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Die Prinz-Joachim-Ostraka
Griechische und demotische Beisetzungsurkunden
für Ibis- und Falkenmumien
aus Ombos
Herausgegeben
von
Straßburg
K a r l J. T r ü b n e r
1914
Die Prinz-Joachim-Ostraka
Herausgegeben
von
Straßburg
K a r l J. T r ü b n e r
1914
D r u c k von M. D u Mont S c h a u b e r g , S t r a ß b u r g .
Vorwort.
S t r a ß b u r g in E l s a ß , Oktober 1913.
Friedrich Preisigke.
Wilhelm Spiegelberg.
Inhalt.
Seite.
Einleitung. Von Wilhelm Spiegelberg 1
Teil I. Die Texte der Urkunden 5
A. Die griechischen Texte. Von Friedrich Preisigke 5
B. Die demotischen Texte. Von Wilhelm Spiegelberg 12
Teil II. Erläuterungen. Von Friedrich Preisigke 20
A b s c h n i t t 1. Die Abfassungszeit 20
A b s c h n i t t 2. Die Örtlichkeit • . 22
A b s c h n i t t 3. Die Sprache und die Schrift 25
A b s c h n i t t 4. Die Beisetzung der Mumien . . . . • 28
A b s c h n i t t 5. Die Thiasiten 34
A b s c h n i t t 6. Der arpaTrifö? 37
A b s c h n i t t 7. Der vo|iapxils 40
A b s c h n i t t 8. Der ¿iri Ttuv irpoaöbmv 43
A b s c h n i t t 9. Verhältnis des voindpxri? zum ¿ti Tdiv irpocröbuiv 47
A b s c h n i t t 10. Der ßaaiXiKÖ; fPOMMaTei)? 50
A b s c h n i t t 11. Der oiKovd^o? 52
A b s c h n i t t 12. Der ¿tri TOÜ xeip"J|aoö 55
A b s c h n i t t 13. Der TOTroYpamia-reiii; und Kwnorpanna-reü«; 57
A b s c h n i t t 14. Der I T P O O R D T R I I ; T O Ü 'Epinou 59
A b s c h n i t t 15. Der ¿ T R I A R D R R I I ; T O Ü UpoO 60
A b s c h n i t t 16. Die Priesterschaft 63
Wörterlisten 65
L i c h t d r u c k b i l d e r Nr. 1 bis 12 auf Tafel 1 bis 4.
Zeichenerklärung für die griechischen Texte.
Wohl nichts hat die antiken Besucher des Niltals von Herodot bis
auf die Kirchenschriftsteller so in Verwunderung gesetzt wie die göttliche
Verehrung der heiligen Tiere. In der klassischen Zeit des Pharaonenreiches
nur auf bestimmte Exemplare einer Tiergattung, wie den Apis, Mnevis,
Phoenix, beschränkt, steigerte sich dieser Tierkultus von der saitischen Zeit
(etwa dem 7. vorchristl. Jahrhundert) an dadurch ins Ungemessene, daß die
ganze Tiergattung als heilig betrachtet wurde 1 ). Diesen Zustand fand be-
reits Herodot vor, als er um die Mitte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts
Ägypten bereiste, und er hat uns davon eine lebendige Schilderung gegeben,
die die verhältnismäßig dürftigen Nachrichten der einheimischen Texte auf
das glücklichste ergänzt. Deutlicher als durch die Denkmäler erfahren wir
durch ihn und die anderen klassischen Autoren, namentlich durch Diodor,
wie stark das religiöse Leben der Spätzeit von dem Kultus der heiligen
Tiere beherrscht war, die man nicht nur im Leben, sondern auch nach dem
Tode göttlich verehrte. So lange sie lebten, hatte der fromme Ägypter
für ihren Unterhalt zu sorgen. Vor allem aber mußte man sich vor einer
Verletzung oder gar Tötung heiliger Tiere hüten. W e r ein solches Tier
absichtlich getötet hatte, verfiel der Todesstrafe. Bei unabsichtlicher Tötung
hatte er eine von den Priestern festgesetzte Buße zu zahlen. Handelte es
sich aber um Ibisse und Falken 2 ), so war auch in dem letzteren Falle das
Leben verwirkt 3 ).
Ebenso große Sorge wie für die lebenden trug man auch für die toten
Tiere 4 ). So rühmt sich ein frommer Ägypter 5 ): „ich gab dem Ibis, dem
S c h r i f t e n d e r W i s s e n s c h a f t l i c h e n Gesellschaft in S t r a ß b u r g X I X . 1
- 2 —
Falken, der Katze und dem Hunde Unterhalt, so lange sie lebten und versah
sie im Tode') mit Salben und Stoffen". Vielleicht war er einer jener Tier-
wärter (neXebuuvoi), deren Tätigkeit Herodot II, 65 und Diodor I, 83 ganz
ähnlich beschreiben. Die gefallenen heiligen Tiere wurden von einigen dazu
bestimmten Leuten 2 ) aufgesucht und dann beigesetzt. „Wenn eines der
(vorher) genannten Tiere stirbt", berichtet Diodor a. 0., „so hüllen sie
(d. i. die Tierpfleger) es in Leinwand und tragen es in die Balsamierplätze
(Tapixeiai), indem sie sich unter Wehklagen an die Brust schlagen. Dann
behandeln sie den Leichnam mit Zedernharz und mit solchen Essenzen,
welche ihn wohlriechend machen und lange Zeit konservieren können, und
begraben ihn in heiligen Begräbnisstätten (ev iepaTq eriKon?)." Solche Gräber
sind überall in Ägypten aufgefunden worden. Sie zeigen nichts mehr von
den prunkhaften Anlagen der Grüfte, in denen die einzelnen Vertreter einer
bestimmten Tiergattung beigesetzt waren. Denn die Verallgemeinerung des
l
) So wird das Verbum s'&w „verklären" zu deuten sein.
') Siehe dazu den Kommentar zu dem Ostrakon Nr. 25, Anm. 5.
3
) Siehe die Literatur bei W i e d e m a n n , Zweites Buch Herodot, S. 291 und 293.
— 3 —
') Zu dieser Übersetzung des Wortes ¿ni vgl. S. 31. ») Vgl. hierzu S. 63.
— 6 —
•füj Kai TOU 'Ojjßirou, em 'Epniou TOÖ KaXXiou Kai b (2. Hand).
Kai TTop9iI)Tou
4 ¿7TI TUJV TTpocrobujv Kai ßaaiXiKW Tpamixa- 11 TTroXenaios
5 TEI, Kai KaWiou TOU 'Epniou Torcoxpanna- 12 TTToXen[aiou]
6 Tti, Kai TTope|aßfiKoq, ¿HaKOtxiaq 13 TOU Api<[ ]
7 evevr|KovTa, Kai Mevavöpoq, 14 Kupnva[ioq|.
8 TOU KaWiou TOU 'Epniou.
9 L c ^ , 0a|ievuju0 C",
10 äXXaq ¿K€(xaYiw<;.
2ff. lies: ¿iti TTeXaiou a u Y T e v ° ö ; Kai arparriYoO TOO ' O u ß i r o u , ¿ i r i ' E p n i o u TOU K a W i o u
x a i TTopÖdirou <TIJDV> ¿tri TIIIV Ttpoaöbujv K a i ßaaiXiKwv f p a i u n a r i u i v , K a i K a W i o u TOU ' E p n i o u
TOIROFPANIAAT^uji;, K a i <(KaX\lou)> TTopenßi ! |Kioc;, Kai M c v a v b p o u , Kai KaWiou TOO ' E p n i o u ita-
Koaia? ¿vevrjKovra. L C ^ i Oauevdiuö äWa? ¿SaKoaia?.
10. In ¿Ktaa-fiuJ^ i s t d a s e r s t e a a u s e i n e m z u e r s t i r r t ü m l i c h n i e d e r g e s c h r i e b e n e n Grund-
striche umgebildet.
3 oiKovojLioi;.
3 Xe|iai[ ].
b. R ü c k s e i t e (2. Hand).
9 [. .] öi' 'ATteXaiou 12 TT<T>oXe|uai<o>u Kai « e »
U) .
10 Kai Tdiv uidjv 13 Kai 'AireXai . . TTeie®,
11 auToö KaXXiou Ii Xuaix icrj.
1. Oberhalb des Wortes 0ü)[u0 ein Buchstabenrest, der möglicherweise zu einer Tages-
ziffer gehört, die dort übergeschrieben war und weggebrochen ist.
3 f. lies : Kai rf|(i;) aXXri^ ¿nine(Xeia?).
8. wohl ä(Mujv).
9. Möglich auch Ai' (ohne voraufgehende Lücke), oder auch [. ,]qi ÄiteXaiou, oder
auch [. ,]aia TTeXaiou.
3 . . GiüuÖ rj.
3. Vor dem Worte Qdiuö steht ein Schnörkel, der für L r| gelesen werden kann. Der-
selbe Schnörkel findet sich auch in Urkunde Nr. 12, ebenfalls vor dem Worte QujuO. Eine
Erklärung weiß ich nicht.
3 TTeXaiaq.
1. D i e Zahl iC ist über der Zeile nachgetragen.
2. Die Bedeutung des Hakens ist unklar.
U r k u n d e N r . 1 9 . S a u b e r e K r u g s c h e r b e , offenbar von e i n e m u n g e b r a u c h t e n K r u g e .
1 0 x 1 7 c m . F a r b e hellgelb. L i n k s Pinselschrift, r e c h t s Rotstiftschrift. Unziale.
X a" b"
1 'Epniag
2 'Epiuiou.
1 'Ep|jia? 'Ep(.tiou,
2 Kai 'HpaK^eibr)?,
3 Kai 'Epiaia?, Kai
4 TTeTetroöxoi;
5 uoio?.
5. lies: uiöc;.
1 TTeieap0€voüq)iq
2 TTtTeaporipioq,
3 TTopöuHTri«;.
Urkunde Nr. 23. Lichtbild Nr. 9 auf Tafel 4. Krugscherbe, von rötlicher
Farbe. 9!/2 x 10 cm. Pinselschrift.
A. U m s c h r i f t .
} P',-tj-Hnsw s; P'-tj-Hr-ivr rn-f mne
2 ti m-b'.h n\ ntr w t; w'b-t.(?)2)
,rm3) n'-f hrte w s' dt
1 h'. t sp Y t tpj "'>h t siv X X V ?
*) Zu der ganzen Auffassung dieser Texte als „Gedächtnisurkunden" siehe die Aus-
führungen von Preisigke S. 32 ff.
! ) Der Schreiber hat Tliwty geschrieben, aber nach Nr. 25, e liegt zweifellos eine Ver-
schreibung für die ähnliche Gruppe wfb t vor. In keinem Fall kann man in t', Thwty ein
Äquivalent von ' Epuatov (s. Seite 24) sehn.
3) In der Gruppe ist hier wie in Nr. 24, 3 das letzte Zeichen ausgelassen.
— 13 —
JB. Übersetzung.
i „Petechonsis, Sohn des Peteharoeris — Sein Name bleibt
? hier vor den Göttern der Balsamierungsstätte')
? mit seinen Kindern in Ewigkeit. 5. (?) Oktober
f Im Jahre 5 am 25. ? Thoth." 77 v. Chr.
j i
A. U m s c h r i f t .
1 Hit-sp Y I I Y nw pr-t sw X V I (?)
2 Pi-tj-Hnsw si Pi-tj-Hr-wr
3 V/M2) Pi-tj-Hr-wr
f Vm (?)
B. Ü b e r s e t z u n g .
1 „Im Jahre 6 am 16(?) Pharmuthi 25. (?) April
75 v. Chr.
2 Petechons, Sohn des Peteharoeris,
? mit Peteharoeris
f und Heras (?)".
') Zu der Emendation w'b t, die nach 25, e kaum zweifelhaft ist, siehe Seite 12, Anm. 2.
Das Wort, welches wörtlich „die reine (Stätte)-' bedeutet, ist in 3 Bedeutungen bekannt:
a) „Grab", b) „Einbalsamierung", c) „Balsamierungsstätte" (s. G a r d i n e r : AJmonitions S. 26
und M ö l l e r : Pap. Rhind S. 75 no. 16). Hier steht es gewiß in d;r letzten Be.leu'ung und
entspricht der Tapixeia bei Diodor I, 83, dem Raum, in welchem die heiligen Tiere ein-
balsamiert wurden. Vielleicht wurden diese Plätze aber gleichzeitig auch als Grabstätten
benutzt. Vergleiche dazu S. 4.
") In derselben Schreibung wie bei Nr. 23.
— 14 —
Urkunde Nr. 25. Lichtbild Nr. 10 auf Tafel 4. Krugscherbe, von rötlicher
Farbe. 12 x 15 cm. Pinselschrift.
A. U m s c h r i f t .
1 hit-sp X X I I t III MM; prt sw VII
2 (n) t--t Kni-Hr si Twt
3 pi sh n tim n "rnbi
f 'rm n\-f musde-w
s t> ks-t r n p\ hb
® p', hk n\ ntrw n t'> ivb • t
J k(j)s-t ntr CCCCC tj*w u'b
8 ti wbt ^r-w U k(j)st n Wsjr htme
8 tj-w htp=f n A • t-ntr n 'mb\
p\ rn nfr n Kni-Hr mne
r
V s dt
B. Ü b e r s e t z u n g .
l Im Jahre 22, am 7. Phamenoth ? durch die Hand 1 ) des Keni-Hor, des
12. März
Sohnes des Totoés2), ? des Dorfschreibers3) von Ombos4), f und seine
59 v. Chr.
Inspektoren5). — » Das Begräbnis, welches dem Ibis
6
I (und) dem Falken, den Göttern der Balsamierungsstätte, gemacht wurde:
7
I 500 Gottes-Leichen6) — Man reinigte
8 die Balsamierungsstätte 7 ). Man machte die Beisetzung für Osiris, den
Jüngling.
9
I Man ließ ihn in dem Tempel von Ombos ruhen 8 ). —
10
I Der schöne Name des Keni-Hor bleibt
11 bis in Ewigkeit."
'•)
Das entspricht dem ¿rri and biá der griechischen Urkunden. Vgl. dazu Seite 31.
2
)
Zu diesem Beamten vgl. Seite 58—59.
3
)
= KWnoYpamnaxeúi;.
4
)
Zu dieser unetymologischen Schreibung des Namens der Stadt Ombos siehe Seite 23.
mwSd ist zweifellos kopt. moitujt „peragrare, explorare" und auch sonst im De-
motischen (so Rylands Pap. III 357. II Kh. 6/5) zu belegen. Hier handelt es sich vielleicht
um die Leute, welche die Leichen der heiligen Vögel aufsuchten oder sammeln ließen (s. Ein-
leitung S. 2). Der Name ,,die Umherziehenden" stimmt gut zu der Schilderung, die Herodot II,
41 von den Bewohnern der Stadt Atarbechis im Delta entwirft, welche die Uberreste der
gefallenen Stiere aufsammelten. ,,'Ek Taúrri<; nóXewi;" sagt er a. 0., „irXavtiüvTcu iroXXoi
äXXoi ¿5 öXXa? iróXiq, ávopúSavre? bé rá áaréa ¿máfoum Kai Ocnrroucn é<; £va xwpov irá vre?'".
6
) K(j)s-t K«.ejce:k&ici bedeutet sowohl „Begräbnis" wie „Leiche". „Gottes-Leiche" ist
offenbar eine Bezeichnung für die Leichen heiliger Tiere, hier der Ibisse und Falken. Auch
die Mumie des Menschen wird „Gott" (d. i. Osiris) genannt, so Pap. Louvre 2891 (Ä. Z. XVII
(1879) Tafel VI no. 23) und P. Louvre 2431 (Revillout: Chrest. démot. 268).
') Siehe Seite 13 Anm. 1.
8
) Diese letzte Angabe muß mit dem Vorhergehenden irgendwie zusammenhängen.
Darauf gründet sich die sehr ansprechende Vermutung von Junker, dem ich den Text vor-
15
A. Umschrift.
1 k-t-sp XXII i lll nw prt siv YII(?)
2 P',tj-Sbk si Mnntrs
tj'ir ufb t' wb-t
f it t'd rnp-t 'w P'.-tj^-Hr-
' wr 'rm Glli', />; mr-h (?)
6 n(?)shn{?)2)n m'
legte, daß es sich hier um die Bestattung von Ibis- und Falkenmumien im Anschluß an Osiris-
mysterien handelt. „Thoth und Horus" — bemerkt Janker — „sind es nach verschiedenen
Versionen, die den Osiris balsamieren und bestatten, und so könnte ich mir denken, daß
ihm bei seinen Zeremonien eine Menge Ibisse und Falken, die heiligen Tiere der beiden
genannten Götter, gleichsam mit ins Grab gegeben werden, die an ihm die Riten vollziehen
sollen. Darum werden sie ja auch eigens „Götter der Balsamierungsstätte" genannt. Während
die Osirisleiche im Tempel ruht, werden die Ibisse und Falken in der Nachbarschaft begraben."
*) Korrigiert.
2
) Die Gruppe ist ganz eigentümlich mit (?) determiniert, falls ich richtig lese.
— 16 —
Senkrecht gegen diese Zeile ist, ganz wie auf dem griechischen Ostrakon
Nr. 4, mit roter Farbe 1 ) geschrieben:
I h'- t-sp X X I X
f tj'-w wb t\ wb t
B. Ü b e r s e t z u n g .
12.(?) März i „Im Jahre 22 am 7.(?) Phamenoth —
59 v. Chr.
? Petesuchos, Sohn des Menandros. —
? Man ließ die Balsamierungsstätte reinigen
f in diesem Jahre, als Petehar-
s oeris und Kallias, der Rinderhirt (?)2,
® Orts Verpächter (?) 3 waren."
Senkrecht gegen diese Zeilen ist später 4 ) mit roter Farbe geschrieben:
53/52 v. Chr. \ „Im Jahre 29. —
Auf der R ü c k s e i t e :
TTeTeffoOxoi;
Mevavbpou
Kuprivato?
Urkunde Nr. 27. Krugscherbe, von rötlicher Farbe. 10 x 0V2 cm. Auf der
Innenseite der Scherbe. Pinselschrift.
A. Umschrift.
} Pn-hrt s; P',-tj-p',- nb- t'.wj
B. Übersetzung.
| „Pachrates, Sohn des *Petepnebtüs').
? Im Jahre 23 am 26. Tybi."
*) Ein ombitischer Lokalname, der mit dem Namen des in Ombos verehrten Gottes
P>,-nb-P,wj „der Herr der beiden Länder" (stets mit dem Zusatz pl hrd „das
Kind") zusammengesetzt ist. Der Stern * neben dem Eigennamen bedeutet, daß dieser in der
von mir hergestellten gräzisierten Form bisher noch nicht belegt worden ist.
Schriften der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Straßburg XIX. 2
- 18 -
A. U m s c h r i f t .
} Pi-tj-p'-nb-tiwj pn Hnsw-Thwtj
2 Hnsw-Thwtj Pi-tj-pi-nb-t'.wj
3 Hnsw-Thwtj pn . . .?. .
B. Ü b e r s e t z u n g .
} „*Petepnebtüs, Sohn des Chesthotes.
? Chesthotes, (Sohn des) *Petepnebtüs.
? Chesthotes, Sohn des . . . . ?"
- 19 —
Pi-mi s; P',-srj-(n)-Hr
„Pmoi's, Sohn des Psenyris".
II. Teil. Erläuterungen.
Yon Friedrich Preisigke.
*) Bouche-Leclercq, Hist. des Lagides II S. 400, nimmt das 26. Jahr als letztes Re-
gierungsjahr des Alexander I an, ebenso Strack, Dynastie der Ptolemäer S. 186. Daß aber
auch das 27. Jahr noch gerechnet wurde, zeigt P. demot. Straßb. (herausgeg. von Spiegel-
berg) S. 32, Nr. 8 : Jahr 27 = Jahr 30, am 21. Thoth. Jahr 30 bezieht sich auf Soter II.
s ) Vgl. Strack, Dynastie der Ptolemäer S. 185.
3 ) P. dem. Cairo Spiegelberg 30963 trägt die Zeitangaben: Jahr 26 = 23, und (Rück-
seite) Jahr 24 = Jahr 21. Das paßt nur auf Soter II und Alexander I, und zwar sind beide
Male die Jahre des Soter II vorangestellt.
- 22 —
Kleopatra I I I bzw. der Kleopatra III und des Soter II für jene Jahre be-
steht1)- Die Gleichsetzung ihrer Regierungsjahre zeigt nachstehende Übersicht.
115/114 — 3 3
114/113 1 4 4
113/112 2 5 5
112/111 3 6 6
Der Ort Ombos selbst erscheint in unseren Urkunden nur einmal, und
zwar in der demotischen Urkunde Nr. 25, wo der Dorfschreiber von Ombos
und der Tempel von Ombos erwähnt werden. Da der oft genannte Stratege
Pelaias nach Nr. 2—5 und 18 im ombitischen Gaue beamtet ist, ebenso
nach Nr. 10 ein Hermias, Sohn des Kallias, mit dem Beamtentitel ¿tri TOIV
Ttpocröbuiv, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß sämtliche Beisetzungs-
urkunden aus der Hauptstadt Ombos des ombitischen Gaues stammen.
Jene Beamten werden anläßlich der Beisetzung der Mumien in Ansehung
ihrer amtlichen Tätigkeit erwähnt, und darum muß die Beisetzung innerhalb
ihres Amtsbezirkes erfolgt sein. Das gleichnamige Dorf Ombos (bei Kus)
im Gau von Apollinopolis parva 2 ) kann nicht in Frage kommen.
TOO öeTva OIKOVO^OU K T X . , Kai TUIV oiXXuuv öiaffnuiv, apiöfiiii x. Statt des
Ausdruckes KaSeaTaTai steht auch eniKaöeaTaTai (Nr. 15 u. 16) sowie
eGdnTeTai (Nr. 5). Statt des Zeitwortes findet man einmal (in Nr. 2) ctjro-
KctTacFTäcfeux; ("Wegsetzung), sonst aber gewöhnlich iacpri<;. Es bedeutet
Ta(pn „Mumienhülle" oder auch „Sarg" 1 ), ferner „Mumie" 2 ); aber in unseren
Ostraka gilt die auch sonst noch bezeugte3) Bedeutung „Begräbnis" oder
„Beisetzung", weil hier der Begriff Taqprjs jedesmal auf sämtliche Mumien
derselben Urkunde sich bezieht.
Die Sprache der Urkunden ist auffallend fehlerhaft. Sprachlich
fehlerfrei ist nur Nr. 7. Die übrigen Urkunden bieten ein buntes Bild
von Sprachverstößen. Statt des Genetivs steht zu Unrecht bald der Nomi-
nativ, bald der Dativ, bald der Akkusativ. Es steht öfter cruxrevoO statt
(Tuyt6V°öS) ferner (TTparriYÖv voiudpxr) statt (Tipon-moO Kai vopäpxou (Nr. 2), Tr|v
äXriv iepwv Zduwv statt TTIQ ä\\r\q emueXcic«; TOIV iepüuv Zwiuv (Nr. 8), ¿KECRAYIWS
statt eSotKocrias (Nr. 4) usw. Auch treten vielfach die orthographischen Formen
dieser Zeit hervor: es steht Ypcwairiaq statt Ypa^Maieia? (Nr. 2), emiueXriav
statt emineXetav (Nr. 2) usw.
Die Ursache jener Fehlerhaftigkeit, insbesondere der mangelhaften
Sprache, mag darin zu suchen sein, daß in dem stark südwärts gelegenen
Ombos trotz des dortigen Gymnasiums die griechische Sprache bei den
ägyptischen Priestern geringe Pflege gefunden hatte. Ägyptisches und
griechisches "Wesen standen sich wie Öl und "Wasser gegenüber; das Gym-
nasium in Ombos mag wie eine kleine weit vorgeschobene Insel griechischer
Eigenart inmitten fremden Wesens gestanden haben. Die Schreiber unserer
Urkunden haben die griechische Sprache im täglichen Verkehr wohl selten
angewendet. Aber wenn ihre Auftraggeber mehr Sinn für sprachliche
Ordnung gehabt hätten, so würden sie gewiß dafür gesorgt haben, daß
den unkundigen Schreibern fehlerfreie Entwürfe zum Abschreiben in die
Hände kamen; denn unsere Urkunden haben in Ansehung der Stätte, wo
sie niedergelegt wurden, und im Hinblick auf die feierliche Handlung des
Beisetzens der Mumien einen höheren "Wert, als die sonstigen für vorüber-
gehende Tagesbedürfnisse beschriebenen Ostraka.
Im Gegensatze zur Fehlerhaftigkeit der Sprache läßt die Schrift der
Urkunden erkennen, daß die Schreiber nicht nur geläufig griechisch
schreiben konnten, sondern auch in zahlreichen Fällen griechische Schrift
geschrieben haben müssen4).
') Preisigke, Sammelbuch 1268 (Mumientäfelchen): dnöbo? rr)v ra<pi>iv i? TTavulv rröXiv.
3 ) Paul M. Meyer, P. Giss. I 68, 7 Anm.
4 ) Über die griechischen Kenntnisse der ägyptischen Priester siehe Otto, Priester und
In der Urkunde Nr. 3 heißt es: "Erou? e, 0uju0 iq\ Tarife ißtuuv Kai
iepckwv Kai iri<v> a\<X>riv em|ae\(eiav) iepiiv Ciliv TOÜ b L KT\. Es fand also
im Monate Thoth des Regierungsjahres 5 eine Beisetzung der Ibisse und
Falken sowie die damit verbundene Fürsorge (ImneXeia) der heiligen Tiere
statt, und zwar für das R e g i e r u n g s j a h r 4. Daraus dürfen wir entnehmen,
daß die am Schlüsse dieser Urkunde genannte Zahl von 576 alle diejenigen
Ibisse und Falken umschließt, die im Laufe des Jahres 4 gestorben und ein-
balsamiert worden sind, sowie ferner, daß die Beisetzung nicht nur in diesem
einen Falle, sondern im allgemeinen alljährlich nur einmal geschah. Bei
dieser jährlichen Gelegenheit fand dann jedesmal eine gründliche Reinigung
der Hallen und Kammern des Grabbaues statt, wie aus den demotischen
Urkunden Nr. 25 und 26 zu entnehmen ist.
Als Überblick über die Beisetzungsurkunden möge zunächst die nach-
stehende Liste dienen. Die in dieser Liste nicht aufgeführten Urkunden
Nr. 6, 9, 11, 12, 14 und 19 bis 29 sind keine Beisetzungsurkunden, sondern,
- 29 -
— wie unten noch näher erörtert werden wird — Gedächtnisurkunden,
herrührend von Männern, die bei den Beisetzungen sich beteiligt haben.
Der xte
Nr. der Regierungs-
Monat und Tag Monat im Zahl der Tiere
Urkunde jahr
Jahre
1 2 8. Tybi 5 357
2 3 8. Phamenoth 7 1000
3 5 23. Thoth 1 576
4 6 6. Phamenoth 7 690 + 600
5 7 28. Epeiph 11 650
7 9 27. Hatliyr 3 1104
8 10 7. Thoth 1 1600
10 14 [•] Thoth 1 fehlt
13 16 18. Mesore 12 4507
15 22 7. Phamenoth 7 500
16 23 26. Tybi 5 1000
17 27 7. Mesore 12 750
18 28 24. Tybi 5 1000
Wie aas der Liste hervorgeht, sind die Beisetzungsmonate nicht immer
die nämlichen. Die Beisetzungen verteilen sich auf die einzelnen Monate
in nachstehender Weise:
Thoth 3 Phamenoth 3
Phaophi — Pharmuthi —
Hathyr 1 Pachons —
Choiak — Payni —
Tybi 3 Epeiph 1
Mecheir — Mesore 2
Nr. der
Art Jahr Monat und Tag Sprache
Urkunde
Beisetzungsurkunde _
Gedächtnisurkunde 23 5 25. Thoth demotisch
Beisetzungsurkunde — — — —
Nr. der
Art Jahr Monat u n d T a g Sprache
Urkunde
(1912) Nr. 1 S. 34 jetzt in der ägypt. Abtlg. der Kgl. Museen zu Berlin.
6 ) Über die Akzentuierung vgl. Wilcken, Archiv III S. 322.
3*
- 36 -
Thiasiten sind, die aber als Dorfbeamte vor den übrigen Thiasiten besonders
benannt werden. Wären sie bloße Helfer der Thiasiten, so würden sie,
wenn überhaupt, in der Inschrift an letzter Stelle stehen, nicht aber den
Thiasiten voraufgehen1). Wahrscheinlich ist der in der Inschrift genannte
Iirdpts der Obmann der Thiasiten, d. i. der dpxiöiacriTn?, und die Inschrift
ist eine Weihung seitens des gesamten eiacroq von Taposiris parva.
Daß der dpxiöiaffixris in Ombos sich jedesmal an den Beisetzungen
der Vogelmumien beteiligte, steht außer Frage, doch nur ein einziges Mal
treflen wir in unseren Urkunden den Titel äpxiöiacriTriq an (Urkunde Nr. 2).
Hier wird als Teilnehmer an der Beisetzungsfeier ein KaXXia? 'Epjiiou dpxt-
öiacriTr)? genannt. Dieser KaXXiag, Sohn des 'Ep|iiaq, erscheint auch in anderen
Urkunden unserer Sammlung. Zur Klarstellung seiner Person diene die
nachstehende Liste.
Nr. der
Jahr Name Titel
Urkunde
7 9 KaXXiou TOTTOFPOI(NNATEIJUQ)
Daß wir zwei oder gar drei Männer desselben Namens KaXXia? mit
demselben Yaternamen 'Epiuia? in diesen eng aufeinanderfolgenden Jahren
vor uns haben sollten, von denen der eine ein -toTro-fpawaaTeü?, der andere
ein äpxi0ia<riTris, der dritte ein Trpocmhris wäre, ist nicht glaubhaft. W i r
sahen oben, daß Staatsbeamte zugleich Thiasiten sind, und so wird unser
KaXXiaq die Ämter eines TOTro-fpafifiareü? und KtufiOYP<waTeu<; sowie eines
dpxiöiaa'urii; und eines npocrrdiriq TOU 'Ep|iou gleichzeitig bekleiden. Auffallend
ist freilich, daß in Nr. 4 zweimal, sowohl in Z. 5 als auch in Z. 8, ein
KaXXias TOU 'Epjaiou genannt wird; bei der großen Gedankenlosigkeit des
Schreibers kann-man aber an versehentliche Wiederholung denken.
Die erste Rolle im Graue und daher auch in unseren Urkunden spielt der
orpaxriYog2). Zu Beginn der Ptolemäerzeit ist dei Stratege ein Offizier, dem
der Oberbefehl über eine größere Truppenmacht, die im Kriege beweglich
ist, im Frieden aber irgendwo ihre Standorte hat, zugewiesen worden ist. Er
ist also von Hause aus kommandierender General. In frühptolemäischer
Zeit besaß Ägypten auswärtige Provinzen, an deren Spitze je ein Stratege
stand. Politische Gründe und andere Zweckmäßigkeitsgründe machten es
nötig, diesen auswärtigen Strategen auch zum Oberhaupt der gesamten
Z i v i l v e r w a l t u n g seiner Provinz zu machen3). In Ägypten selbst, wo
die Ptolemäer als fremde Eroberer einer einheimischen Bevölkerung gegen-
überstanden, führten die Verhältnisse ebenfalls frühzeitig dazu, demjenigen
Strategen, welcher die stehende Truppenmacht eines Gaues oder eines aus
mehreren Gauen4) gebildeten Bezirkes befehligte, innerhalb dieses Bezirkes
auch die gesamte Zivilverwaltung zu unterstellen. Außerdem begegnen uns
allerdings auch im Stammlande Ägypten gelegentlich Strategen, die an
der Spitze beweglicher Truppenteile zur Ausführung von Sonderaufträgen
stehen5), die also mit einer Zivilverwaltung nichts zu tun haben6).
Die Gaustrategen waren mit Steuersachen7), Polizeisachen8), Gerichts-
«) In der Inschrift Strack, Archiv III S. 131 -Nr. 8 = Preisigke, Sammelbuch 4211,
wird der Vorsteher der 'EaefXlß'moi aùvvoboç in Soknopaiu Nesos im Faijum als a u v a f u j t ô ç
bezeichnet. Vgl. zur Sache auch Poland, Geschichte des griech. Vereinswesens S. 342.
2 ) Zusammenstellung der älteren Literatur bei Taubenschlag. Archiv IV S. 2 Anm. 1.
Vgl. außerdem Martin, Les épistratèges S. 23 ff. ; Lesquier, Les Institutions militaires de
l'Égypte sous les Lagides S. 69 ff.; Wilcken, Grundzüge S. 11.
s ) Vgl. Cohen, De magistratibus Aegyptiis externas Lagidärum regni provincias ad-
ministrantibus S. 18 ff.
4 ) Gerhard, Philol. 1905 S. 555.
5 ) Vgl. Dittenberger, Or. gr. inscr. I 82 : Aixaç TTùppou ÂKapvàv axpaTrifàç àuoaraXeiç
1 2 Mevdvbpou (TTpaTHYOu
7 9 Toxoeoui; (TTpaTri(You)
8 10 TTaiXaiou cruYYfvou Kai crrpaTrjYou
13 16 TTeXaiou vo|adp(xou)
14 16 TTeXaia? ohne Titel
15 22 TTeXaiou TOU öTpaTr)Yoö
16 23 TTeXai(ou) CTTpa(TilYOU)
17 27 TTeXaio(u) (TTpa(TriYoö)
18 28 TTeXaiai (TuvYevei Kai OTpaTnYwi Kai ¿Tri TUIV irpoaobujv
TOU '0|LlßiTOU
Wie die Liste zeigt, ist zwischen Jahr 2 und Jahr 3 Mevavbpo? durch
TTeXaia«; ersetzt worden. In Urkunde Nr. 7 ist Totoeouq aTpaTrt(-fou) offen-
sichtlich ein Schreibfehler; es muß entweder TTeXaiou arpaTriYou heißen, oder
Totoeoui; TOTrorpannaiews, da in Urkunde Nr. 1 ein Toxoeus als TOTtoTpamna-
T€ug vorkommt. Letztere Möglichkeit ist aber unwahrscheinlich, weil dann
in Urkunde Nr. 7 der Stratege überhaupt fehlen würde, und weil zu dieser
Zeit der TOTTOYpawuaTeuq anders heißt (vgl. die Liste auf S. 36).
TTeXaia? ist vom Jahre 3 bis zum Jähre 28 als Stratege des ombitischen
Gaues bezeugt, d. i. von März 78 bis Januar 53 v. Chr., mithin für 25
hintereinanderfolgende J a h r e . Daß Strategen mehrere Jahre im Amte
sein konnten, wußten wir schon bisher, denn es ist ein BöriGog als ffu-fTevri?
xai ¿marpcn-riTO? Kai crrpaTriYÖq Trjs Grißaibog von 135 bis 129 v. Chr., also
für etwa sechs Jahre bezeugt3), ferner ein 'Ep^ia? (xxpaTriYÖs Kai vojuäpxn?
in Diospolis Magna von 125/4 v. Chr. bis 117/6 v. Chr., also für rund
wesen sein, und dieser Umstand mag die Ptolemäer bestimmt haben, den
Nomarchen beizubehalten; allerdings geschah dies in der Weise, daß er
dem Graustrategen unterstellt wurde1).
Der ptolemäische Nomarch 2 ) tritt uns im Faijum häufig entgegen;
außerhalb des Faijum kennen wir ihn nur aus der Thebais. Das ist natür-
lich nur auf die Zufälligkeit der Funde zurückzuführen. Was das F a i j u m
betrifft, das unter allen Gauen wegen seiner Größe und Fruchtbarkeit einen
hervorragenden Rang einnimmt, so ist die Beamtenorganisation hier mehr-
fach eine andere, wie in den übrigen Gauen. Das gilt auch für die Noraarchen,
denn es begegnen uns hier mehrere Nomarchen zu gleicher Zeit; für das
3. Jahrh. v. Chr. sind sieben bezeugt3), deren jeder einen bestimmten Be-
zirk des Gaues (voiuapxia) unter sich hat. Daneben ist uns aber ein vofidpxn?
TOU ÄpcrivoiTou bezeugt4), und zwar aus derselben Zeit; daraus folgt, daß
wir den G a u n o m a r c h e n , dessen Sprengel den ganzen Gau umfaßt, von
dem B e z i r k s n o m a r c h e n zu unterscheiden haben; im Amtstitel selber
kommt dieser Unterschied nicht weiter zum Ausdruck. Die Bezirks-
nomarchen sind dem Gaunomarchen unterstellt.
In Faijum sehen wir die Bezirksnomarchen beschäftigt mit Damm-
und Kanalarbeiten zur Hebung der Landwirtschaft 5 ), mit Aussaatarbeiten
für die Staatsdomänen6), während der Gaunomarch für den Bereich des
Gaues alljährlich eine Liste darüber aufstellt, wieviel Acker mit Weizen,
wieviel mit Gerste, mit Linsen, Bohnen usw. besäet worden sind7); außer-
dem hat der Gaunomarch mit Verpachtung und Verwaltung des öffent-
lichen Ackerlandes (ßacn\tK»i Yn) zu tun8). Alles in allem erstreckte sich
also das faijumische Nomarchenressort auf die L a n d w i r t s c h a f t 9 ) , ins-
besondere auf die S t a a t s d o m ä n e n , und zwar mit dem Nebenzwecke, die
aus landwirtschaftlichen Betrieben fließenden Steuerquellen zu sichern und
Diod. I 54.
') Preisigke, Girowesen S. 256 ff.
s ) Grenfell u. Hunt, P. Teb. I S. 213. Wilcken, Grundzüge S. 11.
- 43 —
fehlt; denn es ist ganz unwahrscheinlich, daß etwa vom Jahre 22 ab (siehe
die Liste auf S. 38) die Vereinigung aufgehoben gewesen sein sollte, etwa
unter Einsetzung eines besonderen Gaunomarchen. Auch in den übrigen
Urkunden wird ja dem Pelaias der Nomarchentitel vom Schreiber bald
gegeben, bald nicht gegeben.
In Urkunde Nr. 18 vom Jahre 28 führt Pelaias die Titel CRXPATNYOS KCU
¿ M TÜUV TTpoaööuuv TOU ' O U ß I T O U . Daraus folgt, daß Pelaias das Amt eines
¿TTI TÜJV irpocrobwv neben dem Strategenamte verwaltete, und daß das Amt
des em TUIV rcpocroöujv, gleichwie das Strategenamt, den gesamten Gau um-
faßte. Zunächst müssen wir, um möglichst Klarheit zu gewinnen, mehrere
Stufen des em TUIV irpotTobwv unterscheiden.
Für die Thebais ist ein e m TUIV Trpooobujv bezeugt, dessen Sprengel
die ganze Thebais, also alle Gaue Oberägyptens, umfaßte; er führt
den Amtstitel o ¿m TUIV KÖTOI xr)v Qrißaiba (BGU. 992 vom Jahre 167 v. Chr.),
wobei Ttpoaöbujv zu ergänzen ist 1 ). Daß hier wirklich die ganze Thebais
gemeint ist, zeigt die Erwähnung des gleichzeitig wirkenden ßacnXiKöq
TpanfiaTeu?, der ebenfalls für die ganze Thebais bestellt ist; des
letzteren Titel lautet zweimal (Kol. I Z. 4 u. 11) 6 ßacnXixöi; YpaMHotTeuq Tfjg
0r)ßaibo?. Ein über die ganze Thebais gesetzter em TWV npocröbtuv muß es
auch sein, der in P. Amh. II 31 (112 v. Chr.) vorkommt; sein Amtstitel
lautet hier zwar nur (Z. 2) 6 e m TUIV irpoaöbuuv (also ohne Beisatz Kaiot TT)V
Grißaiba o. ä.), aber da er in seiner Anweisung an die Staatskasse sagt
(Z. 5): emßaWovTei; eis T Ö V TTaöupiTriv bieTremjjdiueöa TOU? irap' rpwv ei? Tai;
TOiiapxia«; crxe9r|cro|uevou<; xfiq eicTaYWffis TUIV öcpetXonevujv Ttpog x e xrjv (TixiKriv
nicr9uucriv Kai xr|v äpTupiKr)v irpocrobov, so folgt daraus, daß er nicht em xüuv
upoffobujv des pathyritischen Gaues2) sein kann, denn seine Dienstreise
zwecks Ausführung von Revisionen führt ihn erst in diesen Gau hinein3).
Sein Sprengel muß also mehrere Gaue umfaßt haben, er wird eben ¿ni
TUIV Trpocyöbuiv TFJG önßaibog gewesen sein.
dem Gaustrategen, ein 'Epniaq TUJV em TUJV irpocrobiuv genannt, der natürlich
als U n t e r g e b e n e r des Gau-eiri T U I V trpocröbujv aufzufassen ist. Der
ombitische Gau zerfiel wohl in zwei Unterbezirke (avuu und KOTUU) für dieses
') Wilcken, Archiv II S. 387.
*) So Paul M. Meyer, Festschrift Hirschfeld S. 133.
3) Der TraOupkri? war in dieser Zeit ein selbständiger Gau (Gerhard, Philol. 1905 S. 523).
— 44 —
Ressort. Tatsächlich erscheint in unseren Ostraka noch ein zweiter Bezirks-
¿m twv TTpocrööujv, namens TTop0u>Tr|s, nämlich in Urkunde Nr. 2, woselbst statt
TTop0ujTr]<; Kai ¿tti twv Trpoaöbujv offenbar zu lesen ist: Kai TTopöibrnq eiri tuiv
TTpoCTööajv; ferner in Urkunde Nr. 4, wo beide eiti tuiv Trpoaobuuv anscheinend
zusammen genannt werden: erri 'Ep^iou tou KaXXiou Kai « K a i > TTop0uiTou <tuiv>
Im tuiv Trpoffobuuv. In Nr. 13 ist TTopTtis toü 'Epiuiou tujv ¿Tri toiv Trpoffoöwv
ein Rätsel; vielleicht liegt Yerschreibung vor, und es ist, unter Streichung
des TTopiris, zu lesen: 'Epjiiou <tou KaXXiou> Kai TTopöiurou tuiv ¿tti toiv irpoaobuiv
Kai oikov6(hu)v (vgl. Anm. zu Nr. 13).
Nachstehende Liste gibt eine Übersicht über die beiden Bezirks-£m
tuiv TTpoaobwv, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der übrigen von ihnen
getragenen Amtstitel.
KaXXiou okovo(nou)
2
'Epiuiou OlKOfvOflOu)
'Epjiiou t o ö KaXXiou | erri tujv Trpocrobuuv Kai ßacriXiK(fiq)
3
Kai TTop9d)xriq j fpanMarnaq Kai tuiv aXXwv eibuiv
'Ep)uiou
5 J tujv eiri tujv Trpotxobuuv
Kai TTop0uj(Tou)
'Epiaiou t o ö KaXXiou | ¿Tri tujv Trpoaöbwv Kai ßacriXiKu»
6
Kai TTopGuJTou j fpam^arei
'Epniou t o ö KaXXiou 01K0V0H0U
7
Kai TTopGuJTou fehlt
9 'Epfiiou 01K0(V0|L10U)
'Epiaiou t o u KaXXiou OlKOVÖ|LlOU
10
Kai TTopöuiTri fehlt
14 'Epniou t o u KaXXiou ¿TT(i) TUIV TTpOCTÖbUIV TOU 'OjLtßlTOU
TTöpiriq t o ö 'Epjatou tuiv eiri tujv trpoffobujv Kai oiKov6|iou
16
Kai TTopGumis fehlt
'Epniou fehlt
22
TTop8u)Tou fehlt
'Epfiiou fehlt
23
Kai TTopöuiTOu fehlt
27 'Epfiiou KaXXiou TUIV ¿Tri TUIV TTpOÖ'Öb(u)v)
'Epfiiou KaXXiou ¿Tri tuiv Tipoffobujv Kai ßamXiKuiv
28 fpamaaTeuJV Kai x'P'^l^oö
Kai TTop0umiv fehlt
— 45 —
') In ptolemäischer Zeit gibt es in Faijum nur einen einzigen Strategen (Grenfell und
Hunt, P. Teb. II S. 351); der Strategentitel lautet daher regelmäßig nur örparriTÖ?, ohne
weiteren Beisatz (vgl. P. Teb. I Index). Die zwei Strategenbezirke des Faijum sind eine
Schöpfung der Römer. Die bekannte Einteilung in |aepi&e; bestand aber schon in ptolemä-
ischer Zeit (P. Petr. III 128).
2
) P. Amh. II 35,2 (132 v. Chr.); P. Teb. I 61 b, 362; 72, 359.
3
) P. Teb. I 72, 25 (um 113 v. Chr.).
4
) Wilcken, Grundzüge S. 149, sagt nur allgemein, daß sich die Kompetenz des ¿TU
T U I V irpocjöbtuv auf den einzelnen Gau beschränkt.
— 46 -
der eine dem andern u n t e r g e o r d n e t war, so erklärt sich auch der Vorgang
in P. Teb. 127 leichter: derFinanzminister (òiotKryrriq) schreibt zuerst an 'Epniav
TÒV è™ TUJV Tipocróòajv, d. h. an den Gaubeamten, sodann sendet er eine Ab-
Das Amt des Gau-èm TUIV Trpocróòuuv war auch im Herakleopolites, wie
BGU. 1187 aus spätptolemäischer Zeit (1. Jahrh. v. Chr.) zeigt, mit dem Gau-
strategenamte verbunden. In frührömischer Zeit treffen wir das Amt des Gau-
ÈTTÌ TUJV Trpocróòwv noch an, jedesmal wieder verbunden mit dem Gaustrate-
') BGU. 992 = Wilcken, Chrestom. 162 = Preisigke, Erbstreit aus dem ptolem. Ägypten
S. 31 (162 v. Chr.); P. Teb. I 72, 26 (um 113 v. Chr.).
s
) P. Amh. II 31 = Wilcken, Chrestom. 161 (112 v. Chr.).
») P. Teb. I 61 b, 363 (um 118 v. Chr.).
*) P. Teb. 5, 88 (118 v. Chr.).
6
) P. Teb. I 72, 241 (114 v. Chr.).
e
) P. Teb. I 27, 22 = Wilcken, Chrestom. 331 (113 v. Chr.).
') Wilcken, Grundzüge S. 181.
— 47 —
genamte, z. B. BGU. 1188 (15/14 v. Chr.), aus dem Herakleopolites : 'Hpa>deiòr|i
< R [ T P A ] T R I T I L ' I K A I erri T U I V T T P O C T Ó Ò U J V ; ferner BGU. 1189 (um 1 v. Chr.), ebenfalls
tri? èv TÜJI Xò (ètei) UTTÒ <t>aviou TOU Ye v O|uévou CTTpairitoO Kaì è m TUÙ[V] irpoaóòujv
[ . . ] . [ . ] . . QI.p . . . ou « U » [JUTTUTTU . . . . ] ] Xapam[ujvli ATTOXXUJVÌOU (òipoupai) K, UIV
NV àvà ò L f iß' <jeß' KTX.Phanias ist jetzt, im Jahre 53, nicht mehr im
Amte, er war es aber im Jahre 34 (137/6 v. Chr.), daher wird er jetzt als
Tevó^evo? bezeichnet, und wir müssen übersetzen: „durch Phanias, der da-
mals crrpaTnYoq und èirì T U J V i r p o c r ó ò u j v war". Ein anderer Papyrus, P. Teb.
I 72, stammt vom Jahre 4 des Soter II (1Ì4I3 v. Chr.) und ist ebenfalls
eine landwirtschaftliche Liste aus Kerkeosiris, mit Berichten über Verhält-
nisse früherer Jahre; der Text beider Papyri stimmt, wie die Herausgeber
Grenfell und Hunt näher ausgeführt haben, vielfach wörtlich überein. Teb.
I 72, 205 ff. lautet: T H ? i m o <T>aviou T O O V O N A P X R I C R A V T O S èv TUJI Xò ( I R E I ) Zaparriaivi
Alles in allem gewinnt es also den Anschein, daß man seit Euergetes II
den Titel vonapxns in E N I TUIV irpoaobijuv amtlicherseits abgeändert habe, ohne
dabei das zuständige Ressort irgendwie abzuändern; im landläufigen Sprach-
gebrauche mag dann der altehrwürdige Nomarchentitel gleichwohl noch
lange fortgelebt haben. Der Grund für die Titeländerung könnte darin
gefunden werden, daß der Nomarch, seitdem ihm der ptolemäische Gau-
stratege übergeordnet worden war, nicht mehr diejenige Tätigkeit ausübte,
die seinem Titel von Hause aus entsprach. Die Beschränkung seiner Tätig-
keit auf Landwirtschaft, Domänen und Steuern kam besser in dem neuen
Titel erri TÜUV Ttpocröbujv zum Ausdruck. Immerhin muß die Gleichsetzung
eine bloße Wahrscheinlichheit bleiben, bis wir Urkunden erhalten, die in
der Frage größere Sicherheit bieten.
Stelle stehende Zusatz Kai TUIV ÖXXUJV eibdiv deutet an, daß beide Männer
noch ein drittes und wohl auch ein viertes Amt führen; das dritte und
vierte Amt wäre das Amt des OIKOVOIUO? und des ¿TU TOÜ X£>P>OMOU (vgl. Nr. 13
u. 18). Über diese beiden Ämter siehe Abschnitte 11 und 12.
Wenn ein Bezirks-^m TWV npocrobijuv, also ein Beamter für einen
Unterteil des Gaues, zugleich ßacnXiKÖq TpamnaTtu? ist, so kann der
Sprengel dieses ßacriXiKÖ«; YP<waTei><; nicht der ganze Gau sein, es muß
vielmehr angenommen werden, daß der Sprengel dieses ßaffiXiKÖ? Ypawuaieü«;
mit dem Sprengel des Bezirks-em TÜUV Trpoaöbwv zusammenfällt.
Wir haben demnach den ßacriXiKÖs YP<waTeus in der Thebais nach
- 51 -
drei R a n g s t u f e n zu unterscheiden: für die ganze Thebais (vgl. oben
S. 43), für den Gau und für die Gaubezirke. Das entspricht genau den
drei Rangstufen des ¿ M TUJV i r p o a ö b u u v : für die ganze Thebais (vgl. oben
S. 43), für den Gau und für die Gaubezirke (vgl. ebenfalls S. 43). Wenn,
wie ich vermute, der Nomarch gleichbedeutend ist mit dem ¿TRI TUIV TTPOCTO&UJV,
muß die Dreiteilung auch für den Nomarchen bestanden haben; einen An-
klang daran fanden wir im Faijum (S. 41), wo die Bezirksnomarchen von
dem Gaunomarchen zu unterscheiden sind.
Sollte jenes TOIV in Nr. 3 richtig sein, sodaß man also zu lesen hat:
<£TTI> ' E p n i o u xai T T O P 0 U J ( T O U ) TOIV 4TU TOIV TTpotrobiuv (vgl. S. 4 5 ) , so betrug
die Zahl der Bezirke für die Bezirks-eni TOIV TTPOCFÖÖWV im Ombites zwei.
Dieselbe Zweizahl hat man sinngemäß auch für die Bezirks-ßacriXiKoi rpan-
HcneTi; daselbst anzunehmen. Vielleicht sind das eben die TOTrapxiai, unter-
schieden nach avuj und KCITUU.
Man könnte gegen die Zweizahl der Bezirke einwenden, daß Hermias
und Porthotes paarweise amtiert haben können, und zwar in der Weise,
daß sie beide gemeinsam denselben Sprengel innehatten. Unmöglich ist
das nicht, indessen müßte dieser Sprengel immer noch ein Unterteil des
Gaues bleiben, also etwa derjenige Unterteil, der die Stadt Ombos in sich
schließt. Ein paarweises Amtieren von ßacriXiKoi r p a m i a T e i ? ist gelegent-
lich bezeugt, und zwar für den Hermopolites durch P. Rein. 19 = Mitteis,
Chrestom. 27 (108 v. Chr.); ihr Sprengel ist in diesem Falle vermutlich der
ganze Gau. Im Faijum ist für den gesamten Gau im 3. Jahrhundert nur
ein einziger ßamXiKoc; fpaw^aTeü? bezeugt1); im 2. Jahrhundert v.Chr. haben
daselbst die Oenicrrou Kai TToXenwvos jiepiq und ebenso die 'HpaKXeiöou n e p i ?
je ihren besonderen ßacriXiKÖ? YpannaTetiq gehabt2). Die Organisation wird
nach Ort und Zeit Schwankungen unterworfen gewesen sein.
Die Dienstgeschäfte des ßacriXiKÖq TpamuaTeu? sind jüngst eingehend
behandelt worden von Biedermann, Studien zur ägyptischen Yerwaltungs-
geschichte in ptolemäisch-römischer Zeit (Der ßamXiKÖq Y p t w a r e u q ) S. 22 ff.
Es genügt hier, auf diese Studie zu verweisen3). Hervorheben möchte ich
nur noch, daß sich die Dienstgeschäfte des ßacnXiKÖ? - f P < w a i e u q und
diejenigen des e m TUIV Ttpocrobuiv mehrfach stark berühren. In Teb. I 5 ,
88 (118 v. Chr.) verordnet der König, daß die crrpairiToi, die E M TOIV i r p o -
aobwv und die ßacriXiKoi TpaMMaiet^ für richtige Maßgefäße zu sorgen
haben; in BGU. 992 (167 v. Chr.) genehmigt der ¿ m TUIV Ttpocxo&ujv einen
Erbpachtkauf, und diese Genehmigung wird vom ßamXiKÖq rpannaTeüs
öfter, daß die antike und auch die ägyptische Staatskunst zur Erledigung
wichtiger Angelegenheiten zwei Beamte bestellte, deren einer den andern
zu prüfen hatte.3) So ist es auch hier. Der erri TUIV irpoffobuiv trifft Ent-
scheidungen oder Entschließungen, die der ßacriXiKÖs TpaMMareu? vei antwort-
lich gegenzeichnen muß. Außerdem aber liegt ein Unterschied in der
Tätigkeit beider Beamten darin, daß die Sorge des em TUJV Trpoaööujv
sich vornehmlich darauf richtet, die Domänenwirtschaft auf eine möglichst
hohe Stufe zu bringen, um einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen4),
während der ßamXiKÖq Yp<wareij<; in der Hauptsache dafür sorgt, daß der
Nutzen in voller Höhe dem Staate auch wirklich zugute kommt. Der
e m TUJV Ttpocrobuuv sorgt mehr für das Soll, der ßacnXiKÖ? YPAW-IATEÜQ mehr
für das Ist des Ertrages. Darum ist auch der ßaciXiKÖq Ypam^areii? Yor-
steher des Gau-Katasteramtes 5 ), wo die Rechte, aber auch die Pflichten
der Besitzer festgelegt sind, und ferner Yorsteher der Gau-Rechen-
kammer 6 ); darum führt er alle die Bücher und Listen, welche als Unter-
lage für die Hebung der Steuern und alle sonstigen Staatseinnahmen
dienen7).
Da Hermias und Porthotes, wie wir sahen, Bezirks-ßacnXiKoi xpawua-
xels sind, so fällt auf, daß der Gau-ßamXiKÖq TPannateO«;, der doch sonst
eine hervorragende Rolle im Graue spielt, in unseren Urkunden fehlt. Die
Erklärung wird in dem Umstände zu suchen sein, daß, gleichwie Hermias
und Porthotes als Bezirks-em TUIV Ttpocröbujv zugleich Bezirks-ßacnXixoi fpct|LI-
LIAREIC; sind, so auch der Stratege Pelaias nicht nur G a u - E M TUJV npoaööujv
(S. 43), sondern auch zugleich Gau-ßacriXiKÖ? TpaMMaTeu? ist. In dem land-
wirtschaftlich nicht hervorragenden ombitischen Gaue wird eine solche
Amtervereinigung von oben nach unten durchführbar gewesen sein.
Es gibt einen OIKOVOHO«; TOU ßouxiXeuj«;, einen OIKOVOIAOQ TOÖ voiuoö, einen
OIKOVO|AO5 TFIQ NEPIBOS, einen OIKOVOHO? TRJQ XOTRAPXIAQ8), einen OIKOVOHOI; THS
Trpöq TTII oiKovofiiai TUÜV (TiTiKuiv xoö TTaOupiTou. Solche Geld- und Getreide-
oiKovo|ioi gab es auch in den fiepiöe? des Faijum 9 ). Hier sind beide Beamte
Gaubeamte. Der Titel o -rrpöc; Trji oiKOvofiiai ist gleichbedeutend mit O I ' K O -
vo|ioq10). Darnach hat der oiKovöiioq auch mit Einziehung der Geld- und
Fruchtabgaben Befassung, wie überhaupt mit der Einziehung und Abfüh-
rung aller Staatseinnahmen11).
Eine Schwierigkeit erwächst insofern, als, wie oben (S. 46) erörtert
wurde, auch der eni TWV Trpocrööwv mit der Steuererhebung, mindestens der
Fruchtsteuererhebung, Befassung hat. Diese Schwierigkeit ließe sich dadurch
heben, daß man sagt, der ¿ M TU>V irpocrobuuv sei der Vorgesetzte12) des ofcov6|uo<;,
beider Ressort fließe daher zusammen, denn im P. Teb. I 27, 20 (113 v. Chr.)
wird der eni T Ü J V Ttpocröbujv angewiesen, geeignete Kräfte für die oiKovoiuiat
*) Vgl. im allgemeinen Wilcken, Grundzüge S. 150 ff.; Maspero, Les finances S. 186 f.;
Steiner, Der Fiskus der Ptolemäer S. 10 ff.
*) Papyrus Archiv II S. 519 = Wilcken, Chrestom. 167 (131 v. Chr.).
3 ) P. Teb. I 39, 11 (114 v. Chr.).
4 ) P. Teb. I 61b, 22 (um 118 v. Chr.); Theb. Bank I, 11 (um 130 v. Chr.).
6 ) BGU. 993 Kol. IV, 2 (127 v. Chr.); vgl. Preisigke, Girowesen S. 245.
") Vgl. Dittenberger, Orientis gr. inscr. I 177 (um 96 v. Chr.): ÄuoXXibvio? 'Icrxupiwvot;
FPA|I|aaT6uuuv TTavraXiovTi TUJV 6^OT1|UU)V TOI? mrffgvim Kai okovömjui A M K W V J Tf|<; 'Hpa-
KXeibou nepiboi;. Vgl. auch I 179 = Wilcken, Chrestom. 168 (95 v. Chr.).
10 ) Wilcken, Grundzüge S. 151.
u ) Vgl. die Zusammenstellungen von Steiner, Der Fiskus der Ptolemäer S. 14 ff.
l s ) Steiner, a. a. O. S. 36, bezeichnet den im Ttiiv upotröbtuv als den Vorgesetzten des
den xeiptffnös der Tempel nachzuprüfen, d. h. die von den Priestern laufend
zu führende Ubersicht über ihre Tätigkeit, den Verwaltungsnachweis 2 ),
wobei auch festzustellen war, ob die Angaben der Bücher mit den Tatsachen
übereinstimmten. So ist auch die von Wessely, Karanis S. 58, aus einem
Papyrus Rainer Nr. 90 zitierte Ypaqpn iepeuiv Kai x'P^MoO ein Rechenschafts-
bericht über den Personalbestand und über die Tätigkeit der Priester.
Das im Tempel geführte Geschäftsbuch, welches die Unterlage für die
an die Regierung alljährlich abgesandte Tpaqpn bildet, heißt in dem von
Wessely, Karanis S. 61, zitierten Papyrus Rainer Nr. 111: Xöroc; xeipicruoö
0ect(q) Necppfewmboq].
Von der Diensttätigkeit der Steuererheber handelt BGU. I 121, 8 =
Wilcken, Chrestom. 184 (194 n. Chr.): abgeliefert an die Regierungshaupt-
kasse hat am 15. Pharmuthi Äpicrribris [ ] Tu(|ivacriapxncra?) d-rrö x'P'^oö
ß" e£a(mivou) ß (froug) soundsoviel Geld. Das ]} gehört zu e£ct|itivou und ist
durch beurepou aufzulösen; es „liefert der gewesene Gymnasiarch Aristides,
herrührend von seiner D i e n s t t ä t i g k e i t (als Steuererheber), und zwar für
das zweite Halbjahr des Jahres 2, das Geld ab"1).
Es ist also xeipicruög die „Geschäftstätigkeit", und XÖTO? x^P'^M00 oder
Tpacpn xeiPlö"M°ö das „Geschäftsbuch" oder der „Tätigkeitsbericht". Ab-
gekürzt wird dann auch xeip'^uö? allein im Sinne von „Geschäftsbericht"
angewendet. Das zeigt BGU. 296 (um 220 n. Chr.). Hier sendet die
Priesterschaft an die Staatsbehörde mit Begleitbericht die Tpacpn tepeuuv Kai
xeipi(T)uoO ab (Z. 16)2), und der Empfänger bescheinigt den Empfang mit
den Worten (Z. 20): [ecrxov TÖV npoK(ei^evov)] x^ipiffnöv TOO t (eTouq).
Auch schon in ptolemäischer Zeit bedeutet x^P^o? die „Diensttätig-
keit". So heißt es inP. Goodsp. 7, 18 (um 119 v. Chr.): Trpös xouq xiPI^oi'<i;>
TUJV N E X P I TOÖ v (£TOU<;) atToXoTujv XonrofpaqpoövTfai] eiq <T>[aju]evw6 xou vß ( I T O U I ; ) ,
d. i. „zu Lasten der Diensttätigkeit der bis zum Jahre 50 im Amte ge-
wesenen Speicherdirektoren werden als Restschuld überschrieben auf den
Monat Phamenoth des Jahres 52 soundsoviel Drachmen".
Wir sehen, daß der Begriff xeipiff.uös auf j e d w e d e s S t a a t s g e s c h ä f t
angewendet werden kann, auf die Tätigkeit der Speicherdirektoren eben-
sogut, wie auf diejenige der Steuererheber oder Priesterschaften. Wenn
in BGU. 8 Kol. II, 29 = Wilcken, Chrestom. 170 (248 n. Chr.) das Ver-
mögen eines vauicXripou TOÖ TFJS Neaq TTöXeuu? x^P'ö'Moö XP€[wcrro]u TO[0 i f e p u u T a -
[T]OU xaiueiou festgestellt werden soll, so handelt es sich um einen vauicXripog
TOÖ xeiP'tfMoü von Neapolis (in Alexandrien), also um einen SchifFskapitän
derjenigen „Geschäftstätigkeit" oder „Verwaltungstätigkeit", die in den
großen Staatskornspeichern zu Alexandrien ausgeübt wird, d. h. um einen
Kapitän im Dienste der alexandrinischen Kornspeicherverwaltung3).
Auch in P. Giss. I 11, 11 = Wilcken, Chrestom. 444 (118 n. Chr.):
ei lff
eiepcrreOeiv TOU TUJV Kußepvri^tuv), bedeutet X P M0S die Geschäfts-
tätigkeit, denn diese Stelle ist zu übersetzen „das Priesteramt ausüben für
den Bereich der Geschäfts- oder Arbeitstätigkeit der KußepvrVrai". Das ist
also ein Priesteramt (Vereinspriesteramt?) für eine geschlossene Gruppe
^ Ähnlich BGU. I 81,13 (um 189 v. Chr.): iliv xeipwiuou Oüpcrou, „und zwar her-
rührend von der Tätigkeit (Steuerhebearbeit) des Ursos"; ebenso Z. 19.
2
) Vgl. Preisigke, Berichtigungsliste.
3
) Wilcken, Grundzüge S. 369.
- 57 —
von Kapitänen (und deren Untergebenen), und diese Gruppe wird durch
den xeipiffMöq (Tätigkeitsgebiet) begrenzt1).
Wenngleich wir somit über den Begriff xe<P«T|uöq und sein verschieden-
artiges Yerwendungsgebiet im klaren sind, so muß uns dennoch der xeipicr^o?
in unserem Ostrakon Nr. 18 eine Unklarheit bleiben, weil keinerlei Anhalt
besteht, die Geschäftstätigkeit desselben zu erkennen. Ich habe < E I R I T O 0 >
XipicinoO ergänzt, weil der Genetiv allein keinen Beamtentitel dar-
stellen kann.
Nicht zu verwechseln mit Hermias, dem Sohne des Kallias, ist Kallias,
Sohn des Hermias (vgl. die Liste auf S. 36). Letzterer ist ToiroYP<waTeü<;
(Nr. 4; 5; 7; 13). Yorgänger des Kallias im Amte eines ToiroYpannaTeü«;
war nach Nr. 1 im Jahre 2 ein gewisser Toioeög. Auffallend ist, daß der
Name Toioeu? nochmals in Nr. 7 erscheint, und zwar mit dem Amtstitel
(TTpaTnTÖq. Daß 'das nicht richtig sein kann, ist bereits oben (S. 38) aus-
einandergesetzt worden; ebendort ist aber auch hervorgehoben, daß der
ToToeus der Urkunde Nr. 7 vom Jahre 9 auch nicht gut ToiroYpa|umxTeu<;,
wie der gleichnamige Toxoeuq in Nr. 1, sein kann, weil seit dem Jahre 6
jener Kallias als TOTTOYpaiu|uaTeü<; bezeugt ist. Die Unstimmigkeit ist nicht
aufzuklären.
In Urkunde Nr. 13 wird dieser Kallias nicht bloß als TOTTOYP<waTeu<;,
sondern auch als KwiaoYpamuareüi; bezeichnet. Es ist anzunehmen, daß Kallias
auch schon in den voraufgehenden Jahren KuufioYpawuaTeus war, daß der
Schreiber dieses zweite Amt also versehentlich oder absichtlich ausgelassen
hat. In Nr. 18 erscheint derselbe Kallias nur als KwnoYpcinfioiTeüg, unter
Fortlassung des Titels TcmoYpa|unaTeu<;. Ein KaX\ia? 'Epiuiou wird dann noch
ohne jeden Titel genannt in Nr. 3, 4 (Z. 8), 11 und 14. Ob das ein zweiter
KaWia? 'Epfiiou ist, bleibt zweifelhaft, zumal in Nr. 4 neben dem titellosen
KaXXia? 'Ep.uiou noch der TOTTOYpaynaTeug desselben Namens erscheint.
Der TOTTOYpamuctTeui; und der KuunoYpamuaTeug gehören der alten
politischen D r e i t e i l u n g des Landes in vo^ioi, Tonapxiai und kui^cu an; den
TOTtapxou und mifiäpxai stehen die TOTTOYpamactTeT«; und Kiu|uoYpa|unaTeT<; zur Seite.
Seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. treten die Torcäpxai und Kwiudpxai hinter
die TOTTOYpct|i|!aTf.i(; und KUJ|aoYpa(iaTei? zurück2). Der TOTroYpawuaxeüs ist Yor-
') Der Herausgeber, Paul M. Meyer, erklärt a. a. 0. den x6lPl<IlL1°S als „Verband",
„Gewerkschaft", was schließlich auf dasselbe hinausläuft.
*) Engers, De Aegyptiarum xwiauiv administratione, qualis fuerit aetate Lagidarum,
S. 16. Wilcken, Grundzüge S. 12.
- 58 -
gesetzter des KuunorpaiunaTeü?beide sind dem ßacTiXixöc; YP<Wcrrtus unter-
stellt2). Ihre beiderseitigen D i e n s t g e s c h ä f t e erstrecken sich auf den ge-
samten Staatsverwaltungsdienst, insbesondere auf das Domänen- und Steuer-
wesen. Über ihre Stellung und Aufgabe in ptolemäischer Zeit hat zuletzt
Engers, De Aegyptiarum KUUHUIV administratione, eingehend gehandelt 3 ).
In der ersten Zeit der römischen Herrschaft finden wir im Oxyrhyn-
chites die Amter des TOTroYpannaTeu«; und des KwiaoYpaMiacrreuq in einer Hand
vereinigt 4 ); diese Vereinigung hat, wie unsere Ostraka vermuten lassen,
schon in ptolemäischer Zeit bestanden und zwar nicht nur im Oxy-
rhynchites, sondern auch in anderen Grauen, wie im Ombites. Der
Grund, der oben für die Vereinigung anderer Amter angegeben wurde —
schwacher Betrieb —, gilt auch hier. Dabei ist zu bemerken, daß die
Zahl der Dörfer gewiß größer gewesen sein wird, als die Zahl der
Toparchien eines Gaues, und daß daher ein KuunoTpamuateui;, der zugleich
TOTTOTpa)HMaTeu? war, als KuunoYP<waTeüs für mehrere, wenn nicht für alle
Dörfer derselben Toparchie gewirkt haben wird. Für die ptolemäische
Zeit sind Beweise dafür, daß ein KuunoTpafuinaTeug mehrere Dörfer beherrschte,
nicht bekannt, wohl aber für die römische Zeit5).
"Wir sahen oben, daß die Beisetzung der Mumien in der Gauhaupt-
stadt Ombos vor sich ging. Demgemäß wird die Toparchie des als
TOTTOTpamuaTeüg wirkenden Kallias die Stadt Ombos in sich eingeschlossen
haben, denn es erscheint in unseren Urkunden vom Jahre 6 bis zum Jahre
28 kein anderer TOTlOYpamuaTeuq, was doch zu erwarten wäre, falls Ombos
zum Bezirke eines anderen T07rc>Yp<waTeus gehört hätte. Ebenso verhält es
sich mit dem Ku^oYpawuctTeüi;; man erwartet bei dieser Feierlichkeit den-
jenigen Kiu|uoYpa|unaTeij<;, der in Ombos amtiert, darum ist es schon aus
diesem Grunde wahrscheinlich, daß Kallias KuunoYpamaaxeui; von Ombos war.
Die ägyptische Komenverfassung bedingte, daß die Gauhauptstädte staats-
rechtlich als Dörfer behandelt wurden. Daß der K(junoYP<wciTeu<; das Yer-
waltungsoberhaupt der Gauhauptstadt ist, zeigt überdies BGU. 992 Kol. II, 3
( 1 6 7 v. Chr.): 'IHOUGOU KU)|U0YPa|JMaTeÜj[<; A]iö? iröXeiJuq8).
In der demotischen Urkunde Nr. 25 vom Jahre 22 erscheint ein Keni-
Hor, Sohn des Totoes, Dorfschreiber von Ombos. "Wie die Liste auf S. 36
zeigt, ist KaXXia? 'Epiuiou für die Jahre 16 bis 28 als KuuiaoYpamiciTeix; nach-
weisbar, mithin auch für das Jahr 22, und zwar, wie ich eben ausführte,
für die Stadt Orabos. Es muß darnach Keni-Hor und Kallias ein und
derselbe Mann sein; denn die Annahme, daß in Ombos zwei Ku>|joYpamiaTeig
gleichzeitig im Amte waren, ist unwahrscheinlich, weil ein paarweises
Amtieren dieses Beamten sonst niemals bezeugt ist.
Wie die Liste auf S. 36 zeigt, führt KaXXiag 'Epniou, den wir als
TOTTOYpamuaTeiis Kai Kuj^oypafifiaTeu? kennen gelernt haben, in Nr. 17 den
Titel TRPOCTTDTNS 0 TOU 'Epnoö, d. h. Vorsteher des Hermes-Thoth. Wenn
es richtig ist, daß wir nicht zwei verschiedene Männer des Namens KaXXiag
'Epniou vor uns haben, so ist darauf aufmerksam zu machen, daß dieser
Kallias noch in Nr. 18, also fünf Monate später, als Staatsbeamter (KUUHO-
TPA|INAX€U<;) vorkommt, er muß also auch schon vorher in (Nr. 17) KUU|UO-
YPA|U|IATEIIG gewesen sein; und daraus würde folgen, daß TTPOCRRARN? TOU
') Über den irpoffxoirris der Vereine im allgemeinen siehe Poland, Geschichte des
griech. Vereinswesens S. 4H2 u. 364.
*) Archiv II S. 431 Nr. 11 (148/9 n. Chr.): <HRI TTCIVÜJKOU TTTÖXXibo? IRPOOTD-RRK "Icribo?
Oed? lae-fioTrii. Derselbe Mann mit demselben Titel: Archiv II S. 441 Nr. 55 (149 n. Chr.)
und Archiv II S. 443 Nr. 62. Archiv II S. 432 Nr. 16 (32 n. Chr.): TTapeivio? TTAN<i>veuu<;
upo<jTdTr)i; "laibo?. Siehe jetzt auch Reinach-Weill: Annales du Serv. des Antiq. XII (1912)
S. l f f . und Spiegelberg: Ägypt. Zeitschrift LI (1913) (im Druck).
3
) Wilcken, Ostr. I S. 255.
4
) Wilcken, Ostr. I S. 255.
5
) Vgl. Otto, Priester u. Tempel I S. 235; II S. 329.
— 60 —
schließt es aber aus, daß Pakebkis und Kallias paarweise dasselbe Amt
eines Tempelyorstehers ausgeübt haben; die zwei Amtstitel müssen viel-
mehr v e r s c h i e d e n a r t i g e n Ämtern angehören.
Der Brief P. Par. 45 (153 v. Chr.) ist gerichtet an ÄTroXXuuviw rixejuum
Kai eTTicrräTq Ävoußieiou. Otto 1 ) zweifelt, ob man diesen erncrrdTriq, der zugleich
flTe|id»v ist, als Priester ansehen darf; er vermutet in ihm den V o r s t e h e r
e i n e r P o l i z e i t r u p p e im Tempel. Die Zweifel sind berechtigt, denn ein
f)Y£fituv kann kein Priester sein; ob man aber in dem eiriffTaTriq einen staat-
lichen Polizeivorsteher im Tempel sehen darf, ist ebenfalls zu bezweifeln.
Näher liegt die Vermutung, in dem ¿TncrrdTriq einen s t a a t l i c h e n A u f -
s i c h t s b e a m t e n zu sehen, denn wir wissen, daß der Staat ohne Mithülfe
der Priesterschaft den Landbesitz der Tempel verwaltete 2 ) und auch sonst
in die Tempelverwaltung unmittelbar eingriff.
In P. Leid. H, 1 u. 29 (99 v. Chr.) wird o TOÜ Ävoußieiou ¿iriaidTn?
in Verfolg einer an den König gerichtete Klagschrift eines dpxevxacpiaiXTns3)
namens TTeieficri<; dienstlich angewiesen, das Nötige zu veranlassen. Dieser
Vorgang deutet darauf hin, daß der emcrrdTriq ein Staatsbeamter (etwa ein
Kurator) ist, der für den B e r e i c h eines T e m p e l s den S t a a t v e r t r i t t .
Über denselben Beschwerdeführer TTeTefjmg handelt der königliche Erlaß
P. Leid. Gr (99 v. Chr.), der an den cripairiTÖq und an eine Reihe anderer
Staatsbeamten des memphitischen Gaues gerichtet ist, darunter auch an
die €TTIÖT<ITCTI TOIV iepuüv. Es muß also im memphitischen Gaue mehrere em-
crTctTcti gegeben haben. Die Adresse dieses Erlasses schließt: Kai TOI? em-
(TTATAIQ TIÜV iep[uj]v Kai äpxtepeucft [Kai] TOI? aXXoiq T015 [TOI] ßaffiXiKa irpaf^a-
hin, daß im demotischen Teile dieser Inschrift das griechische "Wort em-
aTaTriq durch „der Mann, welcher fragt, untersucht" 0. ä. wiedergegeben
worden sei. Dieses „fragen, u n t e r s u c h e n " paßt auf einen außerhalb der
Priesterschaft stehenden V e r t r e t e r der S t a a t s r e g i e r u n g . Paul M. Meyer
war also im Rechte'), als er schon vor Spiegelbergs Untersuchung unter
Hinweis auf P. Leid. Gr. und P. Teb. I 5, 62 den enicTToiTri? als eine neben
dem Oberpriester eines Tempels stehende finanzielle Aufsichtsbehörde er-
klärte, er irrte aber darin, daß er den ImöTctTriq Kai apxiepeuq in der Kanopus-
inschrift als einen und denselben Mann ansah, denn er spricht von einer
„Vereinigung der Priester- und VerwaltungsfunktionenAuch Ditten-
berger 2 ) bezieht beide Titel auf einen und denselben Mann, weil hinter Kai
das o fehlt. Bouche-Leclercq3), der eine Übersicht über die Gesamtliteratur
zu dieser Frage gibt, sieht im ¿rnffTdiTi? einen staatlichen Aufsichtsbeamten,
dessen Amt von dem Amte des Oberpriesters getrennt ist. Otto bleibt 4 )
gegenüber Bouche-Leclercq bei seiner schon vorher3) geäußerten Ansicht,
daß die beiden Amter eines emcridTriq Kai apxiepeü? von einem einzigen Manne
getragen würden. Wilcken 6 ) schließlich entscheidet sich für Trennung der
beiden Ämter.
Unsere Urkunde Nr. 2 bringt die Streitfrage ihrer Lösung ein wenig
näher, denn es ist zu bemerken, daß, wenn Pakebkis ein Priester wäre, er
als iepeus oder dpx'epeuq bezeichnet sein würde; ein Priestertitel fehlt in
seinen Titeln aber sowohl in Nr. 2, als auch in Nr. 18.
Die A u f g a b e n dieses ¿mara-rric; werden darin bestanden haben, daß
er die Besitztümer des Tempels an Land und Baulichkeiten, an Geräten
und sonstigen Dingen beaufsichtigte oder gar verwaltete, die Einnahmen
und Ausgaben prüfte oder, wo es nötig war, genehmigte und allgemein
die Rechte des Staates vertrat 7 ).
Daß es schließlich möglich war, in besonderen Fällen mit diesem
Staatsamte einen Priester zu betrauen, scheint BGU. 1194 (27 v. Chr.) zu
zeigen (aus Herakeopolis): TTroXenatog 6 uap' "Qpou Ttpocpr|Tou Kai emcrraTou
Upaiv8) npo[i]TIUI Kai Mapcxüai TOT«; irapä Xapairiwvos TOÜ ERRI TÜÜV Trpocrööuuv TOÖ
iepou TTuprou. Es handelt sich um die Zahlung von Tempeleinkünften seitens
des Ptolemaios an Proitos und Marsyas. Ptolemaios ist Hilfsbeamter des
Horos, der als npotpriTtiq Kai ¿mcrrdtTriq iepuiv bezeichnet wird. Ein irpoqpnTnq
') Otto, a. a. 0. I S. 80 f.
— 64 —
die Thiasiten". Wäre diese Bedeutung aber hier die richtige, so wäre es
auffällig, daß die Thiasiten, in deren Händen ja, wie erwähnt, allein die
Beisetzung lag, ganz ohne Nennung eines ihrer Mitglieder am Schlüsse nach-
hinken. Daher müssen die namentlich genannten Männer zu den Thiasiten
gehören. Auch zeigt die bloße Wendimg Kai irävTiuv in Nr. 3, daß in diesem
TidvTuuv nicht eine neue Gruppe von Personen zu suchen ist. Ebendasselbe
gilt für die Wendung KAI TUJV öiacriTwv irdvTwv in Nr. 18. Daß die Staats-
beamten nicht bloß ehrenhalber bei den Beisetzungen zugegen waren, sondern
in Erfüllung einer ihnen zufallenden Pflicht, d. i. in ihren Eigenschaft als
Thiasiten, bezeugen ferner die Wendungen bi' 'Eppiou und „durch die Hand",
wie oben (S. 31 u. 34) erörtert wurde. Außerdem ist der Staatsbeamte KaXXiai;
ausdrücklich als ¿px^iacriiris bezeugt (vgl. S. 36). Die Priester fehlen bei
der Beisetzung dieser hochheiligen Tiere, die höchsten Graubeamten treten
als Thiasiten in die Lücke ein.
Wörterliste.
Die schrägen Ziffern bedeuten Seitenzahlen, die übrigen Ziffern beziehen sich auf die Texte.
dbe\tpr| 1,3. Ztfuov 1,4. 2,3. 3,4. 5,3. 5,8. 7,5. 8,3. 8,9.
H^Xeia 2,3. 3,3. 5,2. 8,3. 10,3. 12,3. 17,2. 6duTW 5,8.
Ta ä X X a eibr| 2,9. Geio? 8,9.
Ävou 12,2. 0 £ o i <t>iXoTtdxop£i; 1,3. 6 e o i < t > i X o i r d T o p e ? <t>iX-
8.7. 10,5. 17,4. 18,6. Kö luavo?, Sohn des KaXXiai; 14,2. 19,5.
'Epnia?, Vater des KaXXla? 2,11. 3,8. 4,5. KpoKobiXoxacpetov 24.
4.8. 5,7. 11,2. 13,8. 14,1. 17,5. 18,9. 19,2. Kuprivatoc 4,14. 26.
'Epnia?, Vater des TTöprris 13,5. KU)|Ll£TiTrlS
Itou? überall. KUJuoYpapiiareüi; 13,8. 18,9. 57.
Ef)dv9rii;, Sohn des Iraata?, oii<ovönoi; 1,6. Mdvavbpo? 1,5. 4,7. 7,6. 16,7. 26.
5
— 66 —
G e d ä c h t n i s u r k u n d e 12l. 32.
P t o l e m a i o s A l e x a n d e r I 21. „Gottes-Leiche" = Tiermumie 14s.
Apollon 23. G y m n a s i u m i n O m b o s 23. 26.
Balsamierungsstätte 23,2. 26,3. 26,8. 13 K Haroeris 23.
14*. H e r a s (?) 2 4 , 4 .
Begräbnisstätte 2. Hermes 23.
B e i s e t z u n g 4. 28. I b i s 1. 2. 14». 23 f f .
Beisetzungsfeierlichkeit 32. Kallias 26,5.
Chesthotes, S o h n des [ ] 28,3. K e n i - H o r , S o h n d e s T o t o e s 2 6 «• I 0 . 58—59.
C h e s t h o t e s , S o h n des P e t e p n e b t ü s 27,2. Kerkeosiris 24.
Chesthotes, V a t e r des Petepnebtüs 28,1. K a t z e 1*. 2.
E i n b a l s a m i e r u n g 2. 4. K l e o p a t r a V T r y p h a i n a 20.
Epistratege 39. K l e o p a t r a VII 22.
F a l k e 1. 2. 3. 148. 23 f f . Kultverein der Thiasiten 31.
Federschrift 27. Menandros, Vater des Petesuchos 26,2.
Futterstätten 25. O m b o s 3. 4. 22. 23.
G a u n o m a r c h 41. 42. O r t s v e r p ä c h t e r (?) 2 6 , 6 .
G a u s t r a t e g e , d e m S t r a t e g e n der T h e b a i s u n t e r - „ O s i r i s , der J ü n g l i n g " 2 5 8 . 14 s.
geordnet 39. Osirismysterien 14*.
- 67 —
Pachrates, Sohn des Petepnebtüs 27,1. Scherben von Tonkrügen 28.
Petechonsis, Sohn des Peteharoeris 23.1. 24,2. Schrift der Ostraka 26. 27.
PeteharoSris 24, 3. 26, 4. Soknopaios 236.
Peteharoeris, Vater des Petechonsis 23,1. 24,2. Soknopaiu Nesos 236.
Petepnebtüs, Sohn des Chesthotes 28,1. Soter II 21.
Petepnebtüs, Vater des Chesthotes 28,2. Sprache der Ostraka 26.
Petepnebtüs, Vater des Pachrates 27,1. Steuerhebung 42. 4€.
Petesuchos, Sohn des Menandros 26,2. Steuerveranlagung 42.
Phamenoth 26,1. Suchos 23.
Pharmuthi 24,1. Thiasiten 31. 34. 63.
Pinselschrift 27. Thoth 23,4.
Pmo'fs, Sohn des Psenyris 29. Tinte 27.
Psenyris, Vater des Pmo'fs 29. Totogs, Vater des Keni-Hor 25». 58—59.
Ptolemaios XIII Neos Dionysos 20. Vogelmumien-Paket 3.
Rinderhirt (?) 26,5. Tybi 27,2.
Sandsteinstücke (beschriftet) 28. Zuchtstätten 25.
Säuberungsurkunde 34. Zweisprachiges Ostrakon 26.
Quellen.
Diodor Herodot
I 54 . 42 II 41 14*
83 . 1. 2. 13'24 65 1.2
177 406
A r c h i v f. P a p . 179 54»
II S. 431 Nr. 11 • . 59» 186 39»
S. 432 Nr. 16 . . 59» 190 • . . 39 8
S. 441 Nr. 55 59« 202 40*
S. 444 Nr. 62 . 59« G a r d i n e r , Thompson, Milne, The-
S. 448 Nr. 81 233 ban Ostraka
S. 519 54« S. 88 Nr. 30 25 8
S. 563 Nr. 110 60 Lepsius, Denkm.
III S. 131 Nr. 8 37 Taf.86Nr.237 39 8
V S. 416 231 Mitteis, Chrestom.
GIG. III. 27 51
4860 40 74 47
4897b 398 154 25 4
4927 231 Néroutsos, L'anc. Alexandrie
5075 40* S. 124 35
5076 40 Preisigke, Sammelbuch
5077 40 1268 26«
D i t t e n b e r g e r , Or. gr. i n s c r . 2264 39'. 40
I 56 614 3926 39 8
82 37 3938 398
97 35 4084 • • . 39e
177 549 4211 37'
- 68 -
Rev. arch.
1887 S. 214 Nr. 56 . . 161
S p i e g e l b e r g , Dem. I n s c h r . C a i r o
21129 . 60 167 . . 53. 54*
31101
31114 170 . . . . . . . . . . . . . . . 56
31146 . • . • 184
31160 331 45. 46*. 548
Strack, Dynastie der Ptolemäer
S. 246 Nr. 76
Wilcken, Chrestom. Wilcken, Ostraka
41 . II 420
67 24
P. d e m . C a i r o (Spiegelberg) P. d e m . R h i n d (Möller)
30625 S. 75 Nr. 16
30659 P. d e m . R y l a n d s
30963 III 357 II Kh. 6/5 . . . . 146
P. d e m . L o u v r e P. d e m . S t r a ß b . (Spiegelberg)
2431 (Revillout, Chrest. dem. 268) . 146 S. 32 Nr. 8
2891 (Ä. Z. XVII Taf. VI Nr. 23) . . . 146
P. A m h . P. Hib.
II 31 43. 46*. 49
35 . 45
36 P. L e i d .
BGU. G . . . 61. 62
I 8 . . . . 56 H . . . . 61
81 P. L o n d .
121 . 56 II S. 114 Nr. 345 . . . . 55
296 . III S. 13 Nr. 882 . . . . 25*
III 992 43. 46 ». 51. 58. P. M a g d .
993 19 Verso . . . . 25*
995 P. O x y .
1187 II 251 . . . . 58*
1188 252 . . . . 58*
1189 254 . . . . 58*
1194 260 . . . . 47
P. C a i r o M a s p e r o P. P a r .
67004
P. G e n f 15 . . . 42. 49
I 31 45 . . . . 61
P. G i s s .
I 11 P. P e t r .
68 . . . . II 9(1)
99 . 20* 12(1) . . . . 37
P. G o o d s p . 13
6 23 . . . . 41*
51. 56 37a . . . . 41*
P. G r e n f . 39a . . . . 41*
II 15 III 26 . . 419. 46
- 69 -
43 413 61b . . . 45*. 46». 48. 53. 52*. 54*
75 41*. 4V 64b 45
79 41 72 . . 41*. 45. 45 a. 46'. 46 49. 52
82 25* 88 . . . • 24
88 41 114 52*
99 25 121 54e. 54->
128 451 218 52*
P. Rein. 254 521
19 51. 52* 265 521
P. Teb. II 315 • . 55
1 5 24. 46*. 49. 51. 61. 62 Theb. Bank
10 581 1 54*
23 58' 2 60
26 58* P. Tur.
27 45. 46. 46 «. 52*. 54. 54 s 1 42. 49
39 54' 5 54
Prinz- Joachim-Ostraka
(Text Nr. 1)
Verlag von Karl J. Trübner in Strassburt'.
Prinz-Joachim-Ostraka
I S i l IIS
8 (To
S c h r i f t e n der Wiss. Gesellsch. in S t r a s s b u r g XIX
Tafel 3.
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12(Text Nr 18)
Verlag von Karl J. Triibner in Strassburg.