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von Rüdiger Hansen

und Raingard Knauer

Jelena im Kinderparlament
Dieses Buch gehört:
Jelena im Kinderparlament
Eine Geschichte von Rüdiger Hansen und Raingard Knauer
illustriert von Matthias Berghahn
Als Leon morgens in den Kindergarten kommt, staunt er nicht
schlecht. Mitten im Flur hängt die Kindergartenleiterin Frau
Schneider ein Foto von seinem Papa auf. „Warum hängst du das
Bild dahin?“, fragt Leon. „Weil dein Vater gestern zum Eltern­
vertreter der blauen Gruppe gewählt wurde“, sagt Frau Schneider.
„Was ist ein Elternvertreter?“, fragt Leon nach. „Ihr Kinder habt
eure Gruppensprecher. Und die Elternvertreter sind die Sprecher
von den Eltern.“ – „Warum hängen dann hier keine Bilder von
den Gruppensprechern?“, ärgert sich Leon. „Prima Idee!“, meint
Frau Schneider. „Sprich doch mal mit den anderen darüber.“

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Im Gruppenraum stürmt Leon direkt zu seiner Erzieherin. „Anja,
im Flur sollen auch Fotos von den Gruppensprechern hängen!“,
platzt es aus ihm heraus. „Das ist ein gutes Stichwort, Leon“,
sagt Anja. „Morgen werden die neuen Gruppensprecher gewählt.
Vielleicht lässt sich deine Idee dann umsetzen.“ – „Ich will auf jeden
Fall Gruppensprecher werden!“, ruft Leon aufgeregt. „Wissen denn
eigentlich alle, was Gruppensprecher machen?“, fragt Anja in die
Runde. Max und Semra schütteln den Kopf. Sie sind noch ziemlich
neu im Kindergarten.

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„Die Gruppensprecher gehen ins Kinderparlament“, erklärt Jelena.
„Genau!“, sagt Anja und stellt drei Teller mit blauen, roten und
gelben Spielfiguren in die Mitte. „Seht mal: Die kleinen blauen
Figuren seid ihr und die eine große bin ich.“ Max und Semra
nicken. „Die gelben und roten Figuren sind die anderen Kinder­
gartengruppen“, fährt Anja fort. Dann stellt sie noch einen Teller

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mit einer großen braunen Spielfigur dazu. „Wenn etwas zu bespre­
chen ist, das alle Gruppen betrifft, gehen die Gruppensprecher ins
Kinderparlament“, erklärt Anja. „Und das ist bei Frau Schneider im
Büro“, ergänzt Jelena und zeigt auf die braune Spielfigur. „Eine
Erzieherin oder ein Erzieher kommen auch dazu“, sagt Anja und
stellt eine große gelbe Figur zu der braunen.

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„Wer von euch möchte denn Gruppensprecher sein?“, fragt Anja.
„Ich!“, ruft Leon und springt auf. Auch Jelena, Badu und noch
fünf andere Kinder melden sich. „Oh, das sind aber viele“, freut
sich Anja. „Doch es können nur zwei Kinder Gruppensprecher
werden. Da müssen wir wohl wählen.“

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Anja holt eine kleine Schachtel hervor und reicht sie Badu. In der
Schachtel sind lauter Fotos von den Kindern. „Hängt doch mal ein
Bild von euch an die Leine, damit alle sehen, wer Gruppensprecher
werden will“, fordert Anja die Kinder auf.

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„Vor einer Wahl gibt es immer einen Wahlkampf“, kündigt Anja an.
„Alle, die gewählt werden wollen, zeigen dann auf großen Plakaten,
warum sich die Leute für sie entscheiden sollen. Habt ihr Lust, so ein
Wahlplakat zu basteln? Darauf könnt ihr den anderen zeigen, was
ihr gut könnt oder was ihr als Gruppensprecher machen wollt.“ –
„Au ja!“, rufen Jelena und Badu und legen gleich los.

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Am nächsten Tag ist der große Wahltag. Leon ist schon ganz auf­
geregt. Ob ihn die anderen wohl zum Gruppensprecher wählen?
Gleich nach dem Frühstück stellen die Kinder ihre Wahlplakate vor.
Leon hat lauter Köpfe gemalt. „Ich sag’ im Kinderparlament, dass
im Flur nicht nur Fotos von den Eltern hängen sollen, sondern auch
von den Gruppensprechern“, erklärt Leon. Dann zeigt Jelena ihr

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Plakat. Sie hat ein Ohr und einen großen Mund darauf geklebt. „Ich
finde, dass ich gut reden und zuhören kann“, sagt sie. Badu hat sich
selbst mit einem Hund gemalt. „Ich kann schon alleine mit Struppi
spazieren gehen und auf ihn aufpassen“, erzählt er stolz. Auch die
anderen fünf Kinder stellen noch ihre Plakate vor.

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Danach stellen Anja und Jelena hinter dem Vorhang der Kuschel­
ecke acht Becher auf. Auf jeden Becher legen sie ein Foto von den
Kindern, die gewählt werden wollen. Dann verteilt Leon an alle zwei
Murmeln. „Jeder von euch kann zwei Kinder wählen“, erklärt Anja.
„Dafür geht ihr nacheinander in die Kuschelecke. Dort hebt ihr das
Foto von dem Kind hoch, das ihr wählen wollt, und werft eine
Murmel in den Becher.“
Ein Kind nach dem anderen kriecht hinter den Vorhang. Und
immer wieder hören die anderen ein leises Geräusch, wenn die
Murmeln in die Becher fallen.

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Als alle ihre Murmeln eingeworfen haben, holt Anja die Becher mit
den Fotos. „Jetzt zählen wir, welche Kinder die meisten Murmeln
bekommen haben. Die werden nämlich Gruppensprecher“, erklärt
Anja. Jelena hat zehn Murmeln in ihrem Becher, Badu hat acht
bekommen und Leon sieben. „Damit ist Jelena unsere neue Grup­
pensprecherin und Badu unser neuer Gruppensprecher!“, verkündet

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Anja. „Juhu!“, rufen die beiden. Nur Leon ist traurig. „Ich will doch
im Kinderparlament sagen, dass wir im Flur Fotos von den Grup­
pensprechern brauchen“, schluchzt er. „Das sag‘ ich da für dich!“,
tröstet Jelena ihn. „Echt?“, fragt Leon und wischt sich eine Träne ab.
Er fühlt sich schon gleich ein bisschen besser.

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„Denkt ihr daran, dass das Kinderparlament gleich anfängt?“,
erinnert Anja die neuen Gruppensprecher am nächsten Morgen.
„Ach ja!“, ruft Jelena und läuft mit Badu zu Frau Schneiders Büro.
Da sitzen schon zwei Kinder aus der gelben und zwei aus der roten
Gruppe. Auch Jochen, der Erzieher aus der gelben Gruppe, ist da.
„Willkommen zur ersten Sitzung des neuen Kinderparlaments“,
begrüßt Frau Schneider die Kinder. Jochen hängt ein großes Papier
auf einen Ständer. „Ich schreibe auf, was wir heute zusammen
beschließen“, erklärt er. „Was möchtet ihr denn besprechen“, fragt
Frau Schneider. Jelenas Herz klopft ganz laut. Sie hat Leon doch
ein Versprechen gegeben. „Im Flur sollen nicht nur die Fotos von
den Eltern hängen, sondern auch die von den Gruppensprechern“,
sagt sie.

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„Okay“, sagt Jochen und malt auf das große Papier ein Foto.
„Hat sonst noch jemand einen Vorschlag?“ Alle schütteln die Köpfe.
„Wie findet ihr denn die Idee der blauen Gruppe, dass wir ein Plakat
von den Gruppensprechern in den Flur hängen?“, fragt Jochen.
„Gut!“, rufen die Kinder. „Wollt ihr gleich die Fotos machen?“,
fragt Frau Schneider und holt eine Kamera aus dem Regal. „Ja!“,
freut sich Badu und knipst direkt los. „Und ich bastele mit Leon
das Plakat“, schlägt Jelena vor. Alle sind einverstanden. Da schreibt
Jochen die Namen von Leon und Jelena neben das Bild.

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Als das Kinderparlament zu Ende ist, fotografiert Jochen noch das
große Blatt Papier, auf das er alles aufgeschrieben hat. Dann steckt
Frau Schneider ein Kabel in den Fotoapparat und das andere Ende
in ihren Computer. Kurz darauf kommen die Fotos von dem Fotoap­
parat aus dem Drucker. Badu nimmt ein Foto von Jochens großem
Blatt Papier mit. Und Jelena bekommt alle Kinderfotos. „Los, Badu,
lass uns schnell in die Gruppe gehen“, sagt Jelena. Sie will gleich mit
Leon das Plakat basteln.

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„Na, wie war eure erste Sitzung im Kinderparlament?“, fragt Anja,
als Jelena und Badu zurückkommen. „Aufregend“, sagt Jelena.
„Ich habe da Leons Vorschlag gemacht.“ – „Und gibt es jetzt ein
Plakat mit den Gruppensprechern?“, fragt Leon neugierig. „Viel­
leicht besprechen wir das mit der ganzen Gruppe“, schlägt Anja
vor und ruft die anderen zusammen. Als die Kinder in der Runde
sitzen, hält Badu seinen Zettel hoch. „Guckt mal! Hier steht, dass
Jelena mit Leon ein Plakat von den Gruppensprechern macht.
Das wird dann im Flur aufgehängt“, erklärt er. „Und die Fotos von
den Gruppensprechern habe ich schon mitgebracht“, sagt Jelena.
„Hurra!“, ruft Leon. „Komm, wir fangen gleich an!“

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Am nächsten Morgen hängen Jelena und Leon mit Anja das Pla­
kat im Flur auf. Die Fotos von den Gruppensprechern hängen jetzt
genau unter denen der Elternvertreter. „Nun wissen alle, wer für die
Kinder spricht und wer für die Mamas und Papas“, strahlt Jelena.
„Ja, und ich hatte die Idee!“, ruft Leon und hüpft vor Freude in die
Luft.
Auch Frau Schneider kommt vorbei. „Wie gut, dass du dich dafür
stark gemacht hast“, lobt sie Leon. „Zusammen mit Jelena!“, sagt
Leon stolz und drückt seine Freundin ganz fest.

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Rüdiger Hansen, Raingard Knauer
Das Praxisbuch:
Mitentscheiden und Mithandeln in der Kita
Wie pädagogische Fachkräfte Partizipation
und Engagement von Kindern fördern
erscheint im Sommer 2014
ca. 200 Seiten, Broschur
ca. E 25,- (D) / sFr. 35,50
ISBN 978-3-86793-509-8 Rüdiger Hansen, Raingard Knauer

www.jungbewegt.de
Das Praxisbuch: Mitentscheiden
Erscheint als E-Book und Mithandeln in der Kita
Wie pädagogische Fachkräfte Partizipation
und Engagement von Kindern fördern

Kinder sind neugierig: Sie wollen wissen, wie die Welt


funktioniert. Sie wollen mitgestalten. Wenn sie im
Kita-Alltag gefordert sind, Probleme in der Gemeinschaft
eigenständig zu lösen, lernen schon die Zwei- bis
Sechsjährigen etwas über Partizipation und gesellschaftliches
Engagement. Wie ein solcher Alltag gestaltet werden
kann, beschreibt »Das Praxisbuch: Mitentscheiden und
Mithandeln in der Kita«. Der Band zeigt: Pädagogische
Fachkräfte ermöglichen es Kindern, persönlich dazu
beizutragen, dass sich jeder in der Gemeinschaft des
Kindergartens wohlfühlt. Es wird dabei auch deutlich,
wie die Eltern eingebunden werden können. Zahlreiche
Beispiele geben Einblicke in die konkrete Kita-Praxis.
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© 2014 Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
Verantwortlich: Sigrid Meinhold-Henschel
AutorInnen: Rüdiger Hansen, Raingard Knauer
Institut für Partizipation und Bildung, Kiel
www.partizipation-und-bildung.de
Lektorat: Simone Nettingsmeier, Bielefeld
Illustrationen: Matthias Berghahn, Bielefeld
Gestaltung, Layout und Satz: werkzwei, Detmold
Herstellung: Sabine Reimann
Druck: Hans Kock Buch- und Offsetdruck GmbH, Bielefeld
ISBN 978-3-86793-597-5

www.bertelsmann-stiftung.de/verlag
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ISBN 978-3-86793-595-1, E 3,- (D) / sFr. 4,90 ISBN 978-3-86793-596-8, E 3,- (D) / sFr. 4,90

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ISBN 978-3-86793-594-4, E 3,- (D) / sFr. 4,90 ISBN 978-3-86793-598-2, E 3,- (D) / sFr. 4,90

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