Die SDAP hätte schon 1920 jedes Recht, rückblickend betrachtet die Pflicht gehabt, mit Streiks
und Waffengewalt gegen die antidemokratischen Umtriebe der Christlichsozialen vorzugehen.
Sie hätte jede militärische Konfrontation gewinnen können. Der führende Theoretiker der SDAP,
Otto Bauer, wusste, dass 1918 alle Macht bei den Arbeiter_innen und Soldatenräten lag. 1920
war diese Macht durch die konterrevolutionären Entwicklungen in Ungarn und Bayern
angeknackst, aber dennoch ungebrochen. Die linke Sozialdemokratin Ilona Duczyńska liefert in
ihrem Meisterwerk Der Demokratische Bolschewiki: Zur Theorie und Praxis der Gewalt eine
beeindruckende Schilderung davon, wie sich nach der Niederschlagung der ungarischen
Räterepublik ausgehend von den Soldatenräten Verteidigungskomitees, sogenannte
Arbeiterwehren, bildeten. In diesen waren an die 50.000 parteilose Arbeiter_innen,
Sozialdemokrat_innen, Kommunist_innen und Anarchist_innen organisiert. Der faschistische
Putschversuch von Mussolini in Italien 1922, demonstrierte die Notwendigkeit einer bewaffneten
Kampforganisation der Arbeiter_innenklasse. Nachdem sich die SDAP vor jeder
Arbeiter_innenorganisation außerhalb ihrer Reihen fürchtete, überführte sie die militanten
Arbeiterwehren in den Schutzbund, welcher primär als Ordnerorganisation bei
sozialdemokratischen Aufmärschen eingesetzt wurde. Die Parteiführung fürchtete sich so sehr
vor einer revolutionären Entwicklung von links, dass sie vergaß, dass der Feind auf der rechten
Seite stand.