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Manifesta
Journal Nr. 8, 2010
Paul O’Neill »
Aus dem Englischen übersetzt von Martina Bauer
„SHUT THE FUCK UP!“ – Halt dein verdammtes Maul!“, brüllt General Idea in der
gleichnamigen Parodie einer Videodokumentation aus dem Jahr 1985. Mit
direktem Blick in die Kamera setzen drei junge Künstler – AA Bronson, Felix
Partz und Jorge Zontal die Wutrede fort: „Ich werde keine Medienhure, ich spiele
nicht den Bad Guy für euren Good Guy, den Bohemien für eure Bourgeoisie;
romantisch sollen wir sein, wild und ungezähmt, während unsere Kunstwerke
wieder auf den Markt geschoben werden, als Blue-Chip-Wertanlagen für
Fetischisten und kühle Rechner […] Ich will sie mit meiner Malerei in die Ecke
treiben, ich werde nicht auf eine Leinwand scheißen, damit sie es Kunst nennen,
es ist egal, was sie sagen, alles nur Gerede […] wie auch immer, sie werden dich
auf ein Podest stellen […] kannst du dir ein Bild machen, weißt du, was du sagen
sollst, SHUT THE FUCK UP!“
General Ideas subversiv überzogene Kritik der Kunstwelt, der Massenmedien und
ihres Klischees vom Künstlergenie führt vor Augen, dass sowohl die
populistischen Medien als auch die Diskurse der Kunstwelt die komplexen
Zusammenhänge jeder Gruppenarbeit oft in quantifizierbare Produkte und
vermarktbare Identitäten überführen. Die Künstlergruppe General Idea zeigte mit
ihren Versuchen, die Vermittlerrolle in der Kunstwelt zu unterminieren, auf, dass
diese über Mittel und Wege verfügte, trotz solcher Kritiken ein verfälschtes Bild
vom kreativen Einzelnen aufrechterhalten zu können. General Ideas
ungebrochene Relevanz ist auch ein Indikator dafür, wie wenig sich seither in
Bezug auf die nahezu unumstößliche Position des einzelnen Produzenten –
des/der KünstlerIn, des/der KuratorIn oder des/der KritikerIn – verändert hat.
Kann die Vereinigung von Menschen und Praktiken einen nachhaltigen
Widerstand gegen den Kult des kreativen Individualismus leisten oder ist das
„Kollektiv“ nur eine weitere verkäufliche Marke, die gut getarnt ist?
Als ich Bronson 2005 interviewte, meinte er, dass General Idea nach dem Vorbild
einer Rockband gegründet wurde: „Wir hatten eine pragmatische Vorstellung von
uns als Gruppe. Ich glaube, wenn einer von uns ein Instrument gespielt hätte,
hätten wir eine richtige Rockband gegründet. Wir haben uns nicht als Kollektiv
betrachtet.“ Bronson betonte die Unterscheidung zwischen dem befreienden
Potenzial einer „Gruppe“, die auf Freundschaft basiert, und einem „Kollektiv“,
einer restriktiven Struktur, der von einem vorherrschenden ideologischen oder
organisatorischen Prinzip Grenzen gesetzt sind. KünstlerInnengruppen wie
General Idea oder Group Material hatten wesentlichen Anteil an der
Durchsetzung der Idee, dass Ausstellungen „Gruppenbildungen“ sind, da sie im
Namen der Gruppe aufzeigen, wie Kunst gesehen wird, welche Kunst gesehen
wird, und dass KünstlerInnen, die die Räume, in denen ihre Arbeit ausgestellt
wird, in ihre Strategie einbeziehen, aus ihrer eigenen erweiterten Praxis heraus
kuratieren. General Ideas vielfältige Ansätze an Vermittlung, Distribution und
Kooperation, die auch die Herausgabe von Projekten anderer KünstlerInnen in
ihrem im Eigenverlag erschienenen Magazin File (seit 1972) sowie die Gründung
eines Vertriebszentrums und eines Ausstellungsraums für Künstler-Editionen
und Multiples umfassten, erweiterten die Parameter der kuratorischen
Gruppenarbeit über den Galerieraum hinaus auf eine Vielzahl von
Vertriebskanälen.
Group Material, ein KünstlerInnenkollektiv mit wechselnden Mitgliedern,
verwendete zwischen 1979 und 1996 den Prozess der Ausrichtung von
Gruppenausstellungen als Handlungsfeld für politische und gesellschaftliche
Arbeit: Die Ausstellung fungierte als ein Forum der Partizipation, das Event der
Ausstellung selbst ermöglichte ein weiteres Diskussionsforum und eine
öffentliche gesellschaftliche Plattform. Ausstellungen wie The People’s Choice im
Jahr 1981 unterminierten die Normen, wie Kunst gezeigt und Gruppen gebildet
wurden. The People’s Choice präsentierte Material, das von selbst ernannten
KulturexpertInnen ausgewählt wurde, und unterminierte auf diese Weise das
Modell der traditionellen Museumssammlung: Die Leute aus der Gegend wurden
eingeladen, Dinge aus ihrem Besitz zur Ausstellung in der East 14th Street in
New York City mitzubringen. Im Rahmen ihres Projekts Americana – anlässlich
ihrer ersten institutionellen Ausstellung bei der Whitney Biennial 1986 – zeigten
sie einen salon des refusés, in dem marginalisierte KünstlerInnen mit
gesellschaftspolitischen Anliegen neben Produkten aus Supermärkten und
Kaufhäusern präsentiert wurden, und hoben die Grenzen zwischen Hoch- und
Populärkultur auf, indem sie die Funktion kultureller Repräsentation und die
Hierarchien kultureller Produktion hinterfragten. Das Projekt Democracy, das
zwischen 1987 und 1989 in der DIA Art Foundation realisiert wurde, war als
vierteilige Serie von dialogbasierten Events und Gemeinschaftsaustellungen mit
folgenden Themen konzipiert: „Bildung und Demokratie“, „Politik und Wahlen“,
„Kulturelle Partizipation und AIDS“ und „Demokratie: Eine Fallstudie“. In all
diesen Projekten wurden die komplexen Zusammenhänge der Klassifzierung in
der konventionellen Ausstellung untersucht, während gleichzeitig auch die
Notwendigkeit eines transdisziplinären und diskursiven Ansatzes des
Ausstellungsmachens betont wurde. Alle Gruppenausstellungen, welcher Form
auch immer, sind das Ergebnis divergierender, komplexer und dialektischer
Beziehungen zwischen KuratorInnen, KünstlerInnen und all jenen, die in diesem
Prozess als KoproduzentInnen Handlungsfähigkeit haben. Indem sie diese
Wechselbeziehungen von Anfang an transparent machen und die
Produktionsmittel anführen, „konvergiert die Differenz zwischen kooperativen
und auktorialen Strukturen“[1] in einem Prozess der Koproduktion, der zur
Bildung kooperativer und gemeinschaftlich verwirklichter Gruppenausstellungen
führt.
Die Bedeutung von Group Material und General Idea als Vorläufer des derzeitigen
Trends zu Gruppenarbeit wurde evident, als sie 2005 zur Teilnahme an der
Ausstellung Kollektive Kreativität in der Kunsthalle Fredericianum in Kassel
eingeladen wurden. In dieser wichtigen Ausstellung und der begleitenden
Publikation wurde der Standpunkt vertreten, dass jede kreative Arbeit im Grunde
aus einem gemeinschaftlichen Prozess hervorgeht, auch wenn dies nach außen
hin nicht so erscheint, und Gruppenarbeit dezidiert als eine Form des
Widerstands gegen das vorherrschende, vom Markt gesteuerte Produktionsmodell
definiert wird, das von den bestehenden soziokulturellen Institutionen
unterstützt wird. Die KuratorInnen der Ausstellung, das in Zagreb ansässige
Kuratorenkollektiv WHW (What, How & for Whom), forderte eine bessere
Sichtbarkeit der kollektiven Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg und die
Präsentation von kollektiver Arbeit als Ergebnis alternativer Ausprägungen von
Soziabilität – auch solcher, denen es nicht gelingt, über das gesellschaftliche
Subsystem der Kunstwelt hinaus nachhaltige Wirkungen zu erzeugen. Kollektive
Kreativität dokumentierte historische Avantgardemodelle wie Dada, Surrealismus
und Fluxus neben einer eklektischen Mischung neuerer zeitgenössischer
Gruppenaktivitäten aus Europa, Osteuropa, Lateinamerika und den Vereinigten
Staaten. Das Projekt setzte sich mit einer Vielzahl heterogener Annäherungen an
multiple Autorenschaft entlang gesellschaftlicher, kultureller und historischer
Konfliktlinien auseinander. WHW präsentierte das Projekt als eine
Sympathiekundgebung, als Solidaritätsausstellung mit den vielen Ausstellenden,
die die Werte des Kollektivismus schätzten und für die gemeinsame Arbeit einen
potenziellen utopischen Diskursraum darstellt.
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In den letzten zwanzig Jahren haben Begriffe wie „Biennalekunst“,
„Museumskunst“ oder „Kunstmessenkunst“ darauf verwiesen, dass jede Kunst,
die in einem bestimmten Kontext gezeigt wird, von den Ausstellungsbedingungen
absorbiert werden kann (was manchmal durchaus beabsichtigt ist), und dass das
Wort „Kunst“ von Event-Organisatoren immer wieder inflationär als Oberbegriff
für alles in diesem Rahmen Präsentierte verwendet wird. Neben solchen Events
wird interdisziplinären Diskussionen, Gesprächen, Konferenzen und
Bildungsprogrammen nun als integraler Bestandteil von Megaausstellungen und
Kunstmessen Raum gegeben, die die Integration von eher immateriellen,
diskursiven Formen der Gruppenpraxis ermöglichen. Historisch waren solche
Diskussionen ein Begleitprogramm am Rande der Ausstellung, das der
Ausstellung und öffentlichen Konsumation von Kunst untergeordnet war. In
jüngerer Zeit wurden diese diskursiven Interventionen und
Vermittlungsprogramme zu einem Schwerpunkt der zeitgenössischen Praxis; sie
wurden zum Hauptereignis oder der „Ausstellung“ selbst.[5] Dieses Phänomen ist
Teil eines breiteren „educational turn“ im Bereich der Kunst und des Kuratierens,
einer Wende hin zu einer edukativen Praxis, die dem wiederholten Einsatz
pädagogischer Modelle im Rahmen unterschiedlicher kuratorischer Strategien
und kritischer Kunstprojekte Rechnung trug.[6] Die Projekte, die sich mit
pädagogischen und edukativen Formaten und Themen beschäftigen, divergieren
hinsichtlich Größe, Zweck, Modus operandi, Wert, Sichtbarkeit, Prestige und
Aktualisierungsgrad. Um nur einige dieser Projekte zu nennen: die „Plattformen“
der Documenta 11 aus dem Jahr 2002, die Documenta 12 im Jahr 2007, bei der
Bildung eines der drei Leitmotive war; die nicht realisierte Manifesta 6, die
experimentelle art-school-as-exhibition und die damit verbundene Publikation
„Notes for an Art School“, die darauf folgenden Projekte unitednationsplaza und
Night School, weiters Protoacademy, Cork Caucus, Be(com)ing Dutch: Eindhoven
Caucus, Future Academy, Paraeducation Department, Freie Universität
Kopenhagen, A.C.A.D.E.M.Y., Hidden Curriculum, Tania Brugueras Arte de
Conducta in Havanna, ArtSchool Palestine, Manoa Free University, School of
Missing Studies in Belgrad, ArtSchool/UK, The Centre for Possible Studies in
London usw. Dies ist nur eine kurze Auflistung, um die große Verbreitung von
Arbeiten aufzuzeigen, die unter dem Begriff „educational turn“ subsumiert
wurden, und auf deren Tendenz hinzuweisen, kollektives Handeln und eine
gemeinschaftliche diskursive Praxis in den Vordergrund zu rücken.[7] Diese
Initiativen hinterfragen, wie man die Kommunikation in einem Gruppensetting
überdenken, neu organisieren, und verbessern könnte. Man kann diese Projekte,
ohne sie allzu sehr zu vereinfachen, als Kritik an den offiziellen
Bildungsprozessen und der darin vorherrschenden Bildung von Subjekten
beschreiben.
Als Hans Ulrich Obrist meinte, „Kollektivarbeit ist die Antwort, aber wie lautete
die Frage?“, spielte er vermutlich auf die Notwendigkeit solcher Fragen für die
Fortsetzung seines umfassenden „Interview Project“ an, gleichzeitig mag er aber
auch an die kollektive Praxis gedacht haben, die so oft auf die Stellungnahme
eines Einzelnen reduziert wird und im Namen von jemandem erfolgt.[8] Infolge
des weitverbreiteten Interesses an Kollektivarbeit war in den letzten paar Jahren
ein Anstieg selbst organisierter Initiativen zu beobachten, begleitet von einer
großen Anzahl von Überblicksausstellungen, Publikationen und Projekten, die
diese Initiativen und organisatorischen Netzwerke unter einem einzigen
Überbegriff zusammengefasst haben. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob
ein kollektives Kunstprojekt oder eine Gruppenarbeit noch wie ein eigenständiges
Kunstwerk einem einzigen Urheber zugeordnet werden kann? Als General Idea
erklärte, dass die Arbeit in einer Gruppe sie von „der Tyrannei des individuellen
Genies“ befreit hätte, oder Art & Language ihre Arbeit mit den Worten beschrieb
„kein großes Werk, dessen Einheit auf einer romantischen Persönlichkeit beruht“
oder Group Material für ein Verständnis von „Kreativität, die vom Markt oder den
Kategorien der Spezialisierung nicht eingeschränkt ist“, plädierte, verliehen sie
mit ihren Äußerungen der verbreiteten Sehnsucht nach einer Alternative zu den
autonomen Figuren des Künstlers, des Kurators und des Kritikers Ausdruck.
Dieser Text erschien zum ersten Mal in Manifesta Journal 8: Collective Curating
(2010) herausgegeben von Viktor Misiano (Herausgeber), Nathalie Zonnenberg
(Chefredakteurin) und Filipa Ramos (Mitherausgeberin); und wurde von der
Manifesta Foundation veröffentlicht.
Dr. Paul O’Neill lebt und arbeitet als Künstler, Kurator und Schriftsteller in
Bristol. Seine Anthologie Curating and the Educational Turn, die er gemeinsam
mit Mick Wilson herausgegeben hat, wurde im März 2011 von de Appel and Open
Editions publiziert.
Literatur:
1. In seinem Vortrag für den Banff 2000 International Curatorial Summit am 24.
August 2000 am Banff Centre nannte Bruce Ferguson drei wiederkehrende
Themen im Bereich zeitgenössischen Kuratierens. Das dritte war „die Differenz
zwischen gemeinschaftlichen und auktorialen Strukturen“. Siehe Melanie
Townsend „The Troubles With Curating“ in Beyond the Box: Diverging Curatorial
Practices, Hrsg. Melanie Townsend (Banff, Kanada: Banff Centre Press, 2003), xv.
2. Siehe René Block und Angelika Nollert, Hrsg., Collecive Creativity, (Frankfurt,
Revolver, 2005).
3. Siehe www.spikeisland.org.uk/
4. Im Essay für den Katalog gaben sie an, dass 28 % der ausgewählten
KünstlerInnen in Europa und Nordamerika geboren wurden, 45 % aber nun dort
leben. Von den siebzig vertretenen KünstlerInnen, lebten zweiundzwanzig
außerhalb ihres Herkunftslandes (siebenundzwanzig KünstlerInnen kamen
ursprünglich aus dem Nahen Osten, achtzehn aus Osteuropa, zehn aus
Westeuropa, fünf aus Zentralasien etc.). Weniger als die Hälfte der KünstlerInnen
leben im Westen, dennoch waren achtunddreißig verschiedene Nationalitäten
vertreten, wodurch die KuratorInnen auf das Diasporische der Kunstwelt
verwiesen. Siehe How and for Whom (WHW), What Keeps Mankind Alive? Guide
to the 11th Istanbul Biennial (Istanbul, Istanbul Foundation for Culture and Arts,
2009), S. 22–27.
5. Siehe Paul O’Neill & Mick Wilson, Hrsg. Curating and the Educational Turn
(Amsterdam: De Appel/Open Editions, 2010), und Mick Wilson, „Curatorial
Moments and Discursive Turns“ in Paul O’Neill (Hrsg.) Curating Subjects
(Amsterdam: de Appel/Open Editions. 2007).
6. Ibid.
7. Kristina Lee Podesva meinte, dass „Bildung als Form der Kunstproduktion ein
relativ neues Medium ist. Es unterscheidet sich von Projekten, die Bildung und
die Bildungsinstitution Akademie als Grundlage oder Unterstützung der
Produktion betrachten.“ Bezugnehmend auf Forschungen an der Freien
Universität Kopenhagen etc., führt Podesva die Charakteristiken und Anliegen
einer Reihe von Projekten an, die Bildung als Medium verstehen. Dazu zählen:
„eine Schulstruktur, die als gesellschaftliches Medium agiert“, „eine Tendenz zu
prozessbasierter (versus objektbaiserter) Produktion; „eine aleatorische oder
offene Struktur“, „eine posthierarchische Lernumgebung, in der es keine Lehrer,
sondern nur Teilnehmer gibt“; „eine Bevorzugung forschender, experimenteller
und multidisziplinärer Ansätze an Wissensproduktion“, „ein Bewusstsein für die
Instrumentalisierung der Akademie“. Siehe Kristina Lee Podesva, ,A Pedagogical
Turn: Brief Notes on Education as Art. Fillip. 6. 2007 [http://fillip.ca/content/a-
pedagogical-turn]. Interessant ist auch Vidokles „Incomplete Chronology of
Experimental Art Schools“ in Notes for an Art School (International Foundation
Manifesta. 2006), 19.
8. Dies ist eine der am häufigsten zitierten Aussagen Obrists in den letzten zehn
Jahren, siehe z.B. Hal Foster, ,Chat Rooms‘ in Participation, hrsg. von Claire
Bishop. (Whitechapel & MIT Press, London and MASS., 2007), 194.
9. Siehe z.B. Claire Bishops „The Social Turn: Collaborations and its Discontents“
in Artforum, Band XLVI, Nr. 6 (Februar, 2006): 178–183.
10. Als Maria Lind etwa im Jahr 2000 What If? Art on the Verge of Architecture
and Design am Moderna Museet in Stockholm kuratierte, lud sie den Künstler
Liam Gillick ein, als „Filter“ zu fungieren, durch den die Kunstwerke betrachtet
werden, um dann im Design und der Anlage der Ausstellung Gestalt
anzunehmen. Dass sie die Verantwortung für die Entscheidungen hinsichtlich
der Installation an einen Künstler delegierte, bewirkte, dass im Zuge des
Ausstellungsdesigns Dynamiken entstanden, die nicht möglich gewesen wären,
wenn die Kuratorin die alleinige Verantwortung innegehabt hätte. Dasselbe gilt
für Utopia Station, für die Rirkrit Tiravanija das Ausstellungsdesign machte und
Liam Gillick die Sitzmöbel entwarf. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele von
Künstlern und Künstlerinnen – etwa Julie Ault, Martin Beck, Judith Barry und
Josef Dabernig – die als AusstellungsdesignerInnen mit KuratorInnen
zusammenarbeiten.
11. Siehe Charles Esche, „Curating and Collaborating: A Scottish Account“ in
Mika Hannula, Hrsg., Stopping the Process? (Finnland: nifca, 1998), 249.
Kurzbiografie:
Paul O’Neill, Dr., ist ein unabhängiger Kurator, Künstler und Autor aus Bristol.
Bis vor Kurzem war er Great Western Research Alliance (GWR) Research Fellow in
Commissioning Contemporary Art des Auftrags- und Forschungsprogramms
Situations an der University of the West of England, Bristol. Paul hat als Kurator
oder Co-Kurator mehr als 50 Ausstellungsprojekte betreut, darunter: „We are
Grammar”, Pratt Manhattan Gallery, New York (2011); „Coalesce: happenstance”,
SMART, Amsterdam (2009); D.B, Four Gallery, Dublin (2008); „Tape Runs Out”,
Text and Work Gallery, Bournemouth (2007); „Intermittent”, Gallery for One,
Dublin (2007); „Making Do”, The Lab, Dublin (2007); „Our Day Will Come”, Zoo
Art Fair, London (2006); „General Idea: Selected Retrospective”, Project, Dublin
(2006); „Mingle-Mangled”, als Teil von Cork Caucus, Cork (2005); „La La Land”,
Project, Dublin (2005); Coalesce: „The Remix”, Redux, London (2005); „Tonight”,
Studio Voltaire, London, (2004); „Coalesce: With All Due Intent” an der Model and
Niland Art Gallery, Sligo (2004); „Are We There Yet?” Glassbox, Paris (2000) und
„Passports”, Zaçheta Gallery of Contemporary Art, Warschau (1998). Er ist
Lehrbeauftragter des de Appel Curatorial Programme und des Lehrgangs MFA
Curating am Goldsmiths College an der University of London. Seine Schriften
wurden in vielen Büchern, Katalogen, Journalen und Magazinen publiziert, er
schreibt außerdem regelmäßige Beiträge für das Magazin „Art Monthly“. Er ist
Redakteur für Kritiken des „Art and the Public Sphere Journal“ und gehört zum
redaktionellen Beirat des „The Exhibitionist“ und des „The Journal of Curatorial
Studies“. Er ist Herausgeber der kuratorischen Anthologie Curating Subjects
(2007) und Mitherausgeber von Curating and the Educational Turn (2010) mit
Mick Wilson. Beide erschienen bei de Appel and Open Editions (Amsterdam und
London), außerdem gab er mit Claire Doherty Locating the Producers: Durational
Approaches to Public Art (Amsterdam, Vaiz, 2011) heraus. Sein Buch The Culture
of Curating, Curating Culture(s) ist 2012 bei der MIT Press erschienen.