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Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung bei der Aufklärung folgender Fragen und
Beseitigung dieser Missstände
Am Görlitzer Ufer
Noch vor wenigen Jahren stand dort eine herrliche Duftjasminhecke, in der
Nachtigallen schlugen, die bekanntlich standorttreu sind. Die Blühsträucher wurden
nach und nach soweit herunter geschnitten, dass Clematis ihnen den Rest gaben.
Nichtsdestoweniger wurde vor ein paar Wochen in der gleichen Art weiter gesägt,
obwohl sich eine Anwohnerin in ehrenamtlicher Fürsorge im letzten Sommer mit
einem fachgerechten Schnitt um die Duftjasminhecke kümmerte. Die Aktion wurde
dem Amt auch mitgeteilt, was jedoch unberücksichtigt blieb, was darauf schließen
lässt, dass es am Annehmen angebotener Bürgerbeteiligungen im Bezirk oftmals
mangelt.
Reichenberger Straße
Welche Firmen nehmen die Schnittmaßnahmen der Sträucher im Bezirk vor? Wir
würden uns über Mitteilung der Namen freuen!
Unter welchen Bedingungen und Tarifen sind die Mitarbeiter der bewirtschaftenden
Firmen tätig? Handelt es sich um Subunternehmen normaler Galabau-Firmen mit
Billiglöhnen und unzureichend qualifizierten Mitarbeiter*innen?
Oder welche Ursachen gibt es sonst für die inakzeptablen Ergebnissen und
Habitatverluste in Folge fortgesetzter defizitärer Maßnahmen bei Grün- und
Strauchpflege?
Nicht zuletzt geht es bei diesen Fragen um öffentliches Eigentum sowie
Lebensqualität und Erholungsansprüche der Bevölkerung in einem dicht besiedelten
Bezirk mit dem wenigsten wohnungsnahen Grün pro Kopf.
1. Ist das Grünflächenamt mit den Ergebnissen der Bewirtschaftung der
Freiflächen durch Billigfirmen zufrieden?
Wenn nicht, ist das Amt unterfinanziert, um wertschätzend, artenschutzgerecht und
Grün erhaltend vorzugehen? Wie können die dargestellten Mängel zeitnah beseitigt
werden?
2. Es stellt sich die Frage, warum werden so häufig Radikalschnitte
vorgenommen?
Wird Stadtnatur bezüglich der Fläche und damit auch der Vorkommen gesetzlich
geschützter Habitate des besonderen Artenschutzes absichtlich so erheblich
reduziert? Bleiben die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag, die die
kontinuierliche naturnahe Pflege und die Einhaltung von Naturschutzrecht auf
öffentlichen Flächen vorsehen, wegen Kosteneinsparung unberücksichtig?
3. Wie können die Totschlagargumente des Bezirksamtes: Obdachlosenzelte,
Drogenverstecke, Rattenbefall ausgeräumt werden?
Durch Zerstörung der Natur werden teilweise irreparable Schäden auf Kosten
der Lebensqualität der Bevölkerung angerichtet.
4. Warum wurde das Spatzenparadies vor der Rosa-Park-Schule in der Forster
Straße mit seinen Duftjasminen, Weidenkätzchenbäumen, Mahonien,
Koniferen und Kräuter, Nahrung für Vögel und Kleinsäuger, in der Schonzeit
komplett für Fahrradbügel gerodet? Die überzähligen Bügel werden auch in
Zeiten des Schulbetriebs nicht in dem Umfang gebraucht.
Bei Baumaßnahmen wird leider oft und erheblich ins Wurzelsystem der
Straßenbäume eingegriffen. Wurzeln mit einem Durchmesser von 2,5cm dürfen aber
ohne Genehmigungen nicht abgetrennt werden. Leider kommt es zu oft zu
Abtrennungen, die dieses Maß überschreiten.
Vorschlag für die Neunutzung entfernter Büsche und Sträucher aufgrund von
Baumaßnahmen
Der/die Bauherr*in ist verpflichtet, die gefällten Bäume auf dem Baugelände
nachzupflanzen, soweit dies vom Platz her möglich ist. Ist dies nicht mehr möglich,
werden Ausgleichzahlungen ans Bezirksamt überwiesen. Dieses Geld kommt dann
in einen Topf für ökologische Maßnahmen und wird nicht zwingend für neue Bäume
ausgegeben! So nimmt der Baumbestand kontinuierlich ab. Bäume, die in Kreuzberg
aufgrund von Neubauten gefällt wurden wie beispielsweise die vom Areal des
Postscheckamts oder vom Baufeld Gerhart-Hauptmann-Schule, werden im
Friedrichshainer Volkspark nachgepflanzt. Dies kann nicht Sinn der Sache sein. Es
gibt auch in Kreuzberg freie Baumplätze. Wir brauchen die Bäume hier!
Siehe auch die Potenzialanalyse Kreuzberg/F'hain "Mehr Grün" von Herrn Münnich.
Seit ein paar Jahren bezahlt der Senat Geld für 10.000 neue Bäume in Berlin um die
verloren gegangen Straßenbäume der letzten 10 Jahre auszugleichen. Falls der
Bezirk F'hain/Kreuzberg dieses Geld auch für neu hinzukommenden Ausgleich für
Baumfällungen ausgibt und sich nicht selbst angemessen finanziell beteiligt, wird
das Ziel, den Rückstand zu beheben, nicht erreicht werden können.
Ein Vorschlag:
Können die Ausgleichszahlungen für gefällte Bäume aufgrund von Wohnungsbau
zum Schutz der Umwelt angemessen erhöht werden? Es würde nur einen geringen
Teil der Bausumme ausmachen.
zu 1.) In der Deklaration "Biologische Vielfalt in Kommunen" wird auf Seite 3 eine naturnahe Pflege
öffentlicher Grünflächen mit weitgehendem Verzicht auf Pestizide und Düngung gefordert. Diese
Forderung wird vom Straßen- und Grünflächenamt (SGA) eingehalten. Weiterhin ist eine Reduktion
der Schnittfrequenz vorzusehen. Diese Maßgabe wird ebenfalls vom SGA angewendet. Der
Baumrückschnitt erfolgt grundsätzlich nach bestem fachlichen Wissen und Gewissen sowohl der
eigenen Mitarbeitenden als auch der extern beauftragten Firmen. Mindeststandards für die
fachliche Qualifikation des Personals werden gefordert. "Billigfirmen" ohne fachlichen Hintergrund
werden auf Grund ihrer mangelnden Qualifikation von den Ausschreibungen ausgeschlossen. Das
SGA schult sein Personal regelmäßig auf dem aktuellen Stand der Technik. Die Schnitte erfolgen
jedoch auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten unter Beachtung der zur Verfügung stehenden
Mittel.
zu 2.) Die Gehölze werden i.d.R. nach individueller örtlicher Einschätzung der Ausführenden oder
des fachlich versierten Anleitenden beschnitten. Die Einschätzung basiert dabei auf der Grundlage
der gärtnerischen Ausbildung und in Abwägung der anderen Belange – hier u.a. Möglichkeiten der
Aufrechterhaltung von Ordnung und Reinigung sowie Verkehrssicherheit.
zu 3.) Grundsätzlich wird der Gehölzschnitt bei Sträuchern nur außerhalb der Vogelbrut/-schutzzeit
von Anfang Oktober bis Ende Februar durchgeführt. Unter Berücksichtigung aller Belange (siehe
oben) werden Gehölze i.d.R. nicht einfach "auf Stock" gesetzt, sondern möglichst
Verjüngungsschnitte durchgeführt. In größeren Anlagen wird versucht, nicht alle Bereiche
zeitgleich zu bearbeiten. Bezüglich der Baumpflege sind die beauftragten Baumpflegefirmen
geschult im Umgang mit Artenschutz (Zertifikate werden seitens des SGA gefordert). Es besteht ein
enger Kontakt zu dem Umwelt- und Naturschutzamt. Baumpflegemaßnahmen können leider nicht
nur außerhalb der Vogelschutzzeit stattfinden. Das Beschneiden von Bäumen ist grundsätzlich
auch in der Vegetationszeit zulässig. Dies ist auch fachlich richtig, da der Saftfluss des Baumes in
der Vegetationsperiode ein besseres Verschließen von Schnittwunden und damit eine Heilung
ermöglicht. Natürlich müssen bei diesen Maßnahmen die artenschutzrechtlichen Bestimmungen
eingehalten werden. Kann die Maßnahme aus Verkehrssicherungssicht verschoben werden, wird
dies grundsätzlich getan.
zu 4.) Auf ca. einem Drittel der öffentlichen Grünanlagen erfolgt die Strauchpflege durch externe
Firmen. Hierdurch entstehen dem SGA Kosten in Höhe von knapp 200.000 € jährlich. Die anderen
Grünanlagen werden durch eigenes Personal bearbeitet.
Zu 5.) Die Beantwortung dieser Frage erfolgt untenstehend unter dem Punkt "Zu
Ausgleichszahlungen für aufgrund von Wohnungsbau gefällter Bäume."
Das ehrenamtliche Engagement einer Bürgerin bzgl. der Duftjasminhecke war der ausführenden
Gruppe der Grünflächenaufsicht und -unterhaltung nicht bekannt. Leider fehlen dem SGA aktuell
noch die erforderlichen personellen Kapazitäten, um alle Bürgerinitiativen des Bezirks angemessen
koordinieren und betreuen zu können.
Das baumspezifische sekundäre Dickenwachstum der Bäume hat zur Folge, dass Äste in das
Lichtraumprofil der Straßen und Gehwege hineinragen. Hier wird rechtlich ein Mindestmaß von 2,5
m Lichtraumprofil über Gehwegen und 4,5 m (bzw. bei Schleppen bildenden Baumarten 6-7 m)
über Straßen angesetzt (siehe auch Unterlagen der FLL – Forschungsgesellschaft
Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau). Erfolgt der Rückschnitt nicht rechtzeitig, entstehen
immer größere Astungswunden, die Fäuleerreger dringen ein, die Wunde wird schlechter
abgeschottet, der Baum muss auf Grund seiner Schäden früher gefällt werden. Auf Grund der in
der Vergangenheit nicht ausreichend zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen
Mitteln wurden und werden diese notwendigen Schnitte nicht ausreichend oder zu spät
durchgeführt. Generell wächst die Krone auf Grund des terminalen Wachstums jedoch weiter und
das Verhältnis Stamm zu Krone relativiert sich wieder. Das Aufasten ist daher keine "unnötige
Maßnahme", sondern eine zwingend durchzuführende Entwicklungsmaßnahme von Bäumen im
Straßenland, um überhaupt Bäume an diesen Standorten zu erhalten bzw. zu pflanzen, wo sonst
keine Bäume stehen würden.
Viele der angesprochenen Missstände sind Folge der personellen Unterbesetzung und
Unterfinanzierung des SGA und Ergebnis des massiven Stellenabbaus in den vergangenen
Jahrzehnten. Der derzeitige Verteilungsschlüssel der öffentlichen Gelder für die Bewirtschaftung
der Grünanlagen ist unausgewogen, weil der sehr hohe Nutzungsdruck überwiegend kleiner
Anlagen in der Innenstadt nicht angemessen in der Zuteilung der Gelder Berücksichtigung findet
und Innenstadtbezirke dadurch praktisch eine Benachteiligung erfahren. Eine nachhaltige,
artenschutzgerechte und v.a. substanzerhaltende Grünflächenunterhaltung ist nur mit einer
Bereitstellung der dafür notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen möglich.
Regelmäßige Pflegegänge würden radikalere Rückschnitte entbehrlich machen, weil stetig nur ein
kleiner Gehölzteil aus der Anlage entnommen würde und sich die Gehölze fortlaufend verjüngen
könnten. Gut und regelmäßig gepflegte Anlagen sind übersichtlicher, bieten dadurch weniger
Raum für Verstecke, lassen sich leichter reinigen und werden durch die dadurch insgesamt größere
Akzeptanz der erholungsuchenden Bevölkerung besser genutzt, was zu einer größeren sozialen
Kontrolle führt.
Doch auch bei einem gerechteren Verteilungsschlüssel lassen sich die Folgen des Klimawandels,
der daraus resultierenden immer neuen Krankheiten und pathogenen Schaderreger an Bäumen
(bspw. Lindenmassaria, Rußrindenkrankheit, Eichenprozessionsspinner, Ulmensterben usw.) nicht
ausgleichen oder wegretuschieren. Die seitens des Senates zugewiesenen Mittel müssen
unbedingt erhöht werden!
Nicht zuletzt geht es bei diesen Fragen um öffentliches Eigentum sowie Lebensqualität und
Erholungsansprüche der Bevölkerung in einem dicht besiedelten Bezirk mit dem wenigsten
wohnungsnahen Grün pro Kopf.
Baumfällungen sind immer das letzte Mittel in einer langen Kette aus Abwägungen
unterschiedlicher Belange. Geht von den Bäumen eine starke Gefährdung aus, die nicht durch
Sicherungsmaßnahmen des Fachbereichs Straßen in Kooperation mit dem Fachbereich
Grünflächen behoben werden können, mit dem Ziel, den Baum zu erhalten, müssen diese leider in
Einzelfällen gefällt werden.
Hier kommt es, für die Bürger*innen teilweise nicht ersichtlich, bei Wurzelschachtungen zu
größeren Funden als oberflächlich vermutet wurde. Baumaßnahmen (insbesondere unterirdischer
Weise) sind seit langem die am stärksten in das Leben der Bäume eingreifende Tätigkeiten. So
liegen Leitungen z. B. dort, wo sie nicht verzeichnet waren. Das SGA fordert aktuell bei fast allen
Baumaßnahmen eine ökologische Baubegleitung um größtmöglich Schäden zu verhindern, jedoch
ist das SGA auf die Hilfe und Meldung von rechtsbeugenden Handlungen angewiesen. Durch
Meldungen von Bürger*innen konnten Baumaßnahmen bereits erfolgreich gestoppt und in der
Vergangenheit schon diverse Bäume gerettet werden. Hinweise werden immer gerne
entgegengenommen. Leider muss das SGA "den Täter überführen". Fotos von Wurzelabrissen sind
dann am hilfreichsten, wenn bspw. das Fahrzeug oder die ausführende Firma fotografiert und dem
SGA übermittelt werden.
Der Bezirk hat 2020 knapp 300.000 Euro für Bewässerungsmaßnahmen verausgabt. Bei knapp
40.000 Bäumen im Zuständigkeitsbereich des SGA können leider nicht alle Bäume bewässert oder
in der Intensivität bewässert werden, wie sie es benötigen. Bei der Entwicklung gerade neuerer
Bestandsbäume hat das SGA jedoch bereits nachgesteuert und die Entwicklungspflege inkl.
Bewässerung von 2-3 auf 5-6 Jahre verlängert, um den Bäumen einen besseren Start geben zu
können. Ausfälle sind jedoch nicht komplett zu vermeiden. Das SGA ist sehr dankbar für die
Hinweise der interessierten Öffentlichkeit und bezieht diese in der Umsetzung ein. Die
Kommunikation mit den Revierleitungen läuft sehr gut, jedoch können auch die Revierleiter*innen
bzw. die Mitarbeitenden nicht überall gleichzeitig sein. Gelder und Personal fehlen hier seit
Jahren.
Die aktuellen Ausgleichsprojekte können auf der Internetseite des Umwelt- und Naturschutzamtes
eingesehen werden.
Die ökologischen Ausgleichsmittel dürfen nicht für Maßnahmen eingesetzt werden, wenn sich
diese aus anderen Rechtsvorschriften ergeben. So ist im Berliner Straßengesetz geregelt, dass bei
der Errichtung bzw. der Sanierung von Verkehrswegen Straßenbäume zu pflanzen sind. Das
Pflanzen von Straßenbäumen mit Naturschutzmitteln ist deshalb ausgeschlossen.
Die Höhe der Ausgleichsabgabe für gefällte Bäume richtet sich nach der vom Land Berlin
erlassenen Verordnung zum Schutze des Baumbestandes in Berlin. Der Bezirk Friedrichshain-
Kreuzberg setzt sich seit langem für eine Erhöhung bzw. Anpassung der Ausgleichsabgabe bei der
demnächst anstehenden Überarbeitung der Baumschutzverordnung ein.
Monika Herrmann