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Bärenreiter

Review
Author(s): Susan Lempert
Review by: Susan Lempert
Source: Die Musikforschung, 55. Jahrg., H. 1 (Januar–März 2002), pp. 120-121
Published by: Bärenreiter on behalf of Gesellschaft für Musikforschung e.V.
Stable URL: http://www.jstor.org/stable/41123900
Accessed: 27-06-2016 10:48 UTC

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und Erwägungen der zeitgenössischen Theorie lands für die englische Musik des elisabethani-
(S. VII ff.) ein. Allerdings kann Fabbris geistes- schen Zeitalters ist vor allem durch seinem Bei-
geschichtliche Breite nicht über philologische trag zum englischen Lautenlied begründet - ei-
Kurzsichtigkeiten hinwegtäuschen. So ausführ- ner vor den ersten Veröffentlichungen Dow-
lich der Herausgeber etwa die vertonten Texte lands in England noch unbekannten Gattung.
würdigt, so wenig versucht er doch ernsthaft, Auf dem Gebiet des Lautenspiels und
die Textvorlagen zu eruieren. Bei Guarini ver- insbesondere des Lautenliedes nahm im 16.
weist er nur lapidar auf den Erstdruck der Rime Jahrhundert vielmehr Frankreich die führende
von 1598. Gerade aber weil Guarinis Gedichte Stellung innerhalb Europas ein. Die wichtigs-
schon lange vor diesem Druck immer wieder ten Lautenschulen, die in England in der zwei-
vertont wurden, sollte die Forschung in- ten Hälfte des 16. Jahrhunderts verbreitet wa-
zwischen doch für die Frage sensibilisiert sein, ren, kamen aus Frankreich, und ebenso verfüg-
ob die Sache wirklich mit dem Verweis auf eine te man dort im Gegensatz zu England zu dieser
nicht greifbare Manuskriptüberlieferung abge- Zeit über ein bemerkenswert großes Repertoire
tan werden kann, ob nicht Musikdrucke ihrer- an gedruckten Liedersammlungen mit den re-
seits als „scelte poetiche" nachgewirkt haben. präsentativen Gattungen der Zeit: Chansons,
Dass Fabbri diese These ignoriert, verwundert Vaudevilles und Airs de cour. Mit der Publika-
umso mehr, als er textgleiche Madrigale ande- tion seines First Booke of Ayres im Jahre 1597
rer Komponisten ja durchaus würdigt (S. V f.). gab Dowland den Anstoß für eine ganze Reihe
Auch dokumentiert Fabbri sämtliche Drucke weiterer Sammlungen in den folgenden 20 Jah-
und Manuskriptquellen der Kompositionen,- ren und begründete so die in England neue Gat-
der Text der Ausgabe basiert aber nur auf dem tung des Lautenliedes. Diese abwechslungs-
einzig vollständigen Exemplar F-Pn des Erst- reich angelegte Sammlung erlebte zwischen
drucks und dem ebda, erhaltenen Exemplar des 1597 und 1613 insgesamt fünf Auflagen, wo-
Nachdruckes von 1601. So wird - wieder durch sie zu der in dieser Zeit erfolgreichsten
einmal - das ja so unangenehme Phänomen Veröffentlichung Englands wurde.
Doppeldruck ignoriert. Auch bleibt offen, war- Die vorliegende, innerhalb der Reihe Musica
um der Nachdruck von 1609, obwohl als „Di Britannica bei Stainer and Bell (London) 2000
nuovo [...] coreetto [sie!]" bezeichnet, zwar na- erschienene Publikation beinhaltet alle vier-
türlich im Quellenverzeichnis erscheint stimmigen Lautenlieder Dowlands in einer
(S. XXIII), im gerade vier Spalten umfassenden sorgfältigen Neuedition durch David Greer. So
Kommentar (S. XXVI f.) dann aber nicht einmal sind hier in einem Band 2 1 Titel des First Booke
erwähnt wird. of Songes of Ayres (1597), 14 vierstimmige Sät-
Solche Kritikpunkte erweisen sich mit Blick ze aus dem Second Booke of Songs or Ayres
auf den eingangs gemachten Hinweis - den (1600), 17 Stücke des Third and Last Booke of
schlechten Zustand der Marenzio-Philologie Songs or Aires (1603) sowie 13 Sätze aus dem
betreffend - natürlich als ungerecht. Sie sollen Zyklus From a Pilgrímes solage (1612) vereinigt.
auch weniger die grundsätzliche Brauchbarkeit Viele der Lautenlieder weisen in ihrer über-
des hier anzuzeigenden Bandes als derzeitige wiegend homophonen Gestaltung und ihren
Referenzausgabe infrage stellen. Es stellt ein tänzerischen Rhythmen unzweifelhaft franzö-
Verdienst dar, einen historisch relevanten Text sische Einflüsse auf, die der Komponist wäh-
zugänglich zu machen und ihn überhaupt rend eines mehrjährigen Frankreich-
einmal zu deuten,- ihn nach philologisch mo- aufenthaltes aufnehmen konnte, andere dage-
dernsten Standards zu erschließen, bildet eine gen sind in ihrer hochdeklamatorischen Text-
Aufgabe anderen Tvdus. gestaltung und einstrophig durchkomponier-
(Mai 2001) Peter Niedermüller ten Form eher mit der frühen monodischen
Oper Italiens verwandt.
Da Dowlands Ayres for Four Voices bereits in
JOHN DOWLAND: Ayres for four voices. Newly derselben Reihe (Musica Britannica, Vol. 6,
edited by David GREER. London: Stainer and Bell hrsg. von Thurston Dart und Nigel Fortune) er-
2000. XXXV, 214 S. (Musica Britannica VI.) schienen sind, bedarf es einer besonderen
Die herausragende Bedeutung John Dow- Rechtfertigung für eine Neuedition. Der Vor-

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zug der vorliegenden Ausgabe liegt nicht nur in zu den Komponisten jener Epoche, denen die
der sich in musikwissenschaftlichen Gesamt- Nachwelt ohne Zweifel nicht deshalb kein
ausgaben mittlerweile durchsetzenden Notati- Denkmal errichtet hat, weil etwa ihre Musik es
on in originalen Notenwerten (anstelle einer nicht rechtfertigte. Die vorliegende, von Klaus
Verkürzung der Werte im Verhältnis 1:2 oder G. Werner erarbeitete Edition des in den Jahren
sogar 1:4), der Verwendung neuer Schlüssel 1793/94 entstandenen und 1805 bei Kühnel in
und einem bestechend großzügigen wie sorgfäl- Leipzig veröffentlichten Werks darf mithin in
tigen Druck; vielmehr ist hier durch die Hinzu- zweierlei Hinsicht begrüßt werden,- zudem ist
fügung der Lautentabulatur samt Umsetzung die Initiative der „Arbeitsstelle Andreas Rom-
in moderne Notation in besonderem Maße be- berg" an der Hochschule in Vechta, Rombergs
rücksichtigt, dass Dowlands Stücke in verschie- „weitgehend vergessenes Schaffen [...] wieder
denen Besetzungen ausgeführt werden können. zugänglich zu machen" (so Karlheinz Höfer in
David Greer legte seiner Edition des First seiner Vorbemerkung zur Romberg-Edition)
Booke Dowlands die Erstausgabe von 1597 insgesamt als überaus erfreulich anzusehen.
zugrunde, da, wie der Herausgeber in einer in- Man darf schon jetzt auf die Fortsetzung der
formativen Einleitung darlegt, bis heute mit Rombergs Es-Dur-Symphonie begonnenen
keineswegs geklärt ist, ob die Änderungen der Reihe gespannt sein, denn dieses Werk macht
späteren Auflagen vom Komponisten selbst mit seiner bemerkenswerten Durchführung
oder von fremder Hand stammen. Die Titelsei- des ersten Satzes, dem ohrwurmverdächtigen
te des First Booke beinhaltet eine mutmaßlich Andante und dem perpetuomobileartigen Fi-
vom Komponisten selbst verfasste Bemerkung: nale, das in manchen Passagen den einen oder
„The First Booke of Ayres of foure parts, with anderen Gedanken des Schlußsatzes von
Tableture for the Lute. So made, that all parts Beethovens Vierter Symphonie vorwegnimmt,
together, or either of them seuerally, may be neugierig auf all das, was noch kommen mag
sung to the Lute, Orpherian, or Viol de gambo", und hoffentlich bald erscheinen wird.
woraus hervorgeht, dass Dowland selbst ver- Einige kritische Anmerkungen hinsichtlich
schiedene Möglichkeiten der Aufführung sei- des Vorworts und der Ausgabe selbst mögen
ner hier zusammengefassten Kompositionen dazu beitragen, die künftigen Bände noch sorg-
offenließ: entweder als Sololied mit Lauten- fältiger zu gestalten: Bei Zitaten beispielsweise
begleitung, als vierstimmigen Satz a cappella aus der AmZ sollte man einheitlich verfahren
oder aber als eine Mischform (z. B. vier- und nicht entweder das Erscheinungsjahr oder
stimmigen Chorsatz mit Gambenbegleitung). den Jahrgang nennen (und dies in einem Satz,
Dem trägt die vorliegende Edition als Neue- vgl. Vorwort S. XI links). Auch wäre (freilich
rung in besonderem Maße Rechnung. Eine in- ohne es übertreiben zu müssen) etwas mehr
formative Einleitung, ein Quellenverzeichnis philologische Akribie angebracht: Aus Anmer-
und ein Kritischer Bericht erfüllen zudem alle kung 21 auf S. XI erfährt man, dass die Bearbei-
Kriterien einer wissenschaftlichen Ausgabe, so tung des Andante als Kantate (hier stimmt auch
dass diese Publikation sowohl von hohem wis- die mitgeteilte Plattennummer nicht: 1457
senschaftlichen wie praktischen Nutzen ist. statt 1497) vom Verlag als Kriegsverlust gemel-
(Oktober 2001) Susan Lempert det wurde, eine Auskunft, die durch den Hin-
weis auf RISM R 2139 mit rund 20 nachgewie-
senen Exemplaren entbehrlich geworden wäre;
ANDREAS ROMBERG (1767-1821): Ausge- auf S. 120 fehlt der rezeptionsgeschichtlich
wählte Werke. Serie I/Band I: Symphonie Nr. 1 nicht unwichtige Hinweis, dass die beiläufig
Es-Dur op. 6. Hrsg. von Karlheinz HÖFER. Vorge- erwähnte Ausgabe von Janet in Paris in
legt von Klaus G. WERNER. Wilhelmshaven: Whistlings Handbuch der musikalischen Litera-
Florían Noetzel Verlag 2001. XV, 122 S. tur (2. Aufl. 1828, S. 8) nachgewiesen ist. - Das
Um die Kenntnis des symphonischen Schaf- an sich ansprechende Notenbild wird durch
fens der Zeit um 1 800 ist es nach wie vor nicht sehr unschöne Bogensetzungen (z. B. S. 20) be-
sonderlich gut bestellt, vor allem dann, wenn einträchtigt; auch sind die keineswegs konse-
man den Blick in den mitteldeutschen Raum quent angebrachten Hinweise auf den (im übri-
richtet, und überdies zählt Andreas Romberg gen sehr kompakten und gut argumentierten)

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