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Johann Sonnleitner: Literaturgeschichte 1600-1848 WS2021

'No ja Literaturgeschichte –
ein gemaltes Mittagessen! (Grillparzer)

Texte:
1. Andreas Gryphius: Absurda Comica oder Herr Peter Squenz. Schimpfspiel (1657)

2. Hans Jacob Christoph v. Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus. (1.-3. Buch;

1683ff)

3. Franz von Heufeld: Der Geburtstag. Lustspiel: In Franz von Heufeld: Lustspiele. Wien:

Lehner 2014

4. Gotthold Ephraim Lessing: Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück. Ein Lustspiel in

fünf Aufzügen. (1767)

5. Sophie von La Roche: Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771)

6. Jakob Michael Reinhold Lenz: Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung. (1774)

7. Friedrich Schiller: Kabale und Liebe. Ein bürgerl. Trauerspiel. (1784)

8. Johann Wolfgang von Goethe: Iphigenie auf Tauris. (1787)

9. Ludwig Tieck: Der gestiefelte Kater. Kindermärchen in drei Akten mit Zwischenspiel,

einem Prologe und Epiloge. (1797)

10. Dorothea Schlegel: Florentin. (1801)

11. Heinrich von Kleist: Der zerbrochene Krug. Ein Lustspiel (UA 1808)

12. Ferdinand Raimund: Der Alpenkönig und der Menschenfeind. (1828)

13. Johann Nestroy: Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleblatt. (1833)

14. Georg Büchner: Woyzeck / Leonce und Lena. (1836f.)

15. Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche (1842)

16. Adalbert Stifter: Brigitta. Erz. (1844)

17. Franz Grillparzer: Der arme Spielmann. Erz. (1848)


Martin Opitz: Buch von der Deutschen Poeterey (1624)

"Nachmals ist auch ein jeder verß entweder ein iambicus oder
trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine
gewisse groesse der sylben koennen inn acht nemen; sondern das wir
aus den accenten vnnd dem thone erkennen / welche sylbe hoch vnnd
welche niedrig gesetzt soll werden. Ein Jambus ist dieser: 'Erhalt vns
Herr bey deinem wort.'Der folgende ein Trocheus: 'Mitten wir im
leben sind.' Dann in dem ersten verse die erste sylbe niedrig / die
andere hoch / die dritte niedrig / die vierde hoch / vnd so fortan / in
dem anderen verse die erste sylbe hoch / die andere niedrig / die dritte
hoch / etc. außgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch
niemand / ich auch vor der zeit selber nicht / dieses genawe in acht
genommen / scheinet es doch so hoch von noethen zue sein / als hoch
von noethen ist / das die Lateiner nach den quantitatibus oder groessen
der sylben jhre verse richten vnd reguliren." (S. 49)

"Das Epigramma setze ich darumb zue der Satyra / weil die Satyra ein
lang Epigramma / vnd das Epigramma eine kurtze Satyra ist: denn die
kuertze ist seine eigenschafft / vnd die spitzfindigkeit gleichsam seine
seele vnd gestallt. [...]

Die Eclogen oder Hirtenlieder reden von schaffen / geißen /


seewerck / erndten / erdgewächsen / fischereyen vnnd anderem
feldwesen; vnd pflegen alles worvon sie reden / als von Liebe /
heyrathen / absterben / buhlschafften / festtagen vnnd sonsten auff jhre
baewrische vnd einfaeltige art vor zue bringen.

In den Elegien hatt man erstlich nur trawrige sachen / nachmals auch
buhlergeschäffte / klagen der verliebten / wündschung des todes /
brieffe / verlangen nach den abwesenden / erzehlung seines eigenen
Lebens vnnd dergleichen geschrieben. [...]

Hymni oder Lobgesaenge waren vorzeiten / die sie jhren Goettern vor
dem altare zue singen pflagen / vnd wir unserem GOtt singen sollen.
Dergleichen ist der lobgesang den Heinsius vnserem erloeser / vnd der
den ich auff die Christnacht geschrieben habe. Wiewol sie auch
zuezeiten was anders loben; wie bey dem Ronsard ist der Hymnus der
Gerechtigkeit / Der Geister / des Himmels / der Sternen / der
Philosophie / der vier Jahreszeiten / des Goldes / etc.

Sylven oder waelder sind nicht allein nur solche carmina / die auß
geschwinder anregung vnnd hitze ohne arbeit von der hand weg
gemacht werden [...] sondern / wie jhr name selber anzeiget / der vom
gleichniß eines Waldes / in dem vieler art vnd sorten Baewme zue
finden sindt / genommen ist / sie begreiffen auch allerley geistliche
und weltliche getichte / als da sind Hochzeit- vnd Geburtlieder /
Glueckwuendtschungen nach außgestandener kranckheit / item auff
reisen / oder auff die zuerueckkunft von denselben / vnd dergleichen.

Die Lyrica oder getichte die man zur Music sonderlich gebrauchen
kan / erfodern zuefoerderst ein freyes lustiges gemuete / vnd wollen
mit schoenen spruechen vnnd lehren haeuffig geziehret sein: wieder
der andern Carminum gebrauch / da man sonderliche masse wegen der
sententze halten muß; damit nicht der gantze Coerper vnserer rede nur
lauter augen zue haben scheine / weil er auch der andern glieder nicht
entberen kan. Ihren inhalt betreffendt [...]; buhlerey / taentze /
banckete / schoene Menscher / Gaerte / Weinberge / lob der
maessigkeit / nichtigkeit des todes / etc. Sonderlich aber vermahnung
zue froeligkeit." (S. 28-31)

"Die Tragedie ist an der maiestet dem Heroischen getichte gemeße /


ohne das sie selten leidet / das man geringen standes personen vnd
schlechte sachen einführe: weil sie nur von Königlichem willen /
Todtschlägen / verzweiffelungen / Kinder- vnd Vatermorden /
brande / blutschanden / kriege vnd auffruhr / klagen / heulen /
seuffzen vnd dergleichen handelt. Vor derer zugehör schreibet
vornehmlich Aristoteles / vnd etwas weitleufftiger Daniel Heinsius;
die man lesen kan." (S. 27)

"Die Comedie bestehet in schlechtem wesen vnnd personen: redet von


hochzeiten / gastgeboten / spielen / betrug vnd schalckheit der knechte
/ ruhmrätigen Landtsknechten / buhlersachen / leichtfertigkeit der
jugend / geitze des alters / kupplerey vnd solchen sachen / die täglich
vnter gemeinen Leuten vorlauffen. Haben derowegen die / welche
heutiges tages Comedien geschrieben / weit geirret / die Keyser vnd
Potentaten eingeführet; weil solches den regeln der Comedien
schnurstracks zuewieder laufft." (S.27f.)
Martin Opitz: (Weltliche Dichtungen ED 1624)
Ach Liebste, laß uns eilen,
Wir haben Zeit,
Es schadet uns verweilen
Uns beyderseit.
Der edlen Schönheit Gaben
Fliehen Fuß für Fuß,
Daß alles, was wir haben,
Verschwinden muß.
Der Wangen Ziehr verbleichet,
Das Haar wird greiß,
Der Augen Feuer weichet,
Die Brunst wird Eiß.
Das Mündlein von Corallen
Wird ungestalt,
Die Händ' als Schnee verfallen,
Und du wirst alt.
Drumb laß uns jetzt geniessen
Der Jugend Frucht,
Eh' als wir folgen müssen
Der Jahre Flucht.
Wo du dich selber liebest,
So liebe mich,
Gieb mir das, wann du giebest,
Verlier auch ich.
Andreas Gryphius
Einsambkeit (Ed 1650)
In dieser Einsamkeit/ der mehr denn öden wüsten/
Gestreckt auff wildes Kraut/ an die bemößte See:
Beschaw' ich jenes Thal vnd dieser Felsen höh'
Auff welchem Eulen nur vnd stille Vögel nisten.
Hier fern von dem Pallast; weit von deß Pövels lüsten/
Betracht ich: wie der Mensch in Eitelkeit vergeh'
Wie auff nicht festem grund' all vnser hoffen steh'
Wie die vor abend schmähn/ die vor dem tag vnß grüßten.
Die Höell/ der rawe wald/ der Todtenkopff/ der Stein/
Den auch die zeit aufffrist/ die abgezehrten bein.
Entwerffen in dem Mut vnzehliche gedancken.
Der Mauren alter grauß/ diß vngebaw'te Land
Ist schön vnd fruchtbar mir/ der eigentlich erkant/
Das alles/ ohn ein Geist/ den Gott selbst hält/ muß wancken.
Catharina Regina von Greiffenberg
Auf die unverhinderliche Art der Edlen Dicht-Kunst ( 1660)
Trutz / daß man mir verwehr / des Himmels milde Gaben/
den unsichtbaren Strahl / die schallend' Heimligkeit /
das Englisch Menschenwerk; das in und nach der Zeit /
wann alles aus wird seyn / allein bestand wird haben /
das mit der Ewigkeit / wird in die wette traben /
die Geistreich wunder-Lust / der Dunkelung befreyt;
die Sonn' in Mitternacht / die Strahlen von sich streut /
die man / Welt-unverwehrt / in allem Stand kan haben.
Diß einig' ist mir frey / da ich sonst schier Leibeigen /
aus übermachter Macht des Vngelücks / muß seyn.
Es will auch hier mein Geist / in dieser Freyheit zeigen /
was ich beginnen wurd' / im fall ich mein allein:
daß ich / O Gott / dein' Ehr vor alles würd' erheben.
Gieb Freyheit mir / so will ich Ewigs Lob dir geben.
[Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte. (ED 1660)
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
Vergänglichkeit der schönheit (ED 1695)
Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
Dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen/
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand/
Der augen süsser blitz/ die kräffte deiner hand/
Für welchen solches fällt/ die werden zeitlich weichen/
Das haar/ das itzund kan des goldes glantz erreichen/
Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
Der wohlgesetzte fuß/ die lieblichen gebärden/
Die werden theils zu staub/ theils nichts und nichtig werden/
Denn opfert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
Diß und noch mehr diß muß endlich untergehen/
Dein hertze kan allein zu aller zeit bestehen/
Dieweil es die natur aus diamant gemacht.

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