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Anke Spies
Zusammenfassung
Die Soziale Arbeit bietet mit dem Jugendhilfesystem und der darin verorteten Kin-
der- und Jugendarbeit, der Kindertagesbetreuung und der Schulsozialarbeit drei große
Handlungsfelder zur Zusammenarbeit mit dem Schulsystem. Außerdem arbeiten Be-
ratungsstellen mit Schulen zusammen, indem sie für präventive Projekte in die schuli-
sche Unterrichtsgestaltung einbezogen werden oder ihre regulären Beratungsangebote
(auch) am Ort der Schule vorhalten. Auch wenn Kinder- und Jugendliche durch die
Hilfen zur Erziehung unterstützt werden, kommt Soziale Arbeit mit den Anforderun-
gen und Bedingungen des schulischen Bildungssystems in Berührung. In der Praxis
zeigen vielfältige erfolgreiche Kooperationsverhältnisse, dass eine auf die Gegebenhei-
ten des Schulsystems bezogene Konzeption Sozialer Arbeit die Bildungsbedingungen
und gesellschaftlichen Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen verbessern und
Ausgrenzungsmechanismen entschärfen kann, obwohl die Handlungslogiken der So-
zialen Arbeit und jene der Schule teilweise im Kontrast zueinander stehen. Neben
professionsbezogenen Faktoren wie Schulklima und sozialpädagogischer Angebots-
qualität beeinflussen strukturelle Steuerungsverfahren der Schulträger und bildungs-
sowie sozialpolitische Entscheidungen die Weiterentwicklung des Kooperationsver-
hältnisses.
A. Spies ()
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Oldenburg, Deutschland
E-Mail: anke.spies@uni-oldenburg.de
Alle Handlungsfelder der Sozialen Arbeit, die mit Belangen von Kindern und Jugend-
lichen im schulpflichtigen Alter sowie jenen, deren Schulzeit noch bevorsteht (unter 6-
Jährige) oder gerade beendet ist (Berufsübergang), sind direkt oder indirekt auch mit
den Gegebenheiten des schulischen Bildungssystems konfrontiert. In Bundesländern oder
Kommunen, die aufgrund ihrer Organisation der sonderpädagogischen Förderung ein För-
derschulwesen aufweisen, das die Erziehungshilfe mit der Schulpflicht verknüpft, rücken
schulische und sozialpädagogische Konzeptionen bzw. Praxen besonders eng zusammen.
Sofern erwachsene Adressat_innen der Sozialen Arbeit Schulabschlüsse nachholen (wol-
len), sind auch die für sie konzipierten Handlungsfelder der Sozialen Arbeit auf Strukturen
und Anforderungen des Bildungssystems bezogen.
Kinder und Jugendliche werden zum einen in ihrer Rolle als Schüler_innen zu poten-
ziellen Adressat_innen Sozialer Arbeit, wenn sie aufgrund lebensweltlicher Bedingun-
gen Schwierigkeiten haben, den Anforderungen des Schulsystems oder des Berufsausbil-
dungssystems zu genügen. Aus diesem Grund ist die Kinder- und Jugendhilfe gem. § 81
SGB VIII zur Zusammenarbeit mit Schulen verpflichtet. Zum anderen wird Soziale Arbeit
in der jüngeren Vergangenheit vermehrt in schulische Settings eingebunden oder in ihrer
Nähe platziert, weil bildungs-, sozial- und arbeitsmarktpolitische Entscheidungen einen
Strukturwandel des Bildungssystems anstreben, der u. a.
Je nach regionaler Angebotsstruktur der Sozialen Arbeit und dem personellen Enga-
gement der Lehrkräfte „nutzen“ einzelne Schulen die Soziale Arbeit aber auch, indem
sie sich eigeninitiativ bspw. mit Erziehungsberatungsangeboten der Jugendhilfe vernet-
zen (de Boer 2014) oder in Fragen des Kinderschutzes kollegiale Beratung suchen. Durch
zeitlich befristete und in die Unterrichtsstruktur von Schule eingebundene Projekte er-
reichen präventive Angebote der Sozialen Arbeit wie z. B. jene der Suchtberatung, der
Sexualaufklärung, des Kinderschutzes oder der Gewaltprävention ihre Adressat_innen am
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Ort der Schule. Auf diesem Wege der Öffnung und der Umsetzung ihres Erziehungsauf-
trags erkennt Schule die fachliche Expertise der Sozialen Arbeit an, während Kinder und
Jugendliche Kenntnisse über Hilfeangebote und deren Erreichbarkeit erhalten.
Umgekehrt sucht Soziale Arbeit in Projektkooperationen ihre potenziellen Adres-
sat_innen im Sinne ihres Präventionsauftrags am Ort der Schule auf, weil sie davon
ausgeht, dass diese Kontakte zur Senkung der Zugangsschwellen beitragen können: Wenn
Kinder und Jugendliche Unterstützung zur Bewältigung von Schwierigkeiten benötigen,
können sie auf Anlaufadressen und persönliche Kontakterfahrungen zurückgreifen. Da
Schule für die Durchführung solcher Präventionskooperationen verpflichtet ist, die Eltern
ihrer Schüler_innen zu informieren, werden die Angebote der Sozialen Arbeit nicht nur
für Kinder und Jugendliche, sondern auch für deren Eltern leichter zugänglich – mögliche
individuelle Krisen werden breiter abgesichert, als es ohne die Zusammenarbeit möglich
wäre. Sofern sich die individuelle Krise auf die Verweigerung des Schulbesuchs bezieht,
sollen konzeptuelle Weiterentwicklungen von Schulsozialarbeit, Jugendsozialarbeit bzw.
Jugendberufshilfe Zugänge zu Schulabschlüssen und damit gesellschaftliche Teilhabe
gewährleisten.
Schon bevor Anfang der 2000er-Jahre die Ergebnisse der ersten OECD-Leistungsver-
gleichsstudien den sogenannten „PISA-Schock“ auslösten, hatte Soziale Arbeit als Koope-
rationspartnerin von Schule eine wichtige Funktion, um Kinder und Jugendliche in ihrer
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Systematisch und programmatisch wird Soziale Arbeit, neben den vielen Varianten, die
mit der Ganztagsschule entwickelt und erprobt werden (Börner et al. 2014; Graßhoff
et al. 2015), im schulischen Rahmen insbesondere mit Angeboten des Handlungsfeldes der
Schulsozialarbeit tätig. Vor allem für die Schulsozialarbeit haben sich seit Beginn der öf-
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fentlich und fachlich geführten Diskussion um die selektiv und benachteiligend wirkende
Struktur des deutschen Bildungswesens die Bedingungen der professionellen Entwicklung
und Differenzierung nachhaltig verändert. Sie ist zwar noch längst nicht flächendeckend
und auch nicht in bedarfsgerechtem Umfang kontinuierlich vorhanden, aber in zuneh-
mendem Maße als sozialpädagogisches Handlungsfeld bundesweit sowohl an Grund-, als
auch an Haupt-, Real- oder Oberschulen ebenso wie an Gymnasien, Förderschulen und
Berufsbildenden Schulen anerkannt und seitens der Schule erwünscht.
Zusammenhänge zwischen Herkunftsbedingungen, bildungsbiografischen Verläufen
und strukturellen Gegebenheiten des selektierend gegliederten Schulsystems sind mitt-
lerweile empirisch offengelegt (zusammenfassend Gerheim und Spies 2017) und die
Umsetzung des Inklusionsauftrags zwingt Schulen aller Stufen und Formate zu Verän-
derungen, die Soziale Arbeit in Form von Schulsozialarbeit (neben sonderpädagogischer
Expertise) als unterstützende und ausgleichende Komponente zur Minderung von Bil-
dungsbenachteiligungen wahrnimmt und einfordert. Letztlich sind die Erwartungen hoch,
aber die Reichweite des postulierten Ausgleichs noch offen, da sie in Beziehung zur Bil-
dungsinfrastruktur in Form der (fast unveränderten) Gliederung des Schulwesens gesetzt
werden müsste.
Ganz gleich, ob Soziale Arbeit z. B. über Erziehungsberatung (de Boer 2014) oder
Schulsozialarbeit konzeptionell abgestimmt mit Schule zusammenarbeitet, im schulischen
Kontext oder in dessen Nähe (z. B. in Form von Familienzentren) platziert wird, ob der
Anlass der Zusammenarbeit in der Gestaltung des Übergangs aus der Kindertagesstätte in
die Grundschule bzw. aus der Schule in den Beruf liegt oder ganztägige Bildungssettings
additiv gestaltet werden: Aus der Perspektive der Sozialen Arbeit und ihrer Handlungsfel-
der ist das Anliegen der Zusammenarbeit stets eine strukturelle Verbesserung der gesell-
schaftlichen Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen. Dafür werden institutionelle
Bedingungen des formalen Bildungssystems (Schule) durch die Angebote und das metho-
dische Spektrum der Sozialen Arbeit ergänzt, weil gesellschaftliche Teilhabe weitgehend
zum einen vom Bildungserfolg, also der Verwertbarkeit der Bildungszertifikate, und zum
anderen von (möglichst niedrigschwelligen) Zugängen zum Hilfesystem abhängt.
10.2.4 Kooperationsverhältnisse
Um das Verhältnis zwischen Sozialer Arbeit und Schule als Kooperation zu verstehen,
bedarf es eines gemeinsamen Ziels und der Einsicht beider Seiten, dass sie ihr Ziel ohne
den Partner nicht erreichen können. Während Schulsozialarbeit als die intensivste Form
der Zusammenarbeit bezeichnet werden kann, sind nicht-formelle Bildungsangebote, wie
sie von Schulsozialarbeit z. T. organisiert werden oder in weiteren Kooperationsformen
ganztägiger Bildungssettings angelegt sind, je nach Konzeption und Programmatik mehr
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10.2.5 Anschlussfähigkeit
Das Schulsystem soll zum einen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln
(Qualifikationsfunktion). Zum anderen selektiert es über seine gegliederte Struktur der
unterschiedlichen Laufbahnen Lebenschancen, indem es Zugänge zu beruflichen Posi-
tionen und sozialem/materiellem Erfolg steuert (Allokationsfunktion). Zugleich hat es
aber auch eine Integrationsfunktion, indem es die gesellschaftliche Teilhabe sichern soll
(Fend 1986). Sozialer Arbeit kommt in diesem Spannungsfeld eine vermittelnde Rolle
zu: Damit Schule ihre Funktion der gesellschaftlichen Integration junger Menschen (In-
tegrationsfunktion) und die Qualifizierungsfunktion erfolgreicher und nachhaltiger als
in der Vergangenheit erfüllen kann, greifen Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik
steuernd in Schulentwicklungsprozesse ein, um die Allokationsfunktion von Schule, ihre
Zuweisung sozialer Chancen und die Gefahr der gesellschaftlichen Exklusion aufgrund
nicht verwertbarer Bildungserträge zu mindern. Über die ausgleichenden Möglichkeiten
der Sozialen Arbeit sollen die Herkunftsabhängigkeit von Bildungserfolg (zusammenfas-
send Gerheim und Spies 2017) abgebaut und gesellschaftliche Anschlussfähigkeit sowie
Arbeitskräftebedarfe im wirtschaftlichen Interesse wie auch die den Menschenrechten
verpflichteten Interessen gesichert werden.
Wenn also Soziale Arbeit im Kontext von Schule dem Konzept der „Anschlussfähig-
keit“ (Pötter 2004) folgen soll/will, wird sie (z. B. in Form von Schulsozialarbeit) zur
Akteur_in im Bildungssystem, die einerseits anwaltschaftlich die Interessen ihrer Adres-
sat_innen im Blick haben und andererseits die strukturellen Bedingungen von Schule re-
flektieren muss und über den schulischen Zugang auch Kontrollfunktionen (Kindeswohl)
wahrnimmt. Die Reichweite ihrer Angebote ist dabei ebenso von deren konzeptionel-
ler Passgenauigkeit wie von der Bereitschaft einer jeden Schule und ihres Kollegiums
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abhängig, sich auf die Zusammenarbeit einzulassen. Das Gelingen oder Scheitern von Ko-
operationsverhältnissen scheint im Wesentlichen von gegenseitiger Anerkennung – trotz
unterschiedlicher Sichtweisen qua Profession – abhängig zu sein (Idel et al. 2012; Hein-
rich et al. 2014; Reh und Breuer 2012). Mit dieser Prämisse wird Soziale Arbeit sowohl in
ganztägigen Kooperationssettings als auch in Form von Schulsozialarbeit zu einem inte-
grierten Teil des Bildungssystems, weil sie „das Aufeinandertreffen der lebensweltlichen
Bedingungen der Kinder und Jugendlichen mit den Bedingungen der gesellschaftlichen
Inklusion und Exklusion fokussieren und zugleich im Kontext von Schule und unter der
Zielsetzung der Jugendhilfe“ (für Schulsozialarbeit Spies und Pötter 2011, S. 21) kon-
zeptionell so abbilden muss, dass „Blockaden zwischen diesen unterschiedlichen Lebens-
sphären“ (Spies und Pötter 2011, S. 21) verhindert oder abgebaut, also Exklusionsrisiken
minimiert und Inklusionschancen gewahrt werden können. Mit anderen Worten: Nicht die
individuelle Anpassung der Kinder und Jugendlichen an die Maßgaben der Schule, son-
dern der strukturelle Abbau von Barrieren und lebensweltlich gegebenen Erschwernissen
für die Bildungsbiografien sind aus Perspektive der Sozialen Arbeit das langfristige Ziel
der Zusammenarbeit. Dafür ist sie selbst in der Pflicht, ihre professionellen Haltungen
entlang der intersektional verschränkten Differenzlinien (z. B. Gender, soziale Herkunft,
ethnische Zugehörigkeit) zu reflektieren und konzeptuell abzubilden (Spies und Rainer
2015; Spies und Chamakalayil 2015).
Schulen erhalten mittlerweile sowohl zur Einzelfallhilfe als auch für Lernprozesse von
Gruppen von Schüler*innen methodische Unterstützung von Handlungsfeldern der So-
zialen Arbeit. Zentrale Ansätze werden nun konkret skizziert.
Kommunale Schulentwicklung
Eine Kommune kann ihre Aufgabe als Träger der Schulen ihres Zuständigkeitsbereichs
und ihre Verantwortung als Träger der Jugendhilfe zusammenführen, um die Zusammen-
arbeit von Schule und Sozialer Arbeit zu fördern, indem sie Finanzierungs- und Zuord-
nungskonzepte für die Platzierung von Angeboten der Sozialen Arbeit in schulische Kon-
texte erstellt und damit ihre „Bildungslandschaft“ gestaltet (Spies 2013a). Dabei hat sie die
Möglichkeit, über die inhaltliche Konzeption der Angebote indirekt steuernd auf Schul-
entwicklungsprozesse Einfluss zu nehmen. Sofern bspw. Schulleitungen von Schulen auf
das Jugendamt ihres Einzugsbereichs zugehen und mit dem Hinweis auf zunehmende
Schwierigkeiten in der schulischen Förderung von Einzelfällen Unterstützung erbitten,
kann Erziehungsberatung so in schulische Kontexte eingebettet werden, dass Lehrkräfte
und Eltern gezielt Unterstützung bei der Klärung von Einzelfällen erhalten (de Boer 2014).
Wenn sich in der Folge dieser Angebote die schulische Situation der einzelnen Kinder,
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wegen deren Lern- und Sozialverhalten die Beratung aufgesucht wurde, verbessert, weil
Eltern und Lehrkräfte ihre Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten so erweitern, dass
Barrieren im schulischen Lernprozess abgebaut werden, profitieren alle Beteiligten – aber
vor allem die Kinder (im Grundschulalter).
tigt wird. In anderen Fällen kann es aber auch notwendig sein, dass Schulsozialarbeit
– in Absprache mit den Betroffenen – als Mittlerin gegenüber den schulischen Ak-
teur_innen eintritt und z. B. den zur Überwindung einer Krise notwendigen Schonraum
erwirkt.
Schulsozialarbeit ist mit ihren aufsuchenden Möglichkeiten – anders als externe Be-
ratungsstellen – im Schulalltag und ihrer Präsenz vor Ort gleichsam in der Pflicht,
im schulischen Alltag regelmäßig das Gespräch zu suchen und die Parteilichkeit ihrer
Funktion deutlich zu machen, damit ihre Angebote von den Adressat_innen auch ge-
nutzt werden können (Spies und Pötter 2011). Wenn z. B. neue Schüler_innen infolge
eines Schulverweises oder einer Rückstufung in einen niedriger qualifizierenden Bil-
dungsgang zur Schülerschaft hinzukommen und Schulsozialarbeit hier aufsuchend und
aktiv unterstützend bei der Eingliederung in die neue Schulgemeinschaft behilflich ist,
leistet sie einen Beitrag zur Vermeidung von Schulabsenz/-abbruch, der andernfalls die
Bildungsbiografie und die Teilhabechancen massiv gefährden würde.
Jede der hier skizzierten Facetten der Einzelfallhilfe und ihre strukturelle Veranke-
rung entsprechen im Wesentlichen den internationalen Praxen Sozialer Arbeit in schu-
lischen Zusammenhängen. So sind dem internationalen Netzwerk „Schoolsocialwork“
zufolge jene Schüler_innen die Zielgruppe von Schulsozialarbeit, die Hilfe bei der Be-
wältigung schulischer, familiärer und/oder gemeinschafts- bzw. gemeinwesenbezoge-
ner Probleme benötigen. Hier tritt also der grundsätzlich im Laufe einer Schullaufbahn
mögliche und eher zeitlich befristete, aber stets auch als individuell zu verstehende Hil-
febedarf in den Vordergrund. Lehrkräfte und Eltern sind in diesem Verständnis nicht
Adressat_innen, sondern Kooperationspartner, weil sämtliche Angebote für sie letzt-
lich auf die Unterstützung der Schüler_innen abzielen (Spies und Pötter 2011).
Soziale Arbeit kann aber auch mit einem Angebot der Einzelfallhilfe auf schu-
lische Gegebenheiten reagieren, ohne mit Schule konkret zusammenzuarbeiten bzw.
indem sie sich explizit von Schule in ihrer institutionellen Struktur distanziert. So ist
das als Beitrag zur Hilfeplanung in den Hilfen zur Erziehung anerkannte Konzept der
FLEX-Fernschule (http://flex-fernschule.jimdo.com) zwar am Erwerb eines verwertba-
ren Bildungszertifikats (Schulabschlusses) ausgerichtet und im Einzelfall aufgrund der
Schulpflicht von der Genehmigung durch die Schulbehörde abhängig, verzichtet aber in
der Struktur des Angebots gezielt auf die Beteiligung des Schulsystems: Schulabsente
Jugendliche, die den Schulbesuch abgebrochen haben und eine Rückkehr ins Schul-
system ausschließen, erhalten die Möglichkeit, entsprechend ihrer Lebenssituation und
ihren lebensweltlichen Bedingungen, in der für sie möglichen Zeit und einem indivi-
duell zugeschnittenen Konzept des eigenverantwortlichen Selbstlernens (Fernschule)
den ihnen möglichen Schulabschluss (zentrale Prüfung) zu erwerben, ohne eine Schule
aufsuchen zu müssen. Dieses Konzept findet wegen seiner Distanz zur regulären Be-
schulung im Klassenverband hohe Akzeptanz bei seinen Adressat_innen und hat eine
erstaunlich hohe Erfolgsquote. Damit stellt es als Konzept der Einzelfallhilfe zugleich
eine Brücke zu zielgruppenspezifischen Angeboten dar, denn es richtet sich an jene Ju-
gendlichen, die zwar nicht (mehr) in das Regelschulsystem zu integrieren, aber willens
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sind, mithilfe dieses Konzepts einen Abschluss und damit gesellschaftliche Teilhabe-
chancen (Zugang zum Arbeitsmarkt) zu erwerben.
Sozialtrainings
Sofern ein externes Angebot Sozialer Arbeit – etwa zur Erweiterung der sozialen Hand-
lungskompetenz von Kindern und Jugendlichen – in schulische Settings eingebunden
wird, handelt es sich ebenso um Gruppenangebote wie im Fall von Sozialtrainings, die
von Schulsozialarbeit oder externen Anbietern durchgeführt werden. Da aber der Klassen-
verband den Rahmen abgibt und gruppendynamische Gegebenheiten auch zur Lern- und
Leistungssituation im Klassenverband oder zum Schulklima in Wechselwirkung stehen,
stellt sich die Situation anders dar als in Gruppen, die sich hinsichtlich Themenwahl und
Zusammensetzung auf der Grundlage der Freiwilligkeit (z. B. in der Jugendarbeit) gebil-
det haben. Je nach situativen Gegebenheiten werden also Sozialtrainings, die von Sozialer
Arbeit und/oder mit Lehrkräften gemeinsam durchgeführt werden, im schulischen Set-
ting immer auch den Charakter des schulischen Lernens reflektieren und hinsichtlich der
Anteile formaler, nicht-formaler und informeller Bildungsgehalte unterscheiden müssen.
Ob und wie nachhaltig Soziale Arbeit im Kontext von Schule wirksam sein kann, hängt
maßgeblich auch von dem Selbstverständnis ab, mit dem die einzelne Schule und die
ihr zugehörigen Akteur_innen das jeweilige Kooperationsverhältnis eingehen, um die ge-
meinsamen Ziele der Zusammenarbeit zu formulieren und umzusetzen. Sofern eine Schule
die Möglichkeiten und Reichweiten Sozialer Arbeit akzeptiert und wertschätzt, kann ei-
ne fachlich fundierte Zusammenarbeit die Situation der Zielgruppe nachhaltig verbessern.
Insgesamt scheinen es dabei weniger die Konzepte der Sozialen Arbeit als solche oder
die Formate des Halb- oder Ganztags, sondern das Zusammenwirken von sozialpädagogi-
scher Lebensweltorientierung, Prinzipien der Autonomie bzw. der Selbstorganisation und
die Zusammenführung formaler und nicht-formaler Bildungsangebote (Eder 2015) sowie
die Praxen der (gegenseitigen) professionellen Anerkennung zu sein, die den Erfolg der
Zusammenarbeit – letztlich messbar in den erreichten gesellschaftlichen Teilhabemöglich-
keiten der Adressat_innen – bedingen und zu nachhaltig wirksamen sozialraumbezogenen
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Modellen führen, wie dies etwa Beispiele in England belegen (Dyson und Raffo 2007).
Die Bedingungen und die Prozesse des Dialogs zwischen Sozialer Arbeit und Schule(n),
der zu gemeinsamen Kooperationsmaximen und -konzepten führen sollte, sind ebenso
wie der Anteil Sozialer Arbeit an Schulentwicklungsprozessen (Rolff 2010) noch nicht
hinreichend empirisch erfasst. Bislang scheint sich ein Verständnis der Zusammenarbeit
entwickelt zu haben, das weitgehend normativ versucht, Bedingungen für Kooperations-
anlässe festzulegen (Böhm-Kasper et al. 2013; Heinrich et al. 2014).
Warum scheint Ihnen eine Kooperation von Schule und Sozialer Arbeit sinnvoll?
Welche Argumente sprechen gegen die Platzierung von Sozialer Arbeit in Schule?
Welche Vorteile hat das Konstrukt der Bildungslandschaft für die Zusammenarbeit von
Sozialen Arbeit und Schule? Welche Rolle spielt die lebensweltliche Perspektive der
Sozialen Arbeit in diesem Zusammenhang?
Diskutieren Sie die alternativen Begrifflichkeiten für Schulsozialarbeit unter Berück-
sichtigung der im Text erläuterten Facetten Sozialer Arbeit im Kontext von Schule.
Benennen Sie strukturelle Gegebenheiten von Schule, die Partizipations- und Teilha-
bechancen von Heranwachsenden verhindern, und suchen Sie nach zentralen Aspekten
Sozialer Arbeit, die im schulischen Kontext die Teilhabe von Schüler_innen fördern
(können).
Warum und mit welchen methodischen Möglichkeiten trägt das Handlungsfeld Schul-
sozialarbeit dazu bei, die Anschlussfähigkeit sozial benachteiligter Kinder und Jugend-
licher zu sichern?
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Anke Spies ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogik und Di-
daktik des Elementar- und Primarbereichs am Institut für Pädagogik der Carl von Ossietzky Univer-
sität Oldenburg. Kontakt: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Ammerländer Heerstr. 114–
118, 26129 Oldenburg, anke.spies@uni-oldenburg.de