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Fakultät Maschinenwesen IF Professur Fügetechnik und Montage Fachgebiet Löttechnik

Themenfelder Löten
• Einordnung innerhalb der Fertigungstechnik
• Definition, Begriffe, Einteilung, Abgrenzung
• Vorgänge beim Löten
• Aufbau einer Lötverbindung
• Lote und Flussmittel, Atmosphären, Hilfsstoffe
• Grundwerkstoffe
• Lötverfahren
• Lötgerechte Konstruktion
• Eigenschaften und Prüfung von Lötverbindungen
• Geschichte und Entwicklung
• Löten im ingenieurwissenschaftlichen Wechselfeld
• ..........................

Einführung in die Löttechnik Folie 1 von 46


Prof. Dr. Matthias Türpe Skript – Vorlesung Schweißverfahren 4/2019
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Inhalt

• Warum Löten?  Vorteile, Grenzen


• Definitionen und Abgrenzung
• Vorgänge beim Löten
• Aufbau einer Lötverbindung
• Normen, Literatur

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Vorteile des Lötens I


Kühlmittel-
kühler

 Selbstständiges Fließen des


Lotes
 Viele Fügestellen in einer Operation
A

Stapelscheiben

Turbulenz-
einlagen
B

Schnitt A-B durch Stapelscheibenölkühler


Aluminium-Stapelscheiben-Ölkühler (Werksbilder Fa. MAHLE Behr, Stuttgart)

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Vorteile des Lötens II

 Elektrisch leitfähige Verbin-


dungen auf kleinstem Raum  Fügen unterschied-
licher Grundwerkstoffe

Rohrendverschluss,
Elektronische Baugruppe, hergestellt durch Reflow-Löten Al2O3 - B-Ag73CuInTi -730/670 - X5Ni Co29 18
(aktivgelötet)
(DKI-Informationsdruck i.3/ Siemens)
(Werksbild Degussa AG)

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Geschichte des Lötens

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Chr. 18. 19. 20. Jh.


Mesopotamien, Ägypten,
Griechenland: Untersuchung metallurg. Vorgänge

- Schmuck Acetylen als Wärmequelle


- Werkzeug Schweißtechnik
- Waffen Al-Löten
Vakuumlöten
Aktivlöten
Schutzgaslöten
...

Kinder betet, der Vater lötet!


Altes Goldschmiedesprichwort
(  Prof. Dr. S. Mücklich, WHZ)

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Einordnung in die Fertigungsverfahren nach DIN 8580

(  Prof. Dr. S. Mücklich, WHZ)

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Definitionen des Lötens


DIN 8505-1 (1979-05)
Löten ist ein thermisches Verfahren zum stoffschlüssigen Fügen und Beschichten von Werkstoffen,
wobei eine flüssige Phase durch Schmelzen eines Lotes (Schmelzlöten) oder durch Diffusion an
Grenzflächen (Diffusionslöten) entsteht.
Die Solidustemperatur der Grundwerkstoffe wird nicht erreicht.

EN 14324
brazing: joining process in which a filler material is used which has a liquidus of above 450 °C, but
below the solidus of the parent material, and which is mainly distributed in the brazing gap by
capillary attraction.

ISO 857-2 : 2006


soldering/ brazing: joining processes in which a molten bonding material is used that has a lower
liquidus than solidus than solidus of the parent material(s) and which is, during or after heating,
drawn into or retained in the space between closely adjacent surfaces of the parts to be joined and
wets the surface of the joint.
NOTE 1: They are generally applied to metals but they can also be applied to non-metallic materials.
The filler materials have always a different chemical composition.
NOTE 2: If the process is carried out without capillary attraction, it is often described as braze welding.

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Zur Definition DIN ISO 857-2

Grundwerkstoff 1
Lotwerkstoff

Grundwerkstoff 2
Lot ist eine als Zusatzwerkstoff zum Löten geeignete Legierung oder ein reines Metall in Form
von z.B. Drähten, Blechen, Bändern, Pulvern oder Formteilen.

(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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Abgrenzung Löten-Schweißen / Prozessführung

TS TS

meistens gleichartige Werkstoffe nahezu beliebige


Werkstoffkombinationen
 gleiche Solidus- /Liquidus- /Schmelz-
temperaturen von Grund- und  Lot schmilzt bei niedrigeren
Zusatzwerkstoff Temperaturen als Grundwerkstoffe (  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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Abgrenzung Löten-Schweißen-Kleben
thermische Verfahren nicht-thermisches Verfahren
Löten Schweißen Kleben
Grundwerkstoff schmilzt nicht auf schmilzt auf schmilzt nicht auf
Werkst.-
Komb.en fast beliebig eingeschränkt fast beliebig
fast immer, meist
ja, schmelzflüssig beim schmelzflüssig beim ja, fest oder flüssig beim
Zusatzwerkstoff Fügevorgang Fügevorgang Fügevorgang

Artgleichheit zum
G.w. notwendig nein ja nein
Spaltfüllung Kapillarwirkung Schwerkraft Auftragen, Kapillarwirkung
erreichbare bis hin zur nahe
Festigkeit Grundwerkstofffestigkeit Grundwerkstofffestigkeit maximale Festigkeit des Klebstoffs
begrenzt vorhanden
Temperatur- (Weichlote) bis
Beständigkeit vorhanden (HT-Lote) vorhanden begrenzt vorhanden
Alterungs- (Fachgesellschaft
beständigkeit vorhanden vorhanden begrenzt vorhanden Löten (Hrsg.):
vorhanden bei Hartlöten – eine
vorhanden bei entsprechender Einführung. DVS-
entsprechender Auswahl von vorhanden bei entsprechender Media GmbH,
Düsseldorf, 2. Auflage,
Kälte- Auswahl von Lot und Schweißzusatz- und Auswahl von Klebstoff und 2018)
beständigkeit Grundwerkstoffen Grundwerkstoffen Grundwerkstoffen

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Definition der Lötbarkeit = Eigenschaft eines


Bauteils, durch Löten
Werkstoff derart hergestellt
werden zu können,
Löteignung dass es die gestellten
Anforderungen erfüllt.

Löt- Fertigung
bar-
Lötmöglichkeit
keit

Lötsicherheit
Konstruktion (Nach DIN 8514 : 2006-05)

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Der Begriff der Lötbarkeit Darstellung der


bekannten
Zusammenhänge
Werkstoff Löten - Werkstoff-
Löteignung eigenschaften und
lötgerechte
Konstruktion -
Bauteileigenschaften
Darstellung der
Wechselwirkung
zwischen den Löt- Fertigung
Gruppen bar-
Lötmöglichkeit
keit

Lötsicherheit
Konstruktion
(Nach DIN 8514 : 2006-05)

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Der Begriff der Löteignung

Werkstoff
Löteignung

chem.-metallurgische physikalische mechanische


Eigenschaften Eigenschaften Eigenschaften

• chem. Zusammensetzung  Benetzbarkeit, Spalltfüllbarkeit - Festigkeits- und


einschl. Verunreinigungen  Solidustemperatur Verformungszustand
• Oxidationsverhalten  Wärmedehnung - Eigenspannungszustand
• Korrosionsverhalten  Wärmeleitfähigkeit, spez.
• Diffusions- und Löslichkeits- Wärme
verhalten
• Gefügeausbildung und deren
Änderung bei Wärmebehandlung

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Lötmöglichkeit und Lötsicherheit

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Tangierte/
Vorgänge beim Löten maßgebende
Lot Wissenschaften
Erwärmen der Teile bis auf
Arbeitstemperatur (< Schmelztemp. G.w.) Thermodynamik/
Industrieofenbau

Aktivieren der Fügeflächen Chemie


Schmelzen
Eindringen des flüssigen Lots in den
Lötspalt oder Ausbreiten des Lots auf der Physik
Fügefläche Fließen

Wechselwirkungen zwischen den zu Werkstoffkunde/


lötenden Grundwerkstoffen und dem
Benetzen Metallurgie
geschmolzenen Lot Binden

Erstarren Metallurgie/
Erstarren der flüssigen Phase als Lötgut Gießereitechnik
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Oberflächenbeschaffenheit für erfolgreiche Aktivierung


6: Schicht ionisierter Staubteilchen
5: Schicht adsorbierter organischer
Moleküle
4: Schicht adsorbierter
Wassermoleküle
3: Schicht adsorbierter
Sauerstoffionen
2: Schicht von Metall-Sauerstoff-
Verbindungen
1: Grundwerkstoff mit verändertem
Gefügeaufbau
0: Unbeeinflusster Grundwerkstoff

(Wittke)

Zum Löten muss eine metallisch blanke Oberfläche vorliegen


 Beseitigung aller nichtmetallischer Atome und Moleküle
1. Reinigung bzw. Entfettung – Schicht 3-6
2. z.B. Flussmittel, Vakuum – Schicht 2

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Verbreitete Aktivierungsmedien
o Flussmittel
 Chemische Reaktion mit und Auflösung der Oxide oder Ablösung der Oxidschicht;
Beispiel: Kaliumfluroaluminate KxAlFy/ Nocolok® zum Aluminiumlöten

o Vakuum, Inertgas
 Dissoziation, Verdampfen oder Lösen der Oxide auf dem Grundwerkstoffe
und/oder Verhinderung der Neubildung und/oder Aufreißen der Oxidschicht und
Unterwanderung durch flüssiges Lot;
Beispiele: Löten von Wärmetauschern mit Nickelbasisloten im Vakuumofen oder
Kupfer im Durchlaufofen unter Argon

o Reduzierendes Schutzgas
 Zersetzung und Reduktion der Oxide im Grundwerkstoff;
Beispiel: Löten von niedriglegierten Stählen im Durchlaufofen unter Exogas

o Selbstfließende Lote
 Reaktion von Lotbestandteilen mit Metalloxid
Beispiel: CuP/ CuAgP-Lote zum flussmittelfreien Hartlöten von Kupferrohren

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Übersicht Aktivierungsmedien für das Löten


Gängige Bezeichnung Aktiverungsmedium Vorgang Anwendungsbereich
Zersetzungs- und Löten mit reduzierendem Schutzgas
Reduzierendes Schutzgas gasförmig, chemisch aktiv Reduktionsprozesse oder Metalldampf
Dissoziation, Verdampfen oder
Lösen der Oxide im Löten im Vakuum oder unter
Vakuum, Inertgas gasförmig, chemisch neutral Grundwerkstoff Inertgas
Anwendung von
Flussmittellösungen und Verbindungs- und Plattierungslöten
Flussmittel flüssig-nichtmetallisch Flussmittelschmelzen der meisten Werkstoffe
Reaktion von Lotbestandteilen
Selbstfließende Lote flüssig-metallisch mit Metalloxid Löten mit selbstfließenden Loten
Oxide sind zum Teil im Lötgut
enthalten oder werden in die
Hohlkehle gedrückt Kontaktreaktionslöten
Lot mit relativ scharfkantigen
Lotkristallen, Arbeitstemperatur
zwischen Solidus- und Liquidus-
fest-metallisch Temperatur
Mechanische Reinigung im
Lotbad durch Werkzeuge oder
Schwingungen Plattierungslöten von Al-Werkstoffen
Bänder/ Draht durchlaufen ein
Bad mit Gemsich aus
geschmolzenem Fertiglot und
fest-nichtmetallisch nichtmetallischen Partikeln Plattierungslöten von Al-Werkstoffen

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Löten mit Flussmittel -1


a) Auftragen des Flussmittels c) Flussmittel unterwandert Oxidschicht,

angelegtes Lot hebt Oxidplättchen ab


Oxidplättchen
Flussmittel
Oxidschicht

b) Flussmittel schmilzt, bildet Risse d) Lot schmilzt und treibt Flussmittel


und reduziert die Oxidschicht mit Oxidplättchen vor sich her Flussmittel mit
flüssiges Flussmittel
Oxidplättchen

e) Abkühlung / Erstarrung
(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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Löten mit Flussmittel -2

(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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Wirkung des Flussmittels


RT 100°C

300°C 600°C

(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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Metallurgie

(AlMn1Cu - B-Al90Si-595/605)

- Schmelztemperaturen : Lot < G.w.


(Bsp: AlSi12 als Lot für reines Al)
(Aluminium-Taschenbuch, 15. Auflage, 1995) - Lote sollten möglichst kleines
(Gefügeaufnahme: Fa. MAHLE Behr, Stuttgart)
Schmelzintervall besitzen; eutektisches
Verhalten bevorzugt
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Steighöhe:
Kapillarwirkung
a) Rohr
h = (4σ12 cos) / (ρdg)
b) parallele Platten
h = (2σ12 cos) / (ρdg)
vertikaler Spalt:
l =  (2σ12 bt) / 3)

12: Oberflächenspannung der Flüssigkeit an der Atmosphäre


: Benetzungswinkel
: Dichte der Flüssigkeit
d: Rohrdurchmesser/ Abstand der Platten
g: Erdbeschleunigung

b: Spaltbreite
t: Zeit, um Eindringtiefe t zu erreichen
: Viskosität der Flüssigkeit

(Petrunin)

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Kapillarwirkung im Lötspalt
Lötspalt zulässig für:
Ofenlöten ohne Flussmittel
Typische Lötspalte (Tab. 1 DIN EN 14324)

Mechanisiertes Löten mit Flussmitteln Hartlotgruppe nach Lötspalt (mm)


EN 1044
Kapillare Steighöhe

AL 0,05 bis 0,25


Manuelles Löten mit Flussmitteln
AG 0,05 bis 0,30
CP 0,05 bis 0,30

CU1XX bis 0,15


CU2XX & CU3XX 0,05 bis 0,20
NI bis 0,15
AU bis 0,10

Spaltbreite

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Wirkung der Kapillarität beim Lotfluss - Theorie

Fließlänge im
vertikalen Spalt: a) Angelegtes
l = f(σ12, b, t, )
Lot

l
d.h., sie hängt ab von
folgenden physikalischen b
und geometrischen Fließrichtung b) Lot schmilzt
Größen : des Lotes und fließt

12: Oberflächenspannung der


Flüssigkeit an der
Atmosphäre
c) Erstarren des
b: Spaltbreite
t: Zeit, um Eindringtiefe t zu Lötguts
erreichen
: Viskosität des Lotes

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Benetzung - Grenzflächenspannungen und Randwinkel a

a Randwinkel
γL Grenzflächenspannung Lotschmelze – Atmosphäre
γM Grenzflächenspannung Grundwerkstoff – Atmosphäre
γLM Grenzflächenspannung Lot - Grundwerkstoff

(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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a ≈ 0° Benetzung und Nichtbenetzung


ausgezeichnete Benetzung

benetztes Lot bildet mit


0°< a ≈ 30° sauberem Grundwerkstoff
eine Diffusionszone aus

gute Benetzung (je nach a)

Nichtbenetztes Lot perlt von


der Oxidschicht ab und bildet
Kugelform
30° < a ≤ 180°
schlechte Benetzung bis Entnetzung (je nach a)
(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)

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Benetzungswinkel - Adhäsionskräfte zwischen Lot (L)


und Grundwerkstoff (S)
- Kohäsionskräfte im Lot

 Kräftegleichgewicht der
Oberflächenspannungen einer
Flüssigkeit auf einer
Festkörperoberfläche:
SV = SL + LV cos 
bzw.
(DVS Hartlöten, 2010) SV - SL = LV cos 

 = 0° : Vollständige Benetzung
 < 30 .... 37°: Ausreichende Benetzung
 > 30 .... 37°, aber < 90°: Unzureichende Benetzung
 > 90°: Entnetzung

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Anmerkungen zum Benetzungswinkel zerspant/ umgeformt

gesägt

 Bezugslinien für Messung


Benetzungswinkel???

= ideale Oberfläche ≠ technische Oberflächen


Die Herleitung der Benetzungswinkel gilt streng genommen nur für ideale Oberflächen unter
idealen Bedingungen. In jedem Lötprozess werden diese Bedingungen „verletzt“, z.B. durch
die Geometrien der gegebenen Oberflächen.

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Anmerkungen zum Benetzungswinkel

Metallurgische
Reaktion Lot -
Grundwerkstoff

θ≠ϕ

θ oder ϕ oder …………


 Welcher ist der „richtige“ Benetzungswinkel?
Die Herleitung des „richtigen“ Benetzungswinkels ist demzufolge ebenso nicht möglich, da
durch die Ausbildung der Lötverbindung mit der Diffusionszone die physikalischen
Bedingungen (ideale Oberflächen) ebenso verletzt werden

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Übung Benetzungswinkel
θ = 0° : Vollständige Benetzung
θ < 30 .... 37°: Ausreichende Benetzung
θ > 30 .... 37°, aber < 90°: Unzureichende Benetzung
θ > 90°: Entnetzung

= ideale Oberfläche
Die Herleitung der Benetzungswinkel gilt
streng genommen nur für ideale Oberflächen
unter idealen Bedingungen. In jedem
Lötprozess werden diese Bedingungen
≠ technische „verletzt“, z.B. durch die Geometrien der
Oberflächen gegebenen Oberflächen. Daher können
gemessene Benetzungswinkel nicht als
absolute Werte betrachtet werden. Sie sind
unter Beachtung der physikalischen
Einschränkungen nutzbar, aber nur eines von
mehreren Kriterien zur Löteignung.
≠ durch metallurgische Reaktionen
geänderte Oberflächenstrukturen

Quelle Abbildungen Übung Benetzung: Kaplan, W.D. et al.: A review of wetting versus adsorption, complexions, and related phenomena: the
rosetta stone of wetting. J Mater Sci (2013) 48:5681–5717. DOI 10.1007/s10853-013-7462-y

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Einflussgrößen auf Fließen und Benetzen


o Keine direkte Abhängigkeit zwischen Benetzung und Kapillarfluss
o Tatsächlich ablaufende Vorgänge sind wesentlich komplexer durch:
• Reaktionen/ Wechselwirkungen zwischen Lot und Grundwerkstoff
 Änderung der Viskosität des Lots
• Temperaturänderungen im Lot
 Änderung der Fließbedingungen
• Bildung von Kristallen in der Grenzfläche Lot - Grundwerkstoff
 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Fließens im Lötspalt verletzt

o Basisphänomene, aus deren Zusammenwirken das System


Lötverbindung verständlich wird

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Löten als Grenzflächenvorgang / Lot
Wechselwirkung
Fakultät Maschinenwesen
mit Grundwerkstoff
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Grundwerkstoff

Diffusions-
schicht
vor dem Lötprozess

(  Prof. Dr. S.
Mücklich, WHZ)
während des Lötprozesses nach dem Lötprozess
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Wechselwirkungen/ Metallurgie - Diffusions- und Lösungsvorgänge


zwischen Lot und Grundwerkstoff mit
Ausbildung einer Diffusionszone

(AlMn1Cu - B-Al90Si-595/605)

- Schmelztemperaturen : Lot < G.w.


(Bsp: AlSi12 als Lot für reines Al)
(Aluminium-Taschenbuch, 15. Auflage, 1995) - Lote sollten möglichst kleines
(Gefügeaufnahme: Fa. MAHLE Behr, Stuttgart)
Schmelzintervall besitzen; eutektisches
Verhalten bevorzugt
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Schematischer Aufbau einer Lötverbindung


Einfaches Modell nach Wittke

(Wittke)

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Schematischer Aufbau einer Lötverbindung


Weitere Modelle

(Wittke)

(Wittke)

(Petrunin)

! Beim Löten kann an der Grenzfläche flüssiges Lot – fester Grundwerkstoff ein Anschmelzen
auftreten, das die Bildung der Diffusionszone unterstützt und typisch für das Schmelzlöten ist.

! Nicht zu verwechseln mit dem AUFschmelzen beim Schmelzschweißen!!


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Aufbau einer Lötverbindung VGW 1 VGW2

Übergangsphasen

Lötgut

(Wittke)
AlMn1Cu - B-Al90Si-595/605
(Fa. MAHLE Behr, Stuttgart)

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Verfahrensablauf beim Al-Schutzgaslöten mit Nocolok®-Flussmittel


Flussmittel
Aluminium-Oxid
Lotplattierung
Silizium

bis 560 °C:


gleichmässige
Erwärmung ab 560 °C:
Flussmittel beginnt
zu schmelzen bis 575 °C:
Flussmittel benetzt
die Oberfläche und
Stickstoff-
löst die Oxidschicht ab 577 °C:
Atmosphäre
(50-100 ppm O2) AlSi-Lot beginnt ab 590 °C (abhängig vom Lot):
zu schmelzen
AlSi-Lot ist aufgeschmolzen
(Quelle: Fa. MAHLE Behr, Stuttgart) Diffusionszone hat sich ausgebildet

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Zur Unterscheidung der Lötverfahren

Löten

< 450ºC > 450ºC

> 900ºC, flussmittelfrei, unter Luftabschluss


(nach ISO 857-2 : 2006)
(nach
Weichlöten Hartlöten HTL DIN 8505-2 :
1979-05)

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Prinzipieller Temperatur-Zeit-Zyklus beim Löten


Löttemperatur

Haltezeit bei Löttemperatur


Durchwärmtemp.
Temperatur

Durchwärmzeit

Aufwärmzeit Abkühlzeit Zeit


Lötzeit
Gesamtzeit
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Prinzipieller Temperatur-Zeit-Zyklus beim Löten


Löttemperatur
Arbeitstemperatur: niedrigste
Solidustemperatur Lot Oberflächentemperatur an den zu
verbindenden Grundwerkstoffen
Durchwärmtemperatur
> Solidustemperatur Lot !!
TEMPERATUR

<, =, > Liquidustemperatur Lot

Durch- ZEIT
wärmzeit
Aufwärmzeit Abkühlzeit

Haltezeit
Lötzeit
(  Prof. Dr. S.
Gesamtzeit Mücklich, WHZ)

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Unterscheidung stoffschlüssiger Fügeverbindungen (Schema)

Füge- Schweiß- Lötver- Kleb-


verbindungs- verbin- bindun- verbin-
arten dungen gen dungen
Typ der chem.
gleich gleich ungleich
Bindung
Chem.
Zusammen- gleich ungleich ungleich
setzung
Beispiel (Nach Wittke/
Gw 1 Stahl Stahl Stahl Füssel)

Zus.wst. Stahl Kupfer Acrylat


Gw 2 Stahl Stahl Stahl

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Homologe Festigkeit und Temperatur


b = Bruchfestigkeit
Ts = Schmelztemperatur
Ohne Index: Des betrachteten Metalls
Fe: Des Eisens
homologe Festigkeit

Homologe Festigkeit:
Verhältnis der absoluten Prüf-/
Beanspruchungsspannung
(der stoffschlüssigen Verbindung)
zur absoluten (Grundwerkstoff-)
Festigkeit
Homologe Temperatur:
Verhältnis der absoluten Prüf-/
Beanspruchungstemperatur
(der stoffschlüssigen Verbindung)
zur absoluten Schmelztemperatur
(Wittke) (des Grundwerkstoffs)
homologe Temperatur

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Fakultät Maschinenwesen IF Professur Fügetechnik und Montage Fachgebiet Löttechnik

Abgrenzung Löten und Schweißen

b = Bruchfestigkeit
Ts = Schmelztemperatur
Ohne Index: Des betrachteten Metalls
Fe: Des Eisens

Einsatzgebiete des Lötens und


Schweißens anhand der Abhängig-
keit der werkstoffbezogenen
homologen Festigkeit von der
werkstoffbezogenen homologen
Schmelztemperatur am Beispiel
des Eisens

(Wittke)

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Grenzen des Lötens + Selbstständiger Lotfluss


+ Viele Fügestellen gleichzeitig

- Geringe und eng tolerierte


Montagespalte erfordern hohen
Aufwand in der Fertigung

+ Verbinden unterschiedlicher Werkstoffe


+ Kein Aufschmelzen
 Artfremde Zusatzwerkstoffe

- Teure Lotkomponenten
- Geringere Festigkeit des Lötguts
im Vergleich zum Grundwerkstoff
Konstruktive Lösung:
Überlappverbindungen, dadurch aber

- Geometrische Kerben mit


negativem Einfluss auf die
Tragfähigkeit
(Wittke)

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Wichtige Normen Löten/ Hartlöten/ Zusatzwerkstoffe


DIN ISO 857-2:
Schweißen und verwandte Prozesse – Begriffe – Teil 2: Weichlöten, Hartlöten und
verwandte Begriffe
(Ersatz für DIN 8505-1 bis -3)

DIN EN ISO 17672:


Hartlöten – Lötzusätze
(Ersatz für DIN EN 1044, davor DIN 8513-1 bis -5)

DIN EN 1045:
Hartlöten - Flussmittel zum Hartlöten
EN 14324
Hartlöten - Anleitung zum Hartlöten
______________________________________________________
DIN EN ISO 9453:
Weichlote - Chemische Zusammensetzung und Lieferformen
(Ersatz für DIN EN 29453)
DIN EN 29454-1:
Flussmittel zum Weichlöten - Einteilung und Anforderungen

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