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14 Berufswahl und berufliche


Entwicklung
14.1 Definitionen: Job, Beruf und Erwerbsarbeit – 189

14.2 Familiäre Lebensverhältnisse und Bildungsbeteiligung


als Schlüssel zum Berufserfolg – 191

14.3 Anfänge der beruflichen Entwicklung von der Kindheit bis


ins frühe Erwachsenenalter – 193

14.4 Psychologische Konzepte zur Berufsfindung – 196

14.5 Berufliche Etablierung – 199

14.6 Auswirkungen der veränderten Beschäftigungsverhältnisse


auf den Berufsverlauf – 201

14.7 Perspektiven aufgrund des demographischen Wandels


in Deutschland – 204

Literatur – 205
188 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

»Das Wichtigste im Leben ist die Wahl des Berufes. Der Zufall entscheidet darüber.«(Blaise
Plascal)
»Der Beruf ist das Rückgrat des Lebens und seine Wahl die wichtigste Entscheidung, die
der Mensch treffen muss.« (Friedrich Nietzsche)

> Durch den Wandel der Arbeitswelt gleicht die Berufsbiographie vieler Menschen heute oft
einem Flickenteppich: Sie haben schon sehr unterschiedliche Tätigkeiten ausgeführt, um
ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit
sind nicht ungewöhnlich (7 Kasten »Erwerbsarbeit und Privatleben heute«).
Im Folgenden sollen die psychologischen Hintergründe der Berufsfindung und der
beruflichen Entwicklung angesichts des aktuellen Wandels der Arbeitswelt aus der Pers-
pektive der Erwerbstätigen dargestellt werden. In 7 Abschn. 14.1 werden die Begriffe Job
und Beruf einander gegenübergestellt und die generelle Bedeutung der Erwerbsarbeit
für die psychische Gesundheit erläutert. Es entspricht den gängigen Alltagsvorstellungen
in einer Leistungsgesellschaft, dass jede Person selbst der Schmied ihres beruflichen Glü-
ckes sei. Dass dem nicht ganz so sein könnte, darauf hat schon der Philosoph und Mathe-
matiker Blaise Pascal (1623–1662) hingewiesen. Was subjektiv als freie Wahl erscheint,
wird durch den Zufall der Geburt in eine bestimmte Familie und ihr soziales Umfeld sehr
stark mitgeprägt. Deshalb wird in 7 Abschn. 14.2 die Bedeutung der sozialen Schicht-
zugehörigkeit des Elternhauses für den späteren Berufserfolg am Beispiel der Ergeb-
nisse der PISA-Studien behandelt.
Auch aus psychologischer Sicht beginnt die berufliche Entwicklung schon lange vor
dem Eintritt ins Erwerbsleben. Zwischen dem 4. und 13. Lebensjahr werden die Grundla-
gen für die berufliche Planungs- und Entscheidungskompetenz gelegt. Jugendliche müs-
sen dann ein Selbstkonzept bezüglich ihrer Bedürfnisse und Kompetenzen entwickeln
und dieses in Beziehung zu den Gegebenheiten der Berufswelt setzen. Diese Wachstums-
und Explorationsphasen der beruflichen Entwicklung werden in 7 Abschn. 14.3 dar-
gestellt. Der Prozess der Berufsfindung in normativer und deskriptiver Hinsicht ist dann
Gegenstand von 7 Abschn. 14.4. Die normative Frage betrifft das Problem, wie die Berufs-
wahl eigentlich stattfinden sollte. Was sollten die jungen Erwachsenen dabei beachten
und was sollte man ihnen – z. B. in der Berufsberatung – empfehlen? Die deskriptive Frage
14 betrifft den Sachverhalt, wie sich die Berufsfindung tatsächlich vollzieht und welche Rolle
dabei die berufssuchende Person spielt.
Es kennzeichnet einen Aspekt des aktuellen Wandels der Erwerbsarbeit, dass eine
dauerhafte berufliche Etablierung (7 Abschn. 14.5) für viele Erwerbstätige ungewiss ist.
Sie sind auch nach dem 45. Lebensjahr noch zu beruflichen Re-Etablierungsphasen oder
sogar Re-Explorationsphasen genötigt. In 7 Abschn. 14.6 werden deshalb drei Konzepte
vorgestellt, die beschreiben sollen, wie Erwerbstätige mit dieser beruflichen Unsicherheit
erfolgreich umgehen können. Es handelt sich um das proteanische Laufbahnmodell,
das Konzept der entgrenzten Laufbahn sowie das Employability-Konstrukt. Zum Ab-
schluss (7 Abschn. 14.7) wird kurz auf die Perspektiven aufgrund des demographischen
Wandels in Deutschland, eingegangen: Das schrumpfende Arbeitskräfteangebot, die
immer älteren Arbeitsanbieter und die erhöhten Qualifikationsanforderungen verlangen
nach einer Erhöhung der Erwerbstätigenquoten von Frauen und Älteren.
14.1 · Definitionen: Job, Beruf und Erwerbsarbeit
189 14

Erwerbsarbeit und Privatleben heute


Herr G. ist 34 und lebt mit einer Partnerin und zwei den geringerer Anforderungen, die er dann für Zusatz-
kleinen Kindern in einer großen süddeutschen Stadt. aufträge und Weiterbildung nutzt. Herr G. arbeitet nur
Beruflich ist er als sog. »fester freier« Mitarbeiter beim gelegentlich im Sender, die meiste Arbeit findet zu
Rundfunk tätig, d. h. er hat (nach langen Phasen von Hause und bei Recherchen vor Ort statt. Bei Herrn G.
Arbeitslosigkeit und journalistischen Gelegenheits- sieht jeder Tag anders aus. ... Maximal drei Monate
jobs) ein festes Arbeitsverhältnis mit einem garantier- weiß er im Voraus, was auf ihn zukommt, und er muss
ten, aber nicht sehr hohen Auftragsvolumen. Er arbei- immer dafür offen sein, kurzfristig zu disponieren, be-
tet ausschließlich im Rahmen kurzfristiger Projekte; ruflich wie privat. Urlaub wird dann gemacht, wenn ge-
Arbeitsaufkommen und Einkommen variieren stark. rade eine Lücke ist. Und wie lange er noch bei seinem
Er hat keine festen Arbeitszeiten, sondern richtet sich derzeitigen Sender so weitermachen kann und will,
nach Studioterminen, Kollegen, Interviewpartnern weiß er nicht (Voß, 1998, S. 481–482).
usw. Phasen immenser Belastung wechseln mit Perio-

14.1 Definitionen: Definition


Job, Beruf und Erwerbsarbeit Der Beruf dient nicht nur dem kurzfristigen Ein-
kommenserwerb, sondern auch der langfristigen
So genannte geringfügige oder zeitlich befristete Be- Schaffung, Erhaltung und Weiterentwicklung der
schäftigungsverhältnisse werden in der Alltagssprache Lebensgrundlagen für den Berufstätigen und seine
auch als Job bezeichnet. Familie.

Definition
Jobs sind durch folgende Merkmale gekennzeich- Dies bedeutet, dass es innerhalb eines Berufes auch
net (Dostal, Stooß & Troll, 1998): Möglichkeiten des Aufstieges und der Zunahme der
4 Die Tätigkeiten dienen allein dem Geldver- eigenen Qualifikationen sowie der Vergrößerung der
dienen. persönlichen Verantwortung gibt. Es bedeutet weiter-
4 Sie sind kurzfristig angelegt. hin, dass mit dem Beruf eine Absicherung für Krank-
4 Sie stellen geringe Qualifikationsanforderungen. heit und Alter angestrebt wird. Langfristig ist das Ein-
4 Die qualifizierte Ausführung ist schnell erlernbar. kommen in einem Beruf so bemessen, dass die berufs-
4 Es findet seitens der Ausführenden und der Ar- tätige Person damit den Lebensunterhalt ihrer Familie
beitgeber ein häufiger Wechsel statt. bestreiten und die Ausbildung der Kinder finanzieren
4 Seitens der Ausführenden liegt in der Regel nur kann. Frauen dient der Beruf häufig auch zur Siche-
eine geringe und instabile Identifikation mit der rung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit vom Ehe-
Aufgabe vor. oder Lebenspartner.
Die berufliche Tätigkeit ist ein Teil der persönlichen
Identität. Personen wählen einen Beruf und engagieren
Im Gegensatz zu einem Job ist berufliche Erwerbsar- sich in einer beruflichen Tätigkeit, um damit die Vor-
beit auf Dauer angelegt. Wer eine Erwerbstätigkeit als stellungen, die sie von sich selbst und der ihnen für sich
Beruf ausüben möchte, strebt ein unbefristetes Be- selbst angemessen erscheinenden sozialen Rolle haben,
schäftigungsverhältnis an. Der Beruf kann auch über verwirklichen zu können. Gleichzeitig ist die ausgeübte
einen Wechsel des Arbeitgebers hinweg stabil ausgeübt berufliche Tätigkeit mitdefinierend für den sozialen
werden. Status einer Person (. Tab. 14.1).
Ein Beruf stellt hohe Qualifikationsanforderungen.
Diese werden durch jahrelange Ausbildung oder ein Stu-
190 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

. Tab. 14.1. Prestigewerte verschiedener Berufe: Ergebnisse


der Allensbacher Berufsprestige-Skala 2005

Beruf Prozentwert

Arzt 71

Krankenschwester 56

Polizist 40

Hochschulprofessor 36

Pfarrer/Geistlicher 34
. Abb. 14.1. Das Vitaminmodell der Arbeitsbedingungen von
Lehrer 31 Warr (1987)

Rechtsanwalt 25

Ingenieur 24
Rechten und Pflichten verbunden. Beispielsweise haben
Botschafter/Diplomat 23 Pfarrer und Diplom-Psychologen eine Schweigepflicht
Apotheker 22 in Bezug auf ihnen von ihren Pfarrkindern (Beichtge-
heimnis) oder Klienten anvertraute Sachverhalte.
Unternehmer 21
Obwohl die konkrete Arbeitstätigkeit einer Person
Atomphysiker 21 oft nicht ihren Ansprüchen genügt, sondern als belas-
tend und mühselig erlebt wird, ziehen viele Menschen es
Spitzenpolitiker 20
vor, weiterhin erwerbstätig zu bleiben, anstatt sich ar-
Informatiker/Programmierer 19 beitslos zu melden oder in Rente zu gehen. Dies hat häu-
Schriftsteller 15
fig finanzielle Gründe. Die Sicherung des Lebensunter-
haltes ist daher von Jahoda (1981) auch als manifeste
Manager in Großunternehmen 14 Funktion der Erwerbsarbeit bezeichnet worden. Darü-
Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Demoskopie, Allensbach.

Offizier 10 ber hinaus hat die Erwerbsarbeit aber auch viele sog.
latente Funktionen. Sie müssen den Betroffenen nicht
Journalist 10 immer bewusst sein. Trotzdem haben sie einen positiven
Buchhändler 7 Einfluss auf das psychische Wohlbefinden. Diese la-
14 tenten, positiven Funktionen der Erwerbsarbeit haben
Politiker 6
sich aus der Forschung bei Arbeitslosen und Personen,
Fernsehmoderator 6 die altershalber aus dem Erwerbsleben ausgeschieden
sind, ergeben. Jahoda (1981) unterscheidet fünf latente
Gewerkschaftsführer 5
Funktionen der Erwerbsarbeit, die im entsprechenden
Frage: »Hier sind einige Berufe aufgeschrieben. Könnten 7 Kasten aufgeführt werden.
Sie bitte die fünf davon heraussuchen, die Sie am meisten Jahodas sechs Funktionen der Erwerbsarbeit sind
schätzen, vor denen Sie am meisten Achtung haben?«
später von Warr (1987) in ein umfassenderes Modell der
(Vorlage einer Liste)
psychischen Gesundheit – das sog. Vitaminmodell – in-
tegriert worden (. Abb. 14.1).
Warr vergleicht Umweltbedingungen, unter denen
dium z. T. mit anschließenden Referendariaten oder As- Personen tätig sind, mit Vitaminen. Eine Bedingungs-
sistenzzeiten erworben. Der Erwerb und der Nachweis gruppe nennt er metaphorisch die Vitamingruppe CE
der beruflichen Qualifikationen sind formal geregelt. (»constant effects«), nämlich Bezahlung, Arbeitssicher-
Ein spezifischer Beruf ist durch bestimmte Tätigkeitsge- heit und soziale Wertschätzung. Eine weitere Gruppe
genstände, Arbeitsmittel und eine spezifische Umwelt- von Umweltbedingungen nennt er, ebenfalls metapho-
beschaffenheit charakterisiert und mit bestimmten risch, die Vitamingruppe AD (»additional decrement«),
14.2 · Familiäre Lebensverhältnisse und Bildungsbeteiligung als Schlüssel zum Berufserfolg
191 14

Latente Funktionen der Erwerbsarbeit (nach Jahoda, 1981)


1. Durch die Erwerbsarbeit wird die Zeit struktu- tung: Der Kioskpächter im Fußballstadion trägt
riert. Die Arbeitszeit legt das Ende des Schlafes zum Gelingen eines Fußballevents für die Fans bei.
und damit den subjektiven Tagesbeginn fest. Die Verkäuferin im Warenhaus hilft den Kunden, die
Das Ende der täglichen Arbeitszeit weist der Weihnachtsgeschenke für ihre Familie zu finden.
Haushaltszeit, der Familienzeit, der Sozialzeit Der Müllmann hält seine Stadt ordentlich und
und der Entspannungszeit ihren Platz zu. Die Ar- sauber. Die Hebamme schützt die Mutter und hilft
beit selbst wird durch Pausen gegliedert. Die Er- einem neuen Erdenbürger ins Leben.
werbsarbeit gliedert aber auch die Woche in Ar- 4. Erwerbsarbeit gibt Identität und Status. Erwerbstä-
beitstage und freie Tage sowie das Jahr in Ar- tige gehören meist zu einem Betrieb und haben
beitszeit, Feiertage und Urlaub. Die durch die alleine schon deshalb eine soziale Identität: »Ah, Sie
Arbeit vorgegebene Zeitgliederung übt deshalb arbeiten im Altersheim!«. Auch wer eine Tätigkeit von
eine entlastende und stabilisierende Wirkung geringem sozialem Prestige ausübt, ist trotzdem wirt-
auf die Betroffenen aus. schaftlich unabhängig und muss niemand um die
2. Die Erwerbsarbeit bedingt regelmäßige soziale Erfüllung seiner Wünsche bitten, z. B. weder Eltern,
Kontakte außerhalb der Kernfamilie und bie- noch Ehepartner noch die eigenen Kinder. Wer er-
tet die Möglichkeit zu geteilten sozialen Erfah- werbstätig ist, hat einen Chef oder ist der eigene
rungen. Die Betroffenen erfahren so wichtige Chef, auch wenn es nur ein Kiosk ist. Es gibt Personen,
Neuigkeiten, aber auch Klatsch und Tratsch. denen er oder sie zuarbeitet, und Personen, die ihm
Sie haben Gelegenheit, am Leben anderer teil- zuarbeiten. Es gibt gleichrangige Kollegen, aber auch
zunehmen, sich mit ihnen zu vergleichen und Personen, die unter oder über ihm oder ihr stehen.
mit ihnen zu kooperieren oder sich mit ihnen 5. Schließlich sorgt Erwerbsarbeit für Aktivierung. Die
auseinanderzusetzen. Studien von Jahoda haben gezeigt, dass Arbeitslose
3. Die Erwerbsarbeit schafft einen Bezug zu Zielen länger im Bett verweilen und sich weniger und lang-
und Zwecken, die über die betroffene Person samer körperlich bewegen. Demgegenüber befreit
selbst hinausreichen. Erwerbsarbeit leistet so Erwerbsarbeit aus der körperlichen und psychischen
auch einen Beitrag zur persönlichen Sinnstif- Lethargie.

nämlich Anforderungsvielfalt, Denk- und Planungsan- 14.2 Familiäre Lebensverhältnisse


forderungen, Handlungsspielräume, soziale Kontakte, und Bildungsbeteiligung als
Teilhabe an übergeordneten, die Einzelperson transzen- Schlüssel zum Berufserfolg
dierenden Zielen sowie Transparenz der Anforderungen
und Arbeitsbedingungen. Die Ausübung sehr vieler beruflicher Tätigkeiten setzt
Je nach Vitamingruppe hat die Steigerung der Dosie- den erfolgreichen Abschluss einer bestimmten Ausbil-
rung unterschiedliche Effekte. Eine geringe und mittlere dung bzw. bestimmte Studienabschlüsse zwingend vor-
Dosierung hat bei beiden Vitamingruppen positive Ef- aus. Der Zugang zu den Ausbildungs- und Studiengän-
fekte. Je stärker die jeweilige Umweltbedingung ausge- gen hängt wiederum vom erfolgreichen Durchlaufen
prägt ist, desto höher ist die psychische Gesundheit. bestimmter Schullaufbahnen ab, er wird also bei den
Steigert man aber die Dosierung der Vitamine über eine meisten beruflichen Tätigkeiten durch den Zugang zu
mittlere Ausprägung hinaus, ergeben sich je nach Vita- und das Absolvieren von bestimmten Schullaufbahnen
mingruppe unterschiedliche Effekte. In der Vitamin- kanalisiert. Diese Schullaufbahnen sind hierarchisch ge-
gruppe CE bewirkt die Steigerung der Dosierung keine ordnet. Haupt- und Realschule führen in der Regel zu
Steigerung der psychischen Gesundheit. In der Vitamin- einer beruflichen Ausbildung, das Gymnasium mit dem
gruppe AD (bewirkt die Steigerung der Dosierung dage- Abitur als Abschluss zu einem Studium. Das einmal ein-
gen ein Absinken der psychischen Gesundheit. geschlagene Schulniveau ist daher für die Kinder und
192 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

Jugendlichen mit sehr langfristigen beruflichen Konse- ten und Bücher lesen und darüber diskutieren) prägt
quenzen verbunden. die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata
der Kinder. Kinder haben umso mehr Erfolg in der
! Welche Schullaufbahn eine Person absolviert,
Schule, je stärker die Passung zwischen dem, was in der
wird stark von sozialen Faktoren bestimmt.
Schule von den Schülern erwartet wird, und dem, was
Ein ganz wesentlicher Faktor ist dabei das Elternhaus. aufgrund des kulturellen Kapitals in einer Familie prak-
Die Eltern prägen durch ihr Erziehungsverhalten und tiziert wird.
durch die Art ihres Umgangs mit ihren Kindern die In- Neben dem kulturellen spielt das soziale Kapital
teressen und Werte, die Persönlichkeit, die Fähigkeiten (Coleman, 1988) ebenfalls eine wichtige Rolle. Soziales
und die Ziele ihrer Kinder. Die materiellen Ressourcen, Kapital bildet sich in sozialen Netzwerken. Diese Netz-
das Vorbild der Eltern, ihre sozialen Kontakte sowie die werke vermitteln Ziele und Normen, schaffen Vertrauen,
Informationen, über die sie verfügen, bieten den Kin- ermöglichen Zusammenarbeit, erzeugen Informationen
dern größere oder begrenzte Gelegenheiten, Schullauf- und sanktionieren Normverletzungen. Das Ausmaß des
bahnen mit eingeschränkten oder weiterreichenden be- sozialen Kapitals in einer Familie hängt davon ab,
ruflichen Möglichkeiten zu ergreifen und erfolgreich zu 4 ob es sich um eine vollständige oder unvollständige
durchlaufen. Familie handelt,
Kohn und Schooler (1983) fanden Zusammenhänge 4 ob die Eltern arbeitslos oder Vollzeit beschäftigt sind
zwischen denjenigen Persönlichkeitsmerkmalen, von und
denen der Erfolg des Vaters in seiner jeweiligen Berufs- 4 wie der Stil und die Intensität der Kommunikation
tätigkeit abhängt, und den Erziehungswerten dieser Vä- innerhalb der Familie beschaffen sind.
ter. Väter, deren Beruf in hohem Umfang eigenständiges
Entscheiden erfordert, fördern selbstbestimmtes Han- Enge Beziehungen und eine intensive Kommunikation
deln bei ihren Kindern. Väter, die beruflich geringe in der Familie stärken das Selbstvertrauen der Kinder
Handlungsspielräume haben und eng durch Vorgesetzte und begünstigen intrinsische Arbeitsinteressen.
kontrolliert werden, fördern bei ihnen dagegen Anpas- Sehr eindrucksvolle, aktuelle Belege für die Aus-
sung und Gehorsam. Insgesamt ist der Beruf der Eltern wirkungen der sozioökonomischen Stellung der Eltern
ein zentraler Indikator für die sozioökonomische Stel- sowie ihres kulturellen und sozialen Kapitals auf das
lung einer Familie. Sie kennzeichnet das Ausmaß an ver- Niveau der Schulbildung ihrer Kinder liefern die Er-
fügbaren finanziellen Mitteln, an relativer sozialer Macht gebnisse der PISA-Studien aus Deutschland. Eine der
und an gesellschaftlichem Prestige des Herkunftseltern- zentralen Fähigkeiten von Schülern stellt deren Lese-
hauses. kompetenz dar, also die Fähigkeit, auch schwierige und
14 Neben der sozioökonomischen Stellung ist das kul- komplexe Texte zu verstehen. Die Chance, dass ein
turelle Kapital (Bourdieu, 1983) einer Familie ein wei- etwa 15-jähriges Akademiker- im Gegensatz zu einem
terer wesentlicher Faktor für die schulischen Erfolgs- 15 Jahre alten Facharbeiterkind nicht die Realschule,
chancen der Kinder. Wichtige Einflussgrößen bzw. Ma- sondern das Gymnasium besucht, liegt bei ca. 3:1. Die-
nifestationen des kulturellen Kapitals sind se ungleichen Chancen haben weder etwas mit den
4 die Sprache, die in der Familie gesprochen wird, kognitiven Grundfähigkeiten der Schüler noch etwas
4 das Humankapital der Eltern sowie mit ihrer Lesekompetenz zu tun (vgl. Baumert & Schü-
4 die kulturelle Praxis der Eltern. mer, 2001). Berücksichtigt man neben den Unterschie-
den im Elternberuf auch die Unterschiede im kulturel-
In Bezug auf die Familiensprache ist wichtig, ob sie der len und sozialen Kapital, dann ist die Chancenun-
Verkehrssprache in einer Gesellschaft entspricht oder gleichheit noch deutlicher ausgeprägt. Schüler, die das
nicht. Wenn die Familiensprache von der Verkehrsspra- Glück haben, dass ihre Eltern bezüglich des ökonomi-
che abweicht, ist dies ein erheblicher Nachteil für die schen, sozialen und kulturellen Status in Deutschland
Kinder. Das Humankapital der Familie ergibt sich aus im oberen Viertel liegen, haben eine über 5-mal besse-
dem Niveau der Schul- und Berufsausbildungen der re Chance das Gymnasium anstatt der Realschule zu
Eltern. Die kulturelle Praxis der Familie (z. B. das Aus- besuchen, als Schüler, die das Pech haben, dass ihre
maß, in dem Eltern hochwertige Zeitungen, Zeitschrif- Eltern nur dem zweiten Viertel (25–50%) in Hinblick
14.3 · Anfänge der beruflichen Entwicklung von der Kindheit bis ins frühe Erwachsenenalter
193 14

auf den Status angehören. Diese ungleichen Chancen dinger & Ebner, 2006). Es ist allerdings wichtig zu er-
haben weder etwas mit den kognitiven Grundfähigkei- kennen, dass es sich bei diesen Befunden um zusam-
ten der Schüler noch etwas mit ihrer mathematischen mengefasste, statistische Aussagen handelt. Man darf
Kompetenz zu tun. deshalb keine Zwangsläufigkeiten für Einzelfälle da-
Die Platzierung in einem bestimmten Schultyp hängt raus ableiten. Vielmehr erkennt man gerade an Einzel-
neben Leistungsunterschieden von den Empfehlungen fällen, dass der weitere Berufsweg nicht alleine durch
der Lehrer beim Übergang von der Grund- in eine wei- den Schulstart bestimmt wird. Beispielsweise verließ
terführende Schule, dem Wunsch der Eltern sowie den ein späterer Chef des nachmaligen Automobilunter-
Wünschen der Kinder ab. Zumindest in den USA ist au- nehmens Daimler-Chrysler die Schule mit der mitt-
ßerdem im Verlauf der Schulkarriere ein Abstieg aus ei- leren Reife und machte eine Berufsausbildung als Kfz-
ner höheren Schulform in einer niedrigere wahrschein- Mechaniker (Grässlin, 1998). Aufgrund seiner Schul-
licher als umgekehrt. Betroffen von dieser Tendenz zur bildung waren seine Chancen, an die Spitze eines
Abwärtsmobilität in den Schulkarrieren sind vor allem Weltkonzerns zu gelangen, also sehr gering. Trotzdem
Mädchen, ältere Schüler und Schüler aus Schichten mit hat er es später geschafft.
geringerem sozialem Status.
Die Zuordnung zu einem bestimmten Schultyp ent-
scheidet auch über den objektiven Leistungsstand. Der 14.3 Anfänge der beruflichen
Unterschied in Bezug auf die mathematischen Fähigkei- Entwicklung von der Kindheit bis
ten von Gymnasiasten und Realschülern lag in der zwei- ins frühe Erwachsenenalter
ten PISA-Studie bei 96 Kompetenzpunkten. Dies ent-
spricht einem durchschnittlichen Zugewinn von 2 Schul- Ein wichtiger Auslöser individueller Entwicklungs-
jahren. Fast ebenso groß war der Unterschied zwischen prozesse sind sog. Entwicklungsaufgaben, die als ge-
Real- und Hauptschülern. Dies bedeutet, dass die Zuord- teilte normative Erwartungen von der sozialen Umge-
nung zu unterschiedlichen Schulniveaus nicht nur sozi- bung an das Individuum herangetragen werden. Bei-
ale Unterschiede zwischen den Elternhäusern widerspie- spielsweise erwartet man von einem Kind ab einem
gelt, sondern auch die Leistungsunterschiede zwischen bestimmten Alter, dass es sich selbst anziehen kann,
den Schülern vergrößert (Baumert & Schümer, 2001). dass es lernt »bitte und danke« zu sagen etc. Entwick-
Wer also als 10-jähriges Kind in seiner Schulbildung am lungsaufgaben begleiten uns entlang unserer gesam-
Anfang unten einsteigt, hat trotz gleicher kognitiver ten Lebensspanne. Die erfolgreiche Bewältigung einer
Grundfähigkeiten mit zunehmender Schulzeit immer Entwicklungsaufgabe führt zu Zufriedenheit und
schlechtere Chancen bei der Lesekompetenz und der Anerkennung, während das Versagen bei einer Ent-
mathematischen Kompetenz das gleiche Niveau zu er- wicklungsaufgabe das Individuum unglücklich macht,
reichen wie Kinder, die in der gleichen Zeit das Gymna- auf Ablehnung durch die Gesellschaft stößt und zu
sium besucht haben. Damit sinken auch die Chancen, Schwierigkeiten bei der Bewältigung späterer Ent-
später erfolgreich an weiterführende Schulen überzu- wicklungsaufgaben führt. Entwicklungsaufgaben von
wechseln. Und dies hat wiederum zur Folge, dass trotz Jugendlichen sind beispielsweise der Aufbau von
gleicher Fähigkeiten und gleicher Leistungsbereitschaft Beziehungen zu Gleichaltrigen, die Akzeptanz des
die Zugangschancen zu beruflichen Tätigkeiten mit hö- eigenen Körpers, das Erreichen emotionaler Unab-
herem sozioökonomischem Status je nach Herkunft und hängigkeit von den Eltern, die Vorbereitung auf das
Anregungsbedingungen im Elternhaus ganz unter- Berufsleben und die Auswahl eines Berufes sowie Be-
schiedlich ausfallen. mühungen zur Sicherung der späteren wirtschaft-
Gute individuelle Bildung ist Voraussetzung für ak- lichen Unabhängigkeit.
zeptable persönliche Arbeitsmarktchancen. Deshalb ist In der Laufbahnentwicklungstheorie (Savickas, 2002)
es wichtig, gleiche Bildungschancen für alle herzustel- wird das Alter zwischen 4 und 13 Jahren als Wachs-
len. Die Leistungspotenziale von Kindern aus unteren tumsphase der beruflichen Entwicklung bezeichnet
sozialen Schichten und von Migranten sollten in (7 Übersicht). Mit zunehmendem Alter erwartet man
Deutschland – gerade auch im Interesse der Gesamtbe- von Heranwachsenden, dass sie sich mit ihrer eigenen
völkerung – viel besser ausgeschöpft werden (Allmen- beruflichen Zukunft befassen, diese als persönliche
194 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

Berufliche Entwicklungsaufgaben im Lebens- Berufswünsche von Hauptschulschülerinnen


verlauf (nach Savickas, 2002)
Ich würde gerne als Beruf Kraftfahrzeugmechaniker
Wachstumsphase lernen, denn ich habe von diesem Beruf schon sehr
(zwischen 4. und 13. Lebensjahr) viel gehört. Ein Freund von mir ist mit diesem Beruf
4 Zukunftszuwendung sehr zufrieden. Da muss man Öl wechseln, Bremsbe-
4 Kontrollerleben läge wechseln, Autowaschen, Lichteinstellen, Ab-
4 Berufswahlkriterien gastests machen, Radstand messen und noch vieles
4 Selbstvertrauen mehr. Ich bin auch sehr begeistert von diesem Beruf.
Aber ich glaube Mädchen haben keine Chance,
Explorationsphase denn Jungs sind in diesem Beruf mehr gefragt als
(zwischen 14. und 24. Lebensjahr) Frauen. Versuchen kann man es trotzdem mal. (Zitat
4 Kristallisation entnommen aus Bamberg, 1996, S. 121)
4 Spezifikation Ich würde gerne Kindergärtnerin werden, weil
4 Aktualisierung ich gerne mit Kindern umgehe. Es macht mir Spaß,
etwas zu erklären, wenn sie etwas nicht verstehen.
Etablierungsphase Es würde mir auch Spaß machen, mal so viele Kinder
(zwischen dem 25. und 44. Lebensjahr) unter mir zu haben. Außerdem möchte ich gerne
4 Stabilisierung mit Kindern spielen, basteln, tanzen, spazieren ge-
4 Konsolidierung hen und vieles mehr. Außerdem würde mir die Aus-
4 Aufstieg bildung zur Kindergärtnerin auch später, wenn ich
selbst einmal Kinder habe, zugute kommen. (Zitat
Erhaltungsphase entnommen aus Bamberg, 1996, S. 134)
(zwischen dem 45. und 64. Lebensjahr)
4 Sicherung
4 Aktualisierung
Bezugspersonen schafft auch die Voraussetzung für
4 Innovation
spätere vertrauensvolle Beziehungen zu Mentoren, Vor-
gesetzten und Kollegen. Unsichere Bindungen an die
Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
primären Bezugspersonen führen dagegen zu einem
(ab dem 65. Lebensjahr)
negativen Selbstkonzept bei den Heranwachsenden, er-
14 höhter Ängstlichkeit, ambivalenten oder sogar gleich-
gültigen Einstellungen gegenüber der eigenen beruf-
Herausforderung begreifen lernen, Kriterien für ihre lichen Zukunft und z. T. zu antisozialen Einstellungen
Ausbildungs- und Berufswahlentscheidungen entwi- (»Man kann alles machen, solange man nicht erwischt
ckeln und das Selbstvertrauen haben, eine für sie ange- wird.«).
messene und realistische beruflichen Weichenstellun- Wenn eine heranwachsende Person den Freiraum
gen vorzunehmen. Die eigenen Berufswünsche der bekommt, eigene Entscheidungen zu treffen, wenn sie
Heranwachsenden äußern sich in Tagträumen (7 Kas- dazu ermutigt wird, kleine kurzfristige Annehmlich-
ten »Berufswünsche von Hauptschulschülerinnen«). keiten zugunsten größerer langfristiger Belohungen auf-
Eine sichere psychische Bindung an die primären zuschieben, wenn sie lernt, mit anderen zu verhandeln
Bezugspersonen stärkt das Zutrauen der Heranwach- und für ihre eigenen Rechte einzutreten, entwickelt sich
senden zu sich selbst, fördert ihren Optimismus sowie bei ihr ein Gefühl der persönlichen Autonomie und der
ihre Vertrauen in andere Personen. Damit werden eine Kontrolle über die eigenen Entscheidungen. Dies fördert
vorausschauende Haltung und planende Einstellung ge- auch die emotionale Unabhängigkeit und stärkt die per-
genüber der eigenen beruflichen Zukunft gebahnt und sönliche Willenskraft. Insgesamt werden damit die
die Grundlagen für die spätere berufliche Planungs- Grundlagen für die spätere berufliche Entscheidungs-
kompetenz gelegt. Die sichere Bindung an die primären kompetenz gelegt.
14.3 · Anfänge der beruflichen Entwicklung von der Kindheit bis ins frühe Erwachsenenalter
195 14

Von einer heranwachsenden Person wird auch er- und Berufe stellen und bieten, sammeln, um damit eine
wartet, dass sie Kriterien für die Ausbildungs- und Be- individuelle kognitive Landkarte über die Berufswelt
rufswahl entwickelt. Solche Kriterien können ganz un- zu entwickeln. Aus dem Vergleich von Selbstkonzept
terschiedlich sein, wie z. B. »Hauptsache, es macht und individueller kognitiver Berufslandkarte sollen
Spaß!«, »Man soll das als Beruf wählen, worin man gut sich vorläufige Präferenzen für bestimmte Berufsfelder
ist!«, »Ich will etwas lernen, wo ich unabhängig und auf ergeben. Die Spezifikationsaufgabe beinhaltet dann
niemand angewiesen bin«, »Den Beruf, den man wählt, die Auswahl einer spezifischen Wunschtätigkeit aus
hat man sein ganzes Leben«, »Man kann den Beruf auch den vorläufigen Präferenzen. Die Aktualisierungsauf-
wechseln, wenn er keinen Spaß mehr macht«, »Ich will gabe besteht schließlich darin, den Weg vom Wunsch
nie arbeitslos werden!«, etc. Die Herausbildung solcher zu dessen aktiver Realisierung tatsächlich – auch gegen
Kriterien fördert das Wissen über die eigene Person und Widerstände und angesichts von Schwierigkeiten – zu
erleichtert es damit, später eine bessere Übereinstim- gehen.
mung zwischen den eigenen Bedürfnissen und Fähigkei- Für die Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben
ten mit den Angeboten in der Berufswelt herstellen zu haben Jobs von Jugendlichen in Ergänzung zur Schule
können. eine wichtige Bedeutung (Kirkpatrick Johnson & Mor-
Die erfolgreiche Problembewältigung in Alltagsdin- timer, 2002): Jugendliche gewinnen so erste Erfah-
gen zu Hause, in der Schule oder bei Hobbys erhöht die rungen im Erwerbsleben und können besser für sich
eigene Selbstwirksamkeitseinschätzung, fördert die ihre beruflichen Interessen und individuellen Arbeits-
Selbstakzeptanz und steigert das Selbstwertgefühl. Dies werte klären. Empirische Studien zeigen, dass diese Jobs
schafft die Grundlagen für das Zutrauen zu sich selbst, bei den Jugendlichen zu einer verbesserten Pünkt-
die Herausforderungen der Berufswahl und der erfor- lichkeit, einem stärkeren Verantwortungsbewusstsein,
derlichen beruflichen Anpassungen erfolgreich bewälti- höherer Zuverlässigkeit, einem größeren Selbstver-
gen zu können. trauen und einem verbesserten Bewerbungsverhalten
Das Alter zwischen 14 und 24 Jahren wird in der führen. Wenn die Arbeitszeiten im Job allerdings zu
Laufbahnentwicklungstheorie (Savickas, 2002) als Ex- lange dauern, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit von
plorationsphase der beruflichen Entwicklung be- Substanzmissbrauch (Tabak und Alkohol), Delinquenz
zeichnet. In dieser Zeit sollen die Personen den Weg und eines Absinkens der schulischen Leistungen. Gute
von ihren beruflichen Wünschen und Tagträumen zu Schüler haben relativ kurze Arbeitszeiten in ihren Jobs
einer konkreten Stelle in der Arbeitswelt finden. Die und können deshalb stark davon profitieren. Schlechte
Entwicklungsaufgabe besteht also darin, eine Berufs- Schüler haben dagegen oft zu lange Arbeitszeiten paral-
wahlentscheidung treffen und umsetzen zu sollen. Man lel zur Schule, was mit den genannten negativen Effek-
unterscheidet dabei drei Aspekte dieser Entwicklungs- ten einhergeht.
aufgabe: Kristallisation, Spezifikation und Aktualisie- Savickas (2002) berichtet über drei Stile, mit den Ent-
rung. wicklungsaufgaben der Explorationsphase umzugehen:
Die Kristallisationsaufgabe (7 obige Übersicht) be- 4 Der informationsorientierte Stil zeichnet sich
steht einerseits darin, durch gezielte Selbsterprobungen durch ein aktives Suchverhalten sowie ein eigenstän-
zu einer differenzierteren Einschätzung der eigenen diges, stark problemorientiertes Vorgehen aus.
beruflichen Interessensfelder (z. B. primär Umgang mit 4 Der normorientierte Stil zeichnet sich durch eine
Menschen oder primär Umgang mit Dingen), der eige- sehr enge Anlehnung an die Vorgaben und Erwar-
nen berufsrelevanten Fähigkeiten (liegen z. B. Stärken tungen signifikanter anderer Personen und eine enge
eher im sprachlichen Bereich oder im mathematischen Bindung an die Herkunftsfamilie aus.
Bereich) sowie der Ausprägung der eigenen Arbeits- 4 Der vermeidende Stil äußert sich in hinauszögern-
werte (z. B. Sicherheit des Arbeitsplatzes vs. Abwechs- den und vermeidenden Verhaltensweisen gegen-
lung am Arbeitsplatz) zu gelangen. Es besteht also die über beruflichen Entscheidungen. Den Betroffenen
Aufgabe, ein differenziertes berufliches Selbstkonzept fehlen positive Rollenmodelle. Ihr Verhalten hat
zu entwickeln. Andererseits soll die berufssuchende Defizite beim problemorientierten Vorgehen und
Person gezielt Informationen über die Anforderungen, zeichnet sich durch emotionszentrierte Bewälti-
Routinen und Belohnungen, die bestimmte Berufsfelder gungsversuche aus.
196 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

Wenn ein informationsorientierter Stil vorliegt, kann 4 Der normative Aspekt betrifft das Problem, wie die
man von einer hohen sog. Berufswahlreife ausgehen. Berufswahl eigentlich stattfinden sollte. Was sollten
Damit bezeichnet man die Bereitschaft und die Fähig- die Berufswähler dabei beachten und was sollte man
keit, die Entwicklungsaufgabe der Berufswahl in Angriff ihnen – z. B. in der Berufsberatung – empfehlen?
zu nehmen und erfolgreich zu bewältigen. Berufswahl- 4 Der deskriptive Aspekt betrifft den Sachverhalt, wie
reife umfasst folgende Aspekte: Planungskompetenz, sich die Berufsfindung tatsächlich vollzieht und wel-
Entscheidungskompetenz, Wissen über das Selbst und che Rolle dabei die berufssuchende Person spielt.
die relevante berufliche Umwelt sowie die Berufswahl-
zuversicht. Die Theorie der Arbeitsanpassung (Dawis, 1996, 2002)
In der Bundesrepublik Deutschland dürfte der Alters- und das hexagonale Berufswahlmodell von Holland
korridor von jungen Erwachsenen ohne Hochschulaus- (Holland, 1996; Spokane, Luchetta & Richwine, 2002)
bildung für die Explorationsphase in der Tat zwischen 14 gehen davon aus, dass sich bei Personen im Alter
und 24 Jahren liegen. Da Hochschulabsolventen hierzu- der Berufsfindung, also zwischen 14 und 24 Jahren, be-
lande ihr Studium aber häufig erst nach dem 25. Lebens- reits stabile individuelle Fähigkeiten und Bedürfnisse
jahr abschließen, ist für diesen Teil des Berufsnachwuch- herausgebildet haben, die für die Dauer des Berufs-
ses die Explorationsphase länger. Durch eine Verkürzung lebens im Großen und Ganzen stabil bleiben, was
der Gymnasialzeit sowie die Einführung des 3-jährigen kleinere Modifikationen aber nicht ausschließt. Bedürf-
Bachelorstudiums als erstem berufsqualifizierendem nisse werden hier breit im Sinne von Motiven, Tempe-
Hochschulabschluss wurden in jüngster Zeit aber zielge- ramentseigenschaften, Interessen oder Werthaltungen
richtet berufspolitische Maßnahmen initiiert, um eine verstanden.
frühere Berufseinmündung bei Hochschulabsolventen Nach dem Matching-Ansatz soll nun eine Passung
herbeizuführen. zwischen dem Beruf mit seinen Anforderungen und sei-
nen Bedürfnisbefriedigungsmöglichkeiten einerseits
und den Qualifikationen sowie den Bedürfnissen der
14.4 Psychologische Konzepte Person andererseits hergestellt werden (. Tab. 14.2 zu
zur Berufsfindung verschiedenen Aspekten der Passung).
Im Gegensatz zur Stellenwahl (7 Kap. 17), bei der vor
Zur Berufsfindung gibt es zwei zentrale psychologische allem die Tätigkeitsanforderungen einer bestimmten
Ansätze, nämlich den passungstheoretischen Ansatz Stelle relevant sind, stehen bei der Berufswahl die lang-
(Matching) sowie die Konzeption der Laufbahnentwick- fristigen Laufbahnanforderungen im Vordergrund.
lungstheorie. Beide sollen im Folgenden kurz vorgestellt Wenn man Berufe als eine spezifische Sequenz von Auf-
14 werden. Anschließend werden die Haupthindernisse für gaben und Positionen versteht, die Personen im Laufe
eine angemessene Berufsfindung von Jugendlichen und ihres Erwerbslebens dann möglicherweise durchlaufen
jungen Erwachsenen vorgestellt. (7 Übersicht »Laufbahnsequenz im Lehrerberuf«), kommt
Das Problem der Berufsfindung hat aus psychologi- es nach Auffassung der Vertreter des Matching-Ansatzes
scher Sicht zwei Aspekte, einen normativen und einen zum einen darauf an, die Fähigkeiten zu identifizieren,
deskriptiven. die benötigt werden, um das zu erlernen, was man

. Tab. 14.2. Aspekte der Passung zwischen Beruf und Person

Berufstätigkeit Aspekte der Passung Person

Tätigkeitsanforderungen in bestimmten Qualifikatorische Passung Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten


Positionen oder Stellen

Befriedigungspotenziale Bedürfnisbezogene Passung Bedürfnisse, Motive, Interessen, Werthaltungen

Laufbahnanforderungen Potenzialbezogene Passung Ausmaß der Lernfähigkeit und Lernbereitschaft,


soziale Kompetenz, Selbstvertrauen
14.4 · Psychologische Konzepte zur Berufsfindung
197 14

braucht, um diese Aufgaben später erfolgreich zu erfül- . Tab. 14.3. Unterschiedliche Intelligenzmittelwerte in ver-
len (potenzialbezogene Passung). Dabei spielt – neben schiedenen Berufen. (Nach Engelbrecht 1994)
anderem – die individuelle Lernfähigkeit eine wichtige
Rolle. Beruf Intelligenzmittelwert

Bäcker 43

Laufbahnsequenz im Lehrerberuf Bauschlosser 44

4 Lehramtsstudium Gas- und Wasserinstallateur 45


4 Referendariat Altenpfleger 46
4 Klassen- und/oder Fachlehrer
Konditor 47
4 Lehrer mit Unterrichts- und Verwaltungs-
aufgaben (Fachleitung) Landwirt 48
4 Lehrer mit Unterrichts- und Personalaufgaben
Bekleidungsschneider 49
(stellvertretende Schulleitung)
4 Schulleitung mit Verwaltungs-, Personal-, Einzelhandelskaufmann 50
Öffentlichkeits- und politischen Aufgaben
Drucker 51
4 Tätigkeit in der Schulaufsicht und Schulver-
waltung Drogist 52

Mit freundlicher Genehmigung von Hogrefe, Göttingen. © Hogrefe 1994


Bürogehilfe 53

Die Lernfähigkeit, die benötigt wird, um die benötigten Speditionskaufmann 54


Kompetenzen und Fertigkeiten zu erwerben, bezeichnet
Elektromechaniker 55
man als Potenzial oder Aptitude (Dawis, 1996). Welche
Größen haben Einfluss auf dieses Potenzial? Wichtige Industriekaufmann 56
Größen zur Vorhersage des Erfolges beruflicher Ausbil- Technischer Zeichner 57
dungs- und Trainingsmaßnahmen sind die Persönlich-
keitsmerkmale Ehrlichkeit (Integrität) und Gewissen- Informationselektriker 58
haftigkeit, das Niveau der Schulbildung sowie einschlä- Bankkaufmann 59
gige berufliche Interessen (Schmidt & Hunter, 1998).
Wie eine große Zahl von Studien allerdings gezeigt hat, Gesamtmittelwert M=50, Stichprobenumfang 30,477 Per-
sonen; Berufsbezeichnungen nur männlich
ist die allgemeine Intelligenz die beste Größe zur Vor-
hersage des Erfolges im Studium (Kunzell, Hezlett &
Ones, 2004) sowie in der beruflichen Aus- und Weiter-
bildung und bei Trainingsmaßnahmen (Hülsheger, In Bezug auf die Übereinstimmung von Fähig-
Maier, Stumpp & Muck, 2006; Schmidt & Hunter, 2004). keitsanforderungen und beruflicher Leistung fanden
Eine empirische Studie der Bundesanstalt für Arbeit be- Dawis und Lofquist (1984) allerdings, dass die Berufszu-
legt (Engelbrecht, 1994), dass sich verschiedene Berufe friedenheit eine wichtige Moderatorvariable darstellt.
deutlich in Bezug auf die durchschnittliche Intelligenz Bei niedriger Berufszufriedenheit sagt die Übereinstim-
der Berufsausübenden unterscheiden (. Tab. 14.3), aber mung von individuellen Fähigkeiten und beruflichen
selbstverständlich sind die Intelligenzunterschiede zwi- Fähigkeitsanforderungen die berufliche Leistung nur zu
schen den Berufen nicht alleine durch das kognitive r=.30 vorher, bei mittlerer beruflicher Zufriedenheit zu
Anforderungsniveau bestimmt. Wenn man die Berufs- r=.40 und bei hoher beruflicher Zufriedenheit zu r=.60.
findung als Problem der richtigen Zuordnung (Mat- Dies verweist auf die Bedeutung der bedürfnisbezoge-
ching) versteht, kommt es also zunächst darauf an, ab- nen Passung.
zuklären, ob jemand über das für einen bestimmten Als weiteres ist nach dem Matching-Ansatz die Frage
Beruf erforderliche Fähigkeits- und Lernpotenzial ver- zu klären, ob der Beruf zur Person passt. Damit ist ge-
fügt. Dies ist die Frage danach, ob jemand zu einem meint, ob die Art und Intensität der Verstärkungen, Be-
bestimmten Beruf passt. lohnungen und Gratifikationen, die ein bestimmter Be-
198 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

ruf bietet, den individuellen Bedürfnissen, also den Mo- Gravitationshypothese (7 Kap. 6). Bestätigende Hin-
tiven, Interessen und Werthaltungen mit ihrem jeweiligen weise für die Gravitationshypothese liefert eine Studie
Anspruchsniveau entspricht. von Judge, Higgins, Thoresen und Barrick (1999). Die-
Holland (1997) unterscheidet sechs verschiedene, se Autoren haben Langzeitstudien ausgewertet, bei de-
primäre berufliche Interessensbereiche, nämlich nen in Kalifornien Persönlichkeitsmerkmale von Per-
4 handwerklich-technische Interessen, sonen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren erfasst und
4 forschende Interessen, dann mit dem Berufsprofil ca. 30–35 Jahre später, also
4 künstlerische Interessen, im Alter zwischen 41 und 50 Jahren in Beziehung ge-
4 soziale Interessen, setzt wurden. Dabei zeigte sich zum einen eine relativ
4 Interesse an Führungstätigkeiten sowie hohe Stabilität der Persönlichkeitsmerkmale (die
4 Interesse an verwaltenden Tätigkeiten. Durchschnittskorrelation betrug r=.43). Zum anderen
zeigte sich eine überzufällige, aber schwach ausgepräg-
Holland geht weiter davon aus, dass sich bestimmte In- te Kongruenz zwischen Person und beruflicher Um-
teressensbereiche gut ergänzen, wie z. B. technische, for- welt.
schende und verwaltende Interessen, aber andere Inter- Während im passungstheoretischen Ansatz die
essenbereiche in sich konflikthaft sind, wie z. B. hand- objektive Merkmalsbeschreibung der Person von Aus-
werklich-technische vs. soziale Interessen, forschende schlag gebender Bedeutung ist (z. B. die Frage, wie
Interessen vs. Interesse an Führungstätigkeiten oder intelligent jemand objektiv ist), steht für die Lauf-
künstlerische Interessen vs. Interesse an verwaltenden bahnentwicklungstheorie (vgl. Savickas, 2002) das
Tätigkeiten. Je klarer und konsistenter das individuelle Selbstkonzept einer Person als die entscheidende
Interessenprofil ist und je mehr es mit den Inhalten eines Größe im Vordergrund (Abele-Brehm & Stief, 2004).
bestimmten Berufes übereinstimmt, desto Nicht in erster Linie die objektive Höhe der allge-
4 höher, so Holland, wird die spätere Berufszufrieden- meinen Intelligenz, sondern das Selbstvertrauen
heit sein, desto (Selbstwirksamkeit) und das Ausmaß, in dem eine
4 langfristiger wird jemand in einem bestimmten Be- Person sich selbst als entscheidend dafür erachtet, wie
ruf verbleiben und desto erfolgreich sie beruflich sein wird (interner Locus of
4 besser wird die berufliche Leistung der betreffenden Control) steuern das Berufswahl- und Berufsfin-
Person ausfallen. dungsgeschehen. Nicht vor allem der objektive Neu-
rotizismus, sondern das Ausmaß der Selbstwertschät-
Diese Hypothesen von Holland konnten allerdings zung ist für das Handeln der Personen entscheidend.
nicht generell bestätigt werden (Spokane et al., 2002). Nicht die objektiven Bedürfnisse, sondern die kon-
14 Zwar korrelierte in einer Metaanalyse (7 Kap. 3) die be- kreten individuellen Wertungen und Formungen von
rufliche Zufriedenheit mit der Passung der Interessen Bedürfnissen und Wünschen dienen der individuellen
im Schnitt zu ca. r=.22, sie variierte jedoch zwischen Bewertung des individuellen Berufsfindungsgesche-
–.07 und .51. Die Dauer des Verbleibs in einem Beruf hens. Es kommt weniger darauf an, was eine Person
korrelierte mit der Passung im Durchschnitt zu r=.15 objektiv leistet und wie gut sie objektiv zu einem be-
und die berufliche Leistung nur zu r=.06 (Assouline & stimmten Beruf passt, sondern wie die betroffene Per-
Meir, 1987). son selbst die individuelle Passung wahrnimmt und
Wie findet nun aber die Berufswahl tatsächlich einordnet.
statt? Nach Holland streben Personen von sich aus da- Für den Erfolg der Berufsfindung sind folgende As-
nach, in beruflichen Umwelten tätig werden zu kön- pekte wichtig:
nen, die mit ihren individuellen Interessenschwer- 4 eine positive Selbstwertschätzung,
punkten und Fähigkeiten übereinstimmen. Wenn eine 4 klare statt diffuse Selbsteinschätzungen,
Person feststellt, dass eine berufliche Umwelt nicht 4 in sich konsistente statt in sich widersprüchliche
wirklich ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht, Selbsteinschätzungen,
verlässt sie diese wieder und sucht nach einer Umwelt, 4 realistische Selbsteinschätzungen,
zu der eine höhere Übereinstimmung besteht (Spo- 4 differenzierte Selbsteinschätzungen und
kane et al., 2002). Man bezeichnet dies als berufliche 4 positive Selbstwirksamkeitseinschätzungen.
14.5 · Berufliche Etablierung
199 14

Nach dieser Auffassung wird die Berufswahl und Berufs- nierungen keinen Zugang zu passenden beruflichen
findung als ein von der Person selbst gesteuerter, konti- Umwelten haben, Lern-, Qualifizierungs- oder Aus-
nuierlicher Entscheidungs- und Ausführungsprozess bildungsmöglichkeiten für sie eingeschränkt oder
gesehen, der auch nicht immer linear verläuft, sondern bestimmte Laufbahnmuster (z. B. Übernahme von
in dem es viele Wiederholungen, Überlagerungen und Führungs- und Personalverantwortung) für Ange-
Auslassungen gibt. Entsprechend der Laufbahnentwick- hörige bestimmter Gruppen nicht zugänglich sind.
lungstheorie haben Personen bei diesem Prozess das Ziel
vor Augen, im Beruf solche Positionen und Rollen anzu- Probleme bei der Berufsfindung können mithilfe der
streben, die ihnen die Gelegenheit geben, ihr berufliches Skala zur Laufbahnproblembelastung von Seifert (1992)
Handeln als Bestätigung ihres Selbstkonzeptes zu inter- erfasst werden (7 Kasten »Itembeispiele aus der Skala zur
pretieren. Wenn Personen nicht die Möglichkeit sehen, Laufbahnproblembelastung«). Eine ausführliche, aktuelle
ihr Selbstkonzept zu verwirklichen, orientieren sie sich Darstellung des Vorgehens bei der psychologischen
beruflich um. Laufbahnberatung findet sich bei Hohner (2006).
Die Berufsfindung wird von der Laufbahnentwick-
lungstheorie also als ein Prozess und Versuch der Selbst-
konzeptvalidierung verstanden. Hierzu ein Beispiel: Sie- 14.5 Berufliche Etablierung
verding (1992) ging der Frage nach, warum es zwar in
etwa gleich viele weibliche und männliche Absolventen Das Alter zwischen 25 und 44 Jahren diente in der her-
des Medizinstudiums, aber wesentlich mehr männliche kömmlichen Struktur der Berufswelt, die bis Mitte der
als weibliche Fachärzte in Deutschland gibt. Sie fand da- 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in den westli-
bei heraus, dass die Absolventinnen des Medizinstudi- chen Industriegesellschaften vorherrschend war, der be-
ums glaubten, für eine sich an das Studium anschließen- ruflichen Etablierung. Die Entwicklungsaufgabe bestand
de Facharztausbildung in einer Klinik sei es erforderlich, darin, aus einem befristeten Arbeitsverhältnis oder einer
aggressiv, dominant, cool, egoistisch und hart aufzutre- Teilzeitbeschäftigung in eine unbefristete Vollzeitbeschäf-
ten. Ihr Wunschselbstkonzept war jedoch, auch im Me- tigung zu wechseln (7 Übersicht »Berufliche Entwicklungs-
dizinberuf in der Klinik freundlich, hilfreich und herz- aufgaben«: Stabilisierung). Wenn dies gelang, konnten die
lich zu sein. Sieverding erklärt mit dieser Diskrepanz Erwerbstätigen auf eine langfristige, stabile, kalkulierbare
zwischen dem Berufskonzept und dem Wunschselbst- und sichere Tätigkeit in ihrer Organisation setzen, die ih-
konzept, warum viele weibliche Absolventen keine wei-
tere Facharztausbildung an einer Klinik anstreben.
Hinsichtlich der Ursachen für die Haupthindernisse
Itembeispiele aus der Skala zur Laufbahnprob-
in Bezug auf eine angemessene Berufsfindung kom-
lembelastung bei Ausbildungsabsolventen
men der passungs- und der laufbahnentwicklungstheo-
nach Seifert (1992) in der Adaptation von
retische Ansatz zu ähnlichen Einschätzungen, nämlich
Blickle (1997)
dass Personen
4 keine klaren beruflichen Präferenzen haben, 4 Ich kenne meine hauptsächlichen beruflichen
4 sie in sich konfligierende berufliche Wünsche ha- Stärken und Schwächen noch zu wenig.
ben, 4 Ich fühle mich noch zu wenig darüber infor-
4 sie unzutreffende Informationen über verschiedene miert, welche beruflichen Möglichkeiten ich
berufliche Umwelten haben, d. h., sie verkennen die habe.
beruflichen Umwelten, die zu ihnen passen bzw. ei- 4 Ich weiß noch zu wenig darüber Bescheid, wel-
gentlich nicht zu ihnen passen, che Anforderungen in den für mich in Frage
4 sie soziale Konflikte haben, weil die beruflichen Er- kommenden beruflichen Tätigkeiten gestellt
wartungen an sie aus ihrem sozialen Umfeld und werden.
insbesondere aus ihrer Familie weit entfernt von ih- 4 Es beschäftigt mich, dass meine beruflichen In-
ren eigenen beruflichen Wünschen sind, teressen und meine Fähigkeiten auf verschiede-
4 sie aufgrund der geographischen Lage, der wirt- nen Gebieten liegen.
schaftlichen Situation oder aufgrund von Diskrimi-
200 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

nen nach dem einmaligen Erlernen des relevanten Wis- gés konnten in einer Metaanalyse im Vergleich zu nicht
sens sowie der entsprechenden fachlichen Fähigkeiten protegierten Personen folgende Unterschiede in Bezug
und Fertigkeiten überschaubare Aufgaben zumutete auf den beruflichen Erfolg und die berufliche Zufrieden-
(7 Übersicht »Berufliche Entwicklungsaufgaben«: Konso- heit empirisch festgestellt werden (Allen, Eby, Poteet,
lidierung), was bei entsprechender Loyalität und Einord- Lentz & Lima, 2004): Protégés erleben sowohl weniger
nungsbereitschaft zu schrittweisem hierarchischem Auf- Rollenstress als auch weniger Rollenkonflikte und ihre
stieg (7 Übersicht »Laufbahnsequenz im Lehrerberuf«) Arbeitszufriedenheit ist höher. Protégés steigen schneller
und betrieblicher Absicherung gegen Lebensrisiken (Un- auf, sie haben ein höheres Einkommen sowie eine erfolg-
fälle, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut) führte. reichere organisationale Sozialisation.
Die Höhe der Bezahlung hing vor allem vom Alter, vom Unter Networking versteht man den Aufbau und
Familienstand, der Dauer der Betriebszugehörigkeit, aber die Nutzung von Beziehungen im Berufsleben. In einer
auch vom Geschlecht ab. Die Weiterbildung wurde vom netzwerktheoretischen Neukonzipierung des Stellen-
Arbeitsgeber organisiert und finanziert. wertes von Mentor-Protégé-Beziehungen für die Lauf-
Auch heute noch wichtige berufliche Etablierungs- bahnentwicklung haben Blickle, Kuhnert und Rieck
mechanismen sind Mentoring (Blickle & Schneider, (2003) darauf aufmerksam gemacht, dass Mentor-Pro-
2007) und Networking (Wolff & Moser, 2006). Es han- tégé-Beziehungen nur eine Art von laufbahnförderli-
delt sich dabei um ähnliche, aber doch unterschiedliche chen Unterstützungsbeziehungen darstellen (Higgins &
Formen der Laufbahnunterstützung. Thomas, 2001). Denn neben Beziehungen zu Mentoren
Der Begriff Mentor bezeichnet eine höherrangige, gibt es auch andere laufbahnförderliche Beziehungen:
einflussreiche Person männlichen oder weiblichen Ge- In der einen Beziehung mag ganz die emotionale Unter-
schlechts im Arbeitsumfeld einer Nachwuchskraft, die stützung im Vordergrund stehen, in einer anderen da-
dort über große berufliche Erfahrung sowie breites be- gegen der Aspekt des Coachings dominieren, d. h., die
rufliches Wissen verfügt und der daran gelegen ist, die fördernde Person unterstützt insbesondere das Erlernen
berufliche Entwicklung der Nachwuchskraft zu fördern der sachlichen Aspekte der Tätigkeit und gibt dazu
und ihren Aufstieg zu unterstützen (7 Kap. 19). Innerhalb wichtige Hinweise und Ratschläge. In einer dritten Be-
der Mentor-Protégé-(Mentee-)Beziehung nimmt ein ziehung mag die Laufbahnplanung im Mittelpunkt ste-
Mentor drei verschiedene Funktionen wahr, nämlich hen. Die fördernde Person ermutigt dazu, die eigene
4 eine karrierebezogene, Karriere in Angriff zu nehmen. Sie gibt Tipps und Hin-
4 eine psychosoziale sowie die weise für die berufliche Zukunft und hilft bei der Lauf-
4 Funktion als Rollenmodell. bahnplanung. In einer vierten unterstützenden Bezie-
hung kann der Fokus darauf liegen, dass Sichtbarkeit für
14 Die karrierebezogene Funktion beinhaltet Unterstüt- die unterstützte Person entsteht: Die fördernde Person
zung, die dem Weiterkommen und dem Aufstieg des sorgt dafür, dass die Leistungen und das Potenzial der
Protégés innerhalb der Organisation zu Gute kommen Nachwuchskraft einflussreichen Persönlichkeiten posi-
soll. Der Mentor fördert die Talente des Protégés, ge- tiv auffallen. Im Gegenzug arbeitet die Nachwuchskraft
währt Einblicke in berufliche Kniffe, zeigt formale und der fördernden Person zu, entlastet sie von Detailaufga-
informale Regeln auf und führt in die Mikropolitik der ben und bringt eigene Ideen zur Unterstützung der för-
Organisation ein. Er ermöglicht neue Kontakte, macht dernden Person ein. Ein solches Netzwerk von unter-
Leistungen und Potenzial des Protégés für andere ein- stützenden Beziehungen hat zum einen den Vorteil, dass
flussreiche Personen sichtbar, verhilft ihm zu Beförde- die Abhängigkeit von einzelnen Personen nicht zu groß
rungen und Versetzungen, unterstützt bei der Karriere- wird, und zum anderen, dass die unterstützte Person
planung und schützt bei drohendem Schaden. Die psy- gleichzeitig Zugang zu sehr vielen und sehr unterschied-
chosoziale Funktion betrifft hingegen emotionale lichen Informationen bekommt, was nicht der Fall ist,
Aspekte. Der Mentor hört aktiv zu, erteilt Ratschläge, wenn sie nur von einem einzelnen Mentor unterstützt
zeigt Stärken und Schwächen auf und hilft auch bei per- wird. In einer Metaanalyse (Ng, Eby, Sorensen & Feld-
sönlichen Problemen. Einige Autoren fügen dieser Liste man, 2005) zeigten sich positive Effekte von Networking
den Aspekt hinzu, dass Mentoren Rollenmodell und auf die Höhe des Einkommens, den Aufstieg und die
Vorbild für die Nachwuchskraft sein können. Bei Proté- Berufszufriedenheit.
14.6 · Auswirkungen der veränderten Beschäftigungsverhältnisse auf den Berufsverlauf
201 14
14.6 Auswirkungen der veränderten
. Tab. 14.4. Alter und neuer psychologischer Kontrakt nach
Beschäftigungsverhältnisse auf Cascio (2003)
den Berufsverlauf
Alter psychologischer Neuer psychologischer
Kontrakt Kontrakt
Das Alter zwischen 45 und 64 Jahren diente in der her-
kömmlichen Struktur der Berufswelt der Sicherung des Stabilität, Vorhersehbarkeit Veränderung, Ungewissheit
erreichten beruflichen Status. Die Entwicklungsaufgabe Langfristigkeit Zeitliche Befristung
bestand darin, die erreichte Position zu sichern (7 Über-
Standardisierte Aufgaben Flexible Aufgaben
sicht »Berufliche Entwicklungsaufgaben«), das erforderli-
chen Wissen und die eigenen, beruflich notwendigen Belohnung von Loyalität Belohnung von Leistung und
Fertigkeiten auf dem neuesten Stand zu halten (7 Über- Wissen
sicht »Berufliche Entwicklungsaufgaben«: Aktualisierung) Patriarchalische Fürsorge Eigenverantwortung
und sein Erfahrungswissen zu nutzen, um neue Aufga- Sicherheit des Arbeitsplatzes Arbeitsplatzunsicherheit*
ben zu übernehmen (7 Übersicht »Berufliche Entwick-
lungsaufgaben«: Innovation). Ausgelöst wurden diese Lineare Berufslaufbahnen Berufliche Patchworkbio-
graphien
Entwicklungsaufgaben durch sich schrittweise verän-
dernde Technologien in der Branche, durch den Konkur- Lernen am Berufsanfang Lebenslanges berufliches

© John Wiley & Sons, Inc. 2003


renzkampf mit dem aufsteigenden Nachwuchs in der Lernen
eigenen Organisation, die veränderten Ansprüche der * Im Gegensatz zu den USA steht der Sicherheit des Arbeits-
heranwachsenden eigenen Kinder in der Familie sowie platzes in Deutschland nicht die Sicherheit gegenüber, schnell
die nachlassende körperliche Fitness (Savickas, 2002). wieder irgendwo anders einen Arbeitsplatz zu finden. Dies gilt
in Deutschland nur für hoch qualifizierte Beschäftigte.
Aber bereits eine Studie von Mahoney (1987) aus der
Mitte der 80er Jahre in den USA zeigte, dass dieses Mus-
ter vorwiegend für Berufstätige mit hochrangigen beruf-
lichen Positionen zutreffend war. Hauptsächlich den be- tion häufig zeitlich befristet und die Weiterbeschäftigung
ruflich ganz Erfolgreichen der 45- bis 64-jährigen Berufs- unsicher (Dostal, 2001). Die Berufsbiographie gleicht oft
tätigen blieb es vorbehalten, in die Erhaltungsphase einem Flickenteppich (Lang-von Wins, Mohr & Rosen-
(7 Übersicht »Berufliche Entwicklungsaufgaben«) der be- stiel, 2004). Viele Personen haben schon sehr unter-
rufliche Entwicklung zu gelangen. Der größere Teil der schiedliche Tätigkeiten ausgeführt, um ihren Lebensun-
Berufstätigen nach dem 45. Lebensjahr musste in dieser terhalt zu verdienen. Unterbrechungen durch Zeiten der
Studie aus den USA die Stelle oder sogar die Laufbahn Arbeitslosigkeit sind nicht ungewöhnlich. Die Bezah-
wechseln, was mit beruflichen Re-Etablierungsphasen lung hängt weniger von Alter, Geschlecht, Familienstand
oder sogar Re-Explorationsphasen verbunden war. und der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab, sondern
Dieser Befund erwies sich als Trend. Durch die zu- mehr davon, über welches im Moment erfolgskritische
nehmend globalere Vernetzung der nationalen Volks- Wissen die Beschäftigten verfügen. Die Weiterqualifizie-
wirtschaften, den weltweiten Siegeszug der neuen In- rung fällt zunehmend mehr in die Eigenverantwortung
formations- und Kommunikationstechnologien, die der Beschäftigten. Die Lebensrisiken müssen verstärkt
Entwicklung weg von der Industrie- und hin zur Infor- eigenständig abgesichert werden (Voß, 1998).
mationsgesellschaft sowie die Verbreitung von Unter- Speziell in der Bundesrepublik Deutschland haben die
nehmenszusammenschlüssen (Mergers), -aufkäufen sog. prekären Beschäftigungsverhältnisse (zeitliche Be-
(Acquisitions), Umstrukturierungen (Business Reengi- fristung, Teilzeitbeschäftigung, Scheinselbstständigkeit)
neering) und Verkleinerungen (Downsizing) als neue stark zugenommen (Statistisches Bundesamt, 2004): Im
Managementkonzepte (7 Kap. 13) veränderte sich auch Jahr 1991 waren 11% der abhängig Beschäftigten im Alter
die Art der Bindung der Beschäftigten (. Tab. 14.4) an von 15 bis 29 Jahren nur zeitlich befristet beschäftigt, im
ihre Organisation (Rousseau, 1995). Jahr 2003 waren es 20%. Auch die Teilzeitarbeit nahm
Während die Beschäftigten vor den 90er Jahren noch erheblich in diesem Zeitraum zu: Seit 1991 stieg die An-
auf eine langfristige Tätigkeit in ihrer Organisation set- zahl der abhängig Beschäftigten, die nur ein Teilzeitbe-
zen konnten, ist heute die Anstellung in einer Organisa- schäftigungsverhältnis hatten, um 2,4 Mio. Personen, also
202 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

Als normative Leitkonzepte für Berufstätige, die mit


diesen veränderten Beschäftigungsverhältnissen kon-
Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Arbeitsmarkt-

frontiert sind, wurden drei ähnliche Metaphern bzw.


Konstrukte (Inkson, 2006) vorgeschlagen (. Tab. 14.5).
Das proteanische Laufbahnmodell (Hall, 2004), das
Konzept der entgrenzten Laufbahn (Voß, 1998) sowie
das Employability-Konstrukt (Fugate, Kinicki &
Ashforth, 2004).
und Berufsforschung (IAB).

In der Odyssee von Homer ist Proteus der Meeresgott,


der sich nach Wunsch und Bedarf in einen Löwen, eine
Schlange, einen Panther, ein Wildschwein oder in eine an-
dere Gestalt verwandeln kann. Dieses Bild wurde von Hall
(2004) aufgegriffen, um das Leitbild einer selbst bestimm-
ten beruflichen Anpassungsfähigkeit zu veranschauli-
. Abb. 14.2. Schätzungen des Anteils der Erwerbstätigen ohne
chen. In starker gedanklicher Nähe zur Laufbahnentwick-
Auszubildende nach Tätigkeitsniveau in Deutschland 1991 und
2010 in Prozent. (Nach Reinberg & Schreyer, 2003) lungstheorie postuliert dieses Leitbild für Berufstätige das
Ideal der Herausbildung einer individuellen beruflichen
Identität (Was sind meine Stärken, was sind meine Werte,
um 51% auf 22% der Erwerbstätigen insgesamt an. Nur was sind meine Ziele – »knowing why«), der Herausbil-
noch 78% der Erwerbstätigen gingen im Jahr 2003 einer dung der Fähigkeit zur Antizipation von neuen Trends
Vollzeitbeschäftigung nach. Schließlich stieg auch die An- und Entwicklungen im eigenen beruflichen Umfeld sowie
zahl der Selbstständigen beträchtlich an, darunter auch die der Fähigkeit, Einstellungen und Fertigkeiten flexibel den
der Selbstständigen ohne Beschäftigte. Im Jahre 1991 gab situativen Anforderungen anzupassen. Die berufstätige
es rund 1,4 Mio. Selbstständige ohne Beschäftigte. Im Jahr Person schließt keinen psychologischen Kontrakt mehr
2003 waren es rund 2 Mio. Selbstständige ohne Beschäftig- mit ihrer Organisation (7 Kap. 16), sondern mit sich
te in Deutschland. Dies entspricht einem Zuwachs von selbst. Sie misst ihren Erfolg nicht an materiellen Fort-
42%. Es ist zu vermuten, dass ein erheblicher Anteil der schritten, sondern an der Verwirklichung von selbst ge-
Selbstständigen ohne Beschäftigte in Arbeitsverhältnissen setzten Zielen. Allerdings steht die empirische Forschung
tätig ist, die dem einer Scheinselbstständigkeit sehr nahe zu diesem Leitbild noch am Anfang.
kommen. Ein Beispiel dafür sind LKW-Fahrer, die nicht Das Leitbild der Entgrenzung geht von der Annah-
mehr als Angestellte, sondern als Selbstständige mit eige- me aus, dass Berufstätige die Fähigkeit entwickeln soll-
14 nem LKW für dieselbe Spedition tätig sind. Sie arbeiten ten, innerhalb einer bestimmten Branche und innerhalb
nicht selbstständig, sondern nach Anweisung, tragen aber eines bestimmten Berufes flexibel zwischen verschiede-
die wirtschaftlichen Risiken selbst, müssen ihre Kranken-, nen Laufbahnen (z. B. Fach- und Führungslaufbahnen)
Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung alleine fi- und Arbeitgebern, was auch Familienzeiten sowie Pha-
nanzieren und bekommen weder bezahlten Urlaub noch sen beruflicher Selbstständigkeit einschließt, zu wech-
bezahlte Krankheitstage. Schließlich kommt hinzu, dass seln (Arthur & Rousseau, 1996). Wechsel werden durch
Erwerbstätigkeiten mit einfachen Anforderungen abge- berufliches Kapital ermöglicht und sollen zu einer Er-
nommen und mit komplexeren Anforderungen zugenom- weiterung des beruflichen Kapitals beitragen. Das beruf-
men haben (Reinberg & Schreyer, 2003; . Abb. 14.2). liche Kapital hat drei Komponenten, nämlich

. Tab. 14.5. Neue normative Leitkonzepte für Berufstätige. (Nach Inkson, 2006)

Proteanisches Leitbild Leitbild der Entgrenzung Employability


© Elsevier Ltd. 2006

Selbstbestimmung und Anpassungsfähig- Proaktive Entgrenzung durch Bewältigungshandeln durch sichere Identität,
keit durch Identität und persönliche Werte Akkumulation von Karrierekapital Laufbahnanpassungsfähigkeit, sowie Human-
und Sozialkapital
14.6 · Auswirkungen der veränderten Beschäftigungsverhältnisse auf den Berufsverlauf
203 14

4 das Knowing why (berufliche Identität und berufli- chancen sowie zu ihren Chancen am Arbeitsmarkt be-
che Werte), fragt wurden. Die Autoren fanden in Übereinstimmung
4 das Knowing how (berufliche Fertigkeiten und be- mit der Laufbahnentwicklungstheorie, dass für den bis-
rufliche Erfahrung) sowie herigen Laufbahnerfolg und die Beurteilung der eigenen
4 das Knowing whom (Aufbau von persönlichen Netz- internen Aufstiegschancen ein differenziertes berufliches
werken und sowie einer positiven persönlichen Re- Selbstkonzept die vergleichsweise höchste Bedeutung
putation). hatte. Für die externen Arbeitsmarktchancen hatte das
individuelle Humankapital das größte relative Gewicht.
Fugate et al. (2004) haben versucht, mit dem Konstrukt Begünstigende Faktoren für die berufliche Weiter-
der Employability diejenigen Faktoren zu identifizieren, bildungsbereitschaft wurden von Blickle und Schnei-
die dazu beitragen, dass eine Person ihre Erwerbstätigkeit der (2008) zusammenfassend dargestellt und werden in
auch angesichts prekärer Arbeitsmarktchancen erhalten der entsprechenden Übersicht wiedergegeben.
kann. Das Konstrukt ist stärker deskriptiv orientiert als
die beiden Leitbilder. Das Konstrukt der Employability
wird von den Autoren als gemeinsame Schnittmenge der Begünstigende Faktoren für die berufliche
beruflichen Identität, der beruflichen Anpassungsbereit- Weiterbildungsbereitschaft
schaft sowie des individuellen Sozial- und Humankapi- Wichtige individuelle Motive
tals konzipiert. 4 Allgemeines Bedürfnis zur persönlichen Weiter-
Aufgrund eines differenzierten beruflichen Selbst- entwicklung und Selbstverbesserung
konzeptes, d. h. einer sicheren beruflichen Identität (Ca- 4 Hoffnung auf finanzielle Verbesserung
reer Identity – Knowing why) sowie einer reichhaltigen 4 Wunsch nach Arbeitsplatzsicherung
individuellen kognitiven beruflichen Landkarte sollen 4 Aussicht auf Reputationszuwachs
Personen für sie in Frage kommende Beschäftigungs- 4 Wunsch, das berufliche Fachwissen zu aktuali-
möglichkeiten explorieren. Förderlich ist dabei ein in- sieren
formationsorientierter Stil, der sich durch aktives 4 Wahrgenommene Verpflichtung zur Weiterbil-
Suchverhalten sowie ein eigenständiges, stark problem- dung seitens des Arbeitgebers
orientiertes Vorgehen auszeichnet. Die berufliche An-
passungsfähigkeit wird durch folgende individuellen Begünstigende organisationale Faktoren
Einstellungen und Dispositionen gefördert: Optimis- (7 Kap. 19 und 26)
mus, Lernbereitschaft, Offenheit für Erfahrung, ein in- 4 Vorhandene betriebliche Lernkultur
ternaler Locus of Control sowie eine positive, generali- 4 Lernförderliche Aufgabengestaltung
sierte Selbstwirksamkeitserwartung. Soziales Kapital 4 Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen
manifestiert sich im sozialen Netzwerk einer Person.
Netzwerke variieren in Bezug auf ihre Größe und Stärke. Faktoren, die die Motivation, an Trainingsmaß-
Sie verschaffen Informationen und Einfluss und damit nahmen teilzunehmen, fördern (7 Kap. 19 und 26)
die Gelegenheit, berufliche Chancen zu entdecken und 4 Geringe Ängstlichkeit
die Möglichkeit, sie zu realisieren. Das individuelle Hu- 4 Internale Kontrollüberzeugung
mankapital manifestiert sich in den individuellen Fähig- 4 Hohe Selbstwirksamkeit
keiten, der Schulbildung, dem Studium, der beruflichen 4 Hohe Gewissenhaftigkeit
Ausbildung, der beruflichen Weiterbildung sowie der 4 Starke Leistungsmotivation
Dauer und Intensität der Arbeits- und Berufserfahrung.
Eby, Butts und Lockwood (2003) untersuchten die Problemgruppen der beruflichen Weiterbildung
relative Bedeutung der drei Größen Knowing why (dif- 4 Frauen
ferenziertes berufliches Selbstkonzept), Knowing how 4 Ältere
(Humankapital) und Knowing whom (Sozialkapital) bei 4 Personen mit niedrigem Bildungsabschluss
458 nordamerikanischen Hochschulabsolventen des Ab- 4 Personen mit niedrigem sozialem Status
solventenjahrganges 1995, die 2001, also nach 6 Jahren, 4 Beschäftigte in Klein- und Mittelbetrieben
zu ihrem beruflichen Erfolg, ihren internen Aufstiegs-
204 Kapitel 14 · Berufswahl und berufliche Entwicklung

Die Selbstwirksamkeitserwartungen, die Ausrichtung Frühverrentungspersonalpolitik der Arbeitgeber (All-


des Locus of Control, der Optimismus und die Selbst- mendinger & Ebner, 2006): 15% aller Betriebe stellen
wertschätzung spielen also eine wichtige Rolle für die grundsätzlich keine älteren Mitarbeiter ein. Und nur 2%
erfolgreiche Anpassung von Erwachsenen an die ver- der Betriebe bieten eine besondere Ausstattung der Ar-
änderten Beschäftigungsverhältnisse. Wie sehr um- beitsplätze für Ältere.
fangreichen Interventions- und Evaluationsstudien bei Es wird geschätzt (Allmendinger & Ebner, 2006),
Arbeitslosen in den USA der Arbeitsgruppe um Vino- dass sich die Bevölkerung in Deutschland von 82,5 auf
kur zeigen, lassen sich diese Größen gezielt durch psy- 75 Mio. im Jahre 2050 verringern wird. Der Anteil der
chologische Interventionen im Rahmen von Outplace- unter 20-Jährigen wird von 21 auf 16% und der Anteil
ment- oder Arbeitslosentrainings steigern (Ryn & der zwischen 20- und 59-Jährigen wird von 55 auf 47%
Vinokur, 1992). Diese Interventionen führen auch sinken. Steigen wird dagegen der Anteil der 60- bis 79-
noch nach 2,5 Jahren zu einer höheren Beschäfti- Jährigen von 20 auf 25% und der über 80-Jährigen von 4
gungsquote und besseren Einkommen bei den Betrof- auf 12%. Je nach Zuwanderungsintensität schätzt man,
fenen (Vinokur, Ryn, Gramlich & Price, 1991; Vinokur dass deshalb das Arbeitskräfteangebot in Deutschland
& Schul, 1997). Eine ausführliche Darstellung von psy- bis zum Jahre 2050 von 44,5 auf 32–38 Mio. Arbeitskräf-
chologischen Interventionsmaßnahmen bei Erwerbs- te absinken wird.
losen findet sich bei Zempel und Moser (2001), Out- Allmendinger und Ebner (2006) gelangen deswegen
placementmaßnahmen werden von Hofmann (2001) zu folgender Forderung:
eingehend dargestellt.
Insbesondere die Expansion anspruchsvoller Dienst-
leistungstätigkeiten erhöht den Bedarf an hochqua-
14.7 Perspektiven aufgrund des lifizierten Arbeitskräften, während niedrig Qualifi-
demographischen Wandels zierte zunehmend seltener nachgefragt werden ...
in Deutschland Das schrumpfende Arbeitskräfteangebot, die immer
älteren Arbeitsanbieter und die erhöhten Qualifikati-
Mehr als 8 Mio. der fast 11 Mio. Teilzeitbeschäftigten in onsanforderungen verlangen nach einer Erhöhung
Deutschland sind Frauen (Wanger, 2005). Häufige Grün- der Erwerbstätigenquoten von Frauen und Älteren
de dafür, warum Frau so häufig in Teilzeitbeschäfti- sowie nach einer effektiveren und verstärkten Bil-
gungs- anstatt in Vollzeitbeschäftigungsverhältnissen dung und Weiterbildung. (Allmendinger & Ebner,
arbeiten, sind die Unterbrechung oder Einschränkung 2006, S. 227)
der Erwerbstätigkeit von Frauen aufgrund der Kinder-
14 betreuung sowie der Pflege und Betreuung immer länger Ältere Menschen verfügen über Wissen und Erfahrun-
lebender Eltern und Großeltern. Diese Einschränkungen gen, die sie in die Lage versetzen, sich mit neuen Anfor-
und Unterbrechungen wirken sich negativ auf die Karri- derungen kreativ auseinanderzusetzen, insbesondere
ereentwicklung von Frauen aus. Die Einkommen von werden Entscheidungen und Schlussfolgerungen von
Frauen in Deutschland liegen derzeit jedoch auch bei Älteren mit mehr Bedacht, mit größerer Vorsicht und
Berücksichtigung der kürzeren Arbeitszeiten niedriger nüchternem Realismus getroffen (Lehr & Kruse, 2006).
als jene der Männer. Außerdem sind Frauen in Füh- Die Risiken bei älteren Beschäftigten resultieren aus
rungspositionen immer noch stark unterrepräsentiert, einem Nachlassen der Körperkraft, der Verschlechte-
obwohl Frauen inzwischen im Durchschnitt höhere all- rung der Gesundheit, Verminderungen der Sinnesleis-
gemeinbildende Schulabschlüsse haben als Männer (Sta- tungen, Einbußen in der Informationsverarbeitungs-
tistisches Bundesamt, 2005). und Reaktionsgeschwindigkeit, verringerter Leistungs-
Nur 38% der Menschen in Deutschland zwischen 55 kapazität des Arbeitsgedächtnisses sowie einer
und 64 Jahren sind noch erwerbstätig. Die Gründe dafür Abnahme der selektiven Aufmerksamkeit (Maintz,
sind eine verminderte Erwerbsfähigkeit (etwa 1,8 Mio. 2003). Deshalb wird es zukünftig notwendig sein, Ar-
Personen beziehen in Deutschland eine Erwerbs- bzw. beitsaufgaben für ältere Erwerbstätige so zu gestalten,
Berufsunfähigkeitsrente), eine hohe Gesamtarbeitslosig- dass sie deren Risiken kompensieren und ihre Stärken
keit sowie eine lange Jahre auch staatlich geförderte zum Tragen bringen.
Literatur
205 14

Zusammenfassung L Weiterführende Literatur


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