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Mag.

Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 1

Untersuchungsbericht
3804 Allentsteig
Hager’sches Freihaus
Mai – Juni 2017

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 2

Inhalt
1. Identifizierung 2

2. Zusammenfassung der Ergebnisse 3

3. Zum Bauwerk 4
3.1. Standort und Umfeld 4
3.2. Zur Baugeschichte 5

4. Fotodokumentation und Befunde 18


4.1. Das Freihaus 18
4.1.1. Die Fassaden 18
4.1.2. Das Erdgeschoß 25
4.1.3. Das 1. Obergeschoß 33
4.1.4. Der Zustand der Stuckverzierungen 41
4.1.5. Das Dachgeschoß 43
4.1.6. Das Kellergeschoß 45

4.2. Die Nebengebäude 50

5. Vorschläge für die Renovierung 56

1. Identifizierung

Objekt: Hager’sches Freihaus

Ziel der Untersuchung: - Zeitliche Einordnung der vorhandenen Bausubstanz


- Beurteilung des Erhaltungszustandes
- Informationen zur Baugeschichte
- Feststellen früherer Farbsysteme am Stuck und in den Haupträumen
- Beurteilung der Fassade
- Vorschläge für die Renovierung

Auftraggeber und Besitzer: David A. Thomas und Erika Schrinner


Hauptstraße 21
3804 Allentsteig

Befundung vor Ort durchgeführt am 26. u.30.5., 1., 7. u.14.6.2017


Berichterstellung im Juni2014
Bericht ergeht an - David A.Thomas und Erika Schrinner
- BDA, Landeskonservatorat f. NÖ.

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´2. Zusammenfassung der Ergebnisse


Das Hager’sche Freihaus stammt aus den Jahren 1595 - 1600, es wurde damals vollständig neu
errichtet.
Infolge der hohen gesellschaftlichen Stellung der Familie Hager wurde hier ein außerordentlich guter
Baumeister beauftragt. Seine klare Architektur benötigte durch 400 Jahre keine Veränderungen, die
Qualität der Ausführung vermied Schäden und macht das Gebäude bis heute zu einem „guten Haus“.

Durch Straßenbauarbeiten E. d. 20. Jh. wurde die SW-Ecke des Gebäudes destabilisiert und es
entstanden starke Risse, die dringend saniert werden müssen.

Während sonst alle Räume gewölbt sind, waren die beiden südlichen Räume des 1. OG
wahrscheinlich auch zur Erbauungszeit flach gedeckt, vermutlich mit einer geschnitzten Decke und
getäfelten Wänden. Diese Holzausstattung fiel dem Stadtbrand von 1682 zum Opfer – der heutige
Plafond stammt aus der Zeit um 1800.

Die Gestaltung von Fassade und Innenräumen war, entsprechend der Zeit des Protestantismus im
Waldviertel, farblich sehr zurückhaltend und materialbezogen:
Der Stuck in den Räumen war in ocker gebrochenem Weiß farblich nur leicht von den weißen
Nullflächen abgesetzt, sodass er im Wesentlichen durch Licht und Schatten wirkte. Sämtliche
Farbschichten aus vierhundert Jahren befinden sich darauf, sodass die eigentlich exakt geschnittenen
Profile völlig verschwommen wirken.

Im südwestlichen Raum des 1. OG. konnten Wandmalereien gefunden werden, die in die Zeit um
1700 – 1.H.18.Jh. datiert werden können und vermutlich mit einer Neugestaltung nach dem
Brandschaden von 1682 in Zusammenhang stehen.

Zur Fassade kann derzeit nur festgestellt werden, dass der rezente Verputz aus der 1. H. d. 20.Jh.
stammt; es handelt sich um Kalkputz.
Darunter befindet sich zumindest eine ältere, vermutlich barocke Verputzschicht. Es ist durchaus
anzunehmen, dass auch noch Reste der Originalfassade vorhanden sind. Größere Freilegungsproben
fanden im Zuge dieser Befundung nicht statt und können vielleicht im Zuge der statischen Sanierung
besser durchgeführt werden.

Wie bereits erwähnt, ist der Zustand des Mauerwerks durchwegs gut. Probleme gibt es überall dort,
wo später mit sperrenden, hydraulischen Materialien ausgebessert wurde: im kleinen Geschäftslokal
im Kellergeschoß und in diversen Nebengebäuden. Vorschläge zur Verbesserung finden sich unter
Punkt 5 auf Seite 56.

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3. Zum Bauwerk
3.1. Standort und Umfeld

Abb.1 Luftaufnahme, atlas.noe.gv.at, Download v. 30.5.2017

Das Hager’sche Freihaus, Hauptstraße 21, befindet sich an der Kreuzung der Hauptstraße mit der
Wienerstraße..
Die Hauptstraße fällt leicht Richtung Westen (Hauptplatz) ab, die Wienerstraße beginnt nach dem
Kreuzungsbereich mit deutlichem Anstieg Richtung Norden.
Die Süd- und Ostseite der Gebäudegruppe des Hager’schen Freihauses grenzt damit an versiegelte
Verkehrsflächen.

Das Freihaus selbst grenzt mit der Südfassade an den asphaltierten Gehsteig, im Westen schließt
direkt der Innenhof des Nachbargebäudes an, vermutlich mit versiegelter Fläche. Im Norden schließt
ein dichter Gebäudekomplex mit modernen Wohnungen an, teilweise direkt an die Gebäude des
Freihauses angebaut, teilweise mit asphaltierten Parkplätzen.

Der Innenhof des Freihauses ist eben aufgeschüttet und trägt Bewuchs. Unter der Grasnarbe
befinden sich teilweise noch Grundmauern.

Durch das von Nord nach Süden abschüssige Terrain schließt das Kellergeschoß ebenerdig mit der
Hauptstraße ab, während das Erdgeschoß nahezu ebenerdig vom Hof aus zu betreten ist.

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3.2. Zur Baugeschichte


Mit Beginn des 15. Jh. erwarb die ritterliche Familie Hager Besitz in Allentsteig. Damit beginnt die
Vorgeschichte des Freihauses:

1413 verpfändet Otto von Maissau dem Ritter Hanns Hager, Herrn von Petzenkirchen, die Hälfte des
Hauses und der Stadt Allentsteig für 400 Pfd. Wiener Pfennige.
Nach dem Tode Ottos von Maussau, 1440, wurde A. landesfürstlich und danach an die Herren von
Puchheim verliehen, danach kam Allentsteig an die Pielacher von Pielach.
Das Pfand an die Hager war noch nicht eingelöst worden.
1499 kaufte Sigmund Hager den halben Teil von Schloss und Stadt A. um 600 Pfd. Pfennige von
Sigismund Pielacher von Pielach1. Sigmund Hager war Sohn des Thomas Hager und seiner Frau
Christine von Pülach, der Verkauf fand also innerhalb der Verwandtschaft statt.2 Damit war die
Herrschaft komplett im Besitz der Ritter Hager.

Die Hager gehörten zu den Führern der protestantischen


Bewegung in Österreich, Sigmund Hager reiste sogar zu
Luther nach Wittenberg.
Abb.2 Grabstein von Sigmund Hager, 1521,
Pfarrkirche Allentsteig, aus: Österr. Kunsttopographie,
Bd. VIII, 1911

Dessen Enkel Sigmund Hager, geboren am 15. 2. 1547,


zeichnete sich durch Kenntnis vieler Sprachen und
Wissenschaften sowie einen unerschrockenen Mut
aus. Er war k. k. Obrister, dann Oberstfeldhauptmann
in Ungarn, durchreiste ganz England, die Niederlande,
Frankreich und Italien, kehrte zurück, nachdem er 7
Jahre als tot gegolten hatte. Er wurde in dreifacher
Ehe Vater von 21 Kindern, unter denen 9 Söhne
waren. Er starb am 26. 4. 1617 und wurde in St. Veit
im Mühlviertel begraben. Zuletzt wurde er noch
Romanheld - in "Der getreue Ritter Sigismund Hager
von und zu Allentsteig" (Ausgburg 1850/59)3
Er verkaufte 15964 Allentsteig an Jans von
Sonderndorf, „...mit Ausnahme aller geistlichen und
weltlichen Lehenschaften, welche dem jeweiligen
Geschlechtsältesten der Hager auf ewige Zeiten
vorbehalten blieben...“5
Damit verblieb auch das Freihaus bei der Familie
Hager.

1
Österr. Kunsttopographie, (ÖKT), Bd.VIII, Vlg. Schroll, Wien 1911, S. 8
2
www.gedächtnisdeslandes.at
3
http://www.allentsteig.at/allentsteigat/html/hager.html; die Angabe in dieser Website, die Herrschaft wäre
1577 verkauft worden, ist vermutlich falsch.
4
Reichhalter, Kühtreiber „Burgen – Wachau, Waldviertel“, Vlg. Schubert & Franzke, St. Pölten 2001, S. 50
5
Franz Xaver Schweickhardt v. Sickingen „Darstellung des Erzherzogtums Österreich unter der Enns“, Bd. I,
Verlag Wallishauser, Wien 1839, S. 85

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Das Freihaus wurde noch unter Sigmund Hager zwischen 1595 und 1600 komplett neu errichtet und
in die Befestigung des Stadttores einbezogen.

Abb. 3 Wappen und Unterschrift von Johann


Seyfried Hager von Allentsteig,
aus: OÖ. Landesarchiv, Schlösserbuch der Hager von
Allentsteig.

Die weitere Besitzerfolge kann mangels Archivalien nur vermutet werden.


In einer Zusammenstellung der Besitzgeschichte ohne Datum und Autor6 wird von einem Verkauf
1653 an Graf Karl Ferdinand von Rappach berichtet und von einer Beschreibung des „Freihauses in
dem Stattl Allentsteig“ in einem Urbar der Herrschaft Allentsteig von 1688. Diese Angaben sind nicht
belegbar, da der Verbleib des Herrschaftsarchives Allentsteig unbekannt ist und sich ein Urbar auch
in den Beständen des NÖ. Landesarchives nicht findet.

In den Steuerunterlagen der NÖ. Landstände, den „Alten Gülteinlagen“ des NÖ. Landesarchivs, sind
nur steuerpflichtige Besitzungen erfasst. Da Freihäuser nicht steuerpflichtig waren, kommen sie in
diesen Unterlagen nicht vor, auch das Hager’sche Freihaus ist in den Alten Gülteinlagen somit nicht
zu finden. Die mit dem Freihaus verbundenen steuerpflichtigen Besitzungen (Gründe) wurden aber
in der „landtäflichen Rubrik Hagerisches Grundbüchel,
V.O.M.B., Nr. 124“ erfasst.
Erst mit Auflösung dieses Grundbüchels 1866 findet sich die
nächste gesicherte Nennung eines Besitzers: 1866
befanden sich Freihaus und zugehörige Gründe im Besitz
der letzten Nachkommin der Familie Hager, Julie Gräfin
Oldofredi-Hager.7

Abb.4 Julie Gräfin Oldofredi-Hager


Österreichische Illustrierte Zeitung, 1852,
aus: Wikipedia, Download v. 18.7.2017

Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Familie Hager, die


im 17. Jh. ihren Mittelpunkt in das Mühlviertel und die
Wiener Gegend verlagerte, das Freihaus mit dem kleinen Grundbesitz nachträglich wieder von den
Grafen Rappach zurückgekauft hätte. Es ist daher zu vermuten, dass das Freihaus mit Grundbesitz
tatsächlich im Besitz der Familie Hager bis zu ihrem Aussterben verblieb. Das Freihaus wurde
während dieser Jahrhunderte an wechselnde Pächter vergeben, eventuell auch zeitweilig an die
Herrschaft Allentsteig verpachtet.

6
Kopiertes Blatt im Besitz der derzeitigen Hauseigentümer.
7
NÖ. Landesarchiv, Hagerisches Grundbüchel

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Die wahrscheinliche Besitzerreihe des Hager’schen Freihauses wäre demnach:

Besitzer
Zeitraum des Besitzes

Sigmund Hager oo Anna Susanna von Hoheneck


1596 – 1617 (+)

Hans Seyfried Hager (ab 1671 Freiherr) oo Anna Katharina von Köllnbeck
1617 – 1687 (+)

Otto Sigmund Frhr. v. Hager oo Maria Franziska Beata Gräfin Katzianer


1687 – 1750 (+)

Franz Alois Frhr. v. Hager oo Maria Eleonora Gräfin v. Trautmannsdorf


1750 – 1812 (+)

Johann Baptist Frhr. v. Hager oo Marie Magdalena von Illessy


1812 – 1822 (+)

Julie Freifrau v. Hager (* 8.2.1813, + 4.3.1879)


1822 – 1831

Graf Hieronymus Oldofredi und Gräfin Julie Oldofredi-Hager


1831 – 1868

Verkauf an Anton und Thekla Wais


1868 – 1892

Franz und Franziska Heilhirsch


1892 – 1938

Franz und Franziska Heilhirsch


1938 – 1953

Dr. Franz und Margarethe Heilhirsch


1953 –

Maria Heilhirsch
- 2012

DI Katharina Hochleitner
2012 - 2016

David A. Thomas und Erika Schrinner


2016

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Abb. 5 - 10 NÖ. Landesarchiv, Hagerisches Grundbüchl, Löschung der Eintragung in der Landtafel und
Aufhebung der Lehensverhältnisse.

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4.

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Abb. 11 Eintragung im Grundbuch, Bezirksgericht Zwettl

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Abb. 12
Georg Mathäus
Vischer, Schloss
Allentsteig,
Stich 1672

Auf der Abbildung


von Vischer 1672
ist das Freihaus
nicht zu
identifizieren, wie
auch die gesamte
Stadt hier nicht
dargestellt ist. Zu
sehen sind nur der
herrschaftliche
Meierhof und die
Kirche, bei dem
dargestellten Tor müsste es sich eigentlich um das westliche Stadttor handeln, das sich im
Bereich des Meierhofes befand. Das daneben befindliche Haus hat zwar bauliche Ähnlichkeit
mit dem Freihaus, ist aber topographisch nicht zuzuordnen.

Abb. 13
Josephinische
Landaufnahme
1763 - 1787

In der Josephinischen Landaufnahme ist die bauliche


Situation beim östlichen Stadttor sehr unbestimmt
dargestellt.

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Abb. 14
Franziszeischer
Kataster, 1823

Im Franziszeischen Kataster ist das Gebäude (63)


erstmals konkret abgebildet. Rosa sind gemauerte,
gelb hölzerne Gebäude eingetragen.
Heute wie damals ist die Situation mit den direkt
angebauten Nachbargebäuden beengt.
Dar schmale Zugang von Süden ist heute noch so
vorhanden, doch bestand rechts daneben über dem
Brunnen ein kleines Gebäude. Die Hälfte des
heutigen Hofes war damals mit Wirtschaftsgebäuden verbaut, sodass eigentlich nur ein sehr
kleiner Hof übrigblieb.
Der heutige Schuppen befindet sich auf dem früheren Krautgarten (41).
Das Stadttor bestand aus zwei baulich getrennten Teilen (61, 62), die Stadtmauer existierte
bereits nicht mehr.

Abb.15
Luftbild mit der früheren
Anordnung der Gebäude.

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Die Interessen der Familie Hager


verlagerten sich bereits im 17. Jh. vor
allem in das Mühlviertel, später auch in
den südlichen Wiener Raum, trotzdem
behielt das Gebäude weiterhin seinen
repräsentativen Charakter, doch nicht
mehr als Adelssitz, sondern als
Bürgerhaus.
Färbermeister Jakob Hauber, 1793,8 und
sein Nachfolgers, der Färbermeisters
Johann Wais, A. 19. Jh., waren Pächter
des Hauses. Das Gebäude war vor allem
Wohnhaus, ein Färbereibetrieb ist nicht
vorstellbar, da diese vor allem an
Wasserläufen errichtet wurden.9
Spätestens nach der Privatisierung 1868
wurde das Gebäude zu einem Gasthaus
und eine Bäckerei eingerichtet.
Abb. 16
Fassade vor 1940 , Foto aus
Ernst Krenn „Geschichte der Stadt Allentsteig“,
Allentsteig 1948
Der Verputz erscheint gealtert, die Fenster
hatten weiße Faschen.

Es dürfte es bis zum 2. Weltkrieg ein Gasthaus geblieben sein, erst dann erhielt es mit
Einrichtung einer Arztpraxis eine neue Funktion.
Abb.17
Foto von 1948,
( Hr. Anton Kraus,
Allentsteig)

8
Zusammenstellung der Besitzer, kopiertes Blatt ohne Datum und Autor im Besitz der jetzigen Hauseigentümer
9
Die Angaben in dieser Zusammenstellung sind fehlerhaft: Wenn Johann Wais 1826 starb und Anton Wais 1834
geboren wurde, kann Anton schwerlich der Sohn sein.

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Abb.18 u. 19
Fotos von 1950 - 1953
( Hr. Anton Kraus, Allentsteig)

Die Fassadengestaltung hat sich


seitdem nicht verändert.

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4. Fotodokumentation und Befunde


4.1. Das Freihaus

4.1.1. Die Fassaden

Abb. 20 Südfassade des Hauptgebäudes,


Fotomontage

Das Gebäude ist ein mächtiger,


giebelständiger Bau, dessen Dimension
durch die beengte Straßensituation und den
unscheinbaren Verputz kaum erkennbar ist.

Ebenerdig führen die Türen in das


Kellergeschoß: die linke Türe als
möglicherweise ursprünglicher direkter
Zugang zum Keller (Steingewände 18. od.
19.Jh.), rechts das Portal eines ehemaligen,
kleinen Geschäftes (A. 20.JH.)

Das vom Hof aus erschlossene Erdgeschoß öffnet sich an dieser Fassade mit 3 Fenstern. Die linken
beiden Fenster erscheinen aus Symmetriegründen authentisch, während das rechte Fenster die
Symmetrie des Repräsentationsbaues stört – es könnte sich hier um eine spätere Veränderung
handeln.
Oberhalb der linken Fenster befindet sich eine runde Öffnung, die zu einem in der Mauer
verlaufenden originalen Entlüftungssystem gehören könnte. Es ist anzunehmen, dass sich auch im
Bereich des rechten Fensters eine solche Öffnung befunden hat.

Das Obergeschoß zeigt die originale Anordnung der Fenster.

Das Dachgeschoß öffnet sich mit einer heute zu einem Fenster zurückgebauten Rundbogentüre.
Oberhalb des Rundbogens konnte früher ein Ausleger für einen Flaschenzug befestigt werden, um so
Material in den geräumigen, als Speicher verwendbaren Dachboden aufziehen zu können.
Seitlich 2 runde Lüftungsöffnungen.

Der Giebel ist nicht original, sondern wurde vermutlich


nach dem Stadtbrand von 1682 errichtet. Die
ursprüngliche Form des Daches war ein
Krüppelwalmdach.

Abb. 21 Der Salzstadel in Stein an der Donau zeigt noch


heute die Rundbogentüren zur Nutzung des
Dachgeschoßes. Ähnlich war auch die Funktion an der
Fassade des Freihauses.

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Abb.22 Hoffassade des Hauptgebäudes

Der Eingang ist original, es wird aber sicher eine repräsentative Umrahmung (Sgraffito oder
Steinteile) gegeben haben. Das Fenster im EG wurde vergrößert. Im 1. OG wurde das 2. Fenster von
rechts erst in den 50er-Jahren d. 20.Jh. ausgebrochen, die anderen Fenster sind original.

Abb. 23 Verputzablösungen neben dem


Eingang

Der derzeitige Verputz entspricht in seiner


Oberfläche der Nachkriegssachlichkeit. Er
verzichtet auf jede Fassadengliederung und
entspricht in seiner Oberfläche in keiner Weise
der schönen Architektur des Hauses. Durch
diesen Verputz wirkt das Haus leider
unansehnlich.

Aber er ist geschlossen und befindet sich


durchwegs in gutem Zustand. Da in der
nächsten Zeit keine Fassadenrestaurierung
geplant ist, wäre es falsch, durch zahlreiche
Suchschlitze den Verputz der Verwitterung zu
öffnen.

Es wurde daher nur eine Freilegungsprobe in


einem bereits schadhaften Bereich
durchgeführt.

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Die wichtigste Erkenntnis:


Der rezente Verputz ist ein reiner Kalkputz und stammt aus der 1. H. 20. Jh.
Der Verputz hat eine Stärke von 2 – 4 cm, ist stabil und besitzt eine große Eigenspannung.
Die Haftung auf dem Untergrund ist eigentlich sehr gut. Nur an sehr wenigen Stellen, wo die
Verwitterung durch Sprünge oder Fehlstellen
angreifen kann, wird der Verputz hinterspült
und bildet Hohlstellen.

Wegen der Eigenspannung des Verputzes muss


bei Arbeiten starke Vibration möglichst
vermieden werden! Das Material könnte
losgeprellt werden und sich in Platten ablösen.

Unter dem heutigen Verputz befindet sich eine


ältere Fassadengestaltung (um 1800?). Die
Oberfläche ist aufgespitzt, die Tünchen sind
stark reduziert (abgekratzt). Noch ältere
Verputzschichten sind hier nicht nachweisbar.

Abb. 24 Freilegungsprobe; rechts oberhalb des


Eingangs, H: ca. 340 cm

Befund Fassade, rechts oberhalb des Eingangs,


H: ca. 340 cm

dzt. Verputz (2), 1. H. 20. Jh., Kalk ohne hydraulischen Zuschlag

grünstichiges Braun, nur Reste (Verwitterungsprodukt?) (Kalk)


helles Grün (Kalk)
Kalk
intensives, blaustichiges Grau (Kalk)
Kalk
helles Altrosa (Kalk)
Kalk
Hellgrau (Kalk)
Kalk

sehr kalkreicher Verputz (1), (um 1800?)


Steinmauer

Verputz 2 (1. H. 20. Jh.): gute Baustellenmischung, Kalk ohne hydraulischen Zuschlag mit
gebrochenem Sand, Korngr.Ø 0 – 12 mm.
Verputz 1 (um 1800?) sehr kalkreich, Korngr.Ø 0 – 8 mm.

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Abb. 25 Hoffassade, 1. OG.; Die linke Fensterfasche gehört zu Verputz 1; das rechte Fenster wurde erst
mit Einrichtung der Arztpraxis eingebaut, die Fasche ist nur gemalt.

Es ist anzunehmen, dass die Fassadendekoration um 1800 auch plastische Elemente (Lisenen,
Faschen etc.) besaß. Vermutlich wurden diese plastischen Fassadenelemente vor dem Verputzen i. d.
1. H. 20. Jh. abgeschlagen.

Aufschluss könnten weitere Untersuchungen im Zuge der statischen Sanierungsarbeiten bringen.

Die Tatsache, dass es sich beim rezenten Verputz mit Ausnahme der Sockelzone um reinen
Kalkmörtel handelt, macht diesen Verputz zu einem guten Indikator für Feuchtigkeitsprobleme.
Die derzeit sichtbaren Schäden zeigen das tatsächliche Ausmaß der Probleme, es wird nichts
verdeckt. Fazit: Das Haus hat kaum Feuchtigkeitsprobleme.

Die Ausnahme bildet der Sockel an der Südfassade, er wurde mit reinem Zementmörtel verputzt. Die
Feuchtigkeitsbelastung ist aber trotzdem so gering, dass in den Jahrzehnten die abgesperrte
Feuchtigkeit nicht weiter in die Höhe gestiegen ist.

Die Feuchtigkeit tritt hier an den


Innenseiten aus, was im Kellerbereich
egal, aber im Bereich des kleinen
Geschäftes ein Problem ist.

Abb. 26 Das Innere des kleinen


Kellergeschäftes zeigt deutlich die
Feuchtigkeit, die durch den sperrenden
Sockelverputz nach innen gedrückt
wird.

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Abb.27 Hager’sches Freihaus, Südfassade (Fotomontage)


Ausmaß der zu erwartenden Verputzergänzungen.
Hellrot: Flächen, die wegen unpassender Oberfläche oder zementgebundenem Material neu verputzt
werden sollten.
Schraffiert: Fläche, in der wegen der statischen Sanierungsarbeiten mit größeren
Verputzergänzungen gerechnet werden muss.

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Abb.28 Hager’sches Freihaus, Hoffassade (Fotomontage)


Ausmaß der zu erwartenden Verputzergänzungen.
Hellrot: Flächen, die wegen unpassender Oberfläche, schlechtem Zustand oder
zementgebundenem Material neu verputzt werden sollten.

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Abb.29 Hager’sches Freihaus, Westfassade

Diese Fassade war für eine genaue Befundung nicht


zugänglich.
Sie trägt den gleichen Verputz aus den 50er-Jahren,
wie die Südfassade. Deutlich auch die Setzungsrisse
zu sehen. Der Zustand des Verputzes erscheint
weitgehend solide.

Abb.30 u. 31
Hager’sches Freihaus, Nordfassade

Die Nordfassade wurde im Zuge der Errichtung


einer Wohnungsanlage auf dem Nachbargrundstück
neu verputzt.
Ein EG-Fenster zeigt noch ein schönes Fenstergitter;
darunter befindet sich eine der
Entlüftungsöffnungen des Kellers.
Der Boden ist mit Beton abgedichtet.

Aus dem Dachbodenfenster führt eine Leitung offen


hängend zum Nachbargebäude. (?)

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4.1.2. Das Erdgeschoß

Zur Zeit der Befundung befand sich noch eine große Menge an Einrichtungsgegenständen der
Vorbesitzerin in den Räumen.

Kamine und
Abwasserschächte

Backofen

2 1

Kellerabgang

Abb. Türblatt

4 3

Abb. 32 Hager’sches Freihaus, Hauptgebäude


Erdgeschoß
Grundriss-Skizze
Die Skizze ist nicht exakt maßstäblich.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


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Abb. 33 Der Eingangsbereich (1) wird durch Abb. 34 Die hölzerne Trennwand des Windfangs
einen „Windfang“ abgetrennt, der allerdings den von innen. Blick in das südliche Gewölbe, Raum
oberen Bereich zum Gewölbe völlig frei lässt. Die ,im 19. u. A. 20. Jh. die ehemalige Gaststube.
Türkonstruktion dürfte aus der Zeit um 1900 Die hölzerne Balustrade beim Kellerabgang könnte
stammen. noch aus dem 17./18. Jh. stammen.

Abb.35 Im Windfang befindet sich die Falltür mit dem Kellerabgang. Es dürfte sich hier um den
originalen Abgang handeln, der Keller war aber von der Südfassade her ebenfalls begehbar.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


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Abb.36 Nördlich wurde in d. 2. H. 20. Jh. neben


dem Windfang ein WC eingebaut.

Abb. 37 Versuch einer Rekonstruktion der


ursprünglichen Eingangshalle mit der Treppe.

Abb. 38 Man befindet sich nach dem Windfang ein der großen Eingangshalle (2), die sich repräsentativ quer
durch das ganze Gebäude erstreckt. Ein Stiegenaufgang führt zum Obergeschoß.
Im 20. Jh. wurde die Halle mit einer dünnen Ziegelmauer geteilt. Es entstand dadurch ein kleiner Bad- und
Küchenbereich. Die Raumwirkung der Eingangshalle ging dadurch aber völlig verloren.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


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Abb.39 - 40 Befund 1, EG, Eingangshalle,


Konsole rechts neben der Türe zum südlichen
Gewölbe.
Der Stuck ist dick mit allen Tünchen aus 400 Jahren
überzogen. Das exakt geschnittene Profil wird
dadurch völlig verunklärt.

Links sind das Profil und die Wand durch den


Umbau der Türe gestört. Das originale Türgewände
(für Gastwirtschaft zu klein?) ist entfernt und durch
eine Türe aus der M. d. 19. Jh. ersetzt worden.

Die
DieFarbe
Farbeder
der Tünchen bewegtsich
Tünchen bewegt sichimim
Spektrum
Spektrum der gebrochenen
der gebrochenen Weißtöne,
Weißtöne, einzig um ca. 1800
einzig umStuck
war der ca. 1800 war
in sehr der Stuck
dunklem Grauingefasst.
sehr
dunklem Grau gefasst.
Originalfassung des Stucks:
Originalfassung des Stucks: ocker
gebrochenes Weiß.
Originalfassung Wand: Weiß

Bereits mit der 2. Fassung, einem relativ


dunklen Grau, mit grobem Kalk dick
gestrichen, begann die Verunklärung der
Form.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


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Abb. 41 EG, südöstliches Gewölbe (3). Beide Gewölbe an der Südseite bildeten zur Erbauungszeit einen
einzigen, großen Raum. Die Trennwand mit der doppelflügeligen Glastür stammt aus der Mitte d. 19. Jh., als
hier zwei getrennte Gastzimmer eingerichtet wurden.
Auch der Wandschrank mit Schiebetüre stammt aus dieser Zeit. Hier befand sich früher die Schank. Durch
eine Falltür gelangt man in den darunter liegenden Kellerraum, der später als Geschäftslokal genutzt wurde.
Die Gewölbe besitzen keine Profile, sondern schön gearbeitete Grate.

Abb.42 Tür zur Eingangshalle Abb.43 Zwischenwand mit Doppelflügeltür.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 30

Abb.44 u. 45 EG, südwestliches Gewölbe (4) . Westwand.


Rechts neben dem Riss befand sich früher ein Fenster nach Westen in den Hof des Nachbarn, es ist bei
statischen Problemen eine Schwachstelle, daher hier die Rissbildung.

Der Befund zeigt eine Vielzahl an Tünchen. Die Zeit von 1600 - 1800 ist geprägt von hellgrauen Farben. Das
ultramarinblaue Schablonenmuster kann i. d. M. d. 19. Jh. datiert werden, die Vermauerung des Fensters
erfolgte demnach um 1900. Es handelt sich um Kalktünchen, erst ab d. M. d. 20. Jh. wurden Leimfarben mit
Walzenmustern verwendet.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 31

Befund 2 EG,südwestliches Gewölb, SW-Ecke bei Riss, H: ca. 160 cm

dzt. Weiß Leimfarbe m. Dispersion


sehr helles Grau ------------------------------------------------------
heller Ocker Leimfarbe
helles Altrosa
ocker gebrochenes Weiß mit Walzenmuster ---------
heller Ocker m. Walzenmuster
heller Orangeocker m. Walzenmuster Kalk
dunkles Grün
Graugrün
intensives, helleres Graugrün
Kalk
Verputzausbesserung nach Vermauern d. Fensters
helles, bräunliches Grau m. rotem Schablonenmuster
Grau m. braunem Schablonenmuster
Grau m. ultramarin u. braunem Schablonenmust. (M. 19. Jh.)

verschiedene Hellgrautöne

bläuliches Hellgrau
Kalk
Verputz

Abb. 46 EG, nordwestliches Gewölbe (5) . Türe zur Eingangshalle.


Hier wurde sekundär unter der Stiege ein Backofen eingebaut. Die heutige Ausstattung des Ofens stammt aus
der 2. H. d. 19. Jh., möglicherweise bestand diese Lösung aber schon früher, als das Freihaus seine
repräsentative Funktion mehr und mehr verloren hatte.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 32

Abb.47 EG, nordwestliches


Gewölbe.

Die Lage des Backofens ist auch dadurch


begründet, dass sich in der Außenmauer
(rechts) Kamin – und Abluftzüge
befinden.

Abb.48 EG, nordwestliches Gewölbe,


Blick in den Backofen.
Es sind keine Rauchspuren vorhanden.
Es sind zwei Betriebsarten möglich:
- entweder mit Aufheizen durch
Abbrennen von Holz in der Backkammer
- oder durch Beheizen in einer eigenen
Heizkammer, welche die Wärme direkt
von unten und indirekt durch Züge rund
um die Backkammer überträgt.
Diese Betriebsart erscheint mir
wahrscheinlicher.

Die Heizöffnung müsste sich demnach auf


der gegenüber liegenden Seite des
Backofens in der Eingangshalle befinden
und ist heute vermutlich durch Fliesen
verdeckt.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 33

4.1.3. Das 1. Obergeschoß

Abb.49 Aufgang zum Obergeschoß.


Auch die kleinen Gewölbe sind sorgfältig
mit profilierten Graten versehen.

Abb.50

Über den Stiegenaufgang gelangt man in


eine große Halle, die in der Dimension
ident mit der Eingangshalle im EG ist.

Die Halle (10) wurde spätestens um 1900


durch eine Wand mit Doppelflügeltüre in
2 Räume unterteilt.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 34

12 13
Kamine und
Abwasserschächte

Abort

8 10 11

14 15

Abb. 51 Hager’sches Freihaus, Hauptgebäude


1. Obergeschoß
Grundriss-Skizze
Die Skizze ist nicht exakt maßstäblich.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 35

Abb. 52 - 53 1. OG, Freilegungsprobe im Gewölbe des


Stiegenaufganges. (9)
Der Stiegenaufgang ist in 4 kleine Gewölbe unterteilt. Die beiden
untersten Gewölbe sind nur mit Profilen versehen, beim nächsten
Gewölbe wurden die Stuckprofile vollständig abgeschlagen, das letzte
Aufgangsgewölbe vor dem Obergeschoß zeigt die Profile und ein
zentrales Ornament: eine Variante der Lutherrose. 1519 wurde in
Leipzig eine Rede von Luther mit einem Holzschnitt des Reformators
veröffentlicht, dem ersten von ihm überlieferten Bild. Seitdem war eine
einfache Rose Luthers Zeichen.
Hier handelt es sich um eine Variation, denn die richtige Lutherrose
müsste ein Herz im Zentrum besitzen.

Es sind hier weniger Tünchen vorhanden, als im EG. Keine farbigen


Fassungen, die Originalfassung war ein leicht mit Ocker gebrochenes
Weiß.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 36

Abb. 54 1. OG, Blick in das nordwestliche


Abb. 55 1. OG, im nordwestlichen Gewölbe (12)
Gewölbe.
wurde in den 50er-Jahren ein Ordinationsraum
abgeteilt.

Abb. 56 1. OG., Blick vom nordwestlichen


Gewölbe in den in der Mauerstärke befindlichen
Abort.
Der Abort stammt vermutlich aus der
Erbauungszeit und stellt eine damals moderne
Lösung dar, wobei Fäkalien und Abwässer durch
holzverkleidete Schächte in der Mauerstärke
abgeleitet wurden.
Solche Schächte finden sich aus derselben Zeit
(1590er-Jahre) in Schloss Weitra.

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Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 37

Abb. 57 1. OG., nordwestliches Gewölbe, Tür zur Abb.58 1. OG., Tür von der Halle zum
Halle. Das Türblatt stammt aus d. 2. H. d. 19. Jh. südwestlichen Raum, das Türblatt stammt ebenfalls
aus der 2. H. 19. Jh.

Abb.59 1. OG., Der südwestliche Raum (14) mit Flachdecke

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 38

Abb.60 1. OG.,
südwestlicher Raum
(14) mit Flachdecke;
SW-Ecke.

Deutlich sind die


starken Risse durch
Absinken des
Mauerwerks zu
erkennen, die hier
aber durch die Tapete
noch kaschiert
werden.

Abb.61 u. 62
Die Decke besitzt ein
Stuckprofil in zwar
schlichter, aber sehr
schöner Ausführung.
Es kann in die Zeit um
1800 datiert werden.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 39

Abb.63 u. 64 Befund 4, 1. OG., Südwest-Raum, SW-Ecke, H: 100 – 160 cm

derzeitige Tapete (70er/80er-Jahre 20.Jh.)


Grundierung (Dispersion)
sehr helle Umbra ------------------------------------------------------------------------------------
sehr helles Rosa Leimfarbe
sehr heller, graustichiger Ocker
reiches Schablonenmuster in Dkl.braun, Hellbraun u. Grün------------------------
Graugrün
heller, bräunlicher Ocker
braunes Schablonenmuster auf grauem Grund
bräunliches Grau
Hellblau (Ultramarin) (M. 19.Jh.)
heller, bräunlicher Ocker Kalk
Hellgrau
Hellgrau
Hellgrau
Hellgrau
oranger Ocker
Hellgrau
Wandmalerei m. Umrahmung in dunklem Caput mortuum
Rankenmalerei auf rosa Grund (um1700?)
Kalk
Verputz

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Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 40

Abb. 65 Befund 5, 1. OG., SW-Raum, Stuckdecke.


An der Biedermeierdecke konnte keine Malerei oder wesentliche farbliche Differenzierung gefunden
werden.
Originalfarbe: ein sehr dunkles, violettstichiges Grau (!) auf Spiegel, Profil und Decke.
Diese sehr dunkle und drückende Farbe kann wohl kein Vorbild für eine Neugestaltung
sein.
Die Decke war einmal durchgehend in Altrosa bemalt,
die einzige farbliche Differenzierung bestand in hellgrauem Stuckprofil, Spiegel und Decke waren in sehr
hellem Orangeocker gehalten.
Für diese Decke empfiehlt sich meines Erachtens eine monochrome Weißfassung, das Stuckprofil wirkt
durch Licht und Schatten.

Abb.66 1. OG., SO-Raum (15) mit Flachdecke und zeitgleichem Profil in anderer Geometrie.

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Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 41

Die beiden flachgedeckten Räume dürften zur Erbauungszeit um 1600 einen einzigen, großen Saal
gebildet haben. Vermutlich war er mit einer geschnitzten Decke und Holzverkleidung ausgestattet.
Beim Stadtbrand von 1682 fiel diese Holzausstattung dem Feuer zum Opfer, während die gewölbten
Räume dem Brand standhielten.
Nach dem Wiederaufbau wurde der Saal mit einer verputzten Decke und Wandmalereien
ausgestattet.

Die heutige Decke stammt von der Umbauphase um 1800.

4.1.4. Der Zustand der Stuckverzierungen

Im Erdgeschoß finden sich Stuckelemente in der Eingangshalle und im Stiegenaufgang. Die


Nebengewölbe besitzen schön ausgearbeitete Grate.
Der Erhaltungszustand ist sehr unterschiedlich: In den türnahen Bereichen sind die Konsolen
teilweise reduziert, die Profile an den Gewölben sind ebenfalls teilweise reduziert.

Der Stuck ist mit einer Vielzahl von Tünchen bedeckt, die Formen daher völlig verunklärt.
Die Freilegung würde natürlich die schönen, sehr exakten Formen wieder zum Vorschein bringen,
sie müsste aber mit großer Vorsicht durchgeführt werden, da das Stuckmaterial sehr weich ist.
Da große Teile reduziert sind, ist mit vielen Ergänzungen zu rechnen.

erhaltene Stuckprofile Stuck ist reduziert oder fehlt

Abb.67 EG, Stuckelemente Abb. 68 1. OG., Stuckelemente

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 42

Abb.69 Treppe zum 1. OG., kleines Gewölbe (7) Abb.70 Treppe zum 1 OG., kleines Gewölbe (8),
Die Stuckprofile sind relativ gut erhalten, das Die Stuckprofile und ein rundes Mittelornament
Mittelornament ist durch viele Tünchen nicht zeichnen sich zwar ab, wurden aber komplett
erkennbar. abgeschlagen.

Abb. 71 Treppe zum 1. OG., kleines Gewölbe (9) Abb. 72 1. OG., westlicher Teil der Halle (10). Die
mit freigelegtem Mittelornament, einer Lutherrose. Profile sind teilweise reduziert, das runde
Mittelornament dürfte keine Rose getragen haben,
sondern eine Aufhängung für einen Kerzenleuchter.

Abb.73 1. OG., östlicher Teil der Halle (11), die


Profile sind fast vollständig auf glatte
Rechteckbänder reduziert.

Abb. 74 1. OG., westlicher Teil der Halle (10), Konsole an der


N-Wand, das Stuckprofil ist nur noch teilweise erhalten.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 43

4.1.5. Das Dachgeschoß

Abb.75 1. OG., Dachbodentür. Abb. 76 Dachbodentür; auf die moderne,


Das Türgewände ist original und dick übertüncht. verzinkte Tür wurde das alte Schloss montiert.
Die Türe ist eine moderne Brandschutztür.

Abb. 77 Dachboden, Mittelteil, Blick nach Südwesten.


Das Gebäude besitzt heute ein Satteldach mit stehendem Dachstuhl. Die Mauerkrone ist rundum
relativ neu, Fehlstellen in der Gesimsezone an der Hoffassade deuten auf nicht weit zurückliegende
Ausbesserungen.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 44

Abb.78
Dachboden, Blick nach
Norden.
Der waagrechte Absatz im
Giebel zeigt den Ansatz des
früheren Krüppelwalmdaches.

Abb.79
Dachboden, Blick Richtung
Süden.
Auch hier ist der waagrechte
Ansatz des
Krüppelwalmdaches zu
erkennen. In der Mitte die
verkleinerte Rundbogentür als
frühere Öffnung zu einem
Materialaufzug.

Abb.80
Der Boden des südlichen
Dachbodenteiles. Er ist etwas
tiefer, als das übrige
Bodenniveau; darunter
befinden sich die flachen
Stuckdecken.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 45

4.1.6. Das Kellergeschoß

Abb.81
KG, südöstliches, ehem.
Geschäftsgewölbe.
Tür und Fenster wurden
erst um 1900 eingebaut.

Der Bogenansatz rechts


könnte zu einem früher hier
befindlichen Eingang
gehören.

Die Feuchtigkeitsschäden
werden durch den massiv
sperrenden Sockelverputz
an der Außenfassade
verstärkt.

Abb.82 u. 83
Die Zwischenwand zum
Nachbarraum ist stark von
Feuchtigkeit belastet.

Eine Verputzsanierung ist in


diesem Gewölbe nur mit
Verwendung von
Sanierputzsystemen
sinnvoll.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 46

Abb.84
KG, südöstliches, ehem.
Geschäftsgewölbe.

Der sekundär eingebaute


Abgang vom Schankbereich
der ehemaligen Wirtsstube.

Abb.85
Die Wand zum Garten zeigt
angesichts des Umstandes,
dass sie in der Erde steckt,
relativ geringe
Feuchtigkeitsschäden.

Trotzdem ist auch hier die


Sanierung nur mit
Sanierputzsystemen
möglich.

Abb.86
KG, südwestliches Gewölbe,
Blick zum Straßeneingang.

Das Bruchsteinmauerwerk
könnte zwar noch von
einem Vorgängerbau
stammen, dürfte aber doch
aus der Erbauungszeit von
1600 sein und wurde aus
Stabilitätsgründen in
Bruchstein ausgeführt.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 47

Abb.87
KG, südwestliches Gewölbe,
Blick zum Mittelgewölbe.
Die sorgfältig gemauerten
Ziegelgewölbe stammen
von ca. 1600.

Abb.88
KG, das Mittelgewölbe
korrespondiert mit der
Eingangshalle.
Blick nach Westen.

Auch hier sieht man


deutlich, dass alle
tragenden Außen- und
Zwischenmauern in
sorgfältigem
Bruchsteinmauerwerk
ausgeführt wurden.

Abb.89
KG, Mittelgewölbe, Blick
nach Osten zum
Kellerabgang.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 48

Abb.90
KG, nördliches Gewölbe,
Blick zum Eingang zum
Mittelgewölbe. Aus
ungeklärten Gründen ist
dieser Zugang
ausgesprochen niedrig.

Abb.91
KG., nördliches Gewölbe,
Blick nach Osten.

Auffallend ist die gute Luft


im Kellergeschoß. Das
Abluftsystem der
Erbauungszeit funktioniert.

Abb.92
KG, nördliches Gewölbe,
an beiden Nordwänden sind
die Abluftschächte zu
sehen, die auch heute noch
ihre Funktion erfüllen.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 49

Abb.93
KG., nördliches Gewölbe.
Auch an dieser Wand
befindet sich ein
Abluftschacht.
Am Boden befindet sich die
Schachtöffnung für das
Abwassersystem.

Abb.94
KG., nördliches Gewölbe,
SO-Ecke.
In dieser Ecke befindet sich
der Auslass eines
Abwasserschachtes, der aus
dem Bereich Hof kommen
muss und heute nicht mehr
in Betrieb ist.
Im Naturboden befindet
sich noch eine Rinne, die
das Wasser entlang der
Wand weiterleitet.

Abb.95
KG., nördliches Gewölbe.
Die Rinne im Boden führt zu
einer Schachtöffnung.
Sie steht sicher auch in
Verbindung mit dem in der
Mauerstärke verlaufenden
Abwassersystem.

Der weitere Verlauf dieser


Schächte ist unbekannt.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 50

4.2. Die Nebengebäude

Abb. 96 1 2 3 4 5 6
Grundriss der Nebengebäude.

Abb.97 Die nördlichen Nebengebäude


(Fotomontage)
Der von der Glastür erschlossene Raum (1) und die
heutige Garage (2) gruppieren sich um einen
ehemaligen großen, offenen Kamin, bildeten also
die originale herrschaftliche Küche.
Wahrscheinlich gab es bereits zur Erbauungszeit
eine direkte Verbindung zum Hauptgebäude, der
heutige Durchgang zum Nordostgewölbe des EG
dürfte also original sein.

Abb.98
Dachboden über der ehemaligen Küche. Der
mächtige Kamin ist noch erhalten, aber nicht mehr
funktionstüchtig.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 51

Abb.99
Dachboden oberhalb der
ehem. Küche, Nordwand.
Hier zeichnen sich als sehr
interessantes Baudetail
Zierzinnen ab! Die Zinnen
sind innen verputzt, der
gute Erhaltungszustand
lässt vermuten, dass sie
relativ bald vermauert
wurden und unter Dach
kamen.

Abb.100
Dachboden oberhalb von
Raum 3.
Raum 3 war ein Stall –
Pferdestall? – heute
Heizlager und Werkstatt.

Im Dachboden ist rechts die


Nordmauer zu sehen, im
Hintergrund der
Küchenkamin. Die Mauer
links gehört zu einem
eingebauten Taubenschlag
– eine Einrichtung, die auch
noch aus der Erbauungszeit
stammen könnte.

Abb.101
Dachboden oberhalb von
Raum 4.
Raum 4 existierte um 1600
nicht, sondern diese Fläche
war Teil eines Zwingers.
Der Blick richtet sich auf die
Mauer oberhalb von Raum
3, die ehemalige
Außenmauer der
Nebengebäude.
Deutlich erkennbar die
rötliche Verfärbung des
Verputzes als Folge eines
Brandes.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 52

Abb.102
Eingang zu Raum 4.
Wie bereits erwähnt, war
dieser Bereich um 1600
nicht verbaut, sondern Teil
eines Zwingers zur
Verstärkung der
Stadttorbefestigung.
Die Ziegelwände und der
behelfsmäßige Aufstieg in
den Dachboden stammen
vermutlich erst aus dem 19.
Jh.

Abb.103
Holzdecke von Raum 4.

Diese Decke ist gefährlich


und sollte unbedingt
erneuert werden!

Abb.104
Schuppen (Raum 7)
Blick Richtung Norden.
Eingänge zu den Räumen 5
und 6.

Der linke, etwas zurück


gesetzte Mauerteil, ist eine
Ziegelmauer d. 19. Jh. von
der Verbauung des
Zwingers.

Der rechte Mauerteil ist


Bruchsteinmauerwerk, 15.
Jh. (?) und stammt noch von
der ehemaligen Stadtbe-
festigung.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 53

Abb.105
Raum 5, Blick Richtung
Norden.
Deutlich zu sehen die
Rotfärbung des Verputzes
durch einen Brand.
Linke Wand Ziegel, 19. Jh.
Nordwand und rechte
Wand Bruchstein, Teil der
Stadtbefestigung, 15. Jh. (?)

Abb.106
Raum 5, Blick Richtung
Süden, Eingang vom
Schuppen..

Links die Bruchsteinmauer


der ehemaligen
Stadtbefestigung. Alle
anderen Wände sind Ziegel-
oder Mischmauerwerk aus
dem 19. Jh., als die
Befestigung abgetragen und
die Reste in die
landwirtschaftlichen
Gebäude integriert wurden.

Abb.107
Raum 5
Die Ostmauer besteht als
Teil der ehemaligen
Stadtbefestigung zur Gänze
aus Bruchstein..

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 54

Abb.108
Raum 6, Blick Richtung
Süden zum Eingang vom
Schuppen. Dieser Raum
befindet sich bereits vor der
alten Stadtmauer im
Bereich eines ehem.
Krautgartens. Die
Verbauung fand vermutlich
erst nach 1868 statt.

Abb.109
Raum 6, Blick Richtung
Norden.

Abb.110
Raum 7, Schuppen
Der Schuppen befindet sich
teilweise auf dem Platz der
Stadttorbefestigung,
teilweise überbaut er den
Vorplatz. Zur Verbreiterung
des Kreuzungsbereiches
wurde im 20.Jh. die SO-Ecke
abgeschrägt.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 55

Abb.111
Raum 7, Schuppen
Tor an der Ostseite.
Der Schuppen wurde
vermutlich erst nach 1868
errichtet.

Abb.112 Südfassade der Nebengebäude, Fotomontage


Die beiden Blindfenster gehörten zum Brunnenhaus.

Abb.
Raum 7, Schuppen
Tor an der Ostseite.
Der Schuppen wurde vermutlich erst nach 1868 errichtet.

Abb. 113 Ostfassade der Nebengebäude, Fotomontage

Abb.
Raum 7, Schuppen
Tor an der Ostseite.
Der Schuppen wurde vermutlich erst nach 1868 errichtet.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 56

5. Vorschläge für die Renovierung


Die statische Sanierung der SW- Ecke wird hier nicht extra erwähnt, da die Notwendigkeit
offensichtlich ist.

5.1. Die Fassaden

Der derzeitige Verputz ist ein stabiler Kalkputz. Abgesehen von den statischen Rissen befindet er sich
in gutem Zustand, es gibt nur geringe Feuchtigkeitsschäden.
Eine genaue Befundung bezüglich älterer Fassadengestaltungen wird erst im Zuge der statischen
Sanierung durchgeführt.
Solange keine Veranlassung für eine Neugestaltung der Fassaden besteht, sollte die Fassade lediglich
wieder mit Kalkputz ausgebessert werden. Es empfiehlt sich eine Baustellenmischung, man wird
keine passenden Fertigprodukte finden. Da die Fassade nicht gefärbelt ist, sollte versucht werden,
mit geeigneter Sandauswahl und Zugabe von eingesumpftem Pigment den Farbton des Verputzes zu
erzielen.

Der straßenseitige Sockel ist harter Zementputz. Das führt zwar im kleinen Geschäftslokal des
Kellergeschoßes zu Feuchtigkeitsschäden, trotzdem erscheint es mir sinnvoll, den Zementputz zu
belassen. Er ist gegenüber der Salzstreuung sehr beständig.

5.2. Das Erdgeschoß

Die Tünchen an Wänden und Gewölben sind stabil. Für eine Neufärbelung bietet sich wieder ein
neutraler Weißton an. Die letzten Schichten von Leimfarbe sollten abgewaschen und wieder Kalk
verwendet werden.

Die Küchen – und Duscheinbauten in der Eingangshalle sollten samt den Fliesen entfernt werden,
ebenso die Trennwand. Dadurch würde die Eingangshalle wieder ihre Raumwirkung gewinnen.
In diesem Zusammenhang könnte man auch die Heizöffnung des Backofens freilegen und den Ofen
wieder funktionstüchtig machen.

Es sollte geprüft werden, ob sich unter dem derzeitigen Holzboden ein alter Steinboden befindet.

5.3. Das 1. Obergeschoß

Im südwestlichen Raum wurden Wandmalereien aus dem 18. Jh. gefunden. Eine Wand könnte als
Beispiel freigelegt werden.
Die Stuckdecken sollten einfach weiß gestrichen werden – die Licht-Schatten-Wirkung ist
ausreichend. Material: Kalk. Vorhandene Leimfarben müsste man abwaschen.

5.4. Das Dachgeschoß

Es sind keine Maßnahmen notwendig, nur die Verkabelung zum Nachbarhaus sollte überprüft
werden.

5.5. Das Kellergeschoß

In den unverputzten Gewölben sind keine Maßnahmen notwendig. Im kleinen Geschäftslokal können
die Feuchtigkeitsschäden nur mit einem Sanierputzsystem behoben werden. Es sollte ein möglichst
diffusionsoffenes System verwendet werden.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus


Mag. Ralf Wittig, 3910 Stift Zwettl 1 57

5.6. Die Stuckverzierungen

Der Stuck ist extrem dick übertüncht. Unter den Schichten aus 4 Jahrhunderten befindet sich ein sehr
schöner, exakt geschnittener Stuck. Leider ist der Erhaltungszustand sehr unterschiedlich. Bei einer
Freilegung ist damit zu rechnen, dass große Teile der Verputzprofile in den Gewölben rekonstruiert
werden müssen.
Die Freilegung erfordert mit entsprechender Sorgfalt einen großen Zeitaufwand und verursacht
durch die zahlreichen Tünchen viel Schutt. Trotzdem wäre die Freilegung ein Gewinn.

5.7. Die Nebengebäude

Wo immer möglich, sollte man auf Innenverputz verzichten und das Mauerwerk nur ausfugen.
Wo eine regelmäßige Verputzausbesserung für die Raumnutzung kein Problem darstellt, kann man
mit baustellengemischtem Kalkputz ausbessern.
Wo für die Raumnutzung ein beständiger Innenverputz erforderlich ist, wird ein möglichst
diffusionsoffenes Sanierputzsystem die nachhaltigste Lösung sein.

Die Außenfassaden sollten mit baustellengemischtem Kalkputz ausgebessert werden.

5.8. Materialien

Verputzausbesserungen:
Baustellenmischung zB. 7 Teile Estrichsand, 2 Teile Mauersand, 2 Teile Sumpfkalk (junger Sumpfkalk
aus dem Sack ist ausreichend), 1 Teil NHL 2 oder 3,5 (natürlicher hydraulischer Kalk).
Für die Ausbesserung der Naturputzfassade des Hauptgebäudes wird wahrscheinlich eine zusätzliche
Färbung des Mörtels mit eingesumpftem Pigment nötig sein.

Stuckausbesserungen :
Dieselben Sande, jedoch auf 2 mm ausgesiebt. Nur 1 Teil Sumpfkalk und 2 Teile NHL, um eine bessere
Härte zu erzielen.

Um die Reißbeständigkeit und die gewünschte Oberfläche zu testen, müssen Probeflächen angelegt
werden.

Malerkalk:
Reinen, 3 Jahre alten Sumpfkalk verwenden. Fertigprodukte enthalten oft organische Bestandteile
zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit. Diese Bestandteile können im ungünstigen Fall Nährboden
für Schimmel sein.
Abtönen oder Färben mit eingesumpftem Pigment.

3804 Allentsteig, Hager’sches Freihaus

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