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Die Seele im Zelt des Leibes

Der Tod trennt die Seele vom Leib. Der Leib zerfällt, aber seine «Materie» löst sich
nicht in Nichts auf, sondern zerfällt in Moleküle und Atome (die Naturforscher kennen
das Gesetz von der Erhaltung der Masse). Die Seele besteht nicht aus Materie, aus
Atomen. Also kann sie nicht aufgelöst oder umgeformt werden, auch nicht durch
den Tod. Sie bleibt ein individuelles, geistiges Wesen, persönlich unsterblich. Der
Christ glaubt, dass mit dem Tod das irdische Leben endet und in eine andere, die
überirdische Wirklichkeit eingeht. Das Christentum fasst auch das einstige
Weltende nach dem Jüngsten Gericht nicht als Weltvernichtung, sondern als
Welterneuerung auf.

Zu Beginn, was Jesus über seinen eigen Leib gesagt hat: (Joh 2,18-21)
Die Führer der Juden stellten Jesus daraufhin zur Rede: »Wenn du dich
dabei auf Gott berufst, dann musst du uns einen eindeutigen Beweis geben!«
Jesus antwortete ihnen: »Diesen Beweis sollt ihr haben. Zerstört diesen
Tempel! In drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen.«
Mit dem Tempel aber meinte Jesus seinen Leib, der geopfert werden sollte.

Unsterblichkeit der Seele

Über die Seele wissen wir durch die Offenbarung, aber auch durch die Vernunft,
dass sie unsterblich ist. Im Neuen Testament wird an vielen Stellen das Fortleben
nach dem Zerfall des Körpers bezeugt. Jesus sprach über das Schicksal der Seele zu
den Jüngern: «Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten können, nicht aber
die Seele!» Die Verfolger können also nur das irdische Gefäß der Seele vernichten.
Auch an anderen Stellen spricht Jesus von der Unsterblichkeit der Seele, am
ergreifendsten am Kreuze, als er zu dem reumütigen Schächer sprach: «Heute noch
wirst du mit mir im Paradiese sein! Der Leib zwar muss sterben, aber das Beste,
das Geistige im Leibe, das wird leben, das wird mit ihm in der Seligkeit des
Paradieses sein. Heute, d.h. also unmittelbar, sogleich nach dem Tode des Leibes,
wird er mit seinem Heiland vereint sein in der Freude des Himmels.

Ein weiteres Beispiel der Lehre des Herrn ist das Gleichnis vom reichen Prasser
und vom armen Lazarus. Es schildert das irdische und das jenseitige ungleiche
Schicksal der beiden Männer. Dem reichen Prasser ging es auf Erden gut, aber als
er starb, da wurde er zur Hölle getragen. Und dem armen Lazarus ging es in dieser
Welt schlecht. Als er starb, da kam er in den Schoss Abrahams. Aber beide werden
nach dem Tode des Leibes nicht vernichtet, sondern beide leben, der eine in ewiger
Unseligkeit, der andere in immerwährender Freude.

Auch mit Blick auf die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob hat der Herr auf diese
Wahrheit Bezug genommen: «Gott ist doch kein Gott der Toten, sondern der
Lebendigen». Das heißt also, dass diese Männer leben. Im Philipperbrief gibt der
Apostel Paulus ein weiteres Zeugnis für das Weiterleben der Seele. Aus dem
Gefängnis schreibt er: «Ich wünsche, aufgelöst zu werden und bei Christus zu
sein.» Paulus erwartet also bei seinem Tod nicht ins Nichts zurückzusinken,
sondern aufbewahrt zu werden in der Gemeinschaft mit Christus.

Wie könnte es anders sein! Wen Gott einmal angesprochen hat, wen Gott einmal
geliebt hat, für wen Gott einmal seinen Sohn dahin gegeben hat, den sollte er
wieder in das Nichts zurückfallen lassen? Wozu dann dieser «Aufwand»? Weil
Gott den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat, weil er ihn mit
der natürlichen und übernatürlichen Gottebenbildlichkeit ausgestattet hat, darum
wird er nicht aufhören, diesen Menschen im Dasein zu halten. Für die
Unsterblichkeit des Geistes sprechen auch die Erscheinungen. Wenn die Toten
nicht in ihrer Welt leben würden, dann könnten sie nicht erscheinen. Wir haben
sichere Kunde von Erscheinungen, vor allem der Muttergottes.

In der Hl. Schrift wird auch von anderen Personen berichtet, dass sie erscheinen.
Auf dem Berge Tabor erschienen Moses und Elias. Erscheinungen von vorneherein
abzulehnen ist mit katholischem Glauben unvereinbar. Es gibt die Möglichkeit,
dass jene, die im Jenseits sind, den Irdischen sichtbar werden. Die Theologen
neigen zu der Meinung, dass das nur denen möglich ist, die im Himmel oder im
Fegefeuer sind, dagegen nicht jenen, die im Gefängnis der Hölle sind. (für Gott aber
ist nichts unmöglich)

Die Offenbarung bezeugt die Unsterblichkeit der Seele. Aber auch die Vernunft
spricht dafür. Das ganze Erscheinungsbild der Seele deutet darauf hin, dass sie ein
einfaches Ganzes ist, also nicht zusammengesetzt. Bei jedem Zerfall bricht aber
ein Ganzes in seine Teile auseinander. Wenn also die Seele nicht aus Teilen
zusammengesetzt ist, dann gibt es für sie auch keinen Zerfall. Gott aber vernichtet
sie nicht. Also: Aus der Einfachheit der Seele müssen wir auf ihre ständige,
immerwährende Dauer schließen. Der Mensch behält sein Selbstbewusstsein, sein
Ichbewusstsein, seine Jugenderinnerungen, sein Gewissen, auch wenn der Leib sich
wandelt (die Medizin weiß, dass alle Zellen des Leibes in 7 Jahren durch andere ersetzt
werden). Trotzdem erhalten sich das Ichbewusstsein, das Gewissen und die
Erinnerung. Etwas muss also nicht dem Stoffwechsel unterworfen sein: die Seele.
Auch der Trieb nach vollkommenem Glück weist auf die Unsterblichkeit der Seele
hin. Dieses Streben ist in jedem Menschen, kann aber auf Erden nicht erfüllt
werden. Deshalb wäre Gott wohl grausam, wenn er diesen Trieb den Menschen
ohne jede Erfüllung anerschaffen hätte. Wir wissen aber, dass Gott gütig ist und die
Erfüllung im Jenseits vorbehalten hat (eine Überlegung für das Gerechtigkeitsstreben ist
analog anzudenken).

Für die Unsterblichkeit spricht auch die Überlieferung der Völker. Die Opfer, die
für die Verstorbenen dargebracht werden, die Bestattungsriten zeigen, dass die
Völker in ihrem unverdorbenen Zustand an ein Fortleben nach dem Tod glauben.
Wie hätte der Erzvater Jakob sagen können, er möchte ins Totenreich zu seinem
Sohn Josef hinabsteigen, wenn es kein Totenreich gibt?

Wer das ewige Leben leugnet, dem liegt möglicherweise an diesem Leben nichts.
Vielleicht fürchtet er sich vor der jenseitigen Rechenschaft. Die Ungewissheit wird
mit der „Beruhigungspille tot ist tot“! überspielt. Im spanischen Bürgerkrieg wurde
ein katholischer Priester von den Rot-Spaniern gefangen genommen und sollte
erschossen werden. Ein Wächter sagte zu ihm: «Ich habe meinen Glauben
abgeworfen.» »O, Sie Glücklicher! Es fiele mir gar nicht schwer, jetzt gleich
erschossen zu werden, wenn ich meinen Glauben an das Jenseits abwerfen könnte.»
Er spielte darauf an, dass er dann das Gericht nicht fürchten müsste.

Lassen wir uns weder durch Furcht noch durch Scheinargumente an der Existenz
der unsterblichen Seele und am ewigen Leben irre machen! Gott ist treu, ER lässt
sich nicht durch Menschen in seine Pläne hineinpfuschen.

Das Ziel vor Augen

Niemand kann der Frage nach dem Sinn des Lebens ausweichen. Das stärkste
Fundament finden jene, die hoffen können. Ohne Hoffnung kann kein Mensch
sinnvoll leben. Wer sich im Glauben dem offenbarten Gott aufgeschlossen hat, der
ist in eine ewige Lebensbewegung hineingenommen, die mit dem Tode nicht endet,
sondern zu ihrer Erfüllung gelangt. GOTTES Geist, der »das gute Werk« des
Glaubens »angefangen hat«, »der wird es auch vollführen bis an den Tag Jesu
Christi« (Phil 1, 6). Der Geist des offenbaren GOTTES begründet die Hoffnung,
denn in der Auferstehung des Gekreuzigten ist das Fundament zum ewigen Leben
für immer gelegt: »Wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die
Auferstehung Jesu Christi von den Toten« (1 Petr 1, 2). Wer mit der Auferstehung
Jesu —dem Zentrum der Offenbarungsbotschaft— Mühe bekundet, wird den
Boden begründeter Hoffnung bald verlieren. Weil der auferstandene HERR der
Sieger über den Tod ist, darum ist die Wirklichkeit der Auferstehung —nicht als
Idee, sondern als das Faktum—, die einzige Grundlage gültiger Hoffnung. Wo der
Auferstandene ist, da ist ewiges Leben: »Ich lebe, und ihr sollt auch leben« (Joh 14,
19). Der Auferstandene allein —und nicht irgendwelche menschliche
Möglichkeit— ist das Pfand bleibender Hoffnung.

Gewissheit eines ewigen Lebens!

Es ist nicht zufällig, dass im NT das Wort Hoffnung mit dem Glauben und
Vertrauen gleichgesetzt wird (1 Petr 3, 15). Dieser hoffende Glaube stellt einen
unerhörten Griff nach dem Kommenden dar, obwohl nach menschlichem Urteil
«nichts zu hoffen ist» (Röm 4, 18; 5,2f); sich auf «Dinge, die man nicht sieht»
beziehend, widerspricht er den Realitäten dieser Welt. Gleichwohl ist diese
Hoffnung »eine gewisse Zuversicht« (Hebr 11, 1; 10, 23), denn schließlich offenbarte
sich Gott selbst. Trotzdem behaupten modern Getrimmte, dass Unsicherheit — und
nicht Gewissheit! — den Glauben präge.

Gewissheit der Hoffnung wird aber ermöglicht, weil Jesus selbst »der Begründer
und Vollender des Glaubens« ist (Hebr 12, 2), weil das »Ergriffensein von Jesus
Christus« (Phil 3, 12) den Grundstein für die persönliche Zukunft legt. Die Zusage
des Auferstandenen: »Ich gebe ihnen das ewige Leben. Sie werden in Ewigkeit
nicht verloren gehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen« (Joh 10, 28),
verheißt über die Todesgrenze hinaus eine ewige Gemeinschaft mit dem erhöhten
Herrn. An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass christliche Hoffnung nicht nur das
Bekenntnis zu der Auferstehung der Toten, sondern auch die Gewissheit des
persönlichen Fortlebens nach dem Tode einschließt. Die auch von Theologen
immer wieder vertretene Auffassung, dass im Tod sich eine totale Zerstörung von
Leib und Seele ereignet —und damit auch des Personseins des Menschen—, so
dass alle Hoffnung sich auf die kommende Auferweckung konzentriert, entspricht
keineswegs der neutestamentlichen Ewigkeitserwartung. Die Beziehung zu dem
Schöpfer und Erlöser ist unaufhebbar und wird durch das Sterben nicht aufgelöst
(diese christliche Erkenntnis darf nicht mit der Unsterblichkeitsidee des philosophischen
Platonismus verwechselt werden!). Die individuelle Fortexistenz des menschlichen
Ichs, eben seine Personalität, gründet in der Gottesebenbildlichkeit des Menschen.
Das Wort Jesu: »Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen» (Joh
16, 22) begründet eine bleibende Jüngerschaft in einer zukünftigen Existenz. Wer in
dieser «Existenz in der Hoffnung» steht, weiß um »das bei Christus Sein» (Phil 1,
23), um »das Heimatfinden bei dem Herrn« (2 Kor 5, 8). Diese persönliche,
individuelle Hoffnung schenkt eine Bewusstseinsänderung, indem jede
Zukunftsangst überwunden wird durch die Sicherheit im Geborgensein, der tiefsten
Seelenruhe und innersten Frieden. In der Hoffnung auf die zukünftige Vollendung
der Christusgemeinschaft findet der Mensch zu seinem Selbst.

Auszug der Seele aus ihrem Zelt (Hildegards Vision, aus Scivias)

Darauf sah ich Armselige, wie eine weitere Kugel (=Teufel) sich aus den Umrissen
ihrer Menschengestalt zusammenzog, alle Bindungen löste und seufzend
auswanderte. Trauernd überließ sie Ihren Wohnsitz dem Zerfall und sprach: «Ich
ziehe aus meinem Zelte aus. Aber ich Elende, Leidvolle, wohin werde ich gehen?
Auf schrecklichen, furchtbaren Pfaden gehe ich zum Gericht. Dort werde ich die
Werke, die ich in meinem Zelte getan habe, vorweisen, und dann wird mir nach
meinen Werken Vergeltung zuteil. Oh, welche Furcht, welche Angst wird mich da
befallen!» ...

Und wiederum hörte ich die Stimme vom Himmel. Sie sprach zu mir: Die selige
und unaussprechliche Dreieinigkeit hat SICH der Weh geoffenbart, als der Vater
seinen Eingeborenen, der vom Hl. Geist empfangen und aus der Jungfrau geboren
wurde, in die Welt sandte, damit die Menschen, die mit den verschiedensten
Eigenarten geboren werden und von vieler Schuld umstrickt sind, durch IHN zum
Weg der Wahrheit zurückgeführt werden. Von den Banden der Körperlast befreit,
tragen sie ihre guten und heiligen Werke mit sich und empfangen die Freuden des
himmlischen Erbes...

Dass eine weitere Kugel sich aus den Umrissen ihrer Menschengestalt
zusammenzieht und alle Bindungen löst, bedeutet, dass diese Seele die Glieder
ihres Leibeszeltes verlässt und die Verbundenheit aufhebt. Denn die Zeit zum
Abbruch ihres Zeltes ist gekommen. Seufzend wandert sie aus und zerstört trauernd
ihren Wohnsitz. Wenn die Seele angstvoll dem Leibe entschwebt, überlässt sie
unter Zittern ihre Wohnstätte dem Zerfall. Sie fürchtet das bevorstehende Verhör
des ewigen Richters, denn nun erkennt sie die Verdienste ihrer Werke nach dem
gerechten Urteil GOTTES. So tut es ihre oben wiedergegebene Klage kund.

Deshalb kommen auch, während die Seele sich entlöst, lichte und finstere Geister
herbei, die Genossen ihres Wandels, je nach den Bewegungen, die sie in ihrem
Wohnsitz gemacht hat. Denn wenn bei der Auflösung des Menschen die Seele ihre
Wohnstätte verlässt, sind nach der gerechten und wahrhaften Anordnung GOTTES
gute und böse Engel zugegen, die Zeugen all der Werke, die sie in und mit dem
Leibe vollbracht hat. Sie erwarten das Ende, um sie nach der Auflösung mit sich zu
führen, das heißt, sie harren auf das Urteil des gerechten Richters, das ER über
diese Seele bei ihrer Trennung vom Leibe fallen wird, und führen sie, sobald sie
vom Körper befreit ist, an den Ort, dem sie nach ihren Verdiensten vom
himmlischen Richter zugewiesen wird, wie dir, o Mensch, im Lichte des Glaubens
gezeigt worden ist…

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