Jobsuche per Social Media – Portale, Foren, Apps

SPEZIAL
In Kooperation mit:

Mai | Juni 2016

Gehalt & Karriere
S PE ZIAL

DIE TOP-
TALENT-JÄGER WENIGER
STRESSEN
180 führende Wie werde
Headhunter ich resilient?
und Personal-
vermittler

GEZIELT
KOOPERIEREN
Wie Mentoren Ihre
Karriere beschleunigen

UMZUG FÜR DEN JOB

Warum es sich nicht
immer lohnt

KLUG VERHANDELN – SO HOLEN SIE MEHR GELD RAUS

PLUS: 150 BERUFE IM GEHALTS-CHECK
 scheint.
#BuildersWanted
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Erreichen, was

„EY“ und „wir“ beziehen sich auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. ED 0417.

Wie arbeiten wir in Zukunft?
Von Robert Schneider, Chefredakteur
Geld ist nicht alles. Jeder weiß
das. Aber zu wenig Geld für
gute Arbeit killt schnell die
Motivation. Das weiß die Perso-
nalforscherin Heike Bruch, mit
der wir über die Arbeitswelt
der Zukunft gesprochen haben
(Seite 20). Ob Ihre Leistung an-
gemessen entlohnt wird, können
Sie unserem großen Gehaltsver-
gleich ab Seite 32 entnehmen.
Viele Unternehmen überden-
ken ihre Lohnpolitik, vor allem
wenn es um die weit verbrei-
teten Bonuszahlungen geht.
Denn ebenso wichtig wie eine
angemessene Bezahlung ist ein
wertschätzendes Feedback, er-
klärten zahlreiche Vergütungs-
experten unseren Autoren Bar-
bara Esser und Martin Roos (ab
Seite 38). Ganz gleich, ob Bonus
oder Lohnerhöhung – wie Sie Ihr
persönliches Gehaltsplus smart
verhandeln, erfahren Sie auf
Seite 50.
Die Karriere-Parameter verändern
sich. Gerade für die gut ausge-
Foto: Peter Rigaud für FOCUS-Magazin
bildeten Young Professionals
zählen Spaß und Sinn im Job
mehr als Status und Dienstwa-
gen. Um diese jungen Talente zu
gewinnen, gehen Unternehmen
neue, oft ungewöhnliche Wege
(Seite 60). Auch die scheinbar
grenzenlosen Möglichkeiten des
Internets spielen dabei eine im-
FOCUS-SPEZIAL
EDITORIAL
10�× FOCUS
testen und € 15,–
Gutschein sichern!
ÜBER
34%
S PA R E
N!
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mer wichtigere Rolle. Welche
Chancen das Web und seine
Datenmassen für Personaler
ebenso wie für Jobsuchende bie-
ten, aber auch welche Risiken
diese maximale Sichtbarkeit
birgt, zeigen unsere Autoren auf
€ 15
den Seiten 94 bis 105.
Flexibilität ist das Mantra der mo-
dernen Arbeitswelt. Bei nähe-
rem Hinsehen allerdings zeigt
sich, dass es mit der Mobilität
gerade der jüngeren Arbeitneh-
mer gar nicht so weit her ist und
sich der Wohnortwechsel für die
Karriere nicht automatisch aus-
zahlt (Seite 108). Ein Perspek-
tivwechsel und die Erweiterung
des eigenen Horizonts indessen
lohnen sich immer. Das erkennt
eine wachsende Zahl von Un-
ternehmen, die ihre Mitarbei-
ter in hauseigenen Akademien
weiterbilden (Seite 112). Mit den
Kollegen und von den Könnern
zu lernen bietet immer auch die
Möglichkeit einer persönlichen
Bereicherung. Und das ist mit Jetzt bestellen:
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Geld nicht aufzuwiegen.
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639286M02
 Inhalt
FOCUS-SPEZIAL – GEHALT & KARRIERE – MAI/JUNI 2016

108
Arbeitswelten

6 Lebensläufe
Tandemplayer, Vorstandschef,
Schauspieler, Weltmeister – fünf Menschen
über ihr persönliches Karrierekonzept
Umziehen oder pendeln? 12 Jobwelt in Zahlen
Nach jahrelanger Pendelei Was Arbeitgeber suchen – und Mitarbeiter
kann Monika Steilen zur sich wünschen
Arbeit radeln
14 Alles so schön bunt hier
Vielfältige Teams sind en vogue, aber nicht
überall, wo „Diversity“ draufsteht, steckt
auch eine kluge Strategie dahinter
20 Sehnsucht nach dem Sinn
Die Personalforscherin Heike Bruch
über die Herausforderungen, die

26
veränderte Arbeitswelten an Unternehmen
und Mitarbeiter stellen

Mehr Gehalt

26 Gute Zeiten für mehr Geld

Aussicht auf mehr Weil die Wirtschaft weiter wächst,
Augenoptiker wie Christian stehen die Chancen für einen erfolgreichen
Stöckert verbuchen ein Gehaltspoker besser denn je
sattes Gehaltsplus – viele 32 Die FOCUS-Gehaltsliste
andere Berufe ebenfalls
Überblick über die aktuellen Jahressaläre
in 150 Berufen
36 Städte-Ranking
Lohn minus Miete – in welchen Städten am
meisten vom Einkommen übrig bleibt

Titel: Foto: getty images; Gestaltung: Daniela Wiesemann für FOCUS-Spezial

38 Feedback ist die neue Währung
Immer mehr Unternehmen stellen ihre
individuellen Bonuszahlungen in Frage und
suchen nach Alternativen
42 Widersprüchliche Ziele
Der Vergütungsberater Michael Bursee

60
über die Schwierigkeit, Mitarbeiterleistung
zu messen und adäquat zu entlohnen
44 Wie viel ist genug?
Deutschlands Dax-Vorstände verdienen
so viel wie nie – die Debatte über die
Angemessenheit der Bezüge läuft heiß
Appetizer für Absolventen 50 Service: Smart verhandeln
Bei Recruiting-Events treffen Ihr Chef ist ein Vertröster, Jammerer oder zu
Uni-Absolventen auf feige? Mit diesen klugen Konterantworten
Arbeitgeber von morgen holen Sie bei der nächsten Gehaltsverhand-
lung trotzdem mehr Geld raus

4 FOCUS-SPEZIAL

66
Blick über den Tellerrand
Mentoring-Programme eröff-
nen Mitarbeitern neue
Karriere-Perspektiven
52 Kreative Avancen
Akquise in der Schule, Mietzuschuss
und die Beschäftigung von jungen Flücht-
lingen – um Azubis zu gewinnen, gehen
Unternehmen innovative Wege
56 Die Gehälter der Azubis
Überblick über 80 Ausbildungsberufe
Fotos: Maurice Kohl, Michela Morosini, Stefan Thomas Kröger/alle für FOCUS-Spezial; Illustration: Anton Hallmann/Sepia für FOCUS-Spezial
Mehr Karriere
60 Appetizer für Absolventen
Wie Arbeitgeber mit spektakulären
Recruiting-Events um die Aufmerksamkeit
der Young Professionals buhlen
66 Tandem zum Erfolg
Immer mehr Firmen setzen auf den Informa-
tionstransfer von Mentoring-Programmen
70 Gedeihen unter Druck
Was unsere Autorin aus einem Resilienz-
Seminar für ihren Berufsalltag mitnahm
74 Service: Stressmanagement
Seminare zu Achtsamkeit und Stress-
bewältigung boomen
76 Mehr Schein als Sein
Die Angst vor Scheinselbstständigkeit
stellt Freischaffende und Personalvermittler
vor massive Probleme
79 Service: Frei oder nicht frei?
Welche Kriterien Selbstständige erfüllen
müssen, um anerkannt zu werden
81 Die Methodik der FOCUS-Listen
Alle wichtigen Fragen und Antworten zur
Entstehung der Top-Listen
82 Die Top-Personaldienstleister
Empfehlenswerte Beratungsfirmen im
Bereich Executive Search, Professional
Search und Freelancer-Vermittlung
FOCUS-SPEZIAL
VORHANG
AUF FÜR IHR
UNTERNEHMEN!
Neue Chancen
94 Big Data verändert alles
Unterstützt von kluger Software, fischen
Recruiter in Datenströmen nach Talenten –
doch wie aussagefähig sind Algorithmen? NUTZEN SIE
UNSER PERSONAL-
100 Der große Bewerbungs-Guide
Alles über die Jobsuche, Selbstvermarktung
und perfekte Bewerbung in NETZWERK FÜR
Social Media, Jobportalen und Apps IHREN ERFOLG!
106 Liste Karriereportale
Die empfehlenswerten Job-Portale
107 Glossar
Coaching, Outplacement, TIME-Märkte – Sie brauchen neue Fach- und
eine Übersicht über die Fachbegriffe Führungskräfte? Sie müssen
108 Ich bleib dann mal da Personalengpässe überbrücken?
Umziehen für die Karriere lohnt sich oft nicht – Wir vermitteln Ihnen auf Zeit
das moderne Mantra der Mobilität inte-
ressiert gerade die Jüngeren immer weniger
oder zur Festanstellung die
gesuchten Mitarbeiter.
112 Campus für Kollegen
www.hofmann.info
Mit firmeneigenen Akademien stellen
Unternehmen die berufliche Weiterbildung
auf ein neues Fundament
116 Mehr als nur ein Job auf Zeit
Warum Studenten und Akademiker bei
Zeitarbeitsfirmen immer beliebter werden
120 Die FOCUS-Liste Zeitarbeit
Überblick über die Betriebe in Deutschland,
die auf Leiharbeit setzen
Rubriken TOP
PERSONAL
3 Editorial des Chefredakteurs DIENSTLEISTER
122 7 Fragen an Claudius Holler 2016
122 Impressum ZEITARBEIT
DEUTSCHLANDS
PERSONAL-
5
DIENSTLEISTER IM
VERGLEICH
Lebensläufe

Foto: Marko Priske für FOCUS-Spezial

Zu zweit am Ruder:
Svenja Christen (l.)
und Anna Simon
teilen sich eine
Stelle bei Coca-Cola

6 FOCUS-SPEZIAL
 Manchmal heißt Karriere nur: nicht
aufgeben. Oder mit Traditionen brechen.
Fast immer aber bedeutet es, Neues zu
wagen. Fünf Erfolgsmenschen und ihr
Verständnis vom Weiterkommen
Aufgezeichnet von Anne Lehwald

Jobsharing ist für

Svenja Christen, 30,
und Anna Simon, 22,
das ideale Karrieremodell
Für Svenja Christen ist es eine klas-
sische Win-win-Geschichte. „Durch
Jobsharing binden Arbeitgeber top
motivierte und qualifizierte Mitarbei-
ter, indem sie ihre Bedürfnisse be-
rücksichtigen“, sagt sie. In der Perso-
nalentwicklung bei Coca-Cola Berlin
bildet die 30-Jährige gemeinsam mit
Anna Simon, 22, ein Senior-Junior-
Tandem. Das Besondere: Christen ist
nicht nur Tandempartnerin, sondern
auch Vorgesetzte von Simon.
Bis Herbst 2015 besetzte Christen die
Referentenstelle allein in Vollzeit und
absolvierte nebenbei eine Coaching-
Ausbildung. Jetzt arbeitet sie auch
freiberuflich als Coach. „Dafür wollte
ich meine Arbeitszeit reduzieren, aber
nicht auf einer Teilzeitstelle geparkt
werden.“ Ihre Tandempartnerin Anna
Simon arbeitet schon seit einigen Jah-
ren im Unternehmen. Jetzt studiert
sie parallel Bildungswissenschaften.
Auf der Stelle arbeiten beide Frauen
25 Stunden pro Woche. Die Aufgaben
sind klar verteilt, die Planung flexi-
bel. Abstimmungen laufen per E-Mail
und WhatsApp. Maximal 1,5 Stunden
pro Woche investieren beide dafür.
„Kompliziert wird es nur, wenn wir uns
vorstellen“, sagt Anna Simon. „Denn
Tandems sind in Unternehmen noch
nicht so verbreitet.“* Svenja Christen
ist optimistisch, dass sich das bald
ändert: „Das Modell ist ziemlich sim-
pel und ein Gewinn für alle.“
* Ein Berliner Start-up bringt auf
www.tandemploy.com Jobsharer und
Unternehmen zusammen.
FOCUS-SPEZIAL 7
Lebensläufe

Spielernatur:
Der gebürtige
Frankfurter stand
schon mit Oscar-
Preisträger
Kevin Spacey
vor der Kamera

Schauspieler René Ifrah, 38, über Erfolg, Glück und Existenzangst beim Karrieremachen
Sie spielen neben Hollywood-Star
Claire Danes in der vielfach prämierten
Serie „Homeland“*. Das klingt glamou-
rös. Wie sieht Ihr Alltag aus?
Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin,
Arbeit zu suchen. Von Januar bis März war
ich in New York jeden Tag bei ein bis vier
Castings für neue Serien. Von den meisten
Früher dachte ich, wenn ich eine gewisse
Bekanntheit erreicht habe, stehen mir alle
Wege offen. Je länger ich in der Branche bin,
umso mehr merke ich, dass das nicht der
Realität entspricht. Auch die berühmtesten
Schauspieler rechnen damit, lange auf das
nächste gute Projekt zu warten.
Was bedeutet „Karriere“ für Sie?
gehört einfach auch Glück. Man muss im-
mer hart arbeiten, damit man – wenn der
Glücksmoment kommt – bereit ist, das
Beste daraus zu machen.
Haben Sie einen Plan B?
Es gab schon Momente, in denen ich kurz
davor war, mir etwas anderes zu überlegen.
Aber immer genau dann kam der nächste
Foto: Boris Lajos/T&T

bekommt man nie ein Feedback. Existenz- Dass man von der Schauspielerei leben Durchbruch. Als ob mir das Universum
angst ist auf jeden Fall ein Teil des Jobs. kann. Das wird schwieriger – vor allem sagen will: Du darfst nicht aufgeben! 
Hat man es nicht irgendwann ge- in Deutschland. Die Gagen sind seit den * Die 5. Staffel von „Homeland“ läuft sonntags ab
schafft? 90er-Jahren gesunken. Und zum Erfolg 23.05 Uhr auf SAT.1.

8 FOCUS-SPEZIAL
 Christian Berner, 32,
leitet ein Familienunter-
nehmen, das ihn von
klein auf geprägt hat
„Als ich acht Jahre alt war, begleitete
ich meinen Vater zur Einweihung
der neuen Firmenzentrale. Damals
dachte ich: Wenn ich groß bin, will
ich dem Papa mal helfen. Das Un-
ternehmen ist das Lebenswerk mei-
nes Vaters. Über die Jahre ist es vom
1-Mann-Betrieb zum europäischen
Konzern mit 9000 Mitarbeitern ge-
wachsen. Trotzdem hat mein Vater nie
vergessen, wie er mal angefangen hat
und wem er den Erfolg zu verdanken
hat: den Mitarbeitern.
Diese Bodenständigkeit wurde nicht
nur im Familienunternehmen gelebt,
sondern auch in unserer Familie. Meine
Eltern waren immer bescheiden. Als
ich mit 14 einen Roller wollte, sagte
mein Vater: ,Verdien ihn dir.‘ Also jobbte
ich den Sommer über in der Logistik.
Eine sehr lehrreiche Zeit. Später habe
ich auf Messen mitgeholfen und wäh-
rend meines Studiums im Marketing
und im Vertrieb gearbeitet. Seit vier
Jahren leite ich die Berner Group. Mein
Vater gibt mir wertvolle Tipps, aber wir
sind nicht immer einer Meinung, und
ich treffe eigene Entscheidungen. Dass
mein Vater mir dabei vertraut, macht
mich sehr stolz. Denn bei einem Fami-
lienunternehmen geht man schließlich
auch immer das Risiko ein, nicht nur
das Unternehmen, sondern auch die
Familie zu verlieren. Wir haben uns
noch nicht verloren.“
Foto: Boris Breuer für FOCUS-Spezial

Viel vom Vater gelernt:

Christian Berner ist
Vorstandsvorsitzender
des Handelsunter-
nehmens Berner Group

FOCUS-SPEZIAL 9
Lebensläufe

Foto: Frank Lübke für FOCUS-Spezial mit freundlicher

Genehmigung von body & soul/www.bodyandsoul.ag

In seinem Element:
Der zweifache
Schwimmwelt-
meister macht sich
als Unternehmer
für Innovation im
Schwimmsport stark

10 FOCUS-SPEZIAL
 Als Unternehmer profitiert Christian Tröger, 46, von seiner Erfahrung als Profi-Sportler
„Schwimmen habe ich lange nur als mo-
derat bezahltes Hobby gesehen. Darum
habe ich BWL studiert. In meinen Augen
war das ein gutes Fundament. Neben Vor-
lesungen und Seminaren schwamm ich
an die Weltspitze. Ich war 13-mal pro Wo-
che im Wasser und weitere 15 Stunden im
Kraft- und Gymnastikraum. Für meine drei
Olympia-Teilnahmen habe ich mir je ein
Urlaubssemester genommen. Disziplin und
die Fokussierung auf ein Ziel sind beim Leis-
FOCUS-SPEZIAL
tungssport entscheidend. Diese Fähigkeiten
nützen mir auch heute als Unternehmer.
Seit 15 Jahren berate ich als Markenstra-
tege Firmen.
Sport und Wirtschaft haben vieles gemein-
sam. Als Sportler wie als Unternehmer muss
man genau wissen, wie man seine Energie
effizient nutzt. Wer Erfolg haben will, muss
sich stets positiv von der Masse abheben.
Im Schwimmbecken* wollte ich ja auch nie
gleichzeitig mit den anderen ankommen,
sondern immer einen Tick früher. Besser zu
sein als die Konkurrenz ist für mich auch als
Unternehmer wichtig. Deshalb engagiere ich
mich für ein bayerisches Start-up, das ein
innovatives Sportgerät** für Schwimmer
und Triathleten aller Leistungsklassen ent-
wickelt hat. Meine Erfahrungen als Spitzen-
sportler und Inhaber einer Schwimmschule
helfen dabei, die Erfindung zu verbessern.“
* Fotolocation: body + soul Center Brunnthal
** Mehr zum Powerbreather auf www.powerbreather.com
11
 Jobwelt in Zahlen
WAS ARBEITGEBER SUCHEN – UND MITARBEITER SICH WÜNSCHEN

Fachbereiche mit Nachwuchssorgen

34 %
46 % Forschung/Entwicklung

Ingenieurwesen
32 % 16 %

Vertrieb/
46 % Kundenbetreuung Sonstige

Quelle: Kienbaum
14 % 8%
Finanzen/
Informationstechnologie Produktion Controlling

In vielen Bereichen gestaltet sich die Rekrutierung junger

Talente kompliziert – beispielsweise sind 46 Prozent der freien
Stellen für Ingenieure und IT-Experten schwierig zu besetzen.

Die Suche nach Talenten beginnt und endet im Internet

Quelle: Monster.de
90,4 tellenbörsen 70
hme
ns-Website
e rn
et-S ,1
te r
ne % nt
%

n
I
U

Die analogen Zeiten der Jobsuche

sind vorbei: Über 90 Prozent der
Unternehmen vertrauen inzwischen 37,3 %
bei der Rekrutierung neuer Mit- 37,3 %
arbeiter auf die eigene Unterneh- über diesen Kanal
mens-Website. Knapp drei Viertel generierte Einstellungen
der Firmen setzen zudem auf all-
gemeine Internet-Stellenbörsen.
Bemerkenswert: Im Ergebnis sind Rec ere 13,8
ruiting-Kanäle nd
tur 30
agen ,5
%

beide Varianten gleich erfolgreich

a

its 30,5 %
und generieren rund 37 Prozent 5,6 %
e

%
Arb

edien 11,
Illustrationen: Loulou & Tummie für FOCUS-Spezial

aller neuen Jobeinstellungen. Wei- tm 2,7 %

9%

tere Stellenbesetzungen laufen

Prin

4,0 %
insbesondere über Empfehlungen pfehlungen 2 Media 28,1
Em ial
anderer Mitarbeiter (8 Prozent) und
2,7

Soc
Mitarbeiter-

Social Media (5,1 Prozent).

%

8,0 % 5,1 %

Kanäle, die Unternehmen zur Rekrutierung nutzen (äußerer Kreis) – und

wie sie neue Mitarbeiter tatsächlich finden (innerer Kreis).

12 FOCUS-SPEZIAL
Hin und wieder eine Stunde mehr
Wie viel Zeit deutsche Arbeitnehmer nach
Feierabend in ihren Unternehmen verbringen
Bis zu . . .

Nicht mehr als . . .

5 Wo Manager arbeiten wollen

2,4 
 Std.
Mehrarbeit
Std. pro Woche sind Metropole
üblich – für über
ja 72 % 57 %
pro Woche sind 40 Prozent
bei den unter der deutschen ländliche
20-jährigen Arbeitnehmer. Umgebung 7 % Spielt der Standort
bei der Wahl eines
Arbeitnehmern Arbeitsgebers eine
keine Seltenheit. besondere Rolle?

Quelle: Baumann Unternehmensberatung

n ein 2 8 %
Nur . . .

48
We
r te
eru

g
nd
et 35 %

%
Kleinstadt
 
Quelle: Gehalt.de

der Beschäftigten mit bis zu fünf Überstunden Knapp drei Viertel aller Führungskräfte achten bei der Jobwahl
pro Woche bekommen die Mehrarbeit vergütet auf den Standort des Unternehmens – die meisten von ihnen
– die anderen gehen leer aus. wünschen sich, in einer Metropole tätig zu sein.

Welche Leistungen einen Arbeitgeber besonders attraktiv machen

20–29 30–39 40–49 50–65

Jahre Jahre Jahre Jahre

Top-5 -Platzierung

leistungsgerechte
1 Bezahlung 56,4 % 58,2 % 68,6 % 73,4 %

sicherer
2 Arbeitsplatz 56,1 % 60,4 % 64,8 % 70,5 %

flexible
3 Arbeitszeiten 45,6 % 48,4 % 48,6 % 44,4 %

wohnortnaher
4 41,6 % 39,8 % 44,7 % 44,2 %
Quelle: Orizon

Arbeitsplatz

abwechslungs- Urlaubs- betriebl. Alters-

5 reiche Tätigkeit 39,2 % geld 30,9 % 38,2 % vorsorge 38,7 %

Ältere und jüngere Arbeitnehmer bewerten die Attraktivität eines Unternehmens ähnlich. Im Detail zeigt sich, dass zum Beispiel eine leistungsgerechte
Bezahlung oder ein sicherer Arbeitsplatz in den Altersgruppen sehr unterschiedlich gewichtet wird.

FOCUS-SPEZIAL 13
14 FOCUS-SPEZIAL

Alles so
schön bunt
hier
Dass die Arbeitsteams viel-
fältiger werden, stellt niemand
in Frage. Doch nicht überall, wo
Diversity draufsteht, ist ein
kluges Konzept drin. Um erfolg-
reich zu sein, müssen auch die
Strategien vielschichtig sein
W
er sein Brot beim
Feinkost Käfer DIVERSE DIVERSITY-MASSNAHMEN
kauft, bekommt
es häufig von ei- Für viele Firmen ist Diversity ein bedeutender
ner freundlichen Bestandteil der Unternehmenskultur. Die wichtigsten
älteren Dame Angebote zur Förderung der Vielfalt im Überblick:
über die Theke gereicht. Die
78-jährige Maria Geier arbei-
tet seit vielen Jahren für den
Münchner Delikatessenhändler
und kennt die Vorlieben ihrer
Stammkunden. Sie ist eine von
81,3 %
vielen älteren Mitarbeitern, die flexible Arbeitszeit-
auch nach ihrem Rentenbeginn modelle und Work-Life-
Illustration: Loulou & Tummie für FOCUS-Spezial
Balance-Angebote
im Dienst geblieben sind.
Das renommierte Münchner
Familienunternehmen schätzt
die Erfahrung und das Wissen Förderung der Akzeptanz
seiner langjährigen Kräfte. Sie und Toleranz
werden als Kulturträger gese- von sexueller
hen, die den jüngeren Kollegen Identität und 32,8 %
Orientierung
viel mitgeben können. Hier, in
dem Gemischtwarenladen für
Gourmets, erhält man eine Ah-
nung, wie sich unsere Arbeits-
FOCUS-SPEZIAL
J O B W E LT E N     D I E N E U E V I E L FA LT
welt neu mischen könnte, weil
sich Gesellschaften verändern.
Die Städte werden bunter, die
Schulen internationaler, die Be-
völkerung wird älter – und in den
U-Bahnen sind Väter mit Kinder-
wagen kein Wochenendphäno-
men mehr.
Diese Vielfalt wird sich über
Förderung der kurz oder lang auch in den Beleg-
Bildung von inter-
kulturellenTeams Angebot für Allein-
erziehende/familien-
schaften der Unternehmen spie-
geln. Spiegeln müssen, sagen
freundliche Angebote Experten. Noch vor wenigen Jah-
ren verstanden Personaler unter
54,7 % dem Schlagwort „Diversity“,
46,9 % das im Englischen für „Viel-
falt“ steht, vor allem Maßnah-
men zur Förderung von Frauen.
Heute erkennen Unternehmen
alters- und zunehmend, welche Potenziale
46,9 % behindertengerechte die unterschiedlichen Talente,
Arbeitsplätze
Erfahrungen und Besonderhei-
ten ihrer Mitarbeiter bergen.
Das IT-Unternehmen SAP
Quelle: PageGroup machte Schlagzeilen, als
15
J O B W E LT E N     D I E N E U E V I E L FA LT
45
es verstärkt Autisten ins Team
holte. Small Talk ist zwar nicht Prozent der Unternehmen
deren Sache. Menschen mit au-
tistischem Hintergrund denken
beschäftigen sich mit dem Thema
jedoch häufig sehr logisch-ana-
lytisch und achten auf kleinste
Diversity-Management
Quelle: PageGroup
Details. Inzwischen haben sich
eigene Agenturen auf die Rekru-
tierung autistischer Mitarbeiter
spezialisiert. Andere Konzerne
wie Bosch oder Henkel holen
erfahrene Manager als Senior- bleiben wolle, könne es sich leis-
Experten aus dem Ruhestand ten, das Thema stiefmütterlich
oder setzen sich für flexible Ar- zu behandeln. „Das gilt nicht nur
beitsmodelle auch in den Füh- im Hinblick auf internationale
rungsetagen ein. Geschäfte“, sagt die ehemalige
Allmählich spricht es sich he- Diversity-Managerin der Deut-
rum: Die Zusammenarbeit in ge- schen Bank. „Auch in Deutsch-
mischten Teams, in denen Jün- land schaut die Generation Y
gere und Ältere ebenso vertreten ganz anders auf Produkte und
sind wie verschiedene Kulturen, hinterfragt, woher sie kommen
Nationalitäten und Geschlechter und wie die Unternehmen auf-
sowie Begabungen, ist nicht nur gestellt sind.“
ethisch geboten. Sie wirkt sich Wie werden wir morgen ar-
auch positiv auf die betriebli- beiten? Erfolgreiches Diversity-
chen Ergebnisse aus. Management richtet sich an die-
„Diversity ist kein Nice-to- ser Frage aus. Globalisierung,
have“, sagt Aletta Gräfin von demografischer Umbruch, Di-
Hardenberg, Geschäftsführerin gitalisierung: Die weltweiten
der Berliner Unternehmensini- Megatrends gehen einher mit
tiative Charta der Vielfalt. „Auch einem tiefgreifenden Wertewan-
die Kunden und Arbeitsmärkte del. Die jüngeren Generationen
werden vielfältiger.“ Kein Un- sind nicht mehr bereit, der Kar-
ternehmen, das konkurrenzfähig riere alles unterzuordnen. Neue
Technologien schaffen bessere
Voraussetzungen für flexiblere
Arbeitszeitmodelle und haben
direkte Auswirkungen auf die
Vereinbarkeit von Familie und
Diversity ist Beruf. Langfristig werden sie
kein Nice- aber vor allem die Machtverhält-
nisse in Unternehmen nachhal-
to-have. tig beeinflussen.
Die Macht verschiebe sich
Es muss in von den Unternehmen zu den
der Unter- Talenten, konstatiert der Top-
Personalmanager Thomas Sat-
nehmens- telberger. Als Personalvorstand
der Telekom hatte er dem Dax-
strategie Konzern vor sechs Jahren eine
Frauenquote von 30 Prozent ver-
verankert ordnet und die Diskussion um
sein“ Frauen in der Führung vorange-
bracht. Mancher Macho in Un-
ALETTA VON ternehmen und Verbänden hätte
HARDENBERG, ihn dafür am liebsten ans Kreuz
DIVERSITY- genagelt, erklärte der 66-Jährige
BERATERIN in einem Interview. „In Sachen
16
Arbeitskultur“, so Sattelberger,
„ist Deutschland ein Entwick-
lungsland.“
In der Tat ist noch reichlich
Luft nach oben. 55 Prozent der
deutschen Betriebe beschäf-
tigen sich bislang noch nicht
mit Diversity, offenbart eine
Studie der Personalberatungs-
und Personalvermittlungsgesel-
schaft PageGroup. Zwar haben
fast alle Dax-30-Unternehmen
die Charta der Vielfalt unter-
zeichnet und leisten sich einen
Diversitiy-Beauftragten. In der
Praxis allerdings beschränken
sich die vielfaltfördernden Ak-
tivitäten zumeist auf die Ziel-
gruppe Frauen. 80 Prozent der
deutschen Unternehmen, ergab
eine Studie der Beratungsagen-
tur Roland Berger, setzen aus-
schließlich auf Maßnahmen für
weibliche Mitarbeiter.
Auch die erschöpfen sich bis-
weilen in punktuellen Alibi-
Aktivitäten, deren Wirkung
verpufft. Selbst umfangreiche
Maßnahmenpakete blieben häu-
fig erfolglos, stellt das Münchner
Foto: Jens Kalaene/dpa; IIllustration: Loulou & Tummie für FOCUS-Spezial
Beratungsunternehmen Synergy
Consult in einer jährlichen Um-
frage zum Diversity-Manage-
ment in Dax-30-Unternehmen
fest. Von manchen Führungs-
kräften werde Diversity-Ma-
nagement eher „als Trendthema
gesehen, das wenig mit dem
eigentlichen Geschäft zu tun
hat“, bemerkt Petra Köppel von
Synergy Consult. Aber es gebe
auch zahlreiche Unternehmen,
die ernsthaft versuchten, Struk-
turen zu verändern.
Und nur so geht es. Vielfalt will
vorbereitet sein. Denn im Berufs-
alltag macht sie auch Arbeit.
FOCUS-SPEZIAL
17
J O B W E LT E N     D I E N E U E V I E L FA LT
Je größer die Altersunterschiede
in einem Team, desto häufiger
kommt es zu Konflikten, fanden
Psychologen der TU Dresden
heraus. Vor allem Ältere fühlen
sich häufig diskriminiert und
verlassen ihr Team.
Jüngere wirken unbefange-
ner und gehen spielerischer mit
neuen Technologien um. Doch
auch sie stehen unter Druck und
sind sich keineswegs immer so
sicher, ob sie den Anforderun-
gen der Arbeitswelt überhaupt
gerecht werden. Am besten läuft
es dort, wo die verschiedenen
Generationen gleichmäßig ver-
treten sind, ohne Riesenlücke
zwischen den ganz Jungen und
den ganz Alten.
Unternehmen wie BMW setzen
darauf. „Wir haben festgestellt,
dass in altersgemischten Teams
die Qualität und Leistungsfähig-
keit besser ist, darum stellen wir
bewusst auch über 53-Jährige
ein“, betont BMW-Personalvor-
ständin Milagros Caiña-Andree.
Fast 15 Prozent der Neueinstel-
lungen bei BMW sind Ausländer,
an den deutschen Standorten
arbeiten Menschen aus 99 ver-
schiedenen Nationalitäten. „Wir
haben uns das Thema ‚Vielfalt‘
nicht auf die Fahnen geschrie-
ben, weil es chic ist, sondern
weil wir davon überzeugt sind,
dass die Durchmischung uns viel
weiter bringt“, so Caiña-Andree.
Das gelte für alle Facetten, In-
ternationalität, Alter und Ge-
schlechtermischung.
„Die Art und Weise, wie Ge-
schäfte gemacht werden, ändert
sich grundlegend“, sagt Tanja
Schwarzmüller vom Lehrstuhl
für Strategie und Organisation
an der Technischen Universität
München. „Zielgenaue Services
für den Kunden erfordern inno-
vativ denkende und aktiv nach
Veränderungen suchende Mitar-
beiter“, betont die Psychologin.
„Wir wissen, dass diverse Teams
das besonders gut können.“
Frei und unkonventionell den-
kende Köpfe aus vielfältigen Na-
tionen und Ethnien bringen un-
18
61
Prozent der Firmen, die sich
aktiv für Vielfalt einsetzen, sind
überzeugt, dass sie dadurch
Diskriminierung vorbeugen
Quelle: PageGroup
terschiedliche Perspektiven mit
und erreichen neue Zielgrup-
pen, über Bereichsgrenzen und
Standorte hinweg. Für Mitarbei-
ter birgt das große Chancen. In-
novation entstehe zunehmend
durch die Art des Zusammen-
arbeitens und der Arbeitsorga-
nisation, prognostizieren die
Münchner Strategieforscher der
TU. „In einer vernetzten Welt
kooperieren Teams abteilungs-
übergreifend miteinander, statt
in engen Bereichsgrenzen nach
eigenen Lösungen zu suchen“,
sagt Tanja Schwarzmüller. Auch
WAS VIELFALT BRINGT
Diversity ist ein messbarer Prozess. Welche Ziele Unternehmen
durch entsprechende Maßnahmen erreicht sehen:
Förderung von
stärkere
Synergien Mitarbeiter-
zwischen bindung
Mitarbeitern
5 4 ,7 % 5 1,6 %
bessere
Zusammenarbeit
in Teams
5 0,0 %
Quelle:PageGroup
nach außen werden sich Unter-
nehmen öffnen und mit anderen
kooperieren. „Es hört sich noch
nach einer Fiktion an, aber wer
in Zukunft die immer individu-
eller werdenden Kundenbedürf-
nisse erfüllen will, wird sogar fir-
menübergreifend diverse Teams
bilden müssen.“
Dabei auf die vermeintlich be-
sonderen Potenziale jeweiliger
Gruppen zu fokussieren, hält
Diversity-Expertin von Harden-
berg für den falschen Weg. Wer
Frauen fördert, weil die angeb-
lich so besonders empathisch
führen, Homosexuelle wegen ih-
res Sinns für Ästhetik oder Ältere
auf Grund ihrer Zuverlässigkeit,
denkt weiter in Stereotypen.
„Dieses Einordnen in Schubla-
den führt zu nichts“, stellt von
Hardenberg fest. Jeder Mensch
verkörpere verschiedene Dimen-
sionen und bringe eine eigene
Mischung an Fähigkeiten und
Erfahrungen mit. „Ich bin Frau,
zähle zur Babyboomer-Genera-
tion, bin Führungskraft, komme
aus einer bestimmten Kultur –
wir müssen uns stärker auf diese
individuellen Merkmale konzen-
trieren.“ Um erfolgreich zu sein,
müsse Diversity fest in der Un-
ternehmensstrategie verankert
sein, „mit klaren betriebswirt-
schaftlichen Zielen“.
Vereinzelt führen ausgerech-
net die kleinen und mittelständi-
schen Unternehmen vor, wie das
im Alltag funktionieren kann.
„Die machen einfach“, sagt
Anne Spitzley vom Fraunhofer-
Institut für Arbeitswirtschaft
FOCUS-SPEZIAL
 und Organisation in Stuttgart,
die auch kleinere Firmen zu
Diversity-Management berät.
Vom Sprachkurs bis hin zum in-
Illustration: Loulou & Tummie für FOCUS-Spezial; Foto: Henning Kaiser/dpa
terkulturellen Kalender passiert
im Mittelstand vieles zur För-
derung der Vielfalt, so die Wis-
senschaftlerin. Freilich nicht im-
mer zwingend unter dem Label
„Diversity“.
Soziologin Spitzley erzählt von
einem hessischen Hersteller von
Schleiftechnologie, der unter
anderem Schleifpapier produ-
ziert und eine alte Produktions-
maschine dafür im Einsatz hat.
Für das 50 Meter hohe Trumm
aus der Nachkriegszeit gibt es
längst keine Ersatzteile mehr.
Einfach eine neue Gerätschaft
zu kaufen ist keine Option, denn
die Halle ist um die Maschine
FOCUS-SPEZIAL
herum gebaut. Weil alle Mitar-
Diversity ist beiter, die bislang für die Pflege
der alten Diva zuständig waren,
immer in die kurz vor dem Ruhestand stehen,
beschloss das Unternehmen, sie
Frage einge- nun mit jüngeren Mitarbeitern
bettet: Wie
zusammenzubringen, um ihren
Erfahrungsschatz zu bewahren
sieht die und das Wissen in der Firma zu
halten.
Arbeitswelt „Die altgedienten Fachkräfte
hören es einfach, wenn eine Ma-
von morgen schine kaputtgeht“, sagt Anne
aus?“ Spitzley. Ihre Hinweise und
Tipps seien für den Fortbestand
THOMAS der Firma unbezahlbar.
SATTELBERGER, Das gilt für den mittelständi-
EX-PERSONALVOR- schen Schleifpapierhersteller
STAND TELEKOM ebenso wie bei Bosch, Feinkost
Käfer oder BMW.
GUNDA ACHTERHOLD
19
 Prof. Heike Bruch

Die Direktorin des Instituts für

Führung und Personalmanagement
der Universität St. Gallen forscht
zu Leadership, Arbeitswelt 4.0
und Energie in Unternehmen. Die
49-jährige Wissenschaftlerin wurde
mehrfach als eine der einflussreichs-
ten Personalforscher ausgezeichnet.
Sie berät Unternehmen auf den
Gebieten Leadership, Kultur-Change
und neue Arbeitsformen.

20
 A R B E I T S W E LT E N     I N T E R V I E W

Sehnsucht
nach dem Sinn
Warum Führungskräfte emotionaler agieren und
Belegschaften atmen müssen – ein Gespräch
mit der Personalforscherin Heike Bruch über die
Herausforderungen zukünftiger Arbeitswelten

Frau Professor Bruch, Sie warnen

Unternehmen vor der Beschleuni-
gungsfalle, in die diese ihre Mitar-
beiter treiben, wenn sie ihnen immer
neue Aufgaben aufbürden. Dass wir
dieses Gespräch nun um sieben Uhr
früh führen, spricht dafür, dass
auch Ihr Terminkalender eine hohe
Taktzahl aufweist. Wie vermeiden
„ Wir werden schneller
und flexibler arbeiten.
Und Arbeit wird sich
weiter dezentralisieren“
nerhalb der Abteilungen werden
Prozesse fluider. Es gibt auch
eine Entgrenzung nach außen.
Durch netzwerkartiges Arbeiten,
sich verändernde Partnerschaf-
ten oder verstärkte Arbeit mit
Freelancern, die für Projekte in
das Unternehmen kommen. All
das verlangt ein hohes Maß an
Sie persönlich Überschleunigung? Die Beschleunigungsfalle ist Flexibilität – von den Mitarbei-
Ich wähle sehr genau aus, was auch weniger ein individuelles tern wie von den Unternehmen.
ich tue. Besonders lege ich ei- Phänomen, sie betrifft ganze Un- Sie unterrichten seit 15 Jahren an der
nen Schwerpunkt auf Dinge, bei ternehmen oder ganze Bereiche. angesehenen Wirtschaftsuniversi-
denen ich selbst Herzblut habe Gefühlt erhöht sich die Schlagzahl tät St. Gallen. Welchen Rat geben Sie
und die Sinn ergeben. Viel zu am Arbeitsplatz für die meisten von Ihren Studierenden mit, die dort für
arbeiten ist per se nicht das Pro- uns. Werden wir in zehn Jahren noch das Top-Management von morgen
Foto: Heinz Heiss für FOCUS-Spezial

blem. Rund 50 Prozent der Un-
ternehmen sind in der Beschleu-
nigungsfalle – und einige von
ihnen, obwohl dort nicht über-
mäßig viel gearbeitet wird. Dann
liegt es eher daran, dass Mitar-
beitern Identifikation und Sinn
fehlen oder der Druck und die
Unsicherheiten sehr groß sind.
zügiger und komplexer arbeiten?
Auf jeden Fall. Wir werden
schneller und flexibler arbei-
ten. Und wir werden kreativer
sein müssen. Arbeit wird sich
weiter dezentralisieren. Wir erle-
ben außerdem eine zunehmende
Entgrenzung, die sich ebenfalls
verstärken wird. Nicht nur in-
gerüstet werden sollen? Worauf wird
es ankommen?
Auf einen Führungsstil, der die
Mitarbeiter wertschätzt und be-
geistert, indem er Prioritäten
setzt, Fortschritte aufzeigt und
eine langfristige Vision verfolgt.
Wir haben dazu viel mit Unter-
nehmen gearbeitet und ge-

FOCUS-SPEZIAL 21
A R B E I T S W E LT E N     I N T E R V I E W
forscht. In einer unserer Studien
haben wir 20 000 Mitarbeiter be-
fragt, wann Unternehmen als at-
traktiv wahrgenommen werden.
Ein große Rolle spielen Gestal-
tungspielräume und das Arbeits-
klima. Für die Angehörigen der
Generation Y ist entscheidend,
ob sie einen guten Chef haben.
Eine Führungskraft, die sie ins-
piriert und ihnen Feedback gibt.
Die Frage, ob der Vorgesetzte ein
Vorbild ist, ist für diese Alters-
gruppe noch wichtiger als für
die nächstältere Generation X.
Gibt es im Gegenzug Dinge, die Mit-
arbeiter abschrecken?
Durchaus. Es gibt einige Attrak-
tivitätskiller, wie wir das nen-
nen. Der schlimmste – und das
gilt alters- und geschlechts-
übergreifend – ist tatsächlich
die Beschleunigungsfalle. Das
stört die Mitarbeiter am meisten
und bringt etliche sogar dazu,
das Unternehmen zu verlassen.
Diese kollektive Überhitzung
bezieht sich auf eine ganze Ab-
teilung und nicht selten die ge-
samte Organisation. Typische
Ursachen sind fehlende Erfolgs-
erlebnisse und Wertschätzung,
ein geringes Verständnis von
Prioritäten und zu wenige Pit-
Stops, also Momente zum Auf-
tanken. Die Beschleunigungs-
falle schlägt sich nicht nur auf
die individuelle Leistung nieder,
sondern auch auf die Firmen-
Performance und die Arbeitge-
berattraktivität.
Das neue Credo von Emotion und Sinn
klingt toll. Aber noch immer regiert
in vielen Firmen das alte Command-
und Control-System, das sich vor
allem an betriebswirtschaftlichen
Kennzahlen orientiert.
Veränderungen des Führungs-
klimas brauchen ihre Zeit. Vor
allem in Großunternehmen ist
die Führung eher kennzahlen-
orientiert. Das ist für das Sinner-
leben nur begrenzt förderlich.
Aber es gibt sehr gute Beispiele
von Firmen, die den Wandel zu
einer eher sinnorientierten Un-
ternehmenskultur vollzogen ha-
ben. Entscheidend ist bei diesem
22
kulturellen Wandel auch eine
Weiterentwicklung der HR-Sys-
teme. Wenn Unternehmen nicht
aufhören, die besten Experten zu
Führungskräften zu befördern,
ohne die Führungsfähigkeiten
zu berücksichtigen, wird der
Wandel nicht gelingen.
Sie haben gemeinsam mit anderen
Wirtschaftswissenschaftlern eine
Methode entwickelt, den Energie-
grad in Unternehmen zu messen.
Wovon hängt dieser ab?
Wir haben bei mehr als 1000 Un-
ternehmen eine Energiemessung
aller Mitarbeiter gemacht. Dabei
haben wir sehr unterschiedliche
Energielevel festgestellt. Perso-
nalmanagement und Führungs-
stil haben darauf großen Einfluss
„
– sowohl positiv als auch negativ.
In Hochleistungsorganisationen
ist eine hohe produktive Energie
mit einer angenehmen Energie
gekoppelt. Das heißt: Es wird
hart gearbeitet, Mitarbeiter sind
emotional dabei, strengen sich
richtig an, und es geht ihnen
Wer Mitarbeiter
begeistern will, muss
als Führungskraft
repräsentativ handeln“
Gefragte Referentin
Neben ihrer Tätigkeit
als Dozentin spricht
Bruch auf interna- gut dabei. Aber es gibt auch die
tionalen Wirtschafts- sogenannte korrosive Energie.
foren Sie äußert sich in destruktivem
Engagement, Blockaden oder
silohaftem Denken. Welche
Energie in einen Unternehmen
herrscht, spürt man sofort, wenn
man reinkommt. Und diese Ener-
gie schwappt zunehmend über
digitale Instrumente wie Twitter
oder Kununu nach draußen und
prägt nicht nur das Image als
Arbeitgeber, sondern auch die
Interaktion mit Kunden.
Welche Rolle spielen Gehalt und
Bonuszahlungen für Motivation und
Energielevel?
Hier geht es eher darum, ne-
gative Effekte zu vermeiden.
Das geschieht vor allem durch
eine gute Grundbezahlung. Das
Schlechteste, das einem Unter-
nehmen passieren kann, ist, dass
sich Mitarbeiter unterbezahlt
fühlen. Wir wissen aus Studien,
dass der Demotivationseffekt,
den dies auslöst, nie mehr weg-
geht. Arbeit muss angemessen
vergütet werden, das ist das
Erste. Aufpassen sollten Unter-
nehmen bei einer leistungsorien-
tierten Vergütung – etwa durch
individuelle Bonuszahlungen.
Diese fördert die extrinsische
Motivation, aber die Begeiste-
rung für die Sache geht kaputt.
Foto: privat
Aus der Energieperspektive ist
es viel sinnvoller, die gemein-
FOCUS-SPEZIAL
 same Zielerreichung und die
Wertschätzung ins Zentrum zu
stellen. Besonders Unternehmen,
bei denen Zusammenarbeit und
Wissensaustausch wichtig sind,
sollten eher Teamleistung statt
Einzelkämpfertum belohnen.
Sind die aktuellen Personalsysteme
flexibel genug, um wirtschaftliche
Veränderungen berücksichtigen zu
können?
Noch nicht. Die meisten Per-
sonalsysteme sind zu starr, um
auf Veränderungen hinsichtlich
Arbeitsvolumen oder Zusam-
mensetzung von Teams flexibel
zu reagieren. Konjunkturelle
Schwankungen, die weiter zu-
nehmen werden, können viele
Unternehmen derzeit nur durch
große Kraftanstrengung abfe-
dern, indem sie Menschen ent-
lassen und wieder neu einstellen
– oft zu teureren Konditionen.
Wir brauchen Systeme, die sozi-
ale Verantwortung sichern und
gleichzeitig flexibel sind, atmen
können – auch mit freien Mitar-
beitern.
Die deutsche Politik und ihr Versuch,
freie Mitarbeiter über das Votum der
Scheinselbstständigkeit in eine An-
stellung zu zwingen, unterläuft diese
Projekt-Wirtschaft derzeit eher. Wie
sehen Sie das?
CHANGE MANAGEMENT ASSESSMENT CENTER
EXECUTIVE SEARCH HEADHUNTING ADVISORY
DIRECT SEARCH LEADERSHIP CONSULTING
MANAGEMENT AUDIT
WWW.SHIKAR.COM
„ Zu den Schlüsselkom-
petenzen gelingender Per-
sonalarbeit zählt es, ein
Wir-Gefühl zu schaffen“
Für mich ist das ein Rückschritt.
Wir erschweren selbstständi-
ges Arbeiten und bringen einen
Zwang rein, der von beiden Sei-
ten nicht gewollt ist. Das erzielt
keine Beschäftigung, ganz im
Gegenteil: freies, selbstständiges
Arbeiten wird erschwert. Mehr
Unternehmertum ist absolut wün-
schenswert.
Eine höhere Flexibilität macht die
Teamzusammensetzung fragiler.
Wie kann es trotzdem gelingen, ei-
nen Teamgeist zu etablieren?
In der Arbeitswelt 4.0 wird es
eine Schlüsselkompetenz von
Unternehmen und Teams sein,
bei all der Fluidität, Virtualität
und Dynamik ein Wir-Gefühl
zu schaffen. Eine zentrale Rolle
werden dabei Werte und Kultur-
spielregeln spielen. Den Zusam-
menhalt und das Einverständnis
auch für ein zeitlich befriste-
tes Projekt zu fördern zählt zu
den neuen Führungsaufgaben.
BUSINESS COACHING
Je schwächer das Strukturelle,
desto stärker müssen Führung
und Selbstorganisation im Team
diese Identitätsbildung unter-
stützen.
Gilt das auch für die immer diverser
werdenden Teams?
Absolut. Modernes Personal-
management muss den Spagat
zwischen einer zunehmenden
Individualisierung und Fairness
schaffen. Wir benötigen Wahl-
möglichkeiten, bezogen auf
Dinge wie Karriere- und Ent-
wicklungsmodell, Arbeitszeiten,
Ort und Beschäftigungsumfang,
sowie klare Regeln, wie die Zu-
ordnung erfolgt. Ein solches indi-
vidualisiertes Personalmanage-
ment steigert die Motivation
und verhindert eine mögliche
Diskriminierung oder negative
Konkurrenz.
Bei vielen Unternehmen erschöpft
sich Diversity Management in der
Frauenförderung. Sind Sie ein Fan
der Frauenquote?
Nein. Damit tut man weder den
Frauen noch den Positionen ei-
nen Gefallen. Eine Frauenförde-
rung ist sinnvoll, aber über eine
Quote leidet meist die Glaub-
würdigkeit. 
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26 Der große Gehaltsreport

32 Wer verdient was – Überblick
über 150 Berufe
36 Die Besserzahler-Städte
Illustration: Anton Hallmann/Sepia für FOCUS-Spezial

38 Wellness statt Bonus – über neue

Wege der Vergütung
44 Wie gerecht sind Giga-Gehälter?
50 Service: So holen Sie mehr raus
(als nur Geld)
52 Offensive für Azubis
56 Gehaltsliste Ausbildungsberufe

FOCUS-SPEZIAL 25
M E H R G E H A LT     R E P O R T

Gute Zeiten
für mehr Geld
Krisen überall, und dennoch boomt die Wirtschaft.
Viele Unternehmen suchen händeringend nach
gutem Personal. Die Chancen für einen erfolg-
reichen Gehaltspoker standen nie besser –
nahezu alle Arbeitnehmer können profitieren

G Allen Un-
eld allein macht nicht glücklich, nein. Aber
nehmen wir mal an, Sie hätten einen erfül-
lenden, interessanten Beruf, etwa als Chef-
arzt, dann würden Ihnen elf Prozent mehr
kenrufen
Gehalt doch sicherlich ein glückliches Lächeln ins zum Trotz
spürbare Reallohnzuwächse bedeutete. Auch für
dieses Jahr planen die Personaler wieder um die
drei Prozent ein. Während 2014 noch 5,7 Prozent
aller Unternehmen eine Nullrunde avisierten, wa-
ren es 2015 nur noch ein Prozent. Denn die Chefs

Gesicht zaubern, oder?
Auf dieses kleine materielle Glück dürfen sich
dieses Jahr etliche Arbeitnehmer freuen, denn
auch sie dürfen ordentliche Gehaltszuwächse er-
warten: Augenoptiker, Krankenpfleger und Erzie-
her können mit sieben Prozent rechnen, Software-
Entwickler und IT-Sicherheitsexperten sogar mit
zehn Prozent, bei Tischlern, technischen Zeichnern
und Produktionsingenieuren sollten immerhin acht
Prozent mehr auf dem Gehaltskonto durchaus
möglich sein.
Wer bekommt wie viel? Und wer hat besonders
zugelegt? Die neue FOCUS-Gehaltsliste zeigt die
werden
können durchaus mehr zahlen, da die Wirtschaft
trotz Euro-Flüchtlings-Dauerkrise immer noch
auch Ange- rundläuft: Erneut rechnen Experten mit 1,7 Pro-
zent Wachstum.
stellte für Angesichts solcher Prognosen benötigen die Fir-
men mehr Personal. Fachkräfte natürlich – aber
einfachere nicht nur. „Was auffällt, ist, dass allen Unkenrufen
Tätigkeiten zum Trotz auch Angestellte für einfachere Tätig-
keiten, wie Helfer, vermehrt gesucht werden“, sagt
vermehrt Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft
(IW) Köln. 614 000 Stellen waren im Februar ausge-
gesucht“ schrieben, satte 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Die
Experten gehen davon aus, dass der Bundesagen-
Foto: Maurice Kohl für FOCUS-Spezial

aktuellen Daten für 150 Berufe (ab S. 32). Darunter
sind nur drei, die im Vergleich zu 2015 Abstriche
hinnehmen müssen: fachliche Trainer (minus zwei
Prozent), Fotografen (minus ein Prozent) und Pro-
jektentwickler (minus drei Prozent). Aber selbst
diese Abschläge fallen wesentlich geringer aus als
im vergangenen Jahr. Im Durchschnitt wuchsen die
deutschen Gehälter 2015 um rund drei Prozent –
und das bei einer Inflationsrate nahe null, was
HAGEN LESCH, tur für Arbeit weniger als die Hälfte der offenen
INSTITUT DER Stellen gemeldet werden, sodass deutsche Unter-
DEUTSCHEN WIRT-
SCHAFT KÖLN nehmen mehr als eine Million Jobs zu vergeben
hätten. „Der Arbeitsmarkt zeigt sich sehr robust.
Das wird zumindest das laufende Jahr hindurch
so bleiben“, so Lesch.
Es ist also Zeit, beim Chef einen Nachschlag
auszuhandeln. Der größte Fehler, den man dabei
machen kann, ist bekanntlich, es gar nicht erst

26 FOCUS-SPEZIAL
Christian Stöckert, 37
Augenoptiker
Wenn seine Kunden zufrieden sind,
ist es Christian Stöckert, Leiter ei-
ner Hamburger Filiale der Fielmann
AG, auch. Denn wenn die folgende
anonymisierte Kundenbefragung
positiv für ihn ausgeht, kann er
sich auf einen Bonus in Form von
Aktien freuen. „Das hat man bei der
Arbeit aber nicht ständig im Kopf“,
stellt Christian Stöckert klar. „Mein
Ansatz ist stets: Berate den Kun-
den, wie du selbst beraten werden
möchtest.“ Nach Lehre und einem
FH-Studium war der diplomierte
Augenoptiker einige Jahre in der
Industrie tätig, ehe er 2009 zu
Fielmann wechselte. Heute leitet er
eine Filiale mit 21 Mitarbeitern und
ist im Rahmen von Projekten auch
in der Zentrale tätig. „Am liebsten
arbeite ich in der Kundenberatung,
aber auch das Handwerk gehört
immer noch dazu, das ist auch gut
so“, erzählt Stöckert. Tarifgebunden
ist sein Arbeitsplatz nicht: „Der
Branchenverband gibt regelmäßig
Tarifempfehlungen ab. Fielmann
liegt grundsätzlich darüber.“

Ein Augenoptiker verdient 2016

durchschnittlich 30 431 Euro.
Das sind 7 Prozent mehr als im
Vorjahr.

27

zu versuchen (siehe Tipps ab S. 50). Dennoch ist
es vielen unangenehm, mehr Geld einzufordern.
Fein raus sind die Arbeitnehmer, denen Gewerk-
schaften das Verhandeln abnehmen – immerhin
60 Prozent aller Beschäftigten in tarifgebundenen
Unternehmen im Westen und 47 Prozent im Osten.
Allerdings profitiert auch bei den nicht tarifgebun-
denen Angestellten jeder zweite von der Macht
der Gewerkschaften, weil sich sein Arbeitgeber
an den Tarifverträgen orientiert. „Für die meisten
Arbeitnehmer hat die Tarifbindung immer noch
positive Auswirkungen, schon allein durch eine
geringere Arbeitszeit“, sagt IW-Fachmann Lesch.
Norbert Reuter, Leiter der tarifpolitischen Grund-
satzabteilung bei Ver.di, sieht zufrieden auf das
vergangene Jahr zurück: „Seit vier Jahren haben
wir durch vernünftige Tarifabschlüsse die Lohn-
quote endlich wieder anheben können. Auch 2015
hatten wir gute Gehaltssteigerungen. Der Min-
destlohn hat Rückenwind gegeben – nicht zuletzt,
weil auch die besser bezahlten Jobs angehoben
wurden, um die Abstände zwischen den Einkom-
28
Ivonne Görtz, 31
Umwelt-Ingenieurin
Nach Studium und Promotion star-
tete Ivonne Görtz vor fünf Jahren
ihre Karriere bei Bayer. Am Standort
Leverkusen arbeitet sie heute als
Umwelt-Ingenieurin in der Techno-
logie-Entwicklung Abwasser. Dass
sich der Doktortitel auf ihrem Weg
ausgezahlt hat, steht für sie außer
Frage. „Finanziell nicht unbedingt,
aber er war ein guter Türöffner“, so
Görtz. Nach drei Jahren Promotion
wusste die Ingenieurin aber auch,
dass sie für ihre Leistung künftig
angemessen entlohnt werden will.
„Heute würde ich nicht mehr sagen:
,Entscheidend ist eine interessante
Aufgabe, der Rest ist Nebensache.‘“
Inzwischen ist sie als leitende
Mitarbeiterin eingruppiert und
bezieht einen Teil ihres Gehalts als
variable Erfolgsbeteiligung, die von
ihrer persönlichen Leistung und
dem Unternehmensergebnis ab-
hängt. Görtz: „Dieser Bonus ist eine
besondere Wertschätzung meiner
Arbeit und motiviert zusätzlich.“
Ein Umwelt-Ingenieur verdient
2016 durchschnittlich 55 759
Euro. Das sind 7,2 Prozent
mehr als im Vorjahr.
mensgruppen zu wahren.“ In Wissenschaft und
Politik habe sich zudem die Einsicht durchgesetzt,
dass sich zu viel Lohnzurückhaltung nachteilig auf
die Binnennachfrage auswirke. Tatsächlich hat sich
Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat
der Bundesregierung und einer der sogenannten
Wirtschaftsweisen, für eine „deutliche Steigerung“
der Löhne ausgesprochen. Mindestens 3,5 Pro-
zent sollten es seiner Meinung nach sein. Auch
Ver.di-Mann Reuter geht von einem ordentlichen
Aufschlag aus. Die Gewerkschaft ist mit einer For-
Fotos: Dominik Pietsch für FOCUS-Spezial (2)
derung von fünf (Telekom) bzw. sechs Prozent (öf-
fentlicher Dienst) in die Verhandlungen gegangen.
Mehr Geld ist für fast alle drin – doch die Grö-
ßenordnung unterscheidet sich von Branche zu
Branche. Wie die Unternehmensberatung Hay
Group ermittelte, wollen Pharma-Unternehmen
ihren Beschäftigten dieses Jahr 3,2 Prozent mehr
zahlen. Ähnliche Sprünge sind auch in den Be-
reichen Chemie und Handel (drei Prozent), in der
Dienstleistungsbranche (2,4 Prozent) sowie in der
Öl- und Gaswirtschaft (2,3 Prozent) angedacht. Die
FOCUS-SPEZIAL
 M E H R G E H A LT     R E P O R T

zu erwartenden Lohnzuwächse sind zudem eine

Frage der Hierarchiestufe: „Wir rechnen 2016 mit DIE SUCHE NACH GUTEM PERSONAL KOSTET ZEIT
einem Plus von 3,5 Prozent für Führungspersonal
und sogar 4,2 Prozent für Fachkräfte“, erklärt Kers- Such- und Besetzungszeiten bei Neueinstellungen
tin Koose vom Vergütungsspezialisten Gehalt.de. in deutschen Unternehmen im Jahr 2015
Generell hängt der Verdienst eines Arbeitneh-
mers von vielen Faktoren ab. Im Norden und Osten Such- und Besetzungszeiten bei Neueinstellungen 2015
Deutschlands wird immer noch schlechter bezahlt vom Betrieb gewünschter Arbeitsbeginn tatsächlicher Arbeitsbeginn
als im Süden und Westen der Republik. In einer Akademiker
Großstadt verdient man mehr als auf dem Land. 69 107
Größere Unternehmen zahlen mehr als kleine. mittlere Qualifikation
Ab etwa 500 Mitarbeitern geht die Bezahlung 63 89
über den Durchschnitt hinaus. In Großkonzernen Ungelernte
bekommen schon 20-jährige Fachkräfte etwa 50 33 53
Prozent mehr Gehalt als ihre Kollegen in Klein- 0 20 40 60 80 100 Tage
betrieben. Beginn der Personalsuche
Ein wichtiger Faktor ist darüber hinaus die Qua-
lifikation. Ein Studium bringt statistisch gesehen
Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
immer noch am meisten Gehalt – wenn es nicht
gerade ein geisteswissenschaftliches ist. Beispiels-
weise steigen Bachelor-Absolventen im Schnitt mit
45 000 Euro Jahresgehalt ein, mit Master oder Di-
plom kann man hingegen auf 50 000 Euro hoffen.
Ein Doktortitel erbringt in der Regel weitere 5000
Euro pro Jahr.
Die Einstiegsgehälter promovierter Akademiker
können laut Studie der Hay Group zwischen 48 000
und 72 000 Euro schwanken – ein vergleichsweise
breites Spektrum. Einzige Ausnahme ist der IT-
Sektor, in dem vor allem praktische Erfahrung
zählt, sodass die Gehälter von Beschäftigten mit
und ohne Studienabschluss relativ nah beieinan-
der liegen.

Uwe Klotzowski, 49, IT-Sicherheitsfachmann

Mit den Hackern dieser Welt
betreibt Uwe Klotzowski ein
permanentes Hase-und-Igel-Spiel.
„Die bösen Buben entwickeln sich
ständig weiter, also müssen wir
das auch tun“, sagt der 49-Jährige.
Er leitet bei der Postbank Systems
in Bonn seit drei Jahren die
IT-Sicherheitsabteilung. Als Leiter
eines 21-köpfigen Teams wird
Klotzowski außertariflich bezahlt
und erhält einen variablen Anteil,
der sich nach seinen individuellen
Leistungen und dem Unterneh-
menserfolg bemisst. Die Frage
„Studium oder nicht?“ ist für den
studierten Betriebswirt zweitrangig.
„Die Arbeit muss getan werden“,
stellt er fest, „ob mit Doktortitel
oder mit Realschulabschluss.“ Je
mehr Berufsjahre, desto kleiner
würden die Unterschiede zwischen
Fachleuten mit und ohne Studium
in der Bezahlung.

Ein IT-Sicherheitsfachmann (ohne Personalverantwortung)

verdient 2016 durchschnittlich 68 538 Euro. Das sind 10 Prozent
mehr als im Vorjahr.

FOCUS-SPEZIAL 29
Die entscheidende Frage für jeden Gehaltspoker
ist jedoch, wie gefragt ein Arbeitnehmer auf dem
Markt ist. „Wenn Unternehmen ein Gehalt fest-
legen, zählen vier Größen“, erklärt Julia Zmitko,
Vergütungsspezialistin bei der Unternehmensbe-
ratung Kienbaum. Entscheidend sei:
• Was bezahlen Konkurrenten?
• Wie wichtig ist der Arbeitnehmer für die Firma?
• Welche Bedeutung hat die Stelle?
• Welche Gehaltspolitik gilt?
Für den einzelnen Arbeitnehmer heißt das: Je
gefragter sein Berufsbild, desto mehr kann er ver-
langen – im Prinzip. In den Sozialberufen funktio-
nieren diese Marktgesetze allerdings nicht. Alten-
pfleger werden zum Beispiel seit Jahren dringend
gesucht, kommen aber immer noch auf ein gerin-
ges Jahresgehalt von durchschnittlich 28 000 Euro.
Ähnliches gilt für Erzieherinnen, die nach einem
nervenzehrenden Arbeitskampf im vergangenen
Jahr ein Gehaltsplus von rund sieben Prozent
erreichten, aber nicht mehr als durchschnittlich
33 000 Euro Jahresgehalt erhalten.
Laut Bundesagentur für Arbeit mangelt es ge-
nerell vor allem an Ingenieuren verschiedenster
Fachrichtungen, aber auch an Medizinern, Mecha-
tronikern, Klempnern, Lokführern, Kranken- und
Altenpflegern sowie IT-Fachleuten. Den Unterneh-
men fällt es entsprechend schwer, offene Stellen zu
besetzen: Brauchten sie 2010 noch durchschnittlich
70 Tage, bis sie einen neuen Mitarbeiter gefunden
hatten, sind es inzwischen 88 Tage. In der Infor-
matik und Software-Entwicklung sind es gar 138
Tage. Gut vier Monate – das kostet nicht nur, son-
dern macht auch so manchen Personalleiter mürbe,
sodass er schließlich bereit ist, das Gehaltspaket
ein bisschen dicker zu schnüren.
Gemäß der großen FOCUS-Gehaltsliste haben Silke Thamm, 40
Angestellte im Anwender-Support im Vergleich
zum Vorjahr ein Gehaltsplus von zehn Prozent Immobilien-Finanzierungsberaterin
eingestrichen, auch IT-Projektleiter und IT-Berater
(je 5,6 Prozent) konnten gute Zuwächse verzeich- Bei Silke Thamm geht es immer onen und einem Jahres-Bonus von
nen. Nach Erkenntnissen der Personalvermittlung um die ganz große Investition – LBS und Sparkasse. „Ich bestimme
Robert Half dürfen insbesondere IT-Security-Spe- schließlich kaufen die meisten mit meiner Leistung selbst über
zialisten in den kommenden fünf Jahren mit Zu- Kunden nur einmal im Leben eine mein Einkommen. Das ist einfach
schlägen rechnen – was angesichts zahlreicher Immobilie. In ihrer Heimatstadt ein gutes Gefühl“, so Thamm. Die-
Berichte über Abhöraktionen und Industriespio- Bottrop arbeitet die gelernte ses Gefühl gab auch den Ausschlag,
nage kaum verwundert. Laut einer Umfrage des Bankkauffrau als selbstständige 2015 nach sechs Jahren Angestell-
Branchenverbands Bitkom suchten 2015 rund 15 Handelsvertreterin bei der LBS- tendasein als Trainerin bei der LBS
Foto: Dominik Pietsch für FOCUS-Spezial

Prozent aller IT-Betriebe Sicherheitsexperten. Im
Jahr davor waren es erst drei Prozent.
Generell ist für alle Arbeitnehmer ein Blick in
andere Branchen empfehlenswert. So hat die Ham-
burger Vergütungsberatung COP Compensation
Partner für 17 Berufe den reinen Brancheneinfluss
berechnet und dabei festgestellt, dass zum Beispiel
ein Personalleiter im Call-Center nur zwei Drittel
von dem verdient, was ein Kollege in der Textil-
wirtschaft erhält. Wechselt er gar in die Chemie-,
Niederlassung. Wenn zufriedene wieder in die Selbstständigkeit
Kunden sie weiterempfehlen, ist zurückzukehren. Ihre zukünftige
das meist bares Geld wert. Denn ihr Einkommensentwicklung sieht
Gehalt besteht neben einem kleinen Thamm positiv: „Wohnen müssen
Fixum zum größten Teil aus Provisi- die Leute schließlich immer.“
Eine Immobilien-Finanzierungsberaterin verdient 2016 durch-
schnittlich 58 785 Euro. Das sind 8,8 Prozent mehr als im Vorjahr.

30 FOCUS-SPEZIAL
 M E H R G E H A LT   R E P O R T

Pharma- oder Halbleiter-Branche, kann er sein

Gehalt nochmals um ein Fünftel steigern. LOHN-PERSPEKTIVEN
In diesen Höhen bewegt sich auch die Vetter
Pharma-Fertigung aus Ravensburg. Das interna- Der durchschnittliche Verdienst von Führungskräften und Facharbeitern
tional ausgerichtete Unternehmen hat in den ver- in Abhängigkeit von ihrem Alter
gangenen zehn Jahren seine Belegschaft auf rund
3600 verdoppelt und sich kürzlich ein modernes
Gehaltssystem nach der „Stellenwertprofilme- Alle Führungskräfte Alle Facharbeiter 49 600
116 855 118 240 49 043
thode“ verpasst. „Das alte System war einfach zu in Euro in Euro
intransparent und zu unflexibel“, erklärt Dieter
Schade, Personalchef Business Partner bei Vetter.
Heute wird jede Position von einer paritätischen
Bewertungskommission aus Fachbereichskräften
und Arbeitnehmervertretern beurteilt. „Wir be-
28 788
zahlen jetzt jeden tarifgebundenen Job marktkon- 59 921
form“, so Schade. „Das ist für uns hier im ländli- Alter Alter
chen Raum auch wichtig, um qualifiziertes Personal 20 30 40 50 60 20 30 40 50 60
zu bekommen.“ Von drei Vergütungsberatungen
holt Vetter jährlich einen Branchen-Überblick ein.
Für die Gehaltsentwicklung 2016 prognostiziert Quelle: Gehalt.de
Schade „auf jeden Fall eine Drei vor dem Komma“.
Das nächste Projekt: Auch die tariflichen Mitarbei-
ter sollen mit einem variablen Gehaltsbestandteil ergebnis (siehe auch S. 38). „Wir sehen allerdings
am Erfolg beteiligt werden. einen Trend, die individuellen Bestandteile zu-
Solche Boni erhalten inzwischen viele Arbeitneh- rückzufahren“, so Thomas Haussmann von der
mer. 95 Prozent der Geschäftsführer, 84 Prozent der Unternehmensberatung Hay Group. Zunehmend
Führungskräfte und 68 Prozent des Fachpersonals spielten der Team-Gedanke und der Einsatz für
beziehen laut einer Kienbaum-Studie variable Ge- die gesamte Firma eine wichtigere Rolle. 
haltsbestandteile. Die berechnen sich meist aus
individuellem Erfolg sowie dem Unternehmens- IRIS RÖLL

Der große Gehalts-Check: 150 Berufe im Überblick >>

NORD BIS ZU 250 000 NEUE DATENSÄTZE mit Gehaltsdaten
Schleswig- aus unterschiedlichsten Berufszweigen werten die Experten
Holstein,
Hamburg, des Internet-Portals Gehalt.de jährlich aus. Für die große
Ost
Bremen, Mecklenburg- FOCUS-Gehaltstabelle (ab Seite 32) stellen die Spezialisten
Niedersachsen Vorpommern, die Vergütungen für 150 Berufe zusammen. Das Spektrum
NORD Berlin, reicht von Altenpfleger bis Zahntechniker, von Anzeigenleiter
Brandenburg,
Sachsen- bis Wirtschaftsprüfungsassistent und von Architekt bis
OST Anhalt, Wertpapierhändler.
WEST Sachsen, Im Detail zeigt die Übersicht, mit welcher durchschnittlichen
WEST Thüringen
Nordrhein- Vergütung ein Arbeitnehmer in seiner jeweiligen Branche
Westfalen, rechnen kann, wie groß die regionalen Unterschiede innerhalb
Hessen, des Bundesgebietes sind (siehe Karte links) und inwieweit
Rheinland-
Pfalz, sich die Bezahlung zwischen Männern und Frauen generell
Saarland unterscheidet.
SÜD Darüber hinaus führt die Gehaltstabelle auf, wie sich die
Süd
Baden- Bezüge im Vergleich zum Vorjahr verändert haben. Eine Prog-
Württemberg, nose für die Lohnentwicklung im kommenden Jahr rundet die
Bayern FOCUS-Übersicht ab.

FOCUS-SPEZIAL 31
 Bruttojahresgehalt 20161 regionale Auswertung

Der große Gehaltsvergleich:

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150 Berufe im Überblick

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Altenpfleger/-in 28 178 28 700 26 867 26 206 22 824 30 150 29 023 4,4 28 742
Anwender Support 40 099 40 368 37 066 37 292 32 480 42 906 41 302 10,0 40 901
Anzeigenleiter/-in/Anzeigenverkauf 45 803 47 993 40 943 42 597 37 100 49 009 47 177 5,5 46 719
Architekt/-in 41 483 43 436 37 722 38 579 33 601 44 387 42 727 2,7 42 313
Art/Creative Director/-in 43 756 45 664 41 775 40 693 35 443 46 819 45 069 3,2 44 632
Arzthelfer/-in 28 886 33 081 27 657 26 864 23 398 30 908 29 753 7,7 29 464
Assistenzarzt/-ärztin 52 407 54 229 49 656 48 739 42 450 56 075 53 979 3,7 53 455
Augenoptiker/-in 30 431 31 120 28 751 28 301 24 649 32 561 31 344 7,0 31 040
Automobilverkäufer/-in 40 083 42 092 29 849 37 277 32 467 42 889 41 286 5,6 40 885
Bauingenieur/-in 49 963 50 593 42 656 46 466 40 470 53 460 51 462 5,2 50 962
Bauleiter/-in 50 440 50 955 45 595 46 909 40 856 53 971 51 953 5,1 51 449
Berufskraftfahrer/-in 27 459 28 558 25 177 25 537 22 242 29 381 28 283 2,8 28 008
Betriebs-/Werkleiter/-in mit Personalverantwortung 97 059 98 067 90 464 90 265 78 618 103 853 99 971 3,7 99 971
Bilanzbuchhalter/-in 48 512 50 820 45 924 45 116 39 295 51 908 49 967 4,0 49 482
Bildredakteur/-in 38 812 43 668 38 267 36 095 31 438 41 529 39 976 4,3 39 588
Buchhalter/-in Debitoren bzw. Kreditoren 32 731 35 863 32 253 31 095 24 548 37 314 34 368 k. A. 33 386
Business-Development-Manager/-in 68 094 73 294 60 737 64 689 51 070 77 627 71 498 k. A. 69 455
Call-Center-Agent/-in 27 098 27 594 24 667 25 201 21 949 28 995 27 911 1,1 27 640
Chefarzt, niedergelassener Arzt mit Personalverantwortung 180 757 182 427 145 075 168 104 146 413 193 410 186 180 11,4 186 180
CNC-Fachkraft 36 674 37 069 32 880 34 840 27 505 41 808 38 508 k. A. 37 407
Content-Manager/-in 44 422 45 160 38 298 41 312 35 982 47 532 45 755 3,9 45 310
Controller/-in 56 618 60 172 50 939 52 655 45 861 60 582 58 317 3,5 57 751
Customer-Service-Manager/-in 38 276 39 269 36 702 35 597 31 004 40 955 39 424 7,2 39 042
Datenbank-Administrator/-in 50 900 52 417 45 688 47 337 41 229 54 463 52 427 3,5 51 918
Disponent/-in 35 033 35 176 31 655 32 581 28 377 37 485 36 084 5,8 35 734
Einkäufer/-in 46 233 50 454 40 875 42 997 37 449 49 470 47 620 2,8 47 158
Elektroniker/-in 38 487 38 729 32 857 35 793 31 174 41 181 39 642 7,2 39 257
Erzieher/-in 33 453 35 401 33 055 31 111 27 097 35 795 34 457 7,3 34 122
E-Technik-Ingenieur/-in 62 949 64 233 53 580 58 543 50 989 67 355 64 837 6,9 64 208
Event-Manager/-in 38 457 40 196 36 486 35 765 31 150 41 149 39 611 3,7 39 226
Export-Manager/-in 45 639 47 890 38 858 42 444 36 968 48 834 47 008 4,7 46 552
Facharzt/-ärztin 74 278 79 688 69 360 69 079 60 165 79 477 76 506 5,3 75 764
Fachliche/-r Trainer/-in 41 480 43 523 37 062 38 576 33 599 44 384 42 724 –2,4 42 310
Filialleitung im Einzelhandel bzw. Großhandel 36 723 38 039 31 849 34 152 29 746 39 294 37 825 7,1 37 457
Filialleitung in der Bank mit Personalverantwortung 88 241 88 636 75 886 82 064 71 475 94 418 90 888 1,6 90 888
Finanzierungsberater/-in Immobilien 58 785 60 219 48 882 54 670 47 616 62 900 60 549 8,8 59 961
Fondsmanager/-in 78 785 84 464 61 483 73 270 63 816 84 300 81 149 3,5 80 361
Fotograf/-in 29 144 29 819 26 111 27 104 23 607 31 184 30 018 –1,3 29 727
Quelle: Gehalt.de

Friseur/-in/Kosmetik 21 490 23 870 21 454 19 986 17 407 22 995 22 135 5,4 21 920
Fuhrparkmanager/-in 40 165 42 023 38 729 37 353 32 534 42 977 41 370 2,7 40 968
Führungsnachwuchs/Trainee 42 698 43 074 38 789 39 709 34 585 45 687 43 979 4,1 43 552

32 1 ı   Erhebungszeitraum 2015: 9/2014–2/2015;   2 ı   Erhebungszeitraum 2016: 2/2015–1/2016 FOCUS-SPEZIAL

 Bruttojahresgehalt 20161 regionale Auswertung

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Gehälter in 150 Berufen (in Euro)

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Gesamt IT-Projektleitung 72 325 75 284 60 523 67 262 58 583 77 388 74 495 5,6 73 772
Geschäftsführer/-in mit Personalverantwortung 145 947 150 394 98 464 135 731 118 217 156 163 150 325 1,8 150 325
Gesundheits- und Krankenpfleger/-in 35 808 36 612 33 128 33 301 29 004 38 315 36 882 7,4 36 524
Grafiker/-in 33 452 34 165 31 568 31 110 27 096 35 794 34 456 5,4 34 121
Heim-/Pflegedienstleitung mit Personalverantwortung 55 417 56 339 50 445 51 538 44 888 59 296 57 080 4,6 57 080
Hoteldirektor/-in mit Personalverantwortung 78 940 81 781 65 237 73 414 63 941 84 466 81 308 2,3 81 308
Industriedesigner/-in 45 917 47 083 39 213 42 703 37 193 49 131 47 295 4,4 46 835
Industriemechaniker/-in 31 750 31 750 k. A. 30 163 23 813 36 195 33 338 4,3 32 385
IT-Berater/-in 65 827 68 906 58 993 61 219 53 320 70 435 67 802 5,6 67 144
IT-Leitung mit Personalverantwortung 112 097 115 245 100 305 104 250 90 799 119 944 115 460 2,9 115 460
IT-Sicherheit 68 538 70 069 57 959 63 740 55 516 73 336 70 594 10,0 69 909
Karrierecoach 49 843 52 830 45 148 46 354 40 373 53 332 51 338 4,1 50 840
Kassierer/-in 25 079 26 993 24 979 23 323 20 314 26 835 25 831 7,2 25 581
Kaufmännische Leitung mit Personalverantwortung 121 355 121 798 103 898 112 860 98 298 129 850 124 996 2,0 124 996
Kellner/-in 21 975 24 043 20 953 20 436 17 799 23 513 22 634 4,2 22 414
Key-Account-Manager/-in Dienstleistungen 58 751 63 282 55 420 55 814 44 063 66 976 61 689 k. A. 59 926
Kfz-Mechatroniker/-in 31 637 32 568 30 626 29 422 25 626 33 852 32 586 5,2 32 270
Koch/Köchin 25 310 26 239 23 456 23 538 20 501 27 082 26 069 7,2 25 816
Küchenhilfe 20 644 21 580 20 252 19 612 15 483 22 915 21 677 k. A. 21 057
Küchenmeister/-in 34 251 35 920 28 911 31 854 27 744 36 649 35 279 3,6 34 936
Kulturmanager/-in 38 356 41 046 36 466 35 671 31 068 41 041 39 506 4,6 39 123
Kundenberater/-in im Einzelhandel 28 118 32 314 28 426 26 150 22 776 30 086 28 962 6,9 28 680
Kundenberater/-in Konzept bzw. Strategie 45 659 50 860 41 240 42 462 36 983 48 855 47 028 6,2 46 572
Laborkraft (MTA, PTA) 36 293 39 716 33 857 33 752 29 397 38 834 37 382 5,5 37 019
Lehrer/-in Hochschule 57 296 65 295 48 341 53 285 46 410 61 307 59 015 6,4 58 442
Lehrer/-in, öffentliche Schule 51 973 56 724 42 774 48 335 42 098 55 611 53 532 3,4 53 012
Lehrer/-in, private Schule 38 805 40 688 38 391 36 088 31 432 41 521 39 969 5,5 39 581
Logistik-Fachkraft 29 121 29 744 25 846 27 665 21 841 33 198 30 578 k. A. 29 704
Maler/Bühnenbildner/-in 32 765 33 557 32 715 30 471 26 540 35 059 33 748 5,4 33 420
Manager/-in Treasury/Cash-Manager/-in 68 465 76 806 55 275 63 672 55 457 73 258 70 519 6,7 69 834
Manager/-in Revision 68 786 70 552 52 821 63 971 55 717 73 601 70 850 3,4 70 162
Marketing-Manager/-in 45 666 48 404 42 808 43 383 34 250 52 059 47 949 k. A. 46 579
Marketingleitung mit Personalverantwortung 115 358 117 201 97 129 107 283 93 440 123 433 118 819 4,8 118 819
Marktforscher/-in 49 659 52 363 45 986 46 183 40 224 53 135 51 149 5,8 50 652
Maurer/-in 33 855 33 855 k. A. 31 485 27 423 36 225 34 871 3,1 34 532
Mechatroniker/-in 35 001 35 415 29 828 32 551 28 351 37 451 36 051 k. A. 35 701
Monteur/-in 32 282 32 795 26 909 30 023 26 149 34 542 33 251 5,7 32 928
Musiker/-in 35 265 46 694 33 245 32 796 28 565 37 734 36 323 4,5 35 970
Quelle: Gehalt.de

Niederlassungsleiter/-in mit Personalverantwortung 105 233 108 011 82 737 97 867 85 239 112 599 108 390 3,5 108 390
Oberarzt/-ärztin 110 130 113 881 97 538 102 421 89 205 117 839 113 434 5,2 112 333
Online-Marketing-Manager/-in 44 065 46 749 38 294 40 980 35 693 47 150 45 387 8,8 44 946

FOCUS-SPEZIAL 1 ı   Erhebungszeitraum 2015: 9/2014–2/2015;   2 ı   Erhebungszeitraum 2016: 2/2015–1/2016 33

 Bruttojahresgehalt 20161 regionale Auswertung

Der große Gehaltsvergleich:

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Gehälter in 150 Berufen (in Euro)

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Personalberater/-in 47 179 50 110 45 544 43 876 38 215 50 482 48 594 5,0 48 123
Personalentwickler/-in (Aus- und Weiterbildung) 52 742 54 701 49 145 49 050 42 721 56 434 54 324 3,9 53 797
Personalleiter/-in mit Personalverantwortung 103 246 103 980 99 036 96 019 83 629 110 473 106 343 0,1 106 343
Personalreferent/-in 52 892 55 595 47 590 49 190 42 843 56 594 54 479 4,2 53 950
Pharma-Referent/-in 62 495 64 198 54 733 58 120 50 621 66 870 64 370 3,3 63 745
Physiotherapeut/-in 28 264 29 242 27 024 26 286 22 894 30 242 29 112 7,4 28 829
PR-Berater/-in 48 202 51 020 43 923 44 828 39 044 51 576 49 648 3,4 49 166
Privatkundenbetreuer/-in Bank 44 660 45 075 42 672 41 534 36 175 47 786 46 000 7,2 45 553
Produktioner/-in (Print, TV, Funk) 40 214 42 214 39 824 37 399 32 573 43 029 41 420 6,4 41 018
Produktionsingenieur/-in 62 657 65 765 54 896 58 271 50 752 67 043 64 537 8,4 63 910
Produktionsleiter/-in mit Personalverantwortung 91 025 93 396 78 653 84 653 73 730 97 397 93 756 2,6 93 756
Produktmanager/-in 63 787 65 228 50 803 59 322 51 667 68 252 65 701 8,1 65 063
Projektentwickler/-in 55 528 58 739 47 959 51 641 44 978 59 415 57 194 –2,7 56 639
Projekt-Ingenieur/-in 65 125 66 458 51 554 60 566 52 751 69 684 67 079 8,9 66 428
Projektmanager/-in Forschung & Entwicklung (Geisteswiss.) 47 612 47 831 45 476 44 279 38 566 50 945 49 040 6,9 48 564
Projektmanager/-in Forschung & Entwicklung (Medizin) 62 785 63 592 51 514 58 390 50 856 67 180 64 669 7,4 64 041
Projektmanager/-in Forschung & Entwicklung (Naturwiss.) 55 374 55 611 46 683 51 498 44 853 59 250 57 035 7,7 56 481
Projektmanager/-in Merger & Acquisition 100 607 103 398 89 858 93 565 81 492 107 649 103 625 1,3 102 619
Qualitätsbeauftragte/-r Umwelttechnik bzw. Umweltschutz 50 160 55 247 42 306 46 649 40 630 53 671 51 665 3,2 51 163
Qualitätsmanager/-in Technik 52 283 55 023 43 980 48 623 42 349 55 943 53 851 7,8 53 329
Rechtsanwalt/Rechtsanwältin 58 550 61 345 50 563 54 452 47 426 62 649 60 307 2,7 59 721
Redakteur/-in 44 047 47 729 38 507 40 964 35 678 47 130 45 368 3,0 44 928
Referent/-in bzw. Assistenz GF (kein Sekretariat) 50 831 55 997 45 747 47 273 41 173 54 389 52 356 4,5 51 848
Regionalvertriebsleitung (für Investitionsgüter) 77 922 80 801 55 262 72 467 63 117 83 377 80 260 3,3 79 480
Regionalvertriebsleitung (für Konsum- u. Gebrauchsgüter) 55 999 56 556 48 783 52 079 45 359 59 919 57 679 4,4 57 119
Regisseur/-in 42 209 42 209 k. A. 39 254 34 189 45 164 43 475 0,9 43 053
Regulatory-Affairs-Manager/-in 65 804 69 305 54 828 61 198 53 301 70 410 67 778 3,1 67 120
Reisefachangestellte/-r 30 812 32 492 30 307 28 655 24 958 32 969 31 736 7,0 31 428
Restaurantleiter/-in 30 849 32 875 28 311 28 690 24 988 33 008 31 774 3,7 31 466
Rezeptionist/-in 24 577 24 672 24 735 22 857 19 908 26 298 25 315 3,3 25 069
Risk-Manager/-in 72 465 75 192 62 294 67 392 58 697 77 538 74 639 5,5 73 914 Quelle: Gehalt.de

Sachbearbeiter/-in Vertriebsinnendienst 38 006 40 513 35 794 35 346 30 785 40 667 39 146 5,1 38 766
Sachverständige/-r Immobilienbewertung 55 637 57 355 48 166 51 742 45 066 59 532 57 306 3,0 56 750
Sales-Manager/Außendienst (Konsum- u. Gebrauchsgüter) 52 002 52 832 50 204 48 362 42 122 55 642 53 562 7,3 53 042

34 1 ı   Erhebungszeitraum 2015: 9/2014–2/2015;   2 ı   Erhebungszeitraum 2016: 2/2015–1/2016 FOCUS-SPEZIAL

 Bruttojahresgehalt 20161 regionale Auswertung

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Gehälter in 150 Berufen (in Euro)

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SAP-Berater/-in 68 051 72 572 60 984 63 287 55 121 72 815 70 093 6,7 69 412
SAP-Entwickler/-in 58 991 60 356 55 904 54 862 47 783 63 120 60 761 4,8 60 171
Schadenregulierer/-in 50 103 52 678 43 087 46 596 40 584 53 610 51 606 3,9 51 105
Schauspieler/-in 34 228 35 236 32 386 31 832 27 724 36 623 35 254 5,1 34 912
Schulleiter/-in 47 429 51 401 45 836 44 109 38 417 50 749 48 852 7,8 48 377
Sekretär/-in 35 087 37 494 33 964 32 631 28 420 37 543 36 140 6,9 35 789
Softwareentwickler/-in Backend 55 425 58 953 50 170 51 545 44 894 59 305 57 088 6,1 56 534
Softwareentwickler/-in Frontend 44 340 44 834 42 236 41 237 35 916 47 444 45 671 10,3 45 227
Speditionsleiter/-in mit Personalverantwortung 78 919 78 919 k. A. 73 395 63 924 84 443 81 287 6,3 81 287
Steuerberater/-in 67 542 70 076 63 730 62 814 54 709 72 270 69 569 4,8 68 893
Steuerfachangestellte/-r 31 529 31 380 31 670 29 322 25 538 33 736 32 475 6,5 32 160
Syndikus/Justitiar/-in 70 583 72 767 63 011 65 642 57 172 75 524 72 700 1,1 71 995
System- und Netzadministrator/-in 46 828 48 137 41 121 43 550 37 931 50 106 48 233 7,1 47 765
Tax-Manager/-in 65 338 67 050 55 605 60 764 52 924 69 912 67 298 1,5 66 645
Techniker/-in in Serienproduktion 44 612 45 421 38 065 41 490 36 136 47 735 45 951 1,6 45 505
Technische/-r Zeichner/-in 38 938 40 225 35 922 36 212 31 540 41 664 40 106 8,3 39 717
Technischer Kundendienst 44 917 45 221 38 183 41 773 36 383 48 061 46 265 9,6 45 815
Texter/-in 37 774 41 467 37 423 35 130 30 597 40 418 38 907 5,8 38 529
Tischler/-in 26 684 27 347 23 924 24 816 21 614 28 552 27 485 7,9 27 218
Übersetzer/-in 36 992 35 373 38 551 34 402 29 963 39 581 38 102 2,6 37 732
Umweltingenieur/-in 55 759 58 765 48 562 51 856 45 165 59 662 57 432 7,2 56 874
Unternehmensberater/-in 68 568 72 099 58 028 63 768 55 540 73 368 70 625 3,5 69 939
User-Experience-Spezialist/-in (Konzeption) 58 923 61 255 47 341 54 798 47 728 63 048 60 691 9,3 60 101
Versicherungsberater/-in Außendienst 50 804 51 365 42 075 47 248 41 151 54 360 52 328 3,3 51 820
Versicherungsmakler/-in 49 933 50 642 42 837 46 438 40 446 53 428 51 431 5,2 50 932
Versicherungsmathematiker/-in 72 558 72 894 65 458 67 479 58 772 77 637 74 735 6,7 74 009
Vertriebsingenieur/-in 68 816 70 680 58 268 63 999 55 741 73 633 70 880 6,1 70 192
Vertriebssteuerung/Verkaufsleitung m. Personalverantw. 116 379 120 583 96 815 108 232 94 267 124 526 119 870 1,9 119 870
Verwalter/-in Gewerbeimmobilien 44 112 45 509 42 781 41 024 35 731 47 200 45 435 8,9 44 994
Verwalter/-in Wohnungsimmobilien 35 207 37 902 34 440 32 743 28 518 37 671 36 263 6,9 35 911
Web-Designer/-in 37 968 38 690 35 516 35 310 30 754 40 626 39 107 10,4 38 727
Quelle: Gehalt.de

Wertpapierhändler/-in 77 925 82 145 52 472 72 470 63 119 83 380 80 263 4,9 79 484
Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungsassistent/-in 45 155 47 993 41 319 42 897 33 866 51 476 47 412 k. A. 46 058
Zahntechniker/-in 33 051 36 382 31 367 30 737 26 771 35 365 34 043 5,9 33 712

FOCUS-SPEZIAL 1 ı   Erhebungszeitraum 2015: 9/2014–2/2015;   2 ı   Erhebungszeitraum 2016: 2/2015–1/2016 35

 Besser in Bielefeld?
Arbeitgeber in Großstädten locken mit interessanten Jobs und guter Bezahlung. Hohe
Lebenshaltungskosten lassen den Gewinn allerdings schnell schwinden. Es stellt sich die
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Frage: Wäre ein Job in der Provinz lukrativer? FOCUS hat nachgerechnet
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Prozentualer Anteil
der Mietkosten vom
Bruttoeinkommen 1 Bielefeld 49 868 8,07 19,4 20,1
2 Saarbrücken 48 626 8,16 20,1 20,2
3 Essen 49 438 8,31 20,2 20,5
4 Magdeburg 37 257 6,61 21,3 21,4
5 Chemnitz 36 637 6,51 21,3 18,5
6 Bochum 44 757 8,00 21,4 20,3
7 Fulda 49 533 8,94 21,7 21,3
8 Koblenz 46 954 8,56 21,9 21,3
9 Rosenheim 58 513 10,69 21,9 23,2
10 Schwerin 35 633 6,66 22,4 22,0

FOCUS-SPEZIAL
 11 Leipzig 38 308 7,18 22,5 22,0
12 Hannover 49 963 9,67 23,2 23,5
13 Braunschweig 50 059 9,71 23,3 23,9

FOCUS-SPEZIAL
14 Lübeck 43 801 8,60 23,6 23,0
15 Oldenburg 43 945 8,67 23,7 22,7
16 Ulm 55 122 10,91 23,7 24,6
17 Bonn 53 689 10,79 24,1 26,6
18 Augsburg 49 342 9,99 24,3 23,4
19 Mannheim 54 214 11,03 24,4 25,8
20 Darmstadt 55 838 11,49 24,7 26,9
21 Osnabrück 44 661 9,22 24,8 23,8
22 Aachen 49 868 10,32 24,8 25,7
23 Karlsruhe 53 976 11,19 24,9 26,4
24 Erfurt 37 926 7,93 25,1 24,4
25 Kiel 44 566 9,32 25,1 24,4
26 Nürnberg 50 584 10,66 25,3 25,1

Illustration: Zsuzsanna Ilijin für FOCUS-Spezial

27 Trier 45 903 9,69 25,3 25,3
28 Ingolstadt 55 026 11,77 25,7 26,1
29 Wolfsburg 50 059 10,74 25,8 26,7
30 Dresden 38 977 8,63 26,6 26,1
31 Mainz 52 925 11,76 26,7 28,0
32 Wiesbaden 55 026 12,27 26,8 28,6
33 Düsseldorf 56 173 12,61 26,9 29,3
34 Stuttgart 60 328 13,88 27,6 31,0
35 Münster 48 530 11,31 28,0 26,8
36 Jena 42 273 9,89 28,1 30,0
37 Rostock 37 210 8,73 28,2 27,9
38 Köln 51 826 12,30 28,5 29,4

So manches Nordlicht zieht es in stadt von rund 52 350 Euro in men von 44 Städten in Beziehung 39 Berlin 44 709 11,11 29,8 30,1
den Süden der Republik – was 2015 auf knapp 61 000 Euro in zu den durchschnittlichen Miet- 40 Frankfurt/M. 61 140 15,25 29,9 34,3
wenig verwundert, denn hier sind diesem Jahr. Arbeitnehmer in kosten für eine 100-Quadratme-
41 Potsdam 38 356 10,06 31,5 30,2
etliche Großunternehmen behei- Schwerin kommen auf gerade ter-Neubauwohnung gesetzt. Da-
matet, die spannende Jobs und mal 35 633 Euro. nach lebt es sich in Bielefeld mit 42 Freiburg 49 915 13,12 31,5 30,5
gute Gehälter bieten. München Ob sich das Leben und Arbeiten einem Mietkostenanteil von 19,4 43 Hamburg 50 011 13,82 33,2 33,4
ist beispielhaft. Wie die Exper- in der Stadt tatsächlich rechnet, Prozent erstaunlich preiswert.
44 München 60 902 17,75 35,0 38,9
ten des Finanzportals Gehalt.de hängt allerdings zu einem Groß- Auch in Bonn kommt man mit
ermittelten, stieg das durch- teil von den Lebenshaltungskos- 24,1 Prozent gut zurecht. Mün-
schnittliche Jahreseinkommen in ten ab. FOCUS hat nachgerechnet chen ist dagegen mit 35 Prozent *Berechnung auf Basis einer
100-Quadratmeter-Neubauwohnung

37
der bayerischen Landeshaupt- und die Durchschnittseinkom- ein eher teures Pflaster. Quelle: Gehalt.de, Immobilienscout24, eigene Recherchen
M E H R G E H A LT     VA R I A B L E V E R G Ü T U N G

Feedback ist
die neue Währung Individuelle Bonuszahlungen werden von
Konzernen zunehmend in Frage gestellt.
Neue Anreizsysteme sollen nicht nur die
Mitarbeiter besser motivieren, sondern
auch den Teamgedanken stärken – und
damit den Unternehmenserfolg

38 FOCUS-SPEZIAL
 Illustration: Bene Rohlmann/Sepia für FOCUS-Spezial

FOCUS-SPEZIAL
39
M E H R G E H A LT     VA R I A B L E V E R G Ü T U N G
A
m Anfang waren es nur
die Krawatten. Auf einer
Klausur der Geschäftsfüh-
rer regte der Bosch-Chef
Volkmar Denner an, den bis da-
hin geltenden Krawattenzwang
abzuschaffen. Die Revolution,
die er wenig später einläutete,
geht weit über den traditionellen
Dresscode hinaus: Seit diesem
Jahr verzichtet der Stuttgarter
Technologiekonzern komplett
auf individuelle Sonderzahlun-
gen für Fach- und Führungs-
kräfte. „Geld“, proklamiert
Bosch-Lenker Denner, inzwi-
schen selbst oft ohne Schlips un-
terwegs, „kann demotivierend
wirken.“
Mit seinem Paradigmenwech-
sel steht der 59-jährige Schwabe
nicht allein. „Viele Unternehmen
müssen sich eingestehen, dass
die Motivation und Bindung
durch Bonusregelungen nicht in
dem Maß erreicht werden, wie
sie sich das wünschen“, beob-
achtet der Hamburger Vergü-
tungsexperte Michael Bursee
(siehe Interview Seite 42). „Die
variable Vergütung hat sich in
Teilen abgenutzt.“
40
Dabei galt sie lange Zeit als
Garant für Leistungswillen und
Unternehmenserfolg. Nicht nur
Ein Bonus bei den Unternehmen der Fi-
nanzdienstleistung war das di-
wird für cke Gehaltsextra so etwas wie
der Goldstandard bei Vergü-
Mitarbeiter tungsverhandlungen. Ob Ver-
triebler, Außendienstler oder
schnell zur unteres Management – zuneh-
Selbstver- mend wurde die vormals nur den
Führungskräften vorbehaltene
ständlich- Bonuszahlung auch mittleren
Einkommensgruppen zugäng-
keit. Wenn lich gemacht.
er dann Mit der Finanzkrise gerieten
die Bonuszahlungen vor allem
nicht aus- im Bankenwesen in die Kritik.
Seither reißt die Diskussion, ob
gezahlt die Aussicht auf hohe Boni Ma-
nager dazu verleiten könnte,
wird, ist das allzu riskante Strategien zu ver-
demoti- folgen, nicht ab. „Es gibt gerade
sehr viel Bewegung im Markt“,
vierend“ berichtet die Vergütungsexpertin
Birgit Horak, Vorstand bei der
BIRGIT HORAK, Lurse AG. Der Technologiekon-
VERGÜTUNGS- zern Infineon schaffte die indi-
EXPERTIN viduellen Bonuszahlungen be-
reits vor fünf Jahren ab. Weil die
Mitarbeiter kontinuierlich über
dem 100-Prozent-Zielwert beim
Individualbonus lagen, hatte das
Unternehmen zuvor auch dann
Prämien zahlen müssen, wenn
der Konzern Verluste verzeich-
nete. „Unternehmenserfolg und
der Individualbonus waren nicht
im Einklang“, so Thomas Mar-
quardt, Globaler Leiter der Per-
sonalabteilung.
Chemie-Riese Lanxess ersetzt
individuelle Zahlungen durch
einheitliche Boni, die an Team-
und Unternehmenserfolge ge-
koppelt sind. Siemens schafft
die persönlichen Zielvorgaben
zwar nicht ab, will bei der Be-
wertung der Performance aber
fortan mehr berücksichtigen, wie
die Mitarbeiter miteinander um-
gehen.
„Unternehmen setzen stärker
auf den Gemeinschaftsgedan-
ken“, erläutert Andreas Hof-
mann, Vergütungsexperte von
Hoyck Management Consul-
tants. „Nicht mehr die Leistung
des Einzelnen steht im Fokus der
variablen Vergütung, sondern
der Unternehmenserfolg wird
zur entscheidenden Messgröße.“
Im Gegenzug rücken alterna-
tive Anreizsysteme, die Wert-
 schätzung nicht ausschließlich
pekuniär spiegeln und den
Teamgeist pflegen, stärker in
den Fokus. So hat das Reisepor-
tal Tui.com vor drei Jahren ein
Stimmungsbarometer als App
installiert, auf dem sich Mitar-
beiter täglich über ihr Unter-
nehmen äußern können. Der
Versandhändler Universnatur
ermöglicht seinen Mitarbeitern
über die App „Corporate Vote“
sogar Mitsprache an Entschei-
dungen im Unternehmen.
Zugleich mehren sich die Zwei-
fel, ob individuelle Geldextras
stets automatisch leistungs-
steigernd wirken. „Ein Bonus
wird für Mitarbeiter schnell zur
Selbstverständlichkeit“, gibt
Expertin Horak zu bedenken.
„Wenn er dann nicht ausgezahlt
wird, ist das demotivierend.“
Zudem erscheint es zuneh-
mend schwieriger, Leistung zu
messen. Zielvereinbarungs- und
Beurteilungssysteme, die sehr
komplex und bis ins feinste De-
tail ausgearbeitet sind, kosten
viel Zeit und werden am Ende
doch nicht als gerecht emp-
funden. Dieser „administrative
Overkill“ sorgt aus Sicht von
Thomas Haussmann, Vergü-
tungsberater bei der Hay Group,
für den größten Frust bei den
Beteiligten.
Ganz ohne Geld indes kann
Motivation aber auch nicht funk-
tionieren, ist sich der Experte si-
cher. Gerade im Top-Manage-
ment sei die Erfolgskomponente
beim Gehalt nach wie vor sehr
weit verbreitet. „Die individuel-
len Ziele sind hingegen klar auf
Illustration: Bene Rohlmann/Sepia für FOCUS-Spezial
dem Rückzug“, bestätigt Hauss-
mann. Allgemeine Erfolgsbetei-
ligungen würden an Bedeutung
gewinnen. „Ob das aber leis-
tungsgerecht ist und wirklich
motiviert, ist eine andere Frage.“
Auch die langfristige Variable,
die sich an einer Laufzeit von bis
zu fünf Jahren bemisst, findet
immer mehr Verbreitung. Das
gilt vor allem fürs Management.
Eine Überlegung dabei: Längere
Laufzeiten richten Erfolg stärker
FOCUS-SPEZIAL
am nachhaltigen Unternehmens-
erfolg aus als an den Gewinn-
zahlen eines Geschäftsjahres.
Dass Bonuszahlungen kom-
plett von der Bildfläche ver-
schwinden, steht nicht zur Dis-
kussion. „Im Vertrieb wird der
Bonus immer eine große Rolle
spielen“, meint Joachim Kayser
von der HKP Group. Doch ge-
rade dort können überzogene
Anreize zu Fehlverhalten füh-
ren – wie Korruptions- und Be-
stechungsskandale in den ver-
gangenen Jahren bei VW oder
Siemens zeigten.
Der Verzicht auf den indivi-
duellen Bonus zu Gunsten ein-
heitlicher Boni bietet den Vorteil,
das ohnehin schon schwierige
Jahresgespräch vom Gehaltsge-
spräch zu entkoppeln. Zugleich
bestehe aber die Gefahr, dass
„ein System innovativer Sonder-
zahlungen aufblühe“, vermutet
Hoyck-Manager Hofmann.
Internet-Konzerne aus dem Si-
licon Valley zeigen, wie es geht:
Yahoo bietet Mitarbeitern Kick-
boxen und Golfkurse an, Google
wartet mit Volleyballfeldern und
Twitter mit Yoga- und Pilates-
Kursen auf. Manche Start-ups
leisten sich einen „Zen-Room“
für Massage und Akupunktur,
andere bieten „Napping Boxes“
fürs Pausenschläfchen.
Deutsche Angebote wie be-
triebliche Altersvorsorge, Ge-
sundheitsmanagement oder Al-
tenbetreuung klingen da eher
langweilig. Allein: Sie sind wert-
voller und nachhaltiger. „Viele
Start-ups verkaufen ihre Ver-
gütungsgeschichten sehr gut“,
konstatiert Hoyck-Berater Hof-
mann.
Dabei zählen Fitness-Raum
oder Work-Life-Balance-Ange-
bote auch in vielen deutschen
Betrieben längst zur Grundaus-
rüstung. So wie bei Vodafone.
Schon um flexible Arbeitsstruk-
turen zu ermöglichen, werden
dort alle Mitarbeiter gratis mit
Laptops oder Smartphones aus-
gestattet. „Bei uns arbeiten Mit-
arbeiter, wann und wo sie wollen
% 36
40
%
Festgehalt Festgehalt
mit ausgeprägter
Erfolgskomponente
Festgehalt
mit moderater
Erfolgskomponente
24 %
60 % 
der deutschen Führungskräfte bevorzugen
ein Gehalt mit Erfolgskomponente
Quelle: Baumann Unternehmensberatung 2015
– am Campus, im Café, genau
wie von zu Hause aus“, sagt
Ulrich Federlin, Arbeitsdirektor
bei Vodafone Deutschland. Die
Vergütung ist klassisch: Alle au-
ßertariflichen Angestellten er-
halten einen Bonus, der sich aus
der persönlichen Zielerreichung
und Unternehmensperformance
zusammensetzt. Tarifliche Mit-
arbeiter bekommen eine am
Unternehmenserfolg orientierte
Sonderzahlung.
Auch der Konsumgüterriese
Henkel favorisiert ein weltweit
einheitliches Leistungsbewer-
tungssystem, das eng an die
Bonuszahlung gekoppelt ist.
„Leistung soll sich lohnen“, be-
tont Henkel-Personalvorstand
Kathrin Menges. Die Führungs-
kräfte werden in „Development
Round Tables“ von einer Gruppe
von Teamleitern diskutiert und
bewertet. „Wir machen aber die
Erfahrung, dass finanzielle An-
reize allein nicht ausreichend
sind, um Mitarbeiter zu moti-
vieren und zu binden“, räumt
41
M E H R G E H A LT     VA R I A B L E V E R G Ü T U N G
Widersprüchliche Ziele
Der Vergütungsberater Michael Bursee über die Schwierigkeit, Leistung objektiv zu
messen, und warum jüngere Mitarbeiter nicht nur über Geld zu triggern sind
Die variable Vergütung galt lange als
Garant für Unternehmenserfolg. Wa-
rum hat sie an Zugkraft eingebüßt?
Hier spielen mehrere Faktoren
eine Rolle. Oft sind die indivi-
duellen Ziele, die man erreichen
muss, um einen Bonus zu ver-
dienen, so allgemein formuliert,
dass sie wenig oder nicht ausrei-
„
chend zum Unternehmenserfolg
beitragen. Auch gewöhnen sich
Mitarbeiter schnell an dieses Ge-
haltsextra. Zumal es mehr und
mehr zum Standard geworden
ist. Nicht selten wird vom Pfört-
ner über den Sachbearbeiter bis
zum Manager nach dem variab-
Das Vergütungssystem
trifft klare Aussagen
darüber, was in einem
Unternehmen wichtig ist“
len Prinzip vergütet. Es ist heute
nichts Besonderes mehr, ein er-
folgsabhängiges Gehalt zu be-
kommen.
Das allein erklärt nicht die wach-
sende Skepsis vieler Unternehmen.
Variable Vergütung kostet Un-
ternehmen über die Boni hinaus
sehr viel Geld. Um zu analysie-
ren, ob die individuellen Ziel-
vereinbarungen erreicht wurden,
muss ein Performance-Manage-
ment implementiert werden.
Wenn man das anständig macht,
bedeutet es einen enormen, oft
über Wochen währenden Auf-
wand, der die Arbeitskraft von
Führungskräften bindet und
ganze Abteilungen im Perso-
42
nalbereich beschäftigt. Diese
Performance-Reviews können
Millionen kosten, die auf die
Bilanz schlagen.
Oft sind die Zielvorgaben so wolkig
formuliert, dass eine objektive Be-
urteilung, ob sie nun alle erreicht
wurden, schier unmöglich scheint.
Dieses Problem stellt sich in der
Der promovierte
Tat. Lange Zeit war man be-
Betriebswirt strebt, so etwas wie Objektivität
und Partner bei in das System zu bringen. Mit
Ernst & Young berät unterschiedlichem Erfolg, denn
Konzerne und häufig mangelt es an der Mess-
Dax-Unternehmen barkeit. Wie messe ich zum Bei-
bei Vergütungs- spiel die Leistung von Menschen
modellen im Bereich der Forschung? Viele
Unternehmen setzen darum in-
zwischen ganz bewusst auf die
subjektive Beurteilung durch
den Vorgesetzten. Ich halte das
für richtig. Man kann von einer
Führungskraft erwarten, dass
sie Leistung erkennt. Auch die
Schwarmintelligenz des Teams
weiß, was jemand leistet. Diese
subjektive Beurteilung seitens
der Kollegen kann man bewusst
fördern. Sie ist meiner Meinung
nach sogar wichtiger als eine
Pseudo-Objektivität durch Be-
wertungsskalen. Und stellt den
Menschen in den Mittelpunkt.
Die Generation Y lässt sich angeblich
weniger durch ein Gehaltsplus zu
maximalem Einsatz für das Unter-
nehmen ködern. Ist das so?
Wir sehen da schon eine Verlage-
rung der Prioritäten. Früher hatte
die Vergütungshöhe große Be-
deutung für den eigenen Selbst-
wert. Das Gehalt ist natürlich
nach wie vor wichtig. Aber allein
das überzeugt Mitarbeiter heute
nicht mehr. Mindestens ebenso
wichtig für die Motivation sind
interessante Aufgaben, persön-
liche Entwicklung, Sinnhaftig-
keit der Arbeit, Flexibilität oder
Nachhaltigkeit des Unterneh-
mens. In der klassischen Form
verlieren die Belohnungsstrate-
gien qua Gehalt an Bedeutung.
Verschiedene wissenschaftliche
Untersuchungen weisen sogar
darauf hin, dass es zum Teil ei-
nen negativen Erwartungseffekt
bei Bonizahlungen gibt. Die Mit-
arbeiter gehen davon aus, dass
sie jedes Jahr Teil des Gehalts
sind. Fällt die Vergütung dann
geringer aus als im Vorjahr,
dämpft das die Motivation eher,
als sie zu beflügeln.
Trotzdem, so sagen Sie, bleiben Boni
aus unternehmerischer Sicht ein
essenzielles Instrumentarium, um
Unternehmenskultur zu gestalten.
Inwiefern?
Das Vergütungssystem trifft
klare Aussagen darüber, was
einem Unternehmen wichtig
ist. Was wird honoriert, welches
Verhalten belohnt? Das erzählt
viel über die Prioritäten im Un-
ternehmen. Wenn ich die DNA
eines Unternehmens verändern
will, muss ich auch das Anreiz-
system verändern. Oft formulie-
ren die Bonivereinbarungen al-
lerdings widersprüchliche Ziele.
Illustration: Bene Rohlmann/Sepia für FOCUS-Spezial
Auf der einen Seite wird ein hö-
herer Gewinn belohnt, auf der
anderen geht es um Werte wie
nachhaltiges Verhalten, Com-
pliance oder Glaubwürdigkeit.
Manchmal bedeutet eine ethisch
vorbildliche Entscheidung aber
nun mal einen Gewinnverzicht.
Eine variable Vergütung kann
diesen Zielkonflikt durchaus ver-
schärfen. 
INTERVIEW: BARBARA ESSER
FOCUS-SPEZIAL
auch Menges ein. Individuelle
Entwicklungsmöglichkeiten je-
des Einzelnen spielten deshalb
eine große Rolle. Jeder Vorge-
setzte habe die Aufgabe, seinen
Mitarbeitern ein offenes Feed-
back zu Potenzial und Karriere-
möglichkeiten zu geben.
Feedback-Kultur scheint die
neue Währung, wenn es um
Mitarbeitermotivation geht. Da-
bei zählt die zeitnahe Reaktion
mehr als das bilanzierende Jah-
resendgespräch. „Was bringt es,
über Ziele zu sprechen, die
Anfang des Jahres verabredet
wurden, aber Ende des Jahres
nicht mehr relevant sind?“, fragt
Rouven Fuchs, Geschäftsführer
Talent & Organisation bei dem
internationalen Beratungskon-
zern Accenture, der weltweit
370 000 Mitarbeiter beschäf-
tigt. Viele Kollegen, so Fuchs,
arbeiteten in agilen Strukturen,
globalen Teams und parallel an
verschiedenen Projekten. Statt
eines „Jahresurteils“ wünsch-
ten sich gerade die Jüngeren
ein schnelles und regelmäßiges
Feedback von ihren Führungs-
kräften.
FOCUS-SPEZIAL
Das gibt es nun seit Kurzem.
Performance-Achievement nennt
es sich und ersetzt das einmalige
Jahresgespräch durch kontinu-
ierliches Coaching. „Wir wollten
schneller ein aussagefä-higeres
Bild von der Leistung der Mitar-
beiter erhalten“, so Fuchs.
André Häusling, Geschäftsfüh-
rer von HR Pioneers, glaubt an
solche Modelle. „Über Geld zu
motivieren ist Old School“, sagt
der Profi-Personaler. Erst aus in-
haltlichem, konstruktivem Feed-
back entstehe wahres Interesse.
„Individuellen Feedback- und
Wertschätzungssystemen“, die
das tägliche Gespräch über die
Stimmung im Unternehmen und
die Leistungen der Mitarbeiter
etablieren, gehöre die Zukunft.
„Kritik und Lob sind heute so
viel wert wie Geld“, ist auch
Heiko Fischer überzeugt. Der
Berliner Gründer von Resource-
ful Humans hat eine App entwi-
ckelt, mittels derer Mitarbeiter
ihren Kollegen und Vorgesetz-
ten Sterne für gute Leistungen
vergeben können – die sie aller-
dings auch begründen müssen.
Das System kommt an. Einige
Unternehmen haben es schon
implementiert. „Feedback macht
süchtig“, meint Fischer.
Zu viele extrinsische Anreize
Kritik und hingegen machten die „Moti-
Lob sind vation kaputt“, glaubt Hermann
Arnold. Der Mitgründer der
heute so viel Haufe-umantis AG geht mit sei-
nem Unternehmen einen ande-
wert wie ren Weg. Genauer gesagt: gleich
Geld. Feed- mehrere. Nicht nur werden Chef
und Führungsriege jedes Jahr
back macht per Wahl von der Belegschaft
bestätigt oder abgesetzt – auch
süchtig˝ die Gehälter bestimmen die Mit-
arbeiter selbst. „Wir beurteilen
HEIKO FISCHER, die tatsächliche Leistung des
START-UP-
Jahres und nicht die Ziele“, be-
GRÜNDER
tont Arnold. Aber selbst dieses
System hat seine Grenzen: Am
Ende entscheidet die Chefetage,
welche Gehälter sich die Firma
überhaupt leisten kann.
„Kein Unternehmen hat es bis
heute geschafft, das ideale Per-
formance-Management zu ent-
wickeln“, bekennt letztlich auch
Firmen-Demokrat Arnold. Doch
er gibt nicht auf: „Wir müssen
alle weiter experimentieren.“ 
MARTIN ROOS
43
M E H R G E H A LT     V O R S TA N D S V E R G Ü T U N G
Wie viel ist
genug?
Im Schnitt 4,9 Millionen Euro bekommen deutsche Vorstandsvor-
sitzende im Jahr. Im Vergleich zu Gehältern der amerikanischen CEOs
ist das noch wenig. Dennoch läuft auch in Deutschland die Debatte
über die Angemessenheit von Vorstandsvergütungen heiß
D
er kann es nicht. So unk-
ten hochrangige Automa-
nager noch vor drei Jah-
ren über Dieter Zetsche.
Der Daimler-Chef hatte zuvor
zum wiederholten Mal die Ge-
winnprognose für den Stuttgar-
ter Autobauer nach unten korri-
gieren müssen. Das sieht heute
ganz anders aus. Der Daimler-
Stern ist wieder aufpoliert, unter
der Führung von „Dr. Z“ stieg
der Konzernumsatz der Schwa-
ben um 15 Prozent auf 149,5 Mil-
liarden Euro.
Das gute Ergebnis wirkte sich
gleich auch auf die Lohntüte des
Chefs höchstpersönlich aus. Im
aktuellen Gehalts-Ranking des
Beratungshauses Willis Towers
Watson steht Zetsche mit 9,7 Mil-
lionen Euro an der Spitze der
untersuchten Dax-Chefs (siehe
Tabelle Seite 48). Im Schnitt
erhielten die Vorstandsvorsit-
44
zenden der deutschen Börsen-
Deutsche schwergewichte 4,9 Millionen
Euro. 2014 waren es 4,8 Millio-
Spitzenge- nen Euro.
„Vorstände sind mit ihren
hälter sind Entscheidungen maßgeblich
deutlich für den Erfolg des Unterneh-
mens verantwortlich“, erklärt
von dem Ralph Lange, Vergütungsex-
perte bei Willis Towers Watson.
entfernt, Dies sollte sich auch im Gehalt
widerspiegeln. Grundsätzlich
was Top- stünden daher die Vergütung
Manager der Unternehmenslenker und
das Ergebnis der Konzerne im
in den USA Einklang. Bei einem guten Er-
gebnis verdienten Vorstands-
erhalten“ chefs in der Regel mehr, bei
einem schlechten weniger.
RALPH LANGE,
Willis Towers Watson hat in
WILLIS TOWERS
seiner Studie nur Unterneh-
WATSON
men berücksichtigt, deren Ge-
schäftsberichte zum Zeitpunkt
der Erhebung vorlagen. In die
Berechnungen flossen sowohl
Grundvergütung und Boni als
auch langfristige variable Ver-
gütung der Top-Manager ein.
Die Altersvorsorge ist nicht ent-
halten.
„Es gibt dieses Mal auffäl-
lig wenig Ausreißer“, beurteilt
Lange das Gehalts-Ranking. Bei
der Hälfte der berücksichtigten
Dax-Konzerne stiegen Ergebnis
und das Gehalt der Vorstands-
chefs im Einklang – beispiels-
weise bei Adidas-Chef Herbert
Hainer auf 4,6 Millionen Euro
oder bei Telekom-Chef Timo-
theus Höttges auf 4,9 Millionen
Euro. 25 Prozent der Unterneh-
men mussten dagegen Einbußen
bei Ergebnis und Vergütung hin-
nehmen – so verdient Thyssen-
Krupp-Chef Heinrich Hiesinger
mit 4,6 Millionen Euro rund 13
Prozent weniger als im Vorjahr.
Bei den anderen Unternehmen
entwickelten sich die beiden
FOCUS-SPEZIAL
 4,9 Mio. 
Timotheus Höttges
Deutsche Telekom

9,7 Mio. 
Dr. Dieter Zetsche
Daimler

5,7 Mio. 
Illustration: Julia Pelzer für FOCUS-Spezial

Dr. Marijn Dekkers

Bayer

FOCUS-SPEZIAL 45
M E H R G E H A LT     V O R S TA N D S V E R G Ü T U N G
Parameter nicht parallel. RWE-
Boss Peter Terium erhält mit
4,6 Millionen Euro ein Prozent
mehr als 2014, obwohl das Er-
gebnis des Energiekonzerns zu-
rückging. Der Grund: RWE zahlt
Teile der variablen Vergütung
erst nach drei Jahren auf Basis
langfristiger Kriterien aus. Das
ist 2015 der Fall gewesen.
„Die Spitze der Gehälter hat
sich in den vergangenen zehn bis
15 Jahren kaum verändert“, kons-
tatiert Michael Kramarsch von
der hkp Group. Die Vergütungen
eines CEO hätten auch interna-
tional ein Niveau erreicht, das
absolut gesellschaftsfähig sei.
Allerdings „sind die deutschen
Spitzengehälter noch deutlich
von dem entfernt, was vergleich-
bare Top-Manager in den USA
erhalten“, ergänzt Lange.
6,4 Mio. 
Während deutsche Konzerne,
die im europäischen Stoxx Eu-
rope 50 gelistet sind, ihren Vor-
standsvorsitzenden in diesem
Vergleichsfeld durchschnittlich
5,7 Millionen Euro zahlen, erhal-
Joe Kaeser ten die Chefs im US-Index Dow
Siemens Jones Industrial im Schnitt etwa
17 Millionen Euro. Dass solche
Höhen in Deutschland erreicht
DAS ERGEBNIS ENTSCHEIDET
Der Jahresüberblick von 2006 bis 2015 zeigt einen engen Zusammenhang
zwischen operativem Ergebnis (Ebit) und Vorstandsvergütung
Entwicklung von Ergebnis Direktvergütung der CEOs 134,2
und Vergütung
bei Dax-Unternehmen
in Prozent 131,4 119,0
indexiert:
Ebit 97,0
2006 = 100
89,9
79,0
2006 2010 2015
Quelle: Willis Towers Watson
46
werden, ist eher unwahrschein-
lich. Zwar seien zweistellige Mil-
lionengehälter bei großen Unter-
nehmen international Standard,
meint Kramarsch. Anders als in
den späten 1990er-Jahren seien
jedoch in nächster Zeit „keine
deutlichen Sprünge“ mehr zu
erwarten.
In der Bevölkerung sieht man
die Giga-Gehälter mit gemisch-
ten Gefühlen. „Wer viel leistet,
soll auch überdurchschnittlich
verdienen“, ist laut Allensba-
cher Institut für Demoskopie das
Credo, das quer durch alle sozi-
alen Schichten in Deutschland
gilt. Dennoch erregen die hohen
Saläre der Dax-Vorstände die
Gemüter. Erhielten in den 60er-
und 70er-Jahren Vorstandschefs
etwa 30- bis 40-mal so viel wie
durchschnittliche Angestellte,
verdienen sie heute 300- bis
400-mal so viel. „Zweifellos sto-
ßen zu große Ungleichheiten in
den Einkommen in einer Gesell-
schaft auf Akzeptanzprobleme“,
meint Kramarsch.
Dass dieses Gehaltsgefälle nur
schwer zu erklären ist, fällt so-
gar manchem Vorstand selbst
auf. Als der mittlerweile ge-
schasste VW-Chef Martin Win-
terkorn fürs Geschäftsjahr 2011
ein Gehalt von 17,5 Millionen
Euro einstrich, ging ein Rau-
nen durch die Republik. Viele
fragten sich, ob es gerecht sei,
wenn ein Konzernchef 350-mal
so viel erhält wie ein VW-Ar-
beiter am Band, der inklusive
Bonus auf ein Jahresgehalt von
„nur“ 50 000 Euro kommt. Win-
terkorn war es wohl selbst ein
wenig peinlich. Ein Jahr darauf
kürzte er sein Salär freiwillig auf
14,5 Millionen Euro. Die Begrün-
dung: Ein höheres Gehalt sei
„nicht vermittelbar“.
Ähnlich agierte erst vor weni-
gen Wochen der neue Deutsche-
Bank-Chef John Cryan. Im No-
vember 2015 kündigte er an, die
Boni in seinem Unternehmen zu
kürzen. Der Grund dafür waren
zunächst die schlechten Zahlen
seiner Bank. Doch damit nicht
FOCUS-SPEZIAL
 genug. Er befand, dass Banker
grundsätzlich zu viel verdienten.
Er selbst sei dafür ein Beispiel.
Denn er würde für einen Bonus
nicht mehr arbeiten als ohne-
hin schon. Die Konsequenz für
die Deutsch-Banker: Cryan wird
nun in einigen Abteilungen den
Prämientopf um bis zu 30 Pro-
zent verkleinern.
Die hohen Einkommensunter-
schiede untergraben bei vielen
Menschen den Glauben an die
Gerechtigkeit im System. „Fast
jeder akzeptiert gesellschaft-
liche Unterschiede“, bemerkt
der Sozialethiker Friedhelm
Hengsbach. Je größer aber die
Differenzen seien, desto mehr
müssten diese vor Menschen
„am unteren Rand“ gerechtfer-
tigt werden.
So weit es – zumindest in
Deutschland – ein staatlich ver-
ordnetes Existenzminimum gibt,
das aktuell bei 8472 Euro im
Jahr liegt, wäre also auch die
Forderung nach einem Existenz-
maximum durchaus berechtigt
– und in keiner Weise revolu-
tionär.
Die Idee, dass sich eine Gesell-
schaft zur Wahrung ihres inneren
Friedens auf Gehaltsobergren-
zen einigen sollte, hatten schon
die alten Griechen. „Die Grenze
des Reichtums für die oberste
Klasse, welche nicht überschrit-
Fast jeder
ten werden darf, soll der vier- akzeptiert
gesell-
schaftliche
Unterschie-
de. Aber
sie müssen

4,6 Mio. 
gerecht-
fertigt sein“
FRIEDHELM
Herbert Hainer HENGSBACH,
SOZIALETHIKER
Adidas
llustrationen: Julia Pelzer für FOCUS-Spezial

4,6 Mio. 
Dr.-Ing. Heinrich Hiesinger
ThyssenKrupp

FOCUS-SPEZIAL 47
M E H R G E H A LT     V O R S TA N D S V E R G Ü T U N G

fache Wert des Landanteils ei- ein CEO trägt, ein Argument für messen innerhalb des Gehalts-
nes Bürgers sein“, schrieb Platon die Einkommenshöhe. Ein ande- gefüges des Unternehmens und
einst in seinem Werk „Nomoi“ res Mal ist es seine Qualifikation üblich im Verhältnis zu Land,
(„Die Gesetze“). oder die relative „Knappheit“ Größe und Branche sein“, erklärt
In der Gegenwart scheint der- des Jobs am Arbeitsmarkt. Lange das System. Die Vergü-
lei kaum durchsetzbar. „Eine Zielführender als die Frage tung müsse zudem am nachhal-
allgemeine Höchstgrenze für nach der Gerechtigkeit ist die tigen und langfristigen Unter-
Gehälter halte ich für proble- Frage nach der Angemessenheit nehmenserfolg orientiert sein.
matisch“, meint Vergütungsex- eines Gehalts. Willis Towers Wat- Ein wirkliches Malus-System,
perte Lange. „Wer legt sie fest, son hat dazu eigene Kriterien das vorgibt, dass ein Vorstands-
wer gibt dafür die Kriterien vor?“ aufgestellt: „Die einzelnen Ver- chef bei Misserfolg möglicher-
Aktuell regelt der Aufsichtsrat gütungselemente müssen ange- weise draufzahlen muss, gibt es
jedes Unternehmens die Höhe
des Gehalts. Das dazu vom
Bundestag im Juni 2009 verab-
schiedete Gesetz zur Angemes-
senheit der Vorstandsvergütung
(VorstAG) zielt auf eine verbes- DIE TOP-GEHÄLTER DER DEUTSCHEN DAX-BOSSE
serte Corporate Governance. Ein
Ordnungsrahmen für die Leitung Die Tabelle nennt die Grund- und die erwartete Direktvergütung von jenen
und Überwachung von Unter- 20 Dax-Unternehmen, deren Geschäftsberichte für 2015 bereits vorliegen. Im Vergleich mit
nehmen soll eine bessere Kont- dem Vorjahr zeigen sich zum Teil deutliche Abstriche bzw. Zuwächse
rolle von Vorstandsvergütungen
gewährleisten. Anders als vor
sieben Jahren entscheidet heute Unternehmen Name Grundvergütung erwartete Direktvergütung
nicht eine kleine Gruppe inner- (in Mio. Euro) 2014 2015 ∆'14/'15
halb des Aufsichtsrats über das Adidas Herbert Hainer 1,6 3,7 4,6 23 %
Vorstandsgehalt, sondern der
BASF Dr. Kurt Bock 1,3 5,3 4,2 –20 %
gesamte Aufsichtsrat. Auch für
eine unangemessene Vergütung Bayer Dr. Marijn Dekkers 1,4 5,4 5,7 5 %
kann dieser im Zweifel zur Re- Beiersdorf Stefan F. 1,3 5,4 6,0 12 %
chenschaft gezogen werden. Zu- Heidenreich
dem müssen sich börsennotierte
Commerzbank Martin Blessing 1,3 2,7 2,8 4 %
Gesellschaften seit 2009 daran
halten, dass sie langfristige Ver- Daimler Dr. Dieter Zetsche 2,0 8,4 9,7 16 %
haltensanreize setzen – mit ei- Deutsche Bank Jürgen Fitschen 3,8 6,7 3,8 –43 %
ner variablen Vergütung, die auf
Deutsche Post Dr. Frank Appel 2,0 5,8 4,5 –22 %
einer mehrjährigen Bemessung
basiert und eine Haltedauer von Deutsche Telekom Timotheus Höttges 1,5 4,2 4,9 19 %
Aktienoptionen für mindestens E.on Dr. Johannes 1,2 4,9 4,4 –10 %
vier Jahre vorsieht. Teyssen
„Die typischen Vergütungs- Fresenius Medical Rice Powell 1,2 2,7 5,4 101 %
elemente eines Dax-Vorstands- Care
vorsitzenden bestehen aus ei-
Henkel Kasper Rorsted 1,2 6,8 6,3 –7 %
nem Dreiklang von Fixgehalt,
Bonus und langfristiger variab- Infineon Dr. Reinhard Ploss 1,1 2,1 2,6 22 %
ler Vergütung“, erklärt Lange. K+S Norbert Steiner 0,7 2,1 2,3 9 %
Grundvergütung, Bonus und so-
Linde Dr. Wolfgang 1,2 3,9 4,0 3 %
genannte Long Term Incentives Büchele
machen in der Regel jeweils ein
Merck Karl-Ludwig Kley 1,3 7,7 7,7 0 %
Drittel aus. Dazu kämen noch die
Altersvorsorge und Nebenleis- RWE Peter Terium 1,4 4,5 4,6 1 %
tungen wie Dienstwagen oder Siemens Joe Kaeser 1,9 6,1 6,4 6 %
Versicherungen. „Die Frage,
ThyssenKrupp Dr.-Ing. Heinrich 1,3 5,2 4,6 –13 %
welches Gehalt gerecht ist, Hiesinger
lässt sich nur schwer beantwor-
ten“, meint Lange. Manchmal Vonovia Rolf Buch 0,9 2,9 2,9 0 %
ist die hohe Verantwortung, die Quelle: Willis Towers Watson

48 FOCUS-SPEZIAL

2,6 Mio. 
Dr. Reinhard Ploss
Infineon
zwar nicht. Dafür aber kann der
Aufsichtsrat „die Vergütung bei
schlechter wirtschaftlicher Lage
nachträglich herabsetzen“, so
Lange. Nicht umsonst machten
die variablen Anteile zwei Drit-
tel der CEO-Direktvergütung
aus. Bei schlechter Leistung
schrumpfe das Chefgehalt auf
sein Fixum.
Seit Einführung des Gesetzes
zur Angemessenheit der Vor-
standsvergütung können die
Aktionäre zudem ein – wenn
llustration: Julia Pelzer für FOCUS-Spezial
auch nicht bindendes – Votum
über die Vorstandsvergütungs-
systeme abgeben und auf der
Hauptversammlung öffentlich-
keitswirksam die Gehälter ihrer
CEOs kritisieren. In den USA
gibt es diese Entwicklung be-
reits. „Die Kritik an den Vor-
standsvergütungen wird dort
immer lauter“, erklärt Lange. Bei
FOCUS-SPEZIAL
manchem Big Boss kommt das
Signal der Aktionäre durchaus
an: Zu Recht dürften Aktionäre
erwarten, dass die Mitarbeiter
bei Misserfolg „einen Teil der
Belastung tragen“, schrieb Deut-
Es gibt sche-Bank-Chef John Cryan an-
gesichts schlechter Zahlen im
wenig Lob vergangenen Herbst an alle
auf dieser 98 000 Mitarbeiter des Dax-
Konzerns.
Ebene. Geld Schwierig wird es, wenn auch
die gesamte Belegschaft eines
ist oft die Unternehmens wegen des kom-
pletten Versagens der Konzern-
einzige An- führung auf ihren Bonus verzich-
erkennung“ ten soll. Das drohte den 120 000
Mitarbeitern von Volkswagen
MICHAEL nach dem jüngsten Abgasskan-
KRAMARSCH, dal. Doch die neue Führung
HKP GROUP unter Matthias Müller zeigte
Einsicht: Da die Kernmarke VW
wegen der Rückstellungen für
die Folgen des Skandals einen
4,5 Mio. 
Dr. Frank Appel
Deutsche Post
Verlust aufweist, erhält zwar
niemand eine „Gewinnbeteili-
gung“, allerdings wird ein Bonus
gezahlt, der den Namen „Aner-
kennungsprämie“ trägt. Noch
nicht sicher ist, wie hoch er sein
wird.
Dass auf Grund solcher De-
saster auf variable Vergütun-
gen einmal komplett verzichtet
wird, bezweifeln die Experten.
„Zumindest in der Riege der
Top-Verdiener kann man nicht
vergüten, ohne einen Bonus
zu zahlen“, ist sich Berater
Kramarsch sicher. Geld sei ein
Ausweis von Erfolg – ein Er-
folg, der allerdings auch ein-
sam macht. Kramarsch: „Es gibt
wenig Lob auf dieser Ebene.
Da bleibt dann oft nur Geld als
Anerkennung übrig.“ 
MARTIN ROOS
49
Gehaltspoker mit dem Chef – alles
WER EINE GEHALTSERHÖHUNG AUSHANDELN WILL, SOLLTE SEINEN CHEF GENAU ANALYSIEREN

Wenn eine Gehaltsanhebung

gerechtfertigt ist, hat der Chef nur
zwei Möglichkeiten: Er segnet sie
ab, oder er greift zu einem rhetori-
schen Trick – der Killerphrase. In
der Regel ist diese pauschal und
eher unsachlich. Das Spektrum
reicht von „Das können wir uns
nicht leisten“ bis zu „Mein eigener
Chef steht im Weg“. Viele Bittsteller
sind davon häufig überrascht und
reagieren wahlweise wütend oder
sprachlos – was die gewünschte
Gehaltserhöhung in weite Ferne
rücken lässt. Umso wichtiger ist
es, auf eine Killerphrase vorberei-
tet zu sein – und sie durch das
richtige Verhalten zu entschärfen.
Generell gilt:
• Bleiben Sie freundlich und
sachlich – so holen Sie den Chef
auf eine Sachebene zurück.
• Geben Sie ihm zu erkennen, dass
Sie seine Einwände ernst neh-
men, auch wenn sie Ihnen erlogen
oder lächerlich erscheinen. kann durchaus erhöhen, selbst Ihre Antwort: „Richtig, unsere
• Gehen Sie auf seine Phrasen kurz wenn es ihr schlecht geht – sonst Firma ist in Seenot. Aber ist es
ein, aber lenken Sie geschickt wäre sie längst pleite. Die Frage nicht wichtig, dass die fähigen
zurück auf Ihre Argumente. lautet: Will sie erhöhen? Leute in dieser Situation an
Welche Killerphrasen Ihnen Konterstrategie 1: Sie haben sich Bord bleiben und das Boot aus
begegnen können, hängt davon im Vorfeld über die Geschäftslage der Krise steuern?“ (Eine als
ab, welcher Chef-Typ Ihnen gegen- und die Zukunftsperspektive des Frage formulierte Antwort ist
übersitzt. Gehaltscoach Martin Unternehmens informiert. Viel- leichter hinzunehmen; der Chef

Wehrle hat die unterschiedlichsten
Charaktere analysiert und gibt
Tipps, wie Sie mit ihnen verhan-
deln. Hier vier typische Vertreter -
und wie man ihnen begegnet.
Der Jammerer
Sein Leitspruch: „Das kann sich
die Firma nicht leisten.“
78 %
leicht ist das Tal nicht so tief, wie
es sich darstellt – oder es ist schon
fast durchschritten.
Ihre Antwort: „Es stimmt: Wir
der Büroange- machen harte Zeiten durch.“ (Sie
akzeptieren das Argument des
stellten wollen Chefs.) „Letztes Jahr war der Ge-
winn vor Steuern um vier Prozent
2016 nach gesunken, dieses Jahr sehen die
einer Gehalts- Zahlen allerdings besser aus.“ (Der
muss erkennen, dass Sie ggf.
Konsequenzen ziehen.) „Bedenken
Sie, dass Sie durch meinen Einsatz
Geld sparen, zum Beispiel . . .“
(Das konkrete Beispiel macht es
dem Chef einfacher, die Erhöhung
vor sich selbst oder auch seinem
Vorgesetzten zu vertreten.)
Der Aggressive
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial

Seine Weltsicht: Der Etat ist
immer erschöpft – ganz egal, ob
das Geschäft brummt oder nicht.
Gern spricht er von der schlechten
Wirtschaftslage und den hohen
Lohnnebenkosten.
Sein Trick – Ihr Dilemma: Gern
schiebt er die Verantwortung wei-
ter: An ihm liegt es nicht, nur an der
Firma. Ohnehin fehlt es an Geld.
Die Expertenmeinung: Die Firma
Chef merkt, dass Sie sich infor-
erhöhung miert haben, er kann Ihnen nichts
fragen vormachen.) „Und für nächstes
Jahr erwarten wir eine klare Steige-
Quelle: Robert Half Jobstudie 2016 rung – vor diesem Hintergrund . . .“
(Der Chef muss sich sachlich mit
Ihnen beschäftigen.)
Konterstrategie 2: Der Firma
geht es tatsächlich nicht gut. Dann
müssen Sie unterstreichen, dass
Sie Schlimmeres verhindert haben.
Sein Leitspruch: „Sie verdienen
schon mehr als branchenüblich!“
Seine Weltsicht: Angriff ist die
beste Verteidigung.
Sein Trick – Ihr Dilemma: Er
schüchtert Sie ein, bereitet Ihnen
ein schlechtes Gewissen. Auf den
Wahrheitsgehalt seiner Behaup-
tung kommt es ihm dabei nicht an.
Die Expertenmeinung: Er weiß

50 FOCUS-SPEZIAL
 nur eine Frage des Typs
ganz genau, was die Konkurrenz
zahlt, denn er hat schon Mitarbei-
ter abgeworben. Meist musste er
tief in die Tasche greifen. Aber das
wird er Ihnen nicht verraten.
Konterstrategie 1: Sie haben im
Vorfeld recherchiert. Machen Sie
ihm freundlich, aber auch deutlich
klar, dass Sie Ihren Marktwert
realistisch einschätzen können.
Ihre Antwort: „Das stimmt,
es gibt Kollegen, die weniger
verdienen.“ (Der Chef fühlt sich
bestätigt.) „Aber darf ich als
Arbeitskraft, die überdurchschnitt-
liche Leistungen bringt, nicht auch
überdurchschnittliche Bezahlung
erwarten?“ (Eine Frage wirkt weni-
ger provozierend.) „Mir ist zum Bei-
spiel bekannt, dass ich mit meiner
Leistung beim Unternehmen XYZ
200 bis 300 Euro mehr verdienen
könnte.“ (Überraschung für den
Chef: Haben Sie etwa ein Angebot
der Konkurrenz in der Tasche?)
„Bitte überdenken Sie die Höhe
meines Gehaltswunschs noch
einmal vor diesem Hintergrund.“
(Nun muss der Chef handeln.)
Der Vertröster
Sein Leitspruch: „Nicht jetzt –
aber nächstes Jahr!“
Seine Weltsicht: Besser morgen.
Oder übermorgen. Probleme kann
man aussitzen – jahrelang.
Sein Trick – Ihr Dilemma: Er
lehnt Ihr Anliegen nicht ab – das
könnte Sie schließlich demotivie-
ren. Er schiebt es nur auf. Sie wer-
den sich weiterhin ins Zeug legen,
damit es nächstes Jahr klappt.
Und dann erklingt wahrscheinlich
wieder dieselbe Schallplatte . . .
Die Expertenmeinung: Wer weiß,
was in einem Jahr ist. Vielleicht ha-
ben Sie einen neuen Chef, vielleicht
ist die Zusage des Chefs bis dahin
hinfällig. Oder Sie begehen einen
Foto: André Heeger
Fehler, den er gegen Sie ausspielt.
Konterstrategie 1: Weisen Sie
ausdrücklich darauf hin, dass Ihre
Leistung bereits in der Waagschale
FOCUS-SPEZIAL
„Der Einsatz
von Killer-
phrasen ist
unfair –
aber gängige
Praxis“
MARTIN WEHRLE, GEHALTS-
COACH UND BUCHAUTOR
liegt – jetzt fehlt als Gegenleistung
seine Gehaltserhöhung. Stellen Sie
diesen Schritt als überfällig dar, und
erinnern Sie ihn daran, wie lange Ihr
Gehalt schon unverändert ist.
Ihre Antwort: „Gern können
wir nächstes Jahr noch einmal
über mein Gehalt sprechen –
warum nicht eine Verbesserung
in zwei Schritten?“ (Vorschlag
aufgegriffen, aber zu Ihren Gunsten
gewendet.) „Heute – und zwar
wirklich heute – geht es mir um
den ersten Schritt.“ (Sie machen
klar: kein Aufschub möglich.) „Die
Firma hat im vergangenen Jahr von
meinen Leistungen profitiert, zum
Beispiel . . .“ (ein überzeugendes
Beispiel). „Und als fairen Gegenwert
für meine verbesserte Leistung er-
warte ich ein verbessertes Gehalt.“
(Sie wirken entschlossen – der
Begriff „Gegenwert“ macht dem
Chef Vorleistung klar.) „. . . immer-
hin liegt die letzte Gehaltserhöhung
schon drei Jahre zurück.“
Konterstrategie 2: Falls der Chef
trotz aller Bemühungen nicht
unmittelbar handeln mag, lassen
Sie sich nicht mit einer münd-
lichen Zusage abspeisen. Halten
Sie schriftlich fest, wie es für Sie
weitergeht.
Antwortbeispiel: „Ein Jahr ist
noch lange hin – aber gut, wenn wir
heute Nägel mit Köpfen machen,
will ich Ihnen entgegenkommen.“
(Kompromissbereitschaft erleich-
tert die Verhandlungen.) „Welche
Leistungen versprechen Sie sich
im kommenden Jahr von mir?“ (Der
Chef kann seine Wünsche äußern.)
„Gut, was halten Sie davon, diese
Ziele zu Ihrer Sicherheit schriftlich
zu fixieren?“ (Die Frageform
bezieht den Chef mit ein, er fühlt
sich nicht überrumpelt.) „Und im
Gegenzug wäre es fair, ein Datum
festzuhalten, wann beim Erreichen
der Ziele mein Gehalt erhöht
wird. Wie denken Sie darüber?“
(Dieser Apfel könnte dem Chef
bitter schmecken, aber Sie gehen
ja mit gutem Beispiel voran. Der
versteckte Appell an die Fairness
tut seine Wirkung.)
Der Feige
Sein Leitspruch: „Ich würde ja
gern – aber mein eigener Chef will
nicht!“
Seine Weltsicht: Jede Entschei-
dung ist gefährlich – schließlich
weiß man nicht, was passiert.
Wenn er sich entscheidet, dann oft
dafür, nichts zu entscheiden.
Sein Trick – Ihr Dilemma: Der
Chef spielt sich als Freund und
Helfer auf, schiebt den Schwarzen
Peter einfach weiter.
Die Expertenmeinung: Als
direkter Vorgesetzter hat er immer
– wirklich immer – die Kompe-
tenz, Ihr Gehalt zu erhöhen
oder sich an anderer Stelle für Sie
einzusetzen.
Konterstrategie 1: Packen Sie
den Chef bei seiner Ehre, und ma-
chen Sie ihn zu Ihrem Verbündeten.
Ihre Antwort: „Es freut mich, dass
Sie persönlich hinter meiner Ge-
haltsforderung stehen.“ (Sie deuten
die Antwort des Chefs zu Ihren
Gunsten und nehmen ihn in die
Pflicht.) „Ich weiß, dass Ihr Wort in
der Firma Gewicht hat.“ (Ein Kom-
pliment, dessen Wahrheitsgehalt
der Chef gern unter Beweis stellen
wird – denn natürlich hält er sich
für wichtig.) „Was halten Sie davon,
wenn wir einen gemeinsamen
Termin mit Ihrem Vorgesetzten
ausmachen? Gemeinsam werden
wir ihn überzeugen!“
Ein allgemeiner Tipp: Die
aufgezeigten Antworten sind
Beispiele, wie Sie Ihrem Chef
eloquent begegnen können. Wenig
ratsam: auswendig lernen. Das
wirkt häufig gestelzt und hilft nur
selten. Lassen Sie sich von den
Beispielen inspirieren, und finden
Sie so eine individuelle Form für
Ihre Verhandlungsrunde.
Mehr Tipps für den Gehaltspoker:
„Geheime Tricks für mehr Gehalt“
Martin Wehrle,
Goldmann Verlag,
9,99 Euro
51
M E H R G E H A LT     A U S Z U B I L D E N D E
Mobil
machen
T
echnischer Produktdesi-
gner? Stand so gar nicht
auf Leon Rupes Berufs-
wunschliste. „Um ehrlich
zu sein, ich wusste nicht, dass es
diesen Beruf überhaupt gibt“,
sagt der 19-Jährige. Dabei lernt
er ihn bereits im zweiten Lehr-
jahr bei dem Telgter Sonderanla-
genbauer Münstermann. Parallel
dazu studiert Rupe Maschinen-
bau an der Haver Academy in
Oelde – finanziell unterstützt von
seinem Arbeitgeber.
Den hat der angehende Inge-
nieur bereits während der Schul-
zeit kennen gelernt. Bei einer
Betriebsbesichtigung konnte
er hinter die Kulissen blicken.
„Das hat mich sofort gepackt“,
erinnert sich der Azubi. Ein ein-
wöchiges Praktikum bestätigte
ihn in seinem Interesse. Nach
der elften Klasse schickte Rupe
seine Bewerbung ab. Ein Jahr
vor seinem Ausbildungsbeginn
im September 2014 war die Sa-
che schon in trockenen Tüchern.
Der frühe Kontakt zwischen
Schüler und Betrieb ist Teil des
„Telgter Modells“. Magdalena
Münstermann, Prokuristin bei
52
Akquise in der Schule, Mietzuschuss und die
Beschäftigung von jungen Flüchtlingen – um
ihre vakanten Ausbildungsstellen zu besetzen,
gehen Unternehmen neue, ungewöhnliche Wege
22 
Münstermann, hat es vor etwa
acht Jahren ins Leben gerufen.
Firmen aus der münsterländi-
schen Stadt bieten Schulen aus
der Region ihre Praxis für den Un-
terricht an – nicht nur über Be-
triebserkundungen oder Prakti-
ka. Unternehmensvertreter kom-
Prozent der men auch in den Religionsun-
Betriebe terricht und sprechen mit den
Schülern über Vereinbarkeit von
bekommen Familie und Beruf. Ein Optiker
keine Be- zeigt in einer Projektwoche, wie
werbungen das menschliche Auge funktio-
niert, eine Gartenbaumeisterin
von poten- unterrichtet einmal die Woche im
ziellen Aus- Schulgarten einer Hauptschule.
„Schüler lernen Berufe und de-
zubilden- ren Umfeld aus einer ganz ande-
den mehr ren Perspektive kennen“, sagt
Initiatorin Münstermann. Die
Quelle: DIHK
studierte Pädagogin hat sich oft
über die Haltung einiger ande-
rer Unternehmenschefs aus ihrer
Region geärgert. Haupt- und Re-
alschüler könne man als Azubi
nicht gebrauchen, hieß es bei
regionalen Veranstaltungen re-
gelmäßig.
Mit ihrem Modell wollte die
62-Jährige beweisen, dass es
auch anders geht. Im Gegenzug
profitieren die Unternehmen vor
Ort. Über den Kontakt zu den
Schülern steigen ihre Chancen,
Azubis zu rekrutieren.
Denn die Zeiten sind bekann-
termaßen hart für Ausbildungs-
betriebe. „Die Zahl der Betriebe,
die keine Bewerbungen von po-
tenziellen Auszubildenden mehr
bekommen, ist seit 2010 von acht
auf 22 Prozent gestiegen“, be-
richtet Esther Hartwich, Ausbil-
dungsexpertin beim Deutschen
Industrie- und Handelskam-
mertag (DIHK). Im Handwerk
sieht es nicht besser aus. Ende
2015 waren nach Erhebungen
des Zentralverbands des Deut-
schen Handwerks (ZDH) noch
immer 17 000 Stellen unbesetzt.
Engpässe gebe es derzeit vor al-
Fotos: Stefan Thomas Kröger für FOCUS-Spezial
lem in technischen und Informa-
tikberufen oder im Hotel- und
Gaststättenwesen.
Die Gründe sind hinlänglich
bekannt. Seit Jahren gehen die
Schülerzahlen zurück, zugleich
ziehen immer mehr Absolven-
ten das Studium der Berufsaus-
bildung vor. Wenn ihnen der
Fachkräftemangel nicht den
wirtschaftlichen Exitus be-
FOCUS-SPEZIAL
 Einer von vier
Betrieben
bildet heute
noch Azubis
aus – vor zehn
Jahren waren
es noch mehr
als 31 Prozent
Quelle: BIBB

Volle Fahrt voraus:

Jens Gronhoff (l.) und
Leon Rupe basteln
(neben ihrer Karriere)
gemeinsam mit
anderen Azubis des
Metallbaubetriebs
Münstermann an
einem Gokart

FOCUS-SPEZIAL 53
 scheren soll, müssen sich Aus-
bildungsbetriebe etwas einfallen
lassen.
Betriebe, die die Zeichen der
Zeit erkannt haben, zeigen sich
auf Ausbildungsmessen oder in
Sommercamps und kontaktieren
die begehrte Zielgruppe über so-
ziale Netzwerke. „Wir sprechen
gezielt Jugendliche in der Be-
rufsorientierungsphase an und
stellen die großen Karriereper-
spektiven in den über 130 Be-
rufen des Handwerks dar“, sagt
Dirk Palige, Geschäftsführer im
ZDH.
Auch bisher unbeachtete Ziel-
gruppen zählen zu den Adressa-
ten. So bringt „Jobstarter Plus“,
ein Förderprogramm des Bun-
desbildungsministeriums, Stu-
dienabbrecher und Unterneh-
men zusammen. Darüber hinaus
bildet etwa die ING DiBa jedes
Jahr über 50-jährige Azubis aus.
Etliche Chefs rekrutieren inzwi-
schen auch Flüchtlinge.
Reichlich zündende Marcus Staib ist einer von ih-
Ideen: Prokuristin nen. In seiner Ulmer Großbäcke-
Magdalena Münster- rei bildet er seit September drei
mann lockt Azubis mit junge Männer aus Somalia, Erit-
vielfältigen Angeboten rea und Pakistan zu Bäckergesel-
len aus. „Ich brauche pro Jahr
sechs neue Azubis, um langfris-
tig zu überleben“, rechnet Staib
vor. Wegen der Arbeitszeiten in
BÄCKER, KLEMPNER, KÖCHE GESUCHT der Nacht sei der Bäckerberuf
nicht mehr sehr beliebt bei den
Jugendlichen, weiß der 44-Jäh-
Berufe mit hohem Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen rige. In diesem Jahr konnte er
Restaurantfachmann/-frau 35,2 % nach langer Zeit zum ersten Mal
wieder alle seine Plätze besetzen.
Fleischer/-in 35,1 % Der Anstellung der ausländi-
Fachverkäufer/-in im schen Lehrlinge ging ein Mara-
Lebensmittelhandwerk 33,0 %
thon durch die Bürokratie voraus.
Klempner/-in 30,6 % Ausländerbehörde, Landratsamt,
Integrationsamt und Arbeitsamt
Fotos: Stefan Thomas Kröger für FOCUS-Spezial

Fachmann/-frau für
Systemgastronomie 29,8 %
mussten zustimmen. Bis eine
Bäcker/-in 27,2 % Woche vor Beginn der Ausbil-
dung war nicht klar, ob wirklich
Gerüstbauer/-in 22,0 %
alles klappt.
Tierwirt/-in 21,3 % Gemeinsam mit seinem Aus-
bildungsleiter verfasste Staib ei-
Gebäudereiniger/-in 20,9 % nen international verständlichen
Koch/Köchin 20,4 % Quelle: BIBB
Lehrlingsfahrplan. Darin sind
unter anderem Arbeitsschritte
Besonders im Gastronomie- und Lebensmittelsegment bleiben Ausbildungs- und Backwaren detailliert auf-
plätze zunehmend unbesetzt. Auch Drogist/-in wollen nur noch wenige werden geführt und mit Bildern illust-

54 FOCUS-SPEZIAL
 M E H R G E H A LT     A U S Z U B I L D E N D E

riert. Jedem der drei Asylbewer-

ber stellte er einen deutschen
Azubi an die Seite, der ihm im
Betrieb und in der Berufsschule
unter die Arme greift.
Die ersten Monate Praxistest
sind gelaufen. Das Fazit ist allseits
positiv. „Die Jungs sind hoch mo-
tiviert, und die Zusammenarbeit
klappt trotz der Sprachbarriere
gut“, resümiert Staib, der auch in
diesem Jahr wieder Asylbewer-
ber anheuern will.
Für die ehrgeizige Initiative
„Wege in die Ausbildung für
Flüchtlinge“, die das Bundes-
bildungsministerium, die Bun-
desagentur für Arbeit und der
ZDH im Februar starteten, ist
Staibs Engagement wie eine
Blaupause. 10 000 Flüchtlinge
unter 25 Jahren sollen binnen
der nächsten 24 Monate eine
Ausbildung im Handwerk er-
halten. Der Bund stellt dafür
20 Millionen Euro zur Verfü-
gung. Das Programm könnte
junge Flüchtlinge auch dauer-
haft dort integrieren, wohin sie
aus eigenem Antrieb nicht ge-
hen würden, hofft Bildungsmi-
nisterin Johanna Wanka. Nach
Mecklenburg-Vorpommern et-
wa, wo kaum noch jemand Ma-
ler oder Bäcker lernen will.
Generell sind Unternehmen
bemüht, die lokalen Anreize zu
verstärken. „Sie locken mit Zu-
schüssen zu Miete, Bahntickets,
Führerschein oder Fitness-Stu-
dio-Mitgliedschaften“, beobach-
tet DIHK-Expertin Hartwich. In
München errichtet die städtische
Wohnungsbaugesellschaft Ge-
wofag 112 Apartments für Aus-
zubildende, von denen das Gros
aus dem Bauunternehmen selbst
und von der Stadt kommen soll.
Im hart umkämpften Münchner
Mietmarkt wolle man damit ein
Angebot für Azubis „mit klei-
nem Geldbeutel schaffen, damit
Fotos: Stefan Puchner/dpa
„Wir wollen tallationsbetrieb Büchele Luft-
technik haben die Azubis ei-
qualifizieren nen Webshop, in dem sie selbst
und fördern hergestellte Blechprodukte ver-
markten. Vermehrt schicken Un-
– und Azu- ternehmen ihre Azubis zudem
bis nicht für einige Zeit ins Ausland.
Auch beim Maschinenbauer
als billige Münstermann gehört ein bis zu
Arbeits- zweimonatiger Auslandsaufent-
kräfte miss- halt zum Ausbildungsprogramm.
Auf Angebote wie diese führt
brauchen“ Magdalena Münstermann zu-
MAGDALENA rück, dass ihr Unternehmen noch
MÜNSTERMANN nie Azubi-Not hatte. „Wir wollen
den Menschen qualifizieren und
fördern und die Azubis nicht als
billige Arbeitskräfte missbrau-
chen“, betont sie. Das schließe
ein, auch weniger guten Bewer-
bern eine Chance zu geben.
Eine Haltung, die nicht selbst-
verständlich ist. „Einige Betriebe
lassen Stellen lieber unbesetzt,
als Bewerber mit Hauptschulab-
schluss zu nehmen“, konstatiert
Lars Thies, der für die Bertels-
mann Stiftung einen Länder-
monitor zur beruflichen Bildung
herausgegeben hat. Oft fänden
sich die Hauptschulabsolventen
in Maßnahmen des Übergangs-
systems wieder, die sie auf eine
Flüchtling wird Lehrling:
Ghebru Aregay
aus Eritrea lernt
in der Ulmer
Bäckerei Staib das
Bäckerhandwerk
Ausbildung vorbereiten sollen.
Wertvolle Zeit gehe so verloren.
„Effektiver wäre es, die Nach-
hilfe direkt mit der Ausbildung
zu kombinieren“, so Thies. Grö-
ßere Konzerne bieten entspre-
chende Programme inzwischen
vermehrt an. Zudem legte der
Bund erst kürzlich das Projekt
„Assistierte Ausbildung“ auf,
das ausbildungsbegleitende Un-
terstützung über einen Coach
oder Nachhilfelehrer fördert.
„Chefs müssen lernen, vor-
handenes Potenzial besser zu
nutzen“, fordert auch Unterneh-
merin Münstermann. Wie sehr
alle Beteiligten davon profitieren
können, zeigt das Beispiel ihres
Azubis Jens Gronhoff. Der vor-
malige Hauptschüler ohne Ab-
schluss begann nach der neun-
ten Klasse eine Ausbildung als
Metallbauer bei Münstermann
und holte dort seinen Quali nach.
In seine Zukunft blickt der jetzt
20-Jährige optimistisch. „Viel-
leicht spezialisiere ich mich noch
weiter, wenn ich fertig bin. Ich
hab jedenfalls viele Möglichkei-
ten“, freut er sich. 
MELANIE RÜBARTSCH

Ausbildungsplätze besetzt wer-

den können“, so Konzernspre-
cherin Sabine Sommer.
Andere Betriebe machen mit
speziellen Projekten von sich
reden. Bei dem badischen Ins-

FOCUS-SPEZIAL 55
 Ausbildungsgehalt (in Euro/Monat)

Liste Lehrberufe Alte Bundesländer Neue Bundesländer

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Gehälter in 80 Lehrberufen (in Euro pro Monat)

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4.
3.

3.
2.

2.
1.

1.
Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (Hw)* 42 610 644 709 755 k. A. k. A. k. A. k. A.
Automobilkaufmann/-frau (IH) 36 742 782 863 – 568 597 640 –
Bäcker/-in (Hw) 36 470 600 730 – 470 600 730 –
Bankkaufmann/-frau (IH) 36 906 964 1022 – 904 963 1020 –
Bauzeichner/-in (IH) 36 692 946 1231 – 620 766 998 –
Berufskraftfahrer/-in (IH) 36 748 809 868 – 664 713 769 –
Chemielaborant/-in (IH) 42 876 939 1021 1095 806 850 895 945
Chemikant/-in (IH) 42 872 931 1009 1078 806 850 895 945
Dachdecker/-in (alle Fachrichtungen; Hw) 36 600 750 1000 – 600 750 1000 –
Drogist/-in (IH) 36 733 814 934 – 657 735 845 –
Eisenbahner/-in im Betriebsdienst (alle Fachrichtungen; IH) 36 780 843 907 – 780 843 907 –
Elektroniker/-in (alle Fachrichtungen; Hw) 42 590 643 714 777 550 600 650 700
Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik (IH) 42 920 973 1047 1108 906 960 1015 1066
Elektroniker/-in für Betriebstechnik (IH) 42 912 967 1040 1101 863 920 979 1035
Elektroniker/-in für Geräte und Systeme (IH) 42 929 980 1051 1108 909 964 1020 1071
Fachinformatiker/-in (alle Fachrichtungen; IH)** 36 866 928 1012 – 799 865 943 –
Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (IH) 24 760 840 – – 760 840 – –
Fachkraft für Lagerlogistik (IH) 36 848 910 994 – 761 824 903 –
Fachkraft für Lebensmitteltechnik (IH) 36 727 831 955 – 597 675 769 –
Fachkraft für Metalltechnik (alle Fachrichtungen; IH) 24 929 980 – – 909 964 – –
Fachkraft für Schutz und Sicherheit (IH) 36 595 694 818 – 396 466 523 –
Fachkraft im Gastgewerbe (IH) 24 647 733 – – 530 612 – –
Fachlagerist/-in (IH) 24 848 910 – – 761 824 – –
Fachmann/-frau für Systemgastronomie (IH) 36 672 740 814 – 650 705 770 –
Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk (Hw) 36 495 621 757 – 447 568 692 –
Fahrzeuglackierer/-in (Hw) 36 626 670 766 – 561 597 671 –
Feinwerkmechaniker/-in (Hw) 42 639 686 757 818 489 544 603 672
Fertigungsmechaniker/-in (IH) 36 929 980 1051 – 909 964 1020 –
Fleischer/-in (Hw) 36 586 688 875 – 310 375 465 –
Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/-in (Hw) 36 708 1088 1374 – 629 864 1091 –
Florist/-in (IH) 36 539 580 642 – 375 415 475 –
Friseur/-in (Hw) 36 394 493 596 – 214 253 341 –
Gärtner/-in (alle Fachrichtungen; Lw) 36 664 752 843 – 556 651 706 –
Gebäudereiniger/-in (Hw) 36 630 765 900 – 565 690 810 –
Hauswirtschafter/-in (Hs)* 36 641 686 747 – k. A. k. A. k. A. –
Hochbaufacharbeiter/-in (IH/Hw) 24 708 1088 – – 629 864 – –
Hotelfachmann/-frau (IH) 36 647 733 826 – 530 612 692 –
Immobilienkaufmann/-frau (IH) 36 805 915 1025 – 805 915 1025 –
Industriekaufmann/-frau (IH) 36 898 954 1029 – 838 892 950 –
Industriemechaniker/-in (IH) 42 914 967 1040 1100 877 931 987 1039
IH: in Industrie und Handel Hw: im Handwerk ÖD: im öffentlichen Dienst FB: freie Berufe Lw: in der Landwirtschaft Hs: Hauswirtschaft
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung, Datenbank Ausbildungsvergütungen; Stand: Oktober 2015

56 FOCUS-SPEZIAL
 Ausbildungsgehalt (in Euro/Monat)
Ausbildungsgehalt (in Euro/Monat)

Alte Bundesländer Neue Bundesländer

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Gehälter in 80 Lehrberufen (in Euro pro Monat)

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1.

1.
Informatikkaufmann/-frau (IH)** 36 863 924 1005 – 782 845 921 –
Informations- und Telekommunikationssystem-Elektroniker/-in (IH)** 36 926 978 1048 – 902 957 1012 –
Informations- und Telekommunikationssystem-Kaufmann/-frau (IH)** 36 926 978 1048 – 902 957 1012 –
Kaufmann/-frau für Büromanagement (IH) 36 853 918 1004 – 767 835 920 –
Kaufmann/-frau für Spedition und Logistikdienstleistung (IH) 36 712 779 844 – 540 588 650 –
Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzen (alle Fachrichtungen; IH) 36 919 985 1054 – 919 985 1054 –
Kaufmann/-frau im Gesundheitswesen (IH) 36 761 810 861 – 751 798 848 –
Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel (alle Fachrichtungen; IH) 36 793 862 934 – 744 803 872 –
Koch/Köchin (IH) 36 647 733 826 – 530 612 692 –
Konstruktionsmechaniker/-in (IH) 42 930 981 1053 1110 909 964 1020 1071
Kraftfahrzeugmechatroniker/-in (alle Fachrichtungen; IH) 42 742 782 863 922 568 597 640 690
Land- und Baumaschinenmechatroniker/-in (Hw)* 42 523 566 649 698 k. A. k. A. k. A. k. A.
Landwirt/-in (Lw) 36 610 658 713 – 556 602 663 –
Maler/-in und Lackierer/-in (alle Fachrichtungen; Hw) 36 545 595 740 – 545 595 740 –
Maschinen- und Anlagenführer/-in (IH) 24 913 966 – – 863 919 – –
Maurer/-in (IH/Hw) 36 708 1088 1374 – 629 864 1091 –
Mechatroniker/-in (IH) 42 920 973 1047 1108 906 960 1015 1066
Mechatroniker/-in für Kältetechnik (Hw)* 42 610 644 709 755 k. A. k. A. k. A. k. A.
Medientechnologe/-technologin Druck 36 892 943 994 – 892 943 994 –
Mediengestalter/-in Digital und Print (alle Fachrichtungen; IH) 36 852 910 970 – 808 866 922 –
Medizinische/-r Fachangestellte/-r (FB) 36 700 740 790 – 700 740 790 –
Metallbauer/-in (alle Fachrichtungen; Hw) 42 637 685 755 816 489 544 603 672
Pferdewirt/-in (Lw) 36 621 669 725 – 556 602 663 –
Pharmazeutisch-kaufmännische/-r Angestellte/-r (FB) 36 633 684 724 – 633 684 724 –
Restaurantfachmann/-frau (IH) 36 647 733 826 – 530 612 692 –
Sozialversicherungsfachangestellte/-r (ÖD) 36 763 828 887 – 763 826 882 –
Straßenbauer/-in (IH/Hw) 36 708 1088 1374 – 629 864 1091 –
Technische/-r Produktdesigner/-in (IH) 42 929 980 1052 1110 906 962 1018 1071
Technische/-r Systemplaner/-in (IH) 42 929 980 1052 1110 906 962 1018 1071
Tiefbaufacharbeiter/-in (Hw/IH) 24 708 1088 – – 629 864 – –
Tiermedizinische/-r Fachangestellte/-r (FB) 36 580 650 700 – 580 650 700 –
Tischler/-in (Hw) 36 517 636 732 – 490 607 744 –
Tourismuskaufmann/-frau (Kaufmann/-frau f. Privat- u. Geschäftsreisen; IH) 36 642 753 897 – 642 753 897 –
Verfahrensmechaniker/-in f. Kunststoff- u. Kautschuktechnik (alle Fachr.; IH) 36 854 901 976 – 686 731 773 –
Verkäufer/-in (IH) 24 733 814 – – 653 729 – –
Verwaltungsfachangestellte/-r (alle Fachrichtungen; ÖD) 36 844 896 944 – 844 896 945 –
Werkzeugmechaniker/-in (IH) 42 923 973 1046 1104 892 946 1001 1052
Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r (FB)* 36 710 750 800 – k. A. k. A. k. A. –
Zerspanungsmechaniker/-in (IH) 42 930 981 1053 1110 909 964 1020 1071
Zimmerer/-in (Hw/IH) 36 708 1088 1374 – 629 864 1091 –
*kein Vergütungsdurchschnitt ermittelt, da keine tariflichen Vereinbarungen zu den Vergütungen vorlagen oder die Besetzungsstärke des Berufs in den neuen Ländern zu gering war;
**in der IT-Branche zum Teil keine tarifvertraglichen Regelungen der Ausbildungsvergütungen

FOCUS-SPEZIAL 57
AUF DEM GIPFEL DES ERFOLGS.

TAG
SA M S
IST
�TAG
FO C U S

DIE EINFLUSSREICHEN IM
 Mehr Karriere
APPETIZER FÜR ABSOLVENTEN + MENTORING + RESILIENZ-TRAINING + SCHEINSELBSTSTÄNDIGKEIT + LISTEN

60 Die Jagd nach jungen Talenten

66 Firmen entdecken Mentoring
70 Ich bin dann mal cool –
Resilienz-Training im Selbstversuch
74 Coaching-Trend Stressbewältigung
Illustration: Anton Hallmann/Sepia für FOCUS-Spezial

76 Wirbel um die
Scheinselbstständigkeit
81 Methodik der FOCUS-Liste der
Top-Personaldienstleister
82 Executive Search
86 Professional Search
90 Freelancer

FOCUS-SPEZIAL 59
M E H R K A R R I E R E     YO U N G P R O F E S S I O N A LS Karriere-Küche: Beim
Recruiting-Event einer
Beratungsfirma tref-
fen Studenten auf ihre
potenziellen Kollegen
von morgen

Appetizer
für
Absolventen
Foto: Stefan Thomas Kröger für FOCUS-Spezial

Kochkurs, Winterausflug oder Speed-Dating – um

junge Talente zu gewinnen, ersinnen Unternehmen
allerlei Spektakel. Oft mit großem Erfolg

60 FOCUS-SPEZIAL
FOCUS-SPEZIAL 61
M E H R K A R R I E R E     YO U N G P R O F E S S I O N A LS

W
ie schmeckt eine
rohe Steckrübe?
Vera Wolbert hat
noch nie eine ge-
gessen. An die-
sem Abend ist
das junge Gemüse nur eine von
vielen Novitäten. Die Betriebs-
wirtschaftsstudentin ist in die
Kochschule Estella in Münster
gekommen, um ein 3-Gänge-
Menü zuzubereiten und neben-
bei an ihrer Zukunft zu „ko-
chen“. Zwischen Regalen mit
Balsamico-Creme und Küchen-
utensilien aus fein gemasertem
Olivenholz haben sich zwölf Stu-
denten um zwei Küchenblöcke
verteilt. Sie schnippeln, scherzen
und sprechen über ihre berufli-
chen Vorstellungen. Die interna-
tional tätige Unternehmensbera-
tung Capgemini hat zu diesem
Koch-Event geladen, um sich bei
Young Professionals als attrakti-
ver Arbeitgeber zu präsentieren.
Mit interessanten Arbeitge-
bern in Kontakt zu treten kann
so lässig sein. Zumindest wenn
man jung und gut ausgebildet
ist. Mühsam wird es zunehmend
für Unternehmen. Denn das Kon-
zept „Anzeige schalten, abwar-
ten und drei Wochen später aus
Angst vor
der Job-
den Bewerbungen die Perlen
herauspicken“ geht immer sel-
tener auf. Viele Unternehmen,
gerade in nur mäßig attraktiven
Regionen oder ohne schillernden
Markennamen, bekommen nicht
mehr genügend Bewerbungen.
„Die Wirtschaft kämpft um
junge Talente, denn sie werden
deutlich weniger“, sagt Robin-
dro Ullah von der Deutschen
Employer Branding Akademie
in Berlin. Gleichzeitig weiß der
Nachwuchs der Generation Y
und Generation Z, dass die Un-
ternehmen auf sie warten – und
ist anspruchsvoll geworden. So
wollen viele ihr Privatleben nicht
länger dem Beruf opfern, die
meisten suchen in ihrer Arbeit
Sinn und Verantwortung.
Statt auf Statussymbole legen
sie Wert auf eine Feedback-Kul-
tur und moderne Arbeitsplätze.
Macht sich Unzufriedenheit
breit, sind die Millennials deut-

suche habe
lich schneller bereit zu wechseln.
Sie wissen schließlich: Anderswo
ich nicht – freut man sich auf sie.
Wer die Young Professionals
schließlich deshalb der Rosinenpickerei ver-
dächtigt, könnte sich nach dem
habe ich Kochkurs in Münster bestätigt
vor dem fühlen. Nicht alle, die hier so jo-
vial Smalltalk betreiben, haben
Studium ernsthaft Interesse, sich beim
Gastgeber der Veranstaltung zu
eine solide bewerben. Aber als Netzwerk-

Ausbildung
abend nehme man die Gelegen-
heit gern wahr, räumt so man-
gemacht“ cher leise ein.
Anders Vera Wolbert. Von Be-
VERA WOLBERT, rater Sebastian Hanschke hat sie
BWL-STUDENTIN erfahren, dass das nächste Büro
sich in Köln befindet. Dort ein
paar Jahre zu arbeiten, könne
sie sich gut vorstellen, so die
Foto: Stefan Thomas Kröger für FOCUS-Spezial

31-Jährige: „Ich bin ja ungebun-

den und flexibel.“ Gleichzeitig
geht sie an die Jobsuche selbst-
bewusst heran: „Große Angst
habe ich nicht, schließlich habe
Auf der Suche ich vor dem Studium noch eine
nach einer tollen solide Ausbildung gemacht.“
Tätigkeit: BWL-Stu- Unternehmen haben die Bot-
dentin Vera Wolbert schaft verstanden und ersinnen
steht kurz vor dem immer neue Wege der Kon-
Uni-Abschluss taktanbahnung. Das reicht vom

62 FOCUS-SPEZIAL
Kochabend mit Uni-Absolven-
ten über Kooperationen mit
Universitäten und Campus-Ver-
anstaltungen bis zu Karriere-
tagen im eigenen Unternehmen.
„Events haben sich zum festen
Bestandteil in der Personalwer-
bung entwickelt“, beobachtet
Recruiting-Experte Robindro
Ullah. Das liege auch daran,
dass sich bei Veranstaltungen
gut demonstrieren ließe, wofür
ein Unternehmen steht.
Ein neues Lieblingsformat,
das die Arbeitsagenturen, In-
dustrie- und Handelskammern,
Wirtschaftsverbände oder Un-
ternehmen mit großem Perso-
nalbedarf organisieren, ist das Das Recruiting-
Job-Speed-Dating. Seit das ur- Format „Beat the
sprünglich aus der Partnersuche Zu lange dürfen sich die Ge- Boss“ des Fahrzeug- in Praktikum, Ausbildung und
stammende Konzept vor rund sprächspartner nicht in Details technik-Entwicklers duales Studium liegt bei 75 Pro-
sieben Jahren in Deutschland verlieren. Ein paar knappe Wort- BFFT setzt auf zent“, berichtet Geschäftsführe-
erstmals für den Arbeitsmarkt wechsel, schnell Lebenslauf und spielerische Elemen- rin Jutta Thinesse-Demel.
übersetzt wurde, hat sich das Visitenkarte austauschen, nach te im „Schlag Zeit ist kostbar – auch die der
Schnell-Casting vielerorts ra- fünf, höchstens zehn Minuten den Raab“-Stil umworbenen jungen Talente.
sant etabliert. ertönt ein Gong, und die Jobsu- Weil diese tagsüber oft in Uni
Das Prinzip ist denkbar einfach: chenden ziehen einen Tisch wei- oder ersten Jobs feststecken,
Ein großer, mitunter von Trenn- ter zum Recruiter eines anderen ersann die Aachener Agentur
wänden parzellierter Raum, in Unternehmens. Tema eine koordinierte Form der
Reihen aufgestellte Tische und Gefragt sind die Masseninter- abendlichen Begegnung. Bei der
Stühle – schon kann es losge- views vor allem, um Schulab- „Nacht der Unternehmen“ fah-
hen: Personaler und Bewerber gänger für ein Unternehmen zu ren Absolventen und junge Be-
sitzen einander gegenüber und begeistern. Die Münchner Bil- rufstätige eine ganze Nacht lang
klären im Schnelldurchlauf, ob dungsagentur etwa veranstaltet verschiedene Firmen einer Stadt
aus dem Blitz-Date eine längere seit 2011 jährlich acht bis zehn mit einem eigens gecharterten
Beziehung werden kann. Speed-Datings mit 25 bis 60 Un- Shuttle-Bus ab.
Was können Sie – was bieten ternehmen und bis zu 1100 Be- 2008 wurde die Idee von Aa-
Sie? Was ist Ihr Karriereziel – wel- werbern. Effizient ist das Tempo- chener Unternehmern aus der
che Entwicklungsmöglichkeiten Format offenbar gerade in dieser Taufe gehoben, um Fachkräfte
gibt es in Ihrem Unternehmen? Gruppe. „Die Vermittlungsquote zu akquirieren. Inzwischen ver-
anstaltet ein Dutzend deutscher
Städte die nächtliche Business-

72 % 
Tingeltour. Nach Feierabend öff-
nen die beteiligten Firmen ihre
Tore noch einmal für potenzielle
Bewerber. In hell illuminierten
Eingangsforen werden diese mit
Info-Mappen und nächtlichen
Snacks empfangen, qualifizierte
der Unternehmen halten Karriere-Events für gut Ansprechpartner stehen für Ein-
zelgespräche bereit.
geeignet, um interessante Kandidaten direkt an- „Bei den Veranstaltungen
zusprechen. Auch Job-Messen zählen für 63 % der können Bewerber sich Firmen
persönlich anschauen, die sonst
Firmen zu den probaten Rekrutierungskanälen nicht sichtbar sind“, sagt Carsten
Scheele, der die Veranstaltungs-
Quelle: Recruiting Trends 2015, Universität Bamberg reihe als Projektleiter betreut.

FOCUS-SPEZIAL 63

„Und die Bewerber erhalten ei-
nen kompakten Überblick über
die attraktiven Arbeitgeber aus
der Region.“ Mit der Resonanz
ist Scheele hoch zufrieden. Bei
der letzten „Nacht der Unter-
nehmen“ in Aachen beteiligten
sich rund 100 Unternehmen und
2000 Besucher.
Interessenten und auch Absol-
venten gibt es reichlich. Allein:
Die wirklich Guten, die High
Potentials aus der Masse zu ex-
trahieren, gleicht einer Herku-
lesaufgabe.
Vor diesem Problem steht auch
Astrid Arndt, die bei der gro-
ßen Wirtschaftskanzlei Hengeler
Mueller das Recruiting verant-
wortet. „Pro Jahr gibt es etwa
1600 Kandidaten, die das zweite
Staatsexamen mit „voll befriedi-
gend“ oder besser abgelegt ha-
64
Job-Speed-Dating
in Recklinghausen:
Kandidaten und
Unternehmen lernen ben“, erklärt sie. Weil nicht jeder
sich im Minutentakt angehende Jurist daran inter-
kennen essiert sei, in einer Wirtschafts-
kanzlei zu arbeiten, habe man
es „mit einer überschaubaren
Zielgruppe zu tun, mit der wir
ins Gespräch kommen wollen“.
Vor allem junge Juristinnen
scheuen oft vor der trockenen
Materie Wirtschaftsrecht zurück.
Zudem sind manche skeptisch,
ob sich eine Großkanzlei-Kar-
riere mit dem Privatleben ver-
trägt.„Wir haben immer wieder
auch Events, die sich gezielt an
Frauen richten“, so Arndt.
Dazu gehört das in verschiede-
nen Städten zelebrierte Power-
Breakfast. 20 bis 30 junge Ju-
ristinnen können hier bei Caffè
Latte, Birchermüesli und Rührei
erfahren, wie sie nach der Fa-
miliengründung gefördert wer-
den. Mit am Tisch: eine erfah-
rene Juristin, die selbst Mutter
ist und erzählt, wie sie Beruf und
Privatleben unter einen Hut be-
kommt. „Ungezwungen“ lautet
das Zauberwort, das Unterneh-
men gern bemühen, wenn sie in
informellem Rahmen ihre Fühler
nach vielversprechenden Talen-
ten ausstrecken. Gewünscht sei,
so Arndt, ein authentischer und
persönlicher Austausch.
Andere Unternehmen versu-
chen, mit Spiel- und Wettkampf-
Formaten beim vom Entertain-
ment verwöhnten Nachwuchs
zu punkten. So lud der Ingol-
städter Fahrzeugtechnik-Ent-
wickler BFFT Studenten vergan-
Foto: biky/imago
genes Jahr zu einem „Beat the
Boss“-Spektakel ein. Bei einer
Art „Schlag den Raab“ des Re-
cruitings maßen sich angehende
FOCUS-SPEZIAL

Ingenieure mit den Führungs-
kräften des Unternehmens – und
stellten ihre Fragen quasi ne-
benbei. Mit verbundenen Augen
Rätsel lösen, mit den Füßen in
einem Jutebeutel einen Hüpf-
Parcours meistern oder einfach
einen Jenga-Turm aufbauen –
ein Kindergeburtstag könnte
kaum vergnüglicher sein.
Ob spielerisch, sportlich oder
eben beim Kochen – am Ende
geht es um den persönlichen
Eindruck, der mehr sagt als
jede Bewerbungsmappe oder
eine Abschlussnote. Dafür
scheut man weder Kosten noch
Mühen.
Tipps für Bewerber
l Wie informativ der Besuch
einer Jobmesse ausfällt, steht und
fällt mit der Vorbereitung. „Es
empfiehlt sich, schon vor der Messe
eine Auswahl zu treffen und festzu-
legen, welche Stände einen Besuch
wert sind“, empfiehlt Michael
Barlag, dessen Agentur mehr als
125 Jobmessen organisiert hat.
„Auf diese Unternehmen sollte man
sich konkret mit Informationen
aus dem Netz und einigen vorfor-
mulierten Fragen vorbereiten.“
l Auch im Gespräch überzeugt
Wissen mehr als Chuzpe. „Wer
die Eckdaten des Unternehmens
kennt, begeistert Personaler und
verschafft sich ein ganz anderes
Entrée“, so Barlag. Dringend rät der
Experte davon ab, Personaler gleich
beim ersten Sondierungsgespräch
über Urlaub oder Freizeitangebote
zu löchern. „Es sollte ums Business
gehen. Wellness-Faktoren müssen
hinten anstehen.“
l Gleiches gilt für alternative
Veranstaltungen wie Kennenlern-
Frühstück oder Workshops:
Foto: TEMA AG
„Wir erwarten keine inhaltliche
Vorbereitung“, so Astrid Arndt von
FOCUS-SPEZIAL
Hengeler Mueller. „Aber mit dem
Unternehmen sollte man sich aus-
einandergesetzt haben.“ Darüber
hinaus ermutigt sie Interessenten,
auch kritische Fragen vorzuberei-
ten. „Wer wissen will, warum der
Gesprächspartner hier angefangen
hat oder wie es um die Work-Life-
Balance bestellt ist, soll sich ruhig
trauen“, so Arndt. Wichtig sei es,
sich aktiv zu beteiligen. Wer eher
zu den introvertierten Charakteren
zähle, solle zumindest in der Kaf-
feepause das Gespräch suchen.
l Der frühe Vogel fängt den Job.
Experten raten dazu, Recruiting-
Veranstaltungen bereits während
der Studienzeit zu besuchen. Das
schafft einen Überblick über poten-
zielle Berufsfelder und ermöglicht
es, unterschiedliche Arbeitgeber
aus der gewünschten Branche
kennen zu lernen. Nebenbei birgt
es einen gewissen Trainingseffekt.
„Der Umgang mit dem Arbeitgeber
lässt sich üben“, ist Recruiting-
Spezialistin Arndt überzeugt.
„Man merkt, wenn jemand schon
mehrere Veranstaltungen besucht
hat: Er ist souveräner im Auftritt.“
M E H R K A R R I E R E     YO U N G P R O F E S S I O N A LS
Die Berater von McKinsey la-
den jedes Jahr im Winter 30 Stu-
denten, Doktoranden und Young
Professionals zu einem viertä-
gigen Kennenlern-Event nach
Kitzbühel. Zwischen schneebe-
deckter Kulisse und knisterndem
Kaminfeuer sind die angehen-
den High-Performer aufgefor-
dert, „Spuren zu hinterlassen“:
Neben Skifahren, Snowboarden
und Hüttenabend zählte dazu
dieses Jahr auch der Auftrag,
eine fiktive Fallstudie für die
Besichtigung nach Modebranche zu erarbeiten.
Feierabend: Bei der Dass Teilnehmer in der Vergan-
Nacht der Unter- genheit auch mit Olympiasie-
nehmen tingeln ger Markus Wasmeier plaudern
Bewerber per Bus durften, zeigt, wie exklusiv man
von Firma zu Firma die zukünftigen Spitzenkräfte
umwirbt.
Auch an den Bildungsstätten
werfen die Talentefischer ihre
Netze aus, bei Info-Veranstaltun-
gen an den Hochschulen, Vor-
lesungen oder über das probate
Mittel unternehmensfinanzier-
ter Promotionen oder Stipendien.
Die frühe Ansprache ermöglicht
es Unternehmen, mit Studenten
Wer die in Kontakt zu kommen, die noch
nicht aktiv nach möglichen Ar-
Eckdaten beitgebern suchen.
Sebastian Heinrichs ist Jurist
des Unter- und in Sachen Recruiting ein
Profi. Der 31-jährige Frankfur-
nehmens ter hat diverse Workshops und
kennt, ver- Recruiting-Dinner besucht. „Die
Unterschiede“, sagt er, „bemerkt
schafft sich man erst beim näheren Kennen-
lernen.“ Events sind für ihn der
ein ganz erste Schritt, aus dem Kreis der
anderes Kanzleien Praktikumsstellen
auszuwählen und später weitere
Entrée“ Entscheidungen zu treffen.
„Wer sich zu spät informiert,
RECRUITING- lernt zwar auch irgendwann ein
EXPERTE interessantes Team kennen. Für
MICHAEL BARLAG
eine fundierte Entscheidung
wäre ein früher Überblick aber
besser“, ist Heinrichs überzeugt.
Für ihn hat sich das gründliche
Prüfen ausgezahlt: Im März ist
er als Associate Steuerrecht bei
der Kanzlei Hengeler Mueller
eingestiegen. 
TATJANA KRIEGER
65
MEHR KARRIERE    MENTORING

Tandem
zum Erfolg
Mentoring-Programme sind ein inspirierendes Extra
fürs Berufsleben: Mentor und Mentee profitieren gleicher-
maßen von dem Konzept. Immer mehr Unternehmen
setzen auf den kollegialen Informationstransfer

STETIGER WANDEL

Z
wischen Raji Kalariparam-
pil und Andreas Collignon
funkte es schnell: „Kaum
hatten wir uns vorgestellt,
fragte mich Andreas, ob wir
uns duzen können“, erzählt die
35-jährige Deutsch-Inderin. Da
habe sie sofort gewusst, dass
Collignon ihr sympathisch sei
und die Zeit, die sie in den kom-
menden zwölf Monaten mitein-
ander verbringen, bestimmt gut
werde.
Seit Mai 2015 nehmen Kalari-
parampil und Collignon an ei-
geber und tauscht sich über be-
rufliche oder auch persönliche
Themen aus. „Die Gespräche
verlaufen ganz unterschiedlich:
Mal diskutieren wir, mal gibt An-
dreas konkrete Tipps, mal regt er
mich an, über Dinge nachzuden-
ken, die ich so bisher nicht auf
dem Radar hatte – beispielsweise
meine Karrierepläne“, schildert
Kalariparampil, die seit knapp
zehn Jahren beim Hausgeräte-
hersteller BSH arbeitet. Collignon
ist seit 17 Jahren bei Wacker
Chemie tätig und verantwortet
In welchen Bereichen
sich Mentees der Regel ein Jahr lang regel-
im Verlauf ihres Pro- mäßig und tauscht sich aus. „In
gramms verändern Deutschland existiert derzeit
noch keine Mentoring-Kultur
wie in angloamerikanischen
Staaten“, erläutert Frank Edel-
kraut. Der Geschäftsführer der
24 %
Unternehmensberatung Mentus
GmbH in Hamburg, die auf die
Selbstbewusstsein, Entwicklung von Führungskräf-
Souveränität, ten spezialisiert ist, geht jedoch
Gelassenheit davon aus, dass sich dies in den
nächsten Jahren ändern wird.
10 % „Mentoring erhält so viel posi-
tives Feedback, das spricht sich
Foto: Michela Morosini für FOCUS-Spezial

nem Mentoring-Programm teil,
das die Agentur Cross Consult
für Unternehmen in München
anbietet: die Supply-Chain-Ma-
nagerin als Mentee, der 49-jäh-
rige Ingenieur als Mentor.
Einmal monatlich trifft sich das
Tandem in Restaurants, den je-
weiligen Firmenzentralen oder
Produktionsstätten ihrer Arbeit-
dort für einen Produktbereich
die technische Kundenbetreu-
ung weltweit.
Mentoring-Konzepte kamen in
den 80er-Jahren aus den USA
nach Deutschland. In diesen
Programmen führen speziali-
sierte Anbieter Mentoren und
Mentees gezielt zusammen. An-
schließend trifft sich das Paar in
Selbstreflexion, schnell herum.“
Reflexionsfähigkeit Mit seiner Prognose behält
Edelkraut sicherlich Recht. Das
10 %
sogenannte Cross-Mentoring ge-
hört hierzulande schon fast zum
Offenheit, Vertrauens- etablierten Methoden-Repertoire
zuwachs in sich und den vieler Personaler. Über alle Bran-
Mentor chen und Firmengrößen hinweg
setzt sich die Erkenntnis durch,
Quelle: Mentus dass die Methode neben den

66 FOCUS-SPEZIAL
 Mentor
Andreas Collignon, 49
Gegenseitige Sympathie ist für
Collignon die Basis für den Erfolg
eines Mentoring-Tandems – denn
nur dann öffne man sich und rede
auch über Zweifel und Fehler.
Mentee
Raji Kalariparampil, 35
Die Jung-Managerin profitiert von
der Erfahrung einer Führungskraft.
Sie versucht, die gemeinsam ent-
wickelten Ideen in ihrem Joballtag
umzusetzen.

Andreas
Collignon und
Raji Kalaripa-
rampil haben als
Mentoring-Paar
schnell zueinan-
dergefunden

FOCUS-SPEZIAL 67
MEHR KARRIERE    MENTORING

Fach- und Führungsfähigkeiten Nachwuchstalente aus dem eige-

auch Sozial- und Handlungs- nen Haus zusammen. Inzwischen
kompetenzen der Teilnehmer erkennen sie an den Reaktionen
fördert – und damit neben dem ihrer Mitarbeiter, dass die Einbli-
persönlichen auch den Unter- cke in fremde Unternehmen oft
nehmenserfolg. inspirierender wirken.
Simone Schönfeld, Geschäfts- Unabhängig, ob die Mentees
führerin von Cross Consult, be- mehr über Führungsarbeit, Team-
obachtet ebenfalls ein Umden-
ken: „Als wir 2001 mit der Idee Mentoring-Programme erhalten entwicklung oder den Umgang
mit Vorgesetzten wissen wollen,
des Cross-Mentorings starteten,
nahmen nur vier Unternehmen
viel positives Feedback, das ein gutes Konzept berücksich-
tigt die berufliche Situation, in
teil.“ Im Mai dieses Jahres sind
es allein in München 24 Firmen
spricht sich schnell herum“ der die Jungen gerade stecken.
Dabei spielt es keine Rolle, ob
FRANK EDELKRAUT, GESCHÄFTSFÜHRER
– und auch an den Standorten in das Programm intern oder extern
DER UNTERNEHMENSBERATUNG MENTUS
Frankfurt, Augsburg und Müns- läuft. Die Organisatoren achten
ter steigen die Interessentenzah- streng darauf, passende Men-
len. Konzerne wie die Allianz, toren auszuwählen. „Vielfältige
Osram, MTU und das Fraunhofer „Viele Unternehmen befürchte- Erfahrungen und Wissen sind Er-
Institut entsenden Teilnehmer. ten, dass ihre Mitarbeiter Firmen- folgstreiber. Je mehr Aufgaben
Dabei ist Cross Consult nur einer wissen weitergeben oder sie abge- ein Mentor direkt in der Wert-
von mehreren Anbietern dieser worben werden“, sagt Schönfeld. schöpfungskette durchlaufen
Art in Deutschland. Oft sei ihnen auch der Gewinn hat, desto mehr Erfahrung kann
Anfänglich waren die Vorbe- durch solche Programme unklar er passgenau weitergeben“, be-
halte gegen den firmenübergrei- gewesen. Stattdessen brachten tont Experte Edelkraut.
fenden Austausch jedoch groß. Firmen lieber Führungskräfte und Das bestätigt auch Managerin
Kalariparampil: „Andreas hat
einen großen Hintergrund beim
Thema Supply Chain.“ Er könne
Vorgänge aus ihrem Alltag gut
nachvollziehen und erzähle viel
Gemischte Doppel – so klappt es mit dem Mentor über seine eigenen Erfahrungen.
Der Austausch mit ihm – bei-
spielsweise über die Sicherstel-
Mit ihren Alumni-Netzwerken pflegen Hoch- laufen ein Jahr lang, meist verabreden sich die lung der weltweiten Lieferfähig-
schulen das Prinzip des Wissenstransfers Beteiligten einmal im Monat. Viele Tandems keit – bringe sie auf neue Ideen.
von Alt zu Jung schon lange. Mentoring-Pro- sehen sich auch nach Ablauf des Jahres wieder. Bei vielen Tandems steht je-
gramme funktionieren ähnlich: Erfahrene doch nicht nur das Fachliche im
Führungspersönlichkeiten betreuen junge Muss der Mentor aus der gleichen Mittelpunkt. Vielmehr sprechen
Nachwuchskräfte. Branche kommen wie ich? Nicht zwin- die Mentoren mit ihren Schütz-
gend – schließlich drehen sich die Gespräche lingen auch über deren weiteren
Wie finde ich den richtigen Mentor? Das nur untergeordnet um fachliche Themen. Werdegang, bessere Vernetzung
Angebot ist vielfältig: Passende Unterstützer Viele Kompetenzen lassen sich nicht durch und die Entwicklung der Per-
können Mentees bei Universitäten, staatlichen Wissensvermittlung steigern, sie erfordern sönlichkeit. Der Mentor schlüpft
Institutionen, privaten Anbietern oder Unter- vielmehr eine intensive Auseinandersetzung dabei in die Rolle des Fragenden,
nehmen finden. Gute Offerten berücksichtigen mit dem jeweiligen Unternehmen, dem Team hört zu, entwickelt gemeinsam
bei der Bildung der Tandems stets die berufli- und den Spezifika des Arbeitgebers. Mentoring mit dem Gegenüber neue Ideen
che Situation, in der ein Mentee gerade steckt. spricht alle Kompetenzbereiche an – Fach-, und öffnet den Blick für alterna-
Führungs-, Sozial- und Handlungskompetenz. tive Optionen. „Eine Kommu-
Was muss ich als Mentee mitbringen? nikation auf Augenhöhe ist für
Drei Fähigkeiten sind wesentlich: den Willen, Was unterscheidet den Mentor von einem den Erfolg eines Tandems wich-
sich weiterentwickeln zu wollen, Vertrauen Coach? Ein Coach unterstützt seinen Schütz- tig“, betont Mentoring-Spezia-
in den Mentor, dass er helfen will und kann, ling, sich wenige, sehr spezifische Fragen listin Schönfeld. Ebenso wie die
sowie Reflexionsvermögen. Zudem sollte man selbst zu beantworten. Ein Mentor ist Coach, Haltung des Mentee. Nur wenn
auch ausreichend Zeit für Treffen aufbringen Trainer und Berater zugleich – eine intensive dieser aktiv mitwirkt und an
können. Die meisten Mentoring-Programme persönliche Beziehung häufig inklusive. die erarbeiteten Ideen glaube,
verfolge er die anvisierten Ziele
konsequent.

68 FOCUS-SPEZIAL
 Auch der Mentor muss meist
in eine völlig neue Rolle schlüp-
fen. „In der Praxis bin ich oft
als Entscheider gefordert, jetzt
muss ich mich zurücknehmen
und kann nur meine Erfahrung
und Hilfe anbieten – die Ent-
scheidung müssen die Mentees
selbst treffen“, stellt Ingenieur
Collignon fest.
Wer von einem Mentor profi-
tieren will, kann sich auch selbst
auf die Suche machen – so wie
Christine Glodny. Die Merck-
Managerin traf im Frühling 2014
bei einer Veranstaltung des Netz-
werks „Healthcare Frauen“ die
Leiterin des Netzwerk-Mentoren-
Programms und bewarb sich da-
für. Das Netzwerk existiert seit
2007 und hilft jungen Frauen in
Führungspositionen weiter nach
oben. „Ich wollte Feedback auf
KLARE ZIELE meine Person bekommen“, sagt
Glodny. Mit ihrer Mentorin Anne
Welche Themen und Demberg, Geschäftsführerin
Fragen die Tandems von Cell Pharm in Bad Vilbel,
gemeinsam angehen tauschte sie sich über Themen
aus, die sie beschäftigen: Wie de-
legiere ich Aufgaben? Wie setze
Karriere, Professionalisierung, ich mich mit Vorgesetzten ausei-
Vernetzung nander? Wie verhalte ich mich in
37 % bestimmten Situationen?
Persönlichkeitsentwicklung,
„Ich habe mir bewusst einen
Soft Skills Mentor außerhalb meines Un-
19 %
ternehmens gesucht, um ein
neutrales Urteil zu erhalten“,
Berufseinstieg und berichtet Glodny. Die vertrau-
Neuorientierung ensvolle Zusammenarbeit mit
14 % Demberg, die 35 Jahre Berufs-
erfahrung mitbringt, hat ihr viel
Quelle: Mentus gebracht: „Zum einen habe ich
durch die Gespräche gelernt,
dass auch andere Frauen in ver-
gleichbaren Positionen mit ähn-
lichen Problemen kämpfen“,
erzählt Glodny. Das habe die-
sen Momenten den Schrecken
genommen. Zum anderen habe
Demberg sie oft bestärkt, dass
sie durchaus den richtigen An-
satz verfolge. „Ich habe mich
im Laufe des Jahres als Füh-
rungskraft zusehends sicherer
gefühlt“, erläutert Glodny.
Wie bei Mentorin Demberg
üblich, musste sie am Ende der
Zusammenarbeit die Frage be-
antworten: „Fühlen Sie sich da-
mit wohl?“ Und wie die meisten
Mentees bilanziert Glodny: „Das
Programm war für mich Gewinn
bringend und hilft mir persönlich
und in meinem Job weiter.“ 
STEFFI SAMMET
MEHR KARRIERE    COACHING
Gedeihen
unter Druck
Aufgabenverdichtung, Höchstleistungsdenken, Stress:
Der Joballtag ist weniger denn je ein Treibhaus für zarte Pflänzchen.
Doch kann man Widerstand lernen? In zwei Tagen?
FOCUS-Redakteurin Beate Strobel buchte ein Resilienz-Training
K
ollegen erwischen mich
jetzt manchmal bei selt-
samen Verhaltensweisen.
Ich kurve beispielsweise
in die Tiefgarage, die Code-
Karte zwischen den Zähnen, und
grinse maximal breit dabei. Oder
sitze mit geschlossenen Augen
auf meinem Schreibtischstuhl
und zähle leise von 60 abwärts –
auf Englisch. Ich mache Rauch-
pausen auf der Terrasse und das
als passionierte Nichtraucherin.
In Notfällen schicke ich Seifen-
blasen durch mein Büro.
Wie konnte es so weit kommen
mit mir?
Die Langversion geht so: Als
man mich vor Monaten fragte,
ob ich ein Resilienz-Seminar
besuchen und darüber schrei-
ben könnte, sagte ich spontan
zu. Resilienz, dachte ich, span-
nendes Thema, auch wenn ich
jetzt nicht sooo gestresst bin.
Dann kamen andere Angebote
und eine Umstrukturierung in
der Redaktion, die Adventszeit
begann, Kollegen gingen, die
Arbeit wurde mehr und die Zeit
knapper. Es folgten Geschen-
kelisten der Kinder, die Kündi-
70
gung der Putzfrau, grippaler In-
fekt, Weihnachtsabend, bucklige
Verwandtschaft plus Hausmusik,
sich überlappende Abgabeter-
mine, ein sich rapide ausweiten-
des Vorstandsamt, Schlafstörun-
gen, Magen-Darm-Grippe beim
Jüngsten, Silvester – und immer
noch keine Putzfrau.
Die Kurzform dieser Ge-
schichte lautet: Ich brauchte
dieses Seminar. Dringend.
Resilienz also. Jene wunder-
FOCUS-
same Fähigkeit, dank derer
Redakteurin
manche der täglichen Aufgaben-
BEATE STROBEL
flut begegnen mit nichts als ei-
berichtet von
nem Lächeln auf den Lippen. Re-
ihren Erfahrungen, siliente Menschen haben auch
die sie bei einem Stress, scheinen aber an den
Resilienz-Seminar in Herausforderungen zu wachsen,
Hamburg sammelte. anstatt daran zu zerbrechen. Ihre
Seele hat die Elastizität eines
Hüpfballs: Je stärker die Hand
des Schicksals diese Menschen
auf den Boden drischt, umso hö-
her hüpfen sie davon.
Mach mich Flummi! Mit die-
sem stillen Imperativ sitze ich
im nüchternen Seminarraum
eines Mittelklasse-Hotels in
Hamburg-Winterhude. Mit mir
im Halbkreis harren drei Män-
ner und vier Frauen der Dinge.
Uns eint die Sorge, dass sich un-
sere Psycho-Akkus seit einiger
Zeit nicht mehr über Nacht auf-
laden. Und die Hoffnung, nach
2,5 Tagen im Kurs „Resilienz-
Training – so stärken Sie Ihre
persönliche Widerstandskraft“
der Welt neu begegnen zu kön-
nen. Um fortan der Gummibaum
im Büro-Dschungel zu werden:
unkaputtbar.
„Vergesst das gleich mal“,
sagt Seminarleiterin Eva Müller,
eine Psychologin mit beneidens-
wert stressresistenter Ausstrah-
lung. Resilienz-Training ist kein
48-Stunden-Wiedererweckungs-
programm. Um seine Psyche von
ausgelatschten Trampelpfaden
auf neue Bahnen zu lenken, sind
bis zu 300 Übungssituationen nö-
tig. Nicht einmal Kaugummi an
der Sohle klebt so hartnäckig wie
Fotos: CAROKAA, BY/plainpicture
eine schlechte Angewohnheit.
Resilienz, so Frau Müller, ist
wie ein nicht sichtbarer Mus-
kel. Die gute Nachricht ist, dass
man ihn trainieren kann. Die
schlechte: Man muss ihn trai-
nieren. Seelische Klimmzüge
sozusagen.
FOCUS-SPEZIAL
 GUTER PLAN Für 2016 haben sich 62 Prozent
der Deutschen Stressabbau vorgenommen – Platz eins
der guten Vorsätze zu Silvester
Quelle: Umfrage der DAK-Gesundheit

FOCUS-SPEZIAL 71
MEHR KARRIERE    COACHING
In den nächsten zwei Tagen gibt
uns Eva Müller ein Bündel von
Möglichkeiten an die Hand, mit
denen wir körperlich, kognitiv
und emotional an Stärke gewin-
nen sollen. Übungen, die unser
Blut mit Glückshormonen anrei-
chern, damit Stressbotenstoffe
wie Cortisol, Adrenalin und Nor-
adrenalin adäquate Gegenspie-
ler vorfinden.
„Führen Sie ein Glückstage-
buch“, rät sie, und ich verziehe
das Gesicht. Habe ich zu oft
in Frauenzeitschriften gelesen,
ist doch Mädchenkram. „Ist es
nicht“, kontert die Dozentin.
„Bei Menschen, die regelmäßig
abends ihre drei Highlights des
Tages notieren, leuchten im EEG
nachweislich Hirnareale auf,
die vorher nur grau vor sich hin
dümpelten. Sie lernen, kleine
Glücksmomente zu suchen an-
statt das Haar in der Suppe.“
Oder die Übung, einen Stift
zwischen die Zähne zu klem-
men und dabei maximal breit
zu grinsen: Der Körper schüttet
Endorphine aus, egal, ob wir nun
echt oder erzwungen lachen.
Das Serotonin-Level wiederum
steigt, wenn wir ein Foto unse-
rer Lieben auf dem Schreibtisch
anschauen oder uns nach einer
Team-Leistung gegenseitig auf
die Schulter klopfen.
Der Kollegin etwas Nettes sa-
gen, der schwer beladenen Se-
kretärin eine Kiste abnehmen
oder dem Chef tief in die Augen
schauen – all das erhöht den Ge-
halt des Kuschelhormons Oxyto-
cin. Müller rät außerdem zur al-
ten Pfadfinder-Praxis: eine gute
Tat pro Tag. Das, denke ich, ist
einfach. Statt mich wie bisher
über die verdreckte Teeküche
zu ärgern, werde ich die tägli-
che Säuberung zum Dienst an
der Allgemeinheit umdefinieren.
Und dabei lächeln. Notfalls mit
einem Kaffeelöffel zwischen den
Zähnen.
Auch körperlich lässt sich ein
Wohlfühlzustand so verankern,
dass er in Stressmomenten ab-
gerufen werden kann. Wir üben
72
die 1-Minute-Meditation: hin-
setzen, Augen zu und langsam
von 60 abwärts zählen. Gerne
in einer Fremdsprache, das ver-
hindert den Gedankeneskapis-
mus. Wir probieren autogenes
Training und hüpfen flummiar-
tig auf und ab. Wer hüpft, baut
Adrenalin ab.
Und: innehalten. So, wie es
die Raucher regelmäßig ma-
chen, seit man nicht mehr am
Schreibtisch paffen darf. Alle
anderen müssen das Pausieren
erst lernen: Teebeutel aufgießen,
sich ans Fenster oder auf eine
Resilienz Terrasse stellen – und dann dem
Impuls widerstehen, das Heißge-
wird heute tränk hinunterzuspülen und an
als einer der den Computer zu eilen. „Klingt
einfach, ist es aber nicht“, pro-
wichtigsten phezeit uns Eva Müller.
Erfolgsfaktoren Schließlich sagt sie etwas, das
im Beruf ge- mich im Inneren trifft. Einen Satz,
den ich oft gehört habe, ohne
handelt. Sie seine philosophische Tiefe zu er-
beeinflusst kennen: „Im Falle eines Druck-
verlusts fallen Sauerstoffmasken
aber sämtliche aus dem Fach über Ihnen he-
Lebensbe- rab. Legen Sie erst Ihre eigene
Maske an, bevor Sie sich um
reiche positiv“ mitreisende Kinder kümmern.“
EVA MÜLLER,
PSYCHOLOGIN
Natürlich ist meine erste Reak-
tion in Stresssituationen eine an-
dere. Aber niemandem ist lang-
fristig geholfen, wenn ich mich
nicht zuallererst um mich selbst
kümmere. Und niemand wird sich
um mich kümmern, wenn nicht
ich es tue. So ist es nun mal.
Was aber tun in akuten Not-
lagen? Wenn wieder mal das
Stresslevel nach oben schießt
wie eine Silvesterrakete? Sich
Zeit nehmen, rät Eva Müller.
Auch oder gerade wenn man
glaubt, diese nicht zu haben. Zeit
ist die Sauerstoffmaske, die man
sich erst einmal fest an Mund
und Nase pressen sollte. Tief
durchatmen.
Müller erklärt uns die ABC-
Taktik. Zunächst mit kühlem
Kopf sezieren: Wer oder was ist
der Auslöser für diese missliche
Situation?
Dann Bewertung: Wenn dies
eine schlechte TV-Sendung wäre
– welcher Nachrichtenticker
würde darunter laufen? Meist
sind das wenig konstruktive Ge-
danken wie „Schaffe ich nie!“
oder „Immer ich!“.
Diese „Ticker Tapes“ führen
schließlich zu Konsequenzen,
sprich (Nicht-)Handlungen: kon-
fusem Aktivismus, Wut, Panik,
Schockstarre.
Resiliente Menschen sind
Müller zufolge in der Lage, auch
für suboptimale Ereignisse alter-
native Bewertungen und damit
Konsequenzen zu finden. Sie
schaffen es, zwischenmensch-
liche Dramen aus einem neuen
Blickwinkel zu sehen und ein-
zugreifen oder es andernfalls in-
nerlich abzuhaken. Sie können
über den Berg an Unerledigtem
hinwegschauen und erkennen:
„Ich habe es bisher immer ge-
schafft, alles wegzuschaufeln.
Immer einfach einen Schritt nach
dem anderen machen.“
Ich sehe vor meiner inneren
Haustür den Aufgabenberg, der
sich dort in den letzten Jahren
aufgetürmt hat. Ich habe drei
Foto: privat
schulpflichtige Kinder, einen
Vollzeitjob, zwei Nebentätig-
FOCUS-SPEZIAL
 Der Begriff RESILIENZ stammt aus der
Materialprüfung. Er bezeichnet die Fähigkeit eines
Materials, wieder in seine alte Form zurückzu-
finden, nachdem Druck ausgeübt wurde
keiten und ein leicht ausufern-
des Ehrenamt. Und eine Woche,
die aus sieben mal 24 Stunden
besteht. Wie konnte ich mich so
verzetteln? Wann habe ich ver-
lernt, Nein zu sagen?
Frau Müller teilt einen Test
aus, der unsere Antreiber iden-
tifizieren soll. Ich erreiche in der
Kategorie „Mach es allen recht“
die Höchstpunktzahl. „Mögli-
cherweise gesundheitsgefähr-
dend“ steht dabei. Überrascht
mich das? Eher nicht.
Vom Seminar bringe ich ein
schickes Zertifikat der Haufe
Akademie mit ins Büro, das mir
bestätigt, dass ich erfolgreich am
Resilienz-Training teilgenom-
Fotos: Andreas Bröckel/beyond/plainpicture
men habe. Erfolgreich? Das wird
sich erst noch herausstellen.
In der Post-Seminareuphorie
strukturiere ich meinen Alltag
um. Stehe früher auf, um den
Tag bereits mit einem ersten In-
nehalten zu beginnen. Übe das
60-sekündige Stillhalten auf
dem Stuhl, lasse meinen Tee auf
der Raucher-Terrasse qualmen
FOCUS-SPEZIAL
und stelle abends fest, dass mir
meist mehr als nur drei Glücks-
momente einfallen. Mein Ehren-
amt kündige ich. Resilienz? Ein
Kinderspiel, denke ich.
Dann entsteht das nächste
Aufgabenknäuel. Ich sage Nein,
aber leider nur zu meiner Fa-
milie und zu Freunden. Arbeite
stattdessen nach Feierabend
und am Wochenende. Schlafe
schlecht. Reagiere zunehmend
gereizt. Nie war ich weniger
Gummibaum. Resilienz erfordert
womöglich doch ein bisschen
mehr als grünen Tee, zweimal
täglich in Ruhe genossen.
Ich treffe Eva Müller zum
„Transfer-Coaching“, eine Art
Nachjustierung des Gelernten
im Alltag. Ich schildere ihr meine
Probleme, Beruf und Freizeit zu
trennen. „Wie gewinne ich Dis-
tanz zu meinem Job?“, frage ich
ehrlich verzweifelt. „Wie lerne
ich, weniger Herzblut hineinzu-
schießen?“
Eva Müller ist nicht umsonst
Psychologin. Schnell drückt sie
mit dem Finger dorthin, wo es
wehtut: dass der Alltag einer
Mutter – Kinder, Küche, Koch-
wäsche – nicht so leicht mithal-
ten kann mit dem Alltag einer
Journalistin. „The brain runs on
fun“, sagt sie. Bedeutet: Dass
ich mitunter lieber in der Re-
daktion als zu Hause bin, hat
auch damit zu tun, dass es im
Job meist spannender ist als am
Herd. Volltreffer. Ja, ich arbeite
lieber hoch- als untertourig.
Müller ist auch insofern eine
gute Psychologin, als sie ver-
meintliche Schwächen gern in
Ressourcen umdeutet. Sie macht
mir klar, dass es durchaus ein
Geschenk ist, wenn man nicht
nur mit dem Kopf, sondern mit
ganzem Herzen seinen Job erle-
digt. Wer seine Gefühle mit Tef-
lon versiegelt, schont vielleicht
seine Seele, ist aber der inneren
Kündigung einen Schritt näher.
Eine weit offene Herzkammer
macht jedoch verletzlich. Des-
halb würde mir ein bisschen
mehr Distanz zum Joballtag
nicht schaden. Müller empfiehlt
300
mir, in den Reporter-Modus zu
schalten, wenn ich mich zu stark
involviert fühle: Wie würde ich
die Protagonisten beschreiben?
Übungssitua- Was läuft ab zwischen ihnen?
tionen sind Wie kommen sie an ihr Ziel? Und
vor allem: Was kann ich von ih-
nötig, um seine nen lernen? Jeder Kollege kann
Psyche von zumindest als schlechtes Bei-
spiel dienen.
ausgelatschten Emotionen im zwischen-
Trampelpfaden menschlichen Bereich reduzie-
ren, ohne die Leidenschaft für
auf neue Bah- die Tätigkeit an sich zu verlieren.
nen zu lenken Es nicht jedem recht machen.
Nicht alles persönlich nehmen.
Und zwischendrin atmen, medi-
tieren, Glücksmomente identifi-
zieren. All das klingt komplexer
als gedacht. Mach mich Gum-
mibaum? Geht nicht von heute
auf morgen.
Deshalb: üben. Weiterüben.
Tee trinken. Und den Hormo-
nen zuliebe stets lächeln. Gerade
beim Neinsagen. 
BEATE STROBEL
73
Megastress? Macht mir nix
NEUE WEGE ZUR GELASSENHEIT – WAS MITARBEITER LERNEN UND UNTERNEHMEN BEITRAGEN KÖNNEN
Mehr Widerstandskraft
am Arbeitsplatz
Seminare zur Stressbewältigung
sind auf dem Seminarmarkt
derzeit sehr angesagt. „Resilienz,
Work-Life-Balance und Gesund-
heitsmanagement gelten als
die kommenden Themen in der
Weiterbildung“, beobachtet Jürgen
Graf vom Weiterbildungsanbieter
managerSeminare. In der Markt-
umfrage des Vermittlers rangiert
das Thema „Selbststeuerung“
auf Platz zwei der gefragtesten
Seminarthemen. Darunter werden
auch Techniken subsumiert,
mit denen sich die beruflichen
Belastungen besser abwettern
lassen. Die größere Dynamik in
den Unternehmen, die höhere
Flexibilität und der permanente
Zwang zur Veränderung fordern
Mitarbeiter auf allen Ebenen,
beobachtet Julitta Rössler-Krus-
zona, Coach und Trainerin, die
sich auf Stressmanagement und
Resilienztechniken spezialisiert
hat. Resilienztraining könne dazu
beitragen, diese Belastungen
nachhaltiger bewältigen zu kön-
nen, ist sie überzeugt. „Anders
als in klassischen Stressbewälti-
gungsseminaren geht es hier eher
um eine veränderte Einstellung,
die hilft, gut und gesund mit
Belastungen und sogar schweren
Krisen umzugehen und so einen
Burn-out zu vermeiden.“
Wenn Chefs plötzlich
achtsam werden
Dass Prävention auch in den
HR-Abteilungen zunehmend als
Aufgabe gesehen wird, ist nicht
nur christlicher Nächstenliebe
geschuldet. Statistiken zufolge
verursachen stressbedingte
Krankheiten und Erschöpfungszu-
stände inzwischen einen höheren
Arbeitsausfall als Arbeitsunfälle.
Laut DAK-Gesundheitsreport
2015 sind die Fehltage auf Grund
74
von Seelenleiden seit 2000 um
mehr als 100 Prozent angestiegen.
Entspannungstechniken wie das
75 Mio.
Resilienz- oder das Achtsamkeits-
training sind daher in etlichen
Unternehmen Bestandteil der
betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
Fehltage Konzerne wie Sony, Google oder
verursachten auch BMW haben achtsam-
keitsbasierte Trainings auch als
Erschöpfungs- Stressbewältigungs-Tool für
symptome Führungskräfte etabliert.
und psychi- Neue Rituale statt
falscher Denkmuster
sche Störun-
gen 2014 in Innehalten, Stille und Entschleuni-
gung sind die zentralen Elemente,
Deutschland
die Trainingsteilnehmer in den
Seminaren lernen sollen. „Wer
Achtsamkeit übt, lernt, bewusster
mit sich und anderen umzugehen
und Aufgaben mit mehr Klarheit,
Ruhe und Effektivität auszufüh-
ren“, sagt die Giessener Achtsam-
keitstrainerin Cornelia Löhmer, die
gemeinsam mit Rüdiger Stand-
hardt das „Training Achtsamkeit
am Arbeitsplatz (TAA)“ entwickelt
und rund 2000 Trainer in acht-
samkeitsbasierten Verfahren
ausgebildet hat. Auch hier macht
Übung den Meister. „Wenn es nicht
täglich praktiziert wird, bleibt es
eine Technik für Situationen, in
denen einem das Wasser bis zum
Hals steht“, so Löhmer. „Nur wenn
es als Lebensstil verinnerlicht ist,
wirkt es wie eine innere Tankstelle.“
Die promovierte Pädagogin, die
viele Unternehmen zum Thema
Achtsamkeit am Arbeitsplatz
berät, empfiehlt interessierten
Mitarbeitern, entsprechende Schu-
lungen direkt beim Vorgesetzten
anzuregen. „Die Offenheit dafür
ist extrem gewachsen“, bestätigt
sie. Mitunter bezuschussen auch
die Krankenkassen entsprechende
Seminare zur besseren Stress-
resistenz.
Den richtigen Trainer
finden
Weil der Erfolg jedes Seminars
vom Können des Trainers abhängt,
sollten Interessenten den Anbieter
sorgfältig auswählen. „Viele Trainer
bieten Achtsamkeitstrainings an,
ohne tiefer eingetaucht zu sein“,
bemerkt Löhmer. „Aber es reicht
eben nicht, mal eine Tasse Tee
achtsam getrunken zu haben.“
Achtsamkeitstrainer sollten ein
MBSR-Zertifikat (für Mindfulness
Based Stress Reduction) und
idealerweise auch Erfahrung im
Coaching-Bereich vorweisen
können. „Und sie sollten es selbst
praktizieren und täglich meditie-
ren“, so Ausbilderin Löhmer.
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial
Für den Bereich Resilienz gibt
es keine allgemein anerkannte
Zertifizierung. Entscheidend seien
hier die Erfahrung und das – gern
auch nachzufragende – Feedback
von Teilnehmern, betont Resilienz-
expertin Rössler-Kruszona. „Für
mich zählt dazu auch, dass der
Trainer selbst Lebenskrisen
durchstehen musste und gestärkt
daraus hervorgegangen ist.“ be
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76
 Mehr Schein
als Sein
Aus Angst, Scheinselbstständige zu beschäftigen,
vergeben Unternehmen Aufträge an Freischaffende
nur noch zögerlich. Nicht nur die Freelancer stellt das
vor existenzielle Probleme, auch die Vermittler müssen
wasserdichte Lösungen finden

A
m Ende des Dramas bleibt
nicht mehr als ein tod-
bringendes Irrlicht. Wenn
die Nixe Rusalka auf der
Bühne der Pasinger Fabrik ihr
tragisches Schicksal besiegelt,
rührt das nicht nur das Publikum.
Auch für das Ensemble in Mün-
chens kleinstem Opernhaus ist
„Rusalka“ inzwischen eine emo-
tionale Angelegenheit: Die einst
freischaffenden Künstler ver-
dingen sich heute als Festange-
stellte mit Kurzzeitverträgen.
„Viele Sänger empfinden die
starren Vorgaben als unflexibel,
etliche beklagen steuerliche
Nachteile“, sagt Rechtsanwalt
Thomas Linsmayer, der die Pa-
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial
ter Statusfeststellungsverfahren,
ob Freelancer tatsächlich selbst-
ständig und auf eigene Rech-
nung arbeiten oder womöglich
abhängig beschäftigt und damit
scheinselbstständig sind.
Statusverfahren haben in
Deutschland eine lange Tradi-
tion. Seit zum 1.1.1999 das „Ge-
setz zur Förderung der Selbst-
ständigkeit“ in Kraft trat, prüft
die DRV im Einzelfall, wer ab-
hängig beschäftigt oder selbst-
ständig ist. Teils sind Unterneh-
men verpflichtet, das Verfahren
durchführen zu lassen. Vielfach
suchen Freie und deren Auftrag-
geber auch von sich aus Rechts-
sicherheit über ihren Status.
schäftigung (siehe auch Service
Seite 79). Ursprünglich wollte
der Gesetzgeber so die Ausbeu-
tung von Erwerbstätigen verhin-
dern, die für einen einzigen Auf-
traggeber arbeiteten und nur
deshalb keine Anstellung beka-
men, weil der Chef die Sozialab-
gaben sparen wollte. Inzwischen
hat sich der Fokus verschoben.
„Statt sich auf Schutzbedürf-
tige zu konzentrieren und Miss-
stände abzustellen, unterstellt
die DRV Solo-Selbstständigen
fast standardmäßig eine Schein-
selbstständigkeit“, klagt An-
dreas Lutz, Vorstandsvorsitzen-
der des Verbands der Gründer
und Selbstständigen Deutsch-

singer Fabrik juristisch berät.
Szenarien wie diese gibt es
derzeit deutschlandweit. Ob IT-
Berater oder Honorararzt, Inte-
rims-Manager oder freier Jour-
nalist: Wer als Selbstständiger
sein Geld verdienen will, hat es
schwer. Schuld daran ist unter
anderem die Deutsche Renten-
versicherung Bund (DRV). Sie
prüft auf dem Wege sogenann-
Klare Kriterien, wann die Be- land e. V. (VGSD). „Die Auftrag-
hörde den Daumen hebt oder geber verdonnert sie dann zu
senkt, gibt es nicht. Entschei- horrenden Strafzahlungen.“
dend ist die Gesamtbetrachtung.
Fehlt es an erkennbarem unter-
nehmerischem Handeln, ist der
Freelancer überwiegend für ei- Seit 2007 erhöhte sich die Quote
nen Auftraggeber tätig oder kann der als scheinselbstständig
er sich seine Arbeit nicht frei
einteilen, gilt das zumindest als
eingestuften Freischaffenden von
ein Indiz für eine abhängige Be- 19 auf 43 Prozent Quelle: Bundestagsdrucksache

FOCUS-SPEZIAL 77
NEUE CHANCEN    FREELANCER
Der Politikwechsel in der Ver-
waltung spiegelt sich auch in
konkreten Zahlen wider. Bun-
destagsdrucksachen belegen:
Seit 2007 hat sich die Quote de-
rer, die als scheinselbstständig
eingestuft wurden, von 19,4 auf
43,2 Prozent erhöht. „Die Aus-
legungspraxis ist inzwischen so
restriktiv, dass es kaum noch
Freie gibt, denen die Prüfung
nicht gefährlich werden könnte“,
warnt Lutz. „Viele Firmen verge-
ben daher an Einzelunternehmer
und Freiberufler keine Aufträge
mehr – oder bestehen auf einer
befristeten Festanstellung.“
Für die Betroffenen ist das exis-
tenzbedrohend. „Seit die DRV
im Jahr 2009 ihre Prüfungs-
praxis verschärft hat, sind meine
Umsätze auf zehn Prozent ein-
gebrochen“, klagt etwa Angela
Wolker, geschäftsführende Inha-
berin der Doc & More Services.
Die promovierte Medizinerin
und Gesundheits-Managerin
hatte irgendwann genug vom
Klinikalltag und wagte mit 54
Jahren den Sprung in die Selbst-
ständigkeit. Zunächst lief das
Geschäft blendend. In den Klini-
ken war man dankbar, bei Perso-
nalengpässen auf eine erfahrene
Anästhesistin zugreifen zu kön-
nen. Schnell aber wuchs auch in
den Krankenhäusern die Furcht
vor den Repressalien der DRV.
Wolker musste sich einem
Statusverfahren unterziehen.
Ergebnis: scheinselbstständig.
Sie trage kein unternehmeri-
sches Risiko und sei zu intensiv
in die betriebliche Organisation
ihres Auftraggebers eingeglie-
dert. „Dass man als Honorararzt
Narkosen nicht ohne ein Team –
und vor allem nicht in den eige-
nen Büroräumen – durchführen
kann, ist zur DRV offenbar noch
nicht durchgedrungen“, ärgert
sich die Medizinerin.
Vor allem aber machen der
Unternehmerin die Folgen der
Entscheidung zu schaffen. In-
zwischen hangelt sie sich von
einer Kurzanstellung zur nächs-
ten, zwischenzeitlich arbeitete
78
sie sogar im Ausland, um dem
deutschen System zu entgehen.
„Oft laufen meine Arbeitsver-
träge gerade mal eine Woche.
Das ist angesichts des enormen
bürokratischen Aufwands weder
für mich noch für die Kliniken
attraktiv.“ Viele ihrer freiberuf-
lichen Kollegen seien daher be-
reits dauerhaft ausgewandert –
und für den deutschen Arbeits-
markt verloren.
Abwanderungstendenz und
Einkommenseinbußen bei hoch-
qualifizierten Freien beobachtet
auch Carlos Frischmuth, Leiter
der Hauptstadtrepräsentanz des
Personaldienstleisters Hays. Tau-
sende (potenzielle) Auftragge-
ber und eine sechsstellige An-
zahl einsatzbereiter Freelancer
hat das Unternehmen in seiner
Kartei. „Bei Bedarf lässt sich so
zusammenbringen, was zusam-
menpasst“, so Frischmuth.
Einfacher ist seine Arbeit in
den vergangenen Jahren aber
nicht geworden. „Wir beobach-
ten das deutliche Bestreben der
Rentenversicherung, freie und
nicht schutzbedürftige IT-Exper-
ten zu Angestellten umzufunkti-
onieren“, sagt Frischmuth. Auch
Honorarärzte, selbstständige
„Statt eines missglückten
legt die Ministerin nun
einen überflüssigen Gesetzes-
entwurf vor“
GREGOR THÜSING, ARBEITSRECHTSPROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT BONN
SAP-Berater oder Interims-Ma-
nager wolle man hierzulande of-
fenbar nicht mehr haben. Der In-
novationsstandort Deutschland
werde fahrlässig gefährdet.
Zwar gibt sich Frischmuth zu-
versichtlich, auch in Zukunft
juristisch saubere Lösungen für
seine Kunden zu finden. Ein
denkbares Modell wäre es etwa,
Hochqualifizierte künftig über
Zeitarbeitsunternehmen mit ih-
ren späteren Auftraggebern zu-
sammenzubringen. Allerdings
ist die Arbeitnehmer-Überlas-
sung schon heute streng regu-
liert – und der Gesetzgeber tut
viel, damit das so bleibt. Bundes-
arbeitsministerin Andrea Nah-
les (SPD) etwa arbeitet derzeit
an einem Gesetz, mit dem die
„von der Rechtsprechung ent-
wickelten wesentlichen Kriterien
zur Abgrenzung von abhängi-
ger Tätigkeit zu selbstständiger
Tätigkeit“ niedergelegt und die
„Rechtssicherheit für Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer,
Unternehmen und Behörden bei
der rechtlichen Einordnung von
Vertragsverhältnissen erhöht“
werden soll. Ein wohlklingen-
des Versprechen. Beifall erntet
die Ministerin trotzdem nicht.
Zwar verzichtet Nahles in ih-
rem aktuellen „Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung des Ar-
beitnehmerüberlassungsgeset-
zes und anderer Gesetze“ darauf,
die Situation für Selbstständige
weiter zu verschärfen. Zusätz-
liche Kriterien zur Abgrenzung
von Arbeitnehmern und Frei-
schaffenden wird es – anders
als zunächst geplant – wohl erst
einmal nicht geben. Das Exper-
tenfazit ist dennoch vernichtend.
„Statt eines missglückten legt
die Ministerin nun einen über-
flüssigen Gesetzesentwurf vor“,
kritisiert Gregor Thüsing, Direk-
tor des Instituts für Arbeitsrecht
und Recht der sozialen Sicher-
heit der Universität Bonn. „Die
Chance, praktikable Lösungen
für die wirklich drängenden Pro-
bleme zu ermöglichen, wurde
damit erneut vertan.“
Wie das fertige Gesetz am
Ende aussieht, bleibt abzuwar-
ten. Ebenso, ob Andrea Nahles
auf ihrer Mission zu weiteren
Zugeständnissen bereit sein
wird. Für viele Selbstständige ist
das Festhalten am Status quo
aber schon fast so etwas wie
eine gute Nachricht. Zumin-
dest die Gefahr eines weiteren
zerstörerischen Irrlichts scheint
vorerst gebannt. 
Foto: avhh
CATRIN GESELLENSETTER
FOCUS-SPEZIAL
 Service: frei oder nicht frei?
WELCHE KRITERIEN SELBSTSTÄNDIGE ERFÜLLEN MÜSSEN UND WIE SIE
Mit ihrem aktuellen Projekt will
Bundesarbeitsministerin Andrea
Nahles den Missbrauch von
Werkverträgen eindämmen und
die Kriterien für die Abgrenzung
von Arbeitnehmern und Selbst-
ständigen präzisieren. Das freut
die Gewerkschaften. Auch viele
schlecht bezahlte, oft ungelernte
Arbeiter könnten profitieren. Die
Kollateralschäden sind jedoch
erheblich: Etliche Freischaffende,
insbesondere Wissensarbeiter,
bangen um ihre Existenz.
Die Klärung beantra-
gen? Lieber nicht!
Im Rahmen sogenannter Status-
feststellungsverfahren prüft die
Deutsche Rentenversicherung
(DRV), wie die Tätigkeit eines
Selbstständigen juristisch einzu-
stufen ist. In mehr als 40 Prozent
der Verfahren entscheidet die
Behörde auf „scheinselbstständig“.
Tendenz: steigend. Diese Praxis
zwingt überzeugte Selbstständige
oft gegen deren Willen in eine
Festanstellung. „Früher war es
vielfach sinnvoll, ein solches Ver-
fahren selbst anzustoßen, um den
eigenen Status verbindlich klären
zu lassen. Heute ist ein solcher
Schritt kaum noch zu empfehlen“,
sagt Silke Becker, Rechtsanwältin
und Unternehmensberaterin in
Heidelberg. Das gilt umso mehr,
als die DRV nicht unparteiisch ist:
Jeder neu geschaffene Arbeitneh-
mer beschert ihr schließlich einen
zusätzlichen Beitragszahler.
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial
Eine Frage des
Ermessens
Zudem haben die Prüfer einen
vergleichsweise großen Ermes-
sensspielraum: Maßgeblich für die
Entscheidung ist der Gesamtein-
druck, den die Tätigkeit des (ver-
meintlichen) Freelancers auf den
jeweiligen Sachbearbeiter macht.
Dabei spielt auch das subjektive
FOCUS-SPEZIAL
SICH WAPPNEN KÖNNEN
Empfinden eine Rolle. Dennoch
gibt es nach wie vor gewisse
Anhaltspunkte, die für oder auch
Ein Statusfest- gegen eine echte Selbstständigkeit
sprechen.
stellungs-
Kennzeichen der
verfahren von Selbstständigkeit
sich aus „Tatsächlich selbstständig sind
anzustoßen ist Sie, wenn Sie das unternehme-
kaum noch rische Risiko in vollem Umfang
selbst tragen und Ihre Arbeitszeit
zu empfehlen“ frei gestalten können. Der Erfolg
Ihres finanziellen und persönlichen
SILKE BECKER,
Einsatzes ist dabei ungewiss und
RECHTSANWÄLTIN
hängt nicht von dritter Seite ab“,
heißt es auf der Internet-Seite
der DRV. Bedeutet im Umkehr-
schluss: Wer Weisungen seines
Auftraggebers befolgen muss, in
einen Dienstplan eingebunden ist,
seinen Einsatzort nicht frei wählen
kann oder die Hard- und Software
des Auftraggebers benutzt, der
muss mit einiger Wahrschein-
lichkeit damit rechnen, dass die
DRV seine Arbeit als abhängige
Beschäftigung einstuft. Gleiches
gilt für alle, die regelmäßig nur
für einen Auftraggeber tätig oder
längerfristig in ein bestimmtes
Projekt eingebunden sind.
Wann sich Widerspruch
lohnt
In Stein gemeißelt sind diese Kri-
terien allerdings nicht. „Wer mit ei-
nem Bescheid der DRV unzufrieden
ist, sollte Widerspruch einlegen
und notfalls klagen“, empfiehlt
Anwältin Becker. Zwar sei die
Rechtsprechung alles andere als
einheitlich. „Es gibt aber durchaus
Entscheidungen, die Mut machen“,
so die Juristin.
So entschied das Bundesarbeits-
gericht im August 2015: Mitglieder
einer Artistengruppe, die auf Basis
eines „Vertrags über freie Mitarbeit“
bei einem Zirkus anheuern, sind
selbst dann keine Arbeitnehmer,
wenn sie während ihres Engage-
ments ausschließlich für diesen
einen Auftraggeber tätig sind.
Auch dass der Zirkus ihnen eine
Aufführungsstätte zur Verfügung
stellt, gebe „keinen Aufschluss über
die persönliche Abhängigkeit der
Kläger, wenn der Arbeitsort – wie
hier – für die Tätigkeit typisch ist“
(Az. 9 AZR 98/14).
Bemerkenswert ist in diesem
Zusammenhang ein Urteil des
Landesarbeitsgerichts Rheinland-
Pfalz (Az. 10 Ta 10/10). In diesem
Fall ging es um die Frage, ob und
inwieweit ein Selbstständiger
Weisungen seines Auftraggebers
unterliegen kann.
Das Gericht entschied (im Fall
eines selbstständigen Frachtfüh-
rers): Dieser sei „im Vergleich zu
anderen selbstständigen Unter-
nehmen nach seinem Berufsbild in
hohem Maße weisungsabhängig“,
dies gelte insbesondere in Bezug
auf seine Arbeitszeit. Dennoch
stufte das Gericht den Mann als
selbstständigen Gewerbetreiben-
den ein. cg
79
 Zeitlose Eleganz kostet Geld.

Wissen ist Geld.

 D I E T O P - P E R S O N A L D I E N S T L E I S T E R     M E T H O D I K D E R FO C U S - L I S T E

Begleiter auf dem

Karriereweg Headhunter und Personalberater vermitteln
Führungskräfte und Experten für unter-
schiedlichste Branchen. Die FOCUS-Top-Liste
nennt empfehlenswerte Unternehmen

DAS FOCUS-SIEGEL

E xklusiv für FOCUS hat das

Statistikunternehmen Statista
die Top-Personaldienstleister 2016
ermittelt. Hier die wichtigsten
Fragen und Antworten zur Methodik
der Erhebung:
Worauf beruhen die
Top-Listen der Personal-
dienstleister?
Statista ermittelte die Top-Perso-
naldienstleister per Online-Befra-
gungen von rund 900 Personal-
verantwortlichen und über 2000
Kandidaten. Die Befragungen
fanden zwischen dem 2. November
und dem 14. Dezember 2015 statt.
In welche Kategorien sind
die Personaldienstleister
bzw. die Top-Listen un-
terteilt?
FOCUS hat das weite Feld der Per-
sonaldienstleister in vier Kategorien
unterteilt:
• Executive Search (spezialisiert auf
Führungskräfte mit einem Jahres-
gehalt von über 100 000 Euro,
ab Seite 82)
• Professional Search (spezialisiert
auf Fachleute mit einem Jahres-
gehalt von bis zu 100 000 Euro,
ab Seite 86)
• Vermittler von Freelancern
(spezialisiert auf Freischaffende,
ab Seite 90)
• Zeitarbeit (ab Seite 120)
AUSGEZEICHNET
Alle Top-Personaldienstleister der
FOCUS-Liste erhalten die Auszeich-
nung „Top-Personaldienstleister
2016“. Sie sind berechtigt, das
dazugehörige Siegel zu erwerben
Wer durfte an den Befra-
gungen teilnehmen?
In den Kategorien Professional
Search, Zeitarbeit und Freelancer-
Vermittlung basieren die Listen auf
Befragungen von Personalverant-
wortlichen, die in den vergangenen
drei Jahren Erfahrungen mit Dienst-
leistern gesammelt haben, sowie
auf Befragungen von Kandidaten,
die vermittelt wurden bzw. im
Rahmen von Zeitarbeit bei Perso-
naldienstleistern angestellt waren.
Die Liste für den Bereich Executive
Search beruht ausschließlich auf
Befragungen von Personalver-
antwortlichen, da Kandidaten für
solche Positionen über ein Online-
Access-Panel nicht erreichbar sind.
Wie verlief die Befragung
der Personalverantwort-
lichen?
Die Personalverantwortlichen
wurden mit Hilfe von XING identifi-
ziert und zu einer Online-Umfrage
eingeladen. Jeder Befragte konnte
dabei bis zu zehn ihm bekannte
Personaldienstleister je Kategorie
nennen – wahlweise mit Hilfe
einer hinterlegten Longlist mit über
700 Dienstleistern oder im Rahmen
einer freien Nennung. Anschließend
konnten die Befragten die Genann-
ten mittels Schulnoten bewerten.
Zur Bewertung standen:
• Qualität und Auswahl der an-
gebotenen Kandidatenprofile
• Servicequalität (Abwicklung,
Kommunikation, Prozesse)
• Preis-Leistungs-Verhältnis
• Vermittlungsgeschwindigkeit
(Dauer von der Beauftragung des
Personaldienstleisters bis zur
Vorlage passender Kandidaten-
profile).
Wie verlief die Befragung
der Kandidaten?
Wie die Personalverantwortlichen
konnten auch die Kandidaten
bis zu zehn Personaldienstleister
benennen und mittels Schulnoten
beurteilen. Folgende Aspekte waren
zu bewerten:
• Qualität und Auswahl der ange-
botenen Positionen
• Absprache und Kommunikation
während und nach der Vermitt-
lungsinitiative
• Servicequalität im Vermittlungs-
prozess
• Dauer der Vermittlung zwischen
zwei Arbeitseinsätzen (optional,
u. a. bei Zeitarbeitsvermittlern).
Welche Kriterien spielten
bei der Auswertung eine
Rolle?
Statista berücksichtigte sowohl die
Häufigkeit der Nennung als auch
die Beurteilungen in den diversen
Bewertungsbereichen. Unterneh-
men, die sowohl eine Mindestan-
zahl an Nennungen als auch eine
Mindestnote über alle Bewertungs-
bereiche erreichten, erhielten eine
Auszeichnung.
Welche zusätzlichen
Informationen enthalten
die Top-Listen?
Ergänzend erläutern die FOCUS-
Top-Listen, ob der jeweilige Anbie-
ter auf eine Branche spezialisiert
oder eher als Generalist tätig ist
und welche zusätzlichen Personal-
dienstleistungen er seinen Kunden
anbietet.

FOCUS-SPEZIAL 81
 Präsenz sonstige Services

Liste Executive Search

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(nach Häufigkeit der Nennungen)

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Kienbaum Gummersbach 12 E/K 21/4 95 l l l l l l

Egon Zehnder Berlin 6 E 63 50 l l l l l

Michael Page Düsseldorf 6 E 147 200

Heidrick & Struggles München 4 E 55 21 l l l l l

Heiden Associates Berlin 4 – – 6 l l l l

PrimePeople Stuttgart 6 K 2 8 l l l

Mercuri Urval Wiesbaden 6 E 68 89 l l l l l

Dr. Heimeier & Partner Stuttgart 3 K 40 15 l l

Spencer Stuart Frankfurt am Main 2 E 56 22 l l

Baumann Unternehmensberatung Frankfurt am Main 1 K 3 40 l l l l l

Korn Ferry Frankfurt am Main 4 E 90 27 l l l l l

Boyden Global Executive Search Bad Homburg 5 E 65 21 l

Heads! Executive Consultancy München 3 E/K 2/8 20 l l

Russel Reynolds Associates Frankfurt am Main 3 E 43 20 l l

von Rundstedt Executive Search Düsseldorf 15 E/K 5/70 10 l l l l l l

Odgers Berndtson Frankfurt am Main 2 E 50 26 l l l

Topos Personalberatung Hamburg 5 K 78 22 l l l

ifp | Personalberatung Managementdiagnostik Köln 1 K 40 51 l l l l

Gemini Executive Search (Kilpatrick GmbH) Pliening 3 E/K 13/43 7 l l l l l

Lippert Personalberatung Executive Search Consultants Oberhausen 1 – – 4 l l l l l

Steinbach Management Consultants Nürnberg 3 E/K 4/3 7 l l l

Deininger Consulting Frankfurt am Main 5 E 10 34 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.

Rochus Mummert Executive Consultants München 6 K 11 30 l l l l l

Stanton Chase International Bad Homburg 4 E 72 30 l l

HR Consult Group München 33 K 7 113 l l l l l l

Hager & Partner Unternehmensberatung Frankfurt am Main 2 E/K 1/40 54 l l l l l l

Hapeko HR Executive Consultants Hamburg 14 – – 45 l l l

Cribb Hamburg 2 E/K 1/3 8 l l l l

Delphi HR-Consulting Hamburg 1 – – 6 l l l

Delta Management Consultants Düsseldorf 5 K 13 18 l l l l l l

Dr. Schmidt & Partner Norderstedt 2 E 1 5 l l l l

Civitas International München 3 E 5 6 l l

Division One Stuttgart 1 K 53 11 l l l

Signium International Köln 5 E 37 13 l l

InterSearch Executive Consultants Hamburg 4 K 100 15 l l l l

Perit Consulting München 7 E 1 25 l l l l l

Siebenlist, Grey & Partner (7S Group) Düsseldorf 1 – – 8 l l l l

PSD Frankfurt am Main 2 E 5 30 l

Pape Consulting München 8 E/K 4/12 14 l l l l l

goodSTEP Consulting Oberhausen 1 – – 4 l l l l l l

i-Potentials Berlin 1 K 5 8 l l l l l

82 1 ı   E = eigene Standorte, K = Kooperationsnetzwerk;   2 ı   Begriffserläuterung siehe auch Glossar Seite 107; FOCUS-SPEZIAL
 Schwerpunktbranchen3

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Kienbaum
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l l l l l l l Heiden Associates
l PrimePeople
l Mercuri Urval
l Dr. Heimeier & Partner
l Spencer Stuart
l Baumann Unternehmensberatung
l Korn Ferry
l Boyden Global Executive Search
l Heads! Executive Consultancy
l Russel Reynolds Associates
l von Rundstedt Executive Search
l Odgers Berndtson
l Topos Personalberatung
l ifp | Personalberatung Managementdiagnostik
l Gemini Executive Search (Kilpatrick GmbH)
l Lippert Personalberatung Executive Search Consultants
l Steinbach Management Consultants
l Deininger Consulting
l Rochus Mummert Executive Consultants
l l l l l l l Stanton Chase International
l HR Consult Group
l Hager & Partner Unternehmensberatung
l l l l l l Hapeko HR Executive Consultants
l Cribb
l Delphi HR-Consulting
l Delta Management Consultants
l l l l l l l Dr. Schmidt & Partner
l l l l l Civitas International
l l l l Division One
l Signium International
l InterSearch Executive Consultants
l Perit Consulting
l Siebenlist, Grey & Partner (7S Group)
l PSD
Quelle: Statista

l Pape Consulting
l goodSTEP Consulting
i-Potentials

FOCUS-SPEZIAL 3 ı   hier nur bis zu max. sieben Schwerpunktbranchen je Unternehmen genannt;   4 ı   Unternehmen ist in mehr als sieben Schwerpunktbranchen aktiv;   k. A. = keine Angaben 83
 Präsenz sonstige Services

Liste Executive Search

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(nach Häufigkeit der Nennungen)

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Kathexis executive advice Stuttgart 1 E/K 1/5 k. A. l l l

Reeg & Nasharty Esslingen am Neckar 1 K 3 3 l l l l l l

Dr. Maier + Partner Executive Search Stuttgart 3 K 80 8 l l l l l

Liebich & Partner Baden-Baden 1 K 34 31 l l l l l l

Apriori Frankfurt am Main 1 – – 18 l l

Vires Conferre Berlin 2 – – 22 l l l l l

HRblue Grasbrunn (bei München) 1 – – 6 l l

Robert Walters Düsseldorf 2 E 51 20 l l

Pawlik Consultants Hamburg 4 E/K 2/3 6 l l l l

Rarecompany Heidelberg 4 – – 8 l l l

Weiser, Kuck & Comp. Neuss 1 – – 7 l l

Dr. Weick Executive Search Titisee-Neustadt 1 – – 2 l l l l

Bolden International Executive Search Frankfurt am Main 1 – – 7 l l l

Eric Salmon & Partners Frankfurt am Main 1 E/K 8/1 7 l l l

Rochus Mummert Healthcare Consulting Hannover 6 K 11 10 l l l l l

Cobalt recruitment Berlin 5 E 9 35 l l

hbkPartner Hamburg 1 – – 3 k. A. k. A. l k. A. k. A. k. A.

Antal International Frankfurt am Main 12 E/K 3/300 k. A. l l

LAB & Company Düsseldorf 2 E/K 1/40 15 l l l

von der Heyden, Großkreutz & Söhngen Grünwald (bei München)  k. A. k. A. k. A. 3 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.

PMC International Neu-Isenburg 5 K 55 17 l l

Interconsilium Düsseldorf 1 – – 5 l l

Get Ahead Hamburg 1 E/K 1/30 7 l l

Talentspy München 1 – – 4 l l

3C – Career Consulting Company München 1 K 14 5 l l l

Herbold Fischer Associates Frankfurt am Main 1 – – 5 l

DHR International Neumann Deutschland München 4 E 51 7 l l

InterSelect Consult Heusenstamm 1 – – 6 l l l l

Rafoth Human Resources Berlin 1 – – k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.

Shikar Group Frankfurt am Main 1 E/K 1/1 9 l l l l l

84 1 ı   E = eigene Standorte, K = Kooperationsnetzwerk;   2 ı   Begriffserläuterung siehe auch Glossar Seite 107; FOCUS-SPEZIAL
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(nach Häufigkeit der Nennungen)

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l l l l l l l Kathexis executive advice
l l l l Reeg & Nasharty
l Dr. Maier + Partner Executive Search
l Liebich & Partner
l l l l l l l Apriori
l Vires Conferre
HRblue
l Robert Walters
l l l l l l Pawlik Consultants
l l l l Rarecompany
l l l l l l l Weiser, Kuck & Comp.
l Dr. Weick Executive Search
l Bolden International Executive Search
l Eric Salmon & Partners
l Rochus Mummert Healthcare Consulting
l l l Cobalt recruitment
k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. hbkPartner
l l l Antal International
l LAB & Company
l l l l von der Heyden, Großkreutz & Söhngen
l PMC International
Interconsilium
l Get Ahead
l Talentspy
l l l l l l l 3C – Career Consulting Company
l l l l l l Herbold Fischer Associates
l DHR International Neumann Deutschland

Quelle: Statista
l l l l l l InterSelect Consult
k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Rafoth Human Resources
l Shikar Group

FOCUS-SPEZIAL 3 ı   hier nur bis zu max. sieben Schwerpunktbranchen je Unternehmen genannt;   4 ı   Unternehmen ist in mehr als sieben Schwerpunktbranchen aktiv;   k. A. = keine Angaben 85
 Präsenz sonstige Services

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(nach Häufigkeit der Nennungen)

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Randstad Gruppe Eschborn 550 E 4400 k. A.
Adecco Düsseldorf 130 E 5000 k. A. l l

Manpower Eschborn 360 E 3100 k. A. l l l l

Hays Mannheim 14 E 234 850 l

Persona Service Lüdenscheid >190 E 2 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.

DIS Düsseldorf 158 K 5100 k. A. l l l l l

Amadeus FiRe Frankfurt am Main 19 – – >250

Michael Page Düsseldorf 6 E 147 200
rh – Robert Half Deutschland Frankfurt am Main 11 E 400 k. A.
Job AG Personaldienstleistungen Fulda 72 – – 3 l l l

Kienbaum Gummersbach 12 E/K 21/4 95 l l l l l l

Dekra Arbeit Stuttgart 102 E/K 24/51 190 l l l l

Hapeko HR Executive Consultants Hamburg 14 – – 45 l l l

Hofmann Personal Nürnberg 89 E 28 k. A. l l l l l

Page Personnel Düsseldorf 5 E 147 120

Computer Futures Frankfurt am Main 6 E 23 204 l l l l

PrimePeople Stuttgart 6 K 2 8 l l l

Progressive Frankfurt am Main 4 E 21 201 l l l l

Mercuri Urval Wiesbaden 6 E 68 89 l l l l l

Kelly Services Hamburg 7 E/K 31/9 40 l

Unique Personalservice München 86 – – k. A. l l l

Best Job IT Experts Hamburg 4 – – 12 l l l

7S Group Jena >200 k. A. k. A. k. A. l l l l l

HR Consult Group München 33 K 7 113 l l l l l l

Arbeit und Mehr Hamburg 2 – – 14 l

Orizon Augsburg 70 – – k. A. l l

Poolia Deutschland Düsseldorf 7 E 13 30

Tempton Group Essen 80 – – 15 l

Argo Personal Hamburg 42 E 5 10 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.

von Rundstedt Executive Search Düsseldorf 15 E/K 5/70 10 l l l l l l

Absolut PersonalManagement Siegburg 6 E 1 50 l l l l l l

Runtime Bremen 42 E/K 10/3 7 l l l

Dr. Heimeier & Partner Stuttgart 3 K 40 15 l l

Pluss Personalmanagement Hamburg 33 – – 7 l l l l l

Delphi HR-Consulting Hamburg 1 – – 6 l l l

Topos Personalberatung Hamburg 5 K 78 22 l l l

Academic Work München 2 E 17 50 l

Bankpower Frankfurt am Main 10 – – 18 l

Huxley Associates Frankfurt am Main 1 E 21 41 l l l l

Gess Group Düsseldorf 20 – – 20 l l

Perit Consulting München 7 E 1 25 l l l l l

86 1 ı   E = eigene Standorte, K = Kooperationsnetzwerk;   2 ı   Begriffserläuterung siehe auch Glossar Seite 107; FOCUS-SPEZIAL
 Schwerpunktbranchen3

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(nach Häufigkeit der Nennungen)

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k. A. k. A. k. A. k. A. l k. A. k. A. l l l k. A. k. A. k. A. Persona Service
l DIS
Amadeus FiRe
l Michael Page
rh – Robert Half Deutschland
l Job AG Personaldienstleistungen
Kienbaum
l Dekra Arbeit
l l l l l l Hapeko HR Executive Consultants
l Hofmann Personal
l Page Personnel
l Computer Futures
l PrimePeople
l Progressive
l Mercuri Urval
l l l l l l Kelly Services
l Unique Personalservice
l l Best Job IT Experts
l l l l l l 7S Group
l HR Consult Group
Arbeit und Mehr
Orizon
l Poolia Deutschland
Tempton Group
l l l l l l l Argo Personal
l von Rundstedt Executive Search
l Absolut PersonalManagement
l Runtime
l Dr. Heimeier & Partner
l l l l Pluss Personalmanagement
l Delphi HR-Consulting
l Topos Personalberatung
l Academic Work
l l Bankpower
Quelle: Statista

l Huxley Associates
l Gess Group
l Perit Consulting

FOCUS-SPEZIAL 3 ı   hier nur bis zu max. sieben Schwerpunktbranchen je Unternehmen genannt;   4 ı   Unternehmen ist in mehr als sieben Schwerpunktbranchen aktiv;   k. A. = keine Angaben 87
 Präsenz sonstige Services

Liste Professional Search

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(nach Häufigkeit der Nennungen)

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Euro London Appointments Frankfurt am Main 2 E 5 9
Deininger Consulting Frankfurt am Main 5 E 10 34 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
Diwa Personalservice München 23 E 6 25 l l

Access Köln 4 E/K 1/200 25 l l

Konen & Lorenzen Düsseldorf 2 E 3 18 l

Hager & Partner Unternehmensberatung Frankfurt am Main 2 E/K 1/40 54 l l l l l l

Headmatch Berlin 2 – – 17 l l l l l

Impact Group Mannheim 15 – – 30 l l l l l

Harvey Nash Düsseldorf 5 E 40 12 l l

Korn Ferry Frankfurt am Main 4 E 90 27 l l l l l

Ratbacher Stuttgart 1 E 1 36
Baumann Unternehmensberatung Frankfurt am Main 1 K 3 40 l l l l l

Treuenfels Hamburg 2 – – 9 l l l

Vires Conferre Berlin 2 – – 22 l l l l l

Franz & Wach Crailsheim 23 – – k. A. l

Dr. Schmidt & Partner Norderstedt 2 E 1 5 l l l l

Questax Frankfurt am Main 4 E 1 k. A.

K2 Partnering Solutions Stuttgart 2 E/K 18/15 25 l

Dada Management Consulting Unna 1 – – 4 l

Westhouse Consulting Garching (bei München) 6 E/K 2/4 50 l l l

Expertum Hamburg 43 – – 89 l l l l l l

Avitea Lippstadt 10 – – 5 l l l

Wiesmann Personalisten Düsseldorf 2 – – 17 l l l

Bolden International Executive Search Frankfurt am Main 1 – – 7 l l l

QRC Group Nürnberg 13 E/K 2/1 29 l l l l l

Passion for People Stuttgart 10 E 1 12 l l l l l

Trenkwalder München 40 E 260 8 l l l l l

Robert Walters Düsseldorf 2 E 51 20 l l

Agilitas Personaldienstleistung Pforzheim 4 – – 8 l l l

Zimmerschied & Kollegen Wetzlar 1 – – 6 l

GK Unternehmens- und Personalberatung Frankfurt am Main 1 – – k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. l l

Headway Ergolding >20 E 6 k. A. k. A. k. A. l k. A. k. A. k. A.

88 1 ı   E = eigene Standorte, K = Kooperationsnetzwerk;   2 ı   Begriffserläuterung siehe auch Glossar Seite 107; FOCUS-SPEZIAL
 Schwerpunktbranchen3

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l Euro London Appointments
l Deininger Consulting
l l l l l l Diwa Personalservice
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l Konen & Lorenzen
l Hager & Partner Unternehmensberatung
l Headmatch
l Impact Group
l Harvey Nash
l Korn Ferry
l Ratbacher
l Baumann Unternehmensberatung
l l l l l Treuenfels
l Vires Conferre
l l l l l l Franz & Wach
l l l l l l l Dr. Schmidt & Partner
Questax
l K2 Partnering Solutions
l Dada Management Consulting
Westhouse Consulting
l Expertum
l l l l l l l Avitea
l l l l l l Wiesmann Personalisten
l Bolden International Executive Search
l QRC Group
l l l l l l Passion for People
l Trenkwalder
l Robert Walters
l Agilitas Personaldienstleistung

Quelle: Statista
l Zimmerschied & Kollegen
l l l k. A. k. A. l l l k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. GK Unternehmens- und Personalberatung
l l l l l l l Headway

FOCUS-SPEZIAL 3 ı   hier nur bis zu max. sieben Schwerpunktbranchen je Unternehmen genannt;   4 ı   Unternehmen ist in mehr als sieben Schwerpunktbranchen aktiv;   k. A. = keine Angaben 89
 Präsenz sonstige Services

Liste Freelancer-Vermittler

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Hays Mannheim 14 E 234 150 000 l l l l

GULP München 5 E 1 90 000 l l l l l

DIS Düsseldorf 158 K 5100 k. A. l l l l

Ferchau Engineering Gummersbach >70 E 10 ca. 30 000 l l l l l

Michael Page Düsseldorf 6 E 147 k. A. l

rh – Robert Half Deutschland Frankfurt am Main 11 E 400 k. A.

Computer Futures Frankfurt am Main 6 E 23 50 000 l l

Goetzfried Wiesbaden 10 E 1 ca. 100 000 l l l

Harvey Nash Düsseldorf 5 E 40 50 000 l l l

Solcom Reutlingen 2 E 1 80 000 l l l l

Cegeka Deutschland (ehemals Brain Force) München 3 E/K 4/20 180 l l

Questax Frankfurt am Main 4 E 1 50 000

Etengo Mannheim 1 – – 32 000 l l

Experis Eschborn 10 E 400 k. A. l l l

Top Itservices Unterhaching (bei München) 11 E 2 95 000 l l l

Best Job IT Experts Hamburg 4 – – k. A. l l l l

Westhouse Consulting Garching (bei München) 6 E/K 2/4 64 000 l l l l

Geco Hamburg 2 E 2 40 000 l l l

K2 Partnering Solutions Stuttgart 2 E/K 18/15 20 000 l l l l l

Krongaard Hamburg 4 – – 17 000 l l

Euro London Appointments Frankfurt am Main 2 E 5 k. A.

expertNet.IT Consulting & IT-Recruitment Eschborn 2 – – 20 000 l l l l

Axantis Stuttgart 1 – – 50 000 l l l

iPAXX AG Heidelberg 4 – – 60 000 l l l l l

Centomo Recruitment & Interim Ludwigsburg 1 E 1 17 000 l

Avantgarde Experts München 4 E 1 42 000 l l l l

Designerdock Berlin 6 E/K 2/2 ca. 10 000

Doctari Berlin 2 E 1 ca. 11 500 l l l

Ipsways Mainz 4 K 1 28 000 l l l l

Halbauer – Expert Management Uhingen (bei Stuttgart) 1 K 2 19 000 l l l

Ratbacher Stuttgart 1 E 1 12 000

90 1 ı   E = eigene Standorte, K = Kooperationsnetzwerk;   2 ı   Begriffserläuterung: siehe Glossar Seite 107 FOCUS-SPEZIAL

 Vermittlungsschwerpunkte

Wissensvorsprung
per Mail.

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Euro London Appointments
l expertNet.IT Consulting & IT-Recruitment
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l l l l iPAXX AG
l l Centomo Recruitment & Interim
l l Avantgarde Experts
l l l Designerdock
l Doctari
Quelle: Statista

l l l l Ipsways
l l l l Halbauer – Expert Management
l Ratbacher

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TALENTSUCHE MIT BIG DATA + SMARTER MOBIL BEWERBEN + PERSONAL ACADEMIES + ZEITARBEIT FÜR AKADEMIKER

94 Recruiting in Zeiten von Big Data

100 Der große Bewerbungsguide:
Richtig profilieren im Netz
106 Top-Liste Jobportale
Illustration: Anton Hallmann/Sepia für FOCUS-Spezial

107 Glossar
108 Wann sich ein Umzug für den Job
lohnt
112 Die neuen Personal Academies
116 Studenten ent4decken Zeitarbeit
120 Top-Liste Zeitarbeit
122 Sieben Fragen an einen Ex-Pleitier

FOCUS-SPEZIAL 93
N E U E C H A N C E N     O N L I N E- R EC R U I T I N G
Big Data
verändert alles
Recruiter fischen in den Datenströmen des Internets nach
Talenten. Intelligente Software hilft dabei, und die Anwendungen
reifen. Aber wie aussagefähig sind Algorithmen, wenn es
um die Wahl des am besten geeigneten Mitarbeiters geht?
B
lauer Himmel über der
Hauptstadt. Der Schein
der Sonne lässt das alte
Gemäuer der Berliner
Backfabrik rot leuchten und
strömt durch die großen Fens-
ter ins Innere. Zehn junge Men-
schen sitzen hier konzentriert an
leuchtenden Laptops. Zwischen
ihnen Andreas Dittes. Ein mo-
derner Chef: mittendrin statt nur
dabei.
Der große Blonde tippt ein paar
Wörter in die Tastatur. PHP, Java,
C++, Visual Basic. Codes eines
modernen Job-Profils: Dittes füt-
tert ein Suchfeld mit Fähigkeiten,
die am Markt begehrt sind. Ei-
nen Klick später präsentiert der
31-Jährige Daten von Spezialis-
ten, die die gesuchten Talente
in sich vereinen. Schön geordnet
nach der Wahrscheinlichkeit ih-
rer Wechselbereitschaft.
Mit der Talentsuchmaschine
Talentwunder wollen Dittes und
sein Berliner Start-up-Team Re-
cruitern das Leben erleichtern.
Denn die Aufgabe, in einem stel-
lenweise leer gefegten Arbeits-
markt nach überdurchschnittlich
qualifizierten Nachwuchskräften
94
zu suchen, gestaltet sich zuneh-
mend schwieriger. „Talentwun-
der speist sich aus den sozialen
Medien, aber auch aus Fachpor-
talen wie zum Beispiel Github
oder Stackoverflow, wo sich IT-
Für die Talente tummeln“, erklärt Dittes.
Viele Millionen Online-Profile
Personal- scannt die Talentwunder-Soft-
beratung ist ware, um binnen 20 Sekunden
eine Liste mit potenziellen Kan-
Big Data didaten zu präsentieren.
Robot Recruiting nennt sich
eine große das. Und grundsätzlich funktio-
niert es auch umgekehrt – eben
Chance, wenn sich ein Kandidat ganz
da es den herkömmlich beim Arbeitgeber
bewirbt. Dann scannt der „Ro-
Kandidaten- boter“ bzw. eine Software die
eingereichten Bewerbungsun-
markt trans- terlagen und gleicht ab, wie gut
parenter welcher Kandidat zu einer aus-
geschriebenen Stelle passt.
macht“
Der Bedarf für solche Software-
Lösungen steigt, denn der Stel-
MICHAEL FALLER, lenmarkt ist im Umbruch. Das
MANAGING PARTNER dazugehörige Schlagwort, das
DER UNTERNEH- die Branche umtreibt, lautet Big
MENSBERATUNG Data. Dem ersten Anschein nach
BAUMANN nichts Neues, denn schon im-
mer haben sich Personalbera-
ter mit größeren und kleineren
Datenmengen beschäftigt. Big
Data dringt allerdings in völlig
neue Dimensionen vor. „Für die
Personalberatung ist Big Data
eine große Chance, da es den
Kandidatenmarkt transparenter
macht“, erläutert Michael Fal-
ler, Managing Partner der Un-
ternehmensberatung Baumann.
„Je mehr Profile in der Auswahl
stehen, desto besser kann der
Berater, aber auch das Unter-
nehmen erkennen, welche Kan-
didaten für eine Stelle in Frage
kommen.“
Die Datenflut, die es dabei zu
analysieren gilt, ist immens. In
Lebenslaufdatenbanken und
Business-Netzwerken finden
sich etliche von Nutzern hin-
terlegte Profile. Hinzu kommen
die anderen, meist eher beiläu-
fig hinterlassenen Informationen
Foto: Murat Aslan für FOCUS-Spezial
der Smartphone- und Tablet-
Nutzer. Zum Beispiel, wenn sie
bei einem Kongress per Twitter-
Botschaft mit ihrem Fachwissen
glänzen. Clevere Programme
sammeln auch diese virtuellen
Fußspuren potenzieller Kandi-
daten und werten sie aus. Die
digitale Machbarkeit erlaubt
FOCUS-SPEZIAL
 Im Gebäude einer früheren
Backfabrik in Berlin
entwickeln Andreas Dittes
(Mitte) und seine Kollegen
eine Software, die aus
Datenmengen Personal-
empfehlungen generiert

FOCUS-SPEZIAL 95

Nur 20 Sekunden
benötigt die von
Dittes und seinem
Team entwickelte
Software, um pas- es Unternehmen zudem, die
sende Kandidaten Reichweite ihrer Suche zu ver-
aufzulisten größern. Etwa mit personalisier-
ten Stellenanzeigen, die, ähn-
lich der Banner-Werbung beim
Online-Shopping, am Rand einer
Web-Seite auftauchen, wenn der
Nutzer Interesse an einem neuen
Job signalisiert hat. „Ein Besuch
auf einem Jobportal reicht dafür
aus“, bemerkt Mark Rüdesheim,
Geschäftsführer des Portals Stel-
lenpakete.de, das Personalabtei-
lungen das Stellenanzeigen-Ma-
nagement in allen einschlägigen
Web-Foren anbietet. „Fortan ist
der User markiert, und die Soft-
ware im Hintergrund tut ihren
Dienst.“
„Big Data changes the game“,
bestätigt Marc Irmisch, Ge-
schäftsführer des Karrierepor-
tals Monster. In seinem Office
in Eschborn überrascht der
48-Jährige Besucher gern mit
einem violetten Kleidungsdetail.
Lila Jeans oder lila Krawatte –
die Signalfarbe, mit der auch
seine Firma um Aufmerksam-
keit wirbt. Bei der digitalen Zu-
sammenführung von Kandidaten
und Unternehmen mischt Mons-
ter seit Anbeginn mit. Vor zwei
Jahren kaufte das internationale
Jobportal das Start-up TalentBin
– eine Talentsuchmaschine aus
96
Unsere Fachnetzwerken speisen. „Die
Software Technologie funktioniert umso
besser, je konkreter Skills defi-
speist niert werden“, erklärt Irmisch.
Die bloße technologische Ver-
sich auch fügbarkeit garantiert allerdings
aus Fach- nicht, dass es zwischen Bewer-
ber und Arbeitgeber automatisch
portalen, funkt. Gerade in den schwer zu
besetzenden Jobsparten haben
wo sich 48 Prozent der Arbeitgeber Be-
IT-Talente denken, „dass Lebenslaufdaten-
banken und Karrierenetzwerke
tummeln“ infolge der aktiven Suche nach
Kandidaten regelrecht ,über-
TALENTWUNDER- fischt‘ sind“, ergab die Studie
CHEF ANDREAS „Recruiting Trends“ der Univer-
DITTES sität Bamberg, die alljährlich be-
leuchtet, wie sich die Personal-
beschaffung entwickelt.
Vor allem IT-Talente werden
in den gängigen Karrierenetz-
San Francisco, die wie Talent- werken mit Jobangeboten bom-
wunder auf IT-Spezialisten, Gra- bardiert. „Viele Personalberater
fiker und Web-Designer fokus- gehen nach dem Massenprin-
siert ist. Gerade im IT-Bereich zip vor, sie schränken ihre Su-
werden Fachkräfte händerin- che nicht auf Fähigkeiten ein,
gend gesucht. TalentBin wirbt sondern schreiben jeden an, der
damit, weltweit mehr als 300 passen könnte“, sagt Talentwun-
Millionen öffentliche Profile zu der-Mann Andreas Dittes. „Wer
analysieren, die sich hauptsäch- in der Suchergebnisliste vorn er-
lich aus Fach-Communitys und scheint, bekommt ständig Post.“
PRINZIP MEHRSPURIGKEIT
Auf welchen Kanälen Interessenten im Netz
nach vakanten Stellen suchen
generelle Internet- Unternehmens- Karrierenetzwerk
Stellenbörse Web-Seite (z. B. Xing, LinkedIn)
37,9 % 36,5 %
66,4 %
Foto: Murat Aslan für FOCUS-Spezial
18,5 % 24,5 % 27,5 %
Personalberater/ Nischen-Internet-
Headhunter Arbeitsagentur Stellenbörse
Quelle: Monster.de
FOCUS-SPEZIAL

Jan Kannemacher, IT-Spezia-
list aus Frankfurt, ist auch schon
des Öfteren in den Fokus der
Headhunter geraten. „Ich wun-
dere mich schon, wenn ich An-
fragen als Linux-Administrator
bekomme, obwohl in meinem
LinkedIn-Profil gar nichts von
Linux steht“, sagt der 50-Jäh-
rige. „Ich kann verstehen, wenn
man sich in der Konsequenz von
den Business-Portalen fernhält.
Es fällt auf, dass solche Anfragen
nicht mit den Fachabteilungen
abgesprochen sind, weil solche
Fehler nur durch mangelnde Ab-
sprache passieren.“
Jedoch verfeinert die Bran-
che ihre Methoden fortlaufend.
Neuester Trend sind Analyse-
verfahren, die das geschriebene
und selbst das gesprochene Wort
auswerten. „Dazu sind umfas-
sende Algorithmen und riesige
Rechnerkapazitäten nötig“, er-
läutert der Vorsitzende des Fach-
verbands Personalberatung im
Bundesverband Deutscher Un-
ternehmensberater, Wolfgang
Tröger. Derzeit könnten sich
eine solche Technik nur größere
Konzerne oder sehr innovative
FOCUS-SPEZIAL
Firmen leisten. „Allerdings ist
es wohl nur eine Frage der Zeit,
bis ein solcher Baustein Stan-
dard ist.“
„Unsere erste Anlaufstelle ist
immer die eigene Datenbank“,
betont Goran Baric, Geschäfts-
führer der international agie-
renden PageGroup. „Wir haben
Zeugnisse, Lebensläufe, An-
schreiben, die bei uns abgelegt
sind.“ Auch Informationen zu
Treffen und Gesprächen mit
Kontaktpersonen würden dort
hinterlegt. Auf die Informatio-
nen aus der Datenbank greife
der Consultant nur mit Einver-
ständnis des Kandidaten zu, so
Baric.
Auch Christoph A. Nehring,
Geschäftsführer der Hapeko-
Personalberatung, betrachtet die
eigene Lebenslaufdatenbank
nach wie vor als das „Kronju-
wel“ der Talentsuche. „Wir set-
zen auf die dynamische Variante
der Lebenslaufdatenbank: Hier
können Kandidaten ihre Daten
per Log-in selbst pflegen, ak-
tivieren und deaktivieren.“ So
haben Talente die Zügel selbst
in der Hand. Wollen sie nicht ge-
N E U E C H A N C E N     O N L I N E- R EC R U I T I N G
funden werden, genügt es, sich
einzuloggen und ein Häkchen
zu deaktivieren.
Inwiefern sich bei Big-Data-
Anwendungen das „Recruiting
auf Knopfdruck“ mit dem Da-
tenschutz verträgt, ist nicht ab-
schließend geklärt. Zwar ist das
Sammeln öffentlich verfügbarer
Daten unbedenklich, bei der
Analyse könnte es sich jedoch
anders verhalten. „Entschei-
dend ist, wofür Daten analysiert
werden“, sagt die Hamburger
Rechtsanwältin und Daten-
schutz-Expertin Nina Diercks.
Würde ein Algorithmus die
Wahrscheinlichkeit einer ho-
mosexuellen Orientierung her-
ausfiltern, wäre die Grenze zur
Diskriminierung erreicht. „Die
Rechtswissenschaft beginnt erst,
das Thema personenbezogener
Big-Data-Analysen zu diskutie-
ren“, so Diercks. Behördliche Die Techno-
logie funk-
oder gerichtliche Entscheidun-
gen lägen dazu noch nicht vor.
Auch wenn die juristischen
Rahmenbedingungen nicht glas- tioniert
klar sind, kämen Recruiter nicht
umhin, sich mit Big Data ausein-
umso
anderzusetzen, ist Wolfgang besser, je
konkreter
die Skills
definiert
sind“
MONSTER-CHEF
MARC IRMISCH
Marc Irmisch ist
Deutschland-
Geschäftsführer
des 1994 in den USA
gegründeten Online-
Karriereportals
Monster
97
N E U E C H A N C E N     O N L I N E- R EC R U I T I N G
Christoph A.
Nehring führt die
Geschäfte des in
Hamburg ansässigen
Hanseatischen
Personalkontors
98
Brickwedde, Direktor des Insti­
tute for Competitive Recruiting
(ICR), überzeugt. „Ihnen ent­
gehen sonst Chancen, Prozesse
effizienter zu gestalten.“ Auch
Bewerbern böten sich dank der
immer raffinierteren Technolo­
gien neue Möglichkeiten. Etwa
auf Xing, wo sich die Inhalte
einer hochgeladenen Stellenan­
zeige neuerdings automatisiert
auslesen und mit Profilinforma­
tionen abgleichen lassen.
Die Matching­Technik, in On­
line­Partnerschaftsbörsen längst
als Zweisamkeitsstifter etabliert,
soll auch im Jobsegment zusam­
menbringen, was zusammen­
passt. „Angesichts von mehr als
neun Millionen deutschsprachi­
gen Mitgliedern bei Xing kann
Matching in neuen Dimensionen
gedacht werden“, erklärt Brick­
wedde. Die Herausforderung be­
stünde allerdings künftig weni­
ger im Finden von Kandidaten
„als darin, diese zu überzeugen,
den Job zu wechseln“.
Matching funktioniert darüber
hinaus auch per Smartphone­
Auf lange Sicht
haben die Technolo-
gien das Potenzial,
das Recruiting
komplett umzu-
krempeln“
HAPEKO-GESCHÄFTSFÜHRER
CHRISTOPH A. NEHRING
App – Anwendungen wie Truffls
oder Selfiejobs machen’s mög­
lich. Der dahinterstehende Al­
gorithmus ähnelt jenem von Tin­
der. Während deren Anwender
nach dem schnellen, unverfäng­
lichen Date Ausschau halten,
suchen Kandidaten bei Truffls &
Co. nach einem passenden Job.
Das Prinzip: Der Jobsuchende
verfasst ein Kurzprofil, lädt ein
Foto hoch, und die App sucht
nach Übereinstimmungen mit
Unternehmen. Wischt der An­
wender nach links, lehnt er
die Offerte ab. Ein Swipe nach
rechts signalisiert dagegen Inter­
esse und übermittelt sein Profil
an das Gegenüber. Wollen sich
beide Seiten kennen lernen, ist
das Match perfekt. Durch eine
Kooperation mit Opel konnte
Truffls seine Bekanntheit un­
längst deutlich steigern. „Die
Partnerschaft wird uns helfen,
junge Talente ins Unternehmen
zu holen“, glaubt Opel­Perso­
nalvorstand Ulrich Schumacher.
Was der Automobilhersteller
als einen Pluspunkt in der Wer­
bung „um die besten Köpfe“
verstanden wissen will, ist un­
ter Marktbeobachtern umstrit­
ten. „Kandidat und Unterneh­
men sollten mit dem Kopf, nicht
mit dem Daumen entscheiden“,
betont Jochen Mai, Gründer und
Chefredakteur von Karrierebi­
bel.de. „Da sucht jemand einen
Job per wisch & weg. Ist das der
Bewerber, der sich für das Un­
ternehmen, die Produkte, Werte
und Kultur interessiert oder ein
Opportunist? Oder als Allego­
rie zu Tinder: Sucht hier jemand
eine Beziehung oder den schnel­
len Sex?“ Umgekehrt müssten
Kandidaten sich fragen: Rei­
chen ein paar Sekunden aus, um
meine Talente, Qualifikationen
und Motivationen zu erfassen?
„Fachkräfte und Führungsnach­
wuchs werden so sicher nicht
rekrutiert.“
Die Mehrheit der Personaler,
so scheint es, teilt Mais Skepsis
gegenüber Truffls und Selfiejobs.
Zu wenige Daten stünden einer
zu starken Fokussierung auf das
Bild gegenüber. Auch sei die
Schar der Anwender noch sehr
dünn, gibt Recruiting­Experte
Fotos: Bernhard Link
Brickwedde zu bedenken. An­
wender wie Xing seien da besser
aufgestellt. „Seit dem Kauf von
Jobbörse.com hat Xing eine Mil­
lion Jobs in petto, die theoretisch
FOCUS-SPEZIAL
 Die Hamburger
Rechtsanwältin
und Datenschutz-
Expertin Nina
Diercks beobachtet
die rechtlichen Rah-
menbedingungen für
personenbezogene
Big-Data-Analysen
kritisch

wiederum mit neun Millionen ten letztlich für einen Kandida-

Mitgliedern gematcht werden
können. Wenn Xing mit einer
Matching-App auf den Markt
kommt, wird das die bestehen-
den in arge Bedrängnis bringen.“
Hat der menschliche Faktor
also ausgedient? Ist Personalbe-
ratung in Zeiten von Big Data
nur noch ein Rechenspiel? Per-
sonalberater Wolfram Tröger ver-
neint – allzu häufig hat er bereits
erlebt, dass sich seine Mandan-
Die Rechtswissen- ten entschieden, der just nicht
auf der Big-Data-Liste stand.
schaft beginnt erst, Tröger: „Meist liegt das daran,
das Thema Big- dass ich in einem persönlichen
Gespräch weitere Aspekte er-
Data-Analysen zu fahre und den Kandidaten dann
auf dieser Basis empfehlen kann
diskutieren“ – weil er genau das macht, was
man sich perspektivisch im Un-
RECHTSANWÄLTIN ternehmen wünscht.“ 
NINA DIERCKS
SONJA DIETZ
NEUE CHANCEN    BEWERBUNGS-GUIDE

Im Netz
gefischt
werden Das Internet hat die Jobsuche fundamental
verändert. Täglich, stündlich, oft sogar im
Minutentakt tauchen neue Stellenangebote
auf. „Die Formen und Möglichkeiten für
Bewerber haben sich um ein Vielfaches
erweitert“, sagt der Berliner Karriereberater
Jürgen Hesse. „Wer will, kann rund um
die Uhr online nach einem Job suchen.“

JOBBÖRSEN UND
-PORTALE

Die Jobbörse der Bundesagentur

für Arbeit, Monster, StepStone,
Jobware und Jobscout24 zäh-
len zu den größten unter den
Jobportalen. Praktikanten, Aus-
zubildende, Trainees, Berufs-
einsteiger und Berufstätige mit
Erfahrung finden hier branchen-
und ortsübergreifend eine große
Auswahl an Arbeitsangeboten.
Eine fokussierte Suche erlauben
daneben die Jobportale, die sich

100
 auf bestimmte Branchen oder
Berufsgruppen spezialisiert ha-
ben (s. Seite 106). Aussendienst.
com etwa richtet sich gezielt an
Vertriebsmitarbeiter, Jobsterne.
de an Beschäftigte von Hotellerie
und Gastronomie. Auch Ingeni-
eure, IT-Fachkräfte oder Natur-
wissenschaftler finden Stellen-
börsen, die sich ausschließlich
an ihresgleichen wenden.
Wem das Angebot von über
1800 Jobbörsen zu unübersicht-
lich ist, kann auch ein Meta-Job-
portal ansteuern: Anbieter wie
Kimeta oder Jobworld suchen
automatisiert andere Jobbörsen
ab und bündeln die Ergebnisse
auf einer Seite.
Die Funktionsweise ähnelt
sich: In einer Suchmaske gibt
der Bewerber den gewünschten
Beruf und Ort ein und erhält eine
Liste der aktuellen Stellenaus-
schreibungen. Per erweiterter
Suchfunktion lassen sich An-
gebote nach bestimmten Unter-
nehmen, Anstellungsarten oder
erforderlicher Berufserfahrung
eingrenzen. Wer sichergehen
möchte, kein passendes Angebot
zu verpassen, hinterlässt seine
E-Mail-Adresse und richtet da-
mit ein Abonnement für inter-
essante Stellen ein.
Doch nicht jede freie Stelle,
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial

die besetzt werden soll, landet

zwangsläufig bei einer Jobbörse.
Immer mehr Unternehmen un-
terhalten dafür eigene Karriere-
seiten als Bestandteil ihrer
Firmen-Website.

VAKANZEN FINDEN AUF

FIRMENSEITEN

Aktuelle Stellenausschreibun-
gen werden dort oft zuerst veröf-
fentlicht. So umfasst der firmen-
eigene Stellenmarkt von BMW
rund 800 offene Positionen, bei
Siemens sind es weltweit sogar
mehr als 3100. Sich auf diesen
Seiten gezielt umzusehen ist

FOCUS-SPEZIAL 101
NEUE CHANCEN    BEWERBUNGS-GUIDE
besonders für jene interessant,
die genau wissen, bei welchem
Arbeitgeber sie anheuern wollen
oder bei welchem Unternehmen
ihr Fachwissen gefragt ist. Al-
ternativ können sich Bewerber
auch auf den Social-Media-Ka-
nälen der Firmen informieren.
Von „Allianz Karriere“ bis zu
„Zeiss Karriere“ versorgen Be-
triebe auf Facebook ihre Fan-
gemeinde mit Bewerbungstipps,
aktuellen Branchentrends und
Stellenangeboten. Auch auf Twit-
ter, Xing, LinkedIn oder YouTube
trommeln Konzerne und Mittel-
stand, Behörden oder die Bun-
deswehr, um junge Talente zu
gewinnen. „Social Media macht
es einfach, Unternehmens- und
Job-News zu abonnieren, die
im eigenen Newsfeed angezeigt
werden. Auf diese Weise erfahren
Kandidaten schnell von offenen
Vakanzen“, erklärt Steffen Buch,
„Die Welt ist enger zusammengerückt“
Zalando-Personalmanager Steffen Buch über die Rolle des Internets
Wie hat das Internet aus Ihrer
Sicht das Bewerben verändert?
Die Welt ist enger zusammengerückt.
Man muss für die Jobsuche nicht
mehr vor Ort sein, sondern führt das
Bewerbungsgespräch einfach als
Skype-Interview. Gleichzeitig können
Fachkräfte weltweit suchen und sich
finden lassen.
Spielen diese Phänomene in
der Praxis eine große Rolle?
Auf jeden Fall. Gerade junge Menschen
nutzen Möglichkeiten sehr intensiv.
Sie sitzen z. B. in New York wegen
eines Auslandssemesters und küm-
mern sich von dort aus um einen Prak-
tikumsplatz oder pflegen ihre Online-
Präsenz. Alles geht ineinander über.
102
HR-Manager bei Zalando und
Autor des Bewerbungsratgebers
„Karriere in der Wirtschaft“.
WANN SICH EINE
INITIATIV-
BEWERBUNG LOHNT
Auch die klassische Initiativbe-
werbung hat ihre Berechtigung.
Sofortigen Erfolg sollte man sich
davon indes nicht versprechen.
„Bei einer Initiativbewerbung
fehlt die Stelle als Anker“, gibt
Buch zu bedenken. Womöglich
wird eine passende Stelle in ei-
nem halben Jahr geschaffen.
Vielleicht auch nie.
Auf längere Sicht kann sich
Eigeninitiative dennoch auszah-
len. Immer mehr Unternehmen
bauen eigene Talent-Pools auf
– Datenbanken mit Kandidaten,
aus denen Personaler schöpfen,
Brauchen Bewerber für ihr
öffentliches Erscheinungsbild
im Internet künftig einen
USP, ein Alleinstellungsmerk-
mal, so wie Firmen es sich
geben?
Ein Berufseinsteiger braucht nach
dem Studium vor allem eine breite
Grundlagenausbildung und eine
klare Positionierung. Ein USP, ein
Unique Selling
Point, lässt sich
erst später mit
wachsender
Erfahrung
herausarbeiten
– dann ist er
aber sinnvoll.
wenn eine Fachkraft gebraucht
wird. Darin landen neben quali-
fizierten Initiativbewerbern auch
Profile von Jobsuchenden, die
es in einem Auswahlverfahren
nur auf den zweiten oder dritten
Platz geschafft haben.
„In einer Initiativbewerbung ist
es sehr wichtig, sich in die Rolle
des Empfängers zu versetzen
und den Nutzen für das Unter-
nehmen hervorzuheben“, erklärt
der Berliner Bewerbungsprofi
Jürgen Hesse, der gemeinsam
mit Kompagnon Hans Christian
Schrader mehr als 150 Ratgeber
zum Thema „Bewerbung und
Karriere“ publiziert hat.
„Wie in der Werbung muss
beim Leser ein Bedürfnis ent-
stehen, das er womöglich noch
nicht spürt.“ HR-Manager Buch
empfiehlt, sich an den vorhan-
denen Informationen zu ori-
entieren: „Präsentiert sich ein
Unternehmen jung und dyna-
misch, sollte der Bewerber das
auch tun. Zudem muss er eine
Brücke schlagen zwischen der
Firma, seiner Person, dem Be-
reich und der Position, auf der
er arbeiten will.“
 KONTROLLE IM NETZ
Worüber sich Personaler in sozialen
Über wasNetzwerken
sich Personaler
informieren
in Sozialen Netzwerken
informieren in Prozent
Äußerungen über
fachliche Äußerungen zu Unternehmen und
Qualifikation Fachthemen Wettbewerber

56 %
89 % 72 %

Hobbys, private
Aktivitäten
44 %
Fotos
34 %
5% 4%
Anzahl der politische
Quelle: Bitkom, 2015 Kontakte Ansichten

PASSIVE Programme, Recruiting-Veran- mann buhlt, wird eher jenen zu-

STELLENSUCHE
Wer alle Möglichkeiten, im In-
ternet auf Stellensuche zu ge-
hen, ausschöpft, hat gut zu tun.
Er kann sich aber auch einfach
finden lassen. Passive Stellen-
suche nennen Fachleute diese
Variante. So bleiben etwa Be-
werber, die ihren Lebenslauf
auf ihrem Jobbörsen-Account
hinterlegen, für Unternehmen
auffindbar.
Für die Firmen sind diese Tools
wichtiger Teil des Recruiting.
Seit ihnen die Bewerbungen
nicht mehr waschkörbeweise
zufliegen, müssen Arbeitgeber
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial
staltungen (siehe auch S. 60) und
die beruflichen Netzwerke.
XING, LINKEDIN
& CO.
Sowohl Unternehmen als auch
Personalberater durchkämmen
die sozialen Karriere-Netzwerke
nach interessanten Kandidaten.
Mit knapp zehn Millionen be-
rufstätigen Nutzern ist Xing in
Deutschland nach wie vor das
wichtigste berufliche Netzwerk.
Wer hier kompetent auftritt, hat
gute Chancen, angesprochen
zu werden. Besonders geeignet,
teil, die hier Substanzielles oder
Überraschendes beizutragen ha-
ben. Auch wer ein Blog führt und
darin Nachrichten und Meinun-
gen aus dem eigenen Fachgebiet
publiziert, kann sich so einen Ruf
als Experte aufbauen.
Das Business-Netzwerk LinkedIn
funktioniert nach ähnlichem Prin-
zip, ist aber – mit weltweit über
400 Millionen Mitglieder – deut-
lich internationaler ausgerichtet.
Wer mit einem Job im Ausland
liebäugelt oder eine Vorliebe
für global agierende Unterneh-
men hat, sollte dort angemeldet
sein.

verstärkt selbst auf potenzielle um positiv aufzufallen, sind die

Talente zugehen. Geeignete
Kandidaten finden Personaler
über persönliche Empfehlungen,
Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-
rund 74 000 Fachgruppen. Ob
„IT-Connection“, „Querdenker-
Club“ oder „Glückliche Arbeits-
welt“ – Gruppen, in denen man
Gleichgesinnte treffen und mit
ihnen in den Dialog treten kann,
gibt es zu jedem erdenklichen
Thema. Aktive Teilnahme emp-
fiehlt sich mehr als stilles Zu-
hören.
Die teure Währung Aufmerk-
samkeit, um die im Netz jeder-
MACHT EUCH
SICHTBAR!
Die Notwendigkeit, im Inter-
net sichtbar zu sein, wird auch
für Arbeitnehmer steigen. Da-
für müssen sie sich zunehmend
der Methoden des Selbstmarke-
tings bedienen. Zwar macht sich,
wer online nicht aufzufinden
ist, heute noch lange nicht ver-
dächtig. Über kurz oder lang

FOCUS-SPEZIAL 103
aber wird gelten: Was im Internet
nicht zu finden ist, existiert nicht.
Eine eigene Website, ein Blog,
aktives Diskutieren und substan-
zielles Posten in den einschlägi-
gen Business-Foren erhöhen die
Präsenz.
Die verbesserte Auffindbarkeit
birgt allerdings auch Gefahren.
Bewerber sind gut beraten, die
eigene Online-Reputation re-
gelmäßig zu überprüfen. Etwa,
indem sie selbst googeln oder
einen News-Alert (etwa bei
Google) auf ihren Namen ein-
richten. Kritisch wird es, wenn
in privaten Netzwerken zu viel
Privates oder Unpassendes öf-
fentlich preisgegeben wird: Par-
tyfotos auf Facebook, politisch
fragwürdige Gesinnungen auf
Twitter oder Plansch-Bilder vom
letzten Urlaub auf Instagram.
VORSICHT VOR ZU VIEL
PRIVATEM
Offiziell gibt das fast niemand
zu. Aber das Online-Profil ist
längst Bestandteil der Begut-
achtung. Er kenne keinen Per-
sonaler, der Bewerber nicht goo-
gelt, sagt Karriereberater Hesse.
Zwar dürfen Informationen aus
privaten Netzwerken nicht im
Bewerbungsprozess berücksich-
tigt werden, aber wer will das in
der Praxis überprüfen? Besser ist
es, die Kontrolle über sein Image
zu behalten und sich mit den
Privatsphäreneinstellungen der
Netzwerke vertraut zu machen.
„Twitter und Instagram sind
von Haus aus offene Netzwerke“,
erklärt Jannis Ritterspach, Ge-
schäftsführer der Berliner Xava
Media GmbH, die Unternehmen
104
und Privatpersonen in Sachen
Online-Reputation berät. Um
seine Beiträge vor neugierigen
Blicken zu schützen, muss ein
Nutzer sein Profil hier auf privat
umstellen. Auf Facebook lässt
sich für alle Beiträge definieren,
wer diese sehen darf. Auch die
Auffindbarkeit in Suchmaschi-
nen kann man bei Facebook und
Xing sperren.
Tipps für die Bewerbung per E-Mail
Fünf Regeln, die Sie beachten müssen
l Legen Sie sich eine neue, seriös klingende E-Mail-Adresse zu, die sich aus
Ihrem Vor- und Nachnamen zusammensetzt. Das Gleiche gilt, wenn Sie
einen Account-Namen in einem Online-Stellenportal erstellen. Einem „Traum-
fänger007“ wird ein Personaler den Job als Projektmanager nicht zutrauen.
l Werden Sie in der Betreffzeile so konkret wie möglich: Schreiben Sie nicht
nur, dass Sie sich bewerben, sondern auch, auf welche Stelle an welchem
Standort, und fügen Sie – sofern vorhanden – unbedingt die Referenznummer
aus der Anzeige hinzu.
l Das Anschreiben gehört in die digitale Bewerbungsmappe. In der E-Mail
reicht es, sich in drei kurzen Sätzen vorzustellen. Der Grund: Wenn die Be-
werbung zwischen der Personal- und der Fachabteilung mehrmals hin- und
Illustration: Axel Pfaender für FOCUS-Spezial
hergeschickt wird, rutscht der E-Mail-Text nach unten und verschwindet.
l Verzichten Sie im Anhang auf ungewöhnliche und zu viele Dateiformate,
und packen Sie unterschiedliche Unterlagen wie Foto, Lebenslauf und
Zeugnisse in ein PDF. Das ist übersichtlich und hat den Vorteil, dass sich
das Dokument nicht verändern lässt.
l Beschränken Sie die Datenmenge Ihrer E-Mail-Bewerbung auf zehn
Megabyte. Viele Unternehmen haben strenge Obergrenzen für die Größe ein-
gehender Nachrichten. Eine Bewerbung, die diesen Rahmen sprengt, würde
den Empfänger möglicherweise nicht erreichen.
 NEUE CHANCEN    BEWERBUNGS-GUIDE

„Viele machen sich keine Ge-
danken darüber, was sie im In-
ternet schreiben“, sagt Ritter-
spach. Dabei gebe es spezifi-
sche Software, die das Internet
durchsucht und präzise Profile
vom Menschen erstellt. „Da-
tenschutzrechtlich ist das zwar
kritisch“, räumt Ritterspach ein,
„aber das nutzt dem Bewerber
in Deutschland wenig, wenn
die Konzernzentrale in den USA
sitzt, wo andere Gesetze gelten.“
JOBPORTALE
ALS APP
Mobiles Recruiting ist längst
fester Bestandteil der Personal-
suche vieler Unternehmen. Weil
fast alle Jobportale auch als App
verfügbar sind und immer mehr
Betriebe ihre Karriereseiten in
einer mobilen Version anbieten,
können Bewerber sogar im Bus
durch Stellenanzeigen scrollen
und ihre Unterlagen losschicken.
An die Lebenswirklichkeit
der umschwärmten Zielgruppe
der Generation Y dockt die App
„Truffls“ an. Das Programm über-
trägt das Prinzip der bekannten
Dating-App „Tinder“ auf das Be-
KEINE CHANCE rufsleben: Ein Wisch nach links
bedeutet, die Anzeige passt
Verfehlungen in nicht, ein Wisch nach rechts
sozialen Netzwerken, signalisiert Interesse. „Matchen“
die zu einer Nicht- Bewerber und Firma, kann der
Diebeachtung
häufigsten Gründe
führen
dafür in Prozent direkte Dialog beginnen.
BEWERBUNG PER
90 % „WHATSAPP“
Widersprüche
zu Bewerbungs- Neuester Trend sind Bewerbun-
unterlagen
gen per „WhatsApp“. Das be-
liebte Chat-Programm beflügelt
die Fantasie von Personalern: In
32 % einem Gruppen-Chat mit 100
Teilnehmern ließ Daimler zuletzt
inkompetente Hochschulabsolventen an einem
fachliche Äußerungen interaktiven Arbeitstag teilneh-
men und lud sie dazu ein, Fra-
beleidigende gen zu stellen. Auch die Diako-
6%
Äußerungen
nie Deutschland experimentiert
mit neuen Wegen und ermuntert
Quelle: Bitkom, 2015 Nachwuchskräfte, per „Whats-
App“ Kontakt aufzunehmen.
Neu ist das Angebot von Young-
Capital: Bewerber können der
Firma per „WhatsApp“ ein
Handy-Video zusenden, in dem
sie sich kurz vorstellen.
Geeignet ist dies vor allem für
Jobs mit viel Kundenkontakt, bei
denen es auf Erscheinungsbild
und Wirkung ankommt. „,Whats-
App’ macht den Bewerbungspro-
zess schneller und effizienter“,
erklärt Karin van der Gragt, Ma-
naging Director bei YoungCapi-
tal. „In einem Video können Sie
andere Qualitäten zeigen als in
einer schriftlichen Bewerbung.“
Hunderte von Videobewerbun-
gen haben das Unternehmen
schon erreicht. Der Plan, Hür-
den zwischen Jobsuchenden und
Unternehmen niederzureißen,
scheint aufzugehen.
Dank Internet haben es Bewer-
ber heute leichter denn je, auf
Unternehmen zuzugehen. Trotz-
dem sollten sie nicht dem Irr-
glauben erliegen, der Traumjob
werde ihnen in den Schoß ge-
legt. „Unternehmen geht es vor
allem darum, die Anzahl der Be-
werbungen zu erhöhen“, erklärt
Bewerbungs-Coach Jürgen Hesse
aus Berlin. „Aus ihnen wollen sie
immer noch die besten Kandida-
ten auswählen.“ Die Jobsuche
bleibt eine Herausforderung, bei
der es um Durchhaltevermögen
und Präsenz geht. 
TATJANA KRIEGER

FOCUS-Top-Liste: 34 Karriereportale im Überblick >>

An der Jobsuche per Internet führt kein Weg vorbei. FOCUS präsentiert
auf der kommenden Seite die Top-Karriereportale TOP
KARRIERE
P O RTA L

E xklusiv für FOCUS hat das Statistik-

unternehmen Statista die Top-Por-
tale für die digitale Jobsuche ermittelt.
Hier die wichtigsten Fragen und Antwor-
ten zur Methodik der Erhebung:
Worauf beruht die Liste?
Für die Liste der Top-Karriereportale
befragte Statista rund 900 Personal-
verantwortliche in Unternehmen, rund
150 externe Personaldienstleister sowie
über 2000 Kandidaten, die Internet-
Portale bei ihrer Jobsuche nutzen.
Wie verlief die Befragung?
Jeder Befragte konnte bis zu zehn ihm
bekannte und – in einem nächsten
Schritt - genutzte Karriereportale
benennen. Eine Bewertung mittels
Schulnoten schloss sich an. Alle drei Be-
fragungsgruppen bewerteten Struktur
und Design des Angebots. Individuell
bewerteten Personalverantwortliche
und Dienstleister die Anzahl der einge-
gangenen Bewerbungen sowie deren
Qualität, Kandidaten urteilten dagegen
über die Anzahl und die Passgenauigkeit
der angebotenen Stellen.
Welche Kriterien spielten bei der
2016
Auswertung eine Rolle?
Fünf Kriterien waren entscheidend:
Bekanntheit, Nutzungsintensität, Web- DEUTSCHLANDS
KARRIERE-
Auftritt, Suchergebnisse und Weiter- PORTALE
IM VERGLEICH
empfehlungsquote. Für die Aufnahme in
die Top-Liste musste ein Angebot eine Das FOCUS-Siegel
Mindestnote erzielen und in allen Befra- zeichnet die Top-
gungsgruppen eine Mindestanzahl an Karriereportale des
Nennungen und Bewertungen erreichen. Jahres 2016 aus.

FOCUS-SPEZIAL 105
 Kategorie Bewertung Weiterempfehlungsquote Anmerkungen

Liste

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Karriereportale

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Adresse des Portals

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(alphabetisch sortiert)

An
sp

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. . 

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al

Absolventa.de l ca. 3000 ** ** ** hoch hoch hoch Zielgruppe: akademische Berufseinsteiger

Academics.de l 1800 *** ** *** hoch sehr hoch sehr hoch Fokus: wissenschaftliche Stellen

Arbeitsagentur.de l ca. 240 000 ** ** * hoch hoch hoch

Backinjob.de l 120 000 ** * ** hoch mittel hoch

Careerbuilder.de l k. A. ** ** ** mittel hoch hoch

Dasauge.de l k. A. * ** *** hoch sehr hoch sehr hoch Branchen: Design, Fotografie, Werbung, Internet

Efinancialcareers.de l k. A. ** * ** hoch hoch hoch Branche: Finanzsektor

Experteer.de l ca. 3000 * ** ** mittel hoch sehr hoch Zielgruppe: Spitzenkräfte (ab 60 000 Euro Jahresgehalt)

fazjob.net l k. A. ** ** ** hoch hoch hoch

Greenjobs.de l 600 ** ** * hoch sehr hoch mittel Zielgruppe: Umweltfachkräfte

Hotelcareer.de l k. A. *** ** *** sehr hoch sehr hoch sehr hoch Branchen: Hotellerie, Gastronomie und Touristik

Indeed.com l 400 000 *** ** ** sehr hoch sehr hoch hoch

Ingenieurkarriere.de l k. A. *** ** ** hoch hoch sehr hoch Fokus: Ingenieurwesen

Jobbörse.com l 700 000 *** ** ** sehr hoch hoch hoch

Jobmensa.de l 2300 ** ** *** hoch sehr hoch sehr hoch Zielgruppen: Studenten und Berufseinsteiger

Jobrobot.de l 370 000 *** * ** sehr hoch mittel mittel

Jobs.de/Jobscout24.de l ca. 45 000 ** ** ** hoch hoch mittel

jobs.meinestadt.de l 25 000 ** ** ** hoch hoch hoch

jobs.zeit.de l 780 *** *** ** hoch sehr hoch mittel Zielgruppe: Fach- und Führungskräfte, Geschäftsführer

Jobstairs.de l ca. 6000 ** *** ** mittel hoch hoch Fokus: namhafte Arbeitgeber; keine Angebote ü. Headhunter

Jobvector.de l 1100 ** ** ** sehr hoch sehr hoch mittel Zielgruppe: Naturwissenschaftler, Mediziner, Ingenieure

Jobware.de l k. A. * *** ** hoch hoch hoch

Jobworld.de l 300 000 *** ** *** sehr hoch hoch sehr hoch

Kalaydo.de/jobboerse l k. A. ** ** * hoch mittel mittel

karriere.unicum.de l 2500–3500 * *** ** hoch sehr hoch sehr hoch Zielgruppe: Abiturienten, Studenten und Berufseinsteiger

Kimeta.de l k. A. *** ** ** sehr hoch hoch hoch

Linkedin.com/job l k. A. ** ** ** hoch hoch hoch

Monster.de l k. A. ** ** ** hoch hoch hoch

Stellenanzeigen.de l k. A. ** ** ** hoch mittel hoch

Stellenmarkt.de l 30 000 ** ** * hoch hoch hoch

stellenmarkt.sueddeutsche.de l k. A. ** *** * hoch hoch hoch

Stepstone.de l k. A. *** *** *** sehr hoch hoch hoch

Quelle: Statista

Xing.com/jobs l k. A. ** ** *** hoch hoch sehr hoch

Yourfirm.de l 10 000 ** ** ** mittel hoch hoch

106 * = empfohlen; ** = häufig empfohlen; *** = besonders häufig empfohlen FOCUS-SPEZIAL


EINE ÜBERSICHT ÜBER DIE WICHTIGSTEN BRANCHENTYPISCHEN BEGRIFFE
Assessment
Bei diesem ein- oder mehrtägigen
Auswahlverfahren müssen
Bewerber unterschiedlichste
Problemstellungen bewältigen.
Die Aufgaben des Assessments (zu
Deutsch „Beurteilung“) sind einzeln
oder in Gruppen zu lösen, Firmen-
vertreter und ggf. auch externe
Berater bewerten die Kandidaten
hinsichtlich ihrer Fachkenntnisse,
ihrer analytischen Fähigkeiten und
der sozialen Eignung.
Diagnostik
Ein aus der Psychologie stammen-
der Begriff, der alle Aspekte der
Personalbeurteilung subsumiert.
Relevante Aspekte der Diagnostik
sind unter anderem Motivation,
Leistungsvermögen und Leis-
tungsbereitschaft, bewertet wird
allerdings auch das Potenzial eines
Kandidaten. Grundlage der Bewer-
tung sind neben den Bewerbungs-
unterlagen auch Assessments
(s. o.) und psychologische Tests.
Coaching
Sammelbegriff für eine Vielzahl
von Beratungskonzepten, die
bezwecken, berufliche Ziele
umzusetzen bzw. die dafür nötigen
Kompetenzen zu entwickeln.
Coaching (zu Deutsch „Trainieren“)
zielt insbesondere auf Mitarbeiter
mit Führungsverantwortung.
Executive Search
Eine Personaldienstleistung, die
auf die Besetzung von Führungs-
positionen spezialisiert ist.
HR-Consulting
Gesamtbegriff aller Beratungs-
tätigkeiten im Bereich Personal-
wesen. HR ist eine Abkürzung für
Human Resources (zu Deutsch
Foto: Stock4B/plainpicture
„Humanvermögen“ – ein be-
triebswirtschaftlicher Fachbegriff
für Menschen als Arbeitskraft).
HR-Berater begleiten auch häufig
Veränderungsprozesse mit einem
Bezug zu Personalfragen.
FOCUS-SPEZIAL
Glossar
Master-Vendor
Das Management aller Zeitarbeiter
bzw. Freelancer eines Kunden, ohne
dass zwingend eine Präsenz vor Ort
aufgebaut wird. Teil der Dienstleis-
tung (zu Deutsch „Hauptanbieter“)
kann auch das Management von
Arbeitskräften unterschiedlicher
Vermittler sein.
Onsite-Management
Beschreibung für die Betreuung
und das Management des gesam-
ten Zeitarbeits- bzw. Freelancer-
Personals am vorgegebenen Ein-
satzort des Kunden.
Outsourcing
Ein Fachbegriff für die Auslage-
rung von Unternehmensaufgaben
und Strukturen an (häufig kos-
tengünstigere) Dienstleistungs-
firmen, allerdings ohne wichtige
Qualifikationen und Kapazitäten
aufzugeben.
Outplacement
Diese vom Unternehmen finan- Portallösungen
1,7 Mrd.
zierte Dienstleistung verfolgt Umschreibung für das Angebot
das Ziel, die sozialen Folgen von von webbasierten Portalen und
Entlassungen abzufedern und E-Sourcing-Lösungen, die das
ausscheidende Mitarbeiter bei Ressourcen-Management und
der beruflichen Neuorientierung insbesondere die Beschaffung von
Euro setzten professionell zu unterstützen. (Freelancer-)Dienstleistungen
Personalbe- Managed Service
unterstützen.
ratungsunter- Providing (MSP)
Bei diesem Service managt und
Projektmanagement
Eine Beratertätigkeit, die im Be-
nehmen im koordiniert ein unabhängiger reich des Personalmanagements
Jahr 2014 in Anbieter den gesamten flexiblen
Personalbedarf. Der Provider unter-
das Ziel hat, Unternehmen bei
der Auslagerung von Arbeitsab-
Deutschland stützt den Kunden bei der Auswahl, läufen zu unterstützen.
um – ein Bewertung und Steuerung von
Dienstleistern. Professional Search
Zuwachs von Management-
Ein Fachbegriff, der die Suche
5,7 Prozent im Development
und Rekrutierung qualifizierter
Mitarbeiter sowie erfahrener Fach-
Vergleich zum Sammelbegriff, der alle Bereiche
der Personal- und Unterneh-
und Führungskräfte beschreibt.
Vorjahr
mensentwicklung berücksichtigt. TIME
Quelle: BDU Wesentliche Aspekte sind Aus- Eine Abkürzung für die zusam-
und Fortbildung, Förderung der menwachsenden Branchen
Unternehmensentwicklung, Telekommunikation (TK),
teilweise Organisations- und Informationstechnologie (IT),
Teamentwicklung. Medien und Entertainment.
107
N E U E C H A N C E N     J O B W EC H S E L
Ich bleib
dann mal da
Für die Karriere umziehen? Vielleicht sogar ins
Ausland? Oder doch lieber pendeln? Das moderne
Mantra der Mobilität geht an der Realität vorbei.
Nicht immer zahlt sich ein Umzug aus
D
ie Wochenenden verbringt
Hartmut Winkler gern zu
Hause im Garten. „Ein herr-
liches Grundstück, man
hört keinen Straßenlärm, nichts –
ich finde es kolossal schön
hier“, schwärmt der 47-Jährige.
Vor sieben Jahren kam der pro-
movierte Maschinenbauer mit
seiner Familie von Dresden auf
die Schwäbische Alb. Wo Tutt-
lingen liegt, musste er erst mal
bei Google nachschauen: ein
Städtchen an der Donau, einge-
bettet in eine wirtschaftsstarke
Region. Allein 400 Betriebe aus
der Medizintechnik haben hier
ihren Sitz. Trotzdem: Für einen
Stadtmenschen wie Winkler ist
das baden-württembergische
Nest Provinz.
„Tuttlingen ist in the middle of
nowhere“, sagt Winkler, „aber
das moderne Firmengebäude
hat schon beim Bewerbungs-
gespräch Eindruck auf mich
108
gemacht.“ Weil Jobprofil und
Konditionen passten, wechselte
der damals 40-Jährige von der
Qualifi- Wissenschaft in die Wirtschaft
und zog mit seiner Frau Anna
zierte Schaich und der Tochter um. Er
stieg als Konstrukteur bei einem
Stellen sind weltweit führenden Hersteller
rarer und
von Klimasimulationsschränken
ein und avancierte zwei Jahre
erfordern später zum Gruppenleiter in der
Produktentwicklung.
daher eine Für einen attraktiven Job um-
ziehen? Kein Thema, möchte
stärkere man in unserer von beruflicher
Mobilität“ Mobilität geprägten Arbeitswelt
vermuten. Ein Auslandsaufent-
halt hier, überfüllte Pendler-
JULIANE LAND-
MANN, BERTELS- züge dort, Jobwechsel von ei-
MANN STIFTUNG nem Standort zum anderen und
immer auf dem Sprung für den
nächsten Karriereschritt – Flexi-
bilität gehört zu den Konstan-
ten in jeder Jobbeschreibung.
Allein: Viele Arbeitnehmer in
Deutschland sind nicht bereit,
für einen Job wegzuziehen. Et-
liche Studien zeigen überein-
stimmend, wie ausgeprägt die
regionale Verbundenheit auch
in Zeiten der Globalisierung ist.
Sogar die jüngere Generation Y
steht den anderen Altersgruppen
in puncto Heimatverbundenheit
in nichts nach: Laut einer Forsa-
Umfrage möchten 45 Prozent der
unter 30-Jährigen an ihrem ak-
tuellen Wohnort bleiben. 24 Pro-
zent der Befragten würden in
der Region umziehen, nur sieben
Prozent innerhalb Deutschlands.
Eine entscheidende Rolle spielt
Fotos: Michela Morosini für FOCUS-Spezial
dabei der Abschluss. „Qualifi-
zierte Stellen sind rarer und er-
fordern daher eine stärke Mobi-
lität“, sagt Juliane Landmann,
Projektleiterin bei der Bertels-
mann Stiftung. Die promovierte
Politikwissenschaftlerin betreute
eine repräsentative Bevölke-
rungsumfrage zu beruflicher
Mobilität. Fazit: „Wer den
FOCUS-SPEZIAL
Ausgependelt:
Monika Steilen darf
nach acht Jahren
Pendelei mit dem
Rad zur Arbeit fahren
109
N E U E C H A N C E N     J O B W EC H S E L
Absprung einmal gewagt hat,
zieht für den Job auch häufiger
um.“
Galten Jobwechsel, vor allem
internationale, vor wenigen Jah-
ren noch als Beschleuniger auf
dem Weg nach oben, zeigt sich
heute ein ganz anderes Bild. Vor
allem Auslandsaufenthalte wer-
den inzwischen eher als Karriere-
blocker gesehen. Oft wartet nach
der Rückkehr nicht mehr die
nächsthöhere Position, sondern
eine verschlankte Zentrale.
„Die Wahrscheinlichkeit, auf
eine adäquate Stelle zurückzu-
kehren, ist gesunken“, sagt Per-
sonalberater Andreas Knodel,
Mitglied der Geschäftsführung
bei Kienbaum New Placement.
„Das hat sich herumgespro-
chen.“ Zu den wichtigsten Grün-
den für den Umzug ins Ausland
zählen laut Bertelsmann Stiftung
die Aussicht auf bessere Karri-
erechancen, bereits vorhandene
Auslandserfahrung und persönli-
che Entwicklungsmöglichkeiten.
Innerhalb Deutschlands erfolgt
der Umzug meistens für eine
110
UMZUGSMUFFEL UND SCHOLLENHOCKER
Wie weit würden Sie für einen neuen Job umziehen?
So lautete die Frage. Nur acht Prozent halten einen Umzug
innerhalb Deutschlands für vorstellbar
43 %
maximal innerhalb
der eigenen Stadt
Quelle: Forsa, 2014
unbefristete Stelle. Richtig gern
verlassen jedoch die wenigsten
ihr vertrautes Umfeld.
„Es ist eher ein Müssen“, stellt
Arbeitsmarktexpertin Juliane
Landmann fest. Die gesellschaft-
lichen Auswirkungen sieht die
Sozialwissenschaftlerin kritisch:
„Die immer häufiger geforderte
Umzugsbereitschaft erschwert
langfristige soziale Bindungen.“
Anna Schaich, die Ehefrau
von Hartmut Winkler, erlebt das
genauso. Als ihre kleine Toch-
ter kürzlich fragte, wie oft sie
schon umgezogen sei, musste
die Mutter erst einmal nachzäh-
len. Achtmal hat sie schon den
Wohnort gewechselt. Als Kind
24 %
innerhalb der eigenen
mit den Eltern, fürs Studium, oft
auch für den Job. Von Kiel über
Region (200 km) das Rheinland bis Sachsen hat
die 44-Jährige an den verschie-
densten Orten in Deutschland
gelebt.
8% Der Umzug nach Tuttlingen
im gesamten
Bundesgebiet war dennoch eine Zäsur: „Ich
bin das erste Mal mitgegangen.“
Der Wechsel passte gerade ganz
gut ins Leben. Ihr Baby war
ein halbes Jahr alt, die Familie
kaufte sich ein Haus und star-
tete neu. Beruflich musste die
promovierte Kunsthistorikerin
sehr zurückstecken. „Uns war
Von Dresden in die klar, dass es nach dem Um-
Provinz: Hartmut zug schwierig werden könnte“,
Winkler und Anna räumt ihr Mann Hartmut Wink-
Schaich zogen ler ein. „Trotzdem haben wir das
für den Job nach total unterschätzt.“
Tuttlingen Anna Schaich machte sich
selbstständig und pendelt heute
zweimal die Woche nach Frei-
burg, wo sie eine Viertelstelle
am Museum hat. Die berufliche
Veränderung, die für ihren Mann
so glatt verlief, gestaltet sich bei
ihr schwieriger. „Es ist mühsam“,
stellt sie fest. „Ich sehe inzwi-
schen, dass Kollegen, die beruf-
lich aufsteigen, eher diejenigen
sind, die nicht so oft umziehen.“
Woran das liegen könnte? „Sie
bleiben in vertrauten Struktu-
ren oder kommen nach einer
gewissen Zeit zurück und nut-
zen alte Kontakte“, sagt Schaich.
Fotos: Heinz Heiss für FOCUS-Spezial
„Sie verbrauchen nicht so viel
Energie, weil sie sich nicht im-
mer wieder was Neues aufbauen
müssen.“
Diese Einsicht scheint sich ver-
stärkt durchzusetzen. „Früher
war es ganz klar, dass die Familie
bei einem Jobwechsel mitzieht“,
sagt Kienbaum-Berater Andreas
FOCUS-SPEZIAL
Knodel. „Das hat sich komplett
verändert.“
Oft lautet die Alternative: Ein
Elternteil geht, investiert die
Gehaltserhöhung in ein Appar-
tement am Arbeitsort, handelt
einen Tag Home-Office aus und
pendelt. Und die Familie bleibt,
wo sie ist.
So etwas macht man nur für
einen wirklich guten Job. Unter-
nehmen müssen sich also etwas
einfallen lassen, um qualifizierte
Kräfte zu einem Wechsel zu be-
wegen. Ein besseres Gehalt al-
lein reicht dafür nicht. „Der Job
muss vor allem inhaltlich interes-
sant sein“, beobachtet Karriere-
berater Knodel. „Und das Umfeld
muss für beide Partner passen.“
Früher war es klar, dass die
ganze Familie bei einem
Jobwechsel mitzieht. Das hat
sich verändert“
ANDREAS KNODEL, KIENBAUM
Einen Wertewandel beobachtet
auch Gero Hesse, Experte für
Human Resources und Mitglied
der Geschäftsleitung der Medi-
enfabrik Gütersloh. Die Zeiten,
in denen man blindlings seine
Siebensachen gepackt habe,
um einen neuen Job antreten
zu können, nähern sich aus sei-
ner Sicht dem Ende. „Arbeiten
soll dem Leben dienen, und dazu
zählt auch das passende soziale
Umfeld, die Nähe zu Freunden
und Familie.“
Die Münchner Diplom-Kauf-
frau Monika Steilen hatte ge-
meinsam mit ihrem Mann sehr
genau überlegt, ob die Familie
ihren Lebensmittelpunkt für den
neuen Job nach Rosenheim ver-
lagern sollte. „Wir haben uns
dagegen entschieden“, sagt sie.
FOCUS-SPEZIAL
Trotzdem trat die heute 51-Jäh-
rige vor acht Jahren eine Stelle
als Leiterin der Unternehmens-
kommunikation bei der Rosen-
heimer Steelcase Werndl AG
an – und begann zu pendeln.
Morgens mit dem Auto nach
Rosenheim, abends zurück. Zig-
tausende Kilometer jedes Jahr.
Steilen macht das Beste draus.
Während der Autofahrt hört sie
Radio oder legt Hör-CDs ein.
„Das ist meine Auszeit, die ge-
nieße ich!“
Das Unternehmen kam der
neuen PR-Leiterin entgegen.
Dienstags Home-Office, freitags
frei, auf dieser Basis ließ sich
der Familienalltag einrichten.
„Wenn man so einen Job macht
und kleine Kin-
der hat, braucht
man ein gut
funktionieren-
des Netzwerk“,
betont die zwei-
fache Mutter.
Freunde, die
auch mal den
Fahrdienst über-
nehmen, eine
Umgebung, in
der sich die Kin-
der wohlfühlen,
und Plätze im
Hort. Den hatte
Monika Steilen sogar mitgegrün-
det. „Diese Infrastruktur war der
entscheidende Punkt, der gegen
einen Umzug sprach.“
Inzwischen stellt sich auch bei
ihr eine gewisse Pendelmüdig-
keit ein, schwere Unfälle auf der
Strecke häufen sich. „Vor allem
morgens ist das stressig, wenn
ein Meeting ansteht.“ Doch ein
Ende ist in Sicht. Am Münchner
Königsplatz baut Steelcase eine
neue Dependance, auch Steilens
Team wird bald dort angesiedelt
sein. Schon jetzt radelt Steilen
an lauen Frühlingstagen quer
durch den Münchner Westen
zur Arbeit. „Für mich ist das ein
Traum“, schwärmt sie. „Arbeiten
in der Stadt, in der ich lebe.“ 
GUNDA ACHTERHOLD
111
N E U E C H A N C E N   F I R M E N -A K A D E M I E N
Campus für
Kollegen
Mit firmeneigenen Akademien stellen
Unternehmen die berufliche Weiterbildung
auf ein neues Fundament. Der Trend
geht zu kleinen Info-Einheiten und der
Abrufbarkeit bei Bedarf
A
uf dem Campus ist es
an diesem Vormittag
mucksmäuschenstill.
Die nächsten Vorle-
sungen beginnen in
4000
wenigen Tagen. Erst
dann werden die vie-
len kleinen Kojen und Arbeits-
ecken wieder voller Leben sein.
Nur ganz hinten, in einem ver-
glasten Arbeitsraum am Ende
des Flures, beugen sich zwei
junge Frauen tief über die Bü-
cher. Die Studentinnen Roya und
Martje nutzen die ruhige Zeit,
um sich auf das nächste Aus-
bildungsmodul vorzubereiten.
Um sie herum herrscht ein wil-
des Durcheinander aus Stiften,
Ordnern und Taschenrechnern.
„Statistik!“, seufzt Roya und
blickt von ihren Unterlagen auf.
Martje lacht. „Langweilig wird
es uns nicht.“
112
Im Herbst 2015 ging die Ho-
telkette Motel One mit einem
Bachelor-Studiengang für Tou-
rismuswirtschaft an den Start,
Partner ist die Internationale
Hochschule Bad Honnef – Bonn
(IUBH). Die Ausbildung ist dual
aufgebaut. Praktische Phasen an
den Häusern von Motel One al-
ternieren mit Studienmodulen
firmeneigene
am zentralen Standort in Mün-
chen. „Diese Abwechslung ist
Akademien gut“, finden Martje und Roya,
die dem ersten Jahrgang ange-
existieren
hören – und einer stetig wach-
senden neuen Lerngruppe.
weltweit Corporate Academies liegen
im Trend. Immer mehr Unter-
nehmen setzen auf firmeneigene
Talentschmieden – von Google
über McDonald’s bis hin zu
Volkswagen und Adidas. Schät-
zungen zufolge liegt die Zahl
firmeneigener Akademien bei
über 4000, Tendenz steigend.
Die Vielfalt der Modelle ist groß.
Das Spektrum reicht von inner-
betrieblicher Weiterbildung bis
hin zu forschungsgetriebenen
Hochschulkooperationen.
„Wir wollten einen Ort schaf-
fen, an dem sich Mitarbeiter aus-
tauschen und weiterentwickeln
können“, erklärt Kerstin Winkel-
mann, Head of Human Relations
bei Motel One. Der zertifizierte
Bachelor-Studiengang ist nur
eine Säule des Konzepts des
Fotos: Michela Morosini für FOCUS-Spezial
Hotellerie-Unternehmens. Etwa
80 Prozent der Weiterbildungs-
angebote umfassen Schulungen
für Mitarbeiter.
Während der Vorlesungszeit
an der Münchner Motel One
University wohnen die Teilneh-
mer im Hotel, essen gemeinsam
und kommen beim abendlichen
Campus-Cocktail in der
FOCUS-SPEZIAL
”
Das Tolle an
der dualen
Ausbildung ist
der Austausch
mit den Kolle-
gen – auch
aus anderen
Häusern“
MOTEL-ONE-
STUDENTIN MARTJE

Die Motel-One-Studentin-
nen Martje (l.) und Roya
während einer Lerneinheit
am firmeneigenen Campus
in München

FOCUS-SPEZIAL 113
N E U E C H A N C E N     F I R M E N -A K A D E M I E N
„Lounge Bar“ mit Führungs-
kräften aus dem Head Office ins
Gespräch. Eine Art beiläufiges
Praxismodul: „Die Wünsche der
Gäste kann ich jetzt viel besser
verstehen“, sagt Martje. „Weil
ich den Hotelbetrieb aus ihrer
Perspektive erlebe.“
Lebenslanges Lernen in einer
digitalisierten Welt, Führungs-
kräfteentwicklung, Nachwuchs-
bindung und die Vernetzung
von Mitarbeitern über Stand-
orte und Unternehmensbereiche
hinweg – das sind die Ziele, die
”
hinter der Gründung von Cor-
porate Universities stehen. „Im
besten Fall werden konzern-
eigene Academies zu einer
Quelle von Ideen und Innova-
tionen“, sagt Matthias Meifert,
Gründer und Geschäftsführer
der Managementberatung HR-
pepper in Berlin, die Firmen
bei der Gründung hauseigener
Lernstätten berät.
Pionierhaft ist aus Sicht Mei-
ferts das University Development
Center von General Electric, das
der HR-Stratege mehrfach be-
sucht hat. „Seit mehr als zehn
Jahren begegnen sich dort Men-
schen quer über Segmente und
Hierarchien des Konzerns hin-
weg und erleben eine gemein-
same Unternehmenskultur“, ist
Meifert begeistert.
Im Idealfall lernen sie auch
eine neuen Lernkultur kennen.
Denn die, davon ist der Ma-
nagementberater überzeugt,
entscheidet über den Erfolg der
114
Ein Ort des Lernens
und des Austauschs:
der Campus von Motel
One in München Personal-Akademien. Gefragt
seien, so Meifert, „neue Weiter-
bildungskonzepte. Wir müssen
Ausbildung stärker mit Erleb-
nissen kombinieren.“ Der klassi-
sche Unterricht in Klassen gehört
für ihn in die Mottenkiste.
Die Mitarbeiter des Sport-
artikelherstellers Adidas sahen
das genauso: Als zu eintönig,
zeitaufwendig und unflexibel
beurteilten sie die bestehenden
Weiterbildungsangebote des
Sportkonzerns in einer Mitarbei-
terumfrage. Die Adidas Group
reagierte auf die Ergebnisse und
ging 2014 mit dem Adidas Lear-
ning Campus live an den Start.
Auf der Internet-basierten
Lernplattform Learning Cam-
Im besten pus Online teilen rund 30 000
Mitarbeiter weltweit ihr Ex-
Fall werden pertenwissen mit anderen und
konzern-
eigene
Academies
zu einer
Quelle von
Ideen und
Innovation“
MANAGEMENT-
BERATER
MATTHIAS MEIFERT
werden dabei ganz nebenbei
selbst zu Lehrern. In internen
sozialen Foren und Communi-
ties diskutieren und kooperieren
sie über alle Themen rund um
Job und Leben. E-Learning-An-
gebote, kurze Lernvideos, TED-
Talks oder Learning Kits zu be-
stimmten Themen ergänzen das
virtuelle Angebot.
„Gerade am Anfang hat mir
der Austausch in den Foren sehr
geholfen“, sagt Christina Hütt-
ner, Assistant Project Manager
im Marketing der Adidas Group
in Herzogenaurach. „Wenn ich
Fragen hatte, habe ich die ge-
postet und von erfahrenen
Kollegen sehr viel Feedback
bekommen.“
Was die 27-Jährige besonders
schätzt, ist die große Flexibili-
tät. „Unabhängig von Zeit und
Raum kann ich selbst bestim-
men, wann und wie lange ich
ein bestimmtes Angebot nutzen
will.“ Ein „Lieblings-Kit“, das
Usern über Blog-Einträge, On-
line-Artikel und kurze Videos
Tipps zu Präsentationstechniken
gibt, nutzt sie besonders häufig.
„Ab und zu schaue ich mir ein
Video noch mal an und frische
mein Wissen auf.“
Ganz ohne echte Kommuni-
kation von Angesicht zu Ange-
sicht geht es aber offenbar auch
bei Adidas nicht. Wie viele ihrer
Kollegen steuert Hüttner regel-
mäßig das „Shed“ am Firmensitz
in Herzogenaurach an. So nennt
sich das kleine, fast ständig aus-
gebuchte Häuschen, in dem sich
Mitarbeiter zum Gespräch ver-
sammeln können. Bunte Hocker,
offene Atmosphäre und der Duft
nach frischem Kaffee: Trainer
nutzen den Raum als Anlauf-
punkt für Mini-Workshops oder
Präsentationen, Teams kommen
hier in kleinen Gruppen zu in-
formellen Meetings und Brain-
stormings zusammen.
„Wir wollen einen Kulturwan-
Fotos: motel one
del“, sagt Adidas-Managerin
Susanne Dolderer, die das Kon-
zept des Learning Campus mit-
entwickelt hat. Die Generation Y
FOCUS-SPEZIAL
 Lässige Studienumgebung:
Bei Adidas trifft man sich
im „Shed“, einem offenen
Raum für Seminare und
Diskussionen
stelle auch an die Weiterbildung
neue Anforderungen. „Diese
Menschen sind mit Internet und
Smartphones aufgewachsen,
ihre Aufmerksamkeitsspanne ist
kurz“, beobachtet die Learning
Managerin.
Bei Adidas trägt man dem Phä-
nomen mit „Learning Nuggets“
Rechnung – leicht verdaulichen
Lern-Häppchen also. Soge-
nannte Fokus-Workshops dau-
ern maximal drei Stunden und
können online vor- sowie nach-
bereitet werden.
Auch ein Abstecher zu den
„Speaker Series“ im zentralen
Firmengebäude lässt sich zeit-
lich einplanen. Nach dem Vor-
bild der TED-Talks sprechen
Redner dort kurz und prägnant
über ihr Thema. Die Beiträge,
mitunter auch solche von Sport-
helden wie Fußballstar Thomas
Müller, werden aufgezeichnet,
Fotos: adidas
auf die Plattform gestellt und
können von allen Mitarbeitern
weltweit angeklickt werden.
FOCUS-SPEZIAL
Weltumspannende Weiterbil-
dung – es scheint, als seien ei-
nige der Corporate Universities
konzeptionell hier schon deut-
lich weiter als manche reguläre
Hochschule.
„Wir setzen sehr fantasievolle
Lernformen ein“, berichtet Ralph
Linde, Leiter der VW Group Aca-
demy. Ein Pilotprojekt bei Skoda
etwa erlaubt es den Teilnehmern
eines Sprachtrainings, in einer
virtuellen Welt anderen Sprach-
schülern zu begegnen, mit de-
nen sie Ausstellungen besuchen,
ins Café gehen und sich aus-
tauschen.
„Die mediale Vermittlung von
Inhalten“, ist Linde überzeugt,
„wird sich in den nächsten Jah-
ren stark verändern.“ Lindes
Team organisiert die Bildungs-
aktivitäten über alle Marken
und Standorte des Konzerns
hinweg – von der Ausbildung
bis ins Management. In einer
digitalisierten Welt veränderten
sich Kompetenzanforderungen
”
extrem schnell, so Linde. „Was
ich an der Uni oder in der Fach-
ausbildung gelernt habe, reicht
nicht mehr ein Leben lang.“ Das
Bildung Thema Weiterbildung werde für
Unternehmen daher strategisch
wird zu immer essenzieller.
Bundesweit bringt VW an
etwas, das fachbezogenen Akademien Ex-
man dann perten aus aller Welt zusammen,
die ihr Wissen weitergeben. An
bekommt, der 2002 in Wolfsburg gegründe-
ten AutoUni werden Zukunfts-
wenn man themen auf wissenschaftlicher
es braucht“
Ebene angegangen. „Unser Ziel
ist es, dieses gesammelte Know-
RALPH LINDE, how auf internationaler Ebene
LEITER DER VW zu vernetzen und allen Mitar-
GROUP ACADEMY beitern zugänglich zu machen“,
erklärt Linde seine Vision.
Für den Leiter der VW Group
Academy verläuft die Entwick-
lung vom Push- zum Pull-Prin-
zip. „Bildung wird zu etwas, das
man dann bekommt, wenn man
es braucht.“ 
GUNDA ACHTERHOLD
115
N E U E C H A N C E N     Z E I TA R B E I T

Mehr als nur

ein Job auf Zeit
Studenten, Hochschulabsolventen und Akademiker sind
bei Zeitarbeitsfirmen beliebt. Während die einen auf diesem
Weg sehr flexibel ihr Studium finanzieren, nutzen andere die
Leiharbeit als Sprungbrett in die Festanstellung

77 I
n Sachen Karriereplanung
fühlte sich Matthias Krug
stets auf der sicheren Seite.
Der angehende Wirtschafts-
000 ingenieur hatte alles so gemacht,
wie es Karriereratgeber gern
Akademiker beschreiben: Ingenieurwissen-
sind derzeit schaften an einer renommier-
ten Uni studiert, die Masterarbeit
bei einer bei einem Konzern geschrieben,
Zeitarbeits- der ihm auch gleich die erste
firma be- Festanstellung in Aussicht ge-
stellt hatte.
schäftigt Doch das Leben hält sich nicht
immer an den Masterplan. Als
Krug im April 2015 sein Ab-
solventen spezialisiert hat. „Auf
gut Glück schrieb ich eine Be-
werbung, wenige Wochen darauf
hatte ich meinen ersten Arbeits-
tag bei einer Beratungsfirma, die
Unternehmen der Automobilin-
dustrie bei der Optimierung von
Entwicklungsprozessen berät“,
erinnert sich der heute 27-Jäh-
rige. Weil Krug sich in seinem
ersten Job bestens bewährte,
bot ihm die Firma bereits vier
Monate später eine unbefristete
Festanstellung an.
Karrieresprungbrett Zeitarbeit?
Nicht immer klappt die Über-
Das Angebot an freien Stellen in
der Arbeitnehmer-Überlassung
ist groß: Rund ein Drittel der
bei der Bundesagentur für Ar-
beit gemeldeten Stellen sind in
der Zeitarbeit; davon sind rund
3600 für Akademiker ausge-
schrieben. Auf die Vermittlung
von Akademikern spezialisierte
Personaldienstleister buhlen ak-
tiv um Nachwuchsakademiker
und bieten Tausende offene Stel-
len vor allem für Ingenieure und
IT-ler sowie für Mitarbeiter im
Management und Gesundheits-
wesen. Allein seit 2013 erhöhte
Foto: Bernhard Huber für FOCUS-Spezial

schlusszeugnis in den Händen
hielt, kam alles ganz anders: Der
Konzern hatte umstrukturiert,
aus dem geplanten Jobeinstieg
wurde nichts. Über einen Be-
kannten erfuhr Krug von einer
Zeitarbeitsfirma, die sich auf die
Arbeitnehmer-Überlassung von
Studenten und Hochschulab-
nahme so mustergültig wie bei
Wirtschaftsingenieur Matthias
Krug. „Teilweise nehmen junge
Akademiker in der Zeitarbeit
auch minderqualifizierte Jobs
an – und laufen Gefahr, damit
beruflich aufs Abstellgleis zu
geraten“, sagt die Hamburger
Karriereberaterin Svenja Hofert.
sich der Akademikeranteil in der
Zeitarbeit um knapp 20 Prozent.
Rund 77 000 Akademiker sind
aktuell bei einer Zeitarbeitsfirma
beschäftigt.
Der Bedarf an flexiblen Job-
Hoppern mit akademischem Ab-
schluss wächst. „Die Strukturen
in Unternehmen wandeln

116 FOCUS-SPEZIAL
 „Ohne den Umweg
Zeitarbeit wäre
ich nie auf meinen
jetzigen Arbeitgeber
gestoßen, weil ich
anfangs nur die
großen Konzerne auf
dem Schirm hatte“
WIRTSCHAFTSINGENIEUR
MATTHIAS KRUG

Über eine Zeitarbeits-

firma fand Matthias
Krug seinen Job
bei einer Beratungs-
firma, die Unter-
nehmen der Auto-
mobilindustrie berät

FOCUS-SPEZIAL 117
Studentin Sabrina Kutschera
arbeitet vier- bis fünfmal im
Monat als Servicekraft bei
Events – vermittelt über eine
Zeitarbeitsfirma
sich, das Projektgeschäft nimmt
zu – und als Folge werden auch
die Einstiegswege in den Ar-
beitsmarkt bunter“, erläutert
Karriere-Coach Hofert. Die Vor-
behalte vieler Jobeinsteiger, die
fürchten, dass sich die Zeitarbeit
negativ in ihrer Vita macht, hält
Hofert für häufig verfehlt. „Wer
keine Top-Abschlussnoten hat,
landet bei den namhaften Kon-
zernen oft automatisch auf dem
Ablehnungsstapel. Über den
Umweg Zeitarbeit haben auch
solche Kandidaten die Chance,
sich über einen Projekteinsatz im
Job zu bewähren – und letztlich
übernommen zu werden.“
Zum Dauerzustand freilich
sollte die Zeitarbeit für ambi-
118
tionierte Jobeinsteiger nicht
werden, warnt die Autorin zahl-
reicher Karriereratgeber. „Spä-
testens nach zwei bis drei Jahren
bei einem Zeitarbeitsunter-
nehmen ist es ratsam, den nächs-
ten beruflichen Schritt zu ge-
hen – gerade wenn man langfris-
tig auch Führungsverantwortung
übernehmen will.“
Ex-Zeitarbeiter Matthias Krug,
der über den Vermittler Acade-
mic Work in den ersten Job fand,
hat den Absprung in Rekordzeit
geschafft. Heute begleitet er im
Auftrag seines neuen Arbeitge-
bers Prozesswerk die Entwick-
lung neuer Anzeigefunktionen
in Testfahrzeugen – eine Tätig-
keit ganz nach seinen Vorstel-
„Teilweise nehmen
junge Akademiker in
der Zeitarbeit auch
minderqualifizierte lungen. „Ohne
den Umweg Zeit-
Jobs an – und laufen arbeit wäre ich
Gefahr, damit beruf- nie auf meinen
jetzigen Arbeitge-
lich aufs Abstellgleis ber gestoßen, weil
zu geraten“ ich nur die großen
Konzerne auf dem
SVENJA HOFERT, Schirm hatte“,
KARRIEREBERATERIN
sagt er. Dennoch
Foto: Jonas Ratermann für FOCUS-Spezial
war für den ge-
bürtigen Bayern von Anfang an
klar, dass die Etappe eine kurze
bleiben sollte: „Mein Vertrag bei
dem Personaldienstleister war
auf ein Jahr befristet – und da-
nach wollte ich den Absprung
aus der Arbeitnehmer-Überlas-
sung in eine gute Festanstellung
spätestens geschafft haben. Die
FOCUS-SPEZIAL

Übernahme erfolgte bereits vor
Ablauf der Probezeit.“
Die Chancen, als Leiharbeiter
einen Fuß in die Tür zu bekom-
men und sich für eine Festanstel-
lung in der Stammbelegschaft
zu qualifizieren, stehen Exper-
tenmeinungen zufolge nicht
schlecht: Zwischen 20 und 30
Prozent der Zeitarbeiter, das zei-
gen Erfahrungswerte, werden
von ihren Auftraggebern fest
übernommen. Bei Akademikern
sei dieser sogenannte Klebe-
effekt je nach Fachrichtung und
Spezialisierung sogar deutlich
höher, sagt Hartmut Lüerßen,
Partner bei der Management-
beratung Lünendonk, die re-
gelmäßig den Zeitarbeitsmarkt
in Deutschland analysiert. „Von
den Ingenieuren, die einen En-
gineering-Personaldienstleister
verlassen, wechseln gut zwei
Drittel zu dem Unternehmen, bei
dem sie gerade eingesetzt sind.“
Ähnliches ist von Seiten der
Personaldienstleister zu hören.
„Rund 80 Prozent der Young Pro-
fessionals wechseln bereits nach
sechs bis zwölf Monaten Zeit-
arbeit direkt in ein festes Ar-
beitsverhältnis“, sagt Magnus
Wikström, Geschäftsführer von
Academic Work Germany, die
sich auf die Vermittlung von Stu-
denten und Akademikern spe-
zialisiert haben.
Nicht selten stiegen junge
Akademiker über den Umweg
Zeitarbeit sogar direkt in eine
höhere Position ein, „weil sie
schon on the Job beweisen konn-
ten, was sie können“, berichtet
Ralph Niederdrenk, Zeitarbeits-
experte bei der Unternehmens-
beratung PricewaterhouseCoo-
pers (PwC). Aus seiner Sicht ist
die Zeitarbeit für das Gros der
Unternehmen längst ein etab-
liertes Personalbeschaffungsins-
trument, um engagierte Nach-
wuchskräfte zu rekrutieren und
Stoßzeiten zu überbrücken.
Auch der hessische Lebensmit-
telhersteller und Event-Caterer
Feinkost Dittmann setzt seit ei-
nigen Monaten regelmäßig stu-
FOCUS-SPEZIAL
N E U E C H A N C E N     Z E I TA R B E I T
„80 Prozent der dentische Zeitar-
beiter ein. „Damit
vorbereite oder ein paar Termine
mehr annehmen, wenn ich für
Young Professionals können wir Auf- den nächsten Urlaub spare.“
wechseln nach sechs tragsspitzen und
Engpässe flexi-
Gegen Ende des Studiums lie-
ßen sich zudem über die Zeitar-
bis zwölf Monaten bel ausgleichen“, beit erste wertvolle Kontakte zu
Zeitarbeit direkt vom sagt Tamara Klein, Unternehmen knüpfen, ist Ben-
Leiterin Event jamin Roos, Gründer und Ge-
Kunden in ein festes bei Feinkost Ditt- schäftsführer bei Studitemps,
Arbeitsverhältnis“ mann. überzeugt. Um auf die wach-
Sabrina Kut- sende Nachfrage der Unterneh-
MAGNUS WIKSTRÖM, GESCHÄFTS-
schera ist solch men nach jungen Akademikern
FÜHRER ACADEMIC WORK
eine flexible Zeit- zu reagieren, hat die Kölner Zeit-
arbeiterin. Die 20- arbeitsfirma gerade ihr Angebot
Jährige studiert im zweiten Se- ausgeweitet und vermittelt seit
mester Geowissenschaften an Kurzem auch Absolventen direkt
der Universität Frankfurt und in eine Festanstellung.
jobbt bei dem Anbieter Studi- Bleibt die Frage nach der Be-
temps, der sich auf die Vermitt- zahlung. Hier hapert es wei-
lung von studentischen Zeitar- terhin. Zwar sind Leiharbeiter
beitern spezialisiert hat. Vier- bis per Gesetz mit der Stammbe-
fünfmal im Monat ist Kutschera legschaft gleichgestellt, ihr Ge-
als Servicekraft auf verschiede- halt richtet sich nach den Bran-
nen Events im Einsatz. Flexibi- chentarifverträgen. Mit einem
lität und Abwechslung machen tariflichen Einstiegsgehalt in
für die Hessin den Reiz der Zeit- der Zeitarbeit zwischen 2500
arbeit aus: „Ich kann jederzeit und knapp 2900 Euro liegen
ein paar Wochen aussetzen, die Akademiker aber unter dem
wenn ich mich auf Klausuren Level von durchschnittlich 3200
Euro. „Gesuchte Spezialisten
wie beispielsweise Ingenieure
oder IT-Experten werden in der
Regel genauso und teilweise so-
BRANCHEN, DIE AUF ZEITARBEIT SETZEN gar besser bezahlt als entspre-
chende Stamm-Mitarbeiter“,
Vor allem in den Bereichen Verkehr, Logistik und sagt Julia Große-Wilde, stellver-
Sicherheit sowie in der Metall- und Elektrobranche tretende Hauptgeschäftsführerin
vertrauen Unternehmen auf Leiharbeiter des Bundesarbeitgeberverbands
der Personaldienstleister (BAP).
Auf die Dauer bleiben viele
Verkehr, Logistik, Akademiker allerdings finanzi-
Schutz und Sicherheit ell in der Zeitarbeit hinter ihren
289 000 Möglichkeiten zurück, wie die
Metall- und Elektro Zahlen der Bundesagentur für
Arbeit zeigen: Danach verdie-
übrige Fertigungsberufe,
Landwirtschaft nen Spezialisten und Experten
in Arbeitnehmer-Überlassung
unternehmens-
organisatorische
282 000 im Schnitt rund 1000 Euro we-
niger im Monat als ähnlich qua-
Dienstleistungen lifizierte Arbeitnehmer auf dem
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
Bau, Architektur, regulären Arbeitsmarkt.
Naturwissenschaften 119 000 Umso glücklicher sind jene, die
die Leiharbeit als Sprungbrett
Gesundheit, Soziales, 81 000 zur Festanstellung nutzen kön-
Erziehung, Wirtschafts- nen – ein kleiner Gehaltssprung
und Geisteswissenschaften 69 000
ist dabei meist möglich. 
69 000
kaufmännische Dienst-
leistungen und Tourismus 51 000 KATJA STRICKER
119
 Präsenz sonstige Services Bereiche3

Liste Zeitarbeit

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Randstad Gruppe Eschborn 550 E 4400 ca. 55 000 l l l l l l

Adecco Düsseldorf 130 E 5000 ca. 37 300 l l l l l l

Manpower Eschborn 360 E 3100 20 000 l l l l l l l

Persona Service Lüdenscheid >190 E 2 19 000 k. A. k. A. l l k. A. l l l l

DIS Düsseldorf 158 K 5100 k. A. l l l l l l l l

Amadeus FiRe Frankfurt am Main 19 – – ca. 2300 l l l

Job AG Personaldienstleistungen Fulda 72 – – 4800 l l l l l l l l

ZAG Personal & Perspektive Hannover >100 – – >10 000 l l l

Tuja Düsseldorf >120 – – >18 000 l k. A. l k. A. l l l l

Hays Temp Düsseldorf 14 E 234 2800 l l l l l l

Dekra Arbeit Stuttgart 102 E/K 24/51 ca. 8700 l l l l l l l l l

Hofmann Personal Nürnberg 89 E 28 16 500 l l l l l l l l l

Arwa Personaldienstleistungen Nieder-Olm 97 – – 3500 l l l l

Unique Personalservice München 86 – – k. A. l l l l

TimePartner Group Hamburg ca. 100 – – >6500 l l l l l l

Trenkwalder München 40 E 260 ca. 11 000 l l l l l l l l l

Brunel Bremen 44 E 65 2600 l l

Orizon Augsburg 70 – – 8000 l l l l

Buhl Augsburg 52 – – ca. 3500 l

Tempton Group Essen 80 – – 5000–6500 l l l l

Hoffmann Personaldienstleistungsgruppe Oberhausen 9 – – k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. l l

Runtime Bremen 42 E/K 10/3 4250 l l l l

7S Group Jena >200 k. A. k. A. ca. 7300 l l l l l l l l l

Kelly Services Hamburg 7 E/K 31/9 1100 l l l l l

rh – Robert Half Deutschland Frankfurt am Main 11 E 400 k. A. l

Accurat Bernau (b. Berlin) 42 E 2 k. A. l k. A. l l l l l l l

Activjob Dresden 4 – – 150 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. l l

Bankpower Frankfurt am Main 10 – – 1500 l l l l l l

Arbeit und Mehr Hamburg 2 – – 2400 l

AB Zeitpersonal Oberhausen 43 – – k. A. l k. A. l k. A. k. A. k. A. l k. A. k. A.

Pluss Personalmanagement Hamburg 33 – – >5000 l l l l l l l l

Piening Personal Bielefeld 57 – – 5600 l l l l l l l l

Kötter Personal Service Essen >50 – – k. A. l l l l l

Dispo Personaldienstleistungen Göppingen 9 – – k. A. k. A. k. A. l k. A. k. A. l l k. A. l

Studitemps Köln 18 – – 3468 l l l l l

Gi Group Düsseldorf 38 E 500 k. A. l l

Poolia Deutschland Düsseldorf 7 E 13 2000 l l

START Zeitarbeit NRW Duisburg  29 – – 2500 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. l k. A. k. A. l

Argo Personal Hamburg 42 E 5 3200 k. A. k. A. l k. A. k. A. l l l

Zaquensis Aachen 55 – – ca. 4500 k. A. k. A. l k. A. l l l l l

Tempo-Team Offenbach 56 K 260 2250 l l l l

120 1 ı   E = eigene Standorte, K = Kooperationsnetzwerk;   2 ı   Begriffserläuterung siehe Glossar Seite 107;   3 ı   Schwerpunkte der Vermittlung;   k. A. = keine Angaben FOCUS-SPEZIAL
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Alphaservice Personalmanagement Kiel 3 – – k. A. l k. A. k. A. k. A. k. A. l l l

GVO Personal Osnabrück 24 E 2 ca. 4000 l l l

Nextime Regensburg 5 – – 360 l l l l l

Tecops Personal München 12 – – 1300 l l l l

Iperdi Weinheim 55 – – 4000 l l l l l

Timecraft Nürnberg 12 – – 875 l l l l l l

AMG Personal Management Münster 12 – – 1000 l l l l l l

Cavallo Ansbach 15 E 1 1150 l l l l l l

Aktiv Personal-Service Berlin 23 – – >2000 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. l l l l

DB Zeitarbeit Berlin 15 – – 2400 l l l

Office People Personalmanagement Beckum 64 – – 3000 l l

Akzent Personaldienstleistungen Berlin 14 – – k. A. l k. A. l k. A. k. A. l l l

Impact Group Mannheim 15 – – 3500 l l l l l l l

Teilzeit Thiele Minden 25 – – 2000 l l l l

Meteor Personaldienste Köln 16 – – 2000 l l l l l

Olympia Personaldienstleistungen Weeze 18 K 24 1400 l l l l

GeAT (zugehörig zur Meyer Gruppe) Erfurt 15 K 1 1400 l l l l l l l l l

Mondi - DIE Personalagentur Esslingen am Neckar 15 K 3 1100 l l l l l

Diwa Personalservice München 23 E 6 3250 l l l l l l l l

a/m/e Freiburg 4 – – k. A. k. A. k. A. l k. A. l l l

Quelle: Statista
Jobpower Hamburg 6 – – 650 l l l l l l l

Absolut PersonalManagement Siegburg 6 E 1 780 l l l l l l

Bader Kara Personalservice Leipzig 6 E/K 1/2 300 l l l l l

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7 Fragen
AN DEN PLEITE-ERFAHRENEN EVENT-VERANSTALTER CLAUDIUS HOLLER
Claudius Holler
38, Flop-Experte
Ruhe
bewahren
Seit 2015 veranstaltet
der Hamburger Unternehmer
und Event-Manager sogenannte
„FuckUp Nights“ in der Hanse-
stadt. Menschen, die ein Projekt
oder ein Business massiv gegen
die Wand gefahren haben, dürfen
dort je sieben Minuten lang von
ihrer Bauchlandung berichten –
sehr zur Erbauung des Publikums.
Die Idee kommt aus Mexiko, Holler
und sein Kompagnon Daniel Plötz
haben die Lizenz für Hamburg er-
worben. Die nächste Pleite-Nacht
findet am 12. Mai statt.
122
Bei Ihren „FuckUp Nights“ berichten Pleitiers
von ihren Niederlagen. Warum zieht das so beim
Publikum?
Weil es ehrlicher ist als die meisten Busi-
ness-Veranstaltungen, die negative As-
pekte aussparen und deshalb unglaub-
würdig wirken. Uns ist es wichtig, auch
mal die andere Seite zu beleuchten. Fehler
gehören dazu.
Spielt Schadenfreude eine Rolle?
Eher weniger. Aber es darf durchaus un-
terhaltsam sein. Bei uns gibt es immer
viel zu lachen.
Wie bewegen Sie die Referenten dazu, vor
300 Leuten über den Bockmist zu sprechen,
den sie gebaut haben?
Das kostet keine Überredungskunst. In-
zwischen ist die Veranstaltung so populär,
dass die Leute gern auftreten. Für manche
ist dieser Auftritt auch Gelegenheit, inner-
lich mit ihrem Scheitern abzuschließen.
Was kann man von Pleitemachern lernen?
Die Ruhe zu bewahren und die Sache mit
Humor zu nehmen, wenn eh nichts mehr
zu reparieren ist. Zu wissen, dass sich
andere rausgearbeitet haben und keine
Situation ausweglos ist, stützt einen in den
eigenen existenziellen Krisen.
Welche Pleiten haben Sie schon hingelegt?
Mein ganzes Leben ist eine Verkettung
von Niederlagen. Die meisten waren eher
klein, vergeigte Projekte, so was in der Art.
Aber ich kenne auch die Panikattacken,
die man hat, wenn man mit 800 000 Euro
Schulden dasteht.
Was hat Ihnen rückblickend am meisten
geholfen?
Der Rückhalt aus der Familie und dem
Bekanntenkreis und die Tatsache, dass
ich nicht aufgeben konnte. Ich habe mir
erlaubt, mir etwas Gutes zu tun und so
wieder Energie zu schöpfen. Das bringt
mehr, als sich der Panik hinzugeben.
Welche Lehre würden Sie den „FuckUp Night“-
Gästen mit auf den Weg geben?
Dass es gerade in Krisensituationen wich-
tig ist, alle Beteiligten zu involvieren. Oft
bietet sich die Lösung im Gespräch. Auch
mit Gläubigern. Es sind ja alle an einem
Happy End interessiert. be
Gehalt & Karriere 2016 – Nr. 27
FOCUS Magazin Verlag GmbH,
Arabellastraße 23, 81925 München,
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FOCUS-SPEZIAL „Gehalt & Karriere 2016“
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