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Inhalt

3 Wer sind die Taliban ?


6 Liebe GenossInnen
Bericht vom 20.10.01

8 Bericht vom 31.10.01

11 A U F R U F
zur Demonstration GEGEN den KRIEG am 8. Dezember 2001
in Magdeburg

12 Von wegen Meinungsfreiheit


Heute wie Gestern

15 Rasterfahndung
18 Termine
Im FFolgolg enden vveröf
olgenden eröf
eröfff entlic
entlichen
hen wir dr drei
ei 1992 trat die letzte kommunistische Regie-
Situationsbericht
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emmer rung unter Najibullah zurück. Sie übergab die
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Kemmer istt seit ca. 1 Jahr in Afgha- Macht in Kabul an eine Koalition aus fünf
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Org Mujaheddin-Gruppen. Die Provinzen waren
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haus in K abul und U
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ebung tätig, und gen völlig zerrissen. In ständig wechselnden
s t eht mit uns im dir ekt
direkt en eMail-K
ekten eMail-Kontont akt.
ontakt. Koalitionen führten sie untereinander den
Krieg. In dieser Situation taucht Ende 1994
erstmals der Name „Taliban“ auf. Die „zweite
Generation“ der Gotteskämpfer besetzen die
südliche Stadt Kandahar. Dort entwaffnen sie
Der erste Artikel wurde noch vor den Terror- alle anderen Gruppen und setzen eine stren-
Anschlägen geschrieben und handelt mehr ge Interpretation der Scharia (islamisches Ge-
von seiner Arbeit in Afghanistan. setz) durch. Verboten werden westliche Klei-
dung, Musik, Fernsehen, Videos, die meisten
Wer sind die TTaliban
aliban ?

Im Straßenbild äußerlich sind sie leicht zu


erkennen. Es handelt sich um junge Männer
mit Gummisandalen, Chaiber-Kamis (langes
Hemd), schwarzem Turban im Kandahari-Stil
und Kalaschnikow. Sie fahren schwer moto-
risierte Toyota-Pick-ups, tragen wilde Bärte
und sprechen den Paschto-Dialekt.

Als die afghanische Hauptstadt Kabul 1996


kampflos von den Taliban (wörtlich: Islam-
schüler) eingenommen wurde, standen vie-
le vor einem Rätsel. Wer waren die neuen
Stammeskrieger ? Ihre Herkunft und Füh- Sportarten und Spiele. Mädchenschulen wur-
rung waren so geheimnisumwoben, daß sie den geschlossen. Frauen müssen außer Haus
deshalb mit den Roten Khmer in Kambodscha den „Tschadori“ tragen, einen Ganzkörper-
verglichen wurde. Die üblichen Wertungen, Schleier, Männer dürfen die Bärte nicht
wie „Fundamentalisten-Regime“ geben mehr schneiden. Amru-Bil -Maruf, die Religions-
Fragen als Antworten auf. Trotzdem sie über polizei, kontrolliert auf der Straße, ob die
95% des Landes militärisch kontrolliert, ist Vorschriften eingehalten werden. Das Mini-
die Regierung international nicht anerkannt. sterium für Tugend und Laster ist als Geheim-
Die UN verhängte 1999 ein Embargo wegen dienst tätig um die Sünder zu finden. Nach
der Nicht-Auslieferung von Osama bin Laden. traditionellen Stammesgesetzen
(Paschtunwali) werden Todesurteile öffent-
Wie war es möglich, daß in nur 2,5 Jahren lich vollstreckt, teils durch Steinigung und
eine Gruppe die Macht übernahm - in ei- von betroffenen Angehörigen
nem Land, das sich seit 21 Jahren im Bür-
gerkrieg befindet ? In dessen Regional- Die Rekrutierungsbasis der Taliban bilden
konflikt sich selbst die Sowjetunion 1989 hunderte Koranschulen (und Waisenhäu-
zurückzog. sern) in pakistanischen Flüchtlingslagern.

Afghanistan 3
Et hnisch sind sie fast ausschließlich ne Fotos zu und empfängt nur den engsten
Paschtunen (40% der Gesamtbevölkerung). Führungszirkel. Gouverneure eroberter Pro-
Viele Minister haben an der Haqqania- vinzen werden aus dem Kreis der bewährten
Madrasse in Akhora Khatak / Nord-West- Kommandanten, also ebenfalls Paschtunen,
Frontier-Province. Der Rektur ist Samiul Haq er nannt. Kandahar wurde eigentliches
(„Laßt die Schüler Afghanistan überneh- Machtzentrum Afghanistans.
men“) studiert. Sie ist die sunnitische Elite-
schule mit Beziehungen zur ex-Regierungs- Wer er mög
ermög lic
möglic hte den kkometenhaf
lichte ometenhaf ten Sie-
partei Jamiat Ul-Islamyyah (JUI ). Ursprüng- g eszug dieser kleinen Gr u p p e v o n
lich führt sie sich auf die DEOBANDI - Bewe- r eligösen Krieg
Kriegerer n?
ern?
gung in Britisch-Indien zurück (nach einer
islamischen Universität nahe Delhi) und war Die Transportmafia in Quetta und Peschawar
im anti-kolonialen Kampf engagiert. Nun do- hatte ein Interesse die dutzenden von
Straßenkontrollen und Zölle kleiner
Mujaheddin-Gruppen entlang ihrer Routen zu
beseitigen. Die pakistanische Schwarzmarkt-
Ökonomie lebt zu 50% von zollfreien Impor-
ten. Neben dem Freihafen Karachi ist Afgha-
nistan das bedeutenste Transferland für
Schmuggelware, besonders Re-Importe von
PKW und Elektroartikel "Made in Japan".
Durch verschärfte Drogenbekämpfung auf pa-
kistanischen Territorium, verlagerte sich die
Opiumanbau nach Afghanistan, das 80% an
minieren anti-modernistische Radikale, die der Weltproduktion von Heroin stellt. So
sich für eine islamische Revolution rüsten. mußten keine Leerfahrten mehr erfolgen.
Neo-Taliban-Zellen finden sich auch in den Über Mittelasien und Bandar Abbas/Iran ge-
zentralasiatischen Republiken, langt die Droge nach Europa.
Tschetschenien, Kaschmir, Bosnien und
Aserbaidschan. Die Rolle des pakistanischen Geheimdienstes
Die Führung arbeitet abgeschottet um Mul- ISI für die Logistik ist schemenhaft. Bereits
lah Omar, (37). Er trägt den Titel „Amir-e- im kalten Krieg lieferte er den Mujaheddin-
Moemin“ („Anführer der Gläubigen“). Die Gruppen moderne Waffen und vermittelte
Kandahar Schura (Oberster Rat) ist der kol- zwischen CIA und arabischen Geldgebern.
lektive Entscheidungsträger und arbeitet Vermutlich war er bei der - in der Regel-
nach dem Konsensprinzip. Sie besteht aus kampflosen - Einnahme von Städte und Pro-
zehn alten Gefährten Omars, sämtlich aus den vinzen nicht ganz unbeteiligt, in Form von
drei südlichen Provinzen Kandahar, Helmand Bestechungsgeldern für lokale "Warlords" mit
und Or uzgan. Militärkommandeure, von der Partie. Pakistan hat als einziges Land
Stammesälteste und Ulema (religiöse Lehrer) die Taliban-Regierung diplomatisch aner-
nehmen beratend teil. Die Kabul Schura (Mi- kannt. Dort bestehen strategische Interes-
nisterrat) und die Militär-Schura besorgen sen an einem sicheren Hinterland. Die grenz-
dagegen Tagesaufgaben. Maulawi Omar ver- überschreitenden Stammesgebiete der
kündet strategischen Entschlüsse und Paschtunen sind gesetzloses Niemandsland.
Fatwas (Glaubensdogmen). Er verläßt Der 100 Jahre alte Vertrag über die Curzon-
Kandahar nie, gibt keine Interviews, läßt kei- Linie, die diese Britisch-Indien zuordnete, ist

4 Afghanistan
1992 abgelaufen. Er würde nur von einer pro- durch die Kandahar-Schura hat eine 180-
pakistanischen Marionetten-Regierung ver- Grad-Wende im US-Afghanischen Verhältnis
längert. bedingt. Allem zum Trotz genießt er dort
Gastrecht.
Saudi-Arabien übt zumindest auf der
religösen Schiene maßgeblichen Einfluß aus. Die Taliban-Gegner unter Massoud, die so-
Stiftungsfinazierte Moscheen sind die eine genannte Nordallianz, werden von Frank-
der wenigen Neubauten im kriegs- reich, Indien, Iran und dem gemeinsamen
verwüsteten Taliban-Land. Der saudische Militärkommando der GUS-Staaten unter-
Wahabbismus ist militant gegen die Schiiten, stützt. Auch China hat sich dem Abkommen
Ismailiten und ihren Protege Iran gerichtet von Duschambe im Juli angeschlossen, da es
und versucht in der Region an Boden zu ge- fundamentalistische Strömungen in der au-
winnen. Die Religionspolizei ist eine origi- tonomen Provinz Xinjiang fürchtet. Ihre ver-
nalgetreue Kopie des saudischen Modells. bliebenen zweieinhalb Provinzen sind nicht
Bevor er vom Könighaus der Ibn-Saud ver- weniger islamisch geprägt. Auch in
stoßen wurde, war Osama bin Laden der Badachschan und im Panschir-Tal tragen
saudische Emissär. Frauen die Buqra, der Heroinhandel floriert
(Spiegel 32/00).
Die USA betrieb seit den 80er Jahren eine Die archaische Stammesgesellschaft Afgha-
Politik gegen Teheran. Durch Stärkung regio- nistans ist mit modernsten Waffen wieder im
naler Gegenkräf te soll ein Expor t der Mittelalter angelangt. Der islamische Kalen-
schiitischen Revolution vermieden werden, der schreibt das Jahr 1421. Religion ist Poli-
insbesondere am Golf und in den seit 1990 tik, Politik ist Religion. Der ewige Kreislauf
unabhängigen mittelasiatischen Republiken. zwischen dem heroischen Beduinenkrieger
Die künftige Ausbeutung der Erdöl und und dem satten Städter hat wieder begon-
Gasfelder Zentralasien ist das „New Great nen. In der gesamten moslemischen Welt gibt
Game“. China, Türkei, Iran, Japan, USA und es „Afghanen“. Die moslemische Internatio-
Rußland sind die Spieler um das große Ge- nale der siegreichen Glaubenskrieger gegen
schäft. Ein Schauplatz dieses Konfliktes ist die „ungläubige“ Sowjetunion. Die Kräfte, die
die geplante Gaspipeline aus Turkmenistan. gegen den gemeinsamen Feind gerufen wur-
Die dort lagernden große Reserven sind un- den, richten sich nun gegen ihre Meister
ter anderem für den Markt auf dem selbst, wie in der Legende vom Zauber-
bevölkerungsreichen indischen Subkontinent lehrling. Die Welt noch kaum nimmt Notiz
bestimmt. Die US-Konzern UNOCAL, sowie die davon. Der gesamte Region droht die
argentische BRIDAS (nun 60% AMOCO) ver- Talibanisierung. Der Militärputsch in Paki-
handelten seit 1992 eine Route über afgha- stan zeigt das Zerbrechen dieses post-
nische Gebiet zu pakistanischen Exporthäfen kolonialen Konstrukts an. In Algerien, Ägyp-
- unter Umgehung des Iran. Taliban-Verteter ten, Palästina. Türkei, den moslemischen Gus
waren dazu mehrfach in den USA zu Gast. Republiken, Indonesien, Libanon, usw . gibt
Am 21. 8. 1998 wurden die Verhandlungen es eine breite Basis für das Modell der
plötzlich auf Eis gelegt, einen Tag nach dem Religionsschüler. Moslemische
Cr uise Missile-Bombardement auf Aus- Modernisierungsverlierer sind mit Koran und
bildungslager der Al-Queida. Osama bin La- Schwert auf dem Weg um ihren gerechten
den wurde vom CIA-Schützling zum weltweit Anteil zu erkämpfen.
gesuchte Top-Terroristen umdeklariert. Die
Nicht-Auslieferung dieser einzelnen Person Willi Kemmer

Afghanistan 5
Beric ht vvom
Bericht om 20.10.0
20.10.0 1
0.01 3. Das Leben in den Städten geht tagsüber
Liebe GenossInnen, seinen gewohnten Gang. Märkte und Basare
für lange Artikel habe ich wenig Zeit, da wir, sind offen. Der Handel in das Land läuft. Rein
solange es geht, Hilfstransporte organisieren. geht's, nur raus nicht.
Nur soviel: Die Bevölkerungsbilanz ist ausgeglichen, da
einige Lügen der gleichgeschalteten Medien auch ärmere Familien aus den Bergregionen
(CNN,BBC und Co.) z.B. in Kabul Zuflucht suchen.
4. Gangs aus den Ausbildungscamps machen
1 . Es gibt bisher fast ausschließlich zivile in mehreren Städten Raubzüge,
Opfer. Die Camps wurden natürlich rechtzei- konfiszieren Autos und Equipement der UN
tig geräumt. Die schönen Luftbilder zeigen und grosser Hilfsorganisationen.
Schrottflugzeuge und -KFZ, die als Zielschei- Diese haben fast alle ihre Büros geschlossen
ben aufgestellt wurden. Die Taliban bewegen und die Mitarbeiter, die besser verdienen, ha-
sich ständig und in kleinen Gruppen, so dass ben das Land verlassen. Insofern besteht na-
sie kaum geortet werden können. Ein Hub- hezu keine Infrastruktur mehr, um Hilfslie-
schrauber und mehrere ferungen ins Landesin-
Zerstörtes Haus in Kabul
Spionagef lugzeuge der nere zu bringen.
Amis wurden an der pa- 5. Unverändert liegt
kistanischen Grenze ab- kein Beweis vor, dass
geschossen (2 Tote). Osama bin Laden oder
2 . Es gibt keine seine Gang tatsächlich
Flüchtlingswelle in die hinter dem 11.9. steckt.
Nachbarländer. Diese, Es kann sich ebenso um
insbesonders Pakistan ein hausgemachtes
haben ihre Grenzen und Ami-Problem handeln
grenznahen Gebiete zu (CIA-Connection zu
Afghanistan hermetisch enttäuscht über Ex-
abgeriegelt. Es gibt so- Mujaheddin). Das Bild
gar zwangsweise Rück- ist komplizierter, da
deportationen von ein- die sogenannten Terro-
zelnen Flüchtlings- risten (musl. Gäste) in
familien, die es über Sei- Afghanistan keines-
tenwege in den Bergen wegs eine einheitliche
beinahe geschaff t ha- Gruppe darstellen. So
ben. Alles andere, was ist z.B. Al-rashid Trust
z.T. im Fernsehen zu sehen ist, sind normale eine wohlbekannte internationale musl. NGO,
Grenzgänger z.B. Nomaden auf dem Weg in die auch in Pakistan registriert ist.
ihre Winterlagerplätze. In Quetta müssen an 6. Es wurden auch viele Hilfsgelder einge-
die „paschtunischen Tribals“ bis zu 100$ Be- froren (u.a. ICRC, HammerForum), die für hu-
stechung gezahlt manitäre Zwecke in Afghanistan bestimmt
werden. Dagegen gibt es eine unklare Zahl waren. Der Rundumschlag der Banken ist
von "temporary internally displaced persons", keineswegs zielgerichtet und geeignet ir-
Familen, die vor den Bombardements vor- gendwas zu befruchten. Im Gegenteil ist das
rübergehend zu Verwandten auf’s Land aus- Halal-Transfersystem hier marktüblich auch
gewichen sind. bei NGO’s da die üblichen Banken zu inef-

6 Afghanistan
fektiv arbeiten und niemand für ein korrup- hochrangige Taliban in die USA eingeladen.
tes Staatswesen Steuern bezahlen will. Der IRAN vermutet hegemoniale Interessen
7. Die diplomatische Ebene ist auch fragwür- der USA in Zentralasien. Dafür spricht die
dig, da sie nach dem Motto arbeitet: willst Anwesenheit von US-Truppen in Usbekistan.
du nicht mein freundchen sein, haue ich dir Immerhin erstmals, dass die USA
nach dem Ende des Kalten Krie-
ges eigene Truppen direkt auf
dem ehemaligen Sowjet-
territorium haben. Die ehemali-
gen zentralasiatischen Republi-
ken der UdSSR werden noch of-
fiziell von einer mit Russland ge-
meinsamen (CIS-)Truppe vertei-
digt. Selbst haben sie nur kleine
Nationalwachen (2000 - 3000
Mann).
9. Der Krieg der Zivilisationen
wurde zuerst von US-Denkfabri-
ken (Uni Harward-Boston) her-
beigeredet. Der bisher eher farb-
lose Präsident profitiert im Pu-
die fresse ein. Viele Länder haben in der Sa- blic Image erheblich von dem virtuellen ge-
che Abstriche gemacht, verstehen unter Ter- meinsamen Feind. Irrational ist auch die
ror etwas unterschiedliches oder treiben ein Anthrax-Seuche, eine Viehseuche, die in vie-
doppeltes Spiel wie Pakistan. len armen Ländern nichts Ungewöhnliches
Das hat jahrelang mit seinem Geheimdienst ist. Sie ist auch eine Kinderkrankheit in Ka-
ISI die Taliban aufgepäppelt und sicher nach bul.
wie vor wesentlichen Einfluss auf das Gesche- 1 0. Imagegewinner sind auch die Muslim
hen. Das Land ist bisher der große Krisen- Hardliner, da die USA auf ihre Eskalations-
gewinner, da ein beträchtlicher Teil der Hil- schiene hereingefallen ist und sie, was PR
fe auch für angebliche Flüchtlinge hier in betrifft, einiges dazugelernt haben in den
dunklen Kanälen verschwindet. letzten Jahren. Eigentliches Ziel sind nicht
Sanktionen wegen des letzten Militärput- die "Ungläubigen", sondern die instabilen Re-
sches von General Muscharaff wurden auf- gime der Arabischen Staaten (u.a. Saudi-Ara-
gehoben und wegen der Nuklearbombe. bien). Durch die Liquidierung eines wehrlo-
8.
8.Die USA haben nie direkt mit den Taliban sen und ausgehungerten Volkes von Bruder-
verhandelt, sondern nur über die intern. Me- Muslim können sie ihre Anhänger mobilisie-
dien Forderungen gestellt. Auf entsprechen- ren, und weitere Anschläge werden folgen.
de Angebote vor allem der klerikalen Rats-
versammlung (Ulema- immerhin 1000 soweit, euer Willy aus Afghanistan
Mullah’s) wurde nicht eingegangen. Dagegen
gab es noch 1998 beste Kontakte zwischen
beiden hochrangigen CIA und ISI-Vertretern.
Wegen der geplanten „Turmenistan Gas Pipe-
line-Route“ über Herat- Kandahar (Firmen
BRIDAS und UNOCAL) wurden sogar 1996

Afghanistan 7
Beric ht vvom
Bericht om 31.1
31 0.0
.10.01
0.01
SNI-Leute ist ungewisser denn je, nicht zu
Schon vor dem 11. September war die Stim- vergessen deren 16 einheimische Mitarbei-
mung in Kabul deutlich angespannt. Unsere ter. Für christliche Mission droht die Todes-
Station im Kinderkrankenhaus war nicht ver- strafe. Als nächstes kam das Verbot von IAM
schont geblieben. Mehrfach gab es Besuch (International Assistance Mission) und
von der Religionspolizei (Amrubel Maaruf), SERVE. Weitere 30 Ausländer mussten wegen
die die genaue Einhaltung der Scharia (isla- angeblicher Mission innerhalb von drei Ta-
misches Gesetz) vorschrieben. Eine neu- gen das Land verlassen. IAM hatte die einzi-
gebaute Klinik ge Augenklinik des Lan-
der italienischen des betrieben mit Geldern
EMERGENCY war der Christoffel-Blinden-
wegen einschlägi- mission. Verbliebene ein-
gen Verstössen heimische Mitarbeiter
geschlossen wor- wurden schikaniert und
den. So durften inhaftiert. Angst ging um
die or t hopädi- unter den Hilfsorganisa-
schen Ärzte des tionen: Wer wird der
Hammer For um nächste sein ? Ist unsere
am Nachmittag Hilfe noch erwünscht ?
keine Operatio- Der Ton der Freitags-
nen mehr durch- predigten in den Mo-
führen. Männli- scheen wurde zunehmend
che Besucher durften das Bettenhaus nicht aggressiver. Es gab Übergriffe durch islami-
mehr betreten um ihre kranken Kinder zu sche “Gäste“ , anspucken und eindeutige
sehen. Kontakt zwischen medizinischen Per- Handbewegungen. Araber, Tschetschenen
sonal und Müttern ist auf das rein Dienstli- und Radikale anderer moslemische Länder
che zu beschränken. Streng verboten wurde wohnten in denselben Strassen. Den einhei-
die Behandlung von Frauen aller Art, selbst mischen Afghanen war dieses ungebührliche
wenn es sich um unser eigenes Personal oder Verhalten peinlich, aber sie konnten nichts
Angehörige handelt. Früher hat das Hammer ausrichten. Am 9. September folgte das
Forum bei Armut oft ein Auge zugedrückt Selbstmord-Attentat auf den Oppositionsfüh-
und kostenlos Arzneimittel gegeben. rer Achmed Shah Massoud. Die Bombe war
Ein wochenlanger Nervenkrieg spann sich um in der Kamera der vermeintlichen Journali-
die mehr als hundert Brotbäckereien in Ka- sten versteckt..
bul. Das World Food Programme wollte die Die Bilder des 11.9. erreichten uns am Spät-
Empfänger der „Brotkarten“ von unabhän- nachmittag. Im Gebäude der Deutschen Bot-
gigen Frauen überprüfen lassen. Letztlich gab schaft war noch am Abend eine Krisensitzung
WFP nach und akzeptierte weibliche Kontrol- aller Deutschen, die sich gerade in Kabul
leure aus dem Gesundheitsministeriums. aufhielten. Jeder schnürte sein Notgepäck.
Die Festnahme der acht Shelter Now Entwick- Nachts um 3.00 h griff die Nord-Allianz den
lungshelfer brachte Afghanistan im August Flughafen der Stadt mit Raketen an. Seit Jah-
schlagartig wieder negativ in die Schlagzei- ren die erste Militäraktion im Stadtgebiet.
len. Die Talibanjustiz wiesen diplomatische Kampfhubschrauber zerstörten die wenigen
Vertreter von Deutschland, USA und Austra- Zivilmaschinen des Landes. Aufgrund der
lien brüsk zurück. Das Schicksal von aller Detonationen konnte kaum jemand ein

8 Afghanistan
Auge zu tun. unserer afghanischen Mitarbeiter seine Ar-
Am Morgen des 12. 9. beschlossen die UN und beit im Land verlassen. Nie waren sie wert-
Botschaften alle ausländischen Staatsange- voll wie jetzt. Bei den grossen internationa-
hörigen sofort zu evakuieren. Nur wenige len NGOs verliessen auch die gut bezahlten
Stunden war Zeit, alles Notwendige zu regeln, einheimischen Fachkräfte nun reihenweise
um die Weiterarbeit der Projekte auf unbe-
stimmte Zeit zu sichern. Auf unserer Station
im Indira-Ghandi-Krankenhaus war den mei-
sten die Bedeutung der Vorgänge noch un-
klar. Wegen der erwarteten Verletzten leg-
ten wir grössere Reserve-Depots an. Ich ver-
abschiedete mich eher wie zu einem verlän-
gerten Wochenende. Am Mittag verließ ich
Kabul mit zwei Kollegen der Welthungerhilfe
in einem Landrover. Nach einer Übernach-
tung in Jalalabad erreichten wir am 13.9. die
pakistanische Grenze bei Torkham. Bis zum Aufnahme einer Bomben-Explosion durch
16. 9. hatten praktisch alle westlichen Aus- eine Cockpit-Videokamera
länder Afghanistan verlassen. Die meisten das „Islamische Emirat“. So mussten wir lang
gingen sofort in die Heimatländer zurück. vorbereitete Programme streichen, die auf
einer Kooperation beruhten. Die Zusatz-
ernährung mit Proteinbiskuits für Kinder des
Indira-Ghandi und eine Initiative zur Tollwut-
Bekämpfung in Kabul.
Für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen,
also auch für die Angestellten des HFO, wur-
de die Dienstpflicht verschärft. In der fol-
gende Woche brachten die meisten ihre Fa-
milien in Sicherheit zu Verwandten auf das
Land, fern von den Plätzen, die wahrschein-
lich bombardiert werden. Aber außer in die-
ser einen Woche ging das öffentliche Leben
in der Millionenstadt wieder seinen gewohn-
ten Gang. Die Basare waren belebt, die Ge-
schäfte, auch Apotheken, geöffnet, die Äm-
ter taten ihren Dienst. Bis zur ersten
Bekanntermaßen spitzte sich in den folgen- Bombennacht konnte ich f ast täglich
den Wochen die politische Krise zu: Die USA Humayoun, unseren Büroleiter, anrufen. Der
gaben Osama bin-Laden und seinen Gastge- Keller unseres Hauses wurde als Bunker für
bern in Afghanistan die Hauptschuld an den die Familie des house-keepers Fazl
Terror-Anschlägen in New York und Washing- Muhammmad Shah eingerichtet.
ton. Unter der ständigen Kriegsdrohung war Gleichwohl war die erste Bombennacht - nach
an meine baldige Rückkehr in das Kabuler vier Wochen Spannungszustand - eine Er-
Projekt nicht mehr zu denken. Täglich rech- schütterung, „wie ein Erdbeben“. Dr. A.
neten wir mit dem Beginn der amerikani- Khaleg hatte in der ersten Nacht Dienst in
schen Militäraktion. Dennoch wollte keiner unserer Klinik. In den Morgenstunden ver-

Afghanistan 9
sorgte er die Verletzten. Die meisten hatten Auf der orthopädischen Kinderstation sind
leichte Splitterwunden. Seitdem kann keine vergleichsweise wenig kleine Patienten.
Familie mehr nachts ein Auge zu tun. Die Sechs bis acht Betten sind aktuell belegt. Ärz-
Bombenwellen kommen zu bestimmten Uhr- te und Pfleger kommen jeden morgen pünkt-
zeiten - nach dem Nachtgebet, um Mitter- lich zum Dienst. Unser Administrator gibt die
nacht und in den Morgenstunden. An man- Rationen an Medikamenten und Verbands-
che Tage sind die Jets noch nach Sonnenauf- stoff aus. Via Geldhändler zahlen wir die re-
gang zu sehen. Trotz ei-
niger Luftschläge in der
Innenstadt hat das Kin-
derkrankenhaus bisher
keine Gebaudeschäden,
außer Glasbruch. Das
danebenliegende 400-
Betten- Militär-
krankenhaus wurde bei
der Bombardierung der
Radaranlage auf dem
Tepe Bibi Marou mit-
getrof fen. Weiter in
Luftlinie liegt der inter-
nationale Flughafen,
der mittlerweile völlig
zerstör t ist.
Kollateralschäden be-
treffen die angrenzen-
den Wohnvier tel. In
Treffer auf das Rot-Kreuz-Gebäude in Kabul
Mikrojan 1, einem
Plattenbaukomplex, wo einige HFO-Mitarbei- gulären Löhne weiter. Die meisten Familien
ter wohnen, ist der Trinkwasserbrunnen ver- haben Wahleingriffe auf die Friedenszeit ver-
nichtet. Die städtische Stromversorgung funk- schoben. Sie können ihre Schutzunterkünfte
tioniert per Generator wieder - tagsüber. Von auf dem Land nur schwer verlassen. Es steht
den 5 Lagerhäusern des IKRK (internationa- ein harter Winter bevor. Vor dem Einbruch
len Rotes Kreuz) hat nur eines die Bomben- der Kälteperiode wollen wir Vorbereitungen
treffer überstanden. Schade, da die Verant- treffen, das die medizinische Arbeit weiter
wortlichen das Indira-Ghandi in die Liste der gehen kann. Solange das Hammer Forum zu-
„kriegswichtigen Klinken“ aufnahmen. Die verlässiges Personal im Land hat, können wir
„war-wounded kits“ und Nahrungsversorgung cross-border-operations durchführen um die
sind nun verbrannt. Zerstört sind auch Tele- nötigen Hilfsgüter ins Land zu bringen. Wie
fonanlagen, die Radiostation, Einrichtungen das gehen soll ? Humaypoun meint: „Das ist
der UN-Entminungsorganisationen ATC und keine Problem !“
MDC, insbesondere deren Trainingsanlage für
Minenhunde. Mit dem Zusammenbruch der Willy Kemmer
Zivilverwaltung plünderten Milizen Fahrzeu-
ge und Büros der bekannten großen Hilfsor-
ganisationen und der Vereinten Nationen.

10 Afghanistan
AUFRUF
zur Demons tr
Demonstr ation GEGEN den KRIEG
tration
am 8. Dezember 200 1 in Magdebur
2001 Magdeburgg

Für die sofortige Beendigung des Krieges!


Aufstehen für den Frieden!
Für internationale Solidarität und soziale Gerechtigkeit!

Der Schock nach den Anschlägen in den USA sowie nach Beginn des Krieges in Afghani-
stan sitzt noch immer tief. Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt den Angehörigen der
Opfer der menschenverachtenden
Attentate sowie der afghanischen Bevölkerung, die durch die ebenfalls menschen-
verachtende Bombardierung betroffen ist.
Der Krieg vergrößert das Leid unschuldiger Menschen und schürt neuen Haß zwischen
den Völkern. Millionen afghanische Familien sind auf der Flucht und Hunderte
Zivilisten sind bereits durch die Angriffe der NATO umgebracht worden. Im kommenden
Winter droht hunderttausend Kindern der Hungertod. Langfristig werden Terror und Krieg
nur zu bekämpfen sein, wenn ihnen der ökonomische, soziale, politische
und ideologische Nährboden entzogen wird, auf dem sie gedeihen.
Frieden und Sicherheit erreichen wir nur durch weltweite Abrüstung, den Ausbau ziviler
Konfliktlösungsinstrumente, die Stärkung des internationalen Rechts und durch mehr
soziale, ökologische und wirtschaftliche Gerechtigkeit auf der gesamten Welt.

Wir sagen NEIN zu Vergeltung, Krieg und Militäreinsätzen!


Wir sagen NEIN zu militärischen Einsätzen der Bundeswehr!
Wir sagen NEIN zur Aufrüstung der Bundeswehr!
Keine Demontage von Grund- und Freiheitsrechten!
GEGEN Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Ausgrenzung!
FÜR eine gerechte Weltordnung!

Treffen des Magdeburger Friedensbündnisses:


Jeden Dienstag 20 Uhr im "Thiembuktu" (Thiemstr.13 in Buckau).
Wenn Sie über unsere Mailingliste über den Stand der Vorbereitungen informiert werden
wollen, schicken Sie eine (leere) Email an:
friedensbuendnis-md-subscribe@yahoogroups.com

Friedensbündnis Magdeburg

Magdeburg 11
Von weg en Meinungsfr
wegen eiheit
Meinungsfreiheit re" Kollegen sollen frühzeitig erkannt wer-
Heute wie Ges ter
Gester
ternn den. Zu diesem Zweck sollen die einfachen
SED-Genossen zur Bespitzelung der parteilo-
„Wer die Gesc
„Wer hic
Geschic hte missac
hichte htet is
missachtet istt vver
er
er-- sen Kollegen
mißbraucht werden.
dammt, diese zu wiederholen“
Dir ekt
Direkt or abg
ektor esetzt
abgesetzt
Diese Artikel stammen aus der Zeitung „Ro- Der Direktor eines Holzverarbeitungswerkes
ter Morgen“ vom 2.Mai 1980 zum Einmarsch bei Schwerin übte vor den Kollegen offen
der Russen in Afghanistan. Kritik an der Aggression gegen Afghani-
Die Zeitung „Roter Morgen“ war/ist das Or- stan. "Das ist eine ganz große Schweine-
gan der KPD, die im Osten eine verbotene rei, was die Russen da machen."
Sektion betrieb. Kurzzeitig später wurde er deshalb abge-
setzt. Solche Leute seien bei uns "untrag-
Zw ei Lehr
Zwei er ggemaßr
Lehrer emaßr eg
emaßreg elt
egelt bar", wurde von SED-Seite eingeschätzt.

(Roter Morgen 2.Mai 80)


Trotz Lehrer- und Erziehermangels an den
Schulen trennt man sich heute schnell von
Kollegen, die abweichende politische An-
schauungen durchblicken lassen. Zwei Fälle
wurden kürzlich aus dem Berliner Stadtbe- Peter Nowak 27.10.2001
zirk Mitte bekannt. Eine Erzieherin fiel schon Weg en Kritik am Krieg wur
egen wurdede ein Lehr er
Lehrer
länger dadurch auf, daß sie unangebrachte v om Sc huldiens
huldienstt suspendier
Schuldiens suspendiertt und er mit-
ermit-
Fragen stellte und sich nicht alles bieten ließ. telt die SStt aatsanw altsc
aatsanwaltsc haf
haftt
altschaf
Im Februar '80 bekam sie ein Disziplinarver-
fahren an den Hals gehängt. Die Begründung: Der Siegener Lehrer Bernhard Nolz ist nicht
Arbeitspflichtverletzung. Sie hatte nicht etwa nur in der nordrhein-westfälischen Stadt ein
ihre Gruppe vernachlässigt oder ein Kind war bekannter Mann. Mit seinem Streit-
zu Schaden gekommen. Ihre Pflichtverlet- schlichtungsprogramm war er lange Zeit ein
zung bestand darin, daß sie sich in einer der Aushängeschild der Bertha-Suttner-Gesamt-
üblichen Podiumsdiskussionen innerhalb des schule. Bei ihm waren die politischen Visio-
Erzieherkollektivs kritisch zum Einmarsch der nen der Namensgeberin bestens aufgehoben.
Russen in Afghanistan geäußert hatte, Fra- Doch seit mehr als fünf Wochen sorgt ausge-
gen aufwarf, die nicht in rechnet der Friedenspädagoge Nolz für hef-
das Schema der Parteileitung paßten. Einen tigen Streit, der dem pazifistischen Pädago-
Staabülehrer traf es noch härter. Auch er gen seinen Job kosten könnte.
hatte sich kritisch
zu Afghanistan geäußert. Er wurde gefeuert. Stein des Anstoßes war eine Rede, die Nolz
Für ihn ist diese Entlassung aus der Volksbil- am 17.09.01 auf einer "Schülerkundgebung
dung gleich Berufsverbot. Als Pädagoge wird gegen Gewalt, Trauer und Krieg" gehalten
er nirgendwo mehr eine Anstellung bekom- hatte. Die Initiative für diese Aktion ging von
men. Die zuständigen Parteisekretäre der SED der Schülerselbstverwaltung aus. Die enga-
zogen auf ihre gierten Jugendlichen wollten damit ihre Be-
Art Schlußfolgerungen. Die Bespitzelung der troffenheit über die Anschläge in den USA
Pädagogen wird verstärkt werden. "Unsiche- zum Ausdruck bringen, gleichzeitig aber

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deutlich machen, dass ein Krieg keine Ant- des Staatsschutz Hagen. Nolz habe sich mit
wort darauf sein kann. seiner Rede unter Umständen der Billigung
von Straftaten schuldig gemacht; hieß es.
In seiner sehr persönlich gehaltenen Rede, Obwohl Juristen sicher sind, dass das Verfah-
in der auch mehrfach auf die Pazifistin ren eingestellt wird, hat es für Nolz schon
Bertha von Suttner Bezug nahm, verurteilte existentielle Folgen. Er wurde Ende Septem-
Nolz Terrorismus, aber auch staatliche Gewalt ber von der Arnsberger Bezirksregierung vor-
und Krieg. "Wir wissen nichts über die Glau- läufig vom Schuldienst suspendiert. Die ur-
bens- oder Religionszugehörigkeit der Opfer sprünglich bis zu den Herbstferien befriste-
des Terroranschlags in New York. Die Täter te Maßnahme wurde jetzt auf unbestimmte
sollen Islamisten sein. Im Tod sind alle Men- Zeit verlängert. Im Mittelpunkt stehen nun
schen gleich, sagt man. Und in allen Religio- nicht mehr irgendwelche strafrechtlich rele-
nen findet sich das Gebot: Du sollst nicht tö- vanten Vorwürfe. Vielmehr sei das Vertrau-
ten! Es gilt für alle Menschen. Auch für Ter- ensverhältnis zwischen ihm und seinen Kol-
roristen und Politiker." legen in den letzten Wochen durch die öf-
fentliche Diskussion empfindlich gestört
In der ganz klassisch mit "Give Peace a Chan- worden.
ce" beendeten Rede rief Nolz die Schüler zu
verstärktem politischen Engagement auf. Als Doch nicht nur Nolz ist den Konservativen
Beispiele nannte er die Mitarbeit bei der ein Dorn im Auge. Mit ihm sollen gleich Grup-
Menschenrechtsorganisation Amnesty Inter- pen und Initiativen abgestraft werden, in
national, die Betätigung in interkulturellen denen er mitarbeitet. Dazu gehört das Sie-
Friedensgruppen und die Verweigerung des gener Zentrum für Friedenskultur ( ZFK),
Militärdienstes für junge Männer. Die Jugend- dessen Leiter Nolz ist. Auf Druck der CDU
lichen quittierten die Rede mit Applaus. sollen der bisher in der Region angesehenen
Schließlich hatten sie ihn ja wegen solcher Organisation die Fördergelder gestrichen
Worte als Redner ausgewählt. werden, schon geplante gemeinsame
Kooperationstermine mit städtischen Orga-
Doch schon am nächsten Tag geriet der Leh- nisationen wurden storniert. Anders als in
rer in die Schusslinie der konservativen Sie- der Bertha von Suttner Gesamtschule, wo sich
gener Zeitung, in der ihm Antiamerikanis- selbst die Gewerkschaft Erziehung und Wis-
mus vorgeworfen wurde. Kurz darauf hatte senschaft noch nicht zu einer Solidaritätser-
die Bildzeitung das Thema entdeckt und feu- klärung für ihr Mitglied Nolz aufraffen konn-
erte Breitseiten gegen den angeblichen te, die Schulleitung das Thema möglichst
Terrorismusverteidiger. Siegens Bundestags- schnell vom Tisch haben will und ihren en-
abgeordneter Paul Breuer (CDU) griff die gagierten Mitarbeiter zu opfern bereit sind,
Kampagne gemeinsam mit seinen Partei- regt sich beim ZFK Widerstand gegen die Sus-
freunden aus der Region auf. Jetzt wurde dem pendierung von Nolz. "Hier soll jemand ab-
Pädagogen Missbrauch einer Trauer- gestraft werden, der nicht im politischen
kundgebung zu politischen Zwecken vorge- Mainstream argumentiert", heißt es dort.
worfen. Auch einige Schülervertreter, die von Man will mit öffentlichen Veranstaltungen
den Ereignissen überrollt wurden, distanzier- Solidarität mit Nolz organisieren.
ten sich von der Rede.
Der aber kann sich jetzt an die bleierne Zeit
Höhepunkt der Angelegenheit waren Ermitt- des Deutschen Herbst erinnern fühlen, als er
lungen der Staatsanwaltschaft Siegen und im Zuge der Fahndung gegen Mitglieder und

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Sympathisanten der Roten Armee Fraktion lose Kündigung von dem Elektronikherstell-
(RAF) ins Visier des Staatschutzes geriet, weil er Kostal bekommen. Er hatte es an diesem
er eine Demonstration für den Erhalt eines Tag abgelehnt, sich an einer Schweigeminu-
Schwimmbades engagierte. Auch daran hat- te für die Opfer der Terroranschläge in den
te Nolz in der inkriminierten Rede fast pro- USA zu beteiligen, weil es in der Vergangen-
phetisch erinnert. heit für andere Opfer von Krieg, terroristi-
scher Gewalt und Katastrophen nie ein sol-
"Es darf kein Klima des Hasses und des ches Zeremoniell gegeben habe. Der Betriebs-
Misstrauens entstehen. Solche Zeiten hatten wir rat hatte der Entlassung zugestimmt (siehe
öfters in Deutschland. Ich habe so die siebzi- jW vom 17. 10.).
ger Jahre erlebt. Da waren es die RAF-Terrori-
sten, die mit ihren Gewalttaten die Herrschafts- Der Hagener Anwalt Ingo Theissen-Graf
verhältnisse in Deutschland ändern wollten. Schweinitz, der für Serefoglu die Klage beim
Wie heute schlug der Staat auch damals mit Arbeitsgericht eingereicht hatte, sagte am
Gesetzesverschärfungen und harten Strafen zu- Donnerstag gegenüber jW, der vorsitzende
rück - und traf auch viele Unschuldige. Ich ge- Richter habe am Mittwoch das Angebot un-
hörte zum Kreis der Verdächtigten, weil ich mit terbreitet, die fristlose in eine fristgemäße
meinen Schülerinnen und Schülern genau das Kündigung umzuwandeln. Dies wäre zwar
gemacht hatte, was wir hier gerade machen: aufgrund dessen, daß Serefoglu derzeit ma-
Wir hatten auf dem Marktplatz demonstriert. teriell »mit dem Rücken an der Wand« ste-
Ich wurde angezeigt und als Verfassungsfeind he, aus juristischen Gründen zu bedenken
bezeichnet. Erst Wochen später fanden Krimi- gewesen. Dennoch habe er im Namen seines
nalpolizei und Verfassungsschutz - eine Art Ge- Mandanten das Angebot abgelehnt. Serefoglu
heimdienst - heraus, was in unserer Stadt je- wird auf Wiedereinstellung klagen, weil er
der schon wusste: Wir hatten für den Bau ei- sich nichts vorzuwerfen habe. Nach eigenem
nes Schwimmbades demonstriert, damit die Bekunden ist er Pazifist und will deshalb voll-
Schüler in der Schule schwimmen lernen kön- ständig rehabilitiert werden.
nen. Die Zeit der Verdächtigungen und Beschul-
digungen, ein Terrorist zu sein, war furchtbar Auch die weiteren Gründe, die die Firma bei
für mich. Ich möchte so etwas nicht wieder er- der Güteverhandlung für die fristlose Kündi-
leben." gung angeführt hat, rechtfertigen nach An-
(www.heise.de) sicht des Anwalts mit höchster Wahrschein-
lichkeit nicht dieses Vorgehen. Nach Anga-
ben der Firma soll Serefoglu am 12. Septem-
Klag
Klagee auf W ieder
Wieder eins
iedereins tellung
einstellung ber gesagt haben, »das« sei »noch nicht ge-
nug für die Amis« – was er selbst bestreitet.
Lüdenscheid: Türkischer Kollege lehnt Und am 13. September habe er, als die Kolle-
Vergleichsangebot des Arbeitsgerichts nach gen von der Gedenkminute zurückkamen,
Kündigung ab »provokativ gegrinst«. Alles in allem sei er
sehr optimistisch, daß Serefoglu die im Fe-
Bei der Güteverhandlung vor dem Iserlohner bruar stattfindende Gerichtsverhandlung
Arbeitsgericht am Mittwoch im Rathaus gewinnen werde, sagte Theissen-Graf
Lüdenscheid zwischen dem türkischen Kol- Schweinitz.
legen Metin Serefoglu und der Firma Kostal
ist es nicht zu einer Einigung gekommen. Während der Erste Bevollmächtigte der IG
Serefoglu hatte am 13. September eine frist- Metall Lüdenscheid, deren Mitglied Serefoglu

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ist, gegenüber dem Anwalt eine gemeinsa-
me Vertretung des Kollegen kategorisch ab-
gelehnt hat, erklärt sich die Dienstleistungs-
gewerkschaft ver.di solidarisch mit dem Be-
troffenen. Andreas Buderus vom Arbeitskreis
gegen Rassismus und Rechtsextremismus
beim ver.di-Bezirk NRW Süd hat den Betriebs-
rat von Kostal zudem darauf hingewiesen,
daß die Firma den Kollegen offenbar bereits
vor dem inkriminierten Vorfall aufgrund häu-
figer Fehlzeiten infolge eines Wirbelsäulen-
schadens, den er sich im Werk zugezogen
hatte, loswerden wollte. Für den Fall, daß er
selbst kündigen würde, hatte man ihm die
lächerliche Summe von 15000 DM Abfindung
angeboten. Dies hatte Serefoglu abgelehnt.
(Junge Welt)

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16
17
ine - Termine - Termine - Termine - Termine - T

12.11., 18.30 Uhr Warum BMW nach Leipzig kam 10.12., 18.30 Uhr Umgang mit Rassismus in der
Eine Geschichte über Subvention und billige Fir- Schule Der Versuch Unterrichtsprojekte zum
mengelände. Thema Rassismus zu gestalten.
im Thiembuktu, Thiemstr. 14 im Thiembuktu, Thiemstr. 14

16.11., 19.00 Uhr Farm der Tiere (FilmClub) 15.12., 17.00 Uhr Vom Lohnsklaven zum
Genialer Zeichentrickfilm, der die Entwicklung Arbeitskraftunternehmer?
der russischen Revolution von einer Freiheits- Die Arbeitsverhältnisse im Wandel.
bewegung zu einer brutalen Diktatur in einer Vortrag über die sich derzeitig vollziehenden
Fabel nachzeichnet. Nach dem gleichnamigen Veränderungen in der Arbeitswelt und ihre Aus-
Roman George Orwells. wirkungen auf die Entwicklung von Gegenwehr
im Blaue Welt Archiv, Thiemstraße 13 Mit Unterstützung von ELSA.
im Blaue Welt Archiv, Thiemstraße 13
19.11., 18.30 Uhr Sinn und Existenz menschli-
chen Lebens 17.12., 18.30 Uhr Der ewige Frieden
Die wirklich wichtigen Fragen. Vorstellung der Theorie von Kant und anschlie-
im Thiembuktu, Thiemstr. 14 ßende Diskussion.
im Thiembuktu, Thiemstr. 14
26.11., 18.30 Uhr Freie Menschen in freien Ver-
einbarungen 21.12., 19.00 Uhr Ich bieg dir ‘ n Regenbogen
Der Autor liest aus seinem gleichnamigen Buch, (FilmClub)
mit anschließender Diskussion. Doku von Peter Möbius/Hanno Brühl (1998)
im Thiembuktu, Thiemstr. 14 Erinnerungen an Rio Reiser und die „Scherben“.
In Rios Liedern steckt etwas Grenzüberschrei-
30.11., 19.00 Uhr Buenaventura Durrutti, An- tendes, etwas das nach gesellschaftlichem Auf-
archist (FilmClub) bruch, Umbruch und nach einer „neuen“, ande-
Das Leben des legendären spanischen Anarchi- ren Welt sucht. Ein Musiker und Linker, voller
sten und die Geschichte der Anarchistischen Leidenschaft, über die Verzweiflung in der Ge-
Föderation Iberiens. Dokumentation des spani- genwart und die Hoffnung auf eine gerechte Welt
schen Fernsehens in Zusammenarbeit mit einer in der Zukunft.
katalanischen Schauspieltruppe, die verschiede- im Blaue Welt Archiv, Thiemstraße 13
ne Szenen aus dem Leben des seinerzeit wohl
populärsten Kämpfers gegen den Putsch Fran- 27.1.-4.2. Die Antifaschistische
cos nachstellt. Aktionswoche 2002
im Blaue Welt Archiv, Thiemstraße 13 Mehr Infos unter:
E-Mail: a3.berlin@firemail.de
08.12. Demonstration GEGEN den KRIEG Infotel.: 0175 8575761
in Magdeburg
Mehr Infos unter: Jeden Sonntag
12.30 Uhr - Szene-Frühstück in der „Ulrike“
friedensbuendnis-md@yahoogroups.com
18.00 Uhr - Volksküche in der „Ulrike“

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Kontaktadressen:
Anti-Castor-Netz Magdeburg Freie ArbeiterInnen Union MD
c/o BUND, Olvenstedter Str. 10 (Anarchistische Gewerkschaftsinitiative)
http://www.antiatom.de/magdeburg/ Email: faumd@fau.org

Arbeitskreis Antifaschismus MD (AKA)


http://www.crosswinds.net/~akamagdeburg Harte Zeiten
bzw. www.antifa-md.de.vu
Offene Jugendzeitung für Sachsen-Anhalt
Email: akamagdeburg@crosswinds.net
Postfach 1106
Postfach 0834, 39104 Magdeburg
39328 Hermsdorf
Tel.: 0177 / 2434264
Autonomer Zusammenschluß MD Fax: 039206 / 51004
MAGMA, PF1751, 39007 MD Email: HarteZeiten@gmx.de
Email: azmagdeburg@hotmail.com http://www.atglobal.net/hartezeiten/
http://www.az-md.org/
jungdemokratInnen - junge linke
Sachsen-Anhalt
http://www.jungdemokratinnen.de/lsa
Thiemstraße 13, 39104 MD (Buckau) c/o IVVdN, Ebendorfer Str. 3, 39108 MD
Email: Blaue-Welt-Archiv@web.de 0177/6378066 (Stefan)
Web: http://www.bwa.black-red.de/ Email: lsa@jungdemokratinnen.de
Telefon: 0391/40829081 Büroöffnungszeit jeden Dienstag ab 17.00 Uhr
Öffnungszeiten: mittwochs von 17-19.30 Uhr. in der Ebendorfer Str.3
Der Rundbrief "Verhältnisse" kann über o.g.
Adresse kostenlos bezogen werden.
Die Gruppe MD
Informationspool im Web. Rechtsausschuß Magdeburg
Postfach 1943
39009 Magdeburg Email: RechtsausschussMD@gmx.net
Email: mailto@die-gruppe-md.de http://www.rechtsausschuss-md.2xs.net/
http://www.die-gruppe-md.de
Rote Hilfe MD
bes (Bildungsverein Elbe-Saale) Email: magdeburg@rote-hilfe.de
Landesgeschäftstelle http://www.nadir.org/nadir/
Ebendorfer Straße 3 initiativ/rote-hilfe/magdeburg/
Telefon und Fax: 0391/7324980
39108 Magdeburg Wabe e.V. (Wohnprojekthaus)
http://www.bildungsverein-elbe-saale.de Thiemstraße 13, 39104 Magdeburg
Email: bildungsverein.elbe-saale@t-online.de Wabe e.V. hat auch ein eigenes Café mit dem
schönen Namen „ThiemBuktu“
Kneipe in der „Ulrike“ Öffnungszeiten:
dienstags Videoaband, donnerstags Kneipen- Mittwoch und Sonntag ab 18.00 Uhr sowie Mon-
abend jeweils ab 17:30 Uhr, tage-Cafe (siehe Terminkalender)
Diesdorfer Str. 15 (Hinterhaus)
Infoladen und A&V täglich von 16 - 20 Uhr

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Kontakt:

Der SStör
törenfried
törenfried
c/o Blaue Welt Archiv
Thiemstraße 13
39104 Magdeburg

eMail: störenfried@black-red.de
Web: http://www.black-red.de
ViSdP: G. Schröder

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