Vorschriften für die Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen im Bereich der
EU-Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit
Ausgabe 2012
Handbuch
Vorschriften für die Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen im Bereich der
EU-Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit
Ausgabe 2012
Seite 3
Inhalt
Seite
Vorwort ...................................................................................................... 08
1. Definition der Grundfreiheiten .................................................................. 10
1.1 Freizügigkeit der Arbeitnehmer..................................................................... 10
1.2 Dienstleistungsfreiheit ..................................................................................... 10
1.3 Niederlassungsfreiheit...................................................................................... 12
2.2.2 Aufenthaltsrecht................................................................................................. 30
2.2.3 Arbeitsgenehmigungsrecht............................................................................. 31
2.2.5.2 Lohnwucher......................................................................................................... 33
2.2.6 Steuerrecht........................................................................................................... 34
2.2.7 Gewerberecht...................................................................................................... 34
3. Niederlassungsfreiheit .................................................................................. 36
3.1.1 Steuerrecht........................................................................................................... 36
3.1.2 G
ewerberecht...................................................................................................... 36
3.1.3 H
andwerksrecht ................................................................................................. 37
Beschäftigung ..................................................................................................... 37
3.3.1 Arbeitnehmer...................................................................................................... 40
3.3.1.2 Aufenthaltsrecht................................................................................................. 40
3.3.1.3 Arbeitsgenehmigungsrecht............................................................................. 40
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Anhänge
Anhang A Musterdokumente
Anlage 1: Bescheinigung A 1
Anlage 2: Bescheinigung E 101
Anlage 3: Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status
Anlage 4: Antrag auf Arbeitserlaubnis–EU
Anlage 5: Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung *
Anlage 6: Gewerbeanmeldung
*
Aufgrund gesetzlicher Änderungen zum 1.12.2011 wird eine Erweiterung des Anwendungs
bereichs des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der Erlaubnispflicht erfolgen. Ab
dem 1.12.2011 ist die Arbeitnehmerüberlassung erlaubnispflichtig, sofern sie im Rahmen der
wirtschaftlichen Tätigkeit des Verleihers erfolgt. Der Wortlaut in der Erlaubnisurkunde
wird daher in ab dem 1.12.2011 ausgestellten Urkunden angepasst.
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Abkürzungsverzeichnis
AEntG Arbeitnehmer-Entsendegesetz
AO Abgabenordnung
Union
ArGV Arbeitsgenehmigungsverordnung
ASAV Anwerbestoppausnahmeverordnung
AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
AufenthG Aufenthaltsgesetz
BeschV Beschäftigungsverordnung
BeschVerfV Beschäftigungsverfahrensverordnung
EG Europäische Gemeinschaften
EGV EG-Vertrag
EStG Einkommensteuergesetz
EU Europäische Union
EU/EWR-HwV EU/EWR-Handwerk-Verordnung
Unionsbürgern
GewO Gewerbeordnung
HwO Handwerksordnung
LStDV Lohnsteuer-Durchführungsverordnung
NachwG Nachweisgesetz
SchwarzArbG Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
StGB Strafgesetzbuch
TVG Tarifvertragsgesetz
UStAE Umsatzsteuer-Anwendungserlass
UStG Umsatzsteuergesetz
ZVK Zusatzversorgungskasse
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Vorwort
Seit dem 1. Mai 2004 sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowe
nien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern Mitglieder der Europäischen Uni
on. Zum 1. Januar 2007 traten Bulgarien und Rumänien der Europäischen Union bei.
Seit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union gab es Entwick
lungen, die darauf schließen ließen, dass die bestehenden Regelungen zur grenzüber
schreitenden Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit durch Scheinselbstständig
keit oder Vortäuschen von Entsendungen umgangen wurden. Auch die illegale Über
lassung von Arbeitnehmern/-innen spielt hier eine Rolle. Geschädigte sind in solchen
Fällen nicht nur staatliche Stellen wie die Steuerbehörden und Sozialversicherungen,
sondern auch Arbeitnehmer/-innen dieser Mitgliedsstaaten, die unterhalb des vorge
sehenen Sozialstandards beschäftigt werden und keinen Versicherungsschutz genie
ßen. Nicht zuletzt leidet auch der legal handelnde Unternehmer darunter, der mit ille
galer Konkurrenz regelmäßig nicht mithalten kann.
Das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Arbeit und Sozia
les haben unter gemeinsamer Federführung seither umfänglich Maßnahmen ergriffen,
um sicherzustellen, dass die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen
zur Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit eingehalten werden. Beispielsweise
wurde im Jahr 2006 eine erste Auflage des vorliegenden Handbuchs entwickelt, wel
ches nunmehr im Hinblick auf verschiedene Gesetzesänderungen aktualisiert wurde.
Es soll einen Überblick über die komplizierte Rechtsmaterie im Zusammenhang mit
grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung oder Niederlassung geben. Auf
Fundstellen für eine detailliertere Information wird an den entsprechenden Stellen
verwiesen.
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Wie schon die Vorauflage soll das Handbuch als Nachschlagewerk, speziell für Wirt
schaftsbeteiligte dienen. Es soll helfen, Unklarheiten bezüglich des rechtmäßigen Auf
enthalts und der legalen Arbeitstätigkeit von Bürgern und der legalen Geschäftstätig
keit von Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedstaaten in Deutschland auszuräumen.
Darüber hinaus werden die Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlungen aufgezeigt.
Auf diese Weise wird das Handbuch einen wichtigen Beitrag für die Rechtmäßigkeit
von grenzüberschreitenden Dienstleistungen und Niederlassungen leisten und Sie bei
Ihrer täglichen Arbeit unterstützen. Gerade vor dem Hintergrund der eingetretenen
Rechtsänderungen lege ich Ihnen die Lektüre ganz besonders ans Herz. Den sachver
ständigen Rat im Einzelfall kann und will es selbstverständlich nicht ersetzen.
Sinne der Art. 56 ff. AEUV sind also Leistun- Baugewerbe einschließlich verwand-
gen zu verstehen, die grenzüberschrei- ter Wirtschaftszweige;
tend und in der Regel gegen Entgelt er-
Reinigung von Gebäuden, Inventar
bracht werden. Im Gegensatz zur Nieder-
und Verkehrsmitteln;
lassungsfreiheit erfasst die Dienst-
leistungsfreiheit die vorübergehende und Tätigkeit von Innendekorateuren.
gelegentliche, also zeitlich begrenzte und In diesen Sektoren kann eine Dienst-
auf die Durchführung eines Auftrags ge- leistungserbringung mit eigenem Perso-
richtete Tätigkeit. Das Dienstleistungsun- nal aus Bulgarien oder Rumänien nur im
ternehmen hat in seinem Herkunftsland Rahmen des deutschen Arbeitsge-
seinen Unternehmenssitz oder unterhält nehmigungsrechts und/oder auf der
dort eine Niederlassung. Grundlage der mit beiden Ländern beste-
Die Dienstleistungsfreiheit ermöglicht henden bilateralen Regierungsvereinba-
neben der Erbringung dienstvertraglicher rungen, in denen das so genannte Werk-
Leistungen auch die Erbringung werkver- vertragsverfahren geregelt ist, erfolgen.
traglicher Leistungen im Sinne des deut- Nach diesen Vereinbarungen können Ar-
schen Zivilrechts: beitnehmer der beteiligten Staaten in-
Bei Dienstverträgen wird die Dienst- nerhalb von vorab festgesetzten Kontin-
leistung als solche – ohne einen genten nach Deutschland entsandt wer-
bestimmten Erfolg – geschuldet (Bsp.: den. Voraussetzung für eine Tätigkeit im
Arztvertrag). Rahmen des Werkvertragsverfahrens ist
das Vorliegen eines Werkvertrages gemäß
Bei Werkverträgen wird zusätzlich ein
§§ 631 ff. BGB, der zwischen einem im Her-
bestimmter Erfolg einer Dienstleis-
kunftsland des Arbeitnehmers in nen-
tung geschuldet (Bsp.: Zerlegen und
nenswertem Umfang tätigen Unterneh-
Verpacken von X Tonnen Fleisch, Er-
men und einem deutschen Unternehmen
richten eines bestimmten Gebäudes).
geschlossen sein muss. In allen anderen
Die Bundesrepublik Deutschland hat Wirtschaftssektoren können Unterneh-
auf Grundlage der Beitrittsverträge mit men aus Bulgarien und Rumänien ihre
Bulgarien und Rumänien in bestimmten Mitarbeiter frei und ohne Arbeitsgeneh-
Wirtschaftssektoren Einschränkungen der migung im Rahmen einer Dienstleis-
Arbeitnehmerentsendung im Rahmen der tungserbringung nach Deutschland ent-
Dienstleistungsfreiheit vorgenommen. senden.
Diese galten zunächst für eine Übergangs- Bei der Dienstleistungserbringung sind
zeit von zwei Jahren (erste Übergangs- die berufs- und gewerberechtlichen Regu-
phase von 2 Jahren bis 31. Dezember 2008) lierungen zu beachten, wie sie auch für In-
und wurden um drei weitere Jahre verlän- länder gelten.
gert (zweite Übergangsphase bis Diese Regulierungen umfassen bei be-
31. Dezember 2011). Anschließend wurden stimmten Berufen auch die Pflicht des Be-
sie um zwei weitere Jahre (bis 31. Dezem- troffenen, die Dienstleistungserbringung
ber 2013) verlängert (sog. 2 + 3 + 2 Rege- vorab anzuzeigen, wenn Rechts- und Ver-
lung). waltungsvorschriften eine solche Mel-
Zurzeit bestehen übergangsbedingte dung voraussetzen.
Einschränkungen in folgenden Wirt-
schaftssektoren:
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2. Grenzüberschreitende Erbringung
von Dienstleistungen
Wird eine Person, die in einem Mit- Danach sind folgende Punkte zu beachten:
gliedstaat für Rechnung eines Arbeitge-
bers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine
Beschäftigung ausübt, von diesem Arbeit- a. Merkmale für eine Entsendung:
geber in einen anderen Mitgliedstaat ent-
sandt, um dort eine Arbeit für dessen Gewöhnliche Geschäftstätigkeit des
Rechnung auszuführen, unterliegt diese entsendenden Arbeitgebers im Entsen-
Person weiterhin der Sozialversicherung destaat:
des anderen Mitgliedstaates, wenn die
voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Kriterien für eine nennenswerte
Monate nicht überschreitet und kein an- Geschäftstätigkeit des entsendenden
derer Arbeitnehmer abgelöst wird, Art. 12 Unternehmens sind z. B.:
Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 − Sitz und Verwaltung des entsenden-
(sozialversicherungsrechtliche Entsen- den Unternehmens befinden sich im
3
dung). Entsendestaat. Eine reine Verwal-
Die bei der Europäischen Kommission tungstätigkeit bzw. nur Personal im
bestehende Verwaltungskommission für Entsendestaat schließen eine Entsen-
die Koordinierung der Systeme der sozia- dung aus.
len Sicherheit hat Art. 12 der Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 durch ihren Beschluss − Einstellung des entsandten Arbeit-
Nr. A 2 vom 12. Juni 2009 bzw. Art. 14 der nehmers erfolgte im Entsendestaat.
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 durch ihren − Anteil der Kundenverträge, die durch
Beschluss Nr. 181 vom 13. Dezember 2000 das entsendende Unternehmen im
verbindlich ausgelegt und jeweils durch Entsendestaat geschlossen werden.
einen praktischen Leitfaden konkreti-
siert. 4 − Recht, dem die Verträge unterliegen,
die das entsendende Unternehmen
mit seinen Arbeitnehmern bzw. mit
seinen Kunden schließt. Unterliegen
die Verträge deutschem Recht, so
spricht dies gegen eine Entsendung.
− Umsatz:
3
Nach Art. 14 Abs. 1 Buchstabe a der Verord- Die Erzielung von 25% des Gesamtum-
nung (EWG) Nr. 1408/71 unterliegt eine Per- satzes im Entsendestaat reicht für die
son, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von Annahme einer nennenswerten Ge-
einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich
angehört, abhängig beschäftigt wird und schäftstätigkeit grundsätzlich aus. Bei
die von diesem Unternehmen zur Ausfüh- Erzielung eines Anteils von unter 25%
rung einer Arbeit für dessen Rechnung in
des Umsatzes im Entsendestaat er-
das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ent-
sandt wird, weiterhin den Rechtsvorschrif- folgt eine Einzelfallprüfung.
ten des ersten Mitgliedstaats, sofern die
voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf − Tatsächliche Geschäftstätigkeit im
Monate nicht überschreitet und sie nicht Entsendestaat i. d. R. seit mindestens
eine andere Person ablöst, für welche die
Entsendezeit abgelaufen ist. vier Monaten.
4
Vgl.
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=
de&catId=868
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sie eine solche besitzen, § 284 SGB III. Aus- hang A befindet sich das Muster eines An-
nahmen bestehen seit dem 1. Januar 2012 tragsformulars für die Arbeitserlaubnis-EU
für: sowie die Arbeitserlaubnis selbst (Anlage
4).
Fachkräfte mit Hochschulabschluss
Die Werkvertragsvereinbarungen gel-
bei entsprechend qualifizierter Be-
ten auch nach dem Beitritt von Bulgarien
schäftigung,
und Rumänien weiter, wobei sie etwa hin-
die Aufnahme betrieblicher Ausbil- sichtlich der Kontingente an den Beitritts-
dungen und vertrag angepasst worden sind. Das Ge-
Saisonbeschäftigungen nach § 18 der nehmigungs- und Zulassungsverfahren
Beschäftigungsverordnung (BeschV). wird von der Bundesagentur für Arbeit
durchgeführt. 11 Zu beachten ist, dass die
Die Arbeitsgenehmigungsverordnung dem Werkvertragsunternehmen erteilte
(ArGV) und die Anwerbestoppausnahme- Zusicherung lediglich das grundsätzliche
verordnung (ASAV) finden insoweit An- Recht gewährt, Arbeitnehmer nach
wendung, sofern nicht das Aufenthaltsge- Deutschland zu entsenden und diese zur
setz (AufenthG) und die entsprechenden Erfüllung des mit dem Auftraggeber ge-
Rechtsverordnungen (BeschV, Besch- schlossenen Werkvertrages einzusetzen.
VerfV) günstigere Regelungen enthalten. Zur tatsächlichen Arbeitsaufnahme benö-
Auch in den Branchen, in denen die tigen Staatsangehörige aus Bulgarien und
Dienstleistungsfreiheit für die Unterneh- Rumänien die bereits angesprochene
men aus Bulgarien und Rumänien einge- Arbeitserlaubnis-EU.
schränkt ist, ist eine Tätigkeit entsandter
Arbeitnehmer genehmigungspflichtig
(siehe oben 1.2). Sie darf nur auf der Grund- 2.1.4 Legale Arbeitnehmer-
lage der bilateralen Werkvertragsverein-
barungen Deutschlands mit Bulgarien
überlassung
und Rumänien ausgeübt werden.9 Keine
Arbeitnehmerüberlassung liegt nach § 1
Arbeitsgenehmigungspflicht besteht da-
Abs. 1 S. 1 AÜG vor, wenn ein Arbeitgeber
gegen für entsandte Arbeitnehmer, die in
(Verleiher) seinen Arbeitnehmer (Leihar-
einem nicht beschränkten Wirtschaftssek-
beitnehmer) einem Dritten (Entleiher) vo-
tor tätig sind.
rübergehend zur Arbeitsleistung über-
Die Genehmigung wird von den Ar-
lässt.
beitsagenturen i. d. R. als „Arbeitserlaub-
nis-EU“ auf gelbem Papier erteilt.10 Im An-
9
Für eine genauere Abgrenzung von geneh- den: www.zav.de → Arbeitsmarktzulassung
migungspflichtigen und nicht genehmi- > Rechtliche Bestimmungen und → Merk-
gungspflichtigen Tätigkeiten wird auf das blätter. Dort sind auch Informationen zu
bei der Bundesagentur für Arbeit erhältli- weiteren wichtigen Gruppen ausländischer
che Merkblatt „Beschäftigung ausländi- Arbeitnehmer erhältlich.
11
scher Arbeitnehmer im Rahmen von Werk- Weitere Ausführungen zum Werkver-
verträgen – EU-Dienstleistungsfreiheit und tragsverfahren, insbesondere auch zu den
Übergangsregelung“ verwiesen: www.zav.de zuständigen Dienststellen der Bundesagen-
→ Arbeitsmarktzulassung → Informationen tur für Arbeit, sind im Merkblatt 16a der
für Arbeitgeber →Werkvertragsverfahren. Bundesagentur für Arbeit zu finden:
10
Weitere Ausführungen zur Beschäftigung www.zav.de → Arbeitsmarktzulassung →
ausländischer Arbeitnehmer sind im Merk- Informationen für Arbeitgeber → Werkver-
blatt 7 der Bundesagentur für Arbeit zu fin- tragsverfahren → Merkblätter.
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grundsätzlich zulässig. Dies gilt auch für Herkunftsstaat entliehen hat, grenz-
Anbieter aus den neuen EU- Mitgliedstaa- überschreitend einsetzen. In diesen Fällen
ten. Auch sie benötigen eine Erlaubnis sind die Übergangsregelungen zur Arbeit-
nach dem AÜG, selbst wenn sie in ihrem nehmerfreizügigkeit nicht tangiert, da die
Sitzstaat erlaubt tätig sind und nur im Rah- entsandten Arbeitnehmer weder im Wege
men der Dienstleistungsfreiheit grenz- eines Arbeitsverhältnisses, noch im Wege
überschreitend Leistungen erbringen. des Verleihs dem deutschen Geschäfts-
Legale Arbeitnehmerüberlassung setzt partner zugerechnet werden.
weiterhin voraus, dass die eingesetzten
Leiharbeitnehmer im Einklang mit dem
geltenden Arbeitserlaubnisrecht tätig 2.1.5 Gewährung von Mindest-
werden. Arbeitnehmer, die die Staatsange- arbeitsbedingungen
hörigkeit eines „alten“ Mitgliedstaates be- nach dem Arbeitnehmer-
sitzen, dürfen ohne weiteres als Leihar-
Entsendegesetz
beitnehmer beschäftigt werden, Art. 45 ff.
AEUV i. V. m. FreizügG/EU. Für die Staats-
2.1.5.1 Einhaltung der durch Tarifver-
angehörigen der neuen EU-Mitglied-
trag oder Rechtsverordnung
staaten Bulgarien und Rumänien gilt wäh-
nach §§ 7 und 11 AEntG vorge-
rend der Übergangsfristen die Ein-
schriebenen Arbeitsbedin-
schränkung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 ArGV fort.
gungen
Sie können keine Arbeitserlaubnis erhal-
ten, um als Leiharbeitnehmer tätig zu wer-
Alle Arbeitgeber, die in Deutschland tätig
den. Nur vereinzelt kann Verleih zulässig
werden, müssen die Mindestarbeitsbedin-
sein, wenn die aus den neuen EU-Mitglied-
gungen einhalten, die nach §§ 3 ff. AEntG
staaten stammenden Arbeitnehmer auch
allgemeinverbindlich gemacht worden
die Staatsangehörigkeit eines alten Mit-
sind. Solche Arbeitsbedingungen sind un-
gliedstaates (Doppelstaater) oder bereits
abhängig davon einzuhalten, ob Arbeitge-
auf anderem Wege ein Recht auf Arbeits-
ber ihren Sitz im Inland oder Ausland ha-
marktzugang in Deutschland (etwa durch
ben.
eine Arbeitserlaubnis-EU) erworben ha-
Auf Grundlage des § 4 AEntG können in
ben. Bei einer legalen Arbeitnehmerüber-
folgenden Branchen Mindestarbeitsbedin-
lassung ist darüber hinaus zu beachten,
gungen festgesetzt werden:
dass nach § 2 Nr. 4 AEntG die Arbeitsbedin-
gungen für Leiharbeitnehmer nach dem Bauhaupt- oder Baunebengewerbe 13
AÜG gelten, d. h. dass z. B. der Gleichstel- einschließlich Montageleistungen auf
lungsgrundsatz nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG Baustellen,
Anwendung findet.
Gebäudereinigung,
Während für die grenzüberschreitende
Arbeitnehmerüberlassung die oben be- Briefdienstleistungen,
schriebenen Voraussetzungen gelten, ist Sicherheitsdienstleistungen,
ein vorgeschalteter Verleih im Herkunfts-
staat ohne weiteres zulässig. Ein Dienst- Bergbauspezialarbeiten auf Steinkoh-
leistungserbringer darf demnach nicht lebergwerken,
nur seine eigenen Erfüllungsgehilfen,
sondern auch Personal, das er zuvor im 13
§§ 1, 2 Baubetriebe-Verordnung.
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Eine Besonderheit gilt insofern für Im Bereich der Auslösung des Arbeitneh-
Überstundenzuschläge, wenn der Arbeit- mers (Verpflegung und Unterkunft) gilt
geber aufgrund eines Tarifvertrages im Folgendes:
Sinne von § 3 AEntG (in der Pflegebranche
Bestandteil des Mindestlohnes ist nicht:
aufgrund der Rechtsverordnung17 im Sin-
ne von § 11 AEntG) zur Zahlung von Über- Der Wert der Erstattung für die infolge
stundenzuschlägen verpflichtet ist. In die- der Entsendung tatsächlich entstan-
sem Fall reicht es aus, wenn der tatsächlich denen Kosten wie z.B. Reise-, Un-
gezahlte Lohn einschließlich der Über- terbringungs- und Verpflegungskos-
stundenzuschläge mindestens die Summe ten, vgl. Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 der Richt-
aus dem tariflich vorgeschriebenen Min- linie 96/71/EG über die Entsendung
destlohn und dem tariflich vorgeschriebe- von Arbeitnehmern im Rahmen der
nen Überstundenzuschlag ergibt. Erbringung von Dienstleistungen
Anzurechnen sind immer: (Entsenderichtlinie);
(z.B. Unterkunft, Verpflegung) aus, so ist wenn er – auch während der Entsendung –
lediglich dieser tatsächlich ausgezahlte seine Beiträge an eine Einrichtung in sei-
Betrag als Mindestlohnzahlung zu berück- nem Heimatstaat zahlt, die mit der ULAK
sichtigen. vergleichbar ist. Diesbezüglich haben die
ULAK sowie das Fachministerium des Bun-
des mit anderen entsprechenden auslän-
b. Gewährung von Urlaub, Urlaubs- dischen Einrichtungen bzw. einem aus-
entgelt und zusätzlichem Urlaubs- ländischen Fachministerium Rahmen-
geld vereinbarungen über die gegenseitige
Freistellung von Arbeitgebern mit Be-
Ist die Dauer des Erholungsurlaubs sowie triebssitz in anderen Ländern geschlossen.
die Höhe des Urlaubsentgelts oder eines Solche Rahmenvereinbarungen bestehen
zusätzlichen Urlaubsgeldes durch allge- derzeit mit Belgien, Frankreich, Öster-
meinverbindliche Tarifverträge oder eine reich, Dänemark und Italien. Ob der aus-
Rechtsverordnung nach § 7 AEntG gere- ländische Arbeitgeber beitragspflichtig
gelt, müssen Arbeitgeber sowie Verleiher ist, kann bei der ULAK abgefragt werden.
auch diese Tarifnormen zwingend auf die Die ULAK führt für jeden baugewerbli-
Arbeitnehmer anwenden. chen Arbeitnehmer ein Konto, auf dem
Freizeit- und Vergütungsansprüche ange-
c. Zwingende Teilnahme am spart werden. Der Arbeitgeber, der dem
Urlaubskassenverfahren Arbeitnehmer den beantragten Urlaub ge-
währt, erhält die an den Arbeitnehmer
Ein nach dem AEntG zu beachtendes Ur- ausgezahlte Urlaubsvergütung von der
laubskassenverfahren gibt es derzeit nur ULAK erstattet.
für das Bauhauptgewerbe. Der im Ausland
ansässige Arbeitgeber ist gemäß § 5 Nr. 3 d. Kontrolle der Mindestarbeits-
AEntG verpflichtet, wie der inländische Ar- bedingungen
beitgeber Urlaubskassenbeiträge an die
Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Für die Prüfung, ob der Arbeitgeber die Ar-
Bauwirtschaft (ULAK) abzuführen.20 Um beitsbedingungen nach § 8 AEntG ge-
eine Doppelbelastung des ausländischen währt, sind gemäß § 16 AEntG die Behör-
Arbeitgebers zu vermeiden, gilt dies nicht, den der Zollverwaltung (Hauptzollämter)
zuständig. Um eine effektive Kontrolle zu
20
Das Urlaubskassenverfahren hat folgen- ermöglichen, sind ausländische Arbeitge-
den Hintergrund: Ein erheblicher Teil der ber im Geltungsbereich allgemeinver-
im Baugewerbe beschäftigten Arbeitnehmer
arbeiten nicht ganzjährig in demselben Bau- bindlicher Arbeitsbedingungen nach dem
betrieb. Ohne das Urlaubskassenverfahren AEntG verpflichtet, jeden Arbeitnehmer,
könnten diese Arbeitnehmer keinen An-
spruch auf zusammenhängenden Urlaub er- der in der Bundesrepublik Deutschland
werben. Dieser entsteht nämlich erst nach beschäftigt werden soll, vor Beginn der Be-
einer Tätigkeit von sechs Monaten bei einem schäftigung anzumelden, § 18 Abs. 1
einzigen Arbeitgeber. Weitergehende In-
formationen zum Urlaubskassenverfahren AEntG. Die Anmeldung hat schriftlich in
sind zu finden unter www.soka-bau.de. Un- deutscher Sprache bei der Bundesfinanz-
ter der zusammenfassenden Bezeichnung
SOKA-BAU treten die Zusatzversorgungskas-
direktion West zu erfolgen und muss die
se des Baugewerbes AG (ZVK) , und die Ur- in § 18 Abs. 1 AEntG aufgeführten Angaben
laubs- und Lohnausgleichskasse der Bau- enthalten. Zudem muss der Arbeitgeber
wirtschaft (ULAK) auf.
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im eigenen Namen und für eigene Rech- Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf
nung auszahlt. Die Lohnsteuerpflicht ent- Grund fehlerhafter Angaben im Lohn-
steht bereits im Zeitpunkt der Arbeitslohn- konto oder in der Lohnsteuerbescheini-
zahlung an den Arbeitnehmer, wenn das gung, verkürzt wurde.
inländische Unternehmen auf Grund der Bei der Arbeitnehmerüberlassung haf-
Vereinbarung mit dem ausländischen Un- tet der Entleiher neben dem Arbeitgeber,
ternehmen mit einer Weiterbelastung mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Ar-
rechnen kann; in diesem Zeitpunkt ist die beitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 3
Lohnsteuer vom inländischen Unterneh- AÜG vorliegt. Der Entleiher haftet nicht,
men zu erheben. wenn er über das Vorliegen einer Arbeit-
Bei der Überlassung eines Arbeitneh- nehmerüberlassung ohne Verschulden
mers nach Deutschland gilt der ausländi- irrte. Die Haftung beschränkt sich auf die
sche Verleiher als inländischer Arbeitge- Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Ar-
ber im Sinne des Steuerrechts. Die Arbeit- beitnehmer überlassen worden ist.
gebereigenschaft setzt eine legale Arbeit-
nehmerüberlassung nach dem AÜG nicht 2.1.6.3 Pflichten des Arbeitnehmers
voraus. und seines Arbeitgebers
2.1.6.2 Entstehen der Lohnsteuer und Für die Durchführung des Lohnsteuerab-
Haftung für entstandene zugs hat der unbeschränkt einkommens-
Lohnsteuer teuerpflichtige Arbeitnehmer seinem Ar-
beitgeber vor Beginn des Kalenderjahres
Die Lohnsteuerpflicht entsteht in dem oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis
Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Ar- eine Lohnsteuerkarte vorzulegen. Dies ist
beitnehmer zufließt. Dabei ist unerheb- derzeit (noch) die Lohnsteuerkarte 2010,
lich, in welcher Form der Arbeitslohn ge- die von den Gemeinden ausgestellt wurde.
währt wird und ob er als laufender oder Die Lohnsteuerkarte wird zukünftig durch
einmaliger Bezug gezahlt wird. Dem elektronische Lohnsteuerabzugsmerk-
Lohnsteuerabzug unterliegt auch der im male ersetzt, die von der Finanzverwal-
Rahmen des Dienstverhältnisses von ei- tung gebildet werden. Ab 2012 sollen die
nem Dritten gewährte Arbeitslohn, wenn Arbeitgeber diese elektronischen Lohn-
der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, steuerabzugsmerkmale automatisiert ab-
dass derartige Vergütungen erbracht wer- rufen können. Weil die Gemeinden für das
den. Kalenderjahr 2011 keine Lohnsteuerkarten
Schuldner der Lohnsteuer ist der Ar- mehr ausstellen, behält die Lohnsteuer-
beitnehmer, auch für den Fall einer Net- karte 2010 auch für das Kalenderjahr 2011
tolohnvereinbarung. Der Arbeitgeber hat ihre Gültigkeit, bis die elektronischen
die Lohnsteuer grundsätzlich bei jeder Lohnsteuerabzugsmerkmale zur Verfü-
Lohnzahlung einzubehalten, unabhängig gung stehen. Wird im Kalenderjahr 2011
davon, ob der Arbeitnehmer zur Einkom- erstmalig eine Lohnsteuerkarte benötigt,
mensteuer veranlagt wird oder nicht. Die stellt das zuständige Finanzamt eine Er-
Staatsbürgerschaft des Arbeitnehmers ist satzbescheinigung (Bescheinigung für
unbeachtlich. Der Arbeitgeber haftet so- den Lohnsteuerabzug 2011) aus, die anstel-
wohl für die Lohnsteuer, die er einzubehal- le einer Lohnsteuerkarte zu verwenden ist.
ten und abzuführen hat, als auch für die
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Ist der Arbeitnehmer beschränkt ein- ständigen Finanzamt erfassen lassen und
kommensteuerpflichtig, hat er seinem Ar- dort Umsatzsteuer-Voranmeldungen und/
beitgeber an Stelle der Lohnsteuerkarte oder eine Umsatzsteuererklärung für das
eine Bescheinigung des Betriebsstättenfi- Kalenderjahr abgeben.
nanzamtes des Arbeitgebers für den Ein Unternehmer ist im Inland ansäs-
Lohnsteuerabzug vorzulegen. Der Arbeit- sig, wenn er im Gebiet der Bundesrepublik
geber hat die Lohnsteuerkarte bzw. die Be- Deutschland mit Ausnahme des Gebiets
scheinigung aufzubewahren. von Büsingen, der Insel Helgoland oder in
Der Arbeitgeber hat am Ort der Be- einem weiteren der in § 1 Abs. 2 S. 1 UStG
triebsstätte für jeden Arbeitnehmer und bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, sei-
jedes Kalenderjahr ein Lohnkonto zu füh- nen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine
ren, in das die für den Lohnsteuerabzug er- Zweigniederlassung hat.
forderlichen Merkmale aus der Lohnsteu- Im Ausland ansässige Unternehmer,
erkarte oder der Bescheinigung des Fi- die im Inland Umsätze erbringen, für die
nanzamtes, in dessen Bezirk sich die Be- sie Umsatzsteuer schulden, müssen sich
triebsstätte befindet (Betriebsstättenfi- bei dem für sie zentral zuständigen Fi-
nanzamt), zu übernehmen sind. Bei jeder nanzamt erfassen lassen und dort Umsatz-
Lohnzahlung sind im Lohnkonto Art und steuer-Voranmeldungen und/oder eine
Höhe des gezahlten Arbeitslohns ein- Umsatzsteuererklärung für das Kalen-
schließlich der steuerfreien Bezüge, sowie derjahr abgeben.
die einbehaltene oder übernommene
Lohnsteuer, einzutragen. 2.1.6.5 Steuerliche Erfassung
Der Arbeitgeber hat nach § 41a Abs. 1
Satz 1 EStG spätestens am zehnten Tag Bei der Erbringung von Werk- oder Dienst-
nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-An- leistungen im Inland durch Unternehmen
meldungszeitraums dem Betriebsstätten- mit Sitz in einem Mitgliedstaat sind fol-
finanzamt eine Steuererklärung mit der gende Anzeigepflichten zu beachten:
Summe der im Lohnsteuer-Anmeldungs-
Nach § 137 AO haben Steuerpflichtige,
zeitraum einzubehaltenden und zu über-
die nicht natürliche Personen sind,
nehmenden Lohnsteuer zu übermitteln
dem nach § 20 AO zuständigen Fi-
(Lohnsteuer-Anmeldung) und die im An-
nanzamt und den für die Erhebung
meldungszeitraum insgesamt einbehalte-
der Realsteuern zuständigen Gemein-
ne und übernommene Lohnsteuer an das
den die Umstände anzuzeigen, die für
Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
die steuerliche Erfassung von Bedeu-
Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist ge-
tung sind, insbesondere die Grün-
mäß § 41a Abs. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich
dung, den Erwerb der Rechtsfähigkeit,
der Kalendermonat; ggf. das Kalender-
die Änderung der Rechtsform, die Ver-
vierteljahr oder das Kalenderjahr.
legung der Geschäftsleitung oder des
Sitzes und die Auflösung. Die Mittei-
2.1.6.4 Umsatzsteuer
lungen sind innerhalb eines Monats
seit dem meldepflichtigen Ereignis zu
Im Inland ansässige Unternehmer, die hier
erstatten. Zuständig ist das Finanz-
Umsätze erbringen, müssen sich – unab-
amt nach § 20 AO, in dessen Bezirk
hängig von ihrer Staatsangehörigkeit – für
sich die Geschäftsleitung befindet. Be-
Umsatzsteuerzwecke bei dem für sie zu-
findet sich die Geschäftsleitung nicht
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liegt nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GewO insbeson- den Handwerks in seinem Herkunftsstaat
dere dann vor, wenn ein Gewerbetreiben- niedergelassen ist.
der aus einem anderen EU-Mitgliedstaat Wer sich dagegen in einem solchen
oder EWR-Vertragsstaat heraus tätig wird, Handwerk in Deutschland niederlassen
um sich den in Deutschland geltenden An- will, benötigt eine Ausnahmebewilligung
zeige- und Erlaubnispflichten zu entzie- zur Eintragung in die Handwerksrolle ge-
hen und seine Tätigkeit ganz überwiegend mäß § 9 Abs. 1 HwO i. V. m. der EU/EWR-
auf Deutschland ausgerichtet ist. HwV (vgl. 3.1.3).
Örtlich zuständig sind die Behörden, in
deren Bezirk der anzeige- bzw. erlaubnis- 2.1.8.2 Voraussetzungen für die
pflichtige Vorgang stattfindet. Die sachli- Erteilung einer Ausnahme-
che Zuständigkeit wird durch Landesrecht bewilligung oder einer
bestimmt. Es handelt sich hierbei je nach Bescheinigung
Bundesland um die Gemeinden, Kreise,
Gewerbeämter, Ordnungsämter, Bezirks- Voraussetzung für die Erteilung einer Aus-
ämter oder dergleichen. nahmebewilligung bzw. einer Bescheini-
gung für Staatsangehörige aus der EU o-
der dem EWR – mit Ausnahme der in den
2.1.8 Handwerksrecht Nummern 12 und 33 bis 37 der Anlage A
zur HwO (siehe Anhang B) genannten Be-
Zusätzlich zu den gewerberechtlichen An- rufe – ist die Vorlage einer Bescheinigung
forderungen sind spezielle handwerks- der zuständigen Stelle des Herkunftsstaa-
rechtliche Voraussetzungen zu beachten, tes über die Art und Dauer der Ausübung
wenn die Dienstleistung über die Grenze der betreffenden Tätigkeit in dem Her-
als stehendes Gewerbe in einem zulas- kunftsstaat.
sungspflichtigen Handwerk erfolgen soll. Wenn in der Bescheinigung des Her-
Die zulassungspflichtigen Handwerke kunftsstaates nachgewiesen ist, dass der
sind in Anlage A zur HwO aufgeführt, die Antragsteller die betreffende Tätigkeit
im Anhang B zu finden ist. mindestens sechs Jahre ununterbro-
chen als Selbstständiger oder als Be-
2.1.8.1 Grenzüberschreitende triebsleiter, oder
Erbringung von Dienstleistun-
gen durch einen mindestens drei Jahre ununterbro-
Handwerksbetrieb chen als Selbstständiger oder als Be-
triebsleiter, nachdem er in dem Beruf
Wer als EU- oder EWR-Staatsangehöriger eine mindestens dreijährige Ausbil-
grenzüberschreitend in einem Handwerk dung erhalten hat, oder
der Anlage A zur HwO (siehe Anhang B) tä- mindestens drei Jahre ununterbro-
tig werden möchte, wird nicht in die chen als Selbstständiger und mindes-
Handwerksrolle eingetragen. Er muss die tens fünf Jahre als Unselbstständiger,
Dienstleistungserbringung aber gemäß oder
§ 9 Abs. 1 HwO i. V. m. § 8 Abs. 1
mindestens fünf Jahre ununterbro-
EU/EWRHwV vorab anzeigen und nach § 7
chen in leitender Stellung, davon min-
Abs. 1 EU/EWR-HwV nachweisen, dass er
destens drei Jahre in einer Tätigkeit
rechtmäßig zur Ausübung des betreffen-
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24
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom
22.04.2009, 5AZR 436/08.
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2.2.9 Ausschluss von der Abs. 2 GewO. 25 Die Verpflichtung der Be-
Vergabe öffentlicher hörden und Gerichte zu deren Übermitt-
Aufträge lung ergibt sich aus § 153a GewO, sowie
aus den jeweiligen spezialgesetzlichen Re-
gelungen (z. B. § 20 Abs. 3 AEntG, § 12 Abs.
Von der Vergabe öffentlicher Bauaufträge
4 SchwarzArbG, § 405 Abs. 5 SGB III).
sollen Unternehmer bei Verstößen gegen
Die Vergabestellen, das sind bundes-
die Vorschriften über illegale Beschäfti-
weit alle in § 98 GWB genannten öffentli-
gung und Schwarzarbeit bis zu drei Jahren
chen Auftraggeber, sind sowohl nach § 21
ausgeschlossen werden, § 21 Abs. 1 Schwar-
Abs. 1 SchwarzArbG, als auch nach § 20
zArbG.
Abs. 3 AEntG verpflichtet, im Rahmen ih-
Voraussetzung ist jedoch, dass die Un-
rer Tätigkeit entsprechende aktuelle Aus-
ternehmer oder deren Vertretungsberech-
künfte beim Gewerbezentralregister ein-
tigte wegen eines in § 21 SchwarzArbG auf-
zuholen oder sich diese von den Bewer-
geführten Verstoßes zu einer Freiheits-
bern vorlegen zu lassen. Weitere Regelun-
strafe von mehr als drei Monaten oder ei-
gen bezüglich des Ausschlusses von der
ner Geldstrafe von mehr als 90 Tagessät-
Auftragsvergabe durch öffentliche Stellen
zen verurteilt oder mit einer Geldbuße von
finden sich teilweise in vergaberechtli-
wenigstens 2.500 Euro belegt worden
chen Vorschriften der Länder. 26
sind.
Zudem sollen nach § 21 AEntG Bewer-
ber, gegen die nach § 23 AEntG eine Geld-
buße von wenigstens 2.500 Euro verhängt
worden ist, für angemessene Zeit bis zur
nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer
Zuverlässigkeit von der Teilnahme an ent-
sprechenden Wettbewerben ausgeschlos-
sen werden.
Sowohl nach § 21 Abs. 1 SchwarzArbG
als auch nach § 21 Abs. 1 AEntG gilt das
gleiche auch schon vor der Durchführung
eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn
im Einzelfall angesichts der Beweislage
kein vernünftiger Zweifel an einer schwer-
wiegenden Verfehlung hinsichtlich der
zuvor genannten Tatbestände besteht.
Die für die Verfolgung oder Ahndung
der Tatbestände zuständigen Behörden
sind dann sowohl nach § 21 Abs. 1 Schwar-
zArbG als auch nach § 21 Abs. 2 AEntG be-
rechtigt, den Vergabestellen direkt die er-
25
forderlichen Auskünfte zu geben. Das Gewerbezentralregister wird durch
das Bundesamt für Justiz geführt. Näheres
Die in das Gewerbezentralregister ein- unter www.bundesjustizamt.de → Gewerbe-
zutragenden Entscheidungen, Feststellun- zentralregister
26
Vgl. beispielhaft Bayerisches Bauaufträ-
gen und Tatsachen finden sich in § 149 geVergabegesetz (BayBauVG), Hamburgi-
sches Vergabegesetz (HmbVgG).
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3. Niederlassungsfreiheit
Nach den von der Rechtsprechung entwi- − Zeit: Aufnahme in die Dienstpläne;
ckelten Kriterien zur Frage der Abgren- freie Arbeitszeit dagegen wird be-
zung von selbstständiger Tätigkeit und ab- jaht, wenn keine festen Dienststun-
hängiger Beschäftigung ist selbstständig, den bestehen, d. h. Anfang und Ende
wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit der Arbeitszeit frei regelbar sind;
gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen
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In Betracht kommt außerdem eine überlassung durch den Kopf der Gesell-
Strafbarkeit des angeblichen Auftragge- schaft an den vermeintlichen Auftragge-
bers bzw. des Arbeitgebers gemäß § 266a ber in Betracht. Bei der Beurteilung, ob
Abs. 1 und 2 StGB (weitere Ausführungen Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, sind
siehe oben 2.2.1). als wesentliche Kriterien der zwischen der
Zuwiderhandlungen gegen die sozial- Gesellschaft und dem Unternehmen ge-
versicherungsrechtlichen Arbeitgeber- schlossene Vertrag sowie die tatsächliche
pflichten sind in § 111 SGB IV mit Bußgeld Eingliederung des Arbeitnehmers in die
bewehrt. Betriebsorganisation heranzuziehen.
Ist der Verleiher (= Kopf der Gesellschaft)
3.3.2.2 Aufenthaltsrechtliche Folgen nicht im Besitz der nach § 1 AÜG erforderli-
chen Erlaubnis, so sind das Vertragsver-
Der Verlust des Aufenthaltsrechts für den hältnis zwischen Verleiher und Entleiher,
Arbeitgeber, der Angehöriger eines Mit- sowie die vertraglichen Vereinbarungen
gliedstaates ist, kommt im Zusammen- zwischen Verleiher und Leiharbeitneh-
hang mit Scheinselbstständigkeit nur aus- mern nach § 9 Nr. 1 AÜG, unwirksam. Nach
nahmsweise in Betracht (zu den materiel- § 10 Abs. 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis
len Voraussetzungen vgl. oben 2.2.2). zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer
Nach der strafrechtlichen Verurteilung als zustande gekommen.
eines Unionsbürgers nach den hier unter Trotz dieser Fiktion sind sowohl der Ver-
3.3.2 aufgeführten Vorschriften ist anhand leiher als auch der Entleiher Arbeitgeber
der vom EuGH aufgestellten Kriterien zu gesamtschuldnerisch zur Zahlung der So-
prüfen, ob eine Feststellung des Verlusts zialversicherungsbeiträge verpflichtet,
des Freizügigkeitsrechts im Einzelfall in §§ 10 Abs. 3 AÜG, 28e Abs. 2 SGB IV.
Betracht kommt. Die unerlaubte Arbeitnehmerüberlas-
sung ist in § 16 AÜG mit Bußgeld bewehrt.
3.3.2.3 Arbeitsgenehmigungsrecht Der unerlaubte Verleih ausländischer Ar-
beitnehmer ohne Arbeitsgenehmigung
Wer als Arbeitgeber einen Ausländer ohne oder entsprechenden Aufenthaltstitel
den erforderlichen Aufenthaltstitel oder stellt den Straftatbestand des § 15 AÜG dar
ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung (vgl. dazu ausführlich 2.2.4).
nach § 284 Abs. 1 SGB III beschäftigt, be-
geht eine Ordnungswidrigkeit nach § 404 3.3.2.5 Arbeitnehmer-
Abs. 2 Nr. 3 SGB III. Ggf. kommt auch eine Entsendegesetz
Straftat gemäß §§ 10, 11 SchwarzArbG in
Betracht. Stellt sich heraus, dass ein angeblich
Selbstständiger nach den oben genannten
3.3.2.4 Illegale Arbeitnehmerüber- Kriterien als Arbeitnehmer einzustufen ist,
lassung so unterliegt das betreffende Arbeitsver-
hältnis den branchenspezifischen Arbeits-
Handelt es sich bei dem Auftragnehmer bedingungen nach dem Arbeitnehmer-
um eine Gesellschaft und sind die angebli- Entsendegesetz, wenn das Beschäfti-
chen Gesellschafter faktisch als abhängig gungsverhältnis einer Branche nach § 4
Beschäftigte einzustufen (siehe oben oder § 10 AEntG zuzuordnen ist.
3.2.3), so kommt illegale Arbeitnehmer-
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Wichtig:
Zweifel, ob eine steuer- oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ob ein Gewerbe anzu-
melden ist usw., können mit der jeweils zuständigen Behörde geklärt werden. Außerhalb ihrer Zuständig-
keit dürfen Behörden keine Rechtsberatung vornehmen; das gilt auch für die Bundesministerien. Rechtli-
che und steuerliche Beratung in Einzelfällen erteilen die Angehörigen der beratenden Berufe (insbesondere
Rechtsanwälte, Steuerberater). Ferner besteht nach dem Beratungshilfegesetz die Möglichkeit, Bera-
tungshilfe bei einem Rechtsanwalt, einer Rechtsanwältin, einem Rechtsbeistand oder einer vom jeweiligen
Land eingerichteten Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen; dies setzt allerdings eine finanzielle Bedürf-
tigkeit voraus.
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Anhänge
Anhang A Musterdokumente
Anlage 1: Bescheinigung A 1
Anlage 2: Bescheinigung E 101
Anlage 3: Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status
Anlage 4: Antrag auf Arbeitserlaubnis –EU
Anlage 5: Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung 29
Anlage 6: Gewerbeanmeldung
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Aufgrund gesetzlicher Änderungen zum 1.12.2011 wird eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Arbeit-
nehmerüberlassungsgesetzes und der Erlaubnispflicht erfolgen. Ab dem 1.12.2011 ist die Arbeitnehmerüberlas-
sung erlaubnispflichtig, sofern sie im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Verleihers erfolgt. Der Wort-
laut in der Erlaubnisurkunde wird daher in ab dem 1.12.2011 ausgestellten Urkunden angepasst.
Anhang A – Anlage 1
Anhang A – Anlage 2
Anhang A – Anlage 3
Anhang A – Anlage 4
Muster: Antrag auf Arbeitserlaubnis-EU
Anhang A – Anlage 5
Anhang A – Anlage 6
Anhang B
11016 Berlin
broschueren@bmf.bund.de
www.bundesfinanzministerium.de
Zentraler Bestellservice:
Herausgeber:
Bundesministerium der Finanzen
Referat Öffentlichkeitsarbeit
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III A 6
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