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Greifvögel
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3
Brutvögel Kärntens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Flugbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6
Jede Menge Vorurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Perfektes Styling – perfekte Jäger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Spezialwerkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Imponiergehabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Immobilienliebhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Bauherrenallüren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Faszination Greifvögel – die Meister der Lüfte . . . . . . . . . . . . . . 30
Reservekinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Er arbeitet, sie bleibt daheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Innerartliche Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Ab in den Süden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Greifvögel in der Inspektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Die Welt der Wespenbussarde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
GreifvögelPflege und Hilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Schlussbemerkung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2
Vorwort
G
Greifvögel waren lange Zeit ein
Schreckensgespenst in unseren Köp
fen, sie werden ja auch Raubvögel ge
nannt. Ursprünglich haben sie nie
mandem etwas „geraubt“, sie haben
nur ihre natürlichen Beutetiere ge
fangen, gefressen und ihre Jungen
damit großgezogen. Zum Raubvogel
wurden sie erst, als unsere Vorfahren
mit Haustieren Europa besiedelten
und die Greifvogel sich hie und da
eben auch eines dieser aus ihrer
Sicht nichts anderes als „schwachen
Beutetiere“ holten. Aus Mangel an
Wissen oder auch zur stärkeren Dä
monisierung wurden die angeblich er
beuteten Tiere immer größer, selbst
Schafe („Lämmergeier“) und Klein
kinder sollen ihnen zum Opfer gefal Mag. Christian Kau
len sein. Natürlich alles Geschichten Leitung Naturschutz und Nationalparkrecht
aus dem Reich der Märchen, aber die
Greifvögel müssen bis heute unter diesem schlechten Ruf leiden. Erst langsam sicker
te das biologische Grundwissen in die Köpfe verschiedener Landnutzer und vermeint
licher Konkurrenten der Greifvögel, nämlich dass immer die Nahrung, die Beute, den
Fleischfresser reguliert und nicht umgekehrt. In Mäusejahren geht es dem Mäusebus
sard gut, in Jahren mit wenigen Mäusen bringt er weit weniger Jungvögel durch und
wird deshalb nicht automatisch zum großen Niederwildfeind. Nur wenn natürliche Re
gelmechanismen stark beeinträchtigt sind, können die Greifvögel lokal zu einem Pro
blem auch für andere seltene Tierarten werden, so dass zeitlich und örtlich begrenzt
der Mensch dann im Sinne der Artenvielfalt eingreifen kann und soll. Um die Greifvö
gel sinnvoll schützen und gegebenenfalls managen zu können, braucht man jedenfalls
umfangreiches wissenschaftliches Basiswissen und grundsätzliches Verständnis in der
Bevölkerung. Beides läuft bei uns vorbildlich über die Greifvogelwarte Landskron (Ad
lerArena Burg Landskron) und der Natur & Wildstation Kärnten in Steuerberg, wo so
wohl seltene und gefährdete Greifvögel nach Unfällen mit Autos, Hochspannungs
drähten und ähnlichem gesund gepflegt und somit für die Natur erhalten werden, als
auch Forschungs und Bildungsarbeit (z. B. BirdLife Österreich) auf höchstem Stan
dard betrieben wird, mit diesem Heft als besonders gelungenem Beispiel. Gemeinsam
können wir die in diesem Heft anschaulich dargestellte Vielfalt der Kärntner Greifvö
gel erhalten und als wertvolles Naturerbe an kommende Generationen weiterreichen.
3
Brutvögel Kärntens
Wespenbussard – Männchen
Habicht im Alterskleid
Schwarzmilan
Wespenbussard Steinadler
Turmfalke Gänsegeier
Raufußbussard Seeadler
Rotmilan Sperber
6
Jede Menge Vorurteile
N
Noch vor wenigen
Jahrzehnten fand
das Wort Greifvogel
kaum Verwendung.
Was Federn, einen
krummen Schnabel
und Krallen an den
Zehen hatte, wurde
schlicht „Raubvo
gel“ oder „Geier“
genannt. Da wurde
auch nicht sonder
lich unterschieden.
Der Kleinvögel und
Großinsekten ja
gende Baumfalke
hatte kaum einen
besseren Ruf als
der regelmäßig die
ländlichen Hühner Habicht
höfe besuchende
Habicht. Mit der Größe eines Greifvogels Selbstverständlich galten alle Greifvögel
wuchsen auch die Horrorgeschichten, mehr oder weniger als schlimme Feinde
die ihm angedichtet wurden. Wo immer des Wildes und der Singvögel und die
es in Europa oder auf dem Balkan Stein größten unter ihnen – Adler und Geier –
adler oder Geier gab, kursierten auch die selbstverständlich auch als Viehräuber.
Geschichten von Säuglingen, die von ih Nun mag es durchaus vorkommen, dass
nen aus den Wiegen vorm Elternhaus ge der Steinadler ein neugeborenes Schaf
raubt und frei über den Abgrund zum lamm zum Horst trägt. Damit ist jedoch
Horst getragen wurden – als Fraß für die noch nicht einmal sicher, dass er es
eigene Brut. auch selbst getötet hat. Die Geier frei
lich sind reine Aasfresser, die gar nicht
in der Lage sind, selbst Beute zu schla
gen. Manche von ihnen verschlingen nur
die Knochen größerer, toter Tiere und
überlassen deren Fleisch Adlern, Raben
und Füchsen.
Verbot des DDT in Europa ging es wieder Natürlich zieht ein großes Beuteangebot
aufwärts mit ihnen. Für aasfressende Ar auch gefiederte Jäger an. Doch heute
ten wie See und Schreiadler kristalli kommt der Habicht nur noch selten ins
sierten sich in den letzten Jahren Dorf. Früher war das anders, aber da
Bleirückstände (Schrotkörner und Blei scharrten und gackerten ja auch noch
splitter von Büchsengeschossen) als be um fast jedes Haus die Hühner. Das Prin
drohliches Problem heraus. Derartige zip von Angebot und Nachfrage wird be
Rückstände sind in Innereien enthalten, sonders am Sperber deutlich. Wir locken
die beim Versorgen erlegten Wildes in im Winter mit Futter Singvögel vor unse
der Landschaft liegen bleiben. Blei fin re Fenster. Wo aber ganze Scharen von
det sich aber auch in beschossenen Was Meisen und Finken die Futterhäuschen
servögeln, die der Jäger zwar beschießt, belagern, hat der Sperber leichtes Spiel.
aber nicht findet. Viele europäische Län Soll er! Ohne Tod gibt es kein Leben,
der haben daher die Verwendung blei und ein mitreißendes Erlebnis ist es alle
haltiger Munition verboten. mal, wenn so ein grauer Schatten um die
Seeadler
9
Regelmäßige Brutvögel in Kärnten
(9 Arten)
Wespenbussard (Pernis apivorus)
Steinadler (Aquila chrysaetos)
Habicht (Accipiter gentilis)
Sperber (Accipiter nisus)
Schwarzmilan (Milvus migrans)
Mäusebussard (Buteo buteo)
Baumfalke (Falco subbeteo)
Wanderfalke (Falco peregrinus)
Turmfalke (Falco tinnunculus)
Steinadler Brutverdacht
(2 Arten)
Hausecke schießt, sich in pfeilschnellem
Flug einen Zeisig oder Buchfink greift Bartgeier (Gypaetus barbatus)
und mit diesem in den Fängen ebenso Zwergadler (Aquila pennata)
schnell wieder entschwindet.
Zugvögel – Durchzügler –
Für Greifvögel kann man sich begeis Ausnahmeerscheinungen
tern, und wo könnte der Naturfreund (21 Arten)
diese Begeisterung besser ausleben, wo
könnte er mehr Arten begegnen als aus Fischadler (Pandion haliaetus)
gerechnet in unserem schönen Kärnten! Schmutzgeier (Neophron percnopterus)
Neun Arten brüten hier und nicht weni Schlangenadler (Circaetus gallicus)
Mönchsgeier (Aegypius monachus)
ger als 21 Arten treten als Durchzügler
Gänsegeier (Gyps fulvus)
(Zugvögel) auf, und bei zwei Arten (Bart
Schelladler (Aquila clanga)
geier, Zwergadler) besteht Brutverdacht.
Schreiadler (Aquila pomarina)
Habichtsadler (Aquila fasciata)
Steppenweihe (Circus macrourus)
Kornweihe (Circus cyaneus)
Wiesenweihe (Circus pygargus)
Rohrweihe (Circus aeruginosus)
Rotmilan (Milvus milvus)
Seeadler (Haliaeetus albicilla)
Raufußbussard (Buteo lagopus)
Adlerbussard (Buteo rufinus)
Merlin (Falco columbarius)
Rotfußfalke (Falco vespertinus)
Gerfalke (Falco rusticolus)
Sakerfalke (Falco cherrug)
Rötelfalke (Falco naumanni)
Mäusebussard
10
Perfektes Styling – perfekte Jäger
A
Auch Greifvögel müssen mit ihren Res
sourcen haushalten. Sie benötigen, um
zu überleben, eine positive Energiebi
lanz. Das heißt, die Energie, die sie beim
Verzehr einer Beute gewinnen, muss
größer sein als jene Energie, die sie auf
wenden, um der Beute habhaft zu wer
den. Daher haben sich die einzelnen
Arten im Laufe ihrer Entwicklungsge
schichte nicht nur auf ganz unterschied
liche Beutetiere konzentriert, sondern
auch unterschiedliche Jagdmethoden
Wanderfalke
entwickelt. In der Folge optimierten sie
gleichzeitig ihren Körperbau entspre mit raschem Schwingenschlag die Lüfte.
chend der bevorzugten Beute und Jagd Dem Bussard reicht’s trotzdem. Er kon
methode. zentriert sich vor allem auf Kleinnager,
also auf Mäuse. Natürlich nimmt er gele
Nehmen wir den Mäusebussard. Er macht gentlich auch andere Beute, wenn es sich
auf uns, verglichen mit einem Falken, ei gerade anbietet sogar einen kleinen, nur
nen eher plumpen und direkt „lahmen“ wenige Tage alten und daher noch nicht
Eindruck. Oft sehen wir ihn fast zusam fluchtfähigen Junghasen. Aber das sind
mengekauert auf einem Koppelpfahl sit die Ausnahmen.
zen oder langsam, nur hin und wieder
mit den Schwingen schlagend, seine Wer von Mäusen leben will, braucht vor
Kreise am Himmel ziehen. Der Wander allem eines – Geduld! Zunächst muss er
falke hingegen ist von ausgesprochen sich informieren, wo wirklich etwas ge
schlanker, eleganter Figur und durcheilt boten ist. Der Mäusebussard tut dies aus
Mäusebussarde Waldmaus
11
Turmfalke im Rüttelflug Turmfalke mit MausBeute
der Luft. Er kreist träge und erkennt da sard aber auch zu Fuß auf die Jagd und
bei sehr genau die Baue und Laufgänge sammelt dabei vor allem Regenwürmer
der Feldmäuse. Manchmal startet er dann und Heuschrecken.
auch direkt einen Angriff aus dem Segel
flug heraus. Mehrheitlich lässt er sich Auch der viel kleinere Turmfalke jagt
aber auf einer Aussichtswarte nieder und überwiegend Kleinnager. Auch er ver
wartet ab. Als Aussichtswarte kann ein sucht seine Beute von einer Sitzwarte
Obstbaum im Feld dienen, aber eben aus zu erspähen, um sie dann im Sturz
auch ein Koppelpfahl oder eine Überland flug zu fangen. Er versteht es aber auch,
leitung. Wenn es sein muss, wird er be recht ausdauernd und mit seinen spitzen
scheiden und verwertet die Opfer des Schwingen rüttelnd in der Luft zu stehen
Straßenverkehrs. Genau deshalb sehen und aus dieser Position anzugreifen. Die
wir im Winter oft so viele Bussarde auf Kraft, die der Mäusebussard in seinen Ze
Pfählen und Bäumen entlang der Straßen hen hat, fehlt ihm. Dafür sind seine Kral
sitzen. Gelegentlich geht der Mäusebus len im Verhältnis zur Körpergröße lang
und dolchspitz. Was
der Bussard mit Kraft
erreicht, schafft der
kleine Turmfalke mit
„Technik“.
Dem Mäusebussard in
Größe und Aussehen
recht ähnlich ist der
Habicht. Die einjähri
gen Vögel werden so
gar häufig miteinan
der verwechselt. Aber
der Habicht ist über
haupt kein Mäuse
jäger. Er jagt größere
Tiere, sowohl Säuger
als auch Vögel. Die
Junghabicht mit Beute
12
Habicht – Porträt Habicht im „Jugendkleid“
aber sind meist nicht so dicht „gesät“ kostet viel Kraft. Er darf sich folglich
wie Feldmäuse. Der Habicht muss sie nicht zu viele Fehlangriffe leisten.
weiträumig suchen. Daher macht ihn
„Abwarten und Schauen“ nicht satt. Die Weihen haben sich fast völlig auf den
Zwar hält er – vor allem am Waldrand – niedrigen Suchflug verlegt. Dabei er
auch von Ansitzwarten aus Ausschau, weckt ihr gaukelnder Flug, bei dem sie
aber viel häufiger sucht er seine Beute ihren Kopf zum Boden richten, mitunter
bei Pirschflügen. Plötzlich taucht er im den Eindruck, die Vögel seien leicht al
Wald irgendwo auf, kommt in raschem koholisiert. Ihre Schwingen sind wesent
Flug um eine Ecke und verschwindet wie lich länger als die von Habicht und Bus
der. Hat er eine Beute entdeckt, greift er sard. Lange Schwingen sind jedoch im
sie in rasantem Flug an. Ehe er dies tut, Wald, wo es zwischen den Bäumen oft
muss er seine Chancen sehr wohl überle eng hergeht, nicht unbedingt „kommod“.
gen und eventuell auch auf die Beute ver Müssen sie auch nicht, denn die Weihen
zichten. Denn jeder Angriff auf einen Ha jagen fast ausschließlich in der offenen
sen, eine Wildtaube oder ein Rebhuhn Landschaft. Den großen Überblick haben
Feldhase Kornweihe
13
sie bei Flughöhen zwischen zwei und
zehn Metern sicher nicht. Dafür hören
sie, in niedriger Höhe fliegend, außerge
wöhnlich gut und können auch solche
Mäuse treffsicher lokalisieren, die unter
dürrem Gras oder sogar unterm Schnee
verborgen sind. Das verdanken sie ihrem
eulenartigen Gesichtsschleier, der wie
eine Richtantenne wirkt.
Schneehase Alpenschneehühner
14
lingt ihm mitunter die Überraschung.
Natürlich würde das alles wenig helfen,
wenn der Vogel nicht die „Optik“ hätte,
aus großer Höhe relativ kleine Beutetiere
zu entdecken, womit wir bei den sprich
wörtlichen „Adleraugen“ wären.
Bartgeier
15
Wanderfalke im Sturzflug
D
Die Beutetiere der Greif
vögel ergeben sich nicht
und sterben nicht in De
mut. Sie wehren sich na
türlich, wollen sich befrei
en. Manche – zum Beispiel
ein Fuchs oder ein Mur
meltier – haben auch ein
ganz ordentliches Gewicht
und erfordern von ihren
Jägern nicht nur Kraft,
sondern auch gute Trag
werkzeuge, sollen sie weg
geschafft werden. Was für
den Steinadler das Mur
meltier, ist für den viel
kleineren und schwäche Adulter Habicht
ren Habicht bereits das
Rebhuhn. Doch ehe Greifvögel ihre Beu der auch die Adler gehören; sie werden
tetiere abtransportieren können, müssen als „Grifftöter“ bezeichnet, weil sie ihre
sie diese töten. Auch dazu sind ent Beutetiere mit besonders langen Krallen
sprechende Werkzeuge erforderlich. Mit töten. Diese Krallen sind aber auch gute
Blick auf das Töten werden zwei Gruppen Haltewerkzeuge beim Transport von Beu
unterschieden. Da sind einmal alle An tetieren zum Horst. Die feinste Mahlzeit
gehörigen der großen Habichtsfamilie, zu hilft wenig, wenn man sie nicht zerlegen
kann. Dafür hat die Natur den
Grifftötern kräftige Schnäbel
verliehen, die vorne mit einem
Reißhaken enden. Mit seiner
Hilfe gelingt es ihnen, die Haut
der Beute zu öffnen. Zum Zer
legen der Beute, also zum Ab
schneiden von Brocken, die
nen sehr scharfkantige Ränder
an den Oberschnäbeln.
D
Da Greifvögel irgendwie „auch nur Men So liefern beispielsweise die in Kärnten
schen“ sind, lässt ihr Verhalten durchaus mit bis zu 40 Brutpaaren vertretenen
Parallelen zu dem unseren erkennen. Je Steinadler in der Balz regelrechte Flug
denfalls versuchen die Männchen mit viel shows, bei denen sich Männchen aus
Imponiergehabe die Gunst der Weibchen großer Höhe nach unten fallen lassen und
zu wecken. Junge Homo sapiens lassen erst kurz über dem Boden abbremsen,
hierzu gelegentlich ihre Subwoofer dröh um erneut hochzusteigen. Auch Loopings
nen oder färben sich die Haare grün. In werden geflogen oder die Beute (Brautge
fortgeschrittenem Alter drehen Homo sa schenke) in der Luft übergeben. Dabei
piensMännchen mit Cabrios auffällige lässt das Männchen in großer Höhe die
Runden durch die Innenstädte. Beute fallen; diese wird dann vom Weib
chen aufgefangen, wobei es sich im Flug
Natürlich können Greifvögel nicht auf mit dem Rücken nach unten dreht.
Cabrios zurückgreifen, wenn sie Frauen
imponieren wollen. Doch was der Mensch Auch die allgegenwärtigen Mäusebussar
mit PS versucht, gelingt ihnen mit „SS“, de sind solche Luftakrobaten, die sich
also mit ihrer Schwingenstärke und zuweilen im Flug zueinander drehen und
der Fähigkeit, diese maximal zu beherr sich die Fänge reichen. Auch dabei dre
schen. So brillieren die meisten Arten hen sich die Weibchen um die eigene
mit zuweilen atemberaubenden Balzflü Achse. Das gleiche Manöver können wir
gen. bei den Wespenbussarden beobachten,
Wanderfalke
20
Bartgeier mit ockerrot eingefärbtem Brustgefieder
teten regelmäßig zum Essen ein. Das wobei das Habichtsweibchen das ihr ein
heißt, erst versuchen sie den Weibchen Geschenk anbietende kleine Männchen
durch atemberaubende Schauflüge zu als Sperber betrachtet und angreift. Ha
imponieren, dann werfen sie ihnen, wie bichtsmännchen übergeben ihre Ge
oben schon beschrieben, in der Luft Beu schenke daher am liebsten auf dem Ast
te zu. Nach mehrjähriger Ehe lässt der eines Baumes, der ihnen schnellen und
Eifer nach, und viele Terzel begnügen freien Abflug gewährt.
sich mit Luftakrobatik.
Junge Burschen versuchen heute oft
Nicht ganz ohne Risiko ist die Übergabe durch schrille Haarfarben aufzufallen
von Brautgeschenken für die Habicht und zu imponieren. Bartgeier haben das
männchen. Bei dieser Art ist der auch drauf. Allerdings ist bei ihnen tradi
Größenunterschied zwischen den Ge tionell nicht grün, sondern rot angesagt.
schlechtern besonders auffällig. Ha Von Natur aus ist ihr Brustgefieder eher
bichtsmännchen sind kaum stärker als cremefarben, ja fast weißlich. Um es
Sperberweibchen. Sperber gehören aber schön ockerrot zu färben, suchen beide
zum Nahrungsspektrum der Habichts Geschlechter Badestellen mit eisenoxid
weibchen und werden von diesen regel haltigem Schlamm auf. Damit färben sie
mäßig geschlagen. Da sich beide Arten im ihre Federn ein. Da ältere Bartgeier die
Gefieder ziemlich gleichen, kommt es „Kosmetiksalons“ ihres weiten Streifge
immer wieder zu Missverständnissen, bietes am besten kennen, ist ihr Gefieder
21
Bartgeier – Jungvogel
meist auch intensiver rot als das jüngerer Dass Greifvögel auch ihre Stimmen zur
Männchen. Welcher Sinn hinter diesem Werbung einsetzen, versteht sich von
Verhalten steht, ist bis heute nicht gänz selbst. Allerdings dringen sie damit weit
lich geklärt. Irgendwie scheint es sich über das primitive SubwooferGedröhne
für einen erwachsenen Bartgeier einfach pubertierender Männchen der Gattung
so zu gehören. Homo sapiens hinaus.
W
Wer sich für Greifvögel interessiert und Horst sie aktuell bewohnen, erkennt man
von der Zahl gefundener Horste auf die an der frischen Begrünung. Die beiden
Zahl der Brutvögel schließt, liegt schnell Arten gehören nämlich zu jenen Greif
daneben. Manche Greifvogelarten sind vögeln, die während der Brut und Nest
nämlich regelrechte „Immobiliensamm lingszeit immer wieder frische Laubzwei
ler“ und ständig mit dem Ausbessern und ge in die Horste einflechten. Man mag die
Bauen neuer Horste beschäftigt. Dabei ses Verhalten als widersinnig ansehen,
nutzen manche ihre Zweit und Dritthors schließlich machen die Vögel damit ihre
te überhaupt nicht. Eher beziehen sie „Wohnungen“ auffällig. Der mit dem Mäu
Jahr für Jahr zur Brutzeit ausschließlich sebussard nur weitläufig verwandte Wes
ihren Stammsitz, den sie nach den Win penbussard ist der eifrigste Begrüner. Er
terstürmen ausbessern und ständig ver garniert nicht nur den Horstrand, sondern
größern. So entstehen manchmal gewal auch die Horstmulde immer wieder frisch.
tige Bauwerke. SteinadlerHorste können Er tut dies eindeutig aus Gründen der Hy
bis zu zwei Meter hoch werden und giene. Denn die frischen belaubten Zweige
Durchmesser von bis zu drei Metern errei stellen sozusagen eine Art „Windelersatz“
chen. Auch der in Kärnten fast allgegen dar. Im Gegensatz zu den meisten ande
wärtige Mäusebussard und der zwar eben ren Greifvogelnestlingen können nämlich
falls häufige, aber nicht so auffällige Ha junge Wespenbussarde nicht auf oder gar
bicht sind Immobilienliebhaber. Welchen über den Rand des Horstes koten. Nun
dauert es aber, bis sie flügge sind und das Aus dem Schema heraus fallen der Fisch
Nest verlassen können, zumindest sechs adler und die Weihen. Ersterer fängt
Wochen. Ohne regelmäßigen „Windel manchmal gleich mit zwei „Frauen“ ein
wechsel“ wären die hygienischen Verhält Verhältnis an und baut mit jeder einen
nisse der Kinderstube bald untragbar und Horst. Es kann aber auch vorkommen,
gesundheitsgefährdend. dass er eine Ehe zu dritt führt, wobei
zwei Weibchen einen
Horst gemeinsam be
nutzen und sich ge
meinsam um Brut
und Aufzucht küm
mern. Bei den Wei
hen orientieren sich
die Männchen am je
weiligen Nahrungsan
gebot. In nahrungs
reichen Jahren ver
paaren sich manche
von ihnen gleich mit
zwei Weibchen und
versorgen beide mit
Nahrung. Weibchen
sind bei den Weihen
also auch so eine Art
Statussymbol: Wem
Juvenile Sperber im Horst
24
es besonders gut geht, der leistet sich Noch etwas ist für den Schwarzmilan ty
zwei. An Wechselhorsten (mehrere Ne pisch. So wie Habicht und Bussard ihre
ster) sind die Weihen hingegen nicht in Horste mit frischen Zweigen grün aufput
teressiert. Das mag damit zusammenhän zen, garniert er seine Horste gerne mit
gen, dass sie ihre Horste auf dem Boden dem Unrat unserer Abfallgesellschaft. Mit
bauen, wo sie im Laufe von Herbst und Plastik, Papier und anderem Abfall pols
Winter zerfallen. tert er die Nestmulde. Damit diese auch
wirklich bequem ist, belegt er den Unrat
Ihre besondere „Handschrift“ hinterlas noch mit Laub und Gras. Milane überneh
sen beim Horstbau auch die Milane, von men aber auch die verlassenen Horste an
denen in Kärnten allerdings nur der derer Greifvögel. Damit ersparen sie sich
Schwarzmilan brütet. Wo er die Möglich das mühsame Zusammentragen und Ver
keit hat, wohnt er gerne möglichst dicht arbeiten des Baumaterials. Doch auf die
am „Arbeitsplatz“. Das heißt, er sucht die „Verschönerung“ mit Zivilisationsmüll
Nähe von Kormoran oder Reiherkoloni verzichtet er auch dann nur selten.
en. Diesen Fischfressern fallen nämlich
immer wieder einmal Beutetiere, die sie Neben den Immobiliensammlern und den
ihren Jungen verfüttern, auf den Boden. Eigenheimbesitzern finden sich unter den
Dann ist der Schwarzmilan zur Stelle und Greifvögeln aber auch klassische „Mie
sammelt sie auf. ter“. Dazu gehören alle Falkenarten. Sie
bauen überhaupt nicht selbst, sondern be seine Eier nicht selten in der Fensterni
ziehen Horste, die von anderen Arten auf sche eines Kirchturms oder eines anderen
gegeben oder diesen streitig gemacht wur Gebäudes ab, und die Wanderfalken le
den. Selbst auf das Renovieren verzichten gen sie einfach auf einen Felsvorsprung.
sie. Daher legt das Turmfalkenweibchen Hauptsache, die Eier rollen nicht davon.
W
Was ihre bevorzugten „Wohnlagen“ be So brütet der Bussard im baumarmen
trifft, so haben Greifvögel ganz unter Schottland durchaus auch einmal in ge
schiedliche Präferenzen. Die meisten Ar ringer Höhe in einem Gebüsch.
ten bauen ihre Horste auf Bäumen. Ob
sie das mehr oder weniger auffällig tun Manchmal diktiert einfach die Land
oder eher versteckt, hängt wesentlich schaft, welchen Standort ein Greifvogel
vom Spektrum ihrer Feinde ab. So kön für seinen Horst akzeptiert. So ist der
nen es sich Habicht und Fischadler lei Steinadler im Alpenraum und in anderen
sten, relativ auffällig zu bauen. Ihre felsreichen Gebirgen überwiegend Fels
Horste stehen hoch oben in alten Bäu brüter. Er bevorzugt wettergeschützte
men, und zwar keineswegs eng an den Felsnischen unter überhängenden Wän
Stamm gedrückt, sondern eher frei in ei den. Wo aber sollte er im flachen Norden
ner Astgabel. Fischadler brüten sogar oder in felsarmen Mittelgebirgen brüten,
gerne auf einzeln stehenden Bäumen wenn er nicht kompromissbereit wäre?
oder gleich auf Masten der Überlandlei Wo der blanke Fels fehlt, weicht er auf
tungen. Das wagt der kleine Sperber Bäume aus, und selbst im Alpenraum
nicht. Er bevorzugt Nadelbäume im Be kommt es immer wieder zu Baumbruten.
stand und baut in ihnen seinen Horst in Es muss nicht immer echter Fels sein,
mittlerer Höhe möglichst dicht am mag sich der Wanderfalke denken, Kunst
Stamm. Freilich zeigen sich die meisten felsen tun’s auch. So brütet er heute be
Arten, wenn es denn sein muss, flexibel. reits in Großstädten wie Frankfurt oder
Dieses Problem haben alle Falken, da sie Fabriken oder städtischen Gebäuden. An
ja grundsätzlich nicht selbst bauen. Die solchen finden sich meist Simse oder
beiden kleinen Arten, Turm und Baum Fensternischen. Manchmal sind auch of
falke, brüten häufig in verlassenen fene Luken vorhanden, die es den Falken
Krähennestern. Das ist nicht ganz unge ermöglichen, im Gebäudeinneren zu brü
fährlich. Die Krähennester stehen oft ten. Speziell für Turmfalken bietet der
hoch in Einzelbäumen und fallen beson Handel auch Nistkästen an.
ders aus der Luft auf. Für den Turmfal
ken ist das Grund genug, nach „Kunstfel Die Weihen sind die einzigen Greifvögel,
sen“ zu suchen, etwa nach Kirchtürmen, die bei uns in Mitteleuropa auf dem Bo
28
den brüten. Sie errichten Bodennester in doch gibt es seltene Ausnahmen bei der
großen Wiesen oder Getreideflächen Bauplatzwahl, zumindest bei den Rohr
(Ersatzsteppen) oder im Röhricht. Das weihen. Jedenfalls wurden schon Horste
ist bemerkenswert, weil ansonsten nur in Weidenbüschen und sogar in Bäumen
solche Arten auf dem Boden brüten, de bis in 15 Meter Höhe gefunden.
ren Junge Nestflüchter sind. Die Jungen
der Weihen sitzen aber besonders lange
im Nest. Brütende Weibchen und Junge
sind am Boden immer besonders gefähr
det. Weihen entschärfen die kritische Si
tuation, in dem sie möglichst im Zentrum
großer, unzugänglicher Flächen nisten,
die vom Fuchs und anderen behaarten
Beutegreifern gemieden werden. Dass sie
ihre Horste nicht in Bäumen errichten,
ist entwicklungsgeschichtlich bedingt.
Weihen haben sich irgendwann für ein
Leben in der offenen, baumlosen oder zu
mindest baumarmen Steppe entschieden.
Diese Entscheidung wirkte sich auf ihren
Körperbau aus, auf ihre Jagdtechnik und
eben auch auf ihre Nistplatzwahl. Und Flügger Sperber
Rotmilan
Turmfalke
30
„Reservekinder“
E
Etwas verallgemeinernd lässt sich sagen, gel zwei Eier, gelegentlich auch nur eines
dass die Lebenserwartung eines Tieres und nur ausnahmsweise drei. Das be
mit seiner Körpergröße steigt. So haben deutet jedoch nicht, dass sie ebenso vie
Kleinvögel wie Meisen oder Finken nur le Junge aufziehen. Meist bleibt es beim
eine sehr kurze Lebensdauer, die im Mit „Einzelkind“, auch wenn zwei Junge
tel zwei Jahre kaum übersteigt. Bei frei
lebenden Steinadlern hingegen wurden
mit Hilfe der Beringung schon Lebensal
ter von über 30 Jahren nachgewiesen, in
Gefangenschaft sogar über 40 Jahre. Je
älter jedoch eine Tierart wird, umso ge
ringer sind ihre jährlichen Nachwuchsra
ten. Viele Greifvögel werden erst im Al
ter von drei bis fünf Jahren geschlechts
reif, die in Kärnten beheimateten Bart
geier benötigen sogar sechs bis acht Jah
re, ehe sie erstmals zur Brut schreiten.
Mit der möglichen Lebenserwartung
sinkt aber auch die Zahl der Eier, die
zwei Partner pro Gelege produzieren.
Bartgeier und Steinadler legen in der Re Juvenile Mäusebussarde im Horst
MäusebussardNestlinge
32
Juvenile Sperber
er und ziehen auch mehrere Jungen groß.
Das ist notwendig, weil die kleinen Arten
auch wesentlich mehr natürliche Feinde
haben. Auch das Zugverhalten scheint
Einfluss auf die Nachwuchsraten zu neh
men, was ja auch ganz einleuchtend ist.
Während Steinadler Standvögel sind, die
das ganze Jahr über ihrem Brutrevier
treu bleiben, legen Fischadler enorme
Zugstrecken zurück, auf denen sie stark
gefährdet sind. So beträgt der Fortpflan
zungserfolg der Steinadler nur 0,2 bis
0,6 Junge pro Paar und Jahr, während es
beim Fischadler bis zu 1,7 Junge sind.
Dafür sind junge Fischadler zahlreichen
Gefahren ausgesetzt. Sie werden schon
im Horst von Uhu, Habicht und Marder
erbeutet. Bei den allgegenwärtigen Turm
falken beträgt der Fortpflanzungserfolg
unter günstigen Verhältnissen mehr als
vierJunge pro Paar und Jahr.
BaumfalkenÄstling
33
Er arbeitet, sie bleibt daheim
B
Bei den meisten Greifvogelarten bleiben bei gutem Nahrungsangebot – sich mit
die Paare – wenn kein Partner verun mehreren Weibchen verpaaren, um die
glückt – ein ganzes Leben hindurch zu sie sich während der Brut und Aufzucht
sammen. Vor allem die größeren Arten, szeit auch kümmern. So ist von Wander
die auch eine hohe Lebenserwartung ha falken bekannt, dass einzelne Männchen
ben, halten es so. Es gibt jedoch auch Ar gleich mehrere Weibchen begatteten und
ten, bei denen die Männchen mehr oder später sozusagen zwischen den einzelnen
regelmäßig fremd gehen oder – vor allem „Haushalten“ pendelten. Damit sind sie
aber regelmäßig überfordert, können ihre
Damen samt Bruten nicht ausreichend
versorgen, was meist zur Folge hat, dass
überhaupt keine Jungen flügge werden.
S
Siedlungsdichte und Bruterfolg der Greif Die Angehörigen einer bestimmten Greif
vögel werden von vielen Faktoren be vogelart sind sich selbst Konkurrenten.
stimmt. Erstere hängt ganz wesentlich Sie machen sich jedoch nicht nur die
vom Nahrungsangebot ab. Je mehr Nah Nahrung streitig, sondern mindern den
rung in einem bestimmten Gebiet vor Bruterfolg auch durch direkte Eingriffe.
handen ist, umso weniger Fläche be Als Beispiel mögen die Steinadler dienen,
nötigt ein Greifvogel, um satt zu werden die erst sehr spät geschlechtsreif werden.
oder um seine Jungen zu ernähren. Aller Wenn sie das endlich sind, müssen sie
dings kann sich das Nahrungsangebot sich noch ein eigenes Brut und Jagdre
von einem Jahr zum anderen sprunghaft vier suchen und erkämpfen. Dabei for
ändern. Besonders hart trifft der Rück dern sie bereits etablierte Adlerpaare im
gang einer bestimmten Beute Arten, die mer wieder heraus. Diese müssen ihre
sich spezialisiert haben. Beispiel: Gibt es Reviere zeitaufwändig und energiezeh
viele Feldmäuse, kann die Siedlungsdich rend verteidigen und vernachlässigen da
te der Mäusebussarde steigen und der bei zwangsweise das Brutgeschäft. Letzt
Bruterfolg der Altvögel ist groß. Im näch lich folgen besonders erfolgreichen Brut
sten Jahr sorgen vielleicht ausgiebige Re
genfälle und Hochwässer für einen Zu
sammenbruch der Feldmauspopulatio
nen. Dann hungern die Bussarde und ihr
Bruterfolg ist gering.
Feldmaus
MäusebussardÄstlinge
36
wir „Gleichgewicht“ nennen, ist tatsäch
lich ein ewiges Auf und Ab.
Fischadler
37
Ab in den Süden
D
Dem aufmerksamen Naturfreund und Be dings sieht man sie nicht jeden Winter
obachter wird auffallen, dass sich in gleichermaßen zahlreich. Das hängt mit
Kärnten auch im Winter zahlreiche Grei dem jeweiligen Vorkommen der Feld
fvögel aufhalten. Es sind allerdings nur maus zusammen. In guten Mäusejahren
einige wenige Arten, die er regelmäßig halten sich bei uns auch viele Mäusebus
und teils zahlreicher als im Sommer sarde auf. Jene, die hier ihre Brutreviere
sieht. Am auffälligsten sind sicher die haben, bleiben den Winter über da, und
häufig auf Koppelpfählen oder Obstbäu andere, aus klimatisch raueren Gebieten,
men sitzenden Mäusebussarde. Aller kommen zusätzlich als Wintergäste. In
schlechten Mäusejahren ziehen die Gäste
weiter, und auch von den heimischen
Bussarden bleiben nicht alle da.
Den in Kärnten brütenden und oft mit den ersten Frösten im Herbst aus mit
dem Mäusebussard verwechselten Wes Wespen und Wildbienen. Da heißt es,
penbussard werden wir im Winter auch sich beizeiten auf die Reise zu machen.
nicht beobachten. Schließlich ist es mit Dafür besuchen uns die im hohen Norden
brütenden Raufußbussarde.
In ihrer Brutheimat verhin
dern Schnee und Frost viele
Monate die Mäusejagd, also
überwintern sie in klima
tisch günstigen Gebieten
Mitteleuropas.
nördlich und östlich brütenden Seead Gerfalken den Norden nicht? Ihre Jagd
lern. Manchmal ist auf den ersten Blick technik macht es möglich: sie schlagen
gar nicht zu erkennen, warum die eine ihre Beute auch am Boden oder greifen
Art zum Zugvogel wird und die andere sie in reißendem Flug vom Boden weg. Da
lieber daheim bleibt. Da sind beispiels sie größer als die Wanderfalken sind, wa
weise die aus Skandinavien zu uns kom gen sie sich auch an stärkere Beutetiere,
menden Wanderfalken. Sie schlagen wie wie zum Beispiel die im hohen Norden
ihre bei uns brütenden Artgenossen häufigen Schneehühner.
hauptsächlich Vögel von Taubengröße
und kleiner. Sie tun das mehrheitlich in Wenn Vögel großräumig zwischen Som
pfeilschnellem Flug in der Luft. Aber in mer und Winterlebensraum wechseln,
den nordischen Weiten gibt es nur weni hängt das immer mit ihrer Nahrung zu
ge Haustauben und die dortigen Wildtau sammen. Keine Art nimmt die ungeheu
ben sind Zugvögel. Es gibt im Winter ren Strapazen eines über viele tausend
auch keine Schwalben oder Mauersegler. Kilometer führenden Flugs gewisserma
Also müssen die Wanderfalken ihre nor ßen zur Erholung auf sich. Und beacht
dischen Brutgebiete verlassen. Warum lich sind die zurückgelegten Strecken al
aber verlassen die noch etwas größeren lemal. Fast 20.000 km legte beispielswei
40
Ziehende Wespenbussarde – Winterquartier im äquatorialen Afrika
D
Die meisten Säugetiere wechseln zwei
mal im Jahr ihr Haarkleid. Bei Schneeha
se und Hermelin ist das unübersehbar.
Beide sind im Sommer braun und im
Winter weiß. Greifvögel tun das nicht,
aber auch ihr Federkleid unterliegt stän
digem Verschleiß. Daher müssen die Fe
Große Arten lassen sich besonders lange
Zeit. Doch ist die Größe einer Art weni
ger ausschlaggebend für die Dauer der
Mauser wie die Beanspruchung des Gefie
ders. Zu den gemütlichsten Vögeln, die
wir uns denken können, gehören sicher
die in Kärnten wieder heimischen Bart
dern regelmäßig ausgewechselt werden.
Doch ohne Federn kann kein Vogel flie
gen. Fehlt nur das Brustgefieder oder ist
dieses unvollständig, dann mag der Vogel
zwar frieren, aber er ist flugfähig und
kann Beute schlagen. Anders bei den
Schwung und Steuerfedern (Schwanzfe
dern). Fallen mehrere Handschwingen
gleichzeitig aus, wird das Fliegen müh
sam und das Schlagen von Beute zum Zu
fall. Daher wechseln Greifvögel ihr Gefie
der über einen längeren Zeitraum hin Federtafel eines Turmfalken
weg. Bei manchen Arten geht das so weit,
dass die Mauser schon wieder beginnt, geier. Sie sind Aasverwerter, die nicht
ehe sie wirklich abgeschlossen ist. Or selbst töten. Dafür nutzen sie die Ther
nithologen sprechen dann von einer Staf mik und segeln auf der Suche nach ver
felmauser. endeten Wildtieren oder verunglücktem
Weidevieh gemüt
lich über hunderte
von Kilometern da
hin. Ihre Federn
werden weniger be
ansprucht als die
des Habichts, der
im Pirschflug seine
Beute zu überra
schen und „high
speed“ einzuholen
sucht. Bartgeier ha
ben dank ihrer
Größe auch keine
Luftfeinde, vor de
nen sie gelegentlich
fliehen müssen.
Folglich können sie
Mauserfeder des Mäusebussards
42
TurmfalkenWeibchen
sich mit dem Gefiederwechsel ausgiebig völlig verloren, aber besonders erfolg
Zeit lassen. Sie tauschen sozusagen Fe reich sind sie bei der Jagd dann auch
der für Feder, und da kann es bis zu vier nicht. Da ist Arbeitsteilung der beste
Jahre dauern, ehe sie durch sind. Weg: Sie brütet und wechselt dabei die
Schwungfedern; er jagt und mausert erst
Einen hohen Verschleiß haben sicher je später, wenn die Jungen aus dem Gröbs
ne Arten, die als Zugvögel unglaublich ten heraus sind.
weite Strecken zurücklegen. Sie müssen
sich beim Gefiederwechsel beeilen und
mausern daher oft in Etappen. In der
Heimat wird schnell noch das Kleingefie
der oder Teile davon gewechselt, dann
ins Winterquartier geflogen und erst dort
werden Schwung und Steuerfedern er
neuert.
D
Der Gattungsname „Pernis“ ist als grie
chische Bezeichnung für einen Greifvogel
auf Aristoteles zurückzuführen. Das latei
nische Wort „apivorus“ bedeutet „Bienen
verzehrer“. Tatsächlich ist der deutsche
Name zutreffender, den er ernährt sich
vorwiegend von Wespen.
D
Die Pflege verletzter Greifvögel wird in Kärnten durch die Greifvogelwarte Landskron
(AdlerArena Burg Landskron) sowie die Natur & Wildstation Kärnten, in Steuerberg,
durchgeführt.
Franz Schüttelkopf, Greifvogelwarte Landskron Dietmar Streitmaier, Natur & Wildstation Kärnten
Telefon 0664/3576341 Telefon 0676/5396709
46
BILDAUTOREN
F
11 (ur), 12 (o), 13 (ol, ul), 14 (mr, ul, ur), 15 (o),
Faszination Greifvögel – kaum eine 16 (mr, ur), 17 (o), 18 (o, ul), 20 (o), 22, 23, 24 (u),
Gruppe von Tieren wurde so wie die 26 (ur), 27 (ul), 28, 29, 31, 32, 33, 34, 35, 36,
Greifvögel vom Menschen verfolgt, wes 37 (ur), 38, 39 (u), 42, 43 (u), 44, 45, 46 (url).
Insgesamt 78 Bilder
halb viele Arten an den Rand der Aus
Zmölnig, Jakob:
rottung gebracht oder aus weiten Teilen Seiten: 4 (ml), 6, 7 (u), 8 (u), 9 (ol), 11 (o, ul),
ihrer angestammten Lebensräume ver 12 (u), 13 (or, ur), 14 (or), 15 (u), 16 (o), 17 (u),
18 (ur), 19, 20 (u), 21, 24 (o), 25, 26 (o, ul), 27 (ur),
trieben wurden. Seit jeher schmücken 30, 37 (o, ul), 39 (orl), 40, 41, 43 (o), 46 (o).
sich Machthaber gerne mit Greifvögeln Insgesamt 42 Bilder
als Wappentier. Auch Staaten nehmen Alle Rechte bei den Bildautoren
als Wappentier bevorzugt einen Adler, VERWENDETE/
den König der Lüfte. Sie sind bedrohte WEITERFÜHRENDE LITERATUR
Symbole für Stolz und Stärke, aber auch Dvorak, M. (2009):
Important Bird Areas – Die wichtigsten Gebiete für
Warnsignale für den Zustand unserer den Vogelschutz in Österreich. Verlag Naturhistori
Umwelt. So ist z. B. die Gefährdung der sches Museum Wien, Wien.
Greifvögel durch Umweltgifte und Schäd Feldner, J., P. Rass, W. Petutschnig, S. Wagner,
G. Malle, R. K. Buschenreiter, P. Wiedner &
lingsbekämpfungsmittel sehr groß, aber R. Probst (2006):
die stetige Veränderung der Lebensräu Avifauna Kärntens 1. Die Brutvögel. Naturwissen
me übertrifft alle anderen schädlichen schaftlicher Verein für Kärnten, Klagenfurt.
Einwirkungen; weiters die immer fort Feldner, J., W. Petutschnig, R. Probst, S. Wagner,
G. Malle & R. K. Buschenreiter, (2008):
schreitende direkte Störung durch den Avifauna Kärntens – Bd.2: Die Gastvögel. Natur
Menschen, das Erschließen naturnaher wissenschaftlicher Verein für Kärnten, Klagenfurt.
Landschaften für Fremdenverkehr, Frei Gensbol, B., Thiede, W. (2005):
Greifvögel. Alle europäischen Arten, Bestimmungs
zeit und Erholung sowie für Klettersport merkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefähr
usw. stören die dort lebenden Vögel dung, Bestandsentwicklung. BLV Verlagsgesellschaft
mbH, München.
beim Brüten und Fressen. Der Wille, un
LBVKompakt, GreifvögelBroschüre:
sere Greifvögel zu schützen, ist bei uns Arten, Gefährdung, Schutz. LBV Landesbund für
bereits weit verbreitet, die Möglichkei Vogelschutz e.V., Hilpoltstein.
ten zu helfen sind weit gestreut. Als Ein MEBS, Th., Schmidt, D. (2006):
Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorder
zelner wird man selten in der Lage sein, asiens. FranckhKosmos Verlags GmbH & Co, KG,
sich erfolgreich für die Erhaltung geeig Stuttgart.
neter Lebensräume einsetzen zu kön IMPRESSUM
nen. Es ist daher ratsam, sich zu Vogel Herausgeber: Amt der Kärntner Landesregierung
schutzGruppen zusammenzuschließen. Abt. 8 – Kompetenzzentrum Umwelt, Wasser und
Naturschutz, Unterabteilung Naturschutz und National
Viele Aufgaben des Greifvogelschutzes parkrecht, Flatschacher Straße 70, 9021 Klagenfurt
setzen nämlich gemeinschaftliches Han am Wörthersee. EMail: bernhard.gutleb@ktn.gv.at
deln voraus. Dürfen wir Sie, verehrte Textautoren: Bruno Hespeler, 9611 Nötsch 112
Leser(in), auf einen eindrucksvollen Dietmar Streitmaier/Natur & Wildstation Kärnten,
Hart 41, 9560 Steuerberg
Streifzug durch das faszinierende Leben Konzept/Fachredaktion: Dietmar Streitmaier/ NWK
unserer Greifvögel einladen. Copyright 2012. Alle Rechte beim Herausgeber.
DIETMAR STREITMAIER Grafische Gestaltung: GAPasterk
NATUR & WILDSTATION KÄRNTEN Produktion: Druckagentur Trojacher
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
47
Wir
für unsere Natur