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Badura · Ducki · Meyer · Schröder Hrsg.

Fehlzeiten-Report 2022
Verantwortung und Gesundheit
Fehlzeiten-Report

Reihenherausgeber
Bernhard Badura, Fakultät für Gesundheitswissenschaften,
Universität Bielefeld, Bielefeld, Germany
Antje Ducki, Berliner Hochschule für Technik (BHT), Berlin,
Germany
Helmut Schröder, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO),
Berlin, Germany
Markus Meyer, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin,
Germany
Bernhard Badura ! Antje Ducki ! Markus Meyer !
Helmut Schröder
Hrsg.

Fehlzeiten-Report
2022
Verantwortung und Gesundheit
Hrsg.
Prof. Dr. Bernhard Badura Markus Meyer
Universität Bielefeld Wissenschaftliches Institut der AOK
Bielefeld, Deutschland Berlin, Deutschland

Prof. Dr. Antje Ducki Helmut Schröder


Berliner Hochschule für Technik (BHT) Wissenschaftliches Institut der AOK
Berlin, Deutschland Berlin, Deutschland

Fehlzeiten-Report
ISBN 978-3-662-65597-9 ISBN 978-3-662-65598-6 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6

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V

Vorwort

Die gesundheitlichen, sozialen oder ökologischen Krisen in einer global vernetzen


Welt stellen auch für Unternehmen eine große Herausforderung dar. Verantwortliches
unternehmerisches Handeln ist dahingehend ein wichtiger Baustein für nachhaltiges
Wirtschaften, damit Gesundheit, Wohlstand oder der Schutz der natürlichen Ressourcen
gesichert werden können. Unternehmerisches Handeln kann sich aber auch ins Gegenteil
verkehren: Betrug und Korruption, Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstö-
rungen können einer kurzfristigen betriebswirtschaftlichen positiven Bilanz zuträglich
sein. Die Rufe nach einer stärkeren Verantwortungsübernahme für die Gesellschaft
und Umwelt verstummen nicht. Gleichzeitig stellt die Wahrnehmung gesellschaftlicher
Verantwortung für Unternehmen ein anspruchsvolles Unterfangen dar, denn Konzepte
müssen stets auch an den jeweiligen Unternehmenskontext angepasst werden. Zentral für
den Erfolg einer verantwortungsvollen Unternehmenspolitik ist die Erkenntnis, dass es
letztlich die Beschäftigten sind, die das Fundament für verantwortliches Handeln bilden.
Ein Unternehmen kann nur dann erfolgreich sein, wenn Verantwortung und Nachhaltig-
keit in der Unternehmenskultur etabliert sind und von allen Beteiligten auf allen Ebenen
im Unternehmen gelebt werden.
Die Herausforderungen für Unternehmen in Bezug auf gesellschaftlich verantwor-
tungsvolles Handeln sind so komplex wie vielfältig: So müssen Umweltgesichtspunkte
gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten Berücksichtigung
finden. Zudem unterhalten Unternehmen oft Produktionsstätten auf der ganzen Welt, sie
arbeiten über Kontinente hinweg mit vielen Zulieferbetrieben, die selbst wiederum in ge-
sellschaftlicher Verantwortung stehen. Soziale und ökologische Standards gewinnen so
auch über Ländergrenzen hinweg an Bedeutung. Zukunftsfähiges verantwortliches Wirt-
schaften ist ohne den verantwortlichen Blick auf die Gesundheit der Beschäftigten – und
hier greift die Betriebliche Gesundheitsförderung – schwer denkbar.
Wie hängt gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln mit der Arbeitszufrieden-
heit und der Gesundheit der Beschäftigten zusammen? Was bedeutet es, wenn „Ge-
sundheit“ in den unternehmerischen Wertekanon aufgenommen und in unternehmerische
Prozesse und Abläufe integriert wird? An welchen Stellen kann es Unterstützung durch
das Betriebliche Gesundheitsmanagement geben? Und welchen Nutzen hat das Thema
Verantwortung für das Betriebliche Gesundheitsmanagement? Orientiert an den Emp-
fehlungen der ISO 26000, einer Leitlinie für freiwillige gesellschaftliche Verantwortung,
und an den CSR-Richtlinien1 leuchtet der Fehlzeiten-Report 2022 aus, wie Verantwor-
tung, Nachhaltigkeit und Gesundheit zusammenhängen und was dies für die Praxis des
Betrieblichen Gesundheitsmanagements konkret bedeutet. Es werden dabei basale The-
men erörtert, welche die Verantwortungsübernahme im positiven Sinne gelingen lassen.
Hierbei kommen Aspekte der (Unternehmens-)Kommunikation, psychologische Sicher-
heitsbedürfnisse, Verantwortung in Zeiten von mobiler oder hybrider Arbeit, vielfältige
Belegschaften, die Bedeutung von Führungsstilen und Weiterbildungsmöglichkeiten bis
hin zu verantwortlichen unternehmerischen Wertschöpfungsketten zum Tragen.

1 Unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) wird die Verbindung der ökonomischen mit der
ökologischen und sozialen Dimension der Geschäftstätigkeit gefasst, d. h. sie baut auf den drei Säulen der
Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – auf.
VI Vorwort

Wir freuen uns, dass wir – trotz der mit der Pandemie verbundenen Herausforderun-
gen – auch diesmal wieder engagierte Autorinnen und Autoren gewinnen konnten, die
bereit waren, ihre Expertise in die vorliegenden Fachbeiträge einzubringen. Hierfür gilt
ihnen unser spezieller Dank – nur durch das Engagement der Autorinnen und Autoren
kann auch in diesem Jahr der Fehlzeiten-Report wie gewohnt erscheinen.
Zusätzlich zum Schwerpunktthema gibt der vorliegende Fehlzeiten-Report wieder ei-
nen differenzierten Überblick über die krankheitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen
Wirtschaft mit aktuellen Daten und Analysen der 14,6 Mio. AOK-Mitglieder, die im Jahr
2021 in mehr als 1,6 Mio. Betrieben tätig waren. Die Entwicklungen in den einzelnen
Wirtschaftszweigen werden dabei differenziert dargestellt, was einen schnellen und um-
fassenden Überblick über das branchenspezifische Krankheitsgeschehen ermöglicht. Er
berichtet zudem auch wieder über die Krankenstandsentwicklung aller gesetzlich kran-
kenversicherten Arbeitnehmenden in Deutschland wie auch der Bundesverwaltung. Ein
Blick auf die Bedeutung der Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 ergänzt den
Datenteil auch in dieser Ausgabe. Hierbei wird bspw. die Frage beantwortet, welche
Branchen und Berufe besonders von Covid-19 betroffen waren.
Danken möchten wir allen Kolleginnen und Kollegen im Wissenschaftlichen Institut
der AOK (WIdO), die an der Buchproduktion beteiligt waren und wieder den Nachweis
erbracht haben, dass eine Bucherstellung trotz der zahlreichen pandemiebedingten Her-
ausforderungen auch mit mobilem Arbeiten sehr gut gelingen kann. Zu nennen sind hier
vor allem Miriam-Maleika Höltgen und Lisa Wing, die uns bei der Organisation, der
Betreuung der Autorinnen und Autoren und durch ihre redaktionelle Arbeit sowie auch
bei der Autorinnen- und Autorenrecherche und -akquise exzellent unterstützt haben. Wir
bedanken uns ebenfalls bei Frau Dr. habil. Birgit Verworn, die uns bei der Recherche
und Akquise von Autorinnen und Autoren unterstützt hat. Unser Dank gilt insbesondere
auch Susanne Sollmann für das wie immer ausgezeichnete Lektorat und darüber hinaus
auch dem gesamten Team Betriebliche Gesundheitsförderung im WIdO. Danken möch-
ten wir gleichermaßen allen Kolleginnen und Kollegen im Backoffice des WIdO, ohne
deren Unterstützung diese Buchpublikation nicht möglich gewesen wäre.
Unser Dank geht last, but not least an den Springer-Verlag für die gewohnt hervorra-
gende verlegerische Betreuung, insbesondere durch Frau Hiltrud Wilbertz.

Berlin und Bielefeld


im Juni 2022
VII

Inhaltsverzeichnis

I Verantwortung – ein Überblick

1 Verantwortung von Individuen und Organisationen angesichts


der weltweiten Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Holger Pfaff und Kristina Schubin
1.1 Ausgangspunkt und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2 Quellen der weltweiten Herausforderungen, der Verantwortungsbegriff
und das Problem der Verantwortungszuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch Handlungen individueller
Akteurinnen und Akteure: Diffuse Individualverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch Handlungen korporativer
Akteure: Organisationsverantwortung und -verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.5 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch die Aggregation
von Handlungen nicht-korporativer Akteure: Das Problem der unorganisierten
Unverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.6 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch die Aggregation
von Handlungen verschiedener Akteurstypen: Das Problem der ebenen-
übergreifenden Verantwortung bei multikausalen Zusammenhängen . . . . . . . . . . . . . 12
1.7 Verantwortungsübernahme von Unternehmen durch Schaffung eines neuartigen
betrieblichen Nachhaltigkeits- und Gesundheitsmanagements (BNGM):
Ansatzpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.8 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2 Gesunde Organisationsführung mit Corporate Social Responsibility


ermöglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Claudia Kreipl
2.1 Gesunde Organisationen als Teil der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2 Verantwortungsvolle Führung von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.1 Die Führung von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.2.2 Die organisationale Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.3 Corporate Social Responsibility als Konzept der Umsetzung organisationaler
Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.3.1 Begriff und Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.3.2 Umsetzungsmöglichkeiten von CSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.4 Gesunde Organisationen mit und durch gesunde Mitarbeitende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3 Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll? 35
Nadja Walter, Sascha Leisterer, Katharina Brauer und Anne-Marie Elbe
3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.2 Was ist möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.3 Was ist erlaubt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
VIII Inhaltsverzeichnis

3.4 Was ist sinnvoll? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43


3.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4 Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis: So arbeiten


Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Beschäftigten
verantwortungsvoll zusammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Susanne Wagenmann, Knut Lambertin, Kevin Schmidt und Elisa Clauß
4.1 Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern:
In der Corona-Pandemie erfolgreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.2 Verantwortung für die Gesundheit der Beschäftigten aus Sicht
der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber: Ein „Must-have“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.3 Die Verantwortung der Gewerkschaften und Betriebsräte für die Gesundheit
der Beschäftigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
4.4 FutureTopics: Für diese Themen tragen wir in der neuen Arbeitswelt gemeinsam
Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
4.5 Fazit: Wieder mehr Vertrauen und wieder mehr Hand in Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

5 Perspektive – Betriebliche Verantwortung und Unverfügbarkeit . . . . . . . . . . 69


Bettina Hollstein und Hartmut Rosa
5.1 Beschleunigungslogik und Corona . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.1.1 Dynamische Stabilisierung im modernen Kapitalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.1.2 Unterbrechungsmöglichkeit der Beschleunigungslogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.2 Beschleunigungsdruck und die Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
5.2.1 Formen des Beschleunigungsdrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
5.2.2 Verantwortungsübernahme durch Verfügbarmachung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
5.2.3 Pfadwechsel durch kreatives Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
5.3 Fazit: Unverfügbarkeit als Bedingung betrieblicher Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

II Verantwortung und gesunde Arbeitsbedingungen


6 Unternehmerische Sozialverantwortung und gesundheitsorientierte
Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Andrea Waltersbacher, Miriam Meschede, Hannes Klawisch und Helmut Schröder
6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
6.1.1 Die Verantwortung von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
6.1.2 Forschungsfragen und methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
6.2 Ergebnisse der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
6.2.1 Arbeiten und gesundheitliches Wohlbefinden unter den Bedingungen von Covid-19 . 92
6.2.2 Unternehmen in der Verantwortung: Gemeinwohl und Nachhaltigkeit (CSR) . . . . . . . . . . 100
6.2.3 Gesundheitsbezogene Fürsorge im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.2.4 Extremgruppenvergleich „Unternehmensverantwortung“: Einstellungen zur Arbeit
und subjektive Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
6.3 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
IX
Inhaltsverzeichnis

6.4 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118


Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

7 „Gesundheit“ im Wertekanon verantwortungsvoller


Unternehmensführung – auch in der digitalen Transformation . . . . . . . . . . . 123
Karlheinz Sonntag
7.1 Von Werten und sozialer Orientierung im Unternehmenskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
7.2 Gesundheit im unternehmerischen Wertekanon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.2.1 Die normative Bedeutung von Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.2.2 Gesundheitsförderung – eine strategische und operative Notwendigkeit
bei der Gestaltung moderner Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.3 Gesundheitsförderliche Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
7.4 Fazit: Ressourcenorientiertes Gesundheitsmanagement – nachhaltig und präventiv! 129
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

8 Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen –


CSR realisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Andreas Blume, Adelisa Martinovic und Mike Paternoga
8.1 Verantwortung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in DIN EN ISO 26000
und im Arbeitsschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
8.1.1 Verantwortung im Arbeits- und Gesundheitsschutz im europäischen Vergleich . . . . . . . 138
8.1.2 Geringe Akzeptanz von Gefährdungsbeurteilungen in deutschen Organisationen . . . . 138
8.2 Ergebnisse einer Befragung zum Nutzen von Gefährdungsbeurteilungen
hinsichtlich psychischer Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
8.2.1 Konzeption der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
8.2.2 Aufwand-Nutzung-Wahrnehmung von Gefährdungsbeurteilungen psychischer
Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
8.2.3 Zusammenhänge von Maßnahmenentwicklung/-umsetzung bzw.
Wirkungskontrollen und Nutzen und ihre Bedeutung für die organisationale
Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
8.2.4 Beteiligung der Beschäftigten und Engagement der Entscheidungsträger
als Erfolgsfaktoren von Gefährdungsbeurteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
8.3 Ein verantwortungsvolles Handeln im Arbeits- und Gesundheitsschutz verlangt
ausreichende Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
8.4 Die Gefährdungsbeurteilung als Quelle von Kennzahlen für die Evaluation
eines CSR-konformen Arbeits- und Gesundheitsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
8.4.1 Identifikation von für den Arbeits- und Gesundheitsschutz relevanten Kennzahlen
anhand vorhandener CSR-Standards und Leitfäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
8.4.2 Eignung der Gefährdungsbeurteilung als zentrale Kennzahl für den Arbeits- und
Gesundheitsschutz gemäß DIN EN ISO 26000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
8.4.3 Das Reifegrad-Modell der Gefährdungsbeurteilung als Berichtsnachweis
eines nachhaltigen Arbeits- und Gesundheitsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
8.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
X Inhaltsverzeichnis

III Verantwortung und Vielfalt

9 Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft – ein arbeitspolitischer


Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Edelgard Kutzner
9.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
9.2 Personelle Vielfalt in Unternehmen und Einrichtungen: Ziele und möglicher Nutzen 153
9.3 Vielfalt als arbeitspolitisches Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
9.4 Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Vielfalt –
Diversity-Kompetenz und Prozessgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
9.5 Vielfalt in der betrieblichen Praxis: Handlungsfelder und Ansatzpunkte . . . . . . . . . . . . 158
9.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

10 Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als gemeinsamen Prozess


aller beteiligten Akteure begreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Ildikó Pallmann, Janine Ziegler und Christian Pfeffer-Hoffmann
10.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
10.2 Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt – ein Blick auf aktuelle Statistiken . . . 166
10.3 Arbeitsmarktintegration ist kein linearer Prozess –
ein Blick auf die Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
10.3.1 Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
10.3.2 Dauer des Asylverfahrens und Duldungsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
10.3.3 Sprachkenntnisse und Anerkennung von Qualifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
10.3.4 Fehlende Zeugnisse, nicht fehlende Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
10.3.5 Systemkenntnisse verbessern, gesellschaftliche Integration fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
10.3.6 Spezifische Herausforderungen für geflüchtete Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
10.4 An einem Strang ziehen – ein Kurzfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

IV Verantwortung und faire Arbeitspraktiken

11 Psychologische (Un-)Sicherheit in Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179


Ina Goller
11.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
11.2 Erklärung und Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
11.3 Wirkungen von vorhandener und Folgen fehlender psychologischer Sicherheit . . . . 184
11.4 Bedeutung der Führung bzw. Bedeutung von Hierarchien auf (Un-)Sicherheit
im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
11.5 Förderung von psychologischer Sicherheit in Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

12 Verantwortungsvolle Kommunikation von und in Unternehmen . . . . . . . . . 193


Constanze Jecker
12.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
12.2 Theoretische Zugänge, Ziele und aktuelle Rahmenbedingungen
der Unternehmenskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
XI
Inhaltsverzeichnis

12.3 Herausforderungen der Unternehmenskommunikation


von und über Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
12.3.1 Retroperspektive Kommunikation von Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
12.3.2 Prospektive Kommunikation von Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
12.4 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

13 Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen –


eine explorative Studie mit Mitarbeitenden und Führungskräften
eines deutschen Industrieunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
Nicola Baur
13.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
13.2 Sozialkapital im Unternehmenskontext: Das Bielefelder Unternehmensmodell . . . . . 208
13.3 Zielsetzung, Methode und Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
13.3.1 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
13.3.2 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
13.3.3 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
13.4 Fallstudienbezogene Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
13.4.1 Allgemeine Vor- und Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
13.4.2 Netzwerkkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
13.4.3 Führungskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
13.4.4 Organisationskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
13.4.5 Physische und psychische Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
13.5 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
13.5.1 Der Mensch als soziales Wesen: Fallstricke mobiler Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
13.5.2 Leadership und Empowerment: neue Führungsansätze notwendig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
13.5.3 Chancen und Risiken für die Gesundheit der Belegschaft: Auf das rechte Maß
kommt es an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
13.6 Fazit und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

14 Die „dunkle Seite“ der Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225


Thomas Kuhn und Jürgen Weibler
14.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
14.2 Grundlegende Ausprägungen einer „dunklen“ Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
14.2.1 Unethisches Führungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
14.2.2 Unethische Führungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
14.3 Zentrale Ursachen einer „dunklen“ Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
14.3.1 Psychogramme des Bad Leaders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
14.3.2 Typologien des Bad Followers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
14.3.3 Konstruktionen des Bad Barrels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
14.4 Mögliche Wirkungsweisen „dunkler“ Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
14.4.1 „Alle können nur verlieren!“ – Die pauschalisierende Betrachtung der „dunklen“ Führung 232
14.4.2 „Viele verlieren, aber manche gewinnen!“ – Eine differenzierende Betrachtung
der „dunklen“ Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
14.5 Überlegungen zur „Aufhellung“ der Führung in Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
14.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
XII Inhaltsverzeichnis

V Verantwortung und faire Geschäftspraktiken

15 Schutz und Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten . . . . . . . . 239


Eva Bamberg, Marlies Schümann und Grit Tanner
15.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
15.2 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
15.3 Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten durch Corporate Social
Responsibility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
15.4 Förderung von Gesundheit in der Wertschöpfungskette durch interorganisationale
Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
15.4.1 Gesundheitsbezogene Kooperation in Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
15.4.2 Ein Tool zur Förderung von Gesundheit in Netzwerken und in Wertschöpfungsketten . 246
15.5 Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248

16 Soziales Unternehmertum – eine neue Form des sozial nachhaltigen


Wirtschaftens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
Philipp Kruse
16.1 Soziales Unternehmertum als nachhaltige Form des Unternehmertums . . . . . . . . . . . . 252
16.2 Was motiviert soziale Unternehmerinnen und Unternehmer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
16.3 Herausforderungen im Sozialen Unternehmertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
16.4 Soziales Unternehmertum und Wohlbefinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
16.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

17 Verantwortung übernehmen durch Kompetenzentwicklung und


Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
Christina Stecker
17.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
17.2 Hintergründe und Wirkungen der gesellschaftlichen Verantwortung
von Unternehmen auf die Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
17.2.1 Hintergründe für Corporate Social Responsibility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
17.2.2 Wirkung von CSR auf die Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
17.3 Präventive Förderung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit im CSR-Kontext . . . . . . . . 264
17.3.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
17.3.2 Das Konzept der Arbeitsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
17.4 Unterstützung der Kompetenzentwicklung und intrinsischen Motivation . . . . . . . . . . 268
17.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

18 Nachhaltigkeit im Pflegeberuf: Soziale und ökologische Verantwortung


übernehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Florian Fischer
18.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
18.2 Die Herausforderung: Ambivalenzen des Pflegeberufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
18.2.1 Idealismus vs. Arbeitsrealität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
18.2.2 Berufs- vs. Arbeitgeberattraktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
XIII
Inhaltsverzeichnis

18.3 Die Perspektive: Verantwortung für ökologische und soziale Nachhaltigkeit


in der Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
18.3.1 Ökologische Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
18.3.2 Soziale Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
18.4 Auf der Suche nach einer Lösung: Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

VI Daten und Analysen


19 Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021 287
Markus Meyer, Lisa Wing und Antje Schenkel
19.1 Überblick über die krankheitsbedingten Fehlzeiten im Jahr 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
19.2 Datenbasis und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
19.3 Allgemeine Krankenstandsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
19.4 Verteilung der Arbeitsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
19.5 Kurz- und Langzeiterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
19.6 Krankenstandsentwicklung in den einzelnen Branchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
19.7 Einfluss der Alters- und Geschlechtsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
19.8 Fehlzeiten nach Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
19.9 Fehlzeiten nach Ausbildungsabschluss und Vertragsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
19.10 Fehlzeiten nach Berufsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
19.11 Fehlzeiten nach Wochentagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
19.12 Arbeitsunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
19.13 Krankheitsarten im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
19.14 Die häufigsten Einzeldiagnosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
19.15 Krankheitsarten nach Branchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
19.16 Langzeitfälle nach Krankheitsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
19.17 Krankheitsarten nach Diagnoseuntergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
19.18 Burnout-bedingte Fehlzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
19.19 Arbeitsunfähigkeiten nach Städten 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
19.20 Inanspruchnahme von Krankengeld bei Erkrankung des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
19.21 Fehlzeiten im Jahr 2021 im Zusammenhang mit Covid-19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

20 Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021 . . . . . . . . . . . . . . 369


Markus Meyer, Lisa Wing und Antje Schenkel
20.1 Banken und Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
20.2 Baugewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
20.3 Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
20.4 Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423
20.5 Erziehung und Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
20.6 Gesundheits- und Sozialwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
20.7 Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
20.8 Land- und Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
20.9 Metallindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
20.10 Öffentliche Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530
20.11 Verarbeitendes Gewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
20.12 Verkehr und Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
XIV Inhaltsverzeichnis

21 Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern


im Jahr 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
David Herr und Reinhard Schwanke
21.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
21.2 Einordnung der Datenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589
21.3 Entwicklung des Krankengeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589
21.3.1 Krankengeldfallzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591
21.3.2 Krankengeldfalldauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593
21.3.3 Krankengeldausgaben nach Diagnosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594
21.3.4 Einfluss des Alters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597
21.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600

22 Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung und


wie psychische Belastung und Gesundheitsfaktoren ermittelt
werden können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
Annette Schlipphak, Björn Wegner und Annekatrin Wetzstein
22.1 Gesundheitsmanagement in der Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603
22.2 MOLA: Menschen. Organisationskultur. Leistung. Arbeitsgestaltung –
Eine Beschäftigtenbefragung für mehr Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603
22.2.1 Zielstellung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604
22.2.2 Der MOLA-Fragebogen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605
22.2.3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
22.3 Überblick über die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten im Jahr 2020 . . . . . . . . 607
22.3.1 Methodik der Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
22.3.2 Allgemeine Entwicklung der Abwesenheitszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
22.3.3 Dauer der Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
22.3.4 Abwesenheitstage nach Laufbahngruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
22.3.5 Abwesenheitstage nach Statusgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
22.3.6 Abwesenheitstage nach Behördengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
22.3.7 Abwesenheitstage nach Geschlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
22.3.8 Abwesenheitstage nach Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
22.3.9 Gegenüberstellung mit den Abwesenheitszeiten der AOK-Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
Anhang 1: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter
Gesundheitsprobleme (10. Revision, Version 2021, German Modification) . . . . . . . . . . . . . 616
Anhang 2: Branchen in der deutschen Wirtschaft basierend auf der Klassifikation
der Wirtschaftszweige (Ausgabe 2008/NACE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626
Die Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
1 I

Verantwortung –
ein Überblick
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 Verantwortung von Individuen und


Organisationen angesichts der weltweiten
Herausforderungen – 3
Holger Pfaff und Kristina Schubin

Kapitel 2 Gesunde Organisationsführung mit Corporate


Social Responsibility ermöglichen – 21
Claudia Kreipl

Kapitel 3 Daten und Gesundheit – Was ist möglich,


was ist erlaubt, was ist sinnvoll? – 35
Nadja Walter, Sascha Leisterer, Katharina Brauer und
Anne-Marie Elbe

Kapitel 4 Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis:


So arbeiten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
mit Beschäftigten verantwortungsvoll
zusammen – 51
Susanne Wagenmann, Knut Lambertin, Kevin Schmidt
und Elisa Clauß

Kapitel 5 Perspektive – Betriebliche Verantwortung und


Unverfügbarkeit – 69
Bettina Hollstein und Hartmut Rosa
3 1

Verantwortung
von Individuen
und Organisationen
angesichts der weltweiten
Herausforderungen
Holger Pfaff und Kristina Schubin

Inhaltsverzeichnis

1.1 Ausgangspunkt und Fragestellung – 5

1.2 Quellen der weltweiten Herausforderungen,


der Verantwortungsbegriff und das Problem
der Verantwortungszuordnung – 5

1.3 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch


Handlungen individueller Akteurinnen und Akteure:
Diffuse Individualverantwortung – 8

1.4 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene


durch Handlungen korporativer Akteure:
Organisationsverantwortung und -verschulden – 11

1.5 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch


die Aggregation von Handlungen nicht-korporativer
Akteure: Das Problem der unorganisierten
Unverantwortlichkeit – 12

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_1
1.6 Entstehung riskanter kollektiver Phänomene durch
die Aggregation von Handlungen verschiedener
Akteurstypen: Das Problem der ebenenübergreifenden
Verantwortung bei multikausalen
Zusammenhängen – 12

1.7 Verantwortungsübernahme von Unternehmen


durch Schaffung eines neuartigen betrieblichen
Nachhaltigkeits- und Gesundheitsmanagements
(BNGM): Ansatzpunkte – 13

1.8 Fazit – 17

Literatur – 17
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
5 1
2Zusammenfassung duen und Organisationen übernehmen sollen,
Die Schaffung einer nachhaltigen und gesund- um die Welt nachhaltiger und gesundheitsför-
heitsförderlichen Welt stellt eine der großen derlicher zu gestalten. Es soll gezeigt werden,
Herausforderungen moderner Gesellschaften dass das Thema Verantwortung angesichts
dar. Die Bewältigung dieser Herausforderun- der weltweiten Herausforderungen vielschich-
gen setzt voraus, dass sowohl Individuen als tig ist. Der Beitrag wird das Thema aus der
auch Unternehmen, Verwaltungen und Vereine Perspektive der soziologischen Handlungs-
ihrer Verantwortung nachkommen. In unse- theorie beleuchten. Zur Einführung in den
rem Beitrag gehen wir davon aus, dass viele Verantwortungsbegriff ziehen wir außerdem
Nachhaltigkeitsprobleme und Gesundheitsrisi- philosophische Perspektiven und stellenwei-
ken Ergebnisse kollektiver Phänomene sind. se juristische Perspektiven von Verursachung
Solche Phänomene entstehen durch das ge- heran. Im ersten Schritt versuchen wir die
plante und ungeplante Zusammenwirken von Begriffe Verursachung und Verantwortung
Einzelhandlungen, die von Akteurinnen und zu klären und zu zeigen, dass nur die indi-
Akteuren, wie z. B. Individuen oder Orga- viduellen und korporativen Akteurinnen und
nisationen, ausgehen. Zur Analyse der Ver- Akteure Verantwortung tragen können. Im
antwortungsproblematik ziehen wir das Mo- zweiten Schritt werden wir einen Großteil der
dell der Erklärung kollektiver Phänomene von weltweiten menschengemachten Herausfor-
James Coleman heran. Wir thematisieren an- derungen als kollektive Phänomene oder als
hand dieses Modells das Problem der Ver- Folge kollektiver Phänomene begreifen. Wir
antwortungsdiffusion und die Notwendigkeit erörtern zudem das damit verbundene Problem
der multiplen, ebenenübergreifenden Verant- der Emergenz von kollektiven Phänomenen
wortungsübernahme. Wir zeigen zudem auf, und der Diffusion der Verantwortung. Im
dass nur individuelle und korporative Akteu- dritten Schritt werden wir das Thema der
rinnen und Akteure zur Verantwortung ge- Verantwortung bei monokausalen Zusam-
zogen werden können. Unternehmen, die ih- menhängen dem Thema der Verantwortung
rer Verantwortung gerecht werden wollen, tun bei multikausalen Zusammenhängen ge-
gut daran, zwei Managementstrategien zu ver- genüberstellen und argumentieren, dass im
binden: Nachhaltigkeitsmanagement und Ge- letztgenannten Fall oft eine Gesellschaftsebe-
sundheitsmanagement. Auf diese Weise ent- nen übergreifende Verantwortung angestrebt
steht das betriebliche Nachhaltigkeits- und werden sollte. Im vierten Schritt zeigen wir
Gesundheitsmanagement (BNGM). Es wird auf, wie sich verantwortlich fühlende Un-
gezeigt, an welchen Punkten das BNGM an- ternehmen und deren Mitarbeitende durch
setzen kann, damit Unternehmen und ihre Mit- Nachhaltigkeits- und Gesundheitsmanagement
arbeitenden ihrer (Teil-)Verantwortung zur Be- ihrer Teilverantwortung gerecht werden kön-
wältigung der Herausforderungen nachkom- nen.
men können.
1.2 Quellen der weltweiten
1.1 Ausgangspunkt und Herausforderungen,
Fragestellung der Verantwortungsbegriff
und das Problem
der Verantwortungszuordnung
Im Fehlzeiten-Report 2021 haben wir die
Quellen zukünftiger Gesundheits- und Nach-
haltigkeitsrisiken aufgezeigt (Pfaff und Die weltweiten Gesundheits- und Nachhal-
Schubin 2021). In diesem Artikel geht es nun tigkeitsrisiken können – wie wir ausgehend
um die Frage, welche Verantwortung Indivi- vom Konzept der menschlichen Grundverfas-
6 H. Pfaff und K. Schubin

sung (Parsons 1978) gezeigt haben (Pfaff und lich die Beziehung einer Person zu einem Ge-
1 Schubin 2021) – auf vier systemische Ursa- genstand, für den sie Verantwortung hat (. . . )“.
chenbereiche zurückgeführt werden: 1) das Der Soziologe Max Weber unterschied be-
telische System der Letztorientierung (z. B. reits im 20. Jahrhundert die sogenannte Ge-
Weltbeherrschung als kulturelles Grundpro- sinnungsethik von der Verantwortungsethik –
gramm), 2) die physikalisch-chemische Welt, letztere sei die zukunftsbezogene Ethik der ra-
3) die biologische Welt (pflanzliche und tie- tionalisierten Gesellschaft im 21. Jahrhundert
rische Welt, menschlicher Organismus) so- (Weber 1992). Während Handlungen im Ver-
wie 4) die Welt des menschlichen und zwi- ständnis der Gesinnungsethik aufgrund ihrer
schenmenschlichen Handelns und Verhaltens dahinterliegenden Absicht (ohne Folgenabwä-
(Handlungssystem). Betrachtet man diese ver- gung) erforderlich oder aber verboten sind,
schiedenen Quellen der Gesundheits- und liegt der Fokus in der Verantwortungsethik
Nachhaltigkeitsrisiken, so ergibt sich – hin- auf den Folgen einer Handlung, die der/dem
sichtlich der Verantwortlichkeit – eine klare Handelnden zugerechnet werden. Im Rahmen
Zweiteilung. Alle vier Bereiche kommen zwar der verantwortungsethischen Maxime wird ei-
als Ursachenquelle für Nachhaltigkeits- und ne Handlung dahingehend beurteilt, ob jemand
Gesundheitsrisiken in Frage, aber nur handeln- die Konsequenzen einer Handlung auch zu
de Subjekte (Akteurinnen und Akteure) in der tragen bereit ist (Fonk 2021). Ursachen und
Welt des menschlichen und zwischenmensch- Konsequenzen sind wesentliche Begriffe, die
lichen Verhaltens können sich verantwortlich sich dem Begriff Verantwortung unterordnen
fühlen und Verantwortung übernehmen (vgl. lassen. Die Überlegungen von Weber sind al-
auch Jonas 1992). Wir wollen zunächst etwas lerdings dem „klassischen“ personenbezoge-
ausführlicher eruieren, was unter „Verantwor- nen und damit veralteten Verständnis von Ver-
tung“ verstanden werden kann. antwortung (und darin verortete Begriffe wie
Der Begriff „Verantwortung“ wird weder Pflicht und Schuld) zuzuordnen. Der klassi-
umgangssprachlich noch in wissenschaftlichen sche Verantwortungsbegriff betrifft Kontexte,
Fachdiskursen einheitlich verwendet. Es exis- die durch soziale Übersichtlichkeit, eindeu-
tiert auch keine allgemein anerkannte Syste- tige Verantwortungszuordnungen, Aufgaben
matik zur Einordnung der unterschiedlichen und Handlungssubjekte geprägt sind, die sich
Verantwortungsbegriffe (Werner 1994). Im entschieden haben, auf eine bestimmte Wei-
Duden wird Verantwortung definiert als „(mit se und nicht anders zu handeln (Fonk 2021).
einer bestimmten Aufgabe, einer bestimmten Auch das sogenannte Verursacherverständnis
Stellung verbundene) Verpflichtung, dafür zu von Verantwortung und das Haftbarkeitsmo-
sorgen, dass (innerhalb eines bestimmten Rah- dell kommen in den heutigen globalen Wirt-
mens) alles einen möglichst guten Verlauf schaftsprozessen an ihre Grenzen (Meißner
nimmt, das jeweils Notwendige und Richti- 2021). Das Verursacherverständnis geht in der
ge getan wird und möglichst kein Schaden Tradition der juristischen Denkweise davon
entsteht“ sowie als „Verpflichtung, für etwas aus, dass es eine Urheberin/einen Urheber für
Geschehenes einzustehen (und sich zu verant- jedweden verursachten Schaden als (Neben-)
worten)“ (Rehbein 2021, S. 33). Die Definition Folge einer Handlung gibt. Die Problema-
benennt also eine (Handlungs-)Verpflichtung tik der Verursachung und des „Weiterschie-
von beteiligten Akteurinnen und Akteuren, bens“ der Verantwortung an andere Akteurin-
die aus ihrer Stellung oder ihrer Aufgabe er- nen und Akteure werden wir im Beitrag unter
wächst (ebd.). Verantwortung wird weiterhin dem Aspekt der Entstehung riskanter kollekti-
als Relationsbegriff bezeichnet (Fonk 2021). ver Phänomene und der ebenenübergreifenden
So lautet eine auf das Strafrecht bezogene Verantwortung bei multikausalen Zusammen-
Definition von Lampe et al. (1989, S. 286): hängen nochmal aufgreifen. Der Fokus auf
„‚Verantwortung‘ bezeichnet (. . . ) hauptsäch- individuelle Handlungen, der reaktive Vergan-
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
7 1
genheitsbezug und die Vorstellung des Nor-
malzustands, der nach dem Schaden wieder-
Akteur:innen
hergestellt werden kann, sind an diesem Ver-
ständnis problematisch (Meißner 2021). Der
Verantwortungsbegriff verändert sich jedoch,
da die Unmittelbarkeit in zwischenmenschli-
chen Beziehungen in wichtigen Handlungs- Individuelle Kollektive
Akteur:innen Akteure
und Entscheidungsbereichen wie Wirtschaft
und Politik entfällt und Vieldimensionalität
von Handlungen und Entscheidungen gege-
ben ist (Fonk 2021). Der moderne Verant- Non-
Korporative
wortungsbegriff geht von deutlich komplexe- korporative
Akteure
Akteure
ren gesellschaftlichen Verhältnissen aus. Im
Zeitalter der Globalisierung bezieht sich die Fehlzeiten-Report 2022

Verantwortungsfrage nicht nur auf die Zure-


chenbarkeit von Individuen, sondern auf (un-) . Abb. 1.1 Typen von Akteurinnen und Akteuren (nur
gerechte sozio-ökonomische Strukturen. Ne- die blau markierten können „Verantwortung tragen“)
ben der individuellen moralischen Verantwor-
tung gibt es eine korporative Verantwortung
von Unternehmen und Institutionen – beide so rechtsfähigen Organisationen wie Vereinen,
müssen in Verbindung gesehen und gesetzt Unternehmen, Verwaltungen, und non-korpo-
werden (Lenk und Maring 1995). Verantwor- rativen Akteuren unterscheiden. Non-korpora-
tung hat nicht nur einen Gegenwarts-, sondern tive Akteure sind in der Regel Menschen im
auch Zukunftsbezug (Beispiel „For-Future“- Plural, die nicht rechtsfähig sind, wie z. B.
Bewegungen; Rehbein 2021). Dies wird im informelle Gruppen, Massen und soziale Be-
ethischen Werk „Das Prinzip Verantwortung“ wegungen.
von Hans Jonas deutlich, in dem er in Anleh- Nur zwei dieser drei Akteurstypen kön-
nung an Kant folgenden Imperativ formuliert: nen prinzipiell Verantwortung tragen und zur
„Handle so, dass die Wirkungen deiner Hand- Verantwortung gezogen werden: die individu-
lung verträglich sind mit der Permanenz ech- ellen Akteurinnen und Akteure und die kor-
ten menschlichen Lebens auf Erden“ (Jonas porativen Akteure. Zum einen sind korporati-
2020, S. 38). ve Akteure prinzipiell handlungsprägend, das
Wir gehen davon aus, dass die sozio- heißt sie können das Verhalten der Mitglie-
ökonomischen Bedingungen – auch wenn sie der des Kollektivs beeinflussen. Zum anderen
wie ein dicht verflochtenes, wenig transparen- sind korporative Akteure handlungsfähig, das
tes „Netz“ erscheinen (Fonk 2021) – durch heißt sie können als soziales Gebilde Hand-
Handlungen beinflussbar sind. Da Verantwor- lungen entscheiden und ausführen. Sie kön-
tungsübernahme im menschlichen Handlungs- nen zum Beispiel Entscheidungen treffen, die
system verortet ist, brauchen wir zur Erklärung die Nachhaltigkeit und Gesundheitsförderlich-
eine soziologische Handlungstheorie. Die han- keit der Strukturen, Prozesse und Outputs des
delnden Subjekte sind Akteurinnen oder Ak- Unternehmens betreffen. Das Organisations-
teure und können in zwei Formen vorkommen: handeln kann Gesundheits- und Nachhaltig-
individuelle Akteurinnen und Akteure (hand- keitsrisiken verursachen oder abwenden. Bei
lungsfähige Menschen) und kollektive Akteure non-korporativen Akteuren (z. B. eine Masse
(z. B. Gruppen, soziale Bewegungen, Massen von Autofahrerinnen und Autorfahrern) gibt es
und Organisationen) (vgl. . Abb. 1.1). Inner- keine verantwortlich zu machende Entschei-
halb der Kategorie der kollektiven Akteure dungsinstanz und im juristischen Sinne keine
kann man zwischen korporativen Akteuren, al- Instanz, die haftbar gemacht werden kann.
8 H. Pfaff und K. Schubin

Dennoch kann der non-korporative Akteur für schengemachte Teil des CO2-Ausstoßes als
1 das Entstehen oder Bekämpfen von Nachhal- kollektives Phänomen oder als Folge eines kol-
tigkeits- und Gesundheitsrisiken verantwort- lektiven Phänomens angesehen werden kann
lich sein. Das macht diesen Akteurstyp zu (Nikendei et al. 2020). Weitere Beispiele für
einer besonders kritischen Größe, weil er für kollektive Phänomene sind die Fehlzeitenquo-
viele Gesundheitsrisiken zwar verantwortlich te im Betrieb oder die lokale 7-Tage-Inzidenz
ist, aber nicht verantwortlich zu machen ist. im Rahmen der Corona-Pandemie.
Dies liegt daran, dass dem riskanten Verhal- Es lohnt sich an dieser Stelle einen wei-
ten des Kollektivs keine bewusste kollektive teren kleinen Ausflug in die soziologische
Entscheidung zugrunde liegt. Eine direkte Ver- Handlungstheorie zu machen. In Bezug auf
antwortung für ein Gesundheits- und Nach- den Menschen unterscheidet Max Weber drei
haltigkeitsrisiko ist in den meisten Fällen nur Arten von Verhalten: reaktives Sichverhalten,
dann gegeben, wenn ein monokausaler Zusam- Handeln und soziales Handeln (Schluchter
menhang vorliegt. Dies ist zum Beispiel der 1980). Das menschliche Verhalten wird dann
Fall, wenn ein Schadensereignis (z. B. Auto- als Handeln bezeichnet, „wenn und insofern
unfall) direkt einem Individuum (z. B. Auto- als der oder die Handelnden mit ihm einen sub-
fahrer) zuzurechnen ist. In diesen Fällen kann jektiven Sinn verbinden“ (Weber 1985, S. 1).
man auch von Individualverschulden sprechen. Dies wird zum sozialen Handeln, wenn es
Hiervon zu unterscheiden sind Fälle, bei denen „seinem von dem oder den Handelnden ge-
ein multikausaler Zusammenhang gegeben ist. meinten Sinn nach auf das Verhalten anderer
Dazu zählen kollektive Phänomene, die durch bezogen wird und daran in seinem Ablauf ori-
die Aggregation der (a) Handlungen und Ver- entiert ist“ (Weber 1985, S. 1). Jede Handlung
haltensweisen individueller Akteurinnen oder ist auch Verhalten, aber nicht jedes Verhalten
Akteure, (b) Handlungen korporativer Akteu- ist auch eine Handlung. Eine Handlung liegt
re und (c) Verhalten non-korporativer Akteure nur vor, wenn einem Verhalten eine bewuss-
entstehen. Darauf soll nun näher eingegangen te, sinnhafte Entscheidung in Bezug auf die
werden. Wahl der Verhaltensoptionen zugrunde liegt.
In diesem Fall trägt die Entscheidungsträgerin/
1.3 Entstehung riskanter der Entscheidungsträger die Verantwortung für
die Entscheidung und kann dann für die daraus
kollektiver Phänomene durch entstehenden negativen Folgen verantwortlich
Handlungen individueller gemacht werden. Dies ist bei dem reinen Sich-
Akteurinnen und Akteure: verhalten nicht unbedingt der Fall, da z. B. bei
Diffuse einer Affekthandlung kein subjektiver Sinn als
Individualverantwortung Verhaltensgrundlage vorliegt. Wäre dies der
Fall, hätte die betreffende Person mit Vorsatz
gehandelt.
Eine der wichtigsten Quellen für weltweite Kommt ein negatives kollektives Phäno-
Herausforderungen im Bereich der Nachhal- men zustande, indem sich individuelle Hand-
tigkeit und Gesundheitsförderlichkeit sind Er- lungen, die Umwelt- oder Gesundheitsrisiken
scheinungen, die die Soziologie als kollekti- erzeugen, in einfacher Form addieren, liegt die
ve Phänomene bezeichnet. Menschen können Verantwortung bei jedem einzelnen Akteur/je-
durch ihr individuelles Verhalten oder Handeln der einzelnen Akteurin, der oder die zu diesem
in der Summe soziale Phänomene herbeifüh- Ergebnis beiträgt. Diese individuellen Akteu-
ren. So ist z. B. das hohe Verkehrsaufkommen rinnen und Akteure können aber für das Ge-
auf den Autobahnen am ersten Schulferientag samtergebnis des Zusammenwirkens mehre-
ein kollektives Phänomen. Dies trägt seinen rer, nicht abgestimmter Menschen nicht wirk-
Teil zum CO2-Ausstoß bei, sodass der men- lich zur Verantwortung gezogen werden, denn
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
9 1

Sozialer Wandel, z.B. CO2 -Ausstoß durch


Umweltsituation, Verkehr, Inzidenzrate,
Ökonomie etc. Plastikmüll (kg)/Person
Situation Kollektives Phänomen
(Faktor A) (Faktor D)

Wahrnehmungs- und 1. Logik der 3. Logik der


Bewertungsprozesse Situation Aggregation Einfache oder
(Situationsdefinition)
dynamische
Akteur/Akteurin Handlung Aggregation
(Faktor B) (Faktor C)
2. Logik der
Selektion
Mitarbeitende: Handlungseinschrän-
z. B. „grüne“ Werte, kung durch Regeln,
Umwelteinstellungen Normen, Rollen etc.

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 1.2 Das Modell kollektiver Phänomene und die Ansatzpunkte für das gesellschaftliche und betriebliche Nach-
haltigkeits- und Gesundheitsmanagement. (Eigene Darstellung in Anlehnung an Coleman 1990; Pfaff und Zeike 2019)

dieses Gesamtergebnis stellt ein Phänomen der Akteur oder die Akteurin aus verschiede-
der ungewollten Emergenz dar (Sutter 2006). nen möglichen Handlungsoptionen eine Op-
Der oder die Einzelne kann sich in diesem tion auswählt. Der vorhandene Optionsraum
Fall gewissermaßen in der Masse verstecken wird jedoch durch die Gesellschaft – z. B.
(O’Connell 2020). Die Aussagen dazu lauten durch Werte, Moralvorstellungen, Normen und
gemeinhin: „Mein Handeln trägt nur zu einem Rollen – mehr oder weniger eingeschränkt
Bruchteil zum Problem bei“ oder „Wenn ich (Franz 1986; Pfaff 2013). Zudem wird die
mein Handeln ändere, passiert gar nichts“. In Auswahl von Handlungsoptionen unter diesen
diesem Fall ist eine Diffusion der Verantwor- gesellschaftlich erlaubten Optionen wiederum
tung gegeben (Bierhoff und Rohmann 2016). von der Gesellschaft (Regierung, Organisatio-
Zur Klärung der Frage, welcher Mechanis- nen, Gruppen, Dyaden) mitgesteuert. Somit
mus hinter der Diffusion der Verantwortung gilt: Nicht alles, was möglich ist, ist erlaubt
steht, ziehen wir das Modell der Erklärung und nicht alles, was erlaubt ist, wird gutge-
kollektiver Phänomene von Coleman (1990) heißen oder belohnt. Über diese Steuerung
heran (Pfaff und Zeike 2019). Dieses Mo- der Selektion (Logik der Selektion) kann die
dell erklärt kollektive Phänomene (vgl. Fak- Gesellschaft Einfluss auf die Entstehung von
tor D in . Abb. 1.2) als Ergebnis der einfa- kollektiven Umwelt- und Gesundheitsrisiken
chen oder dynamischen Aggregation der Ein- nehmen. Die Akteurinnen und Akteure, die die
zelhandlungen individueller Akteurinnen und Handlung auswählen, zeichnen sich durch un-
Akteure (vgl. Faktor C in . Abb. 1.2). Im ein- terschiedliche Einstellungen, Werte, Moralvor-
fachen Fall handelt es sich um die Addition stellungen, Wissen, Kompetenzen, Bedürfnis-
von Einzelhandlungen (z. B. Wahlergebnisse). se, Interessen, Präferenzen und Gesundheits-
Im komplexen Fall ist ein dynamisches Zu- zustände aus (vgl. Faktor B in . Abb. 1.2).
sammenwirken von Einzelhandlungen (z. B. Diese individuellen Eigenschaften nehmen –
Inzidenzraten oder Verkehrsstau) gegeben (Lo- neben der Gesellschaft – ebenfalls Einfluss
gik der Aggregation). Diese Einzelhandlungen auf die Handlungswahl. Der Akteur/die Ak-
sind das Ergebnis von individuellen Entschei- teurin reagiert bei der Wahl der Handlung in
dungs- und Selektionsprozessen, bei denen der Regel auf eine gegebene soziale, ökonomi-
10 H. Pfaff und K. Schubin

sche, biologische und physikalisch-chemische wertung der Situation eine bedeutsame Rol-
1 Situation (vgl. Faktor A, Logik der Situation, le für die Handlungsentscheidung der Akteu-
in . Abb. 1.2). Diese Situation wird von ihm rinnen und Akteure (Pfaff und Zeike 2019).
oder ihr unterschiedlich wahrgenommen und Unternehmen, Führungskräfte und Teammit-
bewertet, dies kann positiv (z. B. als Gratifika- glieder können somit über die Änderung der
tion), neutral oder negativ, z. B. als Bedrohung, Situation, die Beeinflussung der Wahrneh-
Verlust oder Herausforderung (Lazarus und mung und Bewertung, die Einschränkung des
Folkman 1984), sein. Optionsraums, die Beeinflussung der Hand-
Ein Beispiel: Der CO2-produzierende Au- lungsentscheidungen und die Dämpfung ge-
tostau stellt ein emergentes kollektives Phä- fährlicher dynamischer Aggregationen Ein-
nomen dar, das durch die dynamische Ag- fluss auf die Entstehung von kollektiven Um-
gregation von Einzelentscheidungen zustande welt- und Gesundheitsrisiken nehmen (siehe
kommt (z. B. Entscheidung, schnell zu fahren, 7 Abschn. 1.5).
um rascher ans Ziel zu kommen). Emergente Bei nicht nachhaltigen kollektiven Akteu-
Phänomene werden nicht geplant oder gestal- ren trägt jede und jeder Einzelne zu einem
tet und entstehen gewissermaßen „aus dem schädlichen Gesamtergebnis bei, aber keiner
Nichts“. Jede einzelne Auto fahrende Person von ihnen hat das Gesamtergebnis gewollt, so-
ist zwar mitverantwortlich für den Stau, aber lange kein Wissen über diese Zusammenhänge
keiner der Beteiligten hat den Stau bewusst ge- vorhanden ist. Wir haben es in diesem Fall mit
plant (Ausnahme: Blockade). Die Einzelhand- dem Phänomen zu tun, das Merton (1936) als
lungen unterliegen dabei einer dynamischen die „unbeabsichtigten Folgen absichtsvol-
Wechselwirkung. Dies bedeutet: Handlungs- len Handelns“ bezeichnet hat. Sobald Wissen
entscheidungen (z. B. das Auto abrupt abzu- über die vorhandenen Zusammenhänge gege-
bremsen) haben Auswirkungen auf die Ent- ben ist, liegt eine Teilverantwortung vor, da
scheidungen und Handlungen anderer Akteu- der/die Einzelne um die Folgen weiß und die-
rinnen und Akteure (z. B. ebenfalls abbremsen se nun – falls man am schädigenden Verhalten
und Warnlicht einschalten). Dynamische Ag- festhält – billigend in Kauf nimmt. Ein wei-
gregationen sind oft die Basis für Aufschau- teres Beispiel: Wenn 100.000 Einwohnerinnen
kelungsprozesse und exponentielle Entwick- und Einwohner einer Großstadt mehrere Ton-
lungen, wie sie zum Beispiel in der Corona- nen Plastikmüll pro Tag als Folge von Ein-
Pandemie zu beobachten waren. zelhandlungen (z. B. Kauf von mit Plastik ab-
Die Akteurinnen und Akteure sind in gepackten Nahrungsmitteln) verursachen, be-
der Regel nicht völlig frei in ihren Hand- trägt die Verantwortung des/der Einzelnen –
lungsentscheidungen („Constrained-Choice“- rein formal gesehen – ein Hunderttausendstel.
Ansatz; Franz 1986). Durch Anreize, Wert- Damit ist eine Verantwortungsdiffusion ver-
vorstellungen, soziale Normen, sozialen Druck bunden. Diese nimmt zu, wenn die Aggregati-
und Gesetze (z. B. Geschwindigkeitsbegren- on der Einzelhandlungen nicht additiv, sondern
zung) schafft die Gesellschaft einen Rahmen, dynamisch vonstattengeht. Eine Dynamik ist
innerhalb dessen Individuen ihre Entschei- gegeben, wenn eine Handlung die andere nach
dungen treffen können oder dürfen (z. B. die sich zieht (z. B. vorbildliches Handeln führt
„Zehn Gebote“ im Christentum). Im Rahmen zur Nachahmung). Im Extremfall ergeben sich
der Logik der Situation spielen die indivi- exponentielle Aggregationen wie im Falle des
duelle und kollektive Wahrnehmung und Be- Covid-19-Virus (Salzberger et al. 2020).
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
11 1
1.4 Entstehung riskanter gibt, die als Verursacher in Frage kommen.
kollektiver Phänomene durch Auch der einzelne korporative Akteur kann
Handlungen korporativer sich hinter dem Tun anderer korporativer Ak-
teure „verstecken“ und darauf verweisen, dass
Akteure: der eigene Beitrag nur einen Bruchteil des
Organisationsverantwortung Gesamtproblems ausmacht. Dennoch steht die
und -verschulden Frage im Raum, ob in diesem Fall nicht Or-
ganisationsverantwortung und im negativen
Fall Organisationsverschulden vorliegt.
Das Modell der Erklärung kollektiver Phäno-
Organisationsverschulden bezeichnet „die
mene kann auch auf das Handeln korporativer
Haftung aufgrund der Verletzung von Or-
Akteure angewandt werden. In diesem Fall
ganisationspflichten oder wegen Nichterfül-
handelt es sich bei dem Akteur in . Abb. 1.2
lung rechtlicher Anforderungen an betriebli-
nicht um eine individuelle Person, sondern um
che organisatorische Maßnahmen“ (Krempel
einen korporativen Akteur, also eine Organi-
und Siebel 2018, S. 41). Ein Beispiel aus
sation. Dieser korporative Akteur nimmt die
dem Bereich der Patientensicherheit in Klini-
Umweltsituation kollektiv wahr und bewer-
ken mag dies illustrieren. Liegt ein gesund-
tet sie (Logik der Situation). Der korporative
heitlicher Schaden bei einer Patientin/einem
Akteur besitzt eine Organisationskultur, insti-
Patienten vor, der durch einen menschlichen
tutionelle Präferenzen, Sach-, Sozial- und Hu-
Behandlungsfehler bedingt ist, liegt auf den
mankapital und etliches mehr, was ihn meist
ersten Blick Individualversagen einer indivi-
einzigartig macht. Dieser Akteur nimmt auf-
duellen Akteurin/eines Akteurs vor. Gerichte
grund der Unternehmensstrategie im Idealfall
können jedoch einen Schritt weiter gehen und
unter Beachtung der geltenden Gesetze (Logik
prüfen, welche Mitschuld das Management
der Selektion) Organisationshandlungen vor.
eines Krankenhauses und damit die Organi-
Aggregiert man das Handeln einzelner kor-
sation an diesem Individualversagen und am
porativer Akteure, ergibt sich wiederum ein
Patientenschaden trägt (Gross und Kucharz
kollektives Phänomen.
2018). Wird beispielsweise festgestellt, dass
Ein Beispiel: Vor allem korporative Ak-
die Organisation das medizinische Personal
teure werden für die Erderwärmung verant-
nicht ausreichend überwacht oder ausgebildet
wortlich gemacht, d. h. Unternehmen, Klini-
hat, kann Organisationsverschulden vorliegen
ken, Regierungen und Staaten. Ein Beispiel
(Krempel und Siebel 2018). Oft wird damit
dafür sind die energiebedingten CO2-Emissio-
ein Fehler einer Arbeitnehmerin/eines Arbeit-
nen und Pro-Kopf-Emissionen nach Staaten,
nehmers dem Arbeitgeber angelastet, wenn
wobei die nordischen Industrienationen histo-
dieser Fehler größtenteils organisationsbedingt
risch als Hauptverursacher des Klimawandels
war.
gelten (Arens 2013). Ein weiteres Beispiel sind
Eine Übernahme der Organisationsverant-
die größten Öl- und Gaskonzerne, die laut dem
wortung ist zum Beispiel gegeben, wenn ein
Climate Accountability Institute seit 1965 ein
betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement ein-
Drittel der weltweiten CO2-Emissionen pro-
gerichtet wird. Beispiele dafür sind „smarte
duzierten (Heede 09.10.2019). Aufgrund des
und grüne Unikliniken“ als Leitbilder (Ma-
größeren Impacts, den die korporativen Ak-
nagement & Krankenhaus 2021) oder die Er-
teure auf die natürliche, technische und soziale
füllung der Standards nachhaltigen Wirtschaf-
Welt haben, ist ihre Verantwortung größer als
tens. Dies zielt nicht (nur) auf den mögli-
die individueller Akteurinnen und Akteure.
chen Imagegewinn (Schnell 2020), sondern
Dennoch ist auch in ihrem Fall eine Diffusion
auf die schwierige Aufgabe, Nachhaltigkeit in
der Verantwortung gegeben, weil es viele kor-
die Unternehmenskultur zu integrieren (Vor-
porative Akteure (z. B. Staaten, Unternehmen)
bohle et al. 2015).
12 H. Pfaff und K. Schubin

1.5 Entstehung riskanter halten des Autofahrer-Kollektivs hat kollekti-


1 kollektiver Phänomene durch ve Auswirkungen, ist aber nicht das Ergebnis
die Aggregation bewusster, sinnhafter Entscheidungen des Kol-
lektivs. Es entstehen dadurch Umweltschäden,
von Handlungen nicht- für die weder das Kollektiv der betreffenden
korporativer Akteure: Das Autofahrer noch die einzelnen Autofahrer oder
Problem der unorganisierten -fahrerinnen haftbar gemacht werden können:
Unverantwortlichkeit Es ist diffuse Unverantwortlichkeit gegeben,
die aber nicht organisiert ist. Wir haben es
gewissermaßen nicht mit „organisierter Unver-
Non-korporative Akteure sind eine Ansamm- antwortlichkeit“ (Beck 1995) zu tun, sondern
lung oder Vernetzung von Menschen, die als mit unorganisierter Unverantwortlichkeit.
soziales Gebilde angesehen werden können,
aber nicht rechtsfähig sind. Sie können für
das, was sie auslösen, nicht verantwortlich 1.6 Entstehung riskanter
bzw. haftbar gemacht werden. Non-korporati- kollektiver Phänomene durch
ve Akteure sind Gruppen, Massen oder ande- die Aggregation
re Formen von sozialen Gebilden, die hand- von Handlungen
lungsprägend sind und damit Menschen des
Kollektivs in ihrem Verhalten und Handeln di-
verschiedener Akteurstypen:
rekt oder indirekt beeinflussen können (Rucht Das Problem der
und Neidhardt 2007). Sie sind zwar hand- ebenenübergreifenden
lungsprägend, aber nicht handlungsfähig (zur Verantwortung bei
Unterscheidung: Schimank 1985), da dies ei- multikausalen
ne handelnde soziale Einheit mit Leitungs- Zusammenhängen
bzw. Entscheidungsinstanz, einer bewussten
Ziel- und Handlungsplanung und Mitglied-
schaft voraussetzt. Non-korporative Akteure Wir konnten bisher zeigen, dass bei einem
können sich jedoch als Kollektiv verhalten monokausalen Zusammenhang oft das Verur-
(nicht: handeln). Diesem Sichverhalten liegen sacherprinzip angewandt werden kann, falls
keine zentralen Entscheidungen einer Person die Ursache das Handeln individueller oder
oder Personengruppe zugrunde. Das Verhalten kollektiver Verursachender ist. In diesem Fall
von Gruppen, Massen und anderen sozialen muss der Verursacher/die Verursacherin die
Gebilden kann dennoch für die Entstehung verursachten Risiken minimieren und für et-
von Nachhaltigkeits- und Gesundheitsrisiken waig entstandene Schäden aufkommen. Es
direkt oder indirekt verantwortlich sein. Non- handelt sich um eine Regel, „nach der der-
korporative Akteure produzieren meist nicht jenige, der einen Schaden verursacht, diesen
geplante, emergente kollektive Phänomene. seinem Geschädigten zu ersetzen habe (. . . )“
Ein Beispiel hierfür ist das Kollektiv der (Adams 1989, S. 787). Bei Fragen der Nach-
Autofahrerinnen und -fahrer, das zu einem haltigkeit und Gesundheitsförderlichkeit stellt
bestimmten Zeitpunkt auf einem bestimmten sich die Frage, wer konkret der/die Geschä-
Autobahnabschnitt unterwegs ist. Das Kollek- digte ist, dem/der der Schaden zu ersetzen ist:
tiv der Verkehrsteilnehmenden handelt als so- Einzelpersonen, Dyaden, Gruppen, Organisa-
ziales Gebilde nicht in dem Sinne, dass es tionen und/oder Staaten.
auf dem betreffenden Autobahnabschnitt mit Bei multikausalen Geschehnissen, wie
dem Stau einen kollektiven subjektiven Sinn sie in komplexen Systemen die Regel sind,
verfolgt, der durch Absprache und zentrale ist dieses Prinzip nur schwer anzuwenden und
Entscheidung zustande kam. Dieses Sichver- die Klärung der Verantwortungsfrage daher un-
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
13 1
gleich schwieriger (Adams 1989). Bei der Fra- sundheitsmanagement (BNGM) institutionali-
ge der Verantwortung hat man es bei multi- sieren. Das Commitment zur Verantwortungs-
kausalen Zusammenhängen auch mit multipler übernahme beeinflusst dabei die Stärke des da-
Verantwortung zu tun, die sich zudem auf meh- durch gewonnenen gesellschaftlichen Einflus-
rere Systemebenen (Mikro-, Meso- und Ma- ses. Dazu ein empirisches Beispiel: Die Studie
kro-Ebene) verteilen kann. Eine problembezo- „Impact Measurement and Performance Analy-
gene Bewältigung der weltweiten Herausfor- sis of CSR“ (IMPACT) untersuchte, welche ge-
derungen in Bezug auf Umwelt und Gesund- sellschaftlichen Auswirkungen die Umsetzung
heit ist daher von einzelnen Menschen, unter des Konzepts Corporate Social Responsibili-
anderem aufgrund ihrer limitierten Verände- ty (CSR) hat (Brunn 2013). Der Begriff be-
rungsmacht, nicht zu bewerkstelligen (Mock zeichnet ein „Konzept, das den Unternehmen
2020; Meißner 2021). Verantwortung hängt als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis so-
mit Verursachung zusammen, allerdings zeigt ziale Belange und Umweltbelange in ihre Un-
sich, dass Verantwortung auch übernommen ternehmenstätigkeit [. . . ] zu integrieren“ (Euro-
werden kann – und soll –, wenn jemand nicht päische Kommission 18.07.2001, S. 7). Die For-
der/die Verursachende ist. schenden kamen einerseits zu dem Schluss, dass
CSR allein nicht ausreicht, um einen grund-
legenden gesellschaftlichen Wandel zu errei-
1.7 Verantwortungsübernahme chen. Auf der anderen Seite zeigte sich aber
von Unternehmen durch der Effekt, dass das Commitment von Unter-
nehmen zum Corporate-Social-Responsibility-
Schaffung eines neuartigen Prinzip mit einem höheren CSR-Output verbun-
betrieblichen Nachhaltigkeits- den war. Das Commitment verstärkte die Im-
und Gesundheits- plementierung und den Impact von CSR-Maß-
managements (BNGM): nahmen (Brunn 2013). Wie aber können Un-
Ansatzpunkte ternehmen konkret Einfluss auf die Nachhal-
tigkeit und Gesundheitsförderlichkeit nehmen
und unerwünschte kollektive Phänomene ver-
Unternehmen können Verantwortung für jenen meiden? Auch bei der Lösung dieser Denkauf-
Teil der weltweiten Herausforderungen über- gabe hilft das Modell der kollektiven Phäno-
nehmen, der entweder durch ihre eigenen unter- mene von Coleman weiter. Es liefert wichtige
nehmerischen Entscheidungen oder durch Ent- Ansatzpunkte in Bezug auf verschiedene Strate-
scheidungen ihrer Mitarbeitenden im Rahmen gien, die im Unternehmenskontext zur Bewälti-
der Arbeit mitverursacht wurde. Es geht einer- gung der gegenwärtigen und zukünftigen Nach-
seits um die Nachhaltigkeit der Produkte und haltigkeits- und Gesundheitsrisiken angewandt
Dienstleistungen, die nach außen gehen, und an- werden können. Wir gehen im Folgenden auf
dererseits um die Nachhaltigkeit der Prozesse, fünf mögliche Ansatzpunkte ein und beziehen
Strukturen und Ressourcen, die zur Herstellung uns hierbei unter anderem auf Maßnahmenty-
von Produkten oder zur Dienstleistungserstel- pen, wie sie für das BGM-Controlling vorge-
lung notwendig sind. Hierzu zählen auch die schlagen wurden (Pfaff und Zeike 2019).
Humanressourcen, kurz die Menschen bzw. die
Mitarbeitenden. Unsere zentrale These in die- 2Ansatzpunkt I im Rahmen des
sem Beitrag ist, dass die Unternehmen und ihre betrieblichen Nachhaltigkeits- und
Mitarbeitenden dann vor allem ihrer Verantwor- Gesundheitsmanagements: Veränderung
tung nachkommen können, wenn sie das Nach- der sozio-ökonomischen, technischen
haltigkeitsmanagement mit dem Gesund- und natürlichen Situation
heitsmanagement verbinden und ein innova- Unternehmen können versuchen, die sozia-
tives betriebliches Nachhaltigkeits- und Ge- le, ökonomische, technische und natürliche
14 H. Pfaff und K. Schubin

Situation des Organisationshandelns und des dessen Teil man ist, direkt oder indirekt be-
1 Handelns der Organisationsmitglieder so zu einflusst werden kann (Janis und Mann 1977;
ändern, dass Umwelt- und Gesundheitsrisiken Janis 2013). Die soziale konstruierte Wirk-
minimiert werden. Diese Gestaltung der Um- lichkeit und die kulturellen Prägungen rahmen
welt ist jedoch nicht einfach. Sie setzt Organi- die individuellen Wahrnehmungen und Bewer-
sationshandeln voraus, das geeignet ist, die so- tungen (Berger und Luckmann 1980). Dieser
ziale, ökonomische, technische und natürliche Mechanismus kann vom Unternehmen genutzt
Situation in Richtung Nachhaltigkeit und Ge- werden, um bei den einzelnen Mitarbeitenden
sundheitsförderlichkeit tatsächlich und merk- mehr nachhaltigkeitsorientierte und gesund-
lich zu ändern. Dies ist einerseits – weniger heitsförderliche Wahrnehmungen und Bewer-
erfolgversprechend – über Einzelhandlungen tungen zu erzeugen. Dies reicht inhaltlich von
der Organisationen zur Änderung der Situation der Wahrnehmung des Zusammenhangs zwi-
möglich und andererseits – erfolgversprechen- schen Verhalten und Nachhaltigkeit bis hin zur
der – über den Zusammenschluss mehrerer negativen Bewertung nicht nachhaltiger Hand-
Organisationen (z. B. Unternehmensverbände, lungen.
„green alliance“) möglich. Einer dieser Ein- Geht es im Rahmen der Pflege der Human-
flusswege ist der klassische Lobbyismus, der ressourcen darum, gesundheitsschädigende
im Falle des Nachhaltigkeitsziels – durchaus negative Grundüberzeugungen von Beschäf-
umstritten – ethisch eher gerechtfertigt er- tigten über die eigene Person zu ändern (z. B.
scheint („grüner Lobbyismus“). In diesem Fall Minderwertigkeitsgefühle), sind beispiels-
liegt eine Aggregation des Handelns mehre- weise Selbstmanagement- und Resilienzkurse
rer Organisationen vor, die im Folgenden unter nachweislich gut geeignet, in einem gewissen
Ansatzpunkt V näher betrachtet werden soll. Rahmen solche Überzeugungen auf mittlere
Sicht zu ändern (Böhm und Kuhn 2007; Busch
2Ansatzpunkt II im Rahmen des et al. 2009; Penedo et al. 2004). Darüber hinaus
betrieblichen Nachhaltigkeits- und können Führungskräfte in besonderer Weise
Gesundheitsmanagements: kollektive Wahrnehmungen, Grundüberzeu-
Beeinflussung der individuellen und gungen und Bewertungsprozesse beeinflussen.
kollektiven Wahrnehmung und So finden sich in der Literatur vielfältige
Bewertung der Risiken Beispiele, wie Führungskräfte die kollektive
Jede Situation hat eine objektive und eine Wahrnehmungsfokussierung von Teams beein-
subjektive Seite. Es gibt objektive Nachhaltig- flussen können (Nagel und Petermann 2012;
keitsprobleme und Gesundheitsrisiken. Jedoch Spieß und Stadler 2007; Zimber und Greger-
gilt: Akteure und Akteurinnen handeln nur, sen 2011; Matyssek 2011). Als mediales Mittel
wenn diese Nachhaltigkeitssituation erstens zur Beeinflussung der kollektiven Wahrneh-
wahrgenommen und zweitens entsprechend mung und Bewertung kommen das persönliche
bewertet wird und die Bewertung Handlungs- Gespräch, die öffentliche Rede, traditionel-
bedarf erkennen lässt. Hier gilt das Thomas- le Medien, moderne Kommunikationsformen
Theorem: „Was der Mensch als real ansieht, (Intranet, Wiki-Software etc.) und soziale Me-
ist real in seinen Konsequenzen“ (Thomas dien (twitter, instagram, blogs, podcasts) in
und Thomas 1928). Die individuelle Defini- Betracht. In diesem Rahmen spielen die PR-
tion der Nachhaltigkeits- und Gesundheitssi- und Kommunikationsabteilung eine wichtige
tuation ist entscheidend für das individuelle Rolle. Interne Medien können dazu dienen,
Handeln. Das ist auch die zentrale Aussage sowohl die kollektive Wahrnehmungsfokus-
des Modells der kollektiven Phänomene von sierung als auch Bewertung von Ereignissen
Coleman. Wir wissen aus der Soziologie und zu beeinflussen, zum Beispiel wenn eine Epi-
Sozialpsychologie, dass die individuelle Defi- demie ausbricht oder ein Unternehmen in eine
nition der Risikosituation von dem Kollektiv,
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
15 1
Krise stürzt (Buchbinder et al. 2001; Goesmann 2Ansatzpunkt IV im Rahmen des
2010; Pfaff und Zeike 2019). betrieblichen Nachhaltigkeits- und
Gesundheitsmanagements:
Beeinflussung der Handlungsselektion
2Ansatzpunkt III im Rahmen des Nach dem Coleman-Modell der Erklärung kol-
betrieblichen Nachhaltigkeits- und lektiver Phänomene entscheidet der Akteur/
Gesundheitsmanagements: die Akteurin sich für eine bestimmte Hand-
Beeinflussung der individuellen Werte, lung aus einer Menge an Handlungsmöglich-
Einstellungen, Wissensbestände, keiten. Die Gruppe, das Unternehmen und
Persönlichkeit und Gesundheit die Gesellschaft, in die der oder die Einzelne
Eine wichtige Frage im Rahmen eines betrieb- eingebettet ist, können diese Selektion mehr
lichen Nachhaltigkeits- und Gesundheitsma- oder weniger stark beeinflussen, und zwar so-
nagements ist die, ob der Akteur/die Akteurin wohl direkt als auch indirekt. Wir unterschei-
als Mitarbeitende/r selbst durch Führungskräf- den mindestens vier grundlegende Strategien,
te beeinflussbar ist und inwieweit dies ethisch die bei der Beeinflussung der Handlungsent-
vertretbar ist (Kuhn und Weibler 2012). Da- scheidung zur Anwendung kommen können
zu sollte angemerkt werden, dass Unterneh- (Pfaff und Zeike 2019). Als Erstes sind hier
mens- und Mitarbeitendenführung per Defi- die anreizbasierten Strategien zu nennen.
nition Verhaltensbeeinflussung darstellt („füh- Diese Strategien verknüpfen wünschenswerte
ren“) und in der Gesellschaft weitgehend Kon- Handlungen mit positiven Anreizen. Beispie-
sens darüber besteht, dass – solange ethisch le sind die Ermöglichung der Teilnahme an
„gute“ Ziele mit der Beeinflussung verfolgt bestimmten gesundheitsförderlichen Maßnah-
werden (z. B. Nachhaltigkeit oder Gesundheit) men während der Arbeitszeit (z. B. angeleitete
– die Beeinflussungsversuche, wenn sie an- Bewegungspausen) oder Bonuszahlungen von
gemessen sind, auch gerechtfertigt sind. Das Krankenkassen für präventives Verhalten. Zum
Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen Zweiten sind sanktionsorientierte Strategien
und das betriebliche Gesundheitsmanagement zu nennen. Bei diesen werden unerwünschte
sind Beispiele für solche Versuche, auf die Per- Handlungen (z. B. ungesundes Verhalten, nicht
son selbst im Sinne der Nachhaltigkeit und umweltgerechtes Verhalten) mit einer Strafe
Gesundheitsförderlichkeit Einfluss zu nehmen. belegt, sodass die Kosten einer Handlung er-
Konkret meint dies die Einflussnahme auf die höht werden (z. B. Sanktionen bei Verweige-
Werte und Einstellungen im Falle des Nachhal- rung der einrichtungsbezogenen Impfplicht).
tigkeitsmanagements und auf die Gesundheit An dritter Stelle stehen die Nudging-Strate-
im Falle des Gesundheitsmanagements. Ei- gien, die auf freiwillige Handlungen setzen
ne weitere bekannte Form der Einflussnahme und die Wahl der „richtigen“ Handlung ver-
auf die Person und Persönlichkeit einer/eines einfachen. Sie „stupsen“ (nudge) die Person
Mitarbeitenden ist die berufliche Sozialisati- in die „richtige“ Richtung der Nachhaltigkeit
on (Lempert 2006), die per Definition eine und Gesundheitsförderlichkeit. Dazu gehören
Internalisierung der Unternehmenswerte und auch situationsangepasste Hinweise für das in
-einstellungen sowie der Berufseinstellungen dieser Situation „gesündere“ oder „nachhal-
zum Ziel hat (Deutschmann 1987). Eine an- tigere“ Verhalten (z. B. Hinweis in einer E-
dere wirksame Form der Einflussnahme ist die Mail: Überlegen, ob ein Dokument wirklich
Personalselektion. Man hat besonders bei ja- auf Papier gedruckt werden muss). An vier-
panischen Unternehmen entdeckt, dass sie ihre ter Stelle sind die normbasierten Strategien
Unternehmenskultur auch durch die Auswahl
von Bewerberinnen und Bewerbern, die zu der
gegebenen Kultur passen, aufrechterhalten ha-
ben (Deutschmann 1987).
16 H. Pfaff und K. Schubin

zu nennen, die soziale Normen zur Beeinflus- dukte, Dienstleistung) einhalten will, um ihren
1 sung der Handlungsentscheidung nutzen. Bei- Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten zu können.
spielsweise können Kolleginnen und Kollegen, Diese dadurch erzeugte Nachhaltigkeitshand-
Führungskräfte und das Unternehmen diese lung des korporativen Akteurs kann, wenn
Normen festlegen. Das Unternehmen ist in der andere korporative Akteure ähnlich handeln,
Lage, Normen zu Gesundheit und Nachhal- zu einem kollektiven Nachhaltigkeitsphäno-
tigkeit festzulegen, indem es Leitlinien, Leit- men führen. Dieses kommt durch die Addition
bilder sowie formelle und informelle Regeln der Einzelhandlungen von Unternehmen zu-
nutzt. Vorgesetze müssen entsprechende Nor- stande.
men und Werte vorleben und Konsequenzen Im Falle der kollektiven Bewältigungs-
bei Verstößen ziehen. Gruppendruck durch die handlung ist sich der korporative Akteur (Un-
Arbeitsgruppe oder das Team ist ebenfalls ein ternehmen, Verband etc.) bewusst, dass er al-
starker Mechanismus der Normsetzung (z. B. leine wenig ausrichten kann und es einen Zu-
bei Präsentismus). Im Falle der Nichteinhal- sammenschluss gleichgesinnter Akteure benö-
tung der Normen werden meist sanktionsori- tigt, um in der politischen Arena Dinge wirk-
entierte Strategien angewandt (Pfaff und Zeike lich bewegen zu können. Dadurch wird kollek-
2019). tive Handlungsfähigkeit („collective agency“)
erzeugt. Der gemeinsamen Nachhaltigkeits-
2Ansatzpunkt V im Rahmen des handlung vorgelagert ist dann die Handlung,
betrieblichen Nachhaltigkeits- und sich mit anderen korporativen Akteuren zu-
Gesundheitsmanagements: sammenzuschließen, um gemeinsame Nach-
Zusammenschluss nachhaltiger haltigkeitsstrategien und -handlungen entwi-
korporativer Akteure ckeln und durchführen zu können. Ein Beispiel
Das Erklärungsmodell kollektiver Phänome- ist die 1977 gegründete SEKEM-Initiative,
ne kann nicht nur auf einzelne Menschen als die mittels biologisch-dynamischer Landwirt-
Akteurinnen oder Akteure angewandt werden, schaft fruchtbaren Wüstenboden in Ägypten
sondern auch auf korporative Akteure. In die- erzeugte und dort Unternehmen gründete, die
sem Fall reagiert der korporative Akteur auf für die Verarbeitung der Erzeugnisse zustän-
eine gegebene soziale, ökonomische, techni- dig sind (Meißner 2021). Laut der Initiative
sche und natürliche Situation (z. B. Umwelt- wäre der Erfolg des führenden Sozialunter-
krise), indem er sie wahrnimmt (z. B. selektiv nehmens ohne die Partnerschaften mit ande-
oder ganzheitlich) und bewertet (als Bedro- ren Unternehmen, Verbraucherinnen/Verbrau-
hung, Herausforderung oder Verlust). Daraus chern und Liefernden nicht möglich gewesen
zieht er Schlussfolgerungen hinsichtlich der (SEKEM 2022). In diesem Fall haben wir es
Notwendigkeit, korporative Bewältigungsstra- mit einer dynamischen Aggregation der Ein-
tegien anzuwenden und konkrete Handlungen zelhandlungen von korporativen Akteuren zu
zu vollziehen. Diese Handlungen können sin- tun. Die Dynamik besteht zum Beispiel da-
gulärer Natur oder kollektiver Natur sein. Dies rin, sich gegenseitig in den Sichtweisen zu
bedeutet der korporative Akteur kann eigen- bestätigen und darauf aufbauend ein Gemein-
ständig handeln oder er kann sich mit ande- schaftsgefühl zu entwickeln, das zusätzlich
ren korporativen Akteuren zusammenschlie- motiviert, den Nachhaltigkeitsweg zu gehen
ßen, um gemeinsam zu handeln. Beide Fälle und dies von der Politik, den Kundinnen/Kun-
sind interessant für Umwelt- und Nachhaltig- den und Zuliefernden einzufordern. Mehrere
keitsfragen. Im Falle der singulären korporati- korporative Akteure (hier: Unternehmen) kön-
ven Bewältigungshandlung kann eine Organi- nen auf diese Weise gemeinsam – Konsens
sation für sich überlegen, welche Umwelt- und und Abstimmung vorausgesetzt – Einfluss auf
Nachhaltigkeitsstandards sie in ihrem Haus gesellschaftliche Veränderungen nehmen. Eine
und ihren Außenbeziehungen (Einkauf, Pro- solche Vorgehensweise korporativer Akteure
Kapitel 1 ! Verantwortung von Individuen und Organisationen
17 1
hat auch den Vorteil, dass dies gegebenen- nur individuelle und korporative Akteurinnen
falls einen Entscheidungs- und Handlungsrah- und Akteure zur Verantwortung gezogen wer-
men (frame) setzt. Dieser Rahmen kann dann den können. Einerseits als Verursachende von
von non-korporativen Akteuren als Argument schädlichen kollektiven Phänomenen und an-
und als Basis genutzt werden, um selbst ak- dererseits als Akteurinnen/Akteure, die die
tiv zu werden und über politische Aktivitäten Folgen abwenden können. Mithilfe von Cole-
langfristige Veränderungen im gesellschaftli- mans Modell kollektiver Phänomene konnten
chen Mindset und in der Gesetzeslage anzu- wir zeigen, dass wir es vor allem bei der
streben. Dies könnte ein Weg sein, aus der dynamischen Aggregation von Einzelhandlun-
unorganisierten Unverantwortlichkeit heraus- gen mit unbeabsichtigten Folgen absichtsvol-
zufinden. Laut einer Studie der Bertelsmann- len Handelns und damit einhergehender Ver-
Stiftung, in der 600 deutsche Unternehmen antwortungsdiffusion zu tun haben. Obwohl
befragt wurden, zeigen Unternehmen insge- multikausale Geschehnisse in komplexen Sys-
samt das Commitment, aktuelle und zukünf- temen die Regel sind und die Klärung der Ver-
tige gesellschaftliche Herausforderungen zu antwortungsfrage erschweren, plädieren wir
adressieren und dafür auch personelle Res- für eine die gesellschaftlichen Ebenen über-
sourcen einzusetzen (Ernste et al. 2016). Dazu greifende Bewältigung der gesellschaftlichen
muss die Koordination und Organisation des Herausforderungen, sodass auf der Ebene des
Engagements innerhalb der Unternehmen und Individuums, der Ebene des non-korporativen
die sektorenübergreifende Kooperation zwi- Akteurs und der Ebene der korporativen Ak-
schen Unternehmen systematisch verbessert teure gleichzeitig angesetzt wird. Aufgrund
werden. Auf diese Weise kann man den Fol- des größeren Impacts, die korporative Akteu-
gen der zentralen Trends (demographischer re – d. h. Organisationen – auf die natürliche
Wandel, Digitalisierung und Globalisierung) und soziale Welt haben, ist ihre Verantwortung
besser gemeinsam begegnen (Ernste et al. größer als die individueller Akteurinnen und
2016). Da wir es aufgrund der verschiedenen Akteure. Wir kamen zu dem Schluss, dass die
individuellen, korporativen und non-korpora- Einrichtung eines betrieblichen Nachhaltig-
tiven Akteurinnen und Akteuren mit unter- keits- und Gesundheitsmanagements (BNGM)
schiedlichen Perspektiven und Interessen zu ein großer und wichtiger Schritt in Richtung
tun haben, sind integrale Ansätze zur Kommu- Verantwortungsübernahme darstellt. Individu-
nikation und Aushandlung zwischen Akteu- en und Unternehmen müssen gewissermaßen
rinnen/Akteuren erforderlich (Rehbein 2021). „bei sich“ anfangen und ihren kollektiven und
Unternehmen können durch Schaffung ent- individuellen Beitrag zur Nachhaltigkeit und
sprechender Kommunikations- und Aushand- Gesundheitsförderlichkeit leisten. Wir sehen
lungsstrukturen und durch die Institutionali- hier die Chance, Nachhaltigkeits- und Gesund-
sierung eines systematischen Nachhaltigkeits- heitsrisiken langfristig durch Organisationen
und Gesundheitsmanagements konkret Verant- zu vermindern. Letztlich kann nur ein geziel-
wortung übernehmen. tes Zusammenwirken von Mensch, Menschen
und Organisationen eine (Teil-)Verminderung
dieser Risiken bewirken.
1.8 Fazit

Literatur
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21 2

Gesunde
Organisationsführung
mit Corporate
Social Responsibility
ermöglichen
Claudia Kreipl

Inhaltsverzeichnis

2.1 Gesunde Organisationen als Teil der Gesellschaft – 22

2.2 Verantwortungsvolle Führung von Organisationen – 23


2.2.1 Die Führung von Organisationen – 24
2.2.2 Die organisationale Verantwortung – 24

2.3 Corporate Social Responsibility als Konzept


der Umsetzung organisationaler Verantwortung – 26
2.3.1 Begriff und Elemente – 26
2.3.2 Umsetzungsmöglichkeiten von CSR – 28

2.4 Gesunde Organisationen mit und durch gesunde


Mitarbeitende – 31

Literatur – 32

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
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22 C. Kreipl

2Zusammenfassung Die Bedürfnisbefriedigung durch Organi-


Gesunde Organisationen als Teil unserer Ge- sationen erfolgt entweder qualitativ besser
sellschaft befriedigen Bedürfnisse von Mit- oder effizienter, sodass sie andere Formen
2 gliedern der Gesellschaft. Eine erfolgsträch- (z. B. Eigenleistung der Nachfrager) abge-
tige Ausgestaltung von Organisationen fällt löst hat. Diese Vorteilhaftigkeit baut auf Kos-
in den Aufgabenbereich der Organisations- tenvorteilen z. B. durch Mengeneffekte, Spe-
führung. Die Führung von Organisationen si- zialisierungsvorteile oder auch Convenience-
chert mittels des Ansatzes strategischer Un- Aspekte auf (Kreipl 2020, S. 2 f.). Als Bei-
ternehmensführung den Erfolg über Wettbe- spiele für den Zweck von Organisationen kann
werbsvorteile. Weiterhin gestaltet die Füh- die Versorgung von Menschen mit Lebensmit-
rung einer Organisation die Wahrnehmung teln, mit Gesundheits-Dienstleistungen oder
organisationaler Verantwortung. Organisatio- das Entwickeln von innovativen Therapie- und
nale Verantwortung umfasst das Zusammen- Diagnostikformen angeführt werden.
spiel von ökonomischer, rechtlicher, ethischer Organisationen als funktionsfähige Orga-
und philanthropischer Verantwortung. Die ge- ne der Gesellschaft benötigen ein funktionie-
sellschaftliche Verantwortung als Kombination rendes Organsystem. Nur wenn alle Organe
ethischer und philanthropischer Verantwor- gesund sind, dann kann der Organismus als
tung kann über das Konzept der Corporate Ganzes auch als gesund, funktionsfähig und
Social Responsibility (CSR) umgesetzt werden. zukunftsfähig bezeichnet werden. Und dann
Implementierungsansätze werden über die In- kann der Zweck des Organismus und seiner
tegration von CSR in das Geschäftsmodell, Organe erreicht werden.
durch Corporate Citizenship sowie durch CSR- Dies steht in Übereinstimmung mit dem
Kommunikation aufgezeigt. Diese Ansätze ge- Gesundheitsbegriff der World Health Organi-
ben Hinweise dafür, wie gesunde Organisatio- sation (WHO). Gesundheit wird in der Verfas-
nen mit und für gesunde Mitarbeitende gestal- sung der WHO definiert als „ein Zustand von
tet werden können. vollständigem physischem, geistigem und so-
zialem Wohlbefinden, der sich nicht nur durch
die Abwesenheit von Krankheit oder Behinde-
2.1 Gesunde Organisationen rung auszeichnet“. Dieser Gesundheitsbegriff
als Teil der Gesellschaft wurde mit dem Konzept der Gesundheitsför-
derung in der Ottawa-Charta von der WHO
(1984) weiterentwickelt. Darin wird postuliert,
» Everyone is an organ of society and exists dass zur Erreichung dieses Zustandes sowohl
for the sake of society. Business is no ex- Einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnis-
ception. Free enterprises cannot be justified se befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnun-
as being good for business. It can be justi- gen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre
fied only as being good for society (Drucker Umwelt bewältigen bzw. verändern können.
1986, S. 33). In diesem Sinne wird Gesundheit als Zustand
des vollständigen körperlichen, geistigen und
Dieses Zitat verweist bereits auf eine grundle- sozialen Wohlbefindens definiert und als ein
gende Eigenart von Organisationen. Sie verfol- wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Le-
gen einen Zweck. Als Teil einer Gesellschaft bens verstanden.
existieren Organisationen folglich nicht aus ei- Konkret bedeutet dies für Organisationen
nem Selbstzweck heraus. Vielmehr erfüllen sie folgendes: Gesunde Organisationen erfüllen
spezifische Bedürfnisse einer Gemeinschaft, ihre Ziele bzw. den Unternehmenszweck. Sie
von Untergruppen der Gemeinschaft oder auch befriedigen aktuell und zukünftig Bedürfnisse
von Einzelpersonen (vgl. Drucker 1986, S. 32; von Zielgruppen. Dies ermöglicht finanziellen
Monks und Minow 2011, S. 9 f.). Erfolg (Gewinn bei profitorientierten Organi-
Kapitel 2 ! Gesunde Organisationsführung ermöglichen
23 2
sationen bzw. kostendeckendes Wirtschaften bzw. zum Wohl der Gesellschaft bei. Dies ge-
bei Non-Profit-Organisationen), der ein Indi- schieht zudem über Steuerbeiträge durch die
kator für ein gesundes Unternehmen ist. Diese Organisationen selber, aber auch durch de-
gesunden Organisationen bieten ihren relevan- ren Mitarbeitende. Dies trägt zur Finanzierung
ten Anspruchsgruppen die Möglichkeit, auch öffentlicher Güter (Schulen, öffentliche Ge-
deren Bedürfnisse zu befriedigen. Damit tra- sundheitseinrichtungen, Verteidigung) bei und
gen sie zum körperlichen, geistigen und sozia- damit zum Wohl der Gesellschaft. Im negati-
len Wohlbefinden der Stakeholder bei. Orga- ven Fall, d. h. in kranken Unternehmen, deren
nisationen übernehmen – in unterschiedlichem Existenz bedroht ist und in denen ein Verlust
Ausmaß – eine gesundheitliche Verantwortung von Arbeitsplätzen wahrscheinlich wird, muss
für ihre Mitarbeitenden, aber auch gegenüber nicht nur mit einem Ausfall der Steuereinnah-
weiteren Anspruchsgruppen. men, sondern zudem mit einer steigenden Be-
Gesunde Arbeitsbedingungen fördern ge- lastung des Sozialsystems z. B. durch die Inan-
sunde Mitarbeitende. Diese wiederum tragen spruchnahme von Arbeitslosengeld gerechnet
aktiv zum Erfolg der Organisationen bei. Sie werden. Diese Beispiele zeigen, dass gesunde
sind an der Leistungserstellung ebenso betei- Organisationen einen wichtigen Beitrag für die
ligt wie an der Entwicklung zukunftsorientier- Gesellschaft leisten bzw. im Umkehrschluss,
ter Konzepte für die Organisation. Sie sind An- dass nicht-gesunde Organisationen diese Bei-
sprechpartner für Externe, wie z. B. Kunden, träge nicht adäquat erbringen können. Dies gilt
und prägen damit das Image der Organisati- zunächst für die Abnehmer der Ergebnisse der
on. Gesunde Mitarbeitende können auf diese Organisationen, die Kunden bzw. Patienten,
Weise im Gegenzug gesunde Organisationen Gäste oder Versicherten. Mit dem Kernpro-
fördern. Sinkt der Grad an Gesundheit, so stei- dukt der Organisation können sie ihr Leben
gen die Ausfallzeiten der Mitarbeitenden, der besser bewältigen. Versicherte, die einen Kran-
Druck für die verbleibenden Mitarbeitenden kenversicherungsschutz genießen, können sich
steigt, möglicherweise steigt die Fluktuation, im Bedarfsfall auf die Finanzierung von Ge-
die Motivation sinkt und die Beiträge der Mit- sundheitsleistungen verlassen. Patienten kön-
arbeitenden in die Zukunft der Organisation nen auf die Verfügbarkeit und eine hohe Qua-
fallen schwächer aus. Zudem können Mitar- lität der Angebote von Krankenhäusern, nie-
beitende in gesunden und damit erfolgreichen dergelassenen Ärzten oder auch den Produkten
Organisationen (stärker) darauf vertrauen, dass der Pharma-Industrie vertrauen.
die Arbeitsplätze sicher sind. Neben Gehalts-
zahlungen kann dies mit beruflichen Wei-
terentwicklungsmöglichkeiten, d. h. Karrieren 2.2 Verantwortungsvolle Führung
und Gehaltssteigerungen einhergehen und mo- von Organisationen
tivieren. Die Angst vor einem Verlust des
Arbeitsplatzes hingegen kann gesundheitliche
Beeinträchtigungen zur Folge haben. Es zeigt Um sicherzustellen, dass gesunde Organisatio-
sich der Kreislauf: Gesunde Organisationen nen ihren gesellschaftlichen Nutzen entfalten
fördern gesunde Mitarbeitende und vice versa. können, sollten grundlegend zwei Aspekte be-
Gesunde Rahmenbedingungen fördern zu- dacht werden. Die strategische Ausrichtung
dem die Gesundheit im Umfeld der Organi- und damit die Basis des Erfolgs werden über
sationen, z. B. durch ordnungsgemäßen Um- die Führung von Organisationen gesteuert.
gang mit Chemikalien, Vermeidung von Um- Diese Unternehmensführung trifft eine Viel-
weltschäden, durch eine Steigerung des Ein- zahl an Beschlüssen. Diese Entscheidungen
satzes von erneuerbaren Energien oder die gehen mit der Übernahme von Verantwor-
Drosselung des Energieverbrauchs. Damit tra- tung einher. Die Kenntnis um Arten und Aus-
gen Organisationen zum Gesundheitszustand gestaltungsmöglichkeiten von unternehmeri-
24 C. Kreipl

scher Verantwortung ergänzt die strategische men und Achleitner 2012). Eine gesellschaftli-
Ausrichtung. che Komponente wird bei den managementori-
entierten Entscheidungsfeldern zunächst nicht
2 explizit benannt. Allerdings erkennen Robbins
2.2.1 Die Führung von et al. (2014, S. 132) an, dass die Aufgaben und
Organisationen Aktivitäten eines Managers „oft mit ethischer
und sozialer Verantwortung verbunden sind.
Dieser Verantwortung müssen sich Manager
Das Erreichen des Zwecks einer Organisation stellen und sie beeinflusst ihre Entscheidun-
wird über das Konzept strategischer Unterneh- gen“.
mensführung gesichert, indem es die grund-
sätzliche Unternehmensentwicklung systema-
tisch und stringent vorantreibt. Ziel bildet es, 2.2.2 Die organisationale
den langfristigen (ökonomischen und mögli- Verantwortung
cherweise vorökonomischen) Erfolg von Or-
ganisationen zu stärken. Dafür werden die
interne und externe Ausrichtung der Organisa- Im Kern bedeutet Verantwortung, dass ein
tion festgelegt. Aus dem Zusammenspiel der Subjekt für ein Objekt eintreten muss (Fet-
Kenntnis von internen Stärken bzw. Schwä- zer 2004, S. 88). So übernimmt die Orga-
chen sowie Chancen und Risiken in der nisationsleitung (Subjekt) eine Verantwortung
Umwelt lassen sich Kernkompetenzen erken- für die Organisation als Ganzes, aber auch
nen, aus denen Wettbewerbsvorteile entwickelt für die Mitarbeitenden und mögliche weitere
werden können. Diese Wettbewerbsvorteile Gruppierungen (Objekte). Verantwortungstra-
können über Strategien systematisch gesichert gende handeln unter gegebenen Handlungs-
und genutzt werden. Hierauf basiert der lang- bedingungen, die ihre Handlungsspielräume
fristige Erfolg einer Organisation (Hungenberg bestimmen, wie z. B. rechtliche Regelungen
2014, S. 4 ff.; Thommen und Achleitner 2012, oder finanzielle Grenzen. Die Handlungen füh-
S. 971 ff.). Diese Sichtweise gilt gleicherma- ren zu Handlungsfolgen, die wiederum zu-
ßen für Wirtschaftsunternehmen wie auch für künftige Handlungsbedingungen prägen. Die
jegliche Organisationsformen. Auch in Non- Handlungsfolgen können sich im Erfolg der
Profit-Unternehmen werden Ziele gesetzt und Organisation, aber auch in möglichen Schäden
deren Erreichung gilt als Erfolg einer Organi- an der Gesundheit der Mitarbeitenden oder der
sation. Dies gilt beispielsweise für die Organi- ökologischen Umwelt zeigen (Suchanek und
sation eines Fußballvereins, dessen Erfolg der Lin-Hi 2006; Suchanek 2010, S. 38 f.).
Aufstieg in eine höhere Liga oder das Erringen Manager als Führungskräfte in den Or-
eines Pokals sein kann. ganisationen verfügen durch ihre Handlungs-
Führung im Kontext einer zunehmend glo- spielräume über Macht, die mit Verantwor-
balen und vernetzten Stakeholder-Gesellschaft tung einhergeht. Ihr Verantwortungsbereich er-
ist folglich ein komplexes, vielschichtiges Un- streckt sich auf alle Unternehmensbereiche
terfangen (Pless und Maak 2008). Die Unter- und -funktionen. Sie müssen sich mit ih-
nehmensführung bzw. das Management über- ren Entscheidungen und deren Folgen gegen-
nimmt die Aufgabe, Menschen zielgerichtet zu über (ausgewählten) Stakeholdern verantwor-
Handlungen zu bewegen (Hungenberg 2014, ten. Menschen treffen Entscheidungen indivi-
S. 21). Die Entscheidungsfelder von Managern duell und in Organisationen, wie z. B. in Wirt-
umfassen im Kern das Planen, Organisieren, schaftsunternehmen oder gemeinnützigen In-
Anweisen, Koordinieren und Kontrollieren als stitutionen. Durch diese Entscheidungen ver-
zielorientiertes Gestaltungs- und Lenkungs- treten sie die eigenen Interessen und jene der
verhalten (Schreyögg und Koch 2015; Thom- Organisation nach innen und außen. Auf die-
Kapitel 2 ! Gesunde Organisationsführung ermöglichen
25 2

Phil-
anthropische
Verantwortung

Ethische Verantwortung

Rechtliche Verantwortung

Ökonomische Verantwortung

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 2.1 Die Verantwortungspyramide. (Eigene Darstellung in Anlehnung an Carroll 1991)

se Weise übernehmen sie Verantwortung (vgl. lichen Interesse. Dies mündet in die Forde-
Kreipl 2017). rung: „Sei profitabel“ (Carroll 1991, S. 40).
Die Verantwortungspyramide von Ar-
chie B. Carroll gliedert die Arten von Verant- 2Ebene 2: Rechtliche Verantwortung
wortung in Organisationen (vgl. . Abb. 2.1), Die Aktivitäten der Organisation und ihrer
die sich in vier Ebenen darstellen (Carroll Mitglieder müssen sich im Rahmen gesetzli-
1991, 1999, S. 289 sowie Kreipl 2019). cher Regelungen bewegen. Gesetze gelten für
Unternehmen als juristische Personen, für die
2Ebene 1: Ökonomische Verantwortung Stakeholder als Gruppen sowie für Individu-
Langfristige Profitabilität bildet eine Voraus- en, aber auch in der Zusammenarbeit zwischen
setzung für die Existenz und Existenzsiche- den Stakeholdern. Gesetze und Regelungen
rung von Organisationen. Mit erzielten Ge- werden auf globaler, nationaler und kommu-
winnen werden Investitionen in die Zukunft naler Ebene erlassen. Beispiele im organisa-
getätigt und damit der Fortbestand des Un- tionalen Umfeld können Arbeitnehmerrechte
ternehmens gesichert. Investoren erhalten über und -pflichten sein, aber auch eine Umwelt-
Dividenden eine Verzinsung ihres eingebrach- gesetzgebung. Die fehlende Beachtung recht-
ten Kapitals und der Wert von eingebrachten licher Verantwortung kann für Unternehmen
Einlagen kann wachsen. Über die Funktion zu Geld- und Haftstrafen führen, aber auch
als Steuerzahler, und sei es nur die Umsatz- zu weiteren Konsequenzen wie beispielswei-
steuer oder die Einkommensbesteuerung der se einem Ausschluss von öffentlichen Auf-
Mitarbeiter, aber auch über die Funktion als trägen, dem Schließen von Geschäftseinheiten
Arbeitgeber über die Gehälter und Sozialab- und Kontosperrungen oder auch dem Wegfall
gaben der Mitarbeitenden besteht zudem eine von Geldern aus inkriminierten Geschäften.
ökonomische Verantwortung. Aus öffentlicher Im Kern gilt die Forderung: „Beachte das Ge-
Sicht dienen die Steuern und arbeitgeber- so- setz“ (Carroll 1991, S. 40).
wie arbeitnehmerseitigen Sozialabgaben der
Finanzierung des Sozialsystems und von öf- 2Ebene 3: Ethische Verantwortung
fentlichen Gütern. Damit liegt die ökonomi- Die Ebene der ethischen Verantwortung spie-
sche Verantwortung von Organisationen im gelt die Ansprüche und Erwartungen einer Ge-
eigenen, aber durchaus auch im gemeinschaft- sellschaft über moralisch falsches und richti-
26 C. Kreipl

ges Verhalten wider. Verantwortungsvolles un- 2.3 Corporate Social


ternehmerisches Handeln beruht somit auf uni- Responsibility als Konzept
versellen humanen Werten, wie sie beispiels- der Umsetzung
2 weise bereits 1948 in der Allgemeinen De-
organisationaler
klaration der Menschenrechte von den Verein-
ten Nationen niedergeschrieben wurden (vgl. Verantwortung
Pless und Maak 2008, S. 236). Die ethische
Ebene betrifft Handeln innerhalb der Wert-
Wenngleich alle vier Ebenen eine gesellschaft-
schöpfungskette. Carroll (1991, S. 41) drückt
liche Relevanz haben, sollen in diesem Beitrag
dies mit der Forderung nach Konsistenz mit
die ethische sowie die philanthropische Ver-
bestehender und sich neu entwickelnder Moral
antwortung in den Fokus gerückt werden. Ethi-
und Ethik einer Gesellschaft aus. Die ethische
sche Verantwortung soll dabei die Verantwor-
Verantwortung führt mit der Verpflichtung zu
tung innerhalb der Wertschöpfungskette von
tun, was richtig, gerecht und fair ist, zu der
Organisationen, philanthropische Verantwor-
Forderung: „Handle nach ethischen Gesichts-
tung hingegen die Verantwortung gegenüber
punkten.“
Akteuren außerhalb der Wertschöpfungskette
thematisieren.
2Ebene 4: Philanthropische Verantwortung
Beide gemeinsam werden durch das or-
Die letzte Stufe, die philanthropische Verant-
ganisationale Konzept der Corporate Social
wortung, geht über ethische und gesetzliche
Responsibility (CSR) adressiert. Dieses Kon-
Verantwortung hinaus. Sie steigert die ge-
zept verweist auf die gesellschaftliche Ver-
sellschaftliche Wohlfahrt, z. B. durch die Be-
antwortung von Organisationen. Organisatio-
reitstellung von Ressourcen für die Gesell-
nen nehmen diese Verantwortung in unter-
schaft oder die Verbesserung von Lebensqua-
schiedlichem Ausmaß wahr. Die Spannweite
lität. Sie betrachtet die Verantwortung von
der Wahrnehmung von Verantwortung verläuft
Unternehmen außerhalb der Wertschöpfungs-
von einer rein ökonomischen Verantwortung
kette in ihrer Beziehung zur Umwelt und zur
(niedrige soziale Verantwortung) bis hin zu
Gesellschaft. Carroll (1991, S. 41) benennt
einer Integration sozialer Verantwortung (ho-
beispielsweise die Unterstützung von Wohltä-
he soziale Verantwortung). Die Verantwortung
tigkeit, auch eine Unterstützung von Künsten
kann seitens der Organisationen rein reaktiv
und Bildungseinrichtungen, die Förderung von
oder auch proaktiv ausgeübt werden. Auf die-
freiwilligem wohltätigem Engagement einer
se Weise entsteht ein Handlungsrahmen für
Organisation und deren Mitgliedern als Um-
Organisationen. Die Positionierung der Or-
setzungsmöglichkeiten. Philanthropische Ver-
ganisationen in diesem Spektrum erklärt das
antwortung lebt über die Forderung: „Sei ein
unterschiedliche Engagement der Organisati-
guter Corporate Citizen.“
on im Bereich der CSR (Kreipl 2020; Dru-
Die vier Ebenen bilden gemeinsam das
cker 1986; Friedman 1970; Homann und Lütge
Verantwortungsgerüst von Organisationen.
2013; Ulrich 2008). Der Erörterung mögli-
Wenngleich sie separat beschrieben werden, so
cher Ansatzpunkte soll an dieser Stelle das
sind sie dennoch miteinander verzahnt. Lang-
Verständnis des Begriffs Corporate Social Res-
fristiger organisationaler Erfolg baut nicht nur
ponsibility vorausgehen.
auf das Realisieren ökonomischer Vorteile
auf, sondern muss sich innerhalb der gesetzli-
chen Regelungen bewegen und ethischen und 2.3.1 Begriff und Elemente
philanthropischen Grundsätzen entsprechen.
Zudem baut ein Rechtssystem auf den Nor-
men und Werten einer Gesellschaft auf. Bislang konnte sich keine Begriffsdefiniti-
on als allgemeingültig durchsetzen. Die bei-
Kapitel 2 ! Gesunde Organisationsführung ermöglichen
27 2
den Definitionen der Europäische Kommission 2Element 1: Die Freiwilligkeit
(2001, 2011) erfahren einen hohen Verbrei- der Aktivitäten
tungsgrad (vgl. Schneider 2015, S. 24). Gemäß Zunächst können CSR-Projekte insgesamt frei
der Fassung von 2001 wird Corporate So- gestaltet werden. Zeitpunkte der Projekte und
cial Responsibility als Konzept verstanden, das Projektdauer können ebenso frei gewählt wer-
den Organisationen als Grundlage dient, auf den wie die Inhalte der Projekte und mögliche
freiwilliger Basis soziale Belange und Um- Projektpartner. Das Ausmaß lässt sich indi-
weltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und viduell gestalten. Die Zielgruppe, für die die
in die Wechselbeziehungen mit den Stakehol- Aktivitäten geplant werden, können frei ge-
dern zu integrieren. Dabei wird verantwortli- wählt werden. Mit dem CSR-Richtlinien-Um-
ches Handeln über eine Gesetzeskonformität setzungsgesetz (CSR-RUG) besteht seit 2017
hinaus interpretiert als ein Ansatz zur Inves- für Kapitalgesellschaften ab einer bestimmten
tition in Menschen und in die Umwelt sowie Größe eine Pflicht zur Abgabe einer nicht-
in die Ausgestaltung von Stakeholder-Bezie- finanziellen Erklärung. Diese Berichtspflicht
hungen (Europäische Kommission 2001, S. 8). erfordert die Offenlegung z. B. des Umgangs
In der Weiterentwicklung der Definition vom mit Sozialbelangen oder den Menschenrech-
Jahr 2011 wird hervorgehoben, wie wichtig ten. Damit können die großen Unternehmen
es ist, Corporate Social Responsibility in die selbst Klarheit über den Status quo und mögli-
Strategie der Organisation zu integrieren, und che Entwicklungspotenziale gewinnen. Durch
sie wird um das Konzept der gemeinsamen die Veröffentlichungspflicht wird die Trans-
bzw. geteilten Wertschöpfung erweitert. Eben- parenz der Aktivitäten bei den Stakeholdern
so wurden die ökonomischen, ökologischen gefördert. Dadurch kann ein Push-Effekt bei
und sozialen Dimensionen explizit um die den Unternehmen ausgelöst werden, in dem
Menschenrechte sowie ethische Überlegungen die Stakeholder eine Weiterentwicklung von
ergänzt, während sie zuvor als Teil der sozialen Aktivitäten einfordern. Gleichermaßen wird
Dimension verstanden wurden (Europäische die Freiwilligkeit nicht ausgehebelt: Die Un-
Kommission 2011, S. 5). Dies verweist auf ternehmen entscheiden nach wie vor selbstbe-
eine steigende Entwicklung hin zu einer stra- stimmt über Inhalte und Ausmaße der Aktivi-
tegischen Orientierung von CSR. täten gesellschaftlicher Verantwortung (Kreipl
Betrachtet man die Vielzahl an Definitio- 2020, S. 237 ff.).
nen, so treten drei grundlegende Elemente her-
vor (vgl. . Abb. 2.2). Hierbei handelt es sich 2Element 2: Die Nachhaltigkeit
um die Merkmale der Freiwilligkeit, der Nach- Unter Nachhaltigkeit versteht man gemäß der
haltigkeit sowie der Stakeholder-Orientierung verbreitet akzeptierten Definition der Brundt-
(Kreipl 2020, S. 236 ff.). land-Kommission eine dauerhafte Entwick-
lung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart
befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Ge-
nerationen deren eigenen Bedürfnissen nicht
mehr gerecht werden können. Damit verfolgt
Frei- Nach- Stakeholder- Nachhaltigkeit das Ziel, natürliche Ressour-
CSR cen weltweit zu erhalten. Dies geht einher mit
willigkeit haltigkeit Orientierung
der Forderung nach Gerechtigkeit innerhalb
einer Generation, d. h. einer Gerechtigkeit zwi-
Fehlzeiten-Report 2022
schen Arm und Reich und weiterhin mit einer
Gerechtigkeit zwischen den Generationen, die
bereits heute die Bedürfnisse der Enkelgenera-
. Abb. 2.2 Kernelemente einer Corporate Social Res-
ponsibility. (Aus Kreipl 2020, S. 237, mit freundlicher tion antizipiert (WCED 1987; Müller 2015;
Genehmigung) Emrich 2015).
28 C. Kreipl

Dieser Anspruch führt zur Identifikation 2.3.2 Umsetzungsmöglichkeiten


von 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (Social von CSR
Development Goals). Diese basieren auf drei
2 grundlegenden Dimensionen der Nachhaltig-
Die Gestaltungsfreiheit kombiniert mit der
keit. Die ökologische Nachhaltigkeit zielt da-
rauf ab, eine Ausbeutung der Natur zu vermei- Vielzahl an Nachhaltigkeitszielen sowie der
den. Natürliche Ressourcen sollen so genutzt möglichen Berücksichtigung einer großen An-
werden, dass sie Zeit genug zur Regeneration zahl an Stakeholdern verweist auf viele Mög-
haben. Nicht-erneuerbare Ressourcen sollten lichkeiten, CSR in Organisationen umzuset-
durch erneuerbare Ressourcen ersetzt werden. zen. Organisationen können CSR-Aktivitäten
Die ökonomische Dimension der Nachhaltig- entsprechend ihrem Grad an gesellschaftlicher
keit zielt auf moderates ökonomisches Wachs- Verantwortung (hoch vs. niedrig) sowie ihrem
tum zur Sicherung von sozialem Frieden un- Aktivitätsniveau (proaktiv vs. reaktiv) gestal-
ter Gewährleistung von Stabilität und Kon- ten (Kreipl 2020). Gemäß dem Reifegradmo-
tinuität ab. Die soziale Dimension dient der dell von Schneider (2015) ist ein Einstieg
Begrenzung sozialer Konflikte (Kreipl 2020, in CSR 1.0 als philanthropisches CSR mög-
S. 243 ff.). lich, das auch unspezifische Einzelaktivitäten
umfasst. Mit zunehmendem Reifegrad werden
2Element 3: Die Stakeholder-Orientierung unternehmerische und gesellschaftliche Wert-
Die Aktivitäten im Konzept der Corporate schöpfung systematisch in das Management
Social Responsibility werden für bestimm- integriert (CSR 2.0). Mit CSR 3.0 zeichnen
te Stakeholder entwickelt. Hierbei muss zwi- sich Organisationen als proaktive politische
schen direkten und indirekten Zielgruppen Gestalter aus. Begleitend kann das CSR-En-
unterschieden werden. Direkte Zielgruppen gagement durch Kommunikation unterstützt
sind unmittelbare Nutznießer der unternehme- werden. Stellvertretende Beispiele bilden die
rischen Aktivitäten. Sie erhalten beispielswei- Tour der Hoffnung (CSR 1.0), ein Unverpackt-
se die Spenden von Unternehmen. Indirek- Laden (CSR 2.0) sowie ein Bekleidungsher-
te Zielgruppen sollen durch die Aktivitäten steller aus dem Outdoorbereich (CSR 3.0), die
vom Verantwortungsbewusstsein der Unter- im Folgenden kurz beschrieben werden.
nehmen überzeugt werden, wie z. B. Mitarbei-
tende oder Kunden. Daher sollten Unterneh-
men sich der direkten und indirekten Effekte Tour der Hoffnung als Beispiel für ein
von CSR bewusst sein. Sie sollten Klarheit da- Einzelprojekt
rüber gewinnen, welche gesellschaftsrelevan- Im Jahr 2022 findet bereits die 39. Radtour
ten Bedürfnisse die einzelnen Stakeholder ha- „Tour der Hoffnung“ statt, auf der idealis-
ben bzw. einfordern und auf welche Weise die tisch gesinnte Bürgerinnen und Bürger mit
Stakeholder selbst Beiträge leisten möchten, Persönlichkeiten aus Sport und Politik eine
mit denen sie gesellschaftliche Verantwortung ausgewählte Strecke mit dem Fahrrad zu-
übernehmen. Zu den zentralen Stakeholdern rücklegen. Im Verlauf der Strecke werden
zählen die Mitarbeitenden, die Führungskräfte, Spendengelder für krebskranke Kinder ein-
die Unternehmenseigner und Investoren, die geworben. Als eine der größten privat orga-
Kunden, Lieferanten, aber auch Partner außer- nisierten Benefiz-Radtouren schafften es die
halb des Geschäftsmodells wie z. B. der Staat, Organisatoren, in den vergangenen 38 Jah-
die Presse, die regionale oder globale Bevöl- ren mehr als 42 Mio. C zusammenzutragen,
kerung oder auch die Gesellschaft als Ganzes die zu 100 % den Kindern zugutekamen
(Kreipl 2020, S. 247 ff.). (Tour der Hoffnung 2022). Neben einem
Kapitel 2 ! Gesunde Organisationsführung ermöglichen
29 2

Zusammengehörigkeitsgefühl und der Ge- z. B. operativ umgesetzt in der Forderung,


wissheit einer guten Tat können die Teil- Kleidung lange zu tragen und zu reparieren.
nehmenden der Radtour auch die eigene Reparatur- und Pflegeanleitungen werden
Gesundheit bzw. beteiligte Organisationen bereitgestellt. Ebenso wird der Weiterver-
die Gesundheit der Mitarbeitenden fördern. kauf getragener Kleidung ermöglicht. Die
zurückgegebenen Produkte werden durch
Marktpartner weiterverwertet. Im Rahmen
der Stakeholder-Orientierung wird Sozial-
Ein Unverpackt-Laden als Beispiel für verantwortung entlang der Lieferkette ge-
ein ökologieorientiertes lebt (z. B. Fair Trade, Schutz von Wanderar-
Geschäftsmodell beitern, existenzsichernde Entlohnung). Als
Das Geschäftsmodell des Unverpackt-La- Corporate Citizen werden Förderprogram-
dens zielt darauf ab, Verpackungsmittel me für Umweltschutzgruppen unterstützt
bzw. Plastikmüll zu reduzieren. Dadurch (mindestens 1 % des Umsatzes) und Mit-
werden nicht-erneuerbare Ressourcen ge- arbeitenden werden Praktika in sozialen
schont. Die Vermeidung von Entsorgungs- Organisationen ermöglicht. Auch politische
aufwand geht zudem mit Umweltschutz und Aspekte werden integriert. So werden die
zusätzlich mit reduzierten Kosten einher. Verkaufsstätten an Wahltagen geschlossen,
Die Lebensmittel werden ohne Umverpa- damit Kunden und Mitarbeitende wählen
ckung abgegeben, d. h. die Produkte werden gehen können (Kreipl 2020).
in wiederverwendbare Gefäße abgepackt.
Zu den abgegebenen Lebensmitteln zäh-
len Pasta, Reis, Hülsenfrüchte, Kochzuta- CSR-Engagements können als Konzepte der
ten, Nüsse, Müsli, Tee, Kaffee, Kakao, aber Corporate Citizenship umgesetzt werden, in
auch festes Shampoo, Körperseife, Watte- das Geschäftsmodell der Organisation inte-
pads und vieles mehr (Kreipl 2020). Der griert und gleichermaßen mit Instrumenten der
gesundheitliche Nutzen für die Gesellschaft Kommunikation begleitet werden.
liegt in der Ressourcenschonung und damit
in der Schonung unserer Umwelt bzw. im
Aktivitäten als Corporate Citizen
Klimaschutz.
Corporate Citizenship fasst alle Aktivitäten
zusammen, in denen Organisationen sich als
Bürger und somit als Teil einer kommunalen,
regionalen oder globalen Gemeinschaft dar-
Ein Bekleidungshersteller aus dem stellen. Dieses bürgerschaftliche Engagement
Outdoorbereich als Beispiel für eine soll dem Wohlergehen der Gesellschaft dienen
umfassende Umsetzung von CSR (Sitnikov 2013). Engagements als Corporate
Der Bekleidungshersteller nimmt gesell- Citizen zielen darauf ab, mehr Verantwortung
schaftliche Verantwortung wahr und hat sie für Nachhaltigkeit zu übernehmen und das Un-
in sein Geschäftsmodell integriert. Als Phi- ternehmensimage zu verbessern. Die Attrak-
losophie zielt das Unternehmen auf folgen- tivität als Arbeitgeber soll zudem gesteigert
des ab: Stelle das beste Produkt her, belaste werden (PwC 2012).
die Umwelt dabei so wenig wie möglich, Corporate Citizenship kann unterschiedli-
inspiriere andere Firmen, diesem Beispiel che Formen annehmen. So kann es in Form
zu folgen und Lösungen zur aktuellen Um- eines Corporate Giving, eines Corporate Vol-
weltkrise zu finden. Dieser Anspruch wird unteering oder einer Corporate Foundation ge-
staltet werden. Bei Corporate Giving handelt
30 C. Kreipl

es sich um Spenden eines Unternehmens zu so- sich den Schutz von Patientinnen und Pati-
zialen Zwecken bzw. an soziale Einrichtungen enten mit spezifischen Krankheitsbildern zur
(Kabongo 2013). Die Spenden können an Ein- Aufgabe gemacht (Kreipl 2020).
2 zelpersonen oder Organisationen abgegeben
werden. Sie erfolgen ohne direkte Gegenleis-
tung. Eine indirekte Gegenleistung über die Integration in das Geschäftsmodell
Kommunikation der Spenden kann sich in ei- der Organisation
ner Verbesserung des Images niederschlagen. Eine Intensivierung von Corporate Social Res-
Corporate Giving-Aktivitäten mit einer direk- ponsibility erfolgt bei einer Integration in das
ten Gegenleistung werden als Sponsoring be- Geschäftsmodell. Dies kann mit dem Ziel der
zeichnet. Unternehmen leisten eine Zahlung an Realisierung von Wettbewerbsvorteilen, aber
eine Organisation, beispielsweise einen Sport- auch aus einer intrinsischen Motivation her-
verein, und erwerben damit das Recht auf eine aus geschehen. Wettbewerbsvorteile gelten als
Gegenleistung. Diese Gegenleistung kann in der Mehrwert, den ein Unternehmen im Ver-
Form des Bereitstellens von Werbefläche auf gleich zu seinen Wettbewerbern für Kunden
Trikots, in den Räumlichkeiten der Sportver- bietet. Ein Wettbewerbsvorteil stiftet Nutzen,
anstaltungen, auf Plakaten oder Tickets erfol- der in akzeptablem Verhältnis zum Preis steht
gen (Kreipl 2020). (vgl. Hungenberg 2014, S. 195 ff.). Dieser
Corporate Volunteering beschreibt die Nutzen kann neben objektiven stofflich-techni-
Funktion einer Unterstützung durch Mitarbei- schen Produkteigenschaften auch ein (Zusatz-)
tende eines Unternehmens. Diese werden für Nutzen aus sozialer Sphäre sein, wie z. B.
gemeinnützige Aktivitäten bzw. Aktivitäten die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verant-
von öffentlichem Interesse freigestellt. Diese wortung und somit CSR, d. h. dass die Organi-
Projekte können auf vielfältige Weise ausge- sation als verantwortungsvolles Unternehmen
staltet sein. Sie können ökologieorientiert sein oder verantwortungsvoller Arbeitgeber wahr-
(Aktionen zur Säuberung der Umwelt); sie genommen wird.
können ein langfristiges Mentoring beinhalten Mögliche Handlungsfelder unternehmeri-
(Projekte zur Begleitung von Kindern durch scher Nachhaltigkeit lassen sich auf drei An-
ihre Schulzeit). Sie können auch auf Fähig- sätze zurückführen (vgl. Adelphi 2019) Ef-
keiten der Mitarbeitenden beruhen, z. B. Bau fizienzansätze zielen auf eine Verringerung
eines Spielplatzes im Kindergarten. Sie kön- des Ressourcenverbrauchs ab. Sowohl der Ein-
nen zudem dem Schutz der Gemeinschaft die- satz von Rohstoffen als auch von Energie und
nen, z. B. Mitglieder der Freiwilligen Feuer- Entsorgungsaktivtäten können reduziert wer-
wehr, Ärzte ohne Grenzen. Weiterhin können den. Über eine Verbesserung von bestehenden
sie sportliches Engagement unterstützen, bei- Produktions- und Konsummustern soll mit we-
spielsweise Mitarbeitende, die sich auf eine niger (ökologisch relevantem) Input der glei-
Olympiade oder ein anderes Sportereignis vor- che Output erzielt werden. Konsistenzansätze
bereiten. beruhen auf dem Modell des geschlossenen
Corporate Foundation schließlich umfasst Kreislaufs. Alle Materialien, die bei Produk-
das Errichten von Stiftungen. Unternehmen tion und Konsum entstehen, sollen weiter-
haben die Möglichkeit, einen Teil des Ge- verwendet werden und innerhalb des Kreis-
winns in eine gemeinnützige Stiftung fließen laufs verbleiben. Abfälle und Emissionen sol-
zu lassen. Das Ausmaß finanzieller Beiträ- len vermieden werden. Die Materialnutzung
ge kann dabei ebenso frei gestaltet werden soll nicht grundsätzlich vermieden, sondern
wie die inhaltliche Ausrichtung der Stiftung. verändert und verlängert werden. Suffizienzan-
Oftmals weisen die Stiftungsinhalte einen ge- sätze betrachten statt der Produktion und der
wissen Bezug zum Kerngeschäft auf. So haben Produktionsverfahren die Nachfrage und den
beispielsweise pharmazeutische Unternehmen Konsum. Das Ausmaß der Angebote wird in
Kapitel 2 ! Gesunde Organisationsführung ermöglichen
31 2
Frage gestellt und der Verzicht auf Konsum zur Organisationen den Status quo der Wahrneh-
Schonung von Ressourcen angestrebt. mung von gesellschaftlicher Verantwortung
ebenso dokumentieren wie ein Fortschritt im
Umgang mit dieser Verantwortung im Zeitver-
Begleitende Kommunikation von lauf.
Aktivitäten gesellschaftlicher
Verantwortung
Ein systematisches CSR kann durch eine CSR- 2.4 Gesunde Organisationen
Kommunikation unterstützt werden. Der Ver- mit und durch gesunde
antwortungsgrad kann noch niedrig sein und Mitarbeitende
der Aktivitätsgrad noch gering. Um eine CSR-
Kommunikation möglich zu machen, benöti-
gen Unternehmen ein Mindestmaß an Projek- Soziale Nachhaltigkeit lässt sich folglich über
ten und Aktivitäten, über die berichtet werden eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, ei-
kann. Als Einstieg können hier die Ansätze des ne stärkere Berücksichtigung von individuel-
Corporate Citizenship gewählt werden (vgl. len menschlichen Bedürfnissen (nach spezifi-
Abschn. „Aktivitäten als Corporate Citizen“). schen Krankheiten, orientiert an Ereignissen
Bereits im Jahr 1961 prägte der Kommunikati- im Verlauf des Lebens wie z. B. die Betreu-
onschef der BASF den Appell: „Tue Gutes und ung von Kindern oder pflegebedürftigen El-
rede darüber“, womit er auf die Bedeutung von tern), über Weiterbildung von Mitarbeitenden
Public Relations verwies (Bruton 2017). (Sachkenntnis, Personal Skills) durchführen.
CSR-Kommunikation beinhaltet eine sys- Dadurch kann die Work-Life-Balance der Ar-
tematische und proaktive Praxis zur Generie- beitnehmerinnen und Arbeitnehmern verbes-
rung und zum Austausch von Informations- sert werden. Ziel dieser Maßnahmen sind zu-
inhalten bei Stakeholdern über die Identität, friedene, motivierte, gesunde und loyale Mit-
das Image bzw. die Reputation eines Unterneh- arbeitende mit einer hohen Leistungsfähigkeit
mens (Bruton 2017, S. 172). und Leistungsbereitschaft. Damit wird einer-
Die Art der Kommunikation kann weit- seits der Wettbewerbsfaktor Mitarbeiter und
gehend frei gestaltet werden. Ein regel- andererseits das Unternehmen als attraktiver
mäßiges CSR-Reporting ist nach § 289b Arbeitgeber im Wettbewerb um qualifizier-
HGB für ausgewählte Kapitalgesellschaften te und motivierte Arbeitskräfte gestärkt. Die-
gemäß CSR-RUG verpflichtend. Alle ande- se Leistungen können auch in den Bereich
ren Organisations- und Rechtsformen können des Gesundheits- und Arbeitsschutzes syste-
ein derartiges Reporting auf freiwilliger Basis matisch integriert werden, wodurch diese Be-
durchführen. Dazu wurden Berichtsstandards reiche Teil einer Strategie gesellschaftlicher
entwickelt. Hierbei sind insbesondere der UN Verantwortung werden (Kreipl 2020).
Global Compact sowie die Global Reporting Die Wahrnehmung von Verantwortung auf
Initiative zu nennen (Tricker 2012, S. 244 ff.). allen Ebenen hat einen Einfluss auf die Ge-
Beide haben ein Rahmenwerk zusammenge- sundheit von Mitarbeitenden. Wenn eine Or-
stellt. Diese beinhalten Kriteriengruppen zur ganisation ökonomisch und rechtlich verant-
Darstellung der gesellschaftlichen Verantwor- wortungsvoll handelt, dann sichert dies deren
tung von Organisationen. So besteht der UN Arbeitsplätze. Agiert eine Organisation zudem
Global Compact aus zehn Grundsätzen, die ethisch und philanthropisch verantwortungs-
sich auf die Bereiche Menschenrechte, Arbeit, voll, d. h. sie wird ihrer gesellschaftlichen Ver-
Umwelt und Korruption beziehen. Über den antwortung gerecht, dann kann sie sich als
jährlich wiederkehrenden Einsatz einer stan- verantwortungsvoller und guter Arbeitgeber
dardisierten CSR-Berichterstattung basierend profilieren. Der Wunsch nach Selbstverwirkli-
auf allgemein anerkannten Standards können chung bei gleichzeitigem stärkerem Gemein-
32 C. Kreipl

sinn prägt die nachwachsenden Generationen Kunden oder die Gesellschaft übertragen. Dies
in der Arbeitswelt 4.0 (Rump und Eilers 2017, verweist auf das hohe Potenzial einer verant-
S. 17 ff.; Kreipl und Greco 2019, S. 163 ff.). wortungsorientierten Führung.
2 Daher werden Organisationen, die eine gesell-
schaftliche Verantwortung wahrnehmen, at-
traktiv für Arbeitnehmende. Dies ermöglicht Literatur
den Zugang zu motivierten und engagierten
Arbeitskräften bzw. stärkt deren Bindung an Adelphi (2019) Handlungsfelder unternehmerischer Nach-
eine Organisation. haltigkeit. Praxisbeispiele und Entwicklungsbedarf.
https://www.adelphi.de/de/system/files/mediathek/
Im Gegenzug nimmt das Verhalten der
bilder/Handlungsfelder_unternehmerischer_
Mitarbeitenden einen Einfluss auf die Unter- Nachhaltigkeit.pdf. Zugegriffen: 18. Mai 2022
nehmen. Sie können die Organisation durch Bruton J (2017) Corporate Social Responsibility und
verantwortungsvolles Verhalten unterstützen. wirtschaftliches Handeln. Konzepte – Maßnahmen –
Motivierte und leistungsfähige Mitarbeitende Kommunikation. Erich Schmidt, Berlin
Carroll AB (1991) The pyramid of corporate social res-
tragen zum ökonomischen Erfolg bei. Eben-
ponsibility: toward the moral management of organiz-
so vermeidet rechtlich korrektes Verhalten der ational stakeholders. Bus Horiz 34:39–48
Mitarbeitenden Imageschäden und mögliche Carroll AB (1999) Corporate social responsibility. Evolu-
Strafzahlungen. Die Mitarbeitenden können tion of a definitional construct. Bus Soc 38(3):268–
einen Beitrag zur ethischen und philanthro- 295
Drucker P (1986) Management: tasks, responsibilities,
pischen Verantwortung leisten. Zum einen
practices. Truman Talley Books, New York
kann dies durch eigenes verantwortungsvol- Emrich C (2015) Nachhaltigkeits-Marketing-Manage-
les Handeln, aber zum anderen auch durch ment. Konzept, Strategien, Beispiele. de Gruyter, Ber-
ein Einbringen von Ideen z. B. für Projekte lin
und Aktivitäten gesellschaftlicher Verantwor- Europäische Kommission (Hrsg) (2011) Mitteilung der
Kommission an das Europäische Parlament, den
tung geschehen. Eine derartige Gelegenheit
Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozial-
zur Selbstverwirklichung kann zur Identifika- ausschuss und den Ausschuss der Regionen. Eine
tion der Mitarbeitenden mit und zur Bindung neue EU-Strategie (2011–14) für die soziale Verant-
an die Organisation beitragen. wortung der Unternehmen (CSR). http://ec.europa.
Organisationen können ihre Position zu eu/transparency/regdoc/rep/1/2011/DE/1-2011-681-
DE-F1-1.Pdf. Zugegriffen: 3. Mai 2022
verantwortungsvoller Führung darstellen, so-
Europäische Kommission. Generaldirektion Beschäftigung
dass die internen und externen Anspruchs- und Soziales (Hrsg) (2001) Grünbuch Europäische
gruppen diese wahrnehmen können. Dies kann Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung
durch die Kommunikation der Werte einer Or- der Wirtschaft. https://op.europa.eu/de/publication-
ganisation (Wertekodex) geschehen. Weiterhin detail/-/publication/18607901-76e9-47ea-91f8-
436a4f412450. Zugegriffen: 19. August 2022.
können Zertifikate und Label erworben wer-
Fetzer J (2004) Die Verantwortung der Unternehmung.
den, welche die Haltung der Organisation zu Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh
bestimmten Themen darstellen (Fair Trade, Friedman M (1970) The social responsibility of business is
Guter Arbeitgeber). Diese einzelnen Ansät- to increase its profit. N Y Times Mag: 13. September
ze können Bestandteil einer Markenbildung 1970:122–126
Homann K, Lütge C (2013) Einführung in die Wirtschafts-
sein. Ein derartiges systematisches Employ-
ethik, 3. Aufl. LIT, Berlin
er Branding kann gerade in Zeiten von Fach- Hungenberg H (2014) Strategisches Management in Un-
und Führungskräftemangel ein geeignetes In- ternehmen. Ziele – Prozesse – Verfahren, 8. Aufl.
strument zur Mitarbeiterakquise und -bindung Springer Gabler, Berlin
darstellen. Kabongo JD (2013) Corporate giving. In: Idowu SO, Ca-
Die beschriebenen Wechselwirkungen zwi- paldi N, Zu L, Gupta AD (Hrsg) Encyclopedia of
corporate social responsibility. Springer, Berlin
schen gesunden Organisationen und gesunden Kreipl C (2017) Gesellschaftliche Verantwortung als An-
Mitarbeitenden lassen sich auch auf weitere forderung an Manager – Implikationen für Corpo-
Stakeholder-Gruppen wie beispielsweise die rate Social Responsibility im Marketing. In: Stehr C,
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35 3

Daten und Gesundheit –


Was ist möglich, was ist
erlaubt, was ist sinnvoll?
Nadja Walter, Sascha Leisterer, Katharina Brauer und
Anne-Marie Elbe

Inhaltsverzeichnis

3.1 Einleitung – 36

3.2 Was ist möglich? – 38

3.3 Was ist erlaubt? – 41

3.4 Was ist sinnvoll? – 43

3.5 Fazit – 45

Literatur – 47

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_3
36 N. Walter et al.

2Zusammenfassung zogen), aber auch differenziert bezüglich des


Der Arbeitsplatz als einer der wichtigsten Kontexts (bedingungsbezogen) erfasst werden
Orte, an dem für erwachsene Menschen Ge- können. So ist für die Diversität von Arbeits-
sundheitsförderung stattfinden kann, bietet ei- kontexten entscheidend, welche Gesundheits-
ne ganze Reihe verschiedener Möglichkeiten daten generell und aus Sicht der betrieblichen
Gesundheitsförderung erfasst werden könnten
3 und Anlässe, um Gesundheitsdaten zu erfas-
sen. Die Auswahl der infrage kommenden In- und sollten. Beispielsweise weist Schwerarbeit
strumente und Methoden zur Erfassung die- unter Tage ein anderes Belastungsprofil auf als
ser Daten muss jedoch nicht nur bestimmten Büroarbeit und bedarf damit der Erfassung an-
rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen, derer Gesundheitsdaten (Hulls et al. 2020). Da
sondern sollte auch im Hinblick auf klare Qua- 75 % der deutschen Erwerbstätigen im tertiä-
litätskriterien und unter Berücksichtigung der ren Wirtschaftssektor2 tätig sind (Statistisches
Sinnhaftigkeit erfolgen. Bundesamt 2022), bezieht sich der vorliegende
Ziel dieses Beitrags ist es, nach einer kurzen Beitrag vor allem auf die Erfassung von Ge-
Definition von Gesundheitsdaten einen Über- sundheitsdaten in diesem Bereich, um Aspekte
blick zur sinnvollen, rechtlich legitimen und von Gesundheit und Daten zu thematisieren,
umsetzbaren Erfassung und Nutzung von Ge- die den Großteil der Erwerbstätigen betref-
sundheitsdaten zu geben. Im Rahmen der drei fen. Allerdings können die angesprochenen
Fragen Was ist möglich? Was ist erlaubt? und Aspekte auch auf andere Wirtschaftssektoren
Was ist sinnvoll? sollen die potenziellen Um- zutreffen. Bevor jedoch auf die Fragen nach
setzungsmöglichkeiten wie auch -barrieren, der Möglichkeit, der rechtlichen Legitimati-
die rechtlichen Rahmenbedingungen und die on und dem sinnvollen Einsatz von erhobenen
zweckbezogene Sinnhaftigkeit der Erhebung Gesundheitsdaten eingegangen werden kann,
von Gesundheitsdaten am Arbeitsplatz darge- muss zunächst geklärt werden, was Gesund-
stellt werden. Den Beitrag schließt ein Fazit ab, heitsdaten eigentlich sind und welchem Zweck
das einen Blick in die Zukunft wagt. sie dienen.
Unter Gesundheitsdaten werden jegliche
Kennwerte über gesundheitliche Aspekte eines
3.1 Einleitung Individuums verstanden. Darunter zählen Wer-
te, die einerseits der Gesundheitserhaltung die-
Der Arbeitsplatz ist einer der wichtigsten Or- nen und andererseits den Krankenstand doku-
te, an welchem Gesundheitsförderung für er- mentieren (Frowein 2020, S. 8). So zählen be-
wachsene Menschen stattfinden kann (Huber wegungs-, ernährungs-, stressbezogene Kenn-
und Weiß 2020) und bietet verschiedene Mög- werte, klinische Diagnosen sowie Arbeits- und
lichkeiten, um sog. Gesundheitsdaten zu er- Krankenzeiten etc. zu Gesundheitsdaten. Im
fassen und zu verarbeiten.1 In diesem Beitrag betrieblichen Setting können Gesundheitsda-
geht es um die Frage, welche Gesundheits- ten in Form von Zahlen, Texten, Dokumenten
daten generell erhoben werden können, was oder Audio- und Videodateien vorliegen und
erlaubt und was dabei sinnvoll ist. Dabei ist mithilfe von verschiedenen Verfahren wie In-
jedoch anzumerken, dass Gesundheitsdaten in- terviews, Fragebögen oder Tests erhoben wer-
dividuell bezüglich der Person (personenbe- den (vgl. 7 Abschn. 3.2, . Abb. 3.1). So fin-
den sich Gesundheitsdaten bspw. im Personal-
1 Im rechtlichen Sinne werden unter Datenverarbeitung
alle Prozesse der Erhebung, Speicherung, Lagerung, 2 Zum primären Wirtschaftssektor zählen die Land-
Veränderung, Verbreitung und auch Vernichtung ver- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei, zum sekun-
standen (Frowein 2020). Zum besseren Verständnis dären Wirtschaftssektor das produzierende Gewer-
sollen im vorliegenden Beitrag die einzelnen Prozesse be und zum tertiären Wirtschaftssektor alle übrigen
jedoch gezielt benannt und entsprechend beschrieben Wirtschaftsbereiche sowie das Dienstleistungsgewer-
werden. be (Statistisches Bundesamt 2022).
Kapitel 3 ! Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll?
37 3
bereich in der Personalakte (u. a. Schwanger- fektivität, während letztere vielmehr die Ver-
schaft, Schwerbehindertenstatus, Krank- und antwortung der Arbeitgebenden gegenüber Ar-
Unfallmeldungen), in medizinischen Unter- beitnehmenden ausdrückt und bspw. auf die
lagen aus Einstellungs-, Vorsorge- und Ver- Früherkennung von Belastungen, die Erhö-
sorgungsuntersuchungen oder in Dokumen- hung von Motivation und Zufriedenheit so-
ten im Rahmen von Arbeitsschutzmaßnahmen wie die Verbesserung des Betriebsklimas und
wie z. B. Gefährdungsbeurteilungen, Betrieb- der innerbetrieblichen Kommunikation abzielt
licher Gesundheitsförderung oder Betriebli- (Kaminski 2013; Kuhn et al. 2021; Schirr-
chem Gesundheitsmanagement (BGF/BGM) macher et al. 2018; Walter et al. 2019; Zok
wieder (Frowein 2020). Gesundheitsdaten am 2008). Hier spiegelt sich das gesellschaftlich
Arbeitsplatz geben demnach Aufschluss über gestiegene Interesse und auch die gesetzlich
körperliche und psychische Krankheiten und geforderte Sicherstellung und Förderung der
deren Symptome und nach neuer Definition Gesundheit und des Wohlbefindens der Ar-
der World Health Organisation (WHO 2019) beitnehmenden am Arbeitsplatz sowie der Er-
auch über das Wohlbefinden im Sinne der psy- halt einer möglichst langen Erwerbs- und Ar-
chischen Gesundheit. Gesundheitsdaten sind beitsfähigkeit wider (Franz et al. 2011; Vitt
für Arbeitgebende insofern von Bedeutung, als et al. 2011). Im Zusammenhang mit dem letzt-
dass sie nicht nur Auskunft über den Status genannten sozial-humanitären Aspekt besteht
quo hinsichtlich des bio-psycho-sozialen Ge- die Möglichkeit für Arbeitnehmende, mithil-
sundheitszustandes, sondern auch hinsichtlich fe von Gesundheitsdaten, die am Arbeitsplatz
möglicher Bedarfe zur Gesundheitsförderung erhoben und analysiert werden, zu „Fachleu-
von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ten in eigener Sache“ zu werden und damit
geben. Neben den Informationen über körper- im Sinne von Empowerment und Selbststän-
liche und psychische Krankheiten geben Ge- digkeitsgewinn mehr Eigenverantwortung und
sundheitsdaten auch Hinweise über sog. Früh- Selbstbestimmung für die eigene Gesundheit
und Risikoindikatoren wie Konflikte, Frustra- zu entwickeln oder zu fördern (Burkhart und
tion und Demotivation sowie Hinweise zur be- Hanser 2018; Schirrmacher et al. 2018; Walter
triebsinternen Zusammenarbeit, die eben jene und Rotzoll 2021). So ist es denkbar, dass die
psychische Gesundheit am Arbeitsplatz adres- Erfassung des Umfangs von sitzender oder ste-
sieren (Kaminski 2013; Schirrmacher et al. hender Tätigkeit – im Sinne der Bestimmung
2018). Zur weiteren Systematisierung von Ge- des Aktivitätslevels – bspw. zur Anschaffung
sundheitsdaten wird zwischen personen- bzw. von höhenverstellbaren Schreibtischen oder
verhaltensbezogenen und bedingungs- bzw. zur Einführung bewegter Pausen während der
verhältnisbezogenen Daten unterschieden, die Arbeitszeit oder zur gezielten körperlichen
sich einmal auf das Individuum (die Arbeit- Aktivität als Ausgleich in der Freizeit führt
nehmenden) und einmal auf die Arbeitsbedin- (Mehlich 2017). Speziell dieser wechselseiti-
gungen beziehen (Kaminski 2013). ge Transfer eines gesunden Arbeits- und Le-
Das übergeordnete Ziel dieser Datenerhe- bensstils, der mithilfe von Daten dokumentiert
bung und -verarbeitung und infolgedessen de- und reflektiert werden kann, bietet für Ar-
ren Beeinflussung durch Maßnahmen im Rah- beitnehmende die Möglichkeit, einen bereichs-
men von BGF/BGM bezieht sich auf betriebs- übergreifenden lebenslangen, gesundheitsför-
wirtschaftliche, aber auch auf sozial-humanitä- derlichen Lebensstil zu entwickeln (Kaminski
re Aspekte. Erstere stehen im Zusammenhang 2013; Schirrmacher et al. 2018). Arbeitgeben-
mit Kosten- und Fehlzeitensenkung, Produk- de haben demnach ein gesteigertes Interesse
tivitätssteigerung, Qualitätssicherung und Ab- an der Erhebung und Auswertung von Gesund-
laufoptimierung sowie der Erhöhung der Wett- heitsdaten; einmal aus betriebswirtschaftlicher
bewerbsfähigkeit und der Steigerung von Ef- Sicht und einmal aufgrund der sozialen, gesell-
38 N. Walter et al.

schaftlichen und gesetzlichen Verantwortung, 3.2 Was ist möglich?


während es für Arbeitnehmende die Möglich-
keit bietet, die individuelle Gesundheitsför-
derung mit der betrieblichen zu verknüpfen Zur Erfassung von Gesundheitsdaten im be-
(vgl. 7 Abschn. 3.3; Franz et al. 2011; Ka- trieblichen Setting gibt es eine Reihe von Ver-
minski 2013; Schirrmacher et al. 2018; Vitt fahren und Instrumenten (vgl. . Abb. 3.1),
3 et al. 2011). Im Zusammenhang mit dem ange- die je nach Anlass bzw. Ziel das Verhalten
führten Beispiel spiegelt sich ersteres im Rah- von Arbeitnehmenden erfassen oder sich ganz
men der Verhältnisprävention wider, also in konkret auf die Tätigkeit und Arbeitsanforde-
der Förderung der Gesundheit durch veränder- rungen beziehen können (Schmidt-Atzert und
te Arbeitsbedingungen, während letzteres auf Amelang 2012). Diese Unterscheidung bezieht
die Verhaltensprävention und damit die Förde- sich auf die grundlegende Differenzierung in
rung der individuellen Mitarbeitergesundheit Verhaltens- und Verhältnisdaten und damit auf
(auch über die Arbeitszeit hinaus) abzielt (Ka- Daten zu Personen oder Arbeitsbedingungen.
minski 2013). Hierbei ist jedoch anzumerken, Gesundheitsdaten zur Erfassung von Arbeits-
dass die Erfassung von Verhältnisdaten, z. B. bedingungen umfassen vor allem ergonomi-
im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung, ge- sche Daten, aber auch Anforderungen an Ar-
setzlich vorgeschrieben ist und infolgedessen beitnehmende sowie Belastungen (Kaminski
der Verhältnisprävention eine rechtliche Ver- 2013). Vor allem die beiden letztgenannten
bindlichkeit zukommt (Arbeitsschutz- und Ar- können auch Gegenstand von verhaltensbezo-
beitssicherheitsgesetz; vgl. 7 Abschn. 3.3). genen Daten sein. Der Unterschied besteht vor
Ziel dieses Beitrags ist es, einen Überblick allem in der rechtlichen Legitimation sowie
zur sinnvollen, rechtlich legitimen und umsetz- dem Zugang zu den Ergebnissen durch Arbeit-
baren Erfassung und Nutzung von Gesund- gebende (vgl. 7 Abschn. 3.3).
heitsdaten zu geben. Dafür ist zunächst die Zur Erfassung von Gesundheitsdaten z. B.
Frage zu beantworten, welche Möglichkeiten im Rahmen von Arbeitsschutz oder BGF/
sich bei der Erhebung von Gesundheitsdaten BGM werden Instrumente zur Feststellung
ergeben. Allerdings muss folglich festgestellt der Arbeits- und der körperlichen und sozia-
werden, welche Maßnahmen aufgrund von len Funktionsfähigkeit, der körperlichen und
bspw. strukturellen oder personellen Umset- emotionalen Rollenfunktion sowie zur Erfas-
zungsbarrieren, wie fehlende technische Aus- sung psychischer Belastungen und Beanspru-
stattung oder die individuelle Einstellung von chung am Arbeitsplatz (Verhältnisdaten), der
Mitarbeitenden gegenüber der Erfassung von allgemeinen Gesundheitswahrnehmung und
Gesundheitsdaten, nicht umgesetzt werden des individuellen psychischen Wohlbefindens
bzw. werden können (Was ist möglich? Vgl. oder der Vitalität eingesetzt (Verhaltensdaten)
7 Abschn. 3.2). . Abb. 3.1 verdeutlicht den (Braun und Nürnberg 2018). Diese Instru-
Prozess der rechtlichen Legitimationsprüfung mente können ergänzt werden durch Ana-
(Was ist erlaubt? vgl. 7 Abschn. 3.3) mögli- lysen von Verhältnisdaten bei der Bewer-
cher Verfahren und Instrumente zur Sammlung tung von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingun-
von Gesundheitsdaten bildhaft als Trichter. gen (z. B. ergonomische Arbeitsplatzgestal-
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit (Was ist tung), qualitativen Analysen bspw. von Ge-
sinnvoll? vgl. 7 Abschn. 3.4) bezieht sich erst sundheitszirkeln, entlastungs- und ressourcen-
dann auf diese Verfahren und Instrumente, die orientierte Instrumente zur Gefährdungsbeur-
durch den Trichter hindurch als rechtlich legi- teilung sowie durch die Auswertung von Rou-
timiert betrachtet werden können. tinedaten des Betrieblichen Eingliederungs-
Kapitel 3 ! Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll?
39 3

Bewegungs- Physiologische Psychologische Ernährungs- Ergonomische Medizinische Soziale Schlaf-


daten Daten Daten daten Daten Daten Daten daten
Was ist möglich?

standar- Selbstaus-
disierte tragbare
Interviews kunftsfrage- Diagnosen Zählungen Messungen
Testungen Sensoren
bögen

psycho- Unter-
Behand-
Beobach- metrische Tage- Smart- suchungs-
Wearables Tablets lungsdoku-
tungen Frage- bücher watches doku-
mente
bögen mente

strukturelle, organisatorische, finanzielle, personelle und persönliche Umsetzungsbarrieren


Was ist erlaubt?

Datenschutzgrund- Frage-
Wear-
bögen
Messun- Grundgesetz (GG)
verordnung (DSGVO) ables gen

Bundesdatenschutzgesetz … Arbeitsschutz- (ArbSchG) und


(BDSG) Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)

… Erweiterung … Selbstständigkeitsgewinn
Was ist sinnvoll?

… Effektivität … Ermutigung
… Qualität … Bildung
Wear- Frage-

… Evidenzbasierung ables bögen … Befähigung
… Gerechtigkeit … zur Sicherung von … … Ethik und Moral

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 3.1 Trichterdarstellung: Mögliche Verfahren zur Erhebung von Gesundheitsdaten treffen auf Umsetzungsbar-
rieren und Fragen der rechtlichen Legitimation, bevor die möglichen und rechtlich legitimierten Verfahren darauf geprüft
werden können, wie sinnvoll sie erscheinen.

managements (BEM) oder Fehlzeiten-Statis- ren und vor allem physiologische Daten über-
tiken (Badura 2017; Huber und Weiß 2020; tragen (Mehlich 2017). Die steigende Beliebt-
Pfaff und Zeike 2017). heit von Gesundheits- und Lifestyle-Apps so-
Im Zuge der Digitalisierung stehen zur Er- wie Wearables wie z. B. Schrittzähler und Fit-
fassung von personen- und bedingungsbezo- nessuhren, die Vitaldaten wie Herzfrequenz,
genen Gesundheitsdaten nicht nur Instrumen- Bewegungslevel oder Schlafverhalten perma-
te wie Fragebögen, medizinische Untersuchun- nent oder zu einem bestimmten Zeitpunkt erfas-
gen, Tests und Messungen als digitale Varian- sen können, zeigt den Trend der letzten Jahre
ten zur Verfügung, sondern auch immer mehr hin zur Selbstoptimierung (Ghadiri und Peters
elektronische Geräte und digitale Assessment- 2020). Speziell zur Unterstützung der Verhal-
verfahren. Begriffe wie eHealth (engl. Electro- tensprävention werden diese digitalen Techno-
nic Health) und mHealth (engl. Mobile Health) logien zur Kontrolle typischer Risikofaktoren
beziehen sich dabei auf den Einsatz drahtlo- für die Gesundheit wie z. B. Gewicht, Sucht-
ser, elektronischer Geräte wie Smartwatches, mittelkonsum, Ernährung, körperliche Aktivi-
Mobiltelefone, Tablets und Wearables (Burk- tät und Stress eingesetzt (Pfaff und Zeike 2017).
hart und Hanser 2018). Auch Sensoren oder in- So können Wearables am Arbeitsplatz bspw.
telligente Textilien kommen zum Einsatz und vor allem bei sitzender Tätigkeit dabei unter-
können in sog. Body-Area-Systemen mit dem stützen ausreichend Bewegungspausen zu im-
Empfänger (z. B. Mobiltelefon) kommunizie- plementieren (Mehlich 2017).
40 N. Walter et al.

Eine weitere Möglichkeit zur Erfassung Strukturelle Barrieren können zum einen
von Gesundheitsdaten am Arbeitsplatz (spe- die fehlende technische Ausstattung und da-
ziell Verhältnisdaten) besteht in der Anwen- mit der erschwerte Zugang zu den Erhebungs-
dung einer speziellen Sensortechnologie. Ge- instrumenten sein (Kaiser und Matusiewicz
sundheitsdaten, die mittels Sensoren erhoben 2018; Peck et al. 2018; Schirrmacher et al.
werden, können den Beschäftigten durch Echt- 2018). Dieser Barriere mag das Argument
3 zeit-Feedback helfen, sich ihrer Arbeitsbelas- der Nutzung privater Geräte (z. B. Wearable
tungen bewusst zu werden und vor berufsbe- oder Smartphone) entgegenstehen, das jedoch
dingten Gefahren zu warnen. Bislang wird die in der Folge eine soziale Ungleichheit erzeu-
Messung und Überwachung von Expositionen gen kann, da nicht jede Mitarbeiterin und
am Arbeitsplatz mit Hilfe von Sensortechno- jeder Mitarbeiter hierüber privat verfügt (Jun-
logie-Anwendungen nur sporadisch eingesetzt ker und Kaluza 2018; SVR Gesundheit 2021).
(Spook et al. 2019). Ein Beispiel für den Ein- Zudem besteht eine weitere strukturelle Bar-
satz von Sensortechnologie zeigt sich in der riere dahingehend, dass z. B. aus hygienischen
Studie von Roossien et al. (2021). Hier wur- oder betrieblichen Gründen kein Zugriff auf
den Wearables, in dem Fall in Form von trag- elektronische Geräte wie Mobiltelefone oder
baren, nicht invasiven Thermometern, genutzt, Tablets während der Arbeitszeit möglich ist
um die Körpertemperatur von Feuerwehrleuten (Kaiser und Matusiewicz 2018; Peck et al.
während ihrer Einsätze zu überwachen, da die- 2018; Schirrmacher et al. 2018). Organisato-
se häufig aufgrund der schweren körperlichen rische Hürden stellen sich z. B. durch ständig
Aktivität, der Hitze von Bränden und hoch wechselnde Arbeitszeiten oder aber wenig fle-
isolierter Schutzkleidung einer hohen thermi- xible Dienstpläne dar. So kann der Zeitpunkt
schen Belastung ausgesetzt sind. Darüber hi- der Datenerfassung bzw. die Integration die-
naus fand die Erfassung von Gesundheitsdaten ser in das Tagesgeschäft eine Barriere sein
auch Einzug in die Automobilindustrie und öff- (Kaiser und Matusiewicz 2018; Peck et al.
net ein weiteres Themenfeld unter dem Begriff 2018; Schirrmacher et al. 2018). Den Unter-
„Automotive Health“. So können Anwendun- nehmen fehlt es häufig an finanziellen Mitteln,
gen von e- und mHealth durch die Messung um die Möglichkeiten zur Sammlung von Ge-
von Vitaldaten in Kombination mit der Sen- sundheitsdaten bspw. über Wearables voll aus-
sorik des Autos bspw. die Innenbeleuchtung zuschöpfen (Schirrmacher et al. 2018). Eine
verändern, um auf die aktuelle Stimmungsla- ganz wesentliche Barriere für Arbeitgebende –
ge der Insassen zu reagieren (van Berck et al. vor allem in Bezug auf den Einsatz digitaler
2019). Diese Schnittstelle zwischen Automo- Instrumente – besteht auf der rechtlichen Seite
bilindustrie und Gesundheitsdaten wird durch hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit,
die digitale Transformation zunehmend an Be- die den Einsatz von Erhebungsintrumenten
deutung gewinnen (Matusiewicz et al. 2018) zum Schutz von Arbeitnehmer:innen regelt,
und kann am Beispiel von Berufsfahrerinnen jedoch auch dem Potenzial der Gesundheits-
und -fahrern die Erfassung von Gesundheitsda- förderung entgegensteht (Jochimsen 2021; vgl.
ten am Arbeitsplatz verdeutlichen. 7 Abschn. 3.3 und 3.4). Personelle Barrieren
Die dargestellten Möglichkeiten zur Er- ergeben sich bei der Berücksichtigung der Di-
fassung und Nutzung von Gesundheitsdaten versität von Mitarbeitenden, die sich hinsicht-
erscheinen mannigfaltig – dennoch werden in lich Bildungsniveau, Ausbildung, Fähigkeiten
der Realität nicht alle umgesetzt. Gründe hier- oder Tätigkeitsbereich unterscheiden können
für sind Umsetzungsbarrieren auf struktureller, oder einer bestimmten Personen-/Statusgrup-
organisatorischer, finanzieller sowie personel- pe zugehören (Zok 2008), deren individuel-
ler und persönlicher Ebene, die eine Nutzung le Berücksichtigung jedoch wiederum gesetz-
der genannten Möglichkeiten erschweren bzw. lich gefordert ist (§ 2 Abs. 1 Arbeitsschutz-
rechtlich regeln. gesetz). Persönliche Schwierigkeiten beziehen
Kapitel 3 ! Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll?
41 3
sich auf die Voraussetzungen sowie die mögli- möglichen Gefühl von Überwachung und Kon-
chen Konsequenzen einer Datenerhebung und trolle trotz der Zustimmung zur Offenlegung
auf das Recht auf Selbstbestimmtheit. Erste- dieser Daten besteht durchaus das Risiko von
res zeigt sich darin, dass die Nutzung bspw. sozialen Konflikten, Stigmatisierung, Diskri-
von digitalen Instrumenten eine gewisse Me- minierung oder Mobbingaktionen (Kaiser und
dienkompetenz voraussetzt, die bei älteren Ar- Matusiewicz 2018; Klagge 2020; SVR Ge-
beitnehmenden unter Umständen zu Reaktanz sundheit 2021).
(innerem Widerstand) führen kann (Huber und
Weiß 2020; Junker und Kaluza 2018; Schirr-
macher et al. 2018). Eine solche Reaktanz 3.3 Was ist erlaubt?
kann jedoch auch durch den Einsatz neuer
bzw. unbekannter Systeme oder Erhebungsme-
thoden entstehen, bei denen bspw. die Spei- Die Erhebung und Verarbeitung von Gesund-
cherung und Verwendung der erhobenen Daten heitsdaten am Arbeitsplatz ist im Rahmen
nicht transparent kommuniziert wird (Junker von BGF/BGM durchaus gewünscht und zum
und Kaluza 2018). Hinsichtlich der Inhalte Teil auch gesetzlich erforderlich, z. B. im
von Gesundheitsdaten selbst bestehen Umset- Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (Arbeits-
zungsbarrieren aufgrund möglicher Sorgen um schutz- und Arbeitssicherheitsgesetz). Jedoch
Konsequenzen bei einer personenbezogenen kann diese nur unter bestimmten Rahmen-
Datenerhebung (Verhaltensdaten) insbesonde- bedingungen, unter Berücksichtigung entspre-
re von psychischen Aspekten wie Stress, De- chender Leitlinien sowie ausschließlich mit
pression oder Burnout (Kaiser und Matusie- dem Einverständnis der Arbeitnehmenden er-
wicz 2018). Letzteres steht im Zusammenhang folgen. Die Frage „Was ist erlaubt?“ adres-
mit dem oben erwähnten Trend zur Selbst- siert zweifelsfrei die rechtliche Konformität
optimierung (Hanke et al. 2015; Peck et al. hinsichtlich der Erhebung und Verarbeitung
2018), aber auch damit, was Arbeitnehmende von Gesundheitsdaten im betrieblichen Set-
bereit sind an Daten zu teilen (informationelle ting. So kann Rechts- und Handlungssicher-
Selbstbestimmung). Als weitere ganz wesent- heit nur über die Konsultation entsprechender
liche persönliche Barriere stellt sich vor allem Gesetzestexte, Richtlinien und Leitfäden ge-
die Sorge vor unzureichendem Datenschutz währleistet werden und bezieht sich im Detail
dar (vgl. 7 Abschn. 3.3; Hanke et al. 2015; auf Aspekte wie Datenschutz und Datensicher-
Kaiser und Matusiewicz 2018). Dies geht ein- heit, Betriebsvereinbarungen, informationelle
her mit der Sorge vor mangelnder Anonymität Selbstbestimmung, aber auch informierte Ein-
bis hin zur Überwachung durch Arbeitgebende willigung.
oder Krankenkassen und den möglichen Kon- Grundlegende Dokumente für die Beant-
sequenzen wie der Anpassung von Beiträgen wortung der Frage sind Gesetzestexte wie das
(Hanke et al. 2015; Kaiser und Matusiewicz Grundgesetz (GG), das Arbeitsschutz- (Arb-
2018). Schließlich sind neben den persönli- SchG) und Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG),
chen Barrieren auch die möglichen (vor allem die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO),
sozialen) Risiken speziell bei der Nutzung von das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und das
digitalen Tools zur Erhebung gesundheitsbezo- Sozialgesetzbuch (SGB) sowie die Präven-
gener Daten zu nennen. So muss das Teilen tionsleitfäden der gesetzlichen Krankenversi-
von Gesundheitsdaten (hier speziell Verhal- cherungen (GKV-Spitzenverband 2019). Die
tensdaten) bspw. über Plattformen oder Social- Gesetzestexte geben Hinweise zu Maßnah-
Media-Kanäle auch kritisch betrachtet wer- men zur Förderung von Sicherheit und Ge-
den, sowohl aus Sicht der Arbeitgebenden als sundheit von verschiedenen Personengruppen
auch aus Sicht der Arbeitnehmenden. Neben am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung von
datenschutzrechtlichen Bedenken und einem zielgruppenspezifischen Bedarfen (z. B. Ver-
42 N. Walter et al.

hütung von Unfällen, Gestaltung von Arbeits- kumentation und Speicherung von vor allem
plätzen, menschengerechte Gestaltung der Ar- bedingungsbezogenen Daten (Verhältnisdaten)
beit, Bestimmung von Sicherheitsbeauftrag- bei Arbeitgebenden, die jedoch nur unter ganz
ten). Faller (2020), Kazemi (2016) und Müller bestimmten Bedingungen Zugriff auf die Da-
(2020) geben hierzu einen praxisbezogenen ten mit Personenbezug haben dürfen (Frowein
Überblick.3 2020). Eine Möglichkeit, dies rechtsverbindlich
3 Die Datenschutzgrundverordnung ist für zu regeln, sind bspw. Betriebsvereinbarungen
die Erhebung und Verarbeitung von Gesund- (Hinrichs 2016, vgl. 7 Abschn. 3.4).
heitsdaten am Arbeitsplatz von besonderer Da Gesundheitsdaten auch als sensitive
Bedeutung (Art. 5 DSGVO). Demnach müs- Daten bezeichnet werden, sind sie durch das
sen Arbeitgebende zum einen Grundsätze Grundgesetz in besonderer Weise durch das
wie Rechtmäßigkeit, Richtigkeit, Transparenz Recht auf informationelle Selbstbestimmung
und Zweckbindung der Datenverarbeitung, geschützt (Art. 2 Abs. 1 GG). Dieses Recht
Beachtung von Treu und Glauben, Datenmi- sieht vor, dass jede Person selbst darüber be-
nimierung und Speicherbegrenzung, Integrität stimmen kann, welche Daten er/sie von sich
und Vertraulichkeit sowie Rechenschaftspflicht preisgibt, wie diese weiterverarbeitet werden
einhalten. Im Zusammenhang mit der Datenmi- und wer Zugriff darauf hat. Gleichzeitig ist
nimierung wird häufig darauf hingewiesen, dass es Arbeitgebenden untersagt jegliche Gesund-
bspw. Fragen zur privaten Lebens- und Wohnsi- heitsdaten der Arbeitnehmenden offenzulegen.
tuation sowie zur Freizeitgestaltung (Hobbies, Auf der anderen Seite sind jedoch auch Arbeit-
sportliche Aktivitäten, Konsumverhalten) im nehmende laut arbeitsschutzrechtlichen Vor-
Allgemeinen nicht gestattet sind. Häufig steht schriften dazu verpflichtet, ihre eigene Ge-
dies jedoch im Konflikt mit der Bestimmung sundheit zu schützen und Gefährdungen zu
von BGF/BGM-Maßnahmen, der eine entspre- minimieren sowie im Rahmen ihrer Nach-
chende Bestandserhebung vorausgehen muss. weispflicht bspw. über Krankschreibungen zu
Zum anderen müssen Arbeitgebende besondere informieren (Klagge 2020). Ungeachtet des-
Maßnahmen zur Datensicherheit und zum Da- sen besagt die Datenschutzgrundverordnung
tenschutz gewährleisten, z. B. Passwortschutz auch, dass Gesundheitsdaten nur dann verar-
oder Einschränkung der Zugangsrechte auf beitet und eingesehen werden dürfen, wenn ein
erhobene Gesundheitsdaten (Frowein 2020). konkreter Erlaubnistatbestand (Art. 9 Abs. 2
Die Beantwortung der Frage „Was ist er- DSGVO; Frowein 2020) vorliegt. Das kann
laubt?“ stellt sich für Arbeitgebende demnach bspw. hinsichtlich der Gesundheitsvorsorge
nicht ganz unproblematisch dar. Obwohl die oder der Arbeitsmedizin der Fall sein, wenn
benannten Gesetzestexte (ArbSchG, ASiG) Ar- die ausdrückliche Einwilligung der Arbeitneh-
beitgebende dazu verpflichten, Maßnahmen merin/des Arbeitnehmers vorliegt oder wenn
zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit dies zum Schutz der öffentlichen Gesundheit
zu ergreifen, diese auch auf ihre Wirksamkeit oder „vor schwerwiegenden grenzüberschrei-
zu überprüfen und entsprechend anzupassen, tenden Gesundheitsgefahren“ erforderlich ist
besteht relativ viel Interpretationsraum für (Art. 9 Abs. 2h, i DSGVO). Die Covid-19-Pan-
die Verarbeitung von und den Zugang zu Ge- demie ist hierbei das aktuellste Beispiel.4
sundheitsdaten. Auf Grundlage der benannten
Gesetzestexte besteht die Hauptverantwortung 4 Aufgrund der Breite dieser Thematik wie bspw.
hinsichtlich der Erfassung, Verarbeitung, Do- die Abfrage des Impfstatus soll an dieser Stelle
auf weitere Literatur verwiesen werden: Fro-
wein (2020), Schmidhuber und Stöger (2020),
3 Aufgrund des Umfangs der hier benannten Gesetzes- Bundesgesundheitsministerium (7 https://www.
texte und Dokumente kann nur ein kurzer Überblick bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus/faq-
über die Inhalte gegeben werden, der jedoch keinen arbeitnehmerselbstaendige/faq-impfstatusabfrage.
Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. html).
Kapitel 3 ! Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll?
43 3
Was erlaubt ist, erschließt sich somit immer Die folgenden Ausführungen beziehen sich
aus der gültigen Gesetzeslage und Rechtspre- demnach auf Instrumente im Rahmen der Ge-
chung. Grundsätzlich bedeutet dies für die Er- sundheitsförderung (BGM/BGF).
hebung von Gesundheitsdaten, dass diese den Zur Beantwortung der Frage wird die Ein-
Vorgaben der DSGVO mit besonderem Au- teilung von Qualitätskriterien nach Eysenbach
genmerk auf den Schutz und die Sicherheit er- (2001) herangezogen: Effektivität, Selbststän-
hobener Gesundheitsdaten als sensible Daten digkeitsgewinn, Befähigung und Ermutigung,
entsprechen müssen. Flankiert werden diese Evidenzbasierung und Qualität, Ethik, Moral,
Datenschutzmaßnahmen der Arbeitgebenden Gerechtigkeit und Erweiterung.
zudem durch die informationelle Selbstbestim- Effektivität beschreibt die Förderung der
mung der Arbeitnehmenden. Dies kann also Gesundheit bei gleichzeitiger Reduktion von
zu einem breiten Angebot von Erhebungsmög- Kosten z. B. durch eine Einbeziehung der Ar-
lichkeiten führen, sofern sie innerhalb des be- beitnehmenden und eine transparente Kom-
schriebenen rechtlichen Rahmens legitimiert munikation im Rahmen des gesamten BGF-/
sind, wovon allerdings nur ein Teil durch BGM-Prozesses oder durch das Vermeiden von
die Arbeitnehmenden genutzt wird. Um den unnötigen oder redundanten Messungen (Ey-
Aufwand und die Kosten eines ungenutzten senbach 2001; Junker und Kaluza 2018; Kaze-
Überangebots zu vermeiden, ist es erforder- mi 2016). Ersteres stellt nicht nur die Einbe-
lich, Möglichkeiten zur Erfassung von Ge- ziehung der Arbeitnehmerebene in die Planung
sundheitsdaten darauf zu prüfen, wie sinnvoll und Erhebung der Daten dar, sondern vielmehr
sie erscheinen. auch die Rückmeldung hinsichtlich der Ergeb-
nisse und der weiteren Prozesse (z. B. Beginn
von BGF/BGM-Maßnahmen), wonach konti-
3.4 Was ist sinnvoll? nuierliche Informationen zum aktuellen Stand
für Arbeitnehmende wichtig sind (Junker und
Kaluza 2018; SVR Gesundheit 2021). Im Zu-
Die Frage danach, welche Gesundheitsda- sammenhang mit dem zweiten Aspekt – unnöti-
ten im betrieblichen Setting als sinnvoll er- ge oder redundante Messungen – steht auch die
achtet werden, kann im Hinblick auf die Teilnahmemotivation z. B. an Befragungen. Ei-
Zweckmäßigkeit beantwortet werden (vgl. ne Überfrachtung einer Mitarbeitendenbefra-
7 Abschn. 3.1), gleichzeitig ergibt sie sich gung mit nicht-relevanten Fragen birgt die Ge-
aber auch aus den Antworten auf die Fra- fahr, dass die Befragung zu lang ist und damit
gen „Was ist möglich?“ und „Was ist er- ein erhöhtes Abbruchrisiko besteht (Burkhart
laubt?“ (vgl. . Abb. 3.1). Unternehmen sind und Hanser 2018; Walter und Rotzoll 2021).
grundsätzlich zu Arbeitsschutz- und Arbeits- Zudem hat die individuelle Motivation bzw. die
sicherheitsmaßnahmen sowie zu BEM gesetz- generelle Einstellung zum Thema Gesundheit
lich verpflichtet und damit auch zur Erhebung Einfluss auf die Teilnahmemotivation (Burk-
von Gesundheitsdaten in dessen Rahmen (z. B. hart und Hanser 2018; Faller 2020; Walter und
Gefährdungsbeurteilung). Gleichzeitig haben Rotzoll 2021). Schließlich können Kosten un-
Arbeitgebende auch eine soziale und gesell- ter Umständen reduziert werden, wenn BGF/
schaftliche Verantwortung (Corporate Social BGM-Maßnahmen und Erhebungsinstrumente
Responsibility; Vitt et al. 2011). entsprechend vorgegebener Richtlinien gestal-
In Abhängigkeit vom Anlass (z. B. Ein- tet werden, um so bspw. eine finanzielle För-
gangs- vs. Vorsorgeuntersuchung) und dem derung durch die gesetzlichen Krankenkassen
Unternehmen selbst (z. B. Dienstleistungsun- und mögliche steuerliche Entlastungen zu be-
ternehmen vs. Bildungseinrichtung) variiert antragen (Schirrmacher et al. 2018).
dementsprechend auch die Auswahl der einge- Die Kriterien Bildung, Selbstständigkeits-
setzten Instrumente und der erfassten Daten. gewinn, Befähigung und Ermutigung bedingen
44 N. Walter et al.

sich gegenseitig (Eysenbach 2001). Mithil- Wearables noch diskutiert werden (Junker und
fe von Gesundheitsdaten bezogen sowohl auf Kaluza 2018; SVR Gesundheit 2021). An-
Verhaltensdaten wie auch auf Verhältnisdaten ders als die modernen eHealth- und mHealth-
erfahren Arbeitnehmende mehr über den eige- Instrumente haben sich Breitband- und Scree-
nen Arbeits- und Lebensstil (Bildung), entwi- ning-Instrumente hinsichtlich psychischer Be-
ckeln dadurch ggf. eine gesteigerte Eigenver- lastungen (Junker und Kaluza 2018), aber
3 antwortung und Selbstbestimmung und tref- auch Routinedaten (Fehlzeiten, BEM-Statisti-
fen entsprechende Entscheidungen hinsicht- ken) und Instrumente zur Analyse von Arbeits-
lich der eigenen Gesundheit (Selbstständig- plätzen und Arbeitsplatzbedingungen (Kamin-
keitsgewinn), die wiederum mit relevanten ski 2013; Walter und Rotzoll 2021) als wis-
Akteurinnen und Akteuren besprochen wer- senschaftlich gut überprüft erwiesen. Die Er-
den (Befähigung, Ermutigung) (Burkhart und hebung von Gesundheitsdaten mithilfe von
Hanser 2018; Schirrmacher et al. 2018; Wal- validen Instrumenten sichert in deren Folge
ter und Rotzoll 2021). Auch diese Kriterien insofern die Qualität von Gesundheitsangebo-
haben Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft ten, als dass aufgrund der gültigen Aussagen
und Rücklaufquoten. So wird die Teilnahme- auch entsprechend korrekte Maßnahmen aus-
bereitschaft an Erhebungen und Interventio- gewählt werden können. Demgegenüber steht,
nen immer dann gesteigert, wenn individuelle dass speziell der Einsatz von digitalen Instru-
Bedürfnisse angesprochen werden, ein per- menten wie Wearables zur Qualität der Arbeit
sönlicher Bezug zu den Daten oder durchge- in Bezug auf Unterstützung oder Optimie-
führten Maßnahmen besteht oder wenn Zu- rung der Arbeitsleistung beitragen kann. Aber
sammenhänge von Maßnahmen – die nicht auch hier ist besondere Beachtung auf Güte
auf den ersten Blick ersichtlich sind – eben- und Zuverlässigkeit der Instrumente zu legen.
falls transparent erläutert werden (Schirrma- Schließlich erhöhen insbesondere zertifizierte
cher et al. 2018). Daher ist es nachvollziehbar, Maßnahmen im Rahmen von BGF/BGM die
dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin, Qualität der einzelnen Maßnahmen (Schirrma-
der/die unter chronischem Rücken- und Na- cher et al. 2018; Walter et al. 2019).
ckenschmerz leidet, eine Erhebung zu Ernäh- Die Kriterien Ethik und Moral (Ey-
rungsgewohnheiten als weniger sinnvoll erach- senbach 2001) sprechen die oben erwähn-
tet als bspw. eine Erhebung zur ergonomischen ten gesetzlichen Vorgaben (ArbSchG, ASiG,
Arbeitsplatzgestaltung. Folglich sollte der An- BDSG, DSGVO, GG, SGB, GKV-Spitzen-
satz „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ verband), die entsprechenden (wissenschaft-
verfolgt werden, um den Kriterien Befähigung lichen) Richtlinien und Leitfäden (Deutsche
und Ermutigung gerecht werden zu können. Forschungsgesellschaft (DFG) 2013; Deut-
Dies hat nicht nur den Vorteil, stärker be- scher Ethikrat 2017), aber auch die soziale und
darfsgerecht zu erheben, sondern entspricht gesellschaftliche Verantwortung der Arbeitge-
auch der Forderung nach einer stärkeren In- benden (Vitt et al. 2011) an. Eine Möglichkeit
dividualisierung bzw. Zielgruppenorientierung der Umsetzung sind Betriebsvereinbarungen,
in der Gesundheitsförderung (Walter und Rot- die bspw. die Erfassung von Daten im Rahmen
zoll 2021). der Gefährdungsbeurteilung (Verhältnisdaten)
Die Kriterien Evidenzbasierung und Qua- rechtsverbindlich regeln (Hinrichs 2016). Eine
lität stehen ebenfalls in direktem Zusammen- weitere Möglichkeit der Umsetzung stellt die
hang. Evidenzbasierung beschreibt die Er- sogenannte „Informierte Einwilligung“ dar,
gebnissicherung durch wissenschaftliche Ver- die in Forschungsstudien gute wissenschaftli-
fahren (Eysenbach 2001) und fordert damit che Praxis ist (Kazemi 2016; Kuhn et al. 2021).
auch den Einsatz valider Messinstrumente, Mithilfe dieser Formate können Arbeitgeben-
die insbesondere bei der Erhebung von Vi- de und Arbeitnehmende verschiedene Punkte
taldaten mithilfe von Gesundheits-Apps oder in Bezug auf die Erhebung und Verarbeitung
Kapitel 3 ! Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll?
45 3
von Gesundheitsdaten schriftlich festhalten; tät, Bildung, Selbstständigkeitsgewinn, Befä-
z. B. grundlegendes vs. eingeschränktes Ein- higung, Ermutigung, Evidenzbasierung, Qua-
verständnis, Regelung zur Informationsweiter- lität, Gerechtigkeit und Erweiterung) stellen,
gabe, Empfehlungen und Autorisierung (Kuhn die an den jeweiligen Arbeitsplatz und die
et al. 2021). Beide Formen der einvernehmli- Bedürfnisse der Arbeitnehmenden angepasst
chen Regelung haben somit den Vorteil einer Anwendung finden sollten. So kann es für
transparenten Kommunikation und bieten so eine Bürotätigkeit sinnvoll sein, datenschutz-
die Möglichkeit, Konfliktpotenzial zwischen konforme Wearables (Ethik und Moral) einzu-
Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zu re- setzen, die den sedentären Arbeitsalltag unter-
duzieren. Detaillierte Hinweise zur Gestaltung brechen und regelmäßige Bewegungspausen
bspw. von Betriebsvereinbarungen in Bezug anleiten (Effektivität), ihre Trägerinnen und
auf die psychische Gefährdungsbeurteilung Träger regelmäßig an die Bewegungspausen
(Gegenstand und Geltungsbereich, Ziele, Do- erinnern (Bildung, Selbstständigkeitsgewinn,
kumentation, Informationsrecht, Datenschutz) Befähigung und Ermutigung), den Nutzen der
finden sich bei Hinrichs (2016, S. 64 f.). Bewegungspausen analysieren und daraufhin
Das Kriterium Gerechtigkeit bezieht sich die Bewegungspausen anpassen (Evidenzba-
auf die möglichen strukturellen, organisa- sierung und Qualität). Zusätzlich sind solche
torischen und auch auf die personellen Wearables dann als sinnvoll zu erachten, wenn
und persönlichen Umsetzungsbarrieren (vgl. sie nicht nur vereinzelt, sondern gerecht ver-
7 Abschn. 3.2; Eysenbach 2001). Speziell der teilt allen Arbeitnehmenden zur Verfügung
Einsatz von digitalen Instrumenten bietet im gestellt werden können (Gerechtigkeit und Er-
Zusammenhang mit dem Kriterium der Erwei- weiterung).
terung (zeit- und ortsunabhängiger Zugang)
die Möglichkeit, bislang weniger erreichte Per-
sonen mit erhöhtem Risiko wie Männer, Füh- 3.5 Fazit
rungskräfte und chronisch Kranke für die Er-
hebung von Gesundheitsdaten zu gewinnen
und für das Thema zu sensibilisieren. Zu- Dieser Beitrag stellt den Bezug zwischen Ge-
dem können Gamification-Elemente wie Fort- sundheit und Daten her, indem anhand des
schrittsbalken, Ranglisten oder High Scores Bildes eines Trichters erörtert wurde, was
die Motivation und Nutzungszahlen erhöhen. möglich, erlaubt und sinnvoll ist, um nun ab-
Demgegenüber stehen jedoch Risiken eines schließend einen Ausblick auf die Zukunft
sozialen Ungleichgewichts oder Konflikte auf- von Gesundheitsdaten zu geben. Der Trichter
grund der Verfügbarkeit und der individuellen kann mit einer Vielzahl verschiedener Mög-
Voraussetzungen (Braun und Nürnberg 2018; lichkeiten zur Erfassung von Gesundheitsdaten
Hanke et al. 2015; Peck et al. 2018; SVR Ge- gefüllt werden. Der mannigfaltige Einsatz von
sundheit 2021). vor allem digitalen Instrumenten zur Erhe-
Ein sinnvolles Angebot zur Erhebung von bung von Gesundheitsdaten und der sich an-
Gesundheitsdaten ist jedoch erst dann gege- schließenden Gesundheitsförderung bietet vie-
ben, wenn die oben erläuterten Qualitätskri- le Vorteile, wie zeit- und ortsunabhängiger
terien passend zum Arbeitsplatz (Verhältnis- Zugang oder gezielte Ansprache der Mitarbei-
daten) und zu den individuellen Bedürfnissen tenden (Peck et al. 2018; Schirrmacher et al.
(Verhaltensdaten) erfüllt werden. Grundlegend 2018). Vor allem technikversierte, junge und
muss ein sinnvolles Erhebungsverfahren oder weniger gesundheitsaffine Mitarbeitende kön-
-instrument den gültigen Rechtsvorschriften nen als neue Zielgruppe angesprochen und
entsprechen. Zusätzlich müssen sich Verfah- für Gesundheitsthemen sensibilisiert werden
ren und Instrumente einer Qualitätsprüfung (Hanke et al. 2015). Die Erfassung von Ge-
hinsichtlich weiterer Kriterien (d. h. Effektivi- sundheitsdaten mit Hilfe von Wearables in
46 N. Walter et al.

Kombination mit Apps, die Gamification-Ele- geprägt ist und die nicht erreicht werden (Da-
mente wie beispielsweise Fortschrittsbalken, vidson et al. 2019; Faller 2020; Kuhn et al.
Ranglisten oder High Scores enthalten, kann 2021; Lupton 2017).
zu einer höheren Nutzungsrate und zur Steige- Zudem muss die Nutzung und das Teilen
rung der Motivation führen (Hanke et al. 2015; von Gesundheitsdaten bspw. über Plattformen
Peck et al. 2018). Für die Zukunft scheint oder Social-Media-Kanäle auch kritisch be-
3 nicht nur die verstärkte Nutzung von eHealth- trachtet werden – sowohl aus Sicht der Ar-
und mHealth-Produkten und Instrumenten ei- beitgebenden als auch der Arbeitnehmenden.
ne Rolle zu spielen, sondern auch die Ver- Damit sind auch erneut Sorgen um Daten-
knüpfung betrieblicher und individueller Ge- schutz und Datensicherheit verbunden. Um
sundheitsförderung (Verhältnis- und Verhal- diese zu adressieren und gleichzeitig auch die
tensdaten). Eine solche Entwicklung spiegelt nach wie vor für Gesundheitsthemen schwer
sich bereits im aktuellen Trend zum Ange- zugänglichen Personengruppen oder die, die
bot von Pay-as-you-live-Systemen (PAYL) wi- weniger technisch affin sind, zu erreichen,
der. Dabei werden Gesundheitsdaten mithilfe sind vor allem Angebote im edukativen Be-
von Wearables in Kombination mit Smartpho- reich nötig, um so bspw. die gesundheitli-
nes erhoben und mittels Gesundheits-Apps an che und digitale Kompetenz (engl. digital li-
die Versicherungen übermittelt. Abhängig von teracy) zu fördern (Berg et al. 2018; Susło
der Erreichung der Fitnessziele werden den et al. 2018). Ein verantwortungsbewusster und
Nutzerinnen und Nutzern Boni in Form von sicherer Umgang mit sensiblen Daten kann
Geldzahlungen oder Rabattierungen bei Dritt- sowohl durch Arbeitgebende als auch durch
anbietern entgegengebracht (Wulf und Betz Arbeitnehmende selbst angestrebt und umge-
2021). setzt werden. So sind die Nutzung von si-
Jedoch erlauben rechtliche Vorschriften ei- cheren Verbindungen (VPN-Zugangsdienste),
nen ausschließlich sensiblen Umgang mit Ge- zertifizierten Apps und digitalen Tools (siehe
sundheitsdaten, was zu einer reduzierten Nutz- auch Verzeichnis erstattungsfähiger Gesund-
barkeit der verschiedenen Möglichkeiten führt. heit-Apps des Bundesinstituts für Arzneimittel
Diese Selektion kann verglichen werden mit und Medizinprodukte), die Nutzung von Off-
dem Hals des Trichters (vgl. . Abb. 3.1). line-Speicherung oder von Verschlüsselungs-
Auch wenn diese Förderung der Erfassung mechanismen geeignete Maßnahmen, um die
von Gesundheitsdaten inner- und außerhalb Datensicherheit zu erhöhen (SVR Gesundheit
des betrieblichen Settings eine Entlastung für 2021). Neben diesen datenschutz- und da-
das gesamtgesellschaftliche Gesundheitssys- tensicherheitsrechtlichen Bedenken kann auf
tem darstellen kann, bestehen Risiken. Zum ei- die Zustimmung zur Offenlegung von Daten
nen birgt die Auflösung der Grenzen zwischen durchaus ein Gefühl von Überwachung und
betrieblicher und individueller Gesundheits- Kontrolle folgen und es können soziale Kon-
förderung die Gefahr der Verantwortungsdiffu- flikte, Stigmatisierung, Diskriminierung oder
sion, wenn Arbeitnehmende BGF/BGM-Maß- gar Mobbingaktionen und damit gegenteilige
nahmen entgegen dem ursprünglichen Ansatz Effekte im sozialen Bereich entstehen (Kaiser
in ihrer Freizeit und nicht am Arbeitsplatz und Matusiewicz 2018; Klagge 2020). Hin-
durchführen (Junker und Kaluza 2018). Zum sichtlich des Aspekts der Überwachung und
anderen bleibt offen, inwiefern manche Perso- Kontrolle finden sich am Beispiel von Arbeits-
nengruppen von diesen Entwicklungen ausge- zeiterfassung, Fahrtenschreibern oder Proto-
schlossen sind; bspw. Personen, deren Zugang kollen bereits bestehende legitime Formen.
zu technischen Geräten beschränkt ist, die Denkbar ist auch eine illegitime Erweiterung
mit der technischen Weiterentwicklung nicht solcher Überwachungs- und Kontrollfunktio-
Schritt halten können oder deren Interesse an nen, bspw. bei der Ausnutzung von Daten aus
Gesundheit(sförderung) nicht sonderlich aus- arbeitsmedizinischen Untersuchungen für un-
Kapitel 3 ! Daten und Gesundheit – Was ist möglich, was ist erlaubt, was ist sinnvoll?
47 3
ternehmerische Zwecke. Hier sind die Arbeit- den eigenen Gesundheitszustand führen kann.
gebende in der Pflicht, ihre Mitarbeitenden bei Gleichzeitig muss konstatiert werden, dass
der Bestimmung über die Datennutzung voll- speziell digitale Instrumente und Maßnahmen
ständig einzuweihen und maßgeblich teilhaben im Rahmen von BGF/BGM durch ihre stän-
zu lassen. Die Unternehmen tragen insofern dige Verfügbarkeit oder Erinnerungsfunktion
die Verantwortung, die informationelle Selbst- die Gefahr der Informationsüberflutung bergen
bestimmung ihrer Mitarbeitenden als grundle- (Hanke et al. 2015; Kaiser und Matusiewicz
gende Prämisse in der Unternehmenskultur zu 2018; Peck et al. 2018). Zuletzt ist bei allen
verankern, um illegitime Kontrolle und Über- Umsetzungsmöglichkeiten – ganz gleich, ob
wachung zu vermeiden. digital oder analog – die individuelle Motiva-
Zusammenfassend ist zu sagen, dass nicht tion bzw. die generelle Einstellung zum The-
alle Möglichkeiten zur Erfassung von Gesund- ma Gesundheit ausschlaggebend. So ist von
heitsdaten sinnvoll sind, die durch den bildhaf- Personen, die sensibel für Gesundheitsthemen
ten Trichterhals (vgl. . Abb. 3.1) der recht- sind, Verantwortung für die eigene Gesundheit
lichen Legitimation hindurchgekommen sind. übernehmen wollen und zudem gern das eige-
Sie müssen an unterschiedliche Bedarfe und ne Verhalten dokumentieren (Self-Tracking),
Arbeitsbereiche angepasst und daran gemes- eine deutlich höhere Motivation und damit
sen werden. Einerseits kann die mögliche er- auch ein deutlich höheres Verständnis für Da-
höhte Wahrnehmung der Eigenverantwortung tenerhebungen und Maßnahmen zu erwarten
der Mitarbeitenden (im Sinne von Selbststän- als von Personen, die dem weniger entspre-
digkeitsgewinn) und das inhärente Potenzial chen (Burkhart und Hanser 2018; Faller 2020;
prosozialen Verhaltens durch eine gemeinsame Walter und Rotzoll 2021).
Nutzung einen positiven Einfluss auf die Soli- Zusammenfassend stellt sich der Blick in
dargemeinschaft haben (Burkhart und Hanser die Zukunft mit einer kreativen Nutzung tech-
2018; Schirrmacher et al. 2018). nologisierter Gesundheitsdaten innovativ dar.
Ein weiterer Vorteil in der Verbindung Gleichzeitig werden sich dadurch auch neue
von verschiedenen Erhebungsinstrumenten ist moralisch-ethische und rechtliche Herausfor-
die nachhaltige Nutzung auch für die au- derungen ergeben, die im Rahmen der Evalua-
ßerbetriebliche, individuelle Gesundheitsför- tion nach dem sinnvollen Nutzen fortlaufend
derung, die jedoch sinnvoll in die strate- geprüft werden sollten.
gischen Ziele des BGF/BGM eingegliedert
werden sollte, um eine nachhaltige Ände-
rung des Gesundheitsbewusstseins zu erzielen
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place health promotion: a needs assessment among
workers with physically demanding work. Bmc Public
51 4

Ein Blick in die betriebliche


Gesundheitspraxis: So
arbeiten Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber
mit Beschäftigten
verantwortungsvoll
zusammen
Susanne Wagenmann, Knut Lambertin, Kevin Schmidt und
Elisa Clauß

Inhaltsverzeichnis

4.1 Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen


den Sozialpartnern:
In der Corona-Pandemie erfolgreich – 53

4.2 Verantwortung für die Gesundheit der Beschäftigten


aus Sicht der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber:
Ein „Must-have“ – 57

4.3 Die Verantwortung der Gewerkschaften und


Betriebsräte für die Gesundheit der Beschäftigten – 59

4.4 FutureTopics: Für diese Themen tragen wir in der neuen


Arbeitswelt gemeinsam Verantwortung – 62

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_4
4.5 Fazit: Wieder mehr Vertrauen und wieder mehr Hand
in Hand – 65

Literatur – 67
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
53 4
2Zusammenfassung nehmensführung für Homeoffice und mehr
Die verantwortungsvolle Zusammenarbeit Spielräume bei der Arbeitszeit – besonders
zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern wichtig und sinnvoll für diejenigen, die neben
mit den Beschäftigten ist auf politischer Ebe- dem Job auch die Kinderbetreuung zu bewäl-
ne als Sozialpartner und auf betrieblicher tigen hatten (Clauß und Rigo 2020). Umrahmt
Ebene zwischen Beschäftigtenvertretung und wurden diese Lösungen in den Betrieben durch
Geschäftsführung ein Erfolgsmodell. Corona gemeinsame politische bzw. gesellschaftliche
erinnerte uns erneut daran, wie wichtig diese Apelle der Bundesvereinigung der Deutschen
Zusammenarbeit ist. Nur durch beidseitiges Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deut-
Vertrauen, Zusammenhalt und Engagement schen Gewerkschaftsbundes (DGB), beispiels-
waren und sind aktuelle Krisen bewältigbar. weise zum Testen, Impfen oder zum mobilen
Beschäftigte und Arbeitgeberinnen bzw. Ar- Arbeiten (. Abb. 4.1).
beitgeber übernehmen und tragen hierbei viel Auch beim Thema Infektionsschutz zeigt
Verantwortung, unter anderem auch für die sich, dass die Umsetzung der Maßnahmen in
Gesundheit der Beschäftigten, des Betriebes den Betrieben nicht nur deshalb erfolgreich
und der Gesellschaft. Dabei stehen diese in war, weil in den allermeisten Fällen die Ge-
Wechselwirkung zueinander: Ein gesunder, schäftsführung daran beteiligt war (bei den
resilienter Betrieb fördert die Sicherheit und Betrieben, die Maßnahmen umsetzen, ist die
Gesundheit seiner Beschäftigten. Gesunde, Geschäftsführung zu 98 % beteiligt; BAuA
resiliente Beschäftigte sind motivierter und 2020), sondern auch, weil die Betriebsräte hier
fitter – und damit gut für jeden Betrieb. Die- aktive Partner bei der Erarbeitung und Um-
ser Beitrag beleuchtet hierbei nicht nur die setzung der Maßnahmen waren. Zudem haben
Verantwortungsbereiche der Sozialpartner, 92 % der Beschäftigten die Maßnahmen mit
sondern gibt praxisnahe Empfehlungen zur mittlerem bis sehr großem Verantwortungsbe-
nachhaltigen Arbeitsgestaltung, die es erlau- wusstsein zuverlässig umgesetzt. Dabei spielte
ben, neuen und alten Entwicklungen unserer neben der Unternehmenskultur auch die Vor-
Arbeitswelt erfolgreich zu begegnen. bildfunktion der Führungskräfte eine große
Rolle (BAuA 2021).
Neben dem gemeinsamen Impfappell exis-
4.1 Die vertrauensvolle tieren weitere Beispiele für die verbandliche
Zusammenarbeit zwischen Verankerung der Sozialpartnerschaft – von der
den Sozialpartnern: In der Region bis in internationale Sphären:
Corona-Pandemie erfolgreich 4 Zunächst einmal sei hier an die Sozi-
alpartnerschaft in den Gremien der so-
zial selbstverwalteten gesetzlichen Kran-
Corona hat gezeigt, wie das vertrauensvol- kenkassen erinnert. Zahlreiche Initiativen
le Zusammenarbeiten zwischen Beschäftigten/ auch zur Betrieblichen Gesundheitsförde-
der Beschäftigtenvertretung und den Arbeit- rung (BGF) werden in diesen Gremi-
geberinnen und Arbeitgebern gut funktioniert. en entwickelt, diskutiert und beschlossen.
Die Lösungen bzw. die Erfolgsquote dieser Beispielsweise gehört der Leitfaden Prä-
gemeinsamen Arbeit kann sich sehen las- vention (GKV-Spitzenverband 2021), der
sen: Mit ihren Beschäftigten haben die Un- u. a. unter Beteiligung des DGB und der
ternehmen neue Konzepte und Modelle entwi- BDA erarbeitet und vom Verwaltungs-
ckelt, um den Betrieb in der Krise aufrecht- rat des GKV-Spitzenverbandes beschlos-
zuerhalten (z. B. Essen als Take-away, Click sen wird, zu den wegweisenden Ergebnis-
& Collect, virtuelle Kundenberatung). Dazu sen der Sozialpartnerschaft in der GKV.
kommen schnelle, unbürokratische Lösungen Mit dem Leitfaden werden die inhaltlichen
zwischen Beschäftigtenvertretung und Unter- Handlungsfelder und qualitativen Kriteri-
54 S. Wagenmann et al.

Gemeinsamer Appell von BDA und DGB zum Impfen:


Insbesondere Boosterimpfungen können wesentlichen Beitrag
zur weiteren Eindämmung der Pandemie leisten

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 4.1 Gemeinsamer Impfappell von DGB und BDA. (Quelle: BDA 2021)

en für die Leistungen der Krankenkassen nerseits sowie der DGB-Bezirk Berlin-
in der Primärprävention und Betrieblichen Brandenburg und der DGB-Bezirk Nord
Gesundheitsförderung festgeschrieben, die andererseits als Kooperationspartner. 320
für die Leistungserbringung vor Ort ver- kleine und mittlere Unternehmen nutzen
bindlich gelten. Andere Maßnahmen, die das Netzwerk für Wissenserwerb, Erfah-
nicht den in diesem Leitfaden dargestellten rungsaustausch und für die individuelle
Handlungsfeldern und Kriterien entspre- Beratung zur betrieblichen Gesundheit
chen, dürfen von den Krankenkassen we- für ihr Unternehmen. Seit Jahren wer-
der durchgeführt noch gefördert werden.1 den hier Geschäfts-, Verwaltungs- und
4 Auf regionaler Ebene organisiert bei- Personalleitungen zum Thema des Betrieb-
spielhaft die AOK Nordost in den Bun- lichen Gesundheitsmanagements (BGM)
desländern Mecklenburg-Vorpommern, angesprochen. Auf Initiative des Verwal-
Brandenburg und Berlin das Netzwerk tungsrates erfolgt nun seit zwei Jahren auch
KMU-Gesundheitskompetenz (AOK Nord- die explizite Ansprache von Betriebs- und
ost 2022), das vom Verwaltungsrat dieser Personalräten, weil diese in Fragen des
Kasse gewünscht ist. Bei diesem Netz- BGM und der BGF wichtige Ansprech-
werk fungieren die Unternehmensverbände partner in den Unternehmen und Behörden
Berlin-Brandenburg (UVB) und die Ver- sind.
einigung der Unternehmensverbände für 4 Auch auf internationaler Ebene sind die
Mecklenburg-Vorpommern (VUM) ei- Sozialpartner im Sinne von BGF tätig.
An dieser Stelle sei die Internationale
1 Die von diesem Leitfaden abgedeckten Leistungs- Arbeitsorganisation (IAO; engl. ILO) er-
arten umfassen die individuelle verhaltensbezogene wähnt, die allerdings nicht paritätisch, son-
Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5 SGB V,
die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebens-
dern tripartistisch (Regierungen, Arbeitge-
welten nach § 20a SGB V sowie die betriebliche Ge- berverbände und Gewerkschaften) organi-
sundheitsförderung nach § 20b und 20c SGB V. siert ist. Neben den Kernarbeitsnormen, die
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
55 4
ebenfalls Grundlagen der Corporate So- rem das Management von Arbeitsschutz
cial Responsibility (CSR) bilden, werden im Betrieb, das leicht und von der Praxis
dort auch praktische Empfehlungen erar- aus gedacht im „Orga-Check“ dargestellt
beitet und neue Standards des Sozial- und wird (in Kooperation mit den Trägern der
Arbeitsrechts entwickelt. Als Beispiel soll GDA3 ). Unterstützung und Erkenntnisse
die IAO-Empfehlung 200 zu HIV/AIDS bietet ebenso die 2022 gestartete Aktion
und die Welt der Arbeit (IAO 2010) die- zur Sicherheit und Gesundheit bei KKU
nen, die allerdings die Beschränkung auf und KMU, die ganz praxisorientiert auf-
die betriebliche Ebene verlässt und die so- zeigt, an welchen Stellen im täglichen
wohl Sozialpartner als auch Regierungen Arbeitsablauf Arbeitsschutz verankert wer-
auf nationaler Ebene adressiert. Als Treiber den kann und zertifizierte Arbeitsschutz-
in diesem zweijährigen Prozess innerhalb Beratungsangebote z. B. auch der betrieb-
der Internationalen Arbeitskonferenz müs- lichen Steuerberatung etabliert (und als
sen vor allem die Sozialpartner betrachtet Schnittstelle zu Arbeitsschutz-Expertinnen
werden (Lambertin 2010). und Experten dient).
Im Arbeitsschutz diskutieren, fördern und 4 Ein ebenso praxisorientiertes Ansinnen
fordern die Sozialpartner die gesunde Ar- verfolgt die Initiative „Mitdenken 4.0 – ei-
beitsgestaltung beispielsweise in der Ge- ne Initiative zum Wandel der Arbeit“, die
meinsamen Deutschen Arbeitsschutzstra- von den Sozialpartnern der Banken- und
tegie (GDA). Die GDA ist eine auf Dauer Versicherungsbranche, der BDA und der
angelegte nationale Strategie von Bund, Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)
Ländern, Unfallversicherungsträgern und ins Leben gerufen wurde. Gemeinsames
Sozialpartnern zur Stärkung von Sicherheit Ziel ist es, auf Basis aktueller Forschungs-
und Gesundheit bei der Arbeit in Deutsch- ergebnisse Handlungshilfen für die be-
land. Eines der Ziele ist es, die Betriebe triebliche Praxis bereitzustellen, im Be-
bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaß- sonderen für die Arbeitsprozesse in der
nahmen zu unterstützen und damit auch die Büro- und Wissensarbeit. In diesem Rah-
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt- men sind bereits zahlreiche Forschungs-
schaft zu fördern.2 Die Sozialpartner mit projekte und praxisnahe Empfehlungen zur
BDA und DGB setzen die Ergebnisse in guten Arbeitsgestaltung entstanden, u. a. zu
den Betrieben um. Die Ergebnisse sind pra- den Themen Agiles Arbeiten, Homeoffice
xisnahe Empfehlungen und Hinweise z. B. und hybrides Arbeiten, indirekte Steuerung
zur guten Gestaltung von Maßnahmen ge- (Führen durch Ziele) sowie „Erreichbarkeit
gen Muskel-Skelett-Belastung und psychi- gut gestalten“ (abrufbar unter 7 https://
sche Belastung bei der Arbeit sowie deren www.certo-portal.de/mitdenken4null).
Erfassung in der Gefährdungsbeurteilung.
4 Im Netzwerk der Offensive Mittelstand Die Sozialpartnerschaft ist also nicht erst seit
treffen sich die Sozialpartner (z. B. DGB Corona ein Erfolgsmodell. Ihre institutionelle
und BDA), um mit Krankenkassen, Unfall- Umsetzung in Deutschland ist ein Leuchtturm
versicherungsträgern, Berufsverbänden, für die Zusammenarbeit von Beschäftigten und
Kammern, Bundesnetzwerken etc. beson- Arbeitgebern in ganz Europa (und darüber
ders Kleinst-, Klein- und mittelständische hinaus). Dort wird sie auch gerne als Ausfor-
Betriebe in den verschiedensten Frage- mung des Sozialen Dialogs oder von indus-
stellungen zur gesunden Arbeitsgestaltung triellen Beziehungen/Arbeitsbeziehungen be-
und eigenen „betrieblichen Gesundheit“ trachtet. Nach der Wirtschaftskrise haben eben
zu unterstützen. Dazu zählt unter ande- dieser Zusammenhalt, der Mut beider Partner,

2 Mehr Informationen: 7 www.gda-portal.de. 3 7 www.gda-orgacheck.de.


56 S. Wagenmann et al.

neue Schritte zu gehen, und viele innovati-


ve Lösungsideen auf Betriebsebene der Wirt- zu gestalten. Diese Tarifautonomie der Ta-
schaft neuen Aufwind gebracht – und werden rifpartner ist als Teil der Koalitionsfreiheit
es sicherlich auch nach der Corona-Krise wie- durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz verfas-
der tun. Dennoch stehen uns – den Beschäf- sungsrechtlich geschützt.
tigten und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Als Tarifpartner handeln die Beschäftig-
in Deutschland – viele Herausforderungen be- ten (vertreten durch die jeweilige Gewerk-
vor, um die Veränderungen in der Arbeitswelt schaft) und die Arbeitgeberinnen und Ar-
4 weiterhin gut und nicht nur vertrauensvoll, beitgeber (vertreten durch ihren jeweiligen
sondern Vertrauen schaffend zu begleiten. Arbeitgeberverband) neue Bestimmungen
Dieser Artikel beleuchtet im Folgenden für ihren Tarifvertrag aus; vielfach in Be-
nicht nur die Verantwortungsbereiche der So- zug auf Arbeitszeit und Entgelt, aber auch
zialpartner, sondern auch der Arbeitgeberin- in Bezug auf andere konkrete Arbeitsbedin-
nen und Arbeitgeber sowie der Beschäftigten- gungen. In den Betrieben selbst verhandeln
vertretungen auf betrieblicher Ebene. Dabei die Betriebsräte, in Behörden die Personal-
wird besonders der Aspekt der mitarbeiter- räte, eine Mitarbeitendenvertretung oder die
orientierten und gesunden Arbeitsgestaltung Beschäftigten selbst (bei sehr kleinen Be-
betrachtet. Diese Art der Arbeit erlaubt es, trieben) mit der Geschäftsführung oder Be-
die kommenden Veränderungen unserer Ar- hördenleitung. Durch regelmäßige Gesprä-
beitsweise mit Vertrauen, Motivation und Sinn che und sich wiederholende Verhandlun-
bei der Arbeit anzugehen. Klar ist: Ein Un- gen können beide Seiten ihre Bedarfe zum
ternehmen ist insbesondere dann erfolgreich, Ausdruck bringen, „veraltete“ Regelungen
wenn Verantwortung und nachhaltige Arbeits- überholt werden und somit den Verände-
gestaltung in der Unternehmenskultur etabliert rungen in der Arbeitswelt Rechnung tragen
sind und von den Beschäftigten gelebt wer- – und zwar branchenspezifisch und ohne
den. Klar ist auch, dass beide Seiten einen Teil neue Gesetze, sondern vertrauensvoll zwi-
der Verantwortung tragen und erfüllen müssen. schen den beiden Parteien, denen die Arbeit
Dazu gibt dieser Beitrag praxisnahe Empfeh- am meisten am Herzen liegt: Arbeitgeber
lungen zur nachhaltigen Arbeitsgestaltung, die und Arbeitgeberinnen sowie Beschäftigte.
es erlauben, neuen und alten Entwicklungen Auch Fragen mit Gesundheitsbezug kön-
unserer Arbeitswelt erfolgreich zu begegnen. nen Regelungsgegenstand in Tarifverträgen,
Betriebsvereinbarungen und Dienstverein-
barungen sein, z. B. Betriebsvereinbarungen
Vertrauensvolle Zusammenarbeit der zur gesunden Gestaltung hybrider Arbeit.
Sozialpartner: So sieht sie aus Natürlich laufen diese Verhandlungen
Die Sozialpartnerschaft in Deutschland ist nicht immer ohne Konflikte oder Interes-
einmalig und ein Aushängeschild für die sensgegensätze ab. Am Ende steht jedoch
vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen immer ein Kompromiss, denn in der Regel
den Beschäftigten und Arbeitgeberinnen haben Beschäftigte und Arbeitgeber bzw.
und Arbeitgebern. Diese Partnerschaft zwi- Arbeitgeberinnen das gleiche Anliegen: Sie
schen Gewerkschaft und Arbeitgeberver- wollen, dass es ihrem Unternehmen und
bänden besteht bereits seit über 100 Jahren seinen Beschäftigten gut geht, die Jobs si-
und hat sich als tragende Säule etabliert, cher sind und fair bezahlt werden und die
um Arbeitsbedingungen im Rahmen von anstehende Arbeit mit Motivation und den
Tarifverträgen – unabhängig vom staatli- passenden Ressourcen ausgeführt werden
chen Einfluss – in Deutschland gemeinsam kann. Die Tarifpartner sind am besten in
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
57 4
faktor für die psychische Gesundheit und für
der Lage, die jeweilige wirtschaftliche Si- die meisten psychisch Erkrankten hat Arbeit
tuation in ihren Branchen sowie Betrieben einen hohen Stellenwert (IAB 2021). Verant-
einzuschätzen und passende Regelungen zu wortung zu tragen und gesunderhaltende, gute
vereinbaren. Durch Tarifverträge lässt sich Arbeit zu gestalten ist also ein Muss, dessen
eine angemessene Beteiligung der Beschäf- sich die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber der
tigten am wirtschaftlichen Erfolg sicherstel- Privatwirtschaft bewusst sind – auch, um neue
len, ohne die Unternehmen und ihre Be- Talente gewinnen und bisherige Beschäftigte
schäftigten durch unangemessene Arbeits- halten zu können.
bedingungen zu überfordern und dadurch
2Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
Arbeitsplätze zu gefährden.
übernehmen formelle, informelle und
Die Tarifautonomie und die Tarifpart-
gesellschaftliche Verantwortung für die
nerschaft haben sich in Deutschland über
Sicherheit und Gesundheit ihrer
die Jahrzehnte bewährt. Mit rund 78.000
Beschäftigten
gültigen Tarifverträgen haben die Tarifpart-
ner ein differenziertes System von Arbeits- Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben ei-
beziehungen geschaffen, das die unterneh- nen gut gefüllten formellen Verantwortungs-
merische Effizienz mit der sozialen Teilhabe katalog in Bezug auf die Gesundheit ihrer
der Beschäftigten in Einklang bringt. Die Beschäftigten. Sie übernehmen die Verant-
Arbeitsbedingungen von rund drei Viertel wortung unter anderem dafür, pünktlich das
aller Arbeitsverhältnisse sind direkt oder vereinbarte Entgelt auszuzahlen, Sozialversi-
indirekt durch tarifvertragliche Regelungen cherungsbeiträge wie den Beitrag zur Kran-
bestimmt. kenversicherung für ihre Beschäftigten abzu-
führen, Urlaub zu gewähren und Arbeitszeit-
gesetze einzuhalten sowie ihre Beschäftigten
im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht und des Ar-
beitsschutzes vor Gefährdungen bei der Ar-
4.2 Verantwortung für die beit zu schützen. Dies muss im Rahmen der
Gesundheit der Beschäftigten Gefährdungsbeurteilung geschehen und um-
aus Sicht der fasst psychische und physische Belastung bei
Arbeitgeberinnen und der Arbeit. Zum Beispiel gaben in der letz-
Arbeitgeber: Ein „Must-have“ ten repräsentativen Befragung von Betrieben
und Beschäftigten 80 % der Verantwortlichen
für Arbeitsschutz an, dass an den Arbeitsplät-
Verantwortung zu übernehmen und nachhal- zen in ihrem Betrieb eine Gefährdungsbeur-
tig gute Arbeitsbedingungen zu gestalten ist teilung durchgeführt wird (NAK und BAuA
nicht nur ein Nice-to-have, es ist ein Must- 2017). Corona hat dem Arbeitsschutz weite-
have und Teil der Aufgabenliste jeder Arbeit- ren Aufwind verschafft: Über 60 % Arbeitge-
geberin und jedes Arbeitgebers. Denn Arbeit ber und Arbeitgeberinnen aller Betriebsgrößen
soll nicht nur zum Lebensunterhalt beitragen, gaben an, dass sie den Arbeitsschutz (noch)
sondern Sinn stiften, Freude bereiten, heraus- mehr berücksichtigen wollen (BAuA und IAB
fordernd, aber nicht über- oder unterfordernd 2021). Besonders die Beachtung der psychi-
sein. Sie hält die Unternehmen wettbewerbs- schen Belastung erfuhr verstärkte Aufmerk-
fähig, innovativ und leistungsstark. Gute Ar- samkeit auch gerade bei kleinen und mittel-
beitsbedingungen sorgen dafür, dass die Be- ständischen Unternehmen, von denen 74 %
schäftigten gesund und mit Motivation tätig explizit psychische Belastung in ihrer Gefähr-
sind und sind gut für die Gesundheit. Studien dungsbeurteilung berücksichtigten (IAB und
zeigen: Berufstätigkeit selbst ist ein Schutz- BAuA 2021).
58 S. Wagenmann et al.

Neben dieser formellen und vor allem CSR und Nachhaltigkeit zu fördern (z. B. das
rechtlichen Verantwortung gibt es noch die UN und Deutsche Global Compact und das
informelle Verantwortung, die aus dem soge- Bündnis für nachhaltige Textilien). In der
nannten psychologischen Vertrag erwächst, die Praxis zeigt sich diese gesellschaftliche Ver-
jedoch genauso wichtig für die Gesundheit der antwortungsübernahme beispielsweise darin,
Beschäftigten und letztlich auch des Betrie- dass Unternehmerinnen und Unternehmer ih-
bes ist. In diesen unausgesprochenen, inoffi- ren Beschäftigten nicht nur kostenlose Ge-
ziellen Verträgen finden sich die subjektiven tränke bei der Arbeit zur Verfügung stel-
4 Erwartungen von Beschäftigten und Arbeit- len, sondern Kooperationen mit örtlichen und/
geberinnen aneinander wieder (Conway und oder sozial verantwortlichen Getränkezuliefe-
Briner 2005). Von Beschäftigtenseite gibt es rern abschließen, die sich für den Zugang zu
z. B. die Erwartung an die Unternehmensfüh- sauberem Trinkwasser auf der ganzen Welt
rung, dass man Karrieremöglichkeiten erhält einsetzen.
bzw. der Arbeitsplatz sicher ist. Auf Unterneh-
mensseite gibt es die Erwartung, dass der oder 2Von der Verantwortung für einen
die Beschäftigte sich loyal, zuverlässig und gesunden Betrieb, Resilienz und
engagiert verhält. Beide Seiten übernehmen Eigenverantwortung
Verantwortung für die Erfüllung ihres „Ver- Neben der Verantwortung für ihre Beschäf-
tragsteils“. Die Erfüllung dieses inoffiziellen tigten und deren Gesunderhaltung müssen die
psychologischen Vertrags ist ein maßgeblicher Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber natürlich
Einflussfaktor für die Gesundheit, Motivation sicherstellen, dass ihre Betriebe bzw. Orga-
und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten nisationen gesund und widerstandsfähig, also
(Herr et al. 2020). resilient sind – denn ohne einen gesunden
Es gibt noch einen weiteren Verantwor- Betrieb kann es keine (gesunden) Beschäf-
tungsbereich, der jüngst wieder in den Fokus tigten geben. Die Corona-Krise und nun der
gerückt ist: Die „Corporate Social Responsi- Ukraine-Krieg haben hier ganz eindrücklich
bility (CSR)“, also die soziale und ethische herausgestellt, wie enorm wichtig eine gute
Verantwortung von Unternehmen, ebenfalls Widerstandkraft (Resilienz) der Betriebe und
einen Beitrag zum Wohlergehen der Gesell- der deutschen Wirtschaft ist, um sich in Win-
schaft zu leisten (Bassen et al. 2005). Da- deseile auf veränderte Marktsituationen und
bei übernimmt die Geschäftsführung in en- sogar wegbrechende Märkte einzustellen (IW
ger Zusammenarbeit mit ihren Stakeholdern 2020): Von heute auf morgen waren und sind
freiwillig Verantwortung für soziale, ökolo- bestimmte Werkstoffe/Materialien nicht mehr
gische, ethische sowie Menschenrechts- und erhältlich, Beschäftigte fielen aus oder konnten
Verbraucherbelange (Europäische Kommissi- nicht mehr in ihr Büro kommen, Lieferketten
on 2001). Das umfasst u. a. die Verantwortung wurden unterbrochen, Notfallpläne mussten
für einen wertschätzenden Umgang mit den entwickelt und existenzbedrohende Umsatz-
Menschen in Lieferketten. Auch eine mitar- einbußen bewältigt werden. Viele Unterneh-
beiterorientierte Personalpolitik, die sich z. B. men haben diese Herausforderungen bislang
mit Möglichkeiten zur Vereinbarkeit der Le- mit Bravour bewältigt und u. a. in der Corona-
bensbereiche befasst, zählt zur CSR. Beson- Pandemie eine hohe organisatorische Anpas-
ders größere Unternehmen haben mittlerweile sungsfähigkeit bewiesen. Dies geht aus reprä-
eigene CSR-/Nachhaltigkeitsabteilungen ein- sentativen Umfragen des Daten- und Analy-
gerichtet, kleinere Unternehmen integrieren tikunternehmens GfK im Auftrag von Micro-
dieses Ansinnen eher direkt in ihre Prozes- soft und der Bundesvereinigung der Deutschen
se. So sind in den letzten Jahren zahlrei- Arbeitgeberverbände (BDA) (Microsoft und
che Initiativen auf internationaler und natio- BDA 2020) hervor. Die entscheidenden Resi-
naler Ebene entstanden, um die Ideen von lienzfaktoren waren und sind hierbei:
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
59 4

Resilienz-Check 2020
„Aufgrund der Krise sind „Unser Unternehmen hat ein
Anpassungsfähigkeit Klarheit über
wir insgesamt flexibler
geworden.“
53% der Organisation Geschäftsprozesse 54% hohes Maß an Standards für
Arbeitsabläufe entwickelt.“

Resilienzfaktoren
„Die Digitalisierung Mindset der Agile IT/ sagen, dass ihr Unternehmen
ermöglicht es mir, 59% Beschäftigten Infrastruktur 44% die digitale Infrastruktur
schneller und effizienter verbessert und z.B. in
zu arbeiten.“ Cloud Services investiert
Führung &
Vertrauen

„Meine Führungskraft lässt


58% mir Freiräume, um Neues
auszuprobieren.“

n = 2.038; Top-2-Boxen
n = 1.352 (nur Mitarbeiter ohne Führungsfunktion); Top-2-Boxen
n = 2.038; Top-2-Boxen: „Maßnahme wurde in unserem Unternehmen umgesetzt“;
„Maßnahme ist derzeit noch in der Umsetzung“.
GfK Befragung Deutscher Beschäftigter in 07/08 2020. Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 4.2 Wesentliche Resilienzfaktoren für einen widerstandfähigen (resilienten) Betrieb in Krisenzeiten. Ergebnisse
des Resilienz-Checks 2020 von deutschen Unternehmen. (Quelle: Microsoft und BDA 2020)

4 Die Anpassungsfähigkeit der Organisation 4.3 Die Verantwortung der


4 Das Mindset der Beschäftigten sowie Füh- Gewerkschaften und
rung und Vertrauen Betriebsräte für die
4 Klarheit über Geschäftsprozesse und eine
agile IT bzw. Infrastruktur (. Abb. 4.2)
Gesundheit der Beschäftigten
Resiliente Betriebe und resiliente Beschäftigte
stehen hierbei in Wechselwirkung. Der Fehl- Arbeit ist eine der wichtigsten Determinan-
zeiten-Report 2021 der AOK zeigt, dass Be- ten für Gesundheit. Das zeigt bereits ein Blick
schäftigte, die die Resilienz ihres Unterneh- auf die subjektive Einschätzung des eigenen
mens besonders gut bewerteten, auch selte- Gesundheitszustandes unterteilt nach verschie-
ner krankheitsbedingt fehlten (Badura et al. denen Berufsgruppen: Beurteilen Befragte im
2021; WIdO 2021). Im Umkehrschluss verfü- Rechts-Management und in wirtschaftswis-
gen resiliente, gesunde Beschäftigte über mehr senschaftlichen Berufen ihren Gesundheitszu-
Arbeitsgestaltungs- und Gesundheitskompe- stand zu 70 % als „sehr gut“ oder „gut“ und
tenz und übernehmen mehr Eigenverantwor- in sozialen Berufen zu 67 %, so sind es in Be-
tung und Selbstfürsorge in Bezug auf ihre rufen der Reinigungs- und Entsorgungsberufe
Pausen- und Erholungszeiten. Sie achten also nur 33 %, die eine positive Einschätzung des
mehr auf sich und reagieren widerstandfähiger eigenen Gesundheitszustandes äußern (DGB-
auf schwierige Arbeits- und Belastungsphasen. Index Gute Arbeit 2019). Doch nicht nur die
Das ist auch gut für das Unternehmen. Die Berufsgruppe, auch die konkrete Ausgestal-
guten Nachrichten hierbei sind: Resilienz ist tung der Arbeit hat maßgeblichen Einfluss auf
erlernbar, sowohl für Unternehmen als auch die Gesundheit. Beschäftigte, die etwa mit per-
für jeden oder jede selbst. sonalbedingter Mehrbelastung oder Arbeits-
60 S. Wagenmann et al.

verdichtung konfrontiert sind, äußerten in der gen psychischer Belastung liegen bislang nur
gleichen Befragung deutlich häufiger, dass sie in einer Minderheit der Betriebe vor“ (Beck
an körperlicher und emotionaler Erschöpfung und Schuller 2020). Trotz verstärkter Anstren-
und Rückenschmerzen leiden (ebd.). Auch im gungen aller Arbeitsschutz-Akteure und klarer
Wandel der Arbeit liegen Gesundheitschancen Präventionserfolge ist noch immer ein Um-
wie -risiken begründet: Kann sich im Rah- setzungsdefizit festzustellen: Nach § 80 Be-
men ergebnisorientierter Arbeits- und Leis- trVG hat der Betriebsrat auch die Aufgabe,
tungssteuerung der Spielraum für eine stär- die Einhaltung geltender Gesetze zugunsten
4 kere Selbstbestimmung und damit auch Ge- der Arbeitnehmer zu überwachen. Die Gefähr-
sundheitsförderlichkeit der Arbeit erweitern, dungsbeurteilung unterliegt zudem dem Mit-
so kann die gleichzeitige Unterausstattung mit bestimmungsrecht. Betriebsräte haben somit
den zur Ergebniserreichung notwendigen Res- die Möglichkeit, die Gefährdungsbeurteilung
sourcen Arbeitsbelastung, Stress und das letzt- mit- und im Sinne der Beschäftigten ganz-
liche Krankheitsrisiko der Beschäftigten auch heitlich auszugestalten – also auch die psy-
verschärfen. Auch die durch Corona deut- chische Belastung und damit auch den Belas-
lich beschleunigte Digitalisierung der Arbeit tungsfaktor Arbeitsintensität zu berücksichti-
birgt nicht nur gesundheitsförderliche Erleich- gen. Auch wenn die genaue Bestimmung der
terungen für die Beschäftigten: Deutlich mehr Belastung etwa durch Arbeitsmenge oder Ar-
Beschäftigte geben an, dass Homeoffice und beitszeit herausfordernd sein kann, so ergeben
innerbetriebliche digitale Kommunikation ih- sich aus der konsequenten Anwendung den-
re Belastung eher erhöht als reduziert haben noch Möglichkeiten, betriebliche Maßnahmen
(DGB-Index Gute Arbeit 2021). zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes der
Gewerkschaften, Betriebsräte und Perso- Beschäftigten zu erwirken. Als gesetzliches
nalvertretungen übernehmen mit der Mitge- Instrument bietet die Gefährdungsbeurteilung
staltung der Arbeitsbedingungen also letztlich so letztlich auch die Möglichkeit, aufbauend
auch Verantwortung für eine entscheidende auf konkreten Analysen von Belastungssitua-
Bedingung der Gesundheit der Beschäftigten: tionen den Zusammenhang von Arbeit und
Sie stärken und unterstützen die Beschäftigten Gesundheit im Betrieb zu thematisieren und
somit auch bei der Durchsetzung ihrer Ge- zu gestalten. Ein konsequenter Abbau des An-
sundheitsinteressen. Insbesondere drei Hand- wendungsdefizits bei den Gesundheitsgefähr-
lungsfelder sind aus gewerkschaftlicher Per- dungen kann so gesundheitliche Potenziale
spektive im betrieblichen Kontext besonders heben – von denen auch der Arbeitgeber in
relevant: Form einer höheren Produktivität sowie niedri-
gerer Fehl- und Ausfallzeiten profitieren kann
2Gefährdungsbeurteilung konsequent (. Abb. 4.3).
anwenden
Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitge- 2Arbeit gesund und gut mitgestalten
ber bzw. die Arbeitgeberin gesetzlich zu einer Der beschriebene Zusammenhang von Ar-
Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsbedingun- beitsintensität und Gesundheitsgefährdung
gen verpflichtet. Eine solche Gefährdungsbe- legt auch jenseits der Gefährdungsbeurtei-
urteilung hat auch psychische Belastungen bei lung die Frage der Arbeitsintensität als eine
der Arbeit zu erfassen. In den GDA-Betriebs- Frage der Arbeits- und Leistungsgestaltung
befragungen 2011 und 2015 hatten jedoch nur nahe. Auch hier bieten sich dem Betriebs-
die Hälfte der Betriebe Gefährdungsbeurtei- rat Instrumente, um im Sinne der Gesundheit
lungen der Arbeitsplätze durchgeführt (Som- der Beschäftigten und somit letztlich auch
mer et al. 2018), mit Blick auf die Beurteilung im Sinne der Leistungsfähigkeit des jeweili-
der psychischen Belastung fällt das Urteil noch gen Unternehmens tätig zu werden. Wie akut
deutlicher aus, denn „Gefährdungsbeurteilun- der Handlungsbedarf oft in diesem Feld ist,
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
61 4

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 4.3 Prozess der Gefährdungsbeurteilung. (Quelle: IFA 2022)

stellte die WSI-Betriebsrätebefragung 2021 und auch das Unterrichtungs-, Beratungs-


fest: 80 % der Betriebsräte gaben darin an, und Vorschlagsrecht bei der Personalpla-
dass sie eine gestiegene Arbeitsintensität in nung nach § 92 BetrVG können Betriebsräten
ihren Betrieben beobachten (Ahlers 2020). Möglichkeiten bieten, letztlich auch die
Konkret wurden die Zunahme der Arbeits- Gesundheitschancen der Beschäftigten mitzu-
menge, gesteigerte Leistungserwartungen und gestalten. Ein weiteres Ergebnis der Befragung
zunehmendes Multitasking als Aspekte der unterstreicht die Relevanz guter Tarifpolitik:
Intensivierung benannt. Bei der Analyse der In fast jedem zweiten Betrieb gab es Proble-
Hintergründe stellte sich in der Befragung me bei der Nachbesetzung von Stellen (Ahlers
insbesondere heraus, dass es einen Zusam- 2020). Neben fehlenden Bewerbungen wa-
menhang mit deutlichen Personalengpässen ren auch geringe Entlohnung und ungünstige
gibt. Die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Arbeitsbedingungen unter den gewichtigsten
BetrVG, das Mitbestimmungsrecht nach § 91 Gründen, die Betriebsräte als Hinderungs-
BetrVG bei Änderungen der Arbeitsplätze, grund bei der Nachbesetzung angegeben
der Arbeitsabläufe oder der Arbeitsumgebung haben.
62 S. Wagenmann et al.

2Verhältnisprävention in der BGF triebsärztinnen und -ärzten, den Expertinnen


ausbauen und Experten der Berufsgenossenschaften und
Das dritte Handlungsfeld bildet die Betriebli- der Aufsicht oder auch den Sicherheitsfach-
che Gesundheitsförderung, bei der Betriebsrä- kräften). Der Schlüssel dazu, dieses Wissen ge-
te ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht haben. genseitig zu nutzen, liegt im Dialog. Gerade
Ziel sollte es hierbei sein, durch Maßnah- in der Integration der Perspektiven beider Sei-
men und Angebote sowohl gesundheitliche ten liegt ein großes Potenzial für die Verbesse-
Belastungen abzubauen als auch verfügbare rung sowohl der Gesundheit der Beschäftigten
4 Ressourcen für ein positives Gesundheitsver- als auch des Unternehmenserfolgs. Auf politi-
halten aufzubauen. Sowohl aus Perspektive scher Ebene sind es die beiden Sozialpartner
einer nachhaltigen Wirkung als auch der so- (Gewerkschaft und Arbeitgeberverband), die
zialen Verteilung von Gesundheitschancen be- diesen Dialog mit der Politik und der Wissen-
steht hier ein Aufholbedarf verhältnisbezoge- schaft führen. Auf Betriebsebene sind es – bei
ner Maßnahmen gegenüber verhaltensbezoge- größeren Unternehmen – die Beschäftigtenver-
nen Maßnahmen. Denn während verhältnisbe- tretung wie ein Betriebsrat oder – bei kleineren
zogene Maßnahmen allgemein wirken, hängt Unternehmen – oft die Beschäftigten selbst, die
der Erfolg verhaltensbezogener Maßnahmen mit der Geschäftsführung zusammenarbeiten.
vom Nachfrageverhalten sowie oft von indivi- Folgende Aspekte können bei der Gestal-
duellem Vorwissen und Fähigkeiten ab – die tung von Arbeitsbedingungen der Zukunft auch
allerdings beide oft sozial ungleich verteilt schon heute wichtig sein:
sind. Gerade angesichts des Wandels der Ar-
beit in Form von Digitalisierung, Subjektivie- 2Sicherheit und Gesundheit in die
rung und Dezentralisierung kann jedoch auch Arbeitsabläufe integrieren und
die Stärkung der Schnittstelle von Verhaltens- als System managen
und Verhältnisprävention interessant sein. So Von guten und gesunden Arbeitsbedingungen
könnte etwa die Stärkung „individueller ar- profitieren sowohl Beschäftigte unmittelbar in
beitsbezogener Gesundheitskompetenz“ (Ge- Form ihrer eigenen Gesundheit als auch Un-
org und Guhlemann 2020) dabei unterstüt- ternehmen in Form von höherer Motivation
zen, Beschäftigte als Mitgestaltende ihrer Ar- der Beschäftigten, niedrigeren Fehlzeiten und
beitsbedingungen zu qualifizieren und so „als weniger Wechselabsichten. Gerade in Anbe-
verhaltenspräventive Maßnahme zur Umset- tracht von Fachkräftemangel und vielen Ver-
zung verhältnisbezogener Maßnahmen beitra- änderungen kann eine feste Integration von
gen“ (ebd., Hervorhebung im Original). Arbeits- und Gesundheitsmanagement in die
betrieblichen Abläufe – also Arbeitsschutz und
Gesundheitsmanagement mit Methode – da-
4.4 FutureTopics: Für diese zu beitragen, diesen in einen echten Wett-
Themen tragen wir in der bewerbsvorteil zu verwandeln. Gesunde Ar-
neuen Arbeitswelt gemeinsam beitsbedingungen können ein echter Fachkräf-
Verantwortung temagnet sein. Denn: Ein gut organisierter
und in die betrieblichen Abläufe eingebette-
ter Gesundheitsschutz ermöglicht einen stö-
Beide – Unternehmensleitung und Beschäftig- rungsfreien Betriebsablauf und eine kontinu-
tenvertretung – sind die wichtigsten Player in ierliche Verbesserung der Arbeitsprozesse. Im
Sachen Gesundheit und Arbeitsgestaltung. Sie besten Fall verhindert er zudem einen Konflikt
wissen aus ihrer jeweiligen Perspektive, was von Gesundheitsschutz der Beschäftigten und
bereits gut läuft, wo Entwicklungsbedarf be- Leistungspolitik des Unternehmens bereits vor
steht und wo ungenutzte Ressourcen versteckt dem Entstehen. Zentrale Punkte sind hierbei
liegen (neben weiteren Akteuren wie den Be- unter anderem:
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
63 4
4 Klärung der Verantwortung, Pflichten und Betriebe, die sich flexibel anpassen konnten,
Aufgaben im Arbeitsschutz, z. B. bzgl. der haben die Corona-Krise deutlich besser über-
Führungskräfte standen und können schneller auf Engpässe
4 Regelmäßige Überzeugung der Arbeitge- in Energie- und Materialzulieferung reagie-
ber und Führungskräfte, dass der Arbeits- ren. Eine gute betriebliche Flexibilität hat da-
schutz in ihrem Sinne eingehalten wird her eine enorme wirtschaftliche Bedeutung
4 Beauftragung einer betriebsärztlichen und und macht resiliente, also widerstandsfähige
sicherheitstechnischen Betreuung und gesunde Betriebe aus. Wesentliche Stell-
4 Organisation und regelmäßige Durchfüh- schrauben sind (in Anlehnung an Microsoft
rung einer Gefährdungsbeurteilung und BDA 2020):
4 Unterweisung der Beschäftigten 4 Digitale Lösungen für analoge Prozesse
4 Beteiligung der betrieblichen Beauftragten bzw. eine gute IT und Infrastruktur ermög-
und der Interessenvertretung der Beschäf- lichen schnelle Anpassungen.
tigten bei Arbeitsschutzthemen 4 Neugier und Veränderungsbereitschaft als
4 Berücksichtigung einer gesundheitsförder- Haltung sowohl der Geschäftsführung als
lichen Arbeitsintensität bei der Personal- auch der Beschäftigten ermöglichen An-
planung und der Arbeitsgestaltung passungsfähigkeit und ein Umdenken bei
Veränderungen.
Um den eigenen Betrieb hinsichtlich der oben 4 Vertrauen zwischen Arbeitgeberinnen bzw.
genannten Fragen (und weiterer wichtiger Arbeitgebern und ihren Beschäftigten, dass
Aspekte) zu überprüfen, ist im Rahmen der gemeinsam gute Lösungen gefunden wer-
GDA zusammen mit der Offensive Mittelstand den können, sind die Basis für neue Pro-
ein schnell ausfüllbarer und verständlicher zesse.
Selbstcheck „Orga-Check“ erarbeitet worden, 4 Klare Ziele und Freiräume, diese zu errei-
der sowohl als Broschüre als auch online in chen, sind notwendig, um die Strategie des
Deutsch und Englisch erhältlich ist.4 Unternehmens sowie Aufgaben und Zu-
ständigkeiten zu verstehen.
2Betriebliche Flexibilität und
Flexibilitätsbedarf der Beschäftigten Gestaltungsempfehlungen für Flexibilisierungs-
für beide Seiten gesund angebote an Beschäftigte: Flexibilisierungs-
und erfolgreich gestalten angebote an die Beschäftigten (wie mobile
Flexibilität ist ein zentrales Stichwort der aktu- Arbeit oder Arbeitszeitflexibilisierung) helfen
ellen Arbeitswelt. Das gilt für Betriebe genau- ihnen, ihre Lebensbereiche zu vereinbaren und
so wie für Beschäftigte, denn die Gesundheit können etwa in Form höherer Arbeitszufrie-
von Beschäftigten wie von Betrieben kann denheit positive Gesundheitswirkungen haben.
von der Hebung von Flexibilisierungspoten- Dabei sollte die Einführung und Umsetzung
zialen profitieren. Ziel ist es, die betriebli- dieser Angebote im Betrieb so gestaltet sein,
che Flexibilität mit dem Flexibilitätsbedarf der dass sie die Interessen und Rechte der Beschäf-
Beschäftigten sowie mit den hohen Arbeits- tigten wahren, nicht gesundheitsschädlich und
und Sozialstandards in Deutschland in Ein- wirtschaftlich sinnvoll sind, z. B.:
klang zu bringen, um so „doppelt flexibel“ zu 4 Eindeutige Regelungen wie zur Erreich-
sein. barkeit bzw. zum Arbeitsbeginn und -ende
helfen, das Verschwimmen von Arbeit und
Wichtige Voraussetzungen für unternehmeri- Freizeit einzugrenzen.
sche Flexibilität: Betriebe müssen heute mehr 4 Einen Überblick über die Arbeitszeiten zu
denn je auf Veränderungen flexibel reagieren. behalten ermöglicht es, Mehrarbeit bzw.
überlange Arbeitszeit rechtzeitig auszu-
4 7 www.gda-orgacheck.de. gleichen.
64 S. Wagenmann et al.

4 Führungskräfte können als Vorbild für ge- positiven Effekt auf Gesundheit, Motivation
sundes Verhalten dienen und müssen ggf. und Leistungsfähigkeit: Es verringert Erschöp-
aus der Distanz ihre Arbeitnehmenden ein- fung und verbessert das Abschalten von der
binden. Arbeit sowie das individuelle Wohlbefinden
4 Eine proaktive Eindämmung potenzieller (BAuA 2017; Clauss et al. 2021).
Gesundheitsrisiken, wie etwa Vereinsa- Die Vergrößerung individueller Spielräume
mung, kann z. B. durch virtuelle und hybri- bei der Gestaltung der eigenen Arbeit etwa
de Treffen realisiert werden und Möglich- in ergebnisorientierten Arbeitssystemen kann
4 keiten schaffen, Beschäftigte, die nicht vor dann gesundheitsfördernd sein, wenn dadurch
Ort im Betrieb sind, weiterhin sozial ein- etwa ganzheitliche Aufgaben für die Beschäf-
zubinden und ihnen Gesundheitsangebote tigten entstehen und die Arbeit als interessant
zukommen zu lassen. erlebt wird.
Es gibt jedoch eine Kehrseite: Aus der
Mittlerweile können ganz verschiedene Flexi- Möglichkeit, Arbeit aktiv zu gestalten, er-
bilisierungsangebote unterbreitet werden, die gibt sich auch die Notwendigkeit, also die
zum Betrieb und dessen Kultur passen (Clauß Pflicht, dies zu tun. Handlungsfreiheit/Auto-
und Peschl 2022). Verschiedene Forschungs- nomie bei der Arbeit erfordert Selbstmanage-
projekte arbeiten aktuell sogar an weiteren ment und Koordination, kann Druck auslö-
Möglichkeiten, z. B. mobile und zeitflexible sen, die vereinbarten Ziele zu erreichen und
Arbeit auch Beschäftigten in der Produktion kann damit auch die Arbeit intensivieren (Bre-
anzubieten (siehe das Projekt „MofAPro“ des dehöft et al. 2015). Gelingende Autonomie
Instituts für Angewandte Arbeitswissenschaf- hat zudem die ausreichende Ausstattung mit
ten (ifaa)) Ressourcen zur Vorbedingung, sie darf kein
Wie genau Flexibilität gelebt und ausge- Anreiz zu gesundheitsschädlichem Arbeitsver-
staltet wird, müssen letztlich jede Branche halten der Beschäftigten sein. Sie ist daher ein
und eventuell sogar einzelne Unternehmens- „zweischneidiges Schwert“, das Chancen, aber
bereiche oder Stellen für sich entscheiden – auch Herausforderungen für eine gesunde Ar-
eine One-fits-all-Lösung wird es wohl nicht beitsgestaltung bietet. Punkte, die Arbeitgebe-
geben. Die Regeln für die Einführung und Um- rinnen und Arbeitgeber, Arbeitsschützerinnen
setzung können und sollten Geschäftsführung und Arbeitsschützer sowie Beschäftigte beach-
und Beschäftigtenvertretung zusammen erar- tet sollten, sind:
beiten und leben. 4 Die Gefährdungsbeurteilung kann Auf-
schluss darüber geben, ob Arbeitgeberin-
2Das zweischneidige Schwert der nen/Arbeitgeber den Beschäftigten mehr
Handlungsfreiheit: Empfehlungen zur Selbstbestimmung bzw. Handlungsspiel-
guten Arbeitsgestaltung zwischen raum ermöglichen sollten oder ob der ak-
Autonomie und hoher Arbeitsintensität tuelle Grad an Autonomie eher einen nega-
Grundsätzlich ist der „Handlungsspielraum, tiven Belastungsfaktor darstellt.
die eigene Arbeit mitzugestalten“ ein Merk- 4 Auf Grundlage der Ergebnisse können
mal für gute Arbeit. Die Gemeinsame Deut- dann die entsprechenden Arbeitsbedingun-
sche Arbeitsschutzstrategie (GDA) weist zum gen wie Arbeitstempo, Menge der Arbeits-
Beispiel darauf hin, dass Beschäftigte idealer- aufgaben, Arbeitszeiten, Kommunikations-
weise einen Einfluss auf ihre Arbeitsinhalte, wege etc. angepasst werden.
das Arbeitspensum, die Arbeitsmethoden bzw. 4 Auch die Ausstattung mit zur Zielerrei-
-verfahren und die Reihenfolge der Tätigkeiten chung ausreichenden Ressourcen ist ein
haben sollten. Selbstbestimmung ist eine wich- wichtiger Punkt. Dies können zeitliche,
tige Ressource im Arbeitskontext. Die eigene personelle oder instrumentelle Ressourcen
Arbeit aktiv mitgestalten zu können hat einen und Unterstützungsmöglichkeiten sein.
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
65 4
4 Gesteigerte Autonomie erfordert auch der Sozialen Selbstverwaltung der Sozialver-
mehr Gestaltungskompetenzen, Fähigkei- sicherungen (u. a. der Krankenkassen und Un-
ten der Selbst-Fürsorge und die individuel- fallversicherungen) sowie in zahlreichen Gre-
le Kompetenz zur gesundheitsförderlichen mien und Initiativen zum Arbeitsschutz, zur
Gestaltung der Handlungsspielräume. Prävention und zu guter Arbeitsgestaltung.
4 Um entsprechende Erholungs- und Ar- Auch wenn in anderen Rollen harte Tarif-
beitsgestaltungskompetenzen zu fördern auseinandersetzungen geführt werden, wird in
und zu fordern, sind betriebsspezifische, den Selbstverwaltungen und den gemeinsamen
passende Trainings und Qualifikationsan- Gremien bzw. Initiativen weiter konstruktiv
gebote hilfreich zusammengearbeitet. Im Ergebnis stehen prak-
tische, realitätsbezogene Lösungen und damit
Wesentlich ist in jedem Falle, dass Arbeitge- sozialer Friede – beides Punkte, die staatliche
berin bzw. Arbeitgeber und Beschäftigte die Ebenen nicht so gut organisieren könnten und
beruflichen Anforderungen des Jobs richtig die damit die gelebte Sozialpartnerschaft umso
einschätzen: Erfordert der Job viele eigene wichtiger machen.
Entscheidungen und ein hohes Maß an Ar- Gemeinsam können wir die Themen der
beitsorganisation, so braucht es auch ein ho- aktuellen und künftigen Arbeitswelt, die Fu-
hes Maß an zeitlichem und organisatorischem tureTopics, angehen und gesund gestalten.
Handlungsspielraum sowie die entsprechen- Dies gelingt beispielsweise durch die feste In-
den Kompetenzen. tegration des Arbeitsschutzes in die laufenden
Arbeitsprozesse bzw. in die Arbeitsorganisa-
tion, durch sinnvolle und passgenaue Flexi-
4.5 Fazit: Wieder mehr Vertrauen bilität für Betriebe und Beschäftigte sowie
und wieder mehr Hand durch die Realisierung eines angemessenen
in Hand Handlungsspielraums und gute Selbstfürsor-
ge bei Beschäftigten. Die verantwortungsvolle
Zusammenarbeit von Beschäftigtenvertretung
Die Arbeitgeber und Beschäftigtenvertretun- und Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgebern auf
gen sind in Deutschland mehr denn je ge- politischer und betrieblicher Eben bildet also
fragt, Haltung zu zeigen, Verantwortung zu die besten Bedingungen, um gemeinsam für
übernehmen und Vertrauen aufzubauen. Ge- gesunde und resiliente Betriebe sowie gesun-
meinsam Verantwortung für die Gesundheit de, motivierte und zufriedene Beschäftigte zu
der Beschäftigten und Betriebe in Deutschland sorgen. Gute Rahmenbedingungen für den be-
(und auch über die Grenzen hinaus) zu über- trieblichen Arbeitsschutz sowie Vertrauen in
nehmen gehört dazu. Die enge Zusammenar- die Sozialpartner und ihre Entscheidungen bil-
beit der Sozialpartner in Deutschland mit ih- den die Grundlage dafür.
ren jahrzehntelang gewachsenen Vertrauens-,
Zusammenarbeits- und Konfliktbeziehungen
bildet dafür die beste Voraussetzung. Corona Instrumente, um in den Dialog
hat uns daran erinnert, dass diese vertrauens- zwischen Beschäftigten(vertretung)
volle Zusammenarbeit in Bezug auf die Sicher- und Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber
heit und Gesundheit der Beschäftigten, Betrie- zu treten
be und Gesellschaft sehr gut funktioniert. Dies Arbeitsschutzausschuss (ASA) –
gelingt besonders dann, wenn die Sozialpart- Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit
ner gemeinsam passgenaue Lösungen in Tarif- mehr als 20 Beschäftigten sind gemäß
und Betriebsvereinbarungen treffen. § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ver-
Die Sozialpartnerschaft besteht jedoch pflichtet, einen Arbeitsschutzausschuss
nicht nur in den Betrieben, sondern auch in
66 S. Wagenmann et al.

in ihrem Betrieb zu bilden. Dieser soll im den können, damit Beschäftigte bei kriti-
Wesentlichen die im Arbeitsschutz und der schen Antworten keine Nachteile erwarten
Unfallverhütung befassten Funktionsträger müssen, was leider die Nutzung auch in
zusammenbringen, um über die Angele- kleinen Unternehmen erschwert. Die Ant-
genheiten des Arbeitsschutzes zu beraten. worten sollten im Nachhinein für alle zu-
Mitglieder des Arbeitsschutzausschusses gänglich und anonym ausgewertet bzw. be-
sind die Unternehmerin/der Unternehmer, sprochen werden.
4 zwei Betriebsratsmitglieder, die Betriebs- Feedbackschleifen und Ideen-Tools –
ärztin/der Betriebsarzt, die Fachkraft für Grundsätzlich, aber besonders im Change
Arbeitssicherheit und ein Sicherheitsbe- Management ist es sinnvoll, regelmäßige
auftragter. Hier wird neben der Analyse Feedbackschleifen und Möglichkeiten
von Unfällen auch über gute Arbeitsgestal- für Ideenmeldungen einzubauen. Dazu
tung und Maßnahmen zur Umsetzung des würden sich regelmäßige Fokusgruppen
Arbeitsschutzes diskutiert. (moderierte Diskussion zu einem Thema
Betrieblicher Gesundheitsbericht – in einer Gruppe), digitale Tools oder
Ein betrieblicher Gesundheitsbericht gibt einfach ein fester Austauschtermin von
Auskunft über den Gesundheitszustand der Beschäftigten und Führungskräften eignen.
Belegschaft und Belastungsschwerpunkte Viele Betriebe setzen auch auf ein Change-
im Unternehmen. Eine Informationsquelle Agent-Netzwerk. Dies ist ein Netzwerk,
sind die Analysen von Arbeitsunfähig- wo Beschäftigte und Führungskräfte aus
keitsdaten der Krankenkassen. Verglichen allen Bereichen über Änderungsprozesse
werden die Daten des Betriebs oder der frühzeitig informiert werden, sich dazu aus-
Verwaltung mit Branchendaten oder tauschen, Feedback geben und diese Ideen
Regionaldaten. Die Aussagekraft eines Ge- weiter ins Unternehmen transportieren.
sundheitsberichts erhöht sich, wenn weitere Betriebs- und Dienstvereinbarungen –
Daten wie Erkenntnisse der Betriebs- Dabei handelt es sich um eine Übereinkunft
mediziner, Mitarbeitendenbefragungen zwischen Betriebsrat oder Personalrat
oder die Ergebnisse der Gefährdungsbe- und Arbeitgeber, die rechtsverbindlich
urteilungen hinzugezogen werden. Diese ist und – genauso wie Gesetze oder Ta-
Bestandsaufnahme erleichtert es, zielge- rifverträge – das Arbeitsverhältnis der
richtet Maßnahmen zur BGF zu ergreifen. Beschäftigten gestaltet. Betriebsvereinba-
Anzustreben ist die Entwicklung eines rungen begründen Rechte und Pflichten
kontinuierlichen Berichtswesens. für Arbeitgebende, Betriebsrat/Personalrat
Mitarbeitendenbefragung – und Arbeitnehmende. Davon abzugren-
Eine Befragung der Beschäftigten über ei- zen sind Regelungsabreden. Zahlreiche
nen Fragebogen bietet die Möglichkeit, dass Angelegenheiten werden in Betriebsverein-
sie ihre Einschätzung zu ihren aktuellen barungen geregelt. Das Themenspektrum
Arbeitsbedingungen, zu den Bedarfen in ist vielfältig; es reicht von Kleiderordnung
Zukunft oder auch zu gerade umgesetz- im Betrieb über Rauchverbote, alle denk-
ten Maßnahmen abgeben können. So er- baren Arbeitszeitmodelle wie z. B. Gleit-
hält man als Arbeitgeberin/Arbeitgeber ei- und Vertrauensarbeitszeit und Details zu
nen guten Überblick. Wichtig ist, dass die Arbeitsschutz sowie BGF/BGM bis hin
Fragebögen – ganz gleich, ob elektronisch zu Bildschirmarbeit und Betrieblichem
oder händisch – anonym beantwortet wer- Eingliederungsmanagement.
Kapitel 4 ! Ein Blick in die betriebliche Gesundheitspraxis
67 4
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les 59(8):254–256
69 5

Perspektive – Betriebliche
Verantwortung und
Unverfügbarkeit
Bettina Hollstein und Hartmut Rosa

Inhaltsverzeichnis

5.1 Beschleunigungslogik und Corona – 70


5.1.1 Dynamische Stabilisierung im modernen Kapitalismus – 70
5.1.2 Unterbrechungsmöglichkeit der Beschleunigungslogik – 71

5.2 Beschleunigungsdruck und die Folgen – 72


5.2.1 Formen des Beschleunigungsdrucks – 72
5.2.2 Verantwortungsübernahme durch Verfügbarmachung? – 74
5.2.3 Pfadwechsel durch kreatives Handeln – 75

5.3 Fazit: Unverfügbarkeit als Bedingung betrieblicher


Verantwortung – 78

Literatur – 79

In diesem Beitrag greifen wir auf Argumente und Formulierungen zurück, die wir in dem Beitrag
„Unverfügbarkeit als soziale Erfahrung. Ein soziologischer Deutungsversuch der Corona-Krise
angewendet auf die Wirtschaftsethik“ veröffentlicht haben (Hollstein und Rosa 2020).

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_5
70 B. Hollstein und H. Rosa

2Zusammenfassung antwortung auch in der Lieferkette“ (Bundes-


Der Beitrag untersucht die betriebliche Ver- ministerium für Arbeit und Soziales 2022).
antwortung gegenüber Mitarbeiterinnen und Betriebliche Verantwortung steht also vor
Mitarbeitern von Unternehmen, die sich ei- einem Bündel an lokalen wie globalen Heraus-
nem zunehmenden Steigerungs- und Beschleu- forderungen. In diesem Beitrag wollen wir die
nigungsdruck in modernen Gesellschaften aus- spezifischen Anforderungen an Unternehmen
gesetzt sehen. Ausgehend vom soziologischen in modernen kapitalistischen Gesellschaften,
Theorem der dynamischen Stabilisierung mo- die durch eine umfassende Steigerungs- und
derner Gesellschaften und ihrer Organisatio- Beschleunigungslogik geprägt sind, im Blick
nen werden die Folgen von Beschleunigungs- auf deren Verantwortung gegenüber den ei-
5 prozessen auf Mitarbeitende in Unternehmen genen Mitarbeitenden, insbesondere in Bezug
beschrieben sowie die vorherrschenden Strate- auf deren Gesundheit, untersuchen. Wir wollen
gien des Umgangs damit identifiziert. Vor dem Strategien zur Bewältigung der fortwähren-
Hintergrund der Beobachtung einer möglichen den Steigerungs- und Beschleunigungsimpe-
Unterbrechung dynamischer Stabilisierungs- rative und kreative Schritte für einen Pfad-
prozesse in der Corona-Krise werden wirt- wechsel betrachten und schließlich mit Bezug-
schaftsethische Vorschläge zu kreativen Schrit- nahme auf eine Perspektive des guten Lebens
ten in Richtung eines Pfadwechsels entwickelt. wirtschaftsethische Überlegungen zur betrieb-
lichen Verantwortungsübernahme hinsichtlich
der Mitarbeitenden anstellen.
5.1 Beschleunigungslogik und
Corona
5.1.1 Dynamische Stabilisierung
im modernen Kapitalismus
Vielfältige Krisen erschüttern unsere moder-
nen Gesellschaften, etwa die Klimakrise, der
Biodiversitätsverlust, die steigende Ungleich- Seit dem 18. Jahrhundert befindet sich die
heit und nicht zuletzt die Corona-Pandemie westliche Welt in einem Prozess der Dynami-
sowie inzwischen sogar wieder kriegerische sierung, die sie buchstäblich in immer schnel-
Auseinandersetzungen. Angesichts des Ein- lere Bewegung versetzte (vgl. Rosa 2005). Die
drucks, dass nationalstaatlich orientierte Poli- weltweite Produktion von Gütern und Dienst-
tik globalen Problemen relativ machtlos ge- leistungen, die physische Bewegung des Erd-
genübersteht, werden Unternehmen schon seit reiches und der technisch vermittelte Stoff-
Jahren an ihre Verantwortung als corporate wechselprozess mit der Natur, die Anzahl der
citizens erinnert. Die EU hat beispielswei- Fahrzeuge aller Art und der Menschen und Gü-
se im Jahre 2014 eine CSR-Richtlinie (Cor- ter, die damit in Bewegung waren, ebenso wie
porate Social Responsibility) verabschiedet, der Ausstoß an Gift- und Schadstoffen sind
die Unternehmen CSR-Berichtspflichten auf- fast ununterbrochen angestiegen. Auch wenn
erlegt, um angesichts der negativen Auswir- Rezessionen oder Kriege für mehr oder weni-
kungen wirtschaftlicher Aktivitäten die Folgen ger kurze Zeiträume und häufig lokal begrenzt
für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Geschwindigkeit der Produktion und der
für die natürliche Umwelt zu berücksichti- Bewegung vorübergehend gedrosselt haben, so
gen und so ihre betriebliche Verantwortung ergaben sich dennoch auch daraus fast immer
wahrzunehmen. Konkret geht es um „faire Ge- neue Opportunitäten für weiteres Wachstum
schäftspraktiken, mitarbeiterorientierte Perso- und weitere Beschleunigung.
nalpolitik, sparsamen Einsatz von natürlichen Die soziologische These zur Erklärung der
Ressourcen, Schutz von Klima und Umwelt, zunehmenden Beschleunigung ist die, dass
ernst gemeintes Engagement vor Ort und Ver- moderne kapitalistische Gesellschaften da-
Kapitel 5 ! Perspektive – Betriebliche Verantwortung und Unverfügbarkeit
71 5
durch gekennzeichnet sind, dass sie sich nur und das Bruttoinlandsprodukt steigt, dessen
dynamisch zu stabilisieren vermögen.1 Das be- Wachstumsrate als ein zentraler Indikator für
deutet, dass sie strukturell auf die Realisierung das Wohlergehen einer Gesellschaft fungiert.3
von Wachstum und Beschleunigung angewie-
sen ist, um ihren institutionellen Status quo
zu erhalten. Ohne Steigerung gerät nicht nur 5.1.2 Unterbrechungsmöglichkeit
das Wirtschaftssystem, sondern in der Folge der Beschleunigungslogik
auch das Gesundheitssystem, die Altersver-
sorgung, der Wissenschafts-, Kultur- und Bil-
dungsbetrieb etc. in eine Funktionskrise, weil Im Jahr 2020 haben wir darauf hingewiesen,
einerseits die dafür notwendigen (Steuer-)Ein- dass eine bemerkenswerte Erkenntnis im Co-
nahmen knapp werden und andererseits die rona-Lockdown diejenige war, dass anders als
benötigten Ausgaben (für die soziale Siche- bei anderen Krisenwarnungen – etwa bezüg-
rung, für notwendige Infrastrukturmaßnahmen lich der Umweltzerstörung – im Zuge der Co-
und zur Generierung von neuen Wachstums- rona-Krise die Welt zum Stillstand kam, und
impulsen) steigen (vgl. Rosa 2016).2 So wie zwar nicht aufgrund von militärischen Ein-
ein Fahrrad sich umso stabiler auf der Stra- griffen oder einer Naturkatastrophe, sondern
ße hält, je schneller es sich vorwärtsbewegt, aufgrund der Entscheidungen von in der Re-
während es einfach umfällt, wenn es sich nicht gel demokratisch gewählten Regierungen (vgl.
bewegt, so ist das institutionelle, ökonomisch Hollstein und Rosa 2020, S. 22). Menschen
getriebene Regime moderner Gesellschaften können demnach – zur Überraschung man-
nur im Steigerungsmodus funktionsfähig (vgl. cher Soziologen – den Beschleunigungszwang
Rosa 2016, S. 634). unterbrechen. Während frühere Beschleuni-
Dies gilt auch für Unternehmen und für gungs- und Wachstumskritik kaum Auswir-
deren Beschäftigte. Diese folgen dem Zwang kungen hatte, zeigte sich im April 2020 die
der Selbstoptimierung, arbeiten immer effizi- Verlangsamung in allen Lebens- und Mobi-
enter und produktiver und tragen dazu bei, litätsbereichen, am spektakulärsten sicherlich
dass das Unternehmen sich im Wettbewerb be- im Flugverkehr: Bis zu 85 % der Flüge wur-
haupten kann. Das Unternehmen ermöglicht den gestrichen.4 Auch wenn seitdem die Be-
durch Investitionen in neue Technik und Ar- mühungen der meisten Regierungen darauf
beitsprozesse wiederum eine Steigerung der zielen, wieder Vor-Corona-Zeiten zu schaf-
Produktivität der Beschäftigten. Alle tragen fen, scheint es uns wichtig, auf diesen Aspekt
dazu bei, dass das Wirtschaftssystem und mit hinzuweisen: Im Lockdown konnte man ei-
ihm das Steigerungsspiel am Laufen bleibt ne kollektive Selbstwirksamkeit erfahren, die
dem Wachstums- und Beschleunigungszwang
Einhalt gebot. Diese Erfahrung zeigt, dass Be-
1 Diese Überlegungen zum Zusammenhang von Be- schleunigungs- und Wachstumsdruck nicht al-
schleunigung, Wachstumszwang und Steigerungslo-
gik als notwendige Prozesse in modernen Gesell-
ternativlos sind.
schaften wurden bereits in mehreren Publikationen
ausführlich entwickelt, insbesondere in Rosa (2005,
2007 und 2013).
2 Die meisten Mainstream-Ökonominnen und -Ökono-
men sehen – wie auch das Stabilitäts- und Wachs-
tumsgesetzt in Deutschland (StabG § 1) – eine posi-
tive Wachstumsrate als erforderlich für eine gesunde 3 Vgl. dazu Pressemitteilungen und Informationen des
Wirtschaft an – u. a. mit Verweis auf technischen Fort- Statistischen Bundesamtes (Statistisches Bundesamt
schritt und Innovationen (StabG 1967/2015). Mittler- 2022).
weile mehren sich aber unter Verweis auf die pla- 4 Vgl. Tagesschau vom 2. April 2020: 7 https://www.
netaren Grenzen auch kritische Stimmen heterodoxer tagesschau.de/wirtschaft/rueckgang-flugverkehr-101.
Ökonomen (vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit 2015). html, zugegriffen am 19.06.2020.
72 B. Hollstein und H. Rosa

5.2 Beschleunigungsdruck und tivitäten, die ein Mensch im Laufe eines Tages
die Folgen ausführt, zunimmt (Beschleunigung des Le-
bensrhythmus) (Rosa 2005, S. 124 ff.).
Nicht erst in der aktuellen Pandemiekri-
Doch warum sollten wir nach Alternativen zur se haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
Beschleunigungs- und Wachstumslogik Aus- nehmer eine technologische Beschleunigung
schau halten? Ganz unbestritten sind die Pro- verbunden mit einer teilweise dramatischen
bleme der Wachstumslogik für die globalen Schrumpfung ihres räumlichen Bewegungsra-
Grenzen unseres Planeten, die vielfältig und dius erlebt6 , die im Verbund mit den Mo-
bereits lange thematisiert wurden – schon früh bilitätseinschränkungen im Zuge der Corona-
5 sehr sichtbar durch den Bericht des Club of Maßnahmen sowohl aus den Entwicklungen
Rome „Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 der digitalen Technologien (Kunze et al. 2020)
(Meadows et al. 1972). Auf die riesige Debatte als auch aus den zunehmenden Möglichkei-
um Postwachstumsgesellschaften, Suffizienz ten der Heimarbeit7 und der damit verbunde-
und die Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten nen Verringerung des Pendelns resultieren. Die
eines green growth können wir an dieser Stel- technologischen Entwicklungen, die zu Be-
le nicht eingehen.5 In diesem Beitrag wollen schleunigungsprozessen am Arbeitsplatz füh-
wir uns auf die innerbetrieblichen Folgen des ren, führen nicht nur zu Effizienzgewinnen
Beschleunigungsdrucks konzentrieren und die im Produktionsablauf, sondern können auch
Folgen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in arbeitsbedingten Stress induzieren. Arbeitsbe-
den Unternehmen betrachten sowie die Strate- dingter Stress entsteht durch ein Ungleich-
gien, dem zu begegnen. gewicht von arbeitsbezogenen Anforderungen
und dafür verfügbaren Ressourcen, zu denen
insbesondere Zeit zu zählen ist (Rowold und
5.2.1 Formen des Heinitz 2008, S. 130). Eine spezielle Form von
Beschleunigungsdrucks technologischer Beschleunigung ergibt sich
durch Digitalisierung und Informationstechno-
logien. Diese haben nicht nur positive Auswir-
Um den Beschleunigungszwang zu verstehen, kungen auf die Produktivität, sondern führen
ist es wichtig, sich die kategorische Unter- auch zu einer eigenen Form vom Stress, die
scheidung von Hartmut Rosa zwischen drei auch als Technostress bezeichnet wird.8
Formen der Beschleunigung vor Augen zu
halten, nämlich der technologischen Beschleu-
6 Technologische Entwicklungen wie die Erfindung der
nigung, der des sozialen Wandels und der des Eisenbahn, die Verbreitung des Automobils und die
Lebensrhythmus. Für jede dieser drei Dimen- Zunahme des Flugverkehrs hat seit dem 18. Jahrhun-
sionen kann Beschleunigung als eine Zunahme dert zu einer „Zeit-Raum-Kompression“ bzw. „Raum-
der einen oder anderen Art von Quantität pro schrumpfung“ geführt; das Raumbewusstsein verän-
dert sich, in schnelleren Transportmitteln nimmt der
Zeiteinheit definiert werden. Von Beschleuni-
Reisende den topografischen Raum nicht mehr wahr,
gung kann zum Beispiel gesprochen werden, sondern orientiert sich an Terminen wie Abfahrts-
wenn die Anzahl der Kilometer, die wir pro und Ankunftszeiten (Rosa 2005, S. 164 f.). Die digita-
Stunde zurücklegen können, zunimmt (tech- len Technologien, die schnellere Kommunikation und
nologische Beschleunigung), wenn die Anzahl virtuelle Treffen ohne Reise- und Wegezeiten ermög-
lichen, reduzieren das Raumgefühlt weiter auf den
der Modetrends, die wir pro Jahrzehnt erleben,
lokalen Arbeitsplatz.
steigt (Beschleunigung des sozialen Wandels) 7 Zum Homeoffice-Potenzial und zur tatsächlichen Nut-
oder wenn die Anzahl der wahrnehmbaren Ak- zung von Homeoffice in der Corona-Krise vgl. Freu-
ding und Wohlrabe (2021, S. 22 ff.).
8 Eine Studie für die Hans Böckler Stiftung verwendet
5 Vgl. hierzu den Blog Postwachstum (2022) und die statt des Begriffs „Technostress“ den Begriff „digita-
dort angegebene ausführliche Literaturliste. ler Stress“. Auch hier geht es um Stress, der sich durch
Kapitel 5 ! Perspektive – Betriebliche Verantwortung und Unverfügbarkeit
73 5

» Technostress not only inhibits workplace zentrales Thema für Personalabteilungen und
productivity, reduces performance, weakens Führungskräfteschulungen.9
employee commitment, and decreases job Arbeitsbedingter Stress ist symptomatisch
satisfaction, but also increases the reported für eine wahrgenommene Beschleunigung des
frequency of absenteeism, burnout, and job Lebensrhythmus und beeinträchtigt nicht nur
turnover. The consequences of technostress das subjektive Zufriedenheitsempfinden, son-
are widespread and costly and can have a se- dern führt auch zu einer Reihe von Ge-
vere impact not only on companies and their sundheitsproblemen, wie z. B. Schlafstörun-
afflicted workforce but also to the global gen. Beispielsweise hat eine Studie von Åker-
economy (Boyer-Davis 2018, S. 48). stedt et al. (2002) gezeigt, dass Stress und das
soziale Umfeld des Arbeitsplatzes in engem
Wie die Forschung gezeigt hat (Ahmad et al. Zusammenhang mit Schlafstörungen und der
2021), führen – auch ohne die Corona-Krise Beeinträchtigung der Fähigkeit, morgens auf-
– Fortschritte in der Informationstechnologie, zuwachen, stehen und dass die Unfähigkeit,
höhere Produktivität und härterer Wettbewerb sich in der Freizeit keine Gedanken über die
zu Stress am Arbeitsplatz. Die Hauptursache Arbeit zu machen, ein wichtiges Bindeglied in
für Stress ist dabei ein Mangel an Ressourcen der Beziehung zwischen Stress und Schlaf10
und Zeit (Campbell et al. 2007, S. 8). Infol- sein kann. Die notwendige Zeit zur Regene-
gedessen werden das Familienleben und die ration von Körper und Geist lässt sich nur
psychische Gesundheit der Arbeitnehmenden schwer mit den Beschleunigungsprozessen am
durch arbeitsbedingten Stress stark beeinträch- Arbeitsplatz vereinbaren und führt sowohl zu
tigt. gesundheitlichen Problemen bei den Beschäf-
tigten als auch in der Folge zu Problemen für
» [. . . ] stress is anything related to work that das Unternehmen, die auch die Europäische
presents a threat to employees at the work- Union beunruhigt.
place. [. . . ] Job stress has become the major
concern for the organization. [. . . ] For all » The European Agency for Safety and Health
organizations it is vital [. . . ] to manage hu- at Work (EU-OSHA) is aware of the prob-
man resource [sic] properly (Ahmad et al. lems of overworked employees all over Eu-
2021, S. 41). rope. According to EU authorities, the na-
tional cost of work-related stress in France,
Nur Mitarbeiter, die sowohl zufrieden sind als for example, amounts to 4–6 billion euros
auch mit Stress umgehen können, engagieren ($4.2–6.3 billion) (DW 2015).
sich bei ihrer Arbeit und tragen zum Erfolg des
Neben dem arbeitsbedingten Stress, insbeson-
Unternehmens bei. Daher ist Stress bereits ein
dere dem Technostress, ist in der Corona-
Krise auch das Problem der sogenannten Ent-
grenzung besonders deutlich geworden. Be-
die Durchdringung des Arbeitslebens mit digitalen schäftigte, die während der Pandemie von zu
Technologien ergibt (Gimpel et al. 2018). Die Studie Hause aus arbeiteten, konnten durch den Ein-
zeigt erhebliche gesundheitliche Gefahren durch digi-
talen Stress auf, beispielsweise steigt die Häufigkeit 9 Zur Rolle von Führungskräften in Bezug auf Stress
von Kopfschmerzen bei Arbeitnehmern mit großem gibt es eine Reihe von Untersuchungen; für einen
digitalem Stress im Vergleich zu solchen mit gerin- Überblick siehe Harms et al. (2017). Zur Bedeutung
gem digitalem Stress um 25 Prozentpunkte (Gimpel unterschiedlicher Führungsstile für Stress siehe Ro-
et al. 2018: 39 ff.). Weitere gesundheitliche Beschwer- wold und Heinitz (2008).
den sind nächtliche Schafstörungen, allgemeine Mü- 10 Auch ein negativer Zusammenhang zwischen Rufbe-
digkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung, körperliche Er- reitschaft/Bereitschaftsdienst und Schlaf konnte nach-
schöpfung und emotionale Erschöpfung (Gimpel et al. gewiesen werden (Vahle-Hinz und Bamberg 2009,
2018, S. 39). S. 331 ff.).
74 B. Hollstein und H. Rosa

satz von Videokonferenzen die ganze Welt von tums- und Beschleunigungszwangs das Stre-
einem einzigen Raum aus erreichen und erleb- ben nach der Ausweitung der Weltreichweite
ten dadurch ihre Arbeitsbedingungen sowohl und der Kontrolle des technisch und ökono-
als räumlich entgrenzt wie auch als zeitlich misch Realisierbaren ist, wird diese Strategie
verdichtet. Die Entgrenzung, also die fehlen- auch auf das Problem der Verantwortungsüber-
de Trennung von Arbeits- und Privatleben,11 nahme für die Gesundheit von Mitarbeiterin-
zeigt aber auch Gefahren für die Gesundheit nen und Mitarbeitern angewandt. Strategien
der Beschäftigten, insbesondere aufgrund der der Verantwortungsübernahme werden häufig
fehlenden Erholung (Hofmann 2021: 33 ff.) durch eine Zunahme an Compliance im Sinne
Bezüglich der Verdichtung wird als neues Phä- von möglichst vollständiger Transparenz, im-
5 nomen im Homeoffice die „ZOOM-Fatigue“ mer kleinteiligerer Kontrolle, Schaffung öko-
genannt (Hofmann 2021: 38). Die damit ver- nomischer Anreize und einer Zunahme an
bundenen Symptome reichen „von erhöhter technischer und rechtlicher Steuerung umge-
Reizbarkeit, fehlender Balance, unwirschem setzt. Es geht darum, die Prozesse im Un-
Agieren gegenüber Mitmenschen über Kopf- ternehmen und die Mitarbeitenden sowie ihre
schmerzen bis hin zu Rücken- und Glieder- Gesundheit verfügbar zu machen und die Kon-
schmerzen, Schafstörungen etc.“ (Hofmann trolle zu behalten bzw. zurückzugewinnen –
2021: 38). nach den Erfahrungen der Unverfügbarkeit,
Angesichts dieser negativen Auswirkungen die die Pandemie verdeutlicht hat (Hollstein
des Beschleunigungsdrucks in Unternehmen und Rosa 2020, S. 26 f.), ist das verständlich
auf die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und und nicht per se problematisch. Beispielswei-
Mitarbeiter stellt sich die Frage, wie Unterneh- se zeigen empirische Untersuchungen, dass ein
men verantwortlich darauf reagieren können. Drittel der befragten Unternehmen Kontrollen
zur Einhaltung der Regelungen gegen Entgren-
zung (z. B. zur Einhaltung des Arbeitszeitrah-
5.2.2 Verantwortungsübernahme mens, der Ruhezeiten etc.) sinnvoll finden und
durch Verfügbarmachung? auch einsetzen, ein weiteres Drittel findet das
sinnvoll, obwohl es (noch) nicht im Unterneh-
men umgesetzt ist (Hofmann et al. 2021).
Üblicherweise reagieren Unternehmen auf Bezüglich der gesundheitsbezogenen Inter-
auftretende Probleme mit bekannten, bereits ventionen gegen Stress an der Arbeit wird
eingespielten Strategien, um diese Probleme in der Regel zwischen bedingungsbezogenen
unter Kontrolle zu bringen.12 Da der Motor der Interventionen und personenbezogenen Inter-
dynamischen Stabilisierung und des Wachs- ventionen13 unterschieden, wobei die perso-
nenbezogenen Maßnahmen überwiegen (Bam-
11 Ein weiteres Moment der Entgrenzung ergibt sich
durch zunehmende Rufbereitschaft, die sich in Studi-
berg 2004, S. 272). Beispielsweise empfiehlt
en als Stressor erwiesen hat (Vahle-Hinz und Bamberg die o. g. Studie zu digitalem Stress:
2009, S. 331). Zu einem Überblick über Studien,
die den Zusammenhang von flexiblen Arbeitszeiten » Präventionsmaßnahmen können insbeson-
und Gesundheit untersuchen vgl. Amlinger-Chatter- dere in einer menschenzentrierten Gestal-
jee und Wöhrmann (2017).
tung digitaler Systeme liegen und darin, die
12 Das Handeln entsprechend von Routinen und Ge-
wohnheiten ist natürlich kein Spezifikum von Un- Arbeit so zu organisieren, dass der Ein-
ternehmen, sondern ist typisch für jedes menschli- satz digitaler Systeme psychische Fehlbe-
che Handeln, worauf viele Sozialtheoretiker bereits
hingewiesen haben. Speziell der Pragmatismus, ei- Grundzügen einer pragmatistischen Wirtschaftsethik
ne Sozialphilosophie, die Ende des 19. und Anfang vgl. Hollstein (2015).
des 20. Jahrhunderts in den USA entstanden ist, 13 In der Studie von Gimpel et al. werden die Begriffe
hat sich mit Gewohnheiten und deren Unterbrechung Verhältnis- bzw. Verhaltensprävention gewählt (Gim-
im Handlungsverlauf beschäftigt (Volbers 2018). Zu pel et al. 2018, S. 42).
Kapitel 5 ! Perspektive – Betriebliche Verantwortung und Unverfügbarkeit
75 5
anspruchung vermeidet (Verhältnispräventi- hat der Stillstand im Lockdown verdeutlicht,
on). Zudem sollten Maßnahmen gefördert dass ein Innehalten und eine Reflexion in
werden, durch die jeder individuelle Arbeit- Bezug auf einen Paradigmenwechsel möglich
nehmer lernt, mit der zunehmenden Digita- sind. Allerdings scheint gegenwärtig wenig in
lisierung bestmöglich umzugehen (Verhal- Richtung eines grundsätzlichen Pfadwechsels
tensprävention) (Gimpel et al. 2018, S. 42). zu zeigen – vielmehr werden die alten Rou-
tinen vermisst und die Sehnsucht nach der
Bedingungsbezogene Interventionen beziehen alten Normalität des Hamsterrades scheint un-
sich auf Arbeitsgestaltungsmaßnahmen (Ar- endlich groß. Dennoch könnte eine zentrale
beitsaufgabe, Arbeitsbedingungen, Rollenun- Erkenntnis der Corona-Krise die sein, dass ein
sicherheit, soziale Beziehungen und Gruppen- anderes Paradigma möglich ist, dass ein Pfad-
arbeit); allerdings sind die Ergebnisse empi- wechsel in eine Wirtschaftsweise, die nicht
rischer Studien bezüglich dieser Maßnahmen einem permanenten Steigerungszwang unter-
widersprüchlich, da sowohl positive, negati- liegt, eine mögliche Option ist. Solange alles
ve als auch gar keine Effekte nachgewiesen entsprechend den Alltagsroutinen läuft, sind
werden. Die personenbezogenen Maßnahmen die Kosten für einen Pfadwechsel zu groß.
beziehen sich auf Stressmanagement und Ge- Doch Störungen stellen Chancen dar, die zur
sundheitsverhalten (Bamberg 2004, S. 272). Entwicklung kreativer Handlungsalternativen
Bezüglich der Effizienz dieser Maßnahmen, genutzt werden können.
die allerdings selten evaluiert werden, wird
von einer mittleren Effektivität ausgegangen
(Bamberg 2004, S. 273). 5.2.3 Pfadwechsel durch kreatives
Problematisch können diese Maßnahmen Handeln
allerdings werden, wenn es nur noch darum
geht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Strategien entwickeln sollen, um mit Stress Inwiefern lassen sich diese soziologischen Er-
umzugehen – nicht darum, den Stress zu re- kenntnisse nun für die unternehmerische Ver-
duzieren. Nicht nur Mitarbeitende werden trai- antwortung gegenüber Mitarbeitenden frucht-
niert, ihr individuelles Stressmanagement zu bar machen? Den Unternehmen fehlt in
optimieren, auch für Führungskräfte wird dies der Beschleunigungsgesellschaft die Kraft für
empfohlen:14 kreative Pfadwechsel, denn alle Energien sind
auf das Steigerungsspiel konzentriert. Krisen-
» Training targeted at increasing leader re- situationen der Unverfügbarkeit, die einen Re-
silience, developing effective coping strate- flexionsprozess erfordern, sind in diesem Zu-
gies, and general stress management will sammenhang Chancen, um Reflexionsprozes-
be effective at driving leadership behaviors se auf allen Ebenen der Unternehmen in Gang
and, subsequently, follower stress (Harms zu bringen. Wenn solche kreativen Handlungs-
et al. 2017, S. 185). anpassungen15 vorgenommen werden, dann
besteht die Chance, nicht nur entsprechend
Doch nicht erst seit der Pandemie dürfte deut- der bisherigen Logik allein auf Effizienzstei-
lich geworden sein, dass Strategien der immer gerung und Gewinnmaximierung zu schauen,
stärkeren Kontrolle, des Selbstmanagements sondern auch Wertvorstellungen mit in den
und damit der zunehmenden Verfügbarma- Blick zu nehmen: Was trägt das Unterneh-
chung nicht erfolgreich sein können. Vielmehr men zum guten Leben in der Gesellschaft bei?
Wie erfahren sich die Mitarbeitenden als Teil
14 Beispielhaft mit Vorschlägen zur Kombination von
„physical fitness and self-leadership practices“ zur 15 Für ein allgemeines Verständnis der Kreativität des
Reduktion von Stress von Führungskräften siehe Handelns in pragmatistischer Perspektive vgl. Joas
Lovelace et al. (2007, S. 384). (1992).
76 B. Hollstein und H. Rosa

des Unternehmens? Welche gemeinsamen Zie- mokratie in der Arbeitswelt bleibt neben gu-
le verbinden sie? Wie trägt es zu einem nach- ten Arbeitsbedingungen (präventiver Gesund-
haltigen Lebensstil bei, der nicht nur die Um- heitsschutz, soziale Absicherung, usw.) ein
welt schont und gesund erhält, sondern auch zentrales Thema – auch im Rahmen der not-
die Mitarbeitenden im Unternehmen? Welche wendigen sozial-ökologischen Transformation
Leistungsmaßstäbe und Indikatoren sind wirk- (Schmucker 2021, S. 196). Dabei sind auch für
lich relevant für diese Ziele? solche deliberativen Prozesse bestimmte Re-
In Bezug auf den letzten Punkt (Indikato- geln zu beachten, wie zum Beispiel Regeln der
ren für ein gutes Leben und eine nachhaltige Wissenschaftlichkeit, die etwa die Nachprüf-
Entwicklung) ist schon lange bekannt, dass barkeit von Behauptungen und eine evidenzba-
5 das Bruttoinlandsprodukt kein guter Indika- sierte Situationsanalyse ermöglichen. Die Un-
tor für eine nachhaltige Entwicklung darstellt. terstützung von teamverantwortlichen Gestal-
Hierzu gibt es bereits eine breite und aus- tungsansätzen zur Verhinderung von Entgren-
führliche Diskussion, die die Bedeutung qua- zung z. B. durch die gemeinsame Regelung
litativer Wohlfahrtsmaße in den Blickpunkt von Erreichbarkeit und Reaktionszeiten sind
rückt.16 In analoger Weise könnten Unterneh- die Strategie, die in empirischen Befragungen
men darüber nachdenken, welche Indikatoren als am sinnvollsten erachtet und zugleich am
und Performancekriterien für eine nachhaltige häufigsten umgesetzt wurde (Hofmann et al.
Entwicklung des Unternehmens geeignet wä- 2021). Aber auch die breite Information von
ren. Qualitative Aspekte lassen sich schlechter Beschäftigten zum Thema Entgrenzung, die
messen als z. B. die Anzahl von Vertragsab- es ermöglicht, sich informiert in solche Kom-
schlüssen pro Mitarbeitenden. Dies führt dazu, munikationsprozesse einzubringen, wurde als
dass quantitative Kriterien häufig bevorzugt sinnvoll, aber noch nicht ausreichend umge-
werden, obwohl sie möglicherweise eine ver- setzt erachtet (Hofmann et al. 2021).
zerrte Situationsanalyse liefern. Erfolgskrite- Doch stellt sich nun die Frage, woher die
rien, die sich allein an Steigerungsraten ori- motivationale Kraft kommen kann, die Wand-
entieren, befördern den Beschleunigungs- und lungsprozesse trägt und es den Akteuren er-
Wachstumsdruck und sind daher ungeeignet. möglicht, aus den eingetretenen Pfaden her-
Die Entwicklung und Anwendung alternativer auszutreten und neue Wege zu gehen. Diese
Kriterien für die Beurteilung von Mitarbeiten- Kraft kommt unseres Erachtens aus Erfahrun-
den und ihren Leistungen wäre daher ein erster gen. Resonanzerfahrungen etwa prägen unsere
Schritt zu einem Paradigmenwechsel. Vorstellungen vom guten Leben und motivie-
Welche konkreten Vorstellungen ein „gu- ren Menschen entsprechend zu handeln (Rosa
tes“ Unternehmen, sinnvolle Arbeit, wertvolle 2016, S. 211 ff.).18 Solche Erfahrungen der
Produkte prägen, kann nicht abstrakt definiert
werden. Vielmehr ist die Konkretisierung sol- politischer Herrschaft versteht als vielmehr als eine
cher Vorstellungen das Ergebnis von Aushand- Lebensform. „Die Demokratie ist mehr als eine Re-
lungsprozessen, die von den unterschiedlichen gierungsform: sie ist in erster Linie eine Form des
Stakeholdern eines Unternehmens bestimmt Zusammenlebens, der gemeinsamen und miteinander
werden. Aus wirtschaftsethischer Perspekti- geteilten Erfahrung“ (Dewey 1993 [1916], S. 121). Ei-
ne solche demokratisch geprägte Mitarbeiterorientie-
ve ist daher die Ermöglichung von diskursi- rung, gekennzeichnet durch ein „freundschaftliches,
ven und deliberativen Prozessen zentral, z. B. vertrauensvolles Verhältnis zwischen Führungskraft
durch Verfahren der Mitbestimmung.17 De- und Mitarbeiter sowie eine offene, zweiseitige Kom-
munikation“, erweist sich auch als hilfreich in Bezug
16 Zur Kritik am Bruttoinlandsprodukt und der Ent- auf die Reduktion von Stress (Rowold und Heinitz
wicklung eines nationalen Wohlfahrtsindikators vgl. 2008, S. 130, 137 f.).
Diefenbacher et al. (2016). 18 Zur Rolle von Resonanzerfahrungen für die Wirt-
17 Demokratie ist ein zentrales Thema des Pragmatisten schaftsethik vgl. Hollstein und Rosa (2022, im Er-
John Dewey, der Demokratie weniger als eine Form scheinen).
Kapitel 5 ! Perspektive – Betriebliche Verantwortung und Unverfügbarkeit
77 5
Selbstwirksamkeit, der Handlungsautonomie Problemsituationen ohne gravierende Beein-
und der erfüllenden Arbeit, die im Unterneh- trächtigungen umgehen zu können. Dabei geht
mensalltag wirksam werden, tragen zu einer es nicht darum, angesichts der oben beschrie-
langfristigen Gesundheit auch in flexibleren benen stressbedingten Erschöpfungszustände
Arbeitsformen bei (Hofmann 2021, S. 37). von Mitarbeitenden deren Kraft zum Aushal-
Für einen Pfadwechsel zu einer verantwort- ten von weiterem Beschleunigungsdruck et-
lichen und wertschätzenden Unternehmens- wa durch Achtsamkeitspraktiken zu trainieren
führung ist eine entsprechende Unternehmens- (Rosa 2021). Vielmehr geht es darum, ei-
kultur zentral, deren Ziele und Strategien nicht ne organisatorische Resilienz21 zu entwickeln,
nur im CSR-Code formuliert, sondern tatsäch- die Autonomie und Abhängigkeit, Handlungs-
lich im Unternehmensalltag gelebt werden. fähigkeit und Verletzlichkeit von Menschen
Auch hier zeigen empirische Untersuchungen, ernst nimmt (Graefe 2019) und damit subver-
dass eine klare Haltung der Unternehmenslei- siv ein Element zur Suche nach einer neuen
tung, die sich deutlich gegen Entgrenzung aus- Lebensform wird.
spricht, von zentraler Bedeutung ist (Hofmann Gegen die Steigerungslogik muss auch die
et al. 2021). Eine gelebte Unternehmenskultur Tugend der Mäßigung ins Spiel gebracht wer-
besteht vor allem aus Haltungen und Tugen- den. Das rechte Maß oder die Mäßigung wur-
den, die eingeübt sind und im Wirtschaftsalltag de in der Antike und im Mittelalter als eine
zur Anwendung kommen.19 Zur Stabilisierung der Kardinaltugenden betrachtet (Vogel 2018,
solcher Haltungen sind institutionelle Rah- S. 17). In der Moderne, die sich durch Stei-
menbedingungen erforderlich, die neue Ge- gerungslogiken auszeichnet, hat sie scheinbar
wohnheiten selbstverständlich machen. Hier jede Bedeutung verloren. Angesichts der oben
können Beratungsangebote durch den betrieb- beschriebenen Probleme, die durch diese Logi-
lichen Gesundheitsdienst ebenso wie Schulun- ken entstehen, ist der Mäßigung eine Renais-
gen der Mitarbeitenden einen wichtigen Bei- sance zu wünschen – nicht nur im privaten
trag leisten (Hofmann et al. 2021). Umfeld, sondern auch im Unternehmen.
Welche konkreten Tugenden sind dabei Schließlich ist die Tugend der Solidarität
im Unternehmensalltag von Bedeutung? Die von großer Bedeutung. Die Bedeutung von
Tugend der Vorsorge, die Probleme versucht Empathie an Stelle von individueller Nutzen-
zu antizipieren und Gefährdungen präventiv maximierung spielt hier eine Rolle. Interessant
verhindern will, scheint eine solche Tugend ist in diesem Zusammenhang, dass angesichts
zu sein. Gesundheitsprävention ist bereits seit einer um sich greifenden ZOOM-Fatigue die
Langem ein wichtiges Thema der verantwort- Bedeutung von Small Talk, zwischenmensch-
lichen Mitarbeiterführung und des Personal- lichen Beziehungen, dichten und oft eben un-
managements. In Zeiten der Entgrenzung von geplanten „Mikro-Interaktionen“ sowie einer
Arbeitszeiten und -orten durch Homeoffice lebendigen Kommunikationskultur insgesamt
und mobiles Arbeiten, steigen die Anforde- in den Fokus der Aufmerksamkeit tritt (Hof-
rungen an eine partnerschaftliche Verantwor-
tungsübernahme im Team und wechselseitiges 21 Aus unterschiedlichen Ansätzen zur Definition orga-
Vertrauen.20 nisationaler Resilienz lässt sie sich wie folgt beschrei-
ben „als lernorientierte Unternehmenskultur mit einer
Die Abhängigkeit von Lieferketten hat in grundsätzlichen Offenheit, einer positiven Fehlerkul-
der Corona-Krise die Bedeutung von Resili- tur, einem ständigen Monitoring störender Einflüs-
enz deutlich gemacht, also die Fähigkeit, mit se, einem schnellen Entscheidungsmanagement, dem
Blick auf die internen Personalressourcen, einem un-
19 Haltungen sind dabei durch eine prinzipielle Offen- terstützenden Führungsstil, dem positiven Umgang
heit charakterisiert (Rosa 2018, S. 60 ff.). mit Kreativität sowie einer Fairness- und Vertrauens-
20 Vgl. zu diesem Themenkomplex die Veröffentlichun- kultur“ (Waltersbacher et al. 2021, S. 71 mit Verweis
gen im Fehlzeiten-Report 2021, insbesondere Munko auf Lee et al. 2013; Reason et al. 2006; Brown et al.
(2021). 2018; Näswall et al. 2015).
78 B. Hollstein und H. Rosa

mann 2021, S. 38). Zur Erhöhung der Re- 5.3 Fazit: Unverfügbarkeit als
silienz von Unternehmen wird vermehrt auf Bedingung betrieblicher
die Notwendigkeit der Vernetzung und Parti- Verantwortung
zipation hingewiesen und auf die Gestaltung
einer Unternehmenskultur, die auf die rich-
tige Mischung aus Präsenz und Homeoffice, Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht,
Work-Life-Balance, Inklusion und Diversity dass die durch Wettbewerb und Steigerungs-
Management achtet (Pfaff und Schubin 2021, druck erzeugten negativen Folgen für die Mit-
S. 55 f.), also Aspekte der Sorge und Solida- arbeitenden von Unternehmen in Form von
rität mit allen Mitarbeitenden berücksichtigt. Stress und Entgrenzung sowie dadurch be-
5 Deren Wichtigkeit wird auch durch empirische dingte gesundheitliche und psychische Proble-
Forschung bestätigt: me keine unumkehrbare Notwendigkeit sind.
Trotz des Beharrungsvermögens von Gewohn-
» Die meisten Erwerbstätigen stimmen zu, heiten aufgrund von Pfadabhängigkeiten sind
dass die Unternehmenskultur und der Zu- in bestimmten Situationen Pfadwechsel mög-
sammenhalt unter den Kolleg:innen sie gut lich.
durch die Krise bringen werden. [. . . ] Das Diese speziellen Situationen eines mögli-
resiliente Verhalten des Unternehmens er- chen Pfadwechsels erfordern kreative Hand-
höht das gesundheitliche Wohlbefinden – lungsanpassungen auf unterschiedlichen Ebe-
vor allem durch Fürsorge, Unterstützung nen – der individuellen wie auch der institu-
und Zusammenhalt (Waltersbacher et al. tionellen Ebene. Betrachtet man Unternehmen
2021, S. 99). nicht allein als Institutionen, die der Gewinn-
maximierung im Sinne einer Steigerungslogik
Unternehmen haben daher schon in gute Ar- verpflichtet sind, sondern als soziale Gebil-
beitsbedingungen investiert.22 Das hohe Ni- de, in denen Beschäftigte und Management
veau dieser Ressourcen bei der Arbeit wird zusammenwirken, um bestimmte Ziele als ver-
durch den Stressreport bestätigt: Dort werden antwortliche Akteure (im Sinne von CSR) in
folgende Ressourcen am Arbeitsplatz als wich- der Gesellschaft zu erreichen, dann stellt sich
tig benannt: Hilfe/Unterstützung durch Kol- die Frage nach den Möglichkeiten für Un-
legen (79 %), am Arbeitsplatz Teil einer Ge- ternehmen, Alternativen zur Steigerungslogik
meinschaft (80 %), gute Zusammenarbeit mit zum Wohle der Beschäftigten zu entwickeln.
Kollegen (86 %), Hilfe/Unterstützung vom di- Hierzu haben wir auf die Bedeutung alter-
rekten Vorgesetzten (59 %) (Clauß et al. 2021, nativer Erfolgsindikatoren, partizipativer und
S. 172 mit Verweis auf BAuA 2020, S. 189, demokratischer Strukturen in Unternehmen,
Tab. 46).23 Erfahrungen einer wertschätzenden Unterneh-
menskultur sowie der Einübung von Tugen-
den wie Vorsorgeorientierung, Resilienz, Mä-
ßigung und Solidarität hingewiesen.
Die obigen Überlegungen sollen Alternati-
ven zur Steigerungslogik oder zumindest Wege
zur Abfederung ihrer Wirkung auf die Be-
22 „[K]ritische Belastungsfaktoren wie Arbeitstempo, schäftigten im Unternehmen aufzeigen. Sie
Termin- und Leistungsdruck, ständig wiederkehrende stellen Denkanstöße dar, liefern aber keine
Arbeitsvorgänge und die Zahl der Umstrukturierun- fertigen Rezepte, wie die Übernahme betrieb-
gen“ sanken bereits vor der Pandemie (Clauß et al.
licher Verantwortung konkret gelingen kann.
2021, S. 171).
23 Die Zahlen wurden im Rahmen der BIBB/BAuA- Letztlich wohnt dem Erfolg unternehmeri-
Erwerbstätigenbefragung ermittelt (BAuA 2020, schen Handelns – und dazu zählt auch das ver-
S. 18 ff.).
Kapitel 5 ! Perspektive – Betriebliche Verantwortung und Unverfügbarkeit
79 5
antwortliche Handeln von Corporate Citizens den Beschäftigten, dass sie sich letztlich in der
– immer auch ein Moment der Unverfügbar- Praxis bewähren müssen, wie dies bereits die
keit inne; das gilt für die ökonomischen wie für pragmatistische Methode fordert (James 1908,
die soziomoralischen Bedingungen. Unterneh- S. 28).
men können nur versuchen, Bedingungen zu
schaffen, die die Steigerungslogik begrenzen
oder stoppen; sie können Maßnahmen ergrei-
fen, um Stress zu reduzieren, Resilienz zu
Literatur
erhöhen, Mäßigung und Solidarität zu fördern
Ahmad J, Zahid S, Fazli Wahid F, Ali S (2021) Impact of
– doch ob diese Maßnahmen und Rahmenbe-
role conflict and role ambiguity on job satisfaction the
dingungen von Erfolg gekrönt sind, kann nicht mediating effect of job stress and moderating effect of
vorab sichergestellt werden. Islam work ethics. Eur J Bus Manag Res 6(4):41–50
Wir können in einer Welt, die von Kon- Åkerstedt T, Knutsson A, Westerholm P, Theorell T, Al-
tingenz24 geprägt ist, nicht sicher vorhersa- fredsson L, Kecklund G (2002) Sleep disturbances,
work stress and work hours: a cross-sectional study.
gen, welche Strategien am Ende tatsächlich
J Psychosom Res 53:741–748
erfolgreich sein werden, um gute (resonante) Amlinger-Chatterjee M, Wöhrmann AM (2017) Flexible
Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Dies er- Arbeitszeiten. Z Arb Wiss 71:39–51
weist sich immer erst im Tun. Dabei kommt Bamberg E (2004) Stress bei der Arbeit und Maßnah-
es entscheidend darauf an, dass dieses Tun im- men der Stressreduktion: Aktuelle Konzepte und For-
schungsergebnisse. Arbeit 13(3):264–277
mer wieder neu auf den Ausgleich zwischen
BAuA –Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedi-
(steigenden und wechselnden) Anforderungen zin (2020) Stressreport Deutschland 2019: Psychische
und zur Verfügung stehenden sozialen Bewäl- Anforderungen, Ressourcen und Befinden. https://
tigungsressourcen achtet, sich also in einem baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/
responsiven Modus des „Hörens und Antwor- Stressreport-2019.pdf_blob=publicationFile&v=8.
Zugegriffen: 28. Febr. 2022
tens“ bewegt. Die Vorstellung, dass sich immer
Blog Postwachstum (2022) https://www.postwachstum.
erst im Tun bewährt, was theoretisch entwi- de/. Zugegriffen: 23. Febr. 2022
ckelt wurde, ist zentral für die Sozialphiloso- Boyer-Davis S (2018) The relationship between technolo-
phie des Pragmatismus.25 Daher gilt auch für gy stress and leadership style: an empirical investiga-
wirtschaftsethische Strategien der Übernahme tion. J Bus Educ Leadersh 8(1):48–65
Brown NA, Orchiston C, Rovins JE, Feldmann-Jensen S,
von betrieblicher Verantwortung gegenüber
Johnston D (2018) An integrative framework for in-
vestigating disaster resilience within the hotel sector.
24 Mit Kontingenz ist gemeint, dass historische Verläufe J Hosp Tour Manag 36:67–75
nicht determiniert sind, sondern sich an bestimmten Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Wendepunkten auch immer wieder pfadabhängig an- (2022) UnternehmensWerte. CSR made in
ders entwickeln können (Knöbl 2007). Insofern ist Germany. https://www.csr-in-deutschland.de/
auch die Entwicklung der modernen Gesellschaft, die DE/Was-ist-CSR/Grundlagen/Nachhaltigkeit-
wir durch Beschleunigungs- und Steigerungszwang und-CSR/csr-grundlagen.html;jsessionid=
gekennzeichnet haben, auch wieder veränderbar und A5E0C84E3EDFFDF9E63ED6E9ABF4195C. Zuge-
ungewiss. Unverfügbarkeit ist allerdings nicht ganz griffen: 22. Febr. 2022
identisch mit Kontingenz, denn als Element resonan- Campbell M, Baltes JI, Martin A, Meddings K (2007) The
ter Beziehungen bedeutet Unverfügbarkeit nicht, dass stress of leadership. A center for creative leadership
sich etwas einfach unserem Einfluss entzieht; es be- research white paper. https://eminencecoach.com/wp-
deutet nur, dass wir es nicht einfach berechnen oder content/uploads/2016/04/StressofLeadership.pdf. Zu-
beherrschen können. Wir können es erreichen, aber gegriffen: 2. März 2022
nicht einfach darüber verfügen (Rosa 2018, S. 56 ff.). Clauß E, Harrer-Kouliev K, Wolff H (2021) Arbeit made
25 „‚Fruits not roots‘, auf die Früchte kommt es an, in Germany: Arbeitsschutz und gesunde Arbeitsge-
nicht auf die Wurzeln, ist James’ Motto. Sein Vortrag staltung in der Zeit vor, während und nach Corona.
‚Philosophical Conceptions und Practical Results‘ aus In: Badura B, Ducki A, Schröder H, Meyer M (Hrsg)
dem Jahr 1899, gehalten in Berkeley, Kalifornien, Fehlzeiten-Report 2021. Betriebliche Prävention stär-
kann als Tauffeier des Pragmatismus bezeichnet wer- ken – Lehren aus der Pandemie. Springer, Berlin,
den“ (Festl 2018, S. VII f.). S 169–186
80 B. Hollstein und H. Rosa

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83 II

Verantwortung
und gesunde
Arbeitsbedingungen
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 6 Unternehmerische Sozialverantwortung und


gesundheitsorientierte Führung – 85
Andrea Waltersbacher, Miriam Meschede,
Hannes Klawisch und Helmut Schröder

Kapitel 7 „Gesundheit“ im Wertekanon


verantwortungsvoller Unternehmensführung –
auch in der digitalen Transformation – 123
Karlheinz Sonntag

Kapitel 8 Verantwortung für den Arbeits- und


Gesundheitsschutz übernehmen –
CSR realisieren – 135
Andreas Blume, Adelisa Martinovic und
Mike Paternoga
85 6

Unternehmerische
Sozialverantwortung und
gesundheitsorientierte
Führung
Andrea Waltersbacher, Miriam Meschede, Hannes Klawisch
und Helmut Schröder

Inhaltsverzeichnis

6.1 Einleitung – 86
6.1.1 Die Verantwortung von Unternehmen – 86
6.1.2 Forschungsfragen und methodisches Vorgehen – 90

6.2 Ergebnisse der Befragung – 91


6.2.1 Arbeiten und gesundheitliches Wohlbefinden unter
den Bedingungen von Covid-19 – 92
6.2.2 Unternehmen in der Verantwortung: Gemeinwohl und
Nachhaltigkeit (CSR) – 100
6.2.3 Gesundheitsbezogene Fürsorge im Unternehmen – 102
6.2.4 Extremgruppenvergleich „Unternehmensverantwortung“:
Einstellungen zur Arbeit und subjektive Gesundheit – 106

6.3 Diskussion der Ergebnisse – 116

6.4 Ausblick – 118

Literatur – 119

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_6
86 A. Waltersbacher et al.

2Zusammenfassung 6.1 Einleitung


Unternehmen sind maßgebliche Akteure, wenn
es darum geht, ethisches und ressourcener- 6.1.1 Die Verantwortung von
haltendes Handeln zu etablieren. Corporate
Unternehmen
Social Responsibility (CSR) oder unternehme-
rische Sozialverantwortung drückt aus, dass
Unternehmen ihre Verantwortung gegenüber 2Die Akzeptanz der Verantwortung und
Umwelt, Gesellschaft und Stakeholdern ak- verantwortungsvolles Handeln
zeptieren und über die gesetzlichen Vorgaben Unternehmen haben in unserer global ver-
hinausgehend ethische Fragen bei ihrem unter- netzten Welt einen bedeutsamen Einfluss auf
nehmerischen Handeln berücksichtigen. In der den Planeten und seine Bewohnenden. In den
durchgeführten Untersuchung, die auf Befra- vergangenen 50 Jahren ist die bedenkenlo-
se Wasser-, Luft- und Landnutzung, befördert
6 gungsergebnissen von 2.501 Erwerbstätigen
zwischen 18 und 66 Jahren basiert, zeigte sich, durch die Verdoppelung der Weltbevölkerung
dass Beschäftigte aus Unternehmen mit stär- und Vervierfachung der Weltwirtschaft, zu ei-
kerer Sozialverantwortung über eine höhere nem immer größeren Problem geworden: In
Leistungsbereitschaft verfügten, sich stärker weiten Teilen der Welt sind die schädlichen,
mit ihrem Unternehmen verbunden fühlten und ja katastrophalen Entwicklungen in Form von
zufriedener mit ihrer Arbeit waren. starker Verschmutzung sowie Zerstörung gan-
Beschäftigte, deren Unternehmen bei ihrem zer Ökosysteme zu sehen (eine umfangrei-
Handeln die Folgen für Umwelt und Gesell- che Darstellung findet sich beispielsweise in
schaft stärker berücksichtigen, erlebten auch IPBES 2019 und Global Footprint Network
eine verstärkte gesundheitsbezogene Fürsorge 2022). Der Klima„wandel“ führt auf ande-
in ihren Unternehmen, die sich in Form von ren Kontinenten zu schweren Hungersnöten
gesundheitsorientierter Führung, Maßnahmen (beispielhaft: Farr et al. 2022), aber birgt in-
des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zwischen auch für Europa große Bedrohungen
und Thematisierung von Gesundheitsförde- (Rakovec et al. 2022).
rung in der Geschäftsführung äußert. In einem Aufgrund von zahlreichen humanitären
Extremgruppenvergleich wurde sichtbar, dass und ökologischen Katastrophen in Schwellen-
Beschäftigte aus Unternehmen mit stärkerem und Entwicklungsländern, in denen für glo-
Engagement – sowohl in Bezug auf Umwelt bal agierende Firmen produziert wird, und
und Gesellschaft als auch auf die Gesund- des Fortschreitens des Klimawandels mit all
heit der Mitarbeitenden – seltener kognitive seinen Folgen scheint sich die öffentliche
und emotionale Irritationen erlebten. Diese Wahrnehmung gewandelt zu haben. Sozia-
Beschäftigten berichten weiterhin über einen le Missstände sowie die planetaren Grenzen
besseren subjektiven Gesundheitszustand, we- bei der Förderung von Rohstoffen, der Ent-
niger Fehltage und weniger Präsentismus. Der sorgung von Müll oder der Herstellung von
vorliegende Beitrag zeigt anhand der Unter- Konsumgütern wurden sichtbarer (bspw. ILO
suchungsergebnisse, wie wertebasiertes Han- 2017; Greenpeace 2020). Die Nachfrage nach
deln von Unternehmen für eine zukunftsfähi- nachhaltigen Produkten steigt (Statista 2021;
ge und ressourcenerhaltende Wirtschaft jetzt Umweltbundesamt 2021) und ist ein Zeichen
schon zur Gesunderhaltung, Motivation und dafür, dass immer mehr Menschen die Fol-
Bindung der Beschäftigten beiträgt. gen des Konsums hinterfragen und realisie-
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
87 6
ren, dass ihre ethischen Standards in Bezug Viele Unternehmen befinden sich damit –
auf Tierwohl, Menschenrechte und Nachhal- wie Müller-Christ beschreibt – in einem Ent-
tigkeit bei der Produktion ihrer Konsumgü- scheidungsdilemma: Gewinnorientierung und
ter und dem Angebot ihrer Dienstleistungen Nachhaltigkeit bzw. die unbedingte Einhal-
unterlaufen werden. Durch Bewegungen wie tung von ethischen Standards im Umgang mit
beispielsweise „Fridays for Future“ verleihen Menschen, Tieren und der Natur stehen im
Menschen dem Gefühl Ausdruck, dass der Widerspruch zueinander. Die Folge ist: „Un-
Umgang mit Ressourcen weder gegenüber der ternehmen müssen lernen mit diesen Dilem-
Weltgesellschaft als Ganzes noch gegenüber mata umzugehen.“ (Müller-Christ 2020, S. 47)
kommenden Generationen gerecht ist. Auch Werden die gesamten Auswirkungen des un-
in der Wirtschaftsforschung werden die sozia- ternehmerischen Handelns zukünftig in die
len, ökonomischen und politischen Wirkun- Bewertung eines Unternehmens einbezogen,
gen der Wertschöpfung diskutiert: Denn ei- wird die Legitimation von einem Unternehmen
ne ungenaue Unterscheidung zwischen Wert- angesichts der Bedrohungslage zukünftig nicht
schöpfung und Wertabschöpfung hat Folgen, mehr nur darin bestehen, dass es Profit erwirt-
„die weit über das Schicksal von Unterneh- schaftet („Überleben durch Gewinn“), sondern
men und ihren Beschäftigten, ja selbst über zunehmend darin, dass es unternehmerische
das Schicksal ganzer Gesellschaften hinausrei- Verantwortung zeigt („Überleben durch Legi-
chen“ (Mazzucato 2019, S. 35) In Deutsch- timation“) (Remer A., hier zitiert nach Müller-
land trägt die Gesellschaft insgesamt die Fol- Christ 2020, S. 106).
gen dieses Wirtschaftssystems, da sie (teilwei-
se) mit öffentlichen Mitteln für Umweltschä- 2Corporate Social Responsibility (CSR)
den, Arbeitslosigkeit und Krankheit aufkom- Werteorientierte Unternehmen sind sich der
men muss, während die Gewinne nicht der Verantwortung ihres Handelns für Menschen,
Allgemeinheit zugutekommen: „Schäden wer- Gesellschaft und Umwelt bewusst. Diese Ver-
den sozialisiert, Gewinne werden privatisiert“ antwortung für die Folgen des unternehmeri-
(Müller-Christ 2020, S. 101). Damit steigt so- schen Handelns zu erkennen, zu akzeptieren
wohl der politische als auch der gesellschaftli- und daraus ein Handlungsregime zu etablie-
che Druck, verbindliche ethische Standards für ren, das über das gesetzlich ohnehin geforderte
Wirtschaftsunternehmen zu etablieren, bestän- Maß hinaus geht, wird im Allgemeinen mit
dig an. Spätestens mit der Verabschiedung der dem Begriff Corporate Social Responsibility
Sustainable Development Goals im Jahr 2016 (CSR) oder „unternehmerische Sozialverant-
durch die Vereinten Nationen (UN), einem wortung“ bezeichnet (BMZ 2013). Die Ak-
Meilenstein der Implementierung von welt- zeptanz der unternehmerischen Sozialverant-
weiten ethischen Standards des Wirtschaftens, wortung (CSR) erfolgt auf freiwilliger Basis
scheint ein umfassender Paradigmenwechsel und bedeutet eine Verankerung entsprechender
eingeläutet zu sein und damit die Themen Entscheidungsmaxime im Kerngeschäft und
Nachhaltigkeit und Verantwortung noch stär- in der Geschäftsstrategie des Unternehmens
ker in den Fokus gerückt zu werden (United (csr-iso-26000.de). Für kapitalmarktorientierte
Nations Sustainable Development Goals, sie- Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftig-
he OECD 2011; ILO 2017).1 ten besteht seit 2017 eine Berichtspflicht über
CSR-Aktivitäten (Deutscher Bundestag 2017).
1 Die OECD hat 2011 Leitlinien für das Wirtschaften Ab 2024 sind auch Unternehmen mit mehr
für internationale Unternehmen veröffentlicht (OECD
2011). Dabei handelt es sich in erster Linie um produzieren lassen. Ebenso verhält es sich mit Um-
Empfehlungen ohne Absicherung durch die nationa- weltschutzauflagen, beispielsweise bei Pestiziden, die
le Gesetzgebung. Beispielsweise ist Kinderarbeit in in Deutschland für den südamerikanischen Markt pro-
Deutschland verboten, nicht jedoch in den Ländern, duziert werden dürfen, obwohl der Einsatz innerhalb
in denen deutsche Firmen für den deutschen Markt der EU nicht erlaubt ist.
88 A. Waltersbacher et al.

als 250 Beschäftigten berichtspflichtig (IHK menhalt) und Kohärenz im Denken, Fühlen und
Frankfurt am Main o.J.). (Zur umfangreichen Handeln [. . . ]“ (Badura 2017, S. 94).
Beschreibung des Konzepts von CSR siehe Laut „Engagement Theory“ (Kahn 1990)
Sonntag, 7 Kap. 7 und Kreipl, 7 Kap. 2 in die- steigt die Arbeitsmotivation, wenn Beschäftig-
sem Band; Müller-Christ 2020, Teil I; BMAS te sich ganzheitlich – d. h. mit ihren Wertvor-
2011, o.J.). stellungen, Interessen und Stärken – in ihren
Beruf einbringen können. Die Annahme ist,
2Verantwortungsübernahme von dass Unternehmen, die verantwortliches Han-
Unternehmen: Auswirkungen auf deln im Sinne von Nachhaltigkeit und Gemein-
die Beschäftigten wohlorientierung zeigen, ein Umfeld schaffen,
Eine Werteorientierung von Unternehmen in dem Beschäftigte ihrem Bedürfnis nach
drückt aus, dass sie sich ethisch-moralischen wertebasiertem Handeln nachkommen können
Werten verpflichtet fühlen und diese in ihrem (Glavas und Piderit 2009). Vor dem Hinter-
6 unternehmerischen Handeln berücksichtigen. grund eines Fachkräftemangels kann dieser
Bereits das Image, ein Unternehmen zu sein, Aspekt für Unternehmen an Bedeutung zuneh-
das sich seiner Verantwortung gegenüber der men.
Umwelt und der Gesellschaft bewusst ist, kann Die hier skizzierten Ansätze, aber auch
sich bei Kundinnen und Kunden sowie Be- weitere Theorien zur Wirkung von CSR auf
schäftigten und geschäftlichen Kontakten po- die Mitarbeitenden (s. Review von Rupp und
sitiv auswirken (Paruzel et al. 2021). Mallory 2015) zeigen, wie sich wertebasiertes,
Menschen haben laut der „Theorie der so- verantwortliches und glaubwürdiges Handeln
zialen Identität“ grundsätzlich das Bestreben, positiv auf die Beschäftigten auswirken kann.
Gruppen anzugehören, deren Zugehörigkeit ihr Wichtig ist dafür allerdings, dass nicht nur eine
Selbstbild aufwertet (Tajfel und Turner 1979). auf die Außenwirkung bedachte Kommunika-
Die Zugehörigkeit zu einem angesehenen Un- tion erfolgt und die Beschäftigten auch über
ternehmen, das „Gutes tut“, ist attraktiv. Die- CSR-Aktivitäten des eigenen Unternehmens
se Einschätzung stärkt die Identifikation von informiert sind (Paruzel et al. 2021).
Beschäftigten mit dem Unternehmen und da-
mit die Unternehmensbindung und Arbeitszu- 2Die Verantwortung des Unternehmens
friedenheit der Beschäftigten (Paruzel et al. für seine Beschäftigten
2021). Beschäftigte gehen davon aus, dass sich Ein wesentlicher Aspekt verantwortlichen
Unternehmen, die sich Dritten gegenüber fair Handelns von Unternehmen ist der Umgang
verhalten, auch ihnen gegenüber fair verhal- mit den internen menschlichen Ressourcen, al-
ten werden. Bei nachhaltigem (ökologischem) so die Fürsorge für die Gesundheit und das
und gemeinwohlorientiertem Verhalten legen Wohlbefinden der eigenen Beschäftigten. Der
Unternehmen diese so genannte „third-party gesetzliche Fürsorgeauftrag für die Gesund-
justice“, also Gerechtigkeit gegenüber Dritten heit impliziert zum einen Gesundheitsschutz
an den Tag. Empfinden die Beschäftigten das für die Beschäftigten (Arbeitssicherheit und
Unternehmen diesbezüglich als gerecht, trägt Arbeitsschutz), zum anderen aktive Förderung
diese Einschätzung zur Identifikation mit dem der Gesundheit (Ressourcenstärkung) (Fran-
Unternehmen bei und beeinflusst die Arbeits- ke und Felfe 2011a). Da (mentale) Gesund-
zufriedenheit, das Commitment und die Leis- heit und Leistungsfähigkeit zusammenhängen
tungsfähigkeit der Beschäftigten positiv (De (Montano et al. 2017), haben Unternehmen be-
Roeck et al. 2014; Rupp et al. 2006). Geteilte rechtigterweise auch ein Eigeninteresse an der
Werte und Überzeugungen sind überdies über Gesunderhaltung ihrer Beschäftigten. Zur Be-
Abteilungen und Hierarchien hinaus verbin- urteilung des Unternehmenserfolgs oder des
dende Elemente zwischen Beschäftigten eines Erfolgs von Führungskräften wird zunehmend
Unternehmens und fördern „Kohäsion (Zusam- berücksichtigt, inwieweit für das psychische
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
89 6
Wohlbefinden der Beschäftigten Sorge ge- denen z. B. die transformationale Führung, die
tragen und auch langfristig das Engagement ethische Führung und die authentische Füh-
der Mitarbeitenden gefördert wird (Felfe und rung gehören – in Zusammenhang mit einem
Pundt 2017). Damit fokussieren Unternehmen besseren Gesundheitserleben der Beschäftig-
nicht nur auf die zeitweilige Leistungsfähig- ten stehen (beispielhaft Felfe 2006; Felfe und
keit der Beschäftigten, sondern achten auch Pundt 2017; Franke und Felfe 2011a; Montano
darauf, „die Ressourcen der Mitarbeiter nicht et al. 2017). Obwohl ein förderlicher Einfluss
schneller zu verbrauchen als sie sich regene- von positiven Führungsstilen auf die Gesund-
rieren können.“ (Müller-Christ 2020, S. 296). heit von Beschäftigten belegt wurde, berück-
sichtigen diese Führungskonzepte keine ex-
2Die Rolle der Führungskraft im plizit gesundheitsförderlichen Führungsaspek-
verantwortungsvollen Unternehmen te und bieten demnach keine klare Orientie-
Mitarbeitendenführung beschreibt die Ein- rung für die konkrete gesundheitsförderliche
flussnahme von Führungskräften auf die Hal- Ausgestaltung von Führung (Franke und Felfe
tung und Verhaltensweise von Beschäftigten, 2011a, 2011b). Franke und Felfe entwickel-
aber auch auf die Interaktion zwischen den ten deshalb den Ansatz der gesundheitsorien-
Beschäftigten (Franke und Felfe 2011a). Die tierten Führung „Health oriented Leadership“
bewusste Beeinflussung geschieht mit der In- (HoL), der die verschiedenen Aspekte von ge-
tention, organisationale Ziele zu erreichen sundheitsorientierter Führung integriert und es
(Wesche et al. 2015). Führungskräfte haben ermöglicht, gesundheitsorientierte Führung in
als „Sicherheits- oder Ressourcenmanager“ Unternehmen messbar zu machen (Felfe und
(Franke und Felfe 2011a, S. 4) Einfluss auf die Pundt 2017; Franke und Felfe 2011a).
Ausgestaltung der Rahmenbedingungen und Gesundheitsfürsorge bedeutet nach dem
die Inhalte der Arbeitsaufgaben von Beschäf- Konzept der Health oriented Leadership, dass
tigten. Daraus ergibt sich, dass sie für die Ge- die Gesundheit der Beschäftigten als rele-
sundheit der Beschäftigten eine zentrale Rolle vanter und schützenswerter Wert angesehen
spielen (Franke und Felfe 2011a; Jimenez et al. wird. Das Konzept fokussiert drei Aspekte:
2017; Montano et al. 2017). In ihrer Vor- die Bedeutung, die Gesundheitsthemen im Un-
bildfunktion beeinflussen Führungskräfte die ternehmen erhalten (Gesundheitsvalenz), die
Beschäftigten in ihrer Wahrnehmung und ih- gesundheitsbezogene Achtsamkeit sowie das
rem Handeln sowie die Unternehmenskultur Gesundheitsverhalten. Raum für die Themati-
insgesamt (Felfe 2009; Franke et al. 2015; sierung der Beschäftigtengesundheit, die Fä-
Franke und Felfe 2011a). Individuelle Füh- higkeit, das gesundheitliche Befinden wahrzu-
rungskompetenz ist dabei stets im Kontext des nehmen sowie die Wertschätzung von Gesund-
Unternehmens zu sehen. So ist Führungserfolg heit werden als Grundlage dafür gesehen, dass
auch immer von den (strukturellen) Voraus- auf das gesundheitliche Befinden von Beschäf-
setzungen abhängig, wie beispielsweise Hand- tigten eingegangen wird und Verbesserungs-
lungsspielraum, Vorschriften, Hierarchie und möglichkeiten herbeigeführt werden (Franke
Förderung von Führungskompetenz (Felfe und und Felfe 2011a; Hänsel 2016).
Pundt 2017; Hänsel 2016; Jimenez et al. 2017). Führungskräften kommt als Multiplikato-
ren dieser Werthaltung und als Gestalter von
2Was zeichnet gesundheitsorientierte Arbeitsinhalten und -strukturen dabei eine
Führung aus? wichtige Rolle zu. Sie haben die Aufgabe, das
Zahlreiche Studien befassten sich mit den ver- Gesundheitshandeln der Beschäftigten zu för-
schiedenen Führungsstilen und den Auswir- dern, das Befinden der Beschäftigten wahrzu-
kungen auf die Gesundheit der Mitarbeiten- nehmen und zu versuchen, die gegebenen Be-
den. Es wurde dabei vielfach herausgearbeitet, dingungen so zu gestalten, dass die Belastun-
dass sogenannte „positive Führungsstile“ – zu gen gesenkt und die Resilienz gestärkt werden.
90 A. Waltersbacher et al.

Grundlage für den Erfolg von gesundheits- Unabhängig vom Thema Corporate Social
orientierter Führung ist eine Vertrauensbasis, Responsibility wurde aufgrund der aktuellen
auf der offen über gesundheitliche Themen pandemischen Situation mit Covid-19 außer-
gesprochen werden kann, ohne dass Führungs- dem folgende Frage untersucht:
kräfte Grenzen überschreiten oder Beschäf- 4 Berichten die Beschäftigten während der
tigte befürchten müssen, dass ihnen gesund- Pandemie (Erhebungsjahre 2021 und 2022)
heitliche Beschwerden als Schwäche ausgelegt über mehr psychische Belastungen und
werden (Franke und Felfe 2011a). Untersu- körperliche Beschwerden als vor der
chungen über gesundheitsorientierte Führung Pandemie (Erhebungszeitraum: Februar
konnten zeigen, dass diese Art der Führung po- 2020)?
sitiv mit dem gesundheitlichen Befinden der
Beschäftigten in Zusammenhang steht (Felfe Das aus Sicht der befragten Beschäftig-
und Pundt 2017; Klamar et al. 2018). ten verantwortliche Handeln der Unternehmen
6 wurde auf zwei Ebenen untersucht: Eine Ebe-
ne stellt die unternehmerische Sozialverant-
6.1.2 Forschungsfragen und wortung für die umgebende Gesellschaft, die
Stakeholder des Unternehmens und die Um-
methodisches Vorgehen welt dar und wird hier unter dem Begriff der
Corporate Social Responsibility (CSR) zusam-
2Forschungsfragen mengefasst.
Für den vorliegenden Beitrag wurden die be- Eine zweite Ebene bildet die gesund-
fragten Beschäftigten nach ihrer subjektiven heitsbezogene Fürsorge für die eigenen Be-
Einschätzung und Bewertung der unternehme- schäftigten, die hier als Ausdruck verantwor-
rischen Sozialverantwortung im eigenen Un- tungsvollen Handelns gegenüber den internen
ternehmen, der empfundenen gesundheitlichen Stakeholdern verstanden wird. Die gesund-
Fürsorge sowie nach ihren subjektiv wahrge- heitsbezogene Fürsorge umfasst bei dieser Un-
nommenen gesundheitlichen Belastungen be- tersuchung die Aspekte (1) Vorhandensein von
fragt. Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheits-
Folgende Forschungsfragen leiteten die förderung (BGF), (2) die Thematisierung der
Untersuchung: Gesundheit von Mitarbeitenden seitens der
4 Berichten Beschäftigte aus Unternehmen Unternehmensleitung und (3) die gesundheits-
mit engagierter unternehmerischer Sozial- orientierte Führung.
verantwortung (CSR) auch von mehr Für- Zusammen mit der oben beschriebenen un-
sorge für die Gesundheit der Beschäftig- ternehmerischen Sozialverantwortung (CSR)
ten? werden diese Aspekte zu Analysezwecken zu
4 Schätzen Beschäftigte aus Unternehmen einem „Verantwortungstypus“ zusammenge-
mit engagierter unternehmerischer Sozi- führt und in Extremgruppen im Hinblick auf
alverantwortung (CSR) sowie ausgepräg- ihre Einstellungen zur Arbeit sowie ihre Ge-
ter Fürsorge für die Gesundheit der Be- sundheit und ihr Wohlbefinden verglichen.
schäftigten ihre Arbeitszufriedenheit, Un-
ternehmensverbundenheit und Leistungs- 2Methodisches Vorgehen
bereitschaft höher ein? Die empirische Basis dieser Untersuchung bil-
4 Berichten Beschäftigte aus Unternehmen det eine bundesweite repräsentative Befragung
mit engagierter unternehmerischer Sozial- von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18
verantwortung (CSR) sowie ausgeprägter bis 66 Jahren, die zwischen dem 14. Februar
Fürsorge für die Gesundheit ihrer Beschäf- und 14. März 2022 durch das Befragungsinsti-
tigten über ein besseres gesundheitliches tut forsa als computergestützte Telefonbefra-
Wohlbefinden? gung (CATI) durchgeführt wurde. Der für die
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
91 6
Befragung eingesetzte Fragebogen wurde im zu Wort, die zum Befragungszeitpunkt zu Be-
Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) ginn des Jahres 2022 seit mindestens einem
entwickelt und nach einer methodischen Be- Jahr durchgehend in einem Beschäftigungs-
ratung durch Dr. Michael Braun vom GESIS verhältnis bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber
– Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in standen. Um eine Vergleichbarkeit mit der
Mannheim im Rahmen eines Pretests über- Erwerbstätigenbevölkerung zu ermöglichen,
prüft. wurde ein Gewichtungsfaktor auf den Befra-
Der verwendete Fragebogen enthielt vor- gungsdatensatz angewendet, der die Alters-
wiegend standardisierte, geschlossene Fragen. und Geschlechtsverteilung der Befragten an
Kernelement stellten Auszüge aus dem Fra- die tatsächliche Verteilung in der Bundesre-
gebogen „Health oriented Leadership (HoL)“ publik auf Grundlage des Mikrozensus 2020
von Felfe und Pundt (2017) dar, mit dem die des Statistischen Bundesamtes anpasst (Statis-
gesundheitsorientierte Führung erfragt wurde. tisches Bundesamt 2021). Für die Vorjahres-
Verwendet wurden 13 Items aus der Fragebat- vergleiche wurden gleichfalls gewichtete Be-
terie zur „Staffcare“, die die gesundheitsori- fragungsdaten verwendet (siehe Waltersbacher
entierte Fürsorge der Führungskräfte für die et al. 2020, 2021).
Beschäftigten abfragt. Ergänzt wurden diese Die Untersuchung basiert auf den subjek-
13 Items um die Frage, ob Maßnahmen der tiven Bewertungen der Befragten sowohl zum
Betrieblichen Gesundheitsförderung vorhan- Unternehmen als auch zur eigenen Gesund-
den sind sowie ob Gesundheitsförderung von heit.3 Darüber hinaus wurden keine weiteren
der Unternehmensleitung thematisiert wird, in objektiven Daten zu den Unternehmen der be-
Anlehnung an den Healthy-Organisational-Re- fragten Beschäftigten erhoben, beispielsweise
sources-and-Strategies-Fragebogen (HORST) zur tatsächlichen gemeinwohlorientierten und
von Pfaff et al. (2008). Die Items zur Unter- nachhaltigen Handlungsweise oder zu den Ar-
suchung der Übernahme von Verantwortung beitsbedingungen („work and job design“), die
für die Umwelt aller Stakeholder und ganz all- ebenfalls einen Effekt für die Gesundheit ha-
gemein „der Gesellschaft“ basieren auf den ben. Die hier von den Befragten berichtete ge-
Arbeiten von Glavas und Kelley (2014) so- sundheitsbezogene Fürsorge im Unternehmen
wie von Lee et al. (2013). Die bereits in misst implizit auch das Verhältnis der Befrag-
den vergangenen Ausgaben des Fehlzeiten-Re- ten zur Führungskraft sowie die Einstellungen
ports verwendeten Fragen zu emotionalen und der Befragten zu gesundheitsorientierter Füh-
kognitiven Irritationen wie Wut oder Verzweif- rung.
lung sind einer Fragebatterie von Mohr und Ri-
gotti entnommen (Mohr et al. 2006). Die Fra-
gen zu Beschwerden, Präsentismus, Fehlzeiten
6.2 Ergebnisse der Befragung
und subjektivem Wohlbefinden sind bereits in
den vergangenen Ausgaben des Fehlzeiten-Re- Die Ergebnisse der Befragung 2022 zu Ge-
ports beschrieben. Nahezu alle Fragen werden sundheit und Wohlbefinden von Beschäftig-
mit der Zustimmung zu vorgelegten Aussa- ten sind im Kontext der Covid-19-Pandemie
gen auf einer siebenstufigen Skala von 1 (trifft zu sehen. Im Folgenden werden deshalb zu-
überhaupt nicht zu) bis 7 (trifft voll und ganz nächst die Veränderungen des gesundheitli-
zu) beantwortet.2 chen Wohlbefindens über einen Drei-Jahres-
In dieser Untersuchung kommen aus- Zeitraum dargestellt.
schließlich Erwerbstätige in Voll- oder Teilzeit
3 Bei allen Auswertungen beziehen sich die Kenn-
2 Die Skalen werden für statistische Berechnungen zahlen, wie beispielsweise die Prozentwerte, auf die
als „quasi-stetig“ behandelt. Siehe dazu: Bortz und Befragten, die die Frage inhaltlich beantwortet haben
Schuster 2010. (Ausschluss von „keine Angabe“ oder „weiß nicht“).
92 A. Waltersbacher et al.

6.2.1 Arbeiten und für sie persönlich im Unternehmen das An-


gesundheitliches gebot gab, von zu Hause zu arbeiten.4 Bei
Wohlbefinden unter der diesjährigen Befragung (2022) berichten
79 %, dieses Angebot erhalten zu haben. Frau-
den Bedingungen von en (84,1 %) erhielten diese Option nach eige-
Covid-19 ner Angabe häufiger als Männer (74,0 %).
Rund 60 % der Befragten gaben an, in
Die Covid-19-Pandemie hat für die meisten den letzten zwölf Monaten im Homeoffice ge-
Erwerbstätigen den Alltag und das Arbeits- arbeitet zu haben (. Abb. 6.1). Von diesen
leben ab März 2020 stark verändert. Neben 1.021 Personen haben ca. 40 % mindestens
den Sorgen und Ängsten in Bezug auf eine drei Viertel ihrer Arbeitszeit zu Hause ge-
Erkrankung oder den möglichen Verlust des arbeitet, also fast ein Viertel aller Befragten
insgesamt (23,9 %).
6 Arbeitsplatzes waren die Befragten zum Teil
mit einer erheblichen Mehrbelastung konfron-
tiert, beispielsweise durch Erfordernisse wie
Gesundheit und Wohlbefinden nach
„Homeschooling“. Zusätzlich gab es im ersten Einschätzung der Befragten vor und
Jahr der Pandemie Einschränkungen im Frei- während der Pandemie (2020, 2021
zeitleben und damit auch eine Einschränkung und 2022)
bei den Erholungsmöglichkeiten (Waltersba-
cher et al. 2021). 2021, im zweiten Jahr der 2Kognitive Irritationen
Pandemie, wurden zahlreiche einschränkende Werden Probleme aus dem Arbeitsalltag auch
Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung nach Feierabend im Geiste bearbeitet, so
temporär gelockert und Freizeitmöglichkeiten spricht man von kognitiver Irritation durch die
konnten wieder vermehrt in Anspruch genom- Arbeit. Um ein Bild von der kognitiven Irri-
men werden. tation der Befragten zu gewinnen, wurden die
Erwerbstätigen gefragt, wie gut sie (1) nach
Arbeiten im Homeoffice der Arbeit abschalten können und (2) wie sehr
Arbeitsprobleme ihre Gedankenwelt auch über
Um den Betriebsablauf unter den Bedingungen den Arbeitstag hinaus beherrschten.
der Covid-19-Pandemie zu erhalten, haben die In der Befragung im Jahr 2020, also un-
Unternehmen im Jahr 2020 und 2021 auf die mittelbar vor Ausbruch von Covid-19, traf auf
notwendigen Distanzregeln und Lockdowns ein gutes Viertel der Befragten die Aussage
mit verschiedenen Angeboten an die Mitarbei- „Ich muss auch außerhalb der Arbeitszeit an
tenden reagiert. Ein Teil der Regeln betraf den Schwierigkeiten bei der Arbeit denken“ (voll
Schutz der Mitarbeitenden vor einer Erkran- und ganz) zu (26,2 %) (. Abb. 6.2 oben). Die
kung: Einige Unternehmen haben besonders durchschnittliche Bewertung lag auf einer sie-
vulnerable Gruppen freigestellt, weitaus mehr benstufigen Skala von 1 (trifft überhaupt nicht
Unternehmen flexibilisierten die Arbeitszeiten zu) bis 7 (trifft voll und ganz zu) bei 3,9.
und den Arbeitsort (Waltersbacher et al. 2021). Bei der Befragung 2022 stimmten dagegen
Das Arbeiten im Homeoffice ermöglichte es, mit 22,3 % weniger Befragte dieser Aussage
die Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten und (voll und ganz) zu. Der Anteil derer, die über-
Kontakte zu reduzieren. haupt keine Probleme damit hatten, schwierige
Bei den Befragten der Jahre 2021 und 2022 Situationen gedanklich in der Arbeitswelt zu
handelt es sich um Beschäftigte, die ihren Ar- belassen, verblieb in der aktuellen Befragung
beitgeber in den letzten zwölf Monaten vor (2022) bei knapp 17 %. Die durchschnittliche
der Befragung nicht gewechselt haben. Knapp
70 % der Befragten gaben in der Vorjahres- 4 Die Frage wurde bei der Befragung 2020 nicht ge-
befragung im Februar/März 2021 an, dass es stellt.
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
93 6

„Wieviel ihrer Arbeitszeit haben Sie in den letzten 12 Monaten im „Homeoffice“ gearbeitet?“

Nicht im „Homeoffice“ gearbeitet 40,8


Im „Homeoffice“ gearbeitet 59,8
Davon:
Weniger als 25% der Arbeitszeit 30,4
25% bis unter 50% der Arbeitszeit 16,9
50% bis unter 75% der Arbeitszeit 12,3
75% oder mehr der Arbeitszeit 40,4

0 10 20 30 40 50 60 70
Anteil in %
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.1 Arbeiten von zu Hause (2022)

„Ich muss auch außerhalb der Arbeitszeit/nach der


Arbeit an Schwierigkeiten bei der Arbeit denken.“ Mittelwert*
Befragung 2020 26,2 26,8 30,3 16,7 3,9
Befragung 2022 22,3 27,5 33,5 16,8 3,7

„Es fällt mir schwer, nach der Arbeit abzuschalten.“


Befragung 2022 16,3 25,5 32,9 25,3 3,3

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Anteil in %
Trifft (voll und ganz) zu (6-7) Trifft eher zu (4-5) Trifft eher nicht zu (2-3) Trifft überhaupt nicht zu (1)
* Mittelwert zwischen 1 „Trifft überhaupt nicht zu“ und 7 „Trifft voll und ganz zu“
Daten gewichtet
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.2 Kognitive Irritation (2020/2022)

Selbsteinschätzung lag 2022 bei 3,7. Die ge- In Bezug auf die Fähigkeit, nach der Arbeit
dankliche Trennung von den Problemen in der abschalten zu können, unterscheiden sich die
Arbeitswelt gelang den Befragten bei der ak- Geschlechter signifikant voneinander: 18,5 %
tuellen Befragung also im Durchschnitt etwas der weiblichen Befragten gaben an, nach der
besser als noch vor der Pandemie. Arbeit nicht gut abschalten zu können, gegen-
Gerade mal jede vierte Person bewertete über 14,2 % der männlichen Befragten (p <
in der Befragung von 2022 die Aussage „Es 0;001)5 . In Bezug auf die Fähigkeit, Proble-
fällt mir schwer, nach der Arbeit abzuschalten“ me bei der Arbeit in der Freizeit ruhen zu
mit „Trifft überhaupt nicht zu“ (25,3 %), wäh-
rend 16,3 % der Erwerbstätigen die Aussage 5 Die Wahrscheinlichkeit, dass ein gemessener Zusam-
als zutreffend ansahen („trifft (voll und ganz) menhang/Unterschied in der Stichprobe zufällig ist
(nicht signifikant), wird über den p-Wert ausgedrückt.
zu“). Auf einer siebenstufigen Skala wurden In der vorliegenden Untersuchung wurde ab einem
die Schwierigkeiten, abschalten zu können, im Signifikanzniveau von p " 0;05 von einem überzu-
Durchschnitt mit 3,3 bewertet. fälligen Zusammenhang ausgegangen.
94 A. Waltersbacher et al.

lassen, unterscheiden sich die männlichen und gung von 2022 wurden die subjektiv empfun-
weiblichen Befragten demgegenüber nicht si- denen Beschwerden in einer Phase erhoben,
gnifikant. die einerseits mit Lockerungen von Maßnah-
men zur Bekämpfung der Pandemie und an-
2Gesundheitliche Beschwerden dererseits mit anhaltenden Veränderungen und
der Befragten von 2020 bis 2022 Belastungen im Arbeits- und Privatleben ver-
Um zu untersuchen, unter welchen – der Ar- bunden war.
beitssituation zugeschriebenen – Beeinträch- Nur ein kleiner Anteil von 5,4 % der Be-
tigungen die Befragten leiden, wurden ihnen fragten gab 2020 an, in den vorangegangenen
zahlreiche Beschwerden genannt, zu denen sie vier Wochen unter keiner der aufgezählten Be-
auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht darun- schwerden gelitten zu haben. Im Durchschnitt
ter gelitten) bis 7 (ständig darunter gelitten) wurde die Häufigkeit der gesamten Beschwer-
angeben sollten, wie stark sie in den jeweils den auf der Siebener-Skala mit 2,2 bewertet
6 vorangegangenen vier Wochen darunter gelit- (Mittelwert). Im ersten Pandemiejahr vergrö-
ten hatten.6 ßerte sich der Anteil der Befragten ohne Be-
Einige gesundheitliche Beschwerden ge- schwerden (wegen des Rückgangs der Infek-
hen mit Beeinträchtigungen sowohl der Psyche tionskrankheiten) auf 6,3 %, aber die durch-
als auch des Körpers einher. Für sie wurde schnittliche Bewertung verschlechterte sich
der Oberbegriff „psychosomatische Beschwer- leicht auf 2,3 und blieb auch 2022 bei diesem
den“ vergeben, die Beschwerdehäufigkeit je- Wert. Der Anteil der Befragten ohne eine der
doch auf Ebene der Einzelbeschwerden dar- hier abgefragten Beschwerden lag 2022 nur
gestellt (. Abb. 6.4). Weitere Beschwerden noch bei 4,5 % (ohne Abbildung).
wurden jeweils unter der Gruppe der emo-
tionalen und der körperlichen Beschwerden 2Emotionale Beschwerden
subsummiert (. Abb. 6.3 und 6.5). Die ein- Ein Anteil von 11,1 % der Befragten des Jahres
zelnen Beschwerden wurden 2020, 2021 und 2020 berichtete, keine emotionalen Beschwer-
2022 in gleicher Weise abgefragt. den gehabt zu haben. Dieser Anteil blieb 2021
Die unmittelbar vor Ausbruch der Covid- konstant, sank aber im Jahr 2022 auf 8,9 %.
19-Pandemie im Jahr 2020 ermittelten Be- Die durchschnittliche Belastung durch emotio-
schwerden ermöglichen ein Bild aus der vor- nale Beschwerden stieg von 2,5 im Jahr 2020
pandemischen Zeit.7 Die Befragung, die ein auf 2,7 und verblieb auch im zweiten Pande-
Jahr später (2021) durchgeführt wurde, spie- miejahr auf diesem Niveau (Skala von 1 bis 7)
gelt bereits die besonderen Lebens- und Ar- (ohne Abbildung).
beitsumstände im ersten Pandemiejahr und die Insgesamt gaben die Befragten am
Folgen für die Gesundheit wider. In der Befra- häufigsten „emotionale Beschwerden“ an
(. Abb. 6.3). Sie gelten als Indikator für
6 Für die Darstellung wurden die Werte 2 und 3 zu „sel- Beeinträchtigungen des psychischen Befin-
tene Beschwerden“, die Werte 4 und 5 zu „häufige dens aufgrund von Fehlbeanspruchungen. Die
Beschwerden“ und die Werte 6 und 7 zu „ständige Be- häufigste emotionale Irritation war Wut und
schwerden“ zusammengefasst. Verärgerung: Von knapp 70 % in den Befra-
7 Für den Vergleich der drei Querschnittsbefragungen
2020, 2021, 2022 wurden in der vorliegenden Un- gungen der Jahre 2020 und 2021 stieg der
tersuchung gewichtete Werte genutzt. Damit können Anteil auf 77 % in der diesjährigen Befragung
mögliche Unterschiede in der Stichprobenzusammen- (seltene bis ständige Beschwerden). 13,4 %
setzung der drei repräsentativen Beschäftigtenbefra- der Befragten sagten aus, in den letzten vier
gungen ausgeglichen werden. Die Werte für die Jahre Wochen sogar ständig Wut und Verärgerung
2020 und 2021 können deshalb geringfügig von den
Werten abweichen, die unter anderem in den bis-
empfunden zu haben. Rund 70 % der Befrag-
herigen Ausgaben des Fehlzeiten-Reports publiziert ten gaben 2022 an, sich selten bis ständig wie
wurden. ausgebrannt gefühlt zu haben, davon 11,4 %
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
95 6

„Wie stark haben Sie in den letzten vier Wochen unter diesen Beeinträchtigungen gelitten?“

Emotionale Beschwerden
Wut und Verärgerung Mittelwert**
Befragung 2020* 9,1 21,4 39,4 30,2 2,8
Befragung 2021 9,2 24 36,7 30,1 2,9
Befragung 2022 13,4 22,4 41,2 23 3,1

Lustlosigkeit, wie „ausgebrannt“ sein


Befragung 2020* 10,3 18,5 34,7 36,5 2,7
Befragung 2021 11,8 25,2 34,9 28,1 3
Befragung 2022 11,5 20,8 37,1 30,6 2,9

Zweifel an den eigenen Fähigkeiten


Befragung 2020* 12,7 31,2 52,7 2
3,7 3,4

Befragung 2021 12,5 33,1 50,7 2,1


Befragung 2022 4,1 12 31,3 52,6 2,1

Nervosität und Reizbarkeit


Befragung 2020* 6,4 19,3 37,4 36,9 2,5
Befragung 2021 7,3 23,6 39 30,1 2,8
Befragung 2022 9,6 20,1 40,6 29,7 2,8

Niedergeschlagenheit
Befragung 2020* 6,1 16,2 28,3 49,5 2,3
Befragung 2021 6,6 20 34,4 39,1 2,5
Befragung 2022 7,8 18,5 30,5 43,2 2,5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Anteil in %
Ständige Beschwerden (6-7) Häufige Beschwerden (4-5)
Seltene Beschwerden (2-3) Keine Beschwerden (1)
* Befragung vor Ausbruch von Covid-19 in Deutschland
**Mittelwert zwischen 1 "Überhaupt nicht darunter gelitten" und 7 „Ständig darunter gelitten“
Daten gewichtet
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.3 Belastung durch emotionale Beschwerden, die durch die Arbeit entstanden sind, in den vorangegangenen
vier Wochen (2020/2021/2022)

ständig. Nervosität und Reizbarkeit empfan- 2Psychosomatische Beschwerden


den 2022 ebenfalls ca. 70 %, davon knapp Im Jahr 2020 gaben 18,9 % der befrag-
10 % ständig. Nervosität und Reizbarkeit ha- ten Beschäftigten an, in den vorangegange-
ben damit im Verlauf der letzten beiden Jahre nen vier Wochen unter keinen psychosomati-
ebenfalls zugenommen. schen Beschwerden gelitten zu haben. 2021
sank der Anteil beschwerdefreier Befragter
96 A. Waltersbacher et al.

„Wie stark haben Sie in den letzten vier Wochen unter diesen Beeinträchtigungen gelitten?“
Psychosomatische
Beschwerden Erschöpfung Mittelwert**
Befragung 2020* 11,6 25,8 32,4 30,3 3
Befragung 2021 12,2 28,2 33,5 26,2 3,2
Befragung 2022 15,7 25,5 37,1 21,7 3,3

Schlafstörungen
Befragung 2020* 8,6 13,3 26,4 51,8 2,3
Befragung 2021 9,6 17,3 28,4 44,7 2,5
Befragung 2022 9,2 14,7 26,1 50 2,4
6 Konzentrationsprobleme
Befragung 2020* 13,7 34,4 48,2 2,2
3,7

Befragung 2021 4,2 18,4 39,3 38,1 2,4


Befragung 2022 4,8 15,5 35,4 44,3 2,3

1,7 Angstgefühle bei und vor der Arbeit


Befragung 2020* 5,2 13,7 79,3 1,5
Befragung 2021 7,1 19,2 71 1,6
2,6

Befragung 2022 6,6 18,6 71,3 1,7


3,5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Anteil in %
Ständige Beschwerden (6-7) Häufige Beschwerden (4-5)
Seltene Beschwerden (2-3) Keine Beschwerden (1)
* Befragung vor Ausbruch von Covid-19 in Deutschland
**Mittelwert zwischen 1 „Überhaupt nicht darunter gelitten“ und 7 „Ständig darunter gelitten“
Daten gewichtet
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.4 Belastung durch psychosomatische Beschwerden, die durch die Arbeit entstanden sind, in den vorangegan-
genen vier Wochen (2020/2021/2022)

auf 15,8 % und 2022 erneut auf nun 14,8 % schöpfung zu empfinden. Dabei berichtete et-
(ohne Abbildung). Die durchschnittliche Be- wa jede achte befragte Person im Jahr 2022
lastung durch psychosomatische Beschwerden sogar von ständiger Erschöpfung (15,7 %)
verstärkte sich in der Pandemie: Von 2,2 im Seltene bis ständige Angstgefühle nahmen
Jahr 2020 stieg sie auf 2,4 im Jahr 2021 im ersten Pandemiejahr (Befragung 2021) von
und verblieb auch in der Befragung 2022 auf 20,7 % im Jahr 2020 auf 29 % im Jahr 2021 zu
diesem Niveau (. Abb. 6.4). Als häufigstes und verblieben dann im zweiten Pandemiejahr
psychosomatisches Gesundheitsproblem wur- (2022) auf diesem Niveau. Seltene bis stän-
de Erschöpfung angegeben, die durch die Ar- dige Konzentrationsprobleme stiegen in der
beit entstanden ist („seltene Beschwerden“ bis Befragung 2021 zunächst an (2020: 51,8 %,
„ständige Beschwerden“). Mit jeder Befra- 2021: 61,9 %), gingen in der Befragung 2022
gungswelle berichteten die Befragten etwas dann jedoch wieder zurück – wenn auch nicht
häufiger davon, („selten“ bis „ständig“) Er- auf das Niveau von 2020.
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
97 6

„Wie stark haben Sie in den letzten vier Wochen unter diesen Beeinträchtigungen gelitten?“

Körperliche Beschwerden Rücken- oder Gelenkbeschwerden Mittelwert**


Befragung 2020* 16,1 19,3 22,1 42,5 2,9
Befragung 2021 14,4 22,7 26,5 36,4 3
Befragung 2022 14,3 19,6 28,9 37,2 2,9

Kopfschmerzen
Befragung 2020* 5,8 10,8 24,3 59,1 2
Befragung 2021 6,5 14,3 26,1 53,1 2,2
Befragung 2022 7 13 25 55 2,2

Infektionserkrankungen
Befragung 2020* 6,6 14,2 75,3 1,7
3,9

Befragung 2021 8,8 86,6 1,3


2,4
2,2

Befragung 2022 9,1 82,1 1,5


4,5
4,3

Magen-Darm-Beschwerden
Befragung 2020* 6 14,2 76,3 1,6
3,5

Befragung 2021 6,3 15,1 75,7 1,6


2,9

Befragung 2022 5,8 11,4 79,2 1,6


3,6

Atemwegserkrankungen
Befragung 2020* 11,7 81,4 1,6
4,2
2,7

Befragung 2021 9,3 84,8 1,4


3,1
2,8

Befragung 2022 3 9,1 84,5 1,4


3,4

Herz-Kreislauf-Beschwerden
Befragung 2020* 11,7 81,4 1,4
4,2
2,7

Befragung 2021 5,5 13,5 79,1 1,5


1,9

Befragung 2022 4,7 11,6 80,5 1,5


3,2

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Anteil in %
Ständige Beschwerden (6-7) Häufige Beschwerden (4-5)
Seltene Beschwerden (2-3) Keine Beschwerden (1)
* Befragung vor Ausbruch von Covid-19 in Deutschland
**Mittelwert zwischen 1 „Überhaupt nicht darunter gelitten“ und 7 „Ständig darunter gelitten“
Daten von 2020 und 2021 ebenfalls gewichtet
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.5 Belastung durch körperliche Beschwerden, die durch die Arbeit entstanden sind, in den vorangegangenen
vier Wochen (2020/2021/2022)
98 A. Waltersbacher et al.

2Körperliche Beschwerden lerer Effektstärke (p < 0;001, Cohens d D


Knapp ein Viertel der Befragten (23,4 %) be- 0;1 bis 0;3).8
richtete in der Befragung vor der Pandemie
(2020) keine körperlichen Beschwerden ge- 2Arbeitsunfähigkeitszeiten und
habt zu haben. Der Anteil von beschwerdefrei- Präsentismus
en Befragten verringerte sich im ersten Pan- Mehr als drei Viertel der befragten Beschäf-
demiejahr auf 22,2 % und 2022 nochmals auf tigten gaben 2020 an, in den vorangegangenen
21,5 % (ohne Abbildung). Die durchschnitt- zwölf Monaten mindestens einen krankheits-
lichen körperlichen Beschwerden sanken von bedingten Fehltag gehabt zu haben (76,1 %).
1,9 im Jahr 2020 auf 1,8 im Jahr 2021 leicht ab, Der Anteil reduzierte sich im ersten Pandemie-
was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass jahr mit seinen zahlreichen Lockdown-Zei-
die Abstandsregeln und die Lockdown-Zeiten ten auf 59,3 %. Vermutlich haben die zahlrei-
chen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung
6 zu deutlich weniger (seltenen bis ständigen)
Infektionskrankheiten führten (2020: 24,7 % wie Kurzarbeit oder das Arbeiten im Homeof-
gegenüber 13,4 % im Jahr 2021) und in einigen fice dazu beigetragen. 2022 stieg der Anteil der
Branchen (zeitweise) der Betrieb eingestellt Befragten, die angaben, an mindestens einem
wurde (. Abb. 6.5). Mit dem Wegfall dieser Tag während der zwölf Monate vor der Befra-
Regeln stieg 2022 die Belastung bei den Infek- gung krankheitsbedingt bei der Arbeit gefehlt
tionskrankheiten wieder an (seltene bis stän- zu haben, wieder auf gut zwei Drittel (69,4 %)
dige Beschwerden: 17,9 %). Atemwegserkran- (. Abb. 6.6). Dabei lässt sich ein leichter
kungen blieben hingegen auf dem niedrigeren Geschlechterunterschied erkennen: So hatten
Niveau des Pandemiejahres. Kopfschmerzen von den männlichen Befragten weniger, von
oder Herz-Kreislauf-Beschwerden sanken laut den weiblichen Befragten hingegen signifikant
den Befragungsergebnissen 2021, die während mehr, als zu erwarten gewesen wären, im Jahr
der Pandemie ermittelt wurden, und stiegen in 2022 mindestens einen krankheitsbedingten
der diesjährigen Befragung dann wieder an, Arbeitsunfähigkeitstag (AU-Tag) (p < 0;001).
jedoch ohne das vorpandemische Niveau (Be- Im Durchschnitt berichteten die Befrag-
fragung 2020) zu erreichen. Insgesamt liegen ten 2020 von 12,2 krankheitsbedingten Fehlta-
9
die durchschnittlichen körperlichen Beschwer- gen. Dieser Durchschnittswert sank im ersten
den mit 1,9 wieder bei dem Wert, den sie vor Pandemiejahr aus den oben genannten Grün-
der Pandemie hatten.
Im Jahr 2021, und damit nach einem Jahr 8 Die Maßzahl Cohens d verdeutlicht wie groß der Ef-
fekt eines Unterschiedes zwischen zwei Mittelwerten
Pandemie, sind die Rücken- und Gelenkbe-
ist. Bis 0,2 wird von einem kleinen Effekt gespro-
schwerden – als die ohnehin am häufigsten ge- chen, ab 0,5 von einem mittleren und ab 0,8 von einem
nannten körperlichen Beschwerden – leicht an- starken Effekt (Cohens d – Dorsch – Lexikon der Psy-
gestiegen. Mit 62,8 % stellten seltene bis stän- chologie (7 hogrefe.com)).
dige Rücken- und Gelenkbeschwerden dann 9 Hier werden die AU-Tage erfasst, an die sich die
Befragten erinnern. Ein Vergleich mit der offiziel-
auch 2022 wieder die häufigste körperliche
len Angabe der durchschnittlichen Fehltage in der
Beeinträchtigung dar. 14,3 % der Befragten deutschen Wirtschaft ist nicht möglich: In der Fehl-
berichteten darüber, ständig unter diesen Sym- zeitenstatistik werden gemeldete Fehltage erfasst. Das
ptomen gelitten zu haben – vor der Pande- bedeutet, dass beispielsweise Sonn- und Feiertage
mie umfasste diese besonders belastete Gruppe mitgezählt werden, die die Befragten hier unter Um-
ständen nicht mitzählen. Eine weitere Differenz zu
noch 16,1 %.
offiziellen Zählungen von AU-Tagen ergibt sich da-
Alle Beschwerden werden von Frauen si- durch, dass manche Arbeitgeber bereits für den ersten
gnifikant häufiger angegeben als von Män- Fehltag ein ärztliches Attest verlangen, andere erst am
nern, wenn auch nur mit schwacher bis mitt- dritten Tag.
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
99 6

Befragte mit mind. 1


AU-Tag, Anteil in %
12,2 76,1
Arbeitsunfähigkeitszeiten 8,6 59,3
12,0 69,4
Befragte mit mind. 1 Tag
Präsentismus, Anteil in %
2,7 27,6
Präsentismuszeiten 1,6 13,2
2,0 23,4

0 2 4 6 8 10 12
Durchschnittliche Anzahl an Tagen
2020 2021 2022
Daten gewichtet
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.6 Arbeitsunfähigkeitszeiten und Präsentismus (2020/2021/2022)

den auf 8,6 und stieg bei der Befragung von sind weniger produktiv, denn Erkrankte sind
2022 wieder auf 12,0 Tage an. Die männlichen weniger arbeits- und leistungsfähig. Im Fal-
Befragten fehlten dabei mit durchschnittlich le eines akuten Infekts können Erkrankte au-
9,7 Tagen an signifikant weniger Tagen als ßerdem andere Mitarbeitende oder Kundinnen
die weiblichen Befragten mit durchschnittlich und Kunden anstecken.
14,4 AU-Tagen. Hinsichtlich des Alters der In der Befragung 2020 zeigte sich, dass
Befragten ließen sich die erwartbaren Unter- die Befragten im vorangegangenen Jahr im
schiede bei den AU-Tagen feststellen: Mit zu- Durchschnitt an 2,7 Tagen entgegen ärztlichem
nehmendem Alter steigen die Zahlen der von Rat gearbeitet hatten. Im ersten Pandemiejahr
krankheitsbedingten Fehlzeiten Betroffenen an sank der Wert auf 1,6 Tage und näherte sich
(p < 0;001). Insbesondere bei den Langzeit- dann mit 2,0 Tagen in der aktuellen Befragung
arbeitsunfähigkeiten von mehr als 43 Tagen (2022) wieder dem vorpandemischen Wert an.
zeigte sich die Gruppe der 56- bis 67-jährigen Die durchschnittliche Anzahl von 2,0 Tagen
stärker betroffen als die der Altersgruppen un- im Jahr 2022 ergibt sich aufgrund signifikanter
ter 35 Jahren. geschlechtsspezifischer Unterschiede: Frauen
Neben Absentismus wurde in dieser Un- sind mit 2,3 Tagen gegenüber Männern mit 1,8
tersuchung auch Präsentismus beobachtet. Da- Präsentismustagen häufiger krank zur Arbeit
zu wurde gefragt, an wie vielen Tagen der gegangen (p < 0;001).
vorangegangenen zwölf Monate die Befrag-
ten entgegen ärztlichem Rat krank zur Arbeit
gegangen waren. Die möglichen Folgen von
Einstellungen zur Arbeit:
Präsentismus: Wer krank arbeitet, hat – je nach Arbeitszufriedenheit, Verbunden-
Ursache der Gesundheitsprobleme – zumin- heit mit dem Unternehmen,
dest in manchen Fällen ein höheres Fehler- Leistungsbereitschaft
und Unfallrisiko, mit negativen Folgen für das In der aktuellen Befragung von 2022 wurden
Unternehmen und sich selbst. Die betroffenen Einstellungen zur Arbeit untersucht: Das Ge-
Mitarbeitenden (und damit das Unternehmen) fühl der Verbundenheit mit dem Unternehmen,
100 A. Waltersbacher et al.

also das affektive Commitment, die Zufrieden- Insgesamt fiel die Einschätzung des ge-
heit mit der Arbeit und die Motivation, für die- meinwohlorientierten oder nachhaltigen Enga-
ses Unternehmen Leistung zu erbringen. Mit gements der Unternehmen bei den drei Aus-
circa 85 % aller Befragten, die mit ihrer Arbeit sagen unterschiedlich aus, wie in . Abb. 6.8
(eher) zufrieden sind, und nur ca. 8 % derjeni- zu sehen ist. Am besten bewerteten die Be-
gen, die (eher) nicht zufrieden sind, fallen die fragten mit knapp 80 % („trifft (eher) zu“)
Antworten sehr positiv aus (. Abb. 6.7). den fairen Umgang mit allen beteiligten Per-
Ein ähnliches Bild zeigte sich in Bezug auf sonen. Für mehr als ein Viertel der Befrag-
das Verbundenheitsgefühl mit dem Unterneh- ten traf das sogar voll und ganz zu (28,7 %).
men: Knapp 80 % der Befragten berichteten, Knapp 58 % fanden die Aussage (eher) zu-
sich mit ihrem Unternehmen verbunden zu treffend, dass sich ihr Unternehmen über den
fühlen, nur ca. 11 % sagten hingegen aus, dass eigentlichen Unternehmenszweck hinaus für
dies (eher) nicht zuträfe. Ihre Leistungsbereit- die Gesellschaft engagiere und ein gutes Fünf-
6 schaft bewerteten fast 90 % der Befragten mit tel (21,4 %) fand diese Aussage ganz und
(eher bis sehr) hoch und nur ein sehr kleiner gar zutreffend. An dritter Stelle des Rankings
Anteil an den Befragten von 5,3 % gab an, folgt die Berücksichtigung von Umweltschutz-
(eher) keine Leistungsbereitschaft zu empfin- aspekten, bei denen 56,8 % der Befragten der
den. Aussage „Bei den täglichen Entscheidungen
werden in meinem Unternehmen grundsätz-
lich Umweltaspekte berücksichtigt“ (eher) zu-
6.2.2 Unternehmen in der stimmten. Nur 14,3 % sahen diese Aussage
Verantwortung: Gemeinwohl jedoch als voll und ganz zutreffend an. Das
und Nachhaltigkeit (CSR) bedeutet, dass bei diesen beiden Aspekten von
CSR (Umwelt und Gesellschaft) fast die Hälfte
der Befragten jeweils der Ansicht waren, dass
2Engagement für Umwelt und Gesellschaft ihr Unternehmen sich der Verantwortung für
im Unternehmen die Gesellschaft und die Umwelt nicht stelle.
Entsprechend dem Schwerpunktthema „Ver- Die Einschätzung der gemeinwohlorien-
antwortung“ des Fehlzeiten-Reports 2022 wur- tierten und nachhaltigen Bemühungen von Un-
de fokussiert, inwiefern die Befragten ihr Un- ternehmen aus Sicht der Beschäftigten sagt
ternehmen – über den Unternehmenszweck zunächst nichts darüber aus, wie die Beschäf-
oder gesetzliche Vorgaben hinaus – als verant- tigten das Maß dieses Engagements subjektiv
wortungsbewusst wahrnehmen. Dazu wurden bewerten. Deshalb wurde in dieser Untersu-
die Befragten gebeten, ihr Unternehmen in chung auch erhoben, ob die Befragten das Un-
Bezug auf gemeinwohlorientiertes und nach- ternehmensengagement für Umwelt, Stakehol-
haltiges Handeln (Corporate Social Responsi- der und Gesellschaft als ausreichend bewerten.
bility (CSR)) zu bewerten. Dabei wurden drei Knapp 61 % finden, dass das Unternehmen
Aspekte fokussiert: (1) der faire Umgang mit sich ausreichend engagiert (eher bis voll und
allen Personen, mit denen das Unternehmen ganz). Rund ein Viertel der Befragten (26,6 %)
direkt und indirekt interagiert, (2) das Enga- gab dagegen an, dass das Unternehmensenga-
gement für die Gesellschaft sowie (3) die Be- gement ihrer Ansicht nach (eher bis ganz und
rücksichtigung des Umweltschutzes bei tägli- gar) nicht ausreichend ist. Bei der Bewertung
chen Entscheidungen. Bei den genannten Fra- lassen sich signifikante Unterschiede zwischen
gen wurde die subjektive Einschätzung der den Geschlechtern erkennen: Von den weib-
Befragten zum Engagement gemessen, nicht lichen Befragten stuften rund 57 % das Un-
jedoch das tatsächliche Engagement der Unter- ternehmensengagement als (eher bis voll und
nehmen. ganz) ausreichend ein, gegenüber knapp 65 %
der männlichen Befragten (p < 0;001).
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
101 6

Mittelwert*

Leistungsbereitschaft 27,7 59,4 7,5 4,4 0,9 5,7


Unternehmensverbundenheit 24,8 54,5 9,6 9,3 1,9 5,4
Arbeitszufriedenheit 18,5 66,1 7,8 6,8 0,8 5,5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Anteil in %
Sehr hoch (7) Eher hoch (5-6) Teils, teils (4) Eher gering (2-3) Sehr gering (1)
*Mittelwert zwischen 1 „Sehr gering“ und 7 „Sehr hoch“
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.7 Einstellung zur Arbeit (2022)

Mittelwert*
„In meinem Unternehmen hat es eine hohe 2,2
Priorität fair mit allen Personen umzugehen, 28,6 50,2 8,9 10,1 5,5
mit denen das Unternehmen zu tun hat.“
„Mein Unternehmen engagiert sich auch
über den Unternehmenszweck hinaus 21,4 36 12,9 18,4 11,3 4,6
für das Wohlergehen der Gesellschaft.“
„Bei den täglichen Aktivitäten und Entscheidun-
gen werden in meinem Unternehmen grund- 14,3 42,4 16,1 20,6 6,6 4,6
sätzlich Umweltschutzaspekte berücksichtigt.“

0 20 40 60 80 100
Anteil in %
Trifft voll und ganz zu (7) Trifft eher zu (5-6) Teils, teils (4)
Trifft eher nicht zu (2-3) Trifft überhaupt nicht zu (1)
*Mittelwert zwischen 1 "Trifft überhaupt nicht zu" und 7 "Trifft voll und ganz zu"
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.8 Gemeinwohlorientiertes und nachhaltiges Verhalten der Unternehmen (CSR) aus Sicht der Befragten

2Gruppenvergleiche: Befragte aus und ganz zu“), wurden der Gruppe „Hohes
Unternehmen mit hohem versus CSR-Engagement“ zugeordnet. Befragte, die
geringem CSR-Engagement das Engagement insgesamt als niedrig bewer-
Eine zentrale Frage dieser Untersuchung war: tet hatten (1 „trifft überhaupt nicht zu“ bis
Übernehmen die Firmen, denen eine gemein- unter 5 „teils, teils“), wurden der Gruppe „Ge-
wohlorientierte und nachhaltige Orientierung ringes CSR-Engagement“ zugeordnet. Diese
bei ihrem wirtschaftlichen Handeln wichtig ist, beiden Gruppen von Befragten hinsichtlich
auch mehr Verantwortung für die Gesundheit des „CSR-Engagements“ ihres Unternehmens
ihrer Beschäftigten? wurden dann im Weiteren mit Blick auf zahl-
Um dieser Frage nachzugehen, wurden die reiche Aspekte der gesundheitlichen Fürsor-
Befragten in zwei Gruppen unterteilt: Befrag- ge durch das Unternehmen verglichen. Dabei
te, die die gemeinwohlorientierte und nachhal- wurden 56,2 % aller Befragten der Gruppe
tige Ausrichtung in ihrem Unternehmen ins- „Hohes CSR-Engagement“ und 43,8 % der
gesamt über alle drei Fragen im Durchschnitt Gruppe „Geringes CSR-Engagement“ zuge-
als hoch bewerteten (5–7 „trifft eher“ bis „voll ordnet.
102 A. Waltersbacher et al.

Es fällt auf, dass sich die beiden Gruppen spielsweise Rückenschule, Entspannungskurse
darin unterscheiden, dass Befragte der Gruppe oder Kurse zum Stressmanagement) vorhan-
„Hohes CSR-Engagement“ deutlich häufiger den seien. Genaugenommen wird damit er-
in Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäf- hoben, ob die Befragten von solchen Ange-
tigten arbeiten (40 % im Vergleich zu 25 % boten Kenntnis haben, die Angebote also in
in der Gruppe „Niedriges CSR-Engagement“). der Wahrnehmung der Befragten vorhanden
Das erscheint insoweit plausibel, als dass das sind.
CSR-Engagement generell mit zunehmender Über die Hälfte der Befragten (58 %) be-
Größe steigt (. Abb. 6.9). Möglicherweise richteten, BGF-Maßnahmen seien vorhanden.
ist dies darauf zurückzuführen, dass größere Die Unternehmensgröße spielte auch bei der
Unternehmen an entsprechenden Berichtssys- Beantwortung dieser Frage eine Rolle: Be-
temen teilnehmen (müssen), eher personelle schäftige aus Unternehmen mit mehr als 1.000
und finanzielle Ressourcen für diese Themen Beschäftigten berichteten signifikant häufiger,
6 einsetzen können oder generell Personal für dass in ihrem Unternehmen Maßnahmen der
Unternehmensstrategien und -kommunikation Betrieblichen Gesundheitsförderung angebo-
zur Verfügung haben. Aber hier zeigt sich auch ten würden (p < 0;001). . Abb. 6.9 stellt
eine Ausnahme von der Regel: Die Befragten dar, wie stark das Angebot von Maßnahmen
aus sehr kleinen Unternehmen bewerten das der Betrieblichen Gesundheitsförderung von
CSR-Engagement ebenso gut wie die Befrag- der Unternehmensgröße abhängt: Knapp ein
ten aus den Unternehmen mit 250 bis unter Fünftel der Befragten aus den sehr kleinen
1.000 Beschäftigte. Unternehmen bejahten die Frage nach BGF-
Angeboten – bei den Befragten aus den größ-
ten Unternehmen waren es über 80 %. Auch
6.2.3 Gesundheitsbezogene hier gilt offenbar, dass große Unternehmen
Fürsorge im Unternehmen eher Ressourcen für Gesundheitsangebote zur
Verfügung stellen können.
Der Vergleich der beiden Gruppen „Ho-
Die gesundheitsbezogene Fürsorge in den Un- hes CSR-Engagement“ und „Geringes CSR-
ternehmen wurde in der vorliegenden Unter- Engagement“ ergibt einen statistisch bedeut-
suchung über drei Dimensionen operationali- samen Unterschied: Von den Befragten, die
siert: (1) Durch das Vorhandensein von BGF- die Gemeinwohlorientierung und Nachhaltig-
Maßnahmen im Unternehmen (nach Kenntnis keit ihres Unternehmens als hoch einschätzten,
der Befragten), durch (2) die Thematisierung gaben knapp 68 % an, dass in ihrem Un-
der Gesundheit der Mitarbeitenden durch die ternehmen BGF-Angebote vorhanden seien.
Geschäftsführung sowie (3) durch eine ge- Schätzten sie die Gemeinwohlorientierung und
sundheitsorientierte Führung. Die Ergebnisse Nachhaltigkeit ihres Unternehmens als gering
für diese drei Indikatoren einer gesundheits- ein, war der Anteil mit knapp 41 % deutlich
bezogenen Fürsorge werden im Folgenden kleiner (p < 0;001). Beide Faktoren, CSR-En-
zunächst für alle Befragten beschrieben und gagement und BGF-Angebot, sind demnach an
anschließend wird – über einen Vergleich zwi- die Unternehmensgröße gekoppelt.
schen den beiden oben beschriebenen Gruppen
– der Zusammenhang mit dem CSR-Engage- 2Die Thematisierung der Gesundheit
ment abgebildet. der Mitarbeitenden
Die Tatsache, dass die Förderung der Gesund-
2Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) heit der Mitarbeitenden auf der Ebene der Un-
In der vorliegenden Untersuchung wurde ge- ternehmensleitung laut Einschätzung der Be-
fragt, ob im Unternehmen Angebote der Be- fragten häufig thematisiert wird, dient in die-
trieblichen Gesundheitsförderung (wie bei- ser Untersuchung als Indikator für den Wert,
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
103 6

Anteil in %
90
81,9
80

70 65,4 67,3

60 53,4 55,4
49,6
50 46,4
49,6
40 35,3

30
19,7
20

10

0
1 bis unter 10 10 bis unter 50 50 bis unter 250 250 bis unter 1.000 1.000 und mehr
(n=178) (n=463) (n=557) (n=452) (n=835)
Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen
CSR-Engagement hoch (5 bis 7; n=1.405)* BGF vorhanden (n=1.457)*
*Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p<.001
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.9 CSR-Engagement des Unternehmens und BGF-Angebot nach Unternehmensgröße (Einschätzung der Be-
fragten)

Mittelwert*
„In unserem Unternehmen ist Gesund-
heitsförderung der Mitarbeitenden häufig 14,9 35,1 12,2 24,5 13,3 4,2
ein Thema der Unternehmensleitung.“

0 20 40 60 80 100
Anteil in %
Trifft voll und ganz zu (7) Trifft eher zu (5-6) Teils, teils (4)
Trifft eher nicht zu (2-3) Trifft überhaupt nicht zu (1)
*Mittelwert zwischen 1 „Trifft überhaupt nicht zu“ und 7 „Trifft voll und ganz zu“
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.10 Thematisierung von Gesundheitsförderung in der Unternehmensleitung

den die Gesundheit der Mitarbeitenden hat Gegenstand der Aufmerksamkeit in der Unter-
und für die Aufmerksamkeit, die sie erfährt. nehmenskultur wahrnehmen.
Parameter zur arbeitsbezogenen Gefährdung Die Hälfte der Befragten stimmte der Aus-
oder Belastung wurden in der vorliegenden sage (5–6 „eher“ bis 7 „voll und ganz“)
Untersuchung nicht erhoben. Stattdessen geht zu, dass ihre Unternehmensleitung die Ge-
es darum zu erfahren, ob und wie stark die sundheit der Mitarbeitenden häufig themati-
Befragten subjektiv die Verankerung der Ge- siert (50,0 %) (. Abb. 6.10). Befragte aus der
sundheit der Mitarbeitenden als Wert bzw. als Gruppe „Hohes CSR-Engagement“ gaben da-
104 A. Waltersbacher et al.

bei signifikant häufiger an, dass auf der Ebe- Wie . Abb. 6.11 zeigt, erhielt die Aussage
ne der Geschäftsführung die Gesundheit der „Meine Führungskraft sorgt für einen posi-
Beschäftigten häufig thematisiert werde (p < tiven Umgang untereinander (1)“12 die häu-
0;001, Cohens d D 0;9). Der Zusammenhang figste Zustimmung: Knapp zwei Drittel der
von Gemeinwohlorientierung und Nachhaltig- Befragten stimmten zu, davon 28,5 % sogar
keit (CSR) mit der Thematisierung der Mit- voll und ganz. Über die Hälfte der Befragten
arbeitendengesundheit auf Geschäftsführungs- bewertete die Aussage „Meine Führungskraft
ebene ist insgesamt hoch (Korrelation r D bemerkt es, wenn sie mich überfordert (2)“
0;5).10 als zutreffend, davon ca. ein Viertel voll und
ganz. Die männlichen Befragten stimmten der
2Gesundheitsbezogene Fürsorge Aussage dabei signifikant öfter zu als die weib-
der Führungskraft lichen Befragten (p D 0;005). Während die
Zahlreiche Aspekte des Führungsstils konnten Aussage, die die positivste Bewertung erhalten
6 von der entsprechenden Forschung – wie oben hat, eher die allgemeine Kultur der Kooperati-
dargelegt – als gesundheitsförderlich identi- on betrifft, ist die Aussage mit der zweitposi-
fiziert werden. In der vorliegenden Untersu- tivsten Bewertung als Aspekt der gesundheits-
chung wurde ohne expliziten Bezug zum ge- bezogenen Aufmerksamkeit zu werten.
nerellen Führungsstil mit dreizehn Aussagen11 Zwei Fragen aus dem Block „gesundheits-
(über die Zustimmung von 1 „trifft überhaupt bezogene Fürsorge“ haben Berührungspunkte
nicht zu“ bis 7 „trifft voll und ganz zu“) er- mit dem gesetzlichen Arbeitsschutz: „Meiner
schlossen, wie die Befragten die gesundheits- Führungskraft ist es wichtig, die gesundheit-
bezogene Fürsorge ihrer Führungskraft ein- lichen Belastungen an meinem Arbeitsplatz
schätzen. Die ausgewählten Aussagen bezie- zu mindern und Risiken abzubauen“ (5) und
hen sich darauf, ob die Führungskraft der Ge- „Meine Führungskraft fordert mich auf, sie
sundheit der Mitarbeitenden Aufmerksamkeit auf gesundheitliche Risiken an meinem Ar-
schenkt („Meine Führungskraft bemerkt . . . “, beitsplatz hinzuweisen“ (3). Knapp die Hälfte
„Meine Führungskraft weiß . . . “), die Gesund- stimmte der ersten Frage zu (ein Fünftel „voll
heit der Beschäftigten als wichtig empfindet und ganz“) und 43 % stimmen zu, dass die
und ob die Führungskraft durch gezielte Maß- Führungskraft versucht, die gesundheitlichen
nahmen versucht, Situationen dahingehend zu Risiken zu minimieren.
verbessern. Über die Zustimmung zu diesen Die Hälfte der Befragten hatte das Ge-
Aussagen wird deutlich, inwieweit die Ge- fühl, dass die Führungskraft sich verantwort-
sundheit der Mitarbeitenden – in der subjek- lich fühlt „. . . auf meine Gesundheit zu ach-
tiven Einschätzung der Befragten – einen Wert ten“ (4). Das bedeutet im Umkehrschluss,
für die Führungskraft darstellt. dass die Hälfte der Befragten glaubt, dass die
Führungskraft die Gesundheit der Belegschaft
10 Die hier gezeigten Korrelationskoeffizienten zeigen nicht in ihrem Verantwortungsbereich sieht.
den Zusammenhang zwischen zwei Variablen an (bi- Die durchschnittliche Bewertung lag auf einer
variate Korrelation). Die Werte des Koeffizienten nach siebenstufigen Skala bei 4,2.
Pearson können zwischen C1 und #1 liegen. Ein Wert Am seltensten stimmten die Befragten der
von > 0 bedeutet, je mehr die eine Variable zunimmt,
desto mehr nimmt auch die andere Variable zu und
Aussage zu „Meine Führungskraft ermuntert
ein Wert von < 0 bedeutet, je mehr der Wert der ei- mich, Bewegung und Ausgleich in meinen Ar-
nen Variablen zunimmt, desto stärker nimmt der Wert beitstag zu integrieren“ (13). 29,7 % der Be-
der anderen Variablen ab. Der Wert 0 zeigt an, dass es fragten sahen dies als zutreffend an, lediglich
keinen linearen Zusammenhang zwischen zwei Varia-
blen gibt.
11 Aus dem Untersuchungsteil „Staffcare“ (Fürsorge für 12 Die Aussagen sind zur besseren Lesbarkeit (nach
die Beschäftigten) des „Health oriented Leadership“- Häufigkeit, absteigend) nummeriert. Die Nummerie-
Fragebogens (HoL) von Felfe und Pundt (2017). rung wird im Weiteren erneut verwendet.
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
105 6

„Meine/r Führungskraft...“ Mittelwert*


(1) „…sorgt für einen positiven
28,5 35,2 9,9 17,3 9,0 4,9
Umgang untereinander.“

(2) „…bemerkt es, wenn


25,7 31,8 9,4 22,4 10,6 4,6
sie mich überfordert.“

(3) „…fordert mich auf, sie auf gesund-


heitliche Risiken an meinem Arbeits- 20,4 26,6 9,8 18,8 24,4 4,0
platz hinzuweisen.“

(4) „…fühlt sich dafür verantwortlich,


17,6 32,6 10,8 22,5 16,5 4,2
auf meine Gesundheit zu achten.“

(5) „…ist es wichtig, die gesundheitlichen


Belastungen an meinem Arbeitsplatz zu 17,0 36,0 12,6 24,0 10,5 4,4
mindern und Risiken abzubauen.“
(6) „…sorgt mit Verbesserungen im Bereich
Arbeitszeit dafür, dass meine Belastungen 16,3 30,0 11,7 21,7 20,2 4,0
reduziert werden.“

(7) „…weiß, welche Situationen mich


15,4 33,2 12,7 23,4 15,3 4,1
besonders stressen.“

(8) „…motiviert mich, Angebote der be-


trieblichen Gesundheitsförderung in 14,5 28,4 12,1 22,8 22,3 3,8
Anspruch zu nehmen.“**
(9) „…sorgt dafür, dass es im Team mal
wieder ruhiger zugeht, wenn wir längere 14,3 29,3 10,7 24,7 21,1 3,9
Zeit Stress hatten.“

(10) „…spricht mich an, wenn ich gestresst


14,2 29,8 11,2 20,9 23,8 3,8
wirke und versucht, Lösungen aufzuzeigen.“

(11) „…sorgt mit Verbesserungen im Be-


reich Arbeitsbedingungen dafür, dass 12,3 28,1 13,1 26,3 20,2 3,8
meine Belastungen reduziert werden.“
(12) „…sorgt mit Verbesserungen im Be-
reich Arbeitsorganisation dafür, dass 9,7 32,3 13,6 26,2 18,2 3,8
meine Belastungen reduziert werden.“

(13) „…ermuntert mich, Bewegung und Aus-


8,6 21,1 8,3 23,9 38,1 3,0
gleich in meinen Arbeitstag zu integrieren.“

0 20 40 60 80 100
Anteil in %
Trifft voll und ganz zu (7) Trifft eher zu (5-6) Teils, teils (4)
Trifft eher nicht zu (2-3) Trifft überhaupt nicht zu (1)
* Mittelwert zwischen 1 „Trifft überhaupt nicht zu“ und 7 „Trifft voll und ganz zu“
** Nur Befragte mit BGF-Angebot im Unternehmen (n=1.446)
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.11 Gesundheitsorientierte Führung

8,6 % davon voll und ganz. Frauen bewerteten 0;003). Damit erleben weniger als ein Drittel
diese Aussage kritischer als Männer und sagten der Befragten eine Führungskraft, die direkt zu
öfter als erwartet, dass sie nicht zuträfe (p D gesundheitsförderlichem Verhalten aufruft.
106 A. Waltersbacher et al.

Im Durchschnitt bewerteten die Befragten ker: Bei den Fragen zum Abbau von Risiken
ihre Zustimmung zu den dreizehn Aussagen und Belastungen bei den Mitarbeitenden (5)
zur gesundheitsbezogenen Fürsorge13 mit ei- (31,1 Prozentpunkte), dem Verantwortungsge-
nem Wert von 4,1 auf der siebenstufigen Skala, fühl für die Gesundheit der Mitarbeitenden (4)
bei der 7 einer vollen Zustimmung entspricht. (30,8 Prozentpunkte) und der Aufforderung,
auf gesundheitliche Risiken hinzuweisen (3)
2Gruppenvergleich: (27,5 Prozentpunkte), liegen die durchschnitt-
Gesundheitsorientierte Führung und lichen Bewertungen der beiden Extremgrup-
Bewertung des CSR-Engagements des pen am weitesten auseinander. Auch bei den
Unternehmens Fragen, die sich auf Stress und Stressbewäl-
Zwischen dem Engagement des Unternehmens tigung beziehen (6, 9, 10, 12), sind ähnlich
für Gemeinwohlorientierung und Nachhaltig- große Abstände zwischen den beiden Gruppen
keit (Durchschnitt über alle drei Fragen zu zu sehen (Differenz ca. 26 Prozentpunkte). Mit
6 CSR) und der Fürsorge der Führungskraft für 13,9 Prozentpunkten zeigt sich der geringste
die Beschäftigten (Durchschnitt über alle Fra- Abstand zwischen den Gruppen im Hinblick
gen zur Fürsorge) konnte mit r D 0;5 ein darauf, ob die Führungskraft eine Überforde-
starker Zusammenhang ermittelt werden. rung bei den Mitarbeitenden bemerkt (2).
. Abb. 6.12 zeigt die signifikanten Un- Die Ergebnisse zeigen, dass Befragte, die
terschiede in der positiven Beurteilung (Wer- ihr Unternehmen als (eher) gemeinwohlorien-
tung 5 bis 7) der gesundheitsorientierten Füh- tiertes und nachhaltig handelndes Unterneh-
rung zwischen den beiden Gruppen „Hohes men einstufen, auch die gesundheitsbezogene
CSR-Engagement“ und „Geringes CSR-En- Fürsorge ihrer Führungskraft besser bewerten.
gagement“ (p < 0;001 über alle Aussagen).
Hinsichtlich der Wahrnehmung der Führungs-
kraft von Überforderung und Stresssituationen 6.2.4 Extremgruppenvergleich
bei den Mitarbeitenden (Item 2 und 7) lie- „Unternehmensverantwor-
gen schwache Effekte vor (Cohens d D 0;4). tung“: Einstellungen zur
Für alle anderen Aussagen konnten mittlere bis
Arbeit und subjektive
starke Effekte ermittelt werden (Cohens d D
0;5–0,8). Gesundheit
Drei Viertel der Befragten aus Unterneh-
men mit hohem CSR-Engagement des Unter- 2Die Bildung der Extremgruppen
nehmens sagten über ihre Führungskraft, sie „Unternehmensverantwortung“
sorge für einen positiven Umgang miteinan- Bisher wurde dargestellt, dass ein – aus Sicht
der – in der Gruppe „Geringes CSR-Enga- der Beschäftigten – gemeinwohlorientiertes
gement“ sind rund ein Viertel weniger dieser und nachhaltiges Verhalten von Unternehmen
Ansicht. Bei anderen Aussagen ist die Diffe- (CSR) ein Indikator dafür sein kann, dass Un-
renz zwischen den beiden Gruppen noch stär- ternehmen sich auch stärker für die Gesund-
heit der Mitarbeitenden verantwortlich fühlen.
13 Der Mittelwert über alle Fragen der gesundheitsbezo- Darüber hinaus zeigte sich in zahlreichen ein-
genen Fürsorge wurde ohne die Frage „Meine Füh- zelnen Analysen (beispielsweise Chiquadrat-
rungskraft motiviert mich, Angebote der betrieblichen Tests, T-Tests), dass zudem das (1) Vorhan-
Gesundheitsförderung in Anspruch zu nehmen“ (8)
densein von BGF-Maßnahmen, (2) die Thema-
gebildet, da diese Frage nur den 1.457 Personen ge-
stellt wurde, die zuvor angegeben hatten, dass es in
tisierung der Gesundheitsförderung von Mit-
ihrem Unternehmen Maßnahmen der Betrieblichen arbeitenden durch die Geschäftsführung und
Gesundheitsförderung gibt. (3) die gesundheitsorientierte Führung (abge-
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
107 6

Befragte, die die Fürsorge ihrer Führungskraft positiv bewerteten (5 bis 7)


Differenz zwischen „CSR-
Engagement hoch“ und
„Meine/r Führungskraft...“
„CSR-Engagement gering“
in Prozentpunkten*
(1) „…sorgt für einen positiven Umgang 48,9 63,8 75,4
26,5
untereinander.“

49,8 57,6 63,7


(2) „…bemerkt es, wenn sie mich überfordert.“ 13,9

(3) „…fordert mich auf, sie auf gesundheitliche 31,5 47,0 59,0
27,5
Risiken an meinem Arbeitsplatz hinzuweisen.“

(4) „…fühlt sich dafür verantwortlich, auf 32,8 50,2 63,6


30,8
meine Gesundheit zu achten.“

(5) „…ist es wichtig, die gesundheitlichen 35,4 53,0 66,5


Belastungen an meinem Arbeitsplatz zu 31,1
mindern und Risiken abzubauen.“
(6) „…sorgt mit Verbesserungen im 32,2 46,4 57,5
Bereich Arbeitszeit dafür, dass meine 25,3
Belastungen reduziert werden.“

(7) „…weiß, welche Situationen mich 39,7 48,6 55,5


15,8
besonders stressen.“

(8) „…motiviert mich, Angebote der 26,7 42,8 50,5


betrieblichen Gesundheitsförderung in 23,8
Anspruch zu nehmen.“**
(9) „…sorgt dafür, dass es im Team mal 28,4 43,6 55,3
wieder ruhiger zugeht, wenn wir 26,9
längere Zeit Stress hatten.“

(10) „…spricht mich an, wenn ich gestresst 29,3 44 55,6


26,3
wirke und versucht, Lösungen aufzuzeigen.“

(11) „…sorgt mit Verbesserungen im 25,6 40,4 51,8


Bereich Arbeitsbedingungen dafür, dass 26,2
meine Belastungen reduziert werden.“
(12) „…sorgt mit Verbesserungen im 26,9 42,1 54,0
Bereich Arbeitsorganisation dafür, dass 27,1
meine Belastungen reduziert werden.“
(13) „…ermuntert mich, Bewegung und 18,3 29,7 38,5
Ausgleich in meinen Arbeitstag zu 20,2
integrieren.“

0 20 40 60 80
Anteil in %
„CSR-Engagement gering“ Alle Befragten (n=2.501) „CSR-Engagement hoch“
(1 bis unter 5; n=1.094) (5 bis 7; n=1.405)

* Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p<.001


**für diese Aussage gilt in den Kategorien „CSR-Engagement hoch“ n=972, „Alle Befragten“ n=1.446
und „CSR-Engagement gering“ n=473
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.12 Gruppenvergleich: Positiv beurteilte gesundheitsorientierte Führung nach Einschätzung des CSR-Engage-
ments des Unternehmens
108 A. Waltersbacher et al.

bildet über „Staffcare“14 ) jeweils Differenzen siehe auch erneut . Abb. 6.9). Befragte, die
in der Beurteilung der Beschwerdelast erga- aufgrund ihrer Antworten der Gruppe „Ho-
ben. Im Folgenden soll deshalb gezeigt wer- he Unternehmensverantwortung“ zugeordnet
den, wie die beiden Dimensionen – soziale wurden, arbeiten zu einem geringeren Anteil
und ökologische Verantwortung (CSR) einer- in Teilzeit (17 % zu 28 %) und haben zu einem
seits und die Verantwortung für die Gesund- höheren Anteil einen akademischen Abschluss
heit der Beschäftigten andererseits – gebün- (Fachhochschule oder Universität, 52 % im
delt unter dem Oberbegriff „Unternehmens- Vergleich zu 44 %).
verantwortung“ mit der subjektiven Gesund-
heit und dem Wohlbefinden der Befragten in 2Extremgruppenvergleich: Einstellungen
Beziehung stehen. Die daraus entwickelte Ex- zur Arbeit
tremgruppe „Hohe Unternehmensverantwor- Vergleicht man nur die positiven Beurteilun-
tung“ resultiert aus den positiven Bewertungen gen (5 bis 7 „trifft (ganz und gar) zu“ auf der
6 bei allen vier Aspekten (CSR und Gesund- siebenstufigen Skala) der hier abgefragten Ein-
heitsförderung im Unternehmen). Befragte der stellungen zur Arbeit der beiden Extremgrup-
Extremgruppe „Geringe Unternehmensverant- pen „Hohe Unternehmensverantwortung“ und
wortung“ haben ihr Unternehmen in allen „Niedrige Unternehmensverantwortung“, zei-
vier Aspekten negativ bewertet (. Abb. 6.13). gen sich signifikante Gruppenunterschiede bei
Nicht zu den beiden Extremgruppen gehören der Arbeitszufriedenheit, der Unternehmens-
die Befragten, die sowohl positive als auch ne- verbundenheit und bei der Leistungsbereit-
gative Bewertungen bei den hier abgefragten schaft (. Abb. 6.14). Während die Befragten
Aspekten abgaben. aus der Extremgruppe „Hohe Unternehmens-
Zur Extremgruppe „Hohe Unternehmens- verantwortung“ zu 95,6 % eine hohe Unterneh-
verantwortung“ zählen 428 der insgesamt mensverbundenheit empfinden (durchschnitt-
2.501 Befragten (17,1 %), zur Gruppe „Gerin- liche Bewertung 6,2), sind es in der Gruppe der
ge Unternehmensverantwortung“ 460 Befragte niedrigen Unternehmensverantwortung ein gu-
(18,4 %). Die beiden allein aufgrund ihres Ant- tes Drittel weniger (35 Prozentpunkte) (durch-
wortverhaltens entstandenen Extremgruppen schnittliche Bewertung 4,6).
unterscheiden sich deutlich hinsichtlich eini- Bei der Beurteilung der Arbeitszufrieden-
ger Strukturmerkmale: So gehört zur Extrem- heit liegt die Differenz zwischen den Extrem-
gruppe „Hohe Unternehmensverantwortung“ gruppen bei 26,6 Prozentpunkten (96,5 % zu
ein höherer Anteil männlicher (57 % im Ver- 69,6 %). Das bedeutet, dass es in der Grup-
gleich zu 48 %) und jüngerer Befragter (57 % pe mit der hohen Unternehmensverantwortung
im Vergleich zu 50 % jünger als 45 Jahre). ein gutes Viertel mehr Befragte gibt, die ihre
Weiterhin ist der Anteil der Befragten, die in Arbeitszufriedenheit als hoch beurteilen. Bei
Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbei- der Einschätzung der eigenen Leistungsbereit-
tenden arbeiten, in der Extremgruppe „Hohe schaft fällt der Unterschied ebenfalls deutlich,
Unternehmensverantwortung“ deutlich größer mit einer Differenz von 20,3 Prozentpunkten
als in der Gruppe „Geringe Unternehmens- jedoch am geringsten aus (96,7 % zu 76,4 %).
verantwortung“ (53 % im Vergleich zu 14 %,
2Extremgruppenvergleich: Die subjektive
14 Der Aspekt der gesundheitsorientierten Führung wur- Bewertung der Gesundheit
de ohne die Aussage „Meine Führungskraft motiviert Wie unterscheiden sich die befragten Beschäf-
mich, Angebote der betrieblichen Gesundheitsförde- tigten aus den beiden Extremgruppen hinsicht-
rung in Anspruch zu nehmen“ (8) gebildet, da diese lich der Bewertung ihrer eigenen Gesundheit?
Frage nur den 1.457 Personen gestellt wurde, die zu-
vor angegeben hatten, dass es in ihrem Unternehmen
In Bezug auf die kognitiven Irritationen
Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung zeigen sich große Unterschiede zwischen den
gibt. Extremgruppen (jeweils p < 0;001 und Co-
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
109 6

Entstehung der Extremgruppen „Unternehmensverantwortung“


Anteil in %
0 20 40 60 80 100

Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung


Vorhanden Nicht vorhanden

58,3 41,7

„In unserem Unternehmen ist Gesundheits-


förderung der Mitarbeitenden häufig ein
Thema der Unternehmensleitung“
Trifft (voll und ganz) zu Trifft (überhaupt nicht) zu
(5 bis 7) bis teils, teils (1 bis 4)
„Hohe „Geringe
50,0 50,0
Unternehmens- Unternehmens-
verantwortung“ verantwortung“
17,1% der 18,4% der
Befragten Befragten
n=428 CSR-Engagement (3 Aussagen) n=460
Trifft (voll und ganz) zu Trifft (überhaupt nicht)
(5 bis 7) zu bis teils, teils
56,2 (1 bis <5) 43,8

Gesundheitsorientierte Führung
(12 Aussagen)
Trifft (voll und Trifft (überhaupt nicht) zu bis
ganz) zu (5 bis 7) teils, teils (1 bis <5)
32,5 67,5

64,5% der Befragten


n=1.613
Nicht Teil der Extremgruppen

Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.13 Extremgruppenbildung der Typen „Hohe Unternehmensverantwortung“ und „Geringe Unternehmensver-
antwortung“

hens d D 0; 6) (. Abb. 6.15). Vergleicht man beit abzuschalten“ stimmten drei Viertel der
die Angabe, unter keinen oder seltenen Irri- Befragten der Gruppe „Hohe Unternehmens-
tationen gelitten zu haben (Antwort 1 bis 3) verantwortung“ im Durchschnitt eher nicht zu
(„Ich muss auch außerhalb der Arbeitszeit (74,3 %), bei der Gruppe „Niedrige Unterneh-
an Schwierigkeiten bei der Arbeit denken“), mensverantwortung“ war es nur etwa die Hälf-
stimmten die Befragten der Gruppe „Hohe Un- te (49,7 %).
ternehmensverantwortung“ der Aussage deut- Fasst man alle Auskünfte zu den Be-
lich häufiger nicht zu (67,1 %) als die Befrag- schwerden zusammen, so gaben die Befragten
ten der Vergleichsgruppe (43,1 %). Auch der aus der Gruppe „Geringe Unternehmensver-
Aussage „Es fällt mir schwer, nach der Ar- antwortung“ durchschnittlich eine stärkere Be-
110 A. Waltersbacher et al.

Befragte, die ihre Einstellung zur Arbeit positiv bewerteten (5 bis 7)

Differenz zwischen
Extremgruppen in Mittelwert**
Prozentpunkten*

96,7 6,1
20,3
76,4 5,3
Leistungsbereitschaft
87,2 5,7

95,6 6,2
35,0
60,6 4,6
Unternehmensverbundenheit
79,2 5,4
6
96,5 6,2
26,6
69,6 4,8
Arbeitszufriedenheit
84,6 5,5

0 20 40 60 80 100
Anteil in %
„Hohe Unternehmensverantwortung“ „Geringe Unternehmensverantwortung“ Alle Befragten
(n=428) (n=460) (n=2.501)
* Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p<.001
**Mittelwert zwischen 1 „Sehr gering“ und 7 „Sehr hoch“
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.14 Einstellungen zur Arbeit nach Extremgruppen „Hohe Unternehmensverantwortung“ und „Geringe Unter-
nehmensverantwortung“

lastung an (2,7) als die Befragten aus der Mittelwert von 1,8 bei der Vergleichsgruppe
Gruppe mit hoher Unternehmensverantwor- „Hohe Unternehmensverantwortung“. Die Be-
tung (1,8). fragten der Gruppe „Geringe Unternehmens-
Auch bei der Auswertung der einzelnen verantwortung“ geben im Mittel ihre körper-
Beschwerdegruppen zeigen sich signifikante lichen Beschwerden mit 2,7 an, die Gruppe
Unterschiede zwischen den Befragten der bei- „Hohe Unternehmensverantwortung“ dagegen
den Extremgruppen (p < 0;001). Für die emo- mit 1,5.
tionalen Beschwerden (Cohens d D 1;0) und Vergleicht man für die beiden Extrem-
die psychosomatischen Beschwerden (Cohens gruppen die Ausprägungen „keine“ bis „sel-
d D 0;8) liegen starke Effekte vor, für die kör- tene“ Beschwerden (1 bis 3), zeigt sich bei
perlichen Beschwerden mittlere Effekte von der emotionalen Belastung Wut und Ver-
0,7. Die Befragten der Gruppe „Geringe Un- ärgerung die größte Differenz: Hier geben
ternehmensverantwortung“ beziffern auf der 86,1 % aus der Gruppe „Hohe Unternehmens-
Siebener-Skala ihre emotionale Belastung im verantwortung“ an, nicht bzw. selten darun-
Durchschnitt mit 3,3 („Hohe Unternehmens- ter zu leiden – gegenüber 45,1 % aus der
verantwortung“: 3,0) (ohne Abbildung). Der Extremgruppe „Geringe Unternehmensverant-
Mittelwert der psychosomatischen Beschwer- wortung“ (. Abb. 6.16). Der Unterschied zwi-
den liegt bei der Gruppe „Geringe Unterneh- schen diesen beiden Gruppen ist mit 41 Pro-
mensverantwortung“ bei 2,9 gegenüber einem zentpunkten am größten, gefolgt von einer
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
111 6

Befragte, die diesen Aussagen (eher) nicht zustimmten (1 bis 3)

Differenz zwischen
Extremgruppen in Mittelwert**
Prozentpunkten*

74,3 2,6
24,6
„Es fällt mir schwer, nach 49,7 3,7
der Arbeit abzuschalten.“
58,2 3,3

67,1 3,4
„Ich muss auch außerhalb der 24,0
Arbeitszeit an Schwierigkeiten 43,1 4,1
bei der Arbeit denken.“
50,3 3,7

0 20 40 60 80
Anteil in %
„Hohe Unternehmensverantwortung“ „Geringe Unternehmensverantwortung“ Alle Befragten
(n=428) (n=460) (n=2.501)
* Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p<.001
**Mittelwert zwischen 1 „Trifft überhaupt nicht zu“ und 7 „Trifft voll und ganz zu“
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.15 Kognitive Irritationen nach Extremgruppen „Hohe Unternehmensverantwortung“ und „Geringe Unter-
nehmensverantwortung“

Differenz von 34,1 Prozentpunkten bei Nervo- 2Extremgruppenvergleich:


sität und Reizbarkeit. Die subjektive Bewertung
Bei den psychosomatischen Beschwerden der Gesundheit nach Geschlecht
ist die Differenz zwischen den Extremgruppen Wie oben beschrieben zeigten sich strukturel-
ebenfalls deutlich, jedoch geringer als bei den le Unterschiede im Angebot der Unternehmen
emotionalen Irritationen. Am deutlichsten ist nach Unternehmensgröße (beispielsweise bei
sie bei der Erschöpfung mit einer Differenz BGF-Angeboten). Weiterhin war erkennbar,
von 30,2 Prozentpunkten und den Schlafstö- dass die befragten männlichen Erwerbstätigen
rungen (26,4 Prozentpunkte). häufiger in großen Unternehmen arbeiten als
Unterschiede zwischen den Extremgrup- Frauen. Durch die Zuordnung der Befragten
pen zeigen sich auch bei den körperlichen anhand ihrer Bewertung der Aspekte BGF-
Beschwerden. Die Differenz zwischen den Be- Angebote, CSR-Engagement, Thematisierung
fragten aus den Gruppen „Hohe Unterneh- von Gesundheit und Fürsorge der Führungs-
mensverantwortung“ und „Geringe Unterneh- kraft wurden diese strukturellen Unterschie-
mensverantwortung“ liegt bei Rücken- oder de zwischen den Geschlechtern auch in die
Gelenkbeschwerden bei 20,8 Prozentpunkten Extremgruppen hineingetragen. In der vorlie-
und bei Kopfschmerzen bei 19,9 Prozentpunk- genden Untersuchung konnte ebenfalls schon
ten. gezeigt werden, dass Frauen insgesamt von
Der Vergleich der Extremgruppen zeigt: einem subjektiv leicht schlechteren Gesund-
Befragte aus der Gruppe „Hohe Unterneh- heitszustand berichteten als Männer. Im Fol-
mensverantwortung“ berichteten sowohl von genden sollen deshalb die vorangegangenen
weniger emotionalen als auch weniger psycho- Extremgruppenvergleiche für die Beschwerde-
somatischen und körperlichen Beschwerden. angaben differenziert nach Geschlecht nach-
112 A. Waltersbacher et al.

Befragte, die in den letzten vier Wochen selten bis gar


nicht unter diesen Beschwerden gelitten haben (1 bis 3)

Differenz
zwischen
Extremgruppen
in Prozentpunkten*
Emotionale Beschwerden
45,1 64,3 86,1
Wut und Verärgerung 41,0
55 67,7 85,2
Lustlosigkeit 30,2
55,1 70,3 89,2
Nervosität und Reizbarkeit 34,1
60,5 73,7 88,5
Niedergeschlagenheit 28,0

6 Zweifel an eigenen Fähigkeiten


77,3 83,9 90,4
13,1

Psychosomatische Beschwerden
46,3 58,8 76,5
Erschöpfung 30,2
62,6 76,1 89
Schlafstörungen 26,4
70,8 79,7 90,7
Konzentrationsprobleme 19,9
81,7 89,9 96,3
Angstgefühle bei und vor der Arbeit 14,6

Körperliche Beschwerden
56,7 66,0 77,5
Rücken- oder Gelenkbeschwerden 20,8
70,1 80,0 90,0
Kopfschmerzen 19,9
85,0 90,6 96,7
Magen-Darm-Beschwerden 11,7
86,3 91,1 94,3
Infektionserkrankungen 8,0
88,5 92,1 97,2
Herz-Kreislauf-Beschwerden 8,7
88,5 93,6 97,4
Atemwegserkrankungen 8,9

20 40 60 80 100
Anteil in %
„Geringe Unternehmensverantwortung“ Alle Befragten „Hohe Unternehmensverantwortung“
(n=460) (n=2.501) (n=428)
* Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p<.001
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.16 Emotionale, psychosomatische und körperliche Beschwerden der Befragten in den Extremgruppen „Hohe
Unternehmensverantwortung“ und „Geringe Unternehmensverantwortung“

vollzogen werden, um diesen verzerrenden Ef- Unternehmensverantwortung gegenüber Be-


fekt auszugleichen. fragten aus Unternehmen mit geringerer Un-
Wie in . Abb. 6.17 deutlich wird, bleibt ternehmensverantwortung bestehen. Demnach
auch bei einer nach Geschlechtern getrennten sind die herausgestellten Unterschiede zwi-
Auswertung ein signifikanter Unterschied zwi- schen den Extremgruppen nicht durch ge-
schen Befragten aus Unternehmen mit hoher schlechtsspezifisches Antwortverhalten erklär-
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
113 6

3,5 3,4
3,1
3
3 2,9
2,8
2,7
2,6 2,6
2,5
2,5 2,4
2,3
2,2
2,1 2,1
2 2 2
2 1,9 1,9
1,7 1,7
1,6 1,6
1,5 1,4

0,5

0
Emotionale Psychosomatische Körperliche Beschwerden
Beschwerden* Beschwerden* Beschwerden* insgesamt*
„Hohe Unternehmensverantwortung“ „Geringe Unternehmensverantwortung“ Alle Befragten
(n = 428) (n = 460) (n = 2.501)
* Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p<.001
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.17 Emotionale, psychosomatische und körperliche Beschwerden der Befragten nach Extremgruppen „Hohe
Unternehmensverantwortung“ und „Geringe Unternehmensverantwortung“ nach Geschlecht (Mittelwerte)

bar. Die Differenz zwischen den Extremgrup- 2Arbeitsunfähigkeitszeiten und


pen beträgt bei den Männern über alle Be- Präsentismus
schwerden hinweg 0,9 und bei den Frauen Die Extremgruppen „Hohe Unternehmensver-
1,0. Bei den körperlichen Beschwerden un- antwortung“ und „Geringe Unternehmensver-
terscheiden sich die Befragten der weiblichen antwortung“ wurden ebenfalls dahingehend
Extremgruppen im Durchschnitt um 0,7 und untersucht, ob sich im Hinblick auf Absen-
die männlichen um 0,6. Die Gegenüberstel- tismus und Präsentismus Unterschiede zeigen.
lung der weiblichen und männlichen Extrem- Auch hier wurden signifikante Unterschiede
gruppen ergibt bei den psychosomatischen Be- sowohl hinsichtlich des Anteils an Befragten
schwerden eine Differenz in den Mittelwerten mit Fehlzeiten als auch bei der Anzahl der
von 1,0. Bei den emotionalen Beschwerden be- AU-Tage deutlich (. Abb. 6.18). Von den Be-
trägt der Unterschied zwischen den weiblichen schäftigten aus der Gruppe „Hohe Unterneh-
Extremgruppen 1,3 und den männlichen Ex- mensverantwortung“ berichteten 65,9 %, min-
tremgruppen 1,2. Die Differenz ist damit in destens einen Tag in den vorangegangenen
dieser Beschwerdegruppe am größten.15 zwölf Monaten krankheitsbedingt im Unter-
nehmen gefehlt zu haben, gegenüber 74 %
15 Bei dieser Darstellung geht es darum zu zeigen, dass aus der Gruppe „Geringe Unternehmensver-
der Unterschied zwischen den Extremgruppen auch
antwortung“. Im Durchschnitt sind Beschäftig-
bei einer nach Geschlechtern getrennten Auswertung
bestehen bleibt. te aus der Gruppe „Hohe Unternehmensverant-
114 A. Waltersbacher et al.

Mind. 1 Tag
arbeitsunfähig
58,2
Männlich 73,2

64,4

76,3
Weiblich 74,5

74,7

65,9
Gesamt 74
6 69,4
Mind. 1 Tag
Präsentismus
11,6
Männlich 28,1

19,3

21,9
Weiblich 28,1

27,9

15,9
Gesamt 28,1

23,4

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Anteil in %

„Hohe Unternehmensverantwortung“ „Geringe Unternehmensverantwortung“ Alle Befragten


(n = 428) (n = 460) (n = 2.501)
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.18 Absentismus und Präsentismus: Befragte der Extremgruppen „Hohe Unternehmensverantwortung“ und
„Geringe Unternehmensverantwortung“, nach Geschlecht

wortung“ mit 9,7 AU-Tagen seltener während über mehr AU-Tage als Männer, darüber hi-
der letzten zwölf Monate krankheitsbedingt naus ist bei beiden Geschlechtern ein deutli-
ausgefallen als Beschäftigte aus der Gruppe cher Unterschied bei der Anzahl der durch-
„Niedrige Unternehmensverantwortung“ mit schnittlichen Fehltage zwischen den Extrem-
14,2 AU-Tagen (p D 0;03, Cohens d D 0;1) gruppen zu sehen (Männer: 8,1 AU-Tage zu
(. Abb. 6.19). 12,6 AU-Tagen, Frauen: 11,8 AU-Tage zu
Wie schon bei der Beurteilung von Be- 15,7 AU-Tagen) (. Abb. 6.19).
schwerden unterscheiden sich Männer und Der Anteil bei weiblichen Beschäftigten,
Frauen auch bei den krankheitsbedingten Fehl- die mindestens einen Fehltag hatten, liegt bei
zeiten: So berichteten Frauen grundsätzlich den beiden Extremgruppen dicht beieinander
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
115 6

Arbeitsunfähig-
keitszeiten
8,1
Männlich 12,6

9,7

11,8
Weiblich 15,7

14,4

9,7
Gesamt* 14,2

12
Präsentismus-
zeiten
0,5
Männlich 4,8

1,8

1
Weiblich 3,6

2,3

0,7
Gesamt* 4,1

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18
Durchschnittliche Anzahl an Tagen

„Hohe Unternehmensverantwortung“ „Geringe Unternehmensverantwortung“ Alle Befragten


(n = 428) (n = 460) (n = 2.501)
* Gruppenunterschiede signifikant auf dem Niveau von p=.03 für Arbeitsunfähigkeit und p<.001 für Präsentismus
Repräsentative Befragung von 2.501 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 66 Jahren Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 6.19 Absentismus und Präsentismus: Anzahl der Tage nach Extremgruppen „Hohe Unternehmensverantwor-
tung“ und „Geringe Unternehmensverantwortung“, nach Geschlecht

und ist bei den Befragten aus der Gruppe „Ho- Unternehmen eine geringe Verantwortung at-
he Unternehmensverantwortung“ sogar etwas testierten.
größer (. Abb. 6.18). Bei den männlichen Be- Über Präsentismus in den letzten zwölf
schäftigten fallen die Unterschiede zwischen Monaten, also das Arbeiten entgegen ärztli-
den beiden Extremgruppen deutlich stärker chen Rat, berichten Befragte der Gruppe „Ho-
aus: Der Anteil mit mindestens einem Fehl- he Unternehmensverantwortung“ mit einem
tag liegt bei den Männern aus Unternehmen Anteil von 15,9 % deutlich seltener als die Ver-
mit hoher Verantwortung bei 58,2 % gegen- gleichsgruppe mit einem Anteil von 28,1 %
über 73,2 % in der Vergleichsgruppe, die ihrem (mindestens ein Präsentismus-Tag). Während
116 A. Waltersbacher et al.

die Befragten aus der Gruppe mit hoher Un- ter Umständen ungehindert global ausbreiten
ternehmensverantwortung durchschnittlich 0,7 können, zu einer stärkeren Belastung mit ge-
Präsentismustage angeben, sind es bei der sundheitlichen Folgen für die Erwerbstätigen
Gruppe mit der geringen Unternehmensverant- führen. Vor dem Hintergrund zukünftig zuneh-
wortung 4,1 Tage (p < 0;001, Cohens d D mender sozialer und ökologischer Krisen hat
0;3). Bei einer nach Geschlechtern getrennten der Umgang damit und die Verantwortungs-
Analyse zeigt sich die Differenz zwischen den übernahme der Unternehmen eine zunehmen-
Extremgruppen bei Männern noch etwas stär- de Relevanz.
ker als bei den Frauen. Die herausgearbeiteten Unterschiede zwi-
Die Vergleiche zwischen den Extremgrup- schen den jeweils gebildeten Vergleichsgrup-
pen bei den Fehlzeiten und dem Arbeiten ge- pen deuten darauf hin, dass (sozial und ökolo-
gen ärztlichen Rat in den vorangegangenen gisch) verantwortliches Engagement des Un-
zwölf Monaten zeigen insgesamt deutlich bes- ternehmens mit einer gesundheitsbezogenen
6 sere Ergebnisse für die Befragten aus Unter- Fürsorge für die Beschäftigten einhergeht. Bei-
nehmen mit hoher Unternehmensverantwor- de Aspekte der Unternehmenskultur (CSR-En-
tung auf. Die positiven Einflüsse der werteori- gagement und gesundheitliche Fürsorge) zei-
entierten Unternehmensführung im Hinblick gen wiederum einen Zusammenhang mit dem
auf Corporate Social Responsibility (CSR) gesundheitlichen Wohlbefinden der Befragten
und die Fürsorge für die Gesundheit der Mit- und deren Einstellung zur Arbeit.
arbeitenden sind hier etwas stärker bei Män-
nern zu beobachten als bei Frauen. Mögli- 2Verantwortung für Umwelt und
che weitere Einflussfaktoren wie Arbeiten in Gesellschaft: Das Engagement muss
Teilzeit, Führungsverantwortung, Care-Arbeit noch zunehmen
oder Kinderbetreuung, die zwischen den Ge- Nur wenig mehr als die Hälfte der Befragten
schlechtern differieren, blieben in der vorlie- beschrieb das eigene Unternehmen als enga-
genden Analyse unberücksichtigt. giert im Hinblick auf die Gesellschaft. Noch
weniger Befragte berichteten, dass bei den täg-
lichen Aktivitäten und Entscheidungen Um-
6.3 Diskussion der Ergebnisse weltschutzaspekte berücksichtigt werden. In
Anbetracht der massiven Umweltschäden und
des fortschreitenden Rohstoffmangels durch
Die vorliegende Untersuchung konzentrier- die bisherige Form des Wirtschaftens sollte
te sich auf die unternehmerische Sozialver- diese Einschätzung Diskussionen in den Un-
antwortung von Wirtschaftsunternehmen. Das ternehmen über die unternehmerische Sozial-
verantwortliche Handeln wurde dabei zum ei- verantwortung auslösen. Einem guten Drittel
nen durch die gesundheitliche Fürsorge für die der Befragten reichte das CSR-Engagement
Beschäftigten abgebildet, zum anderen über ihres Unternehmens insgesamt gesehen noch
das (bisher freiwillige) Praktizieren von Ge- nicht aus. Das bedeutet, dass für jeden Dritten
meinwohlorientierung und Nachhaltigkeit im die eigenen ethischen Standards im jeweiligen
Sinne von Corporate Social Responsibility Unternehmen nicht erreicht werden.
(CSR). Die Analysen gingen der Frage nach,
ob je nach Einschätzung des verantwortlichen 2Für das Gemeinwohl und die Umwelt
Handelns der Unternehmen durch die Beschäf- engagierte Unternehmen zeigen mehr
tigten Unterschiede in ihrem subjektiven Ge- Fürsorge für ihre Beschäftigten
sundheitsempfinden und ihrer Einstellung zur Ein Angebot von BGF-Maßnahmen, die The-
Arbeit zu sehen sind. matisierung von Gesundheitsförderung von
Die Vergleiche der Krankheitslast der Jahre der Unternehmensleitung und die gesundheits-
2020 bis 2022 zeigen, wie Krisen, die sich un- orientierte Führung wurden von Beschäftigten
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
117 6
aus Unternehmen mit hohem CSR-Engage- mittelbar, wirkt sich jedoch ebenfalls förder-
ment deutlich häufiger berichtet. Beschäftigte, lich auf die Beschäftigten aus. Zentrales Ele-
deren Unternehmen bei ihrem Handeln die ment sind dabei die Werte (wie beispielsweise
Folgen für Stakeholder, Umwelt und Gesell- Gerechtigkeit), die ein Unternehmen lebt und
schaft stärker berücksichtigen, erlebten auch die das Vertrauen der Beschäftigten in das
eine verstärkte gesundheitsbezogene Fürsor- Unternehmen stärken können. Die Folge kön-
ge in ihren Unternehmen. Es ist zu vermuten, nen eine gelungene Bindung an das Unterneh-
dass diese Unternehmen generell stärker wer- men, Motivation und Zufriedenheit sein, die
tebasiert agieren und so auch die Gesundheit wiederum Einflussfaktoren für die Gesundheit
der Mitarbeitenden als Wert ansehen, den es darstellen. Gerade in Zeiten eines Fachkräfte-
zu fördern gilt. Es liegt nahe, dass in diesen mangels bieten sich hier für die Unternehmen
Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit eher Möglichkeiten, ihre Attraktivität zu steigern
berücksichtigt wird und dass – als Ressour- und Beschäftigte langfristig zu binden.
censchutz – auch ein wertschätzender Umgang
mit den Beschäftigten gepflegt wird, der de- 2Von großen Unternehmen lernen
ren langfristige Gesundheit und Leistungsfä- Insbesondere die Unternehmensgröße stellte
higkeit fördert. Die niedrigere Beschwerdelast sich als entscheidender Faktor dafür heraus,
und die geringeren Fehlzeiten bei den Befrag- ob die Beschäftigten ihrem Unternehmen eine
ten aus Unternehmen mit stärkerer Übernahme gemeinwohlorientierte und nachhaltige Aus-
von Verantwortung deuten darauf hin, dass richtung attestierten und von einer gesund-
diese Strategie erfolgreich ist. heitsbezogenen Fürsorge berichteten. Die Un-
gleichverteilung von Ressourcen für Betriebli-
2Verantwortungsvolles Handeln zahlt sich che Gesundheitsförderung zwischen Großun-
aus ternehmen und kleinen bzw. mittelständischen
Beschäftigte in Unternehmen mit ausgepräg- Unternehmen (KMU, KKU) und das daraus re-
ter Gesundheitsfürsorge und Berücksichtigung sultierende Ungleichgewicht bei entsprechen-
von Umwelt und Gemeinwohl sind gesünder: den Angeboten und Strukturen ist bereits seit
Sie berichteten von weniger körperlichen, psy- Längerem bekannt (siehe Leitfaden Präventi-
chosomatischen und emotionalen Beschwer- on, GKV-Spitzenverband 2000). Die Untersu-
den, fehlten seltener krankheitsbedingt und chung bekräftigt erneut, dass sich diese Inves-
gingen seltener entgegen ärztlichen Rat zur Ar- titionen in die Mitarbeitergesundheit lohnen
beit. Sie konnten zudem besser nach der Arbeit und kleine Unternehmen dafür Netzwerkstruk-
„abschalten“ und grübelten nach Feierabend turen nutzen sollten.
weniger über Probleme bei der Arbeit. Darüber
hinaus zeigten Beschäftigte aus Unternehmen 2Männer haben öfter Zugang zu
mit stärkerer Sozialverantwortung eine höhere Angeboten der Betrieblichen
Leistungsbereitschaft und Motivation, fühlten Gesundheitsförderung
sich stärker mit ihrem Unternehmen verbun- Männliche Befragte waren stärker in der Grup-
den und waren zufriedener mit ihrer Arbeit. pe vertreten, deren Unternehmen der Grup-
Fürsorgliches Verhalten für die Gesundheit der pe „Hohe Unternehmensverantwortung“ zuge-
Beschäftigten äußert sich in gezielten und kon- ordnet wurden. Sie arbeiteten außerdem öfter
kreten Maßnahmen, die der Gesunderhaltung in Unternehmen, die Maßnahmen der Betrieb-
der Beschäftigten dienen und gesundheitliche lichen Gesundheitsförderung anbieten. Als ei-
Risiken minimieren sollen. Ein positiver Ef- ne Erklärung kann angeführt werden, dass in
fekt (neben anderen Einflussfaktoren) für die der vorliegenden Untersuchung befragte Män-
Beschäftigten ist daher nachvollziehbar. ner öfter in großen Unternehmen arbeiteten,
Eine werteorientierte Ausrichtung des Un- was – wie bereits beschrieben – ein relevan-
ternehmens ist hingegen weitaus weniger un- ter Faktor für die Gruppenzuordnung darstell-
118 A. Waltersbacher et al.

te. Eine weitere Begründung kann allerdings Stärke erlangen, die sie braucht, um die Res-
auch sein, dass Männer häufiger in Branchen sourcenerhaltung und die Reduzierung uner-
arbeiten, in denen Arbeitsschutz und Arbeits- wünschter Folgen des wirtschaftlichen Han-
sicherheit eine große Bedeutung haben und delns auf die soziale, politische und physika-
demzufolge die Nähe zur Betrieblichen Ge- lische Umwelt sicherzustellen (Müller-Christ
sundheitsförderung auch eher gegeben ist. und Nikisch 2013, S. 94).
Eine stärker werteorientierte (ethische)
2Der Gestaltungsspielraum Haltung impliziert die Akzeptanz der eige-
von Führungskräften nen Verantwortung für alle Stakeholder, al-
Die Untersuchung hat herausgearbeitet, wel- so auch für die eigenen Beschäftigten sowie
che Bedeutung gesundheitsorientierter Füh- für die Umwelt und die Gesellschaft, und re-
rung als Baustein des verantwortungsvollen sultiert in einem unternehmerischen Handeln,
das Verantwortungsübernahme und Werteori-
6 und fürsorglichen Handelns von Unternehmen
entierung in sämtliche Entscheidungsprozesse
zukommt. Führungskräfte gestalten die inhalt-
lichen und strukturellen Arbeitsbedingungen integriert. Im „Prämissengerangel“ der Ma-
von Beschäftigten und verkörpern durch ihr nagemententscheidungen sollten diese Wer-
Verhalten die Unternehmenswerte. Um ihrer te aktiv gefördert werden, weil sie zunächst
wichtigen Rolle für die Gesundheit der Mitar- im Ermessen der Unternehmen liegen und
beitenden gerecht zu werden und gesundheits- Mehraufwand sowie ggf. kurzfristige finan-
orientiert zu führen, benötigen Führungskräfte zielle Einbußen bedeuten – langfristig aller-
zum einen die strukturellen Rahmenbedingun- dings das Weiterbestehen des Unternehmens
gen in ihrem Unternehmen, zum anderen die ermöglichen (Müller-Christ und Nikisch 2013,
Möglichkeit zum notwendigen Kompetenzer- S. 96).
werb. In Krisensituationen kommt unterstüt- Während es großen Unternehmen mög-
zender Führung eine noch wichtigere Funktion lich ist, im eigenen Haus Kompetenzen für
zu, denn wie die Untersuchung zeigen konn- nachhaltiges und verantwortungsvolles Han-
te, gehen solche Phasen insbesondere mit ge- deln aufzubauen, konkurrieren die dafür ver-
stiegenen psychosomatischen und emotionalen wendeten Kapazitäten in kleinen Unterneh-
Belastungen für die Beschäftigten einher. Ge- men mit den Erfordernissen des normalen
sundheitsorientierte Führung kann hier helfen, Unternehmensalltags. Der Zusammenschluss
Belastungen zu identifizieren und entlasten- von kleineren Unternehmen und Akteuren,
de Maßnahmen zu etablieren. Die Ergebnisse wie beispielsweise Krankenkassen, zu überbe-
konnten die Relevanz von individueller Fürsor- trieblichen Netzwerken kann diese Zielgruppe
ge durch die Führungskräfte herausarbeiten. dabei unterstützen, Betriebliche Gesundheits-
förderung stärker zu etablieren (Schempp und
Römer 2021).
6.4 Ausblick Die stärkere Integration eines nachhalti-
gen und sozial verantwortlichen Handelns von
kleinen und mittelständischen Unternehmen
Vor dem Hintergrund der Diskussionen über kann ebenfalls leichter durch den Zusammen-
die globalen Konsequenzen des bisherigen schluss von mehreren Betrieben mit Unter-
rohstoffintensiven und wenig umweltverträg- stützung von politischen Akteuren gelingen.
lichen Wirtschaftssystems wird deutlich, dass Auch für nachhaltiges Wirtschaften existieren
eine klima- und ressourcenfreundliche, ver- zahlreiche branchenspezifische Handreichun-
antwortungsvolle Handlungsweise von Unter- gen und Bildungsangebote sowie Initiativen
nehmen einen wichtigen und naheliegenden und Netzwerke (Nachhaltigkeitsinitiativen und
Schritt darstellt. Die Wirtschaftsethik muss Tools | Agentur für Wirtschaft und Entwick-
in der Betriebswirtschaftslehre zunächst die lung (7 wirtschaft-entwicklung.de, Regiona-
Kapitel 6 ! Unternehmerische Sozialverantwortung
119 6
les Nachhaltigkeits-Netzwerk für Deutschland Literatur
(7 bundesregierung.de))).
Die notwendigen Veränderungen im Unter- Badura B (2017) Auf dem Weg zur nachhaltigen Un-
nehmen hin zu einem nachhaltigen Umgang ternehmensführung. In: Badura B (Hrsg) Arbeit und
Gesundheit im 21. Jahrhundert. Springer, Heidelberg,
müssen sich auch in der Führungskultur wider-
S 89–108
spiegeln. In Zusammenhang mit den notwen- BMAS – Bundesministerium für Arbeit und So-
digen Kompetenzen und Dispositionen von ziales CSR in Deutschland. https://www.csr-in-
Führungskräften in einem nachhaltigen Ma- deutschland.de/DE/CSR-Allgemein/CSR-Politik/
nagement wurde etwa zeitgleich mit der un- CSR-in-Deutschland/csr-in-deutschland.html. Zu-
gegriffen: 9. Juni 2022
ternehmerischen Sozialverantwortung (CSR)
BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales
auch das Konzept von „Sustainable Leader- (2011) Die DIN ISO 26000 „Leitfaden zur ge-
ship“ eingeführt. Die Erwartung, die sich an sellschaftlichen Verantwortung von Organisationen“
dieses Konzept von Führung knüpft, ist ei- – Ein Überblick. https://www.bmas.de/DE/Service/
ne Ausweitung der „Performanzfelder“ von Publikationen/a395-csr-din-26000.html. Zugegriffen:
19. Mai 2022
Führungskräften: Der Zeithorizont für Ent-
BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-
scheidungen wird deutlich verlängert, Ent- sammenarbeit und Entwicklung (2013) Corporate
scheidungsdilemmata werden konstruktiv be- Social Responsibility (CSR). https://www.bmz.de/de/
wältigt, das Unternehmen unternimmt An- service/lexikon/corporate-social-responsibility-csr-
strengungen, mit allen Ressourcen sparsam 14190. Zugegriffen: 9. Juni 2022
umzugehen und definiert alle Umweltbezie- Bortz J, Schuster C (2010) Statistik für Human- und Sozi-
alwissenschaftler. Springer, Berlin Heidelberg
hungen als Ressourcenbeziehungen (Müller- Deutscher Bundestag (2017) Ausweitung der Berichts-
Christ und Nikisch 2013, S. 100). Liegen pflichten für Unternehmen beschlossen. https://www.
Informationen in Form von evidenzbasierten bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw10-de-
Kennzahlen vor, erhöht dies die Wahrschein- berichtspflichten-unternehmen-csr-493972. Zuge-
lichkeit, dass sie bei Unternehmensentschei- griffen: 9. Juni 2022
Farr E, Finnegan L, Grace J, Truscott M (2022) Dangerous
dungen berücksichtigt werden. Aus diesem delay 2. The cost of inaction. https://www.oxfam.org/
Grund sollte „Nachhaltigkeit von Unterneh- en/research/dangerous-delay-2-cost-inaction. Zuge-
mensführung [. . . ] sich zukünftig auch im griffen: 19. Mai 2022
Berichtswesen und den steuerungsrelevanten Felfe J (2006) Transformationale und charismatische Füh-
Kennzahlen zum Thema Gesundheit nieder- rung – Stand der Forschung und aktuelle Entwicklun-
gen. Z Pers 5:163–176. https://doi.org/10.1026/1617-
schlagen“ (Badura 2017, S. 90). 6391.5.4.163
Die Integration von ethischen Standards, Felfe J (2009) Mitarbeiterführung: Praxis der Personalpsy-
ein ressourcenbewahrendes unternehmerisches chologie. Hogrefe, Göttingen
Agieren und die Fürsorge für die Gesundheit Felfe J, Pundt F (2017) Health oriented Leadership. Manu-
der eigenen Beschäftigten erfordert bei vielen al : Instrument zur Erfassung gesundheitsförderlicher
Führung. Hogrefe, Bern
Unternehmen ein Umdenken und geht mit neu- Franke F, Felfe J (2011a) Diagnose gesundheitsförderli-
en Herausforderungen einher. Die vorliegende cher Führung – Das Instrument „Health-oriented Lea-
Untersuchung konnte jedoch zeigen, dass eine dership“. In: Badura B, Ducki A, Schröder H, Klose
solche Handlungsweise eine Investition in die J, Macco K (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2011: Führung
Bindung, Motivation und Gesundheit von Be- und Gesundheit: Zahlen, Daten, Analysen aus allen
Branchen der Wirtschaft. Springer Berlin Heidelberg,
schäftigten darstellt und sollte Unternehmen Berlin, Heidelberg, S 3–13
ermutigen, Schritte in Richtung eines wer- Franke F, Felfe J (2011b) How does transforma-
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123 7

„Gesundheit“
im Wertekanon
verantwortungsvoller
Unternehmensführung
– auch in der digitalen
Transformation
Karlheinz Sonntag

Inhaltsverzeichnis

7.1 Von Werten und sozialer Orientierung


im Unternehmenskontext – 124

7.2 Gesundheit im unternehmerischen Wertekanon – 125


7.2.1 Die normative Bedeutung von Gesundheit – 125
7.2.2 Gesundheitsförderung – eine strategische und operative
Notwendigkeit bei der Gestaltung moderner Arbeit – 125

7.3 Gesundheitsförderliche Führung – 128

7.4 Fazit: Ressourcenorientiertes Gesundheitsmanagement


– nachhaltig und präventiv! – 129

Literatur – 132

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_7
124 K. Sonntag

2Zusammenfassung handlungsleitend für die Organisation und


Werte sind sinnstiftend und handlungsleitend ihre Mitglieder. Die aktuellen „Top 5“ der in
für Organisationen und die darin arbeitenden den „Fortune 100 Best Companies to Work
Menschen. Wird „Gesundheit“ in den unter- For“ aufgeführten Unternehmenswerte sind
nehmerischen Wertekanon aufgenommen, be- Exzellenz, Kundenorientierung, Integrität,
deutet das den Gesundheitsgedanken in alle Teamarbeit und Professionalität (Dominick
unternehmerischen Prozesse und Abläufe zu et al. 2021).
integrieren, ihn in den Einstellungen und Ver- Die ursprünglich rein ökonomische,
haltensweisen von Führungskräften und Mit- wertorientierte Unternehmensführung (als
arbeitenden widerzuspiegeln und in vielfälti- kennzahlenbasierte Ermittlung des Unterneh-
gen gesunderhaltenden Aktivitäten qualitäts- menswerts und Maximierung von Umsatz und
gesichert umzusetzen. Gesundheitsförderung Gewinn) erweiterte im Zeitablauf ihren Fokus
ist damit nachhaltig. Die aktuelle Befundlage auf soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit.
empirischer Studien zu den Auswirkungen der Corporate-Governance-Aktivitäten und
digitalen Transformation und der Einführung das Konzept der „Corporate Social Responsi-
7 hybrider Arbeitsformen (Präsenz und Home- bility“ (CSR) gehen davon aus, Geschäftsmo-
office) macht die unternehmerische Verant- delle auf gesellschaftlich verantwortungsvolle
wortung für eine gesundheitsförderliche Füh- Weise umzusetzen. Angestrebt wird ei-
rungskultur mehr als deutlich. ne Balance wirtschaftlicher, sozialer und
nachhaltiger Zielsetzungen durch die Unter-
nehmensführung. Seit 2017 gibt es für die
7.1 Von Werten und bisher auf freiwilliger Basis vorgenommene
sozialer Orientierung nicht finanzielle Berichterstattung zu Um-
im Unternehmenskontext welt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen eine
gesetzliche Grundlage zur Berichtspflicht, ins-
besondere bei börsennotierten Unternehmen
Über Werte lässt sich trefflich streiten! Die Ge- mit mehr als 500 Beschäftigten (vgl. BMAS:
fahr: Bei inhaltlicher Unschärfe mit der Folge 7 www.csr-in-deutschland.de). Handlungs-
beliebiger Auslegung lassen sich Werte leicht felder wie Arbeitssicherheit und Gesundheit
für politisches Kalkül instrumentalisieren und (als soziale Verantwortung), Energieeffizienz
dessen Deutungshoheit ideologisieren – insbe- (als ökologische Verantwortung) und Kor-
sondere dann, wenn die Fähigkeit zur kriti- ruptionsverhinderung werden nun auch als
schen Reflexion abhandengekommen ist. entscheidend für den Unternehmenserfolg an-
Werte manifestieren sich in Wertegemein- gesehen. Eine aktuelle Weiterentwicklung der
schaften, in denen Menschen, Gruppen, Un- CSR, die explizit auf die digitale Transforma-
ternehmen, Verbände oder Nationen gemein- tion und den verantwortungsvollen Umgang
same Wertvorstellungen besitzen und diese als damit ausgerichtet ist, findet im Konzept der
erstrebenswert erachten. Als eine solche Wer- „Corporate Digital Responsibility“ (CDR) ihre
tegemeinschaft versteht sich beispielsweise die Fortsetzung. Die Handlungsfelder zur Umset-
Europäische Union (EU), deren Werte vertrag- zung digitaler Verantwortung im Unternehmen
lich vereinbart und für die Mitgliedsstaaten listet zentrale Werte wie Teilhabe, Verant-
bindend sind. wortung, Fairness, Autonomie, Transparenz
Im Unternehmenskontext bedeutet und Nachhaltigkeit (vgl. BMJ: 7 https://cdr-
Werteorientierung, sich als Unternehmen initiative.de).
seiner gesellschaftlichen Verantwortung be- Der Einfluss von Werten auf ökonomische
wusst zu werden und die eigene Identität Erfolge und auf das Verhalten der Organisa-
entsprechend zu gestalten, zu pflegen und tionsmitglieder ist belegt. So zeigte eine Um-
zu leben. Werte sind somit sinnstiftend und frage bei mehr als 400.000 Vollzeitangestellten
Kapitel 7 ! Gesundheit im Wertekanon verantwortungsvoller Unternehmensführung
125 7
in 679 Unternehmen, dass eine von Führungs- dizinischen Konzept der Risikovermeidung
kräften praktizierte Integrität Wettbewerbsvor- und der klassischen Gesundheitserziehung ab,
teile hinsichtlich höherer Produktivität, gestei- hin zu einer Befähigung des Einzelnen, sein
gerter Profitabilität, besserer Kundenbeziehun- Leben in befriedigender und verantwortungs-
gen und eine größere Attraktivität für Bewer- voller Weise zu gestalten.
berinnen und Bewerber mit sich bringen (vgl. Übertragen auf die Arbeitswelt heißt dies
Guiso et al. 2015). Liao und Rupp (2005) stell- Maßnahmen zu ergreifen, die Beschäftigte
ten in ihrer Studie signifikante Auswirkungen (hierarchieübergreifend) befähigen, sich mit
von Gerechtigkeit auf Commitment, Zufrie- belastenden Arbeitsbedingungen und deren
denheit und Organizational Citizenship Beha- negativen Beanspruchungsfolgen (wie Stress-
vior (OCB) fest. Eine Kongruenz im Unterneh- erleben) auseinanderzusetzen, um gesund zu
men gelebter Werte wie Respekt, Stabilität und bleiben. Bei dieser salutogenen Sichtweise ste-
Teamorientierung führt zu starken Effekten auf hen Identifikation, Aufbau und Erhaltung in-
Commitment – so die Studie von Seggewiss dividueller, sozialer und organisationaler Res-
et al. (2019). Eine Analyse von Jahresberichten sourcen im Zentrum einer humanverträglichen
in 46 schweizerischen KMUs zeigt: Je stärker Gestaltung moderner Arbeit. Bereits in den
die Unternehmenswerte in der Organisation in- 1970er Jahren formulierte die Arbeitswissen-
tegriert sind, desto höher ist die Finanzleistung schaft Zielhierarchien gesunder und persön-
der Unternehmen (Neher et al. 2018). Eine ver- lichkeitsförderlicher Arbeit: Entwicklungspo-
besserte Mitarbeiterbindung durch eine werte- tenziale sind dann möglich, wenn eine Aufga-
orientierte Führung konnten Loose und Preuß be ohne gesundheitlichen Schaden ausführbar
(2021) belegen. und die physische und psychische Beanspru-
chung langfristig nicht beeinträchtigt ist (vgl.
Sonntag et al. 2012).
7.2 Gesundheit im
unternehmerischen 7.2.2 Gesundheitsförderung – eine
Wertekanon strategische und operative
Notwendigkeit bei der
7.2.1 Die normative Bedeutung Gestaltung moderner Arbeit
von Gesundheit
Moderne hybride Arbeit gesund und kompe-
Unter Gesundheit wird im Allgemeinen ein tent zu bewältigen ist das Gebot der Stunde.
mehrdimensionales Phänomen individuellen Unstrittig nehmen Veränderungen in der Ar-
Befindens verstanden, das physische, psychi- beitswelt aufgrund der digitalen Transformati-
sche und soziale Komponenten umfasst und on an Intensität, Dynamik und Folgenschwere
über die Abwesenheit von Krankheit hinaus- für die Organisation und deren Mitglieder zu.
reicht. Neue Arbeitsformen zeichnen sich aus durch
In der sogenannten Ottawa-Charta der flexible und mobile Gestaltungspotenziale, fla-
Weltgesundheitsorganisation (WHO) von chere Hierarchien, variable Tätigkeitsmuster,
1987 bestimmte man Gesundheitsförderung erhöhte Eigenverantwortung sowie eine zuneh-
als einen Prozess, der alle Menschen ein hö- mende Entgrenzung von Arbeit und Privatle-
heres Maß an Selbstbestimmung über ihre Ge- ben. Die konsequente Umsetzung intelligenter
sundheit ermöglichen und sie so zur Stärkung IT-Anwendungen ermöglicht dies.
ihrer Gesundheit befähigen soll (vgl. World Sichtet man die Forschungsberichte und
Health Organization 1987). Damit zeichnete Beschäftigtenbefragungen (vgl. bspw. Lück
sich eine Abkehr vom traditionellen biome- et al. 2019; Sonntag 2020; Hofmann et al.
126 K. Sonntag

Zuhnahme der
β = .35** psychischen Belastung

β = .16* Bedarf an gesundheits-


Digitalisierungsanforderungen
förderlicher Führungskultur
β = .13*

Bedarf an betrieblicher
* p < .05; ** p < .00 Gesundheitsförderung

Einflussstärke (β):
.4 bis 1 sehr starker Einfluss
.3 bis .39 starker Einfluss
.2 bis .29 mittlerer Einfluss
.1 bis .19 schwacher Einfluss
Fehlzeiten-Report 2022

7 . Abb. 7.1 Der Einfluss der berichteten Digitalisierungsanforderungen (Informationsflut, erweiterte Erreichbarkeit,
Komplexität, stetige Qualifizierung) auf die wahrgenommene Zunahme psychischer Belastungen und die eingeschätzten
Bedarfe im Gesundheitsmanagement (N = 329) (Quelle: Sonntag 2020, mit freundlicher Genehmigung)

2021; BARMER 2022), so zeigen sich bei Auch bei der digitalen Transformation bei
der Implementierung digitaler Anwendungen Verwaltungstätigkeiten in Behörden verdeut-
und hybrider Arbeitsformen deutlich verän- lichen Studien veränderte Anforderungen und
derte Anforderungs- und Belastungsmuster. Belastungen mit erheblicher Gesundheitsre-
Genannt werden anspruchsvolleres IT-techni- levanz. So zeigt eine weitere großangelegte
sches Anwendungswissen, eine Zunahme des Umfrage mit 3.380 Teilnehmenden im MEgA-
Aufgabenumfangs und der Arbeitsintensität Projekt veränderte Anforderungen in der Bun-
ebenso wie häufiges Multitasking und Arbeits- desverwaltung (vgl. . Abb. 7.2; Pfaff et al.
unterbrechungen (z. B. Systemabstürze, tech- 2021; Sonntag 2022).
nische Probleme) und ein Mehr an täglichen Deutlich sichtbar sind bei der Implemen-
Informationen (z. B. aufgrund von E-Mails tierung digitaler Technologien und ortsflexi-
durch überflüssige Cc-Setzung). Als negative bler Arbeit die Zunahme sitzender Tätigkeiten,
Beanspruchungsfolgen werden in den Studien hohe Erwartungen an die Selbstorganisations-
Stresserleben, Frustration und Erschöpfungs- fähigkeit, selbstständiges Arbeiten und Eigen-
symptome genannt – so die weitgehend über- verantwortung sowie eine Intensivierung der
einstimmende Faktenlage in den Wirtschafts- Arbeit. Diese veränderten Belastungsmuster
und Dienstleistungsunternehmen. korrespondieren mit den ermittelten Bedarfen
In einer Studie des MEgA-Projekts für ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement
(„Maßnahmen und Empfehlungen für die (vgl. . Abb. 7.3).
gesunde Arbeit von Morgen“), in der 329 Un- Angezeigt ist ein deutlicher Bedarf an einer
ternehmensvertreterinnen und -vertreter (davon verbesserten ergonomischen Ausstattung der
221 aus KMUs) befragt wurden (vgl. Purbs Arbeitsplätze im Homeoffice, um Beschwer-
et al. 2020), konnte ein deutlicher Zusammen- den des Muskel-Skelett-Systems vorzubeugen.
hang von Digitalisierungsanforderungen mit Die Etablierung eines gesundheitsförderlichen
einer Zunahme psychischer Belastungen und Führungsstils stellt einen weiteren zentralen
des Bedarfs an betrieblicher Gesundheitsförde- Handlungsbedarf dar. Hervorzuheben sind da-
rung und einer entsprechenden Führungskultur bei die Vorbildfunktion für gesundheitsförder-
festgestellt werden (vgl. . Abb. 7.1). liches Verhalten und eine Sensibilisierung für
Kapitel 7 ! Gesundheit im Wertekanon verantwortungsvoller Unternehmensführung
127 7

Belastungen durch
digitale Technologien
Zunahme sitzender Tätigkeiten 17,1 11,8 71,2

Gesteigertes Arbeitsaufkommen 28,4 19,8 51,8


Häufige Unterbrechungen
26,8 27,9 45,3
durch Kommunikationsrauschen
Schwer zu bewältigende
34,6 25,1 40,2
Informationsmenge
Belastungen durch
ortsflexible Arbeitsformen
Erwartung: hohes Maß
6,8 90,3
2,9

an Eigenverantwortung
Erwartung: hohes Maß
7,6 89,5
2,9

an selbstständigem Arbeiten
Fehlende ergonomische
33,5 16,8 49,7
Ausstattung im Homeoffice
Verschwimmende Grenzen
31,6 24 44,4
zwischen Arbeits- und Privatleben
N = 2959 0% 20% 40% 60% 80% 100%
trifft gar nicht zu/trifft eher nicht zu teils teils trifft eher zu/trifft voll und ganz zu
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 7.2 Veränderte Anforderungen/Belastungen bei digitaler, ortsflexibler Arbeit in der Bundesverwaltung

Arbeitsgestaltung
Ergonomische Gestaltung
Heimarbeitsplatz 65,4%

Bewusste Gestaltung der digi-


talen Kommunikationskultur 60,6%
N= 2541
Gesunde Führung
Vorleben von gesundheitsför-
derlichem Verhalten (Verhalten) 65,1%

Sensibilisierung der Führungs-


kräfte für die Gesundheit ihrer 63,8%
Mitarbeitenden (Achtsamkeit)
N = 3006
Maßnahmen
Stressbewältigung & Resilienz 62,1%

Psychoedukation 57,3%
N = 2903
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 7.3 Bedarfe für ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement


128 K. Sonntag

die Gesundheit der Mitarbeitenden. Interven- sundheitsförderlicher Führung (Health orien-


tionen zur Förderung der mentalen Gesundheit ted Leadership) vor (Pundt und Felfe 2017).
(vor allem zu den Themen Stress und Resili- Führungskräfte tragen in Zeiten von Ver-
enz) vervollständigen die Bedarfsanalyse für änderungen eine besondere Verantwortung –
ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement in sie sind zugleich Betroffene und Gestalter von
der Bundesverwaltung. Veränderungsprozessen (Sonntag 2020). Ihnen
obliegt die Aufgabe, organisationale Restruk-
turierungen in immer kürzeren Zyklen in die
7.3 Gesundheitsförderliche Teams zu tragen und dafür zu sorgen, dass
Führung diese Änderungen von den Mitarbeitenden an-
genommen und beanspruchungsoptimal um-
gesetzt werden.
Das gesundheitsförderliche Potenzial von Füh- Bei der Implementierung digitaler und hy-
rung ist evident. Führungskräfte haben Ein- brider Arbeitsformen modifizieren sich die
fluss auf ihre eigene Gesundheit und auf Anforderungen an das Führungsverhalten. Ein
7 die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. Längs- Teilziel der MEgA-Befragung war es, in Er-
schnittstudien, Metaanalysen und Reviews be- fahrung zu bringen, welche Qualitäten ei-
legen dies zu Genüge (vgl. Harms et al. 2017; ne Führungskraft aus Sicht der Beschäftigten
Inceoglu et al. 2018; Kaluza et al. 2020; Mon- hierfür benötigt (vgl. . Tab. 7.1; Sonntag et al.
tano et al. 2017). 2022).
Standen in der älteren Führungsforschung Diese „Rangreihe“ an Führungsqualitäten
Leistungsbereitschaft und -fähigkeit im Mittel- wie Vertrauen, Wertschätzung und konstruk-
punkt, ist ab dem 21. Jahrhundert eine deut- tives Feedback deutet darauf hin, dass Facet-
liche Zunahme der Studien zu gesundheits- ten des sogenannten transformationalen Füh-
förderlichem Verhalten von Führungskräften rungsstils auch bei der Bewältigung des di-
zu konstatieren (vgl. Purbs 2022). Auch lie- gitalen und demographischen Wandels eine
gen inzwischen Instrumente zur Erfassung ge- zentrale Rolle spielen. Unter transformationa-

. Tab. 7.1 Gewünschte Führungsqualitäten in der digitalen und flexiblen Arbeitswelt (*prozentualer Anteil trifft
eher zu/trifft voll und ganz zu; vgl. Pfaff et al. 2021)

In der digitalen und flexiblen Arbeitswelt sollte eine Führungskraft . . . Prozent*


(N = 3.249)
. . . Vertrauen in ihre Mitarbeiter*innen zeigen 96,4

. . . Wertschätzung zeigen und Unterstützung leisten 96,2

. . . konstruktives Feedback geben 95,6

. . . im fachlichen/informellen Austausch mit ihren Mitarbeitenden stehen 94,7

. . . selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Arbeiten fördern 94,6

. . . ihre Mitarbeiter*innen motivieren 90,9

. . . klare Ziele vorgeben 89,2

. . . zur kritischen Reflexion anregen 87,8

. . . Visionen vermitteln 67,5

Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 7 ! Gesundheit im Wertekanon verantwortungsvoller Unternehmensführung
129 7
ler Führung versteht man, die Mitarbeitenden ist“, bejahten lediglich 19,4 % der KMU-Ver-
durch Vorbildfunktion und Glaubwürdigkeit treter*innen (61,8 % bei Großunternehmen).
zu beeinflussen, durch realisierbare und inspi- Das Ergebnis macht deutlich, dass insbesonde-
rierende Visionen zu motivieren, zur kritischen re in KMU das Thema Gesundheit bei Weitem
Auseinandersetzung mit dem Ist-Zustand an- noch nicht den Stellenwert erreicht, den es
zuregen sowie kreatives Denken und indivi- benötigt, um den veränderten Anforderungen
duelle Unterstützung zu fördern (Bass 1999). und Belastungsmustern der Beschäftigten in
Zahlreiche empirische Studien und Metaanaly- Wirtschaft, Dienstleistung und Verwaltung ge-
sen belegen die Wirksamkeit dieses Führungs- recht werden zu können. Nur eine konsequente
stils auch bei Implementierung organisationa- Einbindung des Gesundheitsmanagements in
ler Veränderungen (vgl. Stegmaier et al. 2016), die personal- und unternehmenspolitische Ent-
aber auch zur gesundheitlichen Förderung des scheidungsebene – auch und insbesondere für
Wohlbefindens und zur Stressbewältigung im KMU – gibt diesem Verantwortungsbereich
Unternehmenskontext (vgl. zusammenfassend unternehmerischer Führung die notwendige
Purbs 2022; Arnold 2017). Autorität um proaktiv handeln und nachhaltig
wirken zu können.

7.4 Fazit: Ressourcenorientiertes


Gesundheitsmanagement – 2(2) Gesundheitsförderliche
nachhaltig und präventiv! Unternehmens- und Führungskultur
Die Kultur eines Unternehmens sagt etwas da-
rüber aus, wie von allen Mitgliedern einer
Ist Gesundheit in den Wertekanon einer Or- Organisation hierarchieübergreifend definier-
ganisation aufgenommen und will die Un- te Werte und Einstellungen gepflegt und ge-
ternehmensführung nicht unglaubwürdig er- lebt werden wollen. Soll die Gesundheit der
scheinen, dann bedeutet dies in letzter Konse- Beschäftigten nicht nur den gesetzlichen Vor-
quenz, ein entsprechendes wirkungsmächtiges gaben entsprechen, sondern darüber hinaus
Gesundheitsmanagement strukturell und kon- einen hohen Stellenwert in der Organisati-
zeptionell in der Organisation zu verankern. on genießen, dann ist ein solcher normativer
Dafür sind eine Reihe zentraler Voraussetzun- Anspruch auch in den Unternehmensgrundsät-
gen unabdingbar. zen und Führungsleitbildern festzuschreiben.
Das bedeutet allerdings auf der strategischen
2(1) Strategische und funktionale wie operativen Ebene durch entsprechende
Einbindungen des Maßnahmen und Verhaltensweisen glaubwür-
Gesundheitsmanagements in die dig zu handeln. Inkonsistentes und inkon-
Unternehmenspolitik und -struktur sequentes Agieren zwischen Geschriebenem
Es ist nötig in Zeiten der Digitalisierung, Ge- (Leitbildern), Verlautbartem (Ankündigungen)
sundheitsförderung strategisch und aufbauor- und Umgesetztem (Alltagshandeln) konterka-
ganisatorisch im Unternehmen zu verorten. riert das Bemühen der Verantwortlichen im
Eine Befragung von 313 Personalverantwortli- HR- und Gesundheitsmanagement präventive,
chen im Rahmen des MEgA-Projektes zeigte, gesundheitsförderliche Konzepte zu etablie-
dass zwar ein strategisch ausgerichtetes Ge- ren.
sundheitsmanagement als vorrangiger Bedarf Eine zentrale Rolle bei der Bewälti-
gesehen wird, die dafür erforderlichen Plan- gung der Herausforderungen moderner Arbeit
stellen aber kaum vorhanden sind (Lechleiter kommt den verantwortlichen Akteuren im Ge-
et al. 2018). Die Frage nach der Existenz „min- sundheitsmanagement selbst zu: Sie müssen
destens einer Fachkraft, die hauptamtlich für gestalten, fördern, entwickeln, sich einmischen
betriebliche Gesundheitsförderung zuständig und gegensteuern.
130 K. Sonntag

2(3) Aussagekräftige Analysen als und motivationale Risiken verhindern. Erst auf
Entscheidungsgrundlage für Basis vorangegangener empirischer Bedarfs-
Interventionen analysen ist es möglich, valide Interventionen
Neben Bedarfsanalysen als wichtige Grundla- wirkungsvoll einzuleiten und zu gestalten.
ge personalpolitischer Entscheidung (z. B. für Für gesundheitliche Interventionen stehen
die Rekrutierung, Auswahl und Bindung von grundsätzlich verhaltens- oder verhältnisorien-
Personal) sind vor allem Anforderungs- und tierte Maßnahmen zur Verfügung. Während
Belastungsanalysen erforderlich. Obwohl vie- die Verhältnisprävention sich auf die Verände-
le Studien eine Zunahme psychischer Belas- rung risikobehafteter Arbeitsbedingungen und
tung am Arbeitsplatz konstatieren, wird der -strukturen bezieht, um diese gesundheits- und
Durchführung von Risikobeurteilungen auf- persönlichkeitsförderlich zu gestalten, adres-
grund psychischer Belastungen am Arbeits- sieren verhaltensorientierte Präventionsansät-
platz noch immer wenig Beachtung geschenkt ze die Veränderung individuellen gesundheits-
– auch wenn eine solche gesetzlich vorge- schädlichen Arbeitsverhaltens und -erlebens.
schrieben ist (§ 5ArbSchG). Von 221 befrag- Sie dienen der Ressourcenstärkung, der Ent-
7 ten KMU-Vertreter*innen im MEgA-Projekt wicklung von Bewältigungsstrategien und der
nannten lediglich 38,9 % eine Gefährdungsbe- Vermeidung negativer Beanspruchungsfolgen.
urteilung psychischer Belastungen als festen Hinsichtlich der Umsetzung dieser Inter-
Bestandteil ihres praktizierten Arbeitsschutzes ventionen in die betriebliche Praxis ist noch
(vgl. Sonntag 2019). Diese Ergebnisse decken immer ein eindeutiges Bevorzugen verhaltens-
sich weitgehend mit denen der Dacherhebung bedingter Präventionsansätze zu konstatieren:
der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutz- Aufwandsökonomische Überlegungen (Kos-
strategie (GDA; Hägele und Fertig 2018). Be- tenzuwachs aufgrund der Restrukturierung von
fragungen, Beobachtungen, moderierte Analy- Prozessen) stehen so einem ganzheitlichen In-
seworkshops sind als grundsätzliche Methoden terventionsansatz (verhältnis- und verhaltens-
anzuführen. Objektive Begehungen vor Ort orientiert) gegenüber. Das verwundert, zumal
durch geschulte Analyseteams, wie bspw. mit die Arbeitsforschung in vielen Projekten mit
dem erprobten Verfahren der „Gefährdungsbe- Unternehmen seit Jahren immer wieder den
urteilung psychischer Belastung“ (GPB; Sonn- ökonomischen Nutzen gesundheitsförderlicher
tag und Feldmann 2021; Brandstädter et al. Arbeitsgestaltung aufgezeigt hat (vgl. Lerner
2020), können subjektive Einschätzungen von et al. 2013; Michaelis et al. 2015; Pieper und
Mitarbeiterbefragungen ersetzen oder ergän- Schröer 2015; Sonntag und Stegmaier 2016).
zen. Die Chancen der Digitalisierung ermögli-
chen es individuelle Handlungs- und Zeitspiel-
2(4) Maßnahmen der Verhältnis- und räume sowie Arbeitsorte flexibel und mobil
Verhaltensprävention zu gestalten. Die Vereinbarkeit verschiede-
Myriaden externer Angebote zu gesundheits- ner Lebensbereiche (Arbeit, Familie, Freizeit)
förderlichen Interventionen stehen den Ver- spielt dabei eine wesentliche Rolle. Ein har-
antwortlichen im Personal- und Gesundheits- monisiertes Arbeits- und Privatleben geht ein-
management zur Verfügung. Das verleitet zu her mit einem verbesserten Gesundheitsemp-
Aktionismus, fördert „Gießkanneninterventio- finden, positiven Arbeitseinstellungen, Zufrie-
nen“ und dient nicht selten der bloßen Legiti- denheit und einer gesteigerten Arbeitsleistung
mation, etwas für die Gesundheit der Beschäf- (vgl. Nohe et al. 2016; Sonntag 2014). Einer-
tigten getan zu haben. seits können die Beschäftigten entsprechend
Erforderlich sind bedarfsgerechte, ziel- ihrer Lebensmodelle ihre Arbeit gestalten, an-
gruppenspezifische und individuelle Angebo- dererseits erfordert das Arbeiten von Zuhause
te will man die Chancen der Digitalisierung ein hohes Maß an Eigenverantwortung, Diszi-
nutzen und gesundheitliche, qualifikatorische plin, selbstregulatorischen Fähigkeiten und ein
Kapitel 7 ! Gesundheit im Wertekanon verantwortungsvoller Unternehmensführung
131 7
gutes Zeitmanagement. Die Einführung von eine Maßnahme zum gewünschten Erfolg oder
Homeoffice neben Präsenzarbeit erreicht zu- zur Erreichung organisationaler Ziele beigetra-
nehmend eine breite Zustimmung. Studien zei- gen hat.
gen mehr positive Aspekte als erwartet, keine Die Evaluationsansätze und -methoden
Verschlechterung der Performanz (Arbeitspro- sind vielfältig und unterscheiden sich da-
duktivität gleichbleibend oder verbessert) und nach, ob einzelne Maßnahmen (vgl. Sattler
eine Zunahme der Arbeitszufriedenheit (vgl. und Sonntag 2016) oder das gesamte Gesund-
Böhm und Baumgärtner 2019; Hofmann et al. heitsmanagement auf den Prüfstand kommt.
2021). Dennoch gilt es bei Homeoffice-Tätig- So wurde beispielsweise ein Gesundheitsin-
keiten sozialer Isolation der Beschäftigten und dex in enger Zusammenarbeit mit der be-
einer problematischen Entgrenzung von Ar- trieblichen Praxis entwickelt, der die Qua-
beit- und Privatleben vorzubeugen sowie eine lität eines nachhaltigen Gesundheitsmanage-
entsprechende Führungs- und Vertrauenskul- ments durch eine aggregierte Kennzahl be-
tur aufzubauen. IT-technischer Support und stimmt. Erfasst und bewertet werden die An-
Datenschutz/-sicherheit müssen bei der Ge- gebote des Gesundheitsmanagements und die
staltung hybrider Arbeitsformen ebenfalls be- Arbeitsumgebung hinsichtlich Aufgabencha-
rücksichtigt werden. rakteristika, Unternehmensklima, Belastung,
Der Erhalt der psychischen und physischen Führung, Arbeitssicherheit und kollegialer Un-
Leistungsfähigkeit durch eine angemessene terstützung. Die Anwendung des Gesundheits-
Arbeitsgestaltung und die Vermeidung einsei- index in mehreren Betrieben mit insgesamt
tiger Belastung ist Gradmesser für die Nach- 2.814 Beschäftigten zeigte regressionsanaly-
haltigkeit gesundheitsförderlicher Aktivitäten tisch deutliche Auswirkungen auf die Leis-
in der digitalen Transformation. In den letzten tungsbereitschaft (z. B. Eigeninitiative, Ver-
Jahren wurden hierzu unterschiedliche digita- besserungsvorschläge, Ideengenerierung, Ar-
le BGM-Angebote zur Gesundheitsprävention beitszufriedenheit) und den ökonomischen Er-
entwickelt (vgl. Ducki et al. 2019; Lechleiter folg (Personalproduktivität, Krankenstand, Ar-
et al. 2020; Seiferling et al. 2020) beitsunfälle; vgl. Sonntag et al. 2015).
Erfolg und Misserfolg von Evaluations-
2(5) Evaluation und Qualitätssicherung studien sind abhängig von einer sorgfältigen
Aufgrund der hohen Bedeutsamkeit der be- Designplanung und deren konsequenter und
trieblichen Gesundheitsförderung für die indi- professioneller Umsetzung – trotz teilweise
viduelle Mitarbeitergesundheit und die Glaub- administrativer Imponderabilien und vorhan-
würdigkeit der Verantwortlichen bei der Um- denen Widerständen in Organisationen.
setzung des Wertes „Gesundheit“, ist es von „Gesundheit“ im unternehmerischen Wer-
fundamentaler Bedeutung auch die Qualität tekanon ermöglicht unter konsequenter Be-
und die Wirkung der Interventionen zu über- achtung der genannten fünf Voraussetzungen
prüfen. Dadurch erhalten die verantwortli- einen verantwortungsvollen Umgang mit der
chen Entscheider*innen Gewissheit über die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Be-
Kosten-Nutzen-Relation und den Sinn (oder schäftigten in der digitalen Transformation.
Unsinn) mancher Maßnahmen. Derartige Be- Die zu Beginn genannten zentralen Werte ei-
wertungen mithilfe systematisch angewand- ner „Corporate Digital Responsibility (CDR)“
ter Evaluationsmethoden werden in der Pra- wie Teilhabe, Verantwortung, Fairness, Auto-
xis aber auch in Interventionsstudien meist nomie, Transparenz und Nachhaltigkeit finden
„wohlwollend“ vernachlässigt. Das ist eben- so durch ein entsprechend gestaltetes Betrieb-
so erstaunlich wie unverständlich, kann durch liches Gesundheitsmanagement ihre Operatio-
Evaluation doch eindeutig belegt werden, ob nalisierung und Umsetzung.
132 K. Sonntag

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135 8

Verantwortung für den


Arbeits- und Gesundheits-
schutz übernehmen –
CSR realisieren
Andreas Blume, Adelisa Martinovic und Mike Paternoga

Inhaltsverzeichnis

8.1 Verantwortung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz


in DIN EN ISO 26000 und im Arbeitsschutzgesetz – 137
8.1.1 Verantwortung im Arbeits- und Gesundheitsschutz
im europäischen Vergleich – 138
8.1.2 Geringe Akzeptanz von Gefährdungsbeurteilungen
in deutschen Organisationen – 138

8.2 Ergebnisse einer Befragung zum Nutzen


von Gefährdungsbeurteilungen hinsichtlich
psychischer Belastungen – 139
8.2.1 Konzeption der Befragung – 139
8.2.2 Aufwand-Nutzung-Wahrnehmung von
Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen – 140
8.2.3 Zusammenhänge von Maßnahmenentwicklung/-umsetzung
bzw. Wirkungskontrollen und Nutzen und ihre Bedeutung
für die organisationale Praxis – 141
8.2.4 Beteiligung der Beschäftigten und Engagement
der Entscheidungsträger als Erfolgsfaktoren
von Gefährdungsbeurteilungen – 142

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_8
8.3 Ein verantwortungsvolles Handeln im Arbeits- und
Gesundheitsschutz verlangt ausreichende
Ressourcen – 142

8.4 Die Gefährdungsbeurteilung als Quelle von Kennzahlen


für die Evaluation eines CSR-konformen Arbeits- und
Gesundheitsschutzes – 143
8.4.1 Identifikation von für den Arbeits- und Gesundheitsschutz
relevanten Kennzahlen anhand vorhandener CSR-Standards
und Leitfäden – 144
8.4.2 Eignung der Gefährdungsbeurteilung als zentrale Kennzahl
für den Arbeits- und Gesundheitsschutz gemäß
DIN EN ISO 26000 – 144
8.4.3 Das Reifegrad-Modell der Gefährdungsbeurteilung
als Berichtsnachweis eines nachhaltigen Arbeits- und
Gesundheitsschutzes – 145

8.5 Fazit – 147

Literatur – 147
Kapitel 8 ! Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen
137 8
2Zusammenfassung einmal beiseite, so zeigt sich eine große
Sowohl das Arbeitsschutzgesetz als auch die Kongruenz der CSR- und Normempfehlun-
CSR-Richtlinie stellen die Arbeitgeber-Verant- gen mit dem ArbSchG. So nehmen beispiels-
wortung für den Arbeits- und Gesundheits- weise die Grundsätze der Norm „Transpa-
schutz deutlich heraus. Dieser Verantwor- renz“, „Rechtsstaatlichkeit“, „Achtung inter-
tung angemessen nachzukommen bedeutet dem nationaler Verhaltensstandards“ und nicht zu-
Arbeits- und Gesundheitsschutz im Rahmen letzt die „Rechenschaftspflicht“ direkten Be-
der CSR-Umsetzung – trotz der Vielzahl weite- zug auf die deutschen und EU-weiten Bestim-
rer CSR-relevanter Themen – eine prominente mungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
Aufmerksamkeit zu schenken. In diesem Zu- (AuG). Weitergehend stehen die Kernthemen
sammenhang schlagen wir die Qualität der der Norm 26000 „Organisationsführung“ mit
Gefährdungsbeurteilung als validen Indikator ihrem Handlungsfeld 8 „Grundlegende Prin-
für die Qualität des Arbeits- und Gesundheits- zipien und Rechte bei der Arbeit“ mit den
schutzes und als Quelle von Kennzahlen für ei- §§ 3 (1) und 13 ArbSchG, also den Pflichten
ne möglichst aufwandsarme Berichterstattung des Arbeitgebenden, in Beziehung. Direkter
vor, insbesondere bei kleineren Organisatio- noch ist der Normverweis unter „Arbeitsprak-
nen. Dass eine qualitativ gute und nachhal- tiken“ mit der „Gesundheit und Sicherheit am
tige Steuerung des Arbeits- und Gesundheits- Arbeitsplatz“ (Handlungsfeld 4) in Beziehung
schutzes mithilfe der Gefährdungsbeurteilung zum Arbeitsschutzgesetz (u. a. §§ 3, 4 und 5
möglich ist, verdeutlichen die vorgestellten Er- ArbSchG) zu setzen.
gebnisse einer von uns durchgeführten Fra- Diese Übereinstimmung findet auf einer
gebogenstudie zum Nutzen der Gefährdungs- recht abstrakten Ebene statt; gleichwohl reicht
beurteilung hinsichtlich psychischer Belastun- das Gesetz weiter in die operative Diktion
gen. Insbesondere die Vollständigkeit der Ge- der Arbeitgeberpflichten, und dies sowohl hin-
fährdungsbeurteilung wird dabei als zentrales sichtlich der Organisation des AuG mit § 3 (2)
Qualitäts- und Nutzenkriterium herausgestellt. ArbSchG – Transparenz und Beteiligung – als
auch hinsichtlich eines kontinuierlichen Ver-
besserungsprozesses, der über die so genannte
8.1 Verantwortung zum Arbeits- Gefährdungsbeurteilung (GfB) installiert wer-
und Gesundheitsschutz den muss (§ 5 ArbSchG). Diese operativen
in DIN EN ISO 26000 Kernpflichten spiegeln sich wider in der Nach-
und im Arbeitsschutzgesetz haltigkeit im Sinne der CSR-Richtlinie und
der DIN 26000 „Organisationsführung“ und
machen somit die Verantwortung der Orga-
Unternehmerische Verantwortung im Arbeits- nisationsleitung erst möglich. Diese zentrale
und Gesundheitsschutz (AuG) ist nicht erst Rolle der GfB im AuG hat, nebenbei bemerkt,
2014 durch die CSR-Richtlinie und die DIN umweltrechtliche Vorbilder, zum Beispiel im
EN ISO 26000 2021-04 in den Fokus nachhal- Risk-Assessment oder in der Umweltverträg-
tiger Unternehmenslenkung geraten. „Schon“ lichkeitsprüfung (Blume und Faber 2018), was
das Arbeitsschutzgesetz von 1995 stellt als auf eine prozedurale Konvergenz der Verant-
Adressat den Arbeitgebenden ins Zentrum der wortung in der CSR- und Normlogik verweist
Verantwortung für die Umsetzung und Über- und so Komplexität reduzieren könnte, wenn
wachung gesetzlicher Pflichten. Lässt man diese Verfahrenspflichten einer GfB umgesetzt
alle subsidiären Gesetze und Verordnungen werden.
138 A. Blume et al.

8.1.1 Verantwortung im Arbeits- 8.1.2 Geringe Akzeptanz von


und Gesundheitsschutz Gefährdungsbeurteilungen
im europäischen Vergleich in deutschen Organisationen

Da sowohl das Arbeitsschutzgesetz als auch In Deutschland erhobene Zahlen für 2011 und
die CSR-Richtlinie europäische Wurzeln besit- 2015 der GDA zeigen eine relativ geringe
zen und auch auf dieser Ebene fortgeschrieben Akzeptanz (etwas über 50 %) bezüglich der
werden, ist es legitim und spannend, sich den Arbeitgeberverpflichtung einer GfB auf (nach
Realisationsgrad des AuG im EU-Vergleich Sommer 2019; Sommer et al. 2018). Beziehen
anzusehen. sich diese Studien auf die generelle Durchfüh-
Wie europäische Vergleichsstudien mit rung von GfBen, weisen Gefährdungsbeurtei-
über 45.000 Unternehmen demonstrieren, sind lungen hinsichtlich psychischer Belastungen
hinsichtlich der Umsetzungsgrade zentraler oftmals eine noch geringere Quote auf. Auch
Aktivitäten im AuG zwischen den EU-Län- die Klarstellung im Arbeitsschutzgesetz 2013
dern deutliche Unterschiede auszumachen. So im Hinblick auf die explizierte Vorschrift, auch
lag gemäß der dritten Europäischen Unter- psychische Belastungen zu ermitteln, hat hier
8 nehmenserhebung über neue und aufkommen-
de Risiken (ESENER-3; EU-OSHA 2019)
nur zu geringfügigen Verbesserungen beigetra-
gen. Wie sich unter anderem aus den Aus-
beispielsweise die Durchführungsquote in wertungen von Sommer et al. (2018) ergibt,
Deutschland sowohl 2014 zum ersten Erhe- begründen die Organisationen dieses Absti-
bungszeitpunkt als auch 2019 zum dritten Er- nenzverhalten vornehmlich damit, dass ver-
hebungszeitpunkt deutlich unter dem Durch- meintlich keine nennenswerten Gefährdungen
schnitt der 33 befragten europäischen Staaten. vorlägen (84,8 % im Jahr 2011 bzw. 81,0 %
Gleiches galt für die Anzahl der Besuche von im Jahr 2015), das Melden oder Beseitigen
Aufsichtsorganen, wo Deutschland an 15. Stel- von Problemen durch Beschäftigte funktionie-
le – und damit nur im Mittelfeld – lag und re (2011: 83,0 % bzw. 2015: 83,2 %) oder der
sich eine abnehmende Tendenz in Bezug auf Nutzen zu gering sei (2011: 47,0 % bzw. 2015:
die Anzahl der Betriebsbesuche von 2014 nach 40,4 %). Blume (2016) zeigt über den wahr-
2019 zeigte (EU-OSHA 2019). genommenen zu großen Aufwand hinaus, dass
Demgegenüber stehen Länder wie Itali- geringe bis keine Haftungsrisiken durch man-
en oder Spanien, in denen GfBen nicht nur gelnde Kontrollen der Aufsichtsorgane vorlie-
deutlich regelmäßiger, sondern auch unter stär- gen.
kerer Partizipation der Beschäftigten durchge- Erschwerend kommt hinzu, dass GfBen,
führt werden (EU-OSHA 2019). Hinzu kom- sofern überhaupt durchgeführt, häufig unvoll-
men Unterschiede in den rechtlichen Vorgaben ständig, d. h. ohne Entwicklung und Umset-
bzw. in der Rolle der Aufsicht über die GfB. zung von Maßnahmen oder eine Wirksam-
So nimmt Dänemark beispielsweise die Or- keitskontrolle stattfinden. So zeigen die Aus-
ganisationen diesbezüglich deutlich stärker in wertungen von Schmitt und Hammer (2015),
die Verantwortung und verlangt spätestens al- dass nur 22,9 % der Organisationen, die GfBen
le drei Jahre eine schriftliche Dokumentation durchgeführt haben, Maßnahmen ergriffen und
der GfB. Das neue „Arbeitschutzkontrollge- davon nur 15,0 % ihre Wirkung überprüft ha-
setz“ von Januar 2021 erfüllt die Anforderung, ben. Im Gegensatz dazu stehen zahlreiche Stu-
die abnehmende Kontrolldichte zu stoppen, dien und Forschungsbefunde der gesetzlichen
aus unserer Sicht leider nicht angemessen (ab Krankenkassen und des RKI, die seit Jahren
2026: 5 % Mindestbesichtigungsquote). psychische Erkrankungen an der Spitze der Er-
Kapitel 8 ! Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen
139 8
krankungsarten und Ursache von Fehlzeiten tigte) und 63,0 % größere Betriebe. Hinsicht-
aufzeigen. Während psychischen Belastungen lich der Branchen verteilen sich die Organi-
und ihren möglichen Konsequenzen für die sationen auf 21,0 % im öffentlichen Sektor,
psychische Gesundheit und Arbeitsfähigkeit 33,0 % im verarbeitenden Gewerbe und 46,0 %
von Beschäftigten zunehmend mehr Aufmerk- im Dienstleistungssektor.
samkeit in der wissenschaftlichen Forschung Über einen Onlinefragebogen wurde mit-
zukommt, liegen zum tatsächlichen wie wahr- hilfe von 83 Fragen, z. T. mit Freitexteingabe-
genommenen Nutzen solcher GfBen bisher möglichkeiten, die Wirkungskette aus identifi-
nur wenige belastbare Forschungsbefunde vor zierten Belastungen, daraus entwickelten Maß-
(z. B. Eichhorn und Schuller 2017). nahmen, durchgeführten Wirkungskontrollen
Dieser Widerspruch zwischen der augen- und beobachtetem Nutzen zunächst für die
scheinlich nur wenig wahrgenommenen Ver- GfB psychischer Belastungen im Allgemeinen
antwortung der Betriebe – gemäß den norma- und dann für die identifizierten Belastungs-
tiven Vorgaben aus der DIN EN ISO 26000 schwerpunkte im Speziellen erfragt. Konkret
(Deutsches Institut für Normung 2018) un- wurde innerhalb des Fragebogens zuerst ab-
ter anderem hinsichtlich der Einhaltung von gefragt, wann und durch wen die letzte psy-
geltenden Gesetzen – und der Entwicklung chische GfB durchgeführt wurde. Bei Orga-
psychischer Erkrankungen und Beeinträchti- nisationen, die angegeben haben noch keine
gungen – motivierte die Verfassenden, eine GfB psychischer Belastungen durchgeführt zu
Studie zum Nutzen von GfBen hinsichtlich haben, wurden die expliziten Gründe für das
psychischer Belastungen zu initiieren. Ausbleiben sowie mögliche zukünftige Plä-
ne bezüglich einer psychischen GfB ermit-
telt. Teilnehmende Organisationen, die bereits
8.2 Ergebnisse einer Befragung mindestens eine GfB psychischer Belastungen
zum Nutzen von Gefährdungs- durchgeführt haben, wurden wiederum zu ty-
beurteilungen hinsichtlich pischen Anlässen, verwendeten Instrumenten
(z. B. Fragebogen, Interviews, Workshops),
psychischer Belastungen
aus den GfB resultierenden Belastungsfak-
toren (z. B. Kommunikation, Abstimmungen,
Bedenkt man die bereits herausgestellte zen- Führung, Arbeitsorganisation) und sich daraus
trale Drehscheibenfunktion der GfB für den ergebenden Maßnahmen befragt. Dabei wur-
AuG, stellt sich die Frage, wie es Betriebe de für die jeweils genannten Belastungsfakto-
schaffen, ohne korrektive und präventive GfB ren gezielt abfragt, inwieweit Maßnahmen zur
einen systematischen, rechtskonformen AuG Reduktion dieser Belastungen entwickelt und
zu realisieren. Wir sahen in der Frage nach umgesetzt wurden, ob sich aus diesen Maß-
dem Nutzen einer GfB psychischer Belastun- nahmen Verbesserungen ergeben haben und
gen jedoch einen weitergehenden Beitrag zur in welchem Verhältnis Aufwand und Nutzen
Förderung der Nachhaltigkeit im AuG (Blume der psychischen GfB standen. Der generel-
et al. 2022). le Nutzen der GfB psychischer Belastungen
als zentralem Untersuchungsgegenstand wur-
de sowohl zu Beginn als auch zum Ende der
8.2.1 Konzeption der Befragung Befragung erfragt, um eine höhere Konsis-
tenz der Ergebnisse zu gewährleisten. Die Fra-
gen wurden mehrheitlich durch die Personal-
Es wurden 74 Organisationen befragt, die sich leitungen oder Gesundheitsmanagerinnen und
auf folgende Betriebsgrößen aufteilten: 37,0 % -manager der teilnehmenden Organisationen
kleine und mittlere Betriebe (bis 250 Beschäf- beantwortet.
140 A. Blume et al.

8.2.2 Aufwand-Nutzung- durchzuführen. Konkrete Anlässe für eine


Wahrnehmung von Gefährdungsbeurteilung waren insbesondere
Gefährdungsbeurteilungen „wesentliche Änderungen in der Arbeitssi-
tuation“ (70,0 %), die „SARS-CoV2-Arbeits-
psychischer Belastungen schutzverordnung“ (35,0 %) oder „Änderun-
gen in der IT und/oder deren Anwendungen“
Grundsätzlich zeigte sich, dass 87,0 % der (25,0 %). Die Organisationen, bei denen eine
teilnehmenden Organisationen bereits eine GfB psychischer Belastungen bisher ausge-
oder mehrere GfBen psychischer Belastun- blieben ist (13,0 %), gaben dabei am häufigs-
gen durchgeführt haben. Die vergleichswei- ten das „Fehlen von geeigneten Hilfestellun-
se sehr hohe Quote resultiert daher, dass für gen“ zur Durchführung von GfBen (28,6 %),
die Befragung gezielt Organisationen ausge- einen „zu geringen Nutzen“ (28,6 %) sowie
wählt und angefragt wurden, die mit hoher „unklare bzw. unbekannte gesetzliche Anfor-
Wahrscheinlichkeit bereits GfBen psychischer derungen und Vorschriften“ (28,6 %) als Grün-
Belastungen durchgeführt haben und dem- de an.
entsprechend über ausreichende Erfahrungen Wie . Abb. 8.1 zu entnehmen ist, fiel die
mit dem Prozess verfügen, um den Nutzen Nutzenwahrnehmung bei den durchführenden
8 dieser GfBen adäquat einschätzen zu kön-
nen. 50,0 % der durchführenden Organisa-
Organisationen deutlich positiver aus.
So gaben 54,0 % dieser Organisationen an,
tionen erklärten, „immer wieder“ oder auch dass der Nutzen den Aufwand eindeutig über-
„anlassbezogen“ GfBen psychischer Belastun- wogen habe. 29,7 % schätzten diesen Zusam-
gen zu organisieren. Immerhin 40,5 % der menhang mit „teils/teils“ ein und nur 13,5 %
durchführenden Organisationen gaben an, „al- sahen ein ungünstiges Aufwand-Nutzen-Ver-
le 2 bis 3 Jahre“ und 14,3 % „alle 3 bis hältnis. Die restlichen 2,8 % der Organisation
5 Jahre“ eine GfB psychischer Belastungen gaben an, dies nicht beurteilen zu können. Der

Uneindeutigkeit der Ergebnisse/ Identifikation von psychischen Belastungen


Fehlinterpretationen möglich 2,8%
Erhöhte Produktivität und Effizienz

13,5% Verringerte Fehlzeiten

Nutzen nur durch um- ja


fängliche Maßnahmen- teils-teils
umsetzung
54,0% nein
29,7% weiß nicht

Sensibilisierung der Beschäftigten


Mangelnder Veränderungswille
Erhöhte Beschäftigtenbindung

Erhöhte Beschäftigtenzufriedenheit
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 8.1 Wahrgenommenes Aufwand-Nutzen-Verhältnis sowie ausschlaggebende Gründe für die Einschätzung.
(Quelle: Blume et al. 2022)
Kapitel 8 ! Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen
141 8
konkrete Nutzen erwuchs dabei, nach eige- 8.2.3 Zusammenhänge von
nen Angaben, aus einer erhöhten Produktivität Maßnahmenentwicklung/
und Effizienz der Arbeitsprozesse, der erfolg- -umsetzung bzw.
reichen Identifikation und Sensibilisierung für
diese Belastungen durch das Verfahren sowie
Wirkungskontrollen und
aus einem verringerten Krankenstand. Weiter- Nutzen und ihre Bedeutung
hin wiesen die Teilnehmenden eine gesteigerte für die organisationale Praxis
Beschäftigtenzufriedenheit und -bindung in-
folge von Partizipationsmöglichkeiten bei der
Identifikation von Belastungen und Maßnah- Wie aus den Ausführungen der teilnehmen-
menideen als Nutzen aus. Das Führungsver- den Organisationen bereits herauszudeuten, ist
halten – als einer in der Befragung am häu- die Frage nach dem Nutzen einer GfB psychi-
figsten identifizierten Belastungsschwerpunkte scher Belastungen eng mit ihrer Vollständig-
(59,5 %) – konnte durch Schulungen und Se- keit verbunden. So konnte bei der Auswertung
minare zur Sensibilisierung bezüglich psychi- der Befragungsergebnisse sowohl ein positiver
scher Belastungen (31,0 %), Weiterbildungen Zusammenhang zwischen der Maßnahmenent-
im Bereich der wertschätzenden Kommuni- wicklung bzw. -umsetzung (r D 0;492, p D
kation und Führung (23,0 %), Möglichkeiten 0;001) und dem Aufwand-Nutzen-Verhältnis
des spontanen, informellen Austauschs zwi- als auch zwischen der Durchführung von Wir-
schen Mitarbeitenden und ihren Führungskräf- kungskontrollen und dem Aufwand-Nutzen-
ten (8,0 %) verbessert werden. Auch die Ein- Verhältnis (r D 0;436, p D 0;005) beobachtet
führung eines 360ı -Feedbacks, die verstärkte werden. Organisationen, die aus dem Ergeb-
Nutzung von Beratungsangeboten (15,0 %) so- nis der GfB entsprechende Maßnahmen für die
wie Zielvereinbarungen bezüglich des AuG identifizierten Belastungsschwerpunkte entwi-
(8,0 %) führten zu einem stärker gesundheits- ckelten und deren Wirksamkeit kontrollierten,
förderlichen Führungsverhalten, wie im Rah- nahmen also wahr, dass der Nutzen der GfB
men von Wirkungskontrollen bei 77,3 % der überwiegend höher ist als der Aufwand.
Organisationen, die Maßnahmen zum Füh- Ein problematisches Bild für die orga-
rungsverhalten umgesetzt haben, festgestellt nisationale Praxis liefern unsere Ergebnisse
wurde. zum Nutzen insofern, als zwar 75,7 % der be-
Die 13,5 % der befragten Organisationen, fragten Organisationen im Rahmen der GfB
die ein negatives Aufwand-Nutzen-Verhältnis für alle Belastungsschwerpunkte ausreichen-
annahmen, legten im Rahmen von Freitextant- de Maßnahmen entwickelt haben, jedoch nur
worten ebenfalls vielfältige Gründe für ihre bei 51,3 % dieser Organisationen, also bei etwa
Wahrnehmung dar. Zu diesen Gründen gehör- jeder zweiten, auch eine Kontrolle der Wirk-
ten unter anderem eine teilweise Uneindeutig- samkeit dieser Maßnahmen erfolgte. Dies legt
keit der Analyseergebnisse, die eine gewollte nahe, dass die Wahrnehmung eines fehlenden
oder ungewollte Fehlinterpretation der Ergeb- Nutzens in Organisationen in vielen Fällen
nisse begünstige, sowie fehlende Einsicht bzw. schlichtweg darauf zurückzuführen ist, dass
ein mangelnder Veränderungswillen der Orga- für den Nachweis eines tatsächlichen Nutzes
nisationspitze oder innerhalb einzelner Abtei- wichtige Elemente, wie etwa die Maßnah-
lungen. Darüber hinaus wurde mehrmals be- menumsetzung und Wirkungskontrollen, nicht
tont, dass ein wirklicher Nutzen nur durch die durchgeführt werden und stattdessen eher Vor-
tatsächliche Entwicklung und Umsetzung von urteile die Wahrnehmung und Einschätzungen
sich aus der GfB ergebenden Maßnahmen er- bestimmen.
wachse, diese aber hier nicht realisiert werden
konnten.
142 A. Blume et al.

8.2.4 Beteiligung der 8.3 Ein verantwortungsvolles


Beschäftigten und Handeln im Arbeits- und
Engagement Gesundheitsschutz verlangt
der Entscheidungsträger ausreichende Ressourcen
als Erfolgsfaktoren von
Gefährdungsbeurteilungen Wie bereits im vorherigen Unterkapitel an-
geführt, stellt das Führungsverhalten in den
Erfreulich ist hingegen, dass Organisationen, beteiligten Unternehmen eine der am häufigs-
sofern sie eine GfB psychischer Belastungen ten genannten Quellen für psychische Fehl-
durchführen, mehrheitlich auf die Kombinati- belastungen der Beschäftigten dar. Dies kann
on von Methoden der Grobanalyse und Fein- sich auf deren psychische Gesundheit aus-
analyse setzen, die normengerecht die Ergeb- wirken (Roth 2015). In diesem Sinne stehen
nisse der GfB transparent kommunizieren und auch die Führungskräfte in der Verantwortung,
die Beschäftigten in den Prozess der Belas- durch ein gutes und gesundheitsförderliches
tungsidentifikation und Maßnahmenentwick- Führen ihren Beitrag zum Gesundheitsschutz
lung einbeziehen. Dass sich diese Möglich- ihrer Mitarbeitenden zu leisten. Hierfür müs-
8 keit der Partizipation, zusätzlich zum besseren sen jedoch seitens der Organisation, neben
Gelingen der GfB selbst, förderlich auf die einer klaren Beauftragung, geeignete Rahmen-
Zufriedenheit und emotionale Bindung der Be- bedingungen gegeben sein. Zu diesem Ergeb-
schäftigten zur Organisation auswirkt, wurde nis kommt auch eine bisher noch unveröffent-
von 36,0 % der teilnehmenden Organisationen lichte Analyse der anonymisierten Daten von
als ein zentraler Nutzen der GfB erkannt. 1.027 Führungskräften und 3.485 Beschäftig-
Zentrale Promotoren für die Initiierung ten ohne Führungsverantwortung, die aus von
und Durchführung einer qualitativ nützlichen, den Verfassenden dieses Kapitels bei hr&c
d. h. vollständigen und transparent-partizipa- durchgeführten Befragungen aus GfBen stam-
tiven GfB sind laut unseren Befragungser- men. Als Analyseinstrument wurde dabei der
gebnissen insbesondere die Geschäftsführung BAAM Flex mit spezifischen Fragen zu den
und der Betriebsrat: Ihre „Rückendeckung“ Führungsbedingungen und der Gesundheit der
wurde von den teilnehmenden Organisatio- Führungskräfte erhoben.
nen als ausschlaggebende Voraussetzung für Die Analyseergebnisse zeigen zum einen,
das Gelingen einer GfB psychischer Belas- dass die eigene Führungskraft einen signifi-
tungen beschrieben. Hier stehen also gemäß kanten Einfluss auf den allgemeinen Gesund-
der DIN 26000 und dem Arbeitsschutzgesetz heitszustand (“ D 0;311, p D 0;003), die psy-
(§ 3 ArbSchG) die organisationalen Entschei- chische Gesundheit (“ D 0;272, p D 0;001)
dungsträger explizit in der Verantwortung, die sowie die Erholungsfähigkeit (“ D 0;302, p D
ordentliche Durchführung der GfB und damit 0;002) der Beschäftigten ausübt. Dies steht im
einen wirklichen Nutzen für den organisatio- Einklang mit anderen Studien, die das Füh-
nalen AuG zu gewährleisten. rungsverhalten als wichtigen Prädiktor für die
Gesundheit der Beschäftigten ausweisen (z. B.
Gregersen et al. 2018; Klamar et al. 2018;
Montano et al. 2016). Weiterhin zeigt unsere
Datenanalyse jedoch auch, dass das Vorlie-
gen geeigneter organisationaler Rahmenbedin-
gungen Einfluss auf die Gesundheit und das
Verhalten von Führungskräften nimmt. Dies
bezieht sich insbesondere auf das Vorhanden-
Kapitel 8 ! Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen
143 8

. Tab. 8.1 Einfluss des Vorhandenseins von zeitlichen und räumlichen Ressourcen zur Wahrnehmung
von Führungsaufgaben auf die Gesundheit von Führungskräften (N D 1:027). (Quelle: Blume et al. (noch
unveröffentlicht))

Variable Allgemeine Körperliche Psychische Erholung


Gesundheit Gesundheit Gesundheit
Zeitliche Ressourcen 0,242 0,168 0,284 0,332

Räumliche Ressourcen 0,215 0,118 0,103 0,221

die Regressionskoeffizienten sind für „zeitliche Ressourcen“ auf einem 0,1 %-Niveau und für „räumliche Res-
sourcen“ auf einem 1 %-Niveau signifikant
Fehlzeiten-Report 2022

sein räumlicher und zeitlicher Ressourcen zur gen sowie entsprechende Orientierungen der
Ausübung der Führungsaufgaben, die zudem Führungskräfte für eine gute und gesundheits-
die allgemeine Gesundheit wie auch die kör- förderliche Führung gewährleistet sind. Inwie-
perliche und psychische Gesundheit sowie die weit zum gegenwärtigen Zeitpunkt gute Rah-
Erholungsfähigkeit von Führungskräften be- menbedingungen für das Führen gegeben sind
einflussen. Räumliche Ressourcen beziehen bzw. die Beschäftigten Belastungen durch ih-
sich beispielsweise auf das Vorhandensein ge- re Führungskraft erfahren, ist dabei im Rah-
eigneter Räumlichkeiten, um mit den Mitar- men einer GfB psychischer Belastungen mit
beitenden vertrauliche Gespräche oder Team- entsprechenden Fragen für Führungskräfte zu
meetings durchzuführen. Zeitliche Ressourcen evaluieren. Bei einer Identifikation von Pro-
beziehen sich darauf, inwieweit sich die Füh- blemen bzw. potenziellen Gefährdungen sind
rungskräfte Zeit für ihre Mitarbeitenden und geeignete Maßnahmen zu ergreifen und hin-
deren Belange nehmen können. Eine Darstel- sichtlich ihrer Wirkung zu überprüfen.
lung der konkreten Einflüsse der Ressourcen
auf die Führungskräftegesundheit findet sich in
. Tab. 8.1. 8.4 Die Gefährdungsbeurteilung
Im Kontext des AuG hochinteressant ist zu- als Quelle von Kennzahlen
dem, dass sich die Möglichkeit, die Arbeits- für die Evaluation eines CSR-
bedingungen der eigenen Mitarbeitenden ge- konformen Arbeits- und
sundheitsförderlich zu gestalten, positiv auf Gesundheitsschutzes
die psychische Gesundheit (“ D 0;278, p D
0;003) sowie auf die Erholungsfähigkeit (“ D
0;289, p D 0;022) der Führungskräfte selbst Mit der spätestens 2023 in Deutschland zu
auswirkt. Führungskräfte, die aktiv zu einem erwartenden CSRD-Richtlinie (Corporate Sus-
guten Gesundheitsschutz innerhalb ihrer Orga- tainability Reporting Directive) und der dann
nisation beitragen, sind demnach gesünder als geltenden Berichtspflicht für Organisationen
Führungskräfte, die keinen Einfluss auf die Ge- ab 250 Beschäftigten stehen auch diese Or-
sundheit ihrer Mitarbeitenden nehmen können. ganisationen zukünftig vor der Frage, wie sie
Um also die nachhaltige Gesundheit al- mit möglichst geringem zusätzlichem Auf-
ler Beschäftigten – mit oder ohne Führungs- wand dieser Berichtsverpflichtung normenge-
verantwortung – sicherzustellen, müssen die recht nachkommen können. Konkreter geht es
Entscheidungsträger über eine personenbezo- um die Frage, welche Kennzahlen in einem
gene Gesundheitsförderung hinaus dafür Sor- solchen Nachhaltigkeitsberichts für den AuG
ge tragen, dass geeignete Rahmenbedingun- reportet werden können oder sogar müssen.
144 A. Blume et al.

8.4.1 Identifikation AuG bedeutet dies, dass nicht nur der ge-
von für den Arbeits- und genwärtige Zustand, sondern auch Ursachen
Gesundheitsschutz sowie daraus folgende Lösungsmöglichkeiten
im Präventionssinn in den Blick genommen
relevanten Kennzahlen werden sollten.
anhand vorhandener CSR- Weit davon entfernt, hier ein umfassen-
Standards und Leitfäden des Berichtsgerüst mit Indikatoren für den
AuG vorstellen zu wollen (siehe dazu den auf
Arbeitsschutz fokussierten Versuch des CSR-
Neben den bisher vorhandenen Reporting-
Siegers 2022: RWE 2021) und zu können,
Standards wie dem UN Global Compact (UN-
möchten wir hier der These folgen, dass ein
GC), dem Eco-Management und Audit Sche-
Report über die Qualität und Quantitäten der
me (EMAS) oder dem Deutschen Nachhal-
GfB eine valide Aussage über die Qualität des
tigkeitskodex (DNK) wird mit der CSRD-
AuG bietet und somit einen Rahmenindika-
Richtlinie eine Präzisierung der Standards und
tor im Rahmen der Berichtspflichten darstellt.
Regelungen für die Berichtserstattung erwar-
Die Plausibilität dieser These ergibt sich nicht
tet. Dies ist insofern wichtig, als die bisherigen
nur aus den rechtlichen und normativen Ver-
Leitlinien zwar Kriterien auflisten, aber kaum
8 Angaben zu konkreten Indikatoren bereitstel-
weisungen, sondern vor allem aus dem prak-
tischen Zusammenhang einer Ermittlung und
len. Versucht man das gesammelte Kriterien-
Legitimation „erforderlicher Maßnahmen“ zur
werk nach Indikatoren zum AuG zu durch-
kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbe-
forsten, so bleibt es hinsichtlich des Expli-
dingungen. Wie sonst kann materiell und pro-
kationsgrades bei den Überschriften der DIN
zedural Verantwortung im AuG realisiert wer-
EN ISO 26000, wenngleich erste Entwürfe
den?
des European Sustainability Reporting Stan-
Wir haben schon 2010 ein Analyse- und
dard vielversprechende Neuerungen erwarten
Entwicklungskonzept für ein Betriebliches
lassen.
Gesundheitsmanagement (BGM) vorgestellt
und in diversen Betrieben erprobt (Blume
2010). Dieses „Reifegrad-Modell“ basiert auf
8.4.2 Eignung der Gefährdungs- neun Dimensionen, die ihrerseits in vier Qua-
beurteilung als zentrale litätsstufen den Reifegrad des jeweiligen BGM
Kennzahl für den Arbeits- darstellen können und so eine Weiterentwick-
und Gesundheitsschutz lung indizieren. Dabei ging es nicht um ein
gemäß DIN EN ISO 26000 ideales BGM, sondern um eine Entschei-
dungsgrundlage für eine (selektive) Priorisie-
rung von Verbesserungsmaßnahmen (Blume
Um den Berichtsprozess übersichtlich zu ge- 2010). Das im nächsten Unterkapitel vorge-
stalten, sollte generell und speziell für den stellte Reifegrad-Modell einer GfB folgt der
AuG eine überschaubare Anzahl an Indika- gleichen Philosophie: Nicht die ideale GfB mit
toren gewählt werden. Hierbei ist darauf zu 16 Punkten ist in der Regel das nächste Etap-
achten, dass nicht nur Einzelindikatoren wie penziel, sondern die (Selbst-)Einschätzung
Fehlzeiten, Krankenstände oder Unfallzah- des GfB-Reifegrades der eigenen Organisati-
len betrachtet und berichtet werden, sondern on lässt der verantwortenden Stelle die Wahl
die gewählten Kennzahlen auch Rückschlüs- verschiedener Verbesserungsstrategien. In den
se über Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge meisten Fällen wäre eine korrektive GfB der
und einen kontinuierlichen Verbesserungspro- psychischen Belastungen schon ein großer
zess zulassen. Für den konkreten Bereich des Schritt nach vorn.
Kapitel 8 ! Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen
145 8

8.4.3 Das Reifegrad-Modell der


a)
Gefährdungsbeurteilung
als Berichtsnachweis 4
eines nachhaltigen Arbeits- 3
und Gesundheitsschutzes 2
1
Wie schon angedeutet, sehen wir eine GfB in d) 4 3 2 1 1 2 3 4 b)
vier Dimensionen mit jeweils vier Ausprägun- 1
gen als valide Abbildung ihrer rechtlich nach- 2
haltigen Qualität. Diese Dimensionen sind in
3
. Abb. 8.2 (vereinfacht) grafisch dargestellt.
4
Die vier Dimensionen sind:
a) Gegenstände der GfB c)
b) Orientierung und Zeitpunkte der GfB
a) Gegenstand der GfB
c) der Durchführungsgrad und b) Orientierung und Zeitpunkt der GfB
d) der Prozess der GfB c) Durchführungsgrad der GfB
d) Transparenz und Beteiligung bei der GfB
1 bis 4 : Reifegrad der betrachteten Dimension
Bei der Dimension a) geht es um das, was Fehlzeiten-Report 2022

in einer GfB ermittelt und ggf. mit Maßnah-


men belegt und einem Controlling unterzogen . Abb. 8.2 Dimensionen des Reifegradmodells der Ge-
wird. Hier ist nicht allein die exemplarische fährdungsbeurteilung mit je vier Dimensionen
Liste aus dem § 5 (3) ArbSchG oder die GDA-
Empfehlungen (GDA 2017) zu referenzieren,
sondern der Fokus der Ermittlungen ist je nach Die Dimension b) „Orientierung und Zeit-
der „Tätigkeit“ des Analysebereichs zu spe- punkt der GfB“ bezieht sich auf das Zusam-
zifizieren. Hier spielt sowohl die Frage nach menspiel von Zeitpunkten der Durchführung,
physischen und psychischen Gefahren und Ge- der Wiederholfrequenz und der Zweckbestim-
fährdungen eine zentrale Rolle als auch die mung der GfB. So ist eine Wiederholung einer
Option, die jeweiligen Beanspruchungsfolgen GfB alle drei Jahre, anders als beispielswei-
(physischer und psychischer Art) ebenfalls zu se in Dänemark, in Deutschland keine Pflicht.
erfassen. Gleichwohl sollten Anlässe wie wesentliche
Wir schlagen dazu folgende vier Reifegra- Änderungen des Maschinenparks, der Arbeits-
de vor: oder der Büroorganisation nebst Homeoffice
1. Es werden ausschließlich physische Gefah- eine GfB auslösen (vgl. § 3(1) ArbSchG).
ren ermittelt. Auch die Arbeitsschutzverordnung zu SARS-
2. Es werden physische Gefahren und Gefähr- CoV-2 vom August 2020 schreibt eine spezi-
dungen tätigkeitsspezifisch ermittelt. fische GfB zu den Auswirkungen der Schutz-
3. Es werden separat psychische Belastungen maßnahmen und des Homeoffice nebst beson-
als Gefährdungen neben 1. und/oder 2. er- deren Bedingungen der Führung vor. Schließ-
mittelt. lich ist es für den Zeitpunkt einer GfB nicht un-
4. Es werden physische und psychische Ge- erheblich, ob eher korrektive Veränderungen
fahren und Gefährdungen tätigkeitsspezi- oder eine präventive Vermeidung von Gefah-
fisch integriert ermittelt. Darüber hinaus ren und Gefährdungen im Fokus stehen.
wird optional der Gesundheitsstatus als Be- Entsprechend schlagen wir hierfür folgen-
anspruchungsfolge erfasst. de Reifegrade vor:
146 A. Blume et al.

1. Die GfB korrigiert bestehende Gefahren setzt. Es wird eine Abschlussdokumentati-


und Gefährdungen, wenn sie auftreten. on erstellt.
2. Die GfB findet regelmäßig ohne spezifi-
schen Anlass statt und ist demnach korrek- Die vierte Dimension d) fokussiert sich auf
tiv. den Durchführungsprozess der GfB. Hier wer-
3. Die GfB korrigiert sowohl regelmäßig als den die essentiellen normativen Grundsätze der
auch zu gegebenen Anlässen Defizite und Transparenz und Beteiligung, aber auch die or-
Gefahrenquellen mit Tätigkeitsbezug. ganisationale Einbeziehung von Mitarbeiten-
4. Die GfB wird sowohl regelmäßig zur Ver- den, Führungskräften und Arbeitnehmervertre-
besserung der Arbeitsbedingungen als auch tungen im Sinne der Erfüllung entsprechen-
zur präventiven Vermeidung von Gefahren der Rechtspflichten aus dem Arbeitsschutzge-
und Gefährdungen anlässlich von Verände- setz (u. a. § 3(2)), der Betriebsverfassung, (u. a.
rungsprojekten eingesetzt. § 87 1.7) und dem Personalvertretungsrecht
(u. a. § 80 Abs. 1 Nr. 16) angesprochen. Wenn
Die dritte Dimension c), also der „Durch- demnach die GfB ein Mitbestimmungstatbe-
führungsgrad der GfB“, reflektiert eine der stand ist, so ist es noch lange nicht klar, ob und
typisch deutschen GfB-Schwächen: „Wir ana- wie und ggf. mit welchem Ziel die Mitarbeiten-
8 lysieren, machen aber nichts weiter und emp-
finden deshalb die GfB zudem noch als unnütz
den und Führungskräfte einbezogen werden. In
unserer Studie zum Nutzen der GfB psychi-
und zu aufwändig“. Die in den GDA-Emp- scher Belastungen wurde zumindest der Wert
fehlungen zur Durchführung einer GfB psy- von Partizipation sowohl für das Gelingen der
chischer Belastungen gelisteten sieben Schritte GfB als auch für eine höhere Zufriedenheit und
können hier unter Einschränkungen generali- Bindung der Beschäftigten konstatiert.
siert als Referenz für eine vollständige GfB Folgende Reifegrade für diese Dimension
gelten (GDA 2017). Das heißt: Nach der Er- lassen sich vorschlagen:
mittlung von Gefahren und Gefährdungen er- 1. Die GfB wird im betrieblichen „Elfenbein-
folgt die Analyse und Beurteilung hinsicht- turm“ von Experten und einem ausgesuch-
lich erforderlicher Maßnahmen, dann müssen ten Kreis von Managern entwickelt und
ggf. die Maßnahmen entwickelt und umgesetzt durchgeführt.
und schließlich hinsichtlich ihrer Wirksamkeit 2. Bei Befragungen, Beobachtungsinterviews
überprüft werden, um dann dokumentiert zu und Expertenbegehungen werden die Mit-
werden. Die Planung der nächsten GfBen wäre arbeitenden und betroffenen Führungskräf-
dann der Abschluss eines Zyklus. te vorab informiert.
Entsprechend sehen wir für diese Dimensi- 3. Bei der Maßnahmenentwicklung werden
on folgende Reifegrade: die betroffenen Führungskräfte und Arbeit-
1. Allein die Ermittlung und Analyse von Ge- nehmervertretungen einbezogen, d. h. ihre
fahren und Gefährdungen findet statt. Ideen und Vorschläge werden bei den Ent-
2. Für die Belastungs- und Gefahrenschwer- scheidungen der Verantwortlichen berück-
punkte werden geeignete Maßnahmen ent- sichtigt.
wickelt und ggf. mit Führungskräften 4. Mitarbeitervertretungen und betroffene
und den Arbeitnehmervertretungen abge- Führungskräfte sind in allen Phasen der
stimmt. GfB strukturell beteiligt. Die Mitarbeiten-
3. Die geeigneten Maßnahmen werden umge- den werden über (Zwischen-)Ergebnisse
setzt und umsetzungsbezogen einem Con- und den Fortgang des Projektes informiert.
trolling unterzogen. Dieser Beteiligungsprozess verläuft in de-
4. Die umgesetzten Maßnahmen werden hin- finierten Bahnen, die die unterschiedlichen
sichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft, ggf. Beteiligungsrechte – z. B. die Mitbestim-
modifiziert oder gänzlich durch andere er- mung – berücksichtigen.
Kapitel 8 ! Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz übernehmen
147 8
8.5 Fazit lung psychischer Belastungen? Eine empirische Stu-
die
Deutsches Institut für Normung e V (2018) DIN EN ISO
Aus unserer Sicht könnte eine CSRD-Berichts- 26000:2021-04. Leitfaden zur gesellschaftlichen Ver-
verpflichtung durchaus einen Schub in Rich- antwortung. Beuth, Berlin Wien Zürich
Eichhorn D, Schuller K (2017) Gefährdungsbeurteilung
tung eines nachhaltigen Arbeits- und Gesund- psychischer Belastung – Reine Pflichterfüllung oder
heitsschutzes initiieren. Dies setzt aber voraus, Nutzen für die Betriebe? Sich Ist Sich 68(10):428–
dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz im 433
Rahmen der CSR-Umsetzung eine ausreichen- EU-OSHA (2019) Dritte Europäische Unterneh-
de Aufmerksamkeit erhält. Unser Konzept, die menserhebung über neue und aufkommende
Risiken (ESENER-3). https://osha.europa.eu/de/
Qualität der Gefährdungsbeurteilung als vali- publications/third-european-survey-enterprises-new-
den Indikator für die Qualität des AuG zu set- and-emerging-risks-esener-3. Zugegriffen: 13. Apr.
zen, birgt die Chance, dass auch die kleineren 2022
Betriebe aufwandsarm reporten könnten. Da- GDA (2017) Empfehlungen zur Umsetzung der GfB psy-
rüber hinaus hat unsere Studie zum Nutzen von chischer Belastungen. Bundesministerium für Arbeit
und Soziales, Berlin
GfBen psychischer Belastungen gezeigt, dass Gregersen S, Vincent-Höper S, Nienhaus A (2018) Zusam-
es durchaus für die Unternehmen Sinn ergibt, menhang zwischen Führungsverhalten, Arbeitsmerk-
über die GfB ihren Arbeits- und Gesundheits- malen und psychischer Gesundheit der Beschäftigten.
schutz qualitativ und nachhaltig zu steuern. In: Trimpop R, Fischbach A, Seliger I et al (Hrsg) 20.
Dabei übersteigt bei vollständiger Durchfüh- Workshop Psychologie der Arbeitssicherheit und Ge-
sundheit. Asanger, Kröning, S 271–275
rung der GfB nachweislich der Nutzen den Klamar A, Felfe J, Krick A et al (2018) Die Bedeutung
Aufwand. von gesundheitsförderlicher Führung und Commit-
ment für die Mitarbeitergesundheit. Wehrmed Mo-
natsschr 62:260–265
Montano D, Reeske-Behrens A, Franke F (2016) Psy-
Literatur chische Gesundheit in der Arbeitswelt – Führung.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
Blume A (2010) Integration von BGM. In: Badura B, Dortmund
Walter U, Hehlmann T (Hrsg) Betriebliche Gesund- Roth I (2015) Die Arbeitsbedingungen der Führungskräfte
heitspolitik, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg, S im Dienstleistungssektor. ver.di, Berlin
276–288 RWE (2021) Corporate Responsibility Berichterstattung.
Blume A (2016) Prävention durch Gefährdungsbeurtei- Nichtfinanzieller Bericht
lung. In: Faber U, Feldhoff K, Nebe K, al (Hrsg) Schmitt B, Hammer A (2015) Für welche betrieblichen
Gesellschaftliche Bewegungen. Recht unter Beobach- Kontexte ist der Prozess der Gefährdungsbeurteilung
tung und in Aktion – Festschrift für Wolfhard Kohte. anschlussfähig? Wsi Mitteilungen 3(2015):202–211
Nomos, Baden-Baden, S 383–400 Sommer S (2019) Warum führen Betriebe keine Gefähr-
Blume A, Faber U (2018) Kommentierung der §§ 3,4,5 dungsbeurteilungen durch. Sich Ist Sich 4:185–187.
und 6 ArbSchG. In: Kohte W, Faber U, Feldhoff K https://doi.org/10.37307/j.2199-7349.2019.04.09
(Hrsg) Gesamtes Arbeitsschutzrecht, 2. Aufl. Nomos, Sommer S, Kerschek R, Lenhardt U (2018) Gefährdungs-
Baden-Baden, S 110–267 (die 3. Auflage erscheint im beurteilung in der betrieblichen Praxis: Ergebnisse der
Herbst 2022) GDA-Betriebsbefragungen 2011 und 2015. Bundes-
Blume A, Martinovic A, Paternoga M (2022) Factsheet: anstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dort-
Worin besteht der Nutzen einer Gefährdungsbeurtei- mund
149 III

Verantwortung
und Vielfalt
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 9 Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft


– ein arbeitspolitischer Ansatz – 151
Edelgard Kutzner

Kapitel 10 Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als


gemeinsamen Prozess aller beteiligten Akteure
begreifen – 165
Ildikó Pallmann, Janine Ziegler und
Christian Pfeffer-Hoffmann
151 9

Verantwortung für Vielfalt


in der Belegschaft – ein
arbeitspolitischer Ansatz
Edelgard Kutzner

Inhaltsverzeichnis

9.1 Einleitung – 152

9.2 Personelle Vielfalt in Unternehmen und Einrichtungen:


Ziele und möglicher Nutzen – 153

9.3 Vielfalt als arbeitspolitisches Konzept – 154

9.4 Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen


Umgang mit Vielfalt – Diversity-Kompetenz und
Prozessgestaltung – 156

9.5 Vielfalt in der betrieblichen Praxis: Handlungsfelder und


Ansatzpunkte – 158

9.6 Fazit – 162

Literatur – 163

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_9
152 E. Kutzner

2Zusammenfassung Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehand-


Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft lungsgesetzes (AGG) ist es laut § 1, Benachtei-
braucht die Fähigkeit, das eigene Handeln am ligungen aus Gründen der Rasse oder wegen
gemeinsam definierten Ziel auszurichten. Für der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der
einen verantwortungsvollen Umgang mit einer Religion oder Weltanschauung, einer Behin-
diversen Belegschaft eignet sich ein entspre- derung, des Alters oder der sexuellen Iden-
chend gestaltetes Diversity Management. Da- tität zu verhindern oder zu beseitigen.1 Häu-
mit ist hier ein umfassendes Unternehmenskon- fig wird diese Vielfalt bei der Personalarbeit,
zept gemeint, das personelle Vielfalt bewusst bei der Gestaltung der Arbeitsplätze, bei der
zum Bestandteil der Personal- und Organisati- betrieblichen Gesundheitsförderung, im Füh-
onsentwicklung macht. Diversity Management rungsverhalten, bei Stellenbesetzungen und in
in diesem Sinne eröffnet Gestaltungsoptionen anderen Bereichen nicht oder vorurteilsbehaf-
für Unternehmen und Beschäftigte und stellt tet berücksichtigt. Es stellt sich also auch die
damit auch ein Handlungsfeld für Interessen- Frage, welche Vielfalt wird wahrgenommen?
vertretungen dar. Es erfordert Aktivitäten in Wer nimmt welche Vielfalt mit welchem Inte-
verschiedenen Handlungsfeldern, u. a. in der resse wahr oder auch nicht?
Gesundheitsförderung, dem Personalmanage- Der Begriff Vielfalt oder auch Diversität
ment, der Arbeitsgestaltung und Arbeitsorga- oder Diversity2 ist vielschichtig und facetten-
nisation, dem Lohn und der Leistung, bei Füh- reich. Die hier gewählte Definition von Diver-
rung und Unternehmenskultur. sity meint Vielfalt im Sinne von Unterschie-
9 Der folgende Beitrag gibt zunächst in den und Gemeinsamkeiten zwischen und in
Abschn. 9.2 einen Überblick über Ziele und Beschäftigtengruppen. Die Betrachtung einer
den möglichen Nutzen von personeller Vielfalt Beschäftigtengruppe ist dann sinnvoll, wenn
für Unternehmen und Belegschaft. Anschlie- z. B. Benachteiligungen und Ausgrenzungen
ßend wird in Abschn. 9.3 das arbeitspolitisch qua Geschlecht dokumentiert und analysiert
orientierte Konzept eines Diversity Manage- werden sollen, wie etwa bei der Besetzung
ments vorgestellt. In Abschn. 9.4 werden An- von Führungspositionen oder in Fragen der
forderungen an einen möglichen Gestaltungs- Eingruppierung und der Leistungsbewertung,
prozess beschrieben und in Abschn. 9.5 werden bei Einstellungsverfahren etc. In der Regel ist
konkrete Handlungsfelder und mögliche An- es jedoch notwendig, weiter zu differenzieren,
satzpunkte eines Diversity Managements skiz- insbesondere wenn es darum geht, die un-
ziert. Ein Fazit schließt den Beitrag ab. terschiedlichen Interessen und Potenziale in-
nerhalb einer Gruppe zu erkennen. Dies trifft
auch auf das Erkennen intersektionaler Wir-
9.1 Einleitung kungen zu, wenn also verschiedene Gruppen-
zugehörigkeiten zusammenwirken, z. B. ethni-
sche Herkunft und Geschlecht (Winker und
Vielfalt ist in jedem Unternehmen und jeder Degele 2009). Es ist also genau zu überle-
Einrichtung vorhanden. Selbst dort, wo es nach
außen den Anschein hat, hier sei die Beleg- 1 In einer kürzlich erschienenen Studie wurde unter-
schaft äußerst homogen, z. B. weil überwie- sucht, inwiefern Diversity-Maßnahmen 15 Jahre nach
Einführung des AGG und der Gründung der Char-
gend Männer oder überwiegend Frauen dort ta der Vielfalt in Unternehmen umgesetzt wurden.
arbeiten, gibt es Unterschiede, beispielsweise Herausgekommen ist u.a., dass die Diversity-Dimen-
bei den Qualifikationen der Beschäftigten, in sionen in sehr unterschiedlicher Weise Beachtung
den Beschäftigungsformen (Vollzeit, Teilzeit), finden. Insbesondere in kleinen und mittleren Unter-
in der Altersstruktur, in der Einkommensstruk- nehmen ist das AGG eher weniger bekannt (Icks et al.
2022).
tur etc. Damit verbunden sind nicht selten auch 2 Im Beitrag werden die Begriffe Vielfalt, Diversität
Ungleichheitsverhältnisse. Ziel des 2006 in und Diversity in gleicher Weise verwendet.
Kapitel 9 ! Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft
153 9
gen, wann es sinnvoll und notwendig ist, nach die allerdings oft schneller zu Entschei-
Gruppen zu fragen bzw. Gruppenzuordnun- dungen kommen.
gen vorzunehmen, und wann genau dies gegen 4 Flexibilität: Während homogene Gruppen
die Absichten dazu beitragen könnte, Grup- oft einem gewissen Konformitätsdruck un-
penzugehörigkeiten zu konstruieren, die für terliegen, reagieren heterogene Entschei-
die Angehörigen dieser Gruppe ausgrenzend dungsgremien flexibler auf Umweltverän-
und benachteiligend wirken können. Wer auf derungen. Heterogenität kann zudem Be-
stereotype Vorstellungen hinweist, wie z. B. triebsblindheit reduzieren helfen.
„ältere Berufstätige sind ein Gewinn für Unter- 4 Marketing: Eine vielfältig zusammenge-
nehmen“, versucht einerseits, Benachteiligun- setzte Belegschaft kann sich besser auf die
gen der älteren Beschäftigten zu verhindern, Wünsche und Bedürfnisse einer heteroge-
riskiert aber andererseits eine Reproduktion nen Kundschaft einstellen.
verallgemeinernder stereotyper Zuschreibun- 4 Arbeitsbedingungen: Eine an Diversity ori-
gen wie „ältere Berufstätige sind nicht mehr entierte Arbeitsgestaltung seigert die Ar-
so leistungsstark wie jüngere“, oder „Älte- beitszufriedenheit und Motivation, Rei-
re stehen technischen Neuerungen nicht mehr bungsverluste und Diskriminierungen kön-
so aufgeschlossen gegenüber“. Folgen können nen minimiert werden, was letztlich kos-
Ausgrenzungen und Benachteiligungen dieser tensenkend wirken kann.
gesamten Gruppe sein.
Vorteile von Vielfalt in der Belegschaft wer-
den z. B. im Bereich von Innovationen gesehen
9.2 Personelle Vielfalt (Kutzner 2011). Sie gelten für viele als Schlüs-
in Unternehmen und sel zur erfolgreichen Bewältigung der der-
Einrichtungen: Ziele und zeit stattfindenden tiefgreifenden Veränderun-
möglicher Nutzen gen in Gesellschaft und Wirtschaft. Eine zen-
trale Schwäche einiger Unternehmen scheint
dabei die Fähigkeit zu sein, Impulse von in-
Diversity ist ein Thema in der gesellschaft- nen zu nutzen, kreative Ideen der Beschäftig-
lichen, betrieblichen, gewerkschaftlichen und ten zu fördern, ihr Wissen aufzunehmen und
seit einiger Zeit auch wissenschaftlichen De- zielgerichtet einzusetzen. Innovationen entste-
batte. Die Zugänge zu Diversity sind allerdings hen durch das Handeln von Menschen. Sie
unterschiedlich. In der betriebswirtschaftli- sind Ergebnis gemeinsamen Handelns von Be-
chen Debatte wird Diversity im Sinne einer schäftigten mit unterschiedlichem Wissen und
diversen Belegschaft als Potenzial gesehen, unterschiedlichen Erfahrungen. Eine erfolgrei-
das es aus Gründen der Effizienz zu nutzen gilt che Gestaltung von Innovationsprozessen von
(Stuber 2009). Konkret bedeutet das: der Idee bis zur Markterschließung braucht
4 Personalmarketing: Mit Diversity Manage- auch eine entsprechende Gestaltung der Arbeit
ment lassen sich bislang vernachlässig- und einen verantwortungsvollen Umgang mit
te Beschäftigtengruppen besser rekrutie- personeller Vielfalt.
ren. Dies wird immer wichtiger, weil die Zumeist handelt es sich bei den propagier-
bisher im Berufsleben dominante Gruppe ten Nutzeneffekten allerdings um vermutete
(meist inländische, gut qualifizierte Män- Vorteile aus einer Unternehmensperspektive.
ner mittleren Alters) tendenziell kleiner Aussagekräftige Studien sind rar. Glaubhaf-
wird. te Berechnungssysteme fehlen laut Aussage
4 Kreativität bei Problemlösungen: Ge- einiger Fachleute. Eine Roland-Berger-Studie
mischt zusammengesetzte Teams können aus dem Jahr 2012 kommt sogar zu dem Er-
innovativere und kreativere Problemlösun- gebnis, dass trotz der betriebswirtschaftlichen
gen hervorbringen als homogene Gruppen, Motivation (Marktzugang, Talentgewinnung,
154 E. Kutzner

Positionierung als Wunsch-Arbeitgeber) kei- Unfälle verringert werden kann. Auf einer
nes der befragten Unternehmen die finanzi- Baustelle kann z. B. eine falsch verstandene
ellen Effekte gemessen hat (Roland Berger Geste fatale Folgen haben. So bedeutet ein
Strategy Consultants 2012). Zu fragen wäre Kopfnicken nicht überall das Gleiche. In Bul-
also, ob der Erfolg eines Diversity Manage- garien bedeutet es nein, in Deutschland ja.
ments, z. B. in Form von Umsatzsteigerungen, Auch ein Daumen hoch bedeutet in Deutsch-
Erschließungen von neuen Märkten oder Fort- land ok, in arabischen Ländern hat es eine
schritten bei der Entwicklung neuer Lösungen anstößige Bedeutung. Dadurch kann es zu
und Produkte, wirklich ökonomisch messbar verhängnisvollen Missverständnissen kommen
ist. Es fehlen noch verbindliche Messgrößen (Füsers et al. 2018, S. 262).
bzw. positive Effekte sind in diesem Bereich Auch jemand, der eine andere Sprache
nur schwer auf bestimmte Maßnahmen zu- spricht und deshalb Sicherheitshinweise nicht
rückzuführen (Schulz 2009). Es ist von daher beachten kann, ist Gefahren ausgesetzt. „Wenn
sinnvoll, den Erfolg an den eigenen, selbst ge- man sich dieser Vielfalt bewusst wird und den
setzten Zielen zu messen. Arbeitsschutz darauf ausrichtet, beispielswei-
Sicher ist, die propagierten Erfolge werden se Sicherheitsinformationen übersetzt, schützt
sich nicht so einfach einstellen – sie hängen das die Gesundheit aller im Betrieb.“ (Krauss-
von der konkreten Gestaltung eines Diversi- Hoffmann 2019, S. 2). Ein diversitygerechter
ty Managements ab. So kann eine heterogen und -sensibler Arbeitsschutz hat einen Nutzen
zusammengesetzte Gruppe in dem einen Un- für den gesamten Betrieb. „Einfache, verständ-
9 ternehmen, ja sogar in der einen Abteilung liche und ansprechende – vielleicht mit Bil-
erfolgreich sein, in einem anderen Unterneh- dern oder Videos gestützte – Unterweisungen
men oder einer anderen Abteilung dagegen kommen bei allen Beschäftigten gut an und
nicht, weil hier möglicherweise Konkurrenz bleiben länger im Gedächtnis“ (ebd.).
unter den verschiedenen Beschäftigtengruppen Ein weiteres Beispiel für den Nutzen eines
den betrieblichen Alltag prägt. verantwortungsvoll gestalteten Diversity Ma-
Ein verantwortungsvolles Diversity Ma- nagements ist im Bereich der Digitalisierung
nagement, das mit Beteiligung von betrieb- von Arbeit zu sehen. Ein vielfaltsbewusster
licher Interessenvertretung (falls vorhanden) Einsatz von neuen Technologien sollte bereits
und Beschäftigten gemeinsam entwickelt wird, bei der Einführung beginnen. Dabei sind unter-
hat auch Vorteile für die Beschäftigten. Allem schiedliche Kenntnisse und Lernvoraussetzun-
voran ist es eine Frage von Chancengleichheit gen zu berücksichtigen, wie Sprachkenntnisse
und gleichen Verwirklichungschancen in den oder psychische und physische Einschränkun-
verschiedenen Arbeitsbereichen. Benachteili- gen. Je genauer hier die unterschiedlichen
gungen und mangelnde Wertschätzung wir- Stärken und Schwächen der Beschäftigten be-
ken sich negativ auf Motivation, Arbeitszufrie- rücksichtigt werden, ohne dabei verallgemei-
denheit, Wohlbefinden und Gesundheit aus. nernde Stereotype über bestimmte Beschäf-
Antidiskriminierende Maßnahmen in den ver- tigtengruppen zu bilden, umso erfolgreicher
schiedenen Handlungsfeldern verbunden mit können diese Prozesse verlaufen.
einer entsprechenden Unternehmenskultur, in
der Wertschätzung der Beschäftigten gelebt
wird, können dagegen das Betriebsklima und 9.3 Vielfalt als arbeitspolitisches
die Qualität der Arbeitsbedingungen verbes- Konzept
sern, stärken die Arbeitszufriedenheit und tra-
gen zur Gesunderhaltung und -förderung bei
(Altgeld 2010). Aus einer handlungstheoretischen Perspektive
Ein diversitygerechter Arbeitsschutz trägt betrachtet stellt die Orientierung auf personelle
beispielsweise dazu bei, dass das Risiko für Vielfalt als strategisches Ziel einen betrieb-
Kapitel 9 ! Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft
155 9
lichen Veränderungs- und Gestaltungsprozess nes erfolgreichen Diversity Managements in
dar, der auch Spuren im sozialen Gefüge von den Unternehmensstrukturen, -kulturen und
Unternehmen und Belegschaften hinterlässt. -praktiken angesehen werden. Ein partizipa-
Bei dieser Sichtweise rücken die arbeitspoli- tives Verfahren bedeutet neue Beteiligte und
tischen Auseinandersetzungen und somit auch neue Ideen in Arbeits- und Gestaltungspro-
die bestehenden Machtverhältnisse sowie das zesse einzubringen. Bislang von Partizipation
Handeln der Entscheidungstragenden in den ausgeschlossene Gruppen erhalten eine Stim-
Blick (Kutzner 2016c). Arbeitspolitik bezeich- me im Gestaltungsdiskurs. Diversity Manage-
net hier alle betrieblichen Maßnahmen, die ment als partizipatives Management zu ge-
Einfluss auf die Arbeitsbedingungen haben. stalten kann unter bestimmten Bedingungen
Bezogen auf Diversity sind damit auch al- sowohl antidiskriminierend als auch innovati-
le Handlungen und Handlungsergebnisse ge- onsfördernd und wettbewerbsfördernd wirken
meint, die bewusst oder unbewusst, direkt oder (Kutzner 2010).
indirekt auf die Anerkennung unterschiedli- Von „Dialog statt Duell“, sprechen die
cher Interessen und Bedürfnisse einer vielfälti- Autorinnen und Autoren einer Broschüre der
gen Belegschaft wirken. Solche Auseinander- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits-
setzungen sind für Außenstehende nicht immer medizin (2011). Plädiert wird hier für eine
auf den ersten Blick zu erkennen. Sie spielen konzertierte Aktion aller Beteiligten. Ein sol-
sich oft im alltäglichen Arbeitshandeln ab. Um ches Vorgehen ist sinnvoll bei der Entwick-
sie zu erkennen, ist eine differenzierte Ana- lung und Einführung eines Diversity Manage-
lyse notwendig. Sie bringt Erkenntnisse darü- ments, da es sich im hier vorgeschlagenen
ber, wie variabel, wie kontingent, aber auch Konzept um einen ganzheitlichen Ansatz han-
wie strukturell rückgebunden das Herstellen delt, der alle Bereiche eines Unternehmens
von benachteiligender Differenz bzw. Gleich- einbezieht und mit z. T. tiefgreifenden Verän-
berechtigung sein kann. derungen u. a. in den bisherigen Einstellungen
Die sozialen Beziehungen im Betrieb wer- verbunden ist. Dabei spielt auch der wertschät-
den wesentlich geprägt durch Erfahrungen zende Umgang mit der personellen Vielfalt
von Gleichberechtigung und Missachtung, von seitens der Interessenvertretung eine entschei-
Wertschätzung und Entwürdigung. Da sich dende Rolle. In einem solchen Gestaltungs-
die Arbeitsorganisation an einer betriebswirt- prozess sind die unterschiedlichen Interessen
schaftlichen Logik orientiert, ist soziale Wert- der Beschäftigten aufzunehmen und in Positio-
schätzung an eine Verwertbarkeit der indivi- nen zu bringen, über die Interessenvertretung
duellen Leistung gebunden. Es geht darum, und Arbeitgeber verhandeln können. Ziel ist
rentabel zu arbeiten. Andererseits ist koope- es, zu einer gemeinsamen Entwicklung von
rative Leistung im Betrieb ohne Beachtung Diversity-Strategien zu kommen. Eine Maß-
moralischer Ansprüche der Beschäftigten auf nahme wäre hier die Überprüfung und Ver-
Gerechtigkeit und Wertschätzung nicht mög- änderung bestehender geschlechterdifferenzie-
lich (Kock und Kutzner 2014). render und benachteiligender Arbeitsteilun-
Etwas aus einer politischen Perspektive zu gen mit den entsprechenden Eingruppierun-
sehen heißt, es nicht für naturgesetzlich und gen. In etlichen Unternehmen werden Frauen
unabänderlich, sondern für kontingent (also: qua ihrer Geschlechtszugehörigkeit nicht für
auch anders möglich) zu halten. Mit einem ar- bestimmte Arbeiten eingesetzt (Kutzner 2020).
beitspolitischen Ansatz rücken somit auch par- Dabei handelt es sich zumeist um besser be-
tizipative Ansätze und betriebliches Interes- zahlte oder in der Hierarchie höher angesiedel-
senvertretungshandeln in den Fokus. Aus einer te Arbeitsplätze.
arbeitspolitischen Perspektive heraus betrach- Eine an Vielfalt ausgerichtete Unterneh-
tet kann die Partizipation der Beschäftigten als mensstrategie bietet zahlreiche Anknüpfungs-
eine Art Gradmesser für die Verankerung ei- punkte für die originären Themen der In-
156 E. Kutzner

teressenvertretungen im Personalbereich (u. a. rung und Qualifizierung für den Umgang mit
Rekrutierung und Einstellung von neuen Mit- Vielfalt notwendig. Das kann beispielsweise
arbeitenden), aber auch bei der Organisation die Bildung einer Diversity-Arbeitsgruppe be-
und Gestaltung von Arbeit, z. B. der Wei- inhalten, an der Personen aus allen Beschäftig-
terbildungsangebote, der Arbeitszeit, der Ar- tengruppen vertreten sind, oder die Durchfüh-
beitsorganisation und der Entlohnung, bei Re- rung von Betriebsversammlungen zum Thema
gelungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Vielfalt in der Belegschaft. Darüber hinaus
Familie, bei der Gleichstellung von Frauen sollte das Gremium selbst divers zusammen-
und Männern. Zu den Aufgaben der Inter- gesetzt sein, auch wenn das kein Garant für
essenvertretung gehört auch der Bereich der einen verantwortungsvollen Umgang mit Viel-
Gesundheitsförderung. Damit der gesetzliche falt in der Belegschaft darstellt. Machtprozesse
Arbeitsschutz gut und effektiv umgesetzt wer- auf Basis von Vielfalt gibt es auch im Kreis der
den kann, ist der Betriebsrat bei betrieblichen Interessenvertretung. Ist das Gremium nicht
Regelungen zu beteiligen. Konkret hat der divers zusammengesetzt, sollten die direkt Be-
Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der troffenen einbezogen werden, bei Fragen einer
sogenannten Gefährdungsbeurteilung als ei- familienfreundlichen Arbeitszeit z. B. Mütter
nem zentralen Element des Gesundheitsschut- und Väter, bei interkulturellen Fragen Migran-
zes im Betrieb. „Darunter versteht man die tinnen und Migranten. Voraussetzung für ein
Verpflichtung des Arbeitgebers, Arbeitsplät- aktives Vorgehen ist auf Seiten der Interes-
ze oder Tätigkeiten daraufhin zu beurteilen, senvertretung eine Offenheit für das Thema,
9 welchen gesundheitlichen Risiken Beschäftig- eine Sensibilität für die mit personeller Viel-
te dort ausgesetzt sind. Denn nur dann, wenn falt verbundenen Chancen und Probleme. Ist
Gefahren bekannt sind, können dagegen auch sie beispielsweise Ansprechpartnerin für Be-
Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Die Ge- schäftigte in diesem Prozess? Kann sie einen
fährdungsbeurteilung ist eine Verpflichtung, Meinungsbildungsprozess organisieren? Spielt
die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ergibt.“ der Betriebsrat eher die Rolle eines Initia-
(DGB 2018, S. 1) tors für neue Themen oder eher des Mitma-
Wird hierbei z. B. festgestellt, dass durch chenden? Auf alle Fälle wird der Betriebsrat
Zeitdruck und zu viele Überstunden eine be- auf diese Weise mit in die Verantwortung für
sondere Stressbelastung entsteht, kann der Be- personelle Vielfalt im Unternehmen genom-
triebsrat auch Einfluss auf die Personalbemes- men.
sung nehmen.
Es lassen sich eine Vielzahl besserer Lö-
sungen finden, wenn personelle Vielfalt in der
9.4 Voraussetzungen für einen
Arbeit der Interessenvertretung berücksichtigt verantwortungsvollen
wird. So ist es von Vorteil, wenn die Interes- Umgang mit Vielfalt –
senvertretung bei der Gestaltung eines Diversi- Diversity-Kompetenz und
ty Managements von Anfang an dabei ist, u. a. Prozessgestaltung
um die Interessen der Beschäftigten frühzei-
tig einzubeziehen, damit neben den ökonomi-
schen Zielen auch Ziele von Gerechtigkeit und Grundvoraussetzung für ein Diversity Ma-
Chancengleichheit vertreten werden (Kutzner nagement ist es zunächst, die bestehende Viel-
2014). Indem die Interessen der Beschäftig- falt überhaupt zum Thema zu machen, das
ten frühzeitig eingebunden werden, könnte ein Vorhandene kritisch zu hinterfragen und zu
Top-down-Prozess seitens des Managements analysieren. Neben einer Bestandsaufnahme
auf diese Weise mit einem Bottom-up-Prozess der vorhandenen Vielfalt in der Belegschaft
verknüpft werden. Damit die Interessenvertre- stellt die Analyse von Handlungsweisen, Re-
tung handlungsfähig wird, ist eine Sensibilisie- geln und Routinen sowie der betrieblichen
Kapitel 9 ! Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft
157 9
Strukturen auf darin enthaltene Benachteili- ser Stereotypen gesehen werden, wonach sich
gungen von Beschäftigtengruppen und Indi- Frauen aufgrund ihrer (vermuteten) Wünsche
viduen einen wesentlichen Arbeitsschritt dar. nach Teilzeitarbeit nicht für diese Positionen
Die Problematik etlicher Diversitäts-Prozesse eignen würden.
liegt darin, dass sie zu Stereotypisierungen ein- Diversity kann nicht als naturgegeben an-
laden und Beschäftigte auf ihre Zugehörigkeit gesehen werden. Diversity wird hergestellt,
zu einer bestimmten sozialen Gruppe redu- indem Menschen bestimmten Gruppen zuge-
zieren, von der dann bestimmte Einstellungen ordnet werden, z. B. zur Gruppe der Älteren,
und Verhaltensweisen erwartet werden (Kutz- der Frauen, der Migrantinnen und Migran-
ner 2020). ten. Ganz abgesehen davon, dass bei einer
„Stereotype sind vereinfachende Vorstel- solchen Betrachtung individuelle Unterschie-
lungen über Menschen, welche die Wahrneh- de vernachlässigt werden (Frau ist eben nicht
mung einer Person bestimmen. Sie basieren gleich Frau, Migrant ist nicht gleich Migrant),
auf Vorstellungen und Mustern, die im tägli- können diese Zuordnungen zu Ausgrenzungen
chen Umgang nicht mehr hinterfragt werden. und Benachteiligungen führen. Sie benennen
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden ‚In- Abweichungen vom Normalen, für das im-
dividualisierung‘ und ‚Pluralisierung‘ von Le- mer noch allzu häufig der deutsche Facharbei-
bensverläufen wird in der Forschung Stereoty- termann steht. Um solche Benachteiligungen
pen einerseits die Funktion zugeschrieben, Un- aufzubrechen bzw. zu verhindern, ist es not-
sicherheiten zu reduzieren und Orientierung wendig, Zuordnungen zu Gruppen in Frage
in einer komplexen, sich wandelnden Welt zu stellen, zu dekonstruieren. Dazu sind alle
zu geben. Anderseits wird darauf hingewie- relevanten betrieblichen Handlungsfelder auf
sen, dass sie Eigenschaften von Personen und solche Konstruktionsvorgänge hin zu analysie-
Gruppen festschreiben und damit dominante ren. Damit können Ungleichbehandlungen und
gesellschaftlich-kulturelle Wertungen, die mit Ausgrenzungen sozialer Gruppen in Struk-
Privilegien und Benachteiligungen verbunden tur und Handlung untersucht und der Blick
sind, reproduzieren. (. . . ) Stereotype lassen auf die vorhandenen Stärken und Schwächen
sich in einem weiten Sinne als eine politische kann geschärft werden. Es können auf diese
Praxis der Kategorisierung und Bewertung von Weise Gestaltungsmöglichkeiten sichtbar wer-
Menschen und Verhältnissen verstehen“.3 den, die zu mehr ökonomischem Nutzen und
Stereotype haben einen impliziten Einfluss zu mehr Chancengleichheit beitragen können.
auf das Handeln, sie kommen bewusst oder Entscheidende Fragen bei der Auseinanderset-
unbewusst z. B. bei Personalentscheidungen zung mit Vielfalt sind:
zum Tragen. Explizit werden Stereotype eben- 4 Wie erfahre ich, ob es Benachteiligungen
falls eingesetzt, wenn beispielsweise in Medi- bestimmter Personengruppen im Unterneh-
en über die Besonderheiten von Frauen oder men gibt?
Männern berichtet wird. All dies hat Einfluss 4 Wie verhindere ich, dass ich durch die Art
auf das Wissen und die Wahrnehmung über die der Frage erst eine (i. d. R. benachteiligen-
Beschäftigtengruppen und bestimmt darüber de) Differenzierung nach Gruppen erzeuge,
das Handeln. Solche Stereotype sind immer die vielleicht vorher keine Rolle spielte?
auch Ausdruck von bestehenden Macht- und
Herrschaftsverhältnissen. So kann ein Grund Die dazu notwendige Diversity-Kompetenz
für die Unterrepräsentation z. B. von Frauen umfasst das Wissen über menschliche Vielfalt,
in Führungspositionen in der Verbreitung die- über andere kulturelle Kontexte und die Fähig-
keit damit umzugehen, Diskriminierungen zu
3 7 http://www.genderkompetenz.info/
verhindern und Chancengleichheit zu verbes-
genderkompetenz-2003-2010/gender/Stereotype. sern (Kutzner 2016c).
html. Zugegriffen: 15. März 2022.
158 E. Kutzner

Dazu ist auch die Kenntnis von Zahlen Ausland Anregungen, wie man Arbeit noch
und Fakten z. B. über die Zusammensetzung sicherer organisieren kann. Diese Erfahrun-
der gesamten Belegschaft erforderlich, ebenso gen einzubinden, könnte Mitarbeiterinnen und
wie Anerkennung und Toleranz, Wertschät- Mitarbeiter motivieren und damit leistungsfä-
zung und Vertrauen in die einzelnen Beschäf- higer machen“ (Krauss-Hoffmann 2019, S. 2).
tigten, egal welcher Beschäftigtengruppe sie Partizipative Strukturen im Unternehmen för-
angehören. Vor allem aber ist es notwendig, dern ein kreatives und konstruktives Umfeld,
ein Verständnis von Veränderbarkeit zu entwi- die Interessen aller werden ernstgenommen
ckeln, sowohl bezogen auf stereotype Vorstel- und berücksichtigt.
lungen wie auch auf diskriminierende Struk- Ein verantwortungsvolles Diversity Ma-
turen. Die Aufdeckung der Differenzen vor nagement beinhaltet auf dieser Basis einen
allem in Status und Machtfülle der Beschäftig- systematischen Personal- und Organisations-
ten (Wer hat wobei etwas zu sagen?) sowie das entwicklungsprozess, der alle Bereiche eines
Verstehen der Handlungen, die solche Diffe- Unternehmens berücksichtigt, der die Viel-
renzen konstruieren (z. B. den Ausschluss von falt erkennt, anerkennt, gezielt fördert und
Frauen) sind entscheidend für das Verständnis nutzt. Die Unternehmensstrategie beinhaltet
von personeller Vielfalt und damit auch für die gemeinsam ausgehandelte Leitlinien und Zie-
erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung von le. Durch einen damit verbundenen entspre-
Diversity-Konzepten. chend gestalteten betrieblichen Dialog kön-
Ganz allgemein beinhaltet Diversity-Kom- nen Gestaltungsprozesse beginnen, die eine
9 petenz im hier verstandenen Sinn einen in- Veränderungsbereitschaft entwickeln, stärken
fragestellenden Blick, eine kritische Ausein- und erhalten können. Diversity Management
andersetzung mit vorhanden Strukturen, Re- wird zu einem praktischen Lernprozess. Durch
geln, Routinen und Handlungsweisen, eine einen entsprechend gestalteten betrieblichen
dialogorientierte Vorgehensweise, einen parti- Dialog mit Unternehmensleitung, Führungs-
zipativen Gestaltungsansatz. Es reicht nicht, kräften, Interessenvertretungen und Beschäf-
dass sich die einzelne Frau oder der einzel- tigten können Prozesse beginnen, die eine Ver-
ne Mann ändert. Wichtig sind kollektive, or- änderungsbereitschaft entwickeln, stärken und
ganisationale Änderungen. Das fängt schon erhalten. In diesem Prozess soll miteinander
bei der Fragestellung bzw. Zielsetzung an: und voneinander gelernt werden – Diversity-
Was ist beispielsweise genau gemeint, wenn Lernen findet auf den unterschiedlichen Ebe-
unterschiedliche Lebenssituationen und Inte- nen eines Unternehmens statt.
ressen der beschäftigten Frauen und Männer
stärker berücksichtigt werden sollen? Was ist 9.5 Vielfalt in der betrieblichen
genau mit Vielfalt gemeint? Wer wird wahr-
genommen, wer nicht? Wer ist am Prozess
Praxis: Handlungsfelder und
der Konstruktion von Vielfalt beteiligt, wer Ansatzpunkte
nicht?
Ein erfolgreiches Diversity Management
Im Folgenden werden in den Handlungsfel-
ist darüber hinaus partizipativ angelegt. Durch
dern Gesundheitsförderung, Personalmanage-
ein partizipatives Vorgehen kann Wissen der
ment, Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisa-
Beschäftigten für die Gestaltung der Arbeit
tion, Lohn und Leistung sowie Unternehmens-
und der Arbeitsbedingungen auf dem Weg zu
kultur mögliche Gestaltungsaspekte skizziert.4
einem Diversity Management genutzt werden.
„Vielleicht haben Beschäftigte mit Migrations-
hintergrund durch ihre Arbeitserfahrungen im 4 Eine ausführlichere Darstellung aller relevanten
Handlungsfelder findet sich in Kutzner und Röhrl
2012.
Kapitel 9 ! Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft
159 9
2Handlungsfeld: Gesundheitsförderung tizipatives Vorgehen beitragen, die Erfahrun-
Wie kann ein vielfältiges Unternehmen zur gen und Bedürfnisse der Beschäftigten aufzu-
Gesundheit der Beschäftigten beitragen? Ge- greifen. Dazu ist z. B. eine barrierefreie Kom-
sundheit ist mehr als das Fehlen von Krank- munikation nötig. Das beinhaltet eine leicht
heit. Sie umfasst körperliches, seelisches, geis- verständliche Sprache oder auch Visualisierun-
tiges und soziales Wohlbefinden. Entschei- gen, ggf. auch mehrsprachige Informationen.
dend dafür sind die Arbeitsbedingungen, ein Davon profitieren alle Beschäftigten, unabhän-
betriebliches Gesundheitsmanagement sowie gig vom Wissensstand oder Sprachniveau.
Konzepte zur Prävention. Arbeitsbedingungen Zu beachten sind weiterhin die verschie-
können Beschäftigte krankmachen, weil sie denen praktizierten Arbeitszeiten. Angebote
sich über- oder unterfordert fühlen, Belas- zur Betrieblichen Gesundheitsförderung soll-
tungen aus der Arbeitsumgebung ausgesetzt ten alle erreichen, auch Beschäftigte im Au-
sind, belastende Arbeitszeiten oder Konflikte ßendienst und im Homeoffice. Berücksich-
mit Vorgesetzten oder Kolleginnen und Kol- tigung finden sollten auch unterschiedliche
legen haben oder weil die Arbeitsverdichtung Wertvorstellungen. Bei Fitness-Angeboten ist
zum Dauerstress wird. Ein Arbeits- und Ge- zu berücksichtigen, dass es unterschiedliche
sundheitsschutz mit einem ganzheitlichen An- körperliche und andere Voraussetzungen gibt
spruch sieht den Erhalt, den Schutz und die und dass Gefühle von Scham nicht verletzt
Förderung der Gesundheit als zentrale Auf- werden. Bei Angeboten zur Gesundheitsförde-
gabe. Dabei wird das gesamte Belastungs- rung ist z. B. zu beachten, dass es für manche
spektrum in den Blick genommen. Es geht Beschäftigte wichtig ist, ob ein Mann oder eine
darum, Gefährdungen zu vermeiden und ei- Frau eine Massage durchführt, um Rückenlei-
ne vorausschauende Gestaltung gesundheits- den zu vermeiden. Bei Ernährungsberatungen
gerechter Arbeitsbedingungen zu erreichen. sollten die diversen Bedürfnisse der Beschäf-
Mangelnde Wertschätzung, vorurteilsbehaftete tigten berücksichtigt werden.
Diskriminierungen oder auch Mobbing kön- Die Verbindung von Diversity Manage-
nen zu einem erhöhten Krankenstand führen. ment mit einem Betrieblichen Gesundheits-
„Durch ein kollegiales und Vielfalt wertschät- management kann „dazu beitragen, Ursachen
zendes Betriebsklima kann sowohl die Ge- zu identifizieren, die zu strukturell ungleichen
sundheit und Arbeitsfähigkeit als auch die Mo- Ausprägungen von Belastungen und Ressour-
tivation aller Beschäftigten längerfristig besser cen von Beschäftigten führen und somit Bean-
erhalten und gefördert werden.“ (Charta der spruchungen und gesundheitliche Risiken be-
Vielfalt 2019, S. 17) einflussen“ (Schröder 2016, S. 6). Eine diffe-
Durch das hier vorgeschlagene partizipati- renzierte Auseinandersetzung mit personeller
ve Vorgehen werden Mitarbeitende in den Pro- Vielfalt ermöglicht es herauszufinden, ob, wie
zess der Gesundheitsförderung mit einbezo- und wer im Arbeits- und Gesundheitsschutz
gen, lernen Unternehmen und Einrichtungen, benachteiligt wird und wie dies zu verhindern
die Anforderungen an die Gestaltung der Ar- wäre (Kutzner 2016a und 2016b).
beit aus verschiedenen Sichtweisen (Angehö- Auf den Internetseiten des Landesinstituts
rige anderer Ethnien, Ältere, Jüngere, Frau- für Arbeitsgestaltung des Landes NRW (2019)
en, Männer, Leistungsveränderte, Behinderte werden einige konkrete Beispiele und Ansätze
etc.) und Bedürfnissen zu betrachten. Häufig ist für den Umgang mit Sicherheit und Gesund-
in der Belegschaft kein gemeinsames Gesund- heit in einer vielfältigen Belegschaft aufge-
heitsverständnis vorhanden. Hier kann ein par- führt.
160 E. Kutzner

„Überprüfen des aktuellen Wissenstands schäftigten, die bspw. durch eine län-
der Beschäftigten zum Arbeitsschutz und gere krankheitsbedingte Abwesenheit
zu den Angeboten für sicheres und gesun- oder eine Behinderung entstanden sind,
des Arbeiten im Unternehmen in der Arbeitsgestaltung berücksichtigt?
4 Sind Angebote und Ansprechperso-
nen des betrieblichen Gesundheits- Chancengleichheit und Fairness für alle
managements und des Arbeitsschut- Beschäftigten garantieren.
zes bekannt – z. B. Mitarbeitervertre- 4 Gibt es z. B. Beschäftigte, die stärkeren
tung, Sicherheitsbeauftragte, Betriebs- Belastungen ausgesetzt sind als andere,
ärztin oder -arzt? beispielsweise Beschäftigte, die neben
4 Ist das vorhandene Wissen der Beschäf- der Arbeit Kinder oder pflegebedürftige
tigten zum Arbeitsschutz aktuell oder Angehörige versorgen?
sind Unterweisungen notwendig? 4 Welche Maßnahmen können dagegen
ergriffen werden (z. B. flexible Arbeits-
Sicherheits- und Betriebsanweisungen zeiten, Arbeiten von Zuhause)?“
für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
ter verständlich aufbereiten. (7 https://www.lia.nrw.de/themengebiete/
4 Sind die Formulierungen, Fachbegriffe Arbeitsschutz-und-Gesundheit/Diversity-
und-Vielfalt/index.html. Zugriff am
9 und Erklärungen verständlich oder gibt
19. März 2022)
es sprachliche bzw. fachliche Barrieren
– müssen z. B. Fachbegriffe näher er-
klärt werden?
4 Können Informationen und Zusammen-
Die Herausforderung für die Gestaltenden be-
hänge leichter verstanden werden, wenn
steht auch hier darin, „mögliche Unterschiede
sie mit einer Informationsgrafik, einem
zwischen den Beschäftigten zu identifizieren
Bild oder einem Video erklärt werden?
und zu berücksichtigen, die Beschäftigten aber
4 Sind die Inhalte barrierefrei, können al-
gleichzeitig nicht einer Gruppe zuzuordnen
so auch von Menschen mit Einschrän-
und Unterschiede zu manifestieren. Ziel ei-
kungen (z. B. Sehschwäche) genutzt
nes diversitygerechten Arbeitsschutzes sollte
werden?
es sein, Sicherheit und Gesundheit gleichbe-
rechtigt für alle Beschäftigten zu implemen-
Angebote der Betrieblichen Gesundheits- tieren und Diskriminierungen auf individueller
förderung so gestalten, dass sie allen Be- und struktureller Ebene zu vermeiden“ (Füsers
schäftigten nutzen. et al. 2018, S. 259).
4 Sind die Angebote zeitlich so ge- Folglich kann eine vielfältige Betrach-
legt, dass auch Teilzeitbeschäftigte oder tungsweise auch vielfältige Gesundheitsbelas-
Schichtarbeiterinnen und -arbeiter da- tungen in einer vielfältigen Belegschaft auf-
ran teilnehmen können? decken, denn nicht jedes gesundheitsfördernd
4 Berücksichtigen die Angebote die un- gemeinte Konzept wirkt sich zum Vorteil aller
terschiedlichen gesundheitlichen Vor- Mitarbeitenden aus. Für die Arbeits- und Ge-
aussetzungen der Beschäftigten? sundheitsschutzverantwortlichen bedeutet das,
4 Werden betriebliches Eingliederungs- aus der Vielfalt verschiedener Betrachtungs-
management angeboten und sich wan- weisen verschiedene Bewertungen bezüglich
delnde Leistungsfähigkeiten von Be- des Unternehmens vorzunehmen und vielfäl-
tige Gesundheitskonzepte zu entwickeln, die
Kapitel 9 ! Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft
161 9
jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter ent- Ein verantwortungsvolles Diversity Ma-
gegenkommen. Ein vielfaltsbewusstes Unter- nagement beinhaltet Verfahren, nach denen die
nehmen kann auf diese Weise zur Gesundheit fähigsten Arbeitskräfte auf den entsprechen-
aller Beschäftigten beitragen.5 den Arbeitsplätzen eingesetzt sind. Durch ge-
zielte Förderung einzelner Personen(gruppen)
2Handlungsfeld: Personalmanagement können Benachteiligungen abgebaut und ver-
Unternehmen, die sich in den Transforma- borgene Potenziale erkannt und genutzt.
tionsprozessen behaupten wollen, brauchen
qualifizierte und motivierte Beschäftigte. Wer 2Handlungsfeld: Arbeitsgestaltung und
die „Besten“ will, kann heutzutage auf eine Arbeitsorganisation
heterogene Belegschaft nicht mehr verzichten. Sollen in einem Unternehmen qualifizierte und
Das Personalmanagement ist im Zusammen- motivierte Beschäftigte arbeiten, sind attrak-
hang mit Vielfalt entscheidend sowohl bei der tive Arbeitsbedingungen für Menschen ver-
Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitar- schiedener Herkunft, verschiedener Bedürfnis-
beitern als auch bei der Entwicklung der vor- se und Wertvorstellungen geboten.
handenen Mitarbeitenden. Ein gutes Personal- Die Arbeitsorganisation ist das Ergebnis ei-
management hat einen maßgeblichen Einfluss ner aufgabenbezogenen Teilung der Arbeit und
auf den Erfolg eines Diversity Managements. deren notwendiger Koordination. Sie gerät in
Mit entsprechenden Angeboten seitens der Un- stärkerem Maße als zuvor in den Vordergrund
ternehmen (z. B. attraktive Arbeitszeitmodelle, betrieblichen Handelns und ist in stärkerem
Homeoffice, Chancengleichheit, Regelungen Maße Wandlungen unterworfen, u. a. ausgelöst
zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie) las- durch Digitalisierung und Automatisierung.
sen sich Angehörige von unterrepräsentierten Diese Veränderungen fördern das Bewusstsein
Gruppen auf dem Arbeitsmarkt besser rekru- von Veränderbarkeit und sie schaffen die Gele-
tieren. genheit, unterschiedliche Interessen einzubrin-
Und doch sind Chancen und Spielräu- gen. Die Festlegung der Arbeitsorganisation
me in der Arbeitswelt nicht für alle gleich. ist immer ein sozialer Prozess. Eine verän-
Viele Unternehmen und Einrichtungen nutzen derte Arbeitsorganisation stellt ein wirksames
die Potenziale ihrer vielfältigen Belegschaft Instrument zur Integration bisher benachteilig-
nur eingeschränkt. Nach und nach erkennen ter Gruppen dar. Durch eine entsprechend ge-
auch kleine und mittelständische Unterneh- staltete Arbeitsorganisation kann eine diskri-
men, dass die Nutzung der Fähigkeiten und minierende und unproduktive Arbeitsteilung,
Kenntnisse aller Mitarbeitenden Wettbewerbs- z. B. nach Geschlecht, aufgebrochen und ei-
vorteile verschaffen kann. Je vielfältiger eine ne Verbesserung der Beschäftigungsperspekti-
Belegschaft ist, erkannt und anerkannt sowie ven insbesondere von Benachteiligten erreicht
wertgeschätzt wird, umso reichhaltiger können werden.
sich die Kompetenzen der Mitarbeitenden ent- Ein verantwortungsvolles Diversity Ma-
falten. nagement beinhaltet eine leistungs- und lern-
förderliche Arbeitsgestaltung, welche die Po-
tenziale aller Beschäftigten(gruppen) nutzen
5 Vgl. auch die Beiträge im Fehlzeiten-Report 2015 –
Neue Wege für mehr Gesundheit – Qualitätsstandards und fördern kann und die Arbeit so gestal-
für ein zielgruppenspezifisches Gesundheitsma- tet, dass sie über den gesamten Lebensverlauf
nagement (Badura et al. 2015; 7 https://www.wido. die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Men-
de/publikationen-produkte/buchreihen/fehlzeiten- schen erhält. Es beinhaltet eine Arbeitsorgani-
report/2015/) und im Fehlzeiten-Report 2010 – sation, die diskriminierende Arbeitsteilungen
Vielfalt managen: Gesundheit fördern – Potenziale
nutzen (Badura et al. 2010; 7 https://www.wido.de/
vermeidet und auf eine Verbesserung der Be-
publikationen-produkte/buchreihen/fehlzeiten-report/ schäftigungsperspektiven von bislang Benach-
2010/). teiligten abzielt.
162 E. Kutzner

2Handlungsfeld: Lohn und Leistung Werte, Normen, Symbole, Hintergrundüber-


Konflikte um Lohn und Gehalt, Eingruppie- zeugungen sowie Deutungsmuster. Eine an den
rung und Leistungsbedingungen bestimmen Mitarbeitenden orientierte Unternehmenskul-
das alltägliche Betriebsgeschehen. Es geht um tur kann dazu beitragen, die Kreativität jedes
Entgelte für Qualifikation und Leistung, um einzelnen Menschen anzuerkennen. Arbeits-
qualifizierte Arbeitsinhalte und humane Ar- suchende Fachkräfte achten bei Bewerbungen
beitsbedingungen. Es gilt herauszufinden, ob auch auf die entsprechenden Arbeitskonzepte.
die Leistungen aller Beschäftigten(gruppen) Führungskräften kommt die Rolle von Pro-
gleichermaßen anerkannt werden bzw. ob auf- motorinnen und Promotoren einer an Vielfalt
grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Grup- orientierten Unternehmenskultur zu.
pen bzw. aufgrund des Vorhandenseins be- Entscheidend für einen verantwortungsvol-
stimmter Merkmale die Leistungsentfaltung len Umgang mit Vielfalt ist allerdings die
und berufliche Entwicklung von Mitarbeiten- gelebte Unternehmenskultur. Einseitig entwi-
den beeinträchtigt wird. ckelte Leitbilder an den Wänden reichen da
Aspekte in diesem Handlungsfeld sind die nicht aus. Eine Unternehmenskultur, die ernst-
jeweiligen Entlohnungsgrundsätze, die Leis- haft personelle Vielfalt thematisiert, anerkennt
tungsbedingungen, aber auch Fragen der Ein- und vor allem lebt, kann auch die Wertschät-
gruppierung, der Arbeitsbewertung und Quali- zung der Vielfalt innerhalb der Belegschaft
fikation. Die Bewertung einer Arbeitsaufgabe fördern.
oder eines Arbeitsplatzes ist kein objektiver Entscheidend ist weiterhin die Haltung der
9 Vorgang. Hier können etliche relevante Aspek- im Unternehmen Verantwortlichen zu Diver-
te einer vielfältigen Belegschaft einfließen. sity. Es bedarf eines unterstützenden Klimas,
Beispielsweise werden von Frauen ausgeüb- das Intoleranz verurteilt und Offenheit im Um-
te Tätigkeiten häufig schlechter bewertet bzw. gang miteinander fördert. Diese Verhaltenswei-
eingruppiert als von Männern ausgeübte Tätig- sen reichen weit hinein in das praktische All-
keiten. Insbesondere in betrieblichen Transfor- tagshandeln in Unternehmen. Der Weg zu einem
mationsprozessen, die durch neue Techniken solchen Verständnis führt über Prozesse des Be-
die Arbeit verändern, sind Veränderungen der wusstwerdens und intensiver Kommunikation.
Arbeitsbewertung nötig. Hier ist auch die be-
triebliche Interessenvertretung gefragt.
Ein verantwortungsvolles Diversity Ma- 9.6 Fazit
nagement beinhaltet Transparenz und Lohnge-
rechtigkeit sowie eine reflektierte Leistungspo-
litik, die Benachteiligungen und Bevorzugun- Mit dem hier vorgestellten arbeitspolitischen
gen von bestimmten Beschäftigten(gruppen) Ansatz eines Diversity Managements können
überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Ungleichbehandlungen und Ausgrenzungen
sozialer Gruppen und Individuen in Strukturen
2Handlungsfeld: Unternehmenskultur und Prozessen eines Unternehmens erkannt
Ein verantwortungsvolles Diversity Manage- und bearbeitet werden. Es können auf diese
ment beinhaltet Maßnahmen zur Entwicklung Weise Gestaltungsmöglichkeiten und Ansatz-
einer solidarischen Unternehmenskultur. Es punkte sichtbar gemacht werden, die zu bes-
beinhaltet ein Leitbild, in dem Würde, Rück- seren Arbeitsbedingungen, zur Gesundheits-
sicht und Respekt gegenüber allen Mitarbei- förderung, zu mehr Chancengleichheit und zu
tenden verankert sind. Diversity Management mehr ökonomischem Nutzen beitragen. Wäh-
als Bestandteil der Unternehmenskultur be- rend die unternehmerische Sicht auf Diversity
deutet das Anerkennen und Leben von Vielfalt. in der Regel mit einer Kosten-Nutzen-Rech-
Die Unternehmenskultur definiert sich durch nung legitimiert wird und die Anerkennung
gemeinsames Wissen der Mitarbeitenden über und Förderung einer irgendwie gearteten öko-
Kapitel 9 ! Verantwortung für Vielfalt in der Belegschaft
163 9
nomischen Logik folgt, bezieht sich Gleich- Literatur
stellung und Chancengleichheit auf einen Ge-
rechtigkeitsgedanken, der Unternehmen auch Altgeld T (2010) Personelle Vielfalt und BGM. Integration
zweier Managementsysteme – geht das? In: Badura
als Teil der Gesellschaft begreift. Einen verant- B, Klose J, Macco K (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2010.
wortungsvollen Umgang mit personeller Viel- Springer, Berlin Heidelberg, S 47–56
falt zu entwickeln bedeutet zunächst immer, Badura B, Schröder H, Klose J, Macco K (2010) (Hrsg)
personelle Vielfalt zum Thema zu machen. Di- Fehlzeiten-Report 2010 – Vielfalt managen: Gesund-
versity Management im Sinne eines bewussten heit fördern – Potenziale nutzen. Springer, Berlin
Heidelberg
Umgangs mit Vielfalt beinhaltet das Erkennen, Badura B, Ducki A, Schröder H, Klose J, Meyer M (2015)
Verstehen und Wertschätzen von Vielfalt. Da- Fehlzeiten-Report 2015 – Neue Wege für mehr Ge-
zu ist es sinnvoll, die vorhandenen Strukturen, sundheit – Qualitätsstandards für ein zielgruppenspe-
Praktiken und Routinen zu hinterfragen, um zifisches Gesundheitsmanagement. Springer, Berlin
Benachteiligungen und Ausgrenzungen sicht- Heidelberg
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
bar zu machen. Um nachhaltig zu wirken, (Hrsg) (2011) Dialog statt Duell. Ein Impuls für be-
bedarf es darüber hinaus eines bewussten Um- triebliche Demographiearbeit. Berlin. https://inqa.
gangs mit personeller Vielfalt. Das beinhaltet de/SharedDocs/downloads/webshop/dialog-statt-
die Verankerung in den betrieblichen Struk- duell?__blob=publicationFile. Zugegriffen: 15. März
turen, in der Unternehmenskultur und im be- 2022
Charta der Vielfalt (2019) Vielfalt fair gestalten. Diversity
trieblichen Handeln. Personal- und Organisati- Management für betriebliche Interessenvertretungen.
onsentwicklung stehen dabei in einem engen www.charta-der-vielfalt.de/fileadmin/user_upload/
Wechselverhältnis. Diversity wird so Teil ei- Studien_Publikationen_Charta/Charta_der_Vielfalt
nes umfassenden Unternehmenskonzepts. Er- -ANV-Brosch-WEB-RZ02-fertig_barrierefrei.pdf.
forderlich ist eine entsprechende Diversity- Zugegriffen: 15. März 2022
DGB (2018) Mitbestimmung des Betriebs-
Kompetenz bei den betrieblich Handelnden. rats beim Gesundheitsschutz. https://www.
Darüber hinaus ist die Partizipation der Be- dgbrechtsschutz.de/recht/arbeitsrecht/betriebsraete-
schäftigten eine entscheidende Voraussetzung und-personalraete/mitbestimmung-des-betriebsrats-
für ein verantwortungsvolles und erfolgreiches beim-gesundheitsschutz/. Zugegriffen: 22. März 2022
Diversity Management. Durch ein partizipa- Füsers F, Krauss-Hoffmann P, Staupe J (2018) Arbeits-
schutz in einer kulturell vielfältigen Arbeitswelt. Sich
tives Vorgehen können Wissen und Erfah- Ist Sich 6:258–264
rung, Bedürfnisse und Interessen der diversen Icks A, Bijedić T, Kay R, Latzke P, Merx A (2022)
Beschäftigten für die Gestaltung der Arbeit Der Schutz vor Diskriminierung und die Förde-
auf dem Weg zu einem Diversity Manage- rung personaler Vielfalt im Arbeitsleben. https://
ment genutzt werden. Das damit verbunde- www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/
forschungsprojekte/DE/Studie_Schutz_vor_Diskr_
ne Vorgehen, an dem Unternehmensleitungen, im_Arbeitsleben_abgeschl.html?nn=304718. Zuge-
Personalverantwortliche, Interessenvertretun- griffen: 15. März 2022 (unter Mitarbeit von Mappala
gen und Beschäftigte beteiligt sind, impliziert, C)
dass es nicht das Diversity Management ge- Kock K, Kutzner E (2014) „Das ist ein Geben und Neh-
ben kann. Jedes Unternehmen entwickelt für men“. Eine empirische Untersuchung über Betriebs-
klima, Reziprozität und gute Arbeit. Edition Sigma,
sich seinen Umgang damit und definiert ge- Berlin
meinsam Ziele, an denen der Erfolg gemessen Krauss-Hoffmann P (2019) Chancen und Risiken des
werden kann. Erfolg bezieht sich dabei sowohl diversitygerechten Arbeitsschutzes. In: Landes-
auf den ökonomischen Nutzen als auch auf den institut für Arbeitsgestaltung des Landes NRW:
Nutzen für die Beschäftigten. Diversity lässt Vielfalt in der Arbeitswelt. https://www.lia.nrw.
de/themengebiete/Arbeitsschutz-und-Gesundheit/
sich nicht verordnen – ein verantwortungsvol- Diversity-und-Vielfalt/index.html. Zugegriffen: 19.
les Diversity Management schafft Rahmenbe- Apr. 2022
dingungen, in denen sich die personelle Viel- Kutzner E (2010) Diversity Management zwischen Öko-
falt nach den Vorstellungen von guter und nomisierung und Gleichstellungspolitik. IGENDER
gesunderhaltender Arbeit entwickeln kann. 2:25–40
164 E. Kutzner

Kutzner E (2011) Vielfalt im Innovationsprozess. In: Miemietz B (Hrsg) Digitalisierung, Medizin, Ge-
Konzepte, Instrumente und Empfehlungen für schlecht. Interdisziplinäre Zugänge. Barbara Budrich,
ein innovationsförderndes Diversity Management. Opladen, S 31–47
Bielefeld. http://www.uni-bielefeld.de/IZG/pdf/ Kutzner E, Röhrl G (2012) Diversity Management – Viel-
forschungsreihe/Band-18.pdf. Zugegriffen: 15. März falt entdecken, nutzen und fördern. Ein Leitfaden für
2022 Beraterinnen und Berater. Sfs-Eigenverlag, Dortmund
Kutzner E (2014) Diversity Management und Gute Ar- Roland Berger Strategy Consultans (2012) Diversity &
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9
talisierten Arbeitswelt – die Macht der Stereotype.
165 10

Arbeitsmarktintegration
von Geflüchteten als
gemeinsamen Prozess
aller beteiligten Akteure
begreifen
Ildikó Pallmann, Janine Ziegler und Christian Pfeffer-Hoffmann

Inhaltsverzeichnis

10.1 Einleitung – 166

10.2 Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt –


ein Blick auf aktuelle Statistiken – 166

10.3 Arbeitsmarktintegration ist kein linearer Prozess –


ein Blick auf die Herausforderungen – 168
10.3.1 Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt – 168
10.3.2 Dauer des Asylverfahrens und Duldungsstatus – 170
10.3.3 Sprachkenntnisse und Anerkennung von Qualifikationen – 170
10.3.4 Fehlende Zeugnisse, nicht fehlende Kompetenz – 171
10.3.5 Systemkenntnisse verbessern, gesellschaftliche Integration
fördern – 172
10.3.6 Spezifische Herausforderungen für geflüchtete Frauen – 173

10.4 An einem Strang ziehen – ein Kurzfazit – 173

Literatur – 174

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_10
166 I. Pallmann et al.

2Zusammenfassung abhängig von ihren tatsächlichen beruflichen


Menschen mit Fluchterfahrung verfügen über Qualifikationen – helfende Tätigkeiten aus-
vielseitige berufliche Kompetenzen und Quali- üben und/oder in atypischen oder prekären Be-
fikationen und streben danach, in Deutschland schäftigungsverhältnissen arbeiten, zum Bei-
beruflich tätig zu werden. In der Arbeitswelt spiel im Bereich Lager/Logistik oder der Gas-
spiegelt sich dies bisher jedoch kaum wider. tronomie. Sowohl für die betroffenen Personen
Hier sind Geflüchtete vor allem im Helfenden- selbst als auch für den deutschen Arbeits-
bereich, oftmals unter prekären Bedingungen, markt ist diese Situation – u. a. im Hinblick
tätig. Die Gründe hierfür sind vielfältig und auf den Fachkräftemangel – nicht tragbar, wes-
häufig struktureller Natur. Mit der aktuellen halb diesbezüglich dringender Handlungsbe-
Fluchtdynamik anlässlich des Krieges in der darf besteht. Unternehmen kommt hierbei, ne-
Ukraine gewinnt dieses Thema erneut an Bri- ben diversen weiteren Arbeitsmarktakteuren,
sanz und Virulenz. Daneben steigen aktuell eine zentrale Rolle zu. Sie können entschei-
auch die Zahlen Geflüchteter aus Syrien, Af- dend dazu beitragen, die Integration geflüchte-
ghanistan und dem Irak wieder an (BAMF ter Menschen in den Arbeitsmarkt nachhaltig
2022). Der folgende Beitrag rückt die Situati- und fair zu gestalten. Mit welchen Herausfor-
on von Menschen mit Fluchterfahrung auf dem derungen und Hürden sowohl die betroffenen
deutschen Arbeitsmarkt bzw. beim Zugang zu Personen als auch die Unternehmen dabei oft-
diesem in den Fokus und zeigt damit verbun- mals konfrontiert sind und welche Handlungs-
dene Herausforderungen und Hürden sowie bedarfe und -spielräume sich daraus ergeben,
Handlungsbedarfe und -spielräume insbeson- darauf wird im Folgenden näher eingegangen.
dere für Unternehmen auf.
10
10.2 Geflüchtete auf dem
10.1 Einleitung deutschen Arbeitsmarkt –
ein Blick auf aktuelle
Statistiken
Menschen mit Fluchterfahrung sind hochmoti-
viert, in Deutschland beruflich tätig zu werden,
und verfügen über vielseitige Qualifikationen Die Herausforderungen bei der Arbeitsmarkt-
und Kompetenzen sowie teils langjährige Be- integration für Menschen mit Fluchterfahrung
rufserfahrungen. So gaben von 50.081 volljäh- lassen sich bereits in den Statistiken ansatz-
rigen Asylantragsstellenden, die im Jahr 2021 weise ablesen: Im Vergleich zur restlichen Be-
in Deutschland registriert wurden, zwei Drittel völkerung sind Geflüchtete häufiger arbeitssu-
an, vor ihrer Ankunft in Deutschland beruflich chend oder arbeitslos gemeldet, zu geringeren
tätig gewesen zu sein. Die meisten davon ar- Teilen sozialversicherungspflichtig respektive
beiteten im Handwerk sowie im Bereich Land- zu größeren Teilen in Minijobs beschäftigt
und Forstwirtschaft/Fischerei sowie Dienstlei- (. Abb. 10.1; BA 2021a). Als sozialversi-
tungen. Jede zehnte Person gab an, zuletzt oh- cherungspflichtige Beschäftigung gilt jede Be-
ne Arbeit gewesen zu sein (Heß 2022). Seitens schäftigung, für die Beiträge zur gesetzlichen
der relevanten Akteure werden die hohe Hete- Rentenversicherung, zur Krankenversicherung
rogenität der Gruppe ebenso wie die eigenen und zur Pflegeversicherung zu leisten sind.
Vorstellungen und Ambitionen der betroffenen Darunter fallen auch Auszubildende, Prakti-
Personen bzgl. ihrer beruflichen Zukunft in kantinnen und Praktikanten oder Werkstuden-
Deutschland kaum wahrgenommen. Das führt tinnen uns -studenten. Bei ausschließlich ge-
dazu, dass von denjenigen, die bereits eine Be- ringfügiger Beschäftigung, also Minijobs, sind
schäftigung aufgenommen haben, viele – un- keine Sozialversicherungsbeiträge zu leisten.
Kapitel 10 ! Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als gemeinsamer Prozess
167 10

Deutsche (n=33.018.787) 88,9 11,1


Asylherkunftsländer (n=461.634) 85,5 14,5
Drittstaaten (n=2.425.637) 86,01 14,0
EU (n=2.474.200) 91,3 8,7

0% 20% 40% 60% 80% 100%


Sovialversicherungspflichtige Beschäftigung Ausschließlich geringfügige Beschäftigung
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 10.1 Anteile aller Beschäftigten nach Art der Beschäftigung und Staatsangehörigkeit in %. (Quelle: Eigene
Berechnungen und Darstellung nach BA (2021a), Stichtag 31.12.2020. © Minor)

Deutsche 98,2

1,8
Asylherkunftsländer 85,0 15,0
Drittstaatsangehörige 93,2 6,8
EU 91,6 8,4

0% 20% 40% 60% 80% 100%


Alle Wirtschaftszweige Leiharbeit
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 10.2 Anteil aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in allen Wirtschaftszweigen und in der Leih-
arbeit nach Staatsangehörigkeit in %. (Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BA (2021a), Stichtag
31.12.2020. © Minor)

Nicht selten arbeiten Geflüchtete un- nommen, wozu die BA acht Staaten zählt,
terhalb ihres eigentlichen Qualifikationsni- von denen angenommen wird, dass aus ihnen
veaus, in Leiharbeit sowie in Branchen, die besonders viele Menschen im Fluchtkontext
von Prekarisierung besonders betroffen sind nach Deutschland einreisen: Afghanistan, Sy-
(. Abb. 10.2, 10.3). Dabei sind Frauen laut rien, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan und
Bundesagentur für Arbeit (BA) zumeist noch Somalia. Die BA hat die Eingruppierung ba-
schlechter gestellt als ihre männlichen Mitbe- sierend auf den Asylzahlen der Jahre 2012 bis
werber (BA 2021b). 2014 und Januar bis April 2015 vorgenommen
Die Zahlen legen jedoch nur Tendenzen der und seitdem auch nicht wieder angepasst (BA
Arbeitsmarktprozesse hinsichtlich einzelner 2021c). Viele der Geflüchteten werden somit
Beschäftigtengruppen offen. Denn nach wie von der BA statistisch im Hinblick auf ihre
vor erfasst die BA Arbeitssuchende und Be- Arbeitsmarktbeteiligung immer noch nicht er-
schäftigte nicht nach Aufenthaltsstatus, son- fasst. Dies ist allerdings dringend erforderlich,
dern nach Staatsangehörigkeit. Die Daten zu um Analysen und sich daraus ergebende Her-
Geflüchteten sind überwiegend der statisti- ausforderungen und Handlungsoptionen ausar-
schen Kategorie „Asylherkunftsländer“ ent- beiten zu können.
168 I. Pallmann et al.

Deutsche (Männer) 11,2 56,0 15,9 16,3 0,7

Deutsche (Frauen) 13,4 62,3 11,8 12,0 0,5


Nicht-deutsche Staats-
angehörigkeit (Männer) 33,8 49,8 6,4 9,9 0,2
Nicht-deutsche Staats-
angehörigkeit (Frauen) 38 44,4 6,9 10,5 0,2
Asylherkunftsländer
(Männer) 45,1 45,6 3,2 5,8 0,2
Asylherkunftsländer
36,2 47,8 4,2 11,4 0,4
(Frauen)
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Helfer/in Fachkraft Spezialist/in Expert/in Keine Angaben
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 10.3 Verteilung der Anforderungsniveaus sozialversicherungspflichtig Beschäftigter nach Staatsangehörigkeit


und Geschlecht in %. (Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BA (2021b), Stichtag 31.12.2020. © Minor)

10.3 Arbeitsmarktintegration ist nung von Zeugnissen und formalen Qualifika-


kein linearer Prozess – tionen, kaum Möglichkeiten, vorhandene non-
ein Blick auf die formale Qualifikationen anerkennen zu lassen
10 Herausforderungen
sowie die oftmals unzureichende Verzahnung
von Prozessketten und relevanten Akteuren
(Brücker et al. 2019, 2020; Huke 2020; Pall-
mann et al. 2019).
Die Ursachen für die oben aufgezeigten Ten-
denzen werden von verschiedenen Faktoren
bestimmt. So wird der Prozess der Arbeits- 10.3.1 Zugang zum deutschen
marktintegration direkt oder indirekt von di-
Arbeitsmarkt
versen Belastungen beeinflusst, die Flucht als
erzwungene Form der Migration mit sich
bringt. Dazu zählen u. a. aufenthaltsrechtliche Hat die Person, die gerne arbeiten respekti-
Unsicherheiten und damit verbundene rechtli- ve die ein Unternehmen gerne beschäftigen
che Hürden beim Zugang zum Arbeitsmarkt, möchte, überhaupt Zugang zum deutschen Ar-
Sorgen um zurückgebliebene Familienangehö- beitsmarkt? Diese Frage stellt die erste Hürde
rige, hohe finanzielle Belastungen durch die bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüch-
Kosten der Flucht, beengte Wohnverhältnis- teten dar. Der Arbeitsmarktzugang wird nicht
se in Gemeinschaftsunterkünften, Beschrän- allen Geflüchteten gewährt, ist rechtlich kom-
kungen beim Zugang zu (passenden) Sprach- plex und hängt vom Aufenthaltsstatus, von der
kursangeboten sowie zu beruflichen Förder- Aufenthaltsdauer und dem Herkunftsland der
und Unterstützungsangeboten (Brenzel et al. jeweiligen Person ab. Viele Jahre war der Ar-
2019; Pallmann et al. 2019). Zu nennen beitsmarktzugang für Geflüchtete größtenteils
sind hier darüber hinaus auch Traumata, die erst nach erfolgreichem Abschluss des Asyl-
sich aus der Situation vor oder während der verfahrens möglich; Menschen, die sich noch
Flucht entwickeln, direkte und indirekte For- im laufenden Asylverfahren befanden, erhiel-
men der Diskriminierung, langwierige und ten in den 1990er Jahren in der Regel erst
vielfach intransparente Prozesse der Anerken- nach vier Jahren die Möglichkeit zu arbeiten.
Kapitel 10 ! Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als gemeinsamer Prozess
169 10

. Tab. 10.1 Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete in Deutschland

Stand des Asylverfahrens Personengruppe Arbeitsmarktzugang


Im Asylverfahren Asylsuchende, die außerhalb einer Aufnahme- Nach 3 Monaten
einrichtung wohnen

Asylsuchende, die in einer Aufnahmeeinrichtung Nach 9 Monaten


wohnen

Asylsuchende mit minderjährigen Kindern, die Nach 6 Monaten


in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen

Personen aus „sicheren Herkunftsstaaten“, die Kein Arbeitsmarktzugang


nach dem 31.08.2015 einen Asylantrag gestellt
habena

Nach dem Asylverfahren Geflüchtete mit Asylberechtigung, subsidiärem Ohne Wartefrist und
Schutz, Anerkennung als Flüchtling oder einer uneingeschränkt
Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen

Geduldeteb In der Regel nach 6 Monaten

Geduldete aus „sicheren Herkunftsstaaten“, Kein Arbeitsmarktzugang


die nach 31.08.2015 einen Asylantrag gestellt
haben, der abgelehnt oder zurückgenommen
wurde
a
Grundsätzlich vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind Asylbewerberinnen und -bewerber aus sog. „sicheren
Herkunftsstaaten“, also aus Ländern, bei denen die Bundesregierung davon ausgeht, dass dort keine politische
Verfolgung droht. Dies sind derzeit neben den EU-Mitgliedsstaaten die Westbalkanländer Albanien, Bosnien
und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien sowie Senegal und Ghana.
b
Geflüchtete mit ablehnendem Asylbescheid, deren Abschiebung aber vorübergehend ausgesetzt ist, erhalten
in Deutschland eine Duldung. Die Duldung ermöglicht den temporären Verbleib in Deutschland. Ein Grund für
eine Duldung kann z. B. die Sicherheitslage im Herkunftsland oder das Fehlen von gültigen Papieren sein.
Fehlzeiten-Report 2022

Die „Wartefrist“ für den Einstieg in den Ar- gebracht ist oder frei ihren Wohnsitz in der
beitsmarkt wurde bis 2014 sukzessive auf drei Kommune wählen kann (. Tab. 10.1).
Monate verkürzt. Im Zuge der Fluchtdynamik Ist die Aufnahme einer Arbeit rechtlich
in den Jahren 2015/16 nahm der Gesetzgeber möglich, benötigen geflüchtete Menschen zu-
weitere Änderungen vor, zuletzt in großen Re- sätzlich eine Arbeitserlaubnis. Diese erteilt die
formvorhaben in den Jahren 2019 und 2020. zuständige Ausländerbehörde in einem Ar-
Ob eine Person im laufenden Asylverfahren ei- beitsgenehmigungsverfahren, in dem die BA
ne Ausbildung oder Arbeit aufnehmen kann, u. a. auch die Beschäftigungsbedingungen wie
hängt aktuell v. a. davon ab, ob sie in einer das Lohnniveau und die Arbeitszeit überprüft.
Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete1 unter- Vereinfachte Bedingungen gelten für Geflüch-
tete, die eine Ausbildung absolvieren möch-
1 In Deutschland sind die 16 Bundesländer rechtlich ten. Auch bezüglich der aktuell im Zuge des
verpflichtet, die für die Unterbringung Asylbegehren- Ukraine-Krieges aufgenommenen Geflüchte-
der erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaf- ten gelten Erleichterungen bei dem Zugang
fen. Hierzu werden die Asylsuchenden in den ersten
Wochen, bevor sie ihren Asylerstantrag stellen, in ei-
zum Arbeitsmarkt: Diese müssen durch die
ner Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht und ggf. Aktivierung der Richtlinie 2001/55 EG (Amts-
auch danach. blatt der Europäischen Gemeinschaften 2001)
170 I. Pallmann et al.

in der Regel kein Asylverfahren durchlaufen Der Blick auf die rechtlichen und verfah-
und können mit dem speziellen humanitären renstechnischen Hürden macht die Notwen-
Aufenthaltstitel (§ 24 AufenthG) arbeiten, oh- digkeit der Inanspruchnahme von Beratungs-
ne dass hierfür die Zustimmung der BA im und Unterstützungsstrukturen sowie der Ver-
gesonderten Verfahren eingeholt werden muss. netzung auf Akteursebene deutlich. Vor al-
Für Geflüchtete aus anderen Ländern gelten lem kleine und mittelständische Unterneh-
die allgemeinen Rahmenbedingungen weiter. men müssen dabei unterstützt werden, sich
Die neue Bundesregierung plant im Koaliti- mit den relevanten regionalen Ansprechpart-
onsvertrag jedoch Änderungen der rechtlichen nern vor Ort effektiv zu vernetzen und sich
Rahmenbedingungen für alle Geflüchteten hin aktiv am Arbeitsmarktintegrationsprozess ge-
zu einer vollständigen Aufhebung der genann- flüchteter Menschen zu beteiligen, um darüber
ten Restriktionen oder der Verpflichtung, in motivierte und gut ausgebildete neue Mitarbei-
einer Aufnahmeeinrichtung zu leben. tende zu gewinnen.
Bereits diese Kurzübersicht macht die
Vielschichtigkeit der Thematik deutlich. Ne-
ben den dargelegten rechtlichen Rahmenbe- 10.3.3 Sprachkenntnisse und
dingungen und den sich daraus ergebenden Anerkennung von
Hürden hängt die erfolgreiche Integration in Qualifikationen
den Arbeitsmarkt von vielen weiteren Fakto-
ren ab, die der Frage nach dem Zugang zum
Arbeitsmarkt in ihrer Komplexität in nichts Zwei weitere wesentliche Hürden hin zu ei-
nachstehen. ner qualifikationsadäquaten Beschäftigung zu
10 fairen Bedingungen sind für viele Menschen
mit Fluchterfahrung der Nachweis bzw. Er-
10.3.2 Dauer des Asylverfahrens werb von Sprachkenntnissen sowie die Aner-
und Duldungsstatus kennung von mitgebrachten beruflichen Qua-
lifikationen. Bzgl. des Spracherwerbs fehlt es
häufig an passenden Angeboten, insbesondere
Zu nennen ist hier z. B. die Dauer des Asylver- im Bereich der berufsspezifischen Fachspra-
fahrens, dessen Ende weder für die antragstel- che sowie an Möglichkeiten, bereits erworbe-
lende Person noch für ein Unternehmen mit of- ne Kenntnisse in der Praxis anzuwenden, zu
fenen Stellen ersichtlich ist. Große planerische vertiefen und weiterzuentwickeln. Sprachliche
Unsicherheit bringt zudem der Duldungsstatus Bildung und berufliche Qualifizierung müssen
mit sich. Menschen mit Duldung können auf- deshalb viel stärker als bisher gemeinsam ge-
grund des zeitlich begrenzten und unsicheren dacht und möglichst früh miteinander verzahnt
Aufenthaltsstatus kaum langfristige berufliche werden – siehe Konzept des Integrierten Fach-
Perspektiven in Deutschland entwickeln, es sei und Sprachlernens (IQ Fachstelle Berufsbezo-
denn, sie finden einen Arbeitgeber oder ei- genes Deutsch 2022).
ne Arbeitgeberin, der bzw. die sie unterstützt Im Rahmen der formalen Anerken-
und das Risiko eines durch aufenthaltsrecht- nungsverfahren müssen Bildungsabschlüsse
liche Bestimmungen möglicherweise abrupt und berufliche Qualifikationen mit of-
endenden Arbeitsverhältnisses in Kauf nimmt. fiziellen Zeugnissen oder Zertifikaten
Geht es um einen Ausbildungsplatz, so besteht belegt werden, was nicht selten mit kom-
die behördliche Möglichkeit, eine sogenannte plizierten, teuren, undurchsichtigen und
Ausbildungsduldung zu erteilen und somit zu- langwierigen Anerkennungs- und (Wei-
mindest für die Dauer der Ausbildung Konti- ter)Qualifizierungsprozessen verbunden ist.
nuität für Arbeitgebende und Arbeitnehmende Der Zugang zu einer Vielzahl der Berufe ist
zu gewährleisten. in Deutschland nur mit einer entsprechend
Kapitel 10 ! Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als gemeinsamer Prozess
171 10
anerkannten beruflichen oder akademischen es, weil der Beruf, den sie erlernt haben,
Qualifikation möglich – hierbei handelt es im Herkunfts- oder Transitland keine forma-
sich um sogenannte reglementierte Berufe le Ausbildung voraussetzt, sei es, weil sie im
(BA 2022). Um die vorliegenden Rahmenbe- Zuge der Flucht formale Zeugnisse nicht mit-
dingungen zu verstehen, über die weiteren führen konnten. In den Statistiken und im Re-
Schritte im Einzelnen zu entscheiden und gelsystem der Arbeitsvermittlung werden sie
den Prozess der Arbeitsaufnahme abzuschlie- als Personen ohne Ausbildung oder „ohne An-
ßen, sind sowohl Arbeitssuchende als auch gaben“ geführt (. Abb. 10.4; BA 2021b). In
Arbeitgebende auf Informations- und Bera- diesen Fällen bleiben tatsächlich vorhandene
tungsstrukturen angewiesen. Qualifikationen und Kompetenzen aus forma-
Geflüchteten Menschen ist es zum Teil len Gründen auf dem Arbeitsmarkt ungenutzt,
nicht möglich, die häufig zeit- und kostenin- was weder im Interesse der betroffenen Perso-
tensiven Wartezeiten im Rahmen eines Aner- nen noch im Interesse der Unternehmen sein
kennungsverfahrens finanziell zu überbrücken. kann.
Zudem sind ihnen die bestehenden Möglich- Um in solchen Fällen Lösungen anbieten
keiten oftmals nicht ausreichend bekannt. So und für die betroffenen Personen und Unter-
nehmen viele von ihnen eine Arbeit unterhalb nehmen Perspektiven aufzeigen zu können,
ihres Qualifikationsniveaus an, um überhaupt sind alle am Arbeitsmarktintegrationsprozess
erst einmal den Einstieg in den Arbeitsmarkt beteiligten Akteure gefragt. Für Unternehmen
zu schaffen. Neben den Chancen, die sich ist es dabei besonders hilfreich, wenn sie
hieraus ergeben können, besteht allerdings die sich in lokalen Netzwerken engagieren und
Gefahr, dauerhaft in einer solchen Tätigkeit sich mit den relevanten Behörden und Trä-
zu verbleiben, ohne parallel eine langfristige gern, den Industrie- und Handelskammern, den
berufliche Perspektive zu entwickeln. Hierbei Handwerkskammern und Hochschulen sowie
benötigen die betroffenen Personen gezielte mit anderen Verbänden zu der Thematik aus-
Unterstützung durch die relevanten Arbeits- tauschen und kontinuierlich an der Entwick-
marktakteure. Unternehmen können hierzu ei- lung alternativer Modelle zur Kompetenzer-
nen wichtigen Beitrag leisten, indem sie – fassung und -validierung mitarbeiten. Erkennt-
etwa durch flexible Arbeitszeiten und Teilzeit- nisse einzelner bereits bestehender Ansätze
modelle – den fachspezifischen Spracherwerb und Programme seitens Politik, Arbeitsverwal-
und den Ausgleich fehlender Qualifikationen tung (MYSKILLS2 ), Kammern (Programme
und Kompetenzen on the job ermöglichen. Valikom3 bzw. ValiKom Transfer4 ) sowie ein-
Insbesondere gilt dies für Frauen (mit und zelner Unternehmen machen dabei deutlich,
ohne Fluchterfahrung), die oftmals die fami- dass die Validierung und Erfassung vorhande-
lienorganisatorische Hauptverantwortung (Ca- ner Kompetenzen für die Teilnehmenden eine
re-Arbeit) tragen und daher umso mehr auf selbstwertsteigernde Erfahrung darstellt, aus
eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Fami- der sich diverse Möglichkeiten zur beruflichen
lie angewiesen sind. Weiterentwicklung bzw. -bildung und Qualifi-
zierung ableiten (Müller-Werth et al. 2022).

10.3.4 Fehlende Zeugnisse, nicht


fehlende Kompetenz

Eine weitere Schwierigkeit, die sich bei der 2 7 https://www.myskills.de/.


3 7 https://www.validierungsverfahren.de/startseite.
Integration in den Arbeitsmarkt stellen kann, 4 7 https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/
ist, dass Geflüchtete häufiger nicht über for- fachkraefte/aus-und-weiterbildung/weiterbildung/
male Dokumente wie Zeugnisse verfügen. Sei verbundprojekt-valikom-transfer-3350.
172 I. Pallmann et al.

Deutsche (Männer) 12 63 18 7

Deutsche (Frauen) 11 66 17 6
Nicht-deutsche Staats-
angehörige (Männer) 27 33 14 26
Nicht-deutsche Staats-
angehörige (Frauen) 24 34 21 21
Asylherkunftsländer
(Männer) 48 15 11 26
Asylherkunftsländer
(Frauen) 38 17 20 25

0% 20% 40% 60% 80% 100%


Ohne Berufsabschluss Betriebliche/schulische Akademischer Abschluss Keine Angaben
Berufsausbildung Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 10.4 Berufsausbildung sozialversicherungspflichtig Beschäftigter nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht


in %. (Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BA (2021b), Stichtag 31.12.2020. © Minor)

10.3.5 Systemkenntnisse berücksichtigt und damit zu einem gelunge-


verbessern, nen Ankommen im Unternehmen bzw. Betrieb
gesellschaftliche beiträgt5 . Der Einsatz von Mentorinnen und
10 Integration fördern
Mentoren, also erfahrenen Mitarbeitenden als
Ansprechpersonen, unterstützt die nachhaltige
Integration der neuen Fachkräfte in den Be-
Das Wissen über die Strukturen des Arbeits- trieb (Voigt 2022; Heuer und Pierenkemper
markts und seine Mechanismen in Deutsch- 2020). Mit aktiven Maßnahmen zur Förde-
land steht nicht allen Menschen gleich zur rung von personeller Vielfalt, also Diversity
Verfügung. Unternehmen sollten daher die Management, können Unternehmen zu einer
Vermittlung nicht nur von Fachwissen zum Stärkung des Zusammenhalts und somit zum
Arbeitsplatz, sondern darüber hinaus auch Erfolg einer Arbeitsgruppe oder des gesam-
zu anderen beruflichen und gesellschaftli- ten Unternehmens beitragen (Hammermann
chen Aspekten mitdenken (sog. Integrations- und Schmidt 2014; Heuer und Pierenkemper
management). Denn Raum und Zeit für Nach- 2020). Informationen in Form von individu-
fragen und persönliche Gespräche helfen, eller Beratung, Workshops oder Handreichun-
Sprachbarrieren auf der einen und Vorurteile gen hierzu bieten beispielsweise die Fachkräf-
auf der anderen Seite abzubauen und stellen tenetzwerke im Förderprogramm Integration
Verbindungen her, die letztendlich zur Ent- durch Qualifizierung (IQ)6 , die Kammern oder
wicklung von beruflichen und persönlichen auch Initiativen wie die Charta der Vielfalt und
Perspektiven beitragen und so das Ankommen diverse Träger an. Zudem können Unterneh-
im Job und in der Gesellschaft erleichtern. Je men, die Menschen mit Fluchterfahrung auf
nach Größe des Unternehmens können hier- dem Weg in den Arbeitsmarkt begleiten, ein
zu Onboarding- und Mentoringkonzepte sowie gesellschaftspolitisches Zeichen gegen Diskri-
ein Diversity Management hilfreich sein. On-
boarding meint in diesem Fall das „an Bord 5 7 https://www.migrationsportal.de/angebote/
unternehmen/onboarding.html
holen“ neuer Mitarbeitender mithilfe eines 6 7 https://www.netzwerk-iq.de/foerderprogramm-iq/
umfassenden und strukturierten Einarbeitungs- programmuebersicht; 7 https://www.netzwerk-iq.de/
konzepts, das mögliche spezifische Bedarfe angebote/unternehmen.
Kapitel 10 ! Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als gemeinsamer Prozess
173 10
minierung setzen. Denn diese spielt nach wie trag leisten. Gleiches gilt für die Arbeitsver-
vor, befeuert durch die skizzierten strukturel- waltungen, die ihren Vermittlungsfokus noch
len Hürden, nicht zuletzt auf dem Arbeitsmarkt stärker auf Nachhaltigkeit (d. h. auf persönli-
eine große Rolle: Und zwar besonders dann, che Zufriedenheit, faire Arbeitsbedingungen,
wenn es darum geht, Menschen nicht nach ih- Möglichkeiten zur Entwicklung von langfristi-
rer Herkunft und/oder ihrem Erscheinungsbild, gen Perspektiven) legen sollten. Ein schneller
sondern nach ihren Kompetenzen zu beurtei- Einstieg in den Arbeitsmarkt z. B. im Rahmen
len, ihre Bedarfe wahrzunehmen, ihnen beruf- einer Helferinnentätigkeit, etwa in stark nach-
liche Perspektiven aufzuzeigen und sie so als gefragten „typischen Frauenberufen“ wie z. B.
Arbeitgeberin oder Arbeitgeber in der persön- in der Pflege- oder Reinigungsbranche, kann
lichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Auf zwar zunächst finanzielle Entlastung bringen,
Frauen sollte dabei ein besonderes Augenmerk ist aber in vielen Fällen dann problematisch,
gelegt werden, denn nicht selten sind sie auf wenn es zu einer Verfestigung der Situati-
dem Arbeitsmarkt in besonderem Maße von on kommt. Während diese für die betroffenen
Diskriminierung betroffen. Frauen häufig mit prekären Beschäftigungsbe-
dingungen verbunden ist, aus der sich nicht
selten auch gesundheitliche Probleme entwi-
10.3.6 Spezifische ckeln, werden dem Arbeitsmarkt dadurch auch
Herausforderungen langfristig dringend benötigte wertvolle fach-
für geflüchtete Frauen liche Kompetenzen entzogen.

Frauen mit Fluchterfahrung stellen eine be- 10.4 An einem Strang ziehen –
sonders vulnerable Gruppe am Arbeitsmarkt ein Kurzfazit
dar, da es bei ihnen häufig zu einer Ku-
mulation mehrerer Hürden und Herausforde-
rungen kommt, die sich aus ihrer Situation Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der
als Frau, Migrantin und Geflüchtete erge- Prozess der Arbeitsmarktintegration von
ben. Aufgrund dieser sogenannten dreifachen geflüchteten Menschen ist komplex, die
Benachteiligung wird eine gleichberechtigte Herausforderungen sind multipel. Unterneh-
Teilhabe am Arbeitsmarkt zu fairen Bedin- men, die geflüchtete Menschen beschäftigen
gungen zum Teil erheblich erschwert. Damit (möchten), werden – je nach „Einzelfall-
geflüchtete Frauen ihre Potenziale auf dem konstellation“ – an unterschiedlichen Stellen
deutschen Arbeitsmarkt einbringen und sich mit diesem Prozess und den damit verbun-
entsprechend ihrer eigenen Vorstellungen und denen Schwierigkeiten in Kontakt kommen.
Wünsche eine nachhaltige berufliche Perspek- Ein Patentrezept zum Umgang damit gibt es
tive aufbauen können, müssen die relevanten aufgrund der Vielschichtigkeit nicht. Um die
Akteure sie deutlich stärker als bisher als Ziel- eigenen Handlungsmöglichkeiten zu kennen
gruppe in den Fokus rücken. Benötigt wird und um gegebenenfalls den eigenen Mitar-
ein umfassender, struktureller und gendersen- beitenden Unterstützung anbieten zu können,
sibler Ansatz, der darauf abzielt, Frauen mit ist es unabdingbar, dass Unternehmen vor
ihren individuellen Kompetenzen und Qualifi- Ort und in der Region gut und umfassend
kationen wahrzunehmen, sich daraus ergeben- vernetzt sind. Dies ermöglicht, sich mit ande-
de Bedarfe zu erfassen und basierend darauf ren Unternehmen, mit der Arbeitsverwaltung
gemeinsam mit verschiedenen Netzwerkpart- und anderen lokalen Behörden und Inte-
nern nachhaltige Förder- und Unterstützungs- grationsstrukturen, mit Bildungsträgern und
angebote zu schaffen. Auch an diesem Punkt Hochschulen, mit Kammern und Arbeitge-
können alle Arbeitsmarktakteure einen Bei- bervertretungen, mit Wohlfahrtsverbänden
174 I. Pallmann et al.

und Selbstorganisationen für Personen mit


Migrationsgeschichte zu bestehenden Heraus- 4 IvAF-Projektverbünde10
forderungen auszutauschen und aktiv an der 4 Migrationsberatungsstellen für Erwach-
Erarbeitung von Lösungen mitzuwirken. Be- sene (MBE)11
sonders wichtig ist es hierbei, auch immer 4 Jugendmigrationsdienste (JMD)12
die eigenen Wünsche und Vorstellungen der 4 Charta der Vielfalt e. V.13
betroffenen Person mit Fluchterfahrung mit
einzubeziehen und gemeinsam langfristige
berufliche Perspektiven zu entwickeln. Nur
so können Angebote und Bedarfe dauerhaft Literatur
zielgruppenspezifischer gestaltet sowie besser
koordiniert und verzahnt werden. Denn der Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (2001)
Prozess der Arbeitsmarktintegration ist als RICHTLINIE 2001/55/EG DES RATES vom 20.
gemeinsamer Prozess vieler gesellschaftlicher Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung
Akteure zu begreifen, die an einem Strang vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massen-
zustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur
ziehen. Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Be-
lastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen
und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf
die Mitgliedstaaten. https://eur-lex.europa.eu/legal-
Beratungs- und Unterstützungs-
content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32001L0055&
strukturen – eine Auswahl from=DE. Zugegriffen: 5. April 2022
4 Netzwerk Unternehmen integrieren BA – Bundesagentur für Arbeit (2021a) Be-
Flüchtlinge7 schäftigte nach Staatsangehörigkeiten (Quar-
10 4 Kompetenzzentrum Fachkräftesiche- talzahlen).Stichtag: 31.12.2020. https://statistik.
arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/
rung (KOFA)8
Einzelheftsuche_Formular.html;jsessionid=
4 Förderprogramm Integration durch AC70DB9317E6A070E0DE5137459DD525?nn=
Qualifizierung (IQ)9 25122&topic_f=beschaeftigung-eu-heft-eu-heft. Zu-
– Anerkennungs- und Qualifizierungs- gegriffen: 30. März 2022
beratung sowie Qualifizierungsmaß- BA – Bundesagentur für Arbeit (2021b) Beschäftigte am
Wohnort nach ausgewählten Merkmalen. Sonderab-
nahmen im Kontext des Anerken-
frage bei der Bundesagentur für Arbeit. Stichtag:
nungsgesetzes 31.12.2020
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– Interkulturelle Kompetenzentwick- der BA zur Fluchtmigration – häufig gestellte Fra-
lung der zentralen Arbeitsmarktak- gen. https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-
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teure
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Einwanderung März 2022
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Kapitel 10 ! Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten als gemeinsamer Prozess
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Einwanderung/Publikationen_2021/Minor_FE_ Krise_2022.pdf. Zugegriffen: 29. März 2022

10
177 IV

Verantwortung
und faire
Arbeitspraktiken
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 11 Psychologische (Un-)Sicherheit


in Organisationen – 179
Ina Goller

Kapitel 12 Verantwortungsvolle Kommunikation


von und in Unternehmen – 193
Constanze Jecker

Kapitel 13 Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital


von Unternehmen – eine explorative Studie mit
Mitarbeitenden und Führungskräften eines
deutschen Industrieunternehmens – 205
Nicola Baur

Kapitel 14 Die „dunkle Seite“ der Führung – 225


Thomas Kuhn und Jürgen Weibler
179 11

Psychologische
(Un-)Sicherheit
in Organisationen
Ina Goller

Inhaltsverzeichnis

11.1 Einleitung – 180

11.2 Erklärung und Elemente – 180

11.3 Wirkungen von vorhandener und Folgen fehlender


psychologischer Sicherheit – 184

11.4 Bedeutung der Führung bzw. Bedeutung von


Hierarchien auf (Un-)Sicherheit im Unternehmen – 186

11.5 Förderung von psychologischer Sicherheit


in Teams – 187

Literatur – 190

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_11
180 I. Goller

2Zusammenfassung Technische Neuerungen führen in diesen


Im vorliegenden Text wird das Konzept „psy- Arbeitsgebieten meist dazu, dass eine größere
chologische Sicherheit“ beschrieben. Eine gegenseitige Abhängigkeit entsteht als früher.
kurze Herleitung des Konzeptes seit den 60er Einzelne Disziplinen und Individuen sind für
Jahren und damit eine Einordnung in die For- den Erfolg ihrer Arbeit auf die enge Zusam-
schungstradition zeigt auf, dass dieses Konzept menarbeit mit anderen angewiesen.
zwar nicht einzigartig ist, aber einzigartige Ef- Die Frage, die sich nun viele stellen, ist:
fekte bringt. Psychologische Sicherheit wirkt Wie können Teammitglieder erfolgreich mit-
sich positiv auf Leistungs- und Innovationspa- einander arbeiten?
rameter aus, aber auch auf Mitarbeitendenzu- Der folgende Text stellt das Konzept
friedenheit und Lernverhalten. Diese positiven der „psychologischen Sicherheit“ vor, be-
Ergebnisse werden vor allem in komplexen und schreibt die positiven Auswirkungen einer ge-
unsicheren Arbeitsumgebungen wie z. B. in der lebten psychologisch sicheren Teamkultur und
Gesundheitsbranche gefunden. zeigt praxisorientierte Elemente zur Einfüh-
Psychologische Sicherheit ist ein Team- rung psychologischer Sicherheit auf.
konzept, d. h. jedes Team einer Organisation
kann sich hinsichtlich des Niveaus psychologi-
scher Sicherheit unterscheiden. Zwei Ansätze 11.2 Erklärung und Elemente
zur Erhöhung von psychologischer Sicherheit
werden beschrieben: Führungsverhalten der
direkten Führungskraft sowie Kompetenzauf- „Psychologische Sicherheit ist die gemeinsa-
bau der Teammitglieder. me Überzeugung aller Mitglieder eines Teams,
dass es (innerhalb des Teams) sicher ist, zwi-
schenmenschliche Risiken einzugehen“ (Ed-
mondson 1999).
11 11.1 Einleitung
Es handelt sich also um ein Team-Phäno-
men. Es ist nicht entscheidend, ob Einzelne
Arbeitsumgebungen, die sich durch hohe in Bezug auf einzelne andere Teammitglieder
Komplexität und Unsicherheit auszeichnen, eine bestimmte Überzeugung haben. Anders
sind nicht mehr nur Hochrisiko-Umgebun- als beim Konzept Vertrauen geht es um ei-
gen wie z. B. Flugindustrie, Gesundheits- ne geteilte Vorstellung innerhalb eines Teams
sektor oder Erdölbohrinseln. Die sogenann- und nicht um ein konkretes Gegenüber. Psy-
te VUCAH-Welt (volatile, uncertain, complex chologische Sicherheit beschreibt die eigene
and ambiguous, hyper-connectivity) wird im- Überzeugung, die man in Bezug auf eine Ge-
mer mehr zur Normalität. Damit steigen aber samtheit, also ein komplettes Team und nicht
auch Anforderungen an Lernen und gemeinsa- von einzelnen Teammitgliedern hat. Wie wird
mes Arbeiten in zumeist interdisziplinären und sich das Team verhalten, wenn . . . ich meinen
hierarchieübergreifenden Teams. Immer wie- Vorschlag zur Umgestaltung unseres Büros
der werden Statistiken aufgeführt, die zeigen, vorstelle? . . . ich von einem Versäumnis be-
dass mangelnder Informationsaustausch, we- richte, das zur Mehrarbeit für alle geführt hat?
nig Fehlerreporting und generell geringe Be- Des Weiteren bezieht sich psychologische
reitschaft über Fachgrenzen hinweg gemein- Sicherheit auf das Arbeitsklima eines Teams.
sam zu lernen (siehe u. a. Derickson et al. Sie basiert auf der gemeinsamen Beurtei-
2015), Phänomene sind, die zu Fehlern und lung des Arbeitsumfeldes. Aus einer solchen,
schlechter Versorgungsqualität führen. Auch von verschiedenen Menschen geteilten kogni-
in anderen Branchen mit ähnlichen Rahmenbe- tiven Bewertung entsteht der Effekt, den man
dingungen sind entsprechende Statistiken vor- die Schaffung eines konstruktiven Teamklimas
handen. nennt (Kessel et al. 2012). In der Praxis bedeu-
Kapitel 11 ! Psychologische (Un-)Sicherheit in Organisationen
181 11
tet das, dass sich sämtliche Gruppenmitglieder zwischen Vertrauen und psychologischer Si-
in der Lage fühlen, Risiken einzugehen, sich cherheit. Dabei ist wichtig festzuhalten, dass
zu äußern und proaktiv zu handeln. Anders als Vertrauen in der Forschung definiert wird als
vielfach vermutet entsteht damit nicht automa- die Bereitschaft eines Menschen, sich ver-
tisch eine „Hab-dich-lieb-Kultur“, sondern es letzlich zu machen für einen anderen (Mayer
wird die Voraussetzung für gemeinsamen Er- et al. 1995). Deutlich wird beim Vergleich bei-
folg geschaffen. der Konzepte, dass sowohl Vertrauen als auch
Edmondson hat den Begriff „psycholo- psychologische Sicherheit Annahmen über Ri-
gische Sicherheit“ geprägt. In allen Studien sikoeinschätzung und -verhalten sowie über
wird immer wieder der gleiche Zusammen- Verletzlichkeit treffen. Der große Unterschied
hang aufgezeigt: Psychologisch sichere Teams ist der Fokus auf Teams bei psychologischer
lernen besser und erzielen bessere Ergebnis- Sicherheit, d. h. es geht um die Wahrnehmung
se sowohl hinsichtlich klassischer Leistungs- aller anderen im Team und des jeweils an-
merkmale als auch hinsichtlich Innovations- deren bei Vertrauen. In der Forschung wer-
Kennzahlen. In ihrer ersten Studie zur psycho- den zwei weitere Unterschiedsmerkmale dis-
logischen Sicherheit im Jahr 1999 zeigt sie, kutiert: Zum einen die zeitliche Komponente
dass Teams in verschiedenen Krankenhäusern – psychologische Sicherheit wird als volati-
im Osten der USA mit hoher psychologischer ler und unmittelbarer eingeschätzt als lang-
Sicherheit weniger Medikationsfehler verursa- jähriges Vertrauen – zum anderen der Fokus
chen als Teams mit geringer psychologischer auf sich selbst oder andere. Es wird davon
Sicherheit. In den hoch psychologisch siche- ausgegangen, dass bei Vertrauen der Fokus
ren Teams trauten sich Mitarbeitende Fehler auf den Handlungen und damit der Vertrau-
anzusprechen und ermöglichten damit, Fehler- enswürdigkeit des Gegenübers liegt. Bei psy-
ursachen wirksam zu beseitigen (Edmondson chologischer Sicherheit hingegen wird eher
1999). auf sich selbst reflektiert, d. h. es geht um
Psychologische Sicherheit ist allerdings mein Verhalten und wie ich mich im Fal-
kein neues Konzept. Der Zusammenhang zwi- le der Unsicherheit vor anderen schütze bzw.
schen positiver sozialer Umgebung und hoher wie ich mich im Falle der Sicherheit öffne
Leistungsfähigkeit wurde auch bereits vorher (Edmondson et al. 2004). Generell kann man
häufig beschrieben. 1965 erläutern Schein und davon ausgehen, dass Vertrauen in einzelne
Bennis den Grundgedanken bezogen auf Ver- Teammitglieder eine gute Grundlage für eine
änderungsprozesse. Ihre Empfehlung ist, Un- Entwicklung der psychologischen Sicherheit
sicherheiten im sozialen Kontext zu verringern ist.
und damit die Angst davor, Neues zu lernen, zu In den letzten zehn Jahren wird psychologi-
minimieren. Gerade Veränderungssituationen sche Sicherheit immer bekannter, auch außer-
mit hoher Unsicherheit bedürfen einer Kultur, halb der Forschung. 2016 berichtet der Jour-
die es ermöglicht diese Lernangst zu überwin- nalist der New York Times Charles Duhigg in
den (Schein und Bennis 1965). Anfang der seinem Buch „smarter faster better“ von ei-
1990er Jahre griff Kahn diesen Gedankengang ner weltweiten Studie mit über 180 Teams bei
wieder auf. Sein Interesse waren Einflussfak- Google über Erfolgsfaktoren bei Teams (Du-
toren des individuellen Engagements am Ar- higg 2016). Als wichtigster Faktor wird psy-
beitsplatz. Positiv wirkte vor allem das Gefühl, chologische Sicherheit erkannt. Nicht eine ge-
das eigene Selbst zeigen und einsetzen zu kön- schickte Auswahl der „passenden“ Persönlich-
nen, ohne Angst vor negativen Folgen für das keiten, sondern psychologische Sicherheit ist
Selbstbild, den Status oder die Karriere haben der bedeutendste Faktor für eine erfolgreiche
zu müssen. Zusammenarbeit. Entscheidend ist nicht, WER
Eine Frage, die in der Praxis immer wieder im Team zusammenarbeitet, sondern WIE zu-
gestellt wird, ist die nach dem Zusammenhang sammengearbeitet wird (Rework 2017).
182 I. Goller

In zahlreichen weiteren Studien wird dieser wiederum zu geringerer psychologischer Si-


Zusammenhang zwischen psychologischer Si- cherheit aufgezeigt (Bouwer 2016).
cherheit und erfolgreichen Teams immer wie-
der bestätigt, gerade auch im Gesundheitssek-
tor. Arbeitsumgebungen, die durch hohe Unsi- Definition Impression Management
cherheit, Komplexität und hohe soziale Inter- Goffman definiert den Begriff als Versuch,
aktion geprägt sind, wie z. B. Operationsteams den Eindruck über sich selbst zu steuern
oder Intensivstationen (Edmondson et al. (Goffman 2003). Damit umschreibt er das
2001; Nembhard und Edmondson 2006; Ed- Phänomen, dass wir als soziale Wesen in
mondson und Lei 2014) profitieren besonders. einer Gemeinschaft von einem wichtigen,
Edmondson (1999) hat zur Messung von unsichtbaren Kapital profitieren oder darun-
psychologischer Sicherheit einen Fragebogen ter leiden, wenn es gefährdet ist – unserem
entwickelt. In . Tab. 11.1 sind die sieben guten Eindruck. Ein guter Eindruck öffnet
Aussagen, ins Deutsche übersetzt, aufgeführt. viele Türen. Wird man auf Schwächen und
Nicht alle Aussagen sind positiv formuliert. Fehler angesprochen, wird dies dabei häufig
Hohe Bewertungen der Aussagen 1, 3 und 5 als ein Hinweis auf Inkompetenz angese-
bedeuten geringe psychologische Sicherheit, hen. Also versuchen wir mit allen Mitteln,
während eine hohe Zustimmung zu den rest- Schwächen und Fehler auszublenden oder
lichen vier Aussagen auf eine hohe psycholo- gar aktiv zu vertuschen.
gische Sicherheit hindeuten.
Inzwischen wird dieser Fragebogen welt-
weit zur Messung von psychologischer Sicher-
heit verwendet (siehe z. B. Edmondson und Einen Fehler gemacht zu haben führt in ei-
Lei 2014). Frazier et al. haben 2017 eine um- nem entsprechenden kulturellen Umfeld fast
fangreiche Meta-Analyse vorgenommen, die automatisch zu Schuldzuweisungen. Edmond-
11 die Konstruktvalidität des Konzepts bestätigt son nennt es das blame game, (dt.: Schuld-
hat. Wir können also davon ausgehen, dass mit zuweisungsspiel, Edmondson 2008). Ob der
psychologischer Sicherheit auch tatsächlich ei- Fehler aufgrund gegebener Umstände nicht zu
ne Teamatmosphäre gemessen wird, die ein vermeiden gewesen wäre oder ob seine Entde-
eigenständiges Konzept darstellt und eine hohe ckung sogar zu einer neuen, besseren Lösung
inkrementelle Validität aufweist (Frazier et al. führen könnte, wird hierbei nicht berücksich-
2017). tigt (Sitkin 1992). Im Alltag werden 70 bis
Die Aussagen differenzieren die unter- 90 % der Fehler als vermeidbar angesehen,
schiedlichen Aspekte des Konzepts. Womit dabei wird die Prozentzahl der vermeidbaren
psychologische Sicherheit oft gleichgesetzt Fehler regelmäßig weit überschätzt. Zusätzlich
wird, ist die Einstellung und der Umgang mit kommt hinzu, dass als vermeidbar angese-
Risiko und Fehlern. Tatsache ist, dass wir in ei- hene Fehler sehr oft zu Schuldzuschreibun-
ner sich unsicher anfühlenden Umgebung die gen führen. Jüngste Studien der Universität
Tendenz haben, Fehler und Schwächen zu ver- Wien belegen den fatalen Effekt dieses Teu-
schleiern. Als fehlerhaft gesehen zu werden felskreises (Schinkels 2014). Die Autoren der
gefährdet auch das Selbstbild. In der Sozial- Studie untersuchten, inwiefern Mitarbeitende
psychologie wird dieser Effekt als impression in Dienstleistungsunternehmen trotz gestiege-
management oder auf Deutsch als „Eindrucks- nen Arbeitstempos und stärkeren Wettbewerbs
steuerung“ bezeichnet. Auch Konkurrenzori- noch Eigeninitiative zeigen. Das Ergebnis:
entierung ist wenig förderlich für psychologi- Wer häufig negatives Feedback für gemachte
sche Sicherheit. In einer Studie hat Bouwer Fehler erhält, äußert seltener neue Ideen. Eine
(2016) eine Wirkungskette von konkurrenzori- negative Fehlerkultur führt also häufig zu mehr
entiertem Verhalten zu mehr Konflikten und Stress, ungesundem Leistungsdruck und Per-
Kapitel 11 ! Psychologische (Un-)Sicherheit in Organisationen
183 11

. Tab. 11.1 Fragebogen zur psychologischen Sicherheit im Team. (Nach Edmondson 1999)

1 Wenn man in diesem Team einen Fehler macht, wird es oft gegen einen verwendet

2 Mitglieder dieses Teams können Probleme und schwierige Angelegenheiten ansprechen

3 Mitglieder dieses Teams weisen Personen manchmal ab, weil sie anders sind

4 Es ist sicher, in diesem Team ein Risiko einzugehen

5 Es ist schwierig, andere Mitglieder dieses Teams um Hilfe zu bitten

6 Kein Mitglied dieses Teams würde absichtlich auf eine Art und Weise handeln, welche meine Anstrengun-
gen untergräbt

7 In der Arbeit mit den Mitgliedern dieses Teams werden meine einzigartigen Fähigkeiten und Talente ge-
schätzt und eingesetzt

Fehlzeiten-Report 2022

fektionismus. Dabei benötigen wir Fehler, um ben hier ihren Ursprung. Ich kann allein keine
Neues zu lernen. Hier sollten anstelle der Fra- Weltmeisterschaft gewinnen. In allen Team-
gen „Wie konnte es zu diesem Problem kom- Sportarten gibt es immer wieder Siege von
men?“ und „Wer ist dafür verantwortlich?“ die Mannschaften, die nicht die besten Einzelmit-
Fragen „Was können wir aus diesem Problem glieder hatten, wohl aber das beste Teamplay.
lernen?“ und „Wie bringt uns dieser Fehler Einen weiteren Aspekt von psychologi-
weiter?“ im Vordergrund stehen. Dies beinhal- scher Sicherheit, der in der Messung explizit
tet auch, andere Teammitglieder jederzeit um abgefragt wird, kann man mit Inklusionsfähig-
Hilfe bitten zu können. Um Hochleistungen keit oder Umgang mit Diversität beschreiben.
mit einem Team zu erreichen, müssen wir Wie gehen Teams mit der Unterschiedlichkeit
aus Fehlern lernen können. Wir müssen den der Teammitglieder um? Clark (2020) hat in
Schritt weg vom Ausführungsproblem hin zum seinem Buch „The 4 Stages of Psychological
Lernproblem schaffen. Oder wie ein bekann- Safety“ beschrieben, wie wichtig dieser Fak-
tes Sprichwort sagt: Nur aus Fehlern wird man tor für ein leistungsfähiges Team ist. Er führt
klug! aus, dass genau die Fähigkeit, Unterschiedlich-
Im Fragebogen von Edmondson werden keiten zu integrieren, der Grundstein psycho-
darüber hinaus weitere Aspekte erfasst. Zum logischer Sicherheit ist. Es geht also darum,
einen ist hier die Hilfsbereitschaft innerhalb individuelle Talente, Fähigkeiten, Sichtweisen
des Teams bzw. die Teamfähigkeit an sich zu und Arbeitsweisen sinnvoll zu integrieren und
nennen. Teams zeichnen sich durch die gegen- gemeinsam zu nutzen. Damit zeigt sich auch
seitige Abhängigkeit der Teammitglieder aus. die Bedeutung von psychologischer Sicher-
In Teams können Aufgaben bzw. Ziele eben heit für interdisziplinäre Teams. Es geht dar-
nur gemeinsam erreicht werden. Dies macht um, die notwendigen Kompetenzen, etwa in
Teams so erfolgreich, da z. B. im Falle eines einem Operationsteam, für die bestmögliche
krankheitsbedingten Ausfalls andere Teammit- Leistung so zu nutzen, dass sich niemand mit
glieder die Aufgaben übernehmen können und seiner/ihrer Expertise zurückgesetzt fühlt. Nur
zumindest teilweise weitermachen, als wenn so wird das Potenzial des Teams abgerufen.
nichts wäre. Zum anderen bedingt dies aber Den vierten und letzten Aspekt könnte man
auch, dass man allein nicht mehr erfolgreich als offene Kommunikation bezeichnen. Hier
sein kann. Die Analogien von Arbeitsteams geht es darum, dass Mitglieder des Teams Pro-
mit Fußballteams oder Segelmannschaften ha- bleme, Fehler und schwierige Themen anspre-
184 I. Goller

chen können. Dieser Aspekt steht in engem Anhand von einigen Beispielen soll hier
Zusammenhang mit voicing: Ein Konzept, das die Wirkung veranschaulicht werden. Im Ge-
vor allem in Bezug auf offene Kommunikation sundheitswesen arbeiten oft interdisziplinäre
gegenüber Führungskräften eine große Bedeu- Teams zusammen, so z. B. in der Pflege von
tung hat. Patientinnen und Patienten. In der Theorie
ist diese Zusammenarbeit z. B. von Ärztinnen
und Ärzten mit medizinischem Spezialwis-
Definition Voicing sen, Pflegenden mit ihrem Spezialwissen und
„Die Kommunikation von Ideen, Vorschlä- Erfahrungswissen über die Patienten durch ih-
gen, Bedenken, Informationen zu Proble- re täglichen Interaktionen sowie spezialisierte
men oder Meinungen zu arbeitsbezogenen Fachkräfte wie z. B. Physiotherapeutinnen und
Themen durch einen Mitarbeitenden an Per- -therapeuten ein Gewinn für die Pflege. Tucker
sonen, die möglicherweise in der Lage sind, und Edmondson (2003) haben in einer Studie
geeignete Massnahmen zu ergreifen, um überprüft, inwieweit das durch die Interaktion
Verbesserungen oder Veränderungen her- mit den Patientinnen und Patienten gewon-
beizuführen“ (Morrison 2014, S. 174). nene Wissen an andere Disziplinen im Team
weitergegeben wird. Vorhandene psychologi-
sche Sicherheit ist dabei der wichtigste Faktor,
ob interdisziplinäres Lernen stattfindet oder
In der Studie von Google wurde vor allem die
nicht. Es ist eben kein „natürliches“ Phänomen
Regel des conversational turns in Team-Dis-
sich auszutauschen, sondern das Arbeitsklima
kussionen betont. Hierbei geht es darum, dass
spielt eine entscheidende Rolle.
jedes Teammitglied im Laufe einer Diskussi-
Die negativen Auswirkungen fehlender
on gleich oft zu Wort kommt, oder verkürzt
psychologischer Sicherheit sind einfach vor-
ausgedrückt, dass jedes Teammitglied gleich
stellbar. So führt die mangelnde Abstim-
11 viel spricht. Dies muss nicht in jedem Meeting
mung innerhalb eines Teams nicht nur zu
gleich verteilt sein, jedoch sollten sich die Re-
Fehlentscheidungen aufgrund von mangeln-
dehäufigkeiten über einen gewissen Zeitraum
dem Informationsaustausch, sondern Fehler
ausgleichen.
werden nicht aufgezeigt und vor allem kann
aus nicht-berichteten Fehlern bzw. Beinahe-
11.3 Wirkungen von vorhandener Fehlern nicht gelernt werden (e.g. Edmond-
und Folgen fehlender son et al. 2016; Kohn et al. 2000). Classen
psychologischer Sicherheit et al. (2011) schätzten, dass ca. ein Drittel
der Krankenhauspatientinnen und -patienten
diesen vermeidbaren negativen Konsequenzen
Psychologische Sicherheit wird nicht nur in ausgesetzt sind. Beispiele zeigen immer wie-
der „Aristotle-Studie“ von Google als Erfolgs- der auf, welche zum Teil dramatischen Aus-
faktor Nummer 1 für erfolgreiche Teams be- wirkungen fehlende psychologische Sicher-
zeichnet. Auch in zahllosen anderen Studien heit hat. Ein Beispiel: Einer Patientin sollen
zeigt sich die Wichtigkeit von psychologi- die Mandeln im Krankenhaus entfernt wer-
scher Sicherheit (u. a. Edmondson und Lei den. Die Operation übernimmt der langjährige
2014; Frazer et al. 2020; Rozovsky 2015). Chefarzt der Chirurgie. Er beginnt damit, alles
Hinsichtlich der Ergebnisse können drei Ebe- für eine Fußamputation vorzubereiten. Sieben
nen unterschieden werden: Auswirkungen auf Personen sind neben ihm an der Operation
Leistungsparameter, Wirkungen hinsichtlich beteiligt und wundern sich, was hier gerade
Einstellungen und Verhaltensänderungen. In passiert. Die Beteiligten trauen sich nicht, das
. Abb. 11.1 sind die wichtigsten positiven Risiko einzugehen und ihren Chef zu kritisie-
Wirkungen überblicksartig zusammengefasst. ren. Die Krankenschwester hat Angst, dass die
Kapitel 11 ! Psychologische (Un-)Sicherheit in Organisationen
185 11

Leistungs-/Innovations-
Einstellungseffekte Verhaltenseffekte
parameter

Arbeitsengagement Lernverhalten

Commitment “organizational
citizenship behaviour”
Leistungsfähigkeit
Austausch von
Information
Innovationsfähigkeit
Kreativität
Arbeitszufriedenheit
Commitment «organisational citizenship
behaviour»

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 11.1 Überblick zu den Wirkungen von psychologischer Sicherheit

anwesenden Ärzte sie nicht ernst nehmen, da


hoch

sie „nur“ eine Krankenschwester und kein Arzt


Psychologische Sicherheit

ist. Der Assistenzarzt befürchtet schlimme Komfortzone Lernzone


Folgen für seine weitere Assistenzzeit, wenn er
den Chefarzt vor allen Anwesenden vermeint-
lich auf einen Fehler hinweist. Der Anästhesist
ist sich nicht wirklich sicher, ob ein Fehler vor-
Apathiezone Angstzone
liegt, da er den Operationsplan nur kurz über-
niedrig

flogen hat. Die Patientin würde aufwachen und


anstelle der Mandeln würde ihr der linke Fuß
fehlen. Leider ist dieses Beispiel kein Schau- niedrig hoch
ermärchen (Patterson et al. 2012). Dieses Bei- Verantwortungsübernahme zur
Erreichung ansprusvoller Ziele
spiel zeigt auf, dass psychologische Sicherheit
Fehlzeiten-Report 2022
immer dann wichtig ist, wenn es notwendig
ist Verantwortung zu übernehmen. Wenn also
. Abb. 11.2 Abhängigkeit von Verantwortungsüber-
Entscheidungen und Handlungen vorgenom-
nahme und psychologischer Sicherheit
men werden müssen und Teamentscheidungen
Konsequenzen haben. Andere Beispiele feh-
lender psychologischer Sicherheit und deren
Wirkung finden sich zuhauf in ähnlichen Ar- In der Lernzone befinden sich Teams, in
beitsumfeldern, sei es bei Simulationen von denen sowohl psychologische Sicherheit als
komplexen Operationen, im Cockpit bei Bei- auch eine hohe Verantwortlichkeit gegeben
nahe-Unfallsituationen, im Flugsimulator oder sind. Hier wollen Teammitglieder gemeinsa-
bei Entscheidungen in Managementgremien. me Ziele erreichen und sich engagieren. Man
Es zeigt sich immer wieder das gleiche Bild, setzt sich ein und erkundet Wege innerhalb
das Edmondson (2008) in einem Vier-Felder- eines tragfähigen Netzes, das auf psychologi-
Schema beschreibt (. Abb. 11.2). scher Sicherheit basiert.
186 I. Goller

Auch in der Komfortzone wird diese Si- bei keine Kultur entwickelt, über eigene Feh-
cherheit von allen Beteiligten empfunden. Al- ler zu sprechen. Es war ihnen vielmehr pein-
lerdings läuft man hier Gefahr, dem Group- lich und man bereitete darüber einen Mantel
think-Effekt zu erliegen. Man ist nett zueinan- des Schweigens. Zum anderen sahen sie sich als
der, spricht durchaus über Ziele oder sinnvolle zu professionell und hoch bezahlt an, um Feh-
Maßnahmen. Da wenig Verantwortung ver- ler machen zu dürfen. Das in diesem Fall aus-
langt wird, ist gemeinsames Handeln eher von geprägte Impression Management verleitete sie
geringer Bedeutung. Weiterentwicklung findet dazu, ein Bild der Fehlerlosigkeit zu erschaf-
kaum statt. Ein Kennzeichen dieser Zone ist fen. Die Folgen waren gering ausgeprägte In-
zudem eine grundsätzliche Zufriedenheit mit formationsweitergabe und eine Einschränkung
dem Status quo. der Bandbreite der möglichen Handlungen, um
In der Apathiezone sind weder Verant- das gezeigte Verhalten besser kontrollieren zu
wortlichkeit noch psychologische Sicherheit können.
ausgeprägt. Die persönlichen Verbindungen
der Teammitglieder untereinander sind häu-
fig gestört. Das Klima wird hier als freud- 11.4 Bedeutung der Führung bzw.
und seelenlos erlebt. Umgekehrt fehlen Leis- Bedeutung von Hierarchien
tungsdenken oder Verantwortlichkeitsgefühl. auf (Un-)Sicherheit
In dieser Zone wird eher Dienst nach Vor- im Unternehmen
schrift geleistet.
In der Angstzone erleben Teams das ge-
naue Gegenteil: Es herrscht der Druck einer Hierarchien in Organisationen sind geschaffen
hohen Verantwortlichkeit bei gleichzeitig ge- worden, um unter anderem Koordinationsauf-
ringer psychologischer Sicherheit. Man fühlt gaben schnell und kosteneffektiv zu erledigen.
sich ständig unter Druck gesetzt und wird da- Zumeist wird mit Hierarchiestufen aller-
11 durch in seiner Verhaltensflexibilität und Re- dings auch ein sozialer Status an die jeweils
aktionsfähigkeit eingeschränkt. Es kommt zu innehabende Person übertragen. Eine Ge-
einem sogenannten Threat-Rigidity-Effekt (dt.: schäftsführerin/ein Geschäftsführer hat mehr
Verhaltensrigiditätseffekt). Dabei geht es nicht soziales Ansehen als Logistikmitarbeitende
unbedingt um eine Bedrohung im Sinne von im gleichen Unternehmen. Den Aussagen von
äußerer Gewalt oder um die Gefahr des Job- Geschäftsführenden wird allgemein in Diskus-
verlusts, sondern vielfach um eine Reduzierung sionen mehr Gewicht zugemessen, ihnen wird
des eigenen Selbstverständnisses und Selbst- mehr Zeit für Diskussionsbeiträge eingeräumt
bildes. Chris Argyris liefert in einer Studie ein und ihre Beiträge werden weniger hinterfragt.
anschauliches Beispiel. Er untersuchte, inwie- Dieses Ungleichgewicht der Hierarchien gilt
weit Beraterinnen und Berater, die selbst in umso mehr in Organisationen, die Karrierepfa-
Kundenunternehmen kontinuierliche Verbes- de mit Berufsausbildungen verknüpfen, wie
serungsprozesse unterstützen, eigenes Lernen z. B. im Gesundheitssektor. Hier sind Auf-
gestalten. Als sie selbst gefragt wurden, was stiegsmöglichkeiten innerhalb der Hierarchie
man generell in Projekten besser machen könn- zumeist an bestimmte Berufsausbildungen
te, sahen sie ausschließlich ihre Kundinnen gebunden. Die einzelnen Berufe und damit
und Kunden sowie ihre Führungskräfte in der Karrierepfade sind kaum durchlässig. Dies
Pflicht, ihr Verhalten zu ändern. Der Blick in hat letztendlich zur Folge, dass im Allgemei-
den Spiegel, um das eigene Verbesserungspo- nen Aussagen von z. B. Ärztinnen oder Ärzten
tenzial zu erkennen, fand nicht statt (Argy- mehr Aussagekraft zugebilligt wird als denen
ris 1982). Die Gründe für dieses Denken lie- von Pflegekräften. Der Status des Berufs inner-
gen auf der Hand: Zum einen arbeiteten die halb einer Organisation wird auf die Aussagen
meisten Berater sehr erfolgreich. Sie hatten da- der Berufsinhabenden übertragen, d. h., dass
Kapitel 11 ! Psychologische (Un-)Sicherheit in Organisationen
187 11
auch unerfahrenen Ärztinnen oder Ärzten mehr Ein weiterer Faktor der geringen psycholo-
Wissen und Kompetenz zugetraut wird als er- gischen Sicherheit ist die Hemmung des Ler-
fahrenen, hochausgebildeten Pflegekräften. nens an sich. Diese entsteht in gemischt hier-
Generell kann davon ausgegangen werden, archischen Teams durch die Wahrnehmung des
dass die Wahrnehmung von psychologischer einzelnen Teammitglieds, dass man durch die
Sicherheit selbst vom Status bzw. der Hier- hierarchisch bzw. sozial höherstehende Per-
archiestufe der Person abhängig ist. Personen son beurteilt wird. Higgins (2001) betont, dass
mit hohem sozialem Status fühlen sich psy- diese Wahrnehmungen auch außerhalb von
chologisch sicherer als Personen mit niedrige- klassischen Evaluationssituationen, wie z. B.
rem sozialem Status bzw. auf einer niedrigeren Jahresgesprächen, existieren, sobald Statusun-
Hierarchiestufe (Edmondson et al. 2016). Es terschiede gegeben sind, die normalerweise
scheint so zu sein, dass mächtige Personen diese Art von Evaluation nahelegen. Viele
sich weniger davor fürchten, für ihre Aussa- Teammitglieder stellen in solchen Situationen
gen oder ihr Handeln abgemahnt oder bestraft keine Fragen mehr, damit sie nicht als unwis-
zu werden (Nembhard und Edmondson 2006). send oder unfähig erscheinen. Auch werden
Dies führt häufig dazu, dass Führungskräfte oft schlechte Lösungen und Lösungswege bei-
unsichere Arbeitsbedingungen nicht für sich behalten, da bei der Umsetzung neuer Wege
als solche klassifizieren und damit auch nichts möglicherweise Fehler gemacht würden.
für eine Erhöhung der psychologischen Si- Diese Arten von Zuschreibungen und Ver-
cherheit bereit sind zu tun. In der Studie von halten verhindern also psychologische Sicher-
Edmondson et al. (2016) wurden hochsignifi- heit und unterbinden damit Verhalten, das zu
kante Unterschiede zwischen Hierarchiestufen Verbesserungen und hoher Arbeitsqualität füh-
und ihrer Wahrnehmung von psychologischer ren kann.
Sicherheit gefunden.
Des Weiteren wird in Studien deutlich, dass
sich Hierarchie und sozialer Status auf psy- 11.5 Förderung von
chologische Sicherheit in gemischten Teams psychologischer Sicherheit
zumeist negativ auswirken. Dies wirkt sich in Teams
vor allem auf die Bereitschaft sich zu äu-
ßern aus. So werden Fehler von unten nach
oben weniger häufig angesprochen, auch wenn Wie im vorherigen Kapitel aufgezeigt, ist psy-
sie erkannt werden (Nembhard und Edmond- chologische Sicherheit durch Hierarchien und
son 2006). Durch die Verknüpfung von so- sozialem Status beeinflussbar. Dies kann na-
zialem Status und Berufsgruppe wird auch türlich auch für die Verbesserung des Teamkli-
zwischen Berufsgruppen weniger Informati- mas genutzt werden. In der Praxis haben sich
onsaustausch betrieben als innerhalb der Be- bisher zwei Herangehensweisen bewährt: Be-
rufsgruppen (Edmondson et al. 2016). Dies einflussung des Führungsverhaltens und Auf-
führt letztendlich zu weniger gemeinsamem bau von Teamkompetenzen.
Lernen und damit können Fehler sowie auch Als Verantwortliche beeinflussen Füh-
Beinahe-Fehler kaum aufgedeckt und in der rungskräfte maßgeblich das Klima innerhalb
Zukunft vermieden werden. ihres Bereichs und prägen damit die psycho-
Dieser Teufelskreis von weniger Bereit- logische Sicherheit im Team. Diese Erkennt-
schaft, die eigenen Einsichten mitzuteilen, und nis stellt Führungskräfte vor die Aufgabe, die
weniger Bereitschaft zuzuhören führt zumeist eigenen Empfindungen hinsichtlich der psy-
zu schlechteren Leistungen und mangelnder chologischen Sicherheit zu hinterfragen, aber
organisationaler Wandlungsfähigkeit (u. a. Ne- auch ihr Verhalten so zu ändern, dass offene
meth 1986; Littlepage et al. 1997; Ryan und Kommunikation und gemeinsames Lernen im
Oestreich 1991). Team stattfinden können. Ein erster Schritt in
188 I. Goller

die richtige Richtung ist, die Vorbildfunktion, che Anzahl, sondern auch eine vergleich-
die Führungskräfte durch ihre Funktion inne- bare Dauer der Beiträge), desto höher ist
haben, für die Etablierung psychologisch si- die psychologische Sicherheit. Allein die
cheren Verhaltens zu nutzen. Aus den Studien Aufforderung an die Stillen, bitte einen
zeigen sich zwei konkrete Ansatzpunkte: zum Beitrag zu leisten, und an die allzu Re-
einen der Umgang mit Fehlern und Risiken, defreudigen (meist sind das die Führungs-
zum anderen die explizite Aufforderung und kräfte selbst), sich zurückzuhalten, kann
das Einüben von offener Kommunikation im Veränderungen erzeugen.
gesamten Team. Nachfolgend werden je zwei 4 Gezielt üben, Fragen zu stellen und zuzu-
Möglichkeiten erläutert, die einen Einstieg in hören, anstatt Antworten zu liefern. Füh-
dieses Führungsverhalten ermöglichen: rungskräfte werden oft implizit darauf trai-
4 Entschuldigen Sie sich, wenn Sie Unrecht niert, dass sie Antworten liefern. Es geht
hatten oder stellen Sie klar, wenn Sie gerade in Expertenteams aber weniger dar-
falsch lagen. Viele haben bei einem sol- um, dass eine/r alles weiß, sondern dass
chen Schritt Angst, dass sie an Autorität das Wissen aller genutzt wird. Machen sie
einbüßen. Wer folgt schon jemandem, der es sich zur Angewohnheit, mehr zu fragen
sich irren kann. Nun: Irren ist menschlich – als zu antworten. Es geht darum, ein „Mo-
werden Sie Mensch und haben Sie die Grö- dell der Neugierde“ zu werden. So geht
ße, es zuzugeben. das Stigma der Inkompetenz beim Fragen-
4 Lernen Sie zwischen den Fehlertypen stellen verloren und Teammitglieder trauen
zu unterscheiden: Vorhersehbare und ver- sich, auch „blöde“ Fragen zu stellen. Dies
meidbare Fehler sollten tatsächlich nicht wird oft als inclusive leadership style (u. a.
gemacht werden, wenn Können und Er- Finkelstein 2017) bezeichnet. Hierbei geht
fahrung an sich gegeben sind. Fehler, die es darum, Mitarbeitende zu (er)hören, sie
in neuen Situationen entstehen (sie können mit Respekt zu behandeln und dadurch ein
11 trotz aller Vorsicht und Kenntnis entste- Miteinander zu ermöglichen.
hen, denn obwohl das Können vorhanden
ist, fehlt die Erfahrung), sollten besprochen Der andere Ansatzpunkt ist der Aufbau von
werden. Ziel ist es, daraus zu lernen. „In- Kompetenzen. Teammitglieder werden befä-
telligente“ Fehler, bei denen es um den higt, sich psychologisch sicher zu verhalten
Erwerb von neuem Wissen, neuen Routi- und damit positiv zum Teamklima beizutragen.
nen und neuem Erfahrungsschatz geht, sind Hierbei geht es also vor allem darum, neue
sogar erstrebenswert. Hier befinden sich Verhaltensweisen einzuüben und zu Gewohn-
Menschen im echten Lernbereich und soll- heiten werden zu lassen. Nachfolgend werden
ten sich so früh wie möglich ausprobieren, zwei Einstiegsübungen für Verhaltenskompe-
um schnell zu scheitern und sofort daraus tenzen und eine Teamübung aufgezeigt:
lernen zu können. 4 „Ja, und“ anstatt „ja, aber“ verwenden, ist
4 Eine einfache Übung für das Erlernen von eine der erfolgreichsten und einfachsten
offener Kommunikation ist es, den conver- Methoden, eine bessere Kommunikation
sational turn zu erhöhen: In einem Team- zu erreichen. Diskussionen bekommen da-
meeting wird eine Strichliste geführt. Je- durch einen anderen Charakter – nämlich
der Redebeitrag wird festgehalten und zum mehr Miteinander und weniger Gegenein-
Schluss wird ausgezählt, wer wie viel (oder ander. Die Übung ist bekannt bei Design
wie oft) geredet hat. Wenn die Unterschie- Thinkers und in agilen Teams und wird dort
de zu groß sind, wird schnell klar, dass es immer wieder auch als Einstiegsübung ver-
an Ausgewogenheit in den Redebeiträgen wendet, um das Aufeinanderaufbauen in
fehlt. Je gleichverteilter die Anzahl (am Diskussionen und Ideenfindungsprozessen
besten wäre natürlich nicht nur eine ähnli- zu üben. Im Beispiel klingt dies dann so:
Kapitel 11 ! Psychologische (Un-)Sicherheit in Organisationen
189 11
„Ja, klar müssen wir uns besser gegenseitig mitglieds und unterstützt somit auch die
informieren, aber wie soll das gehen bei den Einhaltung oder Einführung hoher Leis-
vielen Meetings?“ (Klassische Argumenta- tungsnormen im Team. So gelingt es, die
tion) bzw. „Ja, klar müssen wir uns besser Beiträge jedes Teammitglieds zum Erfolg
informieren, und ich überlege gerade, wie des Teams sichtbar zu machen (Lindinger
wir das mit den vielen Meetings aktuell und Zeisel 2013).
schaffen können.“ (Psychologische Sicher- 4 Reviews sind ein wichtiger Bestandteil des
heit aufbauende Argumentation). Allein Lernprozesses. Ohne gemeinsame Refle-
dieser veränderte Satzanfang bewirkt, dass xion können Erlebnisse im Team nicht
ein Einwand und ein Gegenargument zu für gemeinsames Lernen genutzt werden.
einer Ergänzung und einer zukunftsgerich- Lernen kann grundsätzlich auf zweierlei
teten Idee werden (Kühne de Haan 2001). Arten geschehen: absichtlich und syste-
4 Lernen funktioniert vielfach über Feed- matisch oder implizit, nahezu unbewusst
back. Wir führen bestimmte Handlungen nebenher. In beiden Fällen geht es darum,
aus und können via Feedback erfahren, sich erfolgreich an seine Umwelt anzu-
wie erfolgreich wir dieses Verhalten bereits passen (Zimbardo und Gerrig 1999). Aus
ausgeführt haben. Was wir im Sport oft der (Schul-)Pädagogik kennt man klassi-
über Zeitmessung oder Wettkampf-Plat- sche Rezepte zum bewussten Lernen nur
zierung gut finden, ist im Arbeitsalltag zu gut. Wie aber geschieht das Lernen
nicht immer gern gesehen, da es mit einer aus Fehlern, wenn es am Ende nicht dar-
Bewertung und Beurteilung gleichgesetzt um geht, Noten zu verteilen und als Leh-
wird. Psychologisch sichere Teams müssen rer/in Beurteilungen abzugeben, sondern in
daher lernen, dass Feedback etwas Sinnvol- einem vertrauensvollen Rahmen und ge-
les und Normales ist, auch wenn es sich meinsam im Team voranzukommen? Das
nicht immer angenehm oder positiv an- Schlüsselwort hierzu heißt Reflexion. Re-
fühlt. Verhaltensorientiertes Feedback ist flexion bezieht sich hierbei nicht allein auf
eines der Hilfsmittel, um Feedback sinnvoll Nachdenken und Diskussion über Fehler,
einzuüben, da diese Form der Rückmel- sondern auch auf gemeinsame Lernprozes-
dung zu einem konkreten und nicht bedroh- se und Entscheidungsprozesse (West 2000;
lichen Feedback führt. Verallgemeinerun- Widmer et al. 2009). In der nachfolgenden
gen oder Anschuldigungen können so ver- Übersicht ist ein exemplarischer Ablauf
mieden werden. Gekonntes Feedback be- eines Team-Reflexionsmeetings beschrie-
schreibt immer einen Dreiklang: die Situa- ben, der als Bauplan für das eigene Team
tion – das gezeigte Verhalten – die erzielte genutzt werden kann.
Wirkung. Beschreiben Sie zunächst den
Kontext/die Situation, in der das Verhal-
ten stattgefunden hat, beschreiben Sie dann
das tatsächliche Verhalten (alles, was mit Agenda Team-Reflexionsmeeting
unseren Sinnen wahrnehmbar ist, alles an- (1–3 Stunden Dauer)
dere ist Interpretation) und beschreiben Sie 4 Einstieg. Erklären Sie die Spielregeln;
dann die Auswirkungen dieses Verhaltens setzen Sie (ggf. gemeinsam) den Fo-
auf Sie als Feedbackgeber oder aber auch kus des Meetings; eine kleine Anfangs-
auf die Leistung des Teams. Fehlt eines der Aufwärmübung (in Scrum-Organisatio-
drei Elemente, bleibt Feedback unvollstän- nen spricht man hier vom Check-in).
dig und damit oft auch unbrauchbar. Ge- 4 Informationen sammeln. In dieser Pha-
lungenes Feedback hat darüber hinaus eine se geht es darum zu verstehen, was im
weitere Funktion: Es bezieht sich auf den betrachteten Zeitraum (z. B. die letzten
konkreten Beitrag jedes einzelnen Team-
190 I. Goller

beiden Wochen) oder innerhalb des Fo- funktioniert und sollte unbedingt beibe-
kus-Themas (z. B. wie gut haben wir zu- halten werden?
sammengearbeitet?) tatsächlich gesche- 4 Abschluss. Jedes Meeting verdient
hen ist. Jedes Teammitglied teilt sei- einen guten Abschluss; z. B. ein Feed-
ne Auffassung darüber mit. Dies kann back zum Team-Diskussionsprozess
sowohl Fakten (z. B. Ergebnisse, Häu- oder aber ein kurzes Statement zum
figkeiten) als auch subjektive Wahrneh- persönlichen Lernerlebnis im Meeting.
mungen (z. B. Gefühle, Eindrücke) um-
fassen. Ziel ist es, möglichst alle Infor-
mationen zusammenzutragen. Team-Reflexionsmeetings finden oft am Ab-
4 Gemeinsame Interpretation. Dies ist ein schluss eines Projektes statt, um so den Ab-
eigenständiger Schritt, der unbedingt schluss einer gemeinsamen Aufgabe im Team
getrennt vom Informationen-Sammeln zu beleuchten und gemeinsam zu lernen. Ge-
erfolgen soll. Ziel dieses Schritts ist nau wie alle anderen vorgestellten Übungen
es, eine ähnliche (nicht unbedingt de- bzw. Verhaltensweisen sollten die grundsätzli-
ckungsgleiche) Sicht auf die Fakten zu chen Denkmuster in das alltägliche Verhalten
erlangen und damit eine gemeinsame übernommen werden. Nur wenn es zur Ge-
Basis für die Lösungssuche zu schaffen. wohnheit wird, gemeinsam zu lernen, sich und
Es hilft, wenn es gemeinsame Notizen andere zu respektieren – trotz oder gerade we-
über das „Warum“ gibt. Oft gibt es im gen der Unterschiede – und sich gegenseitig
Team z. B. Einigkeit darüber, was er- zu helfen, wird psychologische Sicherheit dau-
reicht wurde, aber nicht unbedingt, ob erhafte Realität. Die Effekte psychologischer
es als Erfolg zu werten ist oder nicht. Sicherheit auf Teams, Organisationen und
11 So wird für die einen der erreichte Fort- Stakeholder der Unternehmen ist inzwischen
schritt zwar anerkannt, ist aber im Ver- gut erforscht und zeigt auf, dass es sich lohnt,
gleich zu den Zielen viel zu wenig und in den Aufbau und Erhalt eines psychologisch
ihrer Meinung nach ist daher das Team sicheren Teamklimas zu investieren.
weit hinter den Erwartungen zurückge-
blieben (folgerichtig müssen im nächs-
ten Schritt große Korrekturmaßnahmen Literatur
ergriffen werden). Die anderen sehen
auch das Delta zwischen Ist und Soll, er- Argyris C (1982) Reasoning, learning and action: indivi-
dual and organizational. Jossey-Bass, San Francisco
kennen aber große Lernfortschritte an-
Bouwer R (2016) When competition is the loser – the
hand der gemachten Erfahrungen, die indirect effect of intra-team competition on team per-
ihrer Meinung nach dazu führen, dass formance through task complexity, team conflict and
jetzt ohne weitere Korrektur weitergear- psychological safety. In: 49th Hawaii International
beitet werden kann, da die Fehler und Conference on System Sciences
Clark TR (2020) The 4 stages of psychological safety:
ihre Korrekturen bereits erfolgt sind.
defining the path to inclusion and innovation. Berrett-
Erst wenn es in der Interpretation ei- Koehler, Oakland
ne Übereinstimmung gibt, sollte zum Classen DC, Resar R, Griffin F et al (2011) “Global trig-
nächsten Schritt übergegangen werden. ger tool” shows that adverse effects in hospitals may
4 Lösungssuche/aus Fehlern lernen. Die be ten times greater than previously measured. Health
Aff 30(4):581–589
dazu wichtigen Fragen lauten: Was kön-
Derickson R, Fishman J, Osatuke K et al (2015) Psycholo-
nen wir daraus lernen und damit nächs- gical safety and error reporting within veterans health
tes Mal besser machen? Was hat gut administration hospitals. J Patient Saf 11(1):60–66
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193 12

Verantwortungsvolle
Kommunikation von und
in Unternehmen
Constanze Jecker

Inhaltsverzeichnis

12.1 Einleitung – 194

12.2 Theoretische Zugänge, Ziele und aktuelle


Rahmenbedingungen
der Unternehmenskommunikation – 195

12.3 Herausforderungen der Unternehmenskommunikation


von und über Verantwortung – 197
12.3.1 Retroperspektive Kommunikation von Verantwortung – 197
12.3.2 Prospektive Kommunikation von Verantwortung – 200

12.4 Resümee – 201

Literatur – 202

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_12
194 C. Jecker

2Zusammenfassung so nicht nur um „Lippenbekenntnisse“ handelt


Unternehmen können aus kommunikationswis- (Altmeppen und Bracker 2018, S. 241). Auf-
senschaftlicher Perspektive einerseits durch grund ihrer Bedeutsamkeit wird die Kommu-
strategische, zentral gesteuerte Unterneh- nikation in der einschlägigen Literatur als vier-
menskommunikation einen Beitrag zur Ge- te Dimension betrachtet: Neben der ökologi-
sundheit ihrer Mitarbeitenden leisten, indem schen, ökonomischen und sozialen Verantwor-
sie durch sprachlich konsistente und inhaltlich tung von Unternehmen wird der kommunika-
transparente Kommunikation einerseits Orien- tiven Verantwortung, die sich aus der Kommu-
tierung schaffen und andererseits Unsicher- nikationsverantwortung und der Verantwor-
heit bei den Mitarbeitenden reduzieren. Fer- tungskommunikation zusammensetzt, im The-
ner kann Unternehmenskommunikation Füh- mengebiet der Corporate Social Responsi-
rungskräfte bezüglich ihrer Aufgaben- und bility (CSR) eine Schlüsselrolle zugeschrie-
Arbeitskommunikation beraten, schulen und ben (Weder und Karmasin 2011, S. 416–
sie als gesundheitsorientierte Kommunikato- 417).
rinnen und Kommunikatoren sensibilisieren. Im Vergleich zur skizzierten öffentli-
Eine verantwortungsvolle Kommunikation ist chen Zuschreibung von Verantwortung ist
insbesondere im Kontext der digitalen Trans- das kommunikationswissenschaftliche Interes-
formation bedeutsam, um das Wohlbefinden se an verantwortungsvoller Kommunikation
und die Gesundheit der Mitarbeitenden in innerhalb von Unternehmen bzw. mit den Mit-
Zeiten permanenter Veränderungen zu erhal- arbeitenden eher gering (Wagner 2019, S. 47).
ten bzw. zu fördern. Um das Verantwortungs- Die ungleich verteilte Aufmerksamkeit im For-
bewusstsein und die Gemeinwohlorientierung schungsfeld lässt sich feststellen, obwohl die
von Unternehmen darzulegen, werden im Fol- innerbetriebliche Kommunikation mit Blick
genden entsprechende Ansätze zur Nachhaltig- auf die Gesundheit und das Wohlbefinden
keit einbezogen. der Mitarbeitenden als sehr relevant betrach-
tet wird – und zwar insbesondere in Zeiten von
Veränderungen (Wagner 2019, S. 66).
12 12.1 Einleitung Vor diesem Hintergrund zeigt dieses Ka-
pitel, aus welchen Gründen eine verantwor-
tungsvolle Unternehmenskommunikation für
Öffentliche Kommunikation über die gesell- das Wohlbefinden und die Gesundheit der Be-
schaftliche Verantwortung von Unternehmen schäftigten wichtig ist. Zudem wird erläutert,
zeigt sich in zwei Arten (Altmeppen und Bra- welche Beiträge hierbei einerseits die strate-
cker 2018, S. 240): Einerseits ist dies die ge- gisch gesteuerte Unternehmenskommunikati-
meinwohlorientierte journalistische Bericht- on und anderseits die Führungskräfte in der
erstattung (z. B. negative Schlagzeilen über Interaktion mit ihren Mitarbeitenden leisten
gesundheitsschädliche Doppelschichten) und können.
andererseits handelt es sich um die inter- Folgende Fragen geben den roten Faden
essensgeleitete bzw. strategische Unterneh- des Beitrags vor:
menskommunikation (z. B. Nachhaltigkeitsbe- 4 Welche Charakteristika zeichnen eine ver-
richt eines Spitals). Beide Arten stehen im antwortungsvolle Kommunikation in und
Fokus der kommunikationswissenschaftlichen von Unternehmen aus?
Forschung (vgl. z. B. Teil 2 in Werner et al. 4 In welchen thematischen Kontexten ist eine
2016; Gerhards et al. 2007). Dabei interessiert verantwortungsvolle Kommunikation von
erstens, ob Unternehmen tatsächlich verant- besonderer Bedeutung?
wortlich handeln, und zweitens, ob die Kom- 4 Welche Herausforderungen stellen sich der
munikation selbst als verantwortungsvoll bzw. Unternehmenskommunikation bei der Ver-
ethisch bezeichnet werden kann, es sich al- mittlung von (sozialer) Verantwortung?
Kapitel 12 ! Verantwortungsvolle Kommunikation von und in Unternehmen
195 12
Zunächst werden die Rahmenbedingungen, nicht ihren eigenen Wertvorstellungen entspre-
Ziele und Aufgaben der Unternehmenskom- chen. So übernimmt zum Beispiel ein Mitglied
munikation erläutert, wobei der Schwerpunkt der Organisation in der Öffentlichkeit Verant-
auf der internen Kommunikation liegt, weil wortung für ein Fehlverhalten des Unterneh-
die Mitarbeitenden und Führungskräfte mit mens – etwa ein Topmanager im Rahmen einer
Blick auf das Thema des Fehlzeiten-Re- Medienkonferenz –, obwohl diese Führungs-
ports 2022 im Zentrum des Interesses stehen kraft persönlich anders gehandelt hätte.
(7 Abschn. 12.2). Anschließend werden theo- In der Kommunikationswissenschaft hat
retischen Grundlagen und insbesondere die sich etabliert, sowohl Personen als auch Or-
Relationen von Verantwortung auf die Kom- ganisationen als Verantwortungsträger zu be-
munikation von Unternehmen adaptiert, wobei trachten. Dabei weist Debatin (2016, S. 71) da-
zwischen retroperspektiver und prospektiver rauf hin, dass gerade das Aufteilen von Verant-
Verantwortungsübernahme differenziert wird wortlichkeiten zu einer „systematischen Ver-
(7 Abschn. 12.3). In einem nächsten Schritt dünnung von Verantwortung führen“ kann, so-
werden beide Aspekte zusammengeführt, um dass sich niemand mehr verantwortlich fühlt,
die oben aufgeführten Fragestellungen ab- weshalb klare Zuschreibungen von Verantwor-
schließend zu beantworten (7 Abschn. 12.4). tung zentral sind. Deshalb sei es notwen-
dig, dass Unternehmen Verantwortungsberei-
che und -zuschreibungen präzise festlegen und
12.2 Theoretische Zugänge, Ziele innerbetrieblich kommunizieren, zum Beispiel
und aktuelle Rahmen- in Form von Ethikkodizes, Leitbildern, Kon-
bedingungen der Unter- zepten mit Maßnahmen für das Gesundheits-
nehmenskommunikation management (Debatin 2016, S. 71).
Der Bedarf einer präzisen Zuschreibung
von Verantwortung in Unternehmen weist auf
Gemäß Loh (2017, S. 35) bedeutet Verantwor- eine Prämisse hin, die in der Kommunikations-
tung, „dass jemand, dem wir eine spezifische wissenschaft wiederum unbestritten ist: Unter-
psychomotivationale Verfasstheit zuschreiben, nehmen sind aufgefordert, angesichts sozialer
in der Lage ist, im normativen und nicht nur und ökologischer Herausforderungen gesell-
im rein deskriptiven Sinne für etwas Rede und schaftliche Verantwortung zu übernehmen und
Antwort zu stehen“. Das „Rede und Antwort die damit verbundenen Maßnahmen ihren Sta-
stehen“ kann auch mit der Fähigkeit übersetzt keholdern (Beschäftigte, Kundschaft, Liefe-
werden, sich zu erklären (Sombetzki 2014, ranten, Behörden etc.) kommunikativ zu ver-
S. 199). mitteln (z. B. Thummes 2022; Wagner 2022).
In der Ethik ist es umstritten, ob nur In- Diese Vermittlung ist Aufgabe der Unter-
dividuen bzw. Personen oder auch Kollektive nehmenskommunikation, die „alle von einer
bzw. Kooperationen – also zum Beispiel Or- erwerbswirtschaftlichen Organisation oder in
ganisationen wie Unternehmen – Verantwor- deren Auftrag durchgeführten Kommunikati-
tung übernehmen können (Loh 2017, S. 39– onsaktivitäten [umfasst], die der internen und
41; Neuhäuser 2017, S. 771; Sombetzki 2014, externen Handlungskoordination sowie der In-
S. 210; siehe auch Pfaff und Schubin, 7 Kap. 1 teressenklärung zwischen dem Unternehmen
in diesem Band). Dieser Aspekt ist im vor- und seinen Bezugsgruppen (Stakeholdern) die-
liegenden Kontext relevant, da Führungskräfte nen und damit zur Zieldefinition oder Zieler-
und Mitarbeitende in einem Unternehmen be- reichung beitragen“ (Zerfaß 2022, S. 31).
schränkte Handlungsfreiheit haben (Neuhäu- Die Ansprache verschiedener Stakeholder
ser 2017, S. 771): Sie haben die Verpflichtung, zieht unterschiedliche Aufgaben und Ziele der
sich an den Normen und Regeln ihres Ar- Unternehmenskommunikation nach sich. Da-
beitgebers zu orientieren, die möglicherweise bei ist die interne Kommunikation als Teil des
196 C. Jecker

integrierten Kommunikationsmanagements zu spräch mit einem Mitarbeitenden führen


verstehen, der „speziell Mitarbeiter [sic] als zu können. Bezieht man dieses einfache
wichtige Stakeholder anspricht“ (Spachmann Beispiel auf die Kommunikation von Ge-
und Huck-Sandhu 2013, S. 5). sundheitsthemen, so lässt sich feststellen,
Es kann zwischen zwei Arten interner dass Verantwortung in Anlehnung an Rei-
Kommunikation unterschieden werden (Jecker fegerste (2020, S. 302–303) auch als Für-
und Spachmann 2022, S. 3, i. V.): sorge für andere verstanden werden kann:
4 Zum einen ist dies die zentral gesteuerte So kann eine Führungskraft in Form ei-
interne Kommunikation, die Teil der gema- nes „Fürsorgeappells“ Mitarbeitende auf
nagten Unternehmenskommunikation ist positive und/oder negative Folgen eines
und die den Kommunikations- und In- bestimmten Verhaltens hinweisen. Bei ei-
formationsfluss im gesamten Unternehmen ner gesundheitsorientierten Führung ver-
organisiert. Aufgaben der zentral gesteuer- mitteln Vorgesetzte durch Kommunikation
ten internen Kommunikation, die vor allem ferner Wertschätzung – namentlich durch
in größeren Unternehmen von Kommu- Transparenz und eine ehrliche Feedback-
nikationsfachleuten organisiert wird, sind kultur – sowie die Sinnhaftigkeit der Ar-
insbesondere die redaktionelle Auswahl beit (Struhs-Wehr 2017, S. 86–94). Füh-
und Aufbereitung sowie die interne Ver- rungskräfte haben dabei auch eine Vor-
öffentlichung von Informationen, die für bildfunktion (Struhs-Wehr 2017, S. 84–
die Mitarbeitenden und Führungskräfte be- 85). Bezüglich einer verantwortungsvollen
deutsam sind (Huck-Sandhu 2016, S. 6–8; Kommunikation kann dies bedeuten, dass
Jecker et al. 2019, S. 62). Insbesondere sie außerhalb der Büro- bzw. offiziellen
in der digitalen Transformation, in Krisen- Öffnungszeiten des Unternehmens keine
zeiten und in Veränderungssituationen hat Mails oder andere (Kurz-)Nachrichten sen-
eine zentral gesteuerte interne Unterneh- den und dass sie auch in ihrer Freizeit keine
menskommunikation die Aufgabe und das (Ferien-)Fotos posten. Unternehmen kön-
Ziel, den Mitarbeitenden Orientierung zu nen hier wiederum Verantwortung über-
12 geben, sprich ihnen Hintergründe und Ent- nehmen, indem sie Grundsätze für Füh-
wicklungen fortlaufend und transparent zu rungskräfte entwickeln und Grenzen der
erläutern, um ihnen Sicherheit in unsiche- Kommunikation formulieren. Die aufge-
ren Zeiten zu vermitteln und Widerstände führten Beispiele, die keinen Anspruch auf
zu überwinden (Lauer 2019, S. 125–131; Vollständigkeit erheben, zeigen, dass eine
Pfannenberg 2022). Dies alles trägt letzt- verantwortungsvolle Kommunikation von
lich auch zur psychischen Stabilität und Führungskräften nicht losgelöst von der
somit zur Gesundheit der Mitarbeitenden Organisation betrachtet werden kann und
bei. mit der zentral gesteuerten internen Kom-
4 Zum anderen ist dies die Arbeits- und Auf- munikation abzustimmen ist, damit sie ko-
gabenkommunikation, die sich zwischen härent ist und Mitarbeitende die notwendi-
den Mitarbeitenden untereinander und/ ge Orientierung erhalten bzw. behalten.
oder zwischen Führungskraft und Mitar-
beitenden abspielt. Mit Blick auf die Ge- Bei beiden Arten ist eine verantwortungsvol-
sundheit und das Wohlbefinden der Mit- le interne Kommunikation in Anlehnung an
arbeitenden weisen von Au und Seidel Kohring und Matthes (2004) idealtypisch da-
(2017, S. 16) auf Achtsamkeit als grund- rauf bedacht, dass Mitarbeitende darauf ver-
legende Führungskompetenz hin, die sich trauen können, (1) dass die Auswahl der The-
im Arbeitsalltag etwa bei der Kommunika- men (zur Nachhaltigkeit) aktuell und relevant
tion so äußert, dass Führungskräfte einen ist, (2) dass die interne Kommunikation alle
geschützten Raum aufsuchen, um ein Ge- wesentlichen Informationen zum Thema ver-
Kapitel 12 ! Verantwortungsvolle Kommunikation von und in Unternehmen
197 12
öffentlicht, (3) dass die intern publizierten Be- tungskommunikation“, der bisher wenig ver-
schreibungen und Bezeichnungen richtig bzw. breitet ist (Bracker 2017, S. 112). Darunter
korrekt sind und (4) dass die Mitarbeiten- verstehen sie „den Bereich kommunikativen
den expliziten Bewertungen vertrauen können, Handelns, der die Kommunikation von Verant-
d. h. dass diese die Realität weder positiv wortung wie die Kommunikation über Verant-
noch negativ verzerren (Jecker und Spach- wortung beschreibt und analysiert“ (Altmep-
mann 2022, S. 9–10, i. V.). pen und Bracker 2018, S. 241; Hervorh. C. J.).
Sie differenzieren folglich, dass durch Kom-
munikation zum einen geprüft werden kann,
12.3 Herausforderungen ob verantwortliches Handeln tatsächlich zu
der Unternehmens- beobachten ist. Zum anderen lässt sich prüfen,
kommunikation von und ob die Kommunikation tatsächlich als verant-
über Verantwortung wortliche Kommunikation eingestuft werden
kann, d. h. ob sie ethischen Kriterien ent-
spricht, also zum Beispiel keine Falschinfor-
In der Kommunikationswissenschaft finden mationen enthält. Kurz gesagt: Erst wenn eine
sich bezüglich der Verantwortung von Unter- Kommunikation von und über Verantwortung
nehmen vor allem drei Ansätze, die hier nur glaubwürdig ist, kann sie auch als verantwor-
kurz aufgeführt werden, da sie in der Lite- tungsvoll bezeichnet werden (Altmeppen und
ratur vielfach ausführlich beschrieben werden Bracker 2018, S. 241).
(z. B. Schaltegger 2011, S. 188–189; Thum- Verantwortungskommunikation ist,
mes 2022, S. 1027): wie eingangs kurz erläutert (siehe
a) Corporate Citizenship; Fokus: Unterneh- 7 Abschn. 12.1), somit als Dachbegriff zu
men als „gute, gesellschaftlich eingebettete verstehen, der zwei Bereiche von Kommuni-
Bürger“; kation über Corporate Social Responsibility
b) Corporate Social Responsibility (CSR); (CSR) unterscheidet, namentlich Kommunika-
Fokus: Freiwilligkeit des Engagements mit tion von und über CSR: Der eine Teil bezieht
ökonomischer, ökologischer und sozialer sich auf die strategische, also interessensge-
Verantwortung, d. h. über die gesetzlichen leitete Kommunikation von Unternehmen und
Anforderungen hinaus; anderen Organisationen. Der andere Teil sub-
c) Corporate Sustainability (CS); Fokus: sumiert die journalistische Berichterstattung
Ziel-Orientierung; nachhaltige Entwick- über CSR-Aktivitäten von Unternehmen bzw.
lung von Unternehmen. Organisationen (Bracker 2017, S. 112–114).

Um das Verantwortungsbewusstsein und die


Gemeinwohlorientierung von Unternehmen 12.3.1 Retroperspektive
umgangssprachlich zu beschreiben, werden Kommunikation
diese Ansätze auch unter dem Begriff Nach- von Verantwortung
haltigkeit zusammengefasst (Szyszka 2022,
S. 33). In der Literatur spielt die Kommu-
nikation der Maßnahmen eine wichtige Rol- Es gibt Maßnahmen, die die Kommunikati-
le (Nachhaltigkeits- bzw. CSR-Berichte und on von Verantwortung in der Retroperspektive
andere Formen der CSR-Selbstdarstellungen behandelt, z. B. nachdem Akteure unverant-
von Unternehmen im Internet) – neben dem wortlich gehandelt haben. Diese Art von Kom-
Management und den Erwartungen bezüglich munikation lässt sich differenzieren: Im Kon-
Nachhaltigkeit (Szyszka 2022, S. 34). text der Unternehmensverantwortung schlägt
Altmeppen und Bracker (2018) verwenden etwa Neuhäuser (2017, S. 766) eine Diffe-
in diesem Kontext den Begriff „Verantwor- renzierung mit drei Dimensionen vor, die so-
198 C. Jecker

wohl für die Praxis als auch für die Analyse ter und/oder Baustellenleiter, sondern auch
der Unternehmenskommunikation geeignet er- die Leitung des HR im Namen des Unter-
scheint. Die Dimensionen werden hier jeweils nehmens mit dem verunfallten Mitarbeiter
anhand eines Beispiels – namentlich ein Be- das Gespräch sucht und Unterstützung bei
triebsunfall auf einer Baustelle – veranschau- der Bewältigung der gesundheitlichen Fol-
licht, um die Komplexität und die Relevanz gen (Kopfverletzung) anbietet.
der Kommunikation von Verantwortung darzu- (3) Auf welcher normativen Grundlage lässt
legen. Dabei werden die Dimensionen und das sich bestimmen, wofür Unternehmen ver-
Beispiel sowohl auf die zentral gesteuerte in- antwortlich sind?
terne Kommunikation als auch auf die Arbeits- Es kann sich zum Beispiel um ein nationa-
und Aufgabenkommunikation bezogen (siehe les Arbeitsgesetz oder ein Konzept des je-
7 Abschn. 12.2). weiligen Unternehmens handeln. Hier geht
(1) Wer sind die verantwortlichen Akteure? es einerseits darum, welche Verantwor-
Hier gilt es zu unterscheiden zwischen in- tung Unternehmen freiwillig übernehmen,
dividuellen vs. kollektiven Akteuren, also und andererseits, welche ihnen zugewiesen
zum Beispiel ein Topmanager vs. eine Ge- werden kann (Neuhäuser 2017, S. 766).
schäftsleitung als Gremium, das die Orga- ! Im skizzierten Fall kann der Baustel-
nisation repräsentiert. lenleiter zum Beispiel das Team detail-
! Bei der betriebsinternen Kommunika- liert darüber informieren, welche staatli-
tion ist zum Beispiel zu beachten, wer che Norm (Arbeitsschutzgesetz, Arbeits-
für ein Fehlverhalten im Falle eines Be- sicherheitsgesetz) und welches betriebsin-
triebsunfalls, bei dem ein Bauarbeiter nach ternen Unfallverhütungsvorschriften miss-
einem Sturz eine Gehirnerschütterung er- achtet wurden, um die Tragweite des Falls
litten hat, als Ansprechperson Rede und zu veranschaulichen. Auch über die Kon-
Antwort steht: Ist dies der Baustellenlei- sequenzen des Betriebsunfalls wäre trans-
ter und/oder der Leiter des Bauunterneh- parent zu informieren, ohne dabei etwas zu
mens? Ferner ist bei der Kommunikation beschönigen, um das Vertrauen in das Un-
12 zu bedenken, wem die Verantwortung in ternehmen wieder zu stärken.
der betriebsinternen Öffentlichkeit explizit
zugeschrieben wird: Ist es zum Beispiel Berücksichtigt man die in der Ethik etablierten
der zuständige Vorarbeiter, der die Einhal- Dimensionen von Verantwortung und über-
tung der Sicherheitsvorkehrungen zu we- trägt man diese auf das vorliegende Verständ-
nig überprüft hat, oder ist es der Bauarbei- nis von Unternehmenskommunikation (siehe
ter selbst, der keinen Helm getragen hat? 7 Abschn. 12.2), so ließe es sich als nicht
(2) Wem gegenüber sind Unternehmen verant- verantwortungsvoll bezeichnen, falls der skiz-
wortlich? zierte Unfall betriebsintern „unter den Teppich
Bei dieser Dimension lassen sich wiede- gekehrt“ würde, wenn also gar nicht kommuni-
rum individuelle vs. kollektive Akteure so- ziert würde. Sofern der betroffene Mitarbeiter
wie interne vs. externe Stakeholder diffe- aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes aus-
renzieren, d. h. zum Beispiel eine einzelne drücklich wünschte, dass er nicht mit Namen
Mitarbeiterin oder eine Personalkommissi- erwähnt wird, ließe sich der Fall intern in an-
on bzw. eine Gewerkschaft. onymisierter Form veröffentlichen.
! Im oben eingeführten Fall ist das Unter- Eine erweiterte Differenzierung von Ver-
nehmen als Arbeitgeber dem verunfallten antwortung mit sechs Dimensionen verwendet
Mitarbeiter gegenüber verantwortlich (Für- Funiok (2007, S. 68 f.; 2005, S. 247, zit. in Lin-
sorgepflicht). Für die Kommunikation kann ke und Jarolimek 2016, S. 325) im Kontext
dies bedeuten, dass nicht nur der Vorarbei- der Medienethik unter Berufung auf Ropohl
Kapitel 12 ! Verantwortungsvolle Kommunikation von und in Unternehmen
199 12
(1994) – wobei die erste, vierte und sechste Mitarbeitende und Führungskräfte an die in-
Dimensionen den drei Dimensionen von Neu- terne Ombudsstelle oder an eine andere Per-
häuser (2017) entsprechen: son ihres Vertrauens wenden können, falls sie
1) Wer trägt Verantwortung? (Handlungsträ- beobachten, dass die Sicherheitsvorschriften
ger) auf einer Baustelle nicht eingehalten werden.
2) Was ist zu verantworten? (Handlung) So ließe sich auch ein klares Zeichen set-
3) Wofür trägt er Verantwortung? (Folgen) zen, dass ein Missachten des betrieblichen Ar-
4) Wem gegenüber trägt er Verantwortung? beitsschutzes im Unternehmen nicht toleriert
(Betroffene) wird.
5) Wovor muss er sich verantworten? (In- Des Weiteren könnte die interne Unter-
stanz, z. B. Gewissen, Öffentlichkeit) nehmenskommunikation – in Absprache mit
6) Weswegen muss er sich verantworten? der Abteilung für Nachhaltigkeit – eine inter-
(Werte, Normen, Kriterien) ne Gesundheitskampagne lancieren, die über
die Unfallverhütungsvorschriften informiert.
Überträgt man nun auch die zweite, dritte und Dabei kann sie sich bei der Planung und
fünfte Dimension auf das zuvor skizzierte Bei- Durchführung an den Erfolgsfaktoren exter-
spiel, so lässt sich festhalten: ner Gesundheitskampagnen orientieren (Bon-
Bei der zweiten Dimension wäre in ei- fadelli 2014).
ner verantwortungsvollen Kommunikation zu Neben der zuvor skizzierten Orientierung
berücksichtigen, dass im Dialog mit den Betei- an den Dimensionen von Verantwortung fin-
ligten zu klären wäre, wann und wie (oft) der det sich bei Gerhards et al. (2007) noch eine
verunfallte Bauarbeiter allenfalls schon früher andere Art von sprachlicher Differenzierung
ohne Helm auf der Baustelle tätig war und ob der Kommunikation von Verantwortung: Das
auch andere Bauarbeiter dies tun. Autorenteam entwickelt ein Instrument für
Mit Blick auf die dritte Dimension wä- die Analyse öffentlicher Zuschreibungen von
re in einem Gespräch zu klären, wer für die Verantwortung in der journalistischen Bericht-
Folgen des Betriebsunfalls – also die Kopfver- erstattung, indem es Attributionsaussagen auf
letzung – verantwortlich ist. Ist es allein der der sprachlichen Ebene analysiert. Es geht von
Bauarbeiter, der gestürzt ist? Oder ist es auch einer „Attributionstrias“ aus (Attributionssen-
der Vorarbeiter, der allenfalls schon längere der, -gegenstand, -adressat) und erfasst die At-
Zeit das Verhalten des Verunfallten beobach- tributionsrichtung, die Bewertung einer Aus-
tet hat, jedoch nicht gegen seine Handlungen sage, die faktische und prognostische Kausal-
(ohne Helm zu arbeiten) vorgegangen ist? attribution und die Ursachenattribution sowie
Die fünfte Dimension lässt sich auf die die faktische Zuweisung bzw. Zurückweisung
Kommunikation ebenfalls übertragen: Hier der Attribution. Diese Differenzierung kann
stellt sich insbesondere die Frage, über wel- auf den Kontext der Unternehmenskommuni-
chen Kanal bzw. in welchen Medien(formaten) kation und das vorliegende Thema adaptiert
sich die Beteiligten verantworten sollen. Wie werden, indem zum Beispiel die Aussagen in
zuvor beschrieben, wären persönliche Gesprä- betriebsinternen Medien – wie etwa einer Mit-
che ein übliches, naheliegendes Format. Da- arbeitendenzeitschrift oder einem Intranet –
rüber hinaus wäre es eine Möglichkeit, den im Falle eines Fehlverhaltens eines Unterneh-
Fall zum Beispiel in einem Artikel in der Per- mens vor der Veröffentlichung analysiert wer-
sonalzeitung oder in einem Beitrag im Social den. Bei einem Bericht über das Fehlverhalten,
Intranet (in anonymisierter Form) der betriebs- wie im Falle des oben skizzierten Unfalls ei-
internen Öffentlichkeit bekannt zu machen. nes Bauarbeiters, könnte zum Beispiel beim
Gleichzeitig ließe sich der Bericht über den Schreiben und Redigieren des Beitrags darauf
Betriebsunfall mit einem Experten-Interview geachtet werden, ob die dargestellte Attribu-
sowie mit einem Aufruf verbinden, dass sich tionstrias erstens der Realität entspricht und
200 C. Jecker

zweitens, ob sie den involvierten Führungs- Mitarbeitendenzeitschrift, Mitarbeitenden-


kräfte gegenüber verantwortungsvoll ist, also App für Blue Colour; Wolf und Böhringer
der Realität entspricht. 2021). Hier bietet sich ein Mix aus ver-
Bei dem Beispiel des Betriebsunfall, das schiedenen Kommunikationsinstrumenten
aus der Retroperspektive betrachtet wurde, an, der u. a. Wettbewerbe und Podiumsdis-
handelt es sich um ein unverantwortliches kussionen, Info-Screens und Exkursionen
unternehmerisches Verhalten, das als Corpo- umfassen kann (Aebi und Frischherz 2019,
rate Social Irresponsibility bezeichnet und in S. 208–210). Durch einen breiten Mix an
der kommunikationswissenschaftlichen For- CSR-Kommunikation lässt sich auch ge-
schung in empirischen Studien bisweilen nicht währleisten, dass Unternehmen vermehrt
berücksichtigt wird (Altmeppen und Bracker den Dialog mit den Stakeholdern suchen,
2018, S. 246), weil es meist um die prospektive was bis anhin wenig der Fall ist (Wag-
Unternehmenskommunikation von Verantwor- ner 2022, S. 44). Dies gilt auch in Bezug
tung geht. Auf diesen Forschungszweig geht auf Mitarbeitende: Im Unternehmensalltag
der nächste Abschnitt ein. werden sie bislang meist als Zielgruppe
verstanden, die beim Thema Nachhaltig-
keit nicht dialogisch, diskursiv oder partizi-
12.3.2 Prospektive pativ eingebunden wird (Aebi und Frisch-
Kommunikation herz 2019, S. 208–210), sondern Informa-
von Verantwortung tionen mehrheitlich top down erhalten (vgl.
Jecker et al. 2019). Dabei können Themen
aus den Bereichen Arbeitsplatz (Gesund-
Im Folgenden werden relevante Ergebnisse heitsschutz und -förderung, Work-Life-Ba-
der kommunikationswissenschaftlichen For- lance, flexible Arbeitszeiten etc.), Umwelt-
schung zur Corporate Social Responsibili- schutz (Klimaschutz, Energie-Effizienz des
ty beschrieben, die auf Herausforderungen Unternehmens etc.), Markt (Zusammenar-
der individuellen und kollektiven bzw. ko- beit mit nachhaltigen Produzentinnen und
12 operativen Akteure im Bereich der Cor- Produzenten; Food Waste des Unterneh-
porate Communicative Responsibility (CCR) mens etc.) und Gemeinwesen (freiwil-
hinweisen, um diese mit den zuvor erläu- liges gemeinwohlorientiertes Engagement
terten Zielen interner Kommunikation (sie- der Mitarbeitenden, soziales Sponsoring
he 7 Abschn. 12.2) sowie mit den Merkma- etc.) stammen (Aebi und Frischherz 2019,
len einer verantwortungsvollen Kommunika- S. 206).
tion (siehe 7 Abschn. 12.3.1) in Beziehung 4 Eine zweite, damit zusammenhängende
setzen zu können. Herausforderung ergibt sich aus der Tat-
4 Eine erste Herausforderung ist, dass die in- sache, dass die Kommunikation über CSR
formelle Kommunikation (Pausengesprä- oft instrumentell benutzt wird, um Hand-
che, internes und externes Networking etc.) lungen eines Unternehmens zu legitimie-
beim Thema Nachhaltigkeit eine besondere ren bzw. um Fehlverhalten zu rechtfertigen
Bedeutung erhält, sofern sich die forma- (Weder 2012, S. 188–189; Schwalbach und
le bzw. zentral gesteuerte Kommunikation Schwerk 2022, S. 246). Dies kann zur
über Nachhaltigkeit auf die externe Kom- Folge haben, dass Mitarbeitende die exter-
munikation konzentriert (Weder und Kar- ne CSR-Kommunikation des Arbeitsgebers
masin 2011, S. 422). Dabei gilt es auch als Widerspruch erleben, etwa wenn sie
zu berücksichtigen, dass Mitarbeitende oh- selbst unter schlechten Bedingungen arbei-
ne Desktop einen Zugang durch andere, ten müssen (z. B. mangelnde Sicherheits-
gedruckte oder elektronische bzw. mobi- vorkehrungen in der Produktion) (Liebl
le Kommunikationskanäle erhalten (z. B. 2011, S. 313; Wagner 2019, S. 59).
Kapitel 12 ! Verantwortungsvolle Kommunikation von und in Unternehmen
201 12
4 Durch die instrumentelle Verwendung und das Employer Branding der Realität ent-
die damit einhergehende große Vielfalt spricht, können Mitarbeitende wiederum
von CSR-Maßnahmen besteht des Weite- verantwortungsvoll zum Auftritt des Unter-
ren das Problem, dass Unternehmens- und nehmens beitragen (Liebl 2011, S. 322).
Branchenkodizes sich zum Teil widerspre-
chen und/oder nicht eingehalten werden,
was wiederum den Eindruck verstärkt, es 12.4 Resümee
handle sich lediglich um PR (Schwalbach
und Schwerk 2022, S. 246). In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, Die Wahrnehmung bzw. Übernahme sowie die
dass selbst bei etablierten CSR-Maßnah- Vernachlässigung bzw. Ablehnung von Ver-
men (Ethikschulungen, Ethikbeauftragte, antwortung ist in der kommunikationswissen-
Ethikausschuss, Unternehmensleitbild mit schaftlichen Forschung ein etabliertes The-
ethischen Richtlinien etc.) eine explizite ma im Kontext der gesellschaftlichen Ver-
Zuschreibung der individuellen Verantwor- antwortung von Unternehmen und der damit
tung oft fehlt, sodass Manager selbst Gren- zwingend verbundenen Kommunikation. Da-
zen ihrer Verantwortung sehen (Weder und bei fokussieren sich Analysen mehrheitlich
Karmasin 2013, S. 14, 16). Dies kann sich auf externe CSR-Maßnahmen. Dass die inter-
entsprechend negativ auf die Arbeits- und ne CSR-Kommunikation in der kommunikati-
Aufgabenkommunikation von Führungs- onswissenschaftlichen Forschung eher wenig
kräften auswirken (siehe 7 Abschn. 12.2). empirisch bearbeitet wird, mag darauf zurück-
D. h. es ist zentral, präzise individuelle Ver- zuführen zu sein, dass sich der Feldzugang zu
antwortlichkeiten für die Umsetzung von internen Unternehmensprozessen als heraus-
Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge zu- fordernd erweist.
zuweisen, damit sich Mitarbeitende darauf Ohne erneut auf Details eingehen zu kön-
berufen können. nen, sollen die zu Beginn gestellten Fra-
4 Eine dritte, erneut mit den zuvor beschrie- gen nun abschließend zusammenfassend be-
benen Entwicklungen verknüpfte Heraus- antwortet werden:
forderung ist, dass das Thema Nachhal- 4 Welche Charakteristika zeichnet eine ver-
tigkeit im Rahmen des Employer Bran- antwortungsvolle Kommunikation in und
ding genutzt wird, um neue Mitarbeitende von Unternehmen aus?
für ein Unternehmen zu gewinnen (von Bei einer verantwortungsvollen Kommuni-
Walter et al. 2011, S. 331). Eine verant- kation lässt sich unterscheiden zwischen
wortungsvolle Kommunikation trägt dafür individuellen und kollektiven bzw. koope-
Sorge, dass Bewerberinnen und Bewerber rativen Akteuren, wobei sich verschie-
ein realistisches bzw. authentisches Bild dene Schnittstellen ergeben: So können
eines Unternehmens erhalten – also oh- etwa Führungskräfte eine Mitverantwor-
ne positive Übertreibungen. Dieses dient tung tragen bezüglich der prospektiven
ihnen als gute Grundlage für die Entschei- und retroperspektiven Übernahme von Ver-
dung, ob sie eine Stelle annehmen oder antwortung. Sie haben eine verantwor-
nicht (von Walter et al. 2011, S. 333). tungsvolle Rolle, wenn es um die nach-
Ein Mittel für eine solche transparente und vollziehbare und transparente Vermittlung
dialogisch orientierte Kommunikation ist, von Informationen über gesundheitsförder-
dass sich Bewerberinnen und Bewerber mit liche Maßnahmen im Kontext der Arbeits-
gegenwärtigen Mitarbeitenden des Unter- und Aufgabenkommunikation geht. Dem-
nehmens austauschen können, damit sie gegenüber trägt die zentral gesteuerte inter-
ein möglichst ungeschöntes Bild erhalten ne Kommunikation im Unternehmen Sorge
(von Walter et al. 2011, S. 336). Sofern dafür, dass Führungskräfte eine adäquate
202 C. Jecker

Schulung und Beratung sowie frühzeitig ne und interne Stakeholder gleichwertig


die notwendigen Informationen und geeig- und mit einem gut abgestimmten Mix an
nete technische Instrumente bzw. Kanäle Kanälen und Instrumenten berücksichtigt
erhalten, damit sie ihrer (sozialen) Ver- und dass sie (2) nicht primär dem Image
antwortung nachkommen können. Ferner und der Reputation eines Unternehmens
hat sie als Auftragskommunikation der Ge- dient, sondern wahrhaftig ist, um das Ver-
schäftsleitung die Aufgabe und das Ziel, trauen der Stakeholder nicht aufs Spiel zu
Mitarbeitende transparent und glaubwür- setzen. D. h. sie sollte der Realität ent-
dig zu informieren und sie nachvollziehbar sprechen, sodass (3) Mitarbeitende vom
und umfassend über Entscheidungen der Employer Branding ihres (künftigen) Ar-
Geschäftsleitung zur orientieren, sodass beitgebers nicht enttäuscht werden.
Vertrauen entstehen kann. Mitarbeitende
ihrerseits tragen eine Mitverantwortung da-
für, dass sie die Angebote und Kodizes des Literatur
Unternehmens – etwa zur Gesundheitsför-
derung – kennen und die Vorgesetzen und/ Aebi A, Frischherz B (2019) Interne Kommunikation zu
oder die zuständigen Ombudspersonen bei Corporate Social Responsibility (CSR) – Mitarbei-
Bedarf auch auf ein Fehlverhalten hinwei- tende informieren, konsultieren und beteiligen. In:
sen. Jecker C (Hrsg) Interne Kommunikation. Theoreti-
sche, empirische und praktische Perspektiven. von
4 In welchen thematischen Kontexten ist eine
Halem, Köln, S 201–229
verantwortungsvolle Kommunikation von Altmeppen KD, Bracker I (2018) Nur Kommunikation
besonderer Bedeutung? macht Verantwortung sichtbar. In: Backhaus-Maul H,
Eine verantwortungsvolle Kommunikation Kunze M, Nährlich S (Hrsg) Gesellschaftliche Ver-
ist insbesondere in einem Change sowie antwortung von Unternehmen in Deutschland. Ein
Kompendium zur Erschließung eines sich entwickeln-
in der digitalen Transformation eines Un-
den Themenfeldes. Springer, Wiesbaden, S 235–256
ternehmens ein wichtiger Erfolgsfaktor für https://doi.org/10.1007/978-3-658-02585-4_13
das Gelingen von Veränderungen. Auch von Au C, Seidel A (2017) Achtsamkeit als grundlegende
12 in selbstorganisierten Teams und Abteilun- Führungskompetenz. In: von Au C (Hrsg) Eigenschaf-
gen erhält die Aufgaben- und Arbeitskom- ten und Kompetenzen von Führungspersönlichkeiten.
Achtsamkeit, Selbstreflexion, Soft Skills und Kompe-
munikation eine besondere Relevanz, da
tenzsysteme. Springer, Wiesbaden, S 1–25 https://doi.
Führungskräfte und Mitarbeitenden mehr org/10.1007/978-3-658-13031-2_1
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Es lassen sich drei Herausforderungen ei- Huck-Sandhu S (2016) Interne Kommunikation im Wan-
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Für eine integrierte CSR-Kommunikation te und empirische Befunde. Springer VS, Wiesbaden,
ist es herausfordernd, dass sie (1) exter- S 1–19
Kapitel 12 ! Verantwortungsvolle Kommunikation von und in Unternehmen
203 12
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12
205 13

Auswirkungen mobiler
Arbeit auf das Sozialkapital
von Unternehmen –
eine explorative Studie
mit Mitarbeitenden
und Führungskräften
eines deutschen
Industrieunternehmens
Nicola Baur

Inhaltsverzeichnis

13.1 Einleitung – 207

13.2 Sozialkapital im Unternehmenskontext:


Das Bielefelder Unternehmensmodell – 208

13.3 Zielsetzung, Methode und Stichprobe – 208


13.3.1 Zielsetzung – 208
13.3.2 Methode – 209
13.3.3 Stichprobe – 209

13.4 Fallstudienbezogene Ergebnisse – 209


13.4.1 Allgemeine Vor- und Nachteile – 209
13.4.2 Netzwerkkapital – 210
13.4.3 Führungskapital – 212

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_13
13.4.4 Organisationskultur – 213
13.4.5 Physische und psychische Gesundheit – 215

13.5 Diskussion der Ergebnisse – 218


13.5.1 Der Mensch als soziales Wesen: Fallstricke mobiler Arbeit – 218
13.5.2 Leadership und Empowerment: neue Führungsansätze
notwendig – 219
13.5.3 Chancen und Risiken für die Gesundheit der Belegschaft:
Auf das rechte Maß kommt es an – 220

13.6 Fazit und Schlussfolgerung – 222

Literatur – 223
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
207 13
2Zusammenfassung platz im Unternehmen hatte, ist der Anteil der
Aktuelle Studien zeigen, dass die Nutzung von sogenannten mobilen Arbeit1 in den letzten
mobiler Arbeit während der Corona-Pande- Jahren massiv angestiegen. Seit dem Ausbruch
mie eine deutlich stärkere Verbreitung und eine der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ist für
höhere Intensität erfahren hat. Für viele Be- viele Mitarbeitende mobiles Arbeiten beinahe
schäftigte hat sich die Arbeitssituation dahin- alltäglich geworden und für die Unternehmen
gehend verändert, dass mobiles Arbeiten für ergibt sich aus dem sprunghaften Anstieg der
sie alltäglich geworden ist. Vor diesem Hinter- mobilen Arbeit die Notwendigkeit für erhebli-
grund rückt die Frage nach der Gestaltung und che Veränderungen in der Arbeitsorganisation
der Nutzung, aber auch nach den Auswirkun- (Behrens et al. 2021). Durch diesen Wandel
gen des mobilen Arbeitens auf das Sozialkapi- sind die Unternehmen einerseits vor große
tal von Organisationen sowie die Gesundheit Herausforderungen gestellt; andererseits profi-
der Belegschaft in den Vordergrund. Um die- tieren sie aber auch von dieser Entwicklung, da
sen Fragen auf den Grund zu gehen, wurde sich durch den verstärkten Einsatz des mobilen
eine explorative Studie mit je acht Führungs- Arbeitens die Erreichbarkeit der Mitarbeiten-
kräften sowie Mitarbeitenden eines deutschen den, die Produktivität sowie die Arbeitgeberat-
Industrieunternehmens durchgeführt. Als wis- traktivität erhöht (Bonin et al. 2020). Aus Sicht
senschaftliche Grundlage dient das Bielefelder der Beschäftigten ergibt sich ein ähnlich ambi-
Sozialkapitalmodel. valentes Bild: Auf der einen Seite kann die ver-
Die Analyse der Ergebnisse zeigt auf, dass stärkte Nutzung des mobilen Arbeitens die Ar-
neben den positiven Effekten mobiler Arbeit, beitszufriedenheit der Mitarbeitenden steigern,
wie z. B. Wegfall von Pendelzeiten, bessere da dies dem Bedürfnis vieler Arbeitnehmen-
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die den nach einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung
höhere Flexibilität, auch potenzielle Risiken entgegenkommt und somit eine bessere Ver-
für die Gesundheit und das Wohlbefinden der einbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht,
Mitarbeitenden entstehen können, wie z. B. der zudem entfallen Pendelzeiten. Diesen positi-
Verlust der sozialen Kontakte, Entgrenzung ven Effekten stehen aber auch gewisse Risiken
der Arbeitszeit sowie physische und psychische gegenüber: Viele Mitarbeitende leiden unter
Belastungen. Die Ergebnisse machen deutlich, der informellen Art der Kommunikation, un-
dass bereits nach zwei Jahren Veränderungen ter dem Verlust der sozialen Kontakte zum
des organisationalen Sozialkapitals bemerk- Kollegium und unter der räumlichen Distanz
bar werden. (Bonin et al. 2020). Die durch das mobile
Arbeiten zunehmende Isolation kann im Ver-
lust des Netzwerks innerhalb der Organisation
13.1 Einleitung resultieren und die Tatsache, dass Besprechun-
gen primär digital stattfinden, führt zu einem
Bewegungsmangel, der erhebliche gesundheit-
Die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts verän- liche Risiken in sich birgt (Pfaff und Schubin
dert sich. Insbesondere die in Umfang und 2021). In vielen Fällen heißt Homeoffice Ar-
Geschwindigkeit stetig zunehmende Digitali- beiten am Küchentisch, was unergonomisch ist
sierung, aber auch Aspekte wie Globalisierung und zu weiteren gesundheitlichen Problemen
oder sich verändernde Präferenzen von Mit- führen kann. Auch die sogenannte Entgren-
arbeitenden bezüglich der Work-Life-Balance zung, also die Auflösung der Grenze zwischen
führen zu neuen Anforderungen und veränder-
ten Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt.
1 „Mobiles Arbeiten“, „ortsflexibles Arbeiten“ und
Eine besonders augenfällige Veränderung be- „Homeoffice“ werden synonym und in Abgrenzung
trifft den Arbeitsort: Während der größte Teil zur Dienstreise verwendet und beinhalten nur ganz-
der Beschäftigten früher einen festen Arbeits- tägige Arbeit.
208 N. Baur

Privatleben und Arbeitszeit, kann negative Fol- so wie die Gesundheit ihrer Mitglieder vor-
gen für die Gesundheit der Mitarbeitenden herzusagen erlauben. Im engeren Sinne wird
haben. Denn durch die Flexibilisierung der darunter das soziale Vermögen zum Beispiel
Arbeitszeiten verschwimmt die Grenze zwi- einer Organisation verstanden, d. h. Umfang
schen Arbeit und Freizeit (Melzer und Hubrich und Qualität der internen Vernetzung, der Vor-
2014), was zu einem höheren Stressempfinden rat gemeinsamer Überzeugungen, Werte und
und zu einem Anstieg psychischer Belastun- Regeln sowie die Qualität der Menschenfüh-
gen führen kann (Hofmann 2021). rung“ (Badura 2013, S. 10).
Vor dem Hintergrund dieser Veränderun- Für die praktische Umsetzung in Organi-
gen in der Arbeitswelt und der sich daraus sationen ist zu beachten, dass sich Investitio-
ergebenen Konsequenzen rückt die Frage nach nen in die Gesundheit von Mitarbeitenden nur
der Gestaltung und der Nutzung, aber auch dann rechtfertigen lassen, wenn diese auch auf
nach den Auswirkungen des mobilen Arbei- das Betriebsergebnis positive Auswirkungen
tens auf das Sozialkapital in den Fokus von Or- haben (Badura et al. 2008). Um dies zu eva-
ganisationen. Diese Frage zu beantworten hat luieren, ist das von Badura et al. entwickelte
nicht nur für die Beschäftigten, sondern glei- Modell in einer Weise konzipiert, die es er-
chermaßen auch für die Unternehmen höchste laubt, das soziale Kapital einer Organisation zu
Priorität. Denn wie in Studien des Teams um messen und somit beeinflussbar zu machen.2
Bernhard Badura hinreichend belegt werden
konnte, hat ein hohes Sozialkapital saluto- 13.3 Zielsetzung, Methode und
gene, also gesundheitsfördernde Wirkung auf
die Beschäftigten, was sich wiederum positiv
Stichprobe
auf den Unternehmenserfolg auswirkt (Badura
und Ehresmann 2016). 13.3.1 Zielsetzung

13.2 Sozialkapital im Hauptziel der hier dargestellten qualitativen


Unternehmenskontext: Studie war es, die Auswirkungen der pande-
Das Bielefelder miebedingten intensiven Ausweitung mobiler
13 Unternehmensmodell
Arbeit auf das Sozialkapital der betrachteten
Organisation zu untersuchen. Folgende zentra-
len Forschungsfragen wurden hierzu herausge-
Gemäß dem Bielefelder Unternehmensmodell arbeitet:
setzt sich das Sozialkapital einer Organisation 1. Welche Auswirkungen hat das mobile Ar-
aus dem Führungs- und Netzwerkkapital sowie beiten auf das Sozialkapital von Unter-
aus der Unternehmenskultur zusammen. Dabei nehmen, insbesondere auf die Faktoren
gibt es dem Bielefelder Sozialkapital-Modell a) Netzwerkkapital, b) Führungskapital
zufolge einen engen Zusammenhang zwischen und c) Organisationskultur?
Organisationen als sozialen Systemen mit ih- 2. Welche Einflussfaktoren lassen sich daraus
ren spezifischen Organisationsmerkmalen und für die Gesundheit und das Wohlbefinden
Arbeitsbedingungen auf der einen Seite so- von Mitarbeitenden und Führungskräften
wie der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit ableiten?
der Beschäftigten im organisationalen Kontext
und dem Betriebsergebnis auf der anderen Sei-
te (Badura et al. 2008). Wie Badura ausführt,
wird der Begriff des Sozialkapitals „zur Iden-
tifizierung von Merkmalen sozialer Gebilde 2 Vertiefend vgl. hierzu Badura (2010); Badura und Eh-
[verwendet], die ihre Leistungsfähigkeit eben- resmann (2017).
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
209 13
13.3.2 Methode 13.4 Fallstudienbezogene
Ergebnisse
Um diesen Fragen auf den Grund zu ge-
hen, wurde eine explorative Studie durch- Im Folgenden werden die Ergebnisse der Inter-
geführt, um anhand leitfadengestützter Inter- views anhand der Themenblöcke dargestellt.
views persönliche Erfahrungen von acht Füh- Die zitierten Aussagen der interviewten Füh-
rungskräften und acht Mitarbeitenden eines rungskräfte und Mitarbeitenden basieren auf
deutschen Industrieunternehmens zu analysie- ihren persönlichen, individuellen Erfahrungen
ren, die selbst mobil arbeiten. Der Fokus lag innerhalb der Organisation.
dabei nicht auf der Repräsentativität, sondern
vielmehr darauf, einen möglichst hohen Infor-
mationsgehalt in einem bisher wenig erforsch- 13.4.1 Allgemeine Vor- und
ten Umfeld zu gewinnen. Nachteile
Die Interviews wurden nach den Regeln
qualitativer Forschung (Mayring 2002) ausge-
wertet und sind analog den Themenblöcken Bezüglich der Frage danach, welche Vorteile
der Forschungsfragen gegliedert. sie persönlich mit dem mobilen Arbeiten ver-
binden, gaben fast alle Interviewten an, dass
der Wegfall von Fahrtzeiten und des damit
13.3.3 Stichprobe verbundenen Stresses eine deutliche Erleich-
terung darstelle. Einen weiteren Vorteil sehen
die Befragten darin, dass sie das Privatleben
Bei den für diese Studie ausgewählten Befrag- besser mit dem Berufsleben vereinbaren kön-
ten handelt es sich sowohl um Mitarbeitende nen. Die mit der mobilen Arbeit einhergehende
als auch um Führungskräfte eines produzie- Flexibilität hinsichtlich Familienzeit, Zeit für
renden deutschen Unternehmens. Die Teilneh- sportliche Aktivitäten oder einfach für klassi-
menden sind Ingenieure oder Führungskräfte sche Alltagsaufgaben wird in dieser Hinsicht
innerhalb der Produktentwicklung und über- als große Verbesserung wahrgenommen.
nehmen Aufgaben direkt am Produkt, haben
aber auch verwaltende Aufgaben, wie die Aus- » „Also für mich jetzt natürlich, dass ich nicht
wertung von Daten, die im Rahmen der Ent- jeden Morgen und Abend 70 km zu fahren
wicklungsarbeit an den Produkten erhoben habe, dadurch habe ich natürlich einen Rie-
werden. Alle Teilnehmenden sind dementspre- senvorteil.“ (I3, Abs. 4)
chend zum mobilen Arbeiten fähig. In dem
Unternehmen war bis zum Zeitpunkt des ers- » „Flexibler ist man auch, wenn es darum
geht, mal schnell etwas erledigen zu müs-
ten von der Bundesregierung beschlossenen
sen, was man sonst zum Feierabend hin
Lockdowns im März 2020 das Thema mobi-
erst erledigen konnte. Also zum Beispiel
les Arbeiten nur wenig präsent. Aufgrund der
in den Baumarkt fahren oder Handwerker
politischen Maßnahmen kam dann das mo-
im Haus haben oder einkaufen gehen oder
bile Arbeiten flächendeckend und sehr kurz-
auch mal einen Arztbesuch. Dafür hat man
fristig bei allen Mitarbeitenden zum Einsatz,
sich in der Vergangenheit meistens einen
die ganz oder teilweise mobil arbeitsfähig
Tag oder einen halben Tag frei genommen.“
sind.
(I12, Abs. 4)
210 N. Baur

Neben diesen Vorteilen nannten die Befragten Erreichbarkeit von Kollegen und zu den all-
aber auch Nachteile, die sich oftmals aus den- gemein verfügbaren Netzwerkmöglichkeiten
selben Umständen ergeben wie die Vorteile. gestellt wurden. Aus den Antworten ergaben
Beispielsweise gaben 11 der 16 Interviewten sich Hinweise auf Veränderungen hinsichtlich
zu bedenken, dass das mobile Arbeiten zwar Commitment, Wir-Gefühl und den sogenann-
zu einer besseren Vereinbarkeit von Privatzeit ten Spaßfaktor.
und Beruf führe, dass dadurch aber auch eine
gewisse Entgrenzung der Arbeitszeit spürbar 2Zusammenarbeit
werde: Bezüglich der Frage, wie im Rahmen des mo-
bilen Arbeitens die Zusammenarbeit mit den
» „[. . . ] aber nein, ich würde nicht sagen, dass Kollegen erlebt wird, gab die überwiegende
die Work-Life-Balance sich massiv verbes- Mehrzahl der Befragten (12 von 16) an, da-
sert hat, weil ich ja natürlich permanent von überzeugt zu sein, dass die fachliche Zu-
meine Arbeit auch in meinem privaten Um- sammenarbeit nach wie vor als sehr positiv
feld habe.“ (I8, Abs. 18) bewertet werden könne. Vor allem die Zusam-
menarbeit mit bereits bekannten Kollegen wird
» „Nachteil ist auch, dass der Job halt im- von der Mehrheit der Befragten als gleichblei-
mer bei dir zuhause ist und man ist ja dann bend gut empfunden:
doch so pflichtbewusst und geht ans Te-
lefon, wenn es klingelt oder wenn einem » „Ich finde aber, dass die Zusammenarbeit
was einfällt, dann macht man das eben noch mit den Kollegen, die man gut kennt, eigent-
schnell. Das geht schon auch manchmal lich gleichgeblieben ist.“ (I11, Abs. 15)
zu Lasten des häuslichen Friedens.“ (I11,
Abs. 4) » „Ja, ich muss sagen, positiv ist, dass wir tat-
sächlich aufgrund der Tatsache, dass man
Die überwiegende Mehrzahl der Interviewten sich persönlich kennt, doch sehr gut auch
(14 von 16 Befragten) gaben als weiteren gro- miteinander arbeiten kann. Es läuft tatsäch-
ßen Nachteil zudem den Verlust von sozialen lich erstaunlich gut und das ist natürlich ein
Kontakten an: Vorteil.“ (I13, Abs. 18)
13
» „Also ein enormer Nachteil war meiner In der Zusammenarbeit mit neuen oder noch
nicht bekannten Kollegen sowie im Hinblick
Meinung nach, als wir fünf Tage die Wo-
che von zu Hause aus arbeiten mussten. Da auf die Arbeit an neuen Themen zeigen
hat man den Kontakt zu den Leuten ziem- sich für die Interviewten allerdings einige Er-
lich schnell verloren.“ (I12, Abs. 6) schwernisse. Sie weisen darauf hin, dass die
Kommunikation und die Vernetzung durch das
» „Diese sozialen Kontakte, das Gespräch
mobile Arbeiten erheblich beeinträchtigt wer-
den, da wichtige Signale, die normalerweise
über den Schreibtisch, aber die kann man ja
über Körpersprache, Mimik und Gestik kom-
in dem Fall eventuell tatsächlich nur über
muniziert würden, wegfielen und es damit
ihre persönliche Anwesenheit kompensie-
große Mühe bereite, das Gegenüber korrekt
ren.“ (I2, Abs. 4)
einzuschätzen. Auch der Umstand, dass der
Austausch in Meetings rein fachlicher Natur
13.4.2 Netzwerkkapital ist, trägt laut den Befragten zu einer sozialen
Distanzierung bei.

Das Thema Netzwerkkapital wurde unter- » „Neue sind schwerer einzuschätzen und ler-
sucht, indem Fragen zur Zusammenarbeit, zur nen auch langsamer. Das macht es ein biss-
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
211 13
chen schwerer. Ich wollte jetzt nicht unbe- der geschäftlichen Besprechung auch noch pri-
dingt in einen anderen Bereich wechseln, in vat auszutauschen, sei hoch und werde daher
dem man nur von zu Hause aus arbeitet.“ oft zugunsten anderer Terminanfragen „weg-
(I11, Abs. 15) priorisiert“. Die Mehrheit der Befragten ist
sich also darüber einig, dass eine Netzwerk-
» „Meistens wird nur das besprochen, was ge- erweiterung über digitale Medien im beruf-
rade nicht so gut läuft. Fachlich gesehen lichen Kontext kaum möglich ist bzw. dass
und wirklich eigentlich nur noch über ne- der Austausch nicht über fachliche Themen
gative fachliche Themen, und Privates wird hinausgeht und deswegen faktisch nicht statt-
gar nicht abgefragt. Da fragt man sich natür- findet:
lich irgendwann ‚Wofür mach’ ich das hier
eigentlich?‘“ (I15, Abs. 32) » „Heute macht man so was auch gezielter.
Also ich glaube, heute verabredet man sich
2Erreichbarkeit gezielter, mal auf so einen digitalen Kaf-
fee [. . . ]. Und dann schiebt man das so [. . . ]
Beim Thema Erreichbarkeit von Kollegen er-
ein Stück weit vor sich her, um dann kurz
gibt sich ein ambivalentes Bild. Einerseits be-
vor knapp sagen zu müssen ‚Sorry, ich
tont etwa die Hälfte der Befragten (7 von 16),
schaffe es nicht auf 15 Uhr, lass es uns ein
dass sich die Erreichbarkeit durch die Chat-
wenig später machen oder lass es uns auf
Funktion in dem verwendeten Betriebssystem
einen anderen Termin verschieben‘.“ (I10,
und durch den Einsatz anderer Medien erhöht
Abs. 26)
habe; andererseits wiesen elf Interviewte auch
darauf hin, dass die Vor-Ort-Erreichbarkeit
stark nachgelassen habe, was zu einem er- » „[. . . ] aber das ist keine Netzwerkerweite-
rung. Netzwerkpflege und -erweiterung fin-
höhten Abstimmungs- und Planungsaufwand
det bei mir im Moment gar nicht statt.“ (I4,
geführt habe:
Abs. 36)

» „Es ist auch so, dass einerseits diese Chat-


Dieser Aspekt des Wegfalls der sozialen Be-
Funktion, die man im Microsoft hat, durch-
gegnung wird von allen Befragten als negativ
aus eine schnelle Erreichbarkeit und ei-
bewertet. Nach ihrer Wahrnehmung der Situa-
ne kurzfristige Abstimmung ermöglicht.
tion führt die Reduktion auf einen rein fach-
[. . . ] Die erhöhte Erreichbarkeit ist gegeben.
lichen Austausch zu einer Distanzierung vom
Das heißt, man kriegt vielleicht schneller In-
Team und vom Unternehmen:
formationen [. . . ].“ (I8, Abs. 20)
» „Es gibt soziale Kontakte, die dazu beitra-
» „Es ist etwas schwieriger, weil du alles gen, dass man gern zur Arbeit geht. Das
planen musst. Es gibt also kaum noch kurz- geht zurück.“ (I3, Abs. 24)
fristig angesetzte Treffen. Man läuft nicht
mehr über den Hof und kann schnell was » „Das hat sich deutlich verschlechtert. Ich
abstimmen, sondern man muss alles planen. möchte nicht sagen, der fachliche Aus-
Das ist etwas stressiger.“ (I12, Abs. 20) tausch, aber das ganze Drumherum und das
Miteinander sind auf ein Minimum redu-
2Netzwerkmöglichkeiten ziert. Kurze Gespräche, aus denen man in
Danach gefragt, wie es gelingt, das eigene der Regel den größten Mehrwert gezogen
Netzwerk aufrechtzuerhalten oder sogar zu er- hat. Um einfach auch ein bisschen zu wis-
weitern, gaben 15 der 16 Befragten an, dass sen, in welche Richtung geht denn die Ent-
es schwer sei, das bereits erarbeitete Netzwerk wicklung des Unternehmens? Die existieren
aufrechtzuerhalten. Der Aufwand, sich nach einfach nicht mehr. [. . . ] Aber wie gesagt,
212 N. Baur

der soziale Aspekt geht komplett flöten.“ alle Interviewten, dass sie ihre Arbeit weiter-
(I6, Abs. 17) hin als sinnvoll empfinden. Die Sinnhaftigkeit
ergibt sich dabei zum einen aus der Arbeit
» „Da geht so ein bisschen die Bindung selbst. Zum anderen ergibt sich für viele Be-
auch zu dem Unternehmen oder zu dem fragte der Sinn ihrer Arbeit aber auch aus der
Team [. . . ] verloren, weil man einfach über Beziehung zu anderen sowie aus der Art der
diese kleinen, den kleinen Austausch und Führung durch Vorgesetzte. Der größte Teil
die kleinen Nettigkeiten nicht mehr stol- der Befragten bestätigte, sich von der direkten
pert.“ (I15, Abs. 31) Führungskraft auch im Rahmen der mobilen
Arbeit wertgeschätzt zu fühlen:
Laut den Befragten gibt es zwar Versuche,
die Kommunikation und die Beziehungen un- » „Die Sinnhaftigkeit der Arbeit, diese Fra-
tereinander aufrechtzuerhalten, aber die Be- ge [. . . ] stellt sich mir nicht. Wir haben alle
fragten waren sich auch darüber einig, dass einen verantwortungsvollen Job. [. . . ] Da ist
echte Begegnungen nicht durch virtuelle Tref- es für mich ganz glasklar, dass wir hier ei-
fen ersetzt werden können und eher erzwungen ne Verantwortung tragen. Und das macht
wirken. Zudem gab ungefähr die Hälfte der den Sinn der Arbeit natürlich einfach.“ (I6,
Befragten an, dass der Spaß beim Arbeiten Abs. 25)
oder das Wir-Gefühl, was sich vor allem aus
den zwischenmenschlichen Begegnungen er- » „Und deswegen würde ich sagen, ich ha-
gebe, durch das mobile Arbeiten mehr und be keinen Zweifel daran, dass meine Arbeit
mehr wegfalle: sinnvoll ist, weil ich halt wie gesagt einfach
immer Kollegen helfen kann und die sich
» „Nur noch rein fachlich zu arbeiten, macht dann dafür bedanken.“ (I9, Abs. 43)
nicht ganz so viel Spaß.“ (I12, Abs. 6)
2Kontrolle, Unterstützung und
» „[. . . ] aber dieses Wir-Gefühl hat schon
Handlungsspielraum
Danach befragt, ob sich das Kontrollverhal-
auch ein Stück weit abgenommen. Also,
wie du sagst, die Distanz wird gefühlt im- ten durch die direkte Führungskraft geän-
13 mer größer zwischen den einzelnen Hierar- dert habe, antwortete der Großteil der Inter-
chiestufen. Es wird auch schwieriger.“ (I4, viewteilnehmer, dass ihnen das notwendige
Abs. 63) Vertrauen entgegengebracht werde. Bezüg-
lich des gewährten Handlungsspielraums wa-
ren sich fast alle Befragten einig, dass dieser
13.4.3 Führungskapital mindestens gleichgeblieben sei.

» „[. . . ] ich habe auch nicht das Gefühl, von


Laut dem Bielefelder Sozialkapital-Konzept ihm stärker kontrolliert worden zu sein.
ist das sogenannte Führungskapital, also die Ganz im Gegenteil. Eigentlich kann ich da
Qualität der Führung in einem Unternehmen, jetzt keinen Unterschied festmachen.“ (I12,
ein elementarer Indikator für dessen Sozialka- Abs. 30)
pital, das durch Themen wie die Vermittlung
von Sinnhaftigkeit der Arbeit, Kontrolle und » „Naja, wie gesagt, ich habe da Glück.
Handlungsspielraum bestimmt wird. Sind nicht alle Führungskräfte bei uns so,
aber ich habe schon immer sehr viel Frei-
2Sinnhaftigkeit der Arbeit heit, wenn du das mit Handlungsspielraum
Auf die Frage, ob sie ihre Arbeit nach wie meinst, genossen und bin sehr selbstbe-
vor als sinnvoll betrachten, antworteten fast stimmt in dem, was ich tue.“ (I11, Abs. 25)
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
213 13
Weniger unterstützt fühlten sich zwei der be- starken Grenzen möglich. Ich kann das in-
fragten Mitarbeiter, wobei auffällt, dass es sich haltlich absetzen, was mein Ziel ist, kann
um Personen handelt, die gerade innerhalb des das sachlich transportieren. Aber mir fällt es
Unternehmens den Job gewechselt haben. schwer, da irgendwelche Emotionen einzu-
bringen [. . . ], dass ist, wenn ich auf einen
2Leadership schwarzen Bildschirm gucke, dann fällt mir
Bei der Frage nach der Führungsqualität war das schwer, dann fehlt mir das.“ (I1, Abs. 4)
zu beobachten, dass Führungskräfte insgesamt
tendenziell eher die eigene Rolle als die ih- Die Hälfte der befragten Führungskräfte gab
res direkten Vorgesetzten reflektiert haben und an, Veränderungen in ihrer Rolle auf sich zu-
angaben, dass die Führung durch das mobi- kommen zu sehen. Sie bezweifeln, dass be-
le Arbeiten nachhaltig erschwert worden sei. währte Führungsmethoden in Zukunft noch
Häufig wurde betont, dass es durch den Weg- funktionieren werden und fordern für ihre Wei-
fall von Mimik und Gestik und dadurch, dass terentwicklung als Führungskräfte mehr Un-
man Mitarbeitende nicht mehr oder nur selten terstützung:
persönlich sieht, die tatsächliche Arbeitsbelas-
tung kaum mehr korrekt abschätzbar sei: » „Jemand, dem es nicht gelingt, diesen Wan-
del in der Führung zu gestalten, dem fehlen

» „Ja, das ganze Thema Leadership wird


aus meiner Sicht notwendige Aspekte in sei-
ner Führungsarbeit zukünftig. [. . . ] Da fehlt
aus meiner Sicht deutlich schwieriger.“ (I1,
mir echt was. In der Vergangenheit hatte ich
Abs. 4)
das, glaube ich, und das wird jetzt jedem
fehlen. Ich sehe aber nicht, dass man sein
» „Jetzt ist, und du hast natürlich dann an Niveau halten kann. Da brauchen wir Un-
der Stelle tatsächlich das Problem, dass das terstützung“ (I1, Abs. 47)
Einschätzen von dem, was dein Mitarbeiter
braucht, einfach viel schwerer geworden ist. » „Sicherlich, vielleicht bräuchten wir als
[. . . ] Und da sehe ich schon eine gewisse Führungskräfte noch ein bisschen Unter-
Gefahr drin, dass man auch als Führungs- stützung wie wir, wie man [. . . ] Kontakt
kraft so ein bisschen den Anschluss an das hält, wie [. . . ] soll man das organisieren?“
Team verliert.“ (I8, Abs. 28) (I5, Abs. 12)

Von der Mehrheit der Führungskräfte wurde


besonders häufig auch der Faktor Zeit und der 13.4.4 Organisationskultur
größere Planungsaufwand betont, der nötig
ist, um sich mit den Teammitgliedern ausein- 2Ausstattung
anderzusetzen. Zudem lasse sich Leidenschaft Die erste Frage zur Organisationskultur zielte
kaum digital transportieren: darauf ab zu erfahren, ob die Interviewten von
ihrem jeweiligen Arbeitgeber zusätzliche Aus-
» „Also ich brauche in Summe mehr Zeit, stattung zum mobilen Arbeiten zur Verfügung
weil die Arbeit irgendwie trotzdem da ist. gestellt bekommen und ob sie sich in diesem
Und dann kommen noch diese Gespräche, Sinne gut unterstützt fühlen. Alle Befragten
die man gezielt machen muss.“ (I3, Abs. 20) gaben an, dass sie von der Geschwindigkeit,
mit der die erforderlichen Änderungen umge-
» „[. . . ] die Möglichkeit, ein Team zu formen, setzt wurden, beeindruckt waren, und dass sie
ein Team zu führen und sie zu motivieren, sich vor allem im Hinblick auf die Verfügbar-
ist für mich über die virtuelle Welt, über keit IT-relevanter Ausstattung gut bis sehr gut
digitale Besprechungen, wirklich nur mit unterstützt fühlten.
214 N. Baur

» „Ich finde, wir haben schnell alles, was mit » „Das gab es früher nicht, weil einfach Kan-
Arbeit zu tun hat, umgesetzt. Das heißt, je- tinenzeit war. Also man hat zwischen halb
der hat einen Laptop und Telefon erhalten zwölf und ich sage mal 13 Uhr 30 bei uns
und konnte von zu Hause aus direkt losle- klassischerweise zu Mittag gegessen. Na-
gen. [. . . ] Man kann sich [. . . ] mittlerweile türlich nicht zwei Stunden lang. Aber in
verschiedene Unterstützungsleistungen wie diesem Zeitraum, und da war gefühlt auch
zusätzlicher Monitor, Tastatur und so weiter wirklich wesentlich weniger los. Das ist et-
bestellen [. . . ].“ (I6, Abs. 6) was, das mir ein bisschen fehlt. Das hat sich
verändert.“ (I7, Abs. 2)
» „Der Arbeitgeber hat meiner Meinung nach
ganz gut reagiert, schnell und zügig. Wir 2Allgemeine Führungskultur
sind sehr schnell arbeitsfähig gewesen.“ Drei der Interviewteilnehmer sind der Mei-
(I12, Abs. 8) nung, dass es durch das mobile Arbeiten zu
einer Verbesserung des Kommunikationsver-
Verbesserungspotenzial in puncto Ausstattung haltens gekommen sei – es gebe insgesamt
sahen zehn der befragten Personen im Hin- mehr Sachlichkeit:
blick auf Büromöbel. Dabei wurde besonders
häufig darauf verwiesen, dass viele Beschäf-
tigte im Homeoffice vom Küchentisch aus ar-
» „[. . . ] und auch die emotionalen Ausbrüche
haben meines Erachtens etwas nachgelas-
beiten, was aus ergonomischer Hinsicht fatal sen.“ (I8, Abs. 36)
sei:

» „Ansonsten muss ich sagen ist die Situation » „Insgesamt beobachte ich eine höhere Sach-
lichkeit in den Abstimmungen. Die Kolle-
hinsichtlich Ergonomie natürlich fragwür-
ginnen und Kollegen, die stark waren in der
dig; da wird auch nicht nachgefragt, da wird
persönlichen Kommunikation, also neben
auch nicht nachgehakt. [. . . ] Man kann sich
den Inhalten jemanden positiv wie negativ
zwar mittlerweile verschiedene Unterstüt-
zu beeindrucken, denen ist ein wichtiges
zungsleistungen wie zusätzlicher Monitor,
Tool genommen. Das führt dazu, dass die
Tastatur und so weiter bestellen, aber ein
Sachlichkeit steigt. Also das, was man real
13 Bürostuhl oder ein ordentlicher Schreibtisch
beobachten kann. [. . . ].“ (I1, Abs. 24)
war nicht mit im Angebot.“ (I6, Abs. 6)

» „[. . . ], wenn der Arbeitgeber beispielsweise Etwa die Hälfte der Interviewteilnehmenden
noch Büroausstattung in Form von Möbeln brachte zum Ausdruck, dass trotz einer positi-
oder so zur Verfügung stellt, also Stuhl oder ven und spürbaren Veränderung, nämlich weg
so was. Weil viele Arbeiter, glaube ich, tat- von einer strikt hierarchischen Struktur hin zu
sächlich noch am Küchentisch oder sonstwo einer eher von Vertrauen geprägten Führungs-
arbeiten.“ (I10, Abs. 6) kultur, eine immer größer werdende Distanz
zur obersten Unternehmensleitung spürbar
In Bezug auf den Faktor Unterstützung durch werde, was sich durch das mobile Arbeiten be-
den Arbeitgeber wurde häufig auch auf das schleunigt habe:
Fehlen von Regeln für die Arbeits- und Pau-
senzeiten hingewiesen. In diesem Zusammen- » „Man verliert auch den Kontakt und den
hang wurde auch die Kommunikations- und Bezug ein bisschen zum Unternehmen ins-
Meeting-Struktur angesprochen: gesamt, weil man die oberste Führung gar
nicht mehr [sieht], da kriegt man nix mehr
» „Da gibt es keine Spielregeln mehr.“ (I12, mit und sieht auch keinen [der obersten Füh-
Abs. 12) rung mehr].“ (I16, Abs. 40)
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
215 13

» „Ich finde halt generell [. . . ], dass dadurch darunter. Somit habe ich das Gefühl, dass
aber der Abstand, das der noch größer ge- es etwas transparenter geworden ist, und es
worden ist zu den Mitarbeitern. Also es gibt macht an der Stelle tatsächlich auch Sinn,
ja kaum Veranstaltungen, die mit den Grup- weil einfach die Zeit, die man in den blö-
pen, Mitarbeitern und Management stattfin- den Betriebsversammlungen gesessen hat,
den, sondern Vorstände oder die meisten jetzt einfach nicht mehr notwendig ist. Man
Führungskräfte sind ja immer nur unter sich kann sich das online anschauen. Nebenbei
und da endet es dann auch so. Und wir vielleicht noch das ein oder andere erledi-
sind dann die, die das weitertragen müs- gen, vielleicht sogar auch einfach mal da
sen, der Multiplikator. Aber ich würde mir nebenbei etwas kochen. Von daher finde ich
wünschen, dass auch unsere Vorgesetzten diese Entwicklung in Richtung Digitalisie-
da mehr Kontakt suchen zu den norma- rung auf alle Fälle positiv.“ (I12, Abs. 32)
len Mitarbeitern. [. . . ]“ (Interview 4-FK-M,
Absatz 57, 00:37:32) 2Informationsflut
Gleichzeitig wurde aber auch darauf hinge-
2Transparenz
wiesen, dass die übermäßige Kommunikation
Als Nächstes wurde abgefragt, ob die Inter- zu einer Überlastung führe. Vier der Befrag-
viewten im mobilen Arbeiten gefühlt mehr ten sprachen hierbei von einer Informationsflut
oder weniger von der Unternehmensstrate- und einem zunehmenden Missbrauch der digi-
gie und den Unternehmenszielen mitbekä- talen Medien:
men. Hierauf antworteten 90 % der Befragten,
dass sie sich gleichbleibend oder sogar besser
informiert fühlten. Zur Begründung wurde an- » „Aber wie gesagt, ich finde, dieses Medium
geführt, dass über die digitalen Medien mehr wird zunehmend missbraucht. Die Infor-
Informationen verteilt würden und dass Infor- mationsflut ist nicht bewältigbar und dann
mationsveranstaltungen, die in der Vergangen- daraus filtern zu müssen, was ist jetzt rele-
heit als Präsenzveranstaltungen stattgefunden vant und was nicht? Ist ganz schön schwer
hätten, nun in Onlineformate umfunktioniert geworden.“ (I6, Abs. 29)
wurden, was die Möglichkeit biete, nur punk-
tuell teilzunehmen oder sich sogar zu einem » „Auch wird man über alle möglichen Kanä-
späteren Zeitpunkt über zur Verfügung gestell- le mit jedem Mist zugemüllt; das zu filtern,
te Videos zu informieren. Nach Einschätzung was wichtig ist, fällt schwer. Ist die neue
einer deutlichen Mehrheit der Interviewten ha- Methode, sich zu zeigen.“ (I4, Abs. 22)
ben sich die Transparenz bezüglich der Un-
ternehmensziele sowie die Kommunikation im
Allgemeinen grundlegend verbessert: 13.4.5 Physische und psychische
Gesundheit
» „Ich würde sagen, ich bekomme fast mehr
mit, weil unser Unternehmen gelernt hat,
auf digital umzusteigen. Und digital ist an Ein weiteres Schlüsselthema der Analyse ist
der Stelle einfacher.“ (I7, Abs. 16) die Gesundheit. Diesbezüglich wurden den
Interviewteilnehmenden allgemein gehaltene
» „Das ist eine gute Frage. Ich glaube, man Fragen zum Wohlbefinden sowie explizite Fra-
bekommt echt mehr mit, weil wir einfach gen zur psychischen und physischen Gesund-
wie gesagt diese ganzen Informationskanä- heit gestellt, wobei die Aufmerksamkeit auf
le haben, in denen wirklich Gott und die den Gesundheitszustand und das Wohlbefin-
Welt alles postet. Darunter natürlich auch den der Befragten in Bezug auf das mobile
unser Hauptabteilungsleiter oder sein Team Arbeiten gelegt wurde.
216 N. Baur

2Rückenschmerzen und gestiegen. Man hat vor allem die Möglich-


Bewegungsmangel keit, auch noch kurzfristiger in Meetings zu
Der Großteil der Befragten berichtete über ei- wechseln.“ (I1, Abs. 18)
ne körperliche Mehrbelastung durch das
mobile Arbeiten. Diese körperliche Mehr- » „Ja, die Last, die Arbeitslast ist trotz der
belastung wird auf eine mangelhafte Büro- positiven Seiten hoch. Die Taktung der Ter-
ausstattung beim mobilen Arbeiten zurückge- mine ist unnormal, keine Pause mehr zwi-
führt, da oft weder ein adäquater Schreibtisch- schen den Besprechungen und das fordert
stuhl noch ein höhenverstellbarer Schreibtisch ein hohes Konzentrationsvermögen.“ (I11,
vorhanden sind. Zwar ist die Hälfte der Befrag- Abs. 10)
ten nach eigener Aussage nicht selbst von Rü-
ckenschmerzen betroffen, berichtet aber, das Zu dieser veränderten Terminstruktur kommt
Problem von anderen Kollegen zu kennen. nach Aussage von etwa zwei Dritteln der Be-
Ein weiterer Gesundheitsfaktor, der von zwölf fragten hinzu, dass man Aufgaben parallel
Interviewten angesprochen wurde, ist der Be- erledigen müsse, was ein „hohes Konzentrati-
wegungsmangel, der sich vor allem daraus onsvermögen notwendig“ mache (I1, Abs. 18).
ergebe, dass die Wegstrecken zwischen dem Nach Aussage der Befragten spielt vor allem
Parkplatz und dem Gebäude oder von und zu der Wegfall von Vor- und Nachbereitungs-
Besprechungsräumen wegfallen: zeiten sowie von zeitlichen und gedankli-
chen Pausen eine große Rolle bei der Zunah-
» „Ich glaube, das ist aber bei vielen Kolle- me des Stressempfindens. Ähnliche Aussagen
gen der Fall, bei mir selbst nicht.“ (I15, MA finden sich in den folgenden Zitaten:
Abs. 10)
» „Man macht viel gleichzeitig. Also beant-
» „Rückenschmerzen habe ich. Ich glaube wortet in Terminen auch noch schnell Nach-
schon, dass es damit zusammenhängen richten, die per Chat reinkommen, oder liest
kann. Wir müssen uns aber vor Augen füh- seine E-Mails oder Infos aus anderen Ka-
ren, wir sitzen alle aus meiner Sicht viel nälen. Also am Abend bist du schon total
mehr als früher. Wir haben die Wechsel von kaputt, weil du die ganze Zeit eingebunden
13 Räumen nicht mehr, müssen keine Wege auf warst und keine Ruhephasen hast.“ (I11,
dem Werksgelände mehr zurücklegen.“ (I1, Abs. 10)
Abs. 10)
» „Am Abend bist du total kaputt, weil du
2Terminfülle den ganzen Tag am Sprechen warst, in Be-
Alarmierenderweise gaben alle Interviewten sprechungen oder parallel anderes erledigst,
an, seit der verstärkten Nutzung des mobilen aber keine Ruhephasen, gedankliche, hast.
Arbeitens vermehrt Stress zu empfinden und/ Der Zeitaufwand für Besprechungen ist aus
oder anderen psychischen Belastungen ausge- meiner Sicht im Arbeitsalltag eher gestie-
setzt zu sein. Der Großteil der Befragten nennt gen.“ (I1, Abs. 18)
als einen Hauptfaktor für erhöhtes Stressemp-
finden zudem die Veränderungen in der Ter- 2Dauererreichbarkeit
minstruktur. Allen Aussagen gemeinsam ist Der dritte in diesem Zusammenhang ange-
das Empfinden, dass die Taktung von Termi- sprochene Punkt ist die in verschiedenen
nen enorm zugenommen habe: Konferenzsystemen integrierte Chat-Funkti-
on. Auch wenn sich alle Befragten darüber
» „Ich erlebe eine extrem hohe Taktung oder einig sind, dass diese Funktion durchaus Vor-
Frequenz von Besprechungen, das ist enorm teile bietet, wurde auch darauf hingewiesen,
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
217 13
dass durch das Vorhandensein dieses zusätzli- genommen. Ober sticht halt Unter.“ (I11,
chen Informationskanals das Stressempfinden Abs. 10)
verstärkt werde. Als Hauptstressor nehmen
Befragten dabei den Umstand wahr, dass man » „Also das, da glaube ich schon, [da hat] so
aufgrund dieser Funktion das Gefühl habe, eine Mischung auf beiden Seiten stattgefun-
sofort reagieren zu müssen und ein gewisser den, und daraus resultiert auch ein Stück
Druck empfunden werde, immer erreichbar zu weit eine psychische Belastung; weil so den
sein. richtigen Feierabend, den gibt es glaube ich
in dem Fall nicht mehr, oder man muss halt
» „Du reagierst sofort, du bist sofort im Ter- sehr, sehr, sehr diszipliniert sein, was das
min abgelenkt. Du hast immer das Gefühl, angeht.“ (I10, Abs. 12)
dass du reagieren musst. Und das ist aus
meiner Sicht sehr gefährlich. Das ist nicht 2Gute Vorsätze
nur eine Entwicklung durch das mobile Ar- Obwohl zumindest einige der Befragten durch-
beiten. Aber je mehr Informationskanäle ich aus aktiv versuchen, unter Nutzung von ver-
habe, desto mehr nimmt der Stress folglich schiedenen Mitteln den physischen (Spazie-
zu.“ (I6, Abs. 10) rengehen (I14, Abs. 6) und Fahrradfahren (I5,
Abs. 34)) und psychischen Belastungen (zeitli-
» „Aber dieser Druck, den man sich aber sel- che Blocker (I14, Abs. 18)) entgegenzuwirken,
ber macht, immer erreichbar zu sein.“ (I14, bleibt es häufig bei guten Vorsätzen. Vor allem
Abs. 18) unter den Führungskräften herrscht Einigkeit
darüber, dass es sehr schwer ist, dem erhöh-
2Entgrenzung ten Stressempfinden allein entgegenwirken zu
Der Umstand, dass es keine allgemeingültigen wollen. Auch zwei der befragten Mitarbeiten-
Regeln für die Arbeitszeiten gibt, stellt einen den äußerten sich dementsprechend:
weiteren großen Stresstreiber dar. Zu diesem
Aspekt, der von zwei Dritteln der Befragten » „[. . . ] einem Stressempfinden entgegenzu-
genannt wurde, komme außerdem noch hinzu, wirken, ist glaube ich immer sehr, sehr
dass die Hemmschwelle dafür gesunken sei, schwer.“ (I8, Abs. 14)
auch außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit
Termine einzustellen, per Chat zu schreiben » „[. . . ] spazieren gehen. Aber das funktio-
oder anzurufen. Diese Thematik vertiefend ga- niert dann eigentlich nicht. Man nimmt sich
ben 10 der insgesamt 16 Befragten an, eine das immer vor, aber schlussendlich macht
zunehmende Vermischung von Privatleben man es dann doch nicht oder nur kurzzeitig,
und Beruf wahrzunehmen, was dazu führe, wie mit Diäten. Das hält man auch nur kurz
dass sich die Arbeitszeit gefühlt verlängere: durch und dann wird es meistens sogar noch
schlimmer mit dem Gewicht.“ (I8, Abs. 10)
» „Was manchmal schon nervt, ist, dass es
gefühlt kein Anfang oder Ende der Arbeits- 2Häufigkeit mobiler Arbeit
zeit gibt. Wenn dein Terminkalender voll Bezüglich der Frage, mit welcher Häufigkeit
ist, dann hauen dir die Kollegen einfach das mobile Arbeiten von den Befragten emp-
morgens früh oder spät abends oder in der fohlen wird, ergab sich, dass elf der insgesamt
Mittagspause einen Termin rein. Meistens 16 Befragten empfehlen, ein bis zwei Mal pro
sind das die Kollegen aus dem mittleren Woche das mobile Arbeiten zu nutzen. Mehr-
und oberen Management. Das strengt dann fach betont wurde, dass es einen gewissen
schon an oder ist mehr belastend, weil die Gewöhnungseffekt gebe, aufgrund dessen ei-
Termine kannst du ja nicht ablehnen oder ne dauerhafte Nutzung des mobilen Arbeitens
verschieben. Da wird oft keine Rücksicht nicht mehr dieselben positiven Effekte habe.
218 N. Baur

Zudem wurde darauf hingewiesen, dass eine maßen den sozialen Verlust und damit ein-
permanente Nutzung des mobilen Arbeitens zu hergehend den Verlust des Wir-Gefühls. Das
einer dauerhaften Entgrenzung und zum Ver- Führungskapital mit Bezug auf den direkten
lust des Netzwerks führen könnte: Vorgesetzten wird mehrheitlich als positiv be-
wertet, was sich in dem entgegengebrachten
» „Also ich [. . . ] würde zweimal die Woche Vertrauen und einer größer werdenden Sach-
cool finden. Dann ist der Gewöhnungsef- lichkeit widerspiegelt. In Bezug auf die Un-
fekt, den ich ja vorhin mal angesprochen ternehmenskultur zeigt sich ein ambivalentes
habe, auch nicht so groß, und man kann echt Bild – einerseits wird die größere Transparenz
die Vorteile mitnehmen. Und auch verliert gelobt, andererseits wird ein Mangel an Regeln
man nicht den Kontakt zu den Leuten.“ (I9, und eine größer werdende Distanz zur obersten
Abs. 61) Leitung betont.

» „[. . . ] also bei den zwei Tagen fand ich


das immer total super, weil es wirklich ei- 13.5.1 Der Mensch als soziales
ne schöne Erleichterung war. Jetzt bei den Wesen: Fallstricke mobiler
fünf Tagen muss ich sagen, für mich per-
Arbeit
sönlich hat sich da schon einiges verändert,
weil man einfach auch nicht mehr so sehr in
dem Team integriert ist. Man hat einfach ein Menschen als soziale Wesen sind „abhängig
bisschen weniger Kommunikation und An- von der Zugehörigkeit zu stabilen sozialen
sprache.“ (I8, Abs. 4) Netzwerken und von der dort erfahrenen An-
erkennung und Zuwendung“ (Badura 2021,
Auch wenn keiner der Interviewteilnehmer auf S. 167). Die aus dem Zugehörigkeitsgefühl zu
Dauer fünf Tage pro Woche mobil arbeiten einer sozialen Gruppe entstehenden positiven
möchte, wird das mobile Arbeiten als „stark emotionalen Bindungen fördern die Gesund-
positiv“ (I1, Abs. 24) bewertet. heit und tragen dazu bei, die Leistungsfä-
higkeit zu erhalten. Wie anhand der Ergeb-
13.5 Diskussion der Ergebnisse nisse der vorliegenden Studie in diesem Zu-
13 sammenhang aufgezeigt werden konnte, führt
die zunehmende Kommunikation über digita-
Die Einschätzungen der Befragten in Bezug le Medien zu einer radikalen Verringerung der
auf das Thema mobiles Arbeiten zeigen, dass persönlichen Gespräche zu Gunsten eines rein
ortsflexibles Arbeiten von allen grundsätzlich fachlichen Austauschs, was von allen Befrag-
positiv bewertet wird. Der Hauptgrund hier- ten gleichermaßen bedauert wurde. Durch den
für liegt darin, dass das mobile Arbeiten den zunehmend rein fachlichen Austausch fällt es
Beschäftigten eine höhere Flexibilität ermög- schon den bereits ins Team integrierten Mit-
licht und somit ein geeignetes Instrument dar- arbeitenden und Führungskräften nach eigener
stellt, um das Familien- bzw. Privatleben und Aussage schwer, ihr Netzwerk aufrechtzuer-
den Beruf besser miteinander zu vereinbaren. halten. Noch schwieriger ist es, sich unter
Als weiterer Vorteil des ortsflexiblen Arbeitens diesen Bedingungen in eine neue Teamstruktur
wird betrachtet, dass die Pendelzeiten weg- einzufügen. Wie Behr et al. (2013) herausge-
fallen, wodurch es den Interviewten möglich arbeitet haben, ist ein positiver Umgang un-
wird, ihre Privatzeit zu erhöhen. tereinander und die zwischenmenschliche Pas-
Diesen allgemeinen Vorteilen stehen aller- sung für reibungslose Abläufe innerhalb eines
dings auch Nachteile gegenüber, beispielswei- Teams unerlässlich. Dass Mitarbeitende das
se im Bereich des Netzwerkkapitals. Mitar- Gefühl haben, zu der Gruppe dazuzugehören
beitende und Führungskräfte betonen gleicher- und ihren Kolleginnen und Kollegen vertrauen
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
219 13
und auch private Probleme ansprechen zu kön- nicht eingefordert werden, sondern ist abhän-
nen, ist für ein gutes Beziehungsklima essenzi- gig davon, wie man das Gegenüber einschätzt
ell. Soziale Verbindungen innerhalb der Orga- (Hasle et al. 2007). In dieser Hinsicht hat die
nisation sind wichtig, da sie zu einer besseren Analyse gezeigt, dass das Vertrauen in die be-
Vernetzung führen, wodurch der Informations- kannten Kolleginnen und Kollegen nach wie vor
und Wissensaustausch erhöht wird (Hasle et al. hoch ist. Allerdings wurde auch offensichtlich,
2007). Auch Tsai und Ghoshal (1998) beto- dass es aus den oben bereits genannten Gründen
nen den Nutzen der sozialen Interaktion für gerade neuen Teammitgliedern oder Netzwerk-
die Organisation als wichtige Voraussetzung partnern schwerfällt, Vertrauen aufzubauen.
für die Entwicklung und Erhaltung von Sozi-
alkapital. Dabei betonen Hasle et al. (2007),
dass sich die Basis zur guten Zusammenar- 13.5.2 Leadership und
beit erst aus der täglichen Anwendung ergibt, Empowerment: neue
bei der Kolleginnen und Kollegen den Umgang Führungsansätze
miteinander erlernen und individuelle Verhal- notwendig
tensmuster kennen und verstehen lernen.
Ein eher ambivalentes Bild ergibt sich hin-
sichtlich der Qualität der Kommunikation In Bezug auf das Führungskapital der direk-
sowie bezüglich des Themas Erreichbarkeit. ten Vorgesetzten hat sich durch die Studie ein
Einerseits werden die größere Sachlichkeit in positives Resultat ergeben. So berichteten die
Gesprächen sowie die zusätzlichen Möglich- meisten der Befragten, dass ihnen in verstärk-
keiten, die sich durch die Nutzung beispiels- tem Maße Vertrauen entgegengebracht würde,
weise der Chat-Funktion ergeben, als positiv dass man ihnen tendenziell einen größeren
wahrgenommen; andererseits führt gerade die Handlungsspielraum einräume und dass es den
genannte Chat-Funktion zu einer Mehrbelas- Führungskräften gelinge, ihnen die Sinnhaftig-
tung und zu dem Gefühl, ständig erreichbar keit ihrer Arbeit vor Augen zu führen.
zu sein bzw. sein zu müssen. Die zunehmende Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass trotz
soziale Distanz, das Gefühl der permanenten positiver Bewertung durch die Mitarbeiten-
Erreichbarkeit sowie der Umstand, dass vie- den es die Führungskräfte selbst sind, die
le Themen mehr Zeit und Planung benötigen, die Veränderungen durch die zunehmende De-
führen zu mehr Druck und damit zu einem ver- zentralisierung und soziale Distanz belasten.
mehrten Stressempfinden, das es aufzulösen Sie wünschen sich deshalb Lösungen für ih-
gilt. Wie Hofmann (2021) betont, führt genau re Leadership-Rolle von den HR-Bereichen
dieser Druck vor allem zu einem Anstieg an und der Geschäftsführung. Wie die befragten
psychischer Belastung, was in Fehlzeiten en- Führungskräfte mehrfach betont haben, findet
den kann. Damit würden auch negative Folgen die Kommunikation im mobilen Arbeiten nicht
für den Betriebserfolg wahrscheinlich werden mehr wie früher bei spontanen Begegnungen,
(Badura et al. 2013). sondern sehr gezielt statt. Neben dem Um-
Auch bezüglich des Themas Zusammen- stand, dass dies zu einem erhöhten zeitlichen
arbeit, das ein wichtiger Indikator für das Aufwand und damit zu Stress auf beiden Sei-
Sozialkapital ist und gesundheitsförderlich ten führt, hat es auch den Nachteil, dass man
wirken kann (Badura et al. 2008), zeigen sich sich als Führungskraft kein spontanes Bild
Ambivalenzen. Vertrauen als Basis für eine po- mehr über die Gefühlslage und die potenzi-
sitive Zusammenarbeit ist ein Kernfaktor des ellen Belastungen der Mitarbeitenden machen
Sozialkapitals und ein bedeutender Indikator kann. Dies ist insofern problematisch, als oh-
für die Gesundheit der Belegschaft, da ein ho- nehin leistungsstarke Mitarbeitende generell
hes Maß an Vertrauen stressreduzierend wirken dazu tendieren, ihre Arbeitszeiten noch stärker
kann (Badura et al. 2008). Dabei kann Vertrauen auszudehnen, während eher leistungsschwa-
220 N. Baur

che Mitarbeitende öfter hinter einem schwar- beitens zu sein. Die überwiegende Mehrheit
zen Bildschirm verschwinden. Die befragten der Befragten nannte als optimale Nutzungs-
Führungskräfte haben in diesem Zusammen- häufigkeit des ortsflexiblen Arbeitens durch-
hang immer wieder den Verlust von Mimik schnittlich zwei Tage pro Woche; alle Befrag-
und Gestik betont sowie darauf hingewiesen, ten waren sich darüber einig, dass sie nach
dass die räumliche Distanz eine zusätzliche Ende der Pandemie wieder häufiger im Büro
Hürde für die Erfüllung ihrer eigenen Rol- sein wollen. Dieses Ergebnis deckt sich mit
le darstelle und es bisher keine Ansätze im den Ergebnissen anderer multivariater Studi-
Unternehmen gebe, diese Distanz zu über- en3 , in denen herausgearbeitet wurde, dass die
brücken. Dass die Beziehungsgestaltung und Arbeitszufriedenheit insbesondere bei jenen
-pflege durch einen stark reduzierten Face-to- Beschäftigten höher ist, die nicht regelmäßig,
Face-Kontakt erschwert wird, wurde auch in sondern nur gelegentlich von zu Hause aus
anderen Studien gezeigt (u. a. Staar et al. 2019, oder mobil arbeiten. Golden und Veiga (2005)
S. 221 sowie Felfe et al. 2021, S. 290). beispielsweise kommen in ihrer Untersuchung
Die interviewten Führungskräfte brachten zu dem Ergebnis, dass die Arbeitszufrieden-
darüber hinaus auch eine gewisse Machtlo- heit unter Beschäftigten am größten ist, wenn
sigkeit im Hinblick auf eine gesundheitsorien- sie 15 h pro Woche außerhalb der betrieblichen
tierte Führung zum Ausdruck, denn das Ho- Einrichtungen arbeiten. Sobald die Beschäftig-
meoffice bietet nur wenig Möglichkeiten, um ten mehr als 15 h pro Woche von außerhalb
tatsächlich einzugreifen und z. B. für regel- des Büros arbeiten, steigt die Jobzufriedenheit
mäßige Pausen zu sorgen, Vereinsamung und/ nicht weiter an. Die Autoren führen das auf die
oder Überforderung zu erkennen. In diesem soziale und berufliche Isolation der Beschäf-
Zusammenhang wurde berichtet, dass Füh- tigten zurück (Bonin et al. 2020).
rungskräfte selbst dann, wenn sie sich über die Diesen Vorteilen und Chancen des mobilen
persönlichen Bedingungen ihrer Mitarbeiten- Arbeitens stehen laut Aussage der Befragten
den bewusst sind, kaum Einfluss auf ergono- Gefährdungspotenziale gegenüber, die heute
mische Arbeitsbedingungen nehmen können, zwar noch nicht immer klar erkennbar sind, für
um die Belastung der Mitarbeitenden zu re- die Zukunft aber dringend mitgedacht werden
duzieren. Die Entscheidung, die erforderlichen müssen.
13 Strukturen und Rahmenbedingungen solcher
Maßnahmen zu genehmigen, bleibt in der Ver- 2Risiko fehlende Ergonomie und
antwortung der obersten Leitungsebene. Wie Bewegungsmangel
Felfe in diesem Zusammenhang betont, stel- Mit Blick auf die körperlichen Belastungen ha-
len Homeoffice und Digitalisierung „für die ben sich vor allem zwei Themen als mögliche
Führung [also] allgemein, aber auch für die Risiken herausgestellt: erstens die fehlende Er-
gesundheitsförderliche Führung neue Heraus- gonomie an den Heimarbeitsplätzen und zwei-
forderungen dar.“ (Felfe et al. 2021, S. 290) tens der zunehmende Bewegungsmangel, der
sich aus der vermehrten Digitalisierung von
Meetings ergibt. Um die Belegschaft langfris-
13.5.3 Chancen und Risiken für die tig vor den körperlichen Belastungen durch
Gesundheit der Belegschaft: mangelhafte Ergonomie zu schützen und da-
Auf das rechte Maß kommt mit ihre Produktivität für das Unternehmen zu
es an erhalten, ist es dringend notwendig, die jewei-
lige Arbeitssituation von Heimarbeitsplätzen

Wie die Auswertungen gezeigt haben, scheint 3 Siehe u. a. Fonner und Roloff (2010); Troup und Rose
ein entscheidender Faktor für die Arbeitszu- (2012); Wheatley (2017), Golden und Veiga (2005);
friedenheit die Häufigkeit des mobilen Ar- Kelliher und Anderson (2010); Stettes (2016).
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
221 13
zu erfassen und im Sinne einer ergonomi- sultat gelangt auch Hofmann. Sie führt diese
schen Ausstattung zu unterstützen. Da „fehlen- Wahrnehmung vor allem darauf zurück, dass
de oder mangelhafte ergonomische Gestaltung die Beschäftigten bei Videokonferenzen direkt
[kann] zu physischen und/oder psychischen von einem Meeting zum nächsten wechseln,
Beschwerden führen“ kann, die in der Re- ohne dass es Pausen gibt, die früher einfach
gel erst zeitverzögert sichtbar werden, ist ein dadurch zustande kamen, dass man zwischen
ergonomisch eingerichteter Heimarbeitsplatz den entsprechenden Meetingräumen Wege zu-
notwendig, um diesen negativen Folgen vorzu- rücklegen musste. Hinzu kommt, dass Vor-
beugen und Mitarbeitende langfristig gesund und Nachbereitungszeiten quasi nicht mehr
und damit auch produktiv zu halten (Ludwig existieren (Hofmann 2021). In diesem Zusam-
et al. 2021). Der zweite genannte wesentliche menhang wurde in der vorliegenden Studie vor
Risikofaktor für die physische Gesundheit der allem der Verlust gedanklicher Pausen mehr-
Belegschaft ist der Bewegungsmangel. Wenn fach angesprochen, was deutlich auf eine mög-
die Beschäftigten nur noch im Homeoffice ar- liche psychische Überlastung hinweist. Zwar
beiten und alle Meetings digital stattfinden, hat die Befragung auch ergeben, dass sowohl
sitzen sie nach eigenen Aussagen wesentlich Führungskräfte als auch Mitarbeitende künst-
mehr, da sämtliche Wege entfallen. Dass das liche Pausen in ihre Kalender eintragen, um
Thema Bewegungsmangel tendenziell an Be- diesem Effekt entgegenzuwirken; diese zeigen
deutung gewinnt, und dass infolge der zu- meist jedoch keine oder nur geringe Wirkung,
nehmenden Digitalisierung der Lebens- und da sie zugunsten fachlicher Besprechungen
Arbeitswelt mit einer Reduktion der körperli- entfallen. Diese Problematik sollte unbedingt
chen Bewegung gerechnet wird, haben unter ernst genommen werden. Denn wie Hellert
anderem Pfaff und Schubin (2021) herausgear- betont, sind „Ruhepausen und -zeiten gesetz-
beitet. Die Autoren betonen in diesem Zusam- lich verankerte Zeiten, die der Erholung des
menhang vor allem, dass Bewegungsmangel Menschen dienen und Arbeitsbelastungen aus-
einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkran- gleichen bzw. vermeiden. Sie unterbrechen die
kungen darstellt, aber auch chronische Lun- Arbeit und fördern als arbeitsfreie Zeit nach
generkrankungen und Krebs befördern kann. Arbeitsende die Leistungsfähigkeit.“ (Hellert
Wie in dieser Studie aufgezeigt, sind selbst- 2021, S. 274). Eine Verkürzung von Pau-
gewählte Maßnahmen wie vermehrtes Fahr- senzeiten wirkt sich dementsprechend negativ
radfahren oder Spazierengehen oft ein guter auf die psychosomatische Gesundheit sowie
Vorsatz, der zugunsten Terminen „wegpriori- auf die Work-Life-Balance der Beschäftigten
siert“ wird. aus. Umgekehrt hat eine gute Pausengestal-
tung salutogene Wirkung auf die psychische
2Stresstreiber Terminfülle und physische Gesundheit, indem sie die Mo-
Neben den physischen Belastungen hat die tivation sowie die Konzentration und damit
verstärkte Nutzung des mobilen Arbeitens aber die Arbeitsleistung sowie die der Beschäftig-
vor allem Auswirkungen auf das psychische ten fördert (Hellert 2021).
Wohlbefinden der Beschäftigten. Die Befra-
gung hat eindeutig aufgezeigt, dass das mobile 2Belastungsfaktor Informationsflut und
Arbeiten trotz der oben genannten positiven Dauererreichbarkeit
Aspekte zu etlichen Zusatzbelastungen und da- Ein weiterer Belastungsfaktor, der in den Ant-
mit zu einem erhöhten Stressempfinden führt worten sichtbar wurde, ist die Informationsflut,
oder zumindest führen kann. Unter anderem die sich aus den „neuen“ Möglichkeiten der
hat sich ergeben, dass durch die geänderte Ter- Digitalisierung ergibt. Auch hierdurch kön-
minstruktur und -art eine gefühlte Arbeitsver- nen gesundheitlichen Risiken entstehen, die
dichtung wahrgenommen wird, die zu einer im Blick behalten werden müssen. In die-
latenten Überforderung führt. Zu diesem Re- sem Zusammenhang betonen Behrens et al.
222 N. Baur

(2021), dass sich das Phänomen der Informati- 13.6 Fazit und Schlussfolgerung
onsüberflutung mit zunehmender Nutzung von
digitalen Kommunikations- und Informations-
medien verstärkt. Die Mitarbeitenden haben 2Verantwortung übernehmen: mobiles
das Gefühl, mehr oder schneller zu arbeiten. Arbeiten als Kontextgeber für das
Diese Einschätzung kommt auch in den Aussa- Sozialkapital von Unternehmen
gen der Befragten in der vorliegenden Untersu- Auch wenn die Beschäftigten nach dem Ende
chung zum Ausdruck, die hierbei von dem ge- der Pandemie wieder vermehrt im Büro arbei-
fühlten Druck sprechen, auf Chat-Nachrichten ten, scheint klar, dass es ein Zurück zu reinen
direkt reagieren zu müssen, was stresserzeu- Präsenzunternehmen nicht mehr geben wird.
gend wirke. Mit Blick auf dieses Phänomen Umso mehr Verantwortung tragen die Unter-
wird es für das Unternehmen wichtig sein, nehmen über klare Rahmenbedingungen und
klare Rahmenbedingungen und Kommunikati- feste Regeln für die Arbeits- und Pausenzeiten,
onsregeln zu schaffen, damit die gesundheits- die Häufigkeit der Nutzung des ortsflexiblen
förderlichen Aspekte der verbesserten Kom- Arbeitens sowie über die damit einhergehen-
munikationsmöglichkeiten zum Tragen kom- den gesundheitlichen Implikationen für die
men, ohne zu einer Informationsüberlastung Beschäftigten nachzudenken und entsprechen-
zu führen und in dem Gefühl zu enden, ständig de Präventionsmaßnahmen zu erarbeiten (Pfaff
erreichbar zu sein und sein zu müssen (Beh- und Schubin 2021).
rens et al. 2021). Wie die Studie zeigt, hat das mobile Arbeit
unmittelbare Konsequenzen für die Fürsorge-
2Entgrenzung möglichkeiten der Führungskräfte. Aus diesem
Ein weiterer Belastungsfaktor im Kontext des Grund müssen nicht nur die direkten Füh-
mobilen Arbeitens ist das bereits mehrfach rungskräfte in die Verantwortung genommen
angesprochene Phänomen der Entgrenzung. werden. Die Auswirkungen des mobilen Ar-
Backfisch et al. (2021) schreiben hierzu: „Eine beitens sollten bereits in der Gefährdungsbe-
entgrenzte Arbeitsweise ist dadurch geprägt, urteilung mitgedacht und die Führungskräfte
dass räumliche, zeitliche, aber auch psycho- aktiv darüber aufgeklärt werden, welche Be-
mentale Grenzen zwischen Arbeit und Privat- lastungsfaktoren durch das ortsflexible Arbei-
13 leben zunehmend verwischen, dass auch nach ten entstehen können. Führungskräften muss
Feierabend noch auf die Arbeitsanforderungen beigebracht werden, die individuellen Arbeits-
reagiert wird und dadurch das Abschalten er- bedingungen im Team zu koordinieren und
schwert ist“ (S. 313). den sozialen Austausch zu fördern. Auch müs-
Auch hier ist es für das Unternehmen sen Führungskräfte sensibilisiert werden, sich
der Befragten elementar, Maßnahmen zur Prä- mehr Zeit für die Kommunikation mit ih-
vention zu ergreifen und der kognitiven und ren Teammitgliedern einzuplanen. Dazu ist es
räumlichen Entgrenzung durch ein explizites notwendig, dass von Unternehmensseite ge-
Regelwerk zu begegnen. Der zeitlichen und nug Raum und Zeit gewährt wird. Aber nicht
räumlichen Entgrenzung kann möglicherweise nur die veränderte Rolle von Führungskräf-
bereits über die Begrenzung der Häufigkeit der ten sollte im Fokus der Organisationen ste-
Arbeitstage entgegengewirkt werden. hen, sondern ebenfalls die Veränderungen, die
sich für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erge-
ben Sie tragen im mobilen Arbeiten ebenfalls
mehr Verantwortung, haben weniger Leitplan-
ken und müssen sich wesentlich stärker selbst
organisieren. Hier muss das Unternehmen die
Frage stellen, welche Belastungsfaktoren sich
daraus für den Einzelnen ergeben und wie die-
Kapitel 13 ! Auswirkungen mobiler Arbeit auf das Sozialkapital von Unternehmen
223 13
sen präventiv begegnet werden kann (Felfe Rixgens P, Ueberle M, Behr M (Hrsg) Sozialkapital.
et al. 2021). Grundlagen von Gesundheit und Unternehmenser-
Unklar und wenig erforscht ist zudem, wie folg, 2. Aufl. Springer, Heidelberg, S 1–17
Badura B (2021) Prävention schützt die Bevölkerung und
der durch eine verstärkte Nutzung von Home- stützt die Wirtschaft. In: Badura B, Ducki A, Schröder
office bedingte Verlust der sozialen Kontak- H, Meyer M (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2021: Betrieb-
te überwunden werden kann. Die Ergebnisse liche Prävention stärken – Lehren aus der Pandemie.
zeigen, dass der Belegschaft durch die zuneh- Springer, Berlin Heidelberg, S 105–121
mende Digitalisierung und die mit dem mo- Badura B, Ehresmann C (2016) Unternehmenskultur, Mit-
arbeiterbindung und Gesundheit. In: Badura B, Ducki
bilen Arbeiten verbundene Dezentralisierung A, Schröder H, Klose J, Meyer M (Hrsg) Fehlzeiten-
eine emotionale Entwurzelung droht. Virtuel- Report 2016: Unternehmenskultur und Gesundheit
le Formate – da sind sich die Befragten einig – Herausforderungen und Chancen. Springer, Berlin
– können persönliche Treffen nicht ersetzen. Heidelberg, S 81–94
Unternehmen tragen hier die Verantwortung, Badura B, Ehresmann C (2017) Unternehmenskultur, Mit-
arbeiterbindung und Gesundheit. In: Badura B (Hrsg)
firmenspezifische Netzwerkformate zu etablie- Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert: Mitarbei-
ren, die trotz vermehrter Nutzung von ortsfle- terbindung durch Kulturentwicklung. Springer, Berlin
xibler Arbeit die soziale Distanz überwinden Heidelberg, S 189–209
und es ermöglichen, berufliche Netzwerke auf- Badura B, Greiner W, Rixgens P, Ueberle M, Behr M
rechtzuerhalten, besser noch auszuweiten. Nur (2008) Sozialkapital. Grundlagen von Gesundheit und
Unternehmenserfolg. Springer, Heidelberg
so kann einer Verstärkung des Silodenkens und Badura B, Greiner W, Rixgens P, Ueberle M, Behr M
einer emotionalen Entkoppelung durch man- (2013) Sozialkapital. Grundlagen von Gesundheit und
gelnde soziale Kontakte von Unternehmens- Unternehmenserfolg, 2. Aufl. Springer, Heidelberg
seite her entgegenwirkt werden (Badura 2021). Behr M, Rixgens P, Badura B (2013) Das Unternehmens-
Obwohl der Trend zum mobilen Arbei- modell – Elemente und Zusammenhänge. In: Badura
B, Greiner W, Rixgens P, Ueberle, Behr M (Hrsg)
ten insgesamt als sehr positiv wahrgenommen Sozialkapital. Grundlagen von Gesundheit und Un-
wird, endet die Verantwortung von Unterneh- ternehmenserfolg, 2. Aufl. Springer, Heidelberg, S
men nicht an der Unternehmenspforte. Ganz 49–59
im Gegenteil: Unternehmen sind mehr denn je Behrens J, Maurer T, Stender S (2021) Gesundheit in
gefragt, sich aktiv zu überlegen, welche Maß- der Arbeitswelt 4.0: Wirkungen der zunehmenden
Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit sowie der
nahmen ergriffen werden müssen, um mögli- digitalen Kommunikation auf das Wohlbefinden von
che negative Folgen mobiler Arbeit zu verhin- Beschäftigten. In: Badura B, Ducki A, Schröder H,
dern. Meyer M (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2021: Betriebli-
che Prävention stärken – Lehren aus der Pandemie.
Springer, Berlin Heidelberg, S 105–121
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13
225 14

Die „dunkle Seite“


der Führung
Thomas Kuhn und Jürgen Weibler

Inhaltsverzeichnis

14.1 Einleitung – 226

14.2 Grundlegende Ausprägungen einer „dunklen“


Führung – 227
14.2.1 Unethisches Führungsverhalten – 227
14.2.2 Unethische Führungsziele – 228

14.3 Zentrale Ursachen einer „dunklen“ Führung – 228


14.3.1 Psychogramme des Bad Leaders – 229
14.3.2 Typologien des Bad Followers – 230
14.3.3 Konstruktionen des Bad Barrels – 231

14.4 Mögliche Wirkungsweisen „dunkler“ Führung – 232


14.4.1 „Alle können nur verlieren!“ – Die pauschalisierende
Betrachtung der „dunklen“ Führung – 232
14.4.2 „Viele verlieren, aber manche gewinnen!“ –
Eine differenzierende Betrachtung
der „dunklen“ Führung – 232

14.5 Überlegungen zur „Aufhellung“ der Führung


in Organisationen – 234

14.6 Fazit – 235

Literatur – 235

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_14
226 T. Kuhn und J. Weibler

2Zusammenfassung thentisch sein („Authentic Leadership“), über


Unter dem Begriff der „dunklen Seite“ der Tugenden verfügen (Weisheit und Gerechtig-
Führung versteht sich eine neuartige For- keit, Mut und Maß) und Integrität besitzen
schungsrichtung, die Führungsformen unter- („Ethical Leadership“), dich als Diener/Die-
sucht, die als unethisch charakterisierbar nerin deiner Geführten verstehen („Servant
sind und dabei zumeist auch mit negati- Leadership“) – ja, die Geführten besser noch
ven Auswirkungen für alle Beteiligten asso- mit „altruistischer Liebe“ beschenken („Spiri-
ziiert werden. Der Beitrag beschreibt grund- tual Leadership“).
legende Ausprägungen einer „dunklen“ Füh- Wie ein regelrechter Absturz liest sich da-
rung (Abschn. 14.2), bestimmt die wesent- gegen das, was empirische Untersuchungen
lichen Ursachen für deren Entstehung in über die Führungsrealität in Organisationen
Organisationen (Abschn. 14.3) und erörtert berichten. So gaben in einer Studie der Ruhr-
mögliche Wirkungsweisen einer solchen Füh- Universität lediglich 20 % der befragten Mit-
rung für die Geführten, zudem für die Or- arbeitenden an, mit der eigenen Führungskraft
ganisation wie auch für die derart Füh- zufrieden zu sein. Mehr als die Hälfte (56 %)
renden selbst (Abschn. 14.4). Zuletzt wer- waren hingegen entschieden unzufrieden. Fast
den einige Überlegungen zur „Aufhellung“ ein Viertel der Befragten (23 %) gab der Füh-
der Führung in Organisationen angestellt rungskraft gleich die schlechteste aller mög-
(Abschn. 14.5). Ein kurzes Fazit beschließt den lichen Bewertungen. Vorgesetzte wurden von
Beitrag (Abschn. 14.6). daher als „Kündigungsgrund Nummer eins“
eingestuft (Süddeutsche.de 2010). Nicht ganz
so verheerend, aber schlimm genug, zeigt ei-
14.1 Einleitung ne Gallup-Studie: Der Anteil derer, die in
deutschen Unternehmen hochmotiviert arbei-
ten, ist mit 15 % in etwa so groß wie der Anteil
Bevor man sich mit der „dunklen Seite“ der derer, die innerlich vollständig gekündigt ha-
Führung befasst, erscheint es hilfreich, zu- ben (14 %). Der verbleibende Rest (71 %) der
nächst kurz der Frage nachzugehen, was ei- Beschäftigten ist irgendwo im motivationalen
gentlich unter der „hellen Seite“ der Füh- Niemandsland unterwegs und leistet mehr oder
rung zu verstehen ist. Überaus punktgenau minder „Dienst nach Vorschrift“. Wichtig da-
liest sich hierzu die renommierte Harvard- bei: Als zentrale Ursache dieser defizitären
Professorin Barbara Kellerman (2004), die die Motivation gelten schlechte Vorgesetzte (Nink
14 „Light Side of Leadership“ bezeichnet als un- 2018; tn3.de 2018). Und eine DGB-Umfrage
seren festen Glauben daran, dass ein erfolg- stellt fest, dass knapp die Hälfte der Beschäf-
reich Führender letztlich nur sein kann, wer tigten Angst vor der eigenen Führungskraft
auch ein ethisch guter und gerechter Füh- hat, dies insbesondere dann, wenn es gilt, Pro-
render ist. Weil, so die naheliegende Plausi- bleme im Betrieb anzusprechen. Und etwa jede
bilitätsvermutung, wie sonst sollte ein Füh- bzw. jeder dritte (32 %) der Geführten sieht
render Gefolgschaft finden und diese auf- sich durch die Führungskraft persönlich nicht
rechterhalten können? Genau diese Überzeu- ausreichend wertgeschätzt (DGB 2019). Wie
gung, so Kellerman weiter in ihrer Analy- die Konsequenz dessen liest sich eine reprä-
se, prägt die gesamte „Leadership-Industrie“ sentative Umfrage des Meinungsforschungsin-
(Forschung & Lehre, Ratgeber & Bestsel- stituts Forsa und des Beratungsunternehmens
ler, Führungskräfteausbildung und Weiterbil- Porsche, die ausweist: Jede zweite angestellte
dungsseminare) seit jeher und findet ihren ak- Person geht infolge von Unzufriedenheit mit
tuellen Niederschlag unter anderem in theo- der Geschäftsführung oder der Führungskraft
riegestützten Handlungsaufforderungen wie: ungerne zur Arbeit und jede dritte denkt des-
Willst du erfolgreich führen, so muss du au- halb über Kündigung nach (Nicolai 2020).
Kapitel 14 ! Die „dunkle Seite“ der Führung
227 14
Nicht zuletzt aufgrund solcher empirischen denbock stempeln“ von Geführten, taktlo-
Befunde, denen zufolge die erlebte Führung se und kränkende Bemerkungen, Herabset-
weit weniger „hell“ ist als die normativen Vor- zungen und Nötigungen, Unhöflichkeiten
gaben im Sinne der Light Side of Leadership und Grobheiten sowie nicht zuletzt auch
es vielleicht erwarten lassen, hat sich die Füh- die Darstellung von Ideen und Leistun-
rungsforschung in der jüngeren Vergangen- gen der Geführten als die eigenen. In ei-
heit aufgemacht, verstärkt nun auch der Dark ner frühen Schätzung ging Tepper für die
Side of Leadership auf den Grund zu leuchten. USA davon aus, dass 14 % der Beschäftig-
Die Ausgangsfrage lautet dabei gewisserma- ten derlei Verhaltensweisen dauerhaft aus-
ßen: Was eigentlich ist eine „dunkle“ bzw. un- gesetzt sind und hierdurch ein Schaden von
ethische Führung? Diese Frage wollen wir im rund 24 Mrd. US-Dollar entstehe. Für die
Folgenden durch Verweis auf zentrale Ansätze Bundesrepublik Deutschland ermittelte ein
der einschlägigen Forschung beantworten. Gemeinschaftsforschungsprojekt mehrerer
Universitäten jüngst, dass „Abusive Super-
vision“ in 85 % der Unternehmen zu beob-
14.2 Grundlegende Ausprägungen achten sei und in 21 % der Unternehmen ein
einer „dunklen“ Führung regelrecht toxisches Klima herrsche – was
bedeutet: Die Formen feindselig-aggressi-
14.2.1 Unethisches ven Führungsverhaltens sind hier auf al-
Führungsverhalten len Hierarchieebenen weit verbreitet, was
im Wesentlichen durch ein „Trickle-Down“
(Durchsickern von oben nach unten) erklärt
Eine erste bedeutsame Ausprägungsform wird (Bormann et al. 2020; Tichy 2020).
„dunkler“ Führung kann auf der Mittelebe- 4 Pressure to Behave Unethically (PBU)
ne verortet werden – gleichsam in dem, was (Tepper 2010) verweist auf das Phänomen,
Geführte regelmäßig und unmittelbar als Füh- dass Geführte von Führenden zuweilen un-
rung erleben: nämlich das konkrete Verhalten ter Druck gesetzt werden, sich – vermeint-
des Vorgesetzten. In diesem Kontext sind vor lich „zum Wohle“ der Organisation oder
allem zwei Forschungsansätze herauszustel- Institution – in einer illegitimen, potenzi-
len, die beide maßgeblich auf die Arbeiten ell auch illegalen Weise zu verhalten (z. B.
des Führungsforschers Bennett J. Tepper zu- Übervorteilung von Kunden, Zurückhal-
rückgehen: nämlich die feindselig-aggressive tung kritischer Informationen, Fälschung
Führung („Abusive Supervision“) und der füh- offizieller Daten). Druckmittel sind dabei
rungsseitig erzeugte Druck auf Mitarbeitende die in Aussichtstellung persönlicher Vortei-
zu unethischen Verhaltensweisen („Pressure to le im Falle des unethischen Verhaltens bzw.
Behave Unethically“): die Androhung persönlicher Nachteile für
4 Abusive Supervision (Tepper 2000, 2007) den Fall der Verweigerung solchen Verhal-
verweist auf das, was wohl die meisten in- tens. Tepper geht in seinen Untersuchun-
tuitiv mit einer unethischen Führung asso- gen davon aus, dass PBU in nahezu allen
ziieren werden: Ein Vorgesetztenverhalten, US-amerikanischen Unternehmensskanda-
das von den Geführten als feinselig und ag- len der jüngeren Vergangenheit (z. B. En-
gressiv wahrgenommen wird und das sich ron, Arthur Anderson, Fannie Mae) gut
dabei sowohl auf verbaler wie auf non- nachgewiesen werden kann – wobei wir
verbaler Ebene vollziehen kann. Als ty- mit Blick auf die Unternehmensskanda-
pische Ausdrucksformen gelten hier lau- le der Bundesrepublik Deutschland (z. B.
tes und ärgerliches Anschreien, öffentli- VW, Wirecard) durchaus Vergleichbares
ches Kritisieren, Bloßstellen und „zum Sün- annehmen dürfen.
228 T. Kuhn und J. Weibler

14.2.2 Unethische Führungsziele torengruppe, zeigte sich, dass über 80 %


der rund 2.500 Befragten angaben, eine
oder mehrere dieser „dunklen“ Führungs-
Eine zweite und nicht minder bedeutsame formen schon einmal beobachtet zu haben,
Ausdrucksform „dunkler“ Führung ist auf der zuweilen sogar „nahezu regelmäßig“ (Da-
Zielebene zu verorten, sprich: nicht die Un- ten für Deutschland liegen u. W. leider
moral des Verhaltens ist hier das Problem, nicht vor).
sondern die Ungerechtigkeit der führungssei- 4 Exploitative Leadership (Schmid et al.
tig verfolgten Ziele. Aufschlussreich in die- 2019) fokussiert demgegenüber eine Inter-
sem Zusammenhang erscheinen insbesondere essenlage, die beim Destructive Leadership
die Ansätze zur zerstörerischen Führung („De- außen vor bleibt, obgleich sie in der Füh-
structive Leadership“) sowie zur ausbeuteri- rungspraxis von enormer Bedeutung sein
schen Führung („Exploitative Leadership“): dürfte: die des Führenden selbst. Eine aus-
4 Destructive Leadership (Einarsen et al. beuterische Führung wäre demnach eine
2007) versteht sich als „the systematic and Führung, deren hauptsächliches oder aus-
repeated behavior by a leader, supervisor schließliches Bestreben darin besteht, die
or manager that violates the legitimate in- Eigeninteressen des Führenden bestmög-
terest of the organisation by undermining lich zu verwirklichen. Als typische Metho-
and/or sabotaging the organization’s goals, den solcher Ausbeutung gelten (a) Druck
tasks, resources, and effectiveness and/or und Überforderung (Übertragung von im-
the motivation, well-being or job satis- mer mehr Aufgaben, für deren Erledigung
faction of his/her subordinates“ (Einarsen knapp bemessene Fristen eingeräumt wer-
et al. 2007, S. 207). Der Ansatz ist damit den, dies alles ungeachtet der bereits vor-
klassisch im Spannungsfeld von Organisa- handenen Arbeitsbelastung der Mitarbei-
tions- und Mitarbeitendeninteresse dimen- ter), (b) Unterforderung und Behinderung
sioniert und interpretiert Führung als gut der Entwicklung (Übertragung uninteres-
und gerecht, wenn sie auf einen fairen Aus- santer Aufgaben, aus deren Erledigung der
gleich zwischen den legitimen Interessen Führende persönliche Vorteile zu ziehen
der Organisation und jenen der Geführten vermag, dies potenziell auch verbunden
abzielt („Constructive Leadership“). Diese mit dem Ziel, persönliche Karrierewege zu
„helle“ Form der Führung wird im Wei- verbauen und/oder nützliche Mitarbeitende
teren kontrastiert mit vier „dunklen“ Füh- ans Team zu binden), sowie (c) geschickte
14 rungsformen, deren Zielverfolgung auf je Manipulationen (z. B. gegenseitiges Aus-
spezifische Weise unausgewogen und des- spielen einzelner Mitarbeiter durch Täu-
halb als unethisch zu bewerten ist. Im Ein- schung und Hintergehen, dies alles wohl-
zelnen sind dies eine Führung, die (a) zu gemerkt potenziell in einer vordergründig
Gunsten der Geführten, jedoch zu Las- überaus freundlichen und zuvorkommen-
ten der Organisation wirkt („Supportive- den Weise).
Disloyal Leadership“), (b) zu Gunsten der
Organisation, jedoch zu Lasten der Geführ-
ten wirkt („Tyrannical Leadership“), (c) zu 14.3 Zentrale Ursachen einer
Lasten der Geführten und zu Lasten der Or- „dunklen“ Führung
ganisation wirkt („Derailed Leadership“),
bzw. sich, quasi als Sonderform dessen,
(d) praktisch weigert, ihrer Führungsfunk- Als wegweisender Ansatz zur Erklärung der
tion überhaupt nachzukommen („Laissez- Entstehung „dunkler“ Führungsformen in Or-
Faire Leadership“). In einer Untersuchung ganisationen gilt das sog. „toxische Dreieck“
für Norwegen, dem Heimatland der Au- (Padilla et al. 2007), dessen zentrale Botschaft
Kapitel 14 ! Die „dunkle Seite“ der Führung
229 14
lautet: Es wäre zu kurz gesprungen, würde ren) (Rosenthal und Pittinsky 2006). Stu-
man das Phänomen der „dunklen“ Führung dien über narzisstische Führungspersön-
ausschließlich auf das Wirken und die Macht lichkeiten sind zwischenzeitlich recht zahl-
„dunkler“ Führungspersönlichkeiten zurück- reich und beginnen bei früheren US-Prä-
führen. Eine solche Führung entsteht vielmehr sidenten (Watts et al. 2013), reichen – im
stets aus dem Zusammenspiel von „dunklen“ Organisationsbezug – vom sog. CEO-Nar-
Führern („Bad Leader“), „dunklen“ Geführ- zissmus (Cragun et al. 2020) über narziss-
ten („Bad Follower“) und „dunklen“ Füh- tische Teamführung (Nevicka et al. 2011)
rungssituationen („Bad Barrels“), die sol- bis hin zu Spezifika des Narzissmus im
chen Akteuren ein begünstigendes Umfeld Assessment Center (Blair et al. 2015) und
bieten. Einige grundlegende Erkenntnisse zu enden gewissermaßen in der Betrachtung
diesen Bestimmungsgrößen wollen wir im des Zusammenhangs von Narzissmus und
Folgenden in notwendiger Kürze nachzeich- Führung in Schulklassen (Brummelman
nen. et al. 2021). Im Ergebnis lässt sich dabei
verallgemeinernd feststellen, dass (a) nar-
zisstische Führung zwar nicht unbedingt,
14.3.1 Psychogramme des Bad dennoch überdurchschnittlich häufig mit
Leaders negativen Auswirkungen einhergeht (z. B.
ethische Verfehlungen, abnehmende Per-
formance von Organisationen oder Teams),
Infolge der Führer-Zentrierung des üblichen gleichwohl (b) narzisstische Persönlichkei-
Leadership-Denkens (Endres und Weibler ten überdurchschnittlich häufig bis hin-
2019) überrascht es wenig, dass die Mehrzahl ein in oberste Führungspositionen aufzu-
der Ansätze zur Erklärung „dunkler“ Führung steigen vermögen, was im Wesentlichen
sich vornehmlich mit der Person bzw. der (pro- auf ihr herausragendes „Impression Ma-
blematischen) Persönlichkeit der Führungs- nagement“ (Charme, Charisma, Manipula-
kraft auseinandersetzt. In den Mittelpunkt der tionsfähigkeit, suchtartiges Arbeitsverhal-
Debatte ist dabei in den vergangenen Jahren ten) zurückgeführt wird (Kuhn und Weibler
die sog. „Dunkle Triade“ der Persönlichkeit 2020; Weibler 2023).
(Paulhus und Williams 2002) gerückt, die drei 4 Machiavellisten sind charakterisiert durch
ähnliche, aber keineswegs gleiche Persönlich- ein starkes Bedürfnis nach extrinsischen
keitstypen führungsbezogen diskutiert: (sub- Erfolgsausweisen wie Geld, Status und
klinische) Narzissten, Machiavellisten sowie Macht, wobei sie zur Erreichung dieser
(subklinische) Psychopathen. Ziele stets bereit sind, auch unethische Mit-
4 Narzissten sind durch spezifische psychi- tel einzusetzen (z. B. ihre besonderen Fä-
sche Merkmale bestimmbar, insbesonde- higkeiten zur Manipulation und Kontrolle
re durch Arroganz (als das üblicherweise anderer) (Dahling et al. 2009). Als Füh-
hervorstechendste Merkmal), Minderwer- rende sind Machiavellisten – verglichen
tigkeitsgefühle (die die innere Gefühlsla- etwa mit den Narzissten – weitaus hand-
ge des Narzissten dauerhaft beherrschen), lungsflexibler, vermögen also in situativer
übersteigertes Bedürfnis nach Anerken- Klugheit problemlos zwischen direktiven
nung und Überlegenheit, Überempfindlich- und partizipativen, kooperativen und mani-
keit und Wut bei Kritik, fehlende Em- pulativen Verhaltensweisen zu changieren,
pathie, Amoralität und Paranoia (verge- weshalb auch sie überdurchschnittlich häu-
genwärtigt etwa in der Bereitschaft, rück- fig in Führungspositionen zu finden sind
sichtslos und brutal gegenüber vermute- und hier auch zielbezogen sehr erfolgreich
ten Feinden, aber auch als unfähig/illoyal zu agieren verstehen (Kuhn und Weibler
wahrgenommenen Gefolgsleuten zu agie- 2020; Weibler 2023).
230 T. Kuhn und J. Weibler

4 Psychopathen sind antisoziale Persönlich- 14.3.2 Typologien des Bad


keiten, als deren herausragende Merkma- Followers
le Selbstbezogenheit, Unberechenbarkeit
und Skrupellosigkeit, Treulosigkeit, Ver-
antwortungslosigkeit und Furchtlosigkeit, Es gleicht heute fast schon einer Binsenweis-
ferner Risikofreudigkeit verbunden mit kri- heit darauf hinzuweisen, dass Führung als Be-
mineller Energie gelten (Burch und Mc- ziehung und Prozess nicht nur eines Führenden
Cormick 2009) – womit sie über Eigen- bedarf, sondern ebenso Geführter, die den Füh-
schaften verfügen, die für bestimmte or- rungsanspruch des Führenden anerkennen und
ganisationale Tätigkeiten (z. B. Investment dessen Verhaltenserwartungen zu entsprechen
Banking) durchaus vorteilhaft erscheinen suchen. Damit stellt sich gleichsam die Frage,
(Boddy 2011) und weshalb solche Per- welche Bedeutung bzw. (Mit-)Verantwortung
sönlichkeiten arbeitgeberseitig nicht sel- Geführte im Kontext einer „dunklen“ Führung
ten regelrecht gesucht werden (Boddy haben. Zu kurz gesprungen ist es hier in jedem
et al. 2021; Basham 2011). Da (subklini- Falle, Geführte stets nur als „Opfer“ „dunk-
sche) Psychopathen ähnlich den (subklini- ler“ Führungspraktiken zu sehen. Vielmehr ist
schen) Narzissten über ein außergewöhn- auch ihre „Mit-Täterschaft“ grundsätzlich in
liches „Impression Management“ verfü- Betracht zu ziehen.
gen, steigen auch sie überaus leicht und Obgleich selbstredend deutlich weniger
häufig in Top-Führungspositionen auf. Ei- Beiträge und Erkenntnisse zum „Bad Fol-
ne Studie von Hill und Scott (2019) lower“ vorliegen als zum „Bad Leader“, so
zeigt überdies, dass zahlreiche Charakter- wurden zwischenzeitlich dennoch einige be-
eigenschaften von Psychopathen nahezu deutsame Untersuchungen und Überlegungen
synonym mit hochgeschätzten Charakter- vorgestellt (siehe Lipman-Blumen 2005; Tho-
eigenschaften von Unternehmensführern roughgood et al. 2012), die in ihrer Quint-
sind (z. B. no fear ! shows courage; feels essenz auf mehrere, sehr verschiedenartige Ty-
no guilt ! can live with tough decisi- pen eines Bad Followers hinweisen. Pointiert
ons; promises the sky ! visionary). Ein- formuliert sind hier zu unterscheiden (Kuhn
gedenk dessen sehen Untersuchungen den und Weibler 2020):
Anteil von Psychopathen bei oberen Füh- 4 „Die Gehorsamen“, die jeder (Führungs-)
rungskräften um das Dreifache häufiger als Autorität folgen, auch wenn sie unethisch
im gesellschaftlichen Durchschnitt (Groll agiert.
14 2014; Babiak und Hare 2007). 4 „Die Verlorenen“, die jedem Führenden
folgen, weil sie aufgrund persönlicher De-
Nachzutragen in diesem Zusammenhang fizite Führung brauchen.
bleibt der Vorschlag des „Begründers“ der 4 „Die Ängstlichen“, die vor allem aus
„Dunklen Triade“, Delroy Paulhus, diese Furcht vor Bestrafungen folgen.
zukünftig zu einer „Dunklen Tetrade“ aus- 4 „Die Kalkulierenden“, die folgen, weil es
zuweiten, ergänzt um den subklinischen bzw. für sie persönlich am gewinnbringendsten
ganz alltäglichen Sadismus (Buckels et al. erscheint.
2013) – wobei die Forschung dem bislang 4 „Die Gläubigen“, die folgen, weil sie von
noch kaum gefolgt ist. der Ideologie oder Vision des Führenden
beseelt sind.

Wie wir an anderer Stelle (Kuhn und Weibler


2020) herausgearbeitet haben, lässt sich diese
Typologie der Bad Followership nahezu iden-
tisch bereits in William Shakespeares Drama
Kapitel 14 ! Die „dunkle Seite“ der Führung
231 14
„Richard III“ herauslesen – was darauf hin- dem Grad eines destruktiven bzw. feindse-
deutet, dass sich zwischen 1592 und heute in lig-aggressiven Führungsverhaltens.
diesem Bereich nicht allzu viel (zum Besseren)
gewandelt zu haben scheint. Bedeutet wird damit: Populäre Management-
konzepte wie Pay for Performance und Ma-
nagement by Objectives können zum Trigger
14.3.3 Konstruktionen des Bad „dunkler“ Führung in Organisationen werden.
Barrels Jenseits dieses konkreten Beispiels kann
generell davon ausgegangen werden, dass die
meisten der seit den 1980er Jahren eingeläute-
Führung in Organisationen findet nicht nur ten, gleichsam mit der neoliberalen Umgestal-
zwischen Personen (Führender, Geführte) tung der Wirtschaft einhergehenden Verände-
statt, sondern immer auch in einer Führungssi- rungen auf der systemischen Ebene (z. B. Fi-
tuation, die durch institutionelle (z. B. Organi- nanzialisierung, Privatisierung, Individualisie-
sationskultur), letztlich aber auch systemische rung, Ökonomisierung) sowie die damit kor-
Spezifika (z. B. Machtverhältnis zwischen Ka- respondierenden (Neu-)Orientierungen auf der
pital und Arbeit) geprägt ist. Dieser Einfluss institutionellen Ebene (z. B. Shareholder-Va-
ist natürlich mehr oder minder indirekt, hat lue-Management, Renditeextremismus, Profit-
aber dennoch Bedeutung auch für die ethi- at-all-Costs-Kultur, interner Wettbewerb, Pay
sche Qualität der Führung. Berühmt-berüch- for Performance, Management by Objectives)
tigte Anschaulichkeit erlangte die damit ange- als situative Treiber einer zunehmend „dunk-
sprochene „Macht der Situation“ auf das Ver- len“ Führung in Organisationen eingestuft
halten von Personen im „Stanford Prison Ex- werden müssen (Kuhn und Weibler 2014).
periment“ (Zimbardo 2008), wo (verhaltens-) Hinterlegt werden kann dies mit Ergebnis-
normale Studierende sich in einer simulierten sen verschiedener Studien, die aufzeigen, dass
Gefängnissituation innerhalb weniger Tage in dem finanzwirtschaftlichen Renditedruck ge-
sadistische „Wärter“ und ohnmächtige „Ge- schuldete Zielvorgaben vom Top-Management
fangene“ wandelten. Dieser sog. „Luzifer Ef- häufig kurzerhand nach unten weitergereicht
fekt“ kann – selbstredend in gemäßigter Form werden, sprich: ohne zu bedenken, wie dies
– auch durch bestimmte Führungssituationen organisatorisch umgesetzt werden kann (LAB
hervorgerufen werden, die dann wie ein Kata- 2015), was bei mittleren Führungskräften auf
lysator „dunkle“ Führungspraktiken befeuern. breiter Front „vitale“ (24 %) bzw. „mittle-
Ein einfaches Beispiel dafür, wie organisa- re“ (48 %) Erschöpfungsprozesse (Müdigkeit,
tionale Situationsgestaltungen „dunkle“ Füh- Entmutigung, Energiemangel) nach sich zieht
rungsformen begünstigen können, geben Bar- (Fifka und Kraus 2013) – dies dann quasi
des und Piccolo (2010), die in ihrem Ansatz mit dem Ergebnis, dass rund die Hälfte der
von folgenden Annahmen ausgehen: deutschen Führungskräfte aufgrund hoher Ar-
4 Erstens: Der Grad der Schwierigkeit, den beitsbelastung mit ihrer Führungsrolle hadert
Führende bei der Erreichung vorgegebener und 44,7 % der stark belasteten Führungskräf-
Zielsetzungen wahrnehmen, korreliert po- te auch kein Vertrauen mehr in die eigenen
sitiv mit dem Grad an Stress, den Führende Mitarbeitenden besitzen (16,4 % bei den we-
empfinden. niger belasteten Führungskräften) (Hoffmann
4 Zweitens: Der Grad, in welchem die Ver- 2020). Kurzum: „Dunkle“ Führung ist nicht
gütung des Führenden leistungsorientiert ausschließlich individuell erklärbar, sondern in
erfolgt, korreliert positiv mit dem Grad an einem bedeutsamen Maße auch systemisch-
Stress, den Führende empfinden. institutionell begründet. Plastisch gesprochen:
4 Drittens: Der Grad, in welchem Führen- Ohne den Renditedruck der Finanzmärkte
de Stress empfinden, korreliert positiv mit würden vermutlich weit weniger Führungs-
232 T. Kuhn und J. Weibler

kräfte Druck auf Mitarbeitende zu unethischen „Entgleisung“ des Bad Leaders in Form von
Verhaltensweisen (PBU) ausüben. Entlassung, Versetzung oder zumindest Ver-
harren auf niedrigem Karriereniveau (Kuhn
und Weibler 2016). „Dunkle“ Führung produ-
14.4 Mögliche Wirkungsweisen ziert so gesehen nur Verlierer und entspricht
„dunkler“ Führung einer „Lose-lose-lose“-Konstellation: Schlecht
für alle, aber zumindest gerecht!
Interpretiert man diese pauschalisierende
14.4.1 „Alle können nur verlieren!“ Betrachtungsweise noch etwas weitergehen-
– Die pauschalisierende der, dann wird erkennbar: Dieses Verständnis
Betrachtung der „dunklen“ der „dunklen“ Seite der Führung markiert
Führung nicht etwa das Gegenteil der „hellen“ Seite
der Führung, sondern lediglich eine alternati-
ve Form ihrer Bestätigung (Kuhn und Weibler
Fragt man nach den Wirkungsweisen „dunk- 2021). Denn wenn die Key Message der Light
ler“ Führung, dann wird in aller Regel (pau- Side of Leadership lautet: „Ein erfolgreich
schal) davon ausgegangen, dass eine solche Führender kann letztlich nur sein, wer auch
Führung vollumfänglich dysfunktional sei und ein ethisch guter und gerechter Führender ist!“
bei deren Praktizierung mithin alle Beteiligten (s. o.), dann bestätigt die pauschalisierende Be-
(Führender, Geführte, Organisation) letztlich trachtungsweise dies lediglich in der Form des
nur verlieren können. vice versa: „Wer ein ethisch schlechter und un-
Tendenzielle Bestätigung findet diese gerechter Führender ist, wird letztlich immer
Grundaussage in einer Meta-Analyse von ein erfolgloser Führender sein!“ Die „Leader-
Schyns und Schilling (2013), die 57 Ein- ship-Industrie“ bleibt sich treu.
zelstudien berücksichtigte und ergab, dass
destruktive Führung (a) negativ korreliert
mit positiv bewerteten Verhaltensäuße- 14.4.2 „Viele verlieren,
rungen der Geführten (z. B. Identifikation aber manche gewinnen!“ –
mit der Führungskraft, Wohlbefinden und Eine differenzierende
Arbeitszufriedenheit, Commitment und Leis- Betrachtung der „dunklen“
tungsbereitschaft), und (b) positiv korreliert Führung
mit negativ bewerteten Verhaltensäußerungen
14 der Geführten (z. B. Kündigungsabsichten,
Widerstand gegenüber der Führungskraft, Gedanklicher Aufhänger für eine differenzie-
kontraproduktives Arbeitsverhalten, Stress). rende Betrachtung des Realphänomens der
Damit wird bedeutet, dass „dunkle“ Füh- „dunklen“ Führung ist die Plausibilitätsfrage:
rung nicht nur dem Wohlbefinden und der Kann es sein, dass eine Führungsform, die
Gesundheit der Geführten in erheblicher Wei- in der Praxis derart große Verbreitung fin-
se abträglich sein dürfte, sondern auch deren det, tatsächlich niemandem von Nutzen ist?
Motivation und Leistung absinken lässt, womit Müssten solchermaßen „nutzlose“ Führungs-
eine solche Führung aus Sicht der Organisati- praktiken dann nicht über kurz oder lang von
on zu einem (strategischen) Misserfolgsfaktor allein verschwinden? Zur Beantwortung die-
avancieren sollte. Infolgedessen wäre letzt- ser Fragen gilt es, die zentralen Annahmen
lich auch die Organisation gehalten, ihre der pauschalisierenden Betrachtungsweise kri-
„dunklen“ Führungskräfte zur Rechenschaft tisch zu hinterfragen. Konkret: Reagieren tat-
zu ziehen und für ihre erfolgsschädigende sächlich alle Mitarbeitenden mit Demotivati-
Führung abzustrafen, wofür in der einschlägi- on und Leistungsreduzierung auf Formen der
gen Debatte der Terminus „Derailment“ steht: „dunklen“ Führung? Und: Müssen wirklich
Kapitel 14 ! Die „dunkle Seite“ der Führung
233 14
alle „dunklen“ Führungskräfte mit Sanktionie- drängt und 6 % hierarchisch zurückversetzt.
rung im Sinne des „Derailment“, letztlich also Für 19,4 % der als unethisch bewerteten Füh-
ihrer Entlassung, rechnen? rungskräfte blieb ihr Verhalten dagegen fol-
Tatsächlich zeigen neuere Studien, dass genlos. Und 44,8 % wurden hierfür sogar be-
unethisches Führungsverhalten grundsätz- lohnt bzw. befördert. Insofern kann es wohl
lich auch funktionale Reaktionen auf Seiten sein, dass Führende, die aus Sicht der Geführ-
der Geführten hervorrufen kann. So haben ten als „dunkel“ wahrgenommen werden, aus
Schwarzmüller et al. (2018) in zwei Criti- Sicht der Organisation „hell“ erscheinen.
cal Incident-Studien nachgewiesen, dass ein Wichtig: Mit diesen Einlassungen wollen
besonders ärgerliches und wütendes Füh- wir „dunkle“ Führung keinesfalls legitimieren
rungsverhalten („intense leader anger“) bei oder gar für ihren Einsatz plädieren. Vielmehr
Geführten einerseits zwar korrespondierende wollen wir herausstellen, dass das Phäno-
Gefühle hervorrufen kann („anger“), was dann men deutlich komplexer ist als es die übliche
in führungsseitig unerwünschtem Verhalten (pauschalisierende bzw. „Lose-lose-lose“-)
mündet („deviance“). Dasselbe Führungs- Interpretation suggeriert. Denn zum wirkli-
verhalten kann bei Geführten aber auch chen Verständnis der Dark Side of Leadership
konträre Emotionen hervorrufen, nämlich ist anzuerkennen:
Sorgen, Ängste und Einschüchterung („anxie- 4 „Dunkle“ Führung ist kein objektives Fak-
ty“), was verhaltensbezogen dann gesteigerte tum, sondern liegt zumindest ein Stück
Leistungsanstrengungen bewirkt („work ef- weit im bewertenden Auge des Betrachters.
fort“). In eben diese Richtung weist auch Das bedeutet beispielsweise, dass ein Füh-
eine Arbeit von Tröster und Van Quaquebe- rungsverhalten, das der Mitarbeiter A als
ke (2020), die sich ausdrücklich abgrenzt von feindselig-aggressiv wahrnimmt, vom Mit-
der „tonangebenden“ Logik, wonach ein feind- arbeiter B als eher unproblematisch emp-
selig-aggressives Führungsverhalten („abusive funden werden kann. Es bedeutet zudem,
supervision“) stets ein Absinken der Leis- dass eine Führung, die vom Team insge-
tungsbereitschaft der Geführten zur Folge samt als höchst unethisch betrachtet wird
habe. In zwei Studien weisen die Autoren ( ! Bad Leader), von Seiten der Organisa-
vielmehr nach, dass Geführte die Ursache tion durchaus als effektiv und erfolgreich
einer feindselig-aggressiven Führung je nach- eingestuft werden kann ( ! Good Leader).
dem auch bei sich selbst verorten können, 4 „Dunkle“ Führung ist nicht per se eine
aufgrund dessen Schuldgefühle entwickeln „Lose-lose-lose“-Konstellation, sondern
und schließlich in der Weise reagieren, dass kann potenziell auch Gewinner hervorbrin-
sie die Führungskraft in seiner Zielerreichung gen. Dies vor allem dann, wenn (a) die
stärker als bisher zu unterstützen suchen. Geführten hierauf nicht mit Widerstand
Andere Studien weisen darauf hin, dass und Leistungszurückhaltung reagieren,
Bad Leader organisationsseitig durchaus nicht sondern – aus naheliegenden menschlichen
immer negativ sanktioniert werden – eher im Gefühlen heraus (Ängste, Einschüchte-
Gegenteil. So wurden in einer Studie von rung, Schuld) – diese eher noch goutieren,
Erickson et al. (2007) Geführte (n = 232) über und (b) die Organisation sich ausschließ-
ihre Erfahrungen mit unethischer Führung be- lich auf die Zielerreichung (Performance)
fragt. Das verblüffende Ergebnis war, dass – der Führungskräfte kapriziert und „interne
aus Sicht der Geführten – unethisches Füh- Kollateralschäden“ unethischer Führung
rungsverhalten eher selten negative Konse- (z. B. Depressionen, Burnout, Bluthoch-
quenzen für die entsprechenden Führungskräf- druck, Magengeschwüre) (von der Oelsnitz
te hatte. So wurden lediglich 13,4 % der Bad und Busch 2010) dabei nonchalant igno-
Leader zum Verlassen der Organisation ge- riert.
234 T. Kuhn und J. Weibler

14.5 Überlegungen zur und Weibler 2020). Darüber hinaus gilt es für
„Aufhellung“ der Führung Organisationen aber auch, das Parallelproblem
der Bad Barrels entschieden anzugehen – was
in Organisationen nicht weniger bedeutet, als ebenso beliebte wie
verbreitete Managementkonzepte (z. B. Ma-
Eingedenk der vorgestellten Erkenntnisse zur nagement by Objectives, Pay for Performance)
„dunklen“ Führung wollen wir nunmehr noch grundsätzlich in Frage zu stellen und auch kul-
einige kurze Überlegungen anstellen hinsicht- tureller Fehlentwicklungen wie einer „Profit-
lich der Frage, wie die Führung in Orga- at-all-costs“-Kultur Herr zu werden (Kuhn und
nisationen „aufgehellt“, gleichsam also auf Weibler 2012).
ein ethisch(er)es Fundament gestellt werden Der zweite zentrale Akteur, dessen Beiträ-
kann. ge zur „Erhellung“ der Führung unverzicht-
Gefordert ist hierzu zum Ersten sicher- bar erscheinen, sind die Geführten. Für sie
lich die Organisationsleitung selbst. Für sie gilt es, einem Bad Followership abzuschwö-
gilt es zum einen, dem Typus des Bad Lea- ren und ein Good Followership voranzutreiben
ders effektiv zu begegnen und gleichzeitig – was im Konkreten bedeutet, Bestrafungs-
den Gegentypus des „Good Leaders“ zu be- ängsten beherzt zu begegnen, Gehorsamsbe-
fördern. Zentrale Vorbedingung dafür ist al- reitschaft kritisch zu hinterfragen und so zu
lerdings, dass eben dies auch gewollt wird – guter Letzt Mündigkeit innerhalb der Füh-
was manche Beobachter (Pfeffer 2015) ange- rungsbeziehung unter Beweis zu stellen. Zur
sichts einer scheinbaren Affinität der Praxis Hinterlegung dieser Vorgaben eignet sich sehr
für die „Dunklen Triadisten“ und ihr „Im- schön eine Studie von Carsten und Uhl-Bien
pression Management“ bereits in Zweifel zie- (2013), bei der die Teilnehmer unethische An-
hen. Sollte diese Bedingung dennoch erfüllt weisungen erhielten, konkret: Sie wurden mit
sein, dann wären vor allem Frühwarnsyste- der Untersuchung eines technischen Problems
me zu installieren, die bereits in der Phase bei einem Luxusauto betraut und kurz nach
der Personalselektion ansetzen und geeignet Beginn ihrer Arbeit von ihrem Vorgesetzten
sind, die führungsethische Spreu (subklini- angehalten, vorliegende Daten zu fälschen, um
sche Narzissten, Machiavellisten, subklinische so ein günstigeres Gesamtergebnis zu erzielen.
Psychopathen) vom führungsethischen Wei- Es zeigte sich, dass vor allem jene Probanden
zen zu trennen („Helle Triadisten“, die sich dieser unethischen Anweisung folgten, die ein
nach Kaufman et al. (2019) durch „Huma- „heroisches“ Führungsverständnis hatten, alle
14 nismus“, „Kantianismus“ und „Glaube an die Verantwortung also bei der Führungskraft sa-
Menschlichkeit“ auszeichnen). Inwieweit das hen und sich selbst in einer Position, wo man
vorliegende Instrumentarium hierfür tatsäch- besser keine Fragen stellt. Teilnehmende, die
lich taugt, ist aktuell jedoch durchaus strittig. ein eher „post-heroisches“ Führungsverständ-
Zudem stellt sich die Aufgabe, moralische Per- nis mitbrachten und sich als Partner im Füh-
sönlichkeiten für Führungspositionen zu ge- rungsprozess verstanden, zeigten demgegen-
winnen – was auch nicht immer leicht sein über weit häufiger konstruktiven Widerstand
dürfte, da solche Protagonisten zumeist wenig und folgten der Anweisung nicht. Dies be-
geneigt sind, überhaupt Führungspositionen deutet: „Dunkler“ Führung zu begegnen heißt
anzustreben bzw. anzunehmen (Weibler und auch, die Macht des Leaders in unseren Köp-
Kuhn 2021). Das Führungspersonal-bezoge- fen zu beschneiden und uns im Selbstverständ-
ne Projekt getreu dem Motto „Die Schlechten nis auf Augenhöhe mit den Führenden bringen.
raus, die Guten rein“ klingt insofern leichter „Dunklen“ Führungskräften dürfte dies jeden-
als es in seiner Umsetzung sein dürfte (Kuhn falls nicht gefallen.
Kapitel 14 ! Die „dunkle Seite“ der Führung
235 14
14.6 Fazit Boddy CR (2011) The corporate psychopaths theory of the
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troffen hiervon sind insbesondere die derart Bormann KC, Hoon C, Graffius M, Hansen C (2020)
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den und Gesundheit durch feinselig-aggressi- performance in family and non-family firms. Acad
ves Führungsverhalten, aber auch durch füh- Manag Annu Meet Proc 1:1349–1354
rungsseitigen Druck zu unethischen Verhal- Brummelman E, Nevicka B, O’Brian JM (2021) Narcis-
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tensweisen sowie systematische Übervortei- 363
lungen seitens der Führung (s. 7 Abschn. 14.2) Buckels EE, Jones DN, Paulhus DL (2013) Behavio-
häufig erheblich in Mitleidenschaft gezogen ral confirmation of everyday sadism. Psychol Sci
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dann gilt es dessen Ursachen auszumachen Burch GStJ, McCormick I (2009) The dark side: rela-
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(s. 7 Abschn. 14.3) und anzugehen, dabei aber Wright SL (Hrsg) Friends and enemies in organiza-
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237 V

Verantwortung
und faire
Geschäftspraktiken
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 15 Schutz und Förderung von Gesundheit


in Wertschöpfungsketten – 239
Eva Bamberg, Marlies Schümann und Grit Tanner

Kapitel 16 Soziales Unternehmertum – eine neue Form


des sozial nachhaltigen Wirtschaftens – 251
Philipp Kruse

Kapitel 17 Verantwortung übernehmen durch


Kompetenzentwicklung und Weiterbildung – 261
Christina Stecker

Kapitel 18 Nachhaltigkeit im Pflegeberuf: Soziale und


ökologische Verantwortung übernehmen – 275
Florian Fischer
239 15

Schutz und Förderung


von Gesundheit
in Wertschöpfungsketten
Eva Bamberg, Marlies Schümann und Grit Tanner

Inhaltsverzeichnis

15.1 Einleitung – 240

15.2 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – 241

15.3 Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten


durch Corporate Social Responsibility – 243

15.4 Förderung von Gesundheit in der Wertschöpfungskette


durch interorganisationale Kooperation – 244
15.4.1 Gesundheitsbezogene Kooperation in Netzwerken – 245
15.4.2 Ein Tool zur Förderung von Gesundheit in Netzwerken
und in Wertschöpfungsketten – 246

15.5 Zusammenfassung und Fazit – 247

Literatur – 248

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
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https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_15
240 E. Bamberg et al.

2Zusammenfassung hen, sind unterschiedlich. Selbst innerhalb ei-


Ausgehend vom 2021 beschlossenen Liefer- nes Landes kann deren Qualität in verschie-
kettensorgfaltspflichtengesetz wird in diesem denen Werken und Bereichen eines Betriebes
Beitrag diskutiert, wie die Gesundheit der erheblich differieren. Zwischen den Betrie-
Arbeitenden in Wertschöpfungsketten geför- ben bestehen Unterschiede je nach Branchen.
dert werden kann. Es wird gezeigt, dass dies Großbetriebe führen häufig gegenüber Klein-
zum einen durch eine erweiterte Perspekti- und Mittelbetrieben besser entwickelte und
ve auf gesundheitsbezogene Maßnahmen im verankerte Maßnahmen durch. Hinzu kommen
betrieblichen Kontext, die auf der gesellschaft- erhebliche Unterschiede zwischen den Natio-
lichen Verantwortung vieler Akteure beruht, nen. Arbeitsschutz ist in industriell gering ent-
ermöglicht werden kann. Zum anderen kann wickelten Ländern häufig unzureichend aus-
dies auch durch interorganisationale gesund- gebaut, BGM ist weitgehend beschränkt auf
heitsbezogene Kooperationen, z. B. in Netz- Industrienationen und in Nordeuropa besser
werken, geschehen. Schließlich wird mit dem verankert als in Südeuropa (vgl. z. B. Verra
„GESIOP-Tool“ ein Instrument vorgestellt, et al. 2019).
das die Beurteilung betrieblicher gesundheits- Aktuelle Entwicklungen des Arbeitslebens
bezogener Maßnahmen und die Ableitung ent- wie Digitalisierung und Globalisierung sind
sprechender Handlungsmöglichkeiten für au- verbunden mit organisationaler, zeitlicher und
ßerbetriebliche Akteure in Netzwerken oder räumlicher Flexibilisierung der Arbeit. Es ent-
Wertschöpfungsketten erleichtert. stehen virtuelle (vgl. z. B. van den Anker
et al. 2006), internationale Organisationen, es
kommt zu Outsourcing und zur Verlagerung
15.1 Einleitung von Geschäftsteilen. Die Migration der Ar-
beitsbevölkerung nimmt aufgrund von Kriegen
und Elend in vielen Ländern der Welt zu. Pre-
Kern des Schutzes und der Förderung von käre Arbeitsverhältnisse sind für fast alle Län-
Gesundheit in Wertschöpfungsketten sind ge- der der Welt zur Selbstverständlichkeit gewor-
sundheitsbezogene Maßnahmen in Betrieben, den. Die Ausgangsbedingungen für gesund-
die im Rahmen des Arbeitsschutzes, des Be- heitsbezogene Maßnahmen werden dadurch
trieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) schlechter. Damit verbunden ist die paradoxe
und durch Betriebliche Gesundheitsförderung Situation, dass einige Betriebe über ein Sys-
(BGF) erfolgen. Eine besondere Stärke des Fo- tem guter arbeitsbezogener Maßnahmen ver-
kus auf Betriebe und Verwaltungen ist, dass fügen, in ihren Zulieferbetrieben jedoch Stan-
den konkreten Bedingungen in den verschie- dards des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
15 denen Organisationen der Arbeitswelt Rech- vernachlässigt werden (Bamberg et al. 2019).
nung getragen werden kann. Dadurch werden Gesundheitsbezogene Maßnahmen, die
eine über Prävention hinausgehende und auf sich auf Kernbetriebe konzentrieren, haben
zukünftige Arbeitsplätze bezogene prospek- begrenzte Chancen, national wie auch interna-
tive Arbeitsgestaltung sowie die Konzipie- tional zum Schutz und zur Förderung von
rung und Anwendung passgenauer Programme Gesundheit beizutragen. Vielmehr ist eine
durch Berücksichtigung spezifischer Belastun- erweiterte Perspektive erforderlich, die ne-
gen und Ressourcen an den Arbeitsplätzen ben der gesellschaftlichen Verantwortung der
möglich und es können größere Gruppen von Akteure in den Betrieben und in der Politik
Arbeitenden erreicht werden. auch die gesellschaftliche Verantwortung von
Mit der Konzentration auf Betriebe kön- Verbraucherinnen und Verbrauchern berück-
nen aber auch einige Probleme verbunden sein. sichtigt. Diese können vielfach – etwa durch
Kapazitäten und Know-how, die für gesund- den Kauf von Produkten, durch die Nutzung
heitsbezogene Maßnahmen zur Verfügung ste- von Dienstleistungen sowie durch entspre-
Kapitel 15 ! Schutz und Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten
241 15
chende Bewertungen – auf Organisationen des beit, Missachtung von Arbeitsschutzstandards,
Arbeitslebens und damit auch auf den Gesund- Missachtung der Koalitionsfreiheit, Diskri-
heitsschutz einwirken. So wird etwa durch Fair minierung der Beschäftigten, Vorenthaltung
Trade auf sicherheits- und gesundheitsgerechte eines angemessenen Lohnes, umweltbezoge-
Arbeitsbedingungen – in diesem Fall vor allem ne Risiken. Die Sorgfaltspflichten nach § 3
in industriell gering entwickelten Ländern – LkSG umfassen eine Reihe von Punkten (siehe
Einfluss genommen (vgl. Tanner und Bamberg . Tab. 15.1), die an Regelungen zu Gesund-
2018). Eine Realisierung dieser Verantwortung heitsschutz und zu Corporate Social Responsi-
unterschiedlicher Akteursgruppen ist dann bility (s. u.) erinnern.
möglich, wenn Arbeits- und Gesundheits- Nach den Leitprinzipien für Wirtschaft und
schutz das Netzwerk an Organisationen, das Menschenrechte der Vereinten Nationen aus
mit einem Betrieb verknüpft ist, einbezieht. dem Jahre 2011 müssen Unternehmen bei ih-
Die Verantwortung der Akteure – nicht nur rer Geschäftstätigkeit Menschenrechte beach-
für ihren Betrieb, sondern darüber hinausge- ten (Haupt et al. 2021, S. 56). Das LkSG
hend auch für kooperierende Unternehmen wie greift diesen Standard auf und ist somit ein
z. B. Zulieferer – wurde in den letzten Jahren wichtiger Baustein bei der Förderung von Ge-
in der Diskussion um das Lieferkettensorg- sundheit in der Wertschöpfungskette, zumal
faltspflichtengesetz aufgegriffen. Dieses Ge- in den oben genannten Problembereichen der
setz könnte eine rechtliche Grundlage für eine Arbeits- und Gesundheitsschutz mehrfach tan-
erweiterte Perspektive von Arbeitsschutz und giert ist. Die Durchsetzung der Rechte der
Gesundheitsförderung sein. Betroffenen wird durch das Gesetz erleichtert,
da inländische NGOs oder Gewerkschaften die
Möglichkeit erhalten, vor deutschen Gerichten
15.2 Lieferkettensorgfalts- einen Rechtsstreit für eine betroffene Person
pflichtengesetz zu führen (Initiative Lieferkettengesetz 2021).
Auch wenn im LkSG die unternehmerische
Verantwortung für die Lieferkette verankert
Nach zähem Ringen der Koalitionsbeteiligten ist, sind die einschlägigen Anforderungen ab-
und der Interessenverbände wurde im Som- gestuft, u. a. nach eigenen Geschäftsbereichen,
mer 2021 das Gesetz über die unternehmeri- unmittelbaren Zulieferern und mittelbaren Zu-
schen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lie- lieferern. Hinsichtlich der eigenen Geschäfts-
ferkettensorgfaltspflichtengesetz, LkSG) ver- tätigkeit und der unmittelbaren Zulieferer be-
abschiedet. Nach dem Gesetz haben die Unter- stehen die weitestgehenden Pflichten (Initiati-
nehmen in Deutschland Verantwortung für die ve Lieferkettengesetz 2021). In der Regel müs-
Sicherung von Menschenrechten. Das LkSG sen hier Abhilfemaßnahmen zumindest dazu
hat das Ziel, den Schutz der Menschenrechte in führen, die Verletzungen menschenrechtlicher
globalen Lieferketten zu verbessern. Grundle- oder umweltbezogener Pflichten zu beenden
gende Standards sollen gewährleistet werden. (§ 7 Abs. 1 LkSG). Bei mittelbaren Zulieferern
Das Gesetz soll klare und umsetzbare Anfor- reicht es dagegen, ein Konzept vorzulegen,
derungen für die Sorgfaltspflichten von Un- mit dessen Hilfe Verletzungen beendigt oder
ternehmen festlegen und damit Rechtssicher- minimiert werden, jedoch ohne dass dies ga-
heit für Unternehmen und Betroffene schaffen rantiert zum Erfolg führen muss. Bei mittelba-
(BMZ 2021). ren Zulieferern müssen Unternehmen erst dann
Die Sorgfaltspflichten sind ausgerichtet aktiv werden, wenn (z. B. durch eine Risi-
auf eine Reihe von Risiken und Problemfel- koanalyse) Beschwerden bzw. Anhaltspunkte
dern, die zum Teil auch gesundheitsbezoge- für Menschenrechtsverletzungen und Umwelt-
ne Maßnahmen in der Arbeitswelt betreffen, schäden vorliegen („substantiierte Kenntnis“,
z. B. Kinderarbeit, Sklaverei und Zwangsar- § 9 Abs. 3 LkSG). Für die Beschäftigten
242 E. Bamberg et al.

. Tab. 15.1 Sorgfaltspflichten nach dem Lieferkettengesetz

– Einrichtung eines Risikomanagements

– Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit

– Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen

– Abgabe einer Grundsatzerklärung

– Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren


Zulieferern

– Ergreifen von Abhilfemaßnahmen

– Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens

– Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern

– Dokumentation und Berichterstattung

Fehlzeiten-Report 2022

der mittelbaren Zulieferer dürfte die Hürde, (2) Unzureichende Berücksichtigung interna-
Verletzungen von Menschenrechtsstandards zu tionaler Standards: Im Gesetz wird z. B.
melden, hoch sein, da die Gefahr des Verlus- mehrfach auf die Bestimmungen des
tes von Arbeitsplätzen besteht. Die Initiative Beschäftigungsorts verwiesen. Ziel der
Lieferkettengesetz kritisiert diese Regelung, Durchsetzung von universellen Menschen-
denn auch bei den mittelbaren Zulieferern rechten ist aber gerade, über Unzulänglich-
ist mit Menschenrechtsverletzungen und Um- keiten des lokalen Rechts hinauszugehen
weltschädigung zu rechnen. Außerdem steht (Initiative Lieferkettengesetz 2021, S. 5).
diese Regelung im Widerspruch zum präven- (3) Hohe Kosten: Kritische Stimmen heben
tiven und risikobasierten Ansatz der UN-Leit- hervor, dass das LkSG zu aufwändig, zu
prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. bürokratisch und zu teuer sei.
Demnach sollten sich Unternehmen proaktiv
um die schwersten Menschenrechts- und Um- Demgegenüber stellen Haupt et al. (2021)
weltprobleme in ihren Lieferketten kümmern, heraus, dass mit zunehmender Erfahrung der
unabhängig davon, wo diese auftreten (Initia- Unternehmen die Wertschätzung für ein nach-
15 tive Lieferkettengesetz 2021, S. 8). haltiges Lieferkettenmanagement tendenziell
Weitere Einschränkungen des Gesetzes be- ansteigen würde. Als wesentliche Vorteile
treffen die folgenden Punkte: eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements
(1) Einschränkung auf die Lieferkette: Eine verweisen die Autorinnen und Autoren auf
Lieferkette umfasst nach dem Gesetz alle geringere Lieferausfälle, weniger Streiks und
Schritte, die zur Herstellung von Produkten eine steigende Reputation der Firmen. Beson-
und zur Erbringung von Dienstleistungen ders letzteres ist für Attraktivität der Unter-
erforderlich sind, von der Gewinnung der nehmen bei potenziellen Auftraggebern, der
Rohstoffe bis zur Lieferung an die Endkun- Finanzwirtschaft und bei Kunden von Bedeu-
den (§ 2 (5)). Die Lieferkette betrifft damit tung. Wichtig für diese Effekte scheinen enge
nur einen Ausschnitt der Wertschöpfungs- Beziehungen zu den Betrieben der Lieferkette
kette. So bleibt der gesamte Bereich der zu sein.
Entsorgung von Gütern ausgeklammert.
Kapitel 15 ! Schutz und Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten
243 15
Zusammenfassend lässt sich festhalten: gen mit ihren Stakeholdern integrieren (Eu-
Das LkSG enthält eine Reihe von für den ropäische Kommission 2011, S. 3). CSR ist
betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz durch vielfältige Handlungsbereiche gekenn-
wichtigen Regelungen. Es erweitert die Mög- zeichnet und umfasst neben dem Schutz der
lichkeiten und damit auch den Stellenwert ge- natürlichen Umwelt etwa auch menschenge-
sundheitsbezogener Maßnahmen in deutschen rechte Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis-
und internationalen Lieferketten. Das Gesetz se. Im Handlungsbereich der Arbeits- und Be-
betrifft jedoch nur einen kleinen Teil der Be- schäftigungsverhältnisse gehört der Arbeits-
triebe1 und damit der Arbeitenden. Viele Rege- und Gesundheitsschutz unzweifelhaft dazu
lungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz (Jain et al. 2011; Zwetsloot und Starren 2004).
sind zu vage und wenig weitreichend formu- Es kann davon ausgegangen werden, dass eine
liert. Auf EU-Ebene wurde nach einem Bericht Ausrichtung des strategischen Managements
in der taz in jüngerer Zeit ein Entwurf entwi- auf sozial verantwortliches unternehmerisches
ckelt, der in einigen Punkten weiterreichender Handeln nicht nur die Gesundheit und das
ist als das LkSG (Koch 2022). Wohlbefinden der Mitarbeitenden der Kernor-
Generell fehlt es an Vorschlägen und Hin- ganisation unterstützt (Dežmar-Krainz 2015),
weisen, wie das LKSG mit Leben erfüllt sondern sich auch positiv auf das Wohlerge-
werden kann. Zwar wurden vom Bundesmi- hen der Arbeitenden in der Lieferkette aus-
nisterium für Arbeit und Soziales und von wirkt. Gleichzeitig kann ein gut ausgearbei-
verschiedenen Akteursgruppen Leitfäden und tetes und praktiziertes Betriebliches Gesund-
Checklisten vorgelegt, wie das LkSG auf be- heitsmanagement (BGM) dazu beitragen, dass
trieblicher Ebene umgesetzt werden kann, die- Organisationen ihrer gesellschaftlichen Ver-
se bedürfen jedoch der weiteren Ausarbeitung. antwortung im Sinne der CSR nachkommen
Hilfreich könnten hier Modelle zur sozialen (Zwetsloot und Starren 2004).
Verantwortung in Unternehmen sein. Trotz der inhaltlichen Nähe der Konzep-
te CSR und BGM sowie ihrer gegenseitigen
Beeinflussung wird in der Praxis der umfas-
15.3 Förderung von Gesundheit senden Betrachtung des Arbeits- und Gesund-
in Wertschöpfungsketten heitsschutzes entlang der Wertschöpfungskette
durch Corporate Social oft nur eine untergeordnete Bedeutung in-
Responsibility nerhalb des CSR-Managements zugeschrieben
(Eigenstetter 2017; Tanner et al. 2019). In den
letzten Jahren haben sich unternehmerische
Der Arbeits- und Gesundheitsschutz in glo- Bemühungen gemehrt, entweder ein umfas-
balen Wertschöpfungsketten ist ein zentraler sendes Betriebliches Gesundheitsmanagement
Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwor- einzuführen oder eine breite Palette von Ange-
tung von Unternehmen (engl.: Corporate So- boten im Rahmen der Betrieblichen Gesund-
cial Responsibility; CSR). Die Europäische heitsförderung aufzulegen. Zugleich bauen –
Kommission beschreibt CSR als ein Konzept, teilweise bedingt durch die gesetzliche CSR-
bei dem Unternehmen auf freiwilliger Basis Berichtspflicht seit 2017 – immer mehr Unter-
soziale und ökologische Belange in ihre Ge- nehmen ein mehr oder weniger umfassendes
schäftstätigkeit und in die Wechselbeziehun- CSR-Management-System auf, um zumindest
dem Anschein nach ihrer sozialen Verantwor-
1 Ab 2023 betrifft das LkSG Unternehmen mit mehr tung nachzukommen. Trotz der jeweils ver-
als 3.000 Mitarbeitenden (900 Unternehmen), ab stärkten Bemühungen in den Bereichen BGM
2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiten-
den (4.800 Unternehmen). Angesichts der ca. 3 Mio.
und CSR werden nach wie vor nur wenig
Unternehmen in Deutschland (Statistica 2021) ist dies Bezüge zueinander hergestellt. In der betrieb-
eine überschaubare Größe. lichen Aufbauorganisation werden sie, sofern
244 E. Bamberg et al.

beide Bereiche strukturell verankert sind, un- der Wertschöpfungskette ein positives Image
abhängig voneinander aufgestellt. Auch ein fördert, Verbraucherverhalten beeinflusst und
inhaltlicher Austausch zwischen beiden Berei- so mit Wettbewerbsvorteilen verbunden sein
chen findet häufig nicht statt (Tanner et al. kann (vgl. Bamberg et al. 2016; Gude et al.
2019), sodass auch eine Integration der jewei- 2017; Neumann et al. 2014), was den betriebs-
ligen Themen ausbleibt (Eigenstetter 2017). wirtschaftlichen Nutzen für Unternehmen er-
Für die Praxis bedeutet diese Desinte- höht, gesundheitsbezogene Maßnahmen in der
gration zum einen, dass BGM-Verantwortli- Wertschöpfungskette zu realisieren. Um diese
che das Thema Arbeits- und Gesundheits- positive Rolle von Verbrauchenden zu nutzen,
schutz häufig nicht im Sinne einer sozialen ist es erforderlich, gesundheitsbezogene Maß-
bzw. ethischen Verantwortung des Unterneh- nahmen in einzelnen Organisationen sowie in
mens wahrnehmen, was Hintergrund dafür der Wertschöpfungskette für die Öffentlichkeit
sein kann, dass Bemühungen im Rahmen des transparent zu machen.
BGM häufig nicht über die betrieblichen Gren- Die Berücksichtigung des Arbeits- und Ge-
zen hinausgehen und somit etwa Arbeitende sundheitsschutzes in internationalen Lieferket-
in der Wertschöpfungskette unberücksichtigt ten bietet einen wichtigen Impuls, Arbeits- und
bleiben. Zum anderen bedeutet diese Desin- Gesundheitsschutz und soziale Verantwortung
tegration, dass CSR-Verantwortliche Maßnah- stärker als bisher aufeinander zu beziehen.
men des Arbeits- und Gesundheitsschutzes so- Damit kann CSR für den Arbeits- und Ge-
wie der menschengerechten Arbeitsgestaltung sundheitsschutz konkretisiert werden, der Ar-
noch zu selten berücksichtigen. beits- und Gesundheitsschutz kann eine erwei-
Eine bessere Integration von BGM und terte Perspektive verfolgen und die Grenzen
CSR erweitert zudem die Perspektive auf die der (betrieblichen) Gesundheitskultur (Bam-
Verantwortung weiterer Marktakteure für die berg et al. 2016) überwinden.
Umsetzung von Arbeitsschutz und Betrieb-
licher Gesundheitsförderung, wie z. B. der
Verbraucherinnen und Verbraucher. Durch ihr 15.4 Förderung von Gesundheit
Kauf- und Nutzungsverhalten tragen sie dazu in der Wertschöpfungskette
bei, dass Unternehmen die geforderten Stan- durch interorganisationale
dards des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Kooperation
einhalten und darüber hinausgehende gesund-
heitsbezogene Maßnahmen in der Wertschöp-
fungskette umsetzen. Untersuchungen zu die- Um Gesundheit nicht nur im Betrieb, son-
sem Thema, die konkret gesundheitsbezogene dern in der Wertschöpfungskette zu fördern,
15 Maßnahmen betreffen, liegen kaum vor. Gude sind gute Beziehung zwischen den Betrie-
et al. (2017) zeigen in einer quasi-experimen- ben notwendig (Haupt et al. 2021), denn ge-
tellen Studie, dass ein Engagement in Betrieb- sundheitsbezogene Standards, die im Konsens
lichem Gesundheitsmanagement die Kaufab- entwickelt werden, haben größere Chancen
sicht und die Zahlungsbereitschaft von Ver- der Umsetzung als Vorgaben. Ein wesentli-
braucherinnen und Verbrauchern positiv be- cher Schritt zur Förderung sind somit Netz-
einflusst. Eine Reihe von Untersuchungen hat werke von Organisationen, die sich mit ge-
des Weiteren gezeigt, dass CSR-Maßnahmen sundheitsbezogenen Maßnahmen befassen. Ei-
positive Effekte auf die Einstellung gegen- nige Konzepte zu diesem Thema liegen bereits
über dem Unternehmen und das Kaufverhalten vor. So gab es z. B. im Rahmen des BMBF-
von Verbraucherinnen und Verbrauchern ha- Förderschwerpunkts „Präventive Maßnahmen
ben kann (z. B. Du et al. 2010; Sen et al. für eine sichere und gesunde Arbeit von Mor-
2016). Es ist anzunehmen, dass auch die Um- gen“ eine Fokusgruppe zu „Arbeits- und Ge-
setzung gesundheitsbezogener Maßnahmen in sundheitsschutz durch Präventionsallianzen“,
Kapitel 15 ! Schutz und Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten
245 15
in der Konzepte zur Zusammenarbeit von di- bunden sein, etwa Audits durchzuführen, Zer-
versen Organisationen entwickelt und erprobt tifikate zu erwerben oder Codes of Conduct
wurden. Dabei ging es auch um die Siche- einzuhalten. In der derzeitigen Praxis werden
rung und Förderung von Gesundheit in der in Wertschöpfungsketten diese Formen der In-
Wertschöpfungskette (vgl. z. B. Bamberg et al. teraktion besonders häufig praktiziert (Tanner
2019). et al. 2019). Gemeinsame Projekte und eine
Anpassung der Arbeitsprozesse sind eine ver-
gleichsweise intensive Form der gesundheits-
15.4.1 Gesundheitsbezogene bezogenen Zusammenarbeit. Sie sind derzeit
Kooperation in Netzwerken in Wertschöpfungsketten noch weniger häufig
vertreten.
Die Einflussmöglichkeiten der Beteiligten
Gesundheitsbezogene Netzwerke dienen der und die Gleichberechtigung der Partner sind
Verbreitung von Wissen und Kompetenzen zu bei Kooperation generell – und damit auch
Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheits- bei gesundheitsbezogener Kooperation – ein
schutzes. Die Zusammenarbeit in den Netz- wesentlicher Faktor. Wenn, wie oben als Bei-
werken kann nach Studien von Tanner et al. spiel aufgeführt, eine Informationsweitergabe
(2019) von der Weitergabe/dem Sammeln von über Audits erfolgt und Vertragspartner diese
Informationen bis zur Anpassung der Arbeits- Audits durchführen müssen, dann haben diese
prozesse an die Bedingungen anderer reichen wenig Chancen die Kooperation mitzugestal-
(vgl. . Tab. 15.2). ten. Wenn gemeinsam Standards entwickelt
Die Varianten interorganisationaler Koope- oder gemeinsame Projekte durchgeführt wer-
ration unterscheiden sich in der Intensität und den, kann dies anders sein. Die Beteiligung im
in der Beteiligung bzw. Gleichberechtigung kooperativen Prozess dürfte wesentlich dafür
der Partner. Im erstgenannten Fall ist der ko- sein, ob die Akteure in ihren Organisatio-
operative Prozess einseitig; es geht lediglich nen eigenverantwortlich gesundheitsbezogene
darum, Informationen für andere zur Verfü- Maßnahmen konzipieren und durchführen.
gung zu stellen. Der wechselseitige Informa- Spezifische betriebliche Interessen sowie
tionsaustausch kann informell oder formal er- unterschiedliche Organisationskulturen – vor
folgen. Er kann dazu dienen, von den Betrie- allem wenn es sich um international agie-
ben geteilte Standards zu entwickeln. Damit rende Organisationen handelt – dürften die
können Vorgaben an die Vertragspartner ver- Kooperation in Netzwerken erschweren. Um

. Tab. 15.2 Typologie der Kooperation

Kooperationen Beispiele

Zur Verfügung stellen/Sammeln von Informationen Über Audits, Codes of Conduct, Zertifikate

Wechselseitiger Informationsaustausch Informeller Austausch, Diskussion von Best-Practice


Modellen, Korrektur von Handlungsplänen

Gemeinsame Projekte Projekte zum Arbeitsschutz bei spezifischen Beschäftig-


tengruppen wie etwa Fahrer

Anpassung der Arbeitsprozesse an die Bedingungen Einhaltung kürzerer Zahlungsfristen bei kleineren Zu-
von Vertragspartnern lieferern, Berücksichtigung längerer Lieferzeiten bei
Personalengpässen in Zuliefererbetrieben

Fehlzeiten-Report 2022
246 E. Bamberg et al.

gesundheitsbezogene Standards über den eige- zogener Interventionen, wie z. B. der INQA-
nen Betrieb hinaus in der Wertschöpfungskette Check „Gesundheit“ (2016), setzt aber darüber
zu realisieren, bedarf es der Unterstützung der hinausgehend die oben genannten Erweiterun-
Beteiligten. Methoden und Instrumente sind gen um.
zu entwickeln und zu erproben, die die Ent- Das GESIOP-Tool besteht aus einem
wicklung und Umsetzung gesundheitsbezoge- Erhebungs-/Bewertungsbogen und einem Ma-
ner Standards im Austausch zwischen Betrie- nual. Es liegt in einer Kurz- und einer Langfas-
ben unterstützen. Es gibt hilfreiche und gute sung vor. Es wird empfohlen, die Kurzfassung
Instrumente, wie z. B. Leitfäden, die darauf vor allem in Klein- und Mittelbetrieben zu ver-
ausgerichtet sind, gesundheitsbezogene Maß- wenden, die Langfassung vorwiegend in Groß-
nahmen in Betrieben zu beschreiben und zu betrieben, die in der Regel mehr Kapazität für
bewerten. Gegenüber Methoden, die einen rein gesundheitsbezogene Maßnahmen haben. Die
betrieblichen Fokus haben, erfordert eine Aus- Kurzfassung kann außerdem der Beschreibung
richtung auf die Wertschöpfungskette oder auf gesundheitsrelevanter Bedingungen im Über-
Teile der Wertschöpfungskette eine doppelte blick dienen.
Erweiterung: Die Module, die im GESIOP-Tool berück-
4 Inhaltlich geht es nicht nur um klassische sichtigt werden (vgl. . Tab. 15.3), sind im
Themen, wie Belastungen und Ressourcen Manual des GESIOP-Tools erläutert. Darüber
bei der Arbeit, sondern auch um die Frage, hinaus erfolgen Vorschläge für die Bewertung
inwieweit Verbraucherinnen und Verbrau- und Handlungsempfehlungen.
cher, Netzwerke und die Wertschöpfungs- Gesundheitsbezogene Bedingungen und
kette bei BGM mitgedacht werden. Maßnahmen können nur dann bewertet
4 Methodisch ist ein Vorgehen zu wählen, werden, wenn Kernaufgaben, Rahmenbedin-
das es erlaubt, betriebliche Bedingungen gungen und Organisationsform der jeweiligen
zu beschreiben, und in der Wertschöp- Betriebe bekannt sind. Der Erhebungs-/
fungskette/innerhalb von Netzwerken im Bewertungsbogen beginnt deshalb in Modul 0
Diskurs zu bewerten, um damit Handlungs- mit einer knappen Organisationsbeschreibung.
bedarfe zu entwickeln. Diese ist nur dann erforderlich, wenn Kri-
terien über den Betrieb hinaus mit anderen
diskutiert oder bewertet werden. Wird das
15.4.2 Ein Tool zur Förderung von Tool lediglich intern verwendet, ist die Orga-
Gesundheit in Netzwerken nisationsbeschreibung nicht erforderlich.
und in Wertschöpfungs- Die Praxis von BGM ist höchst unter-
ketten schiedlich. Modul I behandelt die Verankerung
15 von BGM im Betrieb. Dazu gehören Struk-
turen, Verantwortlichkeiten und Budget, die
Im Rahmen des Projektes Gesundheitsma- Beteiligung von Interessenvertretung und Be-
nagement aus inter-organisationaler Perspek- legschaft. Einen Hinweis auf BGM geben fer-
tive (GESIOP; Tanner und Bamberg 2020)2 ner Gefährdungsbeurteilungen.
wurde das sog. GESIOP-Tool entwickelt. Es Bei BGM hat sich die Unterscheidung zwi-
dient dazu, den Ist-Zustand gesundheitsbezo- schen bedingungsbezogenen und personenbe-
gener Maßnahmen im Betrieb zu erfassen und zogenen Maßnahmen eingebürgert. In Mo-
Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Das dul II und III wird erfasst, inwieweit diese im
GESIOP-Tool basiert auf Leitfäden zur Kon- Betrieb angeboten und durchgeführt werden.
zipierung und Durchführung gesundheitsbe- Dies wird ergänzt durch Modul IV, in dem
die Berücksichtigung spezifischer Beschäftig-
2 Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und tengruppen erfasst wird. Hier geht es etwa
Forschung; Förderkennzeichen 02L14A040-45. um die Frage, ob bei gesundheitsbezogenen
Kapitel 15 ! Schutz und Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten
247 15

. Tab. 15.3 GESIOP-Tool – Module im Überblick

0. Organisationsbeschreibung

I. Bedingungen und Strukturen

II. Ansatzpunkte und Inhalte – Bedingungsbezogen

III. Ansatzpunkte und Inhalte – Personenbezogen

IV. Berücksichtigung spezifischer Beschäftigtengruppen

V. Beschäftigungsverhältnisse

VI. Gestaltung gesundheitsbezogener Maßnahmen, Information und Datenschutz

VII. Einbeziehung Verbraucherinnen und Verbraucher, Netzwerke und Wertschöpfungskette

VIII. Begründung für gesundheitsbezogene Maßnahmen

Fehlzeiten-Report 2022

Maßnahmen Personengruppen mit besonde- schöpfungskette erfolgen. Auch die Bewer-


ren Belastungen gezielt berücksichtigt wer- tung ist im Betrieb, im Netzwerk oder in
den. (Teilen) der Wertschöpfungskette möglich. Im
Modul V bezieht sich auf die Arbeitsver- partizipativen Prozess werden Stärken und
hältnisse, besonders auf Befristung und Bezah- Schwächen identifiziert, über gesundheitsbe-
lung. Bei der Beschreibung und Bewertung ge- zogene Maßnahmen kann entschieden werden.
sundheitsbezogener Maßnahmen ist nicht nur Je nach Stellenwert der Maßnahmen kann ei-
von Bedeutung ob, sondern auch wie sie ange- ne Umsetzung durch einen oder durch mehrere
boten und durchgeführt werden. Betriebe erfolgen. Wesentlich für die Anwen-
Modul VI erfasst die Information der Be- dung des GESIOP-Tools ist die Partizipation
schäftigten, die Sicherheit der Daten und die der Beteiligten.
Integration der Maßnahmen in den Unterneh-
mensalltag.
Kommunikation und Kooperation mit Ver-
braucherinnen und Verbrauchern, in Netzwer- 15.5 Zusammenfassung und Fazit
ken und in der Wertschöpfungskette sind Ge-
genstand von Modul VII. Hier wird etwa er-
fasst, ob und wie Informationen für betriebli- In den letzten Jahren wurden zahlreiche gut
che Kooperationspartner bereitgestellt werden. fundierte und nützliche Konzepte zu gesund-
Modul VIII schließlich fragt nach der Begrün- heitsbezogenen Maßnahmen entwickelt, die
dung gesundheitsbezogener Maßnahmen. in vielen Bereichen des Arbeitslebens erfolg-
Eine Möglichkeit das Tool zu nutzen be- reich angewandt werden. Zwischen den Be-
steht darin, mit Hilfe der Langfassung die trieben, national und international, und damit
gesundheitsrelevanten Aktivitäten zu beschrei- auch in Wertschöpfungsketten, gibt es jedoch
ben. Die Beschreibung umfasst nicht nur die beim Arbeits- und Gesundheitsschutz erheb-
jeweilige Organisation, sondern auch interor- liche Unterschiede. Es ist gut möglich, dass
ganisationale Organisationspartner. Sie kann ein Betrieb nachhaltige Maßnahmen des Ar-
– je nach möglichem Aufwand – in einem beits- und Gesundheitsschutzes entwickelt hat,
Betriebsteil, im gesamten Betrieb oder in meh- bei den Zulieferern aber hoch belastende Ar-
reren Betrieben eines Netzwerks/einer Wert- beitsbedingungen zu finden sind und Arbeits-
248 E. Bamberg et al.

und Gesundheitsschutz allenfalls in Ansätzen Bamberg E, Dettmers J, Tanner G (2016) Diffundieren-


praktiziert wird. de Grenzen von Organisationskulturen – die Rolle
Kooperation zwischen den Beteiligten von Kundinnen und Kunden. In: Badura B, Ducki
A, Schröder H et al (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2016.
kann hilfreich sein, um eine national und in- Springer, Berlin Heidelberg, S 193–200
ternational bessere Verankerung des Arbeits- Bamberg E, Engel T, Mallok Y et al (2019) Gesundheits-
und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Ei- management (er)weiter(t) denken durch Präventions-
ne rechtliche Grundlage bietet das Lieferket- allianzen. praeview 1:4–20
tensorgfaltspflichtengesetz. Dieses vergrößert BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung (2021) Menschenrechte
zwar den Stellenwert des Arbeits- und Ge- schützen. Das Lieferkettengesetz. https://www.bmz.
sundheitsschutzes in deutschen und internatio- de/de/entwicklungspolitik/lieferkettengesetz. Zuge-
nalen Lieferketten, es betrifft jedoch nur einen griffen: 15. Dez. 2021
kleinen Teil der Betriebe und damit der Arbei- Dežmar-Krainz K (2015) Enhancing wellbeing of em-
tenden. Viele Regelungen des Gesetzes sind ployees through corporate social responsibility con-
text. Megatrend Rev 12:137–154
zudem vage und wenig weitreichend formu- Du S, Bhattacharya CB, Sen S (2010) Maximizing busi-
liert. Auf betrieblicher Ebene bilden Strate- ness returns to corporate social responsibility (CSR):
gien zur sozialen Verantwortung (Corporate the role of CSR communication. Int J Manag Rev
Social Responsibility) und zur Einbeziehung 12(1):8–19
von Verbraucherinnen und Verbrauchern ei- Eigenstetter M (2017) CSR – Impuls für bessere Ar-
beitsbedingungen? In: López I (Hrsg) CSR und
nen möglichen Rahmen für einen erweiter- Wirtschaftspsychologie. Management-Reihe Corpo-
ten Blick auf den Arbeits- und Gesundheits- rate Social Responsibility. Springer Gabler, Berlin
schutz. In den letzten Jahren wurden vielver- Heidelberg, S 89–110
sprechende Ansätze entwickelt, wie Arbeits- Europäische Kommission (2011) Communication from
und Gesundheitsschutz unter Beteiligung ver- the Commission to the Council and the European
Parliament – a renewed EU strategy 2011–2014
schiedener Organisationen realisiert werden for Corporate Social Responsibility. https://www.
kann. Diese Konzepte wie z. B. das GESIOP- europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/
Tool basieren auf gleichberechtigter interor- com/com_com(2011)0681_/com_com(2011)0681_
ganisationaler Kooperation. Sie sind auch auf en.pdf. Zugegriffen: 5. Jan. 2022
Wertschöpfungsketten oder auf Teile der Wert- Gude M, Bamberg E, Etzold M, Wolf KJ (2017) Macht
sich Gesundheitsmanagement bezahlt? Z Wirtsch Un-
schöpfungskette anwendbar. Zahlen über die ternehmensethik 18(3):328–346
Nutzung des GESIOP-Tools sind uns nicht be- Haupt S, Lichter J, May FC (2021) Sorgfaltspflichten ent-
kannt. Auch Zahlen über die Verbreitung und lang globaler Lieferketten. Eine ökonomische Analy-
Realisierung von Arbeits- und Gesundheits- se. Handelsblatt Research Institute, Düsseldorf
schutz in der Wertschöpfungskette sowie über Initiative Lieferkettengesetz.de (2021) Fragen und
Antworten zum neuen Lieferkettengesetz. https://
die Verknüpfung zwischen CSR und BGM
15
lieferkettengesetz.de/wp-content/uploads/2021/11/
liegen unseres Wissens nicht vor. Eine wesent- Initiative-Lieferkettengesetz_FAQ-Deutsch.pdf. Zu-
liche Aufgabe ist deshalb, Erfahrungen zu die- gegriffen: 28. Febr. 2022
sem Thema zusammenzutragen, Evaluationen INQA-Check „Gesundheit“ (2016) www.inqa-check-
durchzuführen und in Praxis und Wissenschaft gesundheit.de/check-gesundheit/daten/mittelstand/
index.htm. Zugegriffen: 28. Febr. 2022
BGM in der Wertschöpfungskette mehr Auf- Jain A, Leka S, Zwetsloot GIJM (2011) Corporate social
merksamkeit zu schenken. responsibility and psychosocial risk management in
Europe. J Bus Ethics 101:619–633
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gen 57(8):1113–1126
Kapitel 15 ! Schutz und Förderung von Gesundheit in Wertschöpfungsketten
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https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/ Health at Work, Bilbao
themen-entdecken/psychologie-psychotherapie-
beratung/arbeit-und-organisation/personal-und-
251 16

Soziales
Unternehmertum –
eine neue Form
des sozial nachhaltigen
Wirtschaftens
Philipp Kruse

Inhaltsverzeichnis

16.1 Soziales Unternehmertum als nachhaltige Form


des Unternehmertums – 252

16.2 Was motiviert soziale Unternehmerinnen und


Unternehmer? – 253

16.3 Herausforderungen im Sozialen


Unternehmertum – 255

16.4 Soziales Unternehmertum und Wohlbefinden – 257

16.5 Fazit – 258

Literatur – 258

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_16
252 P. Kruse

2Zusammenfassung mit innovativen Methoden, was dem Unterneh-


Soziales Unternehmertum, das eine sozia- men Einkünfte bringt und somit die Wirtschaft
le Mission mit einem gut durchdachten Ge- als Ganzes wachsen lässt (Schumpeter 1934).
schäftsmodell verbindet, wird als vielverspre- Noch heute ist in der Forschung zum Un-
chende neue unternehmerische Form gesehen, ternehmertum diese ökonomische Perspektive
die einen großen Beitrag zu sozial nachhaltige- klar dominant, jedoch existiert seit den 1980er
rem Wirtschaften leisten kann. Dieses Kapitel Jahren eine stetig wachsende Strömung, die
gibt einen Überblick über das soziale Unter- versucht, in einer neuen Wirtschaftsform tradi-
nehmertum und geht hierbei insbesondere auf tionelles unternehmerisches Handeln mit einer
(i) das Konzept des sozialen Unternehmens sozialen Mission zu verbinden (Waddock und
als hybrides Unternehmen, (ii) die sozialunter- Post 1991; Young 1983). Diese neue Form des
nehmerische Absicht und ihre Einflussfaktoren Unternehmertums wird als soziales Unterneh-
auf verschiedenen Ebenen, (iii) ausgewählte mertum bezeichnet.
Herausforderung für soziale Unternehmen und Soziales Unternehmertum (engl. „Social
(iv) den Stand der Forschung zu Wohlbefinden Entrepreneurship“) wird überwiegend als hy-
im sozialunternehmerischen Kontext ein. Es bride Unternehmensform konzeptualisiert,
werden aktuelle und zentrale theoretische und die zwei verschiedene Missionen verfolgt
empirische Forschungsergebnisse präsentiert (Kruse et al. 2021). Auf der einen Seite stel-
und kurz zukünftige Forschungsperspektiven len sich soziale Unternehmen gesellschaftli-
dargestellt. chen oder sozialen Problemen wie z. B. Armut
oder sozialer Ausgrenzung und wollen diese
im Rahmen einer sozialen Mission beseitigen
16.1 Soziales Unternehmertum bzw. abmildern. Auf der anderen Seite und
als nachhaltige Form im Gegensatz zu klassischen Non-Profit-Orga-
des Unternehmertums nisationen verbinden soziale Unternehmerin-
nen und Unternehmer diese soziale Mission
mit einem gut durchdachten und profitablen
Unternehmertum gilt als einer der wichtigs- Geschäftsmodell, was ihnen ermöglicht, sich
ten Motoren für Innovation, wirtschaftliches selbst zu finanzieren und damit unabhängig
Wachstum und die ökonomische Leistungs- von Spenden zu agieren. Somit sind sozia-
fähigkeit eines Landes (van Praag und Vers- le Unternehmen ein Hybrid aus profitorien-
loot 2007). Wenngleich die Geschichte des tierten Unternehmen und Non-Profit Organi-
Unternehmertums weit in die Menschheitsge- sationen. Ein Beispiel für ein soziales Un-
schichte zurückreicht (Murphy et al. 2006), ternehmen ist die vom späteren Friedensno-
begann die wissenschaftliche Auseinander- belpreisträger Muhammad Yunus gegründete
setzung mit Unternehmertum erst Mitte des Grameen Bank (Bornstein 1997). Wie eine
16 18. Jahrhunderts durch den irischen Ökonom klassische Bank vergibt die Grameen Bank
Cantillon (1756). Laut seiner Konzeptualisie- Kredite, jedoch v. a. so genannte Mikrokredite,
rung von Unternehmertum erkennen Unter- sehr kleine Geldbeträge im meist zweistelligen
nehmer und Unternehmerinnen Ungleichge- Bereich. Diese geben z. B. mittellosen Bäue-
wichte zwischen Angebot und Nachfrage im rinnen und Bauern die Möglichkeit, Vieh oder
Markt als Chance, Rohstoffe billig einzukau- Werkzeug zu kaufen. Jedoch handelt es sich
fen, sie zu verarbeiten und später mit Profit hierbei nicht um Spenden, sodass die Kredite
zu verkaufen. Auf diese Art und Weise tragen mit Zinsen an die Grameen Bank zurückbe-
Unternehmerinnen und Unternehmer zur Wie- zahlt werden müssen und auf diese Art und
derherstellung des wirtschaftlichen Gleich- Weise Profit generiert wird. Der Logik von
gewichts bei, identifizieren unwirtschaftliche Cantillon folgend, dass Unternehmertum zum
Strukturen und Produkte und verbessern diese Ausgleich von Ungleichgewichten zwischen
Kapitel 16 ! Soziales Unternehmertum
253 16
Angebot und Nachfrage führt, ist das soziale
Unternehmertum somit eine Wirtschaftsform, Das Social Entrepreneurship Netzwerk
die sich insbesondere dem Ausgleich von Deutschland (SEND) ist ein im Juni 2017
sozialen Ungleichgewichten in der Gesell- gegründeter gemeinnütziger Verein, der so-
schaft verschrieben hat und sich dazu unter- ziale Unternehmen und soziale Unterneh-
nehmerischer Geschäftsmodelle bedient. So- merinnen und Unternehmer in Deutschland
mit trägt soziales Unternehmertum nicht nur vernetzten und ihre Interessen in Wirtschaft
zum Wirtschaftswachstum, sondern auch zu und Politik vertreten will. Mit über 750
sozialer Inklusion und sozialer Gerechtigkeit Mitgliedern ist SEND eines der größten
bei, was es möglich macht, soziales Unterneh- derartigen Netzwerke im deutschsprachigen
mertum als nachhaltige Form des Wirtschaf- Raum und gibt in regelmäßigen Abstän-
tens zu betrachten (Rahdari et al. 2016). den den Deutschen Social Entrepreneurship
Ein klarer Trend zu nachhaltigeren Un- Monitor heraus, der einen Überblick über
ternehmensformen ist auch in Deutschland die sozialunternehmerische Landschaft in
erkennbar. So zeigte der 3. Deutsche So- Deutschland, aktuelle Entwicklungen und
cial Entrepreneurship Monitor, der vom So- Herausforderungen gibt.
cial Entrepreneurship Netzwerk Deutsch-
land (SEND, siehe nachstehende Übersicht)
herausgegeben wurde, dass die Zahl der Grün-
dungen sozialer Unternehmen stetig zunimmt 16.2 Was motiviert soziale
(Hoffmann et al. 2021). Laut Deutschem Start- Unternehmerinnen und
up-Monitor geben sogar gut 40 % aller neu ge- Unternehmer?
gründeten Unternehmen an, eine soziale Mis-
sion zu verfolgen (Kollmann et al. 2020).
Auffällig hierbei ist, dass die Mehrzahl der so- Triebfeder für jedwede Form von sozialunter-
zialen Unternehmen jung und eher klein ist so- nehmerischer Aktivität sind die sozialen Un-
wie ihr Hauptwirkungsbereich direkt in unmit- ternehmerinnen und Unternehmer selbst. Erst
telbarer Umgebung des Unternehmens, z. B. ihre Motivation, die Gründung eines sozialen
auf kommunaler Ebene, gesehen wird. Dies Unternehmens anzugehen, ermöglicht es, die
hat sich, verglichen mit einer früheren Erfas- zugrunde liegende soziale Mission umzuset-
sung der sozialunternehmerischen Landschaft zen und die entsprechenden Ziele zu erreichen.
in Deutschland von Scheuerle et al. (2015), Ein zentraler Faktor, der diese Motivation be-
trotz steigender Gründungszahlen kaum ver- gründet, ist die sozialunternehmerische In-
ändert. Auch fällt auf, dass der Anteil von tention, d. h. die Absicht, in seiner beruflichen
Gründerinnen, die im sozialen Unternehmer- Karriere ein soziales Unternehmen zu grün-
tum ca. 50 % ausmachen, deutlich höher ist den (Chipeta et al. 2020; Krueger und Brazeal
als im traditionellen Unternehmertum. Zu den 1994). Einmal gefasst, kann diese Absicht das
am häufigsten abgedeckten Branchen von so- eigene Verhalten leiten und sich schließlich in
zialen Unternehmen in Deutschland zählen der tatsächlichen Gründung des eigenen so-
Erziehung und Unterricht (21,5 %), Gesund- zialen Unternehmens Bahn brechen. Aufgrund
heits- und Sozialwesen (17,5 %) sowie IT dieser wichtigen Rolle der sozialunternehme-
(16,6 %). Hotspots sozialen Unternehmertums rischen Intention nimmt die Forschung zu
in Deutschland sind neben Berlin auch Nord- wichtigen Einflussfaktoren und Antezedenzien
rhein-Westfalen und Bayern, während die ost- insbesondere in den letzten 10 bis 15 Jah-
deutschen Flächenländer deutlich unterreprä- ren deutlich zu (Sassmannshausen und Volk-
sentiert sind. mann 2018). Eine kürzlich veröffentlichte Me-
ta-Analyse zu Prädiktoren sozialunternehmeri-
scher Absicht von Kruse et al. (2021) identifi-
254 P. Kruse

zierte basierend auf 17 Studien mit insgesamt („Was würden andere, für mich wichtige Per-
8.697 Teilnehmerinnen und Teilnehmern drei sonen davon halten, wenn ich ein soziales
Ebenen – die individuelle, die soziale und die Unternehmen gründen würde?“) zählen, eines
ökonomische Ebene –, von denen jeweils ein der empirisch besten Modelle zur Vorhersage
Einfluss auf die sozialunternehmerische Inten- sozialunternehmerischer Absicht ist. Dies ist
tion ausgeht: insbesondere bemerkenswert, da im Gegensatz
Die individuelle Ebene umfasst insgesamt zu den Persönlichkeitseigenschaften auf Sub-
drei Sub-Ebenen. Auf der Sub-Ebene der Per- Ebene eins erste Ergebnisse darauf hindeuten,
sönlichkeitseigenschaften können sowohl per- dass v. a. die wahrgenommene Verhaltenskon-
sönliche Werte als auch die so genannte pro- trolle durch z. B. erfolgreiche Vorbilder beein-
aktive Persönlichkeit die Höhe der sozialunter- flusst werden kann (Kruse 2020b; Laviolette
nehmerischen Intention beeinflussen. Persön- et al. 2012). Auf der dritten Sub-Ebene des
liche Werte bezeichnen zentrale Ziele eines Humankapitals spielt v. a. die unternehmeri-
Menschen in seinem Leben (Schwartz 1992). sche und soziale Erfahrung eine Rolle, d. h.
Im sozialunternehmerischen Bereich konnten inwiefern man persönlich oder z. B. in der Fa-
Kruse et al. (2021) insbesondere self trans- milie bereits Erfahrung mit unternehmerischer
cendence, d. h. das Ziel, anderen Menschen Arbeit oder sozialem Engagement gesammelt
zu helfen, als wichtigen Einflussfaktor identi- hat. Vor allem die Kombination sowohl un-
fizieren (r D 0; 421 ). Auch die proaktive Per- ternehmerischer als auch sozialer Erfahrung
sönlichkeit, d. h. die Tendenz, seine Umwelt wies hier einen besonders großen Zusammen-
aktiv gestalten zu wollen (Bateman und Crant hang zur Absicht, ein soziales Unternehmen zu
1993), hatte einen signifikant positiven Zu- gründen, auf.
sammenhang mit der sozialunternehmerischen Die zweite und dritte Ebene in der Me-
Absicht (r D 0; 55). Auf der zweiten, der ko- ta-Analyse von Kruse et al. (2021) umfas-
gnitiven Sub-Ebene finden sich die Einstellung sen soziale (subjektive Normen) und ökono-
zum sozialen Unternehmertum („Wie attrak- mische (nationaler wirtschaftlicher Entwick-
tiv schätze ich die Gründung eines sozialen lungsstand) Einflüsse auf die sozialunterneh-
Unternehmens für mich ein?“) und die wahr- merische Absicht. Es konnte u. a. gezeigt wer-
genommene Verhaltenskontrolle („Inwiefern, den, dass positive subjektive Normen zum
denke ich, dass ich in der Lage bin, ein soziales sozialen Unternehmertum einen positiven Zu-
Unternehmen zu gründen?“) aus der Theo- sammenhang mit der sozialunternehmerischen
ry of Planned Behavior von Ajzen (1991) Absicht aufweisen (r D 0; 36) und Persönlich-
als wichtige Variablen in der Absichtsbildung keitseigenschaften in wirtschaftlich entwickel-
wieder. Auch diese Konstrukte wiesen jeweils ten Ländern stärker mit der sozialunternehme-
signifikant positive Korrelationen mit der so- rischen Absicht zusammenhängen als in we-
zialunternehmerischen Absicht (rEinstellungen D niger entwickelten Ländern. Für viele kogni-
16 0; 37; rwahrgenommene Verhaltenskontrolle D 0; 42) auf. tive Variablen und subjektive Normen war der
In einer vorangegangen Studie konnte Kruse Zusammenhang in weniger entwickelten Län-
(2020a) zeigen, dass insbesondere die Theo- dern stärker. Dies könnte ein Hinweis darauf
ry of Planned Behavior, zu der neben den sein, dass die sozialunternehmerische Absicht
Einstellungen und der wahrgenommenen Ver- in wirtschaftlich entwickelten Ländern stär-
haltenskontrolle auch die subjektiven Normen ker von Präferenzen des Individuums abhängt,
weil hier unter zahlreichen guten Karriereop-
1 Die Korrelation „r“ drückt aus, wie stark zwei Varia- tionen gewählt werden kann, während in we-
blen miteinander in Verbindung stehen. Dabei gelten niger entwickelten Ländern häufig die Unter-
Korrelationen um 0,10 als klein, um 0,30 als mit-
tel und über 0,50 als groß (Cohen 1988). Korrela-
nehmensgründung eine der wenigen Optionen
tionen geben jedoch keine Ursache-Wirkungs-Bezie- ist, ein gutes Einkommen zu erzielen. Somit
hung (Kausalität) an. könnte die Entscheidung eher instrumentell
Kapitel 16 ! Soziales Unternehmertum
255 16
getroffen werden. Wenngleich in der Analyse (dt. „institutionaler Mangel“) bezeichnet (Ste-
von Kruse et al. nicht explizit für Alter, Ge- phan et al. 2015). Laut institutional void sind
schlecht und Kultur kontrolliert wurde, deuten soziale Unternehmen also v. a. da zu finden,
aktuelle Befunde jedoch an, dass auch kul- wo sie gebraucht werden, d. h. in Regionen
turelle und Geschlechtsunterschiede im sozi- mit schweren sozialen Missständen. Jedoch
alunternehmerischen Absichtsbildungsprozess ist sozialunternehmerische Aktivität unter sol-
existieren (Chipeta et al. 2016, im Druck a). chen Gegebenheiten auch mit großen Her-
Alles in allem zeigt sich somit, dass die ausforderungen wie in aller Regel schlechter
sozialunternehmerische Absichtsbildung ein Infrastruktur oder dem Mangel an gut ausge-
sehr komplexes Feld mit zahlreichen verschie- bildetem Personal verbunden, was es schwe-
denen Einflussfaktoren sowohl auf der Ebene rer macht, ein Unternehmen erfolgreich zu
der Person, der sozialen Umgebung als auch führen. Die gegenteilige Perspektive wird als
der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist. institutional support (dt. „institutionale Un-
terstützung“) bezeichnet und geht davon aus,
dass soziale Unternehmen insbesondere dort
16.3 Herausforderungen im aktiv werden, wo es umfangreiche Unterstüt-
Sozialen Unternehmertum zung (z. B. Gründungsworkshops, finanzielle
Starthilfe) gibt, was den erfolgreichen Auf-
bau des Unternehmens erleichtert (Stephan
Angesichts der Kombination einer sozialen et al. 2015). Jedoch sind in derartigen Regio-
Mission mit einem gut durchdachten unter- nen meist soziale Probleme weniger verbreitet
nehmerischen Geschäftsmodell, durch das das und weniger schwerwiegend, was die Moti-
soziale Unternehmen ein eigenes Einkommen vation, ein soziales Unternehmen zu gründen,
generiert, ergeben sich nicht nur besondere herabsetzen könnte. In der wissenschaftlichen
Chancen (z. B. ein Beitrag zu sozial nach- Literatur findet sich sowohl Evidenz für die In-
haltigem Wirtschaften), sondern auch beson- stitutional-Void- (Estrin et al. 2013) als auch
dere Herausforderungen. Im Folgenden soll für die Institutional-Support-Perspektive (Ste-
auf drei ausgewählte Herausforderungen ein- phan et al. 2015). In der Gesamtschau legen
gegangen werden, die Institutional-Support die Befunde zwar nahe, dass soziale Unterneh-
vs. Institutional-Void-Perspektive, den Mis- men insgesamt mehr von institutional support
sion Drift und den Reductive Bias. profitieren, was z. B. durch die große Dich-
Wie in Abschn. 16.2 dargestellt, hat der na- te von deutschen sozialen Unternehmen in
tionale wirtschaftliche Entwicklungsstand ei- urbanen Räumen wie Berlin mit ausgebau-
nes Landes einen Einfluss auf die sozialun- ten unternehmerischen Strukturen untermauert
ternehmerische Aktivität. Dabei ist festzustel- wird, jedoch lassen sich in einigen Bereichen
len, dass die Anzahl sozialer Unternehmen in (z. B. der Branche) positive Einflüsse von in-
Entwicklungsländern im Durchschnitt deutlich stitutional void auf die Innovation in sozialen
höher ist als in entwickelten Ländern (Bos- Unternehmen finden. So konnte Kruse (2021)
ma et al. 2016). Angesichts dessen, dass in zeigen, dass soziale Unternehmen in der Fi-
Entwicklungsländern soziale Probleme in der nanzbranche innovativer waren als in anderen
Regel verbreiteter und schwerwiegender sind Branchen. Dies begründete der Autor damit,
als in entwickelten Ländern sowie Regierun- dass in dieser traditionell sehr profitorientier-
gen typischerweise weniger Mittel haben, um ten Branche soziale Geschäftsmodelle eher
diese Probleme zu lösen, wird angenommen, selten sind, was die Innovationsfähigkeit der
dass der Bedarf an sozialen Unternehmen dort Gründerinnen und Gründer besonders heraus-
größer ist und darauf basierend auch die Moti- fordern könnte.
vation, ein soziales Unternehmen zu gründen. Eine weitere Herausforderung im Sozia-
Diese Perspektive wird als institutional void len Unternehmertum ist der so genannte Mis-
256 P. Kruse

sion Drift (dt. „Missionsverschiebung“). Un- Eine wichtige Grundlage für den Erfolg
ter Mission Drift versteht man die Abkehr eines sozialen Unternehmens liegt in einem
von oder die Reduktion der sozialen Missi- gut durchdachten Geschäftsmodell, das die so-
on in einem sozialen Unternehmen zuguns- ziale Mission mit eigenen Einkünften verbin-
ten der kommerziellen Mission (Grimes et al. det. Zwingende Voraussetzung hierfür stellt
2019). Wenngleich ein Mission Drift nicht aus- eine intensive und realistische Einschätzung
schließlich im Kontext der sozialen Unterneh- des Marktes und der Bedürfnisse der Ziel-
men auftritt, sondern alle Unternehmen betref- gruppe dar. Jedoch sind (zukünftige) Unter-
fen kann, die (in der Wahrnehmung von au- nehmerinnen und Unternehmer häufig von
ßen oder objektiv messbar) von ihren eigent- so genannten Biases (dt. in etwa „Vorurteil/
lichen Zielen abrücken, werden soziale Un- Verzerrung“) beeinflusst. Biases können dazu
ternehmen am häufigsten mit einem Mission führen, dass anstelle einer realistischen Ein-
Drift in Verbindung gebracht. Das Vereinbaren schätzung ein Urteil getroffen wird, das die
von sozialen und finanziellen Zielen kann zu Realität und wichtige Zusammenhänge zu sim-
Rollenambiguität, d. h. Rollenunklarheit bei pel oder nur unzureichend abbildet oder auch
sozialen Unternehmerinnen und sozialen Un- die eigenen Fähigkeiten überschätzt (Zhang
ternehmern führen, da sich ggf. beide Ziele und Cueto 2017). In Hinblick auf das sozia-
nur schwer oder überhaupt nicht mehr verein- le Unternehmertum stellt der Reductive Bias
baren lassen. Gleichzeitig finden sich – dem ein großes Risiko in frühen Phasen des so-
hybriden Geschäftsmodell geschuldet – viele zialen Unternehmensgründungsprozesses dar.
unterschiedliche Werte in der Belegschaft ei- Der Reductive Bias beschreibt die Tendenz,
nes sozialen Unternehmens wieder. So ist ein die Umgebung und Ursache-Wirkungs-Bezie-
Teil, der sich für die Verwirklichung der so- hungen derart zu vereinfachen, dass die not-
zialen Mission einsetzt, tendenziell stärker auf wendige Komplexität (z. B. die Frage, wie gut
die sozialen Ziele des Unternehmens fokus- sich ein sozialunternehmerisches Geschäfts-
siert, während der andere Teil für die Erwirt- modell umsetzen lässt) nicht mehr akkurat
schaftung von Gewinn und somit das finan- abgebildet werden kann. Verglichen mit tradi-
zielle Überleben des Unternehmens zuständig tionellen, rein finanziellen unternehmerischen
ist (Battilana und Lee 2014). Das Manage- Geschäftsmodellen birgt der Reductive Bias in
ment dieser verschiedenen Werte kann somit der deutlich komplexeren Umgebung des so-
sehr herausfordernd werden, zumal ein Mis- zialen Unternehmertums, das finanzielle und
sion Drift hin zu einem kommerzielleren Un- soziale Ziele verknüpft, eine noch größere Ge-
ternehmen von den Investorinnen und Investo- fahr und kann das Risiko des Scheiterns somit
ren oder Kundinnen und Kunden in aller Regel massiv erhöhen. Ein Beispiel: Das soziale Un-
sehr negativ aufgenommen wird (Klein et al. ternehmen Play Pumps hatte den Ansatz, dass
2021). Zwar ist die empirische Forschung zum in wasserarmen Regionen in Afrika Kinder
16 Mission Drift sehr rar, doch wird vermutet, mit einem Laufrad spielen, das Grundwasser
dass sowohl externe Auslöser (z. B. eine Ver- nach oben pumpt, um lange Wege zur nächst-
schlechterung der finanziellen Situation durch gelegenen Wasserstelle zu ersparen. Jedoch
Krisen wie die Covid-Pandemie) als auch in- zeigte sich erst nach der Installation, dass das
terne Auslöser (z. B. ein Wertewandel im Ma- entsprechende Laufrad mehrere Stunden am
nagement des Unternehmens) für einen Missi- Tag gedreht werden müsste, und das meist in
on Drift existieren (Grimes et al. 2019). Wel- sengendem Sonnenschein (Ganz et al. 2018).
che Rolle Eigenschaften des Unternehmens In zwei Studien untersuchten Chipeta et al.
selbst – z. B. seine Rechtsform – spielen, ist (im Druck a, im Druck b) die Auswirkungen
auch aufgrund der zahlreichen verschiedenen des Reductive Bias in südafrikanischen und
Rechtsformen von sozialen Unternehmen in deutschen Stichproben und fanden zahlreiche
Deutschland unklar (Hoffmann et al. 2021). positive Effekte auf z. B. die sozialunterneh-
Kapitel 16 ! Soziales Unternehmertum
257 16
merische Absicht und die Risikobereitschaft, ßeres Wohlbefinden erleben als kommerzielle
in soziale Unternehmen zu investieren. So- Unternehmerinnen und Unternehmer. Jedoch
mit hatten Personen mit einem stärker aus- zeigte sich, dass Meaningfulness auch über-
geprägten Reductive Bias sowohl eine höhere hand nehmen und die eigene Tätigkeit als der-
Absicht, ihr eigenes soziales Unternehmen zu art bedeutsam wahrgenommen werden kann,
gründen, als auch in ein soziales Unternehmen dass Freizeit und mentale Gesundheit der Un-
zu investieren. Angesichts der durch den Re- ternehmerinnen und Unternehmer bis hin zum
ductive Bias verzerrten Realitätswahrnehmung Burnout leiden können (Fisher et al. 2013).
und des damit einhergehenden größeren Ri- Basierend auf diesen Erkenntnissen besteht
sikos des Scheiterns sollte dieser Bias noch somit ebenso die Möglichkeit, dass soziale
stärker beforscht und auch in der Praxis auf ihn Unternehmerinnen und Unternehmer ein ge-
aufmerksam gemacht werden. ringeres Wohlbefinden erleben, da sie von der
hohen Meaningfulness ihrer Tätigkeit „auf-
gefressen“ werden. Überraschenderweise leg-
16.4 Soziales Unternehmertum te die Übersichtsarbeit von Stephan (2018)
und Wohlbefinden offen, dass das Wohlbefinden von sozialen
Unternehmerinnen und Unternehmern in
der bisherigen Forschung kaum Beachtung
Eine Tätigkeit als Unternehmerin oder Unter- fand. In einer erst vor Kurzem vorgestellten
nehmer wird, unabhängig vom Geschäftsmo- Studie zum Wohlbefinden im unternehmeri-
dell des Unternehmens, als einer der stres- schen Kontext von Vandor und Meyer (2021)
sigsten Jobs überhaupt angesehen (Cardon konnte gezeigt werden, dass soziale Unterneh-
und Patel 2015). Hinzu kommt, dass Unter- merinnen und Unternehmer zwar z. B. durch
nehmerinnen und Unternehmer typischerweise hohe Rollenambiguität aufgrund des hybri-
weniger verdienen als in qualifikationsadäqua- den Geschäftsmodells ein höheres Stresslevel
ten Angestelltenverhältnissen (Van Praag et al. und somit Burnout-Risiko aufweisen, jedoch
2007). Angesichts dessen wirkt es paradox, auch eine höhere Meaningfulness erleben als
dass Unternehmerinnen und Unternehmer in kommerzielle Unternehmerinnen und Unter-
aller Regel nicht nur eine hohe Lebens-, son- nehmer. Somit gehen die Autoren davon aus,
dern v. a. auch Arbeitszufriedenheit berichten dass diese höhere Meaningfulness den höheren
sowie generell ein hohes Wohlbefinden (Ste- Stress ausgleichen kann.
phan und Roesler 2010). Einer der Gründe Wenngleich ähnliche Prozesse auch auf
für diese Befunde liegt – neben der wahr- der Ebene der Mitarbeiterinnen und Mit-
genommenen Autonomie bei der Gestaltung arbeiter in sozialen Unternehmen nahelie-
des eigenen Arbeitsalltags – in der erlebten gen, steckt die Forschung zum Wohlbefinden
Meaningfulness (dt. „Bedeutsamkeit“) der ei- der Belegschaft in dieser neuen unternehmeri-
genen Tätigkeit. Bereits frühe Studien zu den schen Form noch in den Kinderschuhen. Zwar
Motiven von sozialen Unternehmerinnen und betonen erste theoretische Arbeiten und Fall-
Unternehmern bestätigen, dass diese Meaning- studien, wie wichtig die Passung der eigenen
fulness, d. h. zu erleben, einer sinnvollen und Werte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
für sich selbst und für andere wichtigen Tätig- mit denen des sozialen Unternehmens ist (Bat-
keit nachzugehen, bei sozialunternehmerischer tilana und Lee 2014; Dorado et al. im Druck),
Aktivität als zentral wahrgenommen wird und was sich ggf. nicht nur auf die Arbeitszufrie-
noch wichtiger ist als bei kommerziellen Un- denheit der Angestellten, sondern auch auf
ternehmen (Lukes und Stephan 2012; Tan et al. deren Wohlbefinden auswirken könnte; em-
2005). Somit könnte man annehmen, dass so- pirisch belastbare Ergebnisse der Wichtigkeit
ziale Unternehmerinnen und Unternehmer ei- von Werten im sozialunternehmerischen Kon-
ne noch größere Zufriedenheit und noch grö- text sind bis jetzt aber einzig für angehende So-
258 P. Kruse

zialunternehmerinnen und -unternehmer selbst Literatur


zu finden (Kruse et al. 2019). Somit bietet die-
ses Feld große Chancen für zukünftige For-
schung, z. B. in der Frage, inwieweit die so- Ajzen I (1991) The theory of planned behavior. Organ Be-
hav Hum Decis Process 50(2):179–211. https://doi.
ziale Mission eines sozialen Unternehmens zu
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einem höheren Wohlbefinden der Angestellten Bateman TS, Crant JM (1993) The proactive component
beiträgt (im Sinne hoher Meaningfulness) und/ of organizational behavior: a measure and correlates.
oder das Management der verschiedenen Wer- J Organ Behav 14(2):103–118
te in der Belegschaft (s. Abschn. 16.3 zu Missi- Battilana J, Lee M (2014) Advancing research on hybrid
organizing – insights from the study of social enter-
on Drift) zu zusätzlichem Stresserleben führt.
prises. Acad Manag Ann 8:397–441
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cher Gyles, Paris
Während die positiven Effekte von Unter- Cardon MS, Patel PC (2015) Is stress worth it? Stress-
nehmertum auf die wirtschaftliche Leistungs- related health and wealth trade-offs for entrepreneurs.
und Innovationsfähigkeit eines Landes bereits Appl Psychol 64(2):379–420
sehr lange bekannt sind, stellt soziales Un- Chipeta EM, Koloba HA, Surujlal J (2016) Influence of
gender and age on social entrepreneurship intentions
ternehmertum eine neue Möglichkeit dar,
among university students in Gauteng Province, South
unternehmerisches Handeln mit dem Errei- Africa. Gend Behav 14(1):6885–6899
chen von sozialen Zielen zu verbinden. So- Chipeta EM, Kruse P, Surujlal J (2020) Effects of gender
ziale Unternehmen werden als hybride Un- on antecedents to social entrepreneurship among uni-
ternehmen konzipiert, die soziale Missionen versity students in South Africa. Int J Bus Manag Stud
12(1):18–33
wie z. B. Armutsbekämpfung verfolgen, da-
Chipeta EM, Kruse P, Venter R A risky way of doing
bei aber basierend auf einem gut durchdach- good–combining personality and cognitive variables
ten Geschäftsmodell ihr eigenes Einkommen in a new hierarchical model of investment risk-taking
generieren und somit finanziell unabhängig in social entrepreneurship. J Afr Bus (im Druck a)
bleiben. Als wichtige Triebfeder für sozial- https://doi.org/10.1080/15228916.2021.1907157
Chipeta EM, Venter R, Kruse P Measuring the role of
unternehmerische Aktivität gilt die sozialun-
reductive bias in social enterprise formation: deve-
ternehmerische Absicht, die wiederum durch lopment and validation of a social entrepreneurial
ein komplexes Geflecht von Persönlichkeit, intention bias scale. J Soc Entrepreneursh. https://doi.
Kognition, sozialen und wirtschaftlichen Fak- org/10.1080/19420676.2020.1758196 (im Druck b)
toren beeinflusst wird. Wenngleich soziales Cohen J (1988) Statistical power analysis for the behavio-
ral sciences. Erlbaum, Hillsdale
Unternehmertum mit großen Herausforderun-
Dorado S, Chen Y, Prado AM, Simon V (2022) Attuned
gen einhergeht, z. B. mit der Gefahr, von der HRM systems for social enterprises. J Bus Ethics 178,
16 eigentlichen sozialen Mission abzukommen 829–848 https://doi.org/10.1007/s10551-021-04821-
(Mission Drift) oder mit einem potenziell ho- 4
hen Stresserleben durch die schwierige Ver- Estrin S, Mickiewicz T, Stephan U (2013) Entrepre-
neurship, social capital. and institutions: social and
einbarkeit finanzieller und sozialer Ziele, deu-
commercial entrepreneurship across nations. Entre-
ten erste Befunde an, dass die hohe erlebte preneursh Theory Pract 37(3):479–504
Meaningfulness dieser Tätigkeit das Wohl- Fisher R, Maritz A, Lobo A (2013) Obsession in entrepre-
befinden von sozialen Unternehmerinnen und neurs – towards a conceputalisation. Entrepreneursh
Unternehmern positiv beeinflussen kann. So- Res J 3(2):207–237
mit liegt im Sozialen Unternehmertum ein gro- Ganz M, Kay T, Spicer J (2018) Social enterprise is not
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ßes Potenzial sowohl für sozial nachhaltige- Grimes MG, Williams TA, Zhao EY (2019) Anchors
res Wirtschaften als auch für eine bedeutsame aweigh: the sources, variety, and challenges of mis-
und erfüllende individuelle Karriere. sion drift. Acad Manag Rev 44(4):819–845
Kapitel 16 ! Soziales Unternehmertum
259 16
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454
261 17

Verantwortung
übernehmen durch
Kompetenzentwicklung
und Weiterbildung
Christina Stecker

Inhaltsverzeichnis

17.1 Einleitung – 262

17.2 Hintergründe und Wirkungen der gesellschaftlichen


Verantwortung von Unternehmen
auf die Motivation – 263
17.2.1 Hintergründe für Corporate Social Responsibility – 263
17.2.2 Wirkung von CSR auf die Motivation – 263

17.3 Präventive Förderung der Gesundheit und


Arbeitsfähigkeit im CSR-Kontext – 264
17.3.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement – 264
17.3.2 Das Konzept der Arbeitsfähigkeit – 266

17.4 Unterstützung der Kompetenzentwicklung und


intrinsischen Motivation – 268

17.5 Fazit – 272

Literatur – 272

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_17
262 C. Stecker

2Zusammenfassung ternehmen aufgrund unzureichender Umwelt-


Angesichts globaler Liefer- und Wertschöp- und Sozialstandards in ihren globalen Liefer-
fungsketten können Unternehmen mit unzu- und Wertschöpfungsketten in eine existenti-
reichenden ökologischen und sozialen Stan- elle Krise geraten können. Politik und ex-
dards konfrontiert werden. Vor diesem Hinter- terne Stakeholder erwarten zunehmend einen
grund kann sich die gesellschaftliche Verant- bewussteren Umgang mit Beschäftigten, Res-
wortungsübernahme durch Unternehmen so- sourcen und der Umwelt – kurz: die Übernah-
wohl auf die Unternehmensperformance als me gesellschaftlicher Verantwortung. Um ein
auch auf die Arbeitszufriedenheit und das En- hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Vertrau-
gagement der Beschäftigten positiv auswirken. en zu erreichen und die Gefahr des „Green-“
Denn einerseits werden Unternehmen mit in- oder „Bluewashings“2 zu vermeiden, kön-
trinsisch motivierten und kompetenten Füh- nen Belegschaften zu Umwelt- und Sozial-
rungskräften und Belegschaften erfolgreicher standards im Rahmen des betrieblichen Ge-
sein, da sie für Glaubwürdigkeit und Vertrau- sundheits- und Arbeitsschutzes aufgeklärt oder
en gegenüber externen Stakeholdern sorgen über klassische und moderne Aus- und Wei-
können. Andererseits sind durch betriebliche terbildungsangebote geschult werden. Die Ein-
Aus- und Weiterbildung erworbene Kompeten- haltung von Organisationsstandards und Com-
zen auch außerhalb des Arbeitsplatzes nutzbar, pliance-Richtlinien wird jedoch erfolgreicher
entziehen sich damit einem vermeintlich unter- sein, wenn die Beschäftigten und Führungs-
nehmensspezifischen Nutzenkalkül und wirken kräfte die Regeln aus innerer Überzeugung
sich somit auf die intrinsische Motivation aus. verfolgen und kompetent mitgestalten. In die-
Um die Kompetenzentwicklung der Beschäf- sem konzeptionellen Beitrag werden zunächst
tigten und mithin die intrinsische Motivation die Hintergründe sowie die Wirkungen von
zu unterstützen, bietet sich das Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR) auf die
Arbeitsfähigkeit für ganzheitliche Maßnahmen Motivation skizziert (Abschn. 17.2) und an-
auf den Ebenen Arbeit, Werte, Kompetenz und schließend die präventive Förderung von Ge-
Gesundheit an. sundheit und Arbeitsfähigkeit im CSR-Kon-
text vorgestellt (Abschn. 17.3). Das Konzept
der Arbeitsfähigkeit bietet eine ganzheitliche
17.1 Einleitung Grundlage zur Unterstützung der Kompetenz-
entwicklung und damit der intrinsischen Mo-
Die Arbeits- und Lebenswelt befindet sich in tivation der Beschäftigten (Abschn. 17.4), was
einem inkrementellen und disruptiven Wand- letztlich eine Win-win-Situation für beide Sei-
lungsprozess zugleich. Megatrends wie Globa- ten beinhalten kann (Fazit, Abschn. 17.5).
lisierung und demografische Alterung, Indivi-
dualisierung und New Work beinhalten zwar
langsame, aber komplexe Veränderungsdyna-
miken in Wirtschaft und Gesellschaft.1 Mit der
17 Covid-19-Pandemie wurde quasi über Nacht
ein enormer disruptiver Digitalisierungsschub 2 Unter Greenwashing (Grünfärben) kann die bewuss-
in fast allen Arbeits- und Lebensbereichen te Irreführung von Anspruchsgrupppen hinsichtlich
ausgelöst (Klös 2020). Hinzu kommt, dass Un- eines umweltfreundlichen Images verstanden wer-
den; der Begriff geht auf die Umweltbewegung der
1970er/80er Jahre zurück. Mit Bluewashing wird das
1 Das Zukunftsinstitut (2022) benennt aktuell zwölf Vortäuschen sozialer Tätigkeiten bzw. sozialen Enga-
Megatrends: Gender Shift, Gesundheit, Globalisie- gements angesprochen. Das Blau geht auf die Farbe
rung, Individualisierung, Konnektivität, Mobilität, der United Nations (UN) und die Einführung des
Neo-Ökologie, New Work, Sicherheit, Silver Society, Global Compacts, einer globalen Wertekultur zurück
Urbanisierung und Wissenskultur. (Heidbrink und Seele 2007).
Kapitel 17 ! Verantwortung übernehmen
263 17
17.2 Hintergründe und Wirkungen und dem „Corporate Citizenship“. Oder es
der gesellschaftlichen wird utilitaristisch/neoklassisch der ökonomi-
Verantwortung sche Nutzen für das Unternehmen hervorge-
hoben, etwa zur Steigerung der Reputation
von Unternehmen gegenüber den Stakeholdern und aus Gründen
auf die Motivation des strategischen Risikomanagements (Back-
haus-Maul et al. 2010, Bassen et al. 2005;
17.2.1 Hintergründe für Corporate Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Social Responsibility 2022). Wie erfolgreich CSR in der Praxis
gegenüber der Vielzahl von Anspruchsgrup-
pen – Beschäftigten, Kunden, Lieferanten,
Die Frage nach freiwilliger, über gesetzli- Wettbewerbern, Investoren, der lokalen Ge-
che Vorgaben hinausgehender gesellschaftli- meinschaft und der Gesellschaft als Ganzes
cher Verantwortung von Unternehmen wur- – umgesetzt wird, hängt insbesondere von
de von der Politik um die Jahrtausendwen- der Motivation der Führungskräfte und der
de aus dem zivilgesellschaftlichen Engage- einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
mentdiskurs aufgegriffen (Enquete-Kommissi- ab.
on „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engage-
ments“ 2001; Stecker 2002). Unter dem Be-
griff Corporate Social Responsibility (CSR) 17.2.2 Wirkung von CSR
wird die Verbindung der ökonomischen mit auf die Motivation
der ökologischen und sozialen Dimension der
Geschäftstätigkeit gefasst, d. h. sie baut auf
den drei Säulen der Nachhaltigkeit – Öko- Die Auswirkungen von CSR auf die Unter-
nomie, Ökologie und Soziales – auf. Auf nehmensperformance war lange ein Thema der
europäischer Ebene sind Bestrebungen zu Organisationsforschung; erst in jüngerer Zeit
mehr Transparenz und Nachhaltigkeit in den werden die Zusammenhänge zwischen CSR
globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten und Arbeitszufriedenheit und -engagement auf
in die EU-Richtlinie 2014/95/EU eingeflos- individueller Ebene analysiert (Kunz 2020).
sen und von der deutschen Gesetzgebung im Dabei kann die Dichotomie von intrinsischer
Handelsgesetzbuch (HGB, § 289b ff) durch und extrinsischer Motivation aus der Psycho-
das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz veran- logie zugrundegelegt werden. Erstere gilt als
kert worden. Große und – bis auf Kleinst- wesentlich für den psychologischen (Arbeits-)
unternehmen – alle börsennotierten Unterneh- Vertrag, der von Rousseau (1995) als intrinsi-
men müssen neben ihren finanziellen Berichts- sche Motivation und organisationales Com-
pflichten Stellung zu nichfinanziellen Aspek- mitment zum Unternehmen jenseits des juris-
ten ihrer Geschäftstätigkeit nehmen. Dazu tischen Arbeitsvertrages beschrieben wurde.3
gehören Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozi- Bei der extrinsischen Motivation spielen äu-
albelange, die Achtung der Menschenrech-
3 Um den psychologischen (Arbeits-)Vertrag sichtbar
te, die Bekämpfung von Korruption und Be-
zu machen, eignen sich „idiosynkratische Vereinba-
stechung sowie bei bestimmten Unterneh- rungen“ (engl.: Idiosyncratic deals, kurz I-Deals).
men auch Diversitätskonzepte für ihre Lei- Nach Rousseau (2005) werden idiosynkratische Kon-
tungsorgane (Bundesrats-Drucksache 201/17 trakte konstitutiv durch besondere, eigene, einzigar-
2017; Deutscher Nachhaltigkeitskodex 2022). tige, individuell-persönliche (schriftliche oder münd-
liche) vertragliche Vereinbarungen zwischen Arbeit-
Begründet wird das Engagement und die
nehmenden und Arbeitgebenden zum beiderseitigen
Verantwortung von Unternehmen meist ent- Vorteil, die von denen des Teams durch ihre Ein-
weder historisch/ethisch/normativ, im Sinne zigartigkeit abweichen; ausführlich Stecker (2019a,
von sozial verantwortlichem Unternehmertum 2019b).
264 C. Stecker

ßere, finanzielle Anreize eine Rolle, wie das Arbeitgeberverantwortung und -abhängigkeit.
Gehalt, Boni oder andere materielle Gratifika- Dieses kollektive Verständnis wurde konzep-
tionen. tionell von Rousseau (1995) durch eine indivi-
In empirischen Studien konnte ein signi- dualistische Interpretation und Konzentration
fikanter Zusammenhang zwischen CSR und auf die subjektiven Wahrnehmungen des Mit-
intrinsischer Motivation, aber nicht zwischen arbeitenden verdrängt, mit der Organisation als
CSR und extrinsischer Motivation festgestellt abstraktem Akteur auf Systemebene (Bal und
werden (Graafland und Mazereeuw-Van der Hornung 2019). Wenn also das CSR-Engage-
Duijn Schouten 2012). Empirische Befunde ment der Unternehmen einen positiven Effekt
legen auch den Schluss nahe, dass Führungs- auf die intrinsische Motivation der Beschäf-
kräfte, die intrinsisch motiviert sind, sich stär- tigten und die Unternehmensleistung zugleich
ker für CSR engagieren (ebd.).4 Diese sowie ausüben kann, erscheint es folgerichtig, das
Ergebnisse aus anderen Disziplinen tragen zu- sozialvertragliche Verständnis bei der präven-
dem zur Erkenntnis bei, dass die extrinsische tiven Förderung der Gesundheit und Arbeitsfä-
die intrinsische Motivation langfristig verdrän- higkeit der Belegschaft im CSR-Kontext wie-
gen kann (ebd., Stecker 2019a). Schließlich der aufzugreifen.
ließ sich aus einer übergeordneten Perspektive
zeigen, dass sich CSR-Aktivitäten auf Unter-
nehmens- und überbetrieblicher Ebene nicht 17.3 Präventive Förderung
nur positiv auf die Unternehmensperformance, der Gesundheit und
sondern auch auf die Arbeitszufriedenheit und
das Arbeitsengagement auswirken und damit
Arbeitsfähigkeit
die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden im CSR-Kontext
fördern können, während CSR die extrinsische
Motivation nicht beeinflusst (Kunz 2020). 17.3.1 Betriebliches
Wenngleich CSR-Maßnahmen üblicher- Gesundheitsmanagement
weise nach außen und nicht auf die Motivation
der eigenen Beschäftigten ausgerichtet sind,
entfalten sie Potenzial für das Management der Für die arbeitsweltbezogene Prävention der
Beziehungen zwischen Organisation und Mit- Belegschaft nutzen Unternehmen und Orga-
arbeiterinnen und Mitarbeitern im Unterneh- nisationen die Betriebliche Gesundheitsförde-
men („Beziehungsmanagement“, ebd.). Denn rung (BGF) und das Betriebliche Gesund-
bezogen auf den psychologischen Vertrag ist heitsmanagement (BGM) sowie den Arbeits-
zu konstatieren, dass in der ursprünglichen schutz. Gegliedert nach ihrer zeitlichen Ab-
Konzeption von Argyris (Mitbegründer des folge intendiert „Primärprävention“ die Erhal-
Konzepts des organisationalen Lernens; Hart- tung der Gesundheit von risikofreien oder noch
mann 2003) aus dem Jahr 1960 das relatio- nicht manifest erkrankten Menschen (Slesina
nale Verhältnis zwischen Mitarbeitendem und 2007). Diese kann danach unterschieden wer-
Vorgesetztem noch im Mittelpunkt stand (Bal den, ob sie auf das individuelle Verhalten der
17 und Hornung 2019). Dieses Loyalitäts- und Beschäftigten (Verhaltensprävention) oder die
Vertrauensverhältnis enthielt hier noch das äußeren Gegebenheiten im Unternehmen ge-
Verständnis von gegenseitiger Verpflichtung richtet ist (Verhältnisprävention). Erstere um-
im Sinne von „Sozialverträgen“ sowie von fasst Ansätze zum gesundheitsgerechten Ver-
halten, etwa zu Ernährung und Zeitmanage-
ment, letztere ist auf die gesundheitsgerechte
4 Die Items enthielten Fragen zu Umwelt- und Sozial-
aspekten, Arbeitsbedingungen, Sicherheit und Chan-
und -fördernde Gestaltung in Lebenswelten
cengleichheit sowie zu Sozialprojekten in der Dritten gerichtet (z. B. Schule, Arbeit). Als „Sekun-
Welt; ebd. S. 384. därprävention“ wird die Früherkennung und
Kapitel 17 ! Verantwortung übernehmen
265 17
-therapie sowie die Verhütung von Progres- ökonomisch, politisch und gesellschaftlich be-
sion und Rückfall bei manifester Erkrankung deutsames Nachhaltigkeitsthema.
verstanden, wozu arbeitsmedizinische Vorsor- Aus Sicht der Beschäftigten kann die Be-
geuntersuchungen im Unternehmen gehören. triebliche Gesundheitsförderung die Selbst-
Unter „Tertiärprävention“ schließlich können wirksamkeitserwartung (self-efficacy) stärken,
die Vermeidung von Behinderung, Chronifi- ein lerntheoretischer Ansatz von Bandura, der
zierung, Teilhabeverlust, Krankheitsprogressi- sich an Antonovskys Konzept der Salutogene-
on sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeits- se anschließen lässt, demgegenüber aber we-
leben (LTA, berufliche Rehabilitation) oder niger komplex und damit leichter empirisch
integrationsorientierte Return-to-work-Ansät- überprüfbar ist (Bengel et al. 2001).6 Darun-
ze (RTW) subsumiert werden; hierzu gehö- ter wird die subjektive Überzeugung gefasst,
ren Maßnahmen des Betrieblichen Eingliede- über alle zur Zielerreichung nötigen Kom-
rungsmanagements (BEM) (Slesina 2007; Ste- petenzen zu verfügen und durch das eigene
cker 2021). Verhalten das Ziel auch zu erreichen (Kion-
Zur Förderung der Gesundheit der Be- ke und Stecker 2018). Da die Selbstwirksam-
schäftigten im CSR-Kontext bieten sich Po- keitserwartung nachweislich eine Bedingung
tenziale in der primärpräventiven Verhältnis- für die Bereitschaft zu präventivem Gesund-
prävention an, d. h. in der Gestaltung der Ar- heitsverhalten darstellt (Bengel et al. 2001),
beitsbedingungen und der Arbeitsorganisation, können CSR-Maßnahmen wie beispielsweise
aber auch Schulungen zum Umgang mit öko- Trainings zur adressatengerechten Kommuni-
logischen und gesundheitsgefährdenden Be- kation der betrieblichen Nachhaltigkeitsziele
lastungen im Rahmen der Verhaltenspräventi- oder zum (resilienten) Umgang mit externen
on. Neben diesen direkten Maßnahmen leistet Stakeholdern hier ansetzen und leisten da-
aus einer Metaperspektive betrachtet die Ge- mit zugleich einen Beitrag zur Kompetenz-
sundheitsförderung nachgewiesenermaßen ei- entwicklung (Abschn. 17.4). Auch die Un-
nen Beitrag zur Arbeitgeberattraktivität und terstützung des gemeinnützigen Engagements
damit zur Mitarbeiterbindung, -motivation und einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
-rekrutierung (Bustamante et al. 2018; Felfe mer etwa durch Freistellung für die Flut- und
und Wombacher 2016; Gansser und Godber- Flüchtlingshilfe oder die Bereitstellung von
sen 2017, Klaiber 2018). Dies kann für das betrieblichen Ressourcen wie Räumlichkei-
Unternehmen in allen drei CSR-Dimensionen ten und Logistik sind beispielhafte Ansätze,
nachhaltig sein: ein geringerer Ressourcen- die die Selbstwirksamkeitserwartung, Kom-
verbrauch durch niedrigere Fluktuation5 , ein petenzentwicklung und intrinsische Motivati-
sinkender Krankenstand aufgrund der wahr- on stärken können. Zuvor müssen allerdings
genommenen Wertschätzung seitens der Be- die Arbeitsbedingungen – faire Bezahlung,
schäftigten sowie eine bessere Effizienz durch Arbeitsplatzsicherheit oder die Gleichbehand-
die erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitar- lung von Voll- und Teilzeitkräften – geklärt
beiter. Angesichts der gestiegenen Bedeutung sein (Müller et al. 2017), damit die Unter-
von psychischen Erkrankungen für Arbeitsun- stützung als authentisch wahrgenommen wird
fähigkeitstage und Erwerbsminderungsrenten und sich die gewünschte Bindungswirkung
(BAuA 2016; Stecker 2021) ist dies auch ein und Reputation entfalten kann. Denn nach ei-
ner aktuellen Mitarbeitendenbefragung enga-
5 Nach einer empirischen Studie können sich die Ge-
samtkosten einer Neubesetzung – Kosten der Tren- 6 Während bei der Salutogenese präventiv, gesundheits-
nung, Rekrutierung, Einarbeitung sowie Opportuni- und ressourcenorientiert nach den Wirkfaktoren für
tätskosten durch entgangene anderweitige Ressour- die Erhaltung der Gesundheit gefragt wird, stehen in
cenverwendung – bis auf das Zweieinhalbfache des sozialkognitiven Lerntheorien das Verhalten und das
jeweiligen Jahresgehalts belaufen (Gansser und God- Selbstkonzept des Menschen im Fokus (Bengel et al.
bersen 2017). 2001).
266 C. Stecker

gieren sich diese dann am ehesten, wenn im funktionelle Kapazität, Werte und Einstellun-
Unternehmen bereits CSR-Initiativen vorhan- gen sowie Kompetenz und Bildung) verstan-
den sind (Amerland 2021), wie beispielsweise den (Ilmarinen et al. 2016). Der „Work Ability
zum Corporate Volunteering (Schröder 2010). Index“ (WAI; Arbeitsbewältigungsindex, ABI)
Sie erwarten allerdings, zuvor nach ihrer Mei- und das Konzept der Arbeitsfähigkeit wurden
nung zu den geplanten Vorhaben gefragt zu in den 1980er Jahren am finnischen Institut für
werden, was nur bei einem Viertel der Um- Arbeits- und Gesundheitsschutz (Finnish Insti-
frageteilnehmenden der Fall war. Auch haben tute for Occupational Health, FIOH) im Team
demnach zahlreiche Unternehmen 2021 erst- von Juhani Ilmarinen entwickelt. Der WAI hat
mals CSR-Maßnahmen für die Beschäftigten sich als guter Prädiktor für die Wahrschein-
angestoßen, die mehrheitlich in direktem Zu- lichkeit einer späteren Erwerbsminderung oder
sammenhang mit der Corona-Pandemie stan- Mortalität erwiesen, da er evidenzbasierte Zu-
den, etwa zur finanziellen Sicherheit, zur psy- sammenhänge zwischen guter Arbeitsfähigkeit
chischen Gesundheit und zum Schutz der Mit- und guter Gesundheit aufzeigt (Stecker 2021).
arbeitenden (Schutzausrüstung, Masken usw.; Der WAI und auch der aus der evidenzbasier-
Amerland 2021). ten ersten Frage („Derzeitige Arbeitsfähigkeit
Trotz möglicher Schnittstellen und Syner- im Vergleich zu der besten, je erreichten Ar-
gien innerhalb der Organisation werden BGM beitsfähigkeit“) abgeleitete WAI-Score werden
und CSR weder in der Praxis in Form von daher nicht zuletzt als Screeninginstrument
Handlungsanleitungen, Tools oder Best-Prac- im (betrieblichen) präventiven Setting und zur
tices noch in der Forschung systematisch kom- Evaluation von rehabilitativen Maßnahmen an-
biniert und berücksichtigt; dies gilt insbeson- gewendet (ebd.).
dere auch hinsichtlich ihrer ethischen Grund- Bildlich wird der Zusammenhang zwi-
fragen und Herausforderungen (Kuhn et al. schen Gesundheit, Kompetenzen und Wer-
2021; Müller et al. 2017). Ebenso liegen em- ten, Arbeitsumfeld und Führungsorganisati-
pirische Studien hinsichtlich des Zusammen- on im „Haus der Arbeitsfähigkeit“ als auf-
hangs zwischen CSR und Mitarbeitermotiva- einander aufbauende Stockwerke dargestellt
tion – gerade in Bezug auf die intrinsische (. Abb. 17.1). Die Stockwerke des Hauses,
Motivation – bislang kaum vor (Kunz 2020). aber auch Familie, soziale Netzwerke und re-
Wie in Abschn. 17.2.2 diskutiert, erschei- gionale und betriebliche Arbeitskultur sowie
nen CSR-Maßnahmen besonders geeignet, die Megatrends wie der technologische und de-
die intrinsische Motivation der Beschäftigten mografische Wandel und die Globalisierung
und die Kompetenz der Belegschaft adressie- weisen auf Aspekte hin, die die Arbeitsfähig-
ren. Zur systematischen Verankerung von CSR keit beeinflussen (Ilmarinen 2019). Da sich
in der Organisations- und Personalentwick- die Art und Kultur der Arbeit verändert, etwa
lung und zur ganzheitlichen Unterstützung der durch komplexe und digitalisierte Arbeitspro-
Kompetenzentwicklung der Belegschaft bietet zesse und Flexibilität bei Arbeitsort/-zeit und
sich das Arbeitsfähigkeitskonzept an. nach Lebensphasen, kann „Arbeit“ selbst als
Ressource und Motivationsfaktor interpretiert
17 werden – und nicht nur als Anforderungen, die
17.3.2 Das Konzept der die Arbeit an den Menschen stellt, wie noch im
Arbeitsfähigkeit ursprünglichen Verständnis (Kionke und Ste-
cker 2018; Stecker 2019a).
Das Arbeitsfähigkeitskonzept bietet eine
Unter Arbeitsfähigkeit (engl. Work ability) ganzheitliche Grundlage für die Organisations-
wird die Balance zwischen den Arbeitsanfor- und Personalentwicklung zur systematischen
derungen (physisch, psychisch und affektiv) Verankerung von CSR. Denn arbeitsweltbezo-
und den Arbeitsressourcen (Gesundheit und gene Ressourcen können die Motivation erhö-
Kapitel 17 ! Verantwortung übernehmen
267 17

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 17.1 Das Modell des Hauses der Arbeitsfähigkeit. (Quelle: Ilmarinen et al. 2016, S. 223; mit freundlicher
Genehmigung)

hen und somit zu einer Steigerung von Enga- Daher kommt dem dritten Stockwerk „Wer-
gement und Leistung beitragen. Nach Franken te“ eine besondere Bedeutung zu (Ilmarinen
(2016, S. 214) erbringen Mitarbeitende frei- et al. 2016). Förderlich ist hier eine Unter-
willig die beste Leistung, „wenn sie sich am nehmenskultur, die auf allen Hierarchieebenen
Arbeitsplatz wohl fühlen, mit der Gruppe, den zu hoher Eigenständigkeit und Selbstverant-
Kollegen und dem Unternehmen verbunden wortung, Kreativität und Veränderung sowie
sind.“ Insbesondere kompetenz- und lernför- konstruktiver (Selbst-)Kritik anregt (Franken
derliche Aspekte der Arbeit und verantwor- 2016, S. 52). Nach Ilmarinen (2019) haben je-
tungsvoll gestaltete Arbeitsbedingungen wir- doch Management- und Führungsfähigkeiten
ken sich positiv auf das organisationale Com- im vierten Stockwerk die stärkste Auswirkung
mitment bzw. die Bindung der Mitarbeitenden auf die Arbeitsfähigkeit, da Führungskräfte
an das Unternehmen aus (Felfe und Womba- und direkte Vorgesetzte einen großen Einfluss
cher 2016; Klaiber 2018). Subjektive Werte, auf die psychische und kognitive Gesundheit
Einstellungen und Motivation beeinflussen die des Einzelnen sowie der Arbeits- und Leis-
Balance zwischen Arbeit, persönlichen Res- tungsfähigkeit des Teams ausüben können.
sourcen und Privatleben und wirken sich so- Neben direkten Maßnahmen zur Stärkung
mit auf die Arbeit im engeren Sinne aus. der Gesundheitskompetenzen der Beschäftig-
268 C. Stecker

ten und zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Dies kann im Rahmen des psychologischen
Bedingungen seitens des Betriebes (Verhal- Empowerments erfolgen, das auf das Indivi-
ten und Verhältnisse; Gansser und Godbersen duum und seine Einstellung zur Arbeit aus-
2017) kann vor diesem Hintergrund beispiels- gerichtet ist (Schermuly et al. 2013). Auch
weise das CSR-Engagement der direkten Füh- Studien zum Veränderungs- bzw. Change-Ma-
rungskraft auf der Werteebene zu einer stärke- nagement legen nahe, die Aufmerksamkeit
ren emotionalen Bindung und einer höheren stärker auf den Menschen als auf die Technolo-
Arbeitszufriedenheit und damit wiederum zu gie auszurichten (Capgemini Consulting 2017;
mehr Gesundheit der Arbeitnehmenden beitra- Hirsch-Kreinsen und Ittermann 2021). Um den
gen. Mit anderen Worten: CSR-konforme In- komplexen globalen Anforderungen der exter-
itiativen, Haltungen, Verhaltensweisen sowie nen Stakeholder und den betriebsinternen Vor-
die Führungs- und Unternehmenskultur kön- gaben bei der Wahrnehmung von CSR gerecht
nen sich positiv auf die Motivation, Einstellun- zu werden, werden Mitarbeitende benötigt, die
gen und Werte der Beschäftigten auswirken. neue Ideen, Produkte, Verfahren und Prozesse
Bezogen auf einzelne CSR-Maßnahmen legen entwickeln und anwenden können, also ein in-
empirische Befunde jedoch einschränkend na- novatives Arbeitsverhalten zeigen (Innovative
he, dass eine große Wirkung besonders von Work Behaviour, IWB). Durch ihr innovatives
Verantwortungsaspekten ausgeht, die direkt er- Arbeitsverhalten tragen die Beschäftigten we-
fahrbar sind und den Präferenzen der Mitar- sentlich zur Gesamteffektivität und Leistung
beitenden eher entsprechen, wie Work-Life- einer Organisation bei, indem arbeitsbezogene
Balance, Fairness oder Arbeitsplatzsicherheit Lösungsansätze generiert werden (Kimwolo
(Bustamante et al. 2018). und Cheruiyot 2019). Da dieses außerberuf-
liche Verhalten über die üblichen Arbeitsan-
forderungen hinausgeht und vom normalen
17.4 Unterstützung der Belohnungssystem kaum erkannt wird, ist psy-
Kompetenzentwicklung und chologisches Empowerment durch intrinsische
intrinsischen Motivation Motivation und ein hohes Maß an Fairness
unter Kolleginnen und Kollegen erforderlich
(ebd.; Demerouti et al. 2015).
Aus Sicht der Europäischen Kommission Aufgrund der in Theorie und Praxis bis-
(2006, S. 11) ermöglicht CSR den Unter- lang weitgehend fehlenden Verknüpfung von
nehmen, „ihre Leistungsfähigkeit auf ökono- BGM und CSR (Müller et al. 2017) wur-
mischem, ökologischem und sozialem Gebiet de im Rahmen von Experteninterviews mit
dank innovativer Produkte und Dienstleistun- Gesundheits- und Nachhaltigkeitsverantwort-
gen, neuer Kompetenzen und des Engage- lichen, Geschäftspartnern sowie Sozialversi-
ments der Stakeholder kurz- und langfristig zu cherungen, öffentlichen Einrichtungen und Ar-
verbessern“ und trägt dazu bei, dass für die Be- beitnehmervertretungen versucht, Schnittstel-
schäftigten das „Arbeitsumfeld attraktiver und len und Hindernisse auf strategischer, struk-
bereichernder wird“. Um diesen Anforderun- tureller und (unternehmens-)kultureller Ebene
17 gen gerecht zu werden, erproben Unterneh- zu identifizieren. Demnach ließen sich strate-
men beispielsweise New-Work-Ansätze zum gische Potenziale für eine bessere Integrati-
strukturellen Empowerment wie Agility oder on der beiden Managementbereiche erschlie-
Holacracy (Gerdenitsch und Korunka 2019; ßen, wenn insbesondere Fragen nach der Ver-
Schermuly 2021). Da Menschen jedoch un- antwortung für die Gesundheit (Beschäftigte
terschiedlich von Organisationsstrukturen be- oder Unternehmen), nach Freiwilligkeit/Au-
troffen sind, wird aus psychologischer Sicht tonomie und Stigmatisierung/Diskriminierung
empfohlen, den Menschen stärker in den Mit- bei Gesundheitsfragen, zu Fairnessaspekten
telpunkt zu stellen (Schermuly 2021, S. 59 f.). und zur gerechten Verteilung der (knappen)
Kapitel 17 ! Verantwortung übernehmen
269 17
finanziellen BGM-Ressourcen angesprochen Handlungsfähigkeit des Individuums bei der
würden (Kuhn et al. 2021). Eine strukturel- Kompetenzentwicklung im Vordergrund;
le Verbindung ließe sich über die ökologi- dieses Verständnis hat sich als Leitziel der
sche Dimension der Nachhaltigkeit und mit- beruflichen und betrieblichen Aus- und Weiter-
arbeiterorientierten Gesundheitsaktivitäten er- bildung durchgesetzt (Schröder 2010). Unter
schließen („mit dem Rad zur Arbeit“, Leasing- Kompetenzen werden „Fähigkeiten, Methoden,
programme für E-Bikes für Mitarbeitende). In Wissen, Einstellungen und Werte [verstanden],
der sozialen Dimension könnten Ansätze eines deren Erwerb, Entwicklung und Verwendung
erweiterten Arbeits- und Gesundheitsschutzes sich auf die gesamte Lebenszeit beziehen“
in den Kunden- und Lieferbeziehungen vom (ebd., S. 163). Die Kompetenzentwicklung
Gesundheits- auf das Nachhaltigkeitsmanage- zielt darauf ab, zu einem selbständigen und
ment ausstrahlen. Eine Kombination der Di- eigenverantwortlich handelnden Menschen
mensionen würde beispielsweise über sportli- in gesellschaftlichen, beruflichen und politi-
che und gemeinnützige Aktivitäten erfolgen, schen Kontexten zu befähigen und ist damit
wie z. B. ein Firmenlauf mit Spendensamm- auch in außerberufliche Bereiche transfe-
lung für ein soziales Projekt; (ebd.). Schließ- rierbar. Aufgrund dieser Transferierbarkeit
lich spielen Unternehmenskultur, -philosophie entziehen sich Kompetenzen „einer ausschließ-
und -werte eine entscheidende Rolle bei der lich verwendungsorientierten Utilitarisierung
Gesundheitsförderung als Teil der „social res- und Ökonomisierung“ – also der extrinsi-
ponsibility“; dies betrifft etwa Fragen zur schen Motivation –, sodass sie für CSR-
Work-Life-Balance, zu persönlichen Entwick- Instrumente anschlussfähig an die betriebliche
lungsmöglichkeiten oder zum Arbeits- und Bildungsarbeit sind (ebd.). Insofern erschei-
Gesundheitsschutz. Kritisch wird die Verbin- nen Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung
dung zwischen Unternehmenskultur und den und Weiterbildung für Führungskräfte sinnvoll,
individuellen Werten und Einstellungen, wenn da sie die Schnittstelle zu den Mitarbeitenden
Dissonanzen wahrgenommen werden und dies sind. Franken (2016, S. 257) empfiehlt da-
zu psychischer Belastung, Stress und mora- her, die Kompetenz von Führungskräften in
lischer Bedrängnis führen kann (ebd.; BAuA den Normen und Werten der Unternehmens-
2016; Kionke und Stecker 2018). Insofern kultur zu schulen, damit sie diese verstehen,
kann BGM nur so erfolgreich sein wie es reflektieren und entsprechend vorleben kön-
die Unternehmenskultur und -philosophie zu- nen. Bei den Mitarbeitenden empfiehlt es sich,
lässt. Zusammengefasst wurden in der Stu- ihre Kompetenzen in Bezug auf die Balan-
die mögliche Hindernisse ausgemacht – in ce von Ressourcen und Anforderungen des
der Verschiedenartigkeit von Compliance- und vierten Stockwerks der Arbeitsfähigkeit (Ar-
BGM-Leitlinien sowie in der jeweiligen Über- beit, Arbeitsorganisation und -bedingungen)
führung in die Praxis, der organisatorischen zu fördern. Werden dabei inhaltlich Fragen von
Trennung von BGM und CSR, durch Wis- Verantwortung und Nachhaltigkeit, Prävention
senslücken, ein fehlendes Bewusstsein für ver- und Gesundheit für sich und externe Stakehol-
haltens- und systemorientierte Prävention so- der im Arbeitskontext angesprochen, können
wie in der gemeinsamen Verantwortung für die Beschäftigten lernen, ihre erworbenen
die Gesundheit (Kuhn et al. 2021). Über die Gesundheits- und Nachhaltigkeitskompe-
Kompetenzentwicklung der Belegschaft kann tenzen und Erfahrungen selbstwirksam und
an diese gesundheits- und nachhaltigkeitsori- intrinsisch (weiter) zu entwickeln. Eine Ge-
entierten und verantwortungsethischen Fragen lingensbedingung dafür ist allerdings, dass
angeknüpft werden. kein wahrnehmbarer „Mismatch“ zwischen
Im Unterschied zum Qualifikationsbegriff, der Führungs- und Unternehmenskultur, den
der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkei- bestehenden Leitlinien und Compliance-Richt-
ten zusammenfasst, steht die Förderung der linien und der BGM-/CSR-Umsetzungspraxis
270 C. Stecker

vorliegt. Angesichts des durch Covid-19 auch Unabhängig von den aufgeführten Mög-
in der Weiterbildung ausgelösten digitalen lichkeiten und Formaten der Kompetenz- und
Strukturwandels (Klös 2020) sind Maßnahmen Wissensvermittlung bieten sich für die Förde-
für die Kompetenzentwicklung von Führungs- rung der Nachhaltigkeitskompetenz von Füh-
kräften, die vor wenigen Jahren noch als rungskräften und Beschäftigten die Integration
innovativ angesehen wurden, vielfach zur tägli- in den Arbeitsprozess im Sinne einer pro-
chen Realität avanciert. Während der Pandemie zessimmanenten Aus- und Weiterbildung an
haben sich Führungskräfte und Beschäftigte (Klös 2020; Lernen im Prozess der Arbeit (Li-
oftmals selbst informell digitale Kompeten- PA), Schröder 2010). Der erfahrungsbezogene
zen angeeignet. Diese Kompetenz sich selbst Lernprozess kann das Transferproblem redu-
zu organisieren bzw. zur „Selbstführung“ und zieren und das informelle Lernen fördern, da
zum „Self-Empowerment“ erfordert individuell Lern- und Anwendungskontext identisch sind
verhaltensorientierte, kognitive und emotio- (Stecker und Müller 2018). Von Bedeutung
nale Strategien, wie das Setzen eigener Ziele ist zudem die Förderung der Lernmotivation,
und eine entsprechende Reflexion über eige- um eine positive Haltung zum „lebenslan-
ne Maßnahmen (Gerdenitsch und Korunka gen Lernen“, d. h. die Aneignung von Wis-
2019, S. 181; Hasenbein 2020, S. 124). Doch sen, Qualifikation und Kompetenz während
auch die gestiegene Selbstorganisation und das des gesamten Lebens, zu fördern sowie die
selbstorganisierte Lernen bedürfen weiterhin Wertschätzung unabhängig von hierarchischen
der Führung, wenngleich in einer veränderten Positionen (Rump und Eilers 2017). Für eine
Form (Hasenbein 2020, S. 111). Da aus Sicht Umsetzung von CSR unerlässlich erscheint zu-
der jüngeren „Responsible-Management-For- dem der Abbau von Wissens- und Kompetenz-
schung“ verantwortungsvolles Management in barrieren, um den Zugang zu Informations-
der betrieblichen Praxis nicht nur CSR- oder quellen und Kontaktpersonen zu ermöglichen
Compliance-Verantwortlichen, sondern allen und Wissen, Erfahrungen und Ressourcen zu
Führungskräften und Beschäftigten helfen soll, teilen (Stecker und Müller 2018; Hasenbein
ethisch, verantwortungsvoll und nachhaltig zu 2020).
wirtschaften, geht dieser Ansatz über CSR hi- Zur strukturellen Verankerung von Nach-
naus (Laasch et al. 2020). In diesem Sinne haltigkeit in der beruflichen Aus- und Wei-
sollten die in . Tab. 17.1 aufgeführten Vor- terbildung beispielsweise hat das Bundesin-
schläge zur Kompetenzentwicklung und zu stitut für Berufsbildung (BIBB) Modellversu-
möglichen Weiterbildungsformaten nicht nur che gefördert, etwa für kaufmännische Beru-
Führungskräften, sondern allen Mitarbeiten- fe. Der entstandene Praxisleitfaden für Aus-
den angeboten werden. Die vorgeschlagenen bildungsberufe in Handelsunternehmen (Ein-
Formate zur Kompetenzentwicklung sind zel-, Groß- und Außenhandel, Spedition und
grundlegender Art, die flexibel an die konkreten Logistik) enthält neben weiterführenden QR-
betriebsspezifischen CSR-Inhalte angepasst Codes und verknüpften Lern-Apps für die Ju-
werden können. Die aufgeführten Maßnahmen gendlichen auch konkrete, mit den Berufs-
können ausgehend vom vierten Stockwerk, bildpositionen verbundene nachhaltigkeitsre-
17 der Arbeitsorganisation und Führung sowie levante Kompetenzen, wie die Wechselbezü-
der Arbeit selbst, über das dritte Stockwerk- ge und Widersprüche von Einkauf, Liefer-
werk – Werte, Einstellungen und Motivation und Prozessketten, Warensortiment, Produkt-
– auf das zweite Stockwerk – Kompetenz, Er- lebenszyklen, Konsumstilen, Labels und Sie-
fahrungen und Lernen – einwirken. Insofern geln usw. zu berücksichtigen, zu prüfen, zu
können alle drei gemeinsam das erste Stock- beurteilen und verantwortungsvoll mitzuge-
werk und „Fundament“ der Arbeitsfähigkeit stalten (Schütt-Sayed et al. 2021). Ein anderes,
stärken: die psychische und physische Gesund- im Rahmen des Bundesprogramms „rehapro“
heit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten. vom Bundesministerium für Arbeit und Sozia-
Kapitel 17 ! Verantwortung übernehmen
271 17

. Tab. 17.1 Mögliche Weiterbildungsmaßnahmen für die Kompetenzentwicklunga . (Quelle: Eigene, erweiterte
und modifizierte Darstellung ausgehend von Franken (2016) (Dort nur bezogen auf die Führungskräfteentwicklung,
S. 255, S. 258–262) und ergänzt nach Klös (2020) und Hasenbein (2020). Die Vorschläge sind weder abschließend
noch auf das entsprechende Kompetenzfeld beschränkt, in dem sie aufgeführt sind.)

Kompetenzentwicklung Mögliche Weiterbildungsmaßnahmen


Selbstreflexion [Basis für die Füh- Training, Coaching, Selbstcoaching (psychologisches Em-
rungskompetenz] und „Selbstfüh- powerment), [360-Grad-Feedback], Feedbackgespräche mit
rung“/Selbstkompetenz Führungskräften/Peers (Kolleginnen, Kollegen)

Zukunftsausrichtung und strategische In- Workshop, Projektarbeit, Planspiele/Simulationen, Gamification


novationskompetenz (Innovationsfreude), und Serious Games (spielerische Elemente), Lernen im Tandem
Veränderungskompetenz, Handlungskompe- mit dem Computer (Computer- oder webbasierte Selbstlernpro-
tenz gramme), Blended-Learning (digitale Lernmedien im Wechsel mit
Präsenzphasen)

Digitale und Medienkompetenz/medien- Workshop, Reverse Mentoring (Ältere lernen von Jüngeren),
didaktische Kompetenz (insbesondere in vir- mobiles Lernen (Lernen in „Häppchen“, Podcasts, Wikis), Selbst-
tuellen Kontexten), Stärkung von Offenheit lernprogramme, Serious Games, virtuelle Lern-Community,
für digitale Medien Virtual- oder Augment-Reality-Weiterbildungen (Datenbrille,
Simulationen), kooperative Content-Netzwerke für digitales Ler-
nen/Lab Days („Digitale Hochschule“), [Leading-out-loud-Ansatz
(Executive Blogs oder Podcasts von Führungskräften)], Learning
Journeys (Exkursionen)

Interkulturelle Kompetenz und globales Training, videobasiertes Lernen (interaktive Web 2.0-Anwen-
Denken und Handeln, Netzwerkkompetenz dungen, Lernvideos und TED-Talks), Erfahrungsgruppen,
Community/Social-Collaboration-Plattformen (Massive oder
Corporate Open Online Courses – MOOCS oder COOCS), Early
Bird Café/Blind Lunch oder Learning Lunch (als Präsenzformate
oder als Virtual Cafés über Videokonferenzen), Auslandseinsatz

Umgang mit der Vielfalt der Belegschaft/ Training, Workshop, videobasiertes und mobiles Lernen, Erfah-
Diversitätskompetenz, Stärkenorientierung rungsgruppen

[Transformationale Führung], Sinnvermitt- Spezielle Trainingsprogramme, [360-Grad-Feedback], Rollen-


lung und Kulturgestaltung, Stärkung von spiele, Teambuilding- und Entwicklungsworkshop, Daily Stand-up
Vertrauen Meetings/Kanban-Board (Transparenz der Aufgaben, Face-to-Face
oder digital per Videosystem), regelmäßige Feedbackgespräche
zwischen Führungskraft und Teammitgliedern

[Demokratische und delegative Führung], Erfahrungsgruppen, Workshop, Action-Learning (handlungsori-


Gestaltung der Partizipation entiertes Lernen), [Führungs-Lab], [Leading-out-loud-Ansatz],
Open-Space-Methode (Ideen der Teilnehmenden), Barcamp (In-
halte der Teilnehmenden), Hackatron (Ideen durch partizipative
Arbeitssessions), Lab Days

Kommunikations- und Feedback-Kompetenz Workshop, Training, Rollenspiele, videobasiertes Lernen, kolle-


giale Beratung

Agilität, Change-Kompetenz und Lernbereit- Workshop, Erfahrungsgruppen, Action-Learning, [Führungs-Lab],


schaft Scrum (Erarbeitung von Lösungen in kürzeren Sprints, Daily
Stand-ups, Reviews und Retrospektiven), Lean-Start-up (Learning-
by-doing-Verfahren), Working-/Learning-out-loud-Ansatz (diverse
selbstorganisierte Lerngruppen)
a
Die eher führungskräftebezogenen Ansätze wurden in eckige Klammern gesetzt.
Fehlzeiten-Report 2022
272 C. Stecker

les (BMAS; Stecker 2021) gefördertes Modell- Lernbereitschaft – die letztlich insgesamt auf
vorhaben der Rentenversicherung entwickelt die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Be-
unter Beteiligung von Jugendlichen in Aus- schäftigten zurückwirken.
bildung ein modulares Schulungskonzept für Aufgrund der Sensibilität der Thematik in
die frühzeitige und adressatengerechte Sensi- Öffentlichkeit, Politik und bei externen Stake-
bilisierung zur Prävention. Die darin erwor- holdern sind Unternehmen demnach gut bera-
bene Gesundheitskompetenz der Auszubilden- ten, wenn sie die intrinsische Motivation und
den soll es ihnen erlauben, „während ihres Er- Kompetenzentwicklung ihrer Führungskräfte
werbslebens Einschränkungen in der Teilhabe und Beschäftigten in einem „sozialvertragli-
eigenständig zu erkennen, durch Rehabilitati- chen“, partnerschaftlichen Sinne unterstützen.
on und Prävention zu bearbeiten und ggf. das Denn sowohl aus arbeitspsychologischer als
eigene Handeln und die Kontextfaktoren anzu- auch aus verhaltensökonomischer Sicht sollten
passen, um Teilhabe dauerhaft zu erreichen“ Unternehmen berücksichtigen, dass die sozia-
(Modellvorhaben rehapro 2022). Aufgrund der le Norm (des reziproken Verhaltens) „Loyali-
aufgezeigten Lücken und den möglichen Syn- tät schaffen und – was noch wichtiger ist –
ergieeffekten von CSR und BGM sowie eines Menschen dazu bringen [kann], sich in dem
grundlegenden CSR-Bestandteils – die Prä- Maße zu engagieren, wie es Unternehmen heu-
vention der Beschäftigten zu fördern –, wäre te brauchen: flexibel, aufmerksam und bereit,
es eine Zukunftsaufgabe, die beiden genannten sich einzubringen“ (eigene Übersetzung nach
Ausbildungsbestandteile zu integrieren. Ariely 2008, S. 83).
Damit übernehmen Unternehmen nicht
nur Verantwortung gegenüber ihren internen
17.5 Fazit Stakeholdern, sondern fördern diejenigen, die
für eine erfolgreiche und glaubwürdige CSR-
Kommunikation und -Umsetzung nach außen
Für die Wahrnehmung gesellschaftlicher Ver- sorgen können – wovon sie selbst wiederum
antwortung durch Unternehmen und Orga- profitieren können.
nisationen werden Beschäftigte benötigt, die
über betriebliche Compliance-Regelungen und
Schulungen hinaus ein innovatives Arbeits- Literatur
verhalten zeigen und auf Basis innerer Werte
und Überzeugungen agieren. Die dazu erfor- Amerland A (2021) CSR-Aktivitäten fördern die Mitar-
derliche intrinsische Motivation entzieht sich beiterbindung. https://www.springerprofessional.de/
jedoch extrinsischen Anreizen; diese würden corporate-social-responsibility/mitarbeiterbindung/
csr-wird-fuer-beschaeftigte-immer-wichtiger/
im Gegenteil langfristig zu einer Verdrän-
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17 chen Transferierbarkeit ist die Kompetenzent- schaftliches Engagement von Unternehmen. Bilanz
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wicklung daher besonders geeignet, um ein Bal PM, Hornung S (2019) Individualization of work:
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17
275 18

Nachhaltigkeit
im Pflegeberuf:
Soziale und ökologische
Verantwortung
übernehmen
Florian Fischer

Inhaltsverzeichnis

18.1 Einleitung – 276

18.2 Die Herausforderung: Ambivalenzen


des Pflegeberufs – 277
18.2.1 Idealismus vs. Arbeitsrealität – 277
18.2.2 Berufs- vs. Arbeitgeberattraktivität – 278

18.3 Die Perspektive: Verantwortung für ökologische und


soziale Nachhaltigkeit in der Pflege – 279
18.3.1 Ökologische Nachhaltigkeit – 280
18.3.2 Soziale Verantwortung – 281

18.4 Auf der Suche nach einer Lösung: Fazit und


Ausblick – 282

Literatur – 282

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_18
276 F. Fischer

2Zusammenfassung von 20 bis 30 % wirft (Deutsches Ärzteblatt


Nachhaltigkeit ist eine der zentralen Forde- 2021; ver.di 2018). In diesem Zusammenhang
rungen dieser Zeit. Der umfassende Anspruch, wird vielfach auf Unzufriedenheit mit den
sorgsam mit der uns umgebenden natürli- Arbeitsbedingungen (Schmucker 2020), Über-
chen wie auch sozialen Umwelt umzugehen, forderung (Rothgang et al. 2020b) und einen
ist längst Teil der öffentlichen und politischen damit einhergehenden „Praxisschock“ in der
Diskussionen. Ökologische Nachhaltigkeit und Pflege hingewiesen (Twenhöfel et al. 2020).
soziale Verantwortung sind dabei eng mitein- Dieses Spannungsfeld wurde durch den An-
ander verbunden. Angesichts des Fachkräfte- stieg des (pflegerischen) Versorgungsbedarfs
mangels in der Pflege steht das Thema bislang in Folge der SARS-CoV-2-Pandemie – bei
nicht im Fokus von Veränderungsbestrebungen gleichzeitig stark fluktuierender bzw. insge-
im Pflegeberuf. Eine verantwortungsvolle und samt zurückgehender Verfügbarkeit des Pfle-
nachhaltige Unternehmenspolitik und -kultur gepersonals aufgrund von Isolation und Qua-
stellt jedoch eine Voraussetzung – in einem rantäne (Robert Koch-Institut 2022), aber auch
größeren Kanon von Instrumenten der Perso- bedingt durch die einrichtungsbezogene Coro-
nalgewinnung – dar, um den Pflegeberuf wie- na-Impfflicht mit Gültigkeit ab 16. März 2022
der attraktiver zu gestalten und Verantwortung (Deutscher Bundestag 2021) – besonders viru-
für das Sozial- und Ökosystem zu übernehmen. lent. Oder mit anderen Worten: Die Systemrele-
vanz der Pflegeberufe – die auch über die Phase
der SARS-CoV-2-Pandemie hinaus Gültigkeit
18.1 Einleitung besitzt – wurde durch die Auswirkungen der
Pandemie für die Öffentlichkeit sicht- und spür-
bar (Fischer et al. 2020d). Abgesehen von me-
Der „Pflegenotstand“ ist keine Herausforde- dialer Aufmerksamkeit (Fischer et al. 2020b)
rung, die erst durch die SARS-CoV-2-Pande- und Beifall von Balkonen für die Leistungen
mie entstanden ist (Özlü 2020). Stattdessen ist der Pflegekräfte (Fischer et al. 2020a) ist jedoch
er die konsequente – und somit seit langer Zeit bislang leider wenig an tatsächlicher Anerken-
absehbar gewesene – Folge der demographi- nung in Form verbesserter Arbeitsbedingungen
schen Alterung. Spätestens seit der Einführung übriggeblieben (Reiber et al. 2021).
der Fallpauschalen (German Diagnosis Rela- Aus diesem Grund setzt sich der vor-
ted Groups (G-DRG)) als Abrechnungssystem liegende Beitrag mit Verantwortung für und
in der akutstationären Versorgung zeigte sich Nachhaltigkeit im Pflegeberuf auseinander. Es
in Deutschland ein negatives Verhältnis zwi- werden Perspektiven aufgezeigt, die über den
schen Vollzeitäquivalenten im Pflegedienst auf Stand der aktuellen Diskussionen im Kontext
der einen Seite und durch Fallzahlsteigerun- von Fachkräftegewinnung und -haltung in der
gen sowie Verweildauerverkürzungen erhöhte Pflege hinausgehen. Ungeachtet einer gesamt-
Arbeitsverdichtung auf der anderen Seite (Al- gesellschaftlichen Fürsorgepflicht gegenüber
brecht et al. 2017). Auch in der Altenpflege be- Pflegenden (Fischer et al. 2020c) werden im
stehen vergleichbare Herausforderungen, denn Folgenden jene Maßnahmen und Instrumente
selbst die in den vergangenen Jahren zuneh- in den Blick genommen, die auf der Ebene von
mende Anzahl an Ausbildungen in den Pflege- Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden können
18 berufen (Statistisches Bundesamt 2020) reicht und sollten, um die Tätigkeit in einem Pflege-
nicht aus, um den steigenden Pflegebedarf zu beruf attraktiver gestalten und eine qualitativ
decken (Slotala 2020) – insbesondere wenn hochwertige pflegerische Versorgung nachhal-
man einen Blick auf die bundesweit hohen Ab- tig sicherstellen zu können.
bruchquoten in der Pflegeausbildung in Höhe
Kapitel 18 ! Nachhaltigkeit im Pflegeberuf
277 18

18.2 Die Herausforderung: 18.2.1 Idealismus vs.


Ambivalenzen Arbeitsrealität
des Pflegeberufs
Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen weisen
Bei Diskussionen um „die“ Pflege kommt es Beschäftigte in der Pflege eine höhere Identi-
bisweilen häufig zu unzureichenden Verkür- fikation mit ihrer Arbeit auf. Während insge-
zungen oder Verallgemeinerungen, da die Pro- samt etwa zwei Drittel (67 %) aller Beschäf-
fessionalisierung des Pflegeberufs in den ver- tigten den Eindruck haben, dass sie mit ih-
gangenen Jahrzehnten deutlich vorangeschrit- rer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Ge-
ten ist. Unterschiedliche Versorgungsformen sellschaft leisten, ist dieser Anteil mit 94 %
(z. B. ambulante Pflege, Kurzzeitpflege, lang- in Pflegeberufen deutlich höher (DGB-Index
zeit- oder akutstationäre Pflege) bei hetero- Gute Arbeit 2018). Diese Ergebnisse aus dem
genen Zielgruppen (z. B. Intensivpflege, Kin- DGB-Index Gute Arbeit machen deutlich, dass
derkrankenpflege, Altenpflege oder palliative die subjektive Sinnerfahrung des eigenen Be-
Pflege) und die Mischung verschiedener beruf- rufs eine Grundlage für Identifikation, Moti-
licher Qualifikationsniveaus („Grade“) sowie vation und Arbeitszufriedenheit im Pflegeberuf
Erfahrungen und Expertisen („Skills“) in den darstellt (Schmucker 2020). Eine solche Sinn-
Pflegeteams („Skill-Grade-Mix“) sind ein Zei- erfahrung resultiert häufig aus dem Erleben von
chen der Ausdifferenzierung der Pflege (DBfK Selbstwirksamkeit sowie aus sichtbaren posi-
2021). tiven Ergebnissen und Anerkennung der Ar-
Das Selbstverständnis und Selbstbild von beit (Hardering 2017). Eine zunehmende Ar-
in der professionellen Pflege tätigen Perso- beitsverdichtung in der Pflege (Bettig 2020)
nen ist jedoch weiterhin von historischen belastet diese Ausgangslage jedoch in zweifa-
und gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt cher Hinsicht: Zum einen haben die Fachkräf-
(Schwarz 2009). Von privaten oder christli- te in der Pflege das Gefühl, ihren eigenen An-
chen Diensten der Fürsorge ausgehend hat sprüchen und auch den Erwartungen der Ge-
u. a. durch Multimorbidität und die steigen- sellschaft – respektive der Pflegebedürftigen
de Zahl demenziell Erkrankter die Komplexi- – in Bezug auf die Erbringung einer „guten
tät der pflegerischen Versorgung zugenommen Pflege“ nicht gerecht werden zu können. Zum
(Gurtner et al. 2018; Reiber und Winter 2018). anderen führt die Arbeitsverdichtung zu einer
Reformen der pflegeberuflichen Ausbildung hohen Arbeitsbelastung sowohl auf körperli-
sowie die Stärkung der Akademisierung sol- cher als auch auf psychischer Ebene. Letzteres
len diesen Entwicklungen gerecht werden und wird zudem durch das Gefühl, den Anforde-
nicht nur neue Qualifizierungswege eröffnen, rungen nicht gerecht werden zu können, ver-
sondern auch den Pflegeberuf aufwerten (Cas- stärkt (Brandenburg et al. 2015; Leichsenring
sier-Woidasky 2011). Dies sind Beispiele für et al. 2015; Rothgang et al. 2020a). Das Zu-
politische Maßnahmen, um den Herausforde- sammenspiel einer hohen beruflichen Veraus-
rungen des Fachkräftemangels in der Pflege gabung (z. B. durch Arbeit unter Zeitdruck) bei
begegnen zu können. Darüber hinaus gibt es zugleich geringer Belohnung (sowohl finanzi-
aber auch auf betrieblicher Ebene Handlungs- ell als auch durch fehlende Anerkennung bzw.
spielräume, um Ambivalenzen des Pflegebe- Unterstützung) kann zu einer Gratifikationskri-
rufs – die im Folgenden exemplarisch und se (Siegrist 1996) führen, die wiederum nega-
ohne Anspruch auf Vollständigkeit skizziert tive Auswirkungen auf die Gesundheit haben
werden – zu reduzieren und somit die Tätig- kann. Dies wurde auch bei Beschäftigten im
keit in der Pflege attraktiver zu gestalten. Pflegeberuf nachgewiesen (Gräske et al. 2021).
278 F. Fischer

Die adversen gesundheitlichen Effekte ho- „Pflexit“ sogar eine eigene Begrifflichkeit ent-
her Arbeitsbelastung bei Pflegekräften zeigen wickelt (Fuchs und Taufer 2021). Die zu gerin-
sich bereits seit Jahren. So wiesen Pflegekräfte ge Pflegeausstattung ist in diesem Zusammen-
im Jahr 2018 im Durchschnitt 22,9 Arbeits- hang ein Circulus vitiosus, da sie zu erhöhter
unfähigkeitstage auf. Dieser Krankenstand ist Beanspruchung und somit einem erhöhten Er-
im Vergleich zu allen Beschäftigten, die im krankungsrisiko führt. Die dadurch vermehr-
Durchschnitt jährlich 14,9 Tage krankheitsbe- ten Fehlzeiten resultieren in einer nochmals
dingt ausfielen, um 50 % erhöht (Techniker höheren Belastung für die Belegschaft – mit
Krankenkasse 2019). Ursächlich dafür sind entsprechend negativen Auswirkungen auf die
körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten durch Arbeitsplatzzufriedenheit und Wahrnehmung
Arbeiten im Stehen, häufiges Heben und Tra- der Attraktivität des Pflegeberufs.
gen von schweren Lasten und das Arbeiten in
Zwangshaltungen. Verstärkt werden diese Be-
lastungen durch Tätigkeiten unter Zeit- und 18.2.2 Berufs- vs.
Leistungsdruck (Rothgang et al. 2020a). Arbeitgeberattraktivität
Eine onlinebasierte Befragung unter Pfle-
gekräften (n = 2.689) während der SARS-
CoV-2-Pandemie machte deutlich, dass Das Imageproblem des Pflegeberufs zeigt sich
38,3 % der Pflegenden mehrmals monatlich bei Jugendlichen bereits seit Jahren (Görres
oder häufiger daran dachten, den Beruf zu et al. 2015) und insbesondere in der Altenpfle-
verlassen; 30,6 % dachten darüber nach, den ge (Eggert et al. 2019). Neben den Arbeits-
Arbeitgeber zu wechseln. Einflussnehmend bedingungen werden auch niedrige Gehälter
auf den Gedanken an einen Berufsaus- als Gründe des schlechten Images und somit
stieg bzw. Arbeitgeberwechsel war neben des Fachkräftemangels in der Pflege ange-
einer schlechten Arbeitsfähigkeit insbeson- führt. Im Dezember 2018 verdienten vollzeit-
dere das inadäquate Verhältnis von Aufwand beschäftigte Fachkräfte in der Krankenpfle-
und Belohnung („Effort-Reward-Imbalance“, ge mit monatlich 3.415 C geringfügig mehr
Verausgabungs-Belohnungs-Ungleichgewicht- als der Durchschnitt der sozialversicherungs-
Modell) (Gräske et al. 2021), wie es im Modell pflichtig Beschäftigten (3.304 C). Fachkräfte
der Gratifikationskrise festgehalten ist (Sie- in der Altenpflege (2.877 C) verdienten im
grist 1996). Schnitt 13 % weniger als die Vergleichsgrup-
Diese Ergebnisse zeigen die Ambivalenz pe aller Beschäftigten. Seit dem Jahr 2012
zwischen Idealismus und Arbeitsrealität im sind die Entgelte in der Krankenpflege ent-
Pflegeberuf: Auf der einen Seite wird Gesund- sprechend der allgemeinen Lohnentwicklung
heit und Pflege ein hoher Wert beigemessen, gestiegen; in der Altenpflege sogar überdurch-
der sich jedoch nicht in finanzieller Wert- schnittlich stark (Carstensen et al. 2020). Bei
schätzung der Pflegekräfte abbildet. Auf der der Einordnung dieser Zahlen ist jedoch zu
anderen Seite besteht ein Missverhältnis zwi- berücksichtigen, dass in den dargestellten Ent-
schen dem, was Pflegekräfte aufgrund ihrer gelten bereits Zuschläge für Nachtschichten
Professionalisierung und ihres Berufsethos als sowie Wochenend- und Feiertagsdienste ent-
gute Pflege erbringen wollen und durch die halten sind. Studien zeigen auf, dass Lohner-
18 Arbeitsbedingungen und -belastungen zu leis- wartungen – auch im Kontext der Pflege –
ten imstande sind. Dies hat dazu geführt, dass Einfluss darauf nehmen, ob ein Pflegeberuf er-
viele nicht in Betracht ziehen, den Pflegebe- griffen wird (Kugler 2021).
ruf zu ergreifen (Görres et al. 2015), oder die Regionale Entgeltunterschiede, die Träger-
Ausübung des einstmaligen Wunschberufs be- schaft der jeweiligen Einrichtungen (privat,
enden. In diesem Zusammenhang hat sich in gemeinnützig oder öffentlich) und die An-
den vergangenen Jahren mit der Bezeichnung bindung an Tarifverträge erklären Lohndiffe-
Kapitel 18 ! Nachhaltigkeit im Pflegeberuf
279 18
renzen, die auf Betriebsebene nicht (vollstän- men. Dies gilt sowohl für Maßnahmen zur
dig) ausgeglichen werden (Carstensen et al. Verbindung von Berufs- und Privatleben (z. B.
2020). Das Entgelt ist somit ein Faktor, der Angebote flexibler Arbeitsformen oder Maß-
im Kontext der Pflege insbesondere die Be- nahmen zur Steigerung der Dienstplanverläss-
rufsattraktivität beeinflusst. Dabei ist jedoch zu lichkeit) im Allgemeinen (Raiber et al. 2021)
unterscheiden zwischen der Berufsattraktivi- als auch für gesundheitsbezogene Maßnah-
tät als Oberbegriff für jene Merkmale, die den men der Personalbildung (z. B. Maßnahmen
Pflegeberuf als solchen attraktiv machen, und alters- und alternsgerechter Arbeitsplatzgestal-
der Arbeitgeberattraktivität, die jene Merk- tung) im Speziellen (Boscher et al. 2021).
male umfasst, auf die einzelne Einrichtungen
Einfluss nehmen können. In einer Befragung
von 176 Pflegefach- und Pflegehilfskräften, die 18.3 Die Perspektive:
zwischen Mai und September 2019 durchge- Verantwortung für
führt wurde, wurde hinsichtlich der Attraktivi- ökologische und soziale
tätsfaktoren in der Pflegebranche in instrumen- Nachhaltigkeit in der Pflege
telle und symbolische Attribute unterschieden.
Der instrumentelle Bereich umfasste dabei v. a.
wirtschaftliche Faktoren mit Attributen wie Nachdem in den vergangenen Jahren auch
Gehalt und Arbeitsplatzsicherheit oder Ar- in der Gesundheits- und Pflegebranche Opti-
beitsbedingungen. Demgegenüber bestand der mierungsprozesse und Effizienzsteigerungen
symbolische Bereich aus eher abstrakten, sub- im Vordergrund standen, bildet sich mittler-
jektiven und intangiblen Attributen. Als die weile mit dem Diskurs zur Corporate Social
wichtigsten Attraktivitätsfaktoren – dargestellt Responsibility (CSR) – im deutschsprachigen
als Mittelwert auf einer Skala von 1 („nicht Raum auch als gesellschaftliche Unterneh-
wichtig“) bis 5 („sehr wichtig“) – stellten sich mensverantwortung oder unternehmerische
ein aufrichtiger Umgang mit Mitarbeitenden Sozialverantwortung bezeichnet – ein Para-
(4,91), ein gutes Teamklima (4,90), verläss- digmenwechsel heraus (Bassen et al. 2005).
liche Kolleginnen und Kollegen (2,88), eine CSR leistet einen Beitrag zu einer umfas-
faire Führungskultur (4,83), eine verlässliche senden Unternehmensphilosophie, welche
Dienstplangestaltung (4,80) und eine hohe Ar- die Vereinbarkeit von Ökonomie, Ökologie,
beitsplatzsicherheit (4,77) heraus. Erst danach sozialer Verantwortung und regionaler Wirk-
folgte ein gutes Gehalt (4,69) (Koch-Rogge samkeit fokussiert (Keller und Lorenz 2018).
und Westermann 2020). In diesem Zusammenhang sind auch die Kri-
Dies weist auf die Bedeutung von Maß- terien der Environmental Social Governance
nahmen und Instrumenten hin, die sich im (ESG) zu verorten, die eine Definition für
Verantwortungsbereich der Pflegeeinrichtun- Nachhaltigkeit geben, indem ökologische,
gen befinden. Die Relevanz der zuvor genann- soziale und ethische Konsequenzen von In-
ten Faktoren wird auch auf Ebene der Per- vestitionen in Unternehmen berücksichtigt
sonalverantwortlichen in der Pflege gesehen, und bewertet werden. Nachhaltiges Handeln
u. a. hinsichtlich der geringen Personalkapazi- ist dabei kein Selbstzweck – die Investitionen
täten, die eine verlässliche Dienstplangestal- in eine Nachhaltigkeitsstrategie sollen sich
tung erschweren (Boscher et al. 2021; Isfort langfristig für die Unternehmen rentieren. Da-
et al. 2018). Zugleich zeigt sich aber auch bei lassen sich die ESG-Bewertungskriterien
eine Diskrepanz zwischen der Erfolgseinschät- auch auf Pflegeeinrichtungen übertragen, wie
zung von Maßnahmen zur Personalbindung es die folgenden Ausführungen exemplarisch
und deren tatsächlichem Einsatz im Unterneh- darstellen.
280 F. Fischer

18.3.1 Ökologische Nachhaltigkeit oder Wärmerückgewinnung in der Küche


der Einrichtung)
4 Nutzung von Digitalisierung (z. B. über di-
Die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit gitale Planung und Erfassung in der Pflege,
sind im alltäglichen öffentlichen Diskurs an- um unnötiges Ausdrucken von Dienstplä-
gekommen. Ökologische Nachhaltigkeit be- nen oder Patientenakten zu vermeiden)
deutet dabei nicht nur Investitionen in er- 4 Reduktion des Plastik- und Wasser-
neuerbare Energien, sondern auch Schonung verbrauchs (z. B. Mehrfachverwendung
von Ressourcen und Senkung von Emissionen. von Verpackungen bzw. Nutzung um-
Während in der Industrie Anforderungen und weltfreundlicher Produkte; niedrigerer
auch Umgestaltungsmöglichkeiten verbunden Wasserdruck bei der Handhygiene)
mit der Förderung von Nachhaltigkeit identi- 4 Förderung von Regionalität (z. B. hinsicht-
fiziert wurden, stehen entsprechende Schritte lich regionaler und saisonaler Produkte in
in der Pflege vielfach noch aus, obwohl Kli- der Küche, um somit zum einen Liefer-
niken und Pflegeeinrichtungen ressourcenin- ketten zu verkürzen und dadurch CO2 -
tensive Großverbraucher sind und somit einen Emissionen zu reduzieren und zum ande-
wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten ren Fertigprodukte zu vermeiden, sodass
könnten (Dikken 2021). So werden im Durch- über die Verpflegung in der Kantine ein ge-
schnitt der Krankenhäuser in Deutschland je nussvolles Essen bei Patientinnen und Pati-
Bett ca. 300–600 l Wasser pro Tag verbraucht enten/Bewohnerinnen und Bewohnern und
(Braun et al. 2015) und die Produktion von auch dem Pflegepersonal geschaffen wird)
globalen Treibhausgasen wie CO2 ist im Ge- 4 Organisation der Mülltrennung
sundheitssektor höher als die Emissionen von 4 Vermeidung des Standby-Modus bei Elek-
Flugverkehr und Schifffahrt (WHO 2015; Lit- trogeräten
ke et al. 2020). 4 Wechsel zu Öko-Strom-Anbietern oder
Perspektiven für eine nachhaltige Entwick- nachhaltigem Banking, das soziale und
lung im Pflegebereich lassen sich in Aspekten ökologische Belange beachtet
der Ernährung, Mobilität, Hygiene und insge-
samt einem grünen Image der Einrichtungen Beispiele zur Umsetzung gibt es bereits,
finden (vgl. „Green Hospitals“) (Litke et al. z. B. in der Initiative „Klimaneutraler Ge-
2020; Dhillon und Kaur 2015). Die Bedeutung sundheitssektor 2035“ (7 https://gesundheit-
des Beitrags der Pflege zur Bewältigung des braucht-klimaschutz.de/), in deren Rahmen
Klimawandels findet sich mittlerweile in Posi- Einrichtungen aus dem Gesundheitswesen
tionspapieren der Europäischen Föderation der und der Pflege für eine klimaneutrale Ge-
Pflegeverbände (EFN 2020) sowie des Interna- sundheitsversorgung eintreten, oder in dem
tional Council of Nurses (2018). Projekt „klimafreundlich pflegen – über-
Konkrete Möglichkeiten, um Nachhaltig- all!“ (7 https://klimafreundlich-pflegen.de/#
keit im Arbeitsalltag in der Pflege umzusetzen, warum-klimafreundlich-pflegen) der AWO,
beziehen sich auf vielfältige Aspekte, um nur in dem fünf Regionalstellen Betreuung und
einige davon zu nennen: Begleitung von stationären Einrichtungen so-
4 Ermöglichung eines umweltfreundlichen wohl der Altenpflege als auch für Menschen
18 Wegs zur Arbeit (z. B. über Fahrgemein- mit Behinderung bei der Reduktion von CO2 -
schaften oder auch die finanzielle Unter- Emissionen anbieten.
stützung vonseiten des Arbeitgebers zur Die Bedeutung von Maßnahmen des Kli-
Nutzung des öffentlichen Personennahver- maschutzes in der Pflege hat nicht nur eine
kehrs) abstrakte gesamtgesellschaftliche Funktion –
4 Energetische Sanierung (z. B. über eine vielmehr bedeutet Klimaschutz auch Gesund-
Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach heitsschutz für die Beschäftigen in der Pflege.
Kapitel 18 ! Nachhaltigkeit im Pflegeberuf
281 18
Eine Befragung von Pflegekräften im Som- Bereich des Gesundheitswesens und der Pfle-
mer 2020 (n = 428) zeigte die Belastung im ge (22,3 %) im Vergleich zu allen anderen
Arbeitsalltag durch das Tragen von Schutzklei- betrachteten Branchen jedoch am geringsten
dung an heißen Tagen auf, die sich durch die (Königsteiner 2020).
SARS-CoV-2-Pandemie nochmals verstärkte: Die Ergebnisse einer Jugendstudie des Bun-
So gaben 96,5 % der Befragten an, dass diese desministeriums für Umwelt, Naturschutz und
Arbeitsbedingungen zu Erschöpfung führten, nukleare Sicherheit haben aufgezeigt, dass die
zudem klagten jeweils ca. 70 % über Kopf- heranwachsende Generation eine hohe Sen-
schmerzen und Kurzatmigkeit. Gleichzeitig sibilität für die Bedrohung der Zukunftsper-
gaben fast drei Viertel der Befragten (73,9 %) spektiven durch globale Umweltzerstörung und
an, dass nicht genügend Kolleginnen und Kol- Klimawandel hat. Soziale Verantwortung und
legen vor Ort seien, um zu helfen (Jegodka umweltbewusstes Handeln nimmt zwar einen
et al. 2021). Aufgrund der Zunahme an Ex- gewissen Stellenwert ein, jedoch besteht die
tremwetterereignissen bedingt durch den Kli- Überzeugung, selbst nur wenig zu Veränderun-
mawandel (Romanello et al. 2021) werden gen beitragen zu können (BMU 2018). Wäh-
somit die Belastungen für das Pflegepersonal rend der Nachhaltigkeitsbericht des Bundesmi-
in den kommenden Jahren zunehmen. nisteriums für Gesundheit vor allem die zentra-
len Herausforderungen einer nachhaltigen Fi-
nanzierung sowie Sicherstellung einer wohn-
18.3.2 Soziale Verantwortung ortnahen und bedarfsgerechten Versorgung be-
nennt (BMG 2021), werden jedoch die zuvor
skizzierten ökologischen Aspekte weitestge-
Die Schaffung ökologischer Nachhaltigkeit in hend außen vor gelassen. Soziale Verantwor-
der Pflege bedeutet somit zugleich soziale Ver- tung bedeutet in diesem Kontext auf innerbe-
antwortung wahrzunehmen und (Arbeits- und trieblicher Ebene aber auch, den Pflegeberuf
Gesundheit-)Schutz der Beschäftigten zu er- nachhaltig so weiterzuentwickeln, dass er an
möglichen. Dadurch werden auch die sozia- Attraktivität gewinnt. Dazu gehört auf der einen
len Dimensionen der ESG-Kriterien berück- Seite, Belastungen in der Ausübung des Pfle-
sichtigt. Während Pflegende selbst durch die geberufs zu reduzieren, denn Arbeitsbedingun-
Ausübung ihres Berufs soziale Verantwortung gen hängen eng mit der Arbeitszufriedenheit
übernehmen, besteht auch für Pflegeeinrich- zusammen und sind zudem ein zentraler Fak-
tungen die Verpflichtung, Verantwortung und tor der Versorgungsqualität (Nadj-Kittler und
Fürsorge für die Belegschaft zu übernehmen Stahl 2016) bzw. der Lebensqualität der Men-
(Fischer et al. 2020c). Dass es wie bereits schen in langzeitstationärer Versorgung. Auf
angesprochen erforderlich ist, die Arbeitsbe- der anderen Seite kann eine Orientierung an
dingungen im Pflegeberuf zu verbessern, ist (ökologischer) Nachhaltigkeit dazu beitragen,
offensichtlich. Im Kontext sozialer Verantwor- dass sich die Identität mit dem Berufsfeld so
tung wird es für Pflegeeinrichtungen zukünftig verändert, dass der Pflegeberuf für junge Men-
immer stärker darum gehen, Umweltaspekte schen an Interesse und Attraktivität gewinnt, da
gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftli- sie ihre Ideale darin wiederfinden bzw. bestä-
chen Gesichtspunkten zu betrachten. Die Kö- tigt sehen, Selbstwirksamkeit erleben und ihrer
nigsteiner-Studie hat aufgezeigt, dass 60 % der Tätigkeit Bedeutung beimessen. Somit sollte
Mitarbeitenden die Haltung ihres Unterneh- bei einer Betrachtung des Betriebsklimas bzw.
mens zu Klimafragen wichtig ist. Insgesamt der Arbeitsatmosphäre – als Gesamtheit aller
gab ein Drittel der Studienteilnehmenden an, Faktoren, die Einfluss auf die Motivation, Leis-
dass das Thema Umweltbewusstsein in ih- tungsfähigkeit und Kreativität von Beschäfti-
rem aktuellen Unternehmen eine große Rol- gen am Arbeitsplatz haben – das eigentliche
le spielt. Der Anteil der Zustimmung ist im Klima nicht unberücksichtigt bleiben.
282 F. Fischer

18.4 Auf der Suche nach einer Bassen A, Jastram S, Meyer K (2005) Corporate Social
Lösung: Fazit und Ausblick Responsibility. Eine Begriffserläuterung. Z Wirtsch
Unternehmensethik 6:231–236
Bettig U (2020) Steuerungsinstrumente für Einrichtungen:
Innovative Ansätze zur Steuerung der Leistungser-
Die Förderung von Nachhaltigkeit als Lö- bringung. In: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S, Klauber
sungsmöglichkeit für den Fachkräftemangel J, Schwinger A (Hrsg) Pflege-Report 2020. Neuaus-
in der Pflege vermag auf den ersten Blick richtung von Versorgung und Finanzierung. Springer,
vermessen erscheinen, da die Pflegebranche Berlin, S 177–190
BMG (2021) Nachhaltigkeit für Gesundheit und Pflege.
aktuell doch vielfältige andere – vermeint-
Bundesministerium für Gesundheit, Berlin
lich größere – Problembereiche zu bewältigen BMU (2018) Zukunft? Jugend fragen! Nachhaltigkeit, Po-
hat. Eine verantwortungsvolle und nachhaltige litik, Engagement – eine Studie zu Einstellungen und
Unternehmenspolitik und -kultur sind jedoch Alltag junger Menschen. Bundesministerium für Um-
Voraussetzung und ein zentrales Instrument, welt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Berlin
um den Pflegeberuf wieder attraktiver zu ge- Boscher C, Raiber L, Fischer F, Winter MH-J (2021) Ein-
satz und Erfolg gesundheitsbezogener Maßnahmen
stalten. Vielfältige andere Maßnahmen (z. B. zur Personalbindung in der Pflege: Ergebnisse einer
im Kontext der Ausbildung und Finanzierung) schriftlichen Befragung von Führungskräften aus der
wurden bereits getroffen und sind wichtig – Region Bodensee-Oberschwaben. Gesundheitswesen
aber eben auch noch unzureichend. Es reicht 83:611–618
nicht aus, immer mehr vom immer Gleichen Brandenburg H, Güther H, Proft I (Hrsg) (2015) Kosten
kontra Menschlichkeit; Herausforderungen an eine
zu fordern. Stattdessen müssen an die soziale gute Pflege im Alter. Matthias-Grünewald, Ostfildern
sowie ökologische Realität angepasste Maß- Braun A, Rijkers-Defrasne S, Seitz H (2015) Ressourcen-
nahmen getroffen werden, um Klimaschutz effiziente Wasserkonzepte für Krankenhäuser. VDI
und Nachhaltigkeit gleichberechtigt mit so- ZRE Publikationen: Kurzanalyse Nr. 11. VDI Zen-
zialen und wirtschaftlichen Aspekten ange- trum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin
Carstensen J, Seibert H, Wiethölter D (2020) Entgelte von
hen zu können. Der Fokus auf Maßnahmen Pflegekräften; Aktuelle Daten und Indikatoren. Insti-
des Klimaschutzes – die zugleich ökologische tut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg
und auch soziale Dimensionen von Verant- Cassier-Woidasky A-K (2011) Professionsentwicklung in
wortung betreffen – kann dabei ebenso ein der Pflege und neue Formen der Arbeitsteilung im
Baustein einer umfassenden Lösungsstrategie Gesundheitswesen. Hindernisse und Möglichkeiten
patientenorientierter Versorgungsgestaltung aus pro-
im Kontext des Fachkräftemangels in der Pfle- fessionssoziologischer Sicht. Jahrb Krit Med Gesund-
ge sein wie die Nutzung der Chancen der heitswiss 47:163–184
Digitalisierung. Nachhaltigkeit ist ein komple- DBfK (2021) Skill-Grade-Mix im Krankenhaus. Deut-
xes Thema, das in nahezu alle Arbeits- und scher Berufsverband für Pflegeberufe, Berlin
Lebensbereiche hineinragt. Möglichkeiten zur Deutscher Bundestag (2021) Gesetzes zur Stärkung der
Impfprävention gegen COVID-19 und zur Ände-
Schaffung von Nachhaltigkeit sind von Ge- rung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit
setzen und (gesundheits-)politischen Initiati- der COVID-19-Pandemie. Bundesgesetzblatt, Teil I,
ven abhängig, jedoch auch vom Management Nr. 83, S 5162–5174
und Veränderungswillen in (Pflege-)Einrich- Deutsches Ärzteblatt (2021) Immer mehr Auszubildende
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Kapitel 18 ! Nachhaltigkeit im Pflegeberuf
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18
285 VI

Daten und
Analysen
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 19 Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen


Wirtschaft im Jahr 2021 – 287
Markus Meyer, Lisa Wing und Antje Schenkel

Kapitel 20 Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen


im Jahr 2021 – 369
Markus Meyer, Lisa Wing und Antje Schenkel

Kapitel 21 Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben


bei AOK-Mitgliedern im Jahr 2021 – 587
David Herr und Reinhard Schwanke

Kapitel 22 Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der


Bundesverwaltung und wie psychische Belastung
und Gesundheitsfaktoren ermittelt werden
können – 601
Annette Schlipphak, Björn Wegner und
Annekatrin Wetzstein
287 19

Krankheitsbedingte
Fehlzeiten in der
deutschen Wirtschaft
im Jahr 2021
Markus Meyer, Lisa Wing und Antje Schenkel

Inhaltsverzeichnis

19.1 Überblick über die krankheitsbedingten Fehlzeiten


im Jahr 2021 – 289

19.2 Datenbasis und Methodik – 292

19.3 Allgemeine Krankenstandsentwicklung – 295

19.4 Verteilung der Arbeitsunfähigkeit – 298

19.5 Kurz- und Langzeiterkrankungen – 299

19.6 Krankenstandsentwicklung in den einzelnen


Branchen – 300

19.7 Einfluss der Alters- und Geschlechtsstruktur – 302

19.8 Fehlzeiten nach Bundesländern – 307

19.9 Fehlzeiten nach Ausbildungsabschluss und


Vertragsart – 309

19.10 Fehlzeiten nach Berufsgruppen – 314

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_19
19.11 Fehlzeiten nach Wochentagen – 314

19.12 Arbeitsunfälle – 317

19.13 Krankheitsarten im Überblick – 321

19.14 Die häufigsten Einzeldiagnosen – 327

19.15 Krankheitsarten nach Branchen – 329

19.16 Langzeitfälle nach Krankheitsarten – 341

19.17 Krankheitsarten nach Diagnoseuntergruppen – 343

19.18 Burnout-bedingte Fehlzeiten – 346

19.19 Arbeitsunfähigkeiten nach Städten 2021 – 349

19.20 Inanspruchnahme von Krankengeld bei Erkrankung


des Kindes – 352

19.21 Fehlzeiten im Jahr 2021 im Zusammenhang


mit Covid-19 – 358

Literatur – 367
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
289 19
2Zusammenfassung Das Fehlzeitengeschehen wird hauptsäch-
Der folgende Beitrag liefert umfassende und lich von sechs Krankheitsarten dominiert. Im
differenzierte Daten zu den krankheitsbeding- Jahr 2021 gingen mehr als ein Fünftel der
ten Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Fehlzeiten auf Muskel- und Skelett-Erkran-
Jahr 2021. Datenbasis sind die Arbeitsunfä- kungen (21,5 %) zurück, danach folgten psy-
higkeitsmeldungen der 14,6 Mio. erwerbstäti- chische Erkrankungen (12,0 %), Verletzungen
gen AOK-Mitglieder in Deutschland. Ein ein- (10,0 %) und Atemwegserkrankungen (9,8 %)
führendes Kapitel gibt zunächst einen Über- sowie Erkrankungen des Kreislaufsystems und
blick über die allgemeine Krankenstandsent- der Verdauungsorgane (4,9 bzw. 3,9 %). Der
wicklung und wichtige Determinanten des Anteil der Atemwegserkrankungen an den
Arbeitsunfähigkeitsgeschehens. Im Einzelnen Fehlzeiten ist im Vergleich zum Vorjahr mit
werden u. a. die Verteilung der Arbeitsunfähig- 2,0 Prozentpunkten am deutlichsten gesunken.
keit, die Bedeutung von Kurz- und Langzeit- Gesunken ist auch der Anteil der Muskel- und
erkrankungen und Arbeitsunfällen, regionale Skeletterkrankungen um 0,6 Prozentpunkte so-
Unterschiede in den einzelnen Bundesländern wie der Verdauungserkrankungen um 0,3 und
sowie die Abhängigkeit des Krankenstandes der Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 0,2 Pro-
von Faktoren wie Bildungsstand, Branchen zentpunkte, während der Anteil an psychi-
und Berufszugehörigkeit, der Beschäftigten- schen Erkrankungen und Verletzungen gleich-
struktur und demographischen Faktoren dar- geblieben ist. Im Vergleich zu den anderen
gestellt. In zwölf separaten Kapiteln wird dann Krankheitsarten kommt den psychischen Er-
detailliert die Krankenstandsentwicklung in krankungen eine besondere Bedeutung zu: Seit
den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen be- 2012 haben die Krankheitstage aufgrund psy-
leuchtet. chischer Erkrankungen um 53,2 % zugenom-
men. Im Jahr 2021 wurden erneut mehr Fälle
aufgrund psychischer Erkrankungen (5,2 %)
als aufgrund von Herz- und Kreislauf-Erkran-
19.1 Überblick über die kungen (3,3 %) registriert. Die durchschnittli-
krankheitsbedingten che Falldauer psychischer Erkrankungen war
im Jahr 2021 mit 29,7 Tagen je Fall mehr
Fehlzeiten im Jahr 2021
als doppelt so lang wie der Durchschnitt mit
13,2 Tagen je Fall im Jahr 2021.
2Allgemeine Krankenstandsentwicklung Neben den psychischen Erkrankungen
Der Krankenstand im Jahr 2021 blieb im Ver- verursachten insbesondere Herz-Kreislauf-Er-
gleich zum Vorjahr unverändert und lag bei krankungen (19,3 Tage je Fall), Muskel-Ske-
5,4 %. In Westdeutschland lag der Kranken- lett-Erkrankungen (17,6 Tage je Fall) sowie
stand mit 5,2 % um 1,0 Prozentpunkte nied- Verletzungen (16,3 Tage je Fall) lange Ausfall-
riger als in Ostdeutschland (6,2 %). Bei den zeiten. Auf diese vier Erkrankungsarten gin-
Bundesländern verzeichneten Thüringen mit gen 2021 bereits 60 % der durch Langzeitfälle
6,6 % sowie Brandenburg und Sachsen-Anhalt (> sechs Wochen) verursachten Fehlzeiten zu-
mit jeweils 6,3 % den höchsten Krankenstand. rück.
In Berlin (4,7 %) und Hamburg (4,3 %) lag der Langzeiterkrankungen mit einer Dauer von
Krankenstand am niedrigsten. Im Schnitt wa- mehr als sechs Wochen verursachten weit
ren die AOK-versicherten Arbeitnehmerinnen mehr als ein Drittel der Ausfalltage (46,3 %
und Arbeitnehmer 19,7 Kalendertage arbeits- der AU-Tage). Ihr Anteil an den Arbeitsun-
unfähig. Für etwas mehr als die Hälfte aller fähigkeitsfällen betrug jedoch nur 5,1 %. Bei
AOK-Mitglieder (50,5 %) wurde mindestens Kurzzeiterkrankungen mit einer Dauer von ein
einmal im Jahr eine Arbeitsunfähigkeitsbe- bis drei Tagen verhielt es sich genau umge-
scheinigung (AU) ausgestellt. kehrt: Ihr Anteil an den Arbeitsunfähigkeits-
290 M. Meyer et al.

fällen lag bei 35,0 %, doch nur 5,2 % der Ar- gar 7,5 %, im Bereich Verkehr und Transport
beitsunfähigkeitstage gingen auf sie zurück. 4,2 %.
Schätzungen der Bundesanstalt für Ar- In den Branchen Baugewerbe, Metallin-
beitsschutz und Arbeitsmedizin zufolge verur- dustrie, Verarbeitendes Gewerbe und Energie,
sachten im Jahr 2020 700,6 Mio. AU-Tage1 Wasser, Entsorgung und Bergbau sind vie-
volkswirtschaftliche Produktionsausfälle von le Arbeitsunfähigkeitsfälle durch Verletzungen
87 Mrd. C bzw. 144 Mrd. C Ausfall an Pro- zu verzeichnen, in der Regel durch Arbeitsun-
duktion und Bruttowertschöpfung (BMAS und fälle bedingt. Der Bereich Land- und Forst-
BAuA 2021). wirtschaft verzeichnet mit 21,8 Tagen je Fall
Die Ausgaben für Krankengeld sind im die höchste Falldauer vor den Branchen Ver-
Jahr 2021 erneut gestiegen. Für das 1. bis kehr und Transport und Baugewerbe mit je-
4. Quartal 2021 betrug das Ausgabenvolu- weils 18,9 Tagen je Fall.
men für Krankengeld rund 16,6 Mrd. C. Ge- Im Jahr 2021 ist der Anteil der Muskel-
genüber dem Vorjahr bedeutet das einen An- und Skelett-Erkrankungen mit 22 % an der Ge-
stieg von 4,4 % (Bundesministerium für Ge- samtheit der Erkrankungen in allen Branchen
sundheit 2022). wie im Vorjahr am höchsten. Einzig in der
Branche Banken und Versicherungen sowie
2Fehlzeitengeschehen nach Branchen im Bereich Erziehung und Unterricht nehmen
Im Jahr 2021 wurde in den meisten Branchen psychischen Erkrankungen mit jeweils 17 %
ein leichter Rückgang oder keine Veränderung einen größeren Anteil ein als die Muskel- und
des Krankenstandes im Vergleich zum Vor- Skelett-Erkrankungen (14 und 15 %). Zudem
jahr verzeichnet. In den Branchen Öffentliche weisen diese beiden Branchen die insgesamt
Verwaltung und Sozialversicherung und Ener- höchsten Werte für Atemwegserkrankungen
gie, Wasser, Entsorgung und Bergbau lag der und psychische Erkrankungen auf.
Krankenstand mit 6,4 % am höchsten. Eben- Psychische Erkrankungen sind v. a. in der
falls hohe Krankenstände verzeichnete das Branche Gesundheits- und Sozialwesen zu
verarbeitende Gewerbe (6,3 %), gefolgt vom verzeichnen. Der Anteil der Arbeitsunfähig-
Gesundheits- und Sozialwesen (6,2 %), von keitsfälle ist hier mit 16,8 Arbeitsunfähigkeits-
der Metallindustrie und der Branche Verkehr fällen je 100 AOK-Mitglieder fast dreimal so
und Transport mit jeweils 5,9 %. Der niedrigs- hoch wie in der Land- und Forstwirtschaft (5,8
te Krankenstand war mit 3,6 % in der Branche AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder). Nach der
Banken und Versicherungen zu finden. Im Ver- Branche Gesundheits- und Sozialwesen steht
gleich zum Vorjahr ist der Krankenstand ledig- der Bereich Öffentliche Verwaltung und So-
lich in den Branchen Verarbeitendes Gewerbe zialversicherung mit 15,4 AU-Fällen pro 100
(von 6,1 auf 6,3 %) und in der Metallindustrie AOK-Mitglieder an zweiter Stelle, gefolgt von
(von 5,8 auf 5,9 %) gestiegen. der Branche Erziehung und Unterricht mit 14,6
Bei den Branchen Land- und Forstwirt- AU-Fällen pro 100 AOK-Mitglieder.
schaft, Baugewerbe sowie Verkehr und Trans-
port handelt es sich um Bereiche mit hohen 2Fehlzeitengeschehen nach Altersgruppen
körperlichen Arbeitsbelastungen und über- Zwar nimmt mit zunehmendem Alter die Zahl
durchschnittlich vielen Arbeitsunfällen. Im der Krankmeldungen ab, die Dauer der Ar-
Baugewerbe gingen 5,9 % der Arbeitsunfä- beitsunfähigkeitsfälle dagegen steigt kontinu-
higkeitsfälle auf Arbeitsunfälle zurück. In ierlich an. Ältere Mitarbeiterinnen und Mitar-
19 der Land- und Forstwirtschaft waren es so- beiter sind also seltener krank, fallen aber in
der Regel länger aus als ihre jüngeren Kol-
1 Dieser Wert ergibt sich durch die Multiplikation von
leginnen und Kollegen. Dies liegt zum einen
rund 41,0 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- daran, dass Ältere häufiger von mehreren Er-
mern mit durchschnittlich 17,1 AU-Tagen. krankungen gleichzeitig betroffen sind (Mul-
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
291 19
timorbidität), aber auch daran, dass sich das keitstagen aus als bei Frauen (Männer: 23,1 %
Krankheitsspektrum verändert. bzw. 11,8 % an allen Fehltagen; Frauen: 19,7
Bei den jüngeren Arbeitnehmenden zwi- und 7,9 %). Dies dürfte damit zusammenhän-
schen 15 und 19 Jahren dominieren v. a. Atem- gen, dass Männer nach wie vor in größerem
wegserkrankungen und Verletzungen: 22,0 % Umfang körperlich belastenderen und un-
der Ausfalltage gingen in dieser Altersgruppe fallträchtigeren Tätigkeiten nachgehen. Der
auf Atemwegserkrankungen zurück, der Anteil Großteil der männlichen AOK-Mitglieder ar-
der Verletzungen liegt bei 17,5 % (zum Ver- beitet im Dienstleistungsbereich (26,4 %) und
gleich: 60- bis 64-Jährige: 6,2 % bzw. 7,7 %). in der Metallindustrie (14,2 %), beispielsweise
Ältere Arbeitnehmende leiden dagegen zu- in Berufen der Lagerwirtschaft, Berufskraft-
nehmend an Muskel- und Skelett-, psychi- fahrer/innen, Berufe im Hochbau oder Berufe
schen oder Herz- und Kreislauf-Erkrankun- in der Metallbearbeitung. Der überwiegende
gen. Diese Krankheitsarten sind häufig mit Teil der Frauen ist ebenfalls im Dienstleis-
langen Ausfallzeiten verbunden. Im Schnitt tungsbereich beschäftigt (28,5 %), gefolgt von
fehlen Arbeitnehmende aufgrund einer Atem- der Branche des Gesundheits- und Sozialwe-
wegserkrankung lediglich 7,6 Tage, bei einer sens (24,1 %). Frauen sind verstärkt als Büro-
Muskel- und Skeletterkrankung fehlen sie hin- und Sekretariatskräfte, in Reinigungsberu-
gegen 17,6 Tage. So gehen in der Gruppe fen, im Verkauf, in der Kinderbetreuung und
der 60- bis 64-Jährigen über ein Viertel der -erziehung oder in der Gesundheits-, Alten-
Ausfalltage (25,1 %) auf Muskel- und Skelett- und Krankenpflege tätig. Bei Frauen liegen
Erkrankungen und 8,1 % auf Herz- und Kreis- neben Muskel- und Skelett-Erkrankungen
lauf-Erkrankungen zurück. Bei den 15- bis 19- vor allem psychische Erkrankungen (15,2 %;
Jährigen hingegen sind es lediglich 8,5 bzw. Männer: 9,2 %) und Atemwegserkrankungen
1,1 %. (10,2 %; Männer: 9,4 %) vor. Frauen gehen
Im Verhältnis zu ihren Fehltagen insge- überwiegend Berufen nach, die vermehrt Kon-
samt entfallen auf psychische Erkrankungen takte mit anderen Menschen wie Kunden und
die meisten Fehltage auf die 30- bis 35-Jähri- Patienten mit sich bringen. Dies bringt mehr
gen (14,1 %) sowie auf die 35- bis 39-Jährigen psychische Belastungen mit sich und erhöht
(14,0 %), die wenigsten auf die Altersgruppe zugleich die Wahrscheinlichkeit, sich mit einer
der 15- bis 19-Jährigen (7,3 %). Atemwegserkrankung wie etwa einer Erkäl-
tung anzustecken.
2Fehlzeitengeschehen nach Geschlecht Im Bereich der Herz- und Kreislauf-Er-
Im Fehlzeitengeschehen zeigen sich auch Un- krankungen leiden Männer vermehrt an Hy-
terschiede zwischen den Geschlechtern: Der pertonie, gefolgt von ischämischen Herzkrank-
Krankenstand liegt bei Frauen mit 5,5 % et- heiten wie beispielsweise dem Myokardin-
was höher als bei Männern mit 5,3 %. Frauen farkt. Etwas mehr als ein Fünftel aller Fehltage
waren mit einer AU-Quote von 52,5 % auch (22 %) innerhalb dieser Krankheitsart entfallen
häufiger krankgemeldet als Männer (48,9 %). bei den Männern auf ischämische Herzkrank-
Unterschiede zwischen den Geschlech- heiten, bei den Frauen sind es lediglich 9,8 %.
tern finden sich bei Betrachtung der einzelnen Auch bei den psychischen Erkrankun-
Krankheitsarten und die beruflichen Tätig- gen ergeben sich Unterschiede: 14,0 % aller
keiten korrespondieren mit unterschiedlichen Arbeitsunfähigkeitstage bei den Frauen ge-
somatischen und psychischen Belastungen. hen auf affektive Störungen und neurotische,
Bei Männern machen insbesondere Muskel- Belastungs- und somatoforme Störungen zu-
und Skelett-Erkrankungen und Verletzungen rück, bei den Männern sind es dagegen nur
einen höheren Anteil an den Arbeitsunfähig- 7,4 % bezogen auf alle Fehltage.
292 M. Meyer et al.

19.2 Datenbasis und Methodik übergreifenden Arbeitsunfähigkeitsfällen wur-


den ausschließlich Fehlzeiten in die Auswer-
tungen einbezogen, die im Auswertungsjahr
Die folgenden Ausführungen zu den krank- anfielen.
heitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen . Tab. 19.1 gibt einen Überblick über
Wirtschaft basieren auf einer Analyse der Ar- die wichtigsten Kennzahlen und Begriffe, die
beitsunfähigkeitsmeldungen aller erwerbstäti- in diesem Beitrag zur Beschreibung des Ar-
gen AOK-Mitglieder. Die AOK ist nach wie beitsunfähigkeitsgeschehens verwendet wer-
vor die Krankenkasse mit dem größten Markt- den. Die Kennzahlen werden auf der Basis der
anteil in Deutschland. Sie verfügt daher über Versicherungszeiten berechnet, d. h. es wird
die umfangreichste Datenbasis zum Arbeitsun- berücksichtigt, ob ein Mitglied ganzjährig oder
fähigkeitsgeschehen. Ausgewertet wurden die nur einen Teil des Jahres bei der AOK versi-
Daten des Jahres 2021. In diesem Jahr waren chert war bzw. als in einer bestimmten Branche
insgesamt 14,6 Mio. Arbeitnehmerinnen und oder Berufsgruppe beschäftigt geführt wurde.
Arbeitnehmer bei der AOK versichert. Dies ist AOK-Mitglieder mit dem Geschlecht „divers“
im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 3,1 %. werden aus Gründen des Datenschutzes grund-
Datenbasis der Auswertungen sind sämt- sätzlich mit dem Geschlecht mit der größten
liche Arbeitsunfähigkeitsfälle, die der AOK Personenzahl ausgewiesen.
im Jahr 2021 gemeldet wurden. Es werden Aufgrund der speziellen Versichertenstruk-
sowohl Pflichtmitglieder als auch freiwillig tur der AOK sind die Daten nur bedingt
Versicherte berücksichtigt, Arbeitslosengeld- repräsentativ für die Gesamtbevölkerung in
I-Empfänger dagegen nicht. Unberücksichtigt der Bundesrepublik Deutschland bzw. die Be-
bleiben auch Schwangerschafts- und Kinder- schäftigten in den einzelnen Wirtschaftszwei-
krankenfälle. Arbeitsunfälle gehen mit in die gen. Infolge ihrer historischen Funktion als
Statistik ein, soweit sie der AOK gemeldet Basiskasse weist die AOK einen überdurch-
werden. Kuren werden in den Daten berück- schnittlich hohen Anteil an Versicherten aus
sichtigt. Allerdings werden Kurzzeiterkran- dem gewerblichen Bereich sowie aus dem Be-
kungen bis zu drei Tagen von den Kranken- reich Verkehr und Transport auf.
kassen nur erfasst, soweit eine ärztliche Krank- Im Jahr 2008 fand eine Revision der
schreibung vorliegt. Der Anteil der Kurzzeiter- Klassifikation der Wirtschaftszweige statt. Die
krankungen liegt daher höher, als dies in den Klassifikation der Wirtschaftszweige Ausgabe
Krankenkassendaten zum Ausdruck kommt. 2008 wird vom Statistischen Bundesamt ver-
Hierdurch verringern sich die Fallzahlen und öffentlicht (Anhang 2). Aufgrund der Revision
die rechnerische Falldauer erhöht sich entspre- kam es zu Verschiebungen zwischen den Bran-
chend. Langzeitfälle mit einer Dauer von mehr chen, eine Vergleichbarkeit mit den Daten vor
als 42 Tagen wurden in die Auswertungen 2008 ist daher nur bedingt gegeben. Daher
einbezogen, weil sie von entscheidender Be- werden bei Jahresvergleichen Kennzahlen für
deutung für das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen das Jahr 2008 sowohl für die Klassifikations-
in den Betrieben sind. version 2003 als auch für die Version 2008
Die Arbeitsunfähigkeitszeiten werden von ausgewiesen.
den Krankenkassen so erfasst, wie sie auf den Die Klassifikation der Wirtschaftszweig-
Krankmeldungen angegeben sind. Auch Wo- schlüssel in der Ausgabe 2008 enthält ins-
chenenden und Feiertage gehen in die Berech- gesamt fünf Differenzierungsebenen, von de-
19 nung mit ein, soweit sie in den Zeitraum der
Krankschreibung fallen. Die Ergebnisse sind
nen allerdings bei den vorliegenden Analy-
sen nur die ersten drei berücksichtigt wur-
daher mit betriebsinternen Statistiken, bei de- den. Es wird zwischen Wirtschaftsabschnit-
nen lediglich die Arbeitstage berücksichtigt ten, -abteilungen und -gruppen unterschieden.
werden, nur begrenzt vergleichbar. Bei jahres- Ein Abschnitt ist beispielsweise die Bran-
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
293 19

. Tab. 19.1 Kennzahlen und Begriffe zur Beschreibung des Arbeitsunfähigkeitsgeschehens

Kennzahl Definition Einheit, Ausprägung Erläuterungen


AU-Fälle Anzahl der Fälle von Je AOK-Mitglieda Jede Arbeitsunfähigkeitsmeldung, die nicht nur
Arbeitsunfähigkeit bzw. je 100 AOK- die Verlängerung einer vorangegangenen Mel-
Mitglieder dung ist, wird als ein Fall gezählt. Ein AOK-
Mitglied kann im Auswertungszeitraum mehrere
AU-Fälle aufweisen

AU-Tage Anzahl der AU-Tage, Je AOK-Mitglieda Da arbeitsfreie Zeiten wie Wochenenden und
die im Auswertungs- bzw. je 100 AOK- Feiertage, die in den Krankschreibungszeitraum
jahr anfielen Mitglieder fallen, mit in die Berechnung eingehen, können
sich Abweichungen zu betriebsinternen Fehl-
zeitenstatistiken ergeben, die bezogen auf die
Arbeitszeiten berechnet wurden. Bei jahres-
übergreifenden Fällen werden nur die AU-Tage
gezählt, die im Auswertungsjahr anfielen

AU-Tage Mittlere Dauer eines Kalendertage Indikator für die Schwere einer Erkrankung
je Fall AU-Falls

Krankenstand Anteil der im Aus- In % War ein Versicherter nicht ganzjährig bei der
wertungszeitraum AOK versichert, wird dies bei der Berechnung
angefallenen Arbeits- des Krankenstandes entsprechend berücksichtigt
unfähigkeitstage am
Kalenderjahr

Krankenstand, Nach Alter und In % Um Effekte der Alters- und Geschlechtsstruktur


standardisiert Geschlecht standardi- bereinigter Wert
sierter Krankenstand

AU-Quote Anteil der AOK- In % Diese Kennzahl gibt Auskunft darüber, wie groß
Mitglieder mit ei- der von Arbeitsunfähigkeit betroffene Personen-
nem oder mehreren kreis ist
Arbeitsunfähig-
keitsfällen im
Auswertungsjahr

Kurzzeiter- Arbeitsunfähigkeits- In % aller Fälle/Tage Erfasst werden nur Kurzzeitfälle, bei denen eine
krankungen fälle mit einer Dauer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der AOK
von 1–3 Tagen eingereicht wurde

Langzeiter- Arbeitsunfähigkeits- In % aller Fälle/Tage Mit Ablauf der 6. Woche endet in der Regel
krankungen fälle mit einer Dauer die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber,
von mehr als 6 Wo- ab der 7. Woche wird durch die Krankenkasse
chen Krankengeld gezahlt

Arbeitsunfälle Durch Arbeitsunfälle Je 100 AOK- Arbeitsunfähigkeitsfälle, bei denen auf der
bedingte Arbeitsunfä- Mitgliedera in % Krankmeldung als Krankheitsursache „Arbeits-
higkeitsfälle aller AU-Fälle/-Tage unfall“ angegeben wurde, nicht enthalten sind
Wegeunfälle

AU-Fälle/ Arbeitsunfähigkeits- Je 100 AOK- Ausgewertet werden alle auf den Arbeitsunfähig-
-Tage nach fälle/-tage mit einer Mitgliedera in % keitsbescheinigungen angegebenen ärztlichen
Krankheits- bestimmten Diagnose aller AU-Fälle bzw. Diagnosen, verschlüsselt werden diese nach der
arten -Tage Internationalen Klassifikation der Krankheitsar-
ten (ICD-10)
a
umgerechnet in ganzjährig Versicherte
Fehlzeiten-Report 2022
294 M. Meyer et al.

. Tab. 19.2 AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabschnitten im Jahr 2021 nach der Klassifikation der Wirtschafts-
zweigschlüssel, Ausgabe 2008

Wirtschaftsabschnitte Pflichtmitglieder Freiwillige Mitglieder

Absolut Anteil an der Branche Absolut


in %
Banken und Versicherungen 164.157 17,0 22.637

Baugewerbe 1.079.501 54,6 15.533

Dienstleistungen 3.868.547 46,5 112.569

Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau 191.319 33,5 14.814

Erziehung und Unterricht 399.839 29,1 20.751

Gesundheits- und Sozialwesen 1.838.459 35,6 41.491

Handel 2.034.543 44,8 44.222

Land- und Forstwirtschaft 192.547 75,0 802

Metallindustrie 1.334.129 33,9 119.400

Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung 622.841 31,7 22.387

Verarbeitendes Gewerbe 1.260.572 44,3 44.946

Verkehr und Transport 1.039.850 54,9 12.091

Insgesamt 14.087.213 41,7 472.963

Fehlzeiten-Report 2022

che „Energie, Wasser, Entsorgung und Berg- darstellt, in einem eigenen Kapitel behandelt
bau“. Diese untergliedert sich in die Wirt- (7 Abschn. 19.6). Auch dem Bereich „Erzie-
schaftsabteilungen „Bergbau und Gewinnung hung und Unterricht“ wird angesichts der zu-
von Steinen und Erden“, „Energieversorgung“ nehmenden Bedeutung des Bildungsbereichs
und „Wasserversorgung, Abwasser- und Ab- für die Produktivität der Volkswirtschaft ein
fallentsorgung und Beseitigung von Umwelt- eigenes Kapitel gewidmet (7 Abschn. 19.6).
verschmutzungen“. Die Wirtschaftsabteilung Aus . Tab. 19.2 ist die Anzahl der AOK-Mit-
„Bergbau und Gewinnung von Steinen und glieder in den einzelnen Wirtschaftsabschnit-
Erden“ umfasst wiederum die Wirtschafts- ten sowie deren Anteil an den sozialversi-
gruppen „Kohlenbergbau“, „Erzbergbau“ etc. cherungspflichtig Beschäftigten insgesamt2 er-
Im vorliegenden Unterkapitel werden die Da- sichtlich.
ten zunächst ausschließlich auf der Ebene der Da sich die Morbiditätsstruktur in Ost- und
Wirtschaftsabschnitte analysiert (Anhang 2). Westdeutschland nach wie vor unterscheidet,
In den folgenden Unterkapiteln wird dann werden neben den Gesamtergebnissen für die
auch nach Wirtschaftsabteilungen und teilwei- Bundesrepublik Deutschland die Ergebnisse
19 se auch nach Wirtschaftsgruppen differenziert.
Die Metallindustrie, die nach der Systematik
für Ost und West separat ausgewiesen.

der Wirtschaftszweige der Bundesanstalt für 2 Errechnet auf der Basis der Beschäftigtenstatistik der
Arbeit zum verarbeitenden Gewerbe gehört, Bundesagentur für Arbeit, Stichtag: 30. Juni 2021
wird, da sie die größte Branche des Landes (Bundesagentur für Arbeit 2022).
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
295 19
Die Verschlüsselung der Diagnosen erfolgt sank sowohl in Ostdeutschland (um 1,1 %) als
nach der 10. Revision der ICD (International auch in Westdeutschland (um 4,6 %). Die Zahl
Classification of Diseases)3 . Teilweise weisen der von Arbeitsunfähigkeit betroffenen AOK-
die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen meh- Mitglieder (AU-Quote: Anteil der AOK-Mit-
rere Diagnosen auf. Um einen Informations- glieder mit mindestens einem AU-Fall) fiel im
verlust zu vermeiden, werden bei den diagno- Jahr 2021 um 0,2 Prozentpunkt auf 50,5 %.
sebezogenen Auswertungen im Unterschied zu Im Jahresverlauf wurde der höchste Kran-
anderen Statistiken4 , die nur eine (Haupt-) kenstand mit 6,7 % im November erreicht,
Diagnose berücksichtigen, auch Mehrfachdia- während der niedrigste Wert (4,7 %) im Au-
gnosen5 in die Auswertungen einbezogen. gust zu verzeichnen war. Der Krankenstand lag
insbesondere im März 2021 deutlich unter dem
Wert des Vorjahres (. Abb. 19.1).
19.3 Allgemeine . Abb. 19.2a zeigt die längerfristige Ent-
Krankenstandsentwicklung wicklung des Krankenstandes in den Jahren
2002 bis 2021. Seit Ende der 1990er Jahre
Die krankheitsbedingten Fehlzeiten sind im konnte ein Rückgang der Krankenstände bis
Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr nahe- zum Jahr 2006 verzeichnet werden. Danach
zu unverändert. Bei den 14,6 Mio. erwerbstä- stieg der Krankenstand sukzessive an und lag
tigen AOK-Mitgliedern betrug der Kranken- im Jahr 2021 im Bundesdurchschnitt mit 5,4 %
stand 5,4 % (. Tab. 19.3). 50,5 % der AOK- wieder auf einem gleichen Niveau wie in den
Mitglieder meldeten sich mindestens einmal beiden Vorjahren.
krank. Die Versicherten waren im Jahresdurch- Nachdem der Krankenstand in den Jahren
schnitt 13,2 Kalendertage krankgeschrieben6 . 2003 bis 2008 durchgehend in Ostdeutschland
5,7 % der Arbeitsunfähigkeitstage waren durch unter dem Westdeutschlands lag, ist seither mit
Arbeitsunfälle bedingt. Ausnahme der Jahre 2009 und 2011 in Ost-
Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfall- deutschland wieder ein höherer Krankenstand
tage nahm im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 % zu konstatieren: Im Jahr 2021 lag der Kranken-
ab. Im Osten nahmen die Ausfalltage um 3 % stand im Osten Deutschlands mit 6,2 % deutlich
zu, im Westen nahmen sie dagegen um 1,7 % höher als im Westen Deutschlands mit 5,2 %.
ab. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle ist Wie ist die Krankenstandsentwicklung in
im Vergleich zum Vorjahr hingegen sowohl im Deutschland insgesamt – unabhängig von
Westen (um 3 %) als auch im Osten (um 4,1 %) der Kassenzugehörigkeit (. Abb. 19.2b)? Die
gestiegen. Insgesamt beträgt der Anstieg 3,2 %. Krankenkassen sind nach § 79 SGB IV ver-
Der Krankenstand ist im Osten um 0,2 Pro- pflichtet, Übersichten über ihre Rechnungs-
zentpunkte auf 6,2 % gestiegen und im Westen und Geschäftsergebnisse sowie sonstige Sta-
um 0,1 Prozentpunkte auf 5,2 % gesunken. Die tistiken zu erstellen und über den GKV-Spit-
durchschnittliche Dauer der Krankmeldungen zenverband an das Bundesministerium für Ge-
sundheit (BMG) zu liefern. Die Meldung des
Krankenstandes ist Bestandteil der sogenann-
3 International übliches Klassifikationssystem der Welt- ten monatlichen Mitgliederstatistik KM 1.
gesundheitsorganisation (WHO).
4 Beispielsweise die von den Krankenkassen im Be-
Dies ist die einzige Statistik in Deutsch-
reich der gesetzlichen Krankenversicherung herausge- land, die kassenartenübergreifend den jährli-
gebene Krankheitsartenstatistik. chen Krankenstand veröffentlicht.7 Allerdings
5 Leidet eine Person an unterschiedlichen Krankheits-
bildern (Multimorbidität), kann eine Arbeitsunfähig-
keitsbescheinigung mehrere Diagnosen aufweisen. 7 7 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/
Insbesondere bei älteren Beschäftigten kommt dies themen/krankenversicherung/zahlen-und-fakten-
häufiger vor. zur-krankenversicherung/mitglieder-und-versicherte.
6 Wochenenden und Feiertage eingeschlossen. html.
296 M. Meyer et al.

. Tab. 19.3 Krankenstandskennzahlen 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Kranken- Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall Veränd. AU-Quote


stand z. Vorj. in %
in % AU-Fälle Veränd. AU-Tage Veränd. in %
z. Vorj. z. Vorj.
in % in %
West 5,2 147,9 3,0 1.909,2 #1,7 12,9 #4,6 49,5

Ost 6,2 153,6 4,1 2.260,0 3,0 14,7 #1,1 55,4

Bund 5,4 148,9 3,2 1.970,6 #0,8 13,2 #3,9 50,5

Fehlzeiten-Report 2022

Krankenstand in %
8

4
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
2021 4,9 5,4 5,3 5,1 4,9 5,0 5,2 4,7 5,3 5,9 6,7 6,2
2020 5,7 6,4 7,8 5,4 4,4 4,5 4,8 4,5 5,1 5,5 5,7 5,2
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.1 Krankenstand im Jahr 2021 im saisonalen Verlauf im Vergleich zum Vorjahr, AOK-Mitglieder

wird hier der Krankenstand in unterschiedli- mit einem Krankengeldanspruch. Allerdings


chem Ausmaß systematisch unterschätzt, da sind zwei Monatserste im Jahr grundsätzlich
nur Krankenstände am jeweils Ersten eines Feiertage (1. Januar und 1. Mai), an denen
19 Monats, also an zwölf Stichtagen innerhalb
eines Jahres gemeldet werden. Die Kranken-
typischerweise relativ wenig Arbeitnehmende
krankgeschrieben sind. Zudem kann die Zahl
kasse ermittelt im Rahmen ihrer Mitgliedersta- der Sonn- und Feiertage, die auf einen Mo-
tistik die zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig natsersten fallen, von Jahr zu Jahr variieren.
kranken Pflicht- und freiwilligen Mitglieder Weitere Verzerrungen entstehen dadurch, dass
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
297 19

Krankenstand in %
6,5

6,0

5,5

5,0

4,5

4,0

3,5 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
West 5,2 4,9 4,5 4,4 4,3 4,6 4,7 4,8 4,8 4,9 4,9 5,0 5,2 5,3 5,3 5,2 5,4 5,3 5,3 5,2
Ost 5,2 4,8 4,3 4,1 4,0 4,3 4,5 4,8 4,9 4,6 5,1 5,2 5,3 5,5 5,6 5,7 6,0 5,9 6,0 6,2
Bund 5,2 4,9 4,5 4,4 4,2 4,5 4,6 4,8 4,8 4,9 4,9 5,1 5,2 5,3 5,3 5,3 5,5 5,4 5,4 5,4
a

Krankenstand in %
6,0
Bundesaltgebiet
Bund insg.
5,0

4,0

3,0

2,0

1,0

0,0
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008*
2009*
2010*
2011*
2012*
2013*
2014*
2015*
2016*
2017*
2018*
2019*
2020*

*) Aufhebung der Rechtskreistrennung zum 1.1.2008


b **) ab 2005: ohne ALG II Empfänger; ab 2007: Mitglieder mit Krankengeldanspruch

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.2 a Entwicklung des Krankenstandes in den Jahren 2002–2021, AOK-Mitglieder. b Entwicklung des Kran-
kenstandes seit 1975 unabhängig von der Kassenzugehörigkeit, Jahresdurchschnitte (Stichtagserhebung)
298 M. Meyer et al.

Werte der Stichtagsstatistik von Jahr zu Jahr


aufgrund der unterschiedlichen Zusammenset- 1 Fall
zung der jeweils kalenderabhängig berück-
22,5%
sichtigten Wochentage (mit wochentagstypi-
schen Krankenständen) in den Krankenstand ohne AU 49,5%
eingehen. Die dadurch im Vergleich zu den 12,4%
gesetzlichen Krankenkassen deutlich niedrige-
2 Fälle
ren Krankenstände des BMG können daher 15,6%
bei Nicht-Experten zu Verwirrung führen (vgl.
Meyer 2015). Busch verweist darauf, dass die 3 und mehr Fälle
Zwölf-Monats-Stichtagsbetrachtung nur jeden Quelle: Wissenschaftliches
Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022
30. Kalendertag erfasst, mit der Folge, dass
z. B. eine Grippewelle möglicherweise nur
. Abb. 19.3 Arbeitsunfähigkeitsquote der AOK-Mit-
deswegen nicht erfasst werden könnte, weil ihr
glieder im Jahr 2021
Höhepunkt zufällig in den Zeitraum zwischen
zwei Stichtagen fällt (Busch 2021). Allerdings
können anhand der Krankenstandsentwicklung
Anteil an den AU-Tagen in %
durch die amtliche Statistik durchaus zeitliche 100
Tendenzen abgelesen werden. 90
80
Ein Blick auf den Zehn-Jahres-Verlauf seit 70
dem Jahr 2020 zeigt, dass der allgemeine 60
50
Krankenstand in der Tendenz angestiegen ist 40
30
und wieder in etwa auf dem Niveau von En- 20
de der 90iger Jahre liegt8 . Im Jahr 2019 hatte 10
0
er den höchsten Wert seit dem Jahr 1996 er- 0 10 20 30 40 50 60
reicht, im folgenden Jahr 2020 ist er jedoch im Anteil an den AOK-Mitgliedern in %
Rahmen des Pandemiegeschehens wieder ge- Quelle: Wissenschaftliches
Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022
sunken.
. Abb. 19.4 Lorenzkurve zur Verteilung der Arbeitsun-
19.4 Verteilung der fähigkeitstage der AOK-Mitglieder im Jahr 2021
Arbeitsunfähigkeit

Der Anteil der Arbeitnehmenden, die in ei- zahl der Tage auf einen relativ kleinen Teil der
nem Jahr mindestens einmal krankgeschrie- AOK-Mitglieder konzentriert. Die folgenden
ben wurden, wird als Arbeitsunfähigkeitsquo- Zahlen machen dies deutlich:
te bezeichnet. Diese lag 2021 bei 50,5 % 4 Rund ein Viertel der Arbeitsunfähigkeitsta-
(. Abb. 19.3). Der Anteil der AOK-Mitglie- ge entfällt auf nur 1,4 % der Mitglieder.
der, die das ganze Jahr überhaupt nicht krank- 4 Die Hälfte der Tage wird von lediglich
geschrieben waren, lag somit bei 49,5 %. 4,9 % der Mitglieder verursacht.
. Abb. 19.4 zeigt die Verteilung der kumu- 4 80 % der Arbeitsunfähigkeitstage gehen
lierten Arbeitsunfähigkeitstage auf die AOK- auf nur 16,8 % der AOK-Mitglieder zu-
Mitglieder in Form einer Lorenzkurve. Daraus rück.
19 ist ersichtlich, dass sich die überwiegende An-

8 Die Daten für das Jahr 2021 lagen zum Zeitpunkt der
Erstellung des Beitrages noch nicht vor.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
299 19
19.5 Kurz- und für den Krankenstand nur eine untergeordnete
Langzeiterkrankungen Rolle. Auf Arbeitsunfähigkeitsfälle mit einer
Dauer von 1 bis 3 Tagen gingen 2021 ledig-
lich 5,2 % der Fehltage zurück, obwohl ihr
Die Höhe des Krankenstandes wird entschei- Anteil an den Arbeitsunfähigkeitsfällen 35,0 %
dend durch Fälle mit länger dauernder Ar- betrug. Insgesamt sind die Kurzzeiterkrankun-
beitsunfähig bestimmt. Die Zahl dieser Er- gen im Vergleich zum Vorjahr bezogen auf die
krankungsfälle ist zwar relativ gering, aber Arbeitsunfähigkeitstage und Arbeitsunfähig-
für eine große Zahl von Ausfalltagen verant- keitsfälle um 0,8 bzw. um 4,3 Prozentpunkte
wortlich (. Abb. 19.5). 2021 waren über die gestiegen. Da viele Arbeitgeber in den ers-
Hälfte aller Arbeitsunfähigkeitstage (55,0 %) ten drei Tagen einer Erkrankung keine ärztli-
auf lediglich 8,4 % der Arbeitsunfähigkeits- che Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlan-
fälle zurückzuführen. Dabei handelt es sich gen, liegt der Anteil der Kurzzeiterkrankun-
um Fälle mit einer Dauer von mehr als vier gen allerdings in der Praxis höher, als dies in
Wochen. Besonders zu Buche schlagen Lang- den Daten der Krankenkassen zum Ausdruck
zeitfälle, die sich über mehr als sechs Wochen kommt.
erstrecken. Obwohl ihr Anteil an den Ar- 2021 war der Anteil der Langzeiterkran-
beitsunfähigkeitsfällen im Jahr 2021 nur 5,1 % kungen mit 54,4 % in der Land- und Forst-
betrug, verursachten sie 46,3 % des gesam- wirtschaft sowie im Baugewerbe (51,4 %) am
ten AU-Volumens. Langzeitfälle sind häufig höchsten und in der Branche Banken und Ver-
auf chronische Erkrankungen zurückzuführen. sicherungen mit 40,5 % am niedrigsten. Der
Der Anteil der Langzeitfälle nimmt mit stei- Anteil der Kurzzeiterkrankungen schwankte
gendem Alter deutlich zu. in den einzelnen Wirtschaftszweigen zwischen
Kurzzeiterkrankungen wirken sich zwar oft 6,9 % im Bereich Banken und Versicherungen
sehr störend auf den Betriebsablauf aus, spie- und 3,6 % im Bereich Land- und Forstwirt-
len aber – anders als häufig angenommen – schaft (. Abb. 19.6).

AU-Fälle AU-Tage

1–3 Tage 35,0 5,2

4–7 Tage 29,0 11,1

8–14 Tage 17,6 13,9

15–21 Tage 6,9 8,9

22–28 Tage 3,2 5,9

29–42 Tage 3,3 8,7

Langzeit-AU (>42 Tage) 5,1 46,3

50 30 10 0 10 30 50 70
Anteil in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.5 Arbeitsunfähigkeitsfälle und -tage der AOK-Mitglieder im Jahr 2021 nach Dauer
300 M. Meyer et al.

Langzeiterkrankungen Kurzzeiterkrankungen

Land- und Forstwirtschaft 54,4 3,6

Baugewerbe 51,4 5,4

Gesundheits- und Sozialwesen 47,9 4,6


Verkehr/Transport 47,8 4,1
Energie/Wasser/
Entsorgung/Bergbau 47,7 4,3

Verarbeitendes Gewerbe 47,2 4,9


Öffentl. Verwaltung/
Sozialversicherung 46,7 4,7

Handel 46,1 5,5

Metallindustrie 44,7 5,6

Dienstleistungen 43,6 5,6

Erziehung und Unterricht 41,6 6,8

Banken/Versicherungen 40,5 6,9

60 50 40 30 20 10 0 10
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.6 Anteil der Kurz- und Langzeiterkrankungen an den Arbeitsunfähigkeitstagen nach Branchen im Jahr
2021, AOK-Mitglieder

19.6 Krankenstandsentwicklung etc. Insofern sind die Daten, die der AOK
in den einzelnen Branchen für diesen Bereich vorliegen, nicht repräsen-
tativ für die gesamte öffentliche Verwaltung.
Hinzu kommt, dass die in den öffentlichen
Im Jahr 2021 wiesen die Branche Energie, Verwaltungen beschäftigten AOK-Mitglieder
Wasser, Entsorgung und Bergbau, sowie die eine im Vergleich zur freien Wirtschaft un-
Öffentliche Verwaltung und die Sozialversi- günstige Altersstruktur aufweisen, die zum
cherungen mit 6,4 % den höchsten Kranken- Teil für die erhöhten Krankenstände mitver-
stand auf, während die Banken und Versi- antwortlich ist. Schließlich spielt auch die
cherungen mit 3,6 % den niedrigsten Kran- Tatsache, dass die öffentlichen Verwaltungen
kenstand hatten (. Abb. 19.7). Bei dem ho- ihrer Verpflichtung zur Beschäftigung Schwer-
hen Krankenstand in der Branche Öffentli- behinderter stärker nachkommen als andere
che Verwaltung/Sozialversicherung muss al- Branchen, eine erhebliche Rolle. Mit einem
lerdings berücksichtigt werden, dass ein gro- Anteil von knapp einem Fünftel aller schwer-
ßer Teil der in diesem Sektor beschäftigten behinderten Beschäftigten stellt der öffentli-
AOK-Mitglieder keine Bürotätigkeiten ausübt, che Dienst einen bedeutsamen Arbeitgeber
sondern in gewerblichen Bereichen mit teil- für schwerbehinderte Menschen dar (Bundes-
weise sehr hohen Arbeitsbelastungen tätig ist,
19 wie z. B. im Straßenbau, in der Straßenrei-
agentur für Arbeit 2020). Es kann vermu-
tet werden, dass die höhere Zahl von Ar-
nigung und Abfallentsorgung, in Gärtnereien beitsunfähigkeitsfällen im öffentlichen Dienst
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
301 19

Öffentl. Verwaltung/ 6,4


Sozialversicherung 6,6

Energie/Wasser/ 6,4
Entsorgung/Bergbau 6,5
6,3
Verarbeitendes Gewerbe
6,1
6,2
Gesundheits- und Sozialwesen
6,2
5,9
Metallindustrie
5,8
5,9
Verkehr/Transport
5,9
5,4
Baugewerbe
5,5
5,1
Handel
5,2
5,0
Erziehung und Unterricht
5,0
4,5
Land- und Forstwirtschaft
4,5
4,2
Dienstleistungen
4,4
3,6 2021
Banken/Versicherungen 2020
3,7

0 1 2 3 4 5 6 7
Krankenstand in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.7 Krankenstand der AOK-Mitglieder nach Branchen im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

auf die hohe Anzahl an schwerbehinderten Bergbau (6,4 %), im Verarbeitenden Gewerbe
Beschäftigten zurückzuführen ist (vgl. Benz (6,3 %) sowie im Gesundheits- und Sozialwe-
2010)9 . sen (6,2 %) sowohl die Zahl der Krankmeldun-
Die Höhe des Krankenstandes resultiert aus gen als auch die mittlere Dauer der Krankheits-
der Zahl der Krankmeldungen und deren Dau- fälle über dem Durchschnitt (. Abb. 19.8).
er. Im Jahr 2021 lagen im Bereich Öffent- Der überdurchschnittlich hohe Krankenstand
liche Verwaltung/Sozialversicherung (6,4 %), im Verkehr und Transport war dagegen auf die
der Branche Energie/Wasser/Entsorgung und lange Dauer (14,6 Tage je Fall) der Arbeitsun-
fähigkeitsfälle zurückzuführen. In der Branche
Land- und Forstwirtschaft betrug die mittlere
9 Vgl. dazu: Marstedt et al. (2002). Weitere Ausführun-
gen zu den Bestimmungsfaktoren des Krankenstandes
Dauer der Fälle sogar 16,9 Tage. Auf den ho-
in der öffentlichen Verwaltung finden sich in Oppolzer hen Anteil der Langzeitfälle in diesen Branchen
(2000). wurde bereits in 7 Abschn. 19.5 hingewiesen.
302 M. Meyer et al.

Krankenstand in %
2,1
Viele Fälle je AOK-Mitglied Viele Fälle je AOK-Mitglied
Wenige AU-Tage je Fall Viele AU-Tage je Fall
2,0

1,9 Verarbeitendes
Metallindustrie Gewerbe Öff. Verwaltung/
Sozialvers.
1,8 Erziehung
und Unterricht Energie/Wasser/
1,7 5,9 6,3 6,4 Entsorgung/Bergbau
6,4
Fälle je AOK-Mitglied

Durchschnittliche 5,0
1,6 Zahl an Fällen je
AOK-Mitglied: 1,5 6,2
1,5 5,1 5,4 5,9
Handel
1,4
Baugewerbe Verkehr und
1,3 4,2 Transport

Gesundheits-
1,2 3,6 und Sozialwesen Land-und
Dienstleistungen Forstwirtschaft
Dauer je Fall: 13,2 Tage

Banken/
1,1 Versicherung
Durchschnittliche

1,0 4,5

0,9 Wenige AU-Tage je Fall Viele AU-Tage je Fall


Wenige Fälle je AOK- Wenige Fälle je AOK-Mitglied
0,8
9,5 10,0 10,5 11,0 11,5 12,0 12,5 13,0 13,5 14,0 14,5 15,0 15,5 16,0 16,5 17,0 17,5
AU-Tage je Fall
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.8 Krankenstand der AOK-Mitglieder nach Branchen im Jahr 2021 nach Bestimmungsfaktoren

. Tab. 19.4 zeigt die Krankenstandsent- Zwar ist die Zahl der Krankmeldungen
wicklung in den einzelnen Branchen in den in den jüngeren Altersgruppen deutlich höher
Jahren 2002 bis 2021 differenziert nach West- als in den älteren Altersgruppen, die durch-
und Ostdeutschland. Im Vergleich zum Vor- schnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeitsfälle
jahr hat sich der Krankenstand im Jahr 2021 steigt hingegen kontinuierlich mit der Höhe
in den meisten Branchen nur wenig verändert. des Alters an (. Abb. 19.10). Ältere Mitar-
Bundesweit ist der Krankenstand am stärksten beiterinnen und Mitarbeiter sind also nicht
im Verarbeitenden Gewerbe angestiegen (um unbedingt häufiger krank als ihre jüngeren
0,2 Prozentpunkte auf 6,3 %). Kolleginnen und Kollegen, fallen aber bei ei-
ner Erkrankung in der Regel wesentlich län-
ger aus. Der starke Anstieg der Falldauer hat
19.7 Einfluss der Alters- und zur Folge, dass der Krankenstand mit zuneh-
Geschlechtsstruktur mendem Alter deutlich ansteigt, obwohl die
Anzahl der Krankmeldungen nur minimal zu-
nimmt. Hinzu kommt, dass ältere Arbeitneh-
Die Höhe des Krankenstandes hängt entschei- mende im Unterschied zu jüngeren häufiger
dend vom Alter der Beschäftigten ab. Die von mehreren Erkrankungen gleichzeitig be-
19 krankheitsbedingten Fehlzeiten nehmen mit
steigendem Alter deutlich zu. Die Höhe des
troffen sind (Multimorbidität). Auch dies kann
längere Ausfallzeiten mit sich bringen.
Krankenstandes variiert ab dem 40. Lebensjahr Da die Krankenstände in Abhängigkeit
in Abhängigkeit vom Geschlecht nur leicht vom Alter und Geschlecht sehr stark variieren,
(. Abb. 19.9). ist es sinnvoll, beim Vergleich der Kranken-
. Tab. 19.4 Entwicklung des Krankenstandes der AOK-Mitglieder in den Jahren 2002–2021

Wirtschaftsabschnitte Krankenstand in %

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
(WZ03) (WZ08)a

Banken und West 3,5 3,3 3,1 3,1 2,7 3,1 3,1 3,1 3,2 3,2 3,3 3,2 3,2 3,4 3,6 3,7 3,6 3,7 3,6 3,5 3,3
Versicherungen
Ost 4,1 3,5 3,2 3,3 3,2 3,4 3,6 3,6 3,9 4,0 3,9 4,1 4,1 4,2 4,4 4,5 4,8 4,9 4,8 4,9 5,0

Bund 3,5 3,3 3,1 3,1 2,8 3,1 3,2 3,2 3,3 3,3 3,3 3,4 3,4 3,5 3,7 3,8 3,8 3,9 3,8 3,7 3,6

Baugewerbe West 5,8 5,4 5,0 4,8 4,6 4,9 5,1 5,0 5,1 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,5 5,5 5,3 5,4 5,4 5,5 5,3

Ost 5,2 4,6 4,1 4,0 3,8 4,2 4,5 4,4 4,7 4,7 4,4 5,1 5,2 5,4 5,6 5,5 5,5 5,7 5,7 5,8 6,0

Bund 5,7 5,3 4,8 4,7 4,4 4,8 4,9 4,9 5,1 5,1 5,1 5,3 5,3 5,5 5,5 5,5 5,4 5,5 5,4 5,5 5,4

Dienstleistungen West 4,5 4,3 3,9 3,8 3,7 4,0 4,2 4,1 4,2 4,2 4,3 4,3 4,3 4,3 4,4 4,3 4,3 4,4 4,3 4,2 4,1

Ost 5,2 4,7 4,1 3,9 3,8 4,1 4,3 4,2 4,5 4,6 4,4 4,7 4,7 4,8 4,9 5,0 5,1 5,3 5,2 5,1 5,1

Bund 4,6 4,3 4,0 3,8 3,8 4,1 4,2 4,1 4,2 4,2 4,3 4,4 4,4 4,4 4,5 4,4 4,4 4,5 4,5 4,4 4,2

Energie, West 5,5 5,2 4,9 4,8 4,4 4,8 4,9 5,6 5,8 6,0 6,1 6,0 6,4 6,5 6,7 6,7 6,7 6,8 6,7 6,6 6,4
Wasser,
Entsorgung und Ost 4,5 4,1 3,7 3,7 3,6 3,7 3,9 4,9 5,3 5,5 4,9 5,4 5,7 5,7 5,9 5,9 6,2 6,3 6,3 6,1 6,3
Bergbau
Bund 5,3 5,0 4,6 4,6 4,3 4,6 4,7 5,4 5,7 5,9 5,8 5,9 6,2 6,3 6,5 6,5 6,6 6,7 6,6 6,5 6,4
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021

Erziehung und West 5,6 5,3 5,1 4,6 4,4 4,7 5,0 5,0 5,2 5,1 4,6 4,8 4,4 4,6 4,8 4,8 4,8 4,9 4,8 4,9 4,8
Unterricht
Ost 8,6 7,7 7,0 6,6 6,1 6,1 6,2 6,2 6,5 5,7 5,1 5,8 4,9 4,9 5,0 5,0 5,2 5,4 5,3 5,5 5,7
303

Bund 6,6 6,1 5,9 5,4 5,1 5,3 5,4 5,4 5,6 5,3 4,7 5,0 4,5 4,6 4,8 4,8 4,8 5,0 4,9 5,0 5,0

Gesundheits- West 5,4 5,1 4,8 4,6 4,5 4,8 4,9 4,9 5,1 5,2 5,3 5,3 5,5 5,7 5,9 5,8 5,8 6,0 5,9 6,1 6,0
und
Sozialwesen Ost 5,2 4,7 4,2 4,1 3,9 4,2 4,5 4,5 4,9 5,1 4,8 5,2 5,4 5,5 5,7 5,9 6,1 6,4 6,4 6,7 7,0

Bund 5,4 5,1 4,7 4,6 4,4 4,7 4,8 4,8 5,0 5,2 5,2 5,3 5,5 5,6 5,8 5,8 5,9 6,0 6,0 6,2 6,2
19
19
. Tab. 19.4 (Fortsetzung) 304

Wirtschaftsabschnitte Krankenstand in %

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
(WZ03) (WZ08)a
M. Meyer et al.

Handel West 4,5 4,2 3,9 3,8 3,7 3,9 4,1 4,1 4,2 4,3 4,4 4,4 4,7 4,8 5,0 5,0 4,9 5,1 5,1 5,1 5,0

Ost 4,1 3,7 3,4 3,3 3,3 3,6 3,8 3,7 4,1 4,1 3,9 4,4 4,6 4,7 4,9 5,1 5,3 5,5 5,5 5,6 5,8

Bund 4,5 4,2 3,8 3,7 3,6 3,9 4,0 4,0 4,2 4,3 4,3 4,4 4,7 4,8 5,0 5,0 5,0 5,2 5,2 5,2 5,1

Land- und West 4,5 4,2 3,8 3,5 3,3 3,6 3,7 3,1 3,0 3,3 3,4 3,2 3,3 3,4 3,4 3,5 3,5 3,6 3,5 3,6 3,6
Forstwirtschaft
Ost 5,2 4,9 4,3 4,3 4,1 4,4 4,6 4,6 5,0 5,1 4,9 5,4 5,5 5,5 5,7 5,9 6,0 6,2 6,3 6,2 6,3

Bund 4,8 4,5 4,0 3,9 3,7 3,9 4,1 3,9 4,0 4,2 4,0 4,1 4,2 4,2 4,3 4,4 4,4 4,5 4,5 4,5 4,5

Metallindustrie West 5,5 5,2 4,8 4,8 4,5 4,8 5,0 5,0 4,9 5,1 5,2 5,3 5,5 5,6 5,9 5,8 5,7 5,9 5,9 5,8 5,8

Ost 5,0 4,6 4,2 4,1 4,0 4,3 4,5 4,5 4,7 4,9 4,8 5,3 5,6 5,6 5,8 6,0 6,0 6,2 6,2 6,0 6,5

Bund 5,5 5,1 4,8 4,7 4,5 4,8 4,9 5,0 4,9 5,1 5,2 5,3 5,5 5,6 5,9 5,8 5,8 5,9 5,9 5,8 5,9

Öffentliche West 6,0 5,7 5,3 5,3 5,1 5,3 5,3 5,3 5,5 5,5 5,6 5,5 5,6 5,9 6,2 6,2 6,3 6,5 6,4 6,4 6,1
Verwaltung/
Sozialversiche- Ost 5,7 5,3 5,0 4,5 4,7 4,8 4,9 4,9 5,3 5,7 5,5 5,5 5,9 6,1 6,5 6,6 6,9 7,2 7,0 7,4 7,4
rung
Bund 5,9 5,6 5,2 5,1 5,0 5,2 5,2 5,2 5,4 5,5 5,6 5,5 5,7 5,9 6,3 6,3 6,4 6,6 6,5 6,6 6,4

Verarbeitendes West 5,5 5,2 4,8 4,8 4,6 4,9 5,0 5,0 5,0 5,2 5,4 5,5 5,7 5,8 6,0 6,0 6,0 6,1 6,1 6,1 6,1
Gewerbe
Ost 5,1 4,7 4,3 4,2 4,1 4,9 4,6 4,6 4,9 5,1 5,0 5,6 5,8 6,0 6,2 6,2 6,4 6,7 6,7 6,6 7,0

Bund 5,5 5,1 4,7 4,7 4,5 4,8 5,0 5,0 5,0 5,2 5,3 5,5 5,7 5,8 6,0 6,0 6,0 6,2 6,2 6,1 6,3

Verkehr und West 5,6 5,3 4,9 4,8 4,7 4,9 5,1 5,1 5,3 5,5 5,5 5,6 5,7 5,8 6,0 5,9 5,9 5,9 5,9 5,8 5,8
Transport
Ost 4,9 4,5 4,2 4,2 4,1 4,3 4,5 4,5 5,0 5,2 4,8 5,4 5,8 5,9 6,0 6,1 6,3 6,5 6,5 6,4 6,6

Bund 5,5 5,2 4,8 4,7 4,6 4,8 4,9 5,0 5,3 5,5 5,4 5,5 5,7 5,8 6,0 6,0 6,0 6,0 6,0 5,9 5,9
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
305 19

Krankenstand in %
12

11

10

3
15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64
Frauen 3,8 3,7 3,3 3,5 4,1 5,0 5,8 6,9 8,0 10,2
Männer 3,9 3,7 3,5 3,6 3,9 4,4 5,1 6,2 8,0 11,0
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.9 Krankenstand der AOK-Mitglieder im Jahr 2021 nach Alter und Geschlecht

stände unterschiedlicher Branchen oder Re- tung (0,5 Prozentpunkte) ist der überdurch-
gionen die Alters- und Geschlechtsstruktur schnittlich hohe Krankenstand zu einem erheb-
zu berücksichtigen. Mithilfe von Standardisie- lichen Teil auf die Alters- und Geschlechts-
rungsverfahren lässt sich berechnen, wie der struktur in diesen Bereichen zurückzuführen.
Krankenstand in den unterschiedlichen Berei- In den Branchen Handel (0,3 Prozentpunk-
chen ausfiele, wenn man eine durchschnittli- te Unterschied), Dienstleistungen sowie Ver-
che Alters- und Geschlechtsstruktur zugrunde kehr und Transport (jeweils 0,2 Prozentpunkte
legen würde. . Abb. 19.11 zeigt die standar- Unterschied) ist es hingegen genau umge-
disierten Werte für die einzelnen Wirtschafts- kehrt: Dort wäre bei einer durchschnittlichen
zweige im Vergleich zu den nicht standardi- Alters- und Geschlechtsstruktur ein etwas hö-
sierten Krankenständen10 . herer Krankenstand zu erwarten.
In den meisten Branchen zeigen die stan- . Abb. 19.12 zeigt die Abweichungen
dardisierten Werte Abweichungen von den der standardisierten Krankenstände vom
nicht standardisierten Werten: In der Bran- Bundesdurchschnitt. In den Bereichen Ver-
che Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau kehr und Transport, Verarbeitendes Gewerbe,
(0,9 Prozentpunkte), im Baugewerbe (0,6 Pro- Gesundheits- und Sozialwesen, Öffentliche
zentpunkte) und in der Öffentlichen Verwal- Verwaltung und Sozialversicherung, Metall-
industrie, Energie, Wasser, Entsorgung und
Bergbau sowie im Handel liegen die stan-
10 Berechnet nach der Methode der direkten Standar-
disierung – zugrunde gelegt wurde die Alters- und
dardisierten Werte über dem Durchschnitt.
Geschlechtsstruktur der Beschäftigten im Jahr 2021 Hingegen ist der standardisierte Krankenstand
(Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2022). in der Branche Banken und Versicherung um
306 M. Meyer et al.

AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall


300 25
23,8
AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder
Tage je Fall
250
19,1 20

16,5
200
14,1 15
12,4
150
11,0
9,8
10
8,5
100
6,8
5,4
5
50

259,3 199,0 145,9 131,6 133,1 137,3 140,0 144,2 153,0 163,0
0 0
15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64
Altersgruppen in Jahren
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.10 Anzahl der Fälle und Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder im Jahr 2021 nach Alter

nicht standardisiert standardisiert


Öffentl. Verwaltung/
Sozialversicherung 6,4 5,9
Energie/Wasser/ 6,4 5,5
Entsorgung/Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe 6,3 6,0

Gesundheits- und Sozialwesen 6,2 6,0

Verkehr/Transport 5,9 6,1

Metallindustrie 5,9 5,8

Baugewerbe 5,4 4,8

Handel 5,1 5,4

Erziehung und Unterricht 5,0 4,7

Land- und Forstwirtschaft 4,5 4,5


Bund: 5,2
Bund: 5,4

Dienstleistungen 4,2 4,4

Banken/Versicherungen 3,6 3,6

7 6 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 6 7
19 Krankenstand in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.11 Alters- und geschlechtsstandardisierter Krankenstand der AOK-Mitglieder im Jahr 2021 nach Branchen
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
307 19

standardisierter Bundesdurchschnitt: 5,2


Verkehr/Transport 15,9

Verarbeitendes Gewerbe 15,4

Gesundheits- und Sozialwesen 15,1


Öffentl. Verwaltung/ 12,9
Sozialversicherung
Metallindustrie 11,0
Energie/Wasser/ 5,9
Entsorgung/Bergbau
Handel 3,2

Baugewerbe –7,8

Erziehung und Unterricht –9,8

Land- und Forstwirtschaft –13,9

Dienstleistungen –15,0

Banken/Versicherungen –30,3

–35 –30 –25 –20 –15 –10 –5 0 5 10 15 20


Abweichung vom standardisierten Bundesdurchschnitt in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.12 Abweichungen der alters- und geschlechtsstandardisierten Krankenstände vom Bundesdurchschnitt im
Jahr 2021 nach Branchen, AOK-Mitglieder

30,3 % und damit deutlich geringer als im weils 6,3 % sowie im Saarland, in Sachsen
Bundesdurchschnitt. Dies ist vermutlich in und in Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils
erster Linie auf den hohen Angestelltenanteil 6,0 % zu verzeichnen. Die niedrigsten Kran-
mit vorwiegend sitzenden Tätigkeiten in dieser kenstände wiesen Hamburg (4,3 %), Berlin
Branche zurückzuführen. (4,7 %) sowie Bayern (4,8 %) auf.
Die hohen Krankenstände kommen auf un-
19.8 Fehlzeiten nach terschiedliche Weise zustande. In Thüringen,
Brandenburg, Sachsen-Anhalt, im Saarland, in
Bundesländern
Sachsen und in Mecklenburg-Vorpommern lag
vor allem die durchschnittliche Dauer pro Ar-
Im Jahr 2021 lag der Krankenstand in Ost- beitsunfähigkeitsfall über dem Bundesdurch-
deutschland um 1,0 Prozentpunkte höher als schnitt (. Abb. 19.14). In Nordrhein-Westfalen
im Westen Deutschlands (. Tab. 19.3). Zwi- und Niedersachsen ist der hohe Krankenstand
schen den einzelnen Bundesländern11 zei- (jeweils 5,7 %) dagegen auf die hohe Zahl der
gen sich jedoch erhebliche Unterschiede Arbeitsunfähigkeitsfälle zurückzuführen.
(. Abb. 19.13): Die höchsten Krankenstände Inwieweit sind die regionalen Unterschiede
waren 2021 in Thüringen mit 6,6 %, gefolgt im Krankenstand auf unterschiedliche Alters-
von Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit je- und Geschlechts- oder Branchenstrukturen zu-
rückzuführen? . Abb. 19.15 zeigt die standar-
11 Die Zuordnung zu den Bundesländern erfolgt über die disierten Werte für die einzelnen Bundeslän-
Postleitzahlen der Betriebe. der im Vergleich zu den nicht standardisier-
308 M. Meyer et al.

Krankenstände der letzten zwei Jahre


2021 2020

4,3 4,5
5,4 5,5

SH
6,0 5,9
MV
HH
5,3 5,5
6,3 6,3
HB
BB
NI 5,7 5,7
BE 4,7 5,0

6,3 6,2

5,7 5,8
ST

NW HE 6,0 5,8 SN
6,6 6,3
TH
5,4 5,5

5,1 5,2 5,4 5,4

6,0 6,2
RP BY Bund gesamt
SL
BW 4,8 4,8

5,1 5,1

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.13 Krankenstand der AOK-Mitglieder nach Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

ten Krankenständen.12 Durch die Berücksichti- Das Bundesland Thüringen hat mit 6,6 % den
gung der Alters-, Geschlechts- und Branchen- höchsten beobachteten Krankenstand. Dieser
struktur relativieren sich die beschriebenen re- verringert sich nach der Standardisierung zwar
gionalen Unterschiede im Krankenstand etwas. etwas auf 6,4 %, bleibt aber im Vergleich noch
19 12 Berechnet nach der Methode der direkten Stan-
immer der höchste. In Hamburg zeigt sich durch
die Standardisierung eine Zunahme um 0,6 Pro-
dardisierung – zugrunde gelegt wurde die Alters-, zentpunkte, in Berlin sogar um 0,7 Prozent-
Geschlechts- und Branchenstruktur der Beschäftig-
punkte, d. h. in diesen Städten liegt eine Alters-,
ten im Jahr 2021 (Quelle: Bundesagentur für Arbeit
2022). Geschlechts- und Branchenstruktur vor, die sich
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
309 19

1,8
Viele Fälle je AOK-Mitglied Viele Fälle je AOK-Mitglied
Wenige AU-Tage je Fall Viele AU-Tage je Fall

1,7
Baden-Württemberg Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Thüringen

1,6 5,1 5,4 5,7 5,7 6,6


Sachsen Saarland Brandenburg
Fälle je AOK-Mitglied

Hessen
1,5 5,4 6,0 6,0 6,3 6,3
Durchschnittliche Zahl an
Fällen je AOK-Mitglied: 1,5
Bund gesamt Sachsen-Anhalt
1,4 4,7 Bremen 5,3 5,4 Schleswig-Holstein
Berlin
1,3 4,8 5,1 6,0
Durchschnittliche Dauer

Bayern Rheinland-Pfalz Mecklenburg-Vorpommern


1,2
je Fall: 13,2 Tage

1,1 4,3
Wenige AU-Tage je Fall Viele AU-Tage je Fall
Wenige Fälle je AOK-Mitglied Hamburg Wenige Fälle je AOK-Mitglied
1,0
11,0 11,5 12,0 12,5 13,0 13,5 14,0 14,5 15,0 15,5 16,0 16,5 17,0
AU-Tage je Fall
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.14 Krankenstand der AOK-Mitglieder nach Bundesländern im Jahr 2021 nach Bestimmungsfaktoren

positiv auf den Krankenstand auswirkt. Bayern 19.9 Fehlzeiten nach


weist neben Hamburg nach der Standardisie- Ausbildungsabschluss und
rung mit einem Anstieg von nur 0,1 Prozent- Vertragsart
punkten auf 4,9 % den günstigsten Wert auf.
. Abb. 19.16 zeigt die prozentualen Ab-
weichungen der standardisierten Krankenstän- Die Bundesagentur für Arbeit definiert und
de vom Bundesdurchschnitt. Die höchsten liefert die für die Unternehmen relevanten Tä-
Werte weisen Thüringen, Brandenburg und tigkeitsschlüssel. Die Unternehmen sind ver-
Sachsen-Anhalt auf. Dort liegen die standardi- pflichtet, ihren Beschäftigten den jeweils für
sierten Werte mit 17,2 bzw. 12,9 und 11,5 % die Art der Beschäftigung gültigen Tätigkeits-
deutlich über dem Durchschnitt. In Bayern ist schlüssel zuzuweisen und diesen zu dokumen-
der standardisierte Krankenstand mit 10,3 % tieren. Diese Schlüssel sind in den Meldungen
Abweichung wesentlich niedriger als im Bun- zur Sozialversicherung enthalten und werden
desdurchschnitt. neben weiteren Angaben zur Person den Ein-
Im Vergleich zum Vorjahr haben im Jahr zugsstellen – in der Regel den Krankenkas-
2021 die Arbeitsunfähigkeitsfälle in den Bun- sen der Arbeitnehmenden – übermittelt. Auf
desländern insgesamt um 3,2 % zugenommen Grundlage der Meldungen führt die Kranken-
und die Arbeitsunfähigkeitstage um 0,8 % ab- kasse ihr Versichertenverzeichnis und übermit-
genommen (. Tab. 19.5). Die Falldauer der telt die Daten dem Rentenversicherungsträger
Arbeitsunfähigkeiten ist mit 16,3 Tagen in (vgl. Damm et al. 2012). Grundlage der Tä-
Mecklenburg-Vorpommern am höchsten und tigkeitseinstufung war bis zum Jahr 2012 die
in Baden-Württemberg mit 11,8 Tagen am ge- „Klassifikation der Berufe“ aus dem Jahr 1988
ringsten. (Bundesagentur für Arbeit 1988).
310 M. Meyer et al.

nicht standardisiert standardisiert

Thüringen 6,6 6,4

Brandenburg 6,3 6,2

Sachsen-Anhalt 6,3 6,1

Saarland 6,0 6,0

Mecklenburg-Vorpommern 6,0 5,9

Sachsen 6,0 5,9

Nordrhein-Westfalen 5,7 5,8

Niedersachsen 5,7 5,7

Hessen 5,4 5,7

Schleswig-Holstein 5,4 5,4

Bremen 5,3 5,5

Rheinland-Pfalz 5,1 5,1

Baden-Württemberg 5,1 5,0

Bayern 4,8 4,9

Bund: 5,5
Bund: 5,4

Berlin 4,7 5,4

Hamburg 4,3 4,9

7 6 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 6 7
Krankenstand in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.15 Alters- und geschlechtsstandardisierter Krankenstand der AOK-Mitglieder im Jahr 2021 nach Bundes-
ländern

In den letzten Jahren haben sich jedoch seit dem 01.12.2011. Infolge der Umstellung
sowohl die Berufs- und Beschäftigungsland- wird die Stellung im Beruf (wie die Trennung
schaft als auch die Ausbildungsstrukturen nach Arbeiter oder Angestellter) nicht mehr
stark verändert. So sind nicht nur neue ausgewiesen.
Ausbildungsabschlüsse entstanden, auch Die krankheitsbedingten Fehlzeiten vari-
die Trennung zwischen Arbeitern und An- ieren deutlich in Abhängigkeit vom Ausbil-
gestellten ist bereits seit dem Jahr 2006 dungsabschluss (vgl. . Abb. 19.17). Dabei
rentenrechtlich bedeutungslos. Aus diesem zeigt sich, dass der Krankenstand mit steigen-
Grund wurde die veraltete Klassifikation der dem Ausbildungsniveau sinkt. Den höchsten
Berufe von der Bundesagentur für Arbeit Krankenstand weisen mit 6,0 % Beschäftigte
durch eine überarbeitete Version (Bundes- ohne beruflichen Abschluss auf. Beschäftig-
19 agentur für Arbeit 2011) ersetzt. Diese weist
zugleich eine hohe Kompatibilität mit der in-
te mit einem Diplom, Magister, Master und
Staatsexamen oder einem Bachelorabschluss
ternationalen Berufsklassifikation ISCO-08 liegen deutlich darunter (2,8 bzw. 2,3 %). Den
(International Standard Classification of Oc- geringsten Krankenstand weisen mit 2,0 % Be-
cupations 2008) auf. Die neue Version gilt schäftigte mit Promotion auf.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
311 19

standardisierter Bundesdurchschnitt: 5,5

Thüringen 17,2
Brandenburg 12,9
Sachsen-Anhalt 11,5
Saarland 10,3
Mecklenburg-Vorpommern 8,5
Sachsen 8,5
Nordrhein-Westfalen 6,0
Hessen 4,5
Niedersachsen 4,1
Bremen 1,4
Schleswig-Holstein –1,6
Berlin –1,7
Rheinland-Pfalz –6,2
Baden-Württemberg –7,7
Hamburg –10,1
Bayern –10,3

–15 –10 –5 0 5 10 15 20
Abweichung vom standardisierten Bundesdurchschnitt in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.16 Abweichungen der alters- und geschlechtsstandardisierten Krankenstände vom Bundesdurchschnitt im
Jahr 2021 nach Bundesländern, AOK-Mitglieder

Diese Ergebnisse können zu der Annah- lichen Leistungen werden adäquate Gratifika-
me führen, dass die Differenzen im Kranken- tionen wie ein höheres Gehalt, Anerkennung
stand u. a. auf den Faktor Bildung zurück- und Wertschätzung sowie Aufstiegsmöglich-
zuführen sind. Diese Annahme wird auch in keiten und Arbeitsplatzsicherheit gewährt (vgl.
empirischen Studien bestätigt, bei denen Bil- u. a. Mielck et al. 2012; Karasek und Theorell
dung als eine wesentliche Variable für die 1990; Siegrist 1999; Marmot 2005). Dies führt
Erklärung von gesundheitlichen Differenzen dazu, dass Beschäftigte in höheren Positionen
erkannt wurde. motivierter sind und sich stärker mit ihrer be-
Die Gründe sind u. a. darin zu suchen, ruflichen Tätigkeit identifizieren. Der Anteil
dass sich beispielsweise Akademiker gesund- motivationsbedingter Fehlzeiten ist auch aus
heitsgerechter verhalten, was Ernährung, Be- diesem Grund bei höherem beruflichem Status
wegung und das Rauchverhalten angeht. Ihnen geringer.
steht ein besserer Zugang zu Gesundheitsleis- Umgekehrt haben Studien gezeigt, dass bei
tungen offen. In der Regel werden ihnen auch einkommensschwachen Gruppen verhaltens-
bei ihrer beruflichen Tätigkeit größere Hand- bedingte gesundheitliche Risikofaktoren wie
lungsspielräume und Gestaltungsmöglichkei- Rauchen, Bewegungsarmut und Übergewicht
ten eingeräumt und für die erbrachten beruf- stärker ausgeprägt sind als bei Gruppen mit
312 M. Meyer et al.

. Tab. 19.5 Krankenstandskennzahlen nach Regionen, 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder Tage je Veränd.


Fall z. Vorj.
Fälle Veränd. z. Vorj. Tage Veränd. z. Vorj. in %
in % in %
Baden-Württemberg 156,6 2,9 1.850,8 #1,7 11,8 #4,5

Bayern 128,7 3,4 1.757,0 0,1 13,7 #3,2

Berlin 138,1 #1,8 1.725,5 #6,1 12,5 #4,3

Brandenburg 147,4 0,8 2.292,0 #1,2 15,6 #2,0

Bremen 140,7 0,0 1.950,0 #3,7 13,9 #3,8

Hamburg 114,0 #0,3 1.575,9 #4,3 13,8 #4,0

Hessen 158,9 4,7 1.967,1 #2,6 12,4 #7,0

Mecklenburg-Vorpommern 133,5 2,4 2.178,2 0,7 16,3 #1,7

Niedersachsen 163,9 4,5 2.071,3 #0,5 12,6 #4,8

Nordrhein-Westfalen 156,8 2,5 2.069,0 #2,6 13,2 #5,0

Rheinland-Pfalz 125,9 1,8 1.856,8 #3,1 14,7 #4,8

Saarland 148,3 2,8 2.187,5 #3,4 14,8 #6,1

Sachsen 154,3 4,1 2.191,5 3,8 14,2 #0,3

Sachsen-Anhalt 149,3 3,6 2.306,7 1,9 15,4 #1,7

Schleswig-Holstein 140,8 1,9 1.954,7 #2,9 13,9 #4,7

Thüringen 163,9 6,2 2.399,8 4,4 14,6 #1,7

Bund 148,9 3,2 1.970,6 #0,8 13,2 #3,9

Fehlzeiten-Report 2022

höheren Einkommen (Mielck 2000). Die theo- berücksichtigt werden. Ein niedrigeres Ein-
retische Grundlage liefern hier kulturell deter- kommensniveau wirkt sich bei Geringqualifi-
minierte Lebensstilunterschiede. zierten auch ungünstig auf die außerberufli-
Hinzu kommt, dass sich die Tätigkeiten chen Lebensverhältnisse wie die Wohnsituati-
von gering qualifizierten Beschäftigten im Ver- on und die Erholungsmöglichkeiten aus.
gleich zu denen von höher qualifizierten in der Die AU-Quote weist den Anteil der AOK-
Regel durch ein größeres Maß an physiolo- Mitglieder mit mindestens einem Arbeitsunfä-
gisch-ergonomischen Belastungen, eine höhe- higkeitsfall im Auswertungsjahr aus. Betrach-
re Unfallgefährdung und damit durch erhöhte tet man die AU-Quoten nach der Vertragsart,
Gesundheitskrisen auszeichnen. Zudem gibt zeigt sich, dass die unbefristet und Vollzeit-
19 es Zusammenhänge zu geringerer körperlicher
Aktivität und einer selteneren Inanspruchnah-
Beschäftigten mit 51,3 bzw. 51,6 % öfter von
einer Krankschreibung betroffen sind als be-
me von Präventionsangeboten (vgl. Datenre- fristet bzw. Teilzeit-Beschäftigte (48,1 bzw.
port 2021). Nicht zuletzt müssen Umweltfak- 47,8 %). Dies spiegelt sich zugleich im Kran-
toren sowie Infra- und Versorgungsstrukturen kenstand wider: Der Krankenstand bei den
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
313 19

Krankenstand nach Ausbildungsabschluss in %

Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung 6,0

ohne beruflichen Ausbildungsabschluss 5,9

Abschluss unbekannt 4,9

Meister, Techniker oder gleichwertig 4,7

Diplom/Magister/Master/Staatsexamen 2,8

Bachelor 2,3

Promotion 2,0
a

AU-Quote in % Krankenstand in %

befristet 48,1 befristet 4,7

unbefristet 51,3 unbefristet 5,6

Teilzeit 47,8 Teilzeit 5,6

Vollzeit 51,6 Vollzeit 5,3

Zeitarbeit 40,5 Zeitarbeit 4,9

keine Zeitarbeit 51,1 keine Zeitarbeit 5,4


b

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.17 a Krankenstand nach Ausbildungsabschluss im Jahr 2021, AOK-Mitglieder. b Krankenstand und AU-
Quote nach Vertragsart im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

unbefristet Beschäftigten liegt im Vergleich zu 4,8 Jahre jünger als Beschäftigte außerhalb
den befristet Beschäftigten um 0,9 Prozent- der Zeitarbeit. Der nach Alter und Geschlecht
punkte höher. Der Krankenstand bei den Teil- standardisierte Krankenstand13 zeigt keinen
zeitbeschäftigten liegt um 0,3 Prozentpunkte Unterschied mehr in der Höhe des Kranken-
höher als bei den Vollzeitbeschäftigten. standes (jeweils 5,5 %). Die Anzahl der Fehl-
Betrachtet man die Fehlzeiten von Zeitar- tage pro Fall ist bei Zeitarbeitenden deutlich
beitenden, so zeigt sich, dass der Krankenstand kürzer (Zeitarbeit: 9,1 Tage vs. Nicht-Zeitar-
bei den Zeitarbeitsbeschäftigten um 0,5 Pro- beit: 13,4 Tage).
zentpunkte geringer ist als bei denjenigen,
die nicht über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt
sind (4,9 % versus 5,4 %). Bei diesem Unter-
13 Berechnet nach der Methode der direkten Standar-
schied spielen auch Alters-Geschlechtseffekte disierung – zugrunde gelegt wurde die Alters- und
eine Rolle. 74 % der Zeitarbeitsbeschäftigten Geschlechtsstruktur der Beschäftigten im Jahr 2021
sind Männer und diese sind im Durchschnitt (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2022).
314 M. Meyer et al.

19.10 Fehlzeiten nach Bei der Bewertung der gehäuften Krank-


Berufsgruppen meldungen am Montag muss allerdings be-
rücksichtigt werden, dass Arztpraxen am Wo-
chenende in der Regel nur in Notfällen auf-
Auch bei den einzelnen Berufsgruppen14 gibt gesucht werden, da die meisten geschlossen
es große Unterschiede hinsichtlich der krank- sind. Deshalb erfolgt die Krankschreibung für
heitsbedingten Fehlzeiten (. Abb. 19.18). Die Erkrankungen, die bereits am Wochenende be-
Art der ausgeübten Tätigkeit hat erheblichen gonnen haben, in den meisten Fällen erst am
Einfluss auf das Ausmaß der Fehlzeiten. Die Wochenanfang. Insofern sind in den Krank-
meisten Arbeitsunfähigkeitstage weisen Be- meldungen vom Montag auch die Krankheits-
rufsgruppen aus dem gewerblichen Bereich fälle vom Wochenende enthalten. Die Vertei-
auf, wie beispielsweise Berufe in der Ver- lung der Krankmeldungen auf die Wochentage
und Entsorgung. Dabei handelt es sich häu- ist also in erster Linie durch die ärztlichen
fig um Berufe mit hohen körperlichen Ar- Sprechstundenzeiten bedingt. Dies wird häu-
beitsbelastungen und überdurchschnittlich vie- fig in der Diskussion um den „blauen Montag“
len Arbeitsunfällen (7 Abschn. 19.12). Einige nicht bedacht.
der Berufsgruppen mit hohen Krankenständen, Geht man davon aus, dass die Wahrschein-
wie in der Altenpflege, sind auch in beson- lichkeit zu erkranken an allen Wochentagen
ders hohem Maße psychischen Arbeitsbelas- gleich hoch ist und verteilt die Arbeitsunfä-
tungen ausgesetzt. Die niedrigsten Kranken- higkeitsmeldungen vom Samstag, Sonntag und
stände sind bei akademischen Berufsgruppen Montag gleichmäßig auf diese drei Tage, be-
wie z. B. Berufen in der Hochschullehre und - ginnen am Montag – „wochenendbereinigt“
forschung, der Softwareentwicklung oder bei – nur noch 12,1 % der Krankheitsfälle. Da-
Ärztinnen und Ärzten aufgetreten. Während nach ist der Montag der Wochentag mit der
Berufe in der Hochschullehre und -forschung geringsten Zahl an Krankmeldungen. Eine fin-
im Jahr 2021 im Durchschnitt nur 4,3 Tage nische Studie zu diesem Thema bestätigt eben-
krankgeschrieben waren, waren es bei den Be- falls die geringe Bedeutung des Montags bei
rufen in der Ver- und Entsorgung 31,4 Tage, krankheitsbedingten Fehlzeiten (Vahtera et al.
also etwas mehr als das Siebenfache. 2001). Die Mehrheit der Ärztinnen und Ärz-
te bevorzugt als Ende der Krankschreibung
19.11 Fehlzeiten nach das Ende der Arbeitswoche (. Abb. 19.20):
Wochentagen 2021 endeten 47,2 % der Arbeitsunfähigkeits-
fälle am Freitag. Nach dem Freitag ist der
Mittwoch der Wochentag, an dem die meisten
Die meisten Krankschreibungen sind am Wo- Krankmeldungen (12,7 %) abgeschlossen wor-
chenanfang zu verzeichnen (. Abb. 19.19). den sind.
Zum Wochenende hin nimmt die Zahl der Da meist bis Freitag krankgeschrieben
Arbeitsunfähigkeitsmeldungen tendenziell ab. wird, nimmt der Krankenstand gegen Ende der
2021 entfiel ein Drittel (33,8 %) der wöchent- Woche zu. Daraus abzuleiten, dass am Freitag
lichen Krankmeldungen auf den Montag. besonders gerne „krankgefeiert“ wird, um das
Wochenende auf Kosten des Arbeitgebenden
zu verlängern, erscheint wenig plausibel, ins-
besondere wenn man bedenkt, dass der Freitag
19 14 Die Klassifikation der Berufe wurde zum 01.12.2011
der Werktag mit den wenigsten Krankmeldun-
gen ist.
überarbeitet und aktualisiert (7 Abschn. 19.9). Daher
finden sich ab dem Jahr 2012 zum Teil andere Be-
rufsbezeichnungen als in den Fehlzeiten-Reporten der
Vorjahre.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
315 19

Berufe in der Ver- u.


Entsorgung (ohne Spez.) 31,4

Straßen- u. Tunnelwärter/innen 31,0


Berufe in der Papierverarbeitung
u. Verpackungstechnik 30,2

Bus- u. Straßenbahnfahrer/innen 29,9

Berufe in der Metallumformung 29,2

Berufe in der Altenpflege (ohne Spez.) 28,5

Berufe in der Haus- u. Familienpflege 28,4

Platz- u. Gerätewarte/-wartinnen 27,8


Berufe in der Metalloberflächen-
behandlung (ohne Spez.) 27,6
Kranführer/innen, Aufzugsmaschinisten,
27,3
Bedienung verwandter Hebeeinrichtungen

Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 8,5

Berufe in der Kosmetik 8,1

Berufe in der IT-Anwendungsberatung 7,8


Redakteure/Redakteurinnen u.
Journalisten/Journalistinnen 7,8

Berufe in Werbung u. Marketing 7,7

Berufe im Controlling 7,3


Berufe in der technischen Forschung u.
7,0
Entwicklung (ohne Spez.)
Berufe in der Softwareentwicklung 6,3
Bund: 19,7

Berufe in der Unternehmensberatung 5,8

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 4,3

0 5 10 15 20 25 30 35
Arbeitsunfähigkeitstage je AOK-Mitglied
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.18 Zehn Berufsgruppen mit hohen und niedrigen Fehlzeiten je AOK-Mitglied im Jahr 2021
316 M. Meyer et al.

Anteil an AU-Fällen nach AU-Beginn in %


35

30
10,7

25 Krankheitsfälle vom Wochenende

20
11,0
15

10 19,0
16,2 15,5
10,7 11,0 12,8
12,1
5

1,5 1,2
0
Samstag Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.19 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle der AOK-Mitglieder nach AU-Beginn im Jahr 2021

Anteil an AU-Fällen nach AU-Ende in %


50

45 47,2

40

35

30

25

20

15

10 12,7
9,8
8,4 7,6
5 7,1 7,2

0
Samstag Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

19 . Abb. 19.20 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle der AOK-Mitglieder nach AU-Ende im Jahr 2021
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
317 19

19.12 Arbeitsunfälle Entsorgung und Bergbau (4,0 %) überdurch-


schnittlich viele Arbeitsunfälle. Den gerings-
ten Anteil an Arbeitsunfällen verzeichneten
Im Jahr 2021 waren 3,0 % der Arbeitsunfähig- die Banken und Versicherungen mit 0,9 %.
keitsfälle auf Arbeitsunfälle15 zurückzuführen. Die Zahl der Arbeitsunfälle lag in West-
Diese waren für 5,7 % der Arbeitsunfähig- deutschland höher als in Ostdeutschland: Wäh-
keitstage verantwortlich (. Abb. 19.21). rend im Westen durchschnittlich 45 Fälle
In den einzelnen Wirtschaftszweigen va- auf 1.000 AOK-Mitglieder entfielen, waren
riiert die Zahl der Arbeitsunfälle erheblich. es im Osten 42 Fälle je 1.000 Mitglieder
So waren die meisten Fälle in der Land- und (. Abb. 19.22).
Forstwirtschaft und im Baugewerbe zu ver- Die Zahl der auf Arbeitsunfälle zurück-
zeichnen (. Abb. 19.23). 2021 gingen bei- gehenden Arbeitsunfähigkeitstage war in den
spielsweise 7,5 % der AU-Fälle und 12,9 % der Branchen Land- und Forstwirtschaft sowie
AU-Tage in der Land- und Forstwirtschaft auf geringfügig bei den Dienstleistungen, im
Arbeitsunfälle zurück. Neben dem Baugewer- Gesundheits- und Sozialwesen, in Erziehung
be (5,9 %) und der Land- und Forstwirtschaft und Unterricht und auch bei den Banken und
gab es auch im Bereich Verkehr und Transport Versicherungen in Ostdeutschland höher als in
(4,2 %) und in der Branche Energie, Wasser, Westdeutschland (. Abb. 19.23).

AU-Fälle AU-Tage

Land- und Forstwirtschaft 7,5 12,9

Baugewerbe 5,9 11,9

Verkehr/Transport 4,2 8,3


Energie/Wasser/
4,0 8,0
Entsorgung/Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe 3,2 6,0

Metallindustrie 2,9 5,3

Handel 2,9 5,2

Dienstleistungen 2,8 5,3

Gesundheits- und Sozialwesen 1,9 3,4


Öffentl. Verwaltung/
1,8 3,5
Sozialversicherung
Bund: 3,0

Bund: 5,7

Erziehung und Unterricht 1,5 2,9

Banken/Versicherungen 1,9
0,9

10 5 0 5 10 15
Anteil (in %)
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.21 Fehlzeiten der AOK-Mitglieder aufgrund von Arbeitsunfällen nach Branchen im Jahr 2021

15 Zur Definition der Arbeitsunfälle . Tab. 19.1.


318 M. Meyer et al.

89
Baugewerbe
72

Energie/Wasser/ 68
Entsorgung/Bergbau 50
67
Land- und Forstwirtschaft
85
63
Verkehr/Transport
61
55
Verarbeitendes Gewerbe
51
50
Metallindustrie
48
43
Handel
39
35
Dienstleistungen
36
31
Gesundheits- und Sozialwesen
29

Öffentl. Verwaltung/ 31
Sozialversicherung 25
24
Erziehung und Unterricht
23
10 West
Banken/Versicherungen Ost
12

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Arbeitsunfähigkeitsfälle je 1.000 Mitglieder
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.22 Fälle der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder aufgrund von Arbeitsunfällen nach Branchen in West-
und Ostdeutschland im Jahr 2021

. Tab. 19.6 zeigt die Berufsgruppen, die


in besonderem Maße von arbeitsbedingten Un-
fällen betroffen sind. Spitzenreiter waren im
Jahr 2021 Berufe in der Zimmerei (4.696 AU-
Tage je 1.000 AOK-Mitglieder), Berufe in der
Dachdeckerei (3.764 AU-Tage je 1.000 AOK-
Mitglieder) sowie Berufe im Maurerhandwerk
19 (3.652 AU-Tage je 1.000 AOK-Mitglieder).
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
319 19

2.427
Baugewerbe
2.015

Energie/Wasser/ 1.982
Entsorgung/Bergbau 1.483
1.913
Land- und Forstwirtschaft
2.553
1.796
Verkehr/Transport
1.767
1.379
Verarbeitendes Gewerbe
1.301
1.169
Metallindustrie
1.114
981
Handel
917

Öffentl. Verwaltung/ 850


Sozialversicherung 705
806
Dienstleistungen
883
773
Gesundheits- und Sozialwesen
785
535
Erziehung und Unterricht
558
West
235
Banken/Versicherungen Ost
321

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000


Arbeitsunfähigkeitstage je 1.000 Mitglieder
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.23 Tage der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Branchen in West- und Ostdeutschland im Jahr
2021
320 M. Meyer et al.

. Tab. 19.6 Tage der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen im Jahr 2021 AOK-Mitglieder

Berufsgruppe AU-Tage je 1.000


AOK-Mitglieder
Berufe in der Zimmerei 4.696

Berufe in der Dachdeckerei 3.764

Berufe im Maurerhandwerk 3.652

Berufe im Beton- u. Stahlbetonbau 3.519

Berufe im Hochbau (ohne Spez.) 3.027

Berufe im Tiefbau (ohne Spez.) 2.860

Berufe im Straßen- u. Asphaltbau 2.857

Berufe in der Ver- u. Entsorgung (ohne Spez.) 2.729

Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 2.704

Berufe in der Holzbe- u. -verarbeitung (ohne Spez.) 2.595

Berufe im Metallbau 2.515

Straßen- u. Tunnelwärter/innen 2.480

Führer/innen von Erdbewegungs- u. verwandten Maschinen 2.478

Berufe im Aus- u. Trockenbau (ohne Spez.) 2.425

Berufe für Post- u. Zustelldienste 2.392

Berufe im Holz-, Möbel- u. Innenausbau 2.333

Platz- u. Gerätewarte/-wartinnen 2.286

Kranführer/innen, Aufzugsmaschinisten, Bedienung verwandter Hebeeinrichtungen 2.254

Berufe in der Sanitär-, Heizungs- u. Klimatechnik 2.187

Berufe in der Fleischverarbeitung 2.142

Berufe im Garten-, Landschafts- u. Sportplatzbau 2.117

Berufe in der Schweiß- u. Verbindungstechnik 2.046

Berufe für Maler- u. Lackiererarbeiten 2.035

Berufe im Gartenbau (ohne Spez.) 2.008

Fahrzeugführer/innen im Straßenverkehr (sonstige spezifische Tätigkeitsangabe) 1.800

Fehlzeiten-Report 2022

19
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
321 19
19.13 Krankheitsarten lett-Erkrankungen verursacht, die häufig mit
im Überblick langen Ausfallzeiten verbunden sind. Allein
auf diese Krankheitsart waren 2021 21,5 % der
Arbeitsunfähigkeitstage zurückzuführen, ob-
Das Krankheitsgeschehen wird im Wesent- wohl sie nur für 15,8 % der Arbeitsunfähig-
lichen von sechs großen Krankheitsgrup- keitsfälle verantwortlich war.
pen (nach ICD-10) bestimmt: Muskel- und . Abb. 19.25 zeigt die Anteile der Krank-
Skelett-Erkrankungen, Atemwegserkrankun- heitsarten an den krankheitsbedingten Fehl-
gen, Verletzungen, psychische und Verhaltens- zeiten im Jahr 2021 im Vergleich zum Vor-
störungen, Herz- und Kreislauf-Erkrankungen jahr. Während die Anteile der psychischen
sowie Erkrankungen der Verdauungsorgane Erkrankungen und der Verletzungen gleichge-
(. Abb. 19.24). 55,7 % der Arbeitsunfähig- blieben sind, sank der Anteil der Atemwegs-
keitsfälle und 62,1 % der Arbeitsunfähigkeits- erkrankungen um 2 Prozentpunkte, der Anteil
tage gingen 2021 auf das Konto dieser sechs der Muskel-Skelett-Erkrankungen um 0,6 Pro-
Krankheitsarten. Der Rest verteilte sich auf zentpunkte und der Anteil der Verdauungs-
sonstige Krankheitsgruppen. und Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 0,3 und
Der häufigste Anlass für die Ausstellung 0,2 Prozentpunkte.
von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wa- Die . Abb. 19.26 und 19.27 zeigen die
ren Atemwegserkrankungen. Im Jahr 2021 Entwicklung der häufigsten Krankheitsarten in
waren diese für ein Sechstel der Arbeitsun- den Jahren 2012 bis 2021 in Form einer Index-
fähigkeitsfälle (16,7 %) verantwortlich. Auf- darstellung. Ausgangsbasis ist dabei der Wert
grund einer relativ geringen durchschnittli- des Jahres 2011. Dieser wurde auf 100 nor-
chen Erkrankungsdauer betrug der Anteil der miert. Wie in den Abbildungen erkennbar ist,
Atemwegserkrankungen am Krankenstand al- haben die psychischen Erkrankungen in den
lerdings nur 9,8 %. Die meisten Arbeitsunfä- letzten Jahren deutlich zugenommen. Über die
higkeitstage wurden durch Muskel- und Ske- Gründe für diesen Anstieg wird gesellschaft-

Anteil in % Anteil an AU-Tagen in %


100 100

37,9 37,9 34,8


80 44,2 80

4,2
60 3,9 60 3,9 5,1
4,9 4,9
6,8 11,8
9,8 3,3 Sonstige 9,8 Sonstige
40 10,0 16,7
Verdauung 40 10,0 10,0 Verdauung
Herz/Kreislauf Herz/Kreislauf
12,0 Atemwege 12,0 12,0 Atemwege
7,9
20 Verletzungen 20 Verletzungen
5,2
Psyche Psyche
21,5 21,5 22,1
15,8 Muskel/Skelett Muskel/Skelett

0 0
AU-Tage AU-Fälle 2021 2020
Quelle: Wissenschaftliches Quelle: Wissenschaftliches
Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022 Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.24 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder . Abb. 19.25 Tage der Arbeitsunfähigkeit der AOK-
nach Krankheitsarten im Jahr 2021 Mitglieder nach Krankheitsarten im Jahr 2021 im Ver-
gleich zum Vorjahr
322 M. Meyer et al.

AU-Fälle in %
140
Psyche Herz/Kreislauf Atemwege
Verdauung Muskel/Skelett Verletzungen
130

120

110

100

90

80

70
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Psyche 103,1 102,1 112,5 113,5 115,6 116,7 118,8 120,8 112,5 118,8
Herz/Kreislauf 102,5 96,3 101,2 101,2 102,5 98,8 100,0 98,8 86,4 88,9
Atemwege 98,2 117,2 100,0 120,2 115,2 114,7 121,4 112,0 94,3 83,4
Verdauung 99,0 98,0 101,0 100,0 99,5 94,0 93,0 90,5 76,1 74,1
Muskel/Skelett 100,3 98,8 103,9 102,4 103,6 101,5 101,8 101,8 95,8 102,7
Verletzungen 95,4 94,3 94,3 92,5 91,4 88,5 89,1 85,6 74,7 99,4

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.26 Fälle der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in den Jahren 2012–2021 (In-
dexdarstellung: 2011 = 100 %)

AU-Tage in %
160
Psyche Herz/Kreislauf Atemwege
Verdauung Muskel/Skelett Verletzungen
140

120

100

80 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Psyche 111,2 112,0 122,8 125,9 128,8 131,7 135,2 142,0 148,4 153,2
Herz/Kreislauf 110,2 108,4 113,6 112,2 101,5 98,9 97,6 97,4 96,4 96,3
Atemwege 99,6 121,2 100,6 123,5 114,7 116,5 125,9 110,8 115,2 98,9
Verdauung 103,6 103,8 107,4 106,1 101,5 98,0 96,6 94,4 88,6 85,0
Muskel/Skelett 105,5 104,0 111,4 109,4 111,8 110,3 109,9 111,6 114,3 115,1
Verletzungen 101,6 101,0 102,8 101,5 101,0 101,1 101,8 101,1 96,8 100,4

19 Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.27 Tage der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in den Jahren 2012–2021 (In-
dexdarstellung: 2011 = 100 %)
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
323 19
lich kontrovers diskutiert. In welchem Umfang Prävention dieser Erkrankungen wird daher
die spezifischen Arbeitsbedingungen der mo- weiterhin eine große Bedeutung zukommen.
dernen Arbeitswelt einen Beitrag zu diesem Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeits-
Trend leisten, bleibt umstritten. Ein wesent- fälle ist im Vergleich zum Jahr 2011 bei
licher Grund für den Anstieg wird hingegen den psychischen Erkrankungen und bei den
in der Entstigmatisierung bestimmter psychi- Muskel-Skelett-Erkrankungen angestiegen.
scher Störungen gesehen: Ärztinnen und Ärzte Arbeitsunfähigkeitsfälle, die auf Verdauungs-,
seien zunehmend bezüglich psychischer Pro- Atemwegs-, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
bleme sensibilisiert und dokumentieren psy- auf Verletzungen zurückgingen, reduzierten
chische Krankheiten aufgrund der gestiegenen sich um 25,9, 16,6 bzw. 11,1 und 0,6%. Bedingt
gesellschaftlichen Akzeptanz häufiger. Hier- durch die Corona-Pandemie gab es seit dem Jahr
zu trage auch die verstärkte und verbesserte 2020 bei fast allen dargestellten Krankheitsar-
Schulung von Ärztinnen und Ärzten, insbe- ten erhebliche Fallzahlenrückgänge.
sondere im hausärztlichen Bereich, bei. Dazu Die durch Atemwegserkrankungen be-
kommt die zunehmende Bereitschaft der Pati- dingten Fehlzeiten unterlagen bisher aufgrund
enten und Patientinnen, psychische Probleme der von Jahr zu Jahr unterschiedlich stark
auch offener anzusprechen als früher. Als wei- auftretenden Erkältungswellen teilweise er-
terer Grund wird die Verlagerung in Richtung heblichen Schwankungen. Bezogen auf die
psychischer Störungen als Diagnose diskutiert, Fehltage sind in den letzten zehn Jahren vor
d. h. bei Beschäftigten, die früher mit somati- allem die psychischen Erkrankungen ange-
schen Diagnosen wie beispielsweise Muskel- stiegen (um 53,2 %), gefolgt von den Muskel-
Skelett-Erkrankungen krankgeschrieben wa- Skelett-Erkrankungen (um 15,1 %). Einen
ren, wird heute öfter eine psychische Erkran- Rückgang gab es vor allem bei den Verdau-
kung diagnostiziert. Die „reale Prävalenz“ von ungserkrankungen (um 15 %).
psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung Die meisten Arbeitsunfähigkeitsfälle ent-
sei aber insgesamt unverändert geblieben. Die stehen aufgrund von Atemwegserkrankungen:
Zwölf-Monats-Prävalenz liegt in Deutschland 36,3 Krankschreibungen entfallen hier durch-
– je nach Studie – zwischen 31,1 und 34,5 % schnittlich auf 100 ganzjährig versicherte
und damit deutlich höher, als es die Arbeitsun- AOK-Mitglieder. Zugleich sind mit 7,6 Fehl-
fähigkeitsdaten der gesetzlichen Krankenkas- tagen pro Fall mit Atemwegserkrankungen die
sen nahelegen. Wenn man jedoch die stationä- vergleichsweise kürzesten Ausfallzeiten ver-
ren und ambulanten Diagnosen bei der Ana- bunden, wohingegen bei psychischen Erkran-
lyse berücksichtigt, lag die Prävalenzrate bei kungen mit 29,7 Arbeitsunfähigkeitstagen je
den AOK-Mitgliedern im Jahr 2018 bei 30,4 % Fall im Schnitt die längsten Ausfallzeiten zu
und damit in etwa auf dem Niveau der ge- beobachten sind (. Abb. 19.28).
nannten externen Studien (vgl. Meschede et al. Auf ein AOK-Mitglied entfallen – unab-
2020). Der Anteil psychischer und psychoso- hängig davon, ob es erkrankt war oder nicht
matischer Erkrankungen an der Frühinvalidität – im Jahr 2021 durchschnittlich 6,1 Fehlta-
hat in den letzten Jahren ebenfalls erheblich ge aufgrund einer Muskel- und Skelett-Er-
zugenommen. Inzwischen geht über ein Drittel krankung. Damit steht diese Diagnosegruppe
(35,3 %) der Berentungen wegen verminderter auf Platz 1 als Ursache für Fehltage in Un-
Erwerbstätigkeit bei Männern auf psychische ternehmen, gefolgt von den psychischen Er-
Erkrankungen zurück, bei Frauen ist es sogar krankungen (3,4 Fehltage pro AOK-Mitglied).
fast die Hälfte (47,8 %) (Deutsche Rentenver- Die durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeitsta-
sicherung Bund 2020). Nach Prognosen der ge sind sowohl bei den Muskel- und Skelett-
Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist mit Erkrankungen als auch bei den psychischen
einem weiteren Anstieg der psychischen Er- Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr ange-
krankungen zu rechnen (WHO 2011). Der stiegen (0,7 bzw. 3,2 %) (. Tab. 19.7).
324 M. Meyer et al.

AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Atemwege 36,3 7,6

Muskel/Skelett 34,5 17,6

Verletzungen 17,3 16,3

Verdauung 14,9 7,4

Psyche 11,4 29,7

Herz/Kreislauf 7,2 19,3

45 35 25 15 5 5 15 25 35
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.28 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder und Tage je Fall nach Krankheitsarten im Jahr 2021

. Tab. 19.7 Arbeitsunfähigkeitstage und -fälle der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten 2021 im Vergleich
zum Vorjahr

ICD- Bezeichnung Arbeitsunfähigkeitsfälle Veränd. Arbeitsunfähigkeitstage Veränd.


Haupt- je 100 Mitglieder zum je 100 Mitglieder zum
gruppe Vorjahr Vorjahr
2021 2020 in % 2021 2020 in %
5 Psyche 11,4 10,8 5,1 338,2 327,7 3,2

9 Herz/Kreislauf 7,2 7,0 1,9 139,1 139,3 #0,1

10 Atemwege 36,3 41,0 #11,4 276,2 321,9 #14,2

11 Verdauung 14,9 15,3 #2,9 110,1 114,8 #4,1

13 Muskel/Skelett 34,5 32,2 7,0 608,1 603,7 0,7

19 Verletzungen 17,3 13,0 33,2 282,5 272,5 3,7

Sonstige 96,3 80,4 19,8 1.072,2 948,0 13,1

Fehlzeiten-Report 2022

Zwischen West- und Ostdeutschland sind Auch in Abhängigkeit vom Geschlecht


nach wie vor Unterschiede in der Verteilung der ergeben sich deutliche Unterschiede in der
Krankheitsarten festzustellen (. Abb. 19.29). Morbiditätsstruktur (. Abb. 19.30). Insbe-
In den westlichen Bundesländern verursachten sondere Verletzungen und muskuloskelettale
Muskel- und Skelett-Erkrankungen (1,8 Pro- Erkrankungen führen bei Männern häufiger
zentpunkte) und Verletzungen (0,9 Prozent- zur Arbeitsunfähigkeit als bei Frauen. Dies
punkte) mehr Fehltage als in den neuen Bun- dürfte damit zusammenhängen, dass Männer
desländern. In den östlichen Bundesländern nach wie vor in größerem Umfang körperlich
19 entstanden vor allem durch Atemwegserkran-
kungen und Herz- und Kreislauf-Erkrankungen
beanspruchende und unfallträchtige Tätigkei-
ten ausüben als Frauen. Auch der Anteil der
(2,8 und 0,5 Prozentpunkte) sowie Verdauungs- Erkrankungen des Verdauungssystems und
erkrankungen (0,4 Prozentpunkte) mehr Fehl- der Herz- und Kreislauf-Erkrankungen an den
tage als im Westen. Arbeitsunfähigkeitsfällen und -tagen ist bei
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
325 19

Tage in % Fälle in %
100
Sonstige
Verdauung
Herz/Kreislauf
80 38,1 37,3
44,5 42,9 Atemwege
Verletzungen
Psyche
60 3,8 4,2 Muskel/Skelett
4,8 5,3
6,6 8,0
9,2 12,0 3,2 3,8
40 10,2
9,3 16,3 18,5

12,0 11,7 8,2 6,7


20 5,1 5,8
21,9 20,1
16,1 14,4
0
West Ost West Ost
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.29 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in West- und Ostdeutschland im Jahr 2021

Tage in % Fälle in %
100
Sonstige
Verdauung
Herz/Kreislauf
80 36,3 39,8 42,1 Psyche
46,8
Atemwege
Verletzungen
60 4,2 Muskel/Skelett
5,9 3,5
3,8 7,1
9,2 3,5 6,5
15,2 4,2 3,1
40 9,4 6,5
16,1
10,2
11,8 17,4
7,9 9,1
20
6,6
23,1 19,7 18,0
13,2
0
Männer Frauen Männer Frauen
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.30 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten und Geschlecht im Jahr 2021
326 M. Meyer et al.

AU-Tage je 100 AOK-Mitglieder


6.500
6.000
5.500
5.000
4.500
4.000
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
0
15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64
Sonstige 673,1 646,3 602,4 633,2 731,1 880,6 1.068,0 1.344,5 1.708,7 2.315,3
Verdauung 89,6 88,3 75,5 76,1 84,8 96,1 112,0 131,7 157,2 190,3
Atemwege 386,7 292,7 237,1 240,5 256,2 263,1 263,1 273,5 310,9 370,5
Verletzungen 307,7 254,4 211,1 199,6 212,5 238,7 276,3 329,1 397,4 465,9
Herz/Kreislauf 18,5 21,6 24,1 32,8 48,2 76,7 123,9 197,0 303,9 489,1
Psyche 128,6 197,8 222,7 244,4 279,1 310,8 334,9 391,6 482,0 676,5
Muskel/Skelett 149,6 215,5 258,7 304,3 380,4 492,2 644,8 824,9 1.053,9 1.510,5
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.31 Tage der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten und Alter im Jahr 2021

Männern höher als bei Frauen. Bei den Herz- und Skelett-Erkrankungen und der Herz- und
und Kreislauf-Erkrankungen ist insbesonde- Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen ist.
re der Anteil an den AU-Tagen bei Männern Während diese beiden Krankheitsarten bei den
höher als bei Frauen. jüngeren Altersgruppen noch eine untergeord-
Psychische Erkrankungen und Atemwegs- nete Bedeutung haben, verursachen sie in den
erkrankungen kommen dagegen bei Frauen höheren Altersgruppen die meisten Arbeits-
häufiger vor als bei Männern. Bei den psy- unfähigkeitstage. Bei den 60- bis 64-Jährigen
chischen Erkrankungen sind die Unterschiede gehen ein Viertel (25,1 %) der Ausfalltage auf
besonders groß: Während sie bei den Männern das Konto der muskuloskelettalen Erkrankun-
in der Rangfolge nach AU-Tagen erst an vier- gen. Muskel- und Skelett-Erkrankungen und
ter Stelle stehen, nehmen sie bei den Frauen Herz- und Kreislauf-Erkrankungen zusammen
den zweiten Rang ein. sind bei dieser Altersgruppe für ein Drittel
. Abb. 19.31 zeigt die Bedeutung der des Krankenstandes (33,2 %) verantwortlich.
Krankheitsarten für die Fehlzeiten in den un- Neben diesen beiden Krankheitsarten nehmen
terschiedlichen Altersgruppen. Aus der Abbil- auch die Fehlzeiten aufgrund psychischen Er-
19 dung ist deutlich zu ersehen, dass die Zunahme
der krankheitsbedingten Ausfalltage mit dem
krankungen und Verhaltensstörungen in den
höheren Altersgruppen zu, allerdings in gerin-
Alter v. a. auf den starken Anstieg der Muskel- gerem Ausmaß.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
327 19

19.14 Die häufigsten 8,7 % der AU-Fälle und 4,6 % der AU-Tage.
Einzeldiagnosen Die zweithäufigste Diagnose, die zu Krank-
meldungen führte, sind Rückenschmerzen mit
6,1 % der AU-Fälle und 5,9 % der AU-Ta-
In . Tab. 19.8 sind die 40 häufigsten Ein- ge. Unter den häufigsten Diagnosen sind auch
zeldiagnosen nach Anzahl der Arbeitsunfähig- weitere Krankheitsbilder aus dem Bereich der
keitsfälle aufgelistet. Im Jahr 2021 waren auf Muskel- und Skelett-Erkrankungen besonders
diese Diagnosen 57,9 % aller AU-Fälle und zahlreich vertreten. Die Covid-bedingten Dia-
47,7 % aller AU-Tage zurückzuführen. gnosen ICD U99 und ICD U07 sind im Jahr
Die häufigste Einzeldiagnose, die im Jahr 2021 auf dem dritten bzw. sechsten Rang, was
2021 zu Arbeitsunfähigkeit führte, war die die Fallhäufigkeit betrifft.
akute Infektion der oberen Atemwege mit

. Tab. 19.8 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen im Jahr 2021

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 8,7 4,6
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 6,1 5,9

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,0 2,1

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,4 1,9
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,8 0,9
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,0 1,8
nummern U07.-

R51 Kopfschmerz 1,8 0,7

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,6 0,8

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,6 0,4

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,6 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,5 2,8

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,4 1,3

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,2 1,5

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,2 0,9
ziert

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,2 0,7

F32 Depressive Episode 1,0 3,3

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,0 0,9


328 M. Meyer et al.

. Tab. 19.8 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
K29 Gastritis und Duodenitis 1,0 0,5

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,0 0,4

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,8 0,9

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,8 0,7

G43 Migräne 0,8 0,3

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,8 0,3

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,8 0,1
Impfstoffen

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 1,9

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,7 1,8

M75 Schulterläsionen 0,7 1,7

F48 Andere neurotische Störungen 0,7 1,3

F45 Somatoforme Störungen 0,6 1,1

M77 Sonstige Enthesopathien 0,6 0,8

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,7
klassifiziert

R42 Schwindel und Taumel 0,6 0,5

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,5 1,1

G47 Schlafstörungen 0,5 0,6

S93 Luxation, Verstauchung und Zerrung der Gelenke und Bänder in Höhe des 0,5 0,6
oberen Sprunggelenkes und des Fußes

J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 0,5 0,3

Summe hier 57,9 47,7

Restliche 42,1 52,3

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
19
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
329 19
19.15 Krankheitsarten nach häufig die muskuloskelettalen Erkrankungen
Branchen besonders ausgeprägt und tragen wesentlich zu
den erhöhten Fehlzeiten bei.
. Abb. 19.33 zeigt die Anzahl und durch-
Bei der Verteilung der Krankheitsarten be- schnittliche Dauer der Krankmeldungen auf-
stehen erhebliche Unterschiede zwischen den grund von Muskel- und Skelett-Erkrankungen
Branchen, die im Folgenden für die wichtigs- in den einzelnen Branchen. Die meisten Ar-
ten Krankheitsgruppen aufgezeigt werden. beitsunfähigkeitsfälle waren im Verarbeiten-
den Gewerbe zu verzeichnen, fast dreimal so
2Muskel- und Skelett-Erkrankungen viele wie bei den Banken und Versicherungen.
Die Muskel- und Skelett-Erkrankungen verur- Die muskuloskelettalen Erkrankungen sind
sachen in fast allen Branchen die meisten Fehl- häufig mit langen Ausfallzeiten verbunden.
tage (. Abb. 19.32). Ihr Anteil an den Arbeits- Die mittlere Dauer der Krankmeldungen
unfähigkeitstagen bewegte sich im Jahr 2021 schwankte im Jahr 2021 in den einzelnen
in den einzelnen Branchen zwischen 14 % Branchen zwischen 15,4 Tagen bei Banken
bei Banken und Versicherungen und 25 % im und Versicherungen und 22,2 Tagen in der
Baugewerbe. In Wirtschaftszweigen mit über- Land- und Forstwirtschaft. Im Branchendurch-
durchschnittlich hohen Krankenständen sind schnitt lag sie bei 17,6 Tagen.

Baugewerbe 25 6 8 15 6 4 36 Muskel/Skelett

Verarbeitendes Gewerbe 24 10 9 10 5 4 38 Psyche


Atemwege
Verkehr/Transport 24 10 8 11 6 4 37
Verletzungen
Energie/Wasser/
24 9 9 11 6 4 37
Entsorgung/Bergbau Herz/Kreislauf
Metallindustrie 23 10 10 10 5 4 38 Verdauung

Land- und Forstwirtschaft 23 7 8 15 6 4 37 Sonstige

Handel 21 13 10 10 4 4 38

Dienstleistungen 20 12 10 10 5 4 39

Gesundheits- und Sozialwesen 19 16 10 8 43 40


Öffentl. Verwaltung/
19 15 11 8 5 4 38
Sozialversicherung
Erziehung und Unterricht 15 17 14 7 4 4 39

Banken/Versicherungen 14 17 13 7 4 4 41

Alle Branchen 22 12 10 10 5 4 37

0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.32 Arbeitsunfähigkeitstage der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten und Branchen im Jahr 2021
330 M. Meyer et al.

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Verarbeitendes Gewerbe 44,4 18,0

Metallindustrie 43,3 16,5

Verkehr/Transport 42,9 17,0


Energie/Wasser/
41,9 18,8
Entsorgung/Bergbau
Baugewerbe 38,1 18,6
Öffentl. Verwaltung/
33,4 19,2
Sozialversicherung
Handel 32,0 17,8

Gesundheits- und Sozialwesen 31,4 20,3

Dienstleistungen 28,7 15,8

Land- und Forstwirtschaft 24,6 22,2


Bund: 34,5

Bund: 17,6
Erziehung und Unterricht 23,7 16,2

Banken/Versicherungen 16,4 15,4

50 40 30 20 10 0 10 20
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.33 Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems und des Bindegewebes nach Branchen im Jahr 2021, AOK-
Mitglieder

. Abb. 19.34 zeigt die zehn Berufsgruppen im Bereich Öffentliche Verwaltung/Sozialver-


mit hohen und niedrigen Fehlzeiten aufgrund sicherung, im Gesundheits- und Sozialwesen
von Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Die sowie in der Metallindustrie und im Verarbei-
meisten Arbeitsunfähigkeitsfälle sind bei den tenden Gewerbe an.
Berufen in der Ver- und Entsorgung zu ver- Aufgrund einer großen Anzahl an Bagatell-
zeichnen, während Berufe in der Hochschul- fällen ist die durchschnittliche Erkrankungs-
lehre und -forschung vergleichsweise geringe dauer bei dieser Krankheitsart relativ gering.
Fallzahlen aufgrund von Muskel- und Skelett- Im Branchendurchschnitt liegt sie bei 7,6 Ta-
Erkrankungen aufweisen. gen. In den einzelnen Branchen bewegte sie
sich im Jahr 2021 zwischen 6,8 Tagen bei
2Atemwegserkrankungen Banken und Versicherungen und 9,2 Tagen im
Die meisten Erkrankungsfälle aufgrund von Bereich Land- und Forstwirtschaft.
Atemwegserkrankungen waren im Jahr 2021 Der Anteil der Atemwegserkrankungen an
im Bereich Erziehung und Unterricht zu ver- den Arbeitsunfähigkeitstagen (. Abb. 19.32)
zeichnen (. Abb. 19.35). Überdurchschnitt- ist in der Erziehung und im Unterricht sowie
19 lich viele Fälle fielen unter anderem auch bei den Banken und Versicherungen (14 bzw.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
331 19

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Berufe in der Ver- u. Entsorgung (ohne Spez.) 66,5 18,1


Berufe in der Papier- u.
62,6 16,5
Verpackungstechnik (ohne Spez.)
Berufe in der Lagerwirtschaft 61,8 14,1
Kranführer/innen, Aufzugsmaschinisten,
61,7 16,2
Bedienung verwandter Hebeeinrichtungen
Berufe in der Kunststoff- u.
61,7 16,0
Kautschukherstellung (ohne Spez.)
Straßen- u. Tunnelwärter/innen 61,0 19,7
Berufe in der Lebensmittel-
60,9 16,1
herstellung (ohne Spez.)
Berufe in der Metalloberflächen-
60,8 16,9
behandlung (ohne Spez.)
Berufe in der Schweiß- u.
60,4 17,1
Verbindungstechnik
Maschinen- u. Anlagenführer/innen 60,2 16,2

Berufe in der Kosmetik 10,7 16,2

Geschäftsführer/innen u. Vorstände 10,5 22,0

Berufe in der IT-Anwendungsberatung 9,5 11,7


Berufe in der technischen
9,4 12,2
Forschung u. Entwicklung (ohne Spez.)
Berufe im Controlling 9,0 13,8

Berufe in Werbung u. Marketing 8,4 12,1


Redakteure/Redakteurinnen u.
8,0 14,5
Journalisten/Journalistinnen
Berufe in der Softwareentwicklung 7,5 9,2
Bund: 17,6
Bund: 34,5

Berufe in der Unternehmensberatung 6,2 10,9

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 4,1 12,0

70 60 50 40 30 20 10 0 10 20
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.34 Muskel- und Skelett-Erkrankungen nach Berufen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
332 M. Meyer et al.

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Erziehung und Unterricht 52,4 6,9


Öffentl. Verwaltung/
44,5 8,0
Sozialversicherung
Gesundheits- und Sozialwesen 41,4 7,9

Metallindustrie 41,4 7,5

Verarbeitendes Gewerbe 37,7 7,9

Handel 36,0 7,3


Energie/Wasser/
35,7 8,5
Entsorgung/Bergbau
Banken/Versicherungen 34,5 6,8

Baugewerbe 32,6 7,3

Verkehr/Transport 31,1 8,4


Bund: 36,3

Bund: 7,6
Dienstleistungen 30,4 7,3

Land- und Forstwirtschaft 20,1 9,2

60 50 40 30 20 10 0 10
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.35 Krankheiten des Atmungssystems nach Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

13 %) am höchsten, in der Land- und Forst- 2Verletzungen


wirtschaft, im Verkehr und Transport sowie im Der Anteil der Verletzungen an den Arbeits-
Baugewerbe (jeweils 8 %) am geringsten. unfähigkeitstagen variiert sehr stark zwischen
In . Abb. 19.36 sind die hohen und nied- den einzelnen Branchen (. Abb. 19.32). Am
rigen Fehlzeiten aufgrund von Atemwegser- höchsten ist er in Branchen mit vielen Ar-
krankungen von zehn Berufsgruppen darge- beitsunfällen. Im Jahr 2021 bewegte er sich
stellt. Deutlicher Spitzenreiter sind die Berufe zwischen 7 % bei den Banken und Versiche-
in der Kinderbetreuung und -erziehung mit rungen sowie bei Erziehung und Unterricht
74,7 Arbeitsunfähigkeitsfällen je 100 AOK- und 15 % im Baugewerbe und in der Land- und
Mitglieder und einer vergleichsweise gerin- Forstwirtschaft. Hier war die Zahl der Fälle da-
gen Falldauer von 6,8 Tagen je Fall, während mit mehr als doppelt so hoch wie bei Banken
beispielsweise Berufskraftfahrer/innen (Gü- und Versicherungen (. Abb. 19.37). Die Dau-
terverkehr/LKW) im Vergleich zwar deut- er der verletzungsbedingten Krankmeldungen
lich seltener an Atemwegserkrankungen lei- schwankte in den einzelnen Branchen zwi-
den (18,4 Fälle je 100 AOK-Mitglieder), je- schen 13,2 Tagen bei Banken und Versicherun-
doch eine überdurchschnittliche Falldauer von gen und 21,8 Tagen im Bereich der Land- und
10,5 Tagen aufweisen. Forstwirtschaft.
19
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
333 19

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall


Berufe in der Kinderbetreuung
74,7 6,8
u. -erziehung
Berufe im Dialogmarketing 55,4 7,3

Zahnmedizinische Fachangestellte 54,5 5,4

Berufe in der Mechatronik 54,3 5,7

Berufe in der Haus- u. Familienpflege 53,7 8,3

Berufe in der Ergotherapie 53,5 7,6

Berufe in der Erziehungswissenschaft 50,8 6,6

Berufe in der Feinwerktechnik 50,6 6,5


Berufe in Heilerziehungspflege
49,2 7,6
u. Sonderpädagogik
Berufe in der spanenden Metallbearbeitung 48,4 6,9

Berufe im Controlling 21,5 6,3


Redakteure/Redakteurinnen u.
20,8 6,4
Journalisten/Journalistinnen
Berufe in der Kosmetik 20,6 6,8

Führungskräfte – Einkauf u. Vertrieb 20,1 7,9

Berufe im Gastronomieservice (ohne Spez.) 20,0 8,1


Berufskraftfahrer/innen
18,4 10,5
(Personentransport/PKW)
Berufe in der Unternehmensberatung 17,4 5,9

Berufe in der Landwirtschaft (ohne Spez.) 16,4 8,8


Bund: 36,3

Bund: 7,6

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 13,3 6,4

Geschäftsführer/innen u. Vorstände 12,2 9,6

80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.36 Krankheiten des Atmungssystems nach Berufen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Die Unterschiede zeigen sich auch bei den dem Bundesdurchschnitt. Die längste gemit-
Berufsgruppen (. Abb. 19.38). An der Spitze telte Falldauer geht auf Geschäftsführer/innen
der Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund von Ver- und Vorstände zurück (23,4 Tage je Fall).
letzungen stehen Berufe in der Zimmerei und Ein erheblicher Teil der Verletzungen ist
der Dachdeckerei mit 34,9 bzw. 34,0 Fällen auf Arbeitsunfälle zurückzuführen. In der
je 100 AOK-Mitglieder und einer relativ lan- Land- und Forstwirtschaft gehen 50 % der Ar-
gen Falldauer (20,6 und 19,5 Tagen pro Fall). beitsunfähigkeitstage auf Arbeitsunfälle mit
Berufe in der Hochschullehre und -forschung Verletzungen zurück. Im Baugewerbe, im Be-
liegen dagegen mit 3,6 Fällen je 100 AOK- reich Verkehr und Transport und in Ener-
Mitglieder und 11,4 Tagen je Fall weit unter gie, Wasser, Entsorgung und Bergbau gehen
334 M. Meyer et al.

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Baugewerbe 22,7 18,9

Metallindustrie 21,3 15,1

Verarbeitendes Gewerbe 21,0 16,3


Energie/Wasser/
20,0 18,7
Entsorgung/Bergbau
Verkehr/Transport 18,1 18,9

Handel 17,3 15,3

Land- und Forstwirtschaft 16,3 21,8


Öffentl. Verwaltung/
16,0 16,7
Sozialversicherung
Gesundheits- und Sozialwesen 15,8 16,4

Erziehung und Unterricht 14,4 13,4

Bund: 16,3
Bund: 17,3

Dienstleistungen 13,8 15,6

Banken/Versicherungen 10,0 13,2

25 20 15 10 5 0 5 10 15 20 25
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.37 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen nach Branchen im Jahr
2021, AOK-Mitglieder

bei den Verletzungen immerhin mehr als ein neten eine vergleichsweise hohe Anzahl an
Drittel der Fehltage auf Arbeitsunfälle zurück Arbeitsunfähigkeitsfällen. Am niedrigsten war
(. Abb. 19.39). Am niedrigsten ist der Anteil die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle im Be-
der Arbeitsunfälle bei den Banken und Versi- reich Land- und Forstwirtschaft mit 11 Fällen
cherungen. Dort beträgt er lediglich 15 %. je 100 AOK-Mitglieder. Die Dauer der Fälle
betrug im Branchendurchschnitt 7,4 Tage. In
2Erkrankungen der Verdauungsorgane den einzelnen Branchen bewegte sie sich zwi-
Auf Erkrankungen der Verdauungsorgane gin- schen 6,0 bei den Banken und Versicherungen
gen im Jahr 2021 insgesamt 4 % der Arbeitsun- und 8,8 Tagen in der Land- und Forstwirtschaft
fähigkeitstage zurück (. Abb. 19.32). Die Un- (. Abb. 19.40).
terschiede zwischen den Wirtschaftszweigen Die Berufe mit den meisten Arbeitsunfä-
hinsichtlich der Zahl der Arbeitsunfähigkeits- higkeitsfällen aufgrund von Erkrankungen des
fälle sind relativ gering. Die Branchen Energie, Verdauungssystems waren im Jahr 2021 Be-
Wasser, Entsorgung und Bergbau (17,6 Fäl- rufe im Dialogmarketing (25,2 Fälle je 100
le je 100 AOK-Mitglieder) sowie Öffentliche AOK-Mitglieder), die Gruppe mit den we-
19 Verwaltung und Sozialversicherung (17,4 Fäl-
le), die Metallindustrie (17,2 Fälle) und das
nigsten Fällen waren Berufe im Bereich der
Hochschullehre und -forschung (4,3 Fälle je
Verarbeitende Gewerbe (16,8 Fälle) verzeich- 100 AOK-Mitglieder) (. Abb. 19.41).
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
335 19

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Berufe in der Zimmerei 34,9 20,6

Berufe in der Dachdeckerei 34,0 19,5


Berufe in der Land- u.
30,7 15,8
Baumaschinentechnik
Berufe in der Sanitär-, Heizungs-
29,5 15,5
u. Klimatechnik
Berufe im Maurerhandwerk 29,0 21,4

Berufe im Metallbau 29,0 16,9

Berufe im Straßen- u. Asphaltbau 28,9 18,0

Straßen- u. Tunnelwärter/innen 28,7 18,4


Berufe in der Ver- u.
28,3 18,3
Entsorgung (ohne Spez.)
Berufe im Holz-, Möbel- u. Innenausbau 28,2 16,9

Berufe in der technischen Forschung u.


Entwicklung (ohne Spez.) 6,9 13,2

Berufe in Werbung u. Marketing 6,7 10,5

Berufe in der Kosmetik 6,3 14,2

Berufe in der Softwareentwicklung 6,3 9,4


Redakteure/Redakteurinnen u.
6,0 11,5
Journalisten/Journalistinnen
Berufe in der IT-Anwendungsberatung 6,0 11,3

Berufe im Controlling 5,7 12,5

Geschäftsführer/innen u. Vorstände 5,3 23,4


Bund: 17,3

Bund: 16,3

Berufe in der Unternehmensberatung 4,3 10,9

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 3,6 11,4

40 30 20 10 0 10 20
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.38 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen nach Berufen im Jahr 2021,
AOK-Mitglieder
336 M. Meyer et al.

Land- und Forstwirtschaft 50 50 durch Arbeitsunfall bedingt


Baugewerbe 45 55 andere Ursachen

Verkehr/Transport 42 58
Energie/Wasser/
41 59
Entsorgung/Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe 33 67

Dienstleistungen 31 69

Handel 30 70

Metallindustrie 30 70
Öffentl. Verwaltung/
25 75
Sozialversicherung
Gesundheits- und Sozialwesen 24 76

Erziehung und Unterricht 23 77


Banken/Versicherungen 15 85

0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.39 Anteil der Arbeitsunfälle an den Verletzungen nach Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall


Energie/Wasser/
Entsorgung/Bergbau 17,6 7,7
Öffentl. Verwaltung/ 17,4 7,3
Sozialversicherung
Metallindustrie 17,2 7,2

Verarbeitendes Gewerbe 16,8 7,5

Gesundheits- und Sozialwesen 15,1 7,7

Erziehung und Unterricht 15,1 6,4

Baugewerbe 14,9 7,5

Verkehr/Transport 14,7 8,5

Handel 14,6 7,3

Dienstleistungen 12,7 7,1


Bund: 14,9

Banken/Versicherungen 12,5 6,0


Bund: 7,4

19 Land- und Forstwirtschaft 11,0 8,8

20 15 10 5 0 5 10
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.40 Krankheiten des Verdauungssystems nach Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
337 19

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Berufe im Dialogmarketing 25,2 6,6

Straßen- u. Tunnelwärter/innen 21,4 8,5

Berufe in der Ver- u. Entsorgung (ohne Spez.) 20,7 8,5

Berufe in der Metallumformung 20,6 8,2

Berufe in der Metallbearbeitung (ohne Spez.) 20,4 7,0


Berufe in der Kunststoff- u.
20,2 7,3
Kautschukherstellung (ohne Spez.)
Maschinen- u. Anlagenführer/innen 20,1 7,7

Berufe in der schleifenden Metallbearbeitung 19,9 7,6


Berufe in der Metalloberflächen-
behandlung (ohne Spez.) 19,9 7,5
Kranführer/innen, Aufzugsmaschinisten,
19,8 8,0
Bedienung verwandter Hebeeinrichtungen

Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 8,1 6,4

Berufe in Werbung u. Marketing 7,9 6,1


Berufe in der technischen Forschung u.
7,8 5,9
Entwicklung (ohne Spez.)
Berufe in der Softwareentwicklung 7,8 5,5
Redakteure/Redakteurinnen u.
7,7 5,9
Journalisten/Journalistinnen
Berufe im Controlling 7,7 5,5

Geschäftsführer/innen u. Vorstände 6,7 8,5

Berufe in der Kosmetik 6,3 5,8


Bund: 14,9

Bund: 7,4

Berufe in der Unternehmensberatung 5,1 6,6

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 4,3 5,5

30 25 20 15 10 5 0 5 10
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.41 Krankheiten des Verdauungssystems nach Berufen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
338 M. Meyer et al.

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall


Energie/Wasser/ 9,4 21,5
Entsorgung/Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe 8,5 20,6

Metallindustrie 8,4 19,7


Öffentl. Verwaltung/
8,3 18,6
Sozialversicherung
Verkehr/Transport 8,2 23,0

Gesundheits- und Sozialwesen 7,6 17,5

Baugewerbe 6,8 23,0

Land- und Forstwirtschaft 6,4 24,4

Handel 6,4 19,0

Dienstleistungen 6,1 17,8

Bund: 19,4
Bund: 7,2

Erziehung und Unterricht 6,1 15,5

Banken/Versicherungen 4,7 15,2

10 5 0 5 10 15 20 25
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.42 Krankheiten des Kreislaufsystems nach Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

2Herz- und Kreislauf-Erkrankungen . Abb. 19.43 stellt die hohen und nied-
Der Anteil der Herz- und Kreislauf-Erkran- rigen Fehlzeiten aufgrund von Erkrankungen
kungen an den Arbeitsunfähigkeitstagen lag des Herz-Kreislauf-Systems nach Berufen im
im Jahr 2021 in den einzelnen Branchen zwi- Jahr 2021 dar. Die Berufsgruppe mit den
schen 4 und 6 % (. Abb. 19.32). Die meisten meisten Arbeitsunfähigkeitsfällen sind Bus-
Erkrankungsfälle waren im Bereich Energie, und Straßenbahnfahrer/innen (12,2 Fälle je
Wasser, Entsorgung und Bergbau sowie im 100 AOK-Mitglieder). Die wenigsten AU-Fäl-
Verarbeitenden Gewerbe zu verzeichnen (9,4 le sind in der Berufsgruppe der Hochschulleh-
bzw. 8,5 Fälle je 100 AOK-Mitglieder). Die re und -forschung zu verzeichnen (1,5 Fälle
niedrigsten Werte waren bei den Beschäftigten je 100 AOK-Mitglieder). Mit 28,0 Tagen je
im Bereich Banken und Versicherungen zu fin- Fall fallen Berufskraftfahrer/innen überdurch-
den (4,7 Fälle je 100 AOK-Mitglieder). Herz- schnittlich lange aufgrund von Herz-Kreislauf-
und Kreislauf-Erkrankungen bringen oft lange Erkrankungen aus.
Ausfallzeiten mit sich. Die Dauer eines Er-
krankungsfalls bewegte sich in den einzelnen 2Psychische und Verhaltensstörungen
Wirtschaftsbereichen zwischen 15,2 Tagen bei Der Anteil der psychischen und Verhaltens-
den Banken und Versicherungen und 24,4 Ta- störungen an den krankheitsbedingten Fehl-
19 gen in der Branche Land- und Forstwirtschaft zeiten schwankte in den einzelnen Branchen
erheblich. Die meisten Erkrankungsfälle sind
(. Abb. 19.42).
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
339 19

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Bus- u. Straßenbahnfahrer/innen 12,2 25,6

Straßen- u. Tunnelwärter/innen 12,1 23,6


Kranführer/innen, Aufzugsmaschinisten,
11,8 22,2
Bedienung verwandter Hebeeinrichtungen
Platz- u. Gerätewarte/-wartinnen 11,8 21,5

Berufe in der Metallumformung 11,8 21,5


Führer/innen von Erdbewegungs- u.
11,7 24,9
verwandten Maschinen
Berufe in der Ver- u. Entsorgung (ohne Spez.) 11,3 22,1

Berufe in der Schweiß- u. Verbindungstechnik 11,1 21,3

Berufe in der schleifenden Metallbearbeitung 10,7 22,5

Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 10,6 28,0

Berufe in der IT-Anwendungsberatung 3,2 13,4

Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 3,2 10,8


Redakteure/Redakteurinnen u.
3,0 17,8
Journalisten/Journalistinnen
Berufe im Controlling 2,9 14,0

Berufe in der Kosmetik 2,9 11,6


Berufe in der technischen Forschung u.
2,8 15,1
Entwicklung (ohne Spez.)
Berufe in Werbung u. Marketing 2,4 12,5

Berufe in der Softwareentwicklung 2,4 12,3


Bund: 19,4
Bund: 7,2

Berufe in der Unternehmensberatung 1,9 11,0

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 1,5 11,5

15 10 5 0 5 10 15 20 25 30
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.43 Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems nach Berufen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
340 M. Meyer et al.

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Gesundheits- und Sozialwesen 16,8 32,0


Öffentl. Verwaltung/ 33,1
15,4
Sozialversicherung
Erziehung und Unterricht 14,6 30,0

Handel 11,2 30,2

Verarbeitendes Gewerbe 10,9 29,6

Verkehr/Transport 10,6 29,1


Energie/Wasser/
10,5 30,1
Entsorgung/Bergbau
Metallindustrie 10,5 29,1

Banken/Versicherungen 10,3 30,1

Dienstleistungen 9,8 27,3

Bund: 29,8
Bund: 11,4

Baugewerbe 6,5 27,4

Land- und Forstwirtschaft 5,8 29,9

20 15 10 5 0 5 10 15 20 25 30 35
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.44 Psychische und Verhaltensstörungen nach Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

im tertiären Sektor zu verzeichnen. Wäh- Gerade im Dienstleistungsbereich tätige


rend im Baugewerbe und in der Land- und Personen wie Beschäftigte im Dialogmarke-
Forstwirtschaft nur 6 bzw. 7 % der Arbeits- ting (26,0 AU-Fälle je 100 Mitglieder) und
unfähigkeitsfälle auf psychische und Verhal- in der Haus-, Familien- und Altenpflege (21,3
tensstörungen zurückgingen, war bei Banken bzw. 20,6 AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder)
und Versicherungen und im Bereich Erzie- sind verstärkt von psychischen Erkrankungen
hung und Unterricht mit 17 % der Anteil an betroffen. Psychische Erkrankungen sind da-
den AU-Fällen am höchsten (. Abb. 19.32). bei in der Regel mit langen Ausfallzeiten ver-
Die durchschnittliche Dauer der Arbeitsun- bunden: Im Schnitt fehlten Arbeitnehmende
fähigkeitsfälle bewegte sich in den einzel- 29,8 Tage (. Abb. 19.45).
nen Branchen zwischen 27,3 und 33,1 Tagen
(. Abb. 19.44).

19
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
341 19

Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

Berufe im Dialogmarketing 26,0 26,9

Berufe in der Haus- u. Familienpflege 21,3 32,6

Berufe in der Altenpflege (ohne Spez.) 20,6 32,5


Berufe in Heilerziehungspflege
19,6 32,0
u. Sonderpädagogik
Berufe in der Kinderbetreuung u. -erziehung 18,7 31,3

Berufe in der Ergotherapie 18,5 31,1

Berufe in der Fachkrankenpflege 17,8 33,0


Berufe in der Gesundheits- u. Krankenpflege
17,8 31,8
(ohne Spez.)
Berufe in der Sozialverwaltung u. -versicherung 17,6 37,2

Berufe in der Erziehungswissenschaft 16,6 31,2

Berufe in der Konstruktion u. im Gerätebau 5,7 31,2

Berufe in der Unternehmensberatung 5,6 31,9

Berufe in der Land- u. Baumaschinentechnik 5,6 24,9

Berufe in der Zimmerei 5,3 29,5

Berufe im Hochbau (ohne Spez.) 5,3 25,6

Berufe im Aus- u. Trockenbau (ohne Spez.) 5,3 22,3


Berufe in der technischen Forschung u.
4,8 29,5
Entwicklung (ohne Spez.)
Geschäftsführer/innen u. Vorstände 4,6 37,4 Bund: 29,8
Bund: 11,4

Berufe in der Landwirtschaft (ohne Spez.) 4,4 27,7

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 3,8 30,6

30 20 10 0 10 20 30 40
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.45 Psychische und Verhaltensstörungen nach Berufen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

19.16 Langzeitfälle nach derjenigen Erkrankungen, die zu langen Aus-


Krankheitsarten fallzeiten führen, eine spezielle Bedeutung zu
(. Abb. 19.46).
Ebenso wie im Arbeitsunfähigkeitsgesche-
Langzeit-Arbeitsunfähigkeit mit einer Dauer hen insgesamt spielen auch bei den Lang-
von mehr als sechs Wochen stellt sowohl zeitfällen die Muskel- und Skelett-Erkrankun-
für die Betroffenen als auch für die Unter- gen und die psychischen und Verhaltensstö-
nehmen und Krankenkassen eine besondere rungen eine entscheidende Rolle. Auf die-
Belastung dar. Daher kommt der Prävention se beiden Krankheitsarten gingen 2021 be-
342 M. Meyer et al.

Tage 24 17 12 9 7 6 25

Fälle 24 15 14 10 6 6 25

0 20 40 60 80 100
Anteil an der Langzeit-Arbeitsunfähigkeit in %
Muskel/Skelett Psyche Verletzungen Faktoren mit Inanspruchnahme
Herz/Kreislauf nicht klassifizierte Symptome Sonstige
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.46 Langzeit-Arbeitsunfähigkeit (> 6 Wochen) der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten im Jahr 2021

Baugewerbe 29 8 18 9 8 5 23
Verarbeitendes Gewerbe 27 14 12 10 7 5 25 Muskel/Skelett
Handel 25 18 11 10 6 6 24
Psyche
Metallindustrie 25 14 12 10 7 5 27
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 25 13 13 9 8 6 26 Verletzungen

Land- und Forstwirtschaft 25 9 17 9 8 6 26 Faktoren mit


Inanspruchnahme
Verkehr/Transport 24 14 13 8 9 6 26
Herz/Kreislauf
Gesundheits- und Sozialwesen 23 23 9 9 5 6 25
nicht klassifizierte
Dienstleistungen 23 18 12 9 7 6 25 Symptome
Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 22 22 9 9 6 6 26 Sonstige
Erziehung und Unterricht 18 27 9 9 5 6 26
Banken/Versicherungen 16 28 9 9 5 6 27
Alle Branchen 24 17 12 9 7 6 25

0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen mit einer Dauer von >6 Wochen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.47 Langzeit-Arbeitsunfähigkeit (> 6 Wochen) der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten und Branchen im
Jahr 2021

reits 39 % der durch Langzeitfälle verursach- ist im Baugewerbe (29 %) am höchsten. Bei
ten Fehlzeiten zurück. An dritter Stelle ste- den Verletzungen werden die höchsten Werte
hen Verletzungen mit einem Anteil von 14 % ebenfalls im Baugewerbe (18 %) sowie in der
an den durch Langzeitfälle bedingten Fehlzei- Land- und Forstwirtschaft erreicht (17 %). Die
ten. psychischen und Verhaltensstörungen verursa-
Auch in den einzelnen Wirtschaftsabteilun- chen – bezogen auf die Langzeiterkrankungen
19 gen geht die Mehrzahl der durch Langzeitfälle
bedingten Arbeitsunfähigkeitstage auf die o. g.
– die meisten Ausfalltage bei Banken und Ver-
sicherungen (28 %). Der Anteil der Herz- und
Krankheitsarten zurück (. Abb. 19.47). Der Kreislauf-Erkrankungen ist im Bereich Ver-
Anteil der muskuloskelettalen Erkrankungen kehr und Transport (9 %) am ausgeprägtesten.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
343 19
19.17 Krankheitsarten nach
Diagnoseuntergruppen

In 7 Abschn. 19.15 wurde die Bedeutung der


branchenspezifischen Tätigkeitsschwerpunkte
und -belastungen für die Krankheitsarten auf-
gezeigt. Doch auch innerhalb der Krankheits-
arten zeigen sich Differenzen aufgrund der un-
terschiedlichen arbeitsbedingten Belastungen.
In . Abb. 19.48, 19.49, 19.50, 19.51, 19.52
und 19.53 wird die Verteilung der wichtigs-
ten Krankheitsarten nach Diagnoseuntergrup-
pen (nach ICD-10) und Branchen dargestellt.

Verkehr/Transport 48 24 22 6 Wirbelsäule/Rücken
Dienstleistungen 45 25 23 7 Arthropathien
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 43 27 23 7 Weichteilgewebe
Gesundheits- und Sozialwesen 43 27 23 7 Sonstige
Metallindustrie 43 26 25 6
Handel 43 26 24 7
Banken/Versicherungen 43 25 24 8
Verarbeitendes Gewerbe 42 27 25 6
Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 42 27 24 7
Baugewerbe 41 29 23 7
Erziehung und Unterricht 41 28 23 8
Land- und Forstwirtschaft 40 31 23 6
Alle Branchen 43 26 24 7

0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.48 Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems und Bindegewebserkrankungen nach Diagnoseuntergrup-
pen und Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
344 M. Meyer et al.

Gesundheits- und Sozialwesen 19 9 13 10 8 41 Knie/Unterschenkel


Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 19 9 12 11 9 40 Hand/Handgelenk
Banken/Versicherungen 19 9 11 10 8 43 Knöchel/Fuß
Erziehung und Unterricht 19 8 14 10 8 41 Rumpf/Extremitäten
Land- und Forstwirtschaft 18 14 11 11 10 36 Schulter/Oberarm
Handel 18 13 13 11 8 37 Sonstige
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 18 12 12 11 10 37
Dienstleistungen 18 12 12 11 8 39
Baugewerbe 17 16 12 11 9 35
Verkehr/Transport 17 11 15 10 9 38
Metallindustrie 16 16 11 12 9 36
Verarbeitendes Gewerbe 16 15 11 12 9 37
Alle Branchen 18 13 12 11 9 37
0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.49 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen nach Diagnoseuntergruppen
und Branchen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Banken/Versicherungen 74 6 3 5 12 Akute Infektion


obere Atemwege
Erziehung und Unterricht 73 8 3 5 11
Chron. Krankheiten
Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 69 10 4 5 12 untere Atemwege
Gesundheits- und Sozialwesen 68 10 5 6 11
Grippe/Pneumonie
Handel 68 9 5 5 13
Sonst. akute Infektion
Dienstleistungen 66 10 5 6 13 untere Atemwege
Metallindustrie 66 9 6 5 14
Sonstige
Verarbeitendes Gewerbe 65 10 6 6 13
Baugewerbe 63 11 6 6 14
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 62 11 6 6 15
Verkehr/Transport 60 12 7 6 15
Land- und Forstwirtschaft 59 13 7 6 15
Alle Branchen 66 10 5 5 14
0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.50 Krankheiten des Atmungssystems nach Diagnoseuntergruppen und Branchen im Jahr 2021, AOK-Mit-
19 glieder
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
345 19

Erziehung und Unterricht 22 18 17 7 17 19 Ösophagus/Magen/


Duodenum
Gesundheits- und Sozialwesen 22 18 16 8 14 22
Sonstige Krankheiten
Dienstleistungen 22 18 14 11 13 22 des Darmes
Banken/Versicherungen 21 18 20 6 16 19 Mundhöhle/
Speicheldrüsen/Kiefer
Verkehr/Transport 20 21 12 15 12 20
Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 20 19 17 10 14 20 Hernien

Handel 20 18 15 12 15 20 Nichtinfektiöse
Enteritis/Kolitis
Verarbeitendes Gewerbe 19 19 14 15 13 20
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 18 20 15 15 12 20 Sonstige

Metallindustrie 18 19 15 16 13 19
Land- und Forstwirtschaft 18 16 15 19 9 23
Baugewerbe 17 19 15 18 12 19
Alle Branchen 20 19 15 13 13 20
0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.51 Krankheiten des Verdauungssystems nach Diagnoseuntergruppen und Branchen im Jahr 2021, AOK-
Mitglieder

Gesundheits- und Sozialwesen 32 12 16 11 29 Hypertonie


Erziehung und Unterricht 31 12 17 12 28 Ischämische
Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 30 15 17 12 26 Herzkrankheiten
Sonstige
Banken/Versicherungen 30 13 16 13 28 Herzkrankheiten
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 28 22 18 11 21 Zerebrovaskuläre
Land- und Forstwirtschaft 28 17 18 11 26 Krankheiten

Dienstleistungen 28 17 16 13 26 Sonstige
Verkehr/Transport 27 21 16 14 22
Metallindustrie 27 20 17 12 24
Verarbeitendes Gewerbe 27 19 17 12 25
Handel 27 17 17 12 27
Baugewerbe 25 22 18 12 23
Alle Branchen 28 18 17 12 25

0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.52 Krankheiten des Kreislaufsystems nach Diagnoseuntergruppen und Branchen im Jahr 2021, AOK-Mit-
glieder
346 M. Meyer et al.

Banken/Versicherungen 51 41 21 5 Neurot./
Belastungs-/
Erziehung und Unterricht 51 40 22 5 somatoforme
Gesundheits- und Sozialwesen 50 41 32 4 Störungen

Öffentl. Verwaltung/Sozialversicherung 50 41 32 4 Affektive


Störungen
Handel 50 40 4 24
Psych./Verhal-
Verkehr/Transport 50 38 525 tensstörungen
Verarbeitendes Gewerbe 48 40 525 durch psychotr.
Substanzen
Energie/Wasser/Entsorgung/Bergbau 48 39 616
Persönlichkeits-
Dienstleistungen 48 39 52 6 und Verhaltens-
störungen
Metallindustrie 46 41 6 25
Land- und Forstwirtschaft 46 38 8 26 Sonstige

Baugewerbe 45 37 10 2 6
Alle Branchen 49 40 425

0 20 40 60 80 100
Anteil an den AU-Tagen in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.53 Psychische und Verhaltensstörungen nach Diagnoseuntergruppen und Branchen im Jahr 2021, AOK-
Mitglieder

19.18 Burnout-bedingte formation anzugeben. Seit dem 1. Januar 2022


Fehlzeiten können die Mitgliedsstaaten der WHO ihre
Mortalitätsdaten anhand der neuen ICD-11-
Klassifikation an die WHO berichten. In dieser
Im Zusammenhang mit psychischen Erkran- neuen Klassifikation wird Burnout eindeuti-
kungen ist in der öffentlichen Wahrnehmung ger definiert als Syndrom aufgrund von „Stress
und Diskussion in den letzten Jahren zuneh- am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verar-
mend die Diagnose Burnout in den Vorder- beitet werden kann“. Gekennzeichnet ist Burn-
grund getreten und auch weiterhin von Bedeu- out hier durch drei Dimensionen: ein Gefühl
tung. von Erschöpfung, eine zunehmende geistige
Unter Burnout wird ein Zustand physischer Distanz oder negative Haltung zum eigenen
und psychischer Erschöpfung verstanden, der Job und ein verringertes Leistungsvermögen
in der ICD-10-Klassifikation unter der Dia- im Beruf. Die ICD-11-Klassifikation gibt es
gnosegruppe Z73 „Probleme mit Bezug auf auf Deutsch bisher nur als Entwurfsfassung.
Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ Der konkrete Zeitpunkt der Einführung der
in der Hauptdiagnosegruppe Z00–Z99 „Fakto- ICD-11 in Deutschland zur Mortalitätskodie-
ren, die den Gesundheitszustand beeinflussen rung steht jedoch noch nicht fest.
und zur Inanspruchnahme des Gesundheits- Zwischen 2012 und 2021 haben sich die
wesens führen“ eingeordnet ist. Burnout ist Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund der Diagno-
19 daher von den Ärzten nicht als eigenständige
Arbeitsunfähigkeit auslösende psychische Er-
segruppe Z73 je 1.000 AOK-Mitglieder von
92,2 auf 141,8 Tage um mehr als 50 % erhöht
krankung in der ICD-Gruppe der psychischen (. Abb. 19.54). Im Jahr 2021 stiegen die Ar-
und Verhaltensstörungen zu kodieren. Es ist beitsunfähigkeitstage je 1.000 AOK-Mitglie-
jedoch möglich, diese Diagnose als Zusatzin- der im Vergleich zum Vorjahr um durchschnitt-
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
347 19

AU-Tage je 1.000 AOK-Mitglieder AU-Fälle je 1.000 AOK-Mitglieder


7,0
170
160 6,5
6,0
150 5,9 6,0
5,7
5,5 5,5
140 5,3 141,8 5,5
5,1 5,1
130 131,7
129,8 5,0
120 4,5 4,4 120,5
110 116,7 4,5
109,9
100 101,6 4,0
100,0
90 92,2 3,5
80 87,6
3,0
70
60 2,5
50 2,0
40 1,5
30
1,0
20
10 0,5
0 0,0
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
AU-Tage je 1.000 AOK-Mitglieder AU-Fälle je 1.000 AOK-Mitglieder
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.54 AU-Tage und -Fälle der Diagnosegruppe Z73 in den Jahren 2012–2021 je 1.000 AOK-Mitglieder

lich 10,1 Tage an. Nach einem leichten Rück- sich, dass mit zunehmendem Alter das Risi-
gang der Fallzahlen im Jahr 2020 lagen die ko einer Krankmeldung infolge eines Burnouts
Fallzahlen im Jahr 2021 mit 6,0 AU-Fälle je zunimmt (. Abb. 19.55).
1.000 AOK-Mitglieder dann auf dem höchsten Bei den Auswertungen nach Tätigkeiten
Stand im Zahn-Jahres-Verlauf. Alters- und ge- zeigt sich in der Mehrheit, dass vor allem
schlechtsbereinigt hochgerechnet auf die mehr Angehörige kundenorientierter und erzieheri-
als 36 Mio. gesetzlich krankenversicherten Be- scher Berufe, bei denen ständig eine helfen-
schäftigten bedeutet dies, dass ca. 194.000 de oder beratende Haltung gegenüber anderen
Menschen mit insgesamt 4,8 Mio. Fehltagen Menschen gefordert ist, von einem Burnout
im Jahr 2021 wegen eines Burnouts krankge- betroffen sind. . Abb. 19.56 zeigt diejenigen
schrieben wurden. Berufe, bei denen am häufigsten die Diagnose
Zwischen den Geschlechtern zeigen sich Z73 gestellt wurde. Berufe in der Sozialver-
deutliche Unterschiede: Frauen sind aufgrund waltung und -versicherung führen mit 318,1
eines Burnouts mehr als doppelt so lange Arbeitsunfähigkeitstagen je 1.000 AOK-Mit-
krankgeschrieben. Im Jahr 2021 entfielen auf glieder die Liste an. An zweiter Stelle stehen
Frauen 187 Ausfalltage je 1.000 AOK-Mit- Berufe in der Heilerziehungspflege und Son-
glieder, auf Männer hingegen nur 105 Tage. derpädagogik mit 317,7 AU-Tagen. An dritter
Sowohl Frauen als auch Männer sind am häu- Stelle folgen die Berufe in der Sozialarbeit
figsten zwischen dem 60. und 64. Lebensjahr und Sozialpädagogik mit 314,4 Arbeitsunfä-
von einem Burnout betroffen. Weiterhin zeigt higkeitstagen je 1.000 AOK-Mitglieder.
348 M. Meyer et al.

AU-Tage je 1.000 AOK-Mitglieder


350

301,5
300

250 232,0
210,8
189,9 196,2
200 187,2
172,7
153,2
150 133,6 137,1
123,7
109,6 113,2
99,2 105,0
93,5
100 76,2 79,8
53,5
50 31,0

0
15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64
Frauen Männer
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.55 Tage der Arbeitsunfähigkeit der Diagnosegruppe Z73 je 1.000 AOK-Mitglieder nach Alter und Ge-
schlecht im Jahr 2021

AU-Tage je 1.000 AOK-Mitglieder Tage je Fall


Berufe in der Sozialverwaltung
318,1 33,1
u. -versicherung
Berufe in Heilerziehungspflege
317,7 28,0
u. Sonderpädagogik
Berufe in der Sozialarbeit
314,4 31,3
u. Sozialpädagogik

Berufe in der Altenpflege (ohne Spez.) 305,7 25,7

Berufe in der Haus- u. Familienpflege 302,4 27,0

Berufe im Dialogmarketing 302,0 19,2

Berufe in der Ergotherapie 292,6 25,8

Berufe in der Personaldienstleistung 270,2 33,8

Berufe in der Kinderbetreuung


267,1 25,1
u. -erziehung

Berufe in der Fachkrankenpflege 252,2 23,2


19
350 300 250 200 150 100 50 0 50
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.56 AU-Tage und -Tage je Fall der Diagnosegruppe Z73 nach Berufen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
349 19

19.19 Arbeitsunfähigkeiten nach dass Freiburg als Wissenschaftsstandort eine


Städten 2021 günstigere Tätigkeitsstruktur aufweist, insbe-
sondere was die körperlichen Belastungen be-
trifft. Von den 50 einwohnerstärksten Städten
Analysiert man die 50 einwohnerstärksten in Deutschland arbeiten hier die meisten Hoch-
Städte in Deutschland nach Dauer der Ar- schullehrenden und Dozierende – dies ist die
beitsunfähigkeitstage, ergeben sich deutliche Berufsgruppe mit den geringsten Arbeitsunfä-
Unterschiede. Danach sind die Beschäftig- higkeitstagen überhaupt (. Abb. 19.18). Auch
ten aus Hagen durchschnittlich 24,1 Tage im arbeiten in Freiburg vergleichsweise weniger
Jahr krankgeschrieben und liegen damit an Beschäftigte in der Metallindustrie oder im
der Spitze aller deutschen Großstädte. Im Ver- Baugewerbe als beispielsweise in Hagen. Dies
gleich sind damit die Fehltage von erwerbs- sind Branchen, in denen Beschäftigte körper-
tätigen AOK-Mitgliedern, die in Hagen woh- lich stärker beansprucht werden und damit
nen, im Durchschnitt 4,4 Tage höher als im auch eher krankheitsbedingt ausfallen. Ähn-
Bund (19,7 Tage). Die wenigsten Fehltage lich sieht es in München, der Stadt mit den
weisen Beschäftigte in München aus: Diese geringsten Fehlzeiten, aus: Dort arbeiten bei-
sind 2021 durchschnittlich 10,7 Tage weniger spielsweise viermal so viele Beschäftigte in
krankheitsbedingt am Arbeitsplatz ausgefallen der Branche Banken und Versicherungen und
(13,4 Fehltage) als Erwerbstätige aus Hagen deutlich mehr in der Dienstleistungsbranche,
(. Abb. 19.57). während in Hagen vor allem der Metallin-
Die Anzahl der Fehltage ist abhängig von dustrie eine große Bedeutung zukommt. Auch
einer Vielzahl von Faktoren. Nicht nur die ist der Akademikeranteil der Beschäftigten in
Art der Krankheit, sondern auch das Al- München besonders hoch: Von den einwoh-
ter, das Geschlecht, die Branchenzugehörig- nerstärksten deutschen Städten hat München
keit und vor allem die ausgeübte Tätigkeit mit 33,5 % den höchsten Akademikeranteil un-
der Beschäftigten haben einen Einfluss auf die ter den Beschäftigten, gefolgt von Stuttgart
Krankheitshäufigkeit und -dauer. So weisen (30,5 %). In Gelsenkirchen liegt der Anteil bei
beispielsweise Berufe mit hohen körperlichen nur 10,5 % (vgl. HWWI/Berenberg-Städteran-
Arbeitsbelastungen wie in der Ver- und Ent- king 2019).
sorgung, in der industriellen Gießerei, aber Unterschiede zwischen den Städten zeigen
auch Bus- und Straßenbahnfahrer/innen oder sich auch bei den Gründen einer Arbeitsun-
Altenpflegekräfte deutlich höhere Ausfallzei- fähigkeit. In Hagen, dem Spitzenreiter nach
ten auf. Setzt sich die Belegschaft aus mehr Fehlzeiten, entfallen 10,7 % der Arbeitsunfä-
Akademikerinnen und Akademikern zusam- higkeitstage auf psychische Erkrankungen. Ein
men, die dann auch noch insbesondere in den häufiger Grund für Fehltage sind dort vor al-
Branchen Banken und Versicherungen, Han- lem Muskel- und Skelett-Erkrankungen; auf
del oder Dienstleistungen tätig sind, werden diese Erkrankungsart entfallen in Hagen rund
im Schnitt deutlich geringere Ausfallzeiten er- ein Viertel aller Fehltage (25,5 %) und da-
reicht. In diesem Zusammenhang ist zu se- mit mehr als doppelt so viele wie auf psy-
hen, dass klassische Industriestädte mit ge- chische Erkrankungen. Insbesondere die Städ-
ringerem Akademikeranteil wie bspw. Hagen te im Ruhrgebiet weisen einen überdurch-
deutlich mehr Fehlzeiten aufweisen als Städ- schnittlichen Anteil an Fehltagen aufgrund von
te mit einem höheren Akademikeranteil. So Muskel- und Skelett-Erkrankungen auf, was
liegen beispielsweise Bewohnerinnen und Be- als ein Hinweis betrachtet werden kann, dass
wohner der Stadt Freiburg mit durchschnittlich hier mehr Berufe mit schwerer körperlicher
14,2 Fehltagen im Jahr 2021 9,9 Tage unter Arbeit ausgeübt werden. Obwohl die Städ-
der durchschnittlichen Zahl der Fehltage der te München, Freiburg und Hamburg (neben
in Hagen Beschäftigten. Dies liegt u. a. daran, Mainz) die geringsten Fehlzeiten im Ran-
350 M. Meyer et al.

0 5 10 15 20 25 30
Hagen 24,1
Mönchengladbach 22,4
Hamm 22,3
Bochum 21,7
Wuppertal 21,5
Solingen 21,3
Oberhausen 21,3
Gelsenkirchen 21,3
Krefeld 21,2
Lübeck 20,8
Duisburg 20,8
Mannheim 20,7
Dortmund 20,4
Erfurt 20,2
Chemnitz 19,9
Aachen 19,8
Bielefeld 19,8
Essen 19,6
Kiel 19,5
Mülheim 19,5
Halle 19,4
Leverkusen 19,2
Braunschweig 18,6
Leipzig 18,5
Magdeburg 18,5
Saarbrücken 18,5
Wiesbaden 18,4
Oldenburg 18,3
Hannover 18,2
Osnabrück 18,1
Dresden 17,9
Potsdam 17,8
Rostock 17,5
Münster 17,5
Kassel 17,5
Frankfurt 17,3
Berlin 17,1
Nürnberg 17,1
Bremen 17,0
Düsseldorf 16,9
Karlsruhe 16,8
Stuttgart 16,7
Augsburg 16,5
Ludwigshafen 16,3
Köln 16,2
Bonn 15,2
Hamburg 14,9
Bund: 19,7

Freiburg 14,2
Mainz 14,2
München 13,4
AU-Tage je AOK-Mitglied AU-Tage je AOK-Mitglied Bund
19 Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.57 Arbeitsunfähigkeitstage je AOK-Mitglied im Jahr 2021 in den 50 einwohnerstärksten deutschen Städten
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
351 19

Muskel-Skelett-Erkrankungen Psychische Erkrankungen


Anteil an allen AU-Tagen in % Anteil an allen AU-Tagen in %
14 16 18 20 22 24 26 28 8 10 12 14 16 18
Hagen 25,5 Hagen 10,7

Mönchengladbach 21,6 Mönchengladbach 14,6


Hamm 25,3 Hamm 9,8
Bochum 23,3 Bochum 13,1
Wuppertal 20,3 Wuppertal 14,2
Solingen 19,3 Solingen 14,8
Oberhausen 22,5 Oberhausen 14,4
Gelsenkirchen 24,8 Gelsenkirchen 13,0
Krefeld 21,1 Krefeld 12,8
Lübeck 21,6 Lübeck 15,0
Duisburg 23,6 Duisburg 12,8
Mannheim 21,1 Mannheim 13,6
Dortmund 23,9 Dortmund 11,8
Erfurt 18,7 Erfurt 13,3
Chemnitz 16,5 Chemnitz 13,1

Aachen 20,7 Aachen 15,2


Bielefeld 21,6 Bielefeld 12,7
Essen 22,0 Essen 14,3
Kiel 23,4 Kiel 14,6
Mülheim 21,2 Mülheim 13,5
Halle 19,2 Halle 13,8
Leverkusen 20,0 Leverkusen 13,3
Braunschweig 22,0 Braunschweig 13,4
Leipzig 18,8 Leipzig 14,9
Magdeburg 20,7 Magdeburg 14,3
Saarbrücken 18,3 Saarbrücken 13,6
Wiesbaden 21,9 Wiesbaden 12,6
Oldenburg 19,1 Oldenburg 14,4
Hannover 20,4 Hannover 15,5
Osnabrück 22,9 Osnabrück 11,2
Dresden 16,5 Dresden 14,2
Potsdam 18,9 Potsdam 14,5
Rostock 19,7 Rostock 14,0
Münster 22,3 Münster 11,7
Kassel 21,2 Kassel 11,4
Frankfurt 20,6 Frankfurt 13,1
Berlin 20,3 Berlin 13,6
Nürnberg 21,4 Nürnberg 13,2
Bremen 21,1 Bremen 14,2
Düsseldorf 19,7 Düsseldorf 14,7
Karlsruhe 18,7 Karlsruhe 11,9
Stuttgart 20,8 Stuttgart 12,0
Augsburg 22,0 Augsburg 12,2
Ludwigshafen 22,4 Ludwigshafen 11,5

Köln 19,7 Köln 15,9


Bonn 20,2 Bonn 14,2
Bund: 12,0 %
Bund: 21,5 %

Hamburg 20,7 Hamburg 15,7


Freiburg 20,3 Freiburg 14,8
Mainz 23,1 Mainz 12,7
München 19,7 München 14,6

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.57 (Fortsetzung)


352 M. Meyer et al.

king aufweisen, wird hier jedoch mit 14,6 %, beitstage nicht überschritten werden dürfen.
14,8 % und 15,7 % ein vergleichsweise ho- Für schwerstkranke Kinder, die nach ärztli-
her Anteil bei den psychischen Erkrankungen chem Zeugnis nur noch eine Lebenserwartung
beobachtet. In Köln ist der Anteil der psychi- von Wochen oder wenigen Monaten haben,
schen Erkrankungen mit 15,9 % am höchsten. ist das KKG zeitlich unbegrenzt. Das KKG
wird laut § 45 SGB V nach dem während
der Freistellung ausgefallenen Nettoarbeitsent-
19.20 Inanspruchnahme von gelt berechnet (ähnlich wie die Entgeltfortzah-
Krankengeld bei Erkrankung lung im Krankheitsfall). Das Brutto-Kranken-
des Kindes geld beträgt 90 % des Nettoarbeitsentgelts; es
darf 70 % der Beitragsbemessungsgrenze nach
§ 223 Absatz 3 nicht überschreiten.
Die Erkrankung eines Kindes stellt für viele Auch die im ersten Corona-Pandemie-
berufstätige Eltern und insbesondere für Al- jahr 2020 eingeführten Regelungen zur Inan-
leinerziehende häufig einen belastenden Ver- spruchnahme von Kinderkrankengeld, die auf-
sorgungsengpass dar. Kann die Betreuung grund der hohen Belastung von Beschäftigten
des kranken Kindes nicht durch Angehörige mit Kindern angepasst wurden, finden Eingang
oder Betreuungspersonal sichergestellt wer- in die Arbeitsunfähigkeitsdaten. Im Jahr 2020
den, bleibt oft nur die Inanspruchnahme der wurde der gesetzliche Anspruch je Kind und
gesetzlichen Freistellung von der Arbeit. In Elternteil von 10 auf 15 Tage erhöht, der Ma-
Deutschland bietet der gesetzliche Anspruch ximalanspruch je Elternteil stieg von 25 auf
auf Freistellung den erwerbstätigen Eltern die 35 Tage. Im Jahr 2021 wurde erneut nachjus-
Möglichkeit, ihr erkranktes Kind zu Hause tiert: Der Anspruch auf Kinderkrankengeld pro
zu versorgen, ohne finanzielle Verluste zu er- Elternteil und Kind verlängerte sich auf 30 Ta-
leiden. Die Basis für die Freistellungsmög- ge und damit für Elternpaare pro Kind auf
lichkeit eines Elternteils bei der Erkrankung 60 Tage. Auch für Alleinerziehende verdop-
eines Kindes bildet § 45 des SGB V (Kran- pelte er sich pro Kind von 30 auf nun 60 Tage.
kengeld bei Erkrankung des Kindes). Soweit Bei mehreren Kindern wurden maximal 65 Ta-
das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht voll- ge (Alleinerziehende: maximal 130 Tage) fest-
endet hat, keine andere pflegende Person im gelegt. Eltern konnten im Jahr 2021 zudem
Haushalt bereitsteht und sowohl das Kind als Kinderkrankengeld auch dann nutzen, wenn
auch der Elternteil gesetzlich krankenversi- ihr Kind ohne direkte Erkrankung pandemie-
chert sind, besteht seitens des Versicherten bedingt zu Hause betreut werden musste.
der Anspruch auf Zahlung von Kinderpflege- Im Jahr 2021 nahmen 4,4 % aller AOK-
krankengeld (KKG). Wenn das Kind behindert Mitglieder KKG in Anspruch. Somit haben
oder auf Hilfe angewiesen ist, fällt die Al- von den 14,6 Mio. erwerbstätigen AOK-Mit-
tersgrenze von 12 Jahren weg. Als weitere gliedern 634.459 mindestens einmal KKG in
Voraussetzung muss ein ärztliches Attest zur Anspruch genommen. Der Anteil der KKG-
notwendigen Pflege des Kindes vorliegen. Für Fälle an allen Arbeitsunfähigkeitsfällen betrug
die Auszahlung durch die Krankenkasse muss 8,3 %. Durchschnittlich fehlte jedes erwerbstä-
zudem ein Formular ausgefüllt werden. tige AOK-Mitglied, das KKG in Anspruch ge-
Der gesetzliche Anspruch auf die Befrei- nommen hat, wegen der Betreuung seines er-
ung von zehn Arbeitstagen kann für jedes krankten Kindes pro Fall 3,0 Kalendertage. In-
19 Kind geltend gemacht werden – normalerwei-
se beträgt er maximal bis zu 25 Arbeitstage
sofern werden die gesetzlich zustehenden Frei-
stellungstage von den erwerbstätigen Eltern
je Elternteil und Kalenderjahr. Alleinerziehen- bei Weitem nicht ausgeschöpft (. Tab. 19.9).
de Eltern haben üblicherweise einen Anspruch Ab März 2021 überstieg der Anteil der
von 20 Arbeitstagen pro Kind, wobei 50 Ar- Beschäftigten mit Kinderkrankengeld den der
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
353 19

. Tab. 19.9 Krankenstandskennzahlen der AOK-Mitglieder zum Kinderpflegekrankengeld im Jahr 2021

Geschlecht AOK-Mit- Anteil an Anteil der Anteil der KKG-Fälle: AU-Fälle AU-Tage
glieder allen AOK- KKG-Fälle KKG-Tage Tage je Fall je 100 Mit- je 100 Mit-
mit mind. Mitgliedern an allen an allen glieder glieder
1 KKG-Fall AU-Fällen AU-Tagen
Männer 208.803 2,5 4,5 1,0 2,9 7,1 20,3

Frauen 425.656 6,7 12,4 3,0 3,0 21,4 64,2

Gesamt 634.459 4,4 8,3 2,0 3,0 13,5 39,9

Fehlzeiten-Report 2022

beiden Vorjahre. Im Oktober und November Unter Berücksichtigung des Bildungsstan-


2021 – also während der vierten Corona-Welle des haben im Jahr 2021 am häufigsten AOK-
– war der Anteil mit 1,3 % der AOK-Mit- Mitglieder mit einem Hochschulabschluss (Di-
glieder, die Kinderkrankengeld bezogen, im plom/Magister/Master/Staatsexamen) mindes-
Vergleich zu den beiden Vorjahren am höchs- tens einmal KKG in Anspruch genommen
ten (. Abb. 19.58a). (6,9 % aller AOK-Mitglieder innerhalb die-
Nach wie vor sind es vor allem die Müt- ses Bildungsstandes). Am wenigsten haben
ter, die ihr krankes Kind pflegen: Ihr An- Beschäftigte ohne berufliche Ausbildung das
teil an allen AOK-Mitgliedern lag 2021 bei KKG in Anspruch genommen (1,6 %). Es zeigt
6,7 % und damit mehr als doppelt so hoch sich, dass in der Tendenz mit der Höhe des
wie bei den Männern. Jedoch steigt der An- Ausbildungsabschlusses die Inanspruchnahme
teil der Männer, die Kinderkrankengeld bean- des KKG steigt (. Abb. 19.61).
spruchen, kontinuierlich: Während 2012 nur Wird der Anteil der Mitglieder mit Inan-
0,9 % aller männlichen AOK-Mitglieder Kin- spruchnahme von KKG in Bezug zur gesamten
derkrankengeld nutzten, waren es 2021 bereits AOK-Mitgliedschaft des jeweiligen Landes in
2,5 % (. Abb. 19.58b). Bezug gesetzt, zeigt sich, dass besonders Ver-
Betrachtet man die Inanspruchnahme des sicherte aus Ostdeutschland die Möglichkeit
KKG nach Alter, zeigt sich, dass die meisten zur Betreuung des kranken Kindes in An-
KKG-Fälle in die Altersgruppe der 30- bis 39- spruch nehmen. Die Werte für die KKG-Inan-
Jährigen fallen, wobei Frauen deutlich mehr spruchnahme lagen mit 11,5 % in Sachsen und
KKG in Anspruch nehmen als Männer. In der mit 10,7 % in Thüringen besonders hoch und
Altersgruppe der 35- bis 39-Jährigen weisen deutlich über dem Bundesdurchschnitt (3,9 %)
sowohl Frauen mit 62,0 Fällen je 100 Versi- und den Anteilswerten der Bundesländer in
chertenjahre als auch Männer mit 18,9 Fällen Westdeutschland (. Abb. 19.62). Dies könnte
je 100 Versichertenjahre die meisten KKG- unter anderem damit zusammenhängen, dass
Fälle auf. Die Länge der Fehlzeiten unterschei- Mütter in den neuen Bundesländern früher
det sich kaum zwischen den Geschlechtern in den Beruf zurückkehren als in den alten
(. Abb. 19.59). Bundesländern und auch insgesamt häufiger
Eine Differenzierung der KKG-Fälle nach erwerbstätig sind als Mütter in Westdeutsch-
Falldauerklassen zeigt, dass die Mehrheit der land, bei denen der Berufseinstieg in mehreren
Fälle nur ein (35,4 %) oder zwei (22,1 %) Tage längeren Phasen erfolgt. Damit steigt auch die
andauerten. Lediglich 7,2 % aller KKG-Fäl- Wahrscheinlichkeit für Mütter in Ostdeutsch-
le erstreckten sich über mehr als fünf Tage land, Kinderpflegekrankengeld in Anspruch
(. Abb. 19.60). nehmen zu müssen. So lag die Vollzeitquote
354 M. Meyer et al.

1,4
Arbeitsunfähigkeitsquote 2021 Arbeitsunfähigkeitsquote 2020 1,3 1,3
Arbeitsunfähigkeitsquote 2019
1,2
1,0 1,1
1,0 1,0
0,9 1,0 0,9 0,9
0,9 0,8 0,8
0,8 0,8
0,8 0,8 0,8
0,8 0,6 0,6 0,6
0,6 0,6
0,6 0,5 0,5
0,6 0,4 0,6
0,5 0,5 0,4
0,4 0,4 0,3
0,4
0,2 0,3

0,1 0,1
0,0
r

ai

r
r

ni

li
ril

st

r
be
ua

be

be
a

be
är

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Ju
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nu

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br

to
em

em

m
Au
Ja

ze
Fe

Ok
pt

v
a

De
No
Se

8
Frauen Männer Gesamt
7 6,7

6,0
6 5,8
5,4
5,2
5,0
5
4,4 4,4
4,0 4,0
4 3,6 3,7
3,5
3,2 3,3
3,0
3 2,6
2,4 2,5
2,3
2,1
1,8 1,9
2 1,6 1,7
1,5
1,3
1,1 1,1
0,9
1

0
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
b Anteil der AOK-Mitglieder in %

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.58 a Anteile der AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kinderpflegekrankengeldfall an allen AOK-
Mitgliedern in den Jahren 2019 bis 2021 nach Monaten. b Anteile der AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kin-
19 derpflegekrankengeldfall an allen AOK-Mitgliedern in den Jahren 2012 bis 2021 nach Geschlecht
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
355 19

65
62,0 5,5
60
5,0
55
51,0
4,5
50

45 4,0

40 39,2 3,5

35 3,0

30
2,5
25
2,0
20 18,9
17,3
15,8 1,5
15
12,2 12,0
1,0
10
7,7

5 0,5
3,0 2,7 2,6 2,0
0,0 0,2 0,4 0,7 0,3
0 0,0
15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59
Altersgruppen in Jahren
AU-Fälle je 100 Mitglieder, Männer AU-Fälle je 100 Mitglieder, Frauen
Tage je Fall, Männer Tage je Fall, Frauen
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.59 Kinderpflegekrankengeldfälle nach Anzahl und Dauer der Arbeitsunfähigkeit, AOK-Mitglieder im Jahr
2021 nach Altersgruppen

von erwerbstätigen Müttern im Westen im Jahr Alters- und Geschlechtsstruktur ohne Kin-
2016 bei insgesamt nur 25,8 %, im Osten ist derkrankengeld-Bezug. So waren sie häufiger
sie dagegen mit 51,6 % doppelt so hoch (Keller wegen einer psychischen Erkrankung arbeits-
und Kahle 2018). Eltern, die Vollzeit arbeiten, unfähig: Diese Mütter und Väter lagen mit
müssen vermutlich eher zu Hause bleiben, um 14,1 Arbeitsunfähigkeitsfällen je 100 AOK-
ihr krankes Kind zu versorgen, als Eltern, die Mitglieder über dem Wert aller erwerbstätigen
Teilzeit arbeiten und so eine nur kurzzeitige al- AOK-Mitglieder (11,4 Arbeitsunfähigkeitsfäl-
ternative Betreuung organisieren müssen. le je 100 AOK-Mitglieder). Mehr AU-Fälle
Auffällig ist, dass die Gruppe der er- ergeben sich auch für die Eltern, die Kin-
werbstätigen Eltern, die im Jahr 2021 Kinder- derkrankengeld beansprucht haben und we-
krankengeld beansprucht haben, öfter wegen gen Atemwegserkrankungen sowie Muskel-
bestimmter Diagnosen krankgeschrieben wa- Skelett-Erkrankungen krankgeschrieben wur-
ren als die AOK-Versicherten mit identischer den. Auch hier wiesen sie mehr Krank-
356 M. Meyer et al.

1 Tag 35,4

2 Tage 22,1

3 Tage 15,0

4 Tage 8,1

5 Tage 12,2

6 Tage 1,1

7 Tage 0,9

8 Tage 0,9

9 Tage 0,7

10 Tage 0,6

mehr als 10 Tage 3,0

0 5 10 15 20 25 30 35 40
Anteil in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.60 Kinderpflegekrankengeldfälle nach Dauer, AOK-Mitglieder im Jahr 2021

Diplom/Magister/Master/Staatsexamen 7,5

Promotion 6,7

Meister-/Techniker oder gleichwertig 6,2

Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung 6,0

Bachelor 5,9

Abschluss unbekannt 2,4

ohne beruflichen Ausbildungsabschluss 1,9

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0


Anteil der Mitglieder in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.61 Anteile der AOK-Mitglieder mit mind. einem Kinderpflegekrankengeldfall an allen AOK-Mitgliedern
in der jeweiligen Personengruppe nach Bildungsstand im Jahr 2021

19
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
357 19

Sachsen 12,7
Thüringen 11,8
Sachsen-Anhalt 8,7
Mecklenburg-Vorpommern 8,1
Brandenburg 6,8
Niedersachsen 3,8
Berlin 3,3
Bremen 3,2
Bayern 3,2
Schleswig-Holstein 3,2
Baden-Württemberg 2,9
Hamburg 2,9
Rheinland-Pfalz 2,8
Hessen 2,8
Bund: 4,4

Saarland 2,7
Nordrhein-Westfalen 2,7

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Anteil der Mitglieder mit mind. einem KKG-Fall in %
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.62 Anteil der Mitglieder mit mind. einem Kinderpflegekrankengeldfall an allen AOK-Mitgliedern nach
Bundesländern im Jahr 2021

schreibungen auf als die Vergleichsgruppe oh- ohne Bezug von Kinderkrankengeld: Sie fie-
ne Kinderkrankengeldbezug. Bei Atemwegs- len pro Fall 6,7 Tage weniger aus (20,3 Tage
erkrankungen wurden 67,9 Fälle registriert, in je Fall) als die Vergleichsgruppe aller AOK-
der Vergleichsgruppe hingegen nur 37,5 Ar- Mitglieder mit identischer Alters- und Ge-
beitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder. schlechtsstruktur (27,0 Tage je Fall).
Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen ist der Un- Im Vergleich zu 2019 ist ein Rückgang
terschied weniger deutlich und beläuft sich der psychisch bedingten Ausfälle bei allen Er-
auf 31,9 Fälle im Vergleich zu 27,3 Fällen werbstätigen um 3,0 % zu verzeichnen (2019:
(. Abb. 19.63). 11,7 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-
Eltern mit Kinderkrankengeld fielen we- Mitglieder). Bei den Kinderkrankengeld be-
gen einer psychischen Erkrankung im Durch- ziehenden Eltern sank die Anzahl der AU-
schnitt zwar häufiger aus, waren jedoch weni- Fälle je 100 Mitglieder allerdings nur leicht um
ger Tage arbeitsunfähig als Erwerbstätige mit ca. 1,0 % (2019: 14,3 Arbeitsunfähigkeitsfälle
psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit und je 100 AOK-Mitglieder).
358 M. Meyer et al.

AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

2021 alle AOK-Mitglieder* 37,5 7,1


2021 mit KKG 67,9 6,9
Atemwege
2019 alle AOK-Mitglieder* 49,3 6,0
2019 mit KKG 78,0 5,9

2021 alle AOK-Mitglieder* 27,3 14,2


2021 mit KKG 31,9 Muskel- 11,7
2019 alle AOK-Mitglieder* 27,6 Skelett 14,0
2019 mit KKG 32,5 11,3

2021 alle AOK-Mitglieder* 11,4 27,0


2021 mit KKG 14,1 20,3
Psyche
2019 alle AOK-Mitglieder* 11,7 25,0
2019 mit KKG 14,3 18,7

80 60 40 20 0 0 20 40
* Damit ein fairer Vergleich der beiden Gruppen ermöglicht wird, wurde eine Vergleichsgruppe „Alle AOK-Mitglieder“ entsprechend der Alters-
und Geschlechtsstruktur der AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kinderkrankengeldfall im Jahr 2021 ermittelt.

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.63 AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kinderkrankengeldfall im Vergleich zu allen AOK-Mitgliedern
(standardisiert*) in den Jahren 2019 und 2021 für Krankheiten der Psyche, des Muskel- und Skelett-Systems und der
Atemwege

19.21 Fehlzeiten im Jahr 2021 Kitas, Kultureinrichtungen, Freizeiteinrichtun-


im Zusammenhang gen wie auch Gastronomiebetriebe und Hotels
mit Covid-19 geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden
Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Ab-
standsregeln und auf regionaler Ebene teil-
Am 11. März 2020 wurde von der Weltge- weise auch Ausgangssperren oder Zugangs-
sundheitsorganisation (WHO) die Covid-19- beschränkungen in publikumsstarken öffent-
Pandemie ausgerufen, die auch das Jahr 2021 lichen Einrichtungen in Abhängigkeit vom
stark beeinflusste. Bis zum 3. April 2022 wur- Impfstatus eingeführt. Auch das Gesundheits-
den nach Angaben der WHO weltweit etwas wesen wurde in vielerlei Hinsicht massiv
mehr als 489 Mio. Fälle und über 6 Mio. To- durch die Pandemie beeinflusst: Kranken-
desfälle gemeldet (WHO 2022). häuser wurden aufgefordert, elektive Eingrif-
Deutschlandweit wurden bis Ende Dezem- fe zu verschieben und Kapazitäten für die
ber 2021 vom Robert Koch-Institut 7,1 Mio. Behandlung von Covid-19-Patientinnen und
Covid-19-Fälle und 111.602 Todesfälle im -Patienten freizuhalten. Zudem wurden Ge-
19 Zusammenhang mit Covid registriert (Stand
30.12.2021; RKI 2021). Als Reaktion wur-
sundheitsleistungen deutlich seltener in An-
spruch genommen. Für das Jahr 2021 ist bei
de zur Eindämmung der Pandemie das öf- den somatischen Fällen ein Rückgang von
fentliche Leben in mehreren Lockdowns stark 14 % gegenüber 2019 festzustellen, nachdem
eingeschränkt, indem unter anderem Schulen, er 2020 bei 13 % gelegen hatte. Dies ist inso-
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
359 19
fern als bedenklich einzustufen, als auch Not- gnosen (ICD-GM U07.1, U07.2) gemeinsam
fallbehandlungen – beispielsweise aufgrund ausgewertet, da diese Fehlzeiten für die betrof-
von Schlaganfällen oder Herzinfarkten – in fenen Unternehmen im Zusammenhang mit
den Pandemiewellen zurückgingen. Zu vermu- Covid-19 stehen. Bei einer Quarantäne kann
ten ist u. a., dass Patientinnen und Patienten der Arzt eine AU-Bescheinigung nur dann aus-
aus Angst vor Ansteckung oder überlaste- stellen, wenn Symptome einer Covid-19-Er-
ten Krankenhäusern trotz Beschwerden kein krankung vorliegen. Liegen keine Symptome
Krankenhaus aufsuchten (Klauber et al. 2022). vor, wird keine Krankschreibung vorgenom-
Die Arbeitswelt wurde durch die beschrie- men. Das gilt auch bei einem positiven Covid-
benen Maßnahmen mit massiven Herausfor- 19-Testergebnis.
derungen konfrontiert. Ganze Branchen benö- Im Pandemie-Zeitraum von März 2020 bis
tigten staatliche Unterstützung etwa in Form Dezember 2021 waren von den durchschnitt-
von Kurzarbeitergeld, so genannten Überbrü- lich 13,5 Mio. bei der AOK versicherten
ckungshilfen und Rettungsschirmen. Unter- Erwerbstätigen knapp 781.000 Beschäftigte
nehmen, die ihren Betrieb aufrechterhalten mindestens einmal aufgrund einer Covid-
durften, waren aufgefordert, mithilfe von Hy- 19-Diagnose krankgeschrieben. Damit sind
gienekonzepten, veränderten Arbeitsabläufen in den ersten 22 Monaten seit Beginn der
und kurzfristigen Homeoffice-Lösungen die Pandemie 5,8 % der AOK-Mitglieder im
Beschäftigten bestmöglich zu schützen. Zusammenhang mit Covid-19 krankheitsbe-
Im folgenden Abschnitt wird auf die Grup- dingt an ihrem Arbeitsplatz ausgefallen. Im
pe der erwerbstätigen AOK-Mitglieder fokus- Jahr 2021 waren es knapp 550.000 AOK-
siert und aufgezeigt, wie sich die Betroffen- Mitglieder, die im Zusammenhang mit ei-
heit der Beschäftigten im Zusammenhang mit ner Covid-19-Diagnose krankgeschrieben
Covid-19-Infektionen im Jahr 2021 gestaltete. wurden, was einer AU-Quote von 3,8 % ent-
Basis der Auswertungen stellen die Arbeitsun- spricht. Bei mehr als zwei Dritteln (67,9 %)
fähigkeitsdaten von 14,6 Mio. AOK-versicher- der betroffenen Beschäftigten wurde im Jahr
ten Beschäftigten dar. 2021 der gesicherte Nachweis der Infekti-
Um das neuartige SARS-CoV-2-Virus in on auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
den Arztpraxen und Krankenhäusern codie- dokumentiert (ICD U07.1). Bei den übrigen
ren und abrechnen zu können, wurde in der Fällen (32,1 %) wurde SARS-CoV-2 nicht
Internationalen statistischen Klassifikation der durch einen Labortest nachgewiesen, son-
Krankheiten und verwandter Gesundheitspro- dern aufgrund eines klinischen Kriteriums
bleme (ICD-10-GM) zum 13. Februar 2020 (zum Beispiel typische Symptome für Covid-
der Code U07.1! eingeführt, der mit Aktua- 19) und eines epidemiologischen Kriteriums
lisierung vom 23. März 2020 um den Code (zum Beispiel enger Kontakt zu einer Person
U07.2! ergänzt wurde. Damit konnten im mit bestätigter Infektion) als Verdachts-
Labor bestätigte Fälle (ICD U07.1) sowie fall dokumentiert. Der wellenartige Verlauf
Fälle, in denen SARS-CoV-2 anhand eines der Prävalenz von Covid-19-Infektionen in
klinischen Kriteriums bestimmt wurde (z. B. der Bevölkerung spiegelt sich auch in den
mit Covid-19 zu vereinbarendes Symptom), krankheitsbedingten Fehlzeiten der AOK-ver-
und eines epidemiologischen Kriteriums (z. B. sicherten Beschäftigten wider (. Abb. 19.64).
Kontakt zu einem laborbestätigten Covid-19- Nach mehreren Auf- und Abwärtsbewegun-
Fall) kodiert werden (ICD U07.2). gen seit Beginn der Pandemie erreichte die
Im Folgenden wird nicht nur auf die la- Covid-19-Pandemie ihren vorläufigen Höhe-
borbestätigte Diagnose fokussiert, sondern es punkt im Dezember 2021 (1.362 Erkrankte je
werden auch beide relevanten Covid-19-Dia- 100.000 Beschäftigte).
360 M. Meyer et al.

1500
1362
1400
1268
1300
265
1200
1100 328

1000
900
800 705
664
629 639
700
600 219 502 486
261 168 172 469 1097
449
500 415
940
364 346
175 108
400 189
261 128
83 248
300 221
191 210 207 127
175 154 486 467 169
461
200 132 403
104 165 327 361 67 80
8 281 117 287 297
93 83 219
100 167 75 201
143
117 96 86 127
57 74 61
0
03/2020
04/2020
05/2020
06/2020
07/2020
08/2020
09/2020
10/2020
11/2020
12/2020
01/2021
02/2021
03/2021
04/2021
05/2021
06/2021
07/2021
08/2021
09/2021
10/2021
11/2021
12/2021
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder im Zusammenhang mit Covid-19 (ICD: U07.1 + U07.2)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit klinischem Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD: U07.2)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit Nachweis des SARS-CoV-2-Virus (ICD: U07.1)
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.64 Erkrankte je 100.000 erwerbstätige AOK-Mitglieder im Zusammenhang mit Covid-19 von März 2020
bis Dezember 2021 im Monatsverlauf. Unterschieden werden dokumentierte Diagnosen mit Nachweis des SARS-CoV-
2-Virus (ICD-10 GM: U07.1!) und Verdachtsfälle ohne Virusnachweis.

2Betroffenheit von Covid-19-Infektionen liegt größte Betroffenheit in der Altersgrup-


nach Altersgruppen und Geschlecht pe der unter 20-jährigen mit einer AU-Quote
Eine Betrachtung der AOK-Erwerbstätigenpo- 4,0 %. Am unauffälligsten bezüglich des In-
pulation, die im Zusammenhang mit Covid- fektionsgeschehens von Covid-19 ist die Al-
19 erkrankt war, nach Alter und Geschlecht tersgruppe der 20- bis 29-jährigen Männer
zeigt für 2021 eine etwas stärkere Betroffen- mit einer AU-Quote von 2,8 %. Die längste
heit der männlichen Beschäftigten. So wa- Ausfallzeit aufgrund einer Covid-19-Diagno-
ren im Jahr 2021 51 % der AOK-Mitglie- se findet sich mit durchschnittlich 17,9 Ta-
der, die im Zusammenhang mit Covid-19 er- gen in der Altersgruppe der über 60-jähri-
krankt waren, männlich, 49 % waren weib- gen Männer, die geringste Zahl der Fehltage
lich. Die Altersgruppe der 40- bis 49-jäh- weist im Durchschnitt die Gruppe der un-
19 rigen Frauen war mit einer AU-Quote von ter 20-jährigen Männer aus (7,1 Tage je Fall)
(. Tab. 19.10).
4,8 % am meisten betroffen. Bei den Männern
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
361 19

. Tab. 19.10 Erkrankte Beschäftigte im Zusammenhang mit Covid-19 nach Alter und Geschlecht, AOK-
Mitglieder 2021

Alters- Männlich Weiblich


gruppe
Arbeitsunfähigkeits- Tage je Anzahl Arbeitsunfähigkeits- Tage je Anzahl
quote in % Fall Erkrankte quote in % Fall Erkrankte
Bis 19 4,0 7,1 10.113 4,1 7,3 7.009

20–29 2,8 7,8 52.035 3,5 8,4 47.187

30–39 3,2 9,2 68.242 4,0 10,2 60.900

40–49 3,7 11,2 58.910 4,8 12,2 61.692

50–59 3,9 14,2 65.122 4,7 14,5 67.124

60 ff. 3,5 17,9 24.394 4,2 17,5 23.714

Gesamt 3,4 11,2 278.816 4,2 12,0 267.626

Erkrankte AOK-Mitglieder mit dokumentierter Diagnose mit Nachweis des SARS-CoV-2-Virus (ICD-10 GM:
U07.1!) sowie mit klinischem Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD-GM: U07.2!)
Fehlzeiten-Report 2022

2Das Infektionsgeschehen im Jahr 2021 im nomie, Hotellerie oder Kulturbranche konnten


Zusammenhang mit Covid-19 nach beispielsweise über längere Zeit ihrer Tätigkeit
Bundesländern nicht oder nur eingeschränkt nachgehen; deren
Die Anzahl der erkrankten Beschäftigten im Beschäftigte waren somit berufsbedingt einem
Zusammenhang mit Covid-19 verteilte sich re- geringeren Infektionsrisiko ausgesetzt. Bran-
gional unterschiedlich, wobei der Osten und chen hingegen, bei denen sich Tätigkeiten durch
Süden Deutschlands stärker betroffen waren. intensive zwischenmenschliche Kontakte cha-
Vor allem Sachsen und Thüringen, gefolgt von rakterisieren lassen, wie das Gesundheits- oder
Bayern und Baden-Württemberg, waren ver- Erziehungswesen, waren einem deutlich höhe-
gleichsweise häufiger von Arbeitsunfähigkei- ren Infektionsrisiko ausgesetzt. . Abb. 19.66
ten im Zusammenhang mit Covid-19 betrof- zeigt die zehn am stärksten und am wenigsten im
fen. Mit 7.765 je 100.000 AOK-Mitglieder gab Zusammenhang mit dem Covid-19-Infektions-
es in Sachsen im Jahr 2021 mehr als doppelt geschehen betroffenen Branchen.
so viele Erkrankte wie im Bundesvergleich. In Mit 6.952 Erkrankten je 100.000 AOK-
Schleswig-Holstein und Hamburg (1.892 bzw. Mitglieder war die Branche „Kindergärten und
2.012 Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder) Vorschulen“ die am stärksten betroffene Bran-
wurden die wenigsten Beschäftigten mit ei- che. Es folgen die Branchen „Pflegeheime“
ner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Zu- (5.323 je 100.000 AOK-Mitglieder) und „Öf-
sammenhang mit Covid-19 krankgeschrieben fentliche Verwaltung“ (5.228 je 100.000 AOK-
(s. . Abb. 19.65). Mitglieder). Am wenigsten betroffen waren
die Beschäftigten der Branchen „Sonstige
2Fehlzeiten im Zusammenhang mit Post-, Kurier- und Expressdienste“ mit 1.644
Covid-19 nach Branchen Erkrankten je 100.000 AOK-Mitglieder sowie
Die einzelnen Branchen waren im Jahr 2021 je „Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Ca-
nach Tätigkeitsfeld sehr unterschiedlich von der fés, Eissalons u. ä.“ mit 1.651 Erkrankten je
Pandemie betroffen. Beschäftigte der Gastro- 100.000 AOK-Mitglieder.
362 M. Meyer et al.

Sachsen 6.109 1.656 7.765

Thüringen 4.759 1.391 6.150

Bayern 3.475 976 4.451

Baden-Württemberg 2.897 1.028 3.925

Hessen 1.934 1.544 3.478

Brandenburg 2.411 832 3.243

Sachsen-Anhalt 2.339 764 3.103

Niedersachsen 1.662 1.369 3.031

Nordrhein-Westfalen 1.436 955 2.391

Mecklenburg-Vorpommern 1.592 781 2.373

Rheinland-Pfalz 1.462 889 3.753 Erkrankte je 100.000 2.351


AOK-Mitglieder im Zusammenhang
Bremen 1.416 891 mit Covid-19 (ICD: U07.1 + U07.2), 2.307
alle Branchen
Berlin 1.607 528 2.135

Saarland 1.518 559 2.658 Erkrankte je 100.000 2.077


AOK-Mitglieder mit Nachweis des
Hamburg 1.246 766 SARS-CoV-Virus (ICD: U07.1), 2.012
alle Branchen
Schleswig-Holstein 935 957 1.892

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000


Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit Nachweis des SARS-CoV-2-Virus (ICD: U07.1 )
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit klinischem Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD: U07.2)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder im Zusammenhang mit Covid-19 (ICD: U07.1 + U07.2)
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.65 Erkrankte je 100.000 AOK-Beschäftigten im Zusammenhang mit Covid-19 (mit Nachweis des SARS-
CoV-2-Virus (ICD-10 GM: U07.1!) sowie für den klinischen Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD-10 GM:
U07.2!)) in den Bundesländern, AOK-Mitglieder 2021

19
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
363 19

Kindergärten und Vorschulen 4.621 2.331 6.952

Pflegeheime 3.919 1.404 5.323

Öffentliche Verwaltung 3.690 1.538 5.228


Herstellung von Teilen und
3.868 1.322 5.190
Zubehör für Kraftwagen
Herstellung von sonstigen Metallwaren 3.784 1.292 5.076

Herstellung von Kunststoffwaren 3.494 1.569 5.063

Sonstiges Sozialwesen (ohne Heime) 3.424 1.591 5.015

Altenheime, Alten- und Behindertenwohnheime 3.711 1.293 5.004

Krankenhäuser 3.802 1.129 4.931


Herstellung von nicht wirtschafts-
zweigspezifischen Maschinen 3.490 1.418 4.908

Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln,


Getränken und Tabakwaren (in Verkaufsräumen) 2.030 862 2.892

Private Wach- und Sicherheitsdienste 1.819 801 2.620


Garten- und Landschaftsbau sowie Erbringung
1.661 815 2.476
von sonstigen gärtnerischen Dienstleistungen
Güterbeförderung im Straßenverkehr, 3.753 Erkrankte je
1.818 628 2.446
Umzugstransporte 100.000 AOK-Mit-
Erbringung von Dienstleistungen glieder im Zusam-
1.594 830 menhang mit Covid-19 2.424
der Informationstechnologie
(ICD: U07.1 + U07.2),
Tertiärer und post-sekundärer,
1.548 796 alle Branchen 2.344
nicht tertiärer Unterricht
Hotels, Gasthöfe und Pensionen 1.548 671 2.219
2.658 Erkrankte je
Befristete Überlassung von Arbeitskräften 1.240 707 100.000 AOK-Mit- 1.947
glieder mit Nachweis
Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, des SARS-CoV-Virus
1.238 413 1.651
Cafés, Eissalons u. Ä. (ICD: U07.1),
alle Branchen
Sonstige Post-, Kurier- und Expressdienste 1.122 522 1.644

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000


Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit Nachweis des SARS-CoV-2-Virus (ICD: U07.1)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit klinischem Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD: U07.2)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder im Zusammenhang mit Covid-19 (ICD: U07.1 + U07.2)
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.66 Erkrankte je 100.000 erwerbstätige AOK-Mitglieder in den Branchen mit den höchsten und niedrigsten
Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 mit den dokumentierten Diagnosen mit Nachweis des SARS-CoV-2-Virus
(ICD-10 GM: U07.1!) sowie für den klinischen Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD-10 GM: U07.2!), AOK-
Mitglieder 2021
364 M. Meyer et al.

2Betroffenheit von Covid-19-Infektionen 2Betroffenheit durch den Post-Covid-19-


nach Tätigkeit Zustand
In einer weiteren Auswertung wurde die Be- Seit dem 01.01.2021 gibt es die Möglichkeit,
troffenheit der Erwerbstätigen nach der aus- die Diagnose U09! „Post-Covid-19-Zustand“
geübten Tätigkeit untersucht. . Abb. 19.67 auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu
zeigt die zehn am stärksten und am wenigsten dokumentieren16 . Als „Post-Covid-19-Zu-
stark betroffenen Berufe im Zusammenhang stand“ oder „Post-Covid-Syndrom“ werden
mit Covid-19 im Jahr 2021. In diesem Zeit- Beschwerden bezeichnet, die noch mehr als
raum waren Berufe in der Betreuung und Er- zwölf Wochen nach Beginn der SARS-CoV-2-
ziehung von Kindern am stärksten von Krank- Infektion vorhanden sind und nicht ander-
schreibungen im Zusammenhang mit Covid- weitig erklärt werden können (WHO 2022).
19 betroffen (6.930 je 100.000 AOK-Mitglie- Dabei sollen Symptome und gesundheitli-
der). Damit liegt der Wert dieser Berufsgruppe che Einschränkungen berücksichtigt werden,
deutlich höher als der Durchschnittswert aller die über mindestens zwei Monate anhalten
Berufsgruppen (3.753 Betroffene je 100.000 oder auch wiederkehrend und in wechseln-
AOK-Mitglieder). Es folgen Berufe in der Er- der Stärke auftreten. Das Krankheitsbild kann
gotherapie (6.304 je 100.000 AOK-Mitglieder) dabei vielfältig und unspezifisch sein. Die
sowie in der Physiotherapie (5.787 je 100.000 unter diesen Begriff bezeichneten Sympto-
AOK-Mitglieder). Anders als im Jahr 2020 me können Beschwerden der Lunge, des
sind 2021 auch in den technischen Berufen die Kreislaufsystems, der Muskulatur, Erschöp-
Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 fungszustände wie das Fatigue-Syndrom,
stark angestiegen. So sind die Berufe in der in- Konzentrationsschwäche und Kopfschmer-
dustriellen Gießerei auf Rangplatz vier bei den zen bis hin zu Angstzuständen und Depression
höchsten Fehlzeiten (5.546 je 100.000 AOK- sein. Diese Schlüsselnummer sollte nicht zur
Mitglieder), gefolgt von Berufen in der schlei- Anwendung kommen, wenn Covid-19 noch
fenden Metallbearbeitung (5.541 je 100.000 vorliegt. Ein einheitliches Krankheitsbild gibt
AOK-Mitglieder). Die niedrigsten krankheits- es bislang nicht (siehe 7 https://www.rki.
bedingten Fehlzeiten im Zusammenhang mit de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_
Covid-19 zeigten sich bei den Berufen in der Gesundheitliche_Langzeitfolgen.html).
Landwirtschaft (1.247 Betroffene je 100.000 Bezogen auf 100.000 AOK-Mitglieder wur-
Beschäftigte) sowie in der Hochschullehre und de im Jahr 2021 bei 2.658 AOK-Mitgliedern
-forschung (1.312 Betroffene je 100.000 Be- mindestens einmal eine SARS-CoV-2-Virusin-
schäftigte). fektion mit Nachweis (ICD-10 GM: U07.1!)
Auch wenn vor allem Berufe und Bran- dokumentiert. Betrachtet man diese Gruppe
chen von Covid-19 betroffen waren, bei denen der Erkrankten, die im Jahr 2021 aufgrund
die Beschäftigten auch in den Hochphasen der des SARS-CoV-2-Virus mit Nachweis (ICD-10
Pandemie mit einer Vielzahl von Menschen in GM: U07.1!) krankgeschrieben wurden, bei de-
Kontakt kamen, waren im Laufe der Pandemie nen in der Folge auch der Post-Covid-19-Zu-
im Jahr 2021 auch zunehmend Beschäftigte stand (ICD-10 GM: U09!) dokumentiert wurde,
in technischen Berufen betroffen. Die eher in zeigt sich für das Jahr 2021, dass 3,6 % (96 Er-
der freien Natur oder im Homeoffice ausge- krankte je 100.000 AOK-Mitglieder) vom Post-
übten Berufe oder Tätigkeiten, die aufgrund Covid-19-Zustand betroffen waren. Dabei dau-
der Lockdown-Maßnahmen nur eingeschränkt
ausgeübt werden konnten, waren dagegen mit
19 einem niedrigeren Infektionsrisiko verbunden. 16 Die Diagnose U07.4! „Post-COVID-19-Zustand,
nicht näher bezeichnet“ wurde am 11. November
2020 eingeführt und zum 1.1.2021 durch den ICD-
Code U09.9! „Post-COVID-19-Zustand, nicht näher
bezeichnet“ ersetzt.
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
365 19

Berufe in der Kinderbetreuung u. -erziehung 4.686 2.244 6.930

Berufe in der Ergotherapie 4.570 1.734 6.304

Berufe in der Physiotherapie 4.245 1.542 5.787

Berufe in der industriellen Gießerei 4.046 1.500 5.546


Berufe in der schleifenden
4.164 1.377 5.541
Metallbearbeitung
Berufe in der Feinwerktechnik 3.941 1.569 5.510

Berufe in der spanlosen Metallbearbeitung 4.036 1.393 5.429

Berufe in der spanenden Metallbearbeitung 3.737 1.649 5.386

Berufe in der Werkzeugtechnik 3.872 1.473 5.345


Berufe in der Papierverarbeitung
u. Verpackungstechnik 3.654 1.660 5.314

Berufe in der IT-Anwendungsberatung 1.543 771 2.314

Berufe in der Softwareentwicklung 1.364 801 2.165

Berufe im Hochbau (ohne Spez.) 1.576 579 2.155

Geschäftsführer/innen u. Vorstände 1.662 481 2.143


3.753 Erkrankte je
100.000 AOK-Mitglieder
Berufe in der Systemgastronomie 1.431 667 im Zusammenhang mit 2.098
Covid-19 (ICD: U07.1 +
Berufe im Gastronomieservice (ohne Spez.) 1.470 543 U07.2), alle Branchen 2.013
Fahrzeugführer/innen im Straßenverkehr
1.356 536 1.892
(sonstige spezifische Tätigkeitsangabe)
Redakteure/Redakteurinnen u. 2.658 Erkrankte je
1.239 629 1.868
Journalisten/Journalistinnen 100.000 AOK-Mitglieder
mit Nachweis des SARS-
Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 890 422 1.312
CoV-Virus (ICD: U07.1),
alle Branchen
Berufe in der Landwirtschaft (ohne Spez.) 859 388 1.247

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000


Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit Nachweis des SARS-CoV-2-Virus (ICD: U07.1)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder mit klinischem Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD: U07.2)
Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder im Zusammenhang mit Covid-19 (ICD: U07.1 + U07.2)
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 19.67 Erkrankte je 100.000 erwerbstätige AOK-Mitglieder in den Berufsgruppen mit den höchsten und nied-
rigsten Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 mit den dokumentierten Diagnosen mit Nachweis des SARS-CoV-2-
Virus (ICD-10 GM: U07.1!) sowie für den klinischen Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis (ICD-10 GM: U07.2!)
AOK-Mitglieder, 2021
366 M. Meyer et al.

. Tab. 19.11 Erkrankte mit SARS-CoV-2-Virus mit dokumentiertem Nachweis (ICD-10 GM: U07.1!) im
Zusammenhang mit Post-Covid-19-Zustand (ICD-10 GM: U09!) nach Alter und Geschlecht, AOK-Mitglieder im
Jahr 2021

Geschlecht Alters- Erkrankte je Erkrankte je Anteil U09 an Tage je Fall Tage je Fall
gruppe 100.000 100.000 U07.1 in % U07.1 U09
U07.1 U09
Männer Bis 29 1.782 21 1,2 9,3 20,0

Männer 30–39 2.157 45 2,1 10,8 28,4

Männer 40–49 2.720 88 3,2 12,9 33,0

Männer 50–59 2.932 147 5,0 16,5 46,3

Männer ab 60 2.666 189 7,1 20,9 54,4

Männer Gesamt 2.370 80 3,4 13,4 40,5

Frauen Bis 29 2.277 38 1,7 9,9 24,1

Frauen 30–39 2.797 81 2,9 11,9 34,3

Frauen 40–49 3.589 143 4,0 14,1 38,3

Frauen 50–59 3.549 176 5,0 16,9 48,9

Frauen ab 60 3.167 212 6,7 20,6 55,6

Frauen Gesamt 3.035 116 3,8 14,2 42,8

Gesamt Gesamt 2.658 96 3,6 13,8 41,8

Fehlzeiten-Report 2022

erte eine Krankschreibung aufgrund des Post- Unklar ist jedoch die Dokumentations-
Covid-19-Zustandes durchschnittlich 41,8 Ta- qualität bei der Diagnose „Post-Covid-19-Zu-
ge. Es zeigt sich dabei ein Zusammenhang mit stand“, da die Kriterien bisher offenbar nicht
dem Alter, wobei die Betroffenheit mit dem Al- einheitlich interpretiert werden. Die WHO
ter deutlich zunimmt: So sind über 60-jähri- weist auch ausdrücklich darauf hin, dass es
ge fast fünfmal mehr von einem Post-Covid- sich weiterhin um eine vorläufige Falldefi-
19-Zustand betroffen als die unter 29-Jährigen nition handelt, die in Anpassung an neue
(6,9 % zu 1,4 %). Es sind auch geschlechtsspe- wissenschaftliche Erkenntnisse fortlaufend ak-
zifische Unterschiede zu beobachten: Frauen tualisiert werden muss (WHO 2022). So er-
sind mit einer Betroffenheitsquote von 3,8 % et- halten 88 % der AOK-Mitglieder mit einer
was mehr betroffen als Männer (3,4 %). Bei jün- Post-Covid-19-Diagnose diese innerhalb der
geren Frauen in den Altersgruppen bis 50 Jahre ersten zwölf Wochen nach einer entspre-
wurde häufiger der Post-Covid-19-Zustand do- chend auf einer Arbeitsunfähigkeitsbeschei-
kumentiert als bei Männern. Ab 50 Jahre kehrt nigung dokumentierten Covid-19-Erkrankung
es sich dagegen um – dann sind Männer et- (SARS-CoV-2-Virus mit Nachweis). Dies ent-
19 was häufiger vom Post-Covid-19-Zustand be-
troffen. Die höchste Betroffenheit zeigt sich mit
spricht jedoch nicht der vorläufigen klinischen
Falldefinition von Post-Covid-19 der WHO,
7,1 % bei den über 60-jährigen Männern und die die einen längerem Abstand (in der Regel
geringste mit 1,2 % bei den unter 29-jährigen drei Monate) im Anschluss an eine durch-
Männern (. Tab. 19.11). gemachte SARS-CoV-2 Infektion als Voraus-
Kapitel 19 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021
367 19
setzung zur Dokumentation dieser Diagnose nisse 1.–4. Quartal 2021. Stand 8. März 2022. Bun-
vorsieht (WHO 2021). Ebenfalls gibt es auch desministerium für Gesundheit, Berlin
eine Vielzahl von Arbeitsunfähigkeitsbeschei- Busch K (2021) Die Arbeitsunfähigkeit in der Statistik
der GKV. In: Badura B, Ducki A, Schröder H, Meyer
nigungen, die den Post-Covid-19-Zustand do- M (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2021. Betriebliche Prä-
kumentieren, ohne dass zuvor jedoch eine vention stärken – Lehren aus der Pandemie. Springer,
SARS-CoV-2-Infektion dokumentiert wurde. Berlin, Heidelberg
Im Jahr 2021 wurden bei immerhin 55 % Damm K, Lange A, Zeidler J, Braun S, Graf von der
der AOK-versicherten Beschäftigten zwar der Schulenburg JM (2012) Einführung des neuen Tä-
tigkeitsschlüssels und seine Anwendung in GKV-
Post-Covid-19-Zustand auf der Arbeitsunfä- Routinedatenauswertungen. Bundesgesundheitsblatt
higkeitsbescheinigung dokumentiert, jedoch 55:238–244
ohne dass in den Jahren 2020 und 2021 eine Bundeszentrale für politische Bildung, Statistisches Bun-
Arbeitsunfähigkeit aufgrund des SARS-CoV- desamt (Destatis), Wissenschaftszentrum Berlin für
2-Virus mit Nachweis (ICD-10 GM: U07.1!) Sozialforschung (WZB) (Hrsg) (2021) Datenreport
2021. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik
vorlag. Konkret bedeutet dies, dass 33.393 Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung,
Beschäftige mindestens eine Arbeitsunfähig- Bonn
keit wegen eines Post-Covid-Zustands in 2021 Deutsche Rentenversicherung Bund (2020) Rentenversi-
hatten. Davon hatten 14.966 zuvor einen doku- cherung in Zahlen 2020. Deutsche Rentenversiche-
mentierten Nachweis des SARS-CoV-2-Virus rung Bund, Berlin
HWWI, Berenberg (2019) Städteranking 2019. Die 30
und weitere 1.403 einen dokumentierten klini- größten Städte Deutschlands im Vergleich. Stand Au-
schen Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis gust 2019
(ICD-10 GM: U07.2!). ILO (2012) International standard classification of occup-
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19
369 20

Krankheitsbedingte
Fehlzeiten nach Branchen
im Jahr 2021
Markus Meyer, Lisa Wing und Antje Schenkel

Inhaltsverzeichnis

20.1 Banken und Versicherungen – 370

20.2 Baugewerbe – 386

20.3 Dienstleistungen – 404

20.4 Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau – 423

20.5 Erziehung und Unterricht – 441

20.6 Gesundheits- und Sozialwesen – 459

20.7 Handel – 478

20.8 Land- und Forstwirtschaft – 495

20.9 Metallindustrie – 511

20.10 Öffentliche Verwaltung – 530

20.11 Verarbeitendes Gewerbe – 547

20.12 Verkehr und Transport – 569

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_20
370 M. Meyer et al.

20.1 Banken und Versicherungen

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Banken und Versicherun- . Tab. 20.1
gen in den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Banken und Versicherungen nach . Tab. 20.2
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Banken . Tab. 20.3
und Versicherungen im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Banken . Tab. 20.4
und Versicherungen im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Banken und Versicherungen . Tab. 20.5
im Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.6
der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Banken und Versicherun- . Tab. 20.7
gen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.8
Banken und Versicherungen im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.9
gen in der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.10
che Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.11
Branche Banken und Versicherungen in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Ban- . Tab. 20.12
ken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Ban- . Tab. 20.13
ken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.14
in der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.15
in der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.16
Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.17
Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
371 20

. Tab. 20.1 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Banken und Versicherungen in
den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 3,4 3,6 3,4 108,4 110,0 108,5 11,5 11,9 11,5

1998 3,5 3,6 3,5 110,6 112,2 110,7 11,4 11,7 11,4

1999 3,6 4,0 3,7 119,6 113,3 119,1 10,8 11,6 10,9

2000 3,6 4,1 3,6 125,6 148,8 127,1 10,5 10,2 10,5

2001 3,5 4,1 3,6 122,2 137,5 123,1 10,6 10,8 10,6

2002 3,5 4,1 3,5 125,0 141,3 126,1 10,1 10,6 10,2

2003 3,3 3,5 3,3 126,0 137,1 127,0 9,5 9,4 9,5

2004 3,1 3,2 3,1 117,6 127,7 118,8 9,7 9,3 9,6

2005 3,1 3,3 3,1 122,6 132,0 123,8 9,2 9,0 9,1

2006 2,7 3,2 2,8 108,1 126,7 110,7 9,2 9,1 9,2

2007 3,1 3,4 3,1 121,0 133,6 122,8 9,2 9,3 9,2

2008 (WZ03) 3,1 3,6 3,2 127,0 136,6 128,4 9,0 9,6 9,1

2008 (WZ08)a 3,1 3,6 3,2 126,9 135,9 128,3 9,0 9,6 9,1

2009 3,2 3,9 3,3 136,8 150,9 138,8 8,6 9,5 8,8

2010 3,2 4,0 3,3 134,3 177,7 140,2 8,8 8,3 8,7

2011 3,3 3,9 3,3 139,7 181,2 145,3 8,5 7,9 8,4

2012 3,2 4,1 3,4 134,5 153,7 137,0 8,8 9,8 9,0

2013 3,2 4,1 3,4 143,8 158,6 145,7 8,2 9,4 8,4

2014 3,4 4,2 3,5 142,6 157,2 144,5 8,7 9,8 8,9

2015 3,6 4,4 3,7 152,9 170,1 155,3 8,7 9,4 8,8

2016 3,7 4,5 3,8 150,6 175,0 154,3 8,9 9,5 9,0

2017 3,6 4,8 3,8 145,2 172,6 149,7 9,1 10,2 9,3

2018 3,7 4,9 3,9 146,1 177,1 151,7 9,3 10,1 9,5

2019 3,6 4,8 3,8 139,9 167,2 144,1 9,4 10,6 9,6

2020 3,5 4,9 3,7 116,7 149,2 121,6 11,0 12,1 11,2

2021 3,3 5,0 3,6 110,7 146,7 116,0 10,9 12,4 11,2
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
372 M. Meyer et al.

. Tab. 20.2 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Banken und Versicherungen nach
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 3,3 117,0 #6,2 1.194,5 #9,2 10,2 #3,3 48,0

Bayern 3,2 97,0 #3,2 1.166,4 #1,3 12,0 2,0 40,4

Berlin 3,3 105,7 #12,0 1.209,0 #13,6 11,4 #1,8 35,9

Brandenburg 4,4 146,1 #2,9 1.605,2 #12,5 11,0 #9,9 54,1

Bremen 3,4 110,1 #1,8 1.228,7 2,0 11,2 3,8 40,9

Hamburg 2,5 78,2 #11,1 920,9 #20,0 11,8 #10,0 32,4

Hessen 2,9 106,1 #5,3 1.044,8 #8,9 9,9 #3,7 40,8

Mecklenburg-Vorpommern 4,2 139,5 4,8 1.545,0 #21,3 11,1 #24,9 49,7

Niedersachsen 3,5 123,5 #3,0 1.292,0 #4,6 10,5 #1,7 51,4

Nordrhein-Westfalen 3,6 120,1 #6,0 1.328,3 #6,7 11,1 #0,7 47,0

Rheinland-Pfalz 3,5 97,9 #11,5 1.274,3 #3,7 13,0 8,8 40,9

Saarland 4,5 134,6 2,2 1.655,0 #2,0 12,3 #4,1 53,2

Sachsen 5,0 144,3 #1,2 1.820,6 4,5 12,6 5,8 56,9

Sachsen-Anhalt 5,3 148,5 #4,6 1.933,7 0,9 13,0 5,8 55,3

Schleswig-Holstein 3,0 113,0 #1,6 1.109,2 #14,8 9,8 #13,4 44,1

Thüringen 5,0 153,6 #1,5 1.809,0 #2,6 11,8 #1,2 59,7

West 3,3 110,7 #5,1 1.204,4 #6,4 10,9 #1,4 44,7

Ost 5,0 146,7 #1,7 1.816,6 0,9 12,4 2,6 56,9

Bund 3,6 116,0 #4,6 1.296,5 #5,0 11,2 #0,5 46,5

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
373 20

. Tab. 20.3 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Banken und
Versicherungen im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Erbringung von Finanzdienst- 3,7 3,7 121,4 1.333,8 11,0 49,0
leistungen

Mit Finanz- und Versicherungs- 3,3 3,5 106,0 1.199,1 11,3 41,3
dienstleistungen verbundene
Tätigkeiten

Versicherungen, Rückversi- 3,4 3,7 101,0 1.239,8 12,3 41,4


cherungen und Pensionskassen
(ohne Sozialversicherung)

Branche gesamt 3,6 3,6 116,0 1.296,5 11,2 46,5

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022
374 M. Meyer et al.

. Tab. 20.4 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Banken und
Versicherungen im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Anlageberater/innen- 2,7 87,0 969,4 11,1 38,6 1,6
u. sonstige Finanzdienst-
leistungsberufe

Bankkaufleute 3,6 126,3 1.329,0 10,5 51,4 47,1

Berufe im Vertrieb (außer 3,7 108,1 1.333,0 12,3 44,6 3,1


Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Buchhaltung 2,8 90,0 1.022,5 11,4 41,0 1,2

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,6 106,3 1.298,8 12,2 41,0 8,3


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 2,9 100,0 1.071,3 10,7 42,4 3,6


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Versicherungskaufleute 3,4 113,9 1.223,0 10,7 43,9 15,9

Branche gesamt 3,6 116,0 1.296,5 11,2 46,5 1,3b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.5 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Banken und Versicherungen im
Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 38,8 6,9 35,0 5,2

4–7 Tage 29,0 12,8 29,0 11,1

8–14 Tage 16,3 15,1 17,6 13,9

15–21 Tage 6,1 9,3 6,9 8,9

22–28 Tage 3,0 6,5 3,2 5,9

29–42 Tage 2,9 9,0 3,3 8,7

> 42 Tage 3,8 40,5 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
375 20

. Tab. 20.6 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in der
Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Erbringung von Finanzdienstleistungen 12,7 13,8 14,1 15,4 14,7 11,9

Mit Finanz- und Versicherungsdienst- 12,0 12,2 12,8 12,2 – –


leistungen verbundene Tätigkeiten

Versicherungen, Rückversicherungen 13,1 12,6 13,7 10,2 10,7 –


und Pensionskassen (ohne Sozialversi-
cherung)

Branche gesamt 12,7 13,5 13,9 14,1 14,2 11,9

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.7 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Banken und Versicherungen im
Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Erbringung von 3,4 4,1 3,4 1,7 2,4 1,4 4,5
Finanzdienstleistungen

Mit Finanz- und 3,2 3,6 2,7 1,7 2,0 0,8 3,4
Versicherungsdienst-
leistungen verbundene
Tätigkeiten

Versicherungen, Rück- 3,2 3,9 4,3 1,8 2,1 0,6 3,1


versicherungen und
Pensionskassen (ohne
Sozialversicherung)

Branche gesamt 3,3 4,0 3,4 1,7 2,3 1,1 3,9

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022
376 M. Meyer et al.

. Tab. 20.8 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche Banken
und Versicherungen im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Erbringung von 12,4 14,8 12,4 6,1 8,7 5,1 16,3
Finanzdienstleistungen

Mit Finanz- und 11,8 13,3 9,9 6,1 7,2 3,0 12,6
Versicherungsdienst-
leistungen verbundene
Tätigkeiten

Versicherungen, Rück- 11,7 14,4 15,7 6,7 7,8 2,2 11,2


versicherungen und
Pensionskassen (ohne
Sozialversicherung)

Branche gesamt 12,2 14,5 12,4 6,1 8,3 3,9 14,1

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.9 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen in
der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Erbringung von Finanzdienstleistungen 0,9 2,2

Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten 0,8 1,6

Versicherungen, Rückversicherungen und Pensionskassen (ohne Sozialver- 0,5 1,2


sicherung)

Branche gesamt 0,9 1,9

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
377 20

. Tab. 20.10 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Bankkaufleute 235,7 10,5

Anlageberater/innen- u. sonstige Finanzdienstleistungsberufe 171,9 5,5

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 155,6 6,9

Berufe im Vertrieb (außer Informations- u. Kommunikationstechnologien) 151,9 6,9

Versicherungskaufleute 151,5 6,3

Berufe in der Buchhaltung 118,9 5,2

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 71,3 5,3

Branche gesamt 251,7 10,2

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022
378 M. Meyer et al.

. Tab. 20.11 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der Branche
Banken und Versicherungen in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 104,8 4,1 120,6 6,8 258,1 39,8 112,5 17,8 298,0 16,9 161,1 9,8

1998 109,3 4,5 112,8 6,9 252,3 40,4 109,3 18,1 313,9 18,0 152,2 9,7

1999 113,7 4,8 107,6 6,9 291,2 46,4 108,7 19,0 308,3 18,6 151,0 10,3

2000 138,4 5,8 92,5 6,3 281,4 45,3 99,1 16,6 331,4 19,9 145,3 10,0

2001 144,6 6,6 99,8 7,1 264,1 44,4 98,8 17,3 334,9 20,5 147,6 10,3

2002 144,6 6,8 96,7 7,1 254,7 44,0 105,1 19,0 322,6 20,6 147,3 10,5

2003 133,9 6,9 88,6 7,1 261,1 46,5 99,0 18,7 288,0 19,5 138,2 10,3

2004 150,2 7,1 92,8 6,5 228,5 40,6 103,7 19,0 273,1 18,4 136,5 9,8

2005 147,5 7,0 85,1 6,5 270,1 47,7 100,1 17,9 248,8 18,1 132,1 9,7

2006 147,2 7,0 79,8 6,2 224,6 40,8 98,8 18,3 243,0 17,4 134,0 9,6

2007 167,2 7,5 87,7 6,3 243,9 44,4 103,0 19,6 256,9 18,1 125,2 9,1

2008 (WZ03) 172,7 7,7 86,7 6,5 258,1 46,8 106,2 20,0 254,0 18,0 134,6 9,5

2008 (WZ08)a 182,3 7,8 85,3 6,5 256,9 46,7 107,1 20,0 254,0 18,0 134,6 9,5

2009 182,3 8,2 80,6 6,2 303,2 54,6 105,4 20,2 242,2 17,7 134,2 9,6

2010 205,3 8,8 80,0 6,1 260,2 49,2 97,4 18,7 248,6 18,6 142,6 10,4

2011 209,2 8,9 73,8 5,7 268,8 49,4 90,7 17,9 228,7 17,6 132,3 9,8

2012 232,9 9,1 80,1 5,7 266,4 49,1 97,5 18,1 243,8 18,1 135,9 9,7

2013 230,1 9,0 70,7 5,4 321,0 58,3 94,4 17,9 219,7 17,3 128,9 9,8

2014 258,4 10,0 81,6 5,7 272,3 51,3 98,8 18,7 248,7 18,8 139,0 10,0

2015 256,7 10,1 81,6 5,9 340,5 60,5 99,9 18,6 249,0 18,4 144,9 10,0

2016 274,0 10,6 74,5 6,1 317,9 57,5 99,5 18,5 269,5 19,3 145,1 10,1

2017 276,6 10,5 76,7 5,8 325,8 57,0 91,6 17,0 270,1 18,8 148,2 9,7

2018 283,2 10,3 75,5 5,7 343,6 58,1 90,7 16,9 264,8 18,6 147,1 9,8

2019 296,2 10,4 75,5 5,6 298,3 53,2 86,9 15,9 252,5 17,9 144,0 9,2

2020 302,7 9,7 70,0 4,7 297,5 42,5 83,1 13,4 260,6 16,2 132,3 7,7

2021 308,8 10,3 71,0 4,7 233,7 34,5 75,6 12,5 253,4 16,4 132,1 10,0
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
20 Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
379 20

. Tab. 20.12 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Banken
und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Erbringung von Finanz- 16,2 3,9 12,8 4,1 14,0 7,3 41,7
dienstleistungen

Mit Finanz- und Versi- 16,9 3,8 12,4 4,1 13,0 7,2 42,6
cherungsdienstleistungen
verbundene Tätigkeiten

Versicherungen, Rück- 19,1 3,6 12,0 4,0 13,0 6,0 42,4


versicherungen und
Pensionskassen (ohne
Sozialversicherung)

Branche gesamt 16,7 3,8 12,6 4,1 13,7 7,1 41,9

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.13 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Banken
und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Erbringung von Finanz- 5,9 2,7 20,5 7,4 9,8 6,0 47,6
dienstleistungen

Mit Finanz- und Versi- 5,9 2,7 19,7 7,3 8,9 5,9 49,6
cherungsdienstleistungen
verbundene Tätigkeiten

Versicherungen, Rück- 6,9 3,0 19,8 7,2 9,7 5,1 48,4


versicherungen und
Pensionskassen (ohne
Sozialversicherung)

Branche gesamt 6,0 2,7 20,3 7,4 9,6 5,9 48,0

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
380 M. Meyer et al.

. Tab. 20.14 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Anlageberater/innen- 15,8 4,1 13,0 5,1 12,3 5,8 43,9
u. sonstige Finanzdienst-
leistungsberufe

Bankkaufleute 16,8 3,6 13,6 4,1 12,6 7,2 42,1

Berufe im Vertrieb (außer 21,3 4,6 13,4 3,5 12,8 5,7 38,7
Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Buchhaltung 19,4 4,4 10,4 4,2 10,1 5,8 45,7

Büro- u. Sekretariatskräfte 16,5 3,7 11,3 3,8 14,1 6,5 44,1


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 19,6 3,0 13,2 3,9 13,8 5,7 40,7


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Versicherungskaufleute 16,8 3,3 13,1 4,1 12,6 6,8 43,2

Branche gesamt 16,7 3,8 12,6 4,1 13,7 7,1 41,9

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
381 20

. Tab. 20.15 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Anlageberater/innen- 5,4 3,2 21,3 7,8 8,7 5,5 48,2
u. sonstige Finanzdienst-
leistungsberufe

Bankkaufleute 5,9 2,5 21,6 7,5 8,9 6,0 47,7

Berufe im Vertrieb (außer 7,8 2,7 20,0 6,6 8,5 5,5 48,9
Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Buchhaltung 7,4 2,2 17,6 7,3 9,0 5,3 51,1

Büro- u. Sekretariatskräfte 6,4 3,2 17,6 7,6 9,7 5,6 50,0


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 6,9 2,4 19,7 7,9 9,5 4,9 48,7


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Versicherungskaufleute 5,9 2,5 21,1 7,3 8,6 5,5 49,1

Branche gesamt 6,0 2,7 20,3 7,4 9,6 5,9 48,0

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
382 M. Meyer et al.

. Tab. 20.16 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche Banken
und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 11,3 6,7
nen der oberen Atemwege

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,5 2,5

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,6 2,2
heiten

M54 Rückenschmerzen 3,5 3,7

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,9 1,1
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,4 2,4
nummern U07.-

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 2,0 4,1

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,9 1,0

R51 Kopfschmerz 1,9 0,9

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,8 0,5

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,5 0,9

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,4 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

G43 Migräne 1,3 0,5

F32 Depressive Episode 1,2 4,7

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,2 0,6

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,1 1,2

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,0 1,1

K29 Gastritis und Duodenitis 1,0 0,5

F48 Andere neurotische Störungen 0,9 2,0

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,9 0,5

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 0,8 0,8
ziert

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 1,6

F45 Somatoforme Störungen 0,7 1,6

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,7 0,4

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,7 0,4


20 J02 Akute Pharyngitis 0,7 0,3
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
383 20

. Tab. 20.16 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,7 0,2
Impfstoffen

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 0,6 0,7

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,6 0,6

R42 Schwindel und Taumel 0,6 0,5

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,6 0,5

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

J03 Akute Tonsillitis 0,6 0,3

J32 Chronische Sinusitis 0,6 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,6 0,3

F41 Andere Angststörungen 0,5 1,8

G47 Schlafstörungen 0,5 0,7

J01 Akute Sinusitis 0,5 0,3

Summe hier 60,0 49,7

Restliche 40,0 50,3

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
384 M. Meyer et al.

. Tab. 20.17 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Banken und Versicherungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 15,0 8,7

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,8 2,7

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,6 3,5

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 4,2 5,0

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 4,1 2,6
in Anspruch nehmen

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4,0 9,2

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,5 3,1
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,5 1,4

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 3,1 1,7

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,4 0,8

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 2,3 1,8

F30–F39 Affektive Störungen 1,7 7,4

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,7 2,9
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 1,7 2,4

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,7 1,0

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,7 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,1

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,5 0,8

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,2 1,2

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,2 0,6

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 1,1 0,7

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,0 1,9

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 1,0 0,7

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 1,0 0,4

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,9 0,9
Stimmung und das Verhalten betreffen

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 0,9 0,7


20 N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes 0,8 0,6
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
385 20

. Tab. 20.17 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,8 0,5

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 0,7 0,7
mitäten oder anderer Körperregionen

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,7 0,6
webes

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,7 0,5

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,7 0,4

C00–C75 Bösartige Neubildungen an genau bezeichneten Lokalisationen, als 0,6 2,7


primär festgestellt oder vermutet, ausgenommen lymphatisches, blut-
bildendes und verwandtes Gewebe

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,6 1,4

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,6 0,8

D10–D36 Gutartige Neubildungen 0,6 0,5

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,5


rer Krankheiten

Z70–Z76 Personen, die das Gesundheitswesen aus sonstigen Gründen in An- 0,5 0,9
spruch nehmen

Summe hier 80,6 75,4

Restliche 19,4 24,6

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
386 M. Meyer et al.

20.2 Baugewerbe

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Baugewerbe in den Jah- . Tab. 20.18
ren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Baugewerbe nach Bundesländern im . Tab. 20.19
Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Bauge- . Tab. 20.20
werbe im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Bauge- . Tab. 20.21
werbe im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Baugewerbe im Jahr 2021 . Tab. 20.22

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.23
der Branche Baugewerbe im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Baugewerbe im Jahr . Tab. 20.24
2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.25
Baugewerbe im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.26
gen in der Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.27
che Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.28
Branche Baugewerbe in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Bauge- . Tab. 20.29
werbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Bauge- . Tab. 20.30
werbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.31
in der Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.32
in der Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.33
Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.34
Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
387 20

. Tab. 20.18 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Baugewerbe in den Jahren
1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 5,8 5,1 5,6 140,1 128,3 137,1 14,6 14,0 14,5

1998 6,0 5,2 5,8 143,8 133,8 141,4 14,7 14,0 14,5

1999 6,0 5,5 5,9 153,0 146,3 151,5 14,2 13,9 14,1

2000 6,1 5,4 5,9 157,3 143,2 154,5 14,1 13,8 14,1

2001 6,0 5,5 5,9 156,3 141,5 153,6 14,0 14,1 14,0

2002 5,8 5,2 5,7 154,3 136,0 151,2 13,8 14,0 13,8

2003 5,4 4,6 5,3 148,8 123,0 144,3 13,3 13,7 13,3

2004 5,0 4,1 4,8 136,6 110,8 131,9 13,4 13,7 13,4

2005 4,8 4,0 4,7 136,0 107,1 130,8 13,0 13,7 13,1

2006 4,6 3,8 4,4 131,6 101,9 126,2 12,7 13,7 12,8

2007 4,9 4,2 4,8 141,4 110,3 135,7 12,7 14,0 12,9

2008 (WZ03) 5,1 4,5 4,9 147,8 114,9 141,8 12,5 14,2 12,8

2008 (WZ08)a 5,0 4,4 4,9 147,3 114,3 141,2 12,5 14,2 12,8

2009 5,1 4,7 5,1 151,8 120,8 146,2 12,4 14,2 12,6

2010 5,1 4,7 5,1 147,8 123,2 143,4 12,7 14,0 12,9

2011 5,2 4,4 5,1 154,0 128,0 149,3 12,4 12,7 12,5

2012 5,3 5,1 5,3 152,3 124,6 147,3 12,8 14,9 13,1

2013 5,4 5,2 5,3 158,9 130,1 153,8 12,3 14,5 12,6

2014 5,5 5,4 5,5 156,3 130,9 151,8 12,8 14,9 13,1

2015 5,5 5,6 5,5 162,4 139,6 158,4 12,4 14,5 12,7

2016 5,5 5,5 5,5 160,2 141,5 157,1 12,5 14,1 12,7

2017 5,3 5,5 5,4 154,6 140,5 152,2 12,6 14,4 12,9

2018 5,4 5,7 5,5 159,7 146,7 157,5 12,4 14,1 12,7

2019 5,4 5,7 5,4 154,6 144,4 152,9 12,7 14,4 13,0

2020 5,5 5,8 5,5 141,5 134,4 140,2 14,1 15,8 14,4

2021 5,3 6,0 5,4 147,1 142,3 146,3 13,3 15,3 13,6
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
388 M. Meyer et al.

. Tab. 20.19 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Baugewerbe nach Bundesländern im Jahr
2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,2 158,2 3,5 1.904,7 #1,7 12,0 #5,0 52,5

Bayern 5,1 128,2 5,4 1.853,3 0,4 14,5 #4,8 48,6

Berlin 4,6 120,0 #0,5 1.663,3 #7,1 13,9 #6,6 34,1

Brandenburg 6,3 142,4 0,9 2.296,9 0,9 16,1 #0,1 52,3

Bremen 5,1 138,1 3,8 1.861,1 #7,8 13,5 #11,2 43,7

Hamburg 4,8 115,9 #1,5 1.737,6 #5,6 15,0 #4,2 37,8

Hessen 5,4 144,2 6,1 1.966,5 #3,1 13,6 #8,7 44,2

Mecklenburg-Vorpommern 6,1 138,1 5,3 2.230,0 #0,6 16,1 #5,7 50,8

Niedersachsen 5,9 169,7 4,6 2.136,8 #2,8 12,6 #7,1 56,3

Nordrhein-Westfalen 5,6 158,0 1,9 2.058,2 #3,9 13,0 #5,7 49,8

Rheinland-Pfalz 5,1 128,5 3,7 1.870,2 #2,3 14,6 #5,8 43,9

Saarland 6,2 157,8 3,1 2.272,1 #10,0 14,4 #12,8 51,6

Sachsen 5,8 142,7 6,8 2.112,6 3,1 14,8 #3,4 55,8

Sachsen-Anhalt 6,0 140,9 6,9 2.191,1 3,1 15,5 #3,5 51,4

Schleswig-Holstein 5,5 152,9 1,4 2.015,6 #5,0 13,2 #6,3 51,8

Thüringen 6,1 143,7 6,3 2.222,7 3,1 15,5 #3,0 55,1

West 5,3 147,1 4,0 1.951,5 #2,3 13,3 #6,1 49,4

Ost 6,0 142,3 5,9 2.176,0 2,6 15,3 #3,1 54,2

Bund 5,4 146,3 4,3 1.988,0 #1,5 13,6 #5,6 50,1

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
389 20

. Tab. 20.20 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Baugewerbe
im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Hochbau 6,0 4,8 137,9 2.203,9 16,0 50,4

Tiefbau 6,1 4,9 147,7 2.241,0 15,2 52,4

Vorbereitende Baustellenar- 5,2 4,8 148,3 1.893,7 12,8 49,7


beiten, Bauinstallation und
sonstiges Ausbaugewerbe

Branche gesamt 5,4 4,8 146,3 1.988,0 13,6 50,1

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.21 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Baugewerbe
im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe für Maler- u. Lackie- 5,8 174,4 2.104,1 12,1 57,2 5,8
rerarbeiten

Berufe im Aus- u. Trockenbau 4,8 125,4 1.760,7 14,0 38,8 3,7


(ohne Spez.)

Berufe im Beton- u. Stahlbe- 6,0 134,7 2.178,3 16,2 41,2 1,9


tonbau

Berufe im Hochbau (ohne 5,2 124,6 1.907,5 15,3 38,6 17,7


Spez.)

Berufe im Holz-, Möbel- 5,4 155,6 1.957,3 12,6 57,9 1,6


u. Innenausbau

Berufe im Maurerhandwerk 7,2 161,7 2.617,3 16,2 59,4 4,4

Berufe im Straßen- 6,7 182,7 2.440,9 13,4 63,3 1,6


u. Asphaltbau

Berufe im Tiefbau (ohne 6,8 158,7 2.476,4 15,6 53,9 3,6


Spez.)

Berufe in der Bauelektrik 5,0 185,7 1.843,1 9,9 59,3 5,2

Berufe in der Dachdeckerei 6,8 177,5 2.472,9 13,9 61,5 2,0


390 M. Meyer et al.

. Tab. 20.21 (Fortsetzung)

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe in der Elektrotechnik 5,2 168,5 1.893,6 11,2 52,3 1,9
(ohne Spez.)

Berufe in der Fliesen-, 5,6 155,0 2.037,1 13,1 55,5 1,3


Platten- u. Mosaikverlegung

Berufe in der Maschinenbau- 5,4 144,5 1.976,2 13,7 47,8 1,3


u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Sanitär-, 5,8 192,0 2.101,1 10,9 62,6 6,5


Heizungs- u. Klimatechnik

Berufe in der Zimmerei 6,1 154,9 2.216,6 14,3 60,5 2,0

Berufskraftfahrer/innen 6,6 129,4 2.406,5 18,6 52,6 1,2


(Güterverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,2 98,3 1.180,8 12,0 41,2 5,7


(ohne Spez.)

Führer/innen von 6,9 140,4 2.510,4 17,9 56,5 1,9


Erdbewegungs- u. verwandten
Maschinen

Kaufmännische u. technische 3,3 108,4 1.197,7 11,0 47,5 1,4


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Maschinen- u. Gerätezusam- 5,8 136,1 2.133,6 15,7 48,1 1,7


mensetzer/innen

Branche gesamt 5,4 146,3 1.988,0 13,6 50,1 7,6b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
391 20

. Tab. 20.22 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Baugewerbe im Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 38,4 5,4 35,0 5,2

4–7 Tage 27,3 10,0 29,0 11,1

8–14 Tage 16,2 12,4 17,6 13,9

15–21 Tage 6,4 8,1 6,9 8,9

22–28 Tage 2,8 5,1 3,2 5,9

29–42 Tage 3,0 7,7 3,3 8,7

> 42 Tage 5,8 51,4 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.23 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in der
Branche Baugewerbe im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Hochbau 22,8 22,2 22,2 20,8 22,8 21,6

Tiefbau 23,3 23,5 21,6 22,3 8,2 22,6

Vorbereitende Baustellenarbeiten, 19,7 19,9 17,4 17,8 21,5 21,0


Bauinstallation und sonstiges Ausbauge-
werbe

Branche gesamt 20,8 21,3 20,1 20,2 18,6 21,8

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022
392 M. Meyer et al.

. Tab. 20.24 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Baugewerbe im Jahr 2021,
AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Hochbau 6,1 6,9 4,9 1,7 2,2 5,6 5,3

Tiefbau 6,5 6,8 4,9 2,5 2,5 5,6 5,3

Vorbereitende Bau- 5,1 5,7 4,5 2,4 2,8 4,1 4,6


stellenarbeiten,
Bauinstallation und
sonstiges Ausbauge-
werbe

Branche gesamt 5,4 6,1 4,6 2,1 2,6 4,5 4,8

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.25 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Baugewerbe im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Hochbau 22,2 25,1 17,9 6,2 8,0 20,4 19,3

Tiefbau 23,8 24,8 17,9 9,0 9,0 20,5 19,5

Vorbereitende Bau- 18,8 21,0 16,6 8,7 10,4 14,9 16,9


stellenarbeiten,
Bauinstallation und
sonstiges Ausbauge-
werbe

Branche gesamt 19,9 22,2 17,0 7,8 9,3 16,5 17,6

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
393 20

. Tab. 20.26 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen in
der Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Hochbau 6,9 13,9

Tiefbau 5,7 11,0

Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbauge- 5,7 11,4


werbe

Branche gesamt 5,9 11,9

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
394 M. Meyer et al.

. Tab. 20.27 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe in der Zimmerei 4.846,8 170,6

Berufe in der Dachdeckerei 3.799,4 156,4

Berufe im Maurerhandwerk 3.723,6 122,8

Berufe im Beton- u. Stahlbetonbau 3.461,3 110,7

Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 3.392,6 95,6

Berufe im Hochbau (ohne Spez.) 3.135,4 96,1

Berufe im Tiefbau (ohne Spez.) 3.011,0 104,0

Berufe im Straßen- u. Asphaltbau 2.911,9 107,4

Berufe im Holz-, Möbel- u. Innenausbau 2.523,4 113,7

Führer/innen von Erdbewegungs- u. verwandten Maschinen 2.509,8 75,1

Maschinen- u. Gerätezusammensetzer/innen 2.439,6 85,7

Berufe im Aus- u. Trockenbau (ohne Spez.) 2.406,0 82,6

Berufe in der Sanitär-, Heizungs- u. Klimatechnik 2.240,5 114,1

Berufe in der Maschinenbau- u. Betriebstechnik (ohne Spez.) 2.206,0 85,2

Berufe für Maler- u. Lackiererarbeiten 2.099,9 85,3

Berufe in der Elektrotechnik (ohne Spez.) 2.031,6 81,7

Berufe in der Bauelektrik 1.765,8 86,6

Berufe in der Fliesen-, Platten- u. Mosaikverlegung 1.702,2 70,8

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 343,6 11,8

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 268,2 8,5

Branche gesamt 2.357,2 86,0

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
395 20

. Tab. 20.28 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der Branche
Baugewerbe in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 65,3 2,7 180,0 7,0 270,4 35,5 162,5 20,5 677,9 34,4 553,6 31,9

1998 69,2 2,9 179,1 7,3 273,9 37,1 160,7 20,9 715,7 37,0 548,9 31,7

1999 72,2 3,1 180,3 7,5 302,6 41,7 160,6 22,4 756,0 39,5 547,9 32,2

2000 80,8 3,6 159,7 6,9 275,1 39,2 144,2 19,3 780,1 41,2 528,8 31,2

2001 89,0 4,2 163,6 7,3 262,0 39,0 145,0 19,7 799,9 42,3 508,4 30,3

2002 90,7 4,4 159,7 7,3 240,8 36,7 141,0 20,2 787,2 41,8 502,0 29,7

2003 84,7 4,3 150,0 7,1 233,3 36,7 130,8 19,1 699,3 38,2 469,0 28,6

2004 102,0 4,4 158,3 6,6 200,2 30,6 132,1 18,6 647,6 36,0 446,6 26,8

2005 101,1 4,2 155,2 6,5 227,0 34,7 122,8 17,0 610,4 34,2 435,3 25,7

2006 91,9 4,1 146,4 6,4 184,3 29,1 119,4 17,8 570,6 33,8 442,6 26,4

2007 105,1 4,4 148,5 6,6 211,9 33,5 128,7 19,3 619,3 35,6 453,9 26,0

2008 (WZ03) 108,2 4,6 157,3 6,9 218,5 34,9 132,8 20,4 646,1 37,0 459,8 26,5

2008 (WZ08)a 107,3 4,6 156,4 6,9 217,0 34,7 131,4 20,2 642,3 36,9 459,2 26,5

2009 112,3 4,9 163,5 7,1 254,8 40,1 132,5 19,8 629,8 35,7 458,7 26,0

2010 121,0 5,0 160,5 6,9 216,2 34,1 127,0 18,4 654,5 36,6 473,1 26,5

2011 124,5 5,5 154,9 7,1 224,1 35,9 124,9 18,8 631,6 37,4 464,5 26,4

2012 143,7 5,7 178,5 7,4 223,4 35,0 133,8 18,7 679,9 37,5 475,7 25,0

2013 146,2 5,8 177,4 6,9 271,3 42,0 136,2 18,9 666,4 36,9 462,7 24,5

2014 157,4 6,4 183,4 7,3 227,2 35,6 139,0 19,3 716,4 38,9 475,9 24,6

2015 161,3 6,5 179,6 7,3 272,6 42,5 138,2 19,2 694,8 38,0 463,5 23,8

2016 159,3 6,5 162,8 7,4 254,0 40,8 130,8 19,0 708,1 38,3 459,7 23,3

2017 157,7 6,5 158,6 7,2 249,5 39,6 125,8 17,9 690,3 37,2 447,8 22,1

2018 161,2 6,6 155,9 7,3 273,2 42,6 124,1 17,9 679,6 37,0 455,8 22,2

2019 170,3 6,7 160,0 7,4 238,9 39,0 121,3 17,5 689,2 37,0 447,2 21,2

2020 177,6 6,3 161,0 6,6 254,9 33,9 117,4 15,5 714,9 36,5 435,0 19,1

2021 179,3 6,5 156,3 6,8 237,7 32,6 111,5 14,9 711,1 38,1 428,1 22,7
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
396 M. Meyer et al.

. Tab. 20.29 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Baugewerbe
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Hochbau 5,9 6,2 7,2 3,9 26,7 16,0 34,2

Tiefbau 6,7 6,4 7,7 4,1 26,5 13,5 35,1

Vorbereitende Baustellenar- 6,5 5,2 9,1 4,0 24,8 15,4 34,9


beiten, Bauinstallation und
sonstiges Ausbaugewerbe

Branche gesamt 6,4 5,6 8,5 4,0 25,4 15,3 34,8

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.30 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Baugewerbe
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen

Hochbau 3,0 3,8 14,2 7,2 19,0 11,4 41,4

Tiefbau 3,4 4,0 14,0 7,4 19,1 10,2 41,9

Vorbereitende Baustellenar- 3,1 3,0 16,3 7,1 18,0 10,9 41,5


beiten, Bauinstallation und
sonstiges Ausbaugewerbe

Branche gesamt 3,1 3,3 15,7 7,2 18,3 10,9 41,5

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
397 20

. Tab. 20.31 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe für Maler- u. 6,3 5,4 9,0 4,1 26,3 14,8 34,2
Lackiererarbeiten

Berufe im Aus- u. Trocken- 4,8 4,8 8,2 4,2 27,6 17,3 33,1
bau (ohne Spez.)

Berufe im Beton- u. Stahl- 5,0 5,9 6,6 3,9 27,6 17,8 33,2
betonbau

Berufe im Hochbau (ohne 4,9 5,7 7,0 4,1 27,2 18,1 32,8
Spez.)

Berufe im Holz-, Möbel- 6,6 4,6 8,8 3,9 24,6 18,3 33,3
u. Innenausbau

Berufe im Maurerhand- 4,8 5,8 6,6 3,8 29,7 17,1 32,3


werk

Berufe im Straßen- 6,4 5,9 8,2 3,9 27,0 15,1 33,4


u. Asphaltbau

Berufe im Tiefbau (ohne 5,0 6,4 7,3 4,2 28,4 14,6 34,2
Spez.)

Berufe in der Bauelektrik 6,8 4,5 11,9 4,3 21,0 15,6 35,9

Berufe in der Dachdeckerei 5,3 5,3 7,4 3,5 27,3 19,7 31,4

Berufe in der Elektrotech- 6,4 4,8 10,7 4,4 24,0 15,1 34,7
nik (ohne Spez.)

Berufe in der Fliesen-, 5,6 5,5 8,1 3,5 31,3 13,0 33,1
Platten- u. Mosaikverle-
gung

Berufe in der 6,6 5,4 8,5 3,8 26,5 15,4 33,8


Maschinenbau- u. Be-
triebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Sanitär-, 5,6 5,0 10,3 3,9 24,1 16,1 35,0
Heizungs- u. Klimatechnik

Berufe in der Zimmerei 4,5 4,7 7,9 3,3 24,7 24,2 30,7

Berufskraftfahrer/innen 5,9 8,3 6,2 4,0 23,9 14,3 37,4


(Güterverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 13,0 4,6 10,4 4,0 15,3 8,1 44,6


(ohne Spez.)

Führer/innen von 6,0 7,9 7,1 3,9 26,9 11,4 36,8


Erdbewegungs- u. ver-
wandten Maschinen
398 M. Meyer et al.

. Tab. 20.31 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Kaufmännische u. tech- 13,2 4,1 12,3 4,0 13,6 8,7 44,1
nische Betriebswirtschaft
(ohne Spez.)

Maschinen- u. Gerätezu- 6,3 6,0 8,2 4,1 25,9 14,7 34,9


sammensetzer/innen

Branche gesamt 6,4 5,6 8,5 4,0 25,4 15,3 34,8

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.32 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe für Maler- u. Lackie- 3,2 2,7 16,5 7,4 18,5 11,0 40,7
rerarbeiten

Berufe im Aus- u. Trockenbau 2,8 3,2 14,7 7,0 21,7 11,1 39,5
(ohne Spez.)

Berufe im Beton- u. Stahlbe- 2,9 3,9 13,1 7,0 22,0 11,9 39,3
tonbau

Berufe im Hochbau (ohne 2,8 3,4 13,1 7,0 22,1 12,0 39,6
Spez.)

Berufe im Holz-, Möbel- 2,9 2,7 16,5 7,0 17,2 13,2 40,4
u. Innenausbau

Berufe im Maurerhandwerk 2,5 3,6 14,0 7,2 20,1 12,8 39,8

Berufe im Straßen- 2,8 3,3 15,9 7,3 17,8 11,5 41,3


u. Asphaltbau

Berufe im Tiefbau (ohne 3,0 4,0 13,3 7,3 21,0 11,1 40,3
Spez.)

Berufe in der Bauelektrik 2,8 2,5 19,5 7,1 15,1 11,1 42,0

Berufe in der Dachdeckerei 2,7 2,6 14,9 7,0 18,5 14,2 40,0

Berufe in der Elektrotechnik 3,0 2,8 17,6 7,2 18,2 10,1 41,1
(ohne Spez.)

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
399 20

. Tab. 20.32 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe in der Fliesen-, 2,6 2,8 15,6 7,0 21,8 10,6 39,6
Platten- u. Mosaikverle-
gung

Berufe in der 3,3 3,1 15,7 7,1 20,5 10,6 39,7


Maschinenbau- u. Be-
triebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Sanitär-, 2,6 2,5 18,1 7,2 16,3 12,0 41,3
Heizungs- u. Klimatechnik

Berufe in der Zimmerei 2,2 2,5 16,8 6,3 17,1 16,7 38,3

Berufskraftfahrer/innen 3,3 5,4 11,6 7,5 18,2 10,2 43,7


(Güterverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 5,2 3,3 17,2 7,4 10,1 5,9 50,9


(ohne Spez.)

Führer/innen von 3,3 5,3 12,4 7,7 18,6 9,4 43,4


Erdbewegungs- u. ver-
wandten Maschinen

Kaufmännische u. tech- 4,7 3,1 19,4 7,9 9,4 6,3 49,3


nische Betriebswirtschaft
(ohne Spez.)

Maschinen- u. Gerätezu- 3,5 3,5 15,0 6,8 20,5 10,5 40,2


sammensetzer/innen

Branche gesamt 3,1 3,3 15,7 7,2 18,3 10,9 41,5

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
400 M. Meyer et al.

. Tab. 20.33 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 8,1 3,8
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 6,9 6,6

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 3,9 2,0

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,3 1,9
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,9 0,8
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 1,9 1,5
nummern U07.-

R51 Kopfschmerz 1,8 0,5

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,8 0,4

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,6 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,5 1,9

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 1,4 1,4

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,4 1,3

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,4 0,6

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,2 0,8
ziert

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,2 0,5

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,0 0,4

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,9 2,4

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,9 0,7

K29 Gastritis und Duodenitis 0,9 0,4

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,9 0,3

M75 Schulterläsionen 0,8 2,2

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 0,8 1,4

R53 Unwohlsein und Ermüdung 0,8 0,6

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,8 0,1
Impfstoffen

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 2,2

20 M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,7 1,7


Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
401 20

. Tab. 20.33 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M77 Sonstige Enthesopathien 0,7 0,9

S93 Luxation, Verstauchung und Zerrung der Gelenke und Bänder in Höhe des 0,7 0,9
oberen Sprunggelenkes und des Fußes

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,7 0,2

F32 Depressive Episode 0,6 1,7

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,3

S83 Luxation, Verstauchung und Zerrung des Kniegelenkes und von Bändern 0,5 1,2
des Kniegelenkes

M47 Spondylose 0,5 0,8

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,5 0,6
klassifiziert

S61 Offene Wunde des Handgelenkes und der Hand 0,5 0,5

R42 Schwindel und Taumel 0,5 0,4

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,5 0,3

J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 0,5 0,2

Summe hier 57,5 45,3

Restliche 42,5 54,7

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
402 M. Meyer et al.

. Tab. 20.34 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Baugewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 10,9 5,1

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 8,2 8,9

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,4 2,7

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,2 2,2

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,8 2,3
in Anspruch nehmen

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,4 1,0

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 3,3 4,8

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,2 2,1
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,4 1,1

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,3 0,6

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 2,2 3,7

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 2,0 0,6
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,7 3,9
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1,7 3,1

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,6 1,8
mitäten oder anderer Körperregionen

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,6 1,5

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 1,5 2,4

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,1

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,3 0,6

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,3 0,6

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 1,2 1,9

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,2 1,0

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 1,1 2,7

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,1 0,4

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,0 0,9

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 1,0 0,9
20 webes
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
403 20

. Tab. 20.34 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M15–M19 Arthrose 0,9 2,8

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,9 0,7

F30–F39 Affektive Störungen 0,8 2,5

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,8 0,6

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,8 0,6
Stimmung und das Verhalten betreffen

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,8 0,5

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,5

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,7 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,7 0,4

M05–M14 Entzündliche Polyarthropathien 0,6 0,7

S00–S09 Verletzungen des Kopfes 0,6 0,7

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,6 0,3

Summe hier 79,4 71,0

Restliche 20,6 29,0

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
404 M. Meyer et al.

20.3 Dienstleistungen

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Dienstleistungen in den . Tab. 20.35
Jahren 2000 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Dienstleistungen nach Bundesländern . Tab. 20.36
im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Dienst- . Tab. 20.37
leistungen im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Dienst- . Tab. 20.38
leistungen im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Dienstleistungen im Jahr . Tab. 20.39
2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.40
der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Dienstleistungen im Jahr . Tab. 20.41
2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.42
Dienstleistungen im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.43
gen in der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.44
che Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.45
Branche Dienstleistungen in den Jahren 2000 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Dienst- . Tab. 20.46
leistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche . Tab. 20.47
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.48
in der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.49
in der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.50
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.51
Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
405 20

. Tab. 20.35 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Dienstleistungen in den
Jahren 2000 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


2000 4,6 5,6 4,8 148,6 164,9 150,9 11,4 12,3 11,5

2001 4,6 5,4 4,7 146,9 156,2 148,2 11,4 12,7 11,6

2002 4,5 5,2 4,6 145,2 151,7 146,1 11,3 12,4 11,5

2003 4,3 4,7 4,3 141,5 142,9 141,7 11,0 11,9 11,2

2004 3,9 4,1 4,0 126,9 126,1 126,8 11,3 12,0 11,4

2005 3,8 3,9 3,8 126,6 120,6 125,6 11,0 11,8 11,2

2006 3,7 3,8 3,8 127,3 118,9 125,9 10,7 11,6 10,9

2007 4,0 4,1 4,1 140,5 129,9 138,7 10,5 11,5 10,7

2008 (WZ03) 4,2 4,3 4,2 149,0 134,6 146,5 10,4 11,6 10,6
a
2008 (WZ08) 4,1 4,2 4,1 147,0 135,3 145,0 10,3 11,4 10,4

2009 4,2 4,5 4,2 146,3 140,1 145,2 10,4 11,6 10,6

2010 4,2 4,6 4,2 146,7 146,7 146,7 10,4 11,3 10,5

2011 4,3 4,4 4,3 152,5 148,8 151,9 10,2 10,7 10,3

2012 4,3 4,7 4,4 148,4 136,4 146,4 10,6 12,5 10,9

2013 4,3 4,7 4,4 151,5 141,0 149,7 10,3 12,3 10,6

2014 4,3 4,8 4,4 148,4 138,9 146,8 10,6 12,6 10,9

2015 4,4 4,9 4,5 153,9 146,5 152,7 10,4 12,1 10,7

2016 4,3 5,0 4,4 151,3 148,5 150,8 10,4 12,3 10,7

2017 4,3 5,1 4,4 148,6 149,0 148,7 10,5 12,5 10,8

2018 4,4 5,3 4,5 152,5 153,5 152,7 10,5 12,5 10,8

2019 4,3 5,2 4,5 146,4 147,9 146,6 10,8 12,8 11,1

2020 4,2 5,1 4,4 121,4 128,4 122,5 12,7 14,6 13,1

2021 4,1 5,1 4,2 124,2 131,0 125,3 12,0 14,3 12,4
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
406 M. Meyer et al.

. Tab. 20.36 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Dienstleistungen nach Bundesländern im
Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 3,8 126,5 2,9 1.388,8 #3,8 11,0 #6,5 41,9

Bayern 3,6 105,6 2,6 1.321,1 #2,2 12,5 #4,7 36,3

Berlin 4,1 118,5 #3,2 1.490,3 #6,5 12,6 #3,4 36,8

Brandenburg 5,1 122,1 #1,7 1.865,5 #5,5 15,3 #3,9 40,6

Bremen 4,5 125,6 #0,2 1.628,0 #4,7 13,0 #4,5 38,6

Hamburg 3,6 97,5 #0,4 1.311,5 #6,4 13,4 #6,0 32,0

Hessen 4,2 133,5 3,4 1.550,7 #4,5 11,6 #7,6 41,0

Mecklenburg-Vorpommern 4,9 110,5 #1,2 1.789,2 #2,4 16,2 #1,2 38,9

Niedersachsen 4,6 143,6 3,6 1.672,4 #2,9 11,6 #6,3 45,2

Nordrhein-Westfalen 4,4 136,1 2,1 1.615,7 #4,4 11,9 #6,4 41,2

Rheinland-Pfalz 3,8 104,5 1,7 1.394,8 #5,8 13,4 #7,4 33,5

Saarland 4,5 122,7 2,0 1.648,8 #4,9 13,4 #6,7 39,3

Sachsen 5,0 132,6 2,1 1.811,0 0,0 13,7 #2,0 48,4

Sachsen-Anhalt 5,3 129,5 1,7 1.946,3 #1,2 15,0 #2,9 43,9

Schleswig-Holstein 4,5 122,6 1,0 1.643,2 #3,8 13,4 #4,7 39,4

Thüringen 5,5 141,9 5,0 1.994,2 1,5 14,0 #3,3 47,0

West 4,1 124,2 2,3 1.486,1 #4,0 12,0 #6,1 39,8

Ost 5,1 131,0 2,0 1.867,0 #0,7 14,3 #2,6 45,8

Bund 4,2 125,3 2,3 1.548,3 #3,4 12,4 #5,5 40,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
407 20

. Tab. 20.37 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Dienstleistun-
gen im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Erbringung von freiberuflichen, 3,4 3,8 114,6 1.239,3 10,8 43,4
wissenschaftlichen und technischen
Dienstleistungen

Erbringung von sonstigen Dienst- 4,7 4,6 128,4 1.710,0 13,3 47,1
leistungen

Erbringung von sonstigen wirt- 5,2 5,4 163,3 1.910,9 11,7 43,1
schaftlichen Dienstleistungen

Gastgewerbe 3,5 3,6 82,4 1.265,5 15,4 31,3

Grundstücks- und Wohnungswesen 4,6 4,4 119,7 1.667,8 13,9 45,4

Information und Kommunikation 3,0 3,6 95,3 1.087,1 11,4 36,9

Kunst, Unterhaltung und Erholung 4,1 4,1 98,3 1.483,8 15,1 38,0

Private Haushalte mit Hauspersonal, 3,3 3,0 78,9 1.187,5 15,0 31,2
Herstellung von Waren und Erbrin-
gung von Dienstleistungen durch
private Haushalte für den Eigenbe-
darf

Branche gesamt 4,2 4,4 125,3 1.548,3 12,4 40,7

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022
408 M. Meyer et al.

. Tab. 20.38 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Dienstleis-
tungen im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe im Dialogmarketing 6,7 232,2 2.451,4 10,6 51,7 1,4

Berufe im Friseurgewerbe 3,2 111,0 1.152,7 10,4 42,7 1,8

Berufe im Gartenbau (ohne 5,6 157,5 2.043,7 13,0 49,1 1,2


Spez.)

Berufe im Gastronomieser- 3,2 76,2 1.154,6 15,1 29,1 6,5


vice (ohne Spez.)

Berufe im Hotelservice 3,6 100,1 1.299,3 13,0 37,5 2,0

Berufe im Objekt-, Werte- 5,6 132,7 2.052,6 15,5 42,9 3,2


u. Personenschutz

Berufe in der Gebäudereini- 6,0 147,6 2.186,9 14,8 47,7 1,8


gung

Berufe in der Gebäudetechnik 5,4 118,5 1.966,8 16,6 45,2 1,8


(ohne Spez.)

Berufe in der Hauswirtschaft 5,4 122,0 1.964,8 16,1 42,9 1,2

Berufe in der Lagerwirtschaft 5,1 209,6 1.877,3 9,0 39,5 9,7

Berufe in der Maschinenbau- 4,9 164,9 1.781,6 10,8 45,6 1,0


u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Metallbearbei- 4,9 219,3 1.776,7 8,1 46,5 2,3


tung (ohne Spez.)

Berufe in der Reinigung (oh- 5,7 141,0 2.068,4 14,7 46,3 10,4
ne Spez.)

Berufe in der Steuerberatung 3,0 129,2 1.080,6 8,4 49,9 1,4

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,4 112,7 1.258,8 11,2 41,2 4,9


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 3,4 111,5 1.226,4 11,0 43,5 1,7


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 3,7 84,8 1.355,9 16,0 32,0 6,7


Spez.)

Branche gesamt 4,2 125,3 1.548,3 12,4 40,7 27,5b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
409 20

. Tab. 20.39 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 35,2 5,6 35,0 5,2

4–7 Tage 29,8 12,2 29,0 11,1

8–14 Tage 17,7 14,9 17,6 13,9

15–21 Tage 6,8 9,4 6,9 8,9

22–28 Tage 2,9 5,8 3,2 5,9

29–42 Tage 3,0 8,4 3,3 8,7

> 42 Tage 4,5 43,6 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.40 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in der
Branche Dienstleistungen im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Erbringung von freiberuflichen, wis- 12,9 15,1 15,6 16,6 17,4 17,4
senschaftlichen und technischen
Dienstleistungen

Erbringung von sonstigen Dienstleistun- 19,5 22,4 23,8 22,7 19,0 22,7
gen

Erbringung von sonstigen wirtschaftli- 19,5 20,3 20,0 20,2 20,2 18,6
chen Dienstleistungen

Gastgewerbe 13,9 17,2 20,0 20,9 28,0 –

Grundstücks- und Wohnungswesen 18,8 23,0 25,0 19,5 12,6 –

Information und Kommunikation 11,0 13,5 15,6 14,2 18,9 8,5

Kunst, Unterhaltung und Erholung 16,8 18,8 18,9 22,8 18,7 15,2

Private Haushalte mit Hauspersonal, 19,8 – – – – –


Herstellung von Waren und Erbrin-
gung von Dienstleistungen durch private
Haushalte für den Eigenbedarf

Branche gesamt 16,0 19,0 19,7 19,7 20,0 17,1

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022
410 M. Meyer et al.

. Tab. 20.41 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Dienstleistungen im Jahr
2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Erbringung von 4,1 4,1 3,4 1,8 1,9 1,5 3,6
freiberuflichen, wis-
senschaftlichen und
technischen Dienstleis-
tungen

Erbringung von sonsti- 5,3 5,2 4,7 2,6 2,9 1,9 4,2
gen Dienstleistungen

Erbringung von sons- 5,2 5,9 4,7 2,3 2,8 3,9 5,0
tigen wirtschaftlichen
Dienstleistungen

Gastgewerbe 3,8 4,2 3,9 2,2 3,0 3,1 3,0

Grundstücks- und 4,8 5,1 4,3 2,0 2,7 2,2 4,4


Wohnungswesen

Information und Kom- 3,7 3,8 3,1 1,5 1,7 1,3 3,2
munikation

Kunst, Unterhaltung 4,3 4,8 4,4 2,1 2,9 1,7 3,6


und Erholung

Private Haushalte 3,0 3,8 3,6 2,7 2,2 4,2 3,0


mit Hauspersonal,
Herstellung von Waren
und Erbringung von
Dienstleistungen durch
private Haushalte für
den Eigenbedarf

Branche gesamt 4,7 4,9 4,0 1,9 2,2 1,8 4,1

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
411 20

. Tab. 20.42 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Dienstleistungen im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Erbringung von 15,0 14,8 12,3 6,5 7,0 5,4 13,3
freiberuflichen, wis-
senschaftlichen und
technischen Dienstleis-
tungen

Erbringung von sonsti- 19,3 18,9 17,2 9,5 10,7 6,8 15,4
gen Dienstleistungen

Erbringung von sons- 19,0 21,5 17,2 8,4 10,3 14,3 18,3
tigen wirtschaftlichen
Dienstleistungen

Gastgewerbe 13,8 15,5 14,2 8,0 10,9 11,4 11,0

Grundstücks- und 17,4 18,5 15,6 7,5 9,8 7,9 16,1


Wohnungswesen

Information und Kom- 13,5 13,8 11,2 5,5 6,3 4,9 11,5
munikation

Kunst, Unterhaltung 15,8 17,5 16,1 7,6 10,5 6,4 13,3


und Erholung

Private Haushalte 11,1 13,7 13,1 9,9 8,1 15,5 11,1


mit Hauspersonal,
Herstellung von Waren
und Erbringung von
Dienstleistungen durch
private Haushalte für
den Eigenbedarf

Branche gesamt 17,1 17,7 14,5 6,9 7,9 6,7 15,0

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022
412 M. Meyer et al.

. Tab. 20.43 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen in
der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienst- 1,7 3,5
leistungen

Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 2,0 3,9

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen 3,5 6,5

Gastgewerbe 3,2 4,9

Grundstücks- und Wohnungswesen 2,5 5,2

Information und Kommunikation 1,4 3,1

Kunst, Unterhaltung und Erholung 4,1 8,2

Private Haushalte mit Hauspersonal, Herstellung von Waren und Erbringung 1,9 3,9
von Dienstleistungen durch private Haushalte für den Eigenbedarf

Branche gesamt 2,8 5,3

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
413 20

. Tab. 20.44 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe im Gartenbau (ohne Spez.) 2.152,6 86,8

Berufe in der Gebäudetechnik (ohne Spez.) 1.418,5 49,1

Berufe in der Metallbearbeitung (ohne Spez.) 1.399,6 90,4

Berufe in der Lagerwirtschaft 1.375,0 83,9

Berufe in der Maschinenbau- u. Betriebstechnik (ohne Spez.) 1.262,9 67,2

Berufe in der Gebäudereinigung 1.159,6 41,0

Berufe im Objekt-, Werte- u. Personenschutz 1.071,7 38,4

Berufe in der Reinigung (ohne Spez.) 964,9 34,2

Berufe in der Hauswirtschaft 797,5 26,9

Köche/Köchinnen (ohne Spez.) 694,2 31,8

Berufe im Gastronomieservice (ohne Spez.) 528,5 22,9

Berufe im Hotelservice 489,1 22,0

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 287,9 11,4

Berufe im Dialogmarketing 270,9 11,9

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 254,7 9,3

Berufe im Friseurgewerbe 220,8 10,3

Berufe in der Steuerberatung 178,6 8,4

Branche gesamt 818,6 35,5

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022
414 M. Meyer et al.

. Tab. 20.45 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der Branche
Dienstleistungen in den Jahren 2000 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
2000 136,7 7,0 127,0 8,2 307,0 44,0 141,7 20,3 508,6 33,5 260,6 18,2

2001 146,4 7,8 131,4 8,8 292,2 43,4 142,1 20,8 521,6 34,6 256,4 18,1

2002 151,6 8,1 128,1 8,8 277,1 41,7 141,6 21,3 511,8 34,2 247,1 17,4

2003 146,8 8,0 122,1 8,6 275,7 42,5 132,9 20,5 464,0 31,5 235,5 16,5

2004 158,8 7,9 125,2 7,6 233,4 35,2 129,7 19,4 435,6 28,8 223,9 15,3

2005 150,9 7,4 118,9 7,2 259,5 39,2 119,8 17,8 404,7 27,1 216,7 14,7

2006 152,0 7,6 117,2 7,4 223,5 35,0 123,8 19,3 409,4 28,3 226,9 15,8

2007 167,4 8,3 120,3 7,5 254,8 40,1 133,9 21,5 433,8 30,2 232,0 16,1

2008 (WZ03) 177,0 8,7 124,0 7,8 267,3 42,3 140,4 22,7 455,9 31,9 237,7 16,5
a
2008 (WZ08) 174,8 8,7 119,2 7,6 263,3 42,1 137,3 22,5 441,1 31,2 232,7 16,3

2009 185,8 9,0 119,6 7,4 298,3 46,6 132,1 21,0 427,9 29,0 224,2 14,9

2010 196,5 9,4 116,5 7,4 259,2 41,6 121,2 19,6 448,4 30,8 241,3 16,3

2011 202,9 9,9 112,1 7,3 265,7 42,5 121,5 19,7 437,6 31,5 237,7 16,1

2012 228,4 10,2 125,1 7,4 262,6 41,2 124,2 19,1 460,1 30,9 236,0 14,8

2013 220,0 9,8 121,0 6,9 306,3 47,5 120,6 18,5 445,0 30,1 230,5 14,4

2014 238,5 10,6 125,3 7,2 255,5 40,6 123,9 18,9 471,5 31,4 233,6 14,4

2015 239,8 10,5 122,7 7,2 303,2 47,5 119,9 18,4 456,9 30,6 228,3 14,0

2016 242,5 10,5 114,0 7,2 283,9 45,5 115,7 18,2 464,1 30,9 226,2 13,7

2017 245,4 10,5 111,0 7,0 285,2 45,2 111,5 17,3 460,8 30,5 226,5 13,3

2018 250,9 10,7 110,3 7,0 304,1 47,3 109,6 17,0 459,9 30,6 225,1 13,3

2019 260,9 10,7 109,5 6,8 266,6 43,4 105,3 16,2 464,1 30,2 222,4 12,5

2020 269,3 9,5 109,5 6,0 270,2 35,1 96,8 13,2 466,8 27,0 208,6 10,4

2021 268,0 9,8 108,1 6,1 222,9 30,4 90,5 12,7 453,9 28,7 215,8 13,8
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
415 20

. Tab. 20.46 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Erbringung von freiberuf- 15,0 3,9 12,2 4,2 15,6 8,4 40,7
lichen, wissenschaftlichen
und technischen Dienstleis-
tungen

Erbringung von sonstigen 13,8 4,4 10,3 3,7 19,2 8,7 39,8
Dienstleistungen

Erbringung von sonstigen 10,3 5,1 9,8 4,1 23,2 10,4 37,0
wirtschaftlichen Dienstleis-
tungen

Gastgewerbe 11,3 5,3 8,3 4,0 20,5 10,3 40,4

Grundstücks- und Woh- 11,4 5,7 9,9 4,1 19,8 9,2 39,8
nungswesen

Information und Kommuni- 16,6 4,3 11,8 4,4 15,0 8,0 39,9
kation

Kunst, Unterhaltung und 13,5 5,2 9,0 3,7 18,4 11,8 38,3
Erholung

Private Haushalte mit 11,1 5,0 8,1 3,8 19,9 9,5 42,6
Hauspersonal, Herstellung
von Waren und Erbringung
von Dienstleistungen durch
private Haushalte für den
Eigenbedarf

Branche gesamt 12,1 4,9 10,0 4,1 20,4 9,7 38,8

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022
416 M. Meyer et al.

. Tab. 20.47 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Erbringung von freiberuf- 5,5 2,7 19,4 7,2 11,1 6,8 47,2
lichen, wissenschaftlichen
und technischen Dienstleis-
tungen

Erbringung von sonstigen 5,9 3,3 17,5 6,6 13,5 6,9 46,4
Dienstleistungen

Erbringung von sonstigen 4,9 3,3 15,2 6,8 18,6 7,9 43,2
wirtschaftlichen Dienstleis-
tungen

Gastgewerbe 5,2 3,7 14,3 6,3 14,3 7,6 48,5

Grundstücks- und Woh- 5,4 3,9 16,4 7,5 14,0 7,0 45,9
nungswesen

Information und Kommuni- 6,1 2,9 19,3 7,2 11,1 6,4 47,0
kation

Kunst, Unterhaltung und 6,0 3,7 16,1 6,5 12,6 8,2 47,0
Erholung

Private Haushalte mit 5,5 4,3 14,2 6,1 13,4 6,9 49,6
Hauspersonal, Herstellung
von Waren und Erbringung
von Dienstleistungen durch
private Haushalte für den
Eigenbedarf

Branche gesamt 5,3 3,3 16,3 6,8 15,4 7,4 45,4

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
417 20

. Tab. 20.48 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Dialogmarketing 21,3 3,4 12,2 5,1 13,5 4,8 39,7

Berufe im Friseurgewerbe 12,6 2,9 11,9 3,9 16,3 9,0 43,4

Berufe im Gartenbau (ohne 7,2 5,6 7,8 3,9 26,6 14,1 34,9
Spez.)

Berufe im Gastronomieser- 11,7 4,6 8,7 4,1 19,9 10,5 40,4


vice (ohne Spez.)

Berufe im Hotelservice 12,6 4,1 9,9 3,8 19,4 9,6 40,6

Berufe im Objekt-, Werte- 13,2 7,0 8,8 4,2 19,1 8,6 39,1
u. Personenschutz

Berufe in der Gebäudereini- 9,3 5,9 8,8 3,8 25,4 9,6 37,2
gung

Berufe in der Gebäudetechnik 8,5 7,2 8,0 4,1 23,5 11,2 37,5
(ohne Spez.)

Berufe in der Hauswirtschaft 12,0 4,7 8,1 3,3 22,9 9,0 40,0

Berufe in der Lagerwirtschaft 8,1 4,2 11,0 4,5 25,1 11,7 35,3

Berufe in der Maschinenbau- 8,0 5,3 11,1 4,7 22,1 12,0 36,9
u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Metallbearbei- 6,9 4,2 12,7 4,8 22,9 12,9 35,7
tung (ohne Spez.)

Berufe in der Reinigung (oh- 10,0 5,1 8,4 3,6 26,0 8,8 38,1
ne Spez.)

Berufe in der Steuerberatung 16,0 3,4 14,9 4,2 9,7 6,7 45,0

Büro- u. Sekretariatskräfte 17,5 3,7 11,9 4,2 13,2 7,1 42,4


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 17,8 3,6 12,8 4,2 12,5 6,7 42,3


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 10,3 5,7 8,0 4,1 21,1 10,0 40,8


Spez.)

Branche gesamt 12,1 4,9 10,0 4,1 20,4 9,7 38,8

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022
418 M. Meyer et al.

. Tab. 20.49 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Dialogmarketing 8,5 2,5 17,7 8,3 10,0 4,4 48,6

Berufe im Friseurgewerbe 5,1 2,3 18,9 6,2 10,3 6,9 50,3

Berufe im Gartenbau (ohne 3,8 3,5 13,3 7,2 21,4 10,6 40,1
Spez.)

Berufe im Gastronomieser- 5,5 3,5 14,8 6,1 13,6 7,4 49,2


vice (ohne Spez.)

Berufe im Hotelservice 5,7 2,9 16,3 6,3 13,2 7,1 48,6

Berufe im Objekt-, Werte- 6,7 4,5 14,2 6,6 15,2 6,5 46,4
u. Personenschutz

Berufe in der Gebäudereini- 4,9 4,1 13,9 6,5 20,4 7,3 42,9
gung

Berufe in der Gebäudetechnik 4,5 4,9 13,1 7,3 17,9 8,3 44,0
(ohne Spez.)

Berufe in der Hauswirtschaft 5,7 4,1 14,6 6,3 15,6 7,1 46,6

Berufe in der Lagerwirtschaft 3,9 2,5 15,5 7,0 21,5 8,7 40,8

Berufe in der Maschinenbau- 4,0 3,0 17,1 7,1 17,9 9,1 41,8
u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Metallbearbei- 3,8 2,4 16,7 7,1 19,2 9,2 41,5
tung (ohne Spez.)

Berufe in der Reinigung (oh- 5,0 4,1 13,5 6,2 20,2 7,0 44,1
ne Spez.)

Berufe in der Steuerberatung 5,1 2,4 21,6 7,6 7,5 6,1 49,7

Büro- u. Sekretariatskräfte 6,4 2,8 18,5 7,3 9,6 5,8 49,6


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 6,7 2,8 19,5 7,4 9,4 5,5 48,7


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 5,0 4,1 13,6 6,5 15,0 7,8 48,1


Spez.)

Branche gesamt 5,3 3,3 16,3 6,8 15,4 7,4 45,4

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
419 20

. Tab. 20.50 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 8,4 4,7
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 6,3 6,1

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,3 2,2

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,7 2,0
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,8 1,0
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

R51 Kopfschmerz 2,0 0,8

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 1,9 1,7
nummern U07.-

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,8 1,0

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,5 2,8

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,5 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,4 1,3

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,4 0,4

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,2 1,4

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,2 0,9
ziert

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,2 0,7

F32 Depressive Episode 1,1 3,3

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,1 1,0

K29 Gastritis und Duodenitis 1,1 0,6

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,0 0,5

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,9 0,4

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,9 0,3

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,8 0,8

G43 Migräne 0,8 0,3

F48 Andere neurotische Störungen 0,7 1,2

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,7 0,7

R42 Schwindel und Taumel 0,7 0,5


420 M. Meyer et al.

. Tab. 20.50 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,7 0,1
Impfstoffen

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,6 1,7

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,6 1,6

M75 Schulterläsionen 0,6 1,4

F45 Somatoforme Störungen 0,6 1,1

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,7
klassifiziert

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

M77 Sonstige Enthesopathien 0,5 0,7

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,5 0,3

J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 0,5 0,3

N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,5 0,3

J02 Akute Pharyngitis 0,5 0,2

Summe hier 58,4 46,3

Restliche 41,6 53,7

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
421 20

. Tab. 20.51 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Dienstleistungen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 11,3 6,2

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 7,4 8,0

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,8 3,5

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,6 2,3

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 4,2 2,4
in Anspruch nehmen

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,4 1,3

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3,1 6,3

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,0 2,3
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 3,0 1,6

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 2,6 3,5

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 1,9 0,6

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,8 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,7 2,7

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,7 1,4

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,6 3,1
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,6 1,5

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,6 1,1

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,6 0,9

F30–F39 Affektive Störungen 1,5 5,1

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,3 0,8

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,1 1,0

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,1 0,5

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,0 1,1
mitäten oder anderer Körperregionen

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 1,0 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,9 0,7

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,8 1,2


422 M. Meyer et al.

. Tab. 20.51 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 0,8 1,2

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,8 0,8
webes

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,8 0,6

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,8 0,5

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,8 0,5

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,7 1,8

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,7 0,4

M15–M19 Arthrose 0,6 1,9

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,6 1,2

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes 0,6 0,4

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,6 0,3

Summe hier 79,4 72,0

Restliche 20,6 28,0

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
423 20
20.4 Energie, Wasser, Entsorgung
und Bergbau

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Energie, Wasser, Ent- . Tab. 20.52
sorgung und Bergbau in den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und . Tab. 20.53
Bergbau nach Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Energie, . Tab. 20.54
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Energie, . Tab. 20.55
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Energie, Wasser, Ent- . Tab. 20.56
sorgung und Bergbau im Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.57
der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Energie, Wasser, Ent- . Tab. 20.58
sorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.59
Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.60
gen in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.61
che Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.62
Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Ener- . Tab. 20.63
gie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Ener- . Tab. 20.64
gie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.65
in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.66
in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.67
Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.68
Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
424 M. Meyer et al.

. Tab. 20.52 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung
und Bergbau in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 5,5 4,2 5,2 135,8 107,1 129,1 14,8 13,8 14,6

1998 5,7 4,0 5,3 140,4 108,1 133,4 14,8 13,6 14,6

1999 5,9 4,4 5,6 149,7 118,8 143,4 14,4 13,5 14,2

2000 5,8 4,4 5,5 148,8 122,3 143,7 14,3 13,1 14,1

2001 5,7 4,4 5,4 145,0 120,3 140,4 14,3 13,5 14,2

2002 5,5 4,5 5,3 144,9 122,0 140,7 13,9 13,4 13,8

2003 5,2 4,1 5,0 144,2 121,6 139,9 13,2 12,4 13,0

2004 4,9 3,7 4,6 135,2 114,8 131,1 13,1 11,9 12,9

2005 4,8 3,7 4,6 139,1 115,5 134,3 12,7 11,7 12,5

2006 4,4 3,6 4,3 127,1 112,8 124,2 12,7 11,7 12,5

2007 4,8 3,7 4,6 138,7 117,0 134,3 12,7 11,6 12,5

2008 (WZ03) 4,9 3,9 4,7 142,6 121,6 138,2 12,6 11,8 12,4

2008 (WZ08)a 5,6 4,9 5,4 157,8 132,3 152,1 13,0 13,5 13,1

2009 5,8 5,3 5,7 162,4 142,8 158,1 13,0 13,5 13,1

2010 6,0 5,5 5,9 165,7 148,9 162,0 13,3 13,4 13,3

2011 6,0 4,9 5,8 166,2 148,3 162,3 13,3 12,2 13,0

2012 6,0 5,4 5,9 163,5 145,8 159,6 13,4 13,7 13,4

2013 6,4 5,7 6,2 175,2 154,5 170,8 13,2 13,4 13,3

2014 6,5 5,7 6,3 171,9 150,3 167,3 13,7 13,8 13,7

2015 6,7 5,9 6,5 183,1 163,8 178,9 13,3 13,0 13,3

2016 6,7 5,9 6,5 184,0 168,3 180,5 13,4 12,9 13,3

2017 6,7 6,2 6,6 182,0 173,8 180,1 13,5 13,0 13,4

2018 6,8 6,3 6,7 187,1 176,6 184,7 13,3 13,1 13,3

2019 6,7 6,3 6,6 181,2 172,8 179,2 13,6 13,2 13,5

2020 6,6 6,1 6,5 157,8 154,5 157,0 15,4 14,5 15,2

2021 6,4 6,3 6,4 160,0 159,7 159,9 14,6 14,5 14,6
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
425 20

. Tab. 20.53 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau
nach Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,7 156,4 #0,2 2.065,7 #3,8 13,2 #3,6 56,7

Bayern 5,8 140,2 1,4 2.134,2 #1,4 15,2 #2,8 53,9

Berlin 6,8 181,0 0,2 2.494,8 #7,6 13,8 #7,8 55,0

Brandenburg 6,4 152,5 #0,3 2.343,2 #0,1 15,4 0,2 57,5

Bremen 6,0 152,2 3,6 2.204,3 #5,9 14,5 #9,2 53,9

Hamburg 5,1 127,0 #4,2 1.869,0 #7,7 14,7 #3,7 43,8

Hessen 7,2 193,1 3,9 2.624,6 #8,3 13,6 #11,7 63,1

Mecklenburg-Vorpommern 6,6 152,9 1,5 2.399,3 6,3 15,7 4,7 57,1

Niedersachsen 6,3 170,9 3,3 2.291,4 #3,9 13,4 #6,9 59,6

Nordrhein-Westfalen 7,3 170,2 0,6 2.674,1 #3,8 15,7 #4,4 60,1

Rheinland-Pfalz 6,7 150,1 3,9 2.460,1 #3,8 16,4 #7,4 53,0

Saarland 8,2 165,4 #4,6 2.998,3 #1,3 18,1 3,5 58,3

Sachsen 6,2 158,8 2,8 2.261,7 1,7 14,2 #1,1 62,3

Sachsen-Anhalt 6,4 157,3 4,7 2.350,0 5,1 14,9 0,4 58,5

Schleswig-Holstein 6,2 147,4 #0,1 2.268,7 #7,5 15,4 #7,5 54,6

Thüringen 6,4 170,4 5,9 2.344,5 4,2 13,8 #1,6 64,4

West 6,4 160,0 1,4 2.330,8 #4,1 14,6 #5,4 57,1

Ost 6,3 159,7 3,3 2.312,1 2,9 14,5 #0,5 61,1

Bund 6,4 159,9 1,8 2.327,2 #2,5 14,6 #4,3 58,1

Fehlzeiten-Report 2022
426 M. Meyer et al.

. Tab. 20.54 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Energie,
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Abwasserentsorgung 6,3 5,5 162,5 2.297,0 14,1 60,1

Bergbau und Gewinnung von 6,0 5,0 151,7 2.207,1 14,5 57,8
Steinen und Erden

Beseitigung von Umweltver- 6,2 5,0 152,5 2.277,0 14,9 55,5


schmutzungen und sonstige
Entsorgung

Energieversorgung 4,5 4,4 124,7 1.648,4 13,2 51,3

Sammlung, Behandlung und 7,9 6,5 187,5 2.868,3 15,3 62,0


Beseitigung von Abfällen,
Rückgewinnung

Wasserversorgung 6,2 5,4 159,4 2.260,1 14,2 62,1

Branche gesamt 6,4 5,5 159,9 2.327,2 14,6 58,1

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.55 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Energie,
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Aufsichts-/Führungskr. – 2,7 83,8 993,0 11,8 41,8 1,4
Unternehmensorganisation
u. -strategie

Berufe im Berg- u. Tagebau 6,3 173,6 2.316,8 13,3 62,5 1,0

Berufe im Vertrieb (außer 3,9 115,2 1.426,8 12,4 48,0 1,2


Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Abfallwirtschaft 7,8 191,1 2.829,9 14,8 64,2 1,5

Berufe in der Bauelektrik 5,6 156,1 2.041,1 13,1 60,7 2,4

Berufe in der elektrischen 4,0 152,4 1.467,3 9,6 56,1 2,4


Betriebstechnik

Berufe in der Elektrotechnik 4,3 129,4 1.571,5 12,1 48,6 1,2


20 (ohne Spez.)
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
427 20

. Tab. 20.55 (Fortsetzung)

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe in der Energie- 5,1 118,2 1.852,0 15,7 52,3 2,0
u. Kraftwerkstechnik

Berufe in der Lagerwirtschaft 7,2 182,8 2.621,0 14,3 58,5 4,5

Berufe in der Maschinenbau- 6,6 183,5 2.395,5 13,1 63,8 2,3


u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Naturstein- 7,1 168,1 2.606,0 15,5 61,9 1,2


u. Mineralaufbereitung

Berufe in der Reinigung (oh- 7,1 158,0 2.596,4 16,4 57,1 1,3
ne Spez.)

Berufe in der Ver- u. Entsor- 9,4 228,9 3.413,2 14,9 68,2 10,0
gung (ohne Spez.)

Berufe in der 6,7 170,6 2.437,7 14,3 63,9 3,7


Wasserversorgungs- u. Ab-
wassertechnik

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 8,6 184,5 3.127,2 17,0 63,8 13,5


terverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,8 120,5 1.396,9 11,6 49,4 5,2


(ohne Spez.)

Führer/innen von 7,5 165,4 2.726,6 16,5 60,8 2,2


Erdbewegungs- u. verwandten
Maschinen

Kaufmännische u. technische 3,5 116,3 1.272,9 10,9 49,5 6,6


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 7,1 167,2 2.592,5 15,5 61,7 2,3


rer/innen

Technische Servicekräfte in 6,2 157,5 2.276,5 14,5 58,3 1,1


Wartung u. Instandhaltung

Branche gesamt 6,4 159,9 2.327,2 14,6 58,1 1,4b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
428 M. Meyer et al.

. Tab. 20.56 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung
und Bergbau im Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 33,1 4,3 35,0 5,2

4–7 Tage 26,9 9,3 29,0 11,1

8–14 Tage 18,6 13,5 17,6 13,9

15–21 Tage 7,7 9,2 6,9 8,9

22–28 Tage 3,8 6,3 3,2 5,9

29–42 Tage 4,1 9,7 3,3 8,7

> 42 Tage 5,8 47,7 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.57 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in der
Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Abwasserentsorgung 24,0 26,1 25,9 21,8 – –

Bergbau und Gewinnung von Steinen 23,0 21,2 23,7 21,6 – –


und Erden

Beseitigung von Umweltverschmutzun- 26,5 25,2 – – – –


gen und sonstige Entsorgung

Energieversorgung 16,3 17,4 17,9 18,0 18,3 –

Sammlung, Behandlung und Beseitigung 26,6 29,3 32,1 34,6 40,0 39,4
von Abfällen, Rückgewinnung

Wasserversorgung 22,8 22,7 20,8 29,2 – –

Branche gesamt 22,8 24,1 25,2 24,8 30,6 39,4

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
429 20

. Tab. 20.58 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Energie, Wasser, Entsorgung
und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Abwasserentsorgung 7,7 6,6 4,5 2,5 3,2 – 6,0

Bergbau und Gewin- 6,7 6,4 5,1 1,9 2,8 1,8 5,5
nung von Steinen und
Erden

Beseitigung von Um- 6,8 7,0 6,5 4,6 2,9 – 4,9


weltverschmutzungen
und sonstige Entsor-
gung

Energieversorgung 4,7 5,2 3,7 1,8 2,2 1,5 4,8

Sammlung, Behand- 9,3 7,9 5,6 2,6 3,0 3,9 7,2


lung und Beseitigung
von Abfällen, Rückge-
winnung

Wasserversorgung 7,0 6,8 4,1 2,2 3,5 – 5,9

Branche gesamt 7,9 6,7 4,3 2,0 2,5 2,3 6,5

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022
430 M. Meyer et al.

. Tab. 20.59 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche Energie,
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Abwasserentsorgung 28,3 24,0 16,5 9,3 11,8 – 22,1

Bergbau und Gewin- 24,4 23,3 18,5 6,8 10,2 6,6 20,1
nung von Steinen und
Erden

Beseitigung von Um- 24,8 25,7 23,8 16,7 10,5 – 17,8


weltverschmutzungen
und sonstige Entsor-
gung

Energieversorgung 17,2 19,0 13,4 6,7 8,0 5,6 17,4

Sammlung, Behand- 34,0 29,0 20,5 9,7 11,1 14,1 26,3


lung und Beseitigung
von Abfällen, Rückge-
winnung

Wasserversorgung 25,6 24,7 15,0 7,9 12,9 – 21,5

Branche gesamt 28,9 24,3 15,6 7,5 9,2 8,3 23,8

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.60 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen in
der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Abwasserentsorgung 3,6 6,3

Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 3,9 8,2

Beseitigung von Umweltverschmutzungen und sonstige Entsorgung 4,5 6,4

Energieversorgung 2,4 5,1

Sammlung, Behandlung und Beseitigung von Abfällen, Rückgewinnung 5,0 9,8

Wasserversorgung 2,7 5,2

Branche gesamt 4,0 8,0

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
431 20

. Tab. 20.61 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 3.459,9 106,0

Berufe in der Ver- u. Entsorgung (ohne Spez.) 3.121,3 114,9

Berufe in der Abfallwirtschaft 3.105,7 96,4

Berufe in der Lagerwirtschaft 2.836,3 96,4

Berufe in der Naturstein- u. Mineralaufbereitung 2.622,6 87,2

Maschinen- u. Anlagenführer/innen 2.590,1 88,5

Führer/innen von Erdbewegungs- u. verwandten Maschinen 2.387,1 76,7

Berufe im Berg- u. Tagebau 1.991,5 48,8

Berufe in der Maschinenbau- u. Betriebstechnik (ohne Spez.) 1.719,3 64,0

Berufe in der Wasserversorgungs- u. Abwassertechnik 1.700,6 67,3

Berufe in der Bauelektrik 1.294,7 54,4

Technische Servicekräfte in Wartung u. Instandhaltung 1.212,1 54,9

Berufe in der Energie- u. Kraftwerkstechnik 1.093,3 20,0

Berufe in der elektrischen Betriebstechnik 991,1 45,2

Berufe in der Elektrotechnik (ohne Spez.) 971,2 37,9

Berufe in der Reinigung (ohne Spez.) 937,7 37,0

Berufe im Vertrieb (außer Informations- u. Kommunikationstechnologien) 376,2 12,6

Aufsichts-/Führungskr. – Unternehmensorganisation u. -strategie 364,9 10,3

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 279,3 10,2

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 187,7 10,8

Branche gesamt 1.865,0 64,1

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022
432 M. Meyer et al.

. Tab. 20.62 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der Branche
Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 96,1 3,6 202,5 8,6 312,8 39,5 159,4 20,8 591,7 31,8 326,9 19,4

1998 100,6 3,9 199,5 8,9 314,8 40,6 156,4 20,8 637,4 34,3 315,3 19,4

1999 109,0 4,2 191,8 9,1 358,0 46,6 159,4 22,2 639,7 35,5 333,0 19,9

2000 117,1 4,7 185,3 8,4 305,5 40,2 140,8 18,6 681,8 37,5 354,0 20,5

2001 128,8 5,1 179,0 9,1 275,2 37,6 145,3 19,2 693,3 38,0 354,0 20,4

2002 123,5 5,5 176,2 9,2 262,8 36,7 144,0 20,2 678,0 38,3 343,6 19,6

2003 125,3 5,8 167,0 9,5 276,9 39,4 134,4 20,1 606,6 35,5 320,6 19,0

2004 136,6 5,7 179,8 8,9 241,9 33,9 143,2 20,2 583,5 34,5 301,5 17,7

2005 134,4 5,5 177,8 8,9 289,5 40,4 134,6 18,7 547,0 33,2 299,8 17,5

2006 131,5 5,6 180,1 8,9 232,2 33,7 131,8 19,3 540,1 32,9 294,5 17,7

2007 142,8 6,1 187,1 9,2 255,4 36,4 141,0 20,7 556,8 33,5 293,1 16,9

2008 (WZ03) 152,0 6,1 186,1 9,4 264,6 38,1 140,7 21,1 563,9 34,0 295,0 16,9

2008 (WZ08)a 161,5 6,7 212,6 10,5 293,0 39,4 167,2 23,3 674,7 40,3 361,8 20,4

2009 179,1 7,2 223,8 10,3 340,2 45,1 166,5 23,0 677,2 39,4 362,9 19,9

2010 186,4 7,7 216,5 10,5 303,4 40,9 156,5 21,5 735,2 42,5 406,8 21,8

2011 195,3 8,2 210,1 10,5 306,0 41,1 153,3 21,2 701,6 41,4 369,4 20,4

2012 218,5 8,4 230,4 10,6 300,0 40,6 162,6 21,4 723,8 40,9 378,1 19,6

2013 235,4 8,6 245,2 10,4 390,8 50,5 167,8 21,7 741,5 41,6 389,0 20,1

2014 244,4 9,5 251,2 10,9 312,8 41,9 170,7 22,5 792,9 43,3 394,5 19,8

2015 260,4 9,8 254,4 11,0 396,2 52,3 171,0 22,6 777,1 42,8 380,4 19,4

2016 262,3 10,1 232,4 11,3 368,5 50,4 161,0 22,7 801,2 44,0 393,4 19,8

2017 280,5 10,3 224,9 11,0 383,9 51,5 162,3 22,1 794,7 43,0 397,3 19,2

2018 277,3 10,4 222,9 11,2 413,9 54,5 157,4 21,6 782,1 42,7 394,3 19,3

2019 286,7 10,8 221,8 10,9 359,5 49,5 154,3 21,5 786,3 42,1 391,7 18,8

2020 306,3 10,2 209,7 9,6 347,3 40,0 145,8 18,3 798,5 40,2 373,2 16,6

2021 315,2 10,5 202,2 9,4 302,8 35,7 135,6 17,6 786,5 41,9 374,4 20,0
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
20 Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
433 20

. Tab. 20.63 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Energie,
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Abwasserentsorgung 9,9 5,6 9,1 3,9 23,0 10,3 38,3

Bergbau und Gewinnung 7,3 6,7 9,2 4,1 24,0 11,4 37,4
von Steinen und Erden

Beseitigung von Umwelt- 8,4 7,4 8,2 3,2 26,9 10,5 35,6
verschmutzungen und
sonstige Entsorgung

Energieversorgung 11,4 5,5 10,5 4,2 19,6 10,4 38,4

Sammlung, Behandlung 8,9 6,3 8,4 4,0 25,3 11,8 35,3


und Beseitigung von Abfäl-
len, Rückgewinnung

Wasserversorgung 10,6 5,3 9,7 4,2 22,4 9,9 38,0

Branche gesamt 9,4 6,1 9,1 4,1 23,6 11,2 36,6

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.64 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Energie,
Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Abwasserentsorgung 4,4 3,9 15,3 7,4 17,4 8,4 43,2

Bergbau und Gewinnung 3,5 4,1 14,9 7,7 17,8 8,8 43,2
von Steinen und Erden

Beseitigung von Umwelt- 4,2 4,6 13,8 7,0 19,6 8,6 42,1
verschmutzungen und
sonstige Entsorgung

Energieversorgung 4,7 3,7 17,8 7,7 13,7 7,8 44,6

Sammlung, Behandlung 4,5 4,1 13,8 7,3 20,1 9,0 41,1


und Beseitigung von Abfäl-
len, Rückgewinnung

Wasserversorgung 4,6 4,0 16,3 8,3 16,0 7,6 43,2

Branche gesamt 4,5 4,0 15,2 7,5 17,8 8,5 42,5

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
434 M. Meyer et al.

. Tab. 20.65 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Aufsichts-/Führungskr. – 14,8 6,1 14,1 4,1 13,0 8,3 39,8
Unternehmensorganisation
u. -strategie

Berufe im Berg- u. Tagebau 6,5 4,4 11,1 3,6 26,6 14,3 33,5

Berufe im Vertrieb (außer 14,3 4,4 13,8 5,1 12,5 7,9 42,0
Informations- u. Kommuni-
kationstechnologien)

Berufe in der Abfallwirt- 7,7 6,9 7,9 3,5 24,7 12,2 37,2
schaft

Berufe in der Bauelektrik 8,2 5,9 9,2 4,1 23,9 11,5 37,2

Berufe in der elektrischen 9,1 3,4 13,7 4,8 18,1 14,2 36,7
Betriebstechnik

Berufe in der Elektrotech- 9,9 6,8 9,8 4,4 18,9 13,3 37,0
nik (ohne Spez.)

Berufe in der Energie- 9,3 5,1 9,5 4,3 22,8 10,7 38,3
u. Kraftwerkstechnik

Berufe in der Lagerwirt- 7,2 7,0 7,7 4,1 25,1 13,0 36,0
schaft

Berufe in der 7,9 6,3 10,0 4,0 23,2 12,5 36,1


Maschinenbau- u. Be-
triebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Naturstein- 7,3 8,8 7,9 3,7 23,4 12,6 36,3
u. Mineralaufbereitung

Berufe in der Reinigung 11,4 5,5 7,6 3,2 25,4 9,7 37,2
(ohne Spez.)

Berufe in der Ver- u. Ent- 8,7 5,0 8,6 4,1 27,7 11,8 34,0
sorgung (ohne Spez.)

Berufe in der 8,2 5,5 9,5 4,3 24,0 11,6 37,0


Wasserversorgungs- u. Ab-
wassertechnik

Berufskraftfahrer/innen 7,9 7,4 7,5 3,9 26,0 12,1 35,4


(Güterverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 16,8 4,0 12,4 3,8 13,4 6,7 42,9


(ohne Spez.)

Führer/innen von 7,8 8,5 9,1 3,9 25,7 10,2 34,8


Erdbewegungs- u. ver-

20 wandten Maschinen
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
435 20

. Tab. 20.65 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Kaufmännische u. tech- 16,9 3,8 13,2 4,5 13,2 6,4 41,9
nische Betriebswirtschaft
(ohne Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 8,3 7,2 8,5 3,7 22,2 12,2 37,8


rer/innen

Technische Servicekräfte in 11,1 4,8 9,8 3,7 24,8 12,4 33,3


Wartung u. Instandhaltung

Branche gesamt 9,4 6,1 9,1 4,1 23,6 11,2 36,6

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.66 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Aufsichts-/Führungskr. – 5,4 4,2 17,9 8,3 10,6 5,3 48,3
Unternehmensorganisation
u. -strategie

Berufe im Berg- u. Tagebau 3,0 3,6 17,3 7,7 18,6 9,1 40,7

Berufe im Vertrieb (außer 5,9 2,9 20,9 7,6 9,0 5,8 47,9
Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Abfallwirtschaft 4,1 4,3 14,4 6,5 20,1 9,9 40,8

Berufe in der Bauelektrik 3,4 3,8 16,4 7,9 16,4 9,2 43,1

Berufe in der elektrischen 3,3 2,2 22,3 7,4 12,2 10,0 42,6
Betriebstechnik

Berufe in der Elektrotechnik 4,1 3,7 17,0 7,8 15,4 9,4 42,6
(ohne Spez.)

Berufe in der Energie- 4,9 4,7 15,9 8,3 16,2 7,2 42,7
u. Kraftwerkstechnik

Berufe in der Lagerwirtschaft 3,9 3,9 13,0 7,2 21,0 9,5 41,5
436 M. Meyer et al.

. Tab. 20.66 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe in der 3,6 3,6 16,6 7,8 16,5 8,8 43,1
Maschinenbau- u. Be-
triebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Naturstein- 3,2 4,0 13,9 7,2 20,9 9,8 41,0
u. Mineralaufbereitung

Berufe in der Reinigung 5,4 4,8 12,4 6,4 20,0 7,7 43,3
(ohne Spez.)

Berufe in der Ver- u. Ent- 4,7 3,5 14,0 6,8 22,4 9,4 39,2
sorgung (ohne Spez.)

Berufe in der 3,9 3,8 16,6 7,3 17,1 9,0 42,4


Wasserversorgungs- u. Ab-
wassertechnik

Berufskraftfahrer/innen 4,4 4,9 12,3 7,5 20,5 9,1 41,3


(Güterverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 5,9 2,9 19,4 7,5 9,8 5,8 48,7


(ohne Spez.)

Führer/innen von 3,9 5,1 12,9 8,4 19,6 8,1 42,2


Erdbewegungs- u. ver-
wandten Maschinen

Kaufmännische u. tech- 5,7 3,0 20,3 8,1 9,5 5,9 47,5


nische Betriebswirtschaft
(ohne Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 3,8 4,5 14,1 7,2 18,6 9,5 42,4


rer/innen

Technische Servicekräfte in 4,1 4,0 15,3 8,7 17,6 9,2 41,0


Wartung u. Instandhaltung

Branche gesamt 4,5 4,0 15,2 7,5 17,8 8,5 42,5

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
437 20

. Tab. 20.67 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 7,8 4,1
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 6,6 6,4

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 3,8 2,0

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,3 1,9
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,6 0,8
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,9 0,4

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 1,8 1,6
nummern U07.-

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,8 1,5

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,4 1,6

R51 Kopfschmerz 1,4 0,5

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,3 0,6

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,3 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,2 2,1

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,2 0,6

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,1 0,9
ziert

F32 Depressive Episode 0,9 2,5

M75 Schulterläsionen 0,9 2,0

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,9 1,0

R53 Unwohlsein und Ermüdung 0,9 0,8

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 0,9 0,4

K29 Gastritis und Duodenitis 0,9 0,4

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,8 2,0

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,8 0,8

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 1,9

M77 Sonstige Enthesopathien 0,7 0,9


438 M. Meyer et al.

. Tab. 20.67 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,7 0,1
Impfstoffen

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,6 1,2

F48 Andere neurotische Störungen 0,6 0,9

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,6
klassifiziert

R42 Schwindel und Taumel 0,6 0,5

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,6 0,2

I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 0,5 1,0

S93 Luxation, Verstauchung und Zerrung der Gelenke und Bänder in Höhe des 0,5 0,7
oberen Sprunggelenkes und des Fußes

G47 Schlafstörungen 0,5 0,6

E11 Diabetes mellitus, Typ 2 0,5 0,5

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,5 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,5 0,3

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,5 0,3

Summe hier 55,5 45,9

Restliche 44,5 54,1

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
439 20

. Tab. 20.68 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 10,3 5,3

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 7,9 8,5

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,2 2,2

R50–R69 Allgemeinsymptome 3,9 2,7

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,9 2,3
in Anspruch nehmen

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 3,2 4,4

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,1 1,0

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 2,9 2,1
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2,6 4,8

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,5 0,6

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,2 1,1

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 2,1 1,8

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,9 3,7
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,9 3,1

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,7 0,6
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,4 1,2

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,4 1,1

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,3 0,7

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,3 0,7

F30–F39 Affektive Störungen 1,2 4,0

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,2 1,3
mitäten oder anderer Körperregionen

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,1 1,0

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 1,1 0,8

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,1 0,5

M15–M19 Arthrose 1,0 2,6

E70–E90 Stoffwechselstörungen 1,0 0,7

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,9 2,0


440 M. Meyer et al.

. Tab. 20.68 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,9 1,4

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 0,9 1,4

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,9 0,9
webes

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,8 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,4

I30–I52 Sonstige Formen der Herzkrankheit 0,7 1,2

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,7 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

E10–E14 Diabetes mellitus 0,7 0,8

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,7 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,7 0,4

C00–C75 Bösartige Neubildungen an genau bezeichneten Lokalisationen, als 0,6 1,9


primär festgestellt oder vermutet, ausgenommen lymphatisches, blut-
bildendes und verwandtes Gewebe

I20–I25 Ischämische Herzkrankheiten 0,6 1,4

Summe hier 78,0 74,3

Restliche 22,0 25,7

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
441 20
20.5 Erziehung und Unterricht

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Erziehung und Unterricht . Tab. 20.69
in den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Erziehung und Unterricht nach Bun- . Tab. 20.70
desländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Erzie- . Tab. 20.71
hung und Unterricht im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Erzie- . Tab. 20.72
hung und Unterricht im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Erziehung und Unterricht . Tab. 20.73
im Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.74
der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Erziehung und Unterricht . Tab. 20.75
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.76
Erziehung und Unterricht im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.77
gen in der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.78
che Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.79
Branche Erziehung und Unterricht in den Jahren 2000 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Erzie- . Tab. 20.80
hung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Erzie- . Tab. 20.81
hung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.82
in der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.83
in der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.84
Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.85
Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
442 M. Meyer et al.

. Tab. 20.69 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Erziehung und Unterricht in
den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 5,8 8,9 7,0 226,2 373,6 280,6 9,4 8,7 9,0

1998 5,9 8,4 6,9 237,2 376,1 289,1 9,1 8,2 8,7

1999 6,1 9,3 7,3 265,2 434,8 326,8 8,4 7,8 8,1

2000 6,3 9,2 7,3 288,2 497,8 358,3 8,0 6,8 7,5

2001 6,1 8,9 7,1 281,6 495,1 352,8 7,9 6,6 7,3

2002 5,6 8,6 6,6 267,2 507,0 345,5 7,7 6,2 7,0

2003 5,3 7,7 6,1 259,4 477,4 332,4 7,4 5,9 6,7

2004 5,1 7,0 5,9 247,5 393,6 304,7 7,6 6,5 7,0

2005 4,6 6,6 5,4 227,8 387,2 292,1 7,4 6,2 6,8

2006 4,4 6,1 5,1 223,0 357,5 277,6 7,2 6,2 6,7

2007 4,7 6,1 5,3 251,4 357,2 291,0 6,9 6,2 6,6

2008 (WZ03) 5,0 6,2 5,4 278,0 349,8 303,4 6,6 6,4 6,6

2008 (WZ08)a 5,0 6,2 5,4 272,1 348,5 297,4 6,7 6,5 6,6

2009 5,2 6,5 5,6 278,2 345,3 297,9 6,8 6,9 6,9

2010 5,1 5,7 5,3 262,4 278,0 267,6 7,1 7,5 7,3

2011 4,6 5,1 4,7 212,9 247,4 220,9 7,8 7,5 7,8

2012 4,8 5,8 5,0 238,6 256,0 242,4 7,4 8,3 7,6

2013 4,4 4,9 4,5 192,8 184,5 191,2 8,3 9,7 8,5

2014 4,6 4,9 4,6 188,1 179,2 186,4 8,9 9,9 9,1

2015 4,8 5,0 4,8 195,2 184,6 193,1 8,9 9,8 9,1

2016 4,8 5,0 4,8 193,1 182,3 190,2 9,1 10,0 9,3

2017 4,8 5,2 4,8 184,0 182,1 183,0 9,4 10,4 9,7

2018 4,9 5,4 5,0 187,4 185,7 186,5 9,5 10,5 9,8

2019 4,8 5,3 4,9 179,6 183,1 179,9 9,7 10,6 9,9

2020 4,9 5,5 5,0 156,7 161,9 157,7 11,4 12,5 11,6

2021 4,8 5,7 5,0 161,7 165,3 162,2 10,9 12,6 11,3
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
443 20

. Tab. 20.70 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Erziehung und Unterricht nach
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 4,6 156,3 2,5 1.688,5 #0,2 10,8 #2,6 53,0

Bayern 4,3 136,1 2,1 1.561,3 #0,2 11,5 #2,3 48,3

Berlin 5,4 201,9 0,9 1.966,2 #2,1 9,7 #3,0 54,1

Brandenburg 5,1 154,0 0,3 1.861,5 #7,8 12,1 #8,1 51,4

Bremen 5,3 147,6 0,2 1.929,9 0,4 13,1 0,3 46,7

Hamburg 4,4 137,8 #1,4 1.617,5 #4,6 11,7 #3,2 42,8

Hessen 5,3 185,2 3,3 1.947,1 #1,2 10,5 #4,3 53,8

Mecklenburg-Vorpommern 5,4 159,0 6,5 1.958,0 #2,4 12,3 #8,4 51,6

Niedersachsen 5,4 184,0 6,3 1.982,4 0,1 10,8 #5,8 57,9

Nordrhein-Westfalen 4,9 169,2 4,6 1.775,2 #0,4 10,5 #4,8 51,7

Rheinland-Pfalz 5,0 140,5 0,5 1.815,7 #5,1 12,9 #5,5 47,4

Saarland 5,9 197,2 1,7 2.159,0 #7,1 10,9 #8,7 54,6

Sachsen 5,6 163,6 1,7 2.050,5 5,3 12,5 3,6 59,1

Sachsen-Anhalt 5,7 157,5 #0,4 2.082,1 #1,4 13,2 #1,0 54,1

Schleswig-Holstein 5,2 162,9 #1,6 1.912,7 #2,9 11,7 #1,3 51,4

Thüringen 6,3 181,3 4,6 2.316,9 3,9 12,8 #0,7 60,3

West 4,8 161,7 3,2 1.767,3 #0,8 10,9 #3,9 51,9

Ost 5,7 165,3 2,1 2.087,9 3,2 12,6 1,0 57,9

Bund 5,0 162,2 2,9 1.834,3 0,1 11,3 #2,7 53,1

Fehlzeiten-Report 2022
444 M. Meyer et al.

. Tab. 20.71 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Erziehung
und Unterricht im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Erbringung von Dienstleistun- 4,6 4,6 119,0 1.691,8 14,2 44,3
gen für den Unterricht

Grundschulen 5,2 4,6 139,0 1.880,5 13,5 52,0

Kindergärten und Vorschulen 6,2 6,1 214,2 2.256,5 10,5 65,8

Sonstiger Unterricht 4,7 4,6 159,2 1.718,1 10,8 49,1

Tertiärer und post-sekundärer, 3,0 3,6 88,0 1.083,0 12,3 34,7


nicht tertiärer Unterricht

Weiterführende Schulen 4,9 4,3 135,7 1.783,6 13,1 49,5

Branche gesamt 5,0 4,7 162,2 1.834,3 11,3 53,1

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.72 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Erziehung
und Unterricht im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Aufsichts-/Führungskr. – 5,3 149,6 1.940,3 13,0 59,3 1,0
Erziehung, Sozialarbeit,
Heilerziehungspflege

Berufe im Verkauf (Ohne 6,0 362,4 2.176,8 6,0 58,6 1,0


Spez.)

Berufe in der betrieblichen 5,7 147,1 2.088,9 14,2 55,8 1,0


Ausbildung u. Betriebspäd-
agogik

Berufe in der Erwachsenen- 3,9 115,2 1.431,3 12,4 45,2 1,5


bildung (ohne Spez.)

Berufe in der Erziehungswis- 5,0 158,0 1.821,9 11,5 53,6 1,9


senschaft

Berufe in der Gebäudetechnik 6,7 130,5 2.427,7 18,6 53,9 1,4


(ohne Spez.)

Berufe in der Gesundheits- 4,6 189,7 1.672,9 8,8 57,8 1,2


20 u. Krankenpflege (ohne Spez.)
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
445 20

. Tab. 20.72 (Fortsetzung)

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe in der Hauswirtschaft 7,7 214,4 2.800,2 13,1 66,4 1,8

Berufe in der Hochschullehre 1,1 36,1 398,8 11,0 18,5 8,0


u. -forschung

Berufe in der Kinderbetreu- 6,0 217,4 2.207,4 10,2 66,1 32,8


ung u. -erziehung

Berufe in der öffentlichen 3,9 111,3 1.414,4 12,7 46,2 2,3


Verwaltung (ohne Spez.)

Berufe in der Reinigung (oh- 7,9 181,1 2.883,3 15,9 64,7 4,3
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 4,6 144,0 1.686,2 11,7 53,3 2,1


u. Sozialpädagogik

Berufe in Heilerziehungspfle- 5,9 191,7 2.153,0 11,2 61,5 1,7


ge u. Sonderpädagogik

Büro- u. Sekretariatskräfte 4,1 130,4 1.488,9 11,4 46,3 5,1


(ohne Spez.)

Fahrlehrer/innen 4,1 98,0 1.493,3 15,2 42,2 1,3

Köche/Köchinnen (ohne 7,1 185,9 2.599,8 14,0 63,7 1,8


Spez.)

Lehrkräfte für berufsbildende 4,2 102,2 1.522,4 14,9 43,5 2,2


Fächer

Lehrkräfte in der Primarstufe 3,7 105,7 1.349,9 12,8 39,6 2,3

Lehrkräfte in der Sekundar- 4,0 105,1 1.467,0 14,0 43,2 6,9


stufe

Branche gesamt 5,0 162,2 1.834,3 11,3 53,1 2,9b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
446 M. Meyer et al.

. Tab. 20.73 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Erziehung und Unterricht im
Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 38,3 6,8 35,0 5,2

4–7 Tage 29,7 13,0 29,0 11,1

8–14 Tage 16,6 15,1 17,6 13,9

15–21 Tage 5,9 8,9 6,9 8,9

22–28 Tage 2,8 6,0 3,2 5,9

29–42 Tage 2,8 8,6 3,3 8,7

> 42 Tage 3,9 41,6 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.74 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in der
Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Erbringung von Dienstleistungen für den 23,2 – – – – –
Unterricht

Grundschulen 19,2 18,1 17,9 24,1 – 21,3

Kindergärten und Vorschulen 22,2 24,1 24,6 27,3 30,2 31,5

Sonstiger Unterricht 18,9 20,4 21,3 25,2 20,5 –

Tertiärer und post-sekundärer, nicht 10,6 11,1 10,1 10,5 11,6 11,7
tertiärer Unterricht

Weiterführende Schulen 17,8 19,8 19,4 19,7 23,5 –

Branche gesamt 19,5 19,8 20,0 16,4 18,6 14,9

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
447 20

. Tab. 20.75 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Erziehung und Unterricht im
Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Erbringung von Dienst- – 5,8 10,7 1,5 2,2 – 4,6
leistungen für den
Unterricht

Grundschulen 5,6 6,2 6,5 3,0 4,2 2,7 4,4

Kindergärten und Vor- 6,1 6,2 7,2 4,1 5,8 3,1 6,2
schulen

Sonstiger Unterricht 5,4 5,2 5,6 3,3 3,5 2,3 4,4

Tertiärer und post- 4,4 5,5 4,7 1,5 1,5 1,0 3,4
sekundärer, nicht
tertiärer Unterricht

Weiterführende Schulen 5,8 5,9 5,8 2,9 4,1 2,5 4,7

Branche gesamt 5,6 6,0 6,4 2,8 3,1 1,3 5,0

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022
448 M. Meyer et al.

. Tab. 20.76 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Erziehung und Unterricht im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Erbringung von Dienst- – 21,3 38,9 5,6 8,0 – 16,8
leistungen für den
Unterricht

Grundschulen 20,5 22,7 23,8 10,9 15,5 10,0 16,0

Kindergärten und Vor- 22,3 22,7 26,4 15,0 21,2 11,1 22,5
schulen

Sonstiger Unterricht 19,9 18,9 20,6 11,9 12,7 8,4 15,9

Tertiärer und post- 16,0 20,2 17,2 5,6 5,5 3,8 12,5
sekundärer, nicht
tertiärer Unterricht

Weiterführende Schulen 21,3 21,6 21,2 10,6 15,0 9,1 17,2

Branche gesamt 20,3 21,8 23,3 10,3 11,5 4,7 18,2

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.77 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen in
der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Erbringung von Dienstleistungen für den Unterricht 1,4 2,4

Grundschulen 1,6 3,3

Kindergärten und Vorschulen 1,3 2,7

Sonstiger Unterricht 1,8 3,6

Tertiärer und post-sekundärer, nicht tertiärer Unterricht 1,4 2,6

Weiterführende Schulen 1,6 3,0

Branche gesamt 1,5 2,9

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
449 20

. Tab. 20.78 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe in der Gebäudetechnik (ohne Spez.) 1.496,4 43,9

Berufe in der Reinigung (ohne Spez.) 1.021,3 27,6

Köche/Köchinnen (ohne Spez.) 920,7 40,8

Berufe in der Hauswirtschaft 876,7 35,8

Fahrlehrer/innen 854,4 29,1

Berufe im Verkauf (Ohne Spez.) 775,0 63,0

Berufe in der betrieblichen Ausbildung u. Betriebspädagogik 753,7 24,1

Berufe in Heilerziehungspflege u. Sonderpädagogik 730,4 33,7

Berufe in der Kinderbetreuung u. -erziehung 595,8 28,3

Berufe in der Erziehungswissenschaft 495,7 20,6

Berufe in der Gesundheits- u. Krankenpflege (ohne Spez.) 473,3 33,7

Lehrkräfte in der Primarstufe 422,0 13,3

Aufsichts-/Führungskr. – Erziehung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege 415,2 23,8

Berufe in der Sozialarbeit u. Sozialpädagogik 384,3 16,8

Lehrkräfte in der Sekundarstufe 341,4 14,2

Lehrkräfte für berufsbildende Fächer 308,2 11,8

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 285,8 11,9

Berufe in der Erwachsenenbildung (ohne Spez.) 266,9 11,1

Berufe in der öffentlichen Verwaltung (ohne Spez.) 234,8 10,7

Berufe in der Hochschullehre u. -forschung 66,8 4,2

Branche gesamt 538,7 23,9

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022
450 M. Meyer et al.

. Tab. 20.79 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der Branche
Erziehung und Unterricht in den Jahren 2000 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
2000 200,3 13,3 145,3 16,1 691,6 122,5 268,8 55,4 596,0 56,0 357,1 33,8

2001 199,2 13,9 140,8 16,1 681,8 125,5 265,8 55,8 591,4 56,8 342,0 32,9

2002 199,6 14,2 128,7 15,3 623,5 118,9 257,3 57,3 538,7 54,4 327,0 32,0

2003 185,4 13,5 120,7 14,8 596,5 116,7 239,2 55,5 470,6 48,9 296,4 30,0

2004 192,8 14,0 121,5 12,7 544,1 101,0 245,2 53,0 463,3 46,9 302,8 29,1

2005 179,7 12,5 102,4 11,0 557,4 104,0 216,9 49,3 388,1 40,2 281,7 27,7

2006 174,6 12,0 99,8 11,2 481,8 92,8 215,6 50,0 365,9 38,0 282,7 27,7

2007 191,0 12,9 97,1 10,5 503,6 97,6 229,8 52,9 366,9 38,5 278,0 27,1

2008 (WZ03) 201,0 13,5 96,2 10,5 506,8 99,1 237,3 55,8 387,0 40,8 282,0 27,9
a
2008 (WZ08) 199,5 13,3 97,6 10,4 498,4 97,3 232,6 54,5 387,1 40,3 279,3 27,2

2009 226,5 14,7 102,7 9,9 557,5 103,5 223,7 50,2 382,8 39,2 265,2 24,7

2010 261,4 14,9 98,1 9,3 460,6 86,6 176,9 39,0 387,7 36,3 253,5 21,9

2011 263,0 13,7 99,1 8,0 394,8 72,3 146,3 30,0 351,0 30,0 205,5 16,1

2012 297,7 15,6 104,0 8,6 408,8 76,8 161,2 33,7 374,0 33,3 233,9 18,4

2013 278,6 12,4 102,4 7,0 403,4 70,5 123,3 23,6 346,7 26,2 178,9 12,8

2014 316,3 13,6 111,8 7,5 349,4 62,8 127,5 23,5 374,8 26,9 186,8 12,8

2015 326,3 13,6 112,8 7,4 410,7 70,7 125,3 22,8 370,6 26,0 180,5 12,2

2016 342,1 13,9 102,8 7,4 395,1 68,8 119,3 22,2 376,9 26,0 183,1 12,0

2017 355,2 14,0 102,1 7,2 398,2 67,3 113,6 20,1 374,6 24,7 186,5 11,7

2018 365,4 14,0 101,5 7,2 424,5 69,8 111,3 19,8 372,5 24,4 186,8 11,6

2019 380,2 14,1 95,0 6,9 378,6 65,2 107,5 18,9 367,6 23,8 184,2 11,1

2020 408,8 13,7 92,9 6,0 416,5 57,7 100,1 15,3 384,2 22,4 175,4 9,6

2021 438,5 14,6 95,1 6,1 359,2 52,4 96,7 15,1 384,4 23,7 192,2 14,4
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
451 20

. Tab. 20.80 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Erziehung
und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Erbringung von Dienstleistun- 28,0 2,7 8,4 1,2 11,9 4,1 43,7
gen für den Unterricht

Grundschulen 17,1 4,5 13,0 3,2 14,0 7,1 41,2

Kindergärten und Vorschulen 16,4 2,9 16,1 3,5 14,6 7,0 39,4

Sonstiger Unterricht 16,6 4,5 11,4 4,1 14,7 8,4 40,2

Tertiärer und post-sekundärer, 17,8 3,9 11,3 4,1 15,3 7,5 40,2
nicht tertiärer Unterricht

Weiterführende Schulen 17,2 4,4 11,6 3,7 15,2 7,5 40,5

Branche gesamt 16,8 3,6 13,8 3,7 14,7 7,4 39,9

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.81 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Erziehung
und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Erbringung von Dienstleistun- 8,8 4,2 16,3 7,6 9,7 6,9 46,5
gen für den Unterricht

Grundschulen 7,1 3,3 21,5 6,3 10,5 5,8 45,4

Kindergärten und Vorschulen 5,8 2,1 25,7 6,0 9,5 6,1 44,7

Sonstiger Unterricht 6,4 3,0 18,8 7,2 10,8 6,5 47,3

Tertiärer und post-sekundärer, 6,8 3,0 18,8 7,2 10,8 6,2 47,3
nicht tertiärer Unterricht

Weiterführende Schulen 7,1 3,4 19,2 6,8 11,1 6,1 46,3

Branche gesamt 6,3 2,6 22,5 6,5 10,2 6,2 45,7

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
452 M. Meyer et al.

. Tab. 20.82 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Aufsichts-/Führungskr. – 18,2 2,9 13,1 3,4 14,6 6,4 41,3
Erziehung, Sozialarbeit,
Heilerziehungspflege

Berufe im Verkauf (Ohne 16,6 1,3 16,5 5,1 12,0 9,4 39,1
Spez.)

Berufe in der betrieblichen 15,9 5,7 10,9 3,9 15,8 7,1 40,7
Ausbildung u. Betriebspäd-
agogik

Berufe in der Erwachsenen- 20,1 3,5 13,2 4,2 11,4 5,9 41,6
bildung (ohne Spez.)

Berufe in der Erziehungswis- 20,3 3,9 13,8 3,6 12,4 6,5 39,3
senschaft

Berufe in der Gebäudetechnik 9,9 7,9 7,5 4,6 20,6 10,2 39,4
(ohne Spez.)

Berufe in der Gesundheits- 18,5 3,5 13,3 5,0 15,1 7,3 37,3
u. Krankenpflege (ohne Spez.)

Berufe in der Hauswirtschaft 12,1 3,7 11,2 3,3 22,8 7,4 39,5

Berufe in der Hochschullehre 19,4 2,9 14,0 4,0 8,4 6,9 44,4
u. -forschung

Berufe in der Kinderbetreu- 17,6 2,7 17,1 3,6 12,7 6,8 39,6
ung u. -erziehung

Berufe in der öffentlichen 21,4 3,7 10,8 4,6 12,5 6,4 40,7
Verwaltung (ohne Spez.)

Berufe in der Reinigung (oh- 11,8 4,8 8,7 2,9 25,8 9,0 37,1
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 20,9 3,2 13,7 3,7 11,4 5,5 41,7
u. Sozialpädagogik

Berufe in Heilerziehungspfle- 18,5 3,1 15,5 3,5 12,6 8,7 38,2


ge u. Sonderpädagogik

Büro- u. Sekretariatskräfte 19,6 3,8 11,0 4,0 13,2 6,0 42,5


(ohne Spez.)

Fahrlehrer/innen 12,9 7,1 8,3 3,5 14,3 10,4 43,3

Köche/Köchinnen (ohne 12,7 4,2 10,4 3,1 21,7 7,7 40,2


Spez.)

Lehrkräfte für berufsbildende 19,7 5,2 10,0 3,6 11,1 6,6 43,7
Fächer
20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
453 20

. Tab. 20.82 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Lehrkräfte in der Primarstufe 18,5 3,8 14,6 3,1 8,8 7,1 44,0

Lehrkräfte in der Sekundar- 19,9 4,7 12,7 3,8 11,1 6,3 41,7
stufe

Branche gesamt 16,8 3,6 13,8 3,7 14,7 7,4 39,9

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.83 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Aufsichts-/Führungskr. – 7,6 2,8 22,5 6,5 9,7 6,2 44,7
Erziehung, Sozialarbeit,
Heilerziehungspflege

Berufe im Verkauf (Ohne 5,3 1,5 19,9 7,8 8,5 6,3 50,7
Spez.)

Berufe in der betrieblichen 7,2 4,0 17,1 7,8 11,8 6,1 45,9
Ausbildung u. Betriebspäd-
agogik

Berufe in der Erwachsenen- 8,1 3,3 20,6 6,7 8,5 5,0 47,8
bildung (ohne Spez.)

Berufe in der Erziehungswis- 7,5 2,6 22,8 6,4 9,3 6,0 45,4
senschaft

Berufe in der Gebäudetechnik 4,8 5,6 12,7 7,6 16,8 7,6 44,9
(ohne Spez.)

Berufe in der Gesundheits- 6,8 2,3 18,9 7,3 10,1 6,5 48,0
u. Krankenpflege (ohne Spez.)

Berufe in der Hauswirtschaft 5,4 3,1 18,6 6,4 15,6 6,7 44,1

Berufe in der Hochschullehre 6,1 2,5 20,3 6,7 6,3 5,6 52,4
u. -forschung

Berufe in der Kinderbetreu- 6,0 1,9 26,8 6,0 8,6 6,0 44,8
ung u. -erziehung

Berufe in der öffentlichen 7,7 3,1 18,8 7,2 9,7 5,7 47,9
Verwaltung (ohne Spez.)
454 M. Meyer et al.

. Tab. 20.83 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe in der Reinigung (oh- 5,5 4,0 15,1 6,7 18,5 7,5 42,7
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 8,0 2,3 22,2 6,8 8,8 5,6 46,3
u. Sozialpädagogik

Berufe in Heilerziehungspfle- 7,1 2,3 23,9 6,2 9,9 6,6 44,1


ge u. Sonderpädagogik

Büro- u. Sekretariatskräfte 7,5 3,0 18,6 7,4 9,1 5,3 49,0


(ohne Spez.)

Fahrlehrer/innen 4,9 4,8 15,4 7,0 11,0 7,8 49,1

Köche/Köchinnen (ohne 5,8 3,7 17,9 6,5 15,0 6,8 44,3


Spez.)

Lehrkräfte für berufsbildende 8,2 4,3 18,3 6,0 9,1 5,6 48,5
Fächer

Lehrkräfte in der Primarstufe 7,2 3,1 24,7 5,4 7,4 5,1 47,1

Lehrkräfte in der Sekundar- 8,1 3,9 20,3 6,9 8,9 5,1 46,7
stufe

Branche gesamt 6,3 2,6 22,5 6,5 10,2 6,2 45,7

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
455 20

. Tab. 20.84 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 12,4 7,1
nen der oberen Atemwege

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,1 2,2

M54 Rückenschmerzen 3,8 3,9

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 3,2 1,2
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,1 1,9
heiten

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,4 2,4
nummern U07.-

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 2,1 4,3

R51 Kopfschmerz 2,1 0,9

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,8 0,9

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,7 1,0

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,7 0,5
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,5 0,4

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,4 0,7

F32 Depressive Episode 1,3 4,5

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,3 1,3

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,1 1,0

G43 Migräne 1,1 0,5

F48 Andere neurotische Störungen 1,0 1,9

K29 Gastritis und Duodenitis 1,0 0,5

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 1,0 0,4

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 0,9 0,8
ziert

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,9 0,4

J20 Akute Bronchitis 0,8 0,5

F45 Somatoforme Störungen 0,7 1,6

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 0,7 1,0

R42 Schwindel und Taumel 0,7 0,5

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,7 0,4


456 M. Meyer et al.

. Tab. 20.84 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,7 0,4

J32 Chronische Sinusitis 0,7 0,4

J01 Akute Sinusitis 0,7 0,4

J02 Akute Pharyngitis 0,7 0,3

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,6 1,5

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,6 0,6

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,6 0,5

J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 0,6 0,4

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

J03 Akute Tonsillitis 0,6 0,3

N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,6 0,3

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,6 0,1
Impfstoffen

R05 Husten 0,5 0,3

Summe hier 62,6 48,5

Restliche 37,4 51,5

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
457 20

. Tab. 20.85 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Erziehung und Unterricht im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 16,6 9,3

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,9 3,6

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 4,5 5,2

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,4 2,3

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4,2 9,4

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,8 1,4

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,6 2,2
in Anspruch nehmen

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,5 3,2
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 3,0 1,6

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 2,1 1,6

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 2,1 0,8
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,9 1,1

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 1,9 0,6

F30–F39 Affektive Störungen 1,8 7,4

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 1,8 2,5

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,6 1,2

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,4 2,8
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,4 0,8

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,2 1,2

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,2 1,0

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 1,2 0,7

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,2 0,6

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,1 2,1

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 1,0 0,9
Stimmung und das Verhalten betreffen

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 1,0 0,6

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,9 0,6

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,9 0,5


458 M. Meyer et al.

. Tab. 20.85 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,8 0,6

N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes 0,8 0,6

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,8 0,4

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,7 1,0

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 0,7 0,8
mitäten oder anderer Körperregionen

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,7 0,6
webes

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,6 1,4

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,6 0,5

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

M15–M19 Arthrose 0,5 1,5

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,5 1,0

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,5 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

E00–E07 Krankheiten der Schilddrüse 0,5 0,4

Summe hier 82,5 75,3

Restliche 17,5 24,7

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
459 20
20.6 Gesundheits- und
Sozialwesen

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Gesundheits- und Sozial- . Tab. 20.86
wesen in den Jahren 2000 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen nach . Tab. 20.87
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche . Tab. 20.88


Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche . Tab. 20.89
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Gesundheits- und Sozialwe- . Tab. 20.90
sen im Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.91
der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Gesundheits- und Sozial- . Tab. 20.92
wesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.93
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.94
gen in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.95
che Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.96
Branche Gesundheits- und Sozialwesen in den Jahren 2000 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche . Tab. 20.97
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche . Tab. 20.98
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.99
in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.100
in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.101
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.102
Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
460 M. Meyer et al.

. Tab. 20.86 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen
in den Jahren 2000 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


2000 5,7 5,4 5,7 162,4 165,2 162,8 12,8 12,0 12,7

2001 5,5 5,3 5,5 157,5 152,4 156,9 12,8 12,8 12,8

2002 5,4 5,2 5,4 159,5 154,7 159,0 12,4 12,4 12,4

2003 5,1 4,7 5,1 156,8 142,9 154,9 12,0 12,0 12,0

2004 4,8 4,2 4,7 144,9 129,8 142,7 12,2 11,9 12,1

2005 4,6 4,1 4,6 142,5 123,9 139,6 11,9 12,0 11,9

2006 4,5 3,9 4,4 136,6 116,9 133,4 12,1 12,3 12,1

2007 4,8 4,2 4,7 145,2 125,8 141,9 12,2 12,2 12,2

2008 (WZ03) 4,9 4,5 4,8 151,3 129,9 147,7 11,9 12,6 12,0
a
2008 (WZ08) 4,9 4,5 4,8 151,5 130,8 147,9 11,9 12,6 12,0

2009 5,1 4,9 5,0 159,6 143,2 156,8 11,6 12,5 11,7

2010 5,2 5,1 5,2 158,8 155,3 158,2 11,9 11,9 11,9

2011 5,3 4,8 5,2 162,2 157,7 161,4 12,0 11,2 11,8

2012 5,3 5,2 5,3 158,2 140,5 155,2 12,3 13,5 12,5

2013 5,5 5,4 5,5 166,9 147,2 163,5 12,0 13,3 12,2

2014 5,7 5,5 5,6 165,4 145,9 162,0 12,5 13,7 12,7

2015 5,9 5,7 5,8 176,6 158,2 173,2 12,1 13,3 12,3

2016 5,8 5,9 5,8 175,8 162,0 173,1 12,1 13,3 12,3

2017 5,8 6,1 5,9 172,7 163,8 170,9 12,3 13,6 12,5

2018 6,0 6,4 6,0 177,4 170,1 175,9 12,3 13,6 12,5

2019 5,9 6,4 6,0 172,2 166,9 171,0 12,5 13,9 12,8

2020 6,1 6,7 6,2 158,8 161,0 159,1 14,1 15,2 14,3

2021 6,0 7,0 6,2 159,1 165,0 160,2 13,8 15,5 14,2
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
461 20

. Tab. 20.87 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen nach
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,7 163,2 #1,2 2.082,6 #3,4 12,8 #2,2 57,8

Bayern 5,7 138,6 0,0 2.071,4 0,4 14,9 0,3 52,4

Berlin 6,4 180,0 #1,7 2.320,6 #5,0 12,9 #3,4 56,7

Brandenburg 7,4 164,8 0,8 2.708,6 1,5 16,4 0,8 60,3

Bremen 6,3 148,4 #2,2 2.281,9 #1,8 15,4 0,5 51,9

Hamburg 5,2 127,9 #1,1 1.915,0 0,7 15,0 1,8 44,3

Hessen 6,2 177,4 1,6 2.259,6 #2,4 12,7 #3,9 57,7

Mecklenburg-Vorpommern 6,9 153,4 4,5 2.512,7 3,5 16,4 #1,0 56,2

Niedersachsen 6,5 175,4 2,4 2.389,0 0,5 13,6 #1,8 60,8

Nordrhein-Westfalen 6,3 165,1 #0,1 2.301,5 #2,0 13,9 #1,9 57,5

Rheinland-Pfalz 5,7 130,6 #2,3 2.078,2 #3,6 15,9 #1,3 48,8

Saarland 6,8 164,8 0,3 2.474,0 #2,2 15,0 #2,5 57,4

Sachsen 6,8 167,1 1,8 2.481,7 4,6 14,9 2,8 62,9

Sachsen-Anhalt 7,0 152,7 2,9 2.553,4 4,5 16,7 1,5 57,7

Schleswig-Holstein 6,3 157,4 1,9 2.317,4 #0,9 14,7 #2,8 55,1

Thüringen 7,4 172,2 4,2 2.684,3 6,6 15,6 2,3 63,0

West 6,0 159,1 0,2 2.201,7 #1,5 13,8 #1,7 56,2

Ost 7,0 165,0 2,5 2.557,9 4,7 15,5 2,1 61,5

Bund 6,2 160,2 0,7 2.271,6 #0,2 14,2 #0,9 57,2

Fehlzeiten-Report 2022
462 M. Meyer et al.

. Tab. 20.88 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Gesundheits-
und Sozialwesen im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Altenheime, Alten- und Behin- 7,7 7,0 168,7 2.822,4 16,7 61,0
dertenwohnheime

Arzt- und Zahnarztpraxen 3,5 3,4 160,9 1.290,5 8,0 53,7

Gesundheitswesen a. n. g. 5,2 5,4 146,8 1.909,5 13,0 53,0

Krankenhäuser 6,1 6,1 153,3 2.228,1 14,5 56,8

Pflegeheime 7,8 6,9 171,1 2.840,9 16,6 61,6

Sonstige Heime (ohne 5,8 5,8 147,4 2.132,4 14,5 55,7


Erholungs- und Ferienheime)

Sonstiges Sozialwesen (ohne 6,2 5,9 172,9 2.261,3 13,1 58,3


Heime)

Soziale Betreuung älterer Men- 6,9 6,1 151,5 2.508,6 16,6 54,8
schen und Behinderter

Stationäre Einrichtungen zur 6,4 6,0 148,6 2.326,7 15,7 55,1


psychosozialen Betreuung,
Suchtbekämpfung u. Ä.

Branche gesamt 6,2 6,0 160,2 2.271,5 14,2 57,2

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
463 20

. Tab. 20.89 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Gesundheits-
und Sozialwesen im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 2,3 82,1 842,1 10,3 34,5 1,8

Berufe im Rettungsdienst 5,6 139,9 2.035,2 14,5 52,7 1,1

Berufe in der Altenpflege 7,8 172,5 2.859,2 16,6 60,2 18,1


(ohne Spez.)

Berufe in der Fachkranken- 6,9 148,7 2.506,8 16,9 59,7 1,1


pflege

Berufe in der Gesundheits- 6,7 160,1 2.438,8 15,2 58,5 18,9


u. Krankenpflege (ohne Spez.)

Berufe in der Haus- u. Famili- 8,2 187,6 2.975,7 15,9 61,5 1,8
enpflege

Berufe in der Hauswirtschaft 8,1 168,2 2.960,3 17,6 61,8 4,6

Berufe in der Kinderbetreu- 6,8 191,1 2.484,0 13,0 62,9 5,9


ung u. -erziehung

Berufe in der Physiotherapie 4,9 155,7 1.782,3 11,4 57,8 2,2

Berufe in der Reinigung (oh- 8,2 176,3 3.006,0 17,0 62,6 2,6
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 5,2 133,1 1.909,3 14,3 53,9 2,7


u. Sozialpädagogik

Berufe in Heilerziehungspfle- 6,4 167,1 2.351,7 14,1 59,5 3,7


ge u. Sonderpädagogik

Büro- u. Sekretariatskräfte 4,7 132,9 1.732,7 13,0 50,8 2,2


(ohne Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 8,2 157,6 3.001,4 19,0 60,8 2,2


Spez.)

Medizinische Fachangestellte 3,9 164,5 1.406,2 8,6 55,2 8,3


(ohne Spez.)

Verwaltende Berufe im 4,9 140,2 1.771,8 12,6 52,8 1,2


Sozial- u. Gesundheitswe-
sen

Zahnmedizinische Fachange- 3,5 187,3 1.289,2 6,9 58,0 4,9


stellte

Branche gesamt 6,2 160,2 2.271,6 14,2 57,2 13b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
464 M. Meyer et al.

. Tab. 20.90 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen
im Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 33,3 4,6 35,0 5,2

4–7 Tage 29,2 10,7 29,0 11,1

8–14 Tage 17,7 13,1 17,6 13,9

15–21 Tage 7,2 8,8 6,9 8,9

22–28 Tage 3,5 6,0 3,2 5,9

29–42 Tage 3,7 8,9 3,3 8,7

> 42 Tage 5,4 47,9 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.91 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in der
Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Altenheime, Alten- und Behinderten- 28,8 28,8 27,9 27,8 25,6 –
wohnheime

Arzt- und Zahnarztpraxen 15,2 16,3 17,9 16,9 – –

Gesundheitswesen a. n. g. 22,4 22,5 23,1 25,8 – –

Krankenhäuser 21,8 23,4 23,3 23,1 22,2 21,8

Pflegeheime 28,8 28,7 28,8 27,4 27,6 25,0

Sonstige Heime (ohne Erholungs- und 22,0 21,6 21,4 20,5 22,3 –
Ferienheime)

Sonstiges Sozialwesen (ohne Heime) 22,6 24,0 24,5 26,0 27,9 25,1

Soziale Betreuung älterer Menschen und 26,0 25,3 25,6 25,7 25,6 –
Behinderter

Stationäre Einrichtungen zur psycho- 23,0 22,8 26,9 27,1 – –


sozialen Betreuung, Suchtbekämpfung
u. Ä.

Branche gesamt 25,0 26,2 25,2 24,3 22,9 22,0

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
465 20

. Tab. 20.92 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Altenheime, Alten- 7,5 8,0 7,4 3,6 5,8 6,8 7,5
und Behindertenwohn-
heime

Arzt- und Zahnarztpra- 3,7 3,6 4,1 2,4 2,3 2,0 3,6
xen

Gesundheitswesen 5,5 5,5 5,8 3,0 3,6 2,5 5,1


a. n. g.

Krankenhäuser 5,9 6,7 7,7 2,8 2,9 2,2 6,5

Pflegeheime 7,5 8,1 7,2 3,7 5,7 6,5 7,4

Sonstige Heime (oh- 6,0 6,3 6,7 3,3 4,6 4,3 6,1
ne Erholungs- und
Ferienheime)

Sonstiges Sozialwesen 6,4 6,8 7,5 3,5 4,4 3,1 5,9


(ohne Heime)

Soziale Betreuung 6,6 7,3 6,6 3,6 5,5 5,4 6,3


älterer Menschen und
Behinderter

Stationäre Einrichtun- 6,4 7,2 6,1 2,3 4,3 2,3 6,8


gen zur psychosozialen
Betreuung, Suchtbe-
kämpfung u. Ä.

Branche gesamt 6,2 6,6 6,9 3,3 3,6 2,3 6,0

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022
466 M. Meyer et al.

. Tab. 20.93 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Altenheime, Alten- 27,5 29,3 26,9 13,2 21,2 24,8 27,5
und Behindertenwohn-
heime

Arzt- und Zahnarztpra- 13,6 13,0 14,9 8,6 8,3 7,2 13,3
xen

Gesundheitswesen 19,9 20,0 21,3 10,9 13,3 9,2 18,5


a. n. g.

Krankenhäuser 21,5 24,6 28,2 10,3 10,5 8,2 23,8

Pflegeheime 27,4 29,6 26,3 13,7 20,9 23,8 27,0

Sonstige Heime (oh- 21,9 23,2 24,4 12,1 16,9 15,6 22,2
ne Erholungs- und
Ferienheime)

Sonstiges Sozialwesen 23,5 25,0 27,3 12,7 16,1 11,3 21,4


(ohne Heime)

Soziale Betreuung 24,2 26,6 24,1 13,2 20,1 19,6 23,1


älterer Menschen und
Behinderter

Stationäre Einrichtun- 23,3 26,2 22,2 8,3 15,8 8,4 24,8


gen zur psychosozialen
Betreuung, Suchtbe-
kämpfung u. Ä.

Branche gesamt 22,8 24,2 25,2 12,0 13,3 8,5 22,0

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
467 20

. Tab. 20.94 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen in
der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Altenheime, Alten- und Behindertenwohnheime 2,1 3,4

Arzt- und Zahnarztpraxen 0,9 2,0

Gesundheitswesen a. n. g. 2,1 4,1

Krankenhäuser 2,0 3,4

Pflegeheime 2,1 3,4

Sonstige Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime) 2,3 3,9

Sonstiges Sozialwesen (ohne Heime) 1,8 3,2

Soziale Betreuung älterer Menschen und Behinderter 2,5 4,2

Stationäre Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung, Suchtbekämpfung 2,3 4,8


u. Ä.

Branche gesamt 1,9 3,4

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
468 M. Meyer et al.

. Tab. 20.95 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe im Rettungsdienst 1.559,9 64,2

Berufe in der Reinigung (ohne Spez.) 1.213,3 36,0

Köche/Köchinnen (ohne Spez.) 1.133,4 46,2

Berufe in der Hauswirtschaft 1.059,6 38,0

Berufe in der Altenpflege (ohne Spez.) 1.056,7 39,2

Berufe in der Haus- u. Familienpflege 983,9 36,4

Berufe in der Gesundheits- u. Krankenpflege (ohne Spez.) 861,8 34,5

Berufe in der Fachkrankenpflege 849,2 27,9

Berufe in Heilerziehungspflege u. Sonderpädagogik 832,4 35,6

Berufe in der Kinderbetreuung u. -erziehung 817,6 32,8

Berufe in der Physiotherapie 560,3 22,4

Berufe in der Sozialarbeit u. Sozialpädagogik 511,3 21,5

Verwaltende Berufe im Sozial- u. Gesundheitswesen 421,2 15,9

Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 348,8 16,8

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 344,1 13,6

Medizinische Fachangestellte (ohne Spez.) 270,7 15,6

Zahnmedizinische Fachangestellte 240,2 17,3

Branche gesamt 774,7 30,8

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
469 20

. Tab. 20.96 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen in den Jahren 2000 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
2000 229,0 9,5 142,7 8,8 357,9 50,2 145,4 20,8 627,8 33,3 221,5 14,7

2001 244,0 10,4 145,7 9,5 329,2 48,4 146,1 21,3 634,1 34,3 220,4 15,0

2002 246,6 10,8 139,1 9,5 316,8 47,7 149,1 23,1 613,5 33,9 220,7 15,0

2003 235,3 10,6 131,7 9,4 318,3 49,2 138,3 21,9 550,9 31,6 205,8 14,2

2004 245,7 10,7 141,1 8,5 275,2 41,9 140,7 21,4 522,5 29,9 201,9 13,3

2005 238,7 9,9 132,5 7,9 307,6 46,7 126,0 19,0 482,6 27,6 192,8 12,4

2006 244,3 10,1 134,4 8,0 257,8 39,6 130,2 20,2 489,9 27,4 198,7 12,5

2007 273,4 10,7 138,9 7,9 284,9 43,8 140,0 21,7 519,7 28,2 194,8 12,2

2008 (WZ03) 284,7 11,2 141,7 8,2 294,7 45,8 143,6 22,5 522,7 29,0 199,5 12,6
a
2008 (WZ08) 285,0 11,2 141,9 8,2 295,3 45,8 144,1 22,5 524,2 29,1 199,2 12,6

2009 294,1 11,8 139,3 8,1 347,1 53,1 141,5 22,1 507,2 28,2 207,0 12,8

2010 331,8 12,8 138,9 8,0 301,4 47,1 133,5 20,6 545,8 29,6 224,3 13,7

2011 354,7 13,5 140,4 8,1 313,0 48,4 131,5 20,0 531,2 29,4 218,9 13,0

2012 383,9 13,7 150,3 8,2 307,8 46,7 133,8 19,5 556,3 29,3 223,4 12,6

2013 384,9 13,6 147,9 7,9 377,3 55,6 133,6 19,2 552,8 28,9 226,9 12,5

2014 422,9 15,0 157,7 8,5 312,9 47,7 140,4 19,9 599,4 30,5 233,7 12,7

2015 428,7 15,0 153,0 8,4 389,4 57,9 137,3 19,7 585,8 30,0 235,5 12,7

2016 437,8 15,3 135,0 8,4 361,8 55,5 132,2 19,9 604,7 30,7 238,4 12,8

2017 448,0 15,5 131,6 8,2 370,2 55,6 126,5 18,6 600,6 30,2 242,9 12,6

2018 460,3 15,8 130,3 8,3 400,1 58,5 126,1 18,3 597,6 30,0 245,1 12,7

2019 480,7 16,1 130,5 8,2 348,5 53,5 123,7 17,9 605,5 30,0 246,9 12,3

2020 507,2 15,7 130,4 7,5 397,7 49,0 117,9 15,5 628,9 29,8 242,9 11,4

2021 535,8 16,8 133,5 7,6 328,7 41,4 115,7 15,1 638,5 31,4 259,5 15,8
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
470 M. Meyer et al.

. Tab. 20.97 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Altenheime, Alten- und 16,8 4,2 8,6 3,3 21,6 7,6 38,0
Behindertenwohnheime

Arzt- und Zahnarztpraxen 15,0 2,8 14,1 4,2 11,8 7,2 44,8

Gesundheitswesen a. n. g. 14,4 4,1 11,3 3,7 17,8 8,8 39,9

Krankenhäuser 16,2 4,0 9,7 3,5 19,0 8,1 39,5

Pflegeheime 16,3 4,3 8,7 3,3 21,7 7,5 38,0

Sonstige Heime (ohne 19,1 4,2 10,5 3,5 16,2 8,0 38,6
Erholungs- und Ferienhei-
me)

Sonstiges Sozialwesen 17,7 4,1 11,9 3,7 16,8 7,3 38,5


(ohne Heime)

Soziale Betreuung älterer 15,4 4,1 9,1 3,4 21,4 8,4 38,2
Menschen und Behinderter

Stationäre Einrichtungen 17,5 4,2 8,0 3,0 18,3 8,4 40,5


zur psychosozialen Be-
treuung, Suchtbekämpfung
u. Ä.

Branche gesamt 16,2 4,0 9,9 3,5 19,3 7,8 39,2

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
471 20

. Tab. 20.98 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Altenheime, Alten- und 7,7 3,6 15,2 5,9 15,5 6,6 45,4
Behindertenwohnheime

Arzt- und Zahnarztpraxen 5,4 2,2 20,4 6,7 7,5 6,4 51,4

Gesundheitswesen a. n. g. 6,2 3,0 18,9 6,4 11,9 7,3 46,4

Krankenhäuser 7,1 3,2 16,6 6,4 13,6 6,6 46,4

Pflegeheime 7,6 3,6 15,4 6,0 15,7 6,5 45,2

Sonstige Heime (ohne 7,6 3,1 18,9 6,3 11,2 6,9 46,0
Erholungs- und Ferien-
heime)

Sonstiges Sozialwesen 7,0 3,0 20,3 6,4 11,7 6,3 45,3


(ohne Heime)

Soziale Betreuung älterer 7,2 3,4 16,0 6,1 14,3 6,9 46,2
Menschen und Behinderter

Stationäre Einrichtungen 8,2 3,7 15,4 5,9 13,6 7,0 46,1


zur psychosozialen Be-
treuung, Suchtbekämpfung
u. Ä.

Branche gesamt 7,0 3,2 17,3 6,3 13,1 6,6 46,6

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
472 M. Meyer et al.

. Tab. 20.99 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 14,7 2,7 13,8 4,1 11,5 8,2 45,0

Berufe im Rettungsdienst 12,1 4,5 10,2 3,9 20,5 12,6 36,2

Berufe in der Altenpflege 16,1 4,0 8,8 3,3 22,3 7,7 37,7
(ohne Spez.)

Berufe in der Fachkranken- 15,9 4,6 8,9 3,5 19,1 8,5 39,5
pflege

Berufe in der Gesundheits- 16,0 3,8 9,6 3,3 20,0 8,2 39,0
u. Krankenpflege (ohne Spez.)

Berufe in der Haus- u. Famili- 16,9 4,3 9,9 3,6 19,7 7,4 38,2
enpflege

Berufe in der Hauswirtschaft 14,0 4,6 8,0 3,2 23,7 8,1 38,4

Berufe in der Kinderbetreu- 19,2 3,2 13,0 3,5 15,3 7,1 38,7
ung u. -erziehung

Berufe in der Physiotherapie 13,9 3,4 13,3 3,6 15,3 9,5 41,0

Berufe in der Reinigung (oh- 12,5 4,8 7,6 3,2 25,6 8,4 37,9
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 21,4 3,9 10,8 3,3 14,2 7,0 39,4
u. Sozialpädagogik

Berufe in Heilerziehungspfle- 19,3 3,6 10,9 3,4 16,7 8,0 38,0


ge u. Sonderpädagogik

Büro- u. Sekretariatskräfte 20,2 3,7 10,2 3,7 13,5 6,6 42,2


(ohne Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 13,6 5,7 6,7 3,3 25,5 8,3 36,9


Spez.)

Medizinische Fachangestellte 16,3 3,1 13,3 4,1 11,6 6,8 44,9


(ohne Spez.)

Verwaltende Berufe im 18,7 3,7 10,1 4,0 14,9 6,8 41,7


Sozial- u. Gesundheitswesen

Zahnmedizinische Fachange- 13,8 2,0 16,2 4,6 11,6 7,4 44,2


stellte

Branche gesamt 16,2 4,0 9,9 3,5 19,3 7,8 39,2

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
473 20

. Tab. 20.100 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Ärzte/Ärztinnen (ohne Spez.) 5,5 2,5 21,0 6,7 9,4 5,7 49,1

Berufe im Rettungsdienst 5,7 3,4 16,8 6,2 14,3 9,3 44,3

Berufe in der Altenpflege 7,8 3,3 15,1 5,8 16,1 6,5 45,3
(ohne Spez.)

Berufe in der Fachkranken- 7,9 3,5 16,0 6,4 14,7 6,8 44,7
pflege

Berufe in der Gesundheits- 7,4 3,2 16,4 6,0 14,2 6,7 46,3
u. Krankenpflege (ohne Spez.)

Berufe in der Haus- u. Famili- 7,6 3,6 16,8 6,4 13,6 6,4 45,6
enpflege

Berufe in der Hauswirtschaft 6,5 4,1 14,6 6,2 16,3 7,1 45,3

Berufe in der Kinderbetreu- 7,2 2,6 22,3 6,1 10,2 6,1 45,4
ung u. -erziehung

Berufe in der Physiotherapie 5,2 2,5 20,9 6,5 10,6 8,0 46,3

Berufe in der Reinigung (oh- 6,1 4,4 13,3 6,3 18,8 7,1 44,2
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 8,5 2,9 20,0 6,1 10,0 6,2 46,3
u. Sozialpädagogik

Berufe in Heilerziehungspfle- 8,0 2,8 19,1 6,2 12,0 7,0 44,9


ge u. Sonderpädagogik

Büro- u. Sekretariatskräfte 7,2 3,5 17,4 7,4 9,8 5,6 49,0


(ohne Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 6,6 4,6 12,9 6,3 17,8 7,4 44,5


Spez.)

Medizinische Fachangestellte 5,9 2,3 19,9 6,8 7,3 6,1 51,7


(ohne Spez.)

Verwaltende Berufe im 7,4 3,0 17,9 7,3 10,1 5,8 48,6


Sozial- u. Gesundheitswesen

Zahnmedizinische Fachange- 4,9 1,8 21,2 6,6 7,6 6,9 51,1


stellte

Branche gesamt 7,0 3,2 17,3 6,3 13,1 6,6 46,6

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
474 M. Meyer et al.

. Tab. 20.101 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 9,1 4,8
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 4,9 5,1

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,2 2,0

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,6 1,8
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,8 0,9
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 2,2 4,0

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,2 2,2
nummern U07.-

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,9 1,0

R51 Kopfschmerz 1,7 0,7

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,5 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

F32 Depressive Episode 1,4 4,5

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,3 1,3

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,3 1,2

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,3 0,7

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,3 0,3

F48 Andere neurotische Störungen 1,1 1,9

G43 Migräne 1,1 0,4

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,0 1,3

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,0 0,9
ziert

K29 Gastritis und Duodenitis 1,0 0,5

R11 Übelkeit und Erbrechen 1,0 0,4

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,0 0,4

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 1,9

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,7 1,7

F45 Somatoforme Störungen 0,7 1,5


20 M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,7 0,6
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
475 20

. Tab. 20.101 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
R42 Schwindel und Taumel 0,7 0,5

J20 Akute Bronchitis 0,7 0,4

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,7
klassifiziert

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,6 0,6

N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,6 0,3

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,6 0,3

F33 Rezidivierende depressive Störung 0,5 2,0

F41 Andere Angststörungen 0,5 1,6

M75 Schulterläsionen 0,5 1,4

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,5 0,3

J02 Akute Pharyngitis 0,5 0,2

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,5 0,1
Impfstoffen

Summe hier 58,9 51,3

Restliche 41,1 48,7

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
476 M. Meyer et al.

. Tab. 20.102 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 12,2 6,3

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 5,9 7,0

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,7 3,5

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4,5 8,9

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,5 2,1

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 4,0 2,1
in Anspruch nehmen

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,4 1,1

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,2 3,0
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 3,2 1,6

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 2,3 3,4

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 2,1 1,5

F30–F39 Affektive Störungen 2,0 7,2

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,8 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 1,8 0,5

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,7 3,3
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,5 1,3

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,2

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,4 2,6

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,4 0,8

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,4 0,7

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,1 0,9

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,1 0,5

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 1,0 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes 0,9 0,7

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,9 0,4

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 0,8 0,8
20 mitäten oder anderer Körperregionen
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
477 20

. Tab. 20.102 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,8 0,7
webes

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,8 0,6

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,8 0,5

M15–M19 Arthrose 0,7 2,1

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,7 1,5

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,3

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,7 1,0

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,7 0,5

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,7 0,5

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,7 0,3

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

E00–E07 Krankheiten der Schilddrüse 0,6 0,5

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

Summe hier 80,2 74,2

Restliche 19,8 25,8

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
478 M. Meyer et al.

20.7 Handel

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Handel in den Jahren . Tab. 20.103
1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Handel nach Bundesländern im Jahr . Tab. 20.104
2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Handel . Tab. 20.105
im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Handel . Tab. 20.106
im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Handel im Jahr 2021 . Tab. 20.107

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.108
der Branche Handel im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Handel im Jahr 2021, . Tab. 20.109
AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.110
Handel im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.111
gen in der Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.112
che Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.113
Branche Handel in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Handel . Tab. 20.114
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Handel . Tab. 20.115
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.116
in der Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.117
in der Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.118
Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.119
Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
479 20

. Tab. 20.103 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Handel in den Jahren 1997
bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 4,5 3,8 4,4 131,3 100,7 126,9 12,3 13,9 12,5

1998 4,6 3,9 4,5 134,1 102,0 129,6 12,3 13,8 12,5

1999 4,6 4,2 4,5 142,7 113,4 138,9 11,9 13,6 12,1

2000 4,6 4,2 4,6 146,5 117,9 143,1 11,6 13,0 11,7

2001 4,6 4,2 4,5 145,4 113,2 141,8 11,5 13,5 11,7

2002 4,5 4,1 4,5 145,5 114,4 142,0 11,4 13,0 11,5

2003 4,2 3,7 4,2 140,5 110,7 136,8 11,0 12,4 11,2

2004 3,9 3,4 3,8 127,0 100,9 123,4 11,2 12,2 11,3

2005 3,8 3,3 3,7 127,9 100,7 123,9 10,9 12,1 11,0

2006 3,7 3,3 3,6 122,7 97,0 118,9 11,0 12,3 11,2

2007 3,9 3,6 3,9 132,4 106,6 128,6 10,9 12,2 11,0

2008 (WZ03) 4,1 3,8 4,0 140,4 112,0 136,2 10,6 12,3 10,8

2008 (WZ08)a 4,1 3,7 4,0 139,9 111,7 135,7 10,6 12,2 10,8

2009 4,2 4,1 4,2 146,4 122,1 142,8 10,5 12,2 10,7

2010 4,3 4,1 4,3 143,7 126,8 141,2 10,9 11,9 11,0

2011 4,4 3,9 4,3 149,1 131,0 146,5 10,8 11,0 10,8

2012 4,4 4,4 4,4 149,7 125,8 146,2 10,8 12,9 11,1

2013 4,7 4,6 4,7 161,2 136,3 157,7 10,6 12,4 10,8

2014 4,8 4,7 4,8 159,1 133,4 155,4 11,0 13,0 11,3

2015 5,0 4,9 5,0 168,2 143,7 164,6 10,8 12,6 11,0

2016 5,0 5,1 5,0 166,6 146,9 163,9 10,9 12,6 11,1

2017 4,9 5,3 5,0 162,3 148,3 160,3 11,1 13,0 11,4

2018 5,1 5,5 5,2 168,5 154,5 166,5 11,1 13,0 11,4

2019 5,1 5,5 5,2 164,3 152,8 162,7 11,3 13,2 11,6

2020 5,1 5,6 5,2 143,4 138,7 142,7 13,0 14,9 13,3

2021 5,0 5,8 5,1 146,5 145,1 146,3 12,5 14,7 12,8
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
480 M. Meyer et al.

. Tab. 20.104 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Handel nach Bundesländern im Jahr 2021
im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,1 159,1 2,2 1.849,2 #0,2 11,6 #2,4 54,5

Bayern 4,7 130,6 2,2 1.724,7 #0,1 13,2 #2,2 48,1

Berlin 4,3 139,6 #5,2 1.551,8 #10,6 11,1 #5,8 41,5

Brandenburg 5,9 140,3 1,7 2.138,8 0,6 15,2 #1,1 51,3

Bremen 4,7 129,3 #1,0 1.703,4 #5,0 13,2 #4,1 45,7

Hamburg 4,1 117,4 #0,8 1.507,1 #6,3 12,8 #5,6 39,7

Hessen 5,2 160,3 3,0 1.887,5 #3,4 11,8 #6,3 52,3

Mecklenburg-Vorpommern 5,7 122,2 1,2 2.063,9 2,5 16,9 1,3 47,8

Niedersachsen 5,4 159,3 4,2 1.956,2 #0,8 12,3 #4,8 55,0

Nordrhein-Westfalen 5,2 149,3 0,9 1.912,8 #2,7 12,8 #3,5 50,7

Rheinland-Pfalz 4,9 123,5 1,5 1.773,3 #1,2 14,4 #2,6 44,0

Saarland 5,8 147,6 0,5 2.112,5 #3,5 14,3 #4,0 51,8

Sachsen 5,7 145,3 4,7 2.073,2 4,6 14,3 #0,1 57,2

Sachsen-Anhalt 6,1 147,4 7,5 2.218,6 3,5 15,1 #3,7 52,3

Schleswig-Holstein 5,1 140,4 3,2 1.845,5 #1,8 13,1 #4,8 49,4

Thüringen 6,0 152,4 4,7 2.204,6 0,4 14,5 #4,1 56,5

West 5,0 146,5 2,2 1.834,4 #1,6 12,5 #3,7 50,7

Ost 5,8 145,1 4,6 2.127,6 3,0 14,7 #1,5 55,1

Bund 5,1 146,3 2,5 1.878,2 #0,8 12,8 #3,3 51,3

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
481 20

. Tab. 20.105 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Handel im
Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Einzelhandel (ohne Handel mit 5,2 5,4 142,2 1.913,6 13,5 50,1
Kraftfahrzeugen)

Großhandel (ohne Handel mit 5,2 5,1 148,2 1.884,5 12,7 52,3
Kraftfahrzeugen)

Handel mit Kraftfahrzeugen, 4,7 4,8 158,7 1.728,5 10,9 54,3


Instandhaltung und Reparatur
von Kraftfahrzeugen

Branche gesamt 5,1 5,4 146,3 1.878,2 12,8 51,3

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.106 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Handel im
Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Aufsichts-/Führungskr. – 4,2 90,2 1.517,3 16,8 43,1 1,2
Verkauf

Berufe im Verkauf (Ohne 5,6 141,4 2.037,0 14,4 50,6 23,6


Spez.)

Berufe im Verkauf von Back- 5,9 135,2 2.139,3 15,8 49,5 1,7
u. Konditoreiwaren

Berufe im Verkauf von Be- 4,5 131,9 1.626,8 12,3 47,0 2,7
kleidung, Sportartikeln,
Lederwaren u. Schuhen

Berufe im Verkauf von 5,0 152,6 1.836,6 12,0 55,3 1,8


drogerie- u. apothekenübli-
chen Waren

Berufe im Verkauf von 6,0 164,1 2.202,8 13,4 59,1 1,2


Garten-, Heimwerker-,
Haustier- u. Zoobedarf

Berufe im Verkauf von Kraft- 3,7 138,9 1.338,2 9,6 50,1 1,5
fahrzeugen, Zweirädern
u. Zubehör
482 M. Meyer et al.

. Tab. 20.106 (Fortsetzung)

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe im Verkauf von Le- 5,3 147,7 1.921,5 13,0 51,8 1,9
bensmitteln (ohne Spez.)

Berufe im Vertrieb (außer 3,5 102,7 1.291,6 12,6 43,7 2,5


Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Kraftfahrzeug- 5,1 190,3 1.865,6 9,8 61,0 5,0


technik

Berufe in der Lagerwirtschaft 6,7 205,3 2.447,7 11,9 58,6 12,9

Berufe in der pharmazeutisch- 3,3 126,7 1.198,3 9,5 51,2 1,2


technischen Assistenz

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 7,7 150,0 2.805,7 18,7 56,2 2,4


terverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,4 111,7 1.248,8 11,2 44,4 4,5


(ohne Spez.)

Fahrzeugführer/innen im 6,7 140,2 2.461,5 17,6 45,4 1,1


Straßenverkehr (sonstige
spezifische Tätigkeitsangabe)

Kassierer/innen u. Kartenver- 6,3 145,6 2.283,9 15,7 52,6 2,2


käufer/innen

Kaufleute im Groß- u. Außen- 3,4 160,3 1.233,5 7,7 55,1 1,8


handel

Kaufmännische u. technische 3,5 114,7 1.280,3 11,2 47,0 2,6


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Branche gesamt 5,1 146,3 1.878,2 12,8 51,3 14,3b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
483 20

. Tab. 20.107 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Handel im Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 36,3 5,5 35,0 5,2

4–7 Tage 29,4 11,7 29,0 11,1

8–14 Tage 16,8 13,7 17,6 13,9

15–21 Tage 6,5 8,8 6,9 8,9

22–28 Tage 3,0 5,7 3,2 5,9

29–42 Tage 3,2 8,6 3,3 8,7

> 42 Tage 4,9 46,1 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.108 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in
der Branche Handel im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Einzelhandel (ohne Handel mit Kraft- 20,3 22,2 23,0 22,7 23,5 26,4
fahrzeugen)

Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahr- 19,8 21,8 22,4 22,6 18,6 17,5
zeugen)

Handel mit Kraftfahrzeugen, Instandhal- 18,3 18,6 20,2 23,1 21,7 17,4
tung und Reparatur von Kraftfahrzeugen

Branche gesamt 19,9 21,6 22,5 22,7 21,7 25,5

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022
484 M. Meyer et al.

. Tab. 20.109 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Handel im Jahr 2021,
AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Einzelhandel (ohne 5,4 5,6 4,6 2,5 2,8 2,9 4,8
Handel mit Kraftfahr-
zeugen)

Großhandel (ohne 6,2 5,4 4,1 1,7 2,3 1,7 5,0


Handel mit Kraftfahr-
zeugen)

Handel mit Kraftfahr- 4,7 4,9 4,8 2,2 2,6 2,4 4,4
zeugen, Instandhaltung
und Reparatur von
Kraftfahrzeugen

Branche gesamt 5,5 5,4 4,5 2,1 2,5 2,2 4,9

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.110 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche Handel
im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Einzelhandel (ohne 19,6 20,3 16,9 9,2 10,1 10,7 17,7
Handel mit Kraftfahr-
zeugen)

Großhandel (ohne 22,7 19,7 15,0 6,4 8,3 6,2 18,4


Handel mit Kraftfahr-
zeugen)

Handel mit Kraftfahr- 17,2 18,0 17,4 7,9 9,3 8,7 16,2
zeugen, Instandhaltung
und Reparatur von
Kraftfahrzeugen

Branche gesamt 20,0 19,8 16,4 7,8 9,2 8,2 17,7

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9


20 Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
485 20

. Tab. 20.111 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen
in der Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle AU-Tage


in % in %
Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) 2,6 4,3

Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) 3,2 6,5

Handel mit Kraftfahrzeugen, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen 3,3 6,0

Branche gesamt 2,9 5,2

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
486 M. Meyer et al.

. Tab. 20.112 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 3.353,3 93,4

Fahrzeugführer/innen im Straßenverkehr (sonstige spezifische Tätigkeitsangabe) 2.530,5 80,0

Berufe in der Lagerwirtschaft 1.456,3 64,5

Berufe in der Kraftfahrzeugtechnik 1.455,8 85,4

Berufe im Verkauf von Garten-, Heimwerker-, Haustier- u. Zoobedarf 1.295,7 59,2

Berufe im Verkauf von Back- u. Konditoreiwaren 1.047,1 43,5

Berufe im Verkauf von Lebensmitteln (ohne Spez.) 874,0 49,7

Berufe im Verkauf (Ohne Spez.) 799,0 37,1

Kassierer/innen u. Kartenverkäufer/innen 727,9 29,0

Aufsichts-/Führungskr. – Verkauf 534,5 24,2

Berufe im Verkauf von drogerie- u. apothekenüblichen Waren 465,9 20,0

Berufe im Verkauf von Bekleidung, Sportartikeln, Lederwaren u. Schuhen 403,1 16,3

Berufe im Verkauf von Kraftfahrzeugen, Zweirädern u. Zubehör 368,8 18,6

Berufe im Vertrieb (außer Informations- u. Kommunikationstechnologien) 322,3 12,6

Kaufleute im Groß- u. Außenhandel 313,1 20,4

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 263,7 11,5

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 240,6 11,3

Berufe in der pharmazeutisch-technischen Assistenz 200,5 12,9

Branche gesamt 970,9 42,4

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
487 20

. Tab. 20.113 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der
Branche Handel in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 89,6 4,0 142,2 7,4 268,9 37,5 143,7 20,2 463,5 26,9 293,2 18,4

1998 95,7 4,3 142,2 7,6 266,0 38,5 140,9 20,4 480,4 28,3 284,6 18,3

1999 100,4 4,7 139,6 7,8 301,5 44,0 142,3 21,7 499,5 30,0 280,8 18,5

2000 113,7 5,5 119,8 7,0 281,4 42,5 128,1 19,1 510,3 31,3 278,0 18,8

2001 126,1 6,3 124,0 7,6 266,0 41,9 128,9 19,8 523,9 32,5 270,3 18,7

2002 131,0 6,7 122,5 7,7 254,9 41,0 129,6 20,8 512,6 32,0 265,8 18,4

2003 127,0 6,6 114,6 7,6 252,1 41,5 121,3 19,8 459,2 29,4 250,8 17,4

2004 136,9 6,4 120,4 6,8 215,6 34,6 120,4 19,0 424,2 27,1 237,7 16,0

2005 135,8 6,2 118,1 6,6 245,8 39,4 113,5 17,6 399,1 25,9 230,5 15,5

2006 137,2 6,3 117,7 6,7 202,9 33,5 115,7 18,4 400,5 26,0 234,8 15,7

2007 151,2 6,8 120,3 6,8 231,0 37,9 122,6 20,0 426,0 27,1 234,3 15,4

2008 (WZ03) 159,5 7,1 124,1 7,0 244,6 40,6 127,6 21,3 439,2 28,2 238,9 15,8

2008 (WZ08)a 158,2 7,1 123,2 7,0 243,2 40,4 127,3 21,2 435,9 28,0 238,8 15,8

2009 168,3 7,6 122,3 6,9 284,1 46,6 126,0 20,8 428,8 27,4 241,8 15,7

2010 190,3 8,1 124,2 6,9 240,7 40,4 118,2 19,2 463,3 28,5 256,3 16,4

2011 209,1 9,0 119,3 6,9 253,8 42,0 119,2 19,3 451,2 28,8 248,1 16,0

2012 231,8 9,3 130,4 7,1 254,5 41,9 124,0 19,5 478,2 29,5 252,0 15,5

2013 243,8 9,7 129,6 6,9 317,6 50,9 127,4 19,7 482,5 29,9 254,6 15,6

2014 273,9 10,7 137,2 7,2 265,7 43,7 133,5 20,3 523,9 31,5 257,2 15,7

2015 282,1 10,9 135,5 7,2 323,7 51,9 131,8 20,1 518,5 31,2 256,3 15,5

2016 290,7 11,1 124,1 7,3 305,6 50,1 125,9 19,9 533,1 31,7 258,6 15,3

2017 299,9 11,2 122,1 7,1 308,7 49,5 122,4 18,7 526,8 30,8 259,7 14,8

2018 311,9 11,6 122,5 7,2 336,2 52,5 121,2 18,5 529,7 31,2 263,4 14,9

2019 327,5 11,8 121,4 7,1 296,5 48,4 118,7 18,1 544,5 31,6 261,0 14,4

2020 335,2 10,9 119,0 6,2 308,5 40,6 111,6 15,3 559,4 30,1 252,7 12,7

2021 337,2 11,2 120,6 6,4 262,1 36,0 106,1 14,6 569,7 32,0 264,2 17,3
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
488 M. Meyer et al.

. Tab. 20.114 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Handel
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Einzelhandel (ohne Handel 14,2 4,0 9,6 3,8 20,8 9,0 38,6
mit Kraftfahrzeugen)

Großhandel (ohne Handel 10,6 5,4 9,4 4,1 22,1 10,5 37,9
mit Kraftfahrzeugen)

Handel mit Kraftfahrzeu- 9,8 4,6 11,3 4,3 20,9 11,9 37,2
gen, Instandhaltung und
Reparatur von Kraftfahr-
zeugen

Branche gesamt 12,5 4,5 9,8 3,9 21,2 9,8 38,2

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.115 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Handel
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Einzelhandel (ohne Handel 6,0 2,9 16,9 6,6 14,3 7,7 45,7
mit Kraftfahrzeugen)

Großhandel (ohne Handel 4,6 3,4 16,2 7,2 16,5 8,3 43,8
mit Kraftfahrzeugen)

Handel mit Kraftfahrzeu- 3,9 2,7 18,5 7,1 15,1 9,4 43,4
gen, Instandhaltung und
Reparatur von Kraftfahr-
zeugen

Branche gesamt 5,3 3,0 16,9 6,9 15,1 8,1 44,8

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
489 20

. Tab. 20.116 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreis- wege dauung Skelett zungen
lauf

Aufsichts-/Führungskr. – Verkauf 17,8 4,2 8,2 3,7 18,2 7,5 40,2

Berufe im Verkauf (Ohne Spez.) 15,0 3,6 9,3 3,7 21,4 8,7 38,4

Berufe im Verkauf von Back- u. Kondi- 14,5 4,1 8,1 3,6 20,9 9,8 39,0
toreiwaren

Berufe im Verkauf von Bekleidung, 16,4 2,9 11,0 3,5 17,5 8,4 40,3
Sportartikeln, Lederwaren u. Schuhen

Berufe im Verkauf von drogerie- u. apo- 17,4 2,6 11,4 3,9 17,7 7,7 39,3
thekenüblichen Waren

Berufe im Verkauf von Garten-, 14,1 3,9 9,5 4,1 20,6 10,2 37,7
Heimwerker-, Haustier- u. Zoobedarf

Berufe im Verkauf von Kraftfahrzeugen, 14,1 4,3 13,9 4,5 13,8 9,0 40,4
Zweirädern u. Zubehör

Berufe im Verkauf von Lebensmitteln 13,4 4,2 8,9 4,0 21,1 9,4 39,1
(ohne Spez.)

Berufe im Vertrieb (außer Informations- 16,2 5,4 10,7 4,3 13,7 7,9 41,8
u. Kommunikationstechnologien)

Berufe in der Kraftfahrzeugtechnik 7,3 3,9 12,2 4,3 22,4 14,9 35,1

Berufe in der Lagerwirtschaft 10,0 4,8 9,4 4,1 26,1 10,3 35,3

Berufe in der pharmazeutisch- 14,6 2,6 15,4 4,3 11,9 7,0 44,2
technischen Assistenz

Berufskraftfahrer/innen (Güterver- 6,8 8,0 6,6 3,7 25,2 12,9 36,7


kehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 15,2 4,0 11,4 4,0 14,3 7,8 43,3

Fahrzeugführer/innen im Straßenverkehr 8,4 7,3 6,4 3,7 26,0 12,4 35,8


(sonstige spezifische Tätigkeitsangabe)

Kassierer/innen u. Kartenverkäufer/in- 15,9 4,1 8,6 3,6 20,0 7,9 39,9


nen

Kaufleute im Groß- u. Außenhandel 13,3 3,1 15,7 4,6 12,0 9,4 41,9

Kaufmännische u. technische Betriebs- 16,8 3,9 11,8 4,2 13,7 7,0 42,7
wirtschaft (ohne Spez.)

Branche gesamt 12,5 4,5 9,8 3,9 21,2 9,8 38,2

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022
490 M. Meyer et al.

. Tab. 20.117 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreis- wege dauung Skelett zungen
lauf

Aufsichts-/Führungskr. – Verkauf 6,9 3,4 15,8 6,9 12,5 7,1 47,4

Berufe im Verkauf (Ohne Spez.) 6,5 2,8 16,8 6,5 13,8 7,6 46,1

Berufe im Verkauf von Back- u. Kondi- 7,0 3,1 15,5 6,4 13,5 7,9 46,7
toreiwaren

Berufe im Verkauf von Bekleidung, 6,5 2,6 18,3 6,2 11,8 7,1 47,6
Sportartikeln, Lederwaren u. Schuhen

Berufe im Verkauf von drogerie- u. apo- 6,5 2,4 18,9 6,4 11,4 6,6 47,8
thekenüblichen Waren

Berufe im Verkauf von Garten-, 5,8 2,7 16,8 7,0 14,3 9,1 44,4
Heimwerker-, Haustier- u. Zoobedarf

Berufe im Verkauf von Kraftfahrzeugen, 4,8 2,6 21,6 7,3 9,4 7,4 47,0
Zweirädern u. Zubehör

Berufe im Verkauf von Lebensmitteln 5,8 2,9 16,1 6,8 13,0 8,6 46,7
(ohne Spez.)

Berufe im Vertrieb (außer Informations- 5,9 3,4 18,6 7,4 10,3 6,4 47,9
u. Kommunikationstechnologien)

Berufe in der Kraftfahrzeugtechnik 3,0 2,1 19,5 6,8 15,9 11,3 41,3

Berufe in der Lagerwirtschaft 4,5 3,0 15,3 6,9 21,3 8,5 40,5

Berufe in der pharmazeutisch- 5,5 2,5 21,3 6,8 8,3 6,1 49,5
technischen Assistenz

Berufskraftfahrer/innen (Güterver- 3,8 5,1 11,5 7,2 20,3 9,7 42,5


kehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 5,6 2,9 18,6 7,3 9,4 6,3 49,8

Fahrzeugführer/innen im Straßenverkehr 4,2 4,6 12,4 6,6 20,1 9,7 42,3


(sonstige spezifische Tätigkeitsangabe)

Kassierer/innen u. Kartenverkäufer/in- 7,0 3,3 15,7 6,7 13,4 7,0 46,9


nen

Kaufleute im Groß- u. Außenhandel 4,3 1,9 22,3 7,2 8,3 7,6 48,3

Kaufmännische u. technische Betriebs- 5,9 2,8 19,1 7,6 9,8 6,5 48,3
wirtschaft (ohne Spez.)

Branche gesamt 5,3 3,0 16,9 6,9 15,1 8,1 44,8

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
491 20

. Tab. 20.118 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 9,1 4,7
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 5,8 5,7

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,1 2,1

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,4 1,9
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 3,1 1,1
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,0 1,7
nummern U07.-

R51 Kopfschmerz 1,9 0,7

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,8 0,9

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,8 0,4
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,6 3,0

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,5 0,4

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,3 0,7

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,2 1,5

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,2 1,1

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,2 0,9
ziert

F32 Depressive Episode 1,1 3,6

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,1 0,5

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,0 0,9

K29 Gastritis und Duodenitis 1,0 0,5

R11 Übelkeit und Erbrechen 1,0 0,4

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,9 0,9

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,9 0,3

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,9 0,2
Impfstoffen

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,8 0,7

G43 Migräne 0,8 0,3

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 2,0


492 M. Meyer et al.

. Tab. 20.118 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,7 1,9

F48 Andere neurotische Störungen 0,7 1,3

R42 Schwindel und Taumel 0,7 0,5

M75 Schulterläsionen 0,6 1,7

F45 Somatoforme Störungen 0,6 1,2

M77 Sonstige Enthesopathien 0,6 0,8

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,6 0,3

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,5 1,1

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,5 0,6
klassifiziert

S93 Luxation, Verstauchung und Zerrung der Gelenke und Bänder in Höhe des 0,5 0,6
oberen Sprunggelenkes und des Fußes

J02 Akute Pharyngitis 0,5 0,2

Summe hier 59,5 48,3

Restliche 40,5 51,7

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
493 20

. Tab. 20.119 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Handel im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 12,1 6,2

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 6,8 7,7

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,7 3,2

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,4 2,3

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,8 2,2
in Anspruch nehmen

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,8 1,3

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3,3 6,8

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,3 2,3
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 3,0 1,5

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 2,8 4,0

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 2,2 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,0 0,6

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,7 2,9

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,7 1,3

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,6 3,5
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

F30–F39 Affektive Störungen 1,5 5,4

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,1

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,4 1,3

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,4 0,8

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,4 0,8

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,2 0,6

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,1 1,1
mitäten oder anderer Körperregionen

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,0 0,8

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 1,0 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 0,9 1,3

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,9 1,3


494 M. Meyer et al.

. Tab. 20.119 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,9 0,8
webes

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,9 0,7

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,8 1,8

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,8 0,5

M15–M19 Arthrose 0,7 2,1

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,4

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,7 0,5

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,7 0,5

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,7 0,4

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes 0,6 0,4

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,6 0,3

Summe hier 80,6 73,0

Restliche 19,4 27,0

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
495 20

20.8 Land- und Forstwirtschaft

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Land- und Forstwirt- . Tab. 20.120
schaft in den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Land- und Forstwirtschaft nach Bun- . Tab. 20.121
desländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Land- . Tab. 20.122
und Forstwirtschaft im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Land- . Tab. 20.123
und Forstwirtschaft im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Land- und Forstwirtschaft . Tab. 20.124
im Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.125
der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Land- und Forstwirtschaft . Tab. 20.126
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.127
Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.128
gen in der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.129
che Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.130
Branche Land- und Forstwirtschaft in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Land- . Tab. 20.131
und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Land- . Tab. 20.132
und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.133
in der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.134
in der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.135
Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.136
Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
496 M. Meyer et al.

. Tab. 20.120 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Land- und Forstwirtschaft
in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 4,6 5,0 4,8 137,4 117,7 129,7 12,3 15,4 13,4

1998 4,8 4,9 4,8 143,1 121,4 135,1 12,1 14,9 13,0

1999 4,6 6,0 5,3 149,6 142,6 147,6 11,6 14,2 12,3

2000 4,6 5,5 5,0 145,7 139,7 142,7 11,6 14,3 12,9

2001 4,6 5,4 5,0 144,3 130,2 137,6 11,7 15,1 13,2

2002 4,5 5,2 4,8 142,4 126,5 135,0 11,4 15,1 13,0

2003 4,2 4,9 4,5 135,5 120,5 128,5 11,2 14,8 12,8

2004 3,8 4,3 4,0 121,5 109,1 115,6 11,4 14,6 12,8

2005 3,5 4,3 3,9 113,7 102,1 108,4 11,3 15,3 13,0

2006 3,3 4,1 3,7 110,2 96,5 104,3 11,0 15,4 12,8

2007 3,6 4,4 3,9 117,1 102,2 110,8 11,1 15,7 12,9

2008 (WZ03) 3,7 4,6 4,1 121,1 107,6 115,4 11,1 15,7 12,9

2008 (WZ08)a 3,1 4,6 3,9 101,5 101,6 101,6 11,3 16,5 13,9

2009 3,0 5,0 4,0 101,0 108,9 104,8 11,0 16,8 13,9

2010 3,3 5,1 4,2 99,6 112,5 105,6 12,2 16,7 14,4

2011 3,4 4,9 4,0 99,7 114,0 105,8 12,4 15,7 13,9

2012 3,2 5,4 4,1 91,0 110,2 99,2 12,9 17,8 15,2

2013 3,3 5,5 4,2 98,3 116,4 105,7 12,4 17,3 14,6

2014 3,4 5,5 4,2 92,5 112,2 100,3 13,2 17,9 15,3

2015 3,4 5,7 4,3 97,2 121,4 106,6 12,9 17,2 14,8

2016 3,5 5,9 4,4 97,8 123,2 107,8 13,1 17,5 15,0

2017 3,5 6,0 4,4 96,1 122,7 106,2 13,3 17,7 15,2

2018 3,6 6,2 4,5 97,5 129,3 109,2 13,4 17,6 15,2

2019 3,5 6,3 4,5 93,3 124,1 104,3 13,8 18,5 15,8

2020 3,6 6,2 4,5 85,6 114,4 95,8 15,6 19,9 17,4

2021 3,6 6,3 4,5 86,7 119,5 98,0 15,1 19,4 16,9
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
497 20

. Tab. 20.121 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Land- und Forstwirtschaft nach
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 3,4 84,7 #1,0 1.258,2 0,3 14,9 1,4 25,9

Bayern 3,3 78,6 3,1 1.201,5 0,8 15,3 #2,2 25,4

Berlin 3,3 130,2 7,6 1.208,4 #16,6 9,3 #22,5 37,9

Brandenburg 6,3 111,9 1,4 2.302,2 2,0 20,6 0,6 41,6

Bremen 2,4 108,9 10,9 860,1 #20,4 7,9 #28,2 35,8

Hamburg 3,4 64,8 4,6 1.225,6 11,2 18,9 6,3 19,0

Hessen 4,0 101,7 3,0 1.447,9 #15,2 14,2 #17,7 32,5

Mecklenburg-Vorpommern 6,0 100,7 #0,3 2.172,9 #3,9 21,6 #3,6 41,1

Niedersachsen 4,0 100,5 2,2 1.467,4 #0,5 14,6 #2,7 33,5

Nordrhein-Westfalen 3,6 84,6 #2,1 1.316,5 #2,5 15,6 #0,3 25,5

Rheinland-Pfalz 2,8 58,4 0,1 1.013,7 #3,3 17,4 #3,4 14,9

Saarland 3,5 96,8 5,8 1.288,3 #18,2 13,3 #22,6 35,5

Sachsen 6,4 126,4 6,2 2.348,6 4,6 18,6 #1,5 54,2

Sachsen-Anhalt 6,3 119,0 5,6 2.312,7 #0,6 19,4 #5,8 46,2

Schleswig-Holstein 3,7 85,1 6,0 1.364,4 #2,6 16,0 #8,1 28,0

Thüringen 6,5 129,2 6,5 2.369,8 3,8 18,3 #2,5 50,1

West 3,6 86,7 1,3 1.311,1 #1,8 15,1 #3,1 27,1

Ost 6,3 119,5 4,5 2.313,5 1,9 19,4 #2,5 47,7

Bund 4,5 98,0 2,3 1.653,0 #0,7 16,9 #2,9 33,0

Fehlzeiten-Report 2022
498 M. Meyer et al.

. Tab. 20.122 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Land- und
Forstwirtschaft im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Fischerei und Aquakultur 4,4 4,3 102,2 1.620,5 15,9 38,3

Forstwirtschaft und Holzeinschlag 5,6 4,8 122,0 2.027,1 16,6 41,5

Landwirtschaft, Jagd und damit 4,4 4,4 95,5 1.615,8 16,9 32,2
verbundene Tätigkeiten

Branche gesamt 4,5 4,5 98,0 1.653,0 16,9 33,0

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
499 20

. Tab. 20.123 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Land- und
Forstwirtschaft im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe im Gartenbau (ohne 3,8 108,8 1.401,8 12,9 32,3 9,7
Spez.)

Berufe in Baumschule, 5,0 157,0 1.816,8 11,6 52,6 1,5


Staudengärtnerei u. Zier-
pflanzenbau

Berufe in der Floristik 4,6 109,4 1.675,9 15,3 50,3 1,0

Berufe in der Forstwirtschaft 6,1 134,4 2.241,9 16,7 43,2 5,0

Berufe in der Lagerwirtschaft 6,6 155,8 2.426,0 15,6 52,2 1,3

Berufe in der Landwirtschaft 3,4 73,7 1.235,2 16,8 22,7 49,1


(ohne Spez.)

Berufe in der Nutztierhaltung 7,3 116,4 2.670,0 22,9 47,9 6,2


(außer Geflügelhaltung)

Berufe in der Pferdewirtschaft 3,7 83,8 1.349,1 16,1 31,3 1,7


(ohne Spez.)

Berufe in der Tierpflege (ohne 7,5 111,4 2.725,0 24,5 46,5 1,4
Spez.)

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 6,0 111,6 2.205,1 19,8 44,0 1,3


terverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,7 96,9 1.338,2 13,8 41,9 2,1


(ohne Spez.)

Führer/innen von land- 5,2 101,6 1.913,7 18,8 45,5 2,5


u. forstwirtschaftlichen Ma-
schinen

Branche gesamt 4,5 98,0 1.653,0 16,9 33,0 1,3b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
500 M. Meyer et al.

. Tab. 20.124 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Land- und Forstwirtschaft im
Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 31,6 3,6 35,0 5,2

4–7 Tage 26,0 7,9 29,0 11,1

8–14 Tage 18,4 11,5 17,6 13,9

15–21 Tage 8,2 8,4 6,9 8,9

22–28 Tage 3,9 5,7 3,2 5,9

29–42 Tage 4,2 8,5 3,3 8,7

> 42 Tage 7,7 54,4 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.125 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in
der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000

Fischerei und Aquakultur 30,2 8,7 – – – –

Forstwirtschaft und Holzeinschlag 22,1 23,5 3,3 2,3 28,1 –

Landwirtschaft, Jagd und damit verbun- 19,0 18,5 13,6 9,5 2,5 –
dene Tätigkeiten

Branche gesamt 19,3 18,7 13,0 9,4 14,8 –

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
501 20

. Tab. 20.126 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Land- und Forstwirtschaft
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Fischerei und Aqua- 3,4 5,5 2,0 – 1,4 – 3,8
kultur

Forstwirtschaft und 4,8 6,8 5,6 3,8 3,1 – 4,1


Holzeinschlag

Landwirtschaft, Jagd 4,4 5,7 5,1 2,1 3,6 2,7 3,1


und damit verbundene
Tätigkeiten

Branche gesamt 4,4 5,8 5,2 2,3 3,5 2,9 3,2

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.127 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche Land-
und Forstwirtschaft im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Fischerei und Aqua- 12,6 20,2 7,2 – 5,0 – 14,0
kultur

Forstwirtschaft und 17,6 24,7 20,4 13,9 11,2 – 14,9


Holzeinschlag

Landwirtschaft, Jagd 16,0 20,9 18,8 7,5 13,1 9,8 11,4


und damit verbundene
Tätigkeiten

Branche gesamt 16,1 21,3 18,8 8,4 12,8 10,5 11,7

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022
502 M. Meyer et al.

. Tab. 20.128 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen
in der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Fischerei und Aquakultur 5,5 9,2

Forstwirtschaft und Holzeinschlag 7,7 15,9

Landwirtschaft, Jagd und damit verbundene Tätigkeiten 7,5 12,5

Branche gesamt 7,5 12,9

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.129 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe in der Forstwirtschaft 3.977,0 113,2

Berufe in der Tierpflege (ohne Spez.) 3.856,5 98,7

Berufe in der Nutztierhaltung (außer Geflügelhaltung) 3.567,4 117,8

Berufe in der Pferdewirtschaft (ohne Spez.) 3.492,9 139,0

Führer/innen von land- u. forstwirtschaftlichen Maschinen 2.278,8 76,5

Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 1.927,6 75,6

Berufe in der Lagerwirtschaft 1.927,4 69,6

Berufe in der Landwirtschaft (ohne Spez.) 1.832,8 68,8

Berufe im Gartenbau (ohne Spez.) 1.474,4 51,8

Berufe in Baumschule, Staudengärtnerei u. Zierpflanzenbau 1.467,1 53,9

Berufe in der Floristik 600,0 26,5

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 508,1 15,1

Branche gesamt 2.128,1 73,2

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
503 20

. Tab. 20.130 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der
Branche Land- und Forstwirtschaft in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 75,0 3,4 150,6 7,4 270,0 34,3 150,6 19,3 511,1 29,7 390,3 23,9

1998 79,5 3,9 155,0 7,8 279,3 36,9 147,4 19,8 510,9 31,5 376,8 23,7

1999 89,4 4,5 150,6 8,2 309,1 42,0 152,1 21,7 537,3 34,0 366,8 23,7

2000 80,9 4,2 140,7 7,6 278,6 35,9 136,3 18,4 574,4 35,5 397,9 24,0

2001 85,2 4,7 149,4 8,2 262,5 35,1 136,2 18,7 587,8 36,4 390,1 23,6

2002 85,0 4,6 155,5 8,3 237,6 33,0 134,4 19,0 575,3 35,7 376,6 23,5

2003 82,8 4,6 143,9 8,0 233,8 33,1 123,7 17,8 512,0 32,5 368,5 22,5

2004 92,8 4,5 145,0 7,2 195,8 27,0 123,5 17,3 469,8 29,9 344,0 20,9

2005 90,1 4,1 142,3 6,7 208,7 28,6 111,3 14,7 429,7 26,8 336,2 19,7

2006 84,3 4,0 130,5 6,5 164,4 23,4 105,6 15,0 415,1 26,9 341,5 20,3

2007 90,2 4,1 143,8 6,6 187,2 26,9 112,5 16,2 451,4 28,1 347,5 20,0

2008 (WZ03) 94,9 4,5 153,2 7,0 195,6 27,8 119,6 17,3 472,0 29,2 350,9 19,9

2008 (WZ08)a 88,2 4,0 160,5 6,8 176,9 23,8 112,4 15,5 436,4 24,8 336,1 18,3

2009 95,9 4,2 155,5 6,9 207,5 27,5 107,1 15,0 427,5 24,1 337,9 18,2

2010 105,3 4,4 153,8 6,7 181,5 23,5 106,4 14,0 481,0 25,7 368,9 19,1

2011 112,7 4,7 154,0 6,7 174,8 23,5 106,5 13,9 461,2 25,5 353,2 18,9

2012 123,7 4,8 168,7 6,9 169,5 21,8 108,8 13,2 482,1 24,7 357,5 17,1

2013 127,7 4,9 170,9 6,5 216,6 27,5 111,1 13,5 481,5 24,9 361,8 17,4

2014 133,3 5,2 165,5 7,1 169,2 21,6 110,1 13,2 493,6 25,1 364,2 17,3

2015 139,2 5,3 171,2 7,1 207,6 26,8 108,1 13,4 499,1 25,0 358,6 17,1

2016 147,3 5,6 157,6 7,3 201,7 26,0 105,4 13,7 528,7 25,8 359,5 17,1

2017 149,9 5,6 149,5 7,1 205,1 26,2 106,7 13,3 522,4 25,2 359,4 16,5

2018 148,5 5,7 147,6 7,1 227,3 28,3 107,8 13,0 515,5 25,1 367,0 16,6

2019 159,4 5,8 149,2 6,9 188,0 24,8 104,3 12,7 530,2 24,6 371,7 15,9

2020 170,9 5,6 160,3 6,4 182,5 20,5 99,0 11,6 554,6 24,4 357,5 14,8

2021 174,7 5,8 156,1 6,4 185,7 20,1 96,9 11,0 547,1 24,6 356,2 16,3
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
504 M. Meyer et al.

. Tab. 20.131 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Land-
und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Fischerei und Aquakultur 12,1 3,1 7,0 4,3 26,9 13,5 33,1

Forstwirtschaft und Holz- 6,0 6,2 7,4 3,6 24,4 17,2 35,2
einschlag

Landwirtschaft, Jagd und 7,4 6,6 7,8 4,1 22,5 14,5 37,1
damit verbundene Tätigkei-
ten

Branche gesamt 7,3 6,5 7,7 4,0 22,8 14,8 36,9

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.132 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Land-
und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Fischerei und Aquakultur 5,3 3,5 13,4 6,8 15,8 9,2 46,0

Forstwirtschaft und Holz- 3,4 4,4 13,1 6,8 19,3 11,8 41,2
einschlag

Landwirtschaft, Jagd und 4,0 4,3 13,5 7,4 16,1 10,8 44,0
damit verbundene Tätig-
keiten

Branche gesamt 3,9 4,3 13,4 7,3 16,4 10,9 43,7

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
505 20

. Tab. 20.133 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Gartenbau (ohne 7,1 4,7 7,6 4,5 24,2 14,6 37,2
Spez.)

Berufe in Baumschule, 10,2 5,3 9,5 4,1 21,3 11,1 38,6


Staudengärtnerei u. Zier-
pflanzenbau

Berufe in der Floristik 9,4 4,3 9,2 3,1 19,2 11,9 42,9

Berufe in der Forstwirtschaft 6,0 5,8 7,1 3,6 26,4 18,9 32,3

Berufe in der Lagerwirtschaft 7,8 6,3 8,2 4,8 25,5 10,9 36,5

Berufe in der Landwirtschaft 5,9 7,1 7,6 4,4 21,1 16,7 37,2
(ohne Spez.)

Berufe in der Nutztierhaltung 7,7 7,1 7,7 3,3 26,2 14,3 33,6
(außer Geflügelhaltung)

Berufe in der Pferdewirtschaft 7,5 2,4 6,2 3,5 22,9 26,7 30,9
(ohne Spez.)

Berufe in der Tierpflege (ohne 7,7 7,2 7,0 5,1 26,5 14,0 32,5
Spez.)

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 5,4 8,8 6,4 3,8 23,0 10,6 42,1


terverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 14,2 3,9 10,0 4,2 14,1 9,1 44,6


(ohne Spez.)

Führer/innen von land- 5,1 9,0 7,0 3,9 23,9 12,6 38,5
u. forstwirtschaftlichen Ma-
schinen

Branche gesamt 7,3 6,5 7,7 4,0 22,8 14,8 36,9

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022
506 M. Meyer et al.

. Tab. 20.134 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Gartenbau (ohne 3,7 3,4 13,7 7,8 18,3 9,9 43,3
Spez.)

Berufe in Baumschule, 4,5 3,5 15,2 6,6 17,4 9,5 43,2


Staudengärtnerei u. Zier-
pflanzenbau

Berufe in der Floristik 4,9 2,9 15,7 6,3 12,3 9,1 48,8

Berufe in der Forstwirtschaft 3,2 4,2 12,5 6,6 21,7 13,1 38,7

Berufe in der Lagerwirtschaft 4,2 4,0 13,1 7,3 21,4 9,0 40,9

Berufe in der Landwirtschaft 3,5 4,3 13,2 7,3 15,2 12,1 44,4
(ohne Spez.)

Berufe in der Nutztierhaltung 4,6 4,8 12,9 6,8 17,9 11,7 41,5
(außer Geflügelhaltung)

Berufe in der Pferdewirtschaft 4,8 2,8 11,1 6,2 15,4 18,4 41,4
(ohne Spez.)

Berufe in der Tierpflege (ohne 4,3 5,5 11,4 7,3 17,6 10,8 43,1
Spez.)

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 3,5 6,2 10,8 7,4 17,5 9,1 45,5


terverkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 5,9 3,8 16,6 8,0 10,0 5,8 49,9


(ohne Spez.)

Führer/innen von land- 3,3 5,8 11,7 8,1 16,5 10,0 44,5
u. forstwirtschaftlichen Ma-
schinen

Branche gesamt 3,9 4,3 13,4 7,3 16,4 10,9 43,7

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
507 20

. Tab. 20.135 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche Land-
und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 6,6 3,3
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 5,7 5,8

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,5 2,1

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 4,0 2,1
heiten

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 2,1 0,4

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,9 1,6

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 1,8 1,3
nummern U07.-

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 1,8 0,5
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,4 0,6

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,3 1,7

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 1,3 1,3

R51 Kopfschmerz 1,1 0,5

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,1 0,2
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,0 1,6

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,0 0,8
ziert

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,0 0,5

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,8 2,0

M75 Schulterläsionen 0,8 1,9

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,8 0,7

K29 Gastritis und Duodenitis 0,8 0,4

F32 Depressive Episode 0,7 1,8

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,7 1,8

S93 Luxation, Verstauchung und Zerrung der Gelenke und Bänder in Höhe des 0,7 0,8
oberen Sprunggelenkes und des Fußes

R53 Unwohlsein und Ermüdung 0,7 0,6

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,6 1,3

M77 Sonstige Enthesopathien 0,6 0,8


508 M. Meyer et al.

. Tab. 20.135 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

U50 Motorische Funktionseinschränkung 0,6 0,3

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,6 0,3

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 0,6 0,2

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,6 0,2

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,5 0,5
klassifiziert

Z92 Medizinische Behandlung in der Eigenanamnese 0,5 0,4

R42 Schwindel und Taumel 0,5 0,4

E78 Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und sonstige Lipidämien 0,5 0,3

E66 Adipositas 0,5 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,5 0,2

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,5 0,2

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,5 0,1
Impfstoffen

M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 0,4 1,2

Summe hier 52,2 41,4

Restliche 47,8 58,6

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
509 20

. Tab. 20.136 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 8,8 4,3

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 6,8 7,7

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,9 2,3

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 4,6 2,5
in Anspruch nehmen

R50–R69 Allgemeinsymptome 3,6 2,8

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 2,9 4,0

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 2,8 1,8
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,7 0,6

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 2,3 0,7

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 2,2 1,9

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,2 1,1

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 2,1 4,0
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2,1 3,6

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,8 3,2

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 1,5 2,1

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,5 1,6
mitäten oder anderer Körperregionen

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,2

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,5 0,6
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 1,2 2,8

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 1,2 1,7

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,2 0,9

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,2 0,7

E70–E90 Stoffwechselstörungen 1,1 0,7

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,1 0,5

M15–M19 Arthrose 1,0 3,1

F30–F39 Affektive Störungen 1,0 2,9

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,0 1,0


510 M. Meyer et al.

. Tab. 20.136 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,9 1,5

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,9 0,8
webes

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,9 0,6

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,8 1,0
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,8 0,6
Stimmung und das Verhalten betreffen

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 0,8 0,4

I30–I52 Sonstige Formen der Herzkrankheit 0,7 1,2

S00–S09 Verletzungen des Kopfes 0,7 0,7

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,7 0,4


rer Krankheiten

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,7 0,4

M05–M14 Entzündliche Polyarthropathien 0,6 0,7

U50–U52 Funktionseinschränkung 0,6 0,4

Summe hier 75,7 69,5

Restliche 24,3 30,5

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
511 20
20.9 Metallindustrie

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Metallindustrie in den . Tab. 20.137
Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Metallindustrie nach Bundesländern . Tab. 20.138
im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Metallin- . Tab. 20.139
dustrie im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Metall- . Tab. 20.140
industrie im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Metallindustrie im Jahr . Tab. 20.141
2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.142
der Branche Metallindustrie im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Metallindustrie im Jahr . Tab. 20.143
2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.144
Metallindustrie im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.145
gen in der Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.146
che Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.147
Branche Metallindustrie in den Jahren 2000 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Metall- . Tab. 20.148
industrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Me- . Tab. 20.149
tallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.150
in der Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.151
in der Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.152
Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.153
Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
512 M. Meyer et al.

. Tab. 20.137 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Metallindustrie in den
Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 5,3 4,5 5,2 146,7 123,7 144,4 13,1 13,4 13,2

1998 5,3 4,6 5,2 150,0 124,6 147,4 13,0 13,4 13,0

1999 5,6 5,0 5,6 160,5 137,8 158,3 12,8 13,4 12,8

2000 5,6 5,0 5,5 163,1 141,2 161,1 12,6 12,9 12,6

2001 5,5 5,1 5,5 162,6 140,1 160,6 12,4 13,2 12,5

2002 5,5 5,0 5,5 162,2 143,1 160,5 12,5 12,7 12,5

2003 5,2 4,6 5,1 157,1 138,6 155,2 12,0 12,2 12,0

2004 4,8 4,2 4,8 144,6 127,1 142,7 12,2 12,1 12,2

2005 4,8 4,1 4,7 148,0 127,8 145,6 11,9 11,8 11,9

2006 4,5 4,0 4,5 138,8 123,3 136,9 11,9 11,9 11,9

2007 4,8 4,3 4,8 151,2 134,0 149,0 11,7 11,7 11,7

2008 (WZ03) 5,0 4,5 4,9 159,9 142,2 157,5 11,4 11,5 11,4

2008 (WZ08)a 5,0 4,5 5,0 160,8 143,0 158,5 11,5 11,5 11,5

2009 4,9 4,7 4,9 151,1 142,1 149,9 11,9 12,2 11,9

2010 5,1 4,9 5,1 158,9 154,9 158,4 11,7 11,6 11,7

2011 5,2 4,8 5,2 167,8 164,9 167,4 11,4 10,6 11,3

2012 5,3 5,3 5,3 169,7 160,5 168,5 11,4 12,2 11,5

2013 5,5 5,6 5,5 179,7 170,5 178,5 11,2 12,0 11,3

2014 5,6 5,6 5,6 176,7 168,0 175,5 11,6 12,2 11,7

2015 5,9 5,8 5,9 190,8 182,2 189,6 11,2 11,7 11,3

2016 5,8 6,0 5,8 189,3 184,6 188,2 11,2 11,8 11,3

2017 5,7 6,0 5,8 184,9 184,3 184,4 11,3 11,9 11,4

2018 5,9 6,2 5,9 191,6 191,2 191,2 11,2 11,9 11,3

2019 5,9 6,2 5,9 188,6 187,9 188,2 11,4 12,1 11,5

2020 5,8 6,0 5,8 159,1 159,5 159,0 13,3 13,9 13,4

2021 5,8 6,5 5,9 171,5 174,1 171,6 12,4 13,6 12,6
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
513 20

. Tab. 20.138 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Metallindustrie nach Bundesländern im
Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,5 177,7 8,1 2.006,2 1,4 11,3 #6,2 61,1

Bayern 5,3 148,1 7,7 1.924,0 2,9 13,0 #4,4 55,1

Berlin 5,8 170,2 4,6 2.121,8 #5,3 12,5 #9,4 55,7

Brandenburg 6,8 171,1 2,5 2.476,7 1,7 14,5 #0,8 58,0

Bremen 5,3 151,1 #0,9 1.933,1 #1,9 12,8 #1,1 52,1

Hamburg 4,6 135,0 3,3 1.697,1 #4,6 12,6 #7,6 48,3

Hessen 6,8 198,1 10,4 2.468,7 #0,2 12,5 #9,5 63,8

Mecklenburg-Vorpommern 6,4 165,7 6,4 2.340,2 3,3 14,1 #3,0 55,4

Niedersachsen 5,9 182,6 7,4 2.146,9 1,2 11,8 #5,7 62,4

Nordrhein-Westfalen 6,7 185,0 7,8 2.460,8 #0,7 13,3 #7,9 63,6

Rheinland-Pfalz 5,8 144,0 5,8 2.118,6 0,0 14,7 #5,4 52,3

Saarland 7,2 155,6 9,2 2.623,5 2,5 16,9 #6,1 58,5

Sachsen 6,2 170,8 8,8 2.270,2 7,1 13,3 #1,5 64,2

Sachsen-Anhalt 6,7 168,8 6,4 2.443,5 0,6 14,5 #5,4 60,1

Schleswig-Holstein 5,8 153,6 0,2 2.100,8 #2,7 13,7 #2,9 54,3

Thüringen 6,9 184,6 12,5 2.502,3 9,6 13,6 #2,6 65,0

West 5,8 171,5 7,8 2.125,7 0,8 12,4 #6,6 59,9

Ost 6,5 174,1 9,2 2.359,9 6,7 13,6 #2,3 63,4

Bund 5,9 171,6 7,9 2.163,3 1,8 12,6 #5,6 60,3

Fehlzeiten-Report 2022
514 M. Meyer et al.

. Tab. 20.139 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Metallin-
dustrie im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Herstellung von Datenverarbei- 4,9 5,0 154,3 1.775,9 11,5 55,6
tungsgeräten, elektronischen
und optischen Erzeugnissen

Herstellung von elektrischen 5,9 5,9 172,7 2.160,6 12,5 60,4


Ausrüstungen

Herstellung von Kraftwagen 6,3 6,4 171,2 2.315,0 13,5 59,8


und Kraftwagenteilen

Herstellung von Metallerzeug- 6,3 6,0 180,2 2.294,7 12,7 61,9


nissen

Maschinenbau 5,4 5,2 165,6 1.965,6 11,9 59,7

Metallerzeugung und 7,3 6,5 188,3 2.662,5 14,1 65,5


-bearbeitung

Sonstiger Fahrzeugbau 5,2 5,2 155,3 1.888,7 12,2 56,0

Branche gesamt 5,9 5,8 171,6 2.163,3 12,6 60,3

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.140 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe im Metallbau 6,8 193,6 2.491,1 12,9 65,0 5,7

Berufe im Vertrieb (außer 2,8 90,8 1.008,2 11,1 43,2 1,5


Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Elektrotechnik 6,7 193,1 2.457,2 12,7 63,1 3,7


(ohne Spez.)

Berufe in der Kraftfahrzeug- 5,7 170,7 2.062,8 12,1 59,1 1,2


technik

Berufe in der Kunststoff- 7,4 209,8 2.715,7 12,9 66,0 1,4


u. Kautschukherstellung
20 (ohne Spez.)
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
515 20

. Tab. 20.140 (Fortsetzung)

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe in der Lagerwirtschaft 7,3 198,0 2.665,5 13,5 65,9 5,7

Berufe in der Maschinenbau- 6,3 189,0 2.295,4 12,1 64,5 9,3


u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Metallbearbei- 7,5 206,7 2.736,9 13,2 67,1 9,4


tung (ohne Spez.)

Berufe in der Metalloberflä- 7,7 200,9 2.813,9 14,0 66,6 1,5


chenbehandlung (ohne Spez.)

Berufe in der Schweiß- 7,8 202,3 2.843,3 14,1 65,9 2,1


u. Verbindungstechnik

Berufe in der spanenden 5,9 192,5 2.159,0 11,2 66,1 5,3


Metallbearbeitung

Berufe in der technischen 1,9 71,1 703,6 9,9 36,8 1,4


Forschung u. Entwicklung
(ohne Spez.)

Berufe in der technischen Pro- 4,1 118,8 1.504,0 12,7 51,0 2,2
duktionsplanung u. -steuerung

Berufe in der technischen 6,1 164,6 2.216,0 13,5 61,2 2,3


Qualitätssicherung

Berufe in der Werkzeugtech- 5,3 181,9 1.948,9 10,7 64,7 1,7


nik

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,4 109,4 1.230,7 11,2 45,5 2,7


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 2,9 117,0 1.068,3 9,1 47,9 3,3


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 7,3 208,9 2.660,2 12,7 68,3 4,1


rer/innen

Maschinen- u. Gerätezusam- 7,6 200,6 2.764,6 13,8 66,4 3,7


mensetzer/innen

Technische Servicekräfte in 5,5 150,4 1.999,2 13,3 59,1 1,8


Wartung u. Instandhaltung

Branche gesamt 5,9 171,6 2.163,3 12,6 60,3 10b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
516 M. Meyer et al.

. Tab. 20.141 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Metallindustrie im Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 36,0 5,6 35,0 5,2

4–7 Tage 28,9 11,4 29,0 11,1

8–14 Tage 17,5 14,5 17,6 13,9

15–21 Tage 6,7 9,1 6,9 8,9

22–28 Tage 3,1 5,9 3,2 5,9

29–42 Tage 3,2 8,8 3,3 8,7

> 42 Tage 4,7 44,7 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.142 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in
der Branche Metallindustrie im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Herstellung von Datenverarbeitungs- 16,9 18,9 20,3 19,2 17,6 17,2
geräten, elektronischen und optischen
Erzeugnissen

Herstellung von elektrischen Ausrüstun- 21,1 23,0 22,8 22,6 21,3 23,5
gen

Herstellung von Kraftwagen und Kraft- 21,6 23,1 24,7 24,2 24,0 22,7
wagenteilen

Herstellung von Metallerzeugnissen 23,0 24,0 24,9 24,0 23,4 19,8

Maschinenbau 19,7 20,1 21,2 19,4 19,9 17,9

Metallerzeugung und -bearbeitung 26,8 26,2 26,8 25,8 29,8 31,8

Sonstiger Fahrzeugbau 18,9 20,9 17,8 21,9 18,0 17,3

Branche gesamt 21,4 22,3 23,2 22,2 22,3 21,6

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
517 20

. Tab. 20.143 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Metallindustrie im Jahr
2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Herstellung von Daten- 6,1 5,4 3,3 1,7 2,1 1,5 5,2
verarbeitungsgeräten,
elektronischen und op-
tischen Erzeugnissen

Herstellung von elek- 7,3 6,2 3,7 1,7 2,2 1,6 6,2
trischen Ausrüstungen

Herstellung von 7,3 6,9 4,2 1,6 1,8 1,2 6,5


Kraftwagen und Kraft-
wagenteilen

Herstellung von Me- 7,2 6,5 4,0 2,3 2,8 3,2 6,1
tallerzeugnissen

Maschinenbau 6,1 5,8 3,7 1,6 2,1 2,0 5,8

Metallerzeugung und 8,4 7,2 4,7 1,9 2,8 4,1 7,6


-bearbeitung

Sonstiger Fahrzeugbau 5,8 5,8 4,0 1,6 1,7 0,7 5,0

Branche gesamt 7,0 6,3 3,8 1,7 2,2 1,8 6,1

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022
518 M. Meyer et al.

. Tab. 20.144 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Herstellung von Daten- 22,4 19,9 12,2 6,3 7,7 5,7 18,9
verarbeitungsgeräten,
elektronischen und op-
tischen Erzeugnissen

Herstellung von elek- 26,8 22,7 13,4 6,1 8,1 5,8 22,5
trischen Ausrüstungen

Herstellung von 26,7 25,2 15,2 5,8 6,6 4,4 23,7


Kraftwagen und Kraft-
wagenteilen

Herstellung von Me- 26,2 23,6 14,7 8,3 10,2 11,6 22,3
tallerzeugnissen

Maschinenbau 22,1 21,3 13,3 5,8 7,7 7,4 21,1

Metallerzeugung und 30,7 26,4 17,0 7,1 10,4 14,8 27,7


-bearbeitung

Sonstiger Fahrzeugbau 21,1 21,3 14,6 5,8 6,2 2,5 18,4

Branche gesamt 25,5 22,9 14,0 6,3 7,9 6,5 22,3

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
519 20

. Tab. 20.145 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen
in der Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen 1,5 2,8
Erzeugnissen

Herstellung von elektrischen Ausrüstungen 2,1 3,8

Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen 2,1 3,8

Herstellung von Metallerzeugnissen 3,7 6,8

Maschinenbau 2,9 5,3

Metallerzeugung und -bearbeitung 3,7 6,9

Sonstiger Fahrzeugbau 2,9 5,8

Branche gesamt 2,9 5,3

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
520 M. Meyer et al.

. Tab. 20.146 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe im Metallbau 2.526,0 108,9

Berufe in der Schweiß- u. Verbindungstechnik 2.020,1 85,8

Berufe in der Metalloberflächenbehandlung (ohne Spez.) 1.794,2 69,4

Berufe in der Metallbearbeitung (ohne Spez.) 1.558,9 64,1

Technische Servicekräfte in Wartung u. Instandhaltung 1.415,1 51,8

Maschinen- u. Anlagenführer/innen 1.339,3 58,7

Berufe in der Lagerwirtschaft 1.275,7 51,6

Berufe in der Maschinenbau- u. Betriebstechnik (ohne Spez.) 1.174,5 54,9

Maschinen- u. Gerätezusammensetzer/innen 1.148,4 45,2

Berufe in der Kunststoff- u. Kautschukherstellung (ohne Spez.) 1.143,6 51,3

Berufe in der Werkzeugtechnik 1.141,6 57,6

Berufe in der spanenden Metallbearbeitung 1.117,0 59,1

Berufe in der Kraftfahrzeugtechnik 1.095,9 57,4

Berufe in der Elektrotechnik (ohne Spez.) 805,6 31,2

Berufe in der technischen Qualitätssicherung 723,4 25,6

Berufe in der technischen Produktionsplanung u. -steuerung 538,3 18,2

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 254,9 9,3

Berufe im Vertrieb (außer Informations- u. Kommunikationstechnologien) 224,6 8,2

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 183,6 9,5

Berufe in der technischen Forschung u. Entwicklung (ohne Spez.) 171,8 6,8

Branche gesamt 1.150,4 49,1

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
521 20

. Tab. 20.147 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der
Branche Metallindustrie in den Jahren 2000 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
2000 125,2 5,6 163,1 8,5 332,7 46,5 148,6 20,8 655,7 39,1 343,6 23,5

2001 134,9 6,4 165,4 9,1 310,6 45,6 149,9 21,6 672,0 40,8 338,9 23,4

2002 141,7 6,8 164,9 9,4 297,9 44,1 151,1 22,5 671,3 41,1 338,9 23,1

2003 134,5 6,7 156,5 9,3 296,8 45,1 142,2 21,5 601,3 37,9 314,5 21,7

2004 151,3 6,8 168,4 8,7 258,0 38,0 143,5 21,0 574,9 36,1 305,3 20,4

2005 150,7 6,6 166,7 8,7 300,6 44,4 136,0 19,6 553,4 35,3 301,1 19,9

2006 147,1 6,5 163,0 8,8 243,0 36,7 135,7 20,3 541,1 35,1 304,5 20,2

2007 154,4 6,9 164,0 8,8 275,3 42,1 142,2 21,8 560,3 36,0 303,9 20,2

2008 (WZ03) 162,9 7,1 168,5 9,2 287,2 44,6 148,4 23,3 580,4 37,9 308,6 20,7
a
2008 (WZ08) 165,0 7,2 171,3 9,3 289,2 44,7 149,3 23,3 590,7 38,5 311,8 20,9

2009 170,6 7,2 173,4 8,7 303,3 46,3 137,9 19,0 558,2 34,1 307,9 19,0

2010 181,8 7,8 174,6 9,2 277,7 43,2 136,6 20,7 606,6 38,2 322,3 20,4

2011 187,5 8,2 168,1 9,2 291,4 45,4 136,8 21,1 595,5 38,9 317,8 20,5

2012 210,7 8,7 185,5 9,4 300,8 46,7 146,1 21,8 633,9 40,0 329,5 20,0

2013 217,5 8,7 184,2 9,0 374,9 56,7 149,7 21,8 630,9 39,8 329,6 19,9

2014 237,0 9,5 193,9 9,3 308,6 48,0 153,6 22,4 673,0 42,1 333,5 19,9

2015 243,7 9,8 193,5 9,5 391,0 59,5 154,3 22,7 669,1 41,9 331,7 19,6

2016 253,2 10,0 174,9 9,6 355,5 56,4 146,9 22,5 686,6 42,7 326,3 19,2

2017 255,6 10,1 168,3 9,3 360,0 56,3 140,9 21,3 668,7 41,4 324,7 18,6

2018 259,5 10,2 164,5 9,3 392,2 59,9 138,5 21,1 662,4 41,4 327,4 18,7

2019 277,8 10,7 165,2 9,3 348,3 55,9 137,0 20,8 676,8 42,0 327,1 18,1

2020 287,6 9,6 162,7 8,0 340,4 44,6 126,6 17,2 688,2 38,5 309,3 15,3

2021 304,2 10,5 164,9 8,4 311,7 41,4 123,9 17,2 713,3 43,3 322,3 21,3
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
522 M. Meyer et al.

. Tab. 20.148 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Herstellung von Daten- 12,2 4,4 11,6 4,0 20,1 8,7 38,9
verarbeitungsgeräten,
elektronischen und opti-
schen Erzeugnissen

Herstellung von elektri- 11,1 5,1 10,3 4,0 23,1 9,0 37,3
schen Ausrüstungen

Herstellung von Kraftwa- 10,4 5,1 9,9 4,0 24,8 9,4 36,5
gen und Kraftwagenteilen

Herstellung von Metall- 9,0 5,6 9,7 4,0 23,6 11,2 36,9
erzeugnissen

Maschinenbau 9,6 5,4 10,4 4,2 21,8 11,0 37,6

Metallerzeugung und 9,0 6,0 9,2 3,9 24,7 11,0 36,1


-bearbeitung

Sonstiger Fahrzeugbau 9,2 5,4 11,0 3,8 22,6 11,5 36,6

Branche gesamt 9,9 5,3 10,1 4,0 23,1 10,4 37,1

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
523 20

. Tab. 20.149 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Herstellung von Daten- 5,1 3,1 18,4 7,3 15,0 7,3 43,7
verarbeitungsgeräten,
elektronischen und opti-
schen Erzeugnissen

Herstellung von elektri- 4,7 3,4 17,1 7,1 17,2 7,9 42,6
schen Ausrüstungen

Herstellung von Kraftwa- 4,8 3,4 16,2 6,8 19,6 7,8 41,5
gen und Kraftwagenteilen

Herstellung von Metall- 3,9 3,4 16,3 7,0 18,0 9,3 42,1
erzeugnissen

Maschinenbau 4,0 3,3 17,5 7,0 16,6 9,2 42,4

Metallerzeugung und 4,2 3,8 15,8 6,8 19,3 9,0 41,1


-bearbeitung

Sonstiger Fahrzeugbau 4,2 3,4 17,9 6,9 16,7 8,9 42,0

Branche gesamt 4,3 3,4 16,9 7,0 17,6 8,7 42,2

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.150 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen

Berufe im Metallbau 6,7 5,6 9,3 3,9 24,7 14,6 35,2

Berufe im Vertrieb (außer 15,6 4,7 12,9 4,1 13,1 7,5 41,9
Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Elektrotechnik 11,5 4,7 10,2 3,8 24,1 8,4 37,4
(ohne Spez.)

Berufe in der Kraftfahrzeug- 9,6 4,4 11,0 3,9 25,4 11,9 33,9
technik

Berufe in der Kunststoff- 9,4 5,2 9,3 3,8 26,1 9,2 37,1
u. Kautschukherstellung
(ohne Spez.)

Berufe in der Lagerwirtschaft 10,2 5,8 9,2 4,1 24,2 9,4 37,1
524 M. Meyer et al.

. Tab. 20.150 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe in der Maschinenbau- 9,6 5,2 10,0 3,9 23,7 10,9 36,6
u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Metallbearbei- 9,5 5,4 9,1 3,9 25,7 10,1 36,2
tung (ohne Spez.)

Berufe in der Metalloberflä- 8,5 5,8 8,9 3,8 26,5 10,8 35,6
chenbehandlung (ohne Spez.)

Berufe in der Schweiß- 7,3 6,2 9,1 3,6 27,4 11,6 34,8
u. Verbindungstechnik

Berufe in der spanenden 8,7 5,3 11,2 4,3 21,4 11,8 37,3
Metallbearbeitung

Berufe in der technischen 11,7 5,2 15,9 4,8 10,7 9,6 42,1
Forschung u. Entwicklung
(ohne Spez.)

Berufe in der technischen Pro- 12,2 5,4 10,9 4,3 19,3 9,2 38,7
duktionsplanung u. -steuerung

Berufe in der technischen 13,0 5,3 9,9 3,9 21,8 8,7 37,5
Qualitätssicherung

Berufe in der Werkzeugtech- 8,9 5,3 11,5 4,2 19,5 12,6 37,9
nik

Büro- u. Sekretariatskräfte 15,0 4,3 11,6 4,1 13,3 7,5 44,3


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 14,2 3,9 14,2 4,2 12,7 7,9 42,9


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 9,2 5,3 9,9 4,1 25,5 10,1 36,0


rer/innen

Maschinen- u. Gerätezusam- 10,0 4,9 9,6 3,9 25,9 9,5 36,3


mensetzer/innen

Technische Servicekräfte in 9,0 5,3 10,5 3,9 21,8 12,4 37,1


Wartung u. Instandhaltung

Branche gesamt 9,9 5,3 10,1 4,0 23,1 10,4 37,1

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
525 20

. Tab. 20.151 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Metallbau 3,2 3,3 16,3 7,0 18,5 11,2 40,6

Berufe im Vertrieb (außer 5,2 3,2 20,1 7,5 9,5 6,2 48,2
Informations- u. Kommunika-
tionstechnologien)

Berufe in der Elektrotechnik 5,2 3,3 16,6 7,2 17,9 7,3 42,6
(ohne Spez.)

Berufe in der Kraftfahrzeug- 4,2 2,7 17,7 6,8 18,6 9,5 40,4
technik

Berufe in der Kunststoff- 4,7 3,4 15,4 6,5 20,6 8,2 41,2
u. Kautschukherstellung
(ohne Spez.)

Berufe in der Lagerwirtschaft 4,7 3,7 15,6 6,9 19,3 8,1 41,7

Berufe in der Maschinenbau- 4,0 3,2 17,0 6,8 17,8 9,4 41,8
u. Betriebstechnik (ohne
Spez.)

Berufe in der Metallbearbei- 4,2 3,6 15,3 6,8 20,5 8,6 41,0
tung (ohne Spez.)

Berufe in der Metalloberflä- 4,1 3,7 14,9 6,9 21,6 8,6 40,1
chenbehandlung (ohne Spez.)

Berufe in der Schweiß- 3,6 4,2 15,0 6,7 22,1 9,6 38,8
u. Verbindungstechnik

Berufe in der spanenden 3,8 3,1 18,1 7,0 16,5 9,8 41,8
Metallbearbeitung

Berufe in der technischen 3,8 2,7 23,5 7,3 8,8 6,7 47,0
Forschung u. Entwicklung
(ohne Spez.)

Berufe in der technischen Pro- 4,7 3,7 18,3 7,7 14,6 7,3 43,8
duktionsplanung u. -steuerung

Berufe in der technischen 5,4 3,7 16,8 7,0 16,6 7,2 43,3
Qualitätssicherung

Berufe in der Werkzeug- 3,5 2,9 18,8 7,2 14,9 10,5 42,4
technik

Büro- u. Sekretariatskräfte 5,6 3,1 18,5 7,8 9,4 6,1 49,5


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 4,7 2,5 21,2 7,2 8,7 6,8 48,9


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)
526 M. Meyer et al.

. Tab. 20.151 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Maschinen- u. Anlagenfüh- 4,3 3,3 16,0 6,7 20,8 8,6 40,2
rer/innen

Maschinen- u. Gerätezusam- 4,8 3,4 15,9 6,8 20,1 8,0 41,1


mensetzer/innen

Technische Servicekräfte in 3,9 3,5 17,7 7,1 16,9 9,2 41,9


Wartung u. Instandhaltung

Branche gesamt 4,3 3,4 16,9 7,0 17,6 8,7 42,2

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.152 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 9,2 4,9
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 6,7 6,3

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 3,8 2,2

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,0 1,9
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,8 0,9
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,1 1,9
nummern U07.-

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,9 0,4
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,8 0,4

R51 Kopfschmerz 1,7 0,6

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,5 1,4

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,4 1,6

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,4 0,7

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,3 0,9
ziert
20 B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,3 0,7
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
527 20

. Tab. 20.152 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,2 2,1

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 1,0 1,0

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,0 0,5

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 1,0 0,2
Impfstoffen

F32 Depressive Episode 0,9 2,9

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,9 0,7

R53 Unwohlsein und Ermüdung 0,9 0,7

K29 Gastritis und Duodenitis 0,9 0,4

M75 Schulterläsionen 0,8 2,0

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,8 1,9

M77 Sonstige Enthesopathien 0,8 1,0

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 2,0

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,7 0,3

F48 Andere neurotische Störungen 0,6 0,9

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,7
klassifiziert

R42 Schwindel und Taumel 0,6 0,5

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

G43 Migräne 0,6 0,2

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,5 1,2

F45 Somatoforme Störungen 0,5 1,0

G47 Schlafstörungen 0,5 0,6

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,5 0,3

J02 Akute Pharyngitis 0,5 0,2

Summe hier 59,0 47,4

Restliche 41,0 52,6

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
528 M. Meyer et al.

. Tab. 20.153 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Metallindustrie im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 12,0 6,3

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 7,9 8,4

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,4 2,9

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,1 2,3

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,6 2,5
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,5 2,3
in Anspruch nehmen

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 3,3 4,5

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,3 1,1

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2,5 4,9

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,3 1,2

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 2,3 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,3 0,6

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,9 3,0

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,7 1,6

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,6 3,6
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,5 1,2

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,1

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,4 0,8

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,3 0,7

F30–F39 Affektive Störungen 1,2 4,4

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,2 1,3
mitäten oder anderer Körperregionen

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 1,0 1,6

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,0 0,9

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 1,0 0,9
webes

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 1,0 0,7

20 K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,0 0,5


Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
529 20

. Tab. 20.153 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M15–M19 Arthrose 0,9 2,3

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,9 0,7
Stimmung und das Verhalten betreffen

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,8 1,2

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,8 0,6

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,8 0,5

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,8 0,5

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,7 1,7

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,4

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,6 0,3

M65–M68 Krankheiten der Synovialis und der Sehnen 0,5 0,9

M05–M14 Entzündliche Polyarthropathien 0,5 0,7

Summe hier 79,8 72,6

Restliche 20,2 27,4

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
530 M. Meyer et al.

20.10 Öffentliche Verwaltung

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Öffentliche Verwaltung . Tab. 20.154
in den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Öffentliche Verwaltung nach Bundes- . Tab. 20.155
ländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Öffentli- . Tab. 20.156
che Verwaltung im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Öffentli- . Tab. 20.157
che Verwaltung im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Öffentliche Verwaltung im . Tab. 20.158
Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.159
der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Öffentliche Verwaltung . Tab. 20.160
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.161
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.162
gen in der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.163
che Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.164
Branche Öffentliche Verwaltung in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Öffent- . Tab. 20.165
liche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Öf- . Tab. 20.166
fentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.167
in der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.168
in der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.169
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.170
Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
531 20

. Tab. 20.154 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Öffentliche Verwaltung in
den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 6,2 5,8 6,1 158,4 148,8 156,3 14,4 14,1 14,3

1998 6,3 5,7 6,2 162,6 150,3 160,0 14,2 13,8 14,1

1999 6,6 6,2 6,5 170,7 163,7 169,3 13,8 13,6 13,8

2000 6,4 5,9 6,3 172,0 174,1 172,5 13,6 12,3 13,3

2001 6,1 5,9 6,1 165,8 161,1 164,9 13,5 13,3 13,5

2002 6,0 5,7 5,9 167,0 161,9 166,0 13,0 12,9 13,0

2003 5,7 5,3 5,6 167,3 158,8 165,7 12,4 12,2 12,3

2004 5,3 5,0 5,2 154,8 152,2 154,3 12,5 12,0 12,4
b
2005 5,3 4,5 5,1 154,1 134,3 150,0 12,6 12,2 12,5

2006 5,1 4,7 5,0 148,7 144,7 147,9 12,5 11,8 12,3

2007 5,3 4,8 5,2 155,5 151,1 154,6 12,4 11,7 12,3

2008 (WZ03) 5,3 4,9 5,2 159,8 152,1 158,3 12,2 11,8 12,1

2008 (WZ08)a 5,3 4,9 5,2 159,9 152,2 158,4 12,1 11,8 12,1

2009 5,5 5,3 5,4 167,9 164,9 167,3 11,9 11,7 11,8

2010 5,5 5,7 5,5 164,8 184,6 168,2 12,2 11,3 12,0

2011 5,6 5,5 5,6 172,5 189,1 175,6 11,9 10,6 11,7

2012 5,5 5,5 5,5 163,9 164,4 164,0 12,2 12,2 12,2

2013 5,6 5,9 5,7 174,8 176,3 175,1 11,7 12,2 11,8

2014 5,9 6,1 5,9 174,9 179,9 175,9 12,3 12,3 12,3

2015 6,2 6,5 6,3 187,8 195,6 189,3 12,1 12,1 12,1

2016 6,2 6,6 6,3 189,3 203,8 192,0 12,1 11,9 12,0

2017 6,3 6,9 6,4 187,6 210,7 192,2 12,2 11,9 12,2

2018 6,5 7,2 6,6 192,5 216,4 197,4 12,3 12,2 12,3

2019 6,4 7,0 6,5 187,3 210,9 192,2 12,5 12,2 12,4

2020 6,4 7,4 6,6 164,2 192,7 170,2 14,3 14,0 14,2

2021 6,1 7,4 6,4 159,0 190,3 165,6 14,1 14,2 14,1
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
b
ohne Sozialversicherung/Arbeitsförderung
Fehlzeiten-Report 2022
532 M. Meyer et al.

. Tab. 20.155 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Öffentliche Verwaltung nach Bundeslän-
dern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,8 164,2 #3,0 2.117,8 #4,2 12,9 #1,3 59,8

Bayern 5,5 136,8 #4,1 1.997,3 #4,4 14,6 #0,3 54,1

Berlin 5,3 142,6 #9,5 1.939,8 #9,2 13,6 0,3 50,8

Brandenburg 7,7 185,3 #2,5 2.822,3 #3,1 15,2 #0,6 65,2

Bremen 5,3 137,3 #7,3 1.949,9 #7,8 14,2 #0,5 51,9

Hamburg 5,0 116,2 #5,9 1.840,8 #4,2 15,8 1,8 42,5

Hessen 6,5 188,0 #0,5 2.385,3 #4,7 12,7 #4,2 61,9

Mecklenburg-Vorpommern 7,6 177,2 #1,9 2.756,7 1,7 15,6 3,7 62,4

Niedersachsen 6,5 171,0 #0,8 2.372,4 #1,9 13,9 #1,1 62,1

Nordrhein-Westfalen 6,8 166,4 #4,8 2.499,1 #6,0 15,0 #1,3 59,3

Rheinland-Pfalz 6,7 151,6 #3,8 2.457,4 #5,7 16,2 #1,9 55,1

Saarland 7,7 175,3 #2,7 2.803,9 #7,8 16,0 #5,2 61,5

Sachsen 7,2 189,8 #1,3 2.620,6 0,8 13,8 2,1 68,6

Sachsen-Anhalt 7,6 187,5 #3,0 2.760,9 #1,6 14,7 1,5 65,5

Schleswig-Holstein 6,4 153,0 #3,1 2.321,8 #3,3 15,2 #0,2 56,7

Thüringen 7,5 199,2 0,6 2.748,4 0,8 13,8 0,1 68,5

West 6,1 159,0 #3,2 2.236,4 #4,5 14,1 #1,4 58,1

Ost 7,4 190,3 #1,3 2.697,2 0,0 14,2 1,3 67,4

Bund 6,4 165,6 #2,7 2.331,8 #3,5 14,1 #0,8 60,1

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
533 20

. Tab. 20.156 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Öffentliche
Verwaltung im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Auswärtige Angelegenheiten, 6,8 6,1 168,1 2.465,6 14,7 57,2
Verteidigung, Rechtspflege,
öffentliche Sicherheit und Ord-
nung

Exterritoriale Organisationen 7,9 6,1 176,5 2.880,0 16,3 58,7


und Körperschaften

Öffentliche Verwaltung 6,4 5,9 168,7 2.347,9 13,9 60,5

Sozialversicherung 5,9 5,4 150,6 2.165,6 14,4 59,7

Branche gesamt 6,4 5,9 165,6 2.331,8 14,1 60,1

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022
534 M. Meyer et al.

. Tab. 20.157 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Öffentliche
Verwaltung im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe im Gartenbau (ohne 9,9 234,5 3.607,5 15,4 71,5 1,8
Spez.)

Berufe im Objekt-, Werte- 8,5 235,4 3.096,8 13,2 64,7 1,1


u. Personenschutz

Berufe in der Gebäudetechnik 7,3 142,3 2.673,9 18,8 59,2 2,5


(ohne Spez.)

Berufe in der Kinderbetreu- 6,4 217,6 2.317,9 10,7 67,9 11,6


ung u. -erziehung

Berufe in der öffentlichen 4,9 141,3 1.805,8 12,8 54,8 17,4


Verwaltung (ohne Spez.)

Berufe in der Personaldienst- 5,0 127,9 1.828,4 14,3 54,1 1,5


leistung

Berufe in der Reinigung (oh- 9,2 189,5 3.342,0 17,6 67,5 5,3
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 4,4 124,1 1.588,5 12,8 52,5 2,5


u. Sozialpädagogik

Berufe in der Sozialverwal- 5,9 153,8 2.157,3 14,0 61,2 9,7


tung u. -versicherung

Büro- u. Sekretariatskräfte 6,1 153,9 2.238,1 14,5 57,9 8,4


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 6,0 164,0 2.182,8 13,3 60,4 2,4


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 8,4 193,6 3.073,3 15,9 67,0 1,2


Spez.)

Platz- u. Gerätewarte/ 8,1 171,9 2.949,0 17,2 64,1 2,6


-wartinnen

Straßen- u. Tunnelwärter/in- 8,6 198,8 3.121,5 15,7 69,7 2,8


nen

Branche gesamt 6,4 165,6 2.331,8 14,1 60,1 4,5b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
535 20

. Tab. 20.158 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Öffentliche Verwaltung im
Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 33,6 4,7 35,0 5,2

4–7 Tage 27,4 9,7 29,0 11,1

8–14 Tage 18,5 13,7 17,6 13,9

15–21 Tage 7,4 9,0 6,9 8,9

22–28 Tage 3,8 6,5 3,2 5,9

29–42 Tage 4,0 9,8 3,3 8,7

> 42 Tage 5,4 46,7 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.159 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in
der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Auswärtige Angelegenheiten, Ver- 24,9 24,9 25,9 24,6 27,4 –
teidigung, Rechtspflege, öffentliche
Sicherheit und Ordnung

Exterritoriale Organisationen und Kör- 26,5 34,9 31,9 34,3 37,1 –


perschaften

Öffentliche Verwaltung 23,0 23,6 23,3 24,0 25,4 26,7

Sozialversicherung 21,6 22,2 21,4 22,0 22,5 21,3

Branche gesamt 23,1 23,5 23,2 23,7 25,1 25,4

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022
536 M. Meyer et al.

. Tab. 20.160 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Öffentliche Verwaltung im
Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Auswärtige An- 7,5 7,3 6,3 3,0 2,0 2,5 6,9
gelegenheiten,
Verteidigung, Rechts-
pflege, öffentliche
Sicherheit und Ord-
nung

Exterritoriale Or- 6,2 5,4 5,2 2,1 2,7 – 9,0


ganisationen und
Körperschaften

Öffentliche Verwaltung 7,7 6,7 6,6 3,3 4,1 2,5 7,2

Sozialversicherung 4,9 6,3 7,1 2,8 4,5 2,8 8,2

Branche gesamt 7,3 6,7 6,6 3,2 4,0 2,5 7,4

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
537 20

. Tab. 20.161 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Auswärtige An- 27,3 26,7 22,9 10,9 7,2 9,1 25,2
gelegenheiten,
Verteidigung, Rechts-
pflege, öffentliche
Sicherheit und Ord-
nung

Exterritoriale Or- 22,6 19,6 18,9 7,6 9,7 – 32,7


ganisationen und
Körperschaften

Öffentliche Verwaltung 27,9 24,5 24,1 11,9 15,0 8,9 26,4

Sozialversicherung 17,9 23,0 26,1 10,4 16,6 10,3 29,9

Branche gesamt 26,5 24,4 24,2 11,6 14,6 9,1 27,1

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.162 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen
in der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung, Rechtspflege, öffentliche Si- 1,6 3,2
cherheit und Ordnung

Exterritoriale Organisationen und Körperschaften 2,2 4,9

Öffentliche Verwaltung 2,0 4,0

Sozialversicherung 0,7 1,4

Branche gesamt 1,8 3,5

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
538 M. Meyer et al.

. Tab. 20.163 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Straßen- u. Tunnelwärter/innen 2.531,7 91,2

Platz- u. Gerätewarte/-wartinnen 2.446,9 85,2

Berufe im Gartenbau (ohne Spez.) 2.272,2 92,7

Berufe in der Gebäudetechnik (ohne Spez.) 1.720,2 49,4

Berufe im Objekt-, Werte- u. Personenschutz 1.446,5 40,7

Berufe in der Reinigung (ohne Spez.) 1.086,3 30,7

Köche/Köchinnen (ohne Spez.) 790,8 33,1

Berufe in der Kinderbetreuung u. -erziehung 605,9 26,0

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 487,8 16,4

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 421,7 14,1

Berufe in der öffentlichen Verwaltung (ohne Spez.) 389,3 14,3

Berufe in der Sozialarbeit u. Sozialpädagogik 284,5 14,6

Berufe in der Sozialverwaltung u. -versicherung 235,9 9,3

Berufe in der Personaldienstleistung 164,1 7,6

Branche gesamt 819,4 29,4

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
539 20

. Tab. 20.164 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der
Branche Öffentliche Verwaltung in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 156,7 3,4 225,2 7,4 395,1 34,3 184,0 19,3 711,5 29,7 299,8 23,9

1998 165,0 3,9 214,1 7,8 390,7 36,9 178,4 19,8 720,0 31,5 288,1 23,7

1999 176,0 4,5 207,0 8,2 427,8 42,0 179,1 21,7 733,3 34,0 290,5 23,7

2000 198,5 8,1 187,3 10,1 392,0 50,5 160,6 21,3 749,6 41,4 278,9 17,4

2001 208,7 8,9 188,4 10,8 362,4 48,7 157,4 21,7 745,4 41,8 272,9 17,1

2002 210,1 9,4 182,7 10,9 344,1 47,7 157,9 23,0 712,8 41,6 267,9 17,1

2003 203,2 9,4 170,5 11,1 355,1 50,5 151,5 22,8 644,3 39,3 257,9 16,5

2004 213,8 9,6 179,9 10,2 313,1 43,6 153,1 22,5 619,0 37,9 251,5 15,5
b
2005 211,4 9,4 179,4 10,1 346,2 47,2 142,3 19,7 594,5 36,4 252,5 15,1

2006 217,8 9,4 175,5 10,2 297,4 42,0 142,8 21,3 585,5 35,9 248,5 15,0

2007 234,4 9,9 178,3 10,1 326,0 46,2 148,6 22,3 600,6 36,1 239,2 14,1

2008 (WZ03) 245,1 10,2 176,0 10,2 331,8 47,6 150,3 22,9 591,9 36,1 238,2 14,2

2008 (WZ08)a 245,2 10,3 175,9 10,2 332,0 47,7 150,4 22,9 591,5 36,2 238,0 14,2

2009 255,2 10,8 177,1 10,2 387,0 54,8 148,5 22,8 577,6 35,8 245,5 14,5

2010 278,4 11,3 177,0 10,1 337,6 49,3 142,8 21,4 618,1 37,5 261,2 15,3

2011 295,9 12,1 176,3 10,3 353,4 50,9 142,9 21,9 606,2 37,7 254,2 15,0

2012 315,8 11,9 177,3 9,6 337,9 48,5 139,1 20,5 587,4 35,0 243,6 13,6

2013 315,4 11,9 183,2 9,5 425,4 59,0 144,3 21,3 588,5 35,3 254,6 14,1

2014 354,3 13,2 194,5 10,1 356,8 51,6 151,9 22,5 643,6 37,5 263,9 14,5

2015 377,9 13,6 194,7 10,2 448,1 63,0 152,4 22,5 643,4 37,0 266,3 14,4

2016 389,5 14,1 174,7 10,3 423,3 61,8 149,9 23,0 660,9 37,5 268,5 14,6

2017 402,6 14,4 171,4 10,1 446,6 63,5 146,7 22,0 652,5 36,9 271,4 14,4

2018 428,5 14,9 171,2 10,3 480,7 66,4 144,3 21,9 645,6 36,0 274,4 14,6

2019 452,4 15,1 165,3 9,9 422,1 61,8 138,6 21,4 646,5 35,6 271,8 14,1

2020 486,1 14,9 161,3 8,7 440,0 52,9 134,5 18,4 658,5 33,5 263,2 12,5

2021 508,4 15,4 155,2 8,3 355,9 44,5 127,5 17,4 641,4 33,4 266,3 16,0
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
b
ohne Sozialversicherung/Arbeitsförderung
Fehlzeiten-Report 2022
540 M. Meyer et al.

. Tab. 20.165 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Auswärtige Angelegen- 14,7 5,4 9,1 4,0 20,6 8,0 38,3
heiten, Verteidigung,
Rechtspflege, öffentliche
Sicherheit und Ordnung

Exterritoriale Organisatio- 12,3 6,4 6,7 4,0 24,7 8,1 37,8


nen und Körperschaften

Öffentliche Verwaltung 14,0 4,7 10,9 3,8 19,8 8,3 38,6

Sozialversicherung 21,2 3,9 10,5 3,9 14,9 6,3 39,4

Branche gesamt 15,2 4,6 10,6 3,8 19,2 8,0 38,6

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.166 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Auswärtige Angelegen- 6,6 3,8 15,6 7,4 15,2 6,6 44,8
heiten, Verteidigung,
Rechtspflege, öffentliche
Sicherheit und Ordnung

Exterritoriale Organisatio- 6,4 4,8 11,5 6,2 20,3 6,6 44,1


nen und Körperschaften

Öffentliche Verwaltung 5,9 3,4 18,7 7,0 14,0 6,8 44,2

Sozialversicherung 7,9 3,1 18,2 7,7 11,1 5,4 46,5

Branche gesamt 6,3 3,4 18,3 7,1 13,7 6,6 44,6

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
541 20

. Tab. 20.167 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Gartenbau (ohne 9,4 5,6 8,0 4,0 28,6 10,5 33,9
Spez.)

Berufe im Objekt-, Werte- 13,7 5,6 9,7 4,1 21,6 7,7 37,5
u. Personenschutz

Berufe in der Gebäudetechnik 11,1 7,6 7,1 4,2 22,7 9,4 37,8
(ohne Spez.)

Berufe in der Kinderbetreu- 16,7 2,5 17,4 3,6 13,3 7,0 39,5
ung u. -erziehung

Berufe in der öffentlichen 18,4 4,1 11,8 4,1 13,9 6,8 40,9
Verwaltung (ohne Spez.)

Berufe in der Personaldienst- 22,8 4,1 11,5 4,2 12,3 6,0 39,2
leistung

Berufe in der Reinigung (oh- 10,9 4,9 7,9 3,0 27,6 8,5 37,1
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 20,3 3,6 12,7 3,3 11,9 6,8 41,5
u. Sozialpädagogik

Berufe in der Sozialverwal- 21,6 3,6 10,7 3,8 14,5 6,2 39,6
tung u. -versicherung

Büro- u. Sekretariatskräfte 18,3 4,2 10,3 4,0 15,5 6,8 41,0


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 18,4 4,1 13,5 3,9 14,8 6,3 39,0


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 13,4 4,7 9,1 3,6 24,9 7,3 37,1


Spez.)

Platz- u. Gerätewarte/ 7,0 6,3 7,6 4,1 26,9 11,1 37,0


-wartinnen

Straßen- u. Tunnelwärter/in- 7,2 6,3 7,8 4,2 26,9 11,8 35,7


nen

Branche gesamt 15,2 4,6 10,6 3,8 19,2 8,0 38,6

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022
542 M. Meyer et al.

. Tab. 20.168 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Gartenbau (ohne 4,7 3,9 13,3 7,3 22,2 9,2 39,3
Spez.)

Berufe im Objekt-, Werte- 7,1 3,8 15,5 7,0 17,6 5,8 43,3
u. Personenschutz

Berufe in der Gebäudetechnik 5,1 5,6 12,7 7,6 17,5 7,4 44,2
(ohne Spez.)

Berufe in der Kinderbetreu- 5,9 2,0 26,9 5,9 8,9 5,8 44,6
ung u. -erziehung

Berufe in der öffentlichen 7,0 3,2 19,5 7,6 10,4 5,7 46,7
Verwaltung (ohne Spez.)

Berufe in der Personaldienst- 8,6 3,1 19,1 7,8 10,2 4,7 46,6
leistung

Berufe in der Reinigung (oh- 5,7 4,2 13,7 6,5 19,7 7,5 42,9
ne Spez.)

Berufe in der Sozialarbeit 8,0 2,7 21,5 6,5 8,7 5,6 47,0
u. Sozialpädagogik

Berufe in der Sozialverwal- 7,9 2,9 18,8 7,6 10,7 5,4 46,6
tung u. -versicherung

Büro- u. Sekretariatskräfte 7,7 3,6 16,8 7,8 11,9 5,5 46,7


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 7,2 3,4 20,5 7,6 11,0 5,0 45,3


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Köche/Köchinnen (ohne 6,2 4,0 15,5 6,9 16,8 7,0 43,7


Spez.)

Platz- u. Gerätewarte/ 3,3 4,8 12,7 7,5 20,9 9,5 41,3


-wartinnen

Straßen- u. Tunnelwärter/in- 3,6 4,2 13,4 7,4 21,3 10,0 40,1


nen

Branche gesamt 6,3 3,4 18,3 7,1 13,7 6,6 44,6

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
543 20

. Tab. 20.169 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 9,8 5,3
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 4,7 4,9

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 4,0 2,0

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,2 1,8
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,4 0,9
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 2,0 3,6

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,0 1,8
nummern U07.-

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,9 0,4

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,6 0,8

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,5 1,3

R51 Kopfschmerz 1,5 0,7

F32 Depressive Episode 1,3 4,1

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,3 0,7

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,3 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,1 1,1

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,0 1,2

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,0 0,8
ziert

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 1,0 0,5

F48 Andere neurotische Störungen 0,9 1,7

K29 Gastritis und Duodenitis 0,9 0,5

G43 Migräne 0,9 0,4

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,7 1,8

F45 Somatoforme Störungen 0,7 1,5

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,7 0,7

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,7 0,6

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,7 0,3

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,7 0,3


544 M. Meyer et al.

. Tab. 20.169 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,6 1,5

M75 Schulterläsionen 0,6 1,5

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,6
klassifiziert

R42 Schwindel und Taumel 0,6 0,5

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,6 0,3

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,6 0,3

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,6 0,3

M77 Sonstige Enthesopathien 0,5 0,7

J01 Akute Sinusitis 0,5 0,3

J32 Chronische Sinusitis 0,5 0,3

J02 Akute Pharyngitis 0,5 0,2

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,5 0,1
Impfstoffen

Summe hier 56,8 47,0

Restliche 43,2 53,0

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
545 20

. Tab. 20.170 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Öffentliche Verwaltung im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 13,0 6,9

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 5,7 6,6

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,3 2,2

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,1 3,2

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4,0 8,2

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,8 2,2
in Anspruch nehmen

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,0 2,4
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 2,9 1,0

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 2,5 3,5

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,5 1,3

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,5 0,6

F30–F39 Affektive Störungen 1,9 6,8

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,9 3,4
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,9 1,5

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,7 1,5

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,7 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 1,5 2,4

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,5 0,8

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,4 1,1

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,3 0,7

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,1 1,0

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 1,0 0,7

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,0 0,5

M15–M19 Arthrose 0,9 2,2

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,9 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,9 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,9 0,5


546 M. Meyer et al.

. Tab. 20.170 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 0,8 0,9
mitäten oder anderer Körperregionen

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 0,8 0,7
webes

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,8 0,5

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,8 0,5

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,7 1,5

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,2

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,7 1,0

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,7 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

C00–C75 Bösartige Neubildungen an genau bezeichneten Lokalisationen, als 0,6 2,2


primär festgestellt oder vermutet, ausgenommen lymphatisches, blut-
bildendes und verwandtes Gewebe

D10–D36 Gutartige Neubildungen 0,6 0,4

N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes 0,6 0,4

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,6 0,3

Summe hier 79,0 74,2

Restliche 21,0 25,8

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
547 20
20.11 Verarbeitendes Gewerbe

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Verarbeitendes Gewerbe . Tab. 20.171
in den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verarbeitendes Gewerbe nach Bundes- . Tab. 20.172
ländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Verarbei- . Tab. 20.173
tendes Gewerbe im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Verar- . Tab. 20.174
beitendes Gewerbe im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im . Tab. 20.175
Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.176
der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Verarbeitendes Gewerbe . Tab. 20.177
im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.178
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.179
gen in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.180
che Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.181
Branche Verarbeitendes Gewerbe in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Verar- . Tab. 20.182
beitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Verar- . Tab. 20.183
beitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.184
in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.185
in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.186
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.187
Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
548 M. Meyer et al.

. Tab. 20.171 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Verarbeitendes Gewerbe in
den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 5,1 4,5 5,1 139,0 114,1 136,1 13,8 14,5 13,8

1998 5,3 4,6 5,2 142,9 118,8 140,1 13,7 14,5 13,8

1999 5,6 5,2 5,6 152,7 133,3 150,5 13,5 14,4 13,6

2000 5,7 5,2 5,6 157,6 140,6 155,7 13,2 13,6 13,3

2001 5,6 5,3 5,6 155,6 135,9 153,5 13,2 14,2 13,3

2002 5,5 5,2 5,5 154,7 136,9 152,7 13,0 13,8 13,1

2003 5,1 4,8 5,1 149,4 132,8 147,4 12,5 13,2 12,6

2004 4,8 4,4 4,7 136,5 120,2 134,4 12,8 13,3 12,8

2005 4,8 4,3 4,7 138,6 119,4 136,0 12,5 13,2 12,6

2006 4,6 4,2 4,5 132,9 115,4 130,5 12,6 13,1 12,7

2007 4,9 4,5 4,8 143,1 124,7 140,5 12,5 13,1 12,6

2008 (WZ03) 5,1 4,8 5,0 150,9 132,8 148,3 12,3 13,3 12,4

2008 (WZ08)a 5,0 4,8 5,0 151,7 132,9 148,9 12,2 13,1 12,3

2009 5,1 5,0 5,0 153,0 138,6 150,8 12,2 13,2 12,4

2010 5,3 5,2 5,2 153,7 149,0 153,0 12,5 12,7 12,6

2011 5,4 5,0 5,3 159,6 154,4 158,8 12,4 11,8 12,3

2012 5,5 5,6 5,5 159,4 149,6 157,9 12,5 13,8 12,7

2013 5,7 5,8 5,7 168,7 159,4 167,3 12,2 13,4 12,4

2014 5,8 6,0 5,8 166,5 157,4 165,1 12,6 13,8 12,8

2015 6,0 6,2 6,0 178,6 169,7 177,2 12,3 13,3 12,4

2016 6,0 6,2 6,0 177,0 171,5 176,2 12,3 13,3 12,5

2017 6,0 6,4 6,0 174,7 172,2 174,4 12,5 13,6 12,6

2018 6,1 6,7 6,2 182,0 179,6 181,6 12,3 13,5 12,5

2019 6,1 6,7 6,2 178,2 176,6 177,9 12,5 13,9 12,7

2020 6,1 6,6 6,1 155,3 156,9 155,5 14,3 15,5 14,5

2021 6,1 7,0 6,3 166,9 168,2 167,1 13,4 15,2 13,7
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
549 20

. Tab. 20.172 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verarbeitendes Gewerbe nach
Bundesländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,8 174,5 6,3 2.123,2 0,2 12,2 #5,8 59,5

Bayern 5,6 146,1 7,2 2.055,0 2,6 14,1 #4,3 54,3

Berlin 5,4 151,3 2,1 1.973,4 #5,3 13,0 #7,2 49,7

Brandenburg 7,1 162,5 4,0 2.583,8 3,2 15,9 #0,8 58,5

Bremen 6,8 155,1 5,1 2.471,1 0,5 15,9 #4,4 54,0

Hamburg 5,1 131,7 1,6 1.873,7 #4,9 14,2 #6,4 45,4

Hessen 6,6 182,8 10,0 2.426,0 0,3 13,3 #8,8 60,6

Mecklenburg-Vorpommern 6,8 158,5 4,2 2.476,1 #0,1 15,6 #4,1 54,9

Niedersachsen 6,6 185,2 9,3 2.401,9 2,5 13,0 #6,2 61,4

Nordrhein-Westfalen 6,8 178,8 7,2 2.475,6 #0,2 13,8 #6,9 59,5

Rheinland-Pfalz 5,7 140,5 6,1 2.090,1 #1,9 14,9 #7,5 50,9

Saarland 6,8 161,4 8,8 2.490,8 2,8 15,4 #5,5 52,7

Sachsen 6,8 165,7 7,8 2.466,1 6,0 14,9 #1,6 62,6

Sachsen-Anhalt 6,9 164,4 4,9 2.528,4 3,9 15,4 #0,9 58,6

Schleswig-Holstein 6,2 165,5 5,4 2.265,2 #5,5 13,7 #10,3 54,2

Thüringen 7,5 179,0 9,3 2.729,6 6,7 15,2 #2,4 63,4

West 6,1 166,9 7,5 2.233,1 0,7 13,4 #6,3 57,6

Ost 7,0 168,2 7,2 2.553,0 5,3 15,2 #1,8 61,3

Bund 6,3 167,1 7,4 2.283,9 1,5 13,7 #5,5 58,2

Fehlzeiten-Report 2022
550 M. Meyer et al.

. Tab. 20.173 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Verarbeiten-
des Gewerbe im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Getränkeherstellung 6,4 5,5 154,1 2.352,8 15,3 57,6

Herstellung von Bekleidung 4,8 4,4 131,0 1.745,5 13,3 49,2

Herstellung von chemischen Er- 6,0 5,8 170,6 2.190,8 12,8 59,6
zeugnissen

Herstellung von Druckerzeugnissen, 5,8 5,3 153,7 2.107,4 13,7 56,4


Vervielfältigung von bespielten
Ton-, Bild- und Datenträgern

Herstellung von Glas und Glaswa- 6,8 5,9 169,1 2.472,2 14,6 61,0
ren, Keramik, Verarbeitung von
Steinen und Erden

Herstellung von Gummi- und 6,8 6,5 186,0 2.464,0 13,2 63,3
Kunststoffwaren

Herstellung von Holz-, Flecht-, 6,2 5,6 164,4 2.271,8 13,8 59,0
Korb- und Korkwaren (ohne Möbel)

Herstellung von Leder, Lederwaren 6,6 6,0 160,9 2.394,1 14,9 57,8
und Schuhen

Herstellung von Möbeln 6,2 5,8 171,6 2.277,0 13,3 61,4

Herstellung von Nahrungs- und 6,3 6,2 156,9 2.307,8 14,7 53,7
Futtermitteln

Herstellung von Papier, Pappe und 6,9 6,5 181,3 2.533,0 14,0 64,2
Waren daraus

Herstellung von pharmazeutischen 5,5 5,8 177,4 1.999,0 11,3 57,2


Erzeugnissen

Herstellung von sonstigen Waren 5,5 5,4 168,2 1.999,5 11,9 58,8

Herstellung von Textilien 6,7 6,1 172,9 2.453,2 14,2 62,2

Kokerei und Mineralölverarbeitung 5,0 5,0 138,7 1.826,5 13,2 54,9

Reparatur und Installation von Ma- 5,2 5,1 152,4 1.900,3 12,5 53,2
schinen und Ausrüstungen

Tabakverarbeitung 5,2 5,0 142,3 1.913,6 13,4 51,7

Branche gesamt 6,3 6,0 167,1 2.283,9 13,7 58,2

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
551 20

. Tab. 20.174 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe im Holz-, Möbel- u. In- 6,0 174,0 2.187,5 12,6 63,7 2,1
nenausbau

Berufe im Verkauf (Ohne 5,5 132,3 2.021,5 15,3 50,8 1,1


Spez.)

Berufe im Verkauf von Back- 5,8 128,7 2.102,6 16,3 51,2 3,9
u. Konditoreiwaren

Berufe im Verkauf von Fleisch- 5,7 114,0 2.079,9 18,2 51,6 1,4
waren

Berufe im Vertrieb (außer 3,3 95,2 1.211,2 12,7 44,2 1,4


Informations- u. Kommuni-
kationstechnologien)

Berufe in der Back- u. Kondi- 5,3 132,3 1.917,3 14,5 51,0 1,9
toreiwarenherstellung

Berufe in der Chemie- u. Phar- 7,1 208,5 2.608,7 12,5 65,9 4,2
matechnik

Berufe in der Drucktechnik 7,1 181,7 2.577,1 14,2 63,2 1,8

Berufe in der Fleisch- 5,9 142,5 2.158,2 15,1 44,8 2,6


verarbeitung

Berufe in der Holzbe- u. 7,1 186,4 2.588,8 13,9 62,5 1,9


-verarbeitung (ohne Spez.)

Berufe in der Kunststoff- 7,6 208,4 2.791,6 13,4 67,0 7,4


u. Kautschukherstellung (oh-
ne Spez.)

Berufe in der Lagerwirtschaft 7,3 194,2 2.681,7 13,8 61,9 8,8

Berufe in der Lebensmittelher- 7,2 192,6 2.623,5 13,6 56,7 6,6


stellung (ohne Spez.)

Berufe in der Maschinenbau- 6,5 188,9 2.385,8 12,6 64,1 2,9


u. Betriebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Metallbearbeitung 7,0 205,6 2.556,0 12,4 65,6 1,3


(ohne Spez.)

Berufe in der Papierverarbei- 8,4 209,2 3.075,7 14,7 70,1 1,1


tung u. Verpackungstechnik

Berufskraftfahrer/innen (Güter- 7,6 146,4 2.760,7 18,9 57,3 1,4


verkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 3,4 109,7 1.244,6 11,3 45,9 2,7


(ohne Spez.)
552 M. Meyer et al.

. Tab. 20.174 (Fortsetzung)

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Kaufmännische u. technische 3,0 116,7 1.080,2 9,3 48,1 3,1
Betriebswirtschaft (ohne Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 8,0 214,6 2.936,4 13,7 69,1 2,9


rer/innen

Branche gesamt 6,3 167,1 2.283,9 13,7 58,2 9b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.175 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im
Jahr 2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 34,3 4,9 35,0 5,2

4–7 Tage 28,7 10,6 29,0 11,1

8–14 Tage 17,9 13,7 17,6 13,9

15–21 Tage 7,1 8,9 6,9 8,9

22–28 Tage 3,3 5,9 3,2 5,9

29–42 Tage 3,5 8,8 3,3 8,7

> 42 Tage 5,3 47,2 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
553 20

. Tab. 20.176 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in
der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000


Getränkeherstellung 22,7 25,1 26,6 26,1 – –

Herstellung von Bekleidung 19,3 19,4 19,6 24,8 – 4,7

Herstellung von chemischen 22,8 24,6 23,6 21,9 18,1 18,4


Erzeugnissen

Herstellung von Druckerzeugnissen, 21,2 24,6 25,2 25,9 – –


Vervielfältigung von bespielten Ton-,
Bild- und Datenträgern

Herstellung von Glas und Glaswaren, 25,7 25,7 25,4 25,1 27,2 –
Keramik, Verarbeitung von Steinen und
Erden

Herstellung von Gummi- und Kunst- 24,5 25,1 25,4 25,1 25,1 27,8
stoffwaren

Herstellung von Holz-, Flecht-, Korb- 23,1 23,7 25,0 24,3 22,0 –
und Korkwaren (ohne Möbel)

Herstellung von Leder, Lederwaren und 21,3 21,9 27,3 30,6 27,3 –
Schuhen

Herstellung von Möbeln 22,3 24,7 27,7 28,1 24,4 19,3

Herstellung von Nahrungs- und Futter- 21,1 24,4 25,7 26,0 25,7 25,2
mitteln

Herstellung von Papier, Pappe und Wa- 25,3 27,1 26,0 24,7 20,4 –
ren daraus

Herstellung von pharmazeutischen Er- 19,4 22,1 22,1 21,0 20,0 17,8
zeugnissen

Herstellung von sonstigen Waren 21,0 21,9 22,8 22,8 23,3 19,1

Herstellung von Textilien 25,4 25,8 26,3 25,5 20,7 –

Kokerei und Mineralölverarbeitung 18,9 19,8 19,6 15,2 – –

Reparatur und Installation von Maschi- 19,4 20,0 21,4 22,1 16,5 –
nen und Ausrüstungen

Tabakverarbeitung 17,6 21,4 29,6 13,1 – –

Branche gesamt 22,6 24,5 25,1 24,8 23,9 21,6

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022
554 M. Meyer et al.

. Tab. 20.177 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im
Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Getränkeherstellung 6,9 6,6 5,0 2,0 2,2 7,7 6,8

Herstellung von 6,6 5,0 3,2 2,0 2,6 – 4,1


Bekleidung

Herstellung von chemi- 7,0 6,2 4,2 2,0 2,1 1,5 6,7
schen Erzeugnissen

Herstellung von 6,8 5,9 3,7 1,9 3,1 6,2 5,6


Druckerzeugnissen,
Vervielfältigung von be-
spielten Ton-, Bild- und
Datenträgern

Herstellung von Glas 7,4 7,0 4,7 2,1 2,6 3,0 6,5
und Glaswaren, Kera-
mik, Verarbeitung von
Steinen und Erden

Herstellung von Gummi- 7,7 6,9 4,4 2,1 2,9 3,2 6,7
und Kunststoffwaren

Herstellung von Holz-, 6,8 6,4 4,4 2,3 3,6 2,3 6,0
Flecht-, Korb- und Kork-
waren (ohne Möbel)

Herstellung von Leder, 7,6 6,6 5,5 4,4 3,8 – 5,8


Lederwaren und
Schuhen

Herstellung von Möbeln 7,0 6,4 4,6 2,5 3,4 4,1 6,0

Herstellung von 6,8 6,7 5,2 2,6 3,0 3,1 5,8


Nahrungs- und Fut-
termitteln

Herstellung von Papier, 7,9 6,9 4,8 2,7 2,5 2,7 7,3
Pappe und Waren daraus

Herstellung von pharma- 6,8 6,1 4,0 1,9 2,1 1,6 6,1
zeutischen Erzeugnissen

Herstellung von sonsti- 6,6 5,7 3,9 1,8 2,7 1,8 5,3
gen Waren

Herstellung von 7,6 6,8 4,8 2,2 3,5 4,6 6,7


Textilien

Kokerei und Mineralöl- 5,4 5,5 3,7 2,6 1,8 – 5,8


20 verarbeitung
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
555 20

. Tab. 20.177 (Fortsetzung)

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Reparatur und Installa- 5,1 5,7 4,0 1,8 2,3 0,7 5,2
tion von Maschinen und
Ausrüstungen

Tabakverarbeitung 8,1 5,6 6,5 1,1 1,3 – 5,2

Branche gesamt 7,1 6,5 4,5 2,1 2,6 2,0 6,0

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.178 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Getränkeherstellung 25,2 24,2 18,3 7,4 8,1 28,0 24,9

Herstellung von 24,0 18,3 11,8 7,3 9,5 – 14,8


Bekleidung

Herstellung von chemi- 25,6 22,7 15,2 7,4 7,6 5,5 24,5
schen Erzeugnissen

Herstellung von 24,9 21,5 13,4 6,9 11,2 22,5 20,5


Druckerzeugnissen,
Vervielfältigung von be-
spielten Ton-, Bild- und
Datenträgern

Herstellung von Glas 27,1 25,7 17,3 7,8 9,5 11,1 23,6
und Glaswaren, Kera-
mik, Verarbeitung von
Steinen und Erden

Herstellung von Gummi- 28,0 25,0 15,9 7,5 10,4 11,6 24,5
und Kunststoffwaren

Herstellung von Holz-, 24,8 23,5 16,0 8,3 13,0 8,5 21,8
Flecht-, Korb- und Kork-
waren (ohne Möbel)
556 M. Meyer et al.

. Tab. 20.178 (Fortsetzung)

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Herstellung von Leder, 27,7 24,2 19,9 16,1 13,8 – 21,3
Lederwaren und
Schuhen

Herstellung von Möbeln 25,5 23,4 16,9 9,1 12,5 15,1 21,8

Herstellung von 24,8 24,5 18,9 9,4 10,9 11,4 21,2


Nahrungs- und Fut-
termitteln

Herstellung von Papier, 28,8 25,1 17,6 9,8 9,3 9,8 26,6
Pappe und Waren daraus

Herstellung von pharma- 24,9 22,4 14,8 6,8 7,6 5,8 22,2
zeutischen Erzeugnissen

Herstellung von sonsti- 24,1 20,8 14,4 6,6 9,8 6,6 19,4
gen Waren

Herstellung von 27,8 24,8 17,5 7,9 12,7 16,7 24,5


Textilien

Kokerei und Mineralöl- 19,5 20,0 13,7 9,5 6,7 – 21,3


verarbeitung

Reparatur und Installa- 18,6 20,6 14,8 6,6 8,2 2,5 19,0
tion von Maschinen und
Ausrüstungen

Tabakverarbeitung 29,7 20,5 23,8 4,1 4,8 – 18,9

Branche gesamt 25,8 23,7 16,4 7,8 9,6 7,2 22,0

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
557 20

. Tab. 20.179 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen
in der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %


Getränkeherstellung 3,8 7,1

Herstellung von Bekleidung 1,5 3,0

Herstellung von chemischen Erzeugnissen 2,1 4,1

Herstellung von Druckerzeugnissen, Vervielfältigung von bespielten Ton-, 2,4 4,7


Bild- und Datenträgern

Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen 4,3 7,9
und Erden

Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren 2,8 5,1

Herstellung von Holz-, Flecht-, Korb- und Korkwaren (ohne Möbel) 5,5 11,0

Herstellung von Leder, Lederwaren und Schuhen 2,2 3,9

Herstellung von Möbeln 4,0 7,2

Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln 3,8 6,2

Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus 3,1 5,7

Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen 1,5 2,9

Herstellung von sonstigen Waren 1,8 3,5

Herstellung von Textilien 2,7 4,5

Kokerei und Mineralölverarbeitung 2,0 4,6

Reparatur und Installation von Maschinen und Ausrüstungen 4,3 8,2

Tabakverarbeitung 1,8 3,3

Branche gesamt 3,2 6,0

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022
558 M. Meyer et al.

. Tab. 20.180 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 3.187,0 86,1

Berufe in der Holzbe- u. -verarbeitung (ohne Spez.) 2.704,6 99,7

Berufe in der Fleischverarbeitung 2.212,4 88,0

Berufe im Holz-, Möbel- u. Innenausbau 2.188,8 97,0

Maschinen- u. Anlagenführer/innen 1.896,1 73,3

Berufe in der Lebensmittelherstellung (ohne Spez.) 1.734,5 75,3

Berufe in der Papierverarbeitung u. Verpackungstechnik 1.704,1 68,1

Berufe in der Maschinenbau- u. Betriebstechnik (ohne Spez.) 1.676,5 69,7

Berufe in der Lagerwirtschaft 1.512,4 59,3

Berufe in der Metallbearbeitung (ohne Spez.) 1.507,3 61,8

Berufe in der Kunststoff- u. Kautschukherstellung (ohne Spez.) 1.378,9 57,7

Berufe in der Drucktechnik 1.328,4 50,7

Berufe in der Back- u. Konditoreiwarenherstellung 1.213,2 53,5

Berufe im Verkauf von Fleischwaren 1.069,3 46,2

Berufe in der Chemie- u. Pharmatechnik 1.022,7 41,1

Berufe im Verkauf (ohne Spez.) 917,2 35,4

Berufe im Verkauf von Back- u. Konditoreiwaren 780,7 35,7

Berufe im Vertrieb (außer Informations- u. Kommunikationstechnologien) 313,4 11,7

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 261,8 10,7

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 205,7 9,8

Branche gesamt 1.361,3 54,1

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
559 20

. Tab. 20.181 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der
Branche Verarbeitendes Gewerbe in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 97,3 3,9 174,3 8,2 303,1 40,9 161,3 21,9 579,3 32,4 362,7 23,2

1998 101,2 4,3 171,4 8,5 300,9 42,0 158,4 22,2 593,0 34,3 353,8 23,2

1999 108,4 4,7 175,3 8,8 345,4 48,2 160,7 23,5 633,3 36,9 355,8 23,5

2000 130,6 5,8 161,8 8,4 314,5 43,1 148,5 20,0 695,1 39,6 340,4 21,3

2001 141,4 6,6 165,9 9,1 293,7 41,7 147,8 20,6 710,6 41,2 334,6 21,2

2002 144,0 7,0 162,7 9,2 278,0 40,2 147,5 21,4 696,1 40,8 329,1 20,8

2003 137,8 6,9 152,8 9,1 275,8 41,1 138,0 20,4 621,1 37,6 307,2 19,6

2004 154,2 6,9 164,5 8,4 236,7 34,1 138,9 19,8 587,9 35,5 297,7 18,3

2005 153,7 6,7 164,1 8,3 274,8 39,6 132,3 18,4 562,2 34,5 291,1 17,8

2006 153,0 6,7 162,3 8,5 226,0 33,1 133,6 19,3 561,3 34,7 298,5 18,2

2007 165,8 7,0 170,5 8,6 257,2 37,7 143,5 20,9 598,6 36,1 298,2 17,9

2008 (WZ03) 172,3 7,4 175,7 9,0 270,3 40,0 147,1 22,0 623,6 37,8 301,7 18,3

2008 (WZ08)a 170,6 7,3 173,9 9,0 270,0 40,3 146,9 22,2 619,5 37,7 300,4 18,4

2009 178,8 7,7 176,5 8,9 304,0 45,0 141,7 21,1 601,5 35,7 302,9 17,9

2010 198,5 8,1 179,8 9,0 265,0 39,7 139,0 20,4 655,5 38,3 324,5 19,0

2011 209,8 8,7 174,3 9,1 278,3 41,3 139,1 20,4 644,7 38,8 318,2 18,7

2012 235,1 9,1 194,6 9,4 281,1 41,3 145,4 20,6 687,0 39,3 327,4 18,2

2013 241,0 9,2 190,4 8,9 350,4 50,5 147,2 20,7 683,4 39,2 330,7 18,1

2014 260,4 10,0 201,6 9,4 285,8 42,3 153,3 21,4 732,5 41,4 337,7 18,3

2015 269,1 10,3 202,1 9,5 363,5 52,7 154,4 21,4 729,9 41,3 335,2 18,2

2016 274,3 10,5 181,0 9,6 330,6 49,8 145,6 21,4 746,4 42,0 333,2 17,9

2017 281,5 10,6 177,4 9,3 339,1 50,2 142,4 20,4 736,8 41,4 339,7 17,6

2018 288,4 10,8 175,2 9,4 372,7 53,8 140,7 20,4 739,8 41,8 342,4 17,8

2019 303,9 11,1 175,9 9,3 328,7 49,6 139,5 20,0 758,6 42,2 340,2 17,2

2020 313,4 10,3 174,4 8,3 327,4 40,6 129,6 17,0 775,7 40,1 323,7 15,1

2021 322,1 10,9 175,9 8,5 297,1 37,7 126,3 16,8 799,7 44,4 342,1 21,0
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022
560 M. Meyer et al.

. Tab. 20.182 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreis- wege dauung Skelett zungen
lauf

Getränkeherstellung 8,6 6,2 8,0 4,0 24,7 11,6 36,9

Herstellung von Bekleidung 12,1 5,3 9,7 4,1 19,7 8,9 40,2

Herstellung von chemischen 10,8 5,3 9,8 3,9 23,9 9,3 37,1
Erzeugnissen

Herstellung von Druckerzeug- 11,3 5,5 8,9 3,8 22,4 9,4 38,6
nissen, Vervielfältigung von
bespielten Ton-, Bild- und Daten-
trägern

Herstellung von Glas und Glas- 8,0 6,3 8,8 3,8 25,3 11,6 36,3
waren, Keramik, Verarbeitung
von Steinen und Erden

Herstellung von Gummi- und 9,9 5,3 9,1 3,8 25,3 9,7 36,8
Kunststoffwaren

Herstellung von Holz-, Flecht-, 7,3 5,5 8,7 3,9 24,8 14,2 35,6
Korb- und Korkwaren (ohne
Möbel)

Herstellung von Leder, Lederwa- 10,6 5,3 9,4 3,3 25,1 8,9 37,4
ren und Schuhen

Herstellung von Möbeln 8,1 5,5 9,0 4,0 25,3 11,8 36,3

Herstellung von Nahrungs- und 9,7 5,3 8,4 3,8 24,7 10,4 37,7
Futtermitteln

Herstellung von Papier, Pappe 9,9 5,4 8,8 3,8 25,3 10,3 36,5
und Waren daraus

Herstellung von pharmazeuti- 13,4 4,0 10,9 4,0 21,2 8,8 37,7
schen Erzeugnissen

Herstellung von sonstigen Waren 12,4 4,5 10,8 3,8 20,8 8,8 38,8

Herstellung von Textilien 9,9 5,1 9,1 3,7 24,7 8,9 38,6

Kokerei und Mineralöl- 10,4 5,3 9,5 4,2 22,7 11,8 36,1
verarbeitung

Reparatur und Installation von 8,3 5,4 9,7 3,9 22,5 12,9 37,3
Maschinen und Ausrüstungen

Tabakverarbeitung 16,2 5,1 9,1 4,0 23,7 7,9 34,0

Branche gesamt 9,8 5,3 9,0 3,8 24,3 10,4 37,3

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9


20 Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
561 20

. Tab. 20.183 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreis- wege dauung Skelett zungen
lauf

Getränkeherstellung 4,2 4,3 14,3 6,7 18,4 9,3 42,8

Herstellung von Bekleidung 5,3 3,5 16,5 7,2 14,1 6,8 46,5

Herstellung von chemischen 4,8 3,3 16,5 7,0 18,3 7,9 42,2
Erzeugnissen

Herstellung von Druckerzeug- 5,0 3,6 15,6 7,2 17,1 8,2 43,4
nissen, Vervielfältigung von
bespielten Ton-, Bild- und Daten-
trägern

Herstellung von Glas und Glas- 3,9 3,8 14,9 7,1 19,4 9,3 41,5
waren, Keramik, Verarbeitung
von Steinen und Erden

Herstellung von Gummi- und 4,4 3,4 15,4 6,9 19,4 8,5 41,9
Kunststoffwaren

Herstellung von Holz-, Flecht-, 3,4 3,5 15,4 6,9 18,7 10,8 41,3
Korb- und Korkwaren (ohne
Möbel)

Herstellung von Leder, Lederwa- 4,8 3,8 15,2 7,0 18,7 7,5 43,0
ren und Schuhen

Herstellung von Möbeln 3,6 3,3 15,8 7,2 18,8 9,9 41,4

Herstellung von Nahrungs- und 4,6 3,7 14,4 6,8 18,7 8,5 43,3
Futtermitteln

Herstellung von Papier, Pappe 4,6 3,5 15,2 6,8 19,0 8,9 42,0
und Waren daraus

Herstellung von pharmazeuti- 5,4 3,0 17,6 6,9 15,8 7,2 43,9
schen Erzeugnissen

Herstellung von sonstigen Waren 5,1 3,2 17,6 7,0 15,1 7,6 44,4

Herstellung von Textilien 4,7 3,6 15,4 7,1 18,0 7,9 43,3

Kokerei und Mineralöl- 4,9 3,2 17,2 6,8 16,9 8,2 42,9
verarbeitung

Reparatur und Installation von 3,8 3,3 17,1 7,2 16,8 9,9 42,0
Maschinen und Ausrüstungen

Tabakverarbeitung 7,0 3,8 14,7 8,4 17,3 7,6 41,3

Branche gesamt 4,5 3,5 15,5 6,9 18,3 8,6 42,6

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
562 M. Meyer et al.

. Tab. 20.184 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Holz-, Möbel- u. In- 7,3 4,9 8,9 3,9 25,1 15,5 34,5
nenausbau

Berufe im Verkauf (Ohne 11,8 4,5 8,9 3,4 22,3 9,5 39,5
Spez.)

Berufe im Verkauf von Back- 13,5 4,5 8,4 3,6 20,9 9,1 39,8
u. Konditoreiwaren

Berufe im Verkauf von Fleisch- 11,3 5,3 7,8 3,5 21,7 9,8 40,6
waren

Berufe im Vertrieb (außer 14,4 5,3 10,7 4,0 14,7 7,5 43,4
Informations- u. Kommuni-
kationstechnologien)

Berufe in der Back- u. Kondi- 9,8 5,1 9,2 3,8 22,9 11,0 38,2
toreiwarenherstellung

Berufe in der Chemie- u. Phar- 10,8 5,2 9,7 3,9 24,7 9,4 36,3
matechnik

Berufe in der Drucktechnik 10,4 5,6 8,5 3,8 24,9 9,7 37,1

Berufe in der Fleisch- 6,2 6,1 6,9 3,8 27,1 13,2 36,7
verarbeitung

Berufe in der Holzbe- u. 6,2 6,0 8,6 3,9 27,2 13,3 34,8
-verarbeitung (ohne Spez.)

Berufe in der Kunststoff- 9,5 5,4 8,8 3,8 26,6 9,5 36,4
u. Kautschukherstellung (oh-
ne Spez.)

Berufe in der Lagerwirtschaft 9,6 5,4 8,6 3,9 25,9 9,8 36,8

Berufe in der Lebensmittelher- 8,5 5,1 8,4 4,0 28,0 10,3 35,8
stellung (ohne Spez.)

Berufe in der Maschinenbau- 8,1 5,7 9,6 3,8 24,9 11,7 36,3
u. Betriebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Metallbearbeitung 9,4 5,4 9,7 3,7 24,8 10,1 36,8
(ohne Spez.)

Berufe in der Papierverarbei- 9,9 4,9 8,6 3,7 27,1 10,1 35,7
tung u. Verpackungstechnik

Berufskraftfahrer/innen (Güter- 5,9 7,9 6,5 3,4 25,5 12,8 37,9


verkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 15,0 4,1 11,3 4,1 13,2 7,8 44,5


(ohne Spez.)
20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
563 20

. Tab. 20.184 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Kaufmännische u. technische 14,8 3,9 13,4 4,4 11,9 7,9 43,7
Betriebswirtschaft (ohne Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 9,4 5,3 8,9 3,9 26,7 10,9 35,0


rer/innen

Branche gesamt 9,8 5,3 9,0 3,8 24,3 10,4 37,3

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.185 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe im Holz-, Möbel- u. In- 3,0 3,0 16,6 6,8 17,7 12,0 41,0
nenausbau

Berufe im Verkauf (ohne Spez.) 5,4 3,7 15,7 6,9 15,6 7,5 45,2

Berufe im Verkauf von Back- 6,4 3,5 15,3 6,5 13,0 7,6 47,8
u. Konditoreiwaren

Berufe im Verkauf von Fleisch- 5,4 4,3 14,3 6,6 12,9 8,1 48,3
waren

Berufe im Vertrieb (außer 5,5 3,6 18,0 7,3 10,6 6,4 48,7
Informations- u. Kommuni-
kationstechnologien)

Berufe in der Back- u. Kondi- 4,8 3,5 15,1 6,7 15,7 9,4 44,8
toreiwarenherstellung

Berufe in der Chemie- u. Phar- 4,9 3,2 16,1 6,9 19,3 8,0 41,6
matechnik

Berufe in der Drucktechnik 4,8 3,5 14,7 7,0 19,5 8,9 41,6

Berufe in der Fleisch- 3,3 4,0 12,1 6,7 21,8 10,2 41,9
verarbeitung

Berufe in der Holzbe- u. 3,2 3,6 14,8 7,0 21,2 10,5 39,8
-verarbeitung (ohne Spez.)

Berufe in der Kunststoff- 4,3 3,5 14,7 6,7 21,0 8,5 41,3
u. Kautschukherstellung (oh-
ne Spez.)
564 M. Meyer et al.

. Tab. 20.185 (Fortsetzung)

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe in der Lagerwirtschaft 4,6 3,6 14,5 6,9 20,3 8,4 41,7

Berufe in der Lebensmittelher- 4,1 3,5 13,7 6,8 22,6 8,7 40,7
stellung (ohne Spez.)

Berufe in der Maschinenbau- 3,9 3,3 16,2 6,9 18,6 9,7 41,3
u. Betriebstechnik (ohne Spez.)

Berufe in der Metallbearbeitung 4,2 3,4 16,1 6,8 19,5 8,6 41,5
(ohne Spez.)

Berufe in der Papierverarbei- 4,5 3,5 14,7 6,8 20,2 9,1 41,2
tung u. Verpackungstechnik

Berufskraftfahrer/innen (Güter- 3,6 5,2 11,5 7,2 20,0 9,6 43,0


verkehr/LKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 5,7 3,2 18,2 7,7 9,5 6,3 49,4


(ohne Spez.)

Kaufmännische u. technische 5,0 2,7 20,6 7,5 8,2 7,1 49,0


Betriebswirtschaft (ohne Spez.)

Maschinen- u. Anlagenfüh- 4,6 3,4 15,0 7,0 21,1 8,9 40,0


rer/innen

Branche gesamt 4,5 3,5 15,5 6,9 18,3 8,6 42,6

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
565 20

. Tab. 20.186 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 8,2 4,2
nen der oberen Atemwege

M54 Rückenschmerzen 6,9 6,6

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 3,8 2,0

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,2 1,9
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,7 0,9
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 2,0 1,7
nummern U07.-

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,8 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

R51 Kopfschmerz 1,7 0,6

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,7 0,4

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,5 1,3

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,5 0,7

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,4 1,8

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,3 2,2

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifi- 1,3 1,0
ziert

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,2 0,6

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 1,0 1,0

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 1,0 0,2
Impfstoffen

F32 Depressive Episode 0,9 2,7

M75 Schulterläsionen 0,9 2,1

R53 Unwohlsein und Ermüdung 0,9 0,8

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,9 0,7

K29 Gastritis und Duodenitis 0,9 0,4

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 0,9 0,4

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,8 2,1

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,8 2,0

M77 Sonstige Enthesopathien 0,8 1,0


566 M. Meyer et al.

. Tab. 20.186 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

R42 Schwindel und Taumel 0,7 0,5

R11 Übelkeit und Erbrechen 0,7 0,3

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,6 1,2

F48 Andere neurotische Störungen 0,6 1,0

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,6 0,7
klassifiziert

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

G43 Migräne 0,6 0,2

F45 Somatoforme Störungen 0,5 1,0

M47 Spondylose 0,5 0,8

G47 Schlafstörungen 0,5 0,6

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,5 0,3

J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege 0,5 0,3

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,5 0,3

Summe hier 58,2 47,5

Restliche 41,8 52,5

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
567 20

. Tab. 20.187 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Verarbeitendes Gewerbe im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 10,8 5,5

M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 8,2 8,7

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,4 3,0

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,1 2,2

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,7 2,2
in Anspruch nehmen

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 3,5 2,3
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 3,4 4,8

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,2 1,1

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2,7 5,1

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,5 1,2

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 2,2 0,7
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 2,2 0,5

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 2,0 3,2

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,7 3,8
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,7 1,6

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,5 1,2

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,5 1,1

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,3 0,7

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,3 0,7

F30–F39 Affektive Störungen 1,2 4,2

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,2 1,3
mitäten oder anderer Körperregionen

M15–M19 Arthrose 1,0 2,7

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 1,0 1,6

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,0 0,9

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 1,0 0,9
webes

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,0 0,5


568 M. Meyer et al.

. Tab. 20.187 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,9 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 0,9 0,7

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,8 1,7

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,8 1,5

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 0,8 1,2

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,8 0,6

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,7 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,7 0,4

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,9
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

M65–M68 Krankheiten der Synovialis und der Sehnen 0,6 0,9

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems 0,6 0,3

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten 0,6 0,3

Summe hier 79,5 72,4

Restliche 20,5 27,6

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
569 20
20.12 Verkehr und Transport

Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Verkehr und Transport in . Tab. 20.188
den Jahren 1997 bis 2021

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verkehr und Transport nach Bundes- . Tab. 20.189
ländern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Verkehr . Tab. 20.190
und Transport im Jahr 2021

Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Verkehr . Tab. 20.191
und Transport im Jahr 2021

Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verkehr und Transport im . Tab. 20.192
Jahr 2021

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in . Tab. 20.193
der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021

Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Verkehr und Transport im . Tab. 20.194
Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche . Tab. 20.195
Verkehr und Transport im Jahr 2021

Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilun- . Tab. 20.196
gen in der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Bran- . Tab. 20.197
che Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der . Tab. 20.198
Branche Verkehr und Transport in den Jahren 1997 bis 2021

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Ver- . Tab. 20.199
kehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Ver- . Tab. 20.200
kehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.201
in der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen . Tab. 20.202
in der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche . Tab. 20.203
Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der . Tab. 20.204
Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder
570 M. Meyer et al.

. Tab. 20.188 Entwicklung des Krankenstands der AOK-Mitglieder in der Branche Verkehr und Transport in
den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Krankenstand in % AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder Tage je Fall

West Ost Bund West Ost Bund West Ost Bund


1997 5,3 4,4 5,2 128,3 96,4 122,5 15,1 16,6 15,3

1998 5,4 4,5 5,3 131,5 98,6 125,7 15,0 16,6 15,3

1999 5,6 4,8 5,5 139,4 107,4 134,1 14,6 16,4 14,8

2000 5,6 4,8 5,5 143,2 109,8 138,3 14,3 16,0 14,5

2001 5,6 4,9 5,5 144,1 108,7 139,3 14,2 16,5 14,4

2002 5,6 4,9 5,5 143,3 110,6 138,8 14,2 16,2 14,4

2003 5,3 4,5 5,2 138,7 105,8 133,8 14,0 15,4 14,1

2004 4,9 4,2 4,8 125,0 97,6 120,6 14,3 15,6 14,4

2005 4,8 4,2 4,7 126,3 99,0 121,8 14,0 15,4 14,2

2006 4,7 4,1 4,6 121,8 94,7 117,2 14,2 15,8 14,4

2007 4,9 4,3 4,8 128,8 101,5 124,1 14,0 15,5 14,2

2008 (WZ03) 5,1 4,5 4,9 135,4 106,7 130,5 13,6 15,3 13,9

2008 (WZ08)a 5,1 4,5 5,0 135,7 105,1 130,5 13,8 15,7 14,1

2009 5,3 5,0 5,3 139,7 114,2 135,4 13,9 16,0 14,2

2010 5,5 5,2 5,5 141,8 120,5 138,1 14,2 15,7 14,4

2011 5,5 4,8 5,4 145,0 121,9 141,1 13,9 14,4 13,9

2012 5,6 5,4 5,5 143,8 121,7 140,1 14,1 16,4 14,5

2013 5,7 5,8 5,7 154,1 130,1 150,1 13,5 16,2 13,9

2014 5,8 5,9 5,8 152,2 131,2 148,8 13,9 16,4 14,3

2015 6,0 6,0 6,0 161,1 140,5 157,7 13,5 15,6 13,8

2016 5,9 6,1 6,0 159,4 145,3 157,4 13,6 15,4 13,9

2017 5,9 6,3 6,0 158,1 148,5 156,7 13,6 15,5 13,9

2018 5,9 6,5 6,0 162,6 155,6 161,6 13,3 15,2 13,6

2019 5,9 6,5 6,0 159,4 153,6 158,6 13,5 15,5 13,8

2020 5,8 6,4 5,9 140,2 139,2 140,4 15,2 16,9 15,5

2021 5,8 6,6 5,9 147,1 148,9 147,7 14,3 16,3 14,6
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
571 20

. Tab. 20.189 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verkehr und Transport nach Bundeslän-
dern im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr

Bundesland Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage Veränd. AU-


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall z. Vorj. Quote
in % in % in %
AU- Veränd. AU- Veränd.
Fälle z. Vorj. Tage z. Vorj.
in % in %
Baden-Württemberg 5,6 158,2 5,5 2.039,6 #1,9 12,9 #7,0 49,9

Bayern 5,0 123,9 5,7 1.842,8 #0,9 14,9 #6,3 42,4

Berlin 5,2 133,6 2,4 1.905,1 #4,0 14,3 #6,2 34,7

Brandenburg 6,5 158,6 2,4 2.355,0 #5,4 14,8 #7,6 47,2

Bremen 6,9 170,8 1,6 2.513,8 #4,0 14,7 #5,6 50,9

Hamburg 5,5 131,6 1,5 2.000,6 #1,1 15,2 #2,6 40,8

Hessen 5,9 162,1 7,8 2.159,7 0,5 13,3 #6,8 47,9

Mecklenburg-Vorpommern 6,3 117,6 5,3 2.311,1 2,7 19,7 #2,5 42,9

Niedersachsen 6,3 159,2 5,2 2.282,8 0,8 14,3 #4,2 50,6

Nordrhein-Westfalen 6,4 156,2 3,4 2.317,8 #2,1 14,8 #5,3 47,5

Rheinland-Pfalz 5,3 121,8 6,1 1.927,6 #2,4 15,8 #8,0 40,9

Saarland 5,8 137,7 1,5 2.104,4 #8,9 15,3 #10,2 45,4

Sachsen 6,6 150,7 8,2 2.391,6 5,1 15,9 #2,9 53,7

Sachsen-Anhalt 6,6 141,5 6,4 2.419,2 2,6 17,1 #3,5 49,6

Schleswig-Holstein 5,6 124,3 3,5 2.039,3 #0,8 16,4 #4,2 42,7

Thüringen 7,2 154,7 8,8 2.629,1 5,9 17,0 #2,7 53,6

West 5,8 147,1 4,9 2.106,0 #1,4 14,3 #6,0 46,2

Ost 6,6 148,9 6,9 2.423,0 3,0 16,3 #3,7 51,2

Bund 5,9 147,7 5,2 2.158,2 #0,6 14,6 #5,5 47,1

Fehlzeiten-Report 2022
572 M. Meyer et al.

. Tab. 20.190 Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Wirtschaftsabteilungen in der Branche Verkehr und
Transport im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Krankenstand in % Arbeitsunfähigkeiten Tage AU-


je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote
in %
2021 2021 Fälle Tage
stand.a
Lagerei sowie Erbringung von 6,3 6,3 170,4 2.283,6 13,4 53,3
sonstigen Dienstleistungen für den
Verkehr

Landverkehr und Transport in Rohr- 5,7 5,7 124,2 2.095,1 16,9 43,8
fernleitungen

Luftfahrt 4,3 4,7 119,1 1.581,7 13,3 43,3

Post-, Kurier- und Expressdienste 5,6 6,4 149,9 2.060,2 13,7 42,2

Schifffahrt 5,1 4,7 108,9 1.866,0 17,1 40,1

Branche gesamt 5,9 6,1 147,7 2.158,2 14,6 47,1

Alle Branchen 5,4 5,5 148,9 1.971,5 13,2 50,5


a
Krankenstand alters- und geschlechtsstandardisiert
Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
573 20

. Tab. 20.191 Kennzahlen der Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten Berufsgruppen in der Branche Verkehr
und Transport im Jahr 2021

Tätigkeit Kranken- Arbeitsunfähigkeit Tage AU- Anteil der


stand je 100 AOK-Mitglieder je Fall Quote Berufsgruppe
in % in % an der Branche
AU-Fälle AU-Tage in %a
Berufe für Post- u. Zustelldienste 6,3 153,6 2.315,9 15,1 46,6 12,4

Berufe im Güter- u. Warenum- 7,9 236,9 2.891,5 12,2 64,7 1,0


schlag

Berufe in der Lagerwirtschaft 7,0 221,5 2.573,1 11,6 57,8 20,1

Berufskraftfahrer/innen (Güter- 5,7 105,6 2.079,6 19,7 41,4 24,5


verkehr/LKW)

Berufskraftfahrer/innen (Perso- 4,3 75,2 1.560,8 20,8 30,3 3,9


nentransport/PKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne 3,6 105,0 1.329,6 12,7 41,9 2,6


Spez.)

Bus- u. Straßenbahnfahrer/innen 8,4 165,8 3.059,8 18,5 57,9 6,2

Fahrzeugführer/innen im Stra- 3,9 103,5 1.413,8 13,7 29,6 8,0


ßenverkehr (sonstige spezifische
Tätigkeitsangabe)

Kaufmännische u. technische 3,9 120,3 1.414,4 11,8 47,2 1,5


Betriebswirtschaft (ohne Spez.)

Kranführer/innen, Aufzugsma- 7,9 209,5 2.892,6 13,8 63,8 1,0


schinisten, Bedienung verwandter
Hebeeinrichtungen

Speditions- u. Logistikkaufleute 3,7 145,3 1.366,6 9,4 49,5 3,3

Branche gesamt 5,9 147,7 2.158,2 14,6 47,1 7,3b


a
Anteil der AOK-Mitglieder in der Berufsgruppe an den in der Branche beschäftigten AOK-Mitgliedern
insgesamt
b
Anteil der AOK-Mitglieder in der Branche an allen AOK-Mitgliedern
Fehlzeiten-Report 2022
574 M. Meyer et al.

. Tab. 20.192 Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder in der Branche Verkehr und Transport im Jahr
2021

Fallklasse Branche hier Alle Branchen

Anteil Fälle in % Anteil Tage in % Anteil Fälle in % Anteil Tage in %


1–3 Tage 30,5 4,1 35,0 5,2

4–7 Tage 29,4 10,3 29,0 11,1

8–14 Tage 19,3 13,9 17,6 13,9

15–21 Tage 7,6 9,0 6,9 8,9

22–28 Tage 3,5 5,9 3,2 5,9

29–42 Tage 3,8 9,0 3,3 8,7

> 42 Tage 5,8 47,8 5,1 46,3

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.193 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Wirtschaftsabteilung und Betriebsgröße in
der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021

Wirtschaftsabteilungen Betriebsgröße (Anzahl der AOK-Mitglieder)

10–49 50–99 100–199 200–499 500–999 ! 1.000

Lagerei sowie Erbringung von sonstigen 21,9 23,4 23,9 25,6 27,6 29,4
Dienstleistungen für den Verkehr

Landverkehr und Transport in Rohrfern- 20,1 23,7 24,2 23,7 30,5 34,6
leitungen

Luftfahrt 13,9 11,7 15,4 18,5 41,0 15,9

Post-, Kurier- und Expressdienste 20,8 20,8 21,5 21,4 23,3 27,2

Schifffahrt 20,4 22,0 31,2 41,1 – –

Branche gesamt 20,9 22,9 23,5 24,0 27,0 29,3

Alle Branchen 20,3 22,4 22,7 22,5 22,6 22,4

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
575 20

. Tab. 20.194 Krankenstand in Prozent nach Ausbildungsabschluss in der Branche Verkehr und Transport im
Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Lagerei sowie Erbrin- 6,8 6,6 5,6 2,7 3,2 4,3 5,9
gung von sonstigen
Dienstleistungen für
den Verkehr

Landverkehr und 6,3 6,8 5,4 2,7 3,3 4,1 4,8


Transport in Rohr-
fernleitungen

Luftfahrt 5,6 5,4 0,7 1,8 2,6 – 3,7

Post-, Kurier- und 5,1 6,4 5,2 3,8 4,1 2,8 5,6
Expressdienste

Schifffahrt 6,1 6,1 5,3 1,5 2,8 – 3,5

Branche gesamt 6,3 6,6 5,5 2,8 3,3 3,9 5,4

Alle Branchen 5,9 6,0 4,7 2,3 2,8 2,0 4,9

Fehlzeiten-Report 2022
576 M. Meyer et al.

. Tab. 20.195 Tage der Arbeitsunfähigkeit je AOK-Mitglied nach Ausbildungsabschluss in der Branche Verkehr
und Transport im Jahr 2021

Wirtschafts- Ausbildung
abteilungen
ohne Aus- mit Aus- Meister/ Bachelor Diplom/ Promotion unbekannt
bildungs- bildungs- Techniker Magister/
abschluss abschluss Master/
Staats-
examen
Lagerei sowie Erbrin- 24,7 24,0 20,5 9,9 11,7 15,6 21,7
gung von sonstigen
Dienstleistungen für
den Verkehr

Landverkehr und 22,9 25,0 19,9 9,7 11,9 14,9 17,4


Transport in Rohr-
fernleitungen

Luftfahrt 20,3 19,8 2,7 6,6 9,6 – 13,6

Post-, Kurier- und 18,5 23,3 19,0 13,9 14,9 10,1 20,4
Expressdienste

Schifffahrt 22,1 22,2 19,2 5,5 10,4 – 12,7

Branche gesamt 23,0 24,3 20,0 10,2 12,0 14,1 19,5

Alle Branchen 21,4 21,9 17,1 8,3 10,2 7,3 17,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.196 Anteil der Arbeitsunfälle an den AU-Fällen und -Tagen in Prozent nach Wirtschaftsabteilungen
in der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in % AU-Tage in %

Lagerei sowie Erbringung von sonstigen Dienstleistungen für den Verkehr 3,6 7,6

Landverkehr und Transport in Rohrfernleitungen 4,3 8,5

Luftfahrt 1,4 3,1

Post-, Kurier- und Expressdienste 5,9 9,8

Schifffahrt 3,9 8,2

Branche gesamt 4,2 8,3

Alle Branchen 3,0 5,7

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
577 20

. Tab. 20.197 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit durch Arbeitsunfälle nach Berufsgruppen in der Branche
Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit
je 1.000 AOK-Mitglieder

AU-Tage AU-Fälle
Berufe für Post- u. Zustelldienste 2.506,7 104,1

Berufskraftfahrer/innen (Güterverkehr/LKW) 2.430,0 64,4

Berufe im Güter- u. Warenumschlag 2.017,5 86,3

Kranführer/innen, Aufzugsmaschinisten, Bedienung verwandter Hebeein- 2.009,6 66,8


richtungen

Bus- u. Straßenbahnfahrer/innen 1.754,3 43,2

Berufe in der Lagerwirtschaft 1.753,8 76,1

Fahrzeugführer/innen im Straßenverkehr (sonstige spezifische Tätigkeits- 1.553,6 67,9


angabe)

Berufskraftfahrer/innen (Personentransport/PKW) 799,5 23,4

Büro- u. Sekretariatskräfte (ohne Spez.) 487,6 12,0

Kaufmännische u. technische Betriebswirtschaft (ohne Spez.) 460,6 15,1

Speditions- u. Logistikkaufleute 456,5 21,0

Branche gesamt 1.790,7 62,6

Alle Branchen 1.121,9 44,7

Fehlzeiten-Report 2022
578 M. Meyer et al.

. Tab. 20.198 Tage und Fälle der Arbeitsunfähigkeit je 100 AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in der
Branche Verkehr und Transport in den Jahren 1997 bis 2021

Jahr Arbeitsunfähigkeiten je 100 AOK-Mitglieder

Psyche Herz/Kreis- Atemwege Verdauung Muskel/ Verletzungen


lauf Skelett

Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle Tage Fälle
1997 83,9 3,4 195,5 7,7 281,8 34,8 163,6 19,4 574,0 32,1 411,4 22,0

1998 89,1 3,6 195,2 7,9 283,4 33,1 161,9 19,0 591,5 30,7 397,9 21,9

1999 95,3 3,8 192,9 8,1 311,9 34,5 160,8 19,2 621,2 32,5 396,8 21,7

2000 114,7 5,2 181,9 8,0 295,1 37,1 149,4 18,0 654,9 36,6 383,3 21,3

2001 124,3 6,1 183,1 8,6 282,2 36,8 152,3 18,9 680,6 38,6 372,8 21,0

2002 135,9 6,6 184,2 8,9 273,1 36,1 152,1 19,5 675,7 38,3 362,4 20,4

2003 136,0 6,7 182,0 9,1 271,5 36,4 144,2 18,7 615,9 35,6 345,2 19,3

2004 154,3 6,8 195,6 8,4 234,4 30,1 143,5 17,7 572,5 32,8 329,6 17,6

2005 159,5 6,7 193,5 8,4 268,8 34,7 136,2 16,6 546,3 31,8 327,1 17,3

2006 156,8 6,7 192,9 8,5 225,9 29,0 135,7 17,1 551,7 31,9 334,7 17,6

2007 166,1 7,0 204,2 8,7 249,9 32,6 143,6 18,4 575,2 32,8 331,1 17,0

2008 (WZ03) 172,5 7,3 205,5 9,1 260,0 34,6 149,0 19,2 584,3 34,3 332,0 17,1

2008 (WZ08)a 171,8 7,2 210,2 9,2 259,5 34,0 150,6 18,7 597,5 34,3 339,8 17,2

2009 190,8 7,8 223,2 9,3 297,4 38,1 149,0 18,7 607,7 34,3 341,0 17,2

2010 205,3 8,4 218,6 9,5 268,0 34,3 143,7 17,8 659,8 36,9 373,2 19,0

2011 215,5 8,9 209,0 9,4 272,0 35,7 141,8 17,9 625,3 36,6 350,1 18,1

2012 243,3 9,3 233,9 9,6 275,1 35,2 149,8 18,0 654,4 36,7 354,5 17,3

2013 246,7 9,4 228,9 9,1 334,0 43,1 150,4 18,5 656,9 37,4 356,3 17,4

2014 269,3 10,4 236,8 9,5 278,3 36,8 155,9 19,1 698,3 39,3 355,6 17,3

2015 277,4 10,5 232,5 9,4 338,6 44,5 154,5 19,1 686,4 39,2 355,5 17,2

2016 285,1 10,8 213,7 9,6 315,2 42,6 148,6 19,1 706,0 40,0 354,0 16,8

2017 289,0 10,9 207,1 9,3 318,1 42,7 142,9 18,1 700,1 39,9 349,5 16,5

2018 287,5 10,9 195,8 9,4 339,5 45,3 139,6 17,9 691,5 40,1 348,0 16,4

2019 295,6 11,1 197,6 9,2 303,2 41,9 137,8 17,6 703,1 40,8 347,3 15,9

2020 303,8 10,1 194,8 8,2 306,7 34,7 129,6 15,1 716,8 39,0 330,2 14,0

2021 308,4 10,6 189,1 8,2 260,9 31,1 124,7 14,7 728,8 42,9 341,6 18,1
a
aufgrund der Revision der Wirtschaftszweigklassifikation in 2008 ist eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
nur bedingt möglich
20 Fehlzeiten-Report 2022
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
579 20

. Tab. 20.199 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Verkehr
und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Lagerei sowie Erbringung 9,8 5,9 8,9 4,1 24,3 10,7 36,4
von sonstigen Dienstleis-
tungen für den Verkehr

Landverkehr und Transport 10,2 7,3 7,9 4,1 21,6 10,5 38,4
in Rohrfernleitungen

Luftfahrt 15,3 3,2 11,2 3,9 18,6 8,8 39,0

Post-, Kurier- und Express- 9,9 4,2 8,5 3,8 26,9 13,2 33,5
dienste

Schifffahrt 11,7 7,8 7,2 3,7 21,1 11,2 37,3

Branche gesamt 10,0 6,1 8,5 4,0 23,6 11,1 36,7

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

. Tab. 20.200 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten in Prozent in der Branche Verkehr
und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Wirtschaftsabteilungen AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Lagerei sowie Erbringung 4,7 3,5 14,8 6,8 20,3 8,1 41,8
von sonstigen Dienstleis-
tungen für den Verkehr

Landverkehr und Transport 5,1 4,6 13,4 7,0 17,6 7,8 44,4
in Rohrfernleitungen

Luftfahrt 6,7 2,5 18,8 6,1 15,1 6,5 44,3

Post-, Kurier- und Express- 4,7 2,8 14,6 6,1 22,5 10,0 39,3
dienste

Schifffahrt 5,9 4,0 13,8 7,2 15,6 8,9 44,5

Branche gesamt 4,9 3,8 14,3 6,8 19,7 8,3 42,3

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
580 M. Meyer et al.

. Tab. 20.201 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Tage in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe für Post- u. Zustell- 10,1 4,0 8,0 3,6 27,2 14,0 33,1
dienste

Berufe im Güter- u. Waren- 9,7 5,1 9,7 4,1 28,3 11,1 31,9
umschlag

Berufe in der Lagerwirtschaft 9,5 4,5 9,6 4,2 27,4 10,6 34,2

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 6,6 9,1 6,6 4,0 22,4 12,4 38,9


terverkehr/LKW)

Berufskraftfahrer/innen (Per- 11,0 8,9 7,0 3,9 18,0 7,9 43,3


sonentransport/PKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 15,7 4,4 9,9 3,8 15,0 7,8 43,3


(ohne Spez.)

Bus- u. Straßenbahnfahrer/in- 13,2 7,0 8,1 4,0 22,2 7,8 37,7


nen

Fahrzeugführer/innen im 7,3 5,4 7,9 4,5 25,4 14,2 35,2


Straßenverkehr (sonstige
spezifische Tätigkeitsangabe)

Kaufmännische u. technische 17,2 3,8 11,5 4,1 15,3 7,7 40,3


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Kranführer/innen, Auf- 9,3 5,0 8,6 3,8 28,1 10,5 34,8


zugsmaschinisten,
Bedienung verwandter Hebe-
einrichtungen

Speditions- u. Logistik- 14,5 3,8 13,0 4,6 15,2 8,2 40,6


kaufleute

Branche gesamt 10,0 6,1 8,5 4,0 23,6 11,1 36,7

Alle Branchen 12,0 4,9 9,8 3,9 21,5 10,0 37,9

Fehlzeiten-Report 2022

20
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
581 20

. Tab. 20.202 Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Krankheitsarten und ausgewählten Berufsgruppen in
der Branche Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

Tätigkeit AU-Fälle in %

Psyche Herz/ Atem- Ver- Muskel/ Verlet- Sonstige


Kreislauf wege dauung Skelett zungen
Berufe für Post- u. Zustell- 5,1 2,8 14,4 5,9 22,0 10,9 39,0
dienste

Berufe im Güter- u. Waren- 4,8 3,0 15,6 6,7 23,5 8,2 38,2
umschlag

Berufe in der Lagerwirtschaft 4,4 2,8 15,2 6,7 23,6 8,3 39,0

Berufskraftfahrer/innen (Gü- 4,0 5,7 10,8 7,1 19,0 8,6 44,7


terverkehr/LKW)

Berufskraftfahrer/innen (Per- 5,2 6,2 11,8 6,5 13,0 5,9 51,5


sonentransport/PKW)

Büro- u. Sekretariatskräfte 5,9 3,3 17,2 7,1 10,4 6,0 49,9


(ohne Spez.)

Bus- u. Straßenbahnfahrer/in- 6,4 4,7 13,2 7,2 18,2 6,4 43,9


nen

Fahrzeugführer/innen im 4,1 3,5 12,7 6,8 22,1 9,7 41,1


Straßenverkehr (sonstige
spezifische Tätigkeitsangabe)

Kaufmännische u. technische 6,3 3,1 18,2 7,0 11,3 6,1 47,9


Betriebswirtschaft (ohne
Spez.)

Kranführer/innen, Auf- 4,6 3,8 13,8 6,4 23,1 8,1 40,1


zugsmaschinisten,
Bedienung verwandter Hebe-
einrichtungen

Speditions- u. Logistik- 5,2 2,4 20,0 7,2 11,6 6,8 46,9


kaufleute

Branche gesamt 4,9 3,8 14,3 6,8 19,7 8,3 42,3

Alle Branchen 5,2 3,3 16,7 6,8 15,8 7,9 44,2

Fehlzeiten-Report 2022
582 M. Meyer et al.

. Tab. 20.203 Anteile der 40 häufigsten Einzeldiagnosen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M54 Rückenschmerzen 8,4 7,5

J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisatio- 7,0 3,7
nen der oberen Atemwege

U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern U99.-! 3,8 1,9

Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krank- 3,3 1,8
heiten

A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiö- 2,5 0,9
sen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1,7 1,6

U07 Krankheiten mit unklarer Ätiologie, belegte und nicht belegte Schlüssel- 1,7 1,4
nummern U07.-

R51 Kopfschmerz 1,7 0,6

M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert 1,5 1,7

R10 Bauch- und Beckenschmerzen 1,5 0,7

K08 Sonstige Krankheiten der Zähne und des Zahnhalteapparates 1,5 0,3

F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 1,4 2,4

T88 Sonstige Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer 1,4 0,3
Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht 1,3 0,9


klassifiziert

R53 Unwohlsein und Ermüdung 1,1 0,9

B34 Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation 1,0 0,5

K29 Gastritis und Duodenitis 1,0 0,5

F32 Depressive Episode 0,9 2,7

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 0,9 2,0

M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 0,9 0,8

J00 Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen] 0,9 0,4

M75 Schulterläsionen 0,8 1,7

T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 0,8 0,9

K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 0,8 0,3

F48 Andere neurotische Störungen 0,7 1,0

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht 0,7 0,7
20 klassifiziert
Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
583 20

. Tab. 20.203 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
R11 Übelkeit und Erbrechen 0,7 0,3

U12 Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19- 0,7 0,1
Impfstoffen

Z98 Sonstige Zustände nach chirurgischem Eingriff 0,6 1,6

S93 Luxation, Verstauchung und Zerrung der Gelenke und Bänder in Höhe des 0,6 0,9
oberen Sprunggelenkes und des Fußes

M77 Sonstige Enthesopathien 0,6 0,8

G47 Schlafstörungen 0,6 0,8

R42 Schwindel und Taumel 0,6 0,6

J20 Akute Bronchitis 0,6 0,4

R07 Hals- und Brustschmerzen 0,6 0,3

M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 0,5 1,1

F45 Somatoforme Störungen 0,5 0,9

E11 Diabetes mellitus, Typ 2 0,5 0,6

M62 Sonstige Muskelkrankheiten 0,5 0,4

B99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Infektionskrankheiten 0,5 0,3

Summe hier 57,3 47,2

Restliche 42,7 52,8

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
584 M. Meyer et al.

. Tab. 20.204 Anteile der 40 häufigsten Diagnoseuntergruppen an den AU-Fällen und AU-Tagen in der Branche
Verkehr und Transport im Jahr 2021, AOK-Mitglieder

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
M50–M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens 9,8 9,8

J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege 9,5 4,8

R50–R69 Allgemeinsymptome 4,7 3,4

U98–U99 Belegte und nicht belegte Schlüsselnummern 4,1 2,1

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung 3,8 2,2
in Anspruch nehmen

M70–M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes 3,1 4,0

A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten 3,0 1,0

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2,9 5,3

U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie, be- 2,8 2,0
legte und nicht belegte Schlüsselnummern

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen 2,4 1,2

M20–M25 Sonstige Gelenkkrankheiten 2,1 3,0

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] 1,9 1,8

K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer 1,9 0,5

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Be- 1,8 0,6
handlung, anderenorts nicht klassifiziert

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- 1,7 3,2
oder Eigenanamnese und bestimmte Zustände, die den Gesundheitszu-
stand beeinflussen

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen 1,6 1,2

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems 1,5 1,5

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums 1,4 0,8

F30–F39 Affektive Störungen 1,3 4,0

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten 1,2 0,6

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes 1,1 1,7

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extre- 1,1 1,2
mitäten oder anderer Körperregionen

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 1,1 1,0

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindege- 1,0 0,9
webes

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darmes 1,0 0,8

20 K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis 1,0 0,5


Kapitel 20 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Branchen im Jahr 2021
585 20

. Tab. 20.204 (Fortsetzung)

ICD-10 Bezeichnung AU-Fälle AU-Tage


in % in %
S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels 0,9 2,0

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die 0,9 0,8
Stimmung und das Verhalten betreffen

E70–E90 Stoffwechselstörungen 0,9 0,6

M15–M19 Arthrose 0,8 2,0

S60–S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand 0,8 1,2

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege 0,8 0,5

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus 0,7 1,4

E10–E14 Diabetes mellitus 0,7 0,8

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems 0,7 0,5

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 0,7 0,4

I20–I25 Ischämische Herzkrankheiten 0,6 1,4

I30–I52 Sonstige Formen der Herzkrankheit 0,6 1,1

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maß- 0,6 0,8
nahmen und zur medizinischen Betreuung in Anspruch nehmen

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragba- 0,6 0,4


rer Krankheiten

Summe hier 79,1 73,0

Restliche 20,9 27,0

Gesamtsumme 100,0 100,0

Fehlzeiten-Report 2022
587 21

Entwicklung der
Krankengeldfälle und
-ausgaben bei AOK-
Mitgliedern im Jahr 2021
David Herr und Reinhard Schwanke

Inhaltsverzeichnis

21.1 Einführung – 588

21.2 Einordnung der Datenquellen – 589

21.3 Entwicklung des Krankengeldes – 589


21.3.1 Krankengeldfallzahlen – 591
21.3.2 Krankengeldfalldauern – 593
21.3.3 Krankengeldausgaben nach Diagnosen – 594
21.3.4 Einfluss des Alters – 597

21.4 Zusammenfassung – 599

Literatur – 600

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_21
588 D. Herr und R. Schwanke

2Zusammenfassung halts. Eventuelle Einmalzahlungen (zum Bei-


21 Krankengeld ist eine wichtige Entgeltersatz- spiel Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) während
leistung bei einer längeren Erkrankung von der letzten zwölf Monate werden anteilig be-
krankengeldberechtigten Mitgliedern. Die rücksichtigt. Das Krankengeld ist auf einen
Ausgaben für Krankengeld nehmen seit eini- gesetzlichen Höchstbetrag begrenzt (Höchst-
gen Jahren absolut und seit 2006 auch anteilig krankengeld im Jahr 2021: 112,88 C kalender-
an den Gesamtleistungsausgaben der gesetzli- täglich).
chen Krankenversicherung zu. Daneben haben Die Ausgaben für die Leistung Kranken-
sich Verschiebungen zwischen den Diagnose- geld nehmen seit einigen Jahren absolut, aber
gruppen und zwischen den Altersgruppen der seit 2006 auch anteilig an den Gesamtleis-
Krankengeldbeziehenden sowie Veränderun- tungsausgaben der GKV, also überproportio-
gen der Falldauern ergeben. Solche Befunde nal, zu. Im Jahr 2015 legte anlässlich des-
sind unter anderem für die Planung und Steue- sen der Sachverständigenrat zur Begutach-
rung der Gesundheitsversorgung von großer tung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Bedeutung, beispielsweise dafür, wie Lang- (SVR) im Auftrag des Bundesgesundheitsmi-
zeiterkrankte am besten unterstützt werden nisters ein Sondergutachten zum Krankengeld
können. Der vorliegende Beitrag untersucht vor und kam zu dem Schluss, dass ein er-
auf Basis der Krankenkassendaten aller AOK- heblicher Teil dieser Entwicklung auf exogene
Mitglieder von 2017 bis 2021, wie sich die ge- und wirtschafts- sowie gesellschaftspolitisch
nannten Entwicklungen in diesem Zeitraum im durchaus wünschenswerte Faktoren zurück-
Detail darstellen. Der Schwerpunkt liegt auf geht. Dies sind vor allem eine höhere Er-
den Veränderungen im Pandemiejahr 2021. werbsquote (Anstieg der sozialversicherungs-
Dabei werden insbesondere die Fallzahlen, pflichtig Beschäftigten, infolgedessen der An-
Falldauern und die Ausgabenentwicklung so- spruchsberechtigten) und gestiegene Erwerbs-
wie der Einfluss des Alters auf diese Parameter einkommen (infolgedessen höherer Zahlbe-
betrachtet. trag pro Tag) (SVR 2015). Allerdings wies
der SVR auch auf eine gestiegene Fallzahl
je krankengeldberechtigtes Mitglied (KGbM)
21.1 Einführung und insbesondere eine gestiegene Falldauer
hin. Bei diesen beiden Parametern sind wiede-
rum u. a. demographische Effekte zu berück-
Das Krankengeld nach §§ 44 ff. SGB V ist sichtigen, da ältere Menschen häufiger und
eine Entgeltersatzleistung und ein wichtiges länger krank werden.
Element der sozialen Absicherung in Deutsch- Aus dem Anstieg der Falldauer und Ver-
land. Einen Leistungsanspruch darauf haben schiebungen zwischen den Diagnosegruppen
Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen, ergeben sich auch Fragen mit weitergehen-
die mit Anspruch auf Krankengeld versichert der Relevanz für die Versorgungsforschung:
sind (z. B. normalerweise Arbeitnehmende), Handelt es sich primär um Morbiditäts- bzw.
bei krankheitsbedingter Langzeitarbeitsunfä- Prävalenzveränderungen oder eher um einen
higkeit. Es wird in der Regel ab der sieb- Effekt eines veränderten Verhaltens auf Sei-
ten Woche der Arbeitsunfähigkeit (AU) we- ten der Versicherten und Leistungserbringer?
gen derselben Krankheit gezahlt und löst Wie könnten Langzeiterkrankte noch besser
bei Arbeitnehmern typischerweise die 100 %- unterstützt werden und welche Rolle soll dabei
Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ab. das Krankengeldfallmanagement der Kranken-
Die Höhe des Krankengeldes bemisst sich kassen einnehmen? Solche Fragen lassen sich
nach dem regelmäßigen Einkommen vor Be- in der Regel nicht allein anhand der Kran-
ginn der AU und beträgt 70 % des Brutto-, kengelddaten abschließend beantworten, doch
maximal aber höchstens 90 % des Nettoge- erlauben die Krankengelddaten der Kranken-
Kapitel 21 ! Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern
589 21
kassen hilfreiche Erkenntnisse über das zu- Die Daten basieren zum einen auf Routi-
grunde liegende Geschehen. nedaten, die originär der Abrechnung dienen
Der vorliegende Beitrag baut auf dem Bei- (bei ambulanten Arztbesuchen gemäß § 295
trag im Fehlzeiten-Report 2021 (Herr und SGB V, bei Krankenhausfällen gemäß § 301
Schwanke 2021) auf und übernimmt dafür SGB V; Nimptsch et al. 2015) und Auskunft
beispielsweise die Übersichtsdarstellungen zur über Behandlungsdaten und Diagnosen geben,
Einleitung und zur orientierenden Einordnung und zum anderen auf den AU-Bescheinigun-
der Datenquellen. Der Vorjahresbeitrag unter- gen, die von den Versicherten an die Kran-
sucht die Krankengeldentwicklung im ersten kenkasse übermittelt werden. Der Beginn des
Jahr der Covid-19-Pandemie, das für viele Ver- Krankengeldanspruchs und die einkommens-
sicherte wie auch für das Gesundheitswesen abhängigen Krankengeldzahlbeträge werden
insgesamt mit zahlreichen Herausforderungen von den Krankenkassen ermittelt und berech-
und teilweise einschneidenden Veränderungen net. Entsprechend liegen auch bei den einzel-
einherging. Bei der Analyse stellte sich heraus, nen Krankenkassen umfangreiche Daten zum
dass es im Jahr 2020 zu erheblichen Steigerun- Krankengeld vor, die ggf. für wissenschaftli-
gen bei den Krankengeldausgaben gekommen che Betrachtungen genutzt werden können.
ist, die insbesondere auf gestiegene Falldauern Für eine differenzierte Darstellung der Vor-
zurückzuführen sind. Im vorliegenden Artikel und Nachteile bei der Nutzung der verschie-
werden die Daten für das Jahr 2021 präsen- denen Datenquellen für die Analyse der Kran-
tiert und es wird anhand derer untersucht, kengeldentwicklung sei auf den Beitrag im
inwieweit sich die im Vorjahr beobachteten Fehlzeiten-Report 2020 verwiesen (Herr und
Entwicklungen fortsetzen. Dabei werden er- Schwanke 2020). Die folgenden Analysen ba-
neut die Fallzahlen, die Falldauern sowie die sieren, sofern nichts anderes angegeben ist,
Ausgabenentwicklung betrachtet. Das Kran- auf grundsätzlich aggregierten Daten auf Ba-
kengeld bei Erkrankung eines Kindes (Kinder- sis der Business-Warehouse-Datenbanken al-
krankengeld), das neben dem „AU-Kranken- ler AOKs sowie standardisierten Analyse-
geld“ existiert, wird dabei – mit Ausnahme und Reporting-Tools. Dies ermöglicht eine
der GKV-Gesamtausgabensumme – nicht ein- krankengeldspezifische Auswertung u. a. nach
bezogen. Alters- und Diagnosegruppen.

21.2 Einordnung der Datenquellen 21.3 Entwicklung des


Krankengeldes
Es existieren unterschiedliche Datenquellen,
aus denen sich Schlüsse für die Kranken- Endgültige Rechnungsergebnisse für die
geldentwicklung ziehen lassen (RKI 2015). GKV-Leistungsausgaben liegen für das Jahr
Die Datenquellen, die von verschiedenen In- 2020 vor (KJ 1-Statistik). Dort betrugen
stitutionen vorgehalten werden, besitzen unter- die Krankengeldausgaben 15,96 Mrd. C,
schiedliche Stärken für die Analyse bestimm- die der GKV 248,88 Mrd. C. Die Kranken-
ter Fragestellungen (Herr 2018). Zu ihnen geldausgaben entsprachen somit 6,4 %. Für
gehören die öffentlich verfügbaren amtlichen 2021 liegen vorläufige Krankengeldausgaben
Statistiken für die Ausgaben (KJ 1, KV 45), von 16,61 Mrd. C und GKV-Leistungsaus-
für die Krankengeldfälle (KG 2) und für die gaben von 262,80 Mrd. C vor (KV 45-
Mitglieder (KM 1) sowie die Daten einzel- Quartalsstatistik), entsprechend 6,3 %. Vor
ner Krankenkassen, die im Fall der AOKs zehn Jahren betrugen die Krankengeldausga-
auf Ebene der Krankenkassenart zusammenge- ben noch 5,1 % der Gesamtausgaben (2011:
führt werden können. 8,53 Mrd. C Krankengeld und 168,74 Mrd. C
590 D. Herr und R. Schwanke

21 . Tab. 21.1 Absolute Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied und Veränderungsraten in den


Jahren 2017–2021, jeweils bei der GKV und den AOKs. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten der
KV 45- und KM 1-Statistiken)

Krankengeldausgaben je KGbM (absolut) (in C) Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr (in %)

GKV AOK GKV AOK


2017 393 381

2018 410 395 4,3 3,7

2019 442 430 7,9 9,0

2020 484 473 9,6 9,8

2021 502 491 3,7 3,9

Fehlzeiten-Report 2022

Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied


600 € 563 €
502 € 517 €
500 € 491 € 488 €

400 €

300 €

200 €

100 €

0€
GKV AOK BKK EK IKK
2017 2018 2019 2020 2021
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.1 Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied nach Krankenkassenart in den Jahren


2017–2021. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten der KV 45- und KM 1-Statistiken)

GKV-Gesamtleistungsausgaben), im Jahr im vergangenen 3,7 %, nachdem sie in den


2010 lag der Krankengeldanteil sogar noch Vorjahren noch höher war (. Tab. 21.1). Im
leicht unter 5 %. Die absoluten Kranken- Jahr 2021 ergibt sich ein Ausgabenwert für
geldausgaben haben sich demnach in zehn die Krankengeldleistung in Höhe von 502 C
Jahren fast verdoppelt und der Anteil ist je KGbM (. Abb. 21.1). Für die AOKs zeigt
um mehr als einen Prozentpunkt gestie- sich eine Steigerung um zuletzt 3,9 % auf
gen. 491 C je KGbM. Bei allen dargestellten Kran-
Betrachtet man die Entwicklung von 2017 kenkassenarten verläuft die jährliche Steige-
bis 2021 genauer, sind auch die Kranken- rung der Krankengeldausgaben je KGbM recht
geldausgaben je KGbM gestiegen. Die Stei- gleichmäßig, allerdings auf unterschiedlicher
gerungsrate für die GKV insgesamt betrug Niveauhöhe.
Kapitel 21 ! Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern
591 21
Die Ausgabensteigerung beim Kranken- 2020 auf 233,7 Mio. C im Jahr 2021 angestie-
geld lässt sich in drei Komponenten zerlegen: gen (C216 %). Daraus ergibt sich für das Jahr
Fallzahl (absolut oder je KGbM), Falldauer 2021 ein Wert von 20,28 C je kinderkranken-
je Fall (Krankengeldtage) und Zahlbetrag pro geldberechtigtes AOK-Mitglied.
Tag. Im Folgenden werden insbesondere die
Der Zahlbetrag ist ausschließlich vom Ein- Komponenten „Fallzahlen“ und „Falldauern“
kommen abhängig und daher praktisch nicht für die AOK-Versicherten dargestellt.
aus dem Gesundheitssystem heraus beein-
flussbar. Der mittlere Bruttomonatsverdienst
ist in der Nachkriegszeit fast immer – mit 21.3.1 Krankengeldfallzahlen
der Ausnahme von 2019 auf 2020 – gestie-
gen, auf einen Zehnjahreszeitraum betrachtet
von 3.311 C im Jahr 2011 auf 4.100 C im Die abgeschlossenen Krankengeldfälle je 100
Jahr 2021 (C23,8 %; Statistisches Bundesamt KGbM sind von 2017 bis 2021 kontinuier-
2022). Auf Basis der Entwicklung der Brutto- lich etwas zurückgegangen: von 7,3 im Jahr
arbeitsentgelte wird das Krankengeld in einem 2017 auf 7,1 im Jahr 2021. Sie haben sich
Fall nach Ablauf eines Jahres nach dem Ende bezogen auf die zugrunde liegenden Diagno-
des Bemessungszeitraums auf der Grundlage sen dabei uneinheitlich entwickelt. Während
des § 70 Abs. 1 SGB IX im Rahmen ei- sie bei den Muskel-Skelett- und Herz-Kreis-
nes so genannten Dynamisierungsverfahrens lauf-Erkrankungen (ICD-Buchstaben M und I)
angepasst. Der Gesetzgeber erreicht mit die- gesunken sind, sind sie bei den Krebserkran-
ser Dynamisierung des Krankengeldes, dass kungen (ICD-Buchstabe C) praktisch konstant
die betroffenen Versicherten, deren Arbeits- geblieben und bei den psychischen Störun-
unfähigkeit über einen längeren Zeitraum an- gen (ICD-Buchstabe F) nach zwischenzeitigen
dauert, an der Lohn- und Gehaltsentwicklung Rückgängen insgesamt etwas angestiegen. Bei
teilnehmen – sofern das Krankengeld nicht den „Sonstigen“ sind sie nach einem Anstieg
aufgrund eines vorhergehenden Arbeitslosen- von 2017 auf 2018 seitdem wieder rückläufig
geldbezuges gezahlt wird. Im Jahr 2020 (mit (. Abb. 21.2). Betrachtet man nur die Ent-
Wirkung vom 01.07.2020 bis 31.06.2021) be- wicklung seit 2020, so ist eine geringfügige
trug der Dynamisierungsfaktor 1,0304, ent- Zunahme bei den psychischen Erkrankungen
sprechend einer Steigerung um ca. 3 %. Im und eine geringfügige Abnahme bei allen an-
Jahr 2021 beträgt er wegen der vorangegan- deren Erkrankungsgruppen zu sehen. Unter
genen Stagnation der Bruttomonatsverdienste den hier betrachteten Krankheitsgruppen (die
lediglich 1, entsprechend keiner Steigerung. aggregierten „Sonstigen“ außen vorgelassen)
Auch der Krankengeld-Höchstbetrag hat sich fallen die Muskel-Skelett-Erkrankungen wei-
entsprechend der kalendertäglichen Beitrags- terhin als besonders häufige Diagnosegruppe
bemessungsgrenze von 2020 auf 2021 um beim Krankengeld auf (vgl. auch SVR 2015).
ca. 3,2 % erhöht. Wenn man die Diagnosegruppen dichotom
Die Regelungen zur Inanspruchnahme von in psychische Erkrankungen und alle weiteren
Kinderkrankengeld sind im Jahr 2021 noch Erkrankungen (hier zur Anschaulichkeit et-
einmal ausgeweitet worden (vgl. den Beitrag was vereinfacht „somatische Erkrankungen“)
von Meyer et al., 7 Kap. 19 in diesem Band, aufteilt, wird der leichte Gesamtrückgang der
7 Abschn. 19.20). In der Folge sind die Kin- Krankengeldfälle bei den letzteren (von 6,0 auf
derkrankengeldausgaben für die AOKs im Jahr 5,8 Fälle je KGbM von 2017 auf 2021) noch
2021 von insgesamt 108,3 Mio. C im Jahr etwas besser sichtbar (. Abb. 21.3).
592 D. Herr und R. Schwanke

21 Krankengeldfälle je 100 krankengeldberechtigte Mitglieder


2,19

Muskel-Skelett (M)

1,29

Psychische Störungen (F)

0,36

Kreislauf (I)

0,26

Bösartige Neubildungen (C)

2,98

Sonstige

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5


2021 2020 2019 2018 2017
Fehlzeiten-Report 2021

. Abb. 21.2 Krankengeldfälle je 100 krankengeldberechtigte AOK-Mitglieder in den Jahren 2017–2021. (Quelle: Ei-
gene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)

Krankengeldfälle je 100 krankengeldberechtigte Mitglieder

5,8

Somatische Erkrankungen

1,3

Psychische Störungen (F)

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0

2021 2020 2019 2018 2017


Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.3 Krankengeldfälle je 100 krankengeldberechtigte AOK-Mitglieder in den Jahren 2017–2021, aggregiert in
psychische und somatische Erkrankungen. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)
Kapitel 21 ! Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern
593 21

21.3.2 Krankengeldfalldauern le über 180 Tage besonders stark, während


der Anteil aller anderen Gruppen abgenom-
men hat. Vom Jahr 2020 auf das Jahr 2021 gab
Die Krankengeldfalldauern sind von 2017 es einen etwas geringeren, aber weiteren An-
bis 2021 kontinuierlich von im Durch- stieg des Anteils dieser längsten Fälle. Trotz
schnitt 90 Tagen auf 107 Tage angestiegen der geschilderten Verschiebungen sind Fälle
(. Abb. 21.4). Der Anteil der besonders lan- mit unter 20 Tagen Krankengeldbezug weiter-
gen Fälle, d. h. über 180 Tage, ist dabei von hin häufig.
15,7 % auf 19,8 % gestiegen, während vor al- Die Krankengeldfalldauern unterscheiden
lem der Anteil der kurzen Krankengeldfälle sich stark nach der zugrunde liegenden Krank-
unter 20 Tage leicht abgenommen hat, und heit. Die längsten Falldauern bestehen bei
zwar von 36,7 % auf 34,6 % (. Abb. 21.5). Krebserkrankungen (C) mit durchschnittlich
Die Fälle zwischen 20 und 180 Tagen sind an- 225 Tagen; bei psychischen Störungen (F) und
teilig auch etwas zurückgegangen. Von 2019 Kreislauferkrankungen (I) liegen sie im Jahr
bis 2020 war der Anstieg des Anteils der Fäl- 2021 bei 155 bzw. 145 Tagen (. Abb. 21.6).
Die Muskel-Skelett-Erkrankungen führen zu
mittleren Falldauern von 109 Tagen. Die mitt-
Durchschnittliche Kranken-
lere Falldauer ist damit bei allen diesen Dia-
geldfalldauer in Tagen gnosegruppen gestiegen, sie ist außerdem bei
Krebserkrankungen weiterhin mehr als dop-
2021 107
pelt so lang wie bei den (häufigeren) Muskel-
2020 103 Skelett-Erkrankungen. Auffällig ist, dass die
2019 94 Falldauern im Jahr 2020 deutlich stärker an-
2018 91 gestiegen waren (zwischen ca. 6 und 10 % je
nach Krankheitskategorie) als in den beiden
2017 90
Vorjahren, nun im Jahr 2021 aber nochmals
0 20 40 60 80 100 etwas angestiegen sind (Steigerungsraten zwi-
Fehlzeiten-Report 2022 schen ca. 1 und 5 %).

. Abb. 21.4 Krankengeldfalldauer in Tagen bei den


AOK-Mitgliedern in den Jahren 2017–2021. (Quelle: Ei-
gene Darstellung auf Basis von Daten der AOK)

Verteilung der Krankengeldfalldauern

2021 34,6 23,1 22,5 19,8


2020 35,1 23,5 22,3 19,1
2019 36,3 24,2 22,7 16,8
2018 36,9 24,2 22,7 16,2
2017 36,7 24,5 23,0 15,7

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Fälle < 20 Tage Fälle 20 - 59 Tage Fälle 60 - 180 Tage Fälle > 180 Tage
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.5 Verteilung der Krankengeldfalldauern bei den AOK-Mitgliedern in den Jahren 2017–2021. (Quelle: Ei-
gene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)
594 D. Herr und R. Schwanke

21 Krankengeldfalldauer nach Krankheitskategorie in Tagen

109

Muskel-Skelett (M)

155

Psychische Störungen (F)

145

Kreislauf (I)

225

Bösartige Neubildungen (C)

70

Sonstige

0 50 100 150 200 250


2021 2020 2019 2018 2017
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.6 Krankengeldfalldauern nach Krankheitskategorie (ICD-10) in Tagen bei den AOK-Mitgliedern in den
Jahren 2017–2021. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)

21.3.3 Krankengeldausgaben nach Entwicklung vom Jahr 2020 zum Jahr 2021
Diagnosen fällt auf, dass die Krankengeldausgaben je Fall
bei psychischen Erkrankungen erstmals höher
sind als bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Entsprechend den Falldauern sind auch die Betrachtet man die Krankengeldausgaben
Krankengeldausgaben je Fall zwischen den je KGbM (statt je Fall), so ist der Wert bei
Krankheitskategorien sehr unterschiedlich, den Muskel-Skelett-Erkrankungen mit 146 C
steigen insgesamt aber an – besonders stark am höchsten, gefolgt von den „Sonstigen“ mit
von 2019 auf 2020, im Folgejahr nun noch- 126 C und den psychischen Erkrankungen mit
mals etwas weiter (. Abb. 21.7). Die höchsten 122 C (. Abb. 21.8). Dies geht auf die Häu-
Ausgaben je Fall im Jahr 2021 ergeben sich figkeiten der Fälle in Kombination mit den
für die Krebserkrankungen mit 13.898 C, mit Falldauern zurück. Der Anstieg vom Jahr 2020
deutlichem Abstand gefolgt von den psychi- zum Jahr 2021 liegt dabei zwischen 0,7 %
schen Störungen mit 9.433 C und den Herz- (Herz-Kreislauf) und 10,7 % (psychische Er-
Kreislauf-Erkrankungen mit 9.211 C. In der krankungen).
Kapitel 21 ! Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern
595 21

Krankengeldausgaben je Fall

6.676 €

Muskel-Skelett (M)

9.433 €

Psychische Störungen (F)

9.211 €

Kreislauf (I)

13.898 €

Bösartige Neubildungen (C)

4.226 €

Sonstige

0€ 2.000 € 4.000 € 6.000 € 8.000 € 10.000 € 12.000 € 14.000 € 16.000 €


2021 2020 2019 2018 2017
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.7 Krankengeldausgaben in Euro je Fall nach Krankheitskategorie (ICD-10) bei den AOK-Mitgliedern für
die Jahre 2017–2021. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)

Fasst man wiederum alle Diagnosegruppen den somatischen Erkrankungen minimal grö-
außer den psychischen Erkrankungen als „so- ßer ausfällt (C14 C gegenüber C12 C), wäh-
matische Erkrankungen“ zusammen, so zeigt rend bei den psychischen Erkrankungen die
sich, dass der Anstieg der Ausgaben je KGbM Steigerungsrate höher ist (10,7 % gegenüber
von 2020 bis 2021 in absoluten Zahlen bei 4,2 %, . Abb. 21.9).
596 D. Herr und R. Schwanke

21 Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied

146 €

Muskel-Skelett (M)

122 €

Psychische Störungen (F)

33 €

Kreislauf (I)

36 €

Bösartige Neubildungen (C)

126 €

Sonstige

0€ 20 € 40 € 60 € 80 € 100 € 120 € 140 € 160 €


2021 2020 2019 2018 2017
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.8 Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied nach Krankheitsgruppen in den Jahren


2017–2021. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)

Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied

342 €

Somatische Erkrankungen

122 €

Psychische Störungen (F)

0€ 50 € 100 € 150 € 200 € 250 € 300 € 350 €


2021 2020 2019 2018 2017
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.9 Krankengeldausgaben je krankengeldberechtigtes Mitglied bei psychischen und somatischen Erkrankun-
gen in den Jahren 2017–2021. (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Daten)
Kapitel 21 ! Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern
597 21

Anteil von Altersgruppen an den Fallzahlen

2021 5,3 21,6 18,2 53,0


2020 5,4 22,2 18,6 52,2
2019 5,8 22,9 18,9 51,1
2018 5,9 22,6 19,5 50,8
2017 5,9 22,3 20,4 50,4

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
15–24 25–39 40–49 50–64
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.10 Anteil von Altersgruppen an den Krankengeldfallzahlen bei AOK-Mitgliedern in den Jahren 2017–2021.
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Strukturdatenanalysen; Jahreszeitraum jeweils vom 01.09. des Vorjahres
bis zum 31.08. des Auswertungsjahres)

Krankengeldfalldauer in Tagen nach Altersgruppen


120
100
100
82
80
67
60
45
40

20

0
15–24 25–39 40–49 50–64
2017 2018 2019 2020 2021
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.11 Krankengeldfalldauer nach Altersgruppen bei AOK-Mitgliedern in den Jahren 2017–2021. (Quelle:
Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Strukturdatenanalysen; Jahreszeitraum jeweils vom 01.09. des Vorjahres bis
zum 31.08. des Auswertungsjahres)

21.3.4 Einfluss des Alters Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren aus-


machen (diese Zahl ist allerdings nicht un-
terschieden nach Berufstätigkeit; Genesis-De-
Das Alter der krankengeldberechtigten Mit- statis 2022, Stichtag 12.06.2022). Der Anteil
glieder hat seit jeher einen erheblichen Ein- dieser Altersgruppe an den Krankengeldfall-
fluss auf die Fallhäufigkeit, die Falldauer und zahlen ist auch von 2020 auf 2021 nochmals
entsprechend auch die Ausgaben beim Kran- von 52,2 % auf 53,0 % gestiegen.
kengeld (. Abb. 21.10–21.12). So geht mehr Die Krankengeldfalldauer ist in höherem
als die Hälfte der Krankengeldfälle auf Mit- Alter erheblich länger. Während 15- bis 24-
glieder der Altersgruppe 50–64 Jahre zurück Jährige im Jahr 2021 eine Falldauer von 45 Ta-
(. Abb. 21.10), obwohl diese nur 35,8 % der gen aufwiesen, betrug diese in der Altersgrup-
598 D. Herr und R. Schwanke

21 Anteil von Altersgruppen an den Krankengeldausgaben

2021 16,1 17,2 62,6


1,8

2020 16,5 17,7 61,9


1,9

2019 16,6 18,1 61,6


1,9

2018 16,1 18,8 61,5


1,9

2017 15,8 19,8 61,2


1,8

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
15–24 25–39 40–49 50–64
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.12 Anteil von Altersgruppen an den Krankengeldausgaben bei AOK-Mitgliedern in den Jahren 2017–2021.
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Strukturdatenanalysen; Jahreszeitraum jeweils vom 01.09. des Vorjahres
bis zum 31.08. des Auswertungsjahres)

Verteilung der KGbM nach Altersgruppen

100%
90%
80% 32,6 32,6 32,6 32,8 32,9
70%
60%
21,6 21,0 20,6 20,6 20,6
50%
40%
30% 35,1 35,6 35,9 35,9 35,9
20%
10%
10,2 10,1 10,1 10,0 9,7
0%
2017 2018 2019 2020 2021
15–24 25–39 40–49 50–64
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 21.13 Verteilung der krankengeldberechtigten AOK-Mitglieder nach Altersgruppen in den Jahren 2017–2021.
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von AOK-Strukturdatenanalysen; Jahreszeitraum jeweils vom 01.09. des Vorjahres
bis zum 31.08. des Auswertungsjahres)

pe der 25- bis 39-Jährigen bereits 67 Tage, konstant unter 2 % der Krankengeldausgaben
bei den 40- bis 49-Jährigen 82 Tage und bei (. Abb. 21.12). Dies hat neben den höheren
den 50- bis 64-Jährigen erstmals 100 Tage Fallzahlen und Falldauern der Älteren auch
(. Abb. 21.11). mit den unterschiedlich hohen Einkommen der
Entsprechend ist auch der Anteil der Äl- Versichertengruppen zu tun.
teren an den Krankengeldausgaben überpro- Dass der Anteil der Altersgruppe der 50-
portional hoch: 62,6 % der Ausgaben gehen bis 64-Jährigen an den Krankengeldfallzahlen
inzwischen auf die Altersgruppe der 50- bis und -ausgaben gestiegen ist, lässt sich dabei
64-Jährigen zurück. Aus der Altersgruppe nicht bzw. nur zu einem sehr geringen Teil
der 15- bis 24-Jährigen resultieren hingegen durch eine Veränderung der Zusammenset-
Kapitel 21 ! Entwicklung der Krankengeldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern
599 21
zung der krankengeldberechtigten AOK-Mit- 4,7 % (Sonstige). Die längsten Krankengeld-
glieder erklären. Denn die Altersverteilung der fälle (über 180 Tage, unabhängig von der
KGbM hat sich von 2017 bis 2021 nur ge- Krankheitsgruppe) machen nun knapp 20 % al-
ringfügig verändert (. Abb. 21.13). Von 2020 ler Fälle aus. Bereits im ersten Pandemiejahr
auf 2021 ist der Anteil der 50- bis 64-jähri- 2020 hatten hauptsächlich längere Falldauern
gen KGbM nur um 0,1 Prozentpunkte gestie- zu einer fortgesetzten Ausgabendynamik ge-
gen, während ihr Anteil an den Fallzahlen um führt.
0,8 Prozentpunkte und ihr Anteil an den Aus- Die langen Falldauern schlagen sich bei
gaben um 0,7 Prozentpunkte gestiegen ist. den Krankengeldausgaben je Fall nieder, die
ebenfalls weiter gestiegen sind. Auf die wich-
tige Rolle steigender Falldauern beim Kran-
21.4 Zusammenfassung kengeld wies bereits der Sachverständigenrat
Gesundheit im Sondergutachten zum Kranken-
geld hin (SVR 2015). Zu den Krankengeld-
Vom Jahr 2020 zum Jahr 2021 sind die Kran- ausgaben tragen auch die wieder gestiegenen
kengeldausgaben bei den AOK-Mitgliedern Bruttomonatseinkommen bei, weil die kalen-
wie auch GKV-weit erneut gestiegen, aller- dertäglichen Krankengeldzahlungen von ihnen
dings nicht so stark wie im Vorjahr. Die Ge- abhängen (im Vorjahr hatte es erstmals in der
samtkrankengeldausgaben in der GKV liegen Nachkriegszeit einen Rückgang um wenige
gemäß der Quartalsstatistik im Jahr 2021 bei Euro gegeben; dies hat sich nicht fortgesetzt).
16,6 Mrd. C, dies entspricht 6,3 % der gesam- Die gestiegenen Krankengeldfalldauern
ten GKV-Leistungsausgaben. Weiterhin gilt, machen sich auch bei den Krankengeldausga-
dass die Krankengeldausgaben sich mit Blick ben je KGbM bemerkbar – obwohl die Fall-
auf einen Zehn-Jahres-Zeitraum in absoluten zahlen je KGbM bei einer Zusammenfassung
Zahlen etwa verdoppelt und anteilmäßig an aller „somatischen“ Erkrankungen bemerkens-
allen Leistungsausgaben um über einen Pro- werterweise rückläufig sind. Einzig bei den
zentpunkt erhöht haben. psychischen Erkrankungen zeigt sich auch bei
Die Krankengeldausgaben je KGbM sind den Fallzahlen je KGbM eine Zunahme. Im
GKV-weit um 3,7 % gestiegen, bei den AOK- Resultat steigen die Krankengeldausgaben je
Mitgliedern beträgt dieser Wert 3,9 %. Der KGbM in dieser Krankheitskategorie sogar er-
Anstieg liegt damit auch über dem Dynami- neut zweistellig um 10,7 %.
sierungsfaktor für Entgeltersatzleistungen für Die Bedeutung der älteren Altersgruppen
das Jahr 2020 (3 %), der sich auf die Höhe be- beim Krankengeld ist ungebrochen und so-
stimmter längerer Krankengeldzahlungen aus- gar weiter ansteigend: Mehr als jeder zweite
wirkt. Im Vorjahr hatte der Anstieg der Kran- Krankengeldfall (53 %) und sogar knapp 63 %
kengeldausgaben allerdings unter den AOK- der Krankengeldausgaben unter AOK-Mitglie-
Versicherten wie auch GKV-weit noch fast dern gehen inzwischen auf die Altersgruppe
10 % betragen. 50–64 Jahre zurück; beide Anteilswerte waren
Es fällt auf, dass sich bei der näheren Be- bereits im Vorjahr angestiegen und sind auch
trachtung viele Trends des Vorjahres (Herr und im Jahr 2021 nochmals gestiegen. Die mittlere
Schwanke 2021) fortsetzen: So sind die Kran- Falldauer in dieser Altersgruppe beträgt erst-
kengeldfalldauern unter den AOK-Mitgliedern mals 100 Tage.
zwar geringer als im Vorjahr, doch erneut an- Zusammengefasst ist die Relevanz der psy-
gestiegen, insbesondere bei den psychischen chischen Erkrankungen für die Ausgabendy-
Erkrankungen: In dieser Krankheitsgruppe be- namik beim Krankengeld vor allem durch hö-
trug die Steigerungsrate von 2020 auf 2021 here Falldauern und zusätzlich höhere Fallzah-
4,1 %. Bei den übrigen Krankheitsgruppen lag len in diesem Krankheitsbereich im Jahr 2021
sie zwischen 1,3 % (Krebserkrankungen) und tendenziell nochmals gestiegen. Zugleich gilt
600 D. Herr und R. Schwanke

weiterhin, dass die Muskel-Skelett-Erkrankun- Herr D, Schwanke R (2020) Entwicklung der Kranken-
21 gen durch die insgesamt höchsten Fallzahlen geldausgaben bei AOK-Mitgliedern unter Einordnung
je KGbM eine große Rolle für die Kranken- in die verfügbaren Datenquellen. In: Badura B, Ducki
A, Schröder H, Klose J, Meyer M (Hrsg) Fehlzeiten-
geldausgaben spielen. Die Krebserkrankungen Report 2020 – Gerechtigkeit und Gesundheit. Sprin-
haben die mit Abstand längsten Falldauern (im ger, Berlin, S 685–696
Mittel 225 Tage), treten aber erheblich seltener Herr D, Schwanke R (2021) Entwicklung der Kranken-
auf als die Muskel-Skelett-Erkrankungen und geldfälle und -ausgaben bei AOK-Mitgliedern im Jahr
die psychischen Erkrankungen. 2020. In: Badura B, Ducki A, Schröder H, Meyer
M (Hrsg) Fehlzeiten-Report 2021 – Betriebliche Prä-
Hinsichtlich der Gesamtdynamik bei Kran- vention stärken – Lehren aus der Pandemie. Springer,
kengeldfällen und -ausgaben zeigt sich bei Berlin, S 767–780
weitem kein so starker Effekt wie im „ersten Nimptsch U, Bestmann A, Erhart M, Dudey S, Marx Y,
Pandemiejahr“ 2020, jedoch auch keine Kom- Saam J, Schopen M, Schröder H, Swart E (2015) Zu-
pensation. Vielmehr setzen sich die beobach- gang zu Routinedaten. In: Swart E, Ihle P, Gothe H,
Matusiewicz D (Hrsg) Routinedaten im Gesundheits-
teten Trends von der grundsätzlichen Richtung wesen. Huber, Bern, S 270–290
her überwiegend fort. Robert Koch-Institut (2015) Wichtige Datenquellen. In:
Gesundheit in Deutschland 2015. Gesundheitsbericht-
erstattung des Bundes. Gemeinsam getragen von RKI
und Destatis. RKI, Berlin, S 501–510
Literatur Statistisches Bundesamt (2022) Durchschnittli-
che Bruttomonatsverdienste, Zeitreihe. https://
Genesis-Destatis (2022) Bevölkerung nach Altersgruppen. www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/
Genesis Online, Datenbank des Statistischen Bundes- Verdienste-Verdienstunterschiede/Tabellen/liste-
bruttomonatsverdienste.html. Zugegriffen: 12. Juni
amts. https://www-genesis.destatis.de/genesis/online.
2022
Zugegriffen: 12. Juni 2022
SVR – Sachverständigenrat zur Begutachtung der Ent-
Herr D (2018) Datenquellen zum Krankengeld im deut-
wicklung im Gesundheitswesen (2015) Krankengeld
schen Gesundheitswesen – eine Übersicht sowie
– Entwicklung, Ursachen und Steuerungsmöglichkei-
Empfehlungen für die Versorgungsforschung. Z Evid
ten. Hogrefe, Berlin
Fortbild Qual Gesundhwes 135–136:56–64
601 22

Krankheitsbedingte
Fehlzeiten in der
Bundesverwaltung und
wie psychische Belastung
und Gesundheitsfaktoren
ermittelt werden können
Annette Schlipphak, Björn Wegner und Annekatrin Wetzstein

Inhaltsverzeichnis

22.1 Gesundheitsmanagement
in der Bundesverwaltung – 603

22.2 MOLA: Menschen. Organisationskultur. Leistung.


Arbeitsgestaltung – Eine Beschäftigtenbefragung
für mehr Gesundheit – 603
22.2.1 Zielstellung und Entwicklung – 604
22.2.2 Der MOLA-Fragebogen im Überblick – 605
22.2.3 Ausblick – 606

22.3 Überblick über die krankheitsbedingten


Abwesenheitszeiten im Jahr 2020 – 607
22.3.1 Methodik der Datenerfassung – 607
22.3.2 Allgemeine Entwicklung der Abwesenheitszeiten – 608
22.3.3 Dauer der Erkrankung – 608
22.3.4 Abwesenheitstage nach Laufbahngruppen – 609
22.3.5 Abwesenheitstage nach Statusgruppen – 609
22.3.6 Abwesenheitstage nach Behördengruppen – 611

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6_22
22.3.7 Abwesenheitstage nach Geschlecht – 611
22.3.8 Abwesenheitstage nach Alter – 611
22.3.9 Gegenüberstellung mit den Abwesenheitszeiten der AOK-
Statistik – 612

Literatur – 614
Kapitel 22 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
603 22
2Zusammenfassung Arbeitsschutzes und der betrieblichen Sozial-
Die krankheitsbedingten Fehlzeiten der un- beratung besser in den Behörden zu verankern.
mittelbaren Bundesverwaltung werden auf der Eine Grundlage bildet das systematische Ge-
Grundlage eines Kabinettsbeschlusses seit sundheitsmanagement. Mit diesem Ansatz soll
1997 erhoben und veröffentlicht. Der nach- die Gesundheit der Beschäftigten des Bundes
folgende Beitrag umfasst den Erhebungszeit- für einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst
raum 2020 und basiert auf dem im März langfristig erhalten werden.
2022 veröffentlichten Gesundheitsförderungs- Im Rahmen des Fehlzeiten-Reports der
bericht 2020. Das Schwerpunktthema fokus- AOK wurden in den letzten Jahren bisher
siert die neue Beschäftigtenbefragung MOLA das Eckpunktepapier zum Betrieblichen Ge-
der Unfallversicherung Bund und Bahn. Da- sundheitsmanagement sowie die vertiefenden
rüber hinaus werden die krankheitsbedingten Schwerpunktpapiere und einige Beispiele der
Abwesenheitszeiten in der Bundesverwaltung Entwicklung des Betrieblichen Gesundheits-
dargestellt und analysiert. managements in der Bundesverwaltung vor-
gestellt (Badura et al. 2021). Wie nun der
systematischen Steuerung von Sicherheit und
22.1 Gesundheitsmanagement Gesundheit im Betrieb mittels der Beschäftig-
in der Bundesverwaltung tenbefragung MOLA eine belastbare Datenba-
sis gegeben werden kann, ist Schwerpunktthe-
ma in diesem Bericht.
Das Durchschnittsalter der Beschäftigten der
unmittelbaren Bundesverwaltung bleibt – trotz
einer rückläufigen Tendenz – weiterhin hoch.1 22.2 MOLA: Menschen.
Dies hat Einfluss auf die krankheitsbedingten Organisationskultur.
Fehlzeiten: Gerade ältere Beschäftigte wei-
sen durchschnittlich längere Ausfallzeiten als
Leistung. Arbeitsgestaltung –
jüngere Beschäftigte auf. Daneben wirkt sich Eine Beschäftigtenbefragung
der Faktor Laufbahn auf die Entwicklung der für mehr Gesundheit
krankheitsbedingten Fehlzeiten aus. Mit zu-
nehmender Qualifikationshöhe der Beschäftig- Annekatrin Wetzstein und Björn Wegner
ten und dem damit verbundenen Tätigkeits-
profil sinken die krankheitsbedingten Fehl-
zeiten. Im Jahr 2020 fehlten die Beschäftig-
ten des einfachen Dienstes durchschnittlich an
32,54 Arbeitstagen, des mittleren Dienstes an
25,33 Arbeitstagen, des gehobenen Dienstes
an 17,63 Arbeitstagen und des höheren Diens-
tes an 10,36 Arbeitstagen.
Im Jahr 2022 wurde in das Maßnahmen-
programm Nachhaltigkeit der Bundesverwal- Was demotiviert, frustriert, macht krank?
tung nun auch das Thema Gesundheit aufge- Was motiviert, fördert, hält gesund? Richtig
nommen. Ziel ist es, die Konzepte des Betrieb- eingesetzt, sind Beschäftigtenbefragungen
lichen Gesundheitsmanagements, des Betrieb- ein ideales Instrument zur Organisationsdia-
lichen Eingliederungsmanagements sowie die gnostik, um eben genau diesen Fragen nach-
betriebsärztlichen Angebote, wie auch die des zugehen und geeignete Handlungsschwer-
punkte und Maßnahmen im Betrieb abzu-
1 Quelle für die demographischen Angaben zur Ge- leiten. Aussagekräftige Ergebnisse können
samtbevölkerung und zu den Beschäftigten des Bun-
des: Statistisches Bundesamt.
604 A. Schlipphak et al.

rücksichtigt. Aus den Erkenntnissen der Litera-


aber nur erzielt werden, wenn ein wissen- turstudie wurde ein Strukturmodel entworfen,
schaftlich fundiertes Befragungsinstrument das den Überlegungen des Belastungs-Bean-
22 zum Einsatz kommt (Wegner 2016). spruchungs-Modells (vgl. BAuA 2010) folgt.
Somit ermöglicht MOLA es, die Faktoren
der psychischen Belastung nach GDA-Leitli-
nie zu erfassen und gleichzeitig Aspekte von
22.2.1 Zielstellung und Organisationskultur, Digitalisierung und indi-
Entwicklung viduellen Leistungsvoraussetzungen einerseits
und Auswirkungen der Arbeit auf Gesund-
heit und Zufriedenheit andererseits zu ermit-
In einem Kooperationsprojekt mit dem Institut teln. Damit eignet sich das Instrument sowohl
für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Be-
hat die Unfallversicherung Bund und Bahn lastung als auch im Betrieblichen Gesundheits-
(UVB) mit dem MOLA-Fragebogen eine Be- management oder zur Kultur- und Organisati-
schäftigtenbefragung entwickelt, die wissen- onsentwicklung insgesamt.
schaftlichen Ansprüchen gerecht wird. MOLA Neben den wissenschaftlichen Anforde-
steht für Menschen. Organisationskultur. Leis- rungen sollte das Instrument auch praxistaug-
tungsfähigkeit. Arbeitsgestaltung. und sprich- lich sein. Darum wurde die inhaltliche Passung
wörtlich für die umfassende inhaltliche Aus- für die Zielgruppe sowie die Verständlichkeit
richtung des Instruments. der einzelnen Fragen in Workshops und Pre-
Das Instrument umfasst – basierend auf Tests mit insgesamt zwölf Betrieben und Be-
dem aktuellen Wissensstand – die wichtigs- hörden der Bundesverwaltung sichergestellt.
ten Einflussfaktoren auf Gesundheit und Leis- Damit wurde eine Beta-Version des Frage-
tung im Kontext Arbeit. Daher wurde zunächst bogens entwickelt, die dann in einem kontinu-
eine umfangreiche Literaturrecherche zu den ierlichen Verbesserungsprozess in diesen neun
folgenden Themengebieten durchgeführt: Psy- Organisationen zum Einsatz kam:
chische Belastung und Beanspruchung, neue 4 Bundesministeriums für Ernährung und
Formen der Arbeit, Organisationskultur sowie Landwirtschaft (BMEL)
Kultur der Prävention. 4 Bundesministerium für Wirtschaft du Ener-
Den Inhalten des MOLA-Fragebogens lie- gie (BMWi)
gen vor allem die Forschungsergebnisse aus 4 Bundesministerium für Familie, Senioren,
dem BAuA-Projekt „Psychische Gesundheit in Frauen und Jugend (BMFSFJ)
der Arbeitswelt“ (2017) und die Studie von 4 Bundesamt für Justiz (BfJ)
Rau und Buyken (2015) zugrunde. Darüber hi- 4 Bundesamt für Sicherheit und Informati-
naus wurden die Empfehlungen der Gemeinsa- onstechnik (BSI)
men Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA- 4 Bundesamt für soziale Sicherung (BAS)
Arbeitsprogramm Psyche 2017), der Initiative 4 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi-
Gesundheit und Arbeit (iga) (Rau und Buyken zinprodukte (BfArM)
2015), der gesetzlichen Krankenversicherung 4 Hauptzollamt Hamburg Stadt (HZA HH)
(DAK Gesundheit 2020; Techniker Kranken- 4 Jobcenter Berlin Mitte (JBM)
kasse 2009) sowie der Initiative neue Qualität
der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit Am Ende des Entwicklungsprozesses stand ein
und Soziales (INQA 2016) in der Literaturre- Datensatz von fast 6.000 Befragten, mit dem
cherche aufgegriffen. Zusätzlich wurden weite- der Fragebogen evaluiert, inhaltlich finalisiert
re Veröffentlichungen in einschlägigen Daten- und mit entsprechenden Vergleichswerten hin-
banken zu den oben genannten Stichworten be- terlegt wurde.
Kapitel 22 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
605 22
22.2.2 Der MOLA-Fragebogen im Um eine zielgerichtete Interpretation der
Überblick Ergebnisse zu ermöglichen, sollten im Vor-
feld Strukturvariablen festgelegt werden, die
den Betrieb in verschiedene Untersuchungs-
Das Instrument besteht aus vier Bereichen mit gruppen unterteilt. Für diese Strukturvariablen
insgesamt 37 Skalen und 122 Items. Bei sei- stehen Vergleichswerte zur Verfügung, da sie
nem Einsatz kann der Fragebogen im Sinne bei allen neun am Projekt beteiligten Betrieben
eines Baukastensystems auf Skalenniveau je und Behörden erhoben werden konnten:
nach Bedarf des Betriebs zusammengestellt 4 Alter
werden. 4 Geschlecht
Bereich 1 bildet die Grundlagen der Ar- 4 Laufbahngruppe
beitsgestaltung ab und beinhaltet, entspre- 4 Führungsverantwortung (ja/nein)
chend der Kriterien der Gemeinsamen Deut- 4 Betriebsart (oberste/obere Behörde, nach-
schen Arbeitsschutzstrategie, die Inhalte der geordneter Bereich, weitere)
Gefährdungsbeurteilung psychischer Belas-
tung. Bereich 2 beleuchtet die Organisations- Mit Blick darauf, welche Strukturvariablen im
kultur. Der Bereich 3 (Leistungsfähigkeit) Ergebnis besonders hilfreich waren, haben sich
umfasst wesentliche Leistungsvoraussetzun- aber im Laufe der Entwicklung des Fragebo-
gen der Beschäftigten, die notwendig sind, um gens besonders diese Strukturvariablen emp-
sicher, gesund und erfolgreich zu arbeiten. Be- fohlen:
reich 4 (Menschen) erhebt die Arbeitszufrie- 4 Arbeitsbereich (Organisationseinheit, Re-
denheit und die Gesundheit der Beschäftigten ferat o. ä.)
(siehe . Abb. 22.1). 4 Tätigkeit
Alle Fragen sind mit einem fünfstufigen 4 Arbeitszeitmodell (Vollzeit/Teilzeit)
Antwortformat von „trifft völlig zu“ bis „trifft 4 Arbeitsort (Betrieb, Telearbeit, mobile Ar-
gar nicht zu“ hinterlegt. Die Ausfüllzeit der beit)
Vollversion benötigt ca. 25 bis 30 min und es 4 Führungsverantwortung (ja nein)
hat sich ein Gesamtbefragungszeitraum von 4 Dauer der Betriebszugehörigkeit
drei bis vier Wochen bewährt.

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.1 Inhalte des MOLA-Fragebogens. (Mit freundlicher Genehmigung der Unfallversicherung Bund und
Bahn)
606 A. Schlipphak et al.

22

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.2 Grundinformationen zum MOLA-Fragebogen. (Mit freundlicher Genehmigung der Unfallversicherung
Bund und Bahn)

Die Datenerhebung erfolgt grundsätzlich an- tekriterien u. a. der Umgang mit der Rekodie-
onym. Es muss sichergestellt werden, dass rung von Items oder die Bildung von Skalen-
keine Zuordnung eines Fragebogens zur aus- werten beschrieben wird.
füllenden Person möglich ist. Es dürfen keine Der gesamte Fragebogen inklusive Hand-
Rückschlüsse auf Personengruppen kleiner als lungsmanual steht im Internet unter Gesund-
fünf möglich sein. heit im Betrieb: Unfallversicherung Bund und
Bei der Anwendung der Papier-Bleistift- Bahn (7 uv-bund-bahn.de) zum Download be-
Version des Fragebogens ist der ausgefüllte reit. Für weitere Fragen zum MOLA, Möglich-
Fragebogen ohne Angabe von Namen oder an- keiten der Begleitung durch die UVB oder zu
derer Möglichkeit zur Identifikation der Person den Vergleichswerten steht die E-Mail-Adres-
in einem verschlossenen neutralen Kuvert an se gesundheit@uv-bund-bahn.de zur Verfü-
der vereinbarten Stelle abzugeben. gung.
Im Fall einer Online-Erhebung der Daten
sollte die Erhebung über einen externen Pro-
vider erfolgen, der die Daten ohne Angabe 22.2.3 Ausblick
von IP-Adressen o. ä. an die Auswertungsstelle
übermittelt.
Der Fragebogen ist Eigentum der UVB und MOLA ist ein Instrument, welches im syste-
steht dem gesamten deutschsprachigen Raum matischen Betrieblichen Gesundheitsmanage-
lizenzkostenfrei zur Verfügung. ment in der Analysephase zum Einsatz kom-
. Abb. 22.2 gibt einen Überblick über men kann und umfangreiche Ergebnisse lie-
die Grundinformationen zum MOLA-Frage- fert, zu denen zielgruppenspezifisch und be-
bogen. darfsorientiert Maßnahmen entwickelt werden
Für den Einsatz des Fragebogens liegt ein können. Auch ein Einsatz als Wiederholungs-
Handlungsmanual vor, in dem neben den Gü- messung ist möglich, um den Effekt von Maß-
Kapitel 22 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
607 22
nahmen im Gesundheitsmanagement zu evalu- desverwaltung werden seit 1997 auf der
ieren und Organisationsentwicklung zu beglei- Grundlage eines Kabinettbeschlusses vom
ten. Bundesministerium des Innern und für Hei-
MOLA findet bereits einen breiten Einsatz mat erhoben und veröffentlicht. Die Abwe-
und wird auch von anderen Unfallversiche- senheitszeitenstatistik der unmittelbaren Bun-
rungsträgern für die Beratung der Unterneh- desverwaltung erfasst sämtliche Tage, an de-
men und Einrichtungen genutzt. Für die UVB nen die Beschäftigten des Bundes (Beamtin-
steht die kontinuierliche Weiterentwicklung nen und Beamte einschließlich Richterinnen/
und Qualitätssicherung an sowie die Entwick- Richter, Anwärter sowie Tarifbeschäftigte ein-
lung eines Onlinetools. schließlich Auszubildende mit Dienstsitz in
Deutschland) im Laufe eines Jahres aufgrund
einer Erkrankung, eines Unfalls oder einer Re-
22.3 Überblick über die habilitationsmaßnahme arbeitsunfähig waren.
krankheitsbedingten Nicht berücksichtigt werden Fehltage, die auf
Abwesenheitszeiten Wochenenden oder Feiertage fallen, sowie Ab-
wesenheiten durch Elternzeit, Fortbildungen
im Jahr 2020
oder Urlaub. Die Anzahl der Krankheitsfälle
Annette Schlipphak
wird nicht erhoben. Aussagen über die Krank-
heitsursachen können nicht getroffen werden,
22.3.1 Methodik der da die Diagnosen auf den Arbeitsunfähig-
keitsbescheinigungen nur den Krankenkassen,
Datenerfassung
nicht aber dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn
zugänglich sind. Systematisch aufbereitet wur-
Die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten den die Datensätze nach den Merkmalen Dau-
der Beschäftigten in der unmittelbaren Bun- er der Erkrankung (Kurzzeiterkrankungen bis

Anzahl Fehltage
25

20

15

10

0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.3 Entwicklung der krankheitsbedingten Abwesenheitstage je Beschäftigten in der unmittelbaren Bundes-
verwaltung 2005 bis 2020
608 A. Schlipphak et al.

in %
100

22 80
60
40
20
0
2015 2016 2017 2018 2019 2020
Reha-Maßnahmen 2,1 1,8 1,9 2,2 3,1 1,8
Langzeiterkrankungen 34,6 35,8 34,9 34,0 35,1 40,6
Längere Erkrankungen 46,1 44,6 44,8 45,2 43,1 42,6
Kurzzeiterkrankungen 17,2 17,7 18,4 18,6 18,7 15,1

Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.4 Entwicklung der Krankheitsdauer 2016 bis 2020 in %

zu drei Arbeitstagen, längere Erkrankungen schäftigtem in der unmittelbaren Bundesver-


von vier bis zu 30 Tagen, Langzeiterkrankun- waltung von 2005 bis 2020 dar. In diesem
gen über 30 Tage und Rehabilitationsmaßnah- Zeitraum bewegt sich die Zahl der krankheits-
men), Laufbahn-, Status- und Behördengrup- bedingten Abwesenheitstage zwischen 15,37
pen sowie Geschlecht und Alter. und 21,35 Tagen. Bis zum Jahr 2014 stieg das
Durchschnittsalter der Beschäftigten der un-
mittelbaren Bundesverwaltung um 1,5 Jahre
22.3.2 Allgemeine Entwicklung an. Seit dem Jahr 2015 ist ein kontinuierli-
der Abwesenheitszeiten cher Rückgang zu beobachten. Im Jahr waren
2020 die Beschäftigten der Bundesverwaltung
im Durchschnitt 44,6 Jahre alt und damit er-
Zum Stichtag 30.06.2020 waren insgesamt neut geringfügig jünger als im Vorjahr.
306.937 Personen (ohne Soldatinnen und Sol-
daten) in der unmittelbaren Bundesverwaltung
beschäftigt. Für den Gesundheitsförderungs- 22.3.3 Dauer der Erkrankung
bericht 2020 (Stichtag: 31.12.2020) wurden
die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten
von insgesamt 285.558 Beschäftigten der un- Der prozentuale Anteil der Langzeiterkrankun-
mittelbaren Bundesverwaltung in die Auswer- gen an den Abwesenheiten hat im Jahr 2020 zu-
tung einbezogen (BMI 2022). Davon arbeite- genommen. Sie haben einen Anteil von 40,6 %
ten 10,0 % in den 23 obersten Bundesbehörden an den gesamten krankheitsbedingten Abwe-
und 90,0 % in den Geschäftsbereichsbehörden. senheitszeiten. Die absolute Zahl ist dabei je-
Der Krankenstand ist gegenüber 2019 in allen doch annähernd gleichgeblieben (2020: 7,3,
Bereichen zurückgegangen. Durchschnittlich 2019: 7,4 Tage) Längere Erkrankungen haben
fehlten die Beschäftigten an 18,02 Arbeitsta- einen Anteil von 42,6 % und sind im Vergleich
gen. Gegenüber 2020 (20,77) sind die krank- zum Vorjahr auch in absoluten Zahlen geringfü-
heitsbedingten Abwesenheitstage um 2,75 Ar- gig zurückgegangen. Den geringsten Anteil an
beitstage zurückgegangen. . Abb. 22.3 stellt den Abwesenheitszeiten haben Kurzzeiterkran-
die Entwicklung der Abwesenheitstage je Be- kungen mit 15,1 %, dieser Wert ist ebenfalls zu-
Kapitel 22 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
609 22

Anzahl der Fehltage


35

30

25

20

15

10

0
Einfacher Dienst Mittlerer Dienst Gehobener Dienst Höherer Dienst
Bundesverwaltung insgesamt Oberste Bundesbehörden Geschäftsbereichsbehörden
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.5 Abwesenheitstage je Beschäftigten nach Laufbahngruppen im Jahr 2020

rückgegangen. Gleiches gilt für die Rehabilita- desto niedriger sind die Abwesenheitszeiten.
tionsmaßnahmen (Kuren) mit 1,8 % aller Ab- Zwischen den einzelnen Laufbahngruppen
wesenheitstage im Jahr 2020. Wie . Abb. 22.4 bestehen dabei erhebliche Unterschiede.
zeigt, hat sich das grundsätzliche Verhältnis Durchschnittlich fehlten die Beschäftigten der
zwischen Kurzzeiterkrankungen, längeren Er- Bundesverwaltung im einfachen Dienst an
krankungen, Langzeiterkrankungen und Reha- 29,54, im mittleren Dienst an 22,52, im geho-
bilitationsmaßnahmen im Zeitverlauf nicht we- benen Dienst an 15,71 und im höheren Dienst
sentlich verändert. an 8,84 Arbeitstagen. Diese Entwicklung ist
sowohl in den obersten Bundesbehörden als
auch in den Geschäftsbereichsbehörden zu
22.3.4 Abwesenheitstage nach beobachten.
Laufbahngruppen
22.3.5 Abwesenheitstage nach
Bezogen auf die verschiedenen Laufbahn- Statusgruppen
gruppen (. Abb. 22.5) waren im Jahr 2020
anteilig 6,0 % aller Beschäftigten im ein-
fachen Dienst, 45,6 % im mittleren Dienst, In der Statistik wurden 285.558 (2019:
27,4 % im gehobenen Dienst und 12,8 % 277.411) Beschäftigte erfasst. Das Personal
im höheren Dienst tätig, 8,3 % waren Aus- der Bundesverwaltung unterteilt sich status-
zubildende, Anwärterinnen und Anwärter. rechtlich in 145.055 Beamtinnen und Beamte
Die Tarifbeschäftigten wurden hierzu den sowie Richterinnen und Richter (im Folgenden
ihren Entgeltgruppen vergleichbaren Be- zusammengefasst als Beamtinnen und Beam-
soldungsgruppen und den entsprechenden te), 116.925 Tarifbeschäftigte sowie 23.578
Laufbahngruppen zugeordnet. Wie schon in Auszubildende und Anwärter. Bei den Be-
den vergangenen Jahren sinkt die Anzahl der amten und Beamtinnen der Bundesverwaltung
krankheitsbedingten Abwesenheitstage mit ist der mittlere Dienst mit 43,4 % am stärks-
zunehmender beruflicher Qualifikation der ten vertreten. Im einfachen Dienst sind 1,0 %,
Beschäftigten. Je höher die Laufbahngruppe, im gehobenen Dienst 38,8 % und im höheren
610 A. Schlipphak et al.

Dienst 16,8 % der Beamten und Beamtinnen


Anzahl Fehltage
tätig. Die größte Gruppe der Tarifbeschäftig-
25 ten der Bundesverwaltung ist mit 57,5 % im
22 20
mittleren Dienst tätig. Im einfachen Dienst wa-
ren 13,3 %, im gehobenen Dienst 18,8 % und
im höheren Dienst 10,4 % der Tarifbeschäftig-
15
ten beschäftigt. Mit Blick auf die Statusgrup-
10 pen sind die Abwesenheitstage der Beamten
und Beamtinnen mit 18,50 Tagen gegenüber
5 dem Jahr 2019 gesunken und liegen unter den
ebenfalls zurückgegangenen Werten der Tarif-
0 beschäftigten mit 19,70 Tagen.
Bundes- Oberste Geschäfts-
verwaltung Bundes- bereichs- In den obersten Bundesbehörden weisen
insgesamt behörde behörden Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäf-
Beamtinnen und Beamte Tarifbeschäftigte tigte durchschnittlich weniger Abwesenheits-
Fehlzeiten-Report 2022 tage auf als in den Geschäftsbereichsbehör-
den. Tarifbeschäftigte sind in den Geschäftsbe-
. Abb. 22.6 Abwesenheitstage nach Statusgruppen in reichsbehörden 0,81 Tage und in den obersten
der Bundesverwaltung 2020, ohne Auszubildende, Anwär- Bundesbehörden im Durchschnitt 2,77 Tage
ter und Anwärterinnen länger krank als Beamtinnen und Beamte (sie-
he . Abb. 22.6).

Anzahl Fehltage

18,55
2020 13,29
18,02
21,31
2019 15,85
20,77
21,90
2018 16,36
21,35
20,99
2017 16,50
20,55
21,53
2016 16,20
21,01
20,67
2015 16,24
20,25
0 5 10 15 20 25
Bundesverwaltung insgesamt Oberste Bundesbehörden Geschäftsbereichsbehörden
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.7 Abwesenheitstage je Beschäftigtem nach Behördengruppen


Kapitel 22 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
611 22
22.3.6 Abwesenheitstage nach 22.3.7 Abwesenheitstage nach
Behördengruppen Geschlecht

Seit Beginn der Erhebung der Abwesenheits- 60,3 % aller Beschäftigten waren Männer,
zeitenstatistik in der unmittelbaren Bundes- 39,7 % Frauen. Die krankheitsbedingten Ab-
verwaltung ist die Zahl der durchschnittli- wesenheitszeiten von Beschäftigten der Bun-
chen Abwesenheitstage der Beschäftigten in desverwaltung waren im Jahr 2020 bei den
den Geschäftsbereichsbehörden höher als in Frauen mit durchschnittlich 19,15 Abwesen-
den obersten Bundesbehörden. Im Jahr 2020 heitstagen um 1,87 Tage höher als bei den
setzt sich dieser Trend fort. Die durchschnitt- Männern mit 17,28 Abwesenheitstagen. Wäh-
liche Anzahl der krankheitsbedingten Abwe- rend Kurzzeiterkrankungen ähnlich häufig auf-
senheitstage je Beschäftigten in den obersten treten (Frauen 15,90 %/Männer 14,56 %) fin-
Bundesbehörden liegt bei 13,29 (2019: 15,85) den sich längere Erkrankungen zwischen 4 und
und in den Geschäftsbereichsbehörden bei 30 Tagen etwas häufiger bei Frauen. Erkran-
18,55 (2019: 21,31) Abwesenheitstagen (sie- kungen über 30 Tage treten etwas häufiger bei
he . Abb. 22.7). Damit waren im Jahr 2020 Männern auf (vgl. . Abb. 22.8).
die Beschäftigten in den Geschäftsbereichs-
behörden 5,26 Tage länger krankheitsbedingt
abwesend als die Beschäftigten der obersten 22.3.8 Abwesenheitstage nach
Bundesbehörden.
Alter

Die Beschäftigten der Bundesverwaltung wa-


ren im Jahr 2020 im Durchschnitt 44,6 (2019:
44,9) Jahre alt. Das durchschnittliche Alter lag
bei den Beamtinnen und Beamten bei 43,8

Anzahl Fehltage
24

22

20

18

16

14

12

10
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Frauen Männer Insgesamt
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.8 Entwicklung der Abwesenheitszeiten nach Geschlecht von 2010 bis 2020
612 A. Schlipphak et al.

Durchschnittsalter in Jahren
47

22 46

45

44

43

42

41
2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020
Beamte/-innen und Richter/innen Tarifbeschäftigte Insgesamt
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.9 Durchschnittsalter der Beschäftigten in der unmittelbaren Bundesverwaltung 2010 bis 2020. *(ohne Ge-
schäftsbereich BMVg)

(2019: 44,2) Jahren und bei den Tarifbeschäf- tung durchschnittlich an 29,38 Tagen. Damit
tigten bei 45,7 (2019: 45,7) Jahren. Nachdem liegt der Wert gegenüber den unter 25-jährigen
zwischen 2003 und 2014 das Durchschnitts- Beschäftigten (7,79 Tage) um das 3,8-Fache
alter der Beschäftigten im Bundesdienst kon- höher. Die krankheitsbedingten Abwesenhei-
tinuierlich angestiegen ist, zeigt . Abb. 22.9, ten steigen in fast allen Laufbahngruppen mit
dass dieser Trend seither rückläufig ist. zunehmendem Alter kontinuierlich an (siehe
Die Zahl der krankheitsbedingten Abwe- . Abb. 22.10). Der größte Unterschied zwi-
senheitstage der Beschäftigten der unmittelba- schen den einzelnen Laufbahngruppen besteht
ren Bundesverwaltung steigt mit zunehmen- bei den über 60-Jährigen: In dieser Alters-
dem Alter an (vgl. . Abb. 22.9). Der Anstieg gruppe haben die Beschäftigten im höheren
fällt bei Frauen und Männern in etwa gleich Dienst durchschnittlich 13,58 Abwesenheitsta-
hoch aus. Die Statistik zeigt, dass ältere Be- ge und die Beschäftigten des einfachen Diens-
schäftigte bei einer Erkrankung im Schnitt tes 39,07 Abwesenheitstage. Dies ergibt eine
länger ausfallen als ihre jüngeren Kolleginnen Differenz von 25,5 Tagen.
und Kollegen. Der Anstieg der Krankheitsdau-
er hat zur Folge, dass der Krankenstand trotz
der Abnahme der Krankmeldungen mit zuneh- 22.3.9 Gegenüberstellung
mendem Alter deutlich ansteigt. Dieser Effekt mit den Abwesenheitszeiten
wird dadurch verstärkt, dass ältere Beschäf- der AOK-Statistik
tigte häufiger von mehreren Erkrankungen
gleichzeitig betroffen sind. Für die Bundesver-
waltung sind dabei zusätzlich die besonderen Für eine Gegenüberstellung der krankheits-
Altersgrenzen beim Eintritt in den Ruhestand bedingten Abwesenheiten der unmittelbaren
zu berücksichtigen, z. B. bei der Bundespo- Bundesverwaltung mit dem Fehlzeiten-Report
lizei. Im Jahr 2020 fehlten über 60-jährige der AOK werden die Fehlzeiten der AOK
Beschäftigte der unmittelbaren Bundesverwal- gesamt und des AOK-Bereichs „Öffentliche
Kapitel 22 ! Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
613 22

Anzahl Fehltage
50

40

30

20

10

0
< 25 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 ≥ 60 Insg.

Einfacher Dienst Mittlerer Dienst Beschäftigte insgesamt

Gehobener Dienst Höherer Dienst


Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.10 Krankenstand in der Bundesverwaltung nach Laufbahngruppen im Altersverlauf 2020

Verwaltung“ herangezogen. Vergleichswerte heitszeiten der unmittelbaren Bundesverwal-


sind die Abwesenheitszeiten von 14,1 Mio. er- tung wurden ansatzweise bereinigt und stan-
werbstätigen AOK-Versicherten (Badura et al. dardisiert. . Abb. 22.11 zeigt die Entwicklung
2021). Die krankheitsbedingten Abwesen- der bereinigten und standardisierten Abwesen-

in %
8,0

7,5

7,0

6,5

6,0

5,5

5,0

4,5

4,0
2016 2017 2018 2019 2020
AOK AOK - öffentliche Verwaltung
Bund bereinigt + altersstandardisiert nach AOK
Fehlzeiten-Report 2022

. Abb. 22.11 Entwicklung der Abwesenheitszeitenquote der Beschäftigten der Bundesverwaltung und der erwerbstä-
tigen AOK-Versicherten (inkl. Bereich der öffentlichen Verwaltung/Sozialversicherung) 2016 bis 2020 in %
614 A. Schlipphak et al.

heitszeitenquote der unmittelbaren Bundesver- Literatur


waltung und des Krankenstands der erwerbstä-
tigen AOK-Versicherten. Badura B, Ducki A, Schröder H, Meyer M (Hrsg) (2021)
22 Bei einem Vergleich der Abwesenheits- Fehlzeiten-Report 2021. Schwerpunkt: Betriebliche
Prävention stärken. Springer, Berlin Heidelberg
zeiten der Bundesverwaltung mit denen der
BAuA – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsme-
Privatwirtschaft ist immer zu berücksichtigen, dizin (Hrsg) (2010) Psychische Belastung und Bean-
dass sich die Standards der Abwesenheitszei- spruchung im Berufsleben: Erkennen – Gestalten
tenerhebungen systembedingt ganz erheblich BAuA – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits-
voneinander unterscheiden. Die Krankenstand- medizin (Hrsg) (2017) Psychische Gesundheit in der
Arbeitswelt – Wissenschaftliche Standortbestimmung
erhebungen unterliegen keinen einheitlichen
BMI – Bundesministerium des Inneren, für Bau und Hei-
Standards für die Ermittlung von Abwesen- mat (2022) Gesundheitsförderungsbericht 2020 der
heitszeiten, deren Erfassungsmethodik sowie unmittelbaren Bundesverwaltung. BMI – Bundesmi-
deren Auswertung. Ein weiterer erheblicher nisterium des Inneren, für Bau und Heimat, Berlin
Unterschied liegt in den Strukturen der Be- DAK Gesundheit (Hrsg) (2020) DAK Gesundheitsreport.
Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungs-
schäftigtengruppen, wodurch sich bekannte
forschung, Bd. 33
Einflussgrößen wie Alter, Geschlecht und GDA-Arbeitsprogramms Psyche (Hrsg) (2017) Arbeits-
Tätigkeit unterschiedlich auswirken und zu schutz in der Praxis: Empfehlungen zur Umsetzung
Verzerrungen führen. So ist der Anteil älterer der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Beschäftigter in der unmittelbaren Bundes- INQA – Initiative Neue Qualität der Arbeit (Hrsg)
(2016) INQA-Audit Zukunftsfähige Unternehmens-
verwaltung deutlich höher als in der gesamten
kultur: Fragebogen für das Mitarbeiter-Feedback
Erwerbsbevölkerung. Im Jahr 2020 waren (Version 25)
54,8 % der Beschäftigten der unmittelbaren Rau R, Buyken D (2015) Der aktuelle Kenntnisstand
Bundesverwaltung 45 Jahre und älter. In der über Erkrankungsrisiken durch psychische Arbeitsbe-
übrigen Erwerbsbevölkerung in Deutschland lastungen: Ein systematisches Review über Metaana-
lysen und Reviews. Z Arbeits Organisationspsychol
liegt demgegenüber der Anteil der über 45-Jäh-
59(3):213–229
rigen bei 48 %. Die 25- bis 44-Jährigen, die in Statistisches Bundesamt (2020) Personal des öffentlichen
der gesamten Erwerbsbevölkerung mit 41,6 % Dienstes. Fachserie 14 Reihe 6, Finanzen und Steuern
die stärkste Altersgruppe bilden, machen im Techniker Krankenkasse (Hrsg) (2009) Kundenkompass
Bundesdienst nur 37 % aus (Statistisches Bun- Stress. FAZ-Inst. für Management-, Markt- und Me-
dieninformation
desamt 2020).
Wegner B (2016) Licht ins Dunkel – Analyse im BGM.
In: Pfannstiel M, Mehlich H (Hrsg) Betriebliches
Gesundheitsmanagement – Konzepte, Maßnahmen,
Evaluation. Springer, Wiesbaden
615

Serviceteil
Anhang 1: Internationale statistische Klassifikation der
Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme
(10. Revision, Version 2021, German Modification) – 616

Anhang 2: Branchen in der deutschen Wirtschaft basierend auf


der Klassifikation der Wirtschaftszweige (Ausgabe
2008/NACE) – 626

Die Autorinnen und Autoren – 631

Stichwortverzeichnis – 651

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
2022
B. Badura et al. (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2022, Fehlzeiten-Report,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65598-6
616 Anhang 1

Anhang 1: Internationale statistische


Klassifikation der Krankheiten und verwandter
Gesundheitsprobleme (10. Revision, Version 2021,
German Modification)

I. Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00–B99)


A00–A09 Infektiöse Darmkrankheiten

A15–A19 Tuberkulose

A20–A28 Bestimmte bakterielle Zoonosen

A30–A49 Sonstige bakterielle Krankheiten

A50–A64 Infektionen, die vorwiegend durch Geschlechtsverkehr übertragen werden

A65–A69 Sonstige Spirochätenkrankheiten

A70–A74 Sonstige Krankheiten durch Chlamydien

A75–A79 Rickettsiosen

A80–A89 Virusinfektionen des Zentralnervensystems

A92–A99 Durch Arthropoden übertragene Viruskrankheiten und virale hämorrhagische Fieber

B00–B09 Virusinfektionen, die durch Haut- und Schleimhautläsionen gekennzeichnet sind

B15–B19 Virushepatitis

B20–B24 HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-Viruskrankheit]

B25–B34 Sonstige Viruskrankheiten

B35–B49 Mykosen

B50–B64 Protozoenkrankheiten

B65–B83 Helminthosen

B85–B89 Pedikulose [Läusebefall], Akarinose [Milbenbefall] und sonstiger Parasitenbefall der Haut

B90–B94 Folgezustände von infektiösen und parasitären Krankheiten

B95–B98 Bakterien, Viren und sonstige Infektionserreger als Ursache von Krankheiten, die in anderen
Kapiteln klassifiziert sind

B99–B99 Sonstige Infektionskrankheiten


617
Anhang 1

II. Neubildungen (C00–D48)


C00–C97 Bösartige Neubildungen

D00–D09 In-situ-Neubildungen

D10–D36 Gutartige Neubildungen

D37–D48 Neubildungen unsicheren oder unbekannten Verhaltens

III. Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des
Immunsystems (D50–D90)
D50–D53 Alimentäre Anämien

D55–D59 Hämolytische Anämien

D60–D64 Aplastische und sonstige Anämien

D65–D69 Koagulopathien, Purpura und sonstige hämorrhagische Diathesen

D70–D77 Sonstige Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe

D80–D90 Bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems

IV. Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00–E90)


E00–E07 Krankheiten der Schilddrüse

E10–E14 Diabetes mellitus

E15–E16 Sonstige Störungen der Blutglukose-Regulation und der inneren Sekretion des Pankreas

E20–E35 Krankheiten sonstiger endokriner Drüsen

E40–E46 Mangelernährung

E50–E64 Sonstige alimentäre Mangelzustände

E65–E68 Adipositas und sonstige Überernährung

E70–E90 Stoffwechselstörungen
618 Anhang 1

V. Psychische und Verhaltensstörungen (F00–F99)


F00–F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen

F10–F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

F20–F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen

F30–F39 Affektive Störungen

F40–F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen

F50–F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren

F60–F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

F70–F79 Intelligenzstörung

F80–F89 Entwicklungsstörungen

F90–F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

F99–F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen

VI. Krankheiten des Nervensystems (G00–G99)


G00–G09 Entzündliche Krankheiten des Zentralnervensystems

G10–G14 Systematrophien, die vorwiegend das Zentralnervensystem betreffen

G20–G26 Extrapyramidale Krankheiten und Bewegungsstörungen

G30–G32 Sonstige degenerative Krankheiten des Nervensystems

G35–G37 Demyelinisierende Krankheiten des Zentralnervensystems

G40–G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten des Nervensystems

G50–G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln und Nervenplexus

G60–G64 Polyneuroapathien und sonstige Krankheiten des peripheren Nervensystems

G70–G73 Krankheiten im Bereich der neuromuskulären Synapse und des Muskels

G80–G83 Zerebrale Lähmung und sonstige Lähmungssyndrome

G90–G99 Sonstige Krankheiten des Nervensystems


619
Anhang 1

VII. Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde (H00–H59)


H00–H06 Affektionen des Augenlides, des Tränenapparates und der Orbita

H10–H13 Affektionen der Konjunktiva

H15–H22 Affektionen der Sklera, der Hornhaut, der Iris und des Ziliarkörpers

H25–H28 Affektionen der Linse

H30–H36 Affektionen der Aderhaut und der Netzhaut

H40–H42 Glaukom

H43–H45 Affektionen des Glaskörpers und des Augapfels

H46–H48 Affektionen des N. opticus und der Sehbahn

H49–H52 Affektionen der Augenmuskeln, Störungen der Blickbewegungen sowie Akkommodationsstörun-


gen und Refraktionsfehler

H53–H54 Sehstörungen und Blindheit

H55–H59 Sonstige Affektionen des Auges und der Augenanhangsgebilde

VIII. Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes (H60–H95)


H60–H62 Krankheiten des äußeren Ohres

H65–H75 Krankheiten des Mittelohres und des Warzenfortsatzes

H80–H83 Krankheiten des Innenohres

H90–H95 Sonstige Krankheiten des Ohres

IX. Krankheiten des Kreislaufsystems (I00–I99)


I00–I02 Akutes rheumatisches Fieber

I05–I09 Chronische rheumatische Herzkrankheiten

I10–I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit]

I20–I25 Ischämische Herzkrankheiten

I26–I28 Pulmonale Herzkrankheit und Krankheiten des Lungenkreislaufs

I30–I52 Sonstige Formen der Herzkrankheit

I60–I69 Zerebrovaskuläre Krankheiten

I70–I79 Krankheiten der Arterien, Arteriolen und Kapillaren

I80–I89 Krankheiten der Venen, der Lymphgefäße und der Lymphknoten, anderenorts nicht klassifiziert

I95–I99 Sonstige und nicht näher bezeichnete Krankheiten des Kreislaufsystems


620 Anhang 1

X. Krankheiten des Atmungssystems (J00–J99)


J00–J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege

J09–J18 Grippe und Pneumonie

J20–J22 Sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege

J30–J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege

J40–J47 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege

J60–J70 Lungenkrankheiten durch exogene Substanzen

J80–J84 Sonstige Krankheiten der Atmungsorgane, die hauptsächlich das Interstitium betreffen

J85–J86 Purulente und nekrotisierende Krankheitszustände der unteren Atemwege

J90–J94 Sonstige Krankheiten der Pleura

J95–J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems

XI. Krankheiten des Verdauungssystems (K00–K93)


K00–K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer

K20–K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens und des Duodenums

K35–K38 Krankheiten der Appendix

K40–K46 Hernien

K50–K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis

K55–K64 Sonstige Krankheiten des Darms

K65–K67 Krankheiten des Peritoneums

K70–K77 Krankheiten der Leber

K80–K87 Krankheiten der Gallenblase, der Gallenwege und des Pankreas

K90–K93 Sonstige Krankheiten des Verdauungssystems

XII. Krankheiten der Haut und der Unterhaut (L00–L99)


L00–L08 Infektionen der Haut und der Unterhaut

L10–L14 Bullöse Dermatosen

L20–L30 Dermatitis und Ekzem

L40–L45 Papulosquamöse Hautkrankheiten

L50–L54 Urtikaria und Erythem

L55–L59 Krankheiten der Haut und der Unterhaut durch Strahleneinwirkung

L60–L75 Krankheiten der Hautanhangsgebilde

L80–L99 Sonstige Krankheiten der Haut und der Unterhaut


621
Anhang 1

XIII. Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (M00–M99)


M00–M25 Arthropathien

M30–M36 Systemkrankheiten des Bindegewebes

M40–M54 Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens

M60–M79 Krankheiten der Weichteilgewebe

M80–M94 Osteopathien und Chondropathien

M95–M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes

XIV. Krankheiten des Urogenitalsystems (N00–N99)


N00–N08 Glomeruläre Krankheiten

N10–N16 Tubulointerstitielle Nierenkrankheiten

N17–N19 Niereninsuffizienz

N20–N23 Urolithiasis

N25–N29 Sonstige Krankheiten der Niere und des Ureters

N30–N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems

N40–N51 Krankheiten der männlichen Genitalorgane

N60–N64 Krankheiten der Mamma [Brustdrüse]

N70–N77 Entzündliche Krankheiten der weiblichen Beckenorgane

N80–N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes

N99–N99 Sonstige Krankheiten des Urogenitalsystems

XV. Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00–O99)


O00–O08 Schwangerschaft mit abortivem Ausgang

O09–O09 Schwangerschaftsdauer

O10–O16 Ödeme, Proteinurie und Hypertonie während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochen-
bettes

O20–O29 Sonstige Krankheiten der Mutter, die vorwiegend mit der Schwangerschaft verbunden sind

O30–O48 Betreuung der Mutter im Hinblick auf den Fetus und die Amnionhöhle sowie mögliche Entbin-
dungskomplikationen

O60–O75 Komplikation bei Wehentätigkeit und Entbindung

O80–O82 Entbindung

O85–O92 Komplikationen, die vorwiegend im Wochenbett auftreten

O94–O99 Sonstige Krankheitszustände während der Gestationsperiode, die anderenorts nicht klassifiziert
sind
622 Anhang 1

XVI. Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben (P00–P96)
P00–P04 Schädigung des Fetus und Neugeborenen durch mütterliche Faktoren und durch Komplikationen
bei Schwangerschaft, Wehentätigkeit und Entbindung

P05–P08 Störungen im Zusammenhang mit der Schwangerschaftsdauer und dem fetalen Wachstum

P10–P15 Geburtstrauma

P20–P29 Krankheiten des Atmungs- und Herz-Kreislaufsystems, die für die Perinatalperiode spezifisch
sind

P35–P39 Infektionen, die für die Perinatalperiode spezifisch sind

P50–P61 Hämorrhagische und hämatologische Krankheiten beim Fetus und Neugeborenen

P70–P74 Transitorische endokrine und Stoffwechselstörungen, die für den Fetus und das Neugeborene
spezifisch sind

P75–P78 Krankheiten des Verdauungssystems beim Fetus und Neugeborenen

P80–P83 Krankheitszustände mit Beteiligung der Haut und der Temperaturregulation beim Fetus und Neu-
geborenen

P90–P96 Sonstige Störungen, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben

XVII. Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00–Q99)


Q00–Q07 Angeborene Fehlbildungen des Nervensystems

Q10–Q18 Angeborene Fehlbildungen des Auges, des Ohres, des Gesichtes und des Halses

Q20–Q28 Angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems

Q30–Q34 Angeborene Fehlbildungen des Atmungssystems

Q35–Q37 Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte

Q38–Q45 Sonstige angeborene Fehlbildungen des Verdauungssystems

Q50–Q56 Angeborene Fehlbildungen der Genitalorgane

Q60–Q64 Angeborene Fehlbildungen des Harnsystems

Q65–Q79 Angeborene Fehlbildungen und Deformitäten des Muskel-Skelett-Systems

Q80–Q89 Sonstige angeborene Fehlbildungen

Q90–Q99 Chromosomenanomalien, anderenorts nicht klassifiziert


623
Anhang 1

XVIII. Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind
(R00–R99)

R00–R09 Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen

R10–R19 Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen

R20–R23 Symptome, die die Haut und das Unterhautgewebe betreffen

R25–R29 Symptome, die das Nervensystem und das Muskel-Skelett-System betreffen

R30–R39 Symptome, die das Harnsystem betreffen

R40–R46 Symptome, die das Erkennungs- und Wahrnehmungsvermögen, die Stimmung und das Verhalten
betreffen

R47–R49 Symptome, die die Sprache und die Stimme betreffen

R50–R69 Allgemeinsymptome

R70–R79 Abnorme Blutuntersuchungsbefunde ohne Vorliegen einer Diagnose

R80–R82 Abnorme Urinuntersuchungsbefunde ohne Vorliegen einer Diagnose

R83–R89 Abnorme Befunde ohne Vorliegen einer Diagnose bei der Untersuchung anderer Körperflüssig-
keiten, Substanzen und Gewebe

R90–R94 Abnorme Befunde ohne Vorliegen einer Diagnose bei bildgebender Diagnostik und Funktions-
prüfungen

R95–R99 Ungenau bezeichnete und unbekannte Todesursachen


624 Anhang 1

XIX. Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00–T98)
S00–S09 Verletzungen des Kopfes

S10–S19 Verletzungen des Halses

S20–S29 Verletzungen des Thorax

S30–S39 Verletzungen des Abdomens, der Lumbosakralgegend, der Lendenwirbelsäule und des Beckens

S40–S49 Verletzungen der Schulter und des Oberarms

S50–S59 Verletzungen des Ellenbogens und des Unterarms

S60–S69 Verletzungen des Handgelenks und der Hand

S70–S79 Verletzungen der Hüfte und des Oberschenkels

S80–S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels

S90–S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes

T00–T07 Verletzung mit Beteiligung mehrerer Körperregionen

T08–T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extremitäten oder anderer Körper-
regionen

T15–T19 Folgen des Eindringens eines Fremdkörpers durch eine natürliche Körperöffnung

T20–T32 Verbrennungen oder Verätzungen

T33–T35 Erfrierungen

T36–T50 Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen

T51–T65 Toxische Wirkungen von vorwiegend nicht medizinisch verwendeten Substanzen

T66–T78 Sonstige nicht näher bezeichnete Schäden durch äußere Ursachen

T79–T79 Bestimmte Frühkomplikationen eines Traumas

T80–T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Behandlung, anderenorts nicht
klassifiziert

T89–T89 Sonstige Komplikationen eines Traumas, anderenorts nicht klassifiziert

T90–T98 Folgen von Verletzungen, Vergiftungen und sonstigen Auswirkungen äußerer Ursachen

XX. Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität (V01–Y84)


V01–X59 Unfälle

X60–X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung

X85–Y09 Tätlicher Angriff

Y10–Y34 Ereignis, dessen nähere Umstände unbestimmt sind

Y35–Y36 Gesetzliche Maßnahmen und Kriegshandlungen

Y40–Y84 Komplikationen bei der medizinischen und chirurgischen Behandlung


625
Anhang 1

XXI. Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesen
führen (Z00–Z99)

Z00–Z13 Personen, die das Gesundheitswesen zur Untersuchung und Abklärung in Anspruch nehmen

Z20–Z29 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragbarer Krankheiten

Z30–Z39 Personen, die das Gesundheitswesen im Zusammenhang mit Problemen der Reproduktion in
Anspruch nehmen

Z40–Z54 Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke spezifischer Maßnahmen und zur medizini-
schen Betreuung in Anspruch nehmen

Z55–Z65 Personen mit potenziellen Gesundheitsrisiken aufgrund sozioökonomischer oder psychosozialer


Umstände

Z70–Z76 Personen, die das Gesundheitswesen aus sonstigen Gründen in Anspruch nehmen

Z80–Z99 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken aufgrund der Familien- oder Eigenanamnese und
bestimmte Zustände, die den Gesundheitszustand beeinflussen

XXII. Schlüsselnummern für besondere Zwecke (U00–U99)


U00–U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit unklarer Ätiologie und nicht belegte Schlüsselnum-
mern

U50–U52 Funktionseinschränkung

U55–U55 Erfolgte Registrierung zur Organtransplantation

U60–U61 Stadieneinteilung der HIV-Infektion

U69–U69 Sonstige sekundäre Schlüsselnummern für besondere Zwecke

U80–U85 Infektionserreger mit Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika oder Chemotherapeutika

U99–U99 Nicht belegte Schlüsselnummern


626 Anhang 2

Anhang 2: Branchen in der deutschen Wirtschaft


basierend auf der Klassifikation
der Wirtschaftszweige (Ausgabe 2008/NACE)

Banken und Versicherungen

K Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen

64 Erbringung von Finanzdienstleistungen

65 Versicherungen, Rückversicherungen und Pensionskassen (ohne Sozialversicherung)

66 Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten

Baugewerbe

F Baugewerbe

41 Hochbau

42 Tiefbau

43 Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe

Dienstleistungen

I Gastgewerbe

55 Beherbergung

56 Gastronomie

J Information und Kommunikation

58 Verlagswesen

59 Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen und Fernsehprogrammen; Kinos;


Tonstudios und Verlegen von Musik

60 Rundfunkveranstalter

61 Telekommunikation

62 Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie

63 Informationsdienstleistungen

L Grundstücks- und Wohnungswesen

68 Grundstücks- und Wohnungswesen


627
Anhang 2

M Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen

69 Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung

70 Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben; Unternehmensberatung

71 Architektur- und Ingenieurbüros; technische, physikalische und chemische Untersuchung

72 Forschung und Entwicklung

73 Werbung und Marktforschung

74 Sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten

75 Veterinärwesen

N Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

77 Vermietung von beweglichen Sachen

78 Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften

79 Reisebüros, Reiseveranstalter und Erbringung sonstiger Reservierungsdienstleistungen

80 Wach- und Sicherheitsdienste sowie Detekteien

81 Gebäudebetreuung; Garten- und Landschaftsbau

82 Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen a. n. g.

Q Gesundheits- und Sozialwesen

86 Gesundheitswesen

87 Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime)

88 Sozialwesen (ohne Heime)

R Kunst, Unterhaltung und Erholung

90 Kreative, künstlerische und unterhaltende Tätigkeiten

91 Bibliotheken, Archive, Museen, botanische und zoologische Gärten

92 Spiel-, Wett- und Lotteriewesen

93 Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung

S Erbringung von sonstigen Dienstleistungen

94 Interessenvertretungen sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen


(ohne Sozialwesen und Sport)

95 Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern

96 Erbringung von sonstigen überwiegend persönlichen Dienstleistungen

T Private Haushalte mit Hauspersonal; Herstellung von Waren und Erbringung von
Dienstleistungen durch private Haushalte für den Eigenbedarf

97 Private Haushalte mit Hauspersonal

98 Herstellung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen durch private Haushalte für den
Eigenbedarf ohne ausgeprägten Schwerpunkt
628 Anhang 2

Energie, Wasser, Entsorgung und Bergbau

B Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden

5 Kohlenbergbau

6 Gewinnung von Erdöl und Erdgas

7 Erzbergbau

8 Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau

9 Erbringung von Dienstleistungen für den Bergbau und für die Gewinnung von Steinen und
Erden

D Energieversorgung

35 Energieversorgung

E Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung


von Umweltverschmutzungen

36 Wasserversorgung

37 Abwasserentsorgung

38 Sammlung, Behandlung und Beseitigung von Abfällen; Rückgewinnung

39 Beseitigung von Umweltverschmutzungen und sonstige Entsorgung

Erziehung und Unterricht

P Erziehung und Unterricht

85 Erziehung und Unterricht

Handel

G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen

45 Handel mit Kraftfahrzeugen; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen

46 Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)

47 Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)

Land- und Forstwirtschaft

A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

1 Landwirtschaft, Jagd und damit verbundene Tätigkeiten

2 Forstwirtschaft und Holzeinschlag

3 Fischerei und Aquakultur


629
Anhang 2

Metallindustrie

C Verarbeitendes Gewerbe

24 Metallerzeugung und -bearbeitung

25 Herstellung von Metallerzeugnissen

26 Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen

27 Herstellung von elektrischen Ausrüstungen

28 Maschinenbau

29 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen

30 Sonstiger Fahrzeugbau

Öffentliche Verwaltung

O Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung

84 Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung

U Exterritoriale Organisationen und Körperschaften

99 Exterritoriale Organisationen und Körperschaften

Verarbeitendes Gewerbe

C Verarbeitendes Gewerbe

10 Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln

11 Getränkeherstellung

12 Tabakverarbeitung

13 Herstellung von Textilien

14 Herstellung von Bekleidung

15 Herstellung von Leder, Lederwaren und Schuhen

16 Herstellung von Holz-, Flecht-, Korb- und Korkwaren (ohne Möbel)

17 Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus

18 Herstellung von Druckerzeugnissen; Vervielfältigung von bespielten Ton-, Bild- und Daten-
trägern

19 Kokerei und Mineralölverarbeitung

20 Herstellung von chemischen Erzeugnissen

21 Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen

22 Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren

23 Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden

31 Herstellung von Möbeln

32 Herstellung von sonstigen Waren

33 Reparatur und Installation von Maschinen und Ausrüstungen


630 Anhang 2

Verkehr und Transport

H Verkehr und Lagerei

49 Landverkehr und Transport in Rohrfernleitungen

50 Schifffahrt

51 Luftfahrt

52 Lagerei sowie Erbringung von sonstigen Dienstleistungen für den Verkehr

53 Post-, Kurier- und Expressdienste


631
Die Autorinnen und Autoren

Die Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Bernhard Badura beitsbereich der Arbeits- und Organisations-


psychologie an der Universität Hamburg. Sie
Universität Bielefeld führte mehrere Forschungsprojekte zu Arbeit
Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Gesundheit, betrieblicher Gesundheitsför-
Bielefeld derung, Veränderungsprozessen in Organisa-
tionen sowie sozialer Verantwortung durch.
Aktuell arbeitet sie wissenschaftlich und prak-
tisch zu diesen Themen.

Nicola Baur

Betriebliches Gesundheitsmanagement
Universität Bielefeld

Dr. rer. soc., Studium der Soziologie, Philoso-


phie und Politikwissenschaften in Tübingen,
Freiburg, Konstanz und Harvard/Mass. Seit
März 2008 Emeritus der Fakultät für Gesund-
heitswissenschaften der Universität Bielefeld.

Prof. Dr. Eva Bamberg

Universität Hamburg, Arbeits- und Nicola Baur studierte bis 2006 Komparatistik
Organisationspsychologie an der LMU, München, und arbeitete danach
Hamburg als Marketingmanagerin bei einem offenen
Immobilienfonds in Frankfurt am Main. Hier-
bei verantwortete sie u. a. die Geschäftsjah-
resberichte und die inhaltliche Ausgestaltung
von Vertriebsveranstaltungen. Seit 2012 ist sie
in einem Unternehmen der deutschen Indus-
trie im Süden Deutschlands in der Entwick-
lung tätig, in dem sie seit 2015 den Bereich
des zentralen Erprobungsmanagements leitet.
2019–2022 studierte sie berufsbegleitend im
Master-Studiengang Workplace Health Ma-
nagement am Zentrum für Wissenschaftliche
Weiterbildung an der Universität Bielefeld.

Prof. (a. D.) Dr. Eva Bamberg ist Diplompsy-


chologin und leitete von 1997 bis 2017 den Ar-
632 Die Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Andreas Blume Katharina Brauer

hr&c – Human Resources und Universität Leipzig


Change Management GmbH Sportwissenschaftliche Fakultät
Bochum Lehrstuhl Sportpsychologie
Leipzig

Prof. Dr. Andreas Blume promovierte in


Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und ist Katharina Brauer ist wissenschaftliche Hilfs-
Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie Business kraft am Lehrstuhl Sportpsychologie an der
Coach. Nach über 20 Jahren geschäftsführen- Sportwissenschaftlichen Fakultät der Univer-
der Vorstandstätigkeit und langjähriger Bera- sität Leipzig. Sie absolvierte ihren Master
tungserfahrung zu Themen des Arbeits- und in Sportwissenschaften mit dem Schwerpunkt
Gesundheitsschutzes gründete er 2010 das Be- Prävention und Gesundheitsförderung und stu-
ratungsunternehmen hr&c GmbH, wo er als diert derzeit im Master Sport and Exercise
wissenschaftlicher Leiter agiert. Darüber hi- Psychology. Ihr Forschungsinteresse bezieht
naus übt er seit vielen Jahren Lehrtätigkeiten sich auf (digitale) Betriebliche Gesundheits-
an der Ruhr-Universität Bochum und der Uni- förderung und Betriebliches Gesundheitsma-
versität Bielefeld aus. nagement.
633
Die Autorinnen und Autoren

Dr. Elisa Clauß Prof. Dr. Antje Ducki

BDA | DIE ARBEITGEBER Berliner Hochschule für Technik (BHT)


Bundesvereinigung der Deutschen Fachbereich I: Wirtschafts- und
Arbeitgeberverbände Gesellschaftswissenschaften
Arbeitswissenschaft | Soziale Sicherung Berlin
Berlin

Nach Abschluss des Studiums der Psycholo-


Dr. Elisa Clauß ist promovierte Psychologin gie an der Freien Universität Berlin als wis-
und Referentin für Arbeitswissenschaft in der senschaftliche Mitarbeiterin an der TU Ber-
Abteilung Soziale Sicherung bei der Bun- lin tätig. Betriebliche Gesundheitsförderung
desvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver- für die AOK Berlin über die Gesellschaft
bände (BDA). Als Leiterin und Mitglied von für Betriebliche Gesundheitsförderung, Mitar-
verschiedenen nationalen Gremien und Bei- beiterin am Bremer Institut für Präventions-
räten zum Arbeitsschutz, zur guten Arbeits- forschung und Sozialmedizin, Hochschulas-
gestaltung und sowie in der nationalen und sistentin an der Universität Hamburg. 1998
internationalen Normung vertritt sie den The- Promotion in Leipzig. Seit 2002 Professorin
menbereich Arbeit und Gesundheit für die für Arbeits- und Organisationspsychologie an
BDA. Ihre Schwerpunkte liegen hierbei u. a. der Berliner Hochschule für Technik (BHT).
auf neuen Formen der Arbeit, psychischer Be- Arbeitsschwerpunkte: Arbeit und Gesundheit,
lastung und Gesundheit sowie Unterstützung Gender und Gesundheit, Mobilität und Ge-
von KMU, zum Beispiel in der Gemeinsamen sundheit, Stressmanagement, Betriebliche Ge-
Deutschen Arbeitsschutzstrategie. sundheitsförderung.
634 Die Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Anne-Marie Elbe Dr. Florian Fischer

Universität Leipzig Bayerisches Forschungszentrum Pflege Digital


Sportwissenschaftliche Fakultät Hochschule für angewandte Wissenschaften
Lehrstuhl Sportpsychologie Kempten
Leipzig Institut für Public Health
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Berlin

Prof. Dr. Anne-Marie Elbe ist Professorin für


Sportpsychologie sowie Prodekanin an der
Sportwissenschaftlichen Fakultät der Univer- Dr. Florian Fischer studierte und promovierte
sität Leipzig. Zuvor war sie an der Universi- in Public Health an der Fakultät für Gesund-
tät Kopenhagen, Dänemark, der Northumbria heitswissenschaften der Universität Bielefeld.
University, Newcastle, Großbritannien und an Er beschäftigt sich mit Evidenzbasierung im
der Universität Potsdam tätig. Ihre Veröffent- Bereich Public Health sowie Megatrends im
lichungen und Forschungsinteressen konzen- Kontext von Gesundheit und Pflege. Dazu ge-
trieren sich auf motivationale und volitionale hört auch die Bedeutung von Nachhaltigkeit
Aspekte der sportlichen Leistung, Talentent- und Digitalisierung, die in seiner Tätigkeit am
wicklung im Sport, Dopingprävention sowie Bayerischen Forschungszentrum Pflege Digi-
die integrative Rolle des Sports. Sie ist Past tal an der Hochschule Kempten im Vorder-
President der FEPSAC (European Federation grund steht.
of Sport Psychology), Mitglied des Scienti-
fic Boards der ECSS (European College of
Sport Science) sowie Mitglied im Editorial
Board der Zeitschriften Science and Medicine
in Football und Psychology of Sport and Exer-
cise.
635
Die Autorinnen und Autoren

Dr. Ina Goller Dr. David Herr

Berner Fachhochschule Bundesministerium für Gesundheit


Department Technik und Informatik Berlin
Bern

Studium der Medizin an der Westfälischen


Dr. Ina Goller ist diplomierte Psychologin mit Wilhelms-Universität in Münster. Von Januar
Schwerpunkten in der Arbeits-, Organisations- bis Juni 2010 Trainee beim Standing Commit-
und Kognitionspsychologie. Seit mehr als tee of European Doctors (CPME) in Brüssel.
20 Jahren berät sie Unternehmen in der Von 2012 bis 2014 Arzt in der Klinik für
Schweiz und weltweit. Als Professorin für Psychiatrie und Psychotherapie des Universi-
Innovationsmanagement an der Berner Fach- tätsklinikums Köln. Seit 2014 tätig im Bundes-
hochschule und als Dozentin an der ETH Zü- ministerium für Gesundheit.
rich begeistert sie Studenten mit ihrem beson-
deren Interesse für Kreativität und Innovation.
In der Verbindung von Psychologie und Inno- Apl. Prof. Dr. Bettina Hollstein
vation ist Dr. Ina Goller eine gefragte Exper-
tin zu Themen wie Psychologische Sicherheit, Max-Weber-Kolleg für kultur- und
Change und Teamarbeit. Sie leitet Kunden- sozialwissenschaftliche Studien
projekte für namhafte Schweizer Unternehmen Universität Erfurt
und forscht zum Thema Psychologische Si- Erfurt
cherheit.

Bettina Hollstein ist seit 1998 Geschäftsfüh-


rerin des Max-Weber-Kollegs für kultur- und
636 Die Autorinnen und Autoren

sozialwissenschaftliche Studien der Universi- Dr. Constanze Jecker


tät Erfurt. Sie promovierte 1994 mit einer
Arbeit zu Wirtschaftsethik und Umwelt und Hochschule Luzern – Wirtschaft
wurde 2014 mit einer Arbeit zum Ehrenamt Institut für Kommunikation und Marketing
in handlungstheoretischer Perspektive habili- IKM
tiert. Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift Luzern
für Wirtschafts- und Unternehmensethik. Ih-
re Forschungsschwerpunkte sind: Pragmatis-
tische Wirtschaftsethik, Handlungstheorie, eh-
renamtliches Engagement, Nachhaltigkeit/Bil-
dung für nachhaltige Entwicklung, Korrupti-
on. Zu ihren wichtigsten Publikationen zählen:
Ehrenamt verstehen. Eine handlungstheoreti-
sche Analyse (Campus 2015) und Wirtschafts-
ethik und Umwelt. Deutsche und französische
Ansätze im Vergleich (Gabler 1995).

Miriam-Maleika Höltgen
Dr. Constanze Jecker ist Dozentin für Kom-
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) munikation sowie Leiterin des CAS Internal
Berlin and Change Communication an der Hochschu-
le Luzern – Wirtschaft (7 www.hslu.ch/ikm).
Sie ließ sich zunächst als Radioredakteurin
ausbilden, arbeitete dann als Redakteurin und
Moderatorin beim Schweizer Radio DRS (heu-
te: SRF) und studierte berufsbegleitend Ge-
sellschaftswissenschaften an der Universität
Freiburg i. Ü./CH. Dort promovierte sie auch
als Mitarbeiterin am Departement für Medien-
und Kommunikationswissenschaft zum The-
ma Framing. Anschließend war sie Ausbilde-
rin beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF.
Heute ist sie nebenamtlich ferner als Dozentin
an der FernUni Schweiz sowie als systemische
Studium der Germanistik, Geschichte und Beraterin für Unternehmen tätig.
Politikwissenschaften an der Friedrich-Schil-
ler-Universität Jena (M. A.); wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Institut für Literaturwissen-
schaft. Im Anschluss berufliche Stationen in
Verlagen in den Bereichen Redaktion, Lekto-
rat, Layout und Herstellung. Seit 2006 im Wis-
senschaftlichen Institut der AOK (WIdO) im
Forschungsbereich Betriebliche Gesundheits-
förderung und Heilmittel, hier insbesondere
verantwortlich für die Redaktion des Fehlzei-
ten-Reports.
637
Die Autorinnen und Autoren

Hannes Klawisch im Mittelstand zurück. Als Vizepräsidentin


für Forschung und Transfer der Hochschule
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Fulda steht Frau Kreipl für transferorientier-
Berlin te Forschung und praxisorientierte Lehre. Sie
verfügt über langjährige Führungserfahrung
im wissenschaftlichen Zentrum für Ernährung,
Lebensmittel und nachhaltige Versorgungssys-
teme (ELVe) sowie im Beratungsstützpunkt
für Gesundheitsförderung und gesellschaftli-
che Verantwortung (BeSt).

Dr. Philipp Kruse

Technische Universität Dresden


Institut für Arbeits-, Organisations- und
Sozialpsychologie
Hannes Klawisch absolvierte im März 2021 Dresden
sein Bachelorstudium in Soziologie und Ge-
schichte an der Universität Rostock. Seit April
2022 studiert er im Master Soziologie an der
Universität Potsdam. Gleichzeitig begann er,
im WIdO den Forschungsbereich Betriebliche
Gesundheitsförderung und Heilmittel als stu-
dentischer Mitarbeiter zu unterstützen.

Prof. Dr. Claudia Kreipl

Hochschule Fulda
Fulda
Dr. Philipp Kruse wurde 1992 in Wernigero-
de im Harz geboren und studierte Psychologie
an der TU Dresden. Seit 2016 ist er als wis-
senschaftlicher Mitarbeiter an der Professur
für Arbeits- und Organisationspsychologie der
TU Dresden tätig, an der er 2019 promovierte.
Dr. Kruse beschäftigt sich in seinen Arbeiten
zum Sozialen Unternehmertum mit motiva-
tionalen Mechanismen der sozialunternehme-
rischen Absichtsbildung, Kulturunterschieden,
Führung und Stereotypen sowie sozialer Inno-
vation.

Prof. Dr. Claudia Kreipl ist als Professorin


für Unternehmensführung an der Hochschule
Fulda tätig. Sie blickt auf viele Jahre Praxis-
erfahrung in internationalen Konzernen und
638 Die Autorinnen und Autoren

PD Dr. Thomas Kuhn Dr. Edelgard Kutzner

FernUniversität in Hagen Technische Universität Dortmund


Fakultät für Wirtschaftswissenschaft Fakultät Sozialwissenschaften
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Sozialforschungsstelle
insbes. Personalführung und Organisation Dortmund
Hagen

Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Arbeit


Akademischer Oberrat an der FernUniversität in und Management von Unternehmen, ins-
in Hagen sowie Privatdozent der Universi- besondere Arbeitsorganisation und Arbeits-
tät St. Gallen (HSG). Forschungsschwerpunk- gestaltung, Arbeitspolitik, Betriebsklima, Di-
te: Wirtschafts- und Unternehmensethik sowie gitalisierung von Arbeit, Diversity, Gender,
Personal- und Führungsethik. Neuere Buchpu- Produktions- und Dienstleistungsarbeit, Quali-
blikationen: Führungsethik in Organisationen tät der Arbeit.
(Kohlhammer 2012) sowie: Bad Leadership.
Von Narzissten & Egomanen, Vermessenen &
Knut Lambertin
Verführten (Vahlen 2020), beide gemeinsam
mit Jürgen Weibler.
Deutscher Gewerkschaftsbund
Bundesvorstandsverwaltung
Abteilung Sozialpolitik
Berlin

Dipl.-Pol. Knut Lambertin ist Referatsleiter


Gesundheitspolitik/Grundsatz beim Bundes-
639
Die Autorinnen und Autoren

vorstand des DGB. Er hat Politikwissenschaft, Forschung konzentriert er sich auf Ansätze
Erziehungswissenschaft, Öffentliches Recht der positiven Psychologie im Sport und Schul-
und Vergleichende Religionswissenschaft in sport.
Bonn und Berlin studiert. 21 Jahre hat er in
verschiedenen Branchen gearbeitet und sich
sowohl politisch als auch gewerkschaftlich en- Adelisa Martinovic
gagiert, bevor er 2005 zum DGB wechselte.
Seit 2011 ist er in verschiedenen Gremien hr&c – Human Resources und
der sozialen Selbstverwaltung der gesetzlichen Change Management GmbH
Krankenkassen und ihrer Verbände tätig, ak- Bochum
tuell u. a. als Alternierender Vorsitzender des
Aufsichtsrats des AOK-Bundesverbandes, Al-
ternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats
der AOK Nordost und als Alternierender Vor-
sitzender des Fachausschusses Verträge und
Versorgung des GKV-Spitzenverbandes.

Dr. Sascha Leisterer

Universität Leipzig
Sportwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl Sportpsychologie
Leipzig Adelisa Martinovic (M. Sc.) studierte Arbeits-,
Organisations-, und Wirtschaftspsychologie an
der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2020 ist
sie als Beraterin bei hr&c tätig, wobei ihr
Schwerpunkt in der Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen, der Softwareergono-
mie-Analyse sowie der Personal- und Füh-
rungskräfteentwicklung liegt. Gemeinsam mit
Prof. Dr. Andreas Blume verantwortet sie die
Forschungs- und Publikationsarbeit bei hr&c.

Dr. Sascha Leisterer ist wissenschaftlicher


Mitarbeiter am Lehrstuhl Sportpsychologie an
der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Uni-
versität Leipzig. Während seiner Promotion
an der Humboldt-Universität zu Berlin zum
affektiv-emotionalen Erleben von Schülerin-
nen und Schülern im Sportunterricht arbeitete
er als Lehrbeauftragter für Sportpsychologie
an selbiger Stelle und für Forschungsmetho-
dik im Studiengang Pflegemanagement an der
Evangelischen Hochschule Berlin. In seiner
640 Die Autorinnen und Autoren

Miriam Meschede Betriebliche Gesundheitsförderung, Datenma-


nagement und IT-Projekte. Seit 2010 wissen-
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) schaftlicher Mitarbeiter im Wissenschaftlichen
Berlin Institut der AOK (WIdO) im AOK-Bundes-
verband, Forschungsbereich Betriebliche Ge-
sundheitsförderung und Heilmittel; Projektlei-
ter Forschungsbereich Betriebliche Gesund-
heitsförderung. Arbeitsschwerpunkte: Fehlzei-
tenanalysen, betriebliche und branchenbezo-
gene Gesundheitsberichterstattung.

Ildikó Pallmann

Minor – Projektkontor für Bildung


und Forschung
Berlin
Masterstudium der Prävention und Gesund-
heitsförderung an der Universität Flensburg.
Seit 2018 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im
Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO)
im AOK-Bundesverband, Forschungsbereich
Betriebliche Gesundheitsförderung und Heil-
mittel und Projektleitung für kassenartenüber-
greifende Unternehmensberichte.

Markus Meyer

Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)


Berlin Ildikó Pallmann absolvierte den Masterstudi-
engang „Sozialwissenschaften“ an der Hum-
boldt-Universität zu Berlin. Beim Deutschen
Gewerkschaftsbund arbeitete sie in verschie-
denen Projekten mit dem Schwerpunkt Be-
kämpfung des Menschenhandels zur Arbeits-
ausbeutung. Seit 2016 ist sie bei Minor in der
IQ Fachstelle Einwanderung tätig und beschäf-
tigt sich dort insbesondere mit dem Thema Ar-
beitsmarktintegration von Migrantinnen. Seit
2021 arbeitet sie zudem in dem partizipatori-
schen Forschungsprojekt Digital Active Wo-
men, das sich mit der Frage auseinandersetzt,
Diplom-Sozialwissenschaftler. Berufliche Sta- wie digitale Informations- und Beratungsan-
tionen nach dem Studium: Team Gesund- gebote besser bei neu zugewanderten Frauen
heit der Gesellschaft für Gesundheitsmanage- ankommen.
ment mbH, BKK Bundesverband und spec-
trum|K GmbH. Tätigkeiten in den Bereichen
641
Die Autorinnen und Autoren

Mike Paternoga Prof. Dr. Holger Pfaff ist Direktor des In-
stituts für Medizinsoziologie, Versorgungsfor-
hr&c – Human Resources und schung und Rehabilitationswissenschaft (IM-
Change Management GmbH VR) der Humanwissenschaftlichen Fakultät
Bochum und der Medizinischen Fakultät der Universität
zu Köln und Direktor des Zentrums für Ver-
sorgungsforschung Köln (ZVFK). Er war un-
ter anderem Fachkollegiat der Deutschen For-
schungsgemeinschaft (DFG, 2012–2019) und
Vorsitzender des Expertenbeirats des Deut-
schen Innovationsfonds, berufen durch das Ge-
sundheitsministerium (2016–2019).

Dr. Christian Pfeffer-Hoffmann

Minor – Projektkontor für Bildung


und Forschung
Mike Paternoga (B. Sc.) studierte Arbeits-, Berlin
Organisations-, und Wirtschaftspsychologie an
der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2015 ist er
als Berater, Trainer, Moderator und Projekt-
leiter bei hr&c tätig. Sein Schwerpunkt liegt
auf der Gefährdungsbeurteilung psychischer
Belastungen, Mediationsverfahren sowie Se-
minardurchführung rund um die strategische
Personalentwicklung und Personalplanung.

Prof. Dr. Holger Pfaff

IMVR – Institut für Medizinsoziologie,


Christian Pfeffer-Hoffmann leitet Minor und
Versorgungsforschung und
die IQ Fachstelle Einwanderung. Der promo-
Rehabilitationswissenschaft
vierte Medienpädagoge hat insbesondere in
Universität zu Köln
den Kontexten Migration, berufliche und poli-
Köln
tische Bildung, Medienbildung und Fachkräf-
tesicherung bereits zahlreiche Publikationen
herausgegeben sowie vielfältige Modell- und
Forschungsprojekte durchgeführt.
642 Die Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Hartmut Rosa Antje Schenkel

Max-Weber-Kolleg für kultur- und Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)


sozialwissenschaftliche Studien Berlin
Universität Erfurt
Erfurt

Diplom-Mathematikerin. Nach Abschluss des


Studiums 2007 durchgehend unterwegs in Da-
Hartmut Rosa (*1965) ist seit 2005 Profes- tenbankentwicklung und Datenanalyse. Seit
sor für Allgemeine und theoretische Soziolo- 2017 Mitarbeiterin des Wissenschaftlichen In-
gie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena stituts der AOK (WIdO) im Forschungsbereich
und seit 2013 Direktor des Max-Weber-Kol- Betriebliche Gesundheitsförderung und Heil-
legs an der Universität Erfurt. Zugleich ist er mittel.
Sprecher des 2021 eingerichteten Sonderfor-
schungsbereichs der DFG „Strukturwandel des
Eigentums“. Als Gastprofessor war er darüber Annette Schlipphak
hinaus an der New School for Social Research
in New York und an der FMSH/EHESS in Pa- Bundesministerium des Innern, für Bau und
ris tätig und Herausgeber der Fachzeitschriften Heimat
Time & Society sowie Berliner Journal für So- Berlin
ziologie. Zu seinen Veröffentlichungen zählen
Beschleunigung (2005), Resonanz (2016) und
Unverfügbarkeit (2018).

Studium der Psychologie in Frankfurt am


Main. Erfahrungen im Bereich Unterricht,
Training und Beratung, Personalentwicklung
und -auswahl. Seit 2001 Referentin im
643
Die Autorinnen und Autoren

Bundesministerium des Innern, heute tä- Helmut Schröder


tig im Ärztlichen und Sozialen Dienst der
obersten Bundesbehörden, Gesundheitsma- Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)
nagement. Zuständig u. a. für die Koordinati- Berlin
on der Umsetzung des Betrieblichen Gesund-
heitsmanagements in der unmittelbaren Bun-
desverwaltung sowie die Erstellung des Ge-
sundheitsförderungsberichts.

Kevin Leo Schmidt

Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)


Bundesvorstandsverwaltung
Abteilung Sozialpolitik
Berlin

Nach dem Abschluss als Diplom-Soziologe an


der Universität Mannheim als wissenschaft-
licher Mitarbeiter im Wissenschaftszentrum
Berlin für Sozialforschung (WZB), dem Zen-
trum für Umfragen, Methoden und Analysen
e. V. (ZUMA) in Mannheim sowie dem Institut
für Sozialforschung der Universität Stuttgart
tätig. Seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbei-
ter im Wissenschaftlichen Institut der AOK
(WIdO) im AOK-Bundesverband und dort
insbesondere in den Bereichen Arzneimittel,
Heilmittel, Betriebliche Gesundheitsförderung
Kevin Leo Schmidt ist Referatsleiter Gesund- sowie Evaluation tätig; stellvertretender Ge-
heitspolitik/Krankenversicherung beim Bun- schäftsführer des WIdO.
desvorstand des DGB. Er hat Staatswissen-
schaften und Wirtschaftswissenschaften an der
Universität Passau und Sozialwissenschaften
an der Humboldt-Universität zu Berlin stu-
diert. Vor seiner Tätigkeit für den DGB ab
2021 hat er in einer Kampagnenagentur gear-
beitet und war politisch wie gewerkschaftlich
engagiert. Für den DGB ist er unter anderem
beratendes Mitglied der Nationalen Präventi-
onskonferenz.
644 Die Autorinnen und Autoren

Kristina Schubin Dr. Marlies Schümann

IMVR – Institut für Medizinsoziologie, Berliner Hochschule für Technik


Versorgungsforschung und Fachbereich I – Arbeits- und
Rehabilitationswissenschaft Organisationspsychologie
Universität zu Köln Berlin
Köln

Dr. Marlies Schümann ist Diplompsychologin


Kristina Schubin ist wissenschaftliche Mit- und war wissenschaftliche Mitarbeiterin am
arbeiterin am Institut für Medizinsoziolo- Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsy-
gie, Versorgungsforschung und Rehabilitati- chologie der Universität Hamburg. Sie ist nun
onswissenschaft (IMVR) der Universität zu an der Berliner Hochschule für Technik tätig.
Köln. Ihr fachlicher Schwerpunkt liegt im Be- Ihre Forschungsschwerpunkte sind Arbeit und
reich „Arbeit und Gesundheit“. Freiberuflich Gesundheit sowie Nachhaltiges Verhalten in
war sie bereits in Projekten zur Organisations- und außerhalb von Organisationen.
diagnostik und -evaluation im Betrieblichen
Gesundheitsmanagement tätig. Sie ist zertifi-
zierte systemische Beraterin.
Reinhard Schwanke

AOK-Bundesverband
Geschäftsführungseinheit „Markt/Produkte“
Berlin

Diplom-Informatiker. Seit 1991 im AOK-Bun-


desverband tätig, u. a. im WIdO und in Bun-
645
Die Autorinnen und Autoren

des-Projekten mit Bezug auf die Leistung Prof. Dr. Karlheinz Sonntag
„Krankengeld“. Derzeit im Geschäftsbereich
„Markt/Produkte“, Abteilung „Leistungen & Seniorprofessor
Produkte“ als Referatsleiter „Leistungsprozes- Arbeitsforschung und Organisationsgestaltung
se“. Der Aufgabenschwerpunkt des Referats Universität Heidelberg
besteht im Wesentlichen in einer kontinuier-
lichen Weiterentwicklung des AOK-Kranken-
geldmanagements. Dabei bilden die bundes-
weit abgestimmten Krankengeld-Fachcontrol-
lingberichte eine wertvolle Grundlage.

Susanne Sollmann

Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)


Berlin

Prof. Dr. Karlheinz Sonntag ist Seniorprofes-


sor an der Universität Heidelberg in der Ab-
teilung Arbeitsforschung und Organisations-
gestaltung. Die Forschungsschwerpunkte des
Arbeitspsychologen liegen unter anderem auf
der humanen und gesundheitsförderlichen Ge-
staltung flexibler und mobiler Arbeitsformen
der digitalen Transformation, der Analyse des
Führungsverhaltens in organisationalen Verän-
derungsprozessen, der Potenzialanalyse (älte-
Susanne Sollmann studierte Anglistik und rer) Erwerbstätiger, der Gestaltung von Work-
Kunsterziehung an der Rheinischen Friedrich- Life-Balance und der Personalentwicklung. Er
Wilhelms-Universität Bonn und am Golds- ist auch wissenschaftlicher Leiter des arbeits-
miths College, University of London. Von psychologischen Forschungs- und Beratungs-
1986 bis 1988 war sie wissenschaftliche Hilfs- instituts khs worklab in Heidelberg.
kraft am Institut für Informatik der Universität
Bonn. Seit 1989 ist sie Mitarbeiterin im Wis-
senschaftlichen Institut der AOK (WIdO) im
AOK-Bundesverband. Sie ist verantwortlich
für das Lektorat des Fehlzeiten-Reports.
646 Die Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Christina Stecker Dr. Grit Tanner

SRH Berlin University of Applied Sciences Berliner Hochschule für Technik


Berlin School of Management Fachbereich I – Arbeits- und
Berlin Organisationspsychologie
Berlin

Nach ihrem Doppelstudium der Wirtschafts-


wissenschaften und Politologie, Soziologie Dr. Grit Tanner ist Diplompsychologin und
und Philosophie promovierte Prof. Stecker am war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ins-
Zentrum für Sozialpolitik (ZeS, heute Soci- titut für Arbeits- und Organisationspsycho-
um) der Universität Bremen. Seit fast zwanzig logie der Universität Hamburg. Sie ist nun
Jahren ist sie in der Alterssicherungs- und an der Berliner Hochschule für Technik tä-
Rehaforschung bei der Deutschen Rentenver- tig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Be-
sicherung Bund in Berlin (zuvor Frankfurt am triebliche Gesundheitsförderung, organisatio-
Main) beschäftigt, wo sie Demographieprojek- nale Veränderungen, stressbezogene Arbeits-
te akquirierte und leitete. Daneben ist sie Trai- analysen, Unternehmenskultur sowie unter-
nerin für das Arbeitsbewältigungs-Coaching nehmensübergreifende Konzepte von Gesund-
(ab-c®). Aktuelle Forschungs- und Arbeits- heitsschutz.
schwerpunkte: Erhalt der Arbeitsfähigkeit im
digitalen & demographischen Wandel, Institu-
tional & Behavioural Economics.
647
Die Autorinnen und Autoren

Dr. Susanne Wagenmann Dr. Nadja Walter

BDA | DIE ARBEITGEBER Universität Leipzig


Bundesvereinigung der Deutschen Sportwissenschaftliche Fakultät
Arbeitgeberverbände Lehrstuhl Sportpsychologie
Arbeitswissenschaft | Soziale Sicherung Leipzig
Berlin

Dr. Nadja Walter ist wissenschaftliche Mitar-


Susanne Wagenmann ist promovierte Volks- beiterin am Lehrstuhl Sportpsychologie an der
wirtin und leitet seit November 2020 die Sportwissenschaftlichen Fakultät der Univer-
Abteilung Soziale Sicherung der Bundesver- sität Leipzig. Im Rahmen ihrer Habilitation
einigung der Deutschen Arbeitgeberverbände beschäftigte sie sich mit den psychologischen
(BDA). Zuvor war sie u. a. in leitender Po- Aspekten der Verhaltensänderung im Sport.
sition in der ärztlichen Selbstverwaltung be- Neben diesem Forschungsschwerpunkt gilt ihr
schäftigt. Ehrenamtlich ist sie u. a. als Mitglied Forschungsinteresse auch Themen wie Psychi-
im Kuratorium des Instituts für Qualitätssiche- sche Gesundheit im Leistungssport und Be-
rung und Transparenz im Gesundheitswesen, triebliche Gesundheitsförderung. Für letztge-
als alternierende Vorsitzende des Vorstands nannten Forschungsbereich entwickelte Nadja
der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation Walter gemeinsam mit Kolleginnen einen Be-
e. V. sowie als Mitglied im Beirat des Verbands wertungsbogen zur Beurteilung der Qualität
für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz von digitalen BGF-Anbietern.
bei der Arbeit e. V. aktiv. Darüber hinaus ist sie
Mitglied im Verwaltungsrat der AOK Nord-
ost sowie alternierende Vorsitzende des Auf-
sichtsrats des AOK-Bundesverbandes und al-
ternierende Vorsitzende des Verwaltungsrats
des GKV-Spitzenverbands.
648 Die Autorinnen und Autoren

Andrea Waltersbacher Coach. Nach seinem Studium arbeitete er


mehrere Jahre als Unternehmensberater zum
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Seit
Berlin 2008 ist Björn Wegner bei der Unfallversi-
cherung Bund und Bahn und leitet das Refe-
rat Psychologie und Gesundheitsmanagement.
Seit 2015 hat er einen Lehrauftrag an der Fach-
hochschule für Sport und Management Pots-
dam, Lehrstuhl Gesundheitsmanagement.

Univ.-Prof. Dr. Jürgen Weibler

FernUniversität in Hagen
Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre,
insbes. Personalführung und Organisation
Andrea Waltersbacher, Diplom-Soziologin,
Hagen
ist seit 2001 wissenschaftliche Mitarbeite-
rin im WIdO. Seit 2002 ist sie Projektleite-
rin des AOK-Heilmittel-Informations-Systems
(AOK-HIS) im Forschungsbereich Betriebli-
che Gesundheitsförderung und Heilmittel. Seit
2017 arbeitet sie bei der jährlichen Befra-
gung von Erwerbstätigen zum Schwerpunkt
des Fehlzeiten-Reports mit.

Björn Wegner

Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB)


Arbeitsschutz und Prävention
Professor für Betriebswirtschaftslehre an der
Wilhelmshaven
FernUniversität Hagen, insbesondere Perso-
nalführung und Organisation. Forschungs-
schwerpunkte: Zukunftsweisende Führung,
(Digitale) Transformation von Organisationen,
zeitgemäßes Personalmanagement. Buchpu-
blikationen (u. a.): Personalführung (Vahlen,
3. Aufl. 2016, 4. Aufl. Ende 2022), Plural Lea-
dership (mit Sigrid Endres¸ Springer 2019).
Unter www.leadership-insiders.de unterstützt
er die Führungspraxis bei der Gestaltung er-
folgreicher Führungsbeziehungen.

Björn Wegner studierte Sportwissenschaften


mit den Schwerpunkten Prävention und Re-
habilitation und ist systemisch integrativer
649
Die Autorinnen und Autoren

Dr. Annekatrin Wetzstein Lisa Wing

Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV Ehem. Wissenschaftliches Institut der AOK
(IAG) (WIdO)
Dresden Berlin

Dr. Annekatrin Wetzstein, Dipl.-Psych. ist Lei- Lisa Wing hat Sozialwissenschaften an der
terin des Bereichs Evaluation und Betriebli- Humboldt-Universität in Berlin studiert. Bis
ches Gesundheitsmanagement im Institut für zum Februar 2021 arbeitete sie am Wissen-
Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetz- schaftszentrum Berlin für Sozialforschung in
lichen Unfallversicherung. Sie studierte Ar- der Forschungsgruppe Globalisierung, Arbeit
beitspsychologie und Klinische Psychologie und Produktion. Bis zum März 2022 unter-
an der Humboldt-Universität zu Berlin und stützte sie als studentische Mitarbeiterin den
promovierte in den Naturwissenschaften an Forschungsbereich Betriebliche Gesundheits-
der Technischen Universität Dresden zur Un- förderung und Heilmittel des WIdO. Heute
terstützung der Innovationsentwicklung. Sie arbeitet sie bei der InterVal GmbH in der em-
arbeitet an Projekten zur Evaluation von Prä- pirischen Sozialforschung.
ventionsmaßnahmen und zum Betrieblichen
Gesundheitsmanagement. Sie ist ausgebildete
Kommunikations- und Verhaltenstrainerin und
systemischer Coach (DGSF).
650 Die Autorinnen und Autoren

Dr. Janine Ziegler

Minor – Projektkontor für Bildung


und Forschung
Berlin

Janine Ziegler studierte und promovierte in


Politikwissenschaften in München und Paris
und arbeitet bei Minor als Wissenschaftli-
che Mitarbeiterin in der IQ Fachstelle Ein-
wanderung sowie im Projekt „Blickpunkt Mi-
grantinnen: Fach- und Servicestelle für die
Arbeitsmarktintegration migrantischer Frauen
in Sachsen-Anhalt“. Ihre Arbeitsschwerpunkte
sind Migration und (Arbeitsmarkt-)Integration
von Migrantinnen sowie Citizen-Science-An-
sätze.
651 A–C

Stichwortverzeichnis

A B
Abstinenzverhalten 138 Bad Follower 230
Abwesenheitstage Bad Leader 230
– nach Alter 611 Belastung, psychische 130, 141
– nach Behördengruppen 611 Belastungsmuster 126
– nach Geschlecht 611 Benachteiligung, dreifache von Frauen 173
– nach Laufbahngruppen 609 Berichtspflichten 144
– nach Statusgruppen 610 Berufe, reglementierte 171
Achtsamkeit 196 Berufsattraktivität 279
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 152 Berufsausstieg 278
Alters- und Geschlechtsstruktur 305 Berufsethos 278
Altersstruktur 305 Beschäftigtenbefragung 604
Anerkennung 276 Beschäftigtenvertretung 62
Ansatz, gendersensibler 173 Beschleunigung 70, 72, 73
Arbeitgeberattraktivität 207, 279 Beschwerden
Arbeits- und Gesundheitsschutz (AuG) 137, 139, 142, – emotionale 94, 110
144 – körperliche 98, 110
Arbeitsbedingungen 62, 276, 281 – psychosomatische 94, 95, 110
– gesunde 23 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) 37, 54, 102,
– gesundheitsgerechte 159 117, 159, 160, 240, 264
Arbeitsbelastung 277 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) 603
Arbeitschutzkontrollgesetz 138 Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) 15, 37,
Arbeitserlaubnis 169 54, 159, 240, 243, 264, 603
Arbeitsfähigkeit 262, 266, 267 Betriebliches Nachhaltigkeits- und
Arbeitsgenehmigungsverfahren 169 Gesundheitsmanagement (BNGM) 13–15, 17
Arbeitsgestaltung 55 Betriebsrat 60, 62, 156
Arbeitsklima 180 Betriebsvereinbarungen 65
Arbeitsmarktbeteiligung 167 Bewältigungsstrategien, korporative 16
Arbeitsmarktzugang 168 Bewegungsmangel 207, 216, 220
Arbeitsorganisation 161 BGF-Angebote 111
Arbeitspolitik 155 Breitband- und Screening-Verfahren 47
Arbeitsschutz 55, 62, 65, 160, 240 Burnout 346
– diversitygerechter 154
arbeitssuchend 166
Arbeitsunfähigkeitsquote 298 C
Arbeitsunfähigkeitstage 113, 298, 317 Chancengleichheit 154, 160, 162
Arbeitsunfähigkeitszeiten 292 Change 202
Arbeitsunfälle 333
Commitment 100
Arbeitsverdichtung 221, 276
Corona-Pandemie 53, 70
Arbeitsverhalten, innovatives 268, 272
Corporate Citizenship 29, 197
Arbeitsverhältnisse 247
Corporate Communicative Responsibility (CCR) 200
– prekäre 240
Corporate Digital Responsibility (CDR) 124
Arbeitszufriedenheit 88, 90, 108, 154, 263, 281
Corporate Foundation 30
Asylherkunftsländer 167
Corporate Giving 29
Asylverfahren 169
Corporate Social Responsibility (CSR) 13, 26, 28, 55,
Atemwegserkrankungen 321, 330
70, 78, 87, 88, 90, 100, 116, 124, 197, 241, 243, 248,
Aufenthaltsstatus 168
262, 279
Aufwand-Nutzen-Verhältnis 140
Corporate Sustainability (CS) 197
Ausbildungsduldung 170
Corporate Volunteering 30
Automotive Health 40
Covid-19-Pandemie 92, 94, 358
Autonomie 64
CSRD-Richtlinie 143
CSR-Engagement 106, 111, 116
652 Stichwortverzeichnis

CSR-Kommunikation 31, 200 – helle Seite 226


CSR-Maßnahmen 201 – unethische 227
CSR-Reporting 31 – zerstörerische 228
CSR-Richtlinie 137 Führungsforschung 128, 227
CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) 27, 31 Führungskapital 212
Führungskompetenz 89
Führungskräfte 14, 89, 118, 141, 187, 196
D Führungsqualität 128, 213
Datenschutz 41 Führungsstil, transformationaler 128
Datensicherheit 41 Führungsverhalten 128
Dauererreichbarkeit 216 Führungsverständnis, post-heroisches 234
Derailment 232 Fürsorge 277
Diagnoseuntergruppen 343 – gesundheitsbezogene 91, 102, 104, 116
Dienstplangestaltung 279
Diskriminierung 168
Diversitäts-Prozesse 157
G
Diversity 152, 155, 157, 162 Gefährdungsbeurteilung (GfB) 64, 137–139
Diversity Management 154–156, 158, 161, 162, 172 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)
Duldung 170 55, 64
Gemeinwohlorientierung 88, 106
Gerechtigkeit 125
E geringfügige Beschäftigung 166
eHealth 39 GESIOP-Tool 246
Eigenverantwortung 37 Gesundheit 125, 129
Eingruppierung 162 – physische 215
Employer Branding 32, 201 – psychische 215, 604
Empowerment 37, 268 Gesundheits- und Nachhaltigkeitsrisiken 6, 7
Entgrenzung 73, 76, 207, 210, 217, 218, 222 Gesundheits-Apps 39
Entlassung 233 Gesundheitsbegriff 22
Entlohnungsgrundsätze 162 Gesundheitsdaten 36, 45
Environmental Social Governance (ESG) 279 Gesundheitsförderlichkeit 14, 15
Erkrankungen der Verdauungsorgane 334 Gesundheitsförderung 125, 156, 158, 159, 269
Erreichbarkeit 211, 219 Gesundheitsindex 131
Ethik 195 Gesundheitskompetenz 267, 272
ethische Standards 87 Gesundheitsmanagement 13, 62, 603
– nachhaltiges 126
– ressourcenorientiertes 129
F Gesundheitsschutz 280
Fachkräftemangel 277 Green Hospitals 280
Fachkräftenetzwerke 172 Gründerinnen 253
Feedback 189
Fehler 182, 184
– intelligente 188 H
– vermeidbare 188 Handeln, kreatives 75
Fehltage, krankheitsbedingte 98 Handlungsfähigkeit, kollektive 16
Fehlzeitengeschehen 289 Handlungsspielraum 64
Flexibilisierung Health oriented Leadership (HoL) 89
– Angebote 63 Herz- und Kreislauf-Erkrankungen 338
– Arbeitszeit 63 Hierarchie 187
Flexibilität 63, 209 Homeoffice 92, 207
Förder- und Unterstützungsangebote 173 hybride Arbeit 125
Führung 24, 186 hybride Arbeitsformen 128
– ausbeuterische 228
– dunkle Seite 226
– feindselig-aggressive 227
I
– gesundheitsförderliche 142 Impression Management 182, 229
– gesundheitsorientierte 89–91, 102, 106, 118, 196 Inclusive Leadership 188
653 C–O
Stichwortverzeichnis

Infektionsschutz 53 Leitfaden Prävention 53


Informationsflut 215, 221 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) 241, 248
Informierte Einwilligung 41, 44 Lifestyle-Apps 39
Inklusionsfähigkeit 183 Lohngerechtigkeit 162
Innovation 181 Luzifer Effekt 231
Institutional Support 255
Institutional Void 255
Integriertes Fach- und Sprachlernen 170
M
Integrität 125 Machiavellisten 229, 234
Interessenvertretung 155, 246 Mäßigung 77
Interventionen, gesundheitsbezogene 246 Meaningfulness 257
Medienkompetenz 41
MEgA-Projekt 126
K Menschenrechte 241
Kinderkrankengeld, Ausgaben 591 Menschenrechtsverletzungen 241
Kinderpflegekrankengeld 352 Mentoringkonzepte 172
Klimaschutz 280 Minijobs 166
kognitive Irritationen 92, 108 Mission Drift 256
kollektive Phänomene 8, 9 Mitarbeitendenbefragung 43
Kommunikation 222 Mitarbeiterführung 77
– innerbetriebliche 194 mobile Arbeit 64, 207, 218
– interne 196 Mobile Health 39
– Kanäle 202 Motivation 154, 263
– offene 183, 188 – extrinsische 264
– verantwortungsvolle 194, 199, 201 – intrinsische 264, 266
Kommunikationsverhalten 214 Mündigkeit 234
Kompetenzentwicklung 268, 269, 271 Muskel- und Skelett-Erkrankungen 321, 329
Kompetenzerfassung 171
Konsumverzicht 31 N
Kontakte, soziale 210
Kontrolle 74 Nachhaltigkeit 27, 88, 106, 173, 197, 200, 201
Kooperation, interorganisationaler 245 Nachhaltigkeitsmanagement 13, 15, 269
Krankengeld 588 – betriebliches 11
– Altersgruppen 597, 599 Narzissten 229, 234
– Ausgaben 589, 594, 598, 599 Netzwerk 207, 211, 218, 223, 245
– Ausgabensteigerung 591 – Erweiterung 211
– Diagnosen 594 – Pflege 211
– Falldauer 588, 593, 599 – Verlust 218
– Fallzahlen 591 Netzwerkkapital 210
krankengeldberechtigtes Mitglied (KGbM) 588 Nudging-Strategien 15
Krankenstand 289, 299, 314, 608 Nutzenwahrnehmung 140
– standardisiert 305
Krankenstanderhebungen 614 O
Krankheitsarten 321, 329
Krankheitsdauer 612 Onboarding 172
Krankheitsgeschehen 321 Organisationen
Kündigungsabsichten 232 – Erfolg 26
Kurzzeiterkrankungen 292, 299 – gesellschaftliche Verantwortung 26
– gesunde 22
Organisationshandeln 14
L Organisationskultur 213
Langzeiterkrankungen 299, 608 Organisationsverantwortung 11
Langzeitfälle 292, 299, 341, 342 Organisationsverschulden 11
Leadership 213, 219 Ottawa-Charta 125
Leiharbeit 167
Leistungsbereitschaft 90, 108
Leitbilder 16
654 Stichwortverzeichnis

P Spracherwerb 170
– fachspezifischer 171
Partizipation 146, 155, 163
Stabilisierung, dynamische 70
Personalmanagement 161
Stakeholder-Orientierung 28
Personalselektion 234
Perspektiven, berufliche 174 Status, sozialer 187
Pfadwechsel 70, 75 Statusunterschiede 187
Pflexit 278 Steigerungszwang 75
Präsentismus 99, 113 Stereotype 157
Prekarisierung 167 Stress 73, 232
Primärprävention 264 Stressempfinden 216, 217
Produktions- und Konsummuster 30 Sustainable Leadership 119
Professionalisierung 277 Systemrelevanz 276
Profitabilität 25
psychische und Verhaltensstörungen 338 T
Psychologische Sicherheit 180, 181, 184
Psychopathen 230, 234 Teamfähigkeit 183
Teamklima 188
Teams 180, 181, 183
Q Technostress 72
Qualifikation, berufliche 170 Terminfülle 216
Qualifikationsniveau 167 Tertiärprävention 265
Qualifizierung 172 toxisches Dreieck 228
Transparenz 201

R
U
Rahmenindikator 144
Reductive Bias 256, 257 Überforderung 228
Reflexionsmeetings 190 Umgang mit Fehlern 182
Ressourcenverbrauch 30 Umsetzungsbarrieren 40
Reviews 189 UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
Richtlinie 2001/55 EG 169 242
Rollenambiguität 256 Unterforderung 228
Unternehmensführung 23
– strategische 24
S – wertorientierte 124
Schuldgefühle 233 Unternehmensgrundsätze 129
Sekundärprävention 264 Unternehmenskommunikation 194, 195, 198
Selbstbestimmung 64 Unternehmenskultur 77, 78, 162, 269
– informationelle 41 Unternehmenspolitik 129
Selbstmanagement 75 Unternehmensverantwortung 108, 110, 116, 194, 195,
Selbstständigkeitsgewinn 37 197
Selbstwirksamkeit 277, 281 Unternehmensverbundenheit 90
Selbstwirksamkeitserwartung 265 Unternehmertum 252
self transcendence 254 – soziales 252, 258
Self-Tracking 47 Unverantwortlichkeit
Sensortechnologie 40 – diffuse 12
Sicherheits- und Betriebsanweisungen 160 – unorganisierte 12, 17
Sinnhaftigkeit der Arbeit 212 Unverfügbarkeit 74, 79
Social-Media-Kanäle 46
soziale Distanzierung 210
Sozialkapital 208, 219
V
Sozialpartnerschaft 53, 55, 65 Veränderungsbereitschaft 63
Sozialverantwortung 117 Verantwortlichkeit 186
– unternehmerische 90 Verantwortung 5, 6, 13, 24, 185, 243
sozialversicherungspflichtig 166 – betriebliche 70
Sozialvertrag 264 – Diffusion 5, 9, 10, 17
Sponsoring 30 – ethische 26
655 P–Z
Stichwortverzeichnis

– Grenzen 201 Verursacherverständnis 6


– individuelle 7 Verwaltungstätigkeiten 126
– ökonomische 25 Vielfalt 152, 158
– philanthropische 26 – personelle 154, 155
– rechtliche 25
– soziale 194, 248
– unternehmerische 75, 87
W
– von Unternehmen 7 Wearables 39
Verantwortungsethik 6 Wertegemeinschaften 124
Verantwortungskommunikation 197 Wertekanon 129
Verantwortungsträger 195 Wertekodex 32
Verantwortungsübernahme 74 Werteorientierung 124
– im Team 77 Wertschätzung 155
Verbraucherverhalten 244 Wertschöpfungskette 241–244, 247
Vereinbarkeit von Familie und Beruf 210 Wettbewerbsvorteil 30
Verhaltensprävention 130, 265 Wohlbefinden 154, 257
Verhältnisprävention 130, 265 Work Ability Index (WAI) 266
Verletzungen 332 Work-Life-Balance 207
Verschlüsselung der Diagnosen 295
Versichertenstruktur 292
Versorgungsqualität 281
Z
Vertrauen 63, 198, 202, 212 ZOOM-Fatigue 74
Verursacherprinzip 12 Zulieferer 241

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