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Illustriert von

Reinhard Kleist

BERLINER
MYTHEN
MIT DEM TAXI DURCH DIE
BERLINER STADTGESCHICHTE

Sprache. Kultur. Deutschland.


BERLINER
MYTHEN
Die Ausstellung zeigt sieben Graphic Novels aus dem Band „Berliner
Mythen“ des preisgekrönten Comiczeichners Reinhard Kleist. Für
„Der Boxer“, die Biografie eines jüdischen Boxers, wurde er unter
anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

Die Berliner Mythen basieren auf einer Sammlung folkloristischer


Geschichten aus vier Jahrhunderten, verknüpft mit der Topologie der
Metropole. Die Idee für das Buch stammt von dem Lektor Michael
Groenewald und von Lutz Göllner, Redakteur beim Berliner Stadt-
magazin Zitty. Reinhard Kleist dachte sich die Rahmenhandlung aus:
Der Taxifahrer Ozan chauffiert seine Fahrgäste durch Berlin,
erzählt ihnen dabei die Mythen zu den Orten, die sie gemeinsam
ansteuern, und lauscht deren persönlichen Erzählungen. So entsteht
ein Stadtführer der besonderen Art.

Von 2013 bis 2015 wurden die „Berliner Mythen“ als Serie im
Berliner Stadtmagazin Zitty veröffentlicht.

REINHARD KLEIST: BERLINER MYTHEN © CARLSEN VERLAG, HAMBURG


DIE SCHAUPLÄTZE
DER BERLINER MYTHEN

1
Spandauer
Eiskeller Forst
Tegeler
SC

See
HÖ AL
NW LE
AL E
D
ER

RA
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TR
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BORNHO
Flughafen Tegel . LMER S
Volkspark TR TR.
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4
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Botanischer
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Garten
AMM

1 ERWIN GEHT ZUR SCHULE 5 ONKEL WACKELFLÜGEL


2 ONKEL TOMS HÜTTE 6 DIE FLUCHT
3 DIE BLUTLICHTUNG 7 DAS BESTICKTE KISSEN
4 ELEKTROKOHLE
BERLINER MYTHEN

ERWIN GEHT
ZUR SCHULE
In der Zeit des Kalten Krieges war Westberlin eine Insel im Gebiet
der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), geschützt von
den Truppen der Alliierten: Großbritannien, USA und Frankreich.
Die Grenzlinie verlief im Zickzack und ein schattiges Tal bei
Spandau mit drei Bauernhöfen lag wie in einem Sack, auf drei
Seiten von der DDR umgeben. Weil das Wetter dort immer etwas
kühler ist als in der Umgebung, heißt diese Gegend auch heute
noch „Eiskeller“. Nach dem Mauerbau 1961 führte nur noch eine
schmale Straße aus dem „Eiskeller“ in das restliche Westberliner
Gebiet, links und rechts stand die Mauer, bewacht von DDR-
Grenzpolizisten. Der Protagonist des Comics, der Junge Erwin,
gehörte zu den Bewohnern des „Eiskellers“ und musste jeden Tag
durch diesen Korridor zur Schule laufen.

1
ERWIN GEHT ZUR SCHULE | 1

Nach Ist ja
Spandau, gross. Wohin
bitte. genau?

Am Besten
nach fahren sie übern
Eiskeller, falkenseer damm
wenn ihnen und dann sag ich
das was ihnen, wo es lang-
sagt. geht ...

Wissen Sie, als


Nicht nötig, finden Mit einem ... der Sozialismus
wir schon. Da gibt’s was? Nee, die Anfang der Sech-
doch die Geschichte kenne ich zigerjahre die
von dem Jungen aus nicht. Schotten dicht-
Eiskeller, den sie gemacht hat...
mit dem Panzer zur
Schule gebracht
haben. Kennen
Sie die?

... wo der
kleine Erwin
zur Schule ging.

... war Eiskeller komplett


von der Ostzone eingeschlossen.
Muss man sich mal vorstellen, ’n
kleines Fleckchen Westberlin
in der DDR.

Nur über einen schmalen


Feldweg kam man damals
von den paar Häusern
nach Spandau...…
ERWIN GEHT ZUR SCHULE | 2

Mama, ich Die Grenzpolizisten


kann nicht haben gesagt, hier Ach Gott, wo soll
zur Schule! wär jetzt gesperrt das bloss alles
und ich könnte nicht enden? Ich werde
durch. und dann bei der Schule
haben sie gelacht... anrufen.

und
warum
bitte?

Also ruft die auf-


gebrachte Frau Mama bei
der Schule ihres Sohnes an,
die Schule beim Bezirksamt
und das Amt schliess­lich bei
der britischen Garnison.
Die versprechen, die Sache
bis zum nächsten Tag
zu regeln.

Vergiss nicht
deine Pausen-
brote,
Erwin!

Na,
wenn du
heute nicht
sicher zur
schule kommst..!

Good morning,
my boy, come on,
get on your
bike!
ERWIN GEHT ZUR SCHULE | 3
Und so wurde
der kleine Erwin
jeden Morgen von
der britischen
Armee an den
DDR-Grenzern
vorbei zur
Schule geleitet.

See you Und holen


later, Wer sind ... das sind
Have denn die? die dich
Erwin! meine Leib-
a good Das... etwa auch
wächter!
one! wieder
ab?

Ja klar,
die passen auf,
dass die Kommis
mir nicht zu
nahe kommen!

Einmal
lächeln für Da hat man sicher
das spandauer ges mehr als einem Volks-
volksblatt! „Erwin wurde eines Ta polizisten gehörig
ewaff­
von bis an die Zähne b den Kopf ge-
erstellt.
neten Vopos der Weg v waschen.
m nur
Wie Wege­lagerer in de
ller
kleinen Pfad, der Eiske
et, for­
mit Westberlin verbind
auf, so­
derten sie den Schüler
n.
fort wieder um­zukehre
a
Die Ulbricht-Soldatesk
m, dass
scher­te sich nicht daru
iner Ge­
sie mitten auf West­berl
biet stand.“

Erwins spektakulä-
rer Geleitschutz
machte natürlich Der kleine Erwin
schnell die Runde. wurde sogar nach
Bonn eingeladen. im
Kalten Krieg kam
die Geschichte ge-
rade recht.

Junge,
Du bist ein
Symbol des Frei-
heitswillens der
Berliner Bürger!
ERWIN GEHT ZUR SCHULE | 4
so, da wären wir.
... kälter ist
es heisst übri-
als im Umland.
gens Eiskeller,
Ich weiss. Halten
weil es hier
... sie bitte hier.
Stimmt so!

Netter Mann, … ... wenn der


Was für ein mitgekriegt
hat gar nichts Schwätzer.
gesagt die ganze hätte, wer
Den wär ich ich bin.
Fahrt über. Na ja, doch nie los-
stille Tassen geworden
sind tief. ...…

Auweia, ...und ich


heute schrei- hab nix ge-
ben wir die lernt. Was
Mathe- mach ich
arbeit... bloss?

Mama!
Ich konnte nicht
zur Schule! Die
Grenz­polizisten
haben gesagt,
hier wäre jetzt
gesperrt ...
Ende
BERLINER MYTHEN

ONKEL TOMS
HÜTTE
Berlin liegt mitten in einer Seenlandschaft und schon im
19. Jahrhundert unternahmen die Berliner gerne Ausflüge in
diese herrliche Umgebung. Eines der beliebtesten Ausflugslokale,
Onkel Toms Hütte, wurde 1884 in Zehlendorf am Riemeistersee
erbaut. Der weitläufige Biergarten mit einer großen Tanzfläche
erstreckte sich über mehrere Terrassen bis an den See.
Den Namen Onkel Toms Hütte haben die Gäste dem Haus als
zärtlichen Spitznamen gegeben, weil der Wirt zum Schutz vor
Regen eine große Holzhütte bereitgestellt hatte. Heute erinnert nur
noch die gleichnamige U-Bahn-Station an diesen schönen Ort.

2
ONKEL TOMS HÜTTE | 1

Zum Quermaten-
weg, bitte, das ist
ganz in der Nähe
vom u-Bahnhof
“Onkel Toms
Hütte”.

Ist schönes
Wetter heute. Ja, ich
Möchten sie da mag das
ein bisschen spa- Riemeister-
zieren gehen? Fenn.

Da war Letztens
ja früher hab ich ein
ein AusFlugs- Aber
Mädel gefah-
lokal, nach für Spuk-
ren, das hier in
dem die u-Bahn- geschichten
die Reitschule
Station be- hab ich nicht
geht. Die er-
nannt ist. so viel übrig.
zählte, dass
Ich Finde es viel
manchmal Musik
interessanter,
im Wald zu
Ja, das was dort wirk-
hören sei, genau
waren lich war. Da ging
dort, wo das
noch es ja früher
Lokal gestan-
Zeiten hoch her.
den hat.
...

Das Lokal soll traumhaft Es gab regelmässig Tanz und


am See gelegen haben. auf den Terrassen konnte man
Das war, bevor da alles elegant speisen. Die Berliner
verlandet ist. Prominenz hat sich die Klinke
in die Hand gegeben, hört man.

Und nach dem Krieg


kamen viele G.I.s von
den benachbarten Ja, dort habe Und am Wochenende
Kasernen. ich meinen Mann sind wir immer zum
kennengelernt, Tanzen in Onkel
den William. Sah Toms Hütte gegan-
der fesch aus in gen. Das war das
seiner Uniform! Schönste nach so
einer harten
Woche.

wir haben
ganz Fix gehei-
ratet und er ist
in Deutschland
geblieben. Zwei
Jungs haben wir
grossgezogen!
ONKEL TOMS HÜTTE | 2
Und nun ist alles fort. Aber was
In den Siebzigern
geblieben sind mir nur erwähnten
ist er dann plötz-
die Terrassen im Wald. sie da eben?
lich gestorben,
Die Leute
mein William, und
hören von
kurz darauf
Zeit zu
haben sie auch
Zeit ...
das Lokal ab-
gerissen. ... Musik von
den Ruinen
der alten
Gaststätte
herüberwehen?
... Das ist ja
direkt un-
heimlich!

Also passen sie Auf meine


schön auf sich alten Tage
auf! Mit Gespens- lasse ich
tern ist nicht mich von so
gut PFlaumen etwas
essen! Wo darf nicht...
ich sie raus-
lassen?
... mehr
schrecken!
Haben sie
einen schö-
nen Tag.

Ende
BERLINER MYTHEN

DIE
BLUTLICHTUNG
Wenn die Männer der adligen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts in
den Wald gingen, um mit Pistolen aufeinander zu schießen, handelte
es sich um ein Duell. Der Grund dafür waren Konflikte, in denen
es um die Ehre ging, und diese hatten meistens mit Liebe, Ehe,
Untreue und Eifersucht zu tun. Das Duell als Konfliktlösung war
aber auch schon im Berlin des 19. Jahrhunderts verboten. Deshalb
verabredeten die Duellanten sich im Morgengrauen auf einer
einsamen Waldlichtung. Aber außer der Furcht vor Strafverfolgung
gab es noch einen weiteren Grund, nicht beim Duell beobachtet
zu werden: Auch wenn die Gegner absichtlich daneben zielten, war
die Ehre wiederhergestellt. Ein sehr beliebter Ort für Duelle, so
erzählen die Berliner sich heute, soll der Grunewald rund um den
Hundekehlesee gewesen sein.

3
DIE BLUTLICHTUNG | 1

In die Sie sehen gar Ganz in der Nähe Sie meinen


Königsallee nicht so aus, ihres Ziels befand Duelle, so
am Grunewald, als ob sie sich sich im 19. Jh. ein wie im Film? Oh ja,
Nummer 70, duellieren beliebter ort für wollen sie
bitte. möchten! Duelle. Die Leute wissen, wie
nannten ihn die so etwas
Blutlichtung. ablief?

Wie
Bitte?

Das war eine Sache Oje ! Ich for-


der Ehre zwischen dere
Männern. Satis-
faktion!

Aha!
Was wol-
len sie
denn? Ich
war zu-
erst hier!

wie...? Dann wer-


den sie
geächtet!

Ich fordere
sie zum Duell. Und wenn Das heisst,
Wie ein Ehren- ich mich man redet
mann! weigere? dann schlecht
über mich?

Umso schlimmer! Denken sie an ihren Und ob!


Sie können sogar aus der Armee Nur Adlige, Also, im
geworfen werden, falls sie über- Stand! nun, immerhin sind sie als
Offiziere Wenn Morgen-
haupt in einer solchen dienen! Student satisfaktionsfähig.
und gewisse das so grauen
Bürgerliche ist... auf der
Da kann ich mich geniessen Lichtung
ja glücklich diese Ehre. am Hunde-
Nein, schätzen. kehlesee.
Und eben Stu-
ich bin
denten.
Stu-
dent!

Weil das
Wie romantisch. Duellieren Der Belei-
Warum so weit Ich digte wählt
grundsätzlich
draussen? Und bin die Waffe:
verboten ist. neu in
warum in so und ich wähle
einer Herr-
Ihnen muss man dem
aber auch die Pistole.
gottsfrühe? Gewer- Ein Schuss
alles er- be.
klären. wird reichen.
Wir sehen
uns bei tages-
anbruch!
Sie haben
ihren Hand-
schuh ver-
gessen!
DIE BLUTLICHTUNG | 2

Bei
fünfzig. Bei fünfzig Schrit-
ten drehen wir uns
Was? um und schiessen!

Aha, verstehe!
sonst könnte ja ei-
ner schummeln
und zuerst
schiessen.

Uff!

Na, nichts wei-


ter. Unsere Ehre
Na, dann ist ja gut.
Und was ich hab nämlich neben Aber das dürfen sie doch nicht
jetzt? ist wiederher- sagen!!! Sind sie von allen guten
gestellt, und sie gezielt.
Geistern verlassen?
Schwamm drüber.

hm...

Nun gut, ich


habe auch
daneben-
geschossen.

Ja, wäre doch zu Ausserdem ha-


blöd gewesen. We- Wirklich? wollen
Ach ben sie so eine wir etwas trinken
was! gen so einer Sache.… schöne Nase. gehen?

Ich heisse
Ja, das stimmt. Walter...
Wär mir auch
unangenehm.

Hihihi, also den


Schluss hab
ich mir ausge-
dacht, aber so
ähnlich könnte
das gelaufen
sein.

Da sind
wir.

Ende
BERLINER MYTHEN

ELEKTROKOHLE
Im Berlin des 20. Jahrhunderts
haben sich Kultur und Industrie
intensiv entwickelt und gegenseitig beeinflusst. Die Firma VEB*
Elektrokohle im Bezirk Lichtenberg war zu DDR-Zeiten ein wichtiger
Industriebetrieb, wo man chemische Produkte aus Kohle für elektrische
Geräte herstellte. Hans Garbe, ein Mitarbeiter der Firma, bekam
von der DDR-Regierung den Titel „Held der Arbeit“ verliehen, weil
er sich besonders für die Produktivität des Betriebs eingesetzt hatte.
Aufgrund seines Engagements mussten allerdings alle Arbeiter für
den gleichen Lohn mehr leisten. Der Autor Heiner Müller hat diesen
Konflikt in seinem Theaterstück „Der Lohndrücker“ beschrieben.
Nach dem Mauerfall, im Dezember 1989, lud Heiner Müller die
Westberliner Punkband Einstürzende Neubauten zu einem Auftritt
ins Kulturhaus des VEB Elektrokohle ein. Das Konzert signalisierte
das Ende der jahrelangen Trennung des kulturellen Lebens in
Berlin-Ost und Berlin-West.
*volkseigener Betrieb, Bezeichnung für staatliche Unternehmen in der DDR.

4
ELEKTROKOHLE | 1

Auch wenn
ich nicht so aus-
sehe, ich weiss
genau, wo das
ist. Was gibt es
denn? Brecht?
Gorki?

Nein, Heiner
Müller. Ein
Zum Ber- altes Stück
liner Ensemble, von ihm, “Der
bitte. Wissen sie, Lohndrücker”.
wo das ist?

Ach,
wirklich?
Wussten sie, Wie kommen
dass d ieses sie denn
Stück auf darauf? Nun,
einer tatsäch- Hans Garbe
lichen Person hiess der
beruht? Mann und er
hat nach dem
Krieg im VEB
Nein, aber Elektrokohle
sie machen den in Lichten-
Eindruck, als berg gear-
würden sie darauf beitet.
brennen, mir davon
zu erzählen.

Eines Tages hat


dieser garbe es
fertiggebracht, ei-
Dort wurden diese Dinger nen der Haupt-
aus Kohle hergestellt, die öfen bei laufen-
man für Elektrogeräte dem betrieb zu
braucht. reparieren. Un-
vorstellbar! in
dem Ofen herrsch-
ten 1000 Grad
Hitze und der
Kerl ist einfach
reingeklettert.
Das
schaffen
wir auch, ohne
die Produktion
zu stoppen .

Ick hätt’s nich


für möglich ge-
halten, aber Der
Garbe hat’s tat-
sächlich ge-
schafft.

Hans Garbe
war glühen-
der Sozialist. Na, wenn
wir dadurch
am Ende ma'
Im wahrsten Sinne nich mehr
des Wortes! arbeit ham.
ELEKTROKOHLE | 2

Sie sind ein Lassen sie Der Plan


Wie schön! ist Zu 400
wahrer Held vermelden, dass Plan zu 300
der Arbeit, wir den Plan zu Prozent
Prozent überer-
Genosse 250 Prozent überer-
Garbe! übererfüllen füllt!
füllt.
werden.

Und des-
halb ziehen
wir die Pro-
duktion an!!!
Dem verdienten Helden Wir wollen doch
der Arbeit wurde die einmal so weit kommen, Lass dich
Dank deines hier noch mal
Ehre zuteil, den Grund- dass wir nicht mehr acht Schönen Einsatzes fürs
stein für das Freizeit- Stunden zu arbeiten Dank, blicken, und
Volk dürfen wir wir schlagen
heim des VEB Elektro- brauchen. Dann gehen “Genosse"! jetzt doppelt
kohle, die “Wilhelm- wir ins Kulturheim dich grün
schuften. und blau!
Pieck-Halle”, zu legen. und ins Theater.

Aber... ich
wollte doch
nur eine bessere
Welt für uns
alle...

Der hatte kein aber Wenn sie


leichtes Leben. obwohl wissen möchten, was
er etwas gutes für die es mit der “Wilhelm-
Arbeiter wollte, haben Pieck-Halle" noch
sie es ihm nicht gedankt. auf sich hatte, hole
Wer anderen etwas Gutes ich sie gerne nach
tut, fällt selber rein. dem Theater wieder
Das hat den alten Brecht ab. das ist nämlich
interessiert. aber letzten höchst interessant!
Endes hat es dann der Hier ist meine
Heiner Müller ge- Karte.
schrieben.

Was ich für die


Leute raushole,
einen guten Stun-
denlohn, hast du
versaut...

Da bin ich
Was überfragt. Ich
wohl aus hätte auch gern
dem Garbe gewusst, was er
geworden von dem Theater-
ist? stück gehalten hat.
ELEKTROKOHLE | 3

Ohne ihre Er-


Nun, Wie
zählung hätte
war die Auf-
ich nicht viel
führung?
verstanden.
Es war sehr
modern in-
szeniert.

Dieser Ofen,
von dem sie ge-
sprochen haben,
war als über-
grosses Handy
dargestellt.

Dieses moderne
Theater ist nichts für Haben sie
mich! Aber mit dem Autor schon mal von
des Stückes geht meine den “Einfallen- Sie meinen
Geschichte ja noch wei- den Neureichen" die “Einstür-
ter: Kurz vor dem ende gehört? zenden Neu-
der DDr gab es ein denk- bauten"?
würdiges rockmusik-
Konzert in der
Wilhelm-Pieck-
Halle. wie auch
immer. in die wege
geleitet hat das ge-
nau Der Heiner Müller!
vor dem Konzert hielt
er eine Rede zur
politischen Lage.
Die DDR war ja zu diesem
Zeitpunkt schon am aus-
einanderfallen und die
spannung lag förmlich in der
luft. und dann kam diese
bizarre band aus dem
westen auf die bühne!

das Haus, das Gar-


be dem Sozialismus
errichtet hatte,
wurde für einen
Abend zur Bühne
für einen Abgesang
auf das System.

Die jungs
müssen sie
mal nach
Frankreich
Eine Delegation
einladen!
aus Frankreich
war an dem tag
zu gesprächen in
Ostberlin und
Müller lud sie
zu dem konzert
ein. den abend
wird niemand so
schnell ver-
gessen haben.
Isch werde
fragen die
Goethe-Ins-
titute...…
ELEKTROKOHLE | 4

Steht denn Oh ja, das Abgemacht.


diese Halle noch? interessiert Ich mache
Oder ist sie abge- mich. Am Wochen- einen Son-
rissen worden ende hätte derpreis!
wie so vieles ich zeit!
aus der DDR?

Aber nein!
Wenn sie möch-
ten, kann ich
ihnen die Halle
gerne mal
zeigen.
Das ist also
aus dem Ort
geworden? Ein
riesiger Asia-
markt? Fas-
zinierend!

Ihre Haben sie schon mal


Nudel- darüber nachgedacht,
suppen! wie viele Schicksale sich mit
einem Ort verbinden? auch
wenn die Gebäude verschwin-
den, bleibt etwas zurück.
Ich Die sehen Es muss jemanden geben, der
hoffe, es köstlich ihre Geschichten weiter-
ist kein aus! erzählt. Es wäre doch
Schweine- schade, wenn sie
Fleisch verschwinden.
drin.

Das Ihre Nudeln


ist der werden kalt.
Lauf der und das wäre
Zeit! doch auch
schade drum
...

Ende
BERLINER MYTHEN

ONKEL
WACKELFLÜGEL
Ein Flughafen kann dem Krieg oder dem Frieden dienen, je nachdem
welche Flugzeuge dort starten und landen. Der Flughafen Berlin-
Tempelhof war von 1923 bis 2008 in Betrieb und hat beides erlebt.
In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur wurde Berlin-Tempelhof
vor allem militärisch genutzt. Kurz nach dem Krieg lernten die
Berliner eine „friedliche Art“ von Bombern kennen. Während der
Berlin-Blockade 1948/49 sperrte die sowjetische Regierung im Streit
mit den Westalliierten alle Straßen und Wasserwege nach Westberlin.
Nur der Luftweg war noch frei. Fast ein ganzes Jahr lang versorgten
Flugzeuge der Westalliierten die Berliner Bevölkerung mit Lebens-
mitteln und Kohlen. Während der Luftbrücke landeten täglich über
900 Transportflugzeuge in Berlin-Tempelhof. Die Berliner begrüßten
sie dankbar als Rosinenbomber. Einer der Piloten, der US-Amerikaner
Gail Halvorsen, hatte ein besonders großes Herz für Kinder. Heute
heißt das Flughafengelände Tempelhofer Feld und ist ein großer
Freizeitpark.

5
ONKEL WACKELFLÜGEL | 1

Hallo Taxi!
Fahren sie uns
doch bitte zum
Tempelhofer
Feld.

hat dir dein


papa denn auch
erzählt, was auf
dem tempelhofer
feld mal los war? hmmmm,
nein...

ist das grösse schützt wir sind erst vor Na, das
nicht eins vor dummheit kurzem von stutt- war ja klar
der grössten nicht! wissen gart nach berlin gewesen! dann
gebäude sie denn nicht, gezogen. lernen sie ja
der welt? was die Rosi- auch noch was.
nenbomber also...
waren?

Nach dem Ende des zweiten damit die dortige Bevölke-


weltkriegs traten die spannun- rung nicht Hunger litt,
gen zwischen den siegermächten richteten die westlichen
rasch immer offener zu tage. Mächte eine Versorgungs-
die sowjets riegelten 1948 brücke mit Flugzeugen ein.
schliesslich den westlichen
teil Berlins ab, der nun wie
eine insel in ihrer besatzungs-
zone lag.
ONKEL WACKELFLÜGEL | 2

Willste 'n Warum nicht?


Foto von dir Meine Verlobte
vorm Führer- fänd das toll.
bunker Und später kann
machen? man sagen, man
war da ge-
wesen.

Ich würde
mir so gerne
mal die Stadt an-
schauen. Hier wird Ich schlaf
Geschichte geschrie- mich lieber
ben. So eine Chance Richtig aus.
hat man nur einmal. Mach du, was
du willst.

Jetzt mach ich


Der junge pilot noch ein paar Film-
Gail Halvorsen inte- aufnahmen von den
ressierte sich sehr Flugzeugen, damit
für Geschichte. und
ahnte nicht, dass
die zu hause sehen,
er selbst welche was wir hier
schreiben sollte. treiben.

Sind
Hee, sie Ame-
Mister! rikaner?

Ja. Wie viel Haben


passt denn in sie auch
Was so ein Flug- Milch für
machen sie zeug? die Babys
denn? Ich bin dabei?
Was
Pilot.
haben sie
denn so
geladen?

Fliegen
sie mit so
einem Flug- Und
zeug da? Fliegen sie
auch, wenn das
Wetter schlecht
wird? so wie im
Herbst?
ONKEL WACKELFLÜGEL | 3

Jetzt
muss ich Mehr
aber los! hab ich Danke!
Hier... leider
nicht.

Und
woran er-
kennen wir,
dass sie
es sind?

Hmm, passt
auf, wenn ich das Beim AnFlug
nächste Mal mit mei- werde ich
ner Maschine hier einfach mit
lande, werfe ich euch den Flügeln
ein Paket mit Schoko- wackeln.
lade ab, in Ordnung?

Da war nix von we-


gen Herrenmenschen Und wie willst
oder so. Die knirpse du das anstellen,
haben mich nicht mal dass die Süssig-
gefragt, ob ich ihnen keiten niemanden
was zu essen geben erschlagen und
kann, obwohl sie be- heil unten an-
stimmt hunger kommen?
hatten.
ONKEL WACKELFLÜGEL | 4

da ist onkel
Wackel-
Flügel!!!

Bald kamen immer


Wo hast Die mehr Kinder und Gail
Du denn die hat Onkel Halvorsen erreich-
Schokolade WackelFlügel ten sogar Briefe,
her, Kind? aus seinem in denen er gebeten
Flugzeug ab- wurde, doch auch
geworfen! über anderen teilen
Berlins Schokolade
abzuwerfen.
ONKEL WACKELFLÜGEL | 5

Ich sage es mal so: Aus diesem Grund bekommen sie


Wir müssen rund ab sofort zwei deutsche Sekre­
Pilot zwei Millionen Ton- tärinnen an die Seite gestellt.
Halvor- nen Lebensmittel Sie sollen ihnen helfen, all die
sen! und Kohle nach Post von den deutschen Das...
Berlin schaffen. Kindern zu beant- das ist
Das bindet unsere worten. ja gross-
sämtlichen Kapa- artig!
zitäten.

Die Operation
Ich weiss, muss auf die
Herr Gene- ganze Stadt
ral, aber ausgeweitet
die Kinder werden.
...

Dank ihrer Aus aller ...


initiative wurde herren Länder eine Sammel-
das ansehen der trafen gespen- stelle ein-
US-Streikräfte dete Süssigkei- gerichtet.
in Berlin und ten ein, aus den USA Ab Januar 1949
ganz Deutsch- schickten Schulen gingen von dort
land enorm ge- neue Fallschirme aus alle zwei
stärkt. und Verpackungs-­ Tage 360 Kilo-
material. in gramm Nasch-
Massachusetts waren nach
wurde in einem Deutsch-
Feuerwehr- land.
haus...

Die Blockade sollte irgend-


wann vorbeigehen, doch die
Erinnerung an die Rosinen-
bomber und die vom Himmel
schwebenden Süssigkeiten
blieb in den Herzen der
Berliner lebendig.

Der pilot Gail Halvorsen


hatte den Kindern der
eingeschlossenen Stadt
gezeigt, dass sie nicht
allein waren.

Ende
BERLINER MYTHEN

DIE FLUCHT
Von 1949 bis 1990 war Deutschland in Ost
und West geteilt. Die Bürger der Deutschen Demokratischen
Republik durften nicht in die Bundesrepublik Deutschland reisen.
Sie waren sozusagen im Ostblock eingesperrt. Wer im Westen leben
wollte, musste fliehen und alles zurücklassen: Familie, Freunde,
Beruf. Die Flucht war gefährlich und geschah heimlich, ohne Abschied.
Schauplatz vieler Fluchten war Berlin, denn dort lagen DDR und
BRD in direkter Nachbarschaft. Die Ostberliner durften zwar nicht
nach Westberlin, aber von Westberlin aus konnte man Ostberlin mit
einem Tagesvisum besuchen. Im Westberlin der Mauerzeit begegnete
man vielen Menschen, die dramatische Liebes- und Fluchtgeschich-
ten zwischen Ost und West erlebt hatten. Im Comic erzählt Beate,
eine Mitarbeiterin der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel, wie sie
sich als Jugendliche in den 1970er Jahren auf einer Party in Berlin-
Pankow in einen Jungen aus Westberlin verliebte. Eines Abends
verließ sie ihr Elternhaus, überquerte am Grenzübergang Heinrich-
Heine-Straße in einem Auto versteckt die Grenze und kehrte bis
zum Mauerfall nicht wieder zurück.

6
DIE FLUCHT | 1

Sagen ich selbst lebte mit


Aber meiner Familie im Norden,
sie, haben immer!
sie Zeit für Hier wohnte in Röntgental. 'Ne feine
eine kleine meine Freundin Gegend. Uns ging’s gut,
Tour? Nina, und hier waren ja systemkonform.
Fing alles an. Vater war beim ZK und
mein älterer Bruder
war bei der Stasi.
Nur für mich war
das nix.

Ich möchte ein


paar Orte abfahren.
Als erstes würd ich
gern nach Pankow.

Alle Wege
führ’n nach
Pankow.

Ich komm
Aus Zehlen-
es war auf dorf.
einer von Ninas
berüchtigten
Partys...

Aus’m
Westen?
Und wo Und was
kommst du willste
so her? dann hier?

Bin mit mei- In die warmen ... und


nem Kumpel
ü rd e n Lä wenn du
hier, der will w sie s nd rüber-
mit der Nina Flieh o ger er machst?
anbandeln ’n.. ne
... .

i e verlor’nen
D
Kinder ... Keine
... aber Chance,
scheint mein Alter
nicht so ist beim ZK,
gut zu die lassen
laufen. mich nie.

Hey, lass
uns tanzen!
Das ist mein
Song!

... Na, Dann


in de
n Strassen muss ich
von Berlin... dich wohl
rüber-
tragen.
DIE FLUCHT | 2

Jochen!
Ich hab dann doch einen Schau,
Ausreiseantrag gestellt.
Beate! ging 's diesmal
was ich
schnell am
Mein vater war ausser sich! Übergang? gefunden
Und wie zu erwarten, habe.
wurde der antrag dann
auch abgelehnt.

Ich hab schon mit Pass auf, meine


denen gesprochen. Warum soll-
Eltern strecken Also, was
Die wollen 5000 ten die das
uns das vor. ist, willst
mark vorab und tun...?
Glaub mir. du oder
die andere Hälfte nicht?
bei Gelingen.

Die wollen
einfach nur
das ist viel
helfen. Ausser-
zu teuer.
dem tut denen
So viel Geld
das nicht weh.
krieg ich nie
ehrlich.
zusammen.

Ich hatte nur Seht euch das an.


Da wollten schon aber
eine Woche Zeit, die kriegen
um alles zu regeln. wieder welche
rübermachen. wir alle!
Und zu hause durfte
niemand mitbekom-
men, was ich vor-
hatte.

Ich werde Ja, ich


niemanden bin allein...
wieder- schon
sehen... morgen?

Also gut...
Treffpunkt
am sowjeti-
schen Ehren-
mal...
DIE FLUCHT | 3

Ich gehe mit


Ich konnte nichts mit-
Nina ins Kino.
nehmen. Und vor Angst
Und dann schlaf
habe ich in der Nacht
ich wahrschein-
davor kein Auge
lich bei ihr.
zugekriegt.…

Viel
Spass euch Tschüss
beiden. ...

Sieht fast Was haben


genauso aus sie denn da-
wie damals, mals hier
nur war hier gemacht?
natürlich
kein Burger
King.

Hier wartete Willste Nee,


der Flucht- auch danke
noch 'nen ...
helfer mit
seinem Wagen. Schluck?
Ich merkte
schnell, dass
der Fahrer
furchtbar
nervös war...

Also los.
Steig da
rein!
DIE FLUCHT | 4

Ich hatte nur meine Ich lag unter einer Platte


Kleider am leib. im Kofferraum, da, wo der
Dabei wäre hinten im Tank gewesen wäre. Hoffentlich
Auto noch genug Platz baut der kerl
für eine Tasche keinen Unfall, so
gewesen. Die Benzinversor- blau wie der ist.
gung kam über einen Dann bin ich hier
Schlauch, aus einem drinnen ge-
Kanister neben mir. liefert.

Ein zweites Auto ist vorgefahren,


um zu prüfen, ob an diesem tag die
Tanks kontrolliert wurden, da
das Kontrollverfahren über einen
Tag hinweg nicht geändert wurde.

wir fahren Hier muss der


langsamer! Grenzübergang
Sind wir gewesen sein,
schon da? sehen sie den
Streifen auf
der Strasse?!

Aber
das konnte
ich ja nicht se-
hen, als ich da
im Versteck im
Auto hockte.

Da sind
Stimmen! Oh Auf was Jochen!!!
Gott, jetzt hab ich mich
kein Geräusch da nur ein-
machen! gelassen
...?

... bitte
... meine
lass es
Armband- Wir
gut ge-
uhr tickt sind
hen!
zu laut! drüben!
DIE FLUCHT | 5

Ich hab bei meinem Freund


Der Flucht- geschlafen, in einem Stu-
Und dann sind wir helfer, ich weiss
erst mal in eine Kneipe dentenwohnheim. Meine erste
nicht mal seinen Nacht im Westen! Dann hab
in der Oranienstrasse Namen, hat 'nen
gegangen. Einen heben. ich meine Tante in der DDR
Umschlag ge- angerufen, von der wusste
kriegt, und weg ich, dass sie auf mei-
war er. ner Seite war.

du
musst es
den Eltern
sagen... ich
weiss... ver-
such, es be-
hutsam zu
machen, we-
gen Vater.

Was hat
Ich schau, ihre Familie
was ich Ja? gesagt?
machen kann,
und Bea...

Die waren
vollkommen
überrascht.
Mein Bruder ist
Haste ausgerastet.
gut ge- Meine Mutter
macht war nur sehr
... traurig.

Mein Und als mein Das ist


Bruder hat Vater ein halbes jetzt genau
dann seinen Job bei Jahr später gestorben 40 Jahre
der Stasi verloren. ist, durfte ich nicht zur her.
Der war jahrelang so TrauerFeier kommen. Ich
sauer auf mich, dass er hab durch Bekannte einen
mich am Liebsten umge- Kranz hinlegen lassen , aber
bracht hätte. Sehen erst nach der Beerdigung,
sie, was die mit den die durften nicht mit-
Familien gemacht kriegen, dass der und
haben? von mir kam. jetzt noch
eine letzte
Station.

Ende
BERLINER MYTHEN

DAS BESTICKTE
KISSEN
Marlene Dietrich, als Schauspielerin und Sängerin weltberühmt, ist
1901 in Berlin-Schöneberg geboren. In ihrem bekanntesten Film
„Der blaue Engel“, den sie 1930 mit dem Regisseur Josef von Sternberg
drehte, hörte man zum ersten Mal ihre unverwechselbare dunkle
Stimme in dem Lied „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“
(„Falling in love again“). Auch im echten Leben galt Marlene als
„Femme fatale“. Einige große Schriftsteller zählten zu ihren
Liebhabern, darunter Ernest Hemingway und Erich Maria Remarque.
Während der nationalsozialistischen Diktatur lebte die Berliner
Diva in den USA und drehte in Hollywood. Der Comic erzählt eine
Episode aus dem Berlin der 1920er Jahre, als Marlene Dietrich ihre
Karriere als Schauspielerin mit kleinen Rollen in Stummfilmen begann.
Überliefert wurde die Geschichte von der Schneiderin Clara Lubinski,
die in den Ufa-Ateliers in Babelsberg Marlenes Kostüme nähte. Ein
wichtiger Schauplatz ist die Kurfürstenstraße 58, damals das Wohn-
haus der Stummfilmdiva Henny Porten, heute das Café Einstein.

7
DAS BESTICKTE KISSEN | 1

Zum Café Schon


Einstein in unter-
der Kurfürs- wegs!
tenstrasse,
bitte.

Super!

das passt ja wie


AH, DU BiST Sie sind Faust auf Eimer! IN Wie inte-
ES. JA, DREHBE- wohl vom DEM HAUS, iN DEM SiCH ressant...
GiNN iST MORGEN Hmmm...
Film, was? HEUTE DAS EiNSTEiN Kenne ich
UM NEUN... beFiNDET, HAT MAL EiN nicht.
FiLMSTAR GEWOHNT.
DiE HENNY PORTEN
NÄMLiCH!

Henny Porten war in


NA, DAS iST aller- den tagen des Stumm- UND ihre glühendste
dings EiNE BiLDUNGSLÜ- Films ein ganz grosser verehrerin SOLLTE
CKE. ABER EiNEN Star in Deutschland. SPÄTER iN HOLLYWOOD
ANDEREN STAR KENNEN GROSS RAUSKOMMEN!
SiE ZWEiFELLOS, UND
BEiDER WEGE KREUZ-
TEN SiCH iN DiE-
SEM HAUS.

sie HAT SiCH ALLE


FiLME DER PORTEN
ANGESEHEN, MAN-
CHE SECHSMAL
hinterEiNANDER.

Und wer Das verrate


soll das ich ihnen noch
nun gewe- nicht. Vielleicht
sen sein? kommen sie ja
selbst drauf.
sie sind doch
vom Fach!

Na, dann
schiessen
sie mal los!
Kann’s kaum
erwarten...
DAS BESTICKTE KISSEN | 2

Sie muss doch


die dame hiess
mal raus-
damals noch Marie
kommen...
Magdalene...

... UND DiE BEWUNDERUNG


FÜR iHR iDOL henny por-
ten GiNG SO WEiT, DASS SiE
Die GROSSE SCHAUSPiELE-
RiN EiNES ABENDS VOR
DEREN HAUSTÜR ABPASSTE.

Frau Da!
Porten,
ich...
ich...

ich...
ich habe
Da ist es selbst
sie ja! gemacht...

Wie
Na, so was! hübsch!
Ganz schüchtern,
das junge Ding!

Oh, das
ist aber lieb.
Herzlichen Dank.
Möchten sie ein
Autogramm?
DAS BESTICKTE KISSEN | 3

UNSERe GLÜHENDE VEREHRERiN WAR ZU


HENNY PORTENS GLANZTAGEN ZWANZiG
JAHRE ALT UND MiTGLiED EiNES KLEiNEN
ORCHESTERS, DAS DiE STUMMFiLME iM
KiNO BEGLEiTETE. NEBENBEi VERSUCHTE
SiE, KLEiNE ROLLEN BEiM FiLM ODER iM
THEATER ZU BEKOMMEN.

Man sagt ihr jede ... sowohl mit Männern


menge Affären nach ... als auch mit Frauen. Aber wenn sie an ihr
grosses vorbild
dachte, wurde sie
nervös wie ein
kleines Mädchen.

ABER SiE
Einmal hat sie ihr HABEN DOCH
sogar vor dem GEBURTSTAG,
Haus ein Ständ- FRAU PORTEN
chen gegeben. ...

sie sind ja
ganz verfroren,
junges Fräulein!
Wie kommen sie nur
dazu, im tiefsten
winter draussen
Violine zu spielen?!
DAS BESTICKTE KISSEN | 4

ich weiss
eines tages feierte wieder doch, wie gern
ein neuer FiLM VON HENNY du die Porten
PORTEN iN Den KiNOS premiere. hast! ABER VER-
UND UNSERE JUNGE FiLMMUSi- GEiG'S NiCHT
KERiN DURFTE BEGLEiTEN! VOR LAUTER
AUFREGUNG.

Herr
Kapellmeister,
DÜRFTE iCH WOHL
DEN PLATZ WECH-
SELN, UM EiNE GUTE
SiCHT ZU HABEN?

OH!

Das ganze Kino


muss ihren über-
raschten Ausruf
gehört haben!

Das ist ja wirklich Lasst alles stehen


eine schöne Geschichte. und liegen, ich habe DEN
Und wer war denn Stoff für den nächsten
nun dieser ange- Film! Bucht schon mal
hende Star? Iris Berben und
Nina Hoss!

natürlich Keine
Das haben geringere als
sie noch nicht Marlene Dietrich!
erraten?

Ende

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