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Obwohl frühe Anwendungen bis in die vier-
ziger Jahre zurückreichen, sind die ersten
bedeutenden Anwendungen mit glasfaser-
verstärkten Kunststoffen (GFK) ab den
fünfziger Jahren im Segelflugzeugbau zu
verzeichnen. Die Hauptgründe für den Ein-
satz von GFK in Segelflugzeugen bestehen
darin, dass man die Werkstoffeigenschaften
richtungsabhängig regulieren kann und dass
komplexe, gerundete Formen viel einfacher
herzustellen sind. Die Fasern können genau
in Richtung des Kraftflusses positioniert
werden und aerodynamisch anspruchsvolle
Konturen können mit wenig Aufwand in
bester Qualität erzeugt werden. GFK bieten
jedoch gegenüber Aluminium nicht aus-
schliesslich bessere Eigenschaften, besonders
wenn man die Festigkeits- und Steifigkeits-
eigenschaften eines gealterten Werkstoffs
unter Wärmeeinfluss berücksichtigt.
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Ein entscheidender Durchbruch für die fa-
serverstärkten Kunststoffe im Flugzeugbau
gelingt im Jahr 1961 am «Royal Aircraft
Establishment» in England mit der Erfin-
dung der Kohlenstofffaser auf Basis des
Textil-Kunststoffs PAN. Diese Faser erreicht
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gegenüber Glasfasern eine deutlich hö-
here Steifigkeit. Heute gibt es eine grosse
Bandbreite an Kohlenstofffasern mit sehr
unterschiedlichen Eigenschaften. Die auf
dieser Basis hergestellten kohlenstofffaser-
verstärkten Kunststoffe (CFK) bestehen
etwa zur Hälfte aus Kohlenstofffasern und
zur anderen Hälfte aus einem Kunststoff,
meistens aus einem Epoxy-Harz. Die ersten
Anwendungen von GFK und CFK im
Passagier- und Militärflugzeugbau beschrän-
ken sich auf wenig belastete Sekundärteile,
beispielsweise Verschalungen. Ein Meilen-
stein und richtungweisender Schritt gelingt
Airbus 1983 mit dem Entscheid, den neuen
Airbus A320 mit einem Seitenleitwerk
auszurüsten, bei welchem die lasttragende
Struktur komplett aus CFK hergestellt wird.
Seitdem fliegen tausende A320 mit CFK-
Seitenleitwerken.
Nach dem Wechsel vom Holzflugzeug zum
Metallflugzeug ist die Ablösung der Metall-
durch die Kunststoffbauweise erst der zweite
Werkstoffwechsel im Flugzeugbau. Konnte
man früher bei einem Flugzeug erkennen,
ob es aus Holz oder Metall gefertigt war, ist
heute der Werkstoff nicht mehr sichtbar: Die
Werkstoff-Revolution findet unter der La-
ckierung statt. Die neue Boeing 787, die noch
in diesem Jahr zum Erstflug starten soll, ist
strukturell hauptsächlich aus CFK gefertigt.
Unter einem CFK-Flugzeug muss man sich
nun tatsächlich ein Flugzeug vorstellen, bei
welchem die tragende Struktur nahezu aus-
schliesslich aus faserverstärkten Kunststoffen
gefertigt ist: So bestehen beispielsweise beim
Flügel die kompletten Holme, Rippen und
Beplankungen aus CFK. Die gesamten Lasten
vom Flügel werden also via unzählige, feine
Kohlenstofffasern, welche ihrerseits wieder-
um mit dem Epoxy-Harz zusammengeklebt
sind, zur Rumpfstruktur geleitet. Nur bei
den Flügelanschlüssen zum Rumpf kommen
Metallteile zum Einsatz. Bei der nächsten Ge-
neration von Flugzeugen werden möglicher-
weise sogar diese durch CFK-Bauteile ersetzt.
Den gemeinsamen Einsatz von CFK und
metallischen Werkstoffen wie Aluminium
nennt man Hybridbauweise. Der direkte
Kontakt von CFK mit Aluminium verlangt
spezielle technische Lösungen, da einer-
seits Kontaktkorrosion entstehen kann
und anderseits die Wärmeausdehnung von
Aluminium viel grösser ist, was zu nicht
unerheblichen Spannungen in der Verbin-
dungsstelle führen kann.

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Neben der Gewichtseinsparung bietet CFK
weitere Trümpfe: Der neue Werkstoff ist
deutlich weniger empfindlich gegenüber Er-
müdung, dem Hauptfeind der Aluminium-
Legierungen. Dies hat wesentlichen Einfluss
auf die Berechnung der Lebensdauer eines
Flugzeuges und die Art der Überprüfungs-
und Wartungsarbeiten. Demgegenüber steht
jedoch eine geringere Schadenstoleranz,
zum Beispiel bei Schlagbeanspruchung. Die
Schadenstoleranz lässt sich derzeit noch
nicht exakt berechnen, weshalb die Ausle-
gung der CFK-Flugzeugstrukturen heute
konservativ erfolgen muss. Die Lösung
dieses Problems wird zusätzlich Gewichts-
einsparung bringen.
Die Werkstofffrage im Flugzeugbau wird al-
lerdings nicht mehr nur durch die steigen-
den Effizienzanforderungen und durch die
Konkurrenzsituation zwischen Boeing und
Airbus angetrieben, sondern inzwischen
zunehmend auch durch das Modernitäts-
empfinden der Airlines, welche den Herstel-
lern weitgehend vorgeben, ob das Flugzeug
aus Metall oder CFK sein soll. Dennoch
werden die Erfahrungen mit der Boeing 787
und dem A350 wesentlichen Einfluss auf die
nächste Flugzeuggeneration und den Ent-
scheidungsprozess zur Materialfrage haben.
Für die zurzeit in Entwicklung befindlichen
Flugzeugtypen werden Werkstoffe der letz-
ten Generation verwendet, die viel verspre-
chenden Neuentwicklungen kommen zu
spät. Der Grund liegt in den äusserst auf-
wendigen und kostspieligen Materialqua-
lifikationsprogrammen, die zur Charakteri-
sierung der Materialeigenschaften und zur
Bestimmung der Berechnungskennwerte
notwendig sind. Die Aufwendungen für die-
se Programme könnten drastisch reduziert
werden, wenn sich die gesamte Industrie
diesbezüglich koordinieren und gemeinsam
arbeiten würde. Dies ist aber leider heute
noch nicht der Fall.
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Die meisten Strukturbauteile sind derzeit
aus unidirektional verstärkten Prepreg-
Lagen hergestellt, einem Vorfabrikat aus
Kohlenstofffasern und Epoxy-Reaktionsharz,
welches unter Temperatur und Druck aus-
härtet. Dieses Rohmaterial kann entweder
von Hand oder von sehr aufwendigen, teu-
ren Maschinen wie Tapelayern und Fibre-
placement-Anlagen verarbeitet werden. Die
Investitionskosten für diese automatisier-
ten Anlagen sind sehr hoch und die Flexi-
bilität ist eher gering. Viele Hersteller wählen
daher den Zwischenschritt der Teilautoma-
tisierung.
Der Werkstoff CFK bietet einiges an Innova-
tionspotenzial: Zukünftig werden Fasern
mit höherer Steifigkeit, modernere Verar-
beitungsverfahren der Textiltechnik sowie
die Injektionstechnik zum Einsatz kommen.
Erste Elemente dieser Art sind bereits ver-
baut, der Durchbruch wird in der nächsten
Flugzeuggeneration erwartet. Sogar massive
Baugruppen wie Fahrwerkkomponenten
und deren Aufhängungen sind schon im
Visier der Konstrukteure. Bei diesem Vorha-
ben stossen aber die Berechnungsmethoden
an ihre Grenzen.
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Der Grossteil der heute hergestellten CFK-
Bauteile ist vom Prinzip her platten- oder
schalenförmig. Dafür eignen sich die Be-
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rechnungsverfahren mittels der Finite
Elemente Methode (FEM) besonders gut,
da dabei der Werkstoff ebenfalls in Schichten
aufgebaut und berechnet werden kann. Zu
dickwandigen Bauteilen wie Fahrwerksauf-
hängungen hingegen passen diese aktuell
angewendeten Verfahren und die vorhande-
nen Werkstoffkennwerte nicht sehr gut. Die
Bestimmung einiger Materialeigenschaften
rechtwinklig zur Faserschicht ist schwierig.
Deshalb stimmen bei solchen Anwendun-
gen die mit vertretbarem Aufwand erzeug-
ten FEM-Simulationen noch zu wenig mit
der Realität überein. Für den Extremfall
der Faserverstärkung in Dickenrichtung,
was mit moderner Textiltechnik erreicht
und in den letzten Jahren häufig vorgestellt
worden ist, versagen die Rechenmodelle
noch völlig. Hier gibt es noch viele Aufga-
ben zu lösen, die sich gut für Hochschulen
eignen würden. Es müssen einerseits neue
Modellierungsprinzipien erarbeitet und
andererseits Materialtests zur Verifikation
durchgeführt werden. Wo die Festigkeitsre-
serven nicht analytisch nachgewiesen wer-
den können, muss mit einem Belastungs-
test demonstriert werden, dass das Bauteil
den Anforderungen genügt. Da nicht jedes
Bauteil in allen Belastungszuständen getestet
werden kann, müssen die Berechnungsver-
fahren optimiert werden.
Den neuen Konstruktionsmethoden folgen
neue Berechnungsnachweise, neue Herstel-
lungsmethoden und neue Prüfverfahren.
Damit steigen die Herausforderungen an die
Ingenieure, das Verkehrsflugzeug zu zertifi-
zieren. In der Boeing 787 ist schon vieles von
dieser modernen Konstruktionsweise reali-
siert – wenn sie in diesem Jahr zum ersten
Mal abhebt, kann man vor dieser gewaltigen
Ingenieurleistung nur den Hut ziehen.
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