. 9.4-3  Triebwerksausfall numerisch simuliert im Vergleich zu Ergebnissen aus einem Flug-
versuch. Ausfall von Triebwerk I. Triebwerk II auf Volllast [Ric82, Gab98, Pre01, Hön13]

Niederdruckturbine, da die fehlende Leistung des Triebwerks II über eine Leistungsent-


nahme aus der Rotorenergie kompensiert wird.
Auffallend ist, dass sich die n2- bzw. LPT-Drehzahl auf einen Wert von ca. 96 % ein-
stellt und nicht wieder den Sollwert von 100 % erlangt. Der Grund hierfür ist die maxi-
male Leistungsabgabe des Triebwerks II, die bei etwa 290 kW liegt und somit keine
Rotorbeschleunigung mehr zulässt. Die geforderte Rotorleistung wurde in der Synthese-
Simulationsrechnung entsprechend der Leistungsabnahme des Triebwerks I mit Hilfe
einer Übergangsfunktion vorgegeben. Der Pitch-Hebel (Rotorblatt-Verstellhebel) wurde
während des gesamten Vorgangs nicht bestätigt. Die Leistungshebelstellung befand sich
konstant auf 104 % der GG- Drehzahl n1, so dass der n2- Regler (LPT-Drehzahl) Prio-
rität hatte und das Regelgeschehen bestimmte. Die dargestellten numerisch simulierten
Triebwerksantworten auf eine Leistungserhöhung des intakten Triebwerks bei Trieb-
werks-Ausfall zeigt im Vergleich eine gute Übereinstimmung zwischen Messung und
Simulation.
880 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

9.4.4 „Kalt“-„Heiß“-Beschleunigung beim Durchstarten

Bei zahlreichen Flugmanövern von Hubschraubern treten Lastwechsel der Triebwerks-


anlage auf, die kurzfristig Laständerungen zwischen Volllast und Teillast sowie Teil-
last und Volllast erfordern. Dies trifft besonders auf Durchstart-Flugmanöver zu. Am
Beispiel des 1100-kW-Turboshaft-Triebwerks nach Abschn. 2.8.1 und 2.9.3 sowie
Abschn. 7.2 und 7.3 wird gezeigt, wie dieses Triebwerk auf Lastwechsel mit z. B. Vorgabe
eines Temperaturgrenzwertes reagiert und welch wichtige Bedeutung dem Regelsystem
für einen sicheren Betrieb des Triebwerks zukommt.
Für einen Kurzzeit-Lastwechsel mit Kalt-Heiß-Beschleunigung ohne und mit Berück-
sichtigung von Grenzwerten (zum Beispiel Tt4) durch eine Regelung ist in Abb. 9.4-4
der Verlauf der Gasgenerator-Drehzahl nH = n1, der an den Hubschrauber-Rotor abge-
gebenen Wellenleistung und der Turbinen-Eintrittstemperatur im Zeitraum von 8 sec
dargestellt. Dabei wurde die GG-Drehzahl als Sollwert vorgegeben, damit während
der Beschleunigungen und der Verzögerungen der n1-Regler das Regelkreisverhalten
bestimmt. Der Ausgangszustand ist ein stationärer Betriebszustand, bei dem das Trieb-
werk mit einer Gasgeneratordrehzahl von n1 = 82 % läuft und dabei eine Wellenleistung
von PW = 450 kW abgibt. Zum Zeitpunkt t = 0 wird der Leistungshebel in 1 Sekunde
linear auf 95 % geschoben, 9 Sekunden in dieser Stellung belassen, damit das Triebwerk
„durchwärmt“, anschließend wieder innerhalb 1 Sekunde auf den Ausgangswert von
82 % linear zurückgenommen und dann sofort wieder innerhalb 0,3 Sekunden linear auf
den Endwert von 95 % hochgefahren. Im Abb. 9.4-4 (oben) ist die beschriebene Vorgabe
entsprechend einer Leistungshebelverstellung gestrichelt eingetragen.
Die Darstellung in Abb. 9.4-4 zeigt mit ausgezogenem Kurvenverlauf die Trieb-
werksantworten auf die gestrichelt gezeichnete Vorgabe, wenn keine Triebwerksgrenz-
werte durch die Regelanlage überwacht werden. Deutlich ist das große Überschwingen
der Brennkammeraustrittstemperatur Tt4 über die zulässige Höchsttemperatur, beson-
ders während des zweiten Beschleunigungsvorgangs, zu erkennen. In einem solchen Fall
müsste die Hochdruckturbine untersucht werden, da die Gefahr der Turbinenüberhit-
zung besteht. Interessant ist noch, dass die Gasgeneratordrehzahl n1,ist dem vorgegebenen
Sollwert n1,soll ohne große Verzögerungen folgt, was auf das geringe Massenträgheitsmo-
ment des Gasgeneratorläufers zurückzuführen ist. Das Abb. 9.4-5 zeigt die instationären
Fahrlinien im Verdichterkennfeld. Deutlich ist auch hier das große Überschwingen der
Fahrlinien beim zweiten „heißen“ Beschleunigungsvorgang zu erkennen. Dieses Über-
schwingen hat zwei Ursachen: die schnellere Leistungshebelverstellung beim zweiten
Beschleunigungsvorgang und die Beschleunigung von einem höheren Temperaturniveau
des Triebwerksmaterials aus.
Dies bringt zum Ausdruck, dass bei der zweiten „Heiß“-Beschleunigung in Abb. 9.4-4
die gesamte zugeführte Brennstoffenergie für die Beschleunigung des Gasgeneratorläu-
fers zur Verfügung steht, da das Triebwerksmaterial nicht mehr wesentlich aufgeheizt
werden muss. Dies bedeutet, dass während der zweiten Beschleunigung kein sehr großer
9.4  Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen 881

1100 kW Turboshaft-Gasturbine
Simulation
ohne Regler mit n1/n2-Regler
100
n1 [%]
95
Drehzahl

90 Drehzahl GG
85 Vorgabe
80

1200
PW [kW]
1000
Leistung

800 Wellenleistung
600

400

1600
Tt4 [K] zul. Höchsttemperatur
1400
Temperatur

1200 Temperatur Tu.-Eintritt

1000
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Zeit [s]
Abb. 9.4-4  Kurzzeit-Lastwechsel mit Kalt-Heiß-Beschleunigung ohne und mit Berücksichtigung
von Grenzwerten (z. B. Tt4) durch eine Regelung

Wärmestrom vom Heißgas ins Material fließt, da durch die vorausgegangene Verzöge-
rung keine merkliche Abkühlung des Triebwerks auftritt.
Abbildung 9.4-4 zeigt weiterhin die Triebwerksreaktion auf die zuvor beschriebene
Sollvorgabe unter Beachtung der vorgegebenen Grenztemperatur Tt4,max = 1450 K
(gestrichelte Kurve). Der Regler sorgt dafür, dass trotz der schnellen Triebwerksbeschleu-
nigungen die vorgegebene Grenztemperatur nur geringfügig überschritten wird und
dadurch eine Triebwerksbeschädigung verhindert wird. In Abb. 9.4-4 unterscheiden sich
882 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

20
Stabilitäts-Grenzbereich
ohne und mit Distortion
C

16
„Heiß“-Beschleunigung
Verdichterdruckverhältnis

„Kalt“-
Beschleunigung
B2
12
110%

100%

instationäre Betriebslinie
8 B1 Heiß Beschleunigung
B1 Verzögerung
stationäre Betriebslinie
Beginn der Kalt“-Beschleunigung

nred=80%
4

2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0


red. Durchsatz [kg/s]
Abb. 9.4-5  Kurzzeit-Lastwechsel mit Kalt-Heiß-Beschleunigung dargestellt im Verdichterkenn-
feld bei einer 1100 kW-Turboshaft-Gasturbine hier ohne Berücksichtigung von Grenzwerten
durch eine Regelung

trotz der größeren Beschleunigungsvorgabe nach 11 Sekunden die Triebwerksantworten


nicht wesentlich von denen der Anfangsbeschleunigung.
Der Kurvenverlauf der insationären Betriebslinien im Verdichter-Kennfeld von
Abb. 9.4-5 zeigt gegenüber der „kalten“ Beschleunigung das größere Überschwingen
der Fahrlinien beim zweiten, „heißen“ Beschleunigungsvorganges. Damit wächst die
Gefahr des Verdichterpumpens besonders bei intensiven Beschleunigungen. Durch den
Grenzwertregler, der Bestandteil des n1-Reglers ist, kann das Auftreten des Verdichter-
pumpens mit Hilfe des Triebwerk-Reglers bei gleich bleibender Pump- beziehungsweise
Stabilitätsgrenze gut vermieden werden.
Bei etlichen Flugsituationen eines Hubschraubers können allerdings erhebliche
Druck- und Temperatur-Störungen der Einlaufströmung auftreten, bei denen die
Pumpgrenze stationär und instationär in einem Stabilitäts-Grenzbereich Verschie-
bungen unterworfen ist, sodass der aktuelle Pumpgrenzenabstand für ein Regel- und
9.4  Betriebsverhalten und Simulation von Hubschrauber-Turboshaft-Gasturbinen 883

Überwachungssystem nur schwer zu identifizieren und abzusichern ist. (Abschn. 4.2.7


und 4.2.8) [Ric82, Gab98, Pre01, Hön13].

9.5 Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-


Triebwerken

Eine Triebwerksmodellierung in der Syntheserechnung zur Simulation von Sekundär-


effekten z. B. während der thermischen Ausgleichsphase nach Kurzzeit-Beschleunigun-
gen oder -Verzögerungen kann aufgrund der Komplexität der wechselseitig wirkenden
Effekte sehr aufwendig sein. Dies wurde bereits im vorstehenden Abschn. 9.4 am Bei-
spiel einer einfachen Turboshaft-Gasturbine deutlich. Bei komplexeren Antriebssyste-
men müssen deshalb im Hinblick auf vertretbare Rechenzeiten vereinfachte numerische
Modelle verwendet werden. Dies soll durch den Vergleich mit Messungen sowie mit
aufwendigeren Rechenverfahren, wie sie bei der mechanischen und thermischen Kom-
ponentenauslegung gewandt werden, anschließend ins Abschn. 9.5.1 für Turbofan-
Triebwerke mit kleinem Bypassverhältnis BPR < 1 und in Abschn. 9.5.2 für Turbofan mit
BPR < 10 dargestellt werden [Wal00B, RTO07B].

9.5.1 Transientes Betriebsverhalten und Sekundäreffekte bei


Turbofan mit kleinem Bypass

Transientes Beschleunigungsverhalten und Schubverlust. Am Beispiel eines relativ


einfachen Turbofan-Triebwerks der Schubklasse 10 bis 15 kN nach Abb. 9.5-1 wird nach
[Fio93] aus vergleichenden Ergebnissen von instationären Syntheserechnungen und
Experimenten (Turbofan Larzac, Fa. SNECMA) das Betriebsverhalten in Verbindung
mit ursprünglich ungenügend abgestimmten Sekundäreffekten während instationärer
Betriebsphasen vorgestellt.
Sekundäre Einflüsse auf die Arbeitsprozesse haben ihre Ursache meist im Zusammen-
wirken mehrerer Effekte, wie Wärmeübergang, Spalt- und Dichtungsleckagen, Ände-
rungen der Kühlluftströme, wobei diese Effekte sich wiederum gegenseitig beeinflussen
können. In den folgenden Ausführungen wird dies besonders am Beispiel des Einflusses
des „Spitzenspaltes“ deutlich, ein Effekt der infolge von zwei anderen verursacht wird:
Der Wärmeübergang vom Fluid in das Material bestimmt die Temperaturen und damit
die thermischen Dehnungen der betreffenden Bauteile. Die von der Drehzahl abhängige
Fliehkraft bewirkt die mechanischen Dehnungen der rotierenden Bauteile. Am Beispiel
des Wärmeüberganges wird deutlich, dass ein Sekundäreffekt indirekt über den Einfluss
auf die Spalte zwischen Rotor und Gehäuse und damit auf die Verdichter- und Turbi-
nenwirkungsgrade auch direkt Ursache für unerwünschte Kennfeld- und damit Arbeits-
prozessänderungen sein kann.
884 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

LP-Verdichter
HP-Verdichter
2-stufig
4-stufig
Schub-Ringdüse

sekundär
primär

LP-Turbine
1-stufig
Ringbrenn- HP-Turbine
kammer 1-stufig
Turbofan-Triebwerk SNECMA-Larzac

Abb. 9.5-1  Turbofan-2-Wellen-Triebwerk (Larzac, SNECMA). Schub max. 13,20 kN, Durchsatz


28 kg/s, TET = 1403 K, BPR = 1,13, Masse 295 kg . Darstellung nach Fa. Snecma S.A.

Dieser Zusammenhang trifft im Wesentlichen auch auf alle im Triebwerk vorkom-


menden berührungslosen Dichtungen zu. Unterschiedliche thermisch und mechanisch
bedingte Verschiebungen der Bauteile, etwa einer Labyrinthdichtung, können während
der thermischen Ausgleichsphase Änderungen der Labyrinth-Leckströme, und dadurch
des Kühlluft-Systems bewirken. Dies wiederum hat direkten Einfluss auf den Arbeitspro-
zess, beispielsweise aufgrund von Massenstromänderungen oder Mischungsverlusten,
aber auch indirekt dadurch, dass sich wegen geänderter Kühlluftströme die Tempera-
turen von Triebwerksbauteilen ändern. Damit variieren deren Dehnungen und somit
die Spitzenspalte und Grenzschichtdicken, was eine Verschiebung des Kennfeldes der
betroffenen Komponenten zur Folge hat.
In Abb. 9.5-2 ist der Einfluss einer Schaufelspitzenspalt-Variation auf den Kompo-
nentenwirkungsgrad und somit auf den spezifischen Brennstoffverbrauch SFC schema-
tisch dargestellt [Hen82, Fio93]. Demnach kann eine Änderung im relativen Spitzenspalt
von 2 % eine Wirkungsgradänderung von etwa 2 % und eine Änderung im spezifischen
Brennstoffverbrauch von etwa l % bewirken. Dies bedeutet, dass bei gleichbleibendem
Brennstoffstrom der Nettoschub bzw. die Wellenleistung entsprechend abnehmen.
Die zeitliche Änderung im Spitzenspalt, wie sie in den Turbokomponenten wäh-
rend und nach einem Beschleunigungsvorgang auftritt, wird durch die unterschiedlich
schnelle Erwärmung und mechanische Beanspruchung der Bauteile verursacht [Hen82].
Bei einer Erhöhung der Heißgastemperatur dehnen sich beispielsweise die allseitig dem
Heißgas ausgesetzten Schaufeln schneller als die zwar relativ dünnwandigen, aber nur
einseitig dem Heißgas ausgesetzten Turbinen-Gehäuseteile. Die massiven Scheiben,
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 885

η
[%]
ηis 1,5
0,0
SFC f
Wirkungsgrad-Änderung

1,0

2,0
0,5

4,0
LPC HPC HPT LPT

η
Auswirkung von = 1%
η is
0,0 0,01 0,02 0,03 0,04 Turbofan-Triebwerk
Welle nleistungsgasturbine
s
Spaltänderung rel.
h

Abb. 9.5-2 Auswirkung tendenziell von Spitzenspalten auf Wirkungsgrad und SFC bei einem
Turbofan-Triebwerk und bei einer Turboshaft-Gasturbine nach [Hen82, Fio93]

die nur einer relativ schwachen Fluidströmung von Kühl- oder Ventilationsluft ausge-
setzt sind, wodurch der konvektive Wärmeübergang im Vergleich zu anderen Bauteilen
gering ist, erwärmen und dehnen sich nur langsam. Laufschaufeln und Scheiben weisen
zudem eine fliehkraftbedingte Dehnung auf, welche der Drehzahländerung ohne zeitli-
che Verzögerung folgt. Der Spalt zwischen Schaufelspitze und Gehäusewand wird des-
halb bei Beschleunigen des Triebwerks aus einem „kalten“ Zustand heraus mit steigender
Drehzahl aufgrund der Fliehkräfte und der schnellen Erwärmung der Schaufeln zunächst
kleiner, wegen der unterschiedlichen Wärmedehnungen aber danach wieder größer. Er
erreicht erst nach relativ großen Zeiträumen von 10 bis 20 min kriechend einen stationä-
ren Zustand (Abb. 9.5-3 und 9.5-7).
Bei einem Verzögerungsvorgang kehren sich die Verhältnisse um, d. h. das Gehäuse
kühlt schneller ab als die Scheiben, was im ungünstigsten Fall dazu führen kann, dass die
Schaufelspitzen an der Gehäusewand anstreifen. Dasselbe kann auch bei einer erneuten
Beschleunigung ausgehend von einem „heißen“ Zustand geschehen, da in diesem Falle
die Scheiben zu Beginn der Beschleunigung ein höheres Temperaturniveau als die außen
liegenden Teile haben, was in Verbindung mit der Fliehkraftdehnung eine gegenüber
dem stationären Zustand verminderte Spaltweite bis hin zum Anstreifen verursacht. Die-
ses Anstreifen hat erhöhten Verschleiß, wenn nicht sogar Beschädigungen von Schaufeln
und Gehäuse zur Folge.
Die Komponenten müssen deshalb so ausgelegt sein, dass die Spaltweiten auch für
diesen, nur kurzzeitig eintretenden Fall groß genug sind, was wiederum zur Folge hat,
dass die stationären Spitzenspiele und somit die Wirkungsgrade der Komponenten nicht
mehr optimal sind. Bei großen Turbofan-Bypasstriebwerken, die überwiegend im Reise-
flug stationär betrieben werden, wird deshalb versucht, den Spalt im stationären Betrieb
886 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Turbofan-Triebwerk TF (F N = 13,2 kN)


 ssp 
 
2
 h  diff
[%]

Schaufelspitzen-
Differenzspalt
0

-2

2,0

s/h [%] Gehäuse


radiale Verschiebung

1,5 Schaufelspitze

Gefahr des Anstreifens


1,0 max. Spitzenspalt
(Bereich des „Schubloches“)

0,5
0 20 40 60 80 100
Zeit [s]

Abb. 9.5-3  Radiale Verschiebungen und Schaufelspitzen-Differenzspalt am Beispiel HP-Verdich-


ter eines Turbofan-Triebwerks nach Abb. 9.5-1 [Fio93]

auf ein optimales Maß zu verkleinern. Eine oft angewandte Methode ist die aktive Küh-
lung der Gehäuseteile der thermisch stark belasteten Hochdruckkompenenten. Dies
wird als aktive Spaltkontrolle ACC bezeichnet (active clearance control) (Abschn. 9.5.4,
Abb. 9.5-22). Hier amortisieren sich die aufgrund des größeren konstruktiven Aufwands
und des höheren Gewichts entstehenden Kosten durch die erzielte Verbesserung des spe-
zifischen Brennstoffverbrauchs SFC.
Verluste, die in den Kennfeldern enthalten sind, hängen bei experimenteller Kennfelder-
mittlung von den Randbedingungen bei der Bestimmung der Kennfelder ab (Abb. 9.5-4).
Bei theoretischer Kennfeldermittlung stammen die Kennfelder aus aerothermodyna-
mischen Mittel- oder Mehrschnitts-Rechenverfahren. Enthalten diese Verfahren Kor-
rekturmodelle für die Spalteffekte, muss wiederum der stationäre vom instationären
Gesamtanteil subtrahiert und somit eliminiert werden. Falls keine Spaltverluste enthal-
ten sind, müssen auch berechnete Kennfelder mit dem instationären Gesamtverlust kor-
rigiert werden. Verdichter und Turbine unterscheiden sich dabei grundsätzlich in der
Relativbewegung der Spaltströmung zum rotierenden Teil (Schaufelspitze) und zum fest-
stehenden Teil (Gehäusewand).
Die Berechnung von Spaltänderungen für erweiterte Simulationsrechnungen
erfordert eine Implementierung thermischer und mechanischer Bauteilmodelle.
Voraussetzung dazu ist eine vorherige Diskretisierung aller zu berechnenden Kompo-
nentenbauteile (Abb. 9.5-5).
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 887

s/h
2,0
[%]
Spalt rel.

1,5

1,0

50 60 70 80 90 100
Leerlauf Volllast
Drehzahl rel. nrel [%]
Spaltverläufe im
Komponentenversuch Gesamttriebwerk
Abb. 9.5-4  Spaltverläufe einer Turbofan-Komponenten im Prüfstandsversuch und im Gesamt-
triebwerk eingebaut [Fio93]

(a) Reale Turbinen- (b) Diskretisierte Synthesemodelle


Stufengeometrie Mehrkörpermodell
Mehrkörpermodell
MKM detailliert MKM vereinfacht
1 2 3 5 s Sp
4 sSP 3
G 3
Tip 3
Ring- h G(Stator) G
S R 2 2 S (Stator) 2 2 S
fläche A 1 1 3
4
Hub s Lab 3 sLab
rTip
2 Sch 1
rHub
Sch 1

Abb. 9.5-5  Simulationsmodelle „Turbinenstufe“ gestuft diskretisiert zur Bestimmung von Spit-


zenspalten: a Modell mit realer Stufengeometrie z. B. für genaue FEM-Modellrechnungen. b Dis-
kretisierte abgeleitete Mehrkörpermodelle MKM für reduzierten Rechenaufwand, geeignet auch
für Echtzeit-Simulationen. G Gehäuse, S Schaufel, Sch Scheibe. [Fio93, Kop00]
888 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Da nahezu alle in einem Triebwerk axialer Bauweise eingesetzten Dichtungen auch in


axialer Richtung durchströmt werden, ändern sich die entsprechenden Durchströmflä-
chen primär durch radiale Verschiebungen.
Die Diskretisierung der Bauteile erfolgt durch Aufteilung der Komponentenbauteile
in mehrere Teilkörper TK, die thermisch über die Wärmeleitung und mechanisch über
die Spannung gekoppelt sind. Diese als Mehrkörpermodell MKM bezeichnete eindimen-
sionale Diskretisierung kann in radialer oder axialer Richtung erfolgen. Komplizierte
Bauteile werden durch die Form der TK so angenähert, dass das Modell dem Bauteil geo-
metrisch und bezüglich der Massenverteilung möglichst ähnlich ist [Fio93, Kur11].
Da der Rechenzeitbedarf mit der Anzahl der TK exponentiell ansteigt, kann für
Untersuchungen, in denen keine hohen Anforderungen an die Genauigkeit gestellt wer-
den, auch ein Modell sinnvoll sein, in dem die Komponentenbauteile Scheibe, Schaufeln
und Gehäuse jeweils durch einen Teilkörper repräsentiert sind. Dieses Einkörpermo-
dell EKM muss die Randbedingungen für die Bauteile durch entsprechende Mittelung
der realen Randbedingungen enthalten, ebenso muss Massengleichheit und möglichst
Gleichheit der Oberflächen beachtet werden. Da beim EKM keine Wärmeleitung berück-
sichtigt werden kann, haben Dehnungsrechnungen bei Bauteilen mit großen Tempe-
raturgradienten keine hohe Genauigkeit. Die erforderliche Anzahl der TK richtet sich
also nach der geforderten Genauigkeit, jedoch kann auch der mit wachsender TK-Zahl
erheblich ansteigende Rechenzeitbedarf zum Problem werden [Fio93, RTO07B].

Modelle für mechanische Belastung. Die zum Teil stark unterschiedlichen Tempe-


raturverteilungen der Komponentenbauteile, die Fliehkraft sowie die angreifenden
Gaskräfte verursachen mechanische Belastungen, welche zu elastischen Bauteilverfor-
mungen führen. Speziell die Scheiben mit ihren relativ großen Massen und hohen Dreh-
zahlen unterliegen starken Fliehkräften, resultierend aus ihrer eigenen Massenverteilung
und durch die am Außenrand angreifenden Schaufelfliehkräfte.
Die meist komplizierte Scheibengeometrie kann durch eine einfache, kreiszylindrische
Scheibe gleicher Masse mit parallelen Wänden modelliert werden. Da sich dadurch die radi-
ale Massenverteilung ändert, kann dies zu Fehlern bei der Berechnung der Radialverschie-
bungen führen. Unter Berücksichtigung der Massenverteilung kann damit eine hinreichend
genaue Berechnung der Radialverschiebungen bei akzeptabler Rechenzeit erreicht werden.

Berechnung der Spaltänderungen. Mit den Ersatzmodellen für Schaufeln, Scheiben


und Gehäuse wurden in [Fio93] für den Turbofan in Abb. 9.5-1 unter Vorgabe trieb-
werkstypischer Randbedingungen wie Drehzahlen und Temperaturen stationäre und
instationäre Dehnungsrechnungen durchgeführt.
Allen Komponenten gemeinsam ist, dass die stationären Spalte mit zunehmender
Drehzahl und somit steigenden Fliehkräften, aber auch im Verhältnis zu den Gehäuse-
teilen mit stärkerer Zunahme der Materialtemperaturen und somit stärkeren Dehnungen
des Rotors abnehmen.
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 889

Aufgrund der über den Betriebsbereich größeren Temperaturunterschiede im Gehäu-


sebereich der Turbinen sind die Spaltänderungen der Turbinen geringer als die der Ver-
dichterkomponenten, da die stärkere Erwärmung der Gehäuseteile der Turbinen einer
Verkleinerung der Spitzenspalte entgegenwirkt. Deshalb ist der Einfluss der Verdich-
ter trotz der größeren Empfindlichkeit des Triebwerks auf Turbinen-Spaltänderungen
nicht zu vernachlässigen. In Abb. 9.5-3 sind für eine Beschleunigung die instationären
Verschiebungen des Schaufelspitzenradius und des Gehäuseinnenradius sowie der Diffe-
renzspalt für den HP-Verdichter dargestellt.
Die Verschiebung der Schaufelspitzen resultiert aus der radialen Scheiben- und
Schaufeldehnung. Die schnelle Dynamik der Schaufeln ist für das erste relative Mini-
mum verantwortlich, die mittlere Dynamik des Gehäuses zusammen mit der langsamen
Dynamik der Scheiben verursacht das Maximum.

Numerische Simulation des Betriebsverhaltens eines Turbofan-Triebwerks  Zum Nach-


weis der praktischen Anwendbarkeit erweiterter instationärer Syntheserechenverfahrens
wurden in [Fio93] für die Untersuchung der Auswirkungen von Änderungen im Sekundär-
luftsystem sowie von Komponentenspalten ausgewählte instationäre Betriebsphasen simu-
liert. Diese wurden sodann mit experimentell gewonnenen Messdaten verglichen [Dup90].
Da sich bereits in der stationären Untersuchung der Modelle für die Spitzenspaltkorrek-
tur große Unterschiede zeigten, wurde eine Modellauswahl anhand von Vergleichen und
aus der Praxis bekannten Daten getroffen und die weiteren instationären Rechnungen mit
dem ausgewählten Modell durchgeführt. Da die bei dem in Abb. 9.5-1 gezeigten Turbofan
aufgetretene Größe eines erheblichen Schubverlusts („Schubloch“) bereits experimentell
untersucht war, konnten die Messergebnisse als Kriterium zur Überprüfung der Auswahl
von Bauteilmodellen zur Simulationsrechnung verwendet werden.
Das aufgrund von Spaltweitenänderungen verursachte dynamische Betriebsverhalten
wurde nicht nur durch die thermische Dynamik und die mechanischen Eigenschaften
der Bauteile beeinflusst, sondern auch vom Umgebungszustand und vom thermischen
Zustand des Triebwerks, also von der „Triebwerks-Vorgeschichte“.
Aus Schubmessungen bei warmer und kalter Atmosphäre war von dem hier betrach-
teten Turbofan bekannt, dass die Schubverlustgröße mit steigender Umgebungstem-
peratur zunahm [Dup90]. In Abb. 9.5-6 sind der numerisch simulierte Schubverlauf
in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur TISA und der Vergleich der jeweiligen
Schubverlustgrößen mit Angaben aus [Dup90], den experimentellen Daten der Firma
SNECMA, dargestellt.
Zu bemerken ist die mit sinkender Umgebungstemperatur abnehmende Schubver-
lustgröße im Bereich der thermischen Ausgleichsphase, worauf in [Fio93] näher einge-
gangen wird.
Bei höheren Umgebungstemperaturen TISA und somit höheren Verdichtereintritt-
stemperaturen verschieben sich die Betriebspunkte aufgrund niedrigerer reduzierter
Drehzahlen zu tieferen Druckverhältnissen. Eine Wirkungsgradverschlechterung wird
wegen der damit verbundenen Verminderung des reduzierten Massenstromes aufgrund
890 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Schubverlust bei Beschleunigung eines Turbofan-Triebwerks mit


nicht abgestimmten Sekundäreffekten
100
FN [%] ISA -15°
FN [%]
stationäre
FN [%] ISA Endwerte
90
Nettoschub

FN [%] ISA +15°

80
FN [%] ISA +30°

70

0 20 40 60 80 100
Zeit [s]

Nettoschubverlust FN
abhängig von der -10
FN
Umgebungstemperatur -5
[%]
0
ISA-15° ISA ISA+15° ISA+30°
Simulation Messung (Fa. SNECMA)
Abb. 9.5-6  Auswirkungen nicht abgestimmter Sekundäreffekte auf den Schubverlauf mit Schub-
verlust („Schubloch“) eines Turbofan-Triebwerks (Larzac, SNECMA) bei verschiedenen Umge-
bungstemperaturen sowie Vergleich der gemessenen Verläufe gegenüber den numerischen
Simulationen nach [Fio93]

der kleineren Gradienten der Wirkungsgradkurven im Bereich des Wirkungsgradma-


ximums verstärkt. Bei niedrigeren Umgebungstemperaturen werden Abschnitte großer
Gradienten überstrichen. Die Wirkungsgradverschlechterung wird deshalb gedämpft.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass im Rahmen von GTSYN-Program-
men und entsprechend verschieden aufwendigen numerischen Modellen das transiente
Betriebsverhalten auch mit Berücksichtigung von Sekundäreffekten gut simuliert werden
kann. Dies schließt auch z. B. die Echtzeitsimulationen von Regelungs-und Monitorsys-
temen ein sowie für flugmechanische Studien und Flugsimulatore [Fio93, Hol97].
Beginnend bereits in den 1960er Jahren verdeutlichten die Ergebnisse der verschie-
denen Veröffentlichungen, dass mit erweiterten GTSYN-Programmen ein Werkzeug
geschaffen werden kann, das eine Simulation thermisch und mechanisch bedingter
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 891

30

Q (t)
P (t)
25
103 [kW] ung
Aufheiz
)
m 2 (h t6 - h t2
Aufheiz-bzw. Beschleunigungsleistung

20 2 3 4 5 6
rung
sleis

15
igung
hleun

10
Besc

1,5 PRotor Rotor-Beschleunigungsleistung


5 Beschleunigungsleistung
1,0 103[kW]
beider Rotoren gesamt
LP-Rotor
0,5
HP-Rotor 0
0
0 5 10 15 20
Zeit t [sec]

Abb. 9.5-7 Aufheiz- und Beschleunigungsleistung zwischen Leerlauf und Volllast bei einem


Turbofan-2-Wellen-V/STOL-Triebwerk (RR-MAN-RB153-61 abgeleitet von der RR Spey-Trieb-
werksfamilie). Schub max. etwa 55 kN, OPR etwa 18, BPR etwa 0,8, Masse 650 kg [Bau68, Tho74,
Bau99B]

Phänomene erlaubt und somit in der Tiebwerksauslegungs- und Optimierungsphase das


stationäre und transiente Betriebsverhalten jeglicher Gasturbinen- und Antriebssysteme
ermöglicht. Hervorgehoben seien hier z. B. die Veröffentlichungen [Bau68, Sel75, Ric82,
Mug82, Fio93, Wal00B, Kop00, Ric05, Kur11] und [GasTurb].

Schnelle Lastwechsel und transientes Betriebsverhalten Am Beispiel des V/STOL-


Turbofan-Triebwerks RB153 (Fa. RR und MAN) wird nachfolgend aus vergleichenden
Ergebnissen von instationären Syntheserechnungen und Experimenten zur Untersu-
chung von Sekundäreffekten während instationärer Betriebsphasen das typische transi-
ente Betriebsverhalten vorgestellt (Abb. 9.5-7). Grundlegenden Untersuchungen wurden
dazu bereits in den 1960er Jahren in Verbindung u. a. mit den damaligen deutschen
V/STOL-Flugzeugen durchgeführt [Bau68, Tho74, Haf82B, Bau99B, DGL00B].
Besondere Bedeutung hatte bei den zahlreichen Projektarbeiten das instationäre
Betriebsverhalten der auch zur Schubmodulation und zur Schubvektorsteuerung einge-
setzten Triebwerke. Die häufig unter erheblichen äußeren Störeinflüssen wie Heißgas-
rezirkulationen sicher funktionieren mussten. Schnelle Lastwechsel mit „kalten“ und
„heißen“ Beschleunigungen der Triebwerke waren bei Start- und Landungen die Regel.
892 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Während erstere z. B. vom stabilisierten Leerlaufpunkt aus erfolgt, war im zweiten Fall
das Triebwerk im Volllastpunkt stabilisiert, um dann nach Verzögerung auf Leerlauf
sofort wieder auf Volllast beschleunigt zu werden. Je nach verwendetem Regelsystem
ergeben sich dann entweder Unterschiede in der Beschleunigungszeit oder im zuzumes-
senden Beschleunigungsbrennstoff.
Zu Beginn der Entwicklung von digitalen numerischen Syntheseprogrammen zur
genaueren Berechnungen des transienten Betriebsverhaltens wurde bis etwa Anfang
der 1960er Jahre lediglich die Rotorbeschleunigung oder -verzögerung abhängig vom
Überschuss- oder Unterschussmoment der Turbine gegenüber dem auf gleicher Welle
rotierenden Verdichter berücksichtigt. Diese resultierende Beschleunigung und Verzöge-
rung wird dabei durch eine Störung des Leistungsgleichgewichtes zwischen auf gleichem
Rotor sitzenden Verdichter und Turbine ausgelöst.
Zur Simulation mit Syntheseprogrammen und Modellierung des instationären
Betriebsverhaltens wurde bei der Triebwerkfirma MAN-Turbomotoren (Vorgänger der
MTU Aero Engines) auf diesem Gebiet grundlegende Arbeiten geleistet und diese mit
dem V/STOL-Turbofan RR-MAN-153-61 am Prüfstand mit experimentellen Ergeb-
nissen verglichen [Bau68, Tho74, Bau99B]. Es konnte mit diesen Basisarbeiten gezeigt
werden, welchen Einfluss der Wärmetausch zwischen Gasströmung und Triebwerkma-
terial für das instationäre Betriebsverhalten von Turboflugtriebwerken hat. Es besteht
eine deutliche Diskrepanz z. B. bei Beschleunigungsvorgängen zwischen den Simulati-
onsrechnungen ohne Berücksichtigung des zusätzlichen Wärmeaustausches mit den am
Triebwerk gemessenen Beschleunigungsraten nach [Bau68, Tho74] in der Größenord-
nung von 20 bis 30 %.
In Abb. 9.5-7 sind dazu für eine Beschleunigung abhängig von der Zeit t zunächst
die Rotor-Beschleunigungsleistungen des HP- und LP-Rotors aufgetragen (Bild unten)
und darüber die Kurve für die Zunahme der Enthalpiedifferenz zwischen dem Trieb-
werkein- und -austritt ṁ2(ht6  –  ht2) sowie die Aufheizleistung. Die oberste Kurve stellt
die Enthalpiezufuhr durch den zugemessenen Brennstoffstrom dar. Vom zugeführten
gesamten Brennstoffstrom gehen bei diesem relativ schweren Triebwerk der damali-
gen Bauweise etwa 10 bis 15 % mit dem Wärmeaustausch zur Aufheizung des Materials
sozusagen verloren. Bei Triebwerken der folgenden Generationen mit leichteren Struk-
turen und kleineren Massen ist dieser Prozentsatz entsprechend geringer. Auch nach
Beendigung der Rotorbeschleunigung bei etwa 5 sec geht durch Wärmeübertragung ein
intensiver Wärmestrom in das Material der Bauteile über.
Wie in Abb. 9.5-8 gezeigt wird kann der Verlauf des Aufheizwärmestroms durch
die in Abb. 9.5-8 angegebene Beziehung für den Aufheiz-Wärmestrom hier mit
einer Zeitkonstante TC (time constant) von etwa 10 Sekunden angenähert werden
[VDI88B,Wal00B].
Messungen an weiteren, verschieden großen Triebwerken des damaligen Technolo-
giestandes zeigten, dass die Zeitkonstante TC bei Vollast (ISA-SLS) näherungsweise mit
folgender Beziehung bestimmt werden kann
TC ≈ 0,015 mTriebwerk. (9.5-1)
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 893

t
Aufheiz-Wärmestrom bei Vollast Q(t) −
= e TC
Turbofan-Triebwerke BPR Qmax
1,0
Q( t )
Turbofan-
Qmax
Schubklasse [kN]
0,5 100
50 Zeitkonstante
30 TCVollast
10

15 30
5 10
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80
Zeit t [s]

Abb. 9.5-8 Aufheizwärmestrom bei Rotorbeschleunigung von Turbofan-Triebwerken nach


[Bau68, Tho74, Bau99, Wal04]

Allgemein können nach Walsh und Fletcher [Wal00B] für Triebwerke mit einer Masse
von etwa 200 kg bis 2000 kg Zeitkonstanten von etwa TC ≈ 5 sec bis 40 sec angesetzt
werden.
Für grobe, pauschale Berücksichtigung des Wärmestromes können bei Syntheserech-
nungen Bauteile des Triebwerks durch äquivalente, den Massen entsprechende Platten-
modelle mit gemittelten Materialkonstanten erfasst werden, wie dies in den Abschn. 9.3,
9.4 und zu Beginn dieses Abschn. 9.5.1 dargestellt wurde. Mit den Auswirkungen der
Wärmetauschvorgänge sind weitere Sekundäreffekte wie z. B. die Dichtungsspiele und
deren Folgen verbunden, wie sie in den vorstehenden Abschnitten erläutert wurden.
Ergänzend zu den in [Bau68] dargestellten Vorgängen zum transienten Betriebsver-
halten eines V/STOL-Turbofan werden im folgenden Abschn. 9.5.2 in den Abb. 9.5-9 bis
9.5-14 für Turbofan-Triebwerke verschieden Kalt-Heiß-Beschleunigungs- und Verzöge-
rungskurven im Verdichterkennfelder gezeigt und erläutert.

9.5.2 Transientes Betriebsverhalten und Sekundäreffekte bei


Turbofan mit großem Bypass

Im Abschn. 9.3 und 9.5.1 wurden bereits grundsätzliche Hinweise zum transien-


ten Betriebsverhalten von Turboshaft-Gasturbinen und Turbofan-Triebwerke mit
Beachtung verschiedener Sekundäreffekten behandelt. Dabei standen der Verlauf der
Arbeitslinien WL (working line) für den Vollast-, Teillast und Leerlaufbereich in den
Komponenten-Kennfeldern im Mittelpunkt. Dies betrifft beim üblichen 2- oder 3-Wel-
len-Turbofan vornehmlich die Charakteristik des Kerntriebwerks (core) mit dem HP-
Verdichter HPC angetrieben von der auf der gleichen Welle sitzenden HP-Turbine HPT.
An den Beispielen bewährter ziviler Turbofan-Triebwerke mittlerer Schubklasse vom
Typ CFM56 bzw. IAE-V2000 (Airbus A 320) wird in diesem Abschnitt das instationäre
894 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Turbofan HP-Verdichter
) Drossel-
ine
HPC
Betriebslinie WL (Working Line) L linien
p t3 r ge
stationär (Su
p t26 SL Tt 4
e
enz
ts gr MCL Tt 2
ilitä
tab
MCR
S
Druckverhältnis

MTO
Sea Level WL

100%
Approach Idle
90% Altitude WL
Low Idle

80%
70%  n 
 H 
60%  T 
 t  26
50%

Durchsatz red. mred  m Tt 


 
 pt 
  26

Abb. 9.5-9  HP-Kennfeld eines Turbofan mit Leerlauf-Volllast-Arbeitslinie WL mit Betriebspunk-


ten besonderer Flugphasen (MTO, MCR, MCL) für den Höhenflug und den bodennahen Flug .
Darstellung nach K. Rüd und [Ric98B]

Betriebsverhalten dieser 2-Wellen-Turbofan mit hohem Bypassverhältnis auch in Ver-


bindung mit dem Regel- und Überwachungssystem FADEC bzw. EEC (Electronic Engine
Control) dargestellt. Prinzipiell besteht dabei eine enge Verbindung zwischen dem tran-
sienten Verhalten und der FADEC-Regelung, wobei das Zusammenspiel der Brenn-
stoffzumessung mit den Möglichkeiten der installierten variablen Geometrie- und dem
Bleedluftsysteme eine entscheidende Rolle spielt.
Ausgehend nach Abb. 9.5-9 von den stationären Arbeitslinien WL für die Flugberei-
che in Bodennähe SL (Sea Level) und im Höhenflug (Altitude) sind im HP-Verdichter-
kennfeld einige wichtige Betriebspunkte hervorgehoben.
Dies sind für Start- und bodennahen Flug „Low Idle“ und MTO (Max Take Off) und
für den Höhenflug „Appoach Idle“, MCR (Max Cruise) und MCL (Max Climb). Die
Betriebspunkte bzw. Drosselpunkte bei verschiedenen Drehzahlen werden durch das
den Durchsatz begrenzende Verhalten der düsenförmigen Schaufelgitterquerschnitte der
HP-Turbine NGV (Nozzle Guide Vane) bestimmt (Abschn. 4.3). In Abb. 9.5-9 sind des-
halb auch die Drossellinien eingetragen.
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 895

Es gilt
 √   √ 
ṁ Tt ṁ Tt
= const ⇒ = const (9.5-2)
pt 4 pt 3

Der jeweiligen Flugmission (flight envelope) entsprechend treten transiente Lastwechel-


vorgänge z. B. vom Leerlauf (Idle) auf MTO auf, die durch die Vorgabe der Brennstoffzu-
messung beeinflusst werden.
Charakteristisch für stationäre Arbeitspunkte sind die gleich bleibenden Erhaltungs-
sätze für Energie, Masse und Impuls. Bei transienten Vorgängen wie Beschleunigungen
und Verzögerungen werden Gleichgewichtszustände hauptsächlich durch Veränderung
der Brennstoffströme bewirkt. In Abb. 9.5-10, 9.5-11 ist dazu im HP-Verdichterkennfeld
für eine Schnellbeschleunigung bzw. Slam Accel (slam acceleration) nach einer Sprungein-
gabe (step input) des Leistunghebels PLA die Vorgabe des Brennstoffstromes als Funktion
der Zeit t gegenüber der Brennstoffzumessung für stationären Betrieb zu sehen.
Die Erhöhung der Brennstoffzufuhr führt zu erhöhter Leistungsabgabe der HP-Turbine,
sodass der Leistungsüberschuss am Rotor zu einem Ansteigen der HP-Drehzahl abhängig
von der Rotorträgheit führt. Die Arbeitslinie WL der Beschleunigung (transient accel) bewegt
sich zu Anfang schnell in Richtung der Stabilitätsgrenze und verläuft bei angepasster Rege-
lung mit entsprechendem Pumpgrenzenabstand SM (surge margin) oberhalb der stationären
Arbeitslinie kontrolliert zum geforderten Vollschub-Betriebspunkt, hier MTO.
Der Beschleunigungsvorgang wird in der ersten Phase von wenigen Sekunden wäh-
rend der Drehzahlsteigerung auf die Enddrehzahl primär vom Trägheitsmoment des
HP-Rotor dominiert. Wie z. B. in Abb. 9.5-7 bereits gezeigt wurde, bewirken länger
anhaltende Wärmeenergieströme und weitere Sekundäreffekte ein direktes Einlaufen auf
einen stationären Endzustand MTO.
Der Zustand der aus dem LP-Verdichter (Ebene 24) austretende, in den HP-Verdich-
ter (Ebene 26) eintretende, komprimierte Luftstrom wird durch die Schluckfähigkeit des
HP-Verdichters bestimmt.
Dies führt zu einer transienten Beschleunigungslinie im LP-Verdichter wie in
Abb. 9.5-12 zu sehen ist. Es gilt für die Massenströme
 √   √ 
ṁ Tt ṁ Tt
= . (9.5-3)
pt 24 pt 26

Die Erhöhung des zur Beschleunigung zugemessenen Beschleunigungsbrennstoffs ver-


ursacht direkt am HP-Rotor (kleines Trägheitsmoment JH) gegenüber dem LP-Rotor
(größeres Trägheitsmoment JL) eine schnellere Erhöhung der HP-Drehzahl nH gegen-
über der LP-Drehzahl nL. Es gilt demnach für den Beschleunigungsvorgang mit der
Rotor-Beschleunigungsleistung
 2
� dn
�PR (t) = J R nR (9.5-4)
30 dt
896 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Turbofan-2-Wellen-Triebwerk
Kurzzeitbeschleunigung (slam accel) „idle“ ==> „max take off“ MTO
Pilotenhebel PLA Sprungeingabe
Turbofan-Parameter rel.

1,0
Drehzahlen
HP-Rotor nH „max take off“ MTO
LP-Rotor nL

Temperatur
TET bzw. Tt4 Schub FN

Brennstoff

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
Zeit t nach PLA-Sprungeingabe [s]
Abb. 9.5-10  Turbofan-Parameter bei Beschleunigung von Turbofan-Triebwerken

) Drossel-
Turbofan HP-Verdichter ine
geL linien
HPC ur
(S
p t3 Beschleunigungslinie (transient) SL
e Tt4
nz
p t 26 Accel Working Line re
sg Tt2
Accel WL ilität
ab
St
MTO
Druckverhältnis

100%
Betriebslinie WL
90% Working Line
stationär
Idle
80%  n 
 H 
70%  T 
 t  26
60%
50%

 m Tt 
Durchsatz red. m red  
 pt 
  26

Abb. 9.5-11  Beschleunigung Leerlauf-Volllast mit Arbeitslinien WL von Turbofan-Triebwerken


9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 897

Turbofan Beschleunigungslinien (transient)

LP-Verdichter LPC HP-Verdichter HPC SL


e
LPC SL HPC e nz
ze gr
p t 24 ren ät
s
tätsg p t3 ilit
b
pt2 bili ta
Sta p t 26
Accel WL S
är transient
tion är
sta
Druckverhältnis

Druckverhältnis
WL t ion
Accel WL
L sta
transient W
n 
 HR 
 n   T 
 L   t  26
 T 
 t 2

 m Tt   m Tt 
Durchsatz m red   Durchsatz m red  
 pt   pt 
 2   26

Abb. 9.5-12 Leerlauf-Volllast-Beschleunigung Accel bei einem Turbofan mit stationärem und


transientem Verlauf der Arbeitslinie im LP-Verdichter- und HP-Verdichterkennfeld

Turbofan Verzögerunglinien transient Deceleration

LP-Verdichter LPC HP-Verdichter HPC


SL
LPC e
SL HPC en
z
e r
p t 24 nz sg
ts gre p t3 it ät
pt2 ilitä a bil
Decel WL Sta
b p t 26 St
är
ion
Druckverhältnis

transient t
Druckverhältnis

r L sta
nä W Decel WL
ta tio
W Ls transient
n 
 HR 
 n 
 L   T 
 T   t  26
 t 2

 m Tt   m Tt 
Durchsatz m red   Durchsatz m red  
 pt   pt 
  20   26

Abb. 9.5-13 Volllast-Leerlauf-Verzögerung Decel bei einem Turbofan mit stationärem und tran-


sientem Verlauf der Arbeitslinie im LP-Verdichter- und HP-Verdichterkennfeld [Ric98B]

und für das transiente Drehzahlverhältnis der beiden Rotoren gegenüber dem stationä-
ren Drehzahlverhältnis
(nH/nL)transient > (nH/nL)stationär.
Die Betriebspunkte auf der Beschleunigungslinie verlaufen demnach im vorgeschal-
teten LP-Verdichterkennfeld im Gegensatz zum HP-Verdichterkennfeld hier mit größe-
rem Abstand zur Stabilitätsgrenze unterhalb der stationären Arbeitslinie.
898 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Bei einer schnellen Verzögerung (slam deceleration) des 2-Wellen-Turbofan, also mit
Slam Decel, verlaufen die transienten Verzögerungslinien in den beiden Kennfeldern in
umgekehrtem Sinne, wie in Abb. 9.5-13 zu sehen ist. Dabei ist verstärkt die Gefahr von
Instabilitäten besonders im unteren Drehzahlbereich gegeben.

Heiß-Kalt-Heiß-Beschleunigung Hot Reslam Accel (Bodie).  Bei intensiv ablaufen-


den transienten Lastwechseln, wie sie eventuell bei Notfall-Flugmanöver auftreten kön-
nen (emergency flight manoeuvre), kann der wechselseitige Wärmetausch zwischen
Fluidstrom und Triebwerkmaterial verbunden mit Wärmespeicherungen Einflüsse auf
das transiente Betriebsverhalten ausüben. Dieser Effekt spielte bei V/STOL-Flugzeugen
mit vom Piloten bzw. Flugregler modulierter Schubvektorsteuerung neben den stören-
den Umgebungseinwirkungen (Rezirkulation und Distortion) eine dominante Rolle, wie
u. a. von Meyer, Rick und Thomas in [DGL00B] aus den Flugversuchen mit dem Kurz-
und Senkrechtstart-Transportflugzeug Dornier Do31 aus den 1960er Jahren gezeigt
wurde.
Die Kurzzeit-Lastwechsel führen bei Turbotriebwerken zu zeitlich länger andauern-
den Wärmetauschvorgängen und folglich zu Auswirkungen auf kleinere Pumpgrenzen-
abstände SM, wie dies in Abb. 9.5-14 für eine Kurzzeit-Beschleunigung eines Turbofan
dargestellt wurde.
Das Phänomen transienter Heiß-Kalt-Heiß-Kurzzeit-Lastwechsel, dem Hot Reslam,
eines Turbofan-Triebwerks verstärkt besonders im HP-Verdichter die Gefahr von insta-
bilen Zuständen wie Stall-Instabilitäten, wie dies schematisch in Abb. 9.5-14 im HP-
Kennfeld dargestellt ist.
Diese „Hot-Reslam“-Vorgänge werden vornehmlich in den USA als „Bodie-Transi-
ents“, kurz „Bodie“ bezeichnet. Nach [Wal00B] stammt diese Bezeichnung vom Namen
eines Testpiloten der U.S. Air Force, der sich besonders mit dem instationären Betrieb
befasste.
Bei den Hot-Reslam-Beschleunigungen besteht verstärkt die Gefahr von Stabilitäts-
problemen (instabilities) und Verdichterpumpen (surge) während einer Beschleunigung
unmittelbar nach einer Verzögerung. Es zeigt sich bei einer Schnellbeschleunigung ein
Anstieg der transienten Beschleunigungslinie im HP-Verdichterkennfeld mit Verklei-
nerung des Pumpgrenzenabstands SM, wenn bei gleich bleibender Brennstoffzufuhr
bei einem Triebwerk aus dem stationären heißen Zustand im Volllastbereich eine kurze
Verzögerung und sofort anschließend eine Wiederbeschleunigung unmittelbar nach
der Verzögerung aus dem noch heißen Zustand vorgenommen wird. Nach einer kurzen
Zeit von 1 bis 2 sec ergibt sich gegenüber längeren Zeiten ein stärkeres Überschwingen
in Richtung der Stabilitätsgrenze und die verstärkte Gefahr von Stabilitätsproblemen mit
Stall und Pumpen des Triebwerks.
Die negativen Auswirkungen der Wärmetausch- und Wärmespeichereffekte ver-
bunden z.  B. mit transienten Rotor-Gehäuse-Spalteffekten können jedoch durch
kontrollierte Brennstoffzumessung über die FADEC-Regelung mit entsprechenden Steu-
erfunktionen angepasst werden.
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 899

2-Wellen-Turbofan (mittlere Schubklasse)


SV
tV
Kurzzeit-Heiß-Wiederbeschleunigung mi
S L
Hot Reslam Accel („Bodie“)
ze n
HPC re
Beschleunigung nach tsg
itä
1 bis 2 sec Verzögerung a bil
p t3 St
p t 26 Beschleunigung nach
MTO
r
3 bis 5 sec Verzögerung nä
ta tio
Druckverhältnis

Verzögerung
Beschleunigung mit Ls Decel
kaltem Turbofan
ni eW
bsli
trie
Be t = 1 bis 2 sec

Idle
t = 3 bis 5 sec
t=
 n 
 H 
 T 
 t  26

 m Tt 
Durchsatz mred  
 pt 
  26
Abb. 9.5-14  Heiß-Kalt-Heiß-Beschleunigungen eines Turbofan dargestellt an den Betriebslinien
im HP-Kennfeld [Ric98B]

9.5.3 Starten des Triebwerks und Anlaßstörungen

Anlassen bzw. Starten eines Triebwerks stellt als instationärer Vorgang einen sehr wichti-
gen und sensiblen Zustandverlauf bei Gasturbinen und Flugtriebwerken dar. Er beginnt mit
dem Einschalten des Startvorgangs und endet nach dem Erreichen stabiler Leerlaufdreh-
zahlen aller Rotoren. Dies betrifft sowohl das Starten des Triebwerks am Boden als auch das
Wiederanlassen im Flugzustand z. B. mit Hilfe des Windmilling (Abb. 9.5-15). Bereits in
der Auslegungsphase ist zu prüfen, ob ein Triebwerk abhängig von den Umgebungsbedin-
gungen und Anforderungen wie Luftabgabe an die Kabine aus den Verdichtern das Trieb-
werk bis zum Leerlauf sicher hochgefahren werden kann. Näherungsweise kann dies auch
numerisch mit Synthese-Simulationsrechnungen erfolgen, falls genügend Informationen
über das Verhalten der Komponenten unterhalb der Leerlaufdrehzahlen vorhanden sind.
Wie in der schematischen Darstellung eines HP-Verdichterkennfeldes in Abb. 9.5-16
zu sehen ist, bewegen sich die instationären Betriebspunkte bei unteren Drehzahlen
des Kennfeldes und befinden sich damit teilweise in Betriebsbereichen mit begin-
nender abgelöster Strömung oder gar Rotating Stall ggf. verbunden mit Schaufel-
schwingungen. Die instationäre Start-Leerlauf-Betriebslinie muss weiterhin nach der
900 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Start-Enveloppe Start Envelope Zivil-Turbofan Civil Turbofan

14000 45000
H0 [m] [ft] H0
12000 Max Cruise 40000

Höhe (Pressure Altitude)


Höhe (Pressure Altitude)

35000
10000
Start-Envelope 30000
8000 Max Conti 25000

b
lim
20000

C
6000

ax
M
Max Take-Off Windmill-Regime 15000
4000
Starter-Assist-Regime
10000
2000 5000
0 0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Flug-Mach-Zahl Flight-Mach-Number M 0

Abb. 9.5-15  Start-Enveloppe eines Turbofan mit Bereichen des Start- und Wiederzündens durch
Hilfe eines Starters oder durch Windmilling

Zündung oberhalb der „Hung Line“ und außerhalb der Stabilitätsgrenze bzw. Pump-
grenze verlaufen.
Die „Hung Line“ stellt die Grenze dar, ab der die Betriebspunkte nach Zündung und
arbeitender Brennkammer und ggf. noch laufendem Starter keine Beschleunigung auf
Leerlauf erreicht wird. Dabei kann die Starteranlage elektrisch oder pneumatisch z. B.
über Luftturbinen betrieben werden [Lin08B].
Die für das Anlassen erforderliche Luftströmung, die Zündung und Brennstoff-
zumessung müssen so aufeinander abgestimmt zusammengeführt werden, dass ein
Durchzünden (Light Up) erfolgen kann, damit über ein Heißgasstrom die Turbine mit
Überschussleistung angetrieben und beschleunigt wird, sodass der Rotor mit Verdichter
und Turbine möglichst schnell störungsfrei den stabilen Leerlauf erreicht (Abb. 9.5-17).
Bei Zweiwellen-Triebwerken mit HP- und LP-Rotoren erfolgt dabei der direkte Star-
ter-Antrieb auf den HP-Rotor, wobei der LP-Rotor frei laufend mitgedreht wird. Die
von dem Regelsystem kontrollierte Zündung und Brennstoffzumessung erfolgt meist bei
etwa 15 % bis 25 % der HP-Drehzahl. Nach dem erfolgreichen Durchzünden und dem
Beschleunigen wird der Anlasser nach Erreichen der Selbstlaufdrehzahl (self sustaining
speed) abgeschaltet.
Die Druckluft für den pneumatischen Anlasser kann von einem Außenbordaggre-
gat GPU (ground power unit), über den Flugzeug-Außenbordanschluß (ground air
connection) oder von einem im Flugzeug vorhandenen Bordaggregat Hilfstriebwerk
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 901

2-Wellen-Turbofan (mittlere Schubklasse)


HP-Verdichterkennfeld
HPC Leerlauf
Idle
p t3 Start-Leerlauf-Betriebslinie WL Start
p t 26 t
ar
L St
W
Druckverhältnis

SL nie
e b sli
Brennkammer nz rie
gr
e
B et
Zündung ts rt- e
ilitä St
a Lin 40%
ab un
g
St H

30%  n 
 H 
 T 
Start 20%  t  26
1,0
Beschleunigen bis Leerlauf
Durchdrehen Cranking

 m Tt 
Durchsatz mred  
 pt 
  26

Abb. 9.5-16  Start-Leerlauf-Betriebslinie (instationär) im HP-Verdichterkennfeld für ein Turbo-


fan mit Stabilitätsgrenze SL und Hung-Line [Lin08B, Ric98B]

EGT N2 „Normal Start“


EGT-Limit

Idle Speed EGT-Peak HP-Spool Speed


60%
HP-Spool Speed

Starter Cutout Speed EGT Normal Start


Temperatur

Self Sustaining Speed

20%

Time

0 Light-Off End of Starting


Sequence 50–65 sec

Abb. 9.5-17  Start-Leerlauf-Sequenz zum Anlassen eines Turbofan-Triebwerks [Lin08B]


902 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

APU (auxiliary power unit) abgenommen werden. Außerdem besteht noch bei mehr-
motorigen Flugzeugen die Möglichkeit der Verdichter-Luftabnahme von einem bereits
laufenden Triebwerk (engine bleed cross-air). In manchen Flugzeugtypen bei z. B. Trans-
port- und Militärflugzeugen werden zusätzlich Starter-Druckluftflaschen oder auch
Kartuschen-Anlasser (cartridge starter) benutzt. Normalerweise erreichen die meisten
Triebwerkstypen bei einem Anlassvorgang zwischen 20 bis 40 sec ihren stabilen Leerlauf.
Verlischt ein Triebwerk während des Fluges (flight flame out), so kann es im Flug
durch ein Anlassen mit Windmilling in der Luft (flight start) wieder gestartet werden.
Dafür wird kein Anlasser notwendig, da das Rotorsystem durch den gestauten Luftstrom
in Drehung versetzt wird.
Im Vergleich zu anderen Triebwerksstörungen dominieren in der Praxis Anlasspro-
bleme. Folgende typische Arten von nicht erfolgreichen Startvorgängen können auftreten:

Hot Start  Bei diesem erfolglosen Startvorgang kann die Ursache bei der Brennstoffzu-
fuhr oder bei der Zuströmung der Frischluft liegen (Abb. 9.5-18). Erhalten die Brenner
zu viel Brennstoff oder gelangt durch den Verdichter zu wenig Luft in die Brennkam-
mer-Primärzone, dann liegt für die Verbrennung ein zu reiches Anlassgemisch vor. Die
Heißgastemperatur bzw. EGT steigt über den zulässigen Maximalwert an. Die Ursache
dieser Störung kann eine ungeregelte unzulässige Brennstoffzumessung des ungenau
arbeitenden FCU (fuel control unit) sein, ein zu langsam drehender LP-Rotor, eine Fehl-
einstellung der VSV oder Fremdkörper in der Luftzuströmung FOD.

Hung Start  Bei dieser hängenden Anlassstörung kommt es nach dem Durchzünden zu
einer nicht normalen Beschleunigung und die Rotordrehzahl stabilisiert sich unterhalb der
Starter-Abschaltdrehzahl (starter cutout speed) und damit der angestrebten Leerlaufdreh-
zahl (Abb. 9.5-19). Die Heißgastemperatur bzw. EGT fällt nach Erreichen der zu tiefen
Drehzahl leicht ab oder bleibt konstant vor Erreichung der konstant bleibenden Drehzahl.
Die Ursachen können einmal in einem zu früh abschaltenden Anlasser bzw. einer
zu früh aussetzenden Zündung liegen oder der Anlasser beschleunigt unzureichend. Es
kann aber auch ein fehlerhafte FCU sein oder durch Fremdkörper beschädigte Beschau-
felung sowie unkorrekt eingestellte Schaufelgitter der IGV bzw. SVS vorliegen.

Wet Start  Bei der Störung als nasser Anlassvorgang kommt es im Bereich der Brennkam-
mern nicht zum Durchzünden. Eingesprühter Brennstoff verbleibt in flüssigem Zustand in der
Brennkammer und unverbranntes Brennstoff-Luftgemisch durchströmt Turbinen und Düse.
Diese Störung kann verursacht werden durch eine unzureichend arbeitende Zündung,
durch zu geringen Brennstoffdruck sowie durch schadhafte Brenner. Da sich bei die-
ser Störung in der heißen Sektion größere Brennstoffmengen ansetzen, sollte vor einem
nächsten Anlassversuch ein Durchblasen (Blow Out) des Triebwerks vorgenommen.
Bei automatischem Startvorgang kontrolliert über ein FADEC-System erkennt dieses
System den Wet-Start-Situation, unterbricht den Brennstoffstrom, initiiert ein Durchbla-
sen und startet die Anlassprozedur erneut.
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 903

EGT N2 „Hot Start“


EGT-Limit

60% Idle Speed

HP-Spool Speed Starter Cutout Speed


Temperatur

Self Sustaining Speed


EGT

HP-Spool Speed
20%

0 Light-Off Fuel Off Time

Abb. 9.5-18 Hot-Start-Anlassvorgang mit zeitlichem Verlauf von EGT und N2. Brennstoffzu-


messung vor Erreichen bzw. Überschreiten der EGT-Limit abgeschaltet [Lin08B]

EGT N2 „Hung Start“


EGT-Limit

Idle Speed
60% EGT
HP-Spool Speed

Starter Cutout Speed EGT Normal Start


Temperatur

Self Sustaining Speed HP-Spool Speed

20%

0 Light-Off Time

Abb. 9.5-19  . Startvorgang gestört als Hung Start. HP-Rotordrehzahl ist stabil unterhalb der Star-
tert-Abschaltdrehzahl. EGT liegt über der normalen Start-EGT, bleibt aber unterhalb dem EGT-
Limit [Lin08B]

Start Stall  Treten intensive Störungen der Luftzuströmung bei z. B. starkem Seitenwind
und Windböen auf, können durch Druck- oder Temperatur-Distortion während des
Anlassvorgangs im Bereich der Verdichter stationärer und instationärer Strömungsab-
riss und damit Stall-Effekte auftreten. Durch fehlerhaft eingestellte Bleed-Ventile können
904 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Gitterverstellung Statoren HP-Verdichter Turbofan IAE V 2500


Variable Stator Vanes VSV
Zapfluft Verdichter Bleeds (% of Core Flow)
Handling Bleed 15 % 10%
Customer Bleed 10 % 15% HPT Cooling Bleed 26 %
stage 5 stage 8
26 3 405

Abb. 9.5-20  Stator-Schaufelverstellung VSV und variable Bleedluft-Ventile VBV (Variable Bleed


Valve, Bleed Off Take) am HP-Verdichter des Kerntriebwerks (Core) vom Turbofan IAE V2500.
Darstellung nach International Aero Engines IAE [Lin08B]

ebenso Stall-Erscheinungen ausgelöst werden. Diese verursachen Veränderungen der


Stabilitätsbereiche, initiieren ggf. Druckstöße, die durch dumpfe knallartige Geräusche
auch sehr deutlich außen wahrzunehmen sind. Auch größere Fremdkörper FOD im
Bereich der Zuströmung können solche Störung verursachen (Kap. 3).

9.5.4 Beeinflussung des transienten Betriebsverhaltens von


Turbofan-Triebwerken

Wie die Darstellungen der Betriebslinien zum transienten Betriebsverhalten mehrstu-


figer Verdichter in den vorstehenden Abschnitten bereits zeigten, besteht die Gefahr,
dass unerwünschte Betriebszustände im Bereich der Stabilitätsgrenze bzw. Pumpgrenze
(Surge line) oder der Schluckgrenze (Choking) auftreten können.
Um passiv oder aktiv besonders im HP-Verdichter von Turbofan-Triebwerken in
Verbindung mit dem FADEC-Regelungs- und Überwachungssystems stationäre und
instationäre Instabilitäten zu vermeiden, können verschiedene Maßnahmen und Ein-
richtungen angewandt werden (Abb. 9.5-20).
Dies ist neben der gezielt gesteuerten Brennstoffzumessung durch das FADEC-Sys-
tem die Verwendung von verstellbaren Statorschaufeln VSV (Variable Stator Vane) und
von variablen Abblaseventilen VBV (Variable Bleed Valves), wie in Abb. 9.5-20 bei dem
IAE-Triebwerk V2500 zu sehen ist.
Als passive Maßnahme zur Verbesserung des transienten Betriebsverhaltens ist bei
den LP-Turbinen die aktive Spaltkontrolle ACC (Active Clearance Control) zu nennen.
In Abb. 9.5-22 wird das ACC-Sytem des CFM-Turbofan CFM56-7B gezeigt.
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 905

Variable Schaufelverstellung der Eintrittsgitter VIGV und der Stator-Schaufeln


VSV.  In Abschn. 4.2 zu Turboverdichter wurden in Abschn. 4.2.6 bereits grundlegende
Hinweise zur Schaufelverstellung bei Verdichter gegeben (Abb. 9.5-21). Wie der Ver-
lauf der stationären und instationären Arbeitslinien besonders im HP-Kennfeld nach
den Darstellungen zu Turbofan-Triebwerken in den vorstehenden Abschnitten zeigen,
besteht im unteren Teillastbereich bei kleinen Drehzahlen besonders die Gefahr instabi-
ler Betriebszustände.
Das Schließen der Eintrittsleiträder IGV (Inlet Guide Vanes) und der vorderen Stator-
Schaufeln bei abnehmender Wellendrehzahl nH ist zur Einhaltung eines genügend gro-
ßen Pumpgrenzenabstands SM (Surge Margin) zweckmäßig. Dabei sollten die bei hohen
Drehzahlen offenen Gitter mit fallenden Drehzahlen zunehmend geschlossen werden.
Die Auswirkung dieser Verstellung auf die Verbesserung des HPC-Kennfeldes mit einer
erheblichen Verschiebung der Stabilitätsgrenze ist in Abb. 9.5-21 zu erkennen.
Das Betriebsverhalten eines mehrstufigen Verdichters wird durch sein Kennfeld
mit den Drossel- bzw. Drehzahllinien und Grenzbereichen repräsentiert. Die Basis des
gesamten Verdichterkennfeldes bilden dabei die Charakteristiken bzw. die Einzelkenn-
felder aller Stufen von der Anfangs-, Mitte- bis zur Endstufe. Das Zusammenfügen und
die Überlagerung des Verhaltens aller einzelnen Stufen im Verbund ergibt schließlich
das Verhalten des Gesamtsystems „mehrstufiger HP-Verdichter“, wie es z. B. in [Eck61K,
Mün72K, Cum89B, Wal00B] dargestellt wird.
In Abb. 9.5-22 werden dazu für hohe Drehzahlen im Volllastbereich und für nied-
rige Drehzahlen bei Teillast beispielhaft typische Arbeitspunkte in der Anfangs- oder
Frontstufe A, in einer mittleren Stufe M und in einer Endstufe E gezeigt (Abschn. 4.2)
[Mün72K].
Bei niedrigen Drehzahlen liegen in den Frontstufen die Betriebspunkte nahe der Sta-
bilitätsgrenze, da die folgenden Stufen den Durchsatz drosseln. Bei hohen Drehzahlen
nähern sich demgegenüber die Betriebspunkte wegen der mit dem Durchsatz bedingten
höheren Axialgeschwindigkeiten in den hinteren Endstufen der Stabilitätsgrenze (Surge
Line) und in den Frontstufen ändert sich Schluckgrenze (Choke).
Die Strömungszustände in den einzelnen, entgegen gesetzt agierenden Stufen können
durch variable, verstellbare Stator-Schaufelgitter VSV besonders in den vorderen Stu-
fen günstig beeinflusst werden. Damit sind bessere Wirkungsgraden zu erzielen und ein
Betrieb mit mehr Abstand zu den Grenzbereichen des gesamten Verdichters möglich.
Aus dem Volllastbereich mit offen stehenden Verstellschaufen heraus werden mit
fallenden Drehzahlen die Verstellgitter bei niedrigen Drehzahlen im Teillastbereich in
geschlossene Positionen bewegt und damit das Gesamtkennfeld wesentlich verbessert.
Weiterhin besteht zur Stufenanpassung die Möglichkeit durch variable Bleedluftven-
tile VBV in den Zwischenstufen eine Verschiebung der Betriebspunkte und eine bessere
Abstimmung der Stufencharakteristiken zu bewirken. Dies betrifft besonders die Beein-
flussung der Arbeitslinien bei intensivem Lastwechsel mit Beschleunigungen und Verzö-
gerungen des Triebwerks (Abb. 9.5-12 bis 9.5-14).
906 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

2-Wellen-Turbofan (mittlere Schubklasse)


10-stufiger HP-Verdichter Turbofan IAE V 2500
Gitterverstellung Variable Stator Vanes VSV

Schließen IGV Verstellwinkel


VSV [°] IGV
40
geschlossen
30 Stator 1
α c1
w1 20
Stator 2
u
10
u
VSV offen
cu
70 80 90 100
c2
nH
w2 Drehzahl red
Tt 26
u

HP-Verdichter HPC
mit Schaufelverstellung VSF
HPC Variable Stator Vanes
VSV
SV offen
tV
p t3 mi
p t 26 SL
e
nz
re
tsg
itä SV
a bil tV
St mi
WL
inie
Druckverhältnis

i tsl 100%
be
Ar
Stabilitätsgrenze
ohne VSV
90%

VSV HP-Verdichter HPC


geschlossen 80% ohne VSF

70%  n 
 H 
60%  T 
 t  26
50%

 m Tt 
Durchsatz mred  
 pt 
  26

Abb. 9.5-21  HP-Verdichterkennfeld (schematisch) eines Turbofan ohne Schaufelverstellung VSV


(gestrichelt) gegenüber einem Kennfeld mit variablen Stator-Schaufelgitter VSV in den ersten Stu-
fen mit schematischer Darstellung des Schließens der Verstellschaufeln bei abnehmender HPC-
Drehzahl. Darstellung nach K. Rüd und [Ric98B]
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 907

Turbofan-HP-Verdichter mehrstufig

Stufen-Kennfeld
Bleed Off/On Stufe
26
3

A M E
Anfangstufe Mittelstufe Endstufe nred, Stufe

m red, Stufe

d
Betriebspunkte in Einzelstufen Blee henstufe
Anfang A, Mitte M, Ende E w i s c
Z

A M E
ohne
Zwischenstufen-Bleed St
St St

mit
Zwischenstufen-Bleed
Bleed Off Take

nred nred nred


hohe Drehzahl
mred mred mred

A M E
St St St

nred nred
niedrige Drehzahl nred

mred mred mred

Abb. 9.5-22 HP-Verdichter-Stufenkennlinien der Anfang A, Mitte M und Endstufe E mit


Betriebspunkten für den Fall ohne Bleed gegenüber dem Fall mit Bleedluft-Ventilen VBV.
Betriebspunkte bei hohen und niedrigen Drehzahlen [Mün72K, Ric98B]

Stabilitätsbeeinflussung mit Abblaseventil BVB.  Um im unteren Teillastbereich kont-


rolliert genügend Abstand zu den Stabilitätsgrenzen zu erzielen, besteht die Möglichkeit
mit Abblaseventilen am Ende eines mehrstufigen Verdichters die stationäre Arbeitslinie
WL in Bereichen mit größerem Abstand zur Pumpgrenze SL zu halten und damit mehr
Betriebsicherheit zu gewährleisten.
Dies ist besonders bei schnellen Beschleunigungen vom Leerlaufbereich in den Voll-
lastbereich angebracht. Abhängig von der Lage und dem Verlauf der Arbeitslinien
908 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

HP-Verdichter HPC

HPC
SL
nze
re
ätsg
bilit
S ta
zu
Druckverhältnis

Verdichteraustritt d
Bleed Off-Take Blee

f
d au
Blee
n 
 HR 
 T 
 t  26

 m Tt 
Durchsatz mred  
 pt 
  26
Abb. 9.5-23  Zwischenstufen-Bleedluft-Ventile (Bleed Off Take) am HP-Verdichter eines Turbo-
fan-Kerntriebwerks (Core) mit Betriebspunkten bei hohen und kleinen Drehzahlen für Anfangs-,
Mitte- und Endstufen [Ric98B]

können ab vorzugegebender Drehzahlen Abblaseventile meist durch Federn automatisch


gesteuert geöffnet oder geschlossen werden, wie dies in Abb. 9.5-23 für einen HP-Ver-
dichter dargestellt ist.
Mit Abblaseventilen können weiterhin bei Anlass- und Startvorgängen von Triebwer-
ken Störungen der Strömungsstabilität und Triebwerkspumpen vermieden werden. In
[Lin08B, Wal00B] werden ausführliche Darstellungen dazu gegeben.

Aktive Spaltkontrolle ACC (Active Clearance Control).  Lastwechsel und damit ver-
bunden Drehzahländerungen und Temperaturschwankungen im Material der ver-
schiedenen Bauteile eines Triebwerks verursachen wechselnde Veränderungen im
Spaltverhalten (Tip Clearance) zwischen den Rotoren und den Gehäusen. Dies trifft
besonders bei den großen Turbofan-Triebwerken mit mehrstufigen LP-Turbinen zu, wie
das Beispiel in Abb. 9.5-24 zeigt.
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 909

Active Clearance Control ACC HP-Turbine Turbofan

Radius
Gehäuse
Gehäuse Tip Clearance oh
ne ACC
Rotor mit ACC
Rotor

ch
nt
e
b

oa
t

ce
is
le
ar

lim

ru
Id

pr
es
St

Ap
D

Take-Off Zeit bzw. Flugphase

Active Clearance Control ACC HP-Turbine Turbofan

Beschleunigung Accel Verzögerung Decel


Radius
Radius
ohne ACC Gehäuse
Gehäuse mit ACC ohne ACC
Gehäuse
Gehäuse
mit ACC
Rotor
Rotor
Rotor
Rotor
Rotor

Zeit t Zeit t

Abb. 9.5-24  Aktive Spaltkontrolle ACC (Active Clearance Control) der ungekühlten 4-stufigen
LP-Turbine des Turbofan CFM56-7B [Lin08B]
910 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Radiale Vergrößerungen und axiale Verschiebungen bewirken zudem Verschlechte-


rungen der Wirkungsgrade und damit des spezifischen Brennstoffverbrauchs SFC. Bei zu
kleinen Spalten führt dies zum Anstreifen von Rotor und Stator sowie ggf. zu Schäden
bei den Dichtungen.
Zur Vermeidung solcher Effekte wird besonders bei mittleren und großen Turbofan
wie dem IAE V2500 oder dem CFM56-7b (Abb. 9.5-24) eine aktive Spaltkontrolle ACC
(Active Clearance Control) verbunden mit dem gesamten Luftsystem eingesetzt. Dazu
wird Luft aus der Verdichtersektion abgezweigt und kontrolliert außen durch kleine
Bohrungen auf das Turbinengehäuse geführt. Bei Hochleistungstriebwerken wird auch
im Verdichterbereich ggf. ACC angewandt mit dem Ziel, im stationären und transien-
ten Betrieb im Steig- und Reiseflug das Wirkungsgradniveau möglichst hoch und den
Brennstoffverbrauch niedrig zu halten [Lin08B].
In Abb. 9.5-24 ist weiterhin die thermische und von der Drehzahl abhängige mecha-
nische Ausdehnung bzw. radiale Streckung von Gehäuse und Rotor für die Flugphasen
vom Start und Leerlauf über Steigflug und Reiseflug bis zur Landung zeitabhängig darge-
stellt. Für das Turbinengehäuse ist der Verlauf der radialen Dehnung einmal ohne ACC
und zum andern mit aktivierter, geregelter ACC zu sehen.
Ergänzend dazu wird in den Darstellungen von Abb. 9.5-24 schematisch der beson-
ders kritische Verlauf der Spalten während einer Beschleunigung und einer Verzögerung
aufgetragen.
Dabei wird deutlich, wie durch ein FADEC-System mit der elektronischen Trieb-
werkskontrolle EEC und der hydromechanischen Einheit HMU die Ansteuerung
und Einstellung der Bleedventile zu ACC einen effizienter Betrieb mit günstiger
Einstellung der Spalte umgesetzt werden kann. Als Eingabegrößen zu ACC dienen
die Drehzahl des HP-Rotors N2, die Gehäusetemperatur, die Temperaturen vor und
nach dem HP-Verdichter Tt25 und Tt3 sowie für die Umgebung TAT bzw. Tt0 und
der Druck pt0 .

9.5.5 Instationäre Stabilitätsüberprüfung mit Fuel-Spiking

Wie in den vorstehenden Abschnitten zu sehen war, wird das transiente Betriebsverhal-
ten besonders der Turbofan-Triebwerke dargestellt in den Verdichterkennfeldern von
dem jeweiligen Verlauf der stationären und instationären Arbeitslinien WL gegenüber
den Stabilitäts- bzw. Pumpgrenzen und wie den Schluckgrenzen bestimmt. Um einen
sicheren Betrieb zu gewährleisten, sollte demnach der Pumpgrenzenabstand SM mög-
lichst frühzeitig während der Entwicklungsphasen untersucht werden. Dabei gilt es fest-
zustellen, wo genau bei einem im Triebwerk eingebauten Verdichter die Stabilitätsgrenze
SL gegenüber der auf dem Prüfstand gemessenen SL wirklich liegt. Diese Frage trifft
besonders bei HP-Verdichter von Mehrwellen-Turbofan-Triebwerken zu (Abb. 9.5-25).
Die Sicherheit und die praktische Leistungsfähigkeit der Triebwerke werden durch
ihr Verhalten bei Beschleunigungen Accel und Verzögerungen Decel, dem Handling,
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 911

Instationärer Stabilitätstest Fuel Spiking 100%


Surge Line Mapping
Brennstoff-
Überschuss
0%

HP-Verdichter Turbofan g 250 100


t Ri
HPC es Zeit ms
T al Drosseln
SL re
p t3 e SL Tt4
nz ze
re
p t 26 g en Tt2
Fuel Spiking it äts tsg
r
il itä
Stab bil
a
Stall St
Druckverhältnis

WL
e
slini
tr ieb
Be  n
 H


 T 
 t  26

 m Tt 
Durchsatz mred  
 pt 
  26

Abb. 9.5-25  Fuel Spiking zur Feststellung der wirklichen, aktuellen Stabilitätsgrenze bzw. Pump-
grenze SL im Verdichterkennfeld (Surge Line Mapping) für den eingebauten Zustand gegenüber
der Prüfstandsmessung (Test Rig) [Fio07]

entscheidend geprägt. Wie bereits den Darstellungen in den Abb. 9.5-10 bis 9.5-14 zu
entnehmen ist, bewegen sich bei schneller Brennstoffzufuhr und damit schnell steigen-
der Eintrittstemperatur am Turbineneintritt TET = Tt4 die Arbeitspunkte bei nähe-
rungsweise konstanter Drehzahl in Richtung der Stabilitätsgrenze. Es besteht besonders
im HP-Verdichter gar die Gefahr eines Triebwerk-Stall. Dabei ist zu beachten, dass die
aktuelle Stabilitäts- bzw. Pumpgrenze selbst von z. B der Qualität der Zuströmung (Dis-
tortion) beeinflusst wird oder auch durch die von transienten Wärmeströmen bewirk-
ten Spalteffekte. Diese Effekte sind mit numerischen Verfahren nur unbefriedigend zu
erfassen. Der komplexen Vorgänge wegen ergibt sich deshalb die Notwendigkeit, expe-
rimentell auf dem Prüfstand mit geeigneter Messtechnik direkt die Stabilitätsgrenze fest-
zustellen. Dabei hat sich als Testverfahren besonders für HP-Verdichter von Turbofan
die Methode des Fuel-Spiking bewährt (Abb. 9.5-25).
Um die Dauer von unerwünschten Übertemperaturen zu begrenzen, wird dabei
in einem Betriebspunkt auf der stationären Arbeitslinie durch eine stoßartige,
912 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

überschüssige Brennstoffzugabe von 100 % bis 400 % für die Dauer von etwa 200 ms bei
nahezu konstanter Rotordrehzahl die Turbinen-Eintrittstemperatur schlagartig erhöht
(Fuel Spiking). Dies verursacht eine intensive Drosselung, sodass sich die instationäre
Betriebslinie direkt in Richtung Stabilitätsgrenze bewegt und einen kurzeitigen Verdich-
ter-Stall verursacht. Dieser Vorgang wird durch entsprechende Messtechnik dokumen-
tiert. Durch das sofortige kontrollierte Abfallen des erhöhten Brennstoffstromes in etwa
100 ms stabilisiert sich der Verdichterzustand wieder auf der stationären Arbeitslinie.
Die Wiederholung des Fuel Spiking bei mehreren Drehzahlen jeweils ausgehend von
der stationären Arbeitslinie ergibt zusammengefasst die aktuelle Stabilitätsgrenze im
Kennfeld für einen im gesamten Triebwerk integrierten Verdichter.
Für LP-Verdichter oder Booster können ggf. auf gesonderten Prüfständen experimentel
z. B. über instationäre Verstellungen von Bleedventilen oder Schaufelgitter kurzzeitig die
Stabilitätsgrenzen angefahren werden und so Lage der realen Grenze festgestellt werden.
Zusammengefasst zu kritischen Betriebsbereichen der Turboflugtriebwerke werden
in Abb. 9.5-26 im Rahmen der Flug-Enveloppe (Flight Envelope) auszugsweise Betriebs-
punkte gezeigt, in denen vor allem im praktischen Flugbetrieb eine sichere Funktions-
weise der Triebwerke unbedingt nachgewiesen werden muss. Dabei spielt die Kenntnis
über die Lage der Verdichter-Stabilitätsgrenzen in der Regelung und Überwachung für
die Sicherheit des Flugbetriebs eine entscheidende Rolle.

9.5.6 Triebwerksregelung und Brennstoffzumessung mit FADEC-


Systemen und EEC

Die Basis einer Triebwerksregelung verbunden mit der Brennstoffzufuhr stellen in der
Flugtechnik das FADEC-System (Full Authority Digital Engine Control) und damit ver-
bunden das EEC-System (Electronic Engine Control) dar. Die früher üblichen hydrome-
chanischen Regeleinrichtungen wurden in den vergangenen Jahren fast durchgehend
durch diese digitalen Systeme ersetzt. Dies betrifft genau so alle Einsatzgebiete von der
stationären Gasturbine der Energietechnik bis zu den Turboshaft- und Turbofan-Flug-
triebwerken der Hubschrauber und Flächenflugzeuge. Den Ausführungen der vorste-
henden Abschnitte folgend werden anschließend in zusammenfassender Übersicht
wesentliche Grundlagen der Regelungsanlagen am Beispiel der zivilen Turbofan-Trieb-
werke der mittleren Schubklasse erläutert, wie sie z. B. von Linke-Diesinger (Lufthansa
Technik A.G.) dargestellt werden [Lin08B].

Die Schwerpunkte der Turbofan-Regelung sind


• die stationäre Leistungs- bzw. Schubregelung gemäß der Flugmission,
• das transientes Betriebsverhalten beim Lastwechsel mit Beschleunigungs- und
Verzögerungsregelung,
• der Anlass- und Startbetrieb am Boden und im Flug mit Windmilling sowie
Schubumkehr,
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 913

Flug-Enveloppe Flight Envelope Turbofan


16000
Turbofan-Enveloppe max. 50000
H 0 [m] [ft] H0
Turbofan-Enveloppe pt 1 min= 17 kPa Tt 1 min= 210 K
14000 45000
Beispiel
Max Cruise
Höhe Pressure Altitude

Höhe Pressure Altitude


12000 Flugzeug-
40000
HPC&IPC
Stall
SL - Test
VEASmin 35000
10000 100 kt
30000
Max Conti
8000 25000

b
lim
C
6000 20000
ax
M
Max Take-Off max. termische 15000
4000 HPC&LPC und mechanische
SL - Test Belastungenl 10000
VEASmax 400 kt
2000
HPC&IPC pt 1 max= 127 kPa 5000
SL - Test Tt 1 max= 335 K
0 0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Flug-Mach-Zahl Flight-Mach-Number M
0
Triebwerk-Test HPC & IPC Stabilitätsgrenze SL-Test für HPC, IPC und LPC
SL - Test

Abb. 9.5-26  Funktionsnachweis für hervorgehobene Turbofan-Betriebspunkte und Eckwerte in


kritischen Grenzbereichen der Flug-Enveloppe (Daten-Eckwerte nach [Wal00B, Fio07, RTO07B])

• das Einhalten von Betriebs- und Sicherheitsgrenzen,


• die externe Versorgung von Einrichtungen und Systeme des Flugzeugs wie Luft für
Kabine, für Enteisungsanlagen u. a.

Als Regelparameter stehen dabei im Wesentlichen die Brennstoffzumessung (Fuel


Control), die variable Schaufelverstellung VSV (Variable Stator Vane) und die Bleed-
bzw. Abblaseventile (Handling Bleed Setting) in Verbindung mit dem Luftsystem zur
Verfügung.
Bei der Leistungsregelung für stationäre Betriebszustände sind die Vorgaben
bzw. Ratings (Engine Ratings) für maximale Lastzustände zu gewährleisten mit dem
(Abb. 9.5-26)

Maximalen Startschub MTO (Max Take-Off)


Maximalen Dauerschub MCT (Max Continuous Thrust)
Maximalen Steigflug MCL (Max Climb)
Maximalen Reisefluschub MCR (Max Cruise).
914 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

Im Detail werden diese Vorgaben von Behörden, Flugzeughersteller und Betreibern wie
Luftfahrtgesellschaften gemeinsam abgestimmt. Dabei wird für den Fall, dass alle Trieb-
werke eines Flugzeuges funktionsfähig in Betrieb sind, für MTO (Max Take-Off) eine
Dauer von maximal 5 min angesetzt, nach dem Ausfall eines Triebwerks sind es maxi-
mal 10 min. Für Höhenflug und Flug in Bodennähe sind in Abb. 9.5-26 die angegebenen
Rating-Betriebszustände an den Grenzlinien eingetragen.
Für den Flugfall mit maximaler Schublast MCT (Max Continuous Thrust) bei unein-
geschränktem Betrieb ist die obere Schubgrenze im normalen Reiseflug maßgebend, der
bei eingehaltenen Grenzwerten auf unbegrenzte Zeit eingehalten werden kann. Dies
kann im Ausnahmefall beim Ausfall eines Triebwerks auftreten.
Für einen Zeitraum von 30 bis 60 min wird der maximale Steigflug MCL (Max Climb)
angesetzt, der in größeren Höhen als Übergang von MTO und zur Beschleunigung auf
Reisfluggeschwindigkeit und Reisflughöhe verwendet wird.
Der maximale Reiseflugschub MCR (Max Cruise) stellt die Schublast dar, bei der im
Reisflug bei möglichst optimalem Brennstoffverbrauch die Lebensdauer der Triebwerke
nicht unnötig verringert wird. Die entsprechende normale Schubeinstellung (Cruise
Power Setting) liegt demnach unterhalb von MCR.
Zur Vorgabe und Überwachung der Triebwerksleistungen werden die Drehzahlen des
HP-Rotors N1 und des LP-Rotors N2, die Abgastemperatur EGT (Exhaust Gas Tempe-
rature) sowie das Triebwerksdruckverhältnis EPR (Engine Pressure Ratio) herangezogen.
Da der Schub im praktischen Flugbetrieb mit einfachen messtechnischen Mitteln nicht
zu erfassen ist, wird für den Piloten und die Regelung das Druckverhältnis Totaldruck
am LP-Turbinenaustritt zu dem Totaldruck am Verdichter- bzw. Fan-Eintritt herange-
zogen, es lautet also EPR = pt5/pt2. Dieses EPR ist dem Nettoschub FN gleichbleibend
proportional und nicht mit dem Triebwerk-Gesamtdruckverhältnis OPR = pt4/pt2 zu
verwechseln.
Bei der stationären Regelung müssen zur Leistungsbegrenzung weitere Minimal-
grenzwerte für einen ungestörten Betrieb berücksichtigt werden. Der Totaldruck am HP-
Verdichteraustritt pt3 dient abhängig von der Flughöhe der Überwachung der Bleedluft
besonders für externe Verbraucher im Flugzeug.
Die Minimalwerte der Drehzahlen N1 und N2 gewährleisten den sicheren Betrieb von
Hilfsgeräten und Generatoren sowie besonders im unteren Drehzahlbereich die Über-
prüfung eines sicheren Abstandes von den Pump- bzw. Stabilitätsgrenzen, wie sie z. B.
bei transienten Beschleunigungen mit höherem Risiko auftreten können.
Zum Schutz vor Verlöschen der Brennkammer sind minimale Temperaturen am
Verdichteraustritt/Brennkammereintritt Tt3 und untere Grenzwerte der Brennstoffzu-
messung entsprechend ṁB/pt3 zu beachten, was z. B. bei schnellen Verzögerungen von
Bedeutung ist. In Abb. 9.5-27 ist dazu schematisch der zulässige Bereich und der Verlauf
der Brennstoffzufuhr für stationären und transienten Betrieb als Funktion der korrigier-

ten HP-Drehzahl N2/ 2 dargestellt.
Als obere Grenzwerte (MaxLimiter) sind im Normalbetrieb der Totaldruck am Ver-
dichteraustritt pt3 zur Vermeidung von unzulässigen Überdrücken in der Brennkammer
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 915

Maximum Fuel Flow (Overfiring Protection)


mB
p t3
Sub-Idle Above-Idle

Brennstoffzumessung
Accel Limit

Accel Line

Steady State Limit

N2
HP-Drehzahl N2 corr
2

Abb. 9.5-27 Brennstoffzumessung für stationären und instationären Betrieb eines Turbofan


abhängig von der korrigierten HP-Rotordrehzahl Ncorr

und maximale Rotordrehzahlen N1 und N2 zur Einhaltung maximaler mechanischer


Belastungen dringend zu beachten.
In Verbindung mit der stationären Regelung spielt bereits der sorgfältig abgestimmte
Umgang mit den Bleedventilen (Handling Bleed) und den verstellbaren Stator-Schau-
felgitter IGV und VSV eine wesentliche Rolle. Mit dieser Abstimmung kann ein opti-
miertes Betriebsverhalten mit minimalem Brennstoffverbrauch erzielt werden. Für das
transiente Betriebsverhalten sind diese mit der Regelung eng verbundenen Einrichtun-
gen gekoppelt mit entsprechend abgestimmten Rotor-Drehzahlen für einen stabilen und
sicheren Betrieb mit genügend Abstand von Stabilitäts- und Schluckgrenze von großer
Bedeutung.
Die instationäre Regelung umfasst Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge
(Accel/Decel) verbunden mit Maßnahmen zur Vermeidung von instabilen Zuständen,
wie sie in Abschn. 4.2.6 und 9.4 aufgezeigt wurden. Dabei eingeschlossen sind auch Reg-
leraktionen bei Vogelschlag (Bird Ingestion), beim Eindringen von Wasser, Eis, Hagel
und Fremdstoffe zur Vermeidung von größeren Schäden am Triebwerk.
Ebenso sind beim instationären Betrieb die Steuerung und Regelung des automati-
schen und manuellen Startens des Triebwerks in Bodennähe und das Wiederanlassen im
Flug im z. B. Windmillingbetrieb mit eingeschlossen.

Triebwerksregelung mit FADEC-System und EEC.  Als Beispiel eines typischen Regel-
system für ein 2-Wellen-Triebwerk ist in Abb. 9.5-28 das FADEC-Systems des Turbofan
IAE V2500 schematisch im Überblick zu sehen [Lin08B].
Dieses FADEC-Systems umfasst im Kern die elektronische Triebwerksrege-
lung ECU (Electronic Control Unit) bzw. EEC (Electronic Engine Control) mit dem
916 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

FADEC-System Turbofan CFM56-5B Airbus A319, A320, A321

ECU

EEC resp. ECU Electronic Engine Control Unit HMU Hydromechanical Unit
VBV Variable Bleed Valve VSV Variable Stator Vane
TBV Transient Bleed Valve ACC Active Clearance Control
Sensors for Control and Monitor Signals:
P and PS Pressure total,static, T Temperatur total
EGT = TT5 , N1 and N2 speed LP-Rotor and HP-Rotor

Abb. 9.5-28  FADEC-Systeme von zivilen Turbofan der mittleren Schubklasse. um 130 kN (Typ
IAE V2500, Typ CFM56-5B). Darstellung nach International Aero Engines IAE und CFM Interna-
tional S.A. bzw. [Lin08B]
9.5  Betriebsverhalten und Simulation von Turbofan-Triebwerken 917

hydromechanischen Teil HMU (Hydromechanical Unit), die Sensoren der Standard-


Regelsignale und der Signale für das Monitoring-System. In diesem System befinden sich
weiterhin alle Servoventile in der HMU-Einheit.
Der Hauptregelparameter für die Schubregelung und die Triebwerksüberwachung ist die
LP-Rotordrehzahl N1. Die ECU erhält im manuellen Betrieb die Signale über die Schubhe-
belstellung TLA (Thrust Lever Angle), im Autopilotbetrieb über das automatische Flugzeug-
system. Zusätzlich sind der ECU weitere Einrichtungen im Rahmen des FADEC-Systems
angeschlossen. Dies sind das Start- und Zündsystem, die Schubumkehr und das Brennstoff-
Rückflußventil. Der Start- und der Anlassvorgang erfolgt normalerweise automatisch.
Mit der schematischen Darstellung in Abb. 9.5-28 sollte hier lediglich ein allgemeiner,
einführender Überblick gegeben werden. Zu weiteren Erläuterungen wird z. B. auf die
Übersicht zu Turbofan von Linke-Diesinger hingewiesen [Lin08B] und auf die Handbü-
cher (Engine Manual) der jeweiligen Triebwerksproduzenten.

Literatur

Klassiker K, Fachbücher, Berichte und Skripten B

[Ada93] Adamczyk, J.J., Celestina, M.L., Greitzer, E.M.: The role of tip clearance in high-
speed fan stall. ASME J. Turbomach. 113, 28–39 (1993)
[AGA68] AGARD: Helicopter Propulsion Systems. AGARD CP No. 31, Ottawa (1968)
[AGA74B] AGARD: Distortion Induced Engine Instability. North Atlantic Treaty Org.

AGARD-LS-72 (1974)
[ AGA81] AGARD: Helicopter Propulsion Systems. AGARD CP No. 302, Toulouse (1981)
[AGA81B] AGARD: Aerodynamics of Power Plant Installation. North Atlantic Treaty Org.
AGARD-XP-301 (1981)
[AGA86] AGARD: Engine-Airframe Integration for Rotorcraft. AGARD LS No. 148, St.
Louis (1986)
[Aue95] Auer, E.: Modellbildung, Simulation und Entwicklung eines digitalen Reglers für
eine Hubschraubergasturbine. Dissertation, TU München (1995)
[Bau05] Bauer, M.: Modulares Leistungsberechnungsverfahren zur automatisierten modell-
basierten Leistungsanalyse von Gasturbinen. Dissertation, Universität Stuttgart
(2005)
[Bau68]
Bauerfeind, K.: Die exakte Bestimmung des Übertragungsverhaltens von Tur-
bostrahltriebwerken unter Berücksichtigung des instationären Verhaltens seiner
Komponenten. Dissertation, TU München (1968)
[Bau93]
Bauer, A., Ludäscher, M., Rick, H.: Leistungsrechnung und Simulation des
Betriebsverhaltens von Antriebssystemen für Hyperschallflugzeuge. DGLR-
Tagung, Göttingen, DGLR-93-03-079 (1993)
[Bau94] Bauer, A.: Betriebsverhalten luftatmender Kombinationstriebwerke für den Hyper-
schallflug unter besonderer Berücksichtigung der Triebwerksintegration. Disserta-
tion, TU München (1994)
918 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

[Bau99B]
Bauerfeind, K.: Steuerung und Regelung der Turboflugtriebwerke. Birkhäuser,
Basel (1999)
[Ber07] Berns, M.: Gas Turbine Transient Performance and Controls. Gas Turbine Perfor-
mance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Ber91] Berns, W.: Untersuchungen zur experimentellen Analyse des dynamischen Leis-
tungsverhaltens von Turbostrahltriebwerken. Dissertation, Universität der Bun-
deswehr München (1991)
[Bie07] Bierkamp, S., Köcke, S., Staudacher, S., Fiola, R.: Influence of ATF Dynamics and
Controls on Jet Engine Performance, GT2007-27586 (2007)
[Bog93a] Bogner, S.: Experimentelle Validierung und Analyse stationärer und dynamischer
Zustandsüberwachung von Hubschrauber-Gasturbinen. Dissertation, TU Mün-
chen (1993)
[Bog93b] Bogner, S., Kappler, G., Rick, H. (Hrsg): Steady-state and dynamic monitoring of
helicopter turboshaft engines: analysis and experimental results. In: 17th Internati-
onal Symposium of „Aircraft Integrated Monitoring Systems“. DLR, Bonn (1993)
[Bol10] Bolk, S.: Entwurf einer Mehrgrößenregelung zur Sollwertfolge am Höhenprüfstand
der Universität Stuttgart. Dissertation, Universität Stuttgart (2010)
[Bra79] Braig, W., Riegler, C., Schulte, H.: Comparative analysis of the windmilling perfor-
mance of turbojet and turbofan engines. J. Propul. Power 15(2) (1979)
[Bri10D] Brignole, G.: Parameter zur Auslegung effizienter Gehäusestrukturierungen. Dis-
sertation, TU München (2010)
[Cla91] Claus, R.W. et al.: Numerical propulsion system Simulation NPSS. Comput. Sys.
Eng. 2(4) 1991
[ Cum03B] Cumpsty, N. A.: Jet Propulsion. Cambridge University Press (2003)
[Cum89] Cumpsty, N.A.: Part Circumference Casing Treatment and the Effect on Compres-
sor Stall. ASME Gas Turbine and Aeroengine Congress, Toronto, Paper 89 GT312
(1989)
[Cum89B] Cumpsty, N.A.: Compressor Aerodynamics. Longman Group Ltd., Pearson Educa-
tion Ltd., Harlow, Essex
[Dan09] Danner, F.C.T, Kau, H.P., Müller, M.M., Schiffer, H.P., Brignole, G.A.: Experimen-
tal and Numerical Analysis of Axial Skewed Slot Casing Treatments for a Transo-
nic Compressor Stage. GT2009-59647, ASME Turbo Expo 2009, Orlando, 8.–12.
Juni 2009
[Dan83] Daniele, C.J., Krosel, S.M., Szuch, J.R., Westerkamp, E.J.: Digital Computer Pro-
gram for Generating Dynamic Turbofan Engine Models (DIGTEM), NASA TM-
83446 (1983)
[DGL00B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt: Die deutschen Senkrechtstartflug-
zeuge. DGLR-Bericht 2000-01 (2000)
[ Dup90] Duponchel, J.P.: Datensammlung der SNECMA S.A. (1990)
[Eck61K] Eckert, B., Schnell, E.: Axial und Radialkompressoren, 2. Aufl. 1953 bzw. 1961.
Springer, Berlin (1961)
[Emm07] Emmrich, R., Hönen, H., Niehuis, R.: Time Resolved Investigations of an Axial
Compressor with Casing Treatment Part 2 – Simulation. ASME Paper GT2007-2
7582 (2007)
[Eng07] Engber, M., Rüd, K., Ardey, S., Gier, J., Waschka, A.: Advanced Technologies for
Next Generation Regional Jets. ISABE-2007-1282 (2007)
[Erh98] Erhard, W., Gabler, R., Preiss, A., Rick, H.: Monitoring and control of Helicopter
Engines at Abnormal Operating Conditions. Design Principles and Methods for
Aircraft Gas Turbine Engines, RTO Meeting, Toulouse, 11.–15. Mai 1998. NATO-
RTO, S. 14 (NATO RTO-MP-8, AC/323(AVT) TP/9)
Literatur 919

[Fio07] Fiola, R.: Transient Performance. Gas Turbine Performance. DGLR Short Course,
Stuttgart (2007)
[Fio93] Fiola, R.: Berechnung des instationären Betriebsverhaltens von Gasturbinen unter
besonderer Berücksichtigung von Sekundäreffekten. Dissertation, Technische Univer-
sität München (1993)
[Fis72] Fishbach, L. H., Koenig, R. W.: GENENG II – A program for Calculating Design
and off-design Performance of Two- and Three-Spool turbofans with as Many as
Three Nozzles. NASA TN D-6553 (1972)
[Fis75] Fishbach, L.H., Caddy, M.J.: NNEP – The navy/NASA engine program. NASA TM-
X-71857 (1975)
[Fis80] Fishbach, L.H.: Computer Simulation of Engine Systems. AIAA-80-0051, Pasadena
(1980)
[Frö10] Fröbel, T., Groth, C., Gümmer, V., Kau, H.P.: Numerical Investigation of Unsteady
Flow Phenomena in an HP Axial Compressor Incorporating Stator Shroud Cavi-
ties. 46th AIAA/ASME/SAE/ASEE Joint Propulsion Conference and Exhibit, Nas-
hville (2010)
[Gab95] Gabler, R., Auer, E., Erhard, W., Rick, H.: Turboshaft Engine Monitoring System
Including Contingency Operation. 5th European propulsion forum, Pisa (1995)
[Gab98] Gabler, R.: Betriebsverhalten von Wellenleistungsgasturbinen bei Verdichterinsta-
bilitäten und Methoden zur Realisierung. Dissertation, TU München (1998)
[GasTurb] Kurzke, J.: GasTurb – A Program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual, Gasturb GmbH Aachen. (www.gasturb.de) (2010)
[GasTurbDet] Kurzke, J.: GasTurbDetails - utility for GasTurb performance simulations. Manual,
Gasturb GmbH Aachen. www.gasturb.de (2010)
[Gei87] Geidel, H.A.: Improved Agility for Modern Fighter Aircraft, Part 11: Thrust Vecto-
ring Engine Nozzles. ISABE 87-7062, 8th International Symposium on Air Brea-
thing Engines, Cincinnati (1987)
[Gei92] Geidel, H.A.: Schubvektorvariable Turbofantriebwerke integiert in Hochleistungs-
flugzeuge. Seminarvortrag, TU München (1992)
[Gra84]
Grahl, K.: Kennfelderweiterung aerodynamisch hochbelasteter Axialverdichter
durch Leitradumstaffelung, Fortschritt-Bericht VDI Reihe 7, Nr. 83. VDI-Verlag,
Düsseldorf (1984)
[Haf82B]
Hafer, X., Sachs, G.: Senkrechtstarttechnik – Flugmechanik, Aerodynamik,
Antriebstechnik. Springer, Berlin (1982)
[Hag72] Hagen, H., Nitsch, H.: Parametrische Untersuchung über das instationäre Verhal-
ten von Gaserzeugern und Antriebsanlagen. MTU Techn. Bericht 72/049 (1972)
[Hau76B] Hausen, H.: Wärmeübertragung im Gleichstrom, Gegenstrom und Kreuzstrom.
Springer, Berlin (1976)
[Hem09] Hembera, H.: Numerischer Entwurf von effizienten Casing Treatments für einen
4,5-stufigen Hochdruckverdichter. Dissertation, TU München (2009)
[Hen82] Hennecke, D.K., Trappmann, K.: Turbine Tip Clearance in Gas turbine Engines.
AGARD CP-324 Engine Handling (1982)
[Hen84] Hennecke, D. K.: Heat Transfer Problems in Aero Engines. Heat and Mass Trans-
fer in Rotating Machinery. Springer, Heidelberg (1984)
[Hie84] Hienz, E., Vedova, R.: Requirements, Definition and Preliminary Design for an
Axisymmetric Vectoring Nozzle to Enhance Aircraft Maneuverability. AIA-A
84-1212, AIAA/SAE/ASME 20th Joint Propulsion Cenference, Cincinnati (1984)
[Hie93] Hiesener, S.: Konzept einer wissensbasierten Regelung für Flugtriebwerke. Fort-
schritt-Bericht VDI Reihe 8 Nr. 336. VDI-Verlag, Düsseldorf (1993)
920 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

[Hol95] Hollmeier, S., Rick, H., Rupp, O.: Universelle Leistungssynthesrechnung MUSYN
von Gasturbinen und Flugantrieben. Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München,
LFA-HoRiRu-6/95 (1995)
[Hol95] Hollmeier, S., Rick, H., Wagner, O.: Zur Echtzeitsimulation von Hyperschallkom-
binationstriebwerken im Flugsimulator. DGLR Jahrestagung, Bonn (1995)
[Hol97] Hollmeier, S., Kopp, S., Fiola, R., Rick, H.: Simulationsmodelle zur Regelung von
Antriebssystemen für Hochgeschwindigkeitsflugzeuge. 3 Hyperschall-Workshop
SFB 253-255-259-Antriebstechnik, Stuttgart (1997)
[Hön12] Hönle, J., Barth, A., Erhard, W. , Kau, H.-P.: Engine quick start in case of emer-
gency – a Requirement for Saving Fuel by Means of Engine Shutdown. ERF-049,
48th European Rotorcraft Forum, Amsterdam (2012)
[Hön13] Hönle, J.: Ökonomische Optimierung der Triebwerksbetriebsstrategie von zwei-
motorigen Hubschraubern. Dissertation, TU München (2013)
[Hön13] Hönle, J., Kerler, M., Nachtigall, H., Erhard, W., Kau H.-P.: Experimental Valida-
tion of a Sub-idle Compressor Map Extrapolation. ISABE-2013-10174, 21st ISABE
Conference, International Society for Airbreathing Engines, Busan (2013)
[Hör87] Hörl, F.: Systemtheoretische Methode zur Dynamischen Zustandsüberwachung
von Gasturbinen. Dissertation, TU München (1987)
[Hör88] Hörl, F., Kappler, G., Rick, H.: System-theoretical methods for dynamic on-con-
dition-monitoring of gas turbines. In: 71st Symposium of Propulsion and Energy
panel on engine condition monitoring, AGARD-Qebec (1989)
[Hüb96] Hübner, J.: Experimentelle und theoretische Untersuchung der wesentlichen Ein-
flussfaktoren auf die Spalt- und Sekundärströmung in Verdichtergittern. Disserta-
tion, Universität der Bundeswehr München (1996)
[Hyn86] Hynes, T.P., Chue, R., Greitzer, E.M., Tan, C.S.: Calculations of Inlet Distortion
Induced Compressor Flowfield Instability, AGARD CP400, Paper 7 (1986)
[Jes02a] Jeschke, P., Kurzke, J., Schaber, R., Riegler, C.: Preliminary gas turbine design
using the multidisciplinary design system MOPEDS. J. Eng. Gas Turb. Power 126,
258–264 (2004)
[Jes02b] Jeschke, P., Kurzke, J., Schaber, R., Riegler, C.: Preliminary Gas turbine Design
using the Multidisciplinary Design System MOPEDS ASME TURBO EXPO 2002,
GT-2002-30496, Amsterdam (2002)
[Kau98] Kau, H.-P.: Compressor Matching and Designing for Tip Clearance. Invited Lec-
ture RTO/AGARD, Lecture Series 211 Multidiscipliniary Design of Multistage
Compressors, RTO-EN-1 AC/323(AVT)TP/1, Lyon (1998)
[ Kay72B] Kays, W.M.: Compact Heat Exchangers. AGARD LS 57-72 (1972)
[Kay73B]
Kays, W.M., London, A.L.: Hochleistungswärmeübertrager. Akademie, Berlin
(1973)
[Köc06] Köcke, S., Staudacher, S., Bierkamp, J., Berns, W.: Simulation des Gesamtsystems
bestehend aus Höhenprüfstand und Triebwerk. DGLR-2006-232 (2006)
[Koe72] Koenig, W., Fishbach, L.H.: GENENG - A Program for Calculating Design and
Off-design Performance for Turbojet and Turbofan Engines, NASA TN D-6552,
NASA Lewis Research Center (1972)
[Koff] Koff, B.L.: Designing for fighter engine transients. AGARD CP-324 (1982)
[Kop00]
Kopp, S.: Dynamische Echtzeit-Leistungssyntheserechnung mit Sekundär- und
Störeffekten für Hyperschall- Luftstrahlantriebe. Dissertation, TU München (2000)
[Kre01a] Kreiner, A.: Modellbasierte Regelung der Hochleistungstriebwerke von Hyper-
schallflugzeugen. Dissertation, TU München (2001)
[Kre01b] Kreiner, A., Lietzau, K., Gabler, R., Rick, H.: Modellbasierte Regelungskonzepte für
Turbo-Luftstrahltriebwerke (2001)
Literatur 921

[Kün79] Künkler, H., Tönskötter, H.: Zum Einfluß stationärer Temperatur- und Druckstö-
rungen auf die Strömung in einem installierten Strahltriebwerksverdichter. ZFW
Nr. 3, Heft 6 (1979)
[Kur05] Kurzke, J.: GasTurb11 – A program for Gas Turbine Performance Calculations.
Manual www.gasturb.de (2005)
[Kur06] Kurzke, J.: Effects of inlet flow distortion on the performance of aircraft gas turbi-
nes, ASME GT2006-90419. J. Eng. Gas Turb. Power (2008)
[Kur07] Kurzke, J.: GasTurb 11, Program for Design and Off Design Performance of Gas-
turbines. www.gasturb.de (2007)
[Kur08] Kurzke, J.: Preliminary Design. Aeroengine Design: From State of the Art Turbo-
fans Towards Innovative Architectures, VKI Lecture Series 2008-04, 3.–7. März
2008
[Kur10] Kurzke, J.: The Mission Defines the Cycle: Turbojet, Turbofan and variable Cycle
Engines for High Speed propulsion. VKI Lecture Series 2010 High Speed Propulsion:
Engine Design, Integration and Thermal Management RTO-EN-AVT-185 (2010)
[Kur11] Kurzke, J.: Transient Simulations during Preliminary Conceptual Engine Design.
ISABE 2011-1321, Gothenburg (2011)
[Kur92] Kurzke, J.: Calculation of Installation Effects within Performance Computer Pro-
grams. AGARD LS-183, S 7.1–7.19 (1992)
[Kur95] Kurzke, J.: Advanced userfriendly Gas Turbine Performance Calculations on a Per-
sonal Computer. ASME 95-GT-147 (1995)
[Kur98] Kurzke, J.: Gas Turbine Cycle Design Methodology: a Comparison of Parame-
ter Variation with Numerical Optimization. ASME 98-GT-343. J. Eng. Gas Turb.
Power (1999)
[Lic82] Lichtfuß, H.J., Dupslaff, M.: Pumpgrenzenbestimmung eines Axial/Radial-Kom-
binationsverdichters bei gegebenen Einzelkennfeldern. MTU/EW Notiz 82/048
(1982)
[Lin08B] Linke-Diesinger, A.: Systems of Commercial Turbofan Engines. An Indroduc-
tion to System Functions. Springer, Berlin (2008)
[Lip08] Lipowsky, H., Nagy, D., Staudacher, S., Bauer, M.: Gas Turbine Fault Diagnostics
using a Fusion of Least Squares Estimations and Fuzzy Logic. ASME GT2008-
50190, Berlin (2008)
[Lip10] Lipowsky, H.: Entwicklung und Demonstration eines integrierten Systems zur
Zustandsüberwachung von Gasturbinen. Dissertation, Universität Stuttgart (2010)
[Lon92] Longley, J.P., Greitzer, E.M.: Inlet Distortion Effects in Aircraft propulsion System
Integration, Advisory Group for Aerospace Research and Development. Lecture-
Series, AGARD-LS-183-6 (1992)
[Men85] Menrath, M., Rick, H.: Verfahren zur digitalen Simulation von Hubschrauber-
Antriebssystemen. DGLR-Jtg. DGLR, Bonn (1985)
[Men89] Menrath, M.: Experimentelle Kennwertermittlung und Systemanalyse bei Hub-
schrauber-Gasturbinen. Dissertation, TU München (1989)
[Mer05] Merkler, R., Staudacher, S., Schölch, M., Schulte, H., Schmidt, K.J.: Simulation of
Clearance Changes and Mechanical Stresses in Transient Gas Turbine Operation
by a Matrix Method. AIAA - 2005 - 4022, Tucson (2005)
[Mof01] Moffat, T.J., Cleghom, W.L.: Prediction of Bird Impact Pressures and Damage
using MSC/Dytran. Proceedings of ASME Turboexpo, Paper 2001GT 0280, New
Orleans (2001)
[Mug78] Muggli, W., Rick, H., Spirkl, A.: Numerische Berechnungsverfahren zur Bestim-
mung des stationären Betriebsverhaltens von Fluggasturbinen. DFG-Bericht RI-
324/1/1978/1 (1978)
922 9  Instationäres Betriebsverhalten von Gasturbinen und Flugantrieben

[Mug81] Muggli, W.: Zum Betriebsverhalten von Turboluftstrahlantrieben unter besonderer


Berücksichtigung der gekühlten Hochdruckturbine. Dissertation, Technische Uni-
versität München (1981)
[Mug82] Muggli, W., Rick, H.: Zur Berechnung der Kennfelder gekühlter mehrstufiger Axi-
alturbinen. MTZ 1 (1982)
[Mug84] Muggli, W., Rick, H.: Zur numerischen Berechnung des Betriebsverhaltens von
Gasturbinen-Luftstrahltriebwerken mit Hilfe eines Universell Modularen Simulati-
onsprogramms (MUSYN). Institutsbericht LFA-MuRi-4/84, Lehrstuhl für Flugan-
triebe, TU München (1984)
[Mug88] Muggli, W., Rick, H.: Engine Aspects in the Design of Advanced Rotorcraft. 14th
European Rotorcraft Forum, Nr. 24, Milano (1988)
[Mün72K] Münzberg, H.G. (1972): Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der
Luft und Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[ Nas72] NASA: STOL Technology. NASA SP-220 (1972)
[Nie06] Nielsen, A.: Experimentelle Untersuchungen zum thermischen Verhalten von Tur-
boluftstrahltriebwerken. Dissertation, Universität Stuttgart (2006)
[Per07] Perrot, V., Touyeras, A., Lucien, G.: Detailed CFD Analysis of a Grooved Casing
Treatment on an Axial Subsonic Compressor. 7th European Conference on Turbo-
machinery, Paper ETC7-16 (2007)
[Pre00] Preiß, A., Kreiner, A., Erhard, W., Rick, H.: Monitoring of critical inlet air condi-
tions for helicopter gas turbines. In: 20th AIMS Symposium, Garmisch-Partenkir-
chen (2000)
[Pre01] Preiß, A.: Eintrittsstörungen bei Fluggasturbinen unter besonderer Berücksichti-
gung instationärer Gaszusammensetzungen. Dissertation, TU München (2001)
[Ric05] Rick, H., Bauer, A., Esch, T., Hollmeier, S., Kau, H.-P., Kopp, S., Kreiner, A.:
Hypersonic highly integrated propulsion systems – design and off-design simu-
lation. Chapter 5.3.2. Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit
Vehicles. DFG, Wiley-VCH (2005)
[Ric76] Rick, H., Kurzke, J.: Zum Betriebsverhalten von Verbund-Zweistrom-Turboluft-
strahltriebwerken mit verstellbaren Düsen und Turbinen. Z. Flugwiss. (5) (1976)
[Ric81] Rick, H., Muggli, W.: Zur Berechnung von Kennfeldern mehrstufiger Axialturbi-
nen". MTZ 1 (1982)
[Ric82] Rick, H., Muggli, W.: Generalized digital simulation technique with variable engine
parameter input for steady state and transient behaviour of aero gas turbines. In: 60th
Symposium of Propulsion and Energetics Panel (AGARD), Marathon, 11.–14. Okt. 1982
[Ric98B] Rick, H.: Numerische Methoden zur Berechnung des Betriebsverhaltens von Gas-
turbinen und Flugantrieben. Vorlesung TU München (1998)
[Rie97] Riegler, C.: (1997) Modulares Leistungsberechnungsverfahren für Turboflugtrieb-
werke mit Kennfelddarstellung für Wärmeübertragungsvorgänge. Dissertation,
Universität Stuttgart
[Rös84] Rösnick, M.: Eine systemtheoretische Lösung des Fehlerdiagnoseproblems am Beispiel
eines Flugtriebwerkes. Dissertation, Universität der Bundeswehr - Hamburg (1984)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Prediction and Simula-
tion of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine, Vehicular, and Power
Generation. NATO RTO Technical Report TR-AVT-036. www.rto.nato.int (2007)
[Sal01] Salchow, K.: Verbesserung des instationären Betriebsverhaltens von Turboflug-
triebwerken durch Leitgitterverstellung und Abblasung im Verdichter. Disserta-
tion, Universität Stuttgart (2001)
Literatur 923

[Sch01a] Schaber, R.: Numerische Auslegung und Simulation von Gasturbinen. Disserta-
tion, TU München (2001)
[Sch01b] Schaber, R., Jeschke, P., Kurzke, J.: Konzept eines multidisziplinären Vorausle-
gungsprogramms für Gasturbinen. DGLR 2001-150=Hamburg (2001)
[Sch01c] Schirmeister, U., Ardey, S., Jeschke, P., Kurzke, J.: Multidisziplinäre Triebwerk-
sauslegung: Zielgerichteter Einsatz des integrierten Programmsystems MOPEDS.
DGLR 2002-116 (2002)
[Sch07] Schneider, E., Staudacher, S., Schuermans, B., Ye, H., Meeuwissen, T.: Real-time
Modelling of the Thermoacoustic Dynamics of a Gas Turbine using a Gaussian
Process, GT2007-27468 (2007)
[Sch62] Schäffler, A.: Das Verhalten von TL-Triebwerken beim Antrieb durch den Flugstau
(Windmilling), AVA-Forschungsbericht Nr. 6202 (1962)
[Sch79] Schäffler, A.: Experimental and Analytical Investigation of the effects of Reynolds
number and Blade Surface Roughness on Multistage axial Flow Compressors.
ASME Gas Turbine Conference, San Diego, Paper 79 GT 2 (1979)
[Sch94] Schmücker, L., Schäffler, A.: Performance deterioration of axial compressors due to
Blade defects. In: AGARD Symposium on Erosion, Corrosion and Foreign Object
Damage Effects in Gas Turbines, Conference Proceedings 558, Rotterdam (1994)
[Sel75] Sellers, J.F., Daniele, C.J.: DYNGEN – Program for Calculating Steady State and
Transient Performance of Turbojet Engines, NASA TND-7901, NASA Lewis
Research Center (1975)
[SFB05B] Deutsch Forschungsgemeinschaft DFG-SFB: Basic research and technologies for
two-stage-to-orbit vehicles, DFGSonderforschungsbereich SFB255. Wiley-VCH,
TU München (2005)
[Sta07] Staudacher, S., Bauer, M., Berns, W., Fiola, R., Kurzke, J., Schmidt, K.-J.: Gas Tur-
bine Performance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Ste91] Steinhardt, E.: The Use of Non linear Rotor Dynamics in Aero Engines. European
Propulsion Forum, ONERA, Paris (1991)
[Ste99] Steffens, K., Schäffler, A., Buckl, F.: Entwicklungstendenzen im Luftfahrttrieb-
werksbau. DGLR 1999-075 (1999)
[Sto93] Storer, J.A., Cumpsty, N.A.: An Approximate Analysis and Prediction Method for
Tip Clearance Loss in Axial Compressors. ASME Gas Turbine and Aeroengine
Congress, Cincinati, Paper 93 GT 140 (1993)
[ Tho75] Thomas, B.: Thermische Kraftanlagen. Springer, Berlin (1975)
[Uhl03] Uhlmann, H.G.: Früherkennung aerodynamischer Verdichterinstabilitäten mittels
Wavelet-Transformationsregeln. Dissertation, TU München (2003)
[Urb72] Urban, L.A.: Gas Path Analysis to Turbo Engine Condition Monitoring. 8th Joint
Propulsion Conference, AIAA-72-1082, New Orleans (1972)
[ VDI88B] VDI: VDI- Wärmeatlas (1988)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science Oxford. (lst
published 1998, reprinted 2000) (2000)
[ Wal98B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science Oxford. (1998)
[Wal08] Waldner, D.: Optimierung der Spiele und Spalte im Konstruktionsprozess von
Flugtriebwe rken. Dissertation, Lehrstuhl für Flugantriebe, TU München (2008).
ISBN: 978-3-89963-581
[Wil00] Wilke, I., Kau, H.P.: CFD-Simulationen von Verdichterstufen mit Casing Treat-
ment. DGLR-JT 2000-102, DGLR Jahrestagung, Leipzig (2000)
[Wil05] Wilke, I.: Verdichterstabilisierung mit passiven Gehäusestrukturen. Dissertation,
TU München (2005)
Anhang

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2, 925


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
926 Anhang

A.1 Arbeitsprozess: Vom Gasgenerator zum Turboshaft TS bzw.


Turbojet TJ
Anhang 927
928 Anhang

Gasgenerator GG Arbeitsprozess
Anhang 929
930 Anhang
Anhang 931
932 Anhang
Anhang 933

Gasgenerator GG + Nutzleistungsturbine PT
Turboshaft TS (Wellenleistungsgasturbine PGT)
934 Anhang
Anhang 935

Gasgenerator GG + Schubdüse N
Turbojet-Triebwerk TJ (Turboluftstrahltriebwerk TL)
936 Anhang
Anhang 937

Turbojet mit Nachbrenner TJA


938 Anhang
Anhang 939
940 Anhang
Anhang 941

A.2 Arbeitsprozess: Vom Gasgenerator GG zum Bypass-Turbofan-


Triebwerk TF

[GasTurb]: Turbofan Typ:GECF6-50A /-80 SL static, ISA

Airbus A 310
Boeing B 747

Schub FSL,0/0 235 kN


Brennstoffverbr. spez. SF CF 11,7 g/(kNs)
Gesamtdruckverhältnis OPR 30
Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 1650 K
Bypassverhältnis BPR 4,3
Durchsatz gesamt 660 kg/s
Gewicht 3956 kg
Schub FReiseflug, 11 km, M 0,8 50 kN

Turboshaft (Wellenleistungs-Gasturbine)
Aeroderivat GE LM 2500 PW 22000 kW
(Kraftwerk) GE LM 5000 33000 kW

2 21 24 25 16 18
13

44 45 5 6 8
41
3 31 4
942 Anhang
Anhang 943
944 Anhang
Anhang 945
946 Anhang
Anhang 947
948 Anhang
Anhang 949
950 Anhang
Anhang 951
952 Anhang
Anhang 953
954 Anhang
Nomenklatur

Formelzeichen (symbol) entsprechen üblichen internationalen Fachbezeichnungen [SAE


ARP 755 A 1974]. Klammern enthalten englische Fachausdrücke und eckige Klammern spe-
zielle, genormte EDV-Programmzeichen wie z. B. in GTSSD bzw. PSSD und in [GasTurb].
Damit sollen die fachliche Kommunikation erleichtert und Missverständnisse vermieden wer-
den [SAE74, SAE89].

Physikalisch-Technische Symbole, Formelzeichen

A m2 Fläche (area) [A]


A Auslegung A, DS (design point), Auslegungspunkt AP
A Luft (air), luftseitig
AF Activity-Factor AF
AFR Luft-/Brennstoff-Verhältnis (air fuel ratio)
AN2 Belastungsparameter für Rotorschaufeln
a m/s Schallgeschwindigkeit (speed of sound) [VS]
a m/s2 Beschleunigung (acceleration)
a m2/s Temperaturleitfähigkeit
alt km Altitude ALT [ALT]
amb Umgebung AMB (ambient)
av Durchschnitt AV (average)
ax axial ax (axial)
B Betriebspunkt B allgemein (working point)
BA Auslegungspunkt AP bzw. DS (design point)
BI Leerlauf-Betriebspunkt BI (idle)
Bi Betriebspunkt Bi (working point Bi)
Bld Zapfluft ZL, Bleed (bleed, bleed air)
BP Bypass (bypass)
BPR Bypass-Verhältnis (bypass ratio) [BPR]
b m Breite, Gitterbreite
C Konstante (constant value)

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2, 955


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
956 Nomenklatur

Ċ W/K Wärmekapazitätsstrom
CAS Berichtigte Fluggeschwindigkeit CAS (calibratet air speed)
CF Schubbeiwert CF (thrust coefficient) (Gl. 2.6-23)
CFG Bruttoschubkoeffizient CFG (gross thrust coefficient)
CFN Nettoschubbeiwert CFN (net thrust coefficient)
CIT Verdichter-Eintrittstemperatur CIT (compressor inlet temperature)
CLD integrierte Entwurfs-Auftriebsbeiwert CLD
(integrated design lift coefficient) (Gl. 2.6-27)
CO Kohlenmonoxid (carbon monoxide)
CO2 Kohlendioxid (carbon dioxide)
COT Brennkammer-Austrittstemperatur Tt4 (combustor outlet temperature),
s. a. TET (turbine entry temperature), SOT (stator outlet temperature), RIT
(rotor inlet temperature) und EGT (exhaust gas temperature)
CPrW Propeller Leistungskoeffizient (propeller power coefficient)
CPW Propeller Leistungskennwert
CV Geschwindigkeitsbeiwert (velocity coefficient) z. B. c/cid
c m/s Geschwindigkeit (velocity), Absolutgeschwindigkeit (absolute velocity)
gegenüber Relativgeschwindigkeit w
c Sehne s (chord c of blade or wing)
c, s mm Sehnenlänge (bei Schaufelgittern) (chord length c)
c, u, w m/s Geschwindigkeitskomponenten (absolute-, blade-, relativevelocity),
c/s Teilungsverhältnis Gitter (solidity), Teilung (spacing) s, Sehne (chord) c
bzw. (space chord ratio),
cav m/s mittlere Geschwindigkeit (average velocity)
ccorr Geschwindigkeit korrigiert (referred velocity) m/s
√ √
ccorr = c/ θt = c/ Tt /288,15
ccrit m/s

cred Geschwindigkeit red. cred = c/ Tt
cD Widerstandsbeiwert cW bzw. cD (drag coefficient)
ceq äquivalente Geschwindigkeit (equivalent velocity)
cF Reibungsbeiwert cR bzw. cF (friction coefficient perature)
cJ Strahlgeschwindigkeit (jet velocity)
cL Auftriebsbeiwert cA bzw cL (lift coefficient)
cont kontinuierlich (continuous)
core, CE Kerntriebwerk CE Core (core engine)
√ √
corr korrigiert (corrected) z. B. ccorr = c/ θt = c/ Tt /288,15
cp Druckkoeffizient Δp/q
cp J/(kg K) spezifische Wärmekapazität, p const (specific heat at constant pres-
sure) [CP]
ct Gesamtgeschwindigkeit (total velocity)
ct Gesamtgeschwindigkeit cges (total velocity)
ct Total- bzw. Gesamtgeschwindigkeit ctot bzw. cges (total velocity)
Nomenklatur 957

cv  J/(kgK) spezifische Wärmekapazität, v const (specific heat at constant


volume) [CVOL]
cx, cy, cz m/s Geschwindigkeitskomponenten (velocity components)
D m Durchmesser D (diameter) [DI]
D Kanal D (duct)
D N Widerstand D (drag)
DAdd Zusatzwiderstand WZ bzw. Dadd (additive drag)
Dam Damköhler-Zahl
DBase Heckwiderstand WH (base drag)
DC Distortions-Koeffizient DC (distortion coefficient)
DCP Druck-Distortionsfaktor (pressure distortion coefficient)
DCT Temperatur-Distortionsfaktor (temperature distortion
DF Diffussionskoeffizient bei Gittern (diffusion factor)
Dhyd m hydraulischer Durchmesser (hydraulic diameter)
DLip Lippenwiderstand DL (lip drag)
DNac Gondelwiderstand DG (nacelle drag)
DP Auslegungspunkt AP bzw. A, DS bzw. DP (design point)
DS Auslegung DS (design point)
DSpill Überlaufwiderstand (spillage drag)
div divergent div (divergent)
E Eintritt E (entry)
E J Energie (energy)
EAS Äquivalente Fluggeschwindigkeit (equivalent airspeed)
EGT K Heißgas-Austrittstemperatur Tt5 (exhaust gas temperature)
EI g/kg Emissionsindex EI (emission index emissionsindex)
EINOx NOX Emissionsindex (NOX-emissions index)
EKW J/kg effektiver kalorischer Wert
EM EPNdB Lärmpegel (effectiv perceived noise level)
EPR Triebwerks-Gesamtdruckverhältnis EPR = pt5/pt2 (engine pressure ratio)
ER Expansionsverhältnis ER (expansion ratio)
ES, ES Energie spez. ES (specific energy)
EW Leergewicht EW (empty weight)
e J/kg spezifische Energie (specific energy)
F, B Brennstoff B bzw. F (fuel)
F kN Kraft F (force), Schub F (thrust) [F]
FAR Brennstoff-Luft-Verhältnis (fuel air ratio) [FAR]
FCl Filmkühlung FK bzw. FCl (film cooling)
FD kN Widerstand FD (drag) [FD]
FD kN Widerstandskraft (drag force) [FD]
FE kN Eintritts- Impulskraft, [FE]
FG kN Bruttoschub (gross thrust), [FG]
FGM kN Bruttoschub bei Mischung (gross thrust with mixer)
958 Nomenklatur

FHV Heizwert Hu (fuel lower heating value) [FHV]


FL kN Auftriebskraft A bzw, FL (lift force), [FL]
FL Flughöhe FL (flight level)
FN kN Nettoschub FN (net thrust), [FN]
FN inst kN Nettoschub installiert FNIN (net thrust installed) [FNIN]
FNS kN spezifische Nettoschub FNS (net specific thrust) [FNS]
FOD Fremdkörperschaden FOD (foreign object damage)
FP N Druckkraft daN, kN
FPR Fan-Druckverhältnis FPR (fan pressure ratio)
FProp kN Propellerschub FPR (propeller thrust)
FRam kN
Fred reduzierter Schub (Gl. 2.4-33) Fred = F/p0
FS N Stützkraft FS (Impulssatz)
FS, FS N/(kg/s) Schub spezifisch FS (specific thrust)
f Hz Frequenz
G kg Gewichtskraft FG bzw. WT (weight) [W]
g m/s2 Erdbeschleunigung (acceleration of gravity)
H Hochdruck-, HP-, .(high pressure…)
H spezifischer Heizwert H (calorific value)
H J Enthalpie
H0 km, m Flughöhe H0, Höhe ALT (altitude) [ALT]
HP Hochdruck…(high pressure)
HTR, htr, ν Nabenverhältnis ν = Di/Da (hub to tip ratio)
Hu J/kg unterer spez. Heizwert FHV (low specific heating value) [FHV]
h m Schaufelhöhe (blade height)
h Nabe (hub)
h J/kg spez. Enthalpie pro Masse (specific enthalpy)
h J/kg spez. Enthalpie statisch pro Masse (static specific enthalpy) [HS]
ht J/kg Enthalpie total pro Masse (total enthalpy per unit mass) spez. Totalen-
thalpie (stagnation enthalpy) [H]
hub Nabe (hub)
I kg m/s Impuls (impulse)
N Impulskraft (momentum)
IAS Geräte-Fluggeschwindigkeit IAS (indicated airspeed)
IP Mitteldrucksystem (intermediate pressure)
IPC Mitteldruckverdichter (intermediate pressure compressor)
IRA  Rekuperator-Triebwerk mit Zwischenkühlung (intercooled recuperative
aero engine cycle)
IS m/s spez. Impuls (specific impulse)
I incidence
i innen (inner)
i ° Anstellwinkel (stagger angle)
Nomenklatur 959

id ideal (ideal)
is isentrop (isentropic)
J Strahl S bzw. J (jet)
J Fortschrittgrad des Propellers (advance ratio)
JP  Jet Petrol, Brennstoff JP
k W/(m2 K) Wärmedurchgangszahl
kg/(m2 s) Massenstromdichte ṁ/A
L Auftrieb A bzw. L (lift)
L unterer… L (low)
L m Länge L (length) [XL]
LBO Magerverlöschgrenze LBO (lean blow out)
LCV  lower calorific value of fuel
L/D Gleitzahl (lift to drag ratio)
LH2 flüssiger Wasserstoff
LOX flüssiger Sauerstoff
LP Niederdrucksystem (low pressure)
La Laval-Zahl M∗ (Laval number)
La m/s Laval-Geschwindigkeit (Laval velocity)
Lk Leckage LK (leakage) [LK]
M Mach-Zahl M (Mach number) [XM]
M Mischung (mixing), nach der Mischung
M0 Flug-Mach-Zahl M0 (flight Mach number)
m kg Masse M (mass) [GM]
ṁ kg/s Massenstrom, Durchsatz W (mass flow rate) [W]
ṁA kg/s Massenstrom Luft WA (mass flow air) [WA]
ṁB kg/s Massenstrom Brennstoff WF (fuel mass flow rate) [WF]
ṁBAB kg/s Brennstoff-Durchsatz Nachbrenner AB (massflow fuel after burner)
ṁBP Bypass-Massenstrom (bypass mass flow)
ṁB red reduzierter Brennstoffdurchsatz (Gl. 2.4-31)
ṁCl kg/s Kühlluft-Massenstrom (mass flow cooling air) [WCL]
ṁCore kg/s Massenstrom Core (core mass flow) [WCL]
ṁLK kg/s Massenstrom Leckage LK (mass flow leakage) [WLK] Massenstrom-
verhältnis µ = ṁi /ṁj

ṁred reduzierter Massenstrom (Gl. 2.4-26) ṁred = ṁ Tt /pt
N, n Drehzahl n bzw. N (rotational speed)
NO Stickstoffmonoxid
NO2 Stickstoffdioxid
NOX Summe der Stickoxidemissionen NOX (oxides of Nitrogen, NO and NO2)
NTU Wärmetauscher Übertragungsgröße NTU (number of transfer units)
Nu Nusselt-Zahl (Nusselt number)
n Polytropenexponent (polytropic exponent)
n Schaufelzahl z (blade number),
960 Nomenklatur

n Stufenzahl z (stage number)


n min-1 Drehzahl N (spool speed, rotational speed) [XN]
ncorr,rel Drehzahl korrigiert relativ (relative corrected spool speed)
nH, N2 min-1 Drehzahl Hochdruckrotor NH, N2 [NH]
nL, N1 min-1 Drehzahl Niederdruckrotor NL, N1 [NL]
nnominal Drehzahl nominal (nominal spool speed)
nred reduzierte Drehzahl (Gl. 2.4-34)
nrel Drehzahl relativ (relative spool speed)
nSD min-1 Drehzahl nach außen NSD (engine output speed, shaft delivery)
[NSD]
O m2 Oberfläche (surface)
OAT K Außentemperatur OAT (outside air temperature) oder auch definiert mit
(solidityσ = chord c/spacing s)
OPR Gesamtdruckverhältnis OPR= pt4/pt2 (overall pressure ratio)
OTDF Ungleichförmigkeitsgrad OTDF (overall temperature distribution factor)
o außen a bzw. o (outer)
P kW Leistung P (power, performance) [PW]
PEx kW Leistung an externe Geräte (shaft power)
PF kW Schubleistung
PJ kW Strahlleistung PJ (jet power)
PLA Schubhebelwinkel (power lever angle) [PLA]
PP kW Vortriebsleistung (propulsion power)
PPT kW Leistung Nutzleistungsturbine PT (shaft power)
PR Druckverhältnis Π (pressure ratio)
Pr Prandtl-Zahl (Prandtl number)
Pred reduzierte Leistung (Gl. 2.4-32)
PS kW/(kg/s) spezifische Leistung SPW (specific power)
PTF Peak Temperature Factor (pattern faktor)
PTO Leistungsentnahme (power off-take)
PW kW Wellenleistung PW (output power, shaft power) [PW]
PWeq kW äquivalente Wellenvergleichsleistung (equiv. shaft power)
PWSD kW Wellenleistung nach außen (delivered shaft power, output shaft power)
[PWSD]
p bar, N/m2 Druck p (pressure) allgemein [P]
p bar, N/m2 statischer Druck (static pressure) [PS]
pamb bar Umgebungsdruck (ambient pressure) [PAMB]
pt bar Druck total, Totaldruck (total pressure), Gesamtdruck [P]
Q J Wärme (heat)
Q̇ kW Wärmestrom Q/t (heat tranfer rate)
q bar Staudruck inkompressibel (q = ρ c2/2) (dynamic pressure)
q J/kg spez. Wärme auf Masseneinheit bezogen (heat interaction per unit
mass)
Nomenklatur 961

qB Brennkammerbelastung (Gl. 5.1-7)


qB spez. Wärme im Brennstoff enthalten
R Rotor (rotor) bzw. Laufrad La
R J/(kgK) Gaskonstante (gas constant per unit mass) [R]
RANS RANS (Reynolds averaged Navier-Stokes)
Re Reynolds-Zahl (Reynolds number) [RE]
RH, AB Wiedererhitzung RH (reheat), Nachbrenner AB (afterburner) [RH]
RIT K Rotor-Eintrittstemperatur Tt41 (rotor inlet temperature), s. a. TET (tur-
bine entry temperature) allgemein oder auch TIT (turbine inlet tempera-
ture), COT (combustor out let temperature), SOT (stator outlet temperature
und EGT (exhaust gas temperature)
RNI Reynolds-Zahl-Index (Reynolds number index) [RNI]
RPM Umdrehung pro Minute (revolution per minute)
RQL Fett-Mager-Verbrennung (rich burn quick quench-lean burn)
RTDF  radiale Temperatur-Ungleichförmigkeit (radial temperature distribution
factor)
Ru kJ/(kmol K) Universelle Gaskonstante R0 (universal gas constant)
r m Radius R (radius) [RAD]
r Reaktionsgrad bei Turbomaschinen (reaction)
red reduziert, Mach-ähnlichkeitsgerecht (semi-dimensional, „quasidimension-

less“) z. B. nred = n/ Tt
ref korrigiert corr (referred resp. corrected) √ z. B.

ncorr = nreferred = n/ Tt /288,15 = n/ θ
rel relativ (relative velocity)
rh kinematische Reaktionsgrad rh
S Stator S (stator) bzw. (Leitrad Le)
S, st J/K Entropie total pro Masse (total entropy per unit mass) [S]
SD  shaft delivered [SD]
SFC kg/(daNh) spez. Brennstoffverbrauch SFC (specific fuel consumption) [SFC]
SFCF kg/(daNh) SFC bezogen auf Schub F (thrust specific fuel consumption),
meist hier nicht installierter Schub [TSFC]
SFCInst SFC mit Schub installiert SFCIN
SFCP g/(kWh) SFC bezogen auf die Leistung P (power specific fuel consumption)
PSFC [PSFC]
SFCred reduzierter spez. Brennstoffverbrauch (Gl. 2.4-38)
SFN spez. Nettoschub FN
SL Seehöhe (sea level) [SL]
SLS  Sea Level Standard Atmosphere, Sea Level Static (Meereshöhe), T =288,15
K, p=101,3 kPa
SM Stabilitätsgrenzenabstand SM (surge margin), Pumpgren zabstand [SM]
SN Rauchzahl (smoke number), Wert für Rußemission
SNOx NOx severity parameter, (for NOx emission estimates)
962 Nomenklatur

SOT Stator-Austrittstemperatur Tt41 (stator outlet temperature) der Turbine, in


USA auch mit RIT (rotor inlet temperature) angegeben, s. a. COT und TET
SPW spez. Wellenleistung PS
Sr Strouhal-Zahl (Strouhal number)
St Stanton-Zahl (Stanton number)
STD Standard Day (sea level), Tt = 288.15 K, pt = 101.325 kPa
s J/(kg K) spezifische Entropie (specific entropy)
T K Temperatur allgemein (temperature)
T K Temperatur statisch TS (static temperature) [TS]
TAS Wahre Fluggeschwindigkeit TAS (true airspeed)
TBO Zeit bis zur Überholung (time between overhauls)
TC Zeitkonszante (time constant)
TET  K Turbinen-Eintrittstemperatur (turbine entry temperature) allgemein
oder auch TIT (turbine inlet temperature), s. a. COT (combustor outlet tem-
perature), SOT (stator outlet temperature), RIT (rotor inlet temperature)
und EGT (exhaust gas temperature)
TIT K Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 (turbine inlet temperature), [TIT] s. a.
TET (turbine entry temperature) Turbine, COT (combustor outlet tempe-
rature), SOT (stator outlet temperature), RIT (rotor inlet temperature)
TRQ Nm Drehmoment (torque) [TRQ]
TSFC meist mit Schub installiert Fins [TSFC]
Tt K Temperatur total (total, stagnation temperature) [T]
t Zeit (time) [TIME]
t mm Teilung bei Schaufeln, Gitterteilung (spacing s, pitch)
t Schaufelspitze (tip, blade tip)
tip Spitze (tip)
tV mittlere Verweilzeit in BK (Gl. 5.1-4)
U J,kJ innere Energie (internal energy)
UHC Unburned Hydrocarbons, unverbrannte Kohlenwasser- stoffe
u J/kg spez. innere Energie u (specfic internal energy)
u m/s Umfangsgeschwindigkeit (blade velocity, blade speed) [U]
V m3 Volumen (volume) [Vol]
V Fluggeschwindigkeit c0 (flight speed)
V̇ m3/s Volumenstrom,
VB m3 Brennraumvolumen (combustion chamber volume)
VBK m3 gesamtes Brennraumvolumen
VG Variable Geometrie VG (variable geometry)
v m3/kg spezifisches Volumen (specific volume)
vCAS km/h Berichtigte Fluggeschwindigkeit VCAS (calibrated air speed) [VCAS]
vEAS km/h Äquivalente Fluggeschwindigkeit VEAS (equivalent air speed)
[VEAS]
v0 m/s Fluggeschwindigkeit (flight velocity) [V]
Nomenklatur 963

vTAS km/h Wahre Fluggeschwindigkeit VTAS (true air speed) [VTAS]


w m/s Relativgeschwindigkeit (relative velocity)
W, m Flugzeugabflugmasse m (aircraft takeoff weight)
W Wasser (water) [W]
W Durchsatz (mass flow rate, weight flow rate)
W, E J Arbeit (work), Energie (energy)
WAR Wasser-Luft-Verhältnis WAR (water air ratio)
WL Betriebs- bzw. Arbeitslinie WL, Fahrlinie (working line, running line)
w, e J/kg spez. Arbeit w (specific work), spez. Energie e (specific energy)
wPT J/kg spez. Arbeit an Nutzleistungsturbine PT
wred reduzierte Arbeit (Gl. 2.4-30)
z Stufenzahl, Schaufelzahl

Griechische Zeichen

α Grad Anstellwinkel (stagger angle)


α Grad Mach᾽scher Winkel (Mach angle)
α Grad Winkel, Strömungswinkel der Absolutgeschwindigkeit
α m2/m3 Flächendichte von Wärmetauschern
α W /(m2 K) Wärmeübergangszahl
ß Grad Winkel, Strömungswinkel, Relativgeschwindigkeit
β Grad Staffelungswinkel (stagger angle)
Γ Zirkulation fluidmechanisch
δ normiertes Druckverhältnis pt/ptref, pt/(101325 Pa)
δ Temperaturdifferenz
δ m Dicke
Δ Deltawert, Differenz [DEL]
Δht Total-Enthalpie-Differenz spez, z. B. ΔhtC, ΔhtT
ε Druckverlustkoeffizient
ε Effektivität der Schaufelkühlung
ε Gleitzahl
η Wirkungsgrad (efficiency) [ETA]
η kg/(ms) dynamische Viskosität
ηO Gesamtwirkungsgrad (overall efficiency)
ηA Ausbrenngrad, Verbrennugswirkungsgrad (combustion efficiency)
ηB Brennkammerwirkungsgrad (burner efficiency)
ηCis isentrope Verdichterwirkungsgrad (isentropic compressor efficiency)
ηCl Kühlungseffektivität (cooling effectiveness)
ηCp polytrope Verdichterwirkungsgrad (polytropic compressor efficiency)
ηcore thermischer Wirkungsgrad Kerntriebwerk (thermal core efficiency)
ηE is Einlaufwirkungsgrad isentrop (isentropic inlet efficiency)
964 Nomenklatur

ηEX Wärmetauscherwirkungsgrad (heat exchanger efficiency)


ηi innere Wirkungsgrad ( efficiency)
ηm mechanischer Wirkungsgrad (mechanical efficiency)
ηM Mischungswirkungsgrad (mixer efficiency) (Gl. 2.6-34)
ηN Düsenwirkungsgrad (nozzle efficiency)
ηO Gesamtwirkungsgrad ηO (overall efficiency)
ηP Vortriebswirkungsgrad (propulsive efficiency)
ηPr Propellerwirkungsgrad (propeller efficiency)
ηPrG Propeller-Gütegrad
ηth thermischer Wirkungsgrad (thermal efficiency)
ηTis is. Turbinenwirkungsgrad (isentropic turbine efficiency)
ηTp pol. Turbinenwirkungsgrad (poytropic. turbine efficiency)
ηTrans Turbofan-Transferwirkungsgrad (transfer efficiency)
ηTts Turbinenwirkungsgrad total zu statisch (total to static turbine efficiency)
ηTtt Turbinenwirkungsgrad total zu total (total to total turbine efficiency)
Θ normiertes Temperaturverhältnis Tt/288,15 K [TH]
∗ kg/(s m2) Massenstromdichte
κ, γ Isentropenexponent (ratio of specific heat cp/cv)
γ Grad, Winkel
λ W/(m K) Wärmeleitfähigkeit (heat transfer )
μ kg/(m s) dynamische Viskosität (dynamic viscosity)
μ Massenstromverhältnis (mass flow rate) z. B. μ = ṁi /ṁj
μCl i Kühlluftanteil i (cooling air mass flow rate )
μ Kompressibilitätsziffer μ = Φ2/Φ1
μ Minderleistungsfaktor bei Radialverdichter RC
ν Nabenverhältnis (hub to tip ratio)
ν m2/s kinematische Viskosität μ/ρ (kinematic viscosity)
Π Druckverhältnis PR (pressure ratio)
ρ Reaktionsgrad (degree of reaction)
ρ kg/m3 Dichte (density) [RHO]
ρt kg/m3 Dichte total pt/(R Tt)
σ Drosselzahl
σ Slipfaktor (Abschn. 4.2.5.5)
σ N/mm2 Spannung (stress) Teilungsverhältnis Gitter (solidity), Sehne (chord
c)/ Teilung (spacing s) bzw. (chord space ratio c/s) s. a. Teilungsverhältnis
σres Spannung resultierend
σzul Spannung zulässig
ΦPZ Äquivalenzverhältnis Brennkammer-Primärzone
Φ Äquivalenzverhältnis (equivalence ratio)
ϕ Durchsatzzahl, Durchsatzziffer (flow parameter, flow coeffiecient)
ϕ Geschwindigkeitsbeiwert (velocity coefficient)
ϕ Lieferzahl cax/u (flow parameter, flow coefficient)
Nomenklatur 965

ψ Entropiefunktion (entropy function)


ψ Ausflussfunktion (Gl. 6.1-6)
ω Druckverlustbeiwert (Gitter) (pressure loss coefficient)
ψ Druckzahl, Leistungsziffer Δht/(u2/2) (aerodynamic loading parameter)
ω l/s Winkelgeschwindigkeit [VANG]
τ s Verweilzeit
Ω Stromdichteverhältnis axial (Abschn. 4.2.4.2)
ΩB Ausbrandparameter , BK –Belastungsparameter (Gl. 5.1-5)
ψh Leistungsziffer Δht/(u2) (aerodynamic loading parameter), Schaufelbela-
stung, Druckzahl
ζ Verlustkoeffizient
ζI Einlauf-Verlustbeiwertes (Gl. 3.2-1)

Abkürzungen und Indizes von Triebwerk und Komponenten

A Austritt A
A A-Betriebspunkt AP, Auslegungspunkt DS (design point)
A Luft (air), luftseitig
AB, RH Nachbrenner NB (afterburner), [AB]
Wiedererhitzung WE (reheat) [RH]
AC Einlauf-Fangquerschnitt beim (Überschall-) Einlauf (capture area)
AC Axialverdichter (axial compressor)
ACC aktive Spaltkontrolle (active clearance control)
ADP  Advanced Ducted Prop
AE  Aero Engines
AFC aktive Strömungskontrolle (active flow control)
AIMS  Aircraft Information Management System
APU Hilfsgasturbin (auxiliary power unit)
AR Seitenverhältnis, Schaufelhöhe/Profillänge (aspect ratio)
ASC axial gestufte Brennkammer (axial staged combustor)
AT Axialturbine AT (axial turbine)
Ath Einlauf-Halsquerschnitt (throat area)
ATF Heck-Turbofan-Triebwerk ATF (aft-turbofan)
AVGT Fahrzeug-Gasturbine FGT bzw. VGT (automotive vehicle GT)
AVON  axialsymmetrische Vektor-Schubdüse (axisymmetric vectoring exhaust
nozzle), Fa. General Electric GE
B Brennkammer BK (combustion chamber, combustor)
Brennraum
BDR Klappen-Schubumkehrer (bucket door reverser)
Bl Schaufel Sch (blade)
Bleed Entnahme (bleed)
966 Nomenklatur

BLING beschaufelter Ring (bladed ring)


BLISK beschaufelte Scheibe (bladed disk)
Bo Booster-Verdichter vor HPC, manchmal als LPC bezeichnet (booster)
Booster-Stufen, d. h. an Fan angehängte LPT-Stufen
BP Bypass (bypass) > bei Mischung bis Mischereintritt
Mantelstrom
BPR Bypassverhältnis (bypass ratio), Massenstromverhältnis μ
C Verdichter V, Fan F (compressor, fan)
C- Konvergent-(Düse) (convergent (nozzle))
CAD  Computer Aided Design
CAS berichtigte Fluggeschwindigkeit CAS (calibratet air speed
C-D Konvergent-Divergent-(Düse) (convergent divergent (nozzle))
CC Konvektionskühlung CC (convection cooling)
CCD Computational Combustion Dynamics
CDA CDA-Profil (controlled diffusion airfoil)
CE Kerntriebwerk Core (core engine), s. a. Gasgenerator GG
CF zivile Fan bzw. Turbofan (commercial fan)
CFD Numerische Strömungssimulation (computational fluid dynamics)
CFK Kohlefaser Verbundwerkstoffe (carbon fiber composites)
CHP  Combined Heat and Power
Cl Kühlung Kl, Kühlluft CL (cooling air)
CODAG CODAG-Antrieb (combined diesel and gasturbine)
CODLAG CODLAG-Antrieb (combined diesel electric and gasturbine)
CODOG CODOG-Antrieb (combined diesel or gasturbine)
CR gegenläufig (counter rotation)
CR Reiseflug bei Teillast (cruise)
CRISP gegenläufig drehender ummantelter Propfan, Counter Rotating Integrated
Shrouded Propfan,
CRPF  Counter Rotating Propfan, gegenläufiger Propfan
CRTF  Counter Rotating Turbofan, gegenläufiger Turbofan
CS Regelsystem (conrol system)
CT Verdichter-(Antriebs)turbine CT bzw. VT (compressor turbine)
CTF Turbofan ziviler Anwendung (civil turbofan)
D Kanal D (duct)
DAC radial gestufte Ring-Brennkammer (double annual combustor)
DC Diagonal-Verdichter DC (diagonal compressor)
DCA Doppelkreisbogen-Profil, DCA-Profile (double circular arc)
DD Direkt-Antrieb (direct drive)
DDTF direkt angetriebener Turbofan (direct drive turbofan)
DECU  Digital Electronic Control Unit DECU, digitaler elektronischer
Triebwerksregler
DECMU  Digital Electronic Control and Monitoring Unit
Nomenklatur 967

Dif Diffusor D (diffusor)


DMC  Direct Maintenance Costs
DOC Direkte Betriebskosten DOC (direct operating cost,
DPF ummantelter Propfan DPF (ducted prop fan)
DS Auslegungspunkt A bzw. AP bzw. DS (design point)
DT, ST Dampfturbine DT bzw. ST (steam turbine)
E Eintritt E (entry), Einlauf I (inlet)
ECM  Engine Condition Monitoring
ECMS  Engine Control&Monitoring System, Regel- und Monitor-System
ECU  Electronic Control Unit
EEE  Energy Efficient Engine Programme
EGT Abgastemperatur Tt5 (exhaust gas temperatur), Austritt Turbine, s. a. TET,
TOT, TIT
EI Emissionsindex (emission index)
EIS Eintrittsjahr in den Dienst (entry into service)
EMC  Engine Maintenance Costs
EMU  Engine Monitor Unit
EPNdB Effective Perceived Noise (in Decibels)
EPR  Druckverhältnis über Gesamttriebwerk pt5/pt2 (exhaust pressure ratio),
Indikator zur Schubbelastung des Triebwerks (nicht gleich dem OPR)
EROPS  Extended Range Operation, EROPS-Regulierung
ETOPS  Extended Twin Operation, ETOPS-Regulierung
EX, HEX Wärmetauscher WT bzw. HEX (heat exchanger)
F Fan bzw. 1 stufiger LP-Verdichter LPC (NDV) (fan)
FADEC  Full Authority Digital Engine Control, Regelsystem digital
FAN Fan (fan), Bläser, z. B. LPC eines Bypass-Triebwerks
FCl Filmkühlung FK bzw. FCl (film cooling)
FCU Brennstoffregler (fuel control unit)
FEM Finite Elemente Methoden
FDGS Fan-Getriebsystem (fan drive gear system)
FG Bruttoschub FG (gross thrust)
FH Flammhalter FH (flame holder)
Flammrohr bei Brennkammer
FL Flight Level, Barometrische Höhe auf Basis des Standard luftdrucks von
1.013 hPa in Meereshöhe, angegeben in 100 ft
FMC  Flight Management Computer
FN Nettoschub FN (net thrust)
FOD Fremdkörperschaden (foreign object damage)
FPR Fan-Druckverhältnis (fan pressure ratio)
FR vollständig wieder verwendbar (fully reusable)
FRT  Flat Rate Temperature
FT Zukunft-Technologie (future technology)
968 Nomenklatur

FTF Front-Turbofan-Triebwerk FTF (front turbofan)


G Gas, gasseitig, z. B. bei Wärmetausch
G Getriebe G (gear)
GB Getriebekasten GB (gearbox) Getriebe
GG Gasgenerator GG (gas generator), Kerntriebwerk (core)
GGC Gasgenerator-Verdichter (gas generator compressor)
GGT Gasgenerator-Turbine (gas generator turbine)
GT Gasturbine GT (gas turbine)
GTF Getriebe-Turbofan (geared turbo fan)
GTSSD  Gas Turbine System Simulation and Design
H Hochdruck (Rotor) HR (high pressure (spool))
HB Hoch-Bypass (high bypass)
HBR Hoch-Bypass-Verhältnis HBR (high bypass ratio)
HCF Dauerfestigkeit (high cycle fatigue)
HEX, EX Wärmetauscher HEX bzw. EX (heat exchanger)
HP Hochdruck (high pressure)
HPC Hochdruckverdichter HPC (high pressure compressor)
HPE Hochdruck-Triebwerk (high pressure engine)
HPR Hochdruck-Rotor HPR (high pressure rotor)
HPT Hochdruck-Turbine HDT (high pressure turbine)
HTF Hoch-Bypass-Turbofan-Triebwerke HTF (high bypass turbofan engine)
HTHL Horizontal-Start und Horizontal-Landung (horizontal takeoff and horizon-
tal landing,
HTR, htr, ν Nabenverhältnis ν = Di/Da (hub to tip ratio)
hub Nabe N (hub), Spitze S (tip)
IAS Geräte-Fluggeschwindigkeit IAS (indicated airspeed)
IC Zwischenkühler ZK (inter cooler)
ICE Turbojet mit umgekehrtem Arbeitsprozess ICE (inverted cycle engine)
ICL Zwischenkühler ZK (intercooler)
ICR Beginn des Reiseflugs (initial cruise)
IP Mitteldrucksystem (intermediate pressure)
IPC Mitteldruckverdichter MDV bzw. IPC (intermediate pressure compressor)
IPS Einlauf-Partikel-Separatoren IPS (inlet particle separator)
IPT Mitteldruckturbine MDT (intermediate pressure turbine)
IRA  Rekuperator-Triebwerk mit Zwischenkühlung (inter-cooled recuperative
aero engine cycle)
ISA International Standard Atmosphere
J Strahl (jet)
JP  Jet Petrol, Brennstoff
JSF  Joint Strike Fighter
L2F Laser-2-Focus-Messung
LCF Kurzzeitermüdung (low cycle fatigue)
LDI magere Direkteinspritzung LDI (lean direct injection)
Nomenklatur 969

LIF laserinduzierte Fluoreszenz (Laser-induced fluorescence)


LP Niederdruck ND bzw. LP (low pressure)
LPC Niederdruckverdichter LPC (low pressure compressor (fan))
LPP vorgemischte und vorverdampfte Magerverbrennung LPP (lean premixed
prevaporized combustion)
LPR Niederdruckrotor LPR (low pressure rotor)
LPT Niederdruckturbine NDT bzw. LPT (low pressure turbine)
LTF Niedrig-Bypass-Turbofan-Triebwerke LTF (low bypass turbofan engine)
LTO Lande- und Startzyklus (landing and take off cycle)
M Mach-Zahl M (Mach number) [XM]
M Mischung M, Zustand nach der Mischung
M Mischer M (mixer) [MX]
MCA Mehrkreisbogen-Profil (multi circular arc)
MCL  Max Climb, maximaler Schub im Steigflug MCL (maximum climb)
MCR  Max Cruise, maximaler Schub im Reiseflug MCR (maximum cruise)
MEC  Main Engine Control
MRO Wartung, Reparatur, Überholung (maintenance, repair, overhaul)
MTF Kampfleistung Turbofan militärisch (military turbofan (power)) (meist mit
Nachbrenner AB)
MTOW  Maximum Take-Off Weight, maximales Abfluggewicht
MX Mischer M (mixer)
N Düse D bzw. N (nozzle)
Nac Gondel G bzw. Nac (nacelle)
NACA65 Profilserie NACA 65
NGV Stator-Leitrad NGV, Turbinen-Leitrad Le (nozzle guide vane, vane)
NM Nautische Meilen (nautical miles) (1 NM = 1.852 m)
NOX Oxides of Nitrogen, NO and NO2, Summe der Stickox idemissionen
NPSS  Numerical Propulsion System Simulation, NASA
OAE  Once Around Earth
OAT Umgebungstemperatur außen (outside air temperature)
OEM Hersteller von Originalteilen (original equipment manufacturer)
OPR Gesamtdruckverhältnis pt4/pt2 (overall pressure ratio)
OS Betriebssystem (operating system)
OS Ölsystem (oil system)
OTDF Ungleichförmigkeitsgrad OTDF (overall temperature distribution factor)
P Leistung allg. P
PF Propfan PF (propfan)
Pkm Passagierkilometer (passenger kilometer)
PLA Schubhebelwinkel (power lever angle) [PLA]
PMC  Power Management Control
PR Druckverhältnis Π (pressure ratio)
Prop, Pr Propeller Pr (propeller)
PSSD  Propulsion System Simulation and Design
970 Nomenklatur

PT Nutzleistungsturbine PT (power turbine), LPT einer Turboshaft-Gastur-


bine (low pressure turbine of a turboshaft)
PTO Leistungsentnahme (power off-take)
PW, PW Nutzleistung an der Welle PW (shaft power)
PZ Primärzone in Brennkammer PZ (primary zone)
QCSEE  Quiet Clean Short-Haul Experimental Engine [Bah79])
QF  Quiet Fan, lärmarmer Fan F
R Reichweite (range)
R Rotor R (rotor), (Laufrad La)
R Relativsystem R
REV Umkehrschub (thrust reverse)
RC Radialverdichter RV bzw. RC (radial compressor)
Rec Rekuperator-Wärmetauscher REC (recuperator heat exchanger)
Reg Regenerator-Wärmetauscher REG (regenerator heat exchanger)
RH, AB Wiedererhitzung RH (reheat), Nachbrenner
AB (afterburner) [RH]
RJ  Ramjet RJ (ramjet), Staustrahltriebwerk
RLV  Reusable Launch Vehicle
RQL Fett-Mager-Verbrennung (rich burn quick quench-lean burn)
RP Zwischenerhitzungs-Prozess ZÜ bzw. RP (reheat prozess)
S Stator S (stator), Leitrad Le
S1 S1-Fläche, Strömungsfläche nach [WuC52], (Abschn. 4.1)
S2 S2-Fläche, Strömungsfläche nach [WuC52], (Abschn. 4.1)
SAC  Single Annular Combustor
SCR selektive katalytische Reduktion (selective catalytic reducetion),
SCRJ  Scramjet (supersonic combustion ramjet), Staustrahltriebwerk mit
Überschallverbrennung
SD  Shaft Delivered
SERN Rampen-Düse (single expansion ramp nozzle)
SFC spez. Brennstoffverbrauch SFC (specific fuel consumption)
SKM Sitzkilometer (seat kilometer)
SL Seehöhe (sea level) [SL]
SLS  Sea Level Standard Atmosphere, Sea Level Static (Meereshöhe), T =288,15
K, p=101,3 kPa
SM Pumpgrenzen-Abstand SM (surge margin)
SN Rauchzahl (smoke number)
SOT Stator-Austrittstemperatur (stator outlet temperature)
SOT Stator-Austrittstemperatur Tt41 (stator outlet temperature) der Turbine, in
USA auch mit RIT (rotor inlet temperature) angegeben, s.a. COT und TET
einwellig (single rotation)
SR  Semi-Reusable (teilweise wieder verwendbar)
SST Überschall-Transportflugzeug (super sonic transport)
SSTO  Single Stage To Orbit
Nomenklatur 971

St Stufe St (stage)
ST Dampfturbine DT bzw. ST (steam turbine)
STD Standard (standard)
STOL  Short Take-Off and Landing, Kurz-Start und -Landung
Tip Spitze (tip)
T Turbine T (turbine)
TAS Wahre Fluggeschwindigkeit TAS (true airspeed)
TBO Zeit bis zur Überholung (time between overhauls)
TAT  Total Air Temperature
TET Turbineneintrittstemperatur Tt4 (turbine entry temperature)
F Turbofan-Triebwerk TF (turbo fan), Zweistromtriebwerk ZTL
TFM Turbofan mit Mischung TFM (mixed flow turbofan), ZTLM
TFMA Turbofan mit Mischung und Nachbrenner TFMA (mixed flow turbofan
with afterburner) bzw. ZTLMNB
TIT Turbinen-Eintrittstemperatur Tt4 (turbine inlet temperature) s.a. TET,
TOT, COT
TJ Turbojet TJ (turbojet), Turboluftstrahltriebwerk TL
TJA Nachbrenner-Turbojet TJA (afterburner turbojet), TLNB
TLA  Thrust Lever Angle, Schubhebel-Winkel
TM Turbomotor TM (turbomotor)
TO Start (take off)
TP Turboprop TP (turboprop), Propeller-Turboluftstrahl-Triebwerk PTL
TP Teillastpunkt B
TSFC spezifischer Brennstoffverbrauch SFC bezogen auf den Schub (thrust speci-
fic fuel consumtion)
TSRec Turboshaft-Gasturbine TS mit Rekuperato Rec
TSReg Turboshaft-Gasturbine TS mit Regenerator Reg
TSTO  Two Stage To Orbit (Raumtransporter-Flugzeug)
TVN Schub-Vektordüse (thrust vectoring nozzle)
UDF  Unducted Prop Fan
UHBR Ultra-Hoch-Bypass-Verhältnis, Ultra High Bypass Ratio
UHC unverbrannte Kohlenwasserstoffe (unburned hydrocarbons)
UHB Ultra-Hoch-Bypass (ultra high bypass)
UHBF Ultra-Hoch-Bypass-Fan-Triebwerk (ultra high bypass fan engine)
Ultra-High BPR-Turbofan
UHB-TF 
VBV  Variable Bleed Valve
VCAS (calibrated air aped) [VCAS]
VCE Triebwerk variabler Geometrie (variable cycle engine)
VG Variable Geometrie VG (variable geometry)
VHB Hoch-Bypass (very high bypass)
VHBR Hoch-Bypass-Verhältnis (very high bypass ratio)
Very-High Bypass-Turbofan
VHB-TF 
VIAS  Indicated Air Speed [VIAS]
972 Nomenklatur

VSV  Variable Stator Vane


VTAS  True Air Speed [VTAS]
Vertical/Short Take-Off and Landing, Senkrecht-/Kurz-Start und -Landung
V/STOL 
VTOL  Vertical Take-Off and Landing, Senkrecht-Start und -Landung
WL Arbeitslinie AL bzw. WL, Fahrlinie (working line, running line), Compres-
sor, Turbine
Nomenklatur 973

Stationen, Definitionen und Organisationen

Triebwerksstationen nach Aerospace Recommandet Practice ARP 755A

Turboshaft Gas Turbine TSGT

44 45 5 6 8
0 1 2 24 25 41
3 31 4

Core

LPC HPC B HPT LPT D PW


H-Spool Burner PT Power Diffusor Power
Booster Turbine

High Bypass Turbofan HBTF


FN = m8 (c 8 − c 0 ) + m18 (c18 − c 0 )
0 1 2 13 16 18
21

5 6 8
mBP
m2 41
24 25 3 31 4 44 45
mC

Core

F LPC HPC B HPT LPT N


Nacelle Fan L-Spool- Burner Nozzle
Booster
974 Nomenklatur

Rechenebenen und Indizes: Triebwerk

(0) Umgebungszustand amb (ambient), isentrop aufgestaute


Zustandsgrößen der Umgebung
(1) Einlauf-Eintritt (aircraft engine interface),
12 Fan-Austritt außen (outer fan exit)
13 Bypass-Eintritt, Fan-Austritt außen (bypass inlet, outer fan exit)
16 Bypass-Austritt, kaltseitig Mischer-Eintritt (bypass exit, cold side mixer inlet)
17 Bypass-Düsen-Eintritt (bypass nozzle inlet)
18 Bypass-Düsen-Austritt (bypass nozzle throat, exit)
(2) Verdichtereintritt (first compressor inlet)
22 IP-Verdichtereintritt (IP compressor inlet)
24 IP-Verdichteraustritt (IP compressor exit)
HP-Verdichtereintritt (HP compressor inlet)
25 HP-Verdichter-Eintritt (HP compressor inlet)
(3) HP-Kompressor-Austritt (HP compressor exit), vor Abzug von Bleed
(4) Brennkammer-Austritt (burner exit), Turbinen-Eintritt (turbine inlet)
41 HP-Turbinen-Stator-Austritt (HP turbine stator exit), HP-Turbinen-Rotor-
Eintritt (HP turbine rotor inlet),
42 HP-Turbinen-Stator-Austritt nach Kühluftzufuhr,
HP-Turbinen-Rotor-Eintritt (HP turbine rotor inlet),
43 HP-Turbinen-Austritt vor Kühluftzufuhr, (HP turbine exit),
IPT-Rotoreintritt
44 HPT-Austritt nach Kühlluftzufuhr (HP turbine exit),
IPT-Austritt
45 LP-Turbinen-Eintritt (LP turbine inlet)
49 LP-Turbinen-Austritt vor Kühlluftzufuhr (LP turbine exit before cooling air)
(5) LP-Turbinen-Austritt nach Kühlluftzufuhr (LP turbine exit after cooling air,
last turbine exit)
(6) Kerntriebwerk-Austritt, Mischer-Eintritt heißseitig (core exit, hot side mixer
inlet)
64 Mischer-Austritt, Nachbrenner-Eintritt bei Turbofan mit Mischer
(afterburner inlet, mixed flow turbofan)
(7) Düsen-Eintritt (nozzle inlet),
Nachbrenner-Austritt (afterburner exit)
(8) Düsenhals (nozzle throat), Düsenaustritt bei C-D-Düse
(9) Düsen-Austritt, Konvergent-Divergent-Düse C-D-Düse
(nozzle exit, convergent-divergent nozzle)
Nomenklatur 975

Rechenebenen und Indizes: Turbomaschinen-Gitter

0 Eintritt Vorleitrad IGV (inlet guide vane)


1 Eintritt Rotor R (rotor inlet)
2 Austritt Rotor R (rotor outlet)
3 Eintritt Stator S (Leitrad) (stator inlet)
4 Austritt Stator S (Leitrad) (stator outlet)

Indizes

o Außenschnitt a (outer)
A Luft L (air)
AC Axialverdichter AV bzw. AC (axial compressor)
acc Beschleunigung a (acceleration)
add additiv (additive)
AT Axialturbine AT (axial turbine)
ax axial (axial)
B Brennstoff (fuel)
Bi Betriebspunkt B (working point), Betriebspunkte Bi auf einer Fahrlinie (working
line)
BP Bypass (bypass)
BPR Bypassverhältnis BPV (bypass ratio)
c kalt k (cold)
Ch Kanal (channel)
Cl Kühlluft Kl (cooling air)
crit kritisch (critical)
DS Auslegungspunkt A bzw. DP (design point)
eff effektiv (effective)
Exp Expansion (expansion)
ges gesamt, total (total)
geo geometrisch (geometric)
h heiß h (hot)
hub Nabe N (hub)
hyd hydraulisch (hydraulic)
i innen (inner), Innenschnitt
id ideal (ideal)
inc inkompressibel ink (incompressible)
inst installiert (installed)
is isentrop (isentropic)
com kompressibel kom (compressible)
976 Nomenklatur

corr korrigiert (corrected)


m Mittelschnitt (mean)
M Mittelwert (mean value)
Mat Material (material)
min Minimum (minimum)
max Maximum (maximum)
n Polytropenexponent (polytropic exponent)
opt Optimum, optimal (optimum, optimal)
pol polytrop (polytropic)
r in Radialrichtung (radial)
R Rotor R (rotor), Rotor-Gitter (Laufrad La)
rad radial (radial)
ref Referenz, bezogen (reference)
rel relativ (relative)
res resultierend (resultant)
RC Radialverdichter RV (radial compressor)
S Stator S (stator) Leitrad Le
stat stationär (stationary)
stöch stöchiometrisch (stoichiometrical)
t total (total), gesamt
th thermisch (thermal), thermodynamisch (thermodynamic)
tip Spitze (tip)
tot total (total), gesamt

Organisationen

Firmen, Universitäten, Institute, Verbände und Programme

BDLI Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtin dustrie e. V.


BMFT Bundesministerium für Forschung und Technologie
BMU  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi cherheit,
Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation and Nuclear
Safety
Boeing Boeing Commercial Airplanes, USA
CAEP Committee on Aviation Environmental Protection
Cassidian Cassidian, Security Systems, EADS Company
CFM CFM International S. A., France
GE General Electric Aircraft Engines GE AE, USA
GAC German Aerospace Center
Group : Airbus, Astrium, Cassidian, Eurocopter
Nomenklatur 977

HTSM Hypersonic Transport System Munich, SFB-Programm TU München


IABG IABG Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH
IAE International Aero Engines, USA
ICAO International Civil Aviation Organization
ILR Institut für Luft- und Raumfahrt, Techn. Univ. München
ITP Industria de Turbo Propulsores, S. A., Madrid, Spanien
JAR Joint Aviation Requirements, Luftfahrt Regularien
KW21 Forschungsinitiative KW21, Kraftwerke des 21. Jahrhunderts der Län-
der Bayern und Baden-Württemberg
Leistritz Leistritz Turbomaschinen Technik GmbH
LHT Lufthansa Technik
Liebherr Liebherr-Aerospace GmbH
Lockheed Lockheed Martin GmbH
LOPOCOTEP Low Pollutant Combustor Technology Programme, EU
LTH Luftfahrttechnisches Handbuch
MAN MAN Turbomaschinen AG
MTU MTU Aero Engines GmbH, München
Munich Aerospace
NACA National Advisory Committee for Aeronautics, USA
Nachfolge der NACA
NASA National Aeronautics and Space Administration, USA
NEWAC New Aero Engine Core Concepts, EU-Programm
ONERA Office National d’Etudes et Recherches Aeronautique, France
P&W Pratt&Whitney, United Technologies, USA
Panavia Panavia Aircraft GmbH
RR Rolls-Royce plc., UK
RRD Rolls-Royce Deutschland Ltd& Co KG
RUAG RUAG Aerospace Deutschland GmbH
SAE Society of Automotive Engineers
SFB Sonderforschungsbereich der DFG, Bonn
Siemens Siemens AG
SNECMA Snecma S. A., France
TUM Technische Universität München
Turbomeca Turbomeca, France
UniBW Universität der Bundeswehr München
VITAL Environmentally Friendly Aero Engine
Umrechnungen (Conversions)

References

[BSI74] BSI, 1974: Basis of Tables, Conversion Factors and Detailed Conversion Tables,
BS350 Parts 1 and 2, 1967, 1974
[BSI93] BSI, 1993: Specification for SI Units and Recommendations for the Use of their
Multiples and of Certain Other Units, BSI British Standards Institution, Lon-
don, BS5555, 1993

Länge L Length
m 3.28084 ft
km 0.621 mile – –
ft =12 in 0.3048 m 3.28084 ft
in 0.0254 m 39.3701 in
in 25.4 mm 0.0393701 in
yard = 3ft 0.9144 m 1.09361 yard
mile 1.609344 km 0.621371 mile
naut mile 1.852 km 0.539957 naut mile
Fläche A Area
m2 10.7639 ft2 – –
cm2 0.155 in2 – –
ft2= 144in2 0.092903 m2 10.7639 ft2
in2 6.4516E-04 m2 1550.0 in2
in2 645.16 mm2 0.00155 in2
Volumen V Volume
m3 1.30795 yard3 – –
cm3 0.0610237 in3 – –
in3 16.3871 cm3 0.0610237 in3
ft3=1728in3 28.3168 litre 0.0353147 ft3
UKgallon 4.54609 litre 0.219969 UKgallon

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2, 979


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
980 Umrechnungen (Conversions)

(Fortsetzung)
UKgallon 1.20095 USgallon 0.832674 UKgallon
USgallon 3.785 litre 0.2642 USgallon
yard3 0.764555 m3 1.30795 yard3
Masse m Mass
kg 2.2046 lbm
lbm 0.45359237 kg 2.20462 lbm
lbm 0.031056 slug 32.2174 lbm
ounce, oz 28.3495 g 0.035274 ounce
tonne 1000 kg 0.001 tonne
UK ton 1016.05 kg 9.84207E-04 UK ton
UK ton 1.01605 tonne 0.984207 UK ton

Temperatur T Temperature
K = C+273.15 = R/1.8
C = K-273.15 F = 1.8∗ K − 459.67 R = 1.8∗ K
C=(R-491.67)/1.8 F=R-459.67 R = 1.8∗ (C + 273.15)K = (F + 459.67)/1.8
C=(F-32)/1.8 F = 1.8∗ C + 32F=1.8*C+32 R=F+459.67

Druck p Pressure
Pa 1 N/m2
bar 10E+5 Pa 10E-5 bar
bar 100 kPa 0.01 bar
atm std 1,01325 bar 0.986 atm std
bar 14.5038 lbf/in2 = psi 0.06894 bar
lbf/in2= psi 6.8948 kPa 0.145038 lbf/in2= psi
Dichte ρ Density
kg/m3 0.062428 lb/ft3
lb/ft3 16.0185 kg/m3 0.062428 lb/ft3
lb/in3 27.6799 kg/m3 0.0361273 lb/in3
lb/UKgal 99.7764 kg/m3 10.0224 E-3 lb/UKgal
lb/USgal 119.826 kg/m3 8.34543 E-3 lb/USgal
Kraft F Force
N 1 kgm/s2 – –
kN 100 daN – –
kgf 9.80665 N 0.101972 kgf
lbf 0.4535924 kgf 2.20462 lbf
lbf 32.174 lb/fts2 0.031081 lbf
lbf 4.44822 N 0.224809 lbf
tonf (Imperial) 9964.02 N 1.00361E-04 tonf
Umrechnungen (Conversions) 981

Energie E, Wärme Energy


J=Nm 1 kg m2/s2 = Ws – –
kWh 3600 kJ – –
calorie 4.1868 J 0.238846 calorie
kWh 3.600 MJ 0.277778 kWh
kWh 2.65522E+06 ft lbf 3.76617E-05 kWh
hph 2.68452 MJ 0.372506 hph
Btu 1.05506 kJ 0.947817 Btu
Btu 778.169 ftlbf 1.28507E-03 Btu
hph 1.98E+06 ft lbf 5.0505E-O5 hph
Leistung P Power
W = N m/s 1 J/s = kg m2/s3 – –
kW 1.34102 hp – –
hp 0.7457 kW 1.34102 hp
Btu/s 778.169 ft lbf/s 1.28507E-03 Btu/s
Btu/s 1.05506 kW 0.947817 Btu/s
ft lbf/s 1.35582 W 0.737562 ftlbf/s
hp 550 ft lbf/s 1.81818E-03 hp
PS 0.98632 hp 1.01387 PS
PS 75 kgf m/s 0.0133333 PS
PS 735.499 W 1359.62E-06 PS
Moment Torque
Nm 1 kg m2/s2 – –
lbf ft 0.138255 kgf m 7.23301 lbf ft
lbf ft 1.35582 Nm 0.737562 lb ft
lbf in 0.112985 Nm 8.85075 lbf in
Geschwindigkeit V Velocity – linear
m/s 3.28084 ft/s – –
ft/s 0.3048 m/s – –
mile/h 1.609344 km/h 0.621371 mile/h
ft/s 0.59248 kt 1.68782 ft/s
nautmile = kt 1.852 km/h 0.539957 kt
kt 0.514444 m/s 1.94384 kt
mile/h 1.46667 ft/s 0.681818 mile/h
mile/h 0.86896 kt 1.1508 mile/h
mile/h 0.44704 m/s 2.23694 mile/h

(Fortsetzung)
982 Umrechnungen (Conversions)

(Fortsetzung)
Beschleunigung a Acceleration
g (gravity) 9.80665 m/s2
ft/s2 0.3048 m/s2 3.28084 ft/s2
km/h s 0.27778 m/s2 3.6 km/h s
mile/hs 1.609344 km/h s 0.621371 mile/h s
mile/h s 0.447 m/s2 2.23714 mile/h s
Trägheitsmoment Moment of inertia
Ibft2 0.0421401 kgm2 23.7304 lbft2
lbin2 2.9264E-04 kgm2 3417.17 kgm2
Spezifische Energie e Specific energy
kJ/kg 0.429923 Btu/lb
Btu/lb 2.326 kJ/kg 0.429923 Btu/lb
ftlbf/lb 2.98907 J/kg 0.334553 ftlbf/lb
Spezifische Wärme Specific heat
J/(kg K) 1 N m/(kg K) – –
kJ/(kg K) 0.23884 Btu/(lb F) 4.1869 kJ/(kg K)
ft lbf/(lb R) 5.38032 J/kg K 0.185863 ftlbf/(lb R)
Spezifischer Brennstoffverbrauch SFC Specific fuel consumption
g/(kN s) 0.0353 lb/(lb h) – –
lb/(lbf h) 28.325 g/(kN s) 0.0353 lb/(lb h)
kg/(kW h) 0.735499 kg/(PS h) 1.35962 kg/(kW h)
lb/(lbf h) 0.10197 kg/(N h) 9.80665 lb/(lbf h)
lb/(lbf h) 1.0197 kg/(daN h) 0.980681 lb/(lbf h)
lb/(hp h) 0.60828 kg/(kW h) 1.64399 lb/(hp h)
lb/(hp h) 0.447387 kg/(PS h) 2.2352 lb/(hp h)
Viskosität kinematisch Viscosity – kinematic
cSt 10-6 m2/s 106 cSt
ft2/s 0.092903 m2/s 10.7639 ft2/s
in2/s 6.4516 cm2/s 0.155 in2/s
Literaturverzeichnis (Fachbücher und
Buch-Klassiker)

Society Publications

[3AF] Association Aeronautique et Astronautique de France


[AGARD] Advisory Group for Aerospace Research & Development
[AGARD] AGARD-Propulsion and Energetics Panel AGARD-PEP, NATO
[AGARD] AGARD-Propulsion and Energetics Panel AGARD-AR, -CP, -LS, -PEP, -R, -RP
[AIAA] American Institute of Aeronautics and Astronautics AIAA
[ASME] The American Society of Mechanical Engineers ASME
[CEAS] Council of European Aerospace Societies CEAS
[DGLR] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt DGLR e. V.
[DLR] Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR
[ICAS] International Council of the Aeronautical Sciences ICAS
[IGTI] International Gas Turbine Institute IGTI of ASME
[ISABE] International Society for Airbreathing Engines ISABE
[Jan01] Jane’s Information Group: Jane’s Aero Engines. Alexandria, USA (2001)
[Jan09] Jane's: All the World's Aircraft. Jane's Information Group, Inc., Surrey, England,
Alexandria, USA (1910–2009)
[NASA] National Aeronautics and Space Administration, USA
[ONERA] Office National d’Etudes et Recherches Aeronautique, France
[RAeS] Royal Aeronautical Society RAeS
[RTO] Research and Technology Organisation RTO, NATO AGARD Advisory Group
for Aerospace Research & Development AGARD-Propulsion and Energetics Panel
AGARD-PEP, NATO
[SAE] Society of Automotive Engineers SAE
[TsAGI] Isentralniy Aerogidrodinamicheskiy Institut TsAGI
[VDI] Verein Deutscher Ingenieure VDI e. V.

Buch-Klassiker

[Cor63K] Cordes, G.: Strömungstechnik der gasbeaufschlagten Axialturbine. Springer, Berlin


(1963)
[Eck61K] Eckert, B., Schnell, E.: Axial und Radialkompressoren, 2. Aufl. 1953 bzw. 1961.
Springer, Berlin (1961)
[Hag82K] Hagen, H.: Fluggasturbinen und ihre Leistungen. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1982)

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2, 983


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
984 Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker)

[Hes64K] Hesse, W., Mumford, N.: Jet Propulsion for Aerospace Applications. Pitman, New
York (1964)
[Hil92K] Hill, P., Peterson, C.: Mechanics and Thermodynamics of Propulsion, 2. Aufl.
Addison Wesley, USA (1992)
[Hor58K] Horlock, J.H.: Axial Flow Compressors. Butterworth, London (1958)
[Hor67K] Horlock, J.H.: Axialkompressoren. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1967)
[Joh65K] Johnson, I.A., Bullock, R.O.: NASA SP36, Chapter III…VIII, Aerodynamic Design
of Axial Flow Compressors. National Aeronautics and Space Administration,
Washington (1965)
[Kru60K] Kruschik, J.: Die Gasturbine. Springer, Wien (1960)
[Küc65K] Küchemann, D.: Hypersonic aircraft and their aerodynamic problems. Prog. Aero-
naut. Sci. 6 (1965)
[Mün72K] Münzberg, H.G.: Flugantriebe. Grundlagen, Systematik und Technik der Luft und
Raumfahrtantriebe. Springer, Berlin (1972)
[Osw56K] Oswatitsch, K.: Gasdynamik. Wien: Springer 1952; auch: Gas Dynamics. Academic
Press, New York (1956)
[Pra65K] Prandtl, L.: Führer durch die Strömungslehre. BraunschweigVieweg (1965)
[Sha53K] Shapiro, A.H.: The Dynamics and Thermodynamics of Compressible Fluid Flow,
Bd. I and II. Ronald Press, New York (1953)
[Sto22K] Stodola, A.: Dampf und Gasturbinen. Mit Anhang über die Aussichten der Wärme-
kraftmaschinen, 5. umgearbeitete und erweiterte Aufl. Springer, Berlin (1922)
[Sto27K] Stodola, A.: Steam and Gas Turbines. McGraw Hill, New York (1927)
[Tra82K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. I, 4. Aufl., 1982 bzw. 2000. Sprin-
ger, Berlin (1982)
[Tra88K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. II, 4.Aufl., 2000. Springer, Berlin
(1988)
[Tra00K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. 1, 4. Aufl. 1958 bzw. 2000. Springer,
Berlin (2000)
[Tra00K] Traupel, W.: Thermische Turbomaschinen, Bd. 2, 4. Aufl. Springer, Berlin (2000)
[Zuc58k] Zucrow, M.J.: Aircraft and Missile Propulsion. Wiley, New York (1958)

Fachbücher, Berichte und Skripten B

[ACA89B] 
Academie Nationale de l’Air et de l’Espace: European Symposiumon Future
Supersonic Hypersonic Transportation Systems. Strasbourg,6–8. Nov 1989, ISBN
2.85428.2698 (1989)
[Ada98B] Adam, P.: Fertigungsverfahren von Turboflugtriebwerken. BirkhäuserVerlag, Basel
(1998)
[AGA81B] AGARD-AR-175: Through Flow Calculations in Axial Turbomachiones (1981)
[AGA87B] AGARD Report No. 745: Application of Modified Loss and DeviationCorrelations
to Transonic Axial Compressors (1987)
[Alb78B] Albring, W.: Angewandte Strömungslehre,5. Aufl. Akademie Verlag, Berlin (1978)
[And89B] Anderson, J.D., Jr.: Hypersonic and High Temperature Gas Dynamics.Mc-Graw
Hill Book Company, New York (1989)
[And90B] Anderson, J.D., Jr.: Modern Compressible Flow, 2. Aufl. McGraw Hill,New York (1990)
[And91B] Anderson, J.D., Jr.: Fundamentals of Aerodynamics, 2. Aufl. McGraw Hill,New
York (1991)
Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker) 985

[ And95B] Anderson, J.D., Jr.: Computational Fluid Dynamics. McGraw HillBook (1996)
[Bar75B] Bartlmä, F.: Gasdynamik der Verbrennung. Springer (1975)
[Bat96B] Bathie, W.W.: Fundamentals of Gas Turbines, 2. Aufl. John Wiley, New York (1996)
[Bau99B] Bauerfeind, K.: Steuerung und Regelung der Turboflugtriebwerke.Birkhäuser Ver-
lag, Basel (1999)
[Böc03B] Böckh, P.V., Wtzel, T.: Wärmeübetragung-Grundlagen und Praxis, 4. Aufl.Sprin-
ger, Berlin 2011 (2003)
[Bod79B] Bodemer, A.: Les Turbomachines Aeronautiques Mondiale. Collection DOCAVIA,
Presse de la S.N.E.C.M.A, Paris (1979)
[Bod96B] Bodemer, A., Laugier, R.: L’ATAR et tous les moteurs à réactionfrancais. Edition J.
D. Reber-Riquewihr, ISBN 2-9510745-0-6 (1996)
[Boh04B] Bohl, W., Elmendorf, W.: Strömungsmaschinen, 9. Aufl. Vogel Buchverlag (2004)
[Böl86B] Bölcs, A., Suter, P.: Transsonische Turbomaschinen, Wissenschaft undTechnik:
Taschenausgabe, G. Braun Verlag, Karlsruhe (1986)
[Brä09B] Bräunling, W.J.G.: Flugzeugtriebwerke. 3. Aufl.Springer, Berlin (2000, 2004, 2009)
[Cam62B] Campbell, J.P.: Vertical Takeoff and Landing Aircraft. MacmillanCompany, New
York (1964)
[Cas65B] Casamassa, J.V., Bent, R.D.: Jet Aircraft Power Systems, 3. Aufl. McGraw-Hill, New
York (1965)
[Coh96B] Cohen, H., Rogers, G.F.C., Saravanamuttoo, H.I.H.: Gas Turbine Theory, 4. Aufl.
Longman Group, Ltd., Essex (1996)
[Cor63B] Cordes, G.: Strömungstechnik der gasbeaufschlagten Axialturbine.Springer, Hei-
delberg (1963)
[Cum03B] Cumpsty, N.A.: Jet Propulsion. Cambridge University Press (2003)
[Cum89B] Cumpsty, N.A.: Compressor Aerodynamics. Longman GroupLtd., Pearson Educa-
tion Ltd., Essex (1989)
[Cur00B] Curran, E.T., Murthy, S.N.B. (Hrsg.): Scramjet Propulsion,Progress in Astronautics
and Aeronautics, Bd. 189. Published byAIAA American Institute of Aeronautics
and Astronautics, Virgina (2000)
[Deu01B] 
Deutsche Lufthansa (Hrsg.): Balance, Lufthansa Umweltbericht,Ausgabe
2000/2001. Deutsche Lufthansa AG, Frankfurt (2001)
[DGL00B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt: Die deutschenSenkrechtstartflug-
zeuge. DGLR-Bericht 2000–01 (2000)
[DGL89B] Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt DGL: 50 JahreTurbostrahlflug.

DGLR-Bericht 92-05 (1989)
[Fer49B] Ferri, A.: Elements of Aerodynamies of Supersonie Flow. Macmillan, NewYork (1949)
[Fis72B] Fishbach, L.H., Koenig, R.W.: Geneng II – A Program for CalculationgDesign
and Off-Design Performance of Two- and Three Spool Turbofanswith as Many as
Three Nozzles, NASA TN D-6553 (1972)
[Fis75B] Fishbach, L.H., Caddy, M.J.: NNEP – The Navy/NASA Engine Program,NASA
TM-X-71857 (1975)
[Fis88B] Fishbach, L.H., Gordon, S.: NNEPEQ – Chemical EquilibriumVersion of the Navy
NASA Engine Program, NASA TM-100851. NASALewis, Ohio (1988)
[Fot85B] Fottner, L.: Strömungsmaschinen I, II. UniBW (1985)
[Fot96B] Fottner, L.: Antriebskomponenten I, II. UniBW (1985)
[Gal82B] Gallus, H.E.: Turboarbeitsmaschinen. Vorlesung RWTH Aachen (1982)
[Gas02B] Gasch, R., Nordmann, R., Pfützner, H.: Rotordynamik, 2. Aufl.Springer, Berlin (2002)
[Gas67B] Gasparovic, N., et al. (Hrsg.): Gasturbinen. Probleme und Anwendungen. VDI-
Verlag, Düsseldorf (1967)
986 Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker)

[Ger95B] von Gersdorff, K., Grasmann, K., Schubert, H.: Flugmotoren und Strahltriebwerke.
Entwicklungsgeschichte der deutschen Luftfahrtantriebe von den Anfängen bis zu
den internationalen Gemeinschaftsentwicklungen, 3. Aufl. Bernard & Graefe Ver-
lag, Bonn (1995)
[Gla72B] Glassman, A.J.: Turbine Design and Application, Bd. 1 (1972),Bd. 2 (1973), Bd. 3
(1975). NASA SP-290 (1972)
[Gla73B] Glassman, A.J.: Turbine Design and Application, Bd. 1 (1972), 2(1973), 3 (1975).
NASA SP-290 (1973)
[Gol93B] Goldsmith, E.L., Seddon, J.: Practical Intake Aerodynamic Design.Blackwell Scien-
tific Publications, London (1993)
[Gor89B] Gordon, S., Mc Bride, B.J.: Computer Program for Calculation ofComplex Chemical
Equilibrium Compositions, NASA SP-273, WashingtonD.C., 1972/1976/1989 (1989)
[Gor96B] Gordon, S., McBride, B.J.: Computer Program for Calculation ofComplex Chemical
Equilibrium Compositions and Applications. UsersManual and Program Descrip-
tion. NASA Ref. Publication 1311 (1996)
[Gra93B] Grahl, K.G.: Turbomaschinen I. Vorlesung Turbomaschinen TMI, Ruhr-Universi-
tät Bochum (1993)
[Gri04B] Grieb, H.: Projektierung von Turboflugtriebwerken. Birkhäuser Verlag, Basel (2004)
[Gri09B] Grieb, H.: Verdichter für Turbo-Flugtriebwerke. Springer,Berlin (2009)
[Haf82B] 
Hafer, X., Sachs, G.: Senkrechtstarttechnik – Flugmechanik, Aerodynamik,
Antriebstechnik. Springer, Berlin (1982)
[Hau62B] Hausenblas, H.: Vorausberechnung des Teillastverhaltens vonGasturbinen. Sprin-
ger, Heidelberg (1962)
[Hau76B] 
Hausen, H.: Wärmeübertragung im Gleichstrom, Gegenstrom undKreuzstrom.
Springer, Berlin (1976)
[Hei94B] Heiser, W.H., Pratt, D.T.: Hypersonic Airbreathing Propulsion.AIAA Education
Series (1994)
[Hen12B] Henne, J.: Technologie und Entwicklung von Triebwerken dernächsten Generation.
Vorlesung, TU München (2012)
[Her56B] Hermann, R.: Supersonie Inlet Diffusers and Introduction to InternalAerodyna-
mies. Honeywell Regulator Company, Minneapolis (1956)
[Hil60B] Hilsenrath, J., et al.: Tables of Thermodynamic and TransportProperties of Air,
Argon, Carbon Dioxide, Carbon Monoxide, Hydrogen,Nitrogen, Oxygen, and
Steam. Pergamon Press, London (1960)
[Hil92B] Hill, P., Peterson, C.: Mechanics and Thermodynamics of Propulsion, 2. Aufl.
Addison Wesley, Inc., USA (1992, 2010)
[Hoe65B] Hoerner, S.F.: Fluid Dynamic Drag. Midland Park, New York (1965)
[Hor58B] Horlock, J.H.: Axial Flow Compressors, Butterworth, London (1958)
[Hor67B] Horlock, J.H.: Axialkompressoren. Verlag G. Braun, Karlsruhe (1967)
[Hor85B] Horlock, J.H.: Axial Flow Turbines. Fluid Mechanics and Thermodynamics.Reprint
by Krieger Publishing, Florida (1985)
[Hün97B] Hünecke, K.: Jet Engines. Fundamentals of Theory, Design and Operation. Motor-
books International Publishers, Osceola (1997)
[Joh65B] Johnson, I.A., Bullock, R.0.: NASA SP36, Chapter III–VIII,Aerodynamic Design
of Axial Flow Compressors. National Aeronauticsand Space Administration,
Washington, D.C. (1965)
[Joo06B] Joos, F.: Technische Verbrennung. Springer, Berlin (2006)
[Kal10B] Kalide, W., Sigloch, H.: Energieumwandlung in Kraft- und Arbeitsmaschinen:Kol
benmaschinen – Strömungsmaschinen – Kraftwerke, 10. Aufl.Carl Hanser Verlag,
München (2010)
Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker) 987

[ Kay72B] Kays, W.M.: Compact Heat Exchangers. AGARD LS 57-72 (1972)


[Kay73B] Kays, W.M., London A.L.: Hochleistungswärmeübertrager. Akademie-Verlag, Ber-
lin (1973)
[Ker96B] Kerrebrock, J.L.: Aircraft Engines and Gas Turbines, 211. Aufl. The MIT Press,
London (1996)
[Koe07B] Koelle, D.E., Sacher, P., Grallert, H.: Die Deutsche Luftfahrt –Deutsche Raketen-
flugzeuge und Raumtransporter-Projekte. Bernard &Graefe in der Mönch Verlags-
gesellschaft mbH (2007)
[Kos00B] Koschel, W., Niehuis, R.: Luftfahrtantriebe I, II. Vorlesung RWTH Aachen (2000)
[Kuc11B] Kuczera, H., Sacher, P.W.: Reusable Space Transportation Systems.Springer, Berlin
(2011)
[Kur05B] Kurzke, J.: GasTurb 11, User’s Manual. In: Programm for GasTurbine Performance
Calculations (www.gasturb.de) (2005)
[KW21B] 
KW21-Kraftwerke des 21. Jahrhunderts. Abschlussbericht
Forschungsinitiative“Kraftwerke des 21. Jahrhunderts (KW21), Bayern, Baden-
Württemberg”, Bd. d1 und Bd. 2. (2009)
[Lak96B] Lakshminarayana, B.: Fluid Dynamics and Heat Transfer of Turbomachinery.John
Wiley, New York (1996)
[Lec03B] Lechner, C., Seume, J., et al. (Hrsg.): Stationäre Gasturbinen. Springer, Berlin (2003)
[Lef98B] Lefebvre, A.H.: Gas Turbine Combustion, 2. Aufl. Taylor & Francis, Philadelphia (1998)
[Lei63B] Leist, K., Wiening, H.G.: Enzyklopädische Abhandlung über ausgeführteStrahl-
triebwerke. DVL-Bericht Nr. 350 (1963)
[Lin08B] Linke-Diesinger, A.: Systems of Commercial Turbofan Engines. An Introduction to
System Functions. Springer, Berlin (2008)
[LTH94B] Arbeitskreis Triebwerk, IABG-WTF: Luftfahrttechnisches Handbuch, Band Trieb-
werkstechnologie. LTH Koordinierungsstelle (1994)
[Luf85B] Lufthansa: Training manual, Triebwerke, Technische Schule, Bestell Nr. 0047011 (1985)
[Luf91B] Lufthansa: Jet engines. Handbook. German Airlines Pilots School, Bremen, Index
TC5 (1991)
[Mat06B] Mattingly, J.D.: Elements propulsion: gas turbines and rockets. AIAA Education
Series, Virginia (2006)
[McB63B] McBride, B.J., Heimel, S., Ehlers, J.G., Gordon, S.: ThermodynamicProperties to
6000 K for 210 Substances Involving the First 18Elements. NASA SP 3001 (1963)
[Mew97B] Mewes, K.H.: Pirna 014. Flugtriebwerke der DDR. Aviatic Verlag, Oberhaching (1997)
[Mor79B] 
Morris, R.E., Brewer, G.D.: Hypersonic Cruise Aircraft PropulsionIntegration
Study, Volumes I+II, NASA CR-158926-1/-2. Lockheed-California Company, Bur-
bank, USA (1979)
[Mül97B] Müller, R.: Luftstrahltriebwerke. Grundlagen, Charakteristiken, Arbeitsverhalten.
Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Braunschweig (1997)
[Mün77B] Münzberg, H.G., Kurzke, J.: Gasturbinen – Betriebsverhalten und Optimierung.
Springer, Berlin (1977)
[NAS65B] NASA: Aerodynamic Design of Axial Flow Compressors.NASA SP-36 (1965)
[Neu84B] Neumann, G.: Hermann the German. enemy alien US Army master sergeant. Wil-
liam Morrow & Company, lnc., New York (1984)
[Oat89B] Oates, G.C. (Hrsg.): Aircraft Propulsion Systems Technology and Design. AIAA
Education Series, Washington DC, USA, 2. Printing (1989)
[Oer60B] Oertel, H.: Stoßrohre. Springer, Wien (1960)
[Osw56B] Oswatitsch, K.: Gasdynamik. Wien: Springer 1952; auch: GasDynamics. Academic
Press, New York (1956)
[Pra65B] Prandtl, L.: Führer durch die Strömungslehre. Braunschweig Vieweg (1965)
988 Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker)

[Pra88B] Pratt & Whitney: The Aircraft Gas Turbine Engine and its Operation. United Tech-
nologies, P & W Oper.Instr. 200, Part No.P&W 182408 (1988)
[REU11B] Reuss, T., Seidl, M.: Reuss 2011, Jahrbuch der Luft- und Raumfahrt,Aerospace
Manual. Aviatic Verlag GmbH, Oberhaching (2011)
[Ric72B] Rick, H.: Luftatmende Triebwerke und Komponenten (Kap. B.1.1,2, 4, 5, C.1.3,
1.5), in „Flugantriebe“ Münzberg HG. Springer,Berlin (1972)
[Ric98B] Rick, H.: Numerische Methoden zur Berechnung des Betriebsverhaltensvon Gas-
turbinen und Flugantrieben. Vorlesung TU München (1998)
[Ris95B] Rist, D.: Dynamik realer Gase. Springer, Berlin (1995)
[Rol05B] Rolls Royce: The Jet Engine, Rolls Royce plc. London (2005)
[Rol69B] Rolls Royce: The Jet Engine, Rolls Royce plc. London (1969)
[Rol86B] Rolls Royce: The Jet Engine, Rolls Royce plc. London (1986)
[Rol96B] Rolls Royce: The Jet Engine, Rolls Royce plc, 5. Aufl. London (1995)
[RTO07B] RTO Applied Vehicle Technology, NATO: Performance Predictionand Simulation
of Gas Turbine Engine Operation for Aircraft, Marine,Vehicular, and Power Gene-
ration. NATO RTO Technical ReportTR-AVT-036 (www.rto.nato.int) (2007)
[SAE74] Society of Automotive Engineers SAE: Gas Turbine Engine PerformanceStation
Identification and Nomenclature, Aerospace RecommendetPractice, ARP 755A,
Society of Automotive Engineers. Warrandale,USA (1974)
[SAE89] Society of Automotive Engineers SAE: Gas Turbine EngineSteady-State Perfor-
mance for Digital Computer Programs, AerospaceStandard, AS681 Rev. E., Society
of Automotive Engineers. Warrandale (1989)
[SAE89] Society of Automotive Engineers SAE: Gas Turbine Engine TransientPerformance
for Digital Computer Programs, Aerospace RecommendetPractice, ARP 1257, Soci-
ety of Automotive Engineers. Warrandale (1989)
[Sar01B] Saravanamuttoo, H.I.H., Rogers, G.F.C., Cohen, H.: Gas Turbine Theory, 5. Aufl. (2001)
[Saw72B] Sawyer, J.W.: Gas Turbine Emergency/Standby Power Plants. Gas Turbine Interna-
tional (1985)
[Saw85B] Sawyer, S.W. (Hrsg.): Gas Turbine Engineering Handbook, Bd. I, 3. Aufl. Turbo-
machinery International Publications, Norwalk (1985)
[Sch65B] Scholz, N.: Aerodynamik der Schaufelgitter,1. Bd. Verlag G.Braun, Karlsruhe (1965)
[Sch99B] Schubert, H.: Deutsche Triebwerke, Flugmotoren und Strahltriebwerke von den
Anfängen bis 1999, 3. erweiterte Aufl. Aviatic Verlag, Oberhaching (1999)
[Sed93B] Seddon, J., Goldsmith, E.L.: Practical Intake Aerodynamic Design.AIAA Education
Series, AIAA, Washington (1993)
[Sel75B] Sellers, J.F., Daniele, C.J.: DYNGEN – Program for Calcuating SteadyState and
Transient Performance of Turbojet Engines, NASA TN D-7901.NASA Lewis
Research Center (1975)
[SFB05B] DFG-SFB255: Basic Research and Technologies for Two-Stage-to-Orbit Vehicles,
DFG-Sonderforschungsbereich 255. TU München, Wiley-VCH (2005)
[Sha53B] Shapiro, A.H. : The Dynamics and Thermodynamics of CompressibleFluid Flow,
Bd. I and II. Ronald Press, New York (1953)
[Sig11B] 
Sigloch, H.:Technische Fluidmechanik. 2. erweiterte Aufl., 8. Aufl.VDI-Verlag
GmbH, Düsseldorf, 1991 (2011)
[Sig13B] Sigloch, H.: Strömungsmaschinen. Grundlagen und Anwendungen, 5. Aufl. Carl
Hanser Verlag, München 1984 (2013)
[Smi50B] Smith, G.G.:Gas Turbines and Jet Propulsion, 5. Aufl. Cliffe & Sons, Ltd., London (1950)
[Soa08B] Soares, C.: Gasturbines. A Handbook of Air, Land and Sea Applications. Butte-
reworth-Heinemann, Elsevier (2008)
Literaturverzeichnis (Fachbücher und Buch-Klassiker) 989

[Sta07B] Staudacher, S., Bauer, M., Berns, W., Fiola, R., Kurzke, J., Schmidt, K.-J.: Gas Tur-
bine Performance. DGLR Short Course, Stuttgart (2007)
[Ste03B] Steffens, K.: Technik der Luftfahrtantriebe. Vorlesung RWTH Aachen (2003)
[Ste98B] Stephan, K., Mayinger, F.: Thermodynamik, Bd. 1: Einstoffsysteme.Grundlagen und
technische Anwendungen, 15. Aufl. Springer, Berlin (1998)
[Tho75B] Thomas, H.-J.: Thermische Kraftanlagen. Springer, Berlin (1975)
[Tim96B] Timnat, Y.M.: Advanced Airbreathing Propulsion. Krieger Publishing, Malabar (1996)
[Tra96B] Traeger, I.E.: Aircraft Gas Turbine Engine Technology, 3. Aufl. McGraw-Hill, Wes-
terville (1996)
[Tru98B] Truckenbrodt, E.: Fluidmechanik, Bd. 1 und 2. Springer,Berlin (1998)
[Tur93B] Turbomeca: Gas Turbine Engines. Training Notes, TURBOMECATraining Centre
(1993)
[Umw05B] Umweltbundesamt (Hrsg.): Klimaschutz in Deutschland bis2030, Forschungsbe-
richt 20141 142. Umweltbundesamt, Berlin (2005)
[Umw08B] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,Gmelin, C.,
Hüttig, G., Lehmann, O.: Zusammenfassende Darstellungder Effizienzpotenziale
bei Flugzeugen unter besonderer Berücksichtigungder aktuellen Triebwerkstechnik
sowie der absehbaren mittelfristigenEntwicklungen. FKZ UM 07 06 602/01. Berlin
(2008)
[Url95B] Urlaub, A.: Flugtriebwerke. Grundlagen, Systeme, Komponenten, 2. Aufl. Springer,
Berlin (1995)
[Vav60B] Vavra, M.H.: Aero Thermodynamics and Fluid Flow in Turbomachines. Wiley,
New York (1960)
[VDI88B] VDI: VDI- Wärmeatlas. VDI (1988)
[VKI03B] VKI Lecture Series 2003-06: Aero-Engine-Design: State of theArt. Kurzke, J.: Preli-
minary Design (2003)
[Wal00B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. BlackwellScience, Oxford, lst
published 1998, reprinted 2000 (2000)
[Wal91B] Walzer, P.: Die Fahrzeug-Gasturbine. VDI-Verlag, Düsseldorf (1991)
[Wal98B] Walsh, P.P., Fletcher, P.: Gas Turbine Performance. Blackwell Science, Oxford lst
published 1998, reprinted 2000 (1998)
[War01B] Warnatz, J., Maas, U., Dibble, R.W.: Verbrennung. Springer, Berlin (2001)
[Win59B] Winterfeld, G.: Ähnlichkeitskennzahlen bei Verbrennungsvorgängenin Brennkam-
mern von Strahltriebwerken. DVL-Bericht 94-1059 (1959)
[WuC52] Wu, C.H.: A General Theory of Three Dimensional Flow in Subsonic and Superso-
nic Turbomachines of Axial, Radial and Mixed Flow Types. NACA Technical Note
TN 2604 (1952)
[Zie76B] Zierep, J.: Theoretische Gasdynamik, Verlag G. Braun, Karlsruhe (1976)
Sachverzeichnis

A Antriebssystem
Abblaseventil VBV Hubschrauber, 874
Turbofan, 904 ARADO Ar234C, 42
Abgasenergie, 125 Arbeistprozess
Abknickpunkt halbideal, 104
Regelung, 736 Arbeit reduziert, 140
Abströmgeschwindigkeit, 125 Arbeitslinie WL
ACARE, 23, 36, 755 Turbofan, Sea Level, Altitude, 894
ACARE 2020, 758 working line, 893
ACARE-EU-Programm, 767 Arbeitslinie
Accel Betriebslinie, 628
Tiebwerksbeschleunigung, 897 Turbojet, 628
Active Clearance Control ACC, 871 Arbeitsprozess Turbojet, 102
Advanced Ducted Prop, 184 Arbeitsprozess
Aeroderivate Hauptparameter, 5
Power-Pakete, 221 ideal, 85
Turboshaft-Gasturbine, 219 ideal/real, 98
Aeromechanik Optimierung, 91
Verdichter, 417, 457 Ramjet, Scramjet, 161
Ähnlichkeitskennfeld Ramjet, 158
Turbine, 500 real, 85
Ähnlichkeitskenngrößen Turbofan mit Mischung, 195, 200
korrigierte Kenngrößen, 139 Turbofan, 186
reduzierte Kenngrößen, 139 Turbojet mit Nachbrenner, 151
Verdichter, 319 Turbojet, 105
Aktionsturbine, 480 Turboprop, 169
Aktive Spaltkontrolle ACC Turboshaft mit Wärmetauscher, 234
Turbofan, 908 verlustbehaftet, 92
Turbofan, Accel, Decel, 909 Arbeitsprozessrechnung, 621
Anlassen im Flug, 902 Arbeitsturbine PT
Anström-Mach-Zahl power turbine, 99
Verdichtungsstoß, 76 ATAR-Triebwerke, 41, 43
Anströmwinkel ATE
Verdichtergitter, 326 Aerospace Technology Enterprise, 758
Antriebssystem Hyperschallflugzeug Auffangquerschnittes
GTSSD-Simulation numerisch, 832 Ramjet-Einlauf, 783

H. Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, DOI: 10.1007/978-3-540-79446-2, 991


© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
992 Sachverzeichnis

Aufheizwärmestrom Blade-to-Blade
transientes Betriebsverhalten, 892 S1-Strömungsfläche, 302
Auftriebs- und Widerstandsbeiwerte, 323 Blattverstellhebel
Auslegungspunkt, 621 collective pitch, 874
Vorgabewerte, 106 bleed air
Auslegungsrechnung, 621 Sekundärluft, 386
Außen- und Innenverdichtung Bleed-Luftabblasung, 733
Überschalleinlauf, 261 Bleedluft-Ventile
AußenbordaggregatGPU, 900 Turbofan, 908
Außenverdichtung BLISK, 436
Überschalleinlauf, 261 Blisk-Bauweise
AVA, 40 Verdichter, 464
Axialschubausgleich Blütenmischer-Düse, 603
Turbofan-Triebwerk, 84 BMW 003-Triebwerk, 42
BMW Rolls-Royce, 45
BMW, 45
B Bodie-Transients
Bauhaus Luftfahrt, 765 Bodie, 898
Bauweisen Bookkeeping
Flugantriebe, 12 Hyperschall-Antriebssystem, 842
Gasturbinen, 12 Kräfte- und Momentenbilanz, 833
Turbofan, 187 B-Parameter
Beschleunigung Turbofan Verdichterstabilität, 409
Spitzenspalteffekt, 884 Breguet-Formel, 10
Turbofan-Parameter, 896 Brennkammer
Leerlauf-Volllast, 896 Anforderungen, 541
Beschleunigung Aufbau und Funktion, 543
Turboshaft-Gasturbine, 877 Bauweisen, 546
Beschleunigungsverhalten Belastungsparameter, 553
Turbofan, 883 Brennstoffzufuhr, 564
Betriebsgrenzen Direkteinspritzung, 568
Turbofan-HP-Verdichter, 721 Druckverlust, 117
Betriebslinien Einzel-oder Rohrbernnkammer, 546
Turbofan ohne/mit Mischung, 732 Energiebilanz, 118, 551
Turbofan-Verdichterkennfeld, 771 Energietechnik-Gasturbinen, 572
Turbofan-Turbinenkennfeld, 773 EV-Brennern ALSTOM, 577
Turbofan,Standfall, Reiseflug, 731 Flammenstabilisierung, 552
Turboshaft-Gasturbine, 856 gestuft, 565
Betriebsverhalten Gleichstrom-Brennkammer, 548
Flugantriebe, 699 Kenngrößen, 550
Gasturbine, Turbojet, 621 Querstrom-Einspritzung, 548
Hubschrauber-Turboshaft, 873 Ringbrennkammer, 546
Hyperschall-Antriebssystem, 838 Ring-Rohr-Brennkammer, 547
Turbofan-Bypass-Triebwerk, 709 schadstoffarm, 565
Turbojet, 624 Umkehr-Brennkammer, 549
Turbojet mit Nachbrenner, 644 Verdampfungs-Brennkammer, 550
Verdichter mehrstufig, 375 Wärmezufuhr, Rayleigh-Linie, 541
Bewegungsgleichungen allgemein NS Wasser-Dampfeinspritzung, 575
Navier-Stokes-Gleichungen, 305 Wirkungsgrad, 119, 551
Bewegungsgleichungen, 302 Zonen und Arbeitsbereiche, 544
Sachverzeichnis 993

Brennkammerentwicklungen, 572 Core EPR


Brennkammersyteme core engine pressure ratio, 736
Kraftwerks-Gasturbinen, 574 Coriolisbeschleunigung
Brennkammertypen NS-Gleichungen, 305
Vorvermischung-Vorverdampfung, 567 Cosinus-Satzes
Brennstoffdurchsatz Euler-Gleichung, 300
reduziert, 140 CRISP, 759
Brennstoffeffizienz, 755 CRTF
Brennstoff-Luftverhältnis FAR, 119 Counter Rotating Turbofan, 758
Brennstoff-Luftverhältnis
Turbofan mit Mischung, 196
Brennstoffverbrauch spezifisch D
reduziert, 141 Daimler Benz
Brennstoffverbrauch Bypass-Triebwerk, 42
spezifisch SFC, 95, 128, 132 Damköhler-Zahl, 558
Brennstoffzufuhr Decel
Brennkammer, 564 Triebwerksverzögerung, 897
Brennstoffzumessung Diffusionsverbrennung
Turbofan, 915 Scramjet, 791
Bruttoschub Diffusionszahl D, 328
Impulssatz, 81 Diffusor
BSFC Diffusorströmung, 61
bucket SFC, 738 Unterschall-Diffusor, 54
Bypass-Turbofan TF Diffusor-Brummen
ohne und mit Mischung, 15 Überschalleinlauf, 280
Bypass-Turbofan Diffusorströmung
ohne Mischung, 716 Verdichter, Kompression, 294
Bypass-Turbofan-Triebwerke Distortioneffekte
Kennfelderfassung, 394 Pumpgrenze SM, surge margin, 873
Bypass-Verhältnis BPR, 8 Distortion-Faktor, 396
Distortions-Koeffizient DC, 397
Distortions-Koeffizient
C Einlaufströmung, 257
Campbell-Diagramm Distortions-Parameter
Verdichter, 462 Einlaufkanäle, 272
Carnot-Prozess, 90 Doppelcharakteristiken
Casing Treatment CT Verdichterkennfeld, 407
Verdichter, 425 Drallgesetz allgemein
C-D-Klappen-Schubdüse, 610 radiale Drallverteilung, 349
C-D-Vektor-Düse, 614 Drallgesetze
CFD-Anwendung, 34 Verdichter, 344
Chevron-Düse, 602 Drallsatz, 299
CO2-Reduzierung, 769 Drehzahl
CODAG-Antrieb, 228 reduziert, 140
CODAG-Electric-System, 228 Drei-D-Strömung
CODLAG-Antrieb, 228 S1-, S2-Flächen, 302
collective pitch Verdichter, 344
Blattverstellhebel, 874 Dreiwellen-Turbofan, 188
Concorde Drei-Wellen-Turbofan, 209
Überschall-Verkehrsflugzeug, 795
994 Sachverzeichnis

Drosselung EEC
Turbojet, 628 electronic engine control, 738
Drosselzahl EEC-System
Verdichter, 322 Turbofan, 912
Druck Effizienzsteigerung
statisch, total, 60 Turbofan, 753
Druck-Distortion, 396 EGT, 914
Druckkraft Einlauf
Oberflächenkraft, 57 - Druckverhältnis, 112
Druckseite DS - Wirkungsgrad, 112
Profilumströmung, 323 Distortion, 258
Druckverhältnis Bauweisen, Flugbereiche, 251
isentrop, 62 Druckverhältnisse, 263
Druckverhältnisse Durchsatz Pitot-Einlauf, 265
Turbofan mit Mischung, 204 gemischte Verdichtung, 264
Verdichter, 372 Hubschrauber und V/STOL, 270
Druckzahl Kenngrößen, 256
Turbinenstufe, 485 Kräftebilanz, 258
Verdichter, 321 Mehrstoß-Einlauf, 256
Durchsatzzahl Pitot-Einlauf, 253
Verdichter, 320, 373 Strömungsfeld, 257
Durchsatzziffer Totaldruckverhältnis, 256
Turbinenstufe, 486 Turboprop-Triebwerk, 268
Durchzünden Verdichtungssysteme, 262
light up, 900 Wirkungsgrad, 256
Düse Einlauf-Betriebsverhalten
- Düsenströmung, 61 Stabilitätsverhalten, 278
Druckverhältnis kritisch, 587 Einlaufdiffusor, 253, 266
nicht angepasst, C-D-Düse, 599 Strömungsverluste, 266
Rampendüse, 606 Einlauf-Distortion
Temperaturverhältnis kritisch, 588 Betriebsverhalten, 272
Totaldruckverhältnis, 595 Einlaufhaube
Überschall-Freistrahl, 597 Bypass-Klappen, 269
Unterschall-Überschall-Düse, 586 Bypassöffnung, 268
Wirkungsgrad, 590 Einlauf-Innenverdichtung, 264
Düsen-Ausflussfunktion, 587 Einlaufströmung
Düsen-Ausströmgeschwindigkeit, 586 instionär, 283
Düsenströmung isentrop, 586 Schnellflug, 109
Düsenströmung und Anstellwinkel, 282
nicht angepasst, C-D-Düse, 596 Einlauf-Totaldruckverhältnis
reduzierter Durchsatz, 594 bei Anstellwinkeln, 267
Turbine, Expansion, 294 Einlaufverlustbeiwert, 265
verlustbehaftet, 589, 590, 592 Einlauf-Verstellgeometrie, 800
Einschnürfaktor
Blockage-Faktor, Verdichter, 316
E Einstrom-Gasturbinen, 14
Eckert, Bruno Eintrittsleitrad verstellbar
Daimler Benz, 43 Turbofan-LPC-Kennfeld, 771
ECU, 915 Emissions-Index, 30
Sachverzeichnis 995

Emissionsindizes Fan Bläser, Niederdruckverdichter, 308


Brennkammer, 561 Fanno-Linie
Energie Verdichtungsstoß, 73
- kinetisch, 60, 62 Fehler-Änderungsmatrix
Energieflussdiagramm Syntheserechnung, 641
Turbojet, 143 FESTIP, 828
Energiepakete Filmkühlung
Wärmetauscher-Gasturbinen, 667 Ausblasrate, 514
Energiesatz Wirkungsgrad, 514
offene Stromröhre, 55 flame out, 842
Enthalpie Flammenstabilisierung
spezifisch, 55 Brennkammer, 553
statisch, 60 Flammenstabilität
Enthalpiekenngröße Brennkammer, 553
Turbinenstufe, 485 Flat Rating, 736
Entspannung Flex. T.O.-Schub
Expansion, 85 flexible take off thrust, 737
isentrop, 85 Flugbereiche
Entwicklungstendenzen Turbofan zivil, 894
Historie Gasturbinen-Flugantriebe, 37 Flug-Enveloppe
EPR Turbofan, 912
engine pressure ratio, 737 Flugkorridor
equivalente Wirkungsgrad super- und hypersonisch, 699
Turbine gekühlt, 525 Triebwerkstypen, 700
Erhaltungssatz Über- und Hyperschall-Antriebe, 826
Energie, 54 Flugmanagement, 755
Impuls, 56 Flugmission
Masse, 53 fligt envelope, 895
Erthaltungssätze, 305 Turbofan-Zivilflugzeug, 716
Ericson-Prozess, 90 Flugstrecke S, 10
Erstflüge mit Turbotriebwerk, 40 FMC
ETOPS, 33 flight management computer, 737
Euler-Gleichung Turbomaschine Franz, Anselm, 39
spezifische Arbeit bzw. Leistung, 300 Frequenzdiagramm
Eulersche Hauptgleichung Verdichter, 462
Turbomaschinenstufe, 297 FRT
European Framework, 766 flat rate temperature, 736
fuel spiking, 863
Fuel-Spiking
F Turbofan, 911
FADEC Turbofan, 739 Full Rated Engine, 734
FADEC, 894
FADEC-Regelung und Überwachung, 733
FADEC-Systeme G
Turbofan TF, 733 Gasdynamik
Turbofan, 912 Leistungsbilanz, 54
ZIVIL-Turbofan, 916 Gasgenerator GG
Fahrzeug-Gasturbine Turboshaft TS, Turbojet TJ, 4
mit Rekuperator, 25 GasTurb
Syntheseprogramm GT und FA, 108
996 Sachverzeichnis

Gasturbinen modifiziert GTSYN


Kühler, Wärmetauscher, 23 Gas Turbine Synthesis Programme, 633
Gasturbinen GuD-Gasturbinen, 222
Anwendungsbereiche, 1 GuD-Kraftwerk, 221, 232
der Kraftwerkstechnik, 220, 229 thermischer Wirkungsgrad, 223
in Energietechnik, 220
Turboshaft, Turbofan, 21
Gasturbinen-Antriebe H
Energietechnik, Schiffahrt, Luftfahrt, 1 Hagen, Hermann, 42
Gasturbinen-Dampfturbinen-Kraftwerk Hauptsatz
GuD, 221 Thermodynamik, 54
Gegenstrom-Wärmeübertragung, 868 HB-TF
Gesamtdruckverhältnis OPR, 8, 28, 104, 140 Hoch-Bypass-Turbofan, 739
Entwicklung bei Turbofan, 25 Heinkel-Flugzeug, 39
Gesamtkennfeld Heiß-Kalt-Heiß-Beschleunigungen
Turbojet, 627, 629 Turbofan, 899
Gesamt-Wirkungsgrad, 9, 137 High Speed Aircraft
GuD-Heizkraftwerk, 224 high speed aircraft, 805
Geschwindigkeit Hilfstriebwerk APU, 902
äquivalent mittlere, 133 Historie
Geschwindigkeitsdreiecke, 296 Gasturbinen-Flugantriebe, 37
Verdichterstufe, 312 Turbo-Flugtriebwerke, 39
Getriebe-Turbofan GTF, 23 Hoch-Bypass-Turbofan, 745
Getriebe-Turbofan, 723, 738, 758 Betriebsverhalten, 709, 724
Gitterbauweisen ohne/mit Mischung, 724
Kompression, Expansion, 294 Vergleich Technologie, 743
Gitter-Belastungszahl, 328 Hoch-Bypass-Turbofan-Triebwerke, 184
Verdichter, 327 Hochdruckturbine
Gitterströmung gekühlt, 120
Transsonik-Verdichter, 323 Hochdruck-Turbinenstufe, 504
Gitterverlustbeiwert ω Höhen-Mach-Zahl-Diagramm
Verdichter, 315 Einlaufbauweisen, 252
Gitter-Zirkulation, 301 HOTOL-Antrieb
Gleichdruckturbinen, 480 horizontal take-off and landing, 822
Gleichdruckverbrennung Hot-Start-Anlassvorgang
Wärmezufuhr, 66 Turbofan, 903
Gondel, 757 h-s-Diagramm
Turboprop, 271 Brennkammer, 543
Gondel-Widerstand HTSM, 828, 830
nacelle drag, 83 Hubschrauber
Goodman-Diagramm, 460, 464 Leistungsbedarf, 656
Gruppe O Turboshaft-Triebwerk, 215
Dr. Östrich u.a. SNECMA, 43 Hubschrauber-Turboshaft
GTF Betriebsverhalten, 873
geard turbo fan, 739 Hub-to-Tip
Getrieb-Turbofan, 758 S2-Stromfläche, 302
GTSSD, 633 Hung Line, 900
Gasturbinen-Simulationsverfahren, 704 Hung Start
multidisziplinäre Simulation, 706, 715 Turbofan, 903
Schnittstellen, 706 Hybrid-Antriebssystem SABRE, 823
Sachverzeichnis 997

Hybrid-IRA-Turbofan, 764, 765 Hubschrauber-Turboshaft, 875


Hybrid-Turbo-Rakete Beschleunigung Turboshaft, 877
Kombinationstriebwerk SABRE, 822 Turbofan, 883
Hyperschall-Einlauf Beschleunigung und „Schubloch", 889
Fangflächenverhältnis, 835 Beschleunigungs-Wärmetsröme, 891
Hyperschallflug, 778 Integration, 755
Hyperschallflug-Antriebssystem, 831 Turbo-Ramjet-Antriebssystem, 834
Hyperschall-Fluggerät, 164 IRA-Arbeitsprozess, 761
Hyperschall-Flugmissionen, 827 IRA-Turbofan, 757, 761
Hyperschall-Flugzeuge, 826 ISA-Hot-Day, 734
Hyperschall-Ramjet-Triebwerke, 789 isentrope Wirkungsgrad
Hyperschall-Raumtransporter HST Verdichter, 314
Antriebe, 825 Isentropenexponent, 62
Hyperschall-Transportflugzeug HST, 825 Isentropic-Diffusoren
Hyperschall-Transportsystems HTSM, 842 Lufteinläufe, 791
hypersonische Triebwerke
Ramjet- und Scramjet, 786
Hyper-X-Demonstrator, 831 J
Japan Aerospace Exploration Agency
JAXA, 805
I Joint Strike Fighter
ICAO, 29 V/STOL-Flugzeug, 615
ICAO-Regularien, 31 Joule-Brayton-Prozess, 11
IFSD, 33 Isentropen-Isobaren-Prozess, 85
Impeller-Beschaufelung halbideal, 103
Leistungscharakteristik, 358 Jumo 004-Triebwerk, 42
Impuls- oder Drehmomentensatz, 297 Junkers, 45
Impulsänderung
Kräftegleichgewicht, 57
Impulskraft, 56 K
vektoriell, 57 Kalt-Heiß-Beschleunigung
Impulsmomentensatz, 294 Hubschrauber-Triebwerk, 880
Impulssatz Kappler, Prof. Dr.-Ing. Günter
der Fluidmechanik, 56 ehem. BMW Rolls-Royce GmbH, 45
durchströmte Systeme, 298 Keil- und Kegel-Einlauf
Nettoschub, 80 Verdichtungsstöße, 263
Rohrkrümmer, 58 Kennfeld Verdichterstufe
Impulsstrom, 57 Schaufeln vorwärtsgepfeilt, 442
instabiles Betriebsverhalten Kennfeld
Verdichter, 383 Turbine ungekühlt, 496
Instabilitätsarten Verdichter, 367
Verdichterkennfeld, 405 Kennfeldbestimmung
instationäre Arbeitslinien ähnlichkeitsgerecht, 623
Fuel-Spiking, 910 Kennfeld-Betriebslinien
instationäres Betriebsverhalten, 855 Turbofan-Triebwerk, 713
Einflussgrößen, 855 Kenngrößen
Turboshaft-Triebwerk, 856 Verdichter, 327
Turboshaft-Gasturbine, 860 Verdichterstufe, 317
Sekundäreffekte, 863 Kerntriebwerks, 134
Wärmeströme, 865
998 Sachverzeichnis

Kesselzustandsgröße Kühlluftanteile, 116


Totalzustandsgröße, 60 Kühlluft-Auslegungsdiagramm, 513
Kinematische Reaktionsgrad Kühlung
Verdichter, 318 Effusionskühlung, 506
Kolbenmotor, 4 Filmkühlung, 506
Kombinationsantrieb, 817 Konvektionskühlung, 506
Kombinations-Antriebsanlagen Prallkühlung, 506
Schiffsantriebe, 220 Kühlungsdiagramm, 515, 516
Kombinations-Antriebssysteme, 822 Kühlungseffektivität, 511
Kombinationstriebwerk, 795 Kühlwirkungsgrad, 511
Turbo-Ramjet, 817 Kurzzeit-Lastwechsel
Kombinationstriebwerke, 795 Turboshaft-Gasturbine, 882
Kombinationsverdichter
axial-radial, 216
Axial-Radial-Verdichter, 307 L
Komponentenkennfelder, 622 L2F (Laser-2-Focus)-Messung, 438
Kompressibilitätsziffer LACE-Antrieb
Turbinenstufe, 486 Liquid Air Cycle Engine, 822
Kontinuitätsgleichung Langsamflug, 113
Wärmezufuhr, 65 LAPCAT, 822
Stromröhre, 53 Long-Term Advanced Propulsion Concepts
Kontrollraum and Technologies, 805
Energiesatz, 54 Lärmemission
Impulsänderung, 58 Flugtriebwerke, 30
Kräftebilanz, 57 Laser-2-Focus-Verfahren L2F, 441
Mantelflächen, 54 Lastwechsel
Konvergent-Divergent-Düsen, 586 Beschleunigung, Verzögerung, 861
Koordinatensysteme Laval-Geschwindigkeit, 62
Turbomaschine, 304 Laval-Zahl La, 63
korrigierte Drehzahl Laval-Zahl, 141
Verdichter, 371 Laval-Zustand
korrigierter Durchsatz kritischer Zustand, 62
Verdichter, 370 Lean (Neigung), 436
Kraft Leist, Karl, 39
Aktionskraft, 58 Leistung
Reaktionskraft, 58 reduziert, 140
Kräfte- und Momentenbilanz spezifisch, 55
Bookkeeping, 833 Leistungsaufteilung
Kräftebilanzierung Turboprop, Turbofan, 170
Schub, 83 Leistungsbilanz
Kraftmaschine, 317 Hubschrauber-Antriebssystem, 876
Kraft-Wärme-Kopplung, 217 Leistungsgleichgewicht, 623
Kraftwerks-Gasturbinen Leistungshebel
zeitliche Entwicklung, 24 Hubschrauber-Antrieb, 875
kritischer Zustand Leistungskennfeld
Laval-Zustand, 62 Turboprop, 173
Küh11uftnutzungsgrad, 511 Turboshaft-Gasturbine, 212, 655
Kühl’sche Geraden, 627 Turboshaft mit Rekuperator, 663
Kühlluft Leistungskennwerte
Hochdruckturbine, 121 Turboshaft, 129
Sachverzeichnis 999

Leistungszahl Motorbremsung
Turbinenstufe, 485 Fahrzeug-Gasturbine, 677
Verdichter, 321, 373 MTO, 914
Leitrad-Gitter MTU Aero Engines, 45
Turbine verstellbar, 650 multidisziplinäre Auslegung, 33
Lippen-Widerstand multidisziplinäre Optimierung
lip drag, 83 Turbofan-Triebwerk, 751
LPP-Brenner, 571 multidisziplinäre Simulation
LP-Verdichterkennfeld Turbofan-Triebwerke, 715
mit Betriebslinien, 773 Münzberg, Hans Georg, 42
LTO-Zyklus, 30
Lufteinlauf, 110
Luftfahrt-Ministerium RLM, 39 N
Luftregelung Nachbrenner
Concorde, 801 Strömungskennfeld, 153
Luftverkehr, 766 Nachbrenner-Triebwerk, 13
Nachbrenner-Turbojet, 150
Navier-Stokes-Gleichungen
M NS-Gleichungen, 305
Machsche Winkel Nettoschub, 12, 79, 101, 127
Verdichtungsstoß, 75 Nettoschub-Kennfeld
Mach-Zahl M kritisch, 64 Hyperschallantrieb, 841
Mach-Zahl M, 61, 141 NEWAC, 764
kritisch, 141 Newton-Raphson-Verfahren
Mantelschraube, 180 Syntheserechnung, 641
Massenstrom Newtonschen Axiom, 56
reduziert, 139 Newtonsche-Näherungsverfahren
Massenstromdichte Syntheserechnung, 641
Düsenströmung, 586 NK 12-Turboprop, 45
Maximalen Reisefluschub, 913 NOX-Emission
Maximalen Startschub MTO, 913 Flugtriebwerke, 29
Maximalen Steigflug MCL, 913 NOX-Emissionen
MCL, 914 Einflußgrößen, 575
MCT, 914 NPSS, 34
Mehrkörpermodell MKM, 888 NASA-Triebwerk-Simulation, 701
Mehrkörpermodelle MKM NS-Gleichungen, 306
Syntheserechnung, 871 Number of Heat Tran NTUferUnit, 240
Meridianschnitt Nutzleistungsturbine PT, 123
Koordinatensysteme, 304 power turbine, 97
Messerschmitt Me 262, 42
Minderleistung, Schlupf, 363
Minderleistungsfaktor, 365 O
Mischung Oestrich, Hermann, 42
Turbofan, 195, 197 Ohain, Hans Papst von, 39
Mittelschnittsrechnung Olympus-Triebwerk
Verdichterstufe, 312 Concorde-Überschallflugzeug, 615
Modellierung Concorde, 799
Syntheserechnung, eindimensional, 622 Open Rotor, 760
MOPEDS Open-Rotor
Simulationsprogramm MTU, 704 Turbofan, 758
1000 Sachverzeichnis

Optimierung Propfan
interdisziplinär, 751 Kennfeld, 182
Propeller-Theorie, 178
Prop-Fan, 101
P Propfanantrieb, 759
Parallelverdichter-Modell PSSD, 35
Distortion, 396 Propulsion System Simulation and Design,
Verdichterkennfeld, 396 35
Parallel-Verdichter-Modell, 873 Pumpen
Parameterstudie surge, 405
Hoch-Bypass-Turbofan, 746 Pumpgrenzabstand SM
Turbofan, 718 surge margin, 748
Turbofan-Vorauswahl, 719 Pumpgrenze SM, 872
VCE-SST-Triebwerk, 814 Pumpgrenze
Parametervariation Verdichterkennfeld, 399
Turbofan-Triebwerk, 743 Pumpgrenzenabstand SM, 401
Turbofan-Optimierung, 751
Partikel-Abscheidung IPS
Turboshaft-Einlauf, 276 Q
Potentialwirbelgesetz Quiet Supersonic Transport QSST, 805
Turbinenstufe, 493
Power-Pakete
Gasturbinen-Aeroderivat, 225 R
pressure altitude, 736 Radialverdichter
Produktreihen Bauweisen, 357
Gasturbinen der Energietechnik, 229 Geschwindigkeitsdreiecke, 356
Profilumströmung Minderleistung, 363, 366
Verdichtergitter, 323 relativer Kanalwirbel, 360
Profilverluste rotierender Schaufelkanal, 361
Verdichtergitter, 315, 330 Schaufelkrümmung vorwärts, 359
Propeller Schaufelkrümmung rückwärts, 359
Activity-Factor, 180 Strömung im rotierenden Kanal, 360
Belastungsgrad, 176 Radialverdichter-Rotor
Fortschrittsgrad, 179 Geschwindigkeitsverteilung, 367
Gütegrad, 179 Ramjet
Leistungskoeffizient, 176, 179 Schubdiagramm, 159
Profilelement, 178 Schubkurve, 783
Propellertheorie, 174 Staustrahltriebwerk, 156
Schubkoeffizient, 179 Unterschall-Verbrennung, 782
Schubkraft, 174 Ramjet-Antrieb, 830
Standschub, 177 Ramjet-Triebwerk, 700
Stromröhre, 174 mit Überschallverbrennung, 790
Wirkungsgrad, ideal, 176 Nettoschub spezifisch, 785
Wirkungsgrad, 180 Teillastbetrieb, 783
Propeller-Kenngrößen, 179 Teillast-Regelfälle, 783
Propellerschub, 95 Ramjet-Triebwerke
Propeller-Vortriebsleistung, 136 Überschallverbrennung, 792
Propeller-Wirkungsgrad, 136 Unterschallverbrennung, 792
Propellerwirkungsgrad, 95 Rampendüse, 836
Sachverzeichnis 1001

Rampen-Einlauf Reynolds-Zahl-Einfluss, 632


Betriebsverhalten, 834 Reynolds-Zahl-Korrektur
Randverluste Verdichter, 394
Verdichter-Gitter, 315 Roadmap, 766
RANS Rotating Stall, 899
Reynolds averaged Navier-Stokes, 438 Rotating-Stall
Rating Turbofan Verdichtergitter, 384
full-/flat-rated, derated, 735 Rotierende Ablösung
Raumtransporter Antriebe Verdichterkennfeld, 407
spez. Impuls, 778 Rotor-Beschleunigungsleistungen, 892
Raumtransporter Antriebssystem RQL-Pilotbrenner, 571
Störfall-Simulation, 842 RR-Derwent, 40
Raumtransporter-Hyperschallflugzeug, 820, RR-Nene, 40
827–830 Rückstoßprinzip
Rayleigh-Linie, 71 actio-reactio, 56
Wärmezufuhr, 69 Rückwärtspfeilung
RD-10-Turbojet, 45 Verdichterstufe, 438
RD-20-Turbojet, 45 Ruhezustandsgröße
rdichterkennfeld Totalzustandsgröße, 60
Betriebscharakteristiken, 404
Reaktionsgrad
Verdichterstufen, 320 S
Reaktionsturbine, 480 SABRE
reduzierte Drehzahl Hybrid-Turbo-Rakete, 822
Verdichter, 371 Sankey-Diagramm, 143
reduzierte Durchsatz Saugseite SS
Verdichter, 370 Profilumströmung, 323
Regelanlage Schadstoffemission
Hubschrauber-Turboshaft, 875 Brennkammer, 561
Regelung Turbofan, 733 Entwicklung bei Flugtriebwerken, 28
Regelung Schallgeschwindigkeit a, 60, 141
Turbofan-Triebwerk, 736 Schaufelgitter
Reglerstruktur Kräfte, 298
hydromechanisch, 733 Schaufel-Kühltechnologie
Reichweite SR zeitliche Entwicklung, 509
spezifisch, 756 Schaufelspalte
Reiseflug CR, 717 Verdichter, 385
Rekuperator, 761 Schaufel-Streckungsverhältnis, 448
Rekuperator-Wärmetauscher Schaufelverstellung VSV
Turboshaft-Gasturbine, 658 Turbofan, 906
relative reduzierte Drehzahl Schaufelverstellung
Verdichter, 371 Turbofan, 905
Restschub, 124 Verdichter, 379, 428
Reynolds-Number-Index RNI, 392 Schaufelverwindung
Reynolds-Zahl Re Drallgesetze, 346
Verdichter, 389 Potentialgesetze, 346
Reynolds-Zahl relativ Scheiben-Schwingungsformen
Verdichter, 388 Verdichter, 465
Reynolds-Zahl-Effekte Schiffs-Gasturbinen, 228
Verdichter, 387
1002 Sachverzeichnis

Schnellbeschleunigung Scramjet-Triebwerk, 777, 826, 830, 831


slam accel, 895 Seitenwand-Reibungsverluste, 332
Schnellverzögerung Sekundärcharakteristik, 404
slam decel, 898 Sekundäreffekte
Schub spezifich instationäres Betriebsverhalten, 868
Ramjet-Triebwerk, 788 Turbofan, 883
Schub Sekundärverluste, 332
installiert, 81 Semi-Elektronisches Regelsystem, 733
reduziert, 140 SERN-Schubdüse, 836
spezifisch, 130 Sicherheit, Zuverlässigkeit
Schub-Ähnlichkeitskennfeld, 629 Flugtriebwerke, 33
Schubbelastung Silo-Brennkammer, 574
Turbofan-Triebwerk, 716 Simulation
Schubdüse, 126, 585 dynamisch, 858
3-D-Schubvektorisierung, 612 instationär, numerisch, 857
Bauweisen C-D-Überschalldüsen, 605 modular, universell, 636
Bauweisen, C-Düsen, 603 multidisziplinär, 700
Bauweisen, 601 Simulations-Ebenen, 703
C-D-Düse, Überschallflug, 615 Spaltänderungen, 886
Ring-, Rechteck-, Klappendüsen, 601 stationär, 858
Ringhals-C-Düse, 602 transient, 858
Schubdüsen verstellbar Simulationstechnik, 33
Ejektor-, Mischerdüsen, 607 Slam Accel
Schubdüsen-Kennfeld Schnellbeschleunigung, 895
SERN-Düse, 838 Slam Decel
Schubgewinn Schnellverzögerung, 898
Turbofan mit Mischung, 197 Slipfaktor, 365
Schubkennfeld Smith-Diagramm
ähnlichkeitsgerecht, 630 Turbinen-Auslegungsdiagramm, 742
Hyperschall-Ramjet, 166 Turbinenauslegung, 492
Turbofan, 192 Turbinenstufe, 487
Turbofan-Triebwerk, 734 Spaltänderungen
Turbojet mit Nachbrenner, 156, 631 Simulation, 888
Turbojet, 149, 631 Syntheserechnung, 870
Schubkoeffizient Spaltkontrolle ACC
Propeller, 179 active clearance control, 871
Schubleistung, 136 Spalt-Kontrolle ACC
Schubumkehrer Turbine, Gehäuse, Rotor, 471
Kaskaden-Schubumkehr, 604 Spaltverläufe
Schubvektorisierung, 606, 609 Turbofan-Triebwerk, 887
Schubvektorsteuerung, 610, 612 Spaltverluste
Schubverhältnis Verdichter-Gitter, 315
Turbojet, 155 Spaltwirbeleinfluß
Schubverlust bei Turbofan Verdichter, 412
”Schubloch”, 889 Spaltwirbelkern
Schwenkdüsen aufplatzen, 413
V/STOL-Flugzeuge, 615 spezifische Brennstoffverbrauch SFC
Scramjet, 163 Turbofan mit Mischung, 202
Brennstoffzufuhr, 792 spezifische Leistung
supersonic combustion ramjet, 786 Turbomaschinenstufe, 297
Sachverzeichnis 1003

spezifische Wellenleistung, 132 Staustrahltriebwerk


spezifischen Arbeit ramjet, 156
Turbinenstufe, 477 Steigflug MCL, 717
spezifischer Brennstoffverbrauch SFC, 8 Stirnflächenschub, 132
auf Schub bezogen, 9 Stoßfrontwinkel, 75
Turbofan, 193 stoßinduzierten Verbrennung, 791
Turbofan mit Nachbrenner, 777 Stoßverluste
spezifischer Brennstoffverbrauch, 125 Verdichter-Gitter, 315
Turbofan mit Mischung, 204 Verdichtergitter, 332
spezifischer Impuls, 132 Strahlgeschwindigkeitsverhältnis
spezifischer Schub Turbofan-Triebwerk, 728
Turbofan mit Mischung, 202 Strahlleistung
Spike-Einlauf, 816 spezifisch, 136
Spillage Stromdichteverhältnis
Hyperschall-Einlauf, 836 Verdichter, 327
Spitzenspalteffekte Stromlinien im Meridianschnitt
Turbofan, 884 Verdichterstufe, 354
SSTO, 827 Stromlinienkrümmungsmethoden, 351
SST-Streckenverbindung, 806 Strömung
SST-Triebwerk, 806 - adiabat, 63
SST-Turbojet-Bypasstriebwerk, 816 adiabat, 60
SST-Verkehrsflugzeug eindimensional, 61
Antriebe, 795 isentrop, 60, 63
SST-Verkehrsflugzeuge verlustbehaftet, 60
2. Generation, 803 Strömungsfeld
Stabilitätsbeeinflussung Einlauf Hubschrauber, 273
Turbofan Abblaseventil, 907 Strömungsphänomene
Stabilitätsgrenzbereiche bei Turbomaschinen, 302
Turbofan-HP-Verdichter, 721 Strömungssysteme
Stabilitätsgrenze, 900 offen, 54
Verdichterkennfeld, 399 Strömungs-Ungleichförmigkeiten
Verdichter mehrstufig, 402 Distortion, 873
Stabilitätsgrenzen Surge
Verdichterkennfeld, Distortion, 872 Verdichterkennfeld, 403
Standfall, 113 Syntheseprogramm
Standschub Turbofan modular, 712
Propeller, Propfan, 177 Syntheserechnung instationär
Start Stall Turbofan-Beschleunigung, 889
Turbofan, 903 Syntheserechnung
Start TO, 717 Hoch-Bypass-Turbofan, 709
Starten instationäre Simulation, 857
Turbofan, 899 instationär, Leistungsbilanz, 859
Start-Leerlauf-Betriebslinie, 901 iterativ, vereinfacht, 632
Start-Leerlauf-Sequenz Iterations-Fehler, 636
Turbofan, 901 iterativ, Turbojet, 636
Startverhalten Iterationsalgorithmus, 640
C-D-Überschalleinlauf, 286 Iterationstechnik, 643
stationäre Gasturbine, 25 Leistungssyntheserechnung, 621
Stator-Schaufelverstellung VSV Mehrkörpermodell, 871
Turbofan, 904
1004 Sachverzeichnis

Modell ”ungkühlte Bauteile”, 866 Transfer-Wirkungsgrad


Modell ”gekühlte Bauteile”, 867 Turbofan, 135
modular, universell, 636 Transferwirkungsgrad
Newton-Raphson-Iteration, 646 Turbofan-Triebwerk, 727, 728
numerisch, iterativ, 633 transiente Betriebslinie
numerische Probleme, 646 Turbofan-Verdichter, 722
Strukturdiagramm, 635 Transientes Betriebsverhalten
Turboshaft mit Rekuperator, 661 Turbofan, 893
Turboshaft-Gasturbine, 650 Transsonik-Gitter
Betriebsverhalten, 341
Transsonik-Stufe, 436
T Transsonik-Verdichter
Teillastpunkt, 621, 633 Keil-, Kreisbogen-Profile, 337
Teillast-Syntheserechnung Schaufelformen, Pfeilung, 435
Turbojet, 646 Transsonik-Verdichterstufe
Teillastverhalten Turbofan Entwicklungsstufen, 338
Turbofan ohne/mit Mischung, 731 Triebwerksausfall
Teillastverhalten Hubschrauber-Antrieb, 877
Turboshaft-Gasturbine, 650 Simulation, 879
Teilungsverhältnis, 325 Triebwerksgenerationen
Temperatur Turbofan, 754
statisch, 60 Triebwerkssimulation, 857
Temperatur-Distortion, 396, 903 Triebwerksvorauslegung
Temperaturprofil pre design tool, 752
Brennkammeraustritt, 559 Trockenschub, 770
Temperatur-Ungleichförmigkeit RTDF TSTO, 827
Brennkammer, 560 Tt4/Tt2-Linien
Temperaturverhältnis Kühl’sche Geraden, 626
isentrop, 60, 62 Turbine
Temperaturverteilung Auslegungsprozess, 472
Brennkammer, 558 Bauweisen, 469
termischer Wirkungsgrad, 24 Turbine gekühlt
Tertiärcharakteristik, 404 h-s-Diagramm, 522
TFMAB Kühllufströme, 503
Turbofan mit Nachbrenner, 771 Turbinenkennfeld, 518, 521
thermische Turbomaschinen, 2 Turbine mehrstufig
thermischer Wirkungsgrad Hoch- und Niederdruckturbine, 471
innerer Wirkungsgrad, 8 Turbinen-Austrittstemperatur, 129
GuD-Kraftwerksanlage, 223 Turbinen-Eintritts-Temperatur
Thermodynamische Wirkungsgrade Entwicklung bei Turbotriebwerken, 26
Idealprozesse, 91 Turbinen-Eintrittstemperatur, 104, 129
thermodynamischer Wirkungsgrad Turbinengitter
Turbinenstufe gekühlt, 520, 524 Strömungszustand, 497
Thrust Rating, 736 Turbinenkennfeld
Totalenthalpie, 60 LPT verstellbar, 653
Totalgeschwindigkeit Mittelschnitt, 498
Gesamtgeschwindigkeit, 65 numerische Darstellung, 501
Totalzustandsgröße Turbinenstufe ungekühlt, 501
Druck, Temperatur, Enthalpie, 60 Verstellturbine, 652
Transatmosphärische Flugsysteme, 828 Turbinen-Kenngrößen, 484
Sachverzeichnis 1005

Turbinenkühlung Turbofan TFM


Kenngrößen, 511 mit Mischung, 769
Turbinenleistung Turbofan TFMA
spezifisch, 121 mit Mischung und Nachbrenner, 198
Turbinenschaufel gekühlt Turbofan TFMAB
Stator A, Rotor R, 473 mit Nachbrenner, 769
Turbinenschaufel ungekühlt Turbofan-Nachbrenner-Triebwerk TFMA
Stator S, Rotor R, 473 Hauptparameter, 17
Turbinenstufe gekühlt Turbofan-Parameterstudie, 748
Energiebilanz, 519 Turbofan-Ramjet
h-s-Diagramm, 517 Kombinationstriebwerk, 832
Kenngrößen, 503 Turbofan-Regelung, 912
Turbinenstufe ungekühlt Turbofan-Triebwerk TF
Mittelschnitt, 474 Hauptparameter, 16
h-s-Diagramm, Gitter, 477 Turbofan-Triebwerk
Turbinenstufe 100kN-Klasse, 723
Auslegungsdiagramm, 487, 491 kleines Bypassverhältnis, 769
Drallgesetze, 493 mit Mischung, 730
Drallgesetz, 495 Nachrechnung, 715
Euler-Gleichung, 477 ohne Mischung, 727
Geschwindigkeitsdreiecke, 475 ohne/mit Getriebe, 723
Geschwindigkeitsdreiecke dimensionslos, ohne/mit Mischung, 726
487 ohne/mit Nachbrenner, 769, 775
h-s-Diagramm, Gitter, 477 Parametervariation, 720
Mach-Zahl-Dreiecke, 490 Parameterstudie, 728
Nachexpansionen, 498 SFC ohne/mit Nachbrenner, 779
Potentialwirbelgesetz, 494 Syntheserechnung, Simulation, 709
Reaktionsgrad, 481, 482 Synthese-Iterationstechnik, 714
Rotor R, 479 Transfer-Wirkungsgrad, 727
Schaufelverwindung, 492 Volllastbetrieb, 775
Wirkungsgrad, 483 Vorauswahl-Parameterstudie, 718
Turbinenwirkungsgrad, 122 Turbofan-Triebwerke
Turbofan Brennkammerentwicklung, 572
mit Mischung, 193 Turbofantriebwerke, 754
Turbofan-Aeroderivate, 226 Turbofan-Vorauslegung
Turbofan-Bypass-Triebwerke multidisziplinär, 743
Bauweisen, 191 Turbojet
Turbofan mit Mischung TFM Arbeitsprozess, 96
und Nachbrenner TFMA, 15 Einstrom-Turbojet, 141
Turbofan mit Mischung mit Nachbrener, 150
spezifischer Brennstoffverbrauch, 204 Syntheserechnung, 623
Turbofan mit Nachbrenner TFMA Turbojet-Rakete
Arbeitsprozess, 205 Kombinationstriebwerk, 821
Turbofan mit Nachbrenner Turbojet-Ramjet
spezifischer Bernnstoffverbrauch, 207 Kombinationstriebwerk, 818, 819
Turbofan ohne/mit Getriebe Turbojet-Triebwerk TJ
Parameterstudie, 740 Einwellen-Einstrom-Turbojet, 11
Turbofan ohne/mit Mischung SFC, 738 Hauptparameter, 7
Turbofan TF Turbojet-Triebwerk
Entwicklungsstufen, 22 Arbeitsprozess, 142
1006 Sachverzeichnis

Parameterstudie, 105, 146 Turboverdichter, 351


Strömungsdiagramm, 143
Turboluftstrahltriebwerk TL, 101
Turbomaschinen U
Verdichter und Turbinen, 293 Über- und Hyperschallflüge
Turbomaschinenströmung Kombinationstriebwerke, 817
radiales Gleichgewicht, 345 Überdruckturbinen, 480
Turbomaschinenstufe Überlaufwiderstand
Arbeitsweise Verdichter, Turbine, 294 spillage drag, 84
Turboprop TP, 13 Überschall-Business-Jet, 804
Turboprop, 166, 168 Überschalldiffusor
Turboprop-Einläufe, 270 Ramjet-Triebwerk, 779, 780, 782
Turbo-Rakete Überschall-Diffusor
Kombinationstriebwerk, 821 Schluckverhalten, 286
Turbo-Ramjet Überschalldüse
Kombinationstriebwerk, 820 Konvergent-Divergent-Düse, 587
Turboshaft mit Rekuperator Überschalleinlauf
Leistungskennfeld, 241 Betriebszustände, 279
Masse, 242 Betriebsbereiche, 285
Turboshaft TS, 9, 13 Diffusor-Brummen, 280
Turboshaft eben, rotationssymmetrisch, 283
Arbeitsprozess, 96 Überschall-Einlauf
Parameterstudie, 212 Hammerstoß, Hammershock, 289
Turboshaft-Gasturbine Stromröhre, 258
1-, 2-, 3-Wellen-Gasturbinen, 214 Zustandsgrößen, 255
Aeroderivate in Energietechnik, 219 Überschalleinlauf
Auslegung, Optimierung, 679 Einlauf-Diffusor, 254
Energie-, Schiffs- und Flugtechnik, 209 Kennfeld, 280
Hubschrauber, 213 Startverhalten, 285
Hubschrauber-Triebwerk, 873 variable Geometrie, 288
instationäres Betriebsverhalten, 855 Überschall-Einlauf-Diffusor, 257
Leistungskennfeld, 213 Überschall-Luftverkehr, 804
LP-Verstellturbine, 657 Überschall-Seiteneinlauf
Marine, 209 Wandabstand, 284
mit Wärmetauscher, 232, 658 Überschallströmung, 61
mit Rekuperator, 237, 660 Überschallverbrennung
mit Axial-Radial-Verdichter, 681 Scramjet, 162, 787
mit Radial-Verdichter, 681 Überschallverdichter, 336
ohne/mit Rekuperator, 663 Überschall-Verkehrsflugzeug
Parameterstudie, 105, 235 SST, 796
Parameter-Auslegungsstudie, 679, 685 Antriebe, 795
Syntheserechnung, 649, 651, 654 Concorde, 795
Teillastrechnung, 650 SST, super sonic transport, 795
thermischer Wirkungsgrad, 211 Umweltverträglichkeit
Wellenleistungsgasturbine, 97 Überschall-Verkehrsflugzeuge, 807
Turboshaft-Triebwerk Unducted-Propfan UDF, 183
Hubschrauber-Triebwerk, 649 Ungleichförmigkeitsgrad OTDF
Lastbereiche, 655 Brennkammer, 559
mit Rekuperator, 217 Unter- und Überschallverbrennung, 789
Sachverzeichnis 1007

Unterschallflugzeuge, 699 Verdichter-Ähnlichkeitskennfeld, 366, 369, 399


Unterschallströmung, 61 Verdichter-Auslegung
aeromechanisch, 468
Verdichter-Bauweisen, 355
V Verdichter-Betriebsverhalten
V/STOL, 898 Stabilitätsgrenzen und Fahrlinien, 419
V/STOL-Flugzeug Verdichterentwicklung
Schubvektor-C-Düsen, 614 Aeromechanik, 469
Schubvektorisierung, 615 Verdichtergitter
Variable Cycle Engine VCE, 797 Arbeitsbereich, 339
VCE-Antriebe transsonisch, supersonisch, 325
variable Arbeitsprozesse, 20 Verluste, 329
VCE-SST-Triebwerk, 811 Verdichter-Instabilitäten
VCE-Triebwerk Modalwellentheorie, 410
Betriebspunkte im Fan-Kennfeld, 811 Früherkennung, 414
VCE-Triebwerke, 805, 807 Verdichterkennfeld
VCE-Turbofan-SST-Triebwerk, 815 Einfluss Radialspalt, 421
VCE-Turbofan-Triebwerk, 809 Einfluss Distortion, 421
Verbrennung numerische Darstellung, 398
Fett-Mager-Verbrennung, 566 Re-Effekte, 389
mager, stöchiometrisch, fett, 571 sekundäre, tertiäre Charakteristik, 403
Magerverbrennung, 568 Verdichterkennlinie
Verdicher mehrstufig relativ, 374
3D-Navier-Stokes-Rechnung, 454 Verdichterleistung
Verdichter mehrstufig reduziert spezifisch, 372
Aus- und Einblasung, 386 Verdichterschaufel
Betriebverhalten, 375 Betriebsbelastungen, 460
Betriebspunkte auf Kennlinien, 378 Bow-Stator-Schaufel, 452
Betriebzustände der Stufen, 379 Schwingungsformen, 461
Betriebsverhalten aeromechanisch, 417 Verdichterstufe
Stufenkennlinie und Drosselgrad, 381 Dimensionierung, 316
Stabilitätsverbesserung, 429 Drallgesetze, 347
Stufen- und Schaufelzahl, 448 Drossel, Entdrosseln, 375
Verdichter Einfluss der Pfeilung, 446
Antriebsleistung, 116 Energieumsetzung, 309
axial, diagonal, radial, 308 erweitertes radiales Gleichgewicht, 353
Bauarten, 306 Euler-Gleichung, 312
dynamische Belastung, 459 gepfeilte Schaufeln, 446
Entwicklungsstufen, 343, 430 Geschwindigkeitsdreiecke, 310
Gestaltung von Schaufeln, 451 h-s-Diagramm, Rotor, Stator, 311
Impulsrotor, 335 isentroper Wirkungsgrad, 313, 314
instabiles Betriebsverhalten, 383 Kräftebilanz am Fluidelement, 345
Profilschitt-Fädelung, 436 Meridianstromlinie, Kräftebilanz, 348
Rotating Stall, 384 Mittelschnittsbetrachtung, 312
Schaufelspannungen, 459 Naben-Konturierung, 453
Schwingungsauslegung, 460 polytroper Wirkungsgrad, 314
Stoßrotor, 335 Profiltypen, 339
superkritische Profile, 340 radiale Verteilung Totaldruck, 443
Technologieentwicklung, 458 Rotor R, Stator S, 310
1008 Sachverzeichnis

Schaufelverstellung und Kennlinie, 381 Volllast-Kennfeld Turbofan


spezifische Stufenarbeit, 312 mit Grenzwerten, 780
spezifische isentrope Leistung, 314 Volllast-Leerlauf-Verzögerung
Totaldruckverhältnis, 317 Turbofan, 897
transsonisch, 436 Volllast-Schub-Kennfeld
Vorwärts-, Rückwärtspfeilung, 453 Turbofan mit Nachbrenner, 781
Verdichter-Stufenkennlinien Volllast-Schubkennfeld
Turbofan ohne/mit Bleed, 907 Turbojet mit Nachbrenner, 647
Verdichtersystem Turbofan-Turbojet-Triebwerk, 815
Auslegungsmethodik, 434 Volumen-Änderungsarbeit, 55
Verdichter-Transsonik-Gittern Volumenstrom, 53
zeitliche Entwicklung, 337 Vorauslegung
Verdichtung Kostenverlauf, 753
isentrop, 85 Vormischbrenner, 574
Verdichtungsleistung Vortriebsleistung, 136
spezifisch, 115 Vortriebswirkungsgrad
Verdichtungsstoß Propeller, Propfan, Turbofan, 184
eben, 76 Turboprop bis Turbojet, 19
Fanno-Linie, 73
Keilstoß, 77
konisch, 78 W
rotionssysmmetrisch, 75 Wagner, Herbert, 39
schief, 72 Wärme
senkrecht, 72 spezifisch, 62
Verdichtungssystem Wärmeenergie
Druckverhältnisse OPR, 431 spezifisch, 55
Entwicklungstendenzen, 431 Wärmekapazität
Entwicklung Hauptparameter, 432 spezifisch, 62
Schlüsseltechnologie, 430 Wärmestrom
Verdichtungstoß Energiesatz, 54
Stoßfronten, 75 Wärmeströme
Verkleidungswiderstand Beschleunigung Turboshaft, 878
Einlauf, 259 instationäres Betriebsverhalten, 865
Verlustbeiwert gesamt Wärmetausch
Verdichtergitter, 316 Isentropen-Isobaren-Prozess, 87
Verlustbeiwert Rotor Wärmetauscher
Verdichter, 315 Rekuperator, 658
Verlustbeiwert Stator Wärmeübergang
Verdichter, 316 Schaufelkühlung, 508
Verluste Verdichtergitter, 315 Wärmeübertrager
Verstellturbine Gasturbinen, 870
Turboshaft, 653 Wärmeübertragung
Verweilzeit instationäres Betriebsverhalten, 868
Brennkammer, 553 Modell „Gegenstrom-Wärmetausch", 869
Verzögerungsgitter Wärmezufuhr
transsonisch, supersonisch, 334 isobar, 85
Verzögerungszahl, 328 Rayleigh-Linie, 68
VHB-TF Strömungskanal, 65
very high bypass turbo fan, 739 Wellenleistung
virtuelles Triebwerk, 702 spezifisch, 94
Sachverzeichnis 1009

Wellenleistungsturbine, 123 Wärmetauscher, 239


Wellenreiter Wu
Hyperschall-Flugzeug, 795 S1-, S2-Stromflächen, 302
Wellenvergleichsleistung, 173
Wellenvergleichsleistung
äquivalent, 137 X
Whittle-Triebwerk, 39 XE unstarted inlet, 842
Wiederanlassen, 899
Windmilling, 899
Winkelübertreibung, 325 Z
Wirbelschleppe Zentrifugalbeschleunigung
Propeller, 175 Verdichterstufe, 310
Wirkungsgrad Zirkulationsbeiwert, 328
äußerer, 9 Zooming
Brennkammer, 554 virtuelles Triebwerk, 704
Düse, 589, 595 Zusatz-Widerstand
innere, 133 additive drag, 83
innerer, 92 Zusatzwiderstand
mechanisch, 124 Einlauf, 259
Rekuperator, 240 Zwei-Wellen-Turbofan TFMA, 208
thermisch, 133, 757 Zweiwellen-Turbofan, 188
thermodynamisch, 86 Zwischenerhitzung, 88, 130
Verdichter-Rotor, 314 Zwischenkühler, 761
Verdichter-Stator, 314 Zwischenkühlung, 88

Das könnte Ihnen auch gefallen