Erster Band
Aerodynamik
des Flugzeuges
Von
Erster Band
Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Aerodynamik des Tragflügels (Teil I)
Springer-Verlag
Berlin I Göttingen I Heidelberg
1959
Alle Rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet,
dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege
(Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen
Teil B
Aerodynamik des Tragflügels
V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels
Seite
5.1 Geometrie des Tragflügels. 327
5.11 Allgemeine Angaben 327
5.12 Flügelgrundriß . . . . . . 328
5.13 Flügelprofil . . . . . . . 332
5.14 Verwindung und V-Stellung 340
5.15 Ausgeführte Flügelformen . 341
5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel 349
5.21 Auftrieb, Widerstand und Gleitzahl. 349
5.22 Sonstige Kräfte und Momente, Achsensysteme . 350
5.23 Dimensionslose Beiwerte der Kräfte und Momente . 352
5.24 Druckverteilungen und Auftriebsverteilungen . . . 354
5.3 Zusammenhang zwischen den Luftkräften und den Bewegungs-
formen des Tragflügels. . . . . . . . . . . . 357
5.31 Bewegungsformen des Flugzeuges . . . . . . . 357
5.32 Kräfte und Momente beim Geradeausflug . . . 359
5.33 Kräfte und Momente beim Schiebeflug . . . . 361
5.34 Kräfte und Momente bei Drehbewegungen des Flugzeuges 362
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
Wegen der Vielzahl der auftretenden Größen war es nicht vermeidbar, daß
einige Buchstaben in mehrfacher Bedeutung verwendet werden. So bedeutet
z. B. l in Kap. 4.1 die Rohrwiderstandszahl, in Kap. 4.9 die Wärmeleitzahl
und in Kap. 5 die Zuspitzung des Flügels.
Im folgenden sind die wichtigsten Bezeichnungen zusammengestellt:
I. Einführung
und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre
1.1 Aufgaben der Flugzeug-Aerodynamik
Das Flugzeug bewegt sich in der irdischen Atmosphäre. Der Be-
wegungszustand des Flugzeuges wird bestimmt durch sein Gewicht, den
vom Triebwerk erzeugten Schub sowie durch die Luftkräfte, welche bei
der Bewegung an den Teilen des Flugzeuges entstehen. Für jeden
Flugzustand mit gleichförmiger Geschwindigkeit muß die resultierende
Kraft aus Gewicht und Schub im Gleichgewicht sein mit der resultie-
renden Luftkraft. Für den besonders einfachen Flugzustand des Hori-
zontalfluges sind die am Flugzeug angreifenden Kräfte in Abb. l.1
dargestellt. In diesem Fall kommt die soeben erwähnte Gleichgewichts-
bedingung darauf hinaus, daß für die vertikale Richtung das Gewicht
gleich dem Auftrieb (0 = A) und für die horizontale Richtung der
Schub gleich dem Widerstand ist (S = W). Dabei sind Auftrieb A und
Widerstand W die Komponenten der resultierenden Luftkraft R 1 senk-
recht bzw. parallel zur Fluggeschwindigkeit w. Bei ungleichförmiger
Bewegung des Flugzeuges kommen zu diese~ Kräften noch die Träg-
heitskräfte hinzu.
In dem vorliegenden Werk "Aerodynamik des Flugzeuges" wollen
wir uns ausschließlich mit den Luftkräften beschäftigen, welche bei der
Bewegung des Flugzeuges an seinen Teilen und damit am ganzen Flug-
zeug entstehen. Die wichtigsten Teile des Flugzeuges, welche zu den
Luftkräften beitragen, sind Tragflügel, Rumpf, Leitwerk und Trieb-
werk. Die Luftkräfte hängen in recht komplizierter Weise von der
geometrischen Gestalt dieser Flugzeugteile und von der Fluggeschwin-
digkeit sowie von einigen physikalischen Eigenschaften der Luft (z. B.
Dichte und Zähigkeit) ab. Aufgabe der Aerodynamik des Flugzeuges
ist es, über diese Zusammenhänge Angaben zu machen. Die Ermitt-
lung der Bewegungen des Flugzeuges bei gegebenen Luftkräften so-
wie bei bekanntem Gewicht des Flugzeuges und gegebenem Schub
des Triebwerkes ist das Aufgabengebiet der Flugmechanik. Hierzu
gehören außer den Fragen der Flugleistungen auch die der Flugeigen-
schaften, wie Steuerung und Stabilität des Flugzeuges. Das Gebiet der
Flugmechanik gehört nicht zum Aufgabengebiet dieses Werkes; auch
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 1
2 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre
Hinblick auf die Flugtechnik ist dabei insbesondere auch die Änderung
dieser Eigenschaften mit der Höhe in der Atmosphäre von Bedeutung.
Diese physikaliS<lhen Eigenschaften der irdischen Atmosphäre haben
unmittelbar einen Einfluß auf die Flugzeugaerodynamik und dadurch
mittelbar auch auf die Flugmechanik. Deshalb sind die Ausführungen
dieses Kapitels in gleicher Weise wichtig für die Aerodynamik sowie
für die Flugmechanik des Flugzeuges.
Im folgenden soll das strömende Medium durchweg als ein Kon-
tinuum angesehen werden. In diesem Falle sind für die Strömungs-
gesetze die Dichte, Temperatur, Kompressibilität und Zähigkeit des
strömenden Mediums von besonderer Bedeutung.
Die Dichte e ist definiert als die Masse der Volumeneinheit. Sie
hängt mit dem spezifischen Gewicht y (= Gewicht der Volumen-
einheit) zusammen durch e = yjg, wobei g die Schwerebeschleunigung
bedeutet. Im technischen Maßsystem hat das spezifische Gewicht y die
Dimension [kgjm3] und die Dichte e die Dimension [kg s2jm4]. Die Dichte
hängt sowohl von der Temperatur als auch vom Druck ab.
Unter der Kompressibilität verstehen wir das Maß der Zusammen-
drückbarkeit des Mediums unter der Wirkung äußerer Druckkräfte. Für
Gase ist die Kompressibilität sehr viel größer als für tropfbare Flüssig-
keiten. Für Strömungsvorgänge hat die Kompressibilität dann eine Be-
deutung, wenn die mit der Strömung verbundenen Druckänderungen
eine merkliche Volumenänderung hervorbringen. Da für die tropf-
baren Flüssigkeiten die Kompressibilität sehr gering ist, können' die
Strömungsvorgänge von Flüssigkeiten immer als inkompressibel an-
gesehen werden, während bei Gasen für große Strömungsgeschwindig-
keiten die Kompressibilität berücksichtigt werden muß. Bei mäßigen
Geschwindigkeiten dagegen können auch die Gase mit guter Näherung
als inkompressibel angesehen werden.
Die Zähigkeit hängt zusammen mit den Reibungskräften eines strö-
menden Mediums, d. h. mit den zwischen den Volumenelementen über-
tragenen Tangentialkräften. Der Zähigkeitsbeiwert ändert sich sowohl
bei tropf baren Flüssigkeiten als auch bei Gasen ziemlich stark mit der
Temperatur. Für viele technisch wichtige Flüssigkeiten (z. B. Wasser)
und für alle Gase können zur Vereinfachung der Strömungsgesetze
vielfach auch die Zähigkeitskräfte mit guter Näherung vernachlässigt
werden (reibungslose Flüssigkeit).
Damit haben wir für die Strömungsmechanik folgenden Sach-
verhalt: Bei mäßigen Geschwindigkeiten, d. h. solange man das strö.
mende Medium als inkompressibel ansehen kann, sind für tropfbare
Flüssigkeiten und Gase die Strömungsgesetze gleich. Man nennt diesen
Teil der Strömungslehre "Hydromechanik" (Kap. II und Kap. IV).
Dabei können viele Aufgaben (z. B. die Theorie des Auftriebes von
1*
4 I. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre
Es ist also die Dichte proportional zum Druck. Bei der adiabatischen
Zustandsänderung wird für eine betrachtete Gasmasse Wärme von
außen weder zu- noch abgeführt. Es tritt also bei der adiabatischen
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 5
wobei cp und Cv die spezifische Wärme bei konstantem Druck bzw. kon-
stantem Volumen bedeutet. Für Luft ist
x = 1,405. (1,5 a)
Die adiabatische Zustandsänderung ohne Wärmeaustausch mit der
Umgebung liegt mit sehr guter Näherung bei sehr schnell verlaufenden
Zustandsänderungen vor, weil hierbei der Wärmeaustausch mit der
Umgebung, der ziemlich langsam verläuft, nicht zur Auswirkung kom-
men kann. Strömungsvorgänge bei großen Geschwindigkeiten könnEn
im allgemeinen in diesem Sinn als schnelle Zustandsänderungen geIten,
so daß für diese die adiabatische Zustandsänderung nach GI. (1,4)
zutrifft.
Für die flugtechnischen Anwendungen ist die Änderung von Luft-
dichte und Luftdruck mit der Höhe H in der ruhenden Atmosphäre wich-
tig. Beide sind abhängig von der vertikalen Temperaturverteilung in
der Atmosphäre T(H). Unter normalen Verhältnissen nimmt in der
Atmosphäre die Temperatur nach oben ab, wobei der Temperaturgradient
dTjdH je nach den Witterungsbedingungen etwa -0,5 grd bis -1 grd
auf 100 m beträgt.
Die Druckabnahme für eine vertikale Höhe dH beträgt nach der
hydrostatischen Grundgleichung :
dp = - ydH = - egdH.
Durch Integration ergibt sich hieraus:
H = j. ap
- . y(p)
p
= -(i
J ap
1
P
e('p)-' ( 1,6)
Po Po
mit n als polytropischem Exponenten; es gilt 1 < n < "'. Die poly-
tropische Zustandsänderung liegt also zwischen der adiabatischen
(n = "') und der isothermen (n = I), was verständlich ist, wenn man
bedenkt, daß eine Zustandsänderung in der ruhenden Atmosphäre ein
langsam verlaufender Vorgang ist. Der polytropische Exponent n hängt
unmittelbar mit dem vertikalen Temperaturgradienten in der Atmo-
sphäre dTjdH zusammen, wie sich sogleich noch ergeben wird. Aus
G1. (1,7) folgt zusammen mit GI. (1,1):
1
I RT o
y = -n-=-1 P
n
Po "
wobei Po und T o dieBodenwerte (für H = 0) von Druck bzw. Tempera-
tur bedeuten. Damit liefert die Ausführung der Integration in GI. (1,6):
H = R :~ IT. P- n d 1
p = n': I R To 1 -
[n-l -I
(~) -n-j' (1,8)
Po
n-l
n p .
Wegen TjTo = (pjpo) n nach GI. (1,1) und (1,7) erhält man aus
GI. (1,8) die lineare Temperaturverteilung :
T = T - n - I H (1,9)
o nR
I :J
1
Für die numerische Auswertung der GIn. (1,9), (1,11) und (1,12) müssen
die Bodenwerte Po, eo, T o und auch der Temperaturgradient dTjdH,
der nach GI. (1,10) den polytropischen Exponenten bestimmt, fest-
gelegt werden. Diese Werte sind für die Atmosphäre mit der Wetterlage
und vor allem mit der geographischen Breite verschieden. Um für
flugmechanische Rechnungen jedoch eindeutige Verhältnisse zu haben,
hat man durch internationale Vereinbarung eine sog. "Normalatmo-
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 7
sphäre" festgelegt mit festen Werten von Po, eo, T o und dTjdH. Für
die IOAO Standard Atmosphäre [1] gelten die folgenden Werte 1:
Po = 10332 kg rn- 2 ,
eo = 0,1249 kg S2 m- 4 ,
Yo = 1,2250 kg rn- 3 , (1,13)2
To = 288°K; t o = 15°0,
aT - 0,65 grd auf 100 m.
aH
mjse.k
J~O
oe
320 20
l<glm.2
JOO 0 1,0
220 -80 42 42
1.23 Kompressibilität
Ein Maß für die Kompressibilität einer Flüssigkeit oder eines Gases
ist der sog. Volumen-Elastizitätsmodul E, welcher durch die Gleichung
LJp = - E ---v
LlV
(1,14)
definiert ist. Dabei bedeutet LI VI V die relative Volumen änderung,
welche durch eine Druckerhöhung Llp hervorgerufen wird. Für die
tropfbaren Flüssigkeiten ist die Kompressibilität außerordentlich ge-
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 9
Durch Vergleich mit GI. (1,14) erkennt man, daß für ein Gas der
Elastizitätsmodul gleich dem Druck im Ausgangszustand ist. Für Luft
im Normalzustand (Druck gleich eine Atmosphäre, Temperatur gleich
0° C) ist somit E = 1 kg/cm 2 • Luft ist im Normalzustand also
20000mal so stark kompressibel wie Wasser.
Ob nun für Strömungen von Luft die Kompressibilität berück-
sichtigt werden muß, hängt davon ab, ob die durch den Strömungs-
vorgang hervorgerufenen Druckänderungen eine merkliche Volumen-
änderung hervorbringen oder nicht. Statt der Volumenänderung LI V
können wir auch die Dichteänderung Lle abschätzen. Wegen der Er-
haltung der Masse gilt (V + LI V) (e + Lle) = Ve und somit Lle/!!
= -LI V/V, so daß man GI. (1,15) in der Form schreiben kann:
A LI 0
LJP = E - - . (1,16)
e
Eine Strömung kann mit guter Näherung als inkompressibel behandelt
werden, solange die relative Dichteänderung sehr klein bleibt, Lle/e~ 1.
Nun ist die mit einer Strömung verbundene Druckänderung Llp, wie
man aus der BERNOULLlschen Gleichung für inkompressible Strömung
p + ew 2 /2 = const (w = Strömungsgeschwindigkeit) weiß, von der
Größenordnung q = (e/2) w 2 • Damit erhält man aus GI. (1,16) für die
relative Dichteänderung die Abschätzung:
Lle Llp e w2
-e- = -T = 2 E' (1,17)
a2
E
-- ---
ap (1,18)
- (! - d(]'
Die Kompressibilität des Gases kann somit auch bei Strömungen von
Gasen vernachlässigt werden, falls
d. h., falls die MAcHsche Zahl klein bleibt gegen Eins, oder mit anderen
Worten, falls die Strömungsgeschwindigkeit klein ist gegen die Schall-
geschwindigkeit. Die durch die Strömung verursachte relative Dichte-
änderung ist nach GIn. (1,17) und (1,18) näherungsweise
(1,21)
a= V x : = Vx g R T , (1,22)
wenn man noch für p!e den Wert nach der Zustandsgleichung des
idealen Gases, GI. (1,1), einführt. Wir haben also die einfache Bezie-
hung, daß die Schallgeschwindigkeit der Wurzel aus der absoluten
Temperatur proportional ist.
Für Luft ergibt sich für die Normalatmosphäre in Bodennähe mit
T o = 288 0 K, mit x = 1,40 und mit dem Zahlenwert der Gaskon-
stanten R nach GI. (1,2) für die Schallgeschwindigkeit in Bodennähe :
a o = 340m/s.
'Wegen der Abnahme der Temperatur mit der Höhe nimmt auch die
Schallgeschwindigkeit mit der Höhe ab. Die nach GI. (1,22) für die Schall-
,geschwindigkeit a in verschiedenen Höhen errechneten Werte sind
in Tab. 1.1 und in Abb. 1.2 mit angegeben. In 10 km Höhe beträgt
die Schallgeschwindigkeit nur noch 300 m/s. Zur gleichen Fluggeschwin-
digkeit w gehört somit in 10 km Höhe eine um rund 10% höhere MAcHsehe
Zahl als in Bodennähe, was für die Beurteilung der aerodynamischen
Eigenschaften eines Flugzeuges bei Fluggeschwindigkeiten nahe der
Schallgeschwindigkeit wichtig ist.
Die relative Dichteänderung wird für eine Fluggeschwindigkeit
von w = 500 km/h = 139 m/s, also für eine MAcHsche Zahl in Boden-
nähe von Ma = 139/340 = 0,4 nach GI. (1,21) rund L1 eil? = 0,08. Diese
Fluggeschwindigkeit kann etwa als die obere Grenze angesehen
werden, bis zu welcher die Luftströmung mit einigermaßen guter An-
näherung als inkompressibel angenommen werden kann. Da diese Flug-
geschwindigkeit seit langem erheblich überschritten wurde, ergibt sich
hieraus, daß die Kompressibilitätseinflüsse in der heutigen Flugzeug-
Aerodynamik keinesfalls mehr vernachlässigt werden können. Sie
spielen vielmehr eine ganz ausschlaggebende Rolle, so daß es erforder-
lich ist, den kompressiblen Strömungen im folgenden erhebliche Auf-
merksamkeit zu schenken.
1.24 Zähigkeit
Bei den Strömungen einer reibungslosen Flüssigkeit treten zwischen
den sich berührenden Schichten keine Tangentialkräfte (Schubspan-
llungen), sondern nur Normalkräfte (Drücke) auf. Die Theorie der
Strömungen der reibungslosen, inkompressiblen Flüssigkeit (ideale
Flüssigkeit) ist mathematisch sehr weit entwickelt worden und liefert in
vielen Fällen auch eine befriedigende Beschreibung der wirklichen Strö-
mungen, wie Z. B. bei der Wellenbewegung von Flüssigkeit oder bei
der Berechnung des Auftriebes eines Tragflügels bei mäßigen Flug-
geschwindigl;:eiten. Dagegen versagt die Theorie der idealen Flüssigkeit
völlig bei dem Problem der Berechnung des Widerstandes eines Körpers.
Sie lieferi hier die Aussage, daß ein Körper, der sich gleichförmig durch
Bine unendlich ausgedehnte Flüssigkeit bewegt, keinen Widerstand er-
fährt (D 'ALEMBERTsches Paradoxon). Dieses unannehmbare Ergebnis
der Theorie der idealen Flüssigkeit ist darauf zurückzuführen, daß
in den wirklichen Flüssigkeiten sowohl zwischen den Schichten im
Innern als auch zwischen der Flüssigkeit und der be strömten Wand
außer den Normalkräften auch Tangentialkräfte übertragen werden.
Diese Tangential- oder Reibungskräjte der wirklichen Flüssigkeiten hän-
gen mit einer Eigenschaft zusammen, die man als die Zähigkeit der
Flüssigkeit oder des Gases bezeichnet.
12 I. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre
Das Wesen der Zähigkeit eines strömenden Mediums kann man sich
am einfachsten durch den folgenden Versuch klarmachen:
Wir betrachten die Strömung zwischen zwei sehr langen parallelen
ebenen Platten, von denen die eine in Ruhe ist, während die andere
mit der konstanten Geschwindigkeit U in ihrer eigenen Ebene bewegt
wird (Abb. 1.3). Der Raum zwischen den beiden Platten sei mit dem
u strömenden Medium gefüllt. Der
;;W!~-- Plattenabstand sei h, und der
~ Druck sei in dem ganzen Raum
konstant. Aus dem Versuch er-
hält man die Aussage, daß das
f - - - - - , / u(yJ
y strömende Medium an den beiden
Platten haftet, so daß an der
%~W%~~~~~»;;;//%?'~~~~0. unteren Platte die Geschwindig-
Abb. 1.3. Geschwindigkeitsverteilung einer zähen keit des strömenden Mediums
Flüssigkeit zwischen zwei parallelen ebenen gleich Null ist, während sie an
Wänden (Scherströmung)
der oberen Platte mit der Platten-
geschwindigkeit U übereinstimmt (Hajtbedingung). Ferner herrscht
zwischen den Platten eine lineare Geschwindigkeitsverteilung. Somit ist
die Strömungsgeschwindigkeit dem Abstand y von der unteren Platte
proportional, und es gilt:
u(y) = i U. (1,23)
Die Größe f1, heißt das Zähigkeitsmaß oder die dynamische Zähigkeit
der Flüssigkeit oder des Gases. Sie ist eine vom Druck fast unabhängige,
aber von der Temperatur stark abhängige Materialkonstante. Das durch
1.3 Ähnlichkeitsgesetze der Strömungen 13
Wir haben jetzt zu überlegen, wie sich diese Kräfte ändern, wenn sich
die charakteristischen Größen der Strömung ändern, nämlich die
Dichte e, die Zähigkeit tt, die Anströmungsgeschwindigkeit w und eine
7:+ : ; dy
.7""'--1_...
:::-:..------- ..........
dx----t'
für beide Strömungen gleich ist. Dieses Gesetz wurde von ÜSBORNE
REYNOLDS im Jahre 1883 bei der Untersuchung der Strömung in
Rohren gefunden und heißt nach ihm das Reynoldssche Ähnlichkeits-
gesetz.
Einige praktisch besonders wichtige Flüssigkeiten und Gase, wie
z. B. Wasser und Luft, haben einen sehr kleinen ZähigKeitsbeiwert v,
vgl. Tab. 1.2. Bei einigermaßen großen Geschwindigkeiten und Körper-
2,2r--,--~-,---,--,-~--,--,---:--'--,~
2, 0 e---+---+--+
1,8 f----+--C-
1,6e---+---+-----+--_t_
1, 4e---+----t---t---+_-
11,2
~ 1,0f-- --+--t--
0,8 -
0,6
+-!---f----I
0,4
-i-------+--+---
I I I
o 400 600 800 1000 1600 1800 2000 km/h 2400
Abb.1.5
Die Jl-IAcHsche Zahl Ma in Abhängigkeit von der Fluggeschwindigkeit w und der Flughöhe H
Literatur
[1] Standard Atmosphere-Tables and Data for Altitudes to 65800 feet. - [ICAO
Standard Atmosphere] NACA Report No. 1235 (1955).
2.11 Darstellungsmethoden
I
\tJ = iu (2,3)
läßt sich das Geschwindigkeitsfeld beschreiben durch die Gleichungen:
u. = fl(X, y, z, t),
v = f2(X, y, z, t), (2,4)
w = f3(X, y, z, t).
Eine Bewegung, bei welcher
in einem festgehaltenen Raum-
punkt eine oder mehrere Ge-
a schwindigkeitskomponenten von
der Zeit abhängig sind, heißt
instationär. Oft liegt der Fall vor,
daß in jedem Raumpunkt die Ge-
schwindigkeit zeitlich konstant
ist, d. h: daß in den GI. (2,4)
die Zeit nicht explizit vorkommt.
Diese Gleichungen vereinfachen
sich dann zu:
u = fl(X, y, z),
v = f2(X, y, z), (2,5)
b w = f3(X, y, z).
Eine solche Bewegung heißt
Abb. 2.1. Stationäre und instationäre Strömung
um einen Körper
stationär.
a) Die Strömung ist stationär für das körper/este
Koordinatensystem, in welchem der Körper Die Eigenschaft stationär
mit der Geschwindigkeit U oo angeströmt wird
oder instationär ist nicht un-
b) Die Strömung ist instationär für das /lüssig-
keits/este Koordinatensystem, in welchem der
bedingt ein physikalisch wesent-
Körper mit der Geschwindigkeit uoo durch
die ruhende Flüssigkeit gesohleppt wirdliches Merkmal einer Strömung.
Es kann nämlich unter Um-
ständen die gleiche Strömung stationär oder instationär sein, je nach-
dem, von welchem Koordinatensystem aus sie betrachtet wird. Nehmen
wir als Beispiel die Strömung um einen Kreiszylinder nach Abb. 2.1.
Wird der Kreiszylinder mit der konstanten Geschwindigkeit U oo
parallel zur x-Achse angeströmt, so ist dies, von dem körperfesten Ko-
ordinatensystem nach Abb. 2.1 a aus betrachtet, ein stationärer Strö-
mungsvorgang, da in diesem Koordinatensystem die Geschwindigkeit
in jedem Raumpunkt nach Größe und Richtung konstant ist. Physika-
lisch der gleiche Strömungsvorgang liegt vor, wenn der Kreiszylinder
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 21
(2,6)
Für eine ebene Strömung nach Abb. 2.2 lautet somit die Differential.
gleichung der Stromlinie y(x):
dy v
-;rx- = u' (2,9 a)
Bei der oben angedeuteten substantiellen Betrachtungsweise einer
Flüssigkeitsbewegung nach LAGRANGE, bei welcher das Schicksal eines
Flüssigkeitsteilchens verfolgt wird, erhält man Kenntnis von den
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 23
Diese Gleichung gestattet es, aus dem Stromlinien bild sofort eine Aus-
sage über die Geschwindigkeit zu erhalten. Üblicherweise zeichnet man
für ebene Strömungen das Stromlinienbild so, daß jede Stromröhre
die gleiche Durchflußmenge besitzt. Damit ergibt sich aus GI. (2,11)
die Aussage, daß an den engen Stellen der Stromröhre (F klein)
die Geschwindigkeit groß ist und umgekehrt. Man hat also für eine
inkompressible Strömung die Regel, daß an den Stellen, wo die
Stromlinien sich verengen, die Geschwindigkeit in Strömungsrichtung
zunimmt und dort, wo ,sie sich erweitern, die Geschwindigkeit ab-
nimmt. Für kompressible Strömungen gilt diese Regel nur für Ge-
schwindigkeiten unterhalb der Schallgeschwindigkeit. Für Überschall-
geschwindigkeit gilt jedoch, wie hier ohne Beweis vorweggenommen
werden möge, das entgegengesetzte Verhalten, nämlich, daß eine Zu-
nahme der Geschwindig-
z keit in Strömungsrichtung
mit einer Erweiterung der
Stromröhre verbunden ist.
dz Der Grund hierfür ist
die mit der Geschwindig-
\l--+--+-nu+ d{fJU} dr
,\ • u:r: keitszunahme verbundene
Druckerniedrigung, welche
eine starke Volumenver-
größerung des Gases zur
Folge hat.
Für die allgemeine drei-
Abb. 2.4. Zur Herleitung der Kontinuitätsgleichung dimensionale Strömung, bei
welcher man den Verlauf
der Stromlinien nicht von vornherein kennt, erhält man die Kon-
tinuitätsgleichung in der Weise, daß man für ein beliebiges Volumen-
element die Bedingung der Erhaltung der Masse zum Ausdruck bringt.
Wählt man nach Abb. 2.4 ein Parallelepiped mit den Kantenlängen d x,
dy, dz, so ist im Falle der kompressiblen Strömung für dieses Volumen-
element die durch eine Dichteänderung verursachte Massenänderung
pro Zeiteinheit gleich der Summe der ein- und ausfließenden Massen
pro Zeiteinheit. Die durch die Dichteänderung verursachte Massen-
änderung ist (8e/8t) dx dy dz. Die einströmende Masse pro Zeiteinheit
für die x-Richtung, also durch das links liegende Flächenelement dy dz,
ist vom Betrage (e u) dy dz, während die ausfließende Masse durch das
Flächenelement dy dz auf der rechten Seite [e u + a~(!xu) dX] dydz
beträgt. Die Bilanz des Massenflusses für die x-Richtung ist somit
a ~(!Xu) d x d y dz. Mit den analogen Beiträgen für die y- und z-Rich-
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 25
tung lautet somit die gesamte Massenbilanz nach Kürzung durch das
Volumenelement dx dy dz:
ft + o(e u ) + o(eoyv ) + o(eOZw ) = O. (2,12)
ot OX
Dies ist die Kontinuitätsgleichung für den allgemeinen Fall einer in-
stationären kompressiblen dreidimensionalen Strömung. Für die statio-
näre kompressible Strömung vereinfacht sie sich zu:
o(e u ) + o(e v) + o(e w ) = 0 (2,13 )
OX oy OZ '
~ +~ + ow = 0 (2,14)
OX Gy OZ
oder in Vektorform :
div ltJ = o. (2,14 a)
Diese Gleichung drückt die Quellenfreiheit des Geschwindigkeitsfeldes
aus. Damit ist gemeint, daß sich in der Strömung keine sog. Quellen
oder Senken befinden, d. h. Stellen, an denen Flüssigkeit neu entsteht
bzw. verschwindet.
Abb. 2.5. Zum Begriff der Drehung einer Abb. 2.6. Strömung mit Drehung in einem
Strömung. Die Strömung ist drehungsfrei, mit Flüssigkeit gefüllten zylindrischen Gefäß
faUs a' 11 a" 11 a'"
Wir wollen nun einen quantitativen Ausdruck für die Drehung an-
geben, der uns gestattet, bei einem nach GI. (2,4) vorgegebenen Ge-
schwindigkeitsfeld zu entscheiden, ob in einem bestimmten Punkt eine
Drehung vorhanden ist oder nicht. Jedes Flüssigkeitsteilchen erleidet
bei der Fortbewegung im allgemeinen eine Deformation in ähnlicher
Weise, wie die Volumenelemente eines festen elastischen Körpers, wenn
dieser sich unter der Einwirkung von äußeren Kräften verformt. Den
Deformationszustand eines beliebigen deformierbaren Körpers, sei er
fest, flüssig oder gasförmig, kann man dadurch beschreiben, daß man
für jeden Punkt des Kontinuums den Verschiebungsvektor
(2,15)
angibt. Dabei seien die Koordinaten eines Körperpunktes vor der
Deformation x, y, z, während sie nach der Deformation x + ~, y + 'Yj,
z + C betragen. Der Deformationszustand des Körpers ist völlig be-
stimmt, falls für jeden Raumpunkt des Kontinuums die Komponenten
des Verschiebungs vektors gegeben sind:
~ = ~(x, y, z); 'Yj='Yj(x,y,z); C=C(x,y,z). (2,16)
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 27
1. e= e(y), 'f}=0;
2. 'YJ = 'YJ(x) ,
Für die beiden übrigen Fälle ist die Drehung Null, da sich die beiden
Diagonalen um den gleichen Betrag in entgegengesetzter Richtung
drehen. Somit hat man als Drehung für die ebene Bewegung,
{}z = {}Zl + {}Z2:
{} =
z
~(i!L
2 iJx
_!.I)
iJy'
(2,17)
Für die ebene Bewegung ist nur diese z-Komponente der Drehung vor-
handen. Die dreidimensionale Bewegung hat auch die Drehkomponenten
{}x und {}I/ um die x- bzw. y-Achse. Der Drehvektor
28 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
hat dann die aus GI. (2,17) durch zyklische Vertauschung zu erhalten-
den Komponenten:
{} =~(~-~)
x 2 ßy ßz'
{} 1/-2
- ~(!L
ßz
_ ii)
ßx'
(2,18)
{} = ~(~ _ !L).
z 2 ßx ßy
w X =2
l(ßW ßV)
ay-az' I
wy = ~ ( :: - ::), I (2,24)
Wz = ~ ( ~ ~ - ::).
Durch diese Gleichungen kann für ein vorgelegtes Geschwindigkeits-
feld nach GI. (2,4) der Vektor der Drehwinkelgeschwindigkeit co, den
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 29
man auch kurz als den Drehvektor der Strömung bezeichnet, leicht
ermittelt werden.
Eine dreidimensionale Strömung heißt drehungsfrei, wenn sämtliche
drei Komponenten des Drehvektors im ganzen Strömungsraum ver-
schwinden. Für eine ebene Strömung u = u(x, y), v = v(x, y), w = 0
sind die Komponenten W x und w y identisch Null, und es entscheidet
die z-Komponente
wZ =2
1 (ßV DU)
Tx-ay (2,25)
ist.
Als Beispiel sei die ebene Scherströmung nach Abb. 1.3 angeführt,
die bei einer zähen Flüssigkeit zwischen zwei parallelen ebenen Wänden
vorhanden ist. Sie hat die Geschwindigkeitsverteilung :
u = U JL
h'
· v == 0; w=O.
ist. Dabei ist die Kräftesumme einmal für die Richtung längs der Strom-
röhre und zum anderen für die Richtung normal zur Stromröhre zu
nehmen.
Für die Aufstellung der Grundgleichung in Richtung der Koordinate s
längs der Stromröhre denkt man nach Abb. 2.8 aus der Stromröhre ein
Volumenelement der Länge ds
z mit dem Querschnitt dF heraus-
geschnitten. Dieses besitzt das
Volumen dF· ds und die Masse
dm = e dF ds. Die Druckkraft
ist am unteren Ende des
zylindrischen Volumenelemen-
:!
tes p dF und am oberen Ende
-(P+ dS)dF. Somit ist
Dw =~+w~. (2,28)
Dt at as
Führt man dieses in die Bewegungsgleichung (2,26) ein, und ersetzt
man noch cos IX durch 8z/8s, wobei z (s) die hier als bekannt voraus-
gesetzte Lage der Stromröhre im Raum angibt, so erhält man:
~+w~+~~--l-.
at as (! as
~-O .
' g as - (2,29)
Dabei sind jetzt die Ableitungen nach dem Ort als gewöhnliche Ab-
leitungen geschrieben, weil jetzt Druck und Geschwindigkeit nur von
der einen Variablen s abhängig sind.
Die konvektive Beschleunigung spielt bei den meisten Flüssigkeits-
bewegungen eine überragende Rolle. Häufig beträgt sie ein großes
Vielfaches der Schwerebeschleunigung, wie das folgende Beispiel lehrt.
Wir betrachten die Strömung durch einen Kanal nach Abb. 2.9, der
32 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
dw
w7l8 = 30·20 = 600 m JS2 = 60g;
folgt:
w2 18p 8z
r= ---ean-gan' (2,3l)
an
8p w
= - e-r- ·
2
(2,32)
ist. Für Ra = 0,3 mund R i = 0,2 m erhält man für Luft mit der Dichte
e = 0,125 kg S2/m 4 bei einer Geschwindigkeit von w = 20 m/s einen
Druckunterschied von
_ ~400_ 2
L1p - 0,1 8 0,25 - 20kg/m .
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 3
34 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Dies ist die für die Bewegung der reibungslosen inkompressiblen Flüs-
sigkeit fundamentale Gleichung, welche den Zusammenhang von Ge-
schwindigkeit, Druck und Lage der Stromröhre gibt. Sie wurde zum
ersten Male von D. BERNOULLI aufgestellt, schon bevor EULER seine
Theorie der idealen Flüssigkeit entwickelt hatte. Nach Division durch
die Erdbeschleunigung IJ und unter Beachtung von eIJ = y läßt sich
GI. (2,33) auch in der Form schreiben:
w2
-2
g + -yP + z = const. (2,34)
H
-:- -:- -.:--,- _.i!leJ!/jVjiffpJL __ I ~ - -
doch für den ganzen Strö- Geschwmd,!!- TU 2 , iVerlusfhöhe
mungsraum den gleichen keifshöhe T :
Wert.
' ,
I" 1
Die BERNOULLlsche Glei- , .!'!L
1
Druckhöhe : Steigrohr : 2g
chung kann auch noch in
,, I
einer dritten Form geschrie-
ben werden, die eine physi- ,
1
jl:
Ortshöhe z ---.J?:,::':;E1k--___
zuläßt. DurchMultiplikation
1
,/Vz
die als Energie/orm bezeichnet wird. In dieser Form hat jeder Term die
physikalische Bedeutung von Energie pro Volumeneinheit, somit
m kgjm3 = kgjm 2 • Es bedeutet (! w 2 j2 die kinetische Energie, p die
Druckenergie und y z die potentielle Energie pro Volumeneinheit. In
dieser Form sagt die BERNouLLI-Gleichung also aus, daß längs einer
Stromlinie die Summe aus kinetischer Energie, Druckenergie und poten-
tieller Energie einen unveränderlichen Wert hat. Man nennt die Summe
dieser drei Energieformen die mechanische Energie oder auch die
Strömungsenergie. Die BERNOULLlsche Gleichung kann somit auch als
das Gesetz von der Erhaltung der Energie für einen Stromfaden auf-
gefaßt werden, in dem Sinne, daß die mechanische Energie längs eines
Stromfadens unveränderlich ist. Auch die Höhenform der BERNOULLI-
sehen Gleichung, GI. (2,34), kann als Energieform aufgefaßt werden.
In dieser Gleichung hat jedes Glied die physikalische Bedeutung von
Energie pro Kilogramm Flüssigkeit, also mkgjkg = m.
Dieses Gesetz der Erhaltung der mechanischen Energie oder der
Konstanz der Strömungsenergie längs eines Stromfadens ist eine typi-
sche Eigenschaft der reibungslosen Flüssigkeit. Man nennt eine solche
Strömung auch eine "verlustlose" Strömung, womit gemeint ist, daß
keine Verluste an mechanischer Energie auftreten. Bei der Strömung
von wirklichen, also von reibungs behafteten Flüssigkeiten, treten immer
mehr oder weniger große "Verluste" auf in dem Sinne, daß ein Teil
3*
36 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
- I I
~
-:-t- I·
h
I
l
1
Da Zl - Z2 = h ist, erhält man für die Aus-
flußgeschwindigkeit '-__. . . G
. la
W
a
(TORICELLI-Formel). (2,37) j
Dies ist die Formel von TORICELLI. Die Aus- Abb. 2.13. Ausfluß aus einem
offenen Gefäß
flußgeschwindigkeit ist also die gleiche, die
ein Körper beim freien Fall im luftleeren Raum erreicht, wenn er mit
der Anfangsgeschwindigkeit Null die Höhe h frei durchfällt.
Der aus Versuchen ermittelte Wert der Ausflußgeschwindigkeit ist
bei guter Abrundung der Ausflußöffnung nur wenig kleiner als dieser
theoretische Wert bei reibungsloser Strömung. Ist allerdings die Aus-
flußäffnung scharfkantig, so tritt eine beträchtliche Einschnürung des
ausfließenden Strahles ein, derart, daß der effektive Strahlquerschnitt
wesentlich kleiner ist als die geometrische Ausflußäffnung. Da die Aus-
flußgeschwindigkeit nahezu die gleiche ist wie bei abgerundeter Öff-
nung, tritt durch diese "Strahlkontraktion" eine erhebliche Verminde-
rung der Ausflußmenge ein.
2.232 Messung von Druck und
Geschwindigkeit in einer Strömung.
Befindet sich in einemgleichmäßigen
Flüssigkeitsstrom von der Ge-
schwindigkeit w"" ein Hindernis, so
staut sich unmittelbar vor dem
Hindernis die Strömung auf und Abb.2.14. Aufstau der Strömung an einem
Hindernis
teilt sich dann. vor dem Körper nach
allen Seiten, um ihn zu umfließen, Abb. 2.14. Die Mittelstromlinie führt
zum "Staupunkt", in welchem die Strömung völlig zur Ruhe kommt.
Bezeichnen wir den Druck im Staupunkt mit Po und den Druck in der
ungestörten Strömung in gleicher Höhe mit p"", so liefert die BER-
NOULLlsche Gleichung für die zum Staupunkt führende Stromlinie:
_
Po - p""
+ TWoc'
I! 2 (2,38)
38 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Ferner heißt Poo der statische Druck der ungestörten Strömung, und die
nach GI. (2,38) gebildete Summe des statischen Druckes Poo und des
Sta,udruckes qoo führt den Namen Gesamtdruck. Es gilt also:
Pu = Po = Poo + qoo (2,40)
Gesamtdruck = statischer Druck + Staudruck
Zur Messung des Gesamtdruckes Pu = Poo + ~ w~ in irgendeiner Strö-
• mung genügt ein einfaches, umgebogenes,
vorn offenes Rohr, nach Abb. 2.15a, das
man nach seinem Erfinder als Pitot-Rohr
• bezeichnet. Der Druck Po im Staupunkt,
der mit dem Gesamtdruck Pu identisch
a ist, pflanzt sich in das Innere des Rohres
fort und kann zu einem Meßinstrument
geleitet werden .
• Um die Beziehung (2,38) zur Ermittlung
der Strömungsgeschwindigkeit W oo zu ver-
• wenden, muß neben dem Gesamtdruck Po
auch der statische Druck Poo ermittelt
b werden. Dies macht größere Schwierig-
keiten als die Messung von Po, da der
statische Druck durch das Einbringen einer
• Sonde gerade an der Stelle gestört wird,
wo man ihn messen will. Als geeignet zur
Messung des statischen Druckes hat sich
• eine Sonde nach Abb. 2.15 b erwiesen, die
man als statische Sonde oder Hakenrohr
c
bezeichnet. Diese besteht aus einem dünnen
\
P~ Pg"Po
Röhrchen von einigen Millimetern Durch-
Abb.2.15. Sonden zur Messung messer, das vorn geschlossen ist und einen
von Drücken in einer strömenden gut abgerundeten Kopf besitzt. In einiger
Flüssigkeit
a) PITOT-Rohr mißt den Gesamt- Entfernung vom Kopf, im Abstand von
druck P g = Po etwa drei Durchmessern, befinden sich
b) Statische Sonde mißt den stati-
schen Druck Poo einige kleine seitliche Anbohrungen. Weicht
c) PRANDTL-Staurohr mißt deu
Staudruck qoo = P g - Poo die Anströmrichtung nicht mehr als 50
von der axialen Richtung ab, so messen
diese Anbohrungen mit sehr guter Annäherung den statischen Druck
der ungestörten Strömung Poo'
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 39
Man kann das PIToT-Rohr nach Abb. 2.15a mit einer solchen stati-
schen Sonde nach Abb. 2.15 b zu einem einzigen Gerät vereinigen, und
dabei als Differenzdruck den Staudruck
--==--
Drucke werden durch ge- ;/ _______ ~ a
trennte Leitungen abgeführt.
Die an einem U-Rohr-Mano-
meter ermittelte Differenz ~-
dieser beiden Drücke gibt b ~
unmittelbar den Staudruck, t T =r - 1=
aus dem die Geschwindig- [ I I I
keit W oo bei bekannter I I I
Dichte des strömenden Me- c ~
diums sofort ermittelt wer- I
den kann. Für Luft ist un-
»
I
ter normalen Bedingungen
die Dichte ziemlich genau d
Dabei bedeutet wie in Kap. 2.21 die zeitliche Ableitung DjDt wieder
die substantielle Beschleunigung, die nach GI. (2,27) aus den beiden
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 41
~
cIt
= ~~
ax cIt
+ ~~
8y dt
+!!.!!!..~
{)z cIt
= u~
8x
+ v~
{)y
+ w~
{)z .
(!
(
{)U
7ft + Uax
{)U
+ Va:;
{)U
+ wTz
()U) {)p
=X -7[X'
(! (~
at
+ u~
{)x
+ v~
{)y
+ W~)
iJz
= Y- ~
{)y'
(2,44)
(! (~
iJt
+ u~
iJx
+ v~
iJy
+ w~)
iJz
= Z -~.
{)z
Auch diese Gleichungen gelten ebenso wie GI. (2,29) sowohl für in-
kompressible als auch für kompressible Strömung. Hierzu kommt die
Kontinuitätsgleichung, die für inkompressible Strömung nach GI. (2,14)
lautet:
~+~+!!.!!!..=o.
{)x {)y {)z
(2,45)
Die GIn. (2,44) und (2,45) sind für inkompressible Strömung ein System
von vier Gleichungen für die vier Unbekannten u, V, W, p. Für die kom-
pressible Strömung ist die Kontinuitätsgleichung (2,45) durch GI. (2,13)
zu ersetzen. Außerdem kommt eine Beziehung zwischen Druck und
Dichte [Zustandgleichung, GI. (1,4)] hinzu, so daß man fünf Gleichungen
für die fünf Unbekannten u, V, W, p, (! hat.
In diesem Kapitel sollen im folgenden nur inkompressible, reibungs-
lose Strömungen (ideale Flüssigkeit) betrachtet werden, während die
1 Für später merken wir an, daß somit für die dreidimensionale Strömung
der substantielle Differentialquotient die Bedeutung hat:
D () a 8 a
Fe = 7ft + ufiX + Vay + waz' (2,43 a)
42 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
b
Abb.2.17. Randbedingungen für die Geschwindigkeit an der Wand bei der
Umströmung eines Körpers
a Reibungslose Strömung: Gleiten: tJJ n = 0, tJJt =F 0;
b Zähe Flüssigkeit: Haften: tJJ n = 0, tJJ t = 0
ow UW ow
+ußxaz + vaydz + wazdz
1 . 1 (OP OP) =0.
op dy+-az
--(Xdx+Ydy+Zaz)+- -D-dx+-o
e e x y oz
Bei drehungs freiem Kraftfeld kann man für die Massenkraft Sf ein Potential U
einführen, derart, daß Sf/ e = - grad U ist. Die Geschwindigkeitsglieder in der
vorstehenden Gleichung lassen sich umformen, wenn man beachtet, daß die In-
tegration längs einer Stromlinie erfolgt, so daß nach Gl. (2,9)
vdx=udy, wdy=vdz, udz=wdx
gilt. Damit kommt:
Du Du OU
u-dx
Dx
+ u-dy
Dy
+ u-dz
OZ
UV Dv GV
+vTxdx+ vaydy+ vazdz
Dw Dw uw
+ Wßx dx + Way dy + Waz dz
II1J 1
- 2
- + u + -Pe = const.
2
(2,46)
Falls die xy-Ebene horizontal liegt und somit die z·Achse vertikal, ist U = gz,
so daß man aus Gl. (2,46)
~m =gI
::U'=~(~-~).l (2,48)
z 2,ox oy
o (OV
ot OX - oy + u ox ox - oy + v oy ox - oy + w oz ox - oy +
OU) 0 (OV OU) 0 (OVOU) 0 (OV OU)
2 DWz = 2 ( 0 w. + u 0 w. + v 0 w. + w 0 W z )
'Dt ot OX oy OZ
-~i~-~)
ox\oy oz -~(~-~)
oy OZ OX
-~(~-~)
OZ OX oy
= - OW
2 ( w Xh + WlIay
OW
+ wZaz
OW)
.
Setzt man beides in GI. (2,51) ein, so ist damit die dritte der GIn. (2,50)
bewiesen und damit durch zyklische Vertauschung auch die Gültig-
keit des ganzen Systems (2,50).
Da ferner, wie man sofort sieht, das Gleichungssystem (2,50) durch
die Bedingung der Drehungsfreiheit GI. (2,49) identisch erfüllt wird,
ist somit bewiesen, daß drehungsfreie Bewegungen Lösungen der drei-
dimensionalen EULERschen Bewegungsgleichungen sind.
Ebene Strömung. Für eine ebene Strömung ist u = u(x, y);
v = v(x, y); w =O. Weiterhin ist W x =
wy = 0, und somit folgt aus
GI. (2,50) sofort die einzige Gleichung:
Dw z = 0 (2,52)
Dt .
Diese Gleichung besagt:
1. Jede drehungsfreie Bewegung ist eine Lösung der EULERschen
Bewegungsgleichung ;
2. jede Bewegung einer reibungslosen Flüssigkeit aus der Ruhe
heraus ist drehungsfrei.
Der erste Satz ist sofort evident. Der zweite Satz folgt daraus, daß
in der Ruhe W z =0 ist und deswegen auch für alle weiteren Zeiten
bei der Bewegung W z =
0 bleibt, weil für jedes Flüssigkeitsteilchen
die zeitliche Änderung der Drehung verschwindet.
46 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Ist nun der Zeitpunkt t1 die Ruhe mit W z = wII = W z = 0, dann ist
nach GI. (2,50) auch der substantielle Differentialquotient (D wjD th =0,
und es folgt dann aus GI. (2,53) auch W2 = O. Die wiederholte Anwen-
dung dieses Satzes liefert, daß auch für die dreidimensionale Strömung
die Bewegung aus der Ruhe heraus für alle Zeiten drehungsfrei bleibt.
Damit ist der wichtige Satz bewiesen:
Ist in einer reibungsfreien, inkompressiblen Flüssigkeit in einem be-
stimmten Augenblick das Geschwindigkeitsfeld drehungsfrei, so bleibt
es unter der Wirkung eines drehungsfreien Kräftesystems dauernd
drehungsfrei. Insbesondere gilt der Satz der Drehungsfreiheit für alle
Bewegungen einer reibungslosen Flüssigkeit aus der Ruhe heraus. Da
nun die meisten praktisch vorkommenden Bewegungen als solche aus
der Ruhe heraus aufgefaßt werden können, gilt der Satz von der
Drehungsfreiheit für alle diese Strömungen.
Wie sich nun weiterhin zeigen wird, ist dieser Satz von der Dre-
hungsfreiheit der reibungslosen Strömungen eine wichtige Grundlage
für die Integration der EULERschen Bewegungsgleichungen.
Drehungsfreiheit: ~v _ ~u
uX uy
= o. (2,59)
Diese Gleichung für ifJ heißt in der mathematischen Physik die Potential-
gleichung oder LApLACEsche Gleichung und die Funktion ifJ die Poten-
tialfunktion. Wir nennen ifJ auch kurz das Potential des Geschwindig-
keitsfeldes. Eine Strömung, welche durch die GIn. (2,62) und (2,63)
dargestellt wird, heißt Potentialströmung. Die Strömungen der idealen
Flüssigkeit sind somit Potentialströmungen.
Für die ebene Strömung vereinfachen sich die Gln. (2,62) und
(2,63) zu:
o(/J f)l[J
u=-- V=-- (2,64)
OX ' f)y
und
(2,65)
48 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Nach Abb. 2.18 stehen die Vektoren grad lJI und grad (/J aufeinander
senkrecht. Es sind demnach die bei den Kurvenscharen f/> = const
und lJI = const zueinander orthogonal.
Da der Vektor grad f/> mit dem Geschwindigkeitsvektor identisch
und deshalb tangential zu den Stromlinien ist, sind die Äquipotential-
linien f/>(x, y) = const senkrecht zu den Stromlinien. Die Kurven
lJI(x, y) = const sind deshalb identisch mit den Stromlinien.
1 Es sei hier vermerkt, daß sich die Potentialfunktion nur für reibungslose
Strömungen einführen läßt, da nur für diese die Bedingung der Drehungsfreiheit
erfüllt ist. Die Stromfunktion läßt sich dagegen auch für Strömungen zäher
Flüssigkeiten einführen, da die Kontinuitätsgleichung für diese in gleicher Weise
wie für reibungslose Strömungen gilt, vgl. Kap. IV. Da aber die Bedingung der
Drehungsfreiheit für die Strömungen der zähen Flüssigkeit nicht erfüllt ist, ist
dann für diese im allgemeinen LllJl =F O.
Schlichting)Truckenbrodt, Aerodynamik I 4
50 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
~.const
Abb.2.18. Geometrische Beziehung zwischen Abb. 2.19. Die Aquipotentiallinien r[> = const
den Gradienten der Potentialfunktion r[> und und die Stromlinien 'P = const bilden zwei
der Stromfunktion 'P. Es gilt grad r[> 1. grad 'P orthogonale Kurvenscharen
J d'P
(x,. y,)
stellt eine Lösung der ebenen Potentialgleichung (2.65) dar. Die Ge-
schwindigkeitskomponenten der ebenen Strömung sind:
u=ax; v = -ay; W= o. (2,77)
Die Stromlinien erhält man aus GI. (2,9a) zu
y
x
Dder
~+!0L=o.
x y
Die Integration ergibt In x + In y = In C, und somit hat man als
Stromlinien die Kurven
xy = const. (2,78)
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 53
Die Stromlinien 'P = const bilden also eine Schar gleichseitiger
Hyperbeln mit der x- und y-Achse als Asymptoten (Abb. 2.22). Die
Äquipotentiallinien f[> = const sind nach Gl. (2,76) ebenfalls gleich-
seitige Hyperbeln, aber mit den Winkelhalbierenden der Quadranten
als Asymptoten. Faßt man !f
die x-Achse als feste Wand
.., .., /
auf, und betrachtet man , ./ , / /// ~=canst
nur die positive Halb- x.. / / /
;>e,\/ / /
/ / /
ebene, so hat man eine , ./
Strömung, die senkrecht
auf eine ebene Wand auf- !Y.const
trifft, sich an dieser teilt
Staupunld
und nach beiden Seiten
Abb.2.22. Die ebene Staupunktströmung. Die Stromlinien
abfließt. Der Koordi- 'P = oonst und die Äquipotentiallinien tp = const bilden
zwei orthogonale Hyperbelsoharen. Die Isobaren p = const
natenursprung 0 ist der sind konzentrische Kreise um den Staupunkt
Verzweigungspunkt und
gleichzeitig der Staupunkt dieser Strömung, da in diesem Punkt
nach GI. (2,77) die Geschwindigkeit gleich Null ist.
Für die Druckverteilung erhält man aus der BERNouLLI-Glei-
chung (2,47) für die Ebene z = 0:
eT(x 2 + y2),
a2
P = Po - (2,79)
wobei Po den Maximalwert des Druckes im Staupunkt bedeutet. Die
Kurven konstanten Druckes (Isobaren) sind konzentrische Kreise um
den Staupunkt; sie sind in Abb. 2.22 mit eingetragen.
2.353. Rotationssymmetrische Staupunktströmung. Die allgemeine
quadratische Funktion für das Geschwindigkeitspotential
Für die Projektion der Stromlinien auf die x-y-Ebene ergibt sich
d xj x = d yj y. Somit ist In x = In y + In 0 oder x = const y. Die Pro-
jektion der Stromlinien auf die x-y-Ebene ist also die Schar der Ge-
raden durch den Ursprung (Abb.2.23).
Für die Projektion der Stromlinien auf die x-z-Ebene ergibt sich:
x 2 z = const.
Die Projektion der Stromlinien auf die x-z-Ebene ist also eine Schar
kubischer Hyperbeln mit der x- und z-Achse als Asymptoten, ebenso
wie die Projektion der Strom-
linien auf die y-z-Achse.
Abb. 2.23 zeigt das Strom-
linienbild dieser Strömung;
es ist rotationssymmetrisch um
die z-Achse. Der Koordinaten-
ursprung ist Staupunkt. Da für
Diese Menge ist also, unabhängig vom Radius R des gewählten Zylin.
ders, gleich der Konstanten E. Positives E bedeutet eine Strömung
radial nach auswärts, die wir als Quellströmung bezeichnen, und nega·
tives E gibt eine Strömung nach innen (Senkenströmung). Wir be·
zeichnen E als die Ergiebigkeit der Quell- bzw. Senkenströmung. In
Abb. 2.24 ist das Stromlinienbild der Quellströmung dargestellt.
Bei Annäherung an den Ursprung
wird der Geschwindigkeitsbetrag unend-
lich groß wie l/r. Der Ursprung ist eine
singuläre Stelle, und die ganze z-Achse
ist eine singuläre Linie der Quell- bzw
Senkenströmung. Dort entsteht bzw. ver-
I
schwindet sekundlich die Menge Q = E, I
I
was jedoch physikalisch unmöglich ist. /
Der obige Ausdruck für das Geschwin-
digkeitspotential t[> stellt deshalb nur
dann den Ausdruck für eine wirkliche
Strömung dar, wenn man eine kleine Abb.2.24. Die ebene Quellströmung
Umgebung des Ursprungs ausscheidet.
Im Hinblick auf eine spätere Anwendung sei hier auch noch die
Stromfunktion dieser Strömung vermerkt. Da sämtliche Stromlinien
Geraden durch den Ursprung sind, ist die Stromfunktion offenbar
E
P = 2Jl" rp, (2,85)
<1>= +~
2n rp (2,86)
W
I iJ(]J
----- ------
iJlf' r o .
w,
iJ (]J I iJ lf'
= -iJ- = - -iJ- = O. (2,88)
'P - r iJ rp - iJr - 2nr ' r r rp
r1J(x , y , z) = - ~~
4n r mit r = VX2 + y2 + Z2 , (2,90)
so hat man, wie man leicht verifiziert, hiermit eine Lösung der räum-
lichen Potentialgleichung (2,63). Die rechtwinkligen Geschwindig-
keitskomponenten sind:
u =E- _x
· E y E z
4n r
3 , v=~ra; W=~~. (2,91)
Die erstere Strömung hat nach GI. (2,75) das Potential $p = UooX'
E
während für die letztere nach GI. (2,82) $Q = 2n In r ist mit E> O.
Durch Überlagerung ergibt sich somit das Potential
tP(x, y) = tP T + tP Q = uoox + 2"nlnr.
E
(2,93)
W=Ü. (2,94)
Uoc; e
~J I
I
(0
tltJ
11
Ol+---------_=_
","-
(2,96)
werden möge. Man hat also das Ergebnis, daß die aus der Druckver-
teilung auf der Körperoberfläche resultierende Kraft in Strömungs-
richtung, der sog. Widerstand, Null ist. Dieses Ergebnis steht im Wider-
spruch mit der Erfahrung, nach welcher jeder Körper einen Widerstand
hat. Dieser rührt her von den Schubkräften, die in der wirklichen Flüs-
sigkeit von der Strömung auf die Wand übertragen werden. Die Ab-
weichung zwischen der Theorie und der Erfahrung ist auf die Vernach-
lässigung der Zähigkeit zu-
rückzuführen.
Wenn auch die Theorie der
reibungslosen Flüssigkeit so-
mit für den Widerstand ein un-
brauchbares Ergebnis liefert,
a so ist die aus ihr ermittelte
Druckverteilung in vielen
Fällen doch in guter Über-
t einstimmung mit der Erfah-
rung, wie wir späterhin noch
sehen werden.
2.358 Strömung um einen
rotationssymmetrischen Halb-
x körper. Durch die Über-
oHI-------=====::::;==:=::!~ lagerung der Translations-
strömung mit der räumlichen
Quellströmung erhält man die
b Strömung um einen rotations-
symmetrischen Halbkörper.
Abb. 2.27. Strömung um einen rotationssymmetrischen
Halbkörper Die Überlagerung der Trans-
a) Körperform, b) Druckverteilung auf der Oberfläche lationsströmung der Gesch win-
des Körpers
digkeit U oo längs der x-Achse
mit der räumlichen Quelle der Ergiebigkeit E im Ursprung nach
Abb. 2.27 ergibt für das Potential der resultierenden Strömung
E
1J(x, y, z) = uoox - - -
4,nr
(2,97)
E z
w=4"nra'
Für die Druckverteilung auf der Kontur ergibt sich nach einfacher
Rechnung:
Cp = p- Poo = 1 - 4sin2 !L
~ 2
+
3 sin4 .!!!..-.
2
(2,99)
Dabei bedeuten <PI und <P2 die von der Quelle bzw. Senke aus ge-
messenen Polarwinkel. Die Stromlinien lJI = const sind also die
/
/
/
/
/
/
Kurven <PI - Cf!2 = const, und somit das Kreisbüschel durch den
Quell- und Senkenpunkt. Durch Überlagerung dieses Quell-Senken-
Paares mit einer Translationsströmung in Richtung der Verbindung
von Quelle und Senke mit der Geschwindigkeit u"" erhält man ovale
Körperformen von ellipsenähnlicher Gestalt, deren Schlankheitsgrad
von dem Parameter Ejh U oo abhängig ist.
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 63
$(x, y) = Maa- In Vx 2
x
+ y2 = Maa-
x
Inr = M~.
r
Man hat also, wenn man noch Polarkoordinaten einführt, für das
Potential:
$ = M~ = M cosrp (2,102)
r2 r'
Dies ist die Strömung eines Dipols. Man nennt die Konstante Mdas
Moment des Dipols. Die Stromfunktion des Dipols lautet:
(2,103)
(2,104)
v = _. M 2xy = _ M sin 2 rp .
r4 r2
Der Geschwindigkeitsbetrag ltu 1= Vu 2 + v2 ist hiernach also
/
/
1jr=const
Setzt man diesen Wert in GI. (2,106) ein, so lautet das Potential:
([> = U 1 + ~22)
oo ( X = uoo(r + ~2) costp (2,108)
Aus der letzten Gleichung ist sofort ersichtlich, daß der Kreis r = R
eine Stromlinie ist und daß er zur Stromlinie P = 0 gehört, die von der
positiven und negativen x-Achse gebildet wird. In ähnlicher Weise wie
beim Halbkörper verzweigt sich diese zum Staupunkt führende Strom-
linie und bildet dabei die Kreiskontur. Die Strömung um diese Kreis-
u_oo_~_ _
kontur, die sich nach den obigen Formeln leicht berechnen läßt, ist
I
in Abb.2.30 angegeben. Für die Geschwindigkeitskomponenten er-
gibt sich:
u = U oo ( 1 + R2 ~ x y2
2
) = U oo ( 1- ~22 cos 2 tp),
xy H2 (2,110)
v = - 2uoo R2_
r
4 = - U OO -
r
2 sin2tp.
Wr = U oo ( 1 - ~:) cos tp ,
(2,111)
I H2).
w'{!=-uoo~l+----;.z Sllltp,
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 5
66 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
-0,5
-1.0
~18
r::.. \:,'_1.5
11
<.\"
-zp
-2,5
cp = P-P<X!...
qoo
= 1- w:oo
U
= 1- 4sin2 rp = 2cos2rp -1. (2,113)
tung der Druckverteilung ein, die mit einem großen Widerstand ver-
bunden ist. Hierüber wird in Kap. IV berichtet werden.
2.35.10 Strömung um eine Kugel. In analoger Weise wie vorstehend
für den Kreiszylinder erhält man die Strömung um eine Kugel durch
Überlagerung der räumlichen Dipolströmung mit der Translationsströ-
mung. Das Potential des räumlichen Dipols, der sich im Ursprung
befindet und dessen Achse mit der x-Achse zusammenfällt, erhält man
aus demjenigen der räumlichen Quelle genauso wie bei der ebenen
Strömung (Kap. 2.359) durch Differentiation nach x. Mit dem Quell-
potential nach GI. (2,90) hat man somit für das Potential der resul-
tierenden Strömung mit M = E hj4n:
xo = ± R = ± öl 2M
L --
V U
.
oc
. (2,115)
U = U oo (1 + T--r
R3 r 3
s- -- ,
1 2 -- X2 )
_
V - -2uoo
3 R3 xy
7'
I
J
(2,116)
der Kugel, wenn wir diese auf dem Schnittkreis mit der x-y-Ebene an-
geben. Die Umfangskomponente der Geschwindigkeit für die x-y-Ebene
. 1 Ei (/) •
1st Wrp = rar;' somIt
z = 0: W rp = - U oo (1 + ~ ~:) sin rp .
Der Geschwindigkeitsbetrag auf der Kugeloberfläche ist also
3.
r = R: WK = 2' U oo sm rp (2,117)
Während also beim Kreiszylinder nach GI. (2,112) die maximale Ge-
schwindigkeit gleich der doppelten Anströmungsgeschwindigkeit ist,
ist sie bei der. Kugel nur das Anderthalbfache. Für die Druckver-
teilung ergibt sich:
p-p 9 .
cp = 00 = 1 - - sIn2 rp. (2,118)
qoo 4
Jq(x)dx=O. (2,119)
x=O
Für den ebenen Fall erhält man auf diese Weise zylindrische Körper
von symmetrischer Gestalt, die in der Symmetrieebene angeströmt
werden, wie z. B. symmetrische Tragflügelprofile bei symmetrischer
Anströmung. Das Potential lautet nach GI. (2,93) für diesen Fall:
I
J
I
q(~) d~
f1> (x " y z) = u
00
x - _1_
4:n:
(2,121)
<~O
----------------==============-------~=========
I&,---.~--...::-~ - 11111:,!lIIIIIII~.-
--
I
-------~~===========~==~=====
.
L
Z
qa
r:=--t'-1---'-~
q6
t
JI8
~
11:>'
--<>- Messung
----- Theorie ,
"'- 42
11
",,"'-
oI
,
I
)
~ --
~
/
tI
-0,2
Re = llool = 1.3-10 6
V '
<. ~
(/1 0,2 0) q~ 0,5 (/6 0,7 o,B a,g iU
b x/l-
Abb. 2.32. Stromlinienbild und Druckverteilung eines axial angeströmten Drehkörpers (nach
G. FUHRMANN [1], Körper III)
a) Stromlinienbild, b) Druckverteilung auf der Oberfläche des Körpers
2.4 Wirbelbewegung
2.41 Begriff der Zirkulation
Integral über das Produkt des Bogenelementes dCJ mit der- Geschwin-
digkeitskomponente in Richtung der Kurve, Abb. 2.33 a. Somit ist:
B B
L=IrodCJ= Ilrolcosads. (2,122)
A A
Das Linienintegral der Geschwindigkeit ist laut Definition eine skalare
Größe. Die Definition dieses Linienintegrals ist nicht auf reibungslose
inkompressible Strömungen beschränkt. Es kann nach GI. (2,122) ent-
weder als Integral über das skalare Produkt der Vektoren 10 und dCJ
geschrieben werden, oder als das Integral über das Produkt der Beträge
von 110 1 und I d31 = ds sowie cosa, wobei a den Winkel zwischen
dem Geschwindigkeitsvektor und der Kurventangente bedeutet.
A
a
Abb. 2.33. Zur Definition a) des Linienintegrals der Geschwindigkeit längs einer Kurve G.
b) der Zirkulation längs einer geschlossenen Kurve K
fI
B
L=
A
J(~~ dx+ ~~-dY+ ~~ dZ) = JdW, A
und nach Ausführung der Integration:
L= Wh - W..t. (2,123)
72 H. Inkompressible reibungslosr Strömungen (Hydrodynamik)
r= ~ iU d ~= ~ I iU I cos IX d s , (2,124)
(K) (K)
(2,125)
Dabei ist Li(/> (K) die Potentialdifferenz, die man nach einem Umlauf
über die geschlossene Kurve K bei Rückkehr zum Punkt A erhält. Diese
Potentialdifferenz ist nur bei Mehrdeutigkeit des Potentials von Null
verschieden. Die Zirkulation ist ebenso wie das Linienintegral der Ge-
schwindigkeit gleich Null, wenn der Integrationsweg K längs einer
Potentiallinie verläuft, allerdings mit der Einschränkung, daß das Poten-
tial eindeutig und stetig ist. Auch längs einer beliebigen Kurve K ist die
Zirkulation Null, wenn das Geschwindigkeitspotential eindeutig ist. Bei
mehrdeutigem oder unstetigem Potential kann die Zirkulation sowohl
längs einer geschlossenen Stromlinie als auch längs einer beliebigen
geschlossenen Kurve von Null verschieden sein. Wie sich im folgenden
noch näher ergeben wird, sind gerade Geschwindigkeitsfelder mit mehr-
deutigem Potential, bei denen also die Zirkulation von Null verschieden
sein kann, von besonderer Bedeutung für den Auftrieb von umströmten
Körpern.
Die Zirkulation steht in engem Zusammenhang mit der Drehung der
Strömung. Bevor wir jedoch hierauf eingehen, soll zunächst an Hand
einiger Beispiele der Begriff der Zirkulation etwas näher erläutert wer-
den. Wir berechnen die Zirkulation für einige einfache Strömungsfelder.
2.4 Wirbel bewegung 73
2.42 Beispiele für strömungen mit Zirkulation
2.421 Translationsströmung. Die Translationsströmung habe die Geschwindig-
keit U o parallel zur x-Achse, Abb. 2.34. Wir wählen nach Abb. 2.34a als ersten
Integrationsweg X ein Rechteck, dessen eines Seitenpaar parallel zu den Strom.
~I
linien ist. Die Zirkulation F als die Summe der Linienintegrale L längs der vier
Rechteckseiten ist:
F(X) = L(12) + L(23) + L(34) + L(41),
F(X) = +auo+O - auo + O.
Somit ist:
F(X) = O.
Wählt man nach Abb. 2.34 b als zweiten Integrationsweg ein Dreieck, so ist
F(L) = L(12) + L(23) + L(31),
F(X) = + auo + 0 - cUo cos Cf!;
wegen c = ajcos Cf! ist somit auch für diesen Fall F (X) = 0.· Darüber hinaus ist für
jede geschlossene Kurve in der Translationsströmung F = 0, was natürlich auch
sofort aus der Eindeutigkeit des Potentials folgt.
2.422 Translationsströmung mit Trennungsfläche. Gegeben sei nach Abb. 2.35
eine ebene Translationsströmung parallel zur x-Achse, die für y > 0 die Geschwin-
digkeit u 2 und für y < 0 die kleinere Geschwindigkeit u 1 besitzt. Es ist also die
xz-Ebene eine Trennungsfläche mit dem Geschwindigkeitssprung u 2 - u 1 von
der Art, wie sie in Kap. 2.233 behandelt wurde (Abb.2.16). Wählt man nach
Abb. 2.35 aals Integrationsweg das Rechteck X, dessen eines Seitenpaar paralle
74 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
zu den Stromlinien ist und das die Trennungsfläche umschließt, so ergibt sich
als Zirkulation:
F(K) = L(12) +
L(23) L(34) + L(41), +
F (K) = + l U2 + 0 - l u1 +0 = l (ua - u 1 ).
Für die gewählte Kurve K ist die Zirkulation also von Null verschieden, weil im
vorliegenden Fall das Potential dort unstetig ist, wo die Geschwindigkeitsver-
teilung den Sprung besitzt. Im Gebiet unterhalb der Trennungsfläche ist (/)1 =U 1 x,
dagegen oberhalb der Trennungsfläche (/)2 = u 2 x. Es ist somit gemäß GI. (2,125):
F = LI (/)(K) = l(U2 - U1).
Die Zirkulation ist also gerade gleich der Konstanten r o ; sie ist
unabhängig vom Radius des gewählten Kreises. Diese Strömung hat
ein mehrdeutiges Potential. Man erhält die Zirkulation auch nach
GIn. (2,86) und (2,125) in der Form:
Für jeden Integrationsweg, der den Ursprung nicht umschließt, ist die
Zirkulation Null.
Man nennt das Geschwindigkeitsfeld, das mit seinen Geschwindig-
keitskomponenten durch GI. (2,88) und mit seinem Potential durch
GI. (2,86) gegeben ist, auch dasjenige eines unendlich langen Wirbel-
fadens. Den Wirbelfaden hat man sich in der z-Achse befindlich vor-
zustellen, die eine besondere Rolle spielt als singuläre Linie des Strö-
mungsfeldes, da dort die Geschwindigkeit unendlich groß ist. Man nennt
weiter r o die Wirbelstärke des unendlich langen geraden Wirbelfadens,
und man sagt, daß er in seiner Umgebung ein Geschwindigkeitsfeld
induziert. Ein solcher Wirbelfaden mit seinem induzierten Geschwindig-
keitsfeld besitzt nahe Verwandtschaft mit einem stromdurchflossenen
Leiter und dem in seiner Umgebung induzierten magnetischen Feld.
Auf diese Verwandtschaft werden wir später noch zurückkommen
(Kap. 2.48).
2.4 Wirbelbewegung 75
2.424 Tragflügel mit Auftrieb. Die Auftriebserzeugung an einem
Tragflügel hängt sehr eng mit der Zirkulation des Geschwindig-
keitsfeldes in der Umgebung des Tragflügels zusammen. Hier möge
dieser Zusammenhang nur qualitativ erläutert werden; wir kommen
später ausführlich darauf zurück (Kap. VI). Die Strömung um ein Trag-
flügelprofil mit Auftrieb ist in Abb. 2.36 angegeben. Der Auftrieb A ist
die Resultiereride der Druckkräfte auf Unter- und Oberseite der Kontur.
Gegenüber dem Druck in großem Abstand vom Profil herrscht auf der
Unterseite ein Überdruck und auf der Oberseite ein Unterdruck. Dem
entspricht nach der BERNoULLIschen Gleichung, daß auf der Unter-
seite die Geschwindigkeit kleiner und auf der Oberseite größer ist als
die Anströmungsgeschwindigkeit V. Für die Kurve K, die nach Abb. 2.36
das Profil umschließt, und deren Teilstücke entlang den Stromlinien
und senkrecht zu den Stromlinien verlaufen, folgt aus dem soeben
A
Abb. 2.36. Strömung um ein Tragflügelprofil mit Auftrieb A, r = Zirkulation des Tragflügels
Gesagten, daß die Zirkulation von Null verschieden ist. Auch für eine
Kurve, die das Profil ganz eng umschließt, ist die Zirkulation von Null
verschieden, falls Auftrieb erzeugt wird. Man kann das Geschwindig-
keitsfeld in der Umgebung des Tragflügels erzeugt denken durch einen
rechtsdrehenden Wirbel r,
welcher sich innerhalb des Tragflügels be-
findet. Man nennt diesen Wirbel, welcher offenbar für die Auftriebs-
erzeugung von grundlegender Bedeutung ist, den gebundenen Wirbel
des Tragflügels. Der quantitative Zusammenhang zwischen dem Auf-
trieb A, der Anströmungsgeschwindigkeit V und der Zirkulation r
bei ebener Strömung wird durch die KUTTA-JouKOWSKYSche Formel
A = e Vbr (2,126)
gege ben, die hier zunächst ohne Beweis mitgeteilt sei (Beweis in
Kap. VI). Dabei bedeutet b die Breite des Tragflügels senkrecht zur
Strömungse bene.
2.43 Zusammenhang zwischen Zirkulation und Drehung
Es besteht ein wichtiger Zusammenhang zwischen der Zirkulation
längs einer KurveK und der Drehung der Flüssigkeitsbewegung in der
76 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
u-=-1
I - - - dx
,
und hieraus durch Integration
Fläche F:
über eine
r = 2 JJ
(F)
wd'iY = JJ
(F)
rot tu d'iY. (2,128)
p JJ JJ
Zusammenhang zwischen Zir-
kulation und Drehung für eine
r = tu d?' = rot tu d'iY = 2 wd'iY. (2,129) dreidimensionale Strömung
(K) (F) (F)
Dies ist der STOKES sehe Satz für den allgemeinen Fall der dreidimensionalen Strö-
mung. Er ist ebenso auszusprechen wie oben für die ebene Strömung: Das Flächen-
integral über die Drehung einer Strömung innerhalb einer beliebigen räumlichen
Fläche ist gleich der Zirkulation längs der Randkurve dieser Fläche.
Dies entspricht genau der Gleichung der Stromlinien nach GI. (2,9).
Die so definierten Wirbellinien besitzen nun geometrisch ganz ähnliche
Eigenschaften wie die Stromlinien, wie sich aus folgendem ergibt.
Wie früher in GI. (2,23) gezeigt wurde, besteht zwischen den beiden
Feldern des Geschwindigkeitsvektors tu und des Drehvektors w die
Beziehung rot tu = 2 w. Nach einem allgemeinen Satz der Vektorana-
lysis gilt nun:
div(rottu) = div(2w) = O. (2,131 )
2 JJ
(F)
wd'J = ~ tu d§3 = T.
(K)
wollen wir zunächst das Linienintegral der Geschwindigkeit über eine zwischen zwei
Punkten A und B verlaufende Kurve bilden:
m=m.r
B
DL D
tuds.
A
Durch den Grenzübergang B -> A werden wir sodann hieraus DrjDt erhalten.
Die Differentiation unter dem Integralzeichen liefert:
J Dtu-ds=f~dS
Dt (!
- J gradp ds.
(!
(2,136)
Die Massenkraft läßt sich nach Kap. 2.32 darstellen als Gradient eines Potentials U
in der Form Sl' = - (! grad U. Damit hat man
J ~ ds = - J gradU ds = - J dU = - U.
Für das Druckglied in der obigen Gleichung kann man schreiben:
J gradp
(!
ds=J~
(! ox + ~dy
(~dx oy + ~r1z)
OZ
=J~.
(!
Nimmt man an, daß die Dichte e nur eine Funktion des Druckes ist, wobei Kom-
pressibilität der Flüssigkeit zugelassen ist, so gilt
J d: = P(p)
mit P(p) als Druckfunktion. Im inkompressiblen Fall ist P(p) = pie. Damit
wird das unbestimmte Integral in GI. (2,136)
Dt ds=-U-P .
f Dtu
Das zweite Integral der rechtcn Seite in GI. (2,135) läßt sich folgendermaßen
weiter ausrechnen:
D(r1s) = r1~ = d
Dt Dt tu,
somit
f tu D~~S) = J tudtu = ~ tu 2 •
Damit erhält man aus GI. (2,135) für das unbestimmte Integral:
D
Dt J tu ds = - U - P + 2' \1)2
Das bestimmte Integral zwischen zwei Punkten A und B der flüssigen Linie
ist somit:
-D
Dt.
A
r = [-
B
tu ds U - P + -tu22]BA .
2.4 Wirbelbewegung 81
Das Integral längs einer geschlossenen flüssigen Linie erhält man für B --'> A.
Bei Stetigkeit von tu im Integrationsgebiet, wenn also keine Trennungsflächen
im Integrationsgebiet liegen, ist dann
~ (~ tu a?iJ = nr = 0
Dt J Dt
(K)
und damit
cP tu d?iJ = r = const (2,137)
UÖ
für die flüssige Linie.
Wir haben hiermit den Satz von W. THOMSON bewiesen, daß in einer reibungs-
losen homogenen Flüssigkeit bei Vorhandensein eines drehungsfreien Kräftefeldes
die Zirkulation längs einer flüssigen Linie zeitlich konstant ist.
Für eine in Ruhe befindliche Flüssigkeit ist für jede beliebige flüssige Linie
die Zirkulation gleich Null, da ja die Geschwindigkeit gleich Null ist. Aus dem
THoMsoNschen Satz folgt deshalb sofort, daß bei der Bewegung aus der Ruhe
heraus für alle in der Ruhe vorhanden gewesenen flüssigen Linien die Zirkulation
dauernd Null bleibt. Andererseits folgt auch, daß bei einer Bewegung aus der
Ruhe heraus eine Zirku-
,----------------,
lation allenfalls nur auf- I ,-------1 r--------- I
~l"I
treten kann für solche
flüssigen Linien, die in der I!
Ruhe nicht vorhanden ge-
1 I ~ /: "/ -~- I
wesen sind. Von dieser Tat· 'i~~JI
sache wollen wir jetzt Ge- 1I-I ~
- I
brauch machen, um das L~_=_-==_-==---=__=___===__== _~
Entstehen der Zirkulation 8.
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 6
82 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
den in Abb. 2.40b gegebenen Zustand, für die beiden flüssigen Linien 1
und 11 weiterhin gleich Null. Nach Einleitung der Bewegung geht
von der scharfen Hinterkante eine Trennungsfläche aus, die nicht im
Innern der flüssigen Linie 11 liegt, für die also der THoMsoNsche
Satz nicht gilt. Es ist dies die Zusammenflußfläche der vorher
getrennt gewesenen Flüssigkeitsschichten auf den beiden Seiten der
Tragfläche. In dieser Fläche kann die Geschwindigkeit beim Übergang
von der einen Seite der Fläche zur anderen unstetig sein. Wir sprechen
dann von einer Trennungsfläche, wie sie früher in Abb. 2.16 bereits be-
handelt wurde. Eine solche Trennungsfläche ist aber, wie wir früher in
Abb. 2.35 gesehen haben, gleichbedeutend mit dem Vorhandensein von
Wirbeln. Für die geschlossene Linie Bin Abb. 2.40b, welche diese Tren-
nungsfläche umschließt, sagt der THoMsoNsche Satz nichts aus. Das
Vorhandensein von Wirbeln innerhalb dieser Linie ist also nicht im
Widerspruch mit dem THoMsoNschen Satz.
Andererseits kann aber nach Abb. 2.40c die flüssige Linie 1,
für die ja die Zirkulation gleich Null ist, ersetzt werden durch die
beiden geschlossenen Linien A und B, die beide im angegebenen Sinn
durchlaufen werden. Auch für die Linien A und B zusammen ist die
Zirkulation gleich Null. Andererseits ist aber für die flüssige Linie A,
die das Tragflügelprofil umschließt, sicher eine von Null verschiedene
Zirkulation +r vorhanden, falls der Tragflügel Auftrieb hat. Dies
2.4 Wirbelbewegung 83
Wirbel bezeichnet. Weit hinten sind diese bei den freien Wirbel durch
den Anfahrwirbel verbunden, dessen Entstehung in Kap. 2.46 erläutert
wurde. Der gebundene Wirbel im Tragflügel, die bei den von den Trag-
flügelenden abgehenden freien Wirbel und die Anfahrwirbel bilden zu-
sammen eine geschlossene Wirbellinie in Übereinstimmung mit dem drit-
ten HELMHoLTzschen Wir beIsatz. Diese Wir bel erzeugen in der U mge bung
des Tragflügels zusätzliche Geschwindigkeiten, sog. induzierte Geschwin-
digkeiten. Diese sind, wie sich aus dem Drehsinn der Wirbel ergibt, am
Ort des Tragflügels und hinter dem Tragflügel nach unten gerichtet. Sie
spielen für die Theorie des Auftriebes eine wichtige Rolle, vgl. Kap. VII.
Für die Behandlung der Vorgänge in der Umgebung des Tragflügels
kann man den Anfahrwirbel auch außer Betracht lassen. Dies entspricht
'""".
~/·R.
r"""
.". / . . . ,,>
freie Wirbel
Zr
. ~ r./' .
Abb.2.42
'-"'-. ~.
Wirbel system eines Tragflügels ~ .
endlicher Spannweite ······'-..../.~nfahr-'Mrbel
der Vorstellung, daß bei seiner Bewegung aus der Ruhe heraus der
Tragflügel bereits einen sehr langen Weg durchmessen hat. In diesem
Fall besteht das Wirbelsystem nur aus dem gebundenen Wirbel im
Flügel und zwei unendlich langen freien Wirbeln Diese bilden, wieder
in Übereinstimmung mit dem dritten HELMHoLTzschen Wirbelsatz,
eine unendlich lange Wirbellinie in Form eines nach hinten offenen
Hufeisens. Diese Wirbellinie bezeichnet man als Hufeisenwirbel. Er
spielt in der Theorie des Auftriebes ebenfalls eine wichtige Rolle, wie
wir später noch näher sehen werden.
T'
1
ds b
I
Abb.2.43. Zur Herleitung des BIOT·SAVARTschen Gesetzes mit Hilfe der elektrodynamischen
Analogie
a) Gerader unendlich langer stromdurchflossener Leiter. Stromstärke I. magnetische Feld-
stärke -il. b) Einfluß eines Stückes ds eines beliebigen stromdurchflossenen Leiters im Punkte P
dem Anteil der Feldstärke, die in einem beliebigen Punkt P durch das
Element ds des Leiters erzeugt wird (Abb. 2.43b). Obgleich ein Stück
eines Leiters für sich allein genommen kein Magnetfeld erzeugen kann,
da in ihm kein Strom fließt, ist die gestellte Frage doch insofern sinn-
voll, als wir beabsichtigen, das Feld eines unendlich langen oder
geschlossenen Leiters beliebiger Gestalt aus den Beiträgen seiner Ele-
mente ds durch Integration zu erhalten. Das Leiterelement ds liefert
zum Magnetfeld einen Beitrag dH und das Wirbellinienelement ds
zum Geschwindigkeitsfeld einen Beitrag dw, welche gegeben sind durch:
dH = ~2
4nr
sinrpds (2,140a)
bzw.
dw = 4r 2 sin rp d s . (2,140b)
nr
Den Beweis von GI. (2,140a) wollen wir auf Grund des Gesetzes der Elektro-
dynamik führen. GI. (2,140b) ergibt sich dann durch die obige Analogie.
Wir betrachten einen geraden Leiter nach Abb. 2.44a, der in Punkt B endigt
und der vom Strom I durchflossen wird. Eigentlich kann in einem solchen Leiter,
der irgendwo endigt, kein Strom fließen. Wir müssen uns mit dieser begrifflichen
Schwierigkeit abfinden, daß einem Leiterstück ein bestimmter Einfluß zu-
geschrieben wird, während ja in Wirklichkeit nur der Leiter als Ganzes einen
Strom und ein Magnetfeld haben kann, wenn er entweder in sich geschlossen oder
unendlich lang ist.
Wir wollen uns klarmachen, was wir physikalisch unter einem solchen end-
lich begrenzten Leiterstück zu verstehen haben, wie es im BWT-SAvARTschen
Gesetz vorkommt. Wenn der Leiter nach
Abb. 2.44a in B endigt, so muß dafür gesorgt
werden, daß der Strom in irgendeiner Weise
weitergeführt wird. Im allgemeinen geschieht
dies durch Anfügen irgendeines anderen Lei-
terstückes nach der gestrichelten Kurve. Wir
wollen uns nun eine solche Weiterführung
überlegen, daß beim Zusammenfügen zweier
Leiterstücke in beliebiger Lage zueinander
die Ströme in den beiderseitigen Weiter-
führungen sich stets aufheben. Dieses ist
offenbar nötig, wenn wir die endlich langen
Leiterstücke in sinnvoller Weise zusammen-
fügen wollen.
Diese gewünschte Weiterführung ist nun
in der Weise möglich, daß wir den Strom von
den Endpunkten des Leiters so weiterführen,
daß er sich nach allen Richtungen räumlich
gleichmäßig verteilt, wie es in Abb. 2.44 b
A 8 angedeutet ist. Es fließt dann im Leiter LI
ein Strom zur Endstelle hin und von dort
räumlich radial fort, und im Leiter L 2 fließt
der Strom radial zur Endstelle hin und von
dort im Leiter fort. Beim Zusammenfügen
d
Abb. 2.44. Zum Beweis des BroT- SAVART-
von LI und L 2 verschwinden nach Ab]). 2.44c
schen Gesetzes I die Ströme im Raum, und es bleibt nur der
Leiterstrom übrig.
Wir haben damit gefunden: Das Leiterstück, bei dem der Strom von den Enden
gleichmäßig nach allen Richtungen weitergeführt wird, ist also eine physikalische
Anordnung, die dem stromdurchflossenen Leiterstück endlicher Länge im Sinne
des BWT-SAvARTschen Gesetzes entspricht.
Wir wollen jetzt nach Abb. 2.44d das magnetische Feld eines solchen Leiter-
stückes endlicher Länge AB und im Grenzfall dasjenige eines sehr kleinen Leiter-
stückes ds berechnen.
Wir betrachten dazu zunächst nochmals den einseitig unendlich langen
Leiter nach Abb. 2.45 a und fragen nach der magnetischen Feldstärke im Punkt P.
Infolge der einfachen Symmetrie ist die Berechnung der Feldstärke in P in ganz
ähnlicher Weise möglich wie beim unendlich langen geraden Leiter nach Abb. 2.43 a.
Der Punkt P hat von der verlängerten Leiterachse den Abstand a. Wir ziehen den
Kreis durch P, der die Leiterachse zentrisch umschlingt. Durch diesen Kreis
2.4 Wirbelbewegung 89
fließen von den gleichmäßig radial verteilten Weiterführungen Ströme im Betrage:
1'=I l -cosg;
2
hindurch!. Aus Symmetriegründen ist die magnetische Feldstärke H längs des
ganzen Kreises konstant. Somit gilt nach GI. (2,138b) für die magnetische Feld-
stärke:
1
2naH = 21(1- cosg;)
./
oder
_*s~~~
H = I 1 - coSCL . (2,141 a)
4na
--=-[_ . .
Die entsprechende hydrodyna-
mische Formf:l für die indu-
zierte Geschwindigkeit lautet
nach der obigen Analogie: a
r 1- cosg;
(2,141 h)
w = 4na'
Dies ist das BIOT·SAvARTsche
Gesetz für den einseitig un- b
endlich langen Leiter hzw. Wir-
beHaden. la
I
Es ist nun einfach, von hier
aus den Anteil eines Leiter- __ ~r_d~ ~ ~
__ __ __ l _________J__
elementes ds nach Abb. 2.45b ds
zu erhalten: Der Aufpunkt P
habe vom Leiterelement den Abb. 2.45. Zum Beweis des BroT- SAVARTschen Gesetzes II
Abstand r, und der vom Auf- a)Einseitig unendlich langer Leiter, b) Leiterelement ds
punkt zum Leiterelement ge-
zogene Fahrstrahl bildet den Winkel g; mit der Leiterachse. Aus der Geometrie
folgt sin g; = r d g;jds und sin g; = ajr. Hieraus ergibt sich:
a
ag; = - 2 as. (2,142)
r
Aus GI. (2,141 a) erhält man durch Differentiation:
aH = _I_sing; ag;
4na
und mit Berücksichtigung von GI. (2,142):
aH = - 4
I 2 sing; as.
nr
Damit ist GI. (2,140a) bewiesen.
Für die Hydrodynamik erhält man durch Analogie, wie in GI. (2,140b) an-
gegeben:
dw = ~ sing;ds.
4nr
1 Es verhält sieh l' : I wie die Oberfläche des Kugelabschnittes mit dem
Zentriwinkel g; zur gesamten Kugeloberfläche, 2nr2(1- cosg;) :4nr 2.
90 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Somit wird der Beitrag des Elementes d?:' der Wirbellinie zur Ge-
schwindigkeit im Punkt P:
drv=.s...rxdi3
47& r3
und durch Integration:
(2,144)
Dies ist der allgemeine Fall des BIOT-SAvARTschen Gesetzes für eine
räumlich gekrümmte Wirbellinie.
Zum Schluß dieser Betrachtungen über das BIOT-SAvARTsche Gesetz
wollen wir noch für eine gerade Wirbellinie endlicher Länge die induzierte
Geschwindigkeit berechnen. Auch hier gilt das schon früher mehrfach
Gesagte, nämlich daß es eine Wirbellinie endlicher Länge an sich nicht
gibt. Wir werden jedoch geschlossene Wirbellinien aus mehreren Geraden-
stücken zusammensetzen. Das Wirbelsystem eines Tragflügels endlicher
Spannweite, wie es in Abb. 2.42 angegeben wurde, ist z. B. ein Recht-
eck und kann somit aus Geradenstücken zusammengesetzt werden.
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 91
Die Wirbellinie endlicher Länge AB nach Abb. 2.47 habe die Zirku-
lation T, und der Aufpunkt P, für welchen die induzierte Geschwin-
digkeit ermittelt werden soll, habe von der Wirbellinie den Abstand a.
Es gilt dann wie vorhin sintp = rdtp/ds = air, und somit wieder
ds/r" = d tp!a. Damit erhält man aus GI. (2,143) für die ebene Wirbel-
linie :
f
'P,
W= 4~a sintpdf[!.
'P=rp,
Nach den Regeln der Funktionentheorie gelten dann für den reellen
und imaginären Teil die Beziehungen der GI. (2,149), die als die Cauchy-
Riemannschen Differentialgleichungen bezeichnet werden. Aus diesen
Beziehungen folgt dann sofort auch die Gültigkeit der LAPLAcEschen
Gleichungen (2,150) für den Real- und Imaginärteil. Das Bestehen der
Gln. (2,149) und (2,150) für den Realteil rJ> und den Imaginärteil P
gibt die Möglichkeit, diese als die Potentialfunktion und die Strom-
funktion einer ebenen Strömung aufzufassen. Wir sind damit der etwas
unbefriedigenden Methode des Erratens von Lösungen der LAPLACE-
sehen Gleichung enthoben und haben nunmehr in den analytischen
Funktionen des komplexen Arguments einen großen Vorrat von Lösun-
gen zur Verfügung.
Die CAUCHy-RIEMANNschen Differentialgleichungen (2,149) sind eine Folge
der Differenzierbarkeit einer komplexen Funktion. Eine Funktion F (z) ist kom-
plex differenzierbar, falls der Differentialquotient dFjdz unabhängig ist von der
Differentiationsrichtung, d. h. unabhängig von der Richtung der vom Punkt z
zum Nachbarpunkt z + dz gezogenen Strecke. Es muß also z. B. der für eine
beliebige Richtung gewählte Differentialquotient dFjdz gleich sein dem in Rich-
tung der reellen Achse (dz = dx) oder auch gleich dem in Richtung der ima-
ginären Achse (dz = i d y) genommenen partiellen Differentialquotienten, also:
dF aF 1 aF aF .oF
Tz ax i ay oder ay= ~ßx' (2,152)
IttJl= I Tz\·
dF I
(2,153 a)
Dies sind die Geraden durch den Ursprung unter den Winkeln
q; = 0, ~, 2~, 3~, .... Je nach dem Zahlenwert von n erhält man
n n n
verschiedene Strömungen. Für n = 2 ergibt sich die schon früher an-
gegebene Staupunktströmung nach Abb.2.22. Stromlinienbilder für
andere Werte von n sind in Abb. 2.48 angegeben. Für n > 2 ergeben sich
~~
,~
Abb.2.48. Ebene Strömung in einem Winkelraum LI <p = "'In; komplexe Stromfunktion nach
GI. (2.155). Stromlinienbilder für verschiedene Werte von n. Es ist a < 0 für a). b). b'). c) und d);
a> 0 für a')
°
abströmt (Abb.2.48a). Man kann aber auch nach Abb.2.48a' nur
die Geraden q; = und q; = 2 n/n, ... als Wände auffassen. Dies ist
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 97
dann eine Strömung in einem konkaven Winkelraum Llrp = 2:n:/n, bei
welcher die Flüssigkeit in der Mitte einströmt und längs beider Wände
abströmt. Der Ursprung ist dabei Staupunkt und die Halbierende des
Winkelraumes Staupunktstromlinie.
Für 1 < n < 2 ergeben sich Strömungsbilder vom Typus Abb. 2.48 b
und 2.48 b'. Letzteres ist für n = 3/2 die Strömung gegen eine vorsprin-
gende (konvexe) Ecke, wobei wieder die Ecke Staupunkt ist.
Für 1/2< n < 1 erhält man die Strömungsbilder vom Typus
Abb. 2.48c und 2.48d. Abb. 2.48c gilt für n = 2/3 und gibt die Strö-
mung um eine vorspringende Ecke mit dem EckenwinkeLrt/2. Abb. 2.48 d
gilt für n = 1/2 und stellt die Strömung um eine scharfe Kante mit dem
Eckenwinkel Null dar, a~so die Umströmung einer ebenen Platte. In
den letzten beiden Fällen ist an der Ecke die Geschwindigkeit unend-
lich groß, wie man aus w(z) = a zn-l = a rn- 1 ei(n-l) '" erkennt.
Diese Strömungen im Winkelraum mit der komplexen Strömungs-
funktion nach GI. (2,155) hätten sich nach dem früheren Verfahren
mit Rechnungen im Reellen· nur sehr umständlich behandeln lassen.
Man erkennt an diesem Beispiel besonders deutlich die Eleganz der
komplexen Darstellung.
2.043 Quelle, Senke und Potentialwirbel. Quelle und Senke: Wir
gehen aus von der komplexen Strömungsfunktion
F(z) = a lnz, (areeIl). (2,156)
Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil mit z = re i ", ergibt:
(]J=alnr; P=arp.
Die Stromlinien sind die Strahlen rp = const vom Ursprung aus und
die Potentiallinien die Kreise r = const um den Ursprung. Die Ge-
schwindigkeit ist w(z) = a/z; sie verläuft radial, also
a
wr =-;:; W",= o.
Für positives a liegt die Quellströmung und für negatives a die Senken-
strömung vor, die früher in Kap. 2.354 bereits behandelt wurden
(Abb. 2.24). Die pro Schichthöhe eins aus- oder einfließende Menge,
die Ergiebigkeit, ist E = 2:n: r IW r I = 2:n: a. Eine Quelle bzw. Senke
der Ergiebigkeit E hat also die komplexe Strömungsfunktion
E
F(z) = 2n lnz
2.544 Dipol. Wir wollen jetzt aus den bisherigen Fällen einige
weitere durch Überlagerung aufbauen. Als erstes behandeln wir das
Strömungsfeld eines Quell-Senken-Paares, d. h. einer Quelle und einer
Senke von gleicher Stärke. Die Senke befinde sich im Ursprung z = 0
und die Quelle auf der negativen reellen Achse im Punkt z = - h
(Abb. 2.28). Nach GI. (2,156a) lautet die komplexe Strömungs funktion
dieses Quell-Senken-Paares:
F(z) =
E
2n [ln(z + h) -lnz].
Die Stromlinien sind gegeben durch das Kreis büschel durch die beiden
Punkte z = 0 und z = - h, wie man leicht verifiziert und wie auch
früher in Kap. 2.359 bereits ausführlich erläutert wurde. Aus diesem
Quell-Senken-Paar erhält man die Strömung eines Dipols, wenn man
den Abstand h von Quelle und Senke gegen Null gehen läßt und dabei
ihre Ergiebigkeit E mit 1jh zunehmen läßt, derart, daß das Moment
M = Ehj2n konstant bleibt. Dies ergibt:
=M~l
z =MI'Im ln(z+h)-lnz
F() h d nz.
h--.O z
Somit ist die komplexe Strömungsfunktion des Dipols:
F(z) = .!!...
z
(2,159)
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 99
Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil mit z = reirp ergibt für das
Potential:
</J(r, rp) = uoo(r + ~2) cosrp (2,161a)
und für die Stromfunktion :
P(r,rp)=uoo(r- ~2)sinrp (2,161b)
in Übereinstimmung mit GI. (2,108) und (2,109). Aus GI. (2,161 b) er-
sieht man, daß die Stromlinie lJI = 0 durch die reelle Achse rp = 0
und rp = n und den Kreis r = R gebildet wird. Das Stromlinienbild
dieser Translationsströmung um den Kreiszylinder wurde bereits in
Abb. 2.30 angegeben.
Das Geschwindigkeitsfeld wollen wir durch Differenzieren der kom-
plexen Strömungsfunktion nach GI. (2,153) beschaffen. Dies ergibt:
aF = w(z) = u - iv =
di U oo
(1- --z2
R2)'
. (2,162)
7*
100 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
(2,163)
Die Druckverteilung auf der Kontur wurde auch bereits in GI. (2,113)
angegeben; sie ist in Abb. 2.31 dargestellt.
2.546 Strömung um den Kreiszylinder mit Zirkulation. Wir wollen
jetzt der Translationsströmung um einen Kreiszylinder noch die
Strömung eines Potentialwirbels überlagern. Dies ergibt die Kreis-
zylinderströmung mit Zirkulation, die für die Auftriebserzeugung des
Tragflügels von grundlegender Bedeutung ist. Überlagert man der
Translationsströmung des Kreiszylinders nach Abb. 2.30 einen ebenen
Potentialwirbel, der auf der Zylinderachse angeordnet ist, so ist für die
resultierende Strömung
der Kreis auch wieder
Stromlinie, da ja das
Stromlinienbild des Po-
tentialwirbels die sämt-
lichen zum Ursprung
konzentrischen Kreise als
Stromlinien hat, darunter
auch die Kontur des
Abb. 2.49. Strömung um einen Kreiszylinder mit
Zirkulation Zylinders. Für einen im
Uhrzeigersinn drehenden
Wirbel ergibt sich eine Strömung um den Kreiszylinder, bei welcher auf
der Oberseite die Geschwindigkeiten gegenü ber der Translationsströmung
vergrößert, dagegen auf der Unterseite verkleinert sind (Abb.2.49).
Diese Strömung hat auf der Kontur des Zylinders eine Druckvertei-
lung, die auf der Unterseite größere Drücke als auf der Oberseite be-
sitzt. Dadurch ergibt sich eine resultierende Kraft auf den Kreiszylinder
in Richtung der y-Achse, ein sog. Quertrieb oder Auftrieb, den wir
im folgenden berechnen wollen.
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 101
elF
elz
= w(z) = u
00
(1-~)
Z2
+ ~~.
2n z
(2,165)
Für die Druckverteilung auf der Kontur des Zylinders benötigen wir
den Geschwindigkeitsbetrag auf der Kontur. Wir schreiben diesen in
der Form R
WK = wtp( ) = Wo + W1, (2,166)
wobei wo( qy) den Geschwindigkeitsbetrag über der Kontur für die Trans-
lationsströmung um den Kreiszylinder und w1 die vom Potential-
wirbel herrührende Geschwindigkeit auf der Zylinderkontur bedeuten.
Nach GI. (2,163) ist
Wo = - 2 U oo sin cp , (2,167)
während nach GI. (2,158) für den Potentialwirbel gilt:
r (2,168)
w1 = - 2nR·
P - Poo = 2e (U oo2 - 2 )
WK ,
-
in Abb. 2.50 zur Kraft in der y-Rich-
tung ist:
:r:
dP y = - (p - Pcc) sincp dF
oder
dP y = - (p - Pool sincp Rbdcp
mit b als Höhe des Kreiszylinders. Die
Abb. 2.50. Zur Berechnung der Quer-
Integration über den Zylinderumfang kraft (Auftrieb) für die Strömung um
einen Kreiszylinder mit Zirkulation
ergibt: nach Abb. 2.49 •
f
2"
Py = - bR (p - Pool sin cp dcp . (2,170)
tp~O
7a
102 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
J
2"
Py = b R (] W 1 Wo sin fP d fP
q>=O
oder mit Wo und W1 nach GI. (2,169) bzw. (2,170):
J
2"
P y = 2bR(] 2~R UOO sin 2 tpdtp.
q>=O
o'~
1\'\ ~
--- -- - --t--I//I~
I/ ;Vj -
/I ~l'- V i\ V
~~
-2
'\ V If i'-- Ku \
1\ ~\ ~/J I
\ \ I~ / /
'\ ""Ri/l 1/
i_@
I
~ ~~- 21( /1
\ /
-70
Uoo r
-/2
If--..r
I
I
\ J Rlioo- *:it I
"--V
~
-15
o' JO' 60' 90" 7JO' (50' /80' lTf)' ~OO
i
270' JOt)' W
, J6(f
'f -
Abb. 2.51. Druckverteilung auf der Oberfläche eines KreiszyJinders für die Strömung mit
Zirkulation, nach Abb. 2.49
deuten: Es wird jedem Punkt der komplexen z-Ebene ein Punkt der
komplexen '-Ebene zugeordnet, der als das Bild des Punktes in der
z-Ebene bezeichnet werden möge. Durchläuft insbesondere der Punkt
in der z-Ebene eine Kurve, so durchmißt im allgemeinen auch der
zugeordnete Bildpunkt eine Kurve in der '-Ebene. Diese bezeichnen
wir als die Bildkurve der in der z-Ebene durchlaufenen Kurve.
Ein Beispiel möge diese Zuordnung der komplexen z- und '-Ebene
erläutern: Wählen wir
j(z) = ~Z2
2 2 (x + iy)2 = ,
=~ = ~ + in,
./
~= ~ (x 2 - y2); 1') = x y•
y
z-Ebene
Abb.2.54. Konforme Abbildung der z-Ebene auf die C-Ebene durch die Abbildungsfunktiori
C = fez). Dabei wird die Kontur A mit ihren Potential- und Stromlinien abgebildet auf die
Kontur B mit ihren Potential- und Stromlinien
(C) _ dF = dF ~
w - dC rIz rIC
oder
(2,176)
funktion ,=
dzldC = 1//' (z) den reziproken Differentialquotienten der Abbildungs-
w,
/(z) darstellt. Die gesuchte Geschwindigkeitsverteilung
um den Körper B kann nach GI. (2,176) berechnet werden, nachd.em die
Abbildungsfunktion /(z) gefunden worden ist, welche den Körper A auf
den Körper B abbildet. Wie die Berechnung von Beispielen zeigt, ist
funktion ,=
bei diesem Verfahren die Hauptarbeit die Berechnung der Abbildungs-
/(z), welche den vorgelegten Körper auf einen anderen
Körper abbildet, dessen Strömung bekannt ist (z. B. Kreiszylinder) .
. Nach dem Riemannschen Abbildungssatz ist es, von einigen unbedeu-
tenden Spezialfällen abgesehen, stets möglich, einen einfach zusammen-
hängenden Bereich auf einen Kreis abzubilden. Die Aufgabe, die ebene
Umströmung einer vorgegebenen Körperkontur zu berechnen, ist somit
grundsätzlich gelöst. Für die praktische Anwendung besteht die Schwie-
rigkeit jedoch darin, die jeweils entsprechende Abbildungsfunktion zu
finden, die für viele Fälle zudem noch einen sehr komplizierten Aufbau
besitzt.
2.56 Beispiele zur konformen Abbildung
Wir wollen jetzt die vorstehende erläuterte Methode an einigen Bei-
spielen näher ausführen:
2.561 Die parallel angeströmte Platte. Wir gehen aus von der
Translationsströmung parallel zur x-Achse um einen Kreiszylinder mit
dem Radius a. Diese Strömung hat in der z-Ebene nach GI. (2,160)
die Strömungsfunktion
F (z) = u oo (z + :2). (2,177)
Dies ist die Joukowskysche Abbildungs/unktion. Sie bildet nach Abb. 2.55
den Kreis mit dem Radius a um den Nullpunkt der z-Ebene ab auf die
doppelt durchlaufene Strecke (Schlitz) von - 2a bis +
2a der '-Ebene.
Dabei gehen die Kreispunkte (I), (2), (3), (4) der z-Ebene in die
108 Ir. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
angegebenen Punkte des Schlitzes der C-Ebene über. Dies läßt sich so
einsehen: Für einen Punkt, der den Kreis der z-Ebene durchläuft,
gilt z = aei'P, wobei cp von 0 bis 2 n läuft. Setzt man dies in GI. (2,178)
ein, so kommt C = a(ei'P + e-i'P) = 2a cos cp, also ~ = 2a cos cp; 'YJ = O.
Für die Strömung in der C-Ebene erhält man aus GI. (2,177) und
(2,178) :
J
x Uoo -Ja
~---
Abb. 2.55. Konforme Abbildung eines Kreiszylinders auf eine längs angeströmte ebene Platte
durch die JOUKOWSKYSche Abbildungsfunktion nach GI. (2.178)
mung vermittelt hat. Wir brauchen sie jedoch als Vorstufe für eine
jetzt zu besprechende verwandte Strömung, die etwas wesentlich Neues
liefern wird.
2.562 Die senkrecht angeströmte Platte. Die Strömung um die
senkrecht zur Anströmungsrichtung stehende Platte können wir nach
Abb.2.56 dadurch erhalten, daß wir mittels der gleichen JOUKOWSKY-
schen Abbildungsfunktion wie in Kap.2.561 den Kreis mit dem
Radius ader z-Ebene wiederum auf den Schlitz der C-Ebene abbilden,
jedoch jetzt den Kreis in Richtung der y-Achse umströmen lassen. Die
Platte erstreckt sich in der C-Ebene auf der reellen Achse von ~ = -2a
bis ~ = +2a; sie hat also die Breite l = 4a. Die Kreisströmung ergibt
sich durch Überlagerung einer Parallelströmung mit der Geschwindig-
keit Voo in Richtung der positiven y-Achse mit einem Dipol, dessen
Achse in der y-Achse liegt. Die Strömungsfunktion lautet somit:
F(z) = .
~voo (- z + Za 2
) . (2,179)
Die Geschwindigkeit m der '-Ebene ist dann nach GI. (2,176) mit
dt, Z2 - a2
dz • Z2 +a 2
w~ = - t V oo Z2_ a2 ' (2,180)
wegen ,=
Ersetzt man hierin z durch' auf Grund von GI. (2,178), so erhält man
~ und ±
z
2 + 2
4a 2 V'2 -
~ für die Geschwindig-
z
= 2 2
Aus GI. (2,180) und (2,181) erkennt man, daß die Plattenmitten
an den Plattenenden z = ± a,
lich groß ist.
,=
z = ± ia, , = 0 Staupunkte der Strömung sind mit Wc = 0, während
± 2 a die Geschwindigkeit unend-
,= ~
Die Geschwindigkeitsverteilung an der Platte selbst und in der Ver-
(2,182)
v- v I~ I ~ I > .i
- 00 Ve - {l/2)2
für I
I 2.
llO H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
i---- ~a~l~
Ti
y
Tl
/'
"
"
Abb.2.57. Strömung um die angestellte ebene Platte. (a) Längs angeströmte ebene Platte.
(b) Senkrecht angeströmte ebene Platte. (c) Angestellte ebene Platte ohne Auftrieb, (c) = (a) + (b).
(d) Reine Zirkulationsströmung. (e) Angestellte ebene Platte mit Auftrieb (KUTTAsche Abfluß-
bedingung), (e) = (c) + (d)
112 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Radius a, der unter dem Winkel IX = arc tg~ gegen die x-Achse an-
Uoo
geströmt wird. Die komplexe Strömungsfunktion dieser Strömung ergibt
sich somit zu,
Wz = dF
~
aZ
= (
U oo
.)
- ~voo - ( Uoo + .)
oo 2Z + - 2
a
tV
ir 1
-.
n Z
2
(2,183)
zu
vocC - -
r
::r . 2n
Wc = U oo T ~ Y .
'2 -4a2
Die Größe der Zirkulation r wird jetzt aus der KUTTAschen Abfluß-
w,
bedingung ermittelt. Der glatte Abfluß an der Hinterkante erfordert,
daß dort, also für' = +
2a, die Geschwindigkeit endlich bleibt.
Deshalb muß der Zähler des Bruches in der letzten Formel für' = 2a
verschwinden. Somit wird wegen 4a = l:
(2,185)
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 113
. V+
der Platte zu:
C-l/2 (2,186)
Wc = U oo =f ~ Voo C l/2 .
Druckverteilung an der Platte. An der Platte ist C= ~ und
I~ I < l/2. Damit ergibt sich für die
Geschwindigkeitsverteilung an der
Platte aus GI. (2,186):
U = U oo ± vooV1/' l+2~
l-2~
, (2,187)
wobei das +-Zeichen für die Oberseite und das --Zeichen für die
Unterseite gilt.
Führt man noch die resultierende Anströmungsgeschwindigkeit der
Platte ein:
U
.
= w"" (cos ~ ± sm ~ V l + 2~
. "\1 l - 2~ )
(2,188)
+ Oberseite, - Unterseite.
An der Plattenvorderkante, ~ = -lf2, ist die Geschwindigkeit unend-
lich groß und damit der Druck negativ unendlich. Die Platte wird von
unten nach oben umströmt, wie aus Abb. 2.57 e zu ersehen ist. An
der Plattenhinterkante, ~ = + lj2, ist die Tangentialgeschwindigkeit
U = W oo cos~. An einer beliebigen Stelle der Platte hat die Tangential-
geschwindigkeit einen Sprung zwischen Ober- und Unterseite vom
Betrage:
LI U = Uo - Uu
.
= 2woo sm~ l + 2~ .
Vl-2~ (2,188a)
Cp = 'P - 'Poo _
- 1 - ( -W- . )2
qoo Woo
Daraus ergibt sich für die Druckdifferenz zwischen Unter- und Ober-
seite:
Schlichting/Truokenbrodt. Aerodynamik I 8
114 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Llcp = pu-po .
= 2sm2",
VZ-2X
-Z-L
2 .' (2,189b)
~ , x
wobei im folgenden jetzt x parallel zur Platte gerechnet wird. Diese
"Lastverteilung" ist in Abb. 2.58 c über der Plattentiefe dargestellt.
~
--------------------
t-1/51----+..,L~-I----I
f
+1/2
M= - (x + !) dP 11· (2,199)
x=-l/2
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 117
Nach Gl. (2,191) ist dP y = (! b u"" dT, wobei dr die Zirkulation eines
Plattenstreifens der Breite d x bedeutet. Diesen erhält man aus dem
Geschwindigkeitssprung an der Platte zu dr= iJ u dx (vgI. Kap 2.422),
wobei iJ u durch GI. (2,188a) gegeben ist. Damit ist
dP y =2e bu oo v oo 1/
l-2X
1+2x dx.
(2,201)
der Nase der Platte setzen sich zu einer längs der Platte nach vorn
gerichteten "Saugkraft" zusammen. Die nähere Durchrechnung zeigt,
daß die Größe dieser Saugkraft von der Plattendicke und der Nasen-
abrundung unabhängig ist, und daß sie auch im Grenzfall der unend-
lich dünnen Platte den Wert S = A sin (X behält.
------------------- --------=----
Abb.2.60. Zur Entstehung der Saugkraft S an der Vorderkante eines umströmten Profils.
a) Dünnes symmetrisches Profil mit abgerundeter Nase: hat Saugkraft S. b) Ebene Platte mit
zugeschärfter Nase: Saugkraft fehlt
qgl--+----t-+--+-+--+-- -
I I I I
~~+--r-+~i--~+-~~ \ I
t
1,8
~~;..- ebene Piaffe
dünnes Profi~fifr0 I
1/71--+----t-+,-
#"-+75"f'--'"--+-_+_1--; ,
6,50 f'"/ I , I
I,
I
f o,s VVI, I t1,2
O.5f---h
/
V
/
Vf-t--f-+--+--+--i--t--l
ebene Piaffe i
~ 1,0 I~~
t..J~
~~o~
I
~
i/I I
I
i\ J
0,8 ,
+:
4f rJ° ! I
i i 0.8 ! I
Jea=:?,l· \. V"--dti'nnes Pro{,j
+---4-:,
4J I I
~ I
q2 1-++I----+-'--4----f-- ! Qi' , ,
(Oi ' I I! I
I I
I
at 1'-1 !
o·! I o i I
o 0,02 q04 a08 408 OJO qT3 W~ Olli b 0' /0' 12'
8 Cw -
Abb. 2.61. a) Polaren CA (c w )' b) Gleitwinkel e = cwlc A einer zugeschärften ebenen Platte und
eines dünnen symmetrischen Profils nach [10], Re = 4 ·10'. A = 00
der JouKOwsKyschen Abbildungsfunktion nach GI. (2,178), wobei jedoch als ab-
zubildender Kreis in der z-Ebene nach Abb. 2.62 jetzt ein Kreis um den
1 Näheres über die Polare und den Gleitwinkel s. Kap. V.
120 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Ursprung mit dem Radius R > a zu wählen ist. Dieser Kreis wird auf eine
Ellipse der C-Ebene abgebildet, welche den Schlitz von - 2a bis + 2a um-
schließt. Dies ergibt sich folgendermaßen: Für den auf dem Kreis mit dem Radius R
wandernden Punkt ist z = Rei ",. Eingesetzt in die Abbildungsfunktion GI. (2,178)
ergibt sich für die Bildkurve in der C-Ebene:
Es ist also:
~= (R + ;) cos qJ = a1 cos qJ,
1) = (R - ~2) sin qJ = 1
b sin qJ •
y TI
I~
Abb. 2.62. Abbildung eines Kreises auf eine Ellipse durch die JOUKOWSKYSche Abbildungs-
funktion GI. (2,178)
F(Z)=UOO(Z+~2)
(2,205)
Dabei wird die Ellipse in Richtung der großen Achse mit der Geschwindigkeit U oo
angeströmt. Hierin ist noch z zu ersetzen durch C auf Grund der Abbildungs-
funktion, GI. (2,178). Durch Zerlegung des so entstehenden Ausdruckes in Real-
und Imaginärtcil erhält man das Geschwindigkeitsfeld bei der Umströmung der
Ellipse.
u
0/4~7 V
2,0
'I\.
8
1/ ;:
\
l\
[ö
-- -- _1.
t-
ri ~
~:'\
1.2 7 8
d -/ \ \'
~~
a r/7/7/ \:\ \
/0
8
ao r; \ a
a I
\\
"
a12 \
o
0.' 0,2 0.3 0." 0,5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0
8/l'-
Abb. 2.63. Geschwindigkeitsverteilung an elliptischen Zylindern vom Achsenverhältnis
a,fb,= 8,4,2,1 bei Anströmung in Richtung der großen Achse; aufgetragen über
der Bogenlänge s längs der Kontur; l' = halber Umfang
Wir wollen hier lediglich noch die Geschwindigkeitsverteilung auf der Ellipsen-
kontur angeben. Der Betrag der Geschwindigkeit auf der Ellipsenkontur ist nach
GI. (2,205):
WK = Uoc I -Z22 -- - -R2!
2- ,
I z -a
wobei noch z = R ei <P einzusetzen ist. Es ergibt sich:
W 1 = uix, __~2=+,(1=----_cO_s,,2....!..Cf!:...)__
a a2
+ --
R4 -
4
1 2R2
- cos2Cf!
Dabei bedeutet k = bila l das Achsenverhältnis der Ellipse. Die hiernach für ver-
schiedene Achsenverhältnisse berechneten Geschwindigkeitsverteilungen sind in
Abb. 2.63 dargestellt. Für k = 1 geht GI. (2,206) in die Geschwindigkeitsver-
teilung des Kreiszylinders über mit WK = 2u oo sin Cf! nach GI. (2,112). Die Stau-
punkte mit [w K [ = 0 liegen bei Cf! = 0 und Cf! = n entsprechend den Staupunkten
122 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
des Kreiszylinders. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei qJ = n/2, also auf der
kleinen Achse; sie hat den Betrag
(2,207)
Abb. 2.64. Erzeugung von JouKOwsKy-Profilen durch konforme Abbildung mittels der
JouKowsKYSchen Abbildungsfunktion GI. (2,178)
a) Symmetrisches JouKOwsKy·Profil, b) Kreisbogen-Profil, r) gewölbtes JOUKOWSKy·Profi!
, 2
R' eit/J = _T_ e2irp.
a
3=mm.
Der Schwerpunktsatz des starren Körpers sagt aus: Die zeitliche Ände-
rung des Impulses eines abgegrenzten Massensystems ist gleich der
Summe der von außen auf das System wirkenden Kräfte, also
(2,209)
dS ciT
Tt= d Jtu dm = ~ $. (2,210)
(n. Fl.)
Die Integration über ein abgegrenztes Massensystem erfordert jetzt
die Integration über eine "flüssige Fläche" (fI. FI.), welche dauernd die
gleichen Flüssigkeitsteilchen umschließt. Diese "flüssige Fläche" kann
einmal aus einer mitschwimmenden Fläche bestehen, zum anderen aber
auch durch feste Wände von Körpern gebildet werden, die sich eventuell
innerhalb des betrachteten Flüssigkeitsvolumens befinden. Dement-
sprechend können auch die äußeren Kräfte ~ $ teilweise aus solchen
Kräften bestehen, die auf die mitschwimmenden flüssigen Teile aus-
geübt werden und teilweise aus solchen, die von den umströmten
festen Körpern auf die Flüssigkeit übertragen werden.
Bei den Anwendungen des Impulssatzes ist häufig nach den Kräften
gefragt, welche die Flüssigkeit auf einen umströmten Körper über-
trägt. Diese Kräfte erhält man aus der zuletzt genannten nach dem
Prinzip von "actio gleich reactio".
Um eine für die Anwendungen bequemere Form des Impulssatzes
zu erhalten, wollen wir jetzt das Volumen-Integral in GI. (2,210), wel-
ches sich über ein mitschwimmendes Volumen erstreckt, umwandeln
in ein Oberflächert-Integral über eine raum/este Fläche, welche wir als
die Kontroll/läche bezeichnen wollen.
In Abb. 2.65 möge das betrachtete Flüssigkeitsvolumen zur Zeit
t = 0 durch die flüssige Fläche I abgegrenzt sein, die nach der Zeit dt
126 H. Inkompressible reibungslose Strömungen "(Hydrodynamik)
in die Fläche II übergegangen ist, derart, daß die Fläche II durch die
Verschiebung d~ = \tJ dt aus der Fläche 1 erhalten wird. Damit kann
für die in GI. (2,210) benötigte Änderung des Impulses geschrieben
werden
Den letzteren Teil nennen wir auch die Reaktionskraft zwischen Körper
und Flüssigkeit. Sie ist positiv als Kraft von der Wand auf die Flüssig-
keit. Die von der strömenden Flüssigkeit auf die feste Wand über-
tragene Kraft, nach der bei den Anwendungen des Impulssatzes mei-
stens gefragt ist, ist demnach nach dem Gesetz von actio und reactio
gleich -mo
Außer den Oberflächenkräften auf die Kontrollfläche können unter
den äußeren Kräften I \ß in GI. (2,211) auch noch Volumenkräfte ent-
halten sein, die an jedem Volumenelement angreifen. Meist ist dies die
Schwerkraft. Sei f der Vektor der Volumenkraft pro Volumeneinheit,
also Z. B. f = e g für die Schwerkraft mit g als Vektor der Schwere-
beschleunigung, so ist die resultierende Volumenkraft
~= !fdV,
(V)
ef wxdQ=Kx+Px+Rx ,
(R)
(2,214)
e.f wydQ = Ky + P y + Ry.
(R)
fragen nach der Kraft R, die von der Flüssigkeit auf den Rohr-
krümmer ausgeübt wird und die somit die beiden Flanschen be-
ansprucht.
Unter der Annahme, daß der Rohrkrümmer in einer horizontalen
Ebene liegt, ist die von der Schwerkraft herrührende Volumenkraft
K x = O. Die Anwendung des Impulssatzes für die x-Richtung nach
GI. (2,214) ergibt:
e f wxdQ = P x + Rx ·
(K)
ef wxaQ=Kx+Px+Rx.
(Kl
Auf demjenigen Teil der Kontrollfläche, der nicht an der Wandung entlangführt
herrscht überall der Druck Po' somit ist für diesen die resultierende Oberflächen-
kraft gleich Null, P x = O.
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 9
130 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Der Impulsfluß durch die Kontrollfläche ist, da nur x.Impuls einströmt aber
nicht ausströmt:
e
(Xl
f wxdQ = -e Fw2 .
(2,216)
Die Kraft auf die Wand ist also gleich dem Strahlquerschnitt mal dem doppelten
Staudruck. Damit ist das oben in Kap. 2.61 vorweggenommene Ergebnis be-
stätigt.
2.623 Der Strahl schräg auf eine Wand. Ein Flüssigkeitsstrahl treffe schräg
auf eine ebene Wand (Abb. 2.69). Der ankommende Strahl sei ein ebener Strahl
vom Querschnitt F, der senk-
recht zur Zeichenebene sehr
breit ist. An der Wand fließt
der Strahl in ungleichen Teil-
strahlen tangential ab. Der
Winkel zwischen der Rich-
tung des ankommenden
Strahles und der Wand sei oe.
Wir fragen nach der Normal.
komponente N der resul·
tierenden Kraft, die von die·
sem Flüssigkeitsstrahl auf die
Wand ausgeübt wird. Zu
diesem Zweck wenden wir
den Impulssatz für die Rich·
tung normal zur Wand an,
er lautet:
ef wndQ=Kn+Pn+Rn.
(Xl
Die Volumenkraft ist Null, K n = 0, wenn die Platte in einer Vertikalebene liegt.
Auch die Oberflächenkraft über den freien Teil der Kontrollfläche ist wieder Null,
P n = 0, da auf diespr überall der konstante Druck Po herrscht. Der Impulsfluß
ist, da Normalimpuls nur einströmt, aber nicht ausströmt:
e
(Xl
f wndQ = -e wnFw= -e Fw2 sin(X.
2.6 Der Impulssatz 131
Da ferner N = -Rn ist, erhält man somit für die Normalkraft des Strahles auf
die Wand:
N = (!Fw 2 sinLX. (2,217)
Dies geht für IX = 90° in GI. (2,216) über.
2.624 Widerstand eines Halbkörpers. Die Strömung um einen Halb-
körper wurde bereits in Kap. 2.357 und 2.358 behandelt, und zwar
sowohl für den ebenen als auch für den rotationssymmetrischen Fall
(Abb. 2.26 und 2.27). Diese Strömungen wurden erhalten durch Über-
lagerung der Quellströmung mit einer Parallelströmung. In reibungs-
loser Strömung ist, wie schon früher angegeben, die Druckverteilung
über die Oberfläche eines solchen Körpers von der Art, daß die resul-
tierende Kraft in Richtung der Anströmung, der sog. Widerstand, gleich
Null ist. Wir wollen diese wichtige Tatsache, die früher ohne Beweis
angegeben wurde, jetzt mit /««(((/!({(
/ {C{ « ( { ( { « ( ( « (« ( / ( ( ( ( ( ( («(C«C«(<<.
Esw' IIPz
Wir betrachten einen Halb- I ~"Ä_ "9 1
körper, der in einem Hohl-
zylinder nach Abb. 2.70 rei- I
~ ~"~" "dI~
bungslos angeströmt werde. ~,c; 17Vz
I
L _ _
-----r--
In genügend großem Abstand ;;;);;;;;;»;));;;;;;;;;};;;;;;;;;;);;;;;;;;;;;;;;;
_""-1
,
vom Vorderende sei der Halb-
Abb. 2.70. Strömung um einen rotationssymmetrischen
körper durch einen Spalt un- Halbkörper iu einem zylindrischen Rohr
terbrochen. In diesem Spalt
stellt sich der Druck der umgebenden Strömung mit der Geschwindig-
keit W 2 ein. Der Halbkörper habe den Querschnitt F 2 und der Hohl-
zylinder den Querschnitt F 1 . Das Verhältnis der beiden Querschnitte
sei IX, also F 2 = IX F 1 •
Die Kontrollfläche K sei nach Abb. 2.70 gewählt. Aus der Konti-
nuitätsgleichung ergibt sich:
FIw I = (F I - F 2) W2
oder
WI = (1 - IX) w2 •
J
Der Impulssatz für die axiale Richtung (x-Richtung) liefert nach
GI. (2,214):
e wxdQ = K x + Px + R x·
(K)
Die Volumenkraft ist gleich Null, wenn die Strömung in einer horizon-
talen Ebene verläuft, K x = o. Die Oberflächenkraft auf dem freien
Teil der Kontrollfläche ergibt sich aus den Drücken zu P x =F1 (PI - P2).
Die Oberflächenkraft auf dem Hohlzylinder ist gleich Null, weil rei-
bungslose Flüssigkeit vorausgesetzt wurde. Es ist R x = - W der Wider-
9*
132 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)
Führt man für den Halbkörper eine auf seine Stirnfläche F z und die Ge-
schwindigkeit Wz bezogene Widerstandsziffer ein durch Cw = W/~ w~Fz,
so ist also
Cw = IX. (2,218a)
Läßt man den Rohrquerschnitt F 1 über alle Grenzen wachsen, so wird
F 2 /F 1 =(X ~ o. Nach GI. (2,118) ergibt sich dann, daß der Widerstand
dl.-
~ r:
!J
, >--'=-, Ya
. .=-. X
~l
A --~-~--
Ilo, f100 g,P'. flz N,-Poo
Abb, 2.71. Zur Ermittlung des Widerstandes aus einer Impulsmessung hinter dem Körper
W= -(2
(K)
J wxdQ.
AD -b f uoody - eb f 11,'Oc dy
BC +bfu1dy + eb f u;dy
2: = (K) 2: = 0
(Kontinuität)
2: = e
{Kl
J wxdQ
Durch die Summation der letzten Spalte dieser Tabelle ergibt sich
als Impulsfluß :
(2
(K)
J wxdQ = -(2b J u1(uoo - u1)dy.
Aus GI. (2,220) geht hervor, daß für die Ermittlung des Widerstandes
lediglich die Geschwindigkeitsverteilung im Nachlauf ermittelt zu wer-
den braucht. Da der Integrand in GI. (2,220) nur in der Nachlaufdelle
von Null verschieden ist, ist der Wert des Integrals unabhängig von der
Breite BO der Kontrollfläche, wenn diese sich nur über die ganze Delle
erstreckt.
Für manche Anwendungen, insbesondere z. B. bei Messungen hinter
Tragflügeln, ist es erwünscht, den Meßquerschnitt näher hinter dem
Körper zu wählen, Querschnitt II nachAbb. 2.71. Für diesen Fall erfährt
GI. (2,220) eine Korrektur, die hier noch kurz mitgeteilt sei. Sie wurde
zuerst von A. BETZ [6] angegeben und später von B. M. JONES [7] ver-
einfacht. Um die Bestimmung von u 1 auf Messungen im Querschnitt 11
zurückzuführen, gilt zunächst die Kontinuitätsgleichung für eine
Stromröhre :
eUldYl = e U2 d Y2·
Damit wird aus GI. (2,219):
Es wird nun weiter die Annahme gemacht, daß die Strömung vom
körpernahen Querschnitt 11 zu dem entfernteren Querschnitt 1 verlust-
los verläuft, d. h., daß für jeden Stromfaden von 11 nach 1 der Gesamt-
druck konstant ist:
fh = (Jl·
Unter Einführung der Gesamtdrücke
(2,223)
9a*
136 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
Dieses ist die Formel von B. M. J ONES [7]. Für den Fall, daß im Meß.
querschnitt der statische Druck gleich dem ungestörten statischen
Druck ist, P2 = P<X» geht die Formel von JONES in die einfachere
GI. (2,220) über.
In einer Arbeit von W. PFENNIN'GER[8] sind für Tragflügelprofile diese
Formeln für die Ermittlung des Profilwiderstandes aus einer Impuls-
messung mit der Ermittlung durch Wägung kritisch verglichen worden.
Dabei hat sich gute Übereinstimmung ergeben.
Literatur
[1] FUHRMANN, G.: Theoretische und experimentelle Untersuchungen an Ballon-
modellen. Dissertation Göttingen 1910. Jahrbuch der Motorluftschiff-Studien-
ges. Bd.5 (1911jI2) S. 63-123.
[2] PRANDTL, L., u. O. TIETJENS: Hydro- und Aeromechanik. Berlin Bd. l.
2. Aufl. (1944) Bd. 2 (1931).
[3] BETz, A.: Eine anschauliche Ableitung des Biot-Savartschen Gesetzes.
ZAMM Bd. 8 (1928) S. 149-151.
[4] ACKERET, J.: Das Rotorschiff und seine physikalischen Grundlagen. Göttin-
gen 1925.
[5] BETz, A.: Konforme Abbildung. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer 1948.
[6] BETz, A.: Ein Verfahren zur direkten Ermittlung des Profilwiderstandes.
Z. Flugtechn. Motorluftschiffahrt Bd. 16 (1925) S.42--44.
[7] J ONES, B. M.: The measurement of profile drag by the pitot traverse method.
ARC Report 1688 (1936).
[8] PFENNINGER, W.: Vergleich der Impulsmethode mit der Wägung bei Profil-
widerstandsmessungen. Mitt. Inst. Aerodyn. ETH. Zürich, No. 8 (1943)
S.50-72.
[9] PRANDTL, L.: über die Entstehung von Wirbeln in der idealen Flüssigkeit
mit Anwendung auf die Tragflügeltheorie und andere Aufgaben. Vorträge
aus dem Gebiet der Hydro- und Aerodynamik. Innsbruck 1922. Heraus-
gegeben von Th. v. Karman und T. Levi-Civita, Berlin 1924. S. 18-33.
[10] PRANDTL, L., u. A. BETZ (Herausgeber): Ergebnisse der Aerodynamischen
Versuchsanstalt zu Göttingen, München und Berlin. Profil Gö 445: 1. Lieferg.
(1921) S. 7l-112.
Ebene Platte. IV. Lieferg. (1932) S.96-100.
[11] KAUFMANN, W.: Technische Hydro- und Aeromechanik. 2. Aufl. Berlin,
Göttingen, Heidelberg: Springer 1958.
(3,2)
Hiernach ist also die relative Dichteänderung gegeben durch das Ver-
hältnis von Staudruck zu Elastizitätsmodul.
Unter Vorwegnahme der nachstehend noch abzuleitenden LAPLAcE-
schen Formel für die Schallgeschwindigkeit a, nämlich
2 E Llp
a =-=-, (3,3)
eLle
wobei p = p(e) das Kompressionsgesetz des Mediums bedeutet, erhält
man aus GI. (3,2) :
~=~Ma2 (3,4)
e 2 '
wobei
Ma= w (3,5)
a
die Machsche Zahl bedeutet. Hiernach wird für die MAcHsche Zahl
Ma = 0,4 die relative Dichteänderung Ll e/ e = i . 0,4 2 = 0,08, also 8 %.
Etwa von dieser MACHschen Zahl ist deshalb die Kompressibilität
zu berücksichtigen. Für Luft mit der Schallgeschwindigkeit von
340 m/s (in Bodennähe ) ergibt dies eine Strömungsgeschwindigkeit von
0,4.340 = 136 m/s = 500 km/ho Da diese Geschwindigkeit von vielen
Flugzeugen überschritten wird, sind die kompressiblen Strömungen
138 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
3.12 Zustandsgleichung
Bei der Aufstellung der Bewegungsgleichungen einer kompressiblen
Flüssigkeit kommt gegenüber der inkompressiblen Flüssigkeit als neue
Variable die Dichte (2 hinzu. Es bedarf also einer Angabe über den Zu-
sammenhang zwischen der Dichte (! und den Zustandsgrößen Druck P
und Temperatur T. Hierfür steht die Zustandsgleichung der Thermo-
dynamik zur Verfügung, welche für vollkommene Gase lautet, vgl.
GI. (1,1):
p=(!gRT. (3,6)
3.13 Schallgeschwindigkeit
Wir wollen jetzt für die schon in Kap. 1.23 und in Kap. 3.11 be-
nutzte LAPLAcE-Formel für die Schallgeschwindigkeit, GI. (3,3), eine
anschauliche Ableitung geben [10]. Die Schallgeschwindigkeit ist iden-
tisch mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer schwachen Druck-
störung in einem ruhenden Gas. Wir betrachten nach Abb. 3.1 eine
ruhende Gasmasse in einem weiten Rohr mit dem Querschnitt F
und nehmen an, daß eine
Kolben
Drucksteigerung durch eine
kurzzeitige ruckartige Be- F
wegung eines Kolbens er-
zeugt werde. Verursacht
durch die Bewegung des
Kolbens wird das Gas in der
Nähe des Kolbens zusam-
mengedrückt, und diese
Drucksteigerung pflanzt
sich als Druckwelle in das
ruhende Medium hinein mit Abb.3.1. Zur Berechnung der Fortpflanzungsgeschwin-
einer Geschwindigkeit a digkeit einer Druckstörung in einem Rohr
oder
(lm wa = PI - PO· (3,12)
Ersetzt man nun in GI. (3,11) die Dichte (11 nach der Kompression
näherungs weise durch (Im, was wegen der vorausgesetzten schwachen
Kompression zulässig ist, so erhält man aus GI. (3,11) und (3,12):
a2 - PI-PO _ Llp
- el - eo - LI e .
Dabei kann schließlich wegen der vorausgesetzten schwachen Druck-
welle der Differenzenquotient durch den Differentialquotienten ersetzt
werden:
2 _ ap
a -di (3,13)
Dies ist die Laplacesche Formel für die Schallgeschwindigkeit, die oben
bereits benutzt wurde. Der Differentialquotient dp/d(l hängt ab von
dem Kompressionsgesetz p ((I) des Gases. Bemerkenswert ist, daß die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Druckwellen a unabhängig ist von
der Größe der Druckänderung, was aber nur für schwache Druckände-
rungen gilt. Auch hat die Breite des Übergangsgebietes keinen Einfluß
auf die Größe der Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Es können somit
beliebige positive und negative kleine Druckänderungen aufeinander-
folgen, ohne sich zu stören. Dies ist gleichbedeutend damit, daß a die
Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schallwellen, kurz Schallgeschwin-
digkeit genannt, ist.
Für die Ausrechnung des in GI. (3,13) benötigten Differentialquotien-
ten darf man eine adiabatische Zustandsänderung annehmen, da die
3.1 Grundbegriffe 141
(3,14)
Die letztere Gleichung, die auch bereits in GI. (1,22) angegeben wurde,
läßt erkennen, daß die Schallgeschwindigkeit in der Atmosphäre mit
der Höhe abnimmt, da die Temperatur mit der Höhe abnimmt. Zahlen-
angaben über die Schallgeschwindigkeit und ihre Änderung mit der
Höhe wurden bereits in Tab. 1.1 und Abb. 1.2 gemacht. Für Boden-
nähe ist die Schallgeschwindigkeit a = 340 mls und für 10 km Höhe
300m/s.
sich die Wirkung der Schall quelle auf das Innere eines Kegels, dessen
halber Öffnungswinkel f-t sich aus der Beziehung
. ar a I
Slllf-t = u;; = w = -Ma (3,15)
m=a
rv-Za
Zone des Schweigens
TU
I
I
I
I
I
I
c I
~mr----l
I
Abb. 3.2. Ausbreitung von Schallwellen einer durch ein ruhendes Medium mit der Geschwin-
digkeit w bewegten Schallquelle. a) Schallquelle in Ruhe, W = 0; b) Schallquelle bewegt sich
mit Unterschallgeschwindigkeit, W = a/2; c) Schallquelle bewegt sich mit Schallgeschwindig-
keit, W = a; d) SchaIIquelle bewegt sich mit überschallgeschwindigkeit, W = 2a; die Schall-
wellen breiten sich aus in dem MAcHschen Kegel mit dem halben Öffnungswinkel I-'
sichtbar gemacht. Aus dem Winkel der MAcHschen Linien, die von
der Vorderkante des Profils ausgehen, kann man nach GI. (3,15) die
Anströmungsgeschwindigkeit ziemlich genau berechnen.
144 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
r..
1/100
P••
~~ ._----
1/10 =0
werden.
Es möge die Umgebung
des vorderen Staupunktes
eines umströmten Körpers
nach Abb. 3.5 betrachtet
werden. In der ungestörten
Abb. 3.5. Zur Berechnung der Temperaturerhöhung durch
adiabatische Kompression Strömung mit der Ge-
schwindigkeit W oo sei der
Druck Poo, die Dichte eoo und die Temperatur Tao. Im Staupunkt ist
die Geschwindigkeit Wo = 0, und ferner Po, Qo, T o . Auf der zum Stau-
punkt führenden Stromlinie findet eine Druckerhöhung L1 P = Po - Poo
statt, die eine Temperaturerhöhung L1 T = T o - Tao verursacht. Der
Wärmeinhalt des Gases beträgt in bekannter Weise pro Gewichts-
einheit:
i = Cp T [mkg/kg].
Die Erwärmung des Gases durch Kompression läßt sich aus einer
Energiebetrachtung ermitteln (vgl. Fußnote auf S. 148). Nimmt man
an, daß für den zum Staupunkt führenden Stromfaden die vorhandene
kinetische Energie des Gasteilchens beim Aufstau vollständig in Wärme
umgesetzt wird und somit eine Erwärmung L1 T verursacht, so liefert
die Energiebilanz pro Gewichtseinheit:
3.1 Grundbegriffe 145
fl ~
zur Folge, der nähe-
;;;------ ----;-------
rungsweise ebenfalls
durch eine Beziehung ---- --
wie GI. (3,16) dar- ,,/-
gestellt wird. Näheres / ~
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 10
146 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
werden. Man kann somit abschließend feststellen, daß bei der U mströmung
eines Körpers mit großer Geschwindigkeit sich längs der ganzen Körper-
oberfläche ein "Wärmepolster" ausbildet. Dabei kommt in der nächsten
Umgebung des Staupunktes die Erwärmung durch die Kompression
und an den übrigen Teilen der Wand durch die Reibung zustande.
J~ ~~ d8 = J
d: = P(p).
2
w2
+ P(p) + gz = const. (3,20)
+ Jdp(! = 0 ,
P
~
2 (w 2 - w002 ) (3,21)
Poc
wobei die Integration von einer Stelle mit dem Zustand Poo, eoo, W oo
bis zu einer Stelle mit p, e, wauszuführen ist.
Es möge jetzt in dieser BERNoULLI-Gleichung die Druckfunktion für
die adiabatische Zustandsänderung nach GI. (3,9) ausgewertet werden.
Mit e = eoo (pjPoo)l/" ergibt sich:
P(p)=
P
j dp
- =poo
-
(!
1/"
(!oo
J P
P --d
1
" P ="Poc
- - - [( - P ) " - 1].
" - 1 (!oo poo
,,-1
(3,22)
w2 _ w';' + ~ Pcc:.
,,-1 (!oo
[(-'L) ,,-;;-1 _ 1] = O.
poo
(3,23)
(-'L)-"
,,-1
poo = J?.. •
(!oo Poc (!
10*
148 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
w2 - w;" ,,-
= ~1 (a~ - a 2 ). (3,25)
Ma
co
= Woc
aco
(3,26)
eingeführt worden.
Im Hinblick auf Betrachtungen über die Druckverteilung an um-
strömten Körpern empfiehlt es sich, in GI. (3,23) das Druckverhältnis
p/Poc auszudrücken durch den dimensionslosen Druckkoeffizienten 2
p- pco
cp = eco .
(3,27)
TWco
2
1 Diese Form der BERNouLLI-Gleichung gilt nicht nur für die adiabatische,
sondern für eine beliebige Zustandsänderung. Dieses erkennt man so: Es gilt nach
der allgemeinen Zustandsgleichung
p ,,- 1
-=gR T=g(cp-c v) T=gc p - - T
somit mit
e "
Setzt man GI. (3,28) und (3,27) in die BERNoULLI-Gleichung (3,23) ein,
so ergibt sich durch Auflösung nach dem Druckbeiwert cp :
(3,29)
" 2
2.Macc
Hieraus erhält man für kleine Werte von "-; 1 Ma;;, [1 - (:00 Yl
durch binomische Entwicklung:
(3,29 a 1 )
Es sei hier besonders vermerkt, daß diese für die kompressible Strömung
linearisierte Beziehung formal mit der inkompressiblen BERNouLLl-
Gleichung, vgI. GI. (2,113), übereinstimmt.
Die Dichte in Abhängigkeit vom Druckkoeffizienten cp erhält man
durch Einführung von GI. (3,28) in die adiabatische Zustandsgleichung
(! = (!oo (p/Poo)l /" zu:
e: = ( + ;
1
1 Ma;;'cpr;-· (3,30)
-e= Il
eoo
2
+
-2 M aooc p, (3,30a)
was für den Staupunkt mit cp = 1 in die früher in GI. (3,4) angegebene
Abschätzung -{}-
{}oo = 1 + 21 Ma~ übergeht.
.
(3,29b)
150 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
(~ r
Unter Einführung der Schallgeschwindigkeit a~ = x poo/eoo sowie mit
= ( :00) ";- 1 ergibt sich aus der vorstehenden Gleichung:
L =
poo
[_2_
x+l
+ ,,-1
x+l
Ma*21-"~I.
ooj,
(3,32)
Durch Einsetzen von GI. (3,28) in GI. (3,32) für p = p*, p = und c c;
Ma oo = Ma! ergibt sich für den kritischen Druckkoeffizienten :
*_ _
Cp - x
2
Ma~ [
1
_ _2_
( x +1
x-I
+ x + 1 Maoo )
*2 ,,-1
" ] (exakt). (3,33)
ab
-1,0
\\
Dieser Zusammenhang von c; mit Ma!
ist in Abb. 3.8 dargestellt. Die kriti-
-0,9
\, sche MAcH-Zahl erhält man aus dieser
Beziehung, indem man für den c;
-0.8
exakt
, größten am Körper auftretenden Un-
-0. 7
\\ terdruck Cpmin einsetzt. Für schlanke
Körperformen ist cpmin klein und Ma~
ähertlng~, nahe bei 1. In diesem Fall vereinfacht
-0.6
~\
sich GI. (3,33) zu
t
~...-0,5
\ (Näherung).
\
-0.*
\, Diese Beziehung ist in Abb. 3.8 mit ein-
(3,33a)
\
-0.3
getragen. Die Übereinstimmung beider
-o,z Kurven ist bis zu den bei schlanken
~ Körpern auftretenden Druckkoeffi-
\
1 zienten cp """ - 0,6 recht gut. Löst man
GI. (3,33a) nach der kritischen MACH-
o Zahl Ma~ auf, so ergibt sich:
0.5 0,6 0.7 * 0,8 0,9 1,0
Ha oo -
Abb.3.8. Kritischer Druckkoeffizient in 2 1
Ma! =----,----,:-- (3,34)
x + 1 c* .
Abhängigkeit von der kritischen l\:[ACH-
Zahl. a Exakt nach GI. (3,33), b lineare 1-
Näherung nach GI. (3,33a) 2 p
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 151
3.23 Staupunkt
Eine ausgezeichnete Stelle bei der Umströmung eines Körpers ist
der vordere Staupunkt, wo die Geschwindigkeit w = 0 ist. Wir be-
zeichnen die Zustandsgrößen im Staupunkt mit dem Index 0, vgl.
Abb.3.9.
epo = Po - poo
1200 "
--=-2~
"Ma'fx,
[(1 + "-2 1Ma~) "~1 1]. - (3,35)
TWÖc
--
1,5
/, .-
~,/
V lt-1,!*Ha 2
'1'>0
0.5 1 1,5 2
Ha",,-
Abb, 3,9, Zum Einfluß der Kompressibilität auf Abb. 3,10, Druckkoeffizient im Staupunkt
die Staudruckmessung bei kompressibler Strömung in Abhängig·
keit von der MAcH·Zahl Ma oo , für Luft
" = 1,4. a Exakt nach GI. (3,35),
b lineare Näherung nach GI. (3,36)
was in Abb. 3.10 mit eingetragen ist. Die Übereinstimmung der Nähe-
rung nach GI. (3,36) mit der exakten Formel GI. (3,35) ist bis etwa
Ma oo = 1 recht gut.
Die beiden GIn. (3,35) und (3,36) sind von Wichtigkeit für die Ge-
°
schwindigkeitsmessung mit Hilfe von Druckmessungen bei kompres-
sibler Strömung. Für Ma oo -7 geht GI. (3,36) in die bekannte Stau-
druckformel der inkompressiblen Strömung GI. (2,38) über, Po - Poo
= ((200/2) w;" die der Geschwindigkeitsmessung mit Hilfe des PRANDTL-
sehen Staurohres zugrunde liegt (Kap. 2.232). Schreibt man GI. (3,36)
in der Form:
(3,37)
152 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
W = Wo = °
Wir bezeichnen den Kesselzustand mit dem Index 0, weil im Kessel
ist. Aus der BERNouLLI-Gleichung (3,23) ergibt sich, wenn
man w'" = Wo = 0, Poc = Po, e", = eo setzt:
w2 + ~~2" -Po [( -P )~
" - 1 eo Po
" - I ] = 0. (3,40)
w = V~
" - 1
Po
eo
[1- (L)· ":-lj.
Po
(3,41)
Dies ist die Formel von B.DE SAINT-VENANT undL. WANTzEL[21]. Sie
ergibt die Ausflußgeschwindigkeit eines Gases, welches aus einem Kessel
mit dem Druck Po und der Gasdichte eo ausströmt in einen Raum, in
welchem der kleinere Druck P (=" Gegendruck") herrscht.
Die größte Ausflußgeschwindigkeit ergibt sich beim Ausströmen des
Gases aus dem Kessel mit dem Druck Po in das Vakuum mit p = O.
Man erhält aus GI. (3,41) für diesen Fall:
w -
max - V 2"
~~--
" _ 1
Po
eo -
V~~a 2
" - 1 0•
(3,42)
Die zweite Beziehung folgt, wenn man die zum Kesselzustand Po' eo
gehörige Schallgeschwindigkeit a o = Vx
Po/~ einführt.
Die numerische Auswertung dieser Gleichungen ergibt für Luft
(x = 1,4) vom Normalzustand Po = 10332 kg/m 2 und eo =0,125kgs 2 /m 4 :
V ( )"-1
GI. (3,41):
/ -2
~=l- 1- ~~,,~ (kompressibel). (3,43)
ao " - 1 Po
1,23
1, Ol-----+-----+--+-+-----I-----c:AOI
1,2~--+~~+-~-+--4--~
q*~--~~--~--~I-+----~~~
I
I I
J J
I I
Ip* Ip*
q* q& 1,0 q2 q* 4& qa tO
q527 0,527
a
überschall---l!:terschall b Überschall ~
.1 :terschall
Abb. 3.11. Ausfluß aus einem Kessel mit dem Gaszustand Po, Qo, a o , T. a) Geschwindigkeit w
und Stromdichte QW in Abhängigkeit vom Druckverhältnis p/P. für Luft ,,~1,4. b) Dichte Q
und Temperatur T in Abhängigkeit vom Druckverhältnis p/p, für Luft " ~ 1,4
120a-; =
12 w V-
"-
2
I
)~
( P
Po" V (Po )-"-=-!." .
1-
p (3,47)
1~lt I~;;
;;
len Stromdichte gehört, wird das kritische Druck-
.<: ...
.,,,
".~ ~ verhältnis genannt. Dementsprechend bedeutet
~~
:;; 11 Ö in Abb.3.11 der Bereich rechts des kritischen
.<:
*1S I ~ Wertes p*fpo die Unterschallströmung und links
"
""'.
III
..... davon die überschallströmung .
"1------
Kritische Werte. Für die Ermittlung des kriti-
10: +
x~ 7x schenDruckverhältnisses ist in GI. (3,43) nach
~
'"
~
.. ::::"
GI. (3,49) w = w* = a einzusetzen. Dabei tritt
~
.;
;;"
S
0
!!
~I~ I~.
____ 0
das Verhältnis der örtlichen Schallgeschwindig-
keit a zur Schallgeschwindigkeit des Kessel-
11 III 11 zustandes ao auf. Für dieses gilt:
*~I~
;:l
"i <lJ<lJ 0
~
~
Durch Einführung dieses Wertes GI. (3,43)
.5
~ ....;;; 1 I. . . findet man mit p = p*:
In
'" ~
I'~I+x
~
"'<.
;;
.5
~
";:::::::::..
.....
~
0)
ö
p*
p;; =
(2 )-"
" + 1 ,,-1. (3,50)
~ '~ 11
" Die übrigen kritischen Werte ergeben sich durch
~ Cl
*1
...
;:l t:S
I.+. I
0
""1 Einführung von GI. (3,50) in die entsprechenden
'"
,.Q oben angegebenen Gleichungen. Sämtliche kriti-
...
~
~
So
....
.E! <:--1
10:
I
I~
schen Werte sind in Tab. 3.2 zusammengestellt,
wobei auch die Zahlenwerte für Luft " = 1,4
"s""
1.., "
E-<
*1"
E:-!E:-!
11 ~ mit angegeben sind.
Ferner enthält Tab. 3.3 die in Abb. 3.11 dar-
. tl
~
;;3
gestellten Größen sowie die auf die kritische Ge-
~ schwindigkeit bezogene MACH-Zahl Ma* =wja*
~
.'" und die auf den jeweiligen Gaszustand bezogene
MACH-Zahl Ma = w/a.
==
'"..,..,
~
.<: ~I+x I~
----
oe oS ~ stromröhrenquerschnitt. Wir berechnen noch
...
~ 0
.~
die Änderung des Stromröhrenquerschnittes F
11
~ mit der Geschwindigkeit w: Aus Few = const
tN *<lJ1 ~ I folgt:
~
d (F g w) _ dF + F d (g w) _ 0
~
CI)
xl7 dw - ew dw dw - .
~
E-i ------ Die Änderung der Stromdichte ewerhält man
~
"~ ~It "'"
~
lO
aus GI. (3,48) zu:
e + w~ft
Ö
~
d(gw) = = (1-~)
11 dw dp dw e a 2
*~!~ = e(l - Ma 2 ).
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 157
P e Ma=~ Ma*=~
Po eo a a*
Überschall
°
0,1 °
0,194
0,318
°
0,515
0,628
2,227
I 1,553
1,359
0,302
0,432
° 00
2,157
1,708
2,437
1,698
1,484
0,2
0,3 0,425 0,707 1,207 0,513 1,430 1,319
0,4 0,521 0,768 1,074 0,560 1,221 1,174
0,5 0,611 0,819 0,948 0,578 1,045 1,037
0,527 0,634 0,833 0,913 0,578 1 1
Unterschall
0,6 0,695 0,862 0,825 0,573 0,885 0,902
0,7 0,776 0,901 0,696 0,540 0,731 0,762
0,8 0,853 0,936 0,556 0,475 0,573 0,608
0,9 0,928 0,970 0,386 0,358 0,390 0,422
0,95 0,965 0,985 0,270 0,261 0,271 0,295
1,0 1 110
° °
Somit ist elF F
-y-
u,w
= - - ( 1 - Ma 2 ).
w
(3,51)
Ma> 1: elw
elF
> °
ist. Der Zusammenhang zwi-
Geschwindigkeit Unterschall Überschall
schen der Änderung des Strom- ro Ma<1 l1a>1
röhrenquerschnittes und der
-- ---
Änderung der Geschwindigkeit ~ ~
ist in Abb. 3.12 schematisch nimmt zu
dargestellt. Bei Unterschall-
geschwindigkeit nimmt der ~ ~
/,, , '
~ ~
- -- -
Stromröhrenquerschnitt wie bei
inkompressibler Strömung mit nimmt ab
wachsender Geschwindigkeit
ab; bei Überschallgeschwindig- ~ ~
keit dagegen nimmt er mit wach- Abb. 3.12. Änderung der Geschwindigkeit längs
einer Stromröhre bei Unter· und überschall-
sender Geschwindigkeit zu, weil geschwindigkeit (schematisch)
158 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
V(2)
mal erreichbare Massenfluß durch die Düse nach Tab. 3.2 und mit
f!oao = Vx Po (10: ,,+1
F le * w* -- F 1 x,,+1 ,,-1 poeo· (3,53)
Dieser größte Massenfluß wird aber nur erreicht bei einer Druckver-
teilung längs der Düse, bei der sich im engsten Querschnitt der kritische
Druck p* einstellt. Hierzu gehört bei vorgegebenem Kesseldruck ein
ganz bestimmter "Gegendruck" P2. Wenn man den Gegendruck P2'
ausgehend von P2 = Po, nach und nach senkt, so nimmt zunächst der
Druck im engsten Querschnitt PI ab und die Geschwindigkeit sowie die
durchfließende Masse (ewh zu, vgl. Abb. 3.1la. Solange der Druck im
engsten Querschnitt größer ist als der kritische Druck, PI> p*, hat man
längs der ganzen Düse Unterschallgeschwindigkeit. Der Druckverlauf
entspricht in diesem Fall dem einer Venturidüse, vgl. Abb. 3.13. In
3.3 Zweidimensionale Strömungen 159
diesem Fall ist der Massenfluß kleiner als nach GI. (3,53). Ist die Sen-
kung des Gegendruckes P2 so weit fortgeschritten, daß im engsten
Querschnitt der kritische Druck PI = p* erreicht wird, so wird dabei
die größte Stromdichte 12* w* erreicht und damit der größte Massenfluß
nach GI. (3,53). Es sind jetzt im divergenten Teil der Düse zwei Strö-
mungszustände möglich, die gleichen Massenfluß besitzen. Für P2 = P20
herrscht auch jetzt im divergenten Teil der Düse noch überall Unter-
schallgeschwindigkeit ; für P2 = P2 u dagegen ist im ganzen divergenten
Teil der Düse Überschallgeschwindigkeit vorhanden. Der letztere Fall
kennzeichnet die Lavaldüse. Die bei den Gegendrucke P20 und P2 u
können aus Abb. 3.11a als zur gleichen Stromdichte (ew) gehörig ent-
nommen werden. Diese Betrachtungen lehren gleichzeitig, daß bei
gegebener Kanalform im AustrittsquerschnittF2 nur die zum Druck P2u
gehörige Überschallgeschwindigkeit erreicht werden kann. Man muß
deshalb für jede im Austrittsquerschnitt gewünschte Überschall-
geschwindigkeit eine passende Kanalform entwerfen.
Für Gegendrucke P2' die zwischen P2u und P20 liegen, P2u <P2 < P20,
gibt es keinen stetigen Druckverlauf längs der Düse. In diesem Fall
tritt im divergenten Teil der Düse, meist kurz vor dem Austrittsquer-
schnitt, ein sehr steiler Druckanstieg, ein sog. VerdichtunfJsstoß, auf,
vgI. Abb. 3.13.
3.31 Grundgleichungen
Es sei in = i u + i v der Geschwindigkeitsvektor der stationären
Strömung, welcher abhängig ist von den rechtwinkligen Ortskoordi-
naten x, y. Die Grundgleichungen der ebenen kompressiblen Strömung,
nämlich die Kontinuitätsgleichung und die Bewegungsgleichungen
160 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
L = const
e"
sind dies vier Gleichungen für die vier Dn bekannten u, v, p, (!.
3.32 Drehungsfreiheit
Bei der Lösung der entsprechenden Gleichungen für die inkompres-
sible Strömung wurde von der Tatsache Gebrauch gemacht, daß das
Geschwindigkeitsfeld drehungsfrei ist, somit nach GI. (2,55) bzw. (2,59):
rot tu = 0 oder
ov
---=0
ou
OX oy (3,56)
erfüllt ist.
Zum Nachweis, daß die Bedingung der Drehungsfreiheit, GI. (3,56),
auch für kompressible Strömung gilt, wird GI. (3,55a) nach y und
GI. (3,55b) nach x differenziert. Dies ergibt:
02 U 02 U OU (OU ov )
(! u 0y 0x + (! v 0 u2 + (! ay h + ay +
+~(u~+v~)=
oy OX oy -~
oxoy , (3,57 a)
Durch Einsetzen von opjox und opjoy nach GI. (3,55a, b) erhält man
für:
~(U~+ v~) = ~!L(_2-!L)
iJ Y iJ x iJ y dp iJ y e iJ x '
~(u~
iJx iJx
+ v~)
iJy
=~ !L(_ ~!L).
dp iJx e iJy
Damit ist gezeigt, daß bei Subtraktion der beiden GIn. (3,57a) und
(3,57b) die letzten Glieder der linken Seiten sich fortheben. Somit
ergibt sich
eUa;- ay-a;-
iJ (iJU iJV)
+e Vay ay-a;-
iJ (iJU iJV)
+
+ e (~+~)
iJx iJy (~-~)
iJy iJx = o.
Hieraus ersieht man, daß ebenso wie bei der inkompressiblen Strö-
mung auch die Lösungen der reibungslosen, kompressiblen ebenen Strö-
mungen drehungsfreie Bewegungen nach GI. (3,56) sind. Man kann
deshalb in gleicher Weise wie bei inkompressibler Strömung das Ge-
schwindigkeitsfeld als Gradient einer Potentialfunktion ifJ(x, y) in fol-
gender Weise einführen:
i1J = grad ifJ
oder
iJ(]>
u=--=ifJ x ; (3,58)
iJx
Hiervon wird im folgenden Gebrauch gemacht.
3.33 Geschwindigkeitspotential
Die Bestimmungsgleichung für die Potentialfunktion ifJ(x, y) er-
hält man durch Einsetzen von GI. (3,58) in die Kontinuitätsgleichung
(3,54). Diese läßt sich zunächst in der Form schreiben:
e (~
iJx
+~)
iJy
+ u~
iJx
+ v~
iJy
= o. (3,59)
Durch Einführung von (1J nach GI. .(3,58) erhält man schließlich:
Es ist zu beachten, daß in den GIn. (3,60) und (3,61) die Schallgeschwin-
digkeit a nicht konstant ist, sondern die örtliche Schallgeschwindig-
keit bedeutet. Diese hängt mit der konstanten Schallgeschwindig-
keit a co des Bezugszustandes (Index 00) nach GI. (3,25a), in der
w2 = u2 + v2 zu setzen ist, folgendermaßen zusammen:
( ~)2
aoc
= 1 _ " - 1 M a~ [ u 2 ~ v~ _ I] .
2 W oo
(3,62)
(3,66)
-----------
y+x·tgp=const
Abb.3.14. Die beiden Scharen von MAcHschen
Linien bei einer Strömung mit tl"berschall·
strömungsrichtung U oo den Win-
kel p.. Die Lösung (3,65) stellt
demnach stehende Wellen von
geschwindigkeit (Ma"" > 1) belle biger Form dar, deren gerade
Fronten unter dem MAcHsehen
Winkel gegen die Hauptströmungsrichtung geneigt sind. Diese Ge-
raden sind die Machsehen Linien oder MAcHsehen Wellen, die wir be-
reits in Kap. 3.14 in vereinfachter Betrachtung kennengelernt haben.
L
x
a
Uoo
--_.-------------------------
c
Abb. 3.15. strömung längs einer schwach welligen Wand. a) inkompressible Strömung, Maoo = 0,
b) Unterschallströmung, Maoo = 0,9, c) überschallströmung, Maoo = 1,3
I
Dabei sind die Randbedingungen GI. (3,69) und (3,70) erfüllt. Für die
Geschwindigkeitskomponenten ergibt sich hieraus:
u=uoo ll+
r
VI -
h)'
Ma oo
2
1/-2
e-.lVl-MaooYsin(AX) ,
]
(3,74)
v = U oo hA e-.l VI-Maix, Y COS (A X).
U=U oo {l-
'
11 h2),
Ma oo - l
cos[A(x-y1lMU~-1)]}, I (3,76)
v = uoohACOS[Ä(x - y 11 Ma~ -1)].
Das Stromlinienbild ist in Abb. 3.15c für Muco = 1,3 dargestellt. In
diesem Fall klingt die Amplitude der Stromlinien nach außen über-
3.4 Ebene Unterschallströmungen 167
Durch Einsetzen von GI. (3,77) in GI. (3,61) und Vergleich der Koeffi-
zienten gleicher Potenzen von l/a 2 ergibt sich eine Folge von Diffe-
rentialgleichungen, aus denen die Funktionen Wo, <PI' ... sukzessive
berechnet werden können. Die ersten beiden Gleichungen lauten:
(3,78)
2,4
S 3 Mbo -aJS
,
2,0 #" 21 ~
b~
~
I
I
I
~
8')
1
1,6
t':i' V '\
I
I
1
/ \,
1,2
...
!I 0,8 1 , ___ R ~
4 }2 Uoo \
0,
(3 \
. 20 0 1f(J 0
I
60 . I,,-i I .
80 0 100 120 0 140 0 150 0 180·
Wegen W K max = a und a = ao V2/(x + 1) , vgI. Tab. 3.2, erhält man mit
x = 1,4 für Luft die kritischen MAcH-Zahlen
W K max = U oo (1 + 7) .
Für diesen Fall beträgt die kritische MAcH-Zahl unter der Annahme,
daß WKmax = a cc ist, in grober Näherung
*
M a oo _ Uoo krit _
------------
1
(inkompressibel).
a oo 1 ~ + l
Dieser Wert ist in der dritten Spalte von Tab. 8.4 zum Vergleich mit
angegeben. Es ergibt sich, daß auch für elliptische Zylinder der Kom-
pressibilitätseinfluß auf die kritische MAcHSche Zahl beträchtlich ist.
170 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
Tabelle 3.4. Kritische Machsche Zahl für elliptische Zylinder vom Achsenverhältnis dll
bei Anströmung parallel zur großen Achse (nach C. KAPLAN [33])
kompressibel Inkompressibel kompressibel inkompressibel
°
0,05
0,10
I
1
0,919
0,857
1
0,952
0,909
0,25
0,333
0,50
0,719
0,663
0,577
0,800
0,750
0,667
0,125 0,830 0,888 1,75 0,485 0,571
t
0,20 I 0,759 I
0,833 1 0,420 0,5
a kompressilJel b inkompressilJel
~u
u
kompressibel: (3,81)
inkompressibel: (3,82)
c2 [ (1 -
U 2
ff.La oo )
{jZ (j>ik
---,,----z-
uX/k
+ Cl2 ~
{j2 (j>; k ]
u Yik
= o.
Dies wird mit der inkompressiblen Gleichung (3,82) identisch, wenn
gesetzt wird:
(3,85)
Die zweite Konstante C2 der Transformation von GI. (3,83) wird aus
der Bedingung ermittelt, daß beide Strömungen, die kompressible und
die inkompressible, zum gleichen Körper gehören sollen.
Bezeichnet ~ die Neigung der Stromlinien in der kompressiblen
Strömung und ~ik diejenige in der inkompressiblen Strömung (Abb. 3.17),
so gilt:
kompressibel: t gus _ - v _- I {j(j>
-
- Uoo - Uoo {jy ,
s
t gUik _ Vik _ 1 {j (j>ik
inkompressibel: - - - -- - - - .
Uoo U oo {j Yik
Die Transformationen sind reell nur für Maoo < 1, d. h. für Unter-
schallströmullgen. Da Cl <1 ist, wird wegen Y = Yik/CI = Yilc!"Vl - Mai
172 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
kompressibel: (-fJP)
fJx ,..., ,,"00
fJu
n U 00 - fJx -- n
,,"00
U
00
fJ2cp
--
fJx2 ,
Damit gilt dann für den Druck an den gleichen Stellen des Körpers
bei kompressibler und inkompressibler Strömung
p(x) - Poo = V 1
2 [pidx) - Poo]. (3,89)
1 - Ma oo
(3,90)
3.4 Ebene Unterschallströmungen 173
Ebenso gilt für den Anstieg des Auftriebsbeiwertes mit dem Anstell-
winkel (sog. Auftriebsanstieg) :
dCA 1 (dCA) 2~ (3,91)
~= VI - Ma~ ~ ile = VI - Ma~ .
Da wegen c2 = 1 nach GI. (3,83) (j) = (j)ik und nach GI. (3,84)
Yik = Vl-
Ma~ Y ist, ergibt sich die folgende Beziehung zwischen den
Neigungen der Körperkonturen :
(3,92)
NA CA -0018-1,130
-E-·E-~
0015-1,1 JO
-C--E---~
0012 -1,1 30
-E:--F---~
0009-Z1 JO
-E:--I-----7=--
0006 0006-F JO
o JI 0009I---t---t---t--+--t---t---t--; ----E; -+=-
o JI 000$'----1..-.1-----'--..1..---'---'-----'--.....
0,2 0,4 o,G 0,8 1,0
"" UOO ---
nrJoo=a;;;
I,
Ma oo = 1 liegt, je dünner das 0,016
Profil ist. Die Abweichung - f - krilische
I
Strömung zurückzuführen. 0015 I I
I
OfürOO18
Dies erkennt man aus der 0012
v I
I
Darstellung der Widerstands- o " 0015 I
3.51 Prandtl-Meyersche
Eckenströmung
Wir beginnen die Be-
handlung der reinen Über-
schallströmungen mit dem
besonders einfachen Fall der
a Strömung um eine Ecke
nach Abb. 3.21, der eine viel-
'1'=0 fältige Anwendung findet.
I
I
I Wir betrachten die Parallel-
I
I
I
strömung längs einer ebenen
I
b
1-11' Wand mit der Geschwindig-
I
I
' r keit W 1 , die größer sei als die
I
I
A Schallgeschwindigkeit a 1 , die
Abb. 3.21. Strömung um eine konvexe Ecke. zu dem Gaszustand vor der
a) Stromlinienbild, b) Geschwindigkeiten
I und II MACHsche Linien. Ecke gehört, w1 > a 1 • Im
3.5 Ebene Überschallströmungen 177
Punkt A habe die Wand einen Knick derart, daß dort eine konvexe
Ecke vorhanden ist. An der Ecke tritt eine Druckabsenkung ein, so
daß der Druck P2 hinter der Ecke kleiner ist als der Druck PI vor der
Ecke, somit P2 < PI' Diese Druckabsenkung bedingt eine Beschleunigung
von W I auf w 2 ; es ist also W 2 > W I • Hinter der Ecke bildet sich wieder
eine Parallel strömung mit der Geschwindigkeit w 2 aus. Die an-
kommende Parallelströmung mit der Geschwindigkeit w l ändert sich
nicht bis zum Fahrstrahl 1, der als MAcHsche Linie von der Ecke A
ausgeht mit sin,u1 = aI!wl . Hinter dem Fahrstrahl 11, der ebenfalls
eine MACH-Linie mit sin,u2 = a 2 /w 2 darstellt,. herrscht wieder Parallel-
strömung. In dem Keilraum zwischen den Fahrstrahlen 1 und 11
findet eine Umlenkung der Strömung und dabei gleichzeitig eire Be-
schleunigung von w l auf W 2 und eine Druckabsenkung von PI auf P2
statt. Die Begrenzung der Strömung hinter der Stelle A kann sowohl
eine feste Wand als auch eine freie Strahlgrenze sein. Im letzteren Fall
muß der Druck P2 hinter der Ecke A vorgegeben sein; es folgt dann aus
der Druckdifferenz PI - P2 die Größe der Ablenkung der Strömung,
die bei A eintritt.
Die hiermit skizzierte Strömung ist die Prandtl-Meyersche Ecken-
strömung [25], [25 a]. Für diese Strömung existiert eine exakte Lösung
der kompressiblen Bewegungsgleichungen, die hier zunächst besprochen
werden möge. Anschließend werden wir in Kap. 3.52 diese Strömung
auch in der linearisierten Näherung behandeln.
Das Ziel der weiteren Betrachtungen ist die Ermittlung des Strö-
mungsfeldes in dem Keilraum.
Unter Einführung von Polarkoordinaten r, rp mit der Ecke Aals
Ursprung nach Abb. 3.21 und mit W r und wrp als Geschwindigkeits-
komponenten lauten die Kontinuitätsgleichung und die Bewegungs-
gleichungen :
(3,93)
(w + ~~) (1 -
r ::) = o. (3,100)
In dieser Gleichung kann der erste Faktor nicht Null sein, da sonst
nach GI. (3,98) der Druck im ganzen Raum konstant wäre. Es muß also
der zweite Faktor Null sein. Somit hat man
Wq; = a. (3,101)
Hieraus folgt nach Abb. 3.21 b für den Winkel f-l, den der Fahrstrahl
mit dem Geschwindigkeitsvektor einschließt:
. Wq; a I
SIllf-l=W-=V;= Ma· (3,102)
Es ist also dieser Winkel gleich dem MAcHschen Winkel. Jeder Fahr-
strahl von der Ecke A aus ist somit eine MACHsche Linie ebenso wie
die beiden den Keilraum begrenzenden Fahrstrahlen 1 und 11. Dies ist
gleichbedeutend damit, daß die Geschwindigkeitskomponente senk-
recht zum Fahrstrahl überall gleich der örtlichen Schallgeschwindig-
keit ist.
Für die Berechnung der Geschwindigkeitskomponenten Wr und Wq;
benutzen wir die BERNoULLI-Gleichung (3,24)
2
+ " 2
2
W
"- 1 e - ,,- 1 e; -
p _ " Po _ Wmax
-2- ,
wobei nach GI. (3,42) W max die Ausflußgeschwindigkeit aus einem Kes-
sel mit dem Druck Po ins Vakuum bedeutet. Weiter erhält man wegen
w 2 = w~+ w; und wegen w!
=, a2 = x pie aus der vorigen Gleichung:
(3,103)
dW r =
drp
V" -+
"
I W
1 max
VI _ (~)2 . W max
3.5 Ebene Überschallströmungen 179
Die Integration durch Trennung der Variablen liefert:
V- + rp
I<:-l
x
1
•
= arc sm -
W
Wr
- max
+ const.
Wird der Strahl rp = 0 nach Abb. 3.22 gewählt, so ist w r = 0 bei rp = 0
und somit die Integrationskonstante in der letzten Gleichung gleich
Null. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung von GI. (3,97):
Wr = •
W max ~·m (VI<:-l
I<: 1 + rp ) ,
(3,104)
wtp = wmax l~l
V-;+1 cos (V~)
I<: + 1 rp .
Mach-Linie
Abb. 3.22. PRANDTI.-MEYERSche Eckenströmung und Hodograph für Luft mit " = 1,40
Ip = 0: W = V+ I<:
21<:
1 eo-
Po 11 2
= V I<: + 1 ao = a*.
(3,105)
Setzt man hierin die Ausdrücke für W r und wtp nach GI. (3,104) ein, so
ergibt sich nach trigonometrischer Umformung:
7(,1r;+!
rpm = 2" V~ . (3,107)
Gleichzeitig ist für diesen Wert von rp, wie man aus GI. (3,104) erkennt,
rp = rpm: W", = 0 und W r = wmax •
Für den Fahrstrahl rp = rpm ist also die Strömung rein radial, und man
hat für diesen Fall ein Stromlinienbild nach Abb. 3.22.
Für Luft mit" = 1,405 ist rpm = 219,3°. Die größte Umlenkung,
welche bei dieser zweidimensionalen Eckenströmung auftreten kann,
ist also 219,3° - 90° = 129,3°. Sie tritt dann ein, wenn vom kritischen
Druck p* ins Vakuum expandiert wird.
Ablenkungswinkel. Es ist zweckmäßig, zur Charakterisierung der
Strömung noch den Winkel {} nach Abb. 3.21 einzuführen, welchen der
Geschwindigkeitsvektor auf einem beliebigen Fahrstrahl mit der an-
kommenden Strömungsrichtung w1 bildet. Nach Abb. 3.21 ist
ß=rp+.u-;.
Führt man weiter noch den Winkel1jJ zwischen w'" und W ein, für den
7(,
.u+1jJ=2" (3,108)
gilt, so hat man
ß = rp - 1jJo (3,109)
Der Winkel1jJ wird aus der Lösung (3,104) erhalten durch:
= l/~
Wr (l/~) (3,110)
tg 1jJ = W", V " _ 1 tg V ,,+ 1 rp .
Hiermit besitzt man ein vollständiges Formelsystem, um die MEYER-
sehe Eckenströmung numerisch auswerten zu können. Das Ergebnis
ist in Tabelle 3.5 dargestellt.
Tabelle 3.5. Prandtl-Meyersche Eckenströmung für Luft, " = 1,405
rpO P w 1j!0 Ma
Po
0 0,527 0,410 0 0 90 1
17,29 I 0,50 0,426 16,88 0,41 73,12 1,045
39,11 0,40 0,482 35,02 4,09 54,98 1,221
55,47 0,30 0,541 45,63 9,84 44,37 1,430
72,09 0,20 0,609 54,16 17,93 35,84 1,708
92,81 0,10 0,697 62,38 30,53 27,62 2,157
108,66 0,05 0,760 67,40 41,26 22,60 2,602
135,56 0,01 0,857 74,32 61,24 15,68 3,699
219,32 0 1,0 90,00 129,32 0 00
3.5 Ebene Überschallströmungen 181
_ .------,(/~
--------,<-
W////ff////ß'~
.~
0:
W$/d/dyiffit
a b
und die Dichte haben einen Sprung LI p bzw. LI (2, der im Vergleich zu
den Werten in der ankommenden Strömung sehr klein ist:
Für die rechnerische Ermittlung dieser Strömung greifen wir auf die
in Kap. 3.33 erläuterte linearisierte Potentialgleichung zurück. Mit den
Bezeichnungen nach Abb. 3.24 hat man nach GI. (3,64) für das Poten-
tial <P(x, y) die Gleichung
(Ma~ - 1) <P xx - f/J yy = 0
mit Maoo = woo/aoo als MAcH-Zahl der Zuströmung. Wir zerlegen das
Potential <P(x, y) in den Anteil der Grundströmung (Index (0) und
das Zusatz potential (Index '):
f/J = f/J oo + f/J' = W oo x + f/J' (x, y).
Man hat dann für das Zusatzpotential die Differentialgleichung
(Ma~ - 1) f/J~x - f/J~y = O. (3,111)
Die Geschwindigkeitskomponenten der Zusatzströmung sind dann
, _ 0 (])' v' = 0 (])' •
(3,112)
1t-~, oy
Die hyperbolische Differentialgleichung (3,111) hat, wie in GI. (3,65)
ausgeführt wurde, das allgemeine Integral
f/J'(x, y) = 11(Y - xtg,u) + 12(Y + xtg,u), (3,113)
wobei nach GI. (3,66)
(3,114)
( -d y ) -- v' v'
dx Str Woo + u' =Woc
-- -
-Llit •
die Verdichtungslinie
oben und die Verdünnungslinie unten. Hinter der Platte ist die Ge-
schwindigkeit wieder gleich w oo und der Druck gleich Poo wie vor der
Platte.
Infolgedessen herrscht auf der ganzen Plattenoberseite ein konstan-
ter Unterdruck Po und auf der ganzen Plattenunterseite ein konstanter
Überdruck Pu. Für die Drücke ergibt sich nach GI. (3,120) unter Beach-
tung, daß jetzt L1 {} = ± (X ist:
Oberseite (LI {} = + (X) : Po - Poo = -2qoo cxtg,u,
Unterseite (LI {} = - (X): Pu - Pcc = 2qoo cxtg,u.
Hieraus ergibt sich der Druckunterschied zwischen Plattenunterseite
und Plattenoberseite zu
Pu - Po = 4qoocxtgll' (3,122)
186 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
/_~-------- /
i
I I
~~
a
'P ~ u
b
/_---- /
''''-----,
1 1
1 1
." : 1
I
1
I
I
1
1
1
1
1
i~
I
~ c
fP~ tJ:v~
d
/ /
TV~~*~·::~
::."" I,
~ ~
'.
1 1
1
1
1
e f
In Abb. 3.27a sind die Kurven für den Auftriebs anstieg im Unter-
schall- und Überschallbereich dargestellt. Für M a oo -+ 1 versagen die
beiden hier vorliegenden linearen Theorien, weil die gemachten Voraus-
setzungen dort nicht zutreffen.
Im Fall der Überschallströmung ist die Druckverteilung über die
Plattentiefe ganz besonders einfach. Der Druckunterschied zwischen
Plattenunter- und -oberseite ist konstant, wie in Abb. 3.26a angegeben.
Hieraus ergibt sich, daß die resultierende Luftkraft in der Plattenmitte
angreift. Der Abstand des Angriffspunktes der Luftkraft von der Vorder-
kante xN/l = 1/2 für die Überschallströmung ist in Abb. 3.27b dar-
gestellt, wobei auch die früher für die inkompressible und die Unter-
schaIlströmung erhaltenen Werte xN/l = 1/4 mit angegeben sind. Es ist
hervorzuheben, daß beim Übergang von der Unterschall- zur Überschall-
strömung die Lage des Angriffspunktes der Luftkraft sich erheblich
nach hinten verschiebt.
Besonders bemerkenswert ist ferner, daß bei Überschallgeschwindig-
keit schon in reibungsloser Strömung ein Widerstand auftritt, den
man als Wellenwiderstand bezeichnet. Seine Größe ergibt sich nach
GI. (3,126) zu:
1 1 1M 2
1
Cw = - - CA = -4 V
2
4 tg,u
a oo - 1 CA'
2 (3,128)
188 In. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
Der Beiwert des Wellenwiderstandes ist also dem Quadrat des Auf-
triebsbeiwertes proportional. In Abb. 3.27 c ist für den Überschall-
bereich der Quotient cw/c~ in Abhängigkeit von der MAcH-Zahl dar-
1* gestellt. Im Unterschall-
12
I
I
/ bereich ist in reibungs-
loser Strömung Cw = o. 1
unterschaff
l1a oo ""1
V I I Überschall
l1a oo >1
Der Wellenwiderstand
prandfl-IGla/Je~y \ läßt sich anschaulich
'" ---
die bei inkompressibler
inkompressibel
reibungsloser Strömung
......... nach Abb. 2.60a an der
2 Plattenvorderkante an-
greifende Saugkraft, die
a 0 0,2 0,* 0,6 0,8 Z 1,2 1,* t6 1,8 2,0 von der Umströmung
Maoo~
der Plattennase herrührt,
0,6
I hier in Fortfall kommt.
'Pz
Während bei inkom-
'/4
pressibler reibungsloser
I
I ProftJvorderkante
Strömung diese Saug-
b 0 0,2 0,'1 0,6 0,8 1,0 1,2 1,* 1,6 t8 2,0 kraft zusammen mit der
Ma -
oo Resultierenden aus den
Oß Druckunterschieden auf
~~~
klli] r~~~:~:;l:;E;
Plattenober- und -unter-
t 0,*
1
~1~0,2 111 1
C {} 0,2 0,* 0,6 0,8 1,0 1,2 steht (Auftrieb), hat hier
1,8 2,0
Ma oo -
die fehlende Saugkraft
Abb. 3.27. Luftkräfte an der angestellten ebenen Platte
bei Unter- und "Überschallgeschwindigkeit. zur Folge, daß die Ge-
a) Auftriebs anstieg dCA/da, b) Lage der resultierenden
Lnftkraft xp, vgI. Abb. 3.25, c) Widerstands beiwert C w
samtkraft senkrecht zur
Platte steht. Eine andere
physikalische Erklärung für das Vorhandensein eines Widerstandes bei
Überschallgeschwindigkeit besteht darin, daß für die Erzeugung der
Druckwellen (MAcHsche Linien), die vom umströmten Körper aus-
gehen, laufend Energie verbraucht wird.
lieher Dicke mit scharfer Nase Auftrieb und Widerstand ermittelt wer-
den. Ersetzt man das Profil näherungsweise durch ein Polygon nach
Abb. 3.28, so wird damit die Aufgabe auf die Strömung um die flache
Ecke zurückgeführt, die in Kap. 3.52 behandelt wurde. Im allgemeinen
sind die vorderste und hinterste Ecke konkave Ecken, während alle
übrigen Ecken konvex sind. Demnach hat man an derVorder- und
Verdünnung
Verdichtung , ' Verdichtung
~~.~
~ ~m-: \---, ,
----'''--
>-
Verdünnung
Abb. 3.28. überschallströmung um ein Po]ygonprofi!
i i
Pi - pco = E LlPi =
v~l
- 2qco tgl' E Ll Ov
v~l
Setzt man
i i
ELlOv=Oo und 2,' Ll Ov = 0:,
v~l v=l
oben unten
so hat man für den Druck auf Ober- bzw. Unterseite des Profils an
einer beliebigen Stelle x der Kontur:
LlPo(X), = Po(x) - poo = - 2qoo tgl' Oo(x), }
(3,129)
Llpu(x) = Pu(x) - poo = - 2qoo tgl' Ou(x).
Dabei bedeutet Oo(x) bzw. Ou(x) die Neigung der Kontur an der betref-
fenden Stelle gegen die Anströmungsrichtung Wo<> nach Abb. 3.29.
190 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
Die Größen 1}~ und 1}~ sind dann rein geometrische Profilgrößen.
Mit den Beziehungen von Abb. 3.29 ergibt sich für Auftrieb und
Widerstand \ = Wellenwiderstand) mit cos1}u cos1}o 1, sin 1}u = 1}u, = =
... und dsu = dso = dx:
I
A = b J{L1Pu - L1Po)dx,
o
I
r[2cx -
I
Dann gilt
{} ' _ dyu {}' = _ dy.
v- dx ' o dx
J{}~ J J{}~dx = - J
1 1 1
dx = d '!Iv = 0; d'!lo = O.
o 0 o 0
I
Da.mit erhält man aus GI. (3,131) die dimensionslosen Beiwerte von
Auftrie b und Widerstand zu :
A
CA = b l qoo = 4 tg.u. CX,
(3,132)
cw= b~oo =4tg.u[CX2 + ~ (Bv+Bo)].
Dabei ist
Bo = +J(~~o t
o
t
dx. (3,133 )
Die Integrale B u und B o sind nur von der Geometrie des Profils ab-
hängig. Die Formel für den Widerstandsbeiwert läßt sich auch in folgen-
der Form beschreiben:
(3,134)
-~
I I
dem Anstellwinkel, der
-~
TVoo a TVoo b von der Sehne des Profils
ausgemessen wird, welche
Abb. 3.30. Druckverteilung fiber die Plattentiefe für
Unterschallgeschwindigkeit (w oo < a) und überschall- Vorder und Hinterkante
geschwindigkeit (woo > a). a) Angestellte ebene Platte,
b) gewölbte Platte beim Anstellwinkel. =0 miteinander verbindet. Da-
nach haben z: B. ein sym-
metrisches bikonvexes Profil und ein Kreisabschnittprofil nach
Abb. 3.26c und 3.26d beide Auftrieb Null bei sehnenparalleler An-
strömung und gleichen Auftriebsbeiwert bei gleichem Anstellwinkel.
0.0
Versuch
",,,,",JXf2° ------- Theorie
0.0
/ / ~V
/'
r
-
d o d/l=0,o885
,1
/ ~8°
/;
~o 10' f/-0 c::;!:j0
80
.d/l=0,1250
d/Z=0,1070
0.2 80
6"-
tr
~4°
I 40
!0
eS-
I 20
a=oo~\ " \
°l~t
_0 ...
-0.2
a b
------- Theorie ~== Experiment
~17
d/l = 0.10 d/I=0,o88
0.6
"
a=o.° a=o.°
~ ~La
0.
~
~ -. t-... u
"-I'---.. ~~
-0,2
---- ",
--
0,6
a=qO a=2°
<>.
<.> 0,2
0.
~'" -r---... ------
~u
Ik-~
0
~
~
u
~ --
~ I--
-
.-
-0,2 --- - --- ---
~ a=8° a=6°
~t'Z
i"--.. i'..., u
""'" ~ K
---
or--......
ro- I-
~ 0
I'-..
-0,2 ~---
-- -----
0,6
'"N a=14° a=14°
~ u
-- ---
" ~
o
~
~ ""- (f'
-0.2
, 0.
~ -- -
~ - -
42 44 0.6 0,8 0. 0,2 0,* 0.6
x/l- :r.!Z-
Abb. 3.32. Druckverteilung bei überschallgeschwindigkeit (Maoo = 2,13) für verschiedene
Anstellwinkel <x, nach Messungen von FERRl [49]; Vfrgleich mit der Theorie BUSEMANN [40].
a) Symmetrisches bikonvexes Profil, Re = 6,4· 10', b) Kreisabschnittprofil, Re = 7,0' 10'
3.5 Ebene Überschallströmungen 195
\
I
/L;-
I ,
\~PJ
Verdiclitufl(JSstoß '\
\\
Abb. 3.33. Konstruktion der Vberschallströmung um ein unendlich dünnes Profil nach dem
Charakteristiken-Verfahren von PRANDTL und BUSEMANN [28]
a Maoo = 0,70
b Jfax = 0,80
Abb. 3.35. Strömung um ein Tragflügelprofi) im Unterschallbereich bei verschiedenen lIIACH-
sehen Zahlen und konstantem Anstellwinkel'" = 2 0, nach D. W. Holder [50]; Schlierenaufnahmen.
a) Maoo = 0,70, kein Verdichtungsstoll, b) Maoo = 0,80, schwacher Verdichtungsstoß auf der
3.6 Ebene transsonische Strömungen 199
c Macc = 0,85
d l'rlaoo = 0,87
Oberseite, c) Maoo ~ 0,85; Verdichtungsstoß auf beiden Seiten; Ablösung auf der Oberseite,
d) Maoo ~ 0,87; starke Verdichtungsstöße auf beiden Seiten; starke Ablösung auf der Oberseite
13a*
a
b
Abb. 3.36 Strömung um ein Tragflügelprofi! bei der MAcH-Zahl Maoc = 0,9. Anstellwinkel
IX = 8°, nach D. W. HOLDER [50]. a) Schlierenaufnahme, b) Interferometer-Aufnahme
3.6 Ebene transsonische Strömungen 201
erkennt deutlich die Ausbildung des Verdichtungsstoßes mit wachsender
MAcHscher Zahl und eine starke Ablösung der Strömung unmittelbar
hinter dem Stoß bei Maoo = 0,85 und 0,87 (Abb. 3.35 c und d). Der Ver-
dichtungsstoß tritt zuerst im vorderen Teil der Oberseite des Profils auf
und rückt mit wachsender MAcHscher Zahl nach hinten. In Abb. 3.36
ist noch für den Fall Maoo = 0,9 und (X = 8 0 eine Schlierenaufnahme
und eine Interferometer-Aufnahme gegenübergestellt. Auch in diesem
Fall ist hinter dem gegabelten Verdichtungsstoß eine starke Ablösung
vorhanden 1.
TV;; _...........~-
Maoo<1 +c;h~"'"''''''
,
~.~~~
.
~
c
~
örtlich Uberscha//
/11
I
I
f
Lii!!! 6
Prandtl-6/auerti I
8/
,,
jAckeret
, \
\
\
\
\
~
Unterschal/--~--Überschal/----l
0 NOClliruf t ;;~
08 -------
U
----
, I
0,75
TUoo
~IJ 0,6 •
A U o,/; ,
0 0,5 1,0
x/l-
W
(4
1,2
-0
VerdiCh!UngsstoBj t 7,0 lL--, ... -
/ ....... u ~~-
0,81
B - U
i2IJ 0.8
0.6
I
....
0,4
0 0,5 W
x/l-
- ---
1,6
7,1;
0
L /
r1
1,2
J t (0 .~~.
--~
(
0,89 /U
i2IJ 0,8
C
[- U 0.6
0.*
I
0 0,5 1,0
x/l-
1,6
1,*
n
~ ~~
-
1,2[7 / U
t
~
10
'
...::--- ~----
0
[-
/
0,98
i2IJ 0.8
I
D
r
U 0,6
0,4
0 0.5 1,0
x/l-
2,0
(6 0
/~ -.u
1,4 / / -
[-(
t 1,2
<1
~q 0 10 It---
_._.-
( ~IJ ;'8
E u 0.6
0,*
0 0,5 ~O
x/l-
der MAcHschen Zahl an. Bei der MAcH-Zahl 0,89 (Punkt C) wird auch
auf der Unterseite in einem großen Bereich die Schallgeschwindigkeit
überschritten, was zur Ausbildung eines Verdichtungsstoßes auf der
Unterseite nahe an der Hinterkante führt. Hierdurch wird die Ge-
schwindigkeitsverteilung am Profil sehr stark geändert, derart, daß der
Auftrieb gegenüber Punkt B erheblich aufgebaut wird. Bei der MACH-
Zahl Maoo = 0,98 (Punkt D) sind die beiden Verdichtungsstöße auf
Ober- und Unterseite wesentlich schwächer als bei Ma oo = 0,89 und
an der Hinterkante gelegen. Der Auftrieb ist deswegen wieder größer
als im Punkt C. Schließlich wird bei Maoo = 1,4 (Punkt E) die reine
Überschallströmung erreicht mit einer Geschwindigkeitsverteilung, die
für die Überschallströmung typisch ist (vgl. Abb. 3.32a). Die Größe
des Auftrie bes entspricht dann der linearen Überschalltheorie (ACKERET).
Eine mathematische Theorie des Verdichtungsstoßes ist, ausgehend
von den partiellen hyperbolischen Differentialgleichungen der Be-
wegung, von B. RIEM.A.NN um
Verdichfllngs-Stoß
2
1860 gegeben worden [47]. Diese
Theorie ist sehr schwierig. Im
folgenden sollen deshalb ledig-
lich einfache Betrachtungen auf
Grund von Impulssatz und
Energiesatz gegeben werden.
Seien etwa die drei Größen vor dem Stoß PI' I?!, WI gegeben, so stehen
für die Ermittlung der drei entsprechenden Größen hinter dem Stoß
die folgenden drei Gleichungen zur Verfügung. Dabei wird die Annahme
gemacht, daß vor und hinter dem Stoß die adiabatische Zustands-
änderung gilt, aber nicht durch den Stoß hindurch.
Energiesatz l : (3,143)
Es ist das Ziel der folgenden Rechnung, zunächst aus den drei GIn.
(3,141) bis (3,143) ,welche die sechs Größen PI' P2' QI' Q2' W I , W 2 ent-
halten, eine Gleichung für PI' P2' Ql' Q2 herzustellen. Dazu müssen
W I und w2 eliminiert werden. Aus Gl. (3,141) und (3,142) folgt nach
kurzer Zwischenrechnung :
oder
W
2
=V(!le2 LlP.
Ll (!
(3,144)
(3,145)
Dies ist die Gleichung von H. HUGONIOT [30]. Sie liefert den Zusammen-
hang zwischen dem Druckverhältnis und dem Dichteverhältnis vor
und hinter dem Stoß. Aufgelöst nach dem Druckverhältnis P2/Pl ergibt
sich:
(,,-1 ). ( -
e2- 1 ) +.2-
e2
el el (3,145 a)
(" + 1) - (" - 1) ~
el
Die numerische Auswertung dieser Gleichung ist in Abb. 3.41 angegeben.
Diese HUGoNIOT-Kurve besitzt eine Asymptote bei
50
"=f,~O J: ~P -,>( dd P_) = x~ = a~. (3,146a)
11 : LJ (.1 (.1 QI (.11
30
I
I
I Somit haben Adiabate und Hu-
20
s~"~//~7
r!..--------J" . . " "~n
. V ~/r:;;=--
~
I
. v~j
! .~~.-~",.
L _____ :..\;~~ .".
W////////////l///7//~ ___________ L_ .
S=Stoßlinie K=Kontrollfläche
Abb. 3.43. Schiefer Verdichtungsstoß ; Abb. 3.44. Zur Anwendung des Impulssatzes
Bezeichnungen beim schiefen Verdichtungsstoß
Impulssatz .L 8 : (3,149)
Impulssatz 118: (3,150)
·
E nerglesatz: 1(2
-2 Wl n + wlt2 ) +-,,-
"
- 1 -PI =
(l!
1(2
-2 w2n + w2t
2)+ - -" 1 -
pz.
,,- (!z
(3,151)
Aus GI. (3,148) und (3,150) folgt sofort:
(3,152)
Beim Durchgang durch die Stoßlinie bleibt also die zur Stoßlinie par-
allele Geschwindigkeitskomponente ungeändert. Somit besteht also zwi-
schen den Geschwindigkeitsvektoren tu 1 und tu z , dem Stoßwinkel (J
3.6 Ebene transsonische Strömungen 209
W -
In -
Vi ele2 L1 P
L1 e
und (3,154)
Hieraus folgt:
(3,155)
tga=-'
Wl n
tg(a _ fJ) = W2n • (3,156a, b)
w, ' W,
Hieraus folgt:
tga
tg(a - 1Jo)
werden.
Abb. 3.46. Stoßpolaren·Diagramm nach BUSE-
Zunächst ist nach Abb. 3.46 MANN; Bezeichnungen
(3,161)
Die analytische Gleichung der Stoßpolaren erhält man, wenn man die
Gln. (3,160) und (3,161) in GI. (3,158) einsetzt und dabei sina und cosa
durch tga ausdrückt, in der Form:
uj tg 2 a *2 " - 1 uj
1 + tg 2 a - u 1 v 2 tg a = a -" + 1 1 + tg 2 a
(3,162)
Dies ist die Gleichung der Stoßpolaren in den Koordinaten U 2 ' v 2 des
Punktes P 2' welcher den Endpunkt des Vektors ttJ 2 darstellt. Die
Gleichung der Stoßpolaren ist bestimmt durch die beiden Kon-
14*
212 ur. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
stanten u l und a*, d. h. durch die Geschwindigkeit vor dem Stoß und
durch die nur vom Kesselzustand abhängige Schallgeschwindigkeit a*
nach GI. (3,159). Die Gleichung der Stoßpolare nach GI. (3,162) ist die
Gleichung einer Strophoide (CARTEslsches Blatt).
Aus GI. (3,162) liest man folgende Beziehungen ab, die in Abb. 3.47
eingetragen sind:
V2 = 0: 1) für U2,I = UI = OP I ,
2) für
Somit gilt
Es sind also die beiden Schnittpunkte der Stoß polaren mit der u-Achse,
d. i. U2, I und U2, II , reziprok bezüglich des Kreises w = a* um O. Dieser
Kreis teilt demnach die Stoß~
polare in zwei Teile, denen
v Verdichtungsstöße mit Un-
__ ,:!cha/Igrenze ter- und Überschallgeschwin-
.................... ,
digkeit \tJ 2 hinter dem Stoß
"
'1",--_ entsprechen. Dem Punkt Q
\ entspricht der senkrechte Ver-
dichtungsstoß ; bei diesem ist
u die Geschwindigkeit hinter
dem Stoß kleiner als die
Schallgesch windigkeit, was
bereits in GI. (3,147a) erhal-
ten wurde.
Beim schiefen Verdich-
tungsstoß (Ablenkungswin-
kel ß) tritt von den beiden
Abb. 3.47. Physikalische Deutung der Stoßpolaren möglichen Schnittpunkten
mit der Stoßpolare in Wirk-
lichkeit derjenige ein, welcher der größeren Geschwindigkeit hinter
dem Stoß entspricht. Es herrscht also Überschallgeschwindigkeit hinter
dem Stoß.
Der Punkt PI der Stoßpolaren ist der Doppelpunkt des CARTESI-
sehen Blattes; die Fortsetzung über den Doppelpunkt hinaus zur
Asymptote hin hat keine physikalische Bedeutung. Für den Grenzfall
einer sehr kleinen Ablenkung, P 2 -» PI' ergibt sich die unendlich
kleine adiabatische Verdichtung, wie sie bei der Strömung um eine
flache konkave Ecke in Kap. 3.52 behandelt wurde. Hierbei geht der
Stoßwinkel Cf in den MACH-Winkel # über. Die Tangente im Doppel-
3.6 Ebene transsonische Strömungen 213
punkt der Stoßpolaren bildet deswegen mit der u-Achse den Winkel
:n:/2 - fl (Abb.3.47). Es gilt somit
a> fl. (3,163)
Der Stoßwinkel a ist somit immer größer als der MAcHsche Winkel fl.
Kritischer Ablenkungswinkel. Der kritische Ablenkungswinkel {}E ist
derjenige Winkel, den die Tangente von 0 an die Stoßpolare mit der
u-Achse bildet, Abb.3.47. Für {} < {}E gibt
es zwei Schnittpunkte, aber für {} > {}E
keinen Schnittpunkt. Der letztere Fall liegt
vor bei einem sehr stumpfen Hindernis
(Abb. 3.48b). Hier kann die Ablenkung nicht
mehr durch einen von der Ecke E des Hin-
dernisses ausgehenden Verdichtungsstoß er-
I
a
folgen. Es bildet sich in diesem Fall in einem
gewissen Abstand vor dem Körper ein Ver-
dichtungsstoß mit gekrümmter Front aus
(sog. abgelöster Verdichtungsstoß).
Vollständige Stoßpolarendiagramme fin-
det man u. a. in [3] und [5].
(3,165)
Dabei bedeutet
(3,166)
1,*
Ha _ Woo
oo-a oo
1,3
.!/'+
0.860
0.840
q8 , 0.820
0.800
0.775
•
0,7
d
-
'2
Woo 0 0,1 0,2 0,3 q* 0,5 q6 0,7 q8 0,9 1,0
x
T-
Abb. 3.49. Geschwindigkeitsverteilung an einem symmetrischen Profil der relativen Dicke
dll = 0,08 im transsonischen Geschwindigkeitsbereich. Nach Messungen von L. MALAVARD [52]
-*
*'
3
Imoo'=o 1
V \ \
-3
moo=-0,6 Je K\ I
.,/ ..
\
Ha oo =11
I "'~ I\..
\
r
! '
}. 1<.,~ J I
I~ 2 lJf i
I
\ I 1
!
-1
i/I i \ lL ~ I
o o
1 .
Vi I
I
I
I J i ~
'0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 q7 q8 0,9 1,0 '0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 q8 0,9 1,0
L_
i 7-
-4
-3
imoo =-0,3 A .
" ~
4
moo~-1 _L
<.,"'--2 1 / I b~\ -'~ ""'-.. ........ i I
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1 ! I \ ., ~" "
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1
11 1 I
'0
V r~
~
o
0
,
%'! 1
... I 0,1 ~
1
o 0,1 0,20,3 O,f/. 0,5 q6 q7 0,8 0,9 1,0 0,2 q3 0,4 q5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
.!f._ L_
l i
14a*
216 Irr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
lJ,2_
10 5
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~ \I-.
08 4
j
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4-=0,12 V/I
11 11f 0,10 0,10tJ VI
-
0
008 7/h
77 ,I' r- 008 os! '1/
r7 II I1 If!.
) J I I r-~oo
VIJ
IA w
0,02 1
r7 f7 Il V
~V o -~~
~
~
0 '0-
0,8 0,9 1,0
-1,2 -1,0 -0,8 -0,6 -0,* -0,2 0 0,2 0,* 0,0 0.6 l,Q
1,2
a Ma no - - b moo-
Abb.3.51. Widerstandsmessnngen an symmetrischen Profilen im transsonischen Geschwindig-
keitsbereich nach L. MALAVARD [52]. a) Widerstandsbeiwert Cw in Abhängigkeit von der
MAcHschen Zahl Maoo für symmetrische Profile von verschiedenem Dickenverhältnis i/I,
b) reduzierter Widerstandsbeiwert Cw nach GI. (3,165) in Abhängigkeit von der reduzierten
MAcHschen Zahl moo für symmetrische Profile von verschiedenem Dickenverhältnis dll
1,5
t
~1~1,0
"I~
:}(.Jtl. <.><'>
0,5
0 0,5 dz 1,0
_ 1,5 2,0 0 1,0 1,5 2,0
a
d,
b !!.z._
d,
Abb. 3.52. Vergleich des V. KARlIIANschen .Ähnlichkeitsgesetzes für transsonische Strömung
(ausgezogene Kurven) mit der linearen Theorie der Unterschall- und tJberschal1strömung für
zwei Profile mit den Dicken d, und d2 • a) Druckbeiwert, b) Widerstandsbeiwert (nur für
tJberschaliströmung)
3.6 Ebene transsonische Strömungen 217
verhältnis gilt, daß nach der linearen Theorie im Unter- und Uberschall-
bereich cp proportional zu djl ist, und daß im Uberschallbereich Cw pro-
portional zu (djl)2 ist. Die Gegenüberstellung dieser linearen Theorie mit
dem v. KARMANschen Ähnlichkeitsgesetz ist für zwei Profile mit den
Dicken d 1 und d2 in Ab b. 3.52 a für den Druckbeiwert und in Ab b. 3.52 b
für den Widerstandsbeiwert dargestellt.
Literatur
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von W. TOLLMIEN, mit den folgenden Beiträgen:
Cl: K.OSWATITSCH: Grundbegriffe und allgemeine Sätze.
C 2: W. ROTHSTEIN: Nichtstationäre kompressible Strömungen.
C 3: E. KRAHN: Stationäre Unterschallströmungen.
C 4: M. SCHÄFER, W. TOLLMIEN. K.OSWATITSCH: Stationäre Überschall-
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C 5: W. WUEST, O. WALCHNER: Geschosse.
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bereits in Kap. 1.3 erläutert wurde. Dieses besagt, daß für verschiedene
strömende Medien bei verschieden großer Geschwindigkeit und bei
verschieden großen, aber geometrisch ähnlichen Körpern die Strömung
mechanisch ähnlich verläuft, d. h. mit geometrisch ähnlichen Strom-
linienbildern, wenn die REYNoLDssche Zahl Re gleich ist:
Re
e Vl
= - - = -Vl = const. (4,2)
ft v
Vl 140· 2 7
Re = ----;- = 15.10- 6 ~ 2·10 .
222 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
a) Re = 32 b) Re = 55
c) Re = 65 d) Re = 71
e) Re = 102 f) Re = 161
g) Re = 225 h) Re = 281
Abb.4.1. Einfluß der REYNOLDSSchen Zahl auf die Strömnng um einen Kreiszylinder.
übergang von der laminaren Strömung zur Wirbelstraße, nach ROMANI' [7J
i = PI - P2 r
L 2· (4,3)
(4,4)
J
R
1 nR4
Q = 2n u(r) rdr = 2 nR2 U = SflL (PI - P2)' (4,5)
o
Dies ist das HAGEN-POISEUILLEsche Durchflußgesetz für die laminare
Rohrströmung. Die Durchflußmenge ist hiernach proportional der
ersten Potenz des Druckabfalles pro Längeneinheit (PI - P2)/L. Führt
man noch die mittlere Durchströmgeschwindigkeit über den Rohr-
querschnitt u = Q/:rt R2 und den Druckgradienten in Richtung der
Rohrachse - dp(d x = (PI -- P2)(L ein, so kann GI. (4,5) auch geschrie-
ben werden in der Form:
(4,6)
A-~4.
- Re' (4,8)
wobei
Re= (!uD = uD (4,9)
fl v
'" ""
tc
~ '"'" '"~ <0
'"
<0
I ~ !j ~ ">
~
~ ~ I
~
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\
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/" ... <:l • 0 • 0
CL ~
IV 1
I
:
SchlichtingjTruckenbrodt. Aerodynamik I 15
226 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
keit in der Rohrmitte und y jetzt den Abstand von der Rohrwand be-
deutet. Die Geschwindigkeit ist bei turbulenter Strömung wesentlich
gleichmäßiger über den Querschnitt verteilt als bei laminarer Strö-
mung; außerdem wird mit wachsender REYNoLDsscher Zahl das turbu-
lente Geschwindigkeitsprofil noch völliger. Es läßt sich darstellen durch
die Interpolationsformel
(4,12)
~
~~ ~ ~~
=-
~
~ ~
V
0 V-
0,8 ~ V~ ,
~~
~
~
~
--;
VI!
(r
o
•
0
Re ~ '1,0.10 3
" ~ 2,3 ·10'
" = ~1 .10 5
i
I,
I
~ • .. ~ 1,1 ·10·
1---1-.
t:> " ~3,0 '10·
~
/ • .. ~3,2 ·10· :
~
~/ I
~
~ !
2
~
--;~
o y 0,6 0,8 zo
7r-
Abb. 4.4. Turbuleute Geschwindigkeitsverteilung im glatten Rohr bei verschiedenen REYNOLDS-
schen Zahlen, nach NIKURADSE [10]
Für die Rohrströmung gilt allgemein (für laminare und turbulente Strömung)
der folgende Zusammenhang zwischen dem Druckabfall und der Schubspannung
an der Wand T o :
(4,13)
was man aus GI. (4,3) bestätigt, wenn man dort für die Rohrwand r = Rund
T = To setzt. Vergleicht man GI. (4,13) mit der Definitionsgleichung für den Rohr-
widerstandskoeffizienten GI. (4,7), so ergibt sich die folgende Beziehung zwischen
der Wandschubspannung und der Rohrwiderstandszahl
To = ~ eu2. (4,14)
Setzt man nun in GI. (4,14) den Wert von JI. nach dem BLAsIUsschen Wider-
standgesetz GI. (4,10) ein und geht man mittels D = 2R auf den Rohrradius
über, so erhält man:
7 1 1
To=O,03325eu4 v 4 R- 4 = ev~. (4,15)
Dabeiist v* = VTo/e die mit der Wandschubspannung gebildete Schubspannungs-
geschwindigkeit, deren Einführung sich für eine universelle dimensionslose Darstel-
lung der Geschwindigkeitsverteilung als zweckmäßig erweist. Aus GI. (4,15) erhält
man zunächst u/v* = 6,99 (v* R/V)1/7. Geht man in dieser Gleichung noch von
der mittleren Geschwindigkeit u auf die Maximalgeschwindigkeit U über, indem
man u/U = 0,8 einführt, was für n = 7 und damit für Re = 10 5 zutrifft, so
erhält man:
[1 R 1
-=8,74(~)7. (4,16)
v* v
Es ist nun naheliegend, anzunehmen, daß diese Formel nicht nur für die Rohr-
mitte (y = R), sondern auch für jeden Wandabstand y gilt. Man erhält dann aus
Gl. (4,16):
(4,17)
Auf diese Beziehung werden wir später bei der Ermittlung des
Reibungswiderstandes der längs angeströmten ebenen Platte zurück-
kommen.
Die Darstellung der gemessenen Geschwindigkeitsverteilung der
Rohrströmung in Abb. 4.5 zeigt, daß in unmittelbarer Wandnähe das
turbulente Gesetz (4,17) nicht gültig ist. Die nähere Untersuchung hat
ergeben, daß bei jeder turbulenten Rohrströmung in unmittelbarer
Wandnähe eine sehr dünne Schicht vorhanden ist, die laminar strömt
(laminare Unterschicht). Die Existenz einer solchen laminaren Unter-
schicht leuchtet ein, wenn man bedenkt, daß ja in allernächster Wand-
35r----,----------------,_----r----,----~-----r----,_--__,
o Re = ~O' 10 3
6 " = 3,3'10'
30
e " = 1.1' lOS
1O~--~~~-k~--_r----i_----t_----i----_t----_r----i_--__1
2 YIJ J 5
t917=L9---tf -
Abb. 4.5. Das universelle logarithmische Geschwindigkeitsverteilungsgesetz im glatten Rohr.
Kurve (1) laminar nach GI. (4,19); Kurve (2) übergang laminar-turbulent; Kurve (3) turbulent
für alle REYNOLDSSchen Zahlen nach GI. (4,20); Kurve (4) turbulent für Re< 10' nach GI. (4,17)
was als Kurve (1) in Abb. 4.5 mit eingetragen ist und bis etwayv*jv = 5
die Messungen wiedergibt. Man entnimmt hieraus für die Dicke der
laminaren Unterschicht den Wert:
01
"
= 5_v* 1_' •
(4,19a)
I5a
230 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
Diese laminare Unter8chicht ist von großer Bedeutung für den Ein-
fluß der Wandrauhigkeit auf den Widerstand bei turbulenter Strömung.
Für sehr große REYNoLDssche Zahlen zeigt sich nach Abb.4.5
eine beträchtliche Abweichung der gemessenen Geschwindigkeitsver-
teilung von dem 1j7-Potenzgesetznach GI. (4,17). Für die sehr großen
REYNoLDsschen Zahlen werden die Messungen durch das logarith-
mische Gesetz
~
v*
= 5,5 + 5,751og y v*
v
(4,20)
gut dargestellt, das als Kurve (3) in Abb. 4.5 mit eingetragen ist.
Rauhe Rohre. Der Widerstand von rauhen Rohren und Kanälen ist
besonders für körnige Rauhigkeiten eingehend untersucht worden.
J. NIKURADSE [11] führte umfangreiche Untersuchungen an Rohren
von kreisförmigem Querschnitt aus, die mit Sandkörnern einer bestimm-
ten Korngröße k s dicht beklebt waren. Die Wandbeschaffenheit läßt
sich in diesem Fall durch einen einzigen Rauhigkeitsparamater, die sog.
relative Rauhigkeit ksj R, charakterisieren. In Abb. 4.3 sind die Wider-
-stands beiwerte der sandrauhen Rohre für Rjks = 15 bis 500 mit ein-
getragen. Im Bereich der lIAGEN-POISEUILLEschen laminaren Rohr-
strömung hat die Rauhigkeit keinen Einfluß auf den Widerstand.
Die rauhe Wand wirkt hier hydraulisch glatt. Im Bereich der turbulen-
ten Strömung (Re> 2300) ist für den Widerstand des rauhen Rohres
das Verhältnis von Korngröße der Rauhigkeit k zur Dicke der laminaren
Unterschicht ~l, also kj~l physikalisch maßgeblich. Ist die Rauhig-
keitshöhe so klein (oder die laminare Unterschicht so dick), daß alle
Rauhigkeitserhebungen in dieser laminaren Unterschicht liegen,
k ~ ~l, so gibt die Rauhigkeit überhaupt keine Widerstandserhöhung.
In diesem Fall wirkt auch bei turbulenter Strömung die rauhe Wand
hydraulisch glatt. Nach GI. (4,19a) ist die Dicke der laminaren Unter-
schicht ~l "'" 5 v!v*. Damit ergibt sich für die hydraulisch glatte Wand:
ksv*
v
~
-
5 (hydraulisch glatt). (4,21)
rf
+1,0
i\ 1 Ir\ Reüberhd = q, ~ • lOS
\ ! \ Reuet,eled = 1,6 . lOS
\ fheoretisch-II
L '{
\ 11/ ''\1\ /
\ /J I~ /
81 0
~J \ I I 1\ J
" \\ _llL -~ r-... /7
ri
'-,',
\ ,j unferkrlhsch \1\ :\ . ,lr!
A'r--" überkritisch
L\\
-1.0 1\ /i \\ J
'\ / \',-'?
i i
o0
.90 0 180 0 370 0
9"-
Abb. 4.7. Druckverteilung um eine Kugel im unter kritischen und überkritischen Bereich der
REYNOLDSschen Zahlen nach Messungen von FLACHSBART [16]
W = Cw F ~ w~ = Cw F q. (4,26)
0 ~
II
0
1
II
Messungen:
0
0 o Schiller-Schmiede!.
f.l.. D=I···fjmm
0 • Liebsfer
~~ 2
o Allen
• 1921)!Vi.lese/sberger
f:> 1936
, I .fW'. ~ D=8···IOOmm
2
ltI
I
0, 6
aif
0, 2 111
QI
~
0,0 10 -1 2 " 6 1 • "6 10 2 "6 10· 2 "6 10' 2 9 6 10' a v 6 10 5 2 " 6 10'
Re = ro~ D _ Re K,;,
v
Abb. 4.9. Widerstandsbeiwert C w~ W
I"
/4:
D' q von Kugeln in Abhängigkeit von der REYNOLDS-
schen Zahl
x
Abb. 4.10. Grenzschicht an einer längsangeströmten ebenen Platte (schematisch)
Auf der Rückseite des Körpers ist in diesem Fall die Druckverteilung
gegenüber der reibungslosen Strömung stark geändert, wie z. B. aus
Abb.4.7 für die Kugel hervorgeht. Die gegenüber der reibungslosen
Strömung veränderte Druckverteilung und damit letzten Endes die
Ablösung der Strömung sind die Ursache für den großen Widerstand
solcher Körper.
Um die wichtige Erscheinung der Grenzschichtablösung und Wirbel-
bildung näher zu erläutern, betrachten wir die Strömung um einen
stumpfen Körper, z. B. um einen Kreiszylinder nach Abb.4.12. Bei
reibungsloser Strömung ist auf der vorderen Hälfte von D nach E Druck-
abfall und damit beschleunigte Strömung und auf der hinteren Hälfte
von E nach F Druckanstieg und somit verzögerte Strömung vorhanden.
Für ein Flüssigkeitsteilchen in der Außenströmung findet auf dem
Wege von D nach E eine Umsetzung von Druck in kinetische Energie
238 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
statt und auf dem Wege von E nach F eine Umsetzung von kinetischer
Energie in Druckenergie. Ein Flüssigkeitsteilchen, das in der Grenz-
schicht strömt, befindet sich unter der Wirkung des gleichen Druck-
feIdes wie in der Außenströmung, da dieses der Grenzschicht aufgeprägt
wird. Durch die Abbremsung in der Reibungsschicht hat ein solches
Grenzschichtteilchen auf dem Wege von D nach E so viel an kinetischer
Energie eingebüßt, daß diese nicht ausreicht, um den "Druckberg"
von E nach F hinaufzukommen. Ein solches Teilchen vermag in dem Ge-
biet ansteigenden Druckes zwischen
E und F nicht weit vorzudringen.
Es kommt dort zum Stillstand und
wird durch die Druckverteilung
der äußeren Strömung nach rück-
wärts in Bewegung gesetzt. Diese
Rückströmung ist der Beginn der
Ablösung.
Aus dieser Betrachtung folgt die
allgemeine Regel, daß Ablösung
niemals im Bereich des Drucka bfalles
(beschleunigte Strömung) auftreten
Abb. 4.12. Ablösung der Grenzschicht und kann, sondern nur im Bercich des
Wirbelbildung am Kreiszylinder (schema- S
tisch); A = Ablösungspunkt Druckanstieges (verzögerte trö-
mung). Für eine Reibungsschicht,
die ein Gebiet mit Druckanstieg durchströmt, besteht also grundsätz-
lich Ablösungsgejahr.
Ob im Druckanstieggebiet tatsächlich Ablösung eintritt, hängt von
den näheren Einzelheiten der betreffenden Strömung ab. Wichtig
hierfür ist vor allem die Größe des Druckanstieges und der Strömungs-
zustand in der Grenzschicht (laminar oder turbulent). Ein steiler
Druckanstieg, wie er auf der Rückseite eines stumpfen Körpers vorliegt,
führt eher zur Ablösung. als ein sanfter Druckanstieg auf der Rückseite
eines schlanken Körpers, da im letzteren Fall die mitschleppende Wir-
kung der äußeren Schichten u. U. noch gerade ausreicht, um Rück-
strömung in der Reibungsschicht zu vermeiden. Ferner "verträgt"
eine turbulente Grenzschicht einen größeren Druckanstieg als eine
laminare. Hieraus folgt, daß man zur Vermeidung der Ablösung und
zur Erzielung geringen Widerstandes die Rückseite des umströmten
Körpers schlank ausführen muß. Eine stumpfe Form auf der Vorder-
seite hat dabei auf den Widerstand keinen wesentlichen Einfluß. Diese
strömungsmäßig günstige Form ist verwirklicht bei den sog. "Strom-
linienkörpern" und auch bei allen Tragflügelprofilen.
Auch bei der Auftriebserzeugung eines Tragflügels spielt die Ab-
lösung eine wichtige Rolle. Bei kleinen Anstellwinkeln (bis etwa lOO)
4.2 Grundzüge der Grenzschicht·Theorie 239
verläuft die Strömung auf Ober· und Unterseite ohne Ablösung, so
daß man mit guter Näherung die reibungslose Strömung erhält ("ge-
sunde" Strömung, Abb. 4.13a). Bei größeren Anstellwinkeln entsteht
auf der Saugseite des Profils Ablösungsgefahr, da dort der Druckanstieg
b
Abb. 4.13. Strömuug um eiu Tragflügelprofi! nach PRANDTL. a) Bei "gesuuder" Strömung,
b) bei abgelöster Strömung
zu steil wird. Bei einem gewissen Anstellwinkel, der bei etwa 15° liegt,
tritt infolgedessen Ablösung ein (Abb.4.13b). Die Ablösungsstelle
liegt ziemlich nahe hinter der Flügelnase. Die abgelöste Strömung
weist ein großes Totwasser auf. Die reibungslose, auftriebserzeugende
240 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
Strömung ist durch die Ablösung zerstört worden, und der Widerstand
ist jetzt sehr groß. Der Beginn der Ablösung fällt etwa mit dem Erreichen
des Maximalauftriebes des Tragflügels zusammen.
(4,28)
·0 ~ f.l U V----,;r
e U Ve =
fl U3
--1- . (4,31)
Cf ' " Ve fl
U1 = VRe
1
.
Der fehlende Zahlenfaktor ergibt sich aus der exakten Lösung nach
Kap. 4.44 zu 1,328, so daß man für das Widerstandsgesetz der längs-
angeströmten Platte bei laminarer Strömung hat:
1,328
Cf = VRe . (4,33)
Ebenso wie bei der Kugel nach Abb. 4.9 ist auch für die Platte der
Widerstandsbeiwert nur eine Funktion der REYNoLDsschen Zahl.
Ein Zahlenbeispiel möge diese Abschätzung noch veranschaulichen. Die hier
angenommene laminare Strömung erhält man nach den Beobachtungen bis zu
einer REYNoLDsschen Zahl Re = Ul/v von etwa 5· 10' bis 10 6 • Für größere
REYNoLDssche Zahlen wird die Plattengrenzschicht turbulent. Wir berechnen
die Grenzschichtdicke für eine Strömung von Luft (v = 15· 10- 6 m 2/s) am Ende
einer Platte der Länge 1 = 1 m bei einer Geschwindigkeit von U = 15 m/s.
Dies ergibt Re = Ul/v = 106 und somit nach GI. (4,30) b/l = 5.10- 3 und
b = 5 mm. Der Widerstandsbeiwert ist nach GI. (4,33) CI = 0,0013, also sehr
klein, wenn man ihn mit demjenigen einer Kugel nach Abb. 4.9 vergleicht.
schicht an der Platte hat man in der Nähe der Nase zunächst laminare
und weiter stromabwärts turbulente Strömung. Die Lage der Umschlag-
steIle X u ist dabei nach den Beobachtungen gegeben durch die mit der
Lauflänge x gebildete kritische REYNoLDssche Zahl
(Platte). (4,34)
kräfte derart, daß nur Normalkräfte vorhanden sind. Für die Aufstellung der Be-
wegungsgleichungen der reibungsbehafteten inkompressiblen Flüssigkeit haben
wir zu den eben genannten Kräften noch die Reibungskräfte hinzuzunehmen.
Diese bilden ein Kräftesystem, welches außer Normalkräften (Drücke) auch
Tangentialkräfte (Schubspannungen) am Volumenelement liefert von der Art
wie sie im einfachsten Fall der reinen Scherströmung nach Abb. 1.4 durch den
NEwToNschen Reibungsansatz, GI. (4,1), dargestellt werden.
Bedeutet ~ = e 9 die Massenkraft pro Volumeneinheit (g = Vektor der Erd-
beschleunigung) und \l5 die Oberflächenkraft pro Volumeneinheit, so lautet die
Bewegungsgleichung in Vektorschreibweise, vgI. GI. (2,41):
Dm
I} Dt =~+\15. (4,35)
~-II-dx
l'x+ ~Ex dx
1 - - - - dx---I
Abb. 4.15. Zum allgemeinen Spannungstensor der strömenden zähen Flüssigkeit
Die Gesamtheit der Oberflächenkräfte, welche nach Abb. 4.15 an einem Volumen-
element d V = d x d y dz angreift, läßt sich darstellen durch einen Spannungstensor
mit den Komponenten lJx. lJy, lJz· Die resultierende Oberflächenkraft pro Volu-
meneinheit ist somit:
(4,39)
Du =x (aGx + a· xu + a.u ) 1
Dt + ax ay az'
I
(!
au au
(-+u-+v-+u'- au au) =x--+p,
ap (a--+-+--
2u a2 u a2 u)
(!
at ax ay az ax ax 2 ay2 aZ2 '
( av ov av av) ap (a 2v a2v a v)
(J at- + u ax + Vay + w Tz = y - ay + fh ax 2 + 8y2 + Tz2 '
2
(4,44)
(aw aw aw aw) _ z _ ~ (a2W. a2 w a2w)
(J at +uax+vay+waz - az+ fh 8x2+8y2+az2 ,
~+~-+~-o
ax 8y 8z - .
Dies sind die NAVIER-STOKEsschen Bewegungsgleichungen. Die drei Bewegungs-
gleichungen zusammen mit der Kontinuitätsgleichung stellen bei gegebenen
Massenkräften ein System von vier Gleichungen für u, v, w, p dar.
16a
246 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
Bandbedingungen. Für die zähe FlÜBsigkeit ist nach Abb. 2.17b Haften der
Flüssigkeit an den begrenzenden Wänden vorhanden, d. h. an den Wänden ver-
schwindet sowohl die Normal- als auch die Tangentialkomponente der Geschwin-
digkeit:
1tJ.. = 0, 1tJ, = 0 an den Wänden. (4,45)
Durch das Hinzutreten der Reibungskräfte ist die Ordnung der partiellen Diffe-
rentialgleichungen von eins auf zwei erhöht worden. Schon die EULERschen Be·
wegungsgleichungen waren für den allgemeinen Fall der dreidimensionalen Strö·
mung wegen der nichtlinearen Glieder mathematisch sehr schwierig. Von den
NAVlER-STOKEsschen Gleichungen gilt dies in verstärktem Maße, weil durch die
Reibungsglieder die Ordnung der Differentialgleichungen von eins auf zwei er-
höht worden ist. Aus diesem Grunde ist es bisher nicht gelungen, Lösungen der
NAVlER-STOKEsschen Gleichungen für den allgemeinen dreidimensionalen Fall
zu erhalten.
Für ebene 8tationäre Strömungen vereinfachen sich die NAVIER-SToKEsschen
Gleichungen in folgender Weise:
(4,46)
Dieses System von drei Gleichungen für u, v, p werden wir unseren weiteren Be-
trachtungen zugrunde legen. Auch für diese Gleichungen sind die mathematischen
Schwierigkeiten vor allem wegen der nichtlinearen Trägheitsglieder noch so groß,
daß allgemeine Lösungen, bei welchen die TräghElitskräfte mit den Reibungs-
kräften in Wechselwirkung treten, nur in sehr geringer Zahl bekannt sind. Die
in Kap. 4.14 angegebene HAGEN-POISEUILLEsche laminare Rohrströmung ist
eine solche exakte Lösung der NAVlER-STOKEsschen Gleichungen, bei welcher
allerdings die Trägheitskräfte identisch verschwindenI.
Wegen der großen mathematischen Schwierigkeiten, welche die NAVIER-
SToKEsschen Gleichungen darbieten, ist ein starkes Bedürfnis vorhanden, sie
durch Fortlassung numerisch kleiner Glieder zu vereinfachen, um dadurch die
Möglichkeit ihrer Lösung zu erleichtern. Solche Vereinfachungen sind möglich
für die beiden Grenzfälle sehr kleiner und sehr großer REYNoLDsscher Zahl.
Der erstere Fall (REYNOLDSSche Zahl sehr klein) bedeutet physikalisch, daß
die Trägheitsglieder sehr klein sind im Vergleich zu den Reibungsgliedern. Dieses
sind die 8chleichenden Bewegungen. Man kann in diesem Fall die TrägheitsgIieder in
den Bewegungsgleichungen ganz fortlassen. Die hierdurch erreichte mathemati-
sche Vereinfachung ist beträchtlich, da die verbleibenden Differentialgleichungen
linear sind. Zu den schleichenden Bewegungen gehören z. B. die Strömungs-
vorgänge im Schmierfilm zwischen Zapfen und Lager (hydrodynamische Schmie-
rungstheorie). Wir wollen auf diesen Fall nicht näher eingehen, da er für die
Aerodynamik des Flugzeuges ohne Bedeutung ist.
Der zweite Fall (REYNoLDssche Zahl sehr groß) bedeutet physikalisch, daß
die ReibungsgIieder klein sind gegenüber den TrägheitsgIiedern. Eine vollständige
(4,47a)
(4,47b)
--edX-
1 Udp _
dX
dU (448)
'
bestimmt.
Die Randbedingungen sind
y = 0: u = 0, v == 0; y = ~(x): u = U(x). (4,49)
Die durch diese Überlegungen erreichte mathematische Verein-
fachung ist beträchtlich: Für das ebene Problem ist von den ursprüng-
lich drei Gleichungen für u, v, p eine ganz in Fortfall gekommen, näm-
lich die Bewegungsgleichung senkrecht zur Wand. Dementsprechend ist
die Anzahl der Unbekannten um eine verringert worden. Die Grenz-
schichtgleichungen sind ein System von zwei Gleichungen für u und v.
Der Druck ist nicht mehr als eine unbekannte Funktion zu betrachten,
sondern kann mittels der BERNOULLlschen Gleichung aus der als be-
kannt anzusehenden Potentialströmung für den betreffenden Körper
ermittelt werden. Der Druck wird der Grenzschicht von der Außen-
strömung her aufgeprägt. Ferner ist in der ersten Bewegungsgleichung
eines der beiden Reibungsglieder in Fortfall gekommen.
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 249
konvergent divergent
Oruckobfo/I Oruckonstieg
a b
Abb. 4.18. Geschwindigkeitsverteilung in der Grenzschicht. a) an einem umströmten Körper
b) in einem konvergenten und divergenten Kanal (W = Wendepunkt) •
~+~=O, (4,53)
iJx iJy
y=O: u=O, v=O; y=r5(x): u=U oo ' (4,54)
Da das ganze System keine ausgezeichnete Länge besitzt, liegt es nahe,
anzunehmen, daß die Geschwindigkeitsprofile in verschiedenen Ab-
ständen von der Plattenvorderkante zueinander affin sind. Als Maß-
252 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
r;=y V· Uoo
-.
vx
(4,55)
Durch Einführung der neuen Variablen 'YJ an Stelle von x und y gelingt
es im vorliegenden Fall, die beiden partiellen Differentialgleichungen
(4,52) und (4,53) auf eine gewöhnliche Differentialgleichung zurück-
zuführen.
Zunächst wird die Kontinuitätsgleichung durch Einführung einer
Stromfunktion "P (x, y) integriert, vgI. Kap. 2.34. Wir setzen
"P (x, y) = V'/i X U 00 f(r;), (4,56)
wo f('YJ) die dimensionslose Stromfunktion bedeutet. Für die Geschwin-
digkeitskomponenten erhält man sodann:
[hp ,
u=ay=Uoof (r;), (4,57)
v = - ~
8x
= ~V
2
v Uoo (r;/' -
x
f), (4,58)
wobei der Strich bei f die Differentiation nach r; bedeutet. Bildet man
hieraus die einzelnen Glieder von GI. (4,52), so erhält man nach ein-
facher Rechnung für f ('YJ) die gewöhnliche Differentialgleichung
f f" + 2/'" = 0 (4,59)
mit den Randbedingungen
r;=0: /=0, /,=0; r;=oo: /,=1. (4,60)
Die Lösung dieser nichtlinearen Differentialgleichung wurde zuerst von
H. BLASIUS angegeben und später von anderen Autoren verbessert [23].
In Abb. 4.19 ist die theoretische Geschwindigkeitsverteilung u/U00 = /'(r;)
mit Messungen von J. NIKURADSE [24] verglichen, die an einer mit
Luft beströmten ebenen Platte ausgeführt wurden. Die von der Theorie
vorausgesagte Affinität der Geschwindigkeitsprofile in verschiedenen
Abständen x von der Plattenvorderkante wird durch die Messungen gut
bestätigt. Auch stimmt die Form der gemessenen Geschwindigkeits-
profile ausgezeichnet mit der Theorie überein. Hiermit wird gleichzeitig
die Zulässigkeit der Grenzschichtvereinfachungen in vorzüglicher Weise
bestätigt.
Der Reibungswiderstand der längsangeströmten ebenen Platte läßt
sich aus der angegebenen Lösung leicht ermitteln: Der Widerstand
einer Plattenseite ist:
bI I( ~;t=odx,
I I
wobei l die Länge und b die Breite der Platte bedeutet. Nach GI. (4,55)
und (4,57) ist der Geschwindigkeitsgradient an der Wand:
(.~)
oy y=o = U 00 V UOO
vx
I" (0) (4,62)
J~~ =0,664b-Vf-telU~
I
WR=I"(O)f-tbUooV~OO (4,63)
",=0
jA1"
i
-,+Ö-
JW""
V·
0.8
Theorie B/asius
-" I
l\1 ff
JIp;n
I
Hessungen: Nikuradse I
6
V +Re- U,;;X = ~08"05 :
'I
j
11
0
•
" = 1,82 " I
" = 3,6'1 ..
V' " = 5,'16
I
0 " = 7,28 "
a2 I I I
I
j I I
o~ 3 5.
516'1
7
2 'I 6
1m;;;
T]=YVvx-
Abb. 4.19. Geschwindigkeitsverteilung in der laminaren Grenzschicht an der längsangeströmten
ebenen Platte. Theorie nach BLASIUS [22]. Messungen nach NIKURADSE [24]
(4,64)
wobei b l die benetzte Fläche bedeutet, so ergibt sich aus GI. (4,63):
1,328
cf = VRe ' (4,65)
Ein Maß für die Grenzschichtdicke läßt sich nicht ohne weiteres an-
geben, da die Geschwindigkeit u asymptotisch in die Potentialgeschwin-
digkeit U 00 übergeht. Will man etwa als Grenzschichtdicke b denjenigen
Wandabstand definieren, wo u = 0,99 U oo ist, so erhält man hierfür:
b(x) = 5,0 V vx
U oo ' (4,66)
J
00
J
00
Konfro/lf/öche
I - - - - x ------<
/
Abb. 4.20. Zur Definition der Ver- Abb. 4.21. Zur Anwendung des Impulssatzes auf
drängungsdicke 6* der Grenzschicht die Grenzsohicht bei der längsangeströmten ebenen
nach GI. (4,67) Platte
Ein anderes wichtiges Maß für die Grenzschichtdicke ist die Impuls-
verlustdicke {}. Wir werden auf diese geführt, wenn wir das in Kap. 2.62
geschilderte Verfahren der Widerstandsermittlung aus der Messung des
Impulsverlustes im Nachlauf auf die längsangeströmte ebene Platte
übertragen. Die dort in GI. (2,219) für den Gesamtwiderstand eines
zylindrischen Körpers gefundene Formel setzt voraus, daß auf der
ganzen Kontrollfläche der statische Druck konstant ist. Für die ebene
Platte ist diese Voraussetzung bei beliebiger Wahl der KontroUHäche
erfüllt. Wählen wir insbesondere für die Platte die Kontrollfläche nach
Abb. 4.21, so erhält man für den Widerstand des einseitig benetzten
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 255
Plattenstückes der Länge x und der Breite b aus GI. (2,219) mit den
hier verwendeten Bezeichnungen:
J
00 x
(4,70)
U~ ß(x) =
y=o
!"" u(U"" - u)dy. (4,71)
Die Ausrechnung von ß(x) nach GI. (4,71) und (4,57) ergibt
ß(X)=0,664V~: . (4,72)
J
h
(u ~: + v ~; - U ~~ ) dy = _ ~o . (4,73)
y~O
J~
y
J ( u~-~J~dY-
i}x i}y i}x
udU)dY= -~.
dx (]
y~O 0
Eine Umformung durch partielle Integration liefert für das zweite Glied:
Jh(~JY~dY)dY=
g~O
i}y i}x
UJh~dY
i}x
0
_JhU~dY
i}x'
0 0
J( 2U~-
i}x
U~-
i}x
U dU )dy =
dx
-~.
(]
o
Dieses läßt sich zusammenfassen zu:
h h
ddx J u (U - u) d y + ~~ J (U - u) d y = ~o •
o 0
J
6
° °
Der Formparameter J1 läuft von. J1 = 7,05 im vorderen Staupunkt,
wo U = ist, über J1 = im Druckminimum bis Li = -12 im Ab-
lösungspunkt. Durch GI. (4,78) zusammen mit GI. (4,79) wird postu-
liert, daß im endlichen Wandabstand y = b, d. i. t] = 1, die Grenz-
schicht an die Außenströmung anschließt. Ferner erfüllt der Ansatz
(GI. 4,78) für die Geschwindigkeitsverteilung die Haftbedingung an der
Wand, u = 0, und gewisse Bedingungen des "glatten" Anschlusses
an die Außenströmung. Nach Einführung von G1. (4,78) in den
Impulssatz (4,76) können die Grenzschichtgrößen Wandschubspannung
"0 und Verdrängungsdicke b* durch die Impulsverlustdicke 1} und
den Formparameter J1 ausgedrückt werden. Dabei entsteht sehließlich
aus dem Impulssatz GI. (4,76) eine Gleichung für die Impulsverlust-
SchlichtingjTruckenbrodt. Aerodynamik I 17
258 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
U{}2
11
= 0,470
U5
f U5d x.
x
(4,80)
x=o
Nachdem aus dieser Gleichung der Verlauf der Impulsverlustdicke
längs der Wand ermittelt worden ist, erhält man die übrigen Kenn-
OrUCk5cifc
-- --
2 / --
-lI 1/../v·
J /~~ F<
a.
P'
---
0,2 0.3 0.'1 0.5 o 0./1 Oß 1,0
x/l'--- x/L'-
8 8
~ ~."
-- o !\~
.,~~
\ " ~ ........ ..... -...
..........
"\
.
. ...
. ::: -......-t-r-
.... ~,~ .
.......... .... ....,
~ ............. \ ';' ..-/
'" \ \ 1\
-8 -8
b -12 0
0.1 0.2
x/l' ___
0.3
""
0.'1"'r--. 45
1'\ 12
\\.'
r1
---CA
----
_._-
. = 0
= 0,25
r--
n
" =0,50 r--- 8
_._ .. -.... _.
\~ " =1,00 yl
(,
11
." \~ I\- ,t\\
'~
~
r--._ r-._
.,1-'::::--
r:::::::: 1::"::-:::
~ ~"" ~~ ..- ..
c o 0,1 0,2 0.3
~
0./1 qs 0 0,/1
~':..:
0,8 ~O
x/l'- x/L'-
Abb.4.22. Ergebnis der Berechnung der laminaren Grenzschicht für das JOUKOWSKY-Profi! J 015
bei verschiedenen Auftriebs beiwerten. /' = halber Profilumfang ; x = Koordinate längs der
Profilkontur. a) Verdrängungsdicke der Grenzschicht, b) Formparameter A nach GI. (4,77),
c) Wandschubspannung ~ •. Es gibt " = 0 die Lage der Ablösungsstelle
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 259
größen der Grenzschicht wie Wandschubspannung 1:0 und Formpara.
meter Li (zur Beurteilung der Ablösung) in einfacher Weise aus uni.
versellen Tabellen.
Als Beispiel einer solchen Grenzschichtrechnung sind in Abb. 4.22
und 4.23 die Ergebnisse für ein symmetrisches JOUKoWSKy·Profil bei
11
G
3
/
V
1
f. = D,l17 fj 5 IJlj
I
V /
1/
/
Ablösung, J 438 V ~"
V J /
1/ /
V V
I ,..v 1
V
1
1/
1 / o.Z/f
/
/ V V ./
1/ / V VO,1/f /' EI
I I V V V 0.06' V V
~I )/' V .-V
-
~
!L
VI..... ~ f.-- (..!!- I--.-
0
qv- 46 48 zo
u/u---
A
il i
I
~: 1
I
1
I
1
I I
ii I I I
I
I I I QZ, 1f , 6 Q8 0
4.5 Grenzschichtbeeinflussung
4.51 Allgemeines
Es ist eine besondere Eigentümlichkeit der Strömungsvorgänge in
der Grenzschicht, daß durch sie die gesamte Umströmung eines Körpers
"gesteuert" werden kann. Damit ist gemeint, daß durch eine Be-
einflussung der Strömung in der sehr dünnen Grenzschicht unter Um-
ständen die gesamte Umströmung des Körpers sehr erheblich geändert
werden kann. Als Beispiel hierfür hatten wir in Kap. 4.24 bereits den
PRANDTLschen Stolperdraht auf der Kugel besprochen. Durch diesen
wird die laminare Reibungsschicht künstlich turbulent gemacht und
infolgedessen die Ablösungsstelle beträchtlich nach hinten verlagert.
Dadurch ergibt sich eine erhebliche Verkleinerung des Totwassers und
eine Verringerung des Druckwiderstandes.
Es sind nun eine Reihe von weiteren Verfahren der Grenzschicht-
beeinflussung entwickelt worden, die zum Teil für die Aerodynamik
des Flugzeuges Bedeutung erlangt haben, und deren Grundprinzipien
in diesem Abschnitt deshalb kurz erläutert werden sollen [29]. In den
meisten Fällen handelt es sich bei diesen Maßnahmen zur Grenzschicht-
beeinflussung um die Vermeidung der Ablösung im Hinblick auf eine
Verringerung des Widerstandes oder zur Erhöhung des Auftriebes, in
einigen Fällen auch nur um eine Änderung des Strömungszustandes von
laminar zu turbulent oder um die Aufrechterhaltung der Laminar-
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 261
.~
Energie zugeführt werden (Schlitz-
flügel, Abb. 4.24 b). In beiden Fällen
wird in der wandnahen Schicht
-------------~ durch Energiezufuhr die Geschwin-
digkeit erhöht und dadurch die Ab-
lösungsgefahr beseitigt.
Bei dem Ausblasen nach Ab-
bildung 4.24a ist allerdings in der
praktischen Ausführung besondere
Sorgfalt bei der Gestaltung des
Schlitzes geboten, damit sich der
Strahl nicht kurz nach dem Aus-
tritt in Wirbel auflöst. In neuerer
Zeit hat sich auf Grund von aus-
c gedehnten Versuchen [31] das Aus-
blasen eines Strahles an der Hin-
terkante eines Tragflügels für die
Abb. 4.24. Verschiedene Anordnungen zur Erhöhung des Maximalauftrie bes als
Grenzschichtbeeinflussung. a) Ausblasen; sehr erfolgreich erwiesen. Auch ge-
b) Schlitzflügel; c) Absaugung
langes, durchAusblasen im Schlitz
eines Klappenflügels
J+-N den Maximalauftrieb
beträchtlich zu steigern.
/
'/ ~I 1/1 Beim Schlitzflügel [33]
3,0 ~
/ ~
nach Abb. 4.24 b besteht
die Wirkung darin, daß
/
/ iB7;-.. ~
~;: die durch den Schlitz
1,6
'mo hindurchtretende Strö-
/~ mung die am Vorflügel
{,o 1~5°
~ f1,5°
~
A-B gebildete Grenz-
schicht in die freie Strö-
~60
~
«._ge
mung fortträgt, bevor
/,~6° diese sich ablöst. Bei
as ~7° großen Anstellwinkeln
11'
I ist auf der Saugseite des
I--
~TOßo
_1,70
VorflügeIs der größte
c- P-·V o Druckanstieg und damit
-'1,6 0
I
die größte Ablösungs-
h -Z5°
'I gefahr vorhanden. Von 0
_gO
o
1-13 0
0,1 a3 0,'1
Abb. 4.25. Polare eines Trag-
flügels mit Vorflügel und Klappe
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 263
Abb. 4.27. Düsenjäger De HaviJIand DH 110 mit Pfeilflügel und Grenzschichtzäunen nach [36]
Auftriebsbeiwerte bis
etwa CA =4 erreicht werden. Dabei sind die Mengenbeiwerte der Ab-
saugung etwa cQ = QjF U 00 = 0,01 bis 0,03 und der Absaugedruck
cp = (p - poc)!; U~ = -2 bis -4, wobei Qdie gesamte abgesaugte Menge
und p den Druck im Absaugeschlitz bedeutet. Die Wirkung der Ab-
saugung beruht darauf, daß die Strömung an der Klappe anliegend er-
halten wird. Diese erkennt man aus Abb.4.29, wo für das Göttinger Ab-
saugeflugzeug [39] die Strömung an der Klappe durch Wollfäden sicht-
bar gemacht ist.
Nachdem mit Absaugeklappenprofilen günstige Windkanalergeb-
nisse vorlagen, hat die Aerodynamische Versuchsanstalt Göttingen
(AVA) schon Anfang der dreißiger Jahre die erste fliegerische Erprobung
der Absaugung durchgeführt. Am Bau und der Erprobung der beiden
Göttinger Absaugeflugzeuge AF I und AF 2 waren O. SCHRENK, B. RE-
GEN SCHEIT und J. STÜPER maßgeblich beteiligt [40]. Abb. 4.30 gibt eine
Übersicht der beiden Absaugeflugzeuge AF I und AF 2. Die wichtigsten
Baudaten sind in der Bildunterschrift angegeben. Das Flugzeug AF 1
ist ein Schulterdecker mit einem Trapezflügel und einer in der Mitte
geteilten Klappe. Das Flügelprofil hat in der Mitte eine Dicke von rund
20%; es ist mit einem Absaugeschlitz versehen. Das Muster AF 2 ist im
Gesamtaufbau dem Muster AF 1 ähnlich und hat ein etwas dünneres
Flügelprofil als AFI (18%) und zwei Absaugeschlitze. Abb.4.31gibtdie
Auftriebsbeiwerte der Muster AF 1 und AF2 sowie die des bekannten
266 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
• •
a
Abb. 4.29. Strömungsaufnahmen an einem Klappenflügel des Göttinger Absaugeflugzeuges
nach SCHRENK [39]. a) ohne Absaugung; b) mit Absaugung
AF1 Afz
o
1-------9,72 m-------;~
Abb. 4.30. übersicht der beiden Göttinger Absaugeflugzeuge AF 1 und AF 2 (nach J. STtlPER [40])
(aus NACA TM 1232) AF 1 AF 2
Fluggewicht: G [kg] 1370 1340
Motorleistung: N [PS] 150 270
maximale Flug.
geschwindigkeit: V [km/h] 180 270
v-
3 / ~F2 . / -1!:
/ /V
17
,,'"' Fi156 -
/
z /
~
[AF2
//
Y'
~~
AFI ,/" '-
./ L.~
,,/
~/
1
L/ - - mit Absougung
---ohne "
"
0
-100 0° 10° 20° JO °
C(-
Abb. 4.31. Auftriebsbeiwerte der Göttinger Absaugeflugzeuge AF 1 und AF 2 sowie des Musters
Fi 156 (nach J. STtlPER [40]) (aus NACA TM 1232)
Für Fi 156 gilt die Kurve CA (<X) für Gleitflug mit maximalem Klappenausschlag von 400
268 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
~~-
wobei F die Plattenfläche be-
deutet. Der durch Q = cQ F U00
definierte Mengenbeiwert der
-Vo = const Absaugung ist also
Abb. 4.32. Die längsangeströmte ebene Platte mit
homogener Absaugung (4,82)
I
r-- I 10 3,cll = 10
z~ =--~
~
!0- S
---
3 2
~ -.4_- z-
~
z ~R 1...1-- ':::-'::::. ~- -- ---
--1
~
~ ;:--,-
-
I Q5
I~ ~ t.:::- ~
ll2
~~ ~
~
0,1
10-
, I 'rr-
10' 10 5 5 10 6 Z 5 10 7 Z
Re= Uoo·l_
v
Abb. 4.33. Widerstandsbeiwerte der längsangeströmten ebenen Platte mit homogener Absaugung;
cQ = ( - v.)/U oo = Mengenbeiwert der Absaugung. Kurve (1), (2) und (3) ohne Absaugung.
(1) Laminar, (2) übergang laminar-turbulent, (3) voll-turbulent, (4) günstigste Absaugung
stand durch das einfache Gesetz (4,87) gegeben, woraus für den ört-
lichen Widerstands beiwert folgt:
cf 00
'0
= -- - = 2 -u
- Vo = 2 cQ. (4,88)
~ U2 oe
2 00
auf Grund der Stabilitätstheorie der Grenzschicht (vgl. Kap. 4.10) von
A. ULRICH [43] eingehend untersucht worden. Es ergibt sich, daß die
mindest erforderliche Absaugemenge zur Laminarhaltung bei beliebig
hohen REYNoLDsschen Zahlen
CQ krit = 1,2 . 10- 4 (4,89)
beträgt. Dieser Wert ist als "günstigste Absaugung" in Abb. 4.33 mit
eingetragen (Kurve 4). Die Differenz zwischen den Kurven (3) "turbulent"
und (4) "günstigste Absaugung" ist die mögliche Widerstandsersparnis.
Sie beträgt im Bereich der REYNoLDsschen Zahlen Re = 106 bis 108 etwa
70 bis 80% des vollturbulenten Widerstandes. Dabei ist allerdings zu
10
"- --. --<::.:..
8
7
........
-
-
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Re= l,Z·10!.. -I ....-
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Ohne AbrUguni -Re
k' ......CA=o,fl.9/
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CA =0,88
43 _l
i:::::::.
3
a
' ...... , 0,1
b
1,5 3 3 3 (1 'f 5 o 1
'T'e- Cwp ·10 3 -
Abb.4.34. Verminderung des Widerstandsbeiwertes von Tragflügelprofilen bel Absaugung durch
Schlitze, nach PFENNINGER [44]. a) Optimaler Widerstandsbeiwert eines Tragflügels mit
Absaugung in Abhängigkeit von der REYNOLDSSchen Zahl, b) Profilwiderstandspolare
--
Man ersieht hieraus, daß eine beträchtliche Ersparnis an Widerstand
erreicht worden ist,
selbst wenn man die für
9
8
2
--........
die Absaugung erfor- 7 r--.....
t--.
derliche Gebläseleistung t-.~
6
mit einrechnet. Neuere k; ""'
V /~ACA 0009
Untersuchungen an 5
V 1/
Tragflügeln mit poröser '~
Oberfläche von B. M. q J
"................. I
J ONES und M. R. HEAD l' «J!..A CA 66-009
[45] haben die günstigen 3
I"\. ~
theoretischen Erge b- l'.
nisse über die Wider-
standsersparnis durch
Laminarhaltung vollauf
a. z
3 f 5 G 8 10
,<
Z 3
~ 9 5 6 8 10 7
Re= UOo·l _
bestätigt. Ein einfaches v
Näherungsverfahren zur
- f::::
L
Berechnung der lamina- Uoo
ren Reibungsschicht mit d
Absaugung für beliebige 1---0,3l - -
NACA 0009
Körperformen ist von
E. TRUCKENBRODT [46] F=- Td ::::::=:-
angegeben worden. o.qSl -----l NACA 66-009
1
4.55 Laminarhaltung ~ 1 r--
t
~O
durch Formgebung (Jeschwindigkeits
(Laminarprofile ) 0.8 1\ maXlmllm
"7
/~
-:::,8 NACA 0009 NACA 6$-009
Nahe verwandt mit ::s- 0.6
der Laminarhaltung
durch Absaugung ist die
Laminarhaltung der Rei- az
bungsschicht durch ge- b 0
eignete Formge bung des 0.2 0.9 0.6 as
xlL-
umströmten Körpers, Abb. 4.35. Widerstandsbeiwerte und Druckverteilung eine"
normalen Profils und eines Laminarprofils nach [47]
ebenfalls mit dem Ziel, a) Widerstandsbeiwerte. (1) laminar. (2) voll-turbulent.
den Reibungswiderstand (3) Übergang laminar-turbulent;
b) Druckverteilung
durch Verschiebung des
Umschlagpunktes stromabwärts zu vermindern. Von H. DOETscH [21]
wurde zuerst experimentell festgestellt, daß beträchtliche Widerstands-
verminderungen an Tragflügelprofilen mit großer Dickenrücklage
272 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
J
10+T
U= ~ udt. (4,91)
10
--
von turbulenten Schwankungsmessungen mitgeteilt werden.
0,10 , 1,0
,.--
..........-\
\1 ,.-/
V u
u""
I~,
0.08
'\V ./
---
Q12,
......
~~ 0.08 I "-,"""0 -
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Uao O.o05/};o;0 4015 4020
3 0-
r r--cI--t "'-0 ..........
~~
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402 -20u;;: L ~
~~
~
"""- ~~
~~
o o
il2 46 0,8 ~'1
y/rJ---
Abb. 4.37. Verteilung der turbulenten Schwankungsgeschwindigkeiten in der Grenzschicht an
der längsangeströmten ebenen Platte nach Messungen von KLEBANOFF [49]
4.6 Einiges über turbulente Strömungen 275
Eingehende Messungen über die turbulenten Schwankungsgeschwindigkeiten
sind zuerst von H. REICHARDT [48] für eine Kanalströmung ausgeführt worden,
und in neuerer Zeit auch von P. S. KLEBANoFF [49] für die Grenzschicht an der
längsangeströmten Platte. Abb. 4.37 zeigt einige Ergebnisse für die Plattengrenz-
schicht bei der REYNOLDS-Zahl Rex = U00 x/v = 4,2· 106 • Der zeitliche Mittelwert
der Geschwindigkeit u hat etwa die gleiche völlige Form wie bei der Rohrströ-
mung (Abb.4.4). Die Verteilung der Längsschwankung hat ein stark ausgeprägtes
Maximum in unmittelbarerWandnähe mit VU'2 = 0,11 Uoo . Die Querschwankung
senkrecht zur Wand Vv' 2 hat einen flacheren Verlauf, aber ebenfalls ein Maximum
in·Wandnähe. Die Querschwankung parallel zur Wand VW'2 ist sogar stärker
als diejenige senkrecht zur Wand. Außerdem ist in Abb. 4.37 auch der zeitliche
Mittelwert - u' v' angegeben, welcher nach GI. (4,93) bis auf den Faktor 12 die
zusätzliche turbulente Schubspannung T~y darstellt.
4.62 Windkanalturbulenz
Bei Messungen im Windkanal spielt die Größe der turbulenten Schwankungs-
geschwindigkeiten für die Übertragbarkeit der Messungen vom Modell auf die
Groß ausführung und auch für den Vergleich der Messungen in verschiedenen
Kanälen untereinander eine wichtige Rolle. Die Größe der turbulenten Schwan-
kungsgeschwindigkeit wird hier maßgeblich bestimmt durch die Maschenweite
der eingebauten Gitter und Siebe. In einiger Entfernung hinter den Sieben herrscht
sogenannte isotrope Turbulenz, d. h. eine turbulente Strömung, bei welcher die
mittlere Geschwindigkeitsschwankung in allen drei Koordinatenrichtungen
gleich ist:
Als Maß für die turbulente Schwankungsgeschwindigkeit kann man dann die
Größe
-1-1p-(u'2
U oo ' 3
+ 1)'2 + W'2) = Tu (4,94)
ansehen, die mit Vu' 2-/ U 00 identisch ist und die man auch als Turbulenzgrad be-
zeichnet. Durch den Einbau von genügend vielen und sehr feinmaschigen Gittern
und Sieben läßt sich der Turbulenzgrad auf Werte in der Größenordnung 0,1 %
und weniger herunterdrücken.
Eine wichtige experimentelle Feststellung ist, daß die kritische REYNoLDssche
Zahl der Kugel, bei welcher der steile Abfall des Widerstandsbeiwertes eintritt
(Abb.4.9), stark von dem Turbulenzgrad des Windkanals abhängt. Der Wert
dieser kritischen REYNoLDsschen Zahl der Kugel, der zwischen Rekrlt = 1,5-
und 3,8 . 105 liegt, ist um so kleiner, je größer der Turbulenzgrad des Wind·
kanals ist. Dies ist physikalisch einleuchtend, da ein starker Turbulenzgrad der
äußeren Strömung den Umschlag laminar·turbulent in der Grenzschicht schon
bei kleineren REYNOLDSSchen Zahlen herbeiführt und dadurch eine Verschiebung
des Ablösungspunktes nach hinten und damit eine Verkleinerung des Totwassers
und eine Verringerung des Widerstandes herbeiführt in gleicher Weise wie der
PRANDTLsche Stolperdraht, Abb. 4.14a, b. Messungen im freien Flug von C. B.
MILLIKAN und A. L. KLEIN [50] zeigten das überraschende Ergebnis, daß hier
die kritische Kugelkennzahl unabhängig von der witterungsbedingten Turbulenz-
struktur der Atmosphäre mit Rekrit = 3,85' 105 einen größeren Wert hat als
18*
276 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
\
o NAC4 RepS87 Stelle der mittleren Längsschwankung
• NACA Rep 31fi!
VUi2 /u auch die kritische REYNOLDS-
\
3,2 00
\
sehen. H. L. DRYDEN und A. M. KUETHE
[51] fanden einen eindeutigen Zu-
sammenhang zwischen der kritischen
\:
~
~~
Abb. 4.38 dargestellt ist. Der im freien
Flug gemessene Wert der kritischen
1,8
REYNoLDsschen Zahl der Kugel von
~i'-.. Rekrit = 3,8 . 105 entspricht einem ver·
schwindend kleinen Turbulenzgrad im
""-....
1-02-r-- Windkanal, Tu -> O.
0,8
4.63 Der Prandtlsche Mischungsweg
Die Grenzschichtgleichungen
I (4,47 a) bis (4,48) können auch
o 2 3 _--'I 5 6 für die Berechnung der zeitlichen
VU'J
700 Tu -700 tJ;;; -
Mittelwerte der Geschwindigkeits.
Abb.4.38. Abhängigkeit der kritischen Re-Zahl komponenten turbulenter Strö·
vom Turbulenzgrad des Windkanals nach
Messungen von DRYDEN und KUETHE [51] mungen verwendet werden, wenn
man das Reibungsglied fJ,C)2 ufo y2
durch fh:/ay ersetzt und dann einen geeigneten Ansatz für die turbu·
lente Schubspannung • einführt. Die REYNoLDsschen Ansätze GI. (4,93)
sind allerdings erst dann anwendbar, wenn der Zusammenhang der
Schwankungsgeschwindigkeiten mit dem zeitlichen Mittelwert der Ge·
schwindigkeitskomponenten bekannt ist. Um Berechnungen turbulenter
Strömungen durchführen zu können, ist es also erforderlich, für die
turbulente Schubspannung einen Ansatz zu finden, welcher die Schub·
spannung der turbu1enten Scheinreibung 7:' mit den zeitlichen Mittel.
werten der Geschwindigkeitskomponenten verknüpft.
Ein Ansatz dieser Art, der sich gut bewährt hat, wurde 1925
von L. PRANDTL [52J angegeben; er ist unter der Bezeichnung Prandtl·
scher Mischungsweg bekannt und möge im folgenden kurz erläutert
4.6 Einiges über turbulente Strömungen 277
werden. Der zeitliche Mittelwert der Geschwindigkeit sei nach Abb. 4.39
gegeben durch
u=u(y); v=Ü; W=Ü. (4,95)
Von den Schubspannungskomponenten soll nur
(4,96)
ermittelt werden. Von dem turbulenten Strömungsmechanismus kann
man sich nach L. PRANDTL nun folgendes vereinfachtes Bild machen:
Es gibt in der turbulenten Strömung Flüssig-
keitsballen, die mit einer Eigenbewegung y
ausgestattet sind und sich auf einer gewissen
Strecke sowohl in der Längs- als auch in
der Querrichtung als zusammengehöriges
Ganzes unter Beibehaltung ihres x-Impulses
bewegen. Es werde jetzt angenommen, daß
ein solcher Flüssigkeitsballen, welcher aus
der Schicht (Y1 - l) stammt und die Ge-
schwindigkeit 11, (Y1 - l) besitzt, sich um den
x
Weg l quer zur Hauptströmungsrichtung be-
wegt (Abb.4.39). Wir nennen nach L. PRANDTL Abb. 4.39. Zur Erklärung des
l den Mischungsweg. Wenn dieser Flüssig- PRANDTLschen Mischungsweges
keitsballen seinen x-Impuls beibehält, so hat
er an dem neuen Ort Y1 eine kleinere Geschwindigkeit als seine neue
Umgebung. Der Geschwindigkeitsunterschied beträgt
r.
bekannt ist. Nach GI. (4,97) und (4,98) erhält man jetzt:
1" = ex 2 y2 ( ~; r'
wenn u(y) jetzt den zeitlichen Mittelwert der Geschwindigkeit be-
deutet. PRANDTL macht die weitgehende Annahme, daß die Schub-
spannung konstant sei, 1" = 1'0' wobei 1'0 die Wandschubspannung be-
deutet. Führen wir, wie schon früher in Gl. (4,15), die Schubspan-
nungsgeschwindigkeit v* = V1'o/e ein, so läßt sich die vorige Glei-
chungschreiben inder Form v~ = X 2y 2(du/dy)2 oder duJdy = v*/"y,
Durch Integration ergibt sich hieraus
u= ~lny + c. (4,101)
"
Dabei ist die Integrationskonstane C aus der Bedingung zu bestimmen,
daß die turbulente Geschwindigkeitsverteilung an diejenige der
laminaren Unterschicht anzuschließen ist. Wir bestimmen C aus der
Bedingung, daß u = 0 ist. In einem gewissen sehr kleinen Wand-
abstand Yo, der von der Größenordnung der laminaren Unterschicht
ist. Dies ergibt aus GI. (4,101):
(4,101a)
Die Dicke der laminaren Unterschicht ist von der Größenordnung v/1J* ,
wie schon früher in Gl. (4,19a) angegeben, d. h. man hat Yo = ßvJv* ,
wobei ß eine dimensionslose Konstante bedeutet. Somit erhalten wir
aus GI. (4,101a) die Geschwindigkeitsverteilung in der turbulenten
Grenzschicht in der dimensionslosen Form:
~ = ~ (ln
v. "
y v. - In
v
ß) . (4,101 b)
~ = A In y v ~ + D. (4,103)
v* v
280 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
f f
x 6(x)
(4,106)
Für die weitere Rechnung ist jetzt in GI. (4,106) ein Ansatz für die
Geschwindigkeitsverteilung einzuführen. Das 1j7-Potenzgesetz der Ge-
schwindigkeitsverteilung für das Rohr y
nach GI. (4,12) ergibt auf Grund der
obigen Ausführungen als Geschwindig- u""
keitsverteilung für die Plattengrenz-
schicht :
~
U oo
= (JL)l/7
0 . (4,107)
-j
Dieser Ansatz für die Geschwindigkeits- 7 ~
verteilung in der Grenzschicht enthält / ~
nung zu ermitteln. Das Gesetz für die Abb. 4.40. Turbulente Grenzschicht an
Wandschubspannung übernehmen wir der längsangeströmten ebenen Platte
(schematisch)
ebenfalls aus der Rohrströmung ; es
lautet, wenn man in GI. (4,18) U durch Uoo und R durch 15 ersetzt:
--2-
'0
=
V )1/4 .
0,0225 ( U-----r (4,108)
eUoo 00
Durch Einsetzen von GI. (4,109) und (4,108) in GI. (4,106) ergibt sich
für Ö(x) die Differentialgleichung:
7 do _( v )1/4
72 Tx = 0,0220 Uooo .
282 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
und somit
ergibt:
r5(x) = 0,37 x ( x l/5 U; r
(4,110)
Hiermit nimmt also die Grenzschichtdicke mit der Potenz X 4/5 der Lauf-
länge zu, während bei laminarer Strömung r5 ,...., X1/ 2 ist.
Der gesamte Reibungswiderstand der einseitig benetzten Platte
der Länge l und der Breite b ist somit nach GI. (4,105):
WR = 0,036 e U~ b l ( U: l r l/5
•
,
cf= --'t'o
- b zw.
JL U2 2 00
so erhält man
Cf=2~
dx
bzw. cf = 2 (}?) . (4,112)
AlJh. 4.41. DaH Wi<lerstandsgesetz der längsangeströmten glatten ebenen Platte; Vergleich von Theorie und Messungen. Theoretische Kurven:
Kurve (1) laminar, BLASlUS nach GI. (4,65):
Kurve (2) turbulent, PRANDTL nach GI. (4,113);
Kurve (3) turbulent, PRANDTL-SCHLICHTING;
Kurve (3a) übergang laminar-turbulent nach GI. (4,115);
Kurve (4) turbulent nach SCHULTZ-GRUNOW [53)
t-:>
($)
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284 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht.Theorie)
3.105 5.10 5
, 'i-+ii
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0,2 I-- o 2.19 c· I . I t -+ i I I
1 l •
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6 810'
1 1
. 6 8 1 06
1
Z
11
'6B10 7 Z • 6 810 8
Re- Uo,;l _
Voo
Abb. 4.42. Beiwerte des Reibungswiderstandes der li,ngsangeströmten ebenen Platte bei lami-
narer und turbulenter Grenzschicht in Abhängigkeit von der REYNOLDSSchen Zahl und der
MAcHschen Zahl für wärmeundurchlässige Wände, nach VAN DRIEST [54]
einstimmung von
~ Dhowon
<)
Rechnung und Mes- 1
o. Co/es (ebene Strömyng)
IJ)J
':\ ".
sung ist nicht in allen Brinich,Dioconis fAxialsfr.)
Fällen befriedigend, GI Chapmon,Kesfer(Axialslr)
118
wobei jedoch auf eine z <> Seiff (Axialströmung)
~,o "I7Y Lohb,Winkler;fershfebene SIr)
gewisse Unsicherheit 0,7 3
der Messungen bei ~ ~.D o. HilI (Atials/römung)
großen MAcHschen
Zahlen hingewiesen ~ I''\..
werden muß. Des wei- ~ ',-
'"
teren ist in Abb. 4.43 .......,
0, r-....
für die REYN"OLDS-
Abb.4.43. Reibungsbeiwert
der längsangeströmten
0,3
5:>
v" ks::;: 5:
,~.. : 70,
hydraulisch glatt,
Üb "gang;<bereieh,
J
(',116)
'" '"
15 "- "- "- "-
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1
---
105 Z 10&. 5 10 7 • 5 10 8 Z 109 Z
Uoo·L
v
Abb. 4.44. Beiwerte des Reibungswiderstandes für die sandrauhe Platte
nach PRANDTL-SCHLICHTING [56]
wobei Re = U00 lj v ist. Für die bequeme Auswertung von GI. (4,120) ist
in Abb.4.45 die zulässige Rauhigkeitshöhe in Abhängigkeit von der
REYNoLDs-Zahl mit der Plattenlänge als Parameter aufgetragen. Die
REYNoLDs-Zahl-Bereiche, wie sie bei den verschiedenen Anwendungen
(Schiff, Flugzeug, Luftschiff, Gebläseschaufel, Dampfturbinenschau-
fel) vorkommen, sind in dieses Diagramm mit eingetragen. Darüber
100
mm
50;1"J"t i"" "'I"t I""I~" I"" i :
1""- i\ "-i\.
1
I'" 1"'-1""-
""" 1'\ '- "I"" ~" '- ""-
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I
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"'- 1'0 10 9 2
~
3 5
00
101(}
Re= Uoo·L _ _
JI
uebltise-Schaufe/n flugzeuge
1-4 • I"
DampffurbinewSchaufe/n
I" • I
~ Windk.~(Jn.:..:.ä,-le _ ___
Abb.4.45. Die zulässige Rauhigkeitshöhe kzn! für längsangeströmte rau he Platten und Trag-
flügelprofile nach GI. (4,120)
SchIichtingjTrllckenbrodt, Aerodynamik I 19
290 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)
hinaus gibt Tab. 4.2 eine Zusammenstellung von einigen Beispielen, die
mit Hilfe von Abb. 4.45 berechnet wurden. Für Schiffe liegen die zu-
lässigen Rauhigkeitshöhen bei einigen hundertstel Millimeter; sie sind
praktisch nicht erreichbar, so daß hier immer mit einer beträchtlichen
Widerstandserhöhung durch Rauhigkeit zu rechnen ist. Dasselbe gilt
auch für Luftschiffe. Bei Flugzeugtragflügeln liegen die zulässigen
Rauhigkeitshöhen zwischen 1/100 und 1/10 Millimeter. Solche Werte sind
bei sehr sorgfältiger Oberflächen behandlung erreichbar. Bei Modell-Trag-
flügeln, bei denen die zulässigen Rauhigkeiten ebenfalls zwischen 1/100
und 1/10 Millimeter liegen, sind hydraulisch glatte Oberflächen ohne
weiteres zu erzielen. Über den Einfluß der Rauhigkeit auf die aero-
dynamischen Eigenschaften von Tragflügeln liegen mehrere experimen-
telle Untersuchungen vor [58], [59], [60].
Tabelle 4.2. Zulässige Rauhigkeitshöhe für Schiffe, Luftschiffe und Flugzeuge bei
verschiedenen Geschwindigkeiten
Gattung Nähere
Geschwindig-
keit Länge
I matische
Kine- REYNOLDS-
Zahl
Zulässige
Rauhig-
Bezeichnung Zähigkeit keitshöhe
U oo [knt/h] I [ml IlOo.v[m'/sl Re= Uool/v kzu1[mm]
groß 56
Schiff 250 1,0 4.10 9 0,007
schnell (30 Kn)
klein 18
Schiff 50 1,0 3.108 0,02
langsam (10Kn)
Luftschiff - 120 250 14,4 6.18 8 0,04
groß
Flugzeug schnell 600 41 14,4 5.107 0,01
am Boden
klein
Flugzeug langsam 200 2 14,4 8.106 0,025
am Boden
groß
Flugzeug schnell 600 4 35,4 2.10 7 0,02
in 10 km Höhe
klein
Flugzeug langsam 200 2 35,4 3.106 0,065
in 10 km Höhe
punkt nach vorn verschoben wird. Bei einem umströmten Körper mit
überwiegendem Reibungswiderstand, wie z. B. bei Flugzeugtragflügeln,
wird durch diese Verschiebung des Umschlagpunktes der Widerstand
vergrößert. Diese kritische Rauhigkeitshöhe ist besonders wichtig für
Laminarprofile mit ihrem weit hinten liegenden Umschlagpunkt. Nach
japanischen Messungen mit Einzelrauhigkeiten [61] gilt für die kritische
Rauhigkeitshöhe:
v* hrit = 15. (4,121)
v
Wir geben hierzu ein Beispiel: Ein Tragflügel der Tiefe l = 2 m sei in Luft
(v = 14· 10- 6 m 2/s) mit einer Geschwindigkeit von U"" = 300 km/h = 83 m/s
angeströmt. Es ist Re = U""l/v = 107 • Wir betrachten eine Stelle des Tragflügels
im Abstand x = 0,1 l von der Nase, also Rex = U"" x/v = 106 • Bis dahin wird
die Grenzschicht unter der Wirkung des Druckgefälles laminar sein. Für die
laminare Grenzschicht ist die Wandschubspannungnach GI. (4,62): To/e = v (iJu/iJ y)o
= 0,332 Uix, Vj,TtJ"" x = 0,332 . 6900 . 10 -3 m 2/s 2 = 2,3 m 2/s 2• Somit ist v* = fr~Ti
= 1,52 m/s. Dies ergibt nach GI. (4,121):
v 15
hdt = 15 ~ = 1,52 0,14.10- 4 m = 0,14 mm.
Es ist also in diesem Fall die kritische Rauhigkeitshöhe, welche den Umschlag
herbeiführt, etwa zehnmal größer als die in der turbulenten Grenzschicht zulässige
Rauhigkeitshöhe, die nach Tab. 4.2 für diesen Fall (kleines Flugzeug) etwa 0,02 mm
beträgt. Die laminare Reibungsschicht "verträgt" also eine wesentlich größere
Rauhigkeit als die turbulente.
Messungen über das Verhalten der laminaren Reibungsschicht mit
einzelnen Störkörpern (Nietköpfen) sind von K. SCHERBARTH [100] aus-
geführt worden. Es ergibt sich hinter der Einzelrauhigkeit ein keil-
förmiges turbulentes Störungsgebiet mit einem Ausbreitungswinkel von
14° bis 18°.