Die „DIN EN ISO 17100:2016-05 (D) Übersetzungsdienstleistungen - Anforderungen an
Übersetzungsdienstleistungen“ ist die deutsche Fassung der internationalen Norm ISO 17100:2015. Diese Norm für Übersetzungsdienstleistungen hebt die europäische Norm EN 15038:2006 auf und ersetzt sie. Neu sind die Definition der Kompetenzen der Projektmanager und deren Qualifikation, die gezielte Verarbeitung von Kundenfeedback durch den Übersetzungsdienstleister sowie Verfahren für den Umgang mit vertraulichen Informationen. Anwendungsbereich Die weltweit geltende Norm legt Anforderungen für die Arbeit von Übersetzungsdienstleistern (TSP) fest. Beschrieben wird der Kernprozess Übersetzen, einschließlich der Qualitätssicherung und der Rückverfolgbarkeit des Ausgangstextes. Sie regelt auch die Übersetzungstechnologie und das Arbeiten mit Werkzeugen wie Übersetzungs-Management-Systemen und Terminologieverwaltungs-Systemen. Die ISO 17100:2015ist nicht für Nachbearbeitung von Maschinenübersetzungen oder das Dometschen anwendbar. Begriffe In diesem Abschnitt werden Begriffe im Bereich Übersetzen und Übersetzungsdienstleistungen bestimmt. Dazu gehören Grundbegriffe aus der Sprachwissenschaft, der Übersetzungstechnologie und hinsichtlich der an Übersetzungsdienstleistungen mitwirkenden Personen. Die Definition des Übersetzungsprozesses besagt, dass die eigentliche Übersetzung nur eine der Phasen dieses Prozesses ist, da erst die Überprüfung des Zieltextes durch eine zweite Person Qualität garantiert. Ressourcen Personelle Ressourcen Es werden die beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen von Übersetzern, Revisoren, Korrekturlesern, Projektmanagern und anderen Fachleuten bestimmt. Das gilt auch, wenn Übersetzungsprozesse im Unterauftrag ganz oder teilweise an Dritte weitergegeben werden. Übersetzer, Revisoren und Projektmanger müssen über folgende Kompetenzen verfügen: a) Übersetzerische Kompetenz: Die übersetzerische Kompetenz besteht in der Fähigkeit, Texte auf dem erforderlichen Niveau zu übersetzen. Dazu gehören die Einschätzung der Problematik des Textverständnisses und der Texterstellung sowie die Fähigkeit, den Zieltext nach der Vereinbarung zwischen dem Kunden und dem TSP zu erstellen und die Ergebnisse rechtfertigen zu können. b) Sprachliche und textliche Kompetenz in der Ausgangs- und Zielsprache: Die sprachliche und textliche Kompetenz sind die Fähigkeit, die Ausgangssprache zu verstehen und die Zielsprache zu beherrschen. Textliche Kompetenz erfordert die Kenntnis von Textsortenkonventionen für eine möglichst große Bandbreite an allgemeinsprachlichen und Fachtexten sowie die Fähigkeit, dieses Wissen bei der Erstellung von Texten anzuwenden. c) Kompetenz beim Recherchieren, bei der Informationsgewinnung und -verarbeitung: Kompetenz beim Recherchieren ist die Fähigkeit, effizient sprachliches und fachliches Zusatzwissen zu erwerben, das für das Verständnis des Ausgangstextes und das Erstellen des Zieltextes erforderlich ist. Recherchierkompetenz erfordert auch die Beherrschung der Zielsprache, Erfahrung beim Einsatz von Recherche-Tools sowie die Fähigkeit, passende Strategien für den effizienten Einsatz verfügbarer Informationsquellen zu entwickeln. d) Kulturelle Kompetenz: Fähigkeit, Informationen über das Locale, aktuelle Terminologie, Verhaltensmuster und Wertesysteme einzusetzen, die für die Ausgangs- und die Zielkultur charakteristisch sind. e) Technische Kompetenz: Fertigkeiten zum Einsatz von technischen Ressourcen und IT- Systemen im Übersetzungsprozess. f) Sachgebietskompetenz: Verständnis des Inhaltes des Ausgangstextes und Fähigkeit zu dessen Wiedergabe im angemessenem Stil und mit der korrekten Terminologie. Qualifikation der Personen, die an den Übersetzungsdienstleistungen mitwirken Die Norm verpflichtet die zertifizierten TSP (Übersetzungsagenturen, Übersetzungsunternehmen, Übersetzerteams), ausschließlich mit Übersetzern, Revisoren und Projektmagern zusammenzuarbeiten, die Dokumentenbeweise vorlegen können, dass sie mindestens eins der folgenden Kriterien erfüllen: Anerkannter Hochschul-Abschluss im Übersetzen; Anerkannter Hochschul-Abschluss in einem anderen Studiengang plus zwei Jahre Berufserfahrung im Übersetzen; Fünf Jahre Vollzeit-Berufserfahrung im Übersetzen. Unter Hochschul-Abschluss ist der erste Grad eines akademischen Titels zu verstehen, z.B. der Bachelor nach der ersten Stufe einer Hochschulbildung. Die Revisoren haben neben der Erfüllung einer der vorgenannten Voraussetzungen Erfahrung als Übersetzer oder Revisoren in dem Fachgebiet vorzuweisen, in dem sie redigieren. Fachliche Prüfer müssen das erforderliche Fachwissen in der Zielsprache aufweisen. Sie nehmen die einsprachige fachliche Überprüfung des Übersetzungstextes vor, um dessen Zwecktauglichkeit zu bewerten und Verbesserungsmaßnahmen vorzuschlagen. Der TSP ist verpflichtet, Protokoll darüber zu führen, wie die Kompetenzen der Übersetzer, Revisoren, fachlichen Prüfer, Projektmanager und anderen Fachleute erhalten bleiben und regelmäßig aktualisiert werden. Beziehung zwischen dem Kunden und dem Übersetzungsdienstleister Der Übersetzungsdienstleister muss die Anfragen des Kunden im Hinblick auf die Dienstleistungsanforderungen analysieren und einen Kostenvoranschlag sowie eine Machbarkeitsstudie erstellen. Dabei ermittelt er, ob alle benötigten personellen und technischen Ressourcen verfügbar sind. Vor Übernahme des Auftrages für die Übersetzungsdienstleistung muss der TSP mit dem Kunden eine Vereinbarung treffen. Diese Vereinbarung enthält die notwendigen Angaben über beide Vertragsseiten, die kaufmännischen Bedingungen und Spezifikationen der Dienstleistung. Die Vereinbarung kann auch folgende Punkte enthalten: Geheimhaltungsvereinbarung; Beilegung von Rechtsstreitigkeiten und Wahl des anwendbaren Rechts Haftung, Liefertermine und Zahlungsbedingungen; Copyright – Urheberrechte auf die Kundeninformationen und den übersetzten Text; Alle Vereinbarungen müssen der nationalen Gesetzgebung entsprechen. Jegliche Modifikation der ursprünglichen Vereinbarungen muss von allen Parteien bestätigt und dokumentiert werden. Produktionssprozess In der Projektvorbereitung muss der TSP überprüfen, ob seine Möglichkeiten administrative, technische, sprachliche und spezielle Anforderungen des Übersetzungsprojekts in adäquater Weise abdecken. Übersetzung Ein Übersetzer mit angemessenen Kompetenzen übersetzt die Dokumente und verifiziert nach der anfänglichen Übersetzung seine eigene Arbeit. Der Übersetzer muss die ausgangssprachlich gegebene Textbedeutung so in die Zielsprache übertragen, dass der Zieltext den Regeln der Zielsprache und den Anforderungen des erhaltenen Übersetzungsauftrags entspricht. Während dieses Vorgangs muss der Übersetzer auf Folgendes achten: Übereinstimmung mit der Sachgebiets- und Kundenterminologie, konsistente Terminologieanwendung im gesamten Übersetzungstext; Semantische Korrektheit der Übersetzung; Lexikalische Kohäsion und phraseologische Korrektheit; Korrekte Zielsprache: Grammatik (Syntax), Rechtschreibung, Interpunktion, diakritische Zeichen und Schreibweisen; Einhaltung der eigenen und/oder kundenseitigen Stilrichtlinien unter Beachtung des Fachgebietes mit Nutzung des adäquaten Sprachregisters und Wahl der korrekten Sprachvariante; Gebietsschema, lokale und regionale Konventionen, Normen und Standards; Formatierung; Zielgruppe und Zweck der Übersetzung. Alle offenen Fragen hat der Übersetzer mit dem Projektmanger und/oder dem Auftraggeber zu klären. Nachprüfung durch den Übersetzer Nach Fertigstellung der Erstübersetzung muss der Übersetzer seine eigene Arbeit überprüfen. Dazu gehören die Überprüfung, ob die Bedeutung richtig übertragen, keine Auslassungen oder Fehler begangen und die festgelegten Dienstleistungsanforderungen erfüllt worden sind. Der Übersetzer muss alle notwendigen Änderungen durchführen. Revision Eine andere Person als der Übersetzer prüft die Übersetzung. Der Revisor muss prüfen, ob die Übersetzung ihrem Zweck gerecht wird. Im Rahmen dieser Überprüfung wird, abhängig von den jeweiligen Projektanforderungen, ein Vergleich von Ausgangs- und Zieltext durchgeführt, um die semantische Korrektheit und Terminologiekonsistenz sowie die Adäquatheit von Sprachregister und Stil zu überprüfen. Der Übersetzungsdienstleister muss die Empfehlungen des Revisors berücksichtigen und alle entsprechenden Korrekturmaßnahmen einleiten. Zu den Korrekturmaßnahmen kann auch eine Neuübersetzung gehören. Jede Übersetzungsdienstleistung im Einklang mit der Norm ISO 17100:2015 hat mindestens die Übersetzung und die Revision zu umfassen. In den Dienstleistungsanforderungen können der Selbstkontrolle und Revision auf Wunsch des Kunden eine fachliche Prüfung und/oder ein Korrekturlesen hinzugefügt werden. Wenn die Dienstleistungsanforderungen eine fachliche Prüfung vorsehen, dann muss der Übersetzungsdienstleister sicherstellen, dass die Übersetzung fachlich geprüft wird. Der fachliche Prüfer muss das erforderliche Fachwissen in der Zielsprache besitzen und eine einsprachige Überprüfung des Textes vornehmen, um die Zwecktauglichkeit der Übersetzung zu bewerten und Korrekturmaßnahmen vorzuschlagen. Beim Korrekturlesen werden bereits redigierte zielsprachliche Texte noch einmal überprüft und vor der Publikation Korrekturen durchgeführt.
Prozesse in der Nachproduktionsphase
Der Übersetzungsdienstleister muss vor der Freigabe der Übersetzung an den Kunden überprüfen, ob die erbrachte Dienstleistung die Anforderungen erfüllt. Die Qualitätsnorm hebt ISO 17100 die Bedeutung der Interaktion mit dem Kunden hervor, sowohl im einleitenden Vertrag, in dem alle Besonderheiten des Projekts spezifiziert sind, als auch in der Verwaltung des Abschlusses des Projekts – einschließlich der Behandlung möglicher Modifikationen, Reklamationen und Kommentare sowie der Bewertung der Zufriedenheit des Kunden.