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DANIEL BEVERUNGEN, CHRISTIAN FABRY, WALTER GANZ, MARTIN MATZNER, GERHARD SATZGER (HRSG.)
Dienstleistungsinnovationen
FÜR ELEKTROMOBILITÄT
Märkte, Geschäftsmodelle, Kooperationen
1
inhalt
3
inhalt
5
1 Vorwort
Ist die Elektromobilität ein Fortbewegungskonzept für Die noch niedrigen Stückzahlen von Elektrofahrzeugen
die ferne Zukunft oder ein bereits heute erfolgreicher führen umgekehrt dazu, dass Anbieter am Standort
Paradigmenwechsel? Ein Blick in die Forschungsland- Deutschland Skaleneffekte bislang nur unzureichend rea-
schaft Deutschlands offenbart, dass Unternehmen und lisieren können. So besteht zwischen der langsamen
Forschungseinrichtungen sich bereits ausgiebig mit der Durchdringung des Marktes mit Elektrofahrzeugen und
Entwicklung neuer Technologien für die Elektromobilität der Geschwindigkeit der technischen Weiterentwicklung
befasst haben. Ganz gleich, ob es sich dabei um For- eine Systemblockade, die zu einer Entwicklungsverzöge-
schungs- und Entwicklungsaktivitäten zu Fahrzeug-, Bat- rung im globalen Wettbewerb um Elektromobilitätskon-
terie- oder Ladetechnik handelt: Deutsche Unternehmen zepte führt. Um das Ziel zu erreichen, Deutschland zu
und Forschungseinrichtungen streben eine weltweite einem Leitanbieter und Leitmarkt für die Elektromobilität
Spitzenstellung in den für die Elektromobilität relevanten zu machen, sind neben dem offensichtlichen Bedarf
Technologiefeldern an. technologischer (Weiter-) Entwicklungen daher vor allem
völlig neue Lösungskonzepte gefordert, welche die Markt-
Die aktuell noch moderate Zunahme der Elektrofahrzeuge durchdringung der Elektromobilität in Deutschland ent-
auf deutschen Straßen legt jedoch nahe, dass bis zu scheidend beschleunigen können.
einer umfassenden Marktdurchdringung grüner Mobilität
noch viele Unwägbarkeiten zu überwinden sind. So be- Die Entwicklung innovativer Dienstleistungen für die Elek
steht in der Bevölkerung ein Akzeptanzproblem, das die tromobilität leistet hierzu wesentliche Beiträge in allen
Vermarktung von Elektrofahrzeugen zu einer Herausforde- Lebenszyklusphasen eines Elektrofahrzeugs. So kann
rung macht. Verschiedene Faktoren sind hierfür ursäch- die Nutzung privater Ladestationen in Ergänzung zu öf-
lich. Einerseits fehlt eine flächendeckenden Service- und fentlichen Ladestationen dabei helfen, eine flächende-
Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, die verbunden ckende Ladeinfrastruktur kostengünstig und schnell be-
mit der deutlich geringeren Reichweite der Fahrzeuge im reitzustellen. Neue Dienstleistungskonzepte im öffentli-
„Autoland“ Deutschland zu einem reduzierten Mobilitäts- chen Personennahverkehr und in Unternehmen integrie-
empfinden führt. Andererseits ist die Anschaffung eines ren die Elektromobilität in den Alltag der Menschen und
Elektrofahrzeugs meist deutlich teurer als die eines „kon- helfen dabei, die Vorteile einer emissionsarmen und den-
ventionell“ betriebenen Fahrzeugs. Pressemeldungen noch leistungsfähigen Mobilität zu erkennen, zu doku-
über vermeintliche Sicherheitsprobleme bei Elektrofahr- mentieren und zu schätzen. Die Weiternutzung gebrauch-
zeugen tragen zusätzlich zur Verunsicherung der Ver- ter Batterien generiert über den Einsatz im Fahrzeug hin-
braucher bei. aus zusätzliche Einnahmen und macht die Anschaffung
von Elektrofahrzeugen attraktiver. Viele weitere Lösungen
sind denkbar.
Vor diesem Hintergrund präsentiert der vorliegende Her- Wir wünschen Ihnen eine interessante und inspirierende
ausgeberband Ergebnisse aus acht Verbundforschungs- Lektüre und freuen uns auf den weiteren Austausch
projekten im durch das Bundesministerium für Bildung mit Ihnen. Die Elektromobilität hat sowohl unsere Auf-
und Forschung (BMBF) initiierten Förderschwerpunkt merksamkeit als auch unser Engagement verdient.
„Dienstleistungsinnovationen für Elektromobilität“. Die
Projekte haben Ende 2013 ihre Forschungsarbeiten auf-
genommen und sind in zwei Fokusgruppen eng miteinan-
der vernetzt. Sieben der Projekte – EOL-IS, GeNaLog, Aachen, Karlsruhe, Münster und Stuttgart
ProMobiE und SafetE-car (Fokusgruppe „Geschäftspro- im Februar 2015
zess- und Kompetenzentwicklung für Elektromobilitäts-
dienstleistungen”) sowie CrowdStrom, KIE-Lab und RE- Daniel Beverungen, Christian Fabry, Walter Ganz,
MONET (Fokusgruppe „Sharing und kooperative Dienst- Martin Matzner und Gerhard Satzger
leistungsnetzwerke für die Elektromobilität“) – entwickeln
innovative Dienstleistungen für die Elektromobilität, die
neue Mehrwerte für Unternehmen und Verbraucher schaf-
fen. Dies trägt dazu bei, die beschriebene Systemblo-
ckade aufzulösen und die Verbreitung der Elektromobilität
in Deutschland zu beschleunigen. Das Begleitvorhaben
DELFIN untersucht übergeordnete Fragestellungen zur
Elektromobilität und führt die Projektergebnisse vor die-
sem Hintergrund zusammen. Gemeinsam wird so der
Vision „Forschen – Entwickeln – Vernetzen“ folgend ein
großer Schritt in Richtung einer elektromobilen Zukunft
gemacht.
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2 Dienstleistungen für Elektromobilität:
Förderung von Innovation
und Nutzerorientierung (DELFIN)
Hinweis:
Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse des
Projekts DELFIN aus Sicht der einzelnen Partner dar-
gestellt. Weitere Ergebnisse finden sich in der separaten
Publikation Cocca, S.; Fabry, C.; Stryja, C. (Hrsg.):
Dienstleistungen für Elektromobilität – Ergebnisse einer
Expertenstudie. Fraunhofer Verlag, Stuttgart, 2015.
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Akteure besonders durch die Verbreitung von Leistungen über
das Internet Mehrwerte schaffen können (vgl. Buxmann
Für die Betrachtung der Marktakteure der Elektromobilität 2014).
und die damit verbundene Identifizierung von Kooperatio-
nen ist eine klare Abgrenzung der Akteure nötig. Diese Elektrotechnik-Unternehmen: Diese Gruppe beinhaltet
werden nachfolgend kurz beschrieben: sämtliche Unternehmen, die als Zulieferer der Energie-
technikbranche fungieren.
Elektromobilhersteller: Diese Gruppe bildet die Elektro-
mobilitätsgrundlage des Marktes und beinhaltet Automo- Städte und Kommunen: Diese Gruppe beinhaltet Ver-
bil- und Zweiradhersteller. waltungsorgane wie beispielsweise Stadträte, Gemeinde-
räte und Ausschüsse sowie ausführende Organe wie bei-
Energieversorger: Diese Gruppe der Energieträger, be- spielsweise Verkehrsbetriebe oder Stadtwerke in öffentli-
stehend aus Versorgern (Stadtwerke) und Produzenten cher Hand.
(Betreiber von Kraftwerken), stellt elektrische Energie für
sämtliche elektromobilen Fahrzeuge zur Verfügung. Carsharing-Unternehmen: Diese Gruppe beinhaltet Ak-
teure, die die gemeinschaftliche und organisierte Nutzung
Nutzer: Die Gruppe der Abnehmer und Nutzer lässt sich von Automobilen ermöglichen, wobei die Fahrzeugnut-
in den Personen- und Wirtschaftsverkehr aufteilen. Hier- zung und nicht der Besitz im Vordergrund steht (vgl.
bei beinhaltet Personenverkehr die Nutzer von Zweirädern Kampker 2013).
und Automobilen. Der Wirtschaftsverkehr hingegen be-
zieht sich im Besonderen auf Anbieter von KEP-Diensten Finanzdienstleister: Diese Gruppe beinhaltet Anbieter
(Kurier-, Express- und Paketdiensten) (vgl. Kampker von Dienstleistungen von der Beschaffung des Fahrzeugs
2013). bis zur Abrechnung an der Ladesäule. Auch konzern
eigene Banken, beispielsweise der Automobilhersteller,
Zulieferer: Diese Gruppe beinhaltet Unternehmen, die finden hier Berücksichtigung.
Komponenten für die Fahrzeugproduktion liefern.
Werkstätten und Wartungsunternehmen: Diese
Informations- und Kommunikationstechnik-Unterneh- Gruppe beinhaltet sämtliche Betriebe, die technische
men (IKT-Unternehmen): Diese Gruppe stellt Unterneh- Überprüfungen, beratende Tätigkeiten, vorbeugende
men dar, die den Bereich der Elektromobilität mit Informa- Arbeiten und Reparaturen an Elektrofahrzeugen durch
tions- und Kommunikationstechnologien versorgen und führen.
Fahrzeughändler: Diese Gruppe beinhaltet Unterneh- Durch die Partnerstruktur im Projekt werden Anlagen-
men, die Neuwagen sowie gebrauchte Fahrzeuge ver betreiber, Stromhändler und -lieferanten, Endverbrau-
kaufen und ankaufen. cher, Energielogistiker sowie Verteilnetz- und Mess-
stellenbetreiber in den Feldtest eingebunden. Im
Vorgehensweise bei der Recherche Fokus steht das intelligente Laden der Fahrzeuge,
kombiniert mit einer Eigenverbrauchsoptimierung.
Nachdem die vorhandenen Akteure identifiziert und in
Gruppen gegliedert wurden, wurde mit der Recherche http://www.erneuerbar-mobil.de/de/projekte/foerde-
der Kooperationen begonnen. Hierzu wurden unter- rung-von-vorhaben-im-bereich-der-elektromobilitaet-
schiedliche Medien, vor allem Meldungen im Internet ab-2012/kopplung-der-elektromobilitaet-an-erneuer-
und Zeitschriftenartikel, genutzt, um Erkenntnisse über bare-energien-und-deren-netzintegration/smart-e
vorhandene Kooperationen von Marktakteuren heraus
zuarbeiten (vgl. Abb. 2-1). Diese wurden in einen kurzen
Steckbrief übertragen, der anhand des nachfolgenden
Beispiels erläutert werden soll:
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Sämtliche Kooperationssteckbriefe sind wie folgt Die Datenbasis der Auswertung erstreckt sich derzeit
aufgebaut: über 70 Kooperationssteckbriefe, die im Projektverlauf
fortwährend aktualisiert und in ihrer Anzahl erweitert
• Nummerierung und Titel werden (vgl. Abb. 2-2). Aufgrund der teilweise geringen
• Eingebundene Projektpartner Informationen in Meldungen und Nachrichten können
• Laufzeit gelegentlich Steckbriefe nicht vollständig erfasst werden.
• Kurzbeschreibung
• Quellenangabe
Harvey-Balls Beschreibung
Sehr hohe Intensität der Beziehung – Die Verbindung hat für beide Akteure einen
sehr hohen Stellenwert. Dies wird durch unzählige Kooperationen untermauert.
Hohe Intensität der Beziehung – Die Akteure gehen zahlreiche Kooperationen ein.
Geringe Intensität der Beziehung – Die Akteure gehen nur wenige Kooperationen ein.
Sehr geringe bzw. keine Intensität der Beziehung – Die Akteure haben kaum bzw.
keinen Bezug zueinander.
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Elektromobilhersteller
Bisherige Ergebnisse
Energieversorger
Zweiradhersteller
Automobilhersteller
Automobilhersteller
Elektromobilhersteller
Zweiradhersteller
Energieversorger
Elektromobilzulieferer
IKT-Unternehmen
Elektrotechnikunternehm
Carsharing-Unternehmen
Finanzdienstleister
Verkehrsbetriebe
Fahrzeugvermietung
Fahrzeughändler
Aus der detaillierten Betrachtung der erstellten Intensitäts- Die Ergebnisse der gesamten Matrix sollen durch Exper-
matrix lässt sich folgern, dass es große Unterschiede der ten innerhalb der Fallstudie validiert und zudem mit den
Intensitätsbeziehungen unterschiedlicher Akteure gibt. Einschätzungen der weiteren im Projektverlauf interview-
Diese sollen nachfolgend an drei Beispielen näher erläu- ten Experten abgeglichen werden.
tert werden:
Automobilhersteller -
Automobilhersteller
Die Häufigkeit gemeinsamer Forschungskooperationen
zwischen verschiedenen Automobilherstellern ist hoch,
jedoch ist die Intensität der Kooperationen gering, da es
sich vorwiegend um große Netzwerke handelt, bei denen
diverse Akteure einbezogen werden. Damit ist die Inten
sität der Beziehung als mittelstark einzustufen.
Automobilhersteller -
Zweiradhersteller
Gemeinsame Projekte und Kooperationen zwischen Auto-
mobilherstellern und Zweiradherstellern zeichnen die Be-
ziehung der beiden Akteure nicht aus. Jedoch ist die Ver-
bindung trotzdem von mittlerer Intensität, da der Zweirad-
markt durch den Einstieg der Automobilhersteller an Stel-
lenwert gewinnt.
Automobilhersteller -
Energieversorger
Automobilhersteller und Energieversorger sind die beiden
treibenden Kräfte des Automobilmarkts. Das drückt sich
zum einen durch die zahlreichen Kooperationen aus, zum
anderen durch die starke Konkurrenzsituation der Akteure
aufgrund sich überschneidender Wirtschaftsinteressen.
Die Intensität der Beziehung ist sehr hoch.
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2.1.2.2 Potenziale, die Veränderungen der Markt- Diese Einflussfaktoren werden in Form eines Steckbriefs
strukturen beeinflussen können gesondert für jeden Marktteilnehmer erfasst, zugeordnet
und abschließend bewertet. Die Bewertung erfolgt an-
Die Betrachtung neu aufkommender Themen und hand einer Skala, die nachfolgend näher erläutert wird:
deren Entwicklung sowie die Abschätzung von Poten-
zialen, die eine Veränderung der Marktstrukturen be sehr negative Auswirkung auf die zukünftige
einflussen können, ist ein weiteres zentrales Element des Entwicklung
Projekts.
negative Auswirkung auf die zukünftige
Hierfür werden, in Vorbereitung zur späteren Bildung Entwicklung
von Grobszenarien, unterschiedliche Einflussfaktoren
und Entwicklungen recherchiert, erfasst und bewertet, positive Auswirkung auf die zukünftige
mit dem Ziel, Potenziale für Marktakteure abzuleiten. Entwicklung
Jeder zehnte der 30- bis 49-Jährigen hatte Die Verbreitung und Nutzung
bereits Kontakt mit Carsharing-Angeboten von Carsharing-Angeboten
(vgl. BITKOM 2014) wird in den kommenden Jahren
weiterhin stark zunehmen. Die
Jeder zweite Bundesbürger konnte sich Bevölkerung befindet sich im
2013 vorstellen, Carsharing-Angebote zu Umschwung von Besitzen zu
nutzen (vgl. BITKOM 2014) Nutzen.
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2.1.2.3 Monitoring internationaler Aktivitäten Die Ergebnisse wurden im Anschluss dazu verwendet,
Steckbriefe für jede einzelne Aktivität zu entwerfen.
Das Monitoring internationaler Aktivitäten zur Elektromobi- Jeder Steckbrief hat dabei folgende Aufbaustruktur:
lität (Tätigkeiten seitens der Politik, der Nutzer, der Unter-
nehmen etc.) dient dazu, folgende drei Fragestellungen • Thema der Aktivität
zu beantworten: • Ort und Datum der Aktivität
• kurze Zusammenfassung des Inhalts der Aktivität
1. Welche Aktivitäten im Elektromobilitätskontext (Fokus • Kategorisierung der Aktivität (Gesetz, Dienstleistung,
Dienstleistungen) werden im internationalen Umfeld Subvention etc.)
durchgeführt? • (erwartete) Konsequenzen der Aktivität
2. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den durch- • Beurteilung der Aktivitäten
geführten Aktivitäten beziehungsweise welche Kon • Quelle
sequenzen sind zu erwarten (falls Aktivität sehr aktuell
ist und deswegen noch keine Konsequenz zu beob- Beispielhaft werden an dieser Stelle drei Steckbriefe auf-
achten ist)? gezeigt, die unterschiedlichen Kategorien zugeordnet
3. In welchen Ländern werden besonders viele Elektro- wurden. In diesem Fall sind dies die Kategorien Dienst-
mobilitätsaktivitäten durchgeführt? leistung, Gesetz und Subvention.
Bildquelle: http://www.focus.de/auto/
elektroauto/wenn-der-akku-leer-ist-wie-ein-
tankflugzeug-jetzt-kommt-die-mobile-
pannenhilfe-fuers-elektroauto_id_4287656.html
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Monitoring internationaler Aktivitäten
Steckbrief
Bildquelle: http://phys.org/news/2014-08-
booming-electric-car-sales-norway.html
Bildquelle: http://stockholmgroup.org/
2014/02/17/fortum-launched-quick-charge-
stations-for-electric-cars/
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Alle identifizierten internationalen Aktivitäten wurden ab- Darstellung möglich, einfach und plakativ zu zeigen, wel-
schließend in einem Katalog zusammengefasst und wer- che Länder wie viele Elektromobilitätsaktivitäten durchge-
den zukünftig in einem Demonstrator dargestellt. Dessen führt haben.
Aufbau stellt eine Weltkarte dar, auf der die Aktivitäten
den einzelnen Ländern zugeordnet werden (vgl. Abb. Aufgrund der Tatsache, dass das Monitoring internationa-
2-7). Durch Klicken auf die jeweiligen Markierungen, die ler Aktivitäten zum Verfassungszeitpunkt der Publikation
den Ländern zugeordnet sind, in denen die Aktivität noch nicht abgeschlossen ist, sei folgende Abbildung als
durchgeführt wurde, werden die jeweiligen Steckbriefe mit ein Darstellungsbeispiel zu verstehen.
allen ihren Details dargestellt. Es ist durch diese Art der
Abb. 2-7: Oberfläche des Demonstrators mit Anzeige der internationalen Aktivitäten
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schiede zwischen Deutschland und den Niederlanden • Gewinn von Erkenntnissen über Kooperationen zwi-
zu identifizieren. schen Akteuren
• Auswertung weiterer internationaler Aktivitäten
3. Testfahrten und Fotostory • Identifizierung von Potenzialen und Hindernissen für
Der eigene Eindruck spielt bei dem „Erlebnis Elektro- Elektromobilität in der jeweiligen Modellregion
mobilität“ eine große Rolle. Aus diesem Grunde soll • Herstellen neuer Kontakte zu innovativen Unternehmen
der Zugang zu sowie die Nutzung von Elektromobilität zur Validierung der momentanen und zukünftigen Pro-
an einem Beispiel veranschaulicht werden und anhand jektergebnisse
einer Fotostory dokumentiert werden. In beiden Mo- • Aufzeigen von Unterschieden der „gelebten“ Elektro-
dellregionen werden dafür Elektrofahrzeuge ausgelie- mobilität und Elektromobilitätsangeboten zweier
hen, mit denen die elektromobile Fortbewegung prak- Länder
tisch erprobt und deren Nutzerfreundlichkeit analysiert • Erkenntnisse über das Nutzungsverhalten der Stadt
wird. Typische Fragestellungen an dieser Stelle lauten: bevölkerung bezüglich Elektromobilität
Welche Hindernisse entstehen beim Ausleihen eines 2.1.3 Entwicklung von Zukunftsszenarien
Elektrofahrzeugs? Wie kann die nächste Ladesäule 2020+
gefunden werden? Ist diese leicht zu erreichen? Wie
verläuft der Ladevorgang, wie dessen Abrechnung? Neben den Fallstudien ist der nächste wichtige Schritt im
Projekt die Entwicklung von Grobszenarien der Elektro-
Ziel ist es, einen Überblick darüber zu geben, wie mobilität als Teil des Mobilitätskonzepts im Jahre 2020+.
nutzerfreundlich die verschiedenen Modellregionen Dafür werden zunächst relevante Einflussfaktoren und
Elektromobilität zur Verfügung stellen, aufzuzeigen, wo Einflussbereiche ermittelt. Dies geschieht unter anderem
Verbesserungspotenziale stecken, und sinnvoll umge- durch Workshops und Interviews mit Experten. Im Fokus
setzte Maßnahmen herauszustellen. Diese Ergebnisse steht die Untersuchung und Zuordnung interner und ex-
werden in Form eines Berichts dargestellt, in dem alle terner Schlüsselfaktoren zu Einflussbereichen der Szena-
gewonnenen Erkenntnisse zu den Modellregionen, riofelder.
unterlegt mit Fotos, zusammengefasst sind.
Die entwickelten Grobszenarien dienen dann als Grund-
Zusammenfassend lassen sich die Ziele, die mithilfe lage für eine nachfolgende systematische und detaillierte
der Fallstudien erreicht werden sollen, folgendermaßen Entwicklung dreier unterschiedlicher Szenarien.
formulieren:
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schäftsmodell integriert werden kann. Das Resultat soll dells oder des Standardisierungsgrades der in der
eine strukturierte Übersicht über IT-gestützte Elektromobi- Dienstleistung verwendeten elektromobilitätsspezifischen
litätsdienstleistungen sein, die wie eine Landkarte einen IT-Komponenten beschreibt (siehe Abb. 2-8). Als Orien
Überblick über mögliche thematische Überschneidungen tierungshilfe für Entscheidungsträger wie der Bundes
verschiedener Initiativen sowie künftige Forschungspoten- regierung oder Industrieunternehmen kann dieses Bewer-
ziale bieten soll. tungsframework dabei helfen, Innovationspotenziale früh-
zeitig zu erkennen und geeignete Partner aus Forschung
Diese „Landkarte“ entsteht durch die Anwendung des und Industrie zusammen zu bringen. Darüber hinaus
entwickelten Bewertungsframeworks, welches Elektromo- können generelle Handlungsempfehlungen für alle Elekt-
bilitätsdienstleistungen anhand verschiedener Kategorien romobilitätsakteure abgeleitet werden.
wie zum Beispiel des zugrunde liegenden Geschäftsmo-
Kategorie 2 x Kategorie 1
o
x Kategorie 2
o
o Kategorie 3
o Kategorie 4
o Kategorie 5
o Kategorie 6
o Kategorie 7
o Kategorie 8
o Kategorie 9
Kategorie 1 o Kategorie 10
Perspektiven des
Bewertungsframeworks
„Business-Sicht“ „IT-Sicht“
Kundenfokusierung Informationsaustausch
und Geschäftsmodelle und Kommunikation
27
2.2.2.1 Business-Sicht gründen die 100 relevantesten Paper ausgewählt und
anschließend einer tieferen Analyse unterzogen. Hierbei
Um geeignete Bewertungskategorien für das Framework wurden alle Publikationen ausgewählt, die über 100-mal
ableiten zu können, müssen die den Dienstleistungen zu- zitiert wurden. Dies ergab 35 potentiell relevante Publika
grunde liegenden Geschäftsmodelle zunächst umfassend tionen, welche alle englischsprachig waren. Da nur vier
untersucht und verstanden werden. Nur durch eine am der 35 Publikationen nach 2010 veröffentlicht wurden,
Nutzerbedürfnis orientierte Übersicht bestehender Ge- wurde anschließend noch überprüft, ob es seit 2010
schäftsmodelle können Potenziale für neue Dienste identi- weitere relevante, aber aufgrund ihres jungen Alters noch
fiziert und Lücken bezüglich fehlender Geschäftsmodelle wenig beachtete Publikationen gab. Die Auswahl der
aufgezeigt werden. Bisherige Ansätze sind stark techno- für das Bewertungsframework relevanten Publikationen
logiefokussiert und lassen etablierte Ansätze der Ge- ergab sich anschließend nach folgenden Kriterien. Ein
schäftsmodellforschung weitgehend außer Acht (siehe Paper wurde demnach berücksichtigt, falls
u.a. Kley et al. 2011). Zunächst muss eine Taxonomie aus
Komponenten und Ausprägungsmerkmalen erstellt wer- • darin ein eigenes Business Model Beschreibungs-
den, deren Einsatz in einem übergeordneten Framework framework vorgestellt wurde,
eine strukturierte sowie praxistaugliche Übersicht über • die Aufstellung des Frameworks bzw. der Definition
Geschäftsmodelle im Bereich von Elektromobilitätsdienst- genereller Natur, also nicht fachspezifisch (z.B. oft
leistungen ermöglicht. eBusiness-spezifisch), war sowie
• das vorgestellte Modell vom gleichen Autor nicht schon
Analyse der Business-Model-Literatur in einer anderen Publikation vorgestellt wurde.
Ausgangspunkt für die Entwicklung der Taxonomie war Die meisten Frameworks in den ausgewählten Publika
eine umfassende Literaturrecherche zum Status quo tionen bestehen aus Haupt- und Teildimensionen. In Ab-
im Forschungsfeld Geschäftsmodelle. Innerhalb einer bildung 2-10 (Tabelle) sind die entsprechenden Arbeiten
definierten Menge von Datenbanken (Google Scholar, mit ihren Business Model-Bestandteilen aufgeschlüsselt.
EBSCO, Wiley) wurde nach den Suchbegriffen „Business Wenn in der entsprechenden Publikation eine Business-
Model“ und „Geschäftsmodell“ gesucht. Das Gebiet der Model-Dimension als Hauptdimension genannt wurde,
Elektromobilität wurde dabei bewusst ausgeklammert, ist diese in der Tabelle mit einem „X“ gekennzeichnet.
um zunächst einen generellen Eindruck der Literatur zu Immer dann, wenn eine Dimension nicht als Hauptdimen-
erhalten. sion, sondern als Teildimension bezeichnet oder lediglich
im Text genannt wurde, ist sie mit einem „X*“ gekenn-
Bei der Analyse der Ergebnisse wurde wie folgt vorge- zeichnet. Unter „Other elements“ sind alle weiteren Haupt-
gangen. In einer ersten Runde wurden aus Komplexitäts- dimensionen des jeweiligen Papers genannt, die jedoch
• Value proposition/offering
• Key resources
• Key activities
• Market/customer segment
• Revenue stream
• Cost structure
• Value network
• Competitive strategy
29
# Zita Value Market/ Com-
Autoren Key Key Revenue Cost Value Andere
tionen proposition/ customer petitive
Jahr resources activities stream structure network Elemente
4.11.14 offering segment strategy
Johnson et Margin model,
887 X X X* X* X* X*
al., 2008 resource velocity
Al-Debei
Value
and
166 X X X* X* X* X architecture,
Avison,
Pricing methods
2010
Ches-
brough and
Rosen 2067 X X X X X X Value chain
bloom,
2002
Hedman
Competition,
and
531 X X X X X* Scope of
Kalling,
management
2003
Channel,
Osterwal-
1112 X X X X X X X* customer
der, 2004
relationship
Morris et Personal/investor
1032 X X X X X X
al., 2005 factors
Shafer,
Smith, Competitors,
794 X X X X X X X X
Lindner, Mission
2005
Summe 7 5 5 7 6 6 5 3
31
Erhebung des Status Quo elektromobiler weise projektintern sind. Für die Planung und Durchfüh-
Standards und Schnittstellen rung wurde das Vorgehen nach Gläser (Gläser und Lau-
del 2010) gewählt.
Um den Stand der Technik bei IT-Konzepten von Elektro-
mobilitätsdienstleistungen zu ermitteln und einen ersten Die befragten Experten stammten hauptsächlich aus dem
Entwurf für IT-relevante Kategorien und Ausprägungs- Bereich elektromobilitätsnaher Plattformdienstleister (vgl.
merkmale des Bewertungsframeworks zu erhalten, wur- Abb. 2-11). Die folgenden Schlussfolgerungen erheben
den Experteninterviews durchgeführt. Diese Methodik daher noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit für alle
eignet sich, da zu dem Themenbereich nur wenig Litera- Elektromobilitätsdienstleistungen, sondern stellen einen
tur existiert und die Informationen firmen-beziehungs- ersten Entwurf der Ergebnisse laufender Forschung dar.
Pseudonym Herkunft
33
Energiebetreiber 1 Energiebetreiber 2 … Energiebetreiber n
? ? ? ?
Optionale
Entitäten
Clearing House / OICP Ladestations Ladestations Ladestations
…
Roamingplattform 1 betreiber 1 betreiber 2 betreiber k
OCHP
? OCHP?
?
ISO-15118
Clearing House /
Roamingplattform m
Legende
Entität
Identifizierter
Standard
Endnutzer 1 Endnutzer 2 … Endnutzer g
Kommunikation
EMAID EMAID
Die Abbildung zeigt, dass ausgehend vom Fahrzeugnut- Lücken bei den Standards gibt es vor allem bei der Kom-
zer dieser zunächst von seinem Service-Provider, seiner munikation zwischen Netzbetreiber und Clearing House
Roamingplattform, dem Ladestation- oder Energienetzbe- beziehungsweise Roamingplattformen (vgl. Experte C
treiber einen e-Mobility Account Identifier (EMAID) zur und H) sowie zwischen den einzelnen Roamingplattfor-
eindeutigen Identifikation erhält. Die Vergabe des ID- men (vgl. Experte H). An diesen Stellen konnten keine
Codes EMAID ist zusammen mit der Electric Vehicle Sup- Standards identifiziert werden. Ebenfalls ist fraglich, wie
ply Equipment ID (EVSEID) Teil der E-Mobility ID, für die standardisierte, anbieterübergreifende Kommunikation
deren Vergabe in Deutschland momentan der Bundesver- zwischen Netzbetreiber und Ladestationsbetreiber funk
band der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. zuständig tioniert. An diesen Stellen ist bereits der Bedarf zu einer
ist. Lädt der Kunde nun ein Fahrzeug an einer – durch die Standardisierung erkennbar.
EVSE ID eindeutig identifizierbaren – Ladestation, so ist
die Verbindung von Ladestation und Elektrofahrzeug über
die ISO/IEC 15118-Norm definiert. Die Norm beschreibt
ein einheitliches Kommunikationsprotokoll zwischen Lade-
35
Implikationen für das Bewertungs- works handelt. Komponenten oder ganzheitliche Soft-
framework warelösungen werden in diesem Kontext als offen be-
trachtet, wenn sie entsprechend einer Gemeinfreiheit,
Im vorausgehenden Kapitel wurde ein Ausschnitt des Copyleft (GNU GPL), Open Source, BSD-ähnlichen,
Status quo der IT-Konzepte von Elektromobilitätsdienst- speziellen Ausprägungen der Creative Commons Lizenz
leistungen, ihrer Standards, Schnittstellen und identifizier- oder vergleichbarer Lizenz lizenziert sind.
ten Lücken gegeben. Nun sollen geeignete Kriterien zur
Einbindung in das übergeordnete Bewertungsframework Ein hoher Standardisierungsgrad ist ebenfalls für den
identifiziert werden. Zunächst gilt es, geeignete Kriterien Erfolg wichtig, da so bereits erfolgte Arbeit nicht erneut
zur IT-seitigen Einordnung von Elektromobilitätsdienst durchgeführt wird, Best Practices verwendet werden und
leistungen zu finden. Ein Teilergebnis aus den Experten die Marktteilnehmer dieselbe Sprache sprechen (vgl.
interviews ist dabei, dass sich IT-Konzepte hinsichtlich Sommerville 2007). Detaillierte Informationen zur Bedeu-
ihrer Standards und der Offenheit (im Sinne von freier tung von Standards in Softwareprojekten finden sich unter
Software) – teilweise stark – unterscheiden. Erkenntnisse anderem in Ainsworth und Reeves (2003), Liggesmeyer
aus der Literatur zeigen ebenfalls, dass Standards und (2009) sowie Sommerville (2007).
die Offenheit der betrachteten Lösungen wichtig sind,
um im Bereich Elektromobilität eine höhere Marktdurch- Neben den zwei durch die Interviews identifizierten Krite-
dringung erlangen zu können (vgl. auch Mayer et al rien gibt es noch weitere mögliche Dimensionen. So wäre
2010). zum Beispiel ebenfalls die Verbreitung von IT-Konzepten
über verschiedene Praxisprojekte von Interesse, eine
Bei der Offenheit handelt es sich insbesondere deshalb regionale Unterscheidung (z.B. USA gegenüber Eu-
um ein wichtiges Kriterium, da offene Softwarelösungen ropa) der Verwendung von identifizierten Konzepten oder
ohne Marketing eine höhere Anzahl an Nutzern erreichen, der Aspekt der (Daten-) Sicherheit. Die im weiteren
als dies bei proprietärer Software der Fall ist (vgl. u.a. beschriebene Clusterung entlang von zwei Kriterien ist
DiBona, Stone und Cooper 2005; Stallman und Gay daher rein exemplarisch und nicht vollständig, da sie
2002). Demgegenüber ergeben sich auch Nachteile wie Gegenstand laufender Forschung ist. Sie soll eine mög
beispielsweise die fehlende Monetarisierung, welche liche Richtung einer Einordnung von IT-Konzepten von
ebenfalls einen Einfluss auf die Marktdurchdringung Elektromobilitätsdienstleistungen aufzeigen. Die zwei
haben könnte. Ohne eine Wertung abzugeben, ob offene Kriterien Grad der Offenheit und Standardisierungs-
Software eine positive oder negative Eigenschaft von grad werden im Folgenden kurz vorgestellt.
IT-Konzepten von Elektromobilitätsdienstleistungen ist,
wird deutlich, dass es sich bei dem Grad der Offenheit
um ein wichtiges Kriterium als Teil des Bewertungsframe-
Standardisierungsgrad
• Proprietär: Das IT-Konzept ist proprietärer Natur, es
finden sich keine offenen Schnittstellen.
• Verfügbar: Das IT-Konzept ist für jeden erfahrbar, es
existieren offene Schnittstellen, die frei verfügbar sind.
hoch
• Teilnehmbar: Das IT-Konzept wird durch eine offene
Community entwickelt, die Entwicklungen beobachten,
auf diese reagieren und sie ändern kann.
Standardisierungsgrad Ladesäulenreservierung
niedrig
Der Begriff Standardisierungsgrad taucht in der Literatur
häufig auf. Besonders in der Organisationstheorie werden
Grad der Offenheit
hier die Ausprägungen niedrig und hoch unterschieden
(vgl. u.a. Becker und Langosch 2002; Siedenbiedel 2010). proprietär verfügbar teilnehmbar
Zur Messung des Standardisierungsgrades von Software
finden sich in der Literatur jedoch nur wenig Hinweise, Abb. 2-13: Erster Entwurf der IT-Sicht des Bewertungsframeworks
woraufhin ein eigenes Maß basierend auf (Computer-
37
2.2.3 Ausblick: Anwendung des Bewertungs- Frameworks ist die Identifizierung von „weißen Flecken“
frameworks in der Forschungs- und Industrielandschaft sowie
eine bessere Nutzung von bestehenden Synergien in
Im weiteren Verlauf des Projekts soll das Bewertungs- den aktuellen Elektromobilitätsinitiativen.
framework auf nationale und internationale Initiativen an-
gewendet und verstetigt werden. Das primäre Ziel des
Mithilfe des Bewertungsframeworks können die Daten • Identifikation sich ergänzender Forschungsansätze
aus dem Atlas nun thematisch und visuell aufbereitet wer- und -methoden für eine spezielle Problemstellung
den. Das Framework identifiziert nicht nur sich ergän- • Förderung des Wissenschaftsaustauschs durch
zende Forschungsinitiativen, sondern legt auch die in den Benchmarking des IT- und Business Models des eige-
Projekten genutzten Technologien offen und vergleicht nen Projekts mit ähnlichen Initiativen
sie, um so ein genaueres Bild über die Elektromobilitäts- • Austauschplattform für aktuelle und künftige Entwick-
landschaft zu generieren. lungsaktivitäten mit der Industrie
• Förderung des Community-Aufbaus für ein spezifi-
Damit ergeben sich vielfältige Verwendungsmöglichkei- sches Forschungsproblem (z.B. Entwicklung eines
ten. Durch die zweigeteilte Sicht auf Business und IT kann benötigten Standards, der noch nicht existiert)
so zum Beispiel eine für die Industrie interessante Kate-
gorisierung der Projekte und ihrer Ergebnisse erfolgen. Die durch das Bewertungsframework gewonnene Trans-
Mögliche Anwendungsszenarien für die Industrie könn- parenz leistet vor allem einen Beitrag zur Verbesserung
ten sein: der Entwicklungsaktivitäten. Um mit der Dienstleistung
später tatsächlich Kunden zu erreichen und langfristig zu
39
halten, ist es jedoch auch wichtig, zu verstehen, welche 2.3 Erfolgsfaktor nutzerfreundliche
tatsächlichen Probleme die Nutzer später bei der alltägli- Dienstleistungen: Elektromobilität
chen Nutzung der Dienstleistungen haben. Die Entschei-
dung, für oder gegen Elektromobilität wird nicht nur rein
aus Kundensicht begreifen
rational getroffen, sondern hat ebenso viel mit emotiona- Sabrina Cocca, Michaela Klemisch,
len Prozessen im Menschen zu tun. Bei der Ausgestal- Thomas Meiren
tung und Wirkung speziell von IT-gestützten Dienstleistun-
gen in der Elektromobilität fehlt diese Erfassung der emo- 2.3.1 Einleitung, Ziele und Vorgehensweise
tionalen Sicht bei der Nutzung bislang völlig. Der Kunde
wird zwar bereits in den Entwicklungsprozess integriert, Elektrisch angetriebene Fahrzeuge – insbesondere Elekt-
eine Analyse der späteren täglichen Nutzung und der roautos, E-Bikes und Elektroroller, aber auch Busse und
dabei empfundenen Emotionen erfolgt jedoch nicht. Um Nutzfahrzeuge – entwickeln sich technologisch gesehen
den im Bewertungsframework identifizierten Initiativen in einer hohen Geschwindigkeit weiter. Fragestellungen
eine Übersicht über diese Probleme sowie eine Ursachen- rund um die Standardisierung von Ladetechnik oder auch
analyse zu ermöglichen, ist im nächsten Schritt unter autonome Fahrzeuge, die Ladepunkte selbsttätig ansteu-
anderem eine umfassende Analyse mithilfe von moderner ern, sind Beispiele, die den aktuellen Fokus zahlreicher
Experimentalforschung geplant, die die Nutzung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Deutschland
Dienstleistung simuliert und dabei die emotionalen Reak- aufzeigen. Gleichzeitig stehen Anbieter aber vor der
tionen des Kunden auswerten soll. Herausforderung, dass die Akzeptanz gegenüber Elek
trofahrzeugen auf dem Markt noch nicht hinreichend
vorhanden ist. Diese Betrachtung ist jedoch nur die eine
Seite der Medaille eines Dilemmas zwischen Angebot
und Nachfrage: Potenzielle Nutzer sollen das neue Fort-
bewegungskonzept adaptieren – finden aber keine flä-
chendeckende Versorgung mit Angeboten vor, welche
die Nutzung oder sogar den Kauf von Elektrofahrzeugen
erst sinnvoll und attraktiv werden ließen.
41
Von diesen Beispielen können deutsche Unternehmen des Nutzers verwendet, da keine Beschränkung auf die
lernen, damit neue Technologien hierzulande nicht nur ökonomische Dimension erfolgen soll.
entwickelt werden, sondern die Unternehmen insbeson-
dere auch von deren Vermarktung profitieren. Aus diesem Die Einbindung von Nutzern in die Entwicklung und Ge-
Grund werden Fallstudien mit Fokus auf einzelne Städte staltung von Angeboten – Sachgüter, Software oder
im europäischen Ausland (u.a. Niederlande, Spanien, Est- Dienstleistungen – ist auf unterschiedliche Weise und mit
land, Finnland) sowie in China und USA durchgeführt. Für unterschiedlicher Intensität denkbar. Hierzu liefern ver-
Unternehmen bietet sich somit die Möglichkeit, von inter- schiedene Bereiche in der wissenschaftlichen Forschung
nationalen Erfahrungen zu lernen, ihre Arbeiten am inter- entsprechende Betrachtungen.
nationalen State-of-the-Art auszurichten und zudem die
Besonderheiten internationaler (Export-) Märkte kennen- Customer Co-Creation ist ein Trend in der aktuellen
zulernen. Dienstleistungsforschung. Hierbei wird das Prinzip der
kundenorientierten Anpassung einer Leistung auf indivi-
duelle Kundenbedarfe („Customization“) einen Schritt wei-
2.3.2 Systematische Einbindung von Nutzern ter gedacht: „The difference between “co-creation” and
in die Dienstleistungsentwicklung “customization” lies in the degree of involvement of the
customer; in general terms, the customer plays a less ac-
Zunächst stellt sich die Frage, wie ein Nutzer definiert ist tive role in customization than in co-creation. […] In cont-
und was der Unterschied zu dem häufig synonym ge- rast, co-creation refers to the involvement of the customer
brauchten Begriff Kunde ist. Der Kundenbegriff ist im Ge- as an active collaborator right from the beginning of the
gensatz zum Nutzer in der Regel mit einem ökonomi- innovation process.“ (Kristensson, Matthing und Johans-
schen Fokus verbunden (vgl. Reinicke 2004). Das Ver- son 2008, S. 475).
ständnis des Nutzerbegriffs geht über die rein ökonomi-
sche Definition des Kunden hinaus: „Er umfasst alle Per- Der Begriff der Nutzeranalyse weist auf die dedizierte
sonen, die von dem Produkt eines Unternehmens direkt Betrachtung potenzieller Kunden hinsichtlich ihrer Bedürf-
oder indirekt betroffen sind. Eine direkte Betroffenheit ist nisse und Bedarfe hin. Sie kann also als Vorstufe gesehen
gekennzeichnet durch den willentlichen Kontakt des Nut- werden, um den eigentlichen Entwicklungsprozess vorzu-
zers mit dem Produkt. Eine indirekte Betroffenheit tritt ein, bereiten. Nutzerintegration als nächster Schritt be-
wenn der Nutzer ohne eigene Intention mit dem Produkt schreibt die aktive Miteinbeziehung von Nutzern eines
in Berührung kommt bzw. davon beeinflusst wird (z.B. Produkts, einer Software oder einer Dienstleistung in
durch Stimulation der Sinnesorgane).“ (Reinicke 2004, S. deren Erstellungsprozess und geht daher über die reine
19). Im vorliegenden Beitrag wird einheitlich der Begriff Nutzeranalyse hinaus. Sie wird in unterschiedlichen Dis
ziplinen betrachtet (u.a. Ingenieurwissenschaften, Infor-
Eine zentrale Motivation der Nutzeranalyse beziehungs- Im Forschungsfokus steht die Frage, wie (potenzielle) Nut-
weise -integration ist es, eine entwickelte Lösung mög- zer von Elektromobilitätsdienstleistungen in den Entwick-
lichst auf die Nutzerbedarfe abzustimmen. Messbar ist lungsprozess konkreter Leistungen eingebunden werden
diese Eigenschaft an den Konstrukten User Experience können – langfristig sogar in ein systematisches Innova
(Nutzererlebnis) oder Usability (Nutzerfreundlichkeit). tionsmanagement. Hierzu sind zunächst Methoden zu
Dabei ist die „Usability eines Produktes […] das Ausmaß, erforschen, zu aggregieren und gegebenenfalls neu zu
in dem es von einem bestimmten Benutzer verwendet entwickeln, welche die Einbindung ermöglichen. An-
werden kann, um bestimmte Ziele in einem bestimmten schließend (vgl. Kapitel 2.3.4) können diese dann in Form
Kontext effektiv, effizient und zufriedenstellend zu errei- eines Methodensets in ein Entwicklungsmodell für Elekt-
chen.“ (Definition der Internationalen Organisation für romobilitätsdienstleistungen überführt und je nach Dienst-
Standardisierung, ISO 9241). Der Begriff der User Experi- leistungstyp oder Unternehmensanforderung ausgewählt
ence ist durch die Informationstechnik geprägt und be- und angewandt werden. Zur Identifizierung geeigneter
schreibt „A person‘s perceptions and responses that re- Methoden erfolgt eine Betrachtung sowohl dienstleis-
sult from the use and/or anticipated use of a product, sys- tungsspezifischer Forschungs- und Entwicklungsdiszipli-
tem or service“ (DIN EN ISO 9241, S. 210). Beide Begriffe nen als auch von angrenzenden Disziplinen wie insbeson-
beschreiben also die Erfahrung von Nutzern in der Inter- dere Produkt- und Softwareentwicklung. Letztere bieten
aktion mit Unternehmensangeboten und deren Erleben in das Potenzial der Übertragbarkeit, zumal es sich vor allem
bestimmten Umgebungen. bei der Produktentwicklung um ein älteres und daher stär-
ker etabliertes Feld handelt, welches sich schon länger
Service Engineering ist eine Disziplin der (anwendungs- mit der Nutzerintegration beschäftigt als die jüngere Dis
orientierten) Dienstleistungsforschung und verweist auf ziplin der Dienstleistungsforschung. Außerdem bietet sich
eine zielgerichtete und planvolle Vorgehensweise bei der im Sinne des systemischen Lösungsansatzes, welcher
Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen sowie eine integrierte Entwicklung von Sachgütern, Software
bei der Beschreibung des zugrunde liegenden Ge- und Dienstleistungen impliziert, auch eine integrierte Be-
schäftsmodells (vgl. Meiren 2006). Da es sich bei der Ent- trachtung möglicher Methoden an.
43
Die Einbindung von Nutzern in die Entwicklung und Ge-
staltung von Dienstleistungen taucht in verschiedenen Level 1:
Nachbardisziplinen des Service Engineering auf. Insbe- DELFIN-Referenzmodell für Service Engineering
sondere sind hier die Forschungsbereiche Service De- Level 2: Vorgehensmodell
sign, Service Innovation und New Service Development
Level 3: Methoden und Tools
zu nennen.
Level 4: Nutzerintegration
Level 5: Organisation
2.3.3 Referenzmodell zur nutzerorientierten Level 6: Fallbeispiele
Entwicklung von Elektromobilitäts-
angeboten
Abb. 2-15: DELFIN-Referenzmodell für die systematische
Um nutzerorientierte Angebote für Elektromobilitätsnutzer nutzerorientierte Entwicklung von Elektromobilitäts-
entwickeln zu können, muss definiert werden, wie und dienstleistungen
an welchen Punkten im Erstellungsprozess Nutzer ein
gebunden werden können. Bevor eine detaillierte Aus
differenzierung (v.a. Nutzertypen bzw. -gruppen, Dienst-
leistungstypen für Elektromobilität) erfolgen kann, die zu
einem umfassenden Referenz- beziehungsweise Innova Generelle Anforderungen an
tionmodell das Service Engineering führt, ist zunächst ein das Framework
grundlegendes Framework aufzustellen Darüber hinaus
müssen die Anforderungen an die eingesetzten Metho- Da es sich bei Elektromobilität um einen sich entwickeln-
den formuliert werden, welche das Rückgrat des Refe- den Markt handelt, auf dem schrittweise neue Angebote
renzmodells darstellen. Abbildung 2-15 skizziert den Auf- entstehen werden, die sich zunächst gegen mangelnde
bau des Referenzmodells, wobei das Referenzmodell den Akzeptanz seitens potenzieller Nutzer und damit gegen
Rahmen (Framework, Level 1) bildet, das durch ein kon ein „Vermarktungsproblem“ durchsetzen müssen, bietet
figurierbares Vorgehensmodell (Level 2), entsprechende sich eine agile Herangehensweise an die Entwicklung
Methoden und Tools (Level 3), mit besonderem Fokus auf entsprechender Elektromobilitätsdienstleistungen an (vgl.
die Nutzerintegration (Level 4), unterfüttert wird. Anschlie- Cocca, Klemisch und Meiren 2015). Ein Framework sollte
ßend, in Folgeaktivitäten, werden Empfehlungen für die dies entsprechend berücksichtigen. Darüber hinaus han-
organisatorische Umsetzung (Level 5) sowie Fallbeispiele delt es sich bei Elektromobilitätsdienstleistungen, in Kom-
zur besseren Verständlichkeit für die Umsetzung in Unter- bination mit Technologieprodukten betrachtet, um ein
nehmen (Level 6) hinter das Referenzmodell gelegt. heterogenes Feld. Aus diesem Grund müssen das Frame-
45
Bewertung der Einsetzbarkeit entlang des Dienstleistungs- suchungsfeld erkundet beziehungsweise beforscht wird:
entwicklungsprozesses: Ideenfindung und -bewertung, Je stärker vordefiniert die Varianten (z.B. Antwortmöglich-
Anforderungsanalyse, Dienstleistungskonzeption, -test, keiten) sind, die Probanden vorgelegt beziehungsweise
-implementierung und Markteinführung mit dem Ziel, eta- die als Auswertungsraster zugrunde gelegt werden, umso
blierte Modelle des Service Engineering mit Methoden geringer ist der Spielraum von Probanden, darauf (be-
zur Nutzerintegration zu unterfüttern. Insgesamt wurden wusst oder unbewusst) zu antworten oder zu reagieren,
72 Methoden identifiziert, die grundsätzlich für die Ent- oder von den Methodenanwendern, nach neuen Erkennt-
wicklung von Dienstleistungen eingesetzt werden können nissen und Strukturen zu suchen. Bei einer offeneren
und die auf eine Integration von Nutzern abzielen, wobei Herangehensweise hingegen ist zwar die Unsicherheit im
in der Literatur zu Service Engineering meist der Kunden- Einsatz größer, allerdings besteht auch die Möglichkeit,
statt Nutzerbegriff verwendet wird (vgl. z.B. Bullinger, Erkenntnisse zu gewinnen, die über den vordefinierten
Scheer und Zahn 2002; Ganz, Satzger und Schultz 2012). Rahmen hinausgehen. Darüber hinaus bieten qualitative
Methoden die Möglichkeit, flexibler auf Probanden zu
In der ersten Auswahl erfolgte bewusst eine Fokussierung reagieren. Für die Entwicklung von Innovationen oder bei
auf qualitative Methoden, wobei jedoch auch quantita- mangelnden Vorkenntnissen über Nutzerbedürfnisse in
tive Elemente (z.B. Messen von Zeiten, Zählen) in der Bezug auf die Elektromobilität kann dies von hohem Nut-
Kombination vorhanden sein können. „Die für den quanti- zen sein. Insgesamt stellen qualitative, offenere Methoden
tativen Ansatz typische Quantifizierung bzw. Messung größere Herausforderungen in der Anwendung bezie-
von Ausschnitten der Beobachtungsrealität mündet in die hungsweise setzen ein größeres Erfahrungswissen sei-
statistische Verarbeitung von Messwerten. Demgegen- tens der Anwender (z.B. Unternehmensvertreter, Wissen-
über operiert der qualitative Ansatz mit Verbalisierungen schaftler) voraus. Dies muss bei der Auswahl und An
(oder anderen nichtnumerischen Symbolisierungen, wendung beachtet werden.
z.B. grafischen Abbildungen) der Erfahrungswirklichkeit,
die interpretativ ausgewertet werden.“ (Bortz und Döring Im Folgenden werden Beispiele für Methoden der Nutzer-
2006, S. 296). Es geht beim qualitativen Ansatz also da- integration dargestellt, die für die Entwicklung von Elektro-
rum, verbale Daten zu sammeln und auszuwerten, wobei mobilitätsangeboten eingesetzt werden können. Dabei
qualitatives Material als „reichhaltiger“ gilt als reine Mess- erfolgt eine Konzentration auf die Phasen, welche zur Er-
werte, also quantitative Informationen (vgl. ebd.). Es wird stellung der Dienstleistung führen, also Ideenfindung, An-
folglich davon ausgegangen, dass dieser Typus einen forderungserhebung und Konzeption inklusive Test. Die
höheren Explorationsgrad aufweist als quantitative Me- Grundsammlung umfasste auch „klassische“, das heißt
thoden und daher den Vorteil eines höheren Erkenntnis- vor allem häufiger eingesetzte, in der Praxis etablierte
gewinns hat. Unter dem Explorationsgrad wird hierbei das Methoden wie Befragungen, Interviews oder Workshops.
Ausmaß an Offenheit verstanden, mit dem ein Unter Allerdings erfolgte für die hier dargestellten Beispiele
47
(Group-based) Expert Walkthrough Suche auf Sicht), kommt bei einem Ladepunkt an und so
weiter. Für die Bewertung und Aufzeichnung werden mög-
Diese Szenario-Methode stammt aus der Softwareent- liche positive und negative Emotionen in unterschiedli-
wicklung und hat das Ziel, Benutzerprobleme, mögliche chen Abstufungen aufgelistet, aus denen der betreffende
Design-Verbesserungen und erfolgreiche Design-Lösun- Proband wählen kann (z.B. Freude, Stolz, Belustigung,
gen an der Benutzerschnittstelle zu identifizieren (vgl. Geborgenheit, Ärger, Angst, Langeweile, Sorge, Verwir-
Følstad 2007). Die Methode funktioniert als Einzel- oder rung, Frustration, Unzufriedenheit). Alternativ können Pro-
Gruppenmethode, in der bestimmte Nutzungsszenarien banden das Erlebnis im Prozess laut aussprechen (z.B.
in einem frühen Stadium der Entwicklung von Experten „Jetzt fahre ich schon seit fünf Minuten im Kreis und finde
(z.B. Nutzer oder Personen, die Nutzer repräsentieren) einfach keine freie Ladesäule.“, „Wird meine Bankkarte
geprüft und diskutiert werden (vgl. auch Cognitive Walk dieses Mal vom Terminal erkannt werden?“, „Toll, hier
through in der Softwareentwicklung). Die Methode lässt kann ich kostenlos laden.“), sodass daraus in einem
sich auf die Konzeptions- und frühe Testphase der Ent- nächsten Schritt dahinter liegende Emotionen abgeleitet
wicklung von Elektromobilitätsangeboten übertragen. werden können. Für die Entwicklung von Elektromobili-
Ursprünglich dient die Methode vor allem dazu, Fehler tätsangeboten kann diese Methode zu einem tieferen Ver-
oder fehlende Funktionalitäten aufzudecken und in frühen ständnis von Nutzerverhalten beitragen und die Anforde-
Phasen zu beheben und so Frustrationsquellen für Nutzer rungsanalyse, Konzeptionsphase und den Test unter
zu vermeiden, ohne dahinter liegende Begründungen stützen. Außerdem können durch die Beobachtung neue
(z.B. Einstellungen, Emotionen) zu erfragen. Aus diesem Ideen abgeleitet werden, welche geäußerte Emotionen
Grund sollte sie mit weiteren Methoden kombiniert werden gezielt adressieren und die Möglichkeit der Kundenbe-
wie zum Beispiel der Emotional Journey Map. geisterung bieten. Im Unterschied zur zuvor genannten
Methode „Expert Walkthrough“, die eher auf die funktio-
Emotional Journey Map nale Prüfung und Fehlerbehebung abzielt, können bei
der Emotional Journey Map folglich auch Begeisterungs-
Hierbei handelt es sich um eine Darstellung, die emotio- faktoren identifiziert werden.
nale Erfahrungen von Personen mit einem zu untersuchen-
den Bereich (z.B. Dienstleistung, Technologieprodukt, Ideenwettbewerb
Marke) visuell illustriert (vgl. Kozinets 2002, S. 135). Da es
sich um eine „Journey“ (Reise) handelt, erfolgt die Doku- Ideenwettbewerbe sind Veranstaltungen, die über ver-
mentation der Emotionen entlang einer Prozessdarstel- schiedene Kanäle ausgerichtet werden können (z.B. on-
lung, zum Beispiel: Batterie des Elektrofahrzeugs ist na- line, postalisch, persönliches Zusammentreffen) und die
hezu leer, Nutzer entscheidet sich zu laden, führt Suche es zum Ziel haben, möglichst viele und verwertbare Ideen
nach nächstgelegener Ladestation durch (z.B. via App, für einen bestimmten Bereich von unterschiedlichen Teil-
49
Vor dem Hintergrund des Ziels einer möglichst integrati- zur Generierung und Auswahl möglicher Elektromobili-
ven Verwendung von Methoden der Nutzerintegration im tätsangebote, Einsatz der Day-in-the-Life-Methode und
Entwicklungsprozess zeigt Abbildung 2-16 eine Anord- einer Emotional Journey Map mit Probanden, welche die
nung der oben genannten Beispielmethoden entlang der Zielgruppen des Angebots repräsentieren, zur Erhebung
primären Phasen, die in einem nächsten Schritt inhaltlich von Anforderungen und zur Grobkonzeption, Wieder
auf den Kontext der Elektromobilität angepasst werden holung der zuletzt genannten Methoden zum Test, Ergän-
müssen. zung durch einen Expert Walkthrough.
Ideenwettbewerb
Hackathon
Netnography
Shadowing / Day in the Life
Emotional Journey Map
Living Labs, (Internationale) Testbeds, Large-Scale-Demonstratoren
Expert Walkthrough
Abb. 2-16: Ausgewählte Methoden der Nutzerintegration nach Einsatzphasen im Entwicklungsprozess i.e.S.
51
3 End-Of-Life Solutions für Traktions-
batterien (EOL-IS)
Daniel Beverungen, Sebastian Bräuer, André Gierke, Kei Hirose, Benjamin Klör, Markus Monhof,
Sascha Nowak, Shahmahmood Obeidi, Florian Plenter, Timo Ratzke, Alexander Stieger,
Christoph Wieczorek, Simon Zenz
80 %
Zeit
Abb. 3-1: Schematische Darstellung der Alterung einer Lithium-Ionen-Batterie und möglicher Anwendungsgebiete
in einem Sekundärmarkt
53
ABB nutzen gebrauchte Batterien aus Chevrolet Volts zur szenarien von gebrauchten Batterien im Rahmen der
Absicherung privater Haushalte mit Notstrom und zur Ge- Netzregulierung oder Stabilisierung von Strom aus Wind-
währleistung einer unterbrechungsfreien Stromversorgung und Solarparks denkbar (WEMAG AG 2014).
(Howard 2013). Vor dem Hintergrund der jüngst erfolgten
Einweihung eines im Vergleich zu der Chevrolet-Lösung Sollten diese Pilotvorhaben erfolgreich verlaufen, kann
um den Faktor 200 leistungsstärkeren Batteriespeicher- angenommen werden, dass die Weiterverwendung ge-
systems auf Lithium-Ionen-Basis in Mecklenburg-Vorpom- brauchter Traktionsbatterien zusätzliche Einzahlungen
mern sind auch größer dimensionierte Nachnutzungs generiert, die sich mindernd auf die Lebenszykluskosten
250.000
Anz. Neuzulaassungen
200.000
150.000
100.000
50.000
0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015* 2020*
Hybrid 3.589 5.278 7.591 6.464 8.374 10.66112.622 21.438 26.348 27.435
60.000 220.00
Eletrofahrz. 47 19 8 36 162 541 2.154 2.956 6.051 8.522
* Erwartete Neuzulassungen enthalten Zahlen für sämtliche Elektrofahrzeuge, also Vollelektrofahrzeuge, Hybride und Plugin-Hybride
Quellen: Kraftfahrt-Bundesamt (2005-2014), Proff et al. 2013 (2015, 2020)
55
3.2 Modellierung des Leistungs- pack ist der eigentliche Energiespeicher und setzt sich
angebots aus parallelgeschalteten Batteriemodulen zusammen, um
die gesamte Stromstärke des Packs zu erhöhen. Batterie-
module bestehen wiederum aus einzelnen in Reihe
3.2.1 Modellierung von Traktionsbatterien geschalteten Batteriezellen, um die gesamte Spannung
des Packs zu erhöhen. Zur Kontrolle der grundlegenden
Traktionsbatterien sind elektrotechnische Bauteile und Funktionen einer Batterie (z.B. der Auflade- und Entlade-
werden vorrangig zur Energieversorgung der zum Antrieb prozesse) ist ein (2) Batteriemanagementsystem (BMS)
von Elektrofahrzeugen benötigten Elektromotoren einge- vorhanden. Das BMS ist ein eingebettetes System, das
setzt. Exponierte Charakteristiken einer Traktionsbatterie die Betriebssicherheit der Traktionsbatterie gewährleistet.
sind insbesondere in ihrem Aufbau, Formfaktor und ihrer Eine beispielhafte Aufgabe der Betriebssicherung be-
Leistungsfähigkeit zu finden. steht in der Temperaturkontrolle der Batteriezellen, die
aufgrund ihrer hohen Temperatursensitivität durch ein (3)
Eine Traktionsbatterie besteht aus vier wesentlichen Ele- Thermosystem gekühlt oder gewärmt werden müssen,
menten (Schlick et al. 2011) (Abb. 3-3). Das (1) Batterie- um eine optimale Betriebstemperatur der Zellen zu ge-
Gehäuse 4
Batteriepack 1
Batteriemanagementsystem
Batteriemodul Batteriemodul Batteriemodul
Thermosystem
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
Batteriezelle
2 3
Abb. 3-3: Abstrakter Aufbau einer Traktionsbatterie (Klör et al. 2015) nach (Schlick et al. 2011)
Size: 1024 kb
57
Lösung mit dem Anwendungskontext des Weiternutzungs- leistungsprozesse und ihre Zuordnung zu verschiedenen
szenarios hergestellt werden kann. Die Modellierungs- Prozessbeteiligten in zeitlicher beziehungsweise sach
sprache stellt Konstrukte zur Berücksichtigung des Auf- logischer Abfolge beschrieben werden (Prozesssicht).
baus des Batteriesystems (Stammdaten), der Nutzungs- Drittens sind die zur Leistungserstellung erforderlichen
historie des Batteriesystems (Transaktionsdaten) sowie Produktionsfaktoren (z.B. Maschinen, Mitarbeiter, Infor
des Status der Batterie (Statusdaten) bereit (Klör et al. mationen, Material und Hilfsmittel) zu explizieren und den
2015). Anhand dieser Parameter können unter anderem Aktivitäten im Dienstleistungsprozess zuzuordnen, damit
eine mögliche Rekonfiguration der Batterie geplant oder der Leistungserstellungsprozess geplant und nachverfolgt
auch ein geeignetes Recyclingverfahren ausgewählt werden kann (Potenzialdimension).
werden. Die Modellierungssprache wurde exemplarisch
zur Modellierung eines realen Batteriesystems verwendet Im Projekt EOL-IS wurde eine bestehende Modellierungs-
(Abb. 3-4). Analog lassen sich weitere Batteriesysteme sprache für Dienstleistungen um neue Konstrukte erwei-
der unterschiedlichen Hersteller abbilden. tert, um die im Projekt entwickelten Dienstleistungen im
Rahmen eines Leistungskatalogs einheitlich beschreiben
zu können. Dies ist erforderlich, um mit Hilfe des zur ent-
3.2.2 Modellierung von Dienstleistungen wickelnden Entscheidungsunterstützungssystems eine
Leistungsbündelkonfiguration vornehmen zu können, in
Genau wie physische Güter können auch Dienstleistun- deren Rahmen die zur Verfügung stehenden Batterie
gen im Rahmen eines ingenieurmäßigen Prozesses ent systeme gezielt um ein Dienstleistungsangebot erweitert
wickelt werden (sog. Service Engineering). Eine Kern- werden können. So könnte zum Beispiel ein Batteriesys-
aufgabe hierbei ist die Modellierung verschiedener As- tem, dessen Alterung bereits zu weit fortgeschritten ist,
pekte der Dienstleistungen, für die spezifische Modellie- als dass ein Kunde zum Kauf bereit wäre, in Verbindung
rungstechniken entwickelt und erprobt wurden (Becker mit einem Mietmodell angeboten werden. So müsste der
et al. 2011; Becker, Beverungen et al. 2009; Becker, Kunde die Batterie nicht kaufen, sondern entrichtet ein
Knackstedt et al. 2009). Häufig werden drei Aspekte her- nutzungsabhängiges Entgelt, zum Beispiel eine Gebühr
vorgehoben, die bei der Modellierung von Dienstleistun- für jeden durchgeführten Ladezyklus. Hierdurch könnten
gen zu berücksichtigen sind. Erstens sind die für die be- auch Batteriesysteme weiterverwendet werden, für
teiligten Akteure generierten Nutzenpotenziale zu be- die keine ausreichende Kaufbereitschaft mehr besteht.
schreiben, sodass der Mehrwert der Dienstleistungen ein-
geschätzt und bewertet werden kann (Ergebnissicht).
Zweitens sind die Geschäftsprozesse der Dienstleistungs-
erbringung darzustellen, indem die Aktivitäten der Dienst-
Sobald eine Traktionsbatterie den Ansprüchen einer auto- Für viele Batterien scheint die Umwidmung und Weiter-
mobilen Anwendung nicht mehr genügt, stellt sich die verwendung die vielversprechendste Strategie zu sein.
Frage, ob und wie die Batterie weiterverwendet werden Aufgrund ihrer Eigenschaften eignen sich Lithium-Ionen
kann. Zwei Begriffe sind hierbei von zentraler Bedeutung Batterien nach ihrer Erstverwendung sowohl für mobile
für das EOL-IS-Konzept: End-Of-Life-Strategien und (z.B. Betrieb in kleineren Elektrofahrzeugen) als auch für
Nachnutzungsszenarien. stationäre Nachnutzungsszenarien (z.B. zur Energie-
versorgung in Haushalten) (Elkind 2014). Die Anwen-
End-Of-Life-Strategien dungsbereiche stellen variierende Anforderungen an die
Betriebs- und Leistungsdaten sowie die Qualität bezie-
Die zentralen End-Of-Life-Strategien wurden im Projekt hungsweise verbleibende Leistungsfähigkeit der Batterie.
EOL-IS wie folgt systematisiert. Soll die Batterie nach ihrer Während beispielsweise zentrale Speicherkraftwerke auf
automobilen Anwendung in einem Fahrzeug verwendet eine hohe Leistungsfähigkeit der elektrischen Speicher
werden, kommt gegebenenfalls die direkte Wiederver- angewiesen sind, ist für die Elektromobilität vor allem eine
wendung (Reuse) in Frage. Hier werden kaum bean- hohe Energiedichte entscheidend (Stan et al. 2014). Für
spruchte Batteriesysteme, etwa von verunfallten Fahrzeu- eine ökonomische Betrachtung sind vor allem die Kosten
gen, ohne größere Aufbereitung wieder in ein Automobil pro installierter Energie- und Leistungskapazität und die
eingebaut. Alternativ lässt sich das Batteriesystem zu- in dem jeweiligen Nachnutzungsszenario noch erreich-
nächst in seine Komponenten zerlegen, die dann für eine bare Lebensdauer wichtig. Für alle Nachnutzungsszena-
erneute automobile Verwendung aufbereitet werden (Re- rien ist die Lebensdauer der Batterie ein entscheidender
manufacturing and Reuse). Ist eine automobile Verwen- Faktor. Entsprechend sollte die bereits erfolgte Alterung
dung ökonomisch nicht sinnvoll, erfolgt die Umwidmung der Batterie berücksichtig werden, um eine ausreichende
und Aufbereitung der Batterie für eine Verwendung in Zyklenstabilität zu gewährleisten. Hier sind historische
einem Nachnutzungsszenario (Repurposing and Further Daten über die Batterienutzung im Fahrzeug von großem
Use). Sind weder eine Aufbereitung noch eine Nachnut- Vorteil, die man aus einem eEOL-Pass entnehmen kann.
zung möglich, können die Einzelbestandteile und Grund- Der eEOL-Pass bezeichnet eine im Forschungsprojekt zu
stoffe der Batterie erneut in den Herstellungsprozess zu- entwickelnde Datenstruktur. Er dient zur Erfassung der
rückgeführt werden (Recycling). Nicht wiederverwertbare Bewegungsdaten, die zu einer Traktionsbatterie während
59
der automobilen Erstanwendung kontinuierlich erzeugt eine Reduzierung von Einspeisespitzen und eine Glättung
werden. Mit dieser in der Datenstruktur abgebildeten Nut- der Lastkurve (Garche et al. 1999; Struth et al. 2013). Das
zungshistorie wird der Entscheidungsprozess hinsichtlich permanente Laden und Entladen, das heißt die zyklische
der Wiederverwendbarkeit einer gebrauchten Traktions- Belastung, stellen dabei hohe Anforderungen an die Le-
batterie ermöglicht. bensdauer der Batterien. Wünschenswert sind dabei eine
hohe Energieeffizienz, während die Selbstentladerate ty-
Mobile Nachnutzungsszenarien: pischerweise, bedingt durch das regelmäßige Laden und
Die Anforderungen an elektrische Energiespeicher unter- Entladen des Speichers, kein kritischer Parameter ist.
scheiden sich deutlich im mobilen Bereich zu jenen im
stationären Bereich. Im mobilen Bereich und dem Einsatz Werden gebrauchte Traktionsbatterien zur Gewährleis-
in Fahrzeugen müssen die Energiespeicher zur Gewähr- tung einer Unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV)
leistung einer hohen Reichweite eine hohe Kapazität eingesetzt, sind die Belastungen durch regelmäßiges
aufweisen und sowohl intrinsische als auch jahreszeitlich Beladen und Entladen hingegen erheblich geringer. Statt-
bedingte Temperaturschwankungen überdauern. Optio- dessen muss der Energiespeicher mit minimaler Verzö
nen für die Installationen von Maßnahmen zur Temperatur gerung aktiviert werden können und dann meist für einen
regelung werden dabei durch die maximale Größe und begrenzten Zeitraum von mehreren Minuten bis wenigen
das zulässige Gewicht des Fahrzeuges limitiert. Bei hoch Stunden eine hohe Leistung bereitstellen. Während die
frequentem Einsatz der Fahrzeuge muss zudem eine pas Energieeffizienz in diesem Szenario nicht so ausschlag-
sable Schnell-Ladefähigkeit mit hohen Strömen gewähr- gebend ist, sollte die Selbstentladerate des Speichers
leistet sein, um die Betriebsbereitschaft der Fahrzeuge aufgrund des seltenen Gebrauchs möglichst gering sein,
sicherzustellen. Um weitere zwei bis drei Jahre in elek damit die Absicherung der Leistungsbereitschaft nicht
trisch betriebenen Fahrzeugen nützlich zu sein, müssen zu kostspielig ist.
die Batterien weiterhin eine hohe Zyklenstabilität aufwei-
sen (Chau und Wong 2002). Für beide Szenarien gilt, dass sich die Dimensionierung
des elektrischen Energiespeichers durch das Zusammen-
Stationäre Nachnutzungsszenarien: schalten mehrerer Module relativ flexibel gestalten lässt.
Die Einsatzmöglichkeiten und auch die mögliche Dimen Somit können durch diese Art der Weiterverwendung
sionierung der Energiespeicher im stationären Bereich gleich mehrere Module oder ganze Batteriepacks Ver-
sind sehr vielfältig. Werden gebrauchte Traktionsbatterien wendung finden. Zusammenfassend muss festgehalten
etwa als Zwischenspeicher in Verbindung mit photovoltai- werden, dass die Entscheidung für oder gegen ein spezi-
schen Systemen eingesetzt, liefern diese bei schwacher fisches Nachnutzungsszenario selbst bei der ausschließ
Sonneneinstrahlung oder nachts die Energie, um die ge- lichen Berücksichtigung der physikalischen Eigenschaf-
wünschten Verbraucher zu versorgen. Die Folgen sind
3.3.2 Entscheidungsproblem
61
3.3.3 Das EOL-IS-Entscheidungs- der einem im weiteren Projektverlauf zu entwickelnden
unterstützungskonzept eEOL-Pass entnommen werden oder müssen über ein
geeignetes Batterieprüfverfahren bestimmt werden. An-
Das EOL-IS-Entscheidungsunterstützungskonzept für hand dieser Informationen können technisch geeignete
die Auswahl der besten EOL-Strategie ist zweistufig Nachnutzungsszenarien gefunden werden. Der unstruktu-
aufgebaut (Abb. 3-5). Zunächst werden in einer struktu- rierte Teil der Entscheidung fügt der Batterie passgenaue
rierten Entscheidung jeder einzelnen Batterie geeignete Dienstleistungen hinzu, zum Beispiel den Transport der
Nachnutzungsszenarien zugeordnet. In einem folgenden Batterie zum Nachnutzungsort, die Wiederaufbereitung
unstrukturierten Entscheidungsschritt wird ein passendes einzelner Batteriemodule oder eine Gewährleistung, die
Dienstleistungspaket konfiguriert. auf die Leistung der gebrauchten Batterie gegeben wird.
Darüber hinaus werden die Lösungsangebote insbeson-
Die strukturierte Entscheidung basiert dabei auf den elek- dere vor ökonomischen und ökologischen Gesichtspunk-
trischen Eigenschaften der Batterie, ihrem aktuellen Zu- ten bewertet, um die Entscheidung des Anwenders zu
stand und den Anforderungen der einzelnen Nachnut- vereinfachen.
zungsszenarien. Diese Daten zur Batterie können entwe-
2 DL
SL
DL
2
DL
DL
Zustandsbewertung DL
SL
3
DL
€
DL DL
63
Die Kennzeichnung durch eine UN-Nummer ist von Be- Da das Konzept der Nachnutzung gebrauchter Traktions-
deutung, da diese im Fall eines Unfalls Sachverständigen batterien noch neu ist, existieren zurzeit keine eigens
wichtige Informationen liefern, wie mit dem Gefahrgut um- entwickelten Prüfverfahren zur Bestimmung des Zustands
zugehen ist. Nach Bestimmung der Batterie können rele- der Batterien. Es existieren jedoch Prüfverfahren zur Be-
vante Daten wie die aktuelle Spannung und Stromstärke urteilung von neuen Lithium-Ionen-Batterien für den Ein-
aus dem Batteriemanagementsystem ausgelesen werden. satz in Elektrostraßenfahrzeugen. Dabei unterscheidet
Die Demontage erfolgt durch qualifiziertes Fachpersonal, man zwischen Prüfverfahren, die für Batteriepacks und
das im Besitz eines sogenannten Hochvoltscheins ist. Im -systeme entwickelt worden sind und solchen, die auf Zel-
ausgebauten Zustand wird die Batterie einer Sichtprüfung lebene eingesetzt werden sollen. Das maßgebliche aktu-
unterzogen und auf mögliche Defekte überprüft. Laut De- elle Prüfverfahren ist in der DIN EN 62660-1 beschrieben.
finition des BMVI (2014) sind defekte und beschädigte Für Batteriepacks und -systeme gibt es die auf Englisch
Zellen beziehungsweise Batterien, (1) Zellen bzw. Batte- erschienenen Standards ISO 12405-1 und ISO 12405-2,
rien, bei denen Defekte festgestellt werden, die die wobei ersterer für Hochleistungsanwendungen und letzte-
Sicherheit beeinträchtigen; (2) auslaufende Zellen bzw. rer für Hochenergieanwendungen bestimmt ist. In diesen
Batterien oder Zellen bzw. Batterien mit Gasaustritt; (3) Normen werden anhand von Eigenschaften und Parame-
Zellen bzw. Batterien, bei denen keine Diagnose vor der tern Prüfungen festgelegt, die an Lithium-Ionen-Batterien
Beförderung durchgeführt werden kann oder (4) Zellen vor ihrem Einsatz in Elektrofahrzeugen durchgeführt
bzw. Batterien, die eine bauliche oder mechanische Be- werden sollten. Diese reichen von Kapazitäts-, Leistungs-
schädigungen aufweisen. und Energiemessungen bis hin zur Lagerungsprüfung,
Prüfung der zyklischen Lebensdauer und Prüfung des
energetischen Wirkungsgrads.
3.4.2 Prüfung des Batteriezustands
In Anbetracht der möglichen Alternativanwendungen in
Für die Beurteilung des Zustands einer gebrauchten Trak- der Zweitnutzungsphase ist offensichtlich die Anwendung
tionsbatterie aus dem Bereich der Elektromobilität sind dieser Prüfungsverfahren in ihrer Ganzheit nicht notwen-
neben der visuellen Begutachtung auch die elektrischen dig und auch nicht durchführbar. Daher werden im Rah-
Parameter erforderlich. Im Idealfall wäre die gesamte men des Projekts zunächst die Parameter identifiziert be-
Historie der Batterie im BMS gespeichert, aus dem die ziehungsweise festgelegt, die eine große Aussagekraft
benötigten Informationen ausgelesen werden könnten. bezüglich der Eignung der gebrauchten Batterien für eine
Sind diese Daten im BMS nicht oder nur teilweise vorhan- mögliche Zweitanwendung besitzen. Zu diesen Parame-
den oder können sie nicht ausgelesen werden, so müs- tern zählt neben der Kapazität der innere Widerstand (Ri),
sen die Daten manuell bestimmt werden, was mit einem der vor allem bei hohen Strömen eine wichtige Rolle
sehr viel größerem Aufwand verbunden ist. spielt. Neben diesen beiden Parametern ist die Selbst
10 s 10 s
HEV I max BEV I max
10 s 10 s
10 It 5 It
Ruhephase Ruhephase
10 s
10 s
5 It
2 It
10 s 10 s
Strom
Strom
10 s 1 It 10 s 1 It
1/3It 1/3It
10 s 10 s
-1/3It 10 s -1/3It 10 s
-1 It -1 It
10 s 10 s
-5 It -2 It
10 s 10 s
-10It 10 s -5 It 10 s
-I max -I max
Zeit Zeit
Abb. 3-6: Prüfreihenfolge der Strom-Spannungskennlinienprüfung für den Einsatz in Hybridfahrzeugen (HEV)
und Batteriefahrzeugen (BEV) nach DIN EN 62660-1
65
stärken (∆I) aufgetragen und aus der Steigung der innere einziger Strompuls ausreichen würde. Dieser sollte jedoch
Widerstand bestimmt. möglichst hoch gewählt werden, um die Messfehler zu mi-
nimieren. Aus diesem Maximalstrom und der dadurch ver-
Die Spannungsänderung wird dabei aus der Differenz ursachten Spannung kann dann auch die Leistung der
zwischen dem Ende des Pulses und dem Ende der Zelle bestimmt werden. Durch die Anwendung nur eines
darauffolgenden Ruhepause bestimmt (Abb. 3-7, links). einzigen Strompulses würden zudem die Messdauer und
Das kann aber dazu führen, dass mit der Alterung trotz der Aufwand bei der Auswertung verringert, was insbe-
der höheren ∆U–Werte bei den einzelnen Strompuls sondere bei der Zustandsprüfung von gebrauchten Trak-
stärken der Wert für den inneren Widerstand kleiner wird, tionsbatterien von Vorteil wäre. Des Weiteren wird durch
weil die Steigung der Kurve flacher ausfällt als vor der die Anwendung der SOC einer Zelle verändert und bei
Alterung (Abb. 3-7, rechts). Daher stellt sich die Frage, ob stark SOC-abhängigem Innenwiderstand würde diese Art
die in dem Prüfverfahren angegebenen verschiedenen von ∆U –Bestimmung den Wert Ri stark beeinflussen be-
Strompulse zur Bestimmung des inneren Widerstands ziehungsweise verfälschen. Um dies zu vermeiden, wurde
notwendig sind. Testergebnisse haben gezeigt, dass ein im nächsten Schritt die Spannungsänderung zu Beginn
0.6
3.4
0.5
2.5
∆U (w. E.)
3.3
Spannung
∆U 0.4
Strom
∆U
3.2 0.3
0.2
3.1 0.0
Gealterte Zelle
0.1 Frische Zelle
3.0 0.0
1800 2000 2200 2400 2600 2800 3000 0 1 2 3 4 5
Zeit ∆I (A)
Abb. 3-7: Bestimmung von ∆U (links) und des inneren Widerstands aus der Steigung von ∆U vs. ∆I (rechts).
Die rechte Abbildung ist zur besseren Verdeutlichung überzeichnet dargestellt.
67
kalischen Parameter der Batterien bestimmt werden. Der narien zunächst instandgesetzt werden. Im Instandset-
in diesem Verbundprojekt zu entwickelnde eEOL-Pass zungsprozess werden die Traktionsbatterien auf Module-
ermöglicht es, sowohl aktuelle Werte als auch Nutzungs- bene zerlegt. Daraufhin werden die Komponenten einer
daten (historische Daten) der Batterie beizusteuern. Die optischen Begutachtung unterzogen. Hierbei werden die
Daten werden mit einem elektronischen Auslesegerät ex Komponenten und ihre Verbindungsstellen auf Schäden
trahiert. Der eEOL-Pass, welcher im Batteriemanagement- untersucht, ob an den Kontakten Korrosion vorhanden ist
system implementiert ist, muss hierzu mit einer entspre- oder Anzeichen für den Austritt von Chemikalien beste-
chenden Hardwareschnittstelle ausgestattet sein, um Bat- hen. Sollte eines dieser Prüfmerkmale vorhanden sein, so
teriedaten auf mobile Geräte wie Mobiltelefone, Laptops müssen die betroffenen Komponenten aus dem Batterie-
sowie Tablets übertagen zu können. Die technische Spe- pack entfernt werden. Des Weiteren werden degenerierte
zifikation unterliegt den vom Hersteller vorgegebenen An- Batteriemodule, die auf der Grundlage der Testergeb-
gaben. Eine Prüfung wird abgebrochen, sobald bei einem nisse ermittelt wurden, aus dem Pack ausgebaut. Am
Test herstellerbedingte Grenzwerte überschritten werden. Ende des Zerlegungsprozesses werden lediglich intakte,
Die Prüfung gilt in diesem Fall als nicht bestanden und das heißt funktionsfähige Komponenten im Instandset-
das Batteriepack muss dem Recycling zugeführt werden. zungsprozess weiterverarbeitet.
Andernfalls werden Batteriepacks dem Prozess zur Selek-
tion eines geeigneten Nachnutzungsszenarios überführt. Ohne eEOL-Pass ist es nicht möglich, auf die historischen
Vor der elektrischen Prüfung wird jedes Batteriepack Zustandsdaten einer Traktionsbatterie zuzugreifen. Da-
identifiziert. Anhand einer Identifikationsnummer werden durch schränkt sich die Genauigkeit der Zustandsbestim-
die für die anstehenden elektrischen Tests notwendigen mung auf die aktuellen Zustandswerte der Batterie ein,
Informationen wie Zelltechnologie, Nennkapazität und was besonders die Alterungsuntersuchung vernachläs-
Nennspannung ausgelesen. Ist eine entsprechende Iden- sigt. Mit dem Hintergrundwissen, dass die technisch
tifikationsnummer nicht vorhanden oder nicht ablesbar, schlechteste Batterie die Maximalleistung des Packs defi-
wird der Hersteller kontaktiert. Mit den Informationen aus niert, muss beim Zusammenfügen von mehreren Batterien
der Identifikationsnummer kann beim Dienstleister be- darauf geachtet werden, dass alle Komponenten eine na-
stimmt werden, ob dieser die betroffenen Traktionsbatte- hezu ähnliche Qualität bezüglich Kapazität, Innenwider-
rien behandeln kann. stand und Batteriealterung aufweisen. Aus diesem Grund
ist zu beachten, dass die Batterien (ohne historische Zu-
Die Batteriepacks, bei denen sowohl aus dem eEOL- standsdaten) im Rahmen des Instandsetzungsprozesses
Pass als auch aus der elektrischen Überprüfung, unzurei- mit keinen weiteren Batterien kombiniert werden können.
chende Messergebnisse hervorgehen beziehungsweise Bevor die instandgesetzten Batterien für eine zukünftige
keine fehlerfreie Diagnose durchgeführt werden kann, Anwendung freigegeben werden, durchlaufen sie erneut
müssen vor der Auswahl geeigneter Nachnutzungssze den Prozess einer elektrischen Prüfung zur Sicherstellung
Visuelle
Begutachtung
außen
Batterie
Eingang
nein
Fachpersonal mit Hochvolt-Qualifizierung
Bestimmung
erfolgreich?
ja
Prozessmodell für die Instandsetzung
Prüfung
erfolgreich?
nein
ja
nein
Instandsetzung
Instandsetzung
erfolgreich? ja
Zuordnung
nein
Lagerung
ja
nein
Transport
Auslieferung
69
ihrer Funktionalität. Nach erfolgreicher Prüfung werden mierte Zuordnung relevanten Parameter in einem zusätz
die Komponenten einem Nachnutzungsszenario zugeord- lichen Prozessschritt aufgenommen werden müssen.
net. Die für ihr jeweiliges Nachnutzungsszenario vorge Außerdem lässt sich nur mit dem eEOL-Pass auf die Nut-
sehenen Batterien werden nach ihrer Zuordnung im Zwi- zungsdaten zurückgreifen, die in der Vergangenheit de-
schenlager deponiert und für den Transport vorbereitet. tektiert wurden. Anhand der vollständigen Betriebsdaten
der verfügbaren Traktionsbatterien kann eine intelligente
Der beschriebene Ablauf (Abb. 3-8) hebt den Vorteil des Kombination ihrer verwendbaren Komponenten für die
zu entwickelnden eEOL-Passes hervor. Ein Versäumnis nachfolgenden Nachnutzungsszenarien umgesetzt wer-
dieser erweiterten Batterieinformationen zieht einen er- den. Die für die Entscheidung relevanten Kriterien werden
höhten Prozessaufwand nach sich, da die für eine opti- in Abbildung 3-9 noch einmal zusammengefasst.
71
Versender/Abfallerzeuger
Transportdienstleister
Tiefentladen
Zustand:
Fachpersonal mit Hochvoltqualifikation
Sichtkontrolle Identifikation
Recycling Vorbereitung
Prüfen der auf des Systems Bestimmung
Dokumenta- Transport- und des Demontage
tion beschädigungen Sortierung nach Ladezustandes
Eingang des Zellchemie Recycling
Restladung
Batteriesystems
Zustand:
bei Recycling-
dienstleister
-Gehäuse
Entladen -Kabel
Zellchemie Rest- -Elektronik
spannung [V] -Platinen
-Stromleitschienen
-Schrauben
Rückspeise-
fähiger Strom
Anlagentechniker, Verfahrens-/Chemieingenieure,...
Cu-/Al-
Folien-
fragmente
Ferro- Schwerfraktion:
magnetische Separator
Bestandteile Stahl-/Al-
Gehäuse Thermo-
mechanische
Elektroden-
separation
Aktivmaterial/
Beschichtung
Recycling (am Beispiel des LithoRec-Prozesses)
Mechanische
Elektroden
Separation
Cu-/Al-
Folien-
fragmente
Zellchemie Ionen-
Salztrennung
Abb. 3-10: Prozess zum Recycling von austausch
73
zum Beispiel Edelstahl oder Aluminium der Zellgehäuse Lithium-Salzlösung und andererseits ausgefällte Über-
abzutrennen. Die verbleibende Mischfraktion, bestehend gangsmetallsalze (Nickel-, Kobalt- und Manganhaltig), er-
aus Separatorfolie und beschichteten Elektrodenfolien, zeugt. Durch Ionen-Austausch und einen salztrennenden
kann durch eine Dichteseparation voneinander getrennt Schritt kann aus der Li-Salzlösung Lithiumhydroxyd be
werden. ziehungsweise Lithiumcarbonat gewonnen werden. Die
Übergangsmetallsalze werden in weiteren Schritten auf-
Um nun die Beschichtungsmaterialien, welche wertvolle gearbeitet. Im Anschluss an die Hydrometallurgie sieht
Übergangsmetalle wie zum Beispiel Kobalt enthalten, von der LithoRec-Prozess, im Sinne des Closed-Loop-Recy-
den Substratfolien (Kupfer bzw.Aluminium) abzulösen, clings, die Herstellung neuer Aktivmaterialien aus den
können zwei verschiedene Verfahrensoptionen eingesetzt Produkten der hydrometallurgischen Aufbereitung (Kalzi-
werden. Im Falle der mechanischen Elektrodenseparation nierungsprozess) vor.
wird die Beschichtung in einer Art Nachzerkleinerung
(Schneidmühle) durch mechanische Einwirkung von den Nach Abschluss des technischen Prozesses können die
Substratfolien abgelöst. Bei der thermo-mechanischen entstandenen Fraktionen vertrieben werden. Dies kann
Variante wird zunächst die Zersetzung des Binders (funk- als eine mögliche nachgeschaltete Dienstleistung des Re-
tioneller Bestandteil der Beschichtung zur Haftvermitt- cyclings angesehen werden. Auch die Einlagerung von
lung) durch einen Ofenprozess erreicht, woraufhin die zurückgewonnenen Rohstoffen kann eine Art Dienstleis-
mechanische Beanspruchung innerhalb eines Luftstrahl tung im Anschluss an das Recycling darstellen. Hierdurch
separators das Ablösen der Beschichtung ermöglicht und könnten durch einen zeitlich nach hinten verschobenen
gleichzeitig die Trennung von Metallfolien und Beschich- Verkauf höhere Verkaufserlöse durch steigende Rohstoff-
tungsmaterial erfolgt (Hanisch, Diekmann et al. 2014; preise erreicht werden.
Hanisch, Haselrieder et al. 2014; Hanisch, Loellhoeffel et
al. 2014). Bei der mechanischen Elektrodenseparation
konnten hierbei Rückgewinnungsquoten von bis zu 91
Gewichtsprozent und bei der thermo-mechanischen Vari-
ante von über 99 Gewichtsprozent der zugeführten, auf
den Elektroden befindlichen Beschichtungsmasse er-
reicht werden. Durch diesen letzten Abtrennungsschritt ist
die mechanische Aufbereitung abgeschlossen und das
Beschichtungsmaterial kann der hydrometallurgischen
Aufbereitung zugeführt werden. Hier findet zunächst ein
Laugungsschritt statt. Durch eine anschließende Fällung
werden die austretenden Stoffströme, einerseits eine
4.1 Einleitung
Die Distributionslogistik sieht sich aktuell mit zahlreichen
Herausforderungen konfrontiert. So führen der zuneh-
mende Trend zur Re-Urbanisierung in Deutschland sowie
die demografische Entwicklung und ein Wandel von Le-
bensstilen dazu, dass sich der Konsum zunehmend lokal
beziehungsweise im urbanen Raum abspielt, da Konsu-
menten weniger bereit beziehungsweise in der Lage sind,
Das diesem Beitrag zugrunde liegende Ver- weite Distanzen für Einkäufe zu akzeptieren (vgl. Kulke
bundprojekt „Geräuscharme Nachtlogistik – 2014). Dadurch steigt der Bedarf zur Versorgung städti-
scher Bereiche mit Waren. Hinzu kommt die zunehmende
Geräuscharme Logistikdienstleistungen für
Digitalisierung des Handels, was zu einer Reduzierung
Innenstädte durch den Einsatz von Elek von Liefergrößen im Bereich der Logistik führt.
tromobilität“ (GeNaLog) wird mit Mitteln des
Bundesministeriums für Bildung und For- Häufig ist die städtische Verkehrsinfrastruktur aber bereits
schung (BMBF) unter den Förderkennzeichen mit dem momentanen Verkehrsaufkommen überlastet,
wodurch sich Engpässe für Logistikdienstleister ergeben
01FE13011, 01FE13012, 01FE13015 und
können (vgl. Gleißner und Wolf 2011). Strenge gesetzliche
01FE13016 gefördert. Projektpartner sind das Regularien hinsichtlich Lärm- und Schadstoffemissionen
Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Lo- und entsprechende (Nacht-) Fahrverbote für Lastkraft
gistik IML (Dortmund), Fraunhofer-Institut für wagen (Lkw) auf bestimmten Strecken, insbesondere im
urbanen Raum, stellen die Distributionslogistik vor weitere
System- und Innovationsforschung ISI (Karls-
Herausforderungen (vgl. Clausen und Thaller 2013; Leh-
ruhe), REWE-Zentralfinanz eG (Köln), DOEGO macher 2013). Die Umweltschutzziele stehen damit zu-
Fruchthandel und Import e.G. - Abt. Logistik nächst im Gegensatz zu den steigenden Leistungsan
(Dortmund) und TEDi Logistik GmbH (Dort- forderungen an das Dienstleistungssystem Distributions-
mund). Umsetzungspartner sind die Städte logistik wie zum Beispiel geringere Kosten und kürzere
Lieferzeiten (vgl. Nyhuis und Wiendahl 2012). Um diesen
Karlsruhe, Dortmund und Köln sowie die
Anforderungen auch in Zukunft gerecht werden zu kön-
LOGIBALL GmbH (Herne). nen, ist der Einsatz neuer Technologien in der logisti-
schen Leistungserbringung essenziell. So besteht durch
elektrische Nutzfahrzeuge die Möglichkeit, lokale Emis
77
4.2 Herausforderungen Für die Belieferung der Handelsfilialen gelten die Richt-
werte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm
Der Umweltschadstoff „Lärm“ wird durch die Logistik in (TA Lärm 1998). Die Technische Anleitung dient dem
die Fläche getragen. Die Lärmbelastung durch den Gü- Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor
terverkehr wird von den Städten und dem Europäischen schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche. Sie
Parlament als hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölke- definiert die für die Belieferung relevanten Immissions-
rung eingeschätzt. Die Europäische Union schätzt die richtwerte und Beurteilungszeiten.
jährlichen Kosten, die durch Verkehrslärm volkswirtschaft-
lich entstehen, auf rund 40 Milliarden Euro europaweit. Die folgende Abbildung führt die Immissionsrichtwerte
Hiervon entfallen 90 Prozent auf den Straßenverkehr (Um- für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb
weltbundesamt 2013). Laut einer Umfrage des Umwelt- von Gebäuden auf. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen
bundesamtes fühlen sich über die Hälfte (54%) der Men- dürfen die Immissionsrichtwerte in der Nacht um nicht
schen in ihrem Wohnumfeld durch Straßenverkehr beläs- mehr als 20 dB(A) überschreiten. Als Beurteilungszeiten
tigt (Umweltbundesamt 2013). Die Weltgesundheitsorga- gelten für den Tag 06:00 bis 22:00 Uhr und für die Nacht
nisation (WHO) empfiehlt zur Vermeidung von Gesund- 22:00 bis 06:00 Uhr.
heitsschäden, dass die nächtliche Lärmbelastung einen
Mittelungspegel von 40 dB(A) nicht überschreitet (WHO
2009).
Abb. 4-1: Immissionsrichtwerte nach Immissionsort außerhalb von Gebäuden (TA Lärm 1998)
Interventionswerte Umweltbundesamt
L DEN > L NIGHT > L DEN > L DEN >
70 dB(A) 60 db(A) 65 dB(A) 55 dB(A)
Straße 8.408 12.985 37.006 48.409
Schiene Bund 2.210 4.850 6.980 13.620
Schiene 1.468 2.508 4.827 6.610
kommunal
Abb. 4-2: geschätzte Anzahl der Menschen nach Schallpegeln an der Fassade
ihrer Wohngebäude getrennt nach Lärmquellen (nach Stadt Dortmund 2011)
79
4.3 Ziel des Projektes – leise Prozesse Verantwortung grundsätzlicher Art, ressourcenschonend
zu arbeiten. Darüber hinaus gibt es ökonomische As-
Ziel des Projektes ist es, ein dienstleistungsbasiertes pekte, die in einer Unternehmung natürlich auch immer
Logistikkonzept „Geräuscharme Nachtlogistik“ zur Redu- eine Rolle spielen sowie politische Rahmenbedingungen,
zierung der Lärmbelastung, der Verkehrsüberlastung beispielsweise Zufahrtsbeschränkungen oder Zufahrts-
und der Umweltverschmutzung in urbanen Gebieten zu verbote in Innenstädten. Diese Restriktionen sind in
entwickeln und dieses in Pilotversuchen zu erproben. Zu Deutschland im Übrigen nicht bundesweit einheitlich ge-
diesem Zweck werden bestehende Distributionslogistik- regelt, sondern in lokaler Hand. Das Ziel des Projektes ist
konzepte verändert und erweitert mit dem Ziel, e-Nfz es deshalb, e-Nfz wirtschaftlich in neue Dienstleistungs-
nachhaltig in eine urbane Logistikkette zu integrieren. systeme zu integrieren beziehungsweise diese Dienstleis-
Insbesondere werden dabei die Bezüge und Wechselwir- tungen um die e-Nfz herum aufzubauen.
kungen zwischen den relevanten Akteuren (Anwohner,
sonstige benachbarte Liegenschaften, sowie die Kommu- Neben der Antriebstechnologie der e-Nfz spielt auch das
nen in Gänze) und dem Dienstleistungssystem urbane eingesetzte Equipment zur Be- und Entladung eine ent-
Distribution betrachtet. scheidende Rolle bei der Geräuschemission. In Kombina-
tion mit Straßenbelägen, Beschaffenheit von Laderampen
Die neu zu entwickelnde Dienstleistung wird schwer- und Toren kann durch den Einsatz des falschen Materials
punktmäßig auf vier Ebenen betrachtet – das Distribu erheblicher Lärm verursacht werden. Ziel des Projektes
tionskonzept, der Fahrzeugeinsatz, der Technikeinsatz ist es deshalb, leise Technologien zu finden, zu ent
und die Akzeptanzuntersuchung. wickeln und so einzusetzen, dass der Gesamtprozess
den strengen Anforderungen der TA Lärm entspricht.
Die neue Belieferungsform erfordert von den Handels
unternehmen ein an vielen Stellen angepasstes Distribu Wenn der Prozess der leisen Belieferung mit Elektro-Nutz-
tionskonzept. Angepasst werden müssen sowohl Lager- fahrzeugen den rechtlichen Anforderungen genügt, be-
als auch Transport- und Filialprozesse. Ziel des Projektes deutet dies aber noch nicht, dass auch in der Praxis ein
ist die Entwicklung eines Unterstützungsinstrumentes Einsatz ohne weiteres erfolgen kann. Die nächtliche Belie-
für die Auswahl und Anpassung der relevanten Prozess- ferung mit schweren Lkw könnte – auch wenn sie leise
schritte. ist – durch die Anwohner als störend empfunden werden.
Um den Schutz der Anwohner vor zusätzlichen Belastun-
Der Einsatz von alternativen Antrieben ist momentan so- gen zu gewährleisten, ist die Akzeptanz der neuen Dienst-
wohl Populärthema als auch aus verschiedenen Gründen leistung von großer Bedeutung. Das Ziel des Projektes
notwendig. Das Ende fossiler Brennstoffe ist zwar nicht ist deshalb, die Akzeptanz einer nächtlichen Belieferung
eindeutig definierbar, aber absehbar. Es gibt eine soziale sicherzustellen.
Zur Analyse des Dienstleistungssystems „Geräuscharme Im Rahmen der Ist-Aufnahme der aktuellen Belieferungs-
Nachtlogistik“ und zur Erstellung eines Anforderungskata- prozesse wurden Prozessaufnahmen vor Ort bei den
logs wurden auf der einen Seite Prozessaufnahmen bei Praxispartnern im Lager und der Filialanlieferung vor
den Praxispartnern durchgeführt und auf der anderen genommen. Ein speziell hierfür entwickelter Gesprächs
Seite Gespräche mit den Städten, Kommunen und Wirt- leitfaden ging auf die spezifischen Anforderungen der
schaftsförderungen geführt. Ziel war es, alle einzuhalten- unterschiedlichen Belieferungen von Frischeprodukten
den Regeln und Vorschriften zu identifizieren und zu wie Obst und Gemüse über Trockenprodukte bis hin zu
analysieren und alle anzupassenden Prozessschritte und Discountartikeln ein. Aufgeteilt wurde diese Aufnahme
Geräuschquellen zu kennen und zu beschreiben. Diese in die drei Teilbereiche:
Angaben bilden die Grundlage zur Entwicklung eines
Geschäftsmodellkonzepts für die „Geräuscharme Nacht- • Lagerprozesse
logistik“ und zur Erstellung eines begleitenden Bewer- • Transportprozesse
tungsmodells. Neben der Anforderungsanalyse der ge- • Filialprozesse
setzlichen Regularien und Untersuchung der Akzeptanz
lag der Fokus daher auf der Identifikation technischer, Ziel der Prozessaufnahme war es auf der einen Seite die
organisatorischer und logistischer Anforderungen. Prozessschritte zu ermitteln, die bei der Anlieferung Lärm
verursachen, und auf der anderen Seite die Identifikation
der Prozessschritte, die für eine Nachtanlieferung ange-
passt werden müssen.
81
Lager
Kommissionierung
Transport
Filiale
Ist-Prozesse
Anzupassende
Wertstoffe bereitstellen Waren annehmen Waren verräumen Prozesse
83
ld - - Log
Umfe istis
es che
ch sU
is es t a ltungsfe
hn hn i sche G l d er
m
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ec Tec ld
- T
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e
G
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- - So
85
4.5 Erste Ergebnisse
Die ersten Auswertungen zeigen, dass e-Nfz, was das
Durch die bisherigen Arbeiten wurden die Prozessschritte Betriebsgeräusch des Fahrens und Rangierens angeht,
identifiziert, die in dem neuen Dienstleistungssystem an- durchaus für eine nächtliche Belieferung geeignet sind.
zupassen sind. Dazu wurden die Prozesse entlang der Allerdings sind sie nur ein Baustein im gesamten Dienst-
Lieferkette vom Lager über den Transport bis hin zur Fi leistungssystem – obschon einer der wichtigsten. Aber
liale betrachtet und hinsichtlich ihrer relevanten Eigen- auch an den Fahrzeugen sind technische Maßnahmen
schaften für die neue Dienstleistung bewertet. Aus den zu treffen, um die heute noch erzeugten Geräuschpegel
spezifischen Merkmalen der einzelnen Lieferketten wurde zu reduzieren.
eine allgemeingültige Prozesskette definiert, anhand derer
weitere Dienstleister ihre Lieferkette überprüfen und hin- Der erarbeitete GeNaLog-Innovationsprozess auf Unter-
sichtlich der Eignung für eine Nachtbelieferung bewerten nehmensebene orientiert sich an einem generischen
können. Innovationsprozess, gemäß den Phasen der Invention,
Innovation und Diffusion und charakterisiert sich wie folgt:
Für die Bewertung der Umsetzbarkeit des Konzeptes bei
den einzelnen Filialen wurde eine Analyse der Filialeigen- • Pilotmärkte: Das Unternehmen wählt eine geringe
schaften durchgeführt. Das Ergebnis ist ein Kriterienkata- Anzahl (drei bis fünf) an Filialen aus, in denen eine
log zur Entscheidungsunterstützung bei der Auswahl der nächtliche Belieferung in Pilotversuchen erprobt wer-
geeigneten Filialen. Aufbauend hierauf wird ein Maßnah- den soll. Es sind dabei bevorzugt Filialen auszuwählen,
menkatalog erstellt, der die erforderlichen Schritte erläu- bei denen die Hürden für eine Implementierung relativ
tert, um ein Nachtanlieferung an der ausgewählten Filiale gering sind. Dieses Vorgehen ermöglicht es, an ver-
zu ermöglichen. gleichsweise einfachen Filialen Erfahrungen zu sam-
meln, die dann für weitere Phasen als Grundlage die-
Durch die Vor-Ort-Analysen der Belieferung der Handels- nen können.
filialen wurden alle relevanten Geräuschquellen identifi- • Insellösungen: In der zweiten Phase sind alle Filialen
ziert. In Geräuschmessungen wurden die Pegelbestim- des Unternehmens anhand ihrer Charakteristika in
mungen für den Belieferungsprozess vorgenommen. So Cluster einzuteilen. Für Cluster, die eine hohe Über
wurde jede einzelne Aktivität mit dem aktuellen Status einstimmung mit erfolgreichen Pilotfilialen zeigen,
Quo des eingesetzten Materials hinsichtlich ihrer Geräu- sind dann Insellösungen zu erarbeiten und zu imple-
schentwicklung bewertet. Daraus lassen sich jetzt Maß- mentieren.
nahmen ableiten, die für die Einhaltung der Richt- und
Grenzwerte getroffen werden müssen.
GeNaLog-Innovationsprozess
Breiten-
Vorstudie Pilotmärkte Insellösungen
anwendung
Anforderungsgrad
Stromanschluss
87
• Breitenanwendungen: Nachdem Insellösungen er- zu können, wenn wichtige Kriterien nicht erfüllbar sind.
folgreich implementiert wurden, erfolgt in der letzten Die fünf Schritte mit jeweils eigenen Anforderungskriterien
Phase eine Ausweitung der „Geräuscharmen Nach können wie folgt dargestellt werden:
tlogistik“ auf die übrigen Filialen, welche die grundsätz-
lichen Anforderungen einer Geräuscharmen Nacht • Anwohner und Kommunen: Die höchsten Anforde-
logistik erfüllen. rungen und Hemmnisse sind auf Seite der Anwohner
und Kommunen vorzufinden. Neben strengen Grenz-
Anhand erster Erkenntnisse kann bereits gefolgert wer- werten für Lärmemissionen abhängig von der Gebiets-
den, dass sich schon die einzelnen Phasen des Innovati- ausweisung (Gewerbegebiet bis hin zum Wohngebiet)
onsprozesses über mehrere Jahre hinweg ziehen können. ist auf eine frühzeitige Einbindung von betroffenen An-
Die Umstellung eines Logistikunternehmens auf eine „Ge- wohnern und Kommunen zu achten, um eine etwaige
räuscharme Nachtlogistik“ wird also längere Zeiträume Sondergenehmigung erhalten zu können.
in Anspruch nehmen und ist als eigenständiges Projekt zu • Filiale und Infrastruktur: In der Filiale sind diverse
behandeln. Ebenfalls lässt sich feststellen, dass nicht alle Prozessabläufe anzupassen. Zudem könnten sich die
Filialen, die beliefert werden, das Potenzial einer Nacht Arbeitszeiten der Filialmitarbeiter verändern. Größtes
belieferung aufweisen. Der Diffusionsgrad der „Geräusch- Hemmnis ist jedoch das mögliche Erfordernis bauli-
armen Nachtlogistik“ hängt also im Wesentlichen von den cher Lärmschutzmaßnahmen wie beispielsweise Lärm-
Gegebenheiten der einzelnen Filialen ab und ist somit schutzwand, Schleuse, Laderampe etc. Zusätzlich sind
von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. die Anlieferungsbereiche hinsichtlich ihrer Abtrennung
von Verkaufs- oder Verwaltungsräumen zu prüfen.
Weiterhin konnte ein Vorgehensmodell erarbeitet werden, Weiterhin müssen die Anlieferungs- und Lagerbereiche
welches die Anforderungen und Hemmnisse der Imple- (insbesondere Kühlhäuser) eine ausreichende Kapazi-
mentierung einer „Geräuscharmen Nachtlogistik“, bezo- tät besitzen.
gen auf eine einzelne Filiale, zusammenfasst. Der Zusam- • Fahrzeug und Betriebsmittel: Bei Fahrzeugen und
menhang zwischen dem Innovationsprozess auf Unter- Betriebsmitteln ist die grundsätzliche Verfügbarkeit
nehmensebene und den Anforderungen auf Filialebene geeigneter Lösungen zu überprüfen. Neben e-Nfz mit
ist in Abbildung 4-5 illustriert. Das Vorgehensmodell auf ausreichender Reichweite sind geräuscharme Kühl
Filialebene ist dabei in fünf Schritte unterteilt. Die Schritte systeme, Rollwagen, Hubwagen und andere geräusch-
sind dabei gemäß ihrer Schwierigkeit, beginnend mit der arme Betriebsmittel erforderlich.
höchsten Schwierigkeitsstufe, sortiert. Somit wird die • Organisation und Mitarbeiter: Auf organisatorischer
Erfüllbarkeit von Anforderungen mit hoher Bedeutung und Ebene ist es essentiell, die Mitarbeiter frühzeitig in den
hohem Schwierigkeitsgrad zu Anfang des Prozesses ge- Prozess einzubinden, um eine hohe Akzeptanz zu er-
prüft wird, um die Implementierung frühzeitig abbrechen zielen. So werden die Mitarbeiter sowohl in der Lager-
89
5 Professionelle Mobilitätsberatung für
multimodale Verkehrsangebote im
Kontext der Elektromobilität (ProMobiE)
Arne Brand, Martin Frenz, Stefan Hilger, Axel Kaufmann, Julia Kramer, Michel Michiels-Corsten,
Philipp Müller, Vanessa Potzolli, Tim Unger
Das diesem Beitrag zugrunde liegende Verbund- triebe AG (üstra) (Hannover). Umsetzungspartner
projekt „Professionelle Mobilitätsberatung für sind Stadt Aachen (Kommunalverwaltung) (Aachen),
multimodale Verkehrsangebote im Kontext der Verkehrsclub Deutschland (VCD) (Berlin), Hambur-
Elektromobilität“ (ProMobiE) wird mit Mitteln des ger Hochbahn AG (Hamburg), Cambio Aachen,
Bundesministeriums für Bildung und Forschung StadtteilAuto Carsharing GmbH (Aachen) und HEAG
(BMBF) unter den Förderkennzeichen mobiloGmbH (Darmstadt).
01FE13035, 01FE13036, 01FE13037,
01FE13040, 01FE13042 und 01FE13043 geför-
dert. Projektpartner sind VDV Akademie e.V.
(Verband Deutscher Verkehrsunternehmen-Aka-
demie e. V.) (Köln), RWTH Aachen University
(Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft
(IAW) und Institut für Erziehungswissenschaft -
Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit dem
Schwerpunkt Berufspädagogik (EZW)) (Aachen),
Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG
(BOGESTRA AG) (Bochum), Rhein-Neckar-
VerkehrGmbH (rnv) (Mannheim), Stadtwerke
Baden-Baden, Verkehrsbetriebe (Baden-Baden-
Linie) und die üstra Hannoversche Verkehrsbe-
91
5.2 Das Projekt ProMobiE – Struktur, • Anpassung der multimodalen Mobilitätsberatungs-
Themen und Ziele dienstleistungen an spezifische Kundenbedürfnisse
• Entwicklung von Qualifizierungsangeboten im Kontext
von Elektromobilität und Multimodalität für entspre-
Im Mittelpunkt des Verbundprojekts ProMobiE stehen die chende Beratungsdienstleistungen
theorie- und empiriegeleitete Konzipierung, Umsetzung,
Erprobung und Evaluation neuer Beratungsdienstleis Die Projektpartner widmen sich gemeinsam den folgen-
tungen sowie von Qualifizierungsdienstleistungen für die den Fragestellungen:
Professionalisierung der Beschäftigten. Grundlage dafür
sind be- und entstehende Mobilitätsangebote des ÖPNV, • Welche Mobilitätsangebote und Beratungsdienstleis-
die sich durch ein multimodales Verkehrskonzept aus- tungen fragen die Kunden zukünftig nach?
zeichnen. Diese Angebote integrieren die Elektromobilität • Welche Auswirkungen hat dies auf die Beratung der
in das Gesamtverkehrssystem. Kunden?
• Und was bedeutet dies für die Qualifikations- und
Die Beratungsdienstleistungen richten sich an unter- Kompetenzniveaus und damit für die (internen) Qualifi-
schiedlichste Personengruppen, die beispielsweise durch zierungsmaßnahmen der Beschäftigten von Verkehrs-
den demografischen Wandel oder ein verändertes Nut- unternehmen?
zerverhalten an Bedeutung gewinnen, da sie einem be-
sonderen Beratungsbedarf unterliegen. Diesen Zielgrup- Für die Verbesserung beziehungsweise Einführung multi-
pen ist gemein, dass sie weniger standardisierte, sondern modaler Mobilitätsberatungsdienstleistungen im Kontext
mehr individualisierte Beratung beanspruchen. Ihre der Elektromobilität werden in den Verkehrsunternehmen
Bedarfe lassen sich in der Regel nicht allein durch all die derzeitigen und zukünftigen Mobilitätsangebote,
gemeine Lösungen auf internetbasierten Plattformen ab- die Beratungsdienstleistungsangebote sowie die be-
bilden. stehenden Qualifizierungsmaßnahmen analysiert.
Die zentralen Ziele des Projekts ProMobiE lassen sich vor Abbildung 5-1 zeigt, dass die Analysen und Ergebnisse
diesem Hintergrund wie folgt zusammenfassen: aus den Bereichen Mobilitätsdienstleistung, Beratungs-
dienstleistung und Qualifizierung zusammengeführt wer-
• Prozessbegleitung der Unternehmen des ÖPNV bei den müssen, um eine professionelle Mobilitätsberatung
der Vernetzung der Mobilitätsangebote auch derer mit zu multimodalen Angeboten mit Elektromobilität für den
elektrischen Antrieben ÖPNV zu erzielen.
Berat
• sich zu zukunftssicheren systemischen Mobilitäts
g un
un anbietern zu entwickeln,
ist gs
d
le • die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeiterinnen
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und Mitarbeiter durch neue Tätigkeitsfelder und Quali
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Mobilitätsd
fizierungen zu erhalten,
stung • eine ökologischere und effizientere Mobilität anzu
Multimodale bieten und
Elektro-
• den Kunden professionelle Beratungen zu multimo
mobilität
dalen Mobilitätsangeboten mit Elektromobilität zu
offerieren.
Abb. 5-1: Zusammenhänge der Professionalisierung So fördert das Projekt ProMobiE die Elektromobilität mit
der Mobilitätsberatungsdienstleistung für multimodale Hilfe von Dienstleistungsinnovationen und steigert die
Mobilitätsangebote mit Elektromobilität Akzeptanz der technologischen Entwicklungen seitens
der Öffentlichkeit.
93
5.3 Mobilitätsangebote im ÖPNV – angebote der am Projekt beteiligten Verkehrsunterneh-
Systematisierung, Bandbreite und men hat die Tendenz eines sich stark veränderten Mobili-
tätsangebots untermauert. Diese Systematisierung wird
Ausblick im Projekt dabei fortlaufend gemeinsam mit den Unter-
nehmen weiterentwickelt.
Dem bisherigen Mobilitätsangebot im ÖPNV liegt bereits
ein komplexes System mit lokaler, regionaler und überre- Nachfolgend werden die Hintergründe für diese Entwick-
gionaler Beförderung zugrunde, das mit unterschiedli- lungen detaillierter erläutert und ein systematischer Über-
chen Verkehrsmitteln (Bus und Bahn) und Bedienzeiten blick über die Formen der Mobilität gegeben. Zudem
(Häufigkeit, Betriebsdauer etc.) operiert und daher kun- werden auf Basis der im Projekt geleisteten Arbeiten ein
denseitig umfassende Beratungsangebote nötig macht. Überblick, eine erste Bewertung der in den Unternehmen
bestehenden Angebote sowie ein Ausblick auf die zukünf-
Neben diesen standardisierten „Massenverkehrsmitteln“ tige Mobilität geleistet.
spielt die individuelle Leihmobilität eine zunehmend
wichtigere Rolle. Diese wird zum Teil durch externe Anbie-
ter parallel zum klassischen ÖPNV erbracht, teilweise wird 5.3.1 Trends und veränderte Rahmen-
Leihmobilität jedoch auch von den Verkehrsunternehmen bedingungen
entweder in Eigenregie oder in Kooperation angeboten.
Mobilität hat sich im Laufe der Zeit stets gewandelt und
Auch durch die weitere Elektrifizierung von Verkehrsan- weiterentwickelt. Seit einigen Jahren ändern sich die Rah-
geboten entstehen veränderte Mobilitätskonzepte: Mobili- menbedingungen für individuelle Mobilität jedoch grund-
tät wird insgesamt intelligenter und multimodal. Dies führt legend. Einerseits wird nachfrageseitig insbesondere bei
zu einer verbesserten Lebensqualität, vor allem in Bal- jungen Erwachsenen und in Ballungsräumen ein Werte-
lungsräumen, denn Menschen können sich durch diesen wandel konstatiert. Dabei führt die Entwicklung weg von
Fortschritt vielfältiger, ökologischer und individueller be- der klassischen Neigung des Eigentums hin zu einer Kul-
wegen (vgl. Bundesregierung 2009). tur des „Nutzen statt Besitzen“. Auch veränderte Sied-
lungsstrukturen mit zunehmender Verstädterung, neue
Dass diese Veränderungen in der Mobilitätslandschaft Technologien mit den vielfältigen Möglichkeiten des mobi-
auch nachhaltig Auswirkungen auf die Mobilitätsberatung len Internets und die demographische Entwicklung mit
zur Folge haben, kann dabei als unstrittig gesehen wer- einem sich ändernden Verkehrsverhalten und Ansprüchen
den. Im Projekt ProMobiE wurden daher die Mobilitäts an Mobilitätsangebote sind Rahmenbedingungen, die das
angebote als Inhaltsbereich der Beratung im ÖPNV er- Nutzerverhalten beeinflussen. Dadurch erfolgt auch die
schlossen. Eine erste Systematisierung der Mobilitäts Wahl der Verkehrsmittel zukünftig stark situationsbezogen
95
– stehen dabei die Batterien im Fokus. Diese müssen Da die systematisch organisierte Verleihung von Privat-
insbesondere hinsichtlich Reichweite, Energiegehalt, fahrzeugen ein noch relativ neues Geschäftsmodell ist,
Gewicht und Kosten signifikant weiter entwickelt werden liegen hier keine evidenten Daten vor. In den letzten
(Krämer und Hanke 2011, S. 17). Jahren ist jedoch ein steigendes Angebot zu beobachten.
97
Die Verkehrsunternehmen stehen vor der Herausforde- 5.4 Beratung im ÖPNV – Handeln in
rung, ihre Beschäftigten auf diese neue Rolle als umfas- Zielkonflikten
sender Mobilitätsdienstleister vorzubereiten. Dabei
steht auch im Fokus, welche neuen Anforderungen an die Vor dem Hintergrund der inhaltlichen Zielsetzung des
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt werden und Projekts widmen sich das Institut für Arbeitswissenschaft
welche Qualifikationen und Kompetenzen diese zukünftig und das Institut für Erziehungswissenschaft der RWTH
benötigen, um für die Kunden das Potenzial der multimo- Aachen University einer systematischen Beschreibung
dalen Mobilitätsangebote mit Elektromobilität erschließbar und Analyse der Beratungsangebote, der Handlungsfel-
zu machen. der und den sich daraus ergebenden spezifischen Anfor-
derungen an eine multimodale Mobilitätsberatung.
Hierzu besteht ein erster Schritt darin, eine differenzierte
Anforderungsanalyse von Mobilitätsberatungsdienstleis-
tungen vorzunehmen. Erste Erkenntnisse verweisen auf
ein von Unbestimmtheiten und konfligierenden Erwartun-
gen geprägtes Handlungsfeld. Hierbei ist davon auszuge-
hen, dass vor allem das situative Changieren zwischen
einer standardisierten Dienstleistungstätigkeit und einer
komplexen personenbezogenen Beratungsdienstleistung,
wie sie die multimodale Mobilitätsberatung darstellt, eine
zentrale Anforderung an Beratende im ÖPNV darstellt.
Das Teilvorhaben der Anforderungsanalyse von Mobili-
tätsberatungsdienstleistungen knüpft somit auch an Er-
gebnisse der Forschung zur „Dienstleistungsfacharbeit“
(vgl. Zühlke-Robinet und Bootz 2009) an, um diese für
eine Professionalisierung der Beratung im ÖPNV
fruchtbar zu machen. Das bisherige Vorgehen innerhalb
dieses Teilvorhabens sowie erste Erkenntnisse werden
im folgenden Kapitel dargestellt.
99
tungsdienstleistungen existieren keine Erfahrungen, Zwar ist eine derart ausgerichtete Untersuchung bisher im
insbesondere nicht mit dem Schwerpunkt der Elektromo- ÖPNV noch nicht durchgeführt worden, doch lässt sich
bilität in Verbindung mit multimodalen Verkehrsangebo- erneut an Erkenntnisse der Dienstleistungsforschung,
ten. Die existierenden Beratungsangebote decken teil- aber auch der Arbeitswissenschaft und der Erziehungs-
weise noch nicht die Potenziale neuer Verkehrskonzepte wissenschaft anknüpfen, um eine systematische Betrach-
sowie der Elektromobilität ab, zumal sie sich derzeit vor- tung der Mobilitätsberatung vorzunehmen.
nehmlich im standardisierten Bereich bewegen.
Angesichts dieser Problemstellung sollen die aufgezeig- 5.4.2 Wissenschaftlicher Bezug und
ten Forschungslücken vor allem in Bezug auf die Gestal- Forschungsdesign
tung einer professionellen Mobilitätsberatung geschlos-
sen werden. Hierfür ist die Analyse der aktuellen und zu- Beratung als eine spezifische Kommunikationsform wird
künftigen Erwartungen und Anforderungen an Beratende innerhalb der Beratungsforschung unter anderem als
von hoher Relevanz, die den Übergang von einer standar- „eine professionelle Intervention in unterschiedlichen the-
disierten zu einer individualisierten Beratung umsetzen oretischen Bezügen, methodischen Konzepten, Settings,
müssen. Hieraus ergeben sich Forschungsfragen der Institutionen und Feldern“ gefasst (Nestmann und Engel
Anforderungsanalyse von Mobilitätsberatungsdienstleis- 2007, S. 34). Beratung hat sich mittlerweile zu einem ex-
tungen: pandierenden Arbeitsbereich für Fachkräfte in verschie-
denen Praxisfeldern entwickelt. Durch vielfältige Einflüsse
• Welche Rahmenbedingungen für Mobilitätsberatung wird die Beratung zu einem hochkomplexen Phänomen.
liegen vor? Unterschiedliche Beratungsanlässe, Aufgaben, Ziele,
• Wie sehen typische Beratungsprozesse in der Mobili- Adressatengruppen und immer neue Beratungsein-
tätsberatung aus? richtungen sowie ein breites Spektrum der Zuständig
• Wie sehen typische Problemlagen dabei aus? keiten machen eine singuläre Betrachtung der Beratung
• Welche Erwartungen an (multimodale) Mobilitätsbera- schwierig (vgl. ebd.). Für Beratende bedeutet dies, so-
tung kennzeichnen die Beratung im ÖPNV? wohl über handlungsspezifisches Wissen als auch über
• Welche Fähigkeiten, Kompetenzen und biografischen feldunspezifische Kompetenzen verfügen zu müssen,
Dispositionen sind notwendig, um in diesem Kontext um ihre Kunden professionell beraten zu können. Als feld-
adäquat handeln zu können? unabhängige Kompetenzen gelten unter anderem das
• Welche Strategien setzen die Akteure ein, um die Wissen über Gespräche mit einzelnen Personen, Grup-
Problemlagen zu bewältigen? pen oder Unternehmen, die Fähigkeit zum Aufbau einer
konstruktiven, vertraulichen Arbeitsbeziehung sowie
das Wissen, wann und mit welchen Konsequenzen eher
101
Basierend auf diesem Modell konnte ein Forschungsde- deutlicht die systematisch getrennte Betrachtung von
sign entwickelt werden, um den aus der Anforderungs- System- und Prozessebene. Diese Anordnung ermöglicht
analyse resultierenden Anforderungskatalog für die Mobi- es, Erkenntnisse aus der Systemanalyse in die Analyse
litätsberatung ableiten zu können. Auf Grund der hohen der Prozessebene einfließen zu lassen und bereits erste
Komplexität dieser Beratungsdienstleistungen und der Anforderungen an die Beratung zu identifizieren. Beide
schon angesprochenen Notwendigkeit einer mehrpers- Erhebungen liefern die Möglichkeit, ein Erwartungsfeld
pektivischen Betrachtung wurde ein entsprechendes For- für die Beratung im ÖPNV zu modellieren, das mehrper
schungsdesign konzipiert. Dabei erwies es sich als sinn- spektivische Erwartungen umfasst und dabei als Grund-
voll, zwischen einer System- und einer Prozessebene zu lage dient, um weitere Anforderungen an die Beraterinnen
unterscheiden. Die Systemebene umfasst verschiedene und Berater zu extrahieren.
Beratungssysteme, deren Rahmenbedingungen wiede-
rum die Beratungsprozesse maßgeblich beeinflussen. Die Systemebene wird hierbei zunächst durch das ent
Das in Abbildung 5-3 dargestellte Forschungsdesign ver- wickelte Beratungssystem beschrieben (siehe Abb. 5-2).
Rahmenbedingungen
(Ort, Zeit, Zeitraum, Arbeitnehmerorganisation etc.)
Systemebene Prozessebene
Daten- Daten-
erhebung Auswertung erhebung Auswertung
103
Fahrzeugen, in Servicemobilen, in separaten Serviceein- unternehmens die Inhalte in der Berufsschule zu spezi-
richtungen, an Haltestellen und bei Störungen an strate- fisch seien. Darüber hinausgehend bieten alternative
gisch gewählten Orten. Die Rahmenbedingungen in den kaufmännische Ausbildungen die Möglichkeit eines brei-
verschiedenen Beratungssystemen schwanken mitunter teren Einsatzes der Mitarbeitenden innerhalb des jeweili-
stark und wirken sich teilweise erschwerend auf die Be gen Unternehmens und auch für die weitere berufliche
ratungen aus. So ist zum Beispiel eine Beratung im Bus Laufbahn ein größeres Einsatzspektrum. Somit wird ein
durch den vorgegebenen Fahrplan sowie den Andrang vermeintlicher Nachteil in einen Vorteil gewandelt; dies
an Kunden nur eingeschränkt möglich. In anderen Bera- betrifft sowohl das Unternehmen als auch die Beschäftig-
tungssystemen sind die zeitlichen Voraussetzungen zwar ten. Zusätzlich bilden die Modellunternehmen auch den
deutlich besser, allerdings ebenfalls starken Schwankun- kaufmännisch-serviceleistenden Beruf für den öffentli-
gen unterlegen. So sind beispielsweise Kundencenter chen Nahverkehr „Fachkraft im Fahrbetrieb“ aus. Diese
rhythmischen Stoßzeiten mit erhöhter Kundenfrequenz Ausbildung enthält bereits Inhalte, die sich auf die Tätig-
ausgesetzt. Solche und weitere erschwerende Bedingun- keit in der Beratung vorbereitend auswirken, denn neben
gen werden zum Teil durch individuelles Engagement der den Tätigkeiten im Fahrzeug selbst sind zum Teil auch
Beratenden kompensiert. Zum Beispiel informieren sich Fahrerinnen und Fahrer durch einen Wechsel des Tätig-
einige Beraterinnen und Berater innerhalb ihrer Pausen- keitsfeldes in Vollzeit oder Mischarbeit in der Beratung
zeit über Neuerungen und Aktuelles, da die dafür vorge- tätig.
sehene Zeit teilweise nicht ausreicht. Insbesondere In-
halte, die kein grundständiger Gegenstand der Beratung Beratungsinhalte: Die Beraterinnen und Berater infor-
sind, werden zum Teil bereits durch übergreifend infor- mieren ihre Kunden zu allen Aspekten des ÖPNV. Unter
mierte Beraterinnen und Berater zu Beratungsinhalten ge- anderem: umfassende Tarifinformationen, Verbindungs
macht. Nach Aussagen der Teilnehmenden in den Work- informationen und Vertragsbedingungen. Auf inhaltlicher
shops wird dies auch positiv vom Kunden aufgenommen. Ebene konnte festgestellt werden, dass multimodale
Nutzung bei den Kunden des ÖPNV zum Teil bereits vor-
Qualifikation der Beratenden: Entgegen der Annahme, handen ist, doch bisher nur in sehr geringem Maße einen
dass der einschlägige Beruf Kaufmann für Verkehrs Gegenstand der Mobilitätsberatung darstellt. Die Ver-
service/Kauffrau für Verkehrsservice – SP Verkauf und knüpfung erfolgt bisher meist durch den Kunden, der sich
Service/Sicherheit und Service der vorherrschende Aus- an verschiedenen Stellen Informationen einholt und selbst
bildungsberuf für beratend Tätige in Unternehmen des zu einem Konzept zusammenfügt.
Öffentlichen Verkehrs sei, wurde festgestellt, dass die
Modellunternehmen diesen Beruf nicht (mehr) ausbilden. Diese ausgewählten Erkenntnisse lassen sich unter ande-
Begründet wurde dies unter anderem damit, dass auf- rem auf die einleitende Problemstellung zurückführen,
grund der hohen Schülerzahlen eines großen Mobilitäts- dass die Mobilitätsberatungsdienstleistungen aktuell vor-
105
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• Ökonomische Aspekte stehen bei den
Kunden im Vordergrund
• Ökonomischer Anspruch der
Unternehmen an Beratungsgespräche
(z. B. Dauer der Beratung)
Abb. 5-4: Zielkonflikte multimodaler Mobilitätsberatung im ÖPNV vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsdreiecks
107
Analysen dienen der Gewinnung von Erkenntnissen über 5.5 Anforderungen an Qualifizierungen
das in der Mobilitätsberatung notwendige Erfahrungswis- für den multimodalen ÖPNV
sen sowie die damit verbundenen biografischen Disposi
tionen, die von den Akteuren nicht nur im Handlungsfeld,
sondern auch im späteren Verlauf ihrer Qualifizierungs- Wie bereits innerhalb der Erkenntnisse zu Mobilitätsan
und Weiterbildungsmaßnahmen aktiviert werden. Die ge- geboten beschrieben wurde (siehe Kapitel 5.3), besteht
planten Studien werden ein differenziertes Bild der Ver- ein Ziel des Projekts darin, dass die professionalisierten
läufe und Strukturen von Beratungsprozessen im ÖPNV Beraterinnen und Berater die Kunden kompetent und
zeichnen. Neben der Analyse von Anforderungen und umfassend zu den Kombinationsmöglichkeiten der multi-
Erwartungen an Mobilitätsberatungsdienstleistungen und modalen Mobilitätsangebote beraten können, um mit
der zu entwickelnden Typologie der auftretenden Zielkon- ihnen gemeinsam ein bedarfsgerechtes Portfolio zum in-
flikte im Beratungsprozess können die erfassten Bewälti- dividuellen Mobilitätsverhalten zusammenzustellen. Aus
gungsstrategien der Akteure den jeweiligen biografischen dieser anspruchsvollen Vernetzungstätigkeit ergeben
Voraussetzungen gegenübergestellt werden. Diese Er- sich neue Herausforderungen an Qualifizierung, um die
gebnisse lassen sich im weiteren Verlauf des Projekts in Beraterinnen und Berater darauf vorzubereiten.
Qualifizierungs- und Weiterbildungskonzepte über
führen und als Beispiele guter Praxis für einen Transfer Weiterhin zeigen die Erkenntnisse zu den Beratungs-
der Erkenntnisse breitenwirksam aufbereiten. dienstleistungen (siehe Kapitel 5.4), dass sich die Grenz-
ziehung zur Vertriebstätigkeit für die Beratenden zuneh-
mend schwieriger gestaltet. Die Beratenden müssen stets
abwägen, ob das aktuelle Gespräch eher ein standardi-
siertes Verkaufsgespräch ist oder eine individuelle Bera-
tung zu multimodalen Angeboten darstellt. Wie sich zeigte,
können hieraus Zielkonflikte hervorgehen.
Im ersten Abschnitt von ProMobiE werden die aktuellen 5.5.2 Weiteres Vorgehen
Qualifizierungsangebote für Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter mit beratenden Tätigkeiten analysiert, die bislang Vor dem Hintergrund, dass neben den Vertriebsthemen
allerdings ihren Schwerpunkt in Themen des Vertriebs nun auch Beratungsthemen zu multimodalen Angeboten
haben. Die vielfältigen Anforderungen an die Qualifizie- eine zunehmende Rolle spielen werden, sollen die Qualifi-
rungen werden hierfür mehrperspektivisch mittels Doku- zierungskonzepte angepasst beziehungsweise erweitert
mentenanalysen, Befragungen, Interviews und Work- werden. In der Folge wird mittels Hinzunahme der Anfor-
shops erhoben und systematisiert. derungskataloge zu Mobilitätsangeboten und -beratung
ein entsprechendes Qualifizierungskonzept erstellt.
Die Dokumentenanalyse der aktuell verwendeten Materia- Durch die Analyse des Ist- und Soll-Zustandes wird für
lien zur Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbei- jedes Unternehmen ein spezifisches Weiterbildungspro-
tern mit beratenden Tätigkeiten zeigte bisher eine große gramm erarbeitet und inhaltlich gefüllt. Dabei werden vor
Bandbreite der Aufbereitung von Qualifizierungsinhalten. allem die bestehenden Gegebenheiten berücksichtigt.
Angefangen bei Flyern oder Mitteilungen per E-Mail be- So zeigt sich beispielsweise in den Modellbetrieben ein
züglich neuer Ticketarten, über unternehmensspezifisch Bedarf an Basisinformationen für alle Mitarbeiterinnen
aufbereitete Informationen zu Tarifänderungen bis hin zum und Mitarbeiter des Unternehmens zu den Themen Elek
Einsatz von webbasierten Angeboten mit tagesaktuellen tromobilität und multimodale Angebote. Solche und wei-
Hinweisen und integrierten Kommunikationsmöglichkeiten tere Themen gilt es gleichzeitig in unternehmensüber
finden sich vielfältige Materialien und Schulungsarten in greifende Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote
den Verkehrsunternehmen wieder. Auch der Einsatz von zur Mobilitätsberatung mit Schwerpunkt Elektromobilität
Web Based Trainings (WBT) zu eher grundlegenden zu überführen.
Themen des Vertriebs findet in den Verkehrsunternehmen
bereits teilweise Anwendung. Für die interne Umsetzung wird von den Unternehmen ein
modularer Aufbau der Qualifizierungen gewünscht.
Durch Dokumentenanalysen und Experteninterviews Auch angesichts der nun zu fokussierenden Professionali-
konnte sich Gleiches für den Einsatz von Methoden zur sierung von Beratungsdienstleistungen ist ein solches
109
Vorgehen empfehlenswert. So kann eine systematische 5.6 Ausblick
und gezielte Nachqualifizierung zu einzelnen Themen
bereichen unkompliziert umgesetzt werden. Die Unternehmen des ÖPNV bieten ideale Ansatzpunkte
Beratungsdienstleistungen zu multimodalen Mobilitäts
Die Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote sollen angeboten mit Elektromobilität zu realisieren, da zumeist
sowohl die fachlichen als auch die überfachlichen Profes- eigenes Servicepersonal vorhanden ist. Für diese Mit
sionalisierungsbedarfe in den Verkehrsunternehmen be- arbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Rahmen von
rücksichtigen und zielgruppenspezifische Schulungsan- ProMobiE Qualifizierungskonzepte erarbeitet und so die
gebote enthalten. Themen werden unter anderem das Beratungsangebote der Verkehrsunternehmen weiter
veränderte Nutzerverhalten der Kunden und die Auswir- professionalisiert.
kungen der neuen Technologien auf die Verkehrsunter-
nehmen sein. Auch die politische Dimension des Engage- Hier knüpft der zweite Abschnitt des Projekts ProMobiE
ments der ÖPNV-Unternehmen im Bereich Elektromobili- an. Die entwickelten Anforderungskataloge dienen als
tät (Außenblick) und die Konsequenzen der Elektromobili- Basis, um die Qualifizierungsmaßnahmen für die Berate-
tät für die Verkehrsunternehmen (Innenblick) werden be- rinnen und Berater zu konzeptionieren, umzusetzen und
rücksichtigt. Vorrangig werden aber Qualifizierungsmo- zu evaluieren. Es sollen langfristige, auf Nachhaltigkeit
dule rund um die Besonderheiten einer multimodalen Mo- und Servicequalität setzende Strategien umgesetzt wer-
bilitätsberatung entwickelt. Dazu gehören das Fachwis- den, die den Anforderungen an eine multimodale Mobili-
sen zu den Mobilitätsangeboten und vor allem die Fähig- tätsberatung mit Schwerpunkt Elektromobilität Rechnung
keit zur Vernetzung von Angeboten sowie das situations- tragen.
bezogene Abwägungsverhalten in der Beratung mit den
Kunden. So kann eine professionelle Beratungskompe- Die entwickelten Beratungsdienstleistungs- und Qualifi-
tenz aufgebaut werden. zierungskonzepte sowie die erarbeiteten Gestaltungsan-
sätze werden begleitend wissenschaftlich analysiert und
hinsichtlich ihrer Implementierungschancen reflektiert.
Die prozessorientierte Evaluation fließt dabei in die Ge-
staltung der Module mit ein, sodass diese gegebenenfalls
angepasst und verbessert werden können.
111
6 Sichere und zuverlässige Elektro-
mobilität – Rettungs- und Pannendienst-
leistungen zukunftsfähig gestalten
Carsten Hauser, Karoline Herrmann, Francoise Meyer, Andreas Petz, Jörg von Garrel, Robert Kummer
6.1 Einleitung
Die Bundesregierung formulierte im November 2008 das
Ziel, den Marktanteil von Elektrofahrzeugen in Deutsch-
land bis 2020 auf eine Million und bis 2030 auf fünf Millio-
nen zu erhöhen (BMWi 2008). Um dieses Ziel zu errei-
chen, wurde der Nationale Entwicklungsplan Elektromobi-
Das diesem Beitrag zugrunde liegende Verbund- lität erarbeitet, mit dem die Forschung und Entwicklung
projekt „Szenariengestützte Entwicklung des und somit die Marktvorbereitung und -einführung von
Elektrofahrzeugen beschleunigt werden sollen (Bundes
Dienstleistungssystems »Sichere Versorgung
regierung 2009). Mit einer steigenden Zahl an Zulassun-
bei Unfällen und Pannen mit Elektrofahrzeu- gen von Elektrofahrzeugen nimmt erwartungsgemäß auch
gen«“ (SafetE-car) wird mit Mitteln des Bundes- die Wahrscheinlichkeit von Straßenverkehrsunfällen und
ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) Fahrzeugpannen mit Beteiligung von Elektrofahrzeugen
unter den Förderkennzeichen 01FE13004, zu. Die resultierenden Implikationen auf Rettungs- und
Pannendienstleistungen sind Gegenstand des Projekts
01FE13005, 01FE13006, 01FE13007,
„Szenariengestützte Entwicklung des Dienstleistungs
01FE13009 und 01FE13010 gefördert. Projekt- systems »Sichere Versorgung bei Unfällen und Pannen
partner sind DRK Rettungsdienst Mittelhessen mit Elektrofahrzeugen«“. Nachfolgend werden das Projekt
gemeinnützige GmbH (Marburg), RWTH Aachen sowie erste Ergebnisse vorgestellt.
(IAW), assistance partner GmbH & Co. KG
(München), ACE Auto Club Europa e.V. (Ber-
lin), DEKRA Akademie GmbH (Stuttgart) und
das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und
-automatisierung IFF (Magdeburg). Umsetzungs
partner sind der VDI e.V. Sachsen Anhalt
(Halle/Saale), das Institut der Feuerwehr Sach-
sen-Anhalt (Heyrothsberge) und die Berufs-
feuerwehr Stadt Aachen.
2 Elektrofahrzeuge REEV teilweise, abhängig von Batte- • Elektromotor mit am Netz aufladbarer Batterie
mit Reichweiten- riereichweite und Nutzung • Modifizierter Verbrennungsmotor kleiner Leis-
verlängerung tung oder Brennstoffzelle
3 Plug-In-Hybrid- PHEV teilweise, abhängig von Batte- • Elektromotor mit am Netz aufladbarer
fahrzeug riereichweite und Nutzung Batterie
• Kombination von klassischem Verbrennungs-
und Elektromotor
• PKW und Nutzfahrzeuge
113
Ihnen gemeinsam ist das Vorhandensein eines Hochvolt- Einige Fahrzeuge sind auf den ersten Blick als Elektroau-
(HV-) Systems. Dabei werden Spannungswerte bis 1000 tos zu identifizieren, andere unterscheiden sich kaum
Volt (Wechselspannung) beziehungsweise 1500 Volt von ihren konventionell betriebenen Pendants. Rettungs-
(Gleichspannung) erreicht (DGUV 2012). Obwohl diese karten, auf denen unter anderem die Lage der HV-Batte-
Werte dem Niederspannungsbereich zuzuordnen sind, rie ersichtlich ist, befinden sich bei einigen Herstellern
birgt der Kontakt mit defekten HV-Systemen potenzielle im Fahrzeug, bei anderen sind sie ausschließlich online
Gefahren durch Körperdurchströmungen und Licht- abrufbar. Bestimmte Fahrzeuge können im Schadensfall
bögen, die beispielsweise zu Atemstillstand und Herz- mit der Hubbrille abgeschleppt, andere müssen mit ei
kammerflimmern führen können. nem Plateaufahrzeug transportiert werden. Zudem tragen
Meldungen der Medien – wie beispielsweise über die
Über die daraus resultierenden Risiken für Rettungs- und Probleme bei der Löschung eines brennenden Elektro-
Pannendienstleister bestehen unterschiedliche Aussagen. fahrzeugs des Herstellers Tesla (erneutes Ausbrechen
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) des Brandes nach vermeintlicher Löschung, Handelsblatt
schließt beispielsweise eine Personengefährdung bei der 2013) oder die schwere Explosion eines E-Taxis in China
Berührung eines verunglückten Elektroautos mit hoher (Explosion nach Kollision mit einem anderen Fahrzeug,
Wahrscheinlichkeit aus (DGUV 2014). Wie auch die meis- Asendorpf 2012) – nicht zu einer Erhöhung der (wahrge-
ten Hersteller verweist die DGUV auf die in den Fahrzeu- nommenen) Prozesssicherheit bei Rettungs- und Pannen-
gen integrierten Sicherheitssysteme, die im Falle eines dienstleistern bei.
Unfalls das HV-System analog zu den Airbags abschaltet.
Die DEKRA wiederum weist darauf hin, dass entspre-
chende Sicherheitssysteme versagen können oder ggf.
nicht weit genug entwickelt sind, um ausreichenden
Schutz für den Rettungs- und Pannendienstleister zu bie-
ten (DEKRA o.J.). Daher empfiehlt die DEKRA für Pan-
nendienstleister das Mitführen von spezifischer Zusatz-
ausstattung wie Elektroschutzhandschuhe, Schutzhelm
mit Visier und Spannungsprüfer, um die entsprechenden
Dienstleistungen am Elektrofahrzeug sicher zu erbringen.
Aufgrund dieser teils widersprüchlichen Aussagen be-
steht seitens der Rettungs- und Pannendienstleister Un
sicherheit bezüglich des Umgangs mit Elektrofahrzeugen
im Rettungs- oder Pannenfall. Erschwerend kommt die
fehlende herstellerübergreifende Standardisierung hinzu.
115
Für Dienstleistungsorganisationen werden dabei Instru- 6.4 Rettungs- und Pannendienst-
mente und Methoden entwickelt, die es den Arbeitsper leistungen – Status quo
sonen der Anbieter der Pannen- und Rettungsdienst
leistungen wie auch den Fahrern von Elektrofahrzeugen Voraussetzungen für die Konzeption und Entwicklung ge-
ermöglichen, die neuen Herausforderungen der Dienst- eigneter Unterstützungssysteme für die Elektromobilität
leistungserbringung zu erkennen und zu gestalten. Einen sind transparente konventionelle Pannen- beziehungs-
Schwerpunkt bildet dabei die Entwicklung neu zu ge weise Rettungsdienstleistungsprozesse. Aus diesem
staltender Vorgehensweisen in Verbindung mit den er Grund bestand der erste Schritt des SafetE-car-Projekts
forderlichen Kommunikations-, Koordinations- und Ko in der Analyse bestehender Dienstleistungssysteme in
operationsprozessen. den Bereichen Rettungsdienstleistung und Pannenhilfe.
Aus diesen schematisch dargestellten Prozessabläufen
konnten dann die möglichen Gefährdungspotenziale und
notwendigen Anpassungen – bezogen auf die jeweiligen
Prozessschritte beziehungsweise Aktivitäten – ermittelt
werden, die sich bei einer Pannen- beziehungsweise Ret-
tungsdienstleistung unter Beteiligung eines Elektrofahr-
zeugs ergeben. Die dabei erzielten Ergebnisse werden
nachfolgend vorgestellt.
6.4.1 Pannendienstleistungen
Informationen
übermitteln
Pannenort
Notrufzentrale
Disposition
117
Auf Basis der erhobenen und dokumentierten Prozesse triebe Benzin oder Diesel zu beschränken. Bei der Aus-
wurden in einem nächsten Schritt im Rahmen von Exper- wahl des Pannendienstleisters im Prozessschritt der Auf-
tengesprächen (Pannenhelfer, Technologieexperten von tragsübermittlung ist es zudem notwendig, den nächst
Prüfgesellschaften und Automobilclubs, weitere Elektro- gelegenen, in HV-Technik geschulten Pannenhelfer aus-
mobilitätsexperten) Gefährdungspotenziale sowie Anpas- zuwählen. Dies erfordert ebenfalls eine Anpassung
sungsbedarfe aufgrund technologischer Elektromobilitäts- des standardisierten Auswahlvorgangs, auch hinsichtlich
komponenten identifiziert und diskutiert (rot umrandete unterstützender IT-Systeme.
Prozessschritte).
Hier sind somit die Autoclubs und Assistancen in der
Die Identifizierung der Anpassungsbedarfe verdeutlicht, Pflicht, ihre Systeme so zu ändern, dass eine bestmögli-
dass umfangreiche Änderungen innerhalb der Pro- che Auswahl des Pannenhelfers sowie eine Übermittlung
zesskette im Pannenfall bei Beteiligung eines Elektro relevanter Informationen stattfinden können. Die nun
mobils notwendig sind. Dies betrifft sowohl den Pannen- nachgelagerten Prozesse betreffen vor allem die Pannen-
melder, was sowohl den Fahrzeughalter als auch nicht dienstleister, die sich entsprechend (weiter-) entwickeln
beteiligte Dritte oder Ersthelfer umfasst, als auch die Mit- müssen, um eine sichere und zuverlässige Pannenhilfe
arbeiter der Notrufzentrale bei den Autoclubs und Assis- für die eigenen Mitarbeiter und Autofahrer anbieten zu
tancen, die Mitarbeiter der Disposition, den Pannen- und können. Bereits im Prozess der Hilfskoordination, der vor
Abschlepphelfer an sich und die Werkstattmitarbeiter. allem beim Disponenten des Pannendienstleisters an-
Einzig die Abrechnungsprozesse erfordern keine Anpas- gelagert ist, gilt es, den entsprechend ausgebildeten
sungen. Darüber hinaus ist es zweckmäßig, auch Technik Pannenhelfer auszuwählen, die relevante persönliche
und IT-Systeme, welche die Organisation und den Ablauf Schutzausrüstung bereitzustellen und ein Abschleppfahr-
der Pannendienstleistung unterstützen, so umzurüsten, zeug auszuwählen, welches für den Elektrofahrzeug-
dass relevante Informationen bezüglich des Autotyps – Abschleppvorgang geeignet ist. Die Ermittlung der Scha-
wie beispielsweise die Antriebsart oder Rettungskarten – densursache mittels standardisierter Sicht- und Funk
und möglicher Gefahrenquellen automatisch an die Hilfs- tionsprüfung erfordert Detailkenntnisse in Bezug auf Feh-
und Einsatzkräfte übermittelt werden. ler- und Gefahrenquellen bei Elektrofahrzeugen – hier
können sich bereits beim Berühren der Karosserie, sollte
Bei der Meldung der Panne ergeben sich keine notwen sie unter Strom stehen, Gefahren ergeben, die bei kon-
digen Prozessanpassungen. Dies ändert sich jedoch ventionell betriebenen Fahrzeugen nicht bestehen. Kennt-
schon im nächsten Prozessschritt der Datenaufnahme. nisse in der Identifizierung von Elektrofahrzeugen sind
Hier ist es bedeutsam, die Mitarbeiter der Notrufzentrale notwendig, wenn die vorangegangenen Prozessschritte
anzuweisen, die Antriebsart des Fahrzeugs standardisiert hinsichtlich der Weitergabe von Informationen versagt
abzufragen und dies nicht auf die herkömmlichen An- haben oder nicht möglich waren.
119
ken Deformation des Fahrzeugs B wurden die Fahrzeug als alle Unfallopfer in Rettungstransportwagen in die Ziel-
insassen, ein Mann und eine Frau, eingeklemmt. Der krankenhäuser transportiert wurden.
Gesundheitszustand der sich allein in Fahrzeug A befind-
lichen Frau war aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas Zur Modellierung des aufgenommenen Prozesses wurde
und schlechten Vitalwerten kritisch. Die Verletzungen der die Modellierungstechnik K3 – Koordination, Kooperation
eingeklemmten Personen in Fahrzeug B beliefen sich und Kommunikation – genutzt. Die K3-Prozessmodellie-
auf Frakturen des Beckens beziehungsweise des Ober- rung wurde speziell zur Abbildung und Modellierung von
schenkels. schwach strukturierten Prozessen mit hohem Kommuni
kationsbedarf entwickelt, wie sie auch für hochgradig
Die Erfassung des zugehörigen Rettungsdienstleistungs- kooperative, dynamische und situationsabhängig ablau-
prozesses erfolgte in Workshops mit Vertretern der Leit- fende Dienstleistungen im Rettungswesen typisch sind.
stelle, der Feuerwehr sowie Notärzten und Rettungsassis- Ausführliche Beschreibungen der K3-Prozessmodellie-
tenten. Zur Erhöhung der Allgemeingültigkeit des Pro- rung finden sich im K3 User Guide (Foltz et al., 2000)
zessablaufes wurde sowohl ein Workshop in Marburg als sowie bei Kausch (2010). Aufgrund der in hohem Maße
auch – mit einem anderen Teilnehmerkreis – ein Work- zeitkritischen Dienstleistungsprozesse des Rettungs-
shop in Aachen durchgeführt. Zu Beginn der Workshops dienstes wurde die Modellierung mit K3 um ein Zeitraster
wurde den Workshopteilnehmern das Szenario anhand erweitert, in dem die einzelnen Aktivitäten gemäß ihrem
einer Skizze sowie eines Satellitenbilds des Unfallortes er- zeitlichen Ablauf sowie Bedarf abgebildet werden. Ab
läutert. Dabei wurden keine Angaben über die Fahrzeug- bildung 6-4 zeigt exemplarisch einen Ausschnitt des er-
modelle (insbesondere über deren Antriebsart) und über hobenen Prozessmodells. Dargestellt ist die kooperative
die Anzahl der Verletzten und deren Zustand gemacht. Versorgung und Befreiung von einem eingeklemmten
Durch diese Beschreibung verfügten die Workshopteil- Patienten durch die Feuerwehr und einem Notarzt (NEF).
nehmer über einen Informationsumfang, der von einem
am Unfallort vorbeifahrenden Augenzeugen erwartet wer-
den kann. Die Workshopteilnehmer wurden anschließend
aufgefordert, in chronologischer Reihenfolge den Verlauf
der Dienstleitungserbringung zu schildern sowie die für
die Dienstleistungserbringung erforderlichen Werkzeuge
(beispielsweise einen Defibrillator) und Informationsflüsse
zu benennen. An erforderlichen und geeigneten Stellen
im Prozess erhielten die Workshopteilnehmer weitere de-
tailliertere Informationen zum Szenario, beispielsweise
zur Anzahl der Unfallopfer. Die Prozessaufnahme endete,
Patienten werden
versorgt
Patienten müssen
versorgt werden
(Reevaluierung)
[sonst]
30 Min
Patienten aus
PKW befreien
121
Im Anschluss an die Prozessworkshops wurden verschie- des Notrufabsetzenden nicht hervor ging, dass Personen
dene Experten, darunter sowohl Rettungsdienstleister als im Fahrzeug eingeklemmt sind und somit die Feuerwehr
auch unabhängige Experten der DEKRA, in Interviews beim Einsatz benötigt wird. Es wird deutlich, dass feh-
nach Veränderungen befragt, die sich bei Beteiligung lende Informationen bei der Erstalarmierung zu enormen
eines Elektrofahrzeugs an dem Unfallgeschehen aus dem zeitlichen Verzögerungen bei der Dienstleistungserbrin-
fiktiven Szenario ergeben können. In diesem Zusammen- gung führen können.
hang konnten zwei zentrale Prozessausschnitte identifi-
ziert werden, in denen Veränderungen im Prozessablauf Vor dem Hintergrund einer Zunahme der Beteiligung
erforderlich werden. Dabei handelt es sich zum einen um von Elektrofahrzeugen am Straßenverkehr gilt es daher
den Teilprozess der Alarmierung der Rettungsdienst- zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine
leister und zum anderen um den in Abbildung 6-4 darge- Abfrage der Antriebsform eines verunglückten Fahr-
stellten Teilprozess der Befreiung der eingeklemmten zeugs in die standardisierte Notrufabfrage zu integrie-
Unfallopfer. ren ist. Da die Informationsbeschaffung und -güte bereits
während des Notrufs wesentlich zum Erfolg der Rettungs-
Der Teilprozess der Alarmierung beginnt mit dem Eingang dienstleistung beiträgt, ist aus Sicht der befragten Ex
eines Notrufes in der Leitstelle und endet, sobald alle er- perten eine Anpassung der Notrufabfrage respektive der
forderlichen Rettungsdienstleister alarmiert wurden. Unter Dispositionssoftware an die Elektromobilität kritisch zu
Zuhilfenahme einer Dispositionssoftware wird hierbei der prüfen. Darüber hinaus trägt die Bevölkerung – als poten-
Notruf von der Leitstelle entgegengenommen und der An- zielle Augenzeugen und Ersthelfer – zu einer schnelleren
rufer anhand eines strukturierten Fragenkatalogs zu Un- und zielgerichteten Alarmierung der erforderlichen Dienst-
fallort und -geschehen befragt. Auf Basis der vom Anrufer leistungsinstitutionen bei, wenn sie einfacher die Antriebs-
erhaltenen Informationen werden durch die Leitstelle die form eines Fahrzeuges eindeutig identifizieren können.
Rettungsdienstleister computerunterstützt alarmiert, die
in der Alarm- und Ausrückordnung (AAO) der jeweiligen Beim Teilprozess der Versorgung und Befreiung eines
Leitstelle vorgesehen sind. In einer AAO sind zu verschie- eingeklemmten Patienten zeigt sich, dass insbesondere
denen Alarmfällen definierte Einsatzmittelketten hinterlegt die Feuerwehr und weniger die medizinischen Dienstleis-
(Südmersen et al. 2008). Der ersteintreffende Rettungs- ter einen direkten Kontakt zum Fahrzeug haben. Die be-
dienstleister an der Unfallstelle führt eine Lageerkundung fragten Experten bestätigten, dass die Antriebsform eines
durch und meldet die Ergebnisse an die Leitstelle. Dar- Fahrzeugs für medizinische Dienstleistungsprozesse
aufhin erfolgt gegebenenfalls eine Nachalarmierung von unmittelbar weniger bedeutsam ist; für die technische
weiteren Rettungsdienstleistern. Im betrachteten Szenario Rettung aber bei Unkenntnis zu einer erheblichen Gefähr-
konnte beispielsweise die Feuerwehr erst nach der Lage dung für Unfallbeteiligte und Dienstleister führen kann.
erkundung alarmiert werden, da aus den Informationen
123
6.5 Güte von Pannendienstleistungen Mit dieser Untersuchung sollen mögliche Unterschiede
– Ergebnisse einer Vorstudie der Pannendienstleister bezüglich der Dienstleistungs
erbringung an Elektrofahrzeugen identifiziert und resultie-
Um die Auswirkungen der Elektromobilität auf die Kom- rende Faktoren, wie Sicherheit, Responsezeit und Wirt-
plexität und Produktivität von Pannendienstleistungen schaftlichkeit, bewertet werden.
näher zu untersuchen, wird im Rahmen des SafetE-car-
Projekts neben den prozessualen Aufnahmen eine quanti- Die methodische Vorgehensweise veranschaulicht dabei
tative Befragung deutscher Pannendienstleister mit Hilfe nachfolgende Abbildung 6-5.
der am Projekt beteiligten Pannendienstleister ACE und
assistance partner vorgenommen.
Dienstleistungserbringer Dienstleistungsendnutzer
125
(interne Effizienz), (2) dem Umgang mit der Nachfrage In Analogie zu dieser wurden insgesamt 25 Items formu-
(kapazitative Effizienz) sowie (3) dem resultierenden liert, die in Bezug auf Verständlichkeit und Eindeutigkeit
Kundennutzen und dem Grad der wahrgenommenen an die Prozesse, Arbeitsorganisation sowie die branchen-
Dienstleistungsqualität, die ein Unternehmen mit einem spezifische Ausdrucksweise der Pannendienstleistungen
gegebenen Ressourceneinsatz generieren kann (externe beziehungsweise der Pannendienstleister angepasst wur-
Effizienz), zusammen. (v. Garrel et al. 2014) den. Unpassende Items wurden in diesem Kontext teil-
weise durch geeignetere Items ersetzt beziehungsweise
Für die Bemessung der Dienstleistungsproduktivität umformuliert.
wurde auf eine bereits operationalisierte und validierte
Itembatterie (nach v. Garrel et al. 2014) zurückgegriffen.
Dienstleistungsproduktivität
Effizienz Effektivität
Abb. 6-7: Unterteilung der Dienstleistungsproduktivität (in Anlehnung an v. Garrel et al. 2014)
Rund 38 Prozent der Probanden sind Geschäftsführer/in Die auf diesen Erkenntnissen beruhende deutschland-
und circa 42 Prozent Inhaber/in des jeweiligen Unterneh- weite empirische Untersuchung ist Bestandteil der zwei-
mens. Durchschnittlich sind elf Mitarbeiter in den Nieder- ten Phase des Verbundprojekts.
lassungen der befragten Pannendienstleister beschäftigt.
Von diesen leisten aber nur die Hälfte (52 %) konkret
Pannenhilfe.
127
6.6 Ausblick
Die durch SafetE-car entwickelten Dienstleistungspro-
zesse und darauf aufbauenden Dienstleistungsmodule für
das Beheben von Pannen, den Abtransport von defekten
Fahrzeugen und zur Durchführung von Rettungsmaßnah-
men bei Unfällen werden in der nächsten Phase (proto
typisch) in konkrete Produkte überführt. Dies ermöglicht
eine nachhaltige Sensibilisierung und Aufklärung der Öf-
fentlichkeit über die Chancen und Risiken im Umgang mit
Elektrofahrzeugen. Um sichere und zugleich effiziente
Abläufe zu realisieren, werden diese Produkte von den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Pannen- und Unfall-
dienstleistern sowie von Rettungsdiensten und Notärzten
in Verbindung mit den Fahrern von Elektrofahrzeugen
eingesetzt. Dafür werden in der nächsten Phase neben
kontextsensitiven Assistenzsystemen vor allem maß
geschneiderte Lern- und Lehrangebote entwickelt und
fortlaufend evaluiert. So wird sichergestellt, dass alle
Stakeholder über den gleichen Wissensstand verfügen
und proaktiv lebensbedrohliche Fehler in der Rettung
und Bergung von verunglückten Elektrofahrzeugen ver-
meiden.
7.1 Einleitung
Bis 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge über deut-
sche Straßen rollen. Dazu müssen innovative Fahrzeug-,
Energiespeicher- und Mobilitätskonzepte entwickelt und
die erforderliche Infrastruktur neu aufgebaut werden
(BMBF 2010). Elektrofahrzeuge haben eine relativ geringe
Reichweite. Praxistaugliche Elektromobilität erfordert
deshalb ein engmaschiges Netz von Ladestationen (Mar-
Das diesem Beitrag zugrunde liegende Ver- wede, Jörß und Oertel 2012). Aktuell stehen in Deutsch-
bundprojekt „Crowdsourcing-Ladedienste durch land rund 4.500 öffentliche Ladesäulen für die rund
12.000 zugelassenen Elektrofahrzeuge bereit (elektro-
Kleinanbieter als innovatives Geschäftsmodell“
auto-news.net 2014). Eine flächendeckende Ladeinfra-
(CrowdStrom) wird mit Mitteln des Bundesmi- struktur für die angestrebten eine Million Elektroautos
nisteriums für Bildung und Forschung (BMBF) erfordert laut Expertenschätzungen jedoch mindestens
unter den Förderkennzeichen 01FE13017, 150.000 öffentlich zugängliche Ladesäulen (NPE 2012).
01FE13018, 01FE13019 und 01FE13021 geför- Die Experten der Nationalen Plattform Elektromobilität
haben einen Gesamtbedarf an öffentlichen und nichtöf-
dert. Projektpartner sind die Stadtwerke Müns-
fentlichen Ladepunkten von 950.000 Einheiten bis 2020
ter GmbH, TÜV Süd AG (Garching), die Univer- ermittelt (NPE 2012).
sität Duisburg-Essen (Duisburg) und die West-
fälische Wilhelms-Universität Münster. Umset- Die momentan noch bestehenden Lücken im Versor-
zungspartner sind Beresa GmbH (Münster), gungsnetz (kaum Ladepunkte) und die begrenzte Reich-
weite von Elektrofahrzeugen stellen für viele Käufer
Westfalen AG (Münster) und die IHK Münster.
Hemmnisse dar, den Umstieg auf ein Elektroauto tatsäch-
lich zu vollziehen. Die notwendige Errichtung einer flä-
chendeckenden Ladeinfrastruktur erfordert jedoch im-
mense Investitionen, die sich für die Versorgungsunter-
nehmen nur bei großer Nachfrage rentieren. Wie kann
dieses „Dilemma“ gelöst werden? Sind viele Elektroautos
eine Bedingung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur
oder benötigt man viele Ladesäulen, um den Absatz von
Elektroautos anzukurbeln?
129
Das Verbundprojekt CrowdStrom hat sich zum Ziel ge- bünden wie beispielsweise ladenetz.de oder Hubject dar.
setzt eine konkrete Lösungsstrategie zu diesem „Henne- Aus technischer Sicht ist das Open Charge Point Protocol
Ei-Problem“ zu entwickeln und in die Tat umzusetzen. (OCPP) von grundlegender Bedeutung. Beim OCPP
handelt es sich um einen offenen Standard, der im Jahre
Ein erster Schritt in die richtige Richtung stellt die Ver 2010 von der niederländischen E-Laad Initiative heraus-
netzung von Ladeinfrastrukturbetreibern in Roaming-Ver- gegeben wurde. Das Ziel ist es, Unabhängigkeit zwi-
7000
6.051
6000
Anzahl der Elektroautos
5000
4000
2.956
3000
2.154
2000
1000
541
28 61 47 19 36 162
8
0
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Abb. 7-1: Zulassungszahlen von Elektroautos in Deutschland zwischen 2003 und 2013 (Statista 2014)
131
Schlüsselpartner für den Erfolg dieses Geschäftsmodells 7.3 Erfassung der Servicelandschaft
sind Privatpersonen mit einer Lademöglichkeit, die diese für Ladedienste
im Rahmen von CrowdStrom der Öffentlichkeit zur Ver
fügung stellen. Eine kritische Mindestmenge solcher Bisher gibt es noch keine weitläufig etablierten Standards
Personen zu gewinnen, stellt eine wesentliche Aufgabe für elektromobilitätsbezogene Prozesse, wie unter ande-
des Betreibers von CrowdStrom dar. Auf Grund der Neu rem für die Identifikation von Kunden oder die anbieterü-
artigkeit des Geschäftsmodells und der bisher eher ge bergreifende Abrechnung von Ladeleistungen (NPE). Zur
ringen Beteiligung der Bevölkerung an Elektromobilität, Identifikation und Authentifizierung an den Ladesäu-
sind viele Aspekte noch wenig umrissen. So ist zum einen len wird in der betrieblichen Praxis häufig auf proprietäre
nicht bekannt, was Personen dazu motiviert, an Crowd- Lösungen auf Basis von RFID-Technologie (Radio-Fre-
Strom als Anbieterkunde teilzunehmen und welche An- quency and Identification) gesetzt. Einen standardisierten
reize gesetzt werden können, um die Teilnahmebereit- und anbieterübergreifenden Prozess gibt es jedoch nicht.
schaft zu erhöhen. Um eine anbieterübergreifende Abrechnung von Lade-
strom zu ermöglichen, wurden erste Roaming-Konzepte
für Strom (E-Roaming) erarbeitet (z.B. ladenetz.de durch
den Stadtwerkeverbund smartlab). Solche Konzepte
konnten sich jedoch bisher noch nicht am Markt etablie-
ren. Ergo existiert kein anbieterübergreifender Standard,
sondern es werden Stromanbietergruppen-spezifische
Projekte vorangetrieben, die häufig in sogenannten „Insel-
Lösungen“ resultieren.
Registrierung
Authentifizierung
133
tigten IDs (Blacklist) abgeglichen. Besitzt eine Person ihnen kann innerhalb des Abrechnungsprozesses eine
kein Ausweismedium oder schlägt der Abgleich der ID Rechnung erstellt werden, die dem Nutzer zugestellt wird.
fehl, erhält die Person keinen Zugang zu der Leistung. Abgeschlossen ist der Abrechnungsprozess, wenn diese
Bei positiver Authentifizierung kann die Leistung bezogen Rechnung beglichen ist.
und entsprechend abgerechnet werden.
Die Anbieterabrechnung erstattet die Leistungen,
Ladevorgang die ein Kunde gegenüber anderen Kunden als Anbieter
erbracht hat. Der Prozess der Anbieterabrechnung
Nach dem erfolgreichen Authentifizierungsprozess be- wird dadurch angestoßen, dass bei dem Anbieter einer
ginnt der eigentliche Ladevorgang, bei der die Traktions- Dienstleistung Kosten durch die Inanspruchnahme dieser
batterie des angeschlossenen Elektrofahrzeugs aufgela- Dienstleistung entstanden sind. Die Kosten werden
den wird. Dieser Ladevorgang dauert an, bis ein Ereignis basierend auf einem vertraglichen Regelwerk von dem
eintritt, welches zum Abbruch des Ladevorgangs führt. Intermediär auf monatlicher Basis erstattet. Nach jedem
Dieses Ereignis kann entweder das fahrzeugseitige Ent- Ladevorgang werden Transaktionsdaten von der Lade
riegeln des Ladekabels, eine Abbruchanfrage per mobile station übertragen, die eindeutig einer Ladestation zuge-
Anwendung oder eine erneute Authentifizierung mit einem ordnet werden können. Diese Daten werden aggregiert
Ausweismedium an der Ladestation sein. und die entstandenen Kosten berechnet, um diese dem
Anbieter zu erstatten.
Während des Ladeprozesses müssen außerdem die an-
gefallenen Transaktionsdaten übertragen und gespei-
chert werden, da diese Daten später für die Abrech- 7.4.1 Methodik zur Erfassung der Geschäfts-
nungsprozesse benötigt werden. prozesse
135
ladenetz.de den Ladepunkt durch Schließsysteme zu reglementieren.
Die eLine Smart bietet eine hohe Vielfalt an Authentifizie-
ladenetz.de ist eine seit dem Jahr 2010 bestehende rungsverfahren. Diese lassen sich in lokale und entfernte,
Kooperation von Stadtwerken zur Einführung, Weiterent- Remote-Authentifizierungsarten unterscheiden. Zu letzte-
wicklung und Förderung von Elektromobilität. Hinter dem ren zählen die Freischaltungsanfragen über die von RWE
Konzept ladenetz.de steht die smartlab Innovationsgesell- vertriebene Smartphone-App oder die Anfrage mittels
schaft mbH. Ziel der Kooperation ist es ein bundesweit Premium SMS. Lokale Authentifizierungsanfragen unter-
flächendeckendes Ladesäulennetzwerk zu errichten, stützt RWE in Form von intelligenten Ladekabeln mittels
welches Kunden das einfache Aufladen ihrer Elektromo- Powerline Communication und der Verwendung von
bile ermöglicht. RFID-Karten.
137
7.5 Deduktion von Best-Practice- In einer abschließenden Prüfung wurden die Best Practi-
Empfehlungen ces kritisch auf ihre Anwendbarkeit im Projektkontext
überprüft. Da CrowdStrom über einige spezielle und neue
Elemente im Gegensatz zu den bestehenden Unterneh-
Nach Abschluss der Modellierung der Ist-Prozesse ent- men verfügt, mussten einige Prozessschritte oder gar
sprechend der durchgeführten Interviews wurden die ganze Prozesse konzipiert und entsprechend modelliert
verschiedenen Prozessvarianten als Grundlage für eine werden
Soll-Modellierung weiterverwendet.
Die Soll-Modelle lassen sich in die Kategorien Vertrags-
partnerprozesse, Verwaltungsprozesse und Prozesse des
7.5.1 Evaluation und Kondensierung der Ladevorgangs mit den Akteuren Kunde (Nutzer, Anbieter),
Ist-Prozesse Intermediär (CrowdStrom) und Vertragspartner einteilen.
Authentifizierung Die Alternative sich auch per App (z.B. mit Kundennum-
mer und Persönlicher Identifikationsnummer, PIN) authen-
Der Authentifizierungsprozess konnte bei den sechs Inter- tifizieren zu können, sollte als zusätzliches Service-Ange-
viewpartnern Ebee, Hubject, ladenetz.de, sms&charge, bot ebenfalls integriert sein. Die Ladestationen könnten
Stadtwerke Münster und The New Motion erhoben wer- hierfür mit entsprechenden QR-Codes (Quick Response
den. Zwischen den einzelnen Prozessen gibt es viele Codes) beklebt werden, die die Eingabe der Ladestation-
Gemeinsamkeiten und nur wenige grundsätzliche Unter- ID erübrigen und damit den Vorgang der Freischaltung
schiede. beschleunigen. Es gibt zahlreiche denkbare Szenarien, in
denen der Nutzer ohne Karte auskommen muss, zum Bei-
Die Unternehmen können nach dem genutzten Authentifi- spiel wenn sie abhandengekommen ist oder schlicht ver-
zierungsmedium kategorisiert werden. Am häufigsten (bei gessen wurde. Diese zusätzliche und rein optionale App
fünf von sechs Anbietern) wird eine RFID-Karte verwen- würde eine anwenderfreundlichere Teilnahme und Nut-
det. Die Anbieter Ebee, Hubject und ladenetz.de bieten zung von CrowdStrom ermöglichen und bietet außerdem
außerdem die Möglichkeit an, Ladestationen per Smart- die Möglichkeit für zusätzliche Service-Angebote, wie
phone-App freizuschalten. Die spezielle Variante der Au- eine komfortable Suche und Navigation zu der nächstge-
thentifizierung per SMS wird nur von sms&charge ver- legenen Ladestation oder Einsichtnahme der letzten La-
wendet. Bei einer Fehlermeldung während der Authentifi- devorgänge und der dadurch entstanden Kosten oder Er-
zierung durch eine unleserliche Karte ermöglicht The New träge aus Sicht des Kunden beziehungsweise des Anbie-
Motion auch eine Authentifizierung durch einen Telefon- ters. Die Bestrebungen, eine App zu entwickeln, konnten
anruf. Als Best Practice wird das Authentifizierungsverfah- durch eine quantitative Studie im Rahmen des Projektes
ren per RFID-Karte für CrowdStrom übernommen. Zum bekräftigt werden.
einen ist dies die am häufigsten eingesetzte Variante und
entspricht dem Vorschlag der Stadtwerke Münster, die Die Gründe, die Authentifizierung abzulehnen, sind stan-
Partner des Projekts sind. Zum anderen wurde die RFID- dardmäßig die Nicht-Lesbarkeit der Karte, das Fehlen
Karte im Rahmen der Präferenzmessung potenzieller Kun- der ID in den Kundendaten und Funktionsunfähigkeit der
den als präferierte Authentifizierungsmöglichkeit ermittelt. Ladestation.
139
Ladevorgang sendet und diese prüft, ob der Nutzer berechtigt ist, den
Ladevorgang zu beenden. Ist dies der Fall, beendet die
Bei den fünf Interviewpartnern Ebee, Hubject, ladenetz. Leitstelle den Ladevorgang. Somit wird sichergestellt,
de, sms&charge und The New Motion konnten Prozesse dass nur der Nutzer den Ladevorgang beenden kann, der
zum Ladevorgang erhoben werden. Die Analyse hat erge- diesen auch initiiert hat. Die gesamte Kommunikation zwi-
ben, dass die Möglichkeiten der Kommunikation zwischen schen Ladestation und Leistelle wird dabei mithilfe des
Ladestation und Back-End abhängig von der Ladestation OCPP 1.5 abgewickelt. Diese Möglichkeit wird von Ebee,
und dem unterstützen Protokoll sind. Dabei haben die In- ladenetz.de und The New Motion genutzt.
terviewpartner sich vorrangig des OCPP 1.5 bedient, um
den Start des Ladevorgangs und verschiedene Optionen Eine andere Möglichkeit ist es, die Leitstelle direkt zu
zum Beenden zu implementieren. Grundsätzlich wird der benachrichtigen und den Ladevorgang zu beenden. Um
Ladevorgang beendet, sobald der Nutzer das Ladekabel mit der Leitstelle zu kommunizieren und die Authentifizie-
fahrzeugseitig entriegelt und aus dem Fahrzeug zieht. rung zu gewährleisten, kann man zum Beispiel eine SMS
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass das Fahrzeug versenden oder eine App verwenden. Dabei prüft die
direkt mit der Ladestation kommuniziert. Dieses ge- Leitestelle entweder, ob die SIM-Karte, von welcher aus
schieht unter der Verwendung des Standards ISO/IEC die SMS versendet wurde, oder der Inhalt der SMS (z.B.
15118 (auch Plug&Charge genannt). Der zweite Teil dieser UserID), autorisiert ist, den Ladevorgang zu beenden.
ISO-Norm ist seit dem April 2014 erhältlich. Bei dieser Ähnlich funktioniert auch die Authentifizierung per App.
Möglichkeit teilt das Auto der Ladestation seine ID mit Hierbei wird die UserID mithilfe der Internetverbindung
und diese wird dann an die Leitstelle übertragen. Ist die vom Handy an die Leitstelle übertragen. Ist die Authenti
ID zum Laden berechtigt, wird der Ladevorgang freige fizierung erfolgreich, beendet die Leitstelle den Ladevor-
geben. Durch die direkte Kommunikation wird ein intelli- gang an der gewünschten Säule für den Benutzer.
gentes Laden ermöglicht, welches die Stromnetze entlas-
ten soll. So kann das Laden zeitbasiert stattfinden, wenn
Strom zum Beispiel reichlich vorhanden und günstiger ist.
Falls das Stromnetz stark beansprucht wird, kann der
Ladevorgang zudem auch gedrosselt oder abgebrochen
werden.
141
ken Münster geplant und soll direkt an die Ergebnisse der
Soll-Modellierung anknüpfen. In diesen Prozess werden
auch die im Rahmen einer Studie zur Messung von Präfe-
renzen und Zahlungsbereitschaften erzielten Ergebnisse
eine essentielle Rolle spielen, um ein Produkt zu entwi-
ckeln, welches auch wirklich den Bedürfnissen und An-
sprüchen der potentiellen Nutzern entspricht. Auch eine
hier nur kurz zu erwähnende in diesem Zusammenhang
durchgeführte Befragung von Experten aus den Berei-
chen Elektromobilität und Ladeinfrastruktur stellt einen im-
mensen Wert für die Ausgestaltung der CrowdStrom-Pro-
jektidee dar. Aus den Erfahrungen, Einschätzungen und
Meinungen dieser Experten konnten Erkenntnisse zu wirt-
schaftlichen, organisatorischen, technischen aber auch
sozialen und psychologischen Determinanten gewonnen
werden, die ebenfalls in die tatsächliche Prozessgestal-
tung einfließen werden. Die zweite Projektphase, die auf
die Implementierung fokussiert ist, wird hierbei von emer-
genten Synergieeffekten durch die Heterogenität der ein-
zelnen Projektpartner profitieren und bestätigen, dass
Forschungsallianzen aus Industrie und Wissenschaft in
der Lage sind, besonders praxisrelevante und auch trag-
fähige Lösungen zu aktuellen Fragestellungen der Elek
tromobilität zu erschaffen.
143
Derartige Dienstleistungen, welche die technische Seite 8.2 Zielsetzung von KIE-Lab
der Elektromobilität mit einem Kundenservice kombinie-
ren, werden Brückendienstleistungen genannt. Diese Ziel des Projektes ist es, ein neuartiges Instrument des
koppeln die Vorteile der Elektromobilität mit den Rahmen- Innovationsmanagements zu entwickeln – das Kunden-In-
bedingungen und Wünschen der Konsumenten. novationslabor Elektromobilität, kurz KIE-Lab. Die Kern-
funktion des KIE-Labs ist es – wie der Name verdeutlicht
– die drei Bereiche Elektromobilität, Innovation und Kun-
den zu verbinden, um mehrwertbringende Dienstleitungs-
innovationen zu schaffen.
m
pr
Zielgruppen umgesetzt.
ob
ns
ilitä
Innovatio
145
wahrgenommene Wissen nicht mit dem tatsächlichen zwischen 350 (Aral AG 2013, S. 18) und 400 Kilometer
Fachwissen gleichgesetzt werden kann. Im gewerblichen (GfK 2012) angegeben. Durch das Bereitstellen von Test-
Bereich wurde in Deutschland als Anschaffungsgrund vor fahrzeugen und die Nutzung dieser reduziert sich die
allem die Wirtschaftlichkeit der Fahrzeuge bei einer Unter- geforderte Reichweite jedoch auf 100 bis 200 Kilometer
suchung genannt. Der Imagegewinn durch den Einsatz (Krems et al. 2010, S. 5-6; Cocron et al. 2011, S. 16;
der Fahrzeuge wurde dagegen als „netter Nebeneffekt“ Pearre et al. 2011, S. 1171). Dies ist auf eine ursprüngliche
eingestuft. Ebenfalls nicht von Bedeutung für die An- Fehleinschätzung des eigenen Mobilitätsradius zu-
schaffung ist die Rolle als technologischer Vorreiter durch rückzuführen, die durch die Erfahrungen mit einem Elekt-
den Erwerb der Elektrofahrzeuge (Globisch 2014). roauto korrigiert und der Realität angepasst wird. Die mit
einem Elektroauto am Stück zurücklegbare Entfernung
Elektroautos stehen insbesondere im Fokus junger Men- ist somit vielmehr eine psychologische Barriere, welche
schen zwischen 18 und 35 Jahren, wohingegen elektri- mithilfe von Praxiserfahrung und der korrekten Bereitstel-
sche Fahrräder mit steigendem Alter eine höhere Nutzer- lung von Informationen beseitigt werden kann (Franke et
akzeptanz erfahren (Hidrue et al. 2011, S. 704; Sinus al. 2012, S. 387). Gestützt wird dies durch Untersuchun-
2013, S. 69-70). Die ersten Käufer von elektrischen Autos gen der Innovationsbereitschaft von Kurieren bezüglich
sind hierbei überwiegend männlich, wohlhabend und Elektro-Lastenrädern. Die Unternehmer der Branche ver-
technikaffin (Peters et al. 2011, S. 987). Darüber hinaus weigerten hierbei teilweise trotz zahlreicher ökonomischer
haben Haushalte mit Elektrofahrzeugen meist ebenfalls Vorteile systematisch den Einsatz der Fahrzeuge und
Zugriff auf ein zweites Auto mit Verbrennungsmotor, bestätigen damit, dass selbst in Unternehmen kein voll-
um auf diese Weise längere Distanzen zurücklegen zu ständig rationales Verhalten bezüglich des Einsatzes von
können (Pierre et al. 2011, S. 1441). Elektrofahrzeugen erkennbar ist (Gruber et al. 2013, S.
157-163).
Auffallend ist die Diskrepanz zwischen dem durch
schnittlich höheren Einkommen der Eigentümer von elek Gerade für Pendler bietet sich der Einsatz von Elektro
trischen Fahrzeugen gegenüber denjenigen, welche an fahrzeugen an und stellt keinerlei Beschränkungen für die
der Anschaffung Interesse bekunden (Erdem et al. 2010, Fahrer dar. Unerfahrene Nutzer sehen jedoch zunächst
S. 3038). Die Ursache ist in der Preisdifferenz zwischen die geringere Reichweite als größten Nachteil an. In der
Elektrofahrzeugen und den klassischen Modellen zu Realität ist aber für die Fahrt zur Arbeit der tägliche Lade-
sehen. vorgang meist ausreichend und das gezielte Ansteuern
einer Tankstelle entfällt, sodass diese psychologische
Bezüglich der benötigten Mindestreichweite von Elektro- Barriere mit der Praxiserfahrung fällt. Weiterhin konnte
autos werden in Studien ohne eigene Erfahrung mit Elek eine Änderung des Fahrverhaltens mit einem Elektro-
troautos von deutschen Probanden Durchschnittswerte fahrzeug gegenüber einem regulären Auto in den ver-
147
8.4 Die Expertensicht auf die zugesprochen. Noch bestehende technische Probleme
Elektrom obilität und ihre Heraus- werden als zeitnah lösbar angesehen und das Design
wandelt sich von „langweilig“ in „stylisch“, gerade durch
forderungen Marken wie Tesla und BMW. Die größere Herausforde-
rung wird eher in der Harmonisierung der Leistungen der
Um den Blick der Forschung mit der Praxis abzugleichen unterschiedlichen Anbieter gesehen, die es für eine effek-
und weitere Erkenntnisse zu sammeln, wurden zehn Inter- tive Umsetzung benötigt. Diese ist aktuell noch nicht aus-
views mit Experten für Elektromobilität im Umfang von 60 reichend beziehungsweise entwickelt sich zu langsam.
bis 90 Minuten durchgeführt. Dabei wurden bewusst ver-
schiedene Perspektiven berücksichtigt sowohl in Bezug Da sich die Elektromobilität noch in einer frühen Markt-
auf die Regionalität als auch im Hinblick auf den beruf phase befindet und die Forschungs- und Entwicklungs-
lichen Hintergrund und die Arbeitsschwerpunkte. kosten in die Preise mit einfließen, ist die neue, schick de-
signte Elektromobilität gerade beim Thema Elektroauto
Das Expertenwissen stimmt mit dem aktuellen Stand der nicht diskriminierungsfrei. Autos wie der Tesla verändern
Forschung zum größten Teil überein. So bestätigen die das Image; der Kauf ist durch die hohen Preise für wenige
Befragten, dass die bisherige Betrachtung und damit Zielgruppen realisierbar. Hinzu kommt, dass zum Beispiel
auch die Herangehensweise an Elektromobilität technisch Menschen mit eigenen Häusern beziehungsweise Woh-
geprägt sind, was nicht ausreicht. Hinzu kommt, dass in nungen mit eigenem Parkgaragenstellplatz viel mehr Zu-
der Vergangenheit oftmals versucht wurde, den Markt der gang zur Elektromobilität haben als Bewohner von norma-
Elektromobilität analog zum Auto- oder Energiemarkt zu len Mietwohnungen. So ist der sichere und notwendige,
behandeln beziehungsweise es wurden direkte Verglei- feste Zugang zu Ladestationen nicht gegeben, erst Recht
che gezogen. Dies scheiterte aufgrund der eigenen Ge- nicht die Nutzung von „echtem grünen Strom“ aus der
setzmäßigkeiten der Elektromobilität. „Elektromobilität ist eigenen Photovoltaikanlage, der kostenfrei das eigene
sehr viel mehr als Autofahren. Es ist eine Querschnitts- Elektroauto auftankt.
technologie und wirkt sich in der Folge auf das menschli-
che Verhalten, den Alltag aus“, sagte ein Experte und ein Der relevanteste Aspekt ist jedoch die fehlende Einbin-
anderer fasste es so zusammen: „Es geht nicht nur um dung des Kunden. Elektromobilität wird von vielen Men-
das Auto, sondern vor allem darum, was um das Medium schen zum einen nicht wahrgenommen und wenn doch,
Elektromobilität zukünftig entstehen kann und soll, wenn dann löst es eher Bedenken und Ängste aus (Beispiel:
Mobilität ganzheitlich gesehen und neu gedacht wird.“ Was passiert in einer Unfallsituation?). Die Vorteile werden
nicht gesehen beziehungsweise aufgrund der Größe der
Bezüglich der technischen Entwicklung und dem Design Hindernisse und des Einstiegspreises nicht beachtet.
wird der Elektromobilität mittlerweile die „Salonfähigkeit“ Zudem haben die Kunden bereits eine Mobilitätslösung
149
8.5 Zum Vorgehen im Projekt KIE-Lab: und der Qualifikation der Beschäftigten wie auch der
Die Entdeckung des Kunden Kunden.“ Auch deshalb ist es notwendig, bei der Markt-
entwicklung für Elektromobilität nicht allein auf techno
Mit Blick auf den Stand der Forschung und die Experten- logische Innovationen zu setzen.
interviews wird deutlich, dass der Nutzer beziehungs-
weise der Kunde vor allem als Objekt gesehen wird, dem Eine klare Grenzziehung zwischen Entwickler, Anbieter
das Gesamtsystem Elektromobilität auferlegt wird. Er und Kunde ist bei Dienstleistungsinnovationen aus unse-
spielt bei der Entwicklung von marktfähigen Produkten rer Sicht nicht mehr sinnvoll. Kunden sollen im Rahmen
und Dienstleistungen rund um Elektromobilität bislang des Projektes KIE-Lab vielmehr unmittelbar in Entwick-
eine eher nachgeordnete Rolle. Zwar gibt es auch Stu- lungsprozesse einbezogen werden; einerseits, um ihr Er-
dien, die sich mit den Anforderungen der Nutzer an Elek fahrungswissen und ihre kreativen Potenziale für Innovati-
tromobilität beschäftigen. Diese beschränken sich jedoch onen zu aktivieren, andererseits, um die Marktadäquanz
darauf, einen Anforderungskatalog an Elektromobilität und die Viabilität der neuen Dienstleistungen sicherzu-
zu formulieren, der sich aber insbesondere an den beste- stellen. Unternehmensgrenzen überschreitende Innovati-
henden Mobilitätssystemen orientiert. Außerdem wird der onsprozesse unter Einbeziehung des Kunden können
Nutzer beziehungsweise potenzielle Kunde bislang nicht hierbei als Interaktionssysteme verstanden werden, deren
unmittelbar in Innovations- und Entwicklungsprozesse Gestaltung, Stabilisierung und Entwicklung hohe Anforde-
einbezogen. Als Innovationstreiber und als Entwickler von rungen an das Innovationsmanagement eines Unterneh-
Innovationspfaden – sprich, als Partner und Kollaborateur mens setzt. So ist zum Beispiel in Open-Innovation-Pro-
von Dienstleistungsinnovationen im Bereich Elektromobi zessen häufig unklar, wie nicht nur die Unternehmen, son-
lität – ist der Kunde bislang nicht vorgesehen. dern auch die Kunden am Innovationserfolg partizipieren
können.
Zahlreiche Studien zur Dienstleistungsforschung zeigen
dabei auf, dass Innovationen in wissensintensiven Ökono- Nichtsdestotrotz zeigen gerade hochdynamische Bran-
mien in einem organisierten Prozess des Zusammenspiels chen wie die IT-Wirtschaft, dass erfolgreiche Geschäfts-
von Unternehmen und Kunden erfolgen. Die sozialwissen- feldentwicklungen einer sozial akzeptablen Form der
schaftliche Dienstleistungsforschung verdeutlicht weiter- Kundenintegration und Kundeninteraktion bedürfen. Dies
hin, dass die Entwicklung neuer Dienstleistungen nicht für die Entwicklung von neuen Dienstleistungsmärkten
mit technischen Innovationsprozessen zu vergleichen ist: im Bereich Elektromobilität zu nutzen, ist nicht nur ein De-
„Dienstleistungsinnovationen unterscheiden sich in vielen siderat der dort aktiven Unternehmen und Dienstleister,
Punkten von Produktinnovationen. Sie hängen weniger sondern auch der anwendungsbezogenen und gestal-
stark von formalisierten FuE-Prozessen ab, dafür aber tungsorientierten Dienstleistungsforschung und Ziel des
stärker von der Kommunikation in Innovationsnetzwerken KIE-Lab Projektes.
Ein Beispiel im Bereich des Carsharing möge dies ver- Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es sowohl aus
deutlichen: Ein Autofahrer ist es gewohnt, ein Kraftfahr- der Sicht der Forschung als auch aus Sicht der Unterneh-
zeug (Kfz) zu besitzen, ständig zur Verfügung zu haben men notwendig ist, verstärkt Kunden in Innovationspro-
und individuell zu gestalten. Elektromobilitätskonzepte zesse einzubinden. Das Ziel ist, durch die neuen Brü-
werden aber möglicherweise nicht auf Besitz, sondern auf ckendienstleistungen nachhaltige, selbsttragende Markt-
Benutzung aufbauen, das heißt ein Nutzer wird täglich entwicklungen auszulösen, die den Kreis der Zielgruppen
neue Fahrzeuge verwenden. Dies hat durchaus Vorteile erweitern und zusätzlich Dienstleistungsarbeitsplätze
für den Fahrer, stört aber dessen Gewohnheiten. So muss schaffen.
ein Nutzer sich etwa zu einem Sammelpunkt begeben
oder „sein“ Auto im Verkehrsnetz suchen. Zudem findet
er ein de-individualisiertes Auto vor, bei dem keine per-
sönlichen Akzente vorhanden sind und bei dem individu-
elle Einstellungen (Klimaanlage, Sitz, Spiegel) jedes Mal
151
8.6 Ergebnisse Rahmenbedingungen für Elektromobilität (preiswerte nuk-
leare Energie) einen Innovationsvorsprung in diesem Be-
Eine explorative Studie zum Start des Projektes KIE-Lab, reich, der produktiv für das Projekt KIE-Lab genutzt wer-
in der führende Elektromobilitätsexperten aus verschiede- den kann. Zudem hat die Kooperation mit der Universität
nen Schaufensterregionen zum Thema Elektromobilität Burgund zu einem breiten Wissensaustausch im Bereich
befragt wurden, hat – ebenso wie der Blick in die vorhan- der Forschungen zur interaktiven Dienstleistungsentwick-
dene Forschung – gezeigt, dass neben bekannten hem- lung und zu Kundenarbeit geführt. Darüber hinaus konnte
menden Faktoren bei der Entwicklung des Dienstleis- das KIE-Lab als Instrument der Forcierung von beteili-
tungssystems Elektromobilität die Verbesserung der Inno- gungsorientierten Innovationsprozessen in Unternehmen
vationsprozesse durch eine stärkere Einbindung des Kun- praktisch erprobt und durch das französische Partner
den als Innovationstreiber bislang vernachlässigt wurde. institut evaluiert und verbessert werden.
Es fehlt an Instrumenten für Unternehmen und an Erfah-
rungen zur Förderung der interaktiven Dienstleistungsent- Auf der Basis dieser Ergebnisse wurden das bisherige
wicklung im Bereich Elektromobilität. Vorschlagswesen und die Innovationsstrukturen des KIE-
Lab-Praxispartners vertieft analysiert. Es wurden eine
Die Ergebnisse dieser Recherche haben als Grundlage Reihe von Verbesserungs- beziehungsweise Weiterent-
für die Kundenbefragungen gedient, in der einerseits die wicklungsdimensionen identifiziert.
Akzeptanz von neuen elektromobilen Dienstleistungen
und den von den Experten entwickelten Szenarien für die So gelingt es vielen Unternehmen in der Energiebranche
systemische Nutzung von Elektromobilität ermittelt wurde offenbar heute noch nicht, partizipative oder interaktive
und andererseits die Innovationspotenziale von Kunden Konzepte der Dienstleistungsleistungsentwicklung unter-
für die Entwicklung neuer Dienstleistungen in den Prozes- nehmensintern (d.h. mit den eigenen Mitarbeitern) sowie
sen offener Innovation im Rahmen der KIE-Labs analy- unternehmensextern (d.h. in Zusammenarbeit mit Kunden)
siert wurden. erfolgreich umzusetzen.
Im Rahmen eines intensiven Austausches mit dem franzö- In einem ersten Schritt wurde daher im Projekt ein Hand-
sischen Partnerinstitut, dem Laboratoire SPMS – Socio- lungsmodell für das partizipative Innovationsma-
Psychologie et Management du Sport an der Universität nagement in Unternehmen entwickelt und praktisch er-
Burgund in Dijon wurden eine Reihe von Innovations probt, das sich am Vorgehensmodell des KIE-Labs orien-
pfaden für elektromobile Dienstleistungen ermittelt, die tiert. Es sieht ein umfassendes und strukturiertes Modell
nunmehr in den Praxisprozess des Verbundes einge- der interaktiven Entwicklung von neuen Dienstleistungs-
speist werden und die ein weiteres Anregungspotenzial ideen mit den unternehmenseigenen Mitarbeitern vor. Ziel
für Innovationen bieten. Frankreich hat aufgrund anderer ist die partizipative Umsetzung neuer Ideen vor allem
153
9 Regionales eMobility Netzwerk (REMONET):
Mobilitätswandel durch Elektromobilität?
Gustav Bergmann, Jürgen Daub, Feriha Özdemir, Stefanie Bingener, Dominik Eichbaum
Die Infrastruktur ist besonders durch den Güterverkehr Allein in China gibt es schätzungsweise 100.000 Ver-
belastet. Etwa 70.000 Personenkraftwagen (Pkw) belas- kehrstote pro Jahr. In den Städten kommen wir langsamer
ten die Straßen in gleichem Maße wie ein 40-Tonner. voran als früher. In Peking hat sich die Geschwindigkeit
Eine deutliche Mauterhöhung für Lkw wäre eine Lösung, von 20 Kilometern je Stunde (km/h) halbiert. Die Pekinger
aber es geschieht nichts dergleichen. Güterverkehr über fahren heute mit Autos und sitzen in den Abgasen. Heut-
die Straße wird direkt oder indirekt hoch subventioniert, zutage bestreiten wir 53 Prozent aller Wege per Auto, so-
genauso wie die Anschaffung von schweren Luxuslimou- zusagen leben wir im Auto. Wir beschleunigen, aber kom-
sinen (Firmenwagen). men nicht vom Fleck. Die Innenstadtgeschwindigkeit im
Vergleich: London 19 km/h, München 32 km/h, Peking
zehn km/h (früher 20 km/h). 440 Tage unseres Lebens
9.1.1 Rasender Stillstand oder “The best Car stehen wir im Stau und 600 Tage vor roten Ampeln. Auf
is no Car” den Bus warten wir im Durchschnitt 220 Tage im Leben.
Sind mehr Straßen und Autos wirklich die Lösung? The
Mit Paul Virilio können wir vom rasenden Stillstand spre- best car is no car. Die beste Lösung wäre eine andere
chen. Wir erzeugen und praktizieren immer mehr Verkehr Mobilität, mit weniger Umweltverbrauch, mehr Gesund-
mit immer mehr Fahrzeugen und ernten deshalb Immobi heit, mehr Freude und Gemeinsamkeit.
lität. Wir stehen im Stau, vor Ampeln oder werden immer
langsamer. Mobilität ist nicht gleichzusetzen mit Verkehr. Sollen wir alle Autos wirklich auf Elektromobilität umrüs-
Wachstum ist nicht gleichzusetzen mit Wohlstand. Das ten? Welches Problem löst eigentlich Elektromobilität?
große Rasen und Beschleunigen mindert unseren Lebens- Früher gab es Freude am Fahren. In der frühen BMW
genuss. Wir verschulden uns für das Auto. Wir geben Werbung kreuzte ein einsamer Fahrer über leere Land-
mehr für Autos als für Ernährung aus – wir bezahlen straßen zu Take Five des Dave Brubeck Quartetts. Nun
durchschnittlich von unserem Haushaltseinkommen 15 werben die Autofirmen für sportliche Fahrzeuge mit immer
155
mehr Pferdestärken – auch für Elektroautos. So verbrau- bilität, die Spaß macht und Mobilität, die arm macht. Was
chen wir heute mehr pro gefahrenen Kilometer als vor 40 passiert eigentlich, wenn man das Problem verkürzt? Die
Jahren. Die Autos sind schwerer, voller Luxusausstattung, Probleme der Mobilität sind größer und vom Beobachter
voluminöser und leistungsstärker. abhängig.
Oder wollen wir wirklich demnächst mit dem Google Car Der Verkehr erzeugt folgende Probleme: Ressourcen-
durch den Stau gefahren werden? Dann sollte es doch übernutzung, Stau und andere Zeitverluste, Emissionen,
eher Jugendliche zur Disko transportieren oder alte Men- Stress, Kosten, Unfälle und Naturzerstörung, ästhetische
schen zum Konzert oder zum Arzt. Das Auto wird dann und gesundheitliche Schäden. Wenn man das Problem
zum fremdgesteuerten Ersatzmobil für spezielle Einsätze. unterkomplex und einseitig definiert, gelangt man zu „pro-
Der übrige Verkehr läuft über Omnibusse, also Vehikel für blemerzeugenden Pseudolösungen“ oder marginalen Er-
alle und multimodale Mobilitätsangebote. gebnissen. Elektromobilität mit Autos löst nur ein Teilprob-
lem im gesamten Feld: Es entstehen am Ort der Bewe-
Das klassische Auto wird uns fremd. Die Jugend wendet gung zwar keine Emissionen, weder Abgase noch Schall
sich ab. Schon beginnen die Autokonzerne sich zähne- – die Emissionen entstehen allerdings an anderer Stelle.
knirschend neu zu orientieren. Sie präsentieren neue An- Mobilität ist indessen mehr als räumliche Mobilität. Sie
triebe, so dass die Elektroautos die Busspur blockieren, steht in Verbindung mit sozialer und geistiger Mobilität.
wie es in Oslo zu beobachten ist. Sie versuchen sich not-
gedrungen als Mobilitätsanbieter neu zu positionieren.
Die Rollen werden neu verteilt. Die Märkte werden sich 9.1.2 Abduzierende Innovationssysteme:
extrem verändern. Google, Siemens, Tesla sind nur einige räumlich, sozial und geistig mobil werden
neue Mitspieler auf dem Auto- oder besser Mobilitäts-
markt. Die Bundesregierung hat mit der Einführung von In Innovations- und Entwicklungsprozessen ist es erfah-
einer Million Elektroautos bis 2020 kein sinnvolles Ziel vor- rungsgemäß ratsam, zunächst die gesamte Situation um-
gegeben. Dagegen wären fünf Millionen Autos weniger fassend aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
ein Ziel. Im Prozessdesign des Solution Cycle besteht die erste
von acht Phasen in einem pluralen Erkennen (vgl. Berg-
Rasender Stillstand, das große Schwirren, Effizienzwahn, mann 2014). Wir sprechen hier von einer „multiple reality“.
Flexibilität, permanente Erreichbarkeit, Profit als höchstes Dabei werden nicht nur unterschiedliche Sichtweisen,
Rechtsgut? Wir sind extrem materiell, ruinieren unsere sondern auch die Interessen und Einflusspositionen be-
Gesundheit, unser Zusammenleben, unser Leben in dem leuchtet.
Wachstums- und Steigerungsspiel, das kein schönes
Spiel ist. Wir sind extrem schlecht organisiert. Es gibt Mo-
157
Vier bis sechs Fahrten für eine Billigtextilie, da viele sich 9.1.4 Problembeschreibungen
die Waren zur Auswahl schicken lassen. Just-in-time-Pro-
duktion führt zu fahrenden Lagern auf der Straße, die Nach einer pluralen und komplexen Diagnose der gesam-
Subvention des Transportes führt zu weltweitem Hin-und- ten systemischen Situation erscheint es im zweiten Schritt
Her-Liefern von ein und denselben Waren. Es gibt kein des Solution Cycle als sinnvoll, die Hauptproblematik im
Mobilitätswachstum, denn nimmt die Zahl der Wege bei Dialog zu beschreiben. Ziel ist hierbei einen Common
einem Verkehrsmittel zu, nimmt sie bei den anderen ab. Ground zu bilden. Dabei sind wieder verschiedene Sicht-
Wenn man die Straßen für Autos verbreitert, ist weniger weisen und Interessen zu berücksichtigen. Die umfas-
Platz für Fußgänger oder Radfahrer und umgekehrt. Die sende Diagnose aller mit der Mobilität verbundenen Prob-
Beschleunigung und das Tempo verändern die räumli- leme und das tiefere Verstehen der Situation ergeben
chen Strukturen. Die Ziele und Quellen ändern sich, die dann meistens tragfähige und vielfältige Lösungsideen.
Wege werden länger und die Kosten höher. Es gibt in der Es ist insbesondere problematisch, von einem gegebe-
Gesellschaft derzeit keine Freiheit der Verkehrsmittelwahl. nen Mobilitätsbedarf auszugehen, der dann auch noch
Die Strukturen machen den Autofahrer und Online-Bestel- kontinuierlich wächst. Unter einer solchen Prämisse
ler (vgl. Knoflacher 2009). schränkt man die Lösungswege unzulässig ein
.
Es ist insofern zu untersuchen, wie sich Bedarfe und Be-
dürfnisse verändern, wenn andere Mobilitätsangebote 9.1.5 Ideenentwicklung
entstehen oder wenn man die Sphären von Wohnen, Kon-
sum, Produktion, Freizeit, Kultur und Bildung wieder stär- Im dritten Schritt des Solution Cycle geht es um die
ker miteinander verschränkt. Darüber hinaus ist zu erfor- Ideenentwicklung zu den Problembereichen. Wir können
schen, wie man Transport (Stoffströme) verringern kann. dann das Sharing, die dezentrale Energiegewinnung, die
In der Maker Culture oder dem Handwerk 4.0 (Fab Labs, dezentrale Fertigung in Commonsstrukturen als Lösungs-
Repair Center, Commons) entstehen neue Möglichkeiten, beiträge untersuchen. Hier wäre zu untersuchen, wie of-
weniger schwere Stoffe und mehr Ideen und Geist (Blau- fene, dialogische Formen der gemeinsamen Kreativitäts-
pausen) auf die Reise zu schicken. Auch hierbei können entwicklung angewendet und verbessert werden können.
in den Communities Beobachtungen und Interviews Es geht hier um Mitwirkung (Open Space, Open Innova-
durchgeführt werden, um diese aufkommende Entwick- tion und Usability) und Kompetenzerwerb durch Aus-
lung besser zu verstehen. tausch in Netzwerken und die Fokussierung auf regionale
Aspekte. Es sind dazu geeignete Experimentierfelder
(Living Labs, Usability Labs, Repair Center, Communities
of Innovation) zu entwickeln und angemessene Methoden
(Abduktion, Serendipity) zu erproben.
159
Towns. Wohlstand entwickeln statt Wachstum des Brutto- Fassen wir hier zusammen, wie ein Plan zur bewegenden
inlandsprodukts (BIP) bedeutet, dass alle daran teilhaben Entwicklung und sinnvoller gesellschaftlicher Mobilität
können und nicht nur einige davon profitieren. aussehen könnte:
Geistige Mobilität: Geistige mal physische Mobilität ist • Durch Neuordnung des Städtebaus, der Raumordnung
eine Konstante. Wenn wir zu wenig geistreich agieren, und Regional- und Stadtentwicklungsszenarien den
müssen wir uns selbst und unsere Güter eben immer Zwangsverkehr reduzieren.
mehr hin und her bewegen beziehungsweise transportie- • Reduzierung der Privilegien und Subventionen für den
ren. Die bewegende Entwicklung besteht hier einmal Pkw- und insbesondere den Lkw-Verkehr.
darin, den Geist auf Abwege zu bringen, um andere • Internalisierung externer Kosten. Jeder Verursacher
Ideen zu entwickeln. Die andere geistige Mobilität besteht von Schäden haftet und übernimmt auch die finanzielle
darin, die Ideen, Erfindungen und Konzepte statt der Verantwortung dafür.
Dinge und Stoffe um die Welt zu schicken. Wir können • Der verbleibende Verkehr wird alternativ mobilisiert auf
das menschliche Zusammenleben weiter entwickeln und Basis regenerativer, möglichst dezentral erzeugter
wieder entdecken, das rein ökonomische Denken zurück- Energien.
drängen, Beziehungen zu den Mitmenschen, zur Natur, • Der öffentliche Verkehr wird durch die Allgemeinheit
zu den Dingen zu sich selbst auf Liebe, Lust und Leiden- gefördert und mit multimodalen Verkehrskonzepten
schaft umpolen. Sich das Leben wieder aneignen. Waren verknüpft.
Kant, Leonardo oder Einstein Dummköpfe? Sie waren • Das Teilen, Tauschen und Tüfteln wird besonders
Sesshafte, die das Geistige mobilisierten. Muße ist aller gefördert. Eine regionale Ökonomie reduziert die Stoff-
Lösung Anfang. Vielleicht sind wir nur aufgescheuchte ströme.
Akteure, die sich einbilden, häufig in den Urlaub zu müs-
sen, andauernd unterwegs zu sein, sinnlos zu konsumie- Wir entwickeln andere Lebensstile der Gemeinsamkeit
ren und immer auf der Suche nach Spektakel sind. und Zukunftsfähigkeit. Diese wunderbare Welt wird so-
wieso entstehen. Es fragt sich nur, wie lange wir diese be-
wegenden Entwicklungen aufhalten. Was wir dafür benö
tigen sind sechs Elemente: Gleichheit, Vielfalt, Mitwirkung
und Dialoge, freie Zugänge und Open Sources, Frei-
räume und Freizügigkeit sowie Maße und Regeln. Es sind
die Elemente eines anderen Systems, das wir in unserem
Buch „Das menschliche Maß“ beschrieben haben (vgl.
Bergmann und Daub 2012).
161
Fraunhofer IAO und PWC 2010, S.59 f.). Des Weiteren ist um den Sharinggedanken weiter zu verbreiten, eine
Elektromobilität nur dann ein deutlicher energetischer Sharingvariante zu entwickeln, welche über die komple-
Vorteil, wenn der Ladestrom aus regenerativ gewonnener mentäre Nutzung von Unternehmens-Carpools geht.
Energie stammt. Bei der Entwicklung von Elektromobili-
ätsgeschäftsmodellen sind diese Aspekte besonders zu
berücksichtigen, will man nicht wieder „Schadschöp- 9.2.1 Bestehende Vorteile und Nachteile der
fungsmodelle“ forcieren (vgl. Bergmann und Daub 2012). Elektromobilität
Diese Tatsache spricht dafür, dass bei der Entwicklung
von Elektromobilitätsdienstleistungssystemen das Augen- Die Elektromobilität bietet insbesondere hinsichtlich ihrer
merk insbesondere auf eine Systemlösung mit Carsha- Energieeffizienz deutliche Vorteile gegenüber Antriebs-
ring-Systemen und Poolfahrzeug-Management zu legen konzepten auf der Grundlage von Verbrennungsmotoren.
ist. Bei diesen beträgt die Primärenergieeffizienz nur 18 bis
23 Prozent, bei Elektromotoren 30 Prozent (vgl. Wietschel
Um also den vollen Nutzen bei der innovativen Einführung und Dallinger 2008, S. 8 ff.). Darüber hinaus sind Elektro-
von Elektromobilität in den Vordergrund zu stellen, ist es fahrzeuge wesentlich ressourcenvielfältiger, da Elektrizität
geboten, Ladestrom regenerativer Art zu verwenden und mit unterschiedlichen Primärressourcen hergestellt wer-
ferner auf den Effekt der unmittelbaren Emissionsfreiheit den kann. Dies hat einerseits eine größere wirtschaftliche
und der Lärmminderung in der Stadt hinzuweisen. Einen Unabhängigkeit zur Folge, zugleich kann starken Preis-
weiteren, sehr positiven Effekt kann Elektromobilität darü- schwankungen im Energieversorgungsbereich vorge-
ber hinaus dann bieten, wenn durch Einführung wohnort- beugt werden.
naher Carsharing-Systeme das allgemeine Verkehrsauf-
kommen durch Privat-Pkw-Nutzung im innerstädtischen Die Energieversorgung der Elektrofahrzeuge ist allerdings
Bereich reduziert werden kann. Hierbei besteht allerdings nur dann klimaneutral, wenn regenerativ gewonnene
die Schwierigkeit, dass schon mit konventionellen Treib- Energie zum Einsatz kommt. Weiterhin bieten Elektrofahr-
stoffen betriebene Carsharing-Konzepte in Deutschland zeuge den Vorteil, dass sie die Städte durch Null-Emissio-
noch nirgendwo gewinnversprechend arbeiten. E-Carsha- nen im Direktbetrieb von Feinstaub und Abgasen entlas-
ring unterliegt deswegen der doppelten Herausforderung, ten und durch geringe Geräuschentwicklung Lärm min-
dass einerseits der Sharinggedanke bei Automobilen in dernd sind. Das Reichweitenproblem ist ein eher theoreti-
ländlich strukturierten Stadtregionen noch nicht sehr ver- sches Problem, da 90 Prozent aller Fahrten mit Pkw unter
breitet ist und andererseits die Autos ohne herkömmliches 50 Kilometer Fahrtstrecke betragen (vgl. BMVBS 2009).
Antriebskonzept betrieben werden sollen. Zur Lösung
dieser Problemlage sind unkonventionelle Herangehens-
weisen erforderlich. Es wird wahrscheinlich sinnvoll sein,
163
die Mobilitätsgewohnheiten langfristig zu verändern und Elektrofahrzeugen im öffentlichen Raum kann bei den
dazu kann ein regionales, wohnumfeldnahes Nutzungs- Konsumenten die Wahrnehmung gefördert werden, dass
konzept für Elektrofahrzeuge sehr viel beitragen. Elektrofahrzeuge alltagstauglich sind.“ (Peters et al. 2013,
S. 268 f.) Eine wichtige Zusatzrolle kann dabei das kom-
Nur den Status quo privater Mobilitätsgewohnheiten fort- plementäre Angebot der Nutzung von E-Bikes sein. Hier-
zuschreiben, bringt aus unserer Perspektive keine grund- durch sind Nutzergruppen anzusprechen, die nicht direkt
legende Änderung für Städte. Die stadtinternen Problem- auf ein Elektroauto umsteigen würden und dennoch
lagen sind das größer werdende Aufkommen von Quell- der umweltfreundlichen Elektromobilität aufgeschlossen
verkehr im Stadtbereich und die intensive Nutzung von gegenüberstehen (Paetz und Dütschke 2012, S. 45 ff.).
Privat-Pkw in Klein- und Mittelstädten, die nicht über ein
gut ausgebautes ÖPNV-Netz verfügen. Will man in dieser Ebenso ist die nach wie vor bestehende Akzeptanzprob-
Hinsicht etwas ändern, spricht vieles dafür, eine Elektro- lematik von Elektrofahrzeugen, aus unserer Perspektive,
mobilitätsnutzung nicht mehr auf der Basis bisheriger Vor- nicht mit dem Argument des „Substitutionsdrucks“ bei
stellungen anzustreben, also nur eine Technik auszutau- zukünftig noch weiter steigenden Rohölpreisen zu begeg-
schen, sondern Verhaltensweisen langfristig mit zu verän- nen (vgl. Boston Consulting Group 2009). Diese Perspek-
dern. Kurze innerstädtische Wege zukünftig mit einem tive verkennt, dass das Automobil in Deutschland eine
Elektrofahrzeug oder einem E-Bike zurückzulegen, sollte immer noch starke Distinktions- und Statusfunktion hat,
neben dem zu Fuß laufen eine Selbstverständlichkeit wer- auch wenn das bei der jüngeren Generation zwischen 20
den. Um Mobilitätsvorstellungen zu verändern braucht es und 30 Jahren gerade abnimmt (vgl. Bratzel 2011, S. 20
neben Verhaltensänderungen eine „Kontextänderung“, f.). Diese Abnahme kann sicherlich gut für die Akzeptanz
das bedeutet, den öffentlichen Diskurs über Elektromobili- von Elektromobilität genutzt werden, dennoch sind viele
tät zu verändern und die Attraktivität für die Benutzung zu in den älteren Generationen nach wie vor aufs Auto als
erhöhen – der „Coolness-Faktor“ muss entstehen. Es ist Statussymbol fixiert.
unerlässlich, den öffentlichen Diskurs über ein veränder-
tes Mobilitätsverhalten im städtischen Raum zu prägen. Die Frage der Mobilität ist nicht als rein technische Frage
Mobilitätsvorstellungen hängen eng mit den Lebensbe zu beantworten. Mobilitätsgewohnheiten und Mobilitäts-
zügen der Menschen zusammen. Deshalb ist eine Ver vorstellungen sind sozial geprägte Habitusformen, die von
änderung von Mobilitätsvorstellungen nicht über einen einer Reihe von Indikatoren beeinflusst werden. In der
sich rational begründenden Wandel alleine möglich. Ak- jüngeren Generation beginnen sich bisherige Mobilitäts-
zeptanzerweiterung von Elektromobilität entsteht auch mit vorstellungen gerade zu wandeln. So wird es von einigen
der möglichen Nutzung und den beispielgebenden An- der jüngeren Generation nicht mehr unbedingt als not-
wendungen in einer Stadt (vgl. Schneider, Dütschke und wendig angesehen ein eigenes Auto zu besitzen, son-
Peters 2013). „Durch eine zunehmende Sichtbarkeit von dern die potenzielle Nutzungsmöglichkeit eines Pkw
165
erfolgen. Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Elektromo- zeuge über einen solches System teilen als Dienstwagen
bilität dürfen nicht bei kurzsichtigen betriebswirtschaftli- zu kaufen oder zu leasen. Für einen Carsharing-Anbieter
chen rein monetären TCO-Modellen (Total-Cost-Owner- in städtischen Gebieten außerhalb von Großstädten wären
ship) stehen bleiben (vgl. Rothfuss et al. 2011). Die Etab- hier die Geschäftsrisiken deutlich geringer, und durch die
lierung von Elektromobiltät berührt technische, ökonomi- gebuchte Festnutzung der Fahrzeuge im Carsharing-Pool
sche und soziale Problemfelder gleichermaßen, deshalb durch Unternehmen oder Verwaltungen wären die Kosten
sind zur Entwicklung alle drei Bereiche in gleicher Wertig- abgedeckt. Über verschiedene Tarifmodelle seitens der
keit zu integrieren. Innovationen setzten sich nicht des- Arbeitgeber könnten die Mitarbeiter dazu angeregt wer-
halb durch, weil sie besonders preisgünstig sind, sondern den, sich abends oder an Wochenenden ebenfalls an
weil sie gesellschaftlich gewollt sind. Wirtschaftlichkeits- dem Carsharingsystem zu beteiligen. Dadurch würde die
berechnungen allein aufgrund der Ceteris-paribus-Me- Hemmschwelle sinken, auf den eigenen Wagen oder erst
thode sind nicht zukunftsfähig und wenig aussagekräftig, einmal nur den eigenen Zweit- oder Drittwagen zu ver-
da hier Verhaltens- und Nutzungsänderungen nicht mit zichten.
einfließen (vgl. Döring und Aigner-Walder 2011).
Im Bereich von Stromtankstellen ist die Frage zu stellen,
wer die hohen Investitionskosten für eine flächende-
9.2.3 Neue Wege gehen – was kann in einem ckende Infrastruktur von Schnellladesäulen tragen soll.
ersten Schritt getan werden? Hier ist durch unseren vorab genannten Vorschlag deut-
lich weniger Investitionsvolumen notwendig. Da Poolfahr-
Um die oben skizzierten Veränderungsräume mit Leben zeuge wesentlich auf dem Betriebshof geladen werden,
zu füllen, sind komplementäre Entwicklungsaktivitäten zu braucht eine öffentliche Ladeinfrastruktur deutlich gerin-
initiieren. Als erstes ist die Frage der Umstellung von Car- ger auszufallen. Die private Nutzung der Fahrzeuge be-
Ownership zu Carsharing zu beantworten. Wie können dingt dann eine Ladung zuhause, entweder mit Wallboxen
die Menschen dazu gebracht werden, dass sie sich für oder mit Formen der „Laterneladesäulen“. Zu den weite-
eine neue Variante der Mobilität entscheiden? Hier ist eine ren Bedingungen ist die punktuelle Aufstellung von Lad-
reine Privatnutzung von Carsharing-Angeboten in Klein- einfrastrukturen in städtischen Zentren oder in Parkhäu-
und Mittelstädten in ländlich geprägten Regionen derzeit sern sinnvoll. Hier können Kommunen in einem über-
eher unwahrscheinlich. Ein erster Einstieg könnte in der schaubaren Umfang eine Ausstattung der städtischen Inf-
Form einer komplementären Nutzung von Geschäftswa- rastruktur mit Lademöglichkeiten vornehmen. Eine Lad-
gen sein. Es kann für Unternehmen und Verwaltungen einfrastruktur kann nicht flächendeckend erfolgen, son-
durchaus rentabel sein, wenn sie ihre Fuhrparks außer- dern nur an ausgewählten Punkten, da die Investitionen
halb der Dienstzeiten einem Carsharing-System zur Verfü- dafür sonst von kleineren, regionalen Stromanbietern
gung stellen oder gar den Großteil ihrer benötigten Fahr- nicht zu leisten sind.
167
10 Anhang
10.1 Über den Förderschwerpunkt leistungsforschung zu betrachten und ihr so, mithilfe
aller Werkzeuge die die Dienstleistungsforschung zur
„Bitte aufladen“ …diese Aufforderung wird in Zukunft Verfügung stellt, zum Durchbruch zu verhelfen.
häufiger zu hören sein, denn – darin sind sich alle einig –
Elektroautos gehört die Zukunft. Um diesen technologi- Ziel
schen Wandel zu beschleunigen und der Elektromobilität
in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen, ist eine Aus diesem Grund hat das BMBF mit Datum vom 31. Au-
intelligente und systematische Verknüpfung von techno gust 2012 die Bekanntmachung »Dienstleistungsinnova
logischen und Dienstleistungsinnovationen notwendig. tionen für Elektromobilität« veröffentlicht. Gefördert wer-
Dienstleistungen spielen hierbei eine entscheidende den Verbundprojekte, mit denen anwendungsbezogene
Rolle, da sie neue Technologien wie Elektromobilität zu Lösungen der Dienstleistungsentwicklung und -anwen-
den Kunden bringen und so überhaupt erst nutzbar und dung für die Elektromobilität erarbeitet werden. Die ein
erlebbar machen. Entwicklung und Angebot von modula- gereichten Skizzen bezogen sich auf nachfolgend be-
risierten Dienstleistungen ermöglichen einen optimalen schriebene Themenfelder:
Zuschnitt auf den Bedarf der Kunden. Ziel ist es, Dienst-
leistungen und technologische Entwicklungen zu kom − Analyse, Ergänzung und Vernetzung existierender
plexen Wertschöpfungssystemen zusammenzufügen, Dienstleistungen, orientiert am Produktlebenszyklus
sodass Deutschland zu einem nutzer- beziehungsweise − Anpassung bestehender Dienstleistungssysteme an
kundenorientierten Leitmarkt für Elektromobilität wird. die Elektromobilität
− Entwicklung und Management von Wertschöpfungs-
Hintergrund systemen mit Dienstleistungen
− Betreiberkonzepte als innovative Geschäftsmodelle
Bei der von der Bundesregierung eingeleiteten Energie- − Modularisierung und Standardisierung.
wende stellen der Ausbau und die langfristige Sicherstel-
lung einer energieeffizienten Mobilität eine der wesentli-
chen aktuellen Herausforderungen dar. Die Elektromobi
lität kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten, wenn Ansprechpartnerin
sie ein technologisch überzeugendes und auf die Benutz- Annette Rautenberg
erbedürfnisse optimal ausgerichtetes Angebot auf der Projektträger im DLR
Basis von integrativen Gesamtlösungen bietet. Hierzu ist Heinrich-Konen-Straße 1
eine systematische Verknüpfung von technologischem 53227 Bonn
Fortschritt und Dienstleistungsinnovationen erforderlich. Tel.: +49 228 3821-1153
Es gilt, die Elektromobilität »durch die Brille« der Dienst- annette.rautenberg@dlr.de
Al-Debei, M.M.; Avison, D.: Becker, J.; Beverungen, D.; Knackstedt, R.; Müller, O.:
Developing a unified framework of the business model Model-Based Decision Support for the Customer-Specific
concept. European Journal of Information Systems, 19, Configuration of Value Bundles. EMISA, 4(1), 2009, S. 26-
2010, S. 359-376. 38.
Aral AG: Becker, J.; Beverungen, D.; Knackstedt, R.; Müller, O.:
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