Sie sind auf Seite 1von 11

Reihen

Folgerung 5.26 Für alle z ∈ C und n ∈ N gilt

exp(−z) = exp(z)−1 und exp(nz) = (exp(z))n

Insbesondere gilt: exp(n) = en , wobei e ∶= exp(1) = ∑∞


k=0
1
k! die Eulersche Zahl bezeichnet.

Beweis: Aus Lemma 5.25 folgt



0n
exp(z) ⋅ exp(−z) = exp(0) = ∑ = 1.
n!
n=0
¯


⎪1 , falls n = 0


=⎨





0 , sonst

Somit gilt exp(−z) = exp(z)−1 . Die zweite Identität folgt leicht per Induktion aus Lem-
ma 5.25 und die dritte ist ein Spezialfall von der zweiten.

5.3 Ausblick: Umordnung von Reihen

Frage: Inwieweit gilt das Kommutativgesetz für Reihen?1


Für absolut konvergente Reihen gilt:

Satz 5.27 Es sei ∑∞ k=0 ak eine absolut konvergente Reihe (in R oder C). Dann konvergiert
auch ∑∞ a
k=0 τ (k) für jede bijektive Abbildung τ ∶ N0 → N0 absolut und es gilt:
∞ ∞
∑ ak = ∑ aτ (k)
k=0 k=0

Bemerkung: ∑∞ ∞
k=0 aτ (k) heißt Umordnung von ∑k=0 ak .
Beweis: Es sei A = ∑∞
k=0 ak und τ ∶ N0 Ð→ N0 bijektiv.
Behauptung: limn→∞ ∑nk=0 aτ (k) = A
Beweis der Behauptung: Sei ε > 0. Da ∑∞ k=0 ∣ak ∣ konvergiert, gibt es ein k0 ∈ N, sodass

∞ ∞ k0 −1
ε
∑ ∣ak ∣ = ∑ ∣ak ∣ − ∑ ∣ak ∣ <
k=k0 k=0 k=0 2

Daraus ergibt sich:


k0 −1 RRR ∞ RRR ∞
∣A − ∑ ak ∣ = RRRRR ∑ ak RRRRR ≤ ∑ ∣ak ∣ <
ε
k=0 R R
RRk=k0 RR k=k0 2
Dabei folgt die vorletzte Ungleichung aus:
RRR n RRR n ∞
RRR R
RRR ∑ ak RRRRR ≤ ∑ ∣ak ∣ ≤ ∑ ∣ak ∣
RRk=k0 RR k=k0 k=k0
1
Dieser Abschnitt wurde nicht im Detail in der Vorlesung behandelt und ist nicht klausurrelevant.

55
Reihen

und somit RRR ∞ RRR RRR n RRR ∞


RRR RRR 6. Übungsblatt,
=
3(b) RRR RR
RRRR ∑ k RR ∑ k RRR ≤ ∑ ∣ak ∣.
n→∞ RRR
a lim a
Rk=k0 RR R RRk=k0 RRR k=k0
Wähle nun N ∈ N so groß, dass

B ∶= {0, 1, . . . , k0 − 1} ⊆ {τ (0), . . . , τ (N )} =∶ CN

Dann gilt für alle n ≥ N :


n n k0 −1 k0 −1 ∞
ε
∣ ∑ aτ (k) − A∣ ≤ ∣ ∑ aτ (k) − ∑ ak ∣ + ∣ ∑ ak − A∣ ≤ ∑ ∣ak ∣ + <ε
k=0 k=0 k=0 k=0 k=k0 2

weil:
n k0 −1 RRR RRR ∞
∣ ∑ aτ (k) − ∑ ak ∣ = RRRRR ∑ an RRRRR ≤ ∑ ∣ak ∣wegen Cn /B ⊆ {k ∈ N ∶ k ≥ k0 }
k=0 k=0 RRRk∈Cn ∖B RRR k=k0
Daraus folgt die Behauptung.

Ersetzt man oben an durch ∣an ∣, erhält man, dass ∑ ∣aτ (n) ∣ konvergiert und die Reihe somit
n=0
absolut konvergiert.

Bemerkung 5.28 Die Voraussetzung, dass ∑∞ k=0 ak absolut konvergent ist, ist wesentlich
für die Aussage von Satz 5.27, wie der folgende Satz zeigt:

Satz 5.29 (Riemannscher Umordnungssatz)


Es sei ∑∞
k=0 ak eine konvergente, nicht absolut konvergente Reihe in R. Dann gibt es für alle
A ∈ R eine bijektive Abbildung: τ ∶ N0 → N0 , sodass A = ∑∞
n=0 aτ (n) .

Beweis: Siehe z.B. Heuser “Lehrbuch der Analysis, Teil 1”, Satz 32.4.

Bemerkung: Es lässt sich z.B. für ak = (−1)k k+1


1
eine bijektive Abbildung τ ∶ N0 → N0
finden, so dass
n
1
lim ∑ (−1)τ (k) =∞
n→∞
k=0 τ (k) +1
siehe Forster “Analysis I”, Beispiel 7.9.

56
6 Stetige Funktionen

6.1 Definition und erste Eigenschaften

Im Folgendem sei D ⊆ C eine nicht leere Menge und f ∶ D → C eine Abbildung bzw. Funkti-
on.

Definition 6.1 (a) Es sei a ∈ D. Dann heißt f stetig in a, wenn für jede Folge (xn )n∈N
mit xn ∈ D für alle n ∈ N gilt:

xn →n→∞ a ⇒ f (xn ) →n→∞ f (a).

(b) f heißt stetig (auf D), falls f in jedem Punkt a ∈ D stetig ist.

Bemerkung 6.2 Da R ⊆ C liefert Definition 6.1 auch eine Definition von Stetigkeit für
Funktionen f ∶ D → R mit D ⊆ R.

Beispiele 6.3 1. Es seien a0 , . . . , am ∈ C, m ∈ N und f ∶ C → C das Polynom der Ordnung


m definiert durch:
m
f (z) = ∑ ak z k für alle z ∈ C.
k=0

Dann gilt für jede Folge (zn )n∈N in C mit zn →n→∞ a für ein a ∈ C:
m m k
lim f (zn ) = ∑ lim ak znk = ∑ ak ( lim zn ) = f (a)
n→∞ n→∞ n→∞
k=0 k=0
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=ak

wegen Satz 4.19. Daraus folgt, dass f ∶ C → C stetig ist.


2. Es sei D = R ∖ {0} und f ∶ D → R (⊆ C) definiert durch f (x) = x1 für alle x ∈ D.
Dann folgt aus Satz 4.19, dass für jede Folge (xn )n∈N mit xn ∈ D für alle n ∈ N und
xn →n→∞ a ∈ D gilt
1 1
lim f (xn ) = lim = = f (a)
n→∞ n→∞ xn a

57
Stetige Funktionen

Somit ist f ∶ R ∖ {0} → R ist stetig.

Bemerkung: Im Beispiel ist es wichtig, dass D = R/{0}. Definiert man z.B. f˜∶ R → R
durch


˜ ⎪ 1 , falls x =/ 0,
f (x) = ⎨ x

⎩0, falls x = 0,

so ist f˜ nicht stetig in 0, da z.B. für xn = 1
n gilt xn →n→∞ 0, aber f (xn ) = n konvergiert
nicht für n → ∞.
3. Sei f ∶ R → R definiert durch:

⎪ 1 für x =/ 0,


f (x) = sign(x) ∶= ⎨ 0 für x = 0,



⎩ −1 für x < 0,

Dann ist f in jedem a =/ 0 stetig, aber nicht stetig in a = 0. Wählt man z.B. xn =
n →n→∞ 0, dann gilt:
1

1 = f (xn ) →n→∞ 1 =/ f (0)

Aus Satz 4.19 erhalten wir ebenfalls:

Satz 6.4 Es seien f, g∶ D → C stetige Funktion. Dann sind auch f ±g∶ D → C und f ⋅g∶ D → C
stetig, wobei

(f ± g)(x) ∶= f (x) ± g(x) (f ⋅ g)(x) ∶= f (x) ⋅ g(x)für alle x ∈ D.

Ist außerdem D′ ∶= {x ∈ D ∶ g(x) =/ 0}, so ist auch f


g ∶ D′ Ð→ C stetig, wobei:

f f (x)
( ) (x) ∶= für alle x ∈ D′ .
g g(x)

58
Stetige Funktionen

Beweis: Folgt sofort aus Satz 4.19 und Definition 6.1.

m l
Folgerung 6.5 Es seien P, Q∶ C → C Polynome, d.h. P (z) = ∑ ak z k , Q(z) = ∑ bj z j für
k=0 j=0
alle z ∈ C, wobei ak , bj ∈ C für alle k = 0, . . . , m, j = 1, . . . , l und m, l ∈ N. Dann ist die
rationale Funkiton QP
∶ D′ → C stetig, wobei D′ = {z ∈ C ∶ Q(z) =/ 0}.

Beweis: Folgt direkt aus Satz 6.4 und Beispiel 6.3.1.

Satz 6.6 (Komposition stetiger Funktionen)


Es seien f ∶ D → C, g∶ D′ → C Funktionen, wobei D, D′ ⊆ C und f (D) ⊆ D′ . Ist f stetig in
Punkt x0 ∈ D und g stetig in y0 ∶= f (x0 ), dann ist g ○ f ∶ D → C stetig in x0 .

Beweis: Es sei (xn )n∈N eine Folge mit xn ∈ D für alle n ∈ N und xn →n→∞ x0 . Da f stetig
in x0 ist, folgt:
yn ∶= f (xn ) →n→∞ f (x0 ) = y0 .
Da g stetig in y0 ist, folgt g(f (xn )) = g(yn ) →n→∞ g(y0 ) = g(f (x0 )). Somit ist g ○ f stetig
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
(g○f )(x0 )
in x0 .

Beispiele 6.7 1. Es sei f ∶ D → R eine


√ stetige Funktion mit f (x) ≥ 0 für alle x ∈ D.
Dann ist auch h∶ D → R mit h(x) = f (x) für alle x ∈ D stetig.

Beweis: Zunächst ist g∶ [0, ∞) → R mit g(x) = x für alle x ≥ 0 stetig, denn aus
√ √
xn →n→∞ a und xn , a ≥ 0 folgt, xn →n→∞ a, siehe Übungsblatt 6, Aufgabe 3. Aus
Satz 6.6 folgt somit, dass h = g ○ f in jedem x0 ∈ D stetig ist. Somit ist h∶ D → R
stetig.
2. Ist f ∶ D → C stetig, so ist auch ∣f ∣∶ D → R mit ∣f ∣(x) ∶= ∣f (x)∣ für alle x ∈ D stetig.
Beweis: Sei g(x) = ∣x∣ für alle x ∈ C und xn →n→∞ x in C. Dann folgt:

∣∣xn ∣ − ∣x∣∣ ≤ ∣xn − x∣ →n→∞ 0.

Daraus folgt, dass g∶ C → R stetig ist. Aus Satz 6.6 folgt, dass ∣f ∣ = g ○ f ∶ D → R stetig
ist.

Lemma 6.8 exp∶ C → C ist stetig.

Beweis: Behauptung: exp ist stetig in 0.


Beweis der Behauptung: Es sei (zn )n∈N eine Nullfolge in C. Dann gibt es ein N ∈ N,

59
Stetige Funktionen

sodass ∣zn ∣ ≤ 1
2 für alle n ≥ N . Daraus ergibt sich, da ∣.∣ stetig ist:
∞ m ∣z ∣ k
znk m k
z n
∣exp (zn ) − 1∣ = ∣ ∑ − 1∣ = lim ∣ ∑ n ∣ ≤ lim ∑
k=0 k! m→∞
k=1 k! m→∞
k=1 k!
m ∞
1
≤ lim ∑ ∣znk ∣ = ∑ ∣zn ∣j+1 = ∣zn ∣ →n→∞ 0 ⋅ 1 = 0
m→∞
k=1 j=0 ´¹¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹¶ 1 − ∣zn ∣
∣zn ∣∣zn ∣j

Daraus folgt die Behauptung.


Sei nun z ∈ C und zn →n→∞ z. Dann folgt aus Lemma 5.25

exp( zn ) = exp(z) ⋅ exp(zn − z) = exp(z) ⋅ exp(zn − z) →n→∞ exp(z).


® ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
=zn +z−z →n→∞ 1, da zn −z→n→∞ 0

Daraus folgt exp(zn ) →n→∞ exp(z). Somit ist exp∶ C → C stetig.

Ein wichtiges Kriterium für Stetigkeit ist:

Satz 6.9 (ε-δ-Kriterium) Es sei f ∶ D → C und a ∈ D. Dann ist f genau dann stetig in a,
wenn:
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∶ ∀x ∈ D mit ∣x − a∣ < δ gilt: ∣f (x) − f (a)∣ < ε (6.1)

Beweis: Zu “⇐”: Es gelte (6.1) und es sei (xn )n∈N ein Folge mit xn ∈ D für alle n ∈ N und
xn →n→∞ a beliebig.
Zeige: f (xn ) →n→∞ f (a).
Es sei ε > 0 beliebig und δ > 0 wie in (6.1) (zu diesem ε > 0). Da xn →n→∞ a gibt es ein
N ∈ N, sodass ∣xn − a∣ < δ für alle n ≥ N . Aus (6.1) folgt

∣f (xn ) − f (a)∣ < ε für alle n ≥ N ,

d.h. f (xn ) →n→∞ f (x). Somit ist f stetig in a.


Zu “⇒”: Es sei f stetig in a.
Annahme: (6.1) gilt nicht, d.h.:

∃ε0 > 0 ∀δ > 0 ∃x ∈ D mit ∣x − a∣ < δ und ∣f (x) − f (a)∣ ≥ ε0 .

Wähle δ = n1 . Zu diesem δ = δ(n) existiert ein xn ∈ D mit ∣xn − a∣ < δ = n1 , sodass


∣f (xn )−f (a)∣ ≥ ε0 . D.h. (xn )n∈N ist eine Folge, sodass xn ∈ D für alle n ∈ N und xn →n→∞ a,
aber nicht (f (xn ))n∈N konvergiert nicht gegen f (a), da ∣f (xn ) − f (a)∣ ≥ ε0 für alle n ∈ N.
Das ist ein Widerspruch zur Annahme, dass f stetig in a ist.

Beispiel 6.10 Betrachte die Dirichlet-Funktion f ∶ R → R definiert durch




⎪1, falls x ∈ Q,
f (x) = ⎨

⎩0, falls x ∉ Q.

Dann ist f in keinem a ∈ R stetig. Dies folgt aus:

60
Stetige Funktionen

Lemma 6.11 Es sei a ∈ R und δ > 0 beliebig. Dann gibt es ein b ∈ Q und ein c ∈ R ∖ Q,
sodass
a < b < a + δ und a < c < a + δ

Beweis: Nach Aufgabe 4 aud dem 4. Übungsblatt gibt es ein b ∈ Q, sodass a < b < a + 2δ .
√ √ √
Sei nun c ∶= b + n ,
2
wobei n ∈ N so gewählt sei, dass n > δ .
2 2
Dann gilt n
2
< δ
2 und somit

2 δ δ
a<c=b+ < a + + = a + δ.
n 2 2

Außerdem ist c ∉ Q, weil sonst 2 = n(c − b) rational wäre.

Beispiel 6.10 (Fortsetzung): Ist nun a ∈ Q, so gibt es für, jedes δ > 0 ein x ∈ R ∖ Q mit
∣a − x∣ < δ. Daraus folgt

∣f (x) − f (a)∣ = 1 > ε, falls 0 < ε < 1.

Ist a ∈ R∖Q, so gibt es für alle δ > 0 ein x ∈ Q mit ∣a−x∣ < δ. Daraus folgt ∣f (x)−f (a)∣ = 1 > ε
falls 0 < ε < 1. D.h. f erfüllt (6.1) für kein a ∈ R.

6.2 Stetige reelle Funktionen

Im Folgendem sei [a, b] ein abgeschlossenes (und beschränktes) Intervall, wobei a, b ∈ R mit
a < b und f ∶ [a, b] → R.

Satz 6.12 (Zwischenwertsatz)


Es sei f ∶ [a, b] → R stetig und c ∈ [min{f (a), f (b)}, max{f (a), f (b)}]. Dann gibt es ein
ξ ∈ [a, b] mit f (ξ) = c.

Bemerkung 6.13 Anschaulich scheint der Satz klar zu sein (siehe Abbildung unten). Der
Satz ist in den rationalen Zahlen aber falsch, da z.B. f (x) = x2 − 2 keine Nullstelle in Q
besitzt, aber f (0) < 0 und f (2) > 0 ist. Im Beweis von Satz 6.12 geht die Vollständigkeit
von R ein.

61
Stetige Funktionen

Beweis von Satz 6.12: Es gelte f (a) ≤ f (b). (Den Fall f (a) ≥ f (b) zeigt man analog.)
Dann gilt f (a) ≤ c ≤ f (b). Es sei

M ∶= {x ∈ R ∶ a ≤ x ≤ b, f (x) ≤ c}.

Dann ist M nach oben beschränkt und wegen f (a) ≤ c nichtleer. Definiere ξ ∶= sup M .
Wegen Satz 2.20 (mit ε = n1 ) gibt es eine Folge (xn )n∈N mit xn ∈ M für alle n ∈ N und
xn →n→∞ ξ. Da f stetig ist, folgt c ≥ f (xn ) →n→∞ f (ξ) und somit f (ξ) ≤ c.
Annahme: f (ξ) < c.
Wegen f (b) ≥ c muss ξ < b gelten. Dann folgt aus (6.1) mit ε = c−f (ξ), dass es ein δ > 0 gibt,
sodass f (x) < c = f (ξ) + ε für alle x ∈ [a, b] mit ξ < x < ξ + δ gilt. Das ist ein Widerspruch
zu ξ = sup M . Somit muss f (ξ) = c gelten.

Beispiel 6.14 Es sei c ∈ R und f ∶ R → R stetig mit

lim f (n) = ∞ und lim f (−n) = −∞,


n→∞ n→∞

z.B. f (x) = x2k+1 für ein k ∈ N. Dann gibt es a, b ∈ R mit f (b) > c und f (a) < c. Aus
Satz 6.12 folgt, dass es ein ξ ∈ [a, b] gibt mit f (ξ) = c. Somit ist f surjektiv.

Definition 6.15 Es sei D ⊆ R. Dann heißt f ∶ D → R beschränkt, wenn f (D) beschränkt


ist, d.h. es gibt ein M > 0, sodass ∣f (x)∣ ≤ M für alle x ∈ D.

Satz 6.16 Es sei f ∶ [a, b] → R stetig. Dann ist f beschränkt und es gibt p, q ∈ [a, b], sodass

f (p) = sup{f (x) ∶ x ∈ [a, b]} = max{f (x) ∶ x ∈ [a, b]}


f (q) = inf{f (x) ∶ x ∈ [a, b]} = min{f (x) ∶ x ∈ [a, b]}

D.h. f nimmt ihr Maximum und Minimum an.

Beweis: Es sei A ∶= sup{f (x) ∶ x ∈ [a, b]} ∈ R ∪ {∞}, wobei sup M ∶= ∞, falls M nicht
nach oben beschränkt ist. Dann gibt es eine Folge (xn )n∈N mit xn ∈ [a, b] für alle n ∈ N
und limn→∞ xn = A. Dies folgt aus Satz 4.22, falls A =/ ∞, und aus der Unbeschränktheit
nach oben, falls A = ∞. Da (xn )n∈N beschränkt ist, folgt aus Satz von Bolzano-Weierstraß
(Satz 4.39), dass es eine Teilfolge (xnk )k∈N und ein p ∈ R gibt mit xnk →k→∞ p. Außerdem
folgt aus a ≤ xnk ≤ b für alle k ∈ N, dass a ≤ p = limk→∞ xnk ≤ b. Da f stetig, folgt:

f (p) = lim f (xnk ) = A = sup f ([a, b])


k→∞

Daraus folgt, dass A =/ −∞ und {f (x) ∶ x ∈ [a, b]} nach oben beschränkt ist. Ersetzt man
oben f durch −f , so erhält man aus dem bereits Gezeigtem ein q ∈ [a, b], sodass

3. Übungsblatt
−f (q) = sup{−f (x) ∶ x ∈ [a, b]} = − inf{f (x) ∶ x ∈ [a, b]}.

Somit ist f ([a, b]) nach (unten) beschränkt und der Rest der Behauptung ist gezeigt.

62
Stetige Funktionen

Bemerkung 6.17 Der Satz ist i.A. falsch, wenn [a, b] durch (a, b], [a, b), (a, b), [a, ∞) oder
(−∞, b] ersetzt wird, wie das folgende Beispiel zeigt: Betrachte f (x) = x1 mit x ∈ (0, 1] oder
x ∈ [−1, 0) oder f (x) = x mit x ∈ [0, ∞) oder x ∈ (−∞, 0]. Dann ist f jeweils unbeschränkt.

Folgerung 6.18 Es sei f → [a, b] → R stetig, sodass f (x) > 0 für alle x ∈ [a, b]. Dann gibt
es ein c > 0, sodass f (x) ≥ c für alle x ∈ [a, b].

Beweis: Folgt direkt aus Satz 6.16 für c = f (q) > 0.

Eine wichtige Verschärfung von Stetigkeit ist:

Definition 6.19 Eine Funktion f ∶ D → R heißt gleichmäßig stetig, falls:

∀ε > 0 ∃ δ > 0 ∀x, x′ ∈ D mit ∣x − x′ ∣ < δ gilt ∣f (x) − f (x′ )∣ < ε (6.2)

Bemerkung 6.20 Jede gleichmäßig stetige Funktion ist stetig, denn für alle x′ ∈ D folgt
aus (6.2):
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D mit ∣x − x′ ∣ < δ gilt ∣f (x) − f (x′ )∣ < ε
d.h. (6.1) ist für jedes x′ ∈ D erfüllt. Aus Satz 6.9 folgt, dass f in jedem x′ ∈ D stetig ist.
Wichtig: Umkehrt ist nicht jede stetige Funktion gleichmäßig stetig, wie Beispiel 6.21 zeigt.
Gleichmäßige Stetigkeit bedeutet, dass f (in jedem Punkt) stetig und δ in (6.1) unabhängig
von a = x′ gewählt werden kann.

Beispiel 6.21 Sei f ∶ (0, 1] → R definiert durch f (x) = 1


x für alle x ∈ (0, 1]. Dann ist f
stetig, aber nicht gleichmäßig stetig:
Annahme: (6.2) ist erfüllt.
Dann gibt zu ε = 1 ein δ > 0, sodass
1 1
∣f (x) − f (x′ )∣ = ∣ − ′ ∣ < ε = 1 für alle x, x′ ∈ (0, 1] mit ∣x − x′ ∣ < δ.
x x
Wähle x′ = min{1, δ} und x = n1 für n ∈ N. Dann gilt ∣x′ − x∣ < δ sofern n1 ≤ δ bzw. n ≥ 1δ ,
aber ∣f (x) − f (x′ )∣ = n − f (x′ ) ≥ ε = 1, falls n ≥ f (x′ ) + 1, was ein Widerspruch ist.

63
Stetige Funktionen

Wichtige Beispiele für gleichmäßig stetige Funktionen liefert:

Definition 6.22 f ∶ D → R heißt Lipschitz-stetig, falls es eine konstantes L > 0 gibt, sodass
∣f (x) − f (y)∣ ≤ L ⋅ ∣x − y∣ für alle x, y ∈ D (6.3)

Lemma 6.23 Jede Lipschitz-stetige Funktion ist gleichmäßig stetig.

Beweis: Zu ε > 0 wählt man δ = Lε . Dann folgt aus (6.3)


ε
∣f (x) − f (y)∣ ≤ L ⋅ ∣x − y∣ < L ⋅ = ε
² L
ε
<δ= L

für alle x, y ∈ D mit ∣x − y∣ < δ. Daraus folgt (6.2).

Beispiel 6.24 f ∶ R → R mit f (x) = ∣x∣ für alle x ∈ R ist Lipschitz-stetig (mit L = 1), denn
aus Folgerung 2.19 folgt
∣∣x∣ − ∣x′ ∣∣ ≤ 1 ⋅ ∣x − x′ ∣ für alle x, x′ ∈ R.

Ein wichtiges Kriterium für gleichmäßige Stetigkeit liefert:

Satz 6.25 Es sei f ∶ [a, b] → R stetig. Dann ist f gleichmäßig stetig.

Beweis: Sei f ∶ [a, b] → R stetig. Annahme: (6.2) gilt nicht.


Dann gilt:
∃ε > 0 ∀δ > 0 ∃x, x′ ∈ [a, b] mit ∣x − x′ ∣ < δ, sodass ∣f (x) − f (x′ )∣ ≥ ε.
Wählt man nun δ = n1 , so folgt, dass es x′n , xn ∈ [a, b] mit ∣x′n −xn ∣ < n1 und ∣f (xn )−f (x′n )∣ ≥ ε
gibt. Dann ist (xn )n∈N eine beschränkte Folge, da xn ∈ [a, b] für alle n ∈ N. Aus Satz 4.39
(Bolzano-Weierstraß) folgt, dass es gibt eine Teilfolge (xnk )k∈N gibt, sodass xnk →k→∞ x
für ein x ∈ R. Es gilt x ∈ [a, b] wegen Satz 4.13 und a ≤ xn ≤ b für alle n ∈ N. Andererseits
gilt:
1
∣xnk − x′nk ∣ < →k→∞ 0
nk
Daraus folgt
lim x′nk = lim xnk + lim (x′nk − xnk ) = x + 0 = x
k→∞ k→∞ k→∞

Da f stetig ist, folgt


lim (f (xnk ) − f (x′nk )) = f (x) − f (x) = 0
k→∞
Dies liefert aber einen Widerspruch zu ∣f (xn ) − f (x′n )∣ ≥ ε. Somit ist f gleichmäßig stetig.

Bemerkung 6.26 In Satz ist es wesentlich, dass oben D = [a, b] ein abgeschlossenes (und
beschränktes) Intervall ist. So ist z.B. f ∶ (0, 1] → R mit f (x) = x1 nicht gleichmäßig stetig,
siehe Beispiel 6.21.

64
Stetige Funktionen

Abbildung 6.1: Skizze einer Treppenfunktion

Anwendung: Approximation durch Treppenfunktionen

Definition 6.27 f ∶ [a, b] → R heißt Treppenfunktion, falls es n ∈ N und xj , yj ∈ R für alle


j = 0, . . . , n gibt, sodass

a = x0 < x1 < . . . < xn = b und f (x) = yj für alle x ∈ (xj , xj+1 ) und j = 0, . . . , n − 1

gilt.

Bemerkung: An den Stellen xj kann f einen beliebigen Wert annehmen.

Satz 6.28 Sei f ∶ [a, b] → R stetig. Dann gibt es zu jedem ε > 0 Treppenfunktionen ϕ, ψ∶ [a, b] →
R, sodass
(a) ϕ(x) ≤ f (x) ≤ ψ(x) für alle x ∈ [a, b].
(b) ∣ϕ(x) − ψ(x)∣ ≤ ε für alle x ∈ [a, b]

Beweis: Wegen Satz 6.25 ist f gleichmäßig stetig. Zu ε > 0 sei δ wie in (6.2). Wähle ein
n ∈ N mit b−a n < δ und definiere xj ∶= a + j ⋅ n für alle j = 0, . . . , n. Dann gillt a = x0 < x1 <
b−a

. . . < xn = b. Seien

yj ∶= min{f (x) ∶ x ∈ [xj , xj+1 ]} und yj′ ∶= max{f (x) ∶ x ∈ [xj , xj+1 ]} für j = 0, . . . , n − 1.

Wegen Satz 6.16 existieren die Minima und Maxima und es gibt pj , qj ∈ [xj , xj+1 ], sodass
f (pj ) = yj′ , f (qj ) = yj . Wir definieren nun ϕ, ψ ∶ [a, b] → R durch

ϕ(x) = yj und ψ(x) = yj′ falls x ∈ [xj , xj+1 ) für j = 0, . . . , n − 1

sowie ϕ(b) = yn , ψ(b) = yn′ . Somit erfüllen ϕ und ψ die Bedingung in (a). Außerdem gilt
nach Konstruktion

∣ ψ(x) − ϕ(x) ∣ = ∣f (pj ) − f (qj )∣ < ε, falls x ∈ [xj , xj+1 ),


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=yj′ −yj

für alle j = 0, . . . , n − 1 und ∣ψ(b) − ϕ(b)∣ = ∣f (pn ) − f (qn )∣ < ε.

65

Das könnte Ihnen auch gefallen