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Werkstoffe Keramik

Keramik für den Einsatz


in Bremsen und Kupplungen
Eine weitere Steigerung der Leistungsdichte von Kupplungen und leistet ist. Die geforderte Erhöhung der Leis-
Bremsen ist mit herkömmlichen Reibwerkstoffen fast nicht mehr tungsdichte, wie auch die stark gestiegenen
Komfortanforderungen an ungeschmierte
möglich. Reibbeläge auf der Basis von Sintermetallen erlauben eine Friktionssysteme speziell im Fahrzeugbau,
höhere Leistung als organische Reibbeläge, jedoch haben sie gravieren- begrenzen die Anwendung konventioneller
de Nachteile in Bezug auf Komforteigenschaften, so dass sie im Pkw organischer Reibwerkstoffe. Sie erlauben
nicht eingesetzt werden können. Erfolg verspricht die Anwendung von nur eine relativ niedrige Temperaturbelas-
tung und niedrige maximale Flächenpres-
neuartigen keramischen Werkstoffen, mit denen sich der folgende sung, um unter dem Gesichtspunkt Ver-
Aufsatz des Instituts für Maschinenkonstruktionslehre und Kraftfahr- schleiß noch akzeptable Resultate zu liefern.
zeugbau der Universität Karlsruhe näher befasst. Damit hat bei Neuentwicklungen von Fahr-
zeugantriebssträngen das Kupplungs- und
Bremssystem einen großen Einfluss auf den
wichtige Nebenbedingung werden von erforderlichen Bauraum.
1 Einleitung Kupplungen und Bremsen in geschaltetem
Zustand hohe Haltekräfte verlangt. Die Be- Kupplungen und Bremsen wandeln prin-
Eine erfolgreiche Entwicklung auf dem Ge- trachtung verschiedener Friktionssysteme zipbedingt kinetische Energie durch Rei-
biet des Kfz-Antriebsstrangs erfordert eine zeigt, dass die Grundstruktur aller Frik- bung in Wärmeenergie um. Sie können ihre
integrierte Betrachtung, ausgehend vom tionssysteme aus vier Systemelementen Funktion also nur erfüllen, wenn folgende
Gesamtsystem Fahrzeug über Teilsysteme bestehen, Bild 1. Dabei ist zu beachten, dass Bedingungen realisiert werden können:
bis hin zu Bauteilen und Elementen des An- sich das Friktionssystem durch Reibung – hohe Wärmeabfuhr an die Umgebung
triebstrangs. Das Institut für Maschinen- und Verschleiß fortwährend ändert [2]. – hohe Wärmekapazität
konstruktionslehre und Kraftfahrzeugbau – hohe Temperaturbeständigkeit der
in Karlsruhe forscht mit einem ganzheitli- Die Hauptdimensionierungsparameter ei- Reibpartner.
chen Ansatz auf dem Gebiet des Antriebs- ner trockenlaufenden Kupplung sind im
strang-Engineering [1]. In diesem Beitrag wesentlichen das zu übertragende Mo- Eine Verbesserung der bestehenden Syste-
werden eine Systemanalyse und Untersu- ment, die Schaltzeit und die thermische Be- me ist gleichbedeutend mit einer Verbesse-
chungen von trockenlaufenden Reibwerk- lastbarkeit der verwendeten Reibpaarung rung der genannten Kriterien. Eine bessere
stoffen für Schaltkupplungen und Bremsen [3]. Desweiteren ist der Verlauf des Reib-
vorgestellt. Erweiterte gesetzliche Anforde- werts im aktiven Reibkontakt unter den
rungen an die in diesen Werkstoffen ver- verschiedenen Einsatzrandbedingungen Die Verfasser
wendeten Einsatzstoffe – zum Beispiel von entscheidender Bedeutung [4]. Die
Schwermetalle – erzwingen in den näch- Reibpaarung muß eine hinreichende Größe
sten Jahren eine massive Neuentwicklung und Konstanz des Reibwerts garantieren. o.Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c.
von Friktionswerkstoffen. Dadurch kommt Ein hoher Reibwert (µ > 0,4) ist gewünscht, Albert Albers ist Ordina-
rius des Instituts für Maschi-
auch völlig neuen Werkstoffen eine stei- wird aber von organischen Kupplungsbelä-
nenkonstruktionslehre und
gende Bedeutung zu. So werden im Sonder- gen nicht erreicht. Unabhängig von Gleit- Kraftfahrzeugbau der Uni-
forschungsbereich SFB 483 die Potentiale geschwindigkeit und Reibtemperatur ist versität Karlsruhe (TH).
von Ingenieurkeramik in dieser Anwen- ein möglichst gleichbleibender Reibwert
dung erforscht. Die Ansätze, Potentiale und das Ziel, nur er verhindert reibwertindu-
ersten Ergebnisse zur technischen Keramik zierte Schwingungen, die zum Beispiel als Dipl.-Ing. Asli Arslan ist
in Kupplungen werden vorgestellt. Kupplungsrupfen bekannt sind. Idealer- Mitarbeiterin der Gruppe
weise steigt der Reibwert mit zunehmen- Antriebstechnik des Instituts
der Gleitgeschwindigkeit und Drehzahldif- für Maschinenkonstruktions-
2 Systemanalyse ferenz leicht, da das System dann eine lehre und Kraftfahrzeugbau
dämpfende Wirkung besitzt, Bild 2, [5, 6]. der Universität Karlsruhe
(TH).
Bremsen und Kupplungen sind Friktions- Beschreibbar ist dieses Verhalten durch den
systeme, bei denen eine Drehzahldifferenz Reibwertgradient µ´, der positiv sein soll.
und ein Schlupfvorgang der Reibpartner Dipl.-Ing. Daniel Herbst
ausgenutzt wird, um Geschwindigkeitsdif- µ‘ = dµ/dν ist Mitarbeiter der Gruppe
ferenzen zwischen Teilsystemen unter Last Antriebstechnik des Instituts
anzugleichen. Dabei wird immer auch me- Eine zu starke Abnahme des Reibwerts mit für Maschinenkonstruktions-
lehre und Kraftfahrzeugbau
chanische Bewegungsenergie dissipiert. abnehmender Drehzahldifferenz ist natür-
der Universität Karlsruhe
Kupplungen müssen zusätzlich ein Mo- lich nicht zulässig, weil sonst kein wirksa- (TH).
ment schalten und dosieren können. Als mes Einkuppeln oder Abbremsen gewähr-

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Keramik Werkstoffe

Die Systemanalyse zeigt zusammengefasst


folgende relevante Kriterien für die Ent-
wicklung von Kupplungssystemen:
– temperaturstabiler Reibwert
– gleitgeschwindigkeitsabhängiger posi-
tiver Reibwertgradient
– hoher Reibwert > 0,4
– hohe Temperaturbeständigkeit des ge-
samten Systems
– gute Anpassfähigkeit im Wirkflächen-
paar
– optimierte Wärmeabfuhr
– sehr gute Dosier- und Regelbarkeit
– hohe Lebensdauer durch niedrigen
Summenverschleiß der Tribopartner
Bild 1: Abstraktion der ungeschmierten Reibsysteme – Unempfindlichkeit gegen Störmedien
Figure 1: Abstraction of the non-greased friction systems – niedriges Gesamtgewicht
– hohe Leistungsdichte zur Bauraummi-
nimierung
Die Folge ist Kantentragen, das heißt, die – tolerantes Ausfallverhalten
tatsächlich am Friktionsprozess beteiligte – Drehzahlfestigkeit.
Fläche ist geringer als die geometrische,
Bild 3. Ähnliche Folgen haben fertigungs-
bedingte Parallelitätsabweichungen der 3 Experimentelle Ansätze
Reibpartner zueinander. Diese können zu- zur Untersuchung von
sätzliche geometrische Anregungen von Friktionssystemen
Antriebsstrangschwingungen verursa-
chen. Bei Reibwerkstoffen mit einer hohen Die genauen Abläufe in der Friktions-
mechanischen Steifigkeit wirken sich die schicht sind noch Gegenstand der Grundla-
Konsequenzen des Kantentragens wesent- genforschung. Es ist wichtig, ein zuneh-
lich stärker aus, da sich diese Reibwerkstof- mendes Verständnis vom Reibvorgang zu
Bild 2: Reibwertverläufe in Abhängigkeit der fe nicht durch elastische Verformung der erhalten, um bei der Optimierung des Frik-
Gleitgeschwindigkeit Oberfläche der Gegenpartner anschmiegen tionssystems die relevanten Parameter zu
Figure 2: frictional coefficient progresses in können. Daher werden Sintermetalle selten modifizieren. An der Universität Karlsruhe
dependence of the slip speed ringförmig als Reibpartner verwendet, son- laufen Forschungstätigkeiten im Bereich
dern als mehrere kleine Segmente. Bei der Fahrzeugkupplung. Eines der Projekte
Traktor- und Nutzfahrzeugkupplungen untersucht den Temperatureinfluss auf
werden schon seit längerem mehrere Be- Friktionspaarungen.
Wärmeabfuhr ist kaum noch realisierbar, lagsegmente auf einzelnen, federnden Zun-
da die wirtschaftlich vertretbaren Möglich- gen ringförmig aufgebracht. Für Eisen- Alterung und Schädigung der Beläge sind
keiten weitgehend ausgeschöpft sind. Die bahnbremsen wurde eine konstruktiv an- in den meisten Fällen die Folge von Über-
Einbaulage von Kupplungen bei Fahrzeu- spruchsvollere Lösung entwickelt, um die- hitzung, insbesondere von kurzzeitigen
gen ist aus thermischer Sicht eher ungüns- ses Problem zu beseitigen: Hier werden an- Temperaturspitzen (Hot Spots). Mit Hilfe ei-
tig. Verbesserungen sind nur mit großem stelle eines monolithischen Bremsbelags ner Ultrakurzzeit-Thermokamera wird die
Aufwand zu realisieren, wie durch eine mehrere kleine Reibelemente aus Sinter- Temperaturverteilung auf der Oberfläche
Zwangskühlung statt der heute üblichen metall einzeln gefedert auf einer starren von Friktionswerkstoffen erfasst. Bei die-
Konvektions- und Strahlungskühlung. Eine Platte oder fest auf einer elastischen Grund- sem Gerät handelt es sich um die derzeit
spürbar höhere Wärmekapazität des Sys- platte befestigt, wodurch die Anpassung an schnellste kommerziell erhältliche Vollbild-
tems ist mit einer Massezunahme verbun- die Bremsscheibenoberfläche gewährlei- Thermokamera. Sie erzeugt Vollbilder mit
den. Bei annähernd gleichbleibendem Ge- stet wird [8]. Diese Designlösungen sind einer Größe von 256x256 Pixel bei Integra-
wicht ist sie nur in Zusammenhang mit auf keramische Reibwerkstoffe hoher Stei- tions-(Belichtungs-)zeiten bis hinunter zu
temperaturbeständigen Werkstoffen mög- fe übertragbar. 2 µs. Diese Kamera zeigt auch bei hoher
lich. Einen wirklichen Fortschritt bringt der
Einsatz hochtemperaturbeständiger Werk-
stoffe und Werkstoffkombinationen. Hier Bild 3: Effekt der Telle-
werden auch ingenieurkeramische Werk- rung durch axialen
stoffe interessant. Temperaturgradienten
Figure 3: Effect of the
Temperaturgradienten in axialer Richtung dishing through axial
führen bei ringförmigen Reibpartnern zu temperature gradient
thermischer Verformung in radialer Rich-
tung [9], der so genannten Tellerung, Schir-
mung oder Topfung.

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Werkstoffe Keramik

Vergrößerung keine wahrnehmbare Bewe-


gungsunschärfe. Mit den Untersuchungen
werden experimentell die Entstehungs-
quellen von Hot Spots lokalisiert, die sich
bisher nur durch Berechnungen mit unsi-
cheren Annahmen abschätzen ließen.

Um einen direkten Einblick auf die Belags-


oberfläche zu erhalten, wird in die Grau-
gussscheibe ein Saphirfenster eingelassen,
Bild 4. Das Saphirfenster dient der Reibkon- Bild 5: Temperaturaufnahmen bei konstanter Last und unterschiedlichen Drehzahlen (500/min,
takterhaltung. Saphir ist für thermographi- 750/min, 1000/min)
sche Untersuchungen gut geeignet. Es ist Figure 5: Temperature reception at constant load and different speeds (500 rpm, 750 rpm, 1000 rpm)
hochtemperaturbeständig, kratzfest, sowie
für IR-Strahlung und den sichtbaren Licht-
bereich durchlässig. Außerdem hat Saphir sind [7]. Bei höherer Temperaturbelastung 4.2 Sintermetalle
annähernd die gleiche volumenspezifische fällt der Reibwert durch flüssige Zerset-
Wärmekapazität und eine ähnliche Wär- zungsprodukte der organischen, harzhalti- Beläge aus Sintermetallen werden bei
meleitung wie Stahl. Bild 5 zeigt die Tem- gen Bindemittel. Der Einsatz von Phenolhar- Bremsen und Industriekupplungen schon
peraturverteilung über der organischen Be- zen als Bindemittel von anorganischen Füll- seit einigen Jahrzehnten eingesetzt. Sinter-
lagoberfläche beim Gleitvorgang mit un- stoffen war schon in den 40er Jahren be- metalle sind im Vergleich zu den organi-
terschiedlichen Differenzdrehzahlen. Deut- kannt, mit denselben thermischen Nachtei- schen Belägen steifer und härter. Es sind
lich ist die inhomogene Temperaturvertei- len wie heute [10]. Der damals wichtigste daher konstruktive Maßnahmen notwen-
lung zu erkennen, die durch das Systemver- Füllstoff, das Asbest, ist vollkommen ver- dig, die der hohen Steife der Sintermetalle
halten und die Eigenschaften der Elemente drängt worden. Die kurzzeitigen Gebrauchs- gerecht werden. Damit sich die Beläge der
des Compound-Werkstoffes bestimmt temperaturen der einzelnen Harze liegen Oberfläche der Bremsscheibe oder Anpress-
wird. höchstens zwischen 120°C und 180°C [11]. platte anpassen, werden mehrere kleine
Kupplungs- und Bremsbeläge ertragen je- Reibelemente einzeln gefedert oder auf ei-
Die so gewonnenen experimentellen Er- doch durch anorganische Füllstoffe mit ho- ner elastischen Grundplatte befestigt, Bild
kenntnisse fließen in die theoretische Mo- her Wärmeleitfähigkeit oder hoher Wärme- 6 und 7.
dellierung des Friktionskontakts ein. Hier kapazität kurzzeitig wesentlich höhere
wird an einem auf der Methode der Finiten Temperaturen. So sind bei Fahrzeugkupp- Sintermetallbeläge auf der Basis von Kup-
Elemente basierenden Ansatz zur Beschrei- lungen 250°C und bei Eisenbahnbremsen fer- und vor allem Eisenlegierungen wer-
bung komplexer Friktionssysteme gearbei- mit Belägen hoher Härte 500°C Dauertem- den für Scheiben- und Trommelbremsen
tet. peratur und kurzzeitig 700°C [8] zulässig, und Hauptkupplungen für schwere Nutz-
wobei allerdings starker Verschleiß und fahrzeuge verwendet. Sie ertragen hohe
Umweltbelastungen durch thermische Zer- Temperaturen über 800°C und besitzen ei-
4 Potentiale der Reibwerkstoffe setzung der organischen Bindemittel in nen hohen Reibwert, der abhängig von der
Kauf genommen werden. Zusammensetzung zwischen 0,4 und 0,7
4.1 Organische Beläge liegt und mit zunehmender Reibtempera-
Die Vorteile der organischen Beläge sind tur abfällt [12]. Für Hochleistungssysteme,
Der heutige Fahrzeugbau stützt sich weitge- zum einen der hohe Schaltkomfort und wie Bremsen für Hochgeschwindigkeitszü-
hend auf organische Belagwerkstoffe. Dies zum anderen die Möglichkeit der Beeinflus- ge, werden Sintermetalle mit einem hohen
sind Epoxidharze, die mit Phenol-, Melamin- sung des Reibwertgradienten durch Zusatz- keramischen Anteil, so genannten Cermet-
harzen und Butadien-Kautschuk verknüpft stoffe. Friktionswerkstoffen, verwendet [13].

Bild 4: Prüfstandsaufbau und Prinzip der Temperaturmessung


Figure 4: Test stand construction with principle of the temperature measurement

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Keramik Werkstoffe

Sintermetall/Gußeisen-Reibpaarungen be- Bild 6: Befestigung


sitzen einen ungünstigen Schaltkomfort, von Sintermetall-
der einen Einsatz im komfortsensiblen belägen bei Trak-
torkupplungen
Pkw-Bereich bisher nicht erlaubte. [LuK GmbH & Co.]
Figure 6: Fixation
4.3 Kohlenstofffaserverstärkter of sintered metal
Kohlenstoff facings in tractor
clutches [LuK GmbH
Im Flugzeugbau und Rennsport werden & Co.]
Bremsscheiben, Bremsbeläge und Kupp-
lungsscheiben aus kohlenstofffaserver-
stärktem Kohlenstoff (CFC) verwendet [14].
Diese Carbonbeläge sind versuchsweise als
Bremsscheiben auch in Schienenfahrzeu-
gen eingesetzt worden [15]. Sie haben eine
besonders geringe Dichte und sind tempe-
raturbeständiger als organische Reibbe-
läge. Ihrem Einsatz in Serienfahrzeugen
stehen entgegen:
– ein temperaturabhängiger Reibwert, der
zu schlechtem Kaltbremsverhalten führt
– ein hoher Verschleiß bei niedrigen Tem-
peraturen und kleinen Anpreßdrücken 4.4 Verbundkeramiken Dabei handelt es sich um schmelzinfiltrier-
– die Oxidationsanfälligkeit ab 600°C te faserverstärkte Verbundkeramiken. Fa-
– die sehr hohen Werkstoffkosten, die aus Wesentlich günstigere tribologische Eigen- serformkörper werden im Vakuum mit
der extrem energieintensiven Herstel- schaften als Carbon-Beläge besitzen Ver- flüssigem Silicium infiltriert. Bei der Ent-
lung resultieren. bund-Keramiken als Friktionswerkstoff. wicklung der Faserkörper werden derzeit
Werkstoffe Keramik

Bild 7: Sintermetall-Pellets auf elastischer Grundplatte für Eisenbahnbremse [8] Bild 8: Nutzfahrzeugbremse aus C/C-SiC (DLR)
Figure 7: Sintered metal-Pellets on elastic base disk for railroad brake [8] Figure 8: Truck brake out of C/C-SiC (DLR)

zwei verschiedene Richtungen eingeschla- keit einen einwandfreien Betrieb gewähr- Aluminiumoxid (Al2O3) und Siliciumcarbid
gen. Bei einer Entwicklungsrichtung wer- leistet. Eine ausreichende Lebensdauer der (SiC) ohne Faserverbund als Ausgangs-
den hochwarmfeste Fasern auf der Basis Bauteile wird erreicht, da auch bei hohen werkstoffe für die ersten Untersuchungen
von Si/C/B/N verwendet. Bei einer anderen Flächenpressungen von Keramiken ein ge- gewählt. Ausschlaggebende Kriterien wa-
Entwicklung, die an einem Institut des DLR, ringer Verschleiß zu erwarten ist. Die po- ren Verfügbarkeit, Fertigungsmöglichkei-
Bild 8, entstand, wird eine Kohlenstoff-Sili- tentiellen Vorteile der kommerziell erhältli- ten und Werkstoffkosten. In weiteren
ciumcarbid-Matrix (C/C-SiC) nach dem chen ingenieurkeramischen Werkstoffe lie- Untersuchungen wird eine mehrphasige
Flüssigsilicierverfahren hergestellt; als Ba- gen in ihrer hohen Leistungsdichte, Bild 9, SiAlON-Keramik entwickelt, die eine gerin-
sis dient ein reines Kohlenstoffgerüst [16]. wodurch zukünftige Kupplungen und gere Sprödigkeit, bessere Reibeigenschaf-
Gegenüber dem reinen kohlenstofffaser- Bremsen kleiner und dadurch leichter ge- ten und gleichzeitig akzeptable Kosten bei
verstärkten Kohlenstoff weist sie eine we- baut werden können. An der Universität einem möglichen Serieneinsatz verspricht.
sentlich höhere Oxidationsbeständigkeit, Karlsruhe (TU) wird im Rahmen des von der
geringeren Verschleiß und ein besseres Deutschen Forschungsgemeinschaft geför- Der bei den meisten Kupplungen übliche,
Kaltbremsverhalten auf. Der Reibwert liegt derten Sonderforschungsbereichs SFB 483 ringförmige Reibbelag ist für Keramik un-
zwischen 0,3 und 0,8 und ist von der Gleit- der Einsatz von ingenieurkeramischen geeignet. Oberflächenabweichungen durch
geschwindigkeit abhängig. Durch eine ge- Werkstoffen in Gleit- und Friktionssyste- Temperaturgradienten und fertigungsbe-
zielte Ausrichtung der Fasern wird die Wär- men untersucht. Aus dem Gebiet der kom- dingte Parallelitätsabweichungen führen
meabfuhr aus der Reibschicht verbessert, merziell erhältlichen Werkstoffe wurden zu Biegespannungen im Keramikring bei
wodurch der Reibwert bei allen Drehzahl-
differenzen nicht unter 0,6 fällt [16]. Bei Au-
tomobilherstellern kommen diese neuarti-
gen Bremsen bereits bei ersten Oberklasse-
fahrzeugen zum Einsatz. Zwar verspricht
eine Großserienproduktion von C/C-SiC ge-
ringere Herstellkosten als für reine CFC-
Werkstoffe, auf der anderen Seite ist der
Herstellungsprozess durch die notwendige
Pyrolyse der Polymer-Matrix bei 900°C und
dem anschließenden langandauernden Si-
licierprozeß bei 1600°C energieaufwändig.
Die Werkstoffkosten für C/C-SiC sind damit
in jedem Fall höher als für die kommerziel-
le monolithische Keramiken.

4.5 Monolithische Keramik


Vom Werkstoff Keramik wird ein hoher
Reibwert erwartet, der auch unabhängig
Bild 9: Potential von Keramik (*: GG = Grauguss)
von den auftretenden Temperaturspitzen
und der veränderlichen Gleitgeschwindig- Figure 9: Potential of ceramics (*: GG = cast iron)

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Keramik Werkstoffe

geschlossener Kupplung. Außerdem ist findet man Kupplungen und Bremsen aus [8] Franz, P.: Eisenbahn-Scheibenbremsbeläge für
dann der tragende Oberflächenanteil kohlenstofffaserverstärktem Kohlenstoff. Hochleistungsbremsen. ZEV-Glas. Ann., 112 [4]
1988 S. 131-138
während der Schlupfphase durch die gerin- Sie sind – abgesehen von den hohen Kosten [9] Oedekoven, A.: Temperaturverhalten von
ge Nachgiebigkeit der Keramik klein. Daher – nicht für geringe Beanspruchung geeignet, trockenlaufenden Reibungskupplungen. TH
werden in den ersten experimentellen Un- da hier Komfortprobleme entstehen. Als Darmstadt, Dissertation, 1989
[10] Niemann, G.: Bremsbeläge und Bremstrom-
tersuchungen statt geschlossener Keramik- Kompromiss werden derzeit Bremsscheiben meln, Stand der Forschung. VDI-Zeitschrift, 86
ringe mehrere Keramikpellets verwendet, auf der Basis schmelzinfiltrierter faserver- [13/14] 1942) S. 199-205
die einzeln angefedert werden. stärkter Verbundkeramiken entwickelt und [11] Domininghaus, H.: Die Kunststoffe und ihre Ei-
genschaften. VDI-Verl. Düsseldorf, 4. Aufl.
bereits in geringer Stückzahl eingesetzt. (1992)
[12] Gramberger, J., Löcker, K.-D.: Trockenlaufende
5 Zusammenfassung Verbundkeramiken sind sehr temperaturbe- Sinterreibbeläge. Antriebstechnik 28 (1989) 11,
ständig, für alle Betriebszustände geeignet S. 68-75
[13] Schatt, W., Wieters, K.-P.: Pulvermetallurgie.
In diesem Beitrag wird eine Systemanalyse und haben einen gleichmäßigen Reibwert. Düsseldorf: VDI-Verlag 1994
für trockenreibende Kupplungs- und Nachteilig ist der energie- und kosteninten- [14] Gibson, D. W.; Taccini, G. J.: Carbon/Carbon
Bremssysteme vorgestellt und ein sive Herstellungsprozess. Friction Materials for Dry and Wet Brake and
Clutch Applications. SAE Technical Paper Se-
Überblick über Reibwerkstoffe und Reib- ries 890950, 1989
paarungen für diese Anwendung gegeben. Monolithische Ingenieurkeramiken als [15] Wirth, X.: Schienen- und Nutzfahrzeug-Schei-
Anforderungen an technische Funktions- Friktionswerkstoff sind ein neuer Ansatz benbremsen unter dem Aspekt neuer Reib-
reibungssysteme werden beschrieben. Bei für das Tribosystem trockenlaufende Kupp- werkstoffe. Tagungsband Werkstoffwoche‚ 96,
Stuttgart 1996, S. 259-274
Bremsen und Kupplungen wird eine Dreh- lung und Bremsen. Im Rahmen eines Son- [16] Krenkel, W.: Hochleistungsbremsen aus Faser-
zahldifferenz und ein Schlupfvorgang der derforschungsbereichs werden an der Uni- keramiken. Materialica 1998. Oberursel: DGM-
Reibpartner ausgenutzt. Dabei wird immer versität Karlsruhe solche Keramiken er- Verl. 1999
auch mechanische Bewegungsenergie dis- forscht. Hier ist ein hohes Potential hin-
sipiert. Kupplungen müssen zusätzlich ein sichtlich Reibeigenschaft, Temperaturbe-
Moment schalten und dosieren können. ständigkeit und Kosten zu erwarten.

Um ein zunehmendes Verständnis für die


genauen Abläufe in der Friktionsschicht zu Literaturhinweise
erhalten, muss mit Hilfe von experimentel- Danksagung
len Untersuchungen das Friktionssystem [1] Lux, R., Burger, W., Albers, A.: Neuartiger, uni-
versell einsetzbarer Antriebsbaugruppen-Prüf-
erforscht werden. Reibbeläge auf organi- stand. VDI Bericht, 1470 (1999), S. 143-161 Diese Arbeit entstand im Rahmen
scher Basis sind heute im Fahrzeugbau weit [2] Czichos, H., Habig, K.-H.: Tribologie Handbuch, des Sonderforschungsbereichs 483.
verbreitet und setzen bezüglich Kosten und Reibung und Verschleiß. Vieweg-Verlag, Wies- An dieser Stelle danken wir der Deutschen
baden 1992
Komfort die Maßstäbe. Auf der anderen Forschungsgesellschaft für die Förderung.
[3] VDI-Richtlinie 2241: Schaltbare fremdbetätigte
Seite besitzen sie eine eingeschränkte Tem- Reibkupplungen und -bremsen. Blatt 1: Juni
peraturbeständigkeit. 1982; Blatt 2: September 1984
[4] Severin, D.: Zum Verständnis der Reibsysteme
in trockenlaufenden Bremsen und Kupplun-
In technischen Anwendungen werden heu- gen. In: VDI Berichte Nr. 1323, Düsseldorf 1997,
te auch metallische Sinterbeläge verwen- S.43-61
det, die eine höhere Temperaturbeständig- [5] Albers, A., Herbst: Schwingungen in Reibkupp-
lungen – Ursachen, Auswirkungen, Abhilfen.
keit und Verschleißfestigkeit haben, jedoch VDI-Berichte 1568, Düsseldorf 2000 S. 273-295
Komfortnachteile wie Bremsgeräusche und [6] Albers, A., Herbst, D.: Kupplungsrupfen – Ursa- ATZ You can read the English version
Kupplungsrupfen mit sich bringen. chen, Modellbildung und Gegenmaßnahmen. of this article in ATZ worldwide.
VDI Berichte 1416, Düsseldorf 1998 S. 327-359
[7] Bergheim, M.: Organisch gebundene Kupp- Subscription Hotline:
In extrem hoch belasteten Systemen, bei- lungsbeläge – Möglichkeiten und Grenzen. VDI ++49 / 6 11 / 78 78 151
spielsweise bei Rennsportanwendungen, Berichte Nr. 1323, Düsseldorf 1997 S.527-548

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