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Weihnachtschaos inklusive

Nicolette Verstege

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Text © Nicolette Verstege

Foto: ©annamei - fotolia.com

Covergestaltung: Nicolette Verstege

Korrektur: Jeannette Runge

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung sind nicht gestattet.

Sämtliche Personen und Handlungen dieser Geschichte sind frei erfunden und Ähnlichkeiten daher nur
zufällig.

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Inhaltsangabe:

Kaley und Dean sind seit ihrer Kindheit befreundet und es könnte alles so schön sein, wenn da die gar
nicht freundschaftlichen Gefühle für Dean wären, die Kaley seit längerem das Leben schwer machen.
Sie hat sich schon oft vorgenommen, ihm ihre Liebe zu gestehen und dann doch einen Rückzieher
gemacht.

Nach einem Autounfall von Dean hat dessen Onkel John, die beiden über Weihnachten zu sich
eingeladen, damit Dean sich richtig auskurieren kann. Bis zum Heiligen Abend will Kaley Dean
offenbaren, dass sie für ihn mehr empfindet als Freundschaft.

Wird sie es schaffen, über ihren Schatten zu springen?

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Inhaltsverzeichnis:

1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Weitere Bücher von Nicolette Verstege
Impressum

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1.

»Das ist nicht dein Ernst.« Entgeistert schaute Dean seine Freundin aus Kindertagen an und überlegte,
ob sie wirklich alle Sinne beieinander hatte.

»Warum denn nicht? Wir könnten endlich mal etwas ausspannen und Urlaub machen. Denn du hast
es mehr als nötig.«

»Was? Quatsch. Ich bin fit wie ein Turnschuh.«

»Wie einer, der reif für den Müll ist. Mann Dean, du bist bei dem Autounfall fast draufgegangen. Du
bist alles andere als auf dem Damm.« Mit Schaudern dachte Kaley an den Verkehrsunfall zurück. Sie
war mehr als dankbar, dass Dean noch bei ihr war. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wenn er nicht
überlebt hätte. Ein Leben ohne Dean war für sie nicht vorstellbar. Seit ihrer Kindheit waren sie die
besten Freunde, hatten zusammen im Sandkasten gebuddelt und später dieselbe Klasse besucht. Ihre
Freundschaft hatte die ganzen Jahre überdauert und bis heute Bestand. Altersmäßig lagen sie nur einige
Tage auseinander. Dean hatte am zwanzigsten September seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert und
sie am ersten Oktober. Sie wohnten nur ein paar Häuser voneinander entfernt und ihr Leben war in
bester Ordnung. Bis zu dem Tag, als sie spürte, dass sie auf einmal mehr für Dean empfand, als nur
Freundschaft. Zu dem Zeitpunkt befand sich Dean in einer Beziehung und es kam nicht infrage, ihm ihre
Gefühle zu gestehen. Seit einem halben Jahr war Dean nun wieder Single. Aber von ihren Gefühlen
wusste er immer noch nichts. Ständig wartete sie auf den richtigen Zeitpunkt. Inzwischen war sie
überzeugt, dass es den anscheinend nicht gab. Bis jetzt. Bis zu dem Verkehrsunfall. Ein anderer Fahrer
hatte eine rote Ampel übersehen und war in Deans Wagen gerast. Ein Wunder, dass er aus dem Wrack
lebend herausgekommen war.

Der Unfall hatte sie darin bestärkt, ihm bald ihre Liebe zu gestehen. Denn das Leben konnte so
schnell vorbei sein. Den Mut hatte sie aber noch nicht gefunden. Was, wenn Dean nicht dasselbe
fühlte? Er schien lediglich einen guten Kumpel in ihr zu sehen.

Deans Onkel John hatte sie über Weihnachten zu sich eingeladen, damit Dean sich richtig auskurieren
und erholen konnte. Sie sah das als einen Wink des Schicksals und nahm sich vor, bis Weihnachten mit
Dean darüber zu reden. Sonst würden ihre Gefühle sie irgendwann erdrücken. Dass er ihre Liebe nicht
erwiderte, musste sie einkalkulieren. Aber das war besser, als sich ständig zu fragen, was wäre wenn?

Er hatte das Krankenhaus vor ein paar Tagen verlassen können, mit der Auflage, sich zu schonen. Eine
Wunde war noch nicht richtig abgeheilt. Sie musste regelmäßig gereinigt und verbunden werden. Das
würde sie übernehmen. Immerhin war sie von Beruf Krankenschwester, was sich jetzt als äußerst
hilfreich erwies. Im Geiste sah sie schon, wie er sich auszog. Dean war ein attraktiver Mann und mit fast
einsneunzig auch sehr groß. Am besten gefielen ihr seine Augen. Sie strahlten in einem intensiven Grün.
Sie seufzte leicht.

»Erde an Kaley«, wurde sie von Dean unterbrochen, der sie belustigt ansah.

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»Was?«

»Träumst du?«

»Nein.« Kaley spürte, wie ihre Wangen sich rot färbten. Sie fühlte sich ertappt.

»Du hast geseufzt.«

»Ich?«

»Ja.«

»Wann?«

»Na, gerade.«

»Das hast du dir eingebildet«, wiegelte Kaley ab.

»Ich hatte zwar einen Unfall, aber mein Kopf hat nichts abbekommen. Na sag schon, wer dich so in
Verzückung versetzt, dass er dich zum Seufzen bringst. Der Postbote vielleicht?«

»Unser Postbote ist bestimmt schon hundert«, brauste Kaley auf.

»Na ja, vielleicht stehst du neuerdings auf alte Knacker.«

»Blödmann.«

Grinsend lehnte sich Dean auf dem Sofa nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sei
doch nicht so empfindlich.«

»Du kannst mich mal.«

»Jetzt sofort oder gleich?«, hakte Dean nach und brach dann in schallendes Gelächter aus, als er den
entsetzten Blick von Kaley sah.

»Manchmal kannst du ein richtiger Arsch sein«, gab Kaley zur Antwort, nachdem sie ihre Gesichtszüge
wieder unter Kontrolle hatte. Sie lenkte das Gespräch in eine andere Richtung, bevor Dean es zu sehr
vertiefen würde. »Was ist jetzt? Fahren wir morgen zu John? Er möchte bis heute Abend eine Antwort
von uns.«

»Zu John ist ja okay, aber auch Weihnachten feiern?« Dean schaute zweifelnd. Auf Weihnachten
hatte er nicht wirklich Lust dieses Jahr.

»Warum nicht? Seit dem Tod deiner Eltern ist John der Letzte aus deiner Familie. Weihnachten sollte
man im Kreis seiner Lieben feiern und John würde sich sehr freuen. Er hat ja sonst auch niemanden
mehr.«

»Und wir bleiben bis Neujahr bei ihm?«

Kaley nickte und schöpfte Hoffnung, dass Dean noch einlenken würde.

»Weißt du was? Warum eigentlich nicht.«

»Was hat deine Meinung so schnell geändert?«

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»Erstens hast du recht und zweitens hat John immer genug Whiskey im Schrank.« Dean grinste
schelmisch. Er freute sich darauf, seinen Onkel wiederzusehen. Bis Mitte Januar war er sowieso noch
krankgeschrieben und Kaley hatte Urlaub. Es passte alles, das sollten sie ausnutzen. Er freute sich mal
wieder auf einen Urlaub mit Kaley. Früher hatten sie das öfters gemacht. Aber einer von ihnen war
später immer in einer Beziehung gewesen und so waren ihre gemeinsamen Ferien die letzten Jahre auf
der Strecke geblieben.

»Dann musst du John anrufen und ihm mitteilen, dass wir morgen bei ihm eintreffen.«

»Mach ich. Übrigens, Kaley?«

»Ja?«

»Wenn wir Weihnachten feiern, gibt es dann … ich meine, gibt es auch Geschenke?«

Kaley musste lächeln, als Deans Augen erwartungsvoll funkelten. Im Geiste sah sie sich schon nackt
nur mit einer Schleife als Deans Präsent.

»KALEY!«

»Was?«

»Du hast es schon wieder getan.«

»Was denn?«

»Du warst meilenweit weg. Sag schon, an wen hast du gedacht?«

»Nicht an den Briefträger.«

»Paketbote?«

»Du bist unmöglich. Nein, auch nicht an den. Ich habe an meine Steuererklärung gedacht.«

»Verstehe. Ich schaue auch so verträumt, wenn ich daran denke. Du hältst mich wohl für doof. Also
raus mit der Sprache.«

»Geht dich nichts an.«

»Spaßbremse, dann eben nicht. Aber wie war das jetzt mit den Geschenken?«, hakte Dean nach.

»Von mir aus, gerne«, stimmte Kaley lächelnd zu. Zum Glück war das Thema Postbote vom Tisch.
Warum sollten sie sich nicht mal wieder ein richtig schönes Weihnachtsfest mit allem Drum und Dran
gönnen. Sie hatten es sich definitiv verdient. Die letzten Jahre hatte sie an Weihnachten immer
gearbeitet.

»Gebongt. Ich weiß auch schon, was ich dir schenke.«

»Ach und was?« Stirnrunzelnd sah Kaley ihn an.

»Rosa Haarbänder für deine Wuschelmähne«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Dean.
Schnell ging er in Deckung, sodass das Kissen, was Kaley nach ihm warf, nur noch ins Leere traf.

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Sie hasste Haargummis, seit sich als Kind mal so ein Teil in ihren Locken verfangen hatte, dass ihre
Mutter es hatte rausschneiden müssen. Seitdem zog Dean sie gerne mal damit auf.

»Das üben wir aber noch mal.« Lachend tauchte Dean neben dem Sofa wieder auf und warf der
überraschten Kaley nun seinerseits ein Kissen an den Kopf. Daraus entstand eine Kissenschlacht, an
dessen Ende sie sich beide erschöpft auf die Couch sinken ließen.

»Das hat Spaß gemacht.« Dean streckte sich aus und gähnte herzhaft.

»Ja, hat es. Wir sollten jetzt schlafen, damit wir morgen zeitig aufbrechen können. War es gerade
nicht zu wild für dich? Du sollst dich doch schonen.«

»Ich bin nicht aus Zucker. Es geht schon wieder, also mach dir keine Gedanken. Ich geh dann mal
nach Hause.«

»Denk daran, dass du John anrufst, damit er Bescheid weißt.«

»Mache ich. Bis morgen. Ich hole dich ab.«

»Nichts da. Wir fahren mit meinem Wagen. Du sollst dich schonen.«

»Ich …«

»Keine Widerrede!« Sie hob mahnend den Finger und Dean seufzte ergeben.

»Okay, du hast ja recht.«

»Sehr schön. Dann sehen wir uns morgen.« Sie geleitete Dean zur Tür und sah ihm nach, als er den
kurzen Weg zu seinem Haus hinüberging.

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2.

Kaley brachte den Wagen vor Johns Haus zum Stehen. Sie schaltete den Motor aus und schaute zum
Beifahrersitz, auf dem Dean tief und fest schlief. Ein Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht, als sie ihn
so friedlich mit dem Kopf gegen die Scheibe gelehnt, sah. Sie kostete den Moment aus und betrachtete
ihn eingehend. Hatte sie doch sonst nicht oft die Gelegenheit dazu.

Ein leises Seufzen kam über ihre Lippen und sie musste gewaltsam den Blick losreißen. Nachher
würde sie noch etwas Dummes tun. Warum musste sie sich ausgerechnet in Dean verlieben? Energisch
schüttelte Kaley den Kopf und rüttelte sanft an Deans Arm. »Aufwachen, wir sind da.«

»Mhh … was?«, kam es verschlafen vom Beifahrersitz.

»Wir sind bei John.«

»Warum hast du mich nicht geweckt? Dann wäre ich die letzten Stunden gefahren.« Dean reckte sich
und blinzelte in die untergehende Sonne.

»Ich war nicht müde und du hast den Schlaf gebraucht. Ich sag doch, du bist noch nicht richtig fit.«
Kaley schälte sich vom Sitz und stieg aus.

»Ja Dr. Green.« Grummelnd öffnete Dean die Beifahrertür.

»Das habe ich gehört und nachher schaue ich mir deine Wunden noch mal an.«

Dean zog es vor, nichts zu sagen und verdrehte nur die Augen. Aber er wusste ja, dass Kaley es nur gut
meinte. Außerdem machte ihm eine der Verletzungen Sorgen. Allerdings war das eine, die Kaley gar
nicht gesehen hatte, da sie sich an einer recht pikanten Stelle befand. An der Innenseite seines linken
Oberschenkels war eine Wunde, die nicht vernünftig abheilen wollte. Dafür hätte er sich untenrum
komplett freimachen müssen. Er war kein schamhafter Mensch, aber das war ihm schon ein wenig
unangenehm.

Deshalb hatte er ihr sie weder gezeigt noch erwähnt, sondern, so gut es ging, selbst behandelt. Im
Krankenhaus hatten sie ihn ermahnt, die Wunde regelmäßig bei einem Arzt reinigen und neu verbinden
zu lassen. Allerdings kam er allein nur schlecht klar und es fühlte sich an, als ob sich dort eine
Entzündung ausbreitete. Er nahm sich vor, nachher, wenn Kaley im Bett lag, danach zu sehen.

Sie gingen auf das Haus zu, als die Tür geöffnet wurde und John ihnen entgegen kam.

»Kinder, schön euch zu sehen«, begrüßte er sie. Er umarmte Dean und drücke anschließend Kaley an
seine Brust. Er freute sich, die beiden wieder bei sich zu haben und darauf, mit ihnen gemeinsam
Weihnachten zu feiern.

»Wie geht es dir, John?«, fragte Kaley, während sie ins Haus gingen.

»Prächtig, kann nicht klagen. Habt ihr Hunger?«

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»Hast du uns was gekocht?«, wollte Dean wissen.

»Nein, aber ich kann eine Dose erwärmen.«

»Besser als nichts. Was hast du denn anzubieten?«

»Bohnen in Tomatensoße.«

»Und?«

»Was und?«

»Das ist doch nicht alles, oder?«, fragte Dean ungläubig.

»Sehe ich aus wie ein Schnellimbiss?«

»Na ja …«, setzte Dean an, wurde aber gleich von John unterbrochen.

»Sag es besser nicht, sonst …«

»Was sonst? Wirft du mir dann die Bohnen an den Kopf?« Sie waren inzwischen in der Küche
angekommen und Dean bediente sich an der Kaffeemaschine, in der sich immer Kaffee befand. Er war
zwar zu Tode gekocht, aber egal, er war stark und heiß. Genau das, was er jetzt brauchte.

John brummte darauf etwas Unverständliches und kramte im Schrank nach den Dosenbohnen.
Während er sie aufwärmte, verteilte Kaley die Teller. Wenig später saßen sie gemeinsam um den Tisch
und es herrschte eine angenehme Stille, während sie aßen.

Dean war als Erster fertig. Er schob den geleerten Teller von sich und rülpste.

»Scheibe Brot dazu?« Kaley schüttelte den Kopf. Das war so typisch Dean.

»Was raus muss, muss raus.« Dean füllte sich die Kaffeetasse erneut.

»Nochmal und du wartest vor der Tür, bis wir fertig sind mit Essen«, brummte John.

»Ich wusste schon immer, dass du Kaley lieber magst als mich.« Gespielt beleidigt verzog er das
Gesicht und trank seinen Kaffee.

»Kaley hat auch Tischmanieren.«

»Hab ich auch.«

»Wo?«

»Dean wurde mit einer Banane aus dem Urwald gelockt. Du musst ihm seine Unfähigkeit, sich
unseren Tischsitten anzupassen deshalb verzeihen«, gab Kaley nun ihren Senf zu dem Geplänkel dazu.
Sie erfreute sich an Deans entgeisterten Blick. Es tat so gut, einfach mal ein bisschen herumzualbern.

»Ich wusste gar nicht, dass ich eine Schlange meine Freundin nenne«, konterte Dean.

»Schluss jetzt! Ist ja nicht auszuhalten mit euch. Wenn das so weitergeht, bin ich an Neujahr
schneeweiß.« John legte seinen Löffel in den Teller.

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»Na, da fehlt ja nicht mehr viel.« Nach diesen Worten duckte Dean sich vorsichtshalber. Nicht, dass
John doch noch die Dose nach ihm warf. Dieses Risiko wollte er lieber nicht eingehen.

»DEAN«, rief Kaley, »nachher setzt er uns vor die Tür.«

»Nicht doch, ich brauche ein paar Arbeitssklaven. Gleich morgen früh könnt ihr den Baum besorgen
und für mich in den Supermarkt fahren.«

»Siehst du, jetzt kommt es raus, warum er uns eingeladen hat,« grummelte Dean, »aber den Baum
transportieren wir nicht mit unserem Wagen, nachher hat er noch Kratzer im Lack.«

«Unser Wagen? Das ist immer noch meiner.«

»Hey, unter Freunden teilt man und ich wollte nur verhindern, dass er Schaden nimmt, obwohl, er ist
ja schon recht alt …«

»Pass bloß auf, was du sagst, sonst …«

»Aufhören!« knurrte John erneut und sah die beiden mahnend an. Manchmal schien es, als wären sie
in ihrer Entwicklung auf Kindergartenniveau stehen geblieben. »Ihr könnt den Wagen mit der
Laderampe nehmen und jetzt macht schon, dass ihr rauskommt. Packt eure Sachen aus und dann
trinken wir noch einen Whiskey zusammen«, scheuchte John sie aus der Küche.

***

»Bin ich müde.« Kaley gähnte und setzte sich im Schlafanzug aufs Bett. John hatte zwar ein zweites
Gästezimmer, aber dieses hier teilten sie sich schon seit Kindertagen, wenn sie gemeinsam zu Besuch
kamen. Daran hielten sie nach wie vor fest. Jetzt hatte Kaley den Vorteil, dass sie Dean unauffällig
beobachten konnte, wenn er sich auszog.

»Kein Wunder, gleich Mitternacht, ich bin auch erledigt«, antwortete Dean, während er sich aus
seinen Klamotten schälte.

»Morgen können wir ausschlafen, was für ein Luxus.« Kaley schlüpfte unter die Decke und schaute zu
Dean, der zur Tür ging. »Willst du nicht schlafen?«, fragte sie verwundert.

»Will nur noch kurz ins Bad.«

»Okay, ich dreh mich schon mal rum.«

»Schlaf schön.« Damit verließ Dean das Zimmer und huschte ins angrenzende Bad.

Dort angekommen zog er Hose und Shorts aus und begutachtete seine Verletzung am Oberschenkel
und was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht. Die Wunde hatte sich entzündet und schmerzte schon sehr.
Am besten wäre ein Verband, aber das schaffte er nicht alleine. Kaley wollte er nicht fragen, also
musste es so gehen. In Johns Medizinschrank fand er eine Salbe gegen Entzündungen. Diese verteilte er
großzügig auf der Wunde und hoffte, dass sie helfen würde.

12
3.

»Ich sag ja, John braucht billige Arbeitskräfte.« Gemeinsam mit Kaley wuchtete Dean die große Tanne
auf die Ladefläche.

»Hoffentlich passt die überhaupt ins Haus.« Zweifelnd schaute Kaley auf den Nadelbaum.

»Wenn nicht, mache ich sie passend und schneide die Spitze ab.«

»Was? Du kannst doch nicht die Spitze abschneiden. Spinnst du?«

»War doch nur ein Witz.« Grinsend schloss Dean die Klappe der Ladefläche.

»Na ja, dir trau ich alles zu.«

»Vielen Dank.«

»Gern geschehen.«

»Sind wir jetzt fertig oder steht noch mehr auf der meterlangen Liste unseres Sklaventreibers?«
Schwungvoll ließ Dean sich auf den Fahrersitz fallen und bereute es sofort, da die Entzündung sich
dadurch schmerzhaft bemerkbar machte. Die Salbe schien nicht geholfen zu haben und der Jeansstoff,
der über die Wunde rieb, tat sein Übriges dazu. Er biss die Zähne zusammen und ließ sich nichts
anmerken. Das Letzte, was er wollte, war, dass Kaley davon etwas mitbekam. Die würde ihm eine
schöne Standpauke halten.

»Nur noch ein Punkt. Dann sind wir fertig.« Kaley zog die Beifahrertür zu.

»Ich habe es geahnt«, seufzte Dean. »Was steht noch an?«

»Zum Mittagessen Pizza mitbringen«, kam es lächelnd von Kaley.

Auf der Stelle erhellte sich Deans Gesicht. »Das ist doch mal eine Ansage. Worauf warten wir noch?
Mein Magen hängt schon in den Kniekehlen.«

»Das ist ja nichts Neues.«

»Hey, ich habe eben einen schnellen Stoffwechsel. Was kann ich dafür?« Grinsend ließ Dean den
Motor an und der Wagen setzte sich stotternd in Bewegung.

***

Nach dem Mittagessen machten sich die Männer daran, die Tanne im Wohnzimmer aufzustellen. John
hatte den Baumständer schon vorbereitet und zu zweit wuchteten sie den Riesenbaum nun dort hinein.

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»Habt ihr nicht noch einen größeren gefunden?«, moserte John. Er war gelinde gesagt, entsetzt
gewesen, als die beiden mit diesem Ungetüm wieder gekommen waren.

»Hey, du hast doch gesagt, eine anständige Tanne und keinen Krüppel. Also beschwer dich jetzt
nicht.« Dean hielt die Tanne auf der anderen Seite, während John sie gerade rückte.

»Entschuldige, ich denke in normalen Dimensionen und nicht in extragroß, so wie du immer, wenn du
dir etwas zu Essen bestellst.«

»Willst du etwa sagen, ich bin verfressen?«, hakte Dean nach und warf John einen misstrauischen
Blick zu.

»Wer hatte denn eben als Einziger eine Jumbopizza?«

»Ich habe nur einen gesunden Appetit.«

»Verfressen trifft es viel eher.«

»Pah, nur weil du alt bist und nur noch Kinderportionen isst, bin ich noch lange kein Vielfraß«,
konterte Dean. Herausfordernd grinste er seinen Onkel an.

»Ich bin nicht alt!«

»Sicher? Hast du schon mal auf dein Geburtsdatum im Führerschein geguckt? Ach nein, warte, in der
Steinzeit ging man ja noch zu Fuß.«

»Du ... na warte, ich ...«

»Könnt ihr erst den Baum aufstellen und euch später weiterstreiten?« Kaley befürchtete, dass die
Tanne jeden Moment kippen würde. Sie wackelte schon bedenklich, da jeder an seiner Seite daran zog.

»Sie hat recht«, sagte Dean, »bist du bald fertig? Das Ding rutscht mir gleich durch die Finger.«

Johns Kopf tauchte irgendwo zwischen den Zweigen auf. »Ja, gleich, einen Moment noch … warte, da
hängt was.« John zog einmal kräftig an der Tanne und sogleich gellte ein Schmerzensschrei durch das
Zimmer.

Dean hatte die Tanne losgelassen und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen gekrümmt und
hielt sich den Oberschenkel. Ein großer Ast des Baumes hatte sich zwischen seine Beine verirrt. John
hatte ihn durch den Ruck weggezogen, dabei war er gegen Deans Wunde gekommen. Dean hatte das
Gefühl, Sternchen zu sehen. Die Schmerzen waren kaum auszuhalten. Anscheinend war die Entzündung
schlimmer geworden. Das Pochen im Bein hatte er über den Tag erfolgreich verdrängt.

»DEAN«, rief Kaley. Mit ein paar Schritten war sie bei ihm. John hatte die Tanne geistesgegenwärtig
aufgefangen, sonst wäre der Baum in ein Bücherregal gefallen.

»Ist schon okay.« Dean versuchte ein Lächeln, was ihm aber mehr als misslang. Die Schmerzen
konnte er einfach nicht leugnen.

»Natürlich und ich bin der Weihnachtsmann. Was ist los?«

»Dafür bist du nicht dick genug.«

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»Lass die Witze! Was hast du?« Besorgt musterte Kaley ihn.

»Mein Bein.« Er wusste, dass er jetzt die Karten auf den Tisch legen musste. Kaley würde sich nicht
mehr abwimmeln lassen.

»Die Wunde am Bein schmerzt noch so? Sie sah gestern aber sehr gut aus. Was ist passiert?« Kaley
legte die Stirn in Falten.

»Nicht die.«

»Welche dann?«

»Eine andere.«

»Herrje, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Rück schon raus mit der Sprache, oder noch
besser, lass mich mal sehen.«

»Das geht nicht.« Dean schaute bedeutungsschwanger.

»Wieso geht es nicht.«

»Dafür muss ich die Hose ausziehen.«

»Dann runter damit.«

»Vor John?« Dean schaute von Kaley zu seinem Onkel, der den Baum inzwischen im Ständer
festgeschnürt hatte und sich jetzt zu den beiden rumdrehte.

»Ich habe schon mal ein paar Männerbeine ohne Hosen gesehen, Prinzessin.«

Dean räusperte sich. »Ich meine aber, dass ich die Unterhose dafür ausziehen muss.«

»Was? Aber nicht in meinem Wohnzimmer. Geht nach oben! Das verkraften meine alten Augen nicht
mehr. Kaley, im Medizinschrank findest du alles, was du brauchst und ruf mich nur dazu, wenn du
amputieren willst.« Kopfschüttelnd verließ er das Wohnzimmer. Er brauchte jetzt dringend einen
Whiskey. Die beiden schafften ihn einfach immer wieder aufs Neue.

Kaley schaute Dean ernst an. »Kann es sein, dass du vergessen hast, diese Verletzung zu erwähnen?«

»Ja, könnte sein.« Dean fühlte sich unbehaglich und schaute an Kaley vorbei auf den Baum. »Hey,
John hat ihn richtig gerade rein bekommen.«

»Lenk nicht ab! Ich will wissen, warum du mir davon nichts gesagt hast.«

»Na ja, wie gesagt, ich muss mich dafür ausziehen«, nuschelte Dean.

»Ja und? Ich bin Krankenschwester. Für mich ist das nichts Neues. Also gehen wir jetzt nach oben und
du zeigst mir die Stelle.« Wie gut, dass Dean nicht hören konnte, wie laut ihr Herz in der Brust
hämmerte. Alleine die Vorstellung, Dean untenrum gleich nackt zu sehen, ließ ihren Blutdruck
hochschnellen und das Blut in Wallung bringen. Sie fragte sich, wie sie sich gleich auf die Verletzung
konzentrieren sollte.

»Nackt sehen oder neben meinen Schwanz rumfummeln, sind ja wohl zwei Paar Schuhe«, brummelte

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Dean. Er bekam schon Hitzewallungen vor Scham, bei der Vorstellung, dass Kaley ihn dort unten gleich
betatschen würde.

»Ich pass schon auf, wo ich hinfasse«, meinte Kaley leichthin und hoffte, dass sie nicht rot wurde.

»Will ich auch hoffen«, murmelte Dean. Noch nie im Leben war ihm etwas so peinlich gewesen, wie
das hier gerade.

»Okay, dann lass uns hochgehen. Wenn du dich hier unten entkleidest, fällt uns John noch in
Ohnmacht.«

»Ja, lass es uns hinter uns bringen«, seufzte Dean und stand auf. Auf dem Weg nach oben, rasten
seine Gedanken. Was war, wenn er eine Erektion bekam? Kaley war eine hübsche und attraktive Frau.
Sie war zwar seine Sandkastenfreundin, aber trotzdem ein weibliches Wesen. Oh Gott, warum war ihm
das bloß eingefallen?

16
4.

»Mach dich schon mal frei! Ich hole Johns Hausapotheke und das, was du im Krankenhaus
mitbekommen hast. Dann schaue ich es mir an«, sagte Kaley, als sie vor ihrer Zimmertür angekommen
waren.

»Ja, Schwester Kaley.« Dean öffnete die Tür, während Kaley ins Bad ging.

»Das habe ich gehört«, vernahm er im Reingehen noch ihre Stimme und konnte sich ein Grinsen nicht
verkneifen, das ihm aber sogleich wieder verging. Denn seine blöde Idee von eben hatte sich in den
unteren Regionen verselbstständigt. Er hatte tatsächlich eine Erektion bekommen. Wie sollte er das
Kaley erklären? Fieberhaft überlegte er, wie er seinen Ständer loswerden könnte. Das wollte er ihr auf
keinen Fall zumuten. »Komm schon Dean, denk schneller«, sprach er zu sich selbst und auf einmal kam
ihm eine Idee. Das würde zwar eine sehr schmerzhafte Angelegenheit werden, aber das Problem wäre
damit garantiert beseitigt.

Er atmete einmal tief durch und bohrte seine Finger durch die Jeanshose in die Entzündung. Er
unterdrückte einen Schmerzenslaut und grub die Fingerspitzen noch fester in die Wunde. Der Schmerz
war fast unerträglich, aber die erhoffte Wirkung trat ein. Seine Erektion verflüchtigte sich. Mit
wackeligen Beinen setzte er sich aufs Bett und schälte sich langsam aus der Jeans, was mit erneuten
Schmerzen verbunden war. Der Stoff klebte teilweise in der Wunde. Jetzt rächte sich, dass er die
Wunde nicht verbunden hatte. Kurz kniff er die Augen zusammen und zog die Hose ruckartig über die
Oberschenkel. »Ahhh … verflixt«, stöhnte er.

»Verdammt Dean! Warum hast du es mir nicht direkt gezeigt?« Kaley kam ins Zimmer und legte den
kleinen Medizinkoffer aufs Bett. Sie kniete sich vor Dean und half ihm, die Jeans über die Füße zu
ziehen.

»Ja, kipp Öl in die Wunde. Ich leide ja noch nicht genug.«

»Selbst schuld, sage ich da nur.« Allerdings straften ihre Worte sie Lügen. Die Besorgnis war Kaley
deutlich anzuhören, da sie wusste, dass Dean nicht wehleidig war. Wenn er vor Schmerz stöhnte,
musste es wirklich schon heftig sein. »Soll ich dir helfen?«, fragte sie, als Dean keine Anstalten machte,
die Unterhose auszuziehen. Ihre Gedanken musste sie im Zaun halten. Hoffentlich starrte sie ihm gleich
nicht auf den Schwanz.

»Geht schon.« Dean wollte nicht, aber die Wunde musste dringend versorgt werden. Er gab sich
einen Ruck, stand auf und zog seine Pants langsam und vorsichtig herunter, darauf bedacht, den Stoff
nicht mit der Entzündung in Kontakt zu bringen. So damit beschäftigt entging ihm der sehnsuchtsvolle
Blick, mit dem Kaley ihm dabei zwischen die Beine schaute.

Mit trockenem Mund schaute Kaley Dean dabei zu, wie der sich auszog und sie fand es auf einmal
furchtbar warm im Zimmer. Wenn sie jetzt nicht schnell woanders hinsah, würde sie gleich anfangen zu
sabbern. Schnell wandte sie den Blick ab, kramte im Medizinkoffer herum und suchte etwas

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Verbandszeug heraus.

Mit dem Fuß schleuderte Dean die Unterhose quer durchs Zimmer, wo sie von Kaleys Blick verfolgt,
liegen blieb.

Die schaute stirnrunzelnd. »Die räumst du aber nachher noch weg.«

»Die ist nicht giftig.«

»Das vielleicht nicht, aber in die Bremsspuren will ich auch nicht fassen.«

»Du musst nicht von dir auf andere schließen«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Dean.

»Dein freches Mundwerk hat auf jeden Fall keinen Schaden genommen«, stellte Kaley fest. »Jetzt leg
dich hin und lass mich mal sehen.«

Seufzend tat Dean, wie ihm befohlen wurde, lehnte sich mit dem Oberkörper gegen das Kopfende
des Bettes, spreizte die Beine und winkelte das verletzte Bein ab, damit Kaley einen guten Blick hatte.
Zum Glück schmerzte die Wunde noch stark genug, so brauchte er keine Angst haben, gleich wieder
einen Ständer zu bekommen.

Kaley setzte sich zu Dean aufs Bett. Ihr erster Blick galt dessen Penis. Sie konnte einfach nicht anders
und sie stellte fest, dass er wirklich gut bestückt war. Wie gern würde sie jetzt die Hand ausstrecken und
ihn leicht massieren, fühlen, wie er unter ihrer Hand wuchs, dazu die Hoden massieren und Dean dabei
intensiv küssen. Sie würde alles dafür tun, wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen könnte.

»Kaley? Kaley! Kaley!!«

»Ja? Was ist?«

»Was ist los mit dir? Schon wieder ein Tagtraum?«

»Nein, natürlich nicht. Ich habe mir deine Wunde angeschaut.«

»Du hast mir auf den Schwanz gestarrt!« Dean hatte es genau gesehen. Kaleys Blick war zwischen
seinen Beinen hängen geblieben und danach wirkte sie irgendwie weggetreten.

»Quatsch! Das bildest du dir ein und jetzt spreiz die Beine! Noch etwas, so sehe, ich nicht genug.«
Kaley fühlte sich ertappt. Sie hoffte, dass sie nicht rot geworden war. Verdammt! Sie musste sich besser
im Griff haben. Dean war ja nicht doof. Er hatte genau gesehen, wo ihr Blick hängen geblieben war.

Dean spreizte die Beine etwas mehr und kam sich schon ziemlich komisch vor, wie er da lag, mit
Kaleys Kopf zwischen seinen Beinen. Zusätzlich spürte er nun ihre Hände. Sie verarztete ihn und seine
Gedanken machten sich selbstständig.

»Ahh«, stöhnte Dean leise. Kaley war mit der Hand gegen seinen Hoden gekommen.

»Sorry«, murmelte Kaley und erstarrte dann. Dean hatte einen Ständer. Sie war so konzentriert
darauf gewesen, die Wunde zu versorgen, dass ihr das überhaupt nicht aufgefallen war. Sie verschloss
den Verband und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie räusperte sich. »Dean …«

»Ja?«

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»Du hast … du hast … da ein Problem«, stotterte Kaley.

Ruckartig riss Dean die Augen auf und er fühlte schon, was sein Problem war. Ganz deutlich spürte er,
dass er einen Steifen hatte. »Ich habe … ein bisschen geträumt, während du …«

»Ja, verstehe schon. Ich will gar nicht mehr wissen«, winkte Kaley ab. Vermutlich hatte Dean sich
eine heiße Braut vorgestellt, die zwischen seinen Beinen hockte.

»Sie war echt heiß«, sagte Dean mit einem breiten Grinsen, obwohl es ihm schon peinlich war, mit
einem Ständer vor Kaley zu liegen.

»Ich sagte doch, ich will es nicht wissen.«

»Im Gegensatz zu dir teile ich meine Tagträume gerne.«

»Kein Bedarf.«

»Neidisch?«

»Was? Ach du … Spinner.« Du bist fertig. Du kannst dich wieder anziehen. Morgen wechseln wir den
Verband.

»Wenn es sein muss …« Das konnte ja heiter werden. Morgen musste er sich besser im Zaum haben.
Aber ihre Finger hatten sich verdammt gut angefühlt, da waren seine Gedanken von alleine auf
Wanderschaft gegangen. Er war einfach schon zu lange alleine. Nach Weihnachten würde er mal
wieder ausgehen. Vielleicht ergab sich ja etwas. Kaley würde er mitnehmen. Sie war ebenfalls schon zu
lange Single. Eventuell hatten sie ja beide Glück und lernten jemanden kennen.

19
5.

»Habt ihr …«, setzte John beim Betreten des Wohnzimmers an. Aber der Anblick, der sich ihm bot, ließ
ihn direkt vergessen, was er sagen wollte.

»John hat es die Sprache verschlagen, so geblendet ist er von unserem Werk«, feixte Dean und
reichte Kaley die letzte Kugel an.

»Ihr solltet …«

»… den Baum schmücken. Haben wir gemacht«, erwiderte Dean und warf noch etwas Lametta in die
Tanne.

»Schmücken, nicht verunstalten. Wo habt ihr die Sachen bloß alle gefunden?«

»Auf dem Dachboden.« Kaley packte die leeren Schachteln zusammen.

»Ihr wart auf dem Speicher?«

»Yepp. Ist ganz schön staubig da oben.« Dean nahm einen Schluck von seinem Kaffee.

»Ich wusste gar nicht, dass ich so viel Weihnachtsschmuck habe.«

»Das ist noch lange nicht alles, dort oben lagert so viel, dass du eine ganze
Weihnachtsbaumausstellung schmücken könntest.« Kaley betrachtete den überladenden Baum. Wäre
es nach Dean gegangen, könnte man wohl kein grünes Zipfelchen mehr erkennen.

»Sag mal, hängt da eine leere Dose Bohnen im Baum?« John kniff die Augen zusammen und beäugte
das, was mal ein Tannenbaum gewesen war.

»Extra für dich. Eine volle Dose halten die Zweige leider nicht aus. Darum musst du mit einer Leeren
vorlieb nehmen, aber du kannst sie dir jederzeit mit deiner Leibspeise füllen«, feixte Dean.

»Warum habe ich dich gleich noch eingeladen?«

»Weil du graue Haare möchtest.«

»Ich muss geistig umnachtet gewesen sein.« John schüttelte fassungslos den Kopf. Dean hatte
tatsächlich eine Dose gespült, mit einem Haken versehen und als Baumschmuck in die Tanne gehängt.

»Gewesen? Also ich ...«

»DEAN!«, zischte Kaley. »Es reicht jetzt! Nachher wirft John uns wirklich noch raus.«

»Du solltest auf sie hören, sonst sperre ich dich in den Keller.«

»Hab dich nicht so. Sag mal, was bekommen wir denn von dir zu Weihnachten?« Dean schaute ihn
neugierig an.

»Einen Schlag vor den Hals«, murmelte John und verzog sich kopfschüttelnd in die Küche.

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Dean wandte sich zu Kaley um. »Das ist der Dank dafür, dass wir uns als Sklaven verdingen. Was
bekomme ich denn von dir?«

»Ich weiß noch nicht.«

»Noch keine Idee? Bis Heiligabend sind es nur noch ein paar Tage.«

»Ich weiß. Ich dachte, wir können gleich mal in die Stadt fahren und uns umsehen. Für John müssen
wir auch noch etwas besorgen.«

»Shoppen?« Dean zog ein langes Gesicht.

»Daraus schließ ich, dass du für mich schon etwas hast, wenn du nicht einkaufen willst.«

»Ähm …«

»Hab ich mir gedacht. Also los, lass uns fahren«, forderte Kaley ihn lachend auf.

***

Drei Stunden später warf Dean erleichtert die Tüte auf die Bank des Cafés, wo sie sich nach dem
Einkaufen verabredet hatten. Kaley war noch nicht da. Also bestellte er sich erst mal nur einen Kaffee,
essen wollten sie gleich zusammen. Er nahm das Präsent aus der Tüte, das er für Kaley besorgt hatte.
Über das neue Smartphone würde sie sich sicher freuen, da ihres vor einigen Wochen den Geist
aufgegeben hatte, bei einem unfreiwilligen Bad in der Waschmaschine. Seitdem benutzte sie ein
einfaches Klappmodell, über das sie des Öfteren moserte. Deans Vorschlag, sich ein Neues zu kaufen,
hatte sie abgelehnt, mit der Begründung, es sei zu teuer. Also hatte Dean Geld gespart, um sie damit zu
überraschen. Er freute sich auf ihr Gesicht an Weihnachten. Was sie wohl dazu sagen würde?

Schnell verstaute er den kleinen Karton wieder in der Tüte, als er Kaley zur Tür reinkommen sah. Sie
rutschte in die Bank gegenüber und stellte die Taschen ab.

»Geschafft«, sagte sie erleichtert.

»Hast du alles bekommen?«, wollte Dean wissen und bemühte sich, nicht zu neugierig auf die Tüten
zu starren.

»Ja, für John die Flasche edlen Whiskey, von der wir gesprochen haben.«

»Und?«

»Was und?«

»Na, was hast du für mich?«

»Vielleicht nichts«, meinte Kaley leichthin. Innerlich grinste sie, da sie wusste, dass Dean vor Neugier
fast platzte.

21
»WAS? Das ist ein Gag, oder?«

»Natürlich. Aber versuch es erst gar nicht, meine Lippen sind versiegelt.«

»Ein kleiner Hinweis?«, wagte Dean trotzdem einen Vorstoß.

Kaley überging die Frage einfach und griff nach der Speisekarte. »Was wollen wir essen?«

»Spielverderber«, grummelte Dean. »Ich nehme den Burger mit extra Speck und Fritten.«

»Willst du nicht mal was Gesundes essen? Immer dieses fettige Zeug.«

Dean rollte die Augen zur Decke und schwieg. Kaley und ihr Salatfimmel. Bestimmt hatte sie schon
eine Blattlausfarm im Bauch, bei all dem Grünzeug, dass sie ständig aß. Es erinnerte ihn ein wenig an
Mr. Spock aus Star Trek, der stopfte sich auch immer mit Salat voll. Er musterte Kaley und stellte sie
sich mit spitzen Ohren vor. Bei dem Gedanken musste er unweigerlich lachen.

»Darf ich mitlachen?« Kaley schaute auf.

»Nein.«

»Warum nicht?«

»Du würdest es nicht lustig finden«, antwortete Dean wahrheitsgemäß und grinste schon wieder.

Kaley wollte noch etwas sagen, wurde aber von der Kellnerin daran gehindert. Sie nahm ihre
Bestellung auf und verschwand wieder.

»Wie geht es deinem Bein«, erkundigte Kaley sich.

»Besser.«

»Wirklich?«

»Ja, mit dem Verband scheuert die Wunde nicht an der Hose und die Salbe bleibt da, wo sie
hingehört.«

»Hättest du es mir mal gleich gezeigt.«

»Na ja …«

»Du bist nicht der erste Mann, den ich nackt gesehen habe und auch nicht der Letzte. Ich bin
Krankenschwester.« Trotzdem beschäftigte sie die Frage, warum er bei der Untersuchung einen Ständer
gehabt hatte. Was wäre, wenn Dean beim Verbandwechsel wieder eine Erektion bekommen würde.
Brachte er ihr vielleicht auch Gefühle entgegen, ohne dass sie es ahnte? Fragen, die Kaley sich nicht
beantworten konnte. Beim Verbandwechsel morgen würde sie ganz genau auf seine Reaktion achten.
Irgendwie war das eine sehr merkwürdige Situation gestern gewesen.

»Hab doch schon gesagt, dass es ein Unterschied ist, ob du nur schaust oder fummelst«, grummelte
Dean, dem das Thema unangenehm war.

»Ich habe nicht gefummelt!«

22
»So hab ich es ja nicht gemeint, aber du hast da halt rumgemacht mit deinen Händen.«

»Rumgemacht? Wird ja immer besser. Ich habe dich verarztet.«

»Du hast meine Eier angefasst.«

»Das war ein Versehen.«

»Kann ja jeder sagen.«

»Hast du deshalb einen Ständer bekommen?« Mist! Da war es schon aus Kaley herausgerutscht. Das
war genau das, was sie eigentlich nicht fragen wollte.

»Du spinnst wohl! So schön bist du auch nicht.« Das Gespräch hatte eine Wendung genommen, die
Dean überhaupt nicht gefiel.

»Vielen Dank auch für das Kompliment.«

»Du weißt, wie ich das meine.«

»Ja, aber ich finde es halt merkwürdig. Ist das so verwunderlich?«

»Ich habe halt an eine heiße Braut gedacht, um mich abzulenken«, erklärte Dean ernst und hoffte,
dass Kaley das Thema endlich fallen ließ.

»Okay, lass uns von was anderem reden«, lenkte Kaley ein. Aber ihr Verdacht hatte sich erhärtet.
Dean log. Da war sie sich ganz sicher, denn er hatte nervös mit seinen Händen gespielt. Dies entsprach
überhaupt nicht seinem sonstigen Verhalten. Es war schon gut, wenn man sein Gegenüber sein ganzes
Leben lang kannte. Sie hoffte, nach dem nächsten Verbandswechsel schlauer zu sein.

23
6.

Schnuppernd hob Dean die Nase, als sie am frühen Abend Johns Haus betraten. »Hier riecht es aber
gut.«

»Stimmt, es duftet nach Plätzchen.« Kaley schloss die Tür hinter ihnen.

»Bestimmt so eine fix und fertig Variante«, witzelte Dean.

»Im Gegensatz zu dir bin ich in der Küche gar nicht so unbegabt.« John kam aus der Küche,
eingewickelt in eine Schürze, auf der ein Weihnachtsmann prangte. Auf dem Kopf trug er eine blinkende
Weihnachtsmütze.

Ungläubig glitt Deans Blick an John rauf und runter. »Wie lange hast du nicht mehr Weihnachten
gefeiert?«

»Weiß nicht, aber schon viele Jahre nicht mehr. Ich glaube … das letzte Mal, als ihr Kinder wart. Ihr
habt mich mit euren Familien besucht. Es war ein tolles Weihnachtsfest. Aber für mich alleine lohnt sich
der Aufwand ja nicht.«

»Stimmt, ich erinnere mich daran. Wie alt waren wir damals? Circa acht oder neun, oder?« Kaley zog
sich die Jacke aus.

»Ja, ich glaube, das kommt hin.«

»Ich weiß es auch noch«, sagte Dean leise und ein Lächeln umspielte seine Lippen. Es war ein
schönes Fest gewesen. John hatte damals einen Baum besorgt. Sie hatten Plätzchen gebacken und
Geschenke verpackt. Gleichzeitig packte ihn das schlechte Gewissen, das er Weihnachten schon seit
Jahren nicht mehr hier war. Aber meistens arbeitete er an den Feiertagen, genau wie Kaley. So hatte
der Unfall auch etwas Gutes.

»Kommt in die Küche! Dann könnt ihr probieren. Die ersten Kekse sind schon fertig«, riss John ihn aus
seinen Erinnerungen.

»Die sind wirklich lecker«, kam es etwas später schmatzend von Dean, der sich einen Keks nach dem
anderen in den Mund stopfte.

»Hey, nicht so gierig! Die sollen bis Weihnachten halten.« John entriss Dean die Blechdose, deckelte
sie zu und verstaute sie im Schrank.

»Wir sollten doch probieren«, protestierte dieser.

»Ja, probieren, nicht vernichten.«

»Ich sollte noch mehr probieren. Mein Magen hat die paar Krümel gar nicht zur Kenntnis
genommen.«

»Dann mach dir eine Dose Bohnen warm«, kam es ungerührt von John.

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»Ne danke, ich muss noch fahren«, murmelte Dean und verdrückte sich nach oben, um Kaleys
Geschenk zu verpacken und zu verstecken.

»Habt ihr alles bekommen?«, wandte sich John an Kaley und nahm das nächste Blech Kekse aus dem
Ofen.

»Ja, es war ein erfolgreicher Nachmittag. Für Dean habe ich auch etwas Schönes gefunden. Schau
mal hier.« Kaley zog aus der Tüte eine kleine Schachtel hervor und öffnete sie. Darin lag ein silberner
Schlüsselanhänger in Form eines Basketballs. Dean war ein großer Fan des Sports und der Anhänger
passte perfekt zu ihm. Er würde ihm gefallen. Da war sie sich sicher.

John nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn eingehend. »Wunderschön! Wo hast du ihn her?« Er
reichte ihn Kaley zurück.

»Ich habe ihn in einem kleinem Second Hand Laden entdeckt. Da lag er im Schaufenster.«

»Er wird Dean bestimmt gefallen.«

»Ganz sicher. Er war schon immer scharf auf so einen Anhänger.« Kaley verstaute das Geschenk
wieder in der Tüte.

»Apropos, wann willst du es ihm endlich sagen?«

Kaley schaute konzentriert in eine andere Richtung. Die Frage musste ja irgendwann kommen. »Was
meinst du?«

»Kaley, erspar uns das doch jetzt. Du brauchst dich nicht zu schämen. Das haben wir doch schon am
Telefon durchgekaut.«

»Ja sorry … nur … ich … es …«, stotterte Kaley herum.

Vor ein paar Wochen hatte sie John erzählt, wie sie mittlerweile zu Dean stand. Sie musste sich
jemandem mitteilen und außer mit John konnte sie mit niemandem darüber reden. Er freute sich für sie,
aber predigte ihr ständig, dass sie es Dean sagen musste. Irgendwann würde Dean sich wieder binden.
Dann würde es zu spät sein. Deshalb lag er ihr seitdem damit in den Ohren.

»Also, nein«, schlussfolgerte John aus dem Gestammel. Er konnte ja verstehen, dass es Kaley peinlich
war, aber er wollte doch zumindest mal hören, ob die Fronten inzwischen geklärt waren.

»Ja, du hast recht.«

John legte seine Küchenhandschuhe weg und schaute nachdenklich. »Rede mit ihm! Du machst dich
sonst selbst kaputt damit.«

»Das kann ich nicht. Was wird er sagen, wenn er wüsste, dass ich … ihn liebe?« Kaley ließ sich
seufzend auf einen der Küchenstühle sinken.

»Er wird dir nicht die Freundschaft kündigen. Da musst du keine Sorge haben und das weißt du im
Grunde genommen auch.« John setzte sich ebenfalls.

»Ja, du hast recht. Aber ich … kann nicht … es ist mir peinlich.« Kaley dachte daran, wie sie Dean

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verarztet hatte. Doch das konnte sie unmöglich mit John besprechen.

»Verstehe ich. Aber hör auf einen alten Mann. Rede mit ihm! Danach wird es dir besser gehen.«

»Meinst du?«

»Ja, denn dann hast du endlich Klarheit.«

Kaley nickte nachdenklich. »Du hast wahrscheinlich recht.« Immerhin hatte sie sich das doch sowieso
vorgenommen, aber sie fand ständig eine andere Ausrede, um sich vor dem Geständnis zu drücken.

»Redest du mit ihm?«

»Ja.«

»Noch vor Weihnachten.«

»Was? Warum?«

»Das liegt doch auf der Hand«, meinte John.

»Ach ja?«

»Ja.«

»Klärst du mich bitte auf.«

»Dann kannst du entspannt Weihnachten feiern und musst nicht darüber grübeln, ob er eventuell
ebenfalls Gefühle für dich hat.« Brummend erhob John sich wieder. »Und jetzt raus aus meiner Küche.
Ich muss noch mehr Kekse backen. Ihr zwei bringt mich noch zehn Jahre eher ins Grab.«

Das brachte Kaley wieder zum Schmunzeln. John war einfach toll und sie fühlte sich nach dem kurzen
Gespräch mit ihm schon viel zuversichtlicher. Er hatte recht. Was brachte es, wenn sie nur drüber
nachdachte und nichts unternahm? Immerhin hegte sie ja inzwischen den Verdacht, dass Dean ihr auch
mehr als nur freundschaftliche Gefühle entgegenbrachte.

Gerade wollte sie die Küche verlassen, als es im oberen Stockwerk laut schepperte. Gleich darauf
hörte man Dean fluchen und schimpfen. »Verdammt … so ein Mist …Durcheinander … boah …«

»Ich glaube, Dean hat den Einbauschrank geöffnet.«

»Ich sehe mal nach, ob er Hilfe braucht.« Kaley drehte sich zur Tür.

»Er soll bloß alles wieder einräumen und …«

»WO IST DAS GESCHENKPAPIER?«, schrie Dean von oben herunter. John verdrehte die Augen.

»Mach zwanzig Jahre daraus. Sag ihm, das Papier, ist im Keller und er soll da nicht auch alles
durcheinanderbringen.«

»Ich werde es ihm ausrichten.« Lachend verließ Kaley die Küche und machte sich auf den Weg nach
oben, um zu sehen, was Dean für ein Durcheinander angestellt hatte.

26
7.

Dean spucke den Rest Zahnpasta ins Becken. Anschließend schaute er in den Spiegel und beschloss auf
eine Rasur zu verzichten. Ein paar Stoppeln im Gesicht standen ihm gut, fand er. Mit gestrafften
Schultern ging er ins Zimmer zurück. Kaley wollte seinen Verband wechseln und ihm graute schon davor.
Hoffentlich regte sich nicht erneut etwas bei ihm.

»Denk an was Abtönendes«, murmelte er vor sich hin und beschloss, sich John nackt vorzustellen.
Das sollte abschreckend genug sein, hoffte er zumindest.

»Okay, Schwester, ich wäre dann soweit«, witzelte er beim Betreten des Zimmers.

»Sehr witzig. Zieh dich aus und dann schaue ich mal, wie es aussieht.«

»Willst du nicht neues Verbandszeug holen?«, fragte Dean, da Kaley keine Anstalten machte, den
Raum zu verlassen.

»Habe schon alles hier.«

»Ah, verstehe.« Jetzt musste er sich auch noch vor ihren Augen entblößen. Es wurde wirklich immer
besser.

»Soll ich solange rausgehen?« Kaley war das leichte Zögern nicht entgangen.

»Nein, quatsch, du siehst mich ja gleich eh in ganzer Pracht.«

Kaley verdrehte die Augen und enthielt sich eines Kommentars. Gedanklich stimmte sie ihm zu und
bemühte sich, nicht zu auffällig zu starren, während Dean sich seiner Hosen entledigte und sich danach
aufs Bett legte.

Schnell schüttelte Kaley die Gedanken ab und löste vorsichtig den Verband. Sie konzentrierte sich
ganz auf ihr Handeln. Erleichterung durchströmte sie, dass die Wunde schon sehr viel besser als am
Vortag aussah. »Sieht gut aus«.

»Gut«, nuschelte Dean nur. Er war zu beschäftigt damit, sich John nackt vorzustellen. Aber für den
Moment brachte es die gewünschte Wirkung. Sein Schwanz war so schlaff, wie er nur sein konnte.

Kaley reinigte die Wunde und trug neue Salbe auf. Dean fühlte Kaleys Finger auf seiner Haut, die
zärtlich darüberstrichen und schon wieder seinen Sack streiften. Erregung stieg in ihm auf und Blut
schoss ihm zwischen die Beine. Er brauchte nicht hinzusehen, denn er konnte spüren, wie sein Penis
langsam hart wurde und sich aufrichtete. Er konnte es nicht kontrollieren, sein Körper wollte ihm
einfach nicht gehorchen. Er zog es deshalb vor, die Augen nicht zu öffnen, weil er Angst hatte, vor dem,
was er in Kaleys Gesicht lesen würde.

Sie hatte es ja gestern schon geahnt, das da mehr war, von Deans Seite, denn so schnell bekam man
normal keine Erektion. Dean lag mit geschlossenen Augen vor ihr und sie musste blitzschnell eine
Entscheidung treffen. Sie wollte jetzt die Wahrheit wissen. Also setzte sie alles auf eine Karte. Statt

27
aufzuhören, machte sie einfach weiter. Sanft massierte sie Deans Innenschenkel und ließ die Finger
weiter nach oben wandern, bis zur Leiste. Dabei streichelte sie ihn unaufhörlich.

Ein leises Stöhnen entwich Deans Mund. Er riss die Augen auf und sah direkt in Kaleys Gesicht. Ihr
Blick war intensiv und sie hielt nicht inne, in ihrem Tun. Er fühlte ihre Finger, die weiterwanderten. Laut
keuchte er auf, als ihre Hand sich um seinen Hoden schloss und diesen sanft knetete.

»Ka... Kaley …?«

»Ja …? Soll ich … aufhören?« Kaleys Stimme klang trotz ihrer Zuversicht jetzt unsicher. Was, wenn sie
sich geirrt hatte?

»Nein … mach weiter … bitte.«

Kaley fiel nach diesen Worten ein Stein vom Herzen und sie ließ sich ganz von ihren Gefühlen leiten.

Ohne ein weiteres Wort zu sprechen, umschloss sie Deans Erektion, was diesem ein lautes Stöhnen
entlockte. Schnell wurde Deans Atmung immer schwerer und sein Keuchen lauter, bis er schließlich mit
einem lauten Schrei kam.

Als sich seine Atmung wieder normalisiert hatte, öffnete er die Augen und musste unweigerlich
grinsen. Kaleys Gesichtsfarbe war der einer Tomate nicht unähnlich. »Kaley?«

»J… ja«, kam es leise von Kaley, die sich fragte, ob sie gerade aus einem Traum erwachte. Sie konnte
selbst nicht fassen, was gerade passiert war. Sie hatte Dean einen runtergeholt! Immerhin schien es ihm
gefallen zu haben. Trotzdem wartete sie nervös auf seine Reaktion.

»Das war geil.«

Typisch Mann, ging es ihr bei den Worten durch den Kopf. »Nur geil?«

»Ja, du hast sehr talentierte Hände.« Dean grinste, er war noch immer etwas neben der Spur.

»Schön, dass es dir gefallen hat.« Wie von der Tarantel gestochen sprang Kaley vom Bett auf und
flüchtete ins Bad. Sie schloss die Tür hinter sich ab und setzte sich auf den Toilettendeckel. Verzweifelt
vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Was hatte sie da bloß getan? Warum? Sie kannte die Antwort.
Weil sie Dean so wahnsinnig liebte und das Gefühl, zu sehen, dass sie für seine Erregung zuständig war,
war einfach überwältigend.

Deans Antwort hatte sie aber schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Es war geil
gewesen, nicht mehr und nicht weniger. Was hatte sie auch erwartet? Ein Liebesgeständnis vielleicht?
Tief im Herzen musste sie sich das mit Ja beantworten. Aber sie kannte ihn gut genug, um zu wissen,
dass es nur Wunschdenken war. Bitter lachte sie auf. Ihre Vermutung, dass Dean nicht abgeneigt sein
würde, hatte sich als richtig erwiesen. Aber sie wollte doch so viel mehr als das.

Im Schlafzimmer zog Dean sich seufzend eine frische Shorts über. Er redete zwar nicht gerne über
Gefühle, aber sie mussten darüber sprechen, was gerade passiert war. Ihn beschlich die leise Ahnung,
dass seine Antwort nicht ganz unschuldig an Kaleys Verhalten war.

28
8.

»Kaley? Bist du da drin?« Dean stand vor der geschlossenen Badezimmertür und klopfte dagegen.
Eigentlich eine blöde Frage. Natürlich war sie dort drin. Geflüchtet vor ihm und seinem bescheuerten
Verhalten.

»Ja … bin ich«, drang Kaleys Stimme gedämpft durch die Tür. »Geh bitte! Ich möchte alleine sein.«

»Nein, ich werde nicht gehen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen werde, aber … wir
müssen reden.«

»Ich will jetzt nicht reden. Geh … einfach.« Kaley wollte ihm so verheult, wie sie jetzt war, nicht unter
die Augen treten.

»Nein! Ich werde hier so lange gegen die Tür hämmern, bis du aufmachst oder John dich persönlich
da raus holt. Es wird bestimmt nicht lange dauern, bis der Krach ihn anlockt. Dann kannst du ihm
erklären, warum du dich im Bad eingeschlossen hast.«

Der Schlüssel im Schloss drehte sich und die Türe wurde geöffnet. Das Risiko, John auch noch zu
begegnen, wollte sie lieber nicht eingehen. Sie kannte Dean lange genug und wusste, er würde keine
Ruhe geben.

Erleichtert atmete Dean auf. Doch sofort zeigte sich eine steile Falte auf seiner Stirn, als er sah, dass
Kaley geweint hatte. »Kaley, was …«

»Lass uns wenigstens aufs Zimmer gehen und das nicht hier auf dem Flur besprechen«, bat Kaley und
ging an Dean vorbei.

Dean folgte ihr und schloss die Tür hinter sich. Kaley hatte sich auf ihr Bett gesetzt und knetete
nervös die Finger.

»Okay, was ist los?«

»Was los ist?« Kaley sprang auf und lief im Zimmer auf und ab. »Ich habe dir einen runtergeholt und
du fragst mich allen Ernstes, was los ist?«

»Ich verstehe nicht, warum du dich jetzt so darüber aufregst? Es ist ja nicht so, als hätte ich dich
gezwungen. Es war doch dein freier Wille.«

Kaley ließ sich auf das Bett sinken und suchte verzweifelt nach Worten. Sie hatte einfach Angst, über
das Ziel hinaus geschossen zu sein, nur weil sie ihre Gefühle nicht im Griff hatte.

Dean merkte, dass er so nicht weiterkam. Er setzte sich zu Kaley aufs Bett, griff nach ihrer Hand und
setzte dem nervösen Tun ein Ende. »Sieh mich an, bitte.«

Sie drehte den Kopf, der inzwischen im schönsten Rot leuchtete, zu Dean: »Ich … du …«

»Ich glaube, zuerst bin ich dir eine Erklärung schuldig«, wurde sie von Dean unterbrochen.

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»Was?«, fragte sie perplex. Sie hatte ja mit vielem gerechnet, aber ganz bestimmt nicht damit. Eher
mit Schweigen oder das Dean es einfach abtun könnte. Deshalb fehlten ihr jetzt die Worte.

»Ich ...« setzte Dean an, verstummte dann aber.

»Ja?«, hakte Kaley nach. Ihr Herz hämmerte gegen die Rippen. Was wollte Dean ihr sagen? Lag sie
doch richtig mit ihrer Vermutung?

Kurz schloss Dean die Augen. Er holte tief Luft und ratterte dann alles, was er zu sagen hatte, ohne
Punkt und Komma herunter. »Ich habe dir nichts von der Wunde erzählt, weil ich genau davor Angst
hatte, was passiert ist. Ich habe einen Ständer bekommen und das war kein Zufall. Ich habe auch nicht
an eine heiße Braut gedacht, sondern an dich. Deine Berührungen haben mich unheimlich angeturnt. Du
machst mich verrückt. Mir fällt es schwer, klar zu denken, wenn du in der Nähe bist, wenn wir etwas
zusammen unternehmen, bei allem halt. Was ich sagen will … ich … ich liebe dich.« Damit beendete
Dean seinen Monolog und schaute Kaley gespannt ins Gesicht. Die sagte erst mal gar nichts, sondern
starrte ihn einfach nur an. Ihr Gesichtsausdruck war so ungläubig, dass es Dean darunter unbehaglich
wurde.

»Kaley, sag was! Bitte, starr mich nicht so an!«

»Du … liebst … mich … ich ...« Kaley fehlten einfach die Worte. Dean hatte sie gerade zum zweiten
Mal überrascht und sie war einfach unfähig etwas zu sagen. Sie verspürte ein Kribbeln in ihrem Körper.
Es breitete sich aus und ließ sie handeln. Kaley löste sich aus Deans Hand, griff in seinen Nacken und zog
ihn langsam zu sich heran. Dabei starrte sie wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf dessen Lippen. So
lange hatte sie davon geträumt und jetzt wurde ihr Wunsch endlich Wirklichkeit. Dabei war noch nicht
einmal Weihnachten.

Ihre Lippen trafen aufeinander und es war noch schöner, als Kaley es sich ausgemalt hatte. Der Kuss
wurde sofort von Dean erwidert, zuerst zaghaft, dann wurde er intensiver und Kaley spürte dessen
Zunge an ihren geschlossenen Lippen. Breitwillig öffnete sie den Mund und ihre Zungen spielten zärtlich
miteinander.

Als sie den Kuss eine gefühlte Ewigkeit später lösten, legte Kaley ihren Kopf an seine Stirn. »Dean?«

»Ja?« Deans Stimme war ebenfalls nur ein Flüstern und sein Herz klopfte bis zum Hals. Würde Kaley
das sagen, worauf er hoffte?

»Ich liebe dich auch … schon lange.«

Deans Herz machte innerlich einen Satz. »Wie lange schon?« Er griff nach ihrer Hand und
verschränkte seine Finger mit ihren.

»Schon eine ganze Weile und bei dir?«

»Lange, zu lange.«

»Du Dean?«

»Ja?«

30
»John … also er …«

»Was ist mit John?« Dean zog die Stirn in Falten. Warum um Gottes willen fing Kaley jetzt an, über
John zu reden?

»Er weiß … was ich für dich empfinde.«

»Was?« Dean glaubte, sich verhört zu haben.

»Ich habe es ihm vor einigen Wochen am Telefon erzählt. Ich musste unbedingt darüber reden und
ich konnte das ja schlecht mit dir. Bist du mir sehr böse?«

»Nein, eigentlich nicht.«

»Nicht?«Kaley war jetzt doch etwas erstaunt. Damit hatte sie nicht gerechnet.

»Das erspart uns dann die Erklärungen«, sagte Dean leichthin.

»Wofür?«, forschte Kaley misstrauisch nach.

»Wenn wir zu laut sind.«

Ein Fragezeichen bildete sich über ihrem Kopf. »Laut?«

»Wenn ich dir das Hirn aus dem Kopf vögele, wird es sehr laut werden.« Dean grinste anzüglich und
Kaley spürte ihre Wangen glühen.

»Dean …«

»Kein Grund, sich zu schämen.« Dean zog Kaley in seine Arme und küsste sie erneut. Reden konnten
sie auch später noch.

»Mhhh …«, seufzte Kaley genüsslich. Sie schlang die Arme um ihn und gemeinsam ließen sie sich nach
hinten aufs Bett fallen.

Sich fortwährend küssend, befreiten sie sich dabei gegenseitig von ihrer Kleidung, bis sie beide nackt
waren. Jeder taxierte den Körper des anderen und sie sahen sich eine Zeit lang nur an, bis Dean sich
vorbeugte und erneut Kaleys Lippen mit seinen verschloss.

31
9.

»Habt ihr kein Zuhause?«

Johns laute Stimme ließ Kaley und Dean auseinander fahren.

»Hast du nicht gesagt, er ist weggegangen?«, wollte Kaley von Dean wissen. Es war ihr schon
irgendwie peinlich, dass John sie beim Knutschen erwischt hatte. Vor zwei Tagen hatte Dean ihr seine
Liebe gestanden und seitdem fühlte sie sich so gut, wie noch nie in ihrem Leben.

»Ist er ja auch. Ich kann ja nix dafür, dass er schon wieder da ist.«

»Oh, entschuldigt, dass ich früher als erwartet in mein Haus zurückkehre.« Vor sich hin brummelnd
brachte John die Einkäufe in die Küche.

»Neidisch?«, neckte Dean ihn, der das Wort peinlich nicht zu kennen schien.

»Gott bewahre mich.« Er fing an, die Einkäufe einzuräumen.

»Hey, das sieht aber lecker aus.« Dean streckte die Hand nach dem riesigen Schinken aus, bekam
aber direkt ein paar von John auf die Finger.

»Finger weg, der ist für morgen.«

»Aua.« Dean zog seine Hand zurück.

»Sorry, Prinzessin.«

Dean wollte gerade ein verbales Gefecht eröffnen, als Kaley ihm dazwischen kam. Sie räumte die
andere Tüte aus und hielt John jetzt eine kleine Schachtel hin. »Wozu brauchst du die denn?«

Dean fing automatisch an, zu grinsen. »Die hast du doch gar nicht nötig.«

»Woher willst du das denn wissen.« John schaute misstrauisch.

»Alte Leute hören doch eh schlecht.« Automatisch ging Dean zwei Schritte zur Seite, bevor er wieder
einen Nackenschlag kassierte.

»Dich lege ich immer noch übers Knie.«

»Mal ehrlich John, was willst du damit?«, hakte Kaley nach.

»Die Ohropax werde ich mir heute Abend, wenn ich ins Bett gehe, in die Ohren stecken. Damit ich
euch nicht hören muss, wenn ihr um die Wette stöhnt. Von dem quietschenden Bett rede ich jetzt mal
gar nicht. Ich hoffe, es ist noch nicht auseinandergefallen.«

Während Kaley peinlich betroffen schwieg und gar nicht wusste, wo sie hinschauen sollte, amüsierte
Dean sich königlich. »Doch neidisch, was?«

»DEAN«, zischte Kaley.

32
»Was denn?«

»Das muss doch jetzt nicht sein.«

»Ich sag ja, ich bin grau, wenn ihr wieder nach Hause fahrt«, seufzte John und räumte den Schinken
aus Deans Reichweite.

»Aber …«, setzte Dean an, wurde aber direkt von Kaley unterbrochen.

»Können wir dir helfen John?«, fragte sie und hoffte, dass damit ihre nächtlichen Unternehmungen
vom Tisch waren. Sie nahm sich vor, dass sie heute Nacht auf jeden Fall leiser sein würden.

***

Schweißbedeckt ließ Dean sich auf Kaley sinken, während er langsam aus ihr herausglitt. »Kaley?«

»Ja?« Sie streichelte sanft über Deans Rücken.

»Ich liebe dich.« Dean hauchte einen sanften Kuss auf ihre Lippen.

Kaley lächelte glücklich. »Ich dich auch.«

Sie küssten sich erneut und lösten den Kuss erst nach einer gefühlten Ewigkeit.

»Ob John uns wieder gehört hat?«, überlegte Kaley und hoffte, dass er die Ohropax auch benutzt
hatte. Zwar hatten sie sich vorgenommen, leiser zu sein, aber geschafft hatten sie es im Endeffekt nicht,
sondern ihren Gefühlen freien Lauf gelassen.

»Keine Ahnung. Aber ist auch egal. Er weiß eh, was wir hier treiben.« Dean gähnte herzhaft.

»Ja, trotzdem ist es mir peinlich.«

»Mir nicht.«

»Das Wort peinlich existiert in deinem Wortschatz ja auch nicht.«

»Dann streich es bei dir einfach. Dann hast du das Problem nicht mehr.« Dean rollte sich von Kaley
herunter und schmiegte sich an sie. »Was hältst du von Schlafen?«

»Gute Idee. Ich bin hundemüde.« Kaley gähnte und zog die Decke über sie beide.

»Kein Wunder, ich habe dir ja das Hirn raus gevögelt.«

»Ich sehe es nicht, aber ich weiß, dass du gerade dreckig grinst.« Kaley konnte sich ein Grinsen
ebenfalls nicht verkneifen.

»Ich doch nicht. Machst du das Licht aus?«

Kaley schaltete die kleine Nachttischlampe aus. »Gute Nacht Dean.«

33
»Schlaf schön.«

»Ja, du auch.«

Kaley war gerade eingeschlafen, als sie von leisem Fluchen wieder geweckt wurde. Sie öffnete die
Augen und sah, dass Dean mit der Decke hantierte und vor sich hin fluchte. Sie schaltete die Lampe ein.
»Was ist los?«, wollte sie verschlafen wissen.

»Sorry, wollte dich nicht wecken, aber wir haben ein kleines Problem.«

»Welches denn?« So richtig wach war Kaley immer noch nicht.

»Ein Klebriges.«

»Ich verstehe nur Bahnhof. Kannst du mal deutlicher werden?«

»Mann Kaley, sei doch nicht so begriffsstutzig.«

»Es ist spät und ich habe schon geschlafen. Sag es doch einfach.«

»Eine Ladung ist ins Bett gegangen.«

»Was?« Kaley war mit einmal hellwach und setzte sich auf.

»Du hast schon richtig gehört.«

»In meinem Bett ist nichts.«

»Wie schön für dich. Aber meins ist nass und klebt.« Dean kratzte sich am Kopf und stöhnte innerlich.
Mitten in der Nacht Betten beziehen, war nicht sein Ding.

Seufzend schälte sich Kaley aus dem Bett. »Dann lass uns mal Bettwäsche wechseln. Ich ziehe die
Bezüge ab. Geh doch mal Neue holen.«

»Wo sind die denn?« Dean war ebenfalls aufgestanden.

»Am Ende des Flurs steht ein Schrank. Da bewahrt John die Bettwäsche auf, meine ich gesehen zu
haben.«

»Okay, bin gleich wieder da.«

Nackt, wie er war, huschte Dean über den Flur und an den Schrank. Er kramte ein wenig darin herum
und fischte neue Laken und Bezüge hervor.

Er schloss den Schrank, drehte sich um und in dem Moment öffnete sich die Badezimmertür und John
trat in den Flur.

»OH MEIN GOTT«, entfuhr es dem, als er Dean im Adamskostüm erblickte.

»Dean reicht völlig«, meinte Dean trocken.

»Junge, es ist Weihnachten. Da willst du mich doch nicht umbringen, mit DEM Anblick oder?« John
hielt sich die Hand vor die Augen.

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»War das jetzt ein Kompliment oder eine Beleidigung?«

»Such es dir aus und ich will gar nicht wissen, warum du neue Bettbezüge auf dem Arm hast.«

»Wir …«

»Lalala, ich bin gar nicht da. Gute Nacht.« John drehte sich auf dem Absatz herum und flüchtete in
sein Zimmer. Das war mehr, als seine alten Augen verkraften konnten. »Hoffentlich bekomme ich jetzt
keine Albträume«, brummte er, während er sich wieder ins Bett legte.

»War das gerade John?«, wollte Kaley wissen, als Dean ins Zimmer kam.

»Yepp, er war von meiner Schönheit geblendet.«

Kaley rollte die Augen zur Decke. »Wie bescheiden du doch bist.«

»Ich weiß«, antwortete er mit einem Augenzwinkern.

Lächelnd schüttelte Kaley den Kopf. Sie konnte ihr Glück immer noch nicht ganz fassen, das sie
wirklich mit Dean zusammen war. Sie genoss jeden Tag mit allen Sinnen und freute sich schon auf das
bevorstehende Weihnachtsfest.

35
10.

»Singst du etwa Weihnachtslieder?«, fragte Kaley beim Betreten der Küche, wo Dean gerade ein
Liedchen vor sich hinträllerte. Ein Schmunzeln konnte sie sich aber dennoch nicht verkneifen.

Dean fuhr herum und Kaley meinte, einen Hauch von Rot auf Deans Wangen zu erkennen.

»Du weißt doch, was man sagt, der Lauscher an der Wand und so.«

»Ich habe nicht gelauscht und wo hast du den Text überhaupt her?« Kaley schenkte sich eine Tasse
Kaffee ein.

»Der Kellner, aus dem Diner in der Stadt, hat es gesungen, als ich letztens dort war.«

»Auch so schief wie du?«, wollte Kaley grinsend wissen und hatte eine Sekunde später den nassen
Spülschwamm im Gesicht und den Kaffee über dem Shirt. Den hatte sie vor Schreck verschüttet.

»Jetzt eine Kamera«, feixte Dean.

»Na warte.« Kaleys erster Schreck war überwunden und sie wollte sich gerade auf Dean stürzen, als
Johns Stimme sie zurückhielt.

»WAS ist denn hier los? Kann man euch nicht mal fünf Minuten alleine lassen, ohne dass ihr gleich
alles auf den Kopf stellt?« Kopfschüttelnd stand John in der offenen Küchentür. Die beiden trieben ihn
irgendwann wirklich in den Wahnsinn.

»Aber …«

»Kein aber«, schnitt John Dean das Wort ab. »In einer Stunde wird gegessen und ihr seid fürs
Tischdecken zuständig. Ich habe immerhin gekocht.«

»Warum hast du eine Türklinke in der Hand?«, fragte Kaley verwundert.

»Die Wohnzimmertür kann man nicht abschließen.«

»Ja, und?«, hakte Dean nach, aber dann ging ihm ein Licht auf. »Das hast du früher schon gemacht,
als wir Kinder waren.«

John nickte zustimmend.

»Und wenn das Glöckchen läutete, durften wir hinein«, erinnerte sich Dean an das Weihnachtsfest
bei John.

»Genau«, nuschelte John leicht verlegen. Mittlerweile waren sie ja erwachsen und die Aktion nicht
mehr nötig, aber er fand das Ritual schön.

»Und du hast immer noch keinen Schlüssel für die Tür?«, fragte Dean mit einem breiten Grinsen.

»Dean, heute ist Heiliger Abend«, mahnte Kaley.

36
»Und?«

»Da ist man nett zueinander.«

»Bin ich doch«, antwortete dieser verständnislos, was Kaley nur den Kopf schütteln ließ.

Sie packte Dean und schob ihn aus dem Zimmer. »Komm, wir decken den Tisch. Umziehen müssen
wir uns auch noch.«

»Warum?«

»Ich sehe aus wie ein Kaffee aus Fleisch und Blut und du hast Reste vom Frühstück auf deinem
Hemd.«

»Ach, der kleine Fleck«, hörte John Dean im Rausgehen noch sagen und er konnte sich ein Lächeln
nicht verkneifen. Ohne die beiden wäre das Weihnachtsfest nur halb so schön. Er genoss die
Anwesenheit der beiden, auch wenn er ständig schimpfte.

***

Einige Stunden später ließen sie den Heiligen Abend ruhig ausklingen. Sie hatten ausgezeichnet gegessen
und saßen jetzt im Wohnzimmer. Unter der Tanne lagen die noch ungeöffneten Pakete.

John öffnete eine neue Flasche Whiskey und reichte jedem ein Glas. Alle genossen den ersten
Schluck, dann stellte Dean sein Glas auf den Tisch. »Packen wir jetzt endlich die Geschenke aus?«

»Junge, daran hat sich in den Jahren wohl nichts geändert. Du warst schon immer neugierig wie ein
altes Waschweib.«

»Bin ich gar nicht.«

»Doch, John hat recht. Das ist dein zweiter Vorname«, sagte Kaley.

»Ich bin wissbegierig«

»Nenn es, wie du willst. Das ändert nichts an der Tatsache.«

»Solltest du nicht zu mir halten?«, grummelte Dean.

»Wo John recht hat, hat er recht.«

»Hey, komm mir nicht so, sonst gibt es nachher keinen Sex.«

»OH bitte, nein«, rief John und er klang richtig verzweifelt. Das wollte er nicht hören.

»Dean«, zischte Kaley.

»Schnell, gib ihm etwas zum Auspacken, bevor er das Thema noch vertieft.« Nach dieser Aussage
mussten beide lachen und Kaley suchte ihr Geschenk für Dean heraus und reichte es ihm.

37
Schnell befreite Dean das Paket vom Geschenkpapier und als er den Anhänger sah, musste er
schlucken. Kaley hatte tatsächlich einen aufgetrieben. Er wusste, wie selten diese waren und er war
mehr als gerührt. »Kaley, das ist … das ist großartig.« Ohne zu überlegen, sprang er auf, zog Kaley in
seine Arme und küsste sie stürmisch. »Das ist ein tolles Geschenk. Aber das schönste Geschenk habe ich
schon längst.«

»Und das wäre?«, wollte Kaley erstaunt wissen.

»Na dich.«

»Oh Dean.« Sie küssten sich erneut und John schaute verlegen zur Seite. Als die beiden sich aber gar
nicht mehr voneinander lösen wollten, räusperte er sich.

Schlussendlich schafften sie es, sich voneinander loszureißen und Kaley beeilte sich, John sein
Geschenk zu geben. Der war, wie erwartet, von dem edlen Tropfen mehr als angetan. Danach
überreicht Dean Kaley sein Geschenk und wartete gespannt auf ihre Reaktion.

»Wow!« Mehr bekam sie nicht heraus. Das neue Smartphone hatte ihr die Sprache verschlagen.

»Gefällt es dir?«

»Wahnsinnig gut, es ist toll.« Sie sprang auf und schon waren die beiden wieder in einen innigen Kuss
vertieft.

John rollte die Augen zur Decke. Die waren ja schlimmer als Teenager. Erneut brachte aber ein
Räuspern von ihm, die beiden dazu, sich voneinander zu lösen.

»So, ich habe auch noch was für euch.« John nahm einen länglichen Umschlag, der unter dem Baum
lag und hielt ihn Dean hin.

Gespannt öffnete dieser den Umschlag und heraus fielen zwei Karten. »Eintrittskarten für die New
York Knicks?« Dean starrte John ungläubig an.

»Na ja, ich weiß, dass ihr schon immer mal nach New York wolltet und da dachte ich, dann habt ihr
noch was zu schauen und ihr könnt bei einem Freund von mir wohnen. Der unterhält dort ein Hotel,
also macht euch ein paar schöne Tage. Für die Anreise seid ihr selbst verantwortlich.«

»Das ist … das ist unglaublich John. Vielen, vielen Dank.« Mit den Worten fiel Kaley ihm um den Hals.
Auch von Dean musste er sich eine dicke Umarmung gefallen lassen.

»Nichts zu danken«, brummte John, »und jetzt werdet nicht rührselig. Setzt euch hin, damit wir
endlich diesen fabelhaften Whiskey probieren können.«

Dem Vorschlag folgten sie nur zu gern. Gemeinsam ließen sie den Heiligen Abend ausklingen. Sie
waren sich einig darüber, dass es eines der schönsten Weihnachtsfeste war, das sie jemals erlebt
hatten.

38
Ende

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Küsse niemals deinen besten Freund


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Samantha ist Single und eigentlich ganz glücklich damit.
Anders ihr Bruder Timo. Der predigt ihr dauernd, dass sie einen Mann an ihrer Seite braucht.
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Bis zu dem Tag, an dem Timo anruft und sie damit überrascht, dass er in die USA zurückgekehrt ist.
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Zwickmühle, denn Cody ist ihr Mitbewohner und bester Freund. Der fällt aus allen Wolken, als sie ihm
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Zwar ist er wenig begeistert, aber die beste Freundin lässt man nicht hängen, also stimmt er zu, Sam zu
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Auftrag ins Glück
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Hoffnung, dort ihren Gefühlen für Logan zu entkommen. Sehr schnell erkennt sie, dass es ihr nicht
gelungen ist und sie muss zusehen, wie eine der Studentinnen ihr Netz nach Logan auswirft.

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Impressum
Nicolette Verstege
Bückerfeldstraße 26
47803 Krefeld

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Inhaltsverzeichnis
1. 6
2. 10
3. 13
4. 17
5. 20
6. 24
7. 27
8. 29
9. 32
10. 36
Weitere Bücher von Nicolette Verstege 40
Impressum 42

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