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Journal of Egyptian History 12 (2019) 36–103

brill.com/jeh

Merenptah und Amenmesse: Entwurf einer


alternativen Chronologie

Michael Bányai
Oberursel
michael.banyai@t-online.de

Abstract

Die Frage nach der chronologischen Position von Amenmesse innerhalb der späten 19.
Dynastie ist ungeachtet aller Versuche einer Klärung weiterhin eine stark debattierte
Angelegenheit geblieben. Man konnte von bisher zwei grundsätzlichen Lösungs-
ansätzen Amenmesse zu unterbringen, sprechen. Der vorliegende Artikel möchte,
angesichts der vom Autor festgestellten Schwierigkeiten der bisherigen Versuche, die
Regierungszeit von Amenmesse chronologisch zu unterbringen, einer weiteren, drit-
ten Alternative, nachgehen. Diese zieht in Betracht—in Übereinstimmung mit der
Aussage der Historien von Manetho—die Möglichkeit eines Aufstands von Amenmes-
se während der späteren Regierungszeit Merenptahs. Ebenso wird hier zum ersten Mal
die Aussage der Elephantine Stele des Sethnacht sowie von pHarris I auf diese Periode
bezogen.

Keywords

Merenptah – Amenmesse – Sethos II. – Elephantine Stele von Sethnacht – pHarris I –


Manetho – Orakel des Töpfers / Oracle of the Potter – Orakel des Lamms / Oracle of the
Lamb – Zweibrüder Märchen / Tale of Two Brothers

© koninklijke brill nv, leiden, 2019 | doi:10.1163/18741665-12340051

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Merenptah und Amenmesse 37

1 Amenmesse und Sethos—überlappende Regierungen

Der Standpunkt von Rudolf Krauß1 und Aidan Dodson2, wonach die Regierung
von Amenmesse als im Oberägypten parallellaufend mit den ersten vier Jahren
der Regierung Sethos II. zu betrachten sein soll, scheint zurzeit die Diskussi-
on um Amenmesse zu dominieren. Kronzeuge dieser Theorie ist die im pSalt
124 erscheinende Gestalt eines Ms.j (geschrieben mit dem Feinddeterminativ).
Obwohl Ms.j nirgendwo eindeutig als regierender König bezeichnet wird,
scheint seine Machtfülle, den südlichen Wesir Amenmose abzusetzen, dies
indirekt zu implizieren. Ms.j wird dabei als eine Kurzform des Namens des
Vizekönigs von Kusch in den letzten Jahren Merenptahs, Messuwy, betrachtet.
pSalt 124 bietet zwar keine Jahresdaten. Dennoch lassen sich die darin erwähn-
ten Ereignisse anhand der im Dokument erwähnten Vorarbeiter Namen mit
einiger Genauigkeit während der Regierungszeit Sethos II. ermitteln. Kombi-
niert mit der fast völligen Abwesenheit von Zeugnissen Amenmesses im Nor-
den schiene damit Nubien als geographische Ausgangsbasis der Revolte von
Amenmesse so gut wie prädestiniert zu sein.
Eine gegensätzliche Position dazu nehmen Wolfgang Helck3 und Kenneth A.
Kitchen4 ein, welche stattdessen an die etwas ältere Vorstellung einer zwischen
den Regierungszeiten Merenptahs und Sethos II. intervenierenden Regierung
Amenmesses festhalten. Die für den Vorschlag von Krauß und Dodson not-
wendige Belegs Lücke zwischen dem 2. und 5. Jahr Sethos II. in Theben, welche
eine Notwendigkeit darstellt, die von Krauß zuerkannten 3.–4. Jahre Amen-
messes in Theben hier einzufügen, wird von Garth Gilmour und Kitchen5 in
Frage gestellt.
Ich betrachte einen fragmentarisch erhaltenen Stelen Text Kha-em-ters6,
des südlichen Wesirs von Amenmesse, als eine der größten Herausforderun-
gen für die Rekonstruktion von Krauß und Dodson:

1  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (1. Teil)“, „Untersuchungen zu König Amen-


messe (2. Teil)“, und „Untersuchungen zu König Amenmesse (Nachträge)“. Aber siehe dazu
die Einwände von Schneider, „Conjectures about Amenmesse“.
2  Hauptsächlich Dodson, „Messuy, Amada, and Amenmesse“. Aber siehe dazu die Einwände
von Yurco, „Was Amenmesse the Viceroy of Kush, Messuwy?“.
3  Helck, „Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie“, 43.
4  Kitchen, „Amenmesses in Northern Egypt“.
5  Gilmour und Kitchen, „Pharoah Sety II“, 6: „Furthermore, an ostracon (ODM 889) has re-
cently been published from year 4, first month of Akhet, 23, which is attributable to the reign
of Sety II.“
6  Habachi, „King Amenmesse and Viziers Amenmose and Kha`emtore“. KRI IV, 206:6–15. Die
vorgelegte Übersetzung hält sich näher an Habachi.

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(Ret)enu (tut nicht …) die Asiaten sieht man nicht (mehr) auf (ihren
Stadt)mauern und die (Libyer?) können nie (mehr) hervorkommen.
Du bist wie Re, wenn er in die Unterwelt heruntersteigt, nachdem er
die Zwei Länder mit seinen Strahlen gefüllt hat: O König von Ober und
Unter Ägypten, Wsr-ḫprw-RꜤ (der Name Sethos II steht über die Rasur des
Namens von Amenmesse) … Der Stadtchef und Wesir, Kha-em-ter (sein
Name ist überschrieben mit dem Par`emhebs) der gesegnete.

Vor jeder weiteren Diskussion des Textes muss folgendes hervorgestrichen


werden: Habachis Stele legt den Beweis vor, dass die Machtbasis von Amen-
messe nicht in Nubien lag, woher er dann erst angeblich in Richtung Theben
kurzzeitig ausgreifen konnte. Dasselbe wird auch von der Amada Stele des 2.
Jahres Sethos in Amada widerlegt, welche Nubien als geographische Ausgangs-
basis Amenmesses mehr als fragwürdig erscheinen lässt.7
Die Meinung von Labib Habachi, wonach die Textstelle „Du bist wie Re,
wenn er in die Unterwelt heruntersteigt, usw.“ auf den Tod von Amenmesse
anspiele, kann meiner Meinung nach nicht aufrechterhalten werden. Es ist
unplausibel, dass Kha-em-ter, sollte er gegen jede Wahrscheinlichkeit den Tod
von Amenmesse politisch überlebt und sich in die Regierungszeit Sethos II.8
als Wesir hinübergerettet haben, dem Rivalen Sethos II. noch ein sichtba-
res Denkmal gesetzt hätte. John Darnell9 betrachtet den König Amenmesse

7  Gilmour und Kitchen, „Pharaoh Sety II“, 6: „However, year 2 of Sety II is well attested, and
deep into Nubia.“ In der eigenen Liste von Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse
(1. Teil)“, 177, wird dieser Beleg Sethos II. als Nummer 13 geführt.
8  Dodson, „Messuy, Amada, and Amenmesse“, 48, möchte Kha-em-ter u.U. nicht nur mit
Amenmesse, sondern auch mit Sethos II. assoziiert sehen. Die Beweislage dafür ist jedoch
zweideutig, auch weil der Name Sethos auf dem Monument rekonstruiert werden musste.
Angesichts der offensichtlichen damnatio memoriae, der Kha-em-ter unterlag, ist dies zusät-
zlich auch fragwürdig. Siehe dagegen die anderslautende Deutung desselben Monuments
durch Habachi, „King Amenmesse and Viziers Amenmose and Kha`emtore“, 65 und die Ein-
wände von Dodson, „Messuy, Amada, and Amenmesse“, 48, N. 54.
Die von Kitchen unter den Denkmälern Sethos II. geführte Buhen-Stele EES. Nr. 1745
(KRI IV, 282:1–5), stellt einen Widerspruch mit der von Kitchen vertretenen Überlap-
pungslosen Sukzession Merenptah—Amenmesse—Sethos II. dar. Denn Kha-em-ter führt
bereits unter Merenptah den Titel eines Königssohns von Kusch und ebenso auf dieser Stele.
Unter Amenmesse führt allerdings derselbe Kha-em-ter den Titel eines Wesirs. Dies führt zu
einer merkwürdigen Reihenfolge von Ämtern bei Kha-em-ter, wonach er zweimal hinterein-
ander Königssohn von Kusch gewesen sei und zwischendurch „nur“ Wesir.
Die Schlussfolgerung ist, dass der Name Sethos II. auf der Buhen Stele Kha-em-ters
zwangsläufig denjenigen Amenmesses überschreibt, was auch Dodson als Möglichkeit
zulässt.
9  Darnell, The Enigmatic Netherworld Books, 354.

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auf dieser Stele ebenfalls als lebendig. Wenn nun gesichert ist, dass hier von
einem lebenden Amenmesse geschrieben wird, dann kann man die sich auf
ihn beziehende Aussage nur noch in syntaktischem Zusammenhang mit dem
vorausgehenden Satz erklären.
Der Vergleich zwischen der Tätigkeit der Sonne, Re, wenn sie „in die Unter-
welt heruntersteigt, nachdem er die Zwei Länder mit seinen Strahlen gefüllt
hat“ und dem Pharao deutet daher eher lediglich auf einen Szenenwechsel von
Ägypten nach Asien hin. Es ist daher als ein Vergleich zu verstehen mit der
wohltätigen Rolle des Pharaos verglichen, der den Frieden in Asien gebracht
hat, nachdem er wohl dasselbe vorher für Ägypten bewirkt habe.
Zusätzlich zu der Erwähnung von Asiaten, lässt die „Mann-Frau-Fremdland“
Determinierung des Namens Re(tenu) in dieser Aufzählung von Fremdländer
kaum eine andere seriöse Option zu, als diese Szene an die asiatische Grenze
Ägyptens anzusetzen. Die darin genannten Retenu und Asiaten dürften (bis
zum Gegenbeweis) aufgrund der Parallelität der Erwähnung als ein Gegen-
stück zu den in der Israelstele genannten Paare Israel und Ḫaru bilden10. Der
Text Kha-em-ters weist ja auf früher vor der Regierung Amenmesses bestehen-
den unruhigen (nun beendeten) Zustände hin und diese kann man ja nur in
der vorausgegangenen Regierungszeit Merenptahs suchen, zu denen die nun
herrschenden Zustände einen Kontrast bilden sollen (Verwendung der Negati-
on: nicht [mehr], nie [mehr]). Die Ergänzung (mehr) drängt sich aufgrund der
kriegerischen Ereignisse zuletzt zur Zeit Merenptahs auf.
Man kann die Szene der auf den Stadtmauern stehenden (oder nicht-
stehenden) Asiaten, selbst wenn man bereit wäre, den Hinweis auf die
westliche Reise der Sonne als ohne Zusammenhang zur vorausgegangenen
Aufzählung zu ignorieren, dennoch nicht nach Ägypten verpflanzen. Dies wür-
de den Einsatz asiatischer Söldner voraussetzen, zur Verteidigung ägyptischer
Städte11, wozu nicht der geringste Beweis besteht. Es gibt keine Hinweise auf
den systematischen Einsatz asiatischer Krieger innerhalb Ägyptens als Söldner

10  Merenptah selbst erwähnt Israel nur einmal auf der Israelstele. Auf den später in Äthiopi-
en aufgesetzten Stelen Amada/​Amara West/Wadi es-Sebua/​Aksha sind die Termini, die
er benutzt: Gezer, Ḫaru und Retenu. Die regelmäßige aufeinander Folge: Sieg über Kush,
Sieg über Lybien, Sieg über Ḫaru (in genau derselben umgekehrten zeitlichen Reihen-
folge wie in der Israelstele) zeigt, dass in diesen Inschriften Retenu vermutlich das Israel
der Israelstele ersetzt. Wobei angesichts der Tatsache, dass die politische Bezeichnung
als Land aus ägyptischer Sicht bereits mit Retenu besetzt war, Israel nicht als Fremdland
determiniert wird, sondern nur als Mann + Frau. Retenu ist grobgenommen der Land-
strich östlich von Ḫaru (sich selbst entlang des Mittelmeers streckend), wo in der Eisen-
zeit die Keimzelle Israels lag.
11  Gemäß der ägyptischen Ikonographie, können nur die Verteidiger einer Stadt auf deren
Mauern stehend dargestellt werden.

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während des Neuen Reichs. Die Israelstele, welche zeitlich unserer Kha-em-ter
Stelle nur kurz vorausgeht, malt z.B. das Bild eines friedlichen Ägyptens aus, in
dem auffälligerweise die einzigen fremden Verteidigungstruppen die Medjayu,
die Niau und Tjukten sind.12
Selbst die Betrachtung einer asiatischen n-Ꜥ-rú-na Truppe als fester Bestands­
teil der ägyptischen Armee ist mehr als fraglich. Sie scheint auf keiner Weise
darin integriert zu sein. In pAnastasi I 17, 3/4, agiert eine n-Ꜥ-rú-na- Truppe
in Asien sogar gegen die Ägypter: „Du wirst an der Spitze einer siegreichen
Armee verschickt, jene Rebellen zu vernichten welche Nearin genannt sind.“.
Der einzige Anlass als diese Truppe auf ägyptischer Seite erwähnt wird (in der
Qadesch Schlacht), dürfte lediglich vom Einsatz der Truppen der asiatischen
Vasallen Ägyptens sprechen.13
In der zitierten Stele Kha-em-ters enthaltene Hinweise auf eine eigenstän-
dige asiatische Außenpolitik Amenmesses, legen das Gegenteil der bisherigen
Annahmen von Krauß nah. Der Ausgangspunkt der Revolte von Amenmesse
muss daher unabhängig von den Zufällen der archäologischen Funderhaltung,
zwingend im Norden gelegen gewesen sein. Kitchen14 kann auf eine Vase mit
den Kartuschen Amenmesses gefunden in Riqqeh, 45 Km südlich von Mem-
phis hinweisen.
Von dort aus kann die Revolte Amenmesses nur für kurze Zeit, am Ende sei-
ner Regierungsperiode, in Richtung Theben ausgegriffen haben. Die Anerken-
nung Amenmesses durch Kha-em-ter dem Königssohn von Kusch, der nach
seiner späteren Vertreibung durch Merenptah aus Nubien Wesir ­Amenmesses

12  K RI IV, 18:6–11: „The forts are left to themselves, the wells (lie) open, accessible (?) to mes-
sengers. The (high)-walled battlements are undisturbed, it is sunlight that (alone) awak-
ens their guards. The Medjayu-militia lie fast asleep, the Niau and Tjukten scouts are out
in the meadows as they wish.“.
13  Vermutlich ist die richtige Bezeichnung für diese Truppe, wenn sie in ägyptischen Dien-
sten kämpft, Auxiliar Truppe, ohne dass dadurch ein Rückschluss auf deren ethnischen
Zusammensetzung möglich wäre (siehe Spallinger, 2005, 7).
Ähnlich übersetzt bei KRI IV, 7:10, wo es jedoch als Epitheta für die eigene Armee
angewendet wird: „[Then there returned … the …]s, the archers, the infantry and cha-
riotry, all off the officers of the army who had been auxiliaries (n´arn) bringing captures,
[… driving don]keys before them, like fish by the basketful, and [all] the property, etc.“.
Anders gesagt: da ist keine Rede von Einsatz einer fremden n-a-rú-na Truppe inmit-
ten von Ägypten, sondern vom Einsatz der eigenen Truppe zu Zwecken zu denen man
im Normalfall im Ausland die asiatische n-a-rú-na Auxiliar Truppe eingesetzt hätte.
Zumal bis auf diesen Krieg Ägypten Kriege ausschließlich außerhalb des Landes führte,
war diese Aufgabe, die jetzt der eigenen Truppe anvertraut wurde, innerhalb der üblichen
Arbeitsteilung zwischen ägyptischer und Auxiliar-Truppe die Aufgabe Letzterer gewesen.
14  Kitchen, „Amenmesses in Northern Egypt“.

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wurde, kann eine Erklärung für die Belege für die frühen Regierungsjahre
Amenmesses in Nubien bieten.
Eine Rekonstruktion, die die Regierungszeiten von Amenmesse und
Sethos II. als weitestgehend parallel betrachtet, ist mit der in der diskutierten
Stele vorausgesetzten vollständigen Kontrolle des Deltas durch Amenmesse
vollkommen überfordert. Denn sie setzt voraus, dass Messuwy/Ms.j/Amen-
messe zugleich auch den tiefen Süden des ägyptischen Reiches unter Kontrol-
le haben durfte. Damit stünde man dann vor dem Rätsel, wo Sethos II., der
designierte Thronerbe Merenptahs, diese Zeit politisch überlebt haben sollte.
Die neuesten Ausgrabungen von Otto Schaden15 am KV10 bringen Ergeb-
nisse, die für dieselbe Rekonstruktion ebenfalls sehr unbefriedigend sind. Das
kleine Arbeiterdorf ausgegraben unmittelbar östlich vor dem Eingang von
KV10, dem Grab Amenmesses, lieferte Jahresdaten des 9. und 10. Jahres
von Merenptah16 und des 1. Jahres von Sethos II.17
Die gewöhnliche Gründung eines kleinen Handwerkerdorfs am Grab als
Ableger der größeren Siedlung bei Deir el-Medina wird auf oCairo CGC 25,581
(KRI IV, 151:5–152:1) belegt:

Diejenigen die gebracht werden, von den Arbeitern und den Handwer-
kern, nach der Siedlung des Grabes: Zeichner, 2 Mann; Bildhauer, 2 Mann;
Stuckateure, 2 Mann; Handwerker, die vermessen, 2 Mann, etc.

Insgesamt zählt dieses Ostrakon 29 Leute auf, die in die Siedlung des Grabes
(von Merenptah) ab dem 2. Regierungsjahr des Königs umgezogen sein sollten.
Die Gründung eines Handwerkerdorfs vor KV10 kann also nicht vollkommen
zweckfrei erfolgt sein.

15  Das unter http://www.kv-10.com abrufbare „season summary“ enthält sämtliche wichti-
gen Informationen der Grabungssaisons 2001 und 2003, als die Arbeiterhütten entdeckt
wurden. 2003: „A Year 9 and a Year 10 were found, though no name of a king accompanied
these dates. Most likely these are from late in the reign of Merenptah. There was also a
text on a wine amphora dated to Year 1 of Sety Merenptah (Sety II).“.
16  Ausgrabung 2003: Ostraka aus einem 9. Jahr und einem 10. Jahr eines ungenannten
Herrschers (aufgrund der Regierungslänge jedoch Merenptah) und eine Wein Amphora
datiert in das 1. Jahr des Sethos II. Ausgrabung 2004: eine Amphora mit einem 9. Jahr
eines ebenfalls ungenannten Herrschers (aufgrund der Regierungslänge Merenptah).
Schaden, „The Amenmesse Project“.
17  Die Ostraka inklusive Amphoren Scherben die bisher in den Arbeiterhütten dieser
temporären Siedlung gefunden wurden, ausgegraben vor dem Grabeingang von KV10
(Grabungskampagnen 2003–2004), decken die Jahre 9–10 von Merenptah (identifiziert
anhand des hohen Jahresdatums) und das Jahr 1 von Sethos II (eine Wein Amphora).

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Es gibt unabhängig von der konkreten chronologischen Rekonstruktion der


Regierungszeit Amenmesses wenige plausible Erklärungen für die Anwesen-
heit der Arbeiterhütten östlich des Eingangs seines Grabes. Kein Gräb in der
Umgebung von KV 10, außer KV10 selbst (KV 62—das Grab Tutanchamuns,
KV 16—das Grab Ramses I., KV 11—das Grab Sethnachts und später des
Ramses III.—KV 63 Zeit des Amenophis IV.) kann die Ansiedlung des kleinen
Arbeiterdorfs zu diesem Zeitpunkt rechtfertigen. Daher ist man auf Erklärun-
gen bezüglich der Daseinsberechtigung des Dorfes auf solche in Zusammen-
hang mit einer Tätigkeit am KV10 selbst eingeschränkt. Die Entdeckung 2003
in dem erwähnten Arbeiterdorf eines Ostrakons mit Maßangaben, die zum
Querschnitt des Grab-Korridors von KV10 passten,18 bestätigt zusätzlich, wenn
das überhaupt nötig gewesen sein sollte, die besondere Beziehung vorhanden
zwischen KV10 und dem vor seinem Eingang bestehenden Dorf.
Man kann die prinzipiell beobachtbaren Tätigkeiten in Zusammenhang mit
dem Grab KV10 recht übersichtlich resümieren auf:
– Ausschachtung von KV10 für einen unbekannten Toten unter Ramses II. wie
die Überreste eines noch älteren Vorgängerdorfs aus dieser Periode westlich
des Eingangs von KV1019 vermuten lassen,
– Dekoration von KV10 für Amenmesse zu einem späteren Zeitpunkt,
– Beseitigung des Andenkens an Amenmesse,
– Umnutzung von KV10 für die Damen Baketwerel20 und Takhat, entweder
gleichzeitig oder nacheinander, wobei die Tiefrelief Dekoration des Amen-
messe überpflastert wird. Daher erfolgt diese Arbeit nach der Entweihung
des Amenmesse Grabes.

18  Das unter http://www.kv-10.com abrufbare „season summary“ enthält sämtliche wesentli-
chen Informationen der Grabungssaisons 2001 und 2003 der Schaden / Ertman, als die
Arbeiterhütten entdeckt wurden. 2003: „No specific reference to Amenmesse has been
found to date in the hut’s areas, but one small ostracon gives dimensions which match
the corridor width and height of KV-10.“. Ein vergleichbares Ostrakon, jedoch mit den
Maßen einer mumiformen königlichen Statue wurde im Grab Merenptahs gefunden
(KRI IV, 152:2–5).
19  Schaden, „The Amenmesse Project“, AUTHOR note: give page for quote „The two rooms
of the West Huts contained some ceramic materials and a few ostraca. A major item
from the second room and found next to a large jar embedded in the floor was a docket
with the name of User-Maat-Re, surely Ramses II.“
20  Die Lage des Begräbnisses der Königin Takhat im Raum E, im Verhältnis zu dem der
Königin Baketwerel im Raum F, also näher zu dem Eingang von KV10, legt nahe, dass
Baketwerel vor Königin Takhat in KV 10 begraben wurde, möglicherweise schon in den
Jahren Merenptahs. Sonst wäre man gezwungen gewesen mit der Mumie Baketwerels,
etc, durch die gefüllte recht enge Kammer E hindurchzugehen, was bestimmt keine leich-
te Aufgabe gewesen wäre.

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Chronologie Krauß/Dodson Arbeiterdorf vor KV10 Attestierte Tätigkeiten in KV10

J. 9 Merenptah ?
J. 10 Merenptah ?
J. 1 Sethos II. ?
J. 2 Sethos II. /
J. 3 Amenmesse / Dekoration für Amenmesse
J. 4 Amenmesse / Dekoration für Amenmesse
J. 5 Sethos II. / Beseitigung des Andenkens an
Amenmesse evtl. Umbau für
Takhat und/oder Baketwerel
Amenmesse

Gegen den Hintergrund der Chronologie von Krauß / Dodson projiziert kann
man keine Korrelation zwischen den Tätigkeiten belegt in dem Grab selbst
und die Existenzperiode des Arbeiterdorfes vor dem Eingang von KV 10 erstel-
len (siehe Graphik).
Was kann man jedoch in diesem Fall mit der Nennung des Ms.j im pSalt 124
machen, ein möglicher Kronzeuge der Krauß / Dodson Chronologie? Ist seine
in diesem Dokument erkennbare Stellung, die ihm erlaubt den Wesir abzuset-
zen, ein ausreichender Grund ihn unbedingt mit dem Pharao Amenmesse zu
identifizieren? Meiner Meinung nach nicht.
Ich stimme zwar Krauß bezüglich der Identifikation des Ms.j im pSalt 124
als Kurzform des Namens von Messuwy weiterhin uneingeschränkt zu21. Diese
Identifikation, sieht man von der zusätzlichen Identifikation des Ms.j mit
Amenmesse ab, würde die unnatürliche Lücke füllen, die zwischen der Amts-
zeit Messuwys als Königssohn von Kusch und derjenigen seines Nachfolgers,
Sethy, eingesetzt erst im 1. Regierungsjahr Siptahs (Abu Simbel PM VII:98 und
Buhen ST 6), entstanden ist. Sie ist daher zu begrüßen.
Die Tatsache, dass die Ausstattung des Grabes Messuwys in Aniba, keine
Grabbeigaben später als diejenigen aus der Zeit Merenptahs ausweist, ­dürfte

21  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (Nachträge)“, 174: „Weil diese orthogra-
phischen Möglichkeiten und insbesondere Möglichkeit B, für jedes ‚ms-sw‘ gilt, dürfen
wir auch im pSalt I24 statt Mesy den Namen des Vizekönigs Messuy/Ms-sw-y lesen. Dies
gilt allgemein und ohne Rücksicht auf den historischen Kontext von pSalt 124.“

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nur mit seiner neuen Beschäftigung in der Thebais zusammenhängen, die


möglicherweise auch neue Grabpläne in der Thebais mit sich brachte.22
Auch die von Dodson („Messuy, Amada, and Amenmesse“) an zwei Darstel-
lungen des Messuwy in Amada erkannte königliche Uräus wurde von Frank
Yurco („Was Amenmesse the Viceroy of Kush, Messuwy?“) abgestritten. Zahl-
reiche besser erhaltene Darstellungen Messuwys in dem gleichen Tempel zei-
gen diesen ohne Uräusschlange. Warum er diese nicht ebenfalls um eine Uräus
ergänzt haben soll, bleibt schleierhaft. Außerdem kreiert diese Deutung ein
Paradox: Amenmesse wird bereits seit seinem ersten Jahr in Nubien (Buhen-
Stele des 1. Jahrs) unter seinem königlichen Namen bekannt. Er kann während
des ersten Jahres von Amenmesse nicht zugleich als Amenmesse und als Mes-
suwy aufgetreten sein. Sollte also Messuwy sich zum Pharao aufgeschwungen
haben, hätte ab diesem Zeitpunkt der Name Amenmesse sämtliche Namen
des Messuwy in den offiziellen Denkmalen ersetzt haben.
Es wäre allerdings ein Szenario denkbar, wonach Messuwy als Militärgou-
verneur in der Thebais—so wie später unter Ramses XI der Königssohn von
Kusch Panehesy—mit außerordentlichen Vollmachten eingesetzt worden sei.
Seine Absetzung in den späten Jahren Sethos II., also kurz vor der Entstehung
von pSalt 124, dürfte auch die Determinierung seines Namens darin als „Feind“
erklären.
Die Absetzung des Wesirs Amenmose23 infolge des Rechtstreits in der
Nekropolen Siedlung ebenso wie die Tötung des Vorarbeiters Neferhotep dürf-
ten daher auf das Konto desselben „Feinds“ zurückgehen, nämlich des Mes-
suwy/Ms.j. Es ist nämlich undenkbar, dass ein Prozess, das zur Absetzung der
Gerichtsautorität, des Wesirs, durch Ms.j führte, für den klagenden Neferho-
tep ohne fatale Folgen ausgegangen sein dürfte. Wenn also pSalt 124 davon
schreibt, dass der „Feind“ den Vorarbeiter Neferhotep tötete, dann beschreibt
es den Ausgang des Prozesses für Neferhotep selbst.

22  Es ist nicht möglich, wie bereits Yurco („Was Amenmesse the Viceroy of Kush, Messuwy?“,
53) zeigt, anhand der Ikonographie des Grabes in Aniba eine Verbindung zu Amenmesse
herzustellen. Vor allem angesichts der Tatsache, dass nach Krauß und Dodson ein Amen-
messe / Messuwy noch bis in sein 3. Regierungsjahr (als Amenmesse das Grabprojekt
KV10 erst in Angriff nehmen konnte) kein alternatives Grabprojekt außerhalb Nubiens
verfolgen konnte, ist das Fehlen eines geänderten Dekorationsprogramms, das sich dem
neuen, königlichen, Status anpasste, erklärungsbedürftig.
23  Der Name von Amenmose an der Seite des Königs Amenmesse in der Deir el-Medina
Kapelle G, könnte ebenso wie derjenige des Amenmesses selbst auf einem Relief stam-
mend aus dieser Kapelle, heute befindlich in Turin (KRI IV, 198), der von Sethos II.
überschrieben wurde, den Namen des eigentlichen südlichen Wesirs von Amenmesse
überlagern.

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Merenptah und Amenmesse 45

Einen scheinbaren Vorteil der Rekonstruktion von Krauß24 stellten schein-


bar die zahlreichen Hinweise auf einen vergangenen Krieg in Dokumenten der
späten Regierungszeit Sethos II. dar. Da die meisten dieser Dokumente entwe-
der ausdrücklich in das 6. Jahr Sethos II datiert (oNash 1) oder mutmaßlich in
dasselbe Jahr zu datieren sind (oNash 2, oKairo J. 724656, oBrüssel E 6311), stellt
sich die Frage wie früh vor dem 6. Jahr Sethos dieser Konflikt in der Thebais
stattgefunden haben dürfte. Kann man diese Kriegs Hinweise auf das 3. oder 4.
Jahr Sethos II., als laut Krauß25 / Dodson Amenmesse in Theben geherrscht
haben soll, tatsächlich projizieren?
Die Antwort darauf ist ein klares Nein, zumal sowohl oNash 1, oNash 2 und
oKairo J. 724656 Gerichtsfälle dokumentieren bei denen regelmäßig dersel-
be Nb-nfr Sohn von Nḥwj Ankläger ist, jedes Mal wegen des Diebstahls von
Meißel nach oder während des „Kriegs“. Es ist unvorstellbar, dass Nb-nfr Sohn
von Nḥwj lange mit der Meldung der Diebstähle an die Vorarbeiter gewartet
haben kann, oder dass diese Prozesse nicht in etwa gleichzeitig stattgefunden
hätten. oBrüssel E 6311 spricht ebenfalls von Krieg, ist aber ebenso zeitlich an
die anderen erwähnten Ostraka verbunden, zumal der darin erscheinende Ḥwj
Sohn des Ḥwj-nfr zugleich Angeklagter in oNash 2 ist. Dies gibt Anlass zur Ver-
mutung, dass sämtliche Kriegshinweise der Zeit Sethos II. sich auf ein Ereignis
beziehen, das im 6. oder im 5. Regierungsjahr Sethos II. stattfand. Denn alle
besagten Gerichtsfälle sind Bagatellfälle, die bald nach dem Abflauen irgend-
welcher Unruhen in der Thebais verhandelt worden sein müssten. Daher kann
man kein einziges dieser Ereignisse in Zusammenhang mit Krieg in der The-
bais in den Jahren 3 oder 4 des Sethos II. datieren, als laut Krauß Amenmesse
die Thebais eingenommen und wieder verloren haben sollte.
Ein Fall von Majestätsbeleidigung (oCGC 25,256) gebracht vor Gericht in
Deir el-Medina ein Jahr vor diesen schon diskutierten Gerichtsfällen (Jahr 5
Sethos II.): „er (Hay) sagte: Weg mit Sethos II.“, zeigt dass auch in Deir el-
Medina einige auf der Seite der Gegner Sethos II. waren und wohl eher das
Jahr 5, der eigentliche Zeitpunkt dieser Unruhen gewesen sein durfte. Es gibt
ausgesprochen wenig Fälle von Majestätsbeleidigung, dokumentiert in Deir
el-Medina (genaugenommen nur ein anderes in der 20. Dynastie). Daher kann
hier gar kein Bezug zu Amenmesse hergestellt werden, für welchen laut Krauß
lediglich eine Belegs Lücke in den Jahren 3. und 4. Sethos II. in Theben zur
Verfügung stünde.
Man kann nur Mutmaßungen über die Natur dieses Konflikts anstellen und
tentativ eine Verbindung bloß zur Bezeichnung des Messuwy/Ms.j. als Feind

24  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (2. Teil)“, 170 ff.


25  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (2. Teil)“, 180.

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herstellen. Als Königssohn von Kush war Messuwy ein Armee Befehlshaber.
Seine Absetzung hätte tatsächlich von militärischem Konflikt in der Thebais
begleitet sein dürfen.

2 Amenmesse und Sethos II.—aufeinanderfolgende Regierungen

Die von Helck und Kitchen stattdessen befürwortete Einfügung der Regierungs-
zeit Amenmesses zwischen Merenptah und Sethos II., lässt zwar die Frage
offen, welche die geographische Rückzugsbasis Sethos II. in der Zwischen-
zeit gewesen sein soll. Da jedoch nach dieser Rekonstruktion die Zählung der
Regierungsjahre Sethos II. erst nach dem Tod Amenmesses einsetzt, sind diese
Autoren nicht unbedingt auf das Szenario einer aktiven Konfrontation zwi-
schen Amenmesse und Sethos II. angewiesen.
Ungeklärt bleibt, wie Amenmesse die Macht des designierten Erben Meren-
ptahs usurpiert haben soll, obwohl Sethos II. bereits unter Merenptah in der
Hauptsache die Regierungsgeschäfte führte und oberster Armeeführer war,
und obwohl man Amenmesse nicht unter den verhältnismäßig gut dokumen-
tierten obersten Beamten Merenptahs finden kann.
Die bereits erwähnten Ausgrabungen am KV10 bringen unbefriedigende
Ergebnisse auch für diese Rekonstruktion. Das kleine Arbeiterdorf ausgegra-
ben unmittelbar östlich vor dem Eingang von KV10, dem Grab Amenmesses,
lieferte Jahresdaten des 9. und 10. Jahres von Merenptah26 und des 1. Jahres von
Sethos II., jedoch keine dazwischenliegenden Jahresdaten von Amenmesse,
oder solche, die ihm zuweisbar sein könnten, wie in diesem Falle zu erwarten.
Man könnte sicherlich die Abwesenheit jeglicher archäologischen Zeugnisse
aus der Zeit Amenmesses dem Faktor Zufall zuweisen, obwohl ausgerechnet
die Zeit Amenmesses nach dieser Rekonstruktion für die längste Periode in der
Existenz des Dorfes gestanden haben müsste.27

26  Ausgrabung 2003: Ostraka aus einem 9. Jahr und einem 10. Jahr eines ungenannten
Herrschers (aufgrund der Regierungslänge jedoch Merenptah) und eine Wein Amphora
datiert in das 1. Jahr des Sethos II. Ausgrabung 2004: eine Amphora mit einem 9. Jahr
eines ebenfalls ungenannten Herrschers (aufgrund der Regierungslänge Merenptah). Das
unter http://www.kv-10.com abrufbare „season summary“ enthält sämtliche wichtigen
Informationen der Grabungssaisons 2001 und 2003, als die Arbeiterhütten entdeckt wur-
den. Schaden, „The Amenmesse Project“.
27  Die Ostraka inklusive Amphoren Scherben die bisher in den Arbeiterhütten dieser
temporären Siedlung gefunden wurden, ausgegraben vor dem Grabeingang von KV10
(Grabungskampagnen 2003–2004), decken die Jahre 9–10 von Merenptah (identifiziert
anhand des hohen Jahresdatums) und das Jahr 1 von Sethos II (eine Wein Amphora).
Selbst wenn man Bereitschaft zeigte, die Abwesenheit von Amenmesses zuweisbaren

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Merenptah und Amenmesse 47

Dennoch, selbst wenn wir die Abwesenheit von Zeugnissen Amenmesses


im Arbeiterdorf als Zufall bezeichnen könnten, bleibt in der Rekonstruktion
Helck/Kitchen eine weitere Frage unbeantwortet, welche die Existenzbe-
rechtigung des kleinen Arbeiterdorfs bereits im Jahr 9 und 10 von Merenptah
betrifft. Wenn die Dekorationsarbeit an KV10, wie zu erwarten, unter Amen-
messe begann ist die Aufnahme der Tätigkeit am Grab bereits früh unter
Merenptah ein tatsächliches Problem. Dies würde nämlich einen Aufstieg von
Amenmesse innerhalb der Hierarchie während der späten Jahre Merenptahs,
wofür uns jeglicher Beleg fehlt.
Ebenso dürfte die Tatsache ein Problem darstellen, dass für die ersten 2 Jahre
Amenmesses eigentlich gar keine Zeugnisse in ganz Deir el-Medina existierten28,
auch wenn Helck29 ihm ohne zwingenden Grund doch einige Ostraka in dieser
Periode zuweist. Wäre tatsächlich, wie Jansen, Krauß und Dodson befinden,
die Anwesenheit Amenmesses während seiner ersten zwei Regierungsjahre
in der Thebais vollkommen ungesichert, dann gäbe es gar keinen Grund wa-
rum dieses temporäre Dorf zwischen dem 9. Jahr Merenptahs und dem 3. Jahr
Amenmesses an dieser Stelle ungebrochen existieren sollte und nicht nach
dem Tod Merenptahs stattdessen abgerissen worden wäre.

Chronologie Helck/Kitchen Arbeiterdorf vor KV10 Attestierte Tätigkeiten in KV10

J. 9 Merenptah ?
J. 10 Merenptah ?
J. 1 Amenmesse ? Dekoration für Amenmesse
J. 2 Amenmesse ? Dekoration für Amenmesse
J. 3 Amenmesse ? Dekoration für Amenmesse
J. 4 Amenmesse ? Dekoration für Amenmesse
J. 1 Sethos II Beseitigung des Andenkens an
Amenmesse evtl. Umbau für
Takhat und/oder Baketwerel

Jahresdaten als Zufall abzutun, bliebe das Rätsel des Bestandes dieses Arbeiterdorfes in
den Jahren 9–10 von Merenptah und bis ins 1. Jahr Sethos II. unmittelbar vor dem Eingang
seines Grabes.
28  Janssen, Village Varia, 99–09: „For the latter (Amenmesses) no years 1 or 2 are known from
Deir el-Medina, presumably because he did not occupy the Theban West Bank before his
third year.“.
29  Helck, Die datierten und datierbaren Ostraka, 98–109. Krauß, „Untersuchungen zu König
Amenmesse (2. Teil)“, 165–75, diskutiert ausführlich die zirkuläre Logik, die zu Helcks
Zuweisung von oCG 25779 und oDeM 209 an Amenmesse führte.

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3 Amenmesse—ein Aufstand gegen Merenptah—laut Manetho

Man darf daran erinnern, dass der chronologischen Ansätze von Helck/
Kitchen oder von Krauß/Dodson jeweils bloß eine abstrakte logische Opti-
on darstellen. Konkrete zeitgenössische Beweise, Aussagen, welche erlauben
würden Amenmesse genau zu datieren, existieren leider nicht. Die gesamte
spätantike Überlieferung befindlich bei Manetho und Konsorten, welche kon-
krete Hinweise für eine politische Umwälzung in dieser Periode liefert, wurde
allerdings bei dem Versuch Amenmesse zu datieren vollkommen außer Acht
lassen. Diese Historien, mehrheitlich festgehalten von Josephus, erzählen von
einem Aufstand während und nicht nach der Regierungszeit Merenptahs (irr-
tümlich genannt hier Amenôphis). Es ist schwer nachvollziehbar, warum kein
einziger bisheriger Rekonstruktionsversuch besteht, die von Manetho, usw.
bereitgestellte Information einzubeziehen oder kritisch zu würdigen.
Helcks Untersuchungen zu Manetho,30 das Lexikon der Ägyptologie,31 oder
Paulys32 erkennen u.A. unter dem missverständlichen Namen Amenôphis
den Pharao Merenptah. Seine Einreihung bei Josephus nach einem Setho
(Sethos I.) und Rampsês (Ramses II.)33 und die Nennung seines Sohnes Sethôs
beseitigen eventuelle Zweifel, die man bezüglich seiner Identifikation mit
Merenptah noch hegen könnte.
Auf die gleiche Identifikation kommt man auch anhand der abgespeck-
ten Manetho Version des Teophilus34 die allerdings den Setho des Josephus
verloren hat: Harmaïs—Ramessês—(Sethos I. übersprungen)—Ramessês
Miammu(n)—Amenôphis—Sethôs.
Africanus und Eusebius führen Merenptah sogar doppelt. Einmal am Ende
der Aufstellung der 18. Dynastie nach einem Ramessês als Amenôphath bzw.
Ammenôphis35. Zum zweiten Mal wird Merenptah dann erneut innerhalb der
getrennten 19. Dynastie als Ammenephthês / Ammenephthês aufgezählt.

30  Helck, Untersuchungen zu Manetho, 64, 70.


31  L Ä, III, 1980, 551. AUTHOR note: please give author and entry title.
32   Paulys Realencyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft, B. I, 2 (Autor R.
Pietschmann) unter Amenophat, Amenophis 4, Amenephthis.
33  Contra Apionem I, 26.
34  Ad Autolyc. III. 20; Schaff, Fathers of the Second Century.
35  Die bei Teophilus entstandene Lücke durch den Verlust des Setho führt bei diesen
Autoren zur Verschmelzung der zwei dadurch aufeinanderfolgenden Ramessês, die als
ein Tradierungsfehler betrachtet wurden, in eine einzige Figur. Das zeigt sich auch an
den schwankenden Jahresangaben für deren Ramessês. Mal wird die Regierungslänge des
Ramses I. befolgt (1 Jahr), mal die von Ramses II. (aufgerundet auf 68 Jahre).

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Merenptah und Amenmesse 49

Leider ist der in der kompletteren Liste der 19. Dynastie bei Africanus auf-
geführte Ammenemnês, der vermutlich mit Amenmesse zu identifizieren ist,
durch seine relative Position in der Reihenfolge der Könige folgend auf Meren-
ptah: Ammenephthês—(Sethôs genannt auch) Ramessês36—Ammenemnês—
Thuôris, irrelevant für die vorliegende Diskussion. Andere Listen vermissen
den Ramessês des Africanus und lassen dafür Ammenemnês direkt auf Amme-
nephthês = Merenptah folgen37. Die tatsächliche Position des Ammenemnês ist
daher auf Grundlage der Epitome kaum mit Sicherheit zu bestimmen.
Der Ausschluss der bisherigen Lösungsversuche des Amenmesse Problems,
lässt nur eine einzige, bisher nicht untersuchte logische Möglichkeit übrig:
Amenmesse mit der späteren Regierungszeit Merenptahs zu synchronisieren.
Da die Tradition eines unter Amenôphis/scil. Merenptah stattgefundenen
Staatsstreichs auch außerhalb der von Josephus überlieferten Historien sogar
in der spätägyptischen Apokalyptik ein starkes Echo findet, dürfte diese Tradi-
tion einen Bekanntheitsstatus gehabt haben, welcher auf einen echten histori-
schen Kern zurückgeführt werden dürfte.
Sicherlich wird man keinen zeitgenössischen Text vorlegen können, wel-
ches eindeutig den Aufstand Amenmesses mit Merenptah zusammenbringt.
Dies gelang bisher jedoch auch keiner der alternativen Optionen, die sich
nicht mal des Vorzugs erfreuten, eine Unterstützung in der späteren histori-
schen Literatur zu finden.
Im Folgenden werde ich die grundsätzliche Anwendbarkeit der spätanti-
ken Quellen für Amenmesse Punkt für Punkt einer chronologischen Prüfung
unterziehen. Dabei werde ich versuchen, den historischen Kern der Historien
und der spätägyptischen Apokalyptik von den später dazugekommenen zeit-
genössischen polemischen Inhalten und Schmähungen heraus zu trennen.
Die chronologisch verwertbaren sich auf Ammenôphis/scil. Merenptah und
auf seinen Gegner beziehenden Aussagen der ägyptischen Historien lassen
sich wie folgt resümieren.
Manetho: „Ammenôphis, der König der Ägypter, sei … schleunigst nach
Äthiopien geflohen … Nach dreizehn Jahren … sei dann Ammenôphis an
der Spitze einer gewaltigen Streitmacht aus Äthiopien zurückgekehrt, habe
die Hirten und die Unreinen in einer Schlacht besiegt, viele von ihnen

36  Auch dieser Ramessês ist seinerseits ein Fehler, der auf die kompletteren Listen von
Josephus und Teophilus zurückgeht, die den Nachfolger des Amenôphis/scil. Merenptah
„Sethôs auch genannt Ramessês“ nennen. Dafür lassen ausgerechnet diese Listen den
Ammenemnês vermissen.
37  Die beobachtete Addition von 10–20 Jahren zu den tatsächlich von Manetho angege-
benen Zahlen.

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­niedergemetzelt und die übrigen bis zur Grenze Syriens verfolgt … Der Sohn des
Ammenôphis (Sethôs genannt auch Ramessês38) sei ihnen mit dreihundert-
tausend Mann bis Pelusium entgegengezogen.“.
Chairemon: „Er führt denselben Königsnamen an wie Manetho, nämlich
Ammenôphis, nennt dessen Sohn Ramesses … Ammenôphis aber habe ihrem
Angriff nicht standgehalten, sondern sei unter Zurücklassung seiner schwan-
geren Gattin nach Äthiopien geflohen. In einer Höhle versteckt habe nun
das Weib einen Sohn Ramesses39 geboren, der zum Manne herangereift die
Juden nach Syrien verjagt und seinen Vater aus Äthiopien wieder heimgeholt
habe.“.
Wie vorhin erwähnt, scheinen hier im Gegensatz zu anderen chronologi-
schen Rekonstruktionsversuchen auch keine Schwierigkeiten mit der Anlage
des bereits diskutierten kurzlebigen Arbeiterdorfes vor dem Eingang von KV10
zu bestehen.
Es entsteht auf diesem Rekonstruktionsmodell demnach eine mögliche
Korrelation zwischen der Anlage des Dorfes und der Beseitigung des Anden-
kens Amenmesses—gleich nach dessen Vertreibung aus Theben sowie mögli-
cherweise zusätzlich mit einer der nachträglichen Bestattungen im Grab KV10,
entweder Königin Takhat, Baketwerel oder beide.

Chronologievorschlag Arbeiterdorf vor KV10 Attestierte Tätigkeiten in KV10

year 4 Amenmesse
year 8 Merenptah Dekoration für Amenmesse
year 9 Merenptah Beseitigung des Andenkens an
year 10 Merenptah Amenmesse evtl. Umbau für
year 1 Sethos II. Takhat und/oder Baketwerel

38  So genannt an früherer Stelle des Textes. Der Name „Sethôs genannt auch Ramessês“ ist
eine Konfusion Josephus, die ich in N. 36 erklärt habe.
39  Vermutlich Ramses Siptah, verschrieben Messenes. (Ramessês ist statt Messenes zu lesen,
siehe Notiz bei Clementz, 1993, 138, N. 1 AUTHOR NOTE: clarify citation—is this the
same as Josephus, Gegen Apion?) Josephus vermerkt an späterer Stelle zwar, dass es sich
beim Sethôs des Manetho und dem Ramesses des Chairemon um verschiedene Personen
und widersprüchlichen Altersangaben handeln muss, kann jedoch diesen scheinbaren
Widerspruch der Historien nicht auflösen.

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Merenptah und Amenmesse 51

Ich werde nachfolgend nicht auf die konkrete Datierung der Königin Takhat
eingehen, zumal ihre Identifizierung auf den Denkmälern durchaus strittig ist
und die Diskussion ergebnislos ist. Über Baketwerel lässt sich fast nur noch
weniger als über Takhat aussagen, außer dass ihre Bestattung, aufgrund ihrer
Lage tiefer innerhalb der Grabanlage, die sonst eine Durchquerung der bereits
erfolgten Bestattung Takhats erforderlich gemacht hätte, vor derjenigen von
Takhat stattgefunden haben muss. Der Versuch beide Königinnen, Baketwerel
und Takhat, in die 20. Dynastie zu verweisen führt allerdings zu Schwierigkei-
ten, den Zweck des Arbeiterdorfes zu begründen, zudem sprechen dagegen
auch stilistische Gründe40.
Die Tatsache, dass keine Funde im Arbeiterdorf auf Amenmesse verwei-
sen, mag unterschiedliche denkbare Gründe haben. Entweder liegt dies an
der Zeitkürze des tatsächlichen Arbeitseinsatzes, womit diese Periode kaum
vertretbare Spuren hinterließ oder daran, dass während dieser Arbeiten kein
Arbeiterdorf vor Ort bestand. Leider kann man nicht auch für die anderen
chronologischen Ansätze vergleichbare logische Erklärungen finden.
Das Rätsel der Herkunft von Amenmesse scheint sich in der Beischrift zu
verstecken, die man auf einer Stele, L.D. iii. 201 c, aufgestellt in dem Tempel
Sethos I. in Qurneh41, lesen kann42. Amenmesse dürfte nicht unbedingt der
eigentliche Stifter der Statue, die Sethos I., Ramses II., die Königin Ahmes
Nefertari in Adorationshaltung vor dem Gott Amun darstellt, gewesen sein.
Erkannt wurde von August Eisenlohr, der Name von Siptah (Khu-setep-en-Ra)
über Rasur Stelle. Der von den Kartuschen von Siptah überlagerte Name dürfte
nach seinen Erkenntnissen derjenige von Amenmesse gewesen sein, dessen
Eigenname ḥqꜢ WꜢst auf der Statue noch lesbar ist.
Eisenlohr las als erster die darauf von Amenmesse auf sich bezogene Aus-
sage, seine Aufziehung durch die Göttin Isis in Kheb betreffend. W.M.F. Petrie43
wird dabei von Cyril Aldred44 und von Vivienne G. Callender45 zitiert, „In that

40  Dodson, „The Takhats and Some Other Royal Ladies“, war der Meinung, dass die Königin
Baketwerel in die Zeit Ramses IX. gehört. Seine Überzeugung wurde von Schaden und
Ertman, „The Tomb of Amenmesse“, 135–43, nach einer gründlichen stilistischen Analyse
während der ersten Grabungssaison am KV 10 widersprochen. „The fragments of the KV 10
scene of Queen Baketwerel share a trait with some figures in the tomb of Queen/King
Tawosret and Queen Nefertari, where crowns cut into or overlap the top borders or upper
decorations of scenes. This visually links theses queenly depictions and implies a late
Dyn. XIX date for Baketwerel´s portrayal.“.
41  K RI IV, 197:3 „Whom Isis nursed in Chemmis, to be ruler of all that the sun-disc encircles.“.
42  Eisenlohr, „On the Political Condition of Egypt“, 377.
43  Petrie, A History of Egypt III, 121, 126.
44  Aldred, „The Parentage of King Siptaḥ“, 45.
45  Callender, „Queen Tausret and the End of Dynasty 19“, 87.

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he states that he was brought up at Kheb, now El Heybeh.“. Kitchen46: „Whom


Isis nursed in Chemmis to be Ruler of all that the sun-disk encircles.“
Diese Aussage ist vermutlich nicht wortwörtlich zu verstehen, denn es han-
delt sich dabei um eine mythologisch behaftete Botschaft. Kheb ist der Ort, wo
Horus nach der Ermordung seines Vaters Osiris vor den Nachstellungen seines
Onkels versteckt und aufgezogen wurde. Angesichts der aus dem wirklichen
Nichts kommenden Gestalt des Amenmesse, die außer auf O.Louvre N 2221,
nie vor seiner Machtergreifung politisch in Erscheinung tritt, ist eine solche
Aussage und Analogie doch wortwörtlicher als gewöhnlich aufzufassen.47
Wenn man dieses Mythos auf die Verhältnisse der Familie des Ramses II.
projiziert, dann würde es so aussehen, dass Amenmesse sich mit seinem Thro-
nanspruch auf eines der älteren Söhne Ramses II., die in der Thronfolge Me-
renptah vorausgegangen waren, berufen habe. Dies baut ihn als eindeutigen
Rivalen Merenptahs. Dies wäre angesichts der Tatsache, dass die einzigen Mit-
glieder der 19. Dynastie mit denen er sich auf Statuen gerne assoziiert lediglich
die früheren Könige der Dynastie sind, Ramses II, Sethos I., und dass er sich nie
mit Merenptah zusammen darstellen lässt eine gute Möglichkeit.
Zufällig stammt das einzige Dokument, das möglicherweise Amenmes-
se vor dessen Thronergreifung erwähnt, O. Louvre N 2221 aus dem Jahr 53,
3. Ꜣḫt, 2g. Tag Ramses II.48. Er erscheint im Begräbnis Gefolge des Prinzen
Sethos, eines Sohnes des früh verstorbenen ersten designierten Thronfolgers
Ramses II. Seth-her-khepeshef (bekannt als auch Amun-her-khepeshef) zu
sein. Es ist nicht auszuschließen, dass er dann in seiner Eigenschaft als einziges
­überlebendes männliches Mitglied des von Nefertari abstammenden Famili-
enzweiges, (der Rest des Gefolges besteht aus Palastbeamten und keinen Fami-
lienmitgliedern)—ob nun als Sohn oder Enkel von Seth-her-khepeshef—am
Begräbnis teilgenommen habe.
Wenn Ostraka O. Louvre N 2221 Amenmesse in die Nähe des Nefertari-
Familienzweigs rückt, dann dürfte seine Eigenbeschreibung auf der Stele L.D.
iii. 201 c auf internen Streit zwischen dem Nefertari und dem von Isisnofret ab-

46  K RIT, AUTHOR NOTE: add page number.


47  Selbstverständlich gehört die Identifikation des Herrschers mit Horus zum Selbstverstän-
dnis des ägyptischen Königtums, daher kann Kheb von den Pharaonen nie vollständig
ignoriert werden. Als relativ seltene positive Aussage (bzw. Gegenbeispiel) in Zusammen-
hang mit Kheb dürfte deswegen pHarris I dienen: „Er (Sethnacht) hat mich zum erbli-
chen Prinzen in dem Platz von Kheb (also als Junger Horus im Werden) ernannt … Er ging
(danach) zur Ruhe in seinem Horizont wie die Götter … Dann krönte mich mein Vater
Amun-Re, auf den Thron dessen, der mich gezeugt hatte.“. In dem Fall des Amenmesse
gibt es nichts in der Erwähnung Khebs, was die ursprüngliche Explosivkraft des Mythos
mildern wollte.
48  Schneider, „Conjectures about Amenmesse“, 447–48.

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Merenptah und Amenmesse 53

stammenden Familienzweig hindeuten. Laut Weeks, dem Ausgräber des KV 5,


des Grabs der Söhne Ramses II., scheint die Mumie, die er als diejenige des
Seth-her-khepeshef identifizierte, eine Schädelfraktur infolge eines Schlags
aufzuweisen, möglicherweise Zeichen eines gewaltsamen Todes. Da er eindeu-
tig die kriegerische Periode seines Vaters überlebt habe, könnte dies u.U. auch
als ein mutmaßliches Zeichen seiner gewaltsamen Beseitigung durch den
rivalen Isisnofret Familienzweig ausgewertet werden. Das Mythos vom Kampf
zwischen Horus und Seth—in dem die Aufziehung des jungen Horus in dem
Versteck in Kheb (angedeutet auf der Stele L.D. iii. 201 c) eine Episode ist—
erzählt vom Kampf des legitimen Thronerben Horus gegen den Onkel, Mörder
seines Vaters Osiris, der nach dem Mord unrechtmäßig den Thron bestiegen
hatte.
Der Aufstand des Amenmesse könnte von ähnlichen Vorgängen im hethi-
tischen Reich zur selben Zeit inspiriert worden sein, als der gewaltsam von
der Macht entfernte Muwattalli Familienzweig sich gegen den Ḫattušilis
Familienzweig unter Führung eines Kurunta zurück auf den Thron putschte.
Die Revolte von Kurunta scheint (obschon auch andere chronologische Ansät-
ze vorhanden sind) zurzeit Merenptahs ausgebrochen zu sein, im ersten Jahr
von Šuppiluliuma II.49 Die einmaligen Vorgänge im Nachbarland dürften nicht

49  Die meisten Behandlungen des Kurunta Aufstands gehen von einem früheren Datum für
diesen aus. KUB 26.33 kann jedoch als Bestätigung dafür herangezogen werden, dass nach
dem Tod Arnuwandas III., also im ersten Jahr Šuppiluliumas I., ein Gegenkönig in Ḫattuša
aufgestellt wurde, der kein Nachkomme Tudḫalijaš IV. oder Arnuwandas war: “[Die Ein-
wohner] von Ḫatti aber [versündigten sich] ihm (=dem König) gegenüber: ich dagegen
habe nicht gefehlt. Wäre [Nachkommenschaft von ihm vorhanden] gewesen, so hätte
[ich] diese nicht überg[angen], ich hätte vielmehr diese Nachkommenschaft geschützt.
(Weil) ihm Nachkommenschaft nicht vorhanden war, erkundigte ich mich hinsichtlich
einer schwangeren Frau; (aber) auch eine schwangere Frau war nicht vorhanden.—Da
nun Arnuwanda [keine Nachkommenschaft hinterlassen hat], hätte ich da sündigen kön-
nen, (indem) ich seine Nachkommenschaft (von Tudḫalijaš IV.) übergangen und [einen
anderen] zum Herrn gemacht hätte?”
Offenbar hatte es im Gegensatz zum Schwur leistenden Beamten Unterstützer eines
anderen Thronkandidaten, aus einem anderen Familienzweig, gegeben, die sich damit
gegenüber Šuppiluliumas II. versündigt hätten. Dieser Kandidat kann aus genealogischen
Gründen und aufgrund der in dem Text aufgezählten Ausschlüsse nur ein Nachkomme
der Linie des Muwattalli gewesen sein, sprich Kurunta. Der Vertragsunterzeichner ver-
pflichtet sich sogar dessen Unterstützer bei dem Herrscher anzuzeigen, selbst in dem Fall,
wenn die betroffenen Personen ihm nahestehen sollten.
Ein ähnlicher Text ist KUB 26.32, der Treueeid des (Penti)-Šarruma, erwähnt Probleme
Šuppiluliumas II. mit den Einwohnern von Ḫatti, die „ihm von sich aus Schwierigkeiten
bereiteten …“ KUB 26.32 I 14–15.
Laut van den Hout („Zur Geschichte des jüngeren hethitischen Reiches“, 215 und
Der Ulmitešub-Vertrag, 18–19) kann man u.U. einen Staatsstreich Kuruntas sogar nach

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unbeobachtet vorbeigegangen sein. Eventuell in Ägypten ebenfalls gärende


dynastische Probleme, die aus der gewaltsamen Beseitigung des ursprüngli-
chen Thronfolgers Ramses II. Amun-her-khepshef resultierten, warteten u.U.
nur auf den geeigneten Zeitpunkt, in einer weiten Unzufriedenheitsrevolte zu
münden.
Die Länge der Regierungszeit des Kontrahenten von Amenôphis / scil.
Merenptah, in Josephus mit 13 Jahre angegeben, folgt dem bereits bekann-
ten Muster, die Regierungsangaben Manethos um Beträge von 10–20 Jahren
zu erhöhen. So wird auch die Regierungszeit von Amenôphis / scil. Meren-
ptah in Fr. 51 (Theophylus, Ad Autolyc. iii. 20) mit 19 Jahren und 6 Monaten
angegeben—also genaugenommen 10 Jahre höher als bekannt. Bei Africanus
wird dieselbe mit 19 Jahren angegeben. Die Regierungszeit dieses Gegenkönigs
würde, reduziert um 10 Jahren, könnte mit 3 Jahren, dann in etwa der tatsäch-
lichen Regierungszeit Amenmesses entsprechen.
Die Position, an der man die Revolte von Amenmesse in die Regierungs-
zeit Merenptahs einfügen könnte, sollte diese Rekonstruktion eine konkrete
historische Entsprechung haben, entscheidet sich anhand der Evidenz des
Arbeiterdorfes bei Deir el-Medina, der einzige Ort, an dem man Jahresdaten
Belege aller Herrscher der 19. Dynastie finden kann. Zumal man davon aus-
gehen muss, dass Merenptah und Amenmesse in dem Dorf nicht gleichzeitig
anerkannt wurden, kommt es darauf an, die Amenmesse zugewiesenen Jah-
resdaten ohne Überlappung mit solchen Merenptahs—jedoch innerhalb der
Regierungszeit Merenptahs—unterbringen zu können.
Ein gewisses Problem stellt die Tatsache dar, dass zahlreiche Ostraka von
Deir el-Medina, nur auf Basis von Konjekturen, die keine einhellige Zustim-
mung finden könen, jeweils Merenptah oder Amenmesse, etc. zugeschlagen
werden. Ich verlasse mich deswegen, wohlwissend, dass z.B. Helck50 zahlrei-
che Ostraka aus der Nekropolen Siedlung den Jahren 1–2 von Amenmesse
zuweist, die von Krauß51 wiederum verworfen werden, nur auf unstrittige auch
von Krauss anerkannten Belege für die Regierungszeit Amenmesses.

Tudḫalijaš IV. Tod in Betracht ziehen. Die insibja-Briefe der ägyptisch-hethitischen Korre-
spondenz bezeugen Kurunta gegen Ende der Periode 1237–1223 noch als treuen Vasallen-
könig Tudḫalijaš IV. in Tarhuntašša.
Man betrachte auch die mögliche Anspielung darauf in der Südburg Inschrift §1a
„Als ich im Land H̲ atti den Feind unterwarf“. Im gleichen Text wird anschließend das
Apanage-Königtum von Tarhuntašša abgeschafft, mit dem ursprünglich Kurunta belehnt
worden war.
50  Helck, Die datierten und datierbaren Ostraka, 100–09.
51  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (1. Teil)“, 165 ff.

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Merenptah und Amenmesse 55

Das Problem bei der Seriation der Ostraka durch Helck stellt die Tatsache
dar, dass er diese nicht zu dem Zweck benutzt, die von ihm angenommene
lineare Reihenfolge Merenptah-Amenmesse-Sethos II. zu beweisen, sondern
nimmt stattdessen diese Reihenfolge als gegeben hin und nutzt sie um die
Ostraka auf die jeweiligen Regierungszeiten zu verteilen.
Krauß notiert zudem die Bereitschaft Helcks, das Fehlen von Arbeiterlisten
aus der Zeit Merenptahs ex cathedra zu behaupten52. Nicht mit Jahreszahlen
identifizierte Ostraka werden von Helck der Regierung Amenmesse zudem
zugewiesen bloß, weil sie in einer möglichen zeitlichen Fortsetzung von Ostra-
ka Belegen liegen zu solchen, die unstrittig Amenmesse zugewiesen werden
müssen. Wo jedoch ein Übergang zu Merenptah liegt ist solchen Ostraka nicht
anzumerken.
Zur Vermeidung solcher gefährlichen Zirkelschlüsse, muss man daher die
Diskussion möglichst auf solche Ostraka verlegen, die recht eindeutig dem
einen oder anderen Pharao zugewiesen werden können und den genauen
Übergang zwischen den Regierungen Merenptahs und Amenmesse irgendwo
in einem grauen Bereich zwischen den gesicherten Belegen belassen.
Eine unbestreitbare Zuweisung an Amenmesse ergibt sich nur für Ostraka
eines 3 und 4. Jahres (ungenannter Pharao) anhand eines beweisbaren Jahres-
wechsels zwischen oCG 25783 und oCG 25784. Da der Jahreswechsel zwischen
den Ostraka erst am 18. des 3. šmw notiert wird, in einem Monat, in dem kei-
ner der sonstigen Pharaonen (Merenptah, Sethos, Siptah) dieser Periode den
Thron bestiegen hat, können sich diese Daten nur auf Amenmesse beziehen.
Wie Krauß korrekt feststellt, zwingt dies einen lediglich dazu, diese Belege
eines 3. und 4. Jahres Amenmesse zuzuerkennen.
Den Jahresbeleg für ein Jahr 8., 3. prt., in der Fachliteratur häufig Merenptah
zugewiesen, oDeM 594, weise ich stattdessen Tausret zu. Leider verwickelt
sich ausgerechnet Krauß, der für die Datierung des Ostrakons (gegen Morris
Bierbrier53 und Jürgen von Beckerath54) in die Regierungszeit Merenptahs plä-
dierte, dabei stark in Widersprüchen. Er übersieht dabei die klare Konsequenz
seines eigenen Hinweises darauf, dass der auf oDeM 594 mentionierte PꜢ-nb

52  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (1. Teil)“, 165: „Helck schließt die Zeit
Merneptahs aus zwei Gründen aus: (a) Aus Merneptahs Zeit seien keine Ostraka mit den
Namen der Nekropolenarbeiter erhalten … Argument (a) ist ein Zirkelschluss: Man kann
erst dann sagen, aus Merneptahs Zeit seien keine 0straka mit Namen der Nekropolena-
rbeiter erhalten, wenn aufgrund unabhängiger Kriterien festgestellt ist, dass keines der
uns bekannten, jedoch keiner bestimmten Regierung zuweisbaren 0straka, darunter auch
oCG 25779 und oDeM 2O9 Merneptahs Zeit zuzuweisen sind.“.
53  Bierbrier, The late New Kingdom in Egypt, 22 ff.
54  Beckerath, „Queen Twosre as Guardian of Siptah“, 72.

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56 Bányai

mangels eines Vorarbeiter Titels ebenso auch mit dem gleichnamigen Sohn
des bekannten Vorarbeiters identifiziert werden könne und daher der Beleg
gegen seine eigene Überzeugung in die Zeit Tausrets datieren könnte.55
Damit ist die einzige potentielle Beleglücke zwischen den Jahresdaten
Merenptahs in Deir el-Medina, diejenige, die sich zwischen oCG 2504 (letztes
Datum 8. Jahr, 2. Ꜣḫt, 20. Tag) und oZouche H2 vom 9. Jahr, 3. šmw, 18. Tag,
öffnet.56 Jahresdaten Merenptahs, die in den Papyri festgehalten werden, wer-
den wegen der Mobilität des Schreibmediums, die meist keine Auskunft über
den Standort des Schreibers geben kann, von der Diskussion ausgeklammert.
Die eindeutig in ein 3. und in ein 4. Jahr datierten Ostraka, die aus den
erwähnten Gründen Amenmesse zuerkannt wurden (oGard 174, oCG 2780,
oCG 25783, oCG 2784), decken einen Zeitraum von nur 4 Monaten zwischen
dem 3. prt, 23. Tag (im 3. Jahr des Amenmesse) und dem 3. šmw, 29 Tag (im 4.
Jahr des Amenmesse) ab.
Sämtliche dieser Jahresdaten des 3. und 4. Jahres Amenmesse fallen bei
Annahme einer Thronbesteigung Amenmesses ins 5. Jahr Merenptahs, in das-
selbe 8. Regierungsjahr Merenptahs und provozieren keine Überschneidungen
mit den Jahresdaten Merenptahs in Deir el-Medina.

55  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (1. Teil)“, 174: „Da PꜢ-nb keinen Titel trägt,
könnte es sich auch um den gleichnamigen Sohn des Vorarbeiters PꜢ-nb handeln. Der
jüngere PꜢ-nb wird auf der Stele BM 316 (BM Stelae, VII, Tf. 30) Enkel des Nfr-snt und
Sohn einer Tochter des Nfr-snt genannt. Auf der Stele BM 272 (BM Stelae, V, Tf. 42) wird
derselbe oder ein anderer PꜢ-nb als Sohn des Vorarbeiters genannt.“.
PꜢ-nb der Vorarbeiter dürfte zwar tatsächlich nach dem 2. Jahr Siptahs aus den
Akten des Dorfes verschwunden sein. Helck (Die datierten und datierbaren Ostraka, 194)
plädiert jedoch für ein spätes Datum von 0CG 25746 unter Siptah. In dem Dokument
scheint ein PꜢ-nb (ohne Titel) dem Sohn desselben Vorarbeiters PꜢ-nb, ꜤꜢ-pḥtj, vorauszu-
gehen. Ebenso verwirft Helck, Die datierten und datierbaren Ostraka, 188, die Lesung des
oDeM 697, durch Gutgesell, 1983, 361, die gelegentlich als Hinweis auf die Hinrichtung
des Vorarbeiters PA-nb im Jahr 6 von Siptah angesehen wurde.
Weitere Einwände bezüglich oDeM 594 bringt Davies (Who’s Who at Deir el-Medina,
36) zusammen: „A text dated simply to a ‘year 8’ records that the ‘draftsman’ Neferho-
tep (ix) had been employed by Paneb to decorate his ẖry-mrḥw. Neferhotep (ix) is well-
attested between the reigns of Amenmesses and Siptah and probably is mentioned as
early as the reign of Merenptah. There are therefore two possible hypotheses for the
dating of O.DM 594. If Paneb had been one of the ‘foremen’ at that time, the ‘year 8’ ori-
ginates most likely from the reign of Tewosret, or less likely that of Ramesses III. Alterna-
tively, at the time of this commission, Paneb may have been a simple workman in which
case we can safely attribute this text to the reign of Merenptah.“.
56  pBologna 1094, mit einem Datum vom 8. Jahr, 3. prt, 29. Tag, ist für die Diskussion irrel-
evant, weil das Papyrus seinen Schöpfer überall begleitet haben kann, auch wenn dieser
durchaus ein memphitischer Schreiber gewesen sein könnte.

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Merenptah und Amenmesse 57

Es ist durchaus möglich, dass Amenmesse, schon etwas früher Theben unter
seine Kontrolle habe bringen können. Ebenso kann er auch etwas länger dort
Fuß gehalten haben, als sich anhand der Ostraka zweifelsfrei beweisen lässt.
Dafür gibt es ausreichenden Raum zwischen den gesicherten Belegen Meren-
ptahs in Deir el-Medina in der genannten Periode.57
Die sich daraus ergebende kurze Zeit als Amenmesse Theben kontrollierte,
wirft die Frage auf, wieso er trotzdem eines der größten Gräber dieser Peri-
ode im Tal erhalten konnte. Direkt westlich vom Eingang des Grabes wurden
jedoch die Spuren eines noch früheren Arbeiterdorfes aus der Zeit Ramses II
entdeckt, welche eine Antwort auf diese Frage liefern könnten. Möglicherwei-
se hat Amenmesse lediglich ein unvollendetes Grab übernommen, dessen Bau
unter Ramses II. irgendwann fallengelassen wurde. So z.B. das unvollendete
Grab des ursprünglich designierten Thronfolgers Ramses II., seines mutmaß-
lichen Vaters, oder Großvaters, Seth-her-khepeshef. Die Existenz des Arbeiter-
dorfes westlich des Grabeingangs ist mit anderen Bauaufgaben in der Umge-
bung von KV 10 (das Grab Tutanchamuns, das Grab Ramses I., und das Grab
Sethnachts, bzw. Ramses III., und KV 63) als mit der Ausschachtung von KV 10
selbst nicht zu erklären.

4 Eine historische Rekonstruktion

Die Verbrennung des memphitischen Palastes von Merenptah58 nach einer


kurzen Phase der Zweckentfremdung könnte unter Umständen für unruhige
politische Zustände in Unterägypten unter Merenptah sprechen. Leider gibt
es keinen archäologischen Bericht von Clarence Fisher, aufgrund dessen man
schlüssig das Jahr der Zerstörung angeben könnte. Seine Tagebücher könn-
ten u.U. Aufschluss darüber bieten, wie lange der Palast unter Merenptah
­lückenlos benutzt wurde. Im pAnastasi IV, im Jahr 1 von Sethos II., berichtet

57  Reeves notiert, dass oCG 25779–80 und 25782–5 zusammen in einer Matte gefunden wur-
den. Daher könnte man theoretisch u.U. auch die Möglichkeit in die Augen fassen, dass
auch oCG 25779 zu den Belegen Amenmesses gehören könnte. Dann müsste man Theben
zumindest einmal als „contested territory“ betrachten, das mehrmals zwischen Amen-
messe und Merenptah Besitz gewechselt habe. Reeves, Valley of the Kings, 331.
58  Sourouzian, Les Monuments du roi Merenptah, 44. Sourouzian meint aufgrund der im
Vergleich zu den Palästen der 18. Dynastie bescheideneren Masse des Baus Merenptahs,
dass dieser nur eine funeräre Bestimmung gehabt hätte. Diese Vermutung kann allerd-
ings nicht bewiesen werden. Die Größenverhältnisse zwischen seinem dem Totentem-
pel in Theben angeschlossenen Palast, fallen zu Ungunsten des thebanischen Palastes.
Umgekehrt gesehen, scheint die Größe des in Memphis angeschlossenen Tempels deu-
tlich kleiner auszufallen als in Theben.

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der Schatzhausschreiber Qagab vom Fortschritt der Bauarbeiten am neuen


Palast Sethos II.
Wie Peter Brand59 feststellte hat Amenmesse die Namen Merenptahs in Kar-
nak in der Cour de la Cachette, also in Zusammenhang mit Merenptahs Krieg-
Szenen systematisch entfernt, ohne sie mit dem eigenen Namen zu ersetzen.
Yurco60 glaubte sogar Spuren einer Überschreibung durch Amenmesse noch
erkennen zu können. Für eine regelmäßige Thronfolge, wie im Szenario Helck /
Kitchen vorausgesetzt, scheint dies nicht zu sprechen, das scheint stattdessen
einen Antagonismus zwischen Amenmesse und Merenptah zu bezeugen.
Das Ergebnis der gerade durchgeführten chronologischen Untersuchung
der Jahresdaten Merenptahs und Amenmesses auf dem Boden eines hypo-
thetischen Aufstands des Letzteren während der Regierungszeit Merenptahs,
führt zur Konsequenz, dass das von Amenmesse vielleicht retroaktiv betrach-
tete Thronbesteigung Datum maximal 2 Wochen nach der siegreichen Schlacht
Merenptahs am 3. Tag des 3. šmw gegen die Libyer und die verbündeten See-
völker liegt61. Daher sind die politischen Umstände seiner Revolte gewiss im
historischen Umfeld dieses Konflikts zu finden.
Die lange Untätigkeit von Merenptah für „ganze Tage und Monate“ (Große
Karnak Inschrift Z. 19) dürfte zwar den Aufstand von Amenmesse begünstigt
haben. Aber auch an anderen Stellen in Ägypten scheint bereits Widerstand

59  Brand, „Usurped Cartouches“, 31: „Amenmesse is often suspected to have been respon-
sible for deleting Merenptah’s names from the walls of Karnak and Luxor. It is generally
assumed, too, that he simultaneously placed his name in their stead. Frank Yurco claimed
to have found slight traces of Amenmesse’s names in a couple of cartouches from the
war scenes on the west wall of the Cour de la Cachette, but subsequent inspections have
shown these to be phantoms (figs. 1–2). Elsewhere at Karnak, only a handful of Amen-
messe’s cartouches have ever been detected as palimpsests beneath usurpations by Seti II
or even Ramesses III. In those cases, where Amenmesse’s name can be detected beneath
Seti II’s, it seems likely that Amenmesse was the original author of the inscription since
in no case have traces of both Merenptah and Amenmesse been detected in cartouches
usurped by Seti II. From a historical point of view, however, it seems less plausible that
Seti II would have usurped cartouches of Merenptah left untouched by Amenmesse as
Seti was Merenptah’s son and legitimate heir. But what if Amenmesse, instead of usurp-
ing these cartouches, had merely erased them?“.
60  Yurco, „Merenptah’s Canaanite Campaign“, 197, 199.
61  Helck, Die datierten und datierbaren Ostraka, 95: „Der Wechsel der Jahresangabe zwisch-
en oCG 25783 und 25784. Jedoch wird sowohl auf oGard 167 (KRI VII, 242 f. [A33]) wie
oCG 25784 an diesem Tag gearbeitet, was an einem Thronbesteigungstag des regierenden
Königs ungewöhnlich ist. Es kann daher angenommen werden, dass der Schreiber von
oCG 25784 den Jahreswechsel nicht notiert hat und er wenig vor dem 18. des 3. Smw gele-
gen hat. Dafür kann der am nächsten zurückliegende freie Tag in Frage kommen, welcher
der 12. oder 13. des 3. Smw (nach oGard 167) wäre.“.

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Merenptah und Amenmesse 59

unabhängig dessen aufgekeimt zu sein. Die vorgeführte Unfähigkeit der Regie-


rung, in deren Konsequenz sich sämtliche ägyptischen Städte verbarrikadieren
mussten, konnte nicht mal in den Lobeshymnen auf Merenptahs geleugnet
werden.62

62  Karnak 8–9: ”[Es war wie?] was ungeschützt ist. Es wurde aufgegeben als Wiese für das
Vieh wegen der Neunbögen. Es lag öde in der Nähe (der Gräber) der Vorfahren. Mit dem
Ergebnis, dass alle Könige saßen in ihren Pyramiden, die Könige [Ober und] Unterägypten
waren (isoliert in ihren Gräbern) gegenüber ihrer Stadt umgeben vom ‚Führer der zwei
Länder‘ wegen des Truppenmangels. Sie hatten keine Bogenschützen darauf zu reagie-
ren.“. Manassa (The Great Karnak Inscription of Merenptah, 16), wie auch Kitchen (KRIT,
2–3), lassen den Begriff „Führer der zwei Länder“ (Seshemu-tawy, u.A. auch der Horus-
Name Sesostris II.) ohne Erklärung. Möglicherweise liegt hier eine poetische Bezeich-
nung für den Nil vor, welcher laut Karnak 19 als einzige Barriere im Weg der Invasoren
gestanden hatte. Dennoch erkennt Manassa (The Great Karnak Inscription of Merenptah,
77 ff.) die Textstelle als vermutliche Aussage darüber, dass der gesamte Pyramidenbezirk
gegenüber Heliopolis und Memphis entlang der Westufer von den Libyern kontrolliert
wurde.
Memphis und Heliopolis, wie auch weitere nicht direkt mit dem Namen bezeichnete
Städte, werden beiläufig sowohl in der großen Karnak Inschrift wie auch der Israelste-
le, während dieser monatelangen Bedrohung als eingeschlossen und belagert erwähnt.
Siehe Textbelege bei Manassa (The Great Karnak Inscription of Merenptah, 18, etc.). Z.B.
Israel-Stele „derjenige, der Städte öffnet, die vorher verschlossen waren, der die vielen, die
belagert waren befreit, in jeder Nome.“.
Karnak 19: „Um die Festungen zu plündern haben sie die Felder von Ägypten betreten.
Es war der [Große] Fluß, der sich ihnen (jedoch) in den Weg stellte, mit dem Ergebnis,
dass sie Tage und Monate damit verbrachten zu wohnen [in Ägypten …]“.
Offenbar erst der Vormarsch einzelner Gruppen über den Nil bei Per-Barset (identi-
fiziert von Manassa bei Bubastis) zwang Merenptah, bzw. dessen Generalissimus Sethi-
Merenptah, den Kronprinzen, endlich die Hauptgruppe der Libyer und Seevölker bei
Pi-Iru zu stellen, ehe sie über den Nil in Richtung Pi-Ramesse vorstoßen konnte.
Dabei ist es nicht auszuschließen, dass Heliopolis der Libyer auf dem Marsch in
Richtung Per-Barset alleine einen Angriff allein abwehren musste, denn der Pharao
bezeichnet sich selbst, u.A. „der Rächer von Heliopolis“. Die Bezeichnung wird von
Manassa (gegenüber Lichtheim) zum „Verteidiger von Heliopolis“ abgemildert. Wenn
allerdings tatsächlich, wie die erste Lesung suggeriert Heliopolis Schäden während der
ersten Seevölker und Libyer Einfalls genommen hatte, dann wäre die laut Manetho in
Heliopolis beginnende Revolte gegen Merenptah noch besser nachvollziehbar.
Vor allem in den als belagert bezeichneten Städte, dürfte sich eine Situation gebildet
haben, in der die gesamte waffenfähige Bevölkerung zur Verteidigung rekrutiert wurde
und direkt der Autorität der lokalen Behörden unterstellt wurde. In den eingeschlossenen
Städten, vor allem in Heliopolis, das im Weg der Libyer nach Per-Barset lag bestand kei-
ne direkte Kontrollmöglichkeit durch den Pharao mehr. Ob der Pharao noch in der Lage
war nach Beseitigung der libyschen Bedrohung diese privaten Armeen aufzulösen bezie-
hungsweise seiner Autorität zu unterstellen, hing auch von der Bereitschaft der lokalen
Behörden ab, dabei mitzuwirken.

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60 Bányai

Wie Kitchen63 feststellte, liefert u.A. die Amada Stele des Messuwy den ein-
deutigen Beweis, dass bereits knapp 2 Tage vor der entscheidenden Schlacht
Merenptahs mit den Libyern ein Aufstand in Wawat (Unternubien) entfacht
oder erst zu dem Zeitpunkt dem Hof bekannt wurde:

Man kam seine Majestät zu benachrichtigen: „die Gefallenen von


Wawat haben im Süden übertreten.“ Jetzt geschah es im 5. Jahr, 3. Monat
šmw, Tag 1, gerade als die tapfere Armee seiner Majestät dazu kam den
abscheulichen Chef der Libu zu niederwerfen.64

Der damals vermutlich noch amtierende Königssohn von Kush, der bald
danach zum Wesir Amenmesses ernannt wurde, Kha-em-ter65, wurde darauf-
hin spätestens im Jahr 6 von Merenptah abgesetzt, als die Unterwerfung des
Aufstands in Kusch zelebriert wurde. Es ist keineswegs auszuschließen, dass
Kha-em-ter selbst hinter diesem Aufstand in Kusch stand.66 Interessant ist
nämlich, dass das Zweibruder Märchen, pOrbiney, welches ich ausführlicher
separat unter dem Aspekt des literarischen Erbes dieser Revolte diskutieren
möchte, für eine kollaterale Thronfolge des Königssohns von Kusch vor dem

63  Kitchen, „The Victories of Merenptah“, 267: „The Nubian stelae from Amada and else-
where record clearly that—just two days before Egypt’s major battle with the Libyans and
their Sea People allies—the Nubians in Wawat (next to Egypt proper) had rebelled.“.
Offenbar erst der Vormarsch einzelner Gruppen über den Nil bei Per-Barset (iden-
tifiziert von Manassa bei Bubastis) zwang Merenptah, bzw. den Generalissimus Sethi-
Merenptah, den Kronprinzen, endlich die Hauptgruppe der Libyer und Seevölker bei
Pi-Iru, an der Westufer, zu stellen, bevor sie auch noch über den Nil in Richtung
Pi-Ramesse stoßen konnte.
64  K RIT, 1.
65  Krauß, „Untersuchungen zu König Amenmesse (2. Teil)“, 135: „Aufgrund des Bigeh-
Graffitos, das die Amtierung Messuis auch noch unter Sethos II. beweist, gehört der Vize-
könig ḪꜤ-m-tr in die frühen Regierungsjahre Merneptahs. ḪꜤ-m-tr wurde wohl auch vor
dem 6. Regierungsjahr Merneptahs durch Messui abgelöst, da Messui in 6. Jahr den Sieg
des Königs vom Vorjahr in den Tempeln seiner Provinz einschreiben ließ. Der in diesen
Inschriften gleichfalls berichtete Aufstand der Nomaden des kuschitischen Provinzteils
kann nicht genau datiert werden. Auch wenn der Amarah-Text erst gegen Ende des 6.
Jahres Merneptahs niedergeschrieben wurde, kann sich der Aufstand in Kusch noch vor
dem Libyerkrieg des 5. Jahres ereignet haben.“
66  Es besteht allerdings auch die sehr ferne Möglichkeit, dass der Aufstand auf eine mögli-
che Allianz zwischen Nubier und Libyer hinweisen würde. Ich kann jedoch keine Evi-
denz entdecken, die für diese Deutung sprechen könnte, zumal darin offenbar auch der
Königssohn von Kush verwickelt wurde.

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Merenptah und Amenmesse 61

designierten Thronerben plädiert67 (siehe dazu auch Thomas Schneider68).


Das Manuskript ist durch den Namenszug des eigentlichen Thronfolgers, des
Prinzen Sethi-Merenptah, der künftige Sethos II., in die Regierungszeit Meren-
ptahs unmissverständlich datiert. Eine ältere Fassung des Märchens existiert
nicht.69
Das Zweibrüder Märchen ist mit Gewissheit keine Produktion des pharao-
nischen Hofes, auch wenn sie durch die Hinzufügung der Drohformel am
Abschluss des Papyrus als geheime Staatsangelegenheit bezeichnet wird: „Was
den betrifft, der über diese Schrift redet, so soll Thot sein Feind sein!“. Nicht
zufällig, gibt es nur diese einzige Fassung des Märchens, alle anderen Referen-
zen sind entweder nur Anspielungen darauf überwiegend im negativen Sinn.
Eine seitliche Thronfolge durch den Königssohn von Kusch wurde in der 19.
Dynastie nie offiziell, und kann daher nur als eine Herausforderung an den
Hof betrachtet werden. Die einzige Rolle, die dem pharaonischen Hof dabei
zukommt, ist diese offenbar oral zirkulierende Erzählung aufgezeichnet zu
haben. Einleitung, Zeile 1: „Was es betrifft, so erzählt man (folgendes)“.

67  J npw / Anubis ist zugleich die Bezeichnung des Thronfolgers / Kronprinzen. Im Abschluss
des Zweibrüder Märchens kommt Jnpw / Anubis also der Thronfolger erst nach Bata, als
Königssohn von Kusch wiedergeboren, auf dem Thron zum Zuge. Dadurch dürfte Sethi-
Merenptah der offenbare Empfänger des Papyrus-Reports direkt betroffen gewesen sein,
denn die Erzählung bietet eindeutig an, dass er auf seine Thronfolge verzichtet und sie
erst nach dem Tode des Königssohns von Kusch, das heißt, Kha-em-ters, antritt. Unter
Realverhältnisse also gar nicht mehr. Das kennzeichnet natürlich das Zweibruder Märch-
en als oral transportierte regierungsfeindliche Propaganda. Auf die orale Transmission
des erst in pOrbiney schriftlich fixierten „Märchens“ weist die erste Zeile hin: „Was es
betrifft, so erzählt man (folgendes)“.
68  Schneider, „Conjectures about Amenmesse“, 450: „I have suggested elsewhere that the
Tale of the Two Brothers can be seen as a piece of literature that legitimised collateral
throne succession, thereby filling a gap in Egyptian mythology.“, und Schneider, „Innova-
tion in Literature on Behalf of Politics“, 320: „Viewed against this background, the Tale of
the Two Brothers could be interpreted as a text that legitimizes a model of royal coexis-
tence and consecutive succession of collateral relatives—as opposed to the traditional
Egyptian model that only allowed a king to be succeeded by his son.“.
69  Es sind u.A. pBologna 1094 aus Merenptahs 8. Jahr und pOrbiney und pAthen 1826 (ein
Beschwörungstext aus der gleichen Periode), welche ebenfalls die Namen beider Protag-
onisten des Zweibrudermärchens, Anubis und Bata, erwähnen. Gardiner, Late-Egyptian
Miscellanies, XIII: „The sole point of interest is col. 2, 1. 5, where I thought to read the
names of the Cynopolite gods Bata and Anubis.“.
Die Hymne an den König in seinem Kriegswagen (wegen der positiven Besetzung
von Bata vermutliche Komposition unter Amenmesse) erwähnt hingegen nur Bata und
scheint ebenfalls Kenntnis von dem Märchen zu zeigen, zumal hier Bata eine asiatische
Konnotation trägt, welche dem lokalen Kult von Bata in Saka fehlt. Manassa, „The Chariot
that Plunders Foreign Lands“. Ostraka Edinburgh O. 916 (inzwischen National Museum
of Scotland A.1956.319) und O. Turin S. 9588 (früher CG 57365).

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62 Bányai

Auch wenn das Märchen keine Namen nennt, dürfte es im Sinne einer poli-
tischen Schlüssel Erzählung gelesen werden, und durfte auch als solches stets
gelesen worden sein, selbst wenn, angesichts der sich überstürzenden Ereignis-
sen in Ägypten, die Identifikation einzelner Figuren sich der rapide wandeln-
den politischen Situation angepasst haben mag. Die Widmung des Papyrus
an den Kronprinzen Sethos-Merenptah, der spätere König Sethos II, könnte
eine der anvisierten Figuren bezeichnen. Der Text scheint daher die Thron-
folge des Sethos II. in Frage stellen zu wollen, der der eigentliche Truppen-
anführer unter Merenptah gewesen sein dürfte und daher als erster für die
zögerliche Haltung der Armee in Umgang mit der libyschen Gefahr verant-
wortlich betrachtet wurde. Sie stellt statt der regulären Thronfolge die These
einer Thronfolge durch den Königssohn von Kusch auf, wobei natürlich
Sethos II. den Kürzeren gezogen hätte.
Die Anbringung der Stelen in Nubien durch den neuen Königssohn von
Kush, der Kha-em-ter ersetzte, Messuwy, 15 Monate nach dem Erhalt der
ersten Nachricht von der Revolte, dürfte das Datum ihrer Niederwerfung
komemorieren. Die Darstellung von Messuwy, wie er die Ankunft des Pharaos
zu Wagen begrüßt, in dem Assuan Graffito scheint eine leibhaftige Beteiligung
des Herrschers eher zu bestätigen als umgekehrt. Zumal die Darstellung wenig
repräsentativer Natur ist70, sondern eher anlassbedingt zu sein scheint. Die
Ablösung Kha-em-ters durch Messuwy, sowie die Tilgung seiner Namen auf
fast allen Denkmälern71 könnten durchaus seine Verstrickung in den nubi-
schen Aufstand nahelegen.
Eine Umkehrung der hier verfolgten Reihenfolge Kha-em-ter Messuwy als
Vizekönige von Kusch ist kaum möglich, denn Messuwy dürfte noch bis tief
in die Zeit Sethos II. diese Stelle innegehabt haben, die ihm den erhabenen
Status verlieh in Theben den südlichen Wesir abzusetzen (pSalt 124 bezeichnet
retrospektiv als Ms.j mit Feind-Determinativ).
Kha-em-ter, der trotz seiner strittigen Position bezüglich der Thronfolge
Sethos II, sich nie selbst zum Gegenpharao aufschwang, kann u.U. für die frü-
he Anerkennung Amenmesses in dem tiefen Süden verantwortlich sein, bis die
Ankunft Merenptahs ihn zur Flucht in den Norden zwang. Stela Buhen Nr. 1611
wurde im 1. Jahr für Amenmesse aufgestellt. Da die Stela Buhen EES. Nr. 1745
offenbar von Kha-em-ter zu Ehren Amenmesses (überschrieben für Sethos II)
aufgestellt wurde (siehe N. 8) dürfte Kha-em-ter bis ins Jahr 1 von Amenmesse
(gleich Jahr 6 von Merenptah) Königssohn von Kusch gewesen sein, seine

70  K RI IV, 94:1–9.


71  Z.B. KRI IV, 97:282.

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Merenptah und Amenmesse 63

Loyalität auf Amenmesse übertragen und nach seiner Vertreibung aus Unter-
nubien, seine Karriere als Wesir im Dienste Amenmesses fortgesetzt haben.
Sämtliche offizielle Aussagen, der Texte des 5. Jahres von Merenptah darf
man daher nur „cum granum salis“ genießen, überall, wo sie eine eingekehrte
friedliche Situation nach dem Sieg vorgaukeln wollen. Diese entspricht, wie
wir zumindest im Falle Nubiens feststellen können, nicht den wirklich herr-
schenden Verhältnisse in Ägypten. Denn zurzeit als die große Karnak-Inschrift
wie auch die Israelstele entstanden, dürfte laut Amada zumindest die Nach-
richt des nubischen Aufstands in offiziellen Kreisen bekannt gewesen sein.
Der Widerspruch, der dabei zwischen Wirklichkeit und öffentlicher Selbstbe-
hauptung entsteht, könnte nicht größer sein. So schildert die Israel-Stele das
bukolische Bild der Medjayu, die nach dem Sieg gegen die Libyer sich end-
lich sorglos schlafen legen könnten (KRI IV, 18:9). Zum Zeitpunkt als die große
Karnak-Inschrift entsteht, ist dem Hof der Aufstand in Nubien jedoch bereits
längst bekannt. Seine nubischen Stelen (Amada, Amarah West, Wadi es Sebua,
Aksha) hingegen rühmen den Pharao als „Bulle gegen Kusch, um die Medjayu
zu schlachten“. Daher ist die höfische Propaganda des 6. Jahres in Theben, z.B.
die Israel Stele, nicht nur ein Versuch gegenüber den Untertanen, die Rebellion
in Nubien zu verstecken, aber auch, dem Wortlaut nach, ein verstecktes An-
gebot an die Rebellen, die Waffen nieder zu legen, zumal die libysche Gefahr
beseitigt sei.
Auch Amenmesses Thronbesteigung rekonstruierbar zwischen dem 12.–14.72
Tag des 3. šmw kann man als Reaktion auf die Nachricht der Revolte des
Königssohns von Kush, Kha-em-ter, 2 Wochen vorher betrachten.73 Ein Zeit-
raum von ca. zwei Wochen, wie zwischen beiden Kalenderdaten gelegen, ent-
spricht erstaunlich genau der überlieferten Reisegeschwindigkeit notwendig
für die Ausbreitung von Nachrichten nilabwärts zwischen Nubien und Helio-
polis.74 Die einzige Unklarheit diesbezüglich ist, ob es sich beim genannten
Datum um das Datum handelt, als die Nachricht am Hofe eintraf oder stattdes-
sen um das Datum als die Revolte tatsächlich ausbrach.

72  Wahrscheinlichstes Datum ist daher gegen Helck der 14. Tag des 3. šmw.
73  Es ist ungesichert, was die Datumsangabe darstellt: „Man kam seine Majestät zu bena-
chrichtigen: „die Gefallenen von Wawat haben im Süden übertreten.“ Jetzt geschah es im
5. Jahr, 3. Monat šmw, Tag 1, gerade als die tapfere Armee seiner Majestät dazu kam den
abscheulichen Chef der Libu zu niederwerfen.”. Ist es das Datum als die Nachricht am Hof
empfangen wurde oder das Datum als der Aufstand in Wawat ausbrach?
74  L Ä, Bd. V, 222, „Reisegeschwindigkeit“. Angaben Herodots für die wohl durchschnittliche
Reisegeschwindigkeit nilabwärts: neun Tage von Heliopolis nach Theben, drei Tage von
Heliopolis nach Assuan. Bei gleicher angenommenen Geschwindigkeit zwischen Assuan
und Aniba—bräuchte man zusätzliche 3 Tage. Zwischen Assuan und Amada bräuchte
man hingegen einen Tag weniger.

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Man könnte hypothetisch (weil ich an dieser Stelle die Hypothese eines
historischen Kerns der Geschichte Manethos untersuche) diesen Aufenthalt
des Pharaos in Nubien im 6. Jahr seiner Regierung, nach Ausbruch der Revolte
Amenmesses mit der Aussage von Manetho und Chairemon verknüpfen,
wonach sich Amenôphis/Merenptah während der Revolte angeblich nach
Äthiopien zurückgezogen hätte. Mit Sicherheit, nach dem späteren Verlust
Thebens, konnte man tatsächlich von einem Rückzug, Flucht, Merenptahs
nach Nubien mit Fug und Recht sprechen. In Zusammenhang mit dieser
Flucht, werde ich an späterer Stelle auch die Aussage der Texte der frühen 20.
Dynastie heranziehen.
Interessant ist auch die Prophezeiung des Töpferorakels, dessen Verwandt-
schaft mit den Historien Manethos von Amenôphis/Merenptah später näher
analysiert wird. Diese „Orakel“-Texte sind eine Aufbereitung, Modernisie-
rung, Umdeutung, Editierung im Sinne des Propagandabedarfs der Ptolemäer
bereits existierender überlieferter älterer Sprüche. Daher dürfte man an Stel-
len, wo keine perfekte Übereinstimmung mit der hellenistischen Zeit durch
Modernisierung erreicht werden konnte, von der älteren Vorlage ausgehen.
Diese Umdeutung älterer Prophezeiungen ist ein gemeinsames Phänomen,
das Ägypten mit dem gesamten Mittelmeer teilt, von der biblischen Wieder-
aufwertung solcher Schöpfungen der ersten Tempelperiode, bis zum ähnli-
chen römischen Vorgehen mit den Sibyllinischen Sprüchen. Der Töpferorakel
lässt einen Herrscher von Äthiopien zur Verstärkung des anderen feindlichen
Herrschers kommend, sich in die „Stadt am Meer“ festsetzen.

P2 17–19: Und auch von Äthiopien [wird einer kommen …,] der selbst ei-
ner der gottlosen ist, nach Ägypten [herabkommen und] sich in der Stadt
festsetzen (?)[die] später entleert werden wird.75

Die Identifikation dieses Feindes76 mit Harsiese, der eigentlich kein „Äthio-
pier“ war, ist meiner Meinung nach vollkommen unwahrscheinlich. Die Stadt,
die entleert wird, ist im Orakel durchwegs Alexandrien (wie später zu sehen:
umgedeutet von Pi-Ramesse): „die Stadt der Gürtelträger … in der gleichen
[Weise wie mein] Töpferofen entleert werden wird.“ und an anderen Stellen.
Man kann daher nicht ein paar Zeilen weiter die entleerte Stadt stattdessen
mit Panopolis identifizieren (wo sich Harsiese verbarrikadiert habe). Deise
Gestalt findet im ptolemäischen Kontext keinen richtigen Sinn, deswegen

75  Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 145.


76  Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 170, N. 35.

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Merenptah und Amenmesse 65

könnte / dürfte man annehmen, dass dieser Punkt auf die ältere Vorlage
zurückgeht.
Daher könnte man sicherlich die Frage stellen, ob an dieser Stelle nicht,
anstelle einer im ptolemäischen Zusammenhang wenig Sinn machenden Aus-
sage, stattdessen ein weiterer Hinweis auf den Wesir Amenmesses, Kha-em-ter,
der kurz vorher noch Königssohn von Kusch gewesen sei, besteht. Selbstver-
ständlich gehört dies zu den offenen Fragen der historischen Rekonstruktion
der Revolte von Amenmesse.

5 Asiaten in Manetho, Sethnacht und pHarris I

Ein Problem ganz anderer Größenordnung stellt das in Manetho / Chairemon


sowie auch in der spätägyptischen Apokalyptik rekurrente Motiv dar, einer
zwischen dem Gegner des Amenôphis/Merenptah und den Israeliten (ana-
chronistisch genannt Juden) geschlossenen Bündnis.
Obwohl sich bei Manethos Erzählung um einen eindeutig propagandi-
stisch verbrämten Bericht handelt, darf man dieses Detail der Erzählung nicht
allein deswegen verwerfen. Allein schon die Assoziation der Israeliten in einer
Erzählung Manethos mit dem Pharao der berühmten „Israelstele“ hat seit den
frühen Tagen der Ägyptologie zu zahllosen spekulativen Rekonstruktionsver-
suchen geführt.
Man dürfte annehmen, dass der Feldzug des 2. und 3. Jahres Merenptahs
in Kanaan, gleichgültig ob man ihn tatsächlich als den großen Sieg hält, den
Merenptah uns glaubhaft machen wollte, oder auch nicht, wie jeder ägypti-
sche Feldzug mit der Verschleppung einer beträchtlichen Anzahl Gefangener
abgeschlossen wurde.
Die asiatischen Kriege Merenptahs dürften außerordentlich verlustreich
gewesen sein77, sonst wäre der nach mehr als 300 Jahren erste Krieg auf

77  Die zahlreichen Zerstörungen in Palästina, die man am ehesten in die Regierungszeit
Merenptahs datieren sollte, dürften nur zu einem kleinen Teil den Ägyptern zugerechnet
werden. Die vermutlich damals zerstörten Beth-Shean (Schicht VII) und Hazor waren
entweder Hauptstützpunkte der ägyptischen Kolonialmacht, beziehungsweise Sitz des
bedeutendsten lokalen Ägypten loyalen Dynasten dieser Zeit gewesen. Der plausibelste
Zeitpunkt dieser Zerstörungen dürfte die Regierungszeit Merenptahs gewesen sein. Für
eine Spätdatierung der Zerstörung Hazors argumentiert aus meiner Sicht überzeugend
Kitchen („An Egyptian Inscribed Fragment from Late Bronze Hazor“, 25–28). Ein aktu-
elles Resümee der Ausgrabungen in Beth-Shean bietet Mazar, „Tel Beth-Shean: History
and Archaeology“, 252–53. Auch Lakish VII dürfte laut dem Ausgräber (Ussishkin, „Levels
VII and VI at Tel Lachish“) ebenfalls in etwa derselben Periode zerstört worden sein und
seine Zerstörung fügt sich in dasselbe Kriegsmuster, das die Eroberung des benachbarten

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ägyptischem Gebiet, gestartet von den alliierten Libyern und „Seevölker“ kaum
zwei Jahren danach, schwer erklärlich. Auch die Klage des Merenptah über
Truppenmangel als Grund für die zögerliche Haltung der Ägypter bei Beginn
der Seevölker und Libyer Invasion (Karnak Z. 9 „wegen des Truppenmangels“)
kann nur auf die Schwere des vorausgegangenen Krieges in Kanaan zurückge-
führt werden.
Dies könnte eine natürliche Erklärung für die Erscheinung der Israeliten
in sämtlichen Historien liefern, die sich mit dem Aufstand von Amenmesse
befassen. Leider muss dies eine spekulative Annahme bleiben, bis uns der
Zufall etwa die fehlenden Beutelisten dieses Krieges liefern dürfte. Lediglich
pAnastasi IIIA 5–6; aus dem 3. Regierungsjahr Merenptahs, also auf der Höhe
des darin dokumentierten Krieges in Kanaan, und pAnastasi IV 16, 4 (Jahr 1.
Sethos II.) erwähnen kanaanitische Sklaven aus Ḫaru. Asiatische Sklaven
und deren Verteilung sind wiederum das Thema des pBologna 1086 ebenfalls
aus dem 3. Regierungsjahr Merenptahs. Selbstverständlich kann man dazu
auch die administrative Notiz über die Flucht asiatischer Gefangener unter
Sethos II. in pAnastasi V hinzuziehen. Die Zahl der erbeuteten Gefangenen
und daher ob sie einen relevanten Machtfaktor zu diesem Zeitpunkt darstellen
konnten, geht aus diesen Dokumenten überhaupt nicht hervor.
Es gibt jedoch zahlreiche Hinweise auf die Anwesenheit von Asiaten, als
Machtfaktor in Ägypten am Ende der 19. Dynastie, die sich genau auf diese
Periode beziehen könnten (Elephantine Stele Sethnakhts, pHarris I). Mit
einer einzigen Ausnahme sind diese nicht deutlich als Israeliten erkenntlich
gemacht, was kein Wunder nimmt, zumal der Name, Israel, ein einziges Mal
in der gesamten ägyptischen Geschichte vorkommt. Man dürfte daher davon
ausgehen, dass die Ägypter zahlreiche andere Namen für ihren nächsten Nach-
barn, außer das uns bekannte Israel, nutzten.
Man sollte in dem Zusammenhang auf die Ausgrabung typischer israeliti-
schen Vier-Raum Häuser dieser Periode in dem Hof des Totentempels von Ai
und Horemheb in West-Theben hinweisen.78 Da die Häuser sich am Verlauf

Gezer nahezulegen scheint. Es ist allerdings strittig, ob Megiddo VIIB tatsächlich auch
eine Zerstörung zu diesem Zeitpunkt erlebt habe, die Deutung der Ausgräber der Uni-
versität von Chicago 1925–1939, ist nämlich (Ussishkin, „The Destruction of Megiddo“)
angefochten worden. Zerstörungen in Jaffa und im benachbarten Aphek, beides schein-
bar ägyptische Stützpunkte, sind vermutlich ebenfalls gegen Ende des 13ten Jahrhunderts
zu datieren. Guzowska und Yasur-Landau, „The Mycenaean Pottery from Tel Aphek“,
537–46. Diese Liste ließe sich natürlich verlängern.
78  Bietak, „Israelites Found in Egypt“, 40–47 und „On the Historicity of the Exodus“, identi-
fizierte diese nachträglich in dem Ausgrabungsbericht von Hölscher, The Excavation of
Medinet Habu II, 68–72, Fig. 59.

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der unter Ramses IV. abgerissenen Temenos-Mauern orientieren, und unter


normalen Umständen innerhalb des Tempelareals niemand hätte gewohnt
haben dürfen, datierte man diese Häuser in Zusammenhang mit den Abris-
sarbeiten zur Zeit Ramses IV. Sie können allerdings durchaus früheren Datums
(aber gewiss nicht jüngeren Datums) sein. Die Überzeugung, dass ein zeitlicher
Zusammenhang zwischen der Entstehungszeit der Vier-Raum Häuser und
dem Abriss bestünde, ist lediglich mit der Unvorstellbarkeit der Konstruktion
solcher bescheidenen Häuser im Tempelareal zu Friedenszeiten begründet.
Eine Präsenz von Israeliten allerdings zu Bürgerkriegszeiten in Theben, die
man u.U. mit dem Staatsstreich von Amenmesse assoziieren könnte, wäre im
Tempelareal ebenso gut denkbar. Die Fortifikation hätte einer fremden Truppe
im ägyptischen Bürgerkrieg hervorragenden temporären Schutz geboten.
Eine neuere archäologische Erkenntnis ist, dass, obwohl einzelne wenige
Vier-Raum Häuser in Kanaan bereits vor der Zeit Merenptahs mit dieser
ethnischen Gruppe assoziiert werden könnten (oder auch nicht), das breite
Phänomen der Besiedlung des zentralen Hochlands von dieser dadurch
erkennbar gewordenen Gruppe erst nach Merenptah einsetzt.79 Der Grund
warum ich das Prozess der (erneuten) Sedentarisierung der Israeliten bevor-
zugt nach anstatt vor Merenptah ansetzen möchte, ist, dass dieses Prozess
von keinen Zerstörungen unterbrochen wurde, die man mit seinem Krieg in
Kanaan, u.A. selbst behauptet gegen Israeliten, assoziieren könnte.
Ein früher Start der Eisenzeit I Besiedlung in Israel gleich nach Meren-
ptah, also etwa z.Z. Sethos II. ist durchaus denkbar, auch wenn er noch keinen
Bestandteil der archäologischen Orthodoxie darstellt. Yitzhak Meitlis argu-
mentiert neuerdings sogar für ein wesentlich früheres Datum, als dasjenige
das bisher von Finkelstein erwogen wurde. Man muss allerdings nicht sämtli-
che Argumente von Meitlis als gleichwertig behandeln, vor allem nicht in den
Fällen, wo diese eine allzu radikale Erhöhung der Daten für die assoziierten
Funde erfordern würden.80 Holzbalken können zwar aufgrund ihrer Verarbei-
tung um Jahrzehnte höhere Daten (so z.B. im ebenfalls von ihm besprochenen
Fall von Tel Dan81) als das eigentlich historisch relevante Datum ihres Einbaus

79  Meitlis, „A Re-analysis of the Archaeological Evidence“, 105–11, contra Faust, „The Emer-
gence of Iron Age Israel“, 469.
80  So z.B. ist Zurückhaltung im Falle von Shiloh oder Tell Qiri geboten, wo Keramik des 14.
Jahrhunderts gemischt mir Eisenzeit I Funde gefunden wurde.
81  In Tell Dan sind die C14 Messungen auch recht hoch, allerdings vorgenommen an Holz-
balken und keinem kurzlebigem Pflanzenmaterial. Vier davon gehören ins 14. Jahrhun-
dert, acht hingegen in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Besiedlung von Tell Dan
von den Israeliten kann jedoch erst nach dem Fall Hazors erfolgt sein, der den Zugang
nach Tell Dan vom Süden her, dem Hauptsiedlungsgebiet der Israeliten, versperrte. Es

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liefern. Von Meitlis zitierte C14 Daten in Tell Sasa, decken z.B. eine Messungs-
spannweite zwischen dem Ende des 13. Jahrhunderts und dem Beginn des 12.
Jahrhunderts. Dabei gehören die analysierten Proben zur allerersten eisenzeit-
lichen Schicht in Tell Sasa, auf die dann noch weitere 2 Eisenzeit I Schichten
folgten82. Deswegen dürfte das Datum dieser ersten Besiedlung bei Tell Sasa
soweit wie möglich früh zu datieren, um auch die darauffolgenden Schichten
unterbringen zu können, da zudem in der diskutierten Fundschicht auch spät-
bronzezeitliche Keramik dieser Zeitstufe ausgegraben wurde. Somit kann das
Argument von Meitlis auf ein plausibleres Datum für den Beginn der Eisenzeit I
am Ende des 13. Jahrhunderts, also etwa nach Merenptah getrimmt werden.
Die hypothetische Datierung der israelitischen Vier-Raum Häuser im Hof
des Totentempels von Ai und Horemheb in West-Theben zur Zeit des Kon-
flikts zwischen Merenptah und Amenmesse würde diesen Fund quasi an den
Anfang des Phänomens Vier-Raum Haus rücken.
Man kann den sich verändernden archäologischen Befund im Hochland
Kanaans u.U. mit dem Kontrollverlust der Ägypter nach der Niederschlagung
des Aufstands von Amenmesse über dieses Gebiet erklären, nach dem letz-
ten Feldzug Merenptahs in der Region. Das Grenztagebuch legt militärische
Unternehmungen Merenptahs in den asiatischen Gebieten während seines 2.
und 3. Jahres nahe.
Eine gegenseitige Abgrenzung der ägyptischen83 und israelitischen Ein-
flussgebiete in Kanaan scheint sich erstmals unter Sethos II. abgezeichnet
zu haben. Man könnte grobgenommen von einem Zerfall des vormals ägyp-
tisch kontrollierten Kanaans in seine Hauptbestandteile, Retenu und Ḫaru,
sprechen.
Man dürfte in Zusammenhang mit einer mutmaßlichen israelitischen Prä-
senz in Ägypten in dieser Periode weder die unspezifische Erwähnung von Asi-
aten in der Elephantine-Stele Sethnachts noch die in dem pHarris I vergessen.
Die erste ausdrückliche Erwähnung der Wirren Situation vor der Macht-
ergreifung durch die 20. Dynastie, die Elephantine-Stele, provoziert große
chronologische Schwierigkeiten bei einer wortwörtlichen Deutung ihrer
Aussage und dem Versuch ihre Angaben in die Regierungszeit von Sethnacht

kann daher erst nach der Zerstörung Hazors von Israeliten besiedelt worden sein. Für
eine Spätdatierung der Zerstörung Hazors in das letzte Jahrzehnt Ramses II. oder in die
frühe Herrschaft Merenptah argumentiert aus meiner Sicht überzeugend Kitchen, „An
Egyptian Inscribed Fragment from Late Bronze Hazor“, 25–28.
82  Meitlis, „A Re-analysis of the Archaeological Evidence“, 107, und N. 4.
83  Gilmour und Kitchen, „Pharaoh Sety II“, notieren z.B. einen Siegelabdruck Sethos auf
einem Krug Henkel in Gezer. Dieser dürfte recht zuverlässig die ägyptische Verwaltung
Gezers unter Sethos II. dokumentieren.

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­ nterzubringen. Der angebliche Sieg des Sethnacht in dessen 2. Jahr, 2. šmw,


u
über die mẖꜢtyw Feinde, kann eigentlich gar nicht so wie beschrieben statt-
gefunden haben. Wir befinden uns möglicherweise mit diesem Text in einer
ähnlich anachronistischen Situation wie bei einer wortwörtlichen Übernahme
der Angaben der Speos Artemidos Inschrift, in der Hatschepsut für sich selbst
die Vertreibung der Hyksos reklamiert. Ich werde die Gründe dazu methodisch
erklären.
Der in der Elephantine-Stele ungenannte Gegner des Sethnacht, möglicher-
weise identisch mit dem Ἰrsw des pHarris I, dürfte angesichts der Aussage die-
ses Dokuments ebenfalls ein nomineller Pharao gewesen sein: „er (Sethnacht)
schlachtete die Rebellen, welche in dem Lande Ägypten waren und reinigte
den großen Thron von Ägypten, er (Sethnacht) war/wurde Herrscher auf dem
Thron des Atum.“. Das heißt bei vorsichtiger Lesung, dass eine Usurpation des
Throns vor Sethnacht durch seine Gegner stattgefunden habe.
Angesichts des absoluten Schweigens der ägyptischen Quellen über einen
Pharao, der vor Sethnacht auf Tausret gefolgt sein könnte, muss die Suche auf
einen solchen auf die Zeit vor dem Tod von Tausret verlegt werden.
Tausret selbst mit dem von Sethnakht gestürzten Pharao zu identifizieren,
ist ein Szenario, das Hartwig Altenmüller 1982 untersucht habe. Das würde
angesichts des von angegebenen Siegesdatums, 2. Jahr, 2. šmw, voraussetzen,
dass Sethnacht fast zwei Jahre lang parallel mit Tausret, nach dem Tod Siptahs
regiert habe.
Äußerst rätselhaft bliebe hier, wo dann die geographische Basis einer Regie-
rung Sethnacht zu suchen sein soll, zumal Tausret in Deir el Bahri in ihrem 7.J.,
2. šmw84, und am 8.J., 3. prt in Deir el-Medina85, und ähnlich laut oCG 2529386
attestiert wird. Außerdem setzen sich ihre Jahresdaten im Süden sogar nach
dem angeblichen Datum des Siegs Sethnachts über seine Feinde im Norden
unverdrossen fort. Da jedoch Sethnacht den Sieg über die mẖꜢtyw Feinde fei-
ert, plausibel erklärt von Altenmüller87 als die „Lagunenbewohner“ Unterägyp-
tens, dürfte seine Eroberung aus Oberägypten ausgehend gestartet sein. Da
hätte Sethnacht, falls er diesen Krieg wirklich gegen Tausret geführt habe, von
Süden kommend damit längst vor seinem Sieg die Arbeiten am Totentempel
der Tausret zum Einhalt gebracht, was offensichtlich gar nicht passierte. Die

84  M. Marciniak, Les Inscriptions hieratiques, 59 Nr. 3, Z. 9.


85  Ostraka Deir el Medineh 594 (oDeM 594) diskutiert in Altenmüller, „Tausret und Seth-
nacht“, 114. Drenkhahn, Die Elephantine-Stele des Sethnacht, 80.
86  Ostraka Kairo 25293 (oCG 25293) mit Datum im 8. Jahr Tausrets vom 4. Ꜣḫt oder 4. prt laut
Altenmüller, „Tausret und Sethnacht“, 114. Helck, Die datierten und datierbaren Ostraka,
193. Drenkhahn, Die Elephantine-Stele des Sethnacht, 80.
87  Altenmüller, „Tausret und Sethnacht“, 108, N. 7.

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Arbeit am Totentempel setzt sich ungebrochen auch nach dem Monat „seines“
Sieges fort.
Zudem ist in Kusch der Königssohn Hori II., Sohn von Kama ungebro-
chen seit dem 6. Jahr Siptahs attestiert und er dürfte bis in die Regierungszeit
Ramses III. seinen Platz beibehalten haben88, zumal sein Sohn Hori III. ver-
mutlich seine Stellung unter Ramses III. erbte. Wenn eine Revolte Sethnachts
tief im Süden stattdessen gestartet sein soll, ist dann die dafür vorausgesetzte
Schlüsselposition in Nubien durch einen Tewosret Loyalisten Hori dauerhaft
besetzt.
Auch der Wesir Hori im Norden behielt offenbar seine Position von der
Regierungszeit des Siptah bis unter Ramses III.89
Tausret dürfte zudem zu keinem Zeitpunkt die Hauptstadt im Delta verlas-
sen haben, denn ihre Anwesenheit im Norden ist durch die zahlreichen Funde
in Qantir, Heliopolis, Memphis, Hermopolis bezeugt. Daher gibt es auch hier
kein Platz übrig, der eine parallele Regierung Sethnachts in Ägypten erlauben
würde.
Die archäologische Evidenz in Deir Alla für ein pharaonisches Geschenk
Tausrets an den lokalen transjordanischen Tempel90 und eine Liste von wei-
teren Kleinobjekten mit dem Namen Tausrets gefunden im Sinai bei Kitchen
(KRI IV, 18:2) lässt auch kaum Platz für einen Rebellenführer, der Asiaten zu
diesem Zeitpunkt hätte anwerben können.
Damit ist in den Jahren nach dem Tod Siptahs kein einziger Fleck in Ägyp-
ten übrig, wo Sethnacht seine Macht gegen Tausret für fast zwei Jahre hätte in
Opposition zu ihr hätte einrichten können, vorhanden. Ein Text angebracht
auf einen Fundamentquader im Tempel Tausrets datierend in die letzten

88  Helck, „Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie“, 47, N. 1.
89  Helck, „Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie“, 45–46.
90  In der Schicht E (laut Franken, „Deir Alla“, 1, spätes 13tes Jahrhundert), in der auch eine
Fayence Vase mit dem Namen der Königin Tausret gefunden wurde, wurden auch die
einzigen mykenischen Keramikscherben in Deir Alla gefunden. Außergewöhnlich ist, dass
diese Scherben eine Mischung von rezenteren SH IIIB Keramiken mit Transitional SH
IIIA2–IIIB1 darstellten, welche dem Alter der Fundschicht um etwa 75 Jahren vorausgin-
gen. Da in keinen früheren Schichten in Deir Alla mykenische Scherben gefunden wurden,
müssen diese Keramiken gleichzeitig nach Transjordanien ihren Weg gefunden haben
und müssen aus einer Palast Lagerhaltung stammen, welche über Vorräte verfügte, die
sich im Laufe eines Jahrhunderts akkumuliert hatten, ehe sie nach Deir Alla geschickt
wurden. Damit können die älteren mykenischen Keramiken keine „Erbstücke“ wie War-
ren und Hankey (1989, 158–162) meinten gewesen sein.
Dies zwingt zu einer gemeinsamen Betrachtung der mykenischen Keramikfunde und
der Tausret Vase in Deir Alla. Sie legt nahe, dass die zahlreichen mykenischen Keramiken
wohl als Geschenk Tausrets ihren Weg nach Deir Alla gefunden haben.

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Monate der Regierung Tausrets scheint sogar eine Andeutung auf Sethnacht
zu enthalten: „Jahr 8, 1. šmw, Tag 24, […] schön wie Sethnacht“.91 Wenn diese
Lesung stimmen sollte, legt dies ein Zeugnis von der friedlichen Ablösung der
19. Dynastie durch Sethnacht ab. In Kitchen92 wird das Datum des OcG 25293
entgegen Altenmüller nach wie vor als 4. šmw angegeben. Die Lesung dieses
Datums von Altenmüller als 4. Ꜣḫt oder 4. prt wird zusätzlich durch das inzwi-
schen publizierte Datum des Graffito 4 im Tempel von Tausret vom Jahr 8, 2.
šmw, Tag 2993 unwahrscheinlich gemacht. Das bedeutet, dass sämtliche die-
ser Jahresdaten Tausrets das Datum (nach herkömmlicher Interpretation) des
angeblichen Siegs Sethnachts über seine Rivalen postdatieren würden, zumal
der Beweis einer um ein Jahr längeren Regierung Tausrets fehlt94.
Die alternative Identifikation des Siptah mit dem Ἰrsw des pHarris I vor-
geschlagen von Schneider95 hätte zur Folge, dass man das Datum auf der
Elephantine Stele kaum noch mit dem Sieg über einen Ἰrsw-Siptah gleich-
setzen könnte. Sonst müsste die Thronbesteigung des Sethnacht noch vor
dem 6. Jahr von Siptah vorrücken, denn sie würde die Gleichung Jahr 2 Seth-
nacht = Jahr 6 Siptah voraussetzen. In seinem 6. Regierungsjahr hat Siptah
jedoch gerade noch Hori II. persöhnlich als Königssohn von Kusch in Nubien
eingesetzt, womit er seine vollständige Kontrolle des gesamten ägyptischen
Staatsgebiets zu Beweis stellt und sowohl Wirklichkeit eines Datums des Siegs

91  Dazu die Anmerkungen von Demareé, „Hieratic Texts“, 126: „Line 1 and most of line 2 are
clearly legible. The first groups of line 2 are unfortunately severely damaged by chisel
marks. A guess would be to read the second sign as the beginning of a cartouche and what
follows as nsw.t, but this is highly uncertain … Whether the expression Stẖ nḫt in line 2
refers directly to Sethnakht or just stands for ‘Seth the strong one’ is hard to decide.“.
92  K RI IV, 408:2–4.
93  Demareé, „Hieratic Texts“, 129.
94  Meiner Meinung nach reicht die Beweislage im Tempel Tausrets nicht aus eine Regier-
ungszeit länger als 8 Jahre zu begründen. Die diesbezügliche Aussage von Wilkinson, „The
Tausret Temple Site“, AUTHOR note: add page number: „However, the fact that we now
know she began to build her temple in stone in her eighth year—and that it likely took
several years to accomplish the level of completion that was achieved—indicates that
Tausret reigned at least nine, and possibly more, years.“ wird von Demareé im gleichen
Band widersprochen, im Sinne, dass die Konstruktion des Tempels bereits kurz vor dem
Tod von Siptah begann (im 7. Jahr und nicht im 8., wie von Wilkinson behauptet), und
dass einige Teile des Tempels bereits funktionsfähig waren vor der Anlage des Funda-
mentquaders mit dem Text 2. „The five graffiti all clearly refer to the construction of Taus-
ret’s temple. As can be seen from Table 1 below, the date of the graffito at Deir el-Bahari
mentioning a visit would indicate that at least a basic form of this building was already
functioning before the date of foundation block text 2. If indeed Siptah was buried on
IV Ꜣḫt day 22 of year 7, Tausret started building her temple even before the death of her
consort.“.
95  Schneider, „Siptah und Beja“, 138.

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von Sethnakht im 2. Jahr, 2. šmw, wie auch die Wahrscheinlichkeit einer Gleich-
setzung von Ἰrsw mit Siptah, trotz Schneiders vermutlich korrekten Deutung
des Namens Ἰrsw, in Frage stellt96.
Es besteht also kaum eine denkbare Alternative dazu anzunehmen, dass
das Datum des 2. Jahr, 2. šmw nichts mit den Ereignissen zu tun hat, sondern
wohl eher bloß mit dem späteren Zeitpunkt der Aufstellung der Stele unter
Sethnacht.
Sethnacht könnte sich die militärischen Taten zugutegehalten haben, die
er noch unter dem Oberbefehl Sethos II. vollbrachte. Die Obstination mit der
sich Sethnacht auch biographisch ins Gefolge Sethos II. hängen wollte, obser-
viert man auch in dem für Sethnacht umgenutzten Grab von Tausret97. Sollte
so eine Schlussfolgerung zu exzessiv erscheinen, dann dürfte die recht gut
erkennbare Wiederholung dieser Erzählung in Medinet Habu98, in der Seth-
nakht als Figur in Zusammenhang mit der Vertreibung der Feinde gar nicht
mehr vorkommt, und somit ein wesentlich komplizierteres Bild der Ereignisse
abgibt, uns zwingen die Daten etwas nüchterner zu betrachten. Offenbar hiel-
ten sich sämtliche frühen Könige der 20. Dynastie, Sethnakht wie Ramses III.,
dieselben Taten zugute.

96  Schneider, „Siptah und Beja“, macht einige andere interessante Vorschläge bezüglich
des Kind-verstorbenen Seti-Merenptah (II), dessen Tod nachrichtlich mit oCG 25792
(Jahr 4 Siptah) verbindet. Allerdings sehe ich die Notwendigkeit auch hier einige Details
bezüglich der Darstellung des Bay im Barkensanktuar Sethos II in Karnak, welche später
mit dem Namen Seti-Merenptahs (II) überschrieben wurden zu hinterfragen. Da es nach
dem Tod Seti-Merenptahs im 4. Jahr Siptahs wenig Sinn gemacht hätte die Titel Bays
nach dessen Hinrichtung mit denen des länger verstorbenen Seti-Merenptah zu über-
schreiben, ist eher davon auszugehen, dass sich dabei eher um eine Wiederherstellung
der Namen des Seti-Merenptahs (II) handelte, welche von Bay usurpiert worden waren.
Dies würde auch einen guten Grund für dessen Hinrichtung liefern, denn mit dem Ein-
fügen seiner eigenen Namen kündigte Bay einen eigenen Thronanspruch an (Schneider,
„Siptah und Beja“, 142). Eine Überschreitung, die sicherlich eine solche Maßnahme, wie
seine Hinrichtung im Jahr 5 rechtfertigte. Das Begräbnis oCG 25792 und die Nachricht
der Hinrichtung des großen Verbrechers Bay scheinen sich recht dicht einander auf den
Fersen gefolgt zu sein. Auch die Übernahme der Mitregentschaft durch Tausret im 4. Jahr
Siptahs, könnte einen Versuch darstellen, den Einfluss des Bay auf Siptah einzudämmen.
97  Altenmüller, „Die Fiktion von Sethnacht als dem Sohn Sethos’ II.“.
98  Edgerton und Wilson, Historical Records of Ramses III, 23: „Die asiatischen und libyschen
Feinde sind weggetragen, welche früher Ägypten ruinierten, sodass das Land verwüstet in
vollkommener Zerstörung lag seit (der Zeit der früheren) Könige, während sie die Götter
verfolgten ebenso wie jedermann und es gab keinen Helden der es mit Ihnen aufnehmen
konnte, wenn sie rebellierten. (Jedoch) jetzt besteht ein Jüngling (Ramses III.) wie ein
Greif, ein kluger Anführer, etc. …“.

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Im Allgemeinen könnte man im pHarris I in der Beschreibung der Ramses III.


(und seiner 20. Dynastie) vorausgegangenen Wirrnisse die Situation Ägyptens
zurzeit Merenptahs—folgend auf die libysche Invasion—wiedererkennen.
Die neuere monumentale Übersetzung des pHarris I durch Pierre Grandet99
weicht ab von dem von James H. Breasted100 vorgelegten inzwischen üblichen:
„The land of Egypt was overthrown from without.“. Sie wird unter anderen durch
Parallelausdrücke in Medinet Habu101 unterstützt: „Ägypten war ein Flücht-
ling, es hatte keinen Hirten, während sie ertrugen ihren Kummer wegen der
Neunbögen.“.
Diese Aussagen von Medinet Habu dürften sich auf die gleiche geschicht-
liche Episode beziehen, die in Papyrus Harris I angesprochen wird. Sie findet
zudem eine weitere historische Parallele ebenfalls in Medinet Habu:

Die asiatischen und libyschen Feinde sind weggetragen, welche früher


Ägypten ruinierten, sodass das Land verwüstet in vollkommener Zer-
störung lag seit (der Zeit der früheren) Könige, während sie die Götter
verfolgten ebenso wie jedermann und es gab keinen Helden der es mit
Ihnen aufnehmen konnte, wenn sie rebellierten.102

Aus dem Kontext (asiatische und libysche Feinde) ist es deutlich, dass sich die-
se Zeit „früherer Könige“ auf die Periode Merenptahs bezieht.

99  Grandet, Le Papyrus Harris I, AUTHOR NOTE : which volume ? 335: „Le pays de Kémet
avait été abandonné en fuyant; chacun suivait sa (propre) loi (=les gens) n´avaient plus de
commandant, et de nombreuses années (ne cessaient de) faire place à d´autres [années].
Cependant le pays de Kémet etait (aux mains de) princes (wrw) et de chefs-de-cités—
(chac)un (d´eux), grand ou petit, (ne cessait de) tuer son semblable, et un autre (de ses)
parents, de lui succéder, pendant des années vides (?). Iarsou, un Khary, était leur prin-
ce (wr), car il avait placé le pays entier sous son propre contrôle (litt: sous son contrô-
le devant lui)—quelqu´un s´était allié à quelqu´un d´autre (litt.: son compagnon) que
leurs biens avaient été confisqués. Et les dieux (n´)étaient pas autrement traités (que)
les hommes (litt.: [n]´étaient traités [qu]´à la maniére des hommes), car on ne sacrifiait
plus d´offrandes à l´intérieur des temples. Mais lorsque les dieux se sont (de nouveau)
tournés vers la paix, pour faire que le pays fut (de nouveau) exactement semblable à son
état traditionnel, ils ont etabli leur fils charnel comme (souverain)ǀ v.s.f. de tout pays á
leur grande place, (Ouser-khaourȇ Sétepenrȇ Méryimen)ǀ v.s.f., le fils de Rȇ (Sethnakht
Mérerrȇ Méryimen)ǀ v.s.f., manifestation de Soutekh quand il se met en rage.“.
100  Breasted, Ancient Records of Egypt II, AUTHOR note—insert page.
101  Edgerton und Wilson, Historical Records of Ramses III, 52, N. 15a: „Egypt was a fugitive, she
had no shepherd, while they bore woes because of the Nine Bows.“.
102  Edgerton und Wilson, Historical Records of Ramses III, 23.

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Der Schlüssel-Satz im pHarris I erhält nun durch Grandet eine neue Deu-
tung, die seiner eigenen Einschätzung nach durchaus Anklänge in Manetho/
Chairemon, usw. findet. PHarris I zählt der Reihe nach folgende Phasen der
ägyptischen Wirren auf:
1. Das Land Ägypten war durch Flucht verlassen gewesen103. Jeder befolgte
seine eigenen Gesetze, (die Menschen) hatten keinen Führer und viele
Jahre folgten (so) aufeinander …
2. Währenddessen war das Land Ägypten in der Hand von Prinzen und
Bürgermeister.
3. Jeder (von ihnen ob) groß oder klein (hörte nicht auf) seine Gleichen zu
töten und ein anderer (seine) Eltern um ihnen nachzufolgen, in (einer
Zeit) leerer Jahren (ohne Jahreszählung!!)
4. Irsw, der Ḫaru, war deren Prinz, da er das ganze Land unter seine Kon-
trolle unterwarf.
5. Einer verbündete sich mit einem anderen, um Besitz zu konfiszieren. Die
Götter wurden nicht anders als die Menschen behandelt, (da) man keine
Opferspeisen im Inneren der Tempel mehr darbrachte.
6. Jedoch als sich die Götter sich erneut in Richtung des Friedens drehten,
damit das Land in einen dem ursprünglich ähnlichen Zustand zu verset-
zen, sie setzten ihren fleischlichen Sohn, Sethnacht, als König des ganzen
Landes …
Durch die von mir hergestellten Textgliederung wird eine Parallelstruktur des
Berichts sichtbar. Lediglich eine negative Steigerung der Aussage lässt sich
jeweils zwischen den Punkten 2 und 4 und 3 und 5 beobachten. Es ist daher zu
vermuten, dass eine gewisse zeitliche Überlappung zwischen diesen scheinbar
aufeinanderfolgenden Episoden besteht. Es ist kaum anzunehmen, dass pHar-
ris I eine Zerstörung der Ordnung in Ägypten beschreibt, die unterschiedlich
von der gerade in dem Medinet Habu Text diskutierten ist.
Der Zeitabschnitt mit leeren Jahren („leere Jahre“: also solche in denen die
Jahresrechnung eines anerkannten Pharaos in Ägypten nicht eingehalten wur-
de), nach der indirekt angedeuteten Flucht des Pharaos104 und seines Hofes,
sieht die Autorität des Ἰrsw über Ägypten entstehen.

103  Grandet, Le Papyrus Harris I (Band II), 217–18: „abandonner (un pays) en fuyant, en (le)
quittant.“.
104  Wenn das Ergebnis der anfangs berichteten Flucht ist, dass die in Ägypten übriggelas-
senen ohne Fürsorger/Oberhaupt gelassen werden, kann man nur die Schlussfolgerung
ziehen, dass der Pharao selbst das Land verlassen hatte. Sollte dies nicht der Fall gewesen
sein, würde man natürlich in pHarris I eine gesonderte Aussage über das Schicksal des
Pharaos erwarten.

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Der Name des Ἰrsw in pHarris I scheint Schneider105 zu Folge ein Zahlwort
darzustellen. Diese Verwendung stellt tatsächlich eine auffällige Ähnlichkeit
zu den Numeralia dar, die in den Prophezeiungen des Lammes und des Töpfers
(ebenfalls zurückgeführt auf Amenôphis—scil. Merenptah) stellvertretend
für die Namen der feindlichen Herrscher stehen. Der Name Ἰrsw könnte eine
Umschreibung im Sinne „der des 6-ten Regierungsjahres“ gewesen sein, an-
statt wie von Schneider ursprünglich gedachte „der der 6-jährigen Regierung“.
Als Schneider letztere Bedeutung dem Wort unterstellte, dachte er an eine
Identifikation des Ἰrsw mit Siptah. Zumal jedoch pHarris I die Regierungszeit
des „Ἰrsw“ genannten Herrschers nicht als legitim anerkennt („Zeit … mit lee-
ren Jahren“), kann er ihm selbst nicht in der gleich nächsten Zeile über den
Umweg des Namens 6 Regierungsjahre zubilligen. Wenn hier also ein Numera-
le vorliegt, wofür alles spricht, kann sie hier höchstens zu dem Zwecke nutzen
die Thronbesteigung des Usurpators nach den Regierungsjahren Merenptahs
zu referenzieren.
Es dürfte deutlich sein, dass die neue Datierung der in pHarris I beschrie-
benen Ereignisse unter Merenptah einem nicht erlaubt, die von Ramses (und
in der Elephantine Stele von Sethnacht) behauptete Rolle von Sethnacht als
König zu akzeptieren. Man ist gezwungen davon auszugehen, dass die Pha-
raonen der 20. Dynastie nachträglich ihre Legitimität durch ihre militärische
Beteiligung an dem Kampf gegen Amenmesse und die Wiedereinsetzung
Merenptahs begründeten. Schneider („Si[tah und Beja“, 141): „Die Grundpro-
blematik des Königtums der Zeit zwischen Sethos II. und Ramses III. war
offensichtlich die Frage der legitimen Thronfolge.“.
Dass nicht nur die ersten Pharaonen der 20. Dynastie eine Legitimierung
ihrer Herrschaft mit ihrer Teilnahme am Krieg gegen Amenmesse, der fälsch-
lich zum Befreiungskrieg stilisiert wurde, abgewinnen wollten, beweist unter

105  Schneider, „Siptah und Beja“, 138. Die Nutzung kryptischer Zahlen zur Bezeichnung der
feindlichen Herrscher ist typisch sowohl für das Töpferorakel wie auch für die Prophezei-
ung des Lamms. „Der für fünfundfünfzig“ beziehungsweise „der für zwei Jahre“ in dem
Orakel des Töpfers entsprechen „der-der-zwei“, „der-der- fünfundfünfzig“ in der Prophe-
zeiung des Lamms.
Die Zahl 6 kehrt wieder auf als das Regierungsjahr des „Bokchoris“ (scil. Merenptah,
sehe weitere Diskussion) in dem die Prophezeiung des Lamms eintrat.
Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass das erste Jahr von Amenmesse, nach der hier
vorgelegten Rekonstruktion, nur für etwa 2 Monate parallel mit dem 5. Regierungsjahr
von Merenptah ablief, also hauptsächlich mit dem Jahr 6 von Merenptah gleichzusetzen
ist. Vor allem, wenn er seine Thronbesteigung erst rückwirkend nach dem Libyer Krieg
öffentlich machte, als sich Merenptah bereits auf dem Marsch nach Nubien befand, dürf-
te die Nachricht vom Staatsstreich Merenptah erst im darauffolgenden 6. Regierungsjahr
offiziell bekannt worden sein.

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Umständen ein gemaltes Ostrakon (CG 25125). Dieses stellt unüblicher Weise
eine ägyptische Königin in Kampfwagen gegen einen männlichen Pharao
kämpfend dar. Callender möchte gerne in dieser Darstellung Tausret erken-
nen, was natürlich auch Sinn machen würde. Die Identifikation des männli-
chen Pharaos mit Sethnacht hängt von der Betrachtungsweise der Thronfolge
zwischen den beiden, Tausret und Sethnacht ab. Altenmüller106 hält offenbar
nicht mehr an die These fest, dass Sethnacht in Opposition zu Tausret an die
Macht gekommen sein soll. Angesichts der eigenen Legitimitätsprobleme der
Pharaonin wäre aber ein versuchter Verweis auf ihre Teilnahme am Kampf
gegen Amenmesse verständlich.
Ihre Situation sowie die ihrer männlichen Nachfolger, Sethnacht und
Ramses III., ist derjenigen Hatschepsuts nicht unähnlich, die Frau auf dem
ägyptischen Thron, die in der Speos Artemidos Inschrift ebenfalls versuchte,
für sich aus den längst vergangenen Tagen des Kampfes gegen die Hyksos poli-
tisches Kapital zu schlagen. Möglicherweise deswegen folgt auch pHarris I mit
Genauigkeit der Vorgabe der Textgliederung der Speos Artemidos Inschrift:
Stiftungen Hatschepsuts an die Tempel Ägyptens, gefolgt von der Ansprache
des Königs an die Menschen mit der Vorstellung der früheren wirren Verhält-
nisse in Ägypten zur Zeit der Hyksos, beziehungsweise in pHarris zu früheren
Zeiten (laut vorliegender Deutung zur Zeit Merenptahs).
Auch wenn der zeitliche Abstand der Referenzen in pHarris I oder der
Elephantine Stele zum Krieg gegen Amenmesse beträchtlich ist und dieser
Zeitabstand den Inschriften auf den ersten Blick dem nicht anzusehen ist, das-
selbe gilt für die Inschrift Hatschepsuts. Propagandistisch gesehen dürfte in
der Nachahmung der Gliederung der Speos Artemidos Inschrift sogar wesent-
lich mehr, als nur ein literarisches Modell für die Untermauerung der Thronan-
sprüche zu finden, bezweckt worden sein: nämlich ein mythisches Verrücken
der jüngsten Ereignisse in die Nähe der Hyksos-Kriege, eine Sichtweise geteilt
mit den späteren Historien, welche die Vorkommnisse explizit, auch wenn
irreführend, als eine Wiederholung der früheren Hyksos Befreiungskriege
bezeichnen.
Ironischerweise war dieser Bürgerkrieg in Wirklichkeit nur ein dynasti-
scher Erbstreit, der ursprünglich auf Grund des kläglichen militärischen
Versagens Merenptahs und seines Kronprinzen ausbrach. Ein Krieg in dem

106  Altenmüller, „Tausret und Sethnacht“ und „Die Fiktion von Sethnacht als dem Sohn
Sethos’ II.“, N. 14: „Damit würde sich indirekt eine Bestätigung dafür ergeben, dass Seth-
nacht seine unmittelbare Vorgängerin in ihrem Grab im Tal der Könige ritualgemäß
beisetzen ließ. Die Bestattung müsste dann von Ramses III. zugunsten einer Beisetzung
von Sethnacht wieder aufgehoben worden sein. Einen ähnlichen Fall kennen wir bei
Ramses VI., der sich im Grab Ramses V. beisetzen ließ und Ramses V. umbettete.“

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Speos Artemidos, 35–40a: pHarris I:

„So hört ihr zu, all ihr Adelige und Bürger, „so hört, dass ich euch über die
so viele ihr auch seid: Ich habe dies getan Wohltaten berichte, welche ich tat
gemäß dem Beschluss meines Herzens. während ich König der Leute war: das
Ich schlief nicht vergesslich, (sondern) Land Ägypten war durch Flucht
formte das, was ruiniert war, da ich verlassen gewesen. Jeder befolgte seine
wiedererrichtete das, was zergliedert war eigenen Gesetze, (die Menschen)
seit der Zeit als die Asiaten mitten in hatten keinen Führer und viele Jahre
dem Nildelta, (in) Auaris, mit Nomaden folgten (so) aufeinander …“
unter ihnen waren, umstürzend das was
gemacht war. Sie regierten ohne Re und
er agierte nicht gemäß göttlichen Befehl
bis zu meiner Uräus-Verkörperung.
(Jetzt) sitze ich auf den Thron des Re, so
wie man mich seit Zeitalter von Jahren
vorausgesagt hat, als einer geboren
seinen (eigenen) Besitz (in Besitz) zu
nehmen. Ich kam als einziger Horus,
(mit) Flammen spuckender Uräus gegen
meine Feinde. Ich habe das Gräuel der
Götter verbannt, die Erde verwischte ihre
Fußabdrücke.“

a  Allen, „The Speos Artemidos Inscription of Hatshepsut“.

beide ä­ gyptische Parteien durchaus fremde Soldaten, bzw. Söldner, einsetzten.


Bezeichnend dazu besteht die von Ramses III. in pHarris I u.A. heroisch ange-
sprochene Truppe, Ansprache, welche eine Parallele zu derjenigen Hatschep-
suts an das ägyptische Volk darstellt, zum großen Teil aus Scherden und Kehek.
Ein nationaler Befreiungskrieg, zu dem man das umstilisiert hatte, war dieser
Krieg überhaupt nicht.
Ergänzt man die Informationen des pHarris I mit denen der Elephantine-
Stele des Sethnacht107, in welcher „seine“ Gegner Asiaten zur Hilfe holen,

107  „[Es fallen die Geg]ner vor ihm, denn die Furcht vor ihm hat ihre Herzen gepackt. Sie
fliehen zurück [wie kleine Vögel], wenn der Falke hinter Ihnen ist. Sie lassen (nieder)
fallen Silber, Gold [(und) Kupfer, den Besitz von] Ägypten, den sie diesen Asiaten geben
wollten, um die nẖtw (-Krieger) zu ihnen herbeieilen zu lassen [als Ober]ste von Ägyp-

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e­ntsteht eine lückenlose Entsprechung zu den Geschichten von Manetho


und Chairemon, die von einem späteren Versuch des Gegners Amenôphis
zusätzliche Truppen aus Asien (anachronistisch: Jerusalem) zu rekrutieren
erzählen108.
Bereits Grandet109 stellte fest bei Übersetzung des pHarris I das Vorhan-
densein von Parallelen zwischen den Bürgerkrieg Erzählungen aus dem
Manetho-Umkreis und dem Bürgerkrieg-Bericht des pHarris I sowie auch der
Elephantine-Stele:

Notons—en passant—que l´on peut, à titre d´hypothèse, poser la que-


stion de savoir si l´épisode de la « guerre des impurs », chez Manéthon …
malgré la suspicion qui entoure la valeur historique de ce texte … ne se
référait pas en partie aux mêmes événements (cf., avec prudence, Mala-
mat, JNES 13[1954], 237). Cependant, seule la situation historique décrite
par cet épisode fameux (une guerre civile) et la mention qui y est faite de
la rétribution de mercenaires étrangers par des « ennemis intérieurs »
de l´Égypte permettent de suggérer ce rapprochement, et rien ne permet
véritablement de garantir sa pertinence.

Eine weitere Parallele zur Amenôphis (scil. Merenptah) Historie bietet das in
der Elephantine-Stele zum ersten Mal erscheinende Topos (und dann in pHar-
ris I übernommene) der Wiederherstellung des Kults nach der Vertreibung der
Fremden, Zeile 18: „Alle Tempel sind wieder geöffnet […]. Man lässt wieder ein-
treten in die Magazine der Götter beim Erweitern […].“, wie auch die in pHar-
ris I behauptete Einstellung der Tempelkulte: „während sie die Götter wie die
Menschen behandelten, (und) man keine Opferspeisen im Inneren der Tem-
pel mehr darbrachte.“. Dieselbe Erzählung, wie in Manetho oder in pHarris I,
von der Vernachlässigung des Tempelkultes, kann man so oder ähnlich auch in
dem zitierten Text Ramses III. von Medinet Habu nachlesen:

Die asiatischen und libyschen Feinde sind weggetragen, welche früher


Ägypten ruinierten, sodass das Land verwüstet in vollkommener Zer-
störung lag seit (der Zeit der früheren) Könige, während sie die Götter

ten, als ihre (feindlichen) Absichten keinen Erfolg hatten und ihre Drohungen sich nicht
erfüllt haben.“
108  Josephus, Contra Apionem I, 28: „der Gesetzgeber habe nach Jerusalem geschickt und
dessen Bewohner aufgefordert seine Kampfgenossen zu werden, unter dem Versprechen,
ihnen Auaris schenken zu wollen …“.
109  Grandet, Le Papyrus Harris I (Band II), 228.

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Merenptah und Amenmesse 79

verfolgten ebenso wie (einen) jedermann und es gab keinen Helden der
es mit Ihnen aufnehmen konnte, wenn sie rebellierten.110

Die Beschreibung der Kultverfolgung ist ahistorisch, erscheint jedoch, wie


gesagt auch in der Amenôphis Historie. Z.B. Josephus, Contra Apionem:

I, 26: Amenôphis … ließ die in den Tempeln vornehmlich verehrten


heiligen Tiere heranbringen und gebot den Priestern der einzelnen
Ortschaften, die Bildnisse der Götter in möglichst sichere Verstecke zu
schaffen.
I, 28: Sie wählten zu ihrem Oberhaupt einen aus den ehemaligen Pries-
tern von Heliopolis, der ihnen dann vorschrieb, weder die Götter anzu-
beten noch die in Ägypten heilig gehaltenen Tiere zu verschonen….

Selbstverständlich enden beide Behauptungen Manethos in Widerspruch.


Es ist höchstens denkbar, dass durch die Abschleppung von Kultstatuen bei
Merenptahs Flucht nach Süden eine Einschränkung des Tempelkults an man-
chen Stellen in Oberägypten stattfand, die von manchen Ägyptern als katastro-
phal empfunden wurde.
Obwohl es sich dabei um keine gesicherten historischen Tatsachen der
Regierung Amenmesses handelt, ist ausgerechnet diese Passage ein Hinweis
auf die Zurückführbarkeit der späteren Tradition auf Propaganda-Quellen der
Zeit Merenptah selbst. Dieser Topos stellt nämlich eine Übernahme dar aus
der in pSallier I aus dem 10. Regierungsjahr Merenptahs (!) erhaltenen Erzäh-
lung, „Der Streit zwischen Apopi und Seqenenre“: „Da machte König Apopi
sich Seth zum Herrn, indem er keinem anderen Gott im ganzen Lande diente
außer Seth.“.
Manetho scheint selbst indirekt auf den Umstand hinzuweisen, dass dieser
Teil der Geschichte nur aufgrund der Götterlehre betreffs Auaris111 entstanden
ist. Also, dass in Wirklichkeit diese Behauptung ursprünglich nur auf Apopi
gemünzt wurde112 und Teil eines Propaganda Feldzugs Merenptahs gegen
Amenmesse darstellte.

110  Edgerton und Wilson, Historical Records of Ramses III, 23.


111  Contra Apionem I, 26: „er ihnen Auaris überließ das der Götterlehre zufolge von alters her
Typhon verfallen war.“.
112  Selbst der Realitätsgehalt dieser Aussage gemünzt auf Apopi ist zweifelhaft und dürfte
eine propagandistische Verzerrung darstellen.

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6 Der Nachhall—Historien und Apokalyptik

Man kann feststellen, dass die Historien von Manetho und Chairemon von der
gleichen geschichtlichen Tradition abhängig sind, die in die Prophezeiung des
Töpfers mündete. Gemeinsam ist ihnen sowohl die Narration wie auch die Per-
sönlichkeit des Pharaos Amenôphis—scil. Merenptah um dessen Figur herum
sich deren Erzählung dreht.
Ebenso sind Lysimachos und Apion abhängig von Quellen, die der Pro-
phezeiung des Lammes nahestanden, die in ihren Grundzügen eine ähnliche
Narration wie die andere Gruppe bietet, allerdings gereiht um die Figur des
späteren Pharaos Bokchoris.
Damit wäre die Frage berechtigt, ob sämtliche Quellen, trotz der deutlich
abweichenden Namen, nicht alle in Wirklichkeit auf die Zeit Merenptahs hin-
weisen. Dies würde bedeuten, dass die ägyptischen Historiographen nicht in
Widerspruch zueinander schrieben, sondern dass sie alle lediglich fehlerhafte
Namen für Merenptah verwenden, Amenôphis wie Bokchoris. Die Prophezei-
ung des Töpfers, die sich auf einen König Amenophis beruft, zitiert sogar die
Prophezeiung des Lamms namentlich, welche doch auf den König Bokchoris
bezogen ist. Beide Prophezeiungen scheinen jeweils von Inkarnationen des
Gottes Chnum, als Töpfer113 oder als „Lamm“114 (siehe Diskussion der Bezeich-
nung an weiterer Stelle), beherrscht zu sein. Sowohl der Töpfer, wie auch das
„Lamm“ sterben nach gemachter Prophezeiung, genauso wie Amenophis, der
Sohn von Paapis, in der etwas historischer gehaltenen Narration von Manetho.
Angesichts ihrer jeweiligen Assoziation mit dem biblischen Exodus scheint
es berechtigt, wenn man nicht gewillt sich mit den Gründen Apions den
Exodus in die Regierungszeit Bokchoris zu platzieren zu beschäftigen, Ihnen
eine wesentlich breitere Gemeinsamkeit zu unterstellen.

113  Struve, „Zum Töpferorakel“, 274. Koenen, „Die Prophezeiung des ‚Töpfers‘“, 180: „Der Töp-
fer, eine Inkarnation des Töpfergottes Chnum, prophezeit dem König Amenophis eine
Unglückszeit Ägyptens.“
114  Hoffmann, Ägypten. Kultur und Lebenswelt, 186, N. 10: „Denn das Lamm lässt sich mit
dem Gott Chnum, dessen heiliges Tier der Widder ist verbinden …“. Ganz generell weist
Kakosy (1966 mit Beispielen) auf das Phänomen der hellenistischen Zeit, wonach man
Prophezeiungen in großer Zahl von Chnum kommen lässt. Kakosy, 1966, 344–345. In Esna
(Sauneron, Le temple d´Esna, 47) wird Chnum als Herr des Schicksals bezeichnet, ein
guter Grund daher ihn mit Prophezeiungen zu assoziieren. Die Wörter sr—„Widder“ und
śr—„vorhersagen“ sind Homonyme (Kakosy, 1966, 353). Contra Thissen, „Das Lamm des
Bokchoris“, 122: „Es sind bekanntlich größte Anstrengungen unternommen worden, das
Lamm in einen Widder zu transformieren und mit dem Gott Harsaphes bzw. dem Gott
Chnum in Verbindung zu bringen.“.

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Merenptah und Amenmesse 81

Bevor man diese Diskussion weiter vertieft und auch auf die Differenzen
zwischen den Texten eingeht, erscheint mir eine Richtigstellung bisheriger
Deutungen des Töpferorakels notwendig. Nach allgemeiner Auffassung soll der
Ort, wo diese Prophezeiung dem König Amenôphis gemacht worden wäre, eine
vormals als Helios bekannte Insel gewesen sei: „(4) [auf] die Insel, die früher
Helios [hieß … Zu jenem Zeitpunkt, als Amenophis,] der König, gekommen
war und [in den sehr (?)] kostbaren [Tempel der Isis] und des Osiris ging“.
Wie man der Ergänzungszeichen von Ludwig Koenen115 ansehen kann, liegt in
dem Text kein Hinweis vor, welches erlaubt Amenôphis mit der Insel, die früher
Helios [hieß] sicherlich zu verbinden. Die einzige erneute Erwähnung der In-
sel in der eigentlichen Rede des Töpfers, „(12) Aber mit den Worten, dass (?)]
er auf Geheiß des Hermes [auf die Insel] gesandt sei, [verteidigte sich] der
Töpfer“, ist eine Ergänzung des Übersetzers. Deswegen ist besondere Skepsis
bezüglich des Standorts dieser Szene angebracht. Eine tatsächliche Insel des
Helios beziehungsweise des Ra, mit einem darauf befindlichen Tempel von
Isis und Osiris, existierte in Ägypten nicht. Vielmehr dürfte der Standort, wo
sich diese Szene abspielt in Heliopolis zu suchen sein dürfen, wo der Töpfer
nach seinem baldigen Ableben auf Befehl Amenôphis begraben wurde: „(51)
Weil aufgrund dessen, was (der Töpfer) verkündet hatte der König Amenophis
in nicht wenige Ereignisse eingeweiht war, ließ er den Töpfer in (52) Heliopolis
bestatten“.
Vielmehr scheint dieses Helios (Ort) auf den Heilskönig dieses Orakels
selbst und nicht auf den König Amenophis in der Rahmenhandlung zu
beziehen sein. Beide Rezensionen P2 und P3: (39 in P2, 63 in P3) lauten: „Dann
wird Ägypten erstarken, (64) wenn der für fünfundfünfzig Jahre gnädige König
von Helios gekommen sein wird“. Bisherige Kommentare begriffen irrtümlich
dieses zweite Helios im Text als keinen Platz—obwohl es grammatikalisch
durch das begleitende Verb bedingt einer sein müsste—sondern als Anga-
be zur Abstammung dieses Königs vom Sonnengott. Abgesehen davon, dass
sämtliche Pharaos (inklusive die Ptolemäer) per se vom Sonnengott abstamm-
ten und sich daher diese Eigenschaft sich nicht dazu qualifizierte den Pharao
„der für fünfundfünfzig Jahre“ von dem im Text ebenfalls kryptisch bezeichne-
ten anderen Pharao „der für zwei Jahre“ zu differenzieren, ist die griechische
Bezeichnung inkomplett, sollte diese einen Titel darstellen. Auf dem Rosetta-
Stein wird zum Beispiel einmal die Bezeichnung „Sohn des Helios“ gebraucht,
einmal wird hingegen ein Vergleich gemacht „ein König wie Helios“. Die

115  Sämtliche Zitate aus dem Orakel des Töpfers basieren auf der Übersetzung von Koenen,
„Die Apologie des Töpfers“.

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82 Bányai

respektlos zusammengekürzte Version „von Helios“ ist in griechischer Version


unbekannt.
Geht man jedoch aus von einer auf den mysteriösen Pharao „für fünfund-
fünfzig Jahre“ gemünzten Herkunft von der Insel „die früher Helios [hieß“, lässt
sich dann dessen Identität unschwer als diejenige des Ptolemaios VIII (Phy-
skon) erraten. Der Name Helios dürfte eine Gräzisierung des Namens Alašija
darstellen, Name, unter dem den Ägyptern Zypern bekannt war. Wie schon
mehrfach von Koenen116 vermutet, ist das Orakel mit Ereignissen des Jahres
130 befasst, mit dem Aufstand des Harsiese in derselben Periode als auch
Ptolemaios VIII für kurze Zeit Zuflucht auf Zypern suchen musste. Die Zahl
55 dürfte daher ebenso wie die Zahl 2 die (aufgerundete) Regierungslänge der
Könige, auf welche die orakulären Andeutungen gemacht werden, darstellen:
Ptolemaios VIII. (Physkon) und Harsiese. Die dagegen von Koenen erbrachten
Einwände sind meiner Meinung nach nicht stichhaltig. Es ist zwar zu vermu-
ten, obwohl selbst das unsicher ist117, dass Ptolemaios VIII nur 54 Jahre und

116  Koenen vertauscht leider die Identität der Könige und gleicht Harsiese mit dem mit
der Zahl 55 identifizierten König. Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 156: „In ZPE 2
(1968), S. 188 habe ich daher an die Wiedereroberung Ägyptens durch Ptolemaios VIII.
Euergetes II gedacht, der im Zuge der familiären Thronstreitigkeiten mit seiner Frau und
Schwester Kleopatra II. nach Zypern vertrieben worden war, aber bald Mittel- und Oberä-
gypten zurückeroberte.“. Leider führt die Vertauschung der Identitäten zu einer Reihe
schwer verständlicher weiterer Annahmen, wie z.B. die Identifizierung der zu „entleer-
enden“ Stadt mal mit Alexandria, mal mit Panopolis (P2 19), wozu kein Anlass im Text
besteht.
117  Das Todesdatum des Ptolemaios VIII. scheint dank des Datums in Edfu bekannt zu sein
(Kurth, Edfou VII, 11), allerdings ist die Formulierung missverständlich und erlaubt die
Annahme, dass das genannte Datum, in Wirklichkeit dasjenige des Fundamentgra-
bens der Mauer des Umfassungshofes des Tempels in Edfu ist. Sein Todesdatum sei
dann in Edfu in Wirklichkeit ungenannt, würde jedoch relativ bald daraufgefolgt sein.
Diese Annahme ist sinnvoll, weil sich sämtliche Datenangaben im Inschriftenband des
Soubassements in Edfu nicht auf Regierungsereignisse, sondern auf solche des Tempel-
baus beziehen. Edfu 9,3–4: „Im 54. Regierungsjahr dieses Königs, 2. Monat der Schemu-
Jahreszeit, 11 Tag, nachdem der Fundamentgraben der (Umfassungs)mauer, des großen
Hofes und des Pylonen ausgehoben waren und ihr Strick gelöst wurde, öffnete der Falke
seine Flügel himmelwärts.“ müsse daher im Sinne von: „Nachdem der Fundamentgraben
der (Umfassungs)mauer, des großen Hofes und des Pylonen im 54. Regierungsjahr dieses
Königs, 2. Monat der Schemu-Jahreszeit, 11 Tag ausgehoben waren und ihr Strick gelöst
wurde, öffnete der Falke seine Flügel himmelwärts.“ gelesen werden.
Das bisher als posthum betrachtete Datum des oLouvre 8128, ein Monat später als
dasjenige genannt in Edfu, wäre dann u.U. als tatsächliches Regierungsdatum Ptolemaios
zu bewerten.
Das Datum seiner Krönung am 1. Thoth ist gleichfalls diskutabel, da es nicht direkt
überliefert ist und bloß das Ergebnis von Vermutungen am Rande der allgemeingehalte-
nen Angaben von Porphyrius (Chronicorum I, 161) ist.

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etwa 9 Monate geherrscht habe, und ebenso, dass den Ägyptern stets das
genaue Regierungsjahr des Herrschers aufgrund der Datierungspraxis bekannt
gewesen sein durfte.
Selbstverständlich konnte die Benennung des Ptolemaios VIII. (Physkon)
der „für fünfundfünfzig Jahre“ erst nachträglich nach seinem Tod erfolgen
und gehört nicht zu dem Stand des Töpfers vom Stand um 131–130 v.u.Z., als es
gerade propagandistisch gebraucht wurde. Man denke jedoch daran, dass
unsere Fassung des Töpfers Jahrhunderte später kopiert wurde und eine
Bezeichnung Physkons, der „der 39 Jahre“, wie auf dem Stand um 131–130 v.u.Z.
zu diesem späteren Zeitpunkt unserer Kopie lediglich verwirrt hätte. Diese Zah-
len „55“ und „2“ und es handelt sich ausdrücklich um Jahreszahlen in beiden Fas-
sungen des Töpfers P2 und P3—ähneln an den Gebrauch der Bezeichnung Ἰrsw
„der des 6. Jahres“.118
Beide Orakel bestehen jeweils aus einer Rahmengeschichte und einem
darauffolgenden prophetischen Teil. Die Differenzen in den jeweiligen Rah-
mengeschichten lassen sich recht gut erklären und können in Einklang mit
der Geschichte Manethos gebracht werden. Aus meiner Sicht könne man (in
einer versuchten Rekonstruktion) die zwei orakuläre Rahmengeschichten, als
die von Manetho berichteten aufeinanderfolgenden orakuläre Phasen unter
Amenophis III. und unter Merenptah identifizieren und hintereinander ord-
nen. Insofern können sie als unabhängige Bestätigung der von Manetho stam-
menden Überlieferung herangezogen werden.
– 1. Phase—Töpferorakel
König Amenophis (Amenophis III.) möchte den Tempel der Isis und des
Osiris besuchen. Dabei verstellt ein Töpfer seinen Weg, der seinen Töpfero-
fen auf Befehl des Hermes (Thot) dort aufgebaut hatte. Seine Entleerung
des Ofens soll symbolisch die künftige Entleerung Ägyptens von Fremden
vormachen P3 „Dies wird aber am Ende der Übel geschehen, wenn in Ägyp-
ten Fremdlingen wie Blätter vom Baum <fallen> und die (Stadt) der Gürtel-
träger wegen der Gesetzlosigkeiten, die sie begangen haben, in der gleichen
Weise wie mein Töpferofen entleert werden wird.“. Der Töpfer stirbt an-
schließend und wird in Heliopolis, dem vermutlichen Ort des Geschehens,
begraben. Der König lässt die Prophezeiung durch einen Schriftgelehrten

Jedenfalls ist Ptolemaios sehr kurz vor Beginn seines 55. Regierungsjahrs gestorben,
wenn er es nicht gar geschafft habe, das 55. Jahr doch knapp zu erreichen.
118  Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 124 nimmt eine kryptische Bezeichnung für Theben
an, ohne Rücksicht auf die ausdrückliche Festlegung des Töpfers, dass es sich dabei um
Jahre handelt. Zumal die Angabe der 55 (Jahre) in dem Lamm nachweisbar sekundär
seiner Kreation ist und dem Töpferorakel entnommen, sind solche Schlussfolgerungen
basierend auf der demotischen Fassung des Lamms wenig aussagekräftig.

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aufschreiben, welches im heiligen Schatz deponiert wird. Das Buch könnte


u.U. in P1 32 als „[alles das] was in Ägypten geschehen wird“ mit seinem
Namen erwähnt sein.
– 2. Phase—Lamm des Bokchoris
Der Schreiber (?) Psenyris119 entdeckt die in einem Buch, genannt „das B]
uch der Tage, die [in Ägypten geschehen sind und die] in Ägypten gesche-
hen werden“, also dem gleichen vorhin erwähntes Buch, enthaltene Prophe-
zeiung. Die einzigen scheinbaren Unterschiede entdeckt man nur als
Ergänzung einer Textlücke. Es kann allerdings ebenso gut sein, dass das Töp-
ferorakel einfach einige Worte des Titels vermisst. In einem nicht ersichtli-
chen Kontext taucht später das namensgebende Lamm auf und ergänzt
beziehungsweise deutet für Psenyris die im Buch vorhandene Prophezei-
ung. Daraufhin stirbt das Lamm. Psenyris eilt mit der Botschaft zum König
Bokchoris. Damit ist offenbar, dass schon längere Zeit seit dem Tod des Töp-
fers unter dem ersten Amenophis vergangen ist. Auf die Frage des Königs
bestätigt ihm Psenyris, dass nun endlich die Zeit gekommen ist, als der
Fluch, welches auf Ägypten lag, eintreten wird. Kol. III. 7–8: „Man verlas das
Buch in Gegenwart Pharaos. Pharao sagte zu ihnen: ‚Diese schlimmen
Dinge, werden sie alle Ägypten zustoßen?‘ Psenyris sagte: ‚Bevor Du verstor-
ben bist, werden sie sich ereignen‘.“.
Wie man feststellen kann lässt sich die rekonstruierte Rahmenerzählung mit
derjenigen Manethos ausgezeichnet in Deckung bringen. Auch bei Manetho
besteht eine 1. Phase der Orakeltradierung unter einem ersten König Ameno-
phis (wohl Amenophis III.). Der König „begehrte die Götter zu sehen“, ähnlich
wie derjenige in dem Töpferorakel. Es werde ihm erklärt, er könne dies tun,
nur wenn er das Land von „Aussätzigen und anderen Unreinen“ (eine recht
allgemeine Sicht der Ägypter gegenüber Fremden) säubere, entsprechend der
Ritualhandlung des Töpfers. Manetho ignoriert eine selbständige Figur des
Töpfers und legt seine Handlung mit derjenigen des Schriftgelehrten „Weisen“
Amenophis Paapis (Amenophis der Sohn des Hapu) zusammen, der im Töp-
ferorakel bloß das Orakel aufzeichnet. Deswegen gilt bei Manetho Amenophis
nicht nur als Aufzeichner des Orakels sondern auch als dessen Medium und
muss danach selbst sterben.

119  Der Name Psenyris hat sicherlich eine spätzeitliche Anmutung: PꜢ-sꜢ-n-Ḥr „der Sohn des
Horus“. Allerdings könnte es sich dabei um einen Namen geformt wie der des Ameno-
phis Sohn von Paapis (in Wirklichkeit: Amenophis Sohn von Hapu) handeln. Also wäre es
dann eine fehlerhafte griechische Übersetzung eines ägyptischen Patronymikums, (NN)
der Sohn des Hori.

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In der 2. Phase der Orakeltradierung bei Manetho wird das längst ver-
gessene Orakel in der Zeit eines Königs, genannt erneut in Anlehnung an
den ­ vorherigen: Amenophis/ Amenephthis/ Amenephthes/ Amenophat
(Ἀμενωφάθ Georg. Sync. 134, 7), wiederentdeckt und dessen schlimme Vorher-
sagen betreffs Ägypten treten nun endlich ein. Dieser König kann aufgrund der
Listen von Manetho und der sonstigen assoziierten Angaben als Merenptah
identifiziert werden.
Es ist hiermit deutlich, dass im Lamm des Bokchoris der Name des Bok-
choris aus unbekannten Gründen denjenigen des Merenptah bzw. (irrtümlich)
Amenophis überlagert. Es gibt daher guten Grund anzunehmen, dass unab-
hängig davon im Lamm nichtsdestoweniger Merenptah gemeint ist.
Da die Prophezeiung des Lamms, geschehen zur Zeit des „Bokchoris“, wie
Heinz-Josef Thissen120 feststellt eine post eventu erfolgte Wahrsagung war,
die möglicherweise mehr als nur eine einzige redaktionelle Phase erfuhr121,
wäre es besonders interessant in Erfahrung zu bringen, wann sie zum ersten
Mal in Umlauf gebracht wurde122. Dies könnte bei der Klärung der Frage des
eigentlich gemeinten Pharaos: tatsächlicher Bokchoris oder nicht, helfen.
Zumal der zeitliche Abstand zwischen Eintritt der erwarteten Heilszeit, deren
Erkennungszeichen sehr konkret beschrieben werden und dem König „Bok-
choris“ mit 900 Jahren bekannt ist, wäre es unschwer herauszufinden, welchen
König man ursprünglich mit diesem Namen, „Bokchoris“, bedachte.
Man kann zeitlich die Entstehung der Prophezeiung des Lamms folgender-
maßen grob eingrenzen123:
– sie war Manetho, also etwa zurzeit des Königs Ptolemaios II., bereits
bekannt124.

120  Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 133.


121  Die spätere redaktionelle Einfügung der Anspielungen auf Ptolemaios VIII und Harsiese
dürfte in Angleichung an das Orakel des Töpfers erfolgt sein, 131 v.u.Z.
Gleichzeitig war die Prophezeiung bereits Manetho geläufig, wie der entsprechende
Eintrag in der Epitome beweist. Das kann nur bedeuten, dass zu einem späteren Zeit-
punkt redaktionelle Änderungen an dem Lamm erfolgt sind.
122  Die einzige Fassung der Prophezeiung des Lammes, die ansonsten nur durch Anspielun-
gen antiken Autoren bekannt ist, stammt aus dem Jahr 4 u.Z.
123  Trotz fehlender Nachweise des im Papyrus verwendeten Ausdrucks ḥyb, die dem Jahr 251
v.Chr. vorausgehen sollten, ist es nicht auszuschließen, dass dieser Ausdruck bereits eine
kurze Weile vor seiner allerersten Bezeugung im Umlauf gewesen sei.
124  Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 170: „Aber die Tatsache, dass Manetho das Orakel und
seine 900 oder 990 Jahre kannte (s. Übersetzungskommentar 51) schließt eine Datierung
nach der Mitte des 3. Jahrhunderts aus, es sei denn, man ist bereit die erhaltene Fassung
des Lammorakels auf eine ältere, Manetho bekannte Version, zurückgehen zu lassen.“.

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– wie Thissen125 feststellt, kommt die für das Lamm gebrauchte demotische
Bezeichnung ḥyb in keinem dem Jahr 251 v.Chr. vorausgehenden ägyptisch-
en Dokument vor.
– Auch die Mention der Meder anstatt der Perser, Z. 22: „Der Meder wird nach
[Ägypten] kommen“ hält sich unmittelbar an die offizielle Ausdrucksweise
reserviert für demotische Textversionen der ptolemäischen Periode. Das
Alexandria-Dekret Ptolemaios III spricht in seiner demotischen Fassung in
Zusammenhang mit dessen Rückführung der Götterstatuen Ägyptens von
der „Zeit des Schadens, den die Meder [ den Tempeln zufügten“, während
die hieroglyphische Fassung gleichzeitig von Persien schreibt126. Auch in
dem Lammorakel folgt die Rückkehr der Götterkapellen Ägyptens auf den
Abzug der „Meder“, Z. 21ff.:

Aber was den Meder betrifft, der sich Ägypten zugewandt hat—er wird
sich zu den Fremdländern entfernen … Man wird den Wert vergelten für
die Götterkapellen Ägyptens gegen sie, gegen Ninive, im Gau des Amori-
ters. Es wird [geschehen?], dass die Ägypter nach Syrien ziehen, sie wer-
den über seine Gaue herrschen, sie werden die Götterkapellen Ägyptens
finden.

Ähnlich äußert sich das Raphia-Edikt Ptolemaios III. Man sollte daher in
der Rückführung der Götterstatuen einen wesentlichen Aspekt der ptol-
emäischen Staatsideologie identifizieren, der als solches vermutlich bereits
z.Z. Ptolemaios I. formuliert und durch das Orakel des Lamms flankiert
wurde127.

125  Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 122: „(es ist) ergänzend hinzuzufügen, dass das
demotische Wort (ḥyb) bisher erstmals in sogenannten Kleinviehdeklarationen aus dem
Fajum (Ghoran), in P. Lille 12–20 (251 v.Chr.) auftaucht.“.
126  Altenmüller, „Bemerkungen zum Ostfeldzug Ptolemaios’ III.“, 34.
127  Thissens („Das Lamm des Bokchoris“, 123) Versuch den Meder in dem Lamm-Orakel mit
Antiochos IV. gleichzusetzen wirkt wenig überzeugend. Thissen impliziert damit indi-
rekt, dass Antiochos die ägyptischen Tempel beraubt hätte, worüber jedoch sämtliche
Geschichtsquellen schweigen. Im Töpferorakel in dem bezeichnenderweise keine Erwäh-
nung der Meder existiert, sind die einzigen gerade nicht an ihrem ursprünglichen Ort
befindlichen Götterstatuen in der „Stadt-am-Meer“, also in Ägypten zu finden. Vielleicht
sollte man annehmen, dass wenigstens die Ägypter selbst wussten, wo sich ihre Götter-
statuen zum Zeitpunkt der Niederschrift der jeweiligen Orakel (Töpfer, Lamm) befanden.
Zweifelsohne hat später weiterhin Orakel-recycling bestanden: die nachträgliche
Einführung der hier sinnlosen Pharaonen der 2 (Harsiese) und desjenigen der 55 Jahre
(Ptolemaios VIII.) gehört wohl dazu. Sinnlos insoweit, da sie an falscher Stelle im Orakel
eingefügt ist. Beide Pharaonen sollen laut Töpferorakel zur erwarteten Heilszeit des Töp-
fers auftreten. Sie werden hier im Lamm jedoch, weil der Text nicht darauf zugeschnitten

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Ihre Entstehung muss, als künstliche Prophezeiung ex eventu, zeitlich im Um-


feld der vorausgesagten Ereignisse gesucht werden. Man kann daher die zwei
im Papyrus genannten Zeichen des Ankommens des Heils innerhalb dieser
Periode suchen.
Das erste im Manuskript genannte Heilszeichen lautet: „es wird geschehen,
wenn ich ein Uräus am Haupte Pharaos bin.“. Man kann dazu auch die akkura-
te Beschreibung des Aussehens des Lamms bei Plutarch128 konsultieren:

Das Lamm hat zu Dir gesprochen: die Ägypter haben aufgezeichnet, dass
es mit menschlicher Stimme spreche; man fand es mit einem Königs-
uräus auf Köpfe mit (Straußen?-) Federn von 4 Ellen Länge: es hat einem
der Könige die zukünftigen (Ereignisse) erzählt.

Zusätzliche Angaben zu seinem Aussehen findet man auch bei Manetho129:


„Sie sagen auch, das Lamm habe zwei Köpfe und vier Hörner gehabt.“
Dies könnte bedeuten, dass man eigentlich an dieser Stelle aufhören sollte
von einem Lamm zu diskutieren, und stattdessen von einem Widder, wie es
bereits Asmann130 und Friedhelm Hoffmann131 gemacht haben. Dagegen
jedoch Thisssen132, mit Hinweis, dass das dafür gebrauchte demotische Wort
ḥyb in den Kleinviehdeklarationen aus dem Fajum, zwar nicht in seiner etymo-
logischen Grundbedeutung bekannt sei, jedoch eine eigene Kategorie neben
den ḥyb.w „Schafen“, den isw.w „Widder“ bilde. Allerdings gibt Thissen auch
zu, dass das Wort sich leider nicht mit letzter Gewissheit übersetzen lässt.
Dieses Problem teilt das Lamm/Widder mit der anderen mächtigen Lamm
Figur der soteriologischen Literatur, diejenige der Johannes-Apokalypse.133

wurde, schlampig lediglich am Beginn der Verfluchung eingefügt und dann in Zusam-
menhang mit der Heilszeit nicht mehr erwähnt.
128  Zitatstelle Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 138 mit Bezug zu Plutarch, De Proverbiis
Alexandrinorum, 12, Nr. 21.
129  Meyer, 1909, S. 135 ff., Zitatstelle bei Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 137. Die zwei Paar
Widderhörner entsprechen denen des neuägyptischen Schafs mit Korkenzieher Hörnern
die mit den geraden Hörnern der älteren Art kombiniert werden. Wahrscheinlich ist die
Doppelköpfigkeit ein Irrtum, zumal solche Darstellungen in der ägyptischen Ikonogra-
phie gänzlich fehlen und auch bei Plutarch keine entsprechende Bemerkung zu finden
ist. Vermutlich wurde der Irrtum aufgrund der ab derselben Periode gelegentlich ers-
cheinenden Assoziation Chnums mit einem vier-köpfigen Widder (Sauneron, Le temple
d´Esna, 41).
130  Assmann, Ägypten. Eine Sinngeschichte, 423.
131  Hoffmann, Ägypten. Kultur und Lebenswelt, 186, N. 10.
132  Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 122.
133  Lung Chan, Die Metapher des Lamms in der Johannesapokalypse, 19 ff. Ähnliche Probleme
scheinen zu herrschen nicht nur in der ägyptischen Apokalyptik, sondern auch in der nur

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Die Zusammensetzung beider Beschreibungen ergibt jedenfalls ein schlüssi-


ges Bild für das Aussehen des Lamms/Widders, welches sehr wohl in dieser
Form in der ägyptischen Ikonographie vorkommt. Den Versuch zwischen der
Darstellung eines Lamms mit 4 Hörner und der eines ähnlichen Widders zu
differenzieren, sollte man lieber lassen, da dieser Versuch heilstechnisch mit
Sicherheit zwecklos ist.
Man findet möglicherweise die Abbildung des „Lamms“ von Bokchoris in
der frühen Münzgebung Ptolemaios I. Soter vor134. Es handelt sich dabei um
postume Münzen Alexanders III., die in Ägypten von Ptolemaios I. geprägt
wurden. Dessen Figur wird dem Bildprogramm authentischer von Alexander III.
geprägten Münzen hinzugefügt. Der Widderkopf mit der anedjty-Federkrone
wurde meiner Meinung nach von Newell135 korrekt als der des Khnum identi-
fiziert, was jedoch zu keinem Widerspruch mit seiner übrigen Identifizierung
mit dem „Lamm“ des Bokchoris führen dürfte.

FPO

Abbildung 1 Postume Münze Alexanders III. geprägt von Ptolemaios

unwesentlich späteren christlichen Apokalyptik, in der „das Lamm Gottes“, άρνίον inz-
wischen zunehmend mit Widder statt mit Lamm übersetzt wird. Bemerkenswerter Weise
hat in Offb. 5:6 das Lamm ebenfalls mehrere Hörner (allerdings inzwischen deren 7) als
ob es dasjenige des Bokchoris übertrumpfen wollte.
134  Die Abbildungen 13.2 und 13.3 und 13.4 und 13.5 bei Sheedy und Ockinga, „The Crowned
Ram’s Head“. Eine weiterer Stater (Athena assoziiert mit demselben Rammskopf) ist auf
Seite 198 abgebildet. Dies ist eine außerordentliche Darstellung, die nicht wieder in der
ptolemäischen Münzgebung wiederkehren sollte.
135  Newell, Alexander Hoards II, 145.

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Merenptah und Amenmesse 89

FPO

Abbildung 2
Vergrößerung derselben Münze

Das zweite im Manuskript des Lamms erkannte Heilszeichen lautet: „In


Syrien wird man die Götterkapellen Ägyptens finden (und—so ist zu
verstehen- zurückbringen)“136.
Die sogenannte Satrapen Stele des Ptolemaios I. geschrieben im Jahr 311,
dem 7. Regierungsjahr Alexanders IV. auf den sich der ägyptische König als
Oberherren noch vordergründig beruft, berichtet von der eigenhändigen
Rückführung aller ägyptischen Götterbilder aus Asien durch Ptolemaios I.:

Seine Majestät (Alexander IV.) ist unter den Asiaten, während ein gro-
ßer Regent in Ägypten ist, dessen Namen Ptolemaios ist … Als er zurück-
brachte die heiligen Bilder der Götter, welche man in Asien gefunden
habe, zusammen mit den rituellen Geräten und allen heiligen Schrift-
rollen der Tempel des Ober- und Unterägyptens, sodass er sie an ihren
vorgesehenen Orten zurückbrachte.137

Damit rückt die im „Lamm des Bokchoris“ beschriebene Heilszeit wahrschein-


lich in das Jahr 312 v.Chr., als Ptolemaios I. in der Schlacht bei Gaza gegen den
jungen Demetrios Poliorketes siegte wodurch er vorübergehend in den Besitz
Syriens gelangte und wohl einige Götterbilder nach Ägypten zurückführen
konnte. Die Prophezeiung sollte die fremde Dynastie der Ptolemäer als Erfül-
lung der eigenen ägyptischen Geschichte in den Augen der ägyptischen Unter-
tanen legitimieren.

136  Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 118–19 und Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 167.
137  Übersetzung Ockinga in Sheedy und Ockinga, „The Crowned Ram’s Head“, 238.

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Spätere Götterbilder Rückführungen fanden nach Ptolemaios I. weiterhin


statt, so z.B. durch Ptolemaios III., nach dessen Sieg 246/245 in Babylon und
Susiana. Auch später durch Ptolemaios IV.138 Man sollte sämtliche dieser groß
angekündigten Rückführungen als zentralen Teil der Politik der Lagiden, sich
die ägyptische Bevölkerung zugeneigt zu machen, betrachten. Selbstverständ-
lich muss die damit zusammenhängende Propaganda bereits mit Ptolemaios I.
entstanden sein. Die Tatsache, dass die Geschichte des Lamms bereits Manetho
bekannt war, gemäß Synkellos139 tätig unter Ptolemaios II., laut Plutarch140
jedoch tätig bereits unter Ptolemaios I., legt eine Entstehung des Lammora-
kels vor Ptolemaios III. nah. Zudem spricht das Lamm von gar keinen so weit
gehenden Eroberungen, wie z.Z. Ptolemaios III, sondern lediglich vom: „Gau
des Amoriters. Es wird [geschehen?], dass die Ägypter nach Syrien ziehen“, wie
zuzeiten Ptolemaios I. Von Unkenntnis der Reichweite der Siege Ptolemaios III.
kann man in Zusammenhang mit einer solchen ex-eventu Prophezeiung gar
nicht reden. Diese wird sowohl in der hieroglyphischen wie auch in der demo-
tischen Fassung des Alexandria-Dekrets ausdrücklich erwähnt.
Da die Prophezeiung des Lamms über den zeitlichen Abstand der Wahrsa-
gung unter dem Pseudo-Bokchoris bis zur angekündigten Zeit des Heils eine
unzweideutige Aussage macht:

Wird dies geschehen, ohne dass wir es gesehen haben? (scil.: nicht zu
unseren Lebzeiten?) „Es sagte zu ihm: ‚Es wird geschehen, wenn ich ein
Uräus am Haupte Pharaos bin (der Heilsherrscher), der in Vollendung
von 900 Jahren sein wird‘.“141

Das ist es möglich den Pharao zu bestimmen, dem diese Prophezeiung


angeblich gemacht wurde. Dieser Zeitabstand bezogen auf das Jahr 312 v.Chr.
als Zeitpunkt des Eintritts der Prophezeiung führt uns fast genau ins erste
Regierungsjahr Merenptahs (1213/1212) zurück. Dies ist interessant auch unter

138  Ein Versuch Ptolemaios IV. sich als Heilskönig darzustellen, könnte die abweichende Dis-
tanzangabe des Synkellos (bei Africanus) zum Lamm-Orakel darstellen, welche von 990,
statt 900 Jahren schreibt. Die Existenz dieser Variante betont den politischen Zusammen-
hang zwischen den Götterbildern Schau-Rückführungen und der Lamm Prophezeiung.
Sie entspricht ungefähr dem Zeitabstand zwischen dem Sieg Ptolemaios I. 312 v.u.Z. und
desjenigen von Ptolemaios IV. bei Raphia 217 v.u.Z.
139  Synkellos, Ekloge Chronographike, 97.
140  Plutarch, De Isis es Osiris, 28. AUTHOR NOTE: is this the same citation as Plutarch, De
Proverbiis Alexandrinorum.
141  Thissen, „Das Lamm des Bokchoris“, 118.

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Merenptah und Amenmesse 91

dem Aspekt einer Bestätigung der bisherigen Rekonstruktionen der ägypti-


schen Chronologie.
Es ist unklar, wie der Name Merenptahs nachdem es in Manetho bereits
zugunsten des Amenophis verdrängt wurde, in dem Orakel des Lamms nun
demjenigen des Bokchoris Platz machen musste. Es besteht meiner Meinung
nach die Möglichkeit, dass in der griechischsprachigen Tradition der Thronna-
men Merenptahs, BꜢ-n-RꜤ mit dem den Griechen besser bekannten (nur vage
ähnlich klingenden) Königsnamen Bokchoris, BꜢ kn rn=f 142, ersetzt wurde.
Einige andere auf diesen Pseudo-Bokchoris lautende Aussagen lassen sich
ebenfalls auf Merenptah münzen.143 Sogar ein so wenig ergiebiges Detail
der Erzählung Apions, wonach sein „Moses“ zur Zeit des Bokchoris eine (senk-
rechte) Sonnenuhr in Heliopolis anstelle der üblichen Obelisken aufgesetzt
hätte, fügt sich hervorragend in die historische Periode Merenptahs ein, in der
man, wie es scheint, mit solchen Vorrichtungen noch gerne e­ xperimentiert

142  Der letzte Teil des Namens Bokchoris wurde offensichtlich von den Griechen stets we-
ggelassen, sodass die einzige herauszuhörende Unterscheidung der im Thronnamen
Merenptahs der fehlende Konsonant „k“ gewesen sein durfte.
143  Der laut Claudius Aelianus (Thiergeschichten, Buch 11: De natura animalium, 11; Überset-
zung, 846) angeblich von Bokchoris veranlasste Schaukampf zwischen dem Mnevis-Stier
von Heliopolis und einem wilden Stier könnte, obwohl die Evidenz nicht gänzlich aus-
reicht, abweichende Deutungen auszuschließen, ebenfalls zu den fälschlich Bokchoris
attribuierten Sagen gehören: „Er führte einen wilden Stier zu ihm als Gegner. Der Mnevis
brüllt; ihm entgegen brüllt der Fremde, und stürzt wütend auf den von den Göttern geli-
ebten Gegner ein, gleitet aber aus, und bleibt mit dem Horn an dem Stamm einer Persea
hängen, wo ihn der Mnevis mit dem Kopf in die Seite verwundet und tötet.“.
Amenmesse wird einhellig in sämtlichen Historien als ehemaliger Priester von Helio-
polis bezeichnet. Er kann daher durchaus, als KꜢ-nḫt-mr.j-MꜢꜤ-šmn-tꜢwj—„Starker Stier,
Geliebter der Maat, der die beiden Länder fest macht“ mit dem Mnevis Stier von Helio-
polis identifiziert worden sein. Man könnte in dem anderen auf Geheiß des „Bokcho-
ris“ kämpfenden wilden Stier Sethos II. KꜢ-nḫt-wr-pḥ.tj—„Starker Stier, mit großer Kraft“
unter Umständen suchen. Der in die Erzählung gespaltene Persea-Baum dürfte einen
Hinweis auf den heiligen Isched-Baum von Heliopolis enthalten. Der Ished-Baum wurde
nämlich bei dem Kampf zwischen der Apophis-Schlange und dem Måu-Kater (Rā) in
Heliopolis entzwei gespalten, woraus die Zwillingsbäume des Horizonts entstanden
seien.
Die Fabel könnte daher von einem der Sprüche des ägyptischen Totenbuchs: „I am the
cat which fought hard by the Persea tree in Heliopolis, on the night as the foes of Neb-
er-tcher were destroyed.“ als allgemeinverständliche Botschaft gegen Merenptah, der
damit mit der Apophis-Schlange verglichen wird, abgeleitet und fortentwickelt worden
sein. Budge, The Book of the Dead, AUTHOR NOTE: page number needed?. Für eine
banale Tier-Anekdote aus der Zeit des wirklichen Bokchoris, ist diese Geschichte
mythisch zu sehr überfrachtet. Es ist interessant, dass sogar anti-Merenptah Propaganda
die Zeiten überdauert hat, trotz seines letztendlichen Sieges. Offenbar dürften weite Krei-
se in Ägypten den Pharao trotzdem weiter gehasst haben.

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habe. Der Bau von senkrechten Sonnenuhren wurde anschließend für die
nächsten 1000 Jahren in Ägypten scheinbar verpönt, weil offensichtlich keine
Beispiele eines solchen Baus früher als die hellenistische und römische Epo-
che bekannt sind.144 Der Bau einer horizontalen Sonnenuhr, wird bereits unter
Sethos I. beschrieben.
Die Unterschiede zwischen der Prophezeiung des Töpfers und dem „Lamm
des Bokchoris“ sind am größten, wenn man die politischen Tendenz im jewei-
ligen prophetischen Teil mit dem anderen vergleicht. Erstere weist eine kon-
sequent antigriechische und zudem antisemitische145 Position auf. Sie gehört
höchstwahrscheinlich in die Zeit Ptolemaios VIII. (als die großen ­Griechen-

144  Abgesehen von einem als Sonnenuhr identifizierten Gegenstand aus den Ausgrabun-
gen von Macalister in Gezer, der von Bickel und Gautschy in seiner Funktion etwas
angezweifelt wird, bieten dieselben Autoren (Bickel und Gautschy, „Eine ramessidische
Sonnenuhr“) das Beispiel einer spätramessidischen Sonnenuhr (ca. 1202–1190) an. Die
mutmaßliche Sonnenuhr des Macalister nähert sich jedoch als einzige der Beschreibung
Apions an, einer Säule mit einem kahnähnlichen Gebilde zu ihren Füßen. Sie stellt
auf der Vorderseite das Bild des von Merenptah angebeteten Re-Harachte im Sonnen-
schiff dar. Deswegen möchte ich Macalisters Identifikation des Gegenstands stehen
lassen.
Anscheinend sind sämtliche sonstige in Ägypten gefundene Sonnenuhren, die von
Bickel und Gautschy notiert wurden, ohne Ausnahme aus griechisch-römischer Zeit. Viel-
leicht durch die Assoziation mit Amenmesse (laut Apion) dürfte der Gebrauch von verti-
kalen Sonnenuhren in Ägypten für die nächsten folgenden 1000 Jahre verpönt gewesen
sein. Sie wird von Apion lächerlicherweise auch noch als ein Skandal dargestellt. Zur Zeit
des echten Bokchoris dürfte niemand solche Sonnenuhren in Ägypten aufgestellt haben.
145  Die in den Rezensionen des Töpfers erwähnten „Gürtelträger“ dürfen als Codewort für
Juden verstanden werden. Dieser Ausdruck erscheint außerhalb des Töpferorakels nur in
dem demotischen Papyrus London de. 10223 rto. 1.4 als Namen eines PꜢ-mḥꜢ | pꜢ šnwpwrs.
Es scheint, wie Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 155, feststellt, ein Schimpfwort für
einen Soldaten oder Polizisten zu sein und eine Anspielung auf den am Gürtel befes-
tigten Schwert zu enthalten. Da ein Teil der Ordnungsträger in Ägypten schon vor der
ptolemäischen Zeit Juden waren, dürfte die Assoziation irgendwann als Bezeichnung auf
diese übergegangen zu sein.
Apion (Josephus, Contra Apionem II, 2) leitet von dieser umgangssprachlichen
Bezeichnung der Juden als „Gürtelträger“ in Spott ab eine Leistenbruch-Erkrankung
(Beulenerkrankung in der Leistengegend) der aus Ägypten fliehenden Israeliten ab. Die
griechische Bezeichnung des Leistenbruchs, Βουβωνοκήλη (Apion schrieb vermutlich
griechisch), bedeutet wortwörtlich Leisten-Geschwulst/Schwellung/Bruch. Der hämi-
sche Zusammenhang entsteht durch die älteste historisch attestierte Therapie bei Lei-
stenbruch, der Leistenbruch-Gürtel. Die traditionelle Deutung dieser Beschreibung in
Josephus als auf eine Beulenpest hinzielend trifft nicht zu, zumal es keine epidemische
Beulenpest Ausbrüche existieren, in dem sich die Beulen nur auf die Leistengegend
beschränken. Diese Erkrankung wird zudem nicht als tödlich beschrieben, was für einen
epidemischen Ausbruch von Beulenpest mehr als merkwürdig wäre.

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und Judenverfolgungen stattfanden)146. Währenddessen sind in der Prophezei-


ung des Lamms gar keine antigriechischen oder antijüdischen Tendenzen zu
entdecken.
Es besteht auch ein wesentlicher Unterschied zwischen dem „Töpfer“ und
Manethos Erzählung. Der „Töpfer“—als typische recycelte Prophezeiung—
(ebenso wie das „Lamm“) verlängert künstlich die Periode der göttlichen Strafe
bis in die spätantike Gegenwart ihrer Edition. Diese Anpassung ist zweckbe-
dingt. Währenddessen endet bei Manetho die „göttliche Strafe“, wie zu erwar-
ten, in der Regierung desselben Amenôphis, dem die Prophezeiung gemacht
wird. Es ist also eine Gewissheit, dass einige der von Manetho kolportierten
Details durchaus prähellenistisch sein dürften.
Ein weiterer großer Unterschied liegt in der Identifikation der „Stadt-am-
Meer“ vor. In dem Töpferorakel wird diese recht deutlich mit Alexandrien
identifiziert. Bei Manetho wird diese hingegen immer noch, wie zurzeit Ame-
nophis (scil. Merenptahs) historisch richtig mit Auaris = Pi-Ramesses gleich-
gesetzt, der Stadt der „Hirten“, gleichgesetzt. Vor der Verlandung des Nilarms,
an dem es lag, war Auaris/Pi-Ramesses noch eine sehr bedeutende Hafenstadt
gewesen. Es ist jedoch offenbar, dass bereits Manetho nicht einmal das Gering-

146  Die sogenannten Rezensionen P4 und P5 des Töpfers, mit der ausdrücklichen Auffor-
derung die Juden anzugreifen, welche bereits in Heliopolis wohnten, ist eindeutig auf
Ptolemaios VIII. zurückzuführen.
Diese sind mit dem Kampf der von Onias IV. angeführten Armee mit Ptolemaios VIII.
im Jahr 127 v.Chr. zu erklären, als Onias IV. Loyalität gegenüber Kleopatra II und dem
rechtmäßigen Thronerben, Ptolemaios VII., bezeugte. Bekanntlich errichtete Onias IV.
bereits unter Ptolemaios VI. einen jüdischen Tempel in Leontopolis in der Nähe von
Heliopolis.
Damit hängt eindeutig auch die Warnung von P4 zusammen (denn es kam nie wieder
vor, dass eine jüdische Armee unter den Ptolemäer in Ägypten aktiv wurde): „die Heiligtü-
mer [werden wegen] der Aufstände (?) der Truppen (?) den Pferden gehören. Greif denn
die Juden an! [Lass nicht zu, dass deine Stadt leer wird. [Denn dein größter Tempel wird]
ein Tummelplatz der Pferde und [voller] Ungesetzlichkeiten [sein]“ Anstelle von Prophe-
ten werden Missetäter und die [einstmals] aus Ägypten Verbannten, wegen des Zornes
der Isis in Helio[polis] wohnen. Ein Prophet wird zum Privatmann [und … ein Fremder
(?)] den Gottesdienst ausüben … den größten Göttern die Priester (?)…”.
Vergleiche damit auch Apions Bericht (Josephus, Contra Apionem II, 5) von der „unan-
sehnlichen“ Armee des Onias IV., des jüdischen Hohepriesters von Leontopolis, die gegen
Ptolemaios VIII. angetreten sei.
Da, wie Koenen, „Die Apologie des Töpfers“, 168–69, feststellt hat, in dem Orakel des
Töpfers die Handschrift eines zum griechischen Kulturkreis zugehörigen Schreibers
erkennbar ist und keineswegs, die eines Ägypters, ist es denkbar hinter allen Rezensionen
des Töpfers die Aktivität Ptolemaios VIII. zu identifizieren, der sich auf die Unterstützung
der ägyptischen Bevölkerung stützte und diese gegen die griechischen und jüdischen
Unterstützer seiner eigenen Familie aufstachelte.

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ste über die genaue Position von Auaris und über die Identität der Stadt mit
Pi-Ramesses wusste, denn er stellt sich die Stadt zur Zeit Merenptahs als seit
der Vertreibung der Hyksos verlassen vor. Höchstwahrscheinlich unterschied
sich seine geographische Vorstellung bezüglich Auaris nicht allzu sehr von der-
jenigen von Chairemon, welcher es gar mit Pelusium gleichsetzte.
Beide stellten sich zudem diese Stadt als Verbannungsort (von Aussätzigen)
vor. Obwohl eigentlich Sile, die wirkliche Rolle als traditioneller Verbannungs-
ort unter der späten 18. und der 19. Dynastie, 10 KM von Pelusium entfernt,
zukommt, nennt Chairemon sie stattdessen Pelusium. Zur Zeit der hellenisti-
schen Historienschreiber hatte Pelusium regional nämlich die Funktion von
Sile als bedeutendste Grenzfestung abgelöst. Daher setzte sich die angefange-
ne Komödie der Irrungen fort: die Identität von Auaris = Pi-Ramesses, die Stadt
der „Hirten“, bzw. Hyksos, bei Manetho, wechselt zu Sile als „Verbannungsort“
und dann zu Pelusium. Die Unklarheit über den klassischen Verbannungsort
der späten 18. und der 19. Dynastie ging später so weit, el-Arish als Rhinocorura
(gr.: „abgeschnittene Nasen“) zu bezeichnen (Strabo [Geographia XVI, 2, 31–32]
und Diodor Siculus [Bibliotheca historica, I. 60]). Den allerletzten Schritt in
dieser Entwicklung vollzieht also die spätzeitliche Töpferprophezeiung, wel-
che „die Stadt am Meer“ zu Alexandrien umfrisiert.
Es ist aber auffällig, dass sogar das Töpferorakel Erzählelemente, die zu einer
früheren Erzählschicht gehören dürften, beibehält. Es gibt nämlich Details des
Töpfers, die einer Erklärung einzig aus dem spätantiken hellenistischen Kon-
text heraus trotzen.147
Es ist nicht auszuschließen, dass auch das Orakel des Lamms noch einige
vorptolemäische Elemente, und Ausdrücke erhält. Schließlich hatte man sich
unter Ptolemaios I. sicherlich ganz bewusst aus propagandistischen Gründen
einer bestehenden ägyptischen Tradition zugewandt und politisch passend
ummodelliert. Daher war es sinnvoll zu beweisen, sofern man das im Detail
konnte, dass man selber ein Teil dieser Tradition war. Man kann daher viel-
leicht, in dem Heilskönig des Lamms noch einen Reflex der Speos Artemidos
Inschrift Hatschepsuts wiedererkennen, in welcher Hatschepsut sich selbst als

147  Auch das Versprechen des Töpfer-Orakels die Hauptstadt nach Memphis, nach dem
Untergang der Stadt-am-Meer, zurückzuführen, könnte u.U. auf den „Ur-Töpfer“ zurück-
gehen. Interessanterweise lag der Regierungssitz Merenptahs in Memphis. Es ist nicht
einzusehen wieso der Töpferorakel während der hellenistischen Zeit Memphis eine sol-
che Präeminenz als Gegensatz zu Alexandrien einräumen würde.
Wenn man von nationalistischen ägyptischen Erwartungen der Periode reden wollte,
müsste man hier eher von Theben reden, wo Harsiese als Gegenkönig zu Ptolemaios VIII.
eine Zeitlang herrschte. Memphis ist als hellenistische Alternative zu Alexandrien daher
ein Anachronismus und könnte auf ein älteres Substrat zurückgehen.

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die (prophetisch148) vorausgesagte Heilskönigin schildert, eine Inschrift die


bereits in pHarris I durch Ramses III. in der Erzählung der vorausgegangenen
historischen Ereignisse eifrig imitiert wurde.

Speos Artemidos: Lammorakel:

„Sie regierten ohne Re und er agierte „Es sagte zu ihm: Es wird geschehen,
nicht gemäß göttlichen Befehl bis zu wenn ich ein Uräus am Haupte Pharaos
meiner Uräus-Verkörperung. (Jetzt) bin (der Heilsherrscher), der in
sitze ich auf den Thron des Re, so wie Vollendung von 900 Jahren sein wird;
man mich seit Zeitalter von Jahren ich werde mich Ägyptens bemächtigen
vorausgesagt hat, als einer geboren (scil.: in Besitz nehmen).“
seinen (eigenen) Besitz (in Besitz) zu
nehmen.“a

a Assmann, „Das Sendungsbewusstsein der Hatschepsut“, 65: „während ich dagegen dauere auf
dem Thron des Re, nachdem ich prophezeit worden war für eine kommende Epoche als eine
geborene Erobererin (‚sie entsteht und sie erobert‘).“.

Die angeblichen original ägyptischen Namen Josephs und Moses in Manetho,


Chairemon, lassen sich vorzüglich anhand des Namensmaterials, der im zeitli-
chen Umkreis Merenptahs besteht, erklären.

Joseph Moses
Manetho X Osarsiph
Chairemon Peteseph Tisithen

Was man da als Allererstes an diesen Namen kritisch beobachten kann, ist
die unwahrscheinliche Häufigkeit der Endung Sepa/siph/seph, die seit Jakob
Krall149 als Osiris-Sepa, beziehungsweise als PꜢdj-špꜢ, „den Sepa gegeben hat“
erklärt werden. Angesichts der ausgesprochenen Seltenheit des Gottesnamens

148  Das zeigt, dass man die Amenophis des Sohns des Hapu attribuierte Rolle bei der Verfas-
sung der Prophezeiung nicht wortwörtlich nehmen sollte. Eine auf ihn zurückgeführte
Textsammlung von Geschichten und Wahrsagungen aus dem Umkreis der Hyksoskriege
dürfte eher zutreffen. Solche Erzählungen scheinen gerade zur Zeit der späten 19. Dynas-
tie aus naheliegenden Gründen zirkuliert zu haben.
149  Krall, Studien Zur Geschichte des Alten Ägyptens, 87 ff.

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Sepa in Literatur und Onomastik, ist die Frage berechtigt, ob die als siph-seph
widergegebenen Namen nicht aufgrund der Namenskontamination mit dem
Namen des Joseph, den sie angeblich widergeben sollten, von einer ursprüngli-
chen im Namen Tisithen erkennbaren Namenspartikel—Seth, in Wirklichkeit
entfernt haben.
In diesem Fall wäre der Name Peteseph, der von Chairemon mit Joseph as-
soziiert wird, auf ein ursprüngliches Bata-Seth, bzw. Seth-Bata, zurückzufüh-
ren. Nach Aussage von Papyrus Jumilhac XX, 18: „Was Bata betrifft: Seth ist es!“
ist zu einer späteren Zeit, die mit der Umkehrung der Figur von Bata ins Nega-
tive und der Gedächtnisverfolgung Amenmesses zusammenfällt, eine Gleich-
setzung zwischen Seth und Bata entstanden.150 Zu allem Überfluss bestehen
bekanntermaßen verblüffende Parallelen zwischen der Josephgeschichte und
derjenigen von Bata im Zweibruder Märchens (Papyrus d‘Orbiney)151. Ange-
sichts der bereits hinlänglich bekannten Verbindungen zwischen dem bibli-
schen Text und dem ägyptischen Märchen über Bata, dürfte die Gleichung
Chairemons zwischen einem rekonstruierten Namen *Bata-Seth und Joseph
überhaupt keine Überraschung mehr darstellen.
Der zweite Name, der angeblich Moses entsprechen sollte, könnte ähnlicher
Weise als ein Ἰrsw-Seth152 (Methathesis) erklärt werden. Da Ἰrsw als Ḫaru also
als Asiate in pHarris I identifiziert wird, wäre die Entwicklung seiner Figur in
den späteren Historien zu Moses geradezu prädestiniert. Damit gehörten bei-
de Namen durchaus ins historisch-geistige Umfeld der Periode.
Eine Diskussion des pChassinat III (ungefähr die Zeit Ramses V.), worin
Anubis, der Bruder des Bata im Zweibrudermärchen, erscheint, zeigt seltsame
Analogien (z.B. Nilaussetzung) zur biblischen Figur des Moses auf, welche die
sehr merkwürdige und ahistorische Namensassoziation mit Moses vielleicht
erklären helfen könnten153. Man muss jedoch vor verfrühten diesbezogenen
Schlussfolgerungen warnen, das alleräußerste worauf man zum Zeitpunkt

150  pAthen 1826 in der Übersetzung von Fischer-Elfert und Hoffmann, “Die magischen Texte
des Papyrus Nr. 1826”, zeigt eine bereits sehr frühe (während der späteren 19. Dynastie)
erfolgten Gleichsetzung von Bata und Seth. Dabei wird Bata sogar an erster Stelle vor Seth
beschworen.
151  Hollis, The Ancient Egyptian “Tale of Two Brothers” und „Out of Egypt“; Wetengel, Die
Erzählung von den beiden Brüdern, 7 ff.
152  Eine weitere Lesung des ersten Namensteils als Osiris, ist nach der Deutung des zweiten
darauffolgenden Namensteils als Seth nicht mehr möglich.
153  Barbotin, „Le Papyrus Chassinat III“. In pChassinat III (Zeit Ramses V.) kann man nämlich
beobachten, wie allmählich die Figuren des Zweibruder Märchens mit den historischen
Gestalten der Amenmesse-Revolte verschmelzen und zugleich, ob bewusst oder unbe-
wusst, Wesenszüge gewinnen, die für den biblischen Moses später bekannt sind, bezie-
hungsweise für die künstliche Moses-Figur (Osarsiph) des Manetho. Das ­Zweibruder

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schließen kann, ist dass die biblischen Figuren und die ägyptischen Texte
irgendwann mal zu konvergieren angefangen haben.
Gegen den Hintergrund der neugewonnenen historischen Erkenntnisse
bleibt sehr wenig Platz für Spekulationen über einen historisches Exodus
der Israeliten aus Ägypten am Ende der Spätbronze Zeit. Die Erforschung der
Literatur entstanden im Dunstkreis der Amenmesse Revolte, kann uns voraus-
sichtlich darüber mehr verraten. Vor allem das Zweibruder Märchen könnte,
betrachtet als ethnische ätiologische Sage154, sich als richtungsweisend in die-
sem Sinne erweisen.

Märchen ist eine verschlüsselte Narration, die von ihrem Hörer forderte, die darin ver-
steckten politischen Gestalten selbständig zu erkennen.
Der Name, der ihm da gegeben wird, ist ein Kalauer auf den Namen des Anubis im
Zweibruder Märchen, Jnpw > Mi-pw, erklärt von Barbotin („Le Papyrus Chassinat III“, 15)
als Seitenhieb im Sinne eines „wie wer denn?“. Mi-pw wird als Bruder des Bata von Saka
identifiziert (daher als Anubis des Märchens).
Man kann dem Bericht des Josephus (Gegen Apion I, 26 und II, 2) „Der ihre Verfassung
gab, war, wie es heißt, ein Priester aus Heliopolis mit Namen Osarsiph—so genannt nach
dem in Heliopolis verehrten Osiris—und seitdem er sich an dieses Volk anschloss, soll
er den veränderten Namen Moyses angenommen haben.“ folgende Stellen in pChassinat
III gegenüberstellen: Spalte x+1, Zeile 5: „ta ville Heliopolis, ton père […] … Tu es le frère
siA […] Khèpri. Tu as été mis au monde dans la nome du Sceptre.“, Spalte x+1, Zeile 7:
„Mi-pou, celui que l´on appelle « l´ignorant », sur le dos de qui se trouvent les serviteurs
du temple.“. Mi-pou hätte seinen Namen später verändert (Spalte x+2, Zeile 4): „Tu tʼes
donné pour nom […“. Die satirische Erzählung des pChassinat III endet mit der Verhaf-
tung des Mi-pou (oder des Bata?) durch die Anführer der Armee, was ihn u.A. als einen
Aufrührer identifiziert (Verso, Spalte x+1, 1–3): „[…] n appel aux chiens […] venu, il ame-
na le fils (?) lubrique […] n.f, la troupe des commandants (?) l´amena.“.
Ob der Autor des pChassinat III bewusst auch solche biographischen Merkmale dem
Charakter des Mi-pw hinzugefügt hat, die man später als dem biblischen Moses zu eigen
erkannte, kann man nicht sagen. Nichtsdestoweniger kann man die komplette Spalte
x+1, Zeile 5, folgendermaßen lesen: „ta ville Heliopolis, ton père […] ……… Tu es le frère
siꜢ […] Khèpri. Tu as été mis au monde dans la nome du Sceptre, tu as été jeté à l´eau, tu
ne mourras pas, tu vivras d´une vie que […] tu […]“. Mit der biblischen Erzählung von
der Nil Aussetzung Moses im Hinterkopf, wundert man sich nicht, dass spätere ägypti-
sche Historienschreiber diese satirische Schrift, pChassinat III, ernst nahmen und Moses
automatisch mir Osarsiph assoziierten.
Dieser Hinweis darf nicht im Sinne einer Behauptung, dass dem Autor des pChassinat
die biblische Gestalt des Moses bekannt war, ausgelegt werden. Es geht hier stattdessen
um die Beobachtung, dass die späten Historien Manethos/Chairemons/Apions auf eine
sehr lange Entwicklungsgeschichte und auf eine komplexe ununterbrochene Überliefe-
rungskette zurückblicken können, in der allerdings nicht nur die historische Wirklichkeit
eine Rolle gespielt habe.
154  Eigentlich hätte diese Deutung der Erzählung spätestens seit Müllers Publikation 1902 der
südarabischen Version des Zweibrudermärchens ernsthaft in Betracht gezogen werden
müssen. Ein Resümee dieses Märchens kann man bei Peust finden.

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Zweibrüdermärchen, dass ein wie auch immer gearteter genetischer Zusammenhang
kaum bestreitbar erscheint.“.
Letztere Geschichtsvariante unterscheidet auffällig zwischen den zwei Brüder. Es
handelt sich dabei nämlich um ethnisch unterschiedliche Brüder, eine Unterscheidung,
welche auch das Aigyptos und Danaos Mythos, die andere überlieferte Flucht aus Ägyp-
ten, zwischen den Brüdern macht. Das sind in der Südarabischen Adaption: dem „Sohn
der Araberin“ (wald al ʿarbiyya) und dem „Sohn der Abessinierin“ (wald al-ḥabašiyya).
Müller, Die Mehri und Soqoṭri Sprache, 69–91.
Es ist nicht abwegig anzunehmen, dass die südarabischen Erzähler damit mehr über
den versteckten ursprünglichen Sinn des Zweibrüdermärchens, über die tagespolitisch
begründete Passage bezüglich der Thronfolge des Königssohns von Kusch, Kha-em-ter,
hinweg, als wir heute wussten.

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