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imago/ZUMA/Keystone
Zu Mittag des 24. April 1975 verschafften sich sechs RAF-Mitglieder unter dem
Vorwand konsularischer Anliegen Zugang zum dreistöckigen Botschaftsgebäude,
wo sie sich mit zwölf Angestellten als Geiseln im obersten Stockwerk
verschanzten. Das Kommando forderte die Freilassung 26 politischer
Gefangener in der BRD. Würden die Forderungen nicht erfüllt, drohte man mit
der Erschießung der Geiseln, im Falle einer Stürmung des dritten Stockes durch
Sicherheitskräfte mit der Sprengung des Gebäudes. Als sich die schwedische
Polizei trotz Aufforderung nicht aus dem Botschaftsgebäude zurückzog, erschoss
das Kommando um 14 Uhr Militärattaché Andreas von Mirbach.
Die aktuell ausgestrahlte SVT-Serie baut auf Archivmaterial auf, das zum
größten Teil bekannt ist: die Explosion des Gebäudes, als das schwedische
Fernsehen im Begriff ist, live auf Sendung zu gehen; die Erschießung Heinz
Hillegaarts, während RAF-Mitglied Lutz Taufer mit Regierungsbeauftragtem
Gerhard Heuer am Telefon spricht; Sitzungen der schwedischen Regierung rund
um Ministerpräsidenten Olof Palme. Einzig eine Tonbandaufnahme von RAF-
Mitglied Susanne Albrecht ist neu. Sie nahm einige Wochen nach der
Botschaftsbesetzung an einer Gefangenensoli-Konferenz in Stockholm teil, wo
sie einem verdutzten Publikum erklärte, dass der schwedische Staat während
der Botschaftsbesetzung seinen faschistischen Charakter entlarvt hätte.
Wenig originell sind auch Lampers’ Thesen, etwa wenn er Anwalt Siegfried Haag
als Drahtzieher der Botschaftsbesetzung darstellt, Stefan Wisniewski als siebtes
Kommando-Mitglied außerhalb der Botschaft vermutet oder die Explosion im
Botschaftsgebäude der Unachtsamkeit eines RAF-Mitglieds zuschreibt. Vom
»Kommando Holger Meins« hat Lampers im allgemeinen keine hohe Meinung.
Es habe sich um ein »C-Team« der RAF gehandelt, zusammengewürfelt aus
»Demonstranten, Flugblattverteilern und Hausbesetzern«.
Seine größte Enthüllung spart sich Lampers für den letzten Abschnitt auf, der
sich Anna-Greta Leijon widmet. Die Sozialdemokratin war als Ministerin für
Migrationsfragen für die Auslieferung der RAF-Mitglieder nach der
Botschaftsbesetzung verantwortlich. Eine Gruppe internationaler Aktivisten
plante deshalb, sie in Stockholm zu entführen. Eine zentrale Figur der Gruppe
war Norbert Kröcher, der 1972 als Mitglied der »Bewegung 2. Juni« in
Schweden untergetaucht war. Die Pläne flogen auf, und Kröcher wurde im März
1977 verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert.