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ANDREAS GMINDER

Handbuch
für Pilzsammler
ANDREAS GMINDER

Handbuch
für
Pilzsammler

001-070_nur S2-3 neu.indd 3 08.05.18 17:22


Zu diesem Buch
Ein „Handbuch“ für Pilzsammler? Was ist an mit einem Steckbrief vorgestellt, bevor dann
diesem Buch anders, dass es nicht „Pilzbuch“ ausgewählte Arten ausführlicher behandelt
für Pilzsammler heißt? Immerhin werden ja werden. So kann der Benutzer des Buches
340 Arten beschrieben und abgebildet. Aber sich nach und nach in die Kennzeichen der
das Konzept dieses Buches geht über ein reines jeweiligen Gruppen einarbeiten, lernt die von
Pilzbuch hinaus. Es möchte dem Benutzer Gattung zu Gattung verschiedenen Bestim­
einen Überblick über die Großpilze vermitteln, mungsmerkmale kennen und bekommt so
der neben dem rein kulinarischen Aspekt auch leicht einen guten Überblick über die zunächst
das Umfeld der Pilze mit einbezieht. verwirrend vielfältige Pilzwelt. In diesen Gat­
tungsübersichten werden stets auch Arten auf­
Daher beginnt dieses Buch mit einer aus­
geführt, die aus Platzmangel nicht im Buch
führlichen Übersicht der Lebensräume (ab
beschrieben und abgebildet werden konnten,
S. 7) in denen Pilze vorkommen können. Mit
aber dennoch charakteristische Merkmale auf­
Hilfe einiger weniger, meist leicht erkennbarer
weisen. So können auch Funde dieser Pilze
Zeigerpflanzen kann man ein Gebiet grob
mithilfe weiterführender Literatur gezielt
­einschätzen und somit vorhersehen, welche
gefunden werden.
Pilzarten zu erwarten sind und welche man
dort vergeblich suchen wird.
Mithilfe des anschließenden Bestimmungs- SYMBOLE
schlüssels (ab S. 37) wird der Versuch unter­
Bei jeder porträtierten Art weist
nommen, dem Benutzer ein Mittel an die
ein Symbol neben dem Artnamen
Hand zu geben, damit er auch ihm unbe­
darauf hin, ob die Art essbar oder
kannte Pilze in Gattungen oder Gruppen ein­
giftig ist.
ordnen kann. Dieses Wissen erleichtert die
Suche nach der richtigen Art wesentlich: Kann B = essbar
man den unbekannten Fund beispielsweise
als Ritterling bestimmen, fällt das anschlie­ A = unter Vorbehalt essbar
(siehe Einschränkungen im
ßende Blättern in den Artenporträts nach
jeweiligen Text)
­passenden Abbildungen und Beschreibungen
wesentlich leichter als jedes Mal aufs Neue ein D = ungenießbar
Pilzbuch von vorne bis hinten durchzublättern. (zu hart, zu bitter, zu klein)
Dass bei etwa 5000–6000 in Mitteleuropa
­vorkommenden Großpilzen nur ein Teil im C = giftig
Bestimmungsschlüssel berücksichtigt werden
konnte, der bei den Blätterpilzen und Röhr­
lingen umfassender, bei den Nichtblätterpilzen
Den Abschluss bildet ein ausführliches Kapitel
und Schlauchpilzen punktueller ausfällt, tut
zum richtigen Sammeln und Genießen (ab
der Benutzbarkeit und dem Sinn keinen
S. 365) mit Hinweisen zur möglichen Verwer­
Abbruch.
tung und einem ausführlichen Rezeptteil. Alle
In den anschließenden, 340 Arten umfassen­ Rezepte habe ich selbst probiert, sodass ich sie
den Artenporträts (ab S. 71) werden alle guten Gewissens an alle Leserinnen und Leser
wichtigeren Gattungen und Gruppen zunächst weiterempfehlen kann.

4
Inhalt
Biologie und Lebensräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   7
Was ist ein Pilz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   8
Wo findet man welche Pilze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   10
Bestimmungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   37
Wie bestimmt man Pilze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   38
Bestimmungsschlüssel für die Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   42
Artenporträts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   71
Gruppe 1:
Röhrlinge 72  
Gruppe 2:
Blätterpilze 92  
Gruppe 3:
Porlinge 284  
Gruppe 4:
Rindenpilze 304  
Gruppe 5:
Nichtblätterpilze mit besonderen Formen und Gallertpilze 310  
Gruppe 6:
Bauchpilze und Trüffeln 332  
Gruppe 7:
Schlauchpilze (Becherlingsartige) 344  

Sammeln und genießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   365


Pilze richtig sammeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   366
Pilzvergiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   370
Pilzkunde für Fortgeschrittene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   372
Pilze in der Küche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   374
Pilz-Rezepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   377

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   388
Gift-Notruf-Zentralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   389
Zum Weiterlesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   390
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   390

5
Biologie
und Lebensräume

Dieses Kapitel soll einen kleinen Einblick geben, was Pilze


sind, wie sie entstehen und leben, wo sie zu finden sind
und warum sie gerade dort und nicht woanders wachsen.
Pilze spielen in der Natur eine sehr bedeutende Rolle.
Je nach Ernährungsweise fallen ihnen verschiedene Auf­
gabenbereiche zu, vor allem bei der Zersetzung und Wie­
dernutzbarmachung toten organischen Materials. Aber
auch die Besiedlung extremer Standorte durch Wälder wird
erst durch die Mithilfe von Pilzen möglich. Ihre Ansprüche
an ihre Lebensräume sind oft sehr speziell: So gibt es etwa
Pilze, die beispielsweise nur auf den Blattstielen von
Eschenblättern vorkommen, während andere deren Blatt­
flächen zersetzen. Natürlich gibt es auch unter den Pilzen
­Allerweltsarten, die „überall“ vorkommen. Wenn wir
­diese oft unglaublich faszinierenden Zusammenhänge
besser kennen, dann wird es uns möglich sein, Pilze
gezielter zu suchen und zu finden. Dadurch können wir
aber auch seltenen Arten bewusst bessere Lebensbedin­
gungen oder neue Biotope schaffen oder zumindest die
vorhandenen erhalten.
Biologie und Lebensräume

Was ist ein Pilz? HAUPTUNTERSCHIEDE


So unterscheiden sich Pilze von den Pflanzen:
„Alle Schwemme seind weder Kreütter noch ) keine Ernährung über Fotosynthese,
Wurtzelen weder Blümen noch Samen, sonder da keine Plastiden vorhanden sind
eittel überflüssige Feüchtigkeit der Erden der ) Zellwände aus Chitin
Bäume der Faulen Höltzer und anderer faulen So unterscheiden sich Pilze von den Tieren:
Dingen.“ Diese Meinung vertrat Hieronymus ) Bewegungsunfähigkeit (Schleimpilze sind
Bock in seinem 1539 erschienenen „New keine Pilze!)
­Kreütterbuch“, dem ersten derartigen Werk ) Ernährung über osmotische Vorgänge
übrigens, bei dem überhaupt Pilze erwähnt durch die Zellwände
wurden. Leider hat Hieronymus Bock das
damals von den alten Griechen vorliegende
Wissen über die Pilze stark mit seinen eigenen, systematischer Gruppe entweder auf Lamellen,
oft abenteuerlichen Vorstellungen vermischt, in Röhren, auf der Außenseite oder im Inneren
sodass teils bis ins 18. Jahrhundert Aussagen des Fruchtkörpers befindet. Die Sporen entste­
wie „Holzpilze entstehen aus dem Schleim der hen auf mehr oder weniger keuligen Ständer­
Bäume“ für unbestreitbare Tatsachen gehalten zellen (meist vier Sporen) oder im Inneren von
wurden. sackartigen Schläuchen (dann meist acht
Während heutzutage mit unseren naturwis­ ­Sporen). Im ersten Fall spricht man von Stän­
senschaftlichen Kenntnissen sicher niemand derpilzen (Basidiomyceten), im zweiten von
mehr Pilze als Resultat eines Fäulnisprozesses Schlauch­pilzen (Ascomyceten). Diese wesent­
ansieht, so trifft doch der erste Teil von Bocks liche Unterscheidung ist so essentiell wie in der
Darstellung durchaus zu. Zwar werden die ­Zoologie der Unterschied zwischen Säugetieren
­Pilze traditionell den Botanikern zugeordnet, und Eier legenden Tieren.
von den meisten Menschen werden sie auch Wenn die Sporen reif sind, werden sie freige­
heute noch als Pflanzen angesehen, aber sie setzt. Trifft eine Spore auf einen für sie güns­
unterscheiden sich doch deutlich von unserem tigen Standort, wächst aus ihr zunächst ein
allgemeinen Bild einer grünen Pflanze mit ­Zellstrang (Hyphe) aus, der durch Verzweigung
Blättern und Blüten. Pilze für Tiere zu halten, ein kleines Geflecht bildet, das Myzel. Danach
scheint aber noch abwegiger. Die Lösung die­ müssen sich zwei verschiedengeschlechtliche
ses Dilemmas war die Schaffung eines weiteren Myzelien treffen und verbinden, denn nur aus
Reiches (so nennt man die höchste systema­
tische Stufe in der Biologie) neben Flora und Basidie
Fauna: Das Reich der Pilze, das Fungi genannt
wird.

Bauchpilz
Fortpflanzung der Pilze
Die Verbreitung der Pilze erfolgt durch
­mikroskopisch kleine Fortpflanzungseinheiten, Blätterpilz
den Sporen. Deren Größe bewegt sich bei
den in diesem Buch behandelten Pilzen im
Bereich von 5–30 µm (1 µm = 1 Mikrometer = Porling
Röhrling
1/1000 Millimeter). Sie werden in der Frucht­
schicht (Hymenium) gebildet, die sich je nach Die Fortpflanzung der Ständerpilze (Basidiomyceten)

8
Was ist ein Pilz?

Ascus Die Fortpflanzung der


Schlauchpilze (Ascomyceten)

Morchel

Becherling

diesen sogenannten Paarkernmyzelien können


überhaupt neue Fruchtkörper entstehen.
Dass ein solch kompliziertes, vom Zufall be­­
stimmtes Zusammentreffen nicht sehr häufig
vorkommt, liegt auf der Hand. Die Pilze kön­
nen dies aber durch eine ungeheure Anzahl Auch Pilze selbst werden von Pilzen befallen, hier
von Sporen ausgleichen, die jeder Fruchtkörper ­parasitische Scheidlinge auf einer Nebelkappe.
bildet. Ein einziger Riesenbovist entlässt
­während seines rund zweiwöchigen Lebens er­halten dafür nicht benötigte zuckerähnliche
mehrere Billionen Sporen in die Luft. Kein Stoffe.
Wunder, dass die Hälfte aller Schwebeteilchen Saprobiontisch (Zersetzer): Diese Gruppe
in unserer Atmosphäre Pilzsporen sind! ­Pilze ernährt sich von bereits totem, organi­
schem Material, wie z. B. Laub oder abgestor­
bene Pflanzen- und Holzreste. Ohne sie gäbe
Ernährungsweisen der Pilze es keinen Humus und die Erde würde in
Für den praktischen Pilzsammler sind drei meterhohen Bergen toten Materials ersticken.
­verschiedene Lebensweisen der Pilze von Parasitisch (Schmarotzer): Hier attackiert das
­Interesse. Pilzgeflecht noch lebende Organismen und
Symbiontisch (Mykorrhizapilze): Das Wurzel­ bringt diese zum Absterben. Nicht nur Bäume
geflecht der Pilze verbindet sich mit den Wur­ oder andere Pflanzen sind hier die Opfer, auch
zeln der Bäume oder auch anderer Pflanzen. Tiere, insbesondere Insekten, werden von ­Pilzen
Es findet ein Austausch von Stoffen statt. Dies befallen und selbst der Mensch bleibt von Pilz­
ist zu beiderseitigem Nutzen, doch profitieren erkrankungen nicht verschont. Bei den Holz
die Pflanzen stärker von dieser Gemeinschaft ­zersetzenden Pilzen ist der Übergang zwischen
als die Pilze. Diese liefern Wasser und darin parasitischer und saprobiontischer Lebensweise
gelöste Mineralstoffe an die Pflanzen und ­ fließend und nicht immer klar zu trennen.

MYKORRHIZAPILZE ZERSETZER SCHMAROTZER


) Ritterlinge ) Trichterlinge ) Hallimasch
) Täublinge ) Egerlinge ) Schwefelporling
) Schleierlinge ) Schirmlinge ) Mehltaue
) Pfifferlinge ) Trameten ) Fußpilze

9
Biologie und Lebensräume

Wo findet man welche Pilze?


Die meisten, wenn nicht sogar alle Pilze, ha- ihr Wachstum ein. Ist es zu warm, ab etwa
ben spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum. 25–30 °C, wachsen Pilze auch wieder nicht,
Wenn Sie diese kennen und die entsprechen­ selbst wenn genügend Feuchtigkeit vorhanden
den Biotope erkennen können, finden Sie nicht wäre. Ist es so trocken, dass sich im Boden
nur einfacher Pilze, sondern können diese auch ­Risse zeigen, dann braucht man nicht in den
leichter bestimmen. So wächst beispielsweise Wald zu gehen, um Pilze zu finden. Wer es
der essbare Flockenstielige Hexen-Röhrling nur dennoch versuchen will, der muss die von
auf sauren Böden und vor allem in Nadelwäl­ Natur aus dauerfeuchten Biotope aufsuchen:
dern, während sein Doppelgänger, der giftige Moorränder, Bach- und Seeufer, Auwälder
Satans-Röhrling, ausschließlich unter Laub­ oder eingeschnittene Schluchtwälder. In die­
bäumen auf Kalkböden vorkommt. Beide sen Lebens­räumen wird man dann aber bei
schlie­ßen sich in ihren ökologischen Bedürfnis­ übermäßigen Niederschlägen enttäuscht sein.
sen folglich gegenseitig aus und kommen nicht Hochmoor­pilze sind zwar auf nasse Böden
zusammen vor. Wenn Sie also erkennen, in spezialisiert, aber wenn der Sommer verregnet
welchem Biotop Sie sich bewegen, dann lassen ist und das Moor unter Wasser steht, dann
sich mit etwas Erfahrung schon eine ganze ­findet man gerade dort weniger als anderswo.
Anzahl an Pilzarten nennen, die Sie dort er­­ Das ist dann die richtige Zeit, um in warmen,
warten dürfen, oder auch bestimmte Pilzarten flachgründigen Gebieten auf Pilzsuche zu gehen.
ausschließen, weil sie dort eben nicht wach- Im Kalkbuchenwald, auf Trockenrasen und in
sen. Viele Pilze kommen entweder nur auf vergleichbaren Biotopen wird die Pilzflora die­
­sauren oder nur auf basischen Böden vor, se üppigen Niederschläge ausnutzen. Dabei ist
Generalisten sind eher die Ausnahme. entscheidender, dass es lange anhaltend reg­
Auf den folgenden Seiten sollen daher einige net, als die Regenmenge an sich. Ein Sommer­
der grundlegenden Biotope vorgestellt wer­ gewitter mit 50 Liter Niederschlagsmenge nach
den, in denen Sie Pilze finden können. Wochen der Dürre bringt gar nichts. Dieselben
50 Liter auf zwei Wochen regelmäßigen Niesel­
regen verteilt, werden üp­piges Pilzwachstum
Wann lohnt die Suche am ehesten? hervorrufen. Ist der Boden nicht zu sehr aus­
Wenn Sie nun einschätzen können, welche
Pilze im jeweiligen Lebensraum zu erwarten
sind, so ist natürlich erst recht von Interesse,
wann diese denn wohl erscheinen. Dies
hängt oft von der generellen Wachstumszeit
der Art ab. Es gibt Pilze, die nur im Frühjahr
(z. B. Mor­cheln, Mai-Ritterling) oder nur im
Winter (z. B. Austernseitling, Samtfuß-Rübling)
wachsen. Der Großteil der Arten jedoch bil-
det Fruchtkörper im Laufe des Sommers und
Herbstes, bisweilen auch in mehreren Schüben.
Was löst nun die Bildung von Fruchtkörpern aus?
Pilze benötigen zum Wachsen Feuchtigkeit und
ein gewisses Maß an Wärme. Ist es zu kalt, also
unter 10–12 °C, dann stellen die meisten Arten Nur im Frühjahr wachsen die begehrten Spitzmorcheln.

10
Wo findet man welche Pilze?

Erst spät im Jahr erscheint der Orangefalbe Schneckling.

Laubwald-Pfifferlinge sind typische Sommerpilze. im Juni mit nachfolgend kühlen Temperaturen


wird viele Herbstpilze bereits im Juli zum
getrocknet und für Regen auf­nahmebereit, ­Fruktifizieren animieren, während ein golde­
dann reichen schon kleine Mengen Nieder­ ner Herbstbeginn mit hohen Temperaturen bei
schlag, um die ersten Pilze hervorzulocken. Das genügend Feuchtigkeit auch Anfang Oktober
er­klärt auch, warum man im schattigen Nadel­ einen Sommeraspekt, vorwiegend bestehend
wald mit üppiger Moosschicht eher Pilze findet aus Dickröhrlingen, Täublingen und Wulst­
als im lichten Laubwald auf nacktem Lehm­ lingen, hervorrufen kann.
boden: Die Bodenfeuchtigkeit wird im ersten Letztlich hat auch die Höhenlage Einfluss auf
Biotop viel besser gehalten als in letzterem. die Pilzsaison. In den Hochlagen oder gar im
Gebirge ist die Vegetationsperiode wesentlich
kürzer als im Tiefland. Wenn erst im Mai oder
Wo lohnt die Suche? Juni der Schnee abtaut und im September
Ein weiterer Tipp für den Pilzsammler ist, im bereits wieder erste Fröste die Saison beenden,
Frühsommer und Sommer eher die Laubwäl­ dann bleibt nicht viel Zeit zur Fruchtkörper­
der aufzusuchen, im Herbst eher die Nadel­ bildung. In diesen Wochen werden dann alle
wälder. Das Pilzwachstum fängt im Jahres­ Arten gleichzeitig erscheinen, günstige ­Wit­te­­-
verlauf im Laubwald an, vor allem an dessen rung vorausgesetzt.
Rändern, in Parks und an ähnlich lückigen In niederen Lagen dauert die Saison wesent-
Stellen. Insbesondere Wegränder sind oft lich länger. Der Frühjahrsaspekt mit Arten wie
schon mit Pilzen bestanden, wenn im Wald Speise-Morchel, März-Schneckling und Mai­
noch nichts los ist, weil der Boden im Trauf­ ritterling ist klar umgrenzt, sowohl was die
bereich der Bäume besonders viel Feuchtigkeit Zeitspanne (April/Mai) als auch die Arten be­­
abbekommt. Weiter im Waldesinneren und in trifft, Sommer- und Herbstaspekt gehen flie­
den Nadelwäldern erscheinen die Pilze dann ßend ineinander über. Dennoch kann man
mit fortschreitender Jahreszeit, im Kiefernwald auch hier Tendenzen feststellen. So bilden
auf Sandboden endet das Pilzjahr. Hier kom­ die meisten Röhrlinge, Täublinge, Milchlinge
men oft erst ab Oktober überhaupt Pilze in und Wulst­linge den Sommeraspekt, während
nennenswerter Zahl vor. Diese Faustregel kann Schneck­linge, Saftlinge, Ritterlinge und Schleier-
durchaus als grober Anhaltspunkt dienen, ist linge den Herbstaspekt prägen. Rötelritter­linge
aber natürlich auch etwas vom jeweiligen Wit­ und ausgedehnte Flächen von Helm­lingen
terungsverlauf abhängig. Ein nicht zu trocke­ und Trichterlingen in der Nadelstreu weisen
nes Frühjahr, anschließend ein Kälteeinbruch auf eine ausklingende Pilzsaison hin.

11
Biologie und Lebensräume

Der saure Fichtenwald


TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Steinpilz
) Maronen-Röhrling
) Kuhmaul
) Dunkler Hallimasch
) Wiesel-Täubling
) Trompeten-Pfifferling
UNGENIESSBAR
) Gallen-Röhrling
) Stahlblauer Rötling
) Klebriger Hörnling
GIFTIG
) Fliegenpilz
) Spitzkegeliger Knollenblätterpilz
) Spitzgebuckelter Raukopf

Nur in den Hochlagen der Alpen und einiger Während sich die meist monoton wirkenden
Mittelgebirge ist die Fichte ein natürlicher Fichtenforste durch eine ebenso artenarme,
Bestandteil des Waldes. Da sie schnellwüchsig wenn auch individuenreiche Pilzflora aus­
und somit für die Forstwirtschaft sehr ertrag­ zeichnen, sind Berg-Fichtenwälder und
reich ist, finden wir sie heute flächendeckend ­Fichten-Mischwälder ungleich artenreicher.
angepflanzt selbst in den tiefsten Lagen bis an Für den Pilzfreund ist der saure Fichtenwald in
die Küste. der Regel ein sehr lohnendes Revier, vor allem
wenn es sich um die feuchteren Ausprägungen
mit Moos- und Krautschicht handelt. Viele der
klassischen Speisepilze wird man hier finden –
aber auch die meisten Pilzsammler.

Baum- und Strauchschicht


Zur Fichte gesellen sich je nach Standort fast
immer verschiedene weitere Laub- und Na­
delbäume. In den montanen und subalpinen
Lagen sind dies vor allem Buche und Berg-
Ahorn, im Süden in niederschlagsreichen
Gebieten Weiß-Tanne, nördlich der Alpen
­verbreitet Eberesche. In den tieferen Lagen
werden Mischforste mit Lärche und Douglasie,
aber auch mit Kiefer gepflanzt. Den reinen
Der Wiesel-Täubling (Russula mustelina) ist einer der Fichtenforst gibt es zwar nicht selten, doch
schmackhaftesten Pilze des Fichtenwaldes. kom­men auch hier durch Samenanflug an­

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Der saure Fichtenwald

CHARAKTERPFLANZEN
NASS
) Rauschbeere, Faulbaum, Torfmoos
FEUCHT
) Heidelbeere, Siebenstern, Klauen-
moos
TROCKEN
) Heidekraut, Wald-Wachtelweizen,
Reitgras

fänglich oft Birken und Zitter-Pappeln mit


hoch, die aber nach einigen Jahren an Licht­ Die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) ist die Charakter-
mangel eingehen, da sie von der schneller­ pflanze der sauren Fichtenwälder.
wüchsigen Fichte verdrängt werden. An ­
be­sonders nassen Standorten in den Hoch­ moose ansiedeln, kann man auch Wollgras
mooren wird die Fichte von der Kiefer ver­ und Moosbeere entdecken. Moore sind sehr
drängt, ­entlang von Bachläufen sind Schwarz- trittempfindliche, geschützte Biotope und für
Erlen konkurrenzstärker. den Speisepilzsammler ohnehin kaum von
Die Heidelbeere ist die Charakterart der sauren Interesse. Die dauerfeuchten Randbereiche um
Nadelwälder schlechthin! Auf den typischen die Moore herum lassen jedoch gerade in den
sauer verwitternden Sandstein- und Granit­ trockenen Sommermonaten, wenn sonst kaum
böden bildet sie üppige Bestände, die gerne Pilze zu finden sind, immer einiges erwarten.
von Beerensammlern besucht werden.
Die begleitende Strauchflora variiert in ihrer
Zusammensetzung je nach Feuchtigkeit des
Niedere Pflanzen
Standortes. Für besonders nasse Stellen sind Der Frauenfarn in Gesellschaft mit Sauerklee
Rauschbeere und Faulbaum typisch, an trocke­ lässt den Sammler auf eine artenreiche Pilz­
nen Stellen fassen Heidekraut und gelegent- flora hoffen, da beide die etwas nährstoff­
lich Preiselbeere Fuß. Als Lichtzeiger kann der reicheren Stellen in diesem ansonsten sehr
Besenginster gelten, verstärkte Stickstoffzufuhr armen Biotop anzeigen. Dasselbe gilt für das
wird durch Holunder und Himbeere angezeigt. Klauenmoos in den trockeneren Bereichen.

Blütenpflanzen und Gräser HÄUFIGE PILZE


Neben den oben erwähnten Zwergsträuchern TROCKENER FICHTENFORST
finden sich nur wenige Blütenpflanzen in den ) Maronen-Röhrling, Rosa Helmling,
Fichtenforsten, eher schon in den naturnahen Ocker-Täubling
montanen Wäldern. Sauerklee zeigt die nicht ARTENREICHER FICHTENWALD
ganz so sauren, etwas nährstoffreicheren Stel­
) Fichten-Steinpilz, Gallen-Röhrling,
len an und kann dem Pilzsammler als guter Trompeten-Pfifferling
Hinweis für pilzreiche Stellen dienen. Ihn ab­­ MOORIGER FICHTENWALD
schrecken sollten dagegen die dichten Bestän­
de von Drahtschmiele oder Zittergras-Segge. ) Spitzgebuckelter Raukopf, Spei-
Täubling, Mohrenkopf
An moorigen Standorten, an denen sich Torf­

13
Biologie und Lebensräume

Der saure Buchenwald


TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Sommer-Steinpilz
) Flockenstieliger Hexen-Röhrling
) Frauen-Täubling
) Pfifferling
UNGENIESSBAR
) Buchen-Speitäubling
) Pfeffer-Milchling
) Zunderschwamm
) Ästiger Stachelbart
GIFTIG
) Spitzkegeliger Knollenblätterpilz
) Rotschuppiger Raukopf
) Gallertkäppchen

Der saure Buchenwald ist der wohl häufigste die meisten Buchenbegleiter der sauren Böden
Waldtyp in Mitteleuropa. Überhaupt kommt auch auf basenreichen zu finden und die
die Rot-Buche ausschließlich im zentralen Teil ­speziellen Säurezeiger im Buchenwald ebenso
Europas vor und Deutschland hat einen Anteil im Fichten- oder im Eichenwald.
von rund 70 Prozent aller Buchenwälder welt­ Im Übrigen ist die Zusammensetzung der ver­
weit! Von der Pflanzenvegetation her handelt schiedenen Buchenwälder in sich recht ein­
es sich hier allerdings um die artenärmste der heitlich, da die Buche alle extremen Standorte
Laubwaldgesellschaften. Zumeist als Hochwald meidet. In Mooren fehlt sie ebenso wie auf
ausgebildet, beschatten die Bäume den Wald­ trockenen Sandböden.
boden komplett und lassen fast keine Strauch-
und Pflanzenschicht zu, der Artenreichtum an
Pilzen ist dagegen recht hoch. Es gibt jedoch
nur wenige Charakterarten, die nicht auch in
anderen Biotopen zu finden wären. So sind

CHARAKTERPFLANZEN
FEUCHT
) Wald-Wachtelweizen, Zittergras-Seg­
ge, Dornfarn, Schönes Widertonmoos
TROCKEN
) Purpur-Lattich, Wald-Ehrenpreis,
Zweiblättrige Schattenblume, Weiße
Hainsimse
Purpur- oder Hasenlattich (Prenanthes purpurea)

14
Der saure Buchenwald

HÄUFIGE PILZE
MYKORRHIZAPILZE
) Sommer-Steinpilz, Rotschuppiger
Raukopf, Buchen-Speitäubling
STREUBEWOHNER
) Brennender Rübling, Violettlicher
Schwindling, Gallertkäppchen
HOLZZERSETZER
) Zunderschwamm, Ziegelrote Kohlen-
beere, Vielgestaltige Holzkeule

Baum- und Strauchschicht


Das Eiben-Spaltzahnmoos (Fissidens taxifolius) hat
In montanen Lagen stockt auf den sauren Bö­­ mehrere Verwandte, die fast gleich aussehen.
den zumeist ein Buchen-Weiß-Tannenmisch­
wald, vor allem in den niederschlags­reicheren
Gebieten. Des Weiteren kommen Berg-Ahorn
Niedere Pflanzen
und Berg-Ulme hinzu. In den ­tieferen Lagen Im feuchten sauren Buchenwald ist das Eiben-­
mischt sich die Buche mit Eiche und Hainbuche Spaltzahnmoos (Fissidens taxifolius) zuhause,
zu recht pilzreichen Laubmischwäldern. an besonders trockenen Stellen das eigentlich
Die Strauchschicht wird in dieser Waldgesell­ mehr im Nadelwald verbreitete Weißkissen­
schaft vorwiegend vom Jungwuchs der Bäume moos (Leucobryum glaucum). Als allgegen­
gebildet, dem sich häufig das Wald-Geißblatt wärtig auf allen sauren Böden kann man das
(Lonicera periclymenum) beigesellt. Ebenfalls Schöne Widertonmoos (Polytrichum formosum)
oft zu finden ist der Faulbaum an den feuch­ bezeichnen, ein sicherer Säurezeiger. Beson­
teren Standorten. Auch hier zeigen Holunder­ ders in schattigen Lagen mit hoher Luftfeuchte
büsche Stickstoffanreicherungen an. und gut ausgebildeter Humusschicht stellt sich
der Dornfarn (Dryopteris carthusiana) ein.
Blütenpflanzen und Gräser
Aufgrund der starken Beschattung durch die ge­­
schlossene Kronenschicht der Buchen kommen
nur wenige Blütenpflanzen vor. Als Charakter­
art gilt hier der Purpur-Lattich (Prenanthes
purpurea). An weiteren häufig auftretenden
Pflanzen wäre der Echte oder Wald-Ehrenpreis
(Veronica officinalis) und die Zweiblättrige
Schattenblume (Maianthemum bifolium) zu
nennen. An Gräsern findet sich mit hoher
Konstanz die Weiße Hainsimse (Luzula luzu­
loides) und in schattigen, felsigen Lagen der
Wald-Schwingel (Festuca altissima). Die feuch­
teren Stellen werden gerne von der Zittergras-­ Der giftige Rotschuppige Raukopf (Cortinarius bolaris)
Segge (Carex brizoides) besiedelt. bildet oft Massenbestände.

15
Biologie und Lebensräume

Die Kiefernwälder
TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Kiefern-Steinpilz
) Butterpilz
) Gemeiner Erd-Ritterling
) Heide-Schleimfuß
) Edel-Reizker
) Krause Glucke
UNGENIESSBAR
) Zitronenblättriger Täubling
) Kiefern-Feuerschwamm
) Rötende Wurzeltrüffel
GIFTIG
) Grünling
) Orangefuchsiger Raukopf
) Frühjahrs-Lorchel

Kiefern sind Bäume, die nahezu überall Baum- und Strauchschicht


­wachsen können. Die Gemeine Kiefer (Pinus
sylvestris) im Sandboden des brandenburgi­ Kiefernwälder sind oft tatsächlich nur mit Kie­
schen Tieflandes ebenso wie die Latschen-­ fern bestanden, vor allem wenn sie an Ex­trem­
Kiefer (P. mugo ssp. pumilio) am obersten standorten stocken. An sauren Standorten im
Rand der Baumgrenze, die Schwarz-Kiefer Tiefland mischt sie sich nicht selten mit Stiel-
(P. nigra) an wärmebegünstigten, trockenen oder Trauben-Eiche (Quercus robur und Q. pe­­
Hanglagen über Kalk und selbst im Hochmoor traea), letztere vor allem in etwas wärmeren
bildet die Moor-Kiefer (P. mugo ssp. rotundata) Gebieten. Auf den nährstoffarmen Sandböden
buschartige Bestände. Dabei sind Kiefernwäl­ bildet sie mit Birke und Zitterpappel sehr in­­
der im Osten und Nordosten häufiger als in teressante Mischbestände, die im Spätherbst
den atlantisch geprägten Regionen Europas. oft Pilze in unglaublicher Menge hervorbringen.
In den Kiefern-Steppenheiden ist meist Wa­­
chol­der (Juniperus com­mu­nis) im Unterwuchs
zu finden, auf flachgründigen Kalkböden in
warmer Lage Mehl- und Elsbeere (Sorbus aria
und S. torminalis).
Vor allem in den moorigen Kiefernwäldern
ist der Boden von einer üppigen Beeren­
strauchschicht bedeckt. Neben Heidel- und
Rauschbeere findet man hier auch seltenere,
vor­wiegend nördlich verbreitete Arten wie
Krähenbeere (Empetrum nigrum), Rosmarin­
Der Große Kiefern-Schneckling (Hygrophorus latitabundus) heide (Andromeda polifolia) und Sumpfporst
gehört zu den stark gefährdeten Arten. (Ledum palustre). In den Kiefernwäldern auf

16
Die Kiefernwälder

CHARAKTERPFLANZEN
NASS – SAUER
) Krähenbeere, Sumpfporst, Wollgras
TROCKEN – BASISCH
) Graslilie, Wintergrün, Hirschwurz
TROCKEN – SANDIG
) Heidekraut, Bärentraube, Becher-
flechten

Kalk ist die Strauchschicht ebenfalls stark aus­


gebildet. Hier dominieren Wolliger Schneeball
(Viburnum lantana) und Wald-Geißblatt Becherflechte im „blühenden“ Zustand
(Loni­cera xylosteum), wobei beide Arten nicht
auf Kiefernwälder beschränkt sind. Im trocke­ (Moneses uniflora) oder gar das sehr selten
nen, sandigen Kiefernwald sind Immergrüne gewordene Doldige Winterlieb (Chimaphila
Bärentraube (Arctostaphyllos uva-ursi) und umbellata) hinzu.
­Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) typisch.
Niedere Pflanzen
Auf sauren Böden ist das Weißkissenmoos
(Leucobryum glaucum) für die mäßig trockene
und nährstoffarme Ausprägung kennzeichnend,
für die Moorstandorte die auch in anderen
Gesellschaften vorkommenden Torfmoose.
An besonders grobsandigen Standorten finden
sich diverse Becherflechten (Cladonia). Hier
findet der Pilzsammler viele Mykorrhizapilze.
Im Kiefernforst ist der dominierende Unter­
wuchs oft von dichten Beständen des Adler­
Die Wald-Anemone (Anemone sylvestris), die große farns geprägt und bei zusätz­licher Stickstoff­
Schwester des Busch-Windröschens
zufuhr dicht mit Brombeeren durchsetzt.

Blütenpflanzen und Gräser HÄUFIGE PILZE


Auch hier ist die Vegetation je nach Standort NASS – SAUER
wieder völlig unterschiedlich. Auf den flach­ ) Sand-Röhrling, Maggi-Milchling,
gründigen Kalkböden findet man an typischen Sumpf-Hautkopf
Arten Silberdistel (Carlina acaulis), Blaugras TROCKEN – BASISCH
(Sesleria albicans), Ästige Graslilie (Anthericum
ramosum), Wald-Anemone (Anemone syl­
) Großer Kiefern-Schneckling, Fastbe-
ringter Ritterling, Blut-Täubling
vestris) und Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris).
TROCKEN – SANDIG
An etwas humusreicheren, weniger kargen
Stellen gesellen sich Wintergrüngewächse wie ) Kiefern-Steinpilz, Grünling, Dauer-­
Porling
das Birngrün (Orthilia secunda), das Moosauge

17
Biologie und Lebensräume

Die sauren Laubwälder


TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Laubwald-Rotkappe
) Kaiserling
) Orangegelber Scheidenstreifling
) Gelber Graustiel-Täubling
) Grüngefelderter Täubling
UNGENIESSBAR
) Seidenhütiger Rötling
) Goldflüssiger Milchling
) Tabakbrauner Borstenscheibling
) Abgestutztes Fadenscheibchen
GIFTIG
) Grüner Knollenblätterpilz
) Erdigriechender Gürtelfuß
) Birken-Speitäubling

Neben Buchenwäldern (siehe S. 14) kommen Im Norden und Osten Europas herrschen Bir­
auf sauren Böden in erster Linie Eichenwälder ken- und ­Birken­misch­wälder vor. Entlang der
vor. Hierbei unterscheidet man zwischen der Seeufer und an anderen dauernassen Stellen
wärmeliebenden kontinentalen Gesellschaft des bilden Schwarz-Erlen sowohl auf sauren als
Ginster-Trauben-Eichenwaldes (heute meist in auch auf basenreichen Böden oft große Bestän­
Kiefern-Eichenmischforste umgewandelt), den de. In montanen Lagen wachsen Streifen mit
feuchteren, atlantischen Birken-Stiel-Eichen­ Grau-Erle (Alnus incana) entlang der Bäche.
wäldern und dem entlang der großen Flüsse
vorkommenden Stiel-Eichen-Feld-Ulmen­
auwald, auch Hartholzaue genannt. Einige die­­
Baum- und Strauchschicht
ser Gesellschaften gehören zu den am stärksten Ehemals zur Brennholzgewinnung genutzte
gefährdeten Waldgesellschaften Deutschlands. Niederwälder sind meist reichlich mit Hasel

CHARAKTERPFLANZEN
WARME EICHENWÄLDER
) Weißes Fingerkraut, Färberginster,
Wald-Ehrenpreis
EICHEN-BIRKEN-WÄLDER
) Salbei-Gamander, Keulen-­Bärlapp,
Widertonmoos
SAURE, FEUCHTE ERLENBRÜCHE
) Hain-Sternmiere, Gemeiner Gilbwei- Das Weiße Fingerkraut ist die Charakterpflanze wärme-
derich, Blutwurz
liebender, saurer Eichenwälder.

18
Die sauren Laubwälder

HÄUFIGE PILZE
WARMER EICHENWALD
) Kaiserling, Grüner Knollenblätterpilz,
Orangefuchsiger Raukopf
EICHEN-BIRKENWALD
) Birken-Rotkappe, Weißer Ritterling,
Purpurschwarzer Täubling
SAURER ERLENBRUCH
) Violetter Erlen-Gürtelfuß, Lila Milch-
ling, Erlen-Täubling

b­ asenreicheren Böden vorkommen kann. Die


feuchten Erlenbrüche sind oft flächendeckend
Der Keulen-Bärlapp ist einer der häufigeren Bärlappe.
mit der Zittergras-Segge (Carex brizoides) be­
standen; im Frühjahr bildet die Hain-Stern­
ge­mischt; in den feuchten Birkenwäldern ­kom­-
miere (Stellaria nemorum) dort dichte Bestän­
­men Zitter-Pappeln und Weidenarten, bei
de, oft begleitet von der Quell-Sternmiere
entsprechender Bodenfeuchte auch Erlen in
(Stellaria alsine). Dazu gesellen sich das Pfei­
unterschiedlichen Anteilen vor.
fengras (Molinia caerulea) und die Blutwurz
In den wärmeliebenden Eichenwäldern ist die
(Potentilla erecta).
Strauchschicht geprägt vom namensgebenden
Färber-Ginster (Genista tinctoria). Dieser wächst
allerdings auch auf etwas basenreicheren Bö­­ Niedere Pflanzen
den, die dann beispielsweise am Vorkommen
Diese sind in den sauren Laubwaldgesellschaf­
der Waldrebe (Clematis vitalba) erkannt wer­
ten nur wenig charakteristisch. An besonders
den können. In den feuchteren, subatlantisch
feuchten Stellen kommen Torfmoose vor, an
geprägten Wäldern finden wir in erster Linie
den trockenen Stellen findet man gelegentlich
Wald-Geißblatt (Lonicera xylosteum) und
den Keulen-Bärlapp (Lycopodium clavatum).
Stechpalme (Ilex aquifolius).
Die etwas weniger basenarmen Stellen werden
durch den Wald-Schachtelhalm (Equisetum
Blütenpflanzen und Gräser sylvaticum) angezeigt.
Ähnlich wie in den sauren Buchenwäldern
(siehe S. 14) kommen auch hier immer wieder
Weiße Hainsimse und Wald-Ehrenpreis vor,
des Weiteren die auch in Nadelwaldgesell­
schaften zu findenden Wiesen-Wachtelweizen,
Zweiblättrige Schattenblume und Wald-­
Habichtskraut (Hieracium murorum agg.).
Besonders charakteristisch ist sicherlich das
seltene Weiße Fingerkraut (Potentilla alba),
das in den wärmeliebenden Eichenwäldern
auf sauren Böden einen Schwerpunkt hat, Der tödlich giftige Grüne Knollenblätterpilz wächst gerne
aber auch in verwandten Waldtypen auf in warmen Eichenwäldern.

19
Biologie und Lebensräume

Der Eichen-Hainbuchenwald
TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Schwarzhütiger Steinpilz
) Hainbuchen-Röhrling
) Gelber Raufuß
) Laubwald-Pfifferling
) Ochsenzunge
) Mäandertrüffel
UNGENIESSBAR
) Braunhaariger Wurzelrübling
) Specht-Tintling
) Hellgelber Violettmilchling
GIFTIG
) Riesen-Rötling
) Ziegelroter Risspilz
) Goldblättriger Schleimkopf

Die Eichen-Hainbuchenwälder haben ihren zurückgedrängt. Vermutlich wären bei natürli­


Verbreitungsschwerpunkt auf neutralem cher Sukzession die Eichen-Hainbuchenwälder
Untergrund mit tonig-lehmigen Böden, die auf warme, trockene, flachgründige und
einerseits durch Staunässe oder Grundwasser­ basenreiche Lagen beschränkt, dort wo heute
nähe vernässen, andererseits besonders in den nur (noch) regional der Elsbeeren-Eichen-
Sommermonaten stark austrocknen können. Hainbuchenwald vorkommt. Der heute auf
Unter diesen Bedingungen kann die Rot-­ besagten wechselfeuchten, neutralen Böden
Buche, die weder zu nasse noch zu trockene stockende Sternmieren-Eichen-Hainbuchen­
Böden erträgt, nur schlecht gedeihen. Außer­ wald wäre dagegen stark von der Buche
dem wurde die Buche vielfach im Mittelalter durchsetzt, wenn nicht sogar durch sie ersetzt.
durch den Menschen zugunsten der Eiche Dem Speisepilzsammler stehen in diesem Wald­
typ eine große Auswahl an Röhrlingen und
Täublingen zur Verfügung, auch die großen
Laubwaldpfifferlinge sind in diesem Biotop
nicht selten. Der fortgeschrittene Pilzfreund
freut sich über die Artenvielfalt der Schleier­
linge, Schnecklinge und Ritterlinge.

Baum- und Strauchschicht


Neben den namensgebenden Bäumen Eiche
und Hainbuche kommt oftmals auch die
Buche in mehr oder weniger großen Anteilen
Die Große Sternmiere ist die Kennart des Sternmieren- vor. In der basenreichen, trockenen Ausprä­
Eichen-Hainbuchenwaldes. gung mit Elsbeere sind darüber hinaus gele­

20
Der Eichen-Hainbuchenwald

HÄUFIGE PILZE
EICHEN AUF KALKBODEN
) Mehlstiel-Schneckling, Bitterer
Eichen-Ritterling, Hellgelber Violett-
milchling
EICHEN AUF NEUTRALEM BODEN
) Glattstieliger Hexen-Röhrling, Quer­
adriger Milchling, Eichhase
HAINBUCHE
) Hainbuchen-Röhrling, Hainbuchen-
Milchling, Hainbuchen-Täubling
Der Bittere Eichen-Ritterling wächst nur unter Eichen.

gentlich Ahorn sowie anfliegende Eschen zu Busch-Windröschen, Leberblümchen, Schlüssel­


finden. Besonders nach Osten hin steigt der blume, Haselwurz und Lerchensporn besiedelt,
Anteil der Linde im Sternmieren-Eichen-Hain­ die in gleicher Zusammensetzung auch in den
buchenwald deutlich an. Buchenwäldern auf entsprechenden Böden
Die Strauchschicht ist vielfach durch Weißdorn den Frühlingsaspekt ausmachen. Als Trenn­
(Crataegus) und Blutrotem Hartriegel (Cornus arten des Elsbeeren-Eichen-Hainbuchenwaldes
sanguineus) geprägt; ferner bilden Haselsträu­ zu vorigem können Wald-Labkraut (Galium
cher gelegentlich einen recht hohen Anteil sylvaticum), Berg-Segge (Carex montana) und
des Unterwuchses. An den Rändern findet auch Straußblütige Wucherblume (Tanacetum
man oft Schlehengebüsche, meist mit Liguster corymbosum) herangezogen werden; ebenso
und Heckenrosen gemischt. die Kalk- und Trockenzeiger der wärmebe­
günstigten Waldränder wie Diptam (Dictamnus
albus), Blut-Storchschnabel (Geranium san-
guineum) und Purpurblauer Steinsame (Litho­
spermum purpureo­cae­ru­le­um).

Niedere Pflanzen
Die Eichen-Hainbuchenwälder, sei es nun auf
neutralen oder auf basenhaltigen Böden, sind
relativ frei von niederen Pflanzen.

CHARAKTERPFLANZEN
Für den Elsbeeren-Eichen-Hainbuchenwald ist der NEUTRALER LEHMBODEN
­Purpurblaue Steinsame kennzeichnend.
) Busch-Windröschen, Große Stern­
miere, Vielblütige Weißwurz, Breit-
Blütenpflanzen und Gräser blättrige Stendelwurz
TROCKENER KALKBODEN
Abgesehen von der Charakterart Sternmiere
werden die Eichen-Hainbuchenwälder je nach ) Purpurblauer Steinsame, Diptam,
Immenblatt, Finger-Segge
Bodenart von Teppichen der Frühjahrsblüher

21
Biologie und Lebensräume

Die basenreichen Buchenwälder


TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Schleiereule
) Rotstieliger Ledertäubling
) Herbst-Trompete
) Sklerotien-Stielporling
UNGENIESSBAR
) Stinkender Blasssporrübling
) Orangemilchender Helmling
) Blasser Milchling
) Herkules-Riesenkeule
GIFTIG
) Satans-Röhrling
) Rosa Rettich-Helmling
) Grünlings-Klumpfuß
) Dreifarbige Koralle

Buchenwälder sind auf Zentraleuropa be­­


schränkte Waldgesellschaften und eine Eigen­
heit Mitteleuropas, für deren Erhalt gerade
Deutschland eine besondere Verantwortung
trägt. Während die Buchen(-Misch)wälder auf
sauren Böden weniger unter den Umweltbe­
dingungen leiden, sind die Kalkbuchenwälder
durch den Eintrag von Luftschadstoffen, allen
voran Stickstoffverbindungen, stark gefährdet.
Auch die immer kürzer werdenden Umtriebs­
zeiten der Forstwirtschaft lassen kaum mehr Die giftige Tollkirsche ist ein Licht- und Kalkzeiger.
alte Buchenwälder zu, oft wird sogar gleich
lieber mit Fichte, Douglasie oder Lärche ge­­
arbeitet. Das wirkt sich natürlich negativ auf
HÄUFIGE PILZE die Artenvielfalt aus und es wäre zu wünschen,
ORCHIDEEN-BUCHENWALD dass es mehr Buchenschutzgebiete wie den
) Satans-Röhrling, Rosavioletter Klump- Nationalpark Hainich in Thüringen gäbe.
fuß, Rosaanlaufender Milchling
WALDMEISTER-BUCHENWALD Baum- und Strauchschicht
) Schärflicher Ritterling, Hornstiel- Typische Kalk-Buchenwälder sind als Hallen­
Schwindling, Herbst-Trompete
wälder ausgebildet. Das bedeutet, dass ein
BERGAHORN-BUCHENWALD
geschlossenes Kronendach durch etwa gleich
) Gelbstieliger Nitrat-Helmling, Buchen- alte und hohe Buchen gebildet wird. Hier
Schleimrübling, Ahorn-Borstenscheibe
­bieten sich für andere Bäume wegen des Licht­

22
Die basenreichen Buchenwälder

CHARAKTERPFLANZEN
ORCHIDEEN-BUCHENWALD
) Leberblümchen, Rotes Waldvöglein, Wald-
gerste
WALDMEISTER-BUCHENWALD
) Waldmeister, Zwiebel-Zahnwurz, ­Violette
Stendelwurz
BERG-AHORN-BUCHENWALD
Der tödlich giftige Grünlings-Klumpfuß (Cortinarius ) Wald-Geißbart, Aronstab, Dorniger Schildfarn
­citrinus) wächst nur bei Buchen.

mangels kaum geeignete Wachstumsbedin­ Blütenpflanzen und Gräser


gungen. Selbst der eigene Jungwuchs ist auf
Kalk-Buchenwälder sind allgemein pflanzen­
lichte Stellen, z. B. durch Umfallen alter Bäu­
reich. Vor allem die Orchideen-Buchenwälder
me, angewiesen. Etwas anders sieht es im
beherbergen eine stattliche Anzahl seltener
lichteren Tannen-Buchenwald aus, der in die­
und geschützter Arten; unter den namens­
sem Buch bei den Weiß-Tannenmischwäldern
gebenden Orchideen sind dies beispielsweise
(siehe S. 24) behandelt wird. An besonders
das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra)
trockenen oder staunassen Stellen kann da­­
und der Frauenschuh (Cypripedium calceolus).
gegen Eiche, Hainbuche oder Elsbeere Fuß ­fas­-
Auch Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus),
­sen, in luftfeuchten Schluchtwäldern ist Berg-
Mandel-Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides)
Ahorn neben der Berg-Ulme der häufigste
und Türkenbund-Lilie (Lilium martagon) ge­-
Begleitbaum.
hören zu den Kalkzeigern. Im Frühjahr be­de­
Wie schon erwähnt, kann sich im typischen
cken Teppiche des Leberblümchens (Hepa­tica
Hallenbuchenwald kein Unterwuchs ent­
nobilis) den Waldboden, während im weniger
wickeln. An den Randsäumen finden sich
basenreichen Waldmeister-Bu­chen­wald zu
Schlehenhecken mit Hundsrose und Liguster
dieser Zeit das Busch-Windröschen große Be­
ein; entlang von Wegen wächst nicht selten
stände bildet. Auf diesen neutraleren Böden
die Tollkirsche (Atropa belladonna), im Süden
ist neben der Charakterart Waldmeister (Gali-
auch der Zwerg-Holunder (Sambucus ebulus).
um odoratum) das Weiße Waldvöglein (Cepha­
lanthera damasonium) und mehrere Stendel­
wurz-Arten (Epipactis spp.) kennzeichnend,
an schattigen feuchten Hängen auch Bärlauch
(Allium ursinum), gemeinsam mit Märzen­
becher (Leucojum vernum) und Hohlem
­Lerchensporn (Corydalis cava).

Niedere Pflanzen
Charakteristische Kryptogamen sind aus den
flachgründigen Kalk-Buchenwäldern nicht
bekannt. Entlang kleiner Bäche kann der Win­
Das Rote Waldvöglein ist die Leitart des Orchideen- ter-Schachtelhalm (Equisetum hyemale) große
Buchenwaldes. Bestände bilden.

23
Biologie und Lebensräume

Die Weiß-Tannenmischwälder
TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Fichten-Zapfenrübling
) Blauer Schleimfuß
) Lachs-Reizker
) Spitz-Morchel
UNGENIESSBAR
) Terpentin-Schneckling
) Hohlfuß-Täubling
) Abgestutzte Keule
) Tannen-Feuerschwamm
GIFTIG
) Tiger-Ritterling
) Weißtannen-Risspilz
) Schwarzgrüner Klumpfuß
) Bunter Klumpfuß

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Weiß- Säure- als auch Kalkzeiger im selben Wald.
Tanne zieht sich nördlich der Alpen etwa bis Dies, sowie die Tatsache, dass sowohl die Fich­
zum Thüringer Wald. Außerhalb der Alpen bil­ te als auch die Weiß-Tanne eine große Zahl an
det sie nur selten kleinräumig Reinbestände. Mykorrhizapilzen aufweisen, machen diesen
Tannen-Fichtenmischwälder auf Kalk sind das Waldtyp so artenreich. Übrigens kommen viele
vielleicht pilzreichste Biotop überhaupt. Nicht Arten, die im Weiß-Tannenareal strikt an diese
selten ist der Boden zur Hauptfruktifikations­ gebunden sind, außerhalb an Buchen vor. ­
zeit sprichwörtlich so mit Pilzen bedeckt, dass Na­türliche Buchen-Weiß-Tannenwälder fin­
man keinen Schritt tun kann, ohne Fruchtkör­ den sich zum einen in Gegenden mit kühlem,
per zu zertreten. Da sich derartige Wälder oft im ­kontinentalem Klima und kurzer Vegetations­
Übergangsbereich zwischen Bunt­sandstein und periode, zum anderen auf staunassen Böden.
Muschelkalk befinden, hat man dann sowohl Sowohl vernässende Böden als auch kalte
Win­ter mit Spätfrösten sind der Rot-Buche
nicht zuträglich und geben der Weiß-Tanne,
die besser an diese Bedingungen angepasst
ist, einen Standortvorteil.

Baum- und Strauchschicht


Die Weiß-Tanne kommt meist in Mischbestän­
den vor. In erster Linie sind dies heute Fichten-
Tannenmischforste, die auf Kalk­böden oft auf
ehemaligen Weideflächen gepflanzt wurden.
Hier sind dann nicht selten auch einzelne Kie­
Der Seidelbast blüht vor der Blattentwicklung. fern eingestreut. In montanen bis subalpinen

24
Die Weiß-Tannenmischwälder

CHARAKTERPFLANZEN
SAURER FICHTEN-TANNENWALD
) Wald-Wachtelweizen, Kleines Winter-
grün, Rippenfarn
BASENREICHER TANNENMISCHWALD
) Ausdauerndes Bingelkraut, Quirlblütige
Weißwurz, Korallenwurz
SUBALPINER BUCHEN-TANNENWALD
) Alpen-Heckenkirsche, Stinklattich,
Breitblättriges Pfaffenhütchen
Der Lachs-Reizker wächst ausschließlich unter Tannen.

Lagen wächst sie dagegen meist in Buchen- Wachtelweizen (Melampyrum sylvaticum),


Mischwäldern, oft mit Berg-Ahorn und Berg- Zweiblättrige Schattenblume (Maianthemum
Ulme. bifolia) und Hoher Schwingel (Festuca altis­
Der Unterwuchs in den Tannenmischwäldern sima), auf basischen Böden Quirlblütige Weiß­
wird in besonderem Maße von Heckenkirschen wurz (Polygonatum verticillatum) oder Früh­
dominiert. Während dies in den Hochlagen die lings-Platterbse (Lathyrus vernus). Montane
Alpen-Heckenkirsche (Lonicera alpigena) ist, Buchen-Tannenwälder der Nordalpen und
findet man in tieferen Lagen die kompakten, deren Vorland sind durch den Stinklattich
stark verzweigten Büsche der Schwarzen He­ (Aposeris foetida) gekennzeichnet.
ckenkirsche (Lonicera nigra). Auf sauren Böden
wachsen diverse Beerensträucher, allen voran
die Heidelbeere, und auf basenreichen Böden
Niedere Pflanzen
der Seidelbast (Daphne mezereum). Nur wenige charakteristische niedere Pflanzen
sind zu erwähnen. Für saure Böden ist der
Rippenfarn (Blechnum spicant) kennzeichnend,
Blütenpflanzen und Gräser wenn auch nicht ausschließlich für Tannen­
Hier finden sich je nach Ausprägung die auch mischwälder. Besonders auf den basenreichen
im Fichten- (siehe S. 12) oder im Buchenwald Böden der Nadelwälder findet sich häufig das
(siehe S. 14 und 22) heimischen Arten. Dies hübsche Glanz- oder Etagenmoos (Hyloco­
sind auf sauren Böden beispielsweise Wald- mium splendens).

HÄUFIGE PILZE
KALKBODEN
) Terpentin-Schneckling, Grubiger Tannen-
Milchling, Gestielter Tannen-Harzporling
SAURER BODEN
) Tannen-Stachelbart, Tannen-Feuer-
schwamm, Blutrote Borstenscheibe
HOLZBEWOHNER
) Schwarzhaariger Wurzelrübling, Violetter Das Etagenmoos wirkt durch seine fein zerteilten
Zwergknäueling, Brauner Haarstielporling
­„Blätter“ besonders dekorativ.

25
Biologie und Lebensräume

Weitere Nadelwälder
TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Hohlfuß-Röhrling
) Gold-Röhrling
) Elfenbein-Röhrling
) Zirben-Röhrling
) Fleckender Schmierling
) Lärchen-Schneckling
UNGENIESSBAR
) Lärchen-Ritterling
) Würzelchen-Trichterling
) Lärchen-Milchling
) Lärchen-Baumschwamm
) Douglasien-Wurzeltrüffel
) Dottergelber Spateling

Neben den Waldgesellschaften mit unseren


ganz überwiegend vorkommenden Nadelbäu­
men Fichte und Kiefer (siehe S. 12, 16 und 24)
gibt es noch die Lärchenwälder der Alpen
sowie die Douglasien- und Lärchenforste der
außeralpinen Zone. Die Lärche kommt außer­
halb der Hochgebirge nicht natürlicherweise
vor; sie wurde ebenso wie die aus Nordamerika
stammende Douglasie erst durch die Forst­
wirtschaft flächendeckend verbreitet. Derzeit
entspricht der Anteil der Lärche am Wald etwa
zwei Prozent, er soll auf vier Prozent erhöht
werden. Meist findet man sie in kleinen Grup­ Unter fünfnadeligen Kiefern wächst der essbare
pen eingestreut oder als Waldabschluss entlang ­Elfenbein-Röhrling (Suillus placidus).
von Forstwegen. Die Douglasie als wichtigste
gebietsfremde Holzart liegt bei knapp fünf Pro­ Nadelbäume wie verschiedene fünfnadelige
zent, ihr Anteil soll aber nach dem Willen der Kiefern-, Tannen- oder Thuja-Arten spielen
Forstleute zumindest regional bis auf zehn Pro­ fast nur als Ziergehölze eine Rolle.
zent ausgeweitet werden. Sie wird in Europa
allerdings stark von der Douglasienschütte
befallen, einer Pilzart, die die Nadeln befällt
Baum- und Strauchschicht
und hierzulande große Schäden verursacht, In den natürlichen Lärchenwäldern der Alpen
während sie in der Heimat der Douglasie auf­ bildet die Lärche oft große Reinbestände. Nicht
grund der dort anderen Umweltbedingungen selten wächst sie aber auch in Mischbeständen
keine Rolle spielt. Weitere fremdländische mit der Zirbelkiefer oder Arve (Pinus cembra),

26
Weitere Nadelwälder

besonders in Lagen im Bereich der Waldgrenze.


In den Forsten des Tieflandes werden sowohl
Lärche als auch Douglasie nur beigemischt, so
dass hier im Regelfall Mischforste mit domi­
nierendem Fichten- oder Kiefernanteil vorge­
funden werden.
Eine Strauchschicht ist in den meisten dieser
Forste nicht vorhanden, da die sehr saure und
nur langsam verwitternde Nadelstreu ein für
Pflanzen denkbar ungeeignetes Biotop bildet. Goldröhrling und Grauer Lärchen-Röhrling kommen auf
Im Alpenraum dagegen ist in den dortigen, Kalkböden oft gemeinsam vor.
meist recht lichten Lärchen-Arvenwäldern die
Rostblättrige Alpenrose (Rhododendron ferru- mende Arten, die es in anderen Pflanzen­
gineum) die Charakterart schlechthin. Sie zeigt gesellschaften nicht gibt, fehlen allerdings
uns auch den sauren Untergrund dieser Wälder weitgehend. Die vielleicht einzige Ausnahme
an, denn im Gegensatz zur kalkliebenden Be­­ bildet das Moosglöckchen (Linnaea borealis),
haarten Alpenrose (Rh. hirsutum) kommt sie das man zumindest in den Alpen durchaus
nur auf Urgestein vor. Nicht selten sind die als Charakterart der Lärchen-Arvenwälder
üblichen Beerensträucher wie Heidel- und ­bezeich­nen kann, während sie im Norden all­
Preiselbeere, teils bodendeckend, ebenfalls gemein in sauren Nadel-, besonders Fichten­
vorhanden. wäldern vorkommt.

Blütenpflanzen und Gräser Niedere Pflanzen


Wie schon oben erwähnt kommen in den Auch an niederen Pflanzen finden wir weder
dicken Nadelpaketen dieser Wälder kaum Blü­ bezeichnende Moose noch Farne oder Flechten,
tenpflanzen vor. In den Mischforsten finden die man als Charakterart speziell für Lärchen­
wir die jeweils für den Fichten- oder Kiefern­ wälder oder Douglasienforste heranziehen
wald typischen Arten (siehe S. 12 und 16). Im könnte. Gerade im reinen Lärchenforst kann
alpinen Bereich ist die Pflanzenvielfalt auch sich noch nicht einmal das robuste Widerton­
innerhalb dieser Wälder beeindruckend, so­ moos ansiedeln, das sonst in keinem sauren
fern sie licht genug sind. Nur dort vorkom­ Wald fehlt.

CHARAKTERARTEN
LÄRCHE
) Lärchen-Röhrling, Lärchen-Ritterling,
Lärchen-Baumschwamm
FÜNFNADELIGE KIEFERN
) Elfenbein-Röhrling, Arven-Röhrling,
Pinienzapfen-Helmling
DOUGLASIE
) Douglasien-Röhrling, Douglasien-
Wurzeltrüffel, Douglasien-Schütte
Die Behaarte Alpenrose ist ein Kalkzeiger.

27
Biologie und Lebensräume

Auwälder und Erlenbrüche


TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Rillstieliger Seitling
) Speise-Morchel
UNGENIESSBAR
) Tiger-Knäueling
) Ockergelber Schleimschirmling
) Lila Milchling
) Weitlöchriger Stielporling
) Blasse Borstentramete
GIFTIG
) Erlen-Krempling
) Rebhuhn-Egerling
) Rosa Schirmling
) Sumpfschnitzlinge
) Erlen-Gürtelfuß

Auwälder gibt es in allen größeren Flusstälern. mit flacher Uferzone und entlang von Bächen
Doch Auwald ist nicht gleich Auwald. Je ­nach­­­- entwickeln sich oft große Erlenbestände. Diese
dem, ob er zeitweise oder ständig über­ Biotope bieten zwar dem Speisepilzsammler
schwemmt ist, gibt es sehr unterschiedliche keine große Auswahl, sind aber besonders
Ausprägungen. Diese reichen vom Ufer-Weiden­ bei trockener Witterung wegen ihrer ständigen
auwald, auch Weichholzaue genannt, der oft Bodenfeuchte interessant.
nur mit dem Boot erreicht werden kann, bis
zum Eichen-Ulmenauwald (Hartholzaue), der
selbst beim Frühjahrshochwasser nur selten im
Baum- und Strauchschicht
Wasser steht. Erlenbrüche siedeln sich dagegen In der Weichholzaue dominieren die Weiden­
nicht nur in den größeren Flusstälern an, arten, denen es wenig ausmacht, ständig im
­sondern man findet sie auch stets in s­ tändig Wasser zu stehen. In erster Linie ist dies die
grundwassernahen Gebieten. Auch um Seen ­Silber-Weide (Salix alba), in den Weidenge­
büschen zudem Mandel-, Bruch- und Purpur-
Weide (S. triandra, S. fragilis, S. purpurea).
Die anschließende Zone wird von Pappeln,
Erlen, Eschen und Birken dominiert, in der
Hartholzaue gesellen sich Stiel-Eiche, Trau­
benkirsche und auch Feld-Ahorn hinzu.
Nadelbäume gibt es in den Au- und Bruch­
wäldern von Natur aus keine, bestenfalls die
Moor-Kiefer in vermoorten Erlenbrüchen.
In Erlenbrüchen wachsen Schwarz- und Grau-
Erlen, während Bach begleitende Erlensäume
Der Bärlauch bedeckt im Auwald oft riesige Flächen. oft nur aus Ersteren bestehen.

28
Auwälder und Erlenbrüche

CHARAKTERPFLANZEN
WEICHHOLZAUE
) Silber-Weide, Purpur-Weide
HARTHOLZAUE
) Echter Steinsame, Feld-Ulme, Wilde
Weinrebe
ERLENBRUCH
) Mittleres Hexenkraut, Drachenwurz,
Walzensegge

Der Spangrüne Schirmling ist vielleicht die schönste Art


Die Strauchschicht der Auwälder ist sehr üppig der Gattung Lepiota.
ausgebildet. Oftmals ist der Unterwuchs derart
dicht, dass kein Durchkommen möglich ist. an denen die schwarze Erde blank liegt, sind
Neben baumartigen Sträuchern wie Holunder, die Heimat für eine große Zahl der ansonsten
Hartriegel und Weißdorn sorgen rankende kaum vorkommenden Schirmlingsarten.
Pflanzen wie Waldrebe (Clematis vitalba),
Zweihäusige Zaun­rübe (Bryonia dioica) und
Efeu (Hedera helix) für ein dichtes Gewirr an
Niedere Pflanzen
Pflanzen. Die trockenere Hartholzaue ist we­ In den Auwäldern ist der Boden oft bewuchs­
sentlich freier von Unterwuchs, gelegentlich frei. Die langsam wachsenden Moose können
finden sich noch Schlehengebüsche und Ligus­ hier mit den schnellen Pionierarten nicht mit­
ter. Im Erlenbruch ist außer dem Faulbaum halten, die die kurze Zeit zwischen Überflutung
kaum Unterwuchs zu erwarten. und nächstem Winter ausnutzen müssen. In
der Hartholzaue zeigen einzelne Polster des
Widertonmooses die entminera­lisierten Stellen
Blütenpflanzen und Gräser an. Die Erlenbrüche sind oft bodendeckend
Der Silber-Weidenauwald ist naturgemäß frei von Torfmoosen (Sphagnum) bewachsen. Im
von Landpflanzen, dafür findet man an Alt­ Norden und ­Westen kann man gelegentlich
armen eine interessante Wasserpflanzenflora. dort auch den seltenen Königsfarn (Osmunda
In der Hartholzaue kann man aufgrund des ­ regalis) finden, während im Osten dieser vom
mi­ne­ral­reichen Bodens in den feuchteren Ge­ Kammfarn ­(Dryopteris cristata) ersetzt wird.
bieten große Bestände des Bärlauchs (Allium
ursinum) finden, oft gemischt mit Schwarzer
Stachelbeere (Ribes nigrum) und Busch-Wind­ HÄUFIGE PILZE
röschen (Anemone nemorosa). An etwas höhe- WEICHHOLZAUE
ren, grundwasserferneren Stellen siedeln sich ) Rillstieliger Seitling, Ritterlings-
Echter Steinsame (Lithospermum officinalis) und Mürbling, Weiden-Feuerschwamm
­Große Sternmiere an. In den zwischen Weich- HARTHOLZAUE
und Hart­holz­aue liegenden Traubenkirschen-
Eschenauwäldern dominiert leider oft ein
) Weinroter Schleimschirmling, Spangrü-
ner Schirmling, Weitlöchriger Stielporling
undurchdringliches Gemisch aus großen Stau­
ERLENBRUCH
den wie Brennnessel, Goldrute, Giersch und
Brom­beere, die ein Begehen nahezu unmöglich ) Erlen-Grübling, Erlen-Krempling, Lila
Milchling
machen. Die weniger nährstoff­reichen Stellen,

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Biologie und Lebensräume

Parks und Gärten


TYPISCHE PILZE
ESSBAR
) Netzstieliger Hexen-Röhrling
) Birkenpilz
) Gilbender Erdritterling
) Rotbrauner Riesenträuschling
UNGENIESSBAR
) Wurzelnder Bitter-Röhrling
) Verblassender Täubling
) Gemeiner Egerlingsschirmling
) Flaumiger Birken-Milchling
GIFTIG
) Karbol-Egerling
) Fleischroter Schirmling
) Blauender Kahlkopf
) Weinroter Risspilz

Parkanlagen, Gärten und Friedhöfe mit altem


Baumbestand auf kurzgrasigen, mehrmals
jährlich gemähten, jedoch ungedüngten Wie­
senflächen sind ein Eldorado für Pilze. Hier
treffen viele, teils seltene Wiesenpilze auf eine
besonders große Anzahl von Mykorrhizapilzen,
die dort ungestört von Forst- und Landwirt­
schaft wachsen können. Die Zusammensetzung
wird natürlich in erster Linie durch die vorhan­
denen Baumarten beeinflusst, ebenso aber

CHARAKTERARTEN Der Prachtnabeling wurde als „Stuttgarter Pilz“ bekannt,


weil die ansonsten extrem seltene Art jahrzehntelang an
IM BLUMENBEET
Ziersträuchern in etlichen Parkanlagen Stuttgarts vorkam.
) Knolliges Samthäubchen, Großer
Scheidling, Kompost-Egerling,
­Garten-Safranschirmling auch durch den Untergrund. Der Pilzsammler
wird hier fast ausschließlich Arten begegnen,
AUF RINDENMULCH
die er auch im Wald (Mykorrhizapilze) oder auf
) Raustiel-Weichritterling, Rostfüßiger Magerrasen (Wiesenpilze) antreffen kann. Das
Träuschling, Wohlriechender Faser-
ling, Spitz-Morchel
gemeinsame Vorkommen so vieler interessanter
Arten auf engem Raum aber ist es, das diese
IN PARKANLAGEN
Biotope so reizvoll macht – und manchmal lie­
) Robuster Krempling, Weinroter gen diese Lebensräume ja auch direkt vor der
R­ isspilz, Queradriger Milchling,
Zedern-Sandborstling
Haustüre. Doch auch be­wirtschaftete Garten­
flächen, Beete, Heckenpflanzungen und selbst

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