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BUSINESS IN SCHLESWIG-HOLSTEIN Das Gespräch

„Die kalte Sonne. Warum die


Katastrophe nicht stattfindet“
Ein umstrittenes Buch. Ein angefeindeter Autor.
Das Gespräch zum Buch: „Die Entwicklung ist völlig aus den Fugen geraten.“

K
aum ist „Die kalte Sonne” erschienen, zu können, ist es absurd, wie Vahrenholt einen
fallen auch schon die Klimawandel- Zeitraum von nur ein oder zwei Jahrzehnten
Warner über Prof. Vahrenholt her. Und heranzuziehen“.
es ist wie so oft im Klimastreit: Auf der einen
Seite stehen die Wissenschaftler und Politi- Am Rande der feierlichen Verabschie-
ker, auf der anderen stehen die Skeptiker, die dung von Dr. Gustav W. Sauer, Vorsitzender
mit ihren Thesen gegen den „Mainstream“ des Stiftungsrates der Deutschen Zentralbib-
schwimmen. Beide Seiten werfen einander vor, liothek für Wirtschaftswissenschaften – Leib-
Forschungsergebnisse zu verzerren, Fakten zu niz- Informationszentrum Wirtschaft (ZBW
vertuschen – und die „Wahrheit“ zu unterdrü- Kiel/Hamburg), sprach der SCHLESWIG-
cken. Die „Causa Vahrenholt“ dürfte allerdings HOLSTEIN MANAGER mit dem umstritte-
der (vorläufige) Höhepunkt in der Auseinan- nen Wissenschaftler und Manager
dersetzung sein: Die Anfeindungen z.B. in der
renommierten Wochenzeitung „Die Zeit“ wa- SHM: Herr Professor Vahrenholt, nach Ihrer
ren so hart, dass der Herausgeber, Altbundes- These sind die Berechnungen des Intergovern-
kanzler Helmut Schmidt, den RWE-Manager mental Panel for Climate Change (IPCC) zur
zu einem persönlichen Gespräch einlud. Die Erderwärmung falsch. Fällt die Klimakatastro-
Debatten sind mittlerweile derart eskaliert, phe jetzt nun wirklich aus? SHM: In Ihrem Buch beschuldigen Sie den
dass Prof. Dr. Fritz Vahrenholt zwischenzeit- Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Ja. Die Katastro- Weltklimarat nur Fakten zu benutzen, die ins
lich sogar Personenschutz benötigte. Während phe, das ist nach den Berechnungen des Welt- Katastrophenszenario passen. Warum sollte
der ehemalige Chefredakteur des P.M.-Maga- klimarats eine Erwärmung von zwei bis vier eine solche die Organisation so etwas tun?
zin, Thomas Vašek, in seiner Kolumne dem Grad, findet nicht statt, weil natürliche Zyklen Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Die Delegierten
angefeindeten Vahrenholt attestiert: „Auch bei der Klimaveränderung nicht hinreichend im UN-Sekretariat des IPCC sind Abgesandte
der Wissenschaftsbetrieb ist anfällig für Her- berücksichtigt wurden. Wir kommen zu dem ihrer Staaten und sie vertreten deren Interes-
dentrieb. Wenn sich eine Mehrheitsmeinung Ergebnis, dass wir in diesem Jahrhundert al- sen. Dabei geht es um 100 Milliarden Dollar
einmal gefestigt hat, wird es immer schwieri- lenfalls eine Erwärmung von einem Grad zu Transfer. Diese Summe sollen Industrienatio-
ger, Zweifel zu äußern. Das gilt erst recht für erwarten haben.  nen ab 2020 jährlich den Entwicklungsländern
die politisch so umkämpfte Klimaforschung“. zur Verfügung stellen, um die Energieversor-
Ganz anders sieht das Jochem Marotzke, Di- SHM: Aber Sie haben doch über viele Jahre gung C02-ärmer zu machen. Natürlich haben
rektor am Max-Planck-Institut für Meteorolo- selbst die Thesen des Weltklimarats vertreten. die Länder des Südens wie Madagaskar oder
gie und Chef des Deutschen Klima-Konsorti- Jetzt sagen Sie – „April, April?” der Sudan ein Interesse daran. C02 als Klima-
ums. Der sagt zu den Vahrenholt Theorien: Er Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Kohlendioxid ist killer zu brandmarken. 
und sein Co-Autor Sebastian Lüning lieferten in der Tat ein Klimagas. Aber der Weltklimarat
„keinen wissenschaftlich belegten Nachweis lässt in der Zusammenfassung seines Berichts SHM: Welche Rolle spielt C02 für die Klima-
für ihre Thesen. Rein natürliche Schwankun- zwei wichtige Dinge unter den Tisch fallen: Die veränderung nach Ihrer Meinung?
gen könnten nicht hauptsächlich für die glo- Strahlkraft der Sonne und ihr Magnetfeld wa- Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Kohlendioxid ist
bale Erwärmung in den letzten Jahrzehnten ren bis vor Kurzem noch stark, nehmen jetzt zu etwa 50 Prozent für die Erderwärmung
verantwortlich sein. Die Zusammenhänge zwi- aber ab. Auch die beiden großen ozeanischen verantwortlich. Genau kann das niemand be-
schen kosmischer Strahlung und Klima sind Zyklen, die für eine abwechselnde Erwärmung rechnen. Aber wir müssen infrage stellen, ob
einfach nicht belegt.” Noch einen Schritt wei- und Abkühlung sorgen, sind im Abschwung. wir das Klima allein durch eine C02-Reduktion
ter geht Mojib Latif, Professor am Helmholtz- Wir werden in den nächsten zwanzig Jahren maßgeblich beeinflussen können. 
Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, der in nicht mit höheren Temperaturen sondern eher
der „Financial Times” behauptet: „Da werden sogar mit einer leichten Abkühlung zu rech- SHM: Ist damit auch die Energiewende pas-
längst widerlegte Thesen bemüht. Um den nen haben. Damit gewinnen wir Zeit für den sé?
menschlichen Einfluss auf das Klima bewerten Umbau der Energieversorgung.  Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Nein. Wir müssen

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Das Gespräch BUSINESS IN SCHLESWIG-HOLSTEIN

mittelfristig Öl, Kohle und Gas ersetzen und


deshalb brauchen wir erneuerbare Energien.
Aber wir überfordern sie und ich befürchte,
dass sie deshalb bereits in wenigen Jahren in
eine riesige Akzeptanzkrise geraten. Stellen
Sie sich vor. dass wir in fünf oder zehn Jahren
immer noch keine weitere Klimaerwärmung
haben, aber die Leute zahlen trotzdem eine
Menge Geld. Das wird irgendwann nicht mehr
gut gehen. 

SHM: Wie stellt sich dann für Sie die weitere


Entwicklung dar?
Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Die Entwicklung
ist völlig aus den Fugen geraten. Wir machen
in Deutschland Weizen zu Biosprit. Wir bauen
50 Prozent der Fotovoltaikleistung der Welt in
Deutschland auf, obwohl die Sonne hier nur die „European Climate Foundation" niederge-
900 von fast 9000 Stunden im Jahr scheint und lassen, die nach eigenen Angaben jährlich 20
Prof. Dr. Fritz Vahrenholt
geben dafür jährlich acht Milliarden Euro aus. Millionen Euro für den Kampf für Klimaschutz
INFO
Und wir sind jetzt dabei, die Wälder für Wind- ausgibt. Mithilfe der aus diesem Fonds bezahl-
kraftanlagen zu opfern. Das ist eine Politik ten Wissenschaftlern verbreitet die Stiftung Zu- Fritz Vahrenholt war von 1991 bis
nach dem Motto „koste es, was es wolle“.  sammenfassungen zum Stand der Forschung. 1997 Umweltsenator in Hamburg. 1998
Was sagen Sie zu den Vorwürfen aus Kiel? wechselte der Prof. Dr. für Chemie in die
SHM: Und wie soll die Energiewende dann Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Latif hat selbst Industrie und war bis 2001 im Vorstand
aussehen? gesagt, etwa die Hälfte der Erwärmung seit der Deutschen Shell. 2001 Wechsel als
Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT: Wir dürfen nicht Beginn der In­dustrialisierung 1850 sei vom Vorstandsvorsitzender der REpower
alles in Deutschland machen. Wir brauchen Menschen verursacht, später sprach er von bis Systems AG und blieb dort bis 2007. Seit
ein europäisches Konzept. Wir können zum zu 80 Prozent. Man muss meinem Co-Autor Februar 2008 und noch bis zum 1. Juli
Beispiel Fotovoltaik in Spanien, Süditalien Sebastian Lüning und mir einfach abnehmen, 2012 - Vorstandsvorsitzender des RWE-
oder Nordafrika nutzen. Wasserkraft in Skan- dass wir sehr gewissenhaft gearbeitet haben. Tochterunternehmens RWE Innogy. Vah-
dinavien. Biomasse in Rumänien, Österreich Ich weiß genau, was ich tue. Ich habe mich mit renholt ist seit 1999 Honorarprofessor an
oder Deutschland und Windenergie an der der herrschenden Meinung angelegt. Das darf der Universität Hamburg im Fachbereich
Nordseeküste. Dann wird die Nutzung erneu- man nicht. Und mit 20 Millionen Euro können Chemie. Gemeinsam mit dem Geologen
erbarer Energie auch kostengünstiger und da- sehr viele wissenschaftliche Gutachten und Sebastian Lüning hat er das Buch „Die
mit akzeptabler. Statistiken in Auftrag gegeben werden. Dabei kalte Sonne. Warum die Klimakatastro-
ist der Etat der hauptamtlichen Klimaforscher phe nicht stattfindet“ herausgebracht.
SHM: Ihre Kritiker, wie Klimaforscher Mo- noch wesentlich höher.
jib Latif, werfen Ihnen vor, längst widerlegte
Thesen aufzugreifen. Gerade hat sich in Berlin Vielen Dank für das Gespräch.

Verlag Hoffmann und Campe

ISBN: 978-3-455-50250-3
Seiten: 448, gebunden mit zahlreichen
Prof. Dr. Fritz VAHRENHOLT:
Abb.
„Ich weiß genau, was ich tue.”

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