Sie sind auf Seite 1von 48

Kärntens wertvolle Natur

Säugetiere

Folder Saeugetiere2010.indd 1 22.03.10 14:53


Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Insektenfresser (Insectivora) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Igel (Erinaceus concolor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Maulwurf (Talpa europaea) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Hasentiere (Lagomorpha) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Feldhase (Lepus europaeus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Schneehase (Lepus timidus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Nagetiere (Rodentia) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Murmeltier (Marmota marmota) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Biber (Castor fiber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Schläfer (Gliridae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Siebenschläfer (Glis glis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Haselmaus (Muscardinus avellanarius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Wühlmäuse (Arvicolidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Bisamratte (Ondatra zibethicus) und andere . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Hundeartige (Canidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Rotfuchs (Vulpes vulpes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Bären (Ursidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Braunbär (Ursus arctos) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Marderartige (Mustelidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Steinmarder (Martes foina) und Baummarder (Martes martes) . . . . 26
Hermelin (Mustela erminea) und Mauswiesel (Mustela nivalis) . . . 28
Iltis (Mustela putorius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Dachs (Meles meles) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Fischotter (Lutra lutra) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Katzen (Felidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Wildkatze (Felis silvestris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Luchs (Lynx lynx) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Schweine (Suidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Wildschwein (Sus scrofa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Hirschartige (Cervidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Rothirsch (Cervus elaphus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Reh (Capreolus capreolus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Hornträger (Bovidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Gams (Rupicapra rupicapra) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Alpensteinbock (Capra ibex) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Der Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Schlussbemerkung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Folder Saeugetiere2010.indd 2 22.03.10 14:53


Vorwort

V Vor fast 20 Jahren wurde die


Reihe dieser Informations-
broschüren gestartet und
es freut mich, dass trotz der
langen Erfahrung neuer Wind
in diese Ausgabe gebracht
werden konnte. Als Autor
konnte Bruno Hespeler
gewonnen werden, der
renommierte Verfasser zahl-
reicher Bücher zum Thema
Wildtiere, eine ganz beson- Naturschutzreferent Dipl.-Ing. Uwe Scheuch
dere Aufwertung dieser Aus-
gabe. Es war mir auch ein Anliegen die Reihe vom etwas verstaubten und einschrän-
kenden Titel „Kärntens bedrohte Natur“ auf „Kärntens wertvolle Natur“ zu ändern.
Etwas Wertvolles verdient unsere Aufmerksamkeit – unseren Schutz – unabhängig
davon ob es bedroht ist, was leider oft genug der Fall ist, oder gerade keine aktuelle
Gefährdung vorliegt. Wäre diese Broschüre vor 150 Jahren verfasst worden, der Rot-
hirsch und selbst das Reh wären vielerorts als ausgerottet und generell als gefährdet
einzustufen gewesen. Heute haben wir gesicherte Bestände dieser Tierarten, die nicht
nur wertvoller Bestandteil der heimischen Tierwelt sind, sondern durch nachhaltige
Nutzung auch Wertschöpfung für die ländliche Bevölkerung bedeuten.

Die Säugetiere sind in vielerlei Hinsicht eine ganz besondere Tierklasse. Die kleins­t en
Spitzmäuse kämpfen mit gleich großen Insekten um ihr Leben, der Blauwal ist mit
bis zu 130 Tonnen das größte Lebewesen, das je die Erde bewohnt hat, selbst
die größten Dinosaurier waren klein gegen ihn. Faszinierend auch in ihrer Anpas-
sungsfähigkeit, die ihnen ein Leben an nahezu allen Orten zwischen beiden Polen
ermöglicht und sie laufend, fliegend, schwimmend und grabend fortbewegen lässt.
Außergewöhnlich nicht zuletzt auch, weil wir Menschen uns selbst in der Klasse der
Säugetiere und in diesem Heft wieder finden, ein unmittelbarerer Bezug zu der uns
umgebenden Natur ist schwer vorstellbar. Auch der überwiegende Teil unserer
Haus- und Nutztiere sind Säuger und die Bedeutung des Wildes für unsere eigene
Entwicklung in Form von Nahrungs- und Kleidungslieferant über Jahrtausende soll
nicht unterschätzt werden.

Mit der vorliegenden Broschüre wird ein wichtiger Beitrag zur Wissensvermittlung
über das Leben der heimischen Säugetiere geleistet. Nur was man kennt und
durch die Kenntnis ihrer Besonderheiten und Fähigkeiten schätzen lernt, wird
man langfristig motiviert sein zu erhalten und, wo es geht, sogar zu fördern.

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch


L a n d e s h a u p t m a n n - S t e l l v e r t r e t e r, N a t u r s c h u t z r e f e r e n t

Folder Saeugetiere2010.indd 3 22.03.10 14:53


Insektenfresser (Insectivora)
Igel (Erinaceus concolor)

D
Die meisten Igel sehen wir auf der Stra-
Steckbrief
ße – tot. Darin liegt eine gewisse Tragik,
denn Igel sind durchaus Kulturfolger, die Status Geschütztes Tier, abnehmend
Familie Igel (Erinaceidae)
sich in der Nähe des Menschen wohl . Gewicht bis 1000 g
fühlen, wohler als in vielen ausgeräum- Nahrung Insekten, Schnecken, Würmer
ten Feldlandschaften. Hausgärten und Paarungszeit April bis August
Grünanlagen, je unordentlicher je lie- Tragzeit rund 35 Tage
ber, sagen ihnen zu. Komposthaufen bie- Junge 4 bis 5; 14 Tage blind
ten ihnen ebenso Nahrung wie Gemüse-
beete, in denen sie nachts eifrig auf
Schneckenfang gehen. Aber Igel sind um geschützt zu sein. Autos lassen sich
auch relativ langsam, jedenfalls dann, davon nicht beeindrucken!
wenn es um die Überquerung von viel be- .
fahrenen Stra­ß en geht, und sie sind sich Die Stacheln bestimmen beim Igel das
zu sicher. Sie vertrauen nämlich darauf, halbe Leben. Sie schützen ihn vor man-
dass man sich bei Gefahr nur zusammen- . chem Feind, aber sie halten kaum die
rollen und seine Stacheln zeigen muss, Kälte ab. Daher ist er gezwungen, den

Sobald es dämmert verlässt der Igel sein Tagesnest und ist unterwegs auf Beutesuche
4

Folder Saeugetiere2010.indd 4 22.03.10 14:53


Die Nase ist des Igels bestes Sinnesorgan

Win­t er in einem frostfreien Versteck zu


verbringen und zu schlafen. Wie alle
echten Winterschläfer senkt er dabei
Kreislauf, Atmung und Körpertempera-
tur stark ab, um seinen Kalorienver-
brauch auf ein Minimum zu reduzieren.
Trotzdem ist der Winter eine harte Zeit,
den viele der im Vorjahr geborenen
Jung­i gel nicht überleben.

Eigentlich sind Igel zuverlässige Partner


des Gartenliebhabers, weil sie eine Un-
menge Schnecken und Larven pflanzen-
schädigender Insekten fressen. Dabei
wird ihnen gerade diese nützliche Eigen-
schaft zum Verhängnis: Es ist das Gift
(z.B. Schneckenkorn), mit dem manche
Gartenfreunde Schnec­k en und Insekten
Im Garten auf Schneckensuche
5

Folder Saeugetiere2010.indd 5 22.03.10 14:54


zu Leibe rücken, das auch die Igel
umbringt!

Wie hält die Igelin die Geburt ihrer


stacheligen Jungen nur aus, mag
sich mancher Leser fragen. Aber das .
ist kein Problem, die Stacheln sind .
bei der Geburt noch butterweich .
und härten erst danach aus.

Vorbereitung zum Winterschlaf – Einigeln

Unter dem Holzstapel lässt sich für den bevorstehenden Winterschlaf gut ein Nest bauen
6

Folder Saeugetiere2010.indd 6 22.03.10 14:54


Maulwurf (Talpa europaea)

D Den Maulwurf könnte man als einen Nütz- .


ling bezeichnen, über den sich fast alle
ärgern, denen er hilft. Er gräbt ein weit
verzweigtes Netz von Gängen in den Bo-
den, die zu dessen Durchlüftung beitra-
gen. Und er macht in den Gängen eifrig
Jagd auf Kerb- und Weichtiere und aller-
Steckbrief
Status
Familie
Gewicht
Nahrung
Weit verbreitet
Maulwürfe (Talpidae)
bis 120 g
Regenwürmer, Insekten
Paarungszeit März/April
Tragzeit rund 1 Monat
lei Larven wie beispielsweise Engerlinge. . Junge 2 bis 7; blind
Das gestattet man ihm ja auch. Aber
dass er das Erdmaterial, das bei seinen
Grabarbeiten anfällt, in kleinen Haufen vorwärts, und zweitens steigen bei Frost
vor deren Eingänge deponiert, wird ihm auch seine Nahrungstiere tiefer hinab.
übel genommen.
Sein Körperbau ist ganz auf die Grabtätig- .
Die meisten dieser Gänge liegen weniger keit und sein Leben unter der Erde abge-
als 20 cm unter der Oberfläche. Nur seine . stellt. Seine Augen haben das Format von
Schlafkammern legt er etwas tiefer an. Al- . Mohnkörnern und sind kaum zu sehen.
lerdings ist er durchaus anpassungsfähig; . Wahrscheinlich kann er mit ihnen nur
im Winter, wenn der Oberboden gefriert, hell und dunkel unterscheiden, jedoch
gräbt er tiefer. Das hat zwei Gründe. Ers­ keine Bilder sehen. Aber dazu ist es in
tens kommt er im gefrorenen Boden nicht seinem Gangsystem ohnehin zu dunkel.

Nur selten kommt der Maulwurf, wie hier, ans Tageslicht


7

Folder Saeugetiere2010.indd 7 22.03.10 14:54


Ist der Boden gut geeignet, so erweitert der Maulwurf sein unterirdisches Röhrensystem täglich um
mehrere Meter

Was ihm in seiner unterirdischen Welt gel. Nach 12, spätestens aber nach 24
fehlt ist Frischluft, vor allem im Winter, Stunden ohne Nahrung ist es aus mit ihm. .
wenn eine dicke Schneeschicht keinen fri- . Umso wichtiger ist ein großes, ständig re- .
schen Hauch mehr in die Gänge lässt. Aber . noviertes und erweitertes Gangsystem,
auch dafür hat die Natur vorgesorgt, in das er alle paar Stunden auf der Suche
dem sie seinem Blut einen außergewöhn- nach Nahrung abklappert.
lich hohen Anteil Hämoglobin beigab.
Wie der Maulwurf, so gehören auch die
Ohrmuscheln hat er überhaupt keine, wohl . Spitzmäuse zu den Insektenfressern. Von
aber eine feine Nase. Auffallend sind seine . den acht in Kärnten vorkommenden Arten .
kräftigen und verhältnismäßig gro­ß en stehen Alpenspitzmaus (Sorex alpinus),
Grab­h ände. Mit ihnen buddelt er in einer Waldspitzmaus (Sorex araneus), Sumpf-
Stunde bis zu sieben Meter lange Gänge. spitzmaus (Neomys anomalus), Wasser-
spitzmaus (Neomys fodiens) und die Feld-
Maulwürfe fressen täglich bis zur Hälfte spitzmaus (Crocidura leucodon) auf der
ihres eigenen Körpergewichtes. Regen- Roten Liste der Säugetiere Kärntens.
würmer, Engerlinge und Insekten sind
leicht und schnell verdaulich; da tut es Von Insekten leben auch die zur Ordnung
ein ganz einfach strukturierter, kurzer der Fledertiere (Chiroptera) gehörenden
Darm, und auf den Blinddarm kann er Fledermäuse, über die aber in der Schrif-
ganz verzichten. Mit allem wird der Maul- . tenreihe „Kärntens bedrohte Natur“ be-
wurf fertig, nur nicht mit Nahrungsman- reits eine eigene Broschüre erschien.
8

Folder Saeugetiere2010.indd 8 22.03.10 14:54


Hasentiere (Lagomorpha)
Feldhase (Lepus europaeus)

D
Der Name Feldhase ist irreführend, denn
Steckbrief
er lebt auch im Wald, wenn auch in ge-
ringerer Zahl. Grundsätzlich sind Hasen Status Jagdbares Wild, abnehmend
Familie Hasentiere (Leporidae)
Einzelgänger, die nur während der Paa- Gewicht bis 5,5 kg
rungszeit Kontakt zu Artgenossen su- Nahrung ausschließlich pflanzlich
chen. Dieses Verhalten gehört zur Über- Paarungszeit Januar bis August
lebensstrategie. Schon die neugeborenen Tragzeit 42 bis 43 Tage; 2 bis 3 Würfe
Junghäschen liegen den ganzen Tag über Junge 1 bis 4; sehend, behaart

irgendwo flach auf den Boden gedrückt


und werden nur einmal in der Nacht für
wenige Minuten von der Mutter besucht
und gesäugt. Dass sie bei nur einer Mahl-
zeit in 24 Stunden trotzdem rasch .
größer werden, liegt an der mit über 20
Prozent Fettanteil besonders energierei-
chen Milch.

Junge Feldhasen haben keinen schützenden Bau


9

Folder Saeugetiere2010.indd 9 22.03.10 14:54


Das Streifgebiet eines Feldhasen erstreckt sich in mehreren Kilometern Umkreis (um seine Hauptsasse)

Feldhasen sind hinsichtlich ihrer Er­n äh­ Die Zahl der durch Autos getöteten Hasen
rung ohnehin besonders interessante Tie­ wird so hoch eingeschätzt wie die durch
re. Sie fressen nämlich einen Teil ihrer Jäger erlegten.
Nahrung zweimal. Dazu nehmen sie den
aus dem Blinddarm stammenden Kot di- Die Nachwuchsraten werden vor allem
rekt beim Ausscheiden auf und verdauen vom Wetter bestimmt. In nassen und kal-
ihn ein zweites Mal. So gelingt es ihnen,ten Frühjahren sterben viele neugebore-
der Nahrung auch den letzten Rest an ne Feldhasen an Infektionen. Von den
Energie zu entziehen. Überlebenden gehen viele noch im Herbst
ein, wenn es im Spätsommer und Früh-
In den letzten Jahrzehnten ging die Zahl herbst viel regnet. Die Feuchtigkeit för-
der Feldhasen stetig zurück. Ursachen dert die Ausbreitung der Kokzidiose, einer .
sind in erster Linie Veränderungen in der Infektionskrankheit, gegen die Junghasen
Landwirtschaft und der Straßenverkehr. erst eine Immunität ausbilden müssen.

Ursprünglich ein reines Steppentier Wachsamkeit ist seine Überlebensstrategie


10

Folder Saeugetiere2010.indd 10 22.03.10 14:54


Schneehase (Lepus timidus)

I In Lagen oberhalb 1200 Meter ist der


Schneehase in Kärnten noch relativ häu-
fig. Ob das so bleibt ist fraglich. Gejagt
wird er zwar schon lange nicht mehr, aber
er ist bei uns ein Relikt aus der letzten
Eiszeit, dem die fortschreitende Klima-
erwärmung ordentlich einheizt. Je wärmer .
Steckbrief
Status
Familie
Gewicht
Nahrung
Paarungszeit
Tragzeit
Jagdbares Wild, selten
Hasentiere (Leporidae)
bis 3,5 kg
ausschließlich pflanzlich
März bis Juli
ca. 48 Tage, 2 Würfe
es wird, umso mehr weicht der Schnee- Junge 2 bis 4; sehend, behaart
hase nach oben aus.

Schneehasen sind überwiegend dämme- den die Haare nach und nach weiß. Und
rungs- und nachtaktiv. Damit tricksen . im Winter, wenn eine geschlossene
sie einige ihrer wichtigsten Feinde aus. Schneedecke die Hochlagen überzieht, .
Denn Steinadler und Habicht jagen nur ist das Fell der Schneehasen – fast – rein-
am Tage, und auch der Fuchs tut sich in weiß. Nur die Spitzen der Ohren bleiben
der Dunkelheit schwer, denn Schneeha- ganzjährig kohlschwarz.
sen nehmen ihn mit ihren feinen Sinnen
meist frühzeitig wahr. Zudem passen sie Das weiße Winterfell dient aber nicht nur
ihre Haarfarbe der Jahreszeit an. Im . der Tarnung; es ist unglaublich dicht und
Sommer ist ihr Fell von hellem Braun, das die Haare haben Lufteinschlüsse als zu-
zwischen den Steinen wie auf dürrem sätzliche Isolation. Daher schützt es auch
Almgras fast untergeht. Im Herbst wer- hervorragend vor der bitteren Kälte. So
ist es für den
S c h n e e h a ­s e n
auch kein Pro-
blem sich bei
besonders le-
bensfeindli-
chem Wetter
einfach ein-
schneien zu
lassen.

Die Pfoten des


Schneehasen
sind viel stär-
ker behaart
als jene des
Feldhasen und
wirken daher
wie Schnee-
reifen.
Gut getarnt und nachtaktiv bekommt man den Schneehasen selten zu Gesicht
11

Folder Saeugetiere2010.indd 11 22.03.10 14:54


Nagetiere (Rodentia)
Eichhörnchen (Sciurus vulgaris)

D
Das Eichhörnchen kennt nun wirklich je-
Steckbrief
der. Es kommt ja auch überall vor, selbst
mitten in den Städten. Während die klei- Status Weit verbreitet
Familie Hörnchen (Sciuridae)
nen, flinken Nager draußen im Wald eher Gewicht bis 400 g
Distanz zu uns halten, werden sie in Stadt- . Nahrung Baumsamen, Nüsse, Beeren,
parks und Hausgärten oft erstaunlich zahm . Knospen, gel. Vogeleier
und lassen sich füttern. Paarungszeit Januar bis März
Tragzeit 38 Tage; 1 bis 3 Würfe
Früher haben wir in der Schule noch ge- Junge 2 bis 5; 4 Wochen blind
lernt, Eichhörnchen seien Winterschläfer. .
Aber das stimmt nicht. Zwar kommt es jahr die Fichte reich geblüht und gibt es
vor, dass sie im Winter bei besonders im Winter in Mengen Fichtenzapfen, be-
grimmigem Wetter einige Tage in ihrem ginnen die Eichhörnchen nicht selten
Kobel bleiben, aber grundsätzlich sind sie schon im Januar mit der Paarung. Das ist
das ganze Jahr über aktiv. Hat im Früh- „vernünftig“, denn Dank der vielen jetzt

Das Eichhörnchen ist ein äußerst gewandter Baumkletterer


12

Folder Saeugetiere2010.indd 12 22.03.10 14:54


Mit Hilfe seiner feinen Nase sucht es nach den
vielen Baumsamen und Nüssen

reifenden Fichtenzapfen gibt es Nahrung


in Hülle und Fülle. Es sind die kleinen,
zwischen den Schuppen der Zapfen sit-
zenden Samen, welche die Eichhörnchen
mögen. Die von den Zapfenspindeln ge-
trennten Schuppen finden wir oft in .
großen Mengen unter den Bäumen lie-
gend.

Rote Farbvariante Schwarzbraune Farbvariante


13

Folder Saeugetiere2010.indd 13 22.03.10 14:54


Murmeltier (Marmota marmota)

D
Das Murmeltier ist das Symboltier der Al-
men. Dass es dort oben die langen, Steckbrief
schneereichen Winter überlebt, verdankt Status Jagdbares Wild, lokal häufig
es einer genialen Strategie. Diese lautet: Familie Hörnchen (Sciuridae)
Gewicht 6 bis 7 kg
Im Sommer so viel als möglich fressen Nahrung Gräser und Kräuter
und fett werden und im Winter rund ein Paarungszeit Mai
halbes Jahr verschlafen und Fett abbau- Tragzeit rund 1 Monat
en. Das hört sich einfach an, dahinter Junge 2 bis 5; 23 Tage blind
stecken aber recht komplizierte und .
komplexe physiologische Abläufe. Denn
mit dem im Sommer und Frühherbst an- kuscheln sich in ein dickes Lager aus
gefressenen Fett alleine können die Mur- Bergheu.
mel den Winter nicht überbrücken. Es
wäre viel zu schnell abgebaut. Jetzt drosseln sie alle Körperfunktionen
auf ein absolutes Minimum. Die Körper-
In der ersten Oktoberhälfte ziehen sich temperatur wird auf wenige Grad über
die Murmelfamilien gemeinsam in die tie- dem Gefrierpunkt abgesenkt und mit nur
fen, frostfreien Winterbaue zurück, ver- noch fünf Herzschlägen pro Minute ver-
schließen den Eingang mit einem meter- brauchen sie fast keine Energie mehr.
langen Pfropfen aus Erde und Steinen und Dieser Zustand ist eine Gratwanderung

Die meisten Jungtiere bleiben bis zum dritten Lebensjahr in der elterlichen Familie
14

Folder Saeugetiere2010.indd 14 22.03.10 14:54


zwischen Leben und Tod. Letzterem .
kommen sie verdammt nahe, wenn die
Temperatur im Schlafkessel unter +5
Grad fällt. Dann wachen zumindest die
erwachsenen Tiere auf, fahren für kurze
Zeit Kreislauf und Körpertemperatur
hoch und heizen so den Raum wieder auf.
Anschließend wird weitergeschlafen.

Im Frühjahr, wenn Außen- und Innen-


temperaturen wieder ansteigen, geht das
Erwachen nur langsam voran. Erst wenn und auf die kraftlosen Jungen ist bei die-
die Körpertemperatur der Tiere auf 16°C. ser Arbeit ohnehin gepfiffen.
gestiegen ist, werden aus den „Winterlei-
chen“ wieder in alter Frische den Berg- Von den bis zu 1200 Gramm Fett, das .
wanderern entgegen pfeifende Murmel- die erwachsenen Tiere im Spätsommer
tiere. In wenigen Tagen sind sie dann . angesammelt haben, sind im Frühjahr
wieder voll „drauf“. Doch ehe sie an die höchstens noch 100 Gramm übrig. Doch
wärmende Sonne kommen, müssen die man mag es nicht glauben, kaum sind die
mit langen Pfropfen aus Erde und Steinen Murmel wieder richtig munter, machen
verschlossenen Eingänge geöffnet wer- sich die erwachsenen Tiere bereits an die
den. Dabei gehen auch noch die allerletz- Fortpflanzung. Nur die Jungen – die brin-
ten Fettreserven der Alten zum Teufel, gen’s noch nicht.

Große Dauerbaue, in denen die Familien auch überwintern, reichen bis zu drei Meter tief in
den Boden 15

Folder Saeugetiere2010.indd 15 22.03.10 14:54


Biber (Castor fiber)

D
Der Biber war in Kärnten lange ausge-
storben. 2005 wurden im Völkermarkter Steckbrief
Stausee erstmals wieder Biber nachge- Status Jagdbares Wild, sehr selten
wiesen. Inzwischen haben sich die Tiere Familie Biber (Castoridae)
bis zum Wörthersee verbreitet. Grund für Gewicht bis 35 kg
Nahrung Gräser, Kräuter, landw.
ihre lokale Ausrottung war ihr ganzjährig Pflanzen, Zweige, Rinde
wertvolles Fell und die Schäden, die er . Paarungszeit Januar/Februar
an ufernahen Bäumen verursacht. Tragzeit ca. 106 Tage
Junge 4 bis 6
Biber schaffen sich durch umfangreiche
Dammbauten, mit denen sie Überflutun- gentlich auch dadurch unangenehm auf,
gen herbeiführen, geeignete Lebensräu- dass sie in den Uferböschungen Baue an-
me. An Fließgewässern fallen sie gele- legen. In Stillgewässern bauen sie sich
umfangreiche Wohnbur-
gen, deren Eingänge im-
mer unter Wasser liegen.

Im Sommerhalbjahr er­
näh­r en sie sich haupt­
sächlich von krautar- .
tigen Pflanzen im Was-
ser und Uferbereich. Im
Herbst und Winter fällen
sie Bäume, fressen de-
ren Rinde und dünnere
Zwei­g e und legen sich im
Wasser neben ihren
Wohnburgen auch Nah-
rungsdepots an.

Biberburg Von Bibern gefällte Bäume


16

Folder Saeugetiere2010.indd 16 22.03.10 14:54


Schläfer (Gliridae)
Siebenschläfer (Glis glis)

S
Siebenschläfer gehören zusammen mit
Steckbrief
Baumschläfer und Haselmaus zu den Bil-
chen und sind in Kärnten fast allgegen- Status Geschütztes Tier, häufig
Familie Bilche (Gliridae)
wärtig. Sie werden aber infolge ihrer rein Gewicht bis 140 g
nächtlichen Lebensweise nur selten gese- Nahrung Triebe, Blätter, Rinde, Beeren,
hen. Ihr Aussehen erinnert an kleine, Bucheckern und andere Samen
graue Eichhörnchen, und mit ihren gro­ Paarungszeit Ende Juni bis August
ßen, runden, schwarzen Augen machen Tragzeit rund 1 Monat
sie einen possierlichen Eindruck. Trotz- Junge 4 bis 6;
dem sind sie in Dachböden und in Hohl- 21 bis 32 Tage blind
räumen der Gebäude äußerst lästige Tie-
re, die in der Nacht mitunter einen ihrer Ihren Namen haben die Siebenschläfer zu
geringen Größe völlig unangemessenen Recht erhalten, denn zumindest zwei
Lärm machen und sich Drittel ihres Lebens verschlafen sie. Fast
mit nichts vertreiben sieben Monate kann ihr Winterschlaf dau-
lassen. Nur über Tag ern, und in der übrigen Zeit sind sie nur
hört man sie nicht, da während weniger Nachtstunden aktiv. So-
schlafen sie. bald das Wetter im Herbst ungastlich .

Der Siebenschläfer wird auch „Eichhörnchen der Nacht“ genannt


17

Folder Saeugetiere2010.indd 17 22.03.10 14:54


Wie kleine Kobolde huschen die flinken Tiere durch das Geäst der Bäume

wird, ziehen sie sich zurück. Aneinanderge-


kuschelt liegen sie in ihrem gepolsterten
Winternest, decken sich mit ihren buschi-
gen Schwänzen zu und fallen innerhalb ei-
nes halben Tages in Lethargie.

Nach und nach reduzieren sich ihre Herz-


schläge von rund 350 pro Minute im Normal-
zustand bis auf drei im Extremfall. Die .
Atemzüge können von 90 auf zwei pro Minu-
te zurückgehen. Als Folge dieser fast auf null
gedrosselten Leistung sinkt auch die Körper-
temperatur extrem ab. Sie liegt beim tief
schlafenden Tier nur noch knapp über dem
Gefrierpunkt! In diesem Zustand wird nur
ganz minimal Energie verbraucht.

Das ist aber eine nicht ungefährliche Grat-


wanderung zwischen Leben und Tod. Wurde
nämlich das Winterquartier – eine selbst ge-
grabene Erdhöhle, ein Vogelnistkasten oder
ein sonstiges Versteck – nicht sorgfältig ge-
Verschläft sieben Monate des Jahres
18

Folder Saeugetiere2010.indd 18 22.03.10 14:54


wählt, kann sich die Temperatur im Nest Erst im Mai kehrt wieder Leben in die
der Außentemperatur nähern. Sobald . Siebenschläfer zurück. Dann bringen sie
aber der kleine Körper wirklich gefriert, ihre Miniherzen wieder auf Touren, fah-
gibt es kein Zurück mehr ins Leben. Da- ren ihre Kreisläufe hoch und schnaufen
mit das nicht passiert, besitzen die Tiere kräftig durch. Ein, zwei etwas lethar-
einen inneren Fühler. Dieser schlägt gische Tage noch, dann sind sie wieder
Alarm, sobald die Körpertemperatur bis die „Alten“.
auf +0,2 Grad gesunken ist. Dann wird so-
fort – wohldosiert – Körperfett abgebaut Neben dem recht häufigen Siebenschläfer
und im Stoffwechsel verbrannt, bis die kommt in Kärnten auch der Baumschläfer
Körpertemperatur wieder ein ungefährli- (Dryomys nitedula) vor. Für den Garten-
ches Maß erreicht. Je günstiger die Tem- schläfer (Eliomys quercinus) fehlen gesi-
peratur im Nest ist, umso weniger Fett cherte Nachweise.
wird abgebaut.

In Kärnten sehr selten vorkommend – der Baumschläfer


19

Folder Saeugetiere2010.indd 19 22.03.10 14:54


Haselmaus (Muscardinus avellanarius)

A
Auch die Haselmaus gehört zu den Bil-
chen und ist in Kärnten weit verbreitet. Steckbrief
Durch ihre geringe Körpergröße und ihr Status Geschütztes Tier, lokal häufig
unauffälliges Verhalten bleibt sie meist . Familie Bilche (Gliridae)
Gewicht maximal 40 g
unentdeckt. Nahrung Knospen, Samen, Beeren
Paarungszeit Juli bis August
Sie liebt buschreiche Landschaften, wie Tragzeit rund 1 Monat; 2 Würfe
sie in Kärnten noch häufig zu finden sind, Junge 3 bis 5
Parks und naturnahe Gärten. Dort baut .
sie in Sträuchern aus Blättern, Gras und
Moos ein Kugelnest mit kleinem Ein-
schlupfloch, in dem sie den Tag verbringt
und ihre Jungen aufzieht.

Das Winternest wird am oder


im Boden gebaut, mitunter
aber auch in Nistkästen und
Baumhöhlen. Wie der Sie-
benschläfer hält sie rund sie-
ben Monate Winterschlaf.

Mit ihren großen Augen kann die Haselmaus auch bei Nacht noch gut sehen
20

Folder Saeugetiere2010.indd 20 22.03.10 14:54


Wühlmäuse (Arvicolidae)
Bisamratte (Ondatra zibethicus) und andere

D
Der Bisam stammt aus Nordamerika und
wurde seines Felles wegen 1905 in Böh-
men ausgesetzt und hat von dort aus in
Windeseile Europa und auch Asien er-
obert. Bisame sind überwiegend Pflanzen-
fresser, die weitgehend im Wasser leben.
Heute stellen die Bisame vielerorts ein
Problem dar, weil sie ihre Baue in den
Ufern von Fließgewässern und Teichen
anlegen.

Im Wald fällt mitunter die Rötelmaus Bisamratte


(Clethrionomys glareolus) unangenehm
auf, weil sie Wurzeln und Rinde junger
Waldbäume benagt. Waldmaus

Zur gleichen Ordnung gehört weiters die


Feldmaus (Mi­c rotus arvalis). Auch sie er- Wanderratte
regt durch Benagen der Wur­z eln zahlrei-
cher Kulturpflanzen un­a ngenehme Auf­
merk­s am­k eit.

Weiters die Waldmaus (Sylvaemus sylva-


ticus) sowie die Hausratte (Rattus rat-
tus) und die Wanderratte (Rat­t us norve-
gicus).

Turmfalke mit Waldmaus als Beute Feldmaus


21

Folder Saeugetiere2010.indd 21 22.03.10 14:54


Hundeartige (Canidae)
Rotfuchs (Vulpes vulpes)

F
Füchse sind absolute Überlebenskünstler
Steckbrief
und Kulturfolger, die vom Menschen und
seiner Wirtschaft profitieren. Vor allem Status Jagdbares Wild, sehr häufig
aber haben sie gelernt, den Menschen Familie Hundeartige (Canidae)
Gewicht bis 10 kg
richtig einzuschätzen. Sie unterscheiden
Nahrung Kleinnager und Säuger
problemlos für sie gefährliche von unge- bis Rehwild, Vögel, Aas,
fährlichen Menschen. Der Jäger muss alle Insekten, Obst, Beeren
Tricks anwenden, um draußen im Revier Paarungszeit Januar/Februar
einen Fuchs zu überlisten. Aber in der Tragzeit 51 bis 55 Tage
Nacht kann man ihm mit etwas Glück so- Junge 4 bis 8; 14 Tage blind
gar mitten in der Stadt begegnen.

Zoologisch gehört der Fuchs eindeutig zu ist: reife Himbeeren beispielsweise, Erd-
den Raubtieren, tatsächlich aber ernährt beeren, Kirschen, gärige Birnen oder
er sich – je nach Angebot – zu einem gu- Trauben. Wenn es gerade passt, interes-
ten Teil vegetarisch. Seine Hauptbeute sieren ihn freilaufende Hühner und En-
sind zweifellos Kleinnager und Regen- ten und gelegentlich sogar ein frisch ge- .
würmer. Er mag aber auch alles was süß setztes Lamm auf der Weide.

Neben dem Geruchssinn ist auch das Gehör des Fuchses besonders gut ausgebildet
22

Folder Saeugetiere2010.indd 22 22.03.10 14:54


Fuchs – nützlich als „Gesundheitspolizei“

Infolge günstiger Lebensbedingungen,


Impfung gegen Tollwut und geringer Beja-
gung sind die Fuchsbesätze im Land stark
angewachsen. Die Natur antwortete dar-
auf mit der von einer Milbe verursachten
Räudekrankheit, an der heute viele Füch-
se sterben.

Füchse sind relativ häufig von Fuchsband-


würmern befallen und scheiden mit ihrem
Kot deren Eier aus. Theoretisch können
diese vom Menschen z.B. mit Waldfrüch-
ten aufgenommen werden. In seltenen .
Fällen kommt es dann in Leber, Lunge
oder Hirn zur Bildung so genannter Fin-
nen. Allerdings ist der Mensch nur ein
„Fehlzwischenwirt“, in dem es auch bei
Aufnahme einer größeren Zahl von Band-
wurmeiern nur ausnahmsweise zu einer
Infektion kommt. Fachleute gehen davon
aus, dass beim Verzehr von Waldfrüchten
für den Menschen keine Gefahr besteht.
Der ideale Zwischenwirt ist die infizierte
Maus, die dann vom Fuchs gefressen wird
und so den Kreislauf schließt.
Jungfuchs als Beute vom Uhu
23

Folder Saeugetiere2010.indd 23 22.03.10 14:54


Bären (Ursidae)
Braunbär (Ursus arctos)

V
Viele Kärntner wissen gar nicht, dass in
Steckbrief
unserem Land wilde Braunbären leben.
Dabei waren diese großen Raubtiere in Status Jagdbares Wild, sehr selten
Familie Großbären
Kärnten nie wirklich ausgestorben. Im- Gewicht bis 350 kg
mer wieder wanderten welche aus dem Nahrung Allesfresser mit hohem
Nachbarland Slowenien zu. Früher wur- Anteil vegetarisch
den sie regelmäßig erlegt. Doch seit 1972 Paarungszeit April bis Juni
eine Vollschonung in Kraft trat, sind es Tragzeit rund 10 Monate (Eiruhe)
mehr geworden. Wie viele es genau sind, Junge 1 bis 3;
darüber können sich die Fachleute nicht 4 bis 5 Wochen blind
einigen. Von etwa sechs Tieren gehen die
einen aus, andere glauben, es seien deut- mitunter wie Kühe, sammeln Waldbeeren
lich mehr. Egal – nur äußerst selten bege- oder Obst und graben nach Wurzeln. .
gnet ein Wanderer einem Bären, und Natürlich fressen sie auch Fleisch, sind
fürchten muss er sich dabei nicht. aber gleichwohl eher Sammler als Jäger.

Zwar gehören Bären zoologisch zu den Im Frühjahr suchen sie nach totem Wild,
Raubtieren, doch ernähren sie sich zu ei- das den Winter nicht überlebt hat; dabei
nem großen Teil vegetarisch. Sie grasen hilft ihnen ihre ungewöhnlich feine Nase.

Der Braunbär ist tag- und nachtaktiv


24

Folder Saeugetiere2010.indd 24 22.03.10 14:54


Der Bär – der scheue, braune Riese

Im Sommer sammeln sie in großen Men- sich vor ihm befindet. Nur wenn ein
gen auch Insekten, etwa Larven der . Mensch zwischen eine Bärin und ihre
Ameisen oder Puppen der Wespen und noch kleinen Jungen gerät, entsteht eine
Bienen. Natürlich nehmen sie bei dieser kritische Situation. Wer sich im Wald un-
Gelegenheit gleich den Honig mit. Vor al- befangen bewegt, vielleicht auch noch re-
lem unerfahrene und auf der Suche nach det oder pfeift, braucht wirklich keine
einem eigenen Lebensraum befindliche Angst zu haben. Die hat der Bär!
Jungbären vergreifen sich hin und wieder
auch an Haustieren, vor allem an Scha- Zur Familie der Kleinbären gehört der .
fen. Unterm Strich sind die von Bären . aus Nordamerika stammende Waschbär
angerichteten Schäden aber gering. (Procyon lotor), der in Kärnten nur ver-
einzelt vorkommt. Die erste Beobachtung
Dem Menschen gehen Bären aus dem in Kärnten erfolgte 1992 am Erzberg in
Weg. Eben deshalb werden sie so selten Bad Bleiberg.
gesehen. Selbst wenn
sich ein Bär – scheinbar
bedrohlich – auf den
Hinterbeinen aufrichtet,
hat er keine böse Ab-
sicht. Er sieht nur sehr
schlecht und richtet sich
immer dann auf, wenn er
nicht weiß, wer oder was
25

Folder Saeugetiere2010.indd 25 22.03.10 14:54


Marderartige (Mustelidae)
Steinmarder (Martes foina)
und Baummarder (Martes martes)

S
Stein- und Baummarder sind elegante Steckbrief
Tiere, die gewandt klettern, sich aber
Status Jagdbares Wild, sehr häufig
beide vorwiegend am Boden bewegen. Familie Marder (Mustelidae)
Steinmarder suchen eher die Nähe des Unterfamilie Echte Marder
Menschen und leben selbst inmitten der Gewicht bis 2,3 kg und 1,9 kg
Städte. Baummarder sind hingegen reine Nahrung Kleinnager, Vögel, Beeren,
Waldtiere. Obst, gel. Singvogeleier
Paarungszeit Juli/August und Februar
Tragzeit 250 bis 280 Tage (Eiruhe)
Im Aussehen sind sie sich durchaus ähn-
Junge 3 bis 5;
lich. Am auffälligsten unterscheiden sie 34 bis 38 Tage blind
sich am Kehlfleck, der beim Steinmarder
weiß und beim Baummarder von ocker- sächlich Kleinnager, Vögel bis zur Hüh­
gelber Farbe ist. nergröße und Eier. Sie mögen aber auch
Süßes, und so ist ihr Kot (Losung) im
Auch ihr Nahrungsspektrum ist an­n ä­ Sommer und Herbst oft blau gefärbt und
hernd dasselbe. Beide erbeuten haupt­ man findet zuweilen Kirschkerne in ihm.

Obwohl er sehr gut klettern kann, hält sich der Steinmarder vorwiegend am Boden auf
26

Folder Saeugetiere2010.indd 26 22.03.10 14:54


Der Baummarder meidet die Nähe menschlicher Siedlungen

Hin und wieder verursachen Steinmarder Ärger


bei Geflügelhaltern, entweder wenn sie sich die
Hühnereier aus den Legenestern holen oder gar
einigen Hühnern die Kehlen durchbeißen. Letz-
teres geschieht jedoch nicht, wie oft geschrie-
ben, aus „Mordlust“. Vielmehr geraten Marder
ebenso in Panik wie die Hühner selbst. Unange-
nehm fallen Steinmarder auf, wenn sie nachts an
geparkten Autos Zündkabel, Gummimanschetten
oder Bremsschläuche durchbeißen. Warum sie
das tun ist nicht restlos geklärt. Sicher ist aber,
dass sie damit auch ihre Reviere markieren. Wird
ein solcher „Automarder“ weggefangen oder ge-
schossen, wird das freigewordene Marderrevier
schnell von einem Nachfolger übernommen, der
sich neuerlich in Motorräumen verewigt.

27

Folder Saeugetiere2010.indd 27 22.03.10 14:54


Hermelin (Mustela erminea)
und Mauswiesel (Mustela nivalis)

D Auch Hermelin (Großes Wiesel) und


Mauswiesel sehen sich sehr ähnlich. Ein
Mauswiesel kann durchaus die Größe ei-
nes jungen Hermelins erreichen. Beide
tragen ein hellbraunes Sommerfell. .
Während das Hermelin im Winter bis auf
die Schwanzspitze völlig weiß wird, .
Steckbrief
Status
Familie
Unterfamilie
Gewicht
Nahrung
Paarungszeit
Jagdbares Wild, abnehmend
Marder (Mustelidae)
Stinkmarder
bis 450 g / 140 g
Kleinnager, Kleinvögel, Eier
Februar bis August
bleibt das Mauswiesel braun. Die im Som- Tragzeit variabel mit Eiruhe
mer und Winter vorhandene schwarze Junge 4 bis 7;
Schwanzspitze ist das einzig sichere Un- 34 bis 42 Tage blind
terscheidungsmerkmal der beiden Arten.
sten wenn sie vor uns eine Straße über-
Hermeline leben fast überall, in verbau- queren. Mauswiesel bevorzugen Feld-
ten Gebieten ebenso wie im Wald und landschaften als Lebensräume und leiden
selbst hoch oben über der Baumgrenze. unter der Intensivierung der Landwirt-
Gesehen werden sie nur selten, am ehe- schaft.

Ständige Wachsamkeit – typisches Aufrichten (Männchen-Machen) des Hermelins


28

Folder Saeugetiere2010.indd 28 22.03.10 14:54


Das Mauswiesel kommt im Gebirge bis 3000 Meter Seehöhe vor

Beide Arten leben überwiegend von Mäu-


sen, wobei das Hermelin gelegentlich
auch etwas größere Säuger, bis hin zum
Junghasen, erbeutet. Im Gegensatz zu
den meisten anderen Vertretern der Mar-
derfamilie nehmen die beiden Wiesel kei-
ne vegetarische Nahrung zu sich.

Dafür sind sie tag-


aktiv. Während das
Mauswiesel über-
wiegend unter der
Erde nach Mäusen
jagt, bewegt sich
das Hermelin viel
über der Erde. Es
bewegt sich flink,
klettert elegant und
schwimmt gerne.

Hermelin im Winterfell
29

Folder Saeugetiere2010.indd 29 22.03.10 14:54


Iltis (Mustela putorius)

D
Der Iltis kommt zwar in nahezu allen
Kärntner Tälern vor, seine Lebensbedin- Steckbrief
gungen verschlechtern sich jedoch lau- Status Jagdbares Wild, abnehmend
fend. Daher ist er mancherorts schon Familie Marder (Mustelidae)
Unterfamilie Stinkmarder
recht selten geworden. Gewicht bis 1,5 kg
Nahrung Amphibien, Kleinnager, Aas,
Iltisse lieben feuchte, naturnahe Lebens- Eier, Wirbellose
räume wie Moore, unverbaute Bachufer Paarungszeit März bis Juli
mit Hecken und Schilf, wo sie eifrig auf Tragzeit 41 bis 42 Tage
Ratten, Mäuse und Frösche Jagd machen. Junge 3 bis 7;
Früher fand man den Iltis im Winterhalb- 30 Tage blind
jahr vor allem in den Ställen und Scheu-
nen, wo er sich nützlich machte und sich er mit dem Sekret seiner Afterdrüsen an
gelegentlich auch der Milch in der Katzen- Steinen oder Baumstämmen absetzt, zeigt
schüssel erinnerte. er Artgenossen seinen Besitzanspruch.
Das Sekret ist beim Iltis ganz besonders
In der Dunkelheit geht er in seinem Jagd­ übelriechend und stellt auch eine sehr
revier auf Beutefang. Mit Duftmarken, die wirkungsvolle Verteidigungswaffe dar.

Selten ist der dämmerungs- und nachtaktive Iltis bei Tageslicht zu sehen
30

Folder Saeugetiere2010.indd 30 22.03.10 14:54


Dachs (Meles meles)

A
Auch der Dachs gehört zu jenen Wildtie-
ren, die keineswegs selten sind, doch we- Steckbrief
gen ihrer weitgehend nächtlichen Le- Status Jagdbares Wild, häufig
bensweise nur selten gesehen werden. Familie Marder (Mustelidae)
Unterfamilie Echte Marder
Selbst die Jäger begegnen ihm wenig. . Gewicht bis 25 kg
Auffällig sind hingegen die großen Erd- Nahrung Kleinnager, Insekten,
baue, die sich Dachse anlegen. Viele sind Weichtiere, Lurche, Eier,
schon hundert Jahre und älter. Immer Beeren, Feldfrüchte
wieder werden neue Gänge angelegt und Paarungszeit Januar bis Oktober
alte ausgeputzt. Tragzeit variabel mit Eiruhe
Junge 2 bis 4;
28 bis 35 Tage blind
Wie die Murmeltiere, so machen sich
auch die Dachse ein warmes Winterlager.
Sie tragen dürres Gras und trockenes Jungen erwachsen, müssen sie sich eine
Laub in die Kessel der Baue. Kessel, das eigene Bleibe suchen.
sind sozusagen die Wohnräume, in denen
die Dachse die Tage verbringen. In ihnen Im Gegensatz zu den Murmeltieren halten
leben sie familienweise. Werden ihre . Dachse aber keinen Winterschlaf, allen-

Der Dachs gräbt umfangreiche Erdbaue, die oft jahrzehntelang von vielen Generationen einer
Dachsfamilie bewohnt werden 31

Folder Saeugetiere2010.indd 31 22.03.10 14:54


Dachse. Sie „stempeln“ das Sekret meist
auf am Boden liegende Äste und ähnliche
kleine Erhebungen, in dem sie ihren Pür-
zel fest aufdrücken (stempeln) und so ei-
ne kleine Menge Sekret abstreifen. Kommt
ein Dachs aus der Nachbarschaft vorbei,
hinterlässt er sein Sekret. Man kennt sich
untereinander, und so ist schnell klar,
wer sich hier blicken lassen darf und wer
nicht.

falls kurze Perioden einer Winterruhe. Die Weibchen der Säugetiere, zu denen
Kreislauf und Stoffwechsel funktionieren auch die Dachse gehören, können in der
dabei normal. Da sie auch im Winter un- Regel, solange sie Junge säugen, nicht be-
terwegs sind, tragen sie immer wieder gattet werden. Erst wenn die Jungen von
Nässe in ihre Lager ein. Deshalb wechseln der Milch unabhängig sind, reifen im Kör-
sie meist im Spätwinter das „Bettzeug“. per der Mutter wieder Eier heran. Doch
Das heißt, sie tragen neues Polstermateri- der Dachs macht auch hier eine Ausnah-
al ein. Oft holen sie sich hierzu Heu von me. Die Weibchen (Fähen) sind nämlich
den Wildfütterungen der Jäger. bereits wenige Tage nach der Geburt ih-
rer Jungen neuerlich paarungsbereit. Das
Nicht nur die behäbigen Dachsbaue fal- würde eigentlich eine fast zwölfmonatige
len dem Wanderer auf. Dachse sind auch Schwangerschaft bedeuten. Damit wäre
überaus reinliche Tiere, die ihren Kot die Dächsin nahezu lebenslänglich träch-
nicht irgendwo absetzen. Vielmehr ha- tig. Diesem Zustand entgeht sie mit einer
ben sie in der Nähe ihrer Baue, aber auch genialen Strategie. Sie lässt ihre Eier auf
verteilt in ihren Streifgebieten Löcher . Vorrat befruchten, legt sie in ihrem Kör-
(so genannte Dachsgruben), in die sie . per sozusagen auf die Seite und implan-
ihren Kot absetzen. tiert sie erst im Winter in die Gebärmut-
ter. Die eigentliche Tragzeit dauert dann
Einerseits sind es gesellige Tiere mit viel nur noch wenige Wochen.
Familiensinn. Andererseits verteidigt je-
der Clan erbittert sein Revier. Dabei
kommt es an den Grenzen oft zu erbitter-
ten und vor allem lautstarken Prügel- .
szenen im nächtlichen Wald.

Damit man sich nicht ungewollt in die


Quere kommt, bedienen sich Dachse ei-
nes Nachrichtensystems. Da sie jedoch
weder schreiben noch telefonieren kön-
nen, benutzen sie als Nachrichtenträger
ein körpereigenes Sekret. Dieses wird in
einer Drüse unter der Schwanzwurzel ge-
bildet. An seinem Geruch erkennen sich
32

Folder Saeugetiere2010.indd 32 22.03.10 14:54


Fischotter (Lutra lutra)

F
Früher war der Fischotter an jedem noch
Steckbrief
so kleinen Bach zu finden. Heute gehört
Status Jagdbares Wild, sehr selten
er in Kärnten zu den ganz großen Selten-
Familie Marder (Mustelidae)
heiten. Es gibt aber Anzeichen dafür, dass Unterfamilie Echte Marder
es langsam wieder aufwärts geht mit ihm. Gewicht bis 15 kg
Nahrung Fische, Krebse, Muscheln,
Zwar frisst er keineswegs nur Fische, wie Bisame
sein Name vermuten lässt, sondern eben- Paarungszeit ganzjährig
so Mäuse, Ratten und vor allem Bisame. Tragzeit 59 bis 65 Tage
Aber die Fischer haben ihn als Konkur- Junge 2 bis 3;
15 bis 35 Tage blind
renten durch Jahrhunderte unbarmherzig
verfolgt, und die Jäger stellten ihm seines
wertvollen Felles (Balg) wegen nach. Zwar verbringt der Otter die meiste seiner
aktiven Zeit im Wasser, er legt aber gele-
Aus bis zu 100 Millionen Haaren besteht gentlich auch weite Strecken auf dem
ein einziger Otterbalg, bis zu 50.000 . Land zurück und überquert dabei sogar
Haare pro Quadratzentimeter! Dadurch, hohe Alpenpässe. Dass es heute wieder
dass seine Umgebungstemperatur im Was­ Hoffnung für ihn gibt, hängt mit der .
ser jahreszeitlich nur wenig schwankt, durch den Bau von Kläranlagen gestiege-
sind Sommer- und Winterbalg von nahezu nen Wasserqualität zusammen. Diese
gleicher Qualität und so dicht, dass kein kommt zunächst den Fischen und damit
Wasser auf die Haut vordringen kann. auch ihm zugute.

Fischotter brauchen saubere Gewässer zum Überleben


33

Folder Saeugetiere2010.indd 33 22.03.10 14:54


Katzen (Felidae)
Wildkatze (Felis silvestris)

A
Auch die Wildkatze, die fast ausschließ-
lich von Kleinnagern lebt, wird in Kärn- Steckbrief
ten vereinzelt nachgewiesen. Flächen- Status Jagdbares Wild, sehr selten
deckend besiedelt hat sie unser Land nie. Familie Katzen (Felidae)
Gewicht bis 8 kg
Vor allem das schroffe Oberkärnten bietet Nahrung Nager, Kleinsäuger, Vögel,
einer so Wärme liebenden Art nur wenige Kerbtiere, Lurche
geeignete Lebensräume. Paarungszeit Februar/März
Tragzeit ca. 60 Tage
Die Wildkatzen erleiden in schneerei- Junge 3 bis 5;
chen und vor allem in kalten Wintern im- 10 bis 12 Tage blind
mer wieder hohe Verluste. Heimisch ist
sie in Slowenien und vor allem im südli- re Unterscheidung von reiner Wildkatze,
chen Friaul, von wo Zuwanderer nach Blendling und wildfarbener Hauskatze .
Kärnten kommen. ist nicht einfach und überfordert selbst
manchen Jäger.
Gelegentlich kommt es zu Kreuzungen
zwischen Wild- und Hauskatze. Die siche-

Typisch für die Wildkatze ist der schwarz geringelte, stumpfe Schwanz
34

Folder Saeugetiere2010.indd 34 22.03.10 14:54


Luchs (Lynx lynx)

D
Der Luchs kommt in Kärnten äußerst sel-
ten vor, obwohl in den 70er-Jahren auf Steckbrief
der Turrach Luchse ausgesetzt wurden Status Jagdbares Wild, sehr selten
und wohl auch immer wieder welche aus Familie Katzen (Felidae)
Gewicht bis 30 kg
Slowenien zuwandern. Dabei bieten die Nahrung Säuger bis Hirschkalb, Vögel,
hohen Schalenwildbestände dieser Katze gelegentlich Aas
heute weit bessere Lebensbedingungen Paarungszeit Februar/März
als in früheren Jahrhunderten. Tragzeit 70 bis 75 Tage
Junge 2 bis 4;
Ob der Luchs irgendwann wieder wirklich 14 bis 17 Tage blind
in Kärnten heimisch wird, hängt von .
der Toleranz der Jäger ab! Noch gilt er einen Luchsbeauftragten, der sich um alle
vielen Jägern als Konkurrent und als Be- Hinweise und Beobachtungen kümmert,
drohung für das Rehwild. Tatsächlich gibt es auch.
aber haben sich die Rehwildab-
schüsse in unserem Nachbar-
land Slowenien mehr als ver-
doppelt seit 1972 der Luchs
wieder eingebürgert wurde.
Auch in anderen europäischen
Ländern, etwa in Skandinavi-
en, in der Schweiz oder in eini-
gen osteuropäischen Ländern
erlegen die Jäger heute – trotz
Luchs – viel mehr Schalenwild
als in früheren Jahren.

Immerhin hat sich die Führung


der Kärntner Jägerschaft schon
vor Jahren für die Rückkehr .
des Luchses ausgesprochen und

Das Jagdrevier des Luchses kann – unabhängig vom Beuteangebot – 20 bis 150 Quadrat-
kilometer umfassen (also bis 15.000 Hektar) 35

Folder Saeugetiere2010.indd 35 22.03.10 14:54


Schweine (Suidae)
Wildschwein (Sus scrofa)

V
Vor wenigen Jahrzehnten noch kam
Schwarzwild nur sehr selten in Kärnten Steckbrief
vor. Meist waren es einzelne männliche Status Jagdbares Wild, zunehmend
Wildschweine („Pioniere“), die entlang Familie Altweltliche Schweine
Gewicht bis 160 kg
der Drau von Slowenien einwechselten. Nahrung Allesfresser
Inzwischen lebt Schwarzwild ständig in Paarungszeit November/Dezember,
vielen Revieren Unterkärntens, aber . teilweise auch sonst
auch in anderen Landesteilen, etwa im . Tragzeit rund 4,5 Monate
Gailtal. Die Jäger freuen sich und streuen Junge 4 bis 8
kräftig Mais, damit die Schwarzkittel .
bleiben. Die Bauern hingegen sehen die
Wildschweine, wenn diese in den Feldern
ordentliche Schäden verursachen, gar
nicht so gerne. Auch der Naturschutz
zeigt sich eher skeptisch. Ein besonderes
Faible haben Wildschweine nämlich für
die kleinen Zwiebeln der Frühlings-Kro-
kusse. Um an diese zu gelangen, wühlen
sie oft ganze Almwiesen um.
Im Wald sind Wildschweine eher nütz-
lich. Sie fressen eine Menge forstlicher
Schadinsekten und brechen den Oberbo-
den um, womit sie Keimbeete für jene
Waldbaumarten schaffen, die auf vergras­
ten Böden nicht keimen können. Ande-
rerseits fressen sie selbst eine Menge
Waldfrüchte wie Eicheln und Bucheckern
und mindern damit das Saatgut.

Wildschweine leben in Rotten mit stren-


ger Rangordnung. Von den Frischlingen
(Junge) wandern mit Erreichen der Ge-
schlechtsreife nur die männlichen ab und
leben weitgehend als Einzelgänger. Die
jungen Bachen (Weibchen) bleiben alle in
der Rotte, daher sind in dieser sämtliche
Tiere eng miteinander verwandt. Nur
wenn eine Rotte zu groß wird oder zwei
gleichrangige Altbachen den Führungsan-
spruch erheben, kommt es zur Teilung.
36

Folder Saeugetiere2010.indd 36 22.03.10 14:54


Hirschartige (Cervidae)
Rothirsch (Cervus elaphus)

R
Rotwild ist heute in weiten Teilen Kärn-
Steckbrief
tens verbreitet. Das war nicht immer so.
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahr- Status Jagdbares Wild, häufig
Familie Hirsche (nur Männchen
hunderts gab es nur wenige ganz kleine tragen Geweihe)
Vorkommen. Erst in den Jahren nach Unterfamilie Echthirsche
dem Zweiten Weltkrieg konnte es sich Gewicht bis 200 kg
ausbreiten, nicht immer zur Freude der Nahrung ausschließlich pflanzlich
Waldbesitzer. Diese sahen das Rotwild Paarungszeit September/Oktober
wegen der von ihm verursachten Schä- Tragzeit 8,5 Monate
den nicht immer gerne. Die Jäger freuten Junge 1 (Kalb)
sich und versuchten mit allen Mitteln
diese Wildart in ihren Revieren zu halten
und zu vermehren. Nun gibt es im Land
Kärnten eine so genannte wildökologi-
sche Raumplanung. In ihr sind jene Ge-
biete festgeschrieben, in denen diese .
große Huftierart leben darf und in wel-
chen nicht.

Die Hirsche – also die Männchen – zeich- zapfen. Sie bleiben lebenslänglich erhal-
nen sich durch Geweihe aus, die alljähr- ten und werden nie gewechselt.
lich im Spätwinter abgeworfen und .
anschließend neu gebildet werden. Dabei Spektakulär ist die Brunft des Rotwildes
handelt es sich aber nicht um „Hörner“, im Herbst, während der sich die Hirsche
wie sie der Volksmund
gelegentlich nennt. Ge-
weihe sind nichts ande-
res als freiliegende Kno-
chen. Solche werden
vom Körper regelmäßig
abgestoßen und auch
wieder neu gebildet.
Rinder, Schafe oder Zie-
gen, auch die Gämsen
und Steinböcke haben
keine Geweihe, sondern
Hörner. Diese bestehen
aus verhornter Haut
und sitzen tütenfömig
auf knöchernen Stirn-
37

Folder Saeugetiere2010.indd 37 22.03.10 14:54


erbitterte Kämpfe liefern. Diese Kämpfe dies­j ährigen und zum Teil auch vorjähri-
sind stark ritualisiert, und jeder Hirsch gen Kälbern. Die Hirsche bilden im Som-
hält sich streng an die Regeln. Durch Im- mer eigene Rudel und halten sich (Rot-
poniergehabe versuchen die Hirsche ihre wild ist hitzeempfindlich) gerne in ange-
Rivalen einzuschüchtern, um so einen nehm frischen Hochlagen auf. Erst Ende
Kampf zu vermeiden. Erst wenn einer der August oder Anfang September lösen sich
Kontrahenten die Nerven verliert und ei- die Hirschrudel, die aus bis zu 100 Tiere
nen Fehler macht, kommt es zum Ver- bestehen können, auf. Manche Hirsche
drängungskampf. Sieger ist nicht, wer das ziehen dann in weit entfernte Reviere, die
stärkere Geweih oder die besseren Gene sie traditionsgemäß nur während der
hat. Vielmehr entscheiden Fitness, Erfah- Brunft aufsuchen.
rung und Wendigkeit.
Zu den erst in den letzten Jahren von For-
Zur Lebenserfahrung eines Hirsches ge­ schern der Universität Wien entdeckten
hört auch, dass man beizeiten aufhören Besonderheiten des Rotwildes gehört des-
soll, und so ziehen sich ältere Hirsche ge- sen Fähigkeit, eine Art stundenweisen
gen Ende der Brunft gerne zurück und Winterschlaf zu halten. Dabei reduzieren
überlassen die „Arbeit“ den jüngeren Art- die Tiere bei besonders ungünstigem Wet-
genossen. Es stimmt also nicht, dass nur ter – wie echte Winterschläfer – Körper-
die Stärksten zur Fortpflanzung kommen. temperatur, Atmung und Herztätigkeit,
um Energie zu sparen. So überstehen sie
Die Kälber (Jungen) werden im Mai/Juni auch ohne Fütterung raue Winter.
geboren und verbringen die erste Woche
ihres Lebens flach auf den Boden ge- Vereinzelt kommt in Kärnten auch Dam-
drückt in guter Deckung. Die Mutter hält wild (Dama dama) vor. Diese hier nicht
sich in der Nähe auf und besucht das Kalb heimischen Tiere stammen alle aus Gat-
immer nur kurz zum Säugen. terhaltungen.

Nach dieser kurzen


Zeit des Alleinseins
kehrt das Alttier (Na-
me für erwachsenes
weibliches Rotwild)
mit dem Kalb ins
Rudel zurück. In die-
sen Rudeln leben fast
nur Alttiere mit ihren
Abwurfstange Kolbenhirsch (Bastgeweih)
38

Folder Saeugetiere2010.indd 38 22.03.10 14:54


Reh (Capreolus capreolus)

K Kaum eine andere Wildart ist so anpas-


sungsfähig wie das Reh. Rehe sind daher
überall in Kärnten häufig anzutreffen, ge-
legentlich sogar mitten in den Ortschaf-
ten. Sie gehören zwar zur selben zoologi-
schen Familie wie das Rotwild, doch ist
das kleine Reh nicht – wie manche Leute
Steckbrief
Status
Familie

Gewicht
Nahrung
Jagdbares Wild, sehr häufig
Hirsche (nur Männchen
tragen Geweihe)
Unterfamilie Trughirsche
bis 30 kg
ausschließlich pflanzlich
immer noch glauben – die „Frau“ vom Paarungszeit Mitte Juli bis Mitte August
großen Hirsch. Tragzeit 9,5 Monate mit Eiruhe
Junge 1 bis 3 (Kitze)
Rehe bevorzugen als Nahrung Kräuter so-
wie Knospen und junge Triebe der Wald- Jedes erwachsene Reh beansprucht dann
bäume. Letzteres führt dort, wo es zu .einen eigenen Wohnraum. Das gilt beson-
viele von ihnen gibt zu Problemen mit ders für die Böcke, die ihre Reviere regel-
den Waldbesitzern und Förstern. mäßig mit Sekreten aus verschiedenen
Drüsen markieren und herrisch jeden
Wo Rehe in weiten Feldrevieren leben, Artgenossen vertreiben. Nur die Geißen
bilden sie lose kleine Rudel, deren Zu- (erwachsene Weibchen) und ihre Kitze
sammensetzung sich ständig ändert. Im (Junge) werden tolerieren, ohne jedoch
Wald aber werden sie zumindest im . mit diesen eine familiäre Bindung einzu-
Frühjahr und Sommer zu Einzelgängern. gehen.

Abgelegte Rehkitze sind nicht verlassen. Darum Hände weg! Die Mutter ist ganz in der Nähe
39

Folder Saeugetiere2010.indd 39 22.03.10 14:54


Die Kitze verbringen ih-
re ersten drei Lebens-
wochen alleine abge-
legt. Das heißt, sie lie-
gen irgendwo in einer
Wiese oder auch im Wald flach am Boden
und rühren sich nicht. So sparen sie viel
Energie und werden von Feinden nur
schwer gefunden. Nur wenige Minuten
werden sie von ihren Müttern aufgesucht,
bekommen eine Massage zur Verdauungs-
förderung und werden gesäugt. Erst in der
vierten Lebenswoche schließen sie sich
ihren Müttern an. Aber den Drückreflex
behalten die Rehe ihr ganzes Leben lang.
Daher bleiben mitunter auch erwachsene
Rehe bei Annäherung eines Menschen
einfach sitzen und vertrauen darauf, .
nicht entdeckt zu werden.
mehr liegen diese, ohne zu wachsen und
Zu den Besonderheiten des Rehwildes . ohne sich in der Schleimhaut einzunis­t en,
gehört die „Eiruhe“. Nach der Paarung . im Tragsack. Die eigentliche Tragzeit, in
nisten die Geißen die befruchteten Eier der aus dem befruchteten Ei ein Fötus
noch nicht in der Gebärmutter ein. Viel- wird, beginnt erst im Dezember.

Der Rehbock – das Geweih ist für die Zeit der Brunft das „Statussymbol“
40

Folder Saeugetiere2010.indd 40 22.03.10 14:54


Hornträger (Bovidae)
Gams (Rupicapra rupicapra)

D
Das Gamswild bewohnt in Kärnten nicht
nur den gesamten alpinen Raum, sondern Steckbrief
auch weite Bereiche der Vorberge; ver- Status Jagdbares Wild, häufig
einzelt begegnet man Gämsen sogar in Familie Hornträger (Männchen und
Weibchen tragen Hörner)
den Tallagen. Immer aber lieben sie die Gewicht bis 40 kg
Nähe von Felsen, in die sie sich bei Ge- Nahrung ausschließlich pflanzlich
fahr zurückziehen. Paarungszeit November/Dezember
Tragzeit 6,5 Monate
Wo nicht gejagt wird, zeigen sich Gams Junge 1 bis 2 (Kitze)
oft erstaunlich vertraut und äsen in un-
mittelbarer Nähe von Touristensteigen die älteren Böcke neigen dazu, den Som-
oder von Berghütten. mer tiefer unten im Wald zu verbringen.

Geißen (Weibchen), Kitze und Jährlinge Die Brunft fällt in den Spätherbst und
schließen sich zu losen Rudeln ohne . Frühwinter, wobei sich die Böcke wilde,
feste Bindung zusammen, während die kräftezehrende Verfolgungsjagden liefern.
Böcke außerhalb der Brunft (Paarungs- Die ungewöhnlich harten Lebensbedin-
zeit) eher einsiedlerisch leben. Gerade gungen im alpinen Raum führen dazu,

Weibliche Gämsen und Jungtiere leben in Rudeln. Erwachsene Böcke leben außerhalb der
Brunft meist als Einzelgänger 41

Folder Saeugetiere2010.indd 41 22.03.10 14:54


dass die meisten .
Geißen erst im drit-
ten Lebensjahr träch-
tig werden. Für kör-
perlich schwächere
Tiere sind Trächtig-
keit und Jungenauf-
zucht so anstrengend,
dass sie gelegentlich
ein Jahr pausieren.

Der extreme Lebens-


raum sorgt auch im-
mer wieder für hohe
Verluste durch Lawi-
nen, Steinschlag oder
Gamskitze Gamsgeiß
Nahrungsmangel. Be-
sonders gefährdet sind die jüngeren, Gämsen. Trotz der harten Lebens­
noch unerfahrenen Tiere. Daher sind äl- umstände und obwohl sie im Winter .
tere, mit reichlich Lebenserfahrung aus- nicht gefüttert werden, ist ihre Lebens­
gestattete Tiere für die Rudelgemein- erwartung doppelt bis dreimal so hoch
schaften besonders wichtig. Das spiegelt wie die der in viel milderen Lagen leben-
sich auch im natürlichen Lebensalter der den Rehe.

Im langen Bergwinter muss die spärliche Nahrung erst mühsam unter dem Schnee
42 herausgescharrt werden

Folder Saeugetiere2010.indd 42 22.03.10 14:55


Alpensteinbock (Capra ibex)

D Das Steinwild war im 19. Jahrhundert im


Alpenraum nahezu ausgerottet. Nur im
italienischen Aostatal hatte ein ganz .
kleiner Bestand überlebt. Von dort ka-
men ab 1860 immer wieder Kitze – legal
wie illegal – in die Schweiz, wo man sich
der Vermehrung dieser fast ausgestorbe-
Steckbrief
Status
Familie

Gewicht
Nahrung
Jagdbares Wild, selten
Hornträger (Männchen und
Weibchen tragen Hörner)
bis 100 kg
ausschließlich pflanzlich
Paarungszeit Dezember/Januar
nen Wildart annahm. 1924 wurde dann Tragzeit 5 bis 6 Monate
im salzburgischen Blühnbachtal die erste Junge 1 (Kitz)
Kolonie auf österreichischem Boden be-
gründet. Es folgten die Bundesländer Steinwild ist ideal an seinen extremen
Steiermark, Tirol und schließlich 1960 Lebensraum angepasst. Obwohl es sich
auch Kärnten. Der derzeitige Bestand auf um schwere und eher plump wirkende
Kärntner Boden wird auf rund 100 Tiere Tiere handelt (Böcke wiegen um 100 kg),
geschätzt und sind sie im steilen, felsigen Gelände un-
beschränkt sich glaublich wendig und trittsicher. Die Hufe
weitgehend auf (Schalen) haben außerordentlich harte
das Gebiet des Ränder, die auch noch auf schmals­t en
Nationalparks Steinbändern Halt finden. Die Ballen .
Hohe Tauern. hingegen sind weich und elastisch, wir-

Der Alpensteinbock – im Hintergrund der Großglockner


43

Folder Saeugetiere2010.indd 43 22.03.10 14:55


ken beim Sprung abfedernd und brem- während der Paarungszeit weitgehend
send zugleich. vermieden.

Das Blut des Steinwildes enthält einen Mit dem Steinwild verwandt, aber in
besonders hohen Anteil roter Blutkörper- Kärnten nicht heimisch, ist das aus dem
chen, und die Lunge ist größer als bei . Mittelmeerraum stammende Muffelwild –
vergleichbaren Säugern. So ist auch bei Mufflon (Ovis ammon musimo). Um sei-
extremen Anstrengungen die Sauerstoff- ne Hörner als Jagdtrophäen zu ver- .
versorgung sichergestellt. größern, wurden Muffelschafe in der Ver-
gangenheit immer wieder mit anderen
Die Lebensräume von Stein- und Gams- horntragenden Schafen eingekreuzt. Der
wild überschneiden sich, wobei das Stein­ Mufflon hat in Kärnten bereits eine weite
wild oft noch über den Gams lebt. Nur im Verbreitung.
Winter zieht es mitunter bis in den
Bereich der Waldgrenze herab.

Die Geißen bilden zusammen mit


dem Jungwild größere Rudel, wäh­
rend die erwachsenen Böcke eige-
ne Rudel bilden. In diesen „Her-
renklubs“ werden mit Hilfe .
ganzjährig ausgetragener rituali-
sierter Scheinkämpfe die Ränge
festgelegt. Jeder kennt jeden und
weiß, wem er sich unterzuordnen
hat. So werden ernsthafte Kämpfe
Mufflon
44

Folder Saeugetiere2010.indd 44 22.03.10 14:55


Mensch (Homo sapiens sapiens )

I
In einer Abhandlung über Säugetiere Kärn- (Placenta mit Fruchtwasser) und so trotz
tens darf der Mensch als einziger von Natur Beibehaltung der sehr ursprünglichen
aus hier vorkommender Primat natürlich „Tümpelentwicklung“ den Schutz vor Aus-
nicht fehlen. Vor allem um auf unsere Ab- trocknung und Feinden perfektioniert.
stammung – ein Ergebnis der Evolution –
hinzuweisen, ein noch immer nicht von je- Der Mensch in seiner heutigen Form hat
dem Kärntner verinnerlichtes Wissen. Vor sich in den offenen, aber reich strukturier-
etwa 250 Jahren bekam der Mensch die la- ten Baumsavannen Ostafrikas entwickelt.
teinische Artbezeichnung Homo sapiens Unser natürlicher Lebensraum ist also offe-
sapiens (Linné, 1758), 1871 umriss Darwin ne Landschaft und keineswegs Wald. Als
die Abstammung des Menschen, viele For- sich unsere Vorfahren in alle Welt aufmach-
schungsergebnisse sind inzwischen dazuge- ten, ließen sie sich nieder wo sie diesen Le-
kommen. Nach neuesten genetischen und bensraum wieder fanden, wie im Orient,
serologischen Erkenntnissen teilen wir mit oder sie gestalteten ihre Umwelt nach die-
unseren nächsten Verwandten und somit sem inneren Vorbild. Rodungen wurden
„Schwesternarten“, dem Schimpansen und nicht nur zur Gewinnung landwirtschaftli-
dem Bonobo, nicht nur mehr als 98 Prozent cher Flächen durchgeführt, oft gab es zu .
unserer Erbinformation, sondern sogar die Beginn kaum qualifizierten Ackerbau, son-
Gattung Homo (Schimpanse – Homo troglo- dern einfach zur Lebensraumgestaltung un-
dytes und Bonobo – Homo paniscus) und seren Vorstellungen gemäß. Wenn man die-
gehören zur Familie der Hominidae (Men- sen Umstand kennt, weiß man auch, warum
schenähnliche), zur Ordnung der Primates jedem Urlauber beim Anblick der Toskana
(Herrentiere), als Bestandteil der Klasse das Herz aufgeht. Hier muss kein Bedarf ge-
Mammalia (Säugetiere). weckt werden, eine solche Kulturlandschaft
deckt die Sehnsucht nach unserem Ur-
Da in der Natur bewährte Mechanismen nie- sprungslebensraum. Im Kleinen macht das
mals grundlegend geändert werden, lassen jeder von uns in seinem Garten mit dem .
sich unsere Wurzeln noch viel weiter zu- Rasenmäher, eine künstliche Gras-Savanne
rückverfolgen. Viele Vorgänge auf Zell- . im Miniformat, wo von Natur aus Hochstau-
ebene oder beim Stoffwechsel sind bei uns denfluren, Gebüsch und Wald wäre.
nahezu ident mit Würmern, Seesternen .
und anderen sogenannten primitiven Tie- Für unser Selbstverständnis ist auch wich-
ren. Selbst seit der Eroberung des Festlan- tig zu verstehen, dass der Mensch ein ganz
des durch erste amphibische Wirbeltiervor- und gar natürlicher Bestandteil des Kärnt-
fahren vor gut 350 Millionen Jahren haben ner Lebensraumes ist. Erste Menschen sind
wir vieles beibehalten. Amphibien legen hier mit Sicherheit vor etwa 600.000 Jah-
noch heute ihre Eier in Gewässer ab, alles ren, eventuell sogar vor eine Million Jahre
was Reptilien daran verbessert haben, war aus dem Südosten zugewandert. Eine Route
den Tümpel wegen der Trockenheit an Land die erst Hunderttausende Jahre später Tie-
selbst zu erzeugen und mit einer festen re wie die Gams oder auch den Bergmolch
Schale zu umgeben (Ei). Die Säugetiere zu uns führte, und niemand käme auf den
schließlich haben dieses Gewässer für ihre Gedanken, diese als nicht heimisch, nicht
Embryonen gleich in sich selber verpackt natürlich zu bezeichnen. Nicht nur das, wir
45

Folder Saeugetiere2010.indd 45 22.03.10 14:55


selber sind erheblich beteiligt an der hohen Im Prinzip könnte man nun wie bei den an-
Biodiversität unserer Heimat. Mit anderen deren Säugetierarten dieses Heftes die .
herausragenden Säugetieren wie beispiels- biologischen Eckdaten des Menschen auf-
weise dem Elefanten teilen wir die seltene, listen, aber was wir essen, wie groß, .
aber durchaus natürliche Fähigkeit, den . schwer und wie alt wir werden, wie lange
Lebensraum zu unseren Gunsten zu verän- die Schwangerschaft dauert und vieles
dern oder günstig zu erhalten, davon profi- mehr sollte wohl jeder für sich beantwor-
tieren viele anderen Arten. Erst unsere ten können. Eine Gefährdung ist für den
durch Bauern geschaffene Kulturlandschaft Menschen allgemein und im speziellen in
ermöglichte es vielen Pflanzen und Tieren Kärnten nicht zu erkennen, unsere Nei-
hier heimisch zu werden. Etwa 30 Prozent gung, die eigenen Lebensgrundlagen zu .
der heute bei uns vorkommenden Tier- und untergraben haben wir einigermaßen im
Pflanzenarten sind direkt und indirekt von Griff, und unsere Anpassungsfähigkeit hat
unserer nachhaltigen Bewirtschaftung und uns schon so vieles überstehen lassen, .
Anwesenheit abhängig. Das geht von vielen dass den Menschen die derzeitige Warm-
Orchideen und Insekten trockener Mager- phase überhaupt nicht zu gefährden ver-
wiesen bis hin zu den Fledermäusen, von mag, selbst wenn wir sie in der uns eige-
denen viele Arten sogar auf unsere Gebäu- nen Selbstüberschätzung als ein Ergebnis
de (Dachböden) angewiesen sind. unserer Aktivitäten sehen.

Schlussbemerkung und Ausblick

D Diese Info-Broschüre, die erstmals unter


dem neuen Titel „Kärntens wertvolle .
Na­t ur“ erscheint, will Ihnen, liebe Lese-
rin und lieber Leser, einige der derzeit
80 in Kärnten vorkommenden Säuge-
tierarten in Kurzform vorstellen.
ge und verfolgte sie erbarmungslos. Für
viele Wildtierarten scheint in unserer
Industriegesellschaft auch einfach kein
Platz mehr zu sein. Fortwährend ver-
nichten wir ihren Lebensraum und .
drängen sie damit mehr und mehr .
zurück. Vielen Tierarten wiederum hat
Faszinierend sind sie alle, ob Igel, Spitz- der Mensch in seiner Kulturlandschaft
mäuse, Fledermäuse, Eichhörnchen, auch neuen Lebensraum erschlossen.
Waldmaus, Biber, Siebenschläfer, Feld- Aber vielen Arten droht auch heute noch
hase, Hermelin, Dachs, Fischotter, im steigenden Maß die Gefahr in Form
Braun­b är, Rotfuchs, Luchs, Rothirsch von Luft- und Wasserverschmutzung,
oder Alpensteinbock, um nur einige zu Straßenverkehr, Zerstörung ihrer Le-
nennen. bensräume, Hochgebirgserschließun-
gen, Chemierückständen, Schädlingsbe-
Seit jeher hat der Mensch versucht, die kämpfungsmittel usw.
Umwelt bzw. Natur nach seinen Bedürf-
nissen zu gestalten. Das schloss auch die Diese Broschüre soll ein kleiner Hinweis
Säugetiere mit ein. auf unsere artenreiche wertvolle Säuge-
tierwelt sein und weiters an die mensch-
Der Mensch betrachtete aber eine be- liche Vernunft appellieren, denn die
achtliche Reihe von Tieren als Schädlin- Wahrscheinlichkeit vernünftigen Han-

46

Folder Saeugetiere2010.indd 46 22.03.10 14:55


Bildautoren
Titelbilder: Streitmaier, D.
o: oben, m: mitte, u: unten, l: links, r: rechts.
Cerar, A.: Seite: 38 (or)
Cerar, M.: Seite: 29 (ur).
Gailberger, W.: Seiten:14, 28, 29 (ul), 34, 35 (r).
Gutleb, B.: Seite: 25.
Krofel, M.: Seite: 35 (l).
Miherc, E.: Seiten: 27 (o), 29 (o), 36, 40 (or).
Naglost, O.: Seiten: 40 (u), 44 (u).
Streitmaier, D.: Seiten: 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12,
13 (m, ul, ur), 15 (o), 16, 17, 18, 19, 20, 21, 23 (o, u),
24, 26, 27 (ul, um, ur), 30, 31, 32 (o), 37 (m),
38 (ol, om, um, ur), 39, 40 (ol), 41, 42, 43, 44 (o), 47.
Zmölnig, J.: Seiten: 13 (o), 15 (u), 21 (l), 22, 23 (m),
32 (u), 33, 37 (u).
Alle Rechte bei den Bildautoren

Verwendete/WEITERFÜHRENDE LITERATUR
Hespeler, B. (1988):
Rehwild heute. BLV Verlag, München.
Hespeler, B. (2004):
Fuchs und Marder. BLV Verlag, München.
Hespeler, B. (2004):
Schwarzwild heute. BLV Verlag, München.
Hespeler, B. (1995):
Raubwild heute. BLV Verlag, München.
Hofmann, H. (1988):
Naturführer Säugetiere. Gräfe und Unzer GmbH,
München.
Hofmann, H. (1992):
Der Igel. Gräfe und Unzer GmbH, München.
Schober, W. & Grimmberger, E. (1998):
Die Fledermäuse Europas. Franckh-Kosmos Verlag,
Stuttgart.
Spitzenberger, F. (2001):
Die Säugetierfauna Österreichs. Band 13.
Grüne Reihe des Bundesministeriums für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien.

delns steigt mit dem ökologischen Wis- Impressum


sen eines jeden Einzelnen von uns. Wir Herausgeber:
müssen uns der eigenen kreatürlichen Amt der Kärntner Landesregierung,
Abteilung 20 – UAbt. Naturschutz,
Herkunft wieder bewusst werden, der Mießtaler Straße 1, 9020 Klagenfurt am Wörthersee
brüderlichen Verantwortung für alle . E-Mail: bernhard.gutleb@ktn.gv.at
Lebewesen. Am Umgang mit Wildtieren, Konzept/Grafische Gestaltung:
die oft unsere Gefühle wecken und . Dietmar Streitmaier/Arge NATURSCHUTZ
unseren Geist inspirieren, ließe sich be- Textautoren/Fachredaktion:
weisen, dass wir verantwortungsbewus- Mag. Bernhard Gutleb,
Amt der Kärntner Landesregierung,
ste und weitsichtige Menschen sein Abteilung 20 – UAbt. Naturschutz,
könnten. Mießtaler Straße 1, 9020 Klagenfurt am Wörthersee
Bruno Hespeler, 9530 Bad Bleiberg
Dietmar Streitmaier, Arge NATURSCHUTZ,
Das Redaktionsteam: Gasometergasse 10, 9020 Klagenfurt am Wörthersee
Bernhard Gutleb Copyright 2010. Alle Rechte beim Herausgeber
Bruno Hespeler 2. Auflage
Produktion: Druckagentur Trojacher
Dietmar Streitmaier Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

47

Folder Saeugetiere2010.indd 47 22.03.10 14:55


Wir informieren Sie gerne:
Amt der Kärntner Landesregierung, Abt. 8 – Kompetenzzentrum Umwelt, Wasser und Naturschutz,
Unterabteilung Naturschutz und Nationalparktrecht, Flatschacherstraße 70, 9021 Klagenfurt am
Wörthersee, Telefon 050-536-18244, E-Mail: Abt8.Naturschutz@ktn.gv.at

Das könnte Ihnen auch gefallen