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Karlsruher Institut für Technologie

Institut für Angewandte und Numerische Mathematik


PD Dr. T. Arens
Dr. F. Hagemann
L. Schätzle MSc
Karlsruhe, den 28. Januar 2021

Aufgaben Tutorium 11
zur Vorlesung Höhere Mathematik I für
biw/ciw/mach/mage/vt

Aufgabe 1:
(a) Überprüfen Sie, in welche der folgenden Situationen sich die Regel von L’Hospital anwenden lässt:

x2 + x − 2
(i) lim (ii) lim x ln(x)
x→1 x2 + 2x − 3 x→0
cos(x) x − sin(x)
(iii) lim (iv) lim
x→0 sin(x) x→∞ x
 
1 1
(v) lim −
x→0 ex − 1 x

(b) Bestimmen Sie alle Grenzwerte, sofern sie existieren.

Lösung:

(a) Beim Grenzwert (i) ist der Zähler und Nenner jeweils 0 für x = 1. Wir sind also in der Situation 00 “.

Der Satz von L’Hospital anwendbar. Beim Grenzwert (ii) müssen wir die Darstellung umformen. Es
ist
ln(x)
x ln(x) = 1 .
x
Nun gehen Zähler und Nenner jeweils gegen unendlich, wenn x gegen 0 konvergiert und wir können
L’Hospital anwenden, da wir uns in der Situation ∞ “ befinden. Beim Grenzwert (iii) konvergiert
”∞
der Zähler gegen 0 für x gegen 0, aber der Nenner nicht,da cos(0) = 1. Wir können L’Hospital also

nicht anwenden. Beim Grenzwert (iv) befinden wir uns in der Situation ∞ “ und dürfen die Regel

von L’Hospital anwenden. Beim Grenzwert (v) formen wir zunächst wie folgt um und erhalten

1 1 x − (ex − 1)
− =
ex − 1 x x(ex − 1)

Jetzt sehen wir, dass wir uns tatsächlich in der Situation 00 “ befinden und dürfen die Regel von

L’Hospital anwenden.

(b) Wir wenden die Regel von L’Hospital auf Grenzwert (i) an und erhalten

x2 + x − 2 0
“ 2x + 1
lim =”=
0
lim
2
x→1 x + 2x − 3 x→1 2x + 2

Wir sehen, dass wir x = 1 ohne Probleme einsetzen können und erhalten

x2 + x − 2 0
“ 2x + 1 2+1 3
lim =”=
0
lim = = .
x→1 x2 + 2x − 3 x→1 2x + 2 2+2 4
Analog gehen wir beim Grenzwert (ii) vor und erhalten durch getrenntes Ableiten von Zähler und
Nenner
1

ln(x) ∞ “ x x2
lim x ln(x) = lim 1 ” = lim −1 = lim − = lim −x = 0.
x→0 x→0
x
x→0 2
x
x→0 x x→0

Beim Grenzwert (iv) erhalten wir

x − sin(x) 00 “ 1 − cos(x)
lim ”= lim
x→∞ x x→∞ 1
Der Grenzwert auf der rechten Seite existiert nicht. So ist z.B. für xn = 2nπ der Zähler stets 0. Aber
für yn = n π2 + 2nπ ist der Zähler stets 1. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Grenzwert auf der linken
Seite nicht existiert. Es ist nämlich
sin(x) sin(x)
x − sin(x) x1− x 1 − limx→∞ x
lim = lim = = 1.
x→∞ x x→∞ x 1 1
Beim letzten Grenzwert erhalten wir nach zweimaligem Anwenden

1 1 x − (ex − 1) 00 “ 1 − ex 0
“ −ex −1 1
lim − = lim ”= lim ”=
0
lim = =−
x
x→0 e − 1 x
x x→0 x(e − 1) x
x→0 e − 1 + xe x x x
x→0 e + e + xex 2+0 2

1
Aufgabe 2: Betrachten Sie die Funktion f (x) = x für x > 0.

(a) Bestimmen Sie f 0 , f 00 , f 000 und f (4) .

(b) Stellen Sie eine Vermutung auf, wie eine geschlossene Formel für die n-te Ableitung von f lauten
könnte.

(c) Beweisen Sie diese mit vollständiger Induktion.

(d) Stellen Sie mit der Formel die Taylorreihe von f mit Entwicklungspunkt 1 auf.

(e) Entwickeln Sie f in eine Potenzreihe mit Entwicklungspunkt 1 mit Hilfe der geometrischen Reihe.

(f) Für welche x ∈ R konvergiert die Taylorreihe?

Lösung:

(a) Es ist
−1 2 −2 · 3 2·3·4
f 0 (x) = , f 00 (x) = , f 000 (x) = , f (4) (x) =
x2 x3 x4 xn
(b) Wir beobachten, dass das Vorzeichen im Zähler alternierend ist und die Potenz von x im Zähler sich
jedes Mal um 1 erhöht. Ferner steht im Zähler der 4-ten Ableitung das Produkt 1 · 2 · 3 · 4 = 4!. Das
bringt uns zur Vermutung
n!
f (n) (x) = (−1)n n+1 , n ∈ N.
x
(c) Den Induktionsanfang haben wir Aufgabenteil (b) schon gemacht. Wir stellen die Induktionsvoraus-
n!
setzung auf: Es gelt f (n) (x) = (−1)n xn+1 für ein festes n ∈ N. Dann gilt

d (n) I.V. d n! 1 (n + 1)!


f (n+1 ) = f (x) = (−1)n n+1 = (−1)n n!(−1)(n + 1) n+2 = (−1)n+1 n+2 ,
dx dx x x x
was genau wir zeigen wollten.
(d) Die allgemeine Taylorreihe von f mit Entwicklungspunkt 1 lautet

X f (n) (1)
(x − 1)n .
n!
n=0

Unsere bewiese Formel für die n-te Ableitung gilt insbesondere auch für n = 0. Es ist f (n) (1) =
(−1)n n!. Damit erhalten wir die Taylorreihe
∞ ∞
X (−1)n n! n
X
(x − 1) = (−1)n (x − 1)n .
n!
n=0 n=0

(e) Wir schreiben


1 1
f (x) = =
x 1 − (1 − x)
und erhalten für |1 − x| < 1 mit der geometrischen Reihe die Darstellung
∞ ∞ ∞
1 1 X X X
f (x) = = = (1 − x)n = ((−1)(x − 1))n = (−1)n (x − 1)n .
x 1 − (1 − x)
n=0 n=0 n=0

(f) Aus Aufgabenteil (e) wissen wir, dass die Taylorreihe für |x − 1| < 1 konvergiert und für |x − 1| > 1
divergiert. Alternativ überprüfen wir dies von Hand mittels Wurzel- oder Quotientenkriterium.

Aufgabe 3: Es sei f (x) = ln(x) für x > 1

(a) Formulieren Sie den Mittelwertsatz der Differentialrechnung für f mit x > 0 und y = 1.

(b) Zeigen Sie durch eine geeignete Wahl des Mittelwertes


1
1− < ln(x) < x − 1, x ∈ (1, ∞)
x

(c) In welchem Intervall lässt sich a = 2 ln(3) − 3 ln(2) einschließen?

Lösung:

(a) Es ist f 0 (x) = 1


x und f (y) = ln(1) = 0. Damit lautet der Mittelwertsatz der Differentialrechnung

1
ln(x) = ln(x) − 0 = ln(x) − ln(1) = f (x) − f (y) = f 0 (ξ)(x − y) = (x − 1)
ξ

mit ξ ∈ (y, x) = (1, x).

(b) Wir schätzen den Term auf der rechten Seite nach oben und unten ab und erhalten
x−1 x−1 1
> =1−
ξ x x
bzw.
x−1 x−1
< = x − 1.
ξ 1
Wir setzen das zusammen und erhalten
1
1− < ln(x) < x − 1, x ∈ (1, ∞)
x
(c) Es ist
32
 
2 3 9
a = 2 ln(3) − 3 ln(2) = ln(3 ) − ln(2 ) = ln = ln
23 8
9
Also setzen wir x = 8 und erhalten
 
1 1 9 9 1
= 1 − 9 < ln < −1=
9 8
8 8 8
1 1

Also ist a ∈ 9, 8 .

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