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Aerodynamik des Flugzeuges

Erster Band
Aerodynamik
des Flugzeuges
Von

Dr. phil. H. Schlichting Dr.-Ing. E.Truckenbrodt


o. Professor an der Technischen Hochschule Braunschweig o. Professor für Technische Mechanik
Direktor der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen und Direktor des Instituts für Strömungsmechanik
und Leiter des Instituts für Aerodynamik an der Technischen Hochschule München
der Deutschen Forschungsanstalt für Luftfahrt Braunschweig

Erster Band
Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Aerodynamik des Tragflügels (Teil I)

Mit 260 Abbildungen

Springer-Verlag
Berlin I Göttingen I Heidelberg
1959
Alle Rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet,
dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege
(Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen

ISBN 978-3-642-53045-6 ISBN 978-3-642-53044-9 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-642-53044-9

® by Springer-Verlag OHG., Berlin/Göttingen/Heidelberg 1959


Softcover reprint of the hardcover I st edition 1959

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw.


in diesem Buche berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der An-
nahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetz-
gebung als frei zu betrachten wären. und daher von jedermann benutzt werden dürften
Vorwort
Die Grundlagen der Aerodynamik des Flugzeuges sind in einer aus-
führlichen Darstellung in deutscher Sprache zuletzt vor mehr als zwan-
zig Jahren in den bekannten Büchern von R. FUCHS und L. HOPF des
Springer-Verlages behandelt worden. Bei der außerordentlich raschen
Entwicklung und der starken Ausweitung, welche dieses Gebiet in den
letzten beiden Jahrzehnten erfahren hat, ist es verständlich, daß eine
einfache Neubearbeitung der b~iden Bände von FUCHS und HOPF un-
möglich ist. Als vor nunmehr etwa fünf Jahren Herr Dr. JULIUS
SPRINGER uns deshalb den Vorschlag machte, als Ersatz für den "Fuchs-
Hopf" ein völlig neues Lehrbuch über die Aerodynamik des Flugzeuges
zu verfassen, haben wir diesen Plan nur sehr zögernd aufgegriffen. Denn
damals war noch nicht abzusehen, ob die nach dem Ausgang des zwei-
ten Weltkrieges zum Erliegen gekommene deutsche Flugzeugindustrie
wieder aufleben würde, und ob auch eine deutsche Luftfahrtforschung
wieder erstehen würde. Wenn wir uns schließlich doch dazu entschlos-
sen, die sehr umfangreiche Arbeit der völligen Neufassung eines Werkes
über die Aerodynamik des Flugzeuges zu übernehmen, so taten wir
es deshalb, weil wir letztlich die Entwicklung der deutschen Flug-
zeugindustrie und der deutschen Luftfahrtforschung optimistisch be-
urteilten, und weil wir glaubten, daß für die Ausbildung des jungen
Ingenieurnachwuchses ein umfassendes Lehrbuch auf diesem Gebiet
unentbehrlich sein würde.
Wir waren uns von vornherein darüber klar, daß wegen des außer-
ordentlich starken Anwachsens des Stoffes in den letzten beiden Jahr-
zehnten es uns nicht möglich sein würde, das gesamte Gebiet dar-
zustellen, welches das zweibändige Werk von FUCHS-HoPF behandelte,
nämlich die "Theorie der Luftkräfte" (R. FUCHS) und die "Mechanik
des Flugzeuges" (L. HOPF). Wir entschlossen uns, nur die "Theorie der
Luftkräfte" zu behandeln, und die Neuabfassung der "Flugme chanik" ,
d. h. die Bewegung des Flugzeuges bei gegebenen Luftkräften, einem
anderen Autor zu überlassen. Auch die mit dem Antrie b des Flugzeuges
im Zusammenhang stehenden aerodynamischen Fragen (Triebwerks-
aerodynamik) bleiben im vorliegenden Werk unberücksichtigt. Nach-
dem für den Antrieb des Flugzeuges das Strahltriebwerk und die Rakete
neben der Luftschraube eine überragende Bedeutung erlangt haben, ist
das Gebiet der Triebwerks-Aerodynamik so umfangreich, daß es ge-
sondert behandelt werden muß.
VI Vorwort

In dem vorliegenden Werk "Aerodynamik des Flugzeuges" beschäf-


tigen wir uns ausschließlich mit den Luftkräften, welche bei der Be-
wegung des Flugzeuges durch die irdische Atmosphäre an seinen Teilen
und damit am ganzen Flugzeug wirksam sind (Aerodynamik der Flug-
zeugzelle ). Diese Luftkräfte hängen in recht verwickelter Weise von der
geometrischen Gestalt des Flugzeuges, von der Fluggeschwindigkeit,
von den Bewegungsformen des Flugzeuges und von einigen physika-
lischen Eigenschaften der Luft ab. Aufgabe der Aerodynamik des Flug-
zeuges ist es, über diese Zusammenhänge Auskunft zu geben. Die
Aerodynamik des Flugzeuges bildet die unerläßliche Grundlage für die
Flugmechanik und auch für viele Fragen der Festigkeit des Flugzeuges.
Jedoch haben wir auf die Behandlung des umfangreichen Sonder-
gebietes der instationären Luftkräfte (Aeroelastizität) verzichten
mÜ8sen.
Das Studium der aerodynamischen Fragen des Flugzeuges erfordert
sehr gründliche Kenntnisse in der Strömungslehre. Aus diesem Grunde
haben wir es für angebracht gehalten, einen ziemlich ausführlichen Ab-
riß der allgemeinen Strömungslehre vorauszuschicken. Neben der klas-
sischen Hydrodynamik des vorigen Jahrhunderts kommt dabei der
modernen Strömungslehre dieses Jahrhunderts mit den drei Teilgebieten
"Gasdynamik", "Grenzschicht-Theorie" und "Tragflügel-Theorie" eine
große Bedeutung zu. Diese Grundlagen der Strömungslehre sind nicht
nur für die Luftfahrt, sondern auch für viele andere Gebiete der Physik
und Technik von erheblichem Interesse.
Das vorliegende Werk gliedert sich in drei Hauptabschnitte mit
insgesamt zwölf Kapiteln, die auf zwei Bände verteilt sind. Im ersten
Abschnitt werden nach einem einleitenden Kapitel über die Atmosphäre
die Grundlagen aus der Strömungsmechanik in einem solchen Umfang
dargestellt, wie sie in den folgenden Abschnitten benötigt werden. Der
zweite Abschnitt befaßt sich mit der Aerodynamik des Tragflügels und
der dritte Abschnitt mit der Aerodynamik der übrigen Teile des Flug-
zeuges (Rumpf, Leitwerke), wobei auch die Probleme der gegenseitigen
Beeinflussung der Flugzeugteile eine wichtige Rolle spielen. Der moder-
nen Entwicklung im Flugzeugbau wird dadurch Rechnung getragen,
daß die Aerodynamik bei hohen Geschwindigkeiten (Unter- und Über-
schallgeschwindigkeit) ziemlich eingehend behandelt wird.
Dieses Buch wendet sich in erster Linie an Ingenieure. Wir haben
uns bemüht, soweit wie möglich die theoretische Behandlung der Pro-
bleme in den Vordergrund zu stellen. Dabei haben wir versucht, diese
in eine anschauliche, für den Ingenieur leicht faßliche Form zu bringen.
In der Tat ist es heute möglich, unter Verwendung der modernen
Strömungslehre den überwiegenden Teil der Aerodynamik des Flug-
zeuges aus rein theoretischen Überlegungen zu gewinnen. Das in der
Vorwort VII
Literatur vorhandene, sehr umfangreiche experimentelle Material wurde
nur insoweit herangezogen, als es zur Belebung der physikalischen An-
schauung und zur Nachprüfung der Theorie erforderlich ist. Es kam uns
darauf an, zum Ausdruck zu bringen, daß die entscheidenden Fort-
schritte nicht durch eine Anhäufung von umfangreichen Versuchs-
ergebnissen erreicht worden sind, sondern vielmehr durch die Synthese
von theoretischen Überlegungen mit wenigen grundlegenden Experi-
menten. Darüber hinaus haben wir uns bemüht, die Ergebnisse der
Theorie dem Leser durch zahlreiche durchgerechnete Beispiele näher-
zubringen.
Für den ersten Abschnitt des Buches (Grundlagen aus der Strömungs.
mechanik) konnten wir weitgehend auf Vorlesungsmanuskripte des
ersten Verfassers zurückgreifen, u. a. auch auf das Buch "Grenzschicht-
Theorie", welches VOJ; kurzem beim Verlag G. Braun, Karlsruhe, in
dritter Auflage erschienen ist. Weiterhin kam es uns sehr zustatten, daß
der zweite Verfasser durch seine langjährige Tätigkeit in der Luftfahrt,
zuletzt als Leiter der aerodynamischen Abteilung der Heinkel-Flugzeug.
Werke, mit den Problemen des Flugzeugbaues in enger Berührung
war.
Der hiermit vorgelegte erste Band umfaßt sechs Kapitel, nämlich
den ersten Abschnitt "Grundlagen aus der Strömungsmechanik" mit
vier Kapiteln und zwei Kapitel aus dem zweiten Abschnitt "Aerodyna.
mik des Tragflügels". Wir hoffen, daß es uns möglich sein wird, den
zweiten Band bald folgen zu lassen.
Bei der Herstellung der Abbildungen und beim Lesen der Korrek-
turen wurden wir von unseren "Mitarbeitern V. DENK, K. GERSTEN,
R. KARWINSKI und W. PECHAU wesentlich unterstützt. Die sorgfältige
Herstellung der Reinschrift des Manuskriptes verdanken wir Fräulein
M. FROBENIUS. Dem Springer-Verlag danken wir für sein bereitwilliges
Eingehen auf unsere Wünsche sowie für die sorgfältige Ausstattung des
Buches.
Göttingen, im August 1958
H. Schlichting E. Truckenbrodt
Inhaltsverzeichnis
TeilA
Grundlagen aus der strömungsmechanik
I. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre
Seite
1.1 Aufgaben der Flugzeug-Aerodynamik 1
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft. 2
1.21 Strömungsmechanik und physikalische Eigenschaften des strömen-
den Mediums. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.22 Druck, Dichte und Temperatur in der Atmosphäre. 4
1.23 Kompressibilität . . . . . . . . . . 8
1.24 Zähigkeit . . . . . . . . . . . . . 11
1.3 Ähnlichkeitsgesetze der Strömungen 13
Literatur . . . . . . . . . . 18

II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)


2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen . . . . . . . . . . 18
2.11 Darstellungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.12 Dreidimensionale, zweidimensionale und eindimensionale Bewegun-
gen. . . . . . . . . . . . 21
2.13 Stromlinien und Stromröhren . . . 22
2.14 Kontinuitätsgleichung. . . . . . . 23
2.15 Drehung einer Flüssigkeitsbewegung 25
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 29
2.21 Eindimensionale EULERsche Bewegungsgleichung . . . 29
2.22 BERNOULLIsche Gleichung . . . . . . . . . . . . . 34
2.23 Einige Anwendungen der BERNOULLIschen Gleichung. 36
2.231 Ausfluß aus einem Gefäß . . . . . . . . . . 36
2.232 Messung von Druck und Geschwindigkeit in einer Strömung 37
2.233 Trennungsflächen . . . . . . . . . . . . . 39
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen . . . . 40
2.31 Die allgemeinen EULERschen Bewegungsgleichungen 40
2.32 BERNOULLIsche Gleichung . . . . . . . . . . . . 42
2.33 Drehungsfreie Strömungen als Lösungen der EULERschen Bewegungs-
gleichungen . . . . . . . . . . . . . 44
2.34 Potential- und Stromfunktion . . . . . 46
2.35 Beispiele einfacher Potentialströmungen 51
2.351 Translationsströmung . . . . . . 52
2.352 Ebene Staupunktströmung . . . . 52
2.353 Rotationssymmetrische Staupunktströmung 53
Inhaltsverzeichnis IX
Seite
2.354 Ebene Quell- und Senkenströmung . . 54
2.355 Ebener Potentialwirbel . . . . . . . 55
2.356 Räumliche Quell- und Senkenströmung 57
2.357 Strömung um einen ebenen Halbkörper . 57
2.358 Strömung um einen rotationssymmetrischen Halbkörper 60
2.359 Dipol und Kreiszylinder . . . 61
2.3510 Strömung um eine Kugel. . 67
2.3511 Strömung um andere Körper 68
2.4 Wirbelbewegung . . . . . . . . . . 70
2.41 Begriff der Zirkulation . . . . . . 70
2.42 Beispiele für Strömungen mit Zirkulation. 73
2.421 Translationsströmung . . . . . . . 73
2.422 Translationsströmung mit Trennungsfläche . 73
2.423 Potentialwirbel . . . . . . . . . . . . . 74
2.424 Tragflügel mit Auftrieb. . . . . . . . . . . .. 75
2.43 Zusammenhang zwischen Zirkulation und Drehung. 75
2.44 Dynamik der Wirbelbewegung . . . . . . . . . . . . 77
2.45 Satz von W. TROMSON . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.46 Entstehung der Zirkulation bei der Anfahrt eines Tragflügels 81
2.47 Die HELMROLTzschen Wirbelsätze . . . . . . . . . . . . 83
2.48 Das BIOT-SAvARTsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . 85
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen mit Hilfe komplexer
Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2.51 Die Grundgleichungen. . . . . . . . . . . . . . 91
2.52 Die CAUCRy-RIEMANNSchen Differentialgleichungen. 92
2.53 Die komplexe Strömungs funktion . . . . . 93
2.54 Beispiele zur komplexen Strömungsfunktion . 94
2.541 Translationsströmung . . . . . . 95
2.542 Strömung in einem Winkelraum . 95
2.543 Quelle, Senke und Potentialwirbel 97
2.544 Dipol . . . . . . . . . . . . . 98
2.545 Translationsströmung um den Kreiszylinder 99
2.546 Strömung um den Kreiszylinder mit Zirkulation. 100
2.55 Der Begriff der konformen Abbildung 103
2.56 Beispiele zur konformen Abbildung. . . 107
2.561 Die parallel angeströmte Platte. . 107
2.562 Die senkrecht angeströmte Platte. 108
2.563 Die ebene angestellte Platte UO
2.564 Elliptische Zylinder 119
2.565 JouKOwsKy-Profile 122
2.6 Der Impulssatz. . . . . . 124
2.61 Das allgemeine Theorem des Impulssatzes 124
2.62 Beispiele zum Impulssatz . . . . . . . . 128
2.621 Strömung in einer Rohrumlenkung . 128
2.622 Der Strahl senkrecht auf eine Wand 129
2.623 Der Strahl schräg auf eine Wand . 130
2.624 Widerstand eines Halbkörpers . . . 131
2.625 Ermittlung des Widerstandes aus dem Impulsverlust . 132
Literatur. . . . . . . 136
x Inhaltsverzeichnis

IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)


Seite
3.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . 136
3.11 Kompressibilität, MAcHsche Zahl. 136
3.12 Zustandsgleichung 138
3.13 Schallgeschwindigkeit . . . . . . 139
3.14 MAcHscher Winkel . . . . . . . 141
3.15 Temperaturerhöhung in einer kompressiblen Strömung. 144
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) . 146
3.21 EULERsche Bewegungsgleichung und BERNOULLIsche Gleichung 146
3.22 Kritische MAcH-Zahl . . . 149
3.23 Staupunkt. . . . . . . . 151
3.24 Ausfluß aus einem Kessel . 153
3.25 Lavaldüse . . . . . . . . 158
3.3 Zweidimensionale Strömungen. 159
3.31 Grundgleichungen . . . . 159
3.32 Drehungsfreiheit . . . . . . . 160
3.33 Geschwindigkeitspotential . . . . . . 161
3.34 Lösungstypus für Überschallströmungen 163
3.35 Strömung längs einer schwach welligen Wand 164
3.4 Ebene Unterschallströmungen . . . . 167
3.41 Verfahren von JANZEN und RAYLEIGH . 167
3.42 PRANDTL-GLAuERTsche Regel. . . 170
3.43 Vergleich mit Versuchsergcbnissen . 175
3.5 Ebene Überschallströmungen . . . 176
3.51 PRANDTL-MEYERSche Eckenströmung 176
3.52 Strömung um eine flache Ecke 182
3.53 Auftrieb und Widerstand der ebenen Platte. 185
3.54 Auftrieb und Widerstand schlanker Profile . . . . . . . . . 188
3.55 Charakteristiken-Verfahren für Überschallströmungen um Profile 195
3.6 Ebene transsonische Strömungen . . . . 196
3.61 Allgemeines und experimentelle Ergebnisse 196
3.62 Der senkrechte Verdichtungsstoß . 204
3.63 Der schiefe Verdichtungsstoß . . . . . 207
3.64 Das Stoßpolaren-Diagramm . . . . . 211
3.65 VON KARMANsches Ähnlichkeitsgesetz . 213
Literatur . . 217

IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-i'heorie)


4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 219
4.11 Allgemeines . . . . . . . . . . 219
4.12 NEWToNsches Reibungsgesetz . . 220
4.13 REYNOLDSSches Ähnlichkeitsgesetz 220
4.14 Laminare Rohrströmung 222
4.15 Turbulente Rohrströmung . . . . 226
4.16 Das Widerstandsproblem umströmter Körper 231
4.2 Grundzüge der Grenzschicht-Theorie 235
4.21 Begriff der Grenzschicht 235
4.22 Ablösung der Grenzschicht 236
Inhaltsverzeichnis XI
Seite
4.23 Abschätzung der Grenzschichtdicke und des Reibungswiderstandes
bei laminarer Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
4.24 Turbulente Strömung in der Grenzschicht . . . . . . . . . . 241
4.3 Die Bewegungsgleichungen der zähen Flüssigkeit (NAVIER-
SToKEssche Gleichungen). . . . . . . . . . . 243
4.4 Die FRANDTLschen Grenzschichtgleichungen . . . . 247
4.41 Aufstellung der Grenzschichtgleichungen . . . . . . 247
4.42 Einige physikalische Eigenschaften der Grenzschicht . 249
4.43 Die Plattengrenzschicht bei laminarer Strömung. . . 251
4.44 Impulssatz der Grenzschicht. . . . ..... 255
4.45 Näherungsverfahren zur Berechnung der laminaren Grenzschicht 257
4.5 Grenzschichtbeeinflussung . 260
4.51 Allgemeines . . . . . . . 260
4.52 Mitbewegen der Wand 261
4.53 Beschleunigung der Grenzschicht. 261
4.54 Absaugung der Grenzschicht. . . 264
4.55 Laminarhaltung durch Formgebung (Laminarprofile) 271
4.6 Einiges über turbulente Strömungen . . . . . . . 272
4.61 Mittlere Bewegung, Schwankungsbewegung und turbulente Schein-
reibung . . . . . . . . . . . 272
4.62 Windkanalturbulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
4.63 Der PRANDTLsche Mischungsweg . . . . . . . . . . . . . 276
4.64 Geschwindigkeitsverteilung in der turbulenten Grenzschicht. 278
4.7 Der turbulente Reibungswiderstand der längsangeströmten
ebenen Platte . . . . . . . . . . . . . . . . 280
4.71 Die glatte Platte bei inkompressibler Strömung. 280
4.72 Einfluß der Kompressibilität. . . . . . . . . . 284
4.73 Einfluß der Rauhigkeit . . . . . . . . . . . . 286
4.8 Berechnung der Grenzschicht mit Druckabfall und Druck-
anstieg . . . . ...... 291
4.81 Allgemeines . . . . . . . . . . . 291
4.82 Kenngrößen der Grenzschicht . . . 292
4.83 Berechnung der Impulsverlustdicke . 295
4.84 Beispiel . . . . . . . . . . . . . 296
4.85 Rechnerische Ermittlung des Profilwiderstandes 298
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 301
4.91 Allgemeines 301
4.92 Stoffbeiwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 302
4.93 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . 303
4.94 Temperaturerhöhung durch adiabatische Kompression und Rei-
bung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
4.95 Laminare flattengrenzschicht . . . . . . . . . . . 308
4.96 Zusammenwirken von Grenzschicht und Verdichtungsstoß 309
4.10 Der Umschlag laminar-turbulent . . . . . . . . . . 312
4.101 Experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 312
4.102 Grundzüge der Stabilitätstheorie der Laminarströmung . 314
4.103 Ermittlung des Umschlagpunktes für ein Tragflügelprofil 319
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . 322
XII Inhaltsverzeichnis

Teil B
Aerodynamik des Tragflügels
V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels
Seite
5.1 Geometrie des Tragflügels. 327
5.11 Allgemeine Angaben 327
5.12 Flügelgrundriß . . . . . . 328
5.13 Flügelprofil . . . . . . . 332
5.14 Verwindung und V-Stellung 340
5.15 Ausgeführte Flügelformen . 341
5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel 349
5.21 Auftrieb, Widerstand und Gleitzahl. 349
5.22 Sonstige Kräfte und Momente, Achsensysteme . 350
5.23 Dimensionslose Beiwerte der Kräfte und Momente . 352
5.24 Druckverteilungen und Auftriebsverteilungen . . . 354
5.3 Zusammenhang zwischen den Luftkräften und den Bewegungs-
formen des Tragflügels. . . . . . . . . . . . 357
5.31 Bewegungsformen des Flugzeuges . . . . . . . 357
5.32 Kräfte und Momente beim Geradeausflug . . . 359
5.33 Kräfte und Momente beim Schiebeflug . . . . 361
5.34 Kräfte und Momente bei Drehbewegungen des Flugzeuges 362
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung


(Profiltheorie )
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes 364
6.11 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 364
6.12 Der Satz von KUTTA-JouKOWSKY . . . 366
6.121 Berechnung des Auftriebes aus dem Druckintegral . . 366
6.122 Berechnung des Auftriebes für ein Flügelgitter . 367
6.13 Entstehung und Größe der Zirkulation . . . . 371
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung . . 374
6.21 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374
6.22 Berechnung von Auftrieb und Moment für ein beliebiges Tragflügel-
profil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
6.221 Die BLAslUsschen Formeln . . . . . . . . . . . . 375
6.222 Anderer Beweis der KUTTA-JouKOwsKYschen Formel. 378
6.223 Nullauftriebsrichtung eines Profils (erste Achse) 379
6.23 Kreisbogenprofil sehr geringer Dicke 382
6.24 Symmetrisches JOUKOWSKy-Profil . . . . . . . . 386
6.25 Schlußbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . 389
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode. 390
6.31 Allgemeines . . . . . . . . . . . . 390
6.32 Sehr dünne Profile (Skelett-Theorie) . . . . . . . 391
6.321 Grundlagen der Skelett-Theorie. . . . . . . 391
6.322 Berechnung der Skelettlinie aus der Zirkulationsverteilung
(1. Hauptaufgabe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
Inhaltsverzeichnis XIII
Seite
6.323 Berechnung der aerodynamischen Beiwerte . . . . . . . 399
6.324 Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profil-
kontur (II. Hauptaufgabe) . . . . . . . . . . . . . . . 407
6.33 Symmetrische Profile endlicher Dicke bei symmetrischer Anströ-
mung (Tropfentheorie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
6.331 Grundlagen der Tropfentheorie . . . . . . . . . . . . . 411
6.332 Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profil-
kontur . . . . . . . . . . . ......... 413
6.333 Berechnung des Profiltropfens aus der vorgegebenen Ge-
schwindigkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . 417
6.34 Profile endlicher Dicke mit Anstellwinkel. . . . . . . . . 420
6.341 Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profil-
kontur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
6.342 Berechnung der aerodynamischen Beiwerte . . . . . . . 422
6.343 Berechnung der Profilform aus der vorgegebenen Geschwin-
digkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
6.35 Das Geschwindigkeitsfeld in der Umgebung eines Tragflügels. 431
6.36 Der Tragflügel in gekrümmter Strömung . . . . . . 434
6.4 Einfluß der Reibung auf die Profileigenschaften 437
6.41 Auftrieb . . 437
6.42 Widerstand 441
Literatur 445
Namenverzeichnis 448
Sachverzeichnis 451
Zusammenstellung der wichtigsten Formelgrößen

Wegen der Vielzahl der auftretenden Größen war es nicht vermeidbar, daß
einige Buchstaben in mehrfacher Bedeutung verwendet werden. So bedeutet
z. B. l in Kap. 4.1 die Rohrwiderstandszahl, in Kap. 4.9 die Wärmeleitzahl
und in Kap. 5 die Zuspitzung des Flügels.
Im folgenden sind die wichtigsten Bezeichnungen zusammengestellt:

1. Stoffbeiwerte Re = V l/v REYNoLDssche Zahl


y spezifisches Gewicht (Gewicht der Ma = Via MAcHsehe Zahl
Volumeneinheit) f1 MAcHscher Winkel
e y/g Dichte (Masse der Volumen· 15 Grenzschichtdicke
einheit) 15* Verdrängungsdicke der Grenz-
(J Erdbeschleunigung schicht
cp , c. spezifische Wärme bei konstan- {} Impulsverlustdicke der Grenz-
tem Druck bzw. konstantem Vo- schicht
lumen <P Geschwindigkeitspotential
x = c'P/c. Adiabaten-Exponent lJf Stromfunktion
a = Vx p/ e Schallgeschwindigkeit r Zirkulation
R Gaskonstante k(x) Wirbeldichte
f1 Zähigkeitsbeiwert q(x) Quelldichte
v f1/e kinematische Zähigkeit l Rohrwiderstandszahl
l Wärmeleitzahl
al Temperaturleitfähigkeit 3. Geometrische Größen
Pr = v/al = f1 g c'P/l PRANDTL-Zahl x, y, z rechtwinklige Koordinaten
2. Strömung8größen z = x + i Y komplexe· Koordinate
p Druck (Normalkraft pro Flächen- r, f{J Polarkoordinaten
einheit) D = 2 R Durchmesser
T Schubspannung (Tangentialkraft Körperlänge, Flügeltiefe
pro Flächeneinheit ) b = 28 Flügelspannweite
u, v, w Geschwindigkeitskomponenten F Flügelfläche
in rechtwinkligen Koordinaten A = b2 /F Seitenverhältnis des Flügels
W r , wep Geschwindigkeitskomponenten 11 , la Flügeltiefe innen bzw. außen
in Polarkoordinaten
l = la/I, Flügelzuspitzung
V, U 00 , w oo , U oo Anströmungsgeschwin-
f{J Pfeilwinkel
digkeit
f Verwindungswinkel
W K, W K Geschwindigkeit auf der
Profilkontur v Winkel der V-Stellung
N 25 geometrischer Neutralpunkt
q -- JL
2 V2 Staudruck d Profildicke
T absolute Temperatur 15 = d/l relatives Dickenverhältnis
Zusammenstellung der wichtigsten Formelgrößen xv
f Profilwölbung M Kippmoment
Xd Dickenrücklage N Giermoment
X, Wölbungsrücklage CA Auftriebsbeiwert, GI. (5.39)
z('), zU) Skelettlinie bzw. Profiltropfen Cw Widerstands beiwert
Cy Seitenkraftbeiwert
4. Aerodynamische Größen
CL Rollmomentenbeiwert
(Vgl. Abb. 5.14)
CM Kippmomentenbeiwert
a; Anstellwinkel CD Giermomentenbeiwert
ß Schiebewinkel cp = (p - Poo)/q Druckbeiwert
A Auftrieb LI Cp Beiwert der Lastverteilung
W Widerstand Gleitwinkel
y Seitenkraft CI Beiwert des Reibungswider-
L Rollmoment standes
Teil A
Grundlagen aus der Strömungsmechanik.

I. Einführung
und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre
1.1 Aufgaben der Flugzeug-Aerodynamik
Das Flugzeug bewegt sich in der irdischen Atmosphäre. Der Be-
wegungszustand des Flugzeuges wird bestimmt durch sein Gewicht, den
vom Triebwerk erzeugten Schub sowie durch die Luftkräfte, welche bei
der Bewegung an den Teilen des Flugzeuges entstehen. Für jeden
Flugzustand mit gleichförmiger Geschwindigkeit muß die resultierende
Kraft aus Gewicht und Schub im Gleichgewicht sein mit der resultie-
renden Luftkraft. Für den besonders einfachen Flugzustand des Hori-
zontalfluges sind die am Flugzeug angreifenden Kräfte in Abb. l.1
dargestellt. In diesem Fall kommt die soeben erwähnte Gleichgewichts-
bedingung darauf hinaus, daß für die vertikale Richtung das Gewicht
gleich dem Auftrieb (0 = A) und für die horizontale Richtung der
Schub gleich dem Widerstand ist (S = W). Dabei sind Auftrieb A und
Widerstand W die Komponenten der resultierenden Luftkraft R 1 senk-
recht bzw. parallel zur Fluggeschwindigkeit w. Bei ungleichförmiger
Bewegung des Flugzeuges kommen zu diese~ Kräften noch die Träg-
heitskräfte hinzu.
In dem vorliegenden Werk "Aerodynamik des Flugzeuges" wollen
wir uns ausschließlich mit den Luftkräften beschäftigen, welche bei der
Bewegung des Flugzeuges an seinen Teilen und damit am ganzen Flug-
zeug entstehen. Die wichtigsten Teile des Flugzeuges, welche zu den
Luftkräften beitragen, sind Tragflügel, Rumpf, Leitwerk und Trieb-
werk. Die Luftkräfte hängen in recht komplizierter Weise von der
geometrischen Gestalt dieser Flugzeugteile und von der Fluggeschwin-
digkeit sowie von einigen physikalischen Eigenschaften der Luft (z. B.
Dichte und Zähigkeit) ab. Aufgabe der Aerodynamik des Flugzeuges
ist es, über diese Zusammenhänge Angaben zu machen. Die Ermitt-
lung der Bewegungen des Flugzeuges bei gegebenen Luftkräften so-
wie bei bekanntem Gewicht des Flugzeuges und gegebenem Schub
des Triebwerkes ist das Aufgabengebiet der Flugmechanik. Hierzu
gehören außer den Fragen der Flugleistungen auch die der Flugeigen-
schaften, wie Steuerung und Stabilität des Flugzeuges. Das Gebiet der
Flugmechanik gehört nicht zum Aufgabengebiet dieses Werkes; auch
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 1
2 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

das Gebiet der Aeroelastizität (d. i. das Zusammenwirken der Luft-


kräfte mit den elastischen Kräften bei einer Deformation der Flugzeug-
teile ) möge unberücksichtigt bleiben.
Die hier zu behandelnde Lehre von den Luftkräften des Flugzeuges
bildet die Grundlage sowohl für die Flugmechanik als auch für viele
Fragen der Festigkeit
A
des Flugzeuges.
Das Studium der
aerodynamischen Fra-
TU s gen des Flugzeuges er-
fordert sehr gründliche
w Kenntnisse in der Strö-
mungslehre. Um zu
einem guten Verständ-
G
nis der zum Teil recht
schwierigen Fragen der
speziellen Flugzeugaero-
dynamik zu gelangen,
wollen wir zunächst
einen Abriß der allge-
meinen Strömungslehre
vorausschicken. Im fol-
genden sollen deshalb
im Teil A (Kap. II bis
IV) die Grundlagen der
Abb. 1.1. Kräfte am Flugzeug im Horizontalflug Strömungsmechanik
A Auftrieb R I resultierende Luftkraft
W Widerstand (Resultierende aus A und W) entwickelt werden unter
G Gewicht R, Resultierende aus G und S
S Schub Betonung derjenigen
Prinzipien, die für die
flugtechnische Aerodynamik von besonderer Bedeutung sind. Des
weiteren ist Teil B (Kap. V bis VIII) der Aerodynamik des Trag-
flügels gewidmet, während Teil C (Kap. IX bis XII) den Rumpf
sowie die Leitwerke und andere Steuerorgane behandelt.

1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft


1.21 Strömungsmechanik und physikalische Eigenschaften
des strömenden Mediums
Für die Strömungsmechanik sind einige physikalische Eigenschaften
des strömenden Mediums von Wichtigkeit, wie z. B. Dichte, Tem-
peratur, Kompressibilität und Zähigkeit, über die in diesem ersten
Kapitel einige quantitative Angaben für Luft gemacht werden. Im
1.2 Physikalische Eigenscha'ften der Luft 3

Hinblick auf die Flugtechnik ist dabei insbesondere auch die Änderung
dieser Eigenschaften mit der Höhe in der Atmosphäre von Bedeutung.
Diese physikaliS<lhen Eigenschaften der irdischen Atmosphäre haben
unmittelbar einen Einfluß auf die Flugzeugaerodynamik und dadurch
mittelbar auch auf die Flugmechanik. Deshalb sind die Ausführungen
dieses Kapitels in gleicher Weise wichtig für die Aerodynamik sowie
für die Flugmechanik des Flugzeuges.
Im folgenden soll das strömende Medium durchweg als ein Kon-
tinuum angesehen werden. In diesem Falle sind für die Strömungs-
gesetze die Dichte, Temperatur, Kompressibilität und Zähigkeit des
strömenden Mediums von besonderer Bedeutung.
Die Dichte e ist definiert als die Masse der Volumeneinheit. Sie
hängt mit dem spezifischen Gewicht y (= Gewicht der Volumen-
einheit) zusammen durch e = yjg, wobei g die Schwerebeschleunigung
bedeutet. Im technischen Maßsystem hat das spezifische Gewicht y die
Dimension [kgjm3] und die Dichte e die Dimension [kg s2jm4]. Die Dichte
hängt sowohl von der Temperatur als auch vom Druck ab.
Unter der Kompressibilität verstehen wir das Maß der Zusammen-
drückbarkeit des Mediums unter der Wirkung äußerer Druckkräfte. Für
Gase ist die Kompressibilität sehr viel größer als für tropfbare Flüssig-
keiten. Für Strömungsvorgänge hat die Kompressibilität dann eine Be-
deutung, wenn die mit der Strömung verbundenen Druckänderungen
eine merkliche Volumenänderung hervorbringen. Da für die tropf-
baren Flüssigkeiten die Kompressibilität sehr gering ist, können' die
Strömungsvorgänge von Flüssigkeiten immer als inkompressibel an-
gesehen werden, während bei Gasen für große Strömungsgeschwindig-
keiten die Kompressibilität berücksichtigt werden muß. Bei mäßigen
Geschwindigkeiten dagegen können auch die Gase mit guter Näherung
als inkompressibel angesehen werden.
Die Zähigkeit hängt zusammen mit den Reibungskräften eines strö-
menden Mediums, d. h. mit den zwischen den Volumenelementen über-
tragenen Tangentialkräften. Der Zähigkeitsbeiwert ändert sich sowohl
bei tropf baren Flüssigkeiten als auch bei Gasen ziemlich stark mit der
Temperatur. Für viele technisch wichtige Flüssigkeiten (z. B. Wasser)
und für alle Gase können zur Vereinfachung der Strömungsgesetze
vielfach auch die Zähigkeitskräfte mit guter Näherung vernachlässigt
werden (reibungslose Flüssigkeit).
Damit haben wir für die Strömungsmechanik folgenden Sach-
verhalt: Bei mäßigen Geschwindigkeiten, d. h. solange man das strö.
mende Medium als inkompressibel ansehen kann, sind für tropfbare
Flüssigkeiten und Gase die Strömungsgesetze gleich. Man nennt diesen
Teil der Strömungslehre "Hydromechanik" (Kap. II und Kap. IV).
Dabei können viele Aufgaben (z. B. die Theorie des Auftriebes von
1*
4 I. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

Tragflügeln) unter Zugrundelegung einer reibungslosen, inkompressiblen


Flüssigkeit behandelt werden (ideale Flüssigkeit, Kap. II, VI, VII).
Bei anderen Fragen (z. B. beim Widerstand umströmter Körper) muß
dagegen die Zähigkeit berücksichtigt werden (Grenzschicht-Theorie,
Kap. IV). Die starke Erhöhung der Fluggeschwindigkeit in den letzten
beiden Jahrzehnten hat für die Flugzeugaerodynamik auf Probleme
geführt, bei denen die Kompressibilität der Luft und zum Teil auch
gleichzeitig die Zähigkeit berücksichtigt werden muß. Dies tritt ein,
wenn die Fluggeschwindigkeit vergleichbar ist mit der Schallgeschwin c
digkeit. Man nennt diesen Teil der Strömungslehre die" Gasdynamik" ;
ihre Grundlagen werden in Kap.III und ihre Anwendungen auf das
Flugzeug, insbesondere auf den Tragflügel, in Kap. VIII behandelt.
Im folgenden sollen jetzt für die Dichte, die Zähigkeit und die
Kompressibilität einige quantitative Angaben gemacht werden, um
diese für die gesamten folgenden Ausführungen bereitzustellen. Im
Hinblick auf die Strömungsvorgänge am Flugzeug wollen wir uns dabei
im wesentlichen auf Luft beschränken, jedoch auch einige wenige An-
gaben für Wasser beifügen. Insbesondere aber soll über die Abhängig-
keit der physikalischen Eigenschaften der Luft von der Höhe in der
irdischen Atmosphäre berichtet werden.

1.22 Druck, Dichte und Temperatur in der Atmosphäre


Die Dichte eines Gases ist abhängig von Druck und Temperatur.
Der Zusammenhang zwischen Dichte (h Druck p und absoluter Tem-
peratur T wird durch die thermodynamische Zustandsgleichung für
ideale Gase
p=(!gRT=yRT (1,1)

gegeben, wobei R die Gaskonstante und g die Schwerebeschleunigung


bedeuten. Für Luft ist die Gaskonstante
R = 29,27mJgrd (Luft). (1,2)
Von den verschiedenen Zustandsänderungen eines Gases sind besonders
wichtig die isotherme und die adiabatische Zustandsänderung. Bei der
isothermen Zustandsänderung ist die Temperatur konstant, T = const,
In diesem Fall ist nach GI. (1,1) der Zusammenhang zwischen Druck
und Dichte:
L = const. (1,3)
(!

Es ist also die Dichte proportional zum Druck. Bei der adiabatischen
Zustandsänderung wird für eine betrachtete Gasmasse Wärme von
außen weder zu- noch abgeführt. Es tritt also bei der adiabatischen
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 5

Zustandsänderung kein Wärme austausch mit der Umgebung ein. In


diesem Fall ist der Zusammenhang zwischen Druck und Dichte
gegeben durch
Y-
e~
= const. (1,4)

Dabei ist der adiabatische Exponent


Cp
x= - (1,5)
Co '

wobei cp und Cv die spezifische Wärme bei konstantem Druck bzw. kon-
stantem Volumen bedeutet. Für Luft ist
x = 1,405. (1,5 a)
Die adiabatische Zustandsänderung ohne Wärmeaustausch mit der
Umgebung liegt mit sehr guter Näherung bei sehr schnell verlaufenden
Zustandsänderungen vor, weil hierbei der Wärmeaustausch mit der
Umgebung, der ziemlich langsam verläuft, nicht zur Auswirkung kom-
men kann. Strömungsvorgänge bei großen Geschwindigkeiten könnEn
im allgemeinen in diesem Sinn als schnelle Zustandsänderungen geIten,
so daß für diese die adiabatische Zustandsänderung nach GI. (1,4)
zutrifft.
Für die flugtechnischen Anwendungen ist die Änderung von Luft-
dichte und Luftdruck mit der Höhe H in der ruhenden Atmosphäre wich-
tig. Beide sind abhängig von der vertikalen Temperaturverteilung in
der Atmosphäre T(H). Unter normalen Verhältnissen nimmt in der
Atmosphäre die Temperatur nach oben ab, wobei der Temperaturgradient
dTjdH je nach den Witterungsbedingungen etwa -0,5 grd bis -1 grd
auf 100 m beträgt.
Die Druckabnahme für eine vertikale Höhe dH beträgt nach der
hydrostatischen Grundgleichung :
dp = - ydH = - egdH.
Durch Integration ergibt sich hieraus:

H = j. ap
- . y(p)
p

= -(i
J ap
1
P

e('p)-' ( 1,6)
Po Po

wenn der Druck in der Höhe H = 0 (Meereshöhe) mit Po bezeichnet


wird. Um aus GI. (1,6) die Abhängigkeit des Druckes p und der Dichte e
von der Höhe H zu erhalten, muß die Abhängigkeit der Dichte vom
Druck, e = e(p), vorgegeben werden. Die Verhältnisse in der Atmo-
sphäre können beschrieben werden durch die sog. polytropische Zu-
standsgleichung
~ = const ( 1,7)
e"
6 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

mit n als polytropischem Exponenten; es gilt 1 < n < "'. Die poly-
tropische Zustandsänderung liegt also zwischen der adiabatischen
(n = "') und der isothermen (n = I), was verständlich ist, wenn man
bedenkt, daß eine Zustandsänderung in der ruhenden Atmosphäre ein
langsam verlaufender Vorgang ist. Der polytropische Exponent n hängt
unmittelbar mit dem vertikalen Temperaturgradienten in der Atmo-
sphäre dTjdH zusammen, wie sich sogleich noch ergeben wird. Aus
G1. (1,7) folgt zusammen mit GI. (1,1):
1
I RT o
y = -n-=-1 P
n

Po "
wobei Po und T o dieBodenwerte (für H = 0) von Druck bzw. Tempera-
tur bedeuten. Damit liefert die Ausführung der Integration in GI. (1,6):

H = R :~ IT. P- n d 1
p = n': I R To 1 -
[n-l -I
(~) -n-j' (1,8)
Po
n-l
n p .

Wegen TjTo = (pjpo) n nach GI. (1,1) und (1,7) erhält man aus
GI. (1,8) die lineare Temperaturverteilung :
T = T - n - I H (1,9)
o nR

und somit für den konstanten Temperaturgradienten :


dT n-l
-dH = -nIl' (1,10)

Zu einem vorgegebenen Temperaturgradienten kann hieraus der Zahlen-


wert des polytropischen Exponenten n ermittelt werden.
Für die Druckverteilung in Abhängigkeit von der Höhe ergibt sich
aus GI. (1,8):
(1,11)

und für die Abhängigkeit der Luftdichte von der Höhe:

I :J
1

{~ = (1 - nn~ n-l . (1,12)

Für die numerische Auswertung der GIn. (1,9), (1,11) und (1,12) müssen
die Bodenwerte Po, eo, T o und auch der Temperaturgradient dTjdH,
der nach GI. (1,10) den polytropischen Exponenten bestimmt, fest-
gelegt werden. Diese Werte sind für die Atmosphäre mit der Wetterlage
und vor allem mit der geographischen Breite verschieden. Um für
flugmechanische Rechnungen jedoch eindeutige Verhältnisse zu haben,
hat man durch internationale Vereinbarung eine sog. "Normalatmo-
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 7

sphäre" festgelegt mit festen Werten von Po, eo, T o und dTjdH. Für
die IOAO Standard Atmosphäre [1] gelten die folgenden Werte 1:
Po = 10332 kg rn- 2 ,
eo = 0,1249 kg S2 m- 4 ,
Yo = 1,2250 kg rn- 3 , (1,13)2
To = 288°K; t o = 15°0,
aT - 0,65 grd auf 100 m.
aH

mjse.k
J~O

oe
320 20

l<glm.2
JOO 0 1,0

tI 280 ! -20 ~j48 t 48


<:j
~ ~
~
260 -40 "'-1/6 0,6

2~0 -60 4* 0,*

220 -80 42 42

200 -100 - 0 OL-__~__-L__~____L -__~~-L__~____L -__~__~O


o 2 6 8 10 11 12 1* 16 18 km 20
fJ-

Abb. 1.2. Luftdruck P. Luftdichte e. Temperatur t. Schallgeschwindigkeit a und kinematische


Zähigkeit l' in Abhängigkeit von der Höhe H für die Internationale Normalatmosphäre
(I CAO- Standard -Atmosphäre)

ICAO = International Civil Aviation Organization.


1
Der Temperaturgradient d T/dH bestimmt die Stabilität der Schichtung
2
in der ruhenden Atmosphäre. Die Schichtung ist um so stabiler, je geringer die
Temperaturabnahme mit der Höhe ist. Für d T/dH = 0 mit n = 1 nach GI. (1,10)
hat man die isotherme Atmosphäre mit sehr stabiler Schichtung. In diesem Fall
liefern die Formeln (1,11) und (1,12) für die Druck- und Dichteverteilung durch
Grenzübergang die barometrische Höhenformel:
.'L = !L = e-RIR,
Po eo
mit H 1 = Pojyo = 8435 m .als "Höhe der gleichförmigen Atmosphäre". Der Fall
n = ;{ = 1,405 ist die adiabatische Schichtung mit d TjdH = - 0,98 grdjlOO m.
Diese Schichtung ist indifferent, weil eine Luftmenge, die um eine bestimmte
Höhe gehoben wird, sich dabei infolge der Expansion gerade so viel abkühlt, wie
es der Temperaturabnahme mit der Höhe entspricht. Das Luftvolumen hat
also gerade die Temperatur seiner neuen Umgebung und ist damit in jeder Höhe
im indifferenten Gleichgewicht. Negative Temperaturgradienten, deren Betrag
größer als 0,98 grd/lOO m ist, bedeuten instabile Schichtung.
8 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

Damit errechnet sich der polytropische Exponent nach GI. (1,10) zu


n = 1,235.
Die hiermit errechneten Werte von Temperatur, Druck und Dichte
sind in Tab. 1.1 angegeben und in Abb. 1.2 über der Höhe H auf-
getragen.
Die angege benen Formeln gelten bis zu einer Höhe von
H ~ 11 000 m. Für größere Höhen rechnet man mit einer isothermen
Atmosphäre. Auch diese Werte sind in Tab. 1.1 und Abb. 1.2 mit
angegeben. Ausführlichere und genauere Zahlenangaben findet man in
dem umfangreichen Tabellenwerk der ICAO-Standard-Atmosphäre [1].
Tabelle 1.1. Temperatur T bzw. t, Druck p, Dichte (], Schallgeschwindigkeit a und
kinematische Zähigkeit v in Abhängigkeit von der Höhe H der ICAO-Standard-
Atmosphäre (nach [1]). Es ist t = T - 273 0

0 288 15,0 1,0000 110332 1,0000 0,1249 340 14,6


1 281,5 8,5 0,8870 9165 0,9075 0,1134 337 15,8
2 275 2,0 0,7846 8106 0,8216 0,1026 333 17,2
3 268,5 - 4,5 0,6919 7149 0,7421 0,0927 329 18,6
4 262 -11,0 0,6083 6286 0,6687 0,0835 325 20,3
5 255,5 -17,5 0,5331 5508 0,6009 0,0751 321 22,1
6 249 -24,0 0,4656 4811 0,5385 0,0673 317 24,2
7 242,5 -30,5 0,4052 4187 0,4812 0,0601 312 26,5
8 236 -37,0 0,3513 3630 0,4287 0,0536 308 29,0
9 229,5 -43,5 0,3034 3135 0,3807 0,0476 304 31,9
10 223 -50,0 0,2609 2696 0,3369 0,0421 300 35,2
11 216,5 -56,5 0,2234 2308 0,2971 0,0371 295 38,9
12 216,5 -56,5 0,1908 1971 0,2537 0,0317 295 45,6
13 216,5 -56,5 0,1629 1684 I 0,2167 0,0271 295 53,4
14 216,5 -56,5 0,1392 1438 0,1851 0,0231 295 62,5
15 216,5 -56,5 0,1189 1228 0,1581 0,0197 295 73,2
16 216,5 -56,5 0,1015 1049 0,1350 0,0169 295 85,7
17 216,5 -56,5 0,0867 896 0,1153 0,0144 295 100,3
18 216,5 -56,5 0,0741 765 0,0985 0,0123 295 117,5
19 216,5 -56,5 0,0633 I 654 0,0841 0,0105 295 137,.5
20 I 216,5 I -56,5 0,0540 I 558 I 0,0719 I 0,0090 I 295 I 161,0

1.23 Kompressibilität
Ein Maß für die Kompressibilität einer Flüssigkeit oder eines Gases
ist der sog. Volumen-Elastizitätsmodul E, welcher durch die Gleichung
LJp = - E ---v
LlV
(1,14)
definiert ist. Dabei bedeutet LI VI V die relative Volumen änderung,
welche durch eine Druckerhöhung Llp hervorgerufen wird. Für die
tropfbaren Flüssigkeiten ist die Kompressibilität außerordentlich ge-
1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 9

ring. So ist z. B. für Wasser E = 20000 kg/cm 2 , d. h., es wird durch


eine Druckerhöhung von einer Atmosphäre, Llp = 1 kg/cm 2, eine
relative Volumenänderung von LI V/V = 1/20000 = 0,05%0 hervor-
gerufen. Ähnliches gilt für alle anderen tropfbaren Flüssigkeiten.
Wegen dieser sehr geringen Kompressibilität können die tropfbaren
Flüssigkeiten für Strömungsvorgänge meist als inkompressibel an-
gesehen werden. Demgegenüber ist die Kompressibilität der Gase
durchweg wesentlich größer. Nach der isothermen Zustandsgleichung
des idealen Gases gilt für die durch eine Druckänderung Llp hervor-
+ +
gerufene Volumenänderung LI V die Beziehung (p LI p) (V LI V) = p V
und somit:
(1,15)

Durch Vergleich mit GI. (1,14) erkennt man, daß für ein Gas der
Elastizitätsmodul gleich dem Druck im Ausgangszustand ist. Für Luft
im Normalzustand (Druck gleich eine Atmosphäre, Temperatur gleich
0° C) ist somit E = 1 kg/cm 2 • Luft ist im Normalzustand also
20000mal so stark kompressibel wie Wasser.
Ob nun für Strömungen von Luft die Kompressibilität berück-
sichtigt werden muß, hängt davon ab, ob die durch den Strömungs-
vorgang hervorgerufenen Druckänderungen eine merkliche Volumen-
änderung hervorbringen oder nicht. Statt der Volumenänderung LI V
können wir auch die Dichteänderung Lle abschätzen. Wegen der Er-
haltung der Masse gilt (V + LI V) (e + Lle) = Ve und somit Lle/!!
= -LI V/V, so daß man GI. (1,15) in der Form schreiben kann:
A LI 0
LJP = E - - . (1,16)
e
Eine Strömung kann mit guter Näherung als inkompressibel behandelt
werden, solange die relative Dichteänderung sehr klein bleibt, Lle/e~ 1.
Nun ist die mit einer Strömung verbundene Druckänderung Llp, wie
man aus der BERNOULLlschen Gleichung für inkompressible Strömung
p + ew 2 /2 = const (w = Strömungsgeschwindigkeit) weiß, von der
Größenordnung q = (e/2) w 2 • Damit erhält man aus GI. (1,16) für die
relative Dichteänderung die Abschätzung:
Lle Llp e w2
-e- = -T = 2 E' (1,17)

Falls also die durch die· Strömung verursachte relative Dichteände-


rung Lle/e <{:: 1 sein soll, so kommt dies nach GI. (1,17) darauf hinaus,
daß q/E<{:: 1 sein muß. Wir haben somit das Ergebnis, daß die Strö-
mungen von Gasen mit guter Näherung als inkompressibel behandelt
werden können, wenn der Staudruck q sehr klein ist im Vergleich mit dem
Elastizitätsmodul.
10 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

Wir können dieses Ergebnis auch noch etwas anschaulicher aus-


drücken, wenn wir die Schallgeschwindigkeit a des Gases einführen.
Nach der LAPLAcEschen Formel für die Schallgeschwindigkeit! ist

a2
E
-- ---
ap (1,18)
- (! - d(]'

wobei p = p(e) die Zustandsgleichung des Gases bedeutet. Damit


kann man die Bedingung Je/e ~ 1 nach GI. (1,17) auch in der Form
schreiben:
~~ ~ -.!.- (~)2 ~ l.
(] 2 a

Man nennt das hier auftretende Verhältnis von Strömungsgeschwindig-


keit w zu Schallgeschwindigkeit a die Machsche Zahl
Ma=~. (1,19)
a

Die Kompressibilität des Gases kann somit auch bei Strömungen von
Gasen vernachlässigt werden, falls

~ Ma 2 ~ 1, (näherungsweise inkompressibel) (1,20)

d. h., falls die MAcHsche Zahl klein bleibt gegen Eins, oder mit anderen
Worten, falls die Strömungsgeschwindigkeit klein ist gegen die Schall-
geschwindigkeit. Die durch die Strömung verursachte relative Dichte-
änderung ist nach GIn. (1,17) und (1,18) näherungsweise

(1,21)

Den Zahlenwert der Schallgeschwindigkeit erhält man, wenn man in


die LAPLAcEsche Formel GI. (1,18) die adiabatische Zustandsgleichung
GI. (1,4) einführt. Wegen dp/de = xp/e ergibt sich

a= V x : = Vx g R T , (1,22)

wenn man noch für p!e den Wert nach der Zustandsgleichung des
idealen Gases, GI. (1,1), einführt. Wir haben also die einfache Bezie-
hung, daß die Schallgeschwindigkeit der Wurzel aus der absoluten
Temperatur proportional ist.
Für Luft ergibt sich für die Normalatmosphäre in Bodennähe mit
T o = 288 0 K, mit x = 1,40 und mit dem Zahlenwert der Gaskon-
stanten R nach GI. (1,2) für die Schallgeschwindigkeit in Bodennähe :
a o = 340m/s.

1 Diese Formel wird hergeleitet in Kap. IU, vgl. GI. (3,13)


1.2 Physikalische Eigenschaften der Luft 11

'Wegen der Abnahme der Temperatur mit der Höhe nimmt auch die
Schallgeschwindigkeit mit der Höhe ab. Die nach GI. (1,22) für die Schall-
,geschwindigkeit a in verschiedenen Höhen errechneten Werte sind
in Tab. 1.1 und in Abb. 1.2 mit angegeben. In 10 km Höhe beträgt
die Schallgeschwindigkeit nur noch 300 m/s. Zur gleichen Fluggeschwin-
digkeit w gehört somit in 10 km Höhe eine um rund 10% höhere MAcHsehe
Zahl als in Bodennähe, was für die Beurteilung der aerodynamischen
Eigenschaften eines Flugzeuges bei Fluggeschwindigkeiten nahe der
Schallgeschwindigkeit wichtig ist.
Die relative Dichteänderung wird für eine Fluggeschwindigkeit
von w = 500 km/h = 139 m/s, also für eine MAcHsche Zahl in Boden-
nähe von Ma = 139/340 = 0,4 nach GI. (1,21) rund L1 eil? = 0,08. Diese
Fluggeschwindigkeit kann etwa als die obere Grenze angesehen
werden, bis zu welcher die Luftströmung mit einigermaßen guter An-
näherung als inkompressibel angenommen werden kann. Da diese Flug-
geschwindigkeit seit langem erheblich überschritten wurde, ergibt sich
hieraus, daß die Kompressibilitätseinflüsse in der heutigen Flugzeug-
Aerodynamik keinesfalls mehr vernachlässigt werden können. Sie
spielen vielmehr eine ganz ausschlaggebende Rolle, so daß es erforder-
lich ist, den kompressiblen Strömungen im folgenden erhebliche Auf-
merksamkeit zu schenken.

1.24 Zähigkeit
Bei den Strömungen einer reibungslosen Flüssigkeit treten zwischen
den sich berührenden Schichten keine Tangentialkräfte (Schubspan-
llungen), sondern nur Normalkräfte (Drücke) auf. Die Theorie der
Strömungen der reibungslosen, inkompressiblen Flüssigkeit (ideale
Flüssigkeit) ist mathematisch sehr weit entwickelt worden und liefert in
vielen Fällen auch eine befriedigende Beschreibung der wirklichen Strö-
mungen, wie Z. B. bei der Wellenbewegung von Flüssigkeit oder bei
der Berechnung des Auftriebes eines Tragflügels bei mäßigen Flug-
geschwindigl;:eiten. Dagegen versagt die Theorie der idealen Flüssigkeit
völlig bei dem Problem der Berechnung des Widerstandes eines Körpers.
Sie lieferi hier die Aussage, daß ein Körper, der sich gleichförmig durch
Bine unendlich ausgedehnte Flüssigkeit bewegt, keinen Widerstand er-
fährt (D 'ALEMBERTsches Paradoxon). Dieses unannehmbare Ergebnis
der Theorie der idealen Flüssigkeit ist darauf zurückzuführen, daß
in den wirklichen Flüssigkeiten sowohl zwischen den Schichten im
Innern als auch zwischen der Flüssigkeit und der be strömten Wand
außer den Normalkräften auch Tangentialkräfte übertragen werden.
Diese Tangential- oder Reibungskräjte der wirklichen Flüssigkeiten hän-
gen mit einer Eigenschaft zusammen, die man als die Zähigkeit der
Flüssigkeit oder des Gases bezeichnet.
12 I. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

Das Wesen der Zähigkeit eines strömenden Mediums kann man sich
am einfachsten durch den folgenden Versuch klarmachen:
Wir betrachten die Strömung zwischen zwei sehr langen parallelen
ebenen Platten, von denen die eine in Ruhe ist, während die andere
mit der konstanten Geschwindigkeit U in ihrer eigenen Ebene bewegt
wird (Abb. 1.3). Der Raum zwischen den beiden Platten sei mit dem
u strömenden Medium gefüllt. Der
;;W!~-- Plattenabstand sei h, und der
~ Druck sei in dem ganzen Raum
konstant. Aus dem Versuch er-
hält man die Aussage, daß das
f - - - - - , / u(yJ
y strömende Medium an den beiden
Platten haftet, so daß an der
%~W%~~~~~»;;;//%?'~~~~0. unteren Platte die Geschwindig-
Abb. 1.3. Geschwindigkeitsverteilung einer zähen keit des strömenden Mediums
Flüssigkeit zwischen zwei parallelen ebenen gleich Null ist, während sie an
Wänden (Scherströmung)
der oberen Platte mit der Platten-
geschwindigkeit U übereinstimmt (Hajtbedingung). Ferner herrscht
zwischen den Platten eine lineare Geschwindigkeitsverteilung. Somit ist
die Strömungsgeschwindigkeit dem Abstand y von der unteren Platte
proportional, und es gilt:
u(y) = i U. (1,23)

Um diesen Bewegungszustand aufrechtzuerhalten, muß an der oberen


Platte eine Tangentialkraft in der Bewegungsrichtung angreifen, die
den Reibungskräften der Flüssigkeit das Gleichgewicht hält. Nach den
Versuchsergebnissen ist diese Kraft (genommen pro Einheit der Platten-
fläche) proportional zur Geschwindigkeit U der oberen Platte und
umgekehrt proportional dem Plattenabstand h. Die Reibungskraft pro
Flächeneinheit (Reibungsschubspannung) 7: ist somit proportional U jh.
wofür nach GI. (1,23) auch der Geschwindigkeitsgradient du{dy ge-
setzt werden kann. Der Proportionalitätsfaktor zwischen 7: und dujdy,
der mit f1, bezeichnet wird, hängt von der Natur des strömenden Mediums
ab. Er ist klein für alle Gase und für die sog. "leichtflüssigen" tropfbaren
Flüssigkeiten wie Wasser und Alkohol, dagegen groß für die sog. "sehr
zähen" Flüssigkeiten wie Öl und Glyzerin. Wir haben somit das Ele-
mentargesetz der Flüssigkeitsreibung in der Form:
au
7: = f1, dY' (1,24)

Die Größe f1, heißt das Zähigkeitsmaß oder die dynamische Zähigkeit
der Flüssigkeit oder des Gases. Sie ist eine vom Druck fast unabhängige,
aber von der Temperatur stark abhängige Materialkonstante. Das durch
1.3 Ähnlichkeitsgesetze der Strömungen 13

GI. (1,24) gegebene Reibungsgesetz heißt das Newtonsche Reibungs-


gesetz. Die GI. (1,24) kann als Definitionsgleichung für den Zähigkeits-
beiwert ß aufgefaßt werden. Die physikalische Dimension des Zähigkeits-
beiwertes kann aus GI. (1,24) sofort abgelesen werden. Die Schubspan-
nung hat die Dimension [kgjm2] und der Geschwindigkeitsgradient
dujdydie Dimension [S-l]. Somit hat man für die Dimension des Zähig-
keitsbeiwertes : [kgs]
!t = llJ:2 .
Bei allen Strömungen, bei denen die Reibungskräfte mit den Trägheits-
kräften zusammenwirken, spielt der Quotient aus der Zähigkeit ß und
der Dichte (2 eine wichtige Rolle, der als kinematische Zähigkeit v
bezeichnet wird:
v =.!!...-. (1,25)
(}

Die kinematische Zähigkeit v hat die Dimension [m 2js].


Zahlenwerte: Sowohl für die tropfbaren Flüssigkeiten als auch für
die Gase ist die dynamische Zähigkeit ß nahezu unabhängig vom Druck.
Die dynamische Zähigkeit ß nimmt bei tropfbaren Flüssigkeiten mit
steigender Temperatur stark ab, während sie bei Gasen etwas zunimmt.
Einige Zahlenwerte für die Dichte (2, die dynamische Zähigkeit ß und
die kinematische Zähigkeit v von Wasser und Luft in Abhängigkeit
von der Temperatur bei konstantem Druck sind in Tab. 1.2 (S. 18) an-
gegeben. Für die flugtechnischen Anwendungen interessieren die Werte
von v für Luft auch in Abhängigkeit von der Höhe; diese sind in
Tab. 1.1 mit angegeben. Die kinematische Zähigkeit v nimmt in der At-
mosphäre mit der Höhe erheblich zu, weil die Dichte (2 stark abnimmt.
Diese Abhängigkeit ist in Abb. 1.2 dargestellt.

1.3 Ähnlichkeitsgesetze der Strömungen


Sowohl für die Theorie der Strömungen als auch für das ausgedehnte
Versuchswesen der Strömungsmechanik spielt die Frage der mecha-
nischen Ähnlichkeit zweier Strömungen eine grundlegende Rolle. Es
handelt sich dabei um die Frage, unter welchen Bedingungen die Strö-
mungen irgendwelcher Flüssigkeiten (oder Gase) mit verschiedenen
physikalischen Eigenschaften um zwei geometrisch ähnliche Körper
zueinander geometrisch ähnlich sind, d. h., wann sie einen geometrisch
ähnlichen Verlauf der Stromlinien haben. Wir nennen solche Str'ö-
mungen mit geometrisch ähnlicher Begrenzung und geometrisch ähn-
lichen Stromlinienbildern mechanisch ähnliche Strömungen. Nur für
mechanisch ähnliche Strömungen kann man aus der Kenntnis der
Strömung um den ersten Körper, die theoretisch oder experimentell
erhalten sein möge, Rückschlüsse ziehen auf die Strömung um den
-zweiten geometrisch ähnlichen Körper. Damit die Strömungen um zwei
14 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

geometrisch ähnliche Körper (z. B. zwei Kugeln) bei verschiedenem


strömendem Medium, verschiedener Geschwindigkeit und verschiedener
Größe der Körper mechanisch ähnlich sind, muß offenbar die Be.
dingung erfüllt sein, daß in allen ähnlich gelegenen Punkten die auf
ein Volumen~lement wirkenden Kräfte in gleichem Verhältnis zuein-
ander stehen.
Wir betrachten zunächst den Fall einer kompressiblen, reibungslosen
Flüssigkeit. In diesem Fall wirken auf das Volumenelement außer der
Trägheitskraft nur die elastischen Kräfte, wenn wir ein homogenes
Medium zugrunde legen und von freien Oberflächen absehen, so daß
die Schwerkraft keine Rolle spielt. Damit die Strömungen mechanisch
ähnlich sind, muß in diesem Fall offenbar die durch die elastischen
Kräfte verursachte relative Volumenänderung beider Strömungen
gleich sein. Dies führt nach GI. (1.21) zu der Forderung, daß für beide
Strömungen die MAcHsche Zahl als das Verhältnis von Strömungs-
geschwindigkeit zu Schallgeschwindigkeit gleich sein muß. Dies ist
das Machsche Ähnlichkeitsgesetz. Die MAcHsche Zahl Ma = wja ist somit
eine erste wichtige dimensionslose Kennzahl für Strömungsvorgänge. Da
die Kompressibilitätseffekte, wie oben ausgeführt, erst für MACH-
Zahlen Ma> 0,4 merklich werden, braucht das MAcHsche Ähnlich-
keitsgesetz offenbar erst oberhalb dieser Grenze berücksichtigt zu
werden. Die Strömungsgesetze einer inkompressiblen Flüssigkeit kön-
nen wir hiernach auch auffassen als diejenigen für sehr kleine MACH-
Zahlen, als den Grenzfall Ma -3>- 0.
Weiterhin betrachten wir jetzt den Fall einer inkompressiblen,
reibungsbehafteten Flüssigkeit. In diesem Fall wirken am Volumen-
element nur Trägheits- und Reibungskräfte. Die Bedingung der mecha-
nischen Ähnlichkeit ist dabei erfüllt, wenn an den ähnlich gelegenen
Volumenelementen Trägheits- und Reibungskraft in gleichem Verhältnis
zueinander stehen. Für eine Strömung, die sich mit der Zeit nicht
ändert (stationäre Strömung), kommt eine zeitliche Änderung d~r
Geschwindigkeit eines Flüssigkeitsteilchens allein durch seine Ortsände-
rung zustande. Es gilt z.B. dujdt = (aujax) (dxjdt) = uau/ax, wobei
aula x die Geschwindigkeitsänderung längs der Koordinate x bedeutet.
Die Trägheitskraft pro Volumeneinheit ist somit (}Uaujax.
Die Reibungskraft läßt sich leicht aus dem NEwToNschen Reibungs-
gesetz GI. (1,24) ableiten. Für ein Volumenelement, dessen x-Richtung
mit der Bewegungsrichtung zusammenfällt, beträgt nach Abb. 1.4
die Resultierende der Schubkräfte:
(r + ;;- dy)dxdz - rdxdz = ;~ dxdydz.
Die Reibungskraft pro Volumeneinheit ist somit arjay, was nach
GI. (1,24) gleich fl a 2 uja y 2 ist.
1.3 Ähnlichkeitsgesetze der Strömungen 15

Damit wird die Bedingung der mechanischen Ähnlichkeit, nämlich


daß in allen ähnlich gelegenen Punkten das Verhältnis der Trägheits-
kraft zur Reibungskraft konstant sein muß, erfüllt, wenn
au
Trägheitskraft _
- eu 7iX = const.
---;;-;;--
Reibungskraft a2 u
ft a y2

Wir haben jetzt zu überlegen, wie sich diese Kräfte ändern, wenn sich
die charakteristischen Größen der Strömung ändern, nämlich die
Dichte e, die Zähigkeit tt, die Anströmungsgeschwindigkeit w und eine

7:+ : ; dy
.7""'--1_...

:::-:..------- ..........
dx----t'

Abb. 1.4. Reibungskräfte am Volumenelement bei einer Seherströmung u (1/)

kennzeichnende Längenabmessung des Körpers, die mit l bezeichnet


werden möge. Die Geschwindigkeit u in irgendeinem Punkt des Strö-
mungsfeldes ist proportional zur Anströmungsgeschwindigkeit w, der
Geschwindigkeitsgradient oujox ist proportional zu wjl und ebenso ist
o2ujoy2 proportional zu wjl2. Damit wird das Verhältnis von Trägheits-
zu Reibungskraft :
Trägheitskraft e w21l ew l
Reibungskrait = ft w/l2 = -ft- .
Die mechanische Ähnlichkeit der beiden Strömungen ist also erfüllt,.
wenn die Größe e wljtt für beide Strömungen den gleichen Wert hat.
Diese Größe, die mit ttje = v nach GI. (1,25) auch in der Form wljv ge-
schrieben werden kann, ist als der Quotient zweier Kräfte eine dimen-
sionslose Zahl; sie heißt die Reynoldssche Zahl Re. Bei inkompressibler,
reibungsloser Flüssigkeit ist also mechanische Ähnlichkeit vorhanden,
wenn die REYNoLDssche Zahl
(1,26}
16 1. Einführung und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre

für beide Strömungen gleich ist. Dieses Gesetz wurde von ÜSBORNE
REYNOLDS im Jahre 1883 bei der Untersuchung der Strömung in
Rohren gefunden und heißt nach ihm das Reynoldssche Ähnlichkeits-
gesetz.
Einige praktisch besonders wichtige Flüssigkeiten und Gase, wie
z. B. Wasser und Luft, haben einen sehr kleinen ZähigKeitsbeiwert v,
vgl. Tab. 1.2. Bei einigermaßen großen Geschwindigkeiten und Körper-
2,2r--,--~-,---,--,-~--,--,---:--'--,~

2, 0 e---+---+--+

1,8 f----+--C-

1,6e---+---+-----+--_t_
1, 4e---+----t---t---+_-

11,2
~ 1,0f-- --+--t--

0,8 -

0,6

+-!---f----I
0,4

-i-------+--+---
I I I
o 400 600 800 1000 1600 1800 2000 km/h 2400

Abb.1.5
Die Jl-IAcHsche Zahl Ma in Abhängigkeit von der Fluggeschwindigkeit w und der Flughöhe H

abmessungen, wie sie bei den meisten technischen Anwendungen, ins-


besondere in der Flugtechnik, vorliegen, ist für solche "Flüssigkeiten
kleiner Reibung" die REYNoLDs-Zahl sehr groß. Dies bedeutet physika-
lisch, daß in solchen Fällen die Reibungskräfte sehr viel kleiner sind als
die Trägheitskräfte. Der reibungslosen Flüssigkeit (y -+ 0) entspricht
der Grenzfall Re -+ 00. Die Strömungsgesetze der Flüssigkeiten mit
kleiner Reibung stimmen in vielen Fällen recht gut mit denen der
reibungslosen Flüssigkeit überein. Andererseits darf jedoch in vielen
Fällen selbst eine sehr kleine Zähigkeit in der Theorie nicht vernach-
lässigt werden (Grenzschicht-Theorie).
Für eine reibungsbehaftete, kompressible Flüssigkeit erfordert die
mechanische Ähnlichkeit die gleichzeitige Erfüllung des MAcHschen und
des REYNoLDsschen Ähnlichkeitsgesetzes, was bei experimentellen
Untersuchungen sehr schwierig zu verwirklichen ist.
Das MAcHsche Ähnlichkeitsgesetz und das REYNoLDssche Ähn-
lichkeitsgesetz beherrschen maßgeblich die ganze theoretische und ex-
1.3 Ähnlichkeitsgesetze der Strömungen 17
perimentelle Strömungsmechanik und insbesondere auch die Strö-
mungsgesetze der Flugtechnik. Um die in der Aerodynamik des Flug-
zeuges vorkommenden MAcH-Zahlen und REYNoLDs-Zahlen bequem
zu übersehen, sind die Diagramme von Abb. 1.5 und Abb. 1.6 berechnet
worden, welche diese beiden dimensionslosen Kennzahlen in Abhängig-
keit von d~r Fluggeschwindigkeit und der Flughöhe darstellen.
Nach Abb. 1.5 nimmt bei konstanter Fluggeschwindigkeit die MACH-
Zahl mit wachsender Höhe zu, weil die Schallgeschwindigkeit mit der
Höhe abnimmt, wie bereits in Tab. LI angegeben wurde. Die Abb. 1.6
für die REYNoLDs-Zahl ist für
die Bezugslänge l = I m an-
gefertigt worden. Unter list
die Rumpflänge oder Flügel-
tiefe oder Leitwerkstiefe zu
verstehen. Die abgelesenen
Re-Zahlen sind deshalb mit
dem Faktor zu multiplizieren,
welcher dem Wert der Bezugs-
länge l in m entspricht. Weil
die kinematische Zähigkeit 'V
2* t
M~--+---+--Ahh~~~~~~m
mit wachsender Höhe erheb- ~I ...
<0
lich zunimmt, vgl. Tab. LI,
~ ~r---t---~~~~~,L74~~
nimmt die Re-Zahl bei kon-
stanter Fluggeschwindigkeit
mit wachsender Höhe stark
ab, was besonders für den
Widerstand des Flugzeuges
von Bedeutung ist.

In den nachfolgenden Ka-


1600 ZfKJO
piteln über die Grundlagen
der Strömungslehre werden Die REYNOLDSSche Zahl Abb. 1.6
Re in Abhängigkeit von der
wir zunächst. die Strömungs- Fluggeschwindigkeit w und der Flughöhe H
gesetze der reibungslosen, in-
kompressiblen (idealen) Flüssigkeit behandeln (Kap. II). Dieses ent-
spricht dem Grenzfall Ma -+ 0 und gleichzeitig Re -+ 00. Danach be-
handeln wir die kompressiblen, reibungslosen Strömungen (Kap.III),
also den Einfluß der Kompressibilität (MAcH-Zahl-Einfluß), wobei noch
der Einfluß der Zähigkeit vernachlässigt wird, Re -+ 00. Anschließend
folgen die inkompressiblen, reibungsbehafteten Strömungen (Kap. IV),
d. i. der Einfluß der Zähigkeit (Re- Zahl) bei Ma-+ O. Der allgemeine Fall
eines strömenden Mediums, das gleichzeitig kompressibel und reibungs-
behaftet ist, bei dem also sowohl die MAcH-Zahl Ma als auch die
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 2
18 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

REYNoLDs-Zahl Re maßgeblich ist, ist so schwierig, daß die Theorie


hierfür bisher nur ganz vereinzelte Ergebnisse geliefert hat. Wir werden
diesen Fall in Kap. IV kurz streifen.
Die Flugzeug-Aerodynamik ist in der glücklichen Lage, für viele
Probleme, insbesondere die des Auftriebes, die ideale Flüssigkeit zu-
grunde legen zu können, deren Strömungsgesetze sehr viel einfacher
sind als diejenigen der kompressiblen und der reibungsbehafteten
Flüssigkeit. Aus diesem Grunde erscheint es berechtigt, der Theorie
der idealen Flüssigkeit in dem vorliegenden Buch über Flugzeug-
Aerodynamik einen verhältnismäßig breiten Raum zu widmen. Hinzu
kommt aber noch, daß die Einflüsse der Kompressibilität (MAcHsche
Zahl) und der Zähigkeit (REYNoLDssche Zahl) auf die Strömungsvor-
gänge in vielen Fällen nur dann verständlich sind, wenn man zuvor die
entsprechende Aufgabe für die ideale Flüssigkeit gelöst hat.
Tabelle 1.2. Dichte e, dynami8che Zähigkeit f.l und kinemati8che Zähigkeit v von
Wa88er und Luft in Abhängigkeit von der Temperatur bei kon8tantem Druck
Luft
p = 760 mm Hg Wasser
t
i I' . 10' I' • 10'
• ·10' v·10'
II
Q Q
[OC] [kgs'jm']
I [kgs/m'] I [m'js] [kgs'jm'] [kgsjm"
I [m'js]

- 50 0,161 1,49 9,3 - - -


- 20 0,142 1,59 11,3 - - -
- 10 0,137 1,65 12,1 - - -
0 0,132 1,71 13,0 101,9 183 1,80
+ 10 0,127 1,77 13,9 101,9 133 1,30
+ 20 0,123 1,83 14,9 101,7 103 1,01
+ 40 0,114 1,95 17,0 101,1 66,8 0,661
+ 60 0,108 2,07 19,2 100,2 48,3 0,482
+ 80 0,101 2,19 21,7 99,1 36,4 0,368
+100 0,096 2,33 24,5 97,8 28,9 0,296
I

Literatur
[1] Standard Atmosphere-Tables and Data for Altitudes to 65800 feet. - [ICAO
Standard Atmosphere] NACA Report No. 1235 (1955).

11. Inkompressible reibungslose Strömungen


(Hydrodynamik)
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen
Die Betrachtungen des vorigen Kapitels über die physikalischen
Eigenschaften Zähigkeit und Kompressibilität der Flüssigkeiten und
Gase geben bereits den Hinweis, daß die Bewegungsgesetze sich
erhe blich vereinfachen, wenn man bezüglich dieser physikalischen
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 19

Eigenschaften gewisse vereinfachende Annahmen einführt. Die Ver-


nachlässigung der Kompressibilität führt zur inkompressiblen Flüssig-
keit. Werden darüber hinaus auch noch die Zähigkeitskräfte ver-
nachlässigt, so erhält man die reibungslose, inkompressible Flüssigkeit,
die auch als ideale Flüssigkeit bezeichnet wird. Die Bewegungs-
gesetze dieser idealen Flüssigkeit sind erheblich einfacher als diejenigen
der inkompressiblen Flüssigkeit mit Reibung sowie die der kom-
pressiblen Flüssigkeit. Um vom Einfachen zum Schwierigeren auf-
zusteigen, werden wir in den folgenden Kapiteln nacheinander die
Strömungsgesetze der idealen, also inkompressiblen und reibungslosen,
Flüssigkeit behandeln (Kap. II), danach die Strömungen eines kom-
pressiblen, reibungslosen Mediums (Kap. III) sowie schließlich die Strö-
mungen eines zähen inkompressiblen und kompressiblen Mediums
(Kap. IV). Für sämtliche Arten von Strömungen gelten jedoch gewisse
allgemeine Gesetze, die im wesentlichen geometrischer Natur sind, und
die hier als Kinematik der Flüssigkeitsbewegung vorweg behandelt
werden mögen.

2.11 Darstellungsmethoden

Um eine Flüssigkeitsbewegung rein geometrisch zu beschreiben, ist


eine Verknüpfung der geometrischen Lagebeziehungen mit der Zeit
erforderlich. Hierbei sind grundsätzlich zwei Methoden möglich. Bei
der ersten Methode, die an den Namen von LAGRANGE anknüpft, geht
man von der Frage aus: Was geschieht mit den einzelnen Flüssigkeits-
teilchen im Verlaufe der Zeit, welche Bahnen beschreiben sie, und
welche Geschwindigkeiten und Beschleunigungen erfahren sie bei der
Bewegung auf ihrer Bahn 1 Diese sog. substantielle Betrachtungsweise nach
LAGRANGE, bei der also das Schicksal der einzelnen Flüssigkeitsteilchen
verfolgt wird, erweist sich bei der Durchführung als recht umständlich
und schwierig. Sie hat deshalb keine praktische Anwendung gefunden.
Auf die individuelle Behandlung des einzelnen Flüssigkeitsteilchens
kann durchweg verzichtet werden, da es sich, wenigstens bei homogenen
Flüssigkeiten, durch nichts von den übrigen unterscheidet. In den mei-
sten Fällen genügt es, den Strömungszustand und seine Veränderung
mit der Zeit in jedem Raumpunkt zu kennen. Dies ist die lokale Betrach-
tungsweise nach EULER. Bei der EULERschen Methode lautet also die
Fragestellung : Was geschieht zu einer bestimmten Zeit t an den ein-
zelnen Raumpunkten r des von Flüssigkeit erfüllten Raumes? Die
Geschwindigkeitsvektoren ttJ in den einzelnen Raumpunkten r zu ver-
schiedenen Zeiten t geben das Geschwindigkeitsfeld, welches beschrieben
wird durch
ttJ = j(r ,tl. (2,1)
2*
20 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Nach Einführung der rechtwinkligen Ortskoordinaten durch


t = ix + i y +fz (2,2)
und der rechtwinkligen Geschwindigkeitskomponenten durch
+jv +fw

I
\tJ = iu (2,3)
läßt sich das Geschwindigkeitsfeld beschreiben durch die Gleichungen:

u. = fl(X, y, z, t),
v = f2(X, y, z, t), (2,4)
w = f3(X, y, z, t).
Eine Bewegung, bei welcher
in einem festgehaltenen Raum-
punkt eine oder mehrere Ge-
a schwindigkeitskomponenten von
der Zeit abhängig sind, heißt
instationär. Oft liegt der Fall vor,
daß in jedem Raumpunkt die Ge-
schwindigkeit zeitlich konstant
ist, d. h: daß in den GI. (2,4)
die Zeit nicht explizit vorkommt.
Diese Gleichungen vereinfachen
sich dann zu:
u = fl(X, y, z),
v = f2(X, y, z), (2,5)

b w = f3(X, y, z).
Eine solche Bewegung heißt
Abb. 2.1. Stationäre und instationäre Strömung
um einen Körper
stationär.
a) Die Strömung ist stationär für das körper/este
Koordinatensystem, in welchem der Körper Die Eigenschaft stationär
mit der Geschwindigkeit U oo angeströmt wird
oder instationär ist nicht un-
b) Die Strömung ist instationär für das /lüssig-
keits/este Koordinatensystem, in welchem der
bedingt ein physikalisch wesent-
Körper mit der Geschwindigkeit uoo durch
die ruhende Flüssigkeit gesohleppt wirdliches Merkmal einer Strömung.
Es kann nämlich unter Um-
ständen die gleiche Strömung stationär oder instationär sein, je nach-
dem, von welchem Koordinatensystem aus sie betrachtet wird. Nehmen
wir als Beispiel die Strömung um einen Kreiszylinder nach Abb. 2.1.
Wird der Kreiszylinder mit der konstanten Geschwindigkeit U oo
parallel zur x-Achse angeströmt, so ist dies, von dem körperfesten Ko-
ordinatensystem nach Abb. 2.1 a aus betrachtet, ein stationärer Strö-
mungsvorgang, da in diesem Koordinatensystem die Geschwindigkeit
in jedem Raumpunkt nach Größe und Richtung konstant ist. Physika-
lisch der gleiche Strömungsvorgang liegt vor, wenn der Kreiszylinder
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 21

mit der konstanten Geschwindigkeit U oo durch die ruhende Flüssigkeit


geschleppt wird. Betrachtet man diesen letzteren Vorgang von einem
mit der ruhenden Flüssigkeit verbundenen Koordinatensystem, so erhält
man eine Bewegung nach Abb. 2.1 b. Diese ist offenbar instationär, da in
einem festgehaltenen Raumpunkt die Geschwindigkeit sehr klein ist,
solange der Körper weit entfernt ist, beim Vorbeiwandern des Körpers
aber vorübergehend große Werte annimmt.
Da eine stationäre Bewegung sich einfacher beschreiben läßt als
eine instationäre, wird man dort, wo die Möglichkeit dazu besteht, im-
mer das Koordinatensystem so wählen, daß die Bewegung stationär ist.

2.12 Dreidimensionale, zweidimensionale und eindimensionale


Bewegungen
Sind in einer Strömung sämtliche drei Geschwindigkeitskomponen-
ten von Null verschieden, so nennen wir die Bewegung dreidimensional.
Sie wird beschrieben durch die GI. (2,4) oder (2,5). Sind nur zwei Ge-
schwindigkeitskomponenten vorhanden, z. B. u und v, während im
ganzen Raum w = 0 ist, und sind überdies u und v von der dritten
Ortskoordinate z unabhängig, so hat man eine zweidimensionale oder
ebene Bewegung. Sie wird im stationären Fall beschrieben durch die
Gleichungen:

(2,6)

Eine solche zweidimensionale Bewegung liegt vor bei einem unendlich


langen Zylinder, der senkrecht zu den Erzeugenden angeströmt wird
wie in Abb. 2.1. Auch die Strömung um einen Flugzeugtragflügel, dessen
Breite (Spannweite) wesentlich größer ist als seine Tiefe, kann für
Schnitte, die weit von den Enden entfernt liegen, näherungs weise als
eben angesehen werden.
Eine Strömung heißt eindimensional, wenn nur eine Geschwindig-
keitskomponente von Null verschieden ist. Diese ist dann auch nur von
einer Orts koordinate abhängig, also
u = 1l(x); V = 0; w == o. (2,7)
Dieser Fall liegt näherungsweise vor bei einer Rohrströmung mit längs
des Rohres veränderlichem Rohrquerschnitt, wenn x dabei die Koordi-
nate längs des Rohres und u die über den Rohrquerschnitt gemittelte
Geschwindigkeit bedeutet. Bei genauerer Betrachtung ist aber bei der
Rohr- und Kanalströmung die axiale Geschwindigkeitskomponente noch
mit der Querkoordinate y veränderlich. Auch sind bei nicht konstantem
Rohrquerschnitt immer Querkomponenten der Geschwindigkeit vor-
22 Ir. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

handen. Die eindimensionale Beschreibung, die man auch "Stromfaden.


theorie" nennt, kann nur als eine erste sehr grobe Näherung gelten. Sie
vermag auf viele wichtige Fragen keine hinreichende Antwort zu geben.

2.13 Stromlinien und Stromröhren


Die Stromlinien sind ein geometrisches Hilfsmittel zur anschaulichen
Beschreibung einer Strömung, das wir in Abb. 2.1 schon stillschweigend
benutzt haben. In der lokalen EULERschen Betrachtungsweise wird
durch das Geschwindigkeitsfeld GI. (2,1) jedem Raumpunkt die Ge·
schwindigkeit nach Größe und Richtung zugeordnet. Wir definieren als
eine Stromlinie zu einem bestimmten Zeitpunkt diejenige Kurve, deren
Richtung in jedem Raumpunkt mit der dort vorhandenen Richtung des
Geschwindigkeitsvektors über-
einstimmt (Abb. 2.2). Die Strom-
linien ge ben somit Aufschluß über
die Geschwindigkeitsrichtungen
in jedem Raumpunkt. Bei einer
instationären Bewegung ändert
sich das System der Stromlinien
mit der Zeit, die Stromlinien
ge ben hier gleichsam ein Moment-
bild des augenblicklichen Strö-
mungszustandes. Man kann die
Abb. 2.2. Stromlinienbild einer ebenen Strömung.
Stromlinien sichtbar machen
Die Stromlinien y (x) sind die "Integralkurven" durch Aufstreuen eines Pulvers
des Richtungsfeldes des Geschwindigkeitsvek-
tors hJ auf die Wasseroberfläche. Hierbei
beschreibt jedes Teilchen einen
kurzen oder längeren Strich, je nach seiner Geschwindigkeit. Dies gibt
das Richtungsfeld der Stromlinien.
Die mathematische Gleichung einer Stromlinie ist in Vektorform,
wenn d i3 ein Linienelement der Stromlinie bedeutet,
(2,8)
In Komponentenform hat man wegen d i3 = i dx + j dy + f dz:
dx:dy:dz=u:v:w. (2,9)

Für eine ebene Strömung nach Abb. 2.2 lautet somit die Differential.
gleichung der Stromlinie y(x):
dy v
-;rx- = u' (2,9 a)
Bei der oben angedeuteten substantiellen Betrachtungsweise einer
Flüssigkeitsbewegung nach LAGRANGE, bei welcher das Schicksal eines
Flüssigkeitsteilchens verfolgt wird, erhält man Kenntnis von den
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 23

Kurven, die von dem Flüssigkeitsteilchen durchlaufen werden. Dieses


sind die Bahnkurven. Sie können sichtbar gemacht werden durch photo-
graphische Aufnahmen von langerer Dauer (Zeitaufnahmen) oder durch
Kennzeichnung bestimmter Flüssigkeitsteilchen, z. B. durch Farb-
beimischung. Im Falle der stationären Bewegung sind die Stromlinien
und Bahnlinien identisch, da in diesem Fall die Stromlinien ihre Lage
im Raum beibehalten, und infolgedessen ein Flüssigkeitsteilchen beim
Durchmessen einer Bahnlinie somit
gleichzeitig eine Stromlinie durchläuft.
Von der Stromlinie gelangt man
sofort zum Begriff der Stromröhre,
wenn man die sämtlichen Stromlinien
betrachtet, die durch eine geschlossene
Kurve gehen und somit eine röhren-
förmige Fläche bilden, die man auch
"Stromfläche" nennt Abb. 2.3. Zur
Veranschaulichung einer Strömung
darf man sich jede Stromröhre erstarrt
denken, d. h. als feste Wand betrachten,
ohne daß sich dadurch das Strömungs- Abb.2.3. Eine Stromröhre wird gebildet
von den Stromlinien durch eine ge-
bild ändert. Durch die Wandung einer schlosse ne Kurve
solchen Stromröhre fließt definitions-
gemäß keine Flüssigkeit hindurch. Es ist deshalb für jede Stromröhre
der flüssige Inhalt, d. h. die pro Zeiteinheit hindurchfließende Masse,
zeitlich konstant. Dies ist die Kontinuitätsbedingung für die Strom-
röhre.
2.14 Kontinuitätsgleichung
Die Kontinuitätsgleichung drückt für die strömende Flüssigkeit die
Bedingung der Erhaltung der Masse aus. Sie läßt sich besonders einfach
formulieren für die eindimensionale Bewegung längs einer Stromröhre,
bei welcher die Geschwindigkeit w über den Stromröhrenquerschnitt F
als konstant angenommen wird. Es ist dann F w die an einer Stelle der
Stromröhre pro Zeiteinheit durchfließende Menge und somit (! F w die
pro Zeiteinheit durchfließende Masse. Da durch die Wandung der
Stromröhre nichts hindurchfließt, muß dieser Massenfluß längs der
ganzen Stromröhre konstant sein. Somit lautet die Kontinuitätsglei-
chung für die eindimensionale Bewegung einer kompressiblen Flüssig-
keit:
(! F w = const. (2,10)
Für die inkompressible Flüssigkeit vereinfacht sie sich wegen der kon-
stanten Dichte, (! = const, zu
Fw = const. (2,11)
24 Ir. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Diese Gleichung gestattet es, aus dem Stromlinien bild sofort eine Aus-
sage über die Geschwindigkeit zu erhalten. Üblicherweise zeichnet man
für ebene Strömungen das Stromlinienbild so, daß jede Stromröhre
die gleiche Durchflußmenge besitzt. Damit ergibt sich aus GI. (2,11)
die Aussage, daß an den engen Stellen der Stromröhre (F klein)
die Geschwindigkeit groß ist und umgekehrt. Man hat also für eine
inkompressible Strömung die Regel, daß an den Stellen, wo die
Stromlinien sich verengen, die Geschwindigkeit in Strömungsrichtung
zunimmt und dort, wo ,sie sich erweitern, die Geschwindigkeit ab-
nimmt. Für kompressible Strömungen gilt diese Regel nur für Ge-
schwindigkeiten unterhalb der Schallgeschwindigkeit. Für Überschall-
geschwindigkeit gilt jedoch, wie hier ohne Beweis vorweggenommen
werden möge, das entgegengesetzte Verhalten, nämlich, daß eine Zu-
nahme der Geschwindig-
z keit in Strömungsrichtung
mit einer Erweiterung der
Stromröhre verbunden ist.
dz Der Grund hierfür ist
die mit der Geschwindig-
\l--+--+-nu+ d{fJU} dr
,\ • u:r: keitszunahme verbundene
Druckerniedrigung, welche
eine starke Volumenver-
größerung des Gases zur
Folge hat.
Für die allgemeine drei-
Abb. 2.4. Zur Herleitung der Kontinuitätsgleichung dimensionale Strömung, bei
welcher man den Verlauf
der Stromlinien nicht von vornherein kennt, erhält man die Kon-
tinuitätsgleichung in der Weise, daß man für ein beliebiges Volumen-
element die Bedingung der Erhaltung der Masse zum Ausdruck bringt.
Wählt man nach Abb. 2.4 ein Parallelepiped mit den Kantenlängen d x,
dy, dz, so ist im Falle der kompressiblen Strömung für dieses Volumen-
element die durch eine Dichteänderung verursachte Massenänderung
pro Zeiteinheit gleich der Summe der ein- und ausfließenden Massen
pro Zeiteinheit. Die durch die Dichteänderung verursachte Massen-
änderung ist (8e/8t) dx dy dz. Die einströmende Masse pro Zeiteinheit
für die x-Richtung, also durch das links liegende Flächenelement dy dz,
ist vom Betrage (e u) dy dz, während die ausfließende Masse durch das
Flächenelement dy dz auf der rechten Seite [e u + a~(!xu) dX] dydz
beträgt. Die Bilanz des Massenflusses für die x-Richtung ist somit
a ~(!Xu) d x d y dz. Mit den analogen Beiträgen für die y- und z-Rich-
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 25

tung lautet somit die gesamte Massenbilanz nach Kürzung durch das
Volumenelement dx dy dz:
ft + o(e u ) + o(eoyv ) + o(eOZw ) = O. (2,12)
ot OX

Dies ist die Kontinuitätsgleichung für den allgemeinen Fall einer in-
stationären kompressiblen dreidimensionalen Strömung. Für die statio-
näre kompressible Strömung vereinfacht sie sich zu:
o(e u ) + o(e v) + o(e w ) = 0 (2,13 )
OX oy OZ '

was III Vektorform auch abgekürzt


div(e 1tJ) = 0 (2,13a)
geschrieben werden kann.
Für die inkompressible Strömung vereinfacht sich GI. (2,12) wegen
der konstanten Dichte, e = const, zu:

~ +~ + ow = 0 (2,14)
OX Gy OZ
oder in Vektorform :
div ltJ = o. (2,14 a)
Diese Gleichung drückt die Quellenfreiheit des Geschwindigkeitsfeldes
aus. Damit ist gemeint, daß sich in der Strömung keine sog. Quellen
oder Senken befinden, d. h. Stellen, an denen Flüssigkeit neu entsteht
bzw. verschwindet.

2.15 Drehung einer Flüssigkeitsbewegung


Die Gesamtheit der Flüssigkeitsbewegungen läßt sich in zwei Klas-
sen einteilen, die sich sowohl rein kinematisch als auch physikalisch und
damit in ihrer mathematischen Behandlung unterscheiden: Es sind dies
erstens die Bewegungen ohne Drehung, auch Potentialströmungen ge-
nannt, und zweitens die Bewegungen mit Drehung. Vorweg sei bemerkt,
daß die Bewegungen ohne Drehung im allgemeinen bei reibungsloser
Flüssigkeit vorhanden sind, dagegen die Bewegungen mit Drehung bei
einer reibungsbehafteten Flüssigkeit.
Bevor wir auf die mathematische Beschreibung der Drehung näher
eingehen, möge sie durch einen einfachen Versuch anschaulich erläutert
werden. Ob eine Strömung drehungsfrei ist oder Drehung besitzt, kann
man dadurch nachprüfen, daß man auf der freien Oberfläche einen
kleinen festen Körper, z. B. ein Korkstückchen, mitschwimmen läßt,
auf welchem man eine bestimmte Richtung markiert hat, Abb. 2.5.
Bleibt diese markierte Richtung bei der Fortbewegung des Teilchens
zu ihrer Ausgangslage dauernd parallel, ist also a' 11 a" 11 a'" ... , so
26 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

ist die Strömung längs dieser Stromlinie drehungsfrei. Die Strömung


in einem zylindrischen Gefäß, in welchem einige Zeit nach Beginn der
Bewegung die Flüssigkeit wie ein starrer Körper, d. h. mit konstanter
Winkelgeschwindigkeit, mit umläuft, Abb. 2.6, ist nach diesem Krite-
rium eine Bewegung mit Drehung, und zwar ist auf jeder Stromlinie
eine Drehung vorhanden. Ein mitschwimmender fester Körper bewegt
sich offenbar so, daß eine im Ausgangszustand markierte radiale Rich-
tung dauernd radial bleibt, also nicht zu sich selbst parallel bleibt.

Abb. 2.5. Zum Begriff der Drehung einer Abb. 2.6. Strömung mit Drehung in einem
Strömung. Die Strömung ist drehungsfrei, mit Flüssigkeit gefüllten zylindrischen Gefäß
faUs a' 11 a" 11 a'"

Wir wollen nun einen quantitativen Ausdruck für die Drehung an-
geben, der uns gestattet, bei einem nach GI. (2,4) vorgegebenen Ge-
schwindigkeitsfeld zu entscheiden, ob in einem bestimmten Punkt eine
Drehung vorhanden ist oder nicht. Jedes Flüssigkeitsteilchen erleidet
bei der Fortbewegung im allgemeinen eine Deformation in ähnlicher
Weise, wie die Volumenelemente eines festen elastischen Körpers, wenn
dieser sich unter der Einwirkung von äußeren Kräften verformt. Den
Deformationszustand eines beliebigen deformierbaren Körpers, sei er
fest, flüssig oder gasförmig, kann man dadurch beschreiben, daß man
für jeden Punkt des Kontinuums den Verschiebungsvektor
(2,15)
angibt. Dabei seien die Koordinaten eines Körperpunktes vor der
Deformation x, y, z, während sie nach der Deformation x + ~, y + 'Yj,
z + C betragen. Der Deformationszustand des Körpers ist völlig be-
stimmt, falls für jeden Raumpunkt des Kontinuums die Komponenten
des Verschiebungs vektors gegeben sind:
~ = ~(x, y, z); 'Yj='Yj(x,y,z); C=C(x,y,z). (2,16)
2.1 Kinematik der Flüssigkeitsbewegungen 27

Es muß deshalb möglich sein, die Drehung durch die Komponenten


des Verschiebungsvektors i3 auszudrücken.
Für eine zweidimensionale oder ebene Strömung, die parallel zur
x, y-Ebene verläuft, sind nur die Komponenten und 'YJ des Verschie- e
bungsvektors von Null verschieden,
g
und diese nur abhängig von x und y,
also E= E(x, y) und 'YJ = 'YJ (x, y).
Die allgemeine ebene Deformation
eines kleinen rechteckigen Flächen-
elementes mit den Kantenlängen LI x
und Lly nach Abb. 2.7 erhält man
durch Überlagerung der folgenden
vier Sonderfälle:
a -d,x
1. 'f} = 0, E = e(y),
2. e=O, = 'f}(x) ,
'f}
3. 'f}=0, e= e(x},
4. E=O, 'f} = 'f}(y).
Für den ersten und zweiten Fall
ist die sich ergebende Deformation
in Abb. 2.7 a und Abb. 2.7b dar-
,x
gestellt. Nimmt man als Maß für b 1---- J,x
die Drehung die halbe Summe der Abb.2.7. Zur Erläuterung der Drehung eines
Flüssigkeitsteilchens bei Deformation
Winkeländerungen {}z der beiden a) Deformation ~ =E(I/), '1 =0 mit Drehung".l
Diagonalen, so gilt für diese Fälle: b) Deformation '1 ='1(:1), ~ =0 mitDrehung".2

1. e= e(y), 'f}=0;

2. 'YJ = 'YJ(x) ,

Für die beiden übrigen Fälle ist die Drehung Null, da sich die beiden
Diagonalen um den gleichen Betrag in entgegengesetzter Richtung
drehen. Somit hat man als Drehung für die ebene Bewegung,
{}z = {}Zl + {}Z2:
{} =
z
~(i!L
2 iJx
_!.I)
iJy'
(2,17)

Für die ebene Bewegung ist nur diese z-Komponente der Drehung vor-
handen. Die dreidimensionale Bewegung hat auch die Drehkomponenten
{}x und {}I/ um die x- bzw. y-Achse. Der Drehvektor
28 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

hat dann die aus GI. (2,17) durch zyklische Vertauschung zu erhalten-
den Komponenten:
{} =~(~-~)
x 2 ßy ßz'

{} 1/-2
- ~(!L
ßz
_ ii)
ßx'
(2,18)

{} = ~(~ _ !L).
z 2 ßx ßy

Hiermit ist gefunden, daß der Drehvektor {} dargestellt wird durch


die Rotation des Verschiebungsvektors 5 in der Form
- 1
{} = 2rot~. (2,19)

Die Verknüpfung des Drehvektors mit dem Geschwindigkeitsfeld \tJ


ist nun in einfacher Weise dadurch gegeben, daß der Geschwindigkeits-
vektor \tJ die zeitliche Ableitung des Verschiebungsvektors 5 darstellt:
d?J •
\tJ=Tt=~· (2,20)

Führt man in analoger Weise zu dem Drehvektor {} noch seine zeitliche


Ableitung ein, also den Vektor der Drehwinkelgeschwindigkeit
-w = ---rIt
da = {}- '- (2,21)
mit den Komponenten
w= iw x + jw + fw
y z, (2,22)
so erhält man durch Differentiation von GI. (2,19) nach der Zeit:
df} - 1 . 1
Te = w = 2 rot ~ = 2 rot \tJ .
Somit hat man als Beziehung zwischen dem Vektor der Drehwinkel-
geschwindigkeit co und dem Geschwindigkeitsvektor \tJ:
- 1
w = 2 rot \tJ. (2,23)

Die Komponentenzerlegung liefert nach GI. (2,3) und GI. (2,22):

w X =2
l(ßW ßV)
ay-az' I
wy = ~ ( :: - ::), I (2,24)

Wz = ~ ( ~ ~ - ::).
Durch diese Gleichungen kann für ein vorgelegtes Geschwindigkeits-
feld nach GI. (2,4) der Vektor der Drehwinkelgeschwindigkeit co, den
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 29
man auch kurz als den Drehvektor der Strömung bezeichnet, leicht
ermittelt werden.
Eine dreidimensionale Strömung heißt drehungsfrei, wenn sämtliche
drei Komponenten des Drehvektors im ganzen Strömungsraum ver-
schwinden. Für eine ebene Strömung u = u(x, y), v = v(x, y), w = 0
sind die Komponenten W x und w y identisch Null, und es entscheidet
die z-Komponente
wZ =2
1 (ßV DU)
Tx-ay (2,25)

allein darüber, ob die Strömung drehungsfrei ist. Eine ebene Strömung


heißt drehungsfrei, falls
(2,25a)

ist.
Als Beispiel sei die ebene Scherströmung nach Abb. 1.3 angeführt,
die bei einer zähen Flüssigkeit zwischen zwei parallelen ebenen Wänden
vorhanden ist. Sie hat die Geschwindigkeitsverteilung :

u = U JL
h'
· v == 0; w=O.

Aus GI. (2,25) folgt W z = - ; ~. Es handelt sich also um eine Strö-


mung mit Drehung.

2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie)


2.21 Eindimensionale Eulersche Bewegungsgleichung
Nachdem in den vorigen Abschnitten einige rein kinematische
Grundbegriffe der Flüssigkeitsbewegungen vorausgeschickt worden
sind, sollen jetzt die dynamischen Grundgleichungen aufgestellt
werden. Dabei möge zunächst eine reibungslose Flüssigkeit zugrunde
gelegt werden. Ferner soll in diesem Abschnitt zunächst lediglich die
eindimensionale Bewegung behandelt werden, bei welcher der Verlauf
der Stromlinien und damit auch der Stromröhren bekannt ist. In diesem
Fall wird das Geschwindigkeitsfeld durch nur eine Geschwindigkeits-
komponente längs der Stromröhre beschrieben.
Die an einem Flüssigkeitsvolumen angreifenden Kräfte sind die
Schwerkraft und die Druckkraft als Resultierende der Oberflächen-
kräfte, welche bei reibungsloser Flüssigkeit sämtlich normal zur Ober-
fläche des Volumenelementes wirken.
Man erhält die dynamischen Grundgleichungen, wenn man auf ein
Flüssigkeitselement das NEwToNsche Grundgesetz anwendet, welches
aussagt, daß Masse mal Beschleunigung gleich der Summe der Kräfte
30 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

ist. Dabei ist die Kräftesumme einmal für die Richtung längs der Strom-
röhre und zum anderen für die Richtung normal zur Stromröhre zu
nehmen.
Für die Aufstellung der Grundgleichung in Richtung der Koordinate s
längs der Stromröhre denkt man nach Abb. 2.8 aus der Stromröhre ein
Volumenelement der Länge ds
z mit dem Querschnitt dF heraus-
geschnitten. Dieses besitzt das
Volumen dF· ds und die Masse
dm = e dF ds. Die Druckkraft
ist am unteren Ende des
zylindrischen Volumenelemen-

:!
tes p dF und am oberen Ende
-(P+ dS)dF. Somit ist

Richtung von s: -:!


die resultierende Druckkraft in
ds dF.
Mit g als Schwerebeschleunigung
Abb. 2.8. Kräftegleichgewicht am Volumenele-
ment in Richtung der Stromröhrenachse ist die Schwerkraft g dm und ihre
Komponente in Richtung der
Stromröhrenachse - g dm cos IX, wo bei a den Winkel zwischen der Ver-
tikalen und der Stromröhrenachse bedeutet. Ist ferner w(s, t) die von
Ort und Zeit abhängige Geschwindigkeit und DwjDt die Beschleu-
nigung, so lautet die NEwToNsche Grundgleichung :
Dw op
dm Dt = - iii ds dF - gdmcoslX

und nach Division durch dm = e dF ds :


Dw
Dt = - eI 7f8
op
- g cos IX • (2,26)

Die Beschleunigung des Flüssigkeitsteilchens bedarf einer näheren


Erläuterung: Gemäß der NEwToNschen Grundgleichung handelt es
sich bei der Berechnung der Beschleunigung darum, die Geschwindig-
keitsänderung eines festgehaltenen Teilchens zu ermitteln (substan-
tieller Differentialquotient). Diese Beschleunigung besteht offenbar aus
zwei Anteilen. Ein erster Anteil kommt dadurch zustande, daß sich
in jedem Raumpunkt die Geschwindigkeit mit der Zeit ändert, wenn die
Bewegung instationär ist. Dieser Anteil heißt die lokale Beschleunigung,
wir bezeichnen sie mit 8wj8t. Ein zweiter Anteil der Beschleunigung
wird durch die Orts änderung des Flüssigkeitsteilchens hervorgerufen,
wenn sich die Geschwindigkeit längs der Stromröhre ändert. Dieser
Anteil heißt die konvektive Beschleunigung und möge mit dwfdt bezeich-
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie ) 31

net werden. Dieser Beschleunigungsanteil ist auch bei stationärer


Bewegung vorhanden, und zwar immer dann, wenn die Stromröhren
konvergent oder divergent sind. Die gesamte Beschleunigung eines
Flüssigkeitsteilchens ist demnach
Dw _ aw + dw (2,27)
Dt -7ft Tt
subst. B = lok. B + konv. B.
Es ist zweckmäßig, den konvektiven Anteil durch die Geschwindigkeits-
änderung mit dem Ort, hier also längs der Stromröhre, auszudrücken.
Es ist
dw aw ds aw
Tt=TsTt=wTs'
Damit wird die substantielle Beschleunigung nach GI. (2,27):

Dw =~+w~. (2,28)
Dt at as
Führt man dieses in die Bewegungsgleichung (2,26) ein, und ersetzt
man noch cos IX durch 8z/8s, wobei z (s) die hier als bekannt voraus-
gesetzte Lage der Stromröhre im Raum angibt, so erhält man:

~+w~+~~--l-.
at as (! as
~-O .
' g as - (2,29)

Dies ist die eindimensionale Eulersche Bewegungsgleichung. Sie gilt für


inkompressible und kompressible Strömung. Die Berechnung von Ge-
schwindigkeit und Druck als Funktion des Ortes s und der Zeit t wird
dann möglich, wenn man zu dieser Bewegungsgleichung noch die ein-
dimensionale Kontinuitätsgleichung nach GI. (2.11) bzw. (2,10) hinzu-
nimmt. Für kompressible Strömung ist ferner noch die Beziehung zwi-
schen Druck und Dichte (Zustandsgleichung) nach GI. (1,4) hinzu-
zunehmen (vgI. auch Kap. III).
Für den Fall der stationären Bewegung ist in GI. (2,29) die lokale
Beschleunigung gleich Null, und die EULERsche Bewegungsgleichung
vereinfacht sich dann zu
w dw
ds
+~ft--l_
(! ds g ~-O
ds - . (2,30)

Dabei sind jetzt die Ableitungen nach dem Ort als gewöhnliche Ab-
leitungen geschrieben, weil jetzt Druck und Geschwindigkeit nur von
der einen Variablen s abhängig sind.
Die konvektive Beschleunigung spielt bei den meisten Flüssigkeits-
bewegungen eine überragende Rolle. Häufig beträgt sie ein großes
Vielfaches der Schwerebeschleunigung, wie das folgende Beispiel lehrt.
Wir betrachten die Strömung durch einen Kanal nach Abb. 2.9, der
32 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

aus zwei parallelwandigen Stücken und einem dazwischengeschalteten


konvergenten Teil besteht. Es sei auf der Abströmseite (3) die Kanal-
breite halb so groß wie auf der Zuströmseite (1), und das Über-
gangsstück sei Lls = 1 m
lang. Dann ist nach der Kon-
tinuitätsgleichung w 3 = 2 wt>
und die Geschwindigkeit an
TU.! der Stelle (2) in der Mitte
des Übergangsstückes ist
w2 = ~ (w 1 + w3 ). Wir fragen
nach der Größe der kon-
1 3
vektiven Beschleunigung an
Abb.2.9. Strömung in einem konvergenten Kanal
zur Erläuterung der konvektiven Beschleunigung der Stelle (2). Für W 1= 20 m(s
ergibt sich W 3 = 40 mls und
W 2 = 30 m/s. Der Geschwindigkeitsgradient im Übergangsstück ist
dw Llw 20
Ts = Lf8 = -1- = 20 sec-I. Damit wird die konvektive Beschleu-
nigung an der Stelle (2):

dw
w7l8 = 30·20 = 600 m JS2 = 60g;

sie ist also etwa gleich der 60fachen Schwerebeschleunigung. Im vor-


liegenden Beispiel kann also die Schwerebeschleunigung gegenüber
der konvektiven Beschleu-
nigung mit guter Annähe-
rung vernachlässigt werden.
Dies gilt auch für sehr viele
andere Fälle.
In gleicher Weise wie
oben für die Richtung längs
der Stromröhrenachse soll
jetzt auch die N EWToNsche
Grundgleichung für die Rich-
tung normal zur Stromröhren-
achse aufgestellt werden.
Wie betrachten ein Volu-
g·dm menelement, das aus einer
gekrümmten Stromröhre
Abb.2.10. Kräftegleichgewicht am Volumenelement
senkrecht zur Stromröhrenachse herausgeschnitten ist, Ab-
bildung 2.10. Es sei + n die
Richtung zum Krümmungsmittelpunkt hin und r der Krümmungs-
radius an der betreffenden Stelle der Stromröhre. Ist ferner dF das
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 33

Flächenelement senkre'Cht zu n, so ist die resultierende Druckkraft


in der positiven n-Richtung:

dF[p-(p+ ;~dn)] = -dF ~~ dn.


Die Komponente der Schwerkraft in der n-Richtung ist - gdm sinlX.
Als Beschleunigung in der n-Richtung tritt die Zentrifugalbeschleuni-
gung w 2 /r auf. Somit lautet die NEwToNsche Grundgleichung für die
n-Richtung:
dm-
w2
r
= - d F8p
8-
n
dn - gdm sin,x.

Nach Division durch dm = ed F d n und nach Einführung von sin lX = an


8z

folgt:
w2 18p 8z
r= ---ean-gan' (2,3l)

Diese Gleichung gestattet die Berechnung der Druckverteilung quer


zu den Stromlinien, nachdem zuvor die Druckverteilung und die Ge-
schwindigkeitsverteilung längs der Stromlinien aus GI. (2,30) zu-
sammen mit der Kontinuitätsgleichung berechnet worden ist, wie oben
angegeben. Insbesondere lehrt GI. (2,31), daß in einer gekrümmten
Strömung quer zu den Stromlinien ein Druckabfall gegen den Krüm-
mungsmittelpunkt hin vorhanden ist. Für
den Fall, daß die Wirkung der Schwerkraft
in Fortfall kommt, wenn z. B. die gekrümmte
Strömung in einer Horizontalebene verläuft,
vereinfacht sich GI. (2,31) zu

an
8p w
= - e-r- ·
2
(2,32)

Diese Gleichung möge durch Anwendung


auf eine Krümmerströmung veranschaulicht.
werden. Wir betrachten einen Krümmer
nach Abb. 2.11, dessen Wände von zwei kon- '
zentrischen Kreisen mit dem Innenradius R i Abb. 2.11. Strömung durch einen
· R a ge b'ld
un d d em Au ß enrad lUS d
1 et wer en.
Krümmer

Der Druckunterschied zwischen der Außen- und Innenwand ist in


diesem Fall:
L1p=L1 und

ist. Für Ra = 0,3 mund R i = 0,2 m erhält man für Luft mit der Dichte
e = 0,125 kg S2/m 4 bei einer Geschwindigkeit von w = 20 m/s einen
Druckunterschied von
_ ~400_ 2
L1p - 0,1 8 0,25 - 20kg/m .
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 3
34 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Die Beschleunigung in der Normalenrichtung beträgt in diesem Fall


bn = wl/r = 400/0,25 = 1600 m/s 2 "'" l60g. Auch die Normalbeschleuni-
gung ist so groß, daß im Vergleich dazu die Schwere beschleunigung mit
guter Näherung vernachlässigt werden kann.

2.22 Bernoullische Gleichung


Die EULERsche Bewegungsgleichung für die stationäre Strömung
längs der Stromröhre, GI. (2,30), läßt sich für inkompressibles Medium,
e = const, in einfacher Weise integrieren. Beachtet man, daß sich das
dw auc h'm d er F orm 2-
Glied wTs d(w 2 ) sc h'b
1 -----aB rel en l"ßt . d sam
a , so sm .. tl'lC h e
drei Glieder Differentialquotienten nach 8. Die gliedweise Integration
von GI. (2,30) nach 8 ergibt damit:
w2
2 + e + IJ
P
Z = const. (2,33)

Dies ist die für die Bewegung der reibungslosen inkompressiblen Flüs-
sigkeit fundamentale Gleichung, welche den Zusammenhang von Ge-
schwindigkeit, Druck und Lage der Stromröhre gibt. Sie wurde zum
ersten Male von D. BERNOULLI aufgestellt, schon bevor EULER seine
Theorie der idealen Flüssigkeit entwickelt hatte. Nach Division durch
die Erdbeschleunigung IJ und unter Beachtung von eIJ = y läßt sich
GI. (2,33) auch in der Form schreiben:
w2
-2
g + -yP + z = const. (2,34)

Dies ist sog. Höhentorm der BERNOULLlschen Gleichung. Die drei


Glieder der linken Seite dieser Gleichung stellen ihrer Dimension nach
Längen dar. Das erste Glied ist die aus der Mechanik des Massenpunktes
bekannte Geschwindigkeitshöhe, njimlich die Höhe, die ein mit der
Anfangsgeschwindigkeit w vertikal nach oben geworfener Massenpunkt
im luftleeren Raum erreicht. Das zweite Glied pi')! ist die zu einem Druck
p in ruhender Flüssigkeit gehörige Druckhöhe, d. i. die Steighöhe der
Flüssigkeit in einem vertikalen Steigrohr. Das letzte Glied gibt die
geometrische Höhe (Ortshöhe) über einer beliebig gewählten horizon-
talen Nullebene. Die Höhenform der BERNoULLI-Gleichung sagt so-
mit aus, daß bei der stationären Bewegung einer idealen Flüssigkeit für
alle Punkte längs einer Stromlinie die Summe aus Geschwindigkeits-
höhe, Druckhöhe und Ortshöhe konstant ist.
Eine graphische Darstellung dieses Zusammenhanges ist in Abb. 2.12
angegeben. Es sind an den beliebigen Stellen (1) und (2) eines Strom-
fadens über den Ortshöhen die Druckhöhen und die Geschwindigkeits-
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 35

höhen dargestellt. Die Endpunkte dieser beiden Streckensummen liegen


in einer horizontalen Ebene, dem sog. idealen Niveau des betreffenden
Stromfadens.
Die Größe der Konstanten, welche die Summe der drei Höhen dar-
stellt, ändert sich im allgemeinen beim Übergang von einer Stromlinie
zu einer anderen. In dem besonderen Fall der stationären und drehungs-
freien Strömung hat sie je-

H
-:- -:- -.:--,- _.i!leJ!/jVjiffpJL __ I ~ - -
doch für den ganzen Strö- Geschwmd,!!- TU 2 , iVerlusfhöhe
mungsraum den gleichen keifshöhe T :
Wert.
' ,
I" 1
Die BERNOULLlsche Glei- , .!'!L
1
Druckhöhe : Steigrohr : 2g
chung kann auch noch in
,, I
einer dritten Form geschrie-
ben werden, die eine physi- ,
1

kalisch wichtige Deutung I

jl:
Ortshöhe z ---.J?:,::':;E1k--___
zuläßt. DurchMultiplikation
1
,/Vz

von GI. (2,33) mit der Dichte (! I : Zz

erhält man die Form: I Nul/nlVeau ,1


'm! iTimih/llI/lIII/l/l7Jl/lll/l7JlJ/lI mlm17J/I// J11 i
1 2
~ w 2 +p+yz=const, (2,35) Abb. 2.12. Schematische Darstellung der Höhenform
der BERNOULLlschen Gleichung

die als Energie/orm bezeichnet wird. In dieser Form hat jeder Term die
physikalische Bedeutung von Energie pro Volumeneinheit, somit
m kgjm3 = kgjm 2 • Es bedeutet (! w 2 j2 die kinetische Energie, p die
Druckenergie und y z die potentielle Energie pro Volumeneinheit. In
dieser Form sagt die BERNouLLI-Gleichung also aus, daß längs einer
Stromlinie die Summe aus kinetischer Energie, Druckenergie und poten-
tieller Energie einen unveränderlichen Wert hat. Man nennt die Summe
dieser drei Energieformen die mechanische Energie oder auch die
Strömungsenergie. Die BERNOULLlsche Gleichung kann somit auch als
das Gesetz von der Erhaltung der Energie für einen Stromfaden auf-
gefaßt werden, in dem Sinne, daß die mechanische Energie längs eines
Stromfadens unveränderlich ist. Auch die Höhenform der BERNOULLI-
sehen Gleichung, GI. (2,34), kann als Energieform aufgefaßt werden.
In dieser Gleichung hat jedes Glied die physikalische Bedeutung von
Energie pro Kilogramm Flüssigkeit, also mkgjkg = m.
Dieses Gesetz der Erhaltung der mechanischen Energie oder der
Konstanz der Strömungsenergie längs eines Stromfadens ist eine typi-
sche Eigenschaft der reibungslosen Flüssigkeit. Man nennt eine solche
Strömung auch eine "verlustlose" Strömung, womit gemeint ist, daß
keine Verluste an mechanischer Energie auftreten. Bei der Strömung
von wirklichen, also von reibungs behafteten Flüssigkeiten, treten immer
mehr oder weniger große "Verluste" auf in dem Sinne, daß ein Teil
3*
36 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

der mechanischen Energie durch Reibung in Wärme umgewandelt wird.


In der graphischen Darstellung der BERNoULLI-Gleichung nach Ab b. 2.12
kommt ein solcher Verlust dadurch zum Ausdruck, daß an der Stelle (2),
welche stromabwärts von (1) liegt, die Höhensumme kleiner ist als an
der SteHe (1), und zwar um einen Betrag, den man als die "Verlusthöhe"
bezeichnet. Diese bedeutet den auf der Strecke (1) -+ (2) eingetretenen
Energieverlust durch Reibung pro kg Flüssigkeit.
Der BERNouLLIschen Gleichung für die inkompressible Flüssigkeit, GI. (2,35),
können wir auch noch eine andere besonders einfache Form geben. Wir können
den gesamten Druck p in einem Punkt der Strömung aufteilen in den durch das
Eigengewicht der Flüssigkeit verursachten sog. Schwere druck p (auch Ruhe-
druck oder Barometerdruck genannt) und den durch dynamische Wirkungen
bedingten Anteil p*. Oft interessiert vor allem dieser letzter Anteil, während die
Druckverteilung in der Ruhe von geringerer Wichtigkeit ist. Wir wollen deshalb
die BERNouLLI-Gleichung in einer Form schreiben, daß der darin auftretende
Druck die Differenz gegenüber dem Schweredruck ist. Wir setzen
p=p+p*.
Für den Barometerdruck gilt nach der hydrostatischen Grundgleichung für in-
kompressible Flüssigkeiten:
p = const - y z.
Somit hat man
p = const - y z p* . +
Setzt man dieses in GI. (2,35) ein, so erhält man die BERNOULLlsche Gleichung
in der einfacheren Form:
J!_ WB + p* = const. (2,36)
2
Diese einfachere Form der BERNoULLI-Gleichung kann so gedeutet werden,
daß der dynamische Druck p* um so kleiner ist, je größer die Geschwindigkeit
ist und umgekehrt.
In dieser Form enthält die BERNouLLI-Gleichung die Schwerkraft nicht mehr
explizit. Dies rührt daher, daß im Inneren der Flüssigkeit die Wirkung der Schwer-
kraft auf die Flüssigkeitsteilchen kompensiert wird durch den gleich großen
hydrostatischen Auftrieb, den jedes Flüssigkeitsteilchen von seiner Nachbarschaft
erfährt. Die Bewegung einer schweren, inkompressiblen Flüssigkeit läßt sich also
behandeln, ohne daß die Schwerkraft selbst berücksichtigt wird. Die Schwer-
kraft erlangt erst wieder Bedeutung an den Begrenzungsfiächen, wo der gesamte
Druck p und nicht der dynamische Druck p* gewisse Grenzbedingungen er-
füllen muß.

2.23 Einige Anwendungen der Bernoullischen Gleichung


2;231 Ausfluß aus einem Gefäß. Aus einem Gefäß, dessen freier
Flüssigkeitsspiegel durch Zufluß auf konstanter Höhe gehalten wird,
möge durch eine Öffnung, deren Querschnitt im Vergleich zum Gefäß-
querschnitt klein ist, Flüssigkeit ausströmen (Abb. 2.13). Die Ausfluß-
öffnung liegt in der Tiefe h unter dem Flüssigkeitsspiegel. An der freien
Oberfläche. der Flüssigkeit sowohl wie an der Oberfläche des Strahles
herrscht der gleiche Atmosphärendruck Poo' Wir nehmen an, daß dieser
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 37

auch im Inneren des Strahles vorhanden ist. In der freien Oberfläche


des Gefäßes kann die Geschwindigkeit mit ausreichender Näherung
gleich Null angenommen werden. Für eine Stromlinie, die von einem
Punkt (1) der freien Oberfläche zu einem Punkt (2) in der Ausfluß-
öffnung führt, lautet die BERNoULLI-Gleichung (2,34) mit w 1 = 0,
wenn Zl und Z2 die von einem beliebigen Nullniveau aus gemessenen
Ortshöhen bedeuten:

- I I
~
-:-t- I·
h

I
l
1
Da Zl - Z2 = h ist, erhält man für die Aus-
flußgeschwindigkeit '-__. . . G
. la
W
a

(TORICELLI-Formel). (2,37) j
Dies ist die Formel von TORICELLI. Die Aus- Abb. 2.13. Ausfluß aus einem
offenen Gefäß
flußgeschwindigkeit ist also die gleiche, die
ein Körper beim freien Fall im luftleeren Raum erreicht, wenn er mit
der Anfangsgeschwindigkeit Null die Höhe h frei durchfällt.
Der aus Versuchen ermittelte Wert der Ausflußgeschwindigkeit ist
bei guter Abrundung der Ausflußöffnung nur wenig kleiner als dieser
theoretische Wert bei reibungsloser Strömung. Ist allerdings die Aus-
flußäffnung scharfkantig, so tritt eine beträchtliche Einschnürung des
ausfließenden Strahles ein, derart, daß der effektive Strahlquerschnitt
wesentlich kleiner ist als die geometrische Ausflußäffnung. Da die Aus-
flußgeschwindigkeit nahezu die gleiche ist wie bei abgerundeter Öff-
nung, tritt durch diese "Strahlkontraktion" eine erhebliche Verminde-
rung der Ausflußmenge ein.
2.232 Messung von Druck und
Geschwindigkeit in einer Strömung.
Befindet sich in einemgleichmäßigen
Flüssigkeitsstrom von der Ge-
schwindigkeit w"" ein Hindernis, so
staut sich unmittelbar vor dem
Hindernis die Strömung auf und Abb.2.14. Aufstau der Strömung an einem
Hindernis
teilt sich dann. vor dem Körper nach
allen Seiten, um ihn zu umfließen, Abb. 2.14. Die Mittelstromlinie führt
zum "Staupunkt", in welchem die Strömung völlig zur Ruhe kommt.
Bezeichnen wir den Druck im Staupunkt mit Po und den Druck in der
ungestörten Strömung in gleicher Höhe mit p"", so liefert die BER-
NOULLlsche Gleichung für die zum Staupunkt führende Stromlinie:
_
Po - p""
+ TWoc'
I! 2 (2,38)
38 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Der Druckanstieg Po - Poo = ~ w~ führt den Namen Staudruck und


wird auch mit qoo bezeichnet:

qoo = ~ w~ (Staudruck). (2,39)

Ferner heißt Poo der statische Druck der ungestörten Strömung, und die
nach GI. (2,38) gebildete Summe des statischen Druckes Poo und des
Sta,udruckes qoo führt den Namen Gesamtdruck. Es gilt also:
Pu = Po = Poo + qoo (2,40)
Gesamtdruck = statischer Druck + Staudruck
Zur Messung des Gesamtdruckes Pu = Poo + ~ w~ in irgendeiner Strö-
• mung genügt ein einfaches, umgebogenes,
vorn offenes Rohr, nach Abb. 2.15a, das
man nach seinem Erfinder als Pitot-Rohr
• bezeichnet. Der Druck Po im Staupunkt,
der mit dem Gesamtdruck Pu identisch
a ist, pflanzt sich in das Innere des Rohres
fort und kann zu einem Meßinstrument
geleitet werden .
• Um die Beziehung (2,38) zur Ermittlung
der Strömungsgeschwindigkeit W oo zu ver-
• wenden, muß neben dem Gesamtdruck Po
auch der statische Druck Poo ermittelt
b werden. Dies macht größere Schwierig-
keiten als die Messung von Po, da der
statische Druck durch das Einbringen einer
• Sonde gerade an der Stelle gestört wird,
wo man ihn messen will. Als geeignet zur
Messung des statischen Druckes hat sich
• eine Sonde nach Abb. 2.15 b erwiesen, die
man als statische Sonde oder Hakenrohr
c
bezeichnet. Diese besteht aus einem dünnen
\
P~ Pg"Po
Röhrchen von einigen Millimetern Durch-
Abb.2.15. Sonden zur Messung messer, das vorn geschlossen ist und einen
von Drücken in einer strömenden gut abgerundeten Kopf besitzt. In einiger
Flüssigkeit
a) PITOT-Rohr mißt den Gesamt- Entfernung vom Kopf, im Abstand von
druck P g = Po etwa drei Durchmessern, befinden sich
b) Statische Sonde mißt den stati-
schen Druck Poo einige kleine seitliche Anbohrungen. Weicht
c) PRANDTL-Staurohr mißt deu
Staudruck qoo = P g - Poo die Anströmrichtung nicht mehr als 50
von der axialen Richtung ab, so messen
diese Anbohrungen mit sehr guter Annäherung den statischen Druck
der ungestörten Strömung Poo'
2.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 39
Man kann das PIToT-Rohr nach Abb. 2.15a mit einer solchen stati-
schen Sonde nach Abb. 2.15 b zu einem einzigen Gerät vereinigen, und
dabei als Differenzdruck den Staudruck

ermitteln. Abb. 2.15 c stellt ein solches Prandtlsches Staurohr dar.


Es mißt an der vorderen Öffnung den Gesamtdruck und an den seit-
lichen Schlitzen den stati- .~
sehen Druck. Diese beiden ==:::::----::: --
.. Trennurgsf/äche

--==--
Drucke werden durch ge- ;/ _______ ~ a
trennte Leitungen abgeführt.
Die an einem U-Rohr-Mano-
meter ermittelte Differenz ~-
dieser beiden Drücke gibt b ~
unmittelbar den Staudruck, t T =r - 1=
aus dem die Geschwindig- [ I I I
keit W oo bei bekannter I I I
Dichte des strömenden Me- c ~
diums sofort ermittelt wer- I
den kann. Für Luft ist un-

»
I
ter normalen Bedingungen
die Dichte ziemlich genau d

(! = ! kg S2/ m4 . Für einen


Luftstrom mit der Geschwin-
digkeit von W oo = 40 mjs be- e
trägt demnach der Staudruck
1
qoo = 16 .40 2
100 kg/m 2 .
=
Wird er mit einem mit f
Wasser gefüllten U-Rohr-
Manometer gemessen, so
beträgt die zu diesem Stau- Abb.2.16. Labilität einer Trennungsfläche (a). Die an-
druck gehörige Höhendiffe- fangs (b) geringe Welligkeit der Trennungsfläche führt
zu einer Druckverteilung, welche die Welligkeit ver-
renz der Flüssigkeitssäulen größert (c). Danach tritt ein überschlagen der Wellen
ein (d) und (e), sowie schließlich ein Aufrollen zu
also 100 mm. einzelnen Wirbeln (I)

2.233 Trennungsflächen. Beim Zusammenfließen von zwei vorher


getrennten Flüssigkeitsströmen, z. B. auf der Rückseite eines Körpers,
Abb. 2.16, kann es 'vorkommen, daß zu beiden Seiten der Trennungs-
fläche die Konstante der BERNOULLlschen Gleichung verschieden,
jedoch der Druck gleich ist. Solche Trennungsflächen zeigen eine starke
Neigung dazu, daß irgendwelche zufälligen Ausbuchtungen sich schnell
vergrößern. Bei einer nach Abb.2.16b gewellten Trennungsfläche
40 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

würde man im stationären Strömungszustand für die untere Strömung


in den Wellentälern vergrößerte Geschwindigkeit, in den Wellenbergen
verkleinerte Geschwindigkeit haben. Diese Drücke bewirken aber eine
Vergrößerung der Wellenamplitude. Die Wellenform bildet sich somit
mehr und mehr aus und wird bald unsymmetrisch, Abb. 2.16 c und
2.16d. Die Wellen überschlagen sich schließlich, Abb. 2.16e, und spulen
sich zu einzelnen Wirbeln auf, Abb. 2.16f..

2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen


2.31 Die allgemeinen Eulerschen Bewegungsgleichungen
Es sollen jetzt die allgemeinen Bewegungsgleichungen einer reibungs-
losen Flüssigkeit aufgestellt werden für den Fall einer dreidimensio-
nalen Strömung, für welche also der Verlauf der Stromlinien nicht von
vornherein bekannt ist. Ebenso wie in Kap. 2.21 bei der eindimensio-
nalen Bewegung längs einer Stromlinie geht man auch hier von der
Grundgleichung der Dynamik aus, nach der für das Volumenelement
die Summe der Kräfte gleich Masse mal Beschleunigung ist. Gegen-
über der früheren Ableitung in Kap. 2.21 ist diese Grundgleichung
jetzt für drei Koordinatenrichtungen zu erfüllen. Die Kräfte bestehen
aus der Massenkraft und den Druckkräften, während die Reibungs-
kräfte nach Voraussetzung Null sind. Die Massenkraft pro Volumen-
einheit betrage
sr=iX+iY+fZ.
Es ist sr = (2 g, wenn sie lediglich vom Gewicht herrührt und 9 den
Vektor der Schwerebeschleunigung bedeutet. Die Druckkraft pro
Volumeneinheit beträgt - grad p.
Damit lautet die dynamische Grundgleichung in Vektorform :
Dm
(2--
Dt
= sr - gradp (2,41)

oder in Komponentendarstellung für ein rechtwinkliges Koordinaten-


system x, y, z:
Du 8p
(275t =X - Ti'
Dv 8p (2,42)
(2 Dt = Y - ay'
Dw _ Z 8p
(275t - -7iZ'

Dabei bedeutet wie in Kap. 2.21 die zeitliche Ableitung DjDt wieder
die substantielle Beschleunigung, die nach GI. (2,27) aus den beiden
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 41

Anteilen der lokalen Beschleunigung und der konvektiven Beschleuni-


gung besteht. Die konvektive Beschleunigung, die bei der eindimensio-
" . f h cIw aw cIs 8w
naIen B ewegung Iängs d er Strom Ilme em ac dt = 7f8 dt = W 7f8
ist, besteht hier für jede Geschwindigkeitskomponente aus drei An-
teilen, da die Änderung der Geschwindigkeit mit den drei Raum-
koordinaten x, y, z zu berücksichtigen ist. Man erhält z. B. für die
konvektive Beschleunigung in Richtung der z-Achse:

~
cIt
= ~~
ax cIt
+ ~~
8y dt
+!!.!!!..~
{)z cIt
= u~
8x
+ v~
{)y
+ w~
{)z .

Damit ergibt sich für die substantielle Beschleunigung in Richtung


der z-Achse:
Dw =~+u.!!'!!!..+v~+w~. (2,43) 1
Dt {)t ax 8y {)z

Somit lauten die EULERschen Bewegungsgleichungen (2,42) in aus-


führlicher Schreibweise:

(!
(
{)U
7ft + Uax
{)U
+ Va:;
{)U
+ wTz
()U) {)p
=X -7[X'

(! (~
at
+ u~
{)x
+ v~
{)y
+ W~)
iJz
= Y- ~
{)y'
(2,44)

(! (~
iJt
+ u~
iJx
+ v~
iJy
+ w~)
iJz
= Z -~.
{)z

Auch diese Gleichungen gelten ebenso wie GI. (2,29) sowohl für in-
kompressible als auch für kompressible Strömung. Hierzu kommt die
Kontinuitätsgleichung, die für inkompressible Strömung nach GI. (2,14)
lautet:
~+~+!!.!!!..=o.
{)x {)y {)z
(2,45)

Die GIn. (2,44) und (2,45) sind für inkompressible Strömung ein System
von vier Gleichungen für die vier Unbekannten u, V, W, p. Für die kom-
pressible Strömung ist die Kontinuitätsgleichung (2,45) durch GI. (2,13)
zu ersetzen. Außerdem kommt eine Beziehung zwischen Druck und
Dichte [Zustandgleichung, GI. (1,4)] hinzu, so daß man fünf Gleichungen
für die fünf Unbekannten u, V, W, p, (! hat.
In diesem Kapitel sollen im folgenden nur inkompressible, reibungs-
lose Strömungen (ideale Flüssigkeit) betrachtet werden, während die
1 Für später merken wir an, daß somit für die dreidimensionale Strömung
der substantielle Differentialquotient die Bedeutung hat:

D () a 8 a
Fe = 7ft + ufiX + Vay + waz' (2,43 a)
42 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

kompressible Strömung in Kap. III weiterverfolgt wird. Für die ideale


Flüssigkeit hat man in GI. (2,44) und (2,45) ein System von vier nicht-
linearen partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung. Die Nicht-
linearität dieser Differentialgleichungen, die von den Trägheitskräften,
z. B. von dem Glied u 8 uj8 x herrührt, erschwert ihre Lösung sehr er-
heblich. Für den allgemeinen Fall sind deshalb nur sehr wenige Lösun-
gen bekannt.
Bei der Umströmung von Körpern sind an den Wänden gewisse
Randbedingungen zu erfüllen: An einer freien Oberfläche muß der Druck
konstant sein, also z. B. an einer freien Wasseroberfläche gleich dem
Luftdruck der Atmosphäre oberhalb des Wassers. Für eine ruhende
undurchlässige feste Wand muß die Bedingung erfüllt werden, daß die
Wand eine Stromlinie ist. Dies kommt darauf hinaus, daß die Geschwin-
digkeitskomponente normal zur Wand verschwindet. Somit hat man
als Randbedingung
an Wänden: ttJ n = O. {2,45a)
Dagegen ist die Tangentialkomponente der Geschwindigkeit an der
Wand in einer reibungslosen Flüssigkeit im allgemeinen von Null

b
Abb.2.17. Randbedingungen für die Geschwindigkeit an der Wand bei der
Umströmung eines Körpers
a Reibungslose Strömung: Gleiten: tJJ n = 0, tJJt =F 0;
b Zähe Flüssigkeit: Haften: tJJ n = 0, tJJ t = 0

verschieden, ttJ t =f= O. Dies bedeutet, daß in der reibungslosen Flüssig-


keit ein Gleiten der Flüssigkeit an der Wand stattfindet.
Im Gegensatz dazu ist in der zähen Flüssigkeit an der Wand außer
der Normalkomponente der Geschwindigkeit auch die Tangential-
komponente gleich Null, ttJ t = 0, da die Reibungskräfte die Geschwindig-
keit an der Wand auf Null abbremsen. Man nennt dieses Verhalten der
zähen Flüssigkeit das Haften an der Wand. In Abb. 2.17 sind die Ver-
hältnisse für beide Fälle dargestellt.

2.32 Bernoullische Gleichung


Bevor die Lösungen dieser EULERschen Gleichungen näher diskutiert werden,
möge kurz gezeigt werden, daß man auch durch Integration der Gln. (2,44) und
(2,45) längs einer Stromlinie wieder die BERNOULLlsche Gleichung erhält. Unter
Beschränkung auf den stationären Fall ergibt sich aus GI. (2,44), wenn man die
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 43
erste Gleichung mit dx, die zweite mit dy und die dritte mit dz multipliziert
und addiert:
Du Du Du
u-dx+v--dx+w-dx
ox oy oz
uv ov Dv
+ußxdy+vayd y + wazdy

ow UW ow
+ußxaz + vaydz + wazdz
1 . 1 (OP OP) =0.
op dy+-az
--(Xdx+Ydy+Zaz)+- -D-dx+-o
e e x y oz

Bei drehungs freiem Kraftfeld kann man für die Massenkraft Sf ein Potential U
einführen, derart, daß Sf/ e = - grad U ist. Die Geschwindigkeitsglieder in der
vorstehenden Gleichung lassen sich umformen, wenn man beachtet, daß die In-
tegration längs einer Stromlinie erfolgt, so daß nach Gl. (2,9)
vdx=udy, wdy=vdz, udz=wdx
gilt. Damit kommt:
Du Du OU
u-dx
Dx
+ u-dy
Dy
+ u-dz
OZ
UV Dv GV
+vTxdx+ vaydy+ vazdz

Dw Dw uw
+ Wßx dx + Way dy + Waz dz

+ DU dx+ DU dy+ OU dZ+~(~dx+~dy+~az)=o.


GX GY Dz e GX GY OZ
Nunmehr lassen sich sämtliche Terme als vollständige Differentiale schreiben
in der Form:
udu+vav+waw+dU + ~ = 0
e
oder
! a(u2 + V2 +W2 ) + dU + d: = o.
Nach Ausführung der Integration hat man somit, wenn man noch den Geschwin-
+ +
digkeitsbetrag II1J 12 = u 2 v2 w 2 einführt:

II1J 1
- 2
- + u + -Pe = const.
2
(2,46)

Falls die xy-Ebene horizontal liegt und somit die z·Achse vertikal, ist U = gz,
so daß man aus Gl. (2,46)

~ + J!.. + g z = const (2,47)


2 e
erhält in übereinstimmung mit der früher in GI. (2,33) abgeleiteten Form der
BERNOULLlschen Gleichung.
44 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

2.33 Drehungsfreie Strömungen als Lösungen der


Eulerschen Bewegungsgleicbungen
Bevor die Integration der EULERschen Bewegungsgleichungen in
Angriff genommen wird, sollen einige allgemeine Eigenschaften dieser
Gleichungen angegeben werden, die für ihre Integration von großem
Nutzen sind. Die Bewegungen der reibungslosen Flüssigkeit als Lösun-
gen der EU~ERschen Bewegungsgleichungen zeichnen sich gegenüber
den Bewegungen einer zähen Flüssigkeit vor allem durch eine rein
kinematische Eigenschaft aus, die mit dem früher eingeführten Begriff
der Drehung einer Strömung zusammenhängt. Es gilt der einfach
auszusprechende Satz, daß die Bewegungen einer reibungslosen, inkom-
pressiblen Flüssigkeit, abgesehen von einigen singulären Stellen (Wirbel),
im allgemeinen drehungsfrei sind. Als Drehvektor eines Geschwindig-
keitsfeldes wurde in GI. (2,23) eingeführt:
- .
W = t W z + 1. w1I + f Wz = "21 rot \tJ •
Die Komponenten des Drehvektors sind nach GI. (2,24):

~m =gI
::U'=~(~-~).l (2,48)

z 2,ox oy

Eine Strömung soll als drehungsfrei bezeichnet werden, wenn im ganzen


Feld alle drei Komponenten des Drehvektors verschwinden, wenn also
gilt:
(2,49)
Den oben angegebenen wichtigen Satz von der Drehungsfreiheit
der reibungslosen Flüssigkeitsströmungen erhält man in folgender
Weise leicht aus den EULERschen Bewegungsgleichungen : Durch eine
einfache Umformung ergeben sich aus den EULERschen Bewegungs-
gleichungen (2,44) und aus der Kontinuitätsgleichung (2,45) die folgen-
den drei Gleichungen:

= wzax + W 1Iay +wzaz ,


Dw x OU OU OU
J5t
Dw.
J5t = w zax
OV OV
+ W1lay OV
+ wzaz , (2,50)

= wza:; + W 1Iay + wzaz ·


Dw z ow ßw ßw
. Dt

Hierbei bedeutet D/D t den substantiellen Differentialquotienten nach


GI. (2,43a). Wir beweisen nur die dritte dieser drei Gleichungen. Die
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 45

beiden übrigen ergeben sich dann durch zyklische Vertauschung. Diffe-


renziert man die zweite der GIn. (2,44) nach x und die erste nach y,
so fallen nach Subtraktion der ersten von der zweiten Gleichung das
Druckglied und die konstante Massenkraft fort, und es ergibt sich:

o (OV
ot OX - oy + u ox ox - oy + v oy ox - oy + w oz ox - oy +
OU) 0 (OV OU) 0 (OVOU) 0 (OV OU)

+ OUOV _ OUOU + OV OV _ OV OU + OWOV _ OWOU = O. (2,51)


OXOX oyox oxoy oyoy OXOZ oyoz
Die erste Zeile dieser Gleichung kann abgekürzt als

2 DWz = 2 ( 0 w. + u 0 w. + v 0 w. + w 0 W z )
'Dt ot OX oy OZ

geschrieben werden. Die zweite Zeile ergibt nach einfacher Umformung


unter Benutzung der Kontinuitätsgleichung (2,45):

-~i~-~)
ox\oy oz -~(~-~)
oy OZ OX
-~(~-~)
OZ OX oy

= - OW
2 ( w Xh + WlIay
OW
+ wZaz
OW)
.
Setzt man beides in GI. (2,51) ein, so ist damit die dritte der GIn. (2,50)
bewiesen und damit durch zyklische Vertauschung auch die Gültig-
keit des ganzen Systems (2,50).
Da ferner, wie man sofort sieht, das Gleichungssystem (2,50) durch
die Bedingung der Drehungsfreiheit GI. (2,49) identisch erfüllt wird,
ist somit bewiesen, daß drehungsfreie Bewegungen Lösungen der drei-
dimensionalen EULERschen Bewegungsgleichungen sind.
Ebene Strömung. Für eine ebene Strömung ist u = u(x, y);
v = v(x, y); w =O. Weiterhin ist W x =
wy = 0, und somit folgt aus
GI. (2,50) sofort die einzige Gleichung:
Dw z = 0 (2,52)
Dt .
Diese Gleichung besagt:
1. Jede drehungsfreie Bewegung ist eine Lösung der EULERschen
Bewegungsgleichung ;
2. jede Bewegung einer reibungslosen Flüssigkeit aus der Ruhe
heraus ist drehungsfrei.
Der erste Satz ist sofort evident. Der zweite Satz folgt daraus, daß
in der Ruhe W z =0 ist und deswegen auch für alle weiteren Zeiten
bei der Bewegung W z =
0 bleibt, weil für jedes Flüssigkeitsteilchen
die zeitliche Änderung der Drehung verschwindet.
46 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Dreidimensionale Strömung. Für eine dreidimensionale Strömung


gilt der erste Satz, wie bereits oben angegeben.
Daß für eine dreidimensionale Strömung aber auch der zweite
Satz gilt, läßt sich leicht so einsehen: Sind GOI und G02 die Drehvektoren
eines bestimmten Flüssigkeitsteilchens zur Zeit t l bzw. t2 , so gilt für
ein genügend kleines Zeitintervall t2 - t1 :
-w 2 = - + (t
W1 2 -
)(DW)
t1 Dt I· (2,53)

Ist nun der Zeitpunkt t1 die Ruhe mit W z = wII = W z = 0, dann ist
nach GI. (2,50) auch der substantielle Differentialquotient (D wjD th =0,
und es folgt dann aus GI. (2,53) auch W2 = O. Die wiederholte Anwen-
dung dieses Satzes liefert, daß auch für die dreidimensionale Strömung
die Bewegung aus der Ruhe heraus für alle Zeiten drehungsfrei bleibt.
Damit ist der wichtige Satz bewiesen:
Ist in einer reibungsfreien, inkompressiblen Flüssigkeit in einem be-
stimmten Augenblick das Geschwindigkeitsfeld drehungsfrei, so bleibt
es unter der Wirkung eines drehungsfreien Kräftesystems dauernd
drehungsfrei. Insbesondere gilt der Satz der Drehungsfreiheit für alle
Bewegungen einer reibungslosen Flüssigkeit aus der Ruhe heraus. Da
nun die meisten praktisch vorkommenden Bewegungen als solche aus
der Ruhe heraus aufgefaßt werden können, gilt der Satz von der
Drehungsfreiheit für alle diese Strömungen.
Wie sich nun weiterhin zeigen wird, ist dieser Satz von der Dre-
hungsfreiheit der reibungslosen Strömungen eine wichtige Grundlage
für die Integration der EULERschen Bewegungsgleichungen.

2.34 Potential- und Stromfunktion


Potential. Unter Heranziehung des Satzes von der Drehungsfreiheit
der reibungslosen, inkompressiblen Strömungen läßt sich nun das
Integrationsproblem der EULERschen Gleichungen erheblich verein-
fachen. Anstatt die Gin. (2,44) und (2,45) zu lösen, ist es jetzt nur noch
erforderlich, neben der Kontinuitätsgleichung die Bedingung der Dre-
hungsfreiheit zu erfüllen, also in Vektorform die beiden Gleichungen
Kontinuität: div itJ = 0, (2,54)
Drehungsfreiheit : rot itJ = O. (2,55)
In Komponentendarstellung lauten diese Gleichungen für die drei-
dimensionale Strömung:
OU
ox +~+2..3!!...=O
oy oz ' (2,56)
2..3!!..._~-o
oy OZ - , ~-~=o.
OX oy (2,57)
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 47
Für die ebene Strömung, die parallel zur x-y-Ebene verläuft, verein-
fachen sich diese Gleichungen zu:
Kontinuität: ~
OX
+~
oy
= 0, (2,58)

Drehungsfreiheit: ~v _ ~u
uX uy
= o. (2,59)

Nach einem bekannten Satz der Vektoranalysis kann ein Ge-


schwindigkeitsfeld, dessen Rotation überall verschwindet, als Gradient
einer Potentialfunktion dargestellt werden. Wir führen als Geschwin-
digkeitspotential die skalare Funktion cfJ(x, y, z) ein, die im ganzen
Raum stetig und differenzierbar sei, und setzen
iU = grad ifJ . (2,60)
Damit ist wegen der Identität rot (grad ifJ) 0 die Bedingung der =
Drehungsfreiheit GI. (2,55) identisch erfüllt. Die Kontiniuitätsglei-
chung (2,54) liefert dann nach Einsetzen von GI. (2,60) in GI. (2,54)
wegen div(grad ifJ) = LI ifJ für die Funktion ifJ die Gleichung:
LlifJ=O. (2,61)
Dabei bedeutet LI den LApLAcEschen Operator
02 f)2 f)2
LI = 0 x2 + 0 y2 + 0 Z2 •

In Komponentendarstellung lautet GI. (2,60) für die dreidimensionale


Strömung:
f)l[J 0l[J
V=--,
oy
w=az-, (2,62)

während GI. (2,61) ausgeschrieben lautet:


02l[J 02l[J 02l[J
Ox2 + oy2 + 7fZ2 = O. (2,63)

Diese Gleichung für ifJ heißt in der mathematischen Physik die Potential-
gleichung oder LApLACEsche Gleichung und die Funktion ifJ die Poten-
tialfunktion. Wir nennen ifJ auch kurz das Potential des Geschwindig-
keitsfeldes. Eine Strömung, welche durch die GIn. (2,62) und (2,63)
dargestellt wird, heißt Potentialströmung. Die Strömungen der idealen
Flüssigkeit sind somit Potentialströmungen.
Für die ebene Strömung vereinfachen sich die Gln. (2,62) und
(2,63) zu:
o(/J f)l[J
u=-- V=-- (2,64)
OX ' f)y
und
(2,65)
48 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Durch die Einführung der Potentialfunktion ist eine beträchtliche


mathematische Vereinfachung des Integrationsproblems erreicht wor-
den. Statt der vier GIn. (2,44) und (2,45) für die drei Geschwindig-
keitskomponenten u, v, w und den Druck p ist jetzt nur noch die eine
GI. (2,63) für die Potentialfunktion zu lösen. Eine besonders große
mathematische Vereinfachung besteht weiter darin, daß die Gleichung
für das Potential linear ist, während die drei EULERschen Gleichungen
in den Geschwindigkeitskomponenten nicht-linear sind. Überdies ist
die Potentialgleichung (2,63) in vielen anderen Teilen der mathemati-
schen Physik eingehend bearbeitet worden, z. B. in der Himmels-
mechanik, der Elektrotechnik und der Festigkeitslehre, so daß man für
die Strömungsmechanik auf die dort erhaltenen Lösungen in vielen
Fällen zurückgreifen kann. Nachdem man eine Lösung für das Ge-
schwindigkeitspotential tP(x, y, z) erhalten hat, findet man die Ge-
schwindigkeitskomponenten nach GI. (2,62) leicht durch Differentiation
und die Druckverteilung aus der BERNOULLlschen GI. (2,47).
Aus der Linearität der Potentialgleichung (2,63) folgt ein wichtiges
Prinzip für die Beschaffung von Lösungen dieser Gleichung, nämlich
das Prinzip der Überlagerung (Superposition): Sind zwei Lösungen
tPl (x, y, z) und tP2 (x, y, z) bekannt, so hat man damit eine große
Mannigfaltigkeit von weiteren Lösungen, weil auch jede Linearkombi-
nation dieser beiden Lösungen in der Form:
(2,66)
eine Lösung von GI. (2,63) ist, wie man durch Einsetzen sofort verifi-
ziert. Von diesem Überlagerungsprinzip wird im nächsten Abschnitt
bei der Behandlung von Beispielen Gebrauch gemacht werden. Hierfür
werden zunächst einige wenige Grundlösungen tP1 , tP2 , • • • beschafft
und aus diesen nach GI. (2,66) durch geeignete Wahl der Konstan-
ten Cl' C2 allgemeinere Lösungen aufgebaut.
Bevor wir eine anschauliche Deutung der Potentialfunktion geben,
wollen wir zunächst für ebene Strömungen noch eine weitere Funktion
einführen.
Stromfunktion. Für ebene Strömungen kann man die Erfüllung der
beiden Gleichungen der Kontinuität und der Drehungsfreiheit auch
noch durch ein anderes Verfahren erreichen, das mit dem vorstehend
erläuterten der Potentialfunktion nahe verwandt ist. Durch die Ein-
führung der Potentialfunktion mit Hilfe von GI. (2,60) wurde erreicht,
daß von den beiden Grundgleichungen der Kontinuität und der Dre-
hungsfreiheit GI. (2,54) und (2,55) die letztere identisch erfüllt wird,
während die erstere dann die Bestimmungsgleichung für die Potential-
funktion liefert.
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 49
Analog möge jetzt, allerdings nur für ebene Strömungen, die Strom-
funktion lJI(x, y) eingeführt werden, derart, daß dadurch die Kontinui-
tätsgleichung (2,58) identisch erfüllt wird, während dann die Bedin-
gung der Drehungsfreiheit GI. (2,59) eine Bestimmungsgleichung für
die Stromfunktion lJI ergibt. Verknüpft man das Geschwindigkeits-
feld mit der Stromfunktion durch die Gleichungen:
iJlJI iJlJI
U=--, v = ---, (2,67)
iJy iJx

so ist die Kontinuitätsgleichung (2,58) identisch erfüllt. Die Bedingung


der Drehungsfreiheit des Geschwindigkeitsfeldes nach GI. (2,59) liefert
dann für die Stromfunktion die Bedingung:
iJ2lJ1 iJ2lJ1
iJ x2 + iJ y 2 = 0 (2,68)
oder
LJlJI=O. (2,69)

Es muß also die Stromfunktion lJI die Potentialgleichung der ebenen


Strömung erfüllen 1.
Die Beziehung zwischen Potential- und Stromfunktion und auch
ihre Beziehung zum Geschwindigkeitsfeld läßt sich anschaulich leicht
in folgender Weise darstellen: Nach GI. (2,64) gilt für eine ebene Strö-
mung für die Potentialfunktion :
' .iJ</J .iJ</J . .
grad
m
'P=t~+Jay=tU+IV (2,70)

und nach GI. (2,67) für die Stromfunktion :


al[f alJI
gra d
lTi
r

= t~ + Jay
.
= -
.
tV + lU.
.
(2,71 )

Nach Abb. 2.18 stehen die Vektoren grad lJI und grad (/J aufeinander
senkrecht. Es sind demnach die bei den Kurvenscharen f/> = const
und lJI = const zueinander orthogonal.
Da der Vektor grad f/> mit dem Geschwindigkeitsvektor identisch
und deshalb tangential zu den Stromlinien ist, sind die Äquipotential-
linien f/>(x, y) = const senkrecht zu den Stromlinien. Die Kurven
lJI(x, y) = const sind deshalb identisch mit den Stromlinien.

1 Es sei hier vermerkt, daß sich die Potentialfunktion nur für reibungslose
Strömungen einführen läßt, da nur für diese die Bedingung der Drehungsfreiheit
erfüllt ist. Die Stromfunktion läßt sich dagegen auch für Strömungen zäher
Flüssigkeiten einführen, da die Kontinuitätsgleichung für diese in gleicher Weise
wie für reibungslose Strömungen gilt, vgl. Kap. IV. Da aber die Bedingung der
Drehungsfreiheit für die Strömungen der zähen Flüssigkeit nicht erfüllt ist, ist
dann für diese im allgemeinen LllJl =F O.
Schlichting)Truckenbrodt, Aerodynamik I 4
50 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Somit hat sich ergeben, daß die Äquipotentiallinien tP = const und


die Stromlinien lJI = const zwei orthogonale Kurvenscharen bilden, wie
es in Abb. 2.19 dargestellt ist.

~.const

Abb.2.18. Geometrische Beziehung zwischen Abb. 2.19. Die Aquipotentiallinien r[> = const
den Gradienten der Potentialfunktion r[> und und die Stromlinien 'P = const bilden zwei
der Stromfunktion 'P. Es gilt grad r[> 1. grad 'P orthogonale Kurvenscharen

Da die Potentialfunktion tP und die Stromfunktion lJI beide die


zwei Bedingungen der Drehungsfreiheit rot tu = 0 und der Quellen-
freiheit div tu = 0 erfüllen,
können sie vertauscht wer-
y den, d. h., es kann auch
die Potentialfunktion als
Stromfunktion und die
Stromfunktion als Poten-
tialfunktion aufgefaßt wer-
den.
Auch gilt das oben für
die Potentialfunktion er-
läuterte Überlagerungs-
prinzip in gleicher Weise
für die Stromfunktion.
Durchflußmenge.
Die
Stromfunktion kann da-
Abb. 2.20. Zur Ermittlung der Durchflußmenge Q12
zu benutzt werden, die
zwischen zwei Stromlinien 'P = 'P. und 'P = 'P, Durchflußmenge zwischen
zwei beliebigen Stromlinien
in einfacher Weise zu ermitteln. Es sei die Aufgabe gestellt, für die ebene
Strömung nach Abb. 2.20 die Dllrchflußmenge zu ermitteln für eine be-
lle bige Kurve 0 zwischen den Punkten PI und P 2 auf den Stromlinien (1)
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 51
und (2). Diese beiden Stromlinien mögen gegeben sein durch die Kon-
stanten 'PI und 'P2 ihrer Stromlinien. Man erhält offenbar die Durch-
flußmenge durch die Kurve 0, indem man von der Durchflußmenge
durch die zur y-Achse parallelen Strecke PIA diejenige durch die zur
x-Achse parallelen Strecke AP2 subtrahiert. Da für die Strecke PI A
nur die x-Komponente und für die Strecke A P 2 nur die y-Komponente
der Geschwindigkeit zum Durchfluß beiträgt, ist somit die Durchfluß-
me:p.ge zwischen PI P 2' genommen für die Schichthöhe Eins:

oder wegen GI. (2,67):

Q,,~ [,1: ~;dyL. + U: ~: dxL.


Unter dem Integral steht das vollständige Differential der Funk-
tion 'P(x, y), so daß man schreiben kann:

J d'P
(x,. y,)

QI2 = = lJI2 - 'PI'


(x,. y,)

Man hat also für die Durchflußmenge :


Q12='P2 -'PI · (2,72)
Die Durchflußmenge zwischen zwei Stromlinien einer ebenen Strö-
mung ist somit gleich der Differenz der Werte der Stromfunktion
dieser beiden Stromlinien.
Diese Regel, die auch für die Strömung zäher inkompressibler
Flüssigkeiten gilt, ist von großem Wert für die graphische Konstruktion
von Stromlinienbildern.

2.35 Beispiele einfacher Potentialströmungen


Bei der Berechnung von Beispielen soll in diesem Abschnitt so ver-
fahren werden, daß einfache Funktionen angegeben werden, die der
Potentialgleichung 11 tP = 0 genügen. Es wird sodann festgestellt,
welche Strömungen durch die so erhaltenen Lösungen dargestellt wer-
den. Aus einigen so beschafften einfachen Grundlösungen können sodann
mit Hilfe des Superpositions prinzips weitere kompliziertere Lösungen
gewonnen werden. In Kap. 2.5 wird später für die ebenen Strömungen
auch ein Verfahren angegeben werden, mit Hilfe dessen man zu einer
vorgegebenen Körperform unmittelbar Lösungen der Potentialglei-
chung erhält.
4*
52 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

2.351 Translationsströmuug. Die lineare Funktion


f/J = ax + by + cz (2,73)
ist mit beliebigen Werten der Konstanten a, b, c eine Lösung der drei-
dimensionalen Potentialgleichung (2,63). Die Geschwindigkeitskom-
ponenten
iJrp iJrp iJrp
--=u=a; --=v=b; --=W=C (2,74)
iJx iJy iJz

sind im ganzen Raum konstant; es ist also der Geschwindigkeitsvektor


nach Größe und Richtung konstant. Die Strömung ist also eine Parallel-
strömung, deren Geschwindigkeitsbetrag ltu 1= 2 + b2+ 2 ist. Va c
Sie werde Translationsströmung ge-
nannt.
11
Die ebene Translationsströmung
mit den Geschwindigkeitskompo-
nenten U oo und Voo in Richtung der
x- bzw. y-Achse, nach Abb. 2.21,
ist ein Sonderfall von GI. (2,73).
Sie hat das Potential
:r:
f/J(x, y) = ~tooX + vooy. (2,75)
Die Geschwindigkeitsrichtung ist
gegeben durch tg(X= voolu oo , wobei (X
den Winkel der Stromlinien gegen
Abb. 2.21. Die ebene Translationsströmung die x-Achse bedeutet. Der Geschwin-
digkeitsbetrag ist Vu~ v~. +
2.352 Ebene Staupunktströmung. Die Funktion
1
f/J (x, y) = 2a(x2 - y2) (2,76)

stellt eine Lösung der ebenen Potentialgleichung (2.65) dar. Die Ge-
schwindigkeitskomponenten der ebenen Strömung sind:
u=ax; v = -ay; W= o. (2,77)
Die Stromlinien erhält man aus GI. (2,9a) zu
y
x
Dder
~+!0L=o.
x y
Die Integration ergibt In x + In y = In C, und somit hat man als
Stromlinien die Kurven
xy = const. (2,78)
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 53
Die Stromlinien 'P = const bilden also eine Schar gleichseitiger
Hyperbeln mit der x- und y-Achse als Asymptoten (Abb. 2.22). Die
Äquipotentiallinien f[> = const sind nach Gl. (2,76) ebenfalls gleich-
seitige Hyperbeln, aber mit den Winkelhalbierenden der Quadranten
als Asymptoten. Faßt man !f
die x-Achse als feste Wand
.., .., /
auf, und betrachtet man , ./ , / /// ~=canst
nur die positive Halb- x.. / / /
;>e,\/ / /
/ / /
ebene, so hat man eine , ./
Strömung, die senkrecht
auf eine ebene Wand auf- !Y.const
trifft, sich an dieser teilt
Staupunld
und nach beiden Seiten
Abb.2.22. Die ebene Staupunktströmung. Die Stromlinien
abfließt. Der Koordi- 'P = oonst und die Äquipotentiallinien tp = const bilden
zwei orthogonale Hyperbelsoharen. Die Isobaren p = const
natenursprung 0 ist der sind konzentrische Kreise um den Staupunkt
Verzweigungspunkt und
gleichzeitig der Staupunkt dieser Strömung, da in diesem Punkt
nach GI. (2,77) die Geschwindigkeit gleich Null ist.
Für die Druckverteilung erhält man aus der BERNouLLI-Glei-
chung (2,47) für die Ebene z = 0:

eT(x 2 + y2),
a2
P = Po - (2,79)
wobei Po den Maximalwert des Druckes im Staupunkt bedeutet. Die
Kurven konstanten Druckes (Isobaren) sind konzentrische Kreise um
den Staupunkt; sie sind in Abb. 2.22 mit eingetragen.
2.353. Rotationssymmetrische Staupunktströmung. Die allgemeine
quadratische Funktion für das Geschwindigkeitspotential

(ax 2 + by2 + cz2)


1
(/) = 2"
ist, wie man leicht verifiziert, nur dann eine Lösung der räumlichen
Potentialgleichung (2,63), wenn a + b + c = 0 ist. Eine mit der vor-
stehend besprochenen verwandte Strömung erhält man für b = a
und c = - 2 a. Das Potential ist dann

W(x,y,z) = ; (x 2 + y2 - 2z2 ). (2,80)

Diese Strömung ist rotationssymmetrisch um die z-Achse. Die Ge-


schwindigkeitskomponenten sind:
u=ax; v =ay; w = -2az. (2,81)
Als Gleichung für die Stromlinien erhält man somit:
dx :dy :dz = x: y: (-2z).
54 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Für die Projektion der Stromlinien auf die x-y-Ebene ergibt sich
d xj x = d yj y. Somit ist In x = In y + In 0 oder x = const y. Die Pro-
jektion der Stromlinien auf die x-y-Ebene ist also die Schar der Ge-
raden durch den Ursprung (Abb.2.23).
Für die Projektion der Stromlinien auf die x-z-Ebene ergibt sich:
x 2 z = const.
Die Projektion der Stromlinien auf die x-z-Ebene ist also eine Schar
kubischer Hyperbeln mit der x- und z-Achse als Asymptoten, ebenso
wie die Projektion der Strom-
linien auf die y-z-Achse.
Abb. 2.23 zeigt das Strom-
linienbild dieser Strömung;
es ist rotationssymmetrisch um
die z-Achse. Der Koordinaten-
ursprung ist Staupunkt. Da für

-- die Ebene z = 0 die Geschwin-


.x digkeitskomponente W = 0 ist,
kann die x-y-Ebene als Be-
grenzungsfläche dieser Strö-
mung aufgefaßt werden. Die
Strömung im oberen Halbraum
kann gedeutet werden als ein
rotationssymmetrischer Strom,
der senkrecht auf eine unend-
lich ausgedehnte ebene Wand
auftrifft, sich dort im Punkt 0
staut und verzweigt und ent-
Abb. 2.23. Stromlinienbild der rotationssymmetri- lang der Wand nach allen Seiten
sehen Staupunktströmung. (Auftreffen eines runden
Strahles auf eine ebene Wand) abströmt. Diese Strömung wird
rotationssymmetrische Stau-
punktströmung genannt. Sie stellt einen kleinen Ausschnitt dar aus
der Strömung auf der Vorderseite eines Drehkörpers mit runder
Nase, der in axialer Richtung angeströmt wird.
2.354. Ebene Quell- und Senkenströmung. Die Funktion
c.P(x, y) = 2~ lnr mit r = Vx 2 + y2 (2,82)
ist, wie man leicht verifiziert, ebenfalls eine Lösung der ebenen Potential-
gleichung (2,65). Da die Potentiallinien r = const Kreise um den
Nullpunkt sind (Abb.2.24), und da andererseits die Geschwindigkeit
ttJ = gradc.P senkrecht auf den Potentiallinien c.P = const steht, hat
man nur radiale Geschwindigkeitskomponenten W r , nämlich
o([J E 1
wr = Tr = ~r· (2,83)
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 55
Die durch eine Zylinderfläche vom Radius R und der Höhe 1 hindurch.
strömende sekundliche Menge ist
E
Q = 2:rc Rwr(R) = 2:rc R 2nR = E. (2,84)

Diese Menge ist also, unabhängig vom Radius R des gewählten Zylin.
ders, gleich der Konstanten E. Positives E bedeutet eine Strömung
radial nach auswärts, die wir als Quellströmung bezeichnen, und nega·
tives E gibt eine Strömung nach innen (Senkenströmung). Wir be·
zeichnen E als die Ergiebigkeit der Quell- bzw. Senkenströmung. In
Abb. 2.24 ist das Stromlinienbild der Quellströmung dargestellt.
Bei Annäherung an den Ursprung
wird der Geschwindigkeitsbetrag unend-
lich groß wie l/r. Der Ursprung ist eine
singuläre Stelle, und die ganze z-Achse
ist eine singuläre Linie der Quell- bzw
Senkenströmung. Dort entsteht bzw. ver-
I
schwindet sekundlich die Menge Q = E, I
I
was jedoch physikalisch unmöglich ist. /
Der obige Ausdruck für das Geschwin-
digkeitspotential t[> stellt deshalb nur
dann den Ausdruck für eine wirkliche
Strömung dar, wenn man eine kleine Abb.2.24. Die ebene Quellströmung
Umgebung des Ursprungs ausscheidet.
Im Hinblick auf eine spätere Anwendung sei hier auch noch die
Stromfunktion dieser Strömung vermerkt. Da sämtliche Stromlinien
Geraden durch den Ursprung sind, ist die Stromfunktion offenbar
E
P = 2Jl" rp, (2,85)

wobei q; den Polarwinkel bedeutet. Die Potential- und Stromlinien wer-


den hier gebildet von den beiden Kurvenscharen der konzentrischen
Kreise um den Ursprung bzw. der Strahlen durch den Ursprung.
2.355 Ebener Potentialwirbel. Eine weitere wichtige Grundströ·
mung erhalten wir aus der soeben besprochenen ebenen Quellströmung,
wenn wir von dem in Kap. 2.34 erläuterten Vertauschungsprinzip der
Potential· und Stromlinien Gebrauch machen. Wenn wir dabei noch,
der Deutlichkeit halber, die Konstante E der Quellströmung in r o
umbenennen, so hat die neue Strömung das Potential

<1>= +~
2n rp (2,86)

und die zugehörige Stromfunktion


p = - ~; lnr. (2,87)
56 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Diese Strömung hat also die konzentrischen Kreise um den Ursprung


als Stromlinien, während die Potentiallinien durch die Strahlen durch
den Ursprung dargestellt werden (Abb. 2.25). Diese um den Ursprung
kreisende Strömung hat somit keine radialen GBschwindigkeitskompo-
nenten, sondern nur Umfangskomponenten der GBschwindigkeit vom
gleichen Betrage wie die radiale Komponente bei der Quellströmung.
Die Geschwindigkeitskomponenten sind somit:

W
I iJ(]J
----- ------
iJlf' r o .
w,
iJ (]J I iJ lf'
= -iJ- = - -iJ- = O. (2,88)
'P - r iJ rp - iJr - 2nr ' r r rp

Die Verteilung der Umfangskomponente der Geschwindigkeit über den


Radius gehorcht also dem Gesetz
wq>r = const. (2,89)
Wir nennen diese kreisende Bewegung das Geschwindigkeitsfeld eines
Potentialwirbels. Nach außen hin nimmt die Geschwindigkeit mit Ijr
ab, während sie bei Annäherung an den Ursprung unbegrenzt zunimmt
(Abb. 2.25). Der Ursprung r = 0 ist
auch hier wieder eine singuläre Stelle,
die bei der physikalischen Realisierung
auszuschließen ist. Diese Strömung
kann man sich etwa entstanden denken
durch Rotation eines längs der z-Achse
liegenden unendlich langen Kreiszylin-
ders, der bei Drehung um seine Achse
die Flüssigkeit in seiner Umgebung
mit nimmt. Allerdings ist hierbei die
Flüssigkeitsreibung im Spiel, während
hier ja reibungslose Flüssigkeit an-
Abb. 2.25. Der ebene PotentialwirbeI.
Stromlinien 'F = const und Äquipoten- genommen wurde.
tiallinien tP = const, w'I'(r) = Geschwin- Die Konstante F o kann physikalisch
digkeitsverteilung, r. = Wirbelstärke.
Es ist " = R noch in folgender Weise gedeutet wer-
den. Bei einem vollen Umlauf auf einer
Stromlinie vom Radius R ist das Produkt von Geschwindigkeit mal
Weg nach GI. (2,88) gleich 2 7t R· wq> = r o , also unabhängig von der
gewählten Stromlinie und gleich der Konstanten r o .
Eine Besonderheit dieser Strömung ist noch, daß sich bei einem
vollen Umlauf auf einer Stromlinie das Potential nach GI. (2,86) um
den Betrag:
(j)(rp + 2n) - (j)(rp) = 2;r 2n = F o
vermehrt. Wir haben es also hier mit einer Strömung mit mehrdeutigem
Potential zu tun. Zwischen der Mehrdeutigkeit und dem Integral der
2.3 Zwei· und dreidimensionale Strömungen 57
Geschwindigkeit längs der geschlossenen Stromlinie besteht ein Zu-
sammenhang, auf den wir später zurückkommen werden (Kap. 2.41).

2.356 Räumliche Quell- und Senkenströmung. Zu der in 2.354 be-


handelten ebenen Quell- und Senkenströmung läßt sich auch ein räum-
liches Analogon angeben. Wählt man für das Potential den Ansatz

r1J(x , y , z) = - ~~
4n r mit r = VX2 + y2 + Z2 , (2,90)

so hat man, wie man leicht verifiziert, hiermit eine Lösung der räum-
lichen Potentialgleichung (2,63). Die rechtwinkligen Geschwindig-
keitskomponenten sind:

u =E- _x
· E y E z
4n r
3 , v=~ra; W=~~. (2,91)

Da die Potentialflächen (jJ = const durch die zum Ursprung konzen-


trischen Kugeln r = const gegeben sind und der Geschwindigkeits-
vektor zu den Potentialflächen senkrecht ist, verlaufen die Strom-
linien radial. Die resultierende Geschwindigkeit I ttJ I = 2 + 2 + w2 Vu v
und damit gleichbedeutend die radiale Geschwindigkeitskomponente wr
erhält man zu
E 1
IttJl = w r = - 4 2".
. n r
(2,92)

Die Durchflußmenge durch eine Kugel vom Radius Rist


Q= 4 Jt R2. W r (R) = E, also unabhängig vom Kugelradius. Für E> 0
liegt eine Strömung vor, die vom Ursprung aus nach allen Seiten radial
auswärts gerichtet ist (räumliche Quelle), während für E < 0 die
Strömung radial einwärts gerichtet ist (räumliche Senke). Wir nennen
wieder E die Ergiebigkeit der Quelle oder Senke. Während bei der
ebenen Quellströmung die Quelle ein linienförmiges Gebilde ist, hat
sie hier punktförmige Gestalt. Während bei der ebenen Quellströmung
der Geschwindigkeitsbetrag nach außen mit 1fr abnimmt, ändert er
sich bei der räumlichen Quelle und Senke mit 1jr2 •
Mit den vorstehend besprochenen Beispielen steht jetzt ein kleiner
Vorrat von Grundlösungen der Potentialgleichung zur Verfügung.
Weitere Strömungen können wir aus diesen erhalten, wenn wir von dem
in Kap. 2.34 besprochenen Überlagerungsprinzip Gebrauch machen.
Im folgenden sollen einige solche aus den Grundlösungen durch Über-
lagerung erhaltenen Strömungen behandelt werden.

2.357 Strömung um einen ebenen Halbkörper. Wir überlagern die


Translationsströmung parallel zur x-Achse mit der Geschwindigkeit U oo
und die ebene Quelle der Ergiebigkeit E im Ursprung (Abb.2.26a).
58 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Die erstere Strömung hat nach GI. (2,75) das Potential $p = UooX'
E
während für die letztere nach GI. (2,82) $Q = 2n In r ist mit E> O.
Durch Überlagerung ergibt sich somit das Potential
tP(x, y) = tP T + tP Q = uoox + 2"nlnr.
E
(2,93)

Die Geschwindigkeitskomponenten sind hiermit

W=Ü. (2,94)

Diese resultierende Strömung ist in sehr großem Abstand von der


Quelle näherungsweise die Translationsströmung parallel zur x-Achse,

Uoc; e

~J I
I

(0

tltJ
11
Ol+---------_=_

","-

Abb. 2.26. Strömung um einen ebenen Halbkörper.


a) Stromlinienbild. b) Druckverteilung auf der Oberfläche des Körpers

dagegen sehr nahe an der Quelle (am Ursprung) näherungsweise die


Quellströmung. Für mittlere Abstände vom Ursprung weicht die
resultierende Strömung von beiden stark ab.
Eine anschauliche Vorstellung der Strömung gibt das Strom-
linienbild in Abb.2.26a. Die resultierende Strömung besitzt einen
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 59

Staupunkt (u = 0, v = 0) auf der negativen x-Achse im Abstand


xo = - E/2:rt U(XJ vom Ursprung. Durch diesen Staupunkt verläuft eine
Stromlinie, die dort senkrecht zur x-Achse beginnt und weiter nach
rechts mehr und mehr zur positiven x-Achse parallel wird.
Das Stromlinienbild der resultierenden Strömung wird durch diese
Staupunktstromlinie in zwei Gebiete eingeteilt, derart, daß die von der
Parallelströmung herrührende Flüssigkeitsmenge ganz außerhalb und
die von der Quellströmung herrührende Menge ganz innerhalb dieser
Stromlinie verläuft. Faßt man diese Staupunktstromlinie als feste Wand
auf und betrachtet man nur die Strömung im Außenraum, so hat man
die Strömung um einen zylindrischen Körper mit runder Nase und
parallelen Flanken, der nach der einen Seite parallel zur Anström-
richtung unendlich lang ist. Wir nennen ihn den ebenen Halbkörper.
Da diese Strömung typisch ist für die Strömung am vorderen Teil
eines jeden zylindrischen Körpers mit abgerundeter Nase, z. B. eines
Tragflügelprofils bei symmetrischer Anströmung, möge sie hier etwas
näher untersucht werden.
Die Breite D des ebenen Halbkörpers in großem Abstand von der
Nase erhält man aus der schon angegebenen Bedingung, daß die ge-
samte aus der Quelle ausströmende Menge innerhalb des Halbkörpers
fließt. Dies gibt D U(XJ = E und somit D = E/u(XJ'
Die Kontur des Körpers erhält man aus der Stromfunktion der
resultierenden Strömung. Wie hier nicht näher ausgeführt werden soll,
erhält man für die Kontur in Polarkoordinaten die Gleichung:
r=~-rp-. (2,95)
2n sin rp
Dabei ist q; der vom Staupunkt aus gemessene Polarwinkel. Die nach
GI. (2,95) errechnete Kontur ist aus Abb. 2,26a zu ersehen.
Die Druckverteilung längs der Oberfläche des Halbkörpers erhält
man aus der BERNOULLlschen Gleichung, wie hier ebenfalls nicht
näher ausgeführt werden soll, zu

(2,96)

Dabei bedeutet q(XJ = ((2/2) u~ den Staudruck der Anströmung. Die


hiernach berechnete Druckverteilung ist in Abb. 2.26b längs der Achse
des Körpers aufgetragen. In einer gewissen Umgebung der Nase herrscht
Überdruck, während weiter stromabwärts Unterdruck vorhanden ist.
Der stärkste Unterdruck beträgt p - p(XJ = - 0,57 q(XJ' Der Über-
druck in der Umgebung der Nase liefert eine nach hinten (in Strömungs-
richtung) gerichtete Druckkraft, während der Unterdruck eine nach
vorn gerichtete Saugkraft ergibt. Die sich aus diesen beiden Anteilen
ergebende resultierende Kraft ist Null, wie hier ohne Beweis angegeben
60 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

werden möge. Man hat also das Ergebnis, daß die aus der Druckver-
teilung auf der Körperoberfläche resultierende Kraft in Strömungs-
richtung, der sog. Widerstand, Null ist. Dieses Ergebnis steht im Wider-
spruch mit der Erfahrung, nach welcher jeder Körper einen Widerstand
hat. Dieser rührt her von den Schubkräften, die in der wirklichen Flüs-
sigkeit von der Strömung auf die Wand übertragen werden. Die Ab-
weichung zwischen der Theorie und der Erfahrung ist auf die Vernach-
lässigung der Zähigkeit zu-
rückzuführen.
Wenn auch die Theorie der
reibungslosen Flüssigkeit so-
mit für den Widerstand ein un-
brauchbares Ergebnis liefert,
a so ist die aus ihr ermittelte
Druckverteilung in vielen
Fällen doch in guter Über-
t einstimmung mit der Erfah-
rung, wie wir späterhin noch
sehen werden.
2.358 Strömung um einen
rotationssymmetrischen Halb-
x körper. Durch die Über-
oHI-------=====::::;==:=::!~ lagerung der Translations-
strömung mit der räumlichen
Quellströmung erhält man die
b Strömung um einen rotations-
symmetrischen Halbkörper.
Abb. 2.27. Strömung um einen rotationssymmetrischen
Halbkörper Die Überlagerung der Trans-
a) Körperform, b) Druckverteilung auf der Oberfläche lationsströmung der Gesch win-
des Körpers
digkeit U oo längs der x-Achse
mit der räumlichen Quelle der Ergiebigkeit E im Ursprung nach
Abb. 2.27 ergibt für das Potential der resultierenden Strömung
E
1J(x, y, z) = uoox - - -
4,nr
(2,97)

mit r 2 = x2 + y2 + Z2. Die Geschwindigkeitskomponenten sind:

E z
w=4"nra'

Auf der negativen x-Achse befindet sich ein Staupunkt in Abstand


x o = 11 Ej4;;:;;;:' vom Ursprung. Die durch diesen Staupunkt gehende
rotationssymmetrische Stromfläche teilt die Translationsströmung von
2.3 Zwei· und dreidimensionale Strömungen 61

der Quellströmung und kann als Körperkontur aufgefaßt werden. Die


Außenströmung gibt die Umströmung dieses rotationssymmetrischen
Halbkörpers, der für große x einen konstanten Radius R hat. Dieser
Radius des Halbkörpers ergibt sich aus:rt R2 uoc = E zu R = YEj:rtuoo .
Die Gestalt des Halbkörpers kann aus der Bedingung berechnet wer-
den, daß die Flüssigkeitsmenge der Translationsströmung für einen
Zylinder vom Durchmesser y gleich sein muß der Teilmenge der Quell-
strömung, die im Kegel vom halben Öffnungswinkel cp enthalten ist
(Abb. 2.27a). Dies ergibt :rty2 uoo = E(1 - coscp)j2. Damit erhält man
für die Kontur, wenn man noch y = r sin cp einführt:
~ _ sin(rpj2)
R - sin rp (2,98)

Für die Druckverteilung auf der Kontur ergibt sich nach einfacher
Rechnung:
Cp = p- Poo = 1 - 4sin2 !L
~ 2
+
3 sin4 .!!!..-.
2
(2,99)

Die hiernach errechnete Druckverteilung ist in Abb. 2.27 b mit an-


gegeben. Das Druckminimum beträgt (p - Pex,)min = - 0,33 qoo; es
ist kleiner als beim ebenen Halbkörper nach Abb. 2.26b. Bei gleicher
Anströmgeschwindigkeit ist also die größte Geschwindigkeit auf der
Körperoberfläche beim rotationssymmetrischen Halbkörper kleiner als
beim ebenen Halbkörper.
2.359 Dipol und Kreiszylinder. Dipol: Bei den beiden zuletzt be-
handelten Beispielen hatten wir Körperformen erhalten, die sich in einer
Richtung ins Unendliche erstrecken. Sorgt man durch Anbringen von
Senken im hinteren Teil des Körpers dafür, daß die gesamte aus der
Quelle entstammende Flüssigkeitsmenge in den Senken wieder ver-
schluckt wird, so bleibt in großem Abstand von den Quellen und Sen-
ken keine Wirkung übrig, und man kann auf diese Weise Körper-
konturen erhalten, die sich im Endlichen wieder schließen. Durch ver-
schiedene Anordnungen von Quellen und Senken auf der Achse des
Körpers läßt sich eine große Mannigfaltigkeit von Körperformen für
den ebenen und rotationssymmetrischen Fall erhalten. Insbesondere
kann man auf diese Weise durch einen Grenzübergang auch die geo-
metrisch besonders einfachen Körperformen Kreiszylinder und Kugel
erhalten, die im folgenden etwas näher behandelt werden mögen.
Als Vorarbeit betrachten wir zunächst den Fall einer ebenen Quelle
und Senke von gleicher Intensität E (Quell-Senken-Paar), die im Ab-
stand h derart angeordnet sind, daß sich die Senke im Ursprung und
die Quelle auf der negativen x-Achse befindet, Abb. 2.28. Das Potential
lautet nach GI. (2,82):
<P(x,y)= 2~ [lny(x+h)2+y2 -lnYx 2 +y2], (2,100)
62 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

während die Stromfunktion geschrieben werden kann in der Form:


E
lJI = 2n(<PI- <P2). (2,101)

Dabei bedeuten <PI und <P2 die von der Quelle bzw. Senke aus ge-
messenen Polarwinkel. Die Stromlinien lJI = const sind also die

/
/
/

/
/
/

Abb.2.28. Stromlinien und Potentiallinien eines Quell-Senken-Paares

Kurven <PI - Cf!2 = const, und somit das Kreisbüschel durch den
Quell- und Senkenpunkt. Durch Überlagerung dieses Quell-Senken-
Paares mit einer Translationsströmung in Richtung der Verbindung
von Quelle und Senke mit der Geschwindigkeit u"" erhält man ovale
Körperformen von ellipsenähnlicher Gestalt, deren Schlankheitsgrad
von dem Parameter Ejh U oo abhängig ist.
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 63

Eine besonders bemerkenswerte Strömung erhält man, wenn man


bei dem Quell-Senken-Paar den Abstand gegen Null gehen läßt. Da-
mit in diesem Fall aber noch eine Wirkung nach außen übrigbleibt,
muß man gleichzeitig die Ergiebigkeit E umgekehrt proportional zum
Abstand h anwachsen lassen, derart, das M = E hj27t konstant bleibt.
Das Potential dieser Strömung lautet somit nach GI. (2,100):
d.(
'V x, y
) = M . I'Im InV~~h -lnV~
h-+O

Der Grenzwert für h --70 kann aber auch als Differentialquotient


nach x geschrieben werden, so daß man hat:

$(x, y) = Maa- In Vx 2
x
+ y2 = Maa-
x
Inr = M~.
r
Man hat also, wenn man noch Polarkoordinaten einführt, für das
Potential:
$ = M~ = M cosrp (2,102)
r2 r'

Dies ist die Strömung eines Dipols. Man nennt die Konstante Mdas
Moment des Dipols. Die Stromfunktion des Dipols lautet:

(2,103)

Dies läßt sich dadurch verifizieren, daß man die Geschwindigkeits-


komponenten bildet, die sich sowohl aus dem Potential (jJ nach
GI. (2,102) als auch aus der Stromfunktion IJI nach GI. (2,103) er-
geben zu:

(2,104)
v = _. M 2xy = _ M sin 2 rp .
r4 r2
Der Geschwindigkeitsbetrag ltu 1= Vu 2 + v2 ist hiernach also

Itu I = Mr-2 . (2,105)

Während bei der ebenen Quelle und Senke der Geschwindigkeits-


betrag nach GI. (2,83) nach außen mit Ijr abnimmt, ändert er sich beim
Dipol mit IJr 2 •
Die Stromlinien IJI = const dieser Dipolströmung sind gegeben
durch die Kreisschar, welche die x-Achse im Ursprung tangiert. Dies
erkennt man sofort aus GI. (2,103) und Abb.2.29, wenn man die
Gleichung der Stromlinien in der ]'orm sin q; = const· r schreibt. Die
Potentiallinien bilden das hierzu orthogonale Kreisbüschel, welches die
y-Achse tangiert. Man nennt die Symmetrielinie des Stromlinien-Kreis-
büschels, im vorliegenden Fall also die x-Achse, die Achse des Dipols.
Obgleich ein Dipol ein punktförmiges Gebilde ist, besitzt er doch eine
64 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

ausgezeichnete Richtung in seiner Achse, welche die Richtung des


Quell-Senken-Paares angibt, aus welchem der Dipol durch Grenzüber-
gang hervorgegangen ist.

/
/

1jr=const

Abb. 2.29. Stromlinien und Potentiallinien der Dipolströmung

Kreiszylinder : Aus der Dipolströmung erhält man in einfacher


Weise die Strömung um einen Kreiszylinder durch Überlagerung mit
einer Translationsströmung der Geschwindigkeit U oo in Richtung der
x-Achse. Das Potential der resultierenden Strömung ist nach Gi. (2,102):
tJ>(x, y) = 11 00 X + M2"'
r
x
(2,106)
Die x-Komponente der Geschwindigkeit verschwindet in zwei sym-
metrisch zum Ursprung gelegenen Punkten. Da in diesen auch die
v-Komponente der Geschwindigkeit Null ist, sind diese beiden Punkte
Staupunkte der resultierenden Strömung. Aus 11 = 0 erhält man:
(2,107)
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 65

Setzt man diesen Wert in GI. (2,106) ein, so lautet das Potential:

([> = U 1 + ~22)
oo ( X = uoo(r + ~2) costp (2,108)

und die Stromfunktion mit GI. (2,103):

p = U oc ( 1- ~22) Y = uoo(r _ ~2) sintp. (2,109)

Aus der letzten Gleichung ist sofort ersichtlich, daß der Kreis r = R
eine Stromlinie ist und daß er zur Stromlinie P = 0 gehört, die von der
positiven und negativen x-Achse gebildet wird. In ähnlicher Weise wie
beim Halbkörper verzweigt sich diese zum Staupunkt führende Strom-
linie und bildet dabei die Kreiskontur. Die Strömung um diese Kreis-

u_oo_~_ _

Abb.2.30. Strömuug um einen Kreiszylinder (Translationsströmung)

kontur, die sich nach den obigen Formeln leicht berechnen läßt, ist

I
in Abb.2.30 angegeben. Für die Geschwindigkeitskomponenten er-
gibt sich:
u = U oo ( 1 + R2 ~ x y2
2
) = U oo ( 1- ~22 cos 2 tp),
xy H2 (2,110)
v = - 2uoo R2_
r
4 = - U OO -
r
2 sin2tp.

Es ist zweckmäßig, das Geschwindigkeitsfeld auch noch in Polar-


koordinaten anzugeben, also die Komponenten W r in radialer Richtung
und w'{! in Umfangsrichtung. Diese ergeben sich aus dem Potential
durch Wr = ar und w'{! = r1 aq; zu:
ß<[) ß<[)

Wr = U oo ( 1 - ~:) cos tp ,
(2,111)
I H2).
w'{!=-uoo~l+----;.z Sllltp,

Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 5
66 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Auf der Kreiskontur verschwindet die radiale Geschwindigkeits-


komponente, so daß der Geschwindigkeitsbetrag dort mit wrp identisch
ist. Man hat somit auf dem Kreis:
r = R: WK = 2 U oo sin rp (0;::;; rp ~ n-). (2,112)
Die maximale Geschwindigkeit des ganzen Feldes ist auf der Kontur
bei rp=n-j2 vorhanden; sie beträgt wKmax=2uoc •
Die Druckverteilung längs der Kontur errechnet sich aus:
(!2_ +(!2
P + 2WK - Poo TUoo.

-0,5

-1.0

~18
r::.. \:,'_1.5
11
<.\"

-zp

-2,5

-~000 MO 60° 90' JIJO O 830° JOD'


Abb. 2.31. Druckverteilung auf der Oberfläche eines Kreiszylinders und einer Kugel bei
inkompressibler, reibungsloser Strömung

Bezieht man die Druckverteilung auf den Staudruck der Anströ-


mung qoo = (!u~/2, so erhält man den Druckbeiwert

cp = P-P<X!...
qoo
= 1- w:oo
U
= 1- 4sin2 rp = 2cos2rp -1. (2,113)

In Abb. 2.31 ist die hiernach errechnete Druckverterlung über dem


abgewickelten Umfang aufgetragen. Die resultierende Kraft in Strö-
mungsrichtung ist Null. Die wirkliche Druckverteilung zeigt erhebliche
Abweichungen von dieser potentialtheoretischen. Diese Abweichungen
rühren daher, daß auf der Rückseite das wirkliche StrömungsbiId
erheblich anders aussieht, als es hier von der reibungslosen Strömung
geliefert wird. Infolge der Reibungseinflüsse tritt auf der Rückseite
eine Ablösung der Strömung vom Körper und damit eine Umgestal-
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 67

tung der Druckverteilung ein, die mit einem großen Widerstand ver-
bunden ist. Hierüber wird in Kap. IV berichtet werden.
2.35.10 Strömung um eine Kugel. In analoger Weise wie vorstehend
für den Kreiszylinder erhält man die Strömung um eine Kugel durch
Überlagerung der räumlichen Dipolströmung mit der Translationsströ-
mung. Das Potential des räumlichen Dipols, der sich im Ursprung
befindet und dessen Achse mit der x-Achse zusammenfällt, erhält man
aus demjenigen der räumlichen Quelle genauso wie bei der ebenen
Strömung (Kap. 2.359) durch Differentiation nach x. Mit dem Quell-
potential nach GI. (2,90) hat man somit für das Potential der resul-
tierenden Strömung mit M = E hj4n:

rfJ(x, y, z) = uoox + M-;-.


r
(2,114)

Hieraus ergibt sich die x-Komponente der Geschwindigkeit zu:


r2 - 3x 2
U = U oo +M r
S

Auf der x-Achse gibt es zwei zum Ursprung symmetrisch gelegene


Staupunkte. Aus u = 0 ergibt sich ihr Abstand vom Ursprung zu:

xo = ± R = ± öl 2M
L --
V U
.
oc

Durch Einsetzen in GI. (2,114) findet man für das Potential:

. (2,115)

Die radiale Geschwindigkeitskomponente Wr = ß rfJ/ßr ergibt sich hier-


aus zu:
Wr = U oo (1 - ~33) cos Cf! •

Sie verschwindet auf der ganzen Kugel r = R, womit gezeigt ist,


daß GI. (2,115) das Potential für die Strömung um eine Kugel darstellt,
die in Richtung der x-Achse angeströmt wird. Die rechtwinkligen
Komponenten der Geschwindigkeit ergeben sich zu:

U = U oo (1 + T--r
R3 r 3
s- -- ,
1 2 -- X2 )

_
V - -2uoo
3 R3 xy
7'
I
J
(2,116)

Da die Strömung um die x-Achse rotationssymmetrisch ist, genügt es


für die Ermittlung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Oberfläche
5*
68 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

der Kugel, wenn wir diese auf dem Schnittkreis mit der x-y-Ebene an-
geben. Die Umfangskomponente der Geschwindigkeit für die x-y-Ebene
. 1 Ei (/) •
1st Wrp = rar;' somIt

z = 0: W rp = - U oo (1 + ~ ~:) sin rp .
Der Geschwindigkeitsbetrag auf der Kugeloberfläche ist also
3.
r = R: WK = 2' U oo sm rp (2,117)

Während also beim Kreiszylinder nach GI. (2,112) die maximale Ge-
schwindigkeit gleich der doppelten Anströmungsgeschwindigkeit ist,
ist sie bei der. Kugel nur das Anderthalbfache. Für die Druckver-
teilung ergibt sich:
p-p 9 .
cp = 00 = 1 - - sIn2 rp. (2,118)
qoo 4

Sie ist in Abb. 2.31 miteingetragen. Wegen des Vergleiches dieser


theoretischen Druckverteilung mit Messungen gilt ebenfalls das für
den Kreiszylinder Gesagte, vg1. auch Kap. IV.
2.35.11 Strömung um andere Körper. Das vorstehend erläuterte
Verfahren der Erzeugung von Körpern durch Quellen und Senken läßt
sich erheblich weiter ausdehnen. Läßt man neben punktförmigen Quel-
len und Senken auch linienförmige Quell- und Senkenverteilungen zu,
so kanri man eine große Mannigfaltigkeit von Körperformen erzeugen,
insbesondere dann, wenn man auch noch eine ungleichförmige Inten-
sitätsverteilung der Quellen und Senken zuläßt. Bedeutet q(x) die
längs der x-Achse von x = °
bis x = l verteilte Quell- und Senken-
intensität (q> 0, Quellen; q < 0, Senken), so muß, um einen geschlos-
senen Körper zu erhalten, die Quell-Senken-Summe gleich Null sein:
I

Jq(x)dx=O. (2,119)
x=O

Für den ebenen Fall erhält man auf diese Weise zylindrische Körper
von symmetrischer Gestalt, die in der Symmetrieebene angeströmt
werden, wie z. B. symmetrische Tragflügelprofile bei symmetrischer
Anströmung. Das Potential lautet nach GI. (2,93) für diesen Fall:
I

@(x,y)=uoox+ 2~ J q(;)lnV(x-;)2+y2 d;. (2,120)


g=o
2.3 Zwei- und dreidimensionale Strömungen 69

Für den rotationssymmetrischen Fall erhält man axial angeströmte


Drehkörper von der Art von Luftschiffkörpern und Flugzeugrümpfen.
In diesem Fall lautet das Potential nach GI. (2,97) :

J
I
q(~) d~
f1> (x " y z) = u
00
x - _1_
4:n:
(2,121)
<~O

----------------==============-------~=========
I&,---.~--...::-~ - 11111:,!lIIIIIII~.-
--
I

-------~~===========~==~=====
.
L
Z

qa
r:=--t'-1---'-~
q6

t
JI8
~

11:>'
--<>- Messung
----- Theorie ,
"'- 42
11
",,"'-
oI
,
I
)
~ --
~
/
tI
-0,2
Re = llool = 1.3-10 6
V '
<. ~
(/1 0,2 0) q~ 0,5 (/6 0,7 o,B a,g iU
b x/l-
Abb. 2.32. Stromlinienbild und Druckverteilung eines axial angeströmten Drehkörpers (nach
G. FUHRMANN [1], Körper III)
a) Stromlinienbild, b) Druckverteilung auf der Oberfläche des Körpers

Der rotationssymmetrische Fall ist insbesondere von G. FUHRMANN [1]


weiter ausgebaut worden. Abb. 2.32 zeigt die Strömung um einen
schlanken Drehkörper (sog. StromIinienkörper). Dabei ist in der oberen
Abbildung die Quell-Senkenverteilung mit angegeben. Die theoretische
Druckverteilung ist hierbei in ausgezeichneter Übereinstimmung mit
Messungen.
70 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

2.4 Wirbelbewegung
2.41 Begriff der Zirkulation

Bisher wurden ausschließlich drehungsfreie Flüssigkeitsbewegungen


betrachtet, d. h. solche, für welche im ganzen Geschwindigkeitsfeld
die Gleichung rot \t1 = 0 erfüllt ist. Allgemein hatten wir festgestellt,
daß die Bewegungen einer reibungslosen inkompressiblen Flüssigkeit
die beiden Gleichungen div\t1 = 0 und rot\t1 = 0 erfüllen, von denen
die erstere physikalisch aussagt, daß im ganzen keine Masse entsteht
und verschwindet (Quellenfreiheit ), während die zweite Gleichung die
rein kinematische Bedingung der Drehungsfreiheit ist. Nun sind aber,
wie wir gesehen haben, gerade solche Flüssigkeitsbewegungen von be-
sonderem Interesse, bei welchen in einzelnen Punkten oder auf einzelnen
Linien die Bedingung der Quellenfreiheit nicht erfüllt ist, wo also an
einzelnen Stellen div\t1 =1= 0 ist. Bei d!'lr räumlichen Quell- und Senken-
st~ömung ist die Bedingung der Quellenfreiheit in einem Punkt, dem
Quell- bzw. Senkenpunkt, verletzt, und bei der ebenen Quell- und
Senkenströmung auf der unendlich langen Quellinie. Der Quell~ oder
Senkenpunkt und die Quell- oder Senkenlinie sind singuläre Stellen des
Strömungsfeldes, bei dem an allen übrigen Stellen die Gleichung der
Quellenfreiheit erfüllt ist. Durch Überlagerung einer solchen Strömung
mit singulären Stellen mit anderen regulären Strömungen hatten sich
praktisch besonders wichtige Fälle ergeben, wie z. B. die Strömungen
um den Kreiszylinder, die Kugel und um schlanke Drehkörper, die axial
angestrpmt werden.
In diesem Abschnitt wollen wir jetzt solche Strömungen einer
reibungslosen Flüssigkeit behandeln, bei denen in ähnlicher Weise an
einzelnen Stellen des Geschwindigkeitsfeldes die Bedingung der Dre-
hungsfreiheit nicht erfüllt ist, wo also an einzelnen Stellen rot \t1 =\o~ 0
ist. Solche Strömungen heißen Wirbelbewegungen, wie wir nachher noch
näher erläutern werden. Es wird sich zeigen, daß diejenigen singulären
Stellen des Geschwindigkeitsfeldes, an welchen die Bedingung der
Drehungsfreiheit nicht erfüllt ist, auf einer Kurve, der sog. Wirbellinie,
liegen. Solche Wirbelbewegungen ergeben durch Überlagerung mit
regulären Strömungen weitere praktisch besonders wichtige Strömun-
gen, und zwar insbesondere Strömungen um auftrieberzeugende Körper
(Tragflügel) .
Als Vorbereitung der Betrachtungen über Wirbelbewegungen führen
wir den Begriff des Linienintegrals der Geschwindigkeit längs einer
Kurve ein. Wir definieren: Das Linienintegral L der Geschwindigkeit
längs einer gegebenen Kurve C zwischen den Punkten A und B ist das
2.4 Wirbelbewegung 71

Integral über das Produkt des Bogenelementes dCJ mit der- Geschwin-
digkeitskomponente in Richtung der Kurve, Abb. 2.33 a. Somit ist:
B B
L=IrodCJ= Ilrolcosads. (2,122)
A A
Das Linienintegral der Geschwindigkeit ist laut Definition eine skalare
Größe. Die Definition dieses Linienintegrals ist nicht auf reibungslose
inkompressible Strömungen beschränkt. Es kann nach GI. (2,122) ent-
weder als Integral über das skalare Produkt der Vektoren 10 und dCJ
geschrieben werden, oder als das Integral über das Produkt der Beträge
von 110 1 und I d31 = ds sowie cosa, wobei a den Winkel zwischen
dem Geschwindigkeitsvektor und der Kurventangente bedeutet.

A
a
Abb. 2.33. Zur Definition a) des Linienintegrals der Geschwindigkeit längs einer Kurve G.
b) der Zirkulation längs einer geschlossenen Kurve K

Verläuft die Kurve C senkrecht zu den Stromlinien, d. h. längs einer


Potentiallinie, so ist wegen cosa = 0 das Linienintegral L gleich Null.

fI
B

Andererseits ist einfach L = tu I ds, falls die Kurve C längs einer


A
Stromlinie verläuft. Wünscht man das Linienintegr;tl der Geschwindig-
keit durch die rechtwinkligen Geschwindigkeitskomponenten auszu-
drücken, so erhält man mit 10 = i u + +
i v f wund d s = i d x j d y +
+ f dz aus GI. (2,122):
B
L = .r (udx + vdy + wdz). (2,122a)
A

Ersetzt man die Gfi)schwindigkeitskomponenten nach GI. (2,62) durch


das Potential, so erhält man:
B B

L=
A
J(~~ dx+ ~~-dY+ ~~ dZ) = JdW, A
und nach Ausführung der Integration:
L= Wh - W..t. (2,123)
72 H. Inkompressible reibungslosr Strömungen (Hydrodynamik)

Das Linienintegral der Geschwindigkeit längs der Kurve C von A nach B


ist also für eine Potentialströmung gleich der Potentialdifferenz in den
Punkten Bund A. Falls das Potential eindeutig ist, ist das Linien-
integral somit unabhängig von dem Verlauf der Kurve C zwischen ihrem
Anfangs- und Endpunkt.
Von dem Linienintegral der Geschwindigkeit kommen wir jetzt zu
dem wichtigen Begriff der Zirkulation: Wir verstehen unter der Zirku-
lation das Linienintegral der Geschwindigkeit längs einer geschlossenen
Kurve. Es ist also nach GI. (2,122) die Zirkulation r gegeben durch:

r= ~ iU d ~= ~ I iU I cos IX d s , (2,124)
(K) (K)

wobei das Integral über die geschlossene Kurve K zu erstrecken ist


(Abb. 2.33 b). Auch die Definition der Zirkulation ist nicht auf reibungs-
lose inkompressible Strömungen beschränkt. Ausgedrückt durch die
rechtwinkligen Geschwindigkeitskomponenten ist die Zirkulation:

r = ep (udx + vdy + wdz). (2,124 a)


(Jö
Für Potentialströmungen ergibt sich die Zirkulation nach GI. (2,123) zu:

(2,125)

Dabei ist Li(/> (K) die Potentialdifferenz, die man nach einem Umlauf
über die geschlossene Kurve K bei Rückkehr zum Punkt A erhält. Diese
Potentialdifferenz ist nur bei Mehrdeutigkeit des Potentials von Null
verschieden. Die Zirkulation ist ebenso wie das Linienintegral der Ge-
schwindigkeit gleich Null, wenn der Integrationsweg K längs einer
Potentiallinie verläuft, allerdings mit der Einschränkung, daß das Poten-
tial eindeutig und stetig ist. Auch längs einer beliebigen Kurve K ist die
Zirkulation Null, wenn das Geschwindigkeitspotential eindeutig ist. Bei
mehrdeutigem oder unstetigem Potential kann die Zirkulation sowohl
längs einer geschlossenen Stromlinie als auch längs einer beliebigen
geschlossenen Kurve von Null verschieden sein. Wie sich im folgenden
noch näher ergeben wird, sind gerade Geschwindigkeitsfelder mit mehr-
deutigem Potential, bei denen also die Zirkulation von Null verschieden
sein kann, von besonderer Bedeutung für den Auftrieb von umströmten
Körpern.
Die Zirkulation steht in engem Zusammenhang mit der Drehung der
Strömung. Bevor wir jedoch hierauf eingehen, soll zunächst an Hand
einiger Beispiele der Begriff der Zirkulation etwas näher erläutert wer-
den. Wir berechnen die Zirkulation für einige einfache Strömungsfelder.
2.4 Wirbel bewegung 73
2.42 Beispiele für strömungen mit Zirkulation
2.421 Translationsströmung. Die Translationsströmung habe die Geschwindig-
keit U o parallel zur x-Achse, Abb. 2.34. Wir wählen nach Abb. 2.34a als ersten
Integrationsweg X ein Rechteck, dessen eines Seitenpaar parallel zu den Strom.

~I

Abb. 2.34. Zur Berechnung der Zirkulation in einer Parallelströmung


a) Integrationsweg Rechteck (1)-(2)-(3)-(4)-(1), b) Integrationsweg Dreieck (1)-(2)-(3)-(1)

linien ist. Die Zirkulation F als die Summe der Linienintegrale L längs der vier
Rechteckseiten ist:
F(X) = L(12) + L(23) + L(34) + L(41),
F(X) = +auo+O - auo + O.
Somit ist:
F(X) = O.
Wählt man nach Abb. 2.34 b als zweiten Integrationsweg ein Dreieck, so ist
F(L) = L(12) + L(23) + L(31),
F(X) = + auo + 0 - cUo cos Cf!;
wegen c = ajcos Cf! ist somit auch für diesen Fall F (X) = 0.· Darüber hinaus ist für
jede geschlossene Kurve in der Translationsströmung F = 0, was natürlich auch
sofort aus der Eindeutigkeit des Potentials folgt.
2.422 Translationsströmung mit Trennungsfläche. Gegeben sei nach Abb. 2.35
eine ebene Translationsströmung parallel zur x-Achse, die für y > 0 die Geschwin-

Abb.2.35. Zur Berechnung der Zirkulation in einer Parallelströmung mit Trennungsfläche


a) Unstetige Geschwindigkeitsverteilung (in reibungsloser Strömung), b) Stetige Geschwindig-
keitsverteilung mit steilem Geschwindigkeitsgradienten (in zäher Flüssigkeit)

digkeit u 2 und für y < 0 die kleinere Geschwindigkeit u 1 besitzt. Es ist also die
xz-Ebene eine Trennungsfläche mit dem Geschwindigkeitssprung u 2 - u 1 von
der Art, wie sie in Kap. 2.233 behandelt wurde (Abb.2.16). Wählt man nach
Abb. 2.35 aals Integrationsweg das Rechteck X, dessen eines Seitenpaar paralle
74 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

zu den Stromlinien ist und das die Trennungsfläche umschließt, so ergibt sich
als Zirkulation:
F(K) = L(12) +
L(23) L(34) + L(41), +
F (K) = + l U2 + 0 - l u1 +0 = l (ua - u 1 ).
Für die gewählte Kurve K ist die Zirkulation also von Null verschieden, weil im
vorliegenden Fall das Potential dort unstetig ist, wo die Geschwindigkeitsver-
teilung den Sprung besitzt. Im Gebiet unterhalb der Trennungsfläche ist (/)1 =U 1 x,
dagegen oberhalb der Trennungsfläche (/)2 = u 2 x. Es ist somit gemäß GI. (2,125):
F = LI (/)(K) = l(U2 - U1).

Ein Geschwindigkeitssprung nach Abb. 2.35a kann nur in einer reibungslosen


Flüssigkeit bestehen. In der wirklichen Flüssigkeit bildet sich infolge der Rei-
bungskräfte ein stetiger Übergang der Geschwindigkeitsverteilung nach Ab b. 2.35 b
aus.
2.423 Potentialwirbel. In Kap. 2.355 war bereits die Strömung eines
Potentialwirbels behandelt worden, deren Stromlinien lauter konzen-
trische Kreise sind (Abb. 2.25). Das Potential und die Stromfunktion
sind durch GIn. (2,86) und (2,87) gegeben. Das Geschwindigkeitsfeld
in Polarkoordinatendarstellung ist nach GI. (2,88) W r = 0 und
wep = r o/2 JT r. Berechnet man für diese Strömung die Zirkulation für
einen Kreis K um den Ursprung vom Radius R, Abb. 2.25, so erhält man:

r(K) = 2nRwep(R) = 27&R 2~~ = r o·

Die Zirkulation ist also gerade gleich der Konstanten r o ; sie ist
unabhängig vom Radius des gewählten Kreises. Diese Strömung hat
ein mehrdeutiges Potential. Man erhält die Zirkulation auch nach
GIn. (2,86) und (2,125) in der Form:

T(K) = L1 <P(K) = ;~ (rp + 27&) - ;~ rp = Po,

Für jeden Integrationsweg, der den Ursprung nicht umschließt, ist die
Zirkulation Null.
Man nennt das Geschwindigkeitsfeld, das mit seinen Geschwindig-
keitskomponenten durch GI. (2,88) und mit seinem Potential durch
GI. (2,86) gegeben ist, auch dasjenige eines unendlich langen Wirbel-
fadens. Den Wirbelfaden hat man sich in der z-Achse befindlich vor-
zustellen, die eine besondere Rolle spielt als singuläre Linie des Strö-
mungsfeldes, da dort die Geschwindigkeit unendlich groß ist. Man nennt
weiter r o die Wirbelstärke des unendlich langen geraden Wirbelfadens,
und man sagt, daß er in seiner Umgebung ein Geschwindigkeitsfeld
induziert. Ein solcher Wirbelfaden mit seinem induzierten Geschwindig-
keitsfeld besitzt nahe Verwandtschaft mit einem stromdurchflossenen
Leiter und dem in seiner Umgebung induzierten magnetischen Feld.
Auf diese Verwandtschaft werden wir später noch zurückkommen
(Kap. 2.48).
2.4 Wirbelbewegung 75
2.424 Tragflügel mit Auftrieb. Die Auftriebserzeugung an einem
Tragflügel hängt sehr eng mit der Zirkulation des Geschwindig-
keitsfeldes in der Umgebung des Tragflügels zusammen. Hier möge
dieser Zusammenhang nur qualitativ erläutert werden; wir kommen
später ausführlich darauf zurück (Kap. VI). Die Strömung um ein Trag-
flügelprofil mit Auftrieb ist in Abb. 2.36 angegeben. Der Auftrieb A ist
die Resultiereride der Druckkräfte auf Unter- und Oberseite der Kontur.
Gegenüber dem Druck in großem Abstand vom Profil herrscht auf der
Unterseite ein Überdruck und auf der Oberseite ein Unterdruck. Dem
entspricht nach der BERNoULLIschen Gleichung, daß auf der Unter-
seite die Geschwindigkeit kleiner und auf der Oberseite größer ist als
die Anströmungsgeschwindigkeit V. Für die Kurve K, die nach Abb. 2.36
das Profil umschließt, und deren Teilstücke entlang den Stromlinien
und senkrecht zu den Stromlinien verlaufen, folgt aus dem soeben
A

Abb. 2.36. Strömung um ein Tragflügelprofil mit Auftrieb A, r = Zirkulation des Tragflügels

Gesagten, daß die Zirkulation von Null verschieden ist. Auch für eine
Kurve, die das Profil ganz eng umschließt, ist die Zirkulation von Null
verschieden, falls Auftrieb erzeugt wird. Man kann das Geschwindig-
keitsfeld in der Umgebung des Tragflügels erzeugt denken durch einen
rechtsdrehenden Wirbel r,
welcher sich innerhalb des Tragflügels be-
findet. Man nennt diesen Wirbel, welcher offenbar für die Auftriebs-
erzeugung von grundlegender Bedeutung ist, den gebundenen Wirbel
des Tragflügels. Der quantitative Zusammenhang zwischen dem Auf-
trieb A, der Anströmungsgeschwindigkeit V und der Zirkulation r
bei ebener Strömung wird durch die KUTTA-JouKOWSKYSche Formel
A = e Vbr (2,126)
gege ben, die hier zunächst ohne Beweis mitgeteilt sei (Beweis in
Kap. VI). Dabei bedeutet b die Breite des Tragflügels senkrecht zur
Strömungse bene.
2.43 Zusammenhang zwischen Zirkulation und Drehung
Es besteht ein wichtiger Zusammenhang zwischen der Zirkulation
längs einer KurveK und der Drehung der Flüssigkeitsbewegung in der
76 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

von der Kurve K umschlossenen Fläche. Wir wollen diesen Zusammen-


hang zunächst für eine ebene Strömung angeben. Es sei nach Abb.2.37
in der x-y-Ebene ein Flächenelement dF = dx dy gegeben, für dessen
Randkurve die Zirkulation dr ermittelt werden soll. Man erhält die
Zirkulation dr als die Summe der Linienintegrale der Geschwindigkeit
längs der vier Rechteckseiten :
dr = L(AB) + L(BO) + L(OD) + L(DA).
Mit den an den Rechteckseiten angeschriebenen Geschwindigkeiten
ergibt sich:
dr=udx+(v+ ~:dx)dy-(u+ ~;dy)dx-vdy
oder
u'~dy-
D dy (]
dr= (:: - ~;)dxdY.
Nach Einführung der Drehung nach GI. (2,25)
kommt:

u-=-1
I - - - dx
,
und hieraus durch Integration
Fläche F:
über eine

Abb.2.37. Zirkulation und


Drehung eines Flächen· r=2JJwz dF. (2,127)
elementes
(F)

Es gilt also über den Zusammenhang v~n Drehung und Zirkulation


der Satz: Das Flächenintegral über die Drehung (Wirbelstärke) einer
Strömung in einer Fläche ist gleich der Zirkulation längs der Randkurve
dieser Fläche (SToKEsscher Satz).
Wenden wir diesen Satz auf das vorhin behandelte Beispiel des
Potentialwirbels nach Abb. 2.25 mit einem den Ursprung umschließen-
den Kreis als Integrationsweg an, so ist die Stelle, wo die Drehung
W z =1= 0 ist, offenbar der Ursprung, den wir als Ort der Wirbellinie
bezeichnet hatten. Für die Translationsströmung mit Trennungsfläche
nach Abb. 2.35 a ist die Unstetigkeitslinie der Geschwindigkeit diejenige
Stelle, wo die Drehung W z =1= 0 ist. Auf dieser Unstetigkeitslinie ist
aula y = 00 und damit W z =1= O. In einer wirklichen Flüssigkeit wird
sich eine solche Unstetigkeit in der Geschwindigkeitsverteilung durch
den Einfluß der Reibung abflachen, derart, daß die Geschwindigkeit
stetig von dem Gebiet 1 in das Gebiet 11 übergeht, wie es in Abb. 2.35 b
angedeutet ist. Es ist dann zwischen den beiden Gebieten ein Streifen
endlicher Breite vorhanden (in Abb. 2.35 b schraffiert), in welchem der
Geschwindigkeitsgradient aula y von Null verschieden und somit eine
Drehung vorhanden ist.
2.4 Wirbelbewegung 77
Bei der Tragflügelströmung nach Abb.2.36 ist der Bereich mit
Drehung in der analytischen Fortsetzung der Strömung im Innern der
Flügelkontur zu suchen, wo sich mehrere Wirbel von der Art des
Potentialwirbels befinden.
Wir wollen den durch GI. (2,127) gegebenen Zusammenhang zwischen der Zir-
kulation und Drehung jetzt noch verallgemeinern für den Fall einer dreidimensio-
nalen Strömung. Es sei nach Abb. 2.38 d'iY ein beliebig im Raum liegendes Flächen-
element, dessen Normale n mit den Koordinatenachsen die Winkel 0(, ß, y bildet.
Die Projektionen von d'iY auf die drei Koordinatenebenen sind dann:
dF x = dF coso:; dF y = dF cosß; dF, = dF cosy.
Die Zirkulation dr für die Fläche d'iY kann in folgender Weise ausgedrückt wer-
den durch die Summe der Zirkulationen der Flächen dF x , dF., dF,:
dr = L(BCAB) = L(P BC P) + L(PCA P) + L(P ABP).
Die drei auf der rechten Seite stehenden Zir- z
kulationsintegrale sind nach GI. (2,127):
dr = 2ro x dF x + 2ro. dF. + 2ro dF z z
oder
dr = 2(ro x cos 0:+ roy cosß + ro cosy) dF. z n
Die rechte Seite dieser Gleichung kann aber ge-
schrieben werden als das skalare Produkt des Dreh-
vektors w= i ro x + i roy + f ro, mit dem Vektor des
Flächenelementes d 'iY; somit gilt:
dr=2wd'iY.
Nach Integration über eine beliebige räumliche P
Fläche F hat man:

r = 2 JJ
(F)
wd'iY = JJ
(F)
rot tu d'iY. (2,128)

Unter Einführung von r


nach GI. (2,124) läßt sich Abb. 2.38. Zur Herleitung des
dieses Ergebnis auch schreiben in der Form: STOKEsschen Satzes über den

p JJ JJ
Zusammenhang zwischen Zir-
kulation und Drehung für eine
r = tu d?' = rot tu d'iY = 2 wd'iY. (2,129) dreidimensionale Strömung
(K) (F) (F)

Dies ist der STOKES sehe Satz für den allgemeinen Fall der dreidimensionalen Strö-
mung. Er ist ebenso auszusprechen wie oben für die ebene Strömung: Das Flächen-
integral über die Drehung einer Strömung innerhalb einer beliebigen räumlichen
Fläche ist gleich der Zirkulation längs der Randkurve dieser Fläche.

2.44 Dynamik der Wirbelbewegung


Wir wollen im folgenden die Gesetzmäßigkeiten einer reibungslosen
Flüssigkeit, bei welcher an einzelnen Stellen eine Drehung vorhanden
ist, noch näher untersuchen. Es erhebt sich die Frage, wie überhaupt
in einer reibungslosen Flüssigkeit oder in einer Flüssigkeit mit sehr
geringer Reibung eine Drehung entstehen kann. Ein Beispiel hierfür
ist die Trennungsfläche nach Abb. 2.16a und 2.35a, wie sie sich beim
78 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Umströmen von scharfkantigen Körpern ausbildet, und in welcher


der Geschwindigkeitsbetrag einen Sprung aufweist. Ein derartiges
unstetiges Geschwindigkeitsprofil wird bei der immer vorhandenen,
wenn auch sehr geringen Reibung, in ein solches nach Abb. 2.35 b
übergehen, welches in der Übergangsschicht Drehung besitzt.
Es erweist sich für die rechnerische Verfolgung der Bewegungen
mit Drehung als zweckmäßig und anschaulich, statt des Geschwindig-
keitsfeldes tu das Feld der Drehungsvektoren co ins Auge zu fassen. Um
das Feld der Drehungsvektoren anschaulich zu machen, führen wir
den Begriff der Wirbellinie ein. Die WirbeIIinien seien in Analogie zu
den Stromlinien des Geschwindigkeitsfeldes definiert als diejenigen
Kurven im Feld der Drehungsvektoren, welche überall tangential
zum Drehungsvektor sind. Das Richtungsfeld der Wirbellinien ist somit
ge ge ben durch die Differentialgleichungen:
d x :d y :d z = W", : wy : W z • (2,130)

Dies entspricht genau der Gleichung der Stromlinien nach GI. (2,9).
Die so definierten Wirbellinien besitzen nun geometrisch ganz ähnliche
Eigenschaften wie die Stromlinien, wie sich aus folgendem ergibt.
Wie früher in GI. (2,23) gezeigt wurde, besteht zwischen den beiden
Feldern des Geschwindigkeitsvektors tu und des Drehvektors w die
Beziehung rot tu = 2 w. Nach einem allgemeinen Satz der Vektorana-
lysis gilt nun:
div(rottu) = div(2w) = O. (2,131 )

In Komponenten ge schrie ben lautet die letztere Gleichung:


8w x + 8w y + 8w, = O. (2,132)
8x 8y 8z

Die Gln. (2,131) und (2,132) entsprechen der Kontinuitätsgleichung für


das Geschwindigkeitsfeld, weiche für inkompressible Flüssigkeit nach
GI. (2,14a) divtu = 0 lautet. Damit lassen sich alle kinematischen Sätze
über die Stromlinien von inkompressiblen Flüssigkeitsströmungen auf
die Wirbellinien übertragen. Ebenso wie eine Stromlinie nirgends im
Innern einer Flüssigkeit endigen kann, so ist dies auch für die Wirbel-
linien nicht möglich. Sie müssen entweder geschlossene Kurven bilden
oder können nur an den Begrenzungsflächen bzw. an den freien Ober-
flächen der Flüssigkeit endigen.
Ebenso wie früher aus den Stromlinien die Stromröhre erhalten
wurde, gelangt man von den WirbeIIinien zur Wirbelröhre, wenn man
die Gesamtheit der Wirbellinien durch eine kleine geschlossene Kurve
betrachtet (Abb. 2.39). Ist F der Querschnitt der Wirbelröhre und w
der Drehvektor, der für dünne Wirbelröhren als konstant angenom
2.4 Wirbelbewegung 79
men werden kann, so bezeichnen wir F wals den W irbeljluß der Wirbel-
röhre in Analogie zum Mengenfluß Fw der Stromröhre. Wegen divw = 0
ist der Wirbelfluß längs der Röhre konstant. Nach dem SToKEssehen
Satz, GI. (2,129), ist

2 JJ
(F)
wd'J = ~ tu d§3 = T.
(K)

Das Flächenintegral stellt den doppelten Wert des Wirbelflusses der


Wirbelröhre mit dem Querschnitt F dar. Der doppelte Wirbelfluß einer
Wirbelröhre ist also gleich der Zirkulation
längs der Randkurve der Wirbelröhre. Aus
der Konstanz des Wirbelflusses längs der
ganzen Wirbelröhre folgt somit sofort, daß
auch die Zirkulation für eine die Wirbel-
röhre umschließende Kurve sich längs der
Wirbelröhre nicht ändert. Dies ist in Abb. 2.39
dargestellt. Es gilt für eine solche Wirbel-
röhre also Tl = 2F I (VI = 2F2 Ct'2 = T 2 oder
2Fw = T = const. (2,133)

Eine die Wirbelröhre umschlingende Schleife


kann demnach längs der Wirbelröhre beliebig
verschoben werden, ohne daß sich ihre Zir- fl
kulation ändert. Dies ist der dritte Helm-
holtzsche Wirbelsatz.
Weitere Eigenschaften der Wirbelbewe-
gung werden wir weiter unten in Zusammen-
hang mit den HELMHOLTzschen Wirbelsätzen
noch besprechen. Vorweg möge ein wichtiger
Satz über die Entstehung der Zirkulation
Abb. 2.39. Wirbelröhre
bei der Tragflügelströmung behandelt wer-
den, der von W. THOMSON (LORD KELVIN) stammt. Dabei schließen wir
uns an eine von L. PRANDTL [2] gegebene Darstellung an.

2.45 Satz von W. Thomson


Wir bilden die Zirkulation längs einer geschlossenen flüssigen Linie, also über
eine mitschwimmende Kurve, und fragen, wie sich diese Zirkulation mit der Zeit
ändert. Da die flüssige Linie dauernd aus den gleichen Flüssigkeitsteilchen be-
steht, handelt es sich also um den substantiellen Differentialquotienten, also um
die Größe
Dr =~rf..\tJa~. (2,134)
Dt Dt:Y
(K)
80 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Bevor wir die zeitliche Ableitung von p


(K)
tu d s über eine geschlossene Kurve bilden,

wollen wir zunächst das Linienintegral der Geschwindigkeit über eine zwischen zwei
Punkten A und B verlaufende Kurve bilden:

m=m.r
B
DL D
tuds.
A
Durch den Grenzübergang B -> A werden wir sodann hieraus DrjDt erhalten.
Die Differentiation unter dem Integralzeichen liefert:

~JtudS =J Dtu ds+Jtu D(ds) (2,135)


Dt Dt Dt .
Das erste Integral der rechten Seite können wir aus der EULERschen Bewegungs-
gleichung durch Integration erhalten. Nach GI. (2,41) ergibt sich:

J Dtu-ds=f~dS
Dt (!
- J gradp ds.
(!
(2,136)

Die Massenkraft läßt sich nach Kap. 2.32 darstellen als Gradient eines Potentials U
in der Form Sl' = - (! grad U. Damit hat man

J ~ ds = - J gradU ds = - J dU = - U.
Für das Druckglied in der obigen Gleichung kann man schreiben:

J gradp
(!
ds=J~
(! ox + ~dy
(~dx oy + ~r1z)
OZ
=J~.
(!

Nimmt man an, daß die Dichte e nur eine Funktion des Druckes ist, wobei Kom-
pressibilität der Flüssigkeit zugelassen ist, so gilt

J d: = P(p)
mit P(p) als Druckfunktion. Im inkompressiblen Fall ist P(p) = pie. Damit
wird das unbestimmte Integral in GI. (2,136)

Dt ds=-U-P .
f Dtu
Das zweite Integral der rechtcn Seite in GI. (2,135) läßt sich folgendermaßen
weiter ausrechnen:
D(r1s) = r1~ = d
Dt Dt tu,
somit
f tu D~~S) = J tudtu = ~ tu 2 •

Damit erhält man aus GI. (2,135) für das unbestimmte Integral:
D
Dt J tu ds = - U - P + 2' \1)2

Das bestimmte Integral zwischen zwei Punkten A und B der flüssigen Linie
ist somit:

-D
Dt.
A
r = [-
B

tu ds U - P + -tu22]BA .
2.4 Wirbelbewegung 81

Das Integral längs einer geschlossenen flüssigen Linie erhält man für B --'> A.
Bei Stetigkeit von tu im Integrationsgebiet, wenn also keine Trennungsflächen
im Integrationsgebiet liegen, ist dann

~ (~ tu a?iJ = nr = 0
Dt J Dt
(K)
und damit
cP tu d?iJ = r = const (2,137)

für die flüssige Linie.
Wir haben hiermit den Satz von W. THOMSON bewiesen, daß in einer reibungs-
losen homogenen Flüssigkeit bei Vorhandensein eines drehungsfreien Kräftefeldes
die Zirkulation längs einer flüssigen Linie zeitlich konstant ist.
Für eine in Ruhe befindliche Flüssigkeit ist für jede beliebige flüssige Linie
die Zirkulation gleich Null, da ja die Geschwindigkeit gleich Null ist. Aus dem
THoMsoNschen Satz folgt deshalb sofort, daß bei der Bewegung aus der Ruhe
heraus für alle in der Ruhe vorhanden gewesenen flüssigen Linien die Zirkulation
dauernd Null bleibt. Andererseits folgt auch, daß bei einer Bewegung aus der
Ruhe heraus eine Zirku-
,----------------,
lation allenfalls nur auf- I ,-------1 r--------- I
~l"I
treten kann für solche
flüssigen Linien, die in der I!
Ruhe nicht vorhanden ge-
1 I ~ /: "/ -~- I
wesen sind. Von dieser Tat· 'i~~JI
sache wollen wir jetzt Ge- 1I-I ~
- I
brauch machen, um das L~_=_-==_-==---=__=___===__== _~
Entstehen der Zirkulation 8.

um ein Tragflügelprofil bei


der Bewegung aus der
Ruhe heraus zu verstehen.

2.46. Entstehung der Zir-


kulation bei der Anfahrt
eines Tragflügels
Wir betrachten die
Bewegung eines Trag-
flügels aus der Ruhe
heraus nach Abb. 2.40.
Im Ruhezustand, Ab-
bildung 2.40a, ist für
die bei den flüssigen
Linien I und I I die Zu-- c
kulation gleich Null. Abb.2.40. Entstehung der Zirkulation bei der Anfahrt emes
Tragflügels
Nach dem THOMSON- a) Tragflügel in Ruhe, b) Tragflügel kurz nach Beginn der
sehen Satz bleibt die Bewegung; von der Hinterkante aus bildet sich eine Tren-
nungsfläche, c) Tragflügel etwas später als b). Aus der
Zirkulation nach Beginn Trennungsfläche hat sich der Anfahrwirbel -r gebildet.
Der Tragflügel hat die entgegengesetzte gleich große Zir-
der Bewegung, z. B. für kulation +r

SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 6
82 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

den in Abb. 2.40b gegebenen Zustand, für die beiden flüssigen Linien 1
und 11 weiterhin gleich Null. Nach Einleitung der Bewegung geht
von der scharfen Hinterkante eine Trennungsfläche aus, die nicht im
Innern der flüssigen Linie 11 liegt, für die also der THoMsoNsche
Satz nicht gilt. Es ist dies die Zusammenflußfläche der vorher
getrennt gewesenen Flüssigkeitsschichten auf den beiden Seiten der
Tragfläche. In dieser Fläche kann die Geschwindigkeit beim Übergang
von der einen Seite der Fläche zur anderen unstetig sein. Wir sprechen
dann von einer Trennungsfläche, wie sie früher in Abb. 2.16 bereits be-
handelt wurde. Eine solche Trennungsfläche ist aber, wie wir früher in
Abb. 2.35 gesehen haben, gleichbedeutend mit dem Vorhandensein von
Wirbeln. Für die geschlossene Linie Bin Abb. 2.40b, welche diese Tren-
nungsfläche umschließt, sagt der THoMsoNsche Satz nichts aus. Das
Vorhandensein von Wirbeln innerhalb dieser Linie ist also nicht im
Widerspruch mit dem THoMsoNschen Satz.
Andererseits kann aber nach Abb. 2.40c die flüssige Linie 1,
für die ja die Zirkulation gleich Null ist, ersetzt werden durch die
beiden geschlossenen Linien A und B, die beide im angegebenen Sinn
durchlaufen werden. Auch für die Linien A und B zusammen ist die

Abb. 2.41. Anfahrwirbel eines Tragflügels (nach PRANDTL·TIETJENS Bd. II [2])

Zirkulation gleich Null. Andererseits ist aber für die flüssige Linie A,
die das Tragflügelprofil umschließt, sicher eine von Null verschiedene
Zirkulation +r vorhanden, falls der Tragflügel Auftrieb hat. Dies
2.4 Wirbelbewegung 83

hatten unsere früheren Betrachtungen zu Abb. 2.36 gezeigt. Hieraus


folgt dann sofort, daß für die flüssige Linie B eine dem Betrage nach
gleich große, aber entgegengesetzt drehende Zirkulation - r vorhanden
sein muß. Es ist dies die Zirkulation des Anfahrwirbels.
Daß diese theoretischen Überlegungen durch die wirklichen Ver-
hältnisse bestätigt werden, zeigt die photographische Aufnahme des
Anfahrwirbels in Abb. 2.41.
Die Anwendung des THoMsoNschen Satzes auf die Anfahrt eines
Tragflügels lehrt also zweierlei:
1. Das Auftreten von Wirbeln in der von der Flügelhinterkante sich
stromabwärts erstreckenden Trennungsfläche ist vereinbar mit dem
THoMsoNschen Satz von der zeitlichen Unveränderlichkeit der Zir-
kulation einer flüssigen Linie in einer reibungslosen Flüssigkeit.
2. Bei der Anfahrt eines Tragflügels aus der Ruhe heraus entsteht
ein Anfahrwirbel, dessen Zirkulation von entgegengesetztem Vorzei-
chen, aber dem Betrage nach gleich groß ist wie die Zirkulation des
Tragflügels.
Auf die näheren Einzelheiten der Entstehung des Anfahrwirbels und
der Flügelzirkulation werden wir später zurückkommen (Kap. VI).

2.47 Die HeImholtzsehen Wirbelsätze


Die Sätze über die Dynamik der Wirbelbewegung hat HELMHoLTz für
inkompressible und reibungslose Strömungen folgendermaßen formuliert:
1. Kein FlüssigkeitsteiIchen kommt in Drehung, welches nicht von
Anfang an in Drehung ist (zeitliche Konstanz der Drehung).
2. Die Flüssigkeitsteilchen, welche zu irgendeiner Zeit einer
Wirbellinie angehören, bleiben auch bei der Fortbewegung dauernd zur
gleichen Wirbellinie gehörig.
3. Der Wirbelfluß (Produkt von Querschnitt und Drehgeschwindig-
keit) ist längs der ganzen Wirbelröhre konstant und behält auch bei der
Fortbewegung der Wirbelröhre dauernd den gleichen Wert. Die Wirbel-
röhren müssen deshalb entweder geschlossen sein, oder sie können nur
an den Grenzen des Strömungsfeldes enden.
Diese Sätze kommen im wesentlichen darauf hinaus, daß ein Wirbel-
faden dauernd aus den gleichen FlüssigkeitsteiIchen besteht, und daß
seine Wirbelstärke nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich konstant
ist. Eine Veranschaulichung hierfür sind die bekannten kreisförmigen
Rauchringe, die von geübten Rauchern erzeugt werden. Die mit Drehung
behafteten LuftteiIchen sind dabei durch den Rauch kenntlich gemacht.
Daß der Rauchring sich nach einiger Zeit auflöst, ist ein Einfluß der
Reibung, von dem hier abgesehen werden soll.
6*
84 Ir. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Den ersten Helmholtzschen Wirbelsatz über die zeitliche Konstanz der


Drehung eines Teilchens können wir durch umere Betrachtungen in
Kap. 2.33 im Anschluß an die EULERschen Gleichungen als bewiesen
ansehen. Es wurde dort nachgewiesen, daß jede Bewegung einer rei-
bungslosen Flüssigkeit aus der Ruhe heraus drehungsfrei ist und bleibt.
Daraus folgt, daß ein Flüssigkeitsteilchen, welches zu irgendeinem Zeit-
punkt keine Drehung hat, auch niemals Drehung erhalten kann. Oder
m. a. W., ein Flüssigkeitsteilchen kann nur dann Drehung haben, wenn
es sie schon von Anfang an hatte.
Der zweite Helmholtzsche Wirbelsatz, daß die Wirbellinie dauernd
von den gleichen Flüssigkeitsteilchen gebildet werden, kann unter Zu-
hilfenahme des THoMsoNschen Satzes in folgender Weise bewiesen
werden. Wir betrachten eine Wirbelröhre und ein Flächenelement d'J
auf dem Mantel dieser Wirbelröhre, Abb. 2.39. Der Fluß des Dreh-
vektors durch dieses Flächenstück, und damit die Zirkulation um den
Rand dieses Flächenstückes ist gleich Null, da durch das Flächenstück
keine Wirbellinien hindurchgehen. Nach dem THoMsoNschen Satz muß
dann aber der Wirbelfluß durch dieses Flächenstück dauernd Null
bleiben, wenn wir die Randkurve des Flächenstückes als flüssige Linie
betrachten. Setzen wir die ganze Wirbelröhre aus solchen Flächen-
stücken zusammen, so folgt, daß der Wirbelfluß durch die ganze Fläche
der Wirbelröhre, wenn diese als flüssige Fläche betrachtet WIrd, dauernd
gleich Null bleiben muß. Das heißt aber: Diejenigen Flüssigkeitsteil-
chen, die zu einem Zeitpunkt gerade einmal eine Wirbelröhre bildeten,
tun es auch nach beliebiger Zeit noch, d. h. Wirbelröhren bleiben dauernd
Wirbelröhren .
Den dritten Helmholtzschen Satz von der Konstanz des Wirbelflusses
längs der Wirbelröhre hatten wir schon früher in Kap. 2.44 bewiesen.
Der Tragflügel endlicher Spannweite. Der dritte HETMHoLTzsche
Wirbels atz findet eine wichtige Anwendung beim Tragflügel endlicher
Spannweite. Die Auftriebserzeugung bei einem Tragflügel ist nach
Abb.2.36 mit dem Vorhandensein eines Wirbels verknüpft, welcher
sich innerhalb des Tragflügels befindet. Das ebene Problem der Trag-
flügelströmung entspricht dem Tragflügel unendlicher Spannweite. Für
diesen ist der den Auftrieb erzeugende Wirbelfaden, welcher auch der
gebundene Wirbel heißt, unendlich lang in Übereinstimmung mit dem
dritten HELMHoLTzschen Wirbelsatz. Bei dem Tragflügel endlicher
Spannweite nach Abb. 2.42 kann nun aber nach dem dritten HELM-
HOLTzschen Wirbels atz der gebundene Wirbel an den Tragflügelenden
nicht aufhören. Er setzt sich deshalb fort in zwei Wirbelfäden, die von
den Tragflügelenden etwa parallel zur Anströmungsrichtung nach
hinten abgehen, und die man als die zum Tragflügel gehörigen freien
2.4 Wirbelbewegung 85

Wirbel bezeichnet. Weit hinten sind diese bei den freien Wirbel durch
den Anfahrwirbel verbunden, dessen Entstehung in Kap. 2.46 erläutert
wurde. Der gebundene Wirbel im Tragflügel, die bei den von den Trag-
flügelenden abgehenden freien Wirbel und die Anfahrwirbel bilden zu-
sammen eine geschlossene Wirbellinie in Übereinstimmung mit dem drit-
ten HELMHoLTzschen Wir beIsatz. Diese Wir bel erzeugen in der U mge bung
des Tragflügels zusätzliche Geschwindigkeiten, sog. induzierte Geschwin-
digkeiten. Diese sind, wie sich aus dem Drehsinn der Wirbel ergibt, am
Ort des Tragflügels und hinter dem Tragflügel nach unten gerichtet. Sie
spielen für die Theorie des Auftriebes eine wichtige Rolle, vgl. Kap. VII.
Für die Behandlung der Vorgänge in der Umgebung des Tragflügels
kann man den Anfahrwirbel auch außer Betracht lassen. Dies entspricht

'""".
~/·R.
r"""
.". / . . . ,,>
freie Wirbel

Zr
. ~ r./' .
Abb.2.42
'-"'-. ~.
Wirbel system eines Tragflügels ~ .
endlicher Spannweite ······'-..../.~nfahr-'Mrbel

der Vorstellung, daß bei seiner Bewegung aus der Ruhe heraus der
Tragflügel bereits einen sehr langen Weg durchmessen hat. In diesem
Fall besteht das Wirbelsystem nur aus dem gebundenen Wirbel im
Flügel und zwei unendlich langen freien Wirbeln Diese bilden, wieder
in Übereinstimmung mit dem dritten HELMHoLTzschen Wirbelsatz,
eine unendlich lange Wirbellinie in Form eines nach hinten offenen
Hufeisens. Diese Wirbellinie bezeichnet man als Hufeisenwirbel. Er
spielt in der Theorie des Auftriebes ebenfalls eine wichtige Rolle, wie
wir später noch näher sehen werden.

2.48 Das Biot-Savartsche Gesetz


Wir wollen jetzt die Wirkung eines Wirbelfadens auf seine Um-
gebung untersuchen, und insbesondere das von einem einzelnen
Wirbelfaden erzeugte Geschwindigkeitsfeld. Da außerhalb des Wirbel-
fadens überall die Drehung gleich Null ist, w = 0, ist dieses induzierte
Geschwindigkeitsfeld also eine Potentialströmung. Der Zusammenhang
zwischen dem Wirbelfaden und seinem induzierten Geschwindigkeits-
feld wird durch das Gesetz von BIOT-SAvART vermittelt, das auch in
der Elektrodynamik eine wichtige Rolle spielt.
6a
86 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Für den einfachsten Fall eines unendlich langen geraden Wirbel-


fadens (ebener Potentialwirbel) hatten wir das induzierte Geschwindig-
keitsfeld schon früher angegeben. In diesem Fall sind nach Abb. 2.25
die Stromlinien konzentrische Kreise um den Wirbelfaden, und die
GeschwU;digkeitsverteilung ist nach GI. (2,88) w", = Tj2nr, wobei rdie
Wirbelstärke des Wirbelfadens und r den Abstand des Aufpunktes vom
Wirbelfaden bedeuten.
Für den allgemeinen Fall, wenn die Wirbellinie eine räumlich ge-
krümmte, unendlich lange oder geschlossene Kurve ist, ist die Berech-
nung des induzierten Geschwindigkeitsfeldes wesentlich schwieriger.
Um den Zusammenhang zwischen der Gestalt des Wirbelfadens und
dem Geschwindigkeitsfeld herzuleiten, wollen wir die Analogie benut-
zen, die zwischen dem Wirbelfaden und einem stromdurchflossenen
Leiter besteht. Es ist nämlich das von einem Wirbelfaden beliebiger
Gestalt erzeugte Geschwindigkeitsfeld analog zu dem von einem strom-
durchflossenen Leiter in seiner Umgebung induzierten magnetischen
Feld. Da die elektrodynamische Aufgabe anschaulicher ist als die ent-
sprechende hydrodynamische, ziehen wir für die Herleitung des BroT-
SAvARTschen Gesetzes diese elektrodynamische Analogie heran.
Im einzelnen entsprechen sich die folgenden Größen: Der Wirbel-
linie mit der Wirbelstärke r
entspricht der stromdurchflossene Leiter
mit der Stromstärke I. Für beide gilt, daß sie entweder geschlossen oder
unendlich lang sind, und daß die Wirbelstärke bzw. die Stromstärke
über ihre ganze Länge konstant ist. Die Wirbellinie erzeugt in ihrer
Umgebung ein Geschwindigkeitsfeld \tJ; dem entspricht das vom strom-
durchflossenen Leiter in seiner Umgebung induzierte Magnetfeld S). In
der nachstehenden Tabelle sind die einander entsprechenden Größen
gegen übergestellt.
Elektrodynamik Hydrodynamik
stromdurchflossener Leiter Wirbellinie
Stromstärke I Zirkulation r
magnetische Feldstärke S) Geschwindigkeit tu

I = PS) d ~ = PH cos a ds. r = P d ~ = P cos


\tJ w a d8 ;
(2,138 a) (2,138 b)
Für eine geschlossene Kurve in dem Geschwindigkeits-oder Magnet-
feld gilt der in GI. (2,138) mit angegebene Zusammenhang zwischen
Wirbelstärke und Geschwindigkeitsverteilung bzw. Stromstärke und
Magnetfeld. Die hydrodynamische Gleichung ist die Definitionsglei-
chung der Zirkulation, wie sie in Gl. (2,124) angegeben wurde, während
die entsprechende elektrodynamische Gleichung zu den Grundlagen
der Elektrodynamik gehört.
2.4 Wirbelbewegung 87
Besonders einfach ist das magnetische Feld und das Geschwindig-
keitsfeld in der Umgebung eines einzelnen unendlich langen geraden
Leiters bzw. Wirbels. Wird das Integral in GI. (2,138a) nach Abb. 2,43 a
über einen Kreis vom Radius a erstreckt, dessen Mittelpunkt im Leiter
liegt und dessen Ebene senkrecht zum Leiter ist, so ist H längs des
ganzen Kreises konstant und überall cosa = 1. Somit erhält man aus
GI. (2,138a) und (2,138b):
1 = 2naH, T= 2naw,
oder
H=--,
1
w ---
r
- 2na' (2,139a, b)
2na
Dieses ist der schon bekannte einfachste Fall des BIOT-SAVARTschen
Gesetzes.
Für die Behandlung des allgemeinen Falles eines Leiters von be-
liebiger Gestalt schließen wir uns an A. BETZ [3] an. Wir fragen nach

T'

1
ds b
I

Abb.2.43. Zur Herleitung des BIOT·SAVARTschen Gesetzes mit Hilfe der elektrodynamischen
Analogie
a) Gerader unendlich langer stromdurchflossener Leiter. Stromstärke I. magnetische Feld-
stärke -il. b) Einfluß eines Stückes ds eines beliebigen stromdurchflossenen Leiters im Punkte P

dem Anteil der Feldstärke, die in einem beliebigen Punkt P durch das
Element ds des Leiters erzeugt wird (Abb. 2.43b). Obgleich ein Stück
eines Leiters für sich allein genommen kein Magnetfeld erzeugen kann,
da in ihm kein Strom fließt, ist die gestellte Frage doch insofern sinn-
voll, als wir beabsichtigen, das Feld eines unendlich langen oder
geschlossenen Leiters beliebiger Gestalt aus den Beiträgen seiner Ele-
mente ds durch Integration zu erhalten. Das Leiterelement ds liefert
zum Magnetfeld einen Beitrag dH und das Wirbellinienelement ds
zum Geschwindigkeitsfeld einen Beitrag dw, welche gegeben sind durch:

dH = ~2
4nr
sinrpds (2,140a)
bzw.
dw = 4r 2 sin rp d s . (2,140b)
nr

Dabei sind dH und dw senkrecht zu der von ds und r gebildeten Ebene


in Abb. 2.43b.
6a*
88 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Den Beweis von GI. (2,140a) wollen wir auf Grund des Gesetzes der Elektro-
dynamik führen. GI. (2,140b) ergibt sich dann durch die obige Analogie.
Wir betrachten einen geraden Leiter nach Abb. 2.44a, der in Punkt B endigt
und der vom Strom I durchflossen wird. Eigentlich kann in einem solchen Leiter,
der irgendwo endigt, kein Strom fließen. Wir müssen uns mit dieser begrifflichen
Schwierigkeit abfinden, daß einem Leiterstück ein bestimmter Einfluß zu-
geschrieben wird, während ja in Wirklichkeit nur der Leiter als Ganzes einen
Strom und ein Magnetfeld haben kann, wenn er entweder in sich geschlossen oder
unendlich lang ist.
Wir wollen uns klarmachen, was wir physikalisch unter einem solchen end-
lich begrenzten Leiterstück zu verstehen haben, wie es im BWT-SAvARTschen
Gesetz vorkommt. Wenn der Leiter nach
Abb. 2.44a in B endigt, so muß dafür gesorgt
werden, daß der Strom in irgendeiner Weise
weitergeführt wird. Im allgemeinen geschieht
dies durch Anfügen irgendeines anderen Lei-
terstückes nach der gestrichelten Kurve. Wir
wollen uns nun eine solche Weiterführung
überlegen, daß beim Zusammenfügen zweier
Leiterstücke in beliebiger Lage zueinander
die Ströme in den beiderseitigen Weiter-
führungen sich stets aufheben. Dieses ist
offenbar nötig, wenn wir die endlich langen
Leiterstücke in sinnvoller Weise zusammen-
fügen wollen.
Diese gewünschte Weiterführung ist nun
in der Weise möglich, daß wir den Strom von
den Endpunkten des Leiters so weiterführen,
daß er sich nach allen Richtungen räumlich
gleichmäßig verteilt, wie es in Abb. 2.44 b
A 8 angedeutet ist. Es fließt dann im Leiter LI
ein Strom zur Endstelle hin und von dort
räumlich radial fort, und im Leiter L 2 fließt
der Strom radial zur Endstelle hin und von
dort im Leiter fort. Beim Zusammenfügen
d
Abb. 2.44. Zum Beweis des BroT- SAVART-
von LI und L 2 verschwinden nach Ab]). 2.44c
schen Gesetzes I die Ströme im Raum, und es bleibt nur der
Leiterstrom übrig.
Wir haben damit gefunden: Das Leiterstück, bei dem der Strom von den Enden
gleichmäßig nach allen Richtungen weitergeführt wird, ist also eine physikalische
Anordnung, die dem stromdurchflossenen Leiterstück endlicher Länge im Sinne
des BWT-SAvARTschen Gesetzes entspricht.
Wir wollen jetzt nach Abb. 2.44d das magnetische Feld eines solchen Leiter-
stückes endlicher Länge AB und im Grenzfall dasjenige eines sehr kleinen Leiter-
stückes ds berechnen.
Wir betrachten dazu zunächst nochmals den einseitig unendlich langen
Leiter nach Abb. 2.45 a und fragen nach der magnetischen Feldstärke im Punkt P.
Infolge der einfachen Symmetrie ist die Berechnung der Feldstärke in P in ganz
ähnlicher Weise möglich wie beim unendlich langen geraden Leiter nach Abb. 2.43 a.
Der Punkt P hat von der verlängerten Leiterachse den Abstand a. Wir ziehen den
Kreis durch P, der die Leiterachse zentrisch umschlingt. Durch diesen Kreis
2.4 Wirbelbewegung 89
fließen von den gleichmäßig radial verteilten Weiterführungen Ströme im Betrage:
1'=I l -cosg;
2
hindurch!. Aus Symmetriegründen ist die magnetische Feldstärke H längs des
ganzen Kreises konstant. Somit gilt nach GI. (2,138b) für die magnetische Feld-
stärke:
1
2naH = 21(1- cosg;)
./
oder

_*s~~~
H = I 1 - coSCL . (2,141 a)
4na
--=-[_ . .
Die entsprechende hydrodyna-
mische Formf:l für die indu-
zierte Geschwindigkeit lautet
nach der obigen Analogie: a
r 1- cosg;
(2,141 h)
w = 4na'
Dies ist das BIOT·SAvARTsche
Gesetz für den einseitig un- b
endlich langen Leiter hzw. Wir-
beHaden. la
I
Es ist nun einfach, von hier
aus den Anteil eines Leiter- __ ~r_d~ ~ ~
__ __ __ l _________J__
elementes ds nach Abb. 2.45b ds
zu erhalten: Der Aufpunkt P
habe vom Leiterelement den Abb. 2.45. Zum Beweis des BroT- SAVARTschen Gesetzes II
Abstand r, und der vom Auf- a)Einseitig unendlich langer Leiter, b) Leiterelement ds
punkt zum Leiterelement ge-
zogene Fahrstrahl bildet den Winkel g; mit der Leiterachse. Aus der Geometrie
folgt sin g; = r d g;jds und sin g; = ajr. Hieraus ergibt sich:
a
ag; = - 2 as. (2,142)
r
Aus GI. (2,141 a) erhält man durch Differentiation:

aH = _I_sing; ag;
4na
und mit Berücksichtigung von GI. (2,142):

aH = - 4
I 2 sing; as.
nr
Damit ist GI. (2,140a) bewiesen.
Für die Hydrodynamik erhält man durch Analogie, wie in GI. (2,140b) an-
gegeben:
dw = ~ sing;ds.
4nr

1 Es verhält sieh l' : I wie die Oberfläche des Kugelabschnittes mit dem
Zentriwinkel g; zur gesamten Kugeloberfläche, 2nr2(1- cosg;) :4nr 2.
90 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Die Geschwindigkeit dw im Punkt P von Abb. 2.45 b ist, wie schon


oben angegeben, senkrecht zu der von ds und r aufgespannten Ebene.
Für eine Wirbellinie, die in einer Ebene liegt, ergibt sich hieraus für
die induzierte Geschwindigkeit in einem beliebigen Punkte P dieser
Ebene durch Integration aus GI. (2,140b):
(2,143)

Diese Geschwindigkeit w ist senkrecht zu der Ebene, in welcher die


Wirbellinie liegt.
p Ist die Wirbellinie
eine räumlich gekrümmte
Kurve, so ist es zweck-
mäßig, in GI. (2,140b)
das dw als Vektor dhJ zu
schreiben. Dieser ist
natürlich auch jetzt senk-
recht zu der Ebene,
Abb. 2.46. Zum BIOT-SAVARTBchen Gesetz für eine räum-
welche von d?:' mit dem
lich gekrümmte WirbelJinie Radiusvektor t vom Ele-
ment d?:' der Wirbellinie
zum Aufpunkt P gebildet wird, Abb.2.46. Es ist in diesem Fall in
GI. (2,140 b) r ds . sin gnu ersetzen durch den Absolutbetrag des Vektor-
prorluktes It X di31 ' also
. rp d 8 = -'-------'--
sm Ir xdi31
r

Somit wird der Beitrag des Elementes d?:' der Wirbellinie zur Ge-
schwindigkeit im Punkt P:
drv=.s...rxdi3
47& r3
und durch Integration:
(2,144)

Dies ist der allgemeine Fall des BIOT-SAvARTschen Gesetzes für eine
räumlich gekrümmte Wirbellinie.
Zum Schluß dieser Betrachtungen über das BIOT-SAvARTsche Gesetz
wollen wir noch für eine gerade Wirbellinie endlicher Länge die induzierte
Geschwindigkeit berechnen. Auch hier gilt das schon früher mehrfach
Gesagte, nämlich daß es eine Wirbellinie endlicher Länge an sich nicht
gibt. Wir werden jedoch geschlossene Wirbellinien aus mehreren Geraden-
stücken zusammensetzen. Das Wirbelsystem eines Tragflügels endlicher
Spannweite, wie es in Abb. 2.42 angegeben wurde, ist z. B. ein Recht-
eck und kann somit aus Geradenstücken zusammengesetzt werden.
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 91
Die Wirbellinie endlicher Länge AB nach Abb. 2.47 habe die Zirku-
lation T, und der Aufpunkt P, für welchen die induzierte Geschwin-
digkeit ermittelt werden soll, habe von der Wirbellinie den Abstand a.
Es gilt dann wie vorhin sintp = rdtp/ds = air, und somit wieder
ds/r" = d tp!a. Damit erhält man aus GI. (2,143) für die ebene Wirbel-
linie :

f
'P,

W= 4~a sintpdf[!.
'P=rp,

Die Ausführung der Integration


ergibt:
r A
W =-4na
-(COSf[!I-COSf[!2)' (2,145)
Das BIOT-SAVARTsche Gesetz für eine
Abb.2.47.
Für die beidseitig unendlich gerade Wirbellinie AB von endlicher Länge
lange gerade Wir bellinie ist
tpl = 0 und tp2 = Tt. Damit erhält man aus GI. (2,145) W = T(2'J'Ca in
Übereinstimmung mit dem früheren Ergebnis für den ebenen Potential-
wirbel, vgl. GI. (2,88).
Für einen einseitig unendlich langenWirbelfaden, bei welchem derAuf-
punkt querab vom Endpunkt des Wirbelfadens liegt, ist f[!1 = 0, tp2 = 'J'C12
und somit:
r (2,146)
W = 4na'

Dieser Fall findet Anwendung beim Tragflügel endlicher Spannweite, bei


welchem für einen Aufpunkt am Ort des Flügels die freien Wir bel als solche
einseitig unendlich langen Wirbelfäden aufzufassen sind (Abb. 2.42).

2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen mit Hilfe


komplexer Funktionen
2.51 Die Grundgleichungen
Es soll in diesem Abschnitt nunmehr die ebene reibungslose Strö-
mung etwas eingehender behandelt werden als früher in Kap. 2.3. Ob-
gleich diese ebene Strömung in strenger Form in Wirklichkeit kaum
vorkommt, lassen sich doch viele Probleme angenähert darauf zurück-
führen. Dies gilt insbesondere für die Strömung um Tragflügel.
Die ebene Strömung ist einer rechnerischen Behandlung sehr viel
leichter zugänglich als die räumliche Strömung. Dies rührt nicht so sehr
daher, daß wir bei der ebenen Strömung statt der drei Ortskoordinaten
nur zwei haben, sondern hängt vielmehr damit zusammen, daß bei Ab-
hängigkeit des Strämungsvorganges von zwei kartesischen Ortskoordi-
naten (x, y) in den analytischen Funktionen des komplexen Arguments
92 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

ein sehr weittragendes mathematisches Hilfsmittel zur Verfügung steht.


Von diesem Hilfsmittel wollen wir jetzt Gebrauch machen.
In Kap. 2.34 hatten wir für die ebenen Strömungen die folgenden
Ergebnisse erhalten: Das Geschwindigkeitsfeld muß die beiden Be-
dingungen der Quellen- und Drehungsfreiheit erfüllen, welche nach
GIn. (2,58) und (2,59) lauten:

div\1.J = 0 oder ~+~=O


ax ay , (2,147)

rot\1.J = 0 oder ~-~=O.


ax ay (2,148)

Um diese beiden Gleichungen zu lösen, hatten wir die Potentialfunktion


Ij) (x, y) und die Stromfunktion lJI (x, y) eingeführt, welche nach
Gln. (2,64) und (2,67) mit den Geschwindigkeitskomponenten ver-
knüpft sind durch die Gleichungen:
arp aljf
u=a;;;=--ay,
(2,149)
arp aljf
V=--=
ay ---.
ax
Die Potentialfunktion und die Stromfunktion müssen dann nach
GIn. (2,65) und (2,68) der LApLAcEschen Differentialgleichung genügen:
a2 rp arp2
LI C/J = a x2 + a y2 = 0,
(2,150)
a2 ljf a2 ljf
LI P = 8x 2 + a y2 = o.
In Kap. 2.35 waren wir bei der Berechnung von Beispielen so vor-
gegangen, daß wir einfache Lösungen der LAPLAcEschen Gleichung
durch Probieren beschafften und anschließend untersuchten, welche
Strömungen durch diese Lösungen dargestellt werden.

2.52 Die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen


Die Verwendung der analytischen Funktionen des komplexen
Arguments für die Berechnung der ebenen Strömungen beruht nun
darauf, daß sowohl der reelle als auch der imaginäre Teil einer jeden
analytischen Funktion des komplexen Arguments z = x +
i y der
LAPLAcEschen Differentialgleichung genügt. Bezeichnen wir mit F (z)
eine analytische Funktion des komplexen Arguments z = x +
i y, so
läßt sie sich immer in einen reellen und in einen imaginären Teil zer-
legen:
F(z) = F(x +
iy) = C/J(x, y) iP(x, y), + (2,151)
wobei Ij) und lJI reelle Funktionen von x und y sind.
2.5 Berechnung ebener Potential strömungen 93

Nach den Regeln der Funktionentheorie gelten dann für den reellen
und imaginären Teil die Beziehungen der GI. (2,149), die als die Cauchy-
Riemannschen Differentialgleichungen bezeichnet werden. Aus diesen
Beziehungen folgt dann sofort auch die Gültigkeit der LAPLAcEschen
Gleichungen (2,150) für den Real- und Imaginärteil. Das Bestehen der
Gln. (2,149) und (2,150) für den Realteil rJ> und den Imaginärteil P
gibt die Möglichkeit, diese als die Potentialfunktion und die Strom-
funktion einer ebenen Strömung aufzufassen. Wir sind damit der etwas
unbefriedigenden Methode des Erratens von Lösungen der LAPLACE-
sehen Gleichung enthoben und haben nunmehr in den analytischen
Funktionen des komplexen Arguments einen großen Vorrat von Lösun-
gen zur Verfügung.
Die CAUCHy-RIEMANNschen Differentialgleichungen (2,149) sind eine Folge
der Differenzierbarkeit einer komplexen Funktion. Eine Funktion F (z) ist kom-
plex differenzierbar, falls der Differentialquotient dFjdz unabhängig ist von der
Differentiationsrichtung, d. h. unabhängig von der Richtung der vom Punkt z
zum Nachbarpunkt z + dz gezogenen Strecke. Es muß also z. B. der für eine
beliebige Richtung gewählte Differentialquotient dFjdz gleich sein dem in Rich-
tung der reellen Achse (dz = dx) oder auch gleich dem in Richtung der ima-
ginären Achse (dz = i d y) genommenen partiellen Differentialquotienten, also:
dF aF 1 aF aF .oF
Tz ax i ay oder ay= ~ßx' (2,152)

Nun ist nach GI. (2,151):


aF aq; . a'F aF oq; .o'F
ßx=ax+~ax; oy oy
-=--+~--
ay'
Einsetzen dieser Beziehungen in GI. (2,152) ergibt:

otJ) +i o'F =i(aq; +i O'F)


ay ay ax ax
und nach Zerlegung in Real- und Imaginärteil:
aq; a'F oq;
ay
womit die CAUCHy-RIEMANNschen Differentialgleichungen bewiesen sind. Durch
nochmalige partielle Differentiation nach x und y erhält man die LAPLAcEschen
Differentialgleichungen für q; und 'F.

2.53 Die komplexe Strömungsfunktion


Für die Berechnung von ebenen Strömungen haben wir somit die
einfache Re ehen vorschrift , daß wir eine beliebige analytische Funktion
eines komplexen Arguments F(z) = rJ>(x, y) +
iP(x, y) lediglich in
ihren Real- und Imaginärteil zu zerlegen brauchen und auf diese Weise
die Potentialfunktion rJ>(x, y) und die Stromfunktion P(x, y) erhalten.
94 Ir. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Das Geschwindigkeitsfeld u, verhält man dann, wie früher, durch Diffe-


renzieren im Reellen nach GI. (2,149).
Das in Kap. 2.34 besprochene Vertauschungsprinzip von Potential-
funktion und Stromfunktion, d. h. daß auch ([J als Stromfunktion und P
als Potentialfunktion aufgefaßt werden kann, kommt in der komplexen
Schreibweise dadurch zum Ausdruck, daß neben F (z) auch F* (z) = iF (z)
eine komplexe Funktion von der betrachteten Art ist. Wir wollen F(z)
die komplexe Strömungs/unktion nennen.
Wir wollen noch zeigen, wie man das Geschwindigkeitsfeld aus der
komplexen Strömungs funktion unmittelbar durch eine Differentiation
im Komplexen erhalten kann: Wir bilden das vollständige Differential
von F(x + i y):

Durch Einsetzen von GI. (2,151) kommt:

dF=(8(]) +i 8 'l')dx+(8(]) +ia'l')d


8x ax ay ay Y
= (u - iv)dx + (v + iu)dy
=(u-iv)dz.
Man hat somit:
rlF .
Tz = u- ~ v = w(z )= -
ttJ. (2,153)

Dabei bedeutet w (z) = W = u - iv die zu ttJ = u +


iv konjugiert
komplexe Zahl, die man bekanntlich durch Spiegelung von ttJ an der
reellen Achse erhält. GI. (2,153) sagt somit aus: Die Ableitung der
komplexen Strömungsfunktion nach dem Argument ist gleich dem
an der reellen Achse gespiegelten Geschwindigkeitsvektor. Für den
Geschwindigkeitsbetrag hat man

IttJl= I Tz\·
dF I
(2,153 a)

2.54 Beispiele zur komplexen strömungsfunktion


Bei den jetzt zu besprechenden Beispielen gehen wir, ähnlich wie
in Kap. 2.35 bei den Beispielen zur reellen Potentialfunktion und
Stromfunktion, so vor, daß wir für eine Reihe von einfachen kom-
plexen Funktionen nach der vorstehend gegebenen Rechenvorschrift
das Geschwindigkeitsfeld ermitteln und durch Berechnen der Strom-
linien feststellen, welche Strömung dargestellt wird, wenn man be-
sonders ausgezeichnete Stromlinien als feste Wand auffaßt. Gegen-
über dem früheren Rechenverfahren wissen wir von vornherein, daß die
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 95
aufgeschrie benen Ausdrücke für (jJ und 1JI Lösungen der LAPLAcE-
sehen Differentialgleichung sind, während dies früher von Fall zu
Fall nachzuprüfen war.
Das schon früher für Potential- und Strom funktion erläuterte Uber-
lagerungsprinzip gilt auch in der komplexen Schreibweise, da ja neben
F1(z) und F 2 (z) auch F(z) = c1Fdz) +
c2 F 2 (z) als komplexe Strö-
mungsfunktion aufgefaßt werden kann.
2.541 Translationsströmung. Die lineare komplexe Funktion
F(z) = az, (2,154)
wo a = a 1 +ia2 eine komplexe Konstante bedeutet, stellt die Trans-
lationsströmung dar. Potential und Stromfunktion sind nach GI. (2,151):
(jJ = a 1 x - a2 Y ; 1JI = a 2 x +a 1Y .

Die komplexe Geschwindigkeit ist


w(z) = ~t - iv = a = a 1 + ia 2 •

Die Translationsströmung mit der Geschwindigkeit U oo in Richtung


der positiven x-Achse hat also die komplexe Strömungsfunktion
F (z) = U oo z und diejenige mit der Geschwindigkeit Voo in Richtung
der positiven y-Achse die komplexe Strömungsfunktion F (z) = - i Voo z.
2.542 Strömung in einem Winkelraum. Eine Verallgemeinerung
des soeben behandelten Beispieles ist die Strömungsfunktion
a
F(z)=-zn, (2,155)
n
wobei die Konstanten a und n reell seien. Die Zerlegung von F in
Real- und Imaginärteil gelingt am einfachsten durch Einführung von
Polarkoordinaten mit z = rei'P. Man erhält

F(z) = ·~rnein'P = 3'..rn(cosnrp


n n
+ i sinnrp).
Somit ist die Potentialfunktion
a
cP (r, rp) = -
n
r" cos n rp
und die Stromfunktion
1JI( r, rp ) -- na rnsm
' n rp .

Die Stromlinien sind also gegeben durch die Kurven


r" sin nrp = const.
Die einzelnen Stromlinien erhält man hieraus, wenn man r in Ab-
hängigkeit von rp ermittelt für verschiedene Werte der Konstanten.
Insbesondere wird die Stromlinie 1JI = °
erhalten durch sin n rp = °
oder rp = k7t/n mit k = 0, 1,2, ...
96 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Dies sind die Geraden durch den Ursprung unter den Winkeln
q; = 0, ~, 2~, 3~, .... Je nach dem Zahlenwert von n erhält man
n n n
verschiedene Strömungen. Für n = 2 ergibt sich die schon früher an-
gegebene Staupunktströmung nach Abb.2.22. Stromlinienbilder für
andere Werte von n sind in Abb. 2.48 angegeben. Für n > 2 ergeben sich

~~
,~

Abb.2.48. Ebene Strömung in einem Winkelraum LI <p = "'In; komplexe Stromfunktion nach
GI. (2.155). Stromlinienbilder für verschiedene Werte von n. Es ist a < 0 für a). b). b'). c) und d);
a> 0 für a')

Stromlinienbilder vom Typus Abb. 2.48a. Dabei kann man entweder


°
die Geraden q; = und q; = njn, ... als Wände auffassen und erhält
dann die Strömung in einem Winkelraum L1 q; = n/n bei welcher die
Flüssigkeit längs der einen Wand einströmt und längs der anderen

°
abströmt (Abb.2.48a). Man kann aber auch nach Abb.2.48a' nur
die Geraden q; = und q; = 2 n/n, ... als Wände auffassen. Dies ist
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 97
dann eine Strömung in einem konkaven Winkelraum Llrp = 2:n:/n, bei
welcher die Flüssigkeit in der Mitte einströmt und längs beider Wände
abströmt. Der Ursprung ist dabei Staupunkt und die Halbierende des
Winkelraumes Staupunktstromlinie.
Für 1 < n < 2 ergeben sich Strömungsbilder vom Typus Abb. 2.48 b
und 2.48 b'. Letzteres ist für n = 3/2 die Strömung gegen eine vorsprin-
gende (konvexe) Ecke, wobei wieder die Ecke Staupunkt ist.
Für 1/2< n < 1 erhält man die Strömungsbilder vom Typus
Abb. 2.48c und 2.48d. Abb. 2.48c gilt für n = 2/3 und gibt die Strö-
mung um eine vorspringende Ecke mit dem EckenwinkeLrt/2. Abb. 2.48 d
gilt für n = 1/2 und stellt die Strömung um eine scharfe Kante mit dem
Eckenwinkel Null dar, a~so die Umströmung einer ebenen Platte. In
den letzten beiden Fällen ist an der Ecke die Geschwindigkeit unend-
lich groß, wie man aus w(z) = a zn-l = a rn- 1 ei(n-l) '" erkennt.
Diese Strömungen im Winkelraum mit der komplexen Strömungs-
funktion nach GI. (2,155) hätten sich nach dem früheren Verfahren
mit Rechnungen im Reellen· nur sehr umständlich behandeln lassen.
Man erkennt an diesem Beispiel besonders deutlich die Eleganz der
komplexen Darstellung.
2.043 Quelle, Senke und Potentialwirbel. Quelle und Senke: Wir
gehen aus von der komplexen Strömungsfunktion
F(z) = a lnz, (areeIl). (2,156)
Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil mit z = re i ", ergibt:
(]J=alnr; P=arp.
Die Stromlinien sind die Strahlen rp = const vom Ursprung aus und
die Potentiallinien die Kreise r = const um den Ursprung. Die Ge-
schwindigkeit ist w(z) = a/z; sie verläuft radial, also
a
wr =-;:; W",= o.
Für positives a liegt die Quellströmung und für negatives a die Senken-
strömung vor, die früher in Kap. 2.354 bereits behandelt wurden
(Abb. 2.24). Die pro Schichthöhe eins aus- oder einfließende Menge,
die Ergiebigkeit, ist E = 2:n: r IW r I = 2:n: a. Eine Quelle bzw. Senke
der Ergiebigkeit E hat also die komplexe Strömungsfunktion
E
F(z) = 2n lnz

Potentialwirbel: Aus der Quellströmung hatten wir bereits früher


in Kap. 2.355 durch Vertauschung von Potential- und Stromlinien
die Strömung des Potentialwirbels erhalten. In der komplexen Dar-
stellung bedeutet die Vertauschung von Potential- und Stromlinien
Schlichting(Truckenbrodt, Aerodynamik I 7
98 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

die Multiplikation der komplexen Strömungsfunktion mit der imagi-


nären Einheit i, wie bereits oben ausgeführt. Wir erhalten somit aus
GI. (2,156) für die komplexe Strömungsfunktion des Potentialwirbels :
F{z)=ialnz (areell).
Das Potential und die Stromfunktion ergeben sich zu
@ = -acp; P = alnr. (2,157)
Die Stromlinien sind also die konzentrischen Kreise um den Ursprung
und die Potentiallinien die Strahlen durch den Ursprung (Abb. 2.25).
Die Geschwindigkeit verläuft überall in Umfangsrichtung ; es ist
w(z)= iajz, also
a
w ---' Wr = O. (2,158)
"'- r'
Die im Uhrzeigersinn drehende Zirkulation auf einem beliebigen Kreis
um den Ursprung ist r = - 2 n r w'" = 2 na. Die Konstante a be-
stimmt also die Zirkulation durch a = F/2n. Ein ebener Potential-
r
wirbel der Stärke im Punkte z = 0 hat somit die komplexe Strö-
mungsfunktion :
iF
F(z) = 2nlnz. (2,157a)

2.544 Dipol. Wir wollen jetzt aus den bisherigen Fällen einige
weitere durch Überlagerung aufbauen. Als erstes behandeln wir das
Strömungsfeld eines Quell-Senken-Paares, d. h. einer Quelle und einer
Senke von gleicher Stärke. Die Senke befinde sich im Ursprung z = 0
und die Quelle auf der negativen reellen Achse im Punkt z = - h
(Abb. 2.28). Nach GI. (2,156a) lautet die komplexe Strömungs funktion
dieses Quell-Senken-Paares:

F(z) =
E
2n [ln(z + h) -lnz].
Die Stromlinien sind gegeben durch das Kreis büschel durch die beiden
Punkte z = 0 und z = - h, wie man leicht verifiziert und wie auch
früher in Kap. 2.359 bereits ausführlich erläutert wurde. Aus diesem
Quell-Senken-Paar erhält man die Strömung eines Dipols, wenn man
den Abstand h von Quelle und Senke gegen Null gehen läßt und dabei
ihre Ergiebigkeit E mit 1jh zunehmen läßt, derart, daß das Moment
M = Ehj2n konstant bleibt. Dies ergibt:
=M~l
z =MI'Im ln(z+h)-lnz
F() h d nz.
h--.O z
Somit ist die komplexe Strömungsfunktion des Dipols:

F(z) = .!!...
z
(2,159)
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 99

Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil ergibt für das Potential:


</J = M cos cp
r
und für die Stromfunktion :
P = _MsinCP
r

in Übereinstimmung mit GI. (2,102) und (2,103). Die Stromlinien sind


gegeben durch die Schar der Kreise, welche die reelle Achse im Ur-
sprung tangieren, und die Potentiallinien durch die dazu orthogonale
Kreisschar, welche die imaginäre Achse im Ursprung tangiert, Abb. 2.29.
GI. (2,159) stellt für reelles M einen Dipol im Ursprung dar, dessen
Achse mit der reellen Achse zusammenfällt. Einen Dipol, dessen Achse
in die imaginäre Achse fällt, erhält man aus dem ersteren durch Ver-
tauschung der Potential- und Stromlinien, d. h. durch Multiplikation
mit i. Die komplexe Strömungsfunktion lautet hierfür F (z) = iM/z.
2.545 Translationsströmung um den Kreiszylinder. Wie schon in
Kap. 2.359 besprochen, erhält man die Strömung um einen Kreis-
zylinder durch Überlagerung der Dipolströmung mit der Translations-
strömung. Insbesondere ergibt sich ein Kreiszylinder, der in Richtung
der reellen Achse angeströmt wird, durch Überlagerung der Translations-
strömung längs der reellen Achse mit einem Dipol, dessen Achse mit
der x-Achse zusammenfällt. Somit ergibt sich nach GI. (2,154) und
(2,159) für die komplexe Strömungsfunktion, wenn U oo die Geschwindig-
keit der Translationsströmung bedeutet und für das Moment des Dipols
nach GI. (2,107) M = U OO R2 gesetzt wird:
R2'
F(z) = U oo
( z+-z-)' (2,160)

Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil mit z = reirp ergibt für das
Potential:
</J(r, rp) = uoo(r + ~2) cosrp (2,161a)
und für die Stromfunktion :
P(r,rp)=uoo(r- ~2)sinrp (2,161b)

in Übereinstimmung mit GI. (2,108) und (2,109). Aus GI. (2,161 b) er-
sieht man, daß die Stromlinie lJI = 0 durch die reelle Achse rp = 0
und rp = n und den Kreis r = R gebildet wird. Das Stromlinienbild
dieser Translationsströmung um den Kreiszylinder wurde bereits in
Abb. 2.30 angegeben.
Das Geschwindigkeitsfeld wollen wir durch Differenzieren der kom-
plexen Strömungsfunktion nach GI. (2,153) beschaffen. Dies ergibt:
aF = w(z) = u - iv =
di U oo
(1- --z2
R2)'
. (2,162)
7*
100 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Hieraus ersieht man sofort, daß die beiden Punkte z = ± R Stau-


punkte sind, wo u = v = 0 ist. Die rechtwinkligen Geschwindigkeits-
komponenten erhalten wir aus GI. (2,162) durch Zedegung in Real-
und Imaginärteil zu:
R2 .
V = -u00 -sm2m
r2 r

in Übereinstimmung mit GI. (2,110).


Man erkennt aus diesen Gleichungen, daß die von der Verdrän-
gungswirkung des Kreiszylinders herrührenden Zusatzgeschwindigkeiten
mit dem Abstand vom Zylinder wie 1jr2 abnehmen.
Die Geschwindigkeitsverteilung auf der Kontur des Zylinders,
r = R, ist hiernach, wie bereits in GI. (2,112) angegeben:

(2,163)
Die Druckverteilung auf der Kontur wurde auch bereits in GI. (2,113)
angegeben; sie ist in Abb. 2.31 dargestellt.
2.546 Strömung um den Kreiszylinder mit Zirkulation. Wir wollen
jetzt der Translationsströmung um einen Kreiszylinder noch die
Strömung eines Potentialwirbels überlagern. Dies ergibt die Kreis-
zylinderströmung mit Zirkulation, die für die Auftriebserzeugung des
Tragflügels von grundlegender Bedeutung ist. Überlagert man der
Translationsströmung des Kreiszylinders nach Abb. 2.30 einen ebenen
Potentialwirbel, der auf der Zylinderachse angeordnet ist, so ist für die
resultierende Strömung
der Kreis auch wieder
Stromlinie, da ja das
Stromlinienbild des Po-
tentialwirbels die sämt-
lichen zum Ursprung
konzentrischen Kreise als
Stromlinien hat, darunter
auch die Kontur des
Abb. 2.49. Strömung um einen Kreiszylinder mit
Zirkulation Zylinders. Für einen im
Uhrzeigersinn drehenden
Wirbel ergibt sich eine Strömung um den Kreiszylinder, bei welcher auf
der Oberseite die Geschwindigkeiten gegenü ber der Translationsströmung
vergrößert, dagegen auf der Unterseite verkleinert sind (Abb.2.49).
Diese Strömung hat auf der Kontur des Zylinders eine Druckvertei-
lung, die auf der Unterseite größere Drücke als auf der Oberseite be-
sitzt. Dadurch ergibt sich eine resultierende Kraft auf den Kreiszylinder
in Richtung der y-Achse, ein sog. Quertrieb oder Auftrieb, den wir
im folgenden berechnen wollen.
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 101

Für die Translationsströmung um den Kreiszylinder vom Radius R,


dem ein im Kreismittelpunkt gelegener rechtsdrehender Potential-
r
wirbel mit der Zirkulation überlagert ist, lautet die komplexe Strö-
mungsfunktion nach GI. (2,160) und (2,157 a):
, R2 ir
F(z) = uoolz + z) + 2"n lnz . (2,164)

Hieraus ergibt sich die komplexe Geschwindigkeit zu

elF
elz
= w(z) = u
00
(1-~)
Z2
+ ~~.
2n z
(2,165)

Für die Druckverteilung auf der Kontur des Zylinders benötigen wir
den Geschwindigkeitsbetrag auf der Kontur. Wir schreiben diesen in
der Form R
WK = wtp( ) = Wo + W1, (2,166)
wobei wo( qy) den Geschwindigkeitsbetrag über der Kontur für die Trans-
lationsströmung um den Kreiszylinder und w1 die vom Potential-
wirbel herrührende Geschwindigkeit auf der Zylinderkontur bedeuten.
Nach GI. (2,163) ist
Wo = - 2 U oo sin cp , (2,167)
während nach GI. (2,158) für den Potentialwirbel gilt:
r (2,168)
w1 = - 2nR·

Die Druckverteilung auf der Zylinderkontur ist:

P - Poo = 2e (U oo2 - 2 )
WK ,

und mit WK nach GI. (2,166):


P - Poo= ~ [u~ -(wg + 2wOw1 + wi)]. (2,169)

Den Auftrieb des Zylinders erhält man y+


,
durch Integration der Druckverteilung. ,,
Der Beitrag des Flächenelementes dF v"l_-......'dl1

-
in Abb. 2.50 zur Kraft in der y-Rich-
tung ist:
:r:
dP y = - (p - Pcc) sincp dF
oder
dP y = - (p - Pool sincp Rbdcp
mit b als Höhe des Kreiszylinders. Die
Abb. 2.50. Zur Berechnung der Quer-
Integration über den Zylinderumfang kraft (Auftrieb) für die Strömung um
einen Kreiszylinder mit Zirkulation
ergibt: nach Abb. 2.49 •

f
2"
Py = - bR (p - Pool sin cp dcp . (2,170)
tp~O

7a
102 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Für die Berechnung des Integrals ist die Druckverteilung nach


GI. (2,167) durch die Geschwindigkeitsverteilung zu ersetzen mit Wo
und W 1 nach GI. (2,167) bzw. GI. (2,168). Bei der Integration über den
vollen Kreis nach GI. (2,168) liefern diejenigen Glieder, welche sin fP
und sin3 fP als Faktor besitzen, keinen Beitrag. Einen von Null ver-
schiedenen Beitrag liefert nur das Glied mit dem Faktor sin 2 fP, welcher
bei dem Glied Wo w 1 auftritt. Somit vereinfacht sich GI. (2,170) zu:

J
2"
Py = b R (] W 1 Wo sin fP d fP
q>=O
oder mit Wo und W1 nach GI. (2,169) bzw. (2,170):

J
2"
P y = 2bR(] 2~R UOO sin 2 tpdtp.
q>=O

Das Integral hat den Wert n. Damit kommt schließlich:


Py = A = (]uoobr. (2,171)
Dies ist die Formel von KUTTA-JouKOWSKY. Sie wurde in GI. (2,126)
auch bereits für den Tragflügel (aber ohne Beweis) angegeben. Wir
haben also gefunden, daß ein Kreiszylinder mit Zirkulation einen
Quertrieb (Auftrieb) erfährt, welcher der Anströmungsgeschwindig-
r
keit Uoo und der Zirkulation proportional ist. Die Kraft in Richtung
der Anströmung (x-Richtung), d. i. der Widerstand, ist im vorliegenden
Fall gleich Null. Somit können wir das Ergebnis auch so aussprechen,
daß die resultierende Kraft senkrecht steht auf der Anströmungs-
richtung.
Wir werden später sehen, daß dieses hier für den Kreiszylinder
erhaltene Ergebnis über die Größe des Auftriebes eine sehr allgemeine
Gültigkeit hat. Die KUTTA-JouKOwsKYsche Formel, GI. (2,171), ist in
ihrer Gültigkeit keineswegs auf den Kreiszylinder beschränkt. Sie
gilt ganz allgemein für die ebene reibungslose Strömung mit Zirku-
lation um einen zylindrischen Körper von beliebigem Querschnitt, ins-
besondere auch für den Tragflügel. Näheres hierüber wird in Kap. VI
berichtet.
Die unsymmetrische Druckverteilung um den Kreiszylinder ist in
Abb. 2.51 für mehrere Werte von FjRu oo dargestellt. Für FjRuoo = 4n
fallen die beiden Staupunkte in einem Punkt zusammen.
Für den Kreiszylinder kann man die Strömung mit Zirkulation
durch eine Drehung des Zylinders verwirklichen. Das dabei entstehende
Strömungsbild, Abb.2.52, stimmt weitgehend mit demjenigen der
reibungslosen Flüssigkeit (Abb. 2,49) überein. Die große Querkraft
dieser Strömung ist seit langem als "MAGNus-Effekt" des rotierenden
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 103

Zylinders bekannt. Es ist versucht worden, diese Querkraft von


rotierenden Zylindern für den Vortrieb von Schiffen praktisch nutzbar
zu machen (FLETTN'ER-Rotor) [4].

o'~
1\'\ ~
--- -- - --t--I//I~

I/ ;Vj -
/I ~l'- V i\ V
~~

-2
'\ V If i'-- Ku \
1\ ~\ ~/J I

\ \ I~ / /
'\ ""Ri/l 1/
i_@
I
~ ~~- 21( /1
\ /
-70
Uoo r
-/2
If--..r
I
I

\ J Rlioo- *:it I
"--V
~

-15
o' JO' 60' 90" 7JO' (50' /80' lTf)' ~OO
i
270' JOt)' W
, J6(f
'f -
Abb. 2.51. Druckverteilung auf der Oberfläche eines KreiszyJinders für die Strömung mit
Zirkulation, nach Abb. 2.49

Abb.2.52. Strömung um einen rotierenden Kreiszylinder. Dieses photographische Strömungs ·


bild stimmt weitgehend überein mit dem potentialtheoretischen StromJinienbild, nach
Abb.2.49
7a*
104 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

2.55 Der Begriff der konformen Abbildung


Im letzten Abschnitt haben wir für einige einfache analytische
Funktionen einer komplexen Variablen untersucht, welche Strömungen
durch diese Funktionen dargestellt werden. Nunmehr wollen wir zu
Methoden übergehen, mit Hilfe deren man umgekehrt zu einem vor-
gege benen Körper die komplexe Strömungsfunktion und damit die
ganze Strömung ermitteln kann.
Die Grundlage der bisherigen Rechnungen war die Tatsache, daß
jede analytische Funktion F der komplexen Veränderlichen z = x iy +
als komplexe Strömungsfunktion aufgefaßt werden kann, weil ihre
Zerlegung in Real- und Imaginärteil
F(z) = €P(x, y) +
ilJf(x, y) (2,172)
das reelle Potential €P und die reelle Stromfunktion lJf liefert. Die
Kurven €P = const (Potentiallinien) und lJf = const (Stromlinien)
bilden zwei orthogonale Kurvenscharen in der x-y-Ebene. Faßt man eine
geeignete Stromlinie als feste Wand auf, so stellen die übrigen Strom-
linien das Strömungsfeld längs dieser Wand dar. Das Geschwindig-
keitsfeld ist hierbei gegeben durch die erste Ableitung der komplexen
Strömungsfunktion : . dF
Wz = uz - ~VZ = Tz' (2,173)
Dabei soll der Index z andeuten, daß es sich um Geschwindigkeiten in
der komplexen z-Ebene handelt, die mit der physikalischen x-y-Ebene
identisch ist.
Bei dem bisherigen Rechenverfahren war also die Strömungs-
funktion gegeben und die Körperform gesucht. Dabei war es mehr oder
weniger dem Zufall überlassen, ob sich zu einer vorgegebenen Strö-
mungsfunktion eine Körperkontur ergibt, die einige praktische Be-
deutung hat.
Die umgekehrte Aufgabe, bei welcher die Körperform gegeben und
die Strömungsfunktion gesucht ist, ist praktisch erheblich wichtiger,
aber in der rechnerischen Durchführung auch wesentlich schwieriger
als die bisher gelöste Aufgabe. Man bedient sich dafür des Hilfsmittels
der konformen Abbildung, welches sehr weit ausgebaut worden ist.
Eine sehr umfassende Darstellung dieses Gebietes ist von A. BETz [5]
gegeben worden.
Es möge zunächst der Begriff der konformen Abbildung er-
läutert werden: Wir betrachten eine analytische Funktion der kom-

f(z) = f(x + iy) =, =


plexen Veränderlichen mit ihrer Zerlegung in Real- und ImaginärteiI:
;(x, y) + i1J(x, y).
Wir denken hierbei zunächst nicht an die komplexe Strömungsfunktion.
(2,174)

Den durch GI. (2,174) vermittelten Zusammenhang zwischen den kom-


plexen Zahlen z = x + i y und' = ; + i1J kann man rein geometrisch
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 105

deuten: Es wird jedem Punkt der komplexen z-Ebene ein Punkt der
komplexen '-Ebene zugeordnet, der als das Bild des Punktes in der
z-Ebene bezeichnet werden möge. Durchläuft insbesondere der Punkt
in der z-Ebene eine Kurve, so durchmißt im allgemeinen auch der
zugeordnete Bildpunkt eine Kurve in der '-Ebene. Diese bezeichnen
wir als die Bildkurve der in der z-Ebene durchlaufenen Kurve.
Ein Beispiel möge diese Zuordnung der komplexen z- und '-Ebene
erläutern: Wählen wir

j(z) = ~Z2
2 2 (x + iy)2 = ,
=~ = ~ + in,
./

so ist nach Zerlegung in Real- und Imaginärteil :

~= ~ (x 2 - y2); 1') = x y•

y
z-Ebene

e-const tTJ (-Ebene


I 1'1 I 1 I
I I 1 1 I cr-const
I 1 I
1 I I
I I I I I I
I I1 II I I
x
I I I I
t I Ir-
1 I
I
1 1 I
I
-t i I I I I
Abb. 2.53. Die durch die komplexe Funktion C = z'/2 vermittelte konforme Abbildung

Es entsprechen hiernach den Parallelen zur imaginären Achse in der


'-Ebene, also den Geraden ~ = const in der z-Ebene, die gleichseitigen
Hyperbeln x 2 - y2 = const, während den Geraden 1') = const die zur
ersteren orthogonale Hyperbelschar xy= const entspricht (Abb. 2.53).
Man kann das Ergebnis auch so ausdrücken, daß die beiden ortho-
gonalen Geradenscharen ~ = const und 1') = const der '-Ebene ab-
gebildet werden auf die beiden orthogonalen Hyperbelscharen der
z-Ebene. Man sagt auch kurz, daß durch GI. (2,174) allgemein eine
konforme Abbildung der z-Ebene auf die '-Ebene vermittelt wird. Aus
der schon bisher benutzten Deutung der komplexen Funktionen als
Potential- und Stromfunktion erkennt man sofort, daß es eine all-
gemeine Eigenschaft der analytischen Funktionen einer komplexen
106 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Variablen ist, daß bei dieser Abbildung zwei orthogonale Kurvenscharen


der einen Ebene in solche der anderen Ebene übergeführt werden.
Unter einer konformen Abbildung versteht man somit eine Abbil-
dung einer Ebene auf eine andere, derart, daß Winkel der einen Ebene
in gleiche Winkel der anderen Ebene übergeführt werden. Auch ist das
Verhältnis zweier Strecken der einen Ebene gleich dem Verhältnis
der entsprechenden Strecken der anderen Ebene für den Fall, daß die
Größe der Strecken nach Null konvergiert. Man sagt auch, daß bei einer
solchen konformen Abbildung eine Ebene auf eine in den kleinsten
Teilen ähnliche Ebene abgebildet wird.
Für die Berechnung von Strömungen kann nun dieser rein geo-
metrische Prozeß der konformen Abbildungen zweier Ebenen auf-
einander aber auch so gedeutet werden, daß ein bestimmtes System
von Potential- und Stromlinien der einen Ebene übergeführt wird in
ein solches der anderen Ebene. Damit kann die oben formulierte Auf-

Abb.2.54. Konforme Abbildung der z-Ebene auf die C-Ebene durch die Abbildungsfunktiori
C = fez). Dabei wird die Kontur A mit ihren Potential- und Stromlinien abgebildet auf die
Kontur B mit ihren Potential- und Stromlinien

gabe, die Strömung um einen vorgelegten Körper zu berechnen,


folgendermaßen gelöst werden (Abb. 2.54):
Wir gehen aus von einer bekannten Strömung um einen Körper
mit der Kontur A in der z-Ebene, für welche also die Strömungs-
funktionF(z) bekannt ist. Meist wird hierfür die Kreiszylinderströmung
genommen. Die Kontur des Körpers, für welchen die Strömung gesucht
wird, sei die Kontur B in der '-Ebene. Um nun die Strömung um die
Kontur B zu erhalten, ist eine
Abbildungs/unktion C= /(z) (2,175)
zu finden, welche die Kontur Ader z-Ebene abbildet auf die Kontur B
der '-Ebene. Dabei wird dann auch gleichzeitig das bekannte System
der Potential- und Stromlinien um den Körper A in der z-Ebene über-
geführt in das gesuchte System der Potential- und Stromlinien um den
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 107

Körper B der '-Ebene. Das gesuchte Geschwindigkeitsfeld um den


Körper B der '-Ebene erhält man dabei nach folgender Vorschrift:

(C) _ dF = dF ~
w - dC rIz rIC
oder
(2,176)

Dabei sind F(z) und W z = dF/dz bekannt aus der Strömungsfunk-


tion des Körpers A in der z-Ebene (z. B. Kreiszylinder), während

funktion ,=
dzldC = 1//' (z) den reziproken Differentialquotienten der Abbildungs-
w,
/(z) darstellt. Die gesuchte Geschwindigkeitsverteilung
um den Körper B kann nach GI. (2,176) berechnet werden, nachd.em die
Abbildungsfunktion /(z) gefunden worden ist, welche den Körper A auf
den Körper B abbildet. Wie die Berechnung von Beispielen zeigt, ist

funktion ,=
bei diesem Verfahren die Hauptarbeit die Berechnung der Abbildungs-
/(z), welche den vorgelegten Körper auf einen anderen
Körper abbildet, dessen Strömung bekannt ist (z. B. Kreiszylinder) .
. Nach dem Riemannschen Abbildungssatz ist es, von einigen unbedeu-
tenden Spezialfällen abgesehen, stets möglich, einen einfach zusammen-
hängenden Bereich auf einen Kreis abzubilden. Die Aufgabe, die ebene
Umströmung einer vorgegebenen Körperkontur zu berechnen, ist somit
grundsätzlich gelöst. Für die praktische Anwendung besteht die Schwie-
rigkeit jedoch darin, die jeweils entsprechende Abbildungsfunktion zu
finden, die für viele Fälle zudem noch einen sehr komplizierten Aufbau
besitzt.
2.56 Beispiele zur konformen Abbildung
Wir wollen jetzt die vorstehende erläuterte Methode an einigen Bei-
spielen näher ausführen:
2.561 Die parallel angeströmte Platte. Wir gehen aus von der
Translationsströmung parallel zur x-Achse um einen Kreiszylinder mit
dem Radius a. Diese Strömung hat in der z-Ebene nach GI. (2,160)
die Strömungsfunktion
F (z) = u oo (z + :2). (2,177)

Als AbbiIdungsfunktion wählen wir:


C= /(z) = z +-.
a
z
2
(2,178)

Dies ist die Joukowskysche Abbildungs/unktion. Sie bildet nach Abb. 2.55
den Kreis mit dem Radius a um den Nullpunkt der z-Ebene ab auf die
doppelt durchlaufene Strecke (Schlitz) von - 2a bis +
2a der '-Ebene.
Dabei gehen die Kreispunkte (I), (2), (3), (4) der z-Ebene in die
108 Ir. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

angegebenen Punkte des Schlitzes der C-Ebene über. Dies läßt sich so
einsehen: Für einen Punkt, der den Kreis der z-Ebene durchläuft,
gilt z = aei'P, wobei cp von 0 bis 2 n läuft. Setzt man dies in GI. (2,178)
ein, so kommt C = a(ei'P + e-i'P) = 2a cos cp, also ~ = 2a cos cp; 'YJ = O.
Für die Strömung in der C-Ebene erhält man aus GI. (2,177) und
(2,178) :

Das ist die Translationsströmung mit der Geschwindigkeit U oo längs


der reellen Achse in der C-Ebene. Wir haben also die Translationsströ-
mung um den Kreis mit dem Radius ader z-Ebene abgebildet auf die
Parallelströmung längs der reellen Achse in der C-Ebene. Diese Ab-
bildung muß als trivial bezeichnet werden, da sie uns keine neue Strö-
y
1J

J
x Uoo -Ja
~---

Abb. 2.55. Konforme Abbildung eines Kreiszylinders auf eine längs angeströmte ebene Platte
durch die JOUKOWSKYSche Abbildungsfunktion nach GI. (2.178)

mung vermittelt hat. Wir brauchen sie jedoch als Vorstufe für eine
jetzt zu besprechende verwandte Strömung, die etwas wesentlich Neues
liefern wird.
2.562 Die senkrecht angeströmte Platte. Die Strömung um die
senkrecht zur Anströmungsrichtung stehende Platte können wir nach
Abb.2.56 dadurch erhalten, daß wir mittels der gleichen JOUKOWSKY-
schen Abbildungsfunktion wie in Kap.2.561 den Kreis mit dem
Radius ader z-Ebene wiederum auf den Schlitz der C-Ebene abbilden,
jedoch jetzt den Kreis in Richtung der y-Achse umströmen lassen. Die
Platte erstreckt sich in der C-Ebene auf der reellen Achse von ~ = -2a
bis ~ = +2a; sie hat also die Breite l = 4a. Die Kreisströmung ergibt
sich durch Überlagerung einer Parallelströmung mit der Geschwindig-
keit Voo in Richtung der positiven y-Achse mit einem Dipol, dessen
Achse in der y-Achse liegt. Die Strömungsfunktion lautet somit:

F(z) = .
~voo (- z + Za 2
) . (2,179)

Die Geschwindigkeit in der z-Ebene ist:


dF
Tz = Wz = .
-~Voo 1
(
+ Z2
a
=
2 ) •
-~VOO-Z-2-'
Z2 +a 2
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 109

Die Geschwindigkeit m der '-Ebene ist dann nach GI. (2,176) mit
dt, Z2 - a2
dz • Z2 +a 2
w~ = - t V oo Z2_ a2 ' (2,180)

wegen ,=
Ersetzt man hierin z durch' auf Grund von GI. (2,178), so erhält man
~ und ±
z
2 + 2
4a 2 V'2 -
~ für die Geschwindig-
z
= 2 2

keitsverteilung der senkrecht angeströmten Platte:


, . t,
Wc = ::r'~vooV . (2,181)
1:,2 - 4a2
y IJ

Abb. 2.56. Die senkrecht angeströmte ebene Platte. a) Rreiszylinderströmung, b) Strömung


um die Platte, c) Geschwindigkeitsverteilung längs der Plattenoberseite und in Verlängerung
der Plattenrichtung

Aus GI. (2,180) und (2,181) erkennt man, daß die Plattenmitten

an den Plattenenden z = ± a,
lich groß ist.
,=
z = ± ia, , = 0 Staupunkte der Strömung sind mit Wc = 0, während
± 2 a die Geschwindigkeit unend-

,= ~
Die Geschwindigkeitsverteilung an der Platte selbst und in der Ver-

längerung de: ~la::~;~:~g_C;~ib'r:~Ch ~: ~;.[ ~T) Jfür zu:

(2,182)
v- v I~ I ~ I > .i
- 00 Ve - {l/2)2
für I
I 2.
llO H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

In der oberen Gleichung gilt das +-


Zeichen für die Unter- und
das - - Zeichen für die Oberseite der Platte. In Abb. 2.56c sind die
Geschwindigkeitsverteilungen über ~!(l/2) dargestellt.
2.563 Die ebene angestellte Platte. Die Strömung um die unter
einem kleinen Winkel gegen die Plattenrichtung angeströmte ebene
Platte ist der einfachste Prototyp einer Tragflügelströmung mit Auf-
trieb. Diese Strömung möge deshalb hier etwas eingehender behandelt
werden. Der Winkel zwischen der Anströmrichtung und der Platten-
richtung heißt der Anstellwinkel a der Platte.
Man erhält die Strömung um die angestellte ebene Platte nach
Abb. 2.57, wenn man die längs angeströmte Platte (a)· und die senk-
recht angeströmte Platte (b) überlagert. Die hieraus resultierende
Strömung
(c) = (a) + (b)
hat jedoch noch keinen Auftrieb der Platte; es wird dabei die Vorder-
und Hinterkante der Platte in gleicher Weise umströmt. Der vordere
Staupunkt liegt auf der Unterseite und der hintere Staupunkt auf der
Oberseite der Platte.
Um die Plattenströmung mit Auftrieb zu erhalten, muß dem
r
Fall (c) noch eine Zirkulation nach (d) überlagert werden. Die hieraus
resultierende Strömung
(e) = (c) + (d) = (a) + (b) + (d)
ergibt dann die Plattenströmung mit Auftrieb. Die Größe der Zirku-
lation bestimmt sich dabei aus der Bedingung des glatten Abströmens
an der Plattenhinterkante, d. h., der hintere Staupunkt liegt in der
Plattenhinterkante (KuTTAsche Abflußbedingung). Die nähere Be-
gründung dieser Abflußbedingung, die mit dem Experiment in sehr
guter Übereinstimmung steht, wird in Kap. VI gegeben.
Wir wollen jetzt den soeben skizzierten Gang der Rechnung im ein-
zelnen durchführen. Die komplexen Strömungsfunktionen in der
z-Ebene für die Strömungen (a), (b), (d) nach Abb. 2.57 lauten nach
GI. (2,177), (2,179) und GI. (2,157a):

(a) F 1 (z) = uoo(z + :2),


(b) F 2(Z)=-iV oo (z-_a:),
(c)

Durch Überlagerung dieser drei Strömungen ergibt sich in der z-Ebene


die Strömung um den Kreis mit dem Mittelpunkt in z = 0 und mit dem
y
Ti

u -(Z +fL -2a -2fL


a ____
~

i---- ~a~l~

Ti

y
Tl

/'

"

"

Abb.2.57. Strömung um die angestellte ebene Platte. (a) Längs angeströmte ebene Platte.
(b) Senkrecht angeströmte ebene Platte. (c) Angestellte ebene Platte ohne Auftrieb, (c) = (a) + (b).
(d) Reine Zirkulationsströmung. (e) Angestellte ebene Platte mit Auftrieb (KUTTAsche Abfluß-
bedingung), (e) = (c) + (d)
112 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Radius a, der unter dem Winkel IX = arc tg~ gegen die x-Achse an-
Uoo
geströmt wird. Die komplexe Strömungsfunktion dieser Strömung ergibt
sich somit zu,

F(z) = (u oo - ivoo)z +(u oo + ivoo)~z + 2irn lnz.

Die Geschwindigkeit in der z-Ebene erhält man hieraus zu:

Wz = dF
~
aZ
= (
U oo
.)
- ~voo - ( Uoo + .)
oo 2Z + - 2
a
tV
ir 1
-.
n Z
2
(2,183)

Als Abbildungsfunktion wird wieder die JouKOwsKYsche Abbildungs-


funktion nach GI. (2,178) gewählt, welche den Kreis mit dem Radius a
der z-Ebene in die Platte der Länge 1 = 4a der '-Ebene überführt.
Die Geschwindigkeit in der '-Ebene ergibt sich damit nach G. (2,176)
mit

zu

oder mit Wz nach GI. (2,183):


Wt
.
= U oo - . Z2+ a 2
tV oo - 2 - - 2
Z -a
+ t. -r2n Z
-2--2·
z-a
(2,184)

Da für große z und' der Differentialquotient der Abbildungsfunktion


gleich 1 ist,
( ~)
dz
=
00
1
'

sind die Geschwindigkeiten im Unendlichen in der z-Ebene und '-Ebene


gleich:
wc(oo) = wz(oo) = U oo - iv oo •
Die weitere Ausrechnung von GI. (2,184) ergibt mit
Z2 + a2 ± ' und Z ± 1
Z2_ a2 = Y'2-4a2 a 2 _z2 = Y'2_4a2

für die Geschwindigkeitsverteilung in der Umgebung der Platte:

vocC - -
r
::r . 2n
Wc = U oo T ~ Y .
'2 -4a2
Die Größe der Zirkulation r wird jetzt aus der KUTTAschen Abfluß-

w,
bedingung ermittelt. Der glatte Abfluß an der Hinterkante erfordert,
daß dort, also für' = +
2a, die Geschwindigkeit endlich bleibt.
Deshalb muß der Zähler des Bruches in der letzten Formel für' = 2a
verschwinden. Somit wird wegen 4a = l:
(2,185)
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 113

Damit ergibt sich die Geschwindigkeitsverteilung in der Umgebung

. V+
der Platte zu:
C-l/2 (2,186)
Wc = U oo =f ~ Voo C l/2 .
Druckverteilung an der Platte. An der Platte ist C= ~ und
I~ I < l/2. Damit ergibt sich für die
Geschwindigkeitsverteilung an der
Platte aus GI. (2,186):

U = U oo ± vooV1/' l+2~
l-2~
, (2,187)

wobei das +-Zeichen für die Oberseite und das --Zeichen für die
Unterseite gilt.
Führt man noch die resultierende Anströmungsgeschwindigkeit der
Platte ein:

und den Anstellwinkel ~ zwischen der Platte und der resultierenden


Anströmrichtung woo , so gilt:

Damit wird die Geschwindigkeitsverteilung an der Platte nach


GI. (2,187):

U
.
= w"" (cos ~ ± sm ~ V l + 2~
. "\1 l - 2~ )
(2,188)
+ Oberseite, - Unterseite.
An der Plattenvorderkante, ~ = -lf2, ist die Geschwindigkeit unend-
lich groß und damit der Druck negativ unendlich. Die Platte wird von
unten nach oben umströmt, wie aus Abb. 2.57 e zu ersehen ist. An
der Plattenhinterkante, ~ = + lj2, ist die Tangentialgeschwindigkeit
U = W oo cos~. An einer beliebigen Stelle der Platte hat die Tangential-
geschwindigkeit einen Sprung zwischen Ober- und Unterseite vom
Betrage:
LI U = Uo - Uu
.
= 2woo sm~ l + 2~ .
Vl-2~ (2,188a)

An der Hinterkante ist LI U = 0 (glattes Abfließen),


Die dimensionslose Druckverteilung über die Plattentiefe ist, be-
zogen auf den Staudruck qoo = : w~:

Cp = 'P - 'Poo _
- 1 - ( -W- . )2
qoo Woo

Daraus ergibt sich für die Druckdifferenz zwischen Unter- und Ober-
seite:

Schlichting/Truokenbrodt. Aerodynamik I 8
114 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

wobei Wo und W u die Geschwindigkeiten auf Ober- und Unterseite der


Platte bedeuten. Mit Wo = Uo und W u = Uu nach GI. (2,188) ergibt sich
für die Druckdifferenz zwischen Unter- und Oberseite der Platte;

Llcp = pu-po .
= 2sm2",
VZ-2X
-Z-L
2 .' (2,189b)
~ , x
wobei im folgenden jetzt x parallel zur Platte gerechnet wird. Diese
"Lastverteilung" ist in Abb. 2.58 c über der Plattentiefe dargestellt.

~
--------------------

t-1/51----+..,L~-I----I

-fJ.50 -0)5 Q50


b
Abb.2.58. Strömung um die angestellte ebene Platte
a) Stromlinienbild, b) Druckverteilung für Anstellwinkel « = 10', c) Lastverteilung

An der Plattenvorderkante ist die Belastung unendlich groß, während


sie ander Hinterkante Null ist. Der Schwerpunkt dieser Lastverteilung
(Auftriebsmittelpunkt) liegt im Abstand lj4 von der Vorderkante.
Resultierende Kraft auf die Platte. Die aus der Druckverteilung
auf der Oberfläche resultierende Kraft kann grundsätzlich durch Inte-
gration ermittelt werden, wie es in Kap. 2.546 für den Kreiszylinder
mit Zirkulation ausgeführt wurde. Für den allgemeinen Fall (beliebige
Körperform) ist diese Integration recht umständlich. Im vorliegenden
Fall (ebene Platte) erscheint diese Integration auf den ersten Blick
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 115

einfach; jedoch ist wegen der Singularität an der Plattenvorderkante,


wo der Druck p = -00 ist, Vorsicht geboten. Man vergleiche hierzu
den Abschnitt "Saugkraft" weiter unten.
Wir wollen deshalb die Ermittlung der resultierenden Kraft nicht
durch Integration der Druckverteilung ausführen, sondern hierfür auf
das allgemeine Theorem von Kutta-Joukowsky vorgreifen, dessen Beweis
erst in Kap. VI gegeben wird. Nach diesem Theorem ist für reibungslose
inkompressible Flüssigkeit die auf einen umströmten Körper übertragene
Kraft senkrecht zur Anströmungsrichtung; wir bezeichnen sie als
Auftrieb A. In Abb. 2.58 ist dieser Auftrieb A senkrecht zur An-
strömungsgeschwindigkeit W oo eingezeichnet. Außer dem Auftrieb A
wollen wir auch seine Komponente normal zur Platte P y und
tangential zur Platte P x berechnen (Abb. 2.58). Es gilt
A = VP~ + P~ . (2,190)
Diese Komponenten der resultierenden Kraft erhält man aus den
KUTTA-JoUKowSKYschen Formeln, GI. (6,1l), zu
Px = - ebvoo T , .}
(2,191)
Py = ebuoo T .
Dabei bedeutet das negative Vorzeichen bei P x , daß diese Kraft nach
der Plattenvorderkante hin gerichtet ist. Hierbei ist b die Breite der
Platte.
Durch Einsetzen der Zirkulation T nach GI. (2,185) erhält man:
P x = -e'JTblv~ = -e'JTblw~sin2(X, }
(2,192)
P y = e'JTbluoov oo = e1&blw~sinoccos(X.
Hieraus ergibt sich für den Auftrieb:
A = e'JT b l w~ sin (X . (2,193)
Wir führen noch die dimensionslosen Kraftbeiwerte ein (vgl. Kap. 5.23),
welche auf den Staudruck der resultierenden Geschwindigkeit qoo = ew~/2
und die Plattengrundrißfläche b l bezogen sind, also:
A
CA = b lqoo . (2,194)
Dabei ist
C~ = C~ + c}. (2,195)
Es ergibt sich dann aus GI. (2,192) und (2,193):
Cx = - 21& sin 2 oc,
Cy = 2'JT sin (X cos (X (2,196)
und
CA = 2'JTsin(X. (2,197)
8*
116 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Für kleine (t kann hierfür auch geschrieben werden:


CA = 2:n:(t. (2,197a)
Die letzte Gleichung stellt den grundlegenden Zusammenhang dar
zwischen dem Auftriebsbeiwert und dem Anstellwinkel für die ebene
Platte in zweidimensionaler
Strömung. Hiernach ist der
sog. Auftriebs anstieg für
~~--+---4--='~~~~~7~--~--+----r--~
GA =2Jra-...f
kleine cx:
I I
~'~--~--+---+-~+---4----r---
~c: = 2:n:. (2,198)

In Abb. 2.59 sind für die ebene


Platte und ein sehr dünnes
symmetrisches Profil Messun-
gen mit der Theorie nach
GI. (2,197a) verglichen. Bis
etwa (t = 6 0 ist die überein-
stimmung recht gut, und
;Platte zwar für die ebene Platte
0)1------1-11-'-------1- - " " ' - - - - - etwas besser als für das Pro-
fil. Bei Anstellwinkeln größer
als 8 0 liegen die experimen-
tellen Kurven erheblich unter-
halb der theoretischen Kurve.
Die Unterschiede zwischen
0 10 1*C Theorie und Experiment sind
auf den Einfluß der Reibung
Abb.2.59. Auftriebsbeiwert CA in Abhängigkeit vom
Anstellwinkel fZ für die ebene Platte und für ein zurückzuführen. Bei Anstell-
dünnes symmetrisches Profil. Vergleich von Theorie winkeln größer als 12 0 tritt
nach GI. (2,197 a) und Messung nach [10]
Ablösung der Strömung ein.
Der Wert des Auftriebs anstieges nach GI. (2,198) trifft auch
näherungsweise für gewölbte Profile zu (vgl. Kap. 6.323).
Moment. Es möge jetzt auch noch das Moment der resultierenden
Kraft um die Plattenvorderkante (Abb. 2.58) ermittelt werden. Ein
Plattenstreifen der Breite dx, der von der Vorderkante den Abstand
(x, +~)
2
hat und die Normalkraft dPII erfährt, liefert zum Moment
um die Vorderkante (schwanzlastig positiv) den Beitrag

dM= -(x+ ;)dP II •

Das gesamte Moment ist somit:

f
+1/2
M= - (x + !) dP 11· (2,199)
x=-l/2
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 117

Nach Gl. (2,191) ist dP y = (! b u"" dT, wobei dr die Zirkulation eines
Plattenstreifens der Breite d x bedeutet. Diesen erhält man aus dem
Geschwindigkeitssprung an der Platte zu dr= iJ u dx (vgI. Kap 2.422),
wobei iJ u durch GI. (2,188a) gegeben ist. Damit ist

dP y =2e bu oo v oo 1/
l-2X
1+2x dx.

Einsetzen in GI. (2,199) ergibt nach Ausführung der Integration für


das gesamte Moment:
M = - ~ en'bl 2 w;'sinoccoset. (2,200)

Durch Vergleich mit GI. (2,192) erhält man

(2,201)

Dies bedeutet, daß der Angriffspunkt der resultierenden Kraft den


Abstand l/4 von der Plattenvorderkante hat (Abb. 2.58c). Führt man
analog zu GI. (2,194) auch noch für das Moment einen dimensionslosen
Beiwert ein durch
(2,202)
so ergibt sich:
(2,203)

Saugkraft. Ein überraschendes Ergebnis der hier berechneten


reibungslosen Strömung um die unendlich dünne angestellte ebene Platte
ist die Tatsache, daß die resultierende Kraft A nicht senkrecht zur
Platte ist, sondern senkrecht zur Anströmungsrichtung w oo , Abb. 2.58a.
Da in reibungsloser Strömung an der Plattenoberfläche nur Normal-
kräfte (Drücke) auftreten, könnte man vermuten, daß auch die resul-
tierende Kraft normal zur Platte ist. Neben der Normalkomponente
P y = A COSet tritt jedoch noch eine zur Plattenvorderkante hin ge-
richtete Tangentialkomponente P x = -A sinet auf, die zusammen
mit der Normalkomponente P y die resultierende Kraft A ergibt, welche
senkrecht zur Anströmungsrichtung steht. Die Existenz der Tangential-
komponente P x , die wir auch als Saugkraft bezeichnen wollen, bedarf
für die reibungslose Strömung einer näheren Erläuterung: Die Saug-
kraft hängt mit der Strömung an der Plattennase zusammen, die mit
unendlich großer Geschwindigkeit umströmt wird, und wo infolgedessen
ein unendlich großer Unterdruck vorhanden ist. Diese Verhältnisse
sind besser zu übersehen, wenn man statt der unendlich dünnen Platte
eine Platte von endlicher, aber geringer Dicke annimmt und diese vorn
abrundet, Abb.2.60a. Die jetzt endlich großen Unterdrücke auf
118 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

der Nase der Platte setzen sich zu einer längs der Platte nach vorn
gerichteten "Saugkraft" zusammen. Die nähere Durchrechnung zeigt,
daß die Größe dieser Saugkraft von der Plattendicke und der Nasen-
abrundung unabhängig ist, und daß sie auch im Grenzfall der unend-
lich dünnen Platte den Wert S = A sin (X behält.

------------------- --------=----

Abb.2.60. Zur Entstehung der Saugkraft S an der Vorderkante eines umströmten Profils.
a) Dünnes symmetrisches Profil mit abgerundeter Nase: hat Saugkraft S. b) Ebene Platte mit
zugeschärfter Nase: Saugkraft fehlt

Bei der wirklichen Strömung (mit Reibung) um stark zugeschärfte


Platten treten die unendlich großen Unterdrücke an der Nase nicht auf,
sondern es bildet sich eine schwache Ablösung der Strömung in der
Nähe der Nase aus, Abb. 2.60b. Bei kleinen Anstellwinkeln (X legt sich
die Strömung jedoch etwas stromabwärts wieder an, und sie stimmt
deshalb im großen und ganzen mit der reibungslosen Strömung überein.
Es fehlt jedoch die Saugkraft. Man hat deshalb für die wirkliche Strö-
mung um eine angestellte zugeschärfte Platte einen Widerstand
W = WReibg. A tg(X, +
wobei der erstere Anteil aus den Reibungsschubspannungen herrührt
und der letztere die fehlende Saugkraft darstellt, die sich in einem
Druckwiderstand äußert.
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 119

Gleichzeitig folgt aus dieser Betrachtung,


daß eine gute Abrundung der Vorderkante von
Tragflügelprofilen sehr wichtig ist für geringen
Widerstand. Abb.2.61 zeigt (a) die Polaren
(Auftragung CA über cw) und (b) die Gleit-
winkel e = CWICA einer dünnen zugeschärf-
ten 'ebenen Platte und eines dünnen sym-
metrischen Profils l . Im Bereich der kleinen ebene Piaffe
und mittleren Anstellwinkel hat das dünne
Profil mit abgerundeter Nase wesentlich
geringere Widerstände als die zuge schärfte
ebene Platte. Für das dünne Profil ist in
einem gewissen Bereich von Anstellwinkeln
e < (x, d. h. die resultierende Luftkraft gegen-
über der Normalen ist zur Profilsehne nach
vorn geneigt. Dies ist auf die Wirkung der w
Saugkraft zurückzuführen.
dünnes Profl7
2.564 Elliptische Zylinder. Die Strömung um (Göm)
eine Ellipse erhalten wir ebenfalls mit Hilfe
/0 ,

qgl--+----t-+--+-+--+-- -
I I I I

~~+--r-+~i--~+-~~ \ I

t
1,8
~~;..- ebene Piaffe
dünnes Profi~fifr0 I
1/71--+----t-+,-
#"-+75"f'--'"--+-_+_1--; ,
6,50 f'"/ I , I
I,
I
f o,s VVI, I t1,2
O.5f---h
/
V
/
Vf-t--f-+--+--+--i--t--l
ebene Piaffe i
~ 1,0 I~~
t..J~
~~o~
I
~
i/I I
I
i\ J
0,8 ,

+:
4f rJ° ! I
i i 0.8 ! I
Jea=:?,l· \. V"--dti'nnes Pro{,j
+---4-:,
4J I I
~ I
q2 1-++I----+-'--4----f-- ! Qi' , ,
(Oi ' I I! I

I I
I
at 1'-1 !
o·! I o i I
o 0,02 q04 a08 408 OJO qT3 W~ Olli b 0' /0' 12'
8 Cw -
Abb. 2.61. a) Polaren CA (c w )' b) Gleitwinkel e = cwlc A einer zugeschärften ebenen Platte und
eines dünnen symmetrischen Profils nach [10], Re = 4 ·10'. A = 00

der JouKOwsKyschen Abbildungsfunktion nach GI. (2,178), wobei jedoch als ab-
zubildender Kreis in der z-Ebene nach Abb. 2.62 jetzt ein Kreis um den
1 Näheres über die Polare und den Gleitwinkel s. Kap. V.
120 11. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Ursprung mit dem Radius R > a zu wählen ist. Dieser Kreis wird auf eine
Ellipse der C-Ebene abgebildet, welche den Schlitz von - 2a bis + 2a um-
schließt. Dies ergibt sich folgendermaßen: Für den auf dem Kreis mit dem Radius R
wandernden Punkt ist z = Rei ",. Eingesetzt in die Abbildungsfunktion GI. (2,178)
ergibt sich für die Bildkurve in der C-Ebene:

C=Rei'l'+ ~ e-i'l'=(R+ ~2)costp+i(R_ ;)sintp.

Es ist also:
~= (R + ;) cos qJ = a1 cos qJ,

1) = (R - ~2) sin qJ = 1
b sin qJ •

y TI
I~

Abb. 2.62. Abbildung eines Kreises auf eine Ellipse durch die JOUKOWSKYSche Abbildungs-
funktion GI. (2,178)

Die letzten beiden Gleichungen sind aber die Parameterdarstellung einer


Ellipse mit den Halbachsen

Das Achsenverhältnis der Ellipse ist


a2
1--
!!2... = k = R2 (2,204)
a1 a2 •
1+jl2
Durch Wahl von Rja wird also das Achsenverhältnis der Ellipse festgelegt.
Die Geschwindigkeitsverteilung für die Ellipse erhalten wir durch Abbildung
der Translationsströmung um den Kreis mit dem Radius R. Man hat also in der
z-Ebene die Strömungsfunktion :

F(Z)=UOO(Z+~2)

und die Geschwindigkeitsverteilung w. = ~:


dz
Z2 _ R2
WZ = U CC - -Z-';-2-
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 121
.Die Geschwindigkeitsverteilung in der C-Ebene erhält man sodann nach GI. (2,176)
. dC (Z2 - a2 )
mIt - = - - - zu:
dz Z2

(2,205)

Dabei wird die Ellipse in Richtung der großen Achse mit der Geschwindigkeit U oo
angeströmt. Hierin ist noch z zu ersetzen durch C auf Grund der Abbildungs-
funktion, GI. (2,178). Durch Zerlegung des so entstehenden Ausdruckes in Real-
und Imaginärtcil erhält man das Geschwindigkeitsfeld bei der Umströmung der
Ellipse.

u
0/4~7 V
2,0
'I\.
8
1/ ;:
\
l\

-- -- _1.
t-
ri ~
~:'\
1.2 7 8
d -/ \ \'
~~
a r/7/7/ \:\ \
/0

8
ao r; \ a
a I
\\
"
a12 \
o
0.' 0,2 0.3 0." 0,5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0
8/l'-
Abb. 2.63. Geschwindigkeitsverteilung an elliptischen Zylindern vom Achsenverhältnis
a,fb,= 8,4,2,1 bei Anströmung in Richtung der großen Achse; aufgetragen über
der Bogenlänge s längs der Kontur; l' = halber Umfang

Wir wollen hier lediglich noch die Geschwindigkeitsverteilung auf der Ellipsen-
kontur angeben. Der Betrag der Geschwindigkeit auf der Ellipsenkontur ist nach
GI. (2,205):
WK = Uoc I -Z22 -- - -R2!
2- ,
I z -a
wobei noch z = R ei <P einzusetzen ist. Es ergibt sich:

W 1 = uix, __~2=+,(1=----_cO_s,,2....!..Cf!:...)__
a a2
+ --
R4 -
4
1 2R2
- cos2Cf!

Nach einfacher Zwischenrechnung erhält man schließlich mit a 2 j R2 = (1- k)/(I+k):


WK 1 +k
(2,206)
Uoc = V1 + k2 ctg2 Cf! •

Dabei bedeutet k = bila l das Achsenverhältnis der Ellipse. Die hiernach für ver-
schiedene Achsenverhältnisse berechneten Geschwindigkeitsverteilungen sind in
Abb. 2.63 dargestellt. Für k = 1 geht GI. (2,206) in die Geschwindigkeitsver-
teilung des Kreiszylinders über mit WK = 2u oo sin Cf! nach GI. (2,112). Die Stau-
punkte mit [w K [ = 0 liegen bei Cf! = 0 und Cf! = n entsprechend den Staupunkten
122 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

des Kreiszylinders. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei qJ = n/2, also auf der
kleinen Achse; sie hat den Betrag

(2,207)

Die durch die Verdrängungswirkung erzeugte relative maximale Übergeschwindig-


keit ist also gerade gleich dem Achsenverhältnis bI/ai der Ellipse.
Es sei noch vermerkt, daß man auf die hier angegebene Weise nur die Um-
strömung der Ellipse parallel zur großen Achse erhält. Die Umströmung parallel
zur kleinen Achse gewinnt man leicht, wenn man den Kreis in Abb. 2.62 in Rich-
tung der y-Achse anströmt.
y

Abb. 2.64. Erzeugung von JouKOwsKy-Profilen durch konforme Abbildung mittels der
JouKowsKYSchen Abbildungsfunktion GI. (2,178)
a) Symmetrisches JouKOwsKy·Profil, b) Kreisbogen-Profil, r) gewölbtes JOUKOWSKy·Profi!

2.565 Joukowsky.Profile. Mit der gleichen Abbildungsfunktion


GI. (2,178) lassen sich bei anderer Wahl des Bildkreises auch leicht
tragflügel artige Körperformen mit runder Nase und scharfer Hinter-
2.5 Berechnung ebener Potentialströmungen 123

kante erzeugen, die sog. JouKOwsKy-Profile, nach denen die Abbil-


dungsfunktion benannt ist, Abb. 2.64. Wählt man nach Abb. 2.64a
in der z-Ebene einen Bildkreis, dessen Mittelpunkt gegenüber dem-
jenigen des Einheitskreises um X o auf der negativen Achse verschoben
ist und der durch den Punkt z = a geht, so liefert die Abbildung in
der C-Ebene ein tragflügelartiges Profil von symmetrischer Form,
welches den Schlitz von - 2 abis +
2 a umschließt. Es ist dies ein
symmetrisches Joukowsky-Profil, dessen Dicke d durch die Lage X o des
Mittelpunktes des Bildkreises bestimmt wird. Das Profil läuft an der
Hinterkante in eine Schneide mit dem Kantenwinkel Null aus, wie man
aus der Abbildungsfunktion leicht entnimmt: Es läßt sich die Ab-
bildungsfunktion nach GI. (2,178) auch schreiben in der Form:

c-2a _ ( z - a)2 (2,208)


C+2a - z+a .

Der Kreispunkt z = a wird abgebildet in die Hinterkante des Profils


C = 2a, wobei jedoch die Winkeltreue in der Umgebung dieses Punktes
nicht erfüllt ist. Für eine kleine Umgebung von z = a, C = 2a,
gilt (C - 2a) =
~ (z - a)2 oder in Polarkoordinatendarstellung mit
!,;-2a=R'ei t/J und z-a=r'ei ",:

, 2
R' eit/J = _T_ e2irp.
a

Der gestreckte Winkel cp = - 7t/2 bis +


7t/2, d. i. das Äußere des Bild-
kreises in der Umgebung von z = +
a, wird also abgebildet auf (jJ=-7t
bis +7t, d. h. den vollen Winkel in der Umgebung der Hinterkante
C= +2a.
Man erhält Kreisbogenprofile, wenn nach Abb. 2.64 b der Mittel-
punkt des Bildkreises auf der imaginären Achse liegt. Wählt man einen
+
Bildkreis mit dem Mittelpunkt in i Yo, der durch den Punkt z = + a
geht, so liefert die gleiche Abbildungsfunktion in der C-Ebene einen
doppelt durchlaufenen Kreisbogen, der sich von C= -2a bis +2a
erstreckt. Die Wölbungshöhe f dieses Kreisbogens hängt von Yo ab.
Wählt man schließlich einen Bildkreis, dessen Mittelpunkt sowohl in
Richtung der reellen als auch der imaginären Achse verschoben ist,
Abb.2.64c, so ergibt die Abbildung ein gewölbtes Joukowsky-Profil,
dessen Dicke und Wölbung durch die beiden Parameter X o bzw. Yo
bestimmt werden. Näheres über die J OUKOWSKY-Profile wird in Kap. VI
behandelt werden.
124 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

2.6 Der Impulssatz


2.61 Das allgemeine Theorem des Impulssatzes
In vielen Fällen bereitet die Integration der EULERschen Bewegungs-
gleichungen unüberwindliche mathematische Schwierigkeiten. In sol-
chen Fällen ist es von großem Vorteil, wenigstens in großen Zügen über
den Bewegungsvorgang Aufschluß zu erhalten ohne Berücksichtigung
aller Einzelheiten. Hierfür kann man den Impulssatz heranziehen.
Der besondere Vorteil des Impulssatzes ist, daß man durch seine An-
wendung Aussagen lediglich aus den Vorgängen auf der Begrenzungs-
fläche eines Strömungsbereiches erhalten kann, ohne von den Vor-
gängen im Innern des Bereiches Kenntnis zu haben. Ein Beispiel möge
dies erläutern: Der Aufprall eines kreisrunden Flüssigkeitsstrahles senk-
recht auf eine ebene Wand ist ein Strömungsvorgang, der schon ver-
hältnismäßig schwierig zu berechnen ist. In erster Linie interessiert
hierbei die vom Strahl auf die Wand ausgeübte Kraft, während die
Einzelheiten der Geschwindigkeits- und Druckverteilung von minderer
Bedeutung sind. Mit Hilfe des Impulssatzes läßt sich diese resultierende
Kraft in außerordentlich einfacher Weise berechnen, wie wir nachher
noch sehen werden. Die Kraft ist R = F f2w 2 , wobei F den Querschnitt
und w die Geschwindigkeit des Strahles in großem Abstand von der
Wand bedeuten. Ohne Kenntnis des Impulssatzes müßte man für die
Ermittlung dieser Kraft zunächst alle Einzelheiten des Vorganges
ermitteln, um darauf schließlich durch Integration über die Druck-
verteilung die resultierende Kraft zu erhalten.
Der Impulssatz ist ein Theorem, welches Gültigkeit hat für Flüssig-
keiten mit und ohne Reibung; jedoch beschränken wir uns hier auf
stationäre und inkompressible Strömungen.
In der Mechanik des starren Körpers ist der Impulssatz auch be-
kannt als Schwerpunktsatz. Wir wollen die von dorther bekannten Über-
legungen auf Strömungsvorgänge übertragen. Unter Impuls 0 ver-
steht man den Vektor Masse mal Geschwindigkeit, also

3=mm.
Der Schwerpunktsatz des starren Körpers sagt aus: Die zeitliche Ände-
rung des Impulses eines abgegrenzten Massensystems ist gleich der
Summe der von außen auf das System wirkenden Kräfte, also

(2,209)

Dabei bedeutet S' = I m tu den Impuls des abgegrenzten Massensystems,


d. h. eines während des ganzen Bewegungsvorganges aus den gleichen
Massen bestehenden Systems diskreter Massenpunkte, während unter
2.6 Der Impulssatz 125

~ $ die sämtlichen von außen auf dieses System wirkenden Kräfte


zu verstehen sind.
Beim Übergang vom System diskreter Massenpunkte zur Flüssig-
keit, die als ein Kontinuum aufgefaßt wird, ist es zweckmäßig, die
Summe 'J; m tu durch das Integral ~ =Jtu dm zu ersetzen. Damit lautet
der Schwerpunktsatz dann:

dS ciT
Tt= d Jtu dm = ~ $. (2,210)
(n. Fl.)
Die Integration über ein abgegrenztes Massensystem erfordert jetzt
die Integration über eine "flüssige Fläche" (fI. FI.), welche dauernd die
gleichen Flüssigkeitsteilchen umschließt. Diese "flüssige Fläche" kann
einmal aus einer mitschwimmenden Fläche bestehen, zum anderen aber

Abb. 2.65. Zur Herleitung des Impulssatzes; K = raumfeste Kontrollfläche

auch durch feste Wände von Körpern gebildet werden, die sich eventuell
innerhalb des betrachteten Flüssigkeitsvolumens befinden. Dement-
sprechend können auch die äußeren Kräfte ~ $ teilweise aus solchen
Kräften bestehen, die auf die mitschwimmenden flüssigen Teile aus-
geübt werden und teilweise aus solchen, die von den umströmten
festen Körpern auf die Flüssigkeit übertragen werden.
Bei den Anwendungen des Impulssatzes ist häufig nach den Kräften
gefragt, welche die Flüssigkeit auf einen umströmten Körper über-
trägt. Diese Kräfte erhält man aus der zuletzt genannten nach dem
Prinzip von "actio gleich reactio".
Um eine für die Anwendungen bequemere Form des Impulssatzes
zu erhalten, wollen wir jetzt das Volumen-Integral in GI. (2,210), wel-
ches sich über ein mitschwimmendes Volumen erstreckt, umwandeln
in ein Oberflächert-Integral über eine raum/este Fläche, welche wir als
die Kontroll/läche bezeichnen wollen.
In Abb. 2.65 möge das betrachtete Flüssigkeitsvolumen zur Zeit
t = 0 durch die flüssige Fläche I abgegrenzt sein, die nach der Zeit dt
126 H. Inkompressible reibungslose Strömungen "(Hydrodynamik)

in die Fläche II übergegangen ist, derart, daß die Fläche II durch die
Verschiebung d~ = \tJ dt aus der Fläche 1 erhalten wird. Damit kann
für die in GI. (2,210) benötigte Änderung des Impulses geschrieben
werden

wobei SI bzw. Sn die Impulsintegrale über die Flächen 1 bzw. II


bedeuten. Die Fläche 11 unterscheidet sich nun von der Fläche 1 durch
die in Abb. 2.65 schraffierten Flächenstüc~e a und b derart, daß
Sn = SI - Sa + Sb
ist, oder
dS = -Sa + Sb.
Nun ist aber der in der Fläche (a) enthaltene Impuls der in der Zeit dt
durch die Fläche 1 eingeströmte Impuls Sa und der in (b) enthaltene
der in der gleichen Zeit durch die Fläche 1 ausgeströmte Impuls Sb'
Die algebraische Summe -Sa + Sb kann somit aufgefaßt werden als
der Impulsfluß in der Zeit dt durch die raumfeste Fläche 1, wobei ein-
strömende Mengen negativ und ausströmende Mengen positiv zu neh-
men sind. Wir bezeichnen diese raumfeste Fläche als die Kontroll-
fläche K. Damit können wir nun die zeitliche Änderung des Impulses
dS/dt darstellen als den Impulsfluß pro Zeiteinheit durch die raum-
feste Kontrollfläche K:
d0/.
d~ d
= Tt" r ro dm f
= e ro dQ = .171.13. (2,211)
(n. Fl.) (K)

Dabei bedeutet dQ das durch ein Oberflächenelement d'ij der Kontroll-


fläche pro Zeiteinheit durchströmende Volumen, welches auch in der
Form dQ = \tJ d'ij geschrieben werden kann. Mit GI. (2,211) ist die
zeitliche Änderung des Impulses umgewandelt worden von einem
Volumenintegral über eine mitschwimmende "flüssige Fläche" in ein
Oberflächenintegral über eine raumfeste Kontrollfläche K. Hierdurch
ist die Berechnung des Integrals ganz erheblich vereinfacht worden.
Es ist noch zu bemerken, daß die Kontrollfläche K in GI. (2,211)
auch eine den umströmten festen Körper umschließende Fläche mit
umfaßt, wie in Abb. 2.65 angegeben. Für den Fall, daß die Wand des
Körpers undurchlässig ist, bringt dieser Teil der Kontrollfläche jedoch
keinen Beitrag zum Impulsflußintegral, da die Durchflußmenge an
jeder Stelle Null ist. Ist dagegen die Wand des Körpers durchlässig,
wie z. B. bei Absaugung durch die Körperoberfläche,so ist der Impuls-
fluß durch die Körperoberfläche in GI. (2,211) zu berücksichtigen.
Wir wollen jetzt auch noch die äußeren Kräfte, die auf das betrach-
tete Flüssigkeitsvolumen wirken, und die in GI. (2,211) unter L' 1.13 zu-
2.6 Der Impulssatz 127
sammengefaßt sind, einer näheren Betrachtung unterziehen. Meist
liegen die Verhältnisse bei der Anwendung des Impulssatzes so, daß
die Kontrollfläche zum Teil an einer festen Wand und zum Teil durch
die freie Flüssigkeit verläuft, wie in Abb. 2.66 angegeben. Dementspre-
chend wollen wir die an der Kontrollfläche als Oberflächenkräfte wir-
kenden Kräfte unter-
scheiden. Es sei .\J die
(K)={FJ-(O)
auf der Kontrollfläche
wirkende Oberflächen-
kraft pro Flächeneinheit,
die aus einer Normal-
kraft (Druck) und einer
Tangentialkraft (Schub-
spannung) bestehen
kann; sie sei positiv von Abb. 2.66. Zur Herleitung des Impulssatzes; die Kontroll-
fläche (X) besteht aus dem "freien" Teil (F) und dem
außen auf die Kontroll- "festen" Teil (0)
fläche hin. Ferner sei dF
und d 0 ein Oberflächenelement des freien Teiles der Kontrollfläche (F)
bzw. des an der festen Wand verlaufenden Teiles (0). Wir können die
gesamte Oberflächenkraft dann aufteilen in:

I .\J dF = \ß (freier Teil von K) ,


(Ji')

! .\J m (feste Wand von


(0)
dO = K).

Den letzteren Teil nennen wir auch die Reaktionskraft zwischen Körper
und Flüssigkeit. Sie ist positiv als Kraft von der Wand auf die Flüssig-
keit. Die von der strömenden Flüssigkeit auf die feste Wand über-
tragene Kraft, nach der bei den Anwendungen des Impulssatzes mei-
stens gefragt ist, ist demnach nach dem Gesetz von actio und reactio
gleich -mo
Außer den Oberflächenkräften auf die Kontrollfläche können unter
den äußeren Kräften I \ß in GI. (2,211) auch noch Volumenkräfte ent-
halten sein, die an jedem Volumenelement angreifen. Meist ist dies die
Schwerkraft. Sei f der Vektor der Volumenkraft pro Volumeneinheit,
also Z. B. f = e g für die Schwerkraft mit g als Vektor der Schwere-
beschleunigung, so ist die resultierende Volumenkraft

~= !fdV,
(V)

wobei dieses Volumenintegral über das ganze von der Kontrollfläche


eingeschlossene Volumen V zu erstrecken ist.
128 II. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Damit sind die bisher unter 2: \ß zusammengefaßten äußeren Kräfte


(2,212)
Durch Einsetzen von GI. (2,212) in GI. (2,211) erhält man den Impuls-
satz in der für die Anwendungen geeigneten Form:

e.f l1J dQ = Sl' + \ß + ffi. (2,213)


(R)

Dabei sind folgende Regeln zu beachten:


1. In dem Impulsfluß-Integral über die raumfeste Kontrollfläche K
sind einströmende Mengen negativ und ausströmende Mengen positiv
zu zählen.
2. Es ist \ß die resultierende Oberflächenkraft auf dem "freien Teil"
der Kontrollfläche.
3. Es ist ffi die resultierende Oberflächenkraft auf den "starren
Teil" der Kontrollfläche, positiv: Wand -+ Flüssigkeit. Es ist - ffi die
Reaktionskraft Flüssigkeit -+ Wand.
Der Impulssatz in der Form GI. (2,213) kann als Vektorgleichung
naturgemäß in seine Komponenten aufgespalten werden. So lautet er
z. B. für die rechtwinkligen x- und y-Komponenten:

ef wxdQ=Kx+Px+Rx ,
(R)
(2,214)
e.f wydQ = Ky + P y + Ry.
(R)

Bei den nachfolgenden Anwendungen werden wir durchweg diese Kom-


ponentendarstellung verwenden.

2.62 Beispiele zum Impulssatz


2.621 Strömung in einer Rohrumlenkung. Wir betrachten die Strö-
mung durch eine Rohrumlenkung von 180 nach Abb. 2.67. Das Rohr
0

1 habe den konstanten Quer-


ro .. Hp'......, /K schnitt F. Die mittlere Ge-
~, schwindigkeit über den Quer-
schnitt sei w. Der Druck p
werde längs der Rohrlänge
R als konstant angenommen,
d. h. der Druckabfall infolge
Reibung vernachlässigt. Wir
wählen die Kontrollfläche wie
Abb.2.67. Rohrumlenkung von 180 0 in Abb. 2.67 angegeben. Wir
2.6 Der Impulssatz 129

fragen nach der Kraft R, die von der Flüssigkeit auf den Rohr-
krümmer ausgeübt wird und die somit die beiden Flanschen be-
ansprucht.
Unter der Annahme, daß der Rohrkrümmer in einer horizontalen
Ebene liegt, ist die von der Schwerkraft herrührende Volumenkraft
K x = O. Die Anwendung des Impulssatzes für die x-Richtung nach
GI. (2,214) ergibt:
e f wxdQ = P x + Rx ·
(K)

Der Impulsfluß für die Querschnitte (1) und (2) ergibt:

ef wxdQ= -e Fw2 +e F (-w)w= -2e Fw2 .


(K)

Aus den Druckkräften ergibt


sich P x = 2 F p. Somit liefert
der Impulssatz: r---
I
-2eFw2 = R x + 2Fp. I
I
Die gesuchte Kraft R ist gleich I
I
- R x • Damit ergibt sich für
diese: ro ++--.. -l'----..----.---lI:
R = 2F(p + ew2). (2,215)

2.622 Der Strahl senkrecht auf I


eine Wand. Ein Strahl von kreis-
I
I
förmigem oder rechteckigem Quer- I
schnitt prallt senkrecht auf eine Wand I
auf und fließt längs der Wand nach L_ ----.-;.-;--';::;;'...1
allen Seiten ab, Abb. 2.68. Wir fragen
nach der Kraft, die der Strahl auf die
Wand ausübt. Der Querschnitt des Abb.2.68. Der kreisruude oder ebene Strahl
ankommenden Strahles seiF und seine der senkrecht auf eine Wand auftrifft
Geschwindigkeit w. Im ankommen-
den Strahl herrscht der Druck Po der umgebenden ruhenden Luft, ebenso
wie im abfließenden Strahl in einiger Entfernung vom Staupunkt.
Wir wählen die Kontrollfläche K nach Abb. 2.68. Die Wand denken wir in
einem genügend großen Abstand vom Staupunkt durchschnitten und die Kontroll-
fläche wie angegeben durch die Schlitze hindurchgeführt. Der Impulssatz für die
Richtung senkrecht zur Wand (x-Richtung) lautet nach GI. (2,214):

ef wxaQ=Kx+Px+Rx.
(Kl
Auf demjenigen Teil der Kontrollfläche, der nicht an der Wandung entlangführt
herrscht überall der Druck Po' somit ist für diesen die resultierende Oberflächen-
kraft gleich Null, P x = O.
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 9
130 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Der Impulsfluß durch die Kontrollfläche ist, da nur x.Impuls einströmt aber
nicht ausströmt:
e
(Xl
f wxdQ = -e Fw2 .

Falls die x-Richtung in der Horizontalebene verläuft, ist die Volumenkraft


K z = 0. Somit wird, weil R = - R z '

(2,216)

Die Kraft auf die Wand ist also gleich dem Strahlquerschnitt mal dem doppelten
Staudruck. Damit ist das oben in Kap. 2.61 vorweggenommene Ergebnis be-
stätigt.
2.623 Der Strahl schräg auf eine Wand. Ein Flüssigkeitsstrahl treffe schräg
auf eine ebene Wand (Abb. 2.69). Der ankommende Strahl sei ein ebener Strahl
vom Querschnitt F, der senk-
recht zur Zeichenebene sehr
breit ist. An der Wand fließt
der Strahl in ungleichen Teil-
strahlen tangential ab. Der
Winkel zwischen der Rich-
tung des ankommenden
Strahles und der Wand sei oe.
Wir fragen nach der Normal.
komponente N der resul·
tierenden Kraft, die von die·
sem Flüssigkeitsstrahl auf die
Wand ausgeübt wird. Zu
diesem Zweck wenden wir
den Impulssatz für die Rich·
tung normal zur Wand an,
er lautet:

ef wndQ=Kn+Pn+Rn.
(Xl

Die Kontrollfläche wird wie·


Abb. 2.69. Der ebene Strahl, der schräg auf eine Wand
auftrifft
der wie beim vorigen Beispiel
durch die aufgeschnittene
Wand hindurchgeführt und um die Wand herumgelegt. Die Geschwindigkeit w
im ankommenden Strahl wird zerlegt in die Komponenten normal und tangential
zur Wand:
wn = w sin (X; Wt = - W cos (X .

Die Volumenkraft ist Null, K n = 0, wenn die Platte in einer Vertikalebene liegt.
Auch die Oberflächenkraft über den freien Teil der Kontrollfläche ist wieder Null,
P n = 0, da auf diespr überall der konstante Druck Po herrscht. Der Impulsfluß
ist, da Normalimpuls nur einströmt, aber nicht ausströmt:

e
(Xl
f wndQ = -e wnFw= -e Fw2 sin(X.
2.6 Der Impulssatz 131
Da ferner N = -Rn ist, erhält man somit für die Normalkraft des Strahles auf
die Wand:
N = (!Fw 2 sinLX. (2,217)
Dies geht für IX = 90° in GI. (2,216) über.
2.624 Widerstand eines Halbkörpers. Die Strömung um einen Halb-
körper wurde bereits in Kap. 2.357 und 2.358 behandelt, und zwar
sowohl für den ebenen als auch für den rotationssymmetrischen Fall
(Abb. 2.26 und 2.27). Diese Strömungen wurden erhalten durch Über-
lagerung der Quellströmung mit einer Parallelströmung. In reibungs-
loser Strömung ist, wie schon früher angegeben, die Druckverteilung
über die Oberfläche eines solchen Körpers von der Art, daß die resul-
tierende Kraft in Richtung der Anströmung, der sog. Widerstand, gleich
Null ist. Wir wollen diese wichtige Tatsache, die früher ohne Beweis
angegeben wurde, jetzt mit /««(((/!({(
/ {C{ « ( { ( { « ( ( « (« ( / ( ( ( ( ( ( («(C«C«(<<.

Hilfe des Impulssatzes be- j" i<7""" - -1~2


weisen. IP' IPa

Esw' IIPz
Wir betrachten einen Halb- I ~"Ä_ "9 1
körper, der in einem Hohl-
zylinder nach Abb. 2.70 rei- I
~ ~"~" "dI~
bungslos angeströmt werde. ~,c; 17Vz
I
L _ _
-----r--
In genügend großem Abstand ;;;);;;;;;»;));;;;;;;;;};;;;;;;;;;);;;;;;;;;;;;;;;
_""-1
,
vom Vorderende sei der Halb-
Abb. 2.70. Strömung um einen rotationssymmetrischen
körper durch einen Spalt un- Halbkörper iu einem zylindrischen Rohr
terbrochen. In diesem Spalt
stellt sich der Druck der umgebenden Strömung mit der Geschwindig-
keit W 2 ein. Der Halbkörper habe den Querschnitt F 2 und der Hohl-
zylinder den Querschnitt F 1 . Das Verhältnis der beiden Querschnitte
sei IX, also F 2 = IX F 1 •
Die Kontrollfläche K sei nach Abb. 2.70 gewählt. Aus der Konti-
nuitätsgleichung ergibt sich:
FIw I = (F I - F 2) W2
oder
WI = (1 - IX) w2 •

J
Der Impulssatz für die axiale Richtung (x-Richtung) liefert nach
GI. (2,214):
e wxdQ = K x + Px + R x·
(K)

Die Volumenkraft ist gleich Null, wenn die Strömung in einer horizon-
talen Ebene verläuft, K x = o. Die Oberflächenkraft auf dem freien
Teil der Kontrollfläche ergibt sich aus den Drücken zu P x =F1 (PI - P2).
Die Oberflächenkraft auf dem Hohlzylinder ist gleich Null, weil rei-
bungslose Flüssigkeit vorausgesetzt wurde. Es ist R x = - W der Wider-
9*
132 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

stand des Halbkörpers, der sich in einem Hohlzylinder befindet. Der


Impulsfluß ist
e f w",dQ= -eFIWi+e(FI-Fz)w§.
(Kl

Somit ergibt sich aus dem Impulssatz:


W = F1(PI -- pz) + eFI wi - e(F1 - Fz)w§,
oder bei Berücksichtigung der Kontinuitätsgleichung:
W = F1(Pl - pz) + eFIWl(W l - w 2 )·
Die Druckdifferenz ergibt sich aus der BERNOULLlschen Gleichung zu:
PI - Pz = ~ (w~ - wi) = ~ wHl - (1 - 1X)2].
Damit wird der Widerstand:

W =F1 ~ wHl- (1-1X)2 + 2(1-1X)(-1X)]


und nach Vereinfachung:
W= F (!22
12w21X =
F(!2
z2 W21X · (2,218)

Führt man für den Halbkörper eine auf seine Stirnfläche F z und die Ge-
schwindigkeit Wz bezogene Widerstandsziffer ein durch Cw = W/~ w~Fz,
so ist also
Cw = IX. (2,218a)
Läßt man den Rohrquerschnitt F 1 über alle Grenzen wachsen, so wird
F 2 /F 1 =(X ~ o. Nach GI. (2,118) ergibt sich dann, daß der Widerstand

des runden Halbkörpers in reibungsloser Strömung in unbegrenzter


Flüssigkeit gleich Null ist. Für den ebenen Halbkörper erhält man
dieses Ergebnis in genau der gleichen Weise.
Eine anschauliche Erklärung für dieses Ergebnis erhält man auch
aus der Druckverteilung auf dem vorderen Teil des Halbkörpers, wie
sie in Abb. 2.26 und 2.27 angegeben wurde. In der Nähe des vorderen
Staupunktes herrscht Überdruck, welcher eine Schubkraft in Strö-
mungsrichtung liefert, dagegen in größerer Entfernung vom Staupunkt
herrscht Unterdruck, welcher eine Saugkraft entgegen der Strömungs-
richtung liefert. Die Resultierende aus diesen beiden Anteilen ist Null
sowohl für den ebenen als auch für den rotationssymmetrischen Halb-
körper.
2.625 Ermittlung des Widerstandes aus dem Impulsverlust. Als letztes
Beispiel zum Impulssatz soll jetzt eine Methode besprochen werden, mit
deren Hilfe der Widerstand eines Körpers in einer wirklichen, unendlich
ausgedehnten Flüssigkeit aus einer Messung der Geschwindigkeits- und
Druckverteilung hinter dem Körper, in dem sog. Nachlauf des Körpers
2.6 Der Impulssatz ]33

ermittelt werden kann. Während in einer unendlich ausgedehnten


reibungslosen Flüssigkeit, wie wir gesehen haben, der Widerstand Null
ist, erfährt in einer wirklichen Flüssigkeit jeder Körper einen mehr oder
weniger großen Widerstand. Es treten bei der Umströmung des Körpers
in den körpernahen Schichten Energieverluste durch Reibung ein, die
hinter dem Körper eine Verminderung der Geschwindigkeit und des
statischen Druckes gegenüber den Werten der reibungslosen Strömung
verursachen (Abb. 2.71). Der gesamte Widerstand des Körpers besteht
aus dem Reibungswiderstand als dem Integral der Tangentialkräfte
über die Oberfläche und dem Druckwiderstand (Integral der Normal-
kräfte). Die Summe beider ist der Gesamtwiderstand, der beim Trag-
flügel auch als Profilwiderstand bezeichnet wird. Dieser Gesamtwider-
D ~ -.!~~-~---- --__ c
I
I u,

dl.-
~ r:
!J
, >--'=-, Ya
. .=-. X

~l

A --~-~--
Ilo, f100 g,P'. flz N,-Poo
Abb, 2.71. Zur Ermittlung des Widerstandes aus einer Impulsmessung hinter dem Körper

stand soll im folgenden ermittelt werden. Die hier zu besprechende


Methode ist grundsätzlich anwendbar auf den ebenen und den rotations-
symmetrischen Fall und auch für kompressible Strömung. Wir wollen
uns im folgenden jedoch auf die ebene inkompressible Strömung be-
schränken.
Vor dem Körper ist die konstante Zuströmgeschwindigkeit U co vor-
handen und der statische Druck Poo. Hinter dem Körper hat die Ge-
schwindigkeitsverteilung eine Delle, deren Breite stromabwärts zu-
nimmt, während ihre Tiefe stromabwärts abnimmt. Beim Fortschreiten
in Strömungsrichtung hinter dem Körper erreicht der statische Druck
den ungestörten Wert vor dem Körper wesentlich schneller als die
Geschwindigkeit. Wir wollen zunächst annehmen, daß die Messung der
Geschwindigkeitsverteilung in einem solchen Abstand hinter dem
Körper ausgeführt wird, daß dort der statische Druck bereits den un-
gestörten Wert Pco wieder erreicht hat. Dies sei der Schnitt I in Abb. 2.7]
Der Impulssatz für die x-Richtung lautet nach GI. (2,214):
eI
(K)
wa;dQ = Ka; + Pa; + Ra;.
9a
134 H. Inkompressible reibungslose Strömungen (Hydrodynamik)

Die Kontrollfläche K wird als Rechteck ABCD so gewählt, daß die


seitlichen Begrenzungsflächen AB und DC in der ungestörten Strö-
mung verlaufen. Die Volumenkraft ist gleich Null, K x = 0, wenn die
x-Richtung in der Horizontalebene liegt. Die Oberflächenkraft über
den freien Teil der Kontrollfläche ist gleich Null, P x = 0, weil der
Druck auf der ganzen Kontrollfläche konstant gleich Poo ist. Die
Oberflächenkraft über den Teil der Kontrollfläche, welche den Körper
umschließt, ist entgegengesetzt gleich dem gesuchten Widerstand,
R x = - W. Somit wird der Impulssatz:

W= -(2
(K)
J wxdQ.

Bei der Ermittlung des Impulsintegrals ist zu beachten, daß auch


durch die Seitenflächen AB und DC der Kontrollfläche Impuls fließt.
Die Erfüllung der Kontinuitätsgleichung erfordert, daß diejenige
Menge, die durch BC weniger ausfließt als durch AD einfließt, die
Kontrollfläche seitlich verläßt. Für die Ermittlung des Impulsfluß-
integrals geben wir die folgende Tabelle. Dabei bedeutet b die Höhe
des zylindrischen Körpers senkrecht zur Zeichenebene.

Fläche Menge x-Impuls

AD -b f uoody - eb f 11,'Oc dy

BC +bfu1dy + eb f u;dy

AB+DC +b f (uoo - u 1 ) dy + eb f uoo(uoo - u 1 ) dy

2: = (K) 2: = 0
(Kontinuität)
2: = e
{Kl
J wxdQ

Durch die Summation der letzten Spalte dieser Tabelle ergibt sich
als Impulsfluß :
(2
(K)
J wxdQ = -(2b J u1(uoo - u1)dy.

Somit erhält man den Widerstand aus einer Messung im Querschnitt I


zu:
(2,219)

Führt man noch den Widerstandsbeiwert ein durch:


2.6 Der Impulssatz 135

wobei b l die Bezugsfläche für den Widerstand bedeutet (l = Profiltiefe


beim Tragflügel), so erhält man aus GI. (2,219) für den Widerstands-
beiwert:
CW=2J~(1-~)dJL.
uoo , Uoo l
(2,220)
(/)

Aus GI. (2,220) geht hervor, daß für die Ermittlung des Widerstandes
lediglich die Geschwindigkeitsverteilung im Nachlauf ermittelt zu wer-
den braucht. Da der Integrand in GI. (2,220) nur in der Nachlaufdelle
von Null verschieden ist, ist der Wert des Integrals unabhängig von der
Breite BO der Kontrollfläche, wenn diese sich nur über die ganze Delle
erstreckt.
Für manche Anwendungen, insbesondere z. B. bei Messungen hinter
Tragflügeln, ist es erwünscht, den Meßquerschnitt näher hinter dem
Körper zu wählen, Querschnitt II nachAbb. 2.71. Für diesen Fall erfährt
GI. (2,220) eine Korrektur, die hier noch kurz mitgeteilt sei. Sie wurde
zuerst von A. BETZ [6] angegeben und später von B. M. JONES [7] ver-
einfacht. Um die Bestimmung von u 1 auf Messungen im Querschnitt 11
zurückzuführen, gilt zunächst die Kontinuitätsgleichung für eine
Stromröhre :
eUldYl = e U2 d Y2·
Damit wird aus GI. (2,219):

W = e bJ 1l 2(U oo - u 1 )dY2· (2,221)

Es wird nun weiter die Annahme gemacht, daß die Strömung vom
körpernahen Querschnitt 11 zu dem entfernteren Querschnitt 1 verlust-
los verläuft, d. h., daß für jeden Stromfaden von 11 nach 1 der Gesamt-
druck konstant ist:
fh = (Jl·
Unter Einführung der Gesamtdrücke

erhält man aus GI. (2,221):

W = 2b J V(J2 - P2 [V(Joo - Poo - V(J2 - Poo J dY2' (2,222)

wobei der Integrand über den Querschnitt 11 zu erstrecken ist. Auch


hier ist der Integrand nur in der "Delle" von Null verschieden. Führt
man noch wie oben den dimensionslosen Widerstandsbeiwert ein, so ist
wegen (100 - poo = qoo :

(2,223)

9a*
136 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Dieses ist die Formel von B. M. J ONES [7]. Für den Fall, daß im Meß.
querschnitt der statische Druck gleich dem ungestörten statischen
Druck ist, P2 = P<X» geht die Formel von JONES in die einfachere
GI. (2,220) über.
In einer Arbeit von W. PFENNIN'GER[8] sind für Tragflügelprofile diese
Formeln für die Ermittlung des Profilwiderstandes aus einer Impuls-
messung mit der Ermittlung durch Wägung kritisch verglichen worden.
Dabei hat sich gute Übereinstimmung ergeben.

Literatur
[1] FUHRMANN, G.: Theoretische und experimentelle Untersuchungen an Ballon-
modellen. Dissertation Göttingen 1910. Jahrbuch der Motorluftschiff-Studien-
ges. Bd.5 (1911jI2) S. 63-123.
[2] PRANDTL, L., u. O. TIETJENS: Hydro- und Aeromechanik. Berlin Bd. l.
2. Aufl. (1944) Bd. 2 (1931).
[3] BETz, A.: Eine anschauliche Ableitung des Biot-Savartschen Gesetzes.
ZAMM Bd. 8 (1928) S. 149-151.
[4] ACKERET, J.: Das Rotorschiff und seine physikalischen Grundlagen. Göttin-
gen 1925.
[5] BETz, A.: Konforme Abbildung. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer 1948.
[6] BETz, A.: Ein Verfahren zur direkten Ermittlung des Profilwiderstandes.
Z. Flugtechn. Motorluftschiffahrt Bd. 16 (1925) S.42--44.
[7] J ONES, B. M.: The measurement of profile drag by the pitot traverse method.
ARC Report 1688 (1936).
[8] PFENNINGER, W.: Vergleich der Impulsmethode mit der Wägung bei Profil-
widerstandsmessungen. Mitt. Inst. Aerodyn. ETH. Zürich, No. 8 (1943)
S.50-72.
[9] PRANDTL, L.: über die Entstehung von Wirbeln in der idealen Flüssigkeit
mit Anwendung auf die Tragflügeltheorie und andere Aufgaben. Vorträge
aus dem Gebiet der Hydro- und Aerodynamik. Innsbruck 1922. Heraus-
gegeben von Th. v. Karman und T. Levi-Civita, Berlin 1924. S. 18-33.
[10] PRANDTL, L., u. A. BETZ (Herausgeber): Ergebnisse der Aerodynamischen
Versuchsanstalt zu Göttingen, München und Berlin. Profil Gö 445: 1. Lieferg.
(1921) S. 7l-112.
Ebene Platte. IV. Lieferg. (1932) S.96-100.
[11] KAUFMANN, W.: Technische Hydro- und Aeromechanik. 2. Aufl. Berlin,
Göttingen, Heidelberg: Springer 1958.

III. Kompressible reibungslose Strömungen


( Gasdynamik)
3.1 Grundbegriffe
3.11 Kompressibilität, Machsehe Zahl
Nachdem im vorigen Kapitel die Grundgesetze einer reibungslosen
inkompressiblen Flüssigkeit (ideale Flüssigkeit) erörtert worden sind,
wollen wir jetzt die Strömungsgesetze unter Berücksichtigung der Kom-
pressibilität des strömenden Mediums behandeln. Die Zähigkeit des
3.1 Grundbegriffe 137

strömenden Mediums soll aber noch weiterhin vernachlässigt werden.


Sie wird erst im nächsten Kapitel berücksichtigt werden, wobei dann
aber zunächst wieder eine inkompressible Flüssigkeit zugrunde gelegt
wird. Den vom theoretischen Standpunkt aus besonders schwierigen Fall
der gleichzeitigen Berücksichtigung von Kompressibilität und Zähigkeit
werden wir am Ende des nächsten Kapitels kurz streifen.
Wie bereits in Kap. 1.23 ausgeführt wurde, sind die Gase durchweg
erheblich stärker kompressibel als die tropfbaren Flüssigkeiten. Ein
quantitatives Maß für die Kompressibilität ist der bereits in GI. (1,14)
eingeführte Volumenelastizitätsmodul E, welcher definiert ist durch
die Gleichung LlV Lle
Llp= - E - = E - . (3,1)
V e
Dabei bedeutet Ll V/V die relative Volumenänderung und L1 eie die rela-
tive Di chte änderung, welche durch eine Druckerhöhung L1 p hervor-
gerufen wird. Zahlenwerte des Elastizitätsmoduls E wurden bereits
in Kap. 1.23 angegeben. Maßgeblich für die Berücksichtigung der
Kompressibilität bei der Strömung ist die durch die dynamischen Druck-
unterschiede verursachte Dichteänderung. Der dynamische Druck-
unterschied ist nach der BERNOULLlschen Gleichung L1 p = (e/2)w2.
Damit ergibt sich nach GI. (3,1) für die relative Dichteänderung :

(3,2)

Hiernach ist also die relative Dichteänderung gegeben durch das Ver-
hältnis von Staudruck zu Elastizitätsmodul.
Unter Vorwegnahme der nachstehend noch abzuleitenden LAPLAcE-
schen Formel für die Schallgeschwindigkeit a, nämlich
2 E Llp
a =-=-, (3,3)
eLle
wobei p = p(e) das Kompressionsgesetz des Mediums bedeutet, erhält
man aus GI. (3,2) :
~=~Ma2 (3,4)
e 2 '
wobei
Ma= w (3,5)
a

die Machsche Zahl bedeutet. Hiernach wird für die MAcHsche Zahl
Ma = 0,4 die relative Dichteänderung Ll e/ e = i . 0,4 2 = 0,08, also 8 %.
Etwa von dieser MACHschen Zahl ist deshalb die Kompressibilität
zu berücksichtigen. Für Luft mit der Schallgeschwindigkeit von
340 m/s (in Bodennähe ) ergibt dies eine Strömungsgeschwindigkeit von
0,4.340 = 136 m/s = 500 km/ho Da diese Geschwindigkeit von vielen
Flugzeugen überschritten wird, sind die kompressiblen Strömungen
138 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

für die Flugzeug-Aerodynamik sehr wichtig. Wir wollen deshalb in


diesem Kapitel die wichtigsten Grundgesetze der kompressiblen Strö-
mungen in einiger Ausführlichkeit behandeln, während die speziellen
Fragen der Aerodynamik des Tragflügels und des Rumpfes bei kompres-
sibler Strömung in Kap. VIII und IX erörtert werden sollen. Eine ein-
gehendere Darstellung dieses Gebietes findet man in zahlreichen Lehr-
und Handbüchern [1] bis [20].

3.12 Zustandsgleichung
Bei der Aufstellung der Bewegungsgleichungen einer kompressiblen
Flüssigkeit kommt gegenüber der inkompressiblen Flüssigkeit als neue
Variable die Dichte (2 hinzu. Es bedarf also einer Angabe über den Zu-
sammenhang zwischen der Dichte (! und den Zustandsgrößen Druck P
und Temperatur T. Hierfür steht die Zustandsgleichung der Thermo-
dynamik zur Verfügung, welche für vollkommene Gase lautet, vgl.
GI. (1,1):
p=(!gRT. (3,6)

Dabei bedeutet R die Gaskonstante, welche sich aus den spezifischen


Wärmen des Gases bei konstantem Druck Cp und bei konstantem
Volumen c" zu:
" --1 c
R = cp - c'/) = - p (3,7)
ergibt, mit
"
(3,8)

Für Luft hat die Gaskonstante den Wert


R = 29,27 mJgrd (Luft), (3,7 a)
und das Verhältnis der spezifischen Wärmen ist
x = 1,405 (Luft). (3,8a)
Für die Strömung einer reibungslosen kompressiblen Flüssigkeit kann
im allgemeinen eine Zustandsänderung angenommen werden, bei
welcher kein Wärmeaustausch eines strömenden Gasteilchens mit der
Umgebung stattfindet. Diese ist die sog. adiabatische Zustandsänderung.
Hierfür gilt
X-
121<
= const. (3,9)

Bezeichnen PI und (21 Druck bzw. Dichte in einem beliebigen Aus-


gangszustand, so folgt aus Gl. (3,9):
P ( 12 )' (3,9a)
p;= ~
1<
3.1 Grundbegriffe 139

und unter Beachtung von GI. (3,6) für die Temperatur:

~= (--'L)"-1 = (~) ";;-1 , (3,10)


Tl el PI .
wobei Tl die zu P1 und e1 gehörige Temperatur bedeutet.

3.13 Schallgeschwindigkeit
Wir wollen jetzt für die schon in Kap. 1.23 und in Kap. 3.11 be-
nutzte LAPLAcE-Formel für die Schallgeschwindigkeit, GI. (3,3), eine
anschauliche Ableitung geben [10]. Die Schallgeschwindigkeit ist iden-
tisch mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer schwachen Druck-
störung in einem ruhenden Gas. Wir betrachten nach Abb. 3.1 eine
ruhende Gasmasse in einem weiten Rohr mit dem Querschnitt F
und nehmen an, daß eine
Kolben
Drucksteigerung durch eine
kurzzeitige ruckartige Be- F
wegung eines Kolbens er-
zeugt werde. Verursacht
durch die Bewegung des
Kolbens wird das Gas in der
Nähe des Kolbens zusam-
mengedrückt, und diese
Drucksteigerung pflanzt
sich als Druckwelle in das
ruhende Medium hinein mit Abb.3.1. Zur Berechnung der Fortpflanzungsgeschwin-
einer Geschwindigkeit a digkeit einer Druckstörung in einem Rohr

fort, die wir im folgenden


berechnen wollen. Dabei muß derjenige Teil der Gasmasse, über welchen
der Druckanstieg bereits hinweggegangen ist, eine Geschwindigkeit w
nach rechts besitzen. Wir machen die Annahme, daß die Druck-
erhöhung LI P = P1 - Po klein sei gegen den ursprünglichen Druck Po.
Dann ist auch die durch die Kompression verursachte Dichteerhöhung
LI e = e1 - eo klein gegen die ursprüngliche Dichte eo. Ferner machen
wir die Annahme, daß sich die Drucksteigerung LI P in einem Über-
gangsgebiet der Breite b vollzieht, welches mit der Geschwindigkeit a
nach rechts wandert.
Wir können die Fortpflanzungsgeschwindigkeit a der Druckwelle
dadurch ermitteln, daß wir auf dieses Übergangsgebiet mit dem Volu-
men F b die Kontinuitätsgleichung und die N EWToNsche Grundgleichung
anwenden. Die Anwendung der Kontinuitätsgleichung auf ein raum-
festes Volumen F b, über welches die Druckwelle in der Zeit 7: = bja hin-
wegrückt, liefert die Aussage, daß die durch die Kompression ein-
getretene Massenzunahme pro Zeiteinheit durch die vom verdichteten
140 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Gebiet in der Zeiteinheit zufließende Masse verursacht werden muß. Die


Kompression verursacht eine Dichtezunahme von (10 auf (11 in der
Zeit -r, so daß für das Volumen F b die Massenzunahme pro Zeit-
einheit F b ((11 - (lo)!-r = F a ((11 - (10) beträgt. Die in das Ge biet F b
pro Zeiteinheit zufließende Masse ist (11 F w. Somit muß sein
Fa((ll - (10) = (lI Fw
oder
(3,11)
Für die Anwendung des NEwToNschen Grundgesetzes beim Hinweg-
rücken der Druckwelle über das raumfeste Gebiet Fb hat man eine
mittlere Beschleunigung w/-r = w (alb) und eine Masse Fb(lm, wobei
(Im = ((10+ (11)/2 den zeitlichen Mittelwert der Dichte in diesem Gebiet
bedeutet. Die resultierende Kraft ist F(PI - Po). Somit erhält man aus
Masse X Beschleunigung = resultierende Kraft:

oder
(lm wa = PI - PO· (3,12)
Ersetzt man nun in GI. (3,11) die Dichte (11 nach der Kompression
näherungs weise durch (Im, was wegen der vorausgesetzten schwachen
Kompression zulässig ist, so erhält man aus GI. (3,11) und (3,12):
a2 - PI-PO _ Llp
- el - eo - LI e .
Dabei kann schließlich wegen der vorausgesetzten schwachen Druck-
welle der Differenzenquotient durch den Differentialquotienten ersetzt
werden:
2 _ ap
a -di (3,13)

Dies ist die Laplacesche Formel für die Schallgeschwindigkeit, die oben
bereits benutzt wurde. Der Differentialquotient dp/d(l hängt ab von
dem Kompressionsgesetz p ((I) des Gases. Bemerkenswert ist, daß die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Druckwellen a unabhängig ist von
der Größe der Druckänderung, was aber nur für schwache Druckände-
rungen gilt. Auch hat die Breite des Übergangsgebietes keinen Einfluß
auf die Größe der Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Es können somit
beliebige positive und negative kleine Druckänderungen aufeinander-
folgen, ohne sich zu stören. Dies ist gleichbedeutend damit, daß a die
Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schallwellen, kurz Schallgeschwin-
digkeit genannt, ist.
Für die Ausrechnung des in GI. (3,13) benötigten Differentialquotien-
ten darf man eine adiabatische Zustandsänderung annehmen, da die
3.1 Grundbegriffe 141

Druckänderungen der akustischen Schwingungen mit so hoher Frequenz


erfolgen, daß in der Luft kein nennenswerter Wärmeaustausch mit der
Umgebung eintreten kann. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung
von GI. (3,9) für die Schallgeschwindigkeit

(3,14)

oder mit pie nach G1. (3,6):


a= VxgRT. (3,14a)

Die letztere Gleichung, die auch bereits in GI. (1,22) angegeben wurde,
läßt erkennen, daß die Schallgeschwindigkeit in der Atmosphäre mit
der Höhe abnimmt, da die Temperatur mit der Höhe abnimmt. Zahlen-
angaben über die Schallgeschwindigkeit und ihre Änderung mit der
Höhe wurden bereits in Tab. 1.1 und Abb. 1.2 gemacht. Für Boden-
nähe ist die Schallgeschwindigkeit a = 340 mls und für 10 km Höhe
300m/s.

3.14 Machscher Winkel


Der für uns wichtige Fall der Fortpflanzung einer Druckstörung in
einem strömenden Medium läßt sich auf den bisher betrachteten Fall
der Ausbreitung von Druckstörungen in einem ruhenden Medium zu-
rückführen, indem man zunächst ein Störungszentrum betrachtet, das
sich mit der Geschwindigkeit w von links nach rechts durch das ruhende
Medium bewegt (Abb. 3.2). Relativ zu diesem bewegten Störungs-
zentrum erfolgt dann die Ausbreitung der Druckwellen mit der Ge-
schwindigkeit a. Physikalisch ist dieser Vorgang offenbar identisch mit
einer ruhenden Schallquelle, die von rechts her mit der Geschwindig-
keit wangeströmt wird. Bei der näheren Betrachtung dieses Vorganges
tritt die überragende Bedeutung der Schallgeschwindigkeit und ins-
besondere des Verhältnisses von Strömungsgeschwindigkeit zu Schall-
geschwindigkeit, d. i. der MAcHschen Zahl, zutage.
Betrachten wir diesen Vorgang zunächst von demjenigen Koordi-
natensystem aus, in welchem sich die Schallquelle mit der Geschwindig-
keit w durch die ruhende Flüssigkeit bewegt: Es zeigt dann Abb. 3.2a
für den Fall der ruhenden Schallquelle, w = 0, die Ausbreitung der
Schallwellen auf konzentrischen Kugelflächen. Abb. 3.2b zeigt die Lage
der in äquidistanten Zeitabständen ausgesandten Schallwellen für den
Fall, daß sich die Schall quelle mit der halben Schallgeschwindigkeit
bewegt, w = a/2. Abb. 3.2c zeigt das entsprechende Bild für w = a
und schließlich Abb. 3.2d für w = 2 a. Im letzteren Fall, bei dem sich
die Schall quelle also mit Überschallgeschwindigkeit bewegt, beschränkt
142 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

sich die Wirkung der Schall quelle auf das Innere eines Kegels, dessen
halber Öffnungswinkel f-t sich aus der Beziehung
. ar a I
Slllf-t = u;; = w = -Ma (3,15)

berechnet. Dieser Kegel heißt der Machsche Kegel.


Von dem mit der Schallquelle mitbewegten Koordinatensystem aus
betrachtet, in welchem also diese ruht und in Abb. 3.2 mit der Geschwin-
digkeit w von rechts angeströmt wird, hat man also den folgenden
charakteristischen Unterschied: Für Strömungsgeschwindigkeiten, die
f
rv=O rv-Ta

m=a

rv-Za
Zone des Schweigens

TU
I
I
I
I
I
I
c I
~mr----l
I

Abb. 3.2. Ausbreitung von Schallwellen einer durch ein ruhendes Medium mit der Geschwin-
digkeit w bewegten Schallquelle. a) Schallquelle in Ruhe, W = 0; b) Schallquelle bewegt sich
mit Unterschallgeschwindigkeit, W = a/2; c) Schallquelle bewegt sich mit Schallgeschwindig-
keit, W = a; d) SchaIIquelle bewegt sich mit überschallgeschwindigkeit, W = 2a; die Schall-
wellen breiten sich aus in dem MAcHschen Kegel mit dem halben Öffnungswinkel I-'

kleiner sind als die Schallgeschwindigkeit (w < a, Unterschallströmung)


breitet sich eine Druckstörung allseitig im Raum aus, Abb. 3.2a und
3,2b. Ist dagegen die Strömungsgeschwindigkeit größer als die Schall-
geschwindigkeit (w > a, Überschallströmung), so können sich Druck-
störungen nur in dem stromabwärts von der Schall quelle gelegenen
MAcHschen Kegel ausbreiten. In Punkten außerhalb des MAcHsehen
Kegels kann die Schall quelle kein Signal senden; diesen Bereich nennt
man auch die "Zone des Schweigens". Bei einem mit Überschall-
3.1 Grundbegriffe 143

geschwindigkeit fliegenden Körper, der auf einen Beobachter zukommt,


hört man also vor der Ankunft des Körpers keine Schallwirkung. Die
Begrenzungslinien des MAcHschen Kegels heißen die M achschen Linien.
Auf diesen MAcHschen Linien ändern sich die Strömungsgrößen Druck,
Dichte und Geschwindigkeit nahezu unstetig.
Wird ein schlanker, vorn spitzer Körper in Richtung seiner Längs-
achse mit Überschallgeschwindigkeit angeströmt, Abb. 3.3, so über-
nimmt die Vorderkante des Körpers
die Rolle der Schallquelle in den
obigen Betrachtungen. Daraus er-
gibt sich, daß von der scharfen
Vorderkante MAcHsche Linien aus-
gehen, derart, daß stromaufwärts
von diesen die ankommende Par-
allelströmung ungestört bleibt,
während nur stromabwärts von die-
sen MAcHschen Linien die Strömung
durch den Körper gestört ist. Als
Beispiel hierfür zeigt Abb. 3.4 die Abb.3.3. überschallströmung um einen
spitzen Keil
Strömung um ein bikonvexes Profil
bei Überschallgeschwindigkeit. Die MAcHschen Linien, auf denen sich
der Druck sprungweise ändert, sind nach dem Schlierenverfahren

Abb. 3.4. Strömung um ein bikonvexes Profil mit überschallgeschwindigkeit, Schlierenaufnahme.


Von Vorder- und Hinterkante des Profils gehen MACHsche Wellen aus

sichtbar gemacht. Aus dem Winkel der MAcHschen Linien, die von
der Vorderkante des Profils ausgehen, kann man nach GI. (3,15) die
Anströmungsgeschwindigkeit ziemlich genau berechnen.
144 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Die bisherigen Betrachtungen zeigen, daß die Unterschallströ-


mungen im Charakter mit der inkompressiblen Strömung verwandt
sind, daß jedoch die Überschallströmungen völlig anders verlaufen.
Aus diesem Grunde wird es sich als zweckmäßig erweisen, bei den
späteren Betrachtungen dieses Kapitels die Unterschallströmungen und
die Überschallströmungen getrennt zu behandeln.

3.15 Temperaturerhöhung in einer kompressiblen Strömung


Es ist ein besonderes Merkmal aller kompressiblen Strömungen, daß
die Strömungsvorgänge durchweg mit thermodynamischen Vorgängen
gekoppelt sind. Die in der Strömung auftretenden Druckänderungen
sind im allgemeinen mit Temperaturänderungen verbunden, die aus
der Zustandsgleichung (3,6) ermittelt werden können. Wir wollen an
dieser Stelle eine einfache Abschätzung der in einer kompressiblen
Strömung entstehenden örtlichen Temperaturunterschiede geben. Diese
Abschätzung soll später, nachdem wir die Bewegungsgleichungen auf-
gestellt haben, durch eine
genauere Rechnung ersetzt

r..
1/100
P••
~~ ._----
1/10 =0
werden.
Es möge die Umgebung
des vorderen Staupunktes
eines umströmten Körpers
nach Abb. 3.5 betrachtet
werden. In der ungestörten
Abb. 3.5. Zur Berechnung der Temperaturerhöhung durch
adiabatische Kompression Strömung mit der Ge-
schwindigkeit W oo sei der
Druck Poo, die Dichte eoo und die Temperatur Tao. Im Staupunkt ist
die Geschwindigkeit Wo = 0, und ferner Po, Qo, T o . Auf der zum Stau-
punkt führenden Stromlinie findet eine Druckerhöhung L1 P = Po - Poo
statt, die eine Temperaturerhöhung L1 T = T o - Tao verursacht. Der
Wärmeinhalt des Gases beträgt in bekannter Weise pro Gewichts-
einheit:
i = Cp T [mkg/kg].

Die Erwärmung des Gases durch Kompression läßt sich aus einer
Energiebetrachtung ermitteln (vgl. Fußnote auf S. 148). Nimmt man
an, daß für den zum Staupunkt führenden Stromfaden die vorhandene
kinetische Energie des Gasteilchens beim Aufstau vollständig in Wärme
umgesetzt wird und somit eine Erwärmung L1 T verursacht, so liefert
die Energiebilanz pro Gewichtseinheit:
3.1 Grundbegriffe 145

Hieraus ergibt sich für die Temperaturerhöhung :


2
L1 T = W oo • (3,16)
2g Cp
Für Luft mit einer spezifischen Wärme von cp = 0,24 kcaljkg grd
= 0,24 .427 mjgrd ergibt sich hieraus bei einer Strömungsgeschwindig-
keit von W oo = 100 mls eine Tem-
50'0
peraturerhöhung im Staupunkt I
oe
1002 3'0'0
1/
L1 T = , 427
2.9 ,81 .024. = 5 grd, 2a"0 J

während sie bei W oo = 1000 mls 15,'0 1/


rund 500 grd beträgt. 10'0
J

Wie sich später (Kap. 3.23) noch 80


I
ergeben wird, gibt GI. (3,16) den 60
exakten Wert für die Temperatur-
erhöhung durch adiabatische Kom- /
pression. DieseTemperaturerhöhung ~~2O
"'81&- 30 /
wächst also mit dem Quadrat der 11~ 15 J I
Geschwindigkeit an und erreicht -.::::; /
~ 10
deshalb im Bereich der Überschall- 8
7
"7
geschwindigkeit sehr erhebliche Be- 6 ,

träge, wie aus Abb. 3.6 zu ent- I


nehmen ist. * 1/
J
Besonders bemerkenswert ist,
2
J
daß eine Temperaturerhöhung vom 1/
Betrag der Gl. (3,16) aber nicht nur 5
1 J
im Staupunkt und seiner nächsten *0 50 70 100 200 JOO 500 m/sek 1'0'00
Umgebung auftritt, sondern nähe- TVoo -
Abb. 3.6. Temperaturerhöhung der Luft
rungsweise überall längs einer an- durch adiabatische Kompression in Ab-
ge strömten Wand. In einer dünnen hängigkeit von der Strömungsgeschwindig-
keit u'oo
wandnahen Schicht (Reibungs-
schicht oder Grenzschicht, vgl. Kap. IV) wird nach Abb. 3.7 die kine-
tische Energie des strömenden Gases durch die Wirkung der Zähigkeit
in Wärme umgewandelt. Dies hat eine Aufheizung der Wand um den
Betrag LlT = T w - T oc
TVoo

fl ~
zur Folge, der nähe-

;;;------ ----;-------
rungsweise ebenfalls
durch eine Beziehung ---- --
wie GI. (3,16) dar- ,,/-
gestellt wird. Näheres / ~

über solche Tempera- -


TVoo
~fifß00WW~41
turgrenzschichten wird Abb.3.7. Aufheizung einer beströmten Wand durch die
Reibnngswärme; Strömungsgrenzschicht wund Temperatur-
in Kap. 4.9 berichtet grenzschicht T

SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 10
146 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

werden. Man kann somit abschließend feststellen, daß bei der U mströmung
eines Körpers mit großer Geschwindigkeit sich längs der ganzen Körper-
oberfläche ein "Wärmepolster" ausbildet. Dabei kommt in der nächsten
Umgebung des Staupunktes die Erwärmung durch die Kompression
und an den übrigen Teilen der Wand durch die Reibung zustande.

3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie)


3.21 Eulersche Bewegungsgleichung und Bernoullische Gleichung
Wir wollen jetzt in gleicher Weise wie in Kap. 2.2 für die inkom-
pressible Flüssigkeit die Bewegung längs einer Stromröhre für ein kom-
pressibles Medium behandeln. Die Überlegungen von Kap. 2.21, welche
nach Abb. 2.8 aus dem Kräftegleichgewicht von Trägheitskraft, Druck-
kraft und Schwerkraft zu der EULERschen Bewegungsgleichung längs
einer Stromröhre geführt hatten, bleiben hier unverändert mit dem
einzigen Unterschied, daß jetzt die Dichte e als veränderlich angesehen
werden muß. Für stationäre Strömung, auf die wir uns hier ausschließ-
lich beschränken wollen, lautet demnach nach GI. (2,30) und Abb. 2.8
die Bewegungsgleichung :
w aw
as + 2... ap
(!as + (J !!...
as -- 0 . (3,17)
Hierzu kommt die Kontinuitätsgleichung, die für die eindimensionale
kompressible Strömung bereits in GI. (2,10) angegeben wurde:
(! F w = const. (3,18)
Als dritte Gleichung ist die Zustandsgleichung hinzuzunehmen. Da wir
durchweg adiabatische Zustandsänderung annehmen wollen, gilt somit
GI. (3,9). Bei vorgegebener Lage der Stromröhre Z(8) und bei vor-
gegebenem Stromröhrenquerschnitt F (8) stellen die GIn. (3,17), (3,18)
und (3,9) ein System von drei Gleichungen für die drei Unbekannten w,
p, e dar. Für die inkompressible Flüssigkeit mit e = const kommt die
Zustandsgleichung in Fortfall, und es reduziert sich dann dieses System
auf zwei Gleichungen für wund p, vgI. Kap. 2.21.
Die Integration der EULERschen Bewegungsgleichung (3,17) längs
der Stromröhre führt auch im Fall der kompressiblen Strömung zur
BERNOULLlschen Gleichung. Im vorliegenden Fall ist wegen der ver-
änderlichen Dichte die Integration des Druckgliedes aber nur ausführ-
bar, wenn die Dichte eine eindeutige Funktion des Druckes ist, wie es
bei einer homogenen Flüssigkeit der Fall ist. Die Integration des Druck-
gliedes in GI. (3,17) ergibt dann:

J~ ~~ d8 = J
d: = P(p).

1 P heißt "Groß Rho".


3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie ) 147

Dabei ist zur Abkürzung die Druckfunktion P(p) eingeführt worden.


Sie kann erst ausgewertet werden, wenn die Zustandsänderung, z. B.
isotherm oder adiabatisch, bekannt ist. Somit liefert die Integration
der Bewegungsgleichung (3,17) längs der Stromröhre :

2
w2
+ P(p) + gz = const. (3,20)

Dies ist die Bernoulli-Gleichung für kompressible Strömungen. Dabei


ist zunächst noch offengelassen, welche Zustandsänderung des Gases
zugrunde gelegt wird.
Für kompressible Strömungen ist es im allgemeinen zulässig, die
Ortshöhe z gegenüber der Geschwindigkeitshöhe w 2 /2 g zu vernach-
lässigen. Einer Geschwindigkeit von w = 100 mfs entspricht eine Ge-
schwindigkeitshöhe von w 2 /2 g = 500 m; demgegenüber ist die Orts-
höhe meist sehr klein. Damit vereinfacht sich GI. (3,20) zu

+ Jdp(! = 0 ,
P

~
2 (w 2 - w002 ) (3,21)
Poc

wobei die Integration von einer Stelle mit dem Zustand Poo, eoo, W oo
bis zu einer Stelle mit p, e, wauszuführen ist.
Es möge jetzt in dieser BERNoULLI-Gleichung die Druckfunktion für
die adiabatische Zustandsänderung nach GI. (3,9) ausgewertet werden.
Mit e = eoo (pjPoo)l/" ergibt sich:

P(p)=
P
j dp
- =poo
-
(!
1/"

(!oo
J P
P --d
1
" P ="Poc
- - - [( - P ) " - 1].
" - 1 (!oo poo
,,-1
(3,22)

Durch Einsetzen dieser Druckfunktion in GI. (3,21) ergibt sich die


Bernoulli-Gleichung für kompressible Strömung mit adiabatischer Zu-
standsänderung:

w2 _ w';' + ~ Pcc:.
,,-1 (!oo
[(-'L) ,,-;;-1 _ 1] = O.
poo
(3,23)

Für spätere Anwendungen möge diese GI. (3,23) noch in einer


anderen Form geschrieben werden. Das Druckglied läßt sich unter
Verwendung der Zustandsgleichung (3,9) in folgender Form schreiben:

(-'L)-"
,,-1
poo = J?.. •
(!oo Poc (!
10*
148 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Damit ergibt sich aus GI. (3,23):


2
~ + __"_ k = ~
w2
+ __"_ pco • (3,24 1 )
2 ,,-1 e 2 ,,-1 eco

Unter Einführung der Schallgeschwindigkeit nach GI. (3,14) kann man


auch schreiben:
Q

w2 - w;" ,,-
= ~1 (a~ - a 2 ). (3,25)

Diese Beziehung läßt sich auch in der Form schreiben:

(a: r = 1- "; 1 Ma~ [ c;: r-1]. (3,25 a)

Dabei ist die MAcH-Zahl der Anströmung

Ma
co
= Woc
aco
(3,26)
eingeführt worden.
Im Hinblick auf Betrachtungen über die Druckverteilung an um-
strömten Körpern empfiehlt es sich, in GI. (3,23) das Druckverhältnis
p/Poc auszudrücken durch den dimensionslosen Druckkoeffizienten 2
p- pco
cp = eco .
(3,27)
TWco
2

der bereits für inkompressible Strömung in GI. (2,113) eingeführt wurde.


Mit der MACH-Zahl Ma oo nach GI. (3,26) sowie mit a;, = x Poo/(loo
erhält man aus GI. (3,27):
P
--
pco
= 1 + -2 "U·2
J..Y.J.a ro c p • (3,28)

1 Diese Form der BERNouLLI-Gleichung gilt nicht nur für die adiabatische,
sondern für eine beliebige Zustandsänderung. Dieses erkennt man so: Es gilt nach
der allgemeinen Zustandsgleichung
p ,,- 1
-=gR T=g(cp-c v) T=gc p - - T
somit mit
e "

als Wärmeinhalt (Enthalpie):


- -" - - =
p g t.
" - 1 e
oder
W2 • w~ .
2g + t = 2g + t oc •

Dies ist die allgemeine Energiegleichung.


2 Der Druckkoeffizient cl' darf nicht verwechselt werden mit der spezifischen
Wärme bei konstantem Druck nach GI. (3,7)
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 149

Setzt man GI. (3,28) und (3,27) in die BERNoULLI-Gleichung (3,23) ein,
so ergibt sich durch Auflösung nach dem Druckbeiwert cp :

(3,29)
" 2
2.Macc

Hieraus erhält man für kleine Werte von "-; 1 Ma;;, [1 - (:00 Yl
durch binomische Entwicklung:
(3,29 a 1 )

Es sei hier besonders vermerkt, daß diese für die kompressible Strömung
linearisierte Beziehung formal mit der inkompressiblen BERNouLLl-
Gleichung, vgI. GI. (2,113), übereinstimmt.
Die Dichte in Abhängigkeit vom Druckkoeffizienten cp erhält man
durch Einführung von GI. (3,28) in die adiabatische Zustandsgleichung
(! = (!oo (p/Poo)l /" zu:

e: = ( + ;
1

1 Ma;;'cpr;-· (3,30)

Dies ergibt durch Linearisierung

-e= Il
eoo
2
+
-2 M aooc p, (3,30a)

was für den Staupunkt mit cp = 1 in die früher in GI. (3,4) angegebene
Abschätzung -{}-
{}oo = 1 + 21 Ma~ übergeht.
.

3_22 Kritische Machzahl


Wie die späteren Ausführungen ergeben werden, ist für alle kom-
pressiblen Strömungen die örtliche Überschreitung der Schallgeschwin-
digkeit (d. h. Strömungsgeschwindigkeit w gleich örtlicher Schall-
geschwindigkeit a) für den gesamten Strömungsablauf von sehr
großer Bedeutung. Insbesondere gibt die hierzu gehörige Anströmungs-
geschwindigkeit die untere Grenze für das Auftreten von Verdichtungs-
stößen (vgI. Kap. 3.6), die das gesamte Strömungs bild erheblich ver-
ändern. Unter der kritischen MAcHschen ZahlMa! wird hier die mit der
Anströmgeschwindigkeit und der Schallgeschwindigkeit des Anström-
zustandes gebildete MAcH-Zahl verstanden, bei welcher örtlich am
1 Bei Berücksichtigung eines weiteren Gliedes der binomischen Entwicklung
von GI. (3,29) ergibt sich:

(3,29b)
150 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Körper die Schallgeschwindigkeit erreicht wird; es ist also für


Ma oo = Ma!: w=a. (3,31)
Dazu gehört der kritische Druck p = p* und der Druckkoeffizient
cp = C; . Die Formeln für die Ermittlung dieser kritischen Werte er-
halten wir aus GI. (3,23) zu:
,,-1
a2 - w~ + ~
" - 1
[(L)-,,- - 1] = O.
'Poo
eoo poo

(~ r
Unter Einführung der Schallgeschwindigkeit a~ = x poo/eoo sowie mit
= ( :00) ";- 1 ergibt sich aus der vorstehenden Gleichung:
L =
poo
[_2_
x+l
+ ,,-1
x+l
Ma*21-"~I.
ooj,
(3,32)

Durch Einsetzen von GI. (3,28) in GI. (3,32) für p = p*, p = und c c;
Ma oo = Ma! ergibt sich für den kritischen Druckkoeffizienten :
*_ _
Cp - x
2
Ma~ [
1
_ _2_
( x +1
x-I
+ x + 1 Maoo )
*2 ,,-1
" ] (exakt). (3,33)

ab
-1,0

\\
Dieser Zusammenhang von c; mit Ma!
ist in Abb. 3.8 dargestellt. Die kriti-
-0,9
\, sche MAcH-Zahl erhält man aus dieser
Beziehung, indem man für den c;
-0.8
exakt
, größten am Körper auftretenden Un-
-0. 7
\\ terdruck Cpmin einsetzt. Für schlanke
Körperformen ist cpmin klein und Ma~
ähertlng~, nahe bei 1. In diesem Fall vereinfacht
-0.6

~\
sich GI. (3,33) zu
t
~...-0,5
\ (Näherung).
\
-0.*
\, Diese Beziehung ist in Abb. 3.8 mit ein-
(3,33a)

\
-0.3
getragen. Die Übereinstimmung beider
-o,z Kurven ist bis zu den bei schlanken
~ Körpern auftretenden Druckkoeffi-

\
1 zienten cp """ - 0,6 recht gut. Löst man
GI. (3,33a) nach der kritischen MACH-
o Zahl Ma~ auf, so ergibt sich:
0.5 0,6 0.7 * 0,8 0,9 1,0
Ha oo -
Abb.3.8. Kritischer Druckkoeffizient in 2 1
Ma! =----,----,:-- (3,34)
x + 1 c* .
Abhängigkeit von der kritischen l\:[ACH-
Zahl. a Exakt nach GI. (3,33), b lineare 1-
Näherung nach GI. (3,33a) 2 p
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 151

3.23 Staupunkt
Eine ausgezeichnete Stelle bei der Umströmung eines Körpers ist
der vordere Staupunkt, wo die Geschwindigkeit w = 0 ist. Wir be-
zeichnen die Zustandsgrößen im Staupunkt mit dem Index 0, vgl.
Abb.3.9.

Druck. Für den Druckkoeffizienten im Staupunkt erhält man aus


GI. (3,29):

epo = Po - poo
1200 "
--=-2~
"Ma'fx,
[(1 + "-2 1Ma~) "~1 1]. - (3,35)
TWÖc

Die Abhängigkeit des Druckkoeffizienten im Staupunkt epo von Maoo


ist in Abb. 3.10 dargestellt. Für mäßig große MACH-Zahlen, insbesondere
im Unterschallbereich, ergibt sich aus 3,0
GI. (3,35) durch Reihenentwicklung :
Po - Poo = 12; w~( 1 + ! Ma~). (3,36) 2,5

In dimensionsloser Form ist also für


diese Näherung epo = 1 +r
Ma~, g.2,o
I
i
//'-lJ/

--
1,5
/, .-
~,/

V lt-1,!*Ha 2
'1'>0
0.5 1 1,5 2
Ha",,-
Abb, 3,9, Zum Einfluß der Kompressibilität auf Abb. 3,10, Druckkoeffizient im Staupunkt
die Staudruckmessung bei kompressibler Strömung in Abhängig·
keit von der MAcH·Zahl Ma oo , für Luft
" = 1,4. a Exakt nach GI. (3,35),
b lineare Näherung nach GI. (3,36)

was in Abb. 3.10 mit eingetragen ist. Die Übereinstimmung der Nähe-
rung nach GI. (3,36) mit der exakten Formel GI. (3,35) ist bis etwa
Ma oo = 1 recht gut.
Die beiden GIn. (3,35) und (3,36) sind von Wichtigkeit für die Ge-

°
schwindigkeitsmessung mit Hilfe von Druckmessungen bei kompres-
sibler Strömung. Für Ma oo -7 geht GI. (3,36) in die bekannte Stau-
druckformel der inkompressiblen Strömung GI. (2,38) über, Po - Poo
= ((200/2) w;" die der Geschwindigkeitsmessung mit Hilfe des PRANDTL-
sehen Staurohres zugrunde liegt (Kap. 2.232). Schreibt man GI. (3,36)
in der Form:

(3,37)
152 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

so gibt der Faktor C die Kompressibilitätskorrektur der Staudruck-


formel. Nach GI. (3,36) ist
C= ---::-1_ _
! Maix,
(3,38)
1 +
Ein PRANDTLsches Staurohr mißt auch in kompressibler Strömung die
Druckdifferenz Po - Poo- Diese ist also mit dem Faktor C < 1 zu multi-
plizieren, um daraus die Größe ((}oo/2) w~ zu erhalten. Der Faktor C
der Kompressibilitätskorrektur ist in Tab. 3.1 für Ma oo ;;;; 1 angegeben;
er ist von" unabhängig. Würde
Tabelle 3.1. Eichfaktor eines Prandtlschen man bei einer Geschwindigkeits-
Staurohres bei hohen Unterschallge8chwin-
digkeiten, nach GI. (3,37) und (3.38)
messung mit einem Staurohr
diese Korrektur außer acht las-
Ma oo
I c Ma oo
I
C sen, also mit C = 1 rechnen, so
0 1 0,6 0,917 würde man aus der Druckdiffe-
0,1 0,998 0,7 0,891 renz (Po - Pool fälschlicherweise
0,2 0990 0,1'\ 0,862 zu große Geschwindigkeiten W oo
0,3 0,978 0,9 0,832
erhalten. Nach Messungen von
0,4 0,962 1,0 0,800
O. WALCHNER[22] kann GI. (3,38)
0,5 0,941 I mit einer Genauigkeit von 1 %
bis Ma oo =0,95 angewendet werden. Bei MAcH-Zahlen Ma oo > 0,8 treten
am Staurohr zwar Verdichtungsstöße auf, die aber die Gültigkeit der
obigen Gleichung bei mäßiger Überschreitung von Ma oo = 0,8 nicht
wesentlich beeinträchtigen.
Temperatur. Mit der Druckerhöhung im Staupunkt ist immer eine
Temperaturerhöhung verbunden. Diese errechnet sich am einfachsten
aus der BERNouLLI-Gleichung (3,24), wenn man dort die Größen ohne
Index für den Staupunkt nimmt. Damit wird
poo + wix,
x
" - 1 eo - ,,-x 1 e;;;
Po _
-2- .
Da auf Grund der Zustandsgleichung (3,6)
~- Poo =gR(T - T )
flo floo 0 00

ist, ergibt sich für die Temperaturerhöhung im Staupunkt


LfT = T o - Tee:
gRJT= x-I w&,.
x 2
Mit dem Wert der Gaskonstanten R nach GI. (3,7) wird somit:
J T = wix, . (3,39)
2gcp
Dies ist in Übereinstimmung mit GI. (3,16), die aus einer Abschätzung
mit Hilfe des Energiesatzes erhalten wurde, Abb. 3.6.
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 153

3.24 Ausfluß aus einem Kessel


Im Hinblick auf die Versuchstechnik bei kompressiblen Strömungen
möge jetzt der Fall des Ausflusses aus einem Kessel diskutiert werden.

W = Wo = °
Wir bezeichnen den Kesselzustand mit dem Index 0, weil im Kessel
ist. Aus der BERNouLLI-Gleichung (3,23) ergibt sich, wenn
man w'" = Wo = 0, Poc = Po, e", = eo setzt:

w2 + ~~2" -Po [( -P )~
" - 1 eo Po
" - I ] = 0. (3,40)

Durch Auflösung von GI. (3,40) nach der Geschwindigkeit werhält


man:

w = V~
" - 1
Po
eo
[1- (L)· ":-lj.
Po
(3,41)

Dies ist die Formel von B.DE SAINT-VENANT undL. WANTzEL[21]. Sie
ergibt die Ausflußgeschwindigkeit eines Gases, welches aus einem Kessel
mit dem Druck Po und der Gasdichte eo ausströmt in einen Raum, in
welchem der kleinere Druck P (=" Gegendruck") herrscht.
Die größte Ausflußgeschwindigkeit ergibt sich beim Ausströmen des
Gases aus dem Kessel mit dem Druck Po in das Vakuum mit p = O.
Man erhält aus GI. (3,41) für diesen Fall:

w -
max - V 2"
~~--
" _ 1
Po
eo -
V~~a 2
" - 1 0•
(3,42)

Die zweite Beziehung folgt, wenn man die zum Kesselzustand Po' eo
gehörige Schallgeschwindigkeit a o = Vx
Po/~ einführt.
Die numerische Auswertung dieser Gleichungen ergibt für Luft
(x = 1,4) vom Normalzustand Po = 10332 kg/m 2 und eo =0,125kgs 2 /m 4 :

w rnax = 2,23· a o = 2,23·340 = 757 m/s. (3,42a)

Die maximale Ausflußgeschwindigkeit ist also gleich der 2,2fachen


Schallgeschwindigkeit des Kesselzustandes. Ist der Gegendruck so
klein, daß sich nach GI. (3,41) Ausflußgeschwindigkeiten größer als
die Schallgeschwindigkeit ergeben, so muß die Ausflußdüse eine be-
sondere Form haben, damit diese Ausflußgeschwindigkeiten auch tat-
sächlich erreicht werden (LAvAL-Düse). Hierüber wird weiter unten
berichtet.
Der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und Druck, wie er
durch die SAINT-VENANTsche Ausflußformel, GI. (3,41), gegeben wird,
soll jetzt in einem Diagramm, Abb. 3.11a, dargestellt werden. Dabei
empfiehlt es sich, die Geschwindigkeit w auf die Schallgeschwindigkeit
154 ur. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)
/---
des Kesselzustandes a o = b, Po/(lo zu beziehen. Es ergibt sich aus

V ( )"-1
GI. (3,41):
/ -2
~=l- 1- ~~,,~ (kompressibel). (3,43)
ao " - 1 Po

Zum Vergleich sei die Ausflußgeschwindigkeit für inkompressible Strö-


mung (TORRICELLI-Formel) angegeben: w = V2(po - p)feo' Mit dem
oben angegebenen Ausdruck für die Schallgeschwindigkeit a o ergibt
sich:
w = 1/ 2 1/1_ P (inkompressibel). (3,43a)
ao V" V Po
~~,~--------~--~~---,----~ 1.2·~----r-----r--r-T----r----,

1,23

1, Ol-----+-----+--+-+-----I-----c:AOI

1,2~--+~~+-~-+--4--~

q*~--~~--~--~I-+----~~~
I
I I

J J
I I
Ip* Ip*
q* q& 1,0 q2 q* 4& qa tO
q527 0,527
a
überschall---l!:terschall b Überschall ~
.1 :terschall
Abb. 3.11. Ausfluß aus einem Kessel mit dem Gaszustand Po, Qo, a o , T. a) Geschwindigkeit w
und Stromdichte QW in Abhängigkeit vom Druckverhältnis p/P. für Luft ,,~1,4. b) Dichte Q
und Temperatur T in Abhängigkeit vom Druckverhältnis p/p, für Luft " ~ 1,4

Diese Beziehung ist zum Vergleich in Abb.3.11a mit eingetragen.


Bis zu einem Druckverhältnis pfpo =
0,7 sind die Unterschiede beider
Kurven gering. Des weiteren sind in Abb. 3.11 b die Dichte und die
Temperatur in Abhängigkeit vom Druckverhältnis angegeben. Aus der
adiabatischen Zustandsgleichung (3,9) und der allgemeinen Zustands-
gleichung (3,6) ergibt sich:
( P ).!.
g;;=
(!
Po " (3,44)
und
T ,,-1

1';= (~)-" . (3,45)


3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 155

Stromdichte. Um eine anschauliche Vorstellung über den Verlauf


der Stromröhren in der kompressiblen Strömung zu erhalten, ziehen
wir die Kontinuitätsgleichung heran: Längs der Stromröhre ist der
Massenfluß (= Masse/sec) Fe w konstant. Unter der Stromdichte
wollen wir den Massenfluß pro Flächeneinheit der Stromröhre ver-
stehen, somit
Stromdichte - Massenfluß = n W = coFnst . (3,46)
- Flächeneinheit <:

Die Stromdichte ist also dem Stromröhrenquerschnitt F umgekehrt


proportional. Nach GI. (3,43) und (3,44) ergibt sich:

120a-; =
12 w V-
"-
2
I
)~
( P
Po" V (Po )-"-=-!." .
1-
p (3,47)

Diese Beziehung ist in Abb. 3.11 a mit eingetragen. Da für inkom-


pressible Strömung e = eo ist, gilt GI. (3,43a) auch für die Stromdichte
des inkompressiblen Falles.
Die Kurve der Stromdichte ((!w) in Abhängigkeit vom Druck-
verhältnis p!Po hat einen besonders charakteristischen Verlauf mit
einem Maximum bei einem bestimmten Druck p = p* und einer dazu-
gehörigen Geschwindigkeit w = w*. Daß ein solches Maximum vor-
handen ist, läßt sich leicht einsehen: Bei p = Po ist w = 0 und e = (!o
und somit (!W = 0; bei p = 0 ist (! = 0 und w = W max und somit
wieder (!W = O. Infolgedessen muß die Stromdichte (!W ein Maximum
und somit der Stromröhrenquerschnitt F ein Minimum haben.
Wir wollen jetzt zeigen, daß die maximale Stromdichte (und damit
der kleinste Stromröhrenquerschnitt) bei derjenigen Geschwindig-
keit w* liegt, die gleich der zu diesem Zustand gehörigen Schallgeschwin-
digkeit ist: Aus der BERNouLLI-Gleichung (3,21) ergibt sich durch Diffe-
rentiation für die Stromdichte :
dp
ew = - aw . (3,48)

Die Bedingung für die maximale Stromdichte lautet:


d((!w) _
({p--eTp
dw + wap-
a(! _ 0
.
Wegen GI. (3,48) und mit dp(de = a2 folgt hieraus für die zur maxi-
malen Stromdichte .gehörige Geschwindigkeit:
w = w* = a, oder Ma = 1, (3,49)
wenn man Ma = w/a als örtliche MACHsehe Zahl einführt. Damit ist
gezeigt, daß die maximale Stromdichte und damit der minimale Strom-
röhrenquerschnitt bei Ma = 1 vorhanden ist, d. h., wenn die Strömungs-
geschwindigkeit gleich der örtlichen Schallgeschwindigkeit ist, w* = a.
156 111. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Das Druckverhältnis p*fpo, welches zur maxima-


.;..
~

1~lt I~;;
;;
len Stromdichte gehört, wird das kritische Druck-
.<: ...
.,,,
".~ ~ verhältnis genannt. Dementsprechend bedeutet
~~
:;; 11 Ö in Abb.3.11 der Bereich rechts des kritischen
.<:
*1S I ~ Wertes p*fpo die Unterschallströmung und links
"
""'.
III
..... davon die überschallströmung .

"1------
Kritische Werte. Für die Ermittlung des kriti-
10: +
x~ 7x schenDruckverhältnisses ist in GI. (3,43) nach
~
'"
~
.. ::::"
GI. (3,49) w = w* = a einzusetzen. Dabei tritt
~
.;
;;"
S
0
!!
~I~ I~.
____ 0
das Verhältnis der örtlichen Schallgeschwindig-
keit a zur Schallgeschwindigkeit des Kessel-
11 III 11 zustandes ao auf. Für dieses gilt:

*~I~
;:l

"i <lJ<lJ 0
~
~
Durch Einführung dieses Wertes GI. (3,43)
.5
~ ....;;; 1 I. . . findet man mit p = p*:
In

'" ~
I'~I+x
~
"'<.
;;
.5
~
";:::::::::..
.....
~

0)
ö
p*
p;; =
(2 )-"
" + 1 ,,-1. (3,50)
~ '~ 11
" Die übrigen kritischen Werte ergeben sich durch
~ Cl
*1
...
;:l t:S

I.+. I
0
""1 Einführung von GI. (3,50) in die entsprechenden
'"
,.Q oben angegebenen Gleichungen. Sämtliche kriti-
...
~
~
So
....
.E! <:--1
10:
I
I~
schen Werte sind in Tab. 3.2 zusammengestellt,
wobei auch die Zahlenwerte für Luft " = 1,4
"s""
1.., "
E-<
*1"
E:-!E:-!
11 ~ mit angegeben sind.
Ferner enthält Tab. 3.3 die in Abb. 3.11 dar-

. tl
~
;;3
gestellten Größen sowie die auf die kritische Ge-
~ schwindigkeit bezogene MACH-Zahl Ma* =wja*
~
.'" und die auf den jeweiligen Gaszustand bezogene
MACH-Zahl Ma = w/a.
==
'"..,..,
~
.<: ~I+x I~
----
oe oS ~ stromröhrenquerschnitt. Wir berechnen noch
...
~ 0
.~
die Änderung des Stromröhrenquerschnittes F
11
~ mit der Geschwindigkeit w: Aus Few = const
tN *<lJ1 ~ I folgt:
~
d (F g w) _ dF + F d (g w) _ 0
~
CI)

xl7 dw - ew dw dw - .
~
E-i ------ Die Änderung der Stromdichte ewerhält man
~
"~ ~It "'"
~
lO
aus GI. (3,48) zu:

e + w~ft
Ö
~
d(gw) = = (1-~)
11 dw dp dw e a 2

*~!~ = e(l - Ma 2 ).
3.2 Eindimensionale Strömungen (Stromfadentheorie) 157

Tabelle 3.3. Dichte (h Temperatur T, Geschwindigkeit w, Stromdichte ew, Schall-


geschwindigkeit und Machzahlen Ma und Ma* in Abhängigkeit vom Druckverhältnis
p/Po für Luft x = 1,4, vgl. Abb.3.11

P e Ma=~ Ma*=~
Po eo a a*

Überschall

°
0,1 °
0,194
0,318
°
0,515
0,628
2,227
I 1,553
1,359
0,302
0,432
° 00
2,157
1,708
2,437
1,698
1,484
0,2
0,3 0,425 0,707 1,207 0,513 1,430 1,319
0,4 0,521 0,768 1,074 0,560 1,221 1,174
0,5 0,611 0,819 0,948 0,578 1,045 1,037
0,527 0,634 0,833 0,913 0,578 1 1
Unterschall
0,6 0,695 0,862 0,825 0,573 0,885 0,902
0,7 0,776 0,901 0,696 0,540 0,731 0,762
0,8 0,853 0,936 0,556 0,475 0,573 0,608
0,9 0,928 0,970 0,386 0,358 0,390 0,422
0,95 0,965 0,985 0,270 0,261 0,271 0,295
1,0 1 110
° °
Somit ist elF F
-y-
u,w
= - - ( 1 - Ma 2 ).
w
(3,51)

Hieraus ersieht man, daß für


elF
Ma< 1 : dw < 0,
dF
Ma = 1: elw = 0, (3,52)

Ma> 1: elw
elF
> °
ist. Der Zusammenhang zwi-
Geschwindigkeit Unterschall Überschall
schen der Änderung des Strom- ro Ma<1 l1a>1
röhrenquerschnittes und der

-- ---
Änderung der Geschwindigkeit ~ ~
ist in Abb. 3.12 schematisch nimmt zu
dargestellt. Bei Unterschall-
geschwindigkeit nimmt der ~ ~
/,, , '

~ ~
- -- -
Stromröhrenquerschnitt wie bei
inkompressibler Strömung mit nimmt ab
wachsender Geschwindigkeit
ab; bei Überschallgeschwindig- ~ ~
keit dagegen nimmt er mit wach- Abb. 3.12. Änderung der Geschwindigkeit längs
einer Stromröhre bei Unter· und überschall-
sender Geschwindigkeit zu, weil geschwindigkeit (schematisch)
158 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

die mit der Drucksenkung verbundene große Dichteabnahme das Volu-


men so stark vergrößert, daß eine Vergrößerung des Stromröhren-
querschnittes erforderlich wird. Beim Durchgang durch die Schall-
geschwindigkeit (Ma = 1) hat der Stromröhrenquerschnitt ein Mini-
mum.
3.25 Lavaldüse
Die vorstehenden Betrachtungen sind von großer Wichtigkeit für
die Strömung durch Düsen, wenn dabei sehr große Druckunterschiede
in Geschwindigkeit umgesetzt
werden sollen, derart, daß im
Austritt der Düse Überschall-
geschwindigkeit herrscht. Die
obigen Betrachtungen haben
IP~-r--r-~~r-~~
">... gezeigt, daß dort, wo die
Strömungsgeschwindigkeit die
Schallgeschwindigkeit durch-
schreitet, der Stromfaden-
querschnitt F ein Minimum
hat. Somit ist Überschall-
geschwindigkeit nur erreich-
bar, falls die Düse hinter der
engsten Stelle noch eine Er-
weiterung besitzt. Dies ergibt
die Form einer Lavaldüse, wie
Abb. 3.13. Druckverlauf in einer LAVAL-Düse sie in Abb. 3.13 dargestellt
ist. Fließt durch ·eine solche
Düse mit dem engsten Querschnitt F 1 Gas aus einem Kessel mit dem
Druck Po in einen Raum mit dem Gegendruck P2' so beträgt der maxi-

V(2)
mal erreichbare Massenfluß durch die Düse nach Tab. 3.2 und mit
f!oao = Vx Po (10: ,,+1
F le * w* -- F 1 x,,+1 ,,-1 poeo· (3,53)

Dieser größte Massenfluß wird aber nur erreicht bei einer Druckver-
teilung längs der Düse, bei der sich im engsten Querschnitt der kritische
Druck p* einstellt. Hierzu gehört bei vorgegebenem Kesseldruck ein
ganz bestimmter "Gegendruck" P2. Wenn man den Gegendruck P2'
ausgehend von P2 = Po, nach und nach senkt, so nimmt zunächst der
Druck im engsten Querschnitt PI ab und die Geschwindigkeit sowie die
durchfließende Masse (ewh zu, vgl. Abb. 3.1la. Solange der Druck im
engsten Querschnitt größer ist als der kritische Druck, PI> p*, hat man
längs der ganzen Düse Unterschallgeschwindigkeit. Der Druckverlauf
entspricht in diesem Fall dem einer Venturidüse, vgl. Abb. 3.13. In
3.3 Zweidimensionale Strömungen 159

diesem Fall ist der Massenfluß kleiner als nach GI. (3,53). Ist die Sen-
kung des Gegendruckes P2 so weit fortgeschritten, daß im engsten
Querschnitt der kritische Druck PI = p* erreicht wird, so wird dabei
die größte Stromdichte 12* w* erreicht und damit der größte Massenfluß
nach GI. (3,53). Es sind jetzt im divergenten Teil der Düse zwei Strö-
mungszustände möglich, die gleichen Massenfluß besitzen. Für P2 = P20
herrscht auch jetzt im divergenten Teil der Düse noch überall Unter-
schallgeschwindigkeit ; für P2 = P2 u dagegen ist im ganzen divergenten
Teil der Düse Überschallgeschwindigkeit vorhanden. Der letztere Fall
kennzeichnet die Lavaldüse. Die bei den Gegendrucke P20 und P2 u
können aus Abb. 3.11a als zur gleichen Stromdichte (ew) gehörig ent-
nommen werden. Diese Betrachtungen lehren gleichzeitig, daß bei
gegebener Kanalform im AustrittsquerschnittF2 nur die zum Druck P2u
gehörige Überschallgeschwindigkeit erreicht werden kann. Man muß
deshalb für jede im Austrittsquerschnitt gewünschte Überschall-
geschwindigkeit eine passende Kanalform entwerfen.
Für Gegendrucke P2' die zwischen P2u und P20 liegen, P2u <P2 < P20,
gibt es keinen stetigen Druckverlauf längs der Düse. In diesem Fall
tritt im divergenten Teil der Düse, meist kurz vor dem Austrittsquer-
schnitt, ein sehr steiler Druckanstieg, ein sog. VerdichtunfJsstoß, auf,
vgI. Abb. 3.13.

3.3 Zweidimensionale Strömungen


Nachdem wir in Kap. 3.2 die Grundzüge der kompressiblen Strö-
mung in eindimensionaler Betrachtungsweise kennengelernt haben,
wollen wir in gleicher Weise wie in Kap. II für die inkompressiblen
Strömungen jetzt auch die mehrdimensionalen kompressiblen Strömun-
gen behandeln. Hierbei werden wir uns in diesem Kapitel auf ebene
(zweidimensionale) Strömungen beschränken. Einige allgemeine Theo-
reme der ebenen kompressiblen Strömungen, z. B. die Drehungsfreiheit
und die Einführung eines Potentials, können im Anschluß an die
Grundgleichungen gemeinsam für sämtliche kompressible Strömungen
(Unterschall- und Überschallgeschwindigkeit) behandelt werden. Die
Lösungsverfahren (Integrationsmethoden) sind jedoch für die Unter-
und Überschallströmungen so erheblich verschieden, daß wir diese
anschließend getrennt behandeln müssen (Kap. 3.4 und 3.5).

3.31 Grundgleichungen
Es sei in = i u + i v der Geschwindigkeitsvektor der stationären
Strömung, welcher abhängig ist von den rechtwinkligen Ortskoordi-
naten x, y. Die Grundgleichungen der ebenen kompressiblen Strömung,
nämlich die Kontinuitätsgleichung und die Bewegungsgleichungen
160 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

in der x- und y-Richtung, wurden bereits in Kap. II bereitgestellt.


Nach GI. (2,13) lautet die Kontinuitätsgleichung:

o(e u ) + o(e v ) = o. (3,54)


ox oy
Die Bewegungsgleichungen für die x- bzw. y-Richtung lauten nach
GI. (2,44) für stationäre Strömung und unter Vernachlässigung der
Massenkraft :
(! (u ~
ox + v~)
oy = - ~
ox ' I (3,55a, b)
(! (u ~: + v;; ) = - ~~ .
Zusammen mit der adiabatischen Zustandsgleichung (3,9)

L = const
e"
sind dies vier Gleichungen für die vier Dn bekannten u, v, p, (!.

3.32 Drehungsfreiheit
Bei der Lösung der entsprechenden Gleichungen für die inkompres-
sible Strömung wurde von der Tatsache Gebrauch gemacht, daß das
Geschwindigkeitsfeld drehungsfrei ist, somit nach GI. (2,55) bzw. (2,59):

rot tu = 0 oder
ov
---=0
ou
OX oy (3,56)
erfüllt ist.
Zum Nachweis, daß die Bedingung der Drehungsfreiheit, GI. (3,56),
auch für kompressible Strömung gilt, wird GI. (3,55a) nach y und
GI. (3,55b) nach x differenziert. Dies ergibt:

02 U 02 U OU (OU ov )
(! u 0y 0x + (! v 0 u2 + (! ay h + ay +
+~(u~+v~)=
oy OX oy -~
oxoy , (3,57 a)

02 V 02 V fJv (OU fJv )


(! u 0 x2 + (! v 0x 0y + (! h 7iX + ay +
+~(u~+v~)=
OX . OX oy -~.
oxoy (3,57b)

Da die Dichte eine eindeutige Funktion des Druckes ist, (! = f (p),


gilt:
und
3.3 Zweidimensionale Strömungen 161

Durch Einsetzen von opjox und opjoy nach GI. (3,55a, b) erhält man
für:
~(U~+ v~) = ~!L(_2-!L)
iJ Y iJ x iJ y dp iJ y e iJ x '

~(u~
iJx iJx
+ v~)
iJy
=~ !L(_ ~!L).
dp iJx e iJy

Damit ist gezeigt, daß bei Subtraktion der beiden GIn. (3,57a) und
(3,57b) die letzten Glieder der linken Seiten sich fortheben. Somit
ergibt sich
eUa;- ay-a;-
iJ (iJU iJV)
+e Vay ay-a;-
iJ (iJU iJV)
+
+ e (~+~)
iJx iJy (~-~)
iJy iJx = o.

Hieraus ersieht man, daß ebenso wie bei der inkompressiblen Strö-
mung auch die Lösungen der reibungslosen, kompressiblen ebenen Strö-
mungen drehungsfreie Bewegungen nach GI. (3,56) sind. Man kann
deshalb in gleicher Weise wie bei inkompressibler Strömung das Ge-
schwindigkeitsfeld als Gradient einer Potentialfunktion ifJ(x, y) in fol-
gender Weise einführen:
i1J = grad ifJ
oder
iJ(]>
u=--=ifJ x ; (3,58)
iJx
Hiervon wird im folgenden Gebrauch gemacht.

3.33 Geschwindigkeitspotential
Die Bestimmungsgleichung für die Potentialfunktion ifJ(x, y) er-
hält man durch Einsetzen von GI. (3,58) in die Kontinuitätsgleichung
(3,54). Diese läßt sich zunächst in der Form schreiben:

e (~
iJx
+~)
iJy
+ u~
iJx
+ v~
iJy
= o. (3,59)

Weiter ergibt sich wegen dpjde = a 2 und mit GI. (3,55):


oe de op 1 op e (OU OU)
ax=dpa;-=-;)2ßx= --;)2 Ußx+Vay ,
oe de iJp 1 iJp e (OV OV)
ay=apay=-;)2ay= --;)2 Ußx+Vay .
Nach Einsetzen dieser Ausdrücke in GI. (3,59) erhält man nach Division
durch e:
~(l-
iJ x
U
a2
2
) +~(l-~)
iJ y a
- ~(~
a iJ y
+~)
2iJ
= O. 2 \ X
(3,60)
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 11
162 II!. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Durch Einführung von (1J nach GI. .(3,58) erhält man schließlich:

(1Jxx (1 - :2;) + (1Jyy (1 - ::) - 2f!J:~y qJXY = 0 (3,61 )


oder
(3,61 a)

Für den Grenzfall sehr großer Schallgeschwindigkeit, a ~ 00, d. i.


für Ma ~ 0, geht diese Gleichung in die Potentialgleichung der in-
kompressiblen ebenen Strömung (LApLAcEsche Gleichung), GI. (2,65),
über, welche lautet:
{j2 <1> 0 2 (/J
ox2 + oy2 = qJxx + qJyy = O.

Es ist zu beachten, daß in den GIn. (3,60) und (3,61) die Schallgeschwin-
digkeit a nicht konstant ist, sondern die örtliche Schallgeschwindig-
keit bedeutet. Diese hängt mit der konstanten Schallgeschwindig-
keit a co des Bezugszustandes (Index 00) nach GI. (3,25a), in der
w2 = u2 + v2 zu setzen ist, folgendermaßen zusammen:

( ~)2
aoc
= 1 _ " - 1 M a~ [ u 2 ~ v~ _ I] .
2 W oo
(3,62)

Wird das Umströmungsproblem eines Körpers behandelt, wobei


etwa die ungestörte Strömung in großem Abstand vom Körper parallel
zur x-Achse sein möge, so lauten die Randbedingungen für GI. (3,61):
0<1> 0<1> = 0
x= ±oo: fiX -u
- 00' oy ,

an der Wand: 0<1>


on = 0 '
wobei n die Richtung normal zur Wand bedeutet. Die durch Berück-
sichtigung der Kompressibilität eingetretene mathematische Erschwe-
rung besteht darin, daß GI. (3,61) für <P(x, y) nichtlinear ist, während
die entsprechende Gleichung für die inkompressible Strömung, die
Potentialgleichung (2,65), linear ist. Bei der kompressiblen Strömung
ist infolgedessen das Uberlagerungsprinzip für die Potentiale nicht
mehr anwendbar, welches bei der inkompressiblen Strömung die
Lösungsverfahren stark vereinfachte (Kap. 2.34). Insbesondere ist auch
die Verwendung der Funktionen einer komplexen Veränderlichen,
welche bei der inkompressiblen Strömung wertvolle Dienste leisteten
(Kap. 2.5), hier nicht mehr möglich. Dieses bedeutet eine so beträcht-
liche Erschwerung des mathematischen Problems, daß von der GI. (3,61)
bisher nur eine sehr geringe Anzahl von Lösungen erhalten werden
konnte.
3.3 Zweidimensionale Strömungen 163

Linearisierung der Potentialgleichnng. Gewisse Vereinfachungen für


die Integration der GI. (3,61) ergeben sich für schlanke Körper-
formen, die etwa in Richtung ihrer Längsachse mit der Geschwindig-
keit W oo = U oo angeströmt werden (z. B. Tragflügelprofile und Flugzeug-
rümpfe). Nach GI. (3,61) gilt für das Potential der kompressiblen
Strömung:
(/Jxx ~) + (/Jyy (~)
( 1- U2 1- U2 - uv
2 (/JXY---;]F = o. (3,63)

Bei der Umströmung solcher Körper ist die örtliche Geschwindigkeit


nach Größe und Richtung nur wenig von der Anströmungsgeschwindig-
keit U oo verschieden. Setzt man u = U oo +
Au, so gilt (mit Ausnahme
einer kleinen Umgebung des Staupunktes):
Au ~uoo, v ~ U oo ; somit u = ur,,)) a = a oo .
Man erhält damit aus GI. (3,63) unter Beibehaltung nur der größten
Glieder (Linearisierung):
8 2 (/J
8 x2
(
1-
u;,
a;, ) + 88 (/J
2
y2 = o.
Mit M a oo = uoolaoo wird die vorige Gleichung:
82 (/J 82 (/J
(1 - Ma~) 8 x2 + -fiY2 = o. (3,64)

Durch diese Vereinfachungen ist erreicht worden, daß .die Gleichung


für tP(x, y) jetzt linear ist. Sie unterscheidet sich von der entsprechen-
den Gleichung für inkompressible Strömung nur durch den konstanten
Faktor (1 - Ma;,) beim ersten Glied. Für Unterschallströmungen,
Ma oo < 1, ist GI. (3,64) vom elliptischen Typus (wie bei inkompres-
sibler Strömung), dagegen für Überschallströmungen, Ma oo > 1, ist
sie von hyperbolischem Typus. Wir können deshalb erwarten, daß die
Unterschallströmung von ähnlicher Art ist wie die inkompressible
Strömung, daß dagegen die Überschallströmung von der inkompres-
siblen Strömung grundsätzlich verschieden ist. Diese Erkenntnis.
hatten wir in Kap. 3.14 bereits rein anschaulich gewonnen.

3.34 Lösungstypus für tlberschallströmungen


Bevor wir auf die Behandlung von GI. (3,64) für Unterschall-
strömungen näher eingehen (vgI. Kap. 3.42), möge eine Bemerkung
über Lösungen für Überschallströmungen gemacht werden. Für diese
hat GI. (3,64) einen recht eigenartigen Lösungstypus. Wie man leicht
verifiziert, ist für u oo > a oo jede zweimal differenzierbare Funktion
(3,65)
11*
164 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

eine Lösung von GI. (3,64), wenn p. der Bedingung

(3,66)

genügt. Hieraus folgt:


. 1
SillP.=--- (3,67)
Maoo
in Übereinstimmung mit GI. (3,15). Der Winkelp. stellt also den MACH-
sehen Winkel dar, wie er bereits in Kap. 3.14 eingeführt wurde.
Die Lösung (3,65) sagt aus,
y y-x·tgp=const daß 4>und damit auch alle Größen
des Strömungsfeldes auf den
parallelen .Geraden der beiden
Scharen y = ± x tg P. + const,
nach Abb. 3.14 konstant sind.
Sämtliche Geraden dieser beiden
Scharen bilden mit der Haupt-

-----------
y+x·tgp=const
Abb.3.14. Die beiden Scharen von MAcHschen
Linien bei einer Strömung mit tl"berschall·
strömungsrichtung U oo den Win-
kel p.. Die Lösung (3,65) stellt
demnach stehende Wellen von
geschwindigkeit (Ma"" > 1) belle biger Form dar, deren gerade
Fronten unter dem MAcHsehen
Winkel gegen die Hauptströmungsrichtung geneigt sind. Diese Ge-
raden sind die Machsehen Linien oder MAcHsehen Wellen, die wir be-
reits in Kap. 3.14 in vereinfachter Betrachtung kennengelernt haben.

3.35 Strömung längs einer schwach welligen Wand


Ein Beispiel einer Strömung, welche den grundlegenden Unterschied
zwischen der Unterschall· und der Uberschallströmung besonders deut-
lich erkennen läßt, ist die Strömung längs einer schwach welligen Wand
nach Abb.3.15. 1 Dieses Beispiel erfüllt auch die Bedingungen des
schlanken Körpers und kann deshalb mit der linearisierten Potential-
gleichung (3,64) behandelt werden. Die Wand sei gegeben durch eine
Sinuslinie nach Abb. 3.15 in der Form
Yw(X) =hsin(Äx). (3,68)
Es ist also h die Amplitude der Wandwelle und L = 2:n:/Ä die Wellen-
länge. Voraussetzungsgemäß ist h ~ L. In großem Abstand von der
Wand sei parallel zur x·Achse die Geschwindigkeit U oo vorhanden,
somit ist für
y ....,.. 00 : u = u"", v=ü. (3,69)
1 ACKERET, J.: Helv. Phys. Acta 1 (1928), S.301-322.
3.3 Zweidimensionale Strömungen 165
An der Wand ist die kinematische Strömungsbedingung
y_o: ~ = d:w = hÄ,cos(Ä,x) (3,70)
zu erfüllen. Uoo x
Für inkompressible Strömung, Ma = 0, ist die Gleichung
a2 (]) a2 (])
ax2 + a y 2 =0
mit den Randbedingungen (3,69) und (3,70) zu lösen. Man kann leicht
zeigen, daß C/>(x, y) = uoo[x _ he-lv cos (Ä,x)] (3,71)
lLoo .

L
x

a
Uoo
--_.-------------------------

c
Abb. 3.15. strömung längs einer schwach welligen Wand. a) inkompressible Strömung, Maoo = 0,
b) Unterschallströmung, Maoo = 0,9, c) überschallströmung, Maoo = 1,3

eine Lösung dieser Gleichung ist und die angegebenen Randbedingungen


erfüllt. Hieraus erhält man für die Geschwindigkeitskomponenten :
u = u oo [1 + hÄ,e-lYsin(Ä,x}J, }
(3,72)
v= U oo h Ä, e- Äy cos (Ä, x) .
Das Stromlinienbild ist in Abb. 3.15a dargestellt.
166 IIl. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Für die Unterschallslrömung, Ma oc < 1, ist die Gleichung


8 8
+
2 (/J 2 (/J
(1 - Ma~) 8x z- 8 yz = 0

zu lösen. Man verifiziert leicht, daß der Ausdruck

W(x, y) = U oo [x - -_h-2-e-.lVI-Maix,YcOS(AX)] (3,73)


11 1 - Maoo
eine Lösung der kompressiblen Potentialgleichung für Ma~ < 1 ist.

I
Dabei sind die Randbedingungen GI. (3,69) und (3,70) erfüllt. Für die
Geschwindigkeitskomponenten ergibt sich hieraus:

u=uoo ll+
r

VI -
h)'
Ma oo
2
1/-2
e-.lVl-MaooYsin(AX) ,
]

(3,74)
v = U oo hA e-.l VI-Maix, Y COS (A X).

Das Stromlinien bild ist in Abb.3.15b für Ma oo = 0,9 dargestellt.


Durch Vergleich von GI. (3,72) und (3,74) ergibt sich, daß bei gleicher
Wellenhöhe der Wand die Amplitude der Stromlinien in der kompres-
siblen Unterschallströmung nach außen schwächer abklingt als in der
inkompressiblen Strömung.
Für Überschallslrömung, Ma oo > 1, lautet die Potentialgleichung :
8 2 (/J 8 Z (/J
(Ma~ -·1) 8~2 - 8 y2 = o.
Diese Differentialgleichung hat nach GI. (3,65) die allgemeine Lösung
W(x, y) = F(y ± xtg,u) + UooX,
wobei F eine beliebige Funktion des angegebenen Argumentes ist und
tg,u nach GI. (3,66) gegeben ist. Das Zusatzpotential ist also konstant
längs der beiden Geradenscharen y = ± x tg,u const. Die beliebige +
Funktion F ist aus der kinematischen Strömungsbedingung zu bestim-
men. Nach Erfüllung von GI. (3,70) findet man:

W(x, y) = U oo {x - V h sin[A (x - y 11 Ma~ - 1)]}. (3,75)


Ma~-l

Für die Geschwindigkeitskomponenten ergibt sich hieraus:

U=U oo {l-
'
11 h2),
Ma oo - l
cos[A(x-y1lMU~-1)]}, I (3,76)
v = uoohACOS[Ä(x - y 11 Ma~ -1)].
Das Stromlinienbild ist in Abb. 3.15c für Muco = 1,3 dargestellt. In
diesem Fall klingt die Amplitude der Stromlinien nach außen über-
3.4 Ebene Unterschallströmungen 167

haupt nicht ab, d. h., die Randbedingung in großem Wandabstand,


GI. (3,69), läßt sich im Fall der ebenen Uberschallströmung nicht er-
füllen.

3.4 Ebene Unterschallströmungen


Nachdem in Kap. 3.3 die Grundgleichungen der kompressiblen
ebenen Strömungen bereitgestellt und die charakteristischen Unter-
schiede ihrer Lösungen für Unterschall- und Uberschallströmungen
aufgezeigt worden sind, sollen jetzt zunächst die ebenen Unterschall-
strömungen näher behandelt werden. Aus der großen Zahl der Lösungs-
verfahren mögen hier zunächst nur zwei Verfahren besprochen werden.
Weitergehende Ausführungen enthält Kap. VIII.

3.41 Verfahren von Janzen und Rayleigh


Von O. JANZEN [23] und LORD RAYLEIGH [24] ist ein Näherungs.
verfahren zur Lösung von GI. (3,61) angegeben worden, das in der
Durchführung allerdings sehr mühsam ist. Da es im Gegensatz zu dem
weiter unten zu erläuternden Verfahren von PRANDTL-GLAUERT, das
auf schlanke Körperformen beschränkt ist, für beliebige Körperformen
anwendbar ist, möge es in seinen Grundzügen kurz erläutert werden.
Bei dem Verfahren von JANZEN und RAYLEIGH wird GI. (3,61)
durch Entwicklung der Funktion W(x, y) nach Potenzen von l/a2 ,
d. h. nach steigenden Potenzen der MAcHsehen Zahl Ma 2 gelöst, indem
man setzt:

Durch Einsetzen von GI. (3,77) in GI. (3,61) und Vergleich der Koeffi-
zienten gleicher Potenzen von l/a 2 ergibt sich eine Folge von Diffe-
rentialgleichungen, aus denen die Funktionen Wo, <PI' ... sukzessive
berechnet werden können. Die ersten beiden Gleichungen lauten:

Jrt>1 = rt>oxx rt>Öx + rt>OYy rt>~y+ 2rt>ox WOy rt>OXY'


wobei J den LAPLACEschen Operator bedeutet.
Es ist also Wo (x, y) das Potential der inkompressiblen Strömung,
welches als bekannt angesehen werden kann. Für rt>dx, y) ergibt sich
eine Potentialgleichung mit inhomogenem Glied (sog. PorssoNsche
Gleichung). Nach dieser Methode ist von O. JANZEN [23] und LORD
RA YLEIGH [24] zuerst der Kreiszylinder behandelt worden. Später sind
von E. LAMLA [31] für den Kreiszylinder noch höhere Näherungen ge-
rechnet worden.
168 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Kreiszylinder. Ohne auf die Einzelheiten der Rechnung einzugehen,


mögen noch ein paar Angaben über die Strömung um den Kreiszylinder
gemacht werden. Unter Verwendung von Polarkoordinaten r, {} nach
Abb. 3.16 erhält man für das Potential der inkompressiblen Strömung,
wie bereits in GI. (2,108) angegeben:

$o(r, {}) = U oo (r + ~2) cos{}.


Unter Übergehung der weiteren Rechnung möge lediglich die Geschwin-
digkeitsverteilung auf der Kontur des Kreiszylinders angegeben wer-
den. Man erhält, wenn man nur $0 und $1 berücksichtigt:

(3,78)

2,4
S 3 Mbo -aJS
,
2,0 #" 21 ~

b~
~
I
I
I
~

8')
1
1,6

t':i' V '\
I
I
1

/ \,
1,2
...
!I 0,8 1 , ___ R ~

4 }2 Uoo \
0,
(3 \
. 20 0 1f(J 0
I
60 . I,,-i I .
80 0 100 120 0 140 0 150 0 180·

Abb. 3.16. Geschwindigkeitsverteilung am Kreiszylinder im Unterschallbereich nach E. LAMLA[31].


(1) Inkompressibel, (2) 1. Näherung, (3) H. Näherung

Es bedeutet hierin Ma o = uoo/ao = Maooj Ma;, die MACH- VI + K -;- 1


Zahl bezogen auf die Schallgeschwindigkeit des ruhenden Gases (Kessel-
zustand) und M a oo = uoo/a oo .
Die hiernach für Ma o = 0,36 berechnete Geschwindigkeitsverteilung
ist in Abb. 3.16 als Kurve (2) dargestellt. Die außerdem angegebene
Kurve (3) ergibt sich, wenn man nach E. LAMLA [31] zwei weitere
Glieder der Entwicklung GI. (3,77) berücksichtigt. Der Einfluß der
Kompressibilität auf die Geschwindigkeitsverteilung beschränkt sich
hauptsächlich auf die Umgebung des Geschwindigkeitsmaximums.
Kritische Anströmgeschwindigkeit. Von besonderer Bedeutung ist
diejenige AnströmuIigsgeschwindigkeit u oo , bei welcher am Zylinder-
umfang örtlich zuerst die Schallgeschwindigkeit erreicht wird, da in
3.4 Ebene Unterschallsträmungen 169

vielen Fällen bei dieser Geschwindigkeit die ersten Verdichtungsstöße


auftreten. Die Maximalgeschwindigkeit am Kreiszylinder liegt bei
{} = 7(/2, und sie hat nach GI. (3,78) den Betrag

W K max = U oo { 2 + ~ Mag} . (3,79)

Wegen W K max = a und a = ao V2/(x + 1) , vgI. Tab. 3.2, erhält man mit
x = 1,4 für Luft die kritischen MAcH-Zahlen

Mati = 0,414; Ma~ = 0,421.

Am Kreiszylinder wird also örtlich zuerst die Schallgeschwindigkeit


erreicht bei einer Anströmungsgeschwindigkeit

Uookrit = 0,421 a oo , (3,80)

die rund 42 % der Schallgeschwindigkeit der ungestörten Strömung


beträgt.
Elliptischer ZyJinder und Tragflügel. Die vorstehend für den Kreis-
zylinder durchgeführte Rechnung ist von S. G. ROOKER [32] auf ellip-
tische Zylinder bei Anströmung parallel zur großen Achse übertragen
worden. Auch C. KAPLAN [33] hat den elliptischen Zylinder nach einer
etwas anderen Methode behandelt und seine Rechnungen auch auf
JOUKOWSKy-Profile ausgedehnt [34]. Man vergleiche in diesem Zusam-
menhang auch E. KRAHN [35]. Als wichtigstes Ergebnis möge hier nur
die kritische MAcH-Zahl Ma! = uookritlaoo in Abhängigkeit von der
relativen Dicke dll angegeben werden, vgI. Tab. 3.4. Die maximale
örtliche Geschwindigkeit auf der Kontur ist beim elliptischen Zylinder
auf der kleinen Achse vorhanden. Für inkompressible Strömung be-
trägt sie nach GI. (2,207).:

W K max = U oo (1 + 7) .
Für diesen Fall beträgt die kritische MAcH-Zahl unter der Annahme,
daß WKmax = a cc ist, in grober Näherung

*
M a oo _ Uoo krit _
------------
1
(inkompressibel).
a oo 1 ~ + l

Dieser Wert ist in der dritten Spalte von Tab. 8.4 zum Vergleich mit
angegeben. Es ergibt sich, daß auch für elliptische Zylinder der Kom-
pressibilitätseinfluß auf die kritische MAcHSche Zahl beträchtlich ist.
170 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Tabelle 3.4. Kritische Machsche Zahl für elliptische Zylinder vom Achsenverhältnis dll
bei Anströmung parallel zur großen Achse (nach C. KAPLAN [33])
kompressibel Inkompressibel kompressibel inkompressibel

d U oo krit Uookrit.. d U oo krlt U oo krit


- -- -- - ---
1 a oo aoo 1 a oo a oo

°
0,05
0,10
I
1
0,919
0,857
1
0,952
0,909
0,25
0,333
0,50
0,719
0,663
0,577
0,800
0,750
0,667
0,125 0,830 0,888 1,75 0,485 0,571
t
0,20 I 0,759 I
0,833 1 0,420 0,5

3.42 Prandtl-Glauertsche Regel


Für Unterschallströmungen lassen sich nach L. PRANDTL [27] und
H. GLAUERT [26] Lösungen von GI. (3,64) nach dem folgenden Ver-
fahren gewinnen: Wir versuchen die Lösung von GI. (3,64) auf die

a kompressilJel b inkompressilJel

~u
u

Abb.3.17. Zur PRANDTL-GLAuERTschen Regel

Lösung der Potentialgleichung (/lxx +


(/lyy = 0 der inkompressiblen
Strömung zurückzuführen. Zu diesem Zweck vergleichen wir die kom-
pressible Strömung mit einer ihr in geeigneter Weise zugeordneten
inkompressiblen Strömung. Dabei soll in beiden Strömungen die An-
strömungsgeschwindigkeit gleich U oo sein. Wir versehen die inkom-
pressiblen Vergleichsgrößen mit dem Index ik (Abb. 3.17). Die Glei-
chungen für die Potentiale lauten:

kompressibel: (3,81)

inkompressibel: (3,82)

Die Zuordnung der kompressiblen zur inkompressiblen Strömung ist


nun in verschiedener Weise möglich.
Zuordnung I. Bei dieser betrachten wir die kompressible und die
inkompressible Strömung um den gleichen Körper. Dabei sollen die
Potentiale in entsprechenden Punkten der beiden Strömungsfelder
3.4 Ebene Unterschallströmungen 171

zueinander proportional gesetzt werden. Mit C2 als einer noch näher


zu bestimmenden Konstanten wird gesetzt:
(3,83)
Es muß nun gleichzeitig lf> die Differentialgleichung (3,81) und lf>ik
die Differentialgleichung (3,82) erfüllen. Damit dies möglich ist, muß
eine Zuordnung von x und Xik sowie von Y und Yik vorgenommen
werden, die jedoch mit verschiedenen Maßstäben erfolgen kann. Wir
setzen: (3,84)
Hiermit läßt sich die Differentialgleichung der kompressiblen Strö-
mung (3,81) jetzt schreiben:

c2 [ (1 -
U 2
ff.La oo )
{jZ (j>ik
---,,----z-
uX/k
+ Cl2 ~
{j2 (j>; k ]
u Yik
= o.
Dies wird mit der inkompressiblen Gleichung (3,82) identisch, wenn
gesetzt wird:
(3,85)
Die zweite Konstante C2 der Transformation von GI. (3,83) wird aus
der Bedingung ermittelt, daß beide Strömungen, die kompressible und
die inkompressible, zum gleichen Körper gehören sollen.
Bezeichnet ~ die Neigung der Stromlinien in der kompressiblen
Strömung und ~ik diejenige in der inkompressiblen Strömung (Abb. 3.17),
so gilt:
kompressibel: t gus _ - v _- I {j(j>
-
- Uoo - Uoo {jy ,

s
t gUik _ Vik _ 1 {j (j>ik
inkompressibel: - - - -- - - - .
Uoo U oo {j Yik

Wenn beide Strömungen durch den gleichen Körper hervorgerufen


werden sollen, so muß für die Körperkontur gelten
tgo = tgO ik .
Dies erfordert
{j(j> {j(j>/k
{j Y ay:;-.
Wegen GI. (3,83) und (3,84) erhält man hieraus:
(3,86)
Somit ist
(3,87)

Die Transformationen sind reell nur für Maoo < 1, d. h. für Unter-
schallströmullgen. Da Cl <1 ist, wird wegen Y = Yik/CI = Yilc!"Vl - Mai
172 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

die Querausdehnung in der kompressiblen Strömung (y) größer als in


der inkompressiblen Strömung (Y'k). Dies ist verständlich, da in der
kompressiblen Strömung mit der Druckabsenkung eine Abnahme der
Dichte verbunden ist, die einen größeren Platzbedarf der Stromfäden
verursacht.
Druckverteilung : Um nun die resultierende Kraft auf den umström-
ten Körper in der inkompressiblen und kompressiblen Strömung zu
vergleichen, muß zunächst die Druckverteilung längs der Körperkontur
ermittelt werden. Dabei genügt es, die Druckgradienten in der x-Rich-
tung miteinander zu vergleichen. Da nämlich die x-Richtung im Maß-
stab ungeändert bleibt, verhalten sich die endlichen Druckunterschiede
bei gleicher Anströmungsgeschwindigkeit U eo wie diese Gradienten. Nach
GI. (3,55 a) ist für schlanke Körper:

kompressibel: (-fJP)
fJx ,..., ,,"00
fJu
n U 00 - fJx -- n
,,"00
U
00
fJ2cp
--
fJx2 ,

Somit ist das Verhältnis dieser beiden Druckgradienten :

Damit gilt dann für den Druck an den gleichen Stellen des Körpers
bei kompressibler und inkompressibler Strömung

p(x) - Poo = V 1
2 [pidx) - Poo]. (3,89)
1 - Ma oo

Bei gleicher Körperform und bei gleicher Anströmungsgeschwindigkeit


sind also die Druckunterschiede in der kompressiblen Strömung in erster
Ordnung im Verhältnis I(VI - Ma;, größer als in der inkompressiblen
Strömung. Dies ist die Prandtl-Glauertsche Regel.
Diese Regel gilt auch für schlanke Körper, die unter einem kleinen
Anstellwinkel (X angestellt sind, also für Tragflügelprofile. Der Auftrieb,
der durch Integration der Druckverteilung über die Profiltiefe gewonnen
wird, steigt dann beim Übergang von der inkompressiblen zur kom-
pressiblen Strömung ebenfalls mit I(VI- Ma~ an. Für die Auftriebs-
beiwerte CA = A(F f2; u;, (F = Flügelfläche) gilt dann also für gleiches
Profil und gleichen Anstellwinkel:

(3,90)
3.4 Ebene Unterschallströmungen 173

Ebenso gilt für den Anstieg des Auftriebsbeiwertes mit dem Anstell-
winkel (sog. Auftriebsanstieg) :
dCA 1 (dCA) 2~ (3,91)
~= VI - Ma~ ~ ile = VI - Ma~ .

In Abb.3.18 ist der hierdurch berechnete Auftriebsanstieg in Ab-


hängigkeit von der MAcH-Zahl Ma oc dargestellt, wobei für (dCA/dlX)ik
der inkompressible Wert mit 2n ein-
gesetzt wurde, wie er der angestellten
ebenen Platte entspricht, GI. (2,198).
12 I
Da nach GI. (3,89) die Druckver-
teilungen um den Körper bei verschie-
1/
10
denen MACH-Zahlen affin zur inkom-
/
- -
pressiblen Druckverteilung sind, folgt 8
unmittelbar, daß die Lage der resul- t 2.7t
tierenden Luftkraft im ganzen Unter- {;j'~ G
V
schallbereich (solange keine Verdich-
tungsstöße auftreten) die gleiche ist
wie bei inkompressibler Strömung.
Auch verhält sich der Widerstand im 2
ganzen Unterschallbereich ebenso wie
bei inkompressibler Strömung, d. h., o 1/2 1/8
er ist gleich Null für reibungslose
Strömung (vgl. Abb. 3.27). Abb. 3.18. Theoretischer Auftriebsanstieg
Bevor wir dieses wichtige Erge bnis bei Unterschallströmung nach der
PRANDTL-GLAuERTschen Regel
mit Versuchen vergleichen, möge noch
kurz eine andere Zuordnung der kompressiblen und inkompressiblen
Strömung erwähnt werden.
Zuordnung 11. Wir stellen jetzt die Forderung, daß für die beiden
Körper nicht mehr ihre Kontur, sondern die Druckverteilung bei der
kompressiblen und inkompressiblen Strömung gleich sein soll. Es erhebt
sich dann die Frage, wie beim Übergang von der inkompressiblen zur
kompressiblen Strömung die Körperform geändert werden muß, damit
die Druckverteilung gleichbleibt. In diesem Fall muß nach GI. (3,88)
Cz = 1

sein, während der Wert von Cl nach GI. (3,85) bestehenbleibt.


Die Neigungen der Körperkonturen werden dann:

kompressibel: t b __v_ - _1_ odJ


g - Uoc - Uoc oy'
tg~ _ Vik _ 1 0 dJl k
inkompressibel: uik------·
Uoo Uoo 0 Yik
174 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Da wegen c2 = 1 nach GI. (3,83) (j) = (j)ik und nach GI. (3,84)
Yik = Vl-
Ma~ Y ist, ergibt sich die folgende Beziehung zwischen den
Neigungen der Körperkonturen :

(3,92)

Der Körper in der kompressiblen Strömung muß also um den Faktor


Vl- Ma~ schlanker geformt werden als derjenige in der inkompres-
siblen Strömung, um die gleiche Druckverteilung zu ergeben.
Auch der Anstellwinkel eines Tragflügelprofils muß dann bei
gleichem Auftrieb in der kompressiblen Strömung um den Faktor
VI - Ma~ kleiner sein als in der inkompressiblen Strömung, d. h.,
der Auftriebsanstieg dCA/dlX ist im Verhältnis I/VI-Ma!: größer als
in der inkompressiblen Strömung in Übereinstimmung mit GI. (3,91).
Es gibt noch eine andere Variante der PRANDTL- GLA UERTschen Regel
(Stromlinien-Analogie), die bei dreidimensionaler Strömung Anwendung
findet. Gewisse Verfeinerungen der PRANDTL-GLAUERTSchen Regel
(KARMAN-TsrEN, KRAHN) werden ebenfalls in Kap. 8.12 besprochen
werden.

NA CA -0018-1,130

-E-·E-~
0015-1,1 JO
-C--E---~
0012 -1,1 30
-E:--F---~

0009-Z1 JO
-E:--I-----7=--
0006 0006-F JO
o JI 0009I---t---t---t--+--t---t---t--; ----E; -+=-

o JI 000$'----1..-.1-----'--..1..---'---'-----'--.....
0,2 0,4 o,G 0,8 1,0
"" UOO ---
nrJoo=a;;;

Abb. 3.19. Auftriebsanstieg von Tragflügelprofilen versohiedener Dioke in Abhängigkeit von


der MAcHsehen Zahl für Untersohallgeschwindigkelt; Vergleioh der PRANDTL-GLAuERTschen
Rellel nach GI. (3,91) mit Versuchsergebnissen von B. GÖTHERT [36]
3.4 Ebene Unterschallströmungen 175

3.43 Vergleich mit Versuchsergebnissen


In Abb. 3.19 ist das wichtigste Ergebnis der PRANDTL-GLAUERT-
sehen Regel nach GI. (3,91) mit Messungen von B. GÖTHERT [36] ver-
glichen. Für fünf symmetrische Tragflügelprofile mit den Dickenver-
hältnissen d/l = 0,06; 0,09; 0,12; 0,15 und 0,18 ist der Auftriebsanstieg
für unendliches Seitenverhältnis (dCA/dlX)oo über der MAcH-Zahl auf-
getragen. Zum Vergleich mit den Messungen ist die Theorie nach
GI. (3,91) für jedes der fünf Profile eingetragen. Im Bereich der unteren
MACH-Zahlen ist mit Ausnahme des Profils von 18 % Dicke die Über-
einstimmung zwischen Theorie
und Messung sehr gut. Die
theoretische Kurve folgt den o,OZIf
Messungen bis zu einer MACH-
Zahl, die um so näher bei

I,
Ma oo = 1 liegt, je dünner das 0,016
Profil ist. Die Abweichung - f - krilische

von Theorie und Experiment t0,008


Nachsehe Zoll/ l1a~
jenseits dieser MAcH-Zahl ist
auf eine starke Ablösung der '>~
0018
J
I I
I

I
Strömung zurückzuführen. 0015 I I
I
OfürOO18
Dies erkennt man aus der 0012
v I
I
Darstellung der Widerstands- o " 0015 I

beiwerte der gleichen Profile 0009 I


I
o " 0012
in Abb. 3.20. Die Kurven v
I~
0 0 I
der Widerstandsbeiwerte ClJ'p o " 0009 f-- 0006
(= Profilwiderstand) in Ab-
0" 0006 I I
hängigkeit von der MAcH-Zahl 0,2 Oß 0,8 1,0
sind dadurch gekennzeichnet, l1a = U oo ___
00 aoo
daß im unteren MAcH-Zahl- Abb. 3.20. Profilwiderstand von Tragflügelprofilen
Bereich Cw p von der MACH- verschiedener Dicke in Abhängigkeit von der MACH-
sehen Zahl für Unterschallgeschwindigkeit, nach
Zahl nahezu unabhängig ist, Messungen von B. GÖTHERT [.36]
während bei Annäherung an
Ma oo = 1 ein sehr steiler Widerstandsanstieg erfolgt. Dieser Wider-
standsanstieg, der bei dünnen Profilen näher an Ma oo = 1 liegt als bei
den dickeren Profilen, ist eine Folge der Strömungsablösung. Diese
Ablösung wird verursacht durch einen Verdichtungsstoß, der dort
einsetzt, wo am Profil örtlich die Schallgeschwindigkeit überschritten
wird (kritische MACH-Zahl Ma!). Dieses erste örtliche Überschreiten
der Schallgeschwindigkeit tritt natürlich bei dicken Profilen bei
kleinerer MACH-Zahl ein als bei dünnen Profilen. Aus diesem Grunde
nimmt die kritische MAcH-Zahl mit wachsender Profildicke stark ab.
Näheres hierüber s. Kap. 8.12.
176 IH. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Aus dem Vergleich des Widerstandsdiagramms, Abb. 3.20, mit dem


Auftriebsdiagramm, Abb. 3.19, erkennt man, daß die kritischen MACH-
Zahlen der Widerstandskurven nahezu zusammenfallen mit denjenigen
MAcH-Zahlen, bei denen in den Auftriebskurven der Unterschied
zwischen Theorie und Messungen beginnt. Hieraus kann man schließen,
daß die PRANDTL-GLAuERTsche Regel immer dann gute Übereinstim-
mung mit Messungen ergibt, wenn kein Verdichtungsstoß und damit
keine Ablösung der Strömung auftritt.

3.5 Ebene Überschallströmungen


Die in Kap. 3.4 angegebenen Berechnungsverfahren für die Unter-
schallströmung (JANZEN-RAYLEIGH, PRANDTL-GLAUERT) sind durchweg
nicht anwendbar, falls irgendwo im Strömungsbereich die Schall-
geschwindigkeit überschritten wird. Lediglich das in Kap. 3.33
erläuterte Verfahren der linearisierten Potentialgleichung ist für Über-
schallströmungen anwendbar, aber nur falls im ganzen Strömungs-
bereich Überschallgeschwindigkeit herrscht. Diese sog. "reinen Über-
schallströmungen" sind im allgemeinen erheblich einfacher als die
entsprechenden Unterschallströmungen, weil z. B. bei der Umströmung
eines Körpers mit Überschallströmung große Teile des Strömungsfeldes
ungestört bleiben.
Wir wollen in diesem Abschnitt solche reinen Überschallströmungen
behandeln. Strömungen vom sog. gemischten Typus, d. h. mit Durch-
gang durch die Schallgeschwindigkeit, führen im allgemeinen zu Ver-
dichtungsstößen. Solche Strömungen werden in Kap. 3.6 besprochen.

3.51 Prandtl-Meyersche
Eckenströmung
Wir beginnen die Be-
handlung der reinen Über-
schallströmungen mit dem
besonders einfachen Fall der
a Strömung um eine Ecke
nach Abb. 3.21, der eine viel-
'1'=0 fältige Anwendung findet.
I
I
I Wir betrachten die Parallel-
I
I
I
strömung längs einer ebenen
I
b
1-11' Wand mit der Geschwindig-
I
I
' r keit W 1 , die größer sei als die
I
I
A Schallgeschwindigkeit a 1 , die
Abb. 3.21. Strömung um eine konvexe Ecke. zu dem Gaszustand vor der
a) Stromlinienbild, b) Geschwindigkeiten
I und II MACHsche Linien. Ecke gehört, w1 > a 1 • Im
3.5 Ebene Überschallströmungen 177
Punkt A habe die Wand einen Knick derart, daß dort eine konvexe
Ecke vorhanden ist. An der Ecke tritt eine Druckabsenkung ein, so
daß der Druck P2 hinter der Ecke kleiner ist als der Druck PI vor der
Ecke, somit P2 < PI' Diese Druckabsenkung bedingt eine Beschleunigung
von W I auf w 2 ; es ist also W 2 > W I • Hinter der Ecke bildet sich wieder
eine Parallel strömung mit der Geschwindigkeit w 2 aus. Die an-
kommende Parallelströmung mit der Geschwindigkeit w l ändert sich
nicht bis zum Fahrstrahl 1, der als MAcHsche Linie von der Ecke A
ausgeht mit sin,u1 = aI!wl . Hinter dem Fahrstrahl 11, der ebenfalls
eine MACH-Linie mit sin,u2 = a 2 /w 2 darstellt,. herrscht wieder Parallel-
strömung. In dem Keilraum zwischen den Fahrstrahlen 1 und 11
findet eine Umlenkung der Strömung und dabei gleichzeitig eire Be-
schleunigung von w l auf W 2 und eine Druckabsenkung von PI auf P2
statt. Die Begrenzung der Strömung hinter der Stelle A kann sowohl
eine feste Wand als auch eine freie Strahlgrenze sein. Im letzteren Fall
muß der Druck P2 hinter der Ecke A vorgegeben sein; es folgt dann aus
der Druckdifferenz PI - P2 die Größe der Ablenkung der Strömung,
die bei A eintritt.
Die hiermit skizzierte Strömung ist die Prandtl-Meyersche Ecken-
strömung [25], [25 a]. Für diese Strömung existiert eine exakte Lösung
der kompressiblen Bewegungsgleichungen, die hier zunächst besprochen
werden möge. Anschließend werden wir in Kap. 3.52 diese Strömung
auch in der linearisierten Näherung behandeln.
Das Ziel der weiteren Betrachtungen ist die Ermittlung des Strö-
mungsfeldes in dem Keilraum.
Unter Einführung von Polarkoordinaten r, rp mit der Ecke Aals
Ursprung nach Abb. 3.21 und mit W r und wrp als Geschwindigkeits-
komponenten lauten die Kontinuitätsgleichung und die Bewegungs-
gleichungen :

(3,93)

W dW, + Wrp dW, _


2
wrp _ _ ..!:. ~ (3,94)
r dr r dcp r - e dr'

W dWrp + Wrp dWrp + WrWrp = 1 1 dP


T dr r dcp r --;racp' (3,95)

Da das vorliegende Problem keine ausgezeichnete Länge besitzt,


ist es naheliegend anzunehmen, daß das Strömungsfeld auf jedem
Fahrstrahl von A aus konstant ist, d. h., daß w" wrp und P un-
abhängig von r und nur abhängig von rp sind. Dies bedeutet, daß
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 12
178 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

man in den obigen Gleichungen


.
-aar = 0 setzt. Damit folgt aus
GI. (3,93) bIs (3,95):
eWr + aq; (e Wq;)
d
= 0, (3,96)

Wq; = ~~r , (3,97)


dWq;
Wq; ( ~ + wr ) = - e1 d;p
dp
. (3,98)
Wegen der Beziehung
de de dp 1 dp
d;p = dp d;p = as d;p (3,99)
folgt aus GI. (3,96) und (3,98) nach kurzer Zwischenrechnung

(w + ~~) (1 -
r ::) = o. (3,100)
In dieser Gleichung kann der erste Faktor nicht Null sein, da sonst
nach GI. (3,98) der Druck im ganzen Raum konstant wäre. Es muß also
der zweite Faktor Null sein. Somit hat man
Wq; = a. (3,101)
Hieraus folgt nach Abb. 3.21 b für den Winkel f-l, den der Fahrstrahl
mit dem Geschwindigkeitsvektor einschließt:
. Wq; a I
SIllf-l=W-=V;= Ma· (3,102)

Es ist also dieser Winkel gleich dem MAcHschen Winkel. Jeder Fahr-
strahl von der Ecke A aus ist somit eine MACHsche Linie ebenso wie
die beiden den Keilraum begrenzenden Fahrstrahlen 1 und 11. Dies ist
gleichbedeutend damit, daß die Geschwindigkeitskomponente senk-
recht zum Fahrstrahl überall gleich der örtlichen Schallgeschwindig-
keit ist.
Für die Berechnung der Geschwindigkeitskomponenten Wr und Wq;
benutzen wir die BERNoULLI-Gleichung (3,24)
2
+ " 2

2
W
"- 1 e - ,,- 1 e; -
p _ " Po _ Wmax
-2- ,
wobei nach GI. (3,42) W max die Ausflußgeschwindigkeit aus einem Kes-
sel mit dem Druck Po ins Vakuum bedeutet. Weiter erhält man wegen
w 2 = w~+ w; und wegen w!
=, a2 = x pie aus der vorigen Gleichung:

(3,103)

Unter Berücksichtigung von GI. (3,97) kommt dann:

dW r =
drp
V" -+
"
I W
1 max
VI _ (~)2 . W max
3.5 Ebene Überschallströmungen 179
Die Integration durch Trennung der Variablen liefert:

V- + rp
I<:-l
x
1

= arc sm -
W
Wr
- max
+ const.
Wird der Strahl rp = 0 nach Abb. 3.22 gewählt, so ist w r = 0 bei rp = 0
und somit die Integrationskonstante in der letzten Gleichung gleich
Null. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung von GI. (3,97):

Wr = •
W max ~·m (VI<:-l
I<: 1 + rp ) ,
(3,104)
wtp = wmax l~l
V-;+1 cos (V~)
I<: + 1 rp .

Mach-Linie

Abb. 3.22. PRANDTI.-MEYERSche Eckenströmung und Hodograph für Luft mit " = 1,40

Für rp = 0 ergibt sich W r = 0 und wtp =


GI. (3,42) und nach Tab. 3.2 ist für
V+ I<: - 1
I<: 1
W max ' Mit wmax nach

Ip = 0: W = V+ I<:
21<:
1 eo-
Po 11 2
= V I<: + 1 ao = a*.

Es ist also für rp = 0 : W = W 1 gerade gleich der örtlichen Schall-


geschwindigkeit beim Ausströmen aus einem Raum mit dem Gas-
zustand Po, (10'
Druckverteilung. Nach der BERNouLLI-Gleichung GI. (3,41) ist mit
w2 = w; + w;:
w; + W~ = W~ax [1- (:J-"-J.
,,-1

(3,105)

Setzt man hierin die Ausdrücke für W r und wtp nach GI. (3,104) ein, so
ergibt sich nach trigonometrischer Umformung:

~ 1 [ 1 + cos ( 2 V-; ~ ~ rp) 1·


,,-1

(:J-" = I<: (3,106)


12*
180 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Die Expan8ion in8 Vakuum, p =0, wird erhalten für 2


d .1.. f··ur
V",,+ -1
1
rp = 'JT:,

7(,1r;+!
rpm = 2" V~ . (3,107)
Gleichzeitig ist für diesen Wert von rp, wie man aus GI. (3,104) erkennt,
rp = rpm: W", = 0 und W r = wmax •
Für den Fahrstrahl rp = rpm ist also die Strömung rein radial, und man
hat für diesen Fall ein Stromlinienbild nach Abb. 3.22.
Für Luft mit" = 1,405 ist rpm = 219,3°. Die größte Umlenkung,
welche bei dieser zweidimensionalen Eckenströmung auftreten kann,
ist also 219,3° - 90° = 129,3°. Sie tritt dann ein, wenn vom kritischen
Druck p* ins Vakuum expandiert wird.
Ablenkungswinkel. Es ist zweckmäßig, zur Charakterisierung der
Strömung noch den Winkel {} nach Abb. 3.21 einzuführen, welchen der
Geschwindigkeitsvektor auf einem beliebigen Fahrstrahl mit der an-
kommenden Strömungsrichtung w1 bildet. Nach Abb. 3.21 ist

ß=rp+.u-;.
Führt man weiter noch den Winkel1jJ zwischen w'" und W ein, für den
7(,
.u+1jJ=2" (3,108)
gilt, so hat man
ß = rp - 1jJo (3,109)
Der Winkel1jJ wird aus der Lösung (3,104) erhalten durch:

= l/~
Wr (l/~) (3,110)
tg 1jJ = W", V " _ 1 tg V ,,+ 1 rp .
Hiermit besitzt man ein vollständiges Formelsystem, um die MEYER-
sehe Eckenströmung numerisch auswerten zu können. Das Ergebnis
ist in Tabelle 3.5 dargestellt.
Tabelle 3.5. Prandtl-Meyersche Eckenströmung für Luft, " = 1,405

rpO P w 1j!0 Ma
Po

0 0,527 0,410 0 0 90 1
17,29 I 0,50 0,426 16,88 0,41 73,12 1,045
39,11 0,40 0,482 35,02 4,09 54,98 1,221
55,47 0,30 0,541 45,63 9,84 44,37 1,430
72,09 0,20 0,609 54,16 17,93 35,84 1,708
92,81 0,10 0,697 62,38 30,53 27,62 2,157
108,66 0,05 0,760 67,40 41,26 22,60 2,602
135,56 0,01 0,857 74,32 61,24 15,68 3,699
219,32 0 1,0 90,00 129,32 0 00
3.5 Ebene Überschallströmungen 181

Eine besonders anschauliche Darstellung der PRANDTL-MEYERschen


Eckenströmung erhält man, wenn man den Geschwindigkeitsvektor auf
den einzelnen Fahrstrahlen in einem sog. Hodographen darstellt, d. h. die
sämtlichen Geschwindigkeitsvektoren w( {}) in einem Polardiagramm
aufträgt, Abb. 3.22. Für {} = 0 ist w = a*, d. h. es ist die Strömungs-
geschwindigkeit gleich der Schallgeschwindigkeit; für {} = {}max ist
w = w max • Die Endpunkte sämtlicher Geschwindigkeitsvektoren be-
schreiben also eine Kurve, welche zwischen den beiden konzentrischen
Kreisen W = a* und W = W max liegt. Diese Kurve heißt die charak-
teristische Kurve der Eckenströmung oder kurz die Charakteristik.
Sie ist, wie hier nicht näher ausgeführt werden soll, ein Epizykloide,
die entsteht, wenn man den Kreis mit dem Durchmesser W max - a*
auf dem inneren Kreis mit
dem Radius a* abrollen
läßt.
Auf eine wichtige Eigen-
schaft dieser Charakteri-
stik, die später zur Kon-
struktion von Überschall-
strömungen benutzt wird,
möge hier noch hingewiesen
Abb. 3.23. überschallströmung an einer Wand mit
werden: Oben war gezeigt mehreren Ecken
worden, daß bei der Ecken-
strömung jeder Fahrstrahl eine MACH-Linie ist und daß für jeden Fahr-
strahl der Geschwindigkeitsvektor ttJ konstant ist. Der vektorielle Ge-
schwindigkeitszuwachs LI ttJ muß deshalb senkrecht zum Fahrstrahl sein
und damit auch senkrecht zur MACH-Linie. Im Hodographen hat aber
der vektorielle Geschwindigkeitszuwachs die Richtung der Tangente
an die Charakteristik, Abb. 3.22. Somit gilt der Satz: Die Tangente an
die Charakteristik ttJ ({}) steht in jedem Punkt senkrecht auf der durch
den entsprechenden Punkt der Stromlinie hindurchgehenden MACH-
Linie, d. h. senkrecht auf dem Fahrstrahl.
Eine andere charakteristische Eigenschaft der PRANDTL-MEYERSchen
Eckenströmung ist, daß sie nach Abb. 3.23 auf einem beliebigen Fahr-
strahl, etwa A C abgebrochen werden darf. Auch kann ein Stück gerad-
linige Strömung angesetzt werden, z. B. ACE D, ohne daß sich die
Strömung im Raum ABC dadurch ändert. Der physikalische Grund
für diese der inkompressiblen Strömung völlig fremde Tatsache ist, daß
alle Störungen, die im Zwischenraum ADEC vorhanden sind (etwa
der neue Knick bei D) nicht stromaufwärts zurückwirken können.
Diese Störungen breiten sich auf den entsprechenden MAcHschen
Linien aus, z. B. auf DE, und sie erreichen deshalb das Gebiet ABC
nicht.
182 ur. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

3.52 Strömung um eine flache Ecke


Die im vorstehenden Abschnitt behandelte exakte Lösung der
PRANDTL-MEYERschen Eckenströmung hat nur für konvexe Ecken, aber
beliebigen Eckenwinkel, Gültigkeit. Wir wollen jetzt die Überschall-
strömung für eine flache Ecke nach einem Näherungsverfahren berech-
nen, wobei jetzt aber sowohl die konvexe als auch die konkave Ecke
behandelt werden soll. Der Eckenwinkel L1 {} nach Abb. 3.24 sei klein,
und es bedeute L1 {} > 0 die konvexe und L1 {} < 0 die konkave Ecke.
Für den Fall der konvexen Ecke darf man annehmen, daß bei sehr
kleinem Eckenwinkel L1 {} das Keilgebiet von Abb. 3.23, in welchem die
Druckabsenkung stattfindet, sehr schmal wird, so daß man es für eine

konvexe Ecke konkave Ecke


Verdiinnungs-Linie verdichtungs-Linie)

_ .------,(/~
--------,<-

W////ff////ß'~
.~
0:
W$/d/dyiffit

a b

Abb. 3.24. überschallströmung an einer flachen Ecke. a) Konvexe Ecke, L1 /J > 0,


b) konkave Ecke, L1 () < 0

Näherungsrechnung durch eine einzige MAcHsche Linie ersetzen


kann, auf welcher dann eine unstetige Druckabsenkung stattfindet
(Verdünnungslinie), Abb.3.24a. Entsprechend ist ·für den Fall der
konkaven Ecke eine Verdichtungslinie mit unstetiger Druckzunahme
zu erwarten, Abb. 3.24 b. Für den Fall der flachen Ecke (konvex und
konkav) dürfen wir demnach in vereinfachter Betrachtungsweise an-
nehmen, daß das Strömungsfeld aus zwei Teilbereichen mit Parallel-
strömung besteht, die durch geradlinige Unstetigkeitslinien getrennt
werden. Auf diesen Unstetigkeitslinien erleidet die Geschwindigkeit
eine unstetige Änderung der Richtung und des Betrages. Der Druck
3.5 Ebene Überschallströmungen 183

und die Dichte haben einen Sprung LI p bzw. LI (2, der im Vergleich zu
den Werten in der ankommenden Strömung sehr klein ist:

Für die rechnerische Ermittlung dieser Strömung greifen wir auf die
in Kap. 3.33 erläuterte linearisierte Potentialgleichung zurück. Mit den
Bezeichnungen nach Abb. 3.24 hat man nach GI. (3,64) für das Poten-
tial <P(x, y) die Gleichung
(Ma~ - 1) <P xx - f/J yy = 0

mit Maoo = woo/aoo als MAcH-Zahl der Zuströmung. Wir zerlegen das
Potential <P(x, y) in den Anteil der Grundströmung (Index (0) und
das Zusatz potential (Index '):
f/J = f/J oo + f/J' = W oo x + f/J' (x, y).
Man hat dann für das Zusatzpotential die Differentialgleichung
(Ma~ - 1) f/J~x - f/J~y = O. (3,111)
Die Geschwindigkeitskomponenten der Zusatzströmung sind dann
, _ 0 (])' v' = 0 (])' •
(3,112)
1t-~, oy
Die hyperbolische Differentialgleichung (3,111) hat, wie in GI. (3,65)
ausgeführt wurde, das allgemeine Integral
f/J'(x, y) = 11(Y - xtg,u) + 12(Y + xtg,u), (3,113)
wobei nach GI. (3,66)
(3,114)

ist. Die beiden Geradenscharen Y =f x tg,u = const sind die MAcHsehen


Linien nach Abb. 3.14. Es sind 11 und 12 willkürliche Funktionen, die
aus den Randbedingungen des Problems derart zu bestimmen sind, daß
im Gebiet vor der Unstetigkeitslinie (Index (0) die Parallelströmung
mit der Geschwindigkeit w"" herrscht, und hinter der Unstetigkeitslinie
(Index 1) eine Parallelströmung, die gegenüber W oc den Winkel LI-&
bildet. Dabei war schon früher festgesetzt worden:
L1-& > 0: konvexe Ecke,
L1 f} < 0: konkave Ecke.
Dies ergibt für 11 und 12' wie weiter unten näher ausgeführt wird:
Gebiet (00): y>xtg,u: 11=0, 12=0;
Gebiet (1): y<xtg,u: 11 = -(y-xtg,u)wooLlf), 12=0.
184 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Die Geschwindigkeitskomponenten sind nach GI. (3,112):


u' = (f~ - fi) tg.u, v' = fi + f~, (3,115)
wobei der Strich bei f die Differentiation nach dem Argument
y =f x tgp, bedeutet. Damit ergibt sich aus GI. (3,115) für die Zusatz-
strömung nach Abb. 3.24 folgende Geschwindigkeitsverteilung :
Gebiet (=): u' = v' = 0,
Gebiet (1): u' = Woo Llit tg.u, v' = -WooLlit.} (3,116)
Hieraus folgt für die Richtung der Stromlinien im Gebiet (1) hinter
der Unstetigkeitslinie (MAcHsche Linie):

( -d y ) -- v' v'
dx Str Woo + u' =Woc
-- -
-Llit •

Es ist also stromabwärts von der MAcHschen Linie die Strömung um


den Winkel LI it abgelenkt, wie es verlangt wurde.
Drucksprung. Den prucksprung auf der MAcHschen Linie
Llp = PI - poo (3,117)
kann man, da es sich um einen kleinen Drucksprung handelt, aus der
linearisierten kompressiblen BERNoULLI-Gleichung, die formal mit der
inkompressiblen BERNouLLI-Gleichung übereinstimmt, vgI. GI. (3,29a)
und GI. (3,27), berechnen. Somit hat man
A
LJP = PI - poo = 2[!oc (9
W Öc -
2)
W1 .

Dabei ist wi = (w oo + U')2 + v,2 = W;, + 2 woou'. Somit hat man:


Llp = - (200 W oo u' (3,118)
oder mit u' nach GI. (3,116):
Llp = - (200 w;;" tg.u LI it. (3,119)
Der Drucksprung ist hiernach also proportional dem Ablenkungs-
winkel LI it. Für die konvexe Ecke (LI it > 0) ist er negativ (Verdün-
nungslinie), für die konkave Ecke (Llit <0) ist er positiv (Verdichtungs-
linie ).
Führt man noch, wie schon früher in GI. (3,27), den rechnerischen
Staudruck

ein, so läßt sich der Drucksprung schreiben in der Form:


(3,120)
3.5 Ebene Überschallströmungen 185

Für spätere Anwendungen möge diese Gleichung auch noch in differen-


tieller Form geschrieben werden, wobei tgll nach GI. (3,114) eingesetzt
wird:
2
dp = _ 1200 Woo d {} . (3,121)
VMa~-1
Diese Ergebnisse über die Strömung um flache Ecken werden es uns
gestatten, im nächsten Abschnitt in einfacher Weise die Kräfte auf
schlanke Körper (insbesondere Tragflügelprofile) in ebener Strömung
bei Überschallgeschwindigkeit zu ermitteln.

3.53 Auftrieb und Widerstand der ebenen Platte


Die Ergebnisse des vorigen Abschnittes hat erstmalig J. ACKE-
RET [37] benutzt, um in recht einfacher Weise die Strömung um eine
ebene Platte zu berechnen, die unter einem kleinen Winkel (X angestellt
ist. Nach Abb. 3.25 bildet die auf die Plattenvorderkante auftreffende
Stromlinie zusammen
mit der Platte auf der verdünnfjg Apo
Oberseite eine konvexe Verdichtung
Ecke und auf der Unter-
y
seite eine konkave Ecke
mit dem Winkel (x. Von
der Vorderkante geht in-
folgedessen auf der Ober-
seite eine Verdünnungs-
MACH-Linie und auf der
Unterseite eine Verdich- Verdünnung
tungs-MAcH-Linie aus. Abb. 3.25. Strömung um eine angestellte ebene Platte bei
An der Hinterkante liegt überschallgeschwindigkeit

die Verdichtungslinie
oben und die Verdünnungslinie unten. Hinter der Platte ist die Ge-
schwindigkeit wieder gleich w oo und der Druck gleich Poo wie vor der
Platte.
Infolgedessen herrscht auf der ganzen Plattenoberseite ein konstan-
ter Unterdruck Po und auf der ganzen Plattenunterseite ein konstanter
Überdruck Pu. Für die Drücke ergibt sich nach GI. (3,120) unter Beach-
tung, daß jetzt L1 {} = ± (X ist:
Oberseite (LI {} = + (X) : Po - Poo = -2qoo cxtg,u,
Unterseite (LI {} = - (X): Pu - Pcc = 2qoo cxtg,u.
Hieraus ergibt sich der Druckunterschied zwischen Plattenunterseite
und Plattenoberseite zu
Pu - Po = 4qoocxtgll' (3,122)
186 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Diese Druckverteilung ist in Abb. 3.26a dargestellt. Die hieraus für


die Platte der Breite b und der Tiefe 1resultierende Kraft R (Abb.3.25)
ist senkrecht zur Platte und hat den Betrag
R = bl(pu - Po) = 4blqoorxtgp,. (3,123)

/_~-------- /

i
I I

~~
a
'P ~ u
b
/_---- /

''''-----,
1 1
1 1

." : 1
I
1
I

I
1
1
1
1
1
i~
I

~ c
fP~ tJ:v~
d

/ /

TV~~*~·::~
::."" I,
~ ~
'.
1 1

1
1
1

e f

Abb. 3.26a-f. Druckverteilnng an Profilen bei überschallgeschwindigkeit;


u Unterseite, 0 Oberseite.
a) Angestellte ebene Platte, b) Parabel skelett beim Anstellwinkel tt. = 0°, c) bikonvexes
Profil beim Anstellwinkel tt. = 0°, d) Kreisabschnittprofil, tt. = 0°, e) bikonvexes Profil, tt. =1= 0,
f) Kreisabschnittprofil tt. =1= 0
3.5 Ebene Überschallströmungen 187

Zerlegt man diese Kraft in den Auftrieb A (senkrecht zur Anström-


richtung) und den Widerstand W (parallel zur Anströmrichtung), so
hat man für kleine Anstellwinkel a:
A = R cos 0: = R, (3,124)
W = R sino: =
R 0: = Ace. (3,125)
Definiert man die dimensionslosen Beiwerte für Auftrieb und Wider-
stand in gleicher Weise wie bei inkompressibler Strömung, also
A W
CA. = l b qoo' Cw = l b qoo '

so erhält man aus GI. (3,124) und (3,125)


cA=4tg,u'oe, }
(3,126)
Cw = 4 tg,u . oe2 = cA. oe •

Der Auftriebsanstieg ist somit für Überschallströmung :


~:A-=4tg,u= V 4 (Überschall). (3,127)
Ma~-l
Für die Unterschallströmung (PRANDTL-GLAuERTsche Regel) gilt nach
GI. (3,91):
2n
--;r;: - 11 M 2 (UnterschalI).
vI - a oo

In Abb. 3.27a sind die Kurven für den Auftriebs anstieg im Unter-
schall- und Überschallbereich dargestellt. Für M a oo -+ 1 versagen die
beiden hier vorliegenden linearen Theorien, weil die gemachten Voraus-
setzungen dort nicht zutreffen.
Im Fall der Überschallströmung ist die Druckverteilung über die
Plattentiefe ganz besonders einfach. Der Druckunterschied zwischen
Plattenunter- und -oberseite ist konstant, wie in Abb. 3.26a angegeben.
Hieraus ergibt sich, daß die resultierende Luftkraft in der Plattenmitte
angreift. Der Abstand des Angriffspunktes der Luftkraft von der Vorder-
kante xN/l = 1/2 für die Überschallströmung ist in Abb. 3.27b dar-
gestellt, wobei auch die früher für die inkompressible und die Unter-
schaIlströmung erhaltenen Werte xN/l = 1/4 mit angegeben sind. Es ist
hervorzuheben, daß beim Übergang von der Unterschall- zur Überschall-
strömung die Lage des Angriffspunktes der Luftkraft sich erheblich
nach hinten verschiebt.
Besonders bemerkenswert ist ferner, daß bei Überschallgeschwindig-
keit schon in reibungsloser Strömung ein Widerstand auftritt, den
man als Wellenwiderstand bezeichnet. Seine Größe ergibt sich nach
GI. (3,126) zu:
1 1 1M 2
1
Cw = - - CA = -4 V
2
4 tg,u
a oo - 1 CA'
2 (3,128)
188 In. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Der Beiwert des Wellenwiderstandes ist also dem Quadrat des Auf-
triebsbeiwertes proportional. In Abb. 3.27 c ist für den Überschall-
bereich der Quotient cw/c~ in Abhängigkeit von der MAcH-Zahl dar-
1* gestellt. Im Unterschall-

12
I
I
/ bereich ist in reibungs-
loser Strömung Cw = o. 1
unterschaff
l1a oo ""1
V I I Überschall
l1a oo >1
Der Wellenwiderstand
prandfl-IGla/Je~y \ läßt sich anschaulich

~ ACke~et \ dadurch erklären, daß

'" ---
die bei inkompressibler
inkompressibel
reibungsloser Strömung
......... nach Abb. 2.60a an der
2 Plattenvorderkante an-
greifende Saugkraft, die
a 0 0,2 0,* 0,6 0,8 Z 1,2 1,* t6 1,8 2,0 von der Umströmung
Maoo~
der Plattennase herrührt,
0,6
I hier in Fortfall kommt.
'Pz
Während bei inkom-
'/4
pressibler reibungsloser
I
I ProftJvorderkante
Strömung diese Saug-
b 0 0,2 0,'1 0,6 0,8 1,0 1,2 1,* 1,6 t8 2,0 kraft zusammen mit der
Ma -
oo Resultierenden aus den
Oß Druckunterschieden auf
~~~
klli] r~~~:~:;l:;E;
Plattenober- und -unter-
t 0,*
1

~1~0,2 111 1

C {} 0,2 0,* 0,6 0,8 1,0 1,2 steht (Auftrieb), hat hier
1,8 2,0
Ma oo -
die fehlende Saugkraft
Abb. 3.27. Luftkräfte an der angestellten ebenen Platte
bei Unter- und "Überschallgeschwindigkeit. zur Folge, daß die Ge-
a) Auftriebs anstieg dCA/da, b) Lage der resultierenden
Lnftkraft xp, vgI. Abb. 3.25, c) Widerstands beiwert C w
samtkraft senkrecht zur
Platte steht. Eine andere
physikalische Erklärung für das Vorhandensein eines Widerstandes bei
Überschallgeschwindigkeit besteht darin, daß für die Erzeugung der
Druckwellen (MAcHsche Linien), die vom umströmten Körper aus-
gehen, laufend Energie verbraucht wird.

3.54 Auftrieb und Widerstand schlanker Profile


Polygon-Profile. In ähnlicher Weise, wie vorstehend für die an-
gestellte ebene Platte erläutert, können auch für schlanke Profile end-
1 Es sei schon hier darauf hingewiesen, daß ein Tragflügel endlicher Spann-
weite auch im Unterschallbereich einen dem Quadrat des Auftriebes proportio-
nalen Widerstand besitzt (induzierter Widerstand, s. Kap. 7.4).
3.5 Ebene Überschallströmungen 189

lieher Dicke mit scharfer Nase Auftrieb und Widerstand ermittelt wer-
den. Ersetzt man das Profil näherungsweise durch ein Polygon nach
Abb. 3.28, so wird damit die Aufgabe auf die Strömung um die flache
Ecke zurückgeführt, die in Kap. 3.52 behandelt wurde. Im allgemeinen
sind die vorderste und hinterste Ecke konkave Ecken, während alle
übrigen Ecken konvex sind. Demnach hat man an derVorder- und

Verdünnung
Verdichtung , ' Verdichtung

~~.~
~ ~m-: \---, ,
----'''--

>-
Verdünnung
Abb. 3.28. überschallströmung um ein Po]ygonprofi!

Hinterkante je zwei Verdichtungslinien, an allen übrigen Ecken Ver-


dünnungslinien.
Man erhält den Druck an einer beliebigen Stelle des Profils durch
Summierung der Drucksprünge nach GI. (3,117) und (3,120) von der
Vorderkante bis zu dieser Stelle in folgender Weise:
PI - Pco = Llpl = - 2qoo tgl' Ll19 1
P2 - PI = Llp2 = - 2qco tgl' Ll O2

i i
Pi - pco = E LlPi =
v~l
- 2qco tgl' E Ll Ov
v~l

Setzt man
i i
ELlOv=Oo und 2,' Ll Ov = 0:,
v~l v=l
oben unten

so hat man für den Druck auf Ober- bzw. Unterseite des Profils an
einer beliebigen Stelle x der Kontur:
LlPo(X), = Po(x) - poo = - 2qoo tgl' Oo(x), }
(3,129)
Llpu(x) = Pu(x) - poo = - 2qoo tgl' Ou(x).
Dabei bedeutet Oo(x) bzw. Ou(x) die Neigung der Kontur an der betref-
fenden Stelle gegen die Anströmungsrichtung Wo<> nach Abb. 3.29.
190 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Stetig gekrümmte Profile. Bei stetiger Krümmung des Profils nach


Abb. 3.29 kann für die Druckverteilung die GI. (3,129) unmittelbar
übernommen werden. Für die Ermittlung von Auftrieb und Widerstand
ist dann eine Integration über die Profiltiefe erforderlich. Es ist zweck-
mäßig, die örtliche Neigung der Kontur 1}o und 1}u aufzuteilen in den
Anstellwinkel der Sehne IX und die örtliche Neigung der Kontur gegen
die Sehne 1}~ und 1}~. Man hat somit:

1}o{x) = cx + 1}~(x), 1 (3,130)


1}u{X) = -IX + 1}~{x). r

Die Größen 1}~ und 1}~ sind dann rein geometrische Profilgrößen.

Abb.3.29. Zur Berechnung der überschallströmung um ein stetig gekrümmtes Profil

Mit den Beziehungen von Abb. 3.29 ergibt sich für Auftrieb und
Widerstand \ = Wellenwiderstand) mit cos1}u cos1}o 1, sin 1}u = 1}u, = =
... und dsu = dso = dx:
I

A = b J{L1Pu - L1Po)dx,
o
I

W= -bJ{L1PuiJu + L1Po iJo)dx.


o

Nach Einsetzen vdn GI. (3,129) und GI. (3,130) kommt:

r[2cx -
I

A = 2b qoo tgfl iJ~ + 19~) dx,


o"'
(3,131)
W = 2bqoo tgfl J[2cx
o
2 - 2cx(iJ~ - iJ~) + (iJ~2 + iJ~2)]dx.
Die Gleichung des Profils in rechtwinkligen Koordinaten sei Yu (x)
und yo(x), wobei die x-Achse mit der Sehne zusammenfällt, Abb. 3.29.
3.5 Ebene Oberschallströmungen 191

Dann gilt
{} ' _ dyu {}' = _ dy.
v- dx ' o dx

und somit für geschlossene Profile:

J{}~ J J{}~dx = - J
1 1 1

dx = d '!Iv = 0; d'!lo = O.
o 0 o 0

I
Da.mit erhält man aus GI. (3,131) die dimensionslosen Beiwerte von
Auftrie b und Widerstand zu :
A
CA = b l qoo = 4 tg.u. CX,
(3,132)
cw= b~oo =4tg.u[CX2 + ~ (Bv+Bo)].

Dabei ist

Bo = +J(~~o t
o
t

dx. (3,133 )

Die Integrale B u und B o sind nur von der Geometrie des Profils ab-
hängig. Die Formel für den Widerstandsbeiwert läßt sich auch in folgen-
der Form beschreiben:

(3,134)

Aus dem Vorstehenden ergeben sich folgende allgemeine Feststellungen


über die Druckverteilung, den Auftrieb und den Widerstand von
schlanken Profilen bei Überschallgeschwindigkeit.
Druckverteilung. Da nach GI. (3,129) der Druck an einem Ober-
flächenelement proportional zur Neigung des Flächenelementes gegen-
über der Anströmungsrichtung ist, läßt sich die Druckverteilung aus
der Geometrie sehr einfach ermitteln. In Abb. 3.26 sind außer der
schon oben besprochenen ebenen Platte die Druckverteilungen für ein
Parabelskelett (Abb. 3.26b), ein symmetrisches bikonvexes Profil und
ein Kreisabschnittprofil beim Anstellwinkel Cl = 0 (Abb.3.26c und d)
und bei Cl =1= 0 (Abb. 3.26c und f) dargestellt. Der charakteristische
Unterschied in der Druckverteilung für Anströmung bei Überschall-
geschwindigkeit und bei inkompressibler Strömung ist in Abb. 3.30 für
192 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

die angestellte ebene Platte


;/
~
und für die gewölbte Platte
1111111111111111 . I beim Anstellwinkel Null
I I
I I I
I
.
1
I dargestellt.
I
I A I I I I
Auftrieb. Bei fester MACH-
I
I : A II
I I
I I
scher Zahl und festem An-
I
I
I
I
I
I stellwinkel haben alle Pro-
I
file den gleichen Auftriebs-
I I
I I TVoo<a I I I' II beiwert. Der Auftriebs-
I I
I I I . I
beiwert ist proportional

-~
I I
dem Anstellwinkel, der
-~
TVoo a TVoo b von der Sehne des Profils
ausgemessen wird, welche
Abb. 3.30. Druckverteilung fiber die Plattentiefe für
Unterschallgeschwindigkeit (w oo < a) und überschall- Vorder und Hinterkante
geschwindigkeit (woo > a). a) Angestellte ebene Platte,
b) gewölbte Platte beim Anstellwinkel. =0 miteinander verbindet. Da-
nach haben z: B. ein sym-
metrisches bikonvexes Profil und ein Kreisabschnittprofil nach
Abb. 3.26c und 3.26d beide Auftrieb Null bei sehnenparalleler An-
strömung und gleichen Auftriebsbeiwert bei gleichem Anstellwinkel.

Widerstand. Der Wellenwiderstand besteht nach GI. (3,134) aus


zwei Anteilen:
a) dem Widerstand beim Auftrieb Null, der nur von der Gestalt des
Profils abhängt. Bei einem symmetrischen Profil ist dieser Anteil pro.
portional zum Quadrat des Dickenverhältnisses (djl)2.
b) dem zusätzlichen Widerstand in folge Auftrieb; dieser ist propor-
tional zu c~ und für alle Profile ebenso groß wie bei der ebenen Platte,
Abb.3.27c.
Bei gegebenem Auftrieb hat von allen Profilen die ebene Platte den
kleinsten Widerstand; sie stellt somit das "beste Überschallprofil" dar.

Theorie der zweiten Näherung. Die vorstehende Theorie erster Ord-


nung, bei welcher die Druckdifferenz P - Poo proportional zur Profil.
neigung {j ist, ist später von A. BUSEMANN [41] zu einer Theorie höherer
Ordnung erweitert worden, indem Glieder mit {j2, {j3, ... hinzugenom-
men wurden. Erweitert man GI. (3,129) bis zum zweiten Glied, also
Pu,o - Poo = qoo [-Cl {}u,o +C 2 {}!,o]' (3,135)
so ergibt sich für die Koeffizienten:
2
Cl = ~==;:===- (3,136)
VMa~ -1
(3,137)
3.5 Ebene Überschallströmungen 193

Über die Berechnung der Auftriebs- und Widerstandsbeiwerte nach


diesen Gleichungen wird in Kap. 8.13 berichtet werden.
Vergleich mit Messungen. Die ersten experimentellen Ergebnisse
über Profilmessungen bei Überschallgeschwindigkeit wurden von
A. BusEMANN und O. WALCHNER [40] mitgeteilt. In Abb. 3.31 sind die
Widerstandspolaren für mehrere Kreisabschnittprofile von verschie-
dener Dicke bei der MAcH-Zahl Ma oo = 1,47 dargestellt. Zum Vergleich
sind auch die theoretischen Kurven nach der vorstehenden zweiten

0.0
Versuch
",,,,",JXf2° ------- Theorie
0.0

/ / ~V
/'
r
-
d o d/l=0,o885

,1
/ ~8°
/;
~o 10' f/-0 c::;!:j0
80
.d/l=0,1250

d/Z=0,1070
0.2 80
6"-
tr
~4°
I 40
!0
eS-
I 20

a=oo~\ " \
°l~t
_0 ...
-0.2

'~L~-*~ -8°', -...::::8 0


-~ "
-~ ....

" ~'xt.... -8~'"


"- ..... ' ...............
........
....
.... ..... _2°
-0.0
-SO r-. .............. ............ -..;;-,

-10~ .... '~


0.05 0) D,15 0.2 0,25 0.3 q35 0.*
cw-
Abb. 3.31. Widerstandspolaren cA (c w ) von Kreisabschnittprofilen mit verschiedenem Dicken-
verhältnis d/l bei der MAoH·Zahl M a~ = 1,47, nach Messungen von BUSEMANN und W ALOHNER [40];
Vergleich mit der Theorie zweiter Näherung vOn A. BUSEMANN [41]

Näherung eingetragen; es ergibt sich befriedigende Übereinstimmung


von Theorie und Experiment.
Schließlich sind in Abb. 3.32 für zwei Profile gemessene Druck-
verteilungen bei verschiedenen Anstellwinkeln für die MAcH-Zahl
Ma oo = 2,13 dargestellt, [49]. Die nach der Theorie zweiter Ordnung
berechneten Druckverteilungen sind zum Vergleich eingetragen. Mit
Ausnahme eines kleinen Bereiches in der Nähe der Hinterkante ist die
Übereinstimmung von Messung und Theorie recht gut. Die auffällige
Abweichung der gemessenen Druckverteilung von der Theorie in der
Nähe der Hinterkante dürfte auf eine starke lokale Verdickung der
Grenzschicht zurückzuführen sein, welche durch den Verdichtungs-
stoß verursacht wird, der von der Hinterkante des Profils ausgeht.
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 13
194 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

a b
------- Theorie ~== Experiment

~17
d/l = 0.10 d/I=0,o88

0.6

"
a=o.° a=o.°

~ ~La

0.
~
~ -. t-... u
"-I'---.. ~~

-0,2
---- ",
--
0,6
a=qO a=2°

<>.
<.> 0,2

0.
~'" -r---... ------
~u

Ik-~
0
~
~
u
~ --
~ I--
-
.-
-0,2 --- - --- ---

~ a=8° a=6°
~t'Z
i"--.. i'..., u
""'" ~ K
---
or--......
ro- I-
~ 0
I'-..
-0,2 ~---
-- -----

0,6
'"N a=14° a=14°

~ u
-- ---
" ~
o
~
~ ""- (f'
-0.2
, 0.
~ -- -
~ - -
42 44 0.6 0,8 0. 0,2 0,* 0.6
x/l- :r.!Z-
Abb. 3.32. Druckverteilung bei überschallgeschwindigkeit (Maoo = 2,13) für verschiedene
Anstellwinkel <x, nach Messungen von FERRl [49]; Vfrgleich mit der Theorie BUSEMANN [40].
a) Symmetrisches bikonvexes Profil, Re = 6,4· 10', b) Kreisabschnittprofil, Re = 7,0' 10'
3.5 Ebene Überschallströmungen 195

3.55 Charakteristiken-Verfahren für tJberschallströmungen um Profile


Die PRANDTL-MEYERSche Lösung für die Eckenströmung, die in
Kap.3.51 besprochen wurde, kann nach L. PRANDTL und A. BUSE-
MANN [28] dazu benutzt werden, um die Strömung längs einer gekrümm-
ten Wand in einfacher Weise graphisch zu konstruieren. Dabei soll
vorausgesetzt werden, daß in der Strömung überall adiabatische Zu-
standsänderung vorhanden ist, also keine Verdichtungsstöße auftreten.
In Abb. 3.33 ist dieses Verfahren an dem Beispiel eines dünnen gewölb-
ten Profils erläutert. Im linken Teil dieses Bildes ist der Hodograph
.f..
Po

\
I
/L;-
I ,
\~PJ
Verdiclitufl(JSstoß '\
\\

Abb. 3.33. Konstruktion der Vberschallströmung um ein unendlich dünnes Profil nach dem
Charakteristiken-Verfahren von PRANDTL und BUSEMANN [28]

dargestellt, d. h. es ist wie in Abb. 3.22 der Geschwindigkeits-


vektor w ({}) mit {} als Ablenkungswinkel in Polarkoordinaten auf-
getragen (Charakteristiken). Dabei gilt die Kurve R für eine Expansion
mit Vergrößerung von {} im Uhrzeigersinn, und die Kurve L für eine
Zunahme von {} gegen den Uhrzeigersinn. Darüber ist noch die Druck-
verteilung p/Po nach der MEYERschen Lösung angegeben, Tab. 3.5.
Im rechten Teil der Abbildung ist das Profil gezeichnet; im vor-
liegenden Fall ist die Nasentangente des Profils parallel zur Anströ-
mungsrichtung. Parallel zu den Profiltangenten in verschiedenen
Punkten des Profils erhält man aus den Charakteristiken die zu-
gehörigen Geschwindigkeitsvektoren. Die MACH-Linie an den einzelnen
Stellen des Profils erhält man aus der Beziehung, daß die MACH-Linie
13*
196 III. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

senkrecht steht auf der Tangente an die Charakteristik, wie es bereits


in Abb. 3.22 erläutert wurde. Der MAcHsehe Winkel ist beiderseits der
Profiltangente abzutragen. Zwischen den MAcH-Linien erhält man in
einfacher Weise das Stromlinienbild. Auf der Oberseite wird strom-
abwärts der Abstand der Stromlinien größer (beschleunigte Strömung),
während er auf der Unterseite kleiner wird (verzögerte Strömung), wie
es bei einer Überschallströmung sein muß (Abb. 3.12). Auf der Ober-
seite divergieren die MAcHsehen Linien, auf der Unterseite konver-
gieren sie. Ihre Enveloppe auf der Unterseite gibt einen Verdichtungs-
stoß. Über dem Profil ist noch die Druckverteilung für beide Profil-
seiten angegeben.

3.6 Ebene transsonische Strömungen


3.61 Allgemeines und experimentelle Ergebnisse
In diesem Abschnitt sollen Strömungen behandelt werden, die vom
gemischten Typus sind, d. h. bei denen im Strömungsfeld sowohl Unter-
als auch Überschallgeschwindigkeiten vorliegen. Bei diesen wird also
an gewissen Stellen die Schallgeschwindigkeit durchschritten.
Das Verhalten der Strömung in unmittelbarer Nähe der Schall-
geschwindigkeit ist in vielen Fällen noch nicht geklärt. Die für Unter-
schallgeschwindigkeit entwickelten Rechenverfahren (z. B. Verfahren
von JANzEN-RAYLEIGH; PRANDTL-GLAuERTsche Regel) sind von
anderer Art als die für Überschall (z. B. PRANDTL-MEYERsche Ecken-
strömung, Verfahren von ACKERET und BusEMANN). Jede dieser Me-
thoden versagt an der Schallgrenze, so daß also Lösungen, bei denen die
Schallgrenze durchschritten wird, damit nicht erhalten werden können.
Es gibt jedoch einzelne Beispiele solcher Strömungen, bei denen in
räumlich begrenzten Gebieten ein stetiger Durchgang durch die Schall-
geschwindigkeit möglich ist [43], [44], [45]. Für die transsonische Strö-
mung sind in neuerer Zeit verwandte Berechnungsverfahren entwickelt
worden (v. KARMANsche Ähnlichkeitsregel), über die in Kap. 3.65
berichtet werden wird.
Nach den Beobachtungen verläuft der Übergang von Unterschall-
zu Überschallgeschwindigkeit immer stetig; der umgekehrte Übergang,
also von Überschall- in Unterschallgeschwindigkeit, führt aber meistens
zu Verdicht'ungsstößen von ähnlicher Art, wie sie bei der Lavaldüse
beschrieben wurden (Abb. 3.13). In diesen Verdichtungsstößen tritt ein
unstetiger Verlauf von Geschwindigkeit, Dichte und Druck ein (Druck-
anstieg). Der plötzliche Druckanstieg führt häufig zur Strömungs-
ablösung, und damit zu einer völligen Umgestaltung des Strömungs-
bildes. Der Strömungsvorgang im Verdichtungsstoß verläuft nicht
"verlustlos". Hinter dem Verdichtungsstoß ist ein Verlust an mechani-
3.6 Ebene transsonische Strömungen 197
scher Energie (Druckenergie und kinetische Energie) eingetreten, der
als zusätzliche Erwärmung in Erscheinung tritt.
Zur Erläuterung dieser Vorgänge ist in Abb. 3.34a die Druckver-
teilung um ein Tragflügelprofil bei verschiedenen MAcH-Zahlen nach
amerikanischen Messungen [42] dargestellt. Die Druckverteilung ist
stetig für solche MAcHsehen
Zahlen, bei denen die größte
Geschwindigkeit an der Profil-
kontur überall kleiner als die --
/In~
-=:::::-...
TlJoo c= ~ _ _ _ _ _-:--;-:---:::: ii :c•
örtliche Schallgeschwindigkeit
ist, WH < a. Im vorliegenden i \\~'V i
Fall ist das bis Ma oo = 0,6 er-
I- \ .. ,

füllt. Der Wiederanstieg des


Druckes im hinteren Bereich
des Profils ist bis Ma oo = 0,6
ebenso stetig wie der Abfall
vorn. Für größere MAcHsehe
Zahlen, Ma oo > 0,7, bei denen
die Schallgeschwindigkeit örtlich
überschritten wird, WH> a, geht
der Wiederanstieg des Druckes
hinter dem Druckminimum un-
a
stetig vor sich. Der Drucksprung o q2 q8 1,0
ist um so größer, je größer die
MAcHsehe Zahl ist. Man be- 401i
I
zeichnet diesen Drucksprung als I
I
Verdichtungsstoß . ,,
I

Dieser plötzliche Druckanstieg ,


ist für die Grenzschicht außer- 402 11
ordentlich gefährlich, da ja die .-V,,
Grenzschicht schon bei stetigem b ,'/'1aoo*=0,7
Druckanstieg stark zur Ablösung o 42 48
neigt; man vergleiche hierzu die
Abb. 3.34. Messungen an einem Tragflügelprofi)
Ausführungen in Kap. IV. Der bei Unterschallgeschwindigkeit nach [42]; An-
stellwinkel IX = O. a) Druckverteilung bei ver-
Verdichtungsstoß führt meist zur schiedenen MAcHschen Zahlen, b) Widerstands-
Ablösung der Strömung von der beiwert in Abhängigkeit von der MAcHsehen Zahl
Wand und damit zu einer starken
Erhöhung des Widerstandes, wie es aus der in Abb. 3.34 angegebenen
Kurve des Widerstandsbeiwertes in Abhängigkeit von der MAcHsehen
Zahl zu ersehen ist.
In Abb. 3.35 ist nach D. W. HOLDER [50] eine Reihe von Strö-
mungsaufnahmen (Schlierenbilder) eines Tragflügelprofils bei kon-
stantem Anstellwinkel im Unterschallbereich wiedergegeben. Man
l3s.
198 In. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

a Maoo = 0,70

b Jfax = 0,80
Abb. 3.35. Strömung um ein Tragflügelprofi) im Unterschallbereich bei verschiedenen lIIACH-
sehen Zahlen und konstantem Anstellwinkel'" = 2 0, nach D. W. Holder [50]; Schlierenaufnahmen.
a) Maoo = 0,70, kein Verdichtungsstoll, b) Maoo = 0,80, schwacher Verdichtungsstoß auf der
3.6 Ebene transsonische Strömungen 199

c Macc = 0,85

d l'rlaoo = 0,87
Oberseite, c) Maoo ~ 0,85; Verdichtungsstoß auf beiden Seiten; Ablösung auf der Oberseite,
d) Maoo ~ 0,87; starke Verdichtungsstöße auf beiden Seiten; starke Ablösung auf der Oberseite
13a*
a

b
Abb. 3.36 Strömung um ein Tragflügelprofi! bei der MAcH-Zahl Maoc = 0,9. Anstellwinkel
IX = 8°, nach D. W. HOLDER [50]. a) Schlierenaufnahme, b) Interferometer-Aufnahme
3.6 Ebene transsonische Strömungen 201
erkennt deutlich die Ausbildung des Verdichtungsstoßes mit wachsender
MAcHscher Zahl und eine starke Ablösung der Strömung unmittelbar
hinter dem Stoß bei Maoo = 0,85 und 0,87 (Abb. 3.35 c und d). Der Ver-
dichtungsstoß tritt zuerst im vorderen Teil der Oberseite des Profils auf
und rückt mit wachsender MAcHscher Zahl nach hinten. In Abb. 3.36
ist noch für den Fall Maoo = 0,9 und (X = 8 0 eine Schlierenaufnahme
und eine Interferometer-Aufnahme gegenübergestellt. Auch in diesem
Fall ist hinter dem gegabelten Verdichtungsstoß eine starke Ablösung
vorhanden 1.
TV;; _...........~-

Maoo<1 +c;h~"'"''''''
,
~.~~~
.

~
c
~
örtlich Uberscha//

/11
I
I
f

Lii!!! 6

Abb. 3.37. Druckverteilung und Strömungsbilder an einem bikonvexen Profil im transsonischen


Bereich (schematisch) nach [51]

1 Die Strömungsaufnahmen in Abb. 3.35 und 3.36 wurden uns in dankens-


werter Weise von Dr. D. W. HOLDER, National Physical Laboratory Teddington,
zur Verfügung gestellt.
202 ur. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Der im allgemeinen recht komplizierte Strömungszustand im trans-


sonischen Geschwindigkeitsbereich ist in Abb. 3.37 für ein bikonvexes
Profil bei symmetrischer Anströmung schematisch dargestellt. Es sind
die Druckverteilungen und Stromlinienbilder bei wachsender MACH-
Zahl angegeben. Abb. 3.37a stellt die inkompressible Strömung dar,
und Abb. 3.37 b die kompressible Unterschallströmung, bei der die
"Schallgrenze" noch nirgends überschritten wird. Abb. 3.37 c und 3.37 d
zeigen die Ausbildung des Verdichtungsstoßes nach Überschreiten der
"Schallgrenze" (kritischer Druck) in der Druckverteilung. Die Abb. 3.37 f
und 3.37 g zeigen die typischen Druckverteilungen bei Überschall-
geschwindigkeit, wie sie bereits in Abb. 3.26 und 3.32 angegeben wurden.
Die Ausbildung der Verdichtungsstöße im transsonischen Bereich
wirkt sich auch stark auf den Auftrieb aus. Dieses ist schematisch in

Prandtl-6/auerti I
8/
,,
jAckeret

, \
\
\
\
\
~

Unterschal/--~--Überschal/----l

o 0,5 1,0 1,5 2,0


Maoo -
Abb. 3.38. Auftriebsbeiwert eines Tragfliigels in Abhängigkeit von der MAcHsehen Zahl;
ausgezogene Kurve: typischer Verlauf einer Messung; gestrichelte Kurve: Theorie nach Abb. 3.27 a

Abb. 3.38 dargestellt, wo die ausgezogene Kurve eine typische Messung


für die Abhängigkeit des Auftriebsbeiwertes von der MAcHschen Zahl
angibt, während die gestrichelte Kurve die lineare Theorie entspre-
chend Abb. 3.27 a zeigt. Zum besseren Verständnis der gemessenen
Auftriebskurve ist für die Punkte A, B, 0, D, Ein Abb. 3.39 die Lage
der Verdichtungsstöße und die Druckverteilung am Profil angegeben.
Bei der MAcH-Zahl Ma oo = 0,75 (Punkt A) tritt noch kein Verdich-
tungsstoß auf, weil auf beiden Seiten des Profils die Schallgeschwindig-
keit noch nicht wesentlich überschritten ist. Bei Maoo = 0,81 (Punkt B)
ist auf der Oberseite im vorderen Teil des Profils die Schallgeschwindig-
keit stark überschritten, was zur Ausbildung eines Verdichtungsstoßes
bei 70% der Profiltiefe führt. Auf der Unterseite herrscht noch überall
Unterschallgeschwindigkeit. Bis zum Punkt B steigt der Auftrieb mit
a b
Geschwlf7dlgkeitsverteilung
Na 00 loge des Verdic!ltungsstoßes am Profil

0 NOClliruf t ;;~
08 -------
U
----
, I
0,75
TUoo
~IJ 0,6 •
A U o,/; ,
0 0,5 1,0
x/l-
W
(4
1,2
-0
VerdiCh!UngsstoBj t 7,0 lL--, ... -
/ ....... u ~~-
0,81

B - U
i2IJ 0.8
0.6
I
....
0,4
0 0,5 W
x/l-

- ---
1,6
7,1;
0
L /

r1
1,2

J t (0 .~~.
--~
(
0,89 /U
i2IJ 0,8
C
[- U 0.6
0.*
I

0 0,5 1,0
x/l-
1,6
1,*
n
~ ~~
-
1,2[7 / U
t
~
10
'
...::--- ~----
0

[-
/
0,98
i2IJ 0.8
I

D
r
U 0,6
0,4
0 0.5 1,0
x/l-
2,0
(6 0
/~ -.u
1,4 / / -

[-(
t 1,2

<1
~q 0 10 It---
_._.-
( ~IJ ;'8
E u 0.6
0,*
0 0,5 ~O
x/l-

Abb.3.39. Transsonische St.römung um ein Tragflügelprofil bei verschiedenen MACH-ZalJlen;


Anstellwinkel 0; = 2°, nach D. W. HOLDER [50]. Die Punkte A, B, 0, D, E entsprechen den
Auf triebs beiwerten nach Abb. 3.33. a) Lage des Verdichtungsstoßes, b) Geschwindigkeits-
verteilung am Profil
204 !Ir. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

der MAcHschen Zahl an. Bei der MAcH-Zahl 0,89 (Punkt C) wird auch
auf der Unterseite in einem großen Bereich die Schallgeschwindigkeit
überschritten, was zur Ausbildung eines Verdichtungsstoßes auf der
Unterseite nahe an der Hinterkante führt. Hierdurch wird die Ge-
schwindigkeitsverteilung am Profil sehr stark geändert, derart, daß der
Auftrieb gegenüber Punkt B erheblich aufgebaut wird. Bei der MACH-
Zahl Maoo = 0,98 (Punkt D) sind die beiden Verdichtungsstöße auf
Ober- und Unterseite wesentlich schwächer als bei Ma oo = 0,89 und
an der Hinterkante gelegen. Der Auftrieb ist deswegen wieder größer
als im Punkt C. Schließlich wird bei Maoo = 1,4 (Punkt E) die reine
Überschallströmung erreicht mit einer Geschwindigkeitsverteilung, die
für die Überschallströmung typisch ist (vgl. Abb. 3.32a). Die Größe
des Auftrie bes entspricht dann der linearen Überschalltheorie (ACKERET).
Eine mathematische Theorie des Verdichtungsstoßes ist, ausgehend
von den partiellen hyperbolischen Differentialgleichungen der Be-
wegung, von B. RIEM.A.NN um
Verdichfllngs-Stoß
2
1860 gegeben worden [47]. Diese
Theorie ist sehr schwierig. Im
folgenden sollen deshalb ledig-
lich einfache Betrachtungen auf
Grund von Impulssatz und
Energiesatz gegeben werden.

3.62 Der senkrechte Verdichtungs-


stoß
jj'I: 111111111111111111111 Die in der wirklichen Strö-
mung auftretenden Verdich-
Abb. 3.40. Senkrechter Verdichtungsstoß
(schematisch) tungsstöße sind meist "schief",
d. h. sie verlaufen nicht senkrecht,
sondern schräg zu den Stromlinien (Abb. 3.35 und 3.36). Da die Theorie
des schiefen Verdichtungsstoßes aber ungleich schwieriger ist als die
desjenigen, der senkrecht zu den Stromlinien verläuft, soll zunächst
dieser einfachere Fall behandelt werden.
Der Verlauf der Geschwindigkeit sowie der Zustandsgrößen Druck P,
e
Dichte und Temperatur T in der Umgebung des Verdichtungs stoßes
ist in Abb. 3.40 schematisch dargestellt. In der Stoßlinie erfahren Druck
und Dichte eine Zunahme um
Llp = P2 - PI' (3,138)
Lle = e2 - el' (3,139)
während die Geschwindigkeit abnimmt um
Llw = Wl - w2 • (3,140)
3.6 Ebene transsonische Strömungen 205

Seien etwa die drei Größen vor dem Stoß PI' I?!, WI gegeben, so stehen
für die Ermittlung der drei entsprechenden Größen hinter dem Stoß
die folgenden drei Gleichungen zur Verfügung. Dabei wird die Annahme
gemacht, daß vor und hinter dem Stoß die adiabatische Zustands-
änderung gilt, aber nicht durch den Stoß hindurch.

Kontinuitäts-Gleichung: (h wl = Q2 w2 ' (3,141)


Impulssatz: PI + QI wi = P2 + Q2 w§, (3,142)

Energiesatz l : (3,143)

Es ist das Ziel der folgenden Rechnung, zunächst aus den drei GIn.
(3,141) bis (3,143) ,welche die sechs Größen PI' P2' QI' Q2' W I , W 2 ent-
halten, eine Gleichung für PI' P2' Ql' Q2 herzustellen. Dazu müssen
W I und w2 eliminiert werden. Aus Gl. (3,141) und (3,142) folgt nach
kurzer Zwischenrechnung :

oder
W
2
=V(!le2 LlP.
Ll (!
(3,144)

Die Elimination von w l und w 2 wird vollzogen, indem diese Ausdrücke


für W I und w 2 in GI. (3,143) eingesetzt werden. Nach längerer, aber ein-
facher Rechnung ergibt sich:

(3,145)

Dies ist die Gleichung von H. HUGONIOT [30]. Sie liefert den Zusammen-
hang zwischen dem Druckverhältnis und dem Dichteverhältnis vor
und hinter dem Stoß. Aufgelöst nach dem Druckverhältnis P2/Pl ergibt
sich:
(,,-1 ). ( -
e2- 1 ) +.2-
e2
el el (3,145 a)
(" + 1) - (" - 1) ~
el
Die numerische Auswertung dieser Gleichung ist in Abb. 3.41 angegeben.
Diese HUGoNIOT-Kurve besitzt eine Asymptote bei

( ~) =" + 1 = 5,93 (Luft).


el max " - 1

1 Diese in GI. (3,24) auch als BERNouLLI-Gleichung erhaltene Beziehung ent-


hält nicht die Voraussetzung der adiabatischen Zustandsänderung.
206 II!. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Für diesen Wert wird das Druckverhältnis P2/PI unendlich. Es kann


also durch einen senkrechten Verdichtungsstoß eine maximale Ver-
dichtung erreicht werden, die bei Luft höchstens das etwa Sechsfache
beträgt.
Durch elementare Rechnung läßt sich ferner zeigen, daß die HUGO-
NIOT-Gleichung (3,145) auch in der Form
Llp
Llp Pl+2
-=X (3,146)
Ll(.1 Ll(.1
(.11+2

geschrieben werden kann. Somit gilt für schwache Verdichtungsstöße,


d. i. L1 P -0>- 0, L1 e -0>- 0,
11J(J

50
"=f,~O J: ~P -,>( dd P_) = x~ = a~. (3,146a)
11 : LJ (.1 (.1 QI (.11
30
I
I
I Somit haben Adiabate und Hu-
20

t Hugoniot) V ), GONIOT-Kurve im Anfangspunkt


P2/ PI = e2! el = 1 die gleiche Tangente.
~<t 10
5
l? kAdiOb'rrte Schwache Verdichtungsstöße ver-
3
/ JI~~ f---
laufen also annähernd adiabatisch.
2 / ~l'(1 In Abb. 3.41 ist die Adiabate zum
~ ~i Vergleich mit eingetragen. Es tritt
2 7 10 erst bei recht starken Verdichtungs-
stößen eine merkliche Abweichung
Abb.3.41. Gleichung von HUGONIOT; Zusam-
der Adiabate von der HUGONIOT-
menhang des Druckverhältnisses P,/PI mit
dem Dichteverhältnis Q,/QI nach GI. (3,145 a),
Kurve ein.
gültig für den geraden und den schiefen Auch die Beziehung zwischen
Verdichtungsstoß
den Geschwindigkeiten vor und
hinter dem Stoß läßt sich noch leicht angeben. Aus GI. (3,144) folgt:
Llp
W1W2 = Lfe'
Da für "schwache" Stöße L1 p/L1 e = ai ist, hat man somit:
w 1 w 2 = ai· (3,147)
Es ist also das Produkt der Geschwindigkeiten vor und hinter dem
Stoß gleich dem Quadrat der Schallgeschwindigkeit vor dem Stoß.
Da w1 > a 1 ist, wird somit w 2 < a l . Man hat somit das Ergebnis, daß
für schwache senkrechte Verdichtungsstöße die Geschwindigkeit hinter
dem Stoß Unterschallgeschwindigkeit ist.
Führt man in GI. (3,143) noch die Größen des Ruhezustande3 (Kesselzustand)
Po, (.10 ein, indem man setzt

wi + _"_ .Jl = w~ + _"_ ~ = _"_ 1!.,


2 " - 1 (.11 2 " - 1 (.12 " - 1 (.10
3.6 Ebene transsonische Strömungen 207
dann findet man nach elementarer Rechnung aus den GIn. (3,141) bis (3,143) die
für alle Druckverhältnisse P2!Pl gültige Beziehung:
Po
= -2x
- - -- 2
= -- - aÖ = a*
2
(3,147 a)
W 1 ·W2
x +1 (10 x +1
Hierin ist a* nach Tab. 3,2 die kritische Schallgeschwindigkeit.

3.63 Der schiefe Verdichtungsstoß


Die Überschallströmung um eine flache Ecke, die in Kap. 3.52
näherungsweise behandelt wurde, hatte für die konvexe Ecke eine un-
stetige Verdichtung ergeben. Die entsprechende Strömung um eine
konvexe Ecke mit großem
Winkel ergab nach Kap. 3.51
in strenger Behandlung nach
PRA.NDTL-MEYER eine stetige
Verdünnung in dem Keilraum _711._1_ _ _ _ _-+-.,{
zwischen den beiden MAcHschen
Linien m1 und m 2 von Abb. 3.42a.
Wir wollen jetzt die ent-
sprechende Aufgabe für eine a TlJ1<TlJZ
Verdichtungsströmung um eine
konkave Ecke mit großer Um-
lenkung behandeln.
Bei der stetigen Verdünnungs-
strömung nach Abb. 3.42a diver-
gieren die MAcHschen Linien
stromabwärts, es liegt m 2 strom- TV1
abwärts von m 1 . Bei der Ver- - - - - - - t j , - r
dichtungsströmung an der kon-
kaven Ecke würde man bei
gleicher Konstruktion MAcHsche b TlJ1 >TlJz s~StoBlinie
Linien erhalten, die stromauf-
Abb. 3.42. überschallströmung an einer kon-
wärts divergieren, Abb. 3.42b. vexen und konkaven Ecke. a) Konvexe Ecke:
Dies ergibt aber ein physikalisch stetige Verdünnung zwischen den MAcHschen
Linien ml und m" b) konkave Ecke: unstetige
unmögliches Strömungsbild mit Verdichtung auf der "Stoßlinie" S
rückläufigen Stromlinien, die sich
durchsetzen. Statt dessen tritt in Wirklichkeit ein unstetiger Übergang
von der ankommenden zur abgehenden Strömung mit einem Verdich-
tungsstoß auf. Die Stoßlinie S liegt zwischen den MACH-Linien m1
und m 2 • Die Stoßlinie ist im allgemeinen nicht senkrecht zu den an-
kommenden und abgehenden Stromlinien. Es handelt sich also um
einen sog. schiefen Verdichtungsstoß. Wir wollen im folgenden den
schiefen Verdichtungsstoß in gleicher Weise mit elementaren Mitteln
208 111. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

(Impuls- und Energiesatz) behandeln wie im vorigen Abschnitt den


senkrechten Verdichtungsstoß.
Die Grundgleichungen. Der Winkel zwischen der Richtung der an-
kommenden Strömung und der Stoßlinie sei (J, Abb. 3.43. Der Ab-
lenkungswinkel sei 1} > o. Die Geschwindigkeitsvektoren tu 1 vor dem
Stoß und tu 2 hinter dem Stoß werden in die Komponenten senkrecht
und parallel zur Stoßlinie zerlegt:

s~"~//~7
r!..--------J" . . " "~n
. V ~/r:;;=--
~
I
. v~j
! .~~.-~",.
L _____ :..\;~~ .".

W////////////l///7//~ ___________ L_ .
S=Stoßlinie K=Kontrollfläche
Abb. 3.43. Schiefer Verdichtungsstoß ; Abb. 3.44. Zur Anwendung des Impulssatzes
Bezeichnungen beim schiefen Verdichtungsstoß

Für die Anwendung des Impulssatzes wird eine Kontrollfläche K nach


Abb.3.44 zugrunde gelegt, die aus je zwei Stromlinien und je einer
Parallelen zur Stoßlinie stromauf- und -abwärts von der Stoßlinie be-
steht. Der Impulssatz wird im vorliegenden Fall für die Richtungen
normal und tangential zur Stoßlinie angewendet. Damit liefern Kon-
tinuitätsgleichung, Impulssatz und Energiesatz das folgende Glei-
chungssystem in Analogie zu GI. (3,141) bis (3,143):
Kontinuitätsgleichung: ~3,148)

Impulssatz .L 8 : (3,149)
Impulssatz 118: (3,150)

·
E nerglesatz: 1(2
-2 Wl n + wlt2 ) +-,,-
"
- 1 -PI =
(l!
1(2
-2 w2n + w2t
2)+ - -" 1 -
pz.
,,- (!z

(3,151)
Aus GI. (3,148) und (3,150) folgt sofort:

(3,152)

Beim Durchgang durch die Stoßlinie bleibt also die zur Stoßlinie par-
allele Geschwindigkeitskomponente ungeändert. Somit besteht also zwi-
schen den Geschwindigkeitsvektoren tu 1 und tu z , dem Stoßwinkel (J
3.6 Ebene transsonische Strömungen 209

und dem Ablenkungswinkel {} der einfache geometrische Zusammen-


hang nach Abb. 3.45. Unter Berücksichtigung von GI. (3,152) reduziert
sich das Gleichungssystem (3,148) bis (3,151) auf:
f!lWl n = f!2 W 2n,

PI + f!l W~ n = P2 + f!2 W~ n , (3,153)


2
+
WI n
-2-
X PI _ W 2 n
x - I ~ - -2-
2
+
x-I
X P2
e;'
Das Gleichungssystem (3,153) ist iden-
tisch mit dem Gleichungssystem
(3,141) bis (3,143) des geraden Vet-
dichtungsstoßes, wenn man WIn, W2n
ersetzt durch W 1 , W 2 .
Hugoniot-Gleichung. Wir können
to,
deshalb die beim geraden Verdich-
Abb. 3.45. Geschwindigkeiten vor und hinter
tungsstoß ausgeführten Rechnungen, dem schiefen Verdichtungsstoß
die dort den Zusammenhang zwischen
PI' f!l und P2' f!2 lieferten (HuGoNIOT-Kurve), hier ungeändert über-
nehmen. Wir brauchen nur w1 , W 2 des senkrechten Verdichtungsstoßes
zu ersetzen durch WI n, W2 n des schiefen Verdichtungsstoßes . Auf diese
Weise erhält man an Stelle von GI. (3,144):

W -
In -
Vi ele2 L1 P
L1 e
und (3,154)

Hieraus folgt:
(3,155)

Somit gilt also für den schiefen Verdichtungsstoß die HUGoNIOT-Glei-


chung (3,145) unabhängig vom Ablenkungswinkel {}, vg1. Abb.3.41.
Ermittlung des Stoßwinkels. Der Zusammenhang zwischen den
Zustandsgrößen PI' f!l; P2' f!2 und den Winkeln a und {} ist das eigent-
lich Neue des schiefen Verdichtungsstoßesgegenüber dem geraden.
Nach dem" Geschwindigkeitsdreieck" in Abb. 3.45 ist:

tga=-'
Wl n
tg(a _ fJ) = W2n • (3,156a, b)
w, ' W,
Hieraus folgt:
tga
tg(a - 1Jo)

Ferner ergibt sich aus GI. (3,154):


L1e L1e
A
LJP = 9
IhWin- = 2'
f! l w1 sm 2 a - - ; - ' - , - -
e2 el + L1 e
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 14
210 Ur. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

Schließlich gilt GI. (3,146), die ja mit der HUGONIOT-Gleichung iden-


tisch ist, unverändert für den schiefen Verdichtungsstoß. Als Zusam-
menhang zwischen den beiden Winkeln (J und {) und den Größen vor
und hinter dem Stoß hat man somit die folgenden drei Gleichungen:
Llp
Llp Pl+T
- = X -----:--
Lle 1+~ ,
2
(3,157)
L1 P = (?! wi sin 2 a _ _
Lle=--c-_
el + Ll e '
tga
tg(a -lJ.) .

Diese drei Gleichungen enthalten sie ben Größen:


el' PI> wI ' L1 e, L1 P, (J, {).

Das Gleichungssystem (3,157) kann benutzt werden, um bei Vorgabe


von vier Größen die übrigen drei Größen zu ermitteln. Dabei sind die
vorgegebenen vier Größen bestimmt durch den Strömungszustand vor
dem Stoß PI' el' w1 und durch eine der drei Größen L1 P, L1 e, {). So mit
ergeben sich folgende drei verschiedenen Aufgaben:

Aufgabe Gegeben: 4 Größen Gesuch t: 3 Größen


Kr.

(1) Pl' el> W1; Ll P a,{},Lle


(2) Pl> el> W l ; Ll e a, {}, L1p
(3) Pi> el' W1; {} a,Lle,L1p

Praktisch am wichtigsten ist die dritte Aufgabe, da bei dieser außer


dem Strömungszustand vor dem Stoß die geometrische Größe des Ab-
lenkungswinkels {) mit vorgegeben ist. Wir werden im folgenden Ab-
schnitt lediglich die Lösung dieser dritten Aufgabe nach einem von
A. BUSEMANN [29] angegebenen graphischen Verfahren näher behan-
deln (Stoßpolaren-Diagramm).
Geschwindigkeit vor und hinter dem Stoß. An Stelle der GI. (3,147a)
des geraden Verdichtungsstoßes (wt = 0) tritt beim schiefen Verdich-
tungsstoß die Gleichung
(3,158)
Dabei ist
a *2 = -
2"- -Po= - -
2 a2 (3,159)
eo"+1" +1 0
die zum Kesselzustand Po, eo gehörige kritische Schallgeschwindigkeit,
Tab. 3.2. GI. (3,158) wird aus den angegebenen Beziehungen durch eine
längere elementare Rechnung erhalten.
3.6 Ebene transsonische Strömungen 211
3.64 Das Stoßpolaren-Diagramm
Dieses von A. BusEMANN angegebene Diagramm dient dazu, in ein-
facher Weise bei gegebener Geschwindigkeit ttJ 1 vor dem Stoß und
gegebenen Werten von PI und (11 zu vorgegebenem Ablenkungswinkel {}
den Betrag der Geschwindigkeit ttJ 2 hinter dem Stoß zu ermitteln. Da-
mit wird dann nach Abb. 3.45 auch der Stoßwinkel a erhalten. Die
weiteren Größen, nämlich LI P und LI (I, erhält man dann aus GI. (3,157).
Zur Ermittlung von ttJ 2 wer-
den nach Abb. 3.46 in der u, v- v
Ebene von 0 aus die vorgegebene
Geschwindigkeit ttJ 1 vor dem
Stoß und die zu verschiedenen
Ablenkungswinkeln {} gehörigen
Geschwindigkeiten ttJ 2 hinter dem
Stoß aufgetragen. Die von den
u
Endpunkten des Vektors ttJ 2 er-
zeugte Kurve soll als die zu ttJ 1
gehörige Stoßpolare bezeichnet k-------~--------~

werden.
Abb. 3.46. Stoßpolaren·Diagramm nach BUSE-
Zunächst ist nach Abb. 3.46 MANN; Bezeichnungen

die Beziehung zwischen ttJ 1 und ItJ 2


erfüllt, die nach Abb. 3.45 erforderlich ist, und die den Stoßwinkel a
ergibt. Ferner liest man aus Abb. 3.46 mit w 1 = u 1 die folgenden
Beziehungen ab:
(3,160)

(3,161)

Die analytische Gleichung der Stoßpolaren erhält man, wenn man die
Gln. (3,160) und (3,161) in GI. (3,158) einsetzt und dabei sina und cosa
durch tga ausdrückt, in der Form:

uj tg 2 a *2 " - 1 uj
1 + tg 2 a - u 1 v 2 tg a = a -" + 1 1 + tg 2 a

Da ferner tga = (u 1 - U 2 )/V 2 ist, erhält man nach einfacher Zwischen-


rechnung:

(3,162)

Dies ist die Gleichung der Stoßpolaren in den Koordinaten U 2 ' v 2 des
Punktes P 2' welcher den Endpunkt des Vektors ttJ 2 darstellt. Die
Gleichung der Stoßpolaren ist bestimmt durch die beiden Kon-
14*
212 ur. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

stanten u l und a*, d. h. durch die Geschwindigkeit vor dem Stoß und
durch die nur vom Kesselzustand abhängige Schallgeschwindigkeit a*
nach GI. (3,159). Die Gleichung der Stoßpolare nach GI. (3,162) ist die
Gleichung einer Strophoide (CARTEslsches Blatt).
Aus GI. (3,162) liest man folgende Beziehungen ab, die in Abb. 3.47
eingetragen sind:
V2 = 0: 1) für U2,I = UI = OP I ,

2) für
Somit gilt

Es sind also die beiden Schnittpunkte der Stoß polaren mit der u-Achse,
d. i. U2, I und U2, II , reziprok bezüglich des Kreises w = a* um O. Dieser
Kreis teilt demnach die Stoß~
polare in zwei Teile, denen
v Verdichtungsstöße mit Un-
__ ,:!cha/Igrenze ter- und Überschallgeschwin-
.................... ,
digkeit \tJ 2 hinter dem Stoß
"
'1",--_ entsprechen. Dem Punkt Q
\ entspricht der senkrechte Ver-
dichtungsstoß ; bei diesem ist
u die Geschwindigkeit hinter
dem Stoß kleiner als die
Schallgesch windigkeit, was
bereits in GI. (3,147a) erhal-
ten wurde.
Beim schiefen Verdich-
tungsstoß (Ablenkungswin-
kel ß) tritt von den beiden
Abb. 3.47. Physikalische Deutung der Stoßpolaren möglichen Schnittpunkten
mit der Stoßpolare in Wirk-
lichkeit derjenige ein, welcher der größeren Geschwindigkeit hinter
dem Stoß entspricht. Es herrscht also Überschallgeschwindigkeit hinter
dem Stoß.
Der Punkt PI der Stoßpolaren ist der Doppelpunkt des CARTESI-
sehen Blattes; die Fortsetzung über den Doppelpunkt hinaus zur
Asymptote hin hat keine physikalische Bedeutung. Für den Grenzfall
einer sehr kleinen Ablenkung, P 2 -» PI' ergibt sich die unendlich
kleine adiabatische Verdichtung, wie sie bei der Strömung um eine
flache konkave Ecke in Kap. 3.52 behandelt wurde. Hierbei geht der
Stoßwinkel Cf in den MACH-Winkel # über. Die Tangente im Doppel-
3.6 Ebene transsonische Strömungen 213

punkt der Stoßpolaren bildet deswegen mit der u-Achse den Winkel
:n:/2 - fl (Abb.3.47). Es gilt somit
a> fl. (3,163)

Der Stoßwinkel a ist somit immer größer als der MAcHsche Winkel fl.
Kritischer Ablenkungswinkel. Der kritische Ablenkungswinkel {}E ist
derjenige Winkel, den die Tangente von 0 an die Stoßpolare mit der
u-Achse bildet, Abb.3.47. Für {} < {}E gibt
es zwei Schnittpunkte, aber für {} > {}E
keinen Schnittpunkt. Der letztere Fall liegt
vor bei einem sehr stumpfen Hindernis
(Abb. 3.48b). Hier kann die Ablenkung nicht
mehr durch einen von der Ecke E des Hin-
dernisses ausgehenden Verdichtungsstoß er-
I
a
folgen. Es bildet sich in diesem Fall in einem
gewissen Abstand vor dem Körper ein Ver-
dichtungsstoß mit gekrümmter Front aus
(sog. abgelöster Verdichtungsstoß).
Vollständige Stoßpolarendiagramme fin-
det man u. a. in [3] und [5].

3.65 Von Karmansches Ähnlichkeitsgesetz


b
Eine analytische Berechnung der trans-
sonischen Strömung mit Verdichtungsstößen
ist bisher noch kaum gelungen. Dies dürfte
z. T. dadurch begründet sein, daß die Aus-
bildung der Verdichtungsstöße von der
Grenzschicht her maßgeblich beeinflußt wird.
Dies erkennt man z. B. daraus, daß der Cha-
rakter der Verdichtungsstöße wesentlich ver-
schieden ist bei laminarer und turbulenter C

Strömung in der Grenzschicht (vgl. Ka p.4. 96).


Eine theoretische Berechnung der Verdich-
tungsstöße wird deshalb wohl nur auf der
Abb. 3.48. Anliegender und ab-
Basis der kompressiblen Strömung mit Rei- gelöster Verdiehtungsstoß.
a) Keil, {J < (JE' Stoß anliegend,
bung möglich sein. b) Keil, {J > (JE' Stoß abgelöst,
Für Strömungen mit MAcHschen Zahlen e) Halbkörper, Stoß abgelöst
nahe Eins, bei denen häufig ein stetiger
Durchgang durch die Schallgeschwindigkeit stattfindet, ist von
Tn. v. KARMAN [53] ein allgemeines Theorem angegeben worden, das
insbesondere für die Ordnung von Versuchsergebnissen sehr wertvoll
ist. Dieses Ähnlichkeitsgesetz für transsonische Strömung ist verwandt
14a
214 III. Kompressiblereibungslose Strömungen (Gasdynamik)

mit der PRANDTL-GLAUERTSchen Theorie der Unterschallströmung und


der ACKERETschen linearen Theorie der Überschallströmung. Es wird
erhalten aus der Potentialgleichung der kompressiblen Strömung,
GI. (3,61), wenn man dort die Vereinfachungen einführt, die sich daraus
ergeben, daß die MAcH-Zahl nahezu gleich Eins ist. Ohne auf die Ab-
leitungen einzugehen, seien hier nur die Ergebnisse angegeben:
Zwischen der Druckverteilung und dem Widerstandsbeiwert von
Tragflügelprofilen von verschiedenem Dickenverhältnis dll und bei ver-
schiedenen schallnahen MAcHschen Zahlen bestehen die folgenden Be-
ziehungen. Für den Druckkoeffizienten cp = (p - Poo) ~ w~ gilt:
I 2
!
d ) (d/I)2}3 _ (X . )
cp ( ~; T' Ma oo = (Ie + 1)1}3 c p T' m oo (3,164)

und für den Widerstands beiwert :

(3,165)

Dabei bedeutet
(3,166)

Wir bezeichnen dabei cp als reduzierten Druckbeiwert und Cw als


reduzierten Widerstandsbeiwert. Eine eingehende experimentelle Nach-
prüfung dieses Ähnlichkeitsgesetzes nach GI. (3,164) bis GI. (3,166)
wurde von L. MALAVARD [52] ausgeführt.
In Abb. 3.49 ist für ein symmetrisches bikonvexes Profil bei sym-
metrischer Anströmung die Geschwindigkeitsverteilung auf der Kon-
tur w/aoo (= örtliche MAcHsche Zahl) für verschiedene MAcHsche Zahlen
der Anströmung Maoo dargestellt, die zwischen Maoo = 0,775 und 1,00
liegen. Bei den kleineren MAcHschen Zahlen ist die Geschwindigkeits-
verteilung noch vom Typus der inkompressiblen Strömung, vgl.
Abb. 3.37a, während bei den MACH-Zahlen sehr nahe Eins der Typus
der Überschallströmung (Abb.3.37e) vorliegt. Die gemäß GI. (3,164)
errechneten reduzierten Druckbeiwerte für gleichartige Messungen an
Profilen der Dicke di'l = 0,06, 0,08, 0,10, 0,12 sind in Abb. 3.50 für ver-
schiedene Werte von moo dargestellt. Durch das Zusammenfallen der
cp-Kurven für verschiedene Werte dll wird die Gültigkeit des v. KAR-
MANschen Ähnlichkeitsgesetzes sehr gut bestätigt.
Des weiteren gibt Abb. 3.51 eine Auswahl von Widerstandsmessun-
gen an Profilen von verschiedener Dicke. Die Auftragung des Wider-
standsbeiwertes Cw über der MAcH-Zahl in Abb. 3.51 a zeigt den bekann-
ten starken Widerstandsanstieg in der Nähe von M a oo = 1 und überdies
3.6 Ebene transsonische Strömungen 215

1,*
Ha _ Woo
oo-a oo
1,3

1,2 t---_f_--t--_f_-~$"',.....oq-----'\___\_f____\_-+\_-_\t_---'__'_.j Ha"" =


1,000
0,985
1,1
0,970
!8 1,0
1
0.950
0.930
~'" 0,915
0,895
0,9 ~r.::-'r-7r 0,880

.!/'+
0.860
0.840
q8 , 0.820
0.800
0.775

0,7
d

-
'2
Woo 0 0,1 0,2 0,3 q* 0,5 q6 0,7 q8 0,9 1,0
x
T-
Abb. 3.49. Geschwindigkeitsverteilung an einem symmetrischen Profil der relativen Dicke
dll = 0,08 im transsonischen Geschwindigkeitsbereich. Nach Messungen von L. MALAVARD [52]

-*
*'
3
Imoo'=o 1
V \ \
-3
moo=-0,6 Je K\ I
.,/ ..
\
Ha oo =11
I "'~ I\..
\

r
! '
}. 1<.,~ J I
I~ 2 lJf i
I
\ I 1
!
-1
i/I i \ lL ~ I

o o
1 .

Vi I

I
I
I J i ~
'0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 q7 q8 0,9 1,0 '0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 q8 0,9 1,0
L_
i 7-
-4
-3
imoo =-0,3 A .
" ~
4
moo~-1 _L
<.,"'--2 1 / I b~\ -'~ ""'-.. ........ i I
L 1/
~
,JI1 'a"...
1 ! I \ ., ~" "
,',
1
11 1 I
'0
V r~
~
o
0

,
%'! 1
... I 0,1 ~
1
o 0,1 0,20,3 O,f/. 0,5 q6 q7 0,8 0,9 1,0 0,2 q3 0,4 q5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
.!f._ L_
l i

Abb.3.50. Reduzierter dimensionsloser Druckbeiwertl c p nach (GI. 3,164) im transsonischen


Geschwindigkeitsbereich für symmetrische Profile von verschiedenem Dickenverhältnis dll und
bei verschiedenen Werten von moo nach GI. (3,166). Nach Messungen von L. MALAVARD [52]

14a*
216 Irr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

das starke Anwachsen mit dem Dickenverhältnis dll. Die Auftragung


des reduzierten Widerstands beiwertes Cw in Abhängigkeit von mco
nach GI. (3,165) in Abb. 3.51 b zeigt ein befriedigendes Zusammen-
fallen der Kurven für verschiedene dll, womit auch das Ähnlichkeits-
gesetz des Widerstandsbeiwertes bestätigt wird.

lJ,2_
10 5
r r--. l '
~ \I-.
08 4
j
r::: r".
4-=0,12 V/I
11 11f 0,10 0,10tJ VI

-
0
008 7/h
77 ,I' r- 008 os! '1/
r7 II I1 If!.
) J I I r-~oo
VIJ
IA w
0,02 1
r7 f7 Il V

~V o -~~
~
~
0 '0-
0,8 0,9 1,0
-1,2 -1,0 -0,8 -0,6 -0,* -0,2 0 0,2 0,* 0,0 0.6 l,Q
1,2
a Ma no - - b moo-
Abb.3.51. Widerstandsmessnngen an symmetrischen Profilen im transsonischen Geschwindig-
keitsbereich nach L. MALAVARD [52]. a) Widerstandsbeiwert Cw in Abhängigkeit von der
MAcHschen Zahl Maoo für symmetrische Profile von verschiedenem Dickenverhältnis i/I,
b) reduzierter Widerstandsbeiwert Cw nach GI. (3,165) in Abhängigkeit von der reduzierten
MAcHschen Zahl moo für symmetrische Profile von verschiedenem Dickenverhältnis dll

Für den Sonderfall Maco = 1 (Schallansträmung) ist nach GI. (3,166)


moo = o. Damit folgt aus GI. (3,164) unmittelbar, daß in diesem ]'all
der Druckbeiwert cp proportional zu (dll)2/3 und der Widerstandsbeiwert
proportional zu (dll)5/3 ist. Bezüglich der Abhängigkeit vom Dicken-
2,0

1,5

t
~1~1,0
"I~
:}(.Jtl. <.><'>

0,5

0 0,5 dz 1,0
_ 1,5 2,0 0 1,0 1,5 2,0
a
d,
b !!.z._
d,
Abb. 3.52. Vergleich des V. KARlIIANschen .Ähnlichkeitsgesetzes für transsonische Strömung
(ausgezogene Kurven) mit der linearen Theorie der Unterschall- und tJberschal1strömung für
zwei Profile mit den Dicken d, und d2 • a) Druckbeiwert, b) Widerstandsbeiwert (nur für
tJberschaliströmung)
3.6 Ebene transsonische Strömungen 217
verhältnis gilt, daß nach der linearen Theorie im Unter- und Uberschall-
bereich cp proportional zu djl ist, und daß im Uberschallbereich Cw pro-
portional zu (djl)2 ist. Die Gegenüberstellung dieser linearen Theorie mit
dem v. KARMANschen Ähnlichkeitsgesetz ist für zwei Profile mit den
Dicken d 1 und d2 in Ab b. 3.52 a für den Druckbeiwert und in Ab b. 3.52 b
für den Widerstandsbeiwert dargestellt.

Literatur
A. Zusammenfassende Darstellungen und Lehrbücher
[1] ACRERET, J.: Gasdynamik. Beitrag zum Handbuch der Physik. Bd. VII.
Herausgegeben von H. Geiger u. K. Scheel. Berlin 1927.
[2] BusEMANN, A.: Gasdynamik. Beitrag zum Handbuch der Experimental-
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[3] SAUER, R. : Theoretische Einführung in die Gasdynamik. Berlin 1943. 2. Aufl.
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[5] OSWATITSCH, K.: Gasdynamik. Wien: Springer 1952.
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Bd. VI, High Speed Aerodynamies and Jet Propulsion. Princeton: Univer-
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[8] SHAPIRO, A. H.: The dynamics and thermodynamics of compressible fluid
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[10] PRANDTL, L.: Führer durch die Strömungslehre, Kap. IV, Braunschweig 1949.
[11] TAYLOR, G. 1., u. J. W. MACOLL: The Mechanies of Compressible Fluids. Bei-
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[12] Bericht über den Volta Kongreß über Hochgeschwindigkeits-Aerodynamik:
Convegno di Scienze fisiche, mathematiche e naturali, Thema: Le alte velo-
cita in aviazione. 30. Sept. bis 6. Okt. 1935. Rom 1936.
[13] Göttinger Monographien über Fortschritte der deutschen Luftfahrtforschung
seit 1939, im Auftrage des britischen Ministry of Supply verfaßt bei der A VA
Göttingen, 1945j46. Monographie C "Kompressible Strömungen", redigiert
von W. TOLLMIEN, mit den folgenden Beiträgen:
Cl: K.OSWATITSCH: Grundbegriffe und allgemeine Sätze.
C 2: W. ROTHSTEIN: Nichtstationäre kompressible Strömungen.
C 3: E. KRAHN: Stationäre Unterschallströmungen.
C 4: M. SCHÄFER, W. TOLLMIEN. K.OSWATITSCH: Stationäre Überschall-
strömungen.
C 5: W. WUEST, O. WALCHNER: Geschosse.
C 6: W. TOLLMIEN, H. LUDWIEG: Durchgang durch die Schallgeschwindig-
keit.
[14] GUDERLEY, K. G.: Theorie schallnaher Strömungen. BerlinjGöttingenjHei-
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[16] WARD, G. N.: Linearized Theorie of Steady Highspeed Flow. Cambridge;
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218 IIr. Kompressible reibungslose Strömungen (Gasdynamik)

[17] DORFNER, K. R.: Dreidimensionale Überschallprobleme der Gasdynamik.


Ergebnisse der angewandten Mathematik, Heft 3. BerlinjGöttingenjHeidel.
berg; Springer, 1957.
[18] LIEPMANN, H. W., u. A. RosHKo,: Elements of Gasdynamies. New York;
John Wiley, 1956.
[19] CARAFOLI, E.: High Speed Aerodynamics (Compressible flow). Bukarest 1956.
[20] BON~Ey,A.; Engineering Supersonics Aerodynamics. New YorkjTorontoj
London; McGraw·Hill, 1950.

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determine par des differences de pressions considerables. J. de l'Ecole polyt.,
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eines Prandtl·Rohres bei Strömungen mit Unterschallgeschwindigkeit. Jb.
1938 deutschen Luftfahrtforschung S. l, 578-582.
[23] JANZEN, 0.: Beitrag zu einer Theorie der stationären Strömung kompres.
sibler Flüssigkeiten. Phys. Z. Bd. 14 (1913) S. 639.
[24] Lord RAYLEIGH: On the flow of compressible fluid past an obstacle. Phil.
Mag. Bd. 32 (1916) S. 1 = "Scient. Papers" Bd. 6, S.402. .
[25] MEYER, TH.: Über zweidimensionale Bewegungsvorgänge in einem Gas, das
mit Überschallgeschwindigkeit strömt. Diss. Göttingen 1907, VDl For-
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Gase und Dämpfe. Phys. Z. Bd. 8 (1907) S. 23-30.
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4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 219
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[46] LIEPMANN, H. W.: The interaction of boundary layer and shock waves in
transonic flow. J. Aeronaut. Sei. Bd. 13 (1946) S. 623-638.
[47] RIEMANN, B.: Über die Fortpflanzung ebener Druckwellen von endlicher
Schwingungsweite. Abh. Ges. Wiss. Göttingen, Math. Phys. Kl. Bd. 8
(1860) S.43. - Gesammelte Werke, Leipzig 1876, S. 144. - Siehe auch
RIEMANN-WEBER: Die partiellen Differentialgleichungen der mathemati-
schen Physik. Bd. 2, 6 Aufl., S. 503. Braunschweig 1919.
[48] BETZ, A., U. E. KRAHN: Berechnung von Unterschallströmungen kompres-
sibler Flüssigkeiten und Profile. Ing.-Arch. Bd. 17 (1949) S. 403-417.
[49] FERR!, A.: Atti di Guidonia. Nr. 17 (1939).
[50] FARREN, W. S.: The Aerodynamic Art. J. Roy. Aeronaut. Soc. Bd. 60 (1956)
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[51] QUICK, A. W.: Strömungsmechanische Probleme des Überschallfluges.
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[52J MALAVARD, L.: Etude des ecoulements transsonique. Controle experimental
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[53] V. KARMAN, TH.: The similarity law of transsonic flow. J. Math. Physics
Bd.26 (1947) S. 182ff.

IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)


4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung
4.11 Allgemeines
Nachdem in Kap. II und III die Grundgesetze der Strömung einer
reibungslosen Flüssigkeit behandelt worden sind, sollen jetzt in diesem
Kapitel die Strömungsgesetze einer reibungsbehafteten (zähen) Flüssig-
keit besprochen werden. Bei den Strömungen einer reibungslosen Flüssig-
220 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

keit treten zwischen den sich berührenden Schichten nur Normal-


kräfte (Drücke) auf, bei der zähen Flüssigkeit dagegen auch Tangential-
kräfte (Schubspannungen). Diese Reibungskräfte bewirken ein Haften
der Flüssigkeit an den beströmten Wänden, d. h., es ist bei allen Strö-
mungen einer zähen Flüssigkeit an den beströmten Wänden nicht nur
die Normalkomponente der Geschwindigkeit gleich Null, sondern
auch die Tangentialkomponente der Geschwindigkeit (Haftbedingung) ,
Abb. 2.17, Fall b. Vom theoretischen Standpunkt aus bedeutet die Hin-
zunahme der Reibungskräfte eine sehr erhebliche Erschwerung. Aus
diesem Grunde ist die Theorie der reibungslosen Flüssigkeitsbewegungen
zu wesentlich größerer Vollkommenheit entwickelt worden als die der
reibungsbehafteten Flüssigkeit. Wir werden uns deshalb bei der Be-
sprechung der Strömungen mit Reibung wesentlich stärker auf experi-
mentelle Ergebnisse stützen müssen als bisher.
Zur Vereinfachung wollen wir ferner zunächst eine inkompressible,
reibungsbehaftete Flüssigkeit zugrunde legen. Den vom theoretischen
Standpunkt aus besonders schwierigen Fall einer kompressiblen, zähen
Flüssigkeit werden wir gegen Ende dieses Kapitels kurz berühren.
Wegen einer eingehenderen Darstellung dieses Teilgebietes der
Strömungslehre sei auf Spezialwerke verwiesen [1], [2], [3], [4].

4.12 Newtonsches Reibungsgesetz


Das Wesen der Zähigkeitskräfte tritt am einfachsten in Erschei-
nung bei der bereits in Kap. I behandelten Strömung zwischen zwei
parallelen ebenen Wänden, von denen die eine ruht, während die andere
sich in ihrer eigenen Ebene mit konstanter Geschwindigkeit bewegt
(Abb. 1.3). Bei dieser einfachen Scherströmung (COUETTE-Strömung)
stellt sich wegen der Haftbedingung an den beiden Wänden eine lineare
Geschwindigkeitsverteilung u(y) = U yjh ein, und es wirkt an beiden
Wänden und in der Flüssigkeit an jedem wandparallelen Flächen-
element in der Strömungsrichtung eine Reibungskraft pro Flächenein-
heit (Schubspannung) vom Betrage, vgI. (GI. 1,24),
du
T = fla:y. (4,1)

Hierbei ist duld y = Ulh der konstante Geschwindigkeitsgradient und


fl die dynamische Zähigkeit, deren Zahlenwerte für Luft und Wasser
bereits in Tab. 1.2 angegeben wurden. GI. (4,1) stellt das Newtonsche
Reibungsgesetz dar; es ist ein rein empirisches Gesetz, das für Luft und
Wasser durch die Erfahrung ausgezeichnet bestätigt wird.

4.13 Reynoldssches Ähnlichkeitsgesetz


Der Ablauf der Strömung einer inkompressiblen, zähen Flüssigkeit
wird beherrscht durch das Reynoldssche Ähnlichkeitsgesetz, das ebenfalls
4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 221

bereits in Kap. 1.3 erläutert wurde. Dieses besagt, daß für verschiedene
strömende Medien bei verschieden großer Geschwindigkeit und bei
verschieden großen, aber geometrisch ähnlichen Körpern die Strömung
mechanisch ähnlich verläuft, d. h. mit geometrisch ähnlichen Strom-
linienbildern, wenn die REYNoLDssche Zahl Re gleich ist:

Re
e Vl
= - - = -Vl = const. (4,2)
ft v

Dabei bedeutet l eine charakteristische Länge des Körpers, V eine


charakteristische Geschwindigkeit und 'jJ = ""fe die kinematische Zähig-
keit (e = Dichte). Zahlenwerte von e und 'jJ für Luft und Wasser
wurden bereits in Tab. 1.2 angegeben. Die REYNoLDssche Zahl kann
physikalisch aufgefaßt werden als das Verhältnis der Trägheitskräfte
zu den Reibungskräften. Kleine REYNoLDssche Zahlen bedeuten Strö-
mungen mit Überwiegen der Reibungskräfte, große REYNoLDssche
Zahlen solche mit Überwiegen der Trägheitskräfte. Der erstere Fall
(Re sehr klein) liegt vor bei sehr kleinen Abmessungen oder sehr kleinen
Geschwindigkeiten und großer kinematischer Zähigkeit, wie z. B. beim
Fallen eines Nebeltröpfchens oder im Schmierfilm zwischen Zapfen
und Lager einer sich drehenden Welle (schleichende Bewegung). Bei den
meisten technischen Anwendungen, insbesondere auch bei den flug-
technischen Problemen, liegt meist der andere Grenzfall der sehr großen
REYNoLDs-Zahl vor, weil für die technisch wichtigsten Flüssigkeiten
Luft und Wasser die kinematische Zähigkeit 'jJ sehr klein ist und die
Abmessungen und Geschwindigkeiten meist ziemlich groß sind!.
In diesem Fall beschränkt sich bei umströmten Körpern der Ein-
fluß der Zähigkeit, wie wir später noch näher sehen werden, auf eine
dünne Schicht in der Nähe der umströmten Oberflächen und auf einen
schmalen Nachlauf hinter dem Körper (Grenzschicht oder Reibungs-
schicht), während die übrige Strömung im wesentlichen reibungslos
verläuft.
Der Einfluß der REYNoLDsschen Zahl auf die Umströmung eines
Körpers ist in vielen Fällen sehr groß. Als Beispiel hierfür zeigt Abb. 4.1
die Strömung um einen Kreiszylinder bei verschiedenen REYNOLDS-
sehen Zahlen. Die Nachlaufströmung hinter dem Zylinder verläuft bei
kleinen REYNoLDsschen Zahlen in wohlgeordneten parallelen Schichten;
man nennt diese Strömung laminar. Bei größeren REYNoLDsschen
Zahlen bilden sich hinter dem Körper zunächst regelmäßige Wirbel-

1 Für den Tragflügel eines Flugzeuges mit einer Flügeltiefe von l = 2 m


ist bei einer Fluggeschwindigkeit von V = 500 kmjh ~ 140 mjs in Bodennähe
(" = 15· lO-6 m 2js) die REYNoLDssche Zahl

Vl 140· 2 7
Re = ----;- = 15.10- 6 ~ 2·10 .
222 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

anordnungen aus, die man als Karmansche Wirbelstraße bezeichnet.


Mit wachsender REYNoLDs-Zahl bilden sich im Nachlauf unregelmäßige
Querbewegungen stärker aus, die eine starke Durchmischung der
benachbarten Schichten verursachen. Man nennt diese Strömung tur-
bulent. Die hier für den Kreiszylinder aufgezeigte Tendenz, daß mit
wachsender REYNoLDs-Zahl die Strömung von einer wohlgeordneten
Schichtenströmung (laminar) in eine mehr ungeordnete durchwirbelte
Strömung (turbulent) übergeht, ist von allgemeiner Gültigkeit und wird
im folgenden noch des öfteren erörtert werden. Das in GI. (4,1) an-

' f~ _ ______ -- __ _ ' -

a) Re = 32 b) Re = 55

c) Re = 65 d) Re = 71

e) Re = 102 f) Re = 161

g) Re = 225 h) Re = 281
Abb.4.1. Einfluß der REYNOLDSSchen Zahl auf die Strömnng um einen Kreiszylinder.
übergang von der laminaren Strömung zur Wirbelstraße, nach ROMANI' [7J

gegebene NEwToNsche Reibungsgesetz hat nur für laminare Strömung


Gültigkeit. Für turbulente Strömung tritt an seine Stelle ein anderes
Gesetz, vgI. Kap. 4.6.

4.14 Laminare Rohrströmung


Einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Strömungsgesetze
einer zähen Flüssigkeit hat die eingehende experimentelle Untersuchung
der Rohr- und Kanalströmung geliefert, die teilweise schon im vorigen
Jahrhundert ausgeführt wurde. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse
haben auch für das Umströmungsproblem, das für die Flugtechnik
4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 223

hauptsächlich interessiert, große Bedeutung erlangt. Aus diesem Grunde


möge hier über die Rohrströmung einiges berichtet werden.
Die laminare Strömung durch ein Rohr von kreisförmigem Quer-
schnitt ist nach G. HAGEN [5] und J. POISEUILLE [6] einer einfachen
theoretischen Behandlung zugänglich, wobei das NEWToNsche Rei-
bungsgesetz nach GI. (4,1) Anwendung findet. In genügender Ent-
fernung vom Einlauf ist die Geschwindigkeitsverteilung über dem
Radius unabhängig von der Koordinate in der Längsrichtung. Nach
Abb. 4.2 ist wegen des Haftens die Geschwindigkeit an der Rohrwand
gleich Null und in der Rohrmitte am größten, während sie auf den zur
Rohrachse konzentrischen Zylindern konstant ist. Bei der laminaren
Strömung gleiten die einzelnen zylindrischen Schichten nebeneinander
her. Die Flüssigkeit wird durch ein Druckgefälle in Richtung der Rohr-
achse durch das Rohr getrieben, während die Schubspannung zwischen
den einzelnen zylindrischen Schichten die Bewegung zu hemmen sucht.

Abb.4.2. Laminare Rohrströmung

Da Trägheitskräfte nicht vorhanden sind, bestimmt das Kräftegleich-


gewicht zwischen den Druckkräften und den Reibungskräften den Ab-
lauf der Bewegung. Für einen Flüssigkeitszylinder von der Länge L
und dem Radius r nach Abb. 4.2 liefert die Druckdifferenz an den beiden
Endflächen in Richtung der Rohrachse die Kraft (PI - P2) 7t r2 und die
Schubspannung am Zylindermantel die Kraft 2 7tr Li. Durch Gleich-
setzen dieser beiden Kräfte ergibt sich:

i = PI - P2 r
L 2· (4,3)

Führt man hier nach dem NEwTONsehen Reibungsgesetz, GI. (4,1),


i = - fl du/dr ein, so ergibt die Integration unter Berücksichtigung
der Haftbedingung u = 0 für r = R:

(4,4)

Hiernach ist die Geschwindigkeit parabolisch über den Radius ver-


teilt (Abb. 4.2). Die Maximalgeschwindigkeit in der Rohrmitte (r = 0)
224 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

ist U = p~: 1 R2.


2 Die gesamte Durchflußmenge Q durch den
Rohrquerschnitt ist

J
R
1 nR4
Q = 2n u(r) rdr = 2 nR2 U = SflL (PI - P2)' (4,5)
o
Dies ist das HAGEN-POISEUILLEsche Durchflußgesetz für die laminare
Rohrströmung. Die Durchflußmenge ist hiernach proportional der
ersten Potenz des Druckabfalles pro Längeneinheit (PI - P2)/L. Führt
man noch die mittlere Durchströmgeschwindigkeit über den Rohr-
querschnitt u = Q/:rt R2 und den Druckgradienten in Richtung der
Rohrachse - dp(d x = (PI -- P2)(L ein, so kann GI. (4,5) auch geschrie-
ben werden in der Form:

(4,6)

Den Zusammenhang zwischen Druckgefälle und mittlerer Durchfluß-


geschwindigkeit pflegt man in der Hydraulik durch eine dimensionslose
Rohrwiderstandszahl A auszudrücken. Diese wird so definiert, daß man
den Druckabfall proportional setzt dem Staudruck der mittleren Durch-
flußgeschwindigkeit nach der Gleichung
PI-P2 =~~U2 (4,7)1
L D 2 '
wobei D = 2 R den Rohrdurchmesser bedeutet. Setzt man den Aus-
druck für (PI - P2)/L nach GI. (4,6) in GI. (4,7) ein, so erhält man

A-~4.
- Re' (4,8)
wobei
Re= (!uD = uD (4,9)
fl v

die auf den Rohrdurchmesser und die mittlere Durchflußgeschwindig-


keit bezogene REYNoLDssche Zahl des Rohres bedeutet.
Die durch GI. (4,4), (4,5) und (4,8) beschriebene Strömung ist nach
Messungen nur vorhanden bis zu mäßig großen REYNoLDs-Zahlen,
und zwar bis etwa Re """ 2300. Man nennt

Rekrit = (-UD) . = 2300


v knt
die kritische Reynoldssche Zahl der Rohrströmung. Für Re< Rekrit ist
GI. (4,8) jedoch in vorzüglicher Übereinstimmung mit Versuchs-

1 Dieses quadratische Widerstandsgesetz, bei welchem dp/dx '" ü: 2 gesetzt


wird, ist der turbulenten Rohrströmung angepaßt. Man behält es aber auch für
die laminare Rohrströmung bei, obgleich hier nach GI. (4,6) dp/dx '" u ist. Dann
wird natürlich A für die laminare Rohrströmung keine Konstante.
4,1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 225
ergebnissen, wie das Widerstandsgesetz Kurve (1) in Abb. 4.3 zeigt.
Bei größeren REYNoLDsschen Zahlen wird der Charakter der Strömung
ein völlig anderer, wie zuerst O. REYNOLDS [8] mit Hilfe von Farb-
fadenversuchen gezeigt hat.
Der Druckabfall ist oberhalb der kritischen REYNoLDsschen Zahl
nicht mehr proportional der ersten Potenz der Geschwindigkeit, sondern
näherungs weise proportional der zweiten Potenz von U. An Stelle der
wohlgeordneten Schichtenströmung tritt eine Strömung mit überlager-
ten unregelmäßigen Querkomponenten, welche eine starke Durch-
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SchlichtingjTruckenbrodt. Aerodynamik I 15
226 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

mischung in der Querrichtung besorgen. Dies ist die turbulente Rohr-


strömung. Hierbei ist das NEWTONS ehe Reibungsgesetz (4,1) nicht mehr
gültig.
4.15 Turbulente Rohrströmung
Für die turbulente Rohrströmung kann eine theoretische Berech-
nung, wie vorstehend für die laminare Strömung angegeben, nicht
ausgeführt werden, da das turbulente Analogon für das NEwToNsehe
Widerstandsgesetz (4,1) zunächst fehlt. Vielmehr ist man bei der turbu-
lenten Rohrströmung so vorgegangen, daß man den Zusammenhang
zwischen Druckabfall und Durchflußmenge, also das Widerstandsgesetz,
aus Versuchen entnommen hat, um zusammen mit Messungen der
Geschwindigkeitsverteilung zu einer Analyse der Strömung vorzudrin-
gen. Im Jahre 1911 hat zum erstenmal H. BLASIUS [9] das auch damals
schon recht umfangreiche Versuchsmaterial nach dem REYNoLDsschen
Ähnlichkeitsgesetz geordnet. Dabei konnte er für den Widerstand von
glatten Rohren von kreisförmigem Querschnitt die folgende empirische
Formel aufstellen:
(4,10)

die als Blasiussches Widerstandsgesetz bezeichnet wird. Diese Formel,


die als Kurve (2) in Abb. 4.3 eingetragen ist, gibt bis zu REYNOLDS-
Zahlen Re ~ 100000 gute Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen.
Später wurden von J.NIKURADSE [10] die Rohrmessungen auf wesent-
lich größere REYNoLDs-Zahlen (bis etwa Re = 3 . 106 ) ausgedehnt. Aus
diesen ergab sich zusammen mit theoretischen Überlegungen von
L. PRANDTL [12], [13] das Widerstandgesetz :

A = 2,0 log (Re VI) - 0,8. (4,11)

Dies ist das Prandtlsche universelle Widerstandsgesetz für glatte


Rohre; es ist als Kurve (3) in Abb. 4.3 eingetragen. Bis Re = 100000
stimmt es mit dem BLAsIUsschen Gesetz nach GI. (4,10) überein. Bei
höheren REYNoLDsschen Zahlen weicht das BLAsIUssche Gesetz er-
heblich von den Messungen ab, während GI. (4,11) gute Übereinstim-
mung zeigt.
Geschwindigkeitsverteilung. Für die turbulente Rohrströmung ist
neben dem Widerstandsgesetz auch die GeschwindigkeitsverteiIung in
dem sehr großen Bereich von REYNoLDsschen Zahlen, 4 .103~ Re~ 3,2· 106 ,
sehr eingehend untersucht worden. Die Geschwindigkeitsverteilungen
für einige REYNoLDs-Zahlen sind in Abb.4.4 in der dimensionslosen
Darstellung uJUüber yJR ngegebsn, wobei U die Maximalgeschwindig-
4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 227

keit in der Rohrmitte und y jetzt den Abstand von der Rohrwand be-
deutet. Die Geschwindigkeit ist bei turbulenter Strömung wesentlich
gleichmäßiger über den Querschnitt verteilt als bei laminarer Strö-
mung; außerdem wird mit wachsender REYNoLDsscher Zahl das turbu-
lente Geschwindigkeitsprofil noch völliger. Es läßt sich darstellen durch
die Interpolationsformel
(4,12)

wobei im REYNoLDs-Zahl-Bereich Re = 4.103 bis 3.106 der Expo-


nent n sich von etwa n = 6 bis n = 10 ändert.

~
~~ ~ ~~
=-
~
~ ~
V
0 V-

0,8 ~ V~ ,

~~
~
~

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--;
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" = ~1 .10 5
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~ • .. ~ 1,1 ·10·
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t:> " ~3,0 '10·
~
/ • .. ~3,2 ·10· :
~
~/ I

~
~ !
2

~
--;~
o y 0,6 0,8 zo
7r-
Abb. 4.4. Turbuleute Geschwindigkeitsverteilung im glatten Rohr bei verschiedenen REYNOLDS-
schen Zahlen, nach NIKURADSE [10]

Zusammenhang zwischen Widerstandsgesetz und Geschwindigkeitsvertei-


lung. Zwischen dem BLASIUsschen Widerstandsgesetz nach GI. (4,10) und dem
Geschwindigkeitsverteilungsgesetz nach GI. (4,12) besteht nach L. PRANDTL [12]
ein innerer Zusammenhang, der von grundlegender Bedeutung ist für alle Über-
legungen über turbulente Strömungen. Insbesondere gestattet e3 dieser Zusammen-
hang, aus den Ergebnissen von Rohrwiderstandsversuchen Rückschlüsse zu ziehen
auf den Reibungswiderstand der längsangeströmten ebenen Platte [14]. Da dieser
den wesentlichen Anteil des sog. Profilwiderstandes von Tragflügelprofilen aus-
macht, wollen wir an dieser Stelle auf diesen Zusammenhang etwas näher ein-
gehen.
15*
228 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Für die Rohrströmung gilt allgemein (für laminare und turbulente Strömung)
der folgende Zusammenhang zwischen dem Druckabfall und der Schubspannung
an der Wand T o :
(4,13)

was man aus GI. (4,3) bestätigt, wenn man dort für die Rohrwand r = Rund
T = To setzt. Vergleicht man GI. (4,13) mit der Definitionsgleichung für den Rohr-
widerstandskoeffizienten GI. (4,7), so ergibt sich die folgende Beziehung zwischen
der Wandschubspannung und der Rohrwiderstandszahl

To = ~ eu2. (4,14)

Setzt man nun in GI. (4,14) den Wert von JI. nach dem BLAsIUsschen Wider-
standgesetz GI. (4,10) ein und geht man mittels D = 2R auf den Rohrradius
über, so erhält man:
7 1 1
To=O,03325eu4 v 4 R- 4 = ev~. (4,15)
Dabeiist v* = VTo/e die mit der Wandschubspannung gebildete Schubspannungs-
geschwindigkeit, deren Einführung sich für eine universelle dimensionslose Darstel-
lung der Geschwindigkeitsverteilung als zweckmäßig erweist. Aus GI. (4,15) erhält
man zunächst u/v* = 6,99 (v* R/V)1/7. Geht man in dieser Gleichung noch von
der mittleren Geschwindigkeit u auf die Maximalgeschwindigkeit U über, indem
man u/U = 0,8 einführt, was für n = 7 und damit für Re = 10 5 zutrifft, so
erhält man:
[1 R 1
-=8,74(~)7. (4,16)
v* v
Es ist nun naheliegend, anzunehmen, daß diese Formel nicht nur für die Rohr-
mitte (y = R), sondern auch für jeden Wandabstand y gilt. Man erhält dann aus
Gl. (4,16):
(4,17)

Wir haben hiermit aus dem BLAsIUsschen Widerstandsgesetz das t-Potenzgesetz


der Geschwindigkeitsverteilung erhalten, von dem schon oben festgestellt wurde,
daß es in einem gewissen Bereich der REYNoLDsschen Zahlen gültig ist.
Die dimensionslose Geschwindigkeitsverteilung nach GI. (4,17) ist
in Abb. 4.5 als Kurve (4) eingetragen und mit Versuchsergebnissen ver-
glichen. Bis zu REYNoLDsschen Zahlen Re = 100000 stimmt das
+-Potenzgesetz gut mit den Versuchsergebnissen überein. Mehr darf
aber auch nicht erwartet werden, da ja das BLAsIUssche Widerstands-
gesetz (4,10), aus welchem GI. (4,17) abgeleitet wurde, ebenfalls nur bis
zu dieser REYNOLDsschen Zahl Gültigkeit hat.
Im Hinblick auf eine spätere Verwendung wollen wir aus GI. (4,16)
noch rückwärts die Schubspannungsgeschwindigkeit v* ausrechnen.
Man erhält v* = 0,150 U7/ 8 (vjR)1/8 und somit für die Wandschubspan-
nung 1'0 = ev! : 7 1
1'0 = 0,0225 e U4 (~ )4. (4,18)
4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 229

Auf diese Beziehung werden wir später bei der Ermittlung des
Reibungswiderstandes der längs angeströmten ebenen Platte zurück-
kommen.
Die Darstellung der gemessenen Geschwindigkeitsverteilung der
Rohrströmung in Abb. 4.5 zeigt, daß in unmittelbarer Wandnähe das
turbulente Gesetz (4,17) nicht gültig ist. Die nähere Untersuchung hat
ergeben, daß bei jeder turbulenten Rohrströmung in unmittelbarer
Wandnähe eine sehr dünne Schicht vorhanden ist, die laminar strömt
(laminare Unterschicht). Die Existenz einer solchen laminaren Unter-
schicht leuchtet ein, wenn man bedenkt, daß ja in allernächster Wand-
35r----,----------------,_----r----,----~-----r----,_--__,

o Re = ~O' 10 3
6 " = 3,3'10'
30
e " = 1.1' lOS

o " = ~0'105 Nikurlldse


25 X " = 1,1'10'
." = 3,0 ·10'
e" =3,2-10'
" Reichllrdt

1O~--~~~-k~--_r----i_----t_----i----_t----_r----i_--__1

2 YIJ J 5
t917=L9---tf -
Abb. 4.5. Das universelle logarithmische Geschwindigkeitsverteilungsgesetz im glatten Rohr.
Kurve (1) laminar nach GI. (4,19); Kurve (2) übergang laminar-turbulent; Kurve (3) turbulent
für alle REYNOLDSSchen Zahlen nach GI. (4,20); Kurve (4) turbulent für Re< 10' nach GI. (4,17)

nähe die unregelmäßigen turbulenten Querbewegungen erlöschen müssen,


da sie durch die Wand verhindert werden. In dieser Unterschicht herrscht
Laminarströmung mit 7:0 = f-lujy. Mit 7:0 = ev~ führt dies auf

(laminare Unterschicht), (4,19)

was als Kurve (1) in Abb. 4.5 mit eingetragen ist und bis etwayv*jv = 5
die Messungen wiedergibt. Man entnimmt hieraus für die Dicke der
laminaren Unterschicht den Wert:

01
"
= 5_v* 1_' •
(4,19a)
I5a
230 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Diese laminare Unter8chicht ist von großer Bedeutung für den Ein-
fluß der Wandrauhigkeit auf den Widerstand bei turbulenter Strömung.
Für sehr große REYNoLDssche Zahlen zeigt sich nach Abb.4.5
eine beträchtliche Abweichung der gemessenen Geschwindigkeitsver-
teilung von dem 1j7-Potenzgesetznach GI. (4,17). Für die sehr großen
REYNoLDsschen Zahlen werden die Messungen durch das logarith-
mische Gesetz
~
v*
= 5,5 + 5,751og y v*
v
(4,20)

gut dargestellt, das als Kurve (3) in Abb. 4.5 mit eingetragen ist.
Rauhe Rohre. Der Widerstand von rauhen Rohren und Kanälen ist
besonders für körnige Rauhigkeiten eingehend untersucht worden.
J. NIKURADSE [11] führte umfangreiche Untersuchungen an Rohren
von kreisförmigem Querschnitt aus, die mit Sandkörnern einer bestimm-
ten Korngröße k s dicht beklebt waren. Die Wandbeschaffenheit läßt
sich in diesem Fall durch einen einzigen Rauhigkeitsparamater, die sog.
relative Rauhigkeit ksj R, charakterisieren. In Abb. 4.3 sind die Wider-
-stands beiwerte der sandrauhen Rohre für Rjks = 15 bis 500 mit ein-
getragen. Im Bereich der lIAGEN-POISEUILLEschen laminaren Rohr-
strömung hat die Rauhigkeit keinen Einfluß auf den Widerstand.
Die rauhe Wand wirkt hier hydraulisch glatt. Im Bereich der turbulen-
ten Strömung (Re> 2300) ist für den Widerstand des rauhen Rohres
das Verhältnis von Korngröße der Rauhigkeit k zur Dicke der laminaren
Unterschicht ~l, also kj~l physikalisch maßgeblich. Ist die Rauhig-
keitshöhe so klein (oder die laminare Unterschicht so dick), daß alle
Rauhigkeitserhebungen in dieser laminaren Unterschicht liegen,
k ~ ~l, so gibt die Rauhigkeit überhaupt keine Widerstandserhöhung.
In diesem Fall wirkt auch bei turbulenter Strömung die rauhe Wand
hydraulisch glatt. Nach GI. (4,19a) ist die Dicke der laminaren Unter-
schicht ~l "'" 5 v!v*. Damit ergibt sich für die hydraulisch glatte Wand:

ksv*
v
~
-
5 (hydraulisch glatt). (4,21)

Die Widerstandsmessungen an sandrauhen Rohren nach Abb.4.3


zeigen im Bereich der turbulenten Strömung für jede relative Rauhig-
keit drei Bereiche:

1. H ydrauli8ch glatt, v*vk s -~ 5 : A = f (Re). Es existiert ein gewisser


Re-Zahlbereich, in welchem das rauhe Rohr den gleichen Widerstand
hat wie das glatte, Ahängt nur ab von Re. Alle Rauhigkeiten liegen inner-
halb der laminaren Unterschicht.
4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 231

H. Übergangsbereich: 5 ~ v*vks ~ 70: A = f (Re, ~). Von einer ge-


wissen Re-Zahl ab, deren Größe mit wachsendem kslR abnimmt,
biegt die Widerstandskurve des rauhen Rohres von derjenigen des
glatten Rohres nach oben ab. Von hier ab durchläuft sie mit wachsender
Re-Zahl einen Übergangbereich, wo A sich mit Re und ksl Rändert.
In diesem Fall sind die Rauhigkeiten etwa von derselben Größe wie
die Dicke der laminaren Unterschicht.
IH. Voll ausgebildete Rauhigkeitsströmung, v*vks ~ 70: A = f (~).
Für noch größere Re-Zahlen wird schließlich der Bereich des quadra-
tischen Widerstandsgesetzes erreicht, wo A nur von ksl R abhängt. In
diesem Bereich gilt für die Sandrauhigkeit:

A=( 2 log TaR 1+ 1,74 r' (4,22)

In diesem Fall ragen alle Rauhigkeiten beträchtlich aus der laminaren


Unterschicht hervor.
Andere Raubigkeiten. Die NmURADsEsche Sandrauhigkeit kann dadurch
charakterisiert werden, daß die Rauhigkeitsdichte ihren Maximalwert hat. Bei
vielen technischen Rauhigkeiten ist die Rauhigkeitsdichte wesentlich geringer.
Solche Rauhigkeiten können dann nicht mehr durch Angabe nur der Rauhig-
keitshöhe k bzw. der relativen Rauhigkeit kiR gekennzeichnet werden. Es hat
sich nach H. SCHLICHTING [15] als zweckmäßig erwiesen, beliebige Rauhigkeiten in
die Skala einer Normalrauhigkeit einzuordnen und hierfür die NmuRADsEsche
Sandrauhigkeit zu wählen, da diese in einem sehr großen Bereich von Re und ksl R
untersucht worden ist. Die Einordnung in die Skala der Sandrauhigkeiten ist am
'einfachsten für den Bereich der voll ausgebildeten Rauhigkeitsströmung, für wel-
chen der Widerstandsbeiwert durch GI. (4,22) gegeben ist. Hierbei wird einer be-
liebigen Rauhigkeit eine äquivalente Sandrauhigkeitzugeordnet. Wir verstehen
darunter diejenige Korngröße der Sandrauhigkeit, die nach GI. (4,22) den gleichen
Widerstandsbeiwert liefert wie die vorgelegte Rauhigkeit.

4.16 Das Widerstandsproblem umströmter Körper


Bewegt man einen Körper von beliebiger Gestalt mit konstanter
Geschwindigkeit auf geradliniger Bahn durch die ruhende Flüssigkeit,
so erfährt dieser Körper eine Strömungskraft, die im allgemeinen eine
Komponente sowohl senkrecht zur Anströmungsrichtung als auch in
der Anströmungsrichtung hat (Abb. 4.6). Wir können diese Kraft dann
zerlegen in die Komponenten Widerstand W in der Anströmungsrich-
tung und Auftrieb A senkrecht zur Anströmungsrichtung. Im vor-
liegenden Abschnitt soll nur der Widerstand näher untersucht
werden.
Da bei den meisten technisch wichtigen Anwendungen des Um-
strömungsproblems die REYNoLDssche Zahl sehr groß ist, könnte man
15a*
232 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

erwarten, daß man eine brauchbare Übereinstimmung zwischen Ver-


such und Theorie erhält, wenn man in erster Annäherung die Zähig-
keit ganz vernachlässigt, also mit der Theorie der idealen Flüssigkeit
rechnet, wie sie in Kap. II entwickelt wurde. Dies trifft in der Tat für
gewisse Körperformen (z. B. Stromlinienkörper und Tragflügelprofile )
und für gewisse Teilaufgaben (z. B. Ermittlung der Druckverteilung
und des Auftriebes) mit guter Näherung zu. In Abb.2.32 wurde für
einen Stromlinienkörper die aus der Theorie der idealen Flüssigkeit
(Potentialströmung) ermittelte Druckverteilung mit Messungen ver-
glichen, wobei sich vorzügliche Über-
einstimmung ergab. Auch für ein
A
Tragflügelprofil ist die Druckvertei-
lung der Potentialströmung in guter
Übereinstimmung mit Messungen,
wie Abb. 6.14 zeigt. Bei anderen
Körperformen (vor allem solchen von
gedrungener Gestalt) stimmt die
Potentialströmung weit weniger mit
den Versuchsergebnissen bei sehr
großen REYNoLDs-Zahlen überein.
Abb. 4.6. Zerlegung der resultierenden Strö- Ein großer Unterschied zwischen der
mungskraft R in Widerstand W und Auf-
trieb .A Theorie der idealen Flüssigkeit und
den Beobachtungen bei großen
REYNoLDsschen Zahlen besteht bei allen Körperformen für das Wider-
standsproblem. Die Potentialströmung liefert für die gleichförmige
Bewegung eines beliebigen Körpers durch eine unendlich ausgedehnte
ruhende Flüssigkeit keine Resultierende in der Bewegungsrichtung, also
den Widerstand Null (D'ALEMBERTsches Paradoxon). Dies ist in schrof-
fem Gegensatz zu den Beobachtungen, die für jeden Körper einen
Widerstand ergeben, der allerdings bei schlanken in ihrer Längsrich-
tung angeströmten Körperformen sehr klein sein kann. Eine theoretische
Berechnung des Widerstandes wird erst möglich, wenn man die Zähigkeit
der Flüssigkeit berücksichtigt. Die ideale Flüssigkeit gibt ein Gleiten
an der Wand. Dadurch werden ihre Lösungen gegenüber der wirklichen
Flüssigkeit, welche an den Wänden haftet, auch bei sehr kleiner Zähig-
keit grundsätzlich so verschieden, daß es erstaunlich ist, daß trotzdem
in manchen Fällen (z. B. bei schlanken Körpern) eine einigermaßen gute
Übereinstimmung beider Lösungen vorhanden ist.
Als Erläuterung zum Widerstandsproblem seien einige Angaben
über die Strömung um die Kugel gemacht. Die reibungslose Strömung
uni die Kugel wurde in Kap. 2.35 behandelt. Das Stromlinienbild der
reibungslosen Strömung ist ähnlich dem des Kreiszylinders, das in
Abb. 2.30 angegeben wurde. Aus der Symmetrie folgt, daß die resul-
4.1 Grundzüge der Strömung mit Reibung 233

tierende Kraft in Strömungsrichtung (Widerstand) gleich Null ist. Die


Druckverteilung um die Kugel, die nach der Theorie der reibungslosen
Strömung bereits in Abb.2.31 angegeben wurde, ist in Abb.4.7 zu-
sammen mit Messungen dargestellt. Dabei ist die gemessene Druck-
verteilung je nach der REYNoLDsschen Zahl noch erheblich verschieden.
Auf der Vorderseite der Kugel stimmen die gemessenen Druckver-
teilungen mit der Potentialtheorie einigermaßen überein. Auf der
Rückseite sind die Abweichungen sehr groß, wobei die Messung für die

rf
+1,0
i\ 1 Ir\ Reüberhd = q, ~ • lOS
\ ! \ Reuet,eled = 1,6 . lOS
\ fheoretisch-II
L '{
\ 11/ ''\1\ /
\ /J I~ /
81 0
~J \ I I 1\ J
" \\ _llL -~ r-... /7
ri
'-,',
\ ,j unferkrlhsch \1\ :\ . ,lr!
A'r--" überkritisch
L\\
-1.0 1\ /i \\ J
'\ / \',-'?
i i
o0
.90 0 180 0 370 0
9"-
Abb. 4.7. Druckverteilung um eine Kugel im unter kritischen und überkritischen Bereich der
REYNOLDSschen Zahlen nach Messungen von FLACHSBART [16]

größere REYNoLDssche Zahl (Re = 4,4. 105 ) näher an der potential-


theoretischen Druckverteilung liegt als diejenige für die kleinere
REYNOLDSSche Zahl (Re = 1,6. 105 ). Die Abweichungen der gemesse-
nen Druckverteilungen von der potentialtheoretischen bedingen den
Widerstand der Kugel, der somit im vorliegenden Fall für die größere
REYNoLDssche Zahl geringer ist als für die kleinere REYNoLDssche
Zahl. Die Ursache hierfür wird weiter unten erläutert werden.
Im allgemeinen rührt aber
der Widerstand eines umström-
ten Körpers nicht nur von den
Druckunterschieden (Normal-
spannungen) an der Körper-
oberfläche her, sondern es tragen
auch die Tangentialspannungen
Abb. 4.8. Erläuterungsskizze zum Druck- und
(Schubspannungen), d ie von Reibungswiderstand
der Zähigkeit der Flüssigkeit
herrühren, dazu bei. Man kann diese beiden Anteile trennen, indem man
nach Abb. 4.8 die Drücke und die Schubspannungen getrennt integriert.
234 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Die Integration der Drücke liefert den Druckwiderstand W D nach


der Gleichung
W D = 1> p cos rp dF (4,23)

und die Integration über die Wandschubspannung 1'0 den Reibungs-


widerstand:
(4,24)

Dabei ist dF ein Oberflächenelement des zylindrischen Körpers und


rp der Winkel zwischen der Flächennormalen und der Anströmungs-
richtung. Die Integration ist über die ganze Körperoberfläche zu er-
strecken. Der Gesamtwiderstand ist die Summe von Druck- und Rei-
bungswiderstand:
(4,25)
Bei stumpfen Körperformen, z. B. Kreiszylinder und Kugel, ist der
Anteil des Druckwiderstandes wesentlich größer als der des Reibungs-
widerstandes, während bei einer in ihrer Längsrichtung angeströmten
ebenen Platte der gesamte Widerstand nur aus Reibungswiderstand
besteht.
Bei solchen Körperformen, für welche der Widerstand im wesent-
lichen durch die Druckunterschiede auf der Körperoberfläche zustande
kommt, ist bei großen REYNOLDsschen Zahlen der Widerstand in
guter Näherung proportional dem Quadrat der Anströmungsgeschwin-
digkeit WOO ' Man pflegt deshalb für den Widerstand einen dimensions-
losen Beiwert Cw einzuführen durch die Gleichung

W = Cw F ~ w~ = Cw F q. (4,26)

Dabei bedeutet F eine geeignete Bezugsfläche des umströmten Kör-


pers, z. B. seine Stirn fläche senkrecht zur Anströmungsrichtung, und
ew't,/2 = q den Staudruck.
Nach den Gesetzen der mechanischen Ähnlichkeit von Strömungen
kann man erwarten, daß für geometrisch ähnliche Körperformen in
verschiedenen strömenden Medien der Widerstandsbeiwert Cw den
gleichen Wert hat, wenn die Kennzahlen, also z. B. die MAcHsehe Zahl
und die REYNoLDssche Zahl, gleich sind. Bei geometrisch ähnlichen
Körpern, welche die gleiche Orientierung zur Anströmungsrichtung be-
sitzen, kann der dimensionslose Widerstands beiwert nur von der MACH-
sehen Zahl und von der REYNoLDsschen Zahl abhängig sein:
Cw = f(Ma, Re) (kompressibel).
Für die inkompressible Strömung ist eine Abhängigkeit nur von der
REYNoLDsschen Zahl vorhanden:
Cw = f(Re) (inkompressibel) . (4,27)
4.2 Grundzüge der Grenzschicht-Theorie 235
Als Beispiel zum REYNoLDsschen Ähnlichkeitsgesetz nach GI. (4,27)
zeigt Abb. 4.9 den Widerstandsbeiwert von Kugeln in einem sehr großen
Bereich von REYNoLDsschen Zahlen. Das REYNoLDssche Ähnlichkeits-
gesetz wird in diesem Fall durch die Versuchsergebnisse in vorzüglicher
Weise bestätigt. Die Widerstandsbeiwerte von Kugeln von stark ver-
schiedenem Durchmesser ordnen sich sehr gut auf einer Kurve an,
wenn man den Widerstandsbeiwert in Abhänigigkeit von der REYNOLDS.
Zahl aufträgt. Diese Messungen zeigen, daß das quadratische Wider-
standsgesetz nach GI. (4,26) mit konstantem, d. h. von Re unabhängigem
cw·Wert, nur für REYNoLDs-Zahlen zwischen 103 und 105 einigermaßen
gut erfüllt ist. Bei sehr kleinen REYNoLDsschen Zahlen (schleichende Be-
0

0 ~
II
0
1
II
Messungen:
0
0 o Schiller-Schmiede!.
f.l.. D=I···fjmm
0 • Liebsfer
~~ 2
o Allen
• 1921)!Vi.lese/sberger
f:> 1936

, I .fW'. ~ D=8···IOOmm
2
ltI
I
0, 6
aif
0, 2 111
QI
~
0,0 10 -1 2 " 6 1 • "6 10 2 "6 10· 2 "6 10' 2 9 6 10' a v 6 10 5 2 " 6 10'
Re = ro~ D _ Re K,;,
v
Abb. 4.9. Widerstandsbeiwert C w~ W
I"
/4:
D' q von Kugeln in Abhängigkeit von der REYNOLDS-
schen Zahl

wegung) gilt das quadratische Widerstandsgesetz nicht. Bei REYNOLDS.


Zahlen zwischen Re = 2 . 105 und 4. 105 tritt ein plötzlicher starker
Abfall des Widerstandsbeiwertes ein, der in der starken Änderung der
Druckverteilung (Abb. 4.7) bereits zum Ausdruck kommt. Diese auf-
fällige Änderung der Strömung hängt mit dem Umschlag laminar-tur-
bulent in der wandnahen Schicht (Grenzschicht) zusammen, auf die
wir im nächsten Abschnitt noch zurückkommen werden (vgI. auch
Kap. 4.10).

4.2 Grundzüge der Grenzschicht-Theorie


4.21 Begriff der Grenzschicht
Während bei der Durchströmung eines Kanals oder Rohres der
Einfluß der Reibung sich auf der ganzen Breite des durchströmten
Querschnittes auswirkt, wie wir in Kap. 4.14 gesehen haben, beschränkt
236 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht.Theorie)

er sich bei der Umströmung eines Körpers in vielen Fällen, insbesondere


bei schlanken Körperformen, auf eine sehr dünne Schicht in unmittel-
barer Nähe der festen Wände. Während nach Abb. 2.17 die reibungs-
lose Flüssigkeit an der Wand gleitet, wird in der wirklichen Flüssigkeit
durch das Haften an der Wand eine dünne Schicht des strömenden
Mediums durch die Zähigkeitskräfte abgebremst. Man bezeichnet diese
Schicht nach L. PRANDTL [17] als Grenzschicht oder Reibungsschicht.
In Abb. 4.10 ist für die Strömung längs einer Platte die Geschwindig-
keitsverteilung in dieser Grenzschicht schematisch dargestellt, wobei
jedoch die Abmessungen in der Querrichtung stark überhöht sind.
Mit wachsendem Abstand von der Plattenvorderkante nimmt die
Dicke <5 der durch die Reibung abgebremsten Schicht zu. Diese Rei-
bungsschicht oder Grenzschicht ist um so dünner, je kleiner der
Zähigkeitsbeiwert ist. Andererseits hat aber, auch bei i3ehr kleiner

x
Abb. 4.10. Grenzschicht an einer längsangeströmten ebenen Platte (schematisch)

Zähigkeit (große REYNoLDs-Zahl), wegen des großen Geschwindigkeits-


gradienten quer zur Wand die Reibungsschubspannung T = /lou/oy in
der Grenzschicht beträchtliche Werte, während sie außerhalb der Grenz-
schicht sehr klein ist. Dies führt dazu, bei den Strömungen mit kleiner
Zähigkeit (große REYNoLDssche Zahl) für theoretische Betrachtungen
das ganze Strömungsfeld in zwei Bereiche aufzuteilen: das Ge biet der
dünnen Reibungsschicht in Wandnähe, in welcher die Reibungskräfte
zu berücksichtigen sind, und das Gebiet außerhalb der Reibungsschicht,
wo die Reibungskräfte wegen ihrer Kleinheit vernachlässigt werden
können, und wo demnach in guter Näherung mit dyr idealen Flüssig-
keit gerechnet werden kann. Dieses Aufteilen des Strömungsfeldes
bringt für die theoretische Behandlung der Strömungen mit geringer
Zähigkeit (große REYNoLDssche Zahl) eine erhebliche Vereinfachung.

4.22 Ablösung der Grenzschicht


Das verzögerte Grenzschichtmaterial bleibt nicht in allen Fällen
als dünne Schicht längs der ganzen be strömten Wand am Körper an-
liegend. Es kann vorkommen, daß sich die Grenzschicht stromabwärts
stark verdickt, und daß in der Grenzschicht Rückwärtsströmung auf-
4.2 Grundzüge der Grenzschicht-Theorie 237

tritt. Dabei wird· dann das verzögerte Grenzschichtmaterial in die


Außenströmung und dadurch diese vom Körper abgedrängt. Man be-
zeichnet diese Erscheinung als Ablösung der Grenzschicht. Sie tritt
in erster Linie bei stumpfen Körpern wie Kreiszylinder und Kugel auf,
aber auch in einem divergenten Kanal (Diffusor), wenn der Erweite-
rungswinkel ziemlich groß ist. Diese Erscheinung ist immer mit starker
Wirbel bildung und großen Energieverlusten verbunden. Auf der Rück-
seite der stumpfen Körper und auch im Diffusor bildet sich dabei ein
Gebiet mit stark abgebremster Flüssigkeit (sog. "Totwasser") aus.
Dieses zeigt die Strömungsaufnahme in Abb. 4.11 für den Kreiszylinder.

Abb. 4.11. Abgelöste Strömung hinter einem Kreiszylinder nach PRANDTL-TIETJENS

Auf der Rückseite des Körpers ist in diesem Fall die Druckverteilung
gegenüber der reibungslosen Strömung stark geändert, wie z. B. aus
Abb.4.7 für die Kugel hervorgeht. Die gegenüber der reibungslosen
Strömung veränderte Druckverteilung und damit letzten Endes die
Ablösung der Strömung sind die Ursache für den großen Widerstand
solcher Körper.
Um die wichtige Erscheinung der Grenzschichtablösung und Wirbel-
bildung näher zu erläutern, betrachten wir die Strömung um einen
stumpfen Körper, z. B. um einen Kreiszylinder nach Abb.4.12. Bei
reibungsloser Strömung ist auf der vorderen Hälfte von D nach E Druck-
abfall und damit beschleunigte Strömung und auf der hinteren Hälfte
von E nach F Druckanstieg und somit verzögerte Strömung vorhanden.
Für ein Flüssigkeitsteilchen in der Außenströmung findet auf dem
Wege von D nach E eine Umsetzung von Druck in kinetische Energie
238 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

statt und auf dem Wege von E nach F eine Umsetzung von kinetischer
Energie in Druckenergie. Ein Flüssigkeitsteilchen, das in der Grenz-
schicht strömt, befindet sich unter der Wirkung des gleichen Druck-
feIdes wie in der Außenströmung, da dieses der Grenzschicht aufgeprägt
wird. Durch die Abbremsung in der Reibungsschicht hat ein solches
Grenzschichtteilchen auf dem Wege von D nach E so viel an kinetischer
Energie eingebüßt, daß diese nicht ausreicht, um den "Druckberg"
von E nach F hinaufzukommen. Ein solches Teilchen vermag in dem Ge-
biet ansteigenden Druckes zwischen
E und F nicht weit vorzudringen.
Es kommt dort zum Stillstand und
wird durch die Druckverteilung
der äußeren Strömung nach rück-
wärts in Bewegung gesetzt. Diese
Rückströmung ist der Beginn der
Ablösung.
Aus dieser Betrachtung folgt die
allgemeine Regel, daß Ablösung
niemals im Bereich des Drucka bfalles
(beschleunigte Strömung) auftreten
Abb. 4.12. Ablösung der Grenzschicht und kann, sondern nur im Bercich des
Wirbelbildung am Kreiszylinder (schema- S
tisch); A = Ablösungspunkt Druckanstieges (verzögerte trö-
mung). Für eine Reibungsschicht,
die ein Gebiet mit Druckanstieg durchströmt, besteht also grundsätz-
lich Ablösungsgejahr.
Ob im Druckanstieggebiet tatsächlich Ablösung eintritt, hängt von
den näheren Einzelheiten der betreffenden Strömung ab. Wichtig
hierfür ist vor allem die Größe des Druckanstieges und der Strömungs-
zustand in der Grenzschicht (laminar oder turbulent). Ein steiler
Druckanstieg, wie er auf der Rückseite eines stumpfen Körpers vorliegt,
führt eher zur Ablösung. als ein sanfter Druckanstieg auf der Rückseite
eines schlanken Körpers, da im letzteren Fall die mitschleppende Wir-
kung der äußeren Schichten u. U. noch gerade ausreicht, um Rück-
strömung in der Reibungsschicht zu vermeiden. Ferner "verträgt"
eine turbulente Grenzschicht einen größeren Druckanstieg als eine
laminare. Hieraus folgt, daß man zur Vermeidung der Ablösung und
zur Erzielung geringen Widerstandes die Rückseite des umströmten
Körpers schlank ausführen muß. Eine stumpfe Form auf der Vorder-
seite hat dabei auf den Widerstand keinen wesentlichen Einfluß. Diese
strömungsmäßig günstige Form ist verwirklicht bei den sog. "Strom-
linienkörpern" und auch bei allen Tragflügelprofilen.
Auch bei der Auftriebserzeugung eines Tragflügels spielt die Ab-
lösung eine wichtige Rolle. Bei kleinen Anstellwinkeln (bis etwa lOO)
4.2 Grundzüge der Grenzschicht·Theorie 239
verläuft die Strömung auf Ober· und Unterseite ohne Ablösung, so
daß man mit guter Näherung die reibungslose Strömung erhält ("ge-
sunde" Strömung, Abb. 4.13a). Bei größeren Anstellwinkeln entsteht
auf der Saugseite des Profils Ablösungsgefahr, da dort der Druckanstieg

b
Abb. 4.13. Strömuug um eiu Tragflügelprofi! nach PRANDTL. a) Bei "gesuuder" Strömung,
b) bei abgelöster Strömung

zu steil wird. Bei einem gewissen Anstellwinkel, der bei etwa 15° liegt,
tritt infolgedessen Ablösung ein (Abb.4.13b). Die Ablösungsstelle
liegt ziemlich nahe hinter der Flügelnase. Die abgelöste Strömung
weist ein großes Totwasser auf. Die reibungslose, auftriebserzeugende
240 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Strömung ist durch die Ablösung zerstört worden, und der Widerstand
ist jetzt sehr groß. Der Beginn der Ablösung fällt etwa mit dem Erreichen
des Maximalauftriebes des Tragflügels zusammen.

4.23 Abschätzung der Grenzschichtdicke und des Reibungswiderstandes


bei laminarer Strömung

Grenzschichtdicke. Während außerhalb der Grenzschicht wegen


der kleinen Zähigkeit die Reibungskräfte gegenüber den Trägheits-
kräften vernachlässigt werden können, sind innerhalb der Grenzschicht
beide von gleicher Größenordnung. Die Trägheitskraft pro Volumen-
einheit ist nach Kap. 1.3 gleich eu &u/& x. Für einen Körper der Länge l
ist &u/& x proportional zu Ull, wenn U die Geschwindigkeit der Außen-
strömung bedeutet. Damit ist die Trägheitskraft von der Größen-
ordnung e U21l. Die Reibungskraft pro Volumeneinheit ist gleich &./& y,
und dies ist für die laminare Strömung mit. nach GI. (4,1) gleich
ft&2 U /&y2. Der Geschwindigkeitsgradient quer zur Wand &u/&y ist
von der Größenordnung Ult5, so daß man für die Reibungskraft pro
Volumeneinheit hat &./&y --- ft Ult5 2. Aus dem Gleichsetzen von Träg-
heits- und Reibungskraft ergibt sich somit die Beziehung e U21l= ft Ult5 2
oder aufgelöst nach der Grenzschichtdicke :

(4,28)

Der in dieser Gleichung noch unbestimmt gebliebene Zahlen faktor


wird aus der exakten Lösung der Grenzschichtgleichungen in Kap. 4.4
für die längsangeströmte ebene Platte zu etwa 5 erhalten. Damit hat
man für die laminare Grenzschicht am Ende der längsangeströmten
ebenen Platte der Länge l:
(4,29)

Die auf die Plattenlänge l bezogene dimensionslose Grenzschichtdicke


wird somit
(4,30)

wobei Re = Ullv die auf die Plattenlänge bezogene REYNoLDssche


Zahl bedeutet. Nach GI. (4,28) ist die Grenzschichtdicke proportional
V;- ,
also für Flüssigkeiten mit geringer Zähigkeit sehr klein. Die relative
Grenzschichtdicke bll nimmt bei wachsender Re-Zahl mit I/V Re ab,
so daß im Grenzübergang zur reibungslosen Flüssigkeit, Re ---;. 00, die
Grenzschichtdicke verschwindet.
4.2 Grundzüge der Grenzschicht·Theorie 241

Reibungswiderstand. Hiermit läßt sich nun auch leicht der Rei-


bungswiderstand der Platte bei laminarer Strömung abschätzen:
Nach dem NEwToNschen Reibungsgesetz GI. (4,1) ist die Wandschub-
spannung.o =f.l(aulay)o, wobei der Index 0 den'Wert an der Wand
bedeutet. Mit der Abschätzung (aulay)o '" Ulb erhält man.o '" f.l Ulb,
und wenn man den Wert von b nach GI. (4,28) einsetzt:

·0 ~ f.l U V----,;r
e U Ve =
fl U3
--1- . (4,31)

Der gesamte Reibungswiderstand WR der Platte ist proportinal zu b l.o,


wobei b die Plattenbreite bedeutet. Dies ergibt mit GI. (4,31):
WR~b-V(]f.llU3. (4,32)
Der laminare Reibungswiderstand ist also proportional zu U 3 / 2 und Zl/2.
Die Proportionalität mit ll/2 wird verständlich, wenn man bedenkt, daß
die hintere Plattenhälfte wegen der dort größeren Grenzschichtdicke
einen geringeren Widerstand hat als die vordere Plattenhälfte. Bildet
man schließlich noch den dimensionslosen Widerstandsbeiwert nach
GI. (4,26), der jedoch mit CI bezeichnet sei, wobei für die Bezugsfläche F
die benetzte Oberfläche b l gesetzt wird, so erhält man aus GI. (4,32):

Cf ' " Ve fl
U1 = VRe
1
.

Der fehlende Zahlenfaktor ergibt sich aus der exakten Lösung nach
Kap. 4.44 zu 1,328, so daß man für das Widerstandsgesetz der längs-
angeströmten Platte bei laminarer Strömung hat:
1,328
Cf = VRe . (4,33)

Ebenso wie bei der Kugel nach Abb. 4.9 ist auch für die Platte der
Widerstandsbeiwert nur eine Funktion der REYNoLDsschen Zahl.
Ein Zahlenbeispiel möge diese Abschätzung noch veranschaulichen. Die hier
angenommene laminare Strömung erhält man nach den Beobachtungen bis zu
einer REYNoLDsschen Zahl Re = Ul/v von etwa 5· 10' bis 10 6 • Für größere
REYNoLDssche Zahlen wird die Plattengrenzschicht turbulent. Wir berechnen
die Grenzschichtdicke für eine Strömung von Luft (v = 15· 10- 6 m 2/s) am Ende
einer Platte der Länge 1 = 1 m bei einer Geschwindigkeit von U = 15 m/s.
Dies ergibt Re = Ul/v = 106 und somit nach GI. (4,30) b/l = 5.10- 3 und
b = 5 mm. Der Widerstandsbeiwert ist nach GI. (4,33) CI = 0,0013, also sehr
klein, wenn man ihn mit demjenigen einer Kugel nach Abb. 4.9 vergleicht.

4.24 Turbulente Strömung in der Grenzschicht


In ähnlicher Weise wie die Rohrströmung wird auch die Grenz-
schichtströmung längs einer Wand turbulent, wenn die Grenzschicht-
dicke oder die Außengeschwindigkeit genügend groß ist. Bei der Grenz-
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 16
242 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

schicht an der Platte hat man in der Nähe der Nase zunächst laminare
und weiter stromabwärts turbulente Strömung. Die Lage der Umschlag-
steIle X u ist dabei nach den Beobachtungen gegeben durch die mit der
Lauflänge x gebildete kritische REYNoLDssche Zahl
(Platte). (4,34)

Abb. 4.14. Strömung um eine Kugel nach WIESELSBERGER [J9]


a) im unterkritischen Re-Zahlbereich, b) im überkritischen Re-Zahlbereich. Durch Auflegen
eines dünnen Drahtreifens ("Stolperdraht") ist die überkritische Strömungsform erhalten worden

Der Zahlenwert dieser kritischen REYNoLDsschen Zahl hängt stark


ab vom Turbulenzgrad der Außenströmung (vgl. Kap. 4.62 und 4.10.3).
Je geringer der Turbulenzgrad ist, desto größer ist der Zahlenwert der
kritischen REYNOLDsschen Zahl.
Eine besonders auffällige Erscheinung, die mit dem Umschlag
laminar-turbulent in der Grenzschicht zusammenhängt, tritt bei
4.3 Die Bewegungsgleichungen der zähen Flüssigkeit 243

stumpfen Körpern, z. B. Kreiszylinder und Kugel, auf. Aus Abb. 4.9


ist ersichtlich, daß bei der Kugel bei einer REYN'oLDsschen Zahl von
etwa 3 . 105 ein plötzlicher starker Abfall des Widerstands beiwertes
vorhanden ist. Dieser wurde für die Kugel zuerst von G. EIFFEL [18]
festgestellt. Dieser starke Widerstandsabfall ist auf ein Turbulent-
werden der Grenzschicht zurückzuführen. Bei laminarer Grenzschicht
liegt die Ablösungsstelle etwa am Äquator der Kugel (Abb.4.14a).
Durch das Turbulentwerden der Grenzschicht wird bewirkt, daß sich
die Ablösungsstelle weiter nach hinten verlagert (Abb. 4.14b), da die
turbulente Grenzschicht den Druckanstieg auf der Rückseite besser
verträgt, und infolgedessen die Ablösung erst weiter hinten einsetzt.
Infolge der Verlagerung der Ablösungsstelle wird das Totwassergebiet
wesentlich schmaler, und die Druckverteilung nähert sich mehr der-
jenigen der reibungslosen Strömung (Abb.4.7). Es ist also mit dem
Turbulentwerden der Grenzschicht eine beträchtliche Verminderung
des Druckwiderstandes verbunden, die als Sprung in der Widerstands-
kurve Cw = f(Re) in Erscheinung tritt, Abb. 4.9. Daß diese Erklärung
tatsächlich zutrifft, konnte L. PRANDTL [20] durch Auflegen eines dün-
nen Drahtreifens ("Stolperdraht") etwas vor dem Äquator der Kugel
beweisen. Dadurch wird die laminare Grenzschicht künstlich turbulent
gemacht, was sonst erst durch Erhöhung der Re-Zahl eintritt. Die
Strömungs aufnahmen mit Rauch in Abb.4.14a und b zeigen den
unterkritischen Strömungszustand mit großem Totwasser und großem
Widerstand und den überkritischen Zustand mit kleinem Totwasser
und kleinem Widerstand.
Das Turbulentmachen der Grenzschicht durch den Stolperdraht ist
eine der Möglichkeiten der Grenz8chichtbeeinflu88ung, durch die der Ver-
lauf der Strömung in einem gewünschten Sinne "gesteuert" werden
kann. Andere Maßnahmen, die zum Teil eine erhebliche praktische
Bedeutung erlangt haben, sind die Absaugung der Gren~schicht, das
Mitbewegen der Wand und das Laminarhalten der Grenzschicht. Hierauf
werden wir in Kap. 4.5 noch näher eingehen.

4.3 Die Be~egungsgleichungen der zähen Flüssigkeit


(Navier-Stokessche Gleichungen)
Nachdem wir in den vorigen Abschnitten uns eine erste Ubersicht über die
Bewegungsgesetze einer reibungsbehafteten Flüssigkeit verschafft haben, sollen
jetzt die allgemeinen Bewegungsgleichungen der zähen Flüssigkeit angegeben
werden, allerdings ohne diese vollständig herzuleiten; hierfür verweisen wir z. B.
auf [2].
Die in Kap. 2.3 hergeleiteten Bewegungsgleichungen der idealen Flüssigkeit
(EuLERsche Gleichungen) bringen das Kräftegleichgewicht zwischen den Träg-
heitskräften, Massenkräften und Druckkräften zum Ausdruck. Dabei sind die
Druckkräfte ein Sonderfall der am Volumenelement angreifenden Oberflächen-
16*
244 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

kräfte derart, daß nur Normalkräfte vorhanden sind. Für die Aufstellung der Be-
wegungsgleichungen der reibungsbehafteten inkompressiblen Flüssigkeit haben
wir zu den eben genannten Kräften noch die Reibungskräfte hinzuzunehmen.
Diese bilden ein Kräftesystem, welches außer Normalkräften (Drücke) auch
Tangentialkräfte (Schubspannungen) am Volumenelement liefert von der Art
wie sie im einfachsten Fall der reinen Scherströmung nach Abb. 1.4 durch den
NEwToNschen Reibungsansatz, GI. (4,1), dargestellt werden.
Bedeutet ~ = e 9 die Massenkraft pro Volumeneinheit (g = Vektor der Erd-
beschleunigung) und \l5 die Oberflächenkraft pro Volumeneinheit, so lautet die
Bewegungsgleichung in Vektorschreibweise, vgI. GI. (2,41):
Dm
I} Dt =~+\15. (4,35)

Danei ist in rechtwinkligen Koordinaten:


der Geschwindigkeitsvektor : m= i u + iv + f w. (4,36)
die Massenkraft : ~ =iX + i Y + f Z, (4,37)
die Oberflächenkraft: \l5 = i Px +iP +fP
y z• (4,38)

~-II-dx

l'x+ ~Ex dx

1 - - - - dx---I
Abb. 4.15. Zum allgemeinen Spannungstensor der strömenden zähen Flüssigkeit

Die Gesamtheit der Oberflächenkräfte, welche nach Abb. 4.15 an einem Volumen-
element d V = d x d y dz angreift, läßt sich darstellen durch einen Spannungstensor
mit den Komponenten lJx. lJy, lJz· Die resultierende Oberflächenkraft pro Volu-
meneinheit ist somit:
(4,39)

Die Spannungsvektoren lJx. lJy, lJz haben die Komponenten:

lJx = ~ I1 x + i ~Xy + hxz ,


lJy = lTyx + Jl1y + fT yz •
I (4,40)
lJz = i T zx + i T zy + f 11 z •
wobei 11 die Normalspannungen (positiv Zug, negativ Druck) und T die Schub-
spannungen bedeuten. Zwischen den letzteren bestehen nach den Gesetzen
der Elastizitätstheorie die Symmetriebeziehungen T x y = T Y x' T X Z = Tz x'
Tyz = Tzy·
4.3 Die Bewegungsgleichungen der zähen Flüssigkeit 245
Führt man die aus GI. (4,39) und (4,40) sich ergebenden Werte für die Kom-
ponenten der resultierenden Oberflächenkraft P x' P v' P z in die Bewegungs-
gleichung (4,35) ein, so lautet diese nach Zerlegung in Komponenten:

Du =x (aGx + a· xu + a.u ) 1
Dt + ax ay az'
I
(!

Dv = y + (a.xv + aG v + a. y .), (4,41)


(! Dt ax ay az (
Dw = Z + (a. x• + a. + aGx). J
y •
(! Dt ax ay az
Für die reibungslose Flüssigkeit sind alle Tangentialspannungen gleich Null;
es bleiben dann nur die Normalspannungen übrig, welche. überdies unter sich
gleich sind und deren negativen Wert man als den Flüssigkeitsdruck bezeichnet:
.xv = .xx = .v. = 0; Gx = Gy = Gx = -po (4,42)
In diesem Fall gehen die GIn. (4,41) in die EULERschen Bewegungsgleichungen
der reibungslosen Flüssigkeit über, wie sie in GI. (2,42) angegeben wurden.
Um nun aus GI. (4,41) die Bewegungsgleichungen der zähen Flüssigkeit zu
erhalten, muß noch der Zusammenhang zwischen den Spannungsgrößen und den
Geschwindigkeitskomponenten angegeben werden. Dieser Zusammenhang ist
rein empirischer Natur. Er wird gegeben durch das Stokessche Reibungsgesetz,
welches eine Verallgemeinerung des NEwToNschen Reibungsgesetzes nach GI. (4,1)
darstellt. Es lautet für eine inkompressible zähe Flüssigkeit folgendermaßen:
au
G =-p+2p,-;
x
ax
av
Gy= -p+2p,ay; (4,43)
aw
x= -p+2p,~; aw + ~
(8x au) .
G ·xx = p,

Für die einfache Scherströmung nach Abb. 1.3 mit u = u(y), v = 0, w= 0

GI. (4,1) mit 'xv =.


geht das STOKES sehe Reibungsgesetz in das NEwToNsche Reibungsgesetz nach
über.
Führt man das SToKEssche Reibungsgesetz nach GI. (4,43) und die Kon-
tinuitätsgleichung (2,14) in GI. (4,41) ein, und schreibt man noch die Beschleuni-
gungsglieder der linken Seiten nach GI. (2,43) vollständig aus, so erhält man
unter Hinzufügung der Kcntinuitätsgleichung das folgende Gleichungssystem:

au au
(-+u-+v-+u'- au au) =x--+p,
ap (a--+-+--
2u a2 u a2 u)
(!
at ax ay az ax ax 2 ay2 aZ2 '
( av ov av av) ap (a 2v a2v a v)
(J at- + u ax + Vay + w Tz = y - ay + fh ax 2 + 8y2 + Tz2 '
2

(4,44)
(aw aw aw aw) _ z _ ~ (a2W. a2 w a2w)
(J at +uax+vay+waz - az+ fh 8x2+8y2+az2 ,
~+~-+~-o
ax 8y 8z - .
Dies sind die NAVIER-STOKEsschen Bewegungsgleichungen. Die drei Bewegungs-
gleichungen zusammen mit der Kontinuitätsgleichung stellen bei gegebenen
Massenkräften ein System von vier Gleichungen für u, v, w, p dar.
16a
246 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Bandbedingungen. Für die zähe FlÜBsigkeit ist nach Abb. 2.17b Haften der
Flüssigkeit an den begrenzenden Wänden vorhanden, d. h. an den Wänden ver-
schwindet sowohl die Normal- als auch die Tangentialkomponente der Geschwin-
digkeit:
1tJ.. = 0, 1tJ, = 0 an den Wänden. (4,45)
Durch das Hinzutreten der Reibungskräfte ist die Ordnung der partiellen Diffe-
rentialgleichungen von eins auf zwei erhöht worden. Schon die EULERschen Be·
wegungsgleichungen waren für den allgemeinen Fall der dreidimensionalen Strö·
mung wegen der nichtlinearen Glieder mathematisch sehr schwierig. Von den
NAVlER-STOKEsschen Gleichungen gilt dies in verstärktem Maße, weil durch die
Reibungsglieder die Ordnung der Differentialgleichungen von eins auf zwei er-
höht worden ist. Aus diesem Grunde ist es bisher nicht gelungen, Lösungen der
NAVlER-STOKEsschen Gleichungen für den allgemeinen dreidimensionalen Fall
zu erhalten.
Für ebene 8tationäre Strömungen vereinfachen sich die NAVIER-SToKEsschen
Gleichungen in folgender Weise:

(4,46)

Dieses System von drei Gleichungen für u, v, p werden wir unseren weiteren Be-
trachtungen zugrunde legen. Auch für diese Gleichungen sind die mathematischen
Schwierigkeiten vor allem wegen der nichtlinearen Trägheitsglieder noch so groß,
daß allgemeine Lösungen, bei welchen die TräghElitskräfte mit den Reibungs-
kräften in Wechselwirkung treten, nur in sehr geringer Zahl bekannt sind. Die
in Kap. 4.14 angegebene HAGEN-POISEUILLEsche laminare Rohrströmung ist
eine solche exakte Lösung der NAVlER-STOKEsschen Gleichungen, bei welcher
allerdings die Trägheitskräfte identisch verschwindenI.
Wegen der großen mathematischen Schwierigkeiten, welche die NAVIER-
SToKEsschen Gleichungen darbieten, ist ein starkes Bedürfnis vorhanden, sie
durch Fortlassung numerisch kleiner Glieder zu vereinfachen, um dadurch die
Möglichkeit ihrer Lösung zu erleichtern. Solche Vereinfachungen sind möglich
für die beiden Grenzfälle sehr kleiner und sehr großer REYNoLDsscher Zahl.
Der erstere Fall (REYNOLDSSche Zahl sehr klein) bedeutet physikalisch, daß
die Trägheitsglieder sehr klein sind im Vergleich zu den Reibungsgliedern. Dieses
sind die 8chleichenden Bewegungen. Man kann in diesem Fall die TrägheitsgIieder in
den Bewegungsgleichungen ganz fortlassen. Die hierdurch erreichte mathemati-
sche Vereinfachung ist beträchtlich, da die verbleibenden Differentialgleichungen
linear sind. Zu den schleichenden Bewegungen gehören z. B. die Strömungs-
vorgänge im Schmierfilm zwischen Zapfen und Lager (hydrodynamische Schmie-
rungstheorie). Wir wollen auf diesen Fall nicht näher eingehen, da er für die
Aerodynamik des Flugzeuges ohne Bedeutung ist.
Der zweite Fall (REYNoLDssche Zahl sehr groß) bedeutet physikalisch, daß
die ReibungsgIieder klein sind gegenüber den TrägheitsgIiedern. Eine vollständige

1 Dies verüiziert man leicht, wenn man die NAVIER-SToKEsBchen Gleichungen


in Zylinderkoordinaten aufschreibt.
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 247
Streichung der Reibungsglieder ist in diesem Fall jedoch nicht erlaubt, wenn
man nicht zur reibungslosen Strömung mit ihren vor allem für das Widerstands-
problem unzureichenden Ergebnissen zurückkommen will. Im Fall der sehr großen
REYNoLDsschen Zahl bedarf die Vereinfachung der NAVIER·STOKEsschen Glei-
chungen deshalb einer sorgfältigen Überlegung. Diese führt auf die Grenz8chicht-
theorie, die wir im vorigen Abschnitt bereits in empirischer Beschreibung kennen-
gelernt haben, und deren Grundgleichungen nunmehr im folgenden Abschnitt
hergeleitet werden sollen. Wir wollen diesen Fall etwas eingehender behandeln,
da er für die Aerodynamik des Flugzeuges von großer Bedeutung ist.

4.4 Die Prandtlschen Grenzschichtgleichungen


4.41 Aufstellung der Grenzschichtgleichungen
Die Vereinfachungen, die sich im Fall sehr kleiner Zähigkeitskräfte
(sehr große REYNoLDssche Zahl) in den NAVIER-SToKEsschen Gleichun-
gen ergeben, sollen auf einem physikalisch anschaulichen Wege her-
geleitet werden. Wir betrachten
die ebene Strömung einer Flüssig-
keit mit sehr geringer Zähigkeit
um einen zylindrischen Körper
von schlanker Form nach Abbil- Uoo
dung 4.16. Die Geschwindigkeit
ist bis nahe an die Körperober-
fläche von der Größenordnung
der Anströmungsgeschwindig-
keit U00. An der Körpero berfläche Abb. 4.16. Grenzschichtströmung längs
einer Wand
ist jedoch wegen der Haftbedin-
gung die Geschwindigkeit gleich Null. Wir machen die Annahme, daß sich
der Übergang von der Geschwindigkeit Null an der Wand auf die volle
Geschwindigkeit, wie sie in einiger Entfernung von der Wand vor-
handen ist, in einer sehr dünnen Schicht, der sog. Grenzschicht oder
Reibungsschicht, vollzieht. Wir unterscheiden demnach zwei Gebiete:
a) Die Grenzschicht, in welcher der Geschwindigkeitsgradient normal
zur Wand ()ul() y sehr groß ist. Hier kommt eine kleine Zähigkeit ft
doch wesentlich zur Geltung, insofern als die Reibungsschubspannung
T = ft () ul() y beträchtliche Werte annehmen kann. Hier sind die Rei-
bungs- und Trägheitskräfte von gleicher Größenordnung.
b) Die Außenströmung, d. i. das Gebiet außerhalb der Grenzschicht.
Hier sind keine so großen Geschwindigkeitsgradienten vorhanden, so
daß die Wirkung der Zähigkeit hier bedeutungslos wird. Hier herrscht
näherungsweise die reibungslose Potentialströmung.
Wir machen ferner die Annahme, daß die Grenzschichtdicke () sehr
klein ist im Vergleich zu einer charakteristischen Länge L des umström-
ten Körpers: () ~ L.
16a*
248 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Ferner sei die mit L und U 00 gebildete REYNoLDssche Zahl


Re = UooLe = UooL
ß v
sehr groß.
Schätzt man mit diesen Voraussetzungen die einzelnen Glieder der
NAVIER-SToKEsschen Gleichungen (4,46) ab, so ergibt sich zunächst,
daß in der Grenzschicht die Trägheits- und Reibungskräfte nur dann
von der gleichen Größenordnung sind, wenn die Grenzschichtdicke
~,...,_l_
VRe
ist, wie es in GI. (4,30) bereits angegeben wurde. Behält man in den
NAVIER-SToKEsschen Gleichungen nur die größten Glieder bei, so er-
geben sich die folgenden vereinfachten Gleichungen, die man als die
Prandtlschen Grenzschichtgleichungen bezeichnet:

(4,47a)

(4,47b)

Dabei ergibt die Bewegungsgleichung in y-Richtung GI. (4,46) einfach


op/oy = 0 und somit für den Druck die Aussage p(x, y) = p(x). Für
die Grenzschicht ist also das Druckgefälle längs der Wand als bekannt
anzusehen. Es wird aus der Potentialströmung mittels der BERNOULLI-
schen Gleichung p +~ U2 = const zu:

--edX-
1 Udp _
dX
dU (448)
'
bestimmt.
Die Randbedingungen sind
y = 0: u = 0, v == 0; y = ~(x): u = U(x). (4,49)
Die durch diese Überlegungen erreichte mathematische Verein-
fachung ist beträchtlich: Für das ebene Problem ist von den ursprüng-
lich drei Gleichungen für u, v, p eine ganz in Fortfall gekommen, näm-
lich die Bewegungsgleichung senkrecht zur Wand. Dementsprechend ist
die Anzahl der Unbekannten um eine verringert worden. Die Grenz-
schichtgleichungen sind ein System von zwei Gleichungen für u und v.
Der Druck ist nicht mehr als eine unbekannte Funktion zu betrachten,
sondern kann mittels der BERNOULLlschen Gleichung aus der als be-
kannt anzusehenden Potentialströmung für den betreffenden Körper
ermittelt werden. Der Druck wird der Grenzschicht von der Außen-
strömung her aufgeprägt. Ferner ist in der ersten Bewegungsgleichung
eines der beiden Reibungsglieder in Fortfall gekommen.
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 249

4.42 Einige physikalische Eigenschaften der Grenzschicht


Aus den Grenzschichtgleichungen GI. (4,47a) bis (4,49) lassen sich,
ohne auf ihre Integration einzugehen, einige wichtige Folgerungen
ziehen. Eine wichtige Frage ist zunächst, unter welchen Bedingungen
Ablösung der Strömung von der Wand eintritt. Die qualitativen Betrach-
tungen in Kap. 4.22 hatten ergeben, daß Ablösungsgefahr nur im Gebiet
des Druckanstieges (ver-
zögerte Strömung) besteht, a.
daß dagegen im Bereich des
Druckabfalles (beschleu-
nigte Strömung) keine Ab-
lösung zu erwarten ist. Die-
ses läßt sich nun ebenfalls
auf Grund der Grenzschicht-
differentialgleichungen ein-
sehen. In der Umgebung
einer Ablösungsstelle hat
die Strömung in der Grenz-
schicht einen Verlauf, wie
er durch Abb. 4.17 ver- c
anschaulicht wird. Hinter
der Ablösungsstelle A (Ab-
bildung 4.17 b) herrscht in
Wandnähe Rückströmung,
(JJu..) >0' au..) = 0 • (ßu..) <0
wodurch in der Umgebung IOylo ' ( 8glo ' 'Oylo
der Ablösungsstelle die
Abb. 4.17. Ablösung der Grenzschicht. a) Umströmung
Strömung sowohl in der eines Körpers mit Ablösnng (A = Ablösungspunkt),
b) Verlauf der Stromlinien in der Nähe des Ablösungs-
Grenzschicht als auch punktes, c) Geschwindigkeitsverteilung in der Nähe des
Ablösungspunktes (W = Wendepunkt)
außerhalb nach außen ab-
gedrängt wird. Als Ab-
lösungsstelle definieren wir die Grenze zwischen Vor- und Rückwärts-
strömung der wandnächsten Schicht, vg1. Abb. 4.17 c, also
Ablösungsstelle : (~~) = o. (4,50)
uy Wand
Das Geschwindigkeitsprofil u (y) an der Ablösungsstelle besitzt offen bar
im Innern der Grenzschicht einen Wendepunkt (W), also eine Stelle,
wo 8zu/8 yZ = 0 ist.
Daß bei stationärer Strömung Ablösung der Grenzschicht nur in verzögerter
Strömung (dp/d x > 0) eintreten kann, läßt sich leicht ansehen, wenn man den
Zusammenhang zwischen dem Druckgradienten dp/dx und der Geschwindig-
keitsverteilung u (y) betrachtet. Aus GI. (4,47 a) folgt wegen der Randbedingungen
u = v = 0 für y = 0 sofort:
( iJ2U) dp
(4,51)
fl iJ y 2 y~O = d;"
250 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

In nächster Wandnähe wird also die Krümmung des Geschwindigkeitsprofils


lediglich durch das Druckgefälle bestimmt; sie wechselt ihr Vorzeichen mit dem
Vorzeichen des Druckgradienten. Nun ist am äußeren Rand der Grenzschicht, wo
diese in die Potentialströmung übergeht, offenbar in jedem Fall das Geschwindig-
keitsprofil konvex gekrümmt, also 82 uj8 y2 < o. Für die beschleunigte Strömung
(dpjd x < 0) ist nun nach GI. (4,51) (8 2 uj8 y2)wand < 0 und infolgedessen auch über
die ganze Grenzschichtbreite 82 ujd y2 < O. Ein Wendepunkt im Geschwindigkeits-
profil ist also in diesem Fall nicht möglich und infolgedessen auch kein "Ab-
lösungsprofil" , da dieses ja im Innern einen Wendepunkt haben muß. Andererseits
ist für die verzögerte Strömung (8 2ujd y2)wand > O. Da aber am äußeren Rand der
Grenzschicht 8 2 uj8 y2 < 0 ist, liegt in diesem Fall im Innern der Grenzschicht
eine Stelle mit verschwindender Krümmung des Geschwindigkeitsprofils, also ein
Wendepunkt vor. Hieraus folgt also, daß bei verzögerter Potentialßtrömung
das Grenzschichtprofil immer einen Wendepunkt besitzt, dagegen bei be-

Umsfrömfer Körper Durchsfrömter Körper

konvergent divergent
Oruckobfo/I Oruckonstieg

a b
Abb. 4.18. Geschwindigkeitsverteilung in der Grenzschicht. a) an einem umströmten Körper
b) in einem konvergenten und divergenten Kanal (W = Wendepunkt) •

schleunigter Strömung immer wendepunktfrei ist. Da nun das Ablösungsprofil mit


verschwindender Wandtangente einen Wendepunkt hat, ist damit gezeigt, daß
Ablösung nur in verzögerter Strömung auftreten kann.
Die Frage, ob in einem speziellen Fall im Gebiet der verzögerten Strömung
tatsächlich Ablösung auftritt und wo gegebenenfalls die Ablösungsstelle liegt,
kann nur durch Integration der Grenzschichtgleichungen beantwortet werden.
Die soeben getroffene Feststellung über das Auftreten eines Wende-
punktes nach Abb. 4.18a bedeutet, daß bei der Umströmung eines
Körpers auf dem vorderen Teil vor dem Druckminimum die Grenz-
schichtprofile wendepunktfrei sind und hinter dem Druckminimum
einen Wendepunkt besitzen. Das Vorhandensein eines Wendepunktes
im laminaren Grenzschichtprofil ist auch bedeutungsvoll für den
Umschlag laminar-turbulent, da laminare Geschwindigkeitsprofile mit
Wendepunkt eine wesentlich größere Neigung haben, turbulent zu
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 251

werden als die wendepunktfreien Geschwindigkeitsprofile. Dies kommt


darauf hinaus, daß bei einem umströmten Körper die Lage des Druck-
minimums maßgeblich ist für die Lage der Umschlagstelle laminar-
turbulent, und zwar so, daß bei REYNoLDs-Zahlen zwischen Re '= 106
und 108 die Umschlagstelle laminar-turbulent immer nahe hinter
dem Druckminimum liegt. Hierüber wird in Kap. 4.10 noch Näheres
berichtet werden.
Da nun der Reibungswiderstand bei laminarer Grenzschicht, wie
noch gezeigt wird, wesentlich geringer ist als bei turbulenter, kann man
den Reibungswiderstand von Tragflügelprofilen dadurch wesentlich
herabsetzen, daß man die Umschlagstelle laminar-turbulent möglichst
weit nach hinten verschiebt. Dies wird ausgenutzt bei den sog.
Laminarprofilen, die zuerst von H. DOETscH [21] entwickelt und
die später sehr ausführlich untersucht worden sind. Nach den obigen
Ausführungen kommt es zur Erzielung langer laminarer Laufstrecken
der Grenzschicht darauf an, das Druckminimum möglichst weit zurück-
zuverlegen. Wir kommen hierauf in Kap. 4.5 zurück.
Auch in einer Kanalströmung bestimmt der Druckgradient maß-
geblich die Form der Geschwindigkeitsverteilung. Nach Abb. 4.18b hat
man im konvergenten Kanal mit Druckabfall ein wendepunktfreies
Geschwindigkeitsprofil, dagegen im divergenten Kanal mit Druck-
anstieg ein Geschwindigkeitsprofil mit Wendepunkt, welches bei zu
starkem Druckanstieg zur Ablösung führt.

4.43 Die Plattengrenzschicht bei laminarer Strömung


Der einfachste Fall einer Grenzschicht liegt bei der in ihrer Längs-
richtung angeströmten sehr dünnen ebenen Platte vor. Dieser Fall, der
von H. BLASIUS [22] in seiner Göttinger Dissertation 1907 als erstes
Beispiel zur PRANDTLschen Grenzschichttheorie behandelt wurde, möge
hier etwas näher erörtert werden. Die Platte sei unendlich lang; wir
wählen das Koordinatensystem nach Abb.4.10. Die Anströmungs-
geschwindigkeit sei U 00 parallel zur x-Achse. In diesem Fall ist die
Geschwindigkeit der Potentialströmung konstant, also dpjdx = O. Die
Grenzschichtgleichungen (4,47a) und (4,49) werden demnach:
iJu iJu iJ2 u
u--a;;+Vay=V iJ y 2' (4,52)

~+~=O, (4,53)
iJx iJy
y=O: u=O, v=O; y=r5(x): u=U oo ' (4,54)
Da das ganze System keine ausgezeichnete Länge besitzt, liegt es nahe,
anzunehmen, daß die Geschwindigkeitsprofile in verschiedenen Ab-
ständen von der Plattenvorderkante zueinander affin sind. Als Maß-
252 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

stabsfaktor für y wählen wir die Grenzschichtdicke t5 (x), die nach


GI. (4,28) proportional zu V'/i X IU00 ist. Wir bezeichnen den dimensions-
losen Wandabstand y/t5 mit 'YJ und setzen

r;=y V· Uoo
-.
vx
(4,55)

Durch Einführung der neuen Variablen 'YJ an Stelle von x und y gelingt
es im vorliegenden Fall, die beiden partiellen Differentialgleichungen
(4,52) und (4,53) auf eine gewöhnliche Differentialgleichung zurück-
zuführen.
Zunächst wird die Kontinuitätsgleichung durch Einführung einer
Stromfunktion "P (x, y) integriert, vgI. Kap. 2.34. Wir setzen
"P (x, y) = V'/i X U 00 f(r;), (4,56)
wo f('YJ) die dimensionslose Stromfunktion bedeutet. Für die Geschwin-
digkeitskomponenten erhält man sodann:
[hp ,
u=ay=Uoof (r;), (4,57)

v = - ~
8x
= ~V
2
v Uoo (r;/' -
x
f), (4,58)

wobei der Strich bei f die Differentiation nach r; bedeutet. Bildet man
hieraus die einzelnen Glieder von GI. (4,52), so erhält man nach ein-
facher Rechnung für f ('YJ) die gewöhnliche Differentialgleichung
f f" + 2/'" = 0 (4,59)
mit den Randbedingungen
r;=0: /=0, /,=0; r;=oo: /,=1. (4,60)
Die Lösung dieser nichtlinearen Differentialgleichung wurde zuerst von
H. BLASIUS angegeben und später von anderen Autoren verbessert [23].
In Abb. 4.19 ist die theoretische Geschwindigkeitsverteilung u/U00 = /'(r;)
mit Messungen von J. NIKURADSE [24] verglichen, die an einer mit
Luft beströmten ebenen Platte ausgeführt wurden. Die von der Theorie
vorausgesagte Affinität der Geschwindigkeitsprofile in verschiedenen
Abständen x von der Plattenvorderkante wird durch die Messungen gut
bestätigt. Auch stimmt die Form der gemessenen Geschwindigkeits-
profile ausgezeichnet mit der Theorie überein. Hiermit wird gleichzeitig
die Zulässigkeit der Grenzschichtvereinfachungen in vorzüglicher Weise
bestätigt.
Der Reibungswiderstand der längsangeströmten ebenen Platte läßt
sich aus der angegebenen Lösung leicht ermitteln: Der Widerstand
einer Plattenseite ist:

bI I( ~;t=odx,
I I

WR = To(x)dx = bfL (4,61 )


o 0
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 253

wobei l die Länge und b die Breite der Platte bedeutet. Nach GI. (4,55)
und (4,57) ist der Geschwindigkeitsgradient an der Wand:

(.~)
oy y=o = U 00 V UOO
vx
I" (0) (4,62)

mit 1"(0) = 0,332. Damit ergibt sich aus GI. (4,61):

J~~ =0,664b-Vf-telU~
I

WR=I"(O)f-tbUooV~OO (4,63)
",=0

jA1"
i
-,+Ö-
JW""

0.8
Theorie B/asius
-" I

l\1 ff
JIp;n
I

Hessungen: Nikuradse I
6
V +Re- U,;;X = ~08"05 :

'I
j
11
0


" = 1,82 " I
" = 3,6'1 ..
V' " = 5,'16
I
0 " = 7,28 "

a2 I I I
I
j I I

o~ 3 5.
516'1
7
2 'I 6
1m;;;
T]=YVvx-
Abb. 4.19. Geschwindigkeitsverteilung in der laminaren Grenzschicht an der längsangeströmten
ebenen Platte. Theorie nach BLASIUS [22]. Messungen nach NIKURADSE [24]

Führt man den dimensionslosen Widerstandsbeiwert ein durch

(4,64)

wobei b l die benetzte Fläche bedeutet, so ergibt sich aus GI. (4,63):
1,328
cf = VRe ' (4,65)

wobei Re = Uooljv die mit der Plattenlänge und der Anströmungs-


geschwindigkeit gebildete REYNoLDssche Zahl bedeutet. Dieses Blasius-
sche Plattenwiderstandsgesetz, das in Abb. 4.41 als Kurve (1) eingetragen
ist, ist im Bereich der Laminarströmung, d. i. für Re < 5. 105 bis 106 ,
in vorzüglicher Übereinstimmung mit Messungen. Im Bereich der tur-
bulenten Strömung, Re> 106 , ist der Reibungswiderstand erheblich
größer als nach GI. (4,65). Die turbulente Plattengrenzschicht wird in
Kap. 4.7 behandelt werden.
254 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Ein Maß für die Grenzschichtdicke läßt sich nicht ohne weiteres an-
geben, da die Geschwindigkeit u asymptotisch in die Potentialgeschwin-
digkeit U 00 übergeht. Will man etwa als Grenzschichtdicke b denjenigen
Wandabstand definieren, wo u = 0,99 U oo ist, so erhält man hierfür:

b(x) = 5,0 V vx
U oo ' (4,66)

Ein physikalisch sinnvolles Maß für die Grenzschichtdicke ist die


Verdrängungsdicke b*. Wir verstehen darunter diejenige Schichtdicke,
um welche die Potentialströmung infolge der Geschwindigkeitsabminde-
rung in der Grenzschicht nach außen abgedrängt wird. Die in folge der

J
00

Reibungswirkung weniger durchfließende Menge ist (U 00 - u)dy,


y~O

und somit gilt für b* nach Abb. 4.20 die Definitionsgleichung

J
00

Uoob*(x) = (U oo -u)dy. (4,67)


y~O

Für die Verdrängungsdicke ergibt sich hieraus:


y
u
b*(x) = 1,73 V~: . (4,68)

Konfro/lf/öche

I - - - - x ------<
/

Abb. 4.20. Zur Definition der Ver- Abb. 4.21. Zur Anwendung des Impulssatzes auf
drängungsdicke 6* der Grenzschicht die Grenzsohicht bei der längsangeströmten ebenen
nach GI. (4,67) Platte

Ein anderes wichtiges Maß für die Grenzschichtdicke ist die Impuls-
verlustdicke {}. Wir werden auf diese geführt, wenn wir das in Kap. 2.62
geschilderte Verfahren der Widerstandsermittlung aus der Messung des
Impulsverlustes im Nachlauf auf die längsangeströmte ebene Platte
übertragen. Die dort in GI. (2,219) für den Gesamtwiderstand eines
zylindrischen Körpers gefundene Formel setzt voraus, daß auf der
ganzen Kontrollfläche der statische Druck konstant ist. Für die ebene
Platte ist diese Voraussetzung bei beliebiger Wahl der KontroUHäche
erfüllt. Wählen wir insbesondere für die Platte die Kontrollfläche nach
Abb. 4.21, so erhält man für den Widerstand des einseitig benetzten
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 255

Plattenstückes der Länge x und der Breite b aus GI. (2,219) mit den
hier verwendeten Bezeichnungen:

J
00 x

WR(x)=(!b u(U",,-u)dy=b!To(x)dx, (4,69)


y=O 0

wobei u(x, y) die Geschwindigkeitsverteilung in der Grenzschicht an


der Stelle x bedeutet. Schreibt man GI. (4,69) unter Einführung der
Impulsverlustdicke {} in der Form:

(4,70)

so ist die Impulsverlustdicke definiert durch

U~ ß(x) =
y=o
!"" u(U"" - u)dy. (4,71)

Die Ausrechnung von ß(x) nach GI. (4,71) und (4,57) ergibt

ß(X)=0,664V~: . (4,72)

Das Verhältnis von Verdrängungsdicke zu Impulsverlustdicke ist


H = o*/ß = 1,73/0,664 = 2,59. Die beiden Größen, Verdrängungsdicke
und Impulsverlustdicke, spielen auch für die Grenzschicht an einem
beliebigen Körper und auch bei turbulenter Strömung eine wichtige
Rolle.

4.44 Impulssatz der Grenzschicht


Die Plattengrenzschicht mit der konstanten Außenströmung
U(x) = U 00 = const ist ein besonders einfacher Fall. Für den all-
gemeinen Fall der Umströmung eines Körpers, bei welchem der Druck-
gradient der Außenströmung längs der Wand veränderlich ist, ist die
Integration der Grenzschichtgleichungen wesentlich schwieriger. Da für
diesen allgemeinen Fall die exakte Lösung der Grenzschichtgleichungen
sehr mühsam ist, hat man für diesen Fall Näherungsmethoden ent-
wickelt, die zwar an Genauigkeit den exakten Lösungen nachstehen,
dafür in der numerischen Durchführung aber wesentlich bequemer sind.
Insbesondere ist man für die Ermittlung der Grenzschicht an Trag-
flügelprofilen und Rumpfkörpern sowohl für laminare als auch für
turbulente Strömung ausschließlich auf solche Näherungsmethoden
angewiesen. Der Grundgedanke der Näherungsverfahren besteht darin,
daß man darauf verzichtet, die Grenzschichtdifferentialgleichungen
für jede wandparallele Schicht zu erfüllen, sondern sie statt dessen nur
im Mittel über die Grenzschichtdicke erfüllt. Einen solchen Mittel-
256 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

wert liefert der Impulssatz der Grenzschichttheorie, den man nach


TH. v. KARMAN [14] durch Integration der Grenzschichtgleichung
über die Grenzschichtbreite erhält, vgl. E. GRUSCHWITZ [25].
Durch Integration der Grenzschichtgleichung (4,47a) von y = 0 (Wand)
bis y = h, wobei die Schicht y = h> Cl (x) überall außerhalb der Grenzschicht
liegt, erhält man:

J
h

(u ~: + v ~; - U ~~ ) dy = _ ~o . (4,73)
y~O

Dabei ist für p,(i}u/i}y)o die WandschubspannungTo eingeführt worden, damit


GI. (4,73) sowohl für laminare als auch für turbulente Strömung gilt. Nach der
Kontinuitätsgleichung (4,53) kann man die Quergeschwindigkeit ersetzen durch

J~
y

v = - dy, so daß man erhält:


i}x
o
h Y

J ( u~-~J~dY-
i}x i}y i}x
udU)dY= -~.
dx (]
y~O 0

Eine Umformung durch partielle Integration liefert für das zweite Glied:

Jh(~JY~dY)dY=
g~O
i}y i}x
UJh~dY
i}x
0
_JhU~dY
i}x'
0 0

so daß man erhält:


h

J( 2U~-
i}x
U~-
i}x
U dU )dy =
dx
-~.
(]
o
Dieses läßt sich zusammenfassen zu:
h h

ddx J u (U - u) d y + ~~ J (U - u) d y = ~o •
o 0

Da in beiden Integralen außerhalb der Grenzschicht der Integrand verschwindet,


kann man auch h --> Cl (x) gehen lassen.
Wir führen jetzt wie in GI. (4,67) und (4,71) auch für den allgemeinen Fall
der veränderlichen Außenströmung U (x) die Verdrängungsdicke 15* und die
Impulsverlustdicke {} ein durch die Beziehungen:

J
6

U 15* = (U - u) dy (Verdrängungsdicke), (4,74)

U2,,}= J u(U-u)dy (ImpulsverIustdicke). (4,75)

Somit ergibt sich:


~ = ~ (U2 {}) + 15* U dU.
(4,76)
(] dx dx
Dieses ist der Impulssatz für die Grenzschicht bei ebener inkompressibler
Strömung.
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 257

4.45 Näherungsverfahren zur Berechnung der laminaren Grenzschicht


Ausgehend von dem Impulssatz, GI. (4,76), sind verschiedene Nähe-
rungsverfahren für die Berechnung der laminaren Grenzschicht an-
gegeben worden. Sie sind in der praktischen Anwendung meist ziemlich
einfach; doch erfordert ihre detaillierte Beschreibung einen ziemlich
breiten Raum, so daß wir uns hier mit wenigen Angaben begnügen
müssen. Von K. POHLHAUSEN [26] ist ein Rechenverfahren angegeben
worden, das später von H. HOLSTEIN und T. BOHLEN [27] sowie von
A. WALZ [28] für die rechnerische Durchführung wesentlich vereinfacht
worden ist. Wir geben hier für dieses Verfahren nur diejenigen Formeln
an, die für die praktische Durchführung der Rechnung erforderlich sind
und verweisen für die Einzelheiten auf die ausführliche Darstellung von
H. SCHLICHTING [2], Kap. XII.
In dem allgemeinen Fall der längs der Wand veränderlichen Poten-
tialströmung U (x) können die Geschwindigkeitsprofile in der Grenz-
schicht nicht mehr als affin wie bei der Plattenströmung angesehen
werden. Die Änderung ihrer Form längs der be strömten Wand wird
nach POHLHAUSEN beschrieben durch den Formparameter
d2 dU
J1-----
- v dx' (4,77)

Dabei bedeutet b (x) die Grenzschichtdicke. Die Geschwindigkeits-


profile in der Grenzschicht vom vorderen Staupunkt bis zum Ab-
lösungspunkt werden als einparametrige Schar angesetzt in der
Form:
u(x, y) = U (x) [F(t]) J1 G(t])], + (4,78)

t] = yjb(x) den dimensionslosen Wandabstand bedeutet,


°: ;
wobei
t] ::;; 1, und F (t]) und G (t]) die Polynome vierten Grades:

F(t]) = 1 - (1 - t])3 (1 + 1)) und G(t])


1
= "6t](l - t])3. (4,79)

° °
Der Formparameter J1 läuft von. J1 = 7,05 im vorderen Staupunkt,
wo U = ist, über J1 = im Druckminimum bis Li = -12 im Ab-
lösungspunkt. Durch GI. (4,78) zusammen mit GI. (4,79) wird postu-
liert, daß im endlichen Wandabstand y = b, d. i. t] = 1, die Grenz-
schicht an die Außenströmung anschließt. Ferner erfüllt der Ansatz
(GI. 4,78) für die Geschwindigkeitsverteilung die Haftbedingung an der
Wand, u = 0, und gewisse Bedingungen des "glatten" Anschlusses
an die Außenströmung. Nach Einführung von G1. (4,78) in den
Impulssatz (4,76) können die Grenzschichtgrößen Wandschubspannung
"0 und Verdrängungsdicke b* durch die Impulsverlustdicke 1} und
den Formparameter J1 ausgedrückt werden. Dabei entsteht sehließlich
aus dem Impulssatz GI. (4,76) eine Gleichung für die Impulsverlust-
SchlichtingjTruckenbrodt. Aerodynamik I 17
258 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

dicke f} (x). Diese läßt sich unter vereinfachenden Annahmen geschlossen


integrieren und liefert für den Verlauf der ImpuJsverlustdicke längs
der Kontur die folgende Quadraturformel :

U{}2
11
= 0,470
U5
f U5d x.
x
(4,80)
x=o
Nachdem aus dieser Gleichung der Verlauf der Impulsverlustdicke
längs der Wand ermittelt worden ist, erhält man die übrigen Kenn-
OrUCk5cifc
-- --
2 / --
-lI 1/../v·
J /~~ F<

//1; .... ~(/ ehen


Platte
~:---
/~ ./'

a.
P'
---
0,2 0.3 0.'1 0.5 o 0./1 Oß 1,0
x/l'--- x/L'-
8 8
~ ~."

-- o !\~
.,~~
\ " ~ ........ ..... -...
..........
"\
.
. ...
. ::: -......-t-r-
.... ~,~ .
.......... .... ....,
~ ............. \ ';' ..-/
'" \ \ 1\
-8 -8

b -12 0
0.1 0.2
x/l' ___
0.3
""
0.'1"'r--. 45

1'\ 12
\\.'
r1
---CA
----
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. = 0
= 0,25
r--
n
" =0,50 r--- 8
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\~ " =1,00 yl

(,
11
." \~ I\- ,t\\
'~
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.,1-'::::--
r:::::::: 1::"::-:::
~ ~"" ~~ ..- ..
c o 0,1 0,2 0.3
~
0./1 qs 0 0,/1
~':..:
0,8 ~O
x/l'- x/L'-
Abb.4.22. Ergebnis der Berechnung der laminaren Grenzschicht für das JOUKOWSKY-Profi! J 015
bei verschiedenen Auftriebs beiwerten. /' = halber Profilumfang ; x = Koordinate längs der
Profilkontur. a) Verdrängungsdicke der Grenzschicht, b) Formparameter A nach GI. (4,77),
c) Wandschubspannung ~ •. Es gibt " = 0 die Lage der Ablösungsstelle
4.4 Die PRANDTLschen Grenzschichtgleichungen 259
größen der Grenzschicht wie Wandschubspannung 1:0 und Formpara.
meter Li (zur Beurteilung der Ablösung) in einfacher Weise aus uni.
versellen Tabellen.
Als Beispiel einer solchen Grenzschichtrechnung sind in Abb. 4.22
und 4.23 die Ergebnisse für ein symmetrisches JOUKoWSKy·Profil bei

11
G

3
/
V
1
f. = D,l17 fj 5 IJlj
I
V /
1/
/
Ablösung, J 438 V ~"
V J /
1/ /
V V
I ,..v 1
V
1
1/
1 / o.Z/f
/
/ V V ./
1/ / V VO,1/f /' EI
I I V V V 0.06' V V
~I )/' V .-V
-
~
!L
VI..... ~ f.-- (..!!- I--.-
0
qv- 46 48 zo
u/u---
A
il i
I
~: 1
I
1
I
1
I I
ii I I I
I
I I I QZ, 1f , 6 Q8 0

Abb. 4.23. Geschwindigkeitsprofile der laminaren Grenzschicht und potentialtheoretische Ge.


schwindigkeitsverteilung am JOUKOWSKY-Profil J 015 von der relativen Dicke dll = 0,15 beim
Anstellwinkel a = 0 0 ; A = Ablösungsstelle
17*
260 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

verschiedenen Anstellwinkeln (Auftriebs beiwerten) dargestellt. Die zu-


gehörigen potentialtheoretischen Geschwindigkeitsverteilungen sind aus
Abb. 6.12 zu entnehmen. In Abb. 4.22 sind, getrennt für die Saugseite
und Druckseite des Profils, der Verlauf der Verdrängungsdicke 15*, des
Formparameters A und der Wandschubspannung T'o längs der Kontur
angegeben. Die gewählten Darstellungen sind unabhängig von der
REYNoLDsschen Zahl. Für die Verdrängungsdicke ist in Abb.4.22a
zum Vergleich der Wert der ebenen Platte nach Gl. (4,68) eingetragen.
Im Bereich der beschleunigten Strömung ist am Tragflügelprofil die
Verdrängungsdicke etwas geringer als an der ebenen Platte, dagegen in
der verzögerten Strömung bei Annäherung an den Ablösungspunkt
größer. Der Verlauf des Formparameters in Abb. 4.22b zeigt, daß der
Ablösungspunkt mit wachsendem Auftriebsbeiwert auf der Saugseite
nach vorn und auf der Druckseite nach hinten wandert. Wenn die
REYNoLDs-Zahlen nicht allzu klein sind, wird allerdings die Strömung
schon vor dem Ablösungspunkt turbulent. In Abb. 4.23 ist für die sym-
metrische Anströmung (CA = 0) für mehrere Stellen längs der Kontur
die Geschwindigkeitsverteilung in der Grenzschicht dargestellt. Auch
diese Darstellung ist unabhängig von der REYNoLDsschen Zahl.

4.5 Grenzschichtbeeinflussung
4.51 Allgemeines
Es ist eine besondere Eigentümlichkeit der Strömungsvorgänge in
der Grenzschicht, daß durch sie die gesamte Umströmung eines Körpers
"gesteuert" werden kann. Damit ist gemeint, daß durch eine Be-
einflussung der Strömung in der sehr dünnen Grenzschicht unter Um-
ständen die gesamte Umströmung des Körpers sehr erheblich geändert
werden kann. Als Beispiel hierfür hatten wir in Kap. 4.24 bereits den
PRANDTLschen Stolperdraht auf der Kugel besprochen. Durch diesen
wird die laminare Reibungsschicht künstlich turbulent gemacht und
infolgedessen die Ablösungsstelle beträchtlich nach hinten verlagert.
Dadurch ergibt sich eine erhebliche Verkleinerung des Totwassers und
eine Verringerung des Druckwiderstandes.
Es sind nun eine Reihe von weiteren Verfahren der Grenzschicht-
beeinflussung entwickelt worden, die zum Teil für die Aerodynamik
des Flugzeuges Bedeutung erlangt haben, und deren Grundprinzipien
in diesem Abschnitt deshalb kurz erläutert werden sollen [29]. In den
meisten Fällen handelt es sich bei diesen Maßnahmen zur Grenzschicht-
beeinflussung um die Vermeidung der Ablösung im Hinblick auf eine
Verringerung des Widerstandes oder zur Erhöhung des Auftriebes, in
einigen Fällen auch nur um eine Änderung des Strömungszustandes von
laminar zu turbulent oder um die Aufrechterhaltung der Laminar-
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 261

strömung. Die verschiedenen Methoden, die hauptsächlich experimen-


tell, zum Teil aber auch theoretisch untersucht worden sind, lassen
sich folgendermaßen kennzeichnen:
a) Mitbewegen der Wand.
b) Beschleunigung der Grenzschicht.
c) Absaugung der Grenzschicht.
d) Laminarhaltung durch Formgebung (Laminarprofile ).

4.52 Mitbewegen der Wand


Das nächstliegende Verfahren, die Strömungsablösung zu verhin-
dern, besteht darin, die Ausbildung der Reibungsschicht überhaupt zu
vermeiden. Da die Reibungsschicht sich wegen der Geschwindigkeits-
differenz zwischen Wand und Außenströmung ausbildet, kann man sie
beseitigen, indem man die Wand mit der Strömung mitbewegt. Am
einfachsten läßt sich die mitbewegte Wand bei der Rotation eines Kreis-
zylinders verwirklichen. Abb. 2.52 zeigt das Strömungsbild um einen
rotierenden Kreiszylinder, der senkrecht zu seiner Achse angeströmt
wird. Auf der oberen Seite, wo Strömungsrichtung und Drehrichtung
gleichsinnig sind, ist die Ablösung der Grenzschicht völlig vermieden,
wie ein Vergleich mit dem nicht rotierenden Zylinder nach Abb. 4.11
zeigt. Aber auch auf der Unterseite, wo Strömungsrichtung und Dreh-
richtung gegensinnig sind, kommt die Ablösung kaum zur Ausbildung.
Im ganzen erhält man auf diese Weise mit sehr guter Annäherung das
Strömungsbild der reibungslosen Strömung um einen Kreiszylinder mit
Zirkulation, wie es in Abb. 2.49 angegeben wurde. Diese Strömung
liefert einen starken Quertrieb, der in Kap. 2.546, GI. (2,171), berechnet
wurde und der als "Magnuseffekt" bekannt ist. Eine gewisse technische
Anwendung hat der Quertriebvon rotierenden Zylindern für den Vor-
trieb von Schiffen beim FLETTNER-Rotor [30] gefunden. Bei anderen
Körperformen läßt sich allerdings dieses Prinzip nur schwierig technisch
verwirklichen. Für die längsangeströmte Platte ist die laminare Grenz-
schicht bei mitbewegter Wand von E. TRUCKENBRODT [32] berechnet
worden.

4.53 Beschleunigung der Grenzschicht


Eine andere Möglichkeit zur Vermeidung der Ablösung besteht darin,
den verzögerten Flüssigkeitsteilchen in der Reibungsschicht neue Ener-
gie zuzuführen. Dies kann entweder durch Ausblasen von Flüssigkeit
aus dem Innern des Körpers unter Verwendung eines besonderen Ge-
bläses geschehen (Abb. 4.24a) oder einfacher dadurch, daß die Energie
unmittelbar der Hauptströmung entnommen wird, indem durch einen
Schlitz der verzögerten Grenzschicht aus dem Gebiet hohen Druckes
17a
262 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Flüssigkeitsteilchen mit großer

.~
Energie zugeführt werden (Schlitz-
flügel, Abb. 4.24 b). In beiden Fällen
wird in der wandnahen Schicht
-------------~ durch Energiezufuhr die Geschwin-
digkeit erhöht und dadurch die Ab-
lösungsgefahr beseitigt.
Bei dem Ausblasen nach Ab-
bildung 4.24a ist allerdings in der
praktischen Ausführung besondere
Sorgfalt bei der Gestaltung des
Schlitzes geboten, damit sich der
Strahl nicht kurz nach dem Aus-
tritt in Wirbel auflöst. In neuerer
Zeit hat sich auf Grund von aus-
c gedehnten Versuchen [31] das Aus-
blasen eines Strahles an der Hin-
terkante eines Tragflügels für die
Abb. 4.24. Verschiedene Anordnungen zur Erhöhung des Maximalauftrie bes als
Grenzschichtbeeinflussung. a) Ausblasen; sehr erfolgreich erwiesen. Auch ge-
b) Schlitzflügel; c) Absaugung
langes, durchAusblasen im Schlitz
eines Klappenflügels
J+-N den Maximalauftrieb
beträchtlich zu steigern.
/
'/ ~I 1/1 Beim Schlitzflügel [33]
3,0 ~
/ ~
nach Abb. 4.24 b besteht
die Wirkung darin, daß
/
/ iB7;-.. ~
~;: die durch den Schlitz
1,6
'mo hindurchtretende Strö-
/~ mung die am Vorflügel
{,o 1~5°
~ f1,5°
~
A-B gebildete Grenz-
schicht in die freie Strö-
~60
~
«._ge
mung fortträgt, bevor
/,~6° diese sich ablöst. Bei
as ~7° großen Anstellwinkeln
11'
I ist auf der Saugseite des
I--
~TOßo
_1,70
VorflügeIs der größte
c- P-·V o Druckanstieg und damit
-'1,6 0
I
die größte Ablösungs-
h -Z5°
'I gefahr vorhanden. Von 0
_gO
o
1-13 0

0,1 a3 0,'1
Abb. 4.25. Polare eines Trag-
flügels mit Vorflügel und Klappe
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 263

an bildet sich eine neue Grenzschicht, die unter Umständen ohne


Ablösung bis zur Hinterkante D gelangt. Auf diese Weise kann man
beim Tragflügel mit Hilfe eines VorflügeIs die Ablösung zu wesentlich
größeren Anstellwinkeln hinausschieben und dadurch beträchtlich
größere Auftriebsbeiwerte erreichen. In Abb. 4.25 ist das Polardiagramm
(Auftriebsbeiwert CA über
Widerstands beiwert c~) für
einen Tragflügel ohne und -p
mit Vorflügel sowie auch
mit einem hinteren Klap-
penflügel angegeben. In
dem Schlitz zwischen dem
Hauptflügel und der hinte- «~---#$E:E~~~
ren Klappe sind die Vor-
gänge im Prinzip die glei-
chen wie im vorderen
Schlitz. Die Auftriebsstei-
gerung durch den Vorflügel ..
und die KJappen ist. be-
trächtlich.WeitereAngaben
hierzu werden in Kap. XII
gemacht.
Wird ein zylindrischer
Körper schräg zu den
Erzeugenden angeströmt
(schiebender Zylinder), so
treten in der Grenzschicht Abb. 4.26. Zur Entstehung der Querströmung in der
unter Umständen kom- Grenzschicht an einem schiebenden Flügel (Pfeilflügel).
Kurven konstanten Druckes (Isobaren) auf der Saug-
plizierte dreidimensionale seite des Flügels
Strömungsvorgänge auf.
Diese sind von erheblicher Bedeutung für die aerodynamischen Eigen-
schaften von Pfeilflügeln. Bei einem schiebenden Flügel und bei einem
Pfeilflügel tritt infolge der Versetzung der Flügelschnitte auf der Saug-
seite in der Nähe der Flügelnase bei größeren Auftriebsbeiwerten ein
starker Druckabfall gegen das zurückliegende Flügelende auf, wie aus
Abb. 4.26 hervorgeht, wo für die Saugseite eines angestellten schiebenden
Flügels die Isobaren dargestellt sind. Die in der Grenzschicht abgebrems-
ten Flüssigkeitsteilchen folgen diesem Druckgradienten, und es bildet
sich infolgedessen eine starke Querströmung in Richtung des zurück-
liegenden Flügels aus. Wie Messungen von R. T. JONES [34] und W. JA-
COBS [35] gezeigt haben, entsteht hierdurch auf dem zurückliegenden
Flügelende eine starke Verdickung der Grenzschicht, und dadurch
veranlaßt, eine vorzeitige Ablösung der Strömung. Bei Flugzeugen mit
17a*
264 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Pfeilflügeln bewirkt dieses Abwandern der Grenzschicht nach außen,


daß die Strömung zuerst am Außenflügel, im Querruderbereich, abreißt
und dadurch das sehr gefürchtete "Abkippen über den Flügel" ver-
ursacht. Man kann diesen Ablösungsbeginn am Außenflügel und damit
das unerwünschte Abkippen dadurch vermeiden, daß man den Flügel
mit einem Grenz8chichtzaun versieht. Dies ist eine auf der Flügelsaug-
seite im vorderen Flügelteil aufgesetzte dünne Blechwand, welche die
Querströmung in der Grenzschicht verhindert. Abb. 4.27 zeigt ein Flug-
zeug mit Pfeilflügel und je einem Grenzschichtzaun auf jeder Flügel-
hälfte. Über die hierdurch erreichten Verbesserungen des Abreißver-

Abb. 4.27. Düsenjäger De HaviJIand DH 110 mit Pfeilflügel und Grenzschichtzäunen nach [36]

haltens hat W. LIEBE [36] berichtet. Ein amerikanischer Bericht [37]


enthält umfangreiche Messungen über die Verbesserung der aerodyna-
mischen Eigenschaften eines Tragflügels durch Grenzschichtzäune.

4.54 Absaugung der Grenzschicht


Die Absaugung der Grenzschicht wird in zweierlei Weise angewen-
det: 1. zur Vermeidung der Ablösung, 2. zur Aufrechterhaltung der
Laminarströmung. Im ersten Fall besteht die Wirkungsweise der
Absaugung darin, daß die verzögerten Teile der Grenzschicht in einem
Druckanstieggebiet durch Absaugung mittels eines Schlitzes entfernt
werden (Abb.4.24c), bevor sie die Ablösung der Strömung herbei-
führen können. Hinter dem Absaugeschlitz bildet sich eine neue Grenz-
schicht, die wieder einen bestimmten Druckanstieg überwinden kann
und bei geeigneter Anordnung der Schlitze unter Umständen gar nicht
zur Ablösung kommt. Dieses Prinzip der Absaugung wurde bereits 1904
von L. PRANDTL [12] für den Kreiszylinder erprobt.
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 265
Erhöhung des Maxi-
malauftriebes. Bei Trag-
flügeln hat man durch
Schlitzabsaugung eine
3,ol---+--+-____'l----,~'+---L/
erhebliche Steigerung
des Maximalauftriebes
erreichen können. Um-
fangreiche Versuche hier-
zu sind von O. SCHRENK
[38] ausgeführt worden.
4 .
€-._,3ij,
Am wirksamsten erwies
sich eine Verbindung der ~o
1----'(---+-_-1
Schlitzabsaugung mit
einem Klappenflügel,
insbesondere bei dicken
Flügelprofilen. Abb.4.28 O~-~-1~.O--L--2~.O-~-~40---~~~O
zeigt, daß für ein dickes -Cp ; 100'Ce -

Tragflügelprofil mit Abb. 4.28. Auftriebsbeiwerte von Klappenflügeln mit Schlitz-


Klappe und Absaugung absaugung nach SCHRE~K [38]

Auftriebsbeiwerte bis
etwa CA =4 erreicht werden. Dabei sind die Mengenbeiwerte der Ab-
saugung etwa cQ = QjF U 00 = 0,01 bis 0,03 und der Absaugedruck
cp = (p - poc)!; U~ = -2 bis -4, wobei Qdie gesamte abgesaugte Menge
und p den Druck im Absaugeschlitz bedeutet. Die Wirkung der Ab-
saugung beruht darauf, daß die Strömung an der Klappe anliegend er-
halten wird. Diese erkennt man aus Abb.4.29, wo für das Göttinger Ab-
saugeflugzeug [39] die Strömung an der Klappe durch Wollfäden sicht-
bar gemacht ist.
Nachdem mit Absaugeklappenprofilen günstige Windkanalergeb-
nisse vorlagen, hat die Aerodynamische Versuchsanstalt Göttingen
(AVA) schon Anfang der dreißiger Jahre die erste fliegerische Erprobung
der Absaugung durchgeführt. Am Bau und der Erprobung der beiden
Göttinger Absaugeflugzeuge AF I und AF 2 waren O. SCHRENK, B. RE-
GEN SCHEIT und J. STÜPER maßgeblich beteiligt [40]. Abb. 4.30 gibt eine
Übersicht der beiden Absaugeflugzeuge AF I und AF 2. Die wichtigsten
Baudaten sind in der Bildunterschrift angegeben. Das Flugzeug AF 1
ist ein Schulterdecker mit einem Trapezflügel und einer in der Mitte
geteilten Klappe. Das Flügelprofil hat in der Mitte eine Dicke von rund
20%; es ist mit einem Absaugeschlitz versehen. Das Muster AF 2 ist im
Gesamtaufbau dem Muster AF 1 ähnlich und hat ein etwas dünneres
Flügelprofil als AFI (18%) und zwei Absaugeschlitze. Abb.4.31gibtdie
Auftriebsbeiwerte der Muster AF 1 und AF2 sowie die des bekannten
266 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Langsamflugzeuges "FieseIer Storch" (Fi 156), welches einen festen


Vorflügel nach Art von Abb. 4.24b und eine Klappe, aber keine Ab-
saugung besitzt. Für die beiden Absaugeflugzeuge AF 1 und AF 2 ist
die Steigerung des maximalen Auftriebsbeiwertes durch die Absaugung
sehr beträchtlich (CA max "'=< 4) .

• •

a
Abb. 4.29. Strömungsaufnahmen an einem Klappenflügel des Göttinger Absaugeflugzeuges
nach SCHRENK [39]. a) ohne Absaugung; b) mit Absaugung

Laminarhaltung. Die Absaugung ist auch angewendet worden,


um den Reibungswiderstand von Tragflügelprofilen zu vermindern.
Die Wirkung beruht darauf, durch die Absaugung die Umschlag-
steIle laminar-turbulent stromabwärts zu verschieben. Dabei hat
sich eine flächenhafte (kontinuierliche) Absaugung, z. B. durch poröse
Wände, als günstiger erwiesen als die Schlitzabsaugung, weil durch die
Schlitze leicht Störungen verursacht werden, welche vorzeitigen Um-
schlag herbeiführen. Die Laminarhaltung durch Absaugung kommt ein-
mal dadurch zustande, daß die infolge Absaugung dünnere Reibungs-
schicht weniger Neigung hat, turbulent zu werden [41], [42] und
andererseits die Geschwindigkeitsprofile der laminaren Grenzschicht mit
Absaugung im Vergleich zu denen ohne Absaugung eine solche Form
haben, daß sie auch bei gleicher Grenzschichtdicke nicht so leicht
turbulent werden.
Über die laminare Grenzschicht mit kontinuierlicher Absaugung
lassen sich für die längsangeströmte Platte einige einfache theoretische
Aussagen machen: Die homogene Absaugung nach Abb. 4.32 sei so
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 267

AF1 Afz

o
1-------9,72 m-------;~

Abb. 4.30. übersicht der beiden Göttinger Absaugeflugzeuge AF 1 und AF 2 (nach J. STtlPER [40])
(aus NACA TM 1232) AF 1 AF 2
Fluggewicht: G [kg] 1370 1340
Motorleistung: N [PS] 150 270
maximale Flug.
geschwindigkeit: V [km/h] 180 270

v-
3 / ~F2 . / -1!:
/ /V
17
,,'"' Fi156 -
/
z /
~
[AF2
//
Y'
~~
AFI ,/" '-
./ L.~
,,/
~/
1
L/ - - mit Absougung
---ohne "
"
0
-100 0° 10° 20° JO °
C(-

Abb. 4.31. Auftriebsbeiwerte der Göttinger Absaugeflugzeuge AF 1 und AF 2 sowie des Musters
Fi 156 (nach J. STtlPER [40]) (aus NACA TM 1232)
Für Fi 156 gilt die Kurve CA (<X) für Gleitflug mit maximalem Klappenausschlag von 400
268 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

schwach, daß nur die Flüssigkeitsteile in unmittelbarer Wandnähe ab-


gesaugt werden. Dies kommt darauf hinaus, daß das Verhältnis von
Absaugegeschwindigkeit zu Anströmungsgeschwindigkeit sehr klein
ist, etwa (-vo)/Uoc = 0,0001 bis 0,01. Die gesamte Absaugemenge ist
u"" Q = (-vo)F, (4,81)

~~-
wobei F die Plattenfläche be-
deutet. Der durch Q = cQ F U00
definierte Mengenbeiwert der
-Vo = const Absaugung ist also
Abb. 4.32. Die längsangeströmte ebene Platte mit
homogener Absaugung (4,82)

Die Grenzschichtdifferentialgleichungen lauten nach GI. (4,52) und


(4,53) :
(4,83)
ßu ßu ß2 U
ußx
- + v ßy
-=v- -
ßy2
(4,84)

mit den Randbedingungen


Y = 0: u = 0, v = V o = const < 0,
(4,85)
y=oo: u=U oo •
Die Haftbedingung der Strömung an der Wand wird auch mit Ab-
saugung beibehalten, ebenfalls der Ansatz für die Wandschubspannung
T'o = p,(8u/8y)0. Das Gleichungssystem (4,83), (4,84) hat u. a. eine über-
raschend einfache Lösung, bei welcher die Geschwindigkeitsverteilung
von der Lauflänge x unabhängig ist. Mit 8u/8x = folgt aus der Kon-°
tinuitätsgleichung v (x, y) = Vo = const und damit aus GI. (4,84):
VOY)
u(y) = Uoo (1 - e-"- ; v(x, y) = vo < 0. (4,86)

Die Verdrängungsdicke und Impulsverlustdicke erhält man zu


b* = v/( -vo} und 1} = v/( -2vo}. Die WandschubspannungT'o =p,(8u/iJy}o
wird einfach
(4,87)
sie ist also unabhängig von der Zähigkeit.
Die hier gefundene Lösung ist bei einer längsangeströmten ebenen
Platte mit homogener Absaugung erst in einiger Entfernung von der
Plattenvorderkante vorhanden, auch wenn die Absaugung unmittelbar
an der Vorderkante beginnt. Dort muß natürlich die Reibungsschicht-
dicke mit Null beginnen; sie wächst dann stromabwärts an und erreicht
den obigen Wert von b* erst asymptotisch. Auch die Geschwindigkeits-
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 269
verteilung erreicht das einfache Gesetz (4,86) erst nach einer gewissen
Anlauflänge asymptotisch. Die obige Lösung wird deshalb auch. das
asymptotische Absaugeprojil genannt.
Von besonderem Interesse im Hinblick auf die Widerstandsersparnis
durch Laminarhaltung mit Absaugung ist das Widerstandsgesetz der
Platte mit homogener Absaugung, welches in Abb. 4.33 angegeben ist.
Für sehr große REYNoLDssche Zahlen Re, wo der überwiegende Teil
der Platte im Bereich der asymptotischen Lösung liegt, ist der Wider-

I
r-- I 10 3,cll = 10

z~ =--~
~
!0- S

---
3 2
~ -.4_- z-
~
z ~R 1...1-- ':::-'::::. ~- -- ---
--1
~
~ ;:--,-
-
I Q5

I~ ~ t.:::- ~
ll2

~~ ~
~
0,1

10-
, I 'rr-
10' 10 5 5 10 6 Z 5 10 7 Z
Re= Uoo·l_
v
Abb. 4.33. Widerstandsbeiwerte der längsangeströmten ebenen Platte mit homogener Absaugung;
cQ = ( - v.)/U oo = Mengenbeiwert der Absaugung. Kurve (1), (2) und (3) ohne Absaugung.
(1) Laminar, (2) übergang laminar-turbulent, (3) voll-turbulent, (4) günstigste Absaugung

stand durch das einfache Gesetz (4,87) gegeben, woraus für den ört-
lichen Widerstands beiwert folgt:

cf 00
'0
= -- - = 2 -u
- Vo = 2 cQ. (4,88)
~ U2 oe
2 00

Für kleine REYNoLDs-Zahlen ist der Widerstandsbeiwert etwas größer,


da auf dem vorderen Plattenteil, der im Anlaufgebiet liegt, wegen der
dünneren Reibungsschicht die Schubspannung größer ist als weiter
hinten. Zum Vergleich ist in Abb. 4.33 auch das Widerstandsgesetz der
Platte bei turbulenter Reibungsschicht ohne Absaugung als Kurve (3)
eingetragen (vgl. Kap. 4.7).
Die durch Absaugung tatsächlich erreichbare Widerstandsersparnis
läßt sich hieraus erst bestimmen, wenn man weiß, mit welchem Mengen-
beiwert mindestens abgesaugt werden muß, damit die Reibungsschicht
auch bei großen REYNoLDsschen Zahlen laminar bleibt. Diese Frage ist
270 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

auf Grund der Stabilitätstheorie der Grenzschicht (vgl. Kap. 4.10) von
A. ULRICH [43] eingehend untersucht worden. Es ergibt sich, daß die
mindest erforderliche Absaugemenge zur Laminarhaltung bei beliebig
hohen REYNoLDsschen Zahlen
CQ krit = 1,2 . 10- 4 (4,89)
beträgt. Dieser Wert ist als "günstigste Absaugung" in Abb. 4.33 mit
eingetragen (Kurve 4). Die Differenz zwischen den Kurven (3) "turbulent"
und (4) "günstigste Absaugung" ist die mögliche Widerstandsersparnis.
Sie beträgt im Bereich der REYNoLDsschen Zahlen Re = 106 bis 108 etwa
70 bis 80% des vollturbulenten Widerstandes. Dabei ist allerdings zu

10
"- --. --<::.:..
8
7
........
-
-
!-~

-- ---
0,7
1
Re= l,Z·10!.. -I ....-
'" ..."
Z 1--- '-

l2,z.L{
6'
~ ./ V
./
Ohne AbrUguni -Re
k' ......CA=o,fl.9/
. ~
t

< i'"I<? '\ ,mif Absaugung

""1'\
'~.4=(J,1Y 43
r.... ,.....
......~ r--.CA=o,'I:!.
, ,
..... ... ........... r-- i..(
CA =0,88
43 _l
i:::::::.
3

a
' ...... , 0,1
b
1,5 3 3 3 (1 'f 5 o 1
'T'e- Cwp ·10 3 -
Abb.4.34. Verminderung des Widerstandsbeiwertes von Tragflügelprofilen bel Absaugung durch
Schlitze, nach PFENNINGER [44]. a) Optimaler Widerstandsbeiwert eines Tragflügels mit
Absaugung in Abhängigkeit von der REYNOLDSSchen Zahl, b) Profilwiderstandspolare

berücksichtigen, daß in dieser Bilanz die für die Absaugung erforderliche


Leistung nicht mit enthalten ist. Aber auch bei Berücksichtigung der
Absaugeleistung ergeben sich noch sehr erhebliche Widerstandserspar-
nisse. Es ist deshalb nicht überraschend, daß an der praktischen Ver-
wirklichung dieser theoretischen Erkenntnisse in neuerer Zeit intensiv
gearbeitet wird. Bemerkenswert ist die sehr geringe Größe der Absauge-
menge mit cQ = 10- 4 .
Die Möglichkeit, die Grenzschicht durch Absaugung laminar zu
halten, ist zuerst von H. HOLSTEIN [41] und kurz darauf von J. ACKE-
RET, M. RAS und W. PFENNINGER [42] experimentell nachgewiesen wor-
den. Einige Meßergebnisse von W. PFENNINGER [44] an einem Trag-
4.5 Grenzschichtbeeinflussung 271

flügelprofil sind in Abb. 4.34 dargestellt. Dabei handelt es sich um ein


Tragflügelprofil, das mit einer großen Zahl von Schlitzen versehen war.

--
Man ersieht hieraus, daß eine beträchtliche Ersparnis an Widerstand
erreicht worden ist,
selbst wenn man die für
9
8
2
--........
die Absaugung erfor- 7 r--.....
t--.
derliche Gebläseleistung t-.~
6
mit einrechnet. Neuere k; ""'
V /~ACA 0009
Untersuchungen an 5
V 1/
Tragflügeln mit poröser '~
Oberfläche von B. M. q J
"................. I
J ONES und M. R. HEAD l' «J!..A CA 66-009
[45] haben die günstigen 3
I"\. ~
theoretischen Erge b- l'.
nisse über die Wider-
standsersparnis durch
Laminarhaltung vollauf
a. z
3 f 5 G 8 10
,<
Z 3
~ 9 5 6 8 10 7
Re= UOo·l _
bestätigt. Ein einfaches v
Näherungsverfahren zur

- f::::
L
Berechnung der lamina- Uoo
ren Reibungsschicht mit d
Absaugung für beliebige 1---0,3l - -
NACA 0009
Körperformen ist von
E. TRUCKENBRODT [46] F=- Td ::::::=:-
angegeben worden. o.qSl -----l NACA 66-009

1
4.55 Laminarhaltung ~ 1 r--
t
~O
durch Formgebung (Jeschwindigkeits
(Laminarprofile ) 0.8 1\ maXlmllm
"7
/~
-:::,8 NACA 0009 NACA 6$-009
Nahe verwandt mit ::s- 0.6
der Laminarhaltung
durch Absaugung ist die
Laminarhaltung der Rei- az
bungsschicht durch ge- b 0
eignete Formge bung des 0.2 0.9 0.6 as
xlL-
umströmten Körpers, Abb. 4.35. Widerstandsbeiwerte und Druckverteilung eine"
normalen Profils und eines Laminarprofils nach [47]
ebenfalls mit dem Ziel, a) Widerstandsbeiwerte. (1) laminar. (2) voll-turbulent.
den Reibungswiderstand (3) Übergang laminar-turbulent;
b) Druckverteilung
durch Verschiebung des
Umschlagpunktes stromabwärts zu vermindern. Von H. DOETscH [21]
wurde zuerst experimentell festgestellt, daß beträchtliche Widerstands-
verminderungen an Tragflügelprofilen mit großer Dickenrücklage
272 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

(Laminarprofile ) erhalten werden können. Mit der Zurückverlegung


der größten Dicke verschiebt sich das Druckminimum und damit
auch der Umschlagpunkt laminar-turbulent der Grenzschicht nach
hinten, weil die Grenzschicht im Druckabfallgebiet im allgemeinen
laminar bleibt und erst im Druckanstieggebiet turbulent wird.
Abb. 4.35 zeigt diese Verhältnisse durch Gegenüberstellung eines
"normalen" Tragflügelprofils mit einer Dickenrücklage von 0,3 l und
eines Laminarprofils mit einer Dickenrücklage von 0,45l. Das Druck-
minimum liegt beim ersten Profil bei O,ll und beim letzteren bei 0,65l.
Das Widerstandsdiagramm zeigt, daß im Bereich der REYNoLDS-Zahlen
zwischen 3.106 und 107 der Widerstand des Laminarprofils nur etwa
halb so groß ist wie der des normalen Profils. Die aerodynamischen
Eigenschaften solcher Laminarprofile sind in neuerer Zeit in USA sehr
eingehend untersucht worden [47]. Die praktische Anwendung der
Laminarprofile wird besonders dadurch erschwert, daß außerordentlich
hohe Anforderungen an die Oberflächenglätte solcher Profile zu stellen
sind, damit durch Rauhigkeiten der Laminareffekt nicht verlorengeht.

4.6 Einiges über turbulente Strömungen


Nachdem wir in Kap. 4.1 bereits über Messungen turbulenter Strö-
mungen, insbesondere der Rohrströmung, berichtet haben, möge jetzt
zunächst, bevor wir näher auf die turbulente Grenzschicht an um-
strömten Körpern eingehen, einiges über die physikalischen Grund-
lagen der turbulenten Strömungen vorausgeschickt werden.

4.61 Mittlere Bewegung, Schwankungsbewegung und


turbulente Scheinreibung
Bei näherer Analyse einer turbulenten Strömung ergibt sich als ihr
hervorstechendstes Merkmal, daß in einem festgehaltenen Raumpunkt
die Geschwindigkeit und der Druck nicht zeitlich konstant sind, sondern
sehr unregelmäßige Schwankungen von hoher Frequenz aufweisen. Die
Flüssigkeitselemente, die als Ganzes Schwankungen in der Haupt-
strömungsrichtung und quer dazu ausführen, sind makroskopische,
mehr oder weniger kleine "Flüssigkeitsballen". Obgleich bei der Strö-
mung in einem Kanal oder Rohr beispielsweise die Geschwindigkeits-
schwankungen nur wenige Prozent der mittleren Geschwindigkeit betra-
gen,. sind sie doch von ausschlaggebender Bedeutung für den Ablauf
der ganzen Bewegung. Für die experimentelle Analyse und auch für
die rechnerische Behandlung einer turbulenten Bewegung ist es zweck-
mäßig, diese aufzuteilen in eine mittlere Bewegung und eine Schwankung8-
bewegung. Bezeichnet man z. B. den zeitlichen Mittelwert der Ge-
schwindigkeitskomponente u mit u und die Schwankungsgeschwindig-
4.6 Einiges über turbulente Strömungen 273

keit mit u ' , so gilt für die Geschwindigkeitskomponenten und den


Druck:
u
u = + u' , v = v v',+ w=w+w' , p =p +p'. (4,90)
Hierbei werden die Mittelwerte als zeitliche Mittelwerte in einem fest-
gehaltenen Raumpunkt gebildet, also z. B.

J
10+T

U= ~ udt. (4,91)
10

Die Mittelwertbildung ist über ein so großes Zeitintervall T zu erstrek-


ken, daß die Mittelwerte von der Zeit unabhängig sind. Die zeitlichen
Mittelwerte der Schwankungsgrößen sind dann nach Definition gleich
Null:
u ' = 0; 17 = 0; w' = 0; p' = o. (4,92)

Die für den Ablauf der turbulenten Bewegung fundamental wichtige


Tatsache ist nun die, daß die Schwankungsbewegung u ' , v', w' den Ab-
lauf der mittleren Bewegung so beeinflußt, als ob für die letztere die
Zähigkeit scheinbar erhöht ist. Diese erhöhte scheinbare Zähigkeit der
mittleren Bewegung steht in Mittelpunkt aller theoretischen Betrach-
tungen über turbulente Strömungen.
Die turbulenten Schwankungsbewegungen u ' , v', w ' verursachen
zusätzliche Spannungen, die sich mit Hilfe des Impulssatzes leicht
berechnen lassen, was hier jedoch nicht näher ausgeführt werden soll.
Für die Spannungskomponenten an dem zur x-Achse senkrechten
Flächenelement erhält man:
(4,93)
Entsprechende Ausdrücke für die Spannungskomponenten erhält man
für die Flächenelemente senkrecht zur y- und z-Achse und damit einen
vollständigen Spannungstensor der turbulenten Scheinreibung. Diese
"scheinbaren Spannungen" der turbulenten Strömung kommen zu den
Spannungen der stationären Strömung, wie wir sie bei der laminaren
Strömung kennenlernten (Kap. 4.3) additiv hinzu. Die GIn. (4,93) wur-
den zuerst von O. REYNOLDS aus den hydrodynamischen Bewegungs-
gleichungen hergeleitet.
Die Spannungskomponente i~ y = i~ x = - eu I v' kann gedeutet
werden als der Transport von x-Impuls durch eine zur y-Achse
senkrechte Fläche. Daß die zeitlichen Mittelwerte der gemischten
Produkte der Geschwindigkeitsschwankungen, wie z. B. u' v', tat-
sächlich einen von Null verschiedenen Wert haben, läßt sich an-
schaulich leicht einsehen: Wir betrachten als mittlere Bewegung die
ebene Scherströmung mit u = u(y), v = Vi = 0 und mit dujdy > 0
SchlichtingjTruekenbrodt, Aerodynamik I 18
274 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht·Theorie)

nach Abb. 4.36. Die in der Schicht y infolge der Querbewegung


von unten her ankommenden Teilchen (v' > 0) kommen aus einem
Gebiet mit kleinerer mittlerer Geschwindigkeit U. Da sie bei der Quer-
u
bewegung ihr ursprüngliches im wesentlichen beibehalten, verursachen
sie in der Schicht y ein negatives u'. Umgekehrt geben die von oben
y kommenden Teilchen (v' < 0) in der Schicht y
J ein positives u'. Im ganzen ist also bei dieser
J.
jUry) Strömung ein positives v' "meistens" mit einem
.n.J
+vJi negativen u' und ein negatives v' mit einem posi-
tiven u' gekoppelt. Somit ist zu erwarten, daß
_L.J
//~-u· der zeitliche Mittelwert u' v' von Null verschieden
./ ist, und zwar negativ. Die zusätzliche Schubspan-
x nung 7:' = - (!U' v' ist in diesem Fall also positiv
Abb. 4.36. Impulsübertragung und hat somit das gleiche Vorzeichen wie die
durch die turbulente Schwan-
kungsgeschwindigkeit laminare Schubspannung 7:1 == f-l dii/dy.
Messungen turbulenter Schwankungsgeschwindigkeiten. Bei der Messung
turbulenter Strömungen pflegt man im allgemeinen nur die zeitlichen Mittelwerte
von Druck und Geschwindigkeit zu ermitteln, da nur diese der Messung einiger.
maßen bequem zugänglich sind und für die technischen Anwendungen auch meist
eine hinreichende Auskunft geben. Aber erst die Ermittlung der Schwankungs-
geschwindigkeiten vermittelt eine tiefere Einsicht in den Mechanismus der turbu·
lenten Strömung. Zur Belebung der Anschauung mögen deshalb einige Ergebnisse

--
von turbulenten Schwankungsmessungen mitgeteilt werden.

0,10 , 1,0
,.--
..........-\
\1 ,.-/
V u
u""

I~,
0.08
'\V ./

---
Q12,
......

~~ 0.08 I "-,"""0 -

~h .!>,
U"" "" -
0.06
z ~ 0,0~ ..- ..0-
~-
~ /'
?- f---- -
~
~~
~. 0
Uao O.o05/};o;0 4015 4020
3 0-
r r--cI--t "'-0 ..........

~~
~

\ ilil l ~ r----:....
402 -20u;;: L ~
~~
~
"""- ~~
~~
o o
il2 46 0,8 ~'1
y/rJ---
Abb. 4.37. Verteilung der turbulenten Schwankungsgeschwindigkeiten in der Grenzschicht an
der längsangeströmten ebenen Platte nach Messungen von KLEBANOFF [49]
4.6 Einiges über turbulente Strömungen 275
Eingehende Messungen über die turbulenten Schwankungsgeschwindigkeiten
sind zuerst von H. REICHARDT [48] für eine Kanalströmung ausgeführt worden,
und in neuerer Zeit auch von P. S. KLEBANoFF [49] für die Grenzschicht an der
längsangeströmten Platte. Abb. 4.37 zeigt einige Ergebnisse für die Plattengrenz-
schicht bei der REYNOLDS-Zahl Rex = U00 x/v = 4,2· 106 • Der zeitliche Mittelwert
der Geschwindigkeit u hat etwa die gleiche völlige Form wie bei der Rohrströ-
mung (Abb.4.4). Die Verteilung der Längsschwankung hat ein stark ausgeprägtes
Maximum in unmittelbarerWandnähe mit VU'2 = 0,11 Uoo . Die Querschwankung
senkrecht zur Wand Vv' 2 hat einen flacheren Verlauf, aber ebenfalls ein Maximum
in·Wandnähe. Die Querschwankung parallel zur Wand VW'2 ist sogar stärker
als diejenige senkrecht zur Wand. Außerdem ist in Abb. 4.37 auch der zeitliche
Mittelwert - u' v' angegeben, welcher nach GI. (4,93) bis auf den Faktor 12 die
zusätzliche turbulente Schubspannung T~y darstellt.

4.62 Windkanalturbulenz
Bei Messungen im Windkanal spielt die Größe der turbulenten Schwankungs-
geschwindigkeiten für die Übertragbarkeit der Messungen vom Modell auf die
Groß ausführung und auch für den Vergleich der Messungen in verschiedenen
Kanälen untereinander eine wichtige Rolle. Die Größe der turbulenten Schwan-
kungsgeschwindigkeit wird hier maßgeblich bestimmt durch die Maschenweite
der eingebauten Gitter und Siebe. In einiger Entfernung hinter den Sieben herrscht
sogenannte isotrope Turbulenz, d. h. eine turbulente Strömung, bei welcher die
mittlere Geschwindigkeitsschwankung in allen drei Koordinatenrichtungen
gleich ist:

Als Maß für die turbulente Schwankungsgeschwindigkeit kann man dann die
Größe
-1-1p-(u'2
U oo ' 3
+ 1)'2 + W'2) = Tu (4,94)

ansehen, die mit Vu' 2-/ U 00 identisch ist und die man auch als Turbulenzgrad be-
zeichnet. Durch den Einbau von genügend vielen und sehr feinmaschigen Gittern
und Sieben läßt sich der Turbulenzgrad auf Werte in der Größenordnung 0,1 %
und weniger herunterdrücken.
Eine wichtige experimentelle Feststellung ist, daß die kritische REYNoLDssche
Zahl der Kugel, bei welcher der steile Abfall des Widerstandsbeiwertes eintritt
(Abb.4.9), stark von dem Turbulenzgrad des Windkanals abhängt. Der Wert
dieser kritischen REYNoLDsschen Zahl der Kugel, der zwischen Rekrlt = 1,5-
und 3,8 . 105 liegt, ist um so kleiner, je größer der Turbulenzgrad des Wind·
kanals ist. Dies ist physikalisch einleuchtend, da ein starker Turbulenzgrad der
äußeren Strömung den Umschlag laminar·turbulent in der Grenzschicht schon
bei kleineren REYNOLDSSchen Zahlen herbeiführt und dadurch eine Verschiebung
des Ablösungspunktes nach hinten und damit eine Verkleinerung des Totwassers
und eine Verringerung des Widerstandes herbeiführt in gleicher Weise wie der
PRANDTLsche Stolperdraht, Abb. 4.14a, b. Messungen im freien Flug von C. B.
MILLIKAN und A. L. KLEIN [50] zeigten das überraschende Ergebnis, daß hier
die kritische Kugelkennzahl unabhängig von der witterungsbedingten Turbulenz-
struktur der Atmosphäre mit Rekrit = 3,85' 105 einen größeren Wert hat als
18*
276 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

alle Messungen im Windkanal. Allerdings kommen die Kugelmessungen in den


modernen turbulenzarmen Windkanälen dem Wert des freien Fluges sehr nahe.
Jedenfalls ist aus diesen Kugelmessungen zu folgern, daß für eine einwandfreie
Übertragbarkeit ein möglichst geringer Turbulenzgrad anzustreben ist. Dies gilt
insbesondere für Messungen an widerstandsarmen Tragflügelprofilen mit großer
laminarer Laufstrecke (Laminarprofile, vgl. Kap. 4.55). Für diese können brauch-
bare Windkanalmessungen nur in sog. turbulenzarmen Windkanälen erhalten
werden, d. s. Windkanäle mit äußerst
q,0
I geringem Turbulenzgrad (Tu=0,0005).
.10 5 r- freier flug Soweit es sich nicht um turbulenz-
3,6 arme Windkanäle handelt, kann man an

\
o NAC4 RepS87 Stelle der mittleren Längsschwankung
• NACA Rep 31fi!
VUi2 /u auch die kritische REYNOLDS-

\
3,2 00

sehe Zahl der Kugel als ein Maß für


den Turbulenzgrad des Windkanals an-

\
sehen. H. L. DRYDEN und A. M. KUETHE
[51] fanden einen eindeutigen Zu-
sammenhang zwischen der kritischen
\:
~

REYNoLDsschen Zahl der Kugel und


0 der mittleren Längsschwankung, der in

~~
Abb. 4.38 dargestellt ist. Der im freien
Flug gemessene Wert der kritischen
1,8
REYNoLDsschen Zahl der Kugel von
~i'-.. Rekrit = 3,8 . 105 entspricht einem ver·
schwindend kleinen Turbulenzgrad im
""-....
1-02-r-- Windkanal, Tu -> O.
0,8
4.63 Der Prandtlsche Mischungsweg
Die Grenzschichtgleichungen
I (4,47 a) bis (4,48) können auch
o 2 3 _--'I 5 6 für die Berechnung der zeitlichen
VU'J
700 Tu -700 tJ;;; -
Mittelwerte der Geschwindigkeits.
Abb.4.38. Abhängigkeit der kritischen Re-Zahl komponenten turbulenter Strö·
vom Turbulenzgrad des Windkanals nach
Messungen von DRYDEN und KUETHE [51] mungen verwendet werden, wenn
man das Reibungsglied fJ,C)2 ufo y2
durch fh:/ay ersetzt und dann einen geeigneten Ansatz für die turbu·
lente Schubspannung • einführt. Die REYNoLDsschen Ansätze GI. (4,93)
sind allerdings erst dann anwendbar, wenn der Zusammenhang der
Schwankungsgeschwindigkeiten mit dem zeitlichen Mittelwert der Ge·
schwindigkeitskomponenten bekannt ist. Um Berechnungen turbulenter
Strömungen durchführen zu können, ist es also erforderlich, für die
turbulente Schubspannung einen Ansatz zu finden, welcher die Schub·
spannung der turbu1enten Scheinreibung 7:' mit den zeitlichen Mittel.
werten der Geschwindigkeitskomponenten verknüpft.
Ein Ansatz dieser Art, der sich gut bewährt hat, wurde 1925
von L. PRANDTL [52J angegeben; er ist unter der Bezeichnung Prandtl·
scher Mischungsweg bekannt und möge im folgenden kurz erläutert
4.6 Einiges über turbulente Strömungen 277

werden. Der zeitliche Mittelwert der Geschwindigkeit sei nach Abb. 4.39
gegeben durch
u=u(y); v=Ü; W=Ü. (4,95)
Von den Schubspannungskomponenten soll nur
(4,96)
ermittelt werden. Von dem turbulenten Strömungsmechanismus kann
man sich nach L. PRANDTL nun folgendes vereinfachtes Bild machen:
Es gibt in der turbulenten Strömung Flüssig-
keitsballen, die mit einer Eigenbewegung y
ausgestattet sind und sich auf einer gewissen
Strecke sowohl in der Längs- als auch in
der Querrichtung als zusammengehöriges
Ganzes unter Beibehaltung ihres x-Impulses
bewegen. Es werde jetzt angenommen, daß
ein solcher Flüssigkeitsballen, welcher aus
der Schicht (Y1 - l) stammt und die Ge-
schwindigkeit 11, (Y1 - l) besitzt, sich um den
x
Weg l quer zur Hauptströmungsrichtung be-
wegt (Abb.4.39). Wir nennen nach L. PRANDTL Abb. 4.39. Zur Erklärung des
l den Mischungsweg. Wenn dieser Flüssig- PRANDTLschen Mischungsweges
keitsballen seinen x-Impuls beibehält, so hat
er an dem neuen Ort Y1 eine kleinere Geschwindigkeit als seine neue
Umgebung. Der Geschwindigkeitsunterschied beträgt

Llu 1 = U(Y1) - U(Y1 -l) = l (~: )1.


Bei dieser Querbewegung ist v' > ü. Entsprechend hat ein Flüssigkeits-
ballen, welcher aus der Schicht (Y1 +
l) nach Y1 kommt, am neuen
Ort eine größere Geschwindigkeit als die dortige Umgebung. Der
Unterschied beträgt
Llu 2 = U(Y1 + l) - U(Y1) = l (~: \.
Dabei ist v' < ü. Die durch die Querbewegung verursachten Geschwin-
digkeitsunterschiede LI U 1 und LI U 2 können nun aufgefaßt werden als
die turbulenten Längsschwankungen in der Schicht Y1. Somit erhält
man für den zeitlichen Mittelwert des absoluten Betrages dieser Längs-
schwankung
(4,97)

Der hiermit eingeführte PRANDTLsche Mischungsweg steht in einer ge-


wissen Analogie zur freien Weglänge der kinetischen Gastheorie, jedoch
mit dem Unterschied, daß es sich dort um mikroskopische Bewegungen
278 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht.Theorie)

der Moleküle, hier jedoch um makroskopische Bewegungen größerer


Flüssigkeitsballen handelt.
Für die Querbewegung kann man die plausible Annahme machen,
daß v' proportional zu u' ist. Somit hat man:
--- --- du
[v' ! = Zahl [u' [ = Zahl· 1dY . (4,98)

Um die Schubspannung nach GI. (4,96) auszudrücken, müssen wir noch


den Mittelwert u' v' näher betrachten. Oben wurde bereits ausgeführt,
daß dieser Mittelwert von Null verschieden, und zwar negativ ist. Wir
setzen deshalb
u' v' = - kTU1'jv'T,
wobei kein Zahlenfaktor zwischen Null und Eins ist, der nicht näher

r.
bekannt ist. Nach GI. (4,97) und (4,98) erhält man jetzt:

u' v' = - Zahl· l2 ( ::

Falls wir die "Zahl" in den noch unbekannten Mischungsweg 1 mit


einbeziehen und ferner beachten, daß 7:' mit dujdy sein Vorzeichen
ändern muß, erhalten wir schließlich für die turbulente Schubspan-
nung aus GI. (4,96):
, _ l2/ au / au (4,99)
:r - (! dy ay'

Dies ist die PRANDTLsche Mischungswegformel, welche für die Be-


rechnung turbulenter Strömungen recht wertvolle Dienste leistet.
In vielen Fällen kann man die Länge 1 in eine einfache Beziehung
bringen zu den charakteristischen Längen der betreffenden Strömung.
Für die Strömung längs einer glatten Wand muß z. B. an der Wand
selbst 1 = osein, da ja an der Wand jede Querbewegung verhindert wird.
Die PRANDTLsche Formel (4,99) ist mit Erfolg verwendet worden
sowohl für turbulente Strömung an Wänden (Rohr, Kanal, Platte) als
auch für Probleme der sogenannten frel:en Turbulenz (Freistrahl, Nach-
lauf u. a.).
Im nächsten Abschnitt soll die turbulente Strömung im Rohr mit
Hilfe der PRANDTLschen Mischungswegformel kurz behandelt werden,
da diese auch von grundlegender Bedeutung ist für die turbulente
Grenzschicht an der längsangeströmten Platte und an umströmten
Körpern von beliebiger Form.

4.64 Geschwindigkeitsverteilung in der turbulenten Grenzschicht


Wir wollen die PRANDTLsche Mischungswegformel für die turbu-
lente Schubspannung jetzt benutzen, um die Geschwindigkeitsver-
teilung in einer turbulenten Grenzschicht zu berechnen. Dabei lassen
4.6 Einiges über turbulente Strömungen 279

wir es noch offen, ob es sich um die turbulente Grenzschicht an der


Platte oder um die Rohr- oder Kanalströmung handelt. Für Wand-
nähe setzen wir den Mischungsweg proportional dem Wandabstand y,
also
l = xy. (4,100)
Dabei ist x eine dimensionslose Konstante, die aus Versuchen bestimmt
werden muß. Somit ist die turbulente Schubspannung nach GI. (4,99):

1" = ex 2 y2 ( ~; r'
wenn u(y) jetzt den zeitlichen Mittelwert der Geschwindigkeit be-
deutet. PRANDTL macht die weitgehende Annahme, daß die Schub-
spannung konstant sei, 1" = 1'0' wobei 1'0 die Wandschubspannung be-
deutet. Führen wir, wie schon früher in Gl. (4,15), die Schubspan-
nungsgeschwindigkeit v* = V1'o/e ein, so läßt sich die vorige Glei-
chungschreiben inder Form v~ = X 2y 2(du/dy)2 oder duJdy = v*/"y,
Durch Integration ergibt sich hieraus

u= ~lny + c. (4,101)
"
Dabei ist die Integrationskonstane C aus der Bedingung zu bestimmen,
daß die turbulente Geschwindigkeitsverteilung an diejenige der
laminaren Unterschicht anzuschließen ist. Wir bestimmen C aus der
Bedingung, daß u = 0 ist. In einem gewissen sehr kleinen Wand-
abstand Yo, der von der Größenordnung der laminaren Unterschicht
ist. Dies ergibt aus GI. (4,101):
(4,101a)

Die Dicke der laminaren Unterschicht ist von der Größenordnung v/1J* ,
wie schon früher in Gl. (4,19a) angegeben, d. h. man hat Yo = ßvJv* ,
wobei ß eine dimensionslose Konstante bedeutet. Somit erhalten wir
aus GI. (4,101a) die Geschwindigkeitsverteilung in der turbulenten
Grenzschicht in der dimensionslosen Form:

~ = ~ (ln
v. "
y v. - In
v
ß) . (4,101 b)

Führt man noch die Abkürzungen


I I
A=-, D = --lnß (4,102)
" "
ein, so erhält man aus GI. (4,101 b):

~ = A In y v ~ + D. (4,103)
v* v
280 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Dieses ist das universelle logarithmische Geschwindigkeitsverteilungsgesetz.


Es ist in den gleichen Veränderlichen dargestellt wie das 1J7-Potenz-
gesetz der Rohrströmung nach GI. (4,17). Das logarithmische Ge-
setz nach GI. (4,103) gilt, wie ein Vergleich mit Messungen zeigt, sowohl
für die turbulente Plattengrenzschicht als auch für die turbulente
Rohrströmung, und zwar ist es ein asymptotisches Gesetz für sehr
große REYNoLDssche Zahlen. In Abb. 4.5 ist das logarithmische Gesetz
nach GI. (4,103) als Kurve (3) mit eingetragen. Es stimmt mit den
Messungen in glatten Rohren sehr gut überein. Die Konstanten ergeben
sich aus den Rohrversuchen zu
A = 2,5; D =5,5; (4,104)

somit ist die Konstante x = 0,4, was plausibel erscheint.

4.7. Der turbulente Reibungswiderstand der


längs an ge strömten ebenen Platte
4.71 Die glatte Platte bei inkompressibler Strömung
Der einfachste Fall der turbulenten Grenzschicht an einem um-
strömten Körper liegt bei der längsangeströmten Platte vor. Die turbu·
lente Plattengrenzschicht ist praktisch besonders wichtig, da der
Reibungswiderstand der längsangeströmten ebenen Platte bei großen
REYN"oLDsschen Zahlen den wesentlichen Anteil des Widerstandes
von Flugzeugtragflügeln, Flugzeugrümpfen, Turbinen- und Gebläse.
schaufeln sowie von Schiffen ausmacht. Da eine Integration der Grenz.
schichtdifferentialgleichungen mit dem Ansatz für die turbulente Schub·
spannung für diesen Fall auf sehr große Schwierigkeiten führt, ver·
wenden wir das einfachere Näherungsverfahren, welches mit dem
Impulssatz arbeitet (Kap. 4.44). Um dieses Näherungsverfahren an-
wenden zu können, muß eine Annahme über die Geschwindigkeits.
verteilung in der Grenzschicht gemacht werden. Hierfür wird nach
PRANDTL [12] die grundlegende Annahme gemacht, daß in der Grenz.
schicht an der Platte die gleiche Geschwindigkeitsverteilung vorhanden
ist wie im Rohr. Mit Hilfe dieser Annahme kann man die umfangreichen
experimentellen Untersuchungen über die Rohrströmung (vgI. Kap.4.15)
für die Platte nutzbar machen. Beim Übergang vom Rohr zur Platte
entspricht der Maximalgeschwindigkeit U im Rohr die Anströmungs-
geschwindigkeit Uoo der Platte und dem Rohrradius R die Grenz·
schichtdicke t5. Ferner nehmen wir für die folgenden Betrachtungen an,
daß die Grenzschicht an der Platte von der Vorderkante an turbulent
sei. Das Koordinatensystem sei nach Abb. 4.40 gewählt, b sei die Breite
der Platte, und x = 0 die Plattenvorderkante. Die Grenzschichtdicke
nimmt mit der Lauflänge x zu.
4.7 Der turbulente Reibungswiderstand 281

Der Impulssatz liefert für den Reibungswiderstand WR (x) der ein-


seitig benetzten Platte von der Länge x, vgI. GI. (4,69) und (4,70):

f f
x 6(x)

W R (x) = b 'T 0 (x) dx = eb u (U 00 - u) d y = e b U~ {f (x) , (4,105)


o 0

wobei das zweite Integral über die Grenzschichtdicke an der Stelle x


zu nehmen ist und f}(x) nach GI. (4,71) die Impulsverlustdicke an der
Stelle x bedeutet. Aus GI. (4,105) ergibt sich:

(4,106)

Für die weitere Rechnung ist jetzt in GI. (4,106) ein Ansatz für die
Geschwindigkeitsverteilung einzuführen. Das 1j7-Potenzgesetz der Ge-
schwindigkeitsverteilung für das Rohr y
nach GI. (4,12) ergibt auf Grund der
obigen Ausführungen als Geschwindig- u""
keitsverteilung für die Plattengrenz-
schicht :
~
U oo
= (JL)l/7
0 . (4,107)
-j
Dieser Ansatz für die Geschwindigkeits- 7 ~
verteilung in der Grenzschicht enthält / ~

die Annahme der Ähnlichkeit der Ge- 7


schwindigkeitsprofile. Die Grenzschicht- /u(x,y)
dicke 15 (x) ist aus der folgenden Rech- ./ x

nung zu ermitteln. Das Gesetz für die Abb. 4.40. Turbulente Grenzschicht an
Wandschubspannung übernehmen wir der längsangeströmten ebenen Platte
(schematisch)
ebenfalls aus der Rohrströmung ; es
lautet, wenn man in GI. (4,18) U durch Uoo und R durch 15 ersetzt:

--2-
'0
=
V )1/4 .
0,0225 ( U-----r (4,108)
eUoo 00

Die Impulsverlustdicke f) und die Verdrängungsdicke 15* errechnen


sich nach GI. (4,71) und (4,67) mit der Geschwindigkeitsverteilung
GI. (4,107) zu:
ö* = ~ö.
8
(4,109)

Durch Einsetzen von GI. (4,109) und (4,108) in GI. (4,106) ergibt sich
für Ö(x) die Differentialgleichung:

7 do _( v )1/4
72 Tx = 0,0220 Uooo .
282 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Die Integration dieser Gleichung mit der Anfangsbedingung r5 = °


°
bei x =

und somit
ergibt:
r5(x) = 0,37 x ( x l/5 U; r
(4,110)

&(x) = 0,036 x ( U;x_r l/5


• (4,111)

Hiermit nimmt also die Grenzschichtdicke mit der Potenz X 4/5 der Lauf-
länge zu, während bei laminarer Strömung r5 ,...., X1/ 2 ist.
Der gesamte Reibungswiderstand der einseitig benetzten Platte
der Länge l und der Breite b ist somit nach GI. (4,105):

WR = 0,036 e U~ b l ( U: l r l/5

Hieraus ersieht man, daß bei turbulenter Strömung der Plattenwider-


stand proportional zu U~5 und l4/5 ist; bei laminarer Strömung waren
die entsprechenden Potenzen U~2 und ll/2. Führt man noch dimensions-
lose Beiwerte für den örtlichen Widerstand (Wandschubspannung) und
den Gesamtwiderstand ein durch:

,
cf= --'t'o
- b zw.
JL U2 2 00

so erhält man
Cf=2~
dx
bzw. cf = 2 (}?) . (4,112)

Damit ergibt sich aus GI. (4,111):


cf = 0,0576 (U 00 xlv)-1/5 und cf = 0,072 (U 00 llv)-1/5.

Für Platten, deren Reibungsschicht von vorn an turbulent ist, ist


die letztere Formel in guter Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen,
wenn der Zahlenfaktor 0,072 abgeändert wird in 0,074. Damit hat man:

Cf = 0,074 (Re)-1/5; 5 . 105 < Re < 107 • (4,113)

Dieses Widerstandsgesetz ist als Kurve (2) in Abb.4.41 eingetragen.


Es stimmt bis Re = 107 gut mit Messungen überein. GI. (4,113) gilt,
wie schon oben erwähnt, unter der Voraussetzung, daß die Reibungs-
schicht von der Plattennase an turbulent ist. In Wirklichkeit ist die
Grenzschicht, wie schon in Kap. 4.2 angegeben, vorn laminar und erst
weiter stromabwärts turbulent. Die Lage der Umschlagstelle ist je
nach dem Turbulenzgrad der äußeren Strömung gegeben durch eine
kritische REYNoLDssche Zahl (U00 xl v)krit = 3 . 105 bis 3· 106 . Die
~~ I I I I i I U+=I +=U I I 11111 I I I I I I 1111 I I I I I I 111I ~~-
L II I II II
8 c- -l-
7~
~io-.
:L '; t-;~~Ill.. h \L~~,.' I I 1111 I1 ~~-:r
• 1 l' ~'\l " .""t,h,,!W ""'~
t '" I I • 6ebers
g- t'-., I MI' &, ' frood, ~
~ J Kr !l J _
~"gl. I I I'" Kempf
" 1''1-- 3a 6. 0 {kh",'m ~
• ~I
lJS iI .~ 3 i~
z ~~I '"
SO
I~n-~ §
:1 1111 111 r'~
,1 1IIIIIIIilti I
10' 1,5 2 3 9 5 C B 10 G 1,5 9 5 C 8 10 7 ,5Z 3956 8 10 8 i5 2 3 9 5 6 8 10 g l5 5 §
Re= Uoo'l_
V
I
p..

AlJh. 4.41. DaH Wi<lerstandsgesetz der längsangeströmten glatten ebenen Platte; Vergleich von Theorie und Messungen. Theoretische Kurven:
Kurve (1) laminar, BLASlUS nach GI. (4,65):
Kurve (2) turbulent, PRANDTL nach GI. (4,113);
Kurve (3) turbulent, PRANDTL-SCHLICHTING;
Kurve (3a) übergang laminar-turbulent nach GI. (4,115);
Kurve (4) turbulent nach SCHULTZ-GRUNOW [53)

t-:>
($)
<:I:>
284 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht.Theorie)

Widerstandsverminderung durch das laminare Anlaufstück kann man


durch ein Zusatzglied zu GI. (4,113) angeben in der Form:
0,074 A
CI = 'Y.Re - Re . (4,114)

Dabei ist die Konstante A durch die folgende Tabelle gegeben:

Tabelle 4.1. Die Konstante Ades Plattenwider8tandsgesetzes Gl. (4,114) in Abhängig.


keit von der kriti8chen Reynold88chen Zahl Re xkrit

3.105 5.10 5

A 1050 1700 3300 8700


Für größere REYNoLDssche Zahlen, für welche beim Rohr an Stelle des
1/7.Potenzgesetzes der Geschwindigkeitsverteilung ein logarithmisches
Gesetz tritt, GI. (4,103), erhält man dementsprechend für die Platte
auch ein anderes Widerstandsgesetz. Dieses lautet mit dem gleichen
Zusatzglied für den laminaren Anlauf wie in GI. (4,114):
0,455 A
CI = (logRe)2,58 - Re' (4,115)
Dieses PRANDTL·SCHLICHTINGSche Widerstandsgesetz der glatten Platte,
das mit A = 1700 für Rexkrit = 5 .105 als Kurve (3a) und ohne das Zu·
satzglied in GI. (4,115) als Kurve (3) in Abb.4.41 mit eingetragen ist,
stimmt im unteren Bereich der Re·Zahlen mit GI. (4,114) überein. Es gilt
bis etwa Re = 109 und überdeckt damit den ganzen flugtechnisch wich·
tigen Bereich der REYNoLDs.Zahlen.

4.72 Einfluß der Kompressibilität


Die vorstehenden Betrachtungen gelten für inkompressible Strö·
mung und sind somit nach den Ausführungen in Kap. III über den
Einfluß der Kompressibilität etwa bis zur MAcH.ZahlMa oo = Uoo /aoo =0,5
mit guter Näherung anwendbar. Da die in der Flugtechnik vorkommen·
den MAcHschen Zahlen teilweise erheblich größer sind, mögen bereits
an dieser Stelle einige Angaben über den Einfluß der MAcHschen Zahl auf
die Grenzschicht eingefügt werden, während die genauere Behandlung
dem Kap. 4.9 vorbehalten bleibt. Für jede kompressible Grenzschicht
spielt der Wärme übergang zwischen der Wand und dem strömenden
Medium eine ausschlaggebende Rolle. Dabei ist der Fall der wärme·
undurchlässigen Wand von besonderer Bedeutung.
Während die laminare Grenzschicht bei kompressibler Strömung
einer rechnerischen Behandlung zugänglich ist, beschränken sich die
bisherigen theoretischen Bemühungen um die turbulente kompressible
Grenzschicht ganz auf halbempirische Theorien von der Art der
PRANDTLschen Mischungsweg.Hypothese, wobei jedoch weitere zu·
4.7 Der turbulente Reibungswiderstand 285
sätzliche Annahmen gemacht werden müssen. Einen ersten Vorstoß
in dieser Richtung unternahm E. R. VAN DRIEST [54]. Die von ihm
errechneten Widerstands beiwerte der längsangeströmten ebenen Platte
In Abhängigkeit von der REYNOLDSSchen und MAoHschen Zahl sind
in Abb.4.42 angegeben und mit Messungen verglichen. Die Über-

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I----r----t - rr'
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1
Z
11
'6B10 7 Z • 6 810 8
Re- Uo,;l _
Voo

Abb. 4.42. Beiwerte des Reibungswiderstandes der li,ngsangeströmten ebenen Platte bei lami-
narer und turbulenter Grenzschicht in Abhängigkeit von der REYNOLDSSchen Zahl und der
MAcHschen Zahl für wärmeundurchlässige Wände, nach VAN DRIEST [54]

einstimmung von
~ Dhowon
<)
Rechnung und Mes- 1
o. Co/es (ebene Strömyng)
IJ)J

':\ ".
sung ist nicht in allen Brinich,Dioconis fAxialsfr.)
Fällen befriedigend, GI Chapmon,Kesfer(Axialslr)
118
wobei jedoch auf eine z <> Seiff (Axialströmung)
~,o "I7Y Lohb,Winkler;fershfebene SIr)
gewisse Unsicherheit 0,7 3
der Messungen bei ~ ~.D o. HilI (Atials/römung)

großen MAcHschen
Zahlen hingewiesen ~ I''\..
werden muß. Des wei- ~ ',-
'"
teren ist in Abb. 4.43 .......,
0, r-....
für die REYN"OLDS-

Abb.4.43. Reibungsbeiwert
der längsangeströmten
0,3

- - Theorie Irilson, ohne Wärme/elfung


~
. i'-- r~, ®
---
ebenen Platte bei turbulen-
ter Grenzschicht in Ab- - - Theorie von Driesf, md Wärme/eifung
1
hängigkeit von der MACH-
sehen Zahl; REYNOLDS-Zahl
Re"" 10'. Vergleich von
Theorie und Messung
o 2 3 'I 5 6 7 8 !l 10
Ha oo -
286 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Zahl Re ~ 107 das Verhältnis der Widerstands beiwerte bei kompressibler


und inkompressibler Strömung in Abhängigkeit von der MAcH-Zahl
bis zu sehr großen MAcHschen Zahlen dargestellt. Die Abnahme des
Reibungswiderstandes ist bei großen MAcH-Zahlen sehr beträchtlich.
Von den beiden theoretischen Kurven gilt diejenige von R. E. WIL-
SON [55] für die wärmeundurchlässige Wand und diejenige von E. R.
VAN DRIEST [54] mit Wärmeübergang. Die Messungen mehrerer Autoren
stimmen mit der Theorie gut überein.

4.73 Einfluß der Rauhigkeit


Bei den meisten technischen Anwendungen der Plattenströmung
(z. B. Schiff, Tragflügel, Turbinenschaufel) ist die Wand nicht hydrau-
lisch glatt. Die Strömung an der rauhen Platte hat deshalb ein ebenso
großes praktisches Interesse wie die Strömung im rauhen Rohr, die
bereits in Kap. 4.1 behandelt wurde.
An Stelle der relativen Rauhigkeit kl R des Rohres tritt bei der Platte
die Größe k!b, wobei b die Grenzschichtdicke bedeutet. Der wesentliche
Unterschied zwischen dem rauhen Rohr und der rauhen Platte be-
steht darin, daß im Gegensatz zum Rohr, bei dem bei konstantem k
die relative Rauhigkeit kl R konstant ist, hier bei der Platte die relative
Rauhigkeit kib längs der Platte abnimmt, da die Grenzschichtdicke (j
stromabwärts zm1.immt. Dies hat zur Folge, daß die vorderen und
hinteren Plattenteile sich in bezug auf den Rauhigkeitswiderstand ver-
schieden verhalten. Nehmen wir der Einfachheit halber an, daß die
turbulente Grenzschicht bereits an der Plattenvorderkante beginnt,
so haben wir vorn 'an der Platte, wo kib groß ist, zunächst über eine
gewisse Lauflänge die vollausgebildete Rauhigkeitsströmung. Daran
schließt sich das sog. Übergangsgebiet an, und weiter stromabwärts
kommt man, falls die Platte lang genug ist, in den Bereich der hydrau-
lisch glatten Wand.
Die Bereiche werden abgegrenzt durch Angabe der dimensionslosen
Rauhigkeitskennzahl v*kslv, nämlich, vgl. Kap. 4.15:

5:>
v" ks::;: 5:

,~.. : 70,
hydraulisch glatt,

Üb "gang;<bereieh,

v*~k .. ~ 70: ausgebildet rauh.


I
1

J
(',116)

Dabei bedeutet v* = VTo/e die Schubspannungsgeschwindigkeit.


Die Umrechnung vom 1tohr auf die Platte kann für die rauhe Platte
in gleicher Weise ausgeführt werden, wie es für die glatte Platte bei in-
kompressibler Strömung oben erläutert wurde. Diese Rechnungen wur-
4.7 Der turbulente Reibungswiderstand 287
den von L. PRANDTL und H. SCHLICHTING [56] unter Benutzung der NIKU-
RADsEschen Messungen an rauhen Rohren [11] durchgeführt. Das Er-
gebnis für den Beiwert des Gesamtwiderstandes der sandrauhen Platte
ist in Abb. 4.44 angegeben, wobei cf in Abhängigkeit von Re mit ljk s
als Parameter dargestellt ist. Die eingetragene gestrichelte Kurve gibt
die Grenze des Bereiches der voll ausgebildeten Rauhigkeitsströmung
an. Ebenso wie beim Rohr (Abb.4.3) wirkt eine bestimmte relative
Rauhigkeit nicht bei allen Re-Zahlen widerstandserhöhend, sondern
erst oberhalb einer bestimmten Re-Zahl. Für kleine Re-Zahlen ist eine
rauhe Platte u. U. hydraulisch glatt.
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1

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105 Z 10&. 5 10 7 • 5 10 8 Z 109 Z
Uoo·L
v
Abb. 4.44. Beiwerte des Reibungswiderstandes für die sandrauhe Platte
nach PRANDTL-SCHLICHTING [56]

Für andere Rauhigkeiten als die hier zugrunde gelegten Sandrauhig-


keiten ist dieses Diagramm ebenfalls verwendbar, wenn man mit der
äquivalenten Sandrauhigkeit rechnet, wie es für die Rohrströmung in
Kap, 4.15 angegeben wurde. Auch die Anstriche der Flugzeugoberflächen
lassen sich nach Untersuchungen von A. D. YOUNG [57] gut in die Skala
der Sandrauhigkeiten einordnen. Es wurden hierfür an Tragflügeln
äquivalente Sandrauhigkeiten von ks = 0,003 bis 0,2 mm gemessen;
sie betragen etwa das 1,6fache der mittleren geometrischen Rauhig-
keitserhebungen. Dabei ist noch bemerkenswert, daß die Zusatzwider-
stände infolge der Rauhigkeit im Unterschallbereich unabhängig sind
von der MAcHschen Zahl.
288 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Zulässige Rauhigkeit. Unter der zulässigen Rauhigkeitshöhe ver-


stehen wir diejenige Höhe, die gerade noch keine Widerstandszunahme
gegenüber der glatten Wand ergibt. Die Frage nach der zulässigen
Rauhigkeitshöhe einer be strömten Wand ist praktisch recht wichtig,
da sie Auskunft darüber gibt, welcher Aufwand beim Glätten einer be-
strömten Oberfläche zum Zweck der Widerstandsverminderung sinn-
voll ist. Die Dinge liegen hier wesentlich verschieden für die laminare
und die turbulente Grenzschicht.
Bei turbulenter Grenzschicht wirken Rauhigkeiten hydraulisch
glatt, wenn sie ganz innerhalb der laminaren Unterschicht liegen, deren
Dicke nur ein sehr geringer Bruchteil der turbulenten Grenzschicht-
dicke ist. Aus Rohrmessungen wurde nach Kap. 4.15 als Bedingung für
hydraulisch glatt
v* k s
v
<5 (hydraulisch glatt) (4,117)

gefunden, wobei v* = Viole die Schubspannungsgeschwindigkeit bedeu-


tet. Diese Bedingung dürfen wir auch für die längsangeströmte ebene
Platte als gültig ansehen. Es ist aber bequemer, für die Platte einen
zulässigen Wert von kll anzugeben. Aus dem Widerstandsdiagramm der
rauhen Platte, Abb. 4.44, erhält man das zulässige kll dort, wo eine
bestimmte Kurve kfl = const von der Kurve der glatten Platte abbiegt.
Man findet aus Abb. 4.44 die in nebenstehender Tabelle angegebenen
abgerundeten Werte:

Re = Uool 105 106 107 108 109


V

(~Ll 10- 3 10- 4 10- 5 10- 6 10- 7

Diese lassen sich zusammenfassen in die einfache Formel:


Uookzul = 100. (4,118)
v

Hiernach ist die zulässige Rauhigkeitshöhe von der Plattenlänge gar


nicht abhängig; sie wird lediglich durch die Geschwindigkeit und die
kinematische Zähigkeit bestimmt nach der Formel:

k zul ;;:;; 100 ;00 . (4,119)

Bei den praktischen Anwendungen ist es jedoch zweckmäßig, die zu-


lässige Rauhigkeitshöhe unmittelbar zu der Plattenlänge l oder all-
gemeiner zu der Länge l des beströmten Körpers (z. B. Schiffslänge,
Länge des Flugzeugrumpfes, Flügeltiefe) ins Verhältnis zu setzen, da
4.7 Der turbulente Reibungswiderstand 289

dies ein anschauliches Maß für die erforderliche Oberflächenglätte gibt


Zu diesem Zweck schreiben wir GI. (4,119) in der Form:
100
kzu1 ;;:;; l Re ' (4,120)

wobei Re = U00 lj v ist. Für die bequeme Auswertung von GI. (4,120) ist
in Abb.4.45 die zulässige Rauhigkeitshöhe in Abhängigkeit von der
REYNoLDs-Zahl mit der Plattenlänge als Parameter aufgetragen. Die
REYNoLDs-Zahl-Bereiche, wie sie bei den verschiedenen Anwendungen
(Schiff, Flugzeug, Luftschiff, Gebläseschaufel, Dampfturbinenschau-
fel) vorkommen, sind in dieses Diagramm mit eingetragen. Darüber
100
mm
50;1"J"t i"" "'I"t I""I~" I"" i :

300 I"'-.N"'- "'N 1"'-.1'\ ~


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3 5
00
101(}
Re= Uoo·L _ _
JI
uebltise-Schaufe/n flugzeuge
1-4 • I"
DampffurbinewSchaufe/n
I" • I
~ Windk.~(Jn.:..:.ä,-le _ ___

Abb.4.45. Die zulässige Rauhigkeitshöhe kzn! für längsangeströmte rau he Platten und Trag-
flügelprofile nach GI. (4,120)

SchIichtingjTrllckenbrodt, Aerodynamik I 19
290 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

hinaus gibt Tab. 4.2 eine Zusammenstellung von einigen Beispielen, die
mit Hilfe von Abb. 4.45 berechnet wurden. Für Schiffe liegen die zu-
lässigen Rauhigkeitshöhen bei einigen hundertstel Millimeter; sie sind
praktisch nicht erreichbar, so daß hier immer mit einer beträchtlichen
Widerstandserhöhung durch Rauhigkeit zu rechnen ist. Dasselbe gilt
auch für Luftschiffe. Bei Flugzeugtragflügeln liegen die zulässigen
Rauhigkeitshöhen zwischen 1/100 und 1/10 Millimeter. Solche Werte sind
bei sehr sorgfältiger Oberflächen behandlung erreichbar. Bei Modell-Trag-
flügeln, bei denen die zulässigen Rauhigkeiten ebenfalls zwischen 1/100
und 1/10 Millimeter liegen, sind hydraulisch glatte Oberflächen ohne
weiteres zu erzielen. Über den Einfluß der Rauhigkeit auf die aero-
dynamischen Eigenschaften von Tragflügeln liegen mehrere experimen-
telle Untersuchungen vor [58], [59], [60].

Tabelle 4.2. Zulässige Rauhigkeitshöhe für Schiffe, Luftschiffe und Flugzeuge bei
verschiedenen Geschwindigkeiten

Gattung Nähere
Geschwindig-
keit Länge
I matische
Kine- REYNOLDS-
Zahl
Zulässige
Rauhig-
Bezeichnung Zähigkeit keitshöhe
U oo [knt/h] I [ml IlOo.v[m'/sl Re= Uool/v kzu1[mm]

groß 56
Schiff 250 1,0 4.10 9 0,007
schnell (30 Kn)
klein 18
Schiff 50 1,0 3.108 0,02
langsam (10Kn)
Luftschiff - 120 250 14,4 6.18 8 0,04
groß
Flugzeug schnell 600 41 14,4 5.107 0,01
am Boden
klein
Flugzeug langsam 200 2 14,4 8.106 0,025
am Boden
groß
Flugzeug schnell 600 4 35,4 2.10 7 0,02
in 10 km Höhe
klein
Flugzeug langsam 200 2 35,4 3.106 0,065
in 10 km Höhe

Kritische Rauhigkeit. In der laminaren Grenzschicht ist die Rauhig-


keit ohne Einfluß auf den Widerstand, solange sie nicht den Umschlag
zu turbulenter Strömung herbeiführt. Wir nennen diejenige Rauhig-
keitshöhe, welche den Umschlag herbeiführt, die kritische Rauhigkeits-
höhe. Der Widerstand wird dadurch verändert, daß der Umschlag-
1 Beim Flugzeug dient die Tiefe des Tragflügels als Bezugslänge.
4.8 Berechnung der Grenzschicht mit Druckabfall und Druckanstieg 291

punkt nach vorn verschoben wird. Bei einem umströmten Körper mit
überwiegendem Reibungswiderstand, wie z. B. bei Flugzeugtragflügeln,
wird durch diese Verschiebung des Umschlagpunktes der Widerstand
vergrößert. Diese kritische Rauhigkeitshöhe ist besonders wichtig für
Laminarprofile mit ihrem weit hinten liegenden Umschlagpunkt. Nach
japanischen Messungen mit Einzelrauhigkeiten [61] gilt für die kritische
Rauhigkeitshöhe:
v* hrit = 15. (4,121)
v
Wir geben hierzu ein Beispiel: Ein Tragflügel der Tiefe l = 2 m sei in Luft
(v = 14· 10- 6 m 2/s) mit einer Geschwindigkeit von U"" = 300 km/h = 83 m/s
angeströmt. Es ist Re = U""l/v = 107 • Wir betrachten eine Stelle des Tragflügels
im Abstand x = 0,1 l von der Nase, also Rex = U"" x/v = 106 • Bis dahin wird
die Grenzschicht unter der Wirkung des Druckgefälles laminar sein. Für die
laminare Grenzschicht ist die Wandschubspannungnach GI. (4,62): To/e = v (iJu/iJ y)o
= 0,332 Uix, Vj,TtJ"" x = 0,332 . 6900 . 10 -3 m 2/s 2 = 2,3 m 2/s 2• Somit ist v* = fr~Ti
= 1,52 m/s. Dies ergibt nach GI. (4,121):
v 15
hdt = 15 ~ = 1,52 0,14.10- 4 m = 0,14 mm.

Es ist also in diesem Fall die kritische Rauhigkeitshöhe, welche den Umschlag
herbeiführt, etwa zehnmal größer als die in der turbulenten Grenzschicht zulässige
Rauhigkeitshöhe, die nach Tab. 4.2 für diesen Fall (kleines Flugzeug) etwa 0,02 mm
beträgt. Die laminare Reibungsschicht "verträgt" also eine wesentlich größere
Rauhigkeit als die turbulente.
Messungen über das Verhalten der laminaren Reibungsschicht mit
einzelnen Störkörpern (Nietköpfen) sind von K. SCHERBARTH [100] aus-
geführt worden. Es ergibt sich hinter der Einzelrauhigkeit ein keil-
förmiges turbulentes Störungsgebiet mit einem Ausbreitungswinkel von
14° bis 18°.

4.8 Berechnung der Grenzschicht mit Druckabfall und Druckanstieg


4.81 Allgemeines
Die turbulente Grenzschicht mit einem Druckgradienten längs der
Wand hat sowohl für den Tragflügel als auch für den Rumpf eine beson-
dere Bedeutung. Der Druckabfall und besonders der Druckanstieg haben
ebenso wie in der laminaren Strömung auch bei turbulenter Strömung
einen starken Einfluß auf die Ausbildung der Grenzschicht. Für die
Berechnung der turbulenten Grenzschicht sind mehrere halbempirische
Rechenverfahren entwickelt worden, die einigermaßen befriedigend
arbeiten. Außer dem Reibungswiderstand und Druckwiderstand, die
zusammen den Profil widerstand ausmachen, interessiert hier noch be-
sonders die Frage, ob eine Ablösung der Grenzschicht eintritt, und wo
gegebenenfalls die Ablösungsstelle liegt.
Die Berechnungsverfahren für die turbulente Grenzschicht sind
sämtlich Näherungsverfahren von der Art, wie sie in Kap. 4.4 für die
19*
292 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

laminare Grenzschicht besprochen wurden. Sie gehen ebenfalls vom


Impulssatz der Grenzschicht (zum Teil auch vom Energiesatz) aus. Da
jedoch für die turbulente Grenzschicht der Zusammenhang zwischen
der Wandschubspannung und der Form des Geschwindigkeitsprofils
theoretisch nicht bekannt ist, ist man darauf angewiesen, hierfür zusätz-
liche Angaben zu beschaffen. Diese können bislang nur aus systema-
tischen Messungen erhalten werden. Dadurch erhalten die Berechnungs-
verfahren für die turbulente Grenzschicht einen halbempirischen
Charakter.
Da es zu weit führen würde, eines der Berechnungsverfahren für
die turbulente Grenzschicht hier vollständig darzustellen, möge nur
über einige Ergebnisse berichtet werden. Im übrigen verweisen wir auf
eingehendere Darstellungen an anderer Stelle [2], Kap. XXII. Das
erste Berechnungsverfahren für turbulente Grenzschichten mit
Druckgradient wurde von E. GRUSCHWITZ [25] angegeben. Dieses
Verfahren wurde von mehreren Autoren [65] verbessert. Später hat
E. TRUCKENBRODT [64] auf Grund neuerer Messungen über turbulente
Grenzschichten ein einfaches Quadraturverfahren ausgearbeitet, das
sowohl für ebene als auch für rotationssymmetrische Grenzschichten an-
anwendbar ist, und den älteren Verfahren an Genauigkeit überlegen ist.
Im folgenden möge jedoch nur das GRuscRWITzsche Verfahren beschrie-
ben werden, da es sich einfacher darstellen läßt als die übrigen.

4.82 Kenngrößen der Grenzschicht


Systematische Messungen an ebenen Strömungen mit Druckabfall
und Druckanstieg sind zuerst von F. DÖNCR [62] und J. NIKURADSE [63] in
konvergenten und divergenten Kanälen mit ebenen Wänden ausgeführt
worden. Sie zeigen, daß die Form der Geschwindigkeitsprofile stark
vom Druckgradienten abhängt. In Abb. 4.46 sind die von J. NIKU-
RADSE in schwach konvergenten und schwach divergenten Kanälen mit
dem halben Öffnungswinkel e = _8 0 bis +4 0 gemessenen Geschwin-
digkeitsverteilungen angegeben. Im konvergenten Kanal ist die Grenz-
schichtdicke wesentlich geringer als beim parallelwandigen Kanal,
während sie im divergenten Kanal erheblich größer ist und bis zur
e
Kanalmittereicht. Bis zum halben Öffnungswinkel = 4 0 des diver-
genten Kanals sind die Geschwindigkeitsverteilungen über die Kanal-
breite völlig symmetrisch und zeigen keinerlei Ablösungserscheinungen.
Oberhalb e = 4 0 tritt Ablösung ein, wobei die Geschwindigkeitsver-
teilung meist stark unsymmetrisch wird.
Als charakteristische Grenzschichtdicke wird die Impulsverlustdicke
<5

ß=J~(l- ~)dY (4,122)


o
0.3

0.1

0. 0.1 0.3 0.3 0.9 0.5 0,0 0.7 0,8 0,9 1,0
L_
h/3
Abb. 4.46. Geschwindigkeitsverteilung in konvergenten und divergenten Kanälen mit ebenen
Wänden, nach Messungen von NIKlCRADSE [63], e = halber Öffnungswinkel

8 Tl
• -8° qJO
'Cl _9° 0.30 } konvergent
:::,
...... 'I' -r 0.31
~
/!, 0° 0,96 para/ie/

}"~MI
.. +1° 0.53
o +2° 0.61
• +3° 0.67
o +9 0 0.78

z 3 9 5 6 8
y/1'Jo_
Abb.4.47. Die Geschwindigkeitsverteilungen in konvergenten und divergenten Kanälen von
Abb. 4.46 in der Auftragung u/ U über v/f}; f} = Impulsverlustdicke ;
'7 = Formparameter nach GI. (4,123)
294 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

nach GI. (4,75) benutzt. Zur Kennzeichnung des vom Druckgradienten


stark abhängigen Geschwindigkeitsprofils wird ein Formparameter des
Geschwindigkeitsprofils eingeführt. GRUSCHWITZ wählt den Form-
parameter
(4,123)

wobei u(if) die Geschwindigkeit in der Grenzschicht im Wandabstand


y = if bedeutet. Daß dieser Parameter für die Darstellung der turbu-
lenten Grenzschichtprofile

tl
I I I I brauchbar ist, zeigen die
az i I in Abb. 4.47 in der Auf-
- • Nikuradse /
tragung ujU über yjif dar-

2,0 -
o Gruschwtlz
o Kehl ---~--r J. NIKURADSE von Ab-/
gestellten Messungen von

L 1/
bildung 4.46. Bei Druck-
abfall ist r; < 0,46, bei
L
Druckanstieg r; > 0,46. Ab-

11
::r.: (6
er
I
0
~
'-
lösung tritt ein für

~
r; ~ 0,8 (Ablösung). (4,124)

U
o~
I In dem Impulssatz der
J Grenzschicht, GI. (4,76),
0
0
[l tritt die Größe
<5*
0&7
00 H ={}- (4,125)
~z

~ auf, wobei <5* die Verdrän-

-
./
...-/ gungsdicke nach GI. (4,74)
QZ Q9 {}/J aB ~o ist. Die Messungen zeigen,
TJ- daß auch H als ein Form-
Abb.4.48. Universeller Zusammenhang zwischen den parameter der Geschwin-
Formparametern H = lJojfJ und ~. Ausgezogene Kurve
nach GI. (4,126) digkeitsprofile brauchbar
ist. Für die Plattengrenz-
schicht ist H = 1,3. Zwischen den bei den Formparametern r; und H
besteht ein eindeutiger Zusammenhang, wie er in Abb. 4.48 dargestellt
ist. Legt man für die Geschwindigkeitsverteilung ein Potenzgesetz der
Form ujU = (yj<5}I/n zugrunde, so erhält man die Beziehung

r;=I-
H-l
[ H(H+l) ]H-l , (4,126)

die in Abb. 4.48 mit eingetragen ist und sich den Versuchspunkten gut
anpaßt. Ablösung tritt entsprechend r; = 0,8 bei H = 2,0 ein.
4.8 Berechnung der Grenzschicht mit Druckabfall und Druckanstieg 295

4.83 Berechnung der Impulsverlustdicke


Um den Verlauf der Impulsverlustdicke {} (x) längs der Wand zu
ermitteln, schreiben wir den Impulssatz nach GI. (4,76) in der Form:

~
dx
+ (2 + H)~
U
dU =~.
dx e U2 (4,127)

Für die Lösung dieser Differentialgleichung für {} (x) sind noch zusätz-
liche Annahmen über das Grenzschichtdickenverhältnis H = b*1 {} und
die Wandschubspannung 7:o/e U2 erforderlich.
Da die Größe H nur in der Kombination 2 +
H vorkommt, ist es
ausreichend, mit einem konstanten Mittelwert für H zu rechnen, z. B.
mit H = 1,4, was etwa dem Wert für die längsangeströmte ebene Platte
entspricht. Die Wandschubspannung kann näherungsweise ebenfalls
nach den Gesetzen der längsangeströmten ebenen Platte genommen
werden. Dies ergibt nach GI. (4,108) und (4,109), wenn man Uoo durch
U (x) ersetzt:
(U of}/v)1/4
(4,128)

mit ~ = 0,0128. Setzt man diese Werte von 7:0 und H in die Impuls-
gleichung (4,127) ein, so läßt sich diese Differentialgleichung für {} (x)
geschlossen integrieren. Man erhält:

(4,129)

+
Dabei ist 0,0160 = t . ~ = i . 0,0128 und t (2 H) - -t = 4. Ferner ist
C eine Konstante, die aus der Impulsverlustdicke an der Umschlag-
steIle X u zu ermitteln ist, wo die turbulente Grenzschicht beginnt. Für
die längsangeströmte ebene Platte, deren Grenzschicht von der Nase
°
°
an turbulent ist, geht GI. (4,129) mit U = Uoo sowie mit X u = und
C = in GI. (4,111) über. Eine Quadraturformel ähnlicher Bauart kann
man, wie E. TRUCKENBRODT [64] gezeigt, auch aus dem Energiesatz
der Grenzschicht erhalten. Dabei sind dann vereinfachende Annahmen
über den Formparameter H und die Wandschubspannung7:o nicht mehr
erforderlich.
Um die Ablösung beurteilen zu können, ist die Berechnung des
Formparameters 'f} oder des Formparameters H längs der Wand er-
forderlich. Hierfür haben die verschiedenen Autoren Beziehungen an-
gegeben, auf deren Wiedergabe hier verzichtet werden möge. Ablösung
=
tritt für 'f} =
0,8, d. i. H 2 ein.
. Für die Berechnung der Grenzschicht an einem Rotationskörper
wurde in [64] ebenfalls eine einfache Quadraturformel angegeben.
296 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

4.84 Beispiel

~.-2=J
1, 8
Als Beispiel einer Berech-
nung der turbulenten Grenz-
schicht bei ebener Strömung
a.
zeigt Abb. 4.49 die Ergebnisse
0-
für die Saugseite des Tragflü-
"':....... gelprofils NACA-65 (216)-222
~ -<.!!::sung,saugseife
bei der REYNoLDsschen Zahl
~ \. Re = 2,6 . 106 • Dabei ist die
aus einer gemessenen Druck-
"'- verteilung ermittelte Ge-
schwindigkeitsverteilung der
Ql ll3 l/~ l/6 Außenströmung U (x) zu-

~ grunde gelegt worden (Ab-
5,0
bildung 4.49a). Der Vergleich
b
der gemessenen und der nach
E. GRUSCHWITZ [25] und
MeSSUng/, E. TRUCKENBRODT [64] ge-
rechneten Impulsverlustdicke

2,0
(Jruschwifz.-;---,
TruckenbrOd~ ~ (Abb. 4.49b) zeigt gute Über-
einstimmung. Beim Formpara-
-:::' meter (Abb .. 4.49c) stimmt die
~ ~ Rechnung nach TRUCKEN-
10
"" ~ BRODT besser mit der Messung
überein als die Rechnung nach
42 43 4~ (J6
GRUSCHWITZ.
f- Die an einem Tragflügel-
profil im freien Fluge gemes-
2,0
c
MeSSU~g sene turbulente Reibungs-
schicht zeigt Abb. 4.50 nach
Messungen von J. STÜPER [66].
Truckenbrodt
Im vorliegenden Fall ist die
Reibungsschicht auf der
';
-
Druckseite von der Nase an
~ ........... ~~
V turbulent, da hier durchweg
'-.. :/ Druckanstieg vorhanden ist.
"-ürus1wifz Auf der Saugseite liegt der
Umschlagpunkt kurz hinter
f/S
dem Druckminimum. Das
Abb.4.49. Die turbulente Grenzschicht auf der Saugseite des Tragflügelprofils NACA-65 (216)-222
beim Anstellwinkel « = 10,1°; REYNOLDSSche Zahl Re = U co ll' = 2,6· 10'; Messungen nach (66).
a) Geschwindigkeit der Außenströmung nach Messungen, b) Impulsverlustdicke {f nach Mes-
sungen und verschiedenen Berechnungsverfahren, c) Grenzschichtdickenverhältnis H nach
:\Iessungen und Berechnungsverfahren ; Ablösung bei H,., 2
a~
Druckv8rf8i/,_..
~ i--<> L"l
V Druckseife
o L V
J. V V
'i:;:: li. /
-0,9
\ Saugs8if8 I.P
/'
-40 '\ Y
lu - -_.- - ---.I.....-....
o a2 0,9 0,6 0,8 ~O

....... -.. ...... "-.


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"-
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J
tl,°m "-
-;- \"U
I
I

Hi"I"i"I'"1 11 11I 11 11I


00 9 8 0 9 8 12 0 ~ 8 12 16 0 9 8 12 16 0 9 8 1E 16 30 0 9 8 12 16 30 o IJ 8 12 16 M 2~38mm
~:iftlr• • •E[in y-
Abb. 4.50. Grenzschicht an einem Tragflügelprofi! nach Messungen von STÜPER [66]. Auftriebsbeiwert CA = 0,4; REYNOLDSSche Zahl Re = 4,3· 10'.
Auf der Druckseite ist die Grenzschicht wegen des Druckanstieges durchweg turbulent; auf der Saugseite ist sie etwa vom Druckminimum an turbulent.
U = Umschlagpunkt
298 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht· Theorie)

Turbulentwerden der Reibungsschicht erkennt man an dem plötzlichen


starken Anwachsen der Reibungsschichtdicke mit der Lauflänge.

4.85 Rechnerische Ermittlung des Profil widerstandes


Die wichtigste Nutzanwendung des vorstehend beschriebenen Ver-
fahrens zur Berechnung der turbulenten Grenzschicht besteht in der
rechnerischen Ermittlung des Profilwiderstandes eines Tragflügel-
profils, wie sie zuerst von J. PRETSCH [67] sowie H. B. SQUIRE und
A. D. YOUNG [68] angegeben und später von E. TRUCKENBRODT [69]
weiter ausgebaut worden ist. Aus der Geschwindigkeitsverteilung im
Nachlauf in großem Abstand hinter dem Körper erhält man den Profil-
widerstand (= Druck- plus Reibungswiderstand) nach GI. (2,219) in
der Form:

J
+00
Wp=e b u(Uoo-u)dy. (4,130)
y=-oo

Dabei bedeutet b die Breite des zylindrischen Körpers (Tragflügelprofil)


und u(y) die Geschwindigkeitsverteilung im Nachlauf. Führt man
den Beiwert des Profilwiderstandes cWp ein durch Wp = cwpb l ~ U;"
und die Impulsverlustdicke des Nachlaufes durch

J
+00
U~{}oo= u(Uoo-u)dy,
y=-oo
so läßt sich GI. (4,130) schreiben in der Form:

cWp = 2 -Z-.
{}oo
(4,131)

Die Grenzschichtrechnung, wie sie vorstehend angegeben wurde, liefert,


falls keine Ablösung eintritt, die Impulsverlustdicke {}I an der Hinter-
kante des Tragflügelprofils. Nach H. B. SQUIRE kann man eine Be-
ziehung zwischen {}I und {}oo angeben, so daß damit GI. (4,131) für die
rechnerische Ermittlung des Profilwiderstandes ausgenutzt werden
kann. Diese Beziehung lautet

wobei U I die potentialtheoretische Geschwindigkeit an der Hinterkante


und H I den Wert des Formparameters H an der Hinterkante bedeutet.
Mit dem runden Wert von H 1 = 1,4 wird dies:
4.8 Berechnung der Grenzschicht mit Druckabfall und Druckanstieg 299

Damit ergibt sich aus GI. (4,131) für den Beiwert des Profilwiderstandes:

CWp = 2 ~1 (g~ t 2
• (4,132)
Hierbei bedeutet cWp den Profilwiderstand beider Profilseiten (Druck-
und Saugseite), wenn für {}1 die Summe der Impulsverlustdicken beider
Profilseiten an der Hinterkante genommen wird. Da im allgemeinen
jedoch die Grenzschichten der beiden Profilseiten verschieden sind, ist
es zweckmäßig, den Anteil des Profilwiderstandes für Druck- und Saug-
seite getrennt anzugeben.
Nach GI. (4,132) kann der Profilwiderstandsbeiwert rechnerisch er-
mittelt werden,' wenn die Impulsverlustdicke an der Hinterkante und
außerdem noch die potentialtheoretische Geschwindigkeit an der Hinter-
kante bekannt sind 1 . Letztere kann z. B. aus einer Messung des stati-
schen Druckes an der Hinterkante entnommen werden. Die etwas
schwierige Bestimmung von U1 jU 00 kann aber nach H. B. HELMBOLD [70J
auch folgendermaßen umgangen werden: Bestimmt man die Impuls-
verlustdicke an der Hinterkante nach GI. (4,129) und setzt man diesen
Wert in GI. (4,132) ein, so erhält in der so entstehenden Formel die
Größe U1 jU00 den Exponenten -0,2. Damit kann dieser Faktor mit
guter Näherung gleich 1 gesetzt werden, weil schon U1 jU00 immer nahe
bei 1 liegt. Somit erhält man aus GI. (4,132) den Widerstand einer
Profilseite mit Re = U 00 lj v zu:

Cwp
= 0,074\ J1 (~)4
5_ U d~
Z + 01°'8. (4,133)
VRe xu/l 00

Dabei bestimmt sich die Konstante 0 aus der Forderung gleicher Im-
pulsverlustdicken der laminaren und turbulenten Grenzschicht im Um-
schlagpunkt, {}u = {}ulam = {}uturb zu:
_
0-62,5 ( {)u )5/4
-Z- Uu )4.25 •
Re 1/4 ( U (4,134)
oo

Die Impulsverlustdicke an der Umschlagstelle {}u wird aus der Berech-


nung der laminaren Grenzschicht nach GI. (4,80) erhalten. Für die
längsangeströmte ebene Platte mit U (x) = U00 = const geht GI. (4,133)
in die Formel für den Reibungswiderstand der Platte nach GI. (4,113)
über.
Von H. B. SQUIRE und A. D.Y OUNG [68] sind nach einem etwas anderen
Rechenverfahren eine Reihe von Beispielen für den Profilwiderstand
1 Unter der "potentialtheoretischen Geschwindigkeit an der Hinterkante" ist
hier diejenige mit Berücksichtigung des Verdrängungseinflusses der Grenzschicht
auf die Potentialströmung gemeint, da der tatsächliche statische Druck an der
Hinterkante und nicht der rein potentialtheoretische für den Profilwiderstand
maßgeblich ist.
300 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

von Tragflügeln gerechnet worden. In Abb. 4.51 sind diese Ergebnisse


zusammengestellt. Die Dicke der Profile wurde geändert von d/l = 0

I---+---I---+---I-+-I--I-IJI------l: t
~--l---l---+--+~f-.fJrJ+---l---I~1
~·~I::I.
~
,
~.~.-~--+--~~~~L-~-_+-~~

~I~
~~-+--~~~~~~--+--~--I~

~.L--~~L-L-~~~~~~LL~~~~-~~~-~~L--~~~

-----2M:JOOOt

I-------+-----+------+-~+I-+-------+-----J ~ t
1---+--+--4L--+h~I-+i'+-+---+---l~JI::I. 11
~

....;
L~
..,;

(ebene Platte) bis d/l = 0,25. Die REYNoLDs-Zahlen liegen im Bereich


Re = Uco l/ 'Jl = 106 bis 108 • Der Pro~ilwiderstand ist stark von der Lage
der Umschlagstelle laminar-turbulent abhängig. Diese wurde geändert
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 301

von xu/l = Obis 0,4. Die Zunahme des Profilwiderstandes mit der Dicke
ist im wesentlichen auf die Zunahme des Druckwiderstandes zurück-
zuführen.
Weitere Angaben über den Profilwiderstand werden in Kap. VI
gemacht werden.

4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung


4.91 Allgemeines
Bei unseren bisherigen Betrachtungen über Strömungen mit Rei-
bung (Grenzschichttheorie) war eine inkompressible Flüssigkeit zu-
grunde gelegt worden. Da die Fluggeschwindigl,reiten aber heute in vielen
Fällen im Bereich der kompressiblen Strömung liegen, sollen nun noch
einige Grundzüge der Grenzschichttheorie in kompressibler Strömung
erörtert werden. Hierbei handelt es sich um den vom theoretischen Stand-
punkt aus besonders schwierigen Fall, daß gleichzeitig der Einfluß
der Reibung und der Kompressibilität (Einfluß der REYNoLDsschen
und der MAcHschen Zahl) berücksichtigt werden muß. Das wesentliche
Merkmal der Grenzschichtströmung bei hohen Geschwindigkeiten ist
nicht so sehr eine grundlegende Änderung der Strömungsvorgänge in
der Grenzschicht mit der MAcHschen Zahl, als vielmehr die Tatsache,
daß sich bei hohen MAcH-Zahlen (Überschallgeschwindigkeit) in der
Strömungsgrenzschicht gleichzeitig wesentliche thermodynamische
Vorgänge abspielen. Es tritt bei kompressibler Strömung in der Grenz-
schicht eine sehr erhebliche Erwärmung des strömenden Mediums ein,
die ihre physikalische Ursache in der Reibungswärme hat. Der Verlust
an kinetischer Energie durch Reibung in der Grenzschicht ergibt bei
hohen Geschwindigkeiten sehr beträchtliche Erwärmungen des strömen-
den Mediums und damit auch der beströmten Wand. Die Aufheizung des
strömenden Mediums durch die Reibungswärme bleibt im wesentlichen
auf die gleiche dünne Grenzschicht beschränkt, in welcher die Zähigkeit
sich merklich auf die Strömung auswirkt. Es bildet sich neben der
Strömungsgrenzschicht eine Temperaturgrenzschicht längs der be ström-
ten Wände aus, wobei bei hohen Geschwindigkeiten (großen MACH-
Zahlen) eine starke gegenseitige Beeinflussung der Strömungs- und
Temperaturgrenzschicht vorliegt.
Eine Temperaturgrenzschicht bildet sich an einem umströmten
Körper auch bei mäßigen Geschwindigkeiten (inkompressible Strö-
mung) aus, falls der Körper eine Temperaturdifferenz gegenüber dem
strömenden Medium hat. Der Übergang von der Temperatur des ge-
heizten (oder gekühlten) Körpers auf die Temperatur des umgebenden
strömenden Mediums (Wärmeübergang) vollzieht sich auch in diesemFall
302 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

in einer sehr dünnen Schicht in Wandnähe, deren Dicke von derselben


Größenordnung ist wie die der Strömungsgrenzschicht.
Zum genaueren Verständnis der Vorgänge in der kompressiblen
Grenzschicht ist die Kenntnis dieser inkompressiblen Temperatur-
grenzschicht erforderlich. Es ist uns jedoch nicht möglich, an dieser
Stelle hierauf näher einzugehen; wir verweisen deshalb auf die ein-
schlägige Literatur, insbesondere [2], Kap. XIV. Wir können deshalb
für die kompressible Grenzschicht hier nur eine sehr summarische
Darstellung geben und verweisen auch hierfür auf ausführlichere Dar-
stellungen [71], [72].
4.92 Stoffbeiwerte
Für den Zusammenhang von Druck p, Dichte (! und Temperatur T
in der Strömung gilt in gleicher Weise, wie in Kap. 3.12 besprochen, die
allgemeine Zustandsgleichung nach GI. (3,6):
p=(!gRT. (4,135)
Dabei ist R die Gaskonstante, welche sich aus den spezifischen Wärmen
des Gases bei konstantem Druck cp und bei konstantem Volumen C" zu
,,-1
R = cp - Cv = - - cp
"
mit x = cplc v als Adiabatenexponent ergibt. Für Luft ist die spezifische
Wärme cp nur wenig von der Temperatur abhängig; vgl. Tab. 4.3. Für
die Schallgeschwindigkeit gilt nach GI. (3,14) und (3,14a):

a = Vx: = YxgRT = Y(x -l)gcp T. (4,136)

Für Luft ist x = 1,4.


Für die Berechnung der kompressiblen Grenzschicht muß infolge der
auftretenden großen Temperaturdifferenzen die Abhängigkeit der Stoff-
beiwerte von der Temperatur berücksichtigt werden. Für den Zähigkeits-
beiwert von Luft ist diese Abhängigkeit in Tab. 4.3 angegeben. Die

Tabelle 4.3. Thermi8che Stottbeiwerte von hutt in Abhängigkeit von der Temperatur
Spezifische Wärme- Temperatur- Kinematische
Wärme leitzahl leitfähigkeit Zähigkeit Zähigkeit PRANDTL-
T emperatur p.10·
cp J. a,·lO' v ·10' Zahl
WC] [kcal/kg grd] [kcaljm h grd] [m'/h] [kgs/m'] [m'js] Pr

-50 0,240 0,0176 473 1,49 9,5 0,72


0 0,240 0,0208 693 1,74 13,6 0,71
+50 0,240 0,0239 942 2,00 18,6 0,71
100 0,241 0,0267 1210 2,22 23,8 0,71
200 0,245 0,0316 1790 2,64 35,9 0,71
300 0,250 0,0369 2480 3,02 49,7 I 0,72
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 303

empirische Kurve f1 (T) wird meist angenähert durch die Interpolations-


formel
(4,137)

Für sehr hohe Temperaturen gilt w = 1/2, für 0° C ist etwa w = 0,8
und für tiefe Temperaturen w = l.
Der Wärmeübergang durch Leitung wird bestimmt durch die
Wärmeleitzahl Il., welche definiert ist durch das FOURIERsche Wärme-
leitungsgesetz
oT
q=Il.-. (4,138)
an
Dabei bedeutet q den Wärmestrom (= Wärmemenge pro Flächeneinheit
und Zeiteinheit) durch eine Fläche dF mit der Normalen dn, und 0 T/on
den Temperaturgradienten senkrecht zu dF. Die Wärmeleitzahl hat
nach GI. (4,138) die Dimension [kg/s grdJ. Sie hängt stark von der Tem-
peratur ab, vgI. Tab. 4.3. Darüber hinaus werden noch die beiden folgen-
den hieraus abgeleiteten Beiwerte gebraucht (Tab. 4.3):

Temperaturleitfähigkeit: 1 -
A
a __
e(JC p
[ms
2
]
(4,139)

und PRANDTL-Zahl: (4,140)

Die PRANDTL-Zahl ist dimensionslos. Für Luft ist die PRANDTL-Zahl


etwa gleich 0,72 und nahezu unabhängig von der Temperatur.

4.93 Grundgleichungen
Für die Berechnung der kompressiblen Grenzschicht hat man gegen-
über der inkompressiblen Grenzschicht zwei neue Variable, nämlich die
jetzt als veränderlich anzusehende Dichte e und die Temperatur T.
Dementsprechend werden zusätzlich zu den bisher benutzten Gleichun-
gen zwei weitere Gleichungen benötigt. Diese sind die allgemeine
Zustandsgleichung des Gases GI. (4,135) und die Energiegleichung.
Die Energiegleichung für das kompressible strömende Medium erhält
man aus der Wärmebilanz nach dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik.
Mit Einführung der Grenzschichtvereinfachungen ergibt sich für eine
ebene stationäre Strömung, vgI. [2], Kap. XIV:

(4,141)

Dabei bedeutet die linke Seite den Wärmetransport durch Konvektion,


auf der rechten Seite das erste und dritte Glied die durc.h Kompression
bzw. Reibung erzeugte Wärme und das zweite Glied den Wärmetrans-
port durch Leitung.
304 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht.Theorie)

Die Kontinuitätsgleichung und die Bewegungsgleichung haben für


die kompressible Grenzschicht die Form, vgI. GI. (3,54) und (4,47 a):
8(e u )
8x
+ 8(e8yv ) _ 0
- ,
(4,142)

e (u ~: + v~; ) = - :~ + 88y (ft ~; ). (4,143)

Die vier GIn. (4,135), (4,141), (4,142) und (4,143) sind ein System von
vier Gleichungen für die vier Unbekannten u, v, e, T, während der
Druck p wie in der inkompressiblen Grenzschichttheorie durch die
Außenströmung U (x) als bekannt angesehen wird 1 •
Die Randbedingungen sind für die Strömungsgrenzschicht wie bis-
her:
y = 0: u = 0, v = 0; y=oo: u=U(x). (4,144)
Für die Temperaturgrenzschicht möge hier lediglich der Fall der wärme-
undurchlässigen Wand angenommen werden, d. h., der Wärmestrom soll
längs der beströmten Wand überall verschwinden. Dann ist nach
GI. (4,138):
?JT
Y = 0: - ?Jy = 0 und y= 00: T = T 00 • (4,145)

Während die inkompressible laminare Strömungsgrenzschicht eines


vorgegebenen Körpers nur von der REYNoLDsschen Zahl abhängig ist,
ist zu erwarten, daß die kompressible Grenzschicht (Strömungs- und
Temperaturgrenzschicht ) mindestens von den folgenden dimensions-
losen Kenngrößen abhängig ist: REYNoLDssche Zahl, MAcHsehe Zahl,
ft
PRANDTLsche Zahl und Zähigkeitsgesetz (T). Es ist klar, daß hierdurch
die Anzahl der möglichen Fälle fast unübersehbar groß ist.
Nicht nur wegen dieser größeren Anzahl der Parameter, sondern
hauptsächlich wegen der Kopplung der obigen vier (bei veränderlicher
Zähigkeit fünf) Grundgleichungen ist die Integration der kompressiblen
Grenzschichtgleichungen ungleich schwieriger als die der inkompres-
siblen Grenzschichtgleichungen.

4.94 Temperaturerhöhung durch adiabatische Kompression und Reibung


Adiabatische Kompression. Bevor wir auf die Integration der Grenz-
schichtgleichungen der kompressiblen Strömung eingehen, möge die
schon früher in Kap. 3.15 angegebene Abschätzung der Temperatur-
erhöhung in der kompressiblen Strömung vorausgeschickt werden.
Bedeutet nach Abb. 3.9 der Index 00 die Werte der ungestörten Strö-
mung und der Index 0 die Werte im Staupunkt, so erhält man für die
1 Wird auch der Zähigkeitsbeiwert p, als veränderlich angesehen, so tritt noch
das empirische Zähigkeitsgesetz p, (T) nach GI. (4,137) als weitere Gleichung hinzu.
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 305

Temperaturerhöhung durch adiabatische Kompression im Staupunkt


nach GI. (3,16) und (3,39):
U2
T o - T oo = (LI T)ad = - 2
00 , (4,146)
g Cp
wenn die Anströmungsgeschwindigkeit des Körpers jetzt mit U00 be-
zeichnet wird. Die hiernach sich ergebenden Temperaturerhöhungen
im Staupunkt sind für Luft in Abb. 3.6 angegeben. Unter Einführung
der MAcH-Zahl Ma oo = Uoola oo läßt sich GI. (4,146) auch in der Form
schreiben:
T o = T oo (1 + x; 1 Ma:;,) = Too(l + 0,2Ma~) (Luft), (4,147)

wobei a oo die Schallgeschwindigkeit des ungestörten Strömungs-


zustandes nach GI. (4,136) bedeutet und x = 1,4 für Luft eingesetzt
wurde. Hiernach beträgt z. B. bei einer MAcH-Zahl Ma oo = 3 die
Temperaturerhöhung im Staupunkt rund 180% der absoluten Tempe-
ratur der Außenströmung.
Auf Grund dieser Betrachtungen sind diese großen Temperatur-
erhöhungen nur im Staupunkt und näherungsweise in einer sehr kleinen
Umgebung des Staupunktes zu erwarten. Wir werden aber im folgenden
zeigen, worauf auch bereits in Kap. 3.15 hingewiesen wurde, daß nach
der kompressiblen Grenzschichttheorie die in der Grenzschicht durch
Reibungswärme verursachten Temperaturerhöhungen längs der ganzen
be strömten Wand von nahezu gleicher Größe sind wie diejenigen durch
adiabatische Kompression.
Reibungswärme. Um die Temperaturerhöhung durch die Reibungs-
wärme zu erhalten, leiten wir aus den Grenzschichtgleichungen einen
allgemeinen Zusammenhang zwischen der Temperaturverteilung und
der Geschwindigkeitsverteilung her. Wir beschränken uns dabei auf den
Fall der längsangeströmten Platte, bemerken jedoch, daß die folgenden
Betrachtungen auch für den allgemeinen Fall der kompressiblen Grenz-
schicht mit Druckgradient Gültigkeit haben. Für die Platte lauten
die Grenzschichtdifferentialgleichungen nach GI. (4,141) bis (4,143):
ß(e u) + ß(e v) = 0, (4,148)
ßx ßy
ßu ßU) ß ( ßU) (4,149)
(! ( u-ax-+Vay =ay p,ay ,

(!gc ( uß-T+ v -
ß T- ) = ß
- (Aß T-) (ßU )2
+p,- (4,150)
P ßx ßy ßy ßy ßy
mit den Randbedingungen nach GI. (4,144) und (4,145).
Es gilt nun für die PRANDTL-Zahl Pr = 1 und für ein beliebiges
Zähigkeitsgesetz p,(T) nach A. BusEMANN [73] der Satz, daß in der
Grenzschicht die Temperatur nur eine Funktion der wandparallelen
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 20
306 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

Geschwindigkeitskomponente u ist: T = T(u). Somit sind die Iso-


ta ehen u = const gleichzeitig Isothermen T = const.
Von der Gültigkeit dieses fundamentalen Satzes überzeugt man sich leicht
folgendermaßen: Mit der Annahme T = T(u) ergibt sich aus GI. (4,150), wenn

r.
Tu = dT/du bedeutet:

eg Cp Tu (u ;: + v ~; ) = ßßY (A Tu ; ; ) + fl ( ; ;

r-
Ersetzt man die linke Seite durch GI. (4,149), so kommt:

gCpT" ßßy (fl ~;) = Tu ßßy (A ~;) +(TuuA +fl) (~;


Unter Einführung der PRANDTL-Zahl Pr = fl g cp/ A nach GI. (4,140) läßt sich dies
schreiben:
( 1)
ß ( ßU) 1
Tu I - -Pr 7iY fl7iY = gc p (TuuA+fll 7iY .
ßu )2 _ (
Aus dieser Gleichung erkennt man, daß der Ansatz T = T(u) dann eine Lösung
der Grenzschichtgleichungen (4,148) bis (4,150) darstellt, wenn gleichzeitig erfüllt
ist:
Pr = flgc p = 1 und Tu. = _ ~ = __1_. (4,151)
A A g~
Damit ist der obige Satz bewiesen.

Die Abhängigkeit der Temperatur von der Geschwindigkeit läßt


sich nun durch Integration von GI. (4,151) leicht angeben. Man er-
hält allgemein:

Die Integrationskonstanten Cl und C2 bestimmen sich aus den Rand-


bedingungen nach GI. (4,144) und (4,145), nämlich u = 0: a Tjay = 0
und damit d Tjdu = 0 sowie u = U 00 : T = T 00' Dies ergibt die Lösung:

T = T oo + -g12 (U;, -
Cp
u 2 ).

Somit hat man für die Wandtemperatur (u = 0):

+ -Ug2
2
TW = T 00 00 (Pr = 1). (4,152)
Cp

Durch Vergleich mit GI. (4,146) ergibt sich, daß im Fall Pr = 1 die
Erwärmung der ganzen Wand durch die Reibungswärme in der Grenz-
schicht den gleichen Betrag hat wie die Erwärmung durch adiabatische
Kompression im Staupunkt.
Für PRANDTL-Zahlen, die von 1 verschieden sind, gestaltet sich die
Berechnung der Grenzschicht erheblich schwieriger, da der obige ein-
fache Satz von A. BUSEMANN' dann keine Gültigkeit mehr hat. Wie
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 307

H. W. EMMoNs und J. G. BRAINERD[74] gezeigt haben, tritt für Pr =t 1


an Stelle von GI. (4,152) die Beziehung:
_ U2
Tw = '1'00 + VPr -g2 00
Cp
• (4,153)

Unter Einführung der MACHschen Zahl wie in GI. (4,147) kann GI. (4,153)
in der Form
T w = T oo (1 + VPr Ma~) (4,154) ";1
geschrieben werden. Für Luft mit" = 1,4 und Pr = 0,7 ergibt sich:
T w = T oo (1 + 0,169 Ma~) (Luft). (4,I54a)
·e
1500 ~O
1
Ix
1200 I
1000 '1;0
800
500

I'V
3,0

V
'Joo

~:
~---- I
800
e- r i
V!
1,0
u= ,.-,," Tw
200
[Jo r -
/ I
r-LlTw--l V I
I
I !
4/1
110080
,

~00
1/ I
i
"J ~I~ 42 11 I I

I
'10 I
I I
I
I I I I ! ,I
0,10 , ,
!
20 0,08
0,05' - - f--- V I

/ ! I I i
10
8
5'
0,0#

/
V I
0.02
V !
/
'I I
8 I I I
0,01
'f... 0.3 0,3 0.'1- 0,5 0,0 0.0 \0 1,2 ~f 10 It 3,0 3,5 3 1J 5
Mn =Uoo _
1.4100 fLoo

Abb. 4.52. Erwärmung der längsangeströmten ebenen Platte infolge Reibungswärme bei wärme-
undurchlässiger Wand in Abhängigkeit von der MAcHsehen Zahl für Luft, nach Gl. (4,154 a);
PRANDTL-Zahl Pr ~ 0,7; Außentemperatur T oo ~ 273 0 K. T w ~ Wandtemperatur;
LI T w ~ Allfheizllng der Wand durch die Reibungswärme

Die hiernach sich ergebende Aufheizung der Wand durch die Reibungs-
wärme ist in Abb. 4.52 in Abhängigkeit von der MAcH-Zahl dargestellt.
Zum Beispiel beträgt bei einer MAcH-Zahl Ma oo = 3 die Temperatur-
erhöhung der Wand infolge der Reibungswärme rund 150% der abso-
luten Temperatur der Außenströmung. Bei der MAcH-Zahl Maoo = 1
und einer Außentemperatur von 0 0 C (T00 = 273 0 ) beträgt die Auf-
heizung der Wand L1Tw = 48°. Dies ist ein Betrag, der für Flugzeuge
von erheblicher Bedeutung ist. Die in GI. (4,154) und Abb. 4.52 mit-
geteilten Ergebnisse gelten genaugenommen nur für die laminare Grenz-
20*
308 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

schicht. Sie geben jedoch auch die Verhältnisse in der turbulenten


Grenzschicht gut wieder, wenn man den Faktor}! Pr = 0,85 durch 0,88
ersetzt (für Luft). Somit kann mit praktisch ausreichender Genauigkeit
Abb. 4.52 auch für die
turbulente Grenzschicht
genommen werden.

4.95 Laminare Platten-


grenzschicht
Die explizite Berechnung
der Geschwindigkeits- und
Temperaturverteilung der
laminaren Plattengrenz-
schicht für einc große An-
zahl von Fällen ist in zwei
6 8 10 12 1~ 16 Arbeiten von W.HANTZSCHE
T)=Y~ - =
I{.,X -
und H. WENDT [75], [76]
sowie von L. CROCCO [77]
Abb. 4.53. Geschwindigkeitsverteilung in der kompressiblen
laminaren Grenzschicht an der längsangeströmten ebenen ausgeführt worden. In Ab-
Platte für wärmeundnrchlässige Wand, nach [77] bildung 4.53 ist nach den
Rechnungen von L. CROCCO
die Geschwindigkeitsverteilung in der Grenzschicht für die PRANDTL-Zahl Pr = 1
und das Zähigkeitsgesetz w = 1 für verschiedene MAcH-Zahlen dargestellt. Dabei
ist der Wandabstand in gleicher Wcise wie bei inkompressibler Strömung (Abb. 4.19)
mit VV oo xlU 00 dimensionslos gemacht. Es ergibt sich im Überschallbereich eine
beträchtliche Zunahme der Grenzschichtdicke mit der MAcH-Zahl. Diese rührt
fast ausschließlich von der Aufheizung der wandnahen Schicht durch dic Reibungs-
wärme und der damit verbundenen starken Volumenausdehnung her.

-
I
1.328 w=l;froelieblg
~
1,3

~ I
i
~
~~
w=O,8 ;fr=1
t Z
~':: ~
~1.
-----
I ~~
·l. . . . . . I-........
I ....... ..............
.
1

I I .................
Pr W
.......
1 - - - - - flonfzsche u. Wend! 1 0.8 r--__ ....
- - - - Y. Karman
u. Tsien 1 0.765 0

- . - Broinerd u. Emmons 0.733 0,765


91-- f-.
- - Crocco - Conforfo 0,725 0,75
I
<)
Burmonnl 1
I
8 I
2 3
I I
567
0.5
i
8 !J 10
l1a=~-
'" aal
Abb. 4.54. Reibungsbeiwert der längsangeströmten ebenen Platte bei kompressibler laminare
Grenzschicht für wärmeundnrchlässige Wand, nach RUBESIN und JOHNSON [78]
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 309
Eine Zusammenstellung der Reibungsbeiwerte bei laminarer Grenzschicht
bei wärmeundurchlässiger Wand, wie sie von verschiedenen Autoren bei verschie-
denen Werten der PRANDTL-Zahl Pr und des Zähigkeitsexponenten werhalten
wurden, zeigt Abb. 4.54. Für w = I ist cf V1le überhaupt unabhängig von der
MACH-Zahl. Im übrigen ist der Einfluß der PRANDTL-Zahl auf den Reibungsbei-
wert erheblich geringer als derjenige des Zähigkeitsexponenten.
Für turbulente Strömung steht die Erforschung des Kompressibilitätsein-
flusses noch in den Anfängen. Einige Ergebnisse über den Reibungswiderstand
der längsangeströmten ebenen Platte wurden bereits in Kap. 4.72 mitgeteilt
(Abb.4.42 und 4.43). Ein Vergleich von Abb. 4.42 mit Abb. 4.54 zeigt, daß bei
turbulenter Grenzschicht der Reibungsbeiwert der ebenen Platte und damit auch
der Profilwiderstand von Tragflügeln mit wachsender MACH-Zahl erheblich stärker
abfällt als bei laminarer Strömung.

4.96 Zusammenwirken von Grenzschicht und Verdichtungsstoß


Wenn ein Körper mit so hoher Geschwindigkeit angeströmt wird,
daß sich in seiner Umgebung Gebiete mit örtlicher Überschallgeschwin-
digkeit ausbilden, so treten hierbei in denjenigen Bereichen, wo die
Geschwindigkeit von Überschall- in Unterschallgeschwindigkeit zu-
rückkehrt, sog. Verdichtungsstöße auf (vgl. Kap. 3.6). In diesen Ver-
dichtungsstößen ändern sich Druck, Dichte und Temperatur außer-
ordentlich stark. Der starke Druckanstieg im Verdichtungsstoß
(Abb. 3.34) hat einen besonders starken Einfluß auf den Widerstand,
da er eine Ablösung der Grenzschicht verursacht und damit den Druck-
widerstand des Körpers stark erhöht. Die theoretische Berechnung
dieser Verdichtungsstöße ist heute noch sehr unvollkommen, jedoch
deuten die Versuche darauf hin, daß die Vorgänge im Verdichtungs-
stoß von der Reibungsschicht stark beeinflußt werden. Diese gegen-
seitige Beeinflussung von Verdichtungsstoß und Reibungsschicht ist
u. a. deswegen besonders kompliziert, weil einmal das Verhalten der
Reibungsschicht sich mit der REYNoLDsschen Zahl ändert, anderer-
seits der Verdichtungsstoß stark von der MAcHschen Zahl abhängt.
Da bei älteren Windkanalversuchen meistens sowohl die REYNoLDssche
als auch die MAcHsehe Zahl sich gleichzeitig ändern, war es bisher
nicht möglich, diese Einflüsse klar voneinander zu trennen. Systematische
Versuche über die Beeinflussung von Reibungsschicht und Verdichtungs-
stoß von J. ACKERET, F. FELDMANN, N. ROTT [79J sowie von H. W. LIEP-
MANN [80], bei denen die REYNoLDssche Zahl und die MAcHsche Zahl
unabhängig voneinander variiert werden konnten, haben mancherlei
Aufklärung über diese komplizierten Vorgänge gebracht. Die wesent-
lichen Ergebnisse sind übereinstimmend nach beiden Arbeiten folgende:
Der Verdichtungsstoß hat ein stark verschiedenes Aussehen bei
laminarer und turbulenter Grenzschicht. Bei laminarer Strömung be-
steht der Verdichtungsstoß meist aus mehreren Teilstößen. Meist liegt
vorn ein schwacher schiefer Stoß, auf den dann erheblich weiter strom-
310 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht·Theorie)

abwärts der stärkere senkrechte Hauptstoß folgt. Bei turbulenter Strö-


mung ist nur ein gerader Stoß vorhanden. Da in der Reibungsschicht
die wandnahen Teile immer mit Unterschallgeschwindigkeit strömen,
sich aber Verdichtungsstöße naturgemäß nur bei Überschallgeschwindig-
keit ausbilden können, kann der in der reibungsfreien Außenströmung
entstehende Stoß sich nicht ganz bis an die Wand erstrecken. Daraus
folgt, daß im Stoßgebiet der Druckgradient parallel zur Wand in Wand-

a) Laminare Grenzschicht mit Ablösnng vor dem Stoß und Wiederanliegen hinter dem Stoß.
Ma ~ 0,843, Re ~ 8,45· 10'

b) Laminare Grenzschicht mit Ablösung hinter dem Stoß . Ma ~ 0,895, Re ~ 8,77· 10'
Abb.4.55 a - d. Zusammenwirken von Grenzschicht und Verdichtungsstoß. Schlierenaufnahmen
der transsonischen Strömung an einem Tragflügelprofi! nach LIEPMANN [801
4.9 Grenzschichten bei kompressibler Strömung 311
nähe wesentlich sanfter sein muß als in der Außenströmung. Nach-
stehend möge dieses recht komplizierte Zusammenwirken von Ver-
dichtungsstoß und Grenzschicht an Hand einiger Schlierenaufnahmen
an einem Tragflügelprofil im transsonischen Geschwindigkeitsbereich
verdeutlicht werden, die von H. W. LIEPMANN [80], herrühren l .
Bei der Beeinflussung der Grenzschicht durch einen Verdichtungs-
stoß kann man nach A. D. YOUNG [72] folgende Fälle unterscheiden:

c) Turbulente Grenzschicht vor dem Stoß, keine Ablösung. Ma = 0,843, Re = 1,69· 10'

d) Turbulente Grenzschicht mit starker Ablösung hinter dem Stoß. Ma = 0,895, Re = 1,75· 10'

1 Die Strömungsbilder Abb. 4.55a bis 4.55d verdanken wir Herrn Prof. Dr.
H. W. LIEPMANN, California Institute of Technology Pasadena, Ca!., der uns
freundlicherweise die Originalphotographien zur Verfügung stellte.
312 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht.Theorie)

1. Die ankommende Grenzschicht ist laminar und bleibt hinter


dem Stoß auch laminar.
2. Die ankommende Grenzschicht ist laminar, löst sich schon vor
dem Verdichtungsstoß ab, kommt aber hinter dem Stoß wieder zum
Anliegen, wobei sie entweder laminar oder turbulent weiterströmt
(Abb. 4.55a).
3. Die ankommende Grenzschicht ist laminar, löst sich vor dem
Verdichtungsstoß voEständig von der Wand ab und bleibt hinter dem
Stoß abgelöst (Abb.4.55b).
4. Die ankommende Grenzschicht ist turbulent und löst sich hinter
dem Verdichtungsstoß nicht von der Wand ab (Abb.4.55c).
5. Die ankommende Grenzschicht ist turbulent und löst sich hinter
dem Verdichtungsstoß von der Wand ab (Abb. 4.55d).
Die theoretische Behandlung der hier besprochenen Vorgänge wird
dadurch wesentlich erschwert, daß im Bereich des Stoßes auch be-
trächtliche Druckgradienten senkrecht zur Wand auftreten. Dadurch
wird eine der Grundannahmen der Grenzschichttheorie zunichte ge-
macht, nämlich, daß der Druckgradient senkrecht zur Wand sehr
klein ist. Hinzu kommt, daß im Bereich des Verdichtungsstoßes auch
die Geschwindigkeitsgradientenßujßx und ßujßy von gleicher Größen-
ordnung sind, so daß die auf ihrer stark verschiedenen Größe beruhende
Vereinfachung der NAVIER-STOKEsschen Gleichungen, die zu den
Grenzschichtgleichungen führte, nicht mehr zutrifft. Die Grenzschicht-
gleichungen sind demnach für Strömungen mit Verdichtungsstößen
nicht ohne weiteres anwendbar. Es erscheint deswegen zunächst hoff-
nungslos, die sehr komplizierten Vorgänge in der Reibungsschicht im
Bereich des Verdichtungsstoßes theoretisch zu berechnen. Vielmehr
wird man die Aufklärung dieser Vorgänge durch weitere ausgedehnte
experimentelle Untersuchungen anstreben müssen.

4.10 Der Umschlag laminar-turbulent


4.10.1 Experimentelle Ergebnisse
Die Strömung in der Grenzschicht ist im allgemeinen ebenso wie
die Rohrströmung bei mäßig großen REYNOLDs-Zahlen laminar und
bei sehr großen REYNoLDs-Zahlen turbulent. Wenn auch in der flug-
technischen Aerodynamik in den meisten Fällen turbulente Grenz-
schichtströmungen vorliegen, so hat aber doch auch die Laminarströ-
mung eine gewisse Bedeutung für die Flugtechnik, weil einmal bei
extrem großen Flughöhen die REYNOLDS-Zahlen ziemlich niedrig sind
(vgl. Abb. 1.6), und weil andererseits bei neueren Entwicklungen
(Laminarprofile, Laminarhaltung durch Absaugung) gerade die lami-
4.10 Der Umschlag laminar-turbulent 313

nare Strömung angestrebt wird. Wir wollen deshalb in diesem Abschnitt


einiges über den Umschlag der laminaren in die turbulente Strömung
berichten, wobei wir uns jedoch auf inkompressible Strömungen be-
schränken.
Die ersten systematischen experimentellen Untersuchungen des
laminar-turbulenten Umschlages wurden 1883 von O. REYNOLDS [8]
veröffentlicht. Er wurde dabei auf das nach ihm benannte Ähnlichkeits-
gesetz geführt, und zwar stellte er fest, daß für die Rohrströmung der
Umschlag durch die kriti8che Reynold88che Zahl

Rekrit = (UD)--
v krit
= 2300

bestimmt wird. Für Re < Rekrit ist die Rohrströmung laminar, für
Re > Rekrit turbulent. Der Zahlenwert von Rekrit kann sich jedoch nach
oben hin noch in weiten Grenzen ändern. Bei sehr geringer Störung
der Strömung im Rohreinlauf kann Rekrit Werte bis 40000 annehmen.
Daß auch die Strömung in der Grenz8chicht eines umströmten Kör-
pers laminar oder turbulent sein kann, wurde zuerst klar erkannt
auf Grund der Versuche von G. EIFFEL [18] und L. PRANDTL [20] über
den Widerstand von Kugeln. Diese Versuche ergaben, daß der Wider-
standsbeiwert von Kugeln bei einer bestimmten REYNoLDs-Zahl, die
als kritische REYNoLDssche Zahl bezeichnet wird, einen plötzlichen
Abfall aufweist (Abb. 4.9). PRANDTL konnte zeigen, daß dieser Wider-
standsabfall auf das Turbulentwerden der Grenzschicht zurückzuführen
ist (vgl. Kap. 4.24).
Für die längsangeströmte ebene Platte wurde der Übergang der
laminaren in die turbulente Grenzschicht zuerst von J. M. BURGERS
und B. G. VAN DER HEGGE ZIJNEN [81] und später eingehender von
H. L. DRYDEN [82], [83], [84] untersucht. An der Plattennase ist die
Grenzschicht immer laminar, und weiter stromabwärts wird sic turbu-
lent. Der Umschlag laminar-turbulent findet in einem Abstand x von
der Vorderkante statt, der je nach dem Turbulenzgrad der Außen-
strömung gegeben ist durch

( uv
00 x )
krit
= 3 . 105 bis 3. 106.

Die theoretischen Untersuchungen über den Umschlag der laminaren


in die turbulente Strömung knüpfen an die von LORD RAYLEIGH und
REYNOLDS aufgestellte Vermutung an, daß die Laminarströmung,
welche an sich für beliebige REYNoLDssche Zahlen eine Lösung der
hydrodynamischen Differentialgleichungen darstellt, oberhalb der kri-
tischen REYNoLDsschen Zahl instabil wird und in die turbulente Strö-
mung umschlägt. Diese Reynold88che Vermutung bildet den Aus-
314 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht. Theorie)

gangspunkt der meisten theoretischen Untersuchungen. Die hieraus


entwickelte Stabilitätstheorie der Laminarströmung hat in neuerer Zeit
zu einem vollen Erfolge geführt. Ihre Ergebnisse wurden durch Mes-
sungen sehr gut bestätigt. Wir geben nachstehend einen kurzen Abriß
dieser Stabilitätstheorie und berichten anschließend über ihre experi-
mentelle Bestätigung, vgl. [85].

4.10.2 Grundzüge der Stabilitätstheorie der Laminarströmung


Für die Stabilitätsuntersuchung wird im einfachsten Fall eine ebene inkom-
pressible Strömung mit den rechtwinkligen Geschwindigkeitskomponenten u und v
zugrunde gelegt. Der auf Stabilität zu untersuchenden Laminarströmung (Grund-
strömung) mit den Komponenten U und V wird eine von der Zeit abhängige ebene
Störungsbewegung u ' (x, y, t), v' (x, y, t) überlagert. In der resultierenden Strö-
mung sind dann die Geschwindigkeitskomponenten und der Druck:
u = U + u' , v = V + v' , p = p + p' . (4,155)
Dabei wird vorausgesetzt, daß die Störungsgrößen klein sind im Vergleich zu
den 'Verten der Grundströmung. Um die Stabilität einer solchen gestörten Be-
wegung zu erörtern, ist der zeitliche Ablauf der Störungsbewegung u ' , v', p' zu
untersuchen. Bei dieser Stabilitätsuntersuchung nach der Methode der kleinen
Schwingungen werden dabei die in den Störungsgrößen quadratischen Glieder
vernachlässigt.
Ferner wird angenommen, daß neben der Grundströmung, die als Laminar-
strömung den hydrodynamischen Grundgleichungen genügt, auch die durch
überlagerung mit der Störungsbewegung erhaltene resultierende Bewegung die
hydrodynamischen Bewegungsgleichungen (NAVIER-STOKEssche Gleichungen) zu
erfüllen hat. Nimmt man ferner zur Vereinfachung an, daß die zugrunde gelegte
Grundströmung eine einfache "Schichtenströmung" der Form
U(y), V=ü, P(x,y) (4,156)
ist, so ergibt sich durch Einführung von GI. (4,155) und (4,156) in die zweidimen-
sionalen NAVIER-STOKEsschen Gleichungen, vgI. GI. (4,44), für die Störungs-
bewegungu ' , v', p' das folgende Gleichungssystem:

(4,157 a, b, c)

Dieses sind drei Gleichungen für die Störungskomponenten u' , v', p'. Die zu-
gehörigen Randbedingungen erfordern, daß die Störungsgeschwindigkeiten an den
begrenzenden Wänden verschwinden (Haftbedingung).
Als Form der Störungsbewegung wird eine in der Hauptströmungsriehtung
(x-Riehtung) fortlaufende ebene Wellenbewegung angenommen. Dabei kann man
sich nach FOURIER eine beliebige Wellenbewegung in Partüilschwingungen zerlegt
denken. Da die Störungsbewegung zweidimensional ist, läßt sich für diese eine
Stromfunktion 1J'(x, y, t) einführen, wodurch die Kontinuitätsgleichung (4,157c)
4.10 Der Umschlag laminar-turbulent 315
integriert ist. Für die Stromfunktion einer Partialschwingung der Störungs-
bewegung wählt man den Ansatz:
1p(x, y, t) = rp(y) ei(ax-ßII. (4,158)
Hierbei ist ex rein reell, und es bedeutet A = 2 n/ex die Wellenlänge der Störung.
Die Größe ß ist komplex, ß = ßr +
i ßi' Es bedeutet ßr die Kreisfrequenz der
Partialschwingung, während die Anfachungsgröße ßi über Anfachung oder
Dämpfung der Partialschwingung entscheidet. Für ßi < 0 wird die Schwingung ge-
dämpft; es ist also die Grundströmung für diesen Störungszustand stabil, während
für ßi > 0 Instabilität vorhanden ist. Schwingungen mit ßi = 0 geben die Stabili-
tätsgrenze, sie heißen neutrale Schwingungen. Es ist zweckmäßig, neben ex und ß
auch noch die aus ihnen gebildete Größe c = ß/ex = Cr + i Ci einzuführen. Dabei
bedeutet Cr die Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit),
während Ci durch sein Vorzeichen ebenfalls über Anfachung oder Dämpfung der
Partialschwingung entscheidet.
Aus GI. (4,158) ergibt sich für die Komponenten der Störungsbewegung:

u' = ~= rp' (y) ei(a x-ß'I,


oy
(4,159a, b)
V' = -~= -ier.rp(y)ei(ax-ß'I.
ox
Setzt man dies in GI. (4,157 a, b) ein, so ergibt sich nach Elimination des Druckes
für die Amplitudenfunktion der Störungsbewegung rp (y) die folgende gewöhnliche
Differentialgleichung vierter Ordnung (Störungsdifferentialgleichung), welche den
Ausgangspunkt der Stabilitätstheorie der Laminarströmung bildet:

(U - c) (rp" - er. 2 rp) - U" rp = - ~R'


er. e
(rp"" - 2er. 2 rp" + er.4 rp). (4,160)
In dieser Gleichung sind dimensionslose Größen eingeführt worden, indem alle
Längen auf eine geeignet gewählte Bezugslänge 8 (z. B. die Grenzschichtdicke)
und alle Geschwindigkeiten auf die Maximalgeschwindigkeit der Grundströmung
Um bezogen wurden. Der Strich bedeutet die Differentiation nach der dimensions-
losen Größe y/8, und es bedeutet Re = Um 8/v die für die vorgelegte Grund-

t
U(y)+ u '(x,y, t)

r
I
. I
I
;:" I
I

f--_X

Abb. 4.56. Stromlinienbild und Geschwindigkeitsverteilung für eine neutrale Störung in der
Grenzschicht an der längsangeströmten ebenen Platte, nach SCHLICHTING [91]. U (V) = Grund·
strömung. U(V) + u'(x, V, t) = gestörte Geschwindigkeitsverteilung
316 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

strömung charakteristische REYNoLDssche Zahl. Die Randbedingungen erfordern


das Verschwinden beider Komponenten der Störungsgeschwindigkeit an der
Wand (y = 0) und in der Außenströmung (y = (0), somit
y=O und y=oo:u'=v'=O:rp=rp'=O. (4,161)
Zur Veranschaulichung der Störungsbewegung ist in Abb. 4.56 für das Beispiel
der Grenzschicht an der längsangeströmten ebenen Platte das momentane Strom-
linienbild und die Geschwindigkeitsverteilung der resultierenden Strömung dar-
gestellt.
Ergebnisse der Stabilitätstheorie (ebene Platte). Die Sta bilitäts-
untersuchung ist ein Eigenwertproblem der Störungsdifferentialglei-
chung (4,160) mit den Randbedingungen (4,161). Wenn die Grund-

0.16 f---'----~~_+---+---+--+--_+--I--+----+----jO'90

419 't:--"!x-~-t--t----c---,--~--+--~--11i35

t qWr-,---~~~~~-r--t----r~ 0,30

~I 410 0.25
~~ ~~
a08 r--t---tft:-~n"-;:~ -r"""+--+-~! -+-+---+--10,20

010 , 2 5 103 2 5 10 v 2 5 10 5 3
Re= U~cf*_
v
Abb. 4.57. Indifferenzkurven der Grenzschicht an der längsangeströmten ebenen Platte;
Kreisfrequenz ßr und Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit er; der Bereich im Innern der
Kurven ist instabil

strömung (Laminarströmung) vorgegeben ist, enthält GI. (4,160) vier


Parameter, nämlich a, Re, Cr , Ci' Von diesen ist die REYNoLDssche
Zahl der Grundströmung Re als gegeben anzusehen. Für die Partial-
schwingung der Störungsbewegung kann man auch die Wellenlänge
A = 2 :rrja vorgeben. Die Differentialgleichung (4,160) mit den Rand-
bedingungen (4,161) liefert dann zu jedem Wertepaar (a, Re) eine
Eigenfunktion qJ (y) und einen komplexen Eigenwert C = Cr + iCi'
Dabei gibt Cr die Phasengeschwindigkeit der vorgegebenen Partial-
störung, während Ci durch sein Vorzeichen über die Anfachung (Ci>O)
oder Dämpfung (Ci< 0) entscheidet. Der Grenzfall Ci = 0 gibt die
neutralen (indifferenten Störungen). Man pflegt das Ergebnis der
Stabilitätsrechnung für eine vorgelegte Laminarströmung in der WEise
darzustellen, daß man in der a, Re-Ebene die Kurve Ci = 0, d. i. ßi = 0,
4.10 Der Umschlag laminar-turbulent 317

zeichnet, welche die stabilen von den instabilen Störungen trennt. Sie
heißt die Indifferenzkurve.
Die mathematische Durchführung der Stabilitätsrechnung ist außer-
ordentlich schwierig, so daß das erstrebte Ziel der Berechnung der
kritischen REYNoLDsschen Zahl trotz größter Anstrengungen zunächst
jahrzehntelang nicht erreicht werden konnte.
Im Anschluß an Untersuchungen von L. PRANDTL [87] und O. TIET-
JENS [88] wurde 1929 erstmalig von W. TOLLMIEN [89] das Ziel der
theoretischen Berechnung einer kritischen REYNoLDsschen Zahl er-
reicht. TOLLMIEN berechnete als Beispiel die Stabilität der Laminar-
ström ung längs der e benen Platte und er hielt die in Ab b. 4.57 angege benen
Indifferenzkurven. Als kritische REYNoLDssche Zahl ergab sich dabei
der Wert
Uoo ö* )
Rekrit = ( - - - = 575
v krit

bezogen auf die Verdrängungsdicke der Grenzschicht. Oberhalb dieser


Grenze soll nach der Theorie ein bestimmter Bereich von Störungs-
wellenlängen angefacht wer-
den, während alle übrigen
gedämpft sind. Es findet also
eine selektive Anfachung
statt. Die "gefährlichen"
Wellenlängen sind recht
groß, etwa gleich der zehn-
fachen Grenzschichtdicke,
während der Bereich der ge-
fährlichen Frequenzen nach
Abb. 4.57 sehr schmal ist.
Bei der Plattenströmung
bleibt die Form des Ge-
schwindigkeitsprofils wegen
des konstanten Druckes in
der Außenströmung längs
der Platte erhalten (die Ge-
schwindigkeitsprofile sind
affin), während sie sich z. B.
bei einem Tragflügelprofil
von Ort zu Ort mit dem
Druckgradienten ändert. Bei
der Platte nimmt die Ver-
drängungsdicke (j* mit der
Lauflänge x zu nach der Abb. 4.58. Grenzschicht an der längsangeströmten
ebenen Platte; Entstehung der Turbulenz aus einer
Gleichung (j*= 1,73 Vvxl U 00' anfangs langweiligen Störung nach PRANDTL [13]
318 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

vg1. GI. (4,68). Daher entspricht der auf die Verdrängungsdicke (j* be-
zogenen errechneten kritischen Re-Zahl (U 00 (j*/V)k = 575 eine auf die
Lauflänge x bezogene kritische Re-Zahl (UooxjV)k = 1,1- 105 • Sie ist
erheblich kleiner als die beobachtete, die oben mit 3 - 105 bis 3 - 106
angegeben wurde. Dies muß aber auch erwartet werden, denn die von
der Theorie aufgezeigten instabilen langweIligen Schwingungen be-
deuten noch nicht die eigentliche Turbulenz. Aus diesen instabilen
fOO
Wellen entwickelt sich
1I die ausgebildete turbu-
360 I lente Strömung erst
U °beobachtete neutrale durcheinenAnfachungs-
320 I~ Schwingungen
vorgang. Der experimen-
I~ i teIle Umschlagpunkt ist
280 deshalb immer strom-
11- Messungen abwärts vom theoreti-
290
~~ schen Insta bilitätspunkt
:::.68 \ \ zu erwarten. Daß in der
~:::;200 t~ Tat solche langweIligen

~ Theorie Störungen, wie sie die


",'

~ I--
160 Theorie voraussagt,
\0\
~\ i
beim Umschlag im Spiel
sind, erkennt man aus
\
120
!

80
~ ~,
den Strömungsaufnah-
men in Abb. 4.58, welche
~I~
90
~ ~
den Beginn der Turbu-
lenz bei der Platten-
""- -=
-u..
~
I--- -'""- n J[

I
grenzschicht zeigen.
o 800 1600 2900 3200 Diese Aufnahmen zei gen
Re~ U"",o*_ eine große Ähnlichkeit
v
Abb. 4.59. Zur experimentellen Nachprüfung der Stabilitäts- mit dem theoretischen
theorie der laminaren Grenzschicht; Indifferenzkurven für
neutrale Störungsfrequenzen bei der Plattengrenzschicht. Stromlinienbild einer
Theorie nach TOLLMIEN [89]; Messungen nach SCHUBAUER
und SKRA~ISTAD [93] neutralen Schwingung
in Abb. 4.56.
Den Bemühungen, die Theorie experimentell zu bestätigen, war erst
ein voller Erfolg beschieden, als im Jahre 1940 H. L. DRYDEN [92J und
seine Mitarbeiter G. B. SCHUBAUER und H. K. SKRAMSTAD [93J sehr
sorgfältige Versuche in einem sehr turbulenzarmen Windkanal aml-
führten. Es gelang, den Turbulenzgrad auf den bisher nicht erreichten
Wert von Tu = 0,1 % herabzudrücken. Dabei wurde für die Platten-
strömung für die kritische REYNoLDssche Zahl der sehr hohe Wert
(UooX/V)krit = 3.106 erhalten.
Durch Aufprägung von künstlichen Störungen einer vorgegebenen
Frequenz konnte für die Grenzschicht der Plattenströmung die selek-
4.10 Der Umschlag laminar-turbulent 319

tive Anfachung gewisser Störungsfrequenzen in sehr guter Überein-


stimmung mit der Theorie nachgewiesen werden. Abb. 4.59 zeigt den
Vergleich der Messungen von SCHUBAUER und SKRAMSTAD mit der
TOLLMIENschen Theorie. Die gemessenen Frequenzen der neutralen
Schwingungen liegen sehr gut auf der theoretischen Indifferenzkurve.
Die REYNoLDssche Vermutung, daß der Umschlag laminar-turbulent
auf eine Instabilität der Laminarströmung zurückzuführen ist, ist damit
bestätigt.

4.10.3 Ermittlung des Umschlagpunktes für ein Tragflügelprofil


Für ein Tragflügelprofil ist der Druckgradient längs der Wand von
Ort zu Ort verschieden, und infolgedessen sind die laminaren Grenz-
schichtprofile an den verschiedenen Stellen nicht zueinander affin.
Im Druckabfallgebiet erhält man Geschwindigkeitsprofile ohne Wende-
punkt und im Druckanstieggebiet solche mit Wendepunkt, Abb. 4.18.
Infolgedessen ist jetzt für die einzelnen Grenzschichtprofile an den ver-
schiedenen Stellen längs der Wand die Stabilitätsgrenze, ausgedrückt
durch die mit der Grenzschichtdicke gebildete kritische REYNoLDssche
Zahl, verschieden, und zwar im Druckabfallgebiet höher und im Druck-
anstieggebiet niedriger als der obige Wert Rekrit = (Umb*jV)krit = 575
für die ebene Platte. Bei dem POHLHAusENschen Näherungsverfahren
für die Berechnung der laminaren Grenzschicht (Kap. 4.45) ist die Form
der Geschwindigkeitsprofile abhängig von dem Formparameter

A = ~ dU m (4,162)1
v dx'

der Werte zwischen +7,05 (Staupunkt) und -12 (Ablösungspunkt)


annimmt. Im Drucka bfallge biet ist A > 0, im Druckanstiegge biet Li < 0.
Für diese einparametrige Schar der POHLHAusENschen Grenzschicht-
profile ist die Stabilitätsrechnung von H. SCHLICHTING und A. UL-
RICH [94J universell ausgeführt worden. Abb.4.60 zeigt die starke Ab-
hängigkeit der kritischen REYNoLDsschen Zahl von dem Formpara-
meter A und damit vom Druckgradienten. Druckabfall wirkt stark
stabilisierend und Druckanstieg instabilisierend.
Mit dieser universell ausgeführten Stabilitätsrechnung läßt sich
nun die Lage des theoretischen Umschlagpunktes (Instabilitätspunktes)
für ein vorgelegtes Tragflügelprofil verhältnismäßig einfach ermitteln.
Hierzu hat man folgende Rechnungen nacheinander auszuführen:
1. Potentialtheoretische Druckverteilung längs der Kontur nach
Kap. Ir, vgl. auch Kap. VI.

1 Hier bedeutet Um (x) Außenströmung.


320 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

2. Auf Grund der Druckverteilung Berechnung der laminaren


Grenzschicht, z. B. nach dem in Kap. 4.45 angegebenen Verfahren
von K. POHLHA USEN.
3. Stabilitätsrechnung für die einzelnen Grenzschichtprofile mit
Hilfe von Abb. 4.60.
In Abb. 4.61 ist das Ergebnis der Stabilitätsrechnung für das
gleiche Tragflügelprofil (symmetrisches JOUKowsKy-Profil von 15%
Dicke) angege ben, für
10
, / ' f-- welches die Berechnung
._\--
\--
der laminaren Grenz-
I f- schicht bereits in Abbil-
/
dung 4.22 mitgeteilt
, / wurde. Für symmetrische
Anströmung (CA =0) liegt
3 / das Druckminimum bei
/
1/ x/I = 0,15. Mit wachsen-
2
dem Anstellwinkel rückt
/ das Druckminimum auf
1/ I
der Saugseite nach vorn
3 und auf der Druckseite
I I nach hinten, Abb. 4.61 a.
11
1-6H
1

I
Die gleiche Verschiebung
6
/ I mit dem Anstellwinkel
, / zeigt die Lage des Um-
schlagpunktes, Abbil-
/ dung 4.61 b. In einer
/
I Zeichnung des Flügels
2
läßt sich an jedem Punkt
/ des Profilumrisses die die-

,/
/ Sfaupun f
~O5'-.l
sem Punkt als Stabili-
8 tätsgrenze zukommende
-2 o 2 6
A- kritische REYNOLDSSche
Abb. 4.60. Die kritische REYNOLDS-Zahl von Grenzschicht- Zahl der Anströmung,
profilen mit Druckgradienten in Abhängigkeit vom Form-
parameter A Vx)!v, anschreiben, Ab-
bildung 4.61 b. Man er-
kennt hieraus, daß der Umschlagpunkt (Instabilitätspunkt) für die
praktisch wichtigen Re-Zahlen zwischen U ocJ/v = 106 und 107 nahe
beim Druckminimum M liegt. Mit wachsender Re-Zahl rückt er auf
beiden Seiten des Tragflügels ein wenig nach vorn. Umfangreiche theore-
tische Ergebnisse über die Lage des Umschlagpunktes an JOUKOWSKY-
Profilen enthält ein Bericht von K. BussMANN und A. ULRICH [95],
Messungen eine Arbeit von A. SILVERSTEIN und J. V. BECKER [96].
3.10 Der Umschlag laminar-turbulent 321
Als praktisch wichtige Regel kann man hieraus ableiten, daß der
Umschlagpunkt bei mittleren REYNoLDsschen Zahlen im Druck-
minimum liegt.
Die Stabilitätstheorie ist in neuester Zeit auch auf kompressible
laminare Grenzschichten ausgedehnt worden. Dabei hat sich ergeben,

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daß einmal der Wärmeübergang zwischen der Wand und der strömenden
Luft die Stabilität wesentlich beeinflußt [97], [98]: Wärmeübergang
von der Luft auf die Wand wirkt stabilisierend, dagegen von der Wand
SchlichtingjTruckeu brodt. Aerodynamik I 21
322 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

auf die Luft instabilisierend. Ist andererseits die Wand wärmeundurch-


lässig, so tritt mit wachsender MAcH-Zahl eine Erniedrigung der kriti-
schen REYNoLDsschen Zahl ein. Auch die Rauhigkeit der Wand hat
einen beträchtlichen Einfluß auf den Umschlag laminar-turbulent.
Mit wachsender Rauhigkeitshöhe nimmt die kritische REYNoLDssche
Zahl stark ab; Näheres hierüber siehe [99].

Literatur
[1] PRANDTL, L.: The mechanics of viscous fluids in W. F. Durand. Aerodynamic
Theory, Bd. In. Berlin 1935.
[2] SCHLICHTING, H.: Grenzschichttheorie. 3. Aufl. Karlsruhe 1958. Vgl. auch
englische übersetzung: Boundary Layer Theory, übersetzt von J. Kestin.
London u. NewYork 1955.
[3] TOLLMIEN, W.: Beiträge "Grenzschichttheorie" und "Turbulente Strö-
mungen" im Handbuch der Experimentalphysik Bd. 4, Teil I, herausgeg.
von W. Wien und F. Harms. Leipzig 1931.
[4] DRYDEN, H. L.: Recent advances in the mechanics of boundary layer flow.
Advances in Applied Mf;lchanics, herausgeg. von R. v. Mises und Th. v. Kar-
man, Bd. I, S.1. NewYork 1948.
[5] HAGEN, G.: Über die Bewegung des Wassers in engen zylindrischen Röhren.
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[6] POISEUILLE, J.: Recherehes experimentelles sur 1e mouvement des liquides
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[8] REYNOLDS, 0.: Phil. Trans. Roy. Soc. (1883), or Collected Papers Bd.2,
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[13] PRANDTL, L.: Neuere Ergebnisse der Turbulenzforschung. Z. VDI Bd. 77
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[37] QUEIJO, M. J., B. M. JAQUET u. W. D. WOLHART: Wind tunnel investigation
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[38] SCHRENK, 0.: Tragflügel mit Grenzschichtabsaugung. Luftfahrtforsch.
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forsch. Bd. 12 (1935) S. 10-37.
21*
324 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht-Theorie)

[39) SCBRENK, 0.: Grenzschichtabsaugung. Luftwissen Bd. 7 (1940) S.409--414.


[40] STÜPER, J.: Flight experiments and tests on two airplanes with suction
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[41) HOLSTEIN, H.: Messungen zur Laminarhaltung der Grenzschicht an einem
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auch Helv. phys. Acta Bd. 14 (1941) S.323.
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durch Laminarhaltung mit Absaugung. Schriften der dtsch. Akad. Luft-
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[81] VAN DER HEGGE ZIJNEN, B. G.: Measurements of the velo city distribution
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326 IV. Strömungen mit Reibung (Grenzschicht·Theorie)

[82] DRYDEN , H. L.: Boundary layer flow near flat plates. Proc. Fourth Intern.
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[83] DRYDEN, H. L.: Airflow in the boundary layer near a plate. NACA Rep.
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[84] DRYDEN, H. L.: Turbulence and the boundary layer. J. Aerün. Sei. Bd. 6
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[86] SCHLICHTING, H.: über die Theorie der Turbulenzentstehung. Zusammen·
fassender Bericht. Forsch. Ing.·Wes. Bd. 16 (1950) S.65-78.
[86] LORD RAYLEIGH: On the instability of certain fluid motions. Proc. London
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Bd. I, S.474 and Bd.3, S. 17); vgl. auch Scientific Papers Bd.4 (18!J5)
S.203 und Bd.6 (1913) S. 197.
[87] PRANDTL, L.: Bemerkungen über die Entstehung der Turbulenz. ZAMl\{
Bd. 1 (1921) S.431-441 und Phys. Z. Bd. 23 (1922) S. 19.
[88] TIETJENS, 0.: Beiträge zur Entstehung der Turbulenz. Diss. Göttingen 1922
und ZAMM Bd.5 (1925) S.200-217.
[89] TOLLMIEN, W.: über die Entstehung der Turbulenz. 1. Mitteilung. Nachr.
Ges. Wiss. Göttingen, Math.·Phys. Klasse, S.21-44 (1929).
[90] SCHLICHTING, H.: Amplitudenverteilung und Energiebilanz der kleinen
Störungen bei der Plattenströmung. Nachr. Ges. Wiss. Göttingen, Math.·
Phys. Klasse, Fachgruppe I, Bd. 1 (1935) S.47-78.
[91] SCHLICHTING, H.: Zur Entstehung der Turbulenz bei der Plattenströmung.
Nachr. Ges. Wies. Göttingen, Math.·Phys. Klasse, S. 182-208 (1933); vgl.
auch ZAMM Bd.13 (1933) S.I71-174.
[92] DRYDEN, H. L.: Some re cent contributions to the study of transition and
turbulent boundary layers (Paper presented at the Sixth Intern. Congress for
Appl. Mech. Paris (1946), vgl. auch [4] und NACA Techn. Note 1168 (1947).
[93] SCHUBAUER, G. B., U. H. K. SKRAMSTAD: Laminar boundary layer oscilla·
tions and stability of laminar flow. J. Aeron. Sei. Bd. 14 (1947) S. 69-77;
vgl. auch NACA Rep. Nr.909 (1948).
[94] SCHLICHTING, H., U. A. ULRICH: Zur Berechnung des Umschlages laminar-
turbulent. Jb. dtsch. Luftfahrtforsch. Bd. 1 (1942) S. 8-35, ausführlicher
im Bericht S 10 der Lilienthal·Ges. (1940) S.75-135.
[96] BUSSMANN, K., U. A. ULRICH: Systematische Untersuchungen über den Ein-
fluß der Profilform auf die, Lage des Umschlagpunktes. Vorabdruck Jb. 1943
dtsch. Luftfahrtforsch. in Techn. Berichte Bd. 10, H. 9 (1943) I A 010,
S.I-19.
[96] SILVERSTEIN, A., U. J. V. BECKER: Determination of boundary layer transi-
tion on three symmetrical airfoils in the NACA full-scale wind tunnel. NACA
Techn. Rep. Nr.637 (1938).
[97] LEES, L., U. C. C. LIN: Investigation on the stability of the laminar boun-
dary layer in a compressible fluid. NACA Techn. Note 1115 (1946).
[98] LEES, L.: The stability of the laminar boundary layer in a compressible flow.
NACA Rep. 876 (1947).
[99] SCHLICHTING, H.: Entstehung der Turbulenz. Beitrag zum Handbuch der
Physik, Bd.8, erscheint demnächst im Springer-Verlag, BerlinjGöttingenj
Heidelberg.
[ 100] SCHERBARTH, K.: Grenzschichtmessungen hinter einer punktförmigen Störung
in laminarer Strömung. Jb. dtsch. Luftfahrtforsch. Bd.l (1942) S.51-53.
Teil B

Aerodynamik des Tragflügels


V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels
5.1 Geometrie des Tragflügels
5.11 Allgemeine Angaben
Den Tragflügel eines Flugzeuges kann man als einen flachen Körper
beschreiben, bei dem die eine Dimension (Dicke) im Vergleich zu den
beiden anderen Dimensionen (Spannweite und Tiefe) sehr klein ist. Im
allgemeinen hat der Tragflügel
eine Symmetrieebene, die mit 11
der Symmetrieebene des Flug-
zeuges zusammenfällt. Die geo-
metrische Form des Tragflügels
ist im wesentlichen bestimmt
durch den Grundriß (Zuspitzung,
Pfeilung), das Flügelprofil (Dicke, a
Wölbung), die Verwindung und x
die Neigung der linken und rech-
ten Flügelhälfte gegeneinander
(V-Stellung), vgl. Abb. 5.1. Es
werden im folgenden die wich-
tigsten geometrischen Parameter
b~.J
des Flügels besprochen, die für
die aerodynamischen Eigenschaf-
ten eines Tragflügels von Be-
deutung sind. C ZL~_
~ ~
Zur Beschreibung der Geo- ~ ;
metrie des Flügels wird ein flügel- Abb. 5.1. Erläuterungsskizze zur Flügelgeometrie
festes Koordinatensystem nach a) Grundriß, x, v-Ebene,
b) V-Stellung, y, z-Ebene,
Abb. 5.1 zugrunde gelegt mit: c) Profilierung, Verwindung, x, z-Ebene

x-Achse: Flügel-Längsachse, nach hinten positiv,


y-Achse: Flügel- Querachse, in Flugrichtung gesehen, nach rechts positiv, senk-
recht zur Flügelsymmetrieebene,
z-Achse: Flügel-Hochachse, nach oben positiv.
Es ist zweckmäßig, die Lage des Koordinatenanfangspunktes den
jeweiligen Bedürfnissen von Fall zu Fall anzupassen. Oft empfiehlt
328 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

es sich, ihn in die Vorderkante des Flügelinnenschnittes (Abb.5.1)


oder in den geometrischen Neutralpunkt (s. später) zu legen. Beim
Flügel unendlicher Spannweite wird der Koordinatenanfangspunkt
meist in der Profilvorderkante,
y zuweilen auch in der Profil-
mitte angenommen. Es wer-
den der Flügelgrundriß in der
x, y-Ebene,die Verwindungso-
wie das Profil in der x, z-Ebene
und die V-Stellung in der
y, z-Ebene gemessen.

5.12 Flügelgrundriß
x
a Die größte Erstreckung in
~--------b=2s--------~
Richtung der Querachse
(y-Achse) heißt die Flügel-
y 8pannweite; sie wird mit b = 28
bezeichnet, wobei 8 die Halb-
spannweite bedeutet. Häufig
werden die Koordinaten mit
.....
.~
der Halbspannweite 8 dimen-
sionslos gemacht und dafür
die Abkürzungen

c=":'"
8

(5,1)
X
b
eingeführt.
f-----------b=2s ------1
Die Erstreckung in Rich-
tung der Längsachse (x-Achse)
wird durch die von der Quer-
koordinate y abhängige Flü-
geltiete l(y) beschrieben. Die
Flügeltiefe des Flügelinnen-
schnittes (y = 0) werde mit li
und diejenige des Flügelaußen-
schnittes (y = =f 8) mit la be-
x zeichnet. In Abb. 5.2 sind für
c
~--------b=2s-------~ trapezförmigen, dreieckigen
Abb. 5.2. Geometrische Bezeichnungen bei Flügeln
und elliptischen Grundriß
verschiedenen Grundrisses, vgl. hierzu Tab. 5.1. die geometrischen Größen er-
a) Gepfeilter Trapezflügel, b) Dreieckflügel,
c) Ellipsenflügel läutert.
5.1 Geometrie des Tragflügels 329
Für einen FI'iigel mit trapezförmigem Grundriß, Abb. 5.2a, ist ein
wichtiger geometrischer Parameter die Flügelzuspitzung, welche durch
das Verhältnis der Flügeltiefen außen und innen zu
Ä= ~
Z,
(5,2)
gegeben ist. Ein Sonderfall des Trapezflügels ist der Dreieckflügel
(auch Delta-Flügel genannt) mit la = 0, d. h. Ä = 0, Abb.5.2b.
Unter der Flügelfläche F (Bezugsfläche ) soll die Projektion des
Flügels auf die x, y-Ebene verstanden werden. Bei nicht konstanter
Flügeltiefe ergibt sie sich durch Integration der Flügeltiefenverteilung
l(y) über die Spannweite b = 2s zu:

J
8

F = l(y)dy. (5,3)
-8

Aus der Spannweite b und der Flügelfläche F ergibt sich das Seiten-
verhältnis (Streckung)
(5,4)

Das Seitenverhältnis ist ein Maß für die Schlankheit des Flügels in
Spannweitenrichtung. Bei einem Flügel mit konstanter Tiefe (Recht-
eck) ist wegen F = b l:
A-~
-Z (Rechteck). (5,4a)

Aus der Flügelfläche und der Spannweite läßt sich weiterhin eine
mittlere Flügeltiefe
(5,5)

definieren. Damit kann man für das Seitenverhältnis auch schreiben:


b
A=z:-. (5,6)

AIs Bezugsflügeltiefe, insbesondere zur Einführung dimensionsloser


aerodynamischer Beiwerte, wird die Größe

J
8

ll' = ~ l2(y)dy (5,7)


-8

benutzt. Es ist das Verhältnis ll./lm ;;;;; l.


Unter der Pfeilung eines Flügels versteht man die Verschiebung
der einzelnen Flügelschnitte gegeneinander in Längsrichtung (x-Rich-
tung). Stellt x(y) die Lage einer im Flügelgrundriß definierten Linie
dar, dann gilt für den örtlichen Pfeilwinkel dieser Linie:
dx(y)
tgrp(y) = - - - . (5,8)
dy
330 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Bezeichnet x(y) die Verbindungslinie von Punkten gleicher prozen-


tualer Rücklage von der Vorderkante des jeweiligen Schnittes y aus,
dann wird dieses durch Angabe der Prozentzahl als Index an den
Wert x gekennzeichnet. Für die Lage der Einviertelpunktlinie wird
danach X25 (y) geschrieben. Für die Pfeilung der Einviertelpunktlinie
wird dX2S(Y) )
tgtp25(y ) = tgtp(y ) = dy . (5,9

Der Einfachheit halber wird beim Pfeilwinkel der Einviertelpunkt-


linie der Index fortgelassen.
Den seitlichen Abstand des Flächenschwerpunkte8 einer Flügel-
hälfte von der Symmetrieebene errechnet man zu:

J
8

Ys =; l(y) ydy. (5,10)


o
Für den trapezförmigen Grundriß ist, wie man leicht nachweist, die
Bezugstiefe ll' gleich der örtlichen Flügeltiefe am Ort des Flächen-
schwerpunktes einer Flügelhälfte : ll' = l(ys)' Abb. 5.2a und b.
Geometrischer Neutralpunkt. Für aerodynamische Betrachtungen
spielt weiter der geometri8che Neutralpunkt eine besondere Rolle. Seine
Koordinaten sind gegeben durch:

(5,11)
-8

Der geometrische Neutralpunkt kann anschaulich gedeutet werden als


der Schwerpunkt der gesamten Flügelfläche, falls diese auf der Ein-
viertel punktlinie mit einer Gewichtsverteilung belegt ist, die der ört-
lichen Flügeltiefe proportional ist. Hat der Flügel eine gepfeilte gerade
Einviertelpunktlinie, dann folgt aus GI. (5,11):
(5,12)
Hierin bedeutet X25 (0) die Lage des Einviertelpunktes des Innen-
schnittes y = O. Die Rücklage des geometrischen Neutralpunktes eines
Flügels mit gepfeilter gerader Einviertelpunktlinie ist hiernach gleich
der Rücklage des Einviertelpunktes des Flügelschnittes im Flächen-
schwerpunkt einer Flügelhälfte. Da für den Trapezflügel die Flügel-
tiefe im Schwerpunkt einer Flügelhälfte gleich der Bezugstiefe ll' ist,
liegt für diesen Flügel der geometrische Neutralpunkt im (ll'/4)-Punkt,
vgI. Abb. 5.2a, b. In Tab. 5.1 sind die bisher besprochenen Größen
für Flügel mit trapezförmigem und elliptischem Grundriß zusammen-
gestellt.
Deltaflügel. Von besonderer Bedeutung ist noch der Deltaflügel, der
ein Dreieckflügel mit gerader Hinterkante ist, Abb. 5.2b. Für die
Tabelle 5.1. Geometrische Flügeldaten für Flügel mit trapezförmigern und elliptischem Grundr"iß; vgl. Abb. 5.2
..1 = 1.lr, = Zuspitzung; rp = Pfeilwinkel der Einviertelpunktlinie

Rechteck Trapez Dreieck Ellipse


(J. = 1) (,!= 0)

Flügeltiefe ................ . 1 1 - (1 - ..1) 1) 1-1) VI -1)2


li
?'
......
FlügeHläche. , ............. . F bl 1 ..1 b I·
+ ~ b l· ~ b l,
-2-' 2' 4 Q
(1)
----------1- 1------- --- +- 2 b b ---
4 -
b --
b ~
Seitenverhältnis ........... . A --- 2- 1 ci-
T 1+..1 li Z, n, ....
~.

1m ~
UJ
Mittlere Flügeltiefe ........ . 1 1 + ..1 ~ ~~ = 0,785
T -2- 2 4
----- ~
()Q
lf.l
1- -----1 2 1+..1+;1,2 ~ ~=0,848 ......
T 1
3" 1 3 3n
a:
()Q
(1)
+ ..1
Bezugsflügeltiefe .......... . i'j;"
4 1 + ..1 + ..1 2 4 32
JE.. I 3n 2 = 1,08
1m :I -(C+A)2 :I
------------- ---I --1-----
ys 1 1+2..1 1 4
Flächenschwerpunktlage . . . . . 1) s = ----; 2 3;t=0,424
:li+.f" 3
. - - - - " - - - - - - - .--- 1---1-----
X N25 I A 1 A 1 A
Neutralpunktlage . .. . ..... -1-,- 4 +4 tg rp -~ --L ~ (1 + 2..1) tg rp
4 ' 12 4 + T2 t grp 4+T t grp
w
w
>-'
332 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

geometrischen Größen dieses Flügels ergeben sich besonders einfache


Formeln. Zwischen dem Seitenverhältnis, der mittleren Flügeltiefe und
dem Pfeilwinkel der Einviertelpunktlinie bestehen die Beziehungen:

A = ~ = 2 ~ = _3_. (5,13)
1m 1i tg rp
Die Lage des Neutralpunktes, gemessen von der Vorderkante des
Flügelinnenschnittes aus, er-
y hält man zu
(5,14)

Flügelklappen. Eine weitere


im Flügelgrundriß festgelegte
geometrische Größe ist die
Klappen- bzw. Rudertiefe
lk (y). Abb. 5.3. Unter dem
Klappentietenverhältnis wird
der Quotient aus Klappen-
tiefe und Flügeltiefe ver-
standen:
A lk(Y)
(5,15)
k = T(il)'

a der im allgemeinen von der


I

.;t-~
I
:
Spannweitenerstreckung yab-
:t t I
I hängt. Die Lage des Klappen-
I
I drehpunktes wird mit Xk (y)

lft1
bezeichnet. über die sonstigen
bei Flügelklappen noch wich-

J J.
tigen geometrischen Größen
wird in Kap. XII berichtet
werden.
b 1]-
Abb. 5.3. Geometrische Bezeichnungen eines Flügels 5.13 Flügelprofil
mit Klappen. a) Lage der Klappendrehachse xk (y),
Unter dem Flügelprofil
b) Klappentiefenverhältnis .lk = lk/l in Abhängig-
keit von der Spannweitenkoordinate '1 = y/s.
verstehen wir den Schnitt
durch den Tragflügel senk-
recht zur y-Achse. Das Profil liegt also in der x, z-Ebene und hängt
im allgemeinsten Fall noch von der Spannweitenkoordinate y ab.
Die Geometrie eines Flügelprofils läßt sich nach Abb.5.4a dadurch
beschreiben, daß man die Verbindungslinie dereinbeschriebenen Kreise
als Mittellinie oder Skelettlinie und die Verbindungslinie vom vorder-
sten und hintersten Punkt der Skelettlinie als Sehne einführt. Die längs
der Sehne gemessene größte Erstreckung des Profils heißt die Flügel-
5.1 Geometrie des Tragflügels 333
oder Profiltiefe l. Den größten Durchmesser der einbeschriebenen Kreise
bezeichnet man als Profildicke d, Abb. 5.4 b, und die größte Erhebung
der Skelettlinie über der Sehne als Wölbungshöhe f, Abb.5.4c. Die
Lage der größten Dicke und der größten Wölbungshöhe "ist durch die
Abstände Xd (Dickenrücklage) bzw. xI (Wölbungsrücklage) gegeben. Den
Radius des durch die Profilvorderkante gehenden Innenkreises nennt
man Nasenradius rN; er ist meist mit der Dicke gekoppelt. Schließlich
stellt auch der Hinterkantenwinkel2-r, Abb. 5.4 b, eine wichtige Größe
dar. Aus den genannten Größen lassen sich die folgenden sechs dimen-
sionslosen geometrischen
z
Profilparameter bilden: Ske/etf/inie

Td relative Dicke (Dicken-

+ verhältnis),
relative Wölbung (Wöl-
bungsverhältnis) ,
a

~d relative Dickenrücklage,

~I relative Wölbungsrück-
lage,
rN reI
-l- '
atlver N asenrad'!Us,

2, Hinterkantenwinkel.

Zur vollständigen Be-


schreibung eines Profils
müssen die Profilkoordi-
naten der Ober- und Un- •
:c
terseite, zo(x) und zu(x),
als Funktionen von x
bekannt sein. Abb. 5.4. Geometrische Bezeichnungen bei TragflügeJ-
Man kann sich ein profilen.Jung), a) Gesamtprofil, b) ProfiItropfen (Dickenvertei-
c) SkeJettlinie (WöJbungsverteilung)
Profil entstanden denken
aus einer Skelettlinie Z(8) (x), der eine Dickenverteilung (Profil-
tropfen) z(t) (x) überlagert wird. Bei mäßig dicken und mäßig gewölbten
Profilen gilt: zO,u(x) = Z(8) (x) ± z(t)(x). (5,16)
Das positive Vorzeichen gilt für die Profiloberseite, das negative Vor-
zeichen entsprechend für die Unterseite.

I
Aus GI. (5,16) folgt sofort die Beziehung für die Skelettlinie und
den Profiltropfen zu:
z(s) (x) = 1
2 [zo(x) + zu(x)],
1 (5,17)
z(t) (x) = 2 [zo(x) - Zu (x)].
334 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Für die folgenden Betrachtungen führen wir die dimensionslosen


Koordinaten
z
und Z=T (5,18)

ein. Der Koordinatenanfangspunkt X = 0 befindet sich dabei in der


Profilvorderkante.
Aus der großen Zahl der bisher entwickelten Profile möge im fol-
genden nur eine kleine Auswahl besprochen werden. Nähere Angaben
findet man in dem Buch "Aerodynamische Profile" von F. RIEGELS [1].
Göttinger Profilsystematik. Die ersten systematischen Profilunter-
suchungen wurden in den Jahren 1923 bis 1927 in der Aerodynamischen
Versuchsanstalt Göttingen an etwa 30 JOURowsKy-Profilen durch-
geführt [2]. Die JouKOWsKy-Profile sind eine zweiparametrige Profil-
familie, die durch das Dickenverhältnis d/l und das Wölbungsverhältnis
t/l gekennzeichnet sind, vgl. Kap. 2.565 und 6.24. Die Skelettlinie
ist ein Kreisbogen, der Hinterkantenwinkel ist Null (die Profile haben
also eine sehr scharfe Hinterkante ). Die Göttinger Untersuchungen
wurden in erster Linie durchgeführt, um Theorie und Experiment gut
miteinander vergleichen zu können. Für die praktische Anwendung
eignen sich die JouKOwsKy-Profile wegen des technisch schwer aus-
führbaren sehr schlanken Hinterteils jedoch nicht besonders.
Weitere in Göttingen untersuchte Profile gehören keiner geschlosse-
nen Systematik an, da es sich bei den Untersuchungen in den meisten
Fällen um Industrieaufträge handelte.
NACA-Profilsystematik. Die bedeutendste und umfangreichste
Profilsystematik wurde, beginnend im Jahre 1933, in USA in der staat-
lichen NACA-Forschungsanstalt entwickelP. Da diese Systematik
mehr auf die praktischen Bedürfnisse zugeschnitten war, setzte sie
sich sehr bald in vielen Ländern durch. Im Laufe der Zeit wurde die
ursprüngliche NACA-Systematik weiter ausgebaut.
Vierzittrige NAOA-Profile (NACA-Rep. Nr. 460, [3]; 492, [4]). Bei
dieser ersten NACA-Systematik wurde neben der Dicke d/l und der
Wölbung t/l als neuer Parameter noch die Wölbungsrücklage xtll ein-
geführt. Abb. 5.5 gibt eine Übersicht dieser Profilsystematik. Die vier-
ziffrige Numerierung kennzeichnet die Profilgeometrie folgendermaßen:
1. Ziffer: Wölbung in Prozenten der Profiltiefe.
2. Ziffer: Wölbungsrücklage in Zehnteln der Profiltiefe .
3. und 4. Ziffer: Dicke in Prozenten der ProfiJtiefe.
Die Dickenrücklage beträgt für alle Profile xd!l = 0,30.
1 NACA = National Advisory Commitee for Aeronautics.
5.1 Geometrie des Tragflügels 335

NACA 6321 W~:~SA~


~
f:{ /Sehne -.--....c.

-:r:,----I
I

1 A"nderung 2 A"nderung J lnderung


der Profi/diene d der Profi/wölbung f der Wolbungs-Riiek/age xf

symm. Profil; f/l:O d/l:0,15; :r:,/Z:o,5 d/Z:0,13 r/z:o,o~

0006 ~-

0015 -E:"""-.~ ~212 C ---........


0009 ~.
----
2515 ~ ~312 ...c=;;. ~

0012 ~.~
q515 ~ V513 c::::=:------
0015 ~
6515 C=--:-> V713 c: -:?"-b
0021 ~
f/l:0,06; X,/1:0,5 d/Z: 0, 12, (&,/Z:0,7 d/I:0,12, f/l:0,02

6506 ~
0012 ~-~ 2212 -c=::=::-----
--
6509 ~
2712 ~ 2312 c= -
6513 C. ---....,
n12 ~ 2512 ~
6515 G --.........
6712 ~ 3712 ~
6521 ~
Abb.5.5. Erste (vierziffrige) NACA-Profilsystematik, 1933, [3]
Beispiel: Profil NACA 6321
Wölbung: f/l = 0,06
Wölbungsrücklage : x,11 = 0,30
Dicke: dll = 0,21
Dickenrücklage : Xdl1 = 0,30 (konstant für die ganze Systematik)
336 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Profiltropfen. Der analytische Ausdruck für den Profiltropfen

f
(Dicken verteilung) lautet:
Z(t) = ~ (a o-Vx + anxn) (5,19)
mit
a o = 1,4845; a1 = - 0,6300; a2 = -1,7580; }
(5,20)
aa = + 1,4215; a 4 = - 0,5075.
Die Profilordinaten ändern sich affin mit dem Dickenverhältnis. In
GI. (5,19) bestimmt der Koeffizient ao den Nasenradius. Der Nasen-

r; = 1,1 ( ~ r.
radius ist mit dem Dickenverhältnis gekoppelt durch die Beziehung
(5,21)
Man bezeichnet diesen Wert auch als "normalen NACA-Nasenradius".
In Abb. 5.6a ist der Profiltropfen dieser Systematik dargestellt.
Skelettlinie. Die Skelettlinien werden aus zwei am Ort der größten
Wölbung ohne Knick zusammengesetzten Parabelbögen gebildet. Ihre
analytischen Ausdrücke lauten:

Z(S)=+[I-(XI~XrJ O~X~Xt,

n
für

Z(s) = +[ 1 - ( ~ -=- ~' für Xt ~ X ~ 1.


(5,22)

Skeleff

z,,~
:f

b E-+-·~Xd=o,3

E+~63- ~a=o
-L a063
l '

E+~6~- ~I a=o,a
t=o,068

E-+~65-

E-+~ 66- r: t=~ 0,055 '


a=1.0
'
Abb. 5.6. Die Geometrie der wichtigsten NACA·Profile. a) vierziffrige Profile,
b) fünfziffrige Profile, c) 6·Serie-Profile
5.1 Geometrie des Tragflügels 337

In Abb. 5.6a ist auch die Skelettlinie dargestellt. Mit Ausnahme der
Skelettlinie für X f = xf/l = 0,5 haben alle Skelettlinien am Ort der
größten Wölbung einen Krümmungssprung.
Filnfziffrige NACA-Profile (NACA-Rep. Nr. 537, [5] und Nr. 610,
[6J). Der Profiltropfen ist derselbe wie bei den vierziffrigen NACA-
Profilen, während die Wölbungsrücklage wesentlich kleiner ist. Es wird
unterschieden in Skelettlinien ohne und mit Wendepunkt.
1. Ziffer: Diese Ziffer ist ein Maß für die Wölbungshöhe, vgl.
Tab. 5.2.
2. Ziffer: Doppelter Wert der Wölbungsrücklage in Zehnteln der
Profiltiefe.
3. Ziffer: Weist auf die Form der Skelettlinie hin. = ohne Wende- °
punkt, 1 = mit Wendepunkt.
4. und 5. Ziffer: Dicke in Prozenten der Profiltiefe.

Die Skelettlinien ohne Wendepunkt werden im vorderen Bereich


des Profils aus einer Parabel dritten Grades und im hinteren Bereich
aus einer Geraden zusammengesetzt, die an einer Stelle X = mohne
Krümmungssprung an den Parabelbogen angeschlossen wird, Abb. 5.6 b.
Es gelten die Beziehungen:

Z(s)
k
= -6[m 3 (1 - X) - (m - X)3J für o;;;;X ;;;;m, I (5,23)
für m;;;;X;;;;l./
Zwischen der Wölbungshöhe, der Wölbungsrücklage und den Para-
metern kund m bestehen die Zusammenhänge:

Ll = ~6 m3 (1 - m+ ~3 mVm3) '
(5,24)
Xf = ~I =m(l-V~); (X f < m;;;; 1).
Tabelle 5.2. Wölbung8höhe und -rücklage" 80wie der Pammeier m der tünfziffrigen
N AGA -Profile

2. + 3. Ziffer 10 I 20 I 30 I 40 I 50

0,05 0,10 I 0,15 I 0,20 I 0,25


___~ 0,0580
_ _ _ _ _ _ I ____m 0,1260 0,2025 0,2900 I 0,3910

2 1,11 1,53 1,84 2,08 I 2,26


3 2,3 2,8 3,1
1. Ziffer 1001.
4 1 3,1 4,2
6 4,6 6,2
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 22
338 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

NAGA-6-Profile (NACA-Rep. Nr.824, [7]). Die Profiltropfen und


die Skelettlinien der NACA-6-Serie sind nach rein aerodynamischen
Gesichtspunkten entwickelt worden. Vorgegeben wurden die Geschwin-
digkeitsverteilungen auf der Ober- und der Unterseite des Profils, wobei
die Lage des Geschwindigkeitsmaximums in weiten Grenzen geändert
wurde. Die zweite Ziffer gibt die Lage des Geschwindigkeitsmaximums
in Zehnteln der Profiltiefe an. Die Dickenrücklage Xd/l liegt zwischen
0,35 und 0,45, Abb.5.6c.
Die normale Skelettlinie ist so berechnet worden, daß auf der Ober-
und Unterseite jeweils konstante Geschwindigkeitsverteilungen herr-
schen. Hierfür gilt:
Z(8) = -ln 2[(1 - X)ln(1 - X) + XlnXJ +. (5,25)
Wird eine andere Geschwindigkeitsverteilung zur Berechnung der
Skelettlinie zugrunde gelegt, die im vorderen Profil bereich ~ X ~ a
konstant ist und im hinteren Bereich a::::;: X < 1 linear auf den Wert Null
°
abfällt, so wird dieses durch die Angabe des, Wertes a besonders ge-
kennzeichnet. Einige zur 6-Serie gehörende Skelettlinien sind in
Abb. 5.6c dargestellt.
Erweiterte Parabelprofile. Ein besonders einfacher analytischer
Ausdruck für einen Profiltropfen oder eine Skelettlinie ist durch eine
Parabel Z = aX (I - X) gegeben. Im einzelnen gilt für das Parabel-
zweieck (bikonvexes Profil) bzw. das Parabelskelett:
Z(t)(X) = 2 ~ X(l - X), (5,26)

Z(8)(X) = 4+X(l - X). (5,27)

Es bedeuten d die Dicke des Tropfens und f die Wölbung, die an der
Stelle X = 1/2 gelegen sind, Abb. 5.7 a. Profile von diesem Typus mit
scharfer Vorder- und Hinterkante sind besonders für Überschall-
geschwindigkeit von Bedeutung.
Durch Hinzufügen einer linearen Funktion 1 + bX im Zähler oder
im Nenner erhält man die sogenannten erweiterten Parabelprofile.
Nach [8J ergibt sich für diese:
Z(X) = X(1 - X)
a 1 + bX . (5,28)

I
Für verschiedene Werte von b ergeben sich hieraus wendepunktfreie
Profile mit verschiedener Dickenrücklage X d bzw. Wölbungsrück-
lage X j • Die Konstanten a und b bestimmen sich zu

Tropfen: a = 2X~
1 T;
d b = 1 - X;2Xd ,
(5,29)
Skelett: a- _1_.L. b= 1 - 2X,
-X; l' X~
5.1 Geometrie des Tragflügels 339

In Abb.5.7b sind der Tropfen und das Skelett für X a = 0,2 und
X t = 0,2 angegeben.
Nach [9] wird gesetzt:
Z (X) = aX (1 - X) (1 + bX). (5,30)
Tropfen SkeleH
--

a ~.~ b·a ~ b-a

b
C !._-~ Xe-aB ~ Xf-o,B

~-!-=:::> I
b--1 ~, b--1
c;

<c+.~ b·-f
~ b=-2
b·-f;-2

d
t=J~ m-f ~I m-t
Abb. 5.7. Erweiterte Parabelprofile. a) Einfaches Parabelprofil, b) erweitertes Parabelprofil
nach GI. (5,28), c) erweitertes Parabelprofil nach GI. (5,30), d) erweitertes Parabelprofil
(Parabel 3. Grades + Gerade) vgl. GI. (5,24)

Im allgemeinen handelt es sich hierbei um Profile mit Wendepunkt, die


für einige Werte von b in Abb. 5.7c dargestellt sind.
Für die Skelettprofile bestehen zwischen der Größe b und der
Wölbungsrücklage X"~ der Lage des Wendepunktes X w und der Lage
des Punktes X o , wo Z das Vorzeichen ändert, die Zusammenhänge:
b = _ 1 - 2X, 1 1 (531)
X,(2 - 3 X,) 1 - 3Xw - Xo ' ,

Ausgehend von der Skelettlinie der fünfziffrigen NACA-Profile GI. (5,23),


lassen sich erweiterte Parabelprofile (Tropfen) auch noch dadurch ge-
winnen, daß man im vorderen Bereich eine Parabel dritten Grades und
im hinteren Bereich eine Gerade ansetzt. In Abb. 5.7 d sind für den
Wert m = 1(2 der Profiltropfen und für m = 1(4 die Skelettlinie dar-
gestellt.
5.14 Verwindung und V-Stellung
Um die Geometrie des ganzen Flügels zu beschreiben, sind außer
der Kenntnis des Flügelprofils an verschiedenen Stellen in Spann-
weitenrichtung Angaben erforderlich über die Lage der Profilschnitte
22*
340 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

zueinander. Die gegenseitige Verschiebung in der Längsrichtung wird


durch die Pfeilung, Kap. 5.12, und die Verschiebung in Richtung der
Hochachse durch die V-Stellung gegeben, während die Verdrehung der
Profile gegeneinander durch
1
2 die Verwindung festgelegt
I

i
wird.
I I Verwindung. Im folgenden
f·-·i·-·---------1---·
. I I
wird unter der geometrischen
Y Verwindung B (y) der Ein-
.
I
I
LI__ ------+--- I
stell winkel der Profilsehne
gegenüber der flügelfesten
x, y-Ebene verstanden, Ab-
bildung 5.8 1 . Aus aerodyna-
mischen Gründen ist die Ver-
Ix,z Ebenel windung des Flügels meistens
x /lense derart, daß der Einstellwinkel
.--L._._._
außen kleiner als innen ist. In
Abb. 5.9a, bist am Beispiel
Abb. 5.8. Zur Erläuterung der geometrischen eines verwundenen Pfeil-
Verwindung
flügels der Verlauf der Ein-
stellwinkelB über Spannweite
gezeigt. Die Verwindung des Flügelinnenschnittes sei B (0) = Bi' während
imAußenteil des Flügels 'Y)*;;;; 'Y) ~ 1 die konstante Verwindung B ('Y)) = Ba
vorhanden ist.
Eine weitere wichtige Größe ist die Verwindungsachse. Dieses ist
die Verbindungslinie der Durchstoßpunkte der Sehne mit der x, y-Ebene.
Ihre Lage sei durch xe(y) gegeben. In Abb. 5.9a fällt die Verwindungs-
achse mit der Einviertelpunktlinie zusammen, Xe = X25' Die genaue
Kenntnis der Lage der Verwindungsachse ist von Bedeutung bei der
Bestimmung der V-Stellung des Flügels, über die nachstehend berichtet
wird.
V-Stellung. Wie bereits gesagt wurde, gibt die V-Stellung die Nei-
gung der linken und rechten Flügelhälfte gegenüber der X, y-Ebene
an. Stellt Z(8) (x, y) die Koordinaten der Flügelskelettfläche dar, dann
erhält man die örtliche V-Stellung an einer Stelle x, y zu:
t ( ) ß z(S) (x, y)
gv x, y = ßy . (5,32)

Die partielle Differentiation ist bei konstant gehaltenem Wert x aus-


zuführen. Hat der Flügel Verwindung, so muß noch besonders fest-
1 Außer der geometrischen Verwindung gibt es eine aerodynamische Ver-
windung, die durch die aerodynamischen Profileigenschaften bestimmt wird,
vgl. Kap. VII.
5.1 Geometrie des Tragflügels 341

gelegt werden, an welcher Stelle x p (y) der Winkel v gemessen werden


soll. Auf weitere Einzelheiten der Bestimmung der örtlichen V-Stellung
wird hier verzichtet und auf [10] verwiesen.
In Abb. 5.9c ist der Verlauf des V-Stellungswinkels über Spannweite
für das oben bereits behandelte Beispiel des verwundenen Pfeilflügels
dargestellt. Dabei wird die aerodynamisch wirksame V-Stellung nach
H. MULTHOPP [10] im Dreiviertelpunkt x p = X75 gemessen. Es gilt:
1 de (y)
vp(Y) = f(Y) tgrp - "2l(y) ~. (5,33)

I
ryr
I ''\.
. '\
I . b o 0,3 o~ 06'1/ ae 1,0
1/-

~
."'. I !:
I:
i:
a r-- i:
-~
I i
'I
I
t
I i I t;/f
c 0 0,3 a~ a6 'r,.. 0,8 1.0 t
--~H;nferlwnle 1/-

Abb. 5.9. Zur Geometrie eines verwundenen Pfeilflügels. a) Die drei Ansichten, b) Verwin-
dungswinkelverlauf über Spannweite, c) Verlauf der örtlichen V-Stellung über Spannweite
nach GI. (5,33)

Die an Flugzeugen ausgeführten Verwindungswinkel (Einstellwinkel


in Flügelmitte gegenüber Einstellwinkel im Außenschnitt) sowie die
V-Stellungswinkel sind im allgemeinen klein und übersteigen selten
die Größenordnung von 10°.

5.15 Ausgeführte FlügeUormen


Um einen Begriff von den verschiedenen tatsächlich ausgeführten
Flügelformen zu erhalten, sind in den Abb.5.lOa bis c Zusammen-
stellungen der Flügelformen und deren Baugrößen für Verkehrsflugzeuge,
342 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Abb.5.lOa

NaSsfall Hersteller Erst· Flug.


, I I I
Baumuster
Land flug gäste
ZO 10 0 10m 30

~i~
Junkers
Ju 90 1936 40
D
--- ---

c!!!it!b DC·4
Skymaster
Douglas
USA
1938
--- ---
44

L·1049 G Super. Lockheed 48


~:~ Constellation USA
1949
--- ---
-
77

L·1649 A Super. Lockheed 62


:;J
..d
..,'rn" ~~ Star·Constellation USA
1956
---
93

"';::'"" Douglas
-62
P ~jtfb DC·7C
USA
1955
95
---
Bristol 50
~I~ Britannia
GB
1952
---
83

~J~
Lockheed 66
Elektra 1957 -
USA 85
---
De Havilland
4r~
DH106 36
1952 -
Comet 2 GB 48

~f~
DH106 De Havilland 58
I Comet4 GB
1956
76
---
"'"
~~ 1955 - 70
.~
,!:> Caravelle SNCASE
F
'"
C!) 90
1---
''"03"
I~
A~
..d
;:: Tu 104 USSR
:;J 170
..d
U1'" ---

A~
707·120 Boeing 109
1954 --
Stratoliner USA 125

Abb.5.10. Flüge]formen ausgeführter Flugzeuge in Abhängigkeit vom Jahr des Erstfluges


a) Langstreckenverkehrsflugzeuge,
b = Spannweite.
F = Flügelfläche,
A = Seitenverhältnis,
'1'. = Pfeilwinkel der Flügelvorderkante.
5.1 Geometrie des Tragflügels 343

I
b F A 'Pv Je t5 G/F Ma
(m) (m') (kg/m')
I
0,16
35,0 184 6,7 20° 0,26 130 0,33
0,12

35,8 135 9,5 5° 0,30 0,16 245 0,38

0,18
37,6 154 9,2 8° 0,42 -- 405 0,46
0,12

0,15
45,7 172 12,2 2° 0,39 -- 412 0,56
0,11

4° 0,16
38,9 152 10,0 0,34 -- 415 0,56
0,12

43,4 192 9,8 IP 0,27 0,14* 415 0,58

30,2 121 7,5 2° 0,40 0,14* 425 0,62


._------
0,12 *
35,1 187 6,6 26° 0,20 290 0,75
0,10

I 6,3 26° 0,21 0,12 * 0,8


35,1 197 350
0,10

34,3 147 8,0 24° 0,33 0,12 280 0,8

45° 0,14
36,5 174 7,7 0,29 315 0,8
38° 0,11

39,9 226 7,1 37° 0,32 0,105 495 0,9

* ungefährer Wert, aus nicht bestätigten Unterlagen ermittelt.


und von der mittleren Fluggeschwindigkeit (angegeben als MACHsche Zahl Ma) nach [11].
b) Bombenflugzeuge. c) Jagdflugzeuge.
A = 1./11 = Flügelzuspltzung,
.5 = dll = relative FlügeldIcke,
GIF ~ Flächenbelastung.
344 Y. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Abb.5.10b.

NaSs/ab
Baumuster Hersteller Erst-
Land
30 20 10 b 10 20m30 flug

~~ Lancaster A. Y. Roe i 1941


~______________ I_______ G_B_ _ _ I___
I_ _ _ _

1___~
___lltb
I

_____~I __ H-_e_17_7___ I__ H_el_~_k_el_-I~:


~ ~I~
B-29A Boeing 1942
Superfortress USA

B-36D Convair 1949


USA

B47B Boeing
Stratojet USA 1
1951
I

~jl~ !--T-y-P-6-7-4~!I---Y-iCk-e-rs--i
~~ Yaliant BI I GB I 1952
1--
1

I~-------I~- ---I

& Avro698
Yulcan BI
A. Y.Roe
GB
1952

AII~
~~--~I
I ~'Go:7
I
USSR,
1
1952

I-----------I-----I-----I-~-
I I I
B-52 B Boeing i 1953
Stratofortress USA

II
B58 Convair
Hustler USA 1956
I
5.1 Geometrie des Tragflügels 345

1
b F °IF Ma
.
1 1 A 1 rp.
(m) (m') (kg/m')

I--=-_
I 1 0° I I 1
31,2
121 8°_I 0,'0 1 _ 2 _ 5 _ 5__1-0-,4--

0° 0,38 0,17 I 290 0,5


31,4 1 100 ;,__9_,9_. 5°
_ _ __

I
1

0,43 1 ::::1_-39-5-1-0-,5-2-
43,1 162 11,5
0,18

70,1 443 I 11,1 0,23 I 0,18' 405 0,65


t I
i 1 I

35,4 130 9,6 1 0,<0 I 0,125' I 610 0,94

---l---l---I---~-~~,---_I-_-I---

34,8 1 212 1 5,7 ::: _ 1 0,22 I 0,13* I 285 0,95

- - ----1---- --~

30,2 290 52° 235 0,95

53,5 382
7,' 1 ~; I 0,17
420 0,95

56,4
1

I an
--I 1---1I 0,13.1
8,6 I 37" I 0,3,; 0,08 I 430 0,98

I
16,5 I 131 1
1
2,1 I I 0 I 0,04 460 1,8

* ungefährer Wert, aus nicht bestätigten Unterlagen ermittelt.


346 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Abb.5.lDe

l1aßsfab Hersteller
Baumuster Erstflug
Land
~ bm';
Messerschmitt 1941
Me 109F
D
Spitfire Vickers 1942
IX GB
He 162 Heinkel 1944
Volksjäger D

Mig15 USSR 1947

F-86D North American 1949


Sabre USA

A4D-l Douglas
Skyhawk USA
1954

Mystere Dassault
IVA F
1952

d~~
Hunter Hawker 1952
MK4 GB

~H~ F-I00A North American 1953

.
~l~
Super-Sabre USA
1----------------1

~ r~ F-102A Convair 1954

JJ.!.~
Delta Dagger USA

Saab 35 Saab 1955


Draken Schweden

English Electric
P-IA 1954
GB

F8Ul Chance Vought


Crusader USA 1955

F-104A Lockheed 1955


Starfighter USA
5.1 Geometrie des Tragflügels 347

I
b F A A Ma
(m) (m')
I
If'.
II Ö GIF
(kg/m')

9,9 I 16,1 6,1 3° 0,44 0,13* 170 0,55


I

11,2 0,2S 0,13


22,9 5,5 0° -- 160 0,55
0,11
4,6 0,12
7,2 11,2 0° 0,40 240 0,75
0,10

10,1 17,3 5,9 35° 0,63 0,11 295 0,9

11,3 25,4 5,0 38° 0,54 0,12 285 0,95


!

8,25 21,3 3,2 40° 0,18 0,06 310 0,95

11,1 31,5 3,9 41° 0,50 0,075 240 1,1

I
10,3 31,6 3,4 44° 0,42 0,085 270* 1,1

11,6 34,5 3,9 50° 0,25 0,06 350 1,25

11,6 66* 2,0 60° 0,04 0,04 240* 1,3

75° 0,02 0,06 210* 1,5


10* 43* 2,3*
55°

10,8 45* 2,6 60° 0,07 0,05 330* 1,6

48°
9,9 32* 3,0 0,29 0,05 310* 1,7
50°

6,7 17,2 2,6 24° 0,43 0,035 465 2,0


I
* ungefährer Wert, aus nicht bestätigten Unterlagen ermittelt.
348 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

0 i', a
Bombenflugzeuge und Jagd-
",, flugzeuge wiedergege ben
5 -+ , (Stand 1957) [U]. Dabei kom-
+-.: ~" \ men sowohl gerade Flügel,
,,).~
++":f \ gepfeilte Flügel als auch Drei-
0 eckflügel vor.

~" --..,
Als wesentliche geometri-
sche Daten, über die bereits
" r- berichtet wurde, sind anzu-
sehen: das Seitenverhältnis
o QS 1,0 1,5 2,0 2,5 A = b2/F, die Pfeilung der
Nachzahl Na -
'75 0 Flügelvorderkante cp" und das
b
Profildickenverhältnis b= dll.
I-... Für jedes Flugzeug sind auch

o(
60
0

\ die Flächenbelastung GIF


(G =Fluggewicht,F = Flügel-
"' fläche) sowie die Flug-MAcH-
0

0
I

I
I .I +'"
+ I

\
\
Zahl Ma= Via angegeben. In
Abb.5.11 sind die drei be-
sprochenen geometrischen
+ : / Daten über der Flug-MAcH-
0
15 Zahl dargestellt. Dabei zeigt

-;1.
+
e+ I sich für alle Größen eine
-+t+
! eindeutige Entwicklungsrich-
o Q5 1,0 1,5 2,0 2,5
!1achzahl Na - tung:
~'---j-_~.-~,---,----~---r---c' Das Profildickenverhältnis
nimmt niit steigender MACH-

-t-
10 "' ++ '
Verkehrsflugzeuge Zahl stark ab und erreicht
t
_._+
~ ! -rjlei -"
h \' '.
--- Bombenflugzeuge 0
bei Überschalljägern bereits
.,,? 8 :Jagdflugzeuge
Werte bis zu dll = 0,04. Der
~
"t: 6
~
. 'l!
.\~
Pfeilwinkel ist bei kleinen
MAcH-Zahlen zunächst nahe-
~
~ g t-----t----"'!.k<.-----+---i-----j zu Null, steigt bei hohen
Unterschallgeschwindigkeiten
2, I---+---,--~
stark an und erreicht bei der
MAcHschen Zahl Ma""" 1,5
einen Größtwert mit cpv = 60 0 •
o QS 1,0 1,S 3,5
!1achzahl Na - Für noch größere MAcH-Zah-
len nimmt der Pfeilwinkel
Abb.5.11. Die wichtigsten geometrischen Flügel- wieder stark ab. Die Seiten-
dat.en ausgeführter Flugzeuge in Abhängigkeit von
der MACH-Zahl bei der Entwicklung vom Unterschall- verhältnisse sind im Unter-
zum überschallflugzeug (nach [11]). a) Profildioken-
verhältnis d/l, b) Pfeilwinkel der Flüge]vorder-
schallbereich für Langstrek-
kante f{Jv' c) Seiten verhältnis A kenflugzeuge besonders groß.
5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel 349

Nach Überschreiten der Schallgeschwindigkeit ist kein aerodynamischer


Vorteil des großen Seitenverhältnisses mehr vorhanden, so daß man
in diesem Bereich auch aus baulichen Gründen zu sehr kleinen Seiten-
verhältnissen bis herunter zu A = 2 gelangt.

5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel


5.21 Auftrieb, Widerstand und Gleitzahl
In den Kap. VI bis VIII wollen wir uns eingehend mit der Aero-
dynamik des Tragflügels beschäftigen. Im vorliegenden Abschnitt sollen
horizontal
e

Fllfgbahn

Abb.5.12. Zur Erläuterung des Gleitwinkels e

zunächst einige Grundbegriffe erläutert werden, die für das Verständnis


der folgenden Kapitel wichtig sind.
Bewegt man ein Flugzeug mit konstanter Geschwindigkeit, so erfährt
dieses eine resultierende Luftkraft R, Abb. 5.12. Die Komponente dieser
Kraft in Anströmungsrichtung ist der Widerstand W, die Komponente
senkrecht dazu der Auftrieb A. Die Neigung der Resultierenden R zur
Anströmungsrichtung und damit das Verhältnis von Auftrieb zu Wider-
stand hängen im wesentlichen ab von der geometrischen Form des Trag-
flügels und der Anströmungsrichtung. Ein großer Wert dieses Verhält-
nisses AjW ist flugmechanisch erwünscht. Es kann nämlich A/W als
eine Gütezahl des Flugzeuges angesehen werden. Diese hat eine an-
schauliche Bedeutung für den motorlosen Flug (Segelflug), wie aus
Abb. 5.12 ersichtlich ist. Für den stationären Gleitflug eines motorlosen
Flugzeuges muß die resultierende Luftkraft R entgegengesetzt gleich
dem Gewicht G sein. Damit ergibt sich nach Abb. 5.12 für den Gleit-
winkel s die Beziehung
W
tgs = T. (5,34)
350 v. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Der kleinste Gleitwinkel emin ist besonders bei Segelflugzeugen


eine sehr wichtige flugmechanische Leistungsgröße.
Ein Tragflügel ist gegenüber anderen Körperformen dadurch aus-
gezeichnet, daß für ihn das Verhältnis von Auftrieb und Widerstand
recht groß ist. Abb. 5.13a zeigt eine rechteckige Platte, die unter
einem bestimmten Anstellwinkel Cl gegen die Strömung angestellt ist.
Bei einem Rechteckflügel mit dem Seitenverhältnis A = bjl = 6 er-
geben sich hierfür etwa Werte von (AjW)max =6 bis 8.
Wesentlich größeren Auftrieb bei etwa gleichem Wider- A R
stand erhält man, wenn die Platte etwas gewölbt ist,

A R

.~ a
.~ b c
Abb. 5.13. Das Verhältnis von Auftrieb und Widerstand an einem Rechteckflügel vom Seiten-
verhältnis A = 6. a) Ebene Platte, b) gewölbte Platte, c) gewölbtes Profil

Abb. 5.13b. In diesem Falle sind Werte von (AjW)max = 10 bis 12


erreichbar. Noch günstigere Werte von AjW erreicht man bei Trag-
flügeln, die profiliert sind, Abb.5.13c. Dabei kommt es besonders
auf eine gute Abrundung der Vorderkante an, während das Profil
hinten möglichst in eine scharfe Kante auslaufen soll. Für einen
solchen Tragflügel werden Werte von (AIW)max = 25 und höher er-
reicht.

5.22 Sonstige Kräfte und Momente, Achsensysteme


Während sich bei symmetrischer Anströmung die resultierende Luft-
kraft aus den beiden Komponenten Auftrieb und Widerstand zusam-
mensetzt, läßt sich im allgemeinen Fall die Resultierende der Luftkraft
zerlegen in drei Kräfte und drei Momente. Diese insgesamt sechs Kom-
ponenten entsprechen den sechs Freiheitsgraden der Bewegung des
Flugzeuges. Für die Beschreibung dieser Kräfte und Momente führen
5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel 351

wir jetzt den flugmechanischen Bedürfnissen entsprechend zwei ver-


schiedene Achsensysteme ein, Abb. 5. 14 1 :
a) flugzeugfestes System: Xj, Yj, Zj
b) experimentelles System: Xe' Ye' Ze

Der Koordinatenursprung 0 beider Achsensysteme fällt zusammen


und liegt in der Flugzeugsymmetrieebene. Seine Lage in dieser Ebene
wird von Fall zu Fall verschieden gewählt. Für flugmechanische Betrach-
tungen wird der Ursprung meist im Schwerpunkt des ganzen Flugzeuges

/Yr=Ye

Abb.5.14. Flugmechanische Achsensysteme. Flugzengfestes System: xI' VI' z,.


Experimentelles System: x.' V.' z,. Anstellwinkel: IX, Schiebewinkel: ß

angenommen. Für die aerodynamischen Berechnungsverfahren jedoch


empfiehlt es sich, den Ursprung in einen durch die Geometrie des Flug-
zeuges festgelegten Punkt zu legen. Bei der Tragflügelaerodynamik
wählt man zweckmäßigerweise den in Kap. 5.12 definierten geometri-
schen Neutralpunkt des Flügels.
Das experimentelle Achsensystem xe' Ye' Ze hat mit dem flugzeug-
festen Achsensystem x,, Y/' Zt die Querachse Yt = Ye gemeinsam. Das
experimentelle System erhält man aus dem flugzeugfesten System
durch eine Drehung um die Querachse um den Winkel (X (Anstellwinkel),
Abb.5.14.
1 Die hier verwendeten Achsensysteme entsprechen der Festlegung nach dem
Normblatt DIN L 100. Zur Zeit ist ein neues Normblatt in Vorbereitung.
352 v. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Bei symmetrischer Anströmung des Flugzeuges ist der Anströmungs-


zustand außer durch den Geschwindigkeitsbetrag durch den Anstell-
winkel (X festgelegt. Bei unsymmetrischer Anströmung ist außerdem die
Angabe des Schiebewinkels ß erforderlich. Letzterer ist definiert als der
Winkel, den die Anströmungsrichtung mit der Flugzeugsymmetrieebene
bildet, Abb.5.14.
Für die Kräfte und Momente gilt im einzelnen:
a) flugzeugfestes System:
xrAchse: Tangentialkraft XI' Rollmoment LI
YrAchse: Seitenkraft Y I , Kippmoment MI
zrAchse: Normalkraft ZI, Giermoment NI
b) experimentelles System:
xe-Achse: Tangentialkraft X., Rollmoment L e
Ye-Achse: Seitenkraft Y e , Kippmoment M.
z.-Achse: Normalkraft Z., Giermoment Ne.
Die Vorzeichen der Kräfte und Momente sind aus Abb. 5.14 zu
ersehen.
Es ist gebräuchlich, außer den angegebenen Kräften und Momenten
den Auftrieb A und den Widerstand W zu benutzen. Diese stehen mit
den vorstehend genannten Kräften in folgendem Zusammenhang:
A = -Ze und W = -Xe (für ß= 0). (5,35)
Ferner ist wegen des Zusammenfallens der Querachsen Yj = Ye:
Y j = Ye und Mt = Me. (5,36)
Für die Umrechnung der Kräfte von dem einen in das andere Achsen-
system gelten die nachstehenden Formeln:
experimentell ---0>- tlugzeugtest:
X j = Xe cosoc - Ze sino:,
Zj = Ze COSO: + Xe sino:,
(5,37)
L j = L e coso: - Ne sino:,
Nt = Ne coso: + L e sin 0:,
tlugzeugtest ---0>- experimentell:
Xe = Xtcoso: +Ztsino:,
Ze = Zj COS 0: - X t sin 0:,
(5,38)
Le = LI coso: + Nt sino:,
Ne = Nt coso: - L t sino:.

5.23 Dimensionslose Beiwerte der Kräfte und Momente


Für die Darstellung von Meßerge bnissen und auch für theoretische
Rechnungen ist es zweckmäßig, für die im vorigen Abschnitt angegebe-
nen Kräfte und Momente dimensions lose Beiwerte, die sogenannten
5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel 353

aerodynamischen Beiwerte des Flugzeuges, einzuführen. Diese Beiwerte


werden bezogen auf die Flügelfläche F, die Halbspannweite s und die
Bezugsflügeltiefe 11-" vgl. Kap. 5.12, sowie auf den Staudruck q = (e/2) V2 ,
wobei V die Fluggeschwindigkeit (Anströmungsgeschwindigkeit) ist.
Im einzelnen gilt:
Auftrieb: A = cAFq,
Widerstand: W= cwFq,
Tangentialkraft : X = cxFq,
Seitenkraft : Y = cyFq,
(5,39)
Normalkraft: Z = czFq,
Rollmoment : L = cLFsq,
Kippmoment : M = cMF11-'q,
Giermoment : N = c.,Fsq.
Eine Messung, die die drei Beiwerte CA, Cw und CM in Abhängigkeit
vom Anstellwinkel C4liefert, bezeichnet man als Dreikomponentenmessung.
l,q 0,28

1,2 0,29
Re -3,7 110 6
/
/
~

1,0 0,20 I
/
cij I?w
V
0,8 0,16

aB /
1/
0,12

J Momenten-
~ o,q j

/ ~:,p=
0,08

Ol! o,M /
J...- /
/

0 0
---- / .......-- ~ """',:

--- \..
t1
-GI! -0,09
"n

t~
IVACA 2912
-0,9 I
o0 0

«-
Abb. 5.15. Dreikomponentenmessung cA' Cw, cM in Abhängigkeit vom Anstellwinkel « für
einen Rechteckflügel vom Seitenverhältnis A = 5 mit dem Profil NACA 2412, [12].
REYNOLDS-Zahl Re = 2,7·10', MAcHsehe Zahl Ma = 0,15

In Abb. 5.15 ist das Ergebnis einer solchen Messung an einem Recht-
eckflügel vom Seitenverhältnis A = 5 dargestellt. Die Momenten-
bezugsachse liegt im Einviertelpunkt auf der Flügelsehne. Die plötz-
liche Änderung der über dem Anstellwinkel aufgetragenen Beiwerte bei
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 23
354 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

(X = 20° läßt den Beginn der Strömungsablösung am Flügel erkennen.


Die Auftragung CA (Cw) mit (X als Parameter, Abb. 5.16, wurde erstmalig
von O. LILIENTHAL verwendet; sie wird als Polare oder auch als Wider-
standspolare bezeichnet.
Werden bei einer Messung, z. B. beim schiebenden Flügel, sämt·
liehe sechs Komponenten gemessen, so spricht man von einer Sech8-
komponentenme88ung.
In Abb. 5.17 sind die aus einer Sechskomponentenmessung an einem
schiebenden Flügel gewonnenen dimensionslosen Beiwerte Cy, CL, c}t in
1q

/, cw;/ ~ \ r-«-2o.0o

%
1.2
.,,/
A'7 ~ ~o
//
1,0

aa I Re,2,7·10 B

CN1 /; 4 qo

I 1
rlE: =,
0. 6
Nomenfon-

<J' av
I
I
2,7°
02

-1,8°
o

-a2

-a~a12 -0.08
I-aoq 0
\\ am aoa 0.12
NAfA 2H2
0.16 0.20 029
CW,CM-

Abb. 5.16. Dreikomponentenmessung wie nach Abb. 5.15. Polarendarstellung cA (c w) und cA {cM>

Abhängigkeit vom Schiebewinkel ß bei konstantem Anstellwinkel oe


dargestellt.
Die Beiwerte der Kräfte und Momente eines Tragflügels hängen
außer von den geometrischen Daten, wie z. B. dem Seitenverhältnis,
dem Flügelprofil und der Pfeilung, vgl. hierzu Kap. 5.1, noch von der
REYNoLDsschen Zahl Re und von der MAcHsehen Zahl Ma ab. Bei
kleinen Fluggeschwindigkeiten ist der Einfluß der MAcHsehen Zahl auf
die Kraft- und Momentenbeiwerte jedoch vernachlässigbar klein.

5.24 Druckverteilungen und Auftriebsverteilungen


Außer den Gesamtkräften und -momenten braucht man häufig auch
die Verteilung der örtlichen Kräfte über die Oberfläche des Tragflügels.
5.2 Kräfte und Momente am Tragflügel 355

Als Beispiel hierfür sind in Abb. 5.18 die an einem Flügel unendlicher
Spannweite gemessenen Druckverteilungen über der Flügeltiefe bei
verschiedenen Anstellwinkeln (X dargestellt. Aufgetragen ist über der
Abszisse x/ldie dimensions-
lose Druckverteilung aO~I-;:r==I;--I-I--T-1

cp = P -/00, (5,40)

wobei (p - Poc) den Über-


bzw. Unterdruck gegen-
über der ungestörten Strö-
mung Poo darstellt. Beim t
Anstellwinkel (X = 17,9° ist 0,01
die Strömung auf der Pro- <."':'
filoberseite abgelöst, was ",:' OI---+---f--...,....j:;F=:.....--+--+----I
durch den über einen wei- "'::..
ten Bereich der Profiltiefe -O'011-----t-----,.<f---,I--j----1H--+-----I
konstanten Druck an-
gezeigt wird.
Werden mit Pu der -O'02t----,";----tr--t----t---'o..--t---1
Druck auf der Profilunter-
seite und Po der Druck auf
der Profiloberseite be-
zeichnet, vgI. Abb. 5.18,
dann stellt die Differenz
Llp = (Pu - Po) ein Maß
für die am Flächenele-

It.====-+b-=--=--=--=-~.+1-L7 ~ßÖ
ment dx d y angreifende
Belastung dar, Abb. 5.l9a. 387
Die Normalkraft am Flä-
chenelement d x d y erhält bendenAbb.5.17. Sechskomponentenmessung an einem schie-
Tragflügel bei konstantem Anstellwinkel, [14].
man also zu Die aufgetragenen Beiwerte c y , cL' CN beziehen sich
auf das experimentelle Achsensystem
d2 Z = -Llp dx dy.
Durch Integration über die Flügeltiefe ergibt sich hieraus die Nor-
malkraft pro Längeneinheit in Spannweitenrichtung

d~~Y) = _ f ,dp(x, y)dx. (5,41)


l(y)

Ähnlich wie für die Ge~ amtkräfte des Flügels nach Kap. 5.23 führt man
auch für die örtlichen Kräfte dimensionslose Beiwerte ein. Entsprechend
GI. (5,39) setzt man also:
(5,42)
23*
356 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

-3
Re"2.710 6
-Oberseite
-Unterseite

-5

Abb. 5.18. Druckverteilungen bei verschiedenen Anstellwinkeln a an einem Flügel von unend-
lichem Seiten verhältnis und mit dem
Profil N ACA 2412, [13]. REYNOLDS- 7,4 0 1 17 ,8
0

Zahl Re = 2,7· 10', MAcHsehe Zahl


Ma = 0,15. Normalkraftbeiwerte
nach nebenstehender Tabelle:
-c, I 0,024 0,433 I 0,862 1 1,356 I 0,950

Hierin ist dF = l d y der


v~ in Abb. 5.19a schraffierte
y Flächenstreifen. Mit Cz (y)
bezeichnet man den ört-
lichen Normalkraftsbei-
wert!. Unter Einführung
des resultierenden Druck-
beiwertes LI cp = LI p/q er-
gibt sich aus GI. (5,41)
und (5,42):
[~---------o----------~
cz(y) = -l(~JLlcp(x,y)dx.
l(y) (5,43)
1 Zur Unterscheidung der
b
in Kap. 5.23 eingeführten Bei-
werte der Gesamtkräfte und
Momente, bei denen die ludi-
zes der Beiwerte durchweg mit
großen Buchstaben bezeichnet
y wurden, sollen für die Beiwerte
der örtlichen Kräfte und Mo-
Abb. 5.19. Zur Berechnung der Auftriebs verteilung an mente kleine Indizes verwen-
Tragflügeln. a) Geometrische Bezeichnungen, b) Auf-
triebs verteilung längs Spannweite det werden.
5.3 Zusammenhang zwischen den Luftkräften und den Bewegungsformen 357

Für die in Abb. 5.18 dargestellten Druckverteilungen sind die nach


G1. (5,43) ausgewerteten Normalkraftbeiwerte in der Tabelle der Bild-
unterschrift zusammengestellt. Da für kleine Anstellwinkel die Be-
ziehung
(5,44)

gilt, ist GI. (5,43) auch zur Berechnung des örtlichen Auftriebsbeiwertes
aus der gegebenen Druckverteilung geeignet.
Als Auftriebsverteilung längs Spannweite definiert man analog zu
GI. (5,42):
dA
dy = ca(y) l(y) q. (5,45)

In Abb. 5.19b ist die Auftriebsverteilung eines symmetrisch angeström-


ten Flügels schematisch dargestellt. Integriert man jetzt auch noch über
die Spannweite, so findet man den Gesamtauftrieb zu

j. dy
8
dA
A = dy. (5,46)
-8

Führt man den Beiwert nach GI. (5,39) ein, dann wird mit GI. (5,45):

AIr
8

C.! = Fq = Ca(Y) l(y)dy.


1'. (5,47)
-8

5.3 Zusammenhang zwischen den Luftkräften und den


Bewegungsformen des Tragflügels
5.31 Bewegungsformen des Flugzeuges
Nachdem bisher die Geometrie des Tragflügels und die am Trag-
flügel angreifenden Luftkräfte und Momente behandelt worden sind,
möge jetzt der Bewegungszustand eines Tragflügels für den allgemeinen
Fall kurz erläutert werden. Dieser Bewegungszustand besitzt sechs Frei-
heitsgrade, und zwar drei Komponenten der Translationsgeschwindig-
keit V x' V y , V z und drei Komponenten der Drehgeschwindigkeiten
w x , w y , W z , die beispielsweise bezogen sein mögen auf das flugzeugfeste
Achsensystem x, y, z nach Abb. 5.14. Die in Kap. 5.2 eingeführten Kom-
ponenten der Luftkraft und ihre dimensionslosen aerodynamischen
Beiwerte sind von diesen sechs Freiheitsgraden der Bewegung abhängig.
In manchen Fällen hängen die Luftkräfte auch 'noch von den Be-
schleunigungskomponenten der Bewegung ab.
Der allgemeine Bewegungszustand des Flugzeuges läßt sich auf-
teilen in eine Längsbewegung und in eine Seitenbewegung. Bei der
358 v. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Längsbewegung ändert sich die Lage der Flugzeugsymmetriee bene nicht.


Sie ist gekennzeichnet durch die drei Bewegungskomponenten
Vx , Vz , w y (Längsbewegung).
Die übrigen drei Bewegungskomponenten bestimmen die Seiten-
bewegung, somit ist
V y , w x , W z (Seitenbewegung).
ß
Geradeausf/ug c
Rollen

Schieben

Gieren

Abb. 5.20. Die Bewegungsformen des Tragflügels.


a) Geradeausflug, b) Schiebeflug, c) bis e) Drehbewegungen (Rollen, Kippen, Gieren)

Für die Diskussion des Zusammenhanges der aerodynamischen Bei-


werte mit den Bewegungskomponenten ist es zweckmäßig, den all-
gemeinen Bewegungszustand aufzuteilen in den Geradeau8/lug, der durch
V", und V z bestimmt wird, den Schiebe/lug, der durch Vy bestimmt
wird, sowie in die Drehbewegungen um die drei Achsen. Bei den Dreh-
bewegungen handelt es sich im einzelnen um die Rollbewegung wx , die
Kippbewegung wy und die Gierbewegung W z , vgl. hierzu Abb. 5.20.
5.3 Zusammenhang zwischen den Luftkräften und den Bewegungsformen 359

Die früher eingeführten Größen, Anstellwinkel a und Schiebewinkel ß,


vgI. Abb. 5.14, ergeben sich dann wie folgt:

tget = Vz / und tgß= _ V y , • (5,48)


Vx / Vx '
Die Vorzeichen von et, ß, w X , wy ' Wz sind aus Abb. 5.20 zu ersehen.

5.32 Kräfte und Momente beim Geradeausflug


Bei einem stationär geradeaus fliegenden Flugzeug ist die Anströ-
mungsrichtung des Flügels durch Angabe des Anstellwinkels a bestimmt,
Abb.5.20a. Die resultierende Luftkraft wird nach Größe, Richtung
und Wirkungslinie durch den Auftrieb A, den Widerstand W und das
Kippmoment M festgelegt, Abb. 5.14. Im folgenden seien einige An-
gaben über die in Kap. 5.23 eingeführten dimensionslosen Beiwerte ge-
macht. Die Abhängigkeit dieser drei Größen vom Anstellwinkel et wurde
bereits in Abb. 5.15 dargestellt.
Auftrieb. Im Bereich mäßiger Anstellwinkel hängt der Auftriebs-
beiwert CA linear vom Anstellwinkel et ab:

(5,49)

Dabei bedeutet a o den Nullauftriebswinkel und dCA/da den Auf triebs-


anstieg. Ferner ist für den Auftrieb charakteristisch der maximale Auf-
triebsbeiwert CAmax, der in dem Beispiel nach Abb. 5.15 bei a = 20°
erreicht wird.
Widerstand. Im Bereich mäßiger Anstellwinkel hängt der Wider-
standsbeiwert Cw quadratisch vom Anstellwinkel et ab:
(5,50)
Hierin bedeutet Cwo den Widerstandsbeiwert bei verschwindendem Auf-
trieb (= Profilwiderstand). Mit Rücksicht auf GI. (5,49) läßt sich
GI. (5,50) auch in der Form
(5,51 )
schreiben. Dieses ist die Darstellung der Widerstandspolare, Abb. 5.16.
Es sind k1 und k 2 von der Geometrie des Tragflügels abhängige Kon-
stanten"
Kippmoment. Der Kippmomentenbeiwert c,1l ist linear vom Anstell-
,,,inkel et bzw. Auftriebsbeiwert CA abhängig, Abb.5.15 und 5.16:
Man schreibt
(5,52)
360 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

Hierin bedeutet CMO den Nullmomentenbeiwert (Sturzflugmoment) und


dCM/dcA den Kippmomentenanstieg. Der Wert von CMo ist unabhängig
von der Lage des Momentenbezugspunktes, während dCM/dcA stark da-
von abhängt. Die Größe dCM/dcA wird auch als Stabilitätsmaß der
Längsbewegung (Drehung um die Querachse) bezeichnet.
Druckpunkt und Neutralpunkt. Die resultierende Luftkraft am Trag-
flügel ist erst vollständig bestimmt, wenn man ihre Größe, ihre Richtung
und die Lage ihrer Wirkungs-
1\ linie kennt. Diese drei An-
1 \
gaben erhält man beispiels-
I \
I \ weise aus Auftrieb, Wider-
I \
I \ stand und Kippmoment. Die
I \
I \ Lage der Wirkungslinie der
I \
I
I
\
\
Resultierenden R am Trag-
I \ flügel kann angegeben wer-
IW \
~---'H+-_ _ I J..._..l den als Schnittpunkt der
~_ _---i""'-'H+~~~..1....---"';:::"-,--_x_ Wirkungslinie mit der Pro-
filsehne, Abb. 5.21a. Man
bezeichnet diesen Punkt als
den Druckpunkt des Flügels.
Sei x A der Abstand des
Druckpunktes von der Mo-
mentenbezugsachse, so gilt
M = xAZ.
Hieraus wird unter Einfüh-
rung der dimensionslosen
Beiwerte
x
(5,53)
Abb. 5.21. Erläuterungsskizze zur Lage des Luft·
Bei kleinen Anstellwinkeln
angriffspunktes.
a) Druckpunkt D, b) Neutralpunkt N ist die negative Normalkraft
näherungsweise gleich dem
Auftrieb, d. h. Cz = -CA' Führt man in GI. (5,53) den linearen An-
satz GI. (5,52) für das Kippmoment ein, dann wird die Druckpunktlage

(5,53a)

Diese Beziehung besagt, daß die Druckpunktlage sich im allgemeinen


mit dem Auftriebsbeiwert ändert. Die Druckpunktwanderung ist durch
den Term -CMO/CA gegeben.
In Übereinstimmung von Theorie und Experiment läßt sich im
allgemeinen das Kippmoment darstellen als die Summe eines vom Auf-
5.3 Zusammenhang zwischen den Luftkräften und den Bewegungsformen 361

trieb unabhängigen Kräftepaares (Nullmoment) und eines zum Auf-


trieb proportionalen Anteils, somit
M= Mo - xNA.
Hiernach ist das Kippmoment die Summe· aus dem Nullmoment und
dem Moment der im Neutralpunkt angreifenden Auftriebskraft. Der
Neutralpunkt des Flügels hat von der Momentenbezugsachse den Ab-
stand XN, Abb. 5.21 b. Unter Einführen der dimensionslosen Beiwerte
für den Auftrieb und das Kippmoment wird:
XN
CitI = CMO - -Z-CA' (5,54)
I'

Durch Vergleich mit GI. (5,52) findet man für die Neutralpunktlage :
XN dCM
Z; - dCA'
(5,55)

Somit gibt der Kippmomentenanstieg dCM/dcA die Lage des Neutral-


punktes an.

5.33 Kräfte und Momente beim Schiebeflug


Beim stationären Schiebeflug eines Flugzeuges ist der Anströmungs-
zustand des Flügels außer durch den Anstellwinkel LX durch den Schiebe-
winkel ß bestimmt, Abb. 5.20 b. Infolge der unsymmetrischen Anströ-
mung entstehen außer den im vorigen Abschnitt besprochenen Kräften,
Auftrieb und Widerstand sowie dem Kippmoment, noch zusätzliche
Kräfte und Momente. Die Kraft in Richtung der Querachse heißt
Schiebeseitenkraft, das Moment um die Längsachse Schieberollmoment
und das Moment um die Hochachse Schiebegiermoment.
In Abb. 5.17 wurden die aus einer Sechskomponentenmessung an
einem schie benden Flügel gewonnenen dimensionslosen Beiwerte Cl', CL,
cN in Abhängigkeit vom Schiebewinkel ßbei konstantem Anstellwinkel LX
dargestellt. Sämtliche drei Beiwerte sind nahezu linear vom Schiebe.
winkel abhängig.
Die bei ß = 0 genommenen Anstiege

und

nennt man Stabilitätsbeiwerte der Seitenbewegung, insbesondere be-


zeichnet man OCN/Oß als Richtungsstabilität.
Alle drei Beiwerte hängen u. a. stark von der V-Stellung des Flügels
ab. Das Schieberollmoment kommt dadurch zustande, daß bei positiver
V -Stellung auf der vorgehenden Flügelhälfte der wirksame Anstell-
winkel um LI LX vergrößert und auf der rückgehenden Hälfte um LI LX
verkleinert ist. Dabei ist für kleine Werte von v und ß nach Abb. 5.20b
LI LX = V ß.
362 V. Einführung in die Aerodynamik des Tragflügels

5.34 Kräfte und Momente bei Drehbewegungen des Flugzeuges


Führt das Flugzeug entsprechend den in Kap. 5.31 besprochenen
Bewegungsformen Drehbewegungen um die drei Achsen x, y, z aus,
so werden dadurch am Flügel örtlich zusätzliche Geschwindigkeits-
komponenten erzeugt, die sich jeweils linear mit dem Abstand von
der Drehachse ändern. Im folgenden werden die mit den Drehgeschwin-
digkeiten Wo;, w y , W z in Zusammenhang stehenden Luftkräfte und
Momente kurz erläutert:
Rollen. Bei der Drehbewegung des Flugzeuges um die Längsachse
mit der Winkelgeschwindigkeit Wo;, Abb. 5.20c, ergibt sich am Trag-
flügel eine längs der Spannweite linear veränderliche Anstellwinkel-
verteilung, die eine antimetrische Auftriebsverteilung längs Spannweite
zur Folge hat. Das hieraus resultierende Moment um die x-Achse kann
als Roll-RoH-Moment bezeichnet werden. Da dieses Moment die Dreh-
bewegung stets zu hemmen sucht, nennt man es auch die Rolldämplung
des Flügels. Aus der unsymmetrischen Kraftverteilung längs Spann-
weite entsteht weiterhin ein Giermoment, das sogenannte Roll-Gier-
moment. Führt man für die Momente die dimensionslosen Beiwerte
nach GI. (5,39) ein, dann erhält man als weitere Stabilitätsbeiwerte
der Seitenbewegung
aCL aCN
aQx
und aQx •

Die neue Größe Q 0; steHt die aus der Drehgeschwindigkeit Wo;, der Halb-
spannweite 8 und der Fluggeschwindigkeit V gebildete dimensionslose
Rollwinkelgeschwindigkeit
(5,56)
dar.
Gieren. Die Drehbewegung des Flugzeuges um die Hochachse,
Abb. 5.20e, erzeugt am Flügel zusätzliche Längsgeschwindigkeiten, die
auf den beiden Flügelhälften verschiedene Vorzeichen haben. Hieraus
resultiert eine unsymmetrische Normalkraft- und Tangentialkraftver-
teilung längs Spannweite, die ein Rollmoment und ein Giermoment er-
geben. Das so entstehende Giermoment wirkt der Drehbewegung ent-
gegen und heißt daher die Gier- oder Wendedämplung des Flügels. Das
Rollmoment bezeichnet man als Gier- oder Wenderollmoment. Mit den
dimensionslosen Beiwerten nach GI. (5,39) findet man somit die weiteren
Stabilitätsbeiwerte der Seitenbewegung

und

Hierin ist die dimensionslose Gierwinkelgeschwindigkeit


Q = Wz8
(5,57)
z V'
Literatur 363

Kippen. Die Drehqewegung des Flugzeuges um die Querachse,


Abb. 5.20d, erzeugt am Flügel eine zusätzliche Anströmgeschwindig-
keit in der z-Richtung, welche linear über die Flügeltiefe verteilt ist
Hieraus resultiert ein zusätzliches Kippmoment, welches der Dreh-
bewegung um die Querachse entgegenwirkt. Es wird daher auch als
Kippdämpfung des Flügels bezeichnet. Die Größe der Kippdämpfung
hängt stark von der Lage der Drehachse (y-Achse) ab. Unter Einfüh-
rung des Kippmomentenbeiwertes nach GI. (5,39) erhält man den fol-
genden weiteren Stabilitätsbeiwert der Längsbewegung :
aCH
Ei!} •.
Die dimensionslose Kippwinkelgeschwindigkeit
Q _ wyl"
~ y - V (5,58)

wird nicht wie die Rollwinkelgeschwindigkeit Q x und die Gierwinkel-


geschwindigkeit !J y mit der Halbspannweite des Flügels, sondern mit
der Bezugsflügeltiefe l", Kap. 5.12, dimensionslos gemacht.
Im vorstehenden wurden nur die wichtigsten Luftkräfte und Mo-
mente besprochen, die bei der Drehbewegung des Flugzeuges um seine
drei Achsen am Flügel entstehen. Nicht näher erläutert wurden u. a. die
Rollseitenkraft, die Wendeseitenkraft und der Kippauftrieb.

Literatur
[1] RIEGELS, F.: Aerodynamische Profile. München: Oldenbourg 1958.
[2] Ergebnisse der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen, herausgegeben
von L. PRANDTL und A. BETZ. 1. Lieferung (1925).
[3] JACOBS, E. N., K. E. WARD U. R. M. PINKERTON: The characteristics of
78 related airfoil sections from tests in the variable-density wind-tunnel. NACA
Rep. Nr. 460 (1933) S. 282-339.
[4] STACK, J., u. A. E. V. DOENHoFF: Tests of 16 related airfoils at high speeds.
NACA Rep. Nr.492 (1934) S.339-359.
[5] JACOJlS, E. N., u. R. M. PINKERTON: Tests in the variable·density wind·
tunnel of related airfoils having the maximum camber unusually far forward.
NACA Rep. Nr. 537 (1935) S.521-529.
[6] JACOBS, E. N., R. M. PINKERTON U. H. GREENBERG: Tests of related for·
ward-camber airfoils in the variable-density wind-tunnel. NACA Rep. Nr. 610
(1937) S.697-732.
[7] AJlJlOTT, I. H., A. E. V. DOENHoFF U. L. S. STIVERS: Summary of airfoil data.
NACA Rep. Nr. 824 (1945) S. 258-':"522.
[8] TRUCKENJlRODT, E.: Ergänzungen zu F. Riegels: Das Umströmungsproblem
bei inkompressiblen Potentialströmungen. Ing.-Arch. Bd. 18 (1950)
S. 324~328.
[9] GLAUERT, H.: Die Grundlagen der Tragflügel- und Luftschraubentheorie.
Deutsche übersetzung von H. Holl. Berlin (1926), S. 80.
[10] MULTHOPP, H.: Die Anwendung der Tragflügeltheorie auf Fragen der Flug-
mechanik. Lilienthal-Gesellsch., Bericht S 2 (1939) S.53-64.
364 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

[11] FlECKE, D.: Aerodynamische Probleme bei der Entwicklung vom Unter-
schall- zum Überschalltragflügel. Z. VDI. Bd. 100 (1958) S. 133-146.
[12] DOETSCH, H.: Profilmessungen im 5 m X 7 rn-Windkanal der DVL. Deutsche
Luftfahrtforschung, FB NI'. 782 (1937).
[13] DOETSCH, H.: Ergänzungen zum Forschungsbericht "FB 548". Untersuchun-
gen der Profilreihe NACA 24 im 5 m X 7 rn-Windkanal der DVL. Deutsche
Luftfahrtforschung, FB NI'. 548/2 (1936).
[14] MÖLLER, E.: Sechskomponentenmessungen an RechteckflügeIn mit V-Form
und Pfeilform in einem großen Schiebewinkelbereich. Luftfahrtforschung
Bd. 18 (1941) S. 243-252.
[15] ABBOTT, I. A., u. A. E. v. DOENHOFF: Theory of wing sections. New York:
McGraw-Hill 1949.

VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite


bei inkompressibler Strömung (Profiltheorie )
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes
6.11 Allgemeines
Nachdem WIr m Kap. V bereits einige experimentelle Ergebnisse
über den Auftrieb von Tragflügeln mitgeteilt haben, soll jetzt über die
Theorie des Auftriebes ausführlich berichtet werden. Zunächst soll
in Kap. VI der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler
Strömung behandelt werden. Anschließend folgt in Kap. VII der
Tragflügel endlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung und in
Kap. VIII der Tragflügel bei kompressibler Strömung.
Die theoretische Behandlung der Lehre vom Auftrieb eines an-
geströmten Körpers bietet wesentlich geringere Schwierigkeiten als die-
jenige vom Widerstand, weil für die Theorie des Widerstandes die
Zähigkeit berücksichtigt werden muß. Der Auftrieb dagegen kann mit
sehr guter Näherung aus der Theorie der reibungslosen Strömung er-
halten werden. Es möge im folgenden (Kap. VI und VII) das strömende
Medium als reibungslos und inkompressibel angesehen werden 1. Wir
können somit für diesen Teil der Theorie des Auftriebes die Berech-
nungsverfahren der klassischen Hydrodynamik (Kap. II) zugrunde
legen.
Bei der Behandlung des ebenen Problems des Tragflügels wird an-
genommen, daß der Auftrieb erzeugende Körper ein sehr langer Zylinder
ist (theoretisch unendlich lang), der sich quer zur Anströmungsrichtung
erstreckt. Dann sind die Strömungsvorgänge in jedem Schnitt senk-
recht zu den Erzeugenden des Zylinders gleich, d. h. die Strömung um
1 Ausgenommen Kap. 6.4, wo wir kurz auf den Einfluß der Reibung auf den
Auftrieb eingehen.
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes 365
den Tragflügel unendlicher Spannweite ist zweidimensional. Wir be-
zeichnen die Theorie zur Berechnung der Tragflügeleigenschaften eines
solchen unendlich breiten Flügels auch als Profiltheorie (Kap. VI).
Beim Tragflügel endlicher Spannweite treten an den Flügelenden
besondere Strömungsvorgänge auf, die sowohl für den Auftrieb als
auch für den Widerstand bedeutungsvoll sind. Diese werden durch die
Theorie des Tragflügels end-
licher Spannweite beschrieben lVoo ·L1ro

(Kap. VII und VIII).


Der Auftrieb an einem Trag-
flügel kommt nach Abb.6.la
durch eine Druckverteilung
über die Oberfläche zustande,
bei der auf der Unterseite im
Mittel Überdruck (durch + + +
bezeichnet) und auf der Ober-
seite Unterdruck (durch - - -
bezeichnet) herrscht. Die resul-
tierende Kraft aus einer solchen
b
Druckverteilung ist im wesent-
lichen senkrecht zur Anströ-
mungsrichtung und gibt somit
den Auftrieb. Aus einer solchen
Druckverteilung folgt nach der
BERNOULLlschen Gleichung so-
fort, daß die Geschwindigkeit
auf der Oberseite des Trag-
flügels im Mittel größer ist als
auf der Unterseite. Man kann c
Abb.6.1. Strömung um ein Tragflügelprolil.
deshalb die Tragflügelströmung
a) mit Auftrieb, b) ohne Auftrieb, Translations-
auch entstanden denken durch strömung, c) reine Zirkulationsstri'mung
Überlagerung einer translatori-
schen Strömung nach Abb. 6.1 b, die auf Ober- und Unterseite im
Mittel gleich große Geschwindigkeit besitzt, mit einer rein zirku-
latorischen Bewegung nach Ab b. 6.1 c, die auf der Oberseite eine
Geschwindigkeit in Richtung der Anströmung und auf der Unterseite
eine Geschwindigkeit entgegen der Anströmungsrichtung hat. Für die
letztere Strömung ist das Zirkulationsintegral P d?J = r für eine den
\tJ

Tragflügel umkreisende geschlossene Kurve von Null verschieden


(vgl. Kap. 2.4 und Abb. 2.36).
Wir wollen jetzt den quantitativen Zusammenhang zwischen dem
Auftrieb und der Zirkulation herleiten, der durch den Kutta-Joukowsky-
366 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

sehen Satz gegeben ist. Für den Sonderfall des Kreiszylinders hatten wir
diesen Zusammenhang bereits in Kap. 2.546 in der Form A = e woobT
erhalten, wo A die Querkraft (Auftrieb) für einen Kreiszylinder der
Länge b bedeutet, der mit der GeschwindigkEit W oc angeströmt wird.
Es wird sich ergeben, daß diese Formel für einen Zylinder von
beliebigem Querschnitt und somit auch für ein Tragflügelprofil gilt.
Wir geben nachstehend zwei verschiedene Beweise für diesen funda-
mentalen Satz aus der Theorie des Tragflügels.

6.12 Der Satz von Kutta-Joukowsky


6.121 Berechnung des Auftriebes aus dem Druckintegral. Als erstes
möge der Auftrieb unmittelbar durch Integration der Druckverteilung
über die Tragflügelkontur ermit-
t dA telt werden. Die nachstehend ge-
ge bene vereinfachte Herleitung

I
I
.ci~c IPul
I I I
des KUTTA-JouKOwsKyschen
Satzes hat den Vorzug besonderer
Anschaulichkeit, ist aber nicht
I ---t d.x I+- I
I I I I ganz exakt!.
J I I I
I
I.
I
I 1
I
.1 Es sei aus dem unendlich
I
I
I
I I
1 I
I
langen Tragflügel ein Stück der
I I I I Breite b herausgeschnitten, Ab-
bildung 6.2, und aus diesem ein
Streifen der Tiefe d x parallel zur
Vorderkante. Dieser Streifen mit
der Grundrißfläche dF = b d x
erfährt durch den Druckunter-
schied auf der Unter- und Ober-
b
seite des Tragflügels einen Auf-
trieb
dA = (Pu - Po) dF.

Dabei kann dA als senkrecht zur


Anströmungsrichtung angesehen
Abb. 6.2. Zur Berechnung des Auftriebes aus werden, wenn man von den kleinen
der Druckverteilung um den Tragflügel
Winkeln absieht, welche die Ober-
flächenelemente mit der Anströmungsrichtung bilden. Der Gesamt-
auftrieb des Tragflügels ist somit durch Integration
o
A =
(F)
.r (Pu - Po) dF = b
B
J
(Pu - Po) dx, (6,1)

1 Eine exakte Herleitung des KUTTA-J oUKOwSKyschen Satzes aus dem Druck-
integral wird in Kap. 6.22 gegeben werden (BLAsIUssche Formeln).
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes 367

wobei die Integration von der Vorderkante bis zur Hinterkante zu er-
strecken ist.
Der Druckunterschied zwischen Unter- und Oberseite des Trag-
flügels kann mittels der BERNOULLlschen Gleichung durch die Ge-
schwindigkeiten auf Unter- und Oberseite ausgedrückt werden. Auf der
Oberseite des Tragflügels ist die Geschwindigkeit W oo L1 w und auf +
der Unterseite W oo - L1 w. Somit liefert die BERNOULLlsche Gleichung:

poo + ~ w~ = Pu + ~ (w oo -- LlW)2 = Po + ~ (w oo + LlW)2.


Hieraus folgt für die Druckdifferenz :

Pu - Po = ~ (w oo + LlW)2 - ~ (w oo - LlW)2 = 2(!w oo Llw,

wenn man annimmt, daß die Beträge der zirkulatorischen Geschwindig-


keit auf Unter- und Oberseite gleich sind, ILI w I" = ILI w 10' Durch Ein-
setzen in GI. (6,1) ergibt sich für den Auftrieb:

I
c
A = 2(!bWoo Llwdx. (6,2)
B
Die Zirkulation längs der Oberfläche des Tragflügels ist:

I I I
C B C
r= Llw dx - Llw dx = 2 Llw dx, (6,3)
~o ~u B
wobei in der ersten Gleichung das erste Integral längs der Oberseite
und das zweite längs der Unterseite des Tragflügels zu nehmen ist. Da-
mit ergibt sich aus GI. (6,2) für den Auftrieb:
A = (! bwoor. (6,4)
Dies ist die Formel von KUTTA-JouKOWSKY für den Auftrieb eines
Tragflügelprofils. Sie wurde 1902 zuerst von W. KUTTA [1] und un-
abhängig davon 1906 von N. JOUKOWSKY [2] gefunden.
6.122 Berechnung des Auftriebes für ein Flügelgitter. Wir wollen
jetzt die KUTTA-JouKOwsKYsche Formel für den Auftrieb eines Trag-
flügels noch auf eine andere Weise ableiten, die zum Unterschied von
der vorstehend gegebenen exakt ist.
Statt eines einzelnen Tragflügels sei ein ebenes Flügelgitter nach
Abb. 6.3 gegeben, welches aus unendlich vielen kongruenten Flügeln
besteht, die voneinander den Abstand t (= Gitterteilung) haben. Wir
wollen mit Hilfe des Impulssatzes die Kraft berechnen, die von der
Strömung auf einen Flügel dieses Flügelgitters ausgeübt wird. Durch
den Grenzübergang zu unendlich großer Gitterteilung, t -700, erhält
man die Kraft auf einen einzelnen. Tragflügel.
368 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der ebenen Strömung um


einen einzelnen Tragflügel und der Strömung durch ein Flügelgitter
besteht darin, daß beim Einzeltragflügel die Geschwindigkeiten weit
vor und weit hinter dem Flügel nach Größe und Richtung gleich sind,
während beim Gitter im allgemeinen eine Ablenkung der Strömung
stattfindet, so daß hier die Geschwindigkeiten W I weit vor dem Gitter
und w2 weit hinter dem Gitter nach Größe und Richtung verschieden
sind. Für die Durchführung der Rechnung wird ein rechtwinkliges
Koordinatensystem x, y nach Abb. 6.3 zugrunde gelegt, bei dem die
x-Richtung senkrecht und die y-Richtung parallel zur Gitterfront ist.

7V'X"'TV2.x =nJooX

Abb. 6.3. Strömung durch ein Flügelgitter

Die Geschwindigkeiten wl weit vor dem Gitter und W 2 weit hinter dem
Gitter haben die Komponenten Wh und wl y bzw. W2", und W2y. Außer-
dem sei PI der konstante Druck vor und P2 der konstante Druck hinter
dem Gitter. Ferner sei b die Breite einer Schaufel senkrecht zur Strö-
mungsebene und A die Kraft auf eine Schaufel mit den Komponenten
A", und A y • Für die Anwendung des Impulssatzes wird eine Kontroll-
fläche K bestehend aus zwei kongruenten Stromlinien und zwei Ver-
bindungsstücken parallel zur Gitterfront gewählt.
Da die ein- und ausströmenden Mengen für diese Kontrollfläche
gleich sein müssen, ergibt die Kontinuitätsgleichung b t Wl", = b t W2",
und somit: (6,5)
Die Komponenten der Zuström- und Abströmgeschwindigkeit senk-
recht zur Gitterfront sind also gleich. Zwischen den Geschwindigkeits-
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes 369

vektoren tu l und tu 2 besteht also die Beziehung, wie sie durch das Ge-
schwindigkeitsdreieck in Abb. 6.3 rechts veranschaulicht wird.
Um den Auftrieb eines Flügels zu ermitteln, wenden wir zunächst
den Impulssatz für die x-Richtung an. Er lautet nach G1. (2,214):

eJ wxdQ=Kx+Px+Rx ·
(R)

Dabei ist R x = -A x und die Volumenkraft K x = O. Die Oberflächen-


kraft P x ergibt sich aus dem Druckintegral über die Kontrollfläche zu
P x = b t (PI - P2)' weil die Anteile längs der beiden kongruenten
Stromlinien sich aufheben. Das Impulsflußintegral liefert e J Wx dQ
(R)
= b t (- wi x+ wL) = 0 nach GI. (6,5). Somit bleibt nach dem Ein-
setzen in den Impulssatz:
Ax = Px = bt(PI - P2)'
Die Druckdifferenz PI - P2 kann nach der BERNoULLIschen Gleichung
durch die Geschwindigkeiten ausgedrückt werden in der Form:

Damit erhält man für die x-Komponente des Auftriebes:

AX b t e(W2 y ) U'2y + Will (6,6)


= - WI y 2 .

Wir führen neben den Geschwindigkeitsvektoren tu l und tu 2 noch den


rechnerischen Geschwindigkeitsvektor tu oo = i (tu l tu 2 ) ein als das+
vektorielle Mittel von tu l und tu 2 . Es hat also tu oo die Komponenten

(~,7)

Damit ergibt sich aus GI. (6,6) für die x-Komponente des Auftriebes
schließlich:
(6,8)

Die y-Komponente des Auftriebes erhält man aus dem Impulssatz für
die y-Richtung, welcher lautet:

eJ wydQ=Ky+Py+R y.
(R)

Dabei ist Ry = -A y und die Volumenkraft K y gleich Null. Auch


die Oberflächenkraft als Resultierende der Druckkräfte auf der Kon-
trollfläche in der y-Richtung verschwindet, da die Beiträge der beiden
SchIichting/Truckenbrodt. Aerodynamik I 24
370 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

kongruenten Stromlinien sich aufheben, also P y = o. Der Impulsfluß


ergibt sich zu
(J
(K)
f wydQ = (Jbtw x (w2Y - WI Y )·

Damit liefert der Impulssatz wegen Wx = W oox nach G1. (6,7) für die
y-Komponente des Auftriebes:

(6,9)

Die Zirkulation um eine Schaufel (positiv im Uhrzeigersinn) beträgt:

(6,10)

da bei der in Abb. 6.3 getroffenen Vorzeichenwahl sowohl Wl y als auch


W2y negativ sind. Unter Einführung von r
erhält man aus GI. (6,8)
und (6,9) für die Komponenten des Auftriebes:

(6,1l)

Den Betrag des Auftriebes A = VA; + A~ erhält man hieraus wegen


+
= VW~x W~y zu:
W oo

(6,12)

Die Richtung des Auftriebes ergibt sich nach Abb. 6.3 sofort aus
Ax t - Wocy
-=
Ay
gcp=--.
w
(6,13)
oox

Dies bedeutet, daß die resultierende Auftriebskraft A senkrecht zum


Vektor tl\>o ist, der als das vektorielle Mittel der Zuström- und Abström-
geschwindigkeit eingeführt wurde. Die GIn. (6,11) und (6,12) geben
die KUTTA-JouKowsKy-FormeIn für den Gitterflügel. Das Ergebnis
kann anschaulich so ausgesprochen werden: Es ergibt sich für einen
Gitterflügel ein Auftrieb vom Betrage A = (J b wooF, dessen Richtung
senkrecht zu IV oo ist.

Einzelflügel. Nunmehr vollziehen wir noch den Grenzübergang zum


Einzeltragtlügel, indem wir den Abstand der Gitterflügel t -3>- 0') gehen
lassen. Da bei diesem Grenzübergang die Zirkulation eines Flügels r
einen endlichen Wert behält, muß in dem Ausdruck für rnach GI. (6,10)
offenbar (Wl y - W2Y) -3>- 0 gehen. Somit ist Wl y = W2y = w ooY . Damit
ist dann beim Grenzübergang zum Einzelflügel nach Abb. 6.3:
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes 371

Somit ist gezeigt, daß GI. (6,12) auch für den Einzeltragflügel gilt,
wobei dann W oo seine Anströmungsgeschwindigkeit bedeutet. Weiter-
hin gilt auch für den Einzeltragflügel, daß seine Auftriebskraft senk-
recht zur Anströmungsrichtung ist.

6.13 Entstehung und Größe der Zirkulation


Die vorstehend abgeleitete KUTTA-JouKOWSKYSche Formel kann
für die Berechnung des Auftriebes erst dann nutzbringend verwendet
werden, wenn die Größe der Zirkulation in einem gegebenen Fall be-
kannt ist. Insbesondere muß klargestellt werden, wie die Zirkulation
abhängt von der Geometrie des Tragflügelprofils, von der Anström-
geschwindigkeit und vom Anstellwinkel. Dieser Zusammenhang läßt
sich rein theoretisch nicht ein-
deutig angeben, sondern es be-
darf dazu der Heranziehung der
Erfahrung.
Die technisch wichtigsten
Flügelformen haben meist eine
mehr oder weniger scharfe Hin-
terkante. In diesem Fall läßt
sich die Größe der Zirkulation
aus der Erfahrungstatsache be-
stimmen, daß keine Umströmung
der Hinterkante eintritt, sondern
daß die Flüssigkeit an der schar-
fen Hinterkante glatt abströmt.
Dies ist die wichtige K uttasche
Abflußbedingung.
Bei einem angestellten Flügel b

ohne Zirkulation würde nach


Abb. 6.4a der hintere Staupunkt,
d. i. der Punkt, wo sich die
Stromlinien von Unter- und
Oberseite wieder zusammen-
schließen, auf der Oberseite lie-
gen. Hierbei würde die scharfe
Hinterkante von der Unterseite
c
her umströmt werden müssen,
Abb. 6.4. Strömung um einen Tragflügel mit
wobei theoretisch (in reibungs- verschieden großer Zirkulation.
loser Flüssigkeit) an der Hin- a) Zirkulation r = 0; hinterer Staupunkt auf
Oberseite, b) sehr große Zirkulation; hinterer
terkante eine unendlich große Staupunkt auf Unterseite, c) Zirkulation so
groß, daß Staupunkt in Hinterkante, glatter
Geschwindigkeit mit einem un- Abfluß: KUTTASche Abflußbedingung erfüllt

24*
372 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

endlich großen Unterdruck auftreten würde. Andererseits würde bei


sehr großer Zirkulation nach Abb. 6.4 b der hintere Staupunkt auf
der Unterseite des Flügels liegen und die Hinterkante müßte von der
Oberseite her ebenfalls mit unendlich großer Geschwindigkeit und
unendlich großem Unterdruck umströmt werden.
In der Wirklichkeit tritt nun erfahrungsgemäß beides nicht ein,
sondern es stellt sich nach Abb. 6.4c eine Zirkulation von derjenigen
Größe ein, daß der Staupunkt gerade in der scharfen Hinterkante liegt
und somit diese weder von oben noch von unten umströmt wird. Es
liegt dann glattes Abströmen an der Hinterkante vor. Durch diese Be-
dingung des glatten Abflusses ist für Körper mit scharfer Hinterkante
die Größe der Zirkulation durch die Körperform und die Lage des
Körpers relativ zur Anströmungsrichtung eindeutig festgelegt. Dies
gilt für die reibungslose Potentialströmung.
Bei den wirklichen Flüssigkeiten tritt durch die Wirkung der Zähig-
keit eine gewisse Abminderung des so bestimmten Wertes der Zirku-
lation ein. Beim Zusammenfluß der Strömung hinter dem Körper bilden
die Grenzschichten der Unter- und Oberseite ein Gebiet mit stark ver-
verminderter Geschwindig-
keit, ein sog. Totwasser, das
in Abb. 6.5 gezeichnet ist.
Bei einer Strömung mit Zir-
kulation ist nun die Grenz-
schicht auf der Oberseite
wesentlich dicker als auf der
Unterseite, so daß sich das
Totwasser hauptsächlich auf
Abb. 6.5. Zum Einfluß der Reibung auf die
KUTTAsche Abflußbedingung der Oberseite befindet. Dies
gibt gegenüber einer reibungs-
losen Strömung bei gleichem Anstellwinkel eine Verschiebung der
Stromlinien nach oben. Die wirkliche Strömung, die sich infolge des
Einflusses der Zähigkeit einstellt, ist daher gleichwertig einer Poten-
tialströmung mit verringerter Zirkulation, deren hintere Staupunkt-
stromlinie etwa in der Mitte des Totwassers und damit auf der Ober-
seite des Flügels liegt. Durch den Einfluß der Zähigkeit wird somit
die KUTTAsche Abflußbedingung nicht voll erfüllt und dadurch bei
festgehaltenem Anstellwinkel der Auftrieb gegenüber der reibungslosen
Strömung verkleinert.
Über die Entstehung der Zirkulation um den Tragflügel wurde in
Kap. 2.46 im Zusammenhang mit dem THoMsoNschen Satz bereits be-
richtet. Der THoMsoNsche Satz sagt aus, daß die Zirkulation einer flüs-
sigen Linie zeitlich konstant ist. Wir betrachten die Bewegung eines
Tragflügels aus der Ruhe heraus nach Abb. 6.6. Eine flüssige Linie,
6.1 Grundlagen der Theorie des Auftriebes 373

welche den Tragflügel im Ruhezustand, Abb. 6.6a, umschließt, hat


die Zirkulation r
= 0, und behält deswegen auch r= ° für alle
späteren Zeiten. Unmittelbar nach der Anfahrt bildet sich am Flügel
die reibungslose Strömung ohne Zirkulation aus, die schon in Abb. 6.4a
angegeben wurde, und bei welcher ein Umströmen der scharfen Hinter-
kante von unten nach oben vorliegt, Abb. 6.6b. Dies führt infolge der
Reibung zur Bildung eines links drehenden Wirbels mit einer bestimm-
ten Zirkulation -r. Dieser Wirbel wandert bald vom Flügel fort und
stellt den sog. Anfahrwirbel -r
nach Abb. 6.6c dar. Eine Strömungs-
aufnahme eines solchen Anfahrwirbels wurde bereits in Abb. 2.41 an-
gegeben.
Für die zuerst betrachtete flüssige Linie ist die Zirkulation noch
immer Null, auch wenn sie sich im Verlauf der weiteren Bewegung
mehr und mehr aufweitet. Sie
umschließt aber dauernd den __--------:!.-o
// ......
Flügel und den Anfahrwirbel. / ~

Da die Gesamtzirkulation die- // ~ \\


ser flüssigen Linie nach dem I I
Satz von THOMSON dauernd \ / /

----------
....., /'
Null bleibt, muß also irgendwo .................... .........

innerhalb dieser flüssigen Linie


eine entgegengesetzt gleiche
Zirkulation wie die des An-
fahrwirbels vorhanden sein.
----
Dies ist die Zirkulation r des +
Flügels. Der Anfahrwirbel bleibt
am Ausgangsort des Flügels
............... -
--------- --
zurück und ist somit einige /'
Zeit nach Beginn der Bewegung
b
vom Flügel so weit entfernt, daß
er keinen wesentlichen Einfluß
mehr auf den Verlauf der Strö-
mung in der Nähe des Flügels
ausüben kann. Die um den Flü-
gel sich ausbildende Zirku-
lation, welche den Auftrieb er-
zeugt, kann man in ihrer Wir-
c
kung auf die Umge bung ersetzen
Abb. 6.6. Entstehung der Zirkulation bei der An-
durch einen oder mehrere im fahrt eines Tragflügels. a) Tragflügel in ruhender
Flüssigkeit, b) Tragflügel kurz nach der Anfahrt;
Flügel liegende Wirbel, welche für die in a) gewählte flüssige Linie bleibt r = O.
zusammen die Zirkulation +r sichlnfolge der Umströmung der Hinterkante bildet
dort ein Wirbel. c) Der aus der Umströmung
besitzen. Diese bezeichnet man wirbel
der Hinterkante gebildete Wirbel ist der Anfahr-
-r. Um den Flügel bleibt eine Zirku-
als den oder die gebundenen lation -I- r zurück
374 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Wirbell. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, daß letzten Endes
die Reibung der Flüssigkeit die Ursache für die Ausbildung der Zir-
kulation und damit für den Auftrieb ist. In einer reibungslosen Flüs-
sigkeit würde die im ersten Augenblick nach der Anfahrt vorhandene
Strömung ohne Zirkulation mit dem Umströmen der scharfen Hinter-
kante bestehenbleiben. Es würde dann kein Anfahrwirbel entstehen,
damit auch keine Zirkulation um den Flügel und somit kein Auftrieb.
Zur Erklärung der Entstehung des Auftriebes braucht man also die
Reibung der Flüssigkeit nur vorübergehend in Betracht zu ziehen, näm-
lich für die Ausbildung des Anfahrwirbels. Nachdem der Anfahrwirbel
entstanden ist und sich die Zirkulation um den Flügel ausgebildet
hat, kann die Berechnung des Auftriebes nach den Gesetzen der rei-
bungslosen Flüssigkeit entsprechend dem Satz von KUTTA-J OUKOWSKY
zusammen mit der KUTTAschen Abflußbedingung erfolgen.

6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung


6.21 Allgemeines
Nachdem wir in Kap. 5.2 einführend über elmge experimentelle
Ergebnisse des Auftriebes berichtet haben sowie in Kap. 6.1 die für
die Theorie des Auftriebes grundlegende KUTTA-JouKowsKy-Formel
hergeleitet haben, wollen wir jetzt auf die Theorie des Auftriebes näher
eingehen. Dabei soll zunächst ausschließlich das ebene Problem, also
der Tragflügel unendlicher Spannweite, bei inkompressibler Strömung
behandelt werden. Man bezeichnet die Theorie des Tragflügels unend-
licher Spannweite auch als Profiltheorie. Einen Vergleich der Ergeb-
nisse der Profiltheorie mit Messungen geben die umfangreichen Werke
von F. W. RIEGELS [3] sowie 1. H. ABBoTT und A. E. VON DOENHOFF [4].
Die Profiltheorie läßt sich nach zwei verschiedenen Verfahren be-
handeln, deren Grundlagen in Kap. II bereitgestellt wurden. Es ist
dies einmal die Methode der konformen Abbildung und zum anderen
das sog. Singularitätenverfahren. Bei dem ersteren Verfahren, welches
ausschließlich auf das ebene Problem beschränkt ist, wird die Strömung
um einen vorgegebenen Körper dadurch berechnet, daß sie durch kon-
forme Abbildung auf die bekannte Strömung um einen anderen Körper
1 Bei der räumlichen Tragflügeltheorie (Kap. VII und VIII) haben wir es
außerdem mit den sogenannten freien Wirbeln zu tun (Abb.2.42). Diese Wirbel
stellen die auf Grund der HELMHoLTzschen Wirbelsätze notwendige Verbindung
zwischen den am Flügel verbleibenden gebundenen Wirbeln endlicher Länge
und dem mit der Strömung fortschwimmenden Anfahrwirbel dar. Für den von
uns hier behandelten Fall des unendlich breiten Flügels liegen die freien Wirbel
sehr weit auseinander, so daß sie für die Strömungsverhältnisse des ebenen
Flügelschnittes keine Rolle spielen. Wir haben es also zunächst nur mit ge-
bundenen Wirbeln zu tun.
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 375
(meist Kreiszylinder) zurückgeführt wird. Bei der Singularitäten-
methode wird der umströmte Körper durch Quellen, Senken und
Wirbel, die sog. "Singularitäten", ersetzt. Dieses letztere Verfahren
ist auch auf dreidimensionale Strömungen, wie den Tragflügel end-
licher Spannweite und den Rumpf anwen9.bar. In ihrer praktischen
Verwendbarkeit ist die Singularitätenmethode wesentlich einfacher als
die konforme Abbildung. Da jedoch das Singularitätenverfahren meist
nur Näherungslösungen liefert, während die konforme Abbildung
exakte Lösungen gibt, ist es angebracht, mit Hilfe der konformen
Abbildung einige wichtige Grundfälle zu lösen, um hieran später die
Näherungslösungen des Singularitätenverfahrens auf ihre Genauigkeit
prüfen zu können. Bevor wir im folgenden auf die Theorie allgemeiner
Tragflügelprofile näher eingehen, sollen jetzt zunächst unter Verwen-
dung der Methode der komplexen Funktionen (Kap. 2.5) einige all-
gemeine Theoreme des Auftriebes beliebiger Flügelprofile besprochen
werden. Dabei wird sich u. a. ein weiterer exakter Beweis der KUTTA-
JOUKOWSKYSchen Formel ergeben.

6.22 Berechnung von Auftrieb und Moment


für ein beliebiges Tragflügelprofil
6.221 Die BIasiusschen Formeln. Unter Verwendung der in Kap. 2.5
eingeführten Methode der komplexen Funktionen wollen wir zunächst
für einen zylindrischen Körper
von beliebiger Gestalt allge- y
meine Integralformeln für die P(S)
resultierende Kraft und das re-
sultierende Moment in inkom-
pressibler reibungsloser Strö-
mung ableiten, wie sie zuerst
von H. BLASIUS [5] angegeben
wurden.
x
Nach Abb. 6.7 sei in der
komplexen Strömungsebene
z = x + i y ein zylindrischer
Körper von beliebigem Quer-
schnitt mit der Kontur 0 ge-
ge ben. Der Körper werde mit
der Geschwindigkeit W oo an- Abb.6.7. Zur Berechnung der Kraft und des
Momentes auf einen beliebigen Körper in ebener
geströmt. Wir fragen nach der reibungsloser Strömung (BLASlussche Formeln)
resultierenden Kraft Pund dem
resultierenden Moment M, das von der Strömung auf den Körper aus-
geübt wird. Diese Größen sollen durch Integrale über die Geschwindig-
keitsverteilung längs der Kontur 0 des Körpers ausgedrückt werden. In
376 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

der hier vorausgesetzten reibungslosen Strömung werden Kräfte von


der Flüssigkeit auf den Körper lediglich durch Normalkiäfte auf der
Oberfläche des Körpers (Drücke) übertragen. Diese Kraft pro Breiten-
einheit des Körpers sei P mit den Kompo:nenten P x und P y. Die Druck.
verteilung auf der Körperkontur sei p(s). Dann gilt mit den Bezeich-
nungen nach Abb.6.7 für den Beitrag des Oberflächenelementes ds
zu den Komponenten der resultierenden Kraft
dP x = -pcoscpds = -pdy,
dP y = -psincpds = pdx.
Hierbei gilt nach Abb. 6.7 dx = -dssincp und dy =dscoscp.
Für die Komponenten der resultierenden Kraft folgt somit:
Px=-:P Pdy ; Py=:PPdx, (6,14)
wobei die Integrale über die Körperkontur C zu erstrecken sind.
Das Moment, welches der Körper in der strömenden Flüssigkeit
erfährt, werde bezogen auf den Ursprung x = y = o. Der Beitrag des
Oberflächenelementes ds in Abb. 6.7 zu diesem linksdrehenden Moment
ist:
dMo = xdPy - ydP", = p(xdx + ydy).
Somit ist das resultierende Moment für die Bezugsachse durch
x=y=O:
Mo = :P p(xdx ydy). + (6,15)

Die Druckintegrale in GI. (6,14) und (6,15) sollen nunmehr ausgedrückt


werden durch Integrale über die Geschwindigkeitsverteilung auf der
Kontur des Körpers.
Da die Körperkontur Stromlinie ist, gilt für sie nach GI. (2,9) die
Differentialgleichung der Stromlinie dx: dy = u: v, wobei u und v
die rechtwinkligen Geschwindigkeitskomponenten bedeuten. Mithin
gilt
udy~ vdx = o. (6,16)

Damit kann die Gl. (6,14) auch in der Form


P", = - :P pdy - (!:p (u 2 dy - uvdx),
(C) (C)

Py= + :P p d x + (! :P (v 2 d x - u v d y)
(C) (C)

geschrieben werden. Berechnet man den Druck auf der Kontur


mittels der BERNOULLlschen Gleichung durch die Geschwindigkeits-
verteilung, so erhält man
p = goo - ~ (u 2 +v 2 ), (6,17)
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 377

wobei goo = Poo +~ w~ den konstanten Gesamtdruck bedeutet. Da

die über die geschlossene Kontur zu erstreckenden Integrale ~ goc d x

und ~ (Joo dy verschwinden, erhält man durch Einsetzen von Gl. (6,17)
m die obigen Gleichungen:

Px = - ~ ~ [(u 2 - v 2 )dy - 2uvdx],


(0)

Py = - ~ ~ [(u 2 - v 2 )dx + 2u vdy].


(0)

Unter Benutzung der komplexen Geschwindigkeit


w(z) = u - iv (6,18)
nach GI. (2,153) sowie mit dz=dx + i dy und unter Einführung der
komplexen Kraft
(6,19)

lassen sich die beiden reellen Gleichungen für P x und P y, wie man leicht
verifiziert, zusammenfassen in die eine komplexe Gleichung

P = i ~ ~ w2 dz, (6,20)
(0)

wobei das Integral über die komplexe Geschwindigkeit w(z) wieder über
die Kontur 0 zu erstrecken ist. Dies ist die 1. Blasiussche Formel.
Eine analoge Umformung läßt sich auch mit der Formel (6,15) für
das resultierende Moment durchführen. Wegen Gl. (6,16) kann man
Gl. (6,15) zunächst in der Form schreiben:
Mo = :p P (x d x + y d y) - :p [x ( - v d x + u v d y) + y (u v d x -
(! 2 u 2 d y)J .
(0) (0)

Ersetzt man wieder nach Gl. (6,17) den Druck p durch die Geschwindig-
keitskomponenten auf der Kontur, so wird unter Beachtung von
~ (x dx + y dx) = 0 das Moment:

Mo = - ~ ~ [(u 2 - v 2 ) (xdx - ydy) + 2uv(xdy + ydx)].


(0)

Unter Einführung der komplexen Geschwindigkeit w nach Gl. (6,18)


läßt sich dies einfacher schreiben in der Form:

Mo = - ~ ffie ~ w2 zdz. (6,21)


(0)

Dabei bedeutet ffie den Realteil des über die Kontur zu erstreckenden
komplexen Integrals. Dies ist die ll. Blasiussche Formel.
378 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

6.222 Anderer Beweis der Kutta-J oukowskyschen Formel. Als erste


Anwendung der BLAsIUsschen Formeln wollen wir die KUTTA-Jou-
KOwsKYschen Formeln für eine beliebige Körperform nochmals exakt
beweisen. Wir nehmen an, daß außerhalb des in Abb. 6.7 gegebenen
Körpers die Geschwindigkeit überall endlich ist, d. h., daß außerhalb
der Kontur 0 des Körpers keine Singularitäten (Quellen, Senken,
Wirbel) vorhanden sind. Dann läßt sich die komplexe Geschwindigkeit
auf 0 und außerhalb 0 in eine TAYLoR-Reihe nach l/z entwickeln
in der Form:
Al A2
wz() = A
Z Z2
0+-+-+···. (6,22)

Die Koeffizienten A o und Al dieser Entwicklung haben die folgende


physikalische Bedeutung.
1. Für z ~ (X) ist w = woo , somit
(6,23)
Es bedeutet also A o die Geschwindigkeit der Translationsströmung.
2. Die Zirkulation um den Körper, rechtsdrehend positiv, ergibt
sich aus
r= - :pwdz= - :P(udx+vdy)-i:p(udy-vdx),
(0) (0) (0)

wobei die Integrale über die Kontur 0 im Gegenuhrzeigersinn zu er-


strecken sind und das letzte Integral Null ist, weil die Kontur Strom-
linie ist, vgI. GI. (6,16). Durch Einsetzen von GI. (6,22) kommt:

r= - rf.,
J (A 0 + ~ + A + .. .)dz =
Z
2
Z2
-2n-iA 1 . (6,24)
(0)

Der Koeffizient Al bestimmt also die Zirkulation längs der Körper-


kontur.
Wir berechnen nunmehr die resultierende Kraft der Strömung auf
den Körper nach der 1. BLAsIUsschen Formel GI. (6,20). Es ist

~w2dz = ~ (A o + ~1 + ~22 + ... ydz = 2~ AOzA I dz = 2 A o A 1 2n-i.


(0) (0) (C)

Somit wird unter Berücksichtigung von GI. (6,24):

:P w 2 dz = - 2A o r.
(C)

Damit wird nach GI. (6,20):

p = p x-i P y = - i (! Aor = - i (! (uoo - i voo) r


6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 379
und für die Komponenten der resultierenden Kraft:
(6,25)
Dies ist in Übereinstimmung mit GI. (6,11). Wir haben damit noch
einen dritten Beweis der KUTTA-J oUKOwSKYschen Formel erhalten.
Hiermit ist auch gleichzeitig gezeigt, daß die resultierende Kraft
senkrecht zur Anströmungsrichtung ist, mit anderen Worten, daß in
unendlich ausgedehnter reibungsloser Strömung die Kraft in der
Strömungsrichtung (Widerstand) bei beliebiger Körperform gleich Null
ist (D'ALEMBERTsches Pa-
radoxon). y
6.223 Nullauftriebsrich-
tung eines Profils (erste 0
Achse). Die oben abgelei-
teten BLAsIUsschen For-
meln können benutzt wer-
den, um allgemeine For-
meln für den Auftrieb und
das Kippmoment solcher
Profile anzuge ben, die
durch konforme Abbildung
erzeugt werden (Kap. 2.55).
Für diese allgemeinen For-
meln ist die explizite
Kenntnis der Abbildungs-
funktion nicht erforderlich.
Diese wird erst gebraucht,
wenn die Profilform und
ihre Geschwindigkeitsver-
teilung ermittelt werden
sollen.
In der z-Ebene sei nach
Abb. 6.8 ein Kreis K mit
dem Mittelpunkt z = Zo und Abb. 6.8. Zur Ermittlung der Nullauftriebsriehtung eines
dem Radius R gegeben. Profils. (1. Achse = Nullauftriebsrichtung)

Dieser werde durch die Ab-


bildungsfunktion C = j(z) in das Profil P der C-Ebene übergeführt.
Damit die Abbildung regulär ist, muß der Differentialquotient dC/dz
überall außerhalb des Kreises K von Null verschieden sein. Dabei soll
insbesondere der Punkt z = a des Kreises K übergeführt werden in
den Punkt C = a', welcher die scharfe Hinterkante des Profils bildet.
Das Profil möge den Hinterkantenwinkel2-r haben. In der Umgebung
des Punktes z = a wird somit der gestreckte Winkeln übergeführt in
380 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

den Winkel 2 (:n: - -r) der '-Ebene. Dann gilt für die Abbildungsfunk-
tion in der Umgebung der Hinterkante die Entwicklung
2 ("-T)
, - a' "-' (z - a)-"~ + reguläre Glieder.
Für den Differentialquotienten der Abbildungsfunktion in der Um-
gebung der Hinterkante folgt hieraus:
de 1-~
Tz "-' (z -a) ".

Falls -r <JJj2 ist, was hier angenommen werde, so ist also für die
Profilhinterkante (d'jdz)h = O. Ferner fordern wir, daß für große
Werte von z
z~=: (~:) = 1

sein soll, damit in der z- und '-Ebene in großem Abstand vom Kreis
bzw. Profil die Geschwindigkeiten nach Größe und Richtung gleich
sind.
Für den Kreis K der z-Ebene, der mit der Geschwindigkeit W oo
unter einem Winkel (t gegen die x-Achse angeströmt wird und in dessen
Mittelpunkt sich ein Wirbel mit der Zirkulation befindet, lautet die r
komplexe Strömungsfunktion entsprechend GI. (2,164):

(6,26)

Hieraus ergibt sich die komplexe Geschwindigkeit in der z-Ebene


Wz = dFjdz zu:
_ -i._ +i._~+ir_l~ (6,21)
Wz - W oo e W oo e (z - Zo )2 2 :n; Z - Zo .

Die Geschwindigkeit in der Umgebung des Profils ist dann nach


GI. (2,176):
dz
Wc = wZ(f[' (6,28)

Damit an der Hinterkante des Profils, wo (dzjdC)h = ist, die Ge- =


schwindigkeit Wc endlich bleibt (KuTTAsche Abflußbedingung), muß
gefordert werden, daß dort W z = 0 ist. Diese Forderung bestimmt die
r.
Größe der Zirkulation Mitz - Zo = Re- iß erhält man aus GL (6,27):
r = 4:n: Rwoo sin(1X + ß). (6,29)
Durch Einsetzen in GI. (6,27) ergibt sich für die Geschwindigkeits-
verteilung in der z-Ebene:
. .
wz=woo ( e-··-e+'· ( R2 )2 .
+2~Rsin(lX+
ß)-~.
1 )
(6,30)
Z-Zo Z-Zo
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 381

Hiermit wollen wir jetzt die 1. BLAsIUssche Formel GI. (6,20) aus-
werten, um den Auftrieb des Profils in der C-Ebene zu erhalten. Man
findet
Pe = P~ - i P~ = i ~ Pw~ dC,
(P)

wobei das komplexe Integral nach Abb. 6.8 über die Profilkontur P
in der C-Ebene zu erstrecken ist. Wir ersetzen We durch W z nach
GI. (6,28). Dies ergibt:
P .P . e+. 2( dz )2 d r . e rh 2 dz d (6,31)
"- ~ ~ = ~ 2 ~ Wz df "= ~ 2 J Wz df z,
(~ (K)
wobei jetzt die Integration über den Kreis K ~er z-Ebene zu er-
strecken ist.
Für die Abbildungsfunktion, die ja außerhalb des Kreises KaIs
regulär angenommen wurde, gelte für große Werte von z die Reihen-
entwicklung
r
,,= f (z) = z + Z~ + Z2
~ + ....

Dies ist offenbar eine Verallgemeinerung der JouKOwsKYschen Ab-


bildungs funktion GI. (2,178). Dann gilt für den Differentialquotienten
der Abbildungsfunktion dC/dz = 1 - k1/Z 2 - ••• und somit:

(6,32)

Bei Auswertung von GI. (6,31) mit Einsetzen von GI. (6,30) und (6,32)
bringt nur das Glied mit (z - zo)-l einen Beitrag. Man erhält:

PI;- iPry = -4n-eRw~sin(lX+ ß)e- i .,

und für den Betrag von P, der gleich dem Auftrieb ist,

A = 4n- e Rw~ sin(oc + ß). (6,33)


Für den dimensionslosen Auftriebsbeiwert CA = All ~ w~ ergibt sich
hieraus
CA = 8n- ~ sin(oc + ß). (6,34)

Die Konstanten ß und R sind geometrische Profilparameter, die durch


die Wahl des Bildkreises festgelegt sind.
Der Auftrieb ist Null für den Anströmwinkel
IX=OCO= -ß· (6,35)
Man bezeichnet diese ausgezeichnete Anströmrichtung als die 1. Achse
des Profils oder auch als Nullauftriebsrichtung des Profils.
382 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Man erhält diese wichtige Profilgröße, wenn man nach Abb.6.8


den Bildkreis in die Profilebene überträgt und den Mittelpunkt des
Bildkreises K mit demjenigen Punkt H auf dem Kreise verbindet, der
bei der Abbildung in die Profilhinterkante übergeht.
Für die schon in Kap. 2.563 behandelte angestellte ebene Platte ist
nach Abb. 2.57 der Radius des Bildkreises R = a und ß = 0 sowie die
Plattenlänge l = 4a. Damit erhält man aus GI. (6,34) für den Auf-
trie bs beiwert:

in Übereinstimmung mit GI. (2,197).


In gleicher Weise wie man aus der I. BLAsIUsschen Formel eine
allgemeine Beziehung für den Auftrieb erhält, läßt sich aus der
11. BLAsIUsschen Formel auch eine allgemeine Gleichung für das
Moment herleiten. Näheres hierüber findet man z. B. in [6].

6.23 Kreisbogenprofil sehr geringer Dicke


Als Anwendung der vorstehenden allgemeinen Betrachtungen sollen
Jetzt einige Beispiele behandelt werden. Der einfachste Fall eines auf-
triebserzeugenden Profils, die angestellte ebene Platte, wurde bereits
ausführlich in Kap. 2.563
Y erörtert. Als weiteres Bei-
spiel möge zunächst das
Kreisbogenprofil mit sehr
geringer Dicke (Kreis-
bogenskelett) gewählt wer-
den. Wie schon in Ka-
pitel 2.565 erwähnt, erhält
man das Kreisbogenprofil
durch konforme Abbildung
eines Kreises mit Hilfe
der JouKOwsKyschen Ab-
bildungs funktion

C= z + -.
a2
z (6,36)

Profilform. Als Bild-


kreis wählen wir in der
z-Ebene nach Abb. 6.9
einen Kreis, der durch die
Punkte z =+ a und
Abb. 6.9. Erzeugung eines Kreisbogenprofils durch
z = - a geht und dessen
konforme Abbildung (1. Achse = Nullauftriebsrichtung) Mittelpunkt im Abstand Yo
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 383

vom Ursprung auf der imaginären Achse liegt. Der Radius des Bild-
kreises ist
a
R = - - = a vi
1/--
c~ mit Cl = -a .
cosß
Yo
+ (6,37)

Als Bild des Kreises K wird in der '-Ebene ein doppelt durchlaufenes
Profil erhalten, das sich von C = - 2a bis C = 2a erstreckt, vgl. +
auch Abb. 2.64 b. Dieses Profil hat die Sehnenlänge
l = 4a
und die Wölbungshöhe fla = 2cI oder
t 1 1
T=2 cI =2 ß· (6,38)

Es läßt sich leicht zeigen, daß das Profil in der C-Ebene für beliebige
Werte von Cl ein Teil eines Kreises ist. Seine Parameterdarstellung
lautet:
~l = 41(1 + _____ 1---===-_) V-I-+-c-~ cos cp ,
1 + 2ei + 2el VI + ei sin<p
(6,39a)

= 41 (1 - 1 ) + VI + d sincp). (6,39b)
1 + 2ei + 2el VI +e;sincp
l
'f/ (Cl

Durch Zusammenfassung dieser beiden Ausdrücke findet man mit


cosß = I/vr+ ei die Kreisgleichung :

;2 + (rJ + ~ ctg 2 ß r = (- 2 si~ 2 ß r.


Für kleine Wölbungen, d. h. ei<::: 1, vereinfachen sich die Bezie-
hungen (6,39) folgendermaßen:

Hieraus kann die Profilform rJ unmittelbar als Funktion der Abszisse ;

n= +[
dargestellt werden:

11 = ~ [1 - 4 ( ~ 1 - 4(~ rJ . (6,40)

Dieses Profil wird auch als Parabelskelett bezeichnet.


Auftrieb und Kipprnoment. Die 1. Achse (Nullauftriebsrichtung)
ist in Abb. 6.9 eingetragen, sie bildet den Winkel ß mit der Sehne. Da
der Mittelpunkt 0 des Bildkreises den Abstand 1/2 von der Sehne hat,
kann die Nullauftriebsrichtung auch angegeben werden als die Ver-
bindungslinie der Profilhinterkante mit dem Scheitel, vgl. Abb. 6.9.
Der Auftriebs beiwert ist durch Gl. (6,34) gegeben. Mit den an-
gegebenen Werten von Rund l erhält man:
2 sin(ex + ß)
CA = 'Jf cosß . (6,41)
384 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Für kleine Wölbungen ist cosß = 1, so daß man mit ß nach GI. (6,38)
erhält:
(6,41 a)

Der Auftriebsanstieg dCA/der. ist also auch hier gleich 2:n:, ebenso wie
bei der angestellten ebenen Platte.
Die Berechnung des Kippmomentes um den in Abb. 6.9 angegebenen
Punkt 0 ergibt für den Kippmomentenbeiwert CM = Mjl' ~ w;,:
:n; • 2
CM = 4sm oe. (6,42)

Dabei ist in Abweichung von Abb. 6.7 das schwanzlastige Moment


positiv gerechnet. Dies ist der gleiche Wert wie für die unter dem
Winkel er. angestellte ebene Platte, wenn das Moment auf die Platten-
mitte bezogen wird, vgI. GI. (2,203). Diese Übereinstimmung rührt
daher, daß der Momentenbeitrag, der durch die Wölbung entsteht,
bezogen auf den Punkt 0 in der Mitte des Kreisbogenprofils gleich
Null ist.
Geschwindigkeitsverteilung. Die Geschwindigkeitsverteilung auf dem Kreis·
bogenprofil ist nach GI. (6.28):

IwclK= IW'!K! :~ !K' (6,43)

wobei der Index K die Werte auf der Kontur, also für z = i Yo R ei ,!, bedeutet. +
Die Geschwindigkeit in der z-Ebenc ist nach GI. (6,30) für z - Zo = Rei ,!,:
I W,IK = 2woo [sin(tp - <X)+ sin(<x +- ß)]· (6,44)
Hiernach sind die Staupunkte am Kreis K, wo Iw,IK = 0 ist,
Hinterkante: cp = - ß,
Vorderkante: tp =:Tl; + ß + 2<X.
Der Differentialquotient der Abbildungsfunktion ist nach GI. (6,36):

dz ! I z21K 1 + 2t:J + 2t:l VlTSf sincp


! d( K = I Z2 - a21K = 2 (1 + t:l) (sinß + sincp) .
(6,45)

Damit lautet der vollständige Ausdruck für die Geschwindigkeitsverteilung durch


Einsetzen von GI. (6,44) und (6,45) in GI. (6,43):

!WC,K-Woo
I _ [
cos<X
+.sln<x cosß - cosCP] 1
. ß+ .
+ 2t:l +(12t: VlTSf
1
2)
sintp
• (6,46)
sm smtp + t: 1

An der Hinterkante, cp = -ß, ist die Geschwindigkeit am Kreisbogenprofil


endlich, während sie an der Vorderkante, tp = :n; + ß, im allgemeinen unendlich
groß ist. Nur für den Zuströmwinkel Cl = 0 bleibt die Geschwindigkeit auch an
der Vorderkante endlich. Dies ist der Anstellwinkel des stoßfreien Eintritts.
6.2 Profiltheorie nach der konformen .Abbildung 385
Für kleine Wölbungen, el ~ 1, cosß"'" 1 und kleine .Anstellwinkel ce gilt:

WK = Woo (1 + 2el sinp + a tg ~), (6,47 a)

= W oo [1 ± 4 Tf V1 - 4 ( T)
~ 2
±a VI - ~ 1
2
1+2 T
~ , (6,47b)

wobei das +-Zeichen für die Profiloberseite und das --Zeichen für die Unter-
seite gilt. Das von der Wölbung abhängige zweite Glied stellt eine elliptische Ver-
teilung über; dar. Das anstellwinkelabhängige dritte Glied entspricht dem bei
der angestellten ebenen Platte gefundenen .Ausdruck (2,188).

- - exakt
- - - Nähl?runq

-aso -q25 0 0,25 0,75 tfKJ


~/t-
Abb.6.1O. Geschwindigkeitsverteilung der Kreisbogenprofile mit den Wölbungen fll ~ 0,05
und 0,15 bei stoßfreiem Eintritt, a ~ O. Nähernng nach GI. (6,47 b)

Die nach Gl. (6,46) für den stoßfreien Eintritt ce = 0 errechneten Geschwindig-
keitsverteilungen für zwei Kreisbogenprofile der Wölbungen III = 0,05 und 0,15
sind in .Abb. 6.10 dargestellt. Zum Vergleich wurde auch die Verteilung nach der
Formel für kleine Wölbungen GI. (6,47b) eingetragen. Die Übereinstimmung ist
für die kleine Wölbung sehr gut, während für die größere Wölbung einige .Ab-
weichungen vorhanden sind.
Von besonderem Interesse ist noch die größte Übergeschwindigkeit am Profil
infolge der Wölbung bei stoß freiem Eintritt (ce = 0). Diese erhält man in der Pro-
filmitte für ; = 0 aus GI. (6,47b) zu
WKmax = Woo (1 + 4+). (6,48a)
Durch den .Auftriebsbeiwert ausgedrückt, der bei stoßfreiem Eintritt nach
G1. (6,41a) CA = 4nfll ist, erhält man:

WKmax = W oo (1 + ~) . (6,48b)
Diese Gleichungen geben eine sehr einfache .Abschätzung der größten Über-
geschwindigkeit an einem sehr dünnen Kreisbogenprofil bei stoßfreiem Eintritt.
SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 25
386 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

6.24 Symmetrisches Joukowsky-Profil


Profilform. Als weiteres Beispiel möge noch das symmetrische JOUKOWSKY-
Profil behandelt werden. Wir erhalten es nach Abb. 6.11 ebenfalls durch die
Abbildungsfunktion nach GI. (6,36), wenn als Bildkreis in der z-Ebene ein Kreis
gewählt wird, dessen Mittelpunkt auf der negativen reellen Achse im Abstand X o
vom Ursprung liegt, und der durch den Punkt z = +a hindurchgeht, vgI. Ab b.2.64 a.
Der Radius dieses Kreises ist
mit (6,49)
Der Einheitskreis und der Bildkreis berühren sich im Punkt z = a, d. h. der
Winkel ihrer Tangenten ist dort Null. Da bei der konformen Abbildung die
Winkel erhalten bleiben, ist der Hinterkantenwinkel des JOUKOWSKy-Profils
Null. Die Profil kontur ergibt sich mit z = -xo + Rei'P aus GI. (6,36) in folgender
Parameter darstellung :

!= [(1 + C2) cosrp - c2] [1 + -1 + 2c2 (1 + ~2) (1 _ cosrp) ] (6,50a}

~ = (1 + C2) sinp [1 - 1 + 2cz(1 + lC2) (1 _ COSrp)]· (6,50b)

Für kleine Dicken, c~ ~ 1, ver-


y einfachen sich diese Gleichungen
zu:

La = 2 cosrp·
'

!l. = 2cz sinrp (1 - cos rp). (6,51)


a
Hiernach ist für sehr kleine Dicken
die Profiltiefe

.i.
a
= 4 (6,52)

und die Profildicke

(6,53)
TJ
Die maximale Dicke liegt bei
p = 120°, also im Abstand 1/4
von der Vorderkante aus ge-
-+o---+---"c:r-rI~-----3~h--- messen.
Eliminiert man in GI. (6,51)
denWinkel rp, so kann man den
linearisierten Ausdruck für die
1-------- l---------o~
Profilform unter Beachtung von
Abb.6.11. Erzeugung eines symmetrischen GI. (6,52) folgendermaßen schrei-
JOUKOWSKY-ProfiJs durch konforme Abbildung ben:

7= ~ cz ( 1 - 2
Wir bezeichnen diese Profilform als JouKowsKY-Tropfen.
nV ~ r.
I - 4( (6,54)
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 387
Auftrieb, Kippmoment. Die erste Achse (Nullauftriebsrichtung) des Profils
fällt mit der Symmetrieachse zusammen, ß = O. Der Auftriebsbeiwert ist nach
GI. (6,34):
R .
CA = 8 nTslllex.

Setzt man Rja nach GI. (6,49) und lja nach GI. (6,52) ein, so kommt
CA = 2n (1 + 10 2 ) sinex. (6,55)
Unter Einführung des Dickenverhältnisses djl nach GI. (6,53) wird:

CA=2n(I+0,77 ~)sinex. (6,55a)

Hiernach nimmt also der Auftriebsanstieg dCA/drx mit der Profildicke etwas zu.
Für das auf den Punkt 0 bezogene Kippmoment ergibt sich, wie hier ohne
Beweis angegeben werden möge:

(6,56)

Q.5 Q5 /0
"(/1-

Abb.6.12. Druckvertei.lung ei~es symmetrischen JOUKOWSKY.Profi!s, dll = 0,15.


bel verschiedenen Auftriebsbeiwerten cA

25*
388 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Die Lage des Angriffspunktes der Auftriebskraft (Druckpunkt) gemessen vom


Punkt G ist 8 = -M/A. Es ergibt sich nach Gl. (6,56) und (6,55):

8 CM I I 1
--- = - -
-
1
= - -
CA
= - -
4 1 82+ 4
(1 - 82)'

Um diesen Betrag liegt der Druckpunkt vor dem Punkt G, der im Abstand
X o = C2 a = c2' 1/4 vor der Mitte von 1 liegt. Der Druckpunkt liegt somit unab-
hängig von der Profildicke im Abstand 1/4 hinter der Nase.
Geschwindigkeitsverteilung. Für die Geschwindigkeitsverteilung auf der
Kontur des JOUKOWSKy-Profils erhält man durch eine ganz ähnliche Rechnung
wie beim Kreisbogenprofil :
1 + 2(1 + 2) (1 - cosrp)
WK = Woo [sin(rp - 0;) + sino;] ---'-~=='===='===:::::::':==­
28 8

(1 + C2) Vc~(1 - COSrp)2 + sin 2 rp


(6,57)

In Abb. 6.12 sind für ein symmetrisches JOUKOWSKy-Profil von 15% Dicke die
Druckverteilungen für verschiedene Auftriebsbeiwerte dargestellt. Beim Anstell-
winkel Cl = O(cA = 0) liegt das

MV-
;5 Druckminimum bei etwa 15%
der Tiefe hinter der Nase. Mit
~

/1
1; wachsendem Anstellwinkel rückt
"'"
es auf der Saugseite weiter nach
vorn und auf der Druckseite

//
.2
V weiter nach hinten.

1,/
Bezüglich der Theorie der
1.0 gewölbten JOUKOWSKy-Profile
Re-tl' sei auf die Beiträge in [7]
und [81 verwiesen. Ein ein-
Thf'OriI/ /..1'1~ssung faches graphisches Verfahren für
/! die Ermittlung der Geschwin-

/j
6
digkeitsverteilung ist von E.
<3'" TREFFTz [9] angegeben worden.
// Experimentelle Ergebnisse.
// Umfangreiche Dreikomponen-

o
\ /1 ~,*",$f~ /
tenmessungen an zahlreichen
J OUKOWSKY -Profilen sind in den
Ergebnissen der Aerodynami-
//
-0,2
I, schen Versuchsanstalt Göttingen
mitgeteilt worden [7]. Bezüglich
/1 der Momentenkurven CM(C A )
stimmen die Messungen für
-11' symmetrische Profile bis zu
"
-12' -8' o' 8' 12°
fe- großen Dicken, für gewölbte
Abb. 6.13. Auftrieb und Widerstand bei der ebenen Profile jedoch nur bei geringen
Strömung um ein JOUKOWSKY-Profil,
nach BETZ [10]; Profil nach Abb. 6.14 Dicken mit der Theorie über-
ein. Bei stark gewölbten dicken
Profilen sind beträchtliche Abweichungen vorhanden, die auf Reibungseinflüsse
zurückzuführen sind.
Einen Vergleich des Auftriebsbeiwertes in Abhängigkeit vom Anstellwinkel
nach der Theorie und nach Messungen von A. BETz [10] zeigt Abb. 6.13. Die Uber-
einstimmung ist im Anstellwinkelbereich Cl = -10 0 bis + 10 0 recht gut; die
6.2 Profiltheorie nach der konformen Abbildung 389
geringen Unterschiede sind auf Reibungseinflüsse zurückzuführen. Auch die theo-
retische und die gemessene Druckverteilung stimmen gut überein, wie man aus
Abb.6.14 erkennt.

6.25 Schlußbemerkung
In den vorangegangenen Abschnitten haben wir nur einige wenige besonders
charakteristische Profilformen mittels der Methode der konformen Abbildung
behandelt. Die in GI. (6,36) angegebene JouKOwsKysche Abbildungsfunktion ka.nn
man noch in verschiedener Weise verallgemeinern und dadurch weitere Profil-
formen aus der Kreisabbildung erzeugen. Wenn z. B. in Abb. 6.11 der Bildkreis
nicht durch den Punkt +a auf der reellen Achse, sondern durch einen etwas
seitlich davon liegenden Punkt läuft, dann geht die scharfe Hinterkante des

I'-.. ~
I~-

\ Unterleite
"
,
I
-- ~
/'
o
./"
~ \'
~81b-8-q5 I a;~6° I : i"""
"'- -(0
/
11 ...?'I~ ~ --l1essung
eS' -I)
Theorie r---
~-'

W r-T
Oberseifrl Re-1O'
----- ~

-~5
o & M • • • • W • ~ W
x/l
Abb. 6.14. Vergleich der theoretischen und gemessenen Druckverteilung für ein JOUKOWSKY-
Profil bei gleichem Auftrieb, nach BETZ [10]

gewöhnlichen J OUKOWSKY -Profils in eine abgerundete Hinterkante über. Das


allgemeine JOUKOWSKy-Profil mit kreisbogenförmiger Skelettlinie ergibt sich
z. B. durch Abbildung eines exzentrisch gelegenen Bildkreises mit dem Mittelpunkt
Zo = X o + i Yo, vgI. Abb. 2.64c. Weitere Verallgemeinerungen der JOUKOWSKY-
sehen Abbildungsfunktionen stammen von TH. v. KARMAN und E. TREFFTZ [l1J,
wobei jeweils die Profildicke, die Wölbungshöhe und der Hinterkantenwinkel
freie Parameter sind. Die Form der Skelettlinie ist jedoch wie bei den JOUKOWSKY-
Profilen kreisbogenförmig gewölbt, was eine starke Druckpunktwanderung her-
vorruft. Um diesem Umstand abzuhelfen, haben A. BETZ und F. KEUNE [1:2]
entsprechende Abbildungsfunktionen angegeben.
Die Methode der konformen Abbildung zur Ermittlung der aerodynamischen
Eigenschaften eines Profils besitzt den Nachteil, daß man zunächst eine Ab-
bildungsfunktion vorgeben muß und die sich daraus ergebende Profilform mit
dem vorgelegten Profil vergleichen muß. Im allgemeinen wird es nicht möglich
sein, im voraus die richtige Abbildungsfunktion zu kennen, welche die vorgegebene
Profil form auf den Kreis abbildet. Näherungsweise läßt sich diese Aufgabe, ins-
besondere im Hinblick auf die Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung
390 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

(Druckverteilung) an der Profiloberfläche nach E. TREFFTZ [9] sowie TH. THEo-


DORSEN und J. E. GARRICK [13] lösen. Wir gehen auf eine nähere Besprechung der
Methoden zur Behandlung der Profiltheorie mittels der konformen Abbildung
nicht weiter ein, da sich in neuerer Zeit die Singularitätenmethode, die wir im fol-
genden behandeln, als zweckmäßiger und einfacher zur Berechnung der Ge-
schwindigkeitsverteilung um ein vorgegebenes Profil erwiesen hat. Darüber hin-
aus geben wir der Singularitätenmethode gegenüber der Methode der konformen
Abbildung den Vorrang, weil die letztere ausschließlich auf das ebene Problem
beschränkt ist, während die Singularitätenmethode auch auf das räumliche Pro-
blem (Tragflügel endlicher Spannweite) übertragen werden kann. Der große Wert
der Methode der konformen Abbildung bleibt dennoch erhalten: Er liegt darin,
daß man für bestimmte Profilformen exakte Lösungen für die Geschwindigkeits.
verteilung angeben kann und diese zum Vergleich mit Näherungslösungen heran-
ziehen kann, die man z. B. nach der Singularitätenmethode erhält.

6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode


6.31 Allgemeines
Zur Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung um ein vorgegebe-
nes Tragflügelprofil wurde in Kap. 6.2 die Methode der konformen
Abbildung behandelt. Eine andere Möglichkeit zur Berechnung der
aerodynamischen Eigenschaften von Tragflügelprofilen liefert die

Sin!JullJriliiten

Troplen (lilei/en, Senken

~E---'---===-- .)( )( )( )( X
b

Skelelf, Ansfe//wiokel Wirbel


-------
a~- .-'::-=-"
U"" C
Abb. 6.15. Zur Singularitätenmethode; a) gewölbtes Profil endlicher Dicke mit Anstellwinkel a·
b) symmetrisches Profil endlicher Dicke bei symmetrischer Anströmung, a = 0, '
c) sehr' dünnes Profil mit Anstellwinkel

Singularitätenmethode. Diese besteht darin, daß man im Innern des


Profils Quellen, Senken und Wirbel anordnet und dabei durch Über-
lagerung mit einer Translationsgeschwindigkeit geeignete Körper-
konturen (Profile) erzeugt. Der Grundgedanke dieses Verfahrens wurde
bereits in Kap. 2.357 erläutert, wo z. B. durch Überlagerung einer
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 391

Quelle mit einer Parallelströmung die Strömung um den sog. ebenen


Halbkörper ermittelt wurde, Abb. 2.26. Dabei kommt der Strömung
im Innern des Körpers keine physikalische Bedeutung zu. Zur Er-
zeugung eines symmetrischen Profils bei symmetrischer Anströmung
(Profiltropfen) benötigt man nur Quellen und Senken, während für
die Erzeugung einer Profilwölbung (Skelett) zusätzlich noch Wirbel
im Profilinneren anzuordnen sind. Dieses ist in Abb. 6.15 schematisch
dargestellt. Diese Quellen, Senken und Wirbel bezeichnet man als
Singularitäten der Strömung. Meistens ist es erforderlich, die Singula-
ritäten nicht diskret, sondern kontinuierlich über die Profiltiefe zu
verteilen.
Es ist zweckmäßig, zunächst das sehr dünne Profil (Skelett-
profil) zu behandeln. Die hierfür entwickelte Skelett-Theorie liefert
bereits alle wesentlichen Ergebnisse über den Auftrieb des Profils
(Kap. 6.32). Zur Darstellung des Skelettprofils benötigt man lediglich
eine Wirbelverteilung. Das symmetrische Profil endlicher Dicke (Profil-
tropfen) bei symmetrischer Anströmung (Anstellwinkel Null) erhält
man durch Quell- und Senkenverteilungen. Hierbei ergibt sich die Ver-
drängungsströmung in der Umgebung des Profils (Kap. 6.33). Das ge-
wölbte Profil endlicher Dicke mit Anstellwinkel erhält man im wesent-
lichen durch Überlagerung einer Skelettlinie mit einem Profiltropfen
(Kap. 6.34).

6.32 Sehr dünne Profile (Skelett-Theorie)


6.321 Grundlagen der Skelett-Theorie. Wie vorstehend bereits
ausgeführt wurde, erhält man das sehr dünne Profil (Skelettprofil)
durch die Überlagerung einer Wirbelverteilung längs der Profiltiefe
mit einer Translationsströmung: Man bezeichnet diese Theorie deshalb
auch als die Theorie der tragenden Wirbelfläche. Sie wurde zuerst von
W. BIRNBAUM und W. ACKERMANN [14] sowie H. GLAUERT [15] an-
gegeben und später insbesondere durch Arbeiten von F. RIEGELS [16],
F. KEUNE [17] und J. ALLEN [18] erweitert.
Den folgenden Betrachtungen wird ein Koordinatensystem nach
Abb.6.16a zugrunde gelegt. Danach fällt die Profilsehne mit der
x·Achse zusammen. Der Koordinatenanfangspunkt befindet sich in
der Profilvorderkante. Die Skelettlinie ist durch z(s) (x) gegeben.
Nach Abb. 6.16a denkt man sich die Skelettlinie mit einer kon-
tinuierlichen Wirbelverteilung belegt. Wir machen die Annahme, daß
das Skelettprofil nur schwach gewölbt ist, so daß es sich nur wenig
über die Profilsehne (x.Achse) erhebt. In diesem Fall kann man die
Wirbelverteilung statt auf der Skelettlinie auf der Sehne anordnen
(Abb.6.16b). Hierdurch tritt für die mathematische Behandlung des
Problems eine wesentliche Vereinfachung ein.
392 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Die Wirbelstärke eines Streifens der Breite dx der Wirbelfläche be-


trägt nach Abb. 6.16b:
dr= k(x)dx. (6,58)
Hierin bedeutet k die Wirbeldichte (Wirbelstärke pro Längeneinheit)
oder die Zirkulationsverteilung. Durch Anwendung des BIOT-SAvART-
sehen Gesetzes, vgI. Kap. 2.48, erhält man für die von der Wirbel-
verteilung an einer Stelle x, z induzierten Geschwindigkeitskompo-
nenten in x- bzw. z-Richtung:
I

u(x, z) = - 12 ~)2-+
:n; jk(x')-(x- x :<
2 dx', (6,59a)
o
I
x-x' I
w(x, z) = - 21:n; j k(x') (x-x ')2 + z2 dx . (6,59b)
o
z Für sch'Yach gewölbte Pro-
Ske/elilinie, Z (s) file sind die Geschwindig-
~or-"""""",-.c,
keitskomponenten am Ort
.:r:
der Skelettlinie annähernd
gleich den Werten auf der
Profilsehne (z = 0). Bildet
man aus GI. (6,59) die Grenz-
werte z -J>- 0, dann erhält
man für die Geschwindig-
keitskomponenten auf der
Sehne:
1
u(X) = ± -2- k(X), (6,60a)
1
1 ( ,dX'
c w(X)=-2:n; .. k(X)x_x"
o
(6,60b)
x= f Mit laIs Profiltiefe wurden
die dimensionslosen Größen
Abb. 6.16. Erläuterungsskizze zur Skelett-Theorie.
X Zi 8 )
a) Anordnung der Wirbelverteilung auf der Skelett-
linie, b) Anordnung der WirbelverteUung auf der X = T und Z(s) = -l- (6,61)
Sehne (schwach gewölbte Profile), c) Zirkulations-
verteilung längs der Sehne (schematisch)
eingeführt.
Die Geschwindigkeitskomponente u ist proportional der Wirbel-
dichte. Das obere Vorzeichen gilt für die Profiloberseite, das untere
für die Unterseite. Beim Durchgang durch die Wirbelschicht ändert
sich die Geschwindigkeitskomponente u sprunghaft um den Betrag
LI u = uo - Uu = k,
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 393

vgl. hierzu auch Abb. 2.35. Das Integral für die Geschwindigkeits-
komponente w enthält bei X' = X eine singuläre Stelle l .
Die Verteilung der Wirbeldichte über die Sehne ergibt sich aus der
kinematischen Strömungsbedingung, daß die Skelettlinie eirie Stromlinie
ist. Dabei wird der Wirbelverteilung eine Translationsgeschwindig-
keit U<Xl überlagert, welche mit der Sehne den Anstellwinkel (X bildet,
Abb.6.16.
Die kinematische Strömungsbedingung kann auch so formuliert
werden, daß in jedem Punkt der Skelettlinie die resultierende Ge-
schwindigkeitskomponente normal zur Skelettlinie verschwinden muß.
Im Rahmen der vorliegenden Näherung ist es ausreichend, diese Be-
dingung statt auf der Skelettlinie auf der Sehne zu erfüllen. Somit er-
gibt sich:
U<Xl [ IX -
dZ('} (X) ]
dX +
w(X) = O. (6,62)
Diese Gleichung verknüpft den Anstellwinkel (X und die Ordinaten des
Skeletts Z(8) mit den induzierten Normalgeschwindigkeiten w.
Zwischen der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profiloberfläche
und der Wirbeldichte besteht bei Annahme kleiner Anstellwinkel
nach GI. (6,60a) die Beziehung:

U(X) = U oo + u(X) = U oo ± 1
2k(X). (6,63)

Nach der KUTTAschen Abflußbedingung, Kap. 6.13, müssen die Ge-


schwindigkeiten auf der Profilunter- und -oberseite an der Hinterkante
gleich groß sein. Diese erfordert nach GI. (6,63):
k = 0 für X = 1. (6,64)
Nach der BERNOULLlschen Gleichung erhält man den Druckunterschied
zwischen der Unter- und Oberseite zu Pu - Po = (] U<Xl LI u = (] U<Xl k.
Für den dimensionslosen Druckbeiwert wird

(6,65)

mit qro = (] U'?x,/2 als Staudruck der Anströmung. Die Verteilung der
Wirbeldichte gibt somit unmittelbar die Lastverteilung über die Profil-
tiefe. Aus der Verteilung der Wirbeldichte längs der Profiltiefe ergibt
sich die Gesamtzirkulation um das Profil zu
I 1

r = f k(x) dx = l f k(X) dX.


o 0

1 Es ist von dem Integral der CAucHysche Hauptwert zu nehmen:

!im {
E~O
.r ... dX' + II
x-e

0
... }
X+8
dX' .
394 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Da zwischen dem Auftrieb und der Zirkulation eines Flügels der Breite b
nach KUTTA-JOUKOWSKY, Gl: (6,12), der Zusammenhang
A=eUoo br
besteht, gilt für den Auftriebsbeiwert CA = Ajqoo b 1 die Beziehung:

I I
1 1

CA = ~oo k(X) dX = Ll Cp (X) dX. (6,66)


o 0

Die zweite Gleichung für CA erhält man in bekannter Weise auch,


wenn man den Auftrieb aus dem Druckintegral nach GI. (6,1) er-
mittelt.
Das auf die Profilvorderkante bezogene Kippmoment ist

I
I

M = - b (Pu - Po) x d x, wobei schwanzlastige Momente positiv ge-


o
rechnet werden. Hieraus folgt für den Momentenbeiwert CM = Mjqoobl 2
die Beziehung:

I k(X) X dX I
1 1

CM = - ~oo = -- Ll Cp (X) X dX. (6,67)


o 0

6.322 Berechnung der Skelettlinie aus der Zirkulationsverteilung


(I. Hauptaufgabe). Die Aufgabe, zu einer vorgegebenen Zirkulations-
verteilung k(X) die Form der Skelettlinie zu ermitteln, erfordert zwei
Schritte. Zunächst erhält man aus GI. (6,60b) die Verteilung der indu-
zierten Abwärtsgeschwindigkeit w(X) längs der Profilsehne. Setzt man
diese Verteilung in die kinematische Strömungsbedingung, GI. (6,62),
ein, so ergibt sich aus dieser nach Integration über X für die Form der
Skelettlinie :
x
Z(S)(X) = !XX + .j" w(X)
Uoo
dX. (6,68)
o

Diese Aufgabe nennt man auch die erste Hauptaufgabe der Skelett-
Theorie.
Diese beiden Schritte lassen sich in eine Gleichung zusammenfassen,
wenn man GI. (6,60b) in GI. (6,68) einsetzt und die Integration über
X ausführt. Die dabei auftretende Integrationskonstante wird so be-
stimmt, daß an der Vorderkante und an der Hinterkante die Ordinaten
der Skelettlinie verschwinden. Damit erhält man für die Skelettlinie :

I
1

Z(s)(X) = !XX - 2~ ~ir~) In I X ~/X' IdX'. (6,69)


o
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 395

Für den gegen die Sehne gemessenen Anstellwinkel ~ folgt hieraus


wegen Z(S) (1) = 0:

QI;
= _1_
2:n:.
r
1
k(X') ]n} - X' dX'
U OO X' .
(6,70)
o

Die auftretenden Integrale lassen sich durch einfache Summenformeln


auswerten, wie in Kap. 6.34 gezeigt wird.
Ansätze von Birnbaum-Ackermann und Glauert für die Zirku-
lationsverteilung. Im Anschluß an die BIRNBAuM-AcKERMANNschen
Untersuchungen über das ebene Problem des Tragflügels hat H. GLAU-
ERT [15J für die Zirkulationsverteilung den folgenden FouRIERschen
Reihenansatz vorgeschlagen:

k(rp) = 2U oo (A o tg ~ +n~ Ansinnq;). (6,71)

Dabei ist 1
X = 2 (1 + cos q;) (6,72)

und somit für die Vorderkante X = 0 und q; = n und für die Hinter-
kante X = 1 und q; = O. Der Ansatz nach GI. (6,71) erfüllt für jedes
Glied die KUTTAsche Abflußbedingung nach GI. (6,64).
Wird der Ansatz für die Zirkulationsverteilung GI. (6,71) in die
Gleichung für die induzierte Geschwindigkeit Gl. (6,60b) eingesetzt,
dann erhält man für diese:

w(!p) = _ ~ (A o r'" 1 - cos!p' , dq;' + 1: An r'" sin n!p' sin(p', dq;'),


U 00 :n:. cos !p - cos!p n~ 1 . cos rp - cos rp
o 0

Die auftretenden .Integrale lassen sich nach der von H. GLAUERT [15],
S. 82, erstmalig angegebenen Beziehung

~
:n:.
r'" cos n rp'
cos !p - cos rp'
d' =
q;
_ sin n rp
sin rp
(6,73)
o
elementar auswerten. Somit ergibt sich für die induzierte Abwärts-
geschwindigkeit der einfache Ausdruck:

:OJ:) = - (A o + n~ An cosnq;). (6,74)

Setzt man dieses in die kinematische Strömungsbedingung GI. (6,62)


ein, so ergibt sich der folgende Zusammenhang zwischen den
FOURIERSQhen Koeffizienten, der Skelettlinie und dem Anstellwinkel:
dZ IS ) (X)
+ L: Ancosnq; =
S
Ao QI; - dX . (6,75)
n~l
396 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Bei vorgegebener Zirkulationsverteilung ist dieses eine Differential-


gleichung für die SkelettJinie Z(s) (X).
Ist jedoch andererseits die Skelettlinie vorgegeben, so lassen sich
die Koeffizienten der Zirkulationsverteilung nach GI. (6,75) durch
FOuRIER-Analyse ermitteln durch die Beziehungen:

(6,76a)

An = 2
--
n
J--cosnmdm
11:

dZ<sl
dX 't' 't'
(n=1,2, ... ,N). (6,76b)
o
Sämtliche Koeffizienten hängen nur von der Form der Skelettlinie
ab, der Koeffizient A o darüber hinaus noch vom Anstellwinkel.
Auftrieb und Kippmoment. Der Auftriebsbeiwert ergibt sich aus
GI. (6,66), wenn man den Ansatz für die Zirkulationsverteilung nach
GI. (6,71) in Verbindung mit GI. (6,72) einsetzt und die Integration
ausführt, zu 1
(6,77)

In gleicher Weise erhält man nach GI. (6,67) den Momentenbeiwert


bezogen auf die Profilvorderkante zu l

CM = - : (2A o + 2A l + A 2 ), (6,78a)
n
= -
1
4-CA - 4(A l +A 2 }· (6,78b)

Diese Formeln wurden erstmalig von M. MUNK [19] angegeben.


Die Birnbaum-Ackermannschen Normalverteilungen. Die ersten
zwei Glieder in GI. (6,71) sind die beiden ersten BIRNBAuMschen
Normalverteilungen, die besonders einfache Skelettlinien darstellen.
Erste Normalverteilung (angestellte ebene Platte). Die Zirkula-
tionsverteilung ist:
k = A o k[ = 2 U00 A o tg 2rp = VI-X
2 U 00 A o -X-- . (6,79}

Die Verteilung k[ ist in Abb. 6.17a dargestellt. Die induzierte Abwärts-


geschwindigkeit ergibt sich aus GI. (6,74) zu wjUoo = -A o und damit

;: = -1.

1 Bei der Auswertung der Integrationen über rp verschwinden die meisten


Integrale wegen der Orthogonalitätsbeziehungen der trigonometrischen Funk-
tionen.
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 397

Aus der kinematischen Strömungsbedingung GI. (6,75) folgt ferner,


daß die ProfilneigungdZ(S)/dX konstant sein muß, was nur bei Z(S) - 0
möglich ist. Somit ist
(6,80)
womit gezeigt ist, daß die erste BIRNBAUMsche Normalverteilung die
.angestellte ebene Platte darstellt. Die induzierte Abwärtsgeschwindig-
keit und die Profilform sind in Abb. 6.17a wiedergegeben.

6
;:

r"
--:Yf:,J.--------,~r_ 0 - 0
X~~b 1
X
0

Abb.6.17. Die beiden ersten BIRNBAlJM-AcKERMANNschen Normalverteilungen.


a) Die angestellte ebene Platte, b) das Parabelskelett

Aus GI. (6,77) erhält man für den Auftriebsbeiwert zusammen mit
GI. (6,80):
CA = 2:7r A o = 2:7ra (6,81)
und für den Momentenbeiwert aus GI. (6,78):
:n; 1
cM = - "2 a = - "4 CA' (6,82)

Alle hier für die angestellte ebene Platte gefundenen Ergebnisse stim-
men mit der exakten Lösung nach der konformen Abbildung, Kap.2.563,
für kleine Anstellwinkel (X überein.
398 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Zweite Normalverteilung (Parabelskelett). Die Zirkulationsverteilung


ist
(6,83)
Es ist eine elliptische Verteilung nach Abb. 6.17b. Die induzierte Ab-
wärtsgeschwindigkeit ergibt sich aus GI. (6,74) zu
W/I
-
Uoo = - coscp = - (2X - 1).
Diese ändert sich nach Abb. 6.17b linear über die Tiefe.
Die Form der Skelettlinie ergibt sich nach GI. (6,68) zu:

Z(s) = A1X(l - X) = 4fX(l - X) mit IX = O. (6,84)

Dieses ist ein Parabelskelett mit der Wölbungshöhe fjl = A 1 j4,


Abb.6.17b.
Für den Auftriebsbeiwert erhält man nach GI. (6,77):
f
cA='JI:A 1 =4'J1:y. (6,85)

Für den Momentenbeiwert wird nach GI. (6,78):


n f (6,86)
CM= -2A1= -2'J1:y.

Der Vergleich der vorstehenden Ergebnisse mit denjenigen nach der


konformen Abbildung, Kap. 6.23, für (X = 0 und kleine Wölbungen fjl
ergibt völlige Übereinstimmung.
Konstante Zirkulationsverteilung. Schließlich möge noch der Fall
der konstanten Zirkulationsverteilung längs der Profil tiefe betrachtet
werden:
(6,87)
Für die Skelettlinie und den Anstellwinkel wird nach GI. (6,69) und
(6,70) :
Z(S)(X)=-~[(I-X)ln(l-X)+XlnX] mit IX=O. (6,88)
n
Diese Skelettlinie ist in Abb. 6.18b als Kurve (2) dargestellt. Die größte
Wölbung beträgt fjl = (In2j'JI:) 0 = 0,221 0 und liegt bei 50% der Profil-
tiefe. Diese Skelettlinie findet bei den NACA-Profilen der 6-Serie
Verwendung, vgI. Abb.5.6c (a = 1,0). Den Auftriebsbeiwert erhält
man nach GI. (6,66) zu:
4n f
CA = 40 = In2 y. (6,89)

Zum Vergleich sind in Abb. 6.18 die elliptische Zirkulationsverteilung


(zweite BmNBAuMsche Normalverteilung) und die zugehörige Parabel-
skelettlinie für den gleichen Auftriebsbeiwert CA = 1 mit eingetragen.
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 399

6.323 Berechnung der aerodynamischen Beiwerte. Es sollen nun-


mehr Formeln bereitgestellt werden, welche es gestatten, die aero-
dynamischen Beiwerte unmittelbar aus der vorgegebenen Skelettlinie
zu berechnen. In GI. (6,77) und (6,78) wurden bereits die Formeln zur
Berechnung des Auftriebs- und Momentenbeiwertes aus den Koeffizien-
ten der Zirkulationsverteilung angegeben.

V --- - -K ~
Il

'"\
2
/
CA~1,O
I
I
0,2 0,3 0,5 o,r;
o,~
x_ 0,7 0,8 0,9 1,0

~:lfH11
o m ~ U M
x-
U
t#flJ
M U M U W

Abb. 6.18. Zirkulationsverteilung (a) und Skelettlinienform (b) für konstante und elliptische
Verteilung längs Profiltiefe beim Auftriebswert CA ~ 1,0. (1) für konstante Verteilung,
(2) für elliptische Verteiluug

Auftrieb. Setzt man in GI. (6,77) die Koeffizienten A o und Al nach


GI. (6,76) ein, so ergibt sich für den Auftriebsbeiwert:

CA = 2:7& (IX - ! I" ddZ;;1 (1 + costp) dtp) . (6,90)


o
Für den Auftriebsanstieg erhält man hieraus
dCA _ 2
da. - :7&. (6,91)

Der Anstellwinkel, bei dem der Auftrieb verschwindet, wird als Null-
auftriebswinkel (xo bezeichnet. Er folgt aus GI. (6,90), wegen CA = 0, zu

lXo = .!.
n.
f" ddZX(SI (1 + costp) d (p = -
n
"
~J 1Z(SI (tp) d tp,
- costp
(6,92)
o 0

wobei das zweite Integral sich durch eine partielle Integration ergibt.
Kippmoment. Für die Abhängigkeit des Momentenbeiwertes vom
Auftriebsbeiwert gilt nach GI. (6,78b):

(6,93)
400 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Hierfür kann man auch schreiben:

CM =
dCM
dCA C.i + CMO· (6,94)

Nach GI. (5,55) ist -dCMldcA= xNIl die Neutralpunktlage. Mithin


gilt für den Abstand des Neutralpunktes von der Profilvorderkante:
XN 1
- l ~"4' (6,95)
Es ist bemerkenswert, daß die Neutralpunktlage für schwach gewölbte
Skelettprofile unabhängig von der Profilform ist.
Für den Nullmomentenbeiwert cMO =- : (Al + A 2) findet man
nach Einsetzen der Beziehungen für Al und A 2 nach GI. (6,76):

eMO
.
= 21 J" ddZX(S) (costp + cos2tp) dtp = -J" 2 co;cp - cos2CPZ(s)(tp) dtp.
-~cP
o 0 (6,96)
Stoßfreier Eintritt. An der Profilvorderkante, X = 0, d. i. tp = 7t,
ist im allgemeinen nach GI. (6,71) die Wirbeldichte und damit die Ge-
schwindigkeit unendlich groß. Es gibt jedoch einen Anstellwinkel,
bei dem die Geschwindigkeit an der Vorderkante endlich bleibt. Für
diesen wurde bereits in Kap. 6.23 die Bezeichnung Anstellwinkel des
stoßfreien Eintritts eingeführt. Man erhält den Anstellwinkel des stoß-
freien Eintritts (xs nach GI. (6,71) aus der Bedingung A o = O. Mit
GI. (6,76a) ergibt sich:

oe

=~ r"
:n;..
dZ(S) d
dX tp
= - ~
:n;.
r" ~os cP Z(s) ( ) d .
sm2 rp tp tp (6,97)
o 0

Der zugehörige Auftriebs beiwert ist nach GI. (6,77) CAs =nA I ; mit-
hin nach GI. (6,76b):

CAs = - 2 f"
.
dZIS)
dX costp dtp = 4
J"-. ZI") (rp)
-2-dtp.
sm cp
(6,98)
o 0

Saugkraft. Bei nicht stoßfreiem Eintritt wird die Vorderkante


mit unendlich großer Geschwindigkeit von unten nach oben oder von
oben nach unten umströmt. Die hierdurch in der Umgebung der Vor-
derkante verursachten großen Unterdrucke liefern eine an der Vorder-
kante nach vorn angreifende Kraft, für die in Kap. 2.563 bereits die
Bezeichnung Saugkraft eingeführt wurde. Für den Beiwert der Saug-
kraft Cs = Bjqoo b l kann man die folgende Beziehung herleiten:

J
I

Cs = - ---;-
Uoo
k(X) w(X) dX.
o
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 401

Werden hierin GI. (6,71) und GI. (6,74) eingesetzt, so folgt


(6,99)

Mit CA nach GI. (6,77) und CAs = ~Al ergibt sich:

(6,99a)

Hiernach ist also bei stoßfreiem Eintritt die Saugkraft Null; sie wächst
quadratisch mit (CA - CAB)'
Bei einer vorgegebenen Zirkulationsverteilung k(X) erhält man den
Koeffizienten A o nach GI. (6,71) durch den folgenden Grenzübergang:
1 . k(X)
A o ="2U hm
00 x-+o
V-X .
Für die Berechnung der verschiedenen Beiwerte werden Integral-
formeln angegeben, in denen nebe!l bestimmten von fP abhängigen
Funktionen nur die Verteilung der Skelettordinaten Z(s) (rp) vorkommen.
Im Kap. 6.34 werden noch einfache Summenformeln zur numerischen
Auswertung der Integrale angegeben.
Beispiele. Im folgenden sollen die vorstehend abgeleiteten Be-
ziehungen für die aerodynamischen Beiwerte auf einige Beispiele an-
gewendet werden. Wir wählen dazu solche Skelettlinien, wie sie in
Kap. 5.13 erläutert wurden, vgl. Abb. 5.6 und 5.7.
Das gleichförmig gewölbte Skelett. Unter einem gleichförmig ge-
wölbten Skelett sei eine Form verstanden, die im Bereich des Profils
o < X < lohne Wendepunkt ist. Ein Ansatz hierfür wurde durch Er-
weiterung des Parabelskeletts in GI. (5,28) angegeben. Dabei handelt
es sich um eine Skelettlinienform mit den beiden Parametern f/l = Wöl-
bungshöhe und X,= xtll=Lage der größten Wölbung, vgl. Abb. 6.19a.
Nach E. TRUCKENBRODT [20] erhält man aus den vorstehenden For-
meln:
Nullauftriebswinkel : (6,100a)

Nullmomentenbeiwert : (6,100b)

Anstellwinkel des
1 f 1 - 2X,
stoßfreien Eintritts: (6,100c)
2 T XI (1 - Xi) ,

Auftriebsbeiwert des
stoßfreien Eintritts: (6,100d)
Schlichting/Truckenbrodt. Aerodynamik I 26
402 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Diese Beiwerte sind in Abb. 6.19b über der Wölbungsrücklage Xi dar-


gestellt. Für den Fall des einfachen Parabelskeletts (XI = 1/2) gelten
die Zahlenwerte:

OCo= -2+; CMO= -:rr+; oc8 =0; CA8 = 4:rrf· (6,101)


Das ungleichförmig gewölbte Skelett. Unter einem ungleichförmig
gewölbten Skelett wird eine Form verstanden, die auch Wendepunkte
besitzt. Ebenfalls als Erweiterung des einfachen Parabelskeletts wurde
ein Ansatz für das Profil in GI. (5,30) angegeben.
Für die Beiwerte erhält man durch Ausführung der Integration:

Nullauftriebswinkel: OCo =-;(4+3b), (6,102a)

Nullmomentenbeiwert : CMO= - ~ a(8+7b), (6,l02b)

Anstellwinkel des
1
stoßfreien Eintritts: OC8 = --ab, (6,102c)
8
Auftriebsbeiwert des
stoßfreien Eintritts: CA8 = ; a(2 + b). (6,102d)

Aus der vorliegenden Skelettfamilie erhält man nach den Aus-


führungen in Kap. 5.32 das druckpunktfeste Profil, wenn man CMO = °
setzt. Aus GI. (6,102b) folgt dann sofort b = - 8j7. Dieses Skelett
besitzt nach Abb. 5.7 c einen S-Schlag. Der Fall b = stellt wieder °
das einfache Parabel skelett dar, für das die Werte nach GI. (6,101)
gelten.
Der Zusammenhang der geometrischen Profilparamet~r Wölbungs-
rücklage und Lage des Wendepunktes mit dem Parameter b wurde in
GI. (5,31) angegeben.
NACA-Skelettlinien. In der NACA-Systematik werden verschiedene
Skelettlinienformen verwendet.
Vierziftrige N AGA-Profile (NACA Rep. Nr. 460 [28J). Der ana-
lytische Ausdruck für. die Skelettlinien ist durch GI. (5,22) gegeben.
Auf die Wiedergabe der Beziehungen für die verschiedenen aerodyna-
mischen Beiwerte wird verzichtet. In Abb. 6.20 ist das Ergebnis für
den Null auftriebs winkel und das Nullmoment in Abhängigkeit von der
Wölbungsrücklage gezeigt. Zum Vergleich mit den theoretischen Wer-
ten sind Meßwerte nach NACA Rep. Nr. 460 eingetragen. Da der Einfluß
der Profildicke für die Dickenverhältnisse 0,06 < djl < 0,15 nur sehr
gering ist, wird für die Messungen eine mittlere Kurve angegeben. Dabei
stellen die eingetragenen Punkte jeweils drei Meßwerte für die Wöl-
bungen tjl = 0,02, 0,04 und 0,06 dar. Die Übereinstimmung von
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 403

Messung und Rechnung ist durchweg befriedigend. Die Abweichungen


zwischen den theoretischen und experimentellen Werten werden mit
wachsender Wölbungsrücklage etwas größer. Dieses ist in erster Linie
auf Reibungseinflüsse zurückzuführen.

x
~~I~
I
6'

00 0,2 aq. 0,0 0,8


Xr-
6' b

3 5

'I

3
~~I""
"<.::0
I

b
-~~--~0~~---o.~,Q~~~~Oß~---o.7,8~--~W
Xf -
Abb.6.19. Gleichförmig gewölbte Skelettlinien Abb. 6.20. Nullauftriebswinkel a, und Null-
a) Skelettlinienform, b) aerodynamische Bei- momentenbeiwert cMO der NACA-Skelett-
werte in Abhängigkeit von der W ölbungs- linien; Vergleich von Theorie und l\<lessung
rücklage nach NA CA Report 460, 537 und 610.
Kurven (a): Vierziffrige Skelettlinien nach
GI. (5,22), Kurven (b): fünfziffrige Skelett-
linien nach GI. (5,23)

Fünfziffrige NAOA-Profile (NAOA Rep. Nr. 537 [29]). Der ana-


lytische Ausdruck für die Skelettlinien ist durch GI. (5,23) gegeben.
In Abb. 6.20 sind für die wendepunktfreien Skelettlinien die Ergebnisse
für den Nullauftriebswinkel und für das Nullmoment dargestellt. Auch
Meßergebnisse nach NAOA Rep. Nr. 610 [30] sind ebenfalls eingetragen.
Der Einfluß der Profildicke ist wieder vernachlässigbar klein. Die ein-
getragenen Meßwerte geben die Ergebnisse für Werte von CAB = 0,3;
26*
404 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

0,45; 0,6 und 0,9 wieder. Die Übereinstimmung zwischen den theore-
tischen und experimentellen Werten ist besser als bei den Skelett-
linien der vierziffrigen NACA-Profile.
NAOA-6-Profile (NACA Rep. Nr. 824, [31]). Die Skelettlinien
der NACA-6-Serie sind nach rein aerodynamischen Gesichtspunkten
2
i'---...... a
~ k a- o
.........
..........
r............ ~ 1
.............
c"s=1,O
'I ~~
~~
~
0,2 0/1 0,8 0,9 1,0

t~r-~-*~+--r--r-~~~~~~
~

0,2 4'1 x_ ao

,-
100

.
--'
0
~

- .---~
9

0
r- - - .
f..--
• 88-Serie
o 8~-Serie
• 8/i-Serie
Ir •

o 58-Serie
0

c
I

-
0

0,2 ~o
a-

l--
I--
!---
-
I[~ o
1
~ ~--

0,2
i 4'1 0,9
d

a-
Abb. 6.21. Aerodynamische Beiwerte für Skelettlinien der NACA-6-Profile für den Auftriebs-
beiwert des stoßfreien Eintritts cA, = 1,0; Vergleich von Theorie [(GI. 6,103a, b, c)] und
Messung nach NACA Report 824. a) Druckverteilungen LI cp ' b) Skelettlinien Z(ll (aufgetragen
sind die Werte 100 Z('l), c) Nullauftriebswinkel a., d) Nullmomentenbeiwert eMO
6.3 Profil theorie nach der Singularitätenmethode 405

festgelegt worden. Vorgegeben sind nach Abb. 6.21a die resultierenden


Druckverteilungen von Unter- und Oberseite des Profils. Die zu-
gehörigen Skelettlinien sind in Abb. 6.21 b dargestellt, vgl. auch
Abb. 5.6c. Für die aerodynamischen Beiwerte erhält man:
Anstellwinkel des stoßfreien Eintritts:

a
s
= -CA s - -
4n 1
1 - [1
+a - (1 - a) In(1 - a) + -1 -a- lan a
2
]
'
(6,103a)

Nullauftriebswinkel :
(6,103b)
Nullmomentenbeiwert :
CMO = - 112 CA8(1 + 14~2a)' (6,103c)

Für a = 1, d. h. bei konstanter Druckverteilung, wird:


1 1
as = 0; ao = - 2n CA,; CMO = - ,CA,·

Für a = 0, d. h. bei dreieckiger Druckverteilung, wird:


1 1 1
as = 4"nCAs; ao = -4"nCAs; CMO = -12CAs'

In Abb. 6.21c und d sind die Nullauftriebswinkel und der Nullmomen-


tenbeiwert für CAs = 1 über der Größe a aufgetragen. Diese Werte
werden mit Meßergebnissen nach
~--------l----------~
NACA Rep. Nr. 824 verglichen,
wobei sich im allgemeinen eine
befriedigende Übereinstimmung
zeigt.
Geknickte Platte (Klappen-
flügel, Ruder). Eine weitere
wertvolle Anwendung hat die
Skelett-Theorie für die Berech-
nung der aerodynamischen Bei-
werte des Klappenflügels gefun-
den. Ersetzt man den Klappen-
flügel durch seine Skelettlinie,
Abb.6.22. Erläuterungsskizze zur Skelett-
so gelangt man zur geknickten Theorie des Klappenflügels
Platte, Abb. 6.22. Die erstmalige
Behandlung dieser Aufgabe stammt von H. GLAUERT [21]. Unter der An-
nahme eines kleinen Ausschlagwinkels 'f}k ergeben sich die Ordinaten der
Skelettlinie Z(s) =Zk, gemessen gegen die gedachte Sehne, die die Vor-
derkante mit der Hinterkante der ausgeschlagenen Klappe verbindet, zu
Zk = A.k X 1]k für 0;;;;; X ;;;;; X k , }
(6,104)
Zk = (1 - A.k) (1 - X) 1]k für X k ;;;;; X::;; 1.
406 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Hierin bedeutet
Ä - lk
k-T

das Klappentiefenverhältnis, vgl. Kap. 5.12.


Da die Profilneigungen in den angegebenen Bereichen jeweils kon-
stant sind, können die Integrationen zur Ermittlung der aerodynami-
schen Beiwerte sehr einfach ausgeführt werden. Zweckmäßigerweise
führt man für die Lage des Knickpunktes noch die Beziehung:

(6,104a)
ein.
Die Änderung des Nullauftriebswinkels infolge des Klappenaus-
schlages wird nicht gegen die gedachte Sehne, sondern gegen den fest-
stehenden Teil des Profils (Flosse) gemessen. Dann gilt mit GI. (6,92):

OCo = r
-n,
1
n
dZ k
dX (1 + cos<p) d
<p - 'AkYJk'
o
Hieraus erhält man für die Anstellwinkeländerung (= Änderung
des Nullauftriebswinkels mit dem Klappenausschlag) :

Man bezeichnet den Ausdruck OiXO!O'Yjk auch als "Klappen- oder Ruder-
wirkung", da er ein unmittelbares Maß für die durch die Klappe
(Ruder) hervorgerufene Auftriebs änderung ist. Die Ruderwirkung ver-
schwindet bei Äk = 0 und ist gleich Eins für Äk = 1, d. h. dann, wenn
das ganze Profil als Klappe ausgeschlagen wird.
Die Änderung des Nullmomentenbeiwertes (Momentenänderung bei
konstantem Auftrieb) erhält man nach GI. (6,96) zu

aac~o = - ~ sin<pk(1 + COS<pk) = - 2 VÄ k (1 - Äk )3. (6,106)

Die Erge bnisse der vorstehenden Formeln sind in Ab b. 6.23 dargestellt.


Die theoretisch gefundene Abhängigkeit der aerodynamischen Klappen-
beiwerte vom Klappentiefenverhältnis wird durch Messungen gut be-
stätigt. In Abb. 6.23 sind Meßergebnisse an einfachen Wölbungsklappen
nach R. GÖTHERT [22] eingetragen. Die Abweichungen beruhen im
wesentlichen wieder auf Reibungsschichteinflüssen.
Die vorstehend angegebenen Formeln für die Profilbeiwerte der
geknickten Platte hätte man natürlich auch so ableiten können, daß
man zunächst nach GI. (6,76) die FOURIERschen Koeffizienten bestimmt
und aus diesen die gesuchten Größen berechnet. Der Vollständigkeit
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 407

halber seien noch die folgenden leicht zu bestimmenden Größen


angegeben:
aA o a(Xo 1
a'Y)k = a'Y)k + ~ lPko (6,107 a)

aA n 2.
-a'Y)k = nnsmnlPk' (6,107b)

Hierin ist der Anstellwinkel lXo wieder gegen den feststehenden Teil
(Flosse) gemessen.
1,0
Eine Erweiterung der geschil- ~
! ~
derten Skelett-Theorie auf den ~
0,8
Flügel mit mehreren Knicken (Hilfs- ~/8
flügel) stammt von W. PERRING [23]. §
Das Problem der einfach geknickten /'
Platte ist von F. KEUNE [24] nach tl~ 4' 1/ /
der Methode der konformen Abbil-
dung exakt gelöst worden. Als wich-
tigstes Ergebnis dieser Untersuchung
I

'I
I
ist die Bestätigung der GLAUERT-
sehen Näherungslösung für kleine
Klappenwinkel anzusehen. Für 1,0
größere Klappenwinkel treten
größere.Abweichungen auf. Von ver- 48
schiedenen Bearbeitern wurde auch
/1-----.,

//
der Einfluß eines Spaltes zwischen 46
der feststehenden Flosse und der y~-

"
beweglichen Klappe untersucht, vgl.
I
z. B. 1. FLÜGGE-LoTZ und J. GINZEL
42
[25] sowie H. SÖHNGEN [26]. Die
hierbei gefundenen Ergebnisse wur- ~
den von R. GÖTHERT [22] in über- (J8

sichtlicher Form dargestellt. In [22]


findet man auch weiteres Schrift- Abb. 6.23. Aerodynamische Beiwerte des
tum, insbesondere über den endlich Klappenflügels. a) AnstellwinkeJänderung,
b) Momentenänderung
dicken Klappenflügel. Man ver- .- - - - - Messungen an GI.einfachen
--Theorie nach (6,105) und (6,106)
Wölbungs-
gleiche hierzu auch die Arbeit von klappen [Z2j

A. KUPPER [27].
Auf die Berechnung der Druckverteilung eines Klappenflügels wer-
den wir im nächsten Abschnitt und auf die Bestimmung der Klappen-
last sowie des Klappenmomentes (Rudermomentes) in Kap. XII ein-
gehen.
6.324 Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profil-
kontur (11. Hauptaufgabe). Die Aufgabe, für eine vorgegebene Profil-
408 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

form (Skelettlinienform) bei einem gegebenen Anstellwinkel die Zirku-


lationsverteilung und damit die Geschwindigkeitsverteilung zu be-
rechnen, wird als zweite Hauptaufgabe der Skelett-Theorie bezeichnet.
Die Bestimmungsgleichung für die Zirkulationsverteilung lautet, wenn
man GI. (6,62) in GI. (6,60 b) einsetzt:

U
00
[ -
IX
dZ(S) (X) ]
dX
= _1
2n
f 1
k(X') dX'
X - X'
(6,108)
o
Dieses ist bei gegebenen Werten von (X - dZ(S)jdX eine Integral-
gleichung für die Wirbeldichte k, die erstmalig von A. BETZ [32]
gelöst wurde. Berücksichtigt man die KUTTAsche Abflußbedingung,
GI. (6,64), dann folgt, vg1. auch FUCHS-HoPF [33]:
_____ 1 _____

k(X) = 2 U 00 V~ 1 X (IX + ~ f ~~~J


o
V ~'X'
1 X ~~, ). (6,109)

Damit ist die Lösung der H. Hauptaufgabe auch auf eine Quadratur-
formel zurückgeführt.
Für die Geschwindigkeitsverteilung um das Skelettprofil wird somit
nach GI. (6,63):

± VI -
1 _____
U(X) =
Uoo 1 X
X ( .!.f dZ(S)
IX + n dX'
V~
1 _ X'
dX' )
X _ X' . (6,110)
o
Für den Fall des ungewölbten Profils, Z(8) 0, findet man das be- =
reits bekannte Ergebnis der angestellten ebenen Platte.
Zur Auswertung der Quadraturformel für die Geschwindigkeits-
verteilung machen wir nach F. RIEGELS [16] den FOURIERschen Ansatz:
1 n 1
Z(8) = 2" I av cos y rp ; X = 2" (1 + cos rp) • (6,111)
v~l

Geht man hiermit in GI. (6,110) hinein, dann folgt:


n
U(qJ) =1±t
UOO g 2
.!E.(IX+iyav.!.f
v~O n
sin v qJ'
cosqJ - cosqJ'
ct!Ld ').
g 2 rp
o
Die Integrale lassen sich unter Benutzung von GI. (6,73) elementar
auswerten. Man erhält für die Geschwindigkeitsverteilung des Skelett-
profils:
U (rp)
U 00 2 + .:;.,
= 1 ± (IX t g !E. ;, yav cos v• qJ - 1) , (6,112)
v~l SlllqJ

wobei das +-Zeichen für die Oberseite und das --Zeichen für die Unter-
seite gilt. Die numerische Auswertung dieser Gleichung mittels ein-
facher Summenformeln wird in Kap. 6.34 behandelt werden. Das
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 409

erste Glied in der Klammer stellt die Geschwindigkeitsverteilung


.der angestellten ebenen Platte dar.
Beispiele. Im folgenden sollen für einige Beispiele die Geschwindig-
keitsverteilungen angegeben werden.
Parabel skelett. Für das in GI. (6,84) angegebene Parabelskelett
Z(s) = 1. sin 2 m = -.!:..1. (1 -
l r 2 l
cos2m)
r
ist a o = fll, a 2 = fll, aa = a4 = ... = O. Für die Geschwindigkeits-
-
verteilung bei (X =
0 folgt damit aus GI. (6,112):
U (rp) -_ 1 ± 2 a cos 2. rp - 1 -- 1 ± 41. .
l sm Cf! •
U00 2
smrp
Dieses Ergebnis wurde unter Beachtung von GI. (6,63) bereits in
GI. (6,83) gefunden.
30

/
/\ Xf-O,2

/ \ "~
--
20

/ .- 0/1-
""",t-
0,5 _ ,-,-0,8

- '"
", I'-...
-:::::::
~F::: ~
~ ......

10 / ~
/'"
~
'~ ~~
r
{-1,0

0,2 0,9
X-
0,8 0,8

"1,0-

\
Xt:-O/J5

1 ~;1,0

~ :r
V
2

-
~
~ ~--=
--
......

b
o 0,2 0,9 48 48 tlJ
x-
Abb. 6.24. Theoretische Druckverteilungen der NACA·SkelettJinien nach NACA Report 824
bei stoßfreiem Eintritt. a) Vierziffrige NACA-Profile bei fIl ~ 1,0, b) fünfziffrige NACA-Profile
bei CA, ~ 1,0
410 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

NACA-Skelettlinien. Für die Skelettlinien der vier- und fünfziffrigen


NACA-Profile, Abb. 5.6a und 5.6b, können die Geschwindigkeits- bzw.
Druckverteilungen dem NACA Rep. Nr. 824 [31] entnommen werden. In
Abb. 6.24 sind einige Druckverteilungen beim Anstellwinkel des stoß-
freien Eintritts dargestellt. Für die Skelettlinien der NACA-6-Serie
wurden die Druckverteilungen bereits in Abb. 6.21 mitgeteilt.
Druekverteilung bei vorgegebenem Auftriebs- und Momentenbeiwert.
Wünscht man eine vorgegebene Skelettlinie durch Überlagerung der
angestellten ebenen Platte mit dem Parabelskelett anzunähern, der-
art, daß die Näherung und die vorgegebene Skelettlinie gleichen Auf-
triebsbeiwert und gleichen Nullmomentenbeiwert haben, so ergibt sich
für die FOURIER-Koeffizienten der Zirkulationsverteilung nach GI. (6,77)
und (6,78b):
A o-2"n
- I CA + ~2 cMO und A 1 = -~CMO'
11:

In GI. (6,71) eingesetzt, ergibt sich unter Berücksichtigung von GI. (6,65)
für die resultierende Druckverteilung von Unter- und Oberseite

(6,113)
mit
ho(X)=!Vl~X und hl(X)=!(1-4X)Vl~X. (6,114)

8
In Abb. 6.25 sind die beiden Vertei-
lungen ho (X) und h1 (X) dargestellt.
6

2
V
/ !\

3 t 0 ./ ~~
~ ~1~ //
Ore/Jt{unkt
!.- Ak-

--
2 -2
\~o
\",
-11
(
\
........
h1 I---
---.. I
o -6
'-.. //
1'-_- -- -'"

0,2 0,'1 o,ö 0,8 1,0 0,2 0/1 0,6 0,8 1,0
x- x-
Abb. 6.25. Die Funktionen h, und h 1 für die Abb. 6.26. Theoretische Druckverteilung
Druckverteilung über Profi/tiefe bei vorgegebenem der geknickten Platte (Klappenflügel) nach
Auftriebs- und Momentenbeiwert, nach GI. (6,113) Abb. 6.22 für Nullauftrieb ; Klappentiefen-
und (6,114) verhältnis Äk ~ lkl1 = 0,25
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 411

Geknickte Platte (Klappenflügel). Schließlich möge als letztes Bei-


spiel einer Druckverteilung noch die geknickte ebene Platte (Klappen-
flügel) behandelt werden. Die Druckverteilung soll angegeben werden
für den Anstellwinkel des Nullauftriebes CA = O.
Nach GI. (6,77) und GI. (6,107) folgt:
uA o _ ~ UAl und uA n 2.
U'T}k 2 U'T}k U1)k = -;nsllln!fJk'
Setzt man dies in GI. (6,71) ein, dann folgt unter Berücksichtigung
von GI. (6,65) für die Druckverteilung l :

( uLJC p ) =~[ln l-cos(lPk+lP) -2sin t ~]. (6,115)


U'T}k 0 ']I; 1 - COS(<pk - IP) !fJk g 2
Die hiernach berechnete Druckverteilung ist in Abb. 6.26 für das
Klappentiefenverhältnis Ak = 1/4 dargestellt. Die schraffierte Fläche
stellt die Belastung der Klappe dar.

6.33 Symmetrische Profile endlicher Dicke bei symmetrischer


Anströmung (Tropfentheorie )
6.331 Grundlage der Tropfentheorie. Unter einem Profiltropfen ver-
stehen wir ein symmetrisches Profil endlicher Dicke. Nach der Singula-
ritätenmethode wird nach Abb. 6.27 ein Profiltropfen durch Über-
lagerung einer Quell-Senkenverteilung längs der Profiltiefe mit einer

-
i/)
(J~ x

d (t)
z(t)+_z-d:c
da:

_-"bb.6.27. Erläuterungsskizze zur Tropfentheorie; q(x) = Quell-Senkenverteilung

Translationsströmung erzeugt. Längs der Profilsehne sei eine konti-


nuierliche Quell-Senkenverteilung q(x) gegeben, derart, daß q(x) die
1 Die auftretende trigonometrische Summe läßt sich folgendermaßen auswerten:

~
.t:J
1.
-smnrpksmn<p=- n
. 1 I I - COS (<pk + rp)
.
n~l n 4 1- COS(rpk - rp)
412 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Quellstärke pro Längeneinheit bedeutet. Diese Quellverteilung induziert


in der x-Richtung die Geschwindigkeitskomponente u(x) und liefert
auf der Quellinie die Geschwindigkeitskomponente in z-Richtung
w(x) = ± i q(x) gemäß Abb. 6.27 siehe auch GI. (6,1l8). Ferner sei
z(t) (x) die Gleichung der Oberseite des Profiltropfens mit der Vorder-

kante im Koordinatenursprung. Den Zusammenhang zwischen der Quell-


verteilung q (x) und dem Profiltropfen z(t) (x) erhält man durch An-
wendung der Kontinuitätsgleichung auf das in Abb. 6.27 angegebene
Flächenelement ABO D. Dieses ergibt:

(U + u) zU) + ! q d x= (U + u + :: d x) (zU) + ~~) d x) .


00 00

Hieraus folgt für die Quellverteilung :

[(U oo + u) z(t)].
d
q(x) = 2 dx
Für Profiltropfen mit mäßiger Dicke können die induzierten Geschwin-
digkeiten u gegenüber der Anströmungsgeschwindigkeit U 00 vernach-
lässigt werden. Man findet dann
_ 2 U dz(l) (x)
q (x ) - 00 dx . (6,1l6)

Damit man eine geschlossene Profilkontur erhält, muß die Gesamt-


ergiebigkeit der Quell-Senkenverteilung Null sein (Schließungsbedin-
gung): I

!q(x)dx=O. (6,1l7)
",=0

Will man zu einem vorgegebenen Profiltropfen z(t) (x) die zugehörige


Quell-Senkenverteilung bestimmen, so ist wegen GI. (6,1l6) die
Schließungsbedingung von selbst erfüllt.
Bei dünnen Profilen kann man annehmen, daß die Geschwindig-
keitskomponenten auf der Kontur des Tropfens annähernd gleich sind
den Werten auf der Profilsehne. Für die Komponenten der induzierten
Geschwindigkeit auf der Profilsehne erhält man in Analogie zu GI. (6,60):

u(X) = 1
2n
J 1
I dX '
q(X) X _ X' , (6,1l8a)
o

w(X) = ± 21 q (X). (6,1l8b)

Mit laIs Profiltiefe werden die dimensionslosen Größen


X = ~l und Z(t) _
-
z(1l
l (6,1l9)
eingeführt.
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 413

Die kinematische Strömungsbedingung, nämlich daß die Profil-


kontur Stromlinie ist, lautet:
dz(t) w(x)
----;z;;- U 00 •

Wie man sofort verifiziert, ist dieses mit GI. (6,116) identisch.
6.332 Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profilkontur.
Es möge zunächst die Aufgabe behandelt werden, für ein vor-
gegebenes Profil die Geschwindigkeitsverteilung auf der Profil-
kontur zu ermitteln. Für dünne Profile ist die Geschwindigkeits-
verteilung auf der Profilkontur nur wenig verschieden von derjenigen
auf der Sehne mit Ausnahme einer kleinen Umgebung der Profilnase.
Für die Geschwindigkeitsverteilung auf der Sehne erhält man durch
Einsetzen von GI. (6,116) in GI. (6,118a):

+nJ
1
1 dZ(t) dX' )
U (X) = U 00 (1 dX' X _ X' . (6,120)
o
Um hieraus die Geschwindigkeitsverteilung auf der Kontur zu erhalten,
hat man nach F. RIEGELS [16] diesen Ausdruck durch

x(X) = V1 + ( dZ(t) )~
dX (6,121)

zu dividieren. Da Ijx(X) an der Vorderkante Null ist, wird hierdurch


erreicht, daß die Geschwindigkeit im vorderen Staupunkt ver-
schwindet. Somit erhält man für die Geschwindigkeitsverteilung auf
der Kontur:
_1_ (1 + ~ J dZ(')
1
WK(X) = dX' ) (6,122)
U oo ,,(X) dX' 1/: X - X' .
o
Hiermit ist die Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung für ein vor-
gegebenes Tropfenprofil auf eine Quadraturformel zurückgeführt.
Zur Auswertung dieser Quadraturformel machen wir analog zu
GI. (6,111) nach F. RIEGELS [16] den FOURIERschen Ansatz:
1 n
Z(t) = "2 ~ b. sin v cp ; (6,123)
.=1

Wird dieser Ansatz für Z(t) in GI. (6,122) eingesetzt, dann ergibt sich
unter Berücksichtigung von GI. (6,73):

.!..
1/:
J 1
dZ(1)
dX'
dX' -
X - X' -
_ n V
v~
b ~
v1/:
J n
cos v gJ'
cosgJ - cosgJ'
d cp' =
n

v=1
.
~ v bv Sl~ V gJ
SlllgJ

o 0
414 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Führtman dieses in GI. (6,122) ein, so erhält man die Geschwindigkeits-


verteilung auf der Kontur in der einfachen Form:

WK(tp) = _1_
Uoo "(cp)
(1 + iv~l
')I bv Si~vtp) .
smcp
(6,124)

Die numerische Auswertung dieser Gleichung mittels einfacher Summen-


formeln wird in Kap. 6.34 behandelt werden.

Beispiele. Im folgenden sollen für einige Beispiele die Geschwindig-


keitsverteilungen angegeben werden.
Ellipsenprofil: Ein Ellipsenprofil mit dem Dickenverhältnis (j = d/l
hat die Gleichung:

Z(t) = ~ VX(1 - X) = : sin<p. (6,125)

Durch Vergleich mit GI. (6,123) ergibt sich b1 = (j und b2 = ba = ... = 0.


Damit erhält man nach GI. (6,124) für die Geschwindigkeitsverteilung
auf der Kontur:

JJK
U oo
= 1+ Cl
Vi + Cl2 ctg2 tp
= 2(1
+
(j) V X(l - X)
1-(1-(l2)(1-2X)2
. (6,126)

Dieser Ausdruck ist in Übereinstimmung mit der exakten Lösung nach


GI. (2,206). Die Geschwindigkeitsverteilungen für verschiedene Dicken-
verhältnisse sind in Abb. 2.63 dargestellt. Die maximale Geschwindig-
keit liegt bei X = 1/2 und beträgt:

(6,127)

Aus der völligen Übereinstimmung der hier nach der Singularitäten-


methode erhaltenen Näherungslösung mit der exakten Lösung ergibt
sich die Brauchbarkeit des nach GI. (6,121) eingeführten "RIEGELS-
Faktors" für die Umrechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der
Sehne in diejenige auf der Kontur.
Joukowsky-Profil: Ein dünnes symmetrisches JOUKOWSKy-Profil
hat nach GI. (6,51) die Kontur

(6,128)

Hierin ist
4 d 1
c = 3 JI3 T = 0,77 () und X a =4"'
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 415

Für die FOURIER-Koeffizienten gilt bl = 13, b2 = - 13/2 und b3 = b4 = •.. = O.


Mithin erhält man die Geschwindigkeitsverteilung auf der Kontur:
WK 1+e(I-2cosq:»
(6,129)
V I + e2 ( cos q:> -:- cos 2 q:>
smq:>
)2
Die exakte Lösung für die Geschwindigkeitsverteilung wurde in
GI. (6,57) angegeben. In Abb. 6.28 sind die nach der Singularitäten-
methode, GI. (6,129), berechneten Geschwindigkeitsverteilungen für
verschiedene Dickenverhältnisse auf-
getragen. Im Rahmen der Zeichen-
genauigkeit ergibt sich völlige Über-
einstimmung der Näherungslösung
mit der exakten Lösung. Wegen
des verschwindenden Hinterkanten-
winkels der JOUKOWSKy-Profile hat
die Geschwindigkeitsverteilung an t
der Hinterkante keinen Staupunkt. ~I:::ll tu
Parabelprotile: Für das in Ab-
bildung 5.7 a dargestellte Parabel-
zweieck gilt nach GI. (5,26): 48~--+---~--~---+--~

Z{t) = 2r5X(I- X). (6,130)

Für die Geschwindigkeitsverteilung


ergi bt sich bei Vernachlässigung 481 {}'2 {},'I {},8 48 tU
des "RIEGELS-Faktors" : I x- I
I

WK
--=l+-x
Uoo
4
:n;
~~-1-~==:j
x r5 [1 + ! (1- 2X)ln 1 ~x] . (6,131) Abb. 6.28. Geschwindigkeitsverteilungen
auf der Profilkontur für symmetrisch an-
geströmte symmetrische JOUKOWSKY-PrO-
Auch für die in Abb. 6.29a gezeig- fiIe von verschiedenem Dickenverhältnis dll
ten erweiterten Parabelprofile nach
GI. (5,28) können die Geschwindigkeitsverteilungen berechnet werden,
vgI. [20]. In Abb. 6.29b sind für verschiedene Dickenrücklagen X d die
Übergeschwindigkeiten u = W K - U00 dargestellt. Ferner sind in
Abb. 6.29c die maximalen Übergeschwindigkeiten umax!U 00 und der
Ort X m der Maximalgeschwindigkeit über der Dickenrücklage X d auf-
getragen.
NAOA-Profile. Für die vier- und fünfziffrigen NACA-Profile nach
Abb. 5.6a sind die theoretischen Geschwindigkeitsverteilungen im
NACA-Report Nr. 824 angegeben. In Abb. 6.30 sind einige Verteilun-
gen bei verschiedenen Dickenverhältnissen r5 = dll aufgetragen. Die
416 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Verteilungen wurden nach dem Verfahren von TH. THEODORSEN [13]


berechnet. Die nach der Singularitätenmethode berechneten Werte
weichen hiervon nur wenig ab. Die Profiltropfen der NACA-6-Serie nach
Abb. 5.6c wurden aus vorgegebenen Geschwindigkeitsverteilungen er-
mittelt. Dabei ist die Verteilung im wesentlichen durch die Lage der
größten Übergeschwindigkeit bestimmt. In Abb.6.31 sind für das
Dickenverhältnis ~ = 0,12 die Geschwindigkeitsverteilungen für die

8
zllJ

a o-f f q

~:J Xd-ff
vr
5 f,/J ~I ... 3
\
/ ~~J GZ5
x",V
\
0,8 2

J 1/ 1~ v"'-....:
~
I'\.~
o,g 0,5
........ r-....
~
u~
1\ )1,1 J ((; t:;::
~~ ~
')K---V
'"
LI :~ ff

V
f I
a2 -1
I
I
I
/ I

0,8 Il'I 0,8 0,8 f,/J


x-
Abb. 6.29. Geschwindigkeitsverteilung auf der Profilkontur für symmetrisch angeströmte
Parabelprofile nach GI. (5,2S). a) Profilkonturen für verschiedene Dickenrücklage X d , b) Zusatz-
geschwindigkeiten für verschiedene X d , c) maximale tJbergeschwindigkeit und Ort der maxi-
malen tJbergeschwindigkeit

vier in Abb. 5.6c angegebenen Profile gezeigt. In Abb. 6.32 wird für das
NACA-Profil NACA 0010 ein Vergleich zwischen der theoretischen und
der experimentellen Druckverteilung gezeigt. Die Übereinstimmung
ist gut.
Die maximale Übergeschwindigkeit an einem Profil ist von erheb-
licher Bedeutung für das Verhalten des Profils bei hohen Unterschall-
geschwindigkeiten (kritische MAcH-Zahl, Kap. 3.22). Abb. 6.33 gibt
die maximalen Übergeschwindigkeiten in Abhängigkeit vom Dicken-
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 417

verhältnis für die meisten der vor- 7,q,---..,.---r---,--,------,


stehend besprochenen Tropfenprofile.
Hiernach hängt bei gleicher Dicke
die maximale Übergeschwindigkeit
noch erheblich von der Dickenvertei- 1.ZHl--+-"""'---t'~-+--t---i
lung ab. Das Ellipsenprofil hat die
kleinste und das JOUKOWSKy-Profil
die größte Übergeschwindigkeit.
6.333 Berechnung des Profil-
tropfens aus der vorgegebenen Ge-
schwindigkeitsverteilung. Im folgen-
den sollen die beiden Aufgaben behan-
delt werden, aus der vorgegebenen
Quellverteilung bzw. aus der vor-
gegebenen Geschwindigkeitsvertei-
lung auf der Profiloberfläche die 0,8 1,0
I
Kontur des Profiltropfens zu be-
rechnen.
Berechnung des Profiltropfens aus
der Quellverteilung. Analog zu dem Abb. 6.30. GeschwindigkeitsverteiJung auf
BIRNBAuM-GLAuERTschen Reihen- der Profilkontur für vier- und fünfziffrige
symmetrische NACA-Profile bei symmetri-
ansatz für die Zirkulationsverteilung scher Anströmung nach NACA Report 824

I
53-012 BQ-OIi
....- r--;...-::: r:::-- f-...".
1~ ~
r-~ ~
~"~i8-0I2
f{ I B5-~~\
I
~1~1,0
I ~\
~~
~

0,9
i\.
~
0,2 o,Q 8,5 0,8 tu
x-
Abb. 6.31. Geschwindigkeitsverteilung auf der Profilkontur für die NACA-6-Profile bei
symmetrischer Anströmung; Profilkonturen nach Abb. 5.6 c; Dickenverhältnis dll = 0,12

SchlichtingjTruckenbrodt, Aerodynamik I 27
418 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

bei der Skelett-Theorie, G1. (6,71), soll jetzt auch die Quellverteilung
in Form einer trigonometrischen Reihe vorgegeben sein, vg1. z. B.
J. ALLEN [18]: (rp N • )
q(rp)=2U oo Botg2+n~BnSIllnrp . (6,132)
Der Zusammenhang zwischen X und rp ist in G1. (6,72) angegeben. Da-
mit die Schließungsbedingung für die Profilkontur, G1. (6,117), erfüllt
ist, muß sein: 2 B o + BI = O. (6,133)

~o

o O!Jerseife, 0
Q6
• Unferseife, U

./
V
~ V V
-42
~
~
- --
I-
Theorie
-a6
«=0 0

-zo 0 42 a'l 46 118


xjL-

~Uook-----~-
Profil N4CA 0010

Abb. 6.32. Vergleich der theoretischen und ex- Abb. 6.33. Maximale übergeschwindigkeit
perimentellen Druckverteilung für das symmetri- symmetrisoh angeströmter Tropfenprofile
sche Profil N ACA 0010 bei symmetrischer in Abhängigkeit vom Dickenverhältnis
Anströmung 6 = d/l

Setzt man G1. (6,132) in G1. (6,118a) ein, dann erhält man für die indu-
zierte Geschwindigkeit in x-Richtung unter Beachtung von G1. (6,73):

---u-
u(rp)
=
00
B o +:E Bncosnrp.
N

n=l
(6,134)

Zur Ermittlung der Profilkontur wird G1. (6,132) in Gl. (6,116) ein-
gesetzt; dabei ergibt sich unter Beachtung von GI. (6,133):
dZctl _ B

cos2rp - cosrp + "'-~ B n SIll. n rp .
dX - Bmrp n=2
Hieraus folgt durch Integration über X:
Z(t) = ! Bosinrp(l - cosrp) + 112 B 2 (3sinrp - sin3rp) +
+ 116 B a (2 sin 2rp - sin 4rp) + .... (6,135)
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 419

Das erste Glied stellt das JouKOwsKy-Profil dar, wie man durch Ver-
gleich mit (GI. 6,128) erkennt.
Berechnung der Profilform aus der Geschwindigkeitsverteilung.
Profilform und Geschwindigkeitsverteilung sind durch GJ. (6,122) ver-
knüpft, die jetzt als Integralgleichung für die Profilneigung dZ(t)/dX
aufzufassen ist. Nach A. BETZ [32] bzw. FucJHs-HoPF [33] gilt für die
Lösung:
-1)
1

dZ Itl = _ ~f(x Wx VXI(l - X') dX '


dX n Uco X(l - X) X - X" (6,136)
o
Hierin bedeutet die erste Klammer ft

unter dem Integral die induzierte


Geschwindigkeitsverteilung auf der
Sehne:
aol+--+-~-'k-----+---""'!..,---1-l

U WK I
-
U - -x -U- - l •
co co
a~~-+--~.-~-~--H
1
Es ist x der "RIEGELS-Faktor" nach OlIJ 0,2 1I----I----+---'\C----'k---tJ
GI. (6,121). Da in GI. (6,136) in dem r-- Joukowsky-Profl/
(d'~o,1)
Faktor x die gesuchte Profilneigung 0
enthalten ist, kann diese Gleichung 1

nur iterativ gelöst werden. -0,21-' --jl---+--+---+~-t


Die Integration von GI. (6,136) - - flesc/iw/orligkeitsvertei/u/lg
ouf Kontur
liefert, vgl. hierzu [34]: - o,~o);--a;!;;,z:------';;{W;--~o,Ii';;---;f;;----7.to
x-
"
ZU) = -l-f(x
4n
W
U
-1) x K
co
0,6 ,---,.--,-;-;----,---,--...,...,b

o
• II 1 - cos (!p + !p') d I (6,137)
x sm Cf! II 1 - cos (!p -!p ') Cf!.

Die Auswertung dieser Integrale


durch einfache Summenformeln wird o,~ 0,6

in Kap. 6.34 angegeben werden.


x-
Abb. 6.34. Profilkonturen für verschiedene
lineare Geschwindigkeitsverteilungen.
Beispiel. Der einfachste Fall einer a) Vorgegebene übergeschwindigkeiten,
b) Profilkonturen nach GI. (6,138)
konstanten Zusatzgeschwindigkeit u
auf der Sehne führt zu einem elliptischen Profiltropfen. Für eine
lineare Verteilung der Zusatzgeschwindigkeit nach Abb. 6.34a:
~=c(l-bX)
Ucc
ergibt sich für die Profilkontur :
Z(t) = : [4 - b(1 + 2X)] VX(1 - X). (6,138)
27*
420 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

°
Diese Konturen sind für verschiedene Werte von b in Abb. 6.34 b dar-
gestellt. Für b = ergibt sich das Ellipsenprofil, GI. (6,125), und für
b = 4/3 das JOUKowsKy-Profil, GI. (6,128). Für die dazwischenliegen-
den Werte von b ergeben sich Profile, deren Dickenrücklagen zwischen
X a = 0,25 und 0,5 liegen.
In Abb. 6.34a sind für die Ellipse und das JouKOWSKy-Profil vom
Dickenverhältnis <5 = 0,1 zum Vergleich die exakten Werte für die Über-
geschwindigkeit auf der Kontur mit eingetragen.

6.34 Profile endlicher Dicke mit Anstellwinkel


6.341 Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung auf der Profil·
kontur. Nachdem in Kap. 6.32 das sehr dünne Profil (Skelett) und
in Kap. 6.33 das endlich dicke symmetrische Profil bei symmetri-
scher Anströmung (Tropfen) behandelt worden sind, soll jetzt der all-
gemeine Fall eines gewölbten Profils endlicher Dicke besprochen wer-
den. Dieser Fall ergibt sich im wesentlichen durch Überlagerung aus
den beiden früher behandelten Fällen.
Ein endlich dickes gewölbtes Profil kann man nach Abb. 5.4 auf-
bauen aus einer Skelettlinie Z(s) = z(s) 11 und einem Profiltropfen
Z<t) = z(t)/l. Für die Profil ordinaten gilt nach GI. (5,16):

Zo, u = Z(s) ± Z(t) , (6,139)

wobei das positive Vorzeichen für die Oberseite und das negative Vor-
zeichen für die Unterseite gilt. Sind Zo die Ordinaten der Oberseite
und Zu diejenigen der Unterseite, dann ist nach GI. (5,17):

Z(s) =! (Zo + Zu) und Z(t) =! (Zo - Zu). (6,140)

Die Geschwindigkeitsverteilung des allgemeinen Profils erhalten wir


als Summe der Geschwindigkeitsverteilungen von Skelett und Tropfen.
Zu diesen beiden Verteilungen kommt jedoch noch eine dritte hinzu,
die durch die Anstellung des Profiltropfens entsteht. Die Berechnung
dieses Anteiles wurde von F. RIEGELS [16J vorgenommen, vgI. auch [20].
Bezeichnet man mit LfWx diesen dritten Geschwindigkeitsanteil, so ist:

n 1/ f
___ 1

LlWK 0: I I- X (dZ lt ) Zlt») dX' (6,141)


Uoo = ± x(X) -X-- dX' - 2X'(I- X') X - X' ,
o
wobei x den "RIEGELS-Faktor" nach GI. (6,121) bedeutet. Dieser Ge-
schwindigkeitsanteiI ist proportional zum Anstellwinkel und zur Profil-
dicke.
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 421

Die gesamte Geschwindigkeitsverteilung erhält man somit aus


GI. (6,110), GI. (6,122) und GI. (6,141) zu:

Wx(X) =
Uoo
_1~ [1 + ~ r
,,(X) n.
1
dZ(t)
dX' X
dX'
~ X'
±
o

±
~
n
V f ___

1 ~
X
X
1

dZ(S)
dX'
V~
_ __

dX.'
1 - X' X - X' ±
o

± ce V~ 1 X (1
o
+ ! jc~~) X - 2X'(~(~X'))
(6,142) ~~,)].
Das erste Integral enthält den Verdrängungseinfluß des Profiltropfens,
das zweite Integral den Einfluß der Profilwölbung und das mit (X be-
haftete letzte Glied den Einfluß des Anstellwinkels. Das obere Vor-
zeichen gilt für die Oberseite, das untere entsprechend für die Unter-
seite des Profils. Der Geschwindigkeitsanteil nach GI. (6,141) kann
nach E. TRUCKENBRODT [34] gedeutet werden als der Einfluß einer zu-
sätzlichen Wölbung und eines zusätzlichen Anstellwinkels, derart, daß
zu der geometrischen Skelettlinie Z(s) und dem geometrischen Anstell-
winkel (X die folgenden Anteile zu addieren sind:

LlZ(8) = ce rv 1- X
X
Z(t) + 2 (1 - X) ( dZ(1) )
dqJ X~O
], 1
(6,143)
LI ce = - 2 IX ( dZ(1) )
dqJ X~O

Zur Berechnung der Integrale in GI. (6,142) wird nach [16] für die Profil-
ordinaten der FOURIERsche Ansatz
N N)
Z = ~ ( v~ a. cos v q; ± v~; b. sin v q; (6,144)

gemacht. Das erste Glied stellt nach GI. (6,111) die Skelettlinie und das
zweite Glied nach GI. (6,123) den Profiltropfen dar.
Summenformeln. Die Integrale in GI. (6,142) sollen nunmehr mit
Hilfe der BESsELschen QuadraturformeIn numerisch ausgewertet wer-
den. Bezüglich der Einzelheiten der Rechnung sei auf die Arbeiten von
F. RIEGELS [16] und E. TRUCKENBRODT [20] verwiesen. Für diese nume-
rische Quadratur werden die Profilordinaten an den N diskreten Stellen

Xm 1 ( 1 + cos ~N- ,
="2 nm) m=O, 1, ... ,N (6,145)

ermittelt und mit Z (X m) = Zm bezeichnet. Es bedeutet m = 0 die


Profilhinterkante und m = N die Vorderkante. Man erhält dann die
422 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Geschwindigkeit auf der Kontur an den gleichen Stellen X n durch die


folgende Summenformel:
WK(Xn )
-~-
I
= -*
[N-l
+2~A
an nm Z~ ±
N-l
2 ~ Cnm ZW ±
Uoo "n m~l m~l

(6,146)

Hierbei ist
(6,147) 1

Die in GI. (6,146) und GI. (6,147) auftretenden Koeffizienten an, bn


und Cn sind in Tab. 6.1 für zwölf Aufpunkte (N = 12) zusammengestellt.
Die Koeffizienten mit Doppelindizes A nm , Cnm und H nm enthält
Tab. 6.2.
Tabelle 6.1. Koeffizienten an, bn , Cn zur Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung
auf der Profilkontur nach Gl. (6,146) und (6,147) für N = 12 (nach [20])

°
I
2

15°
30°
1,0000
0,9830
0,9330
°
0,1294
0,2500
°
0,0170
0,0670
°
0,0168
0,0625
3 45° 0,8536 0,3536 0,1464 0,1250
4 60° 0,7500 0,4330 0,2500 0,1875
5 75° 0,6294 0,4830 0,3706 0,2333
6 90° 0,5000 0,5000 0,5000 0,2500
7 105° 0,3706 0,4830 0,6294 0,2333
8 120° 0,2500 0,4330 0,7500 0,1875
9 135° 0,1465 0,3536 0,8536 0,1250
10 150° 0,0670 0,2500 0,9330 0,0625
11 165° 0,0170 0,1294 0,9830 0,0168
I
12 180°
° ° 1,0000 0

Beispiel. Das Ergebnis einer Beispielrechnung nach dem vorstehend


dargestellten Verfahren ist inAbb. 6.35 für das ProfilNACA-66 (215)-216,
a = 0,6 angegeben. Außerdem ist eine theoretische Geschwindigkeits-
verteilung nach THEoDoRsEN (konforme Abbildung) mit eingetragen.
Zum Vergleich mit der Theorie ist eine Messung nach NACA Report
Nr. 824 [31] wiedergegeben. Es ist gute Übereinstimmung der beiden
theoretischen Kurven mit der Messung vorhanden.
6.342 Berechnung der aerodynamischen Beiwerte. Die Berechnung
der aerodynamischen Beiwerte für das Skelettprofil wurde in Kap. 6.323
erörtert. Die dort mitgeteilten Ergebnisse gelten auch für das angestellte
1 Die Ableitung dZ(t)jdqJ bestimmt man am besten auf graphischem Wege.
Tabelle 6.2. Koeffizienten A nm , U nm , Ji nm zur JJerechnung der ue8chwtnd~gke~t8vertetlung aUf der .t'rof~tkontur nacft ut. \tJ,JLlö)
für N = 12 (nach [20])

1 2 3 4 I 5 I 6 I 7 I 8 9 10 11
\~I
A tm 1 3,0000 -1,0806 0 -0,0860 0 -0,0231 0 -0,0087 0 -0,0032
2 -1,0806 3,0000 -1,1666 0 -0,1092 0 -0,0318 0 -0,0119 0 -0,0032
°
3 -1,1666 3,0000 -1,1897 0 -0,1179 0 -0,0350 0 -0,0119 0
4 -0,0860
° 0 -1,1897 3,0000 -1,1984 0 -0,1211 0 -0,0350 0 -0,0087
-0,1092 0 -1,1984 3,0000 -1,2016 -0,1211 -0,0318 '?
~

-0,0231
° -0,1179 -1,2016 3,0000 -1,2016
° 0 -0,1179
° -0,0231
°
I ~ ° 0 -0,1211
° 0 -1,2016 3,0000 -1,1984 -0,1092
° ~
8 -0,0087
° -0,0318 -0,0350 -0,1211 -1,1984 3,0000 -1,1897
° -0,0860
° S
9 -0,0119
° -0,0350
° -0,1179
° -1,1897 3,0000 -1,1666
° "'"
1r
10 -0,0032
° -0,0119
° -0,0318
° -0,1092
° 0 -1,1666 3,0000 -1,0806
° ~.
11 -0,0032
° -0,0087
° -0,0231
° -0,0860 0 -1,0806 3,0000 ;:J
- - ~
° ° Q
c ,m 1 °5,4457 1,0806 °2,4457 2,2472 2,4457 2,3563 2,4457 2,3882 2,4457 2,4001 2,4457 ;:J"
2 -1,3651 3,0000 -1,2790 -0,1754 -0,0806 -0,0543 -0,0456 g-
3 0,2845 -0,9945 3,2845 °0,9714 0,2845 0,1179
° 0,2845 0,2071
° 0,2845 °0,2302 0,2845 ....
-0,1985 1,2472 lf1
4 -1,2559 3,0000 -0,1635 -0,0774 -0,0575
5 0,1124 -0,0629
° 0,1124 -1,1348 31124 -1,1316
° 0,1124 -0,0510
° 0,1124 °0,0318 0,1124
6 -0,0893 -0,1667 -1,2440 3,0000 -1,2440 -0,1667 -0,0893
7 0,0662 -0,0144
° 0,0662 -0,0973
° 0,0662 -1,1778 3,0662 -1,1810
° 0,0662 -0,1092
° 0,0662 f.
~
e+
8 -0,0575 -0,0774 -0,1635 -1,2472 3,0000 -1,2559 -0,1985
9 0,0488 -0,0055
° 0,0488 -0,0286
° 0,0488 -0,1179
° 0,0488 -1,2071 3,0488 -1,2302
° 0,0488
10 -0,0456 -0,0543 -0,0806 -0,1754 -1,2790 3,0000 -1,3651
~
11 0,0424 -0,0032
° 0,0424 -0,0151
° 0,0424 -0,0469
° 0,0424 -0,1561 0,0424 -1,3227 3,0424
° '"g:
- - P-
H nm 1 0,7113 0,1422 0,3155 0,2958 0,3133 0,3102 0,3072 0,3144 0,2845 0,3160 a>

2 -0,3544 0,8039 -0,3296 -0,0293 0,0085 0,0617 0,6431


°
3 0,1003 -0,4119 1,3403 -0,4024
° 0,0904 °0,0488 0,0713 °0,0858 0,0954
° -0,8952
4 -0,0910 -0,6969 1,7321 -0,6820 -0,0295 °0,1196 1,3788
5 0,0538 -0,0483
° 0,0488 -0,8708 2,3375 -0,8683
° -0,0392
° -0,1320 0,0244° -1,7903
6 -0,0469 -0,1178 -1,1778 3,0000 -1,1316
° 0,1178 2,3563 >j>.
t-:l
7 0,0301 -0,0188 0,0227 -0,1267 -1,5350 3,8495 -1,5392 --0,2845 -0,1423 -3,1009 ~
° ° ° °
8 -0,0262 -0,0495 0 -0,1685
° -1,9656 5,1962 -1,6826 3,8922
9 0,0155 -0,0132
° -0,0690 -0,0420 -0,2845
° -0,1535 -2,9142 6,6737 -2,9700 ° -5,7864
10 -0,0120 -0,0204
° -0,0539 -0,2349 -3,7117 11,1962 4,0326
11 -0,0244
° -0,0488 -0,1148
° -0,1808 -0,3565
° -0,5319 -1,1865
° -1,8390 -10,0469 4,5328
°
424 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Profil endlicher Dicke, wenn man noch den Einfluß berücksichtigt, der
durch Anstellung des Profiltropfens entsteht. Dieser Einfluß wurde in
GI. (6,143) in der Form einer zusätzlichen Wölbung und eines zusätz-
lichen Anstellwinkels angegeben.
Auftrieb. Setzt man GI. (6,143) in GI. (6,90) ein, dann ergibt sich
nach einigen Zwischenrechnungen für den Auftriebsanstieg:
"
dCA
dex.
= 2:n: (1 + ~f
n
~(t) d ).
smtp rp
(6,148)
o
Diese Gleichung zeigt, daß sich der Auftriebsanstieg mit dem Dicken-
verhältnis ändert.
7,3r--------,--------r--------,--------r-------~

49M-------~--------~------~--------~~~--~

- - TheoriefKlChTheodorsen
- - - TheorienucIJRiege/s
o Messvng bei Re -5'106
48~-------r------~---------r------~,-----~~

470 0,2 411 45 48 1,0


I X- I
I I
I I
I ßberseife i

t:C ------------~------"~~n:-krs~k
~
Abb.6.35. Geschwindigkeitsverteilung auf der Profilkontur für das Profil NACA-66(215)-216.
a = 0,6 beim Auftriebsbeiwert CA = 0,23; Vergleich von Messung und Theorie
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 425

Moment. Die Momentenänderung infolge der zusätzlichen Wölbung


und des zusätzlichen Anstellwinkels nach GI. (6,143) folgt aus GI. (6,96)
zu

( d LlCM) = _
dlYo 1
J" 2 cos rp .- cos 2 rp Z(t) ( ) d .
smrp cP cP
o

Wie F. RIEGELS [16] gezeigt hat, liefert die Quellverteilung noch einen
weiteren Beitrag zum Kippmoment :
1 n

(di:Mt= ~ooJq(X)XdX= -2!sincpZ(t)(cp)dcp.


o 0

Die letzte Gleichung folgt durch Berücksichtigung von Gl. (6,116).


Für die gesamte Neutralpunktverschiebung infolge des Dickenein-
flusses, vgl. GI. (5,55), ergibt sich durch Summierung der beiden obigen
Anteile und bei Berücksichtigung nur der in d/llinearen Glieder:

LlXN= _ dLl CM
dCA
= _1_J
2,-,;
" 1 + 2 cos~ - 2 cos 2rp Z(t)( ) d .
smrp cp cp (6,149)1
o

Die übrigen aerodynamischen Beiwerte (Nullauftriebswinkel, Null-


momentenbeiwert, Anstellwinkel und Auftriebsbeiwert des stoßfreien
Eintritts) sind für das endlich dicke Profil die gleichen wie für das
Skelettprofil.
Abschließend mögen noch sämtliche Formeln zur Ermittlung der
aerodynamischen Beiwerte in Tab. 6.3 zusammengestellt werden. Die
numerische Auswertung der in diesen Formeln auftretenden Integrale
ist nach [20] auf Summenformeln zurückgeführt worden, die in der
letzten Spalte von Tab. 6.3 angegeben sind. Die zugehörigen Koeffi-
zienten sind für N = 12 in Tab. 6.4 zusammengestellt.
Beispiele. Im folgenden möge der Einfluß der Profildicke auf den Auftriebs-
anstieg und die Neutralpunktlage an einigen Beispielen noch untersucht werden.
Ellipsenprofil: Für das nach GI. (6,125) gegebene Ellipsenprofil erhält man
aus den vorstehenden Formeln:

dCA
-=2,-,;(1+<5),
dlYo
(6,150a)

XN =- -
dCM
- = -4
1
(1 + 15) • (6,150 b)
dCA

1 Die in [20] angegebene Formel weicht hiervon ab, vgI. die Korrektur in[3].
Tabelle 6.3. Zusammenstellung der Formeln für die aerodynamischen Beiwerte eines Profils endlicher Dicke JI>..
t-:;l
~

I
dCA " ;s
Auftriebsanstieg -a;;;: Z(t)
2n ( 1 + -2} -.-drp ) 2n(1 + 2 ~lAm 'Z~)
n smrp t::::I
0 ,...CD
---~

..,8
N-l
~
2 Z(Sl ~
Nullauftriebswinkel CfCl
(Xo - -;:
J" 1 _ cosrp drp
2.E B m 'ZlSl
1
m CD
-.
0 .::
:::
CD

§
XN ~ [1 + ~ 1+ 2 COS? - 2cos2rp Z(l)d 1 g..
Neutralpunktlage CD
-1- 4 n
f" smrp rp
~ (1 +2 ~lCm'Z~l) ,...
0 171
"C
-~
~-
~
----
N-l ~
Nullmoment 2C08 rp - cos2rp Z(Sl d ;;:
CD
cMO -J" 2.J; D m ·Z(8)
m
1 - cos rp rp 1 0"
0 SE.
~
o
" N-l
Anstellwinkel 2 ~
(Xs -- J -cosrp
.--Z(Sldrp 2.J; E m ·Z(Sl
m
des stoßfreien Eintritts n sm2 p 1
@
00
0 00
c:
~
N-l 171
.,...
Auftriebs beiwert " ,...
0'
des stoßfreien Eintritts
cAS 4
~
r
-Z(Sl
-d
sin 2 p p
2.J; F m 'Z(SJ
1
m
S
0
~
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 427

Tabelle 6.4. Koeffizienten Am, B m , Gm, Dm, E m , Fm zur Berechnung der aero-
dynamischen Beiwerte nach Tab. 6.3 für N = 12 (nach [20], vgi. a. [3], S. 199)

. .Y"rn, Am Bm Gm Dm Em Fm
'"
1 0,9830 0,6440
1 -4,8919 0,6864 -7,9370 -2,4032 15,6333
2 0,9330 0 0 0,1667 -0,2267 0 0
3 0,8536 0,2357 -0,5690 0,3333 -1,0790 -0,2357 2,0944
4 0,7500 0 0 0,2887 -0,1309 0 0
5 0,6294 0,1726 -0,2249 0,2387 -0,4210 -0,0462 1,1224
6 0,5000 0 0 0,3333 0 0 0
7 0,3706 0,1726 -0,1324 0,0601 -0,1402 0,0462 1,1224
8 0,2500 0 0 0,2887 0,1309 0 0
9 0,1465 0,2357 -0,0976 -0,3333 0,0318 0,2357 2,0944
10 10,0670 0 0 0,1667 0,2267 0 0
11 0,0170 . 0,6439 -0,0848 -1,8017 0,1197 2,4032 15,6333

Joukowsky-Profil: Für das nach Gi. (6,128) gegebene JOUKOWSKy-Profil wird:


dCA
~ = 2n(1 + c) = 2n(1 + 0,77 c5), (6,151a)

XN= _ dCM =..!... (6,151 b)


dCA 4
Diese Ergebnisse stimmen mit der exakten Lösung nach Kap. 6.24 überein.
Parabelprofile: Für die nach Gi. (5,28) gegebenen und in Abb. 6.29a dar-
gestellten erweiterten Parabelprofile wurden Auftriebsanstieg und Neutral-
punktlage ebenfalls ermittelt. Die Ergebnisse sind in Abb. 6.36 a und b über der
Dickenrücklage aufgetragen.
N AGA-Profile: Schließlich wurden auch noch die NACA-Profiltropfen nach
Abb. 5.6 berechnet. Auch diese Ergebnisse sind in Abb. 6.36 eingetragen.

6
\\ I
a

5 f\.. i

~
D.. __ -b-- . . "O

t-- .

··
Purubelprufil
EI/ipsenprofi/

Ir
JovkowskyProfil
2 -
• NAC'A-OO..
NAC'A-83- ...
NAC'A-G5- ...
NAC'A-(j{j- ...
I I
a1 WI

Abb. 6.36. Einfluß der Profildicke und der Dickenrücklage auf den Auftriebsanstieg (a)
und die Neutralpunktverschiebung (b)
428 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Insgesamt ergibt sich, daß durch den Dickeneinfluß der Auftriebsanstieg


immer vergrößert wird, während die Neutralpunktverschiebung infolge des
Dickeneinflusses positiv oder negativ sein kann. Bei den meisten verwendeten
Profilen befindet sich der Neutralpunkt hinter dem lf4-Punkt des Profils.
Ein Vergleich der theoretischen Werte des Auftriebsanstieges mit Messungen
nach NACA Report 824 [31] ist in Abb. 6.37 für die Reihe der NACA-Profile von

8
- 8
_. I
2.11:
~

-- --- - 1--.....
,ur
- - -- i

'I
I
NACA-oo NACA-63 II
I
2 2
I
o i
0,09 0,08 0,12 0)& 0,20 0,29 0,0'1 0,08 41Z 416

8
.4.._
l f-
I
zn: zn: 1
6
~r

NACA-6'1 NACA -65 !


I

2 I
I
I
I
;
o 0,09 0,08 412 416 0,20 o,zv o 0.09 0,08 0,12 0,16 420 O)!V
4_ .4.._
l l
8
;m: - - - - - Theorie
- - - - Messung,g/oH
.............. - - - - Messung, rouh
"-
NACA-66 Abb. 6.87. Auftriebsanstieg d CAld« für NACA-
2
Profile in Abhängigkeit vom Dickenverhält-
nis dll; Vergleich von Theorie nach GI. (6,148)
o I und Messung nach NACA Report 824
ao~ 0,08 412 (),1& 4Z0 42'!
1-
Abb. 5.6 angegeben. Die gemessenen Werte liegen in allen Fällen unter den theo-
retischen Werten. Mit wachsender Profildicke nimmt bei der älteren NACA-OO-
Serie mit verhältnismäßig großem Hinterkantenwinkel, Abb. 5.6 b, der Auftriebs-
anstieg ab, während für die neuere NACA-6-Serie mit kleinerem Hinterkanten-
winkel, Abb. 5.6 c, die gemessenen Auftriebsanstiege die gleiche Tendenz zeigen
wie die Theorie. In allen Fällen ist der Auftriebsanstieg bei rauher Oberfläche
kleiner als bei glatter Oberfläche. In Kap. 6.4 werden wir hierauf noch zurück-
kommen.
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 429
Einen entsprechenden Vergleich von Theorie und Messung für die N eutral-
punktlage zeigt Abb. 6.38. Auch hier folgt bei der älteren NACA-Serie die Messung
nicht der Theorie.
6.343 Berechnung der Profilform aus der vorgegebenen Geschwin-
digkeitsverteilung. Im folgenden sei noch kurz die Aufgabe behandelt,
zu einer vorgegebenen Geschwindigkeitsverteilung die Profilform zu er-
mitteln. Es seien WKo und WKu die vorgegebenen Geschwindigkeitsver-

--
0,3
I
0,2 ~_ 1 7/if
-i-- -----L-
1~1-o0
I-l
~I~ NAC1-63 I
0,1

o I I o
0.08 al2 0,16 0,20 0,29 0,08 Q1Z 0,16 0,20 0,29

0,3

L
0,3
f-
I/V ! I/V
0,2 2

~I~ NACA-8/f NACA- 85


I I
0. 1

0
aM 408 0,12 0,16 0,20 1/2V
o aov 0,08 0.12 0,16 0,20 (JE9

43
11_
L f-
I
- - - Theorie
Ilv
0,2 I - - - Messung,glatt
I
NACA-66
I Abb.6.38. Neutralpunktlage zNII. = -d cMldc A
für NACA-Profile in Abhängigkeit vom Dicken-
verhältnis dll; Vergleich vou Theorie nach
o I
aov 0,08 0,12
0,16 qzO (J29 GI. (6,149) und Messung nach NACA Report 824
11_
L

teilungen auf Ober- bzw. Unterseite des Profils. Aus diesen bildet man
die Geschwindigkeitsverteilungen des Skelettes und des Tropfens durch

W~) = 21 (WKO - WKu ) = Uoofl, (6,152a)

(6,152b)

Zur. Vereinfachung der Rechnung sei angenommen, daß die Ge-


schwindigkeit auf der Kontur gleich der Geschwindigkeit auf der Sehne
ist, WK = U. Die gesuchte Profilkontur wird nach GI. (6,139) aus einer
Skelettlinie und einem Tropfen zusammengesetzt. Die Skelettlinie er-
hält man aus GI. (6,69) in Verbindung mit GI. (6,63). Der zugehörige
t
o
Tabelle 6.5. Koeffizienten bn m, d n m und d m zur Berechnung der Profilkontur bei vorgegebener Geschwindigkeitsverteilung
nach Gl. (6,153), (6,154), (6,155) für N = 12 (nach [34])
<
t""'
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
I~I ~
1 0,0262 0,0123 0,0069 0,0051 0,0037 0,0029 0,0022 0,0017 0,0012 0,0008 0,0004 ~
(Jq
2 0,0237 0,0639 0,0335 0,0205 0,0154 0,0114 0,0087 0,0065 0,0047 0,0030 0,0015 ';:!!
.,::
3 0,0190 0,0474 0,1005 0,0553 0,0350 0,0262 0,0193 0,0145 0,0102 0,0066 0,0032 (Jq

4 0,0170 0,0356 0,0677 0,1304 0,0732 0,0468 0,0347 0,0248 0,0117 0,0112 0,0055 ~
5 0,0138 0,0297 0,0478 0,0817 0,1498 0,0845 0,0535 0,0387 0,0263 0,0169 0,0081 ~
(0
"
~nm 6 0,0111 0,0227 0,0371 0,0540 0,0875 0,1565 0,0875 0,0540 0,0371 0,0227 0,0111 ~
7 0,0081 0,0169 0,0263 0,0387 0,0535 0,0845 0,1498 0,0817 0,0478 0,0297 0,0138 8C:;.
8 0,0055 0,0112 0,0117 0,0248 0,0347 0,0468 0,0732 0,1304 0,0677 0,0356 0,0170 ::r
(0
9 0,0032 0,0066 0,0102 0,0145 0,0193 0,0262 0,0350 0,0553 0,1005 0,0474 0,0189 ...
10 0,0015 0,0030 0,0047 0,0065 0,0087 0,0114 0,0154 0,0205 0,0335 0,0640 0,0237 rn
"C
~
11 0,0004 0,0008 0,0012 0,0017 0,0022 0,0029 0,0037 0,0051 0,0070 0,0123 0,0262 I dm
I
1 0,0101 -0,0093 -0,0172 -0,0183 -0,0176 -0,0149 -0,0118 -0,0082 -0,0050 -0,0023 -0,0007 -0,0453 !.
S-
2 0,0098 0,0408 0,0070 -0,0070 -0,0102 -0,0111 -0,0093 -0,0070 -0,0042 -0,0021 -0,0004 -0,0540 O"
3 0,0030 0,0232 0,0712 0,0250 0,0055 0 -0,0030 -0,0028 -0,0024 -0,0011 -0,0005 -0,0525 $.
4 0,0043 0,0134 0,0408 0,1009 0,0441 0,0193 0,0107 0,0047 0,0025 0,0007 0,0005 -0,0393 S'
i'i"
5 0,0015 0,0097 0,0220 0,0533 0,1201 . 0,0558 0,0266 0,0153 0,0070 0,0031 0,0003 -0,0215
d nm 6 0,0020 0,0059 0,0153 0,0281 0,0598 0,1278 0,0598 0,0281 0,0153 0,0059 0,0020 0
7 0,0003 0,0031 0,0070 0,0153 0,0266 0,0558 0,1201 0,0533 0,0220 0,0097 0,0015 0,0215
~
~
00
8 0,0005 0,0007 0,0025 0,0047 0,0107 0,0193 0,0441 0,1009 0,0408 0,0134 0,0043 0,0393 ~
9 -0,0005 -0,0011 -0,0024 -0,0028 -0,0030 0 0,0055 0,0249 0,0712 0,0232 0,0030 0,0525
10 -0,0004 -0,0021 -0,0042 -0,0070 -0,0093 -0,0111 -0,0102 -0,0070 0,0070 0,0408 0,0098 0,0540
...ce
rn
11 -0,00071-0,0023 -0,0050 -0,0082 -0,0118 -0,0149 -0,0176 -0,01831-0,0172 -0,0093 0,0101 0,0453 "i
0'
12 ,-0,0022 -0,0091 -0,0195 -0,0332 -0,0482 -0,0639 -0,0776 -0,0887 -0,0930 -0,0906 I -0,0658 0,1565
~
~
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 431

Anstellwinkel ergibt sich nach GI. (6,70) ebenfalls in Verbindung mit


GI. (6,63). Den Profiltropfen erhält man aus GI. (6,137), 'wenn man dort
noch " = 1 setzt. Die numerische Berechnung der Integrale für die
Skelettlinie, den Profiltropfen und den Anstellwinkel wird nach [34]
mittels der folgenden Summenformeln durchgeführt:
N-l
Z(s)(X n) = L:dnmg m + dnNlim(gsintp), (6,153)
m~l ~~n

N-l
Z(t)(Xn) = L: bnmfm, (6,154)
m~l

N-l
oe = 2: dm gm + d N lim (g sin tp) . (6,155)

Die Funktionen fund g wurden be- a


reits in GI. (6,152) erklärt. Die r liD IJ~
Koeffizienten bnm , dnm und dm (- -- /+( ,,\
r---
sind in Tab. 6.5 zusammengestellt.
tO "-
Ein Beispiel zu diesem Verfahren r
~
ist in Abb. 6.39 angegeben. Die
vorgege bene Geschwindigkeitsver-
IJ_ ~
teilung ist im vorderen Profil-
bereich konstant und im hinteren
Bereich linear abnehmend, Ab- 0,9
bildung 6.39a. Die Skelettlinie und
9
der Profiltropfen sowie das Profil
sind in Abb. 6.39b angegeben.
o,z
~-
r-...Lt-- -- --I'-"
Für diese Aufgabe ist in neuerer
Zeit von R. EpPLER [36] ein ver-
bessertes Verfahren entwickelt
worden.

6.35 Das Geschwindigkeitsfeld


in der Umgebung eines Tragflügels
Bisher wurde durchweg die Ge-
schwindigkeitsverteilung auf der
Profilkontur betrachtet. Für
manche aerodynamische Fragen

~ ~1
des Flugzeuges, wie z. B. bei Un-
tersuchungen über den Einfluß '"
des Tragflügels auf die Anströmung o ----lX-~-tO-9'
des Rumpfes oder des Höhenleit-
-a10
werkes ist die Kenntnis des Ge- Abb. 6.39. Beispiel zur Berechnung der Profil-
schwindigkeitsfeldes des Trag- form aus einer vorgegebenen Geschwindig-
keitsverteilung nach [34]. a) Geschwindigkeits-
flügels in seiner weiteren Um- verteilung, b) und c) Profilform
432 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

gebung wichtig. Im folgenden sollen einige Angaben hierzu gemacht


werden. Wir betrachten den Tragflügel als Skelettprofil, d. h. er
wird durch seine Wirbelverteilung, GI. (6,58), dargestellt. Von den
induzierten Geschwindigkeiten interessiert hauptsächlich die z-Kom-
ponente w, da diese für die Flugzeugteile vor und hinter dem Tragflügel
eine Änderung der effektiven Anströmrichtung verursacht. Die indu-
zierte Geschwindigkeitskomponente w möge lediglich in der Flügel-
ebene, d. h. auf der x-Achse betrachtet werden.
Die Verteilung der induzierten Aufwärts- und Abwärtsgeschwindig-
keiten längs der x-Achse ist gegeben durch GI. (6,60b)

f -;~1, dX'.
1

w(X) = - 2ln (6,156)


o

Hierin bedeutet k(X) die Zirkulationsverteilung über die Profiltiefe


und X = xJl die von der Vorderkante aus gemessene dimensionslose
Koordinate in Richtung der Profilsehne. Die Gesamtzirkulation des
r
Tragflügels ergibt sich durch Integration aus der Zirkulationsvertei-
lung . Die Auswertung der GI. (6,156) im Bereich der Profiltiefe 0 ;:::;; X ;:::;; 1
wurde für den BIRNBAuM-GLAuERTschen Ansatz für die Zirkulations-
verteilung GI. (6,71) in GI. (6,74) angegeben. Für die angestellte Platte
und das Parabelprofil ist das Ergebnis in Abb. 6.17 dargestellt.
Für die Berechnung der induzierten Abwärtsgeschwindigkeit vor
und hinter dem Profil kann GI. (6,156) ebenfalls verwendet werden, wo-
bei jetzt jedoch eine singuläre Stelle des Integranden nicht mehr vor-
handen ist. An Stelle der früheren Substitution nach GI. (6,72) tritt jetzt:

1
X = "2 (1 ± (l;01 <p) , (6,157)

wobei das untere Vorzeichen für Punkte vor dem Flügel und das obere
Vorze~chen für Punkte hinter dem Flügel gilt. Führt man GI. (6,157)
und GI. (6,71) in GI. (6,156) ein, dann wird

w(cp) _ _ ...!.- (A f" ±~olcp-coscp'


1 - coscp' d' + i; A f" sin nrp' sincp' d ,)
uoo - n 0 <p n~l ±~olcp-coscp' <p • n
o 0

Die auftretenden Integrale lassen sich in Analogie zu GI. (6,73) wie folgt
lösen:

...!.-f" cos ncp' d' = (± 1)n+l ~of ncp - EJin ncp (6,158)
n ± ~of cp - cos cp' <P EJin cp
o
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 433

Damit ergibt sich für die Verteilung des Abwindwinkels (xw = wjU oo :

ocw(tp) = - [A o (1 - i
~11~~tnrp=F 1) +n=l (± l)n An (Cl:o\ ntp -- 0in ntp)]

x=-T' + n~IAn l
oder
oew(X) = -A o 1-( V-x-) .'1"
1 - 2X 1-(Vx=-T)ln
-X-

für X >"1 und X < O. (6,159)


et.",
iX
~ I
J I
I
--fragende Fläche
--fragende Linie

x
~- -1
Uoo
T

-11---+---jJC-...Y
---- 2

Uoo x
~ --~,------------~--~~----~---_-_-_-_-_-_-_--_~Z~

b
-3

Abb. 6.40. Verteilung des induzierten Abwindwinkels auf der verlängerten Flügelsehne für
a) die angestellte ebene Platte, b) das Parabelskelett bei sehnenparalleler Anströmung

Beispiele. In der Zirkulationsverteilung GI. (6,71) bedeutet das


Glied mit A o die unter dem Winkel (X angestellte ebene Platte, wobei
A o = (X ist. Das Glied mit Al bedeutet das in Sehnenrichtung an-
geströmte Parabelskelett mit der Wölbung 111, wobei Al = 4//1 ist. Für
diese beiden Fälle sind in Abb. 6.40a und b die Verteilungen des Ab-
windwinkels längs der verlängerten Profilsehne aufgetragen.
Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik I 28
434 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

Zum Vergleich hiermit ist noch diejenige induzierte Abwindwinkel-


verteilung dargestellt, die man erhält, wenn man den Tragflügel durch
einen Einzelwirbel mit der Zirkulation r ersetzt. Dieser Einzelwirbel
befindet sich im Schwerpunkt X A der Zirkulationsverteilung, d. h. bei
der angestellten Platte bei X A = 1/4 und bei dem Parabelskelett bei
X A = 1/2. Für große Abstände vor und hinter dem Flügel stimmen die
Verteilungen des induzierten Abwindwinkels für die konti.nuierliche
Wirbelbelegung (tragende Fläche) und für den Einzelwirbel (tragende
Linie) überein. Bei der angestellten Platte nach Abb. 6.40a ist noch
bemerkenswert, daß an der Stelle X = 3/4 die induzierten Abwärts-
geschwindigkeiten der tragenden Fläche und der tragenden Linie über-
einstimmen.

6.36 Der Tragflügel in gekrümmter Strömung


Sämtliche bisherigen Betrachtungen zur Profiltheorie setzten vor-

--
aus, daß sich der Tragflügel in einer ParalleJströmung befindet. Bei
Fragen der gegenseitigen Be-
t {Piaffe einflussung der Flugzeugteile
tritt jedoch auch der Fall auf,
daß der Tragflügel in einer ge-
krümmten Zuströmung liegt.
Die aerodynamischen Pro-
bleme eines solchen Trag-
flügels lassen sich ebenfalls
nach der Skelett-Theorie be-
handeln.
Eine ebene Platte, die sich
{ in einer gekrümmten Strö-
mung befindet, verhält sich
näherungsweise so wie ein
Abb. 6.41. Erläuterungsskizze zum Tragflügel in
gekrümmter Strömung.
gewölbtes Skelett in einer
IS
a) Anströmwinkelverteilung .' (x), b) SkelettprofilZ ) Parallelströmung. Die in einer
gekrümmten Strömung auf-
tretenden längs Tiefe veränderlichen Anströmwinkel ci.' (x) können nach
Abb. 6.41 für die Rechnung durch geänderte aequivalente Skelett-
linienneigungen [(X - dZ(S)/dX] ersetzt werden. Auf Grund dieser Über-
legungen ist in den Formeln der Skelett-Theorie, Kap. 6.32,
dZ IS )
- dX = (X - (X' (X)
zu setzen.
Nach GI. (6,90) erhält man dann den mittleren Anströmwinlcel ii,
d. i. den Anstellwinkel, der in Parallelströmung den gleichen Auf-
6.3 Profiltheorie nach der Singularitätenmethode 435

trie b CA = 2Jt a erzeugt wie die veränderliche Anströmwinkel-


verteilung, zu:

ii = ! f a' ( tp )( 1 + cos tp) d tp . (6,160)


o
Für den Nullmomentenbeiwert ergibt sich nach GI. (6,96):

C.'1'10 = - ~
o
f"a' (tp) (cos tp + cos 2 tp) d tp : (6,161 )

Bei konstanter Anströmwinkelverteilung (x' (X) = (X ergeben sich aus


den vorstehenden Gleichungen die Beziehungen der angestellten Platte:

"
1,0
iX = (X, CMO = O.
I
a
0,8
i I ! b
~ Mllifliopp'

- -..J-± --
I
--
~ ~
:::::::::.. f - . -
'-.... r-- /" !
Pisfolesi/'o.....
..... - . . . r-.. tot.
1// !

11 1
0,2 i
0,2 I

I
i !
I
1 Z
m-
.J 11
"' G Z
m-
J fI. Il

Abb. 6.42. Aerodynamische Beiwerte eines Profils in gekrümmter Strömung mit Anström-
winkelverteilung über Profiltiefe .'(X) ~ xm nach GI. (6.162). a) Mittlerer Anströmwinkel Gi,
b) Nullmomentenbeiwert eMO
---Exakte Lösung nach GI. (6,163a, b) - - - - - Näherung Pistolesi GI. (6,165);
_. _. - Näherung nach GI. (6,164a, b) Näherung Multhopp GI. (6,166)

Die veränderliche Anströmwinkelverteilung möge in der Form eines


Potenzgesetzes vorgegeben sein durch

a'(X) = xm mit X
1
= "2 (1 + cos tp) . (6,162)

Die Auswertung der GI. (6,160) und (6,161) ergibt für ganzzahlige m:
;v __
~
2 1 - 3·5 ... (2m + 1). fuoor rn = 0, 1,2, .. , (6163a)
2·4·6 .. ·2(m+1) ,

(6,163b)

Diese Ergebnisse sind für verschiedene Werte von min Abb. 6.42a und b
als ausgezogene Kurven dargestellt.
Wir wollen jetzt für a und CMO Näherungsausdrücke angeben, in
welchen die örtlichen a'-Werte an nur wenigen charakteristischen
Stellen der Profiltiefe vorkommen. Es bedeuten im folgenden (X~o, (X~5'
28*
436 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

C(~o, C(~5 und C(~oo die örtlichen Anströmwinkel an den Stellen X = 0;


0,25, ... , 1,0. Wir wählen:
-
C( = 21 ( ,
1X50 + 1X100)
,
, (6,164a)

(6,164b)

Die Werte nach diesen Formeln sind als strichpunktierte Kurven in


Abb.6.42 eingetragen. Sie stimmen mit den exakten Werten nach
GI. (6,163) recht gut überein.
Eine andere Näherung für den mittleren Anströmwinkel stammt
von E. PrSTOLEsr [37]. Er setzt
(6,165)

Hiernach soll also bei veränderlicher Anströmwinkelverteilung der


Wert des Anströmwinkels im 3l/4-Punkt für den Auftrieb maßgebend
sein (Dreiviertelpunkt-Theorem von PrsToLEsr 1 ). Die Werte nach

Für m = °
GI. (6,165) sind als gestrichelte Kurve in Abb. 6.42a mit eingetragen.
(konstante) und für m = 1 (lineare Anströmwinkelvertei-
lung) stimmt die PrsToLEsrsche Näherung mit den exakten Werten
überein, während für größere m die Abweichungen gegenüber den
exakten Werten beträchtlich sind.
Für den Nullmomentenbeiwert hat H. MULTHOPP [38] eine andere
Näherungsformel angegeben:

(6,166)

Diese Werte sind als gestrichelte Kurve in Abb. 6.42b eingetragen. Für
m = 1 und 2 stimmt die MULTHoppsche Näherung mit der exakten
Lösung überein.
Die beiden Näherungsformeln von PrsToLEsr und MULTHOPP haben
eine besondere Bedeutung, wenn man die über die Flügeltiefe kontinuier-
lich verteilte Zirkulation nach Abb. 6.40a durch einen Einzelwirbel im
(l/4)-Punkt ersetzt. Dieses ist gebräuchlich für eine vereinfachte Be-
handlung des Tragflügels endlicher Spannweite (Traglinientheorie,
Kap. 7.32). Die PrsToLE8-rsche Näherung für den mittleren Anström-
winkel stimmt mit der exakten Lösung überein, wie Abb. 6.40a zeigt.
Die MULTHoppsche Näherung für das Nullmoment liefert für die ebene
Platte in richtiger Weise CMO = 0, da bei Ersatz der Platte durch einen
Einzelwirbel im (l/4)-Punkt C(~o = -.:x~o und .:x~o = 3.:xioo ist.

1 Dieses Theorem hat für die Theorie des Tragflügels endlicher Spannweite
(Kap. VII) Bedeutung.
6.4 Einfluß der Reibung auf die Profileigenschaften 437

6.4 Einfluß der Reibung auf die Profileigenschaften


Bei den bisherigen Betrachtungen dieses Kapitels wurde durchweg
das strömende Medium als reibungslos und inkompressibel angenom-
men. Über den Einfluß der Kompressibilität auf die aerodynamischen
Beiwerte eines Tragflügelprofils wird in Kap. VIII ausführlich be-
richtet werden. Hier mögen jetzt zunächst nur einige Angaben über den
Einfluß der Reibung gemacht werden, wobei das strömende Medium
als inkompressibel angesehen wird. Die Grundlagen der inkompressiblen
Strömungen mit Reibung wurden in Kap. IV bereitgestellt. Die wich-
tigste dimensionslose Größe für den Einfluß der Reibung ist die REY-
NOLDssche Zahl. Es sollen deshalb im folgenden einige Angaben gemacht
werden über den Einfluß der REYNoLDsschen Zahl auf die aerodyna-
mischen Beiwerte eines Tragflügelprofils, vgl. hierzu H. SCHLICH-
TING [39]. Dabei möge zunächst der Einfluß der REYNoLDs-Zahl auf
den Auftrieb besprochen werden, und anschließend sollen einige An-
gaben über den Profilwiderstand gemacht werden, den ja die Theorie der
reibungslosen Flüssigkeit nicht zu erfassen vermag (D'ALEMBERTsches
Paradoxon).
6.41 Auftrieb
Die flugtechnisch interessierenden REYNoLDsschen Zahlen des Trag-
flügels liegen mit Ausnahme von Modellflugzeugen und gewissen Segel-
flugzeugen bei Re = Vl/y> 106 • Für diesen REYNoLDs-Zahl-Bereich
ist die Grenzschicht im größten Teil ihrer Lauflänge turbulent, vgl.
Kap. 4,10. Bezüglich des Auftriebes gilt für diesen Bereich von REY-
NOLDs-Zahlen sowie auch für kleinere REYNoLDs-Zahlen bis herunter
zu Re = 105 allgemein die Feststellung, daß im Bereich der kleinen und
mittleren Anstellwinkel die Ergebnisse der Potentialtheorie recht be-
friedigend mit Messungen übereinstimmen. Dies zeigen z. B. die Mes-
sungen in Abb. 2.59 für die angestellte ebene Platte und für das Profil
Gö 445 bei Re = 4.105 , und inAbb.'6.13 für das JouKOwsKy-Profil bei
Re = 105 . In diesen Fällen ist die Strömung am Tragflügel anliegend
wie in Abb. 4.13a, d. h. es tritt keine Ablösung der Grenzschicht ein.
Auch die potentialtheoretisch ermittelten Druckverteilungen um das
Profil stimmen in diesem Anstellwinkelbereich und REYNoLDs-Zahl-
Bereich gut mit Messungen überein, vgl. Abb. 6.14 für ein JOUKOWSKY-
Profil, Abb. 6.32 für' ein symmetrisches NACA-Profil beim Anstell-
winkel Null und Abb. 6.35 für ein gewölbtes angestelltes NACA-Profil.
Bei größeren Anstellwinkeln, je nach Profil für (x' = 10° bis 20°, tritt
für den Auftriebsbeiwert (und ebenso auch für die Druckverteilung)
eine stärkere Abweichung zwischen Theorie und Messung auf. Diese ist
zurückzuführen auf die beginnende Ablösung der Strömung auf der
Saugseite des Profils nach Art von Abb. 4.13b. Die Ablösung wird
438 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

verursacht durch den steilen Druckanstieg auf der Saugseite des Pro-
fils, vgl. Abb. 5.18. Nach erfolgter Ablösung ändert sich der Charakter
der Druckverteilung völlig. Die Rechenverfahren der Grenzschicht-
theorie, Kap. 4.8, gestatten es, die Lage der Ablösungsstelle näherungs-
weise vorauszuberechnen.
1,5r---~----,-----r-~-,----,----,
Das Ablösungsphänomen
am Tragflügel ist maßgeb-
lich für den maximalen
Auftrie bs bei wert CA max ,der
1,3 flugtechnisch eine große
Bedeutung hat (Start und
Landung). Die Ablösung
1.2 der Strömung bei großen
Anstellwinkeln, und damit
1,1 der Wert des maximalen
Auftrie bs bei wertes, hängt
erheblich vom Strömungs-
11.0 zustand in der Grenzschicht
,," (laminar oder turbulent)
0.9 und damit von der REY-
NOLDsschen Zahl. ab. Als
aB Beispiel hierfür zeigt Ab-
bildung 6.43 die Kurven
o Re = 0;31'10'
<i = ~Z5'10' des Auftriebs beiwertes CA
0.7 <> - 3;31'10' über dem Anstellwinkel (X
= 3,50'10'
= H3'10' für den oberen Anstell-
= ~g9'10'
0.6 "1 = 6,83'10' winkelbereich bei REY-
NOLDs-Zahlen Re = 3 . 105
bis 7.106 nach [40J. Man
0.5
sieht, daß für die mittleren
Anstellwinkel die REY-
~-"---!:::,..---,,:n----:;;:;;---~n---~Z5:;;o----:;!,JOo
o.goo NOLDs-ZahI keinen wesent-
lichen Einfluß auf den
Abb. 6.43. Auftriebsbeiwert in Abhängigkeit vom An- Auftriebs beiwert hat, daß
stellwinkel bei verschiedenen REYNOLDSSchen Zahlen
für das Profil Clark YH nach [40] jedoch CAmax mit wach-
sender REYNoLDs-Zahl er-
heblich zunimmt. Dies rührt im wesentlichen daher, daß die bei
den größeren REYNoLDs-Za.hlen turbulente Grenzschicht größere
Druckanstiege verträgt als die bei den kleinen REYNoLDs-Zahlen vor-
handene laminare Grenzschicht. Außer der REYNoLDsschen Zahl ist
auch die Form des Profils, vor allem in der Nähe der Nase, für die
Ablösung der Strömung bei großen Anstellwinkeln und damit für den
Wert von C-l max maßgeblich, weil die Form der Profilnase die Druck-
6.4 Einfluß der Reibung auf die Profileigenschaften 439
verteilung in der Nähe ~r----,----~-----r----,-----,----,
der Nase entscheidend
bestimmt. Eine Einsicht
in diese Verhältnisse gibt
Abb. 6.44, in welchem
nach T. NONWEILER [41],
[42] für eine feste REY-
NOLDs-Zahl (Re = 6.10 6 )
der CAmax-Wert in Ab-
hängigkeit vom Dicken-
verhältnis d,l und dem
Nasenradius (hier gekenn-
zeichnet durch die Pro-
filordinate Zl bei x =0;05l)
dargestellt ist. Hiernach
q~~--~a~.0~~--~a~~~--~al~2--~a~~~--~a~20~~~~V
hat bei sehr dünnen Pro-
d/l-
filen der Nasenradius
Abb. 6.44. Der maximale Auftriebsbeiwert bei der REY-
keinen Einfluß auf CA max' NOLDSscheu Zahl Re = 6· 10' in Abhängigkeit vom Dicken-
verhältnis dll und vom Nasenradius, ausgedrückt durch
während bei Profilen zdd mit z, = z(x = 0,05), nach [41]
mäßiger Dicke mit wach-
sendemNasenradius CAmax erheblich zunimmt. Weitere Angaben über
den Einfluß der REYNoLDsschen Zahl auf CA max enthält Abb. 6.45. Hier

f~al8
~~~-+-+--~-+--~--~---+--4-~~--+-~---+~~~a~.~~

al~-+__~~_~__ +-__-+__~___~__~~__~-+~~~~~~~/~~o~
/,? / 0,09
~ ~ 0,12

-0,743 49 45 q6 0.8 1,0 1,5 l,,0 :to"o ~o (ja /ja 10 15 20 '10' JQ


Re-
Abb. 6.45. Einfluß der REYNOLDSSchen Zahl auf den Höchstauftrieb bei festgehaltenem
Nasenradius (zdd = 0,6) bei verschiedenen Dickenverhältnissen dll, nach [41]
440 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

ist für konstanten Nasenradius (zl/d = 0,6) die Änderung des maximalen
Auftriebsbeiwertes gegenüber dem Wert bei Re = 6.106 , also LI cAmax
= cAmax - (CAmax)Re=6do über Re aufgetragen für Profile von ver-
6 ,

schiedenem Dickenverhältnis d/l. Die Tendenz, daß CAmax mit wachsen-


der REYNoLDs-Zahl ansteigt, wird hier bestätigt, und zwar ist dieser
Anstieg am größten für Profile von mittlerem Dickenverhältnis. An-
gaben über den Einfluß von Wölbung, Hinterkantenwinkel, Ober-
flächenrauhigkeit auf CA max werden in zusammenfassender Darstellung
1,0
0--;0; ~I

I ~ r--- I--
• NACA -00
0 -63 . r--
0,6 _e " --65
" "
69

a.
0
" \-66
9
0,09 0,08 0,12 0,16 0,20
191:'-
zo
~

~ r--- t---
~

1\ i--
0
b
0,08 o,t2 0,16 420
tg-r-
Abb.6.46. Vergleich der Auftriebs anstiege von Messung und Theorie für NACA-Profile mit
verschiedenem Hinterkantenwinkel 2T. Es bedeutet" = (dcA/da)exp/(dcAJd a>theor'
a) Glatte Oberfläche, b) rauhe Oberfläche

in [41] gegeben. Für Klappenflügel werden CAmax-Werte in Kap. XII


angegeben werden.
Die verhältnismäßig geringen Abweichungen zwischen Messung und
Theorie im Bereich der kleinen und mittleren Anstellwinkel lassen sich
durch die Angabe des Auftriebsanstieges dCA/da, kennzeichnen. In
Abb. 6.37 wurde für mehrere Profile der NACA-Serien der Beiwert dCA/da,
in Abhängigkeit vom Dickenverhältnis dll nach Theorie und Messung
angegeben. In Abb. 6.46 ist für diese Messungen das Verhältnis der Auf-
trie bsanstiege von Experiment und Theorie in Abhängigkeit vom halben
Hinterkantenwinkel 7: aufgetragen, vgl. Abb. 5.4. Während in der Dar-
stellung von Abb. 6.37 die Abweichungen zwischen Theorie und Experi-
ment bei den einzelnen Meßreihen erheblich verschieden sind, ergibt sich
bei der Auftragung in Abb. 6.46 eine ziemlich eindeutige Abhängigkeit
des Quotienten x = (dcAlda,)exp/(dcA/da,hheoi vom Hinterkantenwinkel,
6.4 Einfluß der Reibung auf die Profileigenschaften 441

derart, daß beim Hinterkantenwinkel Null U ---0> 1 geht, während u mit


wachsendem i bis auf etwa 0,8 bei glatter Oberfläche und 0,7 bei rau her
Oberfläche abnimmt, vgl. auch S. HOERNER [48]. Die Abweichungen des
gemessenen Auftriebsanstieges vom theoretischen Wert rühren her von
der Grenzschicht und dem Totwasser in der Nähe der Hinterkante. Die
dickere Grenzschicht auf der Profiloberseite im Vergleich zur Unterseite
wirkt nach A. BETZ [43] wie eine zusätzliche negative Wölbung, vgl. auch
R. M. PrNKERTON [44]. Dabei wird gleichzeitig die KUTTAsche Abfluß-
bedingung geändert, indem der hintere Staupunkt von der Hinterkante
auf die Profiloberseite verschoben wird, Abb. 6.5.
Bei extrem kleinen REYNoLDsschen Zahlen, Re < 105, die für frei
fli!Jgende Flugmodelle von Bedeutung sind, vg1. F. W. SCHMITZ [45],
löst sich die Strömung schon bei kleinen Anstellwinkeln stark ab. In
diesem Fall weichen die gemessenen Auftriebs beiwerte im ganzen
Anstellwinkelbereich stark von der Theorie ab. Ein Beispiel hierfür
ist in Abb. 6.47 a dargestellt.

6.42 Widerstand
Der Profilwiderstand von Tragflügeln kann theoretisch mit Hilfe
der Grenzschichttheorie ermittelt werden. Die Grundlagen hierfür
wurden in Kap. 4.85 bereitgestellt. In Abb.4.51 sind für gewölbte
NACA-Profile theoretisch berechnete cWp-Werte in Abhängigkeit von
der REYNoLDs-Zahl und vom Dickenverhältnis dll angegeben. Dabei
ist die Lage des Umschlagpunktes (Kap. 4.10) ein wichtiger Parameter
für den Profilwiderstand. Mit wachsender REYNoLDs-Zahl nimmt cWp
im allgemeinen ab, entsprechend der Abnahme des Reibungswiderstan-
des der längsangeströmten ebenen Platte, vgl. Abb. 4.41. Da, wie oben
angegeben, der maximale Auftriebsbeiwert mit wachsender Re-Zahl
zunimmt, ergibt sich im ganzen für die Polare mit zunehmender Re-Zahl
eine Verbesserung, vgl. Abb. 6.47b. Auch Abb.6.48 zeigt dieses Ver-
halten für große REYNoLDs-Zahlen bis Re = 2,5 . 10 7 für das Profil
NACA 64-009. Dabei treten für den Profilwiderstand im Bereich kleiner
cA.-Werte Besonderheiten auf, die mit langen laminaren Laufstrecken
der Grenzschicht zusammenhängen (Laminarprofile, vgl. Kap. 4.55 und
Abb.4.35).
Für die Berechnung des Profilwiderstandes wurde in GI. (4,133) die
folgende Gleichung angegeben:

cWp = ~,074 {
YRe
j (:: r
xu/l 00
d ~ + c }o.s (6,167)

mit C nach GI. (4,134). Anschließend an die in Kap. 4.8 mitgeteilten


Überlegungen hat E. TRucKENBRoDT [46] die Berechnung des Profil-
t6rl----~----_;------r_----,_----_r----~----_.------r_--__,
'IJ'""""-~--'---'---"'--""--~
I
Re=~3·105 Re= ~3'105 """
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;9 I ~ """
~ "~'105 I <:
.....
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o
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\ ~ ~K ~rn
00
I'- ~ I c;:
b r\.",........~ rn
_
-~~~o _1~o _ ~Q Ja ~o 12° 160 .. !
-0,90
Jo ;0 0,09 (JOB o,tZ 0,18 o,ZO O,ZV (JZ8
"...'..."'"
cc- 0'
CWp -
Abb. 6.47. Auftriebs- und Widerstandsmessungen für das Profil Gö 625 bei kleinen REYNOLDs.chen Zahlen, nach [45]. ~
jg
a) Kurven c.A über a, b) Widerstandspolaren c.A über c w "
6.4 Einfluß der Reibung auf die Profileigenschaften 443

widerstandes noch weiter vereinfacht. Dabei wurde die nach der vor-
stehenden Gleichung·benötigte potentialtheoretische Geschwindigkeits-
verteilung U(x) zurückgeführt auf die Koordinaten des ProfiItropfens,
unter Heranziehung der Ergebnisse der Tropfentheorie, Kap. 6.33. In
leichter Abänderung von GI. (6,167) wird in [46] für den Profilwider-
standsbfliwert angesetzt:

(6,168)

-"
1,2
v-~, /'

,47 ,/"
1,0
~ ~~ /
..
/"",,/'
kö"'~
0,8
~'I Ir,;
<I /.

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V,,(~
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0,6
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'! .
1/

0,2
Jp ~,,/ prom NACA 6~-OO9

o
tf{
-QZ ~\
\\\\ .\
\'\
\~\ ..
\
6
0,00'1 0.008 (1012 (l016
CWp_
Abb.6.48. Widerstandspolare für das Profil NACA 64-009 bei verschiedenen
REYNOLDSschen Zahlen, nach [31]

Dabei bedeuten cfl und Cft die Widerstandsbeiwerte der längsangesträm-


ten einseitig benetzten ebenen Platte der Länge 1 bei laminarer bzw.
turbulenter Strömung nach Abb. 4.41. Die Exponenten in GI. (6,168)
sind gegenüber denen in GI. (6,167) etwas geändert, um einen größeren
REYNoLDs-Zahl-Bereich gut zu erfassen. Führt man GI. (6,120) in
GI. (6,168) ein, so ergibt sich für dünne Profile (Linearisierung für kleine
Übergeschwindigkeiten) die nachstehende Summenformel:

(6,169)
444 VI. Der Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung

oflol of" 000000 Die Koeffizienten P n , P nm , Qn,


Qnm sind in Tab. 6.6 zusammen-

0 O>~ ........ ~O>
0 0
....<
0
Il.,"
0
0
0';)0;>""""""0:.0:.
ooo~~ooo
gestellt. Sie hängen noch ab von
0 Il.," <01.0 ........ 1.0<0
....< .-; 0 0 o' 0 .-; der Lage des Umschlagpunk-
tes x u , der durch die Ziffer "n"

of
.
t-
0
of•
tO .... ot-ooo
tO .......... <OO>~
<00>00 ..............
~<Ot- ...... o o
gekennzeichnet ist. Die Anwen-
dung dieses Rechenverfahrens
'"ö ~· ......· o o · o o

.,.,
t-
Ö
. ot-ot-t-t-
I I I I auf eine große Zahl von NACA-
Profilen, die in [46J mitgeteilt

~ ...... ooo>"""o>
ist, liefert für die Abhängigkeit
"".
0
<0 o~ .......... ~<C
,.....r:-l""""It:Ot-OO
'"ö
00 ~ 0 0 ......·00...; des Profilwiderstandsbeiwertes
I I
vom Dickenverhältnis djlbei voll-
1.0 t-O> 1.0 000 turbulenter Grenzschicht die
••
.-< t-t-~O>""tO
.,.,"" <OO>~t-tO~
einfache Beziehung
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0 00 ...... 01000<0
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oo~ .......... ~
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1

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0.05 0.10 0/5 aZ5

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Ö
C> "';000"';0 d/l-
0 I
t- Abb. 6.49. Die Abhängigkeit des Profil-
'"0
« .-<
oo .... <O .... ~1O
widerstandsbeiwertes C w p vom Dickenver-
hältnis dll für Profile und Rotationskörper,

" "".,., c..••


t-oo~ ...... ooo>
00
00 O~t-~~O> nach [47]
oOO~<O"""
r::... 0 0 0 0 · ......·00
ö
I I I I I
mit c = 2 bis 2,5. Gleichartige

~I
0> .... 0 0 .... 0>
Rechnungen sind auch schon
• of
I: O>~~~~O>
~t-0>0>t-~
C> 00<0 ........ <000 von N. SCHOLZ [47] ausgeführt
0
""
.-< ...; o' 0 o' 0 ......•

1"".•
worden, und zwar sowohl für
000000
""·1 0
Profile (ebener Fall) als auch
0<0 .... <0100 für Rotationskörper. Seine Er-
~~O>O<Ot-
~ 00 1OC'-l t-"I:f!..-t
"..
"
O:>OO<O~"""O gebnisse sind in Abb. 6.49 dar-

" "
000'000'
gestellt. Die vorstehenden An-
..,
II
l""""I~lOt-o:.l""""I

I
...... gaben gelten für den Profil-
Literatur 445
widerstand beim Auftrieb Null. Die hiernach berechneten Profil-
widerstandsbeiwerte stimmen im allgemeinen mit Messungen befrie-
digend überein.

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Namenverzeichnis

Abbott, 1. H. 324, 363, 364, 445, 446 Farren, W. S. 219


Ackeret, J. 136, 164, 185, 217, 219, Feldmann, F. 309, 325
270, 309, 323, 324, 325 Ferri, A. 217, 219
Ackermann, W. 391, 445 Fiecke, D. 364
Allen, ,J. 391, 418, 445 Flachsbart, O. 233, 322
Flettner, A. 103
Becker, J. V. 320, 326 Flügge-Lotz,1. 407, 446, 447
Bell, A. H. 446 Fuchs, R. 408, 419, 446
Bernoulli, D. 34, 147 Fuhrmann, G. 69, 136
Betz, A. 87, 104, 135, 136, 219, 323,
363,388,389,408,419,441,445,446, Garrick, J. E. 390, 445
447 Ginzel, J. 407, 446
Birnbaum, W. 391, 445 GIauert, H. 170, 218, 363, 391, 395,
Blasius, H. 226, 251, 322, 323, 375, 445 405, 445
Blumenthal, O. 445 Görtier, H. 219
Bohlen, T. 257, 323 Göthert,B. 175,218
Bonney, A. 218 Göthert, R. 406, 407, 446
Brainerd, J. G. 307, 325 Greenberg, H. 363, 446
Burgers, J. M. 313, 445 Gruschwitz, E. 256, 292, 323
Busemann, A. 192, 193,210,217,218, GuderJey, K. G. 217
219, 305, 325
Bussmann, K. 320, 326 Hagen, G. 223, 322
Hama, R. 324
Carafoli, E. 218 Hansen, M. 313
Cauchy 92 Hantzsche, W. 308, 325
Crocco, L. 308, 325 Head, M. R. 271, 324
Dhawan, S. 325 Hegge Zijnen, B. G. van der 313, 325
Dönch, F. 292, 325 Helmbold, H. B. 299, 325
Doenhoff, A. E. von 324, 325, 363, 364, Heimholtz, H. v. 79, 83
374, 445, 446 Hoerner, S. 441, 447
Doetsch, H. 251, 271, 323, 324, 364 Holder, D. W. 197
Dorfner, K. R. 218 Holstein, H. 257, 270, 323, 324
Driest, E. R. van 285, 286, 324 Homann, F. 222, 322
Dryden, H. L. 276, 313, 318, 322, 324, Hood, M. J. 324
326 Hooker, S. G. 169, 218
Durand, F. W. 217, 445 Hopf, L. 408, 419, 446
Howarth, L. 217, 323
Eiffel, G. 243, 313, 323 Hugoniot, H. 205, 218
Emmons, H. W. 307, 325
Eppler, R. 431, 446 Jacobs, E. N. 324, 363, 446
Euler, L. 146 Jacobs, W. 263, 323
Namenverzeichnis 449
Janzen, O. 167, 218 Perring, W. 407, 446
Jaquet, B. M. 323 Pfenninger, W. 136, 324
Johnson, H. A. 308, 325 Pinkerton, R. M. 363, 441, 446, 447
Jones, B. M. 135, 136, 271, 324 Pistolesi, E. 436, 446
,Tones, R. T. 263, 323, 446 Pohlhausen, K. 257, 319, 323
Joukowsky, N. 75,367, 445 Poiseuille, J. 223, 322
Poisson-Quinton, Ph. 323
Kaplan, C. 169, 218 Prandtl, L. 79, 82, 136, 139, 152, 170,
Karman, Th. v. 196, 213, 219, 222, 176, 195, 217, 218, 226, 236, 243,
256, 322, 389, 445 264, 276, 280, 284, 287, 313, 317,
Kaufmann, W. 136 322, 323, 324, 326, 363
Keune, F. 389, 391, 407, 445, 446 Pretsch, J. 298, 325
KibeI, J. A. 218 Puckett, A. E. 217
Klebanoff, P. S. 275, 324
Klein, A. L. 275, 324 Queijo, M. J. 323
Kotschin, N. J. 218 Quick, A. W. 219
Krahn, E. 169, 217, 218, 219
Kuerti, G. 325 Ras, M. 270, 324
Kuethe, A. M. 276, 324 Rayleigh, Lord 167, 218, 313, 326
Kupper, A. 407, 446 Regenscheit, B. 265
Kutta, W. 75, 367, 445 Reichardt, H. 275, 324
ReIf, E. F. 446
Lamla, E. 167, 218 Reynolds, O. 16,220,225,273,313,322
Laval, P. 158 Riegels, F. W. 334, 363, 391, 408, 413,
Lees, L. 326 420, 425, 445
Liebe, W. 264, 323 Riemann, B. 92, 107, 204, 219
Liepmann, H. W. 217, 218, 219, 309, Rose, N. W. 218
311, 325 Roshko, A. 218, 325
LilienthaI, O. 354 Rothstein, W. 217
Lin, C. C. 326 Rott, N. 309, 325
Lindsey, W. F. 219 Rubesin, M. W. 308, 325
Littell, R. E. 219
Ludwieg, H. 217 Saint-Venant, B. de 153, 218
Sauer, R. 217
Mach, E. 10 Schäfer, M. 217
Macoll, J. W. 217 Scherbarth, K. 291, 326
Malavard, L. 214, 219 Schlichting, H. 231, 257, 284, 287, 319,
Meyer, Th. 176, 218 322, 324, 326, 437, 446
Miles, E. R. C. 217 Schmitz, F. W. 447
Millikan, C. B. 275, 324 Scholz, N. 444, 447
]l,fituisi, S. 324 Schrenk, O. 265, 323, 324
Möller, E. 364 Schubauer, G. B. 318, 326
Multhopp, H. 363, 436, 446 Schultz-Grunow, F. 283, 324
Munk, M. 396, 445 Sears, W. R. 217
Seewald, F. 446
Navier, C. L. M. 243 Shapiro, A. H. 217
Newton, I. 13, 220 Silverstein, A. 320, 326
Nikuradse, J. 226, 230, 252, 287, 292, Skramstad, H. K. 318, 326
322, 323, 325 Söhngen, H. 407, 446
Nonweiler, T. 439, 446 Squire, H. B. 298, 325
Stack, J. 219, 363
Oswatitsch, K. 217 Stivers, L. S. 324, 363, 446
Schlichtlns/Truckenbrodt. Aerodynamik I 29
450 Namenverzeichnis

Stokes G. G. 76, 243 ! Ulrich, A. 270, 319, 320, 324, 326


Stüper, J. 265, 296, 324, 325
Walchner, O. 152, 193, 217, 218, 219
Taylor,G.I. 217,219 Walz, A. 257, 323
Tani,1. 324 Wantzel, L. 153, 218
Tetervin, H. 325 Ward, G. N. 218, 363, 446
Theodorsen, Th. 390, 416, 422, 445 Wendt, H. 308, 325
Thomson, W. 79 Wieselsberger, C. 242, 323
Tietjens, O. 136, 317, 326 Wilson, R. E. 286, 324
Tollmien, W. 217, 219, 317, 322, 326 Wolhart, W. D. 323
Trefftz, E. 388, 389, 390, 445 Wortmann, F. X. 446
Truckel1brodt, E. 261, 271, 292, 295, Wuest, W. 217
298,323,324,325,363,401,421,441,
445, 446, 447 Young, A. D. 287, 298, 311, 324, 325
Sachverzeichnis

Abflußbedingung (KuTTA) 110, 371, Beschleunigung 30, 41


408 Bewegungsformen des Flugzeuges 357
Ablösung 196, 236, 249, 258, 260, 264 Bewegungsgleichungen, inkompressible
Absaugeflugzeug 265 reibungsbehaftete Strömung 243
Absaugung 264 - , - reibungslose Strömung 29, 40
Abwindwinkel 395, 433 --, kompressible reibungslose Strö-
Achsensysteme, aerodynamisch 392, 411 mung 146, 159
- , experimentell 351 Bezugsflügeltiefe 329
- , flugmechanisch 351 BIOT-SAv ARTsches Gesetz· 85
- , geometrisch 327 BIRNBAuM-AcKERMANNsche Normal-
Adiabatische Kompression 144, 304 verteilungen 396
- Zustandsänderung 138 BLAsmssche Formeln für Auftrieb und
Ähnlichkeitsgesetze 13, 220 Moment 375
D'ALEMBERTsches Paradoxon 232, 379
Anfahrwirbel 81, 373 CA UCHY -RIEMANNsche Differentialglei-
Anstellwinkel 352, 359, 400, 426 chungen 92
Atmosphäre 4, 8 Charakteristiken-Verfahren 195
Auftrieb, allgemein 352, 394 COUETTE-Strömung 220
- , Entstehung 75, 81, 101, 365
- , maximal 262, 265, 438 Dichte 4, 8, 18, 137, 154
- , Platte 115, 187 Dipol 61, 67, 98
-, Profile 188, 387, 396, 399 Divergenz 25
- , mit Reibung 437 Drehung einer Flüssigkeitsbewegung
Auftriebs-anstieg, allgemein 359 25, 75
- - , inkompressibel 116, 387, 399, Drehungsfreiheit 44, 160
424 Drehvektor 44
- - , mit Reibung 440 Dreieckflügel (Deltaflügel) 328, 330
- - , überschall 187 Dreikomponentenmessung 353
- - , Unterschall 173 Druck in der Atmosphäre 5, 8
--satz (KuTTA-JouKOWSKY) 75, 102, - , kritischer 150, 156
366, 378 --beiwert 59, 149, 355, 393
--verteilung längs Spannweite 357 --funktion 147
Ausblasen 262 --messung 37, 151
Ausfluß aus einem Gefäß 36 --punkt 360
- - - Kessel 153, 156 - --festes Profil 402
- --wanderung 360
Beiwerte, aerodynamische, Berechnung - -sprung 184
399, 422, 435 --verteilung längs Profiltiefe 113, 186,
- , - , Definition 352 354, 393, 410
- , - , Reibungseinfluß 437 --welle 139
BERNOULLlsche Gleichung 34, 42, 147 Durchflußmenge 51
29*
452 Sachverzeichnis

Eckenströmung, flache Ecke (Über- I Grenzschicht, laminar 221,240


schall) 182 - , turbulent 222, 241
- , inkompressibel 95 - -beeinflussung 260
- , PRANDTL-M:EYERSche 176 --Berechnungsverfahren, laminar 257
Ellipsen-flügel 328, 331 - - , turbulent 295
--profil 414, 425 - -dicke, allgemein 236, 240
Elliptischer Zylinder 119, 169 - - , Impulsverlustdicke 254, 256,
Energiegleichung, inkompressibel 35 258, 292, 295
- , kompressibel 148, 205, 208, 303 - - , Verdrängungsdicke 254, 256, 258
EULERSche Bewegungsgleichungen 29, --gleichungen (PRANDTL) 247
40, 146 --zaun 264

FLETTNER-Rotor 103, 261 Haftbedingung 12, 42, 220


Flügel, allgemein 341 Halbkörper 57, 60
- , Geometrie 328 HELMHoLTzsche Wirbelsätze 79, 83
- , Grundriß 328 Hinterkantenwinkel 333, 440
- , Profil 332 Hodograph (PRANDTL-MEYERsche
- , Verwindung 340 Eckenströmung) 181
- , V-Stellung 340 Hufeisenwirbel 85
- -gitter 367 HUGONloT-Gleichung 205, 209

Impuls-satz 124, 205, 208, 255


Gaskonstante 4, 138 --verlustdicke 254, 256, 292, 295
Geradeausflug 359 Induzierte Geschwindigkeit (BroT-SA-
Geschwindigkeits-feld in der Umgebung VART) 74
eines Tragflügels .431 Instabilitätspunkt der laminaren
--messung 37, 151 Grenzschicht 318
- -potential, inkompressibel 46, 92
- - , kompressibel 161, 163
JANzEN-RAYLEIGH-Verfahren (Unter-
--verteilung auf der Profilkontur 407,
schall) 167
413, 420
J OUROWSRY -Profile, allgemein 122,
- - in der Grenzschicht, laminar 253,
334, 389
257
- - , inkompressibel 386, 414, 427
- - - - - , turbulent 226, 230,
- - , kompressibel (Unterschall) 169
279,281
- - , mit Reibung 258, 320
Gier-bewegung 358, 362
J oUROwsRysche Abbildungsfunktion
--moment 352
107
--winkelgeschwindigkeit 362
GLAuERTsche Zirkulationsverteilung
395 V. KARMANsche Wirbelstraße 222
Gleitwinkel 119, 349 v. KARMANsches Ähnlichkeitsgesetz 213
Göttinger Profilsystematik 334 Kessel, Ausfluß 153
Grenzschicht, Ablösung 236 - , kritische Werte 156
- , Absaugung 264 Kipp-bcwegung 358, 363
- , Ausblasen 262 - -dämpfung 363
- , Begriff 235, 247, 272 --moment 352, 359, 394, 396, 399,
- , Formparameter 294 425
--, Geschwindigkeitsverteilung --winkelgeschwindigkeit 363
253, 257, 279, 281 Klappenflügel-last 411
- , Haftbedingung 12, 42, 220 --wirksamkeit 265, 406
-,längsangeströmte ebene Platte - , Geometrie 332
240,251,268,280,284,286,305,308 Komplexe Strömungsfunktion 93
Sachverzeichnis 453

Kompressibilität 8, 136, 160, 301 NAVIER-STOKEssche Gleichungen 243


Kompression 144, 304 Neutralpunkt, aerodynamischer 360,
Konforme Abbildung 103, 374 400, 425
Kontinuitätsgleichung 23, 160 -, geometrischer 330
Kontrollfläche 125 NEWToNsches Reibungsgesetz 13, 220
Kreisbogenprofil 382 Normalkraft 352
Kreiszylinderströmung, abgelöste 237 Nullauftriebs-moment (Sturzflug-
- , inkompressibel 64, 99, 100 moment) 360, 400, 426, 435
- , kompressibel 168 --richtung 379
- , rotierend 103, 261 --winkel 359, 399, 426
Kritische MAcH-Zahl 149, 168
Parabel-profile, Geometrie 338
- REYNoLDs-Zahl, Kugel 233, 242, 275
--skelett 383, 398, 409, 433
- - , Platte, längsangeströmte ebene
--tropfen 415, 427
313, 317
Pfeilflügel 263, 329
- -,Rohr 224
PISTOLEsIsches Theorem 436
- --, Tragflügelprofil 319
PIToT-Rohr 38
Kugelströmung, inkompressibel 67
Platte, ebene, mit homogener Ab-
- , mit Reibung 233, 242, 275;
saugung, 268
KUTTA-JouKOwsKYscher Satz 75, 102,
-,-,angestellt 110, 185, 396, 433
366, 378
KUTTAsche Abflußbedingung llO, 371, - , - , längsangeströmt, potential-
theoretisch 107
408
- , - , - , laminar 240, 251, 305, 308
Laminare Strömung 221, 240 --, - , - , turbulent 280
- Unterschicht 229 - , - , - , rauh 286, 288, 290
Laminar-haltung 264, 266, 271 - , - , - , kompressibel 284, 305
--profil 251, 271 -,-,senkrecht angeströmt 108
Längsbewegung 357 - , - , teilweise mit bewegt 261
LAPLAcEsche Gleichung für die Schall- - , - , Umschlag laminar-turbulent
geschwindigkeit 137 (kritische REYNoLDs-Zahl, Instabili -
-- Potentialgleichung 47 tätspunkt) 290, 313, 316, 317
Lastverteilung über Flügeltiefe (Druck- - , geknickt (Klappenflügel) 405, 4ll
verteilung) 393 Potential, s. Geschwindigkeitspotential
LAVAL-Düse 158 - -strömungen, Beispiele 51
Linienintegral der Geschwindigkeit 70 --wirbel 55, 74, 85, 97
PRANDTL-GLAuERTsche Regel 170
MACH-Kegel 142 PRANDTL-l\'!EYERSche Eckenströmung
--Linie 143, 164 176
--Winkel 141 PRANDTL-Zahl 303
--Zahl 10, 16, 136, 148 PRANDTLsche Grenzschichtgleichung
MAcHsches Ähnlichkeitsgesetz 14 247
MAGNUS-Effekt 102, 261 PRANDTLsches Staurohr 38, 152
Maximale t'bergeschwindigkeit an Pro- Profile, Geometrie 332
filen 417 - , Berechnung der Skelettlinie 394, 429
Maximalauftrieb 262, 265, 438 - , - des Tropfens 417, 429
Mengenfluß 23 - , Reibungseinfluß 437
Mischungsweg 276 Profil-theorie, konforme Abbildung 374
Mittlere Bewegung der turbulenten . - - , Singulal'itätenmethode 390
Strömung 272 - - , Skelett-Theorie 391, 394, 420,
429
NACA-Profile, Geometrie 334, 398 - - , Tropfentheorie4ll,417.420,429
- - , Skelett 398, 403, 410 - - , überschalltheorie 188
- - , Tropfen 415, 427 - -widerstand 298, 441
454 Sach verzeichnis

Quellströmung, ebene 54, 58 Sechskom ponentenmessung 354


- , kontinuierliche 68, 411 Seiten-bewegung 357
- , räumliche 57, 60 --kraft 352
--verhältnis (Streckung) 329
Rauhigkeit, kritische 290 Senkenströmung, s. Quellströmung
- , Platte, längsangeströmte ebene 286, Singularitätenmethode 390
288, 290 Skelett-Theorie 391
-,Rohr 230 --Profil (-Linie) 332, 394, 401, 402
- , Sandrauhigkeit 230 - -Fläche 340
-, zulässige 288 Stabilitäts-beiwerte, flugmechanische
Reibungs-gesetz nach NEWTON 220 360, 361, 362, 363
- - - STOKES 245 --theorie der Laminarströmung 314
--schicht, s. Grenzschicht Statische Sonde 38
--wärme 145, 305 Stau-punktströmung, ebene 52, 96
REYNoLDs-Zahl 15, 17, 221 - - , kompressible 151
REYNoLDssches Ähnlichkeitsgesetz 16, - -, rotationssymmetrische 53
220, 235 --rohr 38
RIEGELS-Faktor 413 STOKEsscher Satz 76
RIEMANNscher Abbildungssatz 107 STOKEssches Reibungsgesetz 245
Rohr-strömung, laminar 222 Stolperdraht 243
- -,rauh 230 Stoßfreier Eintritt 384, 400, 426
- - , turbulent 226, 279 Stoß-linie 207
- -, Umschlag laminar-turbulent --polaren-Diagramm 211
(kritische REYNoLDs-Zahl) 224, 313 --winkel 209
--11mlenkung 128 Strahl auf eine Wand 129, 130
--widerstandszahl, laminar 224 Strom-dichte 155
- - , turbulent 226 --funktion 48, 92, 252
Roll-bewegung 358, 362 --linie 22
--dämpfung 362 --linienkörper 68
--röhre 23
--giermoment 362
- -moment 352 --röhrenquerschnitt 156
--winkelgeschwindigkeit 362 Strömungs bedingung, kinematische
Rotation 28 393, 413
Ruder 405
Tangentialkraft 352
Saugkraft 117, 400 Temperatur 4, 8, 138, 154, 302
Schallgeschwindigkeit in der Atmo- --erhöhung durch Kompression 144,
sphäre 8 152, 304
-, LAPLAcEsche Gleichung 139 - - -- Reibung 305
Scherströmung 12 --grenzschicht 301
Schiebe-flug 361 --leitfähigkeit 303
--giermoment 361 THoMsoNscher Satz 79
--rollmoment 361 TORICELLIsche Ausflußformel 37
--seitenkraft 361 Totwasser 237, 372
--winkel 351, 359 Tragflügel in gekrümmter Strömung
Schlie.ßungsbedingung 412 434
Schlitzflügel 262 - mit Auftrieb 75, 84
Schubspannung 12 -, schiebender 263
Schubspannungsgeschwindigkeit 228, Translationsströmung 52, 73, 95, lOS
279 Transsonische Strömungen 196
Schwankungsbewegung der turbulenten Trapezflügel 328, 331
Strömung 272 Trennungsflächen 39, 73
Sachverzeichnis 455

Tropfentheorie 411 Widerstand, inkompressibel, Rohr 224,


Turbulente Scheinreibung 273 226, 230
- Schwankungsbewegung 272 Widerstandsersparnis durch Absaugung
- Strömung 222, 272 269
Turbulenzgrad 275 Widerstandspolare 354
Windkanalturbulenz 275
Überschallströmungen, ebene 163, 176 Winkelraum, Strömung in einem 95
Umschlagpunkt (laminar-turbulent) Wirbel, abgelöste Strömung 237
250, 266, 272, 312, 319 - bei Anfahrt 81, 373
Unterschallströmungen, ebene 167 - -bewegung 70, 77
--dichte (Zirkulationsverteilung) 74,
VENTURI-Düse 158 392
Verdichtungs-linie 182 --faden 74, 78
--stoß, allgemein 149, 158, 196, 309 --fläche (Trennungsfläche) 39, 73, 391
- - , schiefer 207 --fluß 78
- - , senkrechter 204 - , freier 85, 374
Verdrängungsdicke 254, 256, 258 - , gebundener (tragender) 75,84,373,
Verdünnungslinie 182 434
Verwindung 340 - , Geschwindigkeitsfeld, induziertes
Vorflügel 262, 267 (BroT-SAv ART) 85
V -Stellung 340 - , Hufeisenwirbel 85
--linie 74, 78
Wandschubspannung 228, 256, 258, - , Potentialwirbel, ebener 55, 74, 97,
268, 281, 295 100
Wärme, spezifische 5, 138, 302 --röhre 78
--leitungsgesetz (FOURIER) 303 --sätze (THOMSON, HELMHOLTZ) 79, 83
--leitzahl 302 --stärke 74, 392
Wellige Wand 164 --straße (KARMAN) 222
Wende-dämpfung 362 - -system eines Tragflügels 84
--rollmoment 362
Widerstand, inkompressibel, D'ALEM- Zähigkeit, dynamische 12, 18, 302
BERTsches Paradoxon 232, 379 - , kinematische 8, 13, 18, 302
- , - , allgemein I, 132, 231, 349, 359, - , scheinbare turbulente 273
441 Zirkulation 70, 81, IOD, 365, 371
--, - , Kugel 235 Zirkulationsverteilung sehr dünner Pro-
- , - , Platte, längsangeströmte ebene file 392, 394, 398
241, 253, 269, 283, 285, 287 Zuspitzung 329
-, --, Profil 298 Zustandsgleichung 4, 138, 302

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