mondiale
La cité-jardin : le Freidorf de Hannes Meyer, la planification
collaborative et la rationalisation du processus de construction
« Il est évident que l'éphémère est incompatible avec l'essence même de
l'architecture. Les qualités propres de l'architecture sont la constance, la
tranquillité, la permanence et ses traditions d'expression vieilles de mille ans
en sont presque venues à représenter ce qui est éternel dans l'histoire
humaine. »
Hermann Muthesius, « Where do we stand ? » conférence de H. Muthesius à
l’assemblée annuelle des DW de 1911 (cit. in Tim and Charlotte Benton, Form and
Fonction, a Source Book for the History of Architecture and Design 1890-1939,
1975, p. 50)
-3 ìì\ Vor 20 Jahren:
Die grosse Ausstellung des
R Schweizerischen Werkbundes
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*S m•» rr*,
auf dem Platz der alten Tonhalle in ZUrich, 1918
Entwurf *
* der Gebäude:
Schweizerischer Werkbund, exposition
Mr & m&tï
Alfred Altherr SWB, Zürich Die Wohnung, Zurich, 1918 (« Die
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Unterschieden das neu geweckte Gefühl für das der Veranstaltung gerade daher, dass sie mit einer ge¬ Vorbau am Marionettentheater der Ausstellung
Fotos: Ernst Linck, Zürich
s zwischen dem Dekor und seiner Unterlage; wissen nobeln Bescheidenheit auftrat und den mensch¬ Dekorative Malereien von
r Buchkunst seit Morris von neuem Schriftspiegel 374 in jeder Hinsicht wahrte. Gegenüber
lichen Maßstab Wilhelm Härtung, ZUrich
schmuck samt den leeren Rändern mit der gan¬ Bauten des Jugendstils und des süddeutschen Neubarocks Giebelplastiken von E. Dalimann, ZUrich
genauer mit dem zusammengehörigen Seiten¬ wirken die Ausstellungsbauten Alfred Altherrs im glei¬
mmengesehen wird, so sieht man auch die Wand¬ chen Sinn klassizistisch, wie Bauten jener Zeit von Peter
Seite 375: Innenhof
un wieder als Teil der Architektur — was seither
rweise nie mehr verlorengegangen ist. Der skiz¬
Behrens, auch ohne dass sie im einzelnen klassische Glie¬
derungen und Profile verwendet hätten. Die Axialsym¬
Johannes Ludovicus Mathieu
Fotos: Ernst Linck, Zürich
ometrisierende Stil der Vorkriegsjahre (für den metrie des Ganzen ergab sich aus dem Bauplatz fast von Lauweriks (1864-1932), San Miniato al Monte,
Name gefunden ist), der die spezifische Reak¬ selbst und sie ist nicht durch Formenaufwand überinstru¬
374
den Jugendstil bildet, wobei er selbstverständlich mentiert. Die Bauten hatten eine festlich-heitere Würde composition géométrique. Florence, dé 1013.
ist aus¬
io. August 1918.] SCHWEIZERISCHE BAU
Arbeiterhäuser an der Schweiz. Werkbund-Ausstellung Zürich.
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1:200. Abb. 12. Wohnküche von Wilhelm Kienzle.
Abb. 5. Haus Hektor Egger. Haus Bernoulli,1918.] Haus P. Siegwart. —
SCHWEIZERISCHE BAUZEITUNG 49
io. August
Möblierung in Abb. 11 und 12. Als recht zweckmässige beurt
SCHWEIZERISCHE BAUZEITUNG [Bd. LXXÏÏ Nr. 6 Einzelheit der Einrichtung Bernoullis sei die Tischlampe und
48 ____
erwähnt, die an einen untern oder an einen Deckenhaken
gehängt werden kann, und so in einfachster Ausführung zum
die über dem Tisch stets erwünschte Zuglampe ersetzt. Enga
*tf» Die Räume Nr. 31 bis 34, im Katalog mit „Arbeiter- St. M
Wohnung" bezeichnet, und durch die Klasse für Innen¬ gefüg
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stehe
^07 Wff nicht als Ganzes
Arbeiterhäuser
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Abb. 9. Wohnküche gegen Wohnseite. — Einfamilienhaus von Arch. Hans Bernoulli, Basel. — Abb. 10. Wohnküche gegen Kochseite.
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zum Faulen geben, sind grundsätzlich vermieden ; es ist nur Zeiten einzunehmen, wie dies in Abbildung 12 in einem -<-^^_iS__ OHNZIM
schmales Holz verwendet, keine horizontalen Flächen, Wasser¬ regelmässig rechteckigen
Abb. 12. Wohnküche Küchenraum, natürlich auch in
von Wilhelm Kienzle. Abb. 11. Wohnküche im Hause Hekior Egger.
nasen an Armlehnen und Sitzbrettern usw. sichern Dauer¬ der sehr grossen Küche des Hauses Siegwart möglich ist.
haftigkeit. Es sei auf diese Bank besonders hingewiesen. Besonders zweckmässig erscheint das Einschieben des Ab¬ BSP8 m
beurteilt sein. Es sind Hnsflediglich Einzelräume, deren Form
Wenden wir uns nun zum Innern der Möblierung
Häuser, von
denen wir drei charakteristische Typen in Abbildung 5 zur der
Einzelheit
Erleichterung des Vergleichs in einer Abbildung zusammen¬
in
orts Abb.
Egger
nische
zu sehen.
Einrichtung
für den
und 12. wie
in die11Küchenecke,
Dabei bleibt
Alsim recht
eine
Bernoullis genügend
Esstisch
zweckmässige
Grundriss
sei diegrosse
die
zum Hause
Fenster¬
Tischlampe
Grundrissfläche
verfügbareinen Deckenhaken
m\
und Grösse durch andere Rücksichten gegeben waren.
Kleinwohnungen fügen wir .•¦«O
WOHNKÜ
einenBefriedigung
untern oder ;
Dieser Auswahl hilliger ¦_^___^*i
gezeichnet und mit den Namen der Architekten versehendie
erwähnt, an
wird unter an
aller Anforderungen
Garten. ökonomisch Inf
zum Schluss noch zwei Bildchen bei von dem koketten
Arch. Paul Aarau. — Abb. 6. Stube gegen den
Stegwart,
darstellen.vonDas Haus rechts
genhaus gehängt
enthält zwei normale werden
Etagen- kann,
ausgenützt. und
Die so
Ausdehnungin einfachster
des harten Ausführung
Bodenbelags ist
Wohnungen mit zwei Zimmern und (Abb. 6 allen drei Grundrissen
grosser die über dem Tisch stets erwünschte Zuglampe
Küche in durch ersetzt.
Diagonalschraffur ange¬ Engadiner Ferienhäuschen, das Architekt Nie. Hartmann in
bis 8). Herd und Kochofen sind in die Mitte des Hauses deutet; Abbildung 11 zeigt einen Blick durch das offene
St. Moritz in die Südwestecke des Ausstellungsbaues ein¬
Die Räume Nr. 31 bis 34, imWohn-,Katalog mit „Arbeiter- Abb. 5. Haus Hektor
konzentriert, eine im Hinblick auf grösste Wärmeökonbmie Fenster in diese Eggersehe genauer „Essküche", Abb. 8. Herd-Ecke im Hause Siegwart,
und durch die Klasse fürkann. Innen¬ gefügt hat (Abb. 13 und 14). Es ist in.Arvenholz getäfert,
Maison B
Wettbewerb für die Gartenstadt Piccard, Pictet § Cie., Genf. — I. Preis, Entwurf Nr. 5. Verfasser Rittmeyer § Furrer, Arch. in Winterthur. — Bebauungsplan 1:3000.
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Das Wcttbcwcrbsgeländc, Lageplan 1:3500, mit Meterkurven. (Clichc aus dem „Bulletin Technique de la Suisse romande").
heim, Kasino und Wirtschaft, Post und Verkaufläden, Spiel- ganzen Charakter der Neusiedelung, die auch im Gesamt¬
und Sportplätze, Flussbad und Promenaden. Zu all dem bild des Planes die einheitliche Schöpfung zum Ausdruck
eignet sich das in obigem Lageplan dargestellte Gelände bringen soll. Dabei legte das Preisgericht Wert auf eine Wettbewerb für die Gartenstadt Piccard, Pictet § Cie., Genf. — II. Preis, Entwurf Mr. 57. Verfasser Hans Schmidt, Architekt in Basel. — Bebauungspl an :3000
') Vergl. die Ausführungen unseres im Preisgericht beteiligten Kol¬ restlose Parzellierung, also auf die Verkaufsmöglichkeit der 1
legen Arch. //. Bernoulli im cBasier Anzeiger» vom i. März d. J. einzelnen. Häuser. ^/ \ Sa' " s/.'.' ^*-^~<"b.
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Le concours promu par la société SS f? ^ 3» m
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Piccard et Pictet à Genève, 1918-1919 Vi
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ClichS „Bulletin Techn ique
ondruckspan¬ ment exprime au centre de la parcelle A, et dont l'axe est ferme,
iseneinlagen. au sud, par la maison existante et, au nord, par une petite place
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Hans Schmidt,
II. Preis, Entwurf Nr.projet de concours
57. — Architekt Hans Schmidtpour la —société
m Basel. Piccard
Vogelschaubild et
aus Südost
Comment devons-nus utiliser le classique ? 3e étape: représentation graphique du schéma de I'ensemble du pro-
gramme de construction à une échelle unifiée (le plus souvent
au 1:500) avec, en fonction des nécessités, le regroupement
des locaux et leurs relations respectives compte tenu des résul-
tats de leur t;.pification, et la représentation graphique des exi-
gences technico-économiques, politico-économiques et artis-
tico-psychologiques;
4e étape: élaboration du projet de construction en tenant compte de tous
les facteurs économiques, techniques et architectoniques, en
respectant de manière rigoureuse I'observation du plan organi-
sationnel de Ia construction, représenté de manière concise et
normalisé à la plus petite échelle.
Indépendamment de I'analyse du programme de construction, j'entreprends
celle du site. Les premières visites des futurs terrains à bâtir comptent parmi
1es événements les plus marquants de ma vie professionnelle. La flore, Ia
faune et les minéraux me révèlent en générai plus sur les caractéristiques
d'une région que les personnes qui m'accompagnent. Lors de ces visites, les
recherches géo-botaniques sont ma marotte personnelle et je ne pars d'au-
cun chantier sans avoir en poche un relevé du profil des végétaux, car les
Après la Première Guerre
mondiale
Moser et Schmidt, Zurich - Rotterdam aller - retour
J. J. P. Oud, Block Siedlung Spangen, Rotterdam, 1918-1920
Michiel Brinkmann, Spangen , Rotterdam,
1921-1922
« La manière de construire hollandaise était très claire, là on n’appliquait pas
d’enduit ni de peinture, il était question d’utiliser du bois et de la brique, une
construction très claire. L’architecture hollandaise, je ne l’ai probablement
pas vraiment compris, mais la construction hollandaise a été pour moi
décisive » (Hans Schmidt, interview de 1969)
Michel de Klerk,
Spaarndammerplantsoen, Amsterdam,
1913-1916
Willem Marinus Dudok, école de Hilversum,
1920-1921. Croquis et photographies de Karl Moser,
1922.
A¦iP
NEUE HOLLÄNDISCHE ARCHITEKTUR
BAUTEN VON W. M. DUDOK, HILVERSUM
Kk ffl
Von K. MOSER
In den westeuropäischen Ländern hat chitektur eine Lebendigkeit, die bewun¬
nach dem Kriege eine ungewöhnlich starke dernswert ist. Als einziges Baumaterial für
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rar-rr
Bautätigkeit eingesetzt. In Frankreich und die Fassade herrscht seit der Erbauung
Belgien drängte der Wiederaufbau, in der Börse wieder der Backstein, welchem
mrr
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England und Holland die Wohnungsnot. farbig und formal neue Möglichkeiten ab¬
r
Aber nur die beiden letztgenannten Länder gewonnen worden sind. Diese Einheitlich¬
waren in baukünstlenscher Hinsicht durch keit des Baumaterials macht sich landauf,
Ul
eine langjährige Entwicklung für diese neu¬ landab in angenehmster Weise bemerkbar
¦;.
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zeitlichen Verhältnisse vorbereitet. in zahllosen Gruppenbauten und Kolonien,
:,K-
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Die Gartenstadt- und Siedelungsbewe- sowie in Einzelobjekten. Es wird kaum
Stadtbaumeister
Handelsschule
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gung hat in England schon vor zwei Jahr¬ ein Land in Europa geben, das unter so
:::.
Standpunkt
Hilversum.
;..
Hilversum
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Lageplan
zehnten eingesetzt. Der Kontinent hatte glücklichen Bedingungen an der Aufrich¬
Ansicht
Dudok,
Mittel-
(Siehe
den Vorzug, daraus Nutzen zu ziehen. tung eines baukünstlerischen Ausdrucks
207)
und
aus
W.
M.
A.
S.
Während aber in England in den letzten arbeitet.
Jahren hauptsächlich die wirtschaftlich Der Backsteinbau mit Ausschluß des
praktische Seite ausgebildet wurde und teuren Hausteinmaterials wird ermöglicht
""">:
diese Neigung in den neuesten Kolonien durch die Anspruchslosigkeit der Bevöl¬
gar zu deutlich zum Ausdruck kommt, kerung, die mit dem einfachen Fenster-
suchen die Holländer in ihren Projekten verschluss sich begnügt, während bei uns
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und ausgeführten Bauten ausser der Wirt¬ drei Sicherungen: Läden, Winterfenster
schaftlichkeit auch architektonisch hoch¬ und Permanentfenster gefordert werden,
¦•¦-
stehende Resultate zu erzielen. was Steinrahmen bedingt.
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Der Ausgangspunkt der künstlerischen Der holländische Architekt verzichtet
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Richtung in Holland sind die ersten Werke grundsätzlich auf den traditionellen Aus¬
m
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Dr. Berlages, vor allem seine in den neun¬ druck der Monumentalität und der abso¬
:,.c.
ziger Jahren erbaute Börse in Amsterdam, luten kubischen Geschlossenheit. Er bringt
durch welche er der damals herrschenden aber Leben in seine Schöpfung durch
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Zerfahrenheit entgegentrat und die Bau¬ Massenbewegung, die stets durch die prak¬
-;^U
Stadtbaumeister
>
Handeisschule
-
kunst Hollands auf ein sicheres Fundament tischen Anforderungen gerechtfertigt ist.
Standpunkt
Hilversum,
Hilversum
Lageplan
hob. Die Grundlagen seiner Architektur Dieses Prinzip, welches sowohl an öffent¬
Ansicht
Dudok,
Mittel-
(Siehe
beruhen auf der ungezwungenen, natür¬ lichen, wie an Privatbauten zum Ausdruck
207)
und
aus
W.
B.
M.
S.
lichen, d. h. von traditionellem Schema¬ kommt, bedingt dann aber das flache Dach.
tismus freien Erfassung des Programmes. Die jungholländische Schule ist über
Die Architektur soll bestimmt werden das ganze Land verbreitet. Ein Vertreter
durch Anpassung an Situation, durch prak¬ derselben, W. M. Dudok, wirkt heute als
tische Anordnung und Berücksichtigung Stadtbaumeister in dem lieblichen Land-
der im Lande üblichen und bewährten und Villenstädtchen Hilversum bei Amster¬
Baumaterialien und Konstruktionsweisen. dam. In den letzten drei Jahren wurden
Berlage ist durch Tat und Schrift für dort verschiedene Kolonien, zwei Schul¬
seine neuen Ideen eingestanden und hat häuser, ein Badhaus gebaut und ein neues
auf die jüngere Generation einen starken, Rathaus projektiert.
fördernden Einfluss ausgeübt. Da diese Die neue Mittel- und Handelsschule
nicht nur die Formeln, sondern die Prin¬ liegt etwas ausserhalb des Ortes und ist
zipien von Berlages Werk hochhielt, so durch Privatbauten nur lose mit demsel¬
sprüht aus der neueren holländischen Ar¬ ben verbunden. Sie ist geschickt und
205
1922.
DU
D neuen, reinen Bauen. SCHWEIZERISCHE allzu absichtliche BAUZEITUNG Form entsteht, überdies auch ein Wesen,
der Universitätsflügel229 des Semperbaues frei
Neubau Jeder an Raum 3- November
hatte seinen eigenen
der Sonnegg-Clausiusstrasse 1923. in Bauwerken und Schriften demonstriert, ohne Zweifelgemacht werden konnte,
hat seiner wurde der Beginn des östlichen
das uns in Kompaktheit an ein
Wert,
D innen asseine
OD als nach aussen
eigeneund Funktion,
mussten undgleichzeitig
ihren Ausdruck
Anbauarbeiten
diese sollte die
für dasfinden. Land- Aus
sowohl Um-nach
und dem
und eine grosse Künstlergruppe Hollands beseelt. Ihre Rein¬Neubaues an das Hauptgebäude möglich. Schon in den
Forst¬ heit und Konsequenz gab eine Organ Basis,aus
der Tier- oder
einen Ausgang
Pflanzenwelt oder
fürersten Jahren traten Störungen ein. Durch Einsprachen,
Entwerfen von Fassaden wirtschaftliche war ein Institut in Angriff Bauen
ursprüngliches genom¬ weitere Entwicklungen. Es an einen Maschinenteil
konnte allerdings gar nicht oder
durch an den Schiff¬
schlechten Baugrund u. a. m. verzögerte sich die
Dt™ von benutzbaren Räumen,
entstandenen Massen
ein
men werden,Zusammenfügen die zur Aufnahme von der Mine¬ zweifelhaft sein, dass diese zum
logisch bauTeildenken im Sinne lässt.einer Auch
Inangriffnahme
in ihren
neuenschaftliche
der Arbeiten für das neue Naturwissen¬
Möbeln
Institut, und der Universitätsflügel könne auch P.i'.JKMÄtJI
ralogischen geworden. und Geologischen Sammlungen Reaktion finden verlaufenwir ähnlichemussten. Neigungen. erst viel später Siegeräumt sindwerden, als vorgesehen war. Etwa.
Der Baumeister wog und die Funktion
Institute, sowie anderer Sammlungen, Wir wir das aberi3/4 vielleicht
Jahre wertvoller doch
der Räume ab und
-y. XI immersehen, wenn gescheit — Schaf¬ Bauzeit gingen dadurch verloren.
die gruppierte
im Sem perbau sie untergebracht waren, fen der Jüngern Kräfte von diesem Dann brach der Krieg aus. Monatelang mussten die
nach ihrem Wert, bereitgestellt .X-, ein zu sehr ausdrucksvolles Arbeiten Bauwerk, ein
Rotteidam. er befühlte werden die y-. mussten. Erst nach Zeitpunkt an verfolgen, denn auch ganz eingestellt bleiben, und als sie wieder auf¬
Materialien, die Konstruktionen mit z ce
zu starkes, fast mit Selbstbewusstsein
genommen werden be¬
konnten, stellten sich all die Schwierig¬
Vollendung dieser Bauten und nachdem bald das Entstehen zweier Rich¬keiten ein, die als überall auftretende
neuen Händen, schlug dann seine
überdies auch der Universitätsflügel !:[:<¦¦ Semperbaues frei des mmmm gabtes Organ, wo wir von
tungen mit verschiedener Einstel¬weiteren Schilderung bedürfen. BT.!
unserer direkten
1
Kriegsfolgen keiner
Diese brachten zunächst
Bögen,
gemacht führte
werden seine Mauernwurde
konnte, hoch, der Beginn desXX:östlichen lung zum Umgebung eher
Ausgangspunkt. Die einenur
eine gewisse Passivität
Verzögerungen; schliesslich aber führten sie uns in
5
mit ihren Z
Neubaues grossen an das Hauptgebäude tifili
monumentalen möglich. Schon in den kommtverlangen. zu einer noch konsequen¬die Periode der ungeahnten Teuerungen hinein.
Flächen
ersten Jahren die Räume traten Störungen ein. yDurchn Einsprachen,
umschliessend. n p. m\
m tem Auffassung, Die Ideen und Gestaltungen,
handhabt noch Der zur denenVerfügung wir stehende Kredit wurde vorzeitig
Ebenso
durch wurden die Funktionen dera. m. verzögerte sich die aufgebraucht. Im Jahr 1921 mussten wir um neue Mittel
ft,.
schlechten Baugrund u. strenger kurz Prinzip der
das gefolgt sind, bilden
Einfachheit die Entwicklung
Türen, der Fenster der und Arbeitenauch der für das neue Naturwissen¬ und Zweckerfüllung, den räumlichen
Inangriffnahme
Dächer weniger Jahre. Bei unserer Kritik müssen
schaftliche ihre
auf-Wm®%
Institut,ursprüngliche Be¬
und der Universitätsflügel
ì f* y könne auch Konsequenzen des Bauens — die Abb. 27. Modell zum Wohnhausblock „Samenwerking" in Amsterdam. Aich. J. F. Staa
wohl
1
àsSï
loren hatten.
Programm Bureaux und Nebenräume nach der Strasse)
VOMiM|FOC_\\ |)f ÜA(j»I^AM>"^ I' L I-\hMl<ÄAr l^Wi\/(llir
werdenAus
dem Zuge der Verkehrstrasse folgend nacheinander Fenstern
den stellten
entwickelt. Fläche undsichKörper all die Lage (Strassen-Ecke) und des Innerneiner (Auskunflraum
neuen und Lesezimmer) sind klar zum Ausdruck gebracht.
bedeutungsreichen
phantastisch Entwicklung
bewegten stehen, dass ein Bneues
genommen konnten, beherrschen
Schwierig¬
die
wurden ein, die inals überall
n HLB
:
àsSï
Abb. 20. Wohnungsbau „de Dageraad" der Amstcls Bouwvcrceniging.
hte, schwere zelnen Künstlers
Vielleicht noch reiner bestimmt
fühlen seinwir Verhältnis
dieses
Dem
gegenüber
rationalistische
Sprechenden
der
aber, die
der den
seit der Anfertigung
Dingen ihren der
Stand Grund¬ weisen;
zueinander dasin nacheinem
Geschaffene dem begeistern
spätem
Masse Abschnitt
Die können.
Vorarbeiten bestanden Städtebau
Vielleicht
über in der Auf¬ wird
bewahrheitet er Arch, M. de Klerk (1022). Die Fassadenlänge wird durch ein grosses, dem
s nordischen Materie,
n
der Konstruktion, kurz — sie gibt B HLB
die Bedingungen stellung von Grundlagen für eine Ideen-
:
Prinzip Möbeln
denäussere Dichterwort:
einbettet und aus für die
sich jeder Zierlichkeit,
jener Epoche.
Erscheinungsform. lagenBerlage enthielt ihres Wertes
für die Ideen-Konkurrenz schrittweise zuweist
ft:: die Plan-Anlage
und so anhand die äussernsich vonfürBeispielen
diese das auch
Erscheinungen eigene
Konkurrenz, die Ideen
die gesamten entwickeln.
damaligen Red. Kaum der Strasse folgendes Bewegungsmotiv zusammengefasst.
Sinnenfreude Nun mögen wir wollte
er* wohl unsere unddasdieehrliche,
nurunruhvolle Zeit an derkon¬
Ausführungsarbeiten nach dem vom innern
ersten Gehalt Spatenstich
bestimmt. bis Die Entwicklung Oft wenn dieser es erst durchumfassen
Bedürfnisse durchgedrungen.
Jahre sollte. Die Konkur¬
d iststruktive
uns des Möbel. Festigkeit So sozialen wir
und sehen früherer Zeiten wurde Bandesrate
Gestalt. beschlossen
Haag. es inderen
Stühle renzvollendeter vom
OrdnungTische, undmessen Kästen, verfolgen finden wir
Ideen konnte, werden Sie es der
im Kreise nichtStadt DenErscheint ;.
\
-¦x- für eineerst erspriess-
viel später geräumt werden, als vorgesehen war. Etwa.
mechanische Produktion im Wohnungsbau zu einem indiv
liche Tätigkeiti3/4 Jahre wertvoller
und Bauzeit gingen dadurch verloren.
fi>ff% Dann brach der Krieg aus. Monatelang mussten die dualistischen Aeussern führt, dass das Besondere a
für befriedigende Er¬
Arbeiten ganz eingestellt bleiben, und als sie wieder auf¬ äussere Erscheinung des Allgemeinen auftritt. Dabei da
folge istgenommen die Orga¬ werden konnten, stellten sich all die Schwierig¬
keiten ein, die als überall auftretende Kriegsfolgen keiner aber nicht verkannt werden, dass die Amsterdamer Arch
Abb. 4 und Treppenhaus und oberer Vorplatz im Ferienhaus Noordwijkerhout (1917). Arch. |. P. Oud; Farbiger Bodenbelag von nisation des Unter¬
weiteren Schilderung bedürfen. Diese brachten zunächst tekten mehr und mehr in der Grosstadt das Gross
Theo van Docsburg.
Die formalen Mitlei sind auf rechteckige Volumina, glatte Flächen und ungebrochene Farben reduziert. richtes, nurund noch
Verzögerungen; schliesslich aber führten sie uns in
Organische zu sehen beginnen und dass sie als Mensche
die Periode der ungeahnten Teuerungen hinein.
weit wichtiger, der unserer Zeit die grossen Faktoren von Verkehr und Techn
m\
m der
Der zur Verfügung stehende Kredit wurde vorzeitig
Durch¬
die Erleben
müssen bedenken, dass hier das logische und konstruktive staltend wiederzugeben. Ihnen galt es Geist, ein starkes aufgebraucht. Im JahrAbb. 22. Photographen.Atelier
1921 mussten
im Haag (1922).
wir um neue Mittel nicht verleugnen werden.
Arch. J. Wils und Maler V. Huszar.
Denken sein Recht verlangte, nachdem lange Zeit das des innern Gefüges ihrer Bauwerke und führung beherrscht.
seine expressive Kubische Gestaltung in Verbindung mit den Wo die Amsterdamer kleinere Aufgaben zu löse
Bedürfnis nach Zierlichkeit und Eleganz allein gegolten Gestaltung nach Auf diese Weise
sollte nicht Ich setze diedas Kennt¬ Grundfarben Rot, Gelb, Blau und Schwarz.
aussen. haben, Villen und Aehnliches, da findet ihr Geist oft e
1
hatte. Was auf die angedeutete Weise als strenge, ratio¬ direkt begreifende des äussern Kleides altern Gestalt
nis der einer Orga¬
Abb. 21. Juwclicrladcn in zu
Amsterdam (1922). Arch. G. Rietveld. so knetbares und elastisches Objekt, dass hie und da ein
nalistische Kunstauffassung entstanden war, durchVitrine,
Berlage PlatzOberlicht
machen, und die wir durchsehen, einem nisation voraus, und erwähne daher blos das Wichtigste,
der von allzu absichtliche Form entsteht, ein Wesen,
Ladcncingang, Rolladcnkasten Ausdruck,
«Ce que l'on appelle peintures abstraites ne suscitent en moi aucune
émotion du tout, elles m'apparaissent seulement comme des œuvres d'art Johannes Itten, Ascension and Pause, 1919,
appliqué» Kunsthaus Zurich
(Richard Bühler, entrepreneur, collectionneur d’art, président de Société
des beaux-arts de Winterthour et membre du Schweizerischer Werkbund).
MODERNE STRÖMUNGEN IN UNSERER BAUKUNST
Vorbemerkung. In seiner diesjährigen Generalversammlung am 23./24. Juni in
Sitten hat sich der Bund schweizerischer Architekten ausführlich mit einer Eingabe
der Ortsgruppe Zürich befasst, welche von Herrn Hässig in einem längern Referat
begründet wurde und vorschlug, dass der B. S. A. zu einigen in der letzten Zeit
zutage getretenen Tendenzen Stellung nehme. Nach längerer Diskussion wurde
beschlossen, die Angelegenheit zunächst durch einen Meinungsaustausch in den
Spalten des „Werk" abzuklären. Herr Hässig hat sich bereit gefunden, die Grund¬
gedanken seines Referates in den folgenden Zeilen zusammenzufassen; damit wird
die Diskussion an dieser Stelle eröffnet. Die Redaktion.
Beständig ist nur der Wechsel! Aber während im grossen Naturgeschehen die Veränderungen für uns
kaum spürbar sind und Frühling und Sommer, Herbst und Winter ineinander übergehen, vermessen wir
uns, in unserer menschlichen Arbeit von einem Tag auf den andern gänzlich Neues zu vollbringen. Was
gestern gut war, ist heute schlecht; was heule als das einzig Richtige verteidigt wird, wird morgen verworfen.
«Weg mit der armseligen Ueberlieferung! Schafft Neues als lebendigen Ausdruck unserer Zeit!» So
ergehl der Ruf nun auch in der Kunst.
Ist es denn unsere Zeit wert, dass sie auch auf dem Gebiet der bildenden Kunst ihren Ausdruck finde?
Ist es denn notwendig, dass die heillose Verwirrung, der ganze kulturlose Materialismus der heutigen Well
ihren Niederschlag im künstlerischen Schaffen finde? Sind der Dokumente des Niederganges noch nicht
genug? Ringsum nichts als Zerstörung und Auflösung! Für eine solche Zeit den lebendigen Ausdruck zu
suchen, muss wahrhaftig wenig erhebend und wenig fruchtbar sein. •
Extremer Individualismus und expressionistische Launen und Experimente sind allerdings Manifesta¬
tionen der heutigen, zerrütteten Zeil. Es sind Zeichen unserer Zeit, wenn Mode und Baukunst auf gleiche
Stufe gestellt werden; wenn unsere Schule solche Strömungen aufnimmt und wenn unsere jungen Kollegen
an der E .T. H. erzogen werden, ohne Grundlage zu «schaffen», voraussetzungslos Neues zu erfinden, Ausser-
gewöhnliches zu projektieren; statt zu lernen, statt sich ein gutes Wissen für die Praxis anzueignen. Und
es ist ein Zeichen unserer Zeit, wenn solche Auswüchse sich sofort bei Wettbewerben auswirken!
Wir wollen aber doch hinaus aus diesem Chaos! Und deshalb bedürfen wir der aufbauenden Kräfte,
die im Stande sind, die Menschen der Wahrheit, dem Schönen und Guten entgegenzuführen. Dazu ist die
Kunst berufen. Deshalb aber darf sie nicht geführt werden, sie selber muss Führerin sein! Und deshalb
müssen wir unser künstlerisches Wirken rein halten von den Auswüchsen einer zerrissenen und demorali¬
sierten Welt. Nur strenge Selbstzucht und völliges Einordnen des Individuums unter das Ganze vermag
eine Einheit zu schaffen. Es ist keine Negierung der Freiheit, wenn auch wir Baukünstler dieser Einsicht
treu bleiben. Diese Einheit ist heute nötiger als je; sie muss uns die verloren gegangene Tradition ersetzen
und mit allem Bewusstsein müssen wir an ihr festhalten.
Durch die Verständigung allein können wir zu einem Styl kommen, der die Bedürfnisse unserer Zeit
erfüllt und der durch wissenschaftliche Sachlichkeit den neuen Baustoffen alle Möglichkeiten abringt und
im besten Sinne zum Kultlirspiegel wird.
Die Gründung des B. S. A. im Jahre 1908 bedeutete eine solche Verständigung; sie schloss auch den
Werkbundgedanken in sich. Wir haben 15 Jahre ruhiger, gesunder Entwicklung hinter uns. Unsere Städte
und unsere Landschaft haben sich in baulicher Hinsicht vorteilhaft entwickelt, ihr Aussehen hat gewonnen.
Wir hatten die Basis gefunden, auf der wir in gemeinsamer Arbeit vorwärtsschreiten konnten. Damit hat
sich auch unser Ansehen gehoben. Setzen wir es nicht aufs Spiel, indem wir Widerstands- und kritiklos
fremden Einflüssen uns unterwerfen, die in nervöser Hast alles wieder zerstören, was wir in zielbewusstem
Streben als wertvolle Grundlage erworben haben.
Setzen wir uns nicht der Lächerlichkeit aus, indem wir heute dies, morgen jenes als Ideal verteidigen!
Die in jahrelanger Arbeit gewonnene Form einer gesetzmässigen, klar disponierten Baukunst darf
nicht leichtfertig aufgegeben werden. Individualismus und Expressionismus sind nicht die Mächte, eine
gesunde Entwicklung rechtwinklig abzubiegen. Frei von jeder Dogmatik, die allgemeinen Richtlinien
verfolgend, setze das freie Spiel der Kräfte ein. Nur so kann sich wirklicher Styl entwickeln, wenn auch
Alfred Hässig, “Moderne Strömungen in
nicht im Eilzugstempo!
Wozu auch diese Eile? Wir haben doch Zeit. Sind nicht in der Ewigkeit tausend Jahre wie ein Tag?
unserer Baukunst”, in Das Werk, X, n° 7,
Und die Baukunst soll doch Ewigkeitswerte schaffen! Alfred Hässig, Architekt, B. S. A. 1923, p. 184.
Die Herstellung dieses Heftes — Text in Buchdruck, Abbildungen in Kupferdruck — erfolgte
in der Offizin GEBR. FRETZ A. G. in Zürich.
Redaktion: Dr. JOSEPH GANTNER, ZÜRICH, Mühlebachstrasse 54, Telephon: Hottingen 68.87, 68.88.
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BAUHAUS UND BAUHAUSWOCHE ZU WEIMAR
Nach dreieinhalbjährigem Bestehen rief das staatliche Bauhaus zu Weimar die Zeilgenossen, um seine
Existenzberechtigung durch sein Wollen und seine Leistung auszuweisen. Achtung ist ihm im vornherein
gesichert, denn es bedeutet mehr als gewöhnliche Triebkraft im heutigen, ganz von der Not des Augen¬
blicks aufgesogenen Deutschland, trotz karger Unterstützungen, trotz des billigen Gelächters oder böswilliger
Angriffe der Rückwärtssehenden, und, nicht zuletzt, trotz der individualistischen Komplikationen im eigenen
Schoss, unbeirrt nach den neuen Grundlagen der Formung zu suchen, die unumgänglich sind, soll einmal
eine Versöhnung der künstlerischen Triebe im Menschen mit der Industrie erfolgen. In uns sitzt eine
unleidige Dualität, die sich bis in den Anfang des vergangenen Jahrhunderts zurückverfolgen lässt. Wollen
wir wieder zu selbständigen Lebensäusserungen kommen, so geht es nicht an, dass wir die Maschine ver¬
leugnen und sehnsüchtige Idylliker bleiben. Dies führt immer weiter in die zerstörende Dualität, die sich
einerseits in die Gefühle des einzelnen selbst einnistet und ihn unfruchtbar macht, dann aber, im grossen,
die bestehende Unabhängigkeit des maschinellen Betriebes vom Gebiet künstlerischer Formung zur Folge
hat: der Künstler, seiner ganzen Erziehung nach zum Genie geaicht, lebt in luftleerem Raum; unabhängig
davon läuft das Leben nach andern Gesetzen und begräbt den Widerstrebenden, während es selbst wieder
immer flacher und blutleerer wird. In diesen Zwiespalt will das Bauhaus eingreifen und ihn versöhnen,
indem es den formbegabten Menschen für das Leben vorzubereiten, ihn ins Leben einzureihen trachtet,
anstatt ihm die Krallen abzustumpfen und ihn unter die Glasglocke einer Ideologie zu stellen, die das
wirkliche Leben ebenso höhnend wie selbstverständlich zertrümmert.
Das Bauhaus will auf ganz breiter Front die formschaffenden Gebiete in sich schliessen, von der
Druckerei, Weberei, Keramik bis zur Bühnentechnik, Malerei, Plastik und Architektur. Es verlangt von
jedem Schüler handwerkliche Tätigkeit und Ablegung der öffentlichen Gesellenprüfung, wie sie vom ge¬
wöhnlichen Lehrling gefordert wird. Das Bauhaus will gar nicht Handwerker ausbilden, sondern schöp¬
ferische Auslese, allein diese schöpferisch Begabten sollen von Anfang an das Material selbst in Händen
haben und dienen, wie jeder Handwerker dient. Die Werkstätten selbst sollen keine Versuchslaboratorien
sein, sondern wirtschaftlich produktiv arbeiten, tatsächliche Aufträge ausführen. So braucht der Lernende
das Material nicht zu kaufen, während andererseits das Bauhaus das erste Verfügungsrecht über die
Arbeiten hat. Es ist sogar nach einiger Zeit Möglichkeit geboten, sich durch eigene Arbeit selbst zu er¬
halten. Mit der Geniezüchtung der alten Akademie, die aus der krampfhaften Individualitätssucht jedes
Zöglings zu erklären ist, soll endgültig aufgeräumt werden. An Stelle der individuellen Formauffassung
soll der Schüler die Grundelemente, die im Verhältnis der Farben zueinander, im Ausdruck lapidarer
Formen liegen, erkennen lernen. So zeigt die Ausstellung den Lehrgang systematisch aufgereiht, den Klee
in der Bedeutung der Form und Kandinsky in der Untersuchung der Farbwerte erteilt. Wollte man neue
Grundlagen, so musste man einmal ganz von vorn anfangen und versuchen, dem Material selbst seine Ge¬
setze abzulauschen. Aus diesen Grundelementen und mit ihnen entstehe die schöpferische Gestaltung.
Ehe wir nach dem bisherigen Resultat der Arbeit fragen, soll angedeutet werden wie diese Bestre¬
bungen im Zeitganzen stehen.
Vielleicht erscheint den Bauhausleuten ihr Bemühen als absolut. Das ist es nicht und kann es nicht
sein. Schon in den abstrakten Kompositionsversuchen der Vorlehre bereitet sich der Stilwille vor, der im
Wolkenkratzer vollendet wird.
Das Material, Holz, Eisen, Pflanzenfaser, Stein, Beton hat gewiss seine immer geltenden absoluten Be¬
dingungen, aber der Stilwille einer Zeit wählt instinktiv aus der Fülle des Vorhandenen jene Materialien,
die sich am nächsten seiner Psyche angleichen. Unwillkürlich geht es hier um Glas, Beton und Eisen, und
das Ideal der Formung, das hinter den Lampen, Häusern, Gebrauchsgegenständen steht, ist die Maschine,
die sich uns überall entgegenstellt, ohne aber ihre Rätselhaftigkeit aufzugeben, für uns feindlich und psychisch
stumm bleibt. Es ist gut, dass einmal an dieser Stelle Menschen versuchen, sich vom Gehalt der Maschine
anregen zu lassen. Unter ihren Händen erhält ein eingeschossiges Haus aus Eisenbeton mit flachem Dach
und langgestreckter Fensterreihe fast das Aussehen eines Zweideckers; hohe Stehlampen aus Eisen und
Glasröhren, unbarmherzig, ohne jeden schummrigen Seidenrock, erinnern an physikalisches Gerät, Sitz¬
gelegenheiten gleichen Webstühlen, Möbel erinnern an Druckerpressen, Teekannen an Wasserstandgläser.
Erst die Zukunft kann zeigen, wie weit diese radikale Auskehrung unserer romantischen Residuen sich
schöpferisch fruchtbar erweist, vorläufig handelt es sich um Versuche und wir wären sogar dankbar, wenn
sie bloss die Funktion zu erfüllen hätten, uns vom unnötigen Ballast zu befreien und die Atmosphäre für
künftigen Aufbau vorbereiteten.
Die Phantasie, die am Bauhaus tätig ist, bohrt ununterbrochen weiter in andere Gebiete, es zeigen
sich Ansätze zu eigener Kleidung, die allerdings — wie uns scheint — noch keine befriedigende Lösung
gefunden haben, aber vielleicht unsern Konfektionsgeschmack doch günstig beeinflussen können. Erfüllung
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Sigfried Giedion, “Bauhaus und Bauhauswoche zu Weimar”, in “Das Werk”,
X, n° 9, 1923, pp. 232–234.
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