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Vandenhoeck & Ruprecht (GmbH & Co. KG) is collaborating with JSTOR to digitize, preserve
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1. Forschungsbereich
In der heutigen Kultur ist ein wachsendes religiöses und spirituelles Interesse
erkennbar, dennoch sind christliche Kirchen kaum in der Lage, adäquat auf
dieses Interesse einzugehen. Einerseits sehen wir einen immer mehr abnehmen
den Einfluss des institutionalisierten Glaubens, mit der Folge, dass die Positi
on der Pfarrei als Konzentrationspunkt kirchlicher Präsenz in unserer Gesell
schaft immer marginaler wird, anderseits stellen wir ein zunehmendes Interes
se für Sinngebung und Ritualität fest. Es existiert offensichtlich eine Kluft zwi
schen Nachfrage und Angebot.
Diese Arbeit sucht nach Orten, wo diese Kluft überbrückt wird. Erfolgreich
erscheinen hauptsächlich kleinangelegte Projekte zu sein, wo sich vorläufige
oder gelegentliche Gemeinschaften bilden und der Glaubensschatz auf die in
dividuelle Erfahrung abgestimmt wird. Außerhalb des regulären Rahmens der
Pfarrei gibt es viele Orte, wo Menschen zusammenkommen, um gemeinsam zu
feiern, oder wo in allgemeinem Sinne pastorale Nähe und kirchliche Präsenz
gestaltet werden. Aus der Sicht der Kernpfarrei werden jene Orte oft als
,Rand' (,Marge') und ,Diaspora' betrachtet. Dort, begegnen wir Menschen,
1 Das vorliegende Abstract wurde aus dem Niederländischen übersetzt durch Dr. Dipl. Übers.
Y. van den Akker-Savelsbergh; überarbeitet und leicht gekürzt durch die Schriftleitung.
2 Lukken, Gerard: Rituals in abundance. Critical reflections on the place, form, and identity of
Christian ritual in our culture. Leuven 2005.
Marge - Die Begriffe ,Marge' und ,marginal' können sich sowohl auf di
Menschen in ihrem Verhältnis zum liturgischen Angebot der Kernpfarrei,
auch auf die Position von rituell-musikalischen und rituellen Repertoires
ziehen. In dieser Dissertation meinen wir vor allem letzteres. Gewisse Rep
toires (mit charakteristischen Eigenschaften) nennen wir marginal, weil si
der Liturgie der Kernpfarrei nicht oder kaum angeboten werden. Angebo
mit einem spezifischen Klang, auch in musikalischem Sinne, entstehen neb
und manchmal auch an Stelle der Liturgie der Kernpfarrei und richten sich
Identitäts- und Zielgruppenliturgie auf spezifische Zielgruppen. So ist
Identitätsliturgien etwa an die Liturgien der Studentenkirchen, Basisgem
schaften, Klöster oder Zentren für byzantinische Liturgie zu denken. Zie
gruppenliturgie richtet sich z.B. an Kinder, Jugendliche, Frauen, Invalid
Gefangene oder Ausländer. Dieser Liturgietyp findet teilweise innerhalb
Liturgie der Pfarrei statt und kennzeichnet sie als gastfreundliche Organis
on. Bei Zielgruppenliturgie ist durchgängig die Grundstruktur der römisc
Liturgie erkennbar, aber innerhalb dieser Grundstruktur gibt es viele Fre
ten; Sprachgebrauch und musikalisches Repertoire sind der Zielgruppe an
passt.
Identitäts- und Zielgruppenliturgie bilden die Repertoires, die wir marginal
nennen. Sie richten sich auf spezifische Teilnehmer, unterscheiden sich durch
den Ort (Klöster, Andachtsraum), durch eine besonderen rituellen Ordo (by
zantinische Feiern) oder durch ein eigenes rituell-musikalisches Repertoire
(Taizé-Feiern) oder sie zeigen andere Qualitäten, die die Teilnehmer im gängi
gen Angebot der Kernpfarrei vermissen. Durch Aneignung bestehender und
neuer Ritualitätsformen suchen die Teilnehmer einen neuen Rahmen, der von
ihnen als sinnvoll erfahren wird. Gerade rituell-musikalische Repertoires er
weisen sich als wichtige Träger des Inkulturationsprozesses. Dieser Prozess
kann sowohl in Richtung der experimentellen Liturgie wie in Richtung der la
teinischen Liturgie mit gregorianischen Gesängen führen.
4. Gregorianischer Choral
Ein zweites Bündel von Qualitäten können wir mit dem Konzept Partizipa
tion' verbinden. Sänger und Hörer finden sich im gregorianischen Choral und
in den damit verbundenen rituellen Formen. Wir können die Schola als tribe
(Maffesoli) oder sound group (Blacking) beschreiben. Die sehr verschiedenen
Kontexte, in denen der Gregorianische Choral zum Gehör gebracht wird, stel
len die Frage nach der Art der Partizipation. Die Hörer-Kirchgänger betei
ligen sich in der Regel nicht aktiv am Gesang, dennoch ist die Rede von partici
patio actuosa im Sinne von Engagement und Aneignung. In den drei Kontex
ten, in denen sich der gregorianische Choral darbietet (Fiturgie, liturgisch
konzertanten Kontext und Konzert) verweist der Gregorianische Choral auf
die Vergangenheit und die Tradition, in der Fiturgie jedoch wird ein Großteil
der Kirchgänger den Gregorianischen Choral der Tradition zurechnen, in der
sie selbst stehen; bei einem Konzert gibt es diese Identifikation weniger. Die
Abnahme der Identifikation können wir als einen Prozess von Musealisierung
und Ästhetisierung beschreiben, als wachsende Erfahrung von Andersartigkeit
und Abstand.
Obschon der Gregorianische Choral auf frühere Zeiten verweist, auch wenn
er im Kontext der heutigen Fiturgie gesungen wird, zeigt sich doch ebenfalls,
dass man oft die alten Praktiken nicht unverändert übernimmt. Die Vergan
genheit wird mit Rücksicht auf die Gegenwart benutzt. In liturgisch-konzer
tanten Kontexten wird unter Berufung auf die Vergangenheit etwas Neues dar
gestellt. Die Vespern der Schola Cantorum Amsterdam setzen sich aus verschie
denen Quellen zusammen und sind u.a. an die musikalischen Wünsche der
Sänger angepasst; im Grunde genommen liegt hier eine neue Ritualform vor.
Bei Konzerten ist die Rede von reinvention : der Gregorianische Choral wird
in einen neuen Kontext eingebracht, infolgedessen entstehen neue Interferen
zen, und so ändert sich auch der Gregorianische Choral. Diese Änderung be
trifft nicht Form und Gestalt, sondern die Sinngebung oder Aneignung. Es er
gibt sich, dass der traditionelle Gregorianische Choral als ein hermeneutisch
offener Raum funktioniert, der durch Singende und Hörende auf individuelle
Art mit Bedeutungen gefüllt werden kann.
5. Taizé
sich schließlich klar aus (statt nuanciert oder abstrakt) und wird meistens
durch die materielle Kultur vermittelt.
6. Jugendchöre