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kolumne_digital_detox_dlf_20220105_1553_d6e4e5cb.mp3

DATE
January 9, 2022

DURATION
4m 14s

2 SPEAKERS
Speaker1
Speaker2

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[00:00:00] Speaker1
Deutschlandfunk medias res. Die einen fangen an, Socken oder Pullover zu stricken, die anderen sind sportlich besonders intensiv
unterwegs. Hauptsache erst mal eine große Medien Pause einlegen in diesen Kontakt beschränkten Coruna Zeiten. Auch unsere
Kolumnistin rät zu einer digitalen Entgiftung. Exkurs in medias res.

[00:00:24] Speaker2
Samira El Vasile Nach Weihnachten seufzten viele Menschen in meinem Umfeld laut auf, als es darum ging, meist aufgrund der
beruflichen Verpflichtungen in den digitalen Alltag zurückzukehren. Personen von Jung bis Alt erklärten mir, wie belastend sie die
Online Nutzung inzwischen empfinden und sich daher dieses Jahr vorgenommen haben, ein sogenanntes Digital Detox zu
versuchen, also ein digitales Entgiften bzw. Internet Fasten. Das ist allerdings gar nicht so leicht, tägliche Erwartungen der
Erreichbarkeit zu erfüllen. Aber auch das Gefühl, auf dem Laufenden bleiben zu müssen, zehren offensichtlich an vielen von uns.
Hinzu kommt natürlich eine abhängig machende Mechanik der Plattformen, deren ganzes Design darauf ausgelegt ist, uns in einer
Schleife von Verpassen aus Angst und Belohnung möglichst lange auf ihren Seiten zu halten. Und dann ist da ja noch eine
Pandemie, wegen der wir ohnehin mehr als üblich online sind und durch Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben
verwischt werden. Wie kriegt man also ein wenig von dem digitalen Verfügbarkeit Stress raus aus dem Kopf in einem durch
digitalisierten Arbeitsalltag, wenn man nicht für vier Tage sein Handy und seinen Laptop in einem See versenken kann? Erst mal gilt
es, die Ursache für das Gefühl der Unfreiheit zu ergründen, die uns im Digitalen festhält. Der französische Psychoanalytiker Mikael
Stora betreut seit über zehn Jahren Videospiel süchtige Jugendliche und ist Co-Autor des Essays über Connection, also Hyper
Verbindung. Er stellt daran fest, dass viele Menschen nicht wirklich süchtig sein, sondern vor allem Angst haben. Angst, allein zu
sein. Das Smartphone ist für ihn daher ein elektronisches Zitat kabellose Kuscheltier. Zusätzlich zur Überwindung der Einsamkeit
geht es gerade in den sozialen Netzwerken in einem harten ökonomischen Kampf um eine wichtige Ressource unsere
Aufmerksamkeit. Wem schenken wir? Wie? Wie viel Zeit? Und wie selbstbestimmt und souverän sind wir? Herr oder Frau? Genau
dieser unserer Zeit.

[00:02:26] Speaker2
Der Journalist Johann Hari schreibt in seinem just erschienenen Buch Stolen Focus Why You can't pay attention übersetzt
Gestohlener Focus. Warum Sie nicht aufpassen können folgenden wichtigen Satz Ihre Aufmerksamkeit ist nicht schlechter
geworden, sie wurde Ihnen gestohlen. Diese Zeit Enteignung müssen wir unter Kontrolle bringen, mit klaren Priorisierung und einem
Bewusstsein dafür, wem wir unsere Aufmerksamkeit schenken wollen und wem eben nicht. Tageweise abschalten wäre hier ein
revolutionärer Akt der Selbstermächtigung, ist aber für manche einfacher als für andere. Ich könnte das zum Beispiel aus beruflichen
Gründen leider nicht so gut. Wenn uns der Luxus einer digitalen Entgiftung also versagt bleibt, hilft vielleicht wenigstens digitales
Intervall Fasten. Das bedeutet, Zeitfenster festzulegen, in denen man bewusst online ist, so wie man zum Beispiel ein Café, eine Bar
oder eine Haus Party besucht. Man macht eine Runde durch die digitalen Räume, holt sich ein paar Leseempfehlungen, grüßt ein,
zwei Leute und verabschiedet sich nach ein paar Getränken, ohne davon auszugehen, dass der lustigste Teil genau in der eigenen
Abwesenheit stattfindet. Man würde ja auch nicht hektisch von zu Hause aus alle zehn Minuten auf die Party zurückkehren, um zu
schauen, ob inzwischen etwas Interessantes passiert ist. Weitere Empfehlungen, die zwar nicht neu oder originell sind, dennoch
nicht minder hilfreich und wichtig. Nicht morgens mit dem elektronischen Kuscheltier, also dem Smartphone aufstehen und abends
mit ihm einschlafen. Alle Push Mitteilungen und Hinweise ausmachen, die nicht überlebensnotwendig sind. Gruppen Chats auf
stumm stellen. Newsletter entrümpeln und abbestellen, dem Bildschirm auf schwarz weiß stellen. Das hat mir persönlich sehr
geholfen. Nutzen Sie Ihre Medien selbstbestimmt und lassen Sie sich nicht von Ihnen ausnutzen.

[00:04:10] Speaker1
Sie hören die Meinung von Samira El Vasile.

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Automated transcription by Sonix
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