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W I E F U N K T I O N I E R T DA S ?

Technik
?
WIE
FUNKTIONIERT

DAS
Technik

5. Auflage

MEYERS LEXIKONVERLAG
Redaktionelle Leitung Dr. Hildegard Hogen

Autoren
Dr. Hans-Jürgen Altheide, Löhne
Prof. Dr. Angelika Anders-von Ahlften, Hannover
Dr. Hans-Dieter Bauer, Wallertheim
Dr. Beate Brase, Hannover
Dipl.-Phys. Daniel Chatterjee, Viernheim
Dipl.-Ing. Björn Draack, Stuhr
Dipl.-Inform. Timo Dreiser, Worms
Dipl.-Phys. Bernhard Eusemann, Ihringen
Clemens Graefen, Duisburg
Dipl.-Ing. Regina Klepsch, Aspach
Dipl.-Phys. Marc Lange, Heidelberg
Dr. Gerhard Muster, Köln
Dr. Joachim Rau, Kaiserslautern
Stefanie Schneider, Stolberg
Dipl.-Phys. Christian Taut, Mannheim
Dipl.-Ing. Wolfram Tessendorf, Wuppertal

Freie Mitarbeit
Georg Fobbe, Duisburg
Dipl.-Phys. Carsten Heinisch, Kaiserslautern
Dipl.-Ing. Guido Hense, Hagen
Dr. Ekkehard Hundt, Sankt Augustin Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Dipl.-Ing. Regina Klepsch, Aspach Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
unter http: //dnb.ddb.de abrufbar.

Das Wort MEYER und die Bezeichnung „Wie funktioniert das?“


sind für den Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG
Herstellung Eva Bordemann als Marken geschützt.

Gestaltung Formgeber – Design House Verbund, Nußloch Alle Rechte vorbehalten.


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Satz Universitätsdruckerei und Verlag Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich
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© Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG,


Mannheim 2003
ISBN 3-411-08855-9
VORWORT

Technik bestimmt unser aller Leben. Täglich sind wir


mit einer immensen Vielzahl von technischen Geräten
umgeben, von denen wir viele ganz selbstverständ-
lich benutzen – oft genug, ohne zu wissen, wie sie
funktionieren. Dabei setzt die Technik höchst raffi-
niert Naturgesetze ein, um uns den Alltag zu
erleichtern und die menschliche Arbeit effizienter
zu machen (und manchmal auch nur, um dem
Spieltrieb zu genügen).
Wer einmal neugierig darauf geworden ist, wie einzelne
technische Vorgänge ablaufen, mithin technische Geräte und
Verfahren funktionieren, stößt auf immer neue, außerordent-
lich spannende Fragen: Wie etwa sorgt der Gefrierschrank da-
für, dass der Apfelstrudel tiefgefroren bleibt? Wie das Mikro-
wellengerät dafür, dass er in Minutenschnelle erhitzt ist wie
frisch aus dem Backofen? Wie kommt Musik aus den Laut-
sprechern, wenn man eine Compactdisc im CD- Player ab-
spielt? Was geschieht, wenn man mit dem Handy telefoniert
oder im Internet surft? Worin besteht der grundlegende Un-
terschied zwischen einem Ottomotor und einem Dieselmotor?
Wozu benötigt ein Kraftfahrzeug eigentlich ein Getriebe? Wo-
durch erreicht ein ICE 300 km/h, ein Transrapid sogar über
400 km/h? Wie können Flugzeuge fliegen? Wie arbeitet ein
Herzschrittmacher?
Auf diese (und viele weitere) Fragen gibt der vorliegende
Band zuverlässig Antwort. Solides Grundwissen liefert er
aber nicht nur zu den technischen Systemen, mit denen wir
Tag für Tag umgehen, sondern auch zu Technologien, die
heute im Zentrum des öffentlichen Interesse stehen und die
aller Voraussicht nach unsere Zukunft bestimmen werden:
Welche Risiken und Chancen eröffnen sich durch die An-
wendung gentechnischer Verfahren in der Medizin und bei
der Herstellung von Lebensmitteln? Welche Prozesse laufen
in einem Windkraftwerk oder in einer Solaranlage ab? Wird
die Entwicklung der Raumfahrttechnik ein Leben im All er-
möglichen? In welchen Bereichen kann man derzeit erfolgver-
sprechend Laserstrahlen einsetzen? Werden Mikrotechnik
und Nanotechnologie neue Produkte und Fertigungsmetho-
den hervorbringen? Wie lassen sich wertvolle Rohstoffe re-
cyceln? Mit welchen technischen Hilfsmitteln kann man Was-
ser und Luft rein halten, um die Umwelt besser zu schützen?
Um den Lesern den Überblick zu erleichtern, sind die ein-
zelnen Techniken nach Themen sortiert. Sie werden, Kapitel
für Kapitel, jeweils auf einer Doppelseite präsentiert. Tex-
te und Abbildungen stehen einander gegenüber. Texte und
VORWORT

Abbildungen sind durch „Marker“ (schwarze


Kreise, die Ziffern enthalten) klar zueinan-
der in Beziehung gesetzt.
Die im Sachwortregister verzeichneten Sach-
begriffe sind zur schnellen Orientierung orange-
farben hervorgehoben. Verweispfeile, die in Klam-
mern nach einem Begriff stehen [„(→)“], geben darüber
hinaus Hinweise, wo weitere Informationen zu finden sind.
Über 500 farbige Grafiken, Schnittzeichnungen und Fotos
ergänzen die Texte, veranschaulichen die beschriebenen Ge-
räte und Verfahren. In der Konkretheit dieser Darstellungen
liegt auch die Überlegenheit gegenüber grundsätzlich ab-
strakteren verbalen Erklärungen. Mögen die Grafiken auch
aufwendig in der Entwicklung sein, so setzt der Verlag damit
ganz auf den Nutzen, den sie dem Leser bieten – in dieser
Auflage wie in den vier vorausgegangenen Auflagen eines
Titels, der nicht zuletzt dadurch zu einem Klassiker ge-
worden ist.
Wenn das Buch „Wie funktioniert das? – Technik“ es sei-
nen Lesern ermöglicht, sich besser in der Welt der Technik
zurechtzufinden, dann ist das Anliegen der Autoren und des
Verlags erfüllt.

MEYERS LEXIKONREDAKTION
INHALT SVERZEICHNIS
Informations- und Telefon. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 | 11
Kommunikationstechnik Schnurloses Telefon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 | 13
Mobilfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 | 15
Funkrufdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 | 17
Anrufbeantworter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 | 19
Faxgerät. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 | 21
Telekommunikationsnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 | 23
Lichtwellenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 | 25
Computer (Grundlagen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 | 27
Mikroprozessoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 | 29
Halbleiterbauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 | 31
Halbleiterspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 | 33
Externe Speicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 | 35
Drucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 | 37
Modems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 | 39
Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 | 41
Digitalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 | 43
Supercomputer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 | 45
Virtuelle Realität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 | 47
Künstliche Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 | 49
Unterhaltungselektronik Farbfernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 | 51
Bildschirme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 | 53
Digitalfernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 | 55
Übertragungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 | 57
Videorekorder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 | 59
Videokameras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 | 61
DVD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 | 63
Radioempfänger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 | 65
DAB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 | 67
CD- Player . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 | 69
Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 | 71
Tapedecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 | 73
Mikrofone und Lautsprecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 | 75
Fotografie Grundlagen der Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 | 77
Fotokameras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 | 79
Sofortbildfotografie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 | 81
Kameraobjektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 | 83
Digitale Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 | 85
Advanced Photo System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 | 87
Blitzlichtgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 | 89
Automatische Kamerasteuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 | 91
Holographie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 | 93
Verkehrstechnik Traktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 | 95
Krane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 | 97
Bagger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 | 99
Auto (Übersicht). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 | 101
Ottomotor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 | 103
Dieselmotor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 | 105
Wankelmotor (Kreiskolbenmotor) . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 | 107
Aufladung (Turbomotor). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 | 109
Einspritzanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 | 111
Fahrwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 | 113
Allradantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 | 115
Getriebe I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 | 117
Getriebe II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 | 119
Kupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 | 121
Bremsen I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 | 123
Bremsen II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 | 125
Katalysatoren und Rußfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 | 127
Airbags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 | 129
Autoelektronik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 | 131
Elektroauto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 | 133
Hybridantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 | 135
Brennstoffzellantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 | 137
Erdgasantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 | 139
Motorräder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 | 141
Fahrradschaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 | 143
Fahrradbremsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 | 145
Fahrradrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 | 147
Lokomotiven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 | 149
ICE. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 | 151
Magnetschwebebahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 | 153
Schiffsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 | 155
Ro- ro- Fähren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 | 157
Frachtschiffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 | 159
Tragflügelboote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 | 161
Segelboote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 | 163
Unterseeboote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 | 165
Flugzeugprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 | 167
Propellerflugzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 | 169
Düsenflugzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 | 171
Hubschrauber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 | 173
Segelflugzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 | 175
Ballone und Zeppeline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 | 177
Kompass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 | 179
GPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 | 181
Raumfahrt Raketen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 | 183
Lenkung u. Navigation von Raumflugkörper. . . 184 | 185
Raumtransporter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 | 187
Satelliten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 | 189
Raumstationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 | 191
Raumsonden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 | 193
Marssonde und Marsfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 | 195
Gen- und Biotechnik Grundlagen der Gentechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 | 197
Gentechnik im Lebensmittelbereich . . . . . . . . . . . . . . 198 | 199
Gentechnik in der Medizin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 | 201
Bioverfahrenstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 | 203
Medizintechnik Ultraschalldiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 | 205
Röntgengeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 | 207
Computer- und Kernspintomographie . . . . . . . . . . . 208 | 209
Herzschrittmacher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 | 211
Dialyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 | 213
EEG und EKG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 | 215
Stoßwellenlithotripsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 | 217
Minimalinvasive Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 | 219
Laser in der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 | 221
Technik im Haus Kühl- und Gefrierschränke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 | 223
Herde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 | 225
Mikrowellengeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 | 227
Geschirrspüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 | 229
Waschmaschinen und Wäschetrockner . . . . . . . . . . 230 | 231
Kleingeräte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 | 233
Klimaanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 | 235
Energietechnik Kohlekraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 | 237
Feuerungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 | 239
Dampf- und Gasturbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 | 241
Rauchgasreinigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 | 243
Nah- und Fernwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 | 245
Umwandlung und Transport von Energie. . . . . . . 246 | 247
Batterien und Akkumulatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 | 249
Kernkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 | 251
Kernreaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 | 253
Brennelemente und Wiederaufbereitung . . . . . . . 254 | 255
Transport und Zwischenlagerung
von Kernbrennelementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 | 257
Wasserkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 | 259
Gezeitenkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 | 261
Windkraftanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 | 263
Thermische Solaranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 | 265
Solarthermie- Kraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 | 267
Photovoltaikanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 | 269
Wasserstofftechnologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 | 271
Geothermische Energieanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 | 273
Energie aus Biomasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 | 275
Biomasse- Kraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 | 277
Wärmepumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 | 279
Solararchitektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 | 281
Umwelttechnik Luftreinhaltung durch Abscheider . . . . . . . . . . . . . . . . 282 | 283
Luftreinhaltung durch Filter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 | 285
Thermische Abfallbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 | 287
Werkstoffliches Kunststoffrecycling. . . . . . . . . . . . . . 288 | 289
Rohstoffliches Kunststoffrecycling. . . . . . . . . . . . . . . . 290 | 291
Abwasserbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 | 293
Werkstoffe Kunststoffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 | 295
Biokunststoffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 | 297
Hochleistungskeramiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 | 299
Verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 | 301
Moderne Bearbeitungstechnik Oberflächenbeschichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 | 303
CNC und SPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 | 305
CIM. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 | 307
Handhabungstechnik und Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . 308 | 309
Mikrotechnik I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 | 311
Mikrotechnik II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 | 313
Nanotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 | 315
Laser I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 | 317
Laser II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 | 319
Laser in der Fertigungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 | 321

Sachwortregister Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 | 335


Telefon 10

Das Prinzip des Telefons beruht auf der Umwand- keit gesetzt. Dieser schaltet einen Drehwähler an
lung von Sprachschwingungen in elektrische Sig- die Leitung des anrufenden Teilnehmers, von dem
nale und umgekehrt und wurde erstmals 1852 von der Anrufer durch den Wählton die Aufforderung
dem deutschen Lehrer Johann Philipp Reis (1834– zur Ziffernwahl erhält. Grundbaustein der elektro-
1874) demonstriert. Aber erst 1876 wurde das Tele- magnetischen Vermittlungstechnik ist der Edelme-
fon von Alexander Graham Bell (1847– 1922), der tallmotordrehwähler (EMD). Er wird von den Wahl-
als Erster einen Fernsprecher für den praktischen impulsen, die von der Tastatur des Telefons ausge-
Telefonverkehr entwickelte, auf der Weltausstell- hen, gesteuert. Mit 175 Schritten in der Sekunde
ung in Philadelphia der Öffentlichkeit vorgestellt. sucht er aus der Vielzahl von Abnehmerleitungen
Heute gehört das Telefon zum Alltag. In der west- eine freie aus und schaltet sie mit der Eingangslei-
lichen Welt verfügen bis zu 90 % aller Haushalte tung zusammen.
über einen Telefonanschluss. Heute werden die Verbindungen an den Knoten-
punkten zunehmend mit elektronischen Schaltern
Funktionsweise 1 2 hergestellt. Für die Vermittlung dienen Halbleiter-
Standardtelefone bestehen im wesentlichen aus bauelemente, die im Zeitmultiplex genutzt werden,
einem Mikrofon (→), das als Signalgeber dient, und d. h. für mehrere gleichzeitige Verbindungen. Als
einem als Signalempfänger arbeitenden Hörer. In Übertragungsleitungen werden zunehmend Glasfa-
älteren Telefonen findet man eine Nummernscheibe, serkabel (→ Lichtwellenleiter) eingesetzt. Dies er-
bestehend aus einer Wählscheibe, einem Flieh- möglicht eine rein digitale Vermittlung und Über-
kraftregler, der nach dem Aufzug der Scheibe für tragung sowie eine Analog- digital- Wandlung direkt
einen gleichmäßigen Rücklauf sorgt, und einem beim Teilnehmer. Die Entwicklung der optischen
Nummernschalterimpulskontakt nsi (Abb. 1). Die- Nachrichtentechnik ermöglicht hohe Übertragungs-
ser unterbricht beim Rücklauf den Stromkreis der geschwindigkeiten und den Aufbau eines univer-
Teilnehmerleitung je nach gewählter Ziffer ein- bis sellen Breitbandkommunikationssystems (z. B.
zehnmal für jeweils 40 ms und betätigt dabei ISDN; → Telekommunikationsnetze).
ebenso oft das Relais der Vermittlungsstelle. Die Vermittlungsstellen bilden die Knoten des
Der Hörer und das Mikrofon werden während hierarchisch gegliederte Telefonnetzes. In Deutsch-
des Wahlvorgangs zur Vermeidung störender land besteht die höchste Netzebene aus Zentralver-
Knackgeräusche über den Nummernschalterar- mittlungsstellen (ZVSt), die durch starke Leitungs-
beitskontakt nsa kurzgeschlossen. Bei aufgelegtem bündel maschenförmig miteinander verbunden
Handgerät fließt der ankommende Wechselstrom sind. Von hier gehen auch die Verbindungen ins
über: Leitung La – Kondensator C – Wecker W – Lei- Ausland. An die Zentralvermittlungsstellen sind
tung Lb. Beim Abnehmen des Handgerätes wird der Hauptvermittlungen (HVSt) sternförmig ange-
Gabelumschalter G geschlossen und der Kontakt schlossen, daran die Knotenvermittlungen (KVSt)
zur Vermittlungsstelle hergestellt. Über eine Induk- und die Endvermittlungen (EVSt) zu den Teilneh-
tionsspule wird gleichzeitig der Hörer mit dem Mi- mern. Die Ortskennnummern setzen sich aus den
krofonstromkreis gekoppelt. Der Mikrofonspeise- Nummern der Vermittlungsstellen zusammen:
strom fließt über: Leitung La – Impulskontakt nsi – 1. Ziffer = ZVSt, 2. Ziffer = HVSt, 3. Ziffer = KVSt und
Gabelumschalter G – Übertragungswicklung Ü – 4. Ziffer = EVSt.
Mikrofon M– Leitung Lb.
Der Tastenwahlblock moderner Telefongeräte Neuerungen
(Abb. 2 a) bildet die der gedrückten Zifferntaste ent- In den letzten Jahren wurde das Telefonnetz immer
sprechenden Unterbrechungen elektronisch nach mehr auf Digitaltechnik umgestellt, womit z. B. Da-
(Pulswahl). Fernsprecher, die an neue elektronische tenübertragungsdienste mittels Modem (→) mög-
Wählvermittlungen mit digitaler Technik ange- lich wurden. Leistungsmerkmale wie Anklopfen,
schlossen sind, enthalten eine Tastatur, die die ge- Dreierkonferenz oder Anrufweiterschaltung oder
wählten Ziffern als Frequenzkombination (Tonwahl auch das Bildtelefon mit farbigen Stand- und Be-
bzw. Mehrfrequenzwahl, Abb. 2 b) aussendet. wegtbildern sind dadurch zur Realität geworden.
Parallel zur digitalen Umstellung des Netzes wurde
Vermittlung 3 das mobile Telefonieren mittels schnurlosem Tele-
Beim Abnehmen des Handgerätes wird durch ei- fon (→) in Heim und Büro, der Mobilfunk (→),
ne Gleichstromschleife in der Vermittlungsstelle sowie Pager (→ Funkrufdienste) zum Empfang
(Abb. 3) ein Vorwähler oder Anrufsucher in Tätig- kurzer Nachrichten auf den Markt gebracht.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Telefon 11
Schnurloses Telefon 12

Unter schnurlosem Telefonieren versteht man die Übertragungsraten und eine Analog- digital- Wand-
von einer Verbindungsleitung unabhängige Kom- lung direkt beim Teilnehmer (Abb. 3). 1991 wurde
munikation im Heim oder Büro mit stark begrenz- der digitale CT2-Standard eingeführt. Geräte, die
ter Reichweite. Das schnurlose Telefon (Abb. 1) be- nach diesem Standard gebaut werden, senden und
steht aus einer an die Telefonleitung angeschlosse- empfangen auf 40 Kanälen im Bereich von 864–
nen Basisstation, einer Ladestation und einem Mo- 868 MHz. Mithilfe des FDMA- Verfahrens (engl.
bilteil mit integrierter oder externer Antenne. Das frequency division multiple access, ein Frequenz-
Mobilteil wird von einem Akku gespeist, dessen be- multiplexverfahren für n Benutzer) greifen die Ba-
grenzte Kapazität ein regelmäßiges Aufladen an sisstation und das Mobilteil auf diese so genannten
der Ladestation erforderlich macht. Die drahtlose Duplexkanäle zu. Zum Senden und Empfangen
Übertragung zwischen Basisstation und Mobilteil wird dabei nur ein einziger Kanal verwendet, der
erfolgt mithilfe von elektromagnetischen Wellen. die komprimierten Sprachsignale zeitlich versetzt
im Zeitduplexverfahren (TDD, engl. time division du-
Analoge Übertragungsstandards 2 plex) überträgt. Dadurch wird das Frequenzspek-
Die ersten schnurlosen Telefone wurden in den trum effizienter genutzt und die Qualität der
1970er- Jahren in den USA eingeführt. Von der dorti- Sprachübertragung gesteigert.
gen Fernmeldebehörde (FCC) wurden auch die 1992 wurde ein einheitlicher europäischer Stan-
grundlegenden Normen zur drahtlosen Übertra- dard für digitale schnurlose Telefone eingeführt,
gung festgelegt, die heute häufig als CT0-Standard das DECT (engl. digital European cordless tele-
(engl. cordless telephon no. 0) bezeichnet werden. phone). Das System stützt sich bei der Datenüber-
Geräte nach dieser Norm arbeiten analog (Abb. 2a) tragung auf das Zeitmultiplexsystem (TDM, engl.
und benutzen zum Senden und Empfangen jeweils time division multiplex), das jeden der zehn Träger-
getrennte Funkkanäle im UKW- Frequenzbereich. kanäle im Frequenzbereich von 1880– 1900 MHz in
In Europa wurden sie nie zugelassen, da sie keine zwölf Zeitschlitzpaare splittet. Dadurch stehen ins-
hohe Gebührensicherheit bieten und außerdem gesamt 120 Kanäle zum Senden und Empfangen
problemlos von Rundfunkempfängern abgehört zur Verfügung. Während eines Gespräches im
werden können. Des Weiteren besteht keine ein- DECT- Standard wird ständig die Qualität des ver-
deutige Zuordnung zwischen Basisstation und Mo- wendeten Kanals überprüft und der Kanal gegebe-
bilteil, sodass ein Missbrauch (Telefonieren von nenfalls gewechselt. Das System ist abhörsicher,
fremder Basisstation aus) sehr einfach möglich ist. und es können bis zu zwölf schnurlose Telefone
1989 wurde von den europäischen Post- und gleichzeitig mit der Basisstation verbunden wer-
Fernmeldeverwaltungen (CEPT) der CT1+-Standard den. Dadurch sind Gespräche sowohl zwischen den
für schnurlose Telefone eingeführt. Für die analoge Mobilteilen als auch vom und zum Amt möglich.
Sprachübertragung wurden 80 Kanalpaare vorgese- Aufgrund dieser Vorteile bietet das DECT- System
hen, die im Frequenzbereich von 930– 932 MHz die Möglichkeit zum Aufbau komplexer Systeme
und 885– 887 MHz arbeiten. Durch eine geringe mit vielen Teilnehmern in untereinander verbunde-
Sendeleistung wurde die Reichweite der Geräte auf nen Funkzellen auf begrenztem Raum. Neben der
200 m im Freien und 50 m im Haus begrenzt. Das Übertragung von Sprache ist im DECT- Standard
System arbeitet nach dem Frequenzmultiplexverfah- auch die von Daten vorgesehen. Damit wären lokale
ren (FDM, engl. frequency division multiple), bei Netze drahtlos zu realisieren.
dem mehrere Signale unabhängig voneinander
gleichzeitig über den gleichen Verbindungsweg Ausstattungsmerkmale der Mobilteile
übertragen werden. Damit sich die Signale nicht be- Die ersten Modelle der schnurlosen Telefone waren
einflussen und sich am Empfangsort trennen las- relativ schwer und groß. Mittlerweile konnten die
sen, unterscheiden sie die gleichzeitig verwendeten Geräte durch technische Weiterentwicklungen
Frequenzbänder in der Frequenzlage. Beim CT1+- sowohl in der Schaltungstechnik als auch im Be-
Standard wird jedem Mobilteil beim Hersteller eine reich der Akkus deutlich verkleinert werden und
eigene Kennung einprogrammiert, die eine eindeu- sind dadurch handlicher. Moderne Geräte der ge-
tige Zuordnung zur Basisstation erlaubt, um so hobenen Preisklasse bieten dem Benutzer viele
einem Missbrauch (vgl. CT0- Norm) vorzubeugen. Ausstattungsmerkmale, die das Telefonieren kom-
fortabler machen, wie z. B. Direktruf, Rufweiterlei-
Digitale Übertragung 2 3 tung, Kurzwahlspeicher, Musikeinspielungen oder
Die digitale Vermittlung (Abb. 2 b) ermöglicht hohe „Paging“.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Schnurloses Telefon 13
Mobilfunk 14

Mobile Funknetze ermöglichen dem Benutzer eine Beim Einschalten meldet sich das Mobiltelefon bei
drahtlose Telekommunikation sowohl innerhalb be- der nächstgelegenen Basisstation zum „Einbuchen“
grenzter Zonen als auch national und international. an und wird in der Besucherdatei registriert. Die
Anders als beim klassischen Funken sind Sender Basisstation „fragt“ bei der Heimatdatei nach „Echt-
und Empfänger nicht direkt verbunden, sondern heit“ des Teilnehmers und speichert bei Bestäti-
verkehren über ein Netz von stationären Feststatio- gung den aktuellen Aufenthaltsort. Das Mobilteil
nen miteinander. befindet sich nun im Stand-by-Betrieb. Die Fest-
station kontrolliert jetzt in konstanten Zeitabstän-
Aufbau des Funknetzes 1 den (alle 2, 4 s), ob das Handy sich noch im Stand-
Die Voraussetzungen beim Aufbau eines Funknet- by- Betrieb befindet oder z. B. abgeschaltet wurde.
zes sind vielseitig: Bei einem begrenzten Angebot Diese Daten werden dann in der Aktivdatei gespei-
an Frequenzen sollen viele Benutzer gleichzeitig chert.
auf engstem Raum telefonieren können, und zwar Ein Anrufer erreicht mit der entsprechenden Vor-
ohne Störungen und die Verbindung muss beste- wahl für das C- Netz die nächstgelegene Funkver-
hen bleiben, auch wenn sich der Teilnehmer wäh- mittlung, die die Heimatdatei „benachrichtigt“, wel-
rend des Gespräches bewegt (z. B. im Auto). Grund- che die Verbindung zur momentanen Basisstation
sätzlich muss also zu jedem Zeitpunkt eine Funk- des mobilen Teilnehmers herstellt. Während eines
verbindung zwischen einem stationären Sender Gespräches wird die Verbindung des Mobiltelefons
(Funkfeststation) und dem mobilen Telefon („Han- zur Basisstation fortlaufend geprüft. Verlässt der
dy“) gewährleistet sein. Aus Gewichtsgründen sind mobile Teilnehmer den Funkbereich, so wird die
Mobiltelefone mit kleinen Akkus ausgestattet, wes- Verbindung kurzzeitig (max. 300 ms) unterbrochen
halb sie nur eine begrenzte Reichweite haben. Auf- und auf eine neue Basisstation umgeschaltet
grund dessen wurden zellulare Mobilfunksysteme (Hand-over). Das C- Netz- Mobiltelefon arbeitet mit
aufgebaut (Abb. 1 a). Sie unterteilen die geographi- einer Magnet- oder Chipkarte, die in das Telefon
sche Fläche in einzelne Zellen mit je einer Fest- eingeschoben wird. Der Teilnehmer kann dann,
station (Basisstation). Da für den Mobilfunk nur ein nach Eingabe einer persönlichen Identifikations-
begrenzter Frequenzbereich zur Verfügung steht, nummer (PIN), von jeder beliebigen C- Netz- Mobil-
müssen sich gegebenenfalls mehrere Teilnehmer station aus telefonieren.
einen Kanal teilen. Um Störungen trotzdem weitge-
hend auszuschließen, werden die Zellen verschie- Digitaltechnik im D- und E-Netz 2 3
den groß ausgelegt. Die Zellradien moderner Mobil- Forderungen nach der Verwendbarkeit von Mobil-
funknetze, die für Autotelefone konzipiert sind, be- funkgeräten in allen Ländern sowie einer besseren
tragen in Bereichen mit geringem Verkehrsauf- Sprachqualität und Abhörsicherheit führten zur
kommen max. 30– 35 km, in Bereichen mit hohem Einführung des digitalen D-Netzes, das nach der
Verkehrsaufkommen (Großstädte, Industriezonen) GSM-Norm (engl. global systems for mobile commu-
ca. 2 km (Abb. 1 b). nications) im Frequenzbereich von 900 MHz ar-
beitet. Die digitalen GSM- Netze (Abb. 2) sind aus
Gespräche im C-Netz Zellen mit Basisstationen aufgebaut, die über ein
Das von 1985 bis 2000 betriebene analoge C- Netz Subsystem mit der Funkvermittlungsstelle verbun-
ermöglichte mithilfe des zellularen Funksystems den sind. In Deutschland gibt es zwei Netze: D1
das Telefonieren über weite Strecken; es stand dem von T- Mobile und D2 von Vodafone; jedes hat seine
Benutzer allerdings nur in Deutschland zur Verfü- eigene SIM(Chip)- Karte.
gung. Nach der Anmeldung des Mobiltelefons wer- Das E-Plus-Netz arbeitet nach dem DS-1800- Stan-
den die Teilnehmerdaten in drei Dateien geführt. dard, der bei einem Frequenzbereich von 1800 MHz
• Heimatdatei: In ihr wird der Teilnehmer durch bei gleicher Sendeleistung wie GSM zu einer gerin-
die Anmeldung registriert (Wohn- oder Firmen- geren Reichweite führt; der maximale Zellenradius
sitz). liegt bei ca. 8 km. Dadurch kommen die mobilen
• Besucherdatei: Der Teilnehmer wird in der Be- Telefone mit einer relativ geringen Sendeleistung
sucherdatei eines Funknetzbereichs geführt, in aus. Damit liegen die Vorteile des E- Plus in der Ver-
dem er sich gerade befindet. wendung von kleinen und leichten Handys (Abb. 3),
• Aktivdatei: Das eingeschaltete Mobiltelefon langen Gesprächs- und Bereitschaftszeiten und ei-
wird in der jeweiligen Zelle des Netzsystems re- ner hohen Netzkapazität für den zukünftigen Mas-
gistriert. senmarkt.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Mobilfunk 15
Funkrufdienste 16

Als Funkrufdienst bezeichnet man das Überbrin- scher Nachrichten bis zu 15 Ziffern möglich, und
gen kurzer Nachrichten durch eine Datenübertra- Rufklasse 2 ermöglicht den Empfang von Texten
gung in eine Richtung ohne Rückmeldung. Die End- mit bis zu 80 Zeichen. Um eine Nur- Ton- Funk-
geräte zum Empfang von Signalen oder Nachrich- rufnummer zu erreichen, muss per Telefon die Zu-
ten dieser Rufdienste werden Pager oder Piepser ge- gangskennung, gefolgt von der jeweiligen Funkruf-
nannt. Von einem ortsfesten Sender werden Signa- nummer des Empfängers, gewählt werden. Mittei-
le an einen Funkrufempfänger übermittelt, der sich lungen für die Rufklassen 1 und 2 können auf ver-
in Wartestellung befindet. Der Empfang der Nach- schiedene Weisen gesendet werden. Für gelegent-
richt wird akustisch und eventuell auch visuell auf liche Nutzer nimmt der telefonische Auftragsdienst
einem Display mitgeteilt; auch „lautloser Ruf“ der Telekom Nachrichten entgegen und leitet sie an
durch auf den Körper übertragene Vibrationen ist die Nummer des Empfängers weiter. Weiterhin ist
möglich. ein Absenden über Computer und Modem möglich
Das Grundprinzip des Funkrufdienstes beruht (Abb. 1). Für Textnachrichten gibt es Eingabegeräte
darauf, dass bestimmte Adressaten angesprochen im Taschenrechnerformat („TipSend“), auf deren
werden, indem der Sender einen kurzen Signalton Display man den Text lesen und korrigieren kann.
in einer vorgegebenen Frequenz abgibt. Da eine Zum Absenden wählt man von einem Telefon aus
Tonübertragung viel Zeit kostet, haben sich Fünf- die Zugangs- und Funkrufnummer des gewünsch-
bzw. Sechstonfolgen etabliert, bei denen eine fünf- ten Adressaten. Ist die Verbindung hergestellt, so
bzw. sechsstellige Dezimalzahl übermittelt wird. hält man das Gerät an das Mikrofon des Telefons
Dabei ist jeder Ziffer eine Tonfrequenz zugeordnet. und schickt die Nachricht durch Betätigen der
Senden- Taste ab. Wegen der großen Nachfrage ist
Eurosignal das Netz für Cityruf mittlerweile in Deutschland,
Der europäische Funkrufdienst Eurosignal wurde aber auch in anderen Ländern, fast flächendeckend
1970 von der CEPT (Vereinigung der europäischen ausgebaut (Abb. 2).
Telefon- und Postverwaltungen) erarbeitet und
1974 in Deutschland eingeführt. Er erlaubt es, von Ermes
einem Telefon aus ein bestimmtes Funkrufemp- Ermes (engl. european radio message system) ist
fangsgerät (Europiepser) drahtlos anzurufen. Da der ein europäischer Funkrufdienst, mit dem vom
Empfänger mit bis zu vier verschiedenen Rufnum- Telefon aus oder von bestimmten Eingabegeräten
mern ausgestattet ist, kann er eingehende Nach- ein Pager angerufen werden kann. Es arbeitet voll
richten durch unterschiedliche Signale anzeigen. digital und ist wesentlich leistungsfähiger als die
Die Piepser sind in Deutschland, der Schweiz und anderen Funkrufsysteme (für jedes Land 32 Mio.
Frankreich flächendeckend erreichbar. Da die Län- Codierungen). Das System ist vor allem für den
der in mehrere Rufbereiche mit unterschiedlichen Empfang „transparenter Daten“ zur Fernsteuerung
Vorwahlnummern unterteilt sind, so muss der Sen- oder Fernüberwachung von Produktionsanlagen
der den ungefähren Standort des Adressaten ken- und - systemen vorgesehen.
nen. Wechselt ein Funkrufteilnehmer also die Ruf-
zone, so muss er an seinem Gerät den neuen Funk- Scall 3
kanal einstellen und seinem Funkpartner die neue Scall wurde 1994 bundesweit eingeführt und
Rufnummer mitteilen; eine automatische Weiterlei- benötigt als Empfangsgerät einen Pager, den man
tung von einer Zone in die andere wie beim Mobil- durch Eingabe der Scall- Nummer, der PIN (persön-
funk (→) ist nicht möglich. Der Funkdienst Euro- liche Identifikationsnummer) und der Postleitzahl
signal wurde mittlerweile vom Cityruf abgelöst. aktiviert. Nachrichten müssen ähnlich wie beim
Cityruf als Ziffernfolge verschlüsselt werden (max.
Cityruf 1 2 15 Ziffern) und können mithilfe eines tonwahlfähi-
Im Gegensatz zu Eurosignal kann Cityruf (1989 von gen Telefons übermittelt werden. Der Empfänger
der Bundespost gestartet) auch Ziffern und Texte ist in einem Umkreis von ca. 100 km um die ange-
übertragen. Die Pager sind kleiner, leichter und gebene Postleitzahl erreichbar (soweit Funkversor-
billiger als die Europiepser und benötigen weder gung vorhanden). Die Miniaturisierung der Pager
im Auto noch in Gebäuden eine externe (Abb. 3) hat in den letzten Jahren enorme Fort-
Antennenhilfe. Der Cityruf ist in drei Rufklassen schritte gemacht. So liegen die heutigen Abmessun-
unterteilt: Rufklasse 0 verfügt über einen Nur- Ton- gen in einem Bereich, der noch deutlich kleiner als
Empfang, Rufklasse 1 macht den Empfang numeri- eine Zigarettenschachtel ist.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Ostsee

Nordsee

Funkrufdienste 17
Anrufbeantworter 18

Anrufbeantworter nehmen Telefonanrufe automa- Reine Kassettengeräte, ausgeführt meist als Dop-
tisch entgegen und speichern sie ab. Sie schalten pelkassettengeräte (Abb. 2) mit je einer Kassette
sich bei einem Anruf selbsttätig ein und spielen für die Ansage und die Speicherung der Anrufe, sie
einen zuvor abgespeicherten Text ab, nach dem der nutzen nur das Magnetband, während bei Analog-
Anrufer eine Nachricht hinterlassen kann. digital-Geräten die Ansage auf einem Chip und die
Anrufe auf eine Mikrokassette gespeichert werden.
Verschiedene Speichermedien 1 Volldigitalisierte Geräte, wie sie heute meist einge-
Seit Einführung des Anrufbeantworters wurden im- setzt werden, zeichnen sowohl die Ansage als auch
mer wieder neue Speichermedien entwickelt. Die in die Anrufe digital auf. Da die Bandwickelzeiten ent-
den 1950er- Jahren eingesetzten Magnetophonplat- fallen und man ohne nennenswerten Zeitverlust
ten wurden in den 1970er- Jahren durch Mikrokasset- von einem Anruf zum nächsten „springen“ kann,
ten (Abb. 1) verdrängt; Kompaktkassetten von der ist mit diesen Geräten eine sehr viel schnellere
Größe 5 × 3 cm und einer Dicke von 0, 5 cm, deren Abfrage der eingegangenen Nachrichten möglich.
Magnetband doppelt bespielt werden kann. Der Die meisten Anrufbeantworter zeigen in einem
Klang ist, schon wegen der geringen Bandgeschwin- Display die Anzahl der eingegangenen Anrufe bzw.
digkeit von 1, 2 bzw. 2, 4 cm/s, nur mäßig, was den Nachrichten an und geben bei der Wiedergabe die
Einsatz auf Anrufbeantworter und Diktiergeräte dazugehörige Uhrzeit und den Wochentag an. Mo-
beschränkt. Sie arbeiten nach dem gleichen Prinzip derne Geräte verfügen über Funktionen wie Fern-
wie Kompaktkassetten (→ Tapedecks): Zum Abspie- abfrage, Rufweiterschaltung, Raumüberwachung
len der Kassette wird das Band an Tonköpfen vorbei- oder Zeitsteuerung. So bietet z. B. die Fernabfrage
geführt. Diese „lesen“ die magnetisch abgespeicher- die Möglichkeit, von jedem Telefon aus die auf den
ten Informationen auf der Oberseite des Bandes und Anrufbeantworter gesprochenen Nachrichten abzu-
wandeln sie in elektronische Signale um, die in rufen und weitere Einstellungen am Gerät vorzu-
einer Wiedergabeeinheit als Töne ausgegeben wer- nehmen. Mit einem Telefon mit Mehrfrequenzwahl
den. Die Bandlänge reicht für bis zu 30 Minuten (ersatzweise einem kleinen Signalgeber) wird die-
Aufzeichnungsdauer. Um den Speicherplatz auf der se Abfrage (auch aus dem Ausland) möglich. Dazu
Kassette optimal zu nutzen, schaltet sich der An- wählt der Teilnehmer seine Telefonnummer und
rufbeantworter automatisch aus, wenn ein Anrufer wartet auf die Ansage des Anrufbeantworters. Wäh-
das Gespräch für mehr als 2 s unterbricht. rend dieser wird dann per Tonwahl ein mehrstelli-
Mittlerweile haben die in den 1990er- Jahren ein- ger Nummerncode eingegeben, der die Fernabfrage
geführten digitalen Aufzeichnungs- und Abspielge- startet. Auch werden immer mehr Kombigeräte an-
räte die analogen Systeme weitgehend verdrängt. geboten, die ein Komforttelefon und einen Anrufbe-
Hier wird das Sprachsignal digitalisiert auf Speicher- antworter in einem Gerät vereinen. Dem Teilneh-
chips aufgezeichnet. Sie können beliebige Infor- mer bieten sich dadurch Vorteile wie verminderter
mationen speichern und neue Daten durch das Platzbedarf oder die Notwendigkeit von nur einem
Überschreiben eines Speicherplatzes festhalten. Die Anschluss.
Speicherkapazität war anfangs geringer als bei ei-
nem guten Magnetband (ca. 15 Minuten). Auf neuen Computer als Anrufbeantworter 3
Geräten können jedoch wesentlich mehr Informa- Heutzutage ist aber auch das Aufzeichnen von Tele-
tionen gespeichert werden, sodass deutlich höhere fonanrufen mithilfe von Computern möglich. Dazu
Aufnahmezeiten als beim Anrufbeantworter mit benötigt man einen Computer mit Soundkarte, Bo-
Magnetband möglich sind. Geräte der jüngsten xen und Mikrofon, ein sprachfähiges Modem sowie
Generation arbeiten mit DSP-Chips (digitale Signal- spezielle Kommunikationssoftware.
prozessoren). Sie komprimieren die Sprachinforma- Die Kommunikationssoftware verfügt über drei
tionen schon während der Digitalisierung (→) und Funktionen: Aufzeichnen von Ansagen, Ansagen-
gewährleisten so eine noch längere Aufzeichnungs- management und Aufzeichnen und Wiedergabe
dauer. Dies wird u. a. auch durch den Speicherspar- von Anrufen. Für die Ansage dienen so genannte
betrieb in Sprechpausen („silence detection“) er- „WAV- Dateien“ (Abb. 3). Das sind Dateien, die Spra-
reicht. che oder Musik enthalten. Das Modem dient zur
Aufzeichnung der Anrufe. Diese werden dann in ei-
Arten von Anrufbeantworter 2 nem Journal angezeigt, das neben Datum und Dau-
Es gibt drei Arten von Geräten, die sich nach Ihrem er vor allem den Dateinamen angibt, unter dem der
Aufnahme- bzw. Wiedergabeprinzip unterscheiden: Anruf gespeichert wurde.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Anrufbeantworter 19
Faxgeräte 20

Das Faxen – der Name „Fax“ leitet sich von „Faksi- bps (Bits /Sekunde) oder 14 400 bps, nur sehr gute
mile“ ab und bedeutet Kopie bzw. Nachbildung – ist Geräte erreichen 28 800 bps; mit ISDN- Anlagen
ein öffentlicher Telekommunikationsdienst zur di- können sogar bis zu 64 000 bps erreicht werden.
rekten Übermittlung von Schriftstücken (Text und/ Die Standardauflösung beträgt 3, 85 Linien pro
oder Grafik) über Fernmeldeleitungen. Dieser Millimeter. Zum Übertragen von Abbildungen kann
Dienst ist weltweit von jedem Telefonanschluss aus man aber auch feinere Auflösungen (Fein: 7,70
möglich. Seine Vorteile liegen z. B. im schnellen Linien pro Millimeter; Super: 15, 40 Linien pro
und preiswerten Informationsaustausch und der Millimeter) wählen, wodurch sich allerdings die
Unabhängigkeit von Arbeitszeiten und Zeitzonen. Übertragungsgeschwindigkeit reduziert.
Schon 1933 nahmen die ersten Fernschreiber, kurz Werden Faxgerät und Telefon/Anrufbeantworter
Telex (Teleprinter exchange) genannt, ihre Dienste an einem Anschluss betrieben, ist eine Faxweiche
auf. 1968 wurden vom internationalen beratenden erforderlich. Aktive Weichen nehmen den Anruf
Fernmeldeausschuss CCITT die ersten Standards entgegen und erkennen ein Fax am Faxton cng
für die Faxübertragung definiert. (engl. calling). Passive Weichen können den Faxton
Zum Faxen benötigt man ein Faxgerät oder ei- erst erkennen, nachdem der Anruf vom Telefon
nen Personalcomputer mit Faxkarte und Faxmo- bzw. Anrufbeantworter übernommen wurde.
dem. Neben dem Fernsprechnetz kann für die Über-
mittlung auch das ISDN (→ Telekommunikations- Wiedergabeverfahren 2
netze) genutzt werden. Dafür sind spezielle ISDN- Im Empfänger wird das von der Originalvorlage
taugliche Faxgeräte notwendig. abgenommene elektrische Signal erneut umgewan-
delt und in eine Kopie umgesetzt. Heute werden
Sender- und Empfängerfunktion 1 dazu vor allem das Thermo- und das Tintenstrahl-
Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich beim Fax- verfahren angewandt.
verfahren um das Abtasten von zu übertragenden Beim Thermoverfahren (Abb. 2) wird ein wärme-
optischen Informationen auf der einen und ihrem empfindliches Papier (Thermopapier) an einem
Aufzeichnen (Ausdrucken) auf der anderen Seite. Kamm aus Halbleiterwärmeelementen vorbeige-
Bei Faxgeräten für das analoge Telefonnetz wird führt. Die Elemente können kurzzeitig erhitzt wer-
die Vorlage fotoelektrisch abgetastet (gescannt), in den und bewirken durch eine chemische Reaktion
Rasterpunkte zerlegt und in einem Signalumwand- die Schwärzung des Papiers an den entsprechen-
ler (Modulator/Demodulator) in elektrische Signale den Stellen. Die Ausdrucke eignen sich jedoch auf-
umgewandelt. Mithilfe des Modulators lassen sie grund des dünnen Papiers und dessen schlechter
sich als Töne über das (weltweite) Telefon- bzw. Qualität (Vergilben) weder zum Weiterfaxen noch
Datennetz an einen Empfänger senden. Dort findet zum Archivieren.
dann im Prinzip der umgekehrte Vorgang im Demo- Beim Tintenstrahlverfahren wird mittels einer
dulator statt, und es entsteht eine gerasterte Kopie Tintenstrahldrüse die Aufzeichnung der Informa-
der Vorlage im Sendegerät. tion auf Normalpapier aufgebracht (→ Drucker).
In einem digitalen Faxgerät (Sender) wird mithil- Durch spezielle Sprühtechniken konnte man bei
fe einer optischen Linse und einer Lichtquelle ein diesem Verfahren enorme Fortschritte in Bezug auf
Lichtpunkt erzeugt, der die zu übertragende Infor- Präzision und Geschwindigkeit erzielen.
mation auf dem Papier Zeile für Zeile abtastet. Das
unterschiedlich hell reflektierte Licht wird dann in Arten von Faxgeräten 3
Fotodioden (CCDs, engl. charged coupled devices), Faxgeräte werden in Gruppen eingeteilt, wobei
in ein digitales elektrisches Signal umgewandelt man die modernen Geräte für das analoge Telefon-
(Abb. 1 a). Das vom Sensor kommende Signal wird netz zur Gruppe 3 und die digitalen Geräte für das
anschließend verstärkt, moduliert und über die an- ISDN- Netz zur Gruppe 4 zählt. Faxgeräte bieten
geschlossene Telefonleitung geschickt. Kompaktere heute Funktionen wie Speicher für bis zu 100 Ruf-
Abtasteinheiten (CIS, engl. contact image sensor) nummern, Wahlwiederholung, zeitversetztes Sen-
verwenden als Lichtquellen mehrere Leuchtdioden den oder Abruffunktion. Geräte der neuesten Gene-
(LEDs) und eine weniger komplizierte Optik (Abb. ration (Abb. 3) verfügen über eine serielle Schnitt-
1b). stelle zum Anschluss an einen PC und können auch
Eine Übertragung ist nur zwischen zwei analo- als Fotokopierer, Scanner oder Computerdrucker
gen bzw. digitalen Faxgeräten möglich. Die Übertra- genutzt werden. Auch ist mit ihnen das Versenden
gungsgeschwindigkeit beträgt in der Regel 9600 von Faxen direkt vom Computer aus möglich.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Faxgeräte 21
Telekommunikationsnetze 22

Unter dem Begriff Telekommunikation versteht ISDN) ist es, alle Kommunikationsdienste zu integ-
man den Austausch von Nachrichten zwischen rieren und dafür nur ein Netz bereitzustellen. ISDN
Menschen oder Menschen und Maschinen unter In- ist ein digitales Netz, d. h. die Datenübertragung er-
anspruchnahme nachrichtentechnischer Mittel. Da- folgt digital (→ Digitalisierung). Es besitzt erhebli-
bei handelt es sich im Allgemeinen um die Kom- che Vorteile gegenüber einer analogen Übertra-
munikationsdienste für Sprache, Text und Daten. gung, bei der die Daten mittels Modem (→) von di-
Im heutigen multimedialen Zeitalter kommen noch gital zu analog und zurück umgewandelt werden
Bilddaten (auch bewegte Bilder) dazu. Die verschie- müssen (Abb. 2). ISDN integriert alle Telekommuni-
denen Kommunikationsdienste können mittels kationsformen (Sprach- , Daten- , Text- und Bildüber-
Computer genutzt werden. Dazu müssen diese mit- tragung) auf einer Leitung und kann größere
einander verbunden sein, damit sie über ihre Kom- Datenmengen mit höherer Geschwindigkeit über-
munikationskanäle Daten austauschen können. Da- tragen. Die Übertragung ist zudem nicht so stör-
mit sich beim Aufbau eines Netzwerkes alle an anfällig, was eine sichere Datenübertragung ermög-
eine Architektur halten, wurde von der ISO (Inter- licht. Einsatzgebiete von ISDN sind, neben der
nationale Standardisierungsorganisation) ein sie- schnellen Datenübertragung, insbesondere Inter-
benschichtiges Modell vorgeschlagen: das OSI-Refe- netzugänge (→ Internet) und Telefonwesen. Ein
renzmodell (engl. open system interconnection; ISDN-Basisanschluss arbeitet mit drei Übertragungs-
Abb. 1). Der Austausch innerhalb einer Schicht kanälen, wovon zwei Kanäle (B-Kanäle) für die
(Rechner A ↔ Rechner B) wird durch ein Protokoll Übertragung von Daten und Sprache mit einer Ge-
(Sammlung von Regeln, die Datenformate und ihre schwindigkeit von 64 kBit/s genutzt werden. Der
Übertragung festlegen) beschrieben. dritte Kanal (D-Kanal) dient mit einer Geschwindig-
Zwei der wichtigsten Verfahren der Bitübertra- keit von 16 kBit/s zum Steuern der Kommunika-
gungsschicht (physische Schicht) sind ISDN und tionswege und Verbindungsknoten. Die nächste
ATM. Die Aufgaben der Bitübertragungsschicht bil- Ausbaustufe ist der Primärmultiplexanschluss mit
den die Grundlage aller Computernetze. Sie nimmt 30 B- Kanälen. Dieser Anschluss wird in mittelstän-
von der Sicherungsschicht Datenblöcke entgegen, dischen Betrieben für die Netzwerkkopplung einge-
packt sie in einen Rahmen und überträgt den Rah- setzt.
men zum Empfänger. Der Empfänger packt den
Rahmen aus und übergibt den Datenblock an die ATM 3
nächsthöhere Schicht. Das einzige, was Sender und ATM (engl. asynchronous transfer mode, asynchro-
Empfänger auf dieser Ebene voneinander wissen, ner Transfermodus) ist eine Vernetzungstechnik,
sind Vereinbarungen über nachrichtentechnische die ihren Ursprung in den Weitverkehrsnetzen hat
Verfahren der Übertragung. Alles andere, wie z. B. und als ein Transportprotokoll für Breitband- ISDN
Daten auf dem Bildschirm darstellen, Datenblöcke (B- ISDN) definiert ist. ATM ist wie ISDN ein Daten-
erstellen, Empfänger adressieren, Verbindung auf- übertragungsverfahren, das die gleichzeitige Über-
bauen etc. , geschieht in den anderen Schichten, tragung von Daten, Sprache und Video ermöglicht.
deren Protokolle die dort eingesetzten Verfahren Es ist medienunabhängig und lässt sich mit vielen
beschreiben. Transferraten betreiben. Die zu übertragenden Da-
Computernetze lassen sich nach ihrem Einzugs- ten werden nicht in Pakete aufgeteilt, sondern in
bereich klassifizieren: Es gibt zum einen die Weit- kleine Zellen mit fester Länge, die das ATM- Netz in
verkehrsnetze (WAN, engl. wide area networks), die ununterbrochener Folge bereitstellt (Abb. 3). Diese
Rechner über Ländergrenzen hinweg verbinden, Zellen sind 53 Byte groß und enthalten 48 Byte
und zum anderen die lokalen Netze (LAN, engl. Daten sowie 5 Byte Adressierungs- und Fehler-
local area networks), die Computer innerhalb eines erkennungsdaten. Weil die Zellen relativ klein sind
Bürogebäudes verbinden. Die Weitverkehrsnetze und beim Empfänger nicht so viel „gepuffert“ (auf-
sind meist etwas langsamer als die lokalen Netze, gestaut) werden muss, ist ein schnelles Übertragen
was dazu führte, dass nach neuen Vernetzungstech- (cell switching), auch von Echtzeitdaten, mit ATM
niken gesucht wurde. möglich. Betrachtet man die anfallenden Bitströme,
stellt man fest, dass die Datenströme sowohl in
ISDN 2 gleichförmig kontinuierlichen als auch in variablen
Ziel von ISDN (engl. integrated services digital Bitraten auftreten können. Durch die Zellentechnik
network, Dienste integrierendes digitales (Telekom- realisiert ATM eine dynamische und bedarfsorien-
munikations- )Netz; auch S- ISDN für Schmalband- tierte Bandbreitennutzung.
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Telekommunikationsnetze 23
Lichtwellenleiter 24

Die heutigen Computernetzwerke orientieren sich Es ist auch möglich, Lichtwellenleiter in lokalen
in ihren Funktionen meistens am OSI- Schichten- Netzwerken einzusetzen. Die Technologie ist aber
modell (→ Telekommunikationsnetzwerke), wobei sehr komplex, da es schwierig ist, hinzukommende
die unterste Schicht (Bitübertragungsschicht) aus- Glasfasern mit den bereits vorhandenen zu ver-
schließlich zur Datenübertragung dient. Obwohl schmelzen. Um dieses Problem zu umgehen, baut
meist Kupferleitungen als Übertragungsmedium man ein Ringnetz auf, das die Computer von Punkt
für diese Netzwerke dienen, ist es heute durch die zu Punkt verbindet. An jedem Computer befindet
Entwicklungen im optischen Bereich möglich, Da- sich eine Schnittstelle, die die Lichtimpulse bei Be-
ten auch mithilfe von Lichtimpulsen zu übertragen. darf weiterleiten kann und zusätzlich als Verbin-
Dabei stellt ein Lichtimpuls die logische „1“ dar, dung zum Computer dient, damit dieser auch sen-
und kein Impuls die logische „0 “. Dadurch, dass den und empfangen kann. Die Schnittstelle kann
sichtbares Licht eine Frequenz von 108 MHz hat, entweder passiv sein oder aus aktiven Repeatern
kann eine sehr hohe Übertragungsrate erreicht bestehen. Bei passiven Schnittstellen sind zwei An-
werden. Die Lichtübertragung findet in Lichtwellen- zapfungen mit der Hauptfaser verschweißt, die mit
leitern statt. Diese runden Fasern aus Quarzglas einer Diode bzw. Photodiode verbunden sind. Fällt
(Glasfasern, Außendurchmesser bis 125 mm; Abb. 1) eine Schnittstelle aus, funktioniert das Netz zwar
sind sehr leicht und dünn und können sehr weiter, aber der Computer ist dann ohne Verbin-
schlecht angezapft werden, d. h. , sie sind wesent- dung („offline“). Bei aktiven Repeatern (Abb. 3)
lich sicherer als Kupferleitungen. Andererseits wird das Signal jedes Mal regeneriert (erneuert),
sind sie mechanisch sehr empfindlich. Sie müssen sodass die Verbinung von Computer zu Computer
daher mit einer Beschichtung als Schutzhülle ver- mehrere Kilometer lang sein kann. Fällt eine
sehen werden. Schnittstelle aus, ist das Netz unterbrochen. Außer
diesem Ring können auch andere Netzstrukturen
Lichtwellenleiter als Übertragungsmedium 2 3 realisiert werden, wie z. B. einen Stern.
In einem optischen Übertragungssystem ist das
Übertragungsmedium eine Faser aus Glas oder Lichtwellenleiternetzwerke 4
Quarz. An den Enden sitzen elektrooptische bzw. Lichtwellenleiter, insbesondere Glasfasern, werden
optoelektronische Wandler, die analoge oder digi- immer häufiger für Hochleistungsnetzwerke einge-
tale Signale in Lichtimpulse und wieder zurück um- setzt. Ein weit verbreitetes Netzwerk ist FDDI (engl.
setzen. Als Sender werden entweder LEDs (engl. fiber distributed data interface), ein lokales Netz-
light emitting diode, Leuchtdiode) oder Laserdioten werk, das bis zu 100 Computer über Entfernungen
eingesetzt, und als Empfänger Photodioten, die die bis 200 km mit 100 Mbps verbindet. Es kann wie
eintreffenden Lichtimpulse wieder in elektrische ein normales lokales Netzwerk benutzt werden,
Impulse umwandeln. Beim Übergang des Licht- wird aber häufig als „Backbone“ (Stütze) zur Ver-
strahls von Quarz in Luft wird der Strahl je nach bindung von herkömmlichen Netzwerken einge-
einfallendem Winkel an der Grenzfläche reflektiert. setzt. Zur Verkabelung von FDDI- Netzwerken wer-
Diese Brechung wird durch den Eintrittswinkel den zwei Glasfaserringe eingesetzt, von denen
und die Brechungsindizes der Materialien be- einer mit dem Uhrzeigersinn und einer entgegen
stimmt (Abb. 2 a). Beim Lichtwellenleiter poliert den Uhrzeigersinn überträgt (Abb. 4). Sollte ein
man die Eintrittsfläche und sorgt dafür, dass der Ring ausfallen, kann der andere als Sicherung die-
Eintrittswinkel oberhalb eines bestimmten Win- nen. Beim Ausfall beider Ringe an der gleichen
kels liegt. So werden die Lichtstrahlen totalreflek- Stelle können diese zu einem großen Ring verbun-
tiert und sind in der Faser gefangen (Abb. 2 b). Re- den werden. Dazu besitzt jede Station Relais, wel-
duziert man den Durchmesser der Faser auf die che zur Verbindung der beiden Ringe oder zur Um-
Wellenlänge des Lichtstrahls, dann breitet sich das gehung der Station verwendet werden. Um die Kos-
Licht ohne Reflexion entlang einer geraden Linie ten niedrig zu halten, werden LEDs eingesetzt.
aus. Diese Fasern nennt man Einmodemfasern. In Außerdem gibt es Stationen, die jeweils nut mit
Verbindung mit Laserdioden als Sender können so einem Ring verbunden sind.
Übertragungsraten von 1000 Mbps (1000 × 1024 Durch die zunehmende Verbreitung der Licht-
Bits pro Sekunde) über eine Strecke von 1 km er- wellenleiter werden zukünftig immer mehr Netz-
zielt werden. Leistungsstarke Laser (→) sorgen werke auf der Basis der Glasfaser aufgebaut wer-
dafür, dass ohne Repeater (Verstärker) sehr große den, auch ohne Aufbau von speziellen Lichtwellen-
Strecken überbrückt werden können. leiternetzwerken.
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Lichtwellenleiter 25
Computer (Grundlagen) 26

Wenn man heute von einem Computer spricht, häufig ein 8-Bit-Kode eingesetzt, der auch unter dem
meint man im Allgemeinen einen Personalcompu- Namen ASCII-Kode bekannt ist (Abb. 2). Mithilfe des
ter (PC). Es gibt aber noch andere Computersyste- Binärsystems können nun alle Zeichen verschlüs-
me, wie beispielsweise Mikrocomputer und Groß- selt werden, sodass jede Information in Form von
rechner, die sich in ihrer Systemarchitektur und Daten technisch dargestellt und in einem Compu-
- organisation sowie in ihren Einsatzgebieten unter- ter gespeichert werden kann. Die Anzahl von binä-
scheiden. Allen Systemen gemeinsam sind die ren Informationen (Bits), die der Prozessor auf ein-
grundlegenden Komponenten wie Zentraleinheit mal verarbeiten kann, nennt man Wortlänge (8- Bit- ,
mit Mikroprozessor (→), externe Speicher (→) und 16- Bit- , 32- Bit- Computer usw. ).
das Ein- /Ausgabewerk. Die Daten der Computer- Bei der Verarbeitung von Informationen werden
systeme werden zur Verarbeitung von Informatio- aber auch Speicherinhalte nach bestimmten Regeln
nen nach dem EVA-Prinzip (Eingabe, Verarbeitung, verknüpft und in neue Speicherzellen abgelegt. Bei
Ausgabe der Daten) bearbeitet. diesen logischen Verknüpfungen wird das Bit entwe-
Typische Einsatzgebiete heutiger PCs sind Text- der als „Ja“ („1“) oder „Nein“ („0 “) interpretiert.
verarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbankan- Damit lassen sich logische Entscheidungen realisie-
wendungen sowie Verarbeitung von Multimediada- ren. Die digitale Logik liefert dazu verschiedene
ten (Bild- und Tondaten). Durch die immer besser Grundelemente (UND- , ODER- , NEGATION- Gatter),
werdende Integrationsdichte von Transistoren auf mit denen binäre Schaltvariablen (Bits) zu digitalen
ICs (engl. integrated circuit, integrierter Schalt- Schaltungen verknüpft werden können (Abb. 3). So
kreis) werden die PCs immer leistungsfähiger, so- liefert das UND- Gatter nur dann am Ausgang ein
dass sie zukünftig immer mehr Aufgaben von Hoch- „Ja“, wenn an beiden Eingängen ein „Ja“ anliegt. Die
leistungscomputern übernehmen können, insbeson- elektronischen Schaltungen zur Umsetzung dieser
dere im Bereich der grafischen Datenverarbeitung. Verknüpfungen nennt man Gatter. Sie werden
durch Symbole repräsentiert, die allerdings für die
Binärsystem, Zeichendarstellung und
USA und Deutschland unterschiedlich genormt
digitale Logik 1, 2, 3 4
sind. Die Grundfunktionen lassen sich aber auch
Die Grundlage der Datenverarbeitung sind Informa- einfacher mit NAND- oder NOR- Gattern (Nicht-
tionen. Um diese in einem Computersystem spei- UND, Nicht- ODER) realisieren (Abb. 4). Für ein
chern und verarbeiten zu können, wird eine geeig- Computersystem werden diese Schaltungen mit
nete Form zur Kodierung und Verknüpfung der In- Halbleiterbauelementen (→) nach verschiedenen
formationen benötigt. Am einfachsten und schnells- Technologien (z. B. CMOS- Technologie) in Chips her-
ten ist der Einsatz des binären Zahlensystems gestellt.
(Dualsystem), bei dem zur Beschreibung der Zahlen-
Hard- und Software
werte nur zwei Zeichen („0 “ und „1“) zur Ver-
fügung stehen. In Anlehnung an die Elektronik, in Die Hardware eines Computersystems repräsen-
der es die beiden Zustände „ein“ und „aus“ gibt, eig- tiert alle sichtbaren Bestandteile. Dazu gehören
net sich das Dualsystem sehr gut als Grundlage für Ein- /Ausgabegeräte (Tastatur, Maus, Monitor, Dru-
die Informationsverarbeitung. Mit einer Stelle kön- cker), externe Speicher (Festplatte/Harddisk, Dis-
nen nur die beiden Werte „0 “ und „1“ dargestellt kettenlaufwerk/Floppydisk, CD- ROM) und Erweite-
werden, aber durch Hinzunahme weiterer Stellen rungskarten (Grafikkarte, ISDN- Adapter und
lassen sich auch größere Werte darstellen (Abb. 1). Soundkarte). Mithilfe geeigneter Software (Pro-
Eine Stelle dieses Systems (kleinste Informations- gramme) kann der Anwender mit dem Computer
einheit) hat die Bezeichnung 1 Bit, acht solcher Infor- kommunizieren und ihn für die verschiedensten
mationsheinheiten zusammengenommen ergeben Aufgaben einsetzen. Ein Programm wird intern
ein Byte. Eine einfache Speicherzelle kann die Infor- in einen für den Computer verständlichen Ma-
mation von 1 Bit aufnehmen. Für die Eingabe eines schinenkode übersetzt und dann vom Prozessor
Computersystems werden neben den Ziffern 0 bis und seinen Teilwerken verarbeitet (→ Mikropro-
9 noch die Buchstaben des Alphabets und verschie- zessor). Diese Umsetzung übernehmen spezielle
dene Sonderzeichen (z. B. Grafikzeichen) benötigt. Programme (Compiler, Linker). Die Betriebs-
Zur entsprechenden Verschlüsselung werden heute systemsoftware ist ein ganz besonderes Pro-
meist achtstellige Dualzahlen (je 1 Byte) verwendet, gramm, das durch seine Regeln das Arbeiten mit
sodass damit 256 Zeichen kodiert werden können. dem Computer und der angeschlossenen Hard-
Für die Zeichendarstellung auf einem PC wird ware erst möglich macht.
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Computer (Grundlagen) 27
Mikroprozessoren 28

Wenn man von einem Mikroprozessor spricht, Befehl enthält. Als letztes Register ist das Status-
denkt man fast immer an einen Computer. Heutzu- register zu nennen, das Rückmeldungen von allen
tage werden Mikroprozessoren aber in vielen elekt- Teilwerken des Mikroprozessors entgegennehmen
ronischen Geräten für Rechen- und Steuerungsauf- kann und somit Einfluss auf die Abarbeitung der
gaben eingesetzt. Ein Mikroprozessor (Abb. 1) Maschinenbefehle nimmt. Bei Fehlern (z. B. Divi-
enthält auf einem hochintegrierten Halbleiterbau- sion durch null) wird die normale Abarbeitung, d. h.
stein einen Prozessor, der für die Abarbeitung der das laufende Programm, unterbrochen und statt-
Befehle zuständig ist. Die Hauptaufgaben des dessen in ein Ausnahmebehandlungsprogramm
Prozessors werden zum einen von einem Rechen- (engl. interrupt routine) gesprungen. Dafür ist das
werk und zum anderen von einem Leitwerk erledigt. Unterbrechungswerk (engl. interrupt control unit)
Die Kombination des Mikroprozessors mit ande- verantwortlich. In Abhängigkeit von Bedingungs-
ren Werken bildet die Grundlage eines Mikrocom- wünschen (z. B. ein Fehler) wird ein entsprechen-
puters. Die Organisation eines Mikrocomputers des Signal im Statusregister gesetzt, welches dann
wird von vier Hauptwerken bestimmt (Abb. 2): dem mit dem Prozessortakt synchronisiert wird und zur
Hauptspeicher für Programme und Daten, dem Unterbrechung des Programms führt.
Leitwerk, welches das Programm interpretiert, dem
Rechenwerk, das die arithmetischen Operationen Maschinenbefehlszyklus 3
ausführt, und dem Ein- /Ausgabewerk, das für die Die Verarbeitung eines Maschinenbefehls wird
Kommunikation mit der Außenwelt zuständig ist. durch den Maschinenbefehlszyklus geregelt
(Abb. 3). Dieser beschreibt die folgenden sechs Ar-
Rechenwerk 2 beitsphasen: Befehlsholphase (holt den nächsten
Das Rechenwerk (engl. execution unit) besteht aus Maschinenbefehl ins Befehlsregister des Leitwer-
mindestens einer arithmetischen und einer logi- kes), Decodierungsphase (interpretiert den Befehl),
schen Einheit (ALU, engl. arithmetic logic unit), die Operandenholphase (stellt Operanden für den Be-
für die Abarbeitung der Rechenoperationen zustän- fehl zur Verfügung), Ausführungsphase (führt die
dig sind. Diese Rechenoperationen sind Maschinen- Operation aus), Rückschreibphase (schreibt die Er-
befehle, die von speziellen Programmen (Compiler, gebnisse in den Speicher zurück) und die Adressie-
Linker) bei der Programmerstellung durch Soft- rungsphase (schaltet den Befehlszähler entspre-
wareentwickler erstellt werden. Der Prozessor ver- chend der Abarbeitungsreihenfolge auf den nächs-
steht nur diese einfachen Befehle. Zu den Operatio- ten Befehl).
nen, die das Rechenwerk ausführt, gehören neben
den arithmetischen Operationen (Additionen, Sub- Weitere Hauptwerke
traktionen, Multiplikationen etc. ) auch logische Im Hauptspeicher werden das Programm und die
Funktionen (Konjunktionen, Disjunktionen, Nega- dazugehörigen Daten abgelegt. Eine Aufgabe des
tionen etc. ). Des Weiteren werden auch Verschiebe- Leitwerks ist es, die Adressierung des Hauptspei-
und Vergleichsoperationen abgearbeitet. Um die chers zu unterstützen. Die Hauptarbeit wird aller-
verschiedenen Operanden und Ergebnisse aufneh- dings von dem Speicheransteuerungswerk (MMU,
men zu können, umfasst das Rechenwerk verschie- engl. memory management unit) erledigt. Der
dene Speicherzellen in Form von speziellen Regis- Hauptspeicher ist in viele Teile unterteilt (Seg-
tern. mente). Damit auf Daten und Befehle schneller zu-
gegriffen werden kann, stellt das Speicheransteue-
Leitwerk 2 rungswerk Tabellen zur Verfügung, die bei der
Das Leitwerk (engl. control unit) steuert die ver- Adressumsetzung der Segmentadressierung helfen.
schiedenen Komponenten eines Mikrocomputers Um die Abarbeitung der Befehle weiter zu be-
und ist insbesondere für die Interpretation und die schleunigen, existieren noch Spezialspeicher und
sequenzielle (nacheinander) Abarbeitung der Ma- Caches (Zwischenspeicher), die logisch zwischen
schinenbefehle zuständig. Die Aufgabe des Leitwer- Hauptspeicher und Prozessor liegen. In ihnen wer-
kes wird im Wesentlichen durch drei Register cha- den Befehle zwischengespeichert, die als nächstes
rakterisiert. Da ist zunächst der Befehlszähler (engl. abgearbeitet werden sollen.
program counter), der die Adresse des nächsten ab- Die Ein-/Ausgabewerke (engl. control units) steu-
zuarbeitenden Maschinenbefehls enthält. Das ern die Kommunikation zwischen Speichern und
zweite Register ist das Befehlsregister (engl. in- Peripheriegeräten (z. B. Tastatur, Maus, Monitor
struction register), das den gerade auszuführenden und Drucker).
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Mikroprozessoren 29
Halbleiterbauelemente 30

Die Leistungsfähigkeit eines Computers (→) wird überzähligen Löcher der p- Schicht (Diffusion), wo-
maßgeblich von integrierten Schaltungen beein- durch sich an der Grenzschicht eine Spannungsdif-
flusst. Mithilfe der Halbleitertechnologie werden auf ferenz aufbaut. Legt man eine Spannungsquelle
diesen Schaltungen logische Verknüpfungen mit mit dem negativen Pol an die p- Schicht und dem po-
nichtlinearen Bauelementen realisiert. Ziel der sitiven Pol an die n- Schicht an, so entsteht am p-
Halbleitertechnologie ist es, diese Bauelemente so Material durch die hinzukommenden Elektronen
klein wie möglich auf Siliziumchips zu integrieren, ein großer Ladungsberg. Entsprechend werden
um immer leistungsfähigere integrierte Schaltun- dem n- Material keine Elektronen geliefert. Sowohl
gen produzieren zu können (Abb. 1). für Elektronen als auch für Löcher entspricht dies
einer Zunahme der Spannungsdifferenz an der
Halbleiter 2 Grenzschicht, sodass nahezu keine Diffusion mehr
Bei linearen Bauelementen wird der Zusammenhang stattfindet (Abb. 3). Die Diode leitet schlecht. Polt
zwischen Spannung und Strom durch lineare Glei- man die Spannungsquelle um, so werden aus der
chungen beschrieben, z. B. das ohmsche Gesetz: p- Schicht Elektronen zusätzlich abgesogen, sodass
Widerstand R = Spannung U/Stromstärke I. Dabei sich die Elektronen aus der n- Schicht besser in die
ist die Größe R zeitlich konstant und hängt nicht p- Schicht bewegen können. Die Diode leitet gut.
von anderen physikalischen Größen ab (Abb. 2). Der Transistor besteht aus drei hintereinander
Der ohmsche Widerstand nichtlinearer Bauelemente angeordneten Schichten, abwechselnd aus p- und n-
(Halbleiter), deren Leitfähigkeit zwischen der eines Halbleitermaterial. Daher spricht man auch von
Isolators und eines Leiters liegt, ist dagegen tem- pnp- oder npn- Transistoren (Abb. 4). Die beiden äu-
peraturabhängig. ßeren Bereiche der gleichen Halbleiterschichten
Zwei wichtige Halbleiterbauelemente sind die nennt man Emitter- und Kollektorzone, den mitt-
Halbleiterdiode und der Transistor. Beide Bauelemen- leren Bereich Basiszone. Die angebrachten Elektro-
te bestehen aus mehreren Halbleiterschichten, übli- den werden als Emitter, Basis und Kollektor be-
cherweise Silizium und Germanium, denen weitere zeichnet. Da beim Transistor zwei Ladungsarten be-
Substanzen zugesetzt sind. Diese Materialien sind teiligt sind (n- und p- Ladung) spricht man auch von
chemisch vierwertig, d. h. vier Elektronen sind an bipolaren Transistoren. Ein weiteres Bauelement ist
chemischen Bindungen beteiligt. Bei tiefen Tempe- der Unipolar- oder Feldeffekttransistor (FET), bei
raturen sind die Elektronen in einem Kristallver- dem nur eine Ladung beteiligt ist.
bund eingebettet, wo sie bei höheren Temperaturen Die Grundlage fast aller Vorgänge in digitalen
herausgerissen werden. Sie hinterlassen dann ei- Datenverarbeitungsanlagen bilden Halbleiterbau-
nen Überschuss an positiver Ladung („Loch“) und elemente, die als elektronische Schalter eingesetzt
bewegen sich frei im Material, bis sie wieder in ein werden. Die wichtigsten Elemente sind die Tran-
„Loch“ fallen. Legt man dann an diesem Material sistoren (auch FETs). Ist die Polung der Emitter-
eine Spannung an, so können sich diese freien Elek- Basis- Spannung und der Kollektor- Basis- Span-
tronen in eine Richtung bewegen, wodurch ein nung bei einem pnp- Transistor entgegengesetzt, so
Strom in einem bei tiefen Temperaturen nicht lei- sind beide p- n- Übergänge in Durchlassrichtung
tenden Material fließt. Setzt man dem vierwertigen oder, bei Umkehrung, in Sperrrichtung gepolt, d. h. ,
Stoff fünfwertiges Material zu, so hat man in dem der Transistor wirkt als Schalter (Abb. 5).
Kristallverbund einen Überschuss an Elektronen,
das heißt einen Überschuss an negativer Ladung (n- Logische Grundschaltungen
Schicht). Analog dazu erhält man beim Zusatz eines Die logischen Grundschaltungen, meistens reali-
dreiwertigen Stoffes einen Überschuss an positiver siert durch NAND- oder NOR- Gatter (→ Computer),
Ladung (p-Schicht). Bei anliegender Spannung fin- werden durch verschiedene Techniken als logische
det im ersten Fall eine Leitung durch Elektronen (n- Bausteine („Familien“) realisiert. Die wichtigsten
Leitung) statt, und im zweiten Fall wirken die über- Familien sind: TTL (Transistor-Transistor-Logik), ECL
zähligen Löcher so, als ob sich eine positive Ladung (engl. emitter- coupled logic) und CMOS (engl. com-
bewegt (p-Leitung). plementary metal oxide semiconductor). TTL- Schal-
tungen sind am weitesten verbreitet und können
Halbleiterdiode und Transistor 3 4 5 sehr klein hergestellt werden, ECL- Schaltungen
Eine Halbleiterdiode ist aus einer n- Schicht und haben eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit und
einer p- Schicht aufgebaut. An der Grenzschicht be- CMOS- Schaltungen weisen einen geringen Leis-
wegen sich die Elektronen aus der n- Schicht in die tungsverbrauch auf.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Halbleiterbauelemente 31
Halbleiterspeicher 32

Um Informationen (z. B. Programme) in einem Com- Festwertspeicher


puter zu speichern, werden Speicherbausteine mit Bei Tabellenspeichern, die nur gelesen werden
schnellem Zugriff benötigt. Mithilfe der Halbleiter- können, spricht man von Festwertspeichern (ROM,
technologie werden Speicher hergestellt, die als engl. read-only memory). Die zu speichernden Inhal-
Hauptspeicher in einem Computer zum Einsatz te werden vor der Fertigstellung vom Hersteller ein-
kommen. Bei den Halbleiterspeichern unterschei- programmiert und bleiben auch nach der Abschal-
det man zwischen Tabellenspeichern und Funktions- tung der Betriebsspannung (z. B. Ausschalten des
speichern (Abb. 1). Die Speicherelemente sind durch Computers) erhalten. Wie die Schreib- Lese- Spei-
Flipflops (elektronische Kippschalter) mithilfe von cher haben die Festwertspeicher auch wahlfreien
Transistoren (→ Halbleiterbauelemente), Konden- Zugriff zu den einzelnen Speicherelementen, d. h.
satoren und Widerständen realisiert. Die eingesetz- mittels einer Adresse kann ein Datenwort aus-
ten Technologien (bipolare Speicher und MOS- Spei- gelesen werden. In Abb. 1 sind die verschiedenen
cher) unterscheiden sich in der Zugriffsgeschwin- Arten von Festwertspeichern aufgeführt (MROM,
digkeit, im Stromverbrauch und in der Integrations- PROM, EPROM, EEPROM). Sie unterscheiden sich
fähigkeit auf einen Chip. Die bipolaren Speicher lediglich in der Art und Weise, wie sie program-
(TTL, Transistor- Transistor- Logik, ECL, engl. emitter miert werden. MROMs werden vom Hersteller nach
coupled logic) sind schneller, können aber durch einer Maske programmiert. PROMs können dage-
den höheren Stromverbrauch nicht so hoch inte- gen mit einem speziellen Programmiergerät vom
griert werden. Die MOS-Speicher (engl. metal oxid Benutzer selbst programmiert werden. UV- lösch-
semiconductor, Metalloxidhalbleiter) sind etwas bare Festwertspeicher (EPROM) lassen sich vom
langsamer, können allerdings viel höher integriert Benutzer nicht nur programmieren, sondern auch
werden. mit ultraviolettem Licht löschen. Bei den elektrisch
löschbaren Festwertspeichern (EEPROM) kann
Schreib-Lese-Speicher 2 durch Anlegen einer Programmierspannung, einer
Schreib- Lese- Speicher mit wahlfreiem Zugriff Adresse und des zu speichernden Datenwortes jede
(RAM, engl. random access memory) werden dazu Speicherstelle neu beschrieben werden.
benutzt, Programme und Daten für die Ausführung
im Computer zu halten. Es sind Speicher, bei denen Programmierbare logische Bauelemente 3
man unter einer Adresse Daten abspeichern und Die letzte Gruppe der Halbleiterspeicher bilden die
auch wieder auslesen kann. Vom Adresskodierer Funktionsspeicher. Hier werden im Gegensatz zu
werden die Adresseingänge so kodiert, dass die den Tabellenspeichern (RAMs und ROMs) keine
richtige Speicherzelle ausgelesen wird, wodurch Tabellen, sondern logische Funktionen (→ Compu-
eine typische Tabellenstruktur zustande kommt. ter) gespeichert. Zu den programmierbaren logi-
Bei den Schreib-Lese-Speicherbausteinen werden schen Bauelementen (PLD, engl. programmable lo-
DRAM (dynamic RAM) und SRAM (static RAM) gic device) gehören die PALs, PLAs und die LCAs
unterschieden. Der Arbeitsspeicher heutiger Com- (Abb. 1). PLAs (engl. programmable logic arrays)
puter besteht meistens aus DRAM- Bausteinen, wo- sind schwer zu programmieren und besitzen daher
gegen die schnelleren SRAM- Bausteine nur in heute keine große Bedeutung mehr. Die LCAs (engl.
Hochleistungscomputern und für Cachespeicher logic cell arrays) sind ganz neue Bauelemente, bei
(Zwischenspeicher) eingesetzt werden. Beim denen nicht nur logische Funktionen, sondern auch
dynamischen Schreib-Lese-Speicher (DRAM) ist im beliebige Datenpfade zwischen Funktionsblöcken
Kern eine Speichermatrix enthalten, an deren programmierbar sind. Am verbreitetsten und am
Knotenpunkten eine 1- Bit- Zelle liegt. Diese Spei- leichtesten zu programmieren sind die PALs (engl.
cherzelle besteht aus einem Transistor und einem programmable array logic). Zuerst werden die Kon-
Kondensator. Die Zellen werden über eine Zeilen- junktionen (UND- Verknüpfung) der Eingangsva-
und eine Spaltenadresse angesprochen (Abb. 2). riablen, anschließend deren Disjunktion (ODER-
Durch Ladungsverluste müssen die Zellen immer Verknüpfung) gebildet. Die Funktion aus Abb. 3a
wieder (ca. alle 8 ms) neu regeneriert werden. Man ist in einem PAL in Abb. 3b programmiert. PALs
spricht aufgrund dieses „Refreshens“ (Erneuerns) werden heutzutage nicht mehr von Hand entwor-
von einem dynamischen Schreib- Lese- Speicher. fen und programmiert, sondern mithilfe von Com-
Die SRAM- Bausteine sind ähnlich aufgebaut, puterprogrammen, die auch entsprechende Pro-
bestehen aber pro 1- Bit- Zelle aus bis zu sechs grammiergeräte ansteuern können. PALs werden
Transistoren. in großen Schaltwerken eingesetzt.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Halbleiterspeicher 33
Externe Speicher 34

Die externen Speicher eines Computersystems Bandspeicher (Streamer) besitzen zur Datenauf-
haben die Aufgabe, Daten und Programme dauer- zeichnung ein magnetisches Kunststoffband, das
haft zu speichern und während der Programmaus- auf einem Spulenpaar aufgewickelt ist. Der Schreib-
führung den Hauptspeicher (RAM) zu erweitern. Lese- Kopf hat direkten Kontakt zum Medium. Als
Nach dem Ausschalten des Computers gehen alle Aufzeichnungsformat haben sich in der Praxis das
Informationen im RAM verloren. Um später die ein- QIC- (engl. quarter inch cartridge) und das DAT-
gegebenen Daten und entsprechenden Programme (engl. digital audio tape) Format durchgesetzt.
wieder zur Verfügung zu haben, müssen die Infor- Bandspeicher werden überwiegend zur Datensiche-
mationen dauerhaft gespeichert werden. rung und - archivierung eingesetzt. Selbst bei einer
Externe Speicher lassen sich durch folgende Beschädigung des Bandes lassen sich die Daten
Komponenten charakterisieren: Durch einen Daten- wiederherstellen.
träger, der zwei Zustände („0 “ und „1“) speichern
und so binär codierte Datenströme aufbewahren Optische Speicher 4
kann, und durch einen Schreib- Lese- Kopf, der die Die Daten auf einer CD-ROM werden auf einer einzi-
Daten lesen und verändert wegschreiben kann. gen spiralförmigen Spur (von innen nach außen)
Dies alles wird durch den so genannten Controller gespeichert. An der Unterseite einer CD- ROM be-
gesteuert. Dieser ist im Allgemeinen ein System- finden sich kleine Vertiefungen (Pits), die die
programm, das in einem Festwertspeicher (ROM) binären Daten codiert repräsentieren (Abb. 4). Mit-
untergebracht ist und den Schreib- Lese- Kopf ge- hilfe eines Laserstrahls wird die CD- ROM abge-
zielt auf bestimmte Speicherbereiche des Datenträ- tastet und die Informationen werden ausgelesen
gers positionieren kann. und anschließend von Fotodioden ausgewertet
Aufgrund der verschiedenen Technologien, mit (→ CD- Player). Neben diesen Nur- Lese- CDs gibt
denen die Datenträger die Informationen speichern, es heute auch zur CD- ROM kompatible CD- Rs
unterscheidet man zwischen magnetischen, opti- (engl. compact disc- recordable). Sie werden als so
schen und magnetooptischen Speichern. genannte CD- Rohlinge mit einem speziellen „CD-
Brenner“ einmal beschrieben und können von nor-
Magnetische Platten- und Bandspeicher 1 2 3 malen Lesegeräten auch gelesen werden. Zusätz-
Magnetische Speicher werden in Bezug auf den Da- lich gibt es noch wieder beschreibbare CDs (CD-
tenzugriff in zwei Arten unterteilt: Speicher mit RW). Auch hierfür sind spezielle Schreibgeräte not-
wahlfreiem Zugriff (z. B. Festplatte, Diskette), bei wendig. Auf eine Audio- CD, CD- ROM, CD- R oder
denen auf jeden Datenbereich des Datenträgers zu- CD- RW können maximal 650 MByte Daten gespei-
gegriffen werden kann, ohne andere Bereiche zu- chert werden.
erst lesen zu müssen, und Speicher mit sequenziel-
lem Zugriff (z. B. Bandspeicher), bei denen bei ei- Magnetooptische Speicher
nem kontinuierlichen Bewegen des Schreib- Lese- Bei den magnetooptischen Speichern (MO-Speicher)
Kopfes die entsprechenden Datenbereiche heraus- erfolgt die Speicherung wie bei den Festplatten
gelesen werden müssen. magnetisch, nur beim Lesen und Schreiben wird
Bei magnetischen Plattenspeichern werden als ein optisches Verfahren eingesetzt. Zur dauerhaf-
Datenträger dünne Platten mit einer magnetischen ten Magnetisierung wird beim Schreiben von
Cobalt- Nickel- Schicht eingesetzt. Eine Festplatte Daten nur eine geringe magnetische Feldstärke
kann aus einer Platte oder aus einem Plattenstapel benötigt, da der zu magnetisierende Punkt mit
bestehen. Die Informationen werden auf diesen einem Laserstrahl auf ca. 200 °C erhitzt wird
Platten in konzentrischen Spuren längs gerichtet (Curie- Effekt). Durch diese Art der Magnetisierung
abgelegt. Die Schreib- Lese- Köpfe sind an einem ist eine hohe Packungsdichte möglich. Des Weite-
kammartigen Zugriffsarm angebracht und können ren sind MO- Speicher auch sehr unempfindlich, da
so zwischen den Platten auf die entsprechen- zur Ummagnetisierung bei Zimmertemperatur ein
den Spuren positioniert werden (Abb. 1 und 2). sehr großes Magnetfeld notwendig ist. Das Be-
Heutige Festplatten arbeiten mit bis zu 10 000 schreiben eines Datenträgers dauert allerdings län-
U/min und haben eine Kapazität bis zu mehreren ger als das Beschreiben von Festplatten, da der
GByte. Disketten (engl. floppy disc) bestehen aus Schreibzyklus aus drei Umdrehungen besteht: Lö-
nur einer Magnetplatte, die von einer Schutzhülle schen (Entmagnetisieren), Schreiben (Magnetisie-
umgeben ist. Gängige Formate sind 3, 5- Zoll- Disket- ren) und „überprüfendes“ Lesen. MO- Speicher kön-
ten (Abb. 3) mit 1, 44 bzw. 2, 88 MByte. Magnetische nen auch wiederholt beschrieben werden.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Externe Speicher 35
Drucker 36

Um Daten aus dem Computer aus Papier zu brin- Ausdruck haben. Beim Druck wird Tinte durch
gen, wird ein Drucker als Ausgabegerät benötigt. Düsen auf Papier übertragen. Dies geschieht entwe-
Dieser wird über die parallele Schnittstelle eines der durch Tröpchen oder durch einen kontinuier-
Computers angesprochen. Die verschiedenen Druk- lichen Strahl. Letzteres hat sich bei den neueren
ker können entsprechend den ihnen zugrunde Druckertypen nicht durchgesetzt. Für die Erzeu-
liegenden Technologien, wie in Abb. 1 dargestellt, gung der Tröpchen gibt es zwei Verfahren: Das
untergliedert werden. Dampfblasenverfahren (bubble-jet) und das piezo-
elektrische Verfahren. Beim bubble- jet- Verfahren
Anschlagdrucker 2 wird die Tinte durch eine kleine Dampfblase aus
Anschlagdrucker werden in Matrix- und Vollzei- der Düse auf das Papier gedrückt. Beim piezoelek-
chendruckverfahren unterteilt. Vollzeichendrucker trischen Verfahren ist der Düsenkanal von einer
wie Kettendrucker und Typenraddrucker haben Piezokeramik umgeben, die durch Schwingung
heute nur noch eine untergordnete Bedeutung. Druckwellen erzeugt, durch die einzelne Tröpfchen
Matrixdrucker hingegen werden immer noch häu- ausgestoßen werden (Abb. 2 b). Durch Überlage-
fig eingesetzt, einsbesondere für Formularaus- rung von drei bis vier Tintenstrahlen lassen sich
drucke mit Durchschlägen. Bei Matrixdruckern leicht Farbbilder erzeugen. Moderne Tintenstrahl-
(meist Nadeldrucker) werden die zu druckenden drucker haben eine Auflösung von bis zu 720 dpi
Zeichen aus einer Punktmatrix zusammegesetzt, und eine Druckgeschwindigkeit von ca. 10 Seiten
bei Vollzeichendruckern werden diese über einen pro Minute. Beim Farbdruck ist die Geschwindig-
Stempelvorgang übertragen. Beim Nadeldruckver- keit mit ca. 4 Seiten pro Minute deutlich geringer.
fahren wird der Druckkopf, der bis zu 48 Nadeln Laserdrucker nennt man auch Seitendrucker, da
enthält, horizontal an einer Zeile entlang bewegt. bedingt durch das Druckverfahren erst eine ganze
Bei der Ansteuerung einer Nadel wird diese gegen Seite im Druckerspeicher aufbereitet werden muss,
eine Farbband gepresst, wodurch kleine Pigmente bevor diese ausgedruckt wird. Dieses Verfahren
auf das Papier gelangen (Abb. 2 a). Moderne Nadel- nennt man auch Trockentransferelektrofotografie
drucker erzielen heute eine Auflösung von 360 dpi oder Xerografie. Dabei wird auf einer homogen gela-
(engl. dot per inch) und eine Druckgeschwindigkeit denen Fotoleitertrommel die zu druckende Vorlage
von über 500 Zeichen pro Sekunde. optisch abgebildet (Abb. 2 c). Mithilfe eines Laser-
strahls wird die Trommel dort entladen, wo später
Anschlagfreie Drucker 2 etwas auf dem Ausdruck zu sehen ist. So entsteht
Bei Thermodruckern werden entweder Farbteilchen auf der Trommel ein Abbild des auszudruckenden
von einem Farbband auf das Papier übertragen Musters. Im nächsten Schritt werden pulverför-
oder es wird durch Erwärmung ein Spezialpapier mige Farbpartikel (Toner) auf die geladenen Stel-
gefärbt. Dazu werden als Druckelemente kleine len der Fotoleitertrommel übertragen. Im letzten
Heizplättchen (ohmsche Widerstände) benutzt. Schritt wird nun das Pulvermuster auf das Papier
Zwei Druckverfahren kommen hier zum Einsatz. übertragen und durch Wärme, Druck und eine che-
Beim Thermostransferdruck wird durch Erwärmung mische Reaktion fixiert. Danach wird die Ladung
Farbe zum Schmelzen gebracht, die dann durch auf der Trommel wieder gelöscht. Laserdrucker
Druck auf das Papier übertragen wird. Häufiger ein- haben eine hohe Druckgeschwindigkeit (bis 20 Sei-
gesetzt wird heute der direkte thermoreaktive Druck, ten pro Minute) und eine Auflösung bis 1200 dpi.
bei dem die Beschichtung des Spezialpapiers aus
zwei Substanzen besteht, einem Farbbildner und Plotter 3
einem Farbentwickler. Durch die Erwärmung auf Plotter werden hauptsächlich in technich- wissen-
100 °C wird eine chemische Reaktion ausgelöst, die schaftlichen Bereichen eingesetzt, wo große Kon-
ein großes Farbspektrum entstehen lässt. Die Ther- struktionszeichnungen auf Papierformaten bis
modrucker arbeiten sehr geräuscharm, sind aber über DIN A0 ausgedruckt werden. Es gibt zwei
langsam. Sie produzieren etwa 4 Seiten pro Minute Arten von Plottern: Beim Flachbettplotter wird das
bei einer Auflösung bis zu 600 dpi. Papier auf einen Zeichenbereich gespannt und der
Tintenstrahldrucker gehören heute zu den am Druckkopf mit Stiften (verschiedene Strichstärken
häufigsten eingesetzten Druckertypen (Abb. 3). Ins- und Farben) zweidimensional (x- und y- Richtung)
besondere im privaten Bereich haben sie sich über das Papier bewegt. Beim Rollenplotter wird
durchgesetzt, da sie im Vergleich zu Laserdruckern das Papier mittels einer Walze am sich nur horizon-
preiswerter sind und vergleichbare Qualität im tal bewegenen Kopf vorbeigezogen.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Zeichenschlitten mit Stiften Schiene für die Bewegung


des Schlittens in x-Richtung
y-Richtung Schlittenführung
(fest montiert) y
Zeichenpapier

x-Richtung Schlitten mit


in y-Richtung
Figur 1

bewegbarem
Schreibwerkzeug

Papier x

Laufschienen für gesamtes


Schreibsystem

Rollenplotter Flachbettplotter

Drucker 37
Modems 38

Beim Einsatz von Computern ergibt sich oft die Not- entweder einer der beiden Rechner direkt den Tele-
wendigkeit, mehrere Rechner miteinander zu ver- fonanschluss des anderen Rechners an, oder es
binden und Daten auszutauschen. Während relativ wird zunächst die Nummer eines Onlinedienstes
eng benachbarte Rechner, z. B. in einem Unterneh- angewählt, der den weiteren Verbindungsaufbau
men, über ein separates Kabel oder örtliches Kabel- übernimmt. Die meisten Modems arbeiten heute
netz (LAN, engl. local area network) miteinander mit dem Tonwahlverfahren, bei dem jeder erzeugte
verbunden werden können, bietet sich zur Verbin- Ton eine bestimmte Ziffer der Telefonnummer dar-
dung von räumlich weit auseinander liegenden stellt; ältere Geräte verwenden noch das langsa-
Rechnern das Telefonnetz an. Dieses ist jedoch ur- mere Impulswahlverfahren. Ein im Rechner einge-
sprünglich für die Übertragung von analogen bauter Lautsprecher ermöglicht das Mithören des
Sprachsignalen ausgelegt. Digitale Computersig- Wählvorgangs. Sobald die Verbindung zwischen
nale („1“ oder „0 “) erfordern daher eine Umsetzung den Rechnern hergestellt ist, können über das Tele-
in hörbare Töne, wenn sie innerhalb eines analog fonnetz Daten in beide Richtungen ausgetauscht
arbeitenden Telefonnetzes übertragen werden sol- werden. Dabei ist es wichtig, dass die Geschwindig-
len. Diese Aufgabe übernehmen Modulatoren bzw. keit und die Form („Protokoll“), mit der die Daten
Demodulatoren, kurz Modems genannt. übertragen werden, von beiden Seiten akzeptiert
werden. Die Geschwindigkeit wird durch die Über-
Modulieren und Demodulieren 1 tragungsrate bestimmt und in Bits/Sekunde (bps
Modulieren bedeutet, dass eine Signalinformation oder baud) angegeben und kann bei heutigen Mo-
auf einen Träger aufgesetzt wird. Beim Rundfunk dems bis 56 000 bps betragen. Das Protokoll (z. B.
dienen z. B. hochfrequente Radiowellen als Träger V. 32, V. 34, V. 42 usw. ) legt u. a. das Verfahren fest,
und werden mit Sprache oder Musik überlagert mit der Daten komprimiert werden. Bei langen Fol-
(moduliert). Während im Rundfunk entweder die gen von gleichen Zeichen (z. B. Leerzeichenketten)
Amplitudenmodulation („Mittelwelle“) oder die Fre- müssen nicht alle Zeichen einzeln übertragen wer-
quenzmodulation („Ultrakurzwelle“) angewendet den, sondern es genügt eine kurze Zusammenfas-
wird, arbeiten moderne Hochgeschwindigkeitsmo- sung. Dadurch kann die Datenübertragung wesent-
dems fast ausschließlich mit dem Verfahren der lich beschleunigt werden. Durch ein einheitliches
Phasenmodulation („Phasensprungverfahren“), da Protokoll ist gewährleistet, dass auf beiden Seiten
es hohe Übertragungsgeschwindigkeiten ermög- das gleiche Verfahren der Komprimierung bzw. De-
licht (Abb. 1). Auf der Empfangsseite muss die Sig- komprimierung verwendet wird. Das Protokoll legt
nalinformation wieder vom Trägersignal getrennt außerdem fest, wie im Falle eines Übertragungsfeh-
werden. Diese Aufgabe erfüllt der Demodulator. Bei lers verfahren wird, der durch Kontrollzeichen er-
einem Modem sind Sende- und Empfangsteil (Mo- kannt und durch wiederholtes Senden korrigiert
dulator und Demodulator) in einem Gerät zusam- werden kann.
mengefasst.
Anwendungen
Anschluss von Modems 2 3 Eine Kombination aus Rechner und Modem kann in
Für eine Datenübertragung zwischen zwei weit ent- Verbindung mit entsprechender Software Aufgaben
fernten Computern wird jeder Rechner mit einem übernehmen, für die sonst eigene Geräte erforder-
Modem ausgerüstet (Abb. 2). Dabei kann ein lich sind. So können z. B. Telefaxe versendet oder
Modem entweder als Einschubkarte in einem Rech- empfangen werden. Wenn der Rechner mit einer
ner integriert oder als externes Gerät (Abb. 3) aus- Soundkarte ausgerüstet ist, kann er auch als Anruf-
geführt sein. Während interne Modems direkt über beantworter eingesetzt werden. Der wichtigste Ein-
den PC- (Daten)Bus angesprochen werden, erfolgt satzbereich für Rechner mit Anschluss zum Tele-
die Kommunikation zwischen dem PC und einem fonnetz ist die Nutzung von Onlinediensten und
externen Modem über eine serielle Schnittstelle. vom Internet (→). Da derzeit die Telefonnetze von
Das Modem wiederum ist mit dem Telefonnetz ver- der bisherigen analogen auf digitale Signalverarbei-
bunden. tung umgestellt werden, sind Modems in Zukunft
überflüssig. Schon heute können von einem digita-
Datenübertragung len Telefonanschluss (z. B. ISDN; → Telekommuni-
Bevor zwei Rechner über das Telefonnetz miteinan- kationsnetze) Computerdaten gesendet und emp-
der kommunizieren können, muss zunächst die Te- fangen werden, ohne dass die Computersignale in
lefonverbindung hergestellt werden. Dazu wählt Tonsignale umgewandelt werden müssen.
INFORMATIONS-UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Modems 39
Internet 40

Das Internet ist ein weltumspannendes Computer- den können. Dabei kann es passieren, dass eine
netzwerk, welches zur Übertragung von Daten und Nachricht, welche von Europa nach Australien ge-
Informationen benutzt wird. Entwickelt wurde es sendet wird, ihr Ziel über verschiedene Wege er-
vom US- Verteidigungsministerium. Heute wird es reicht, d. h. , ein Teil der IP- Pakete läuft über Ame-
von Universitäten, öffentlichen Einrichtungen rika, ein anderer über Asien.
sowie privaten Personen und Unternehmen ge-
nutzt. Elektronische Post und Newsgruppen
Das Internet zeichnet sich durch eine Zusam- Die elektronische Post (E-Mail) ist eine Anwendung,
mensetzung vieler unabhängiger lokaler Netzwer- bei der Nachrichten von einer Person zu einer ande-
ke aus, die unterschiedliche Computer und Übertra- ren mittels der beschriebenen Protokolle transfe-
gungsmedien (z. B. Telefonleitung, Glasfaserkabel, riert werden. Um E- Mails senden und empfangen zu
Satellit) benutzen. Es gibt keine globale Verwal- können, benötigt man eine E- Mail- Adresse. Diese
tung. Das Internet benutzt jedoch einen gemeinsa- setzt sich aus einem Domainnamen des Rechners
men Übertragungsstandard (Protokoll). Mit diesem und einem persönlichen Teil, meist dem Namen, ver-
Protokoll ist es möglich, die verschiedenen Anwen- bunden durch das Zeichen @ (engl. at) zusammen,
dungen (Programme) des Internets bereitzustellen. z. B. christian.taut@ix.urz.uni-heidelberg.de.
Die bekanntesten Anwendungen sind elektroni- Newsgruppen sind elektronische schwarze Bret-
sche Post, Newsgruppen, Datentransfer, Fernzu- ter zu verschiedenen Themen, z. B. Hobby, Politik
gang und das World Wide Web (WWW). Entschei- oder Sport. Der Benutzer kann die Beiträge anderer
dend ist auch, dass die Übertragung unabhängig Anwender lesen oder selbst einen Beitrag absenden.
vom einzelnen Benutzer erfolgt. Die Themen sind über ihren Gruppennamen hierar-
chisch gegliedert. So stellt z. B. sci.mech.fluids eine
Wie funktioniert das Internet? 1, 2 Gruppe dar, die sich mit Strömungen (fluids) im
Eine gute Analogie zur Datenübertragung im Inter- Bereich der Mechanik (mech) wissenschaftlich (sci)
net stellt die herkömmliche Briefpost dar: Ein Brief beschäftigt. Die Übertragung dieser Beiträge funk-
wird über verschiedene Verteilerpostämter an den tioniert ähnlich wie die der E- Mails.
gewünschten Ort geschickt und dort vom Briefträ-
ger in die angegebene Straße befördert. Auch im In- Dateitransfer und Fernzugang
ternet hat jeder Rechner eine eindeutige Adresse, Der Dateitransfer mit dem speziellen Internetüber-
die aus vier Zahlen besteht (z. B. 192.113.37.4). Der tragungsprotokoll FTP (engl. file transfer protocol)
Anfang der Adresse gibt das lokale Netzwerk (vgl. ermöglicht eine Übertragung von Dateien (z. B. Pro-
Stadt), das Ende den Rechner (vgl. Straße mit Haus- gramme) von einem Rechner auf einen anderen.
nummer) an. Meist werden diese Adressen durch Über einen Fernzugang (Telnet, engl. teletype net-
so genannte Domainnamen ersetzt, die Text enthal- work) kann man sich direkt in einen anderen Rech-
ten und besser lesbar sind (z. B. ix.urz.uni-heidel- ner „einloggen“, d. h. , vom eigenen Rechner aus
berg.de). Sollen nun Daten von einem Rechner an kann man einen zweiten bedienen (z. B. ein Pro-
einen anderen übertragen werden, so werden sie in gramm auf ihm starten). Beide Anwendungen ba-
ein Datenpaket (vgl. Briefumschlag) gesteckt, auf sieren auf TCP/IP und benötigen den Domain-
dem Absender- und Empfängeradresse stehen. Die namen des Rechners und ggf. ein Passwort.
verschiedenen lokalen Netzwerke des Internets
werden durch spezielle Rechner, die Router, verbun- World Wide Web 3
den. Sie stellen die „Verteilerpostämter“ dar und be- Das World Wide Web (WWW) ist ein Medium, in
stimmen den Weg des Datenpaketes (Abb. 1). Damit dem auf jedem Rechner im Internet Informationen
das Netz nicht überlastet wird, sind nur Pakete mit in Form von Text, Bild, Ton und Film hinterlegt wer-
bis zu ca. 1500 Zeichen erlaubt. Dieser Übertra- den können. Die erste Seite eines WWW- Doku-
gungsstandard heißt Internetprotokoll (IP). Um ments ist i. d. R. die Homepage (Leitseite), mit der
auch größere Datenmengen zu verschicken, ist ein sich der Anbieter vorstellt (Abb. 3). Die Information
zweites Protokoll (meistens TCP, engl. transmission besitzt eine spezielle vom Domainnamen abge-
control protocol) notwendig. Es sorgt dafür, dass leitete Adresse (z. B. http://www.meyer.bifab.de)
größere Datenmengen in kleine Pakete zerlegt und und kann mittels TCP/IP von jedem Rechner aus
mittels IP verschickt werden (Abb. 2). Weiterhin betrachtet werden. Ein wichtiges Merkmal sind die
nummeriert und kontrolliert es die Pakete, damit „anklickbaren“ Links, die die einzelnen Informatio-
sie am Ziel wieder richtig zusammengesetzt wer- nen vernetzen.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Internet 41
Digitalisierung 42

In der Digitaltechnik werden Informationen, z. B. mittelten Pixelwerte sind. Je nach Anzahl der Pixel
Texte, Zeichen, Bilder oder Sprache, in ein System geht ein Teil der im ursprünglichen Bild vorhande-
abstrakter Zahlensymbole übersetzt. Die dabei nen Information verloren. Um ein Bild zu übertra-
eingesetzten digitalen elektronischen Schaltungen gen, dessen Auflösung derjenigen unseres Auges
können exakt zwei ausgeprägte physikalische Zu- nahe kommt, müsste es mit einer Auflösung von
stände einnehmen (Strom oder kein Strom, Span- 0, 1 mm dargestellt werden. Bei einer DIN- A4- Seite
nung oder keine Spannung), die durch die Ziffern würde das bedeuten, das sie in ca. 6, 2 Mio. Pixel
„1“ bzw. „0 “ („Ein“ bzw. „Aus“) symbolisiert werden aufgeteilt werden müsste.
können. Diese Codierung bildet die Grundlage für
das Binärsystem (→ Computer). Mit dem Binär- Übertragung großer Datenmengen mittels
system sind Maschinen in der Lage, die codierten Datenkompression 3
Informationen zu verstehen und zu verarbeiten. Die Verarbeitung und Übertragung größerer Daten-
Die Umwandlung ursprünglich analoger Daten mengen, wie sie z. B. bei der Digitalisierung von Bil-
in ein binäres Zahlensystem nennt man Digitalisie- dern oder Musik auftreten, machen eine Daten-
rung. Gegenüber der analogen Übertragung bietet kompression notwendig. Dabei werden Daten so ver-
die digitale Datenübertragung viele Vorteile: Sie ist dichtet, dass sie weniger Speicherplatz und damit
präziser, schneller und deutlich weniger störanfäl- weniger Übertragungszeit benötigen. Es gibt grund-
lig und zudem zeichnet sie sich durch eine höhere sätzlich zwei verschiedene Verfahren: Bei der ver-
Übertragungskapazität aus. lustfreien Methode sind die Daten vor und nach der
Kompression identisch, was z. B. für Texte und
Umwandlung in digitale Daten 1 2 codierte Programme sehr wichtig ist. So werden
Die Umwandlung eines analogen in ein digitales beim Huffman- Verfahren den häufig vorkommen-
Signal nimmt ein Analog-digital-Wandler (A/D- den Symbolen kürzere Codes als den seltener vor-
Wandler), ein elektronisches Bauteil, vor. Der A/D- kommenden zugeordnet (Prinzip des Morsealpha-
Wandler bestimmt zu geeigneten Zeitpunkten den betes). Bei verlustbehafteten Verfahren geht ein Teil
Wert des Analogsignals und codiert diesen dann der Daten verloren, sodass die Zieldaten weniger
als Binärwert. Das Signal wird in kontinuierlichen Detailinformationen enthalten als die Ausgangsda-
Zeitabständen abgetastet („sampling“) und zusätz- ten. Z. B. werden zur Datenkompression von Musik
lich quantisiert (Abb. 1). Die Zahl der Abtastpunkte Frequenzbereiche, auf die das menschliche Gehör
muss dem Kurvenverlauf des analogen Signals weniger reagiert, unterdrückt.
angepasst sein. Die Abtastrate sollte mindestens Drei wichtige Kompressionsverfahren sind Stan-
doppelt so hoch sein wie die höchste Frequenz im dards verschiedener Expertengruppen, die Vor-
Signal. Bei der Quantisierung wird der in einem Ab- schläge zur Komprimierung und Codierung beweg-
tastpunkt gemessene reelle Wert auf eine begrenz- ter und unbewegter Bilder und Audiosignale erar-
te Menge möglicher Werte durch Rundung redu- beitet haben: JPEG (Joint Photographic Experts
ziert. Die Qualität und das Datenvolumen der digi- Group), M-JPEG (Motion JPEG) und MPEG (Motion
talisierten Daten wird durch die Wahl der Abtast- Picture Experts Group). Beim JPEG- Standard wer-
rate und der Quantisierung bestimmt. Je kleiner den redundante, d. h. mehrfach vorhandene Daten
das Abtastintervall, desto genauer ist die Nachbil- entfernt und ähnliche Informationen zusammenge-
dung des zeitlichen Verlaufs des Analogsignals. fasst (verlustbehaftete Kompression). Da mehrere
Auch Bilder können digitalisiert und dann im aufeinander folgende Bilder auch zur Darstellung
Rechner bearbeitet oder übertragen werden. Dazu von Bewegtbildern dienen, findet das Verfahren
teilt man ein Bild in einzelne Bildelemente (Pixel) auch in der Kompression von Digitalvideos Anwen-
auf und ordnet jedem derartigen Pixel einen Wert dung (M- JPEG; Abb. 3). Der MPEG- Standard ist
zu, der die mittlere Helligkeit, die Farbe und/oder ebenfalls ein verlustbehaftetes Kompressionsver-
eine andere Eigenschaft dieses Bildausschnittes fahren für Video- und Audiosignale, das für größe-
angibt. Dieser Wert ist dann die Zahl, die an das re Datenmengen konzipiert wurde. Für den Einsatz
Pixel gebunden wird. Viele Geräte, z. B. eine CCD- im Fernsehbereich wurde der MPEG- 2- Standard
Matrixkamera, machen diese Mitteilungen für die entwickelt, mit dem z. B. Datenübertragungsraten
Intensitäten automatisch, wenn sie ein Bild als für digitales HDTV (→ Digitalfernsehen) definiert
Matrix von Bildpunkten aufzeichnen (Abb. 2). Zur sind. Alle Standards garantieren, dass Systeme
Digitalisierung wird das Bild als zweidimensiona- unterschiedlicher Hersteller miteinander kommu-
les Feld abgespeichert, dessen Feldelemente die er- nizieren und Daten austauschen können.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Digitalisierung 43
Supercomputer 44

Trotz der in den letzten Jahren enorm gestiegenen ander) Abarbeitung ist damit gleich der Stufenzahl
Leistungsfähigkeit allgemein verfügbarer Compu- der Pipeline. Der große Erfolg dieser Rechnerarchi-
ter gibt es nach wie vor eine Reihe von Anwendun- tektur basiert auf der Struktur vieler technisch-
gen, deren Anforderungen an Rechenleistung und wissenschaftlicher Anwendungen, bei denen Vek-
Speicherplatz um ein Vielfaches über der von die- toroperationen einen großen Teil der Rechenzeit
sen Standardcomputern zur Verfügung gestellten ausmachen, und der Möglichkeit, die Anpassung
Leistung liegen. Zu diesen so genannten „Grand von Programmen an diese Rechner durch vektori-
Challenges“ zählen insbesondere technisch- wissen- sierende Compiler (Programme zur Übersetzung ei-
schaftliche Simulationen, wie z. B. Klimavorhersage, ner Programmiersprache in einen Maschinencode)
Optimierung turbulenter (chaotischer, stark verwir- automatisch vornehmen zu lassen.
belter) Verbrennungsvorgänge, die Analyse des Die Kombination beider Architekturprinzipien
menschlichen Genoms (im Chromosomensatz vor- (Parallelisierung und Vektorisierung) führt zu
handener Erbanlagen) oder Berechnung bestimm- parallelen Vektorrechnern (PVP), bei denen mehrere
ter Größen in der Hochenergiephysik. Vektorprozessoren in einem Parallelrechner, typi-
scherweise mit gemeinsamem Speicher, verwendet
Architektur der Supercomputer 1 werden. Im Gegensatz zu den PVPs können bei
Bei der Konstruktion von Höchstleistungsrechnern massiv parallelen Rechnern Bausteine aus dem PC-
für die genannten Anwendungen spielen zwei und Workstationen- Bereich eingesetzt werden. Vor
Prinzipien eine wesentliche Rolle: Parallelisierung dem Hintergrund steigender Kosten für die Ent-
und Vektorisierung. wicklung und Herstellung von Prozessoren stellt
Bei Parallelrechnern arbeiten mehrere Prozesso- dies einen entscheidenden Vorteil dar, der aber
ren gleichzeitig an einem Problem. Man unterschei- nicht unbedingt bestehen bleiben wird, da einige
det hierbei Parallelrechner mit verteiltem Speicher, bei Hersteller bereits an Prozessoren mit Vektoreinhei-
denen jeder Prozessor auf einen eigenen lokalen ten für den Massenmarkt arbeiten. Abbildung 1
Speicher zugreift und Daten zwischen den Prozes- zeigt die zeitliche Entwicklung des Anteils der ver-
soren über ein Verbindungsnetzwerk ausgetauscht schiedenen Rechnerarchitekturen an den 100 welt-
werden, und Parallelrechner mit gemeinsamem Spei- weit schnellsten Supercomputerinstallationen. Die
cher (SMP). Letztere haben einen globalen Speicher, nächste Supercomputergeneration wird von SMP-
auf den alle Prozessoren zugreifen können. Dies Clustern dominiert werden, bei denen mehrere
führt zu einer wesentlich einfacheren Programmie- SMPs, ähnlich den Prozessoren in einem MPP,
rung dieser Rechner, hat aber auch zur Folge, dass durch ein schnelles Netzwerk zu einem Rechner-
die Zahl der Prozessoren nicht sehr hoch sein kann. system verbunden sind.
Deshalb werden Systeme dieser Architektur mit
bis zu 128 Prozessoren angeboten, wogegen Paral- Leistungsentwicklung 2
lelrechner mit verteiltem Speicher mit mehreren Ein insbesondere im Zusammenhang mit wissen-
Tausend Prozessoren eingesetzt werden. Für diese schaftlichen Anwendungen häufig verwendetes
ist daher auch die Bezeichnung massiv parallele Maß für die Rechenleistung von Computersystemen
Rechnersysteme (MPP) üblich. ist die Anzahl der ausführbaren Fließkommaopera-
Das Prinzip der Vektorisierung wurde erstmalig tionen pro Sekunde (Flop/s). Moderne PCs leisten
1976 konsequent in der so genannten „Cray 1“, die etwa 100 MFlop/s (= 100 × 106 Flop/s), so viel wie
von Seymour Cray entwickelt wurde umgesetzt. 1976 eine „Cray 1“. Eine Leistung von einem GFlop/s
Die Prozessoren dieser Rechnerart besitzen spe- (= 109 Flop/s) wurde erstmalig 1985 von der „Cray
zielle Ausführungseinheiten („Pipelines“) für die 2“ erreicht. Einer der schnellsten Supercomputer ist
Verarbeitung mathematischer Operationen mit der bei den Sandia National Laboratories instal-
Vektoren. Hierbei wird die Operation in möglichst lierte massiv parallele ASCI- Red, der eine Rechen-
gleich lange Teiloperationen zerlegt und dann wie leistung von mehr als einem TFlop/s (= 1012 Flop/s)
in einem Montagefließband hintereinander in den erzielt. Dieser Rechner besitzt 4 536 Rechenknoten,
Stufen der Pipeline verarbeitet. Damit können die die mit je zwei Pentium Pro- Prozessoren bestückt
Teiloperationen für verschiedene Vektorelemente sind, und einen verteilten Hauptspeicher von insge-
in unterschiedlichen Stufen der Pipeline gleichzei- samt 567 GBytes. Die Bauelemente des ASCI- Red
tig durchgeführt werden. Der zeitliche Gewinn ei- sind auf 85 schrankartige Gehäuseeinheiten verteilt,
ner Pipelineverarbeitung langer Vektoren gegen- die zusammen eine Stellfläche von etwa 150 Qua-
über der rein sequenziellen (elementweise nachein- dratmetern belegen (Abb. 2).
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Supercomputer 45
Virtuelle Realität 46

Unter virtueller Realität (VR) fasst man alle Metho- (→) beschrieben werden. Die grundlegenden Bau-
den und Techniken zusammen, die benötigt wer- steine von VRML sind geometrische Objekte wie
den, um einen Menschen in eine vom Computer er- Punkte, Linien, Würfel etc. Diese werden zu virtuel-
zeugte künstliche dreidimensionale Umgebung zu len Räumen zusammengebaut. Um nun 3- D- Welten
versetzen. Um diese dreidimensionalen Angebote auf dem Computer darstellen zu können, wird eine
bereitstellen zu können, musste eine Sprache ent- spezielle Software benötigt. Analog zu einem
wickelt werden, mit deren Hilfe dreidimensionale Browser (Programm zum Anschauen von WWW-
Objekte beschrieben werden können. Es entstand Seiten, z. B. Netscape Navigator, Internet Explorer)
die Virtual Reality Modelling Language (VRML). für die Darstellung von 2- D- Seiten des WWW wird
Diese Beschreibungssprache ist plattformübergrei- ein VRML- Browser oder ein VRML- Viewer zur Dar-
fend (d. h. an keinen Rechnertyp gebunden), erwei- stellung dreidimensionaler Szenarien benötigt.
terbar und auch bei niedrigen Übertragungsband- Dabei sind VRML-Browser eigenständige Pro-
breiten einsetzbar. Die VR ist ein Teilgebiet der gramme, die sowohl HTML als auch VRML darstel-
künstlichen Intelligenz (→) und wird häufig als Cy- len können. Ein VRML-Viewer dagegen ist eine Er-
berspace bezeichnet. weiterung („Plug- in“) für einen Browser, der dann
gestartet wird, wenn man im Internet eine VRML-
VR-Geräte 1 2 Datei anfordert. Da die Beschreibungen in VR- An-
Neben der Beschreibungssprache VRML werden wendungen sehr groß sein können, ist eine leis-
für die VR auch spezielle VR- Geräte benötigt, um tungsfähige Hardware (schneller Prozessor, großer
Aktionen des Benutzers an den Computer zu mel- Arbeitsspeicher, schnelle Internetanbindung) nötig,
den. Dazu gehören Positions- und Orientierungs- um in den Genuss von Echtzeitdarstellungen zu
verfolger (engl. tracker) sowie Datenhandschuhe kommen.
(engl. data gloves; Abb. 1). Datenhandschuhe arbei-
ten oftmals auf der Basis von faseroptischen Ka- VR-Anwendungsgebiete 3
beln. Diese Glasfaserkabel sind an den Fingergelen- Mit immer schneller werdender Geschwindigkeit
ken künstlich beschädigt und senden je nach Krüm- verbreiten sich VR- Anwendungen im Internet. Der
mung des Fingers unterschiedlich starke Licht- Einsatz von VR kennt praktisch keine Grenzen. Es
impulse aus, die von Sensoren (Leuchtdioden, wird versucht, alles mithilfe von virtuellen Welten
Fototransistoren) auf der Handschuhoberfläche so naturgetreu wie möglich nachzubilden. Daraus
aufgenommen, in elektrische Signale umgewandelt ergeben sich insbesondere für folgende Bereiche
und an den Computer weitergeleitet werden. Der Einsatzmöglichkeiten von VR:
Tastsinn kann bislang nur unzureichend mit ver- • Kunst: Es können Museen, Schlösser und an-
schiedenen Verfahren, z. B. mithilfe kleiner Luft- dere Bauwerke nachgebildet werden und so
bläschen im Handschuh, simuliert werden. über das Netz neue Interessenten erreicht wer-
Als Ausgabegeräte für die vom Computer simu- den. „Besucher“ können auf diese Weise in aller
lierte virtuelle Welt kommen große Projektionsbild- Ruhe zu Hause durch die Ausstellungen schlen-
schirme oder spezielle Helme (engl. eyephone; Abb. dern (Abb. 3).
2) zum Einsatz. Beim Eyephone betrachtet der Be- • Unterhaltung: Im Unterhaltungsbereich könn-
nutzer zwei eingebaute Bildschirme mit Raster- ten interaktive Spiele für mehrere Spieler ange-
oder holographischen Linsen. Der dreidimensio- boten werden.
nale Bildeindruck wird dadurch erreicht, dass in • Ausbildung: Bei der Ausbildung können dreidi-
jedem Augenblick nur einem der beiden Augen ein mensionale Modelle zur Veranschaulichung
Bild übermittelt wird. Ist die Bildfrequenz nicht herangezogen werden.
hoch genug, so flackert das Bild. Über eingebaute • Forschung: In der Forschung können wissen-
Lautsprecher versorgt der Computer den Benutzer schaftliche Ergebnisse aus Chemie, Biologie,
mit Geräuschen. Physik und Medizin mithilfe von dreidimensio-
nalen Modellen besser dargestellt werden.
VRML-Beschreibungssprache • Industrie: In der Industrie können ganze Pro-
Um virtuelle Welten beschreiben zu können, be- duktionsverfahren überwacht und simuliert
dient man sich der Beschreibungssprache VRML. werden.
Diese Sprache hat sehr viel Ähnlichkeit mit der Be- • Warenhäuser: Unternehmen können ihre Pro-
schreibungssprache HTML (Hypertext Markup dukte in Form von elektronischen Katalogen
Language), mit deren Hilfe die Seiten im Internet und Einkaufspassagen anbieten.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Virtuelle Realität 47
Künstliche Intelligenz 48

Künstliche Intelligenz (KI) ist eine wissenschaftli- besteht aus Zellkern und - körper, mehreren Dendri-
che Disziplin, die das Ziel verfolgt, menschliche ten und Synapsen und einem Axon und kann elekt-
Wahrnehmung, Verstandesleistungen und damit rische Signale verarbeiten. Dabei dienen die Dend-
verbundenes Handeln durch Maschinen nachzubil- riten als Eingabeleitungen und das Axon als Aus-
den. Einige Anwendungsbeispiele von KI sind in gabeleitung. Vernetzt werden etwa 90 % der Neuro-
der Tabelle in Abb. 1 angegeben. Ziel der KI ist es nen dadurch, dass die Axonen über Synapsen an
einerseits, die menschliche Intelligenz zu verste- Dendriten anderer Neuronen gekoppelt sind. Die
hen, und andererseits, eine Arbeitserleichterung restlichen 10 % der Neuronen besitzen Dendriten
durch Rationalisierung zu schaffen. Man kennt ver- bzw. Axonen, die Signale in das Netzwerk speisen
schiedene Methoden, um KI zu realisieren, von oder ausgeben. Ein Neuron gibt über sein Axon ein
denen die neuronalen Netze am ehesten die Struk- Signal aus, wenn die Summe aller Eingangssignale
tur des menschlichen Gehirns abbilden. Andere be- der Dendriten einen bestimmten Schwellwert über-
kannte Verfahren sind Expertensysteme, Fuzzy- schritten hat. Die Synapsen können diese Signale
systeme und genetische Algorithmen. verstärken oder hemmen und so die Aktivität
Derzeit können lediglich Roboter konstruiert der nachfolgenden Neuronen beeinflussen. Das
werden, die die Fortbewegungsfähigkeit eines In- menschliche Gehirn besteht aus 10– 1000 Milliarden
sektes nachahmen können (Abb. 2). Bis heute ist es Neuronen, von denen jedes mit bis zu einigen Tau-
jedoch nicht annähernd gelungen, die mensch- send anderern Neuronen vernetzt sein kann.
lichen Verstandesleistungen mit Maschinen nach- Ein künstliches Neuron (Abb. 4) besteht aus n Ein-
zuvollziehen. Weiterhin ist nicht klar, ob mensch- gabeleitungen (vgl. Dendriten), welche die Ein-
liches Bewusstsein mit Maschinen simuliert wer- gangssignale x1. . . xn mit den Gewichtungen (vgl.
den kann. Synapsen) w1.. . . wn verstärken oder hemmen. Das
Neuron gibt über seine Ausgabeleitung (vgl. Axon)
Anforderungen an KI ein Signal ab, wenn die Summe der gewichteten
Man kann die Fähigkeiten von KI in verschiedene Eingangssignale einen Schwellwert S überschrei-
Gruppen einteilen. Zunächst ist es wichtig, dass die tet: x1 ⋅ w1 + x2 ⋅ w2 +. . . + xn ⋅ wn ≥ S. Die Ein- und Aus-
KI Kontakt zur Außenwelt hat. Dies geschieht über gabeleitungen dienen auch hier der Vernetzung der
Sensoren, wie z. B. ein Mikrofon, eine Kamera oder Neuronen untereinander. Solche Netze lassen sich
einen Temperaturfühler. Die von diesen Sensoren mit Computerprogrammen realisieren.
gemessenen Daten werden von einem Rechner ein-
gelesen. Des Weiteren muss die KI über einen Wis- Trainieren künstlicher neuronaler Netze
sensspeicher verfügen. Dabei ist es nicht unproble- Zunächst muss ein solches Netz trainiert werden.
matisch, ein für die Datenverarbeitung günstiges Ein „Lehrer“ präsentiert dem Netz über seine Ein-
Format für dieses Wissen zu finden. Um diesen gabeleitungen ein Übungsmuster (z. B. ein Bild
Wissensspeicher aufzubauen, muss die KI über eines zu erkennenden Gesichtes). Daraus berech-
einen Lernmechanismus verfügen. Weiterhin sind net das Netz eine Ausgabe, die der Lehrer mit der
Sprach- und Bildverarbeitung für die Kommunika- Sollausgabe (z. B. einer Nummer, die diesem Ge-
tion mit anderen intelligenten Individuen und eine sicht zugeordnet ist) vergleicht. Der Fehler, den das
Auseinandersetzung mit der Umwelt notwendig. Netz zwischen Soll- und Istausgabe macht, wird
Eine komplexe Anforderung an KI ist die Kognition, dazu verwendet, die Gewichtungen des Netzes so
d. h. das Erkennungsvermögen. Um eine Situation anzupassen, dass dieser Fehler reduziert wird. Ziel
erkennen zu können, sind u. a. Sensoren und be- ist es, das Netz so weit zu trainieren, dass es das
reits gespeichertes Wissen notwendig, das mit der gleiche Gesicht auch auf einem anderen Bild sicher
neuen Situation in Verbindung gebracht wird. Wei- zuordnen kann. Dabei kann es jedoch passieren,
tere komplexe Fähigkeiten sind die Anpassung an dass das Netz die Übungsmuster auswendig lernt
die Umwelt und die Flexibilität. Es gibt derzeit kein und dadurch das gleiche Gesicht auf anderen Bil-
künstliches System, das auch nur annähernd all dern nicht mehr erkennt. Vor diesem so genannten
jene Eigenschaften erfüllt. Überlernen ist das Trainieren des Netzes abzubre-
chen. Neben der Muster- und Bilderkennung wer-
Neuronale Netze 3 4 den neuronale Netze meist dann angewandt, wenn
Künstliche neuronale Netze sind eine Nachbildung kein exakter Zusammenhang zwischen Ursache
der Nervenzellen (natürliches neuronales Netz) im und Wirkung festgestellt werden kann, z. B. zur
Gehirn. Eine natürliche Nervenzelle (Neuron; Abb. 2) Spracherkennung.
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Künstliche Intelligenz 49
Farbfernsehen 50

Das Farbfernsehen, 1954 zuerst in den USA und • PAL (Phase Alternating Line, Westeuropa).
1967 auch in Deutschland eingeführt, ist die Über- • SECAM (Système en couleur avec mémoire,
tragung und Wiedergabe bewegter Farbbilder und Frankreich und Osteuropa).
des zugehörigen Tons über Kabel oder Funk. Alle drei Verfahren unterscheiden sich im Grund-
prinzip kaum voneinander. Es beruht auf der Um-
Bildaufnahme und -abtastung 1 2 wandlung von Farbtönen und Farbsättigungen in
Zur Aufnahme der Bilder dient eine Fernsehka- elektrische Signale und deren Rückumwandlung,
mera, die im Prinzip aus drei Aufnahmeröhren be- wobei Informationen zu Helligkeit (Luminanzsignal),
steht, die jeweils mit einem Farbfilter versehen Farbsättigung und Farbton (zus. Chrominanzsignal)
sind (Abb. 1 a). Das Licht des aufzunehmenden Bil- erforderlich sind. Das Helligkeitssignal der Farben
des gelangt auf ein spezielles Prisma, welches das Rot, Grün und Blau wird schwarzweißkompa-
Licht in die Farben Rot, Grün und Blau aufteilt. Die tibel übertragen, d. h. , Schwarzweißfernsehem-
Aufnahmeröhren liefern Ausgangsspannungen, die pfänger können Farbsendungen in Schwarzweiß
vom jeweiligen Farbton und dessen Sättigung ab- und Farbfernsehempfänger können Schwarzweiß-
hängig sind. Die Ausgangssignale der Kamera wer- signale wiedergeben. Für die Schärfe des Bildes ist
den aufbereitet, durch einen Abtastvorgang nach- im Wesentlichen nur der Helligkeitsanteil maß-
einander als elektrisches Videosignal übertragen gebend, während die Farbinformationen mit wesent-
und das Bild auf der Empfangsseite wieder Zeile lich geringerer Schärfe übertragen werden können.
für Zeile zusammengesetzt (Abb. 1 b). Für ein flim- Entsprechend der Augenempfindlichkeitskurve
merfreies Bild werden mindestens 25 Bilder/Se- wird in einem Encoder (Codierer) aus den drei Farb-
kunde übertragen, und zwar im Zeilensprungverfah- auszugssignalen Rot, Grün und Blau ein Helligkeits-
ren: Von 50 Halbbildern werden zunächst alle unge- signal gebildet. Für die Farbinformation genügt es,
raden und anschließend alle geraden Zeilen über- zwei Farbdifferenzsignale zu übertragen, aus denen
tragen (Abb. 2). man im Empfänger durch Decodieren wieder die Sig-
nale Rot, Blau und Grün gewinnen kann. In einem
Übertragung und Bildwiedergabe 1 3 Widerstandsnetzwerk wird das Helligkeitssignal
In einer Fernsehanlage werden die Bild- und Ton- mit voller Bandbreite gebildet, wobei das Frequenz-
trägerwellen auf eine gemeinsame Sendeantenne band nicht durchgehend bedeckt ist, sondern gleich-
geschaltet. Die hiervon abgestrahlten Signale wer- mäßig verteilte Lücken im Abstand der Zeilenfre-
den von einer Empfangsantenne (z. B. Hausanten- quenz, in die die Farbinformation eingeschachtelt
ne) aufgenommen (→ Übertragungstechnik). Nach wird, aufweist. Ein Farbhilfsträger wird mit den bei-
Demodulation (Gleichrichtung) werden sie im Emp- den Farbdifferenzsignalen doppelt moduliert und
fangsgerät einer Bildröhre zugeführt und auf ei- seine Frequenz so gewählt, dass sie ein ungradzahli-
nem Bildschirm sichtbar gemacht. Beim Farbfern- ges Vielfaches der halben Zeilenfrequenz entspricht,
sehen werden drei Bilder (mit Rot- , Grün- und Blau- wodurch die Lücken genau ausgefüllt werden.
filtern) übertragen und von drei Kathodenstrahlen Die drei Systeme NTSC, PAL und SECAM unter-
im Gerät wiedergegeben (Abb.1 b). Aus den Fern- scheiden sich in der Art, wie die Farbdifferenzsig-
sehnormfarben Rot, Grün und Blau lässt sich jeder nale gebildet werden. Bei SECAM erfolgt die Über-
Farbeindruck durch additives Mischen von Licht er- tragung des Helligkeitssignals wie bei NTSC oder
zeugen (Dreifarbentheorie; Abb. 3). PAL, die der Farbdifferenzen aber nicht mehr gleich-
Die Wiedergabe von Fernsehbildern erfordert zeitig (simultan), sondern nacheinander (sequenzi-
einen schnellen dreifarbigen elektrooptischen ell). Bei neueren Systemen wie HDTV und PALplus
Wandler. Bis heute lösen lediglich Bildröhren diese werden die Bild- und Tonsignale nicht mehr analog,
Aufgabe befriedigend. Die Umwandlung in Lichtsig- sondern digital nacheinander übertragen (→ Digital-
nale findet bei der Bildröhre im Leuchtschirmmate- fernsehen).
rial statt, wobei der Leuchtstoff die Farbe des emit-
tierbaren (ausgesandten) Lichtes bestimmt. Videotext und VPS
Beim Zeilensprungverfahren treten während des
Farbfernsehübertragungsverfahren vertikalen Rücklaufs des Elektronenstrahls Zeiten
Zur Fernsehübertragung haben sich drei Standard- ohne Videoinformationen auf. Sie werden heute für
verfahren durchgesetzt: verschiedene zusätzliche Dienste wie Videotext,
• NTSC (National Television System Committee, oder Video-Programm-System (VPS; → Videorekor-
USA), der) benutzt.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Farbfernsehen 51
Bildschirme 52

Der Begriff Bildschirm ist eine Sammelbe- drei Elektronenstrahlen mit individuell gesteuerter
zeichnung für alle Fernseh- und Datensichtgeräte, Stärke, die jedoch gemeinsam fokussiert und
die elektrische Impulse in optische Signale abgelenkt werden. Die Strahlen treffen vor dem
umwandeln. Die drei wichtigsten Typen sind Leuchtschirm auf einer metallischen Schlitzmaske
der Elektronenstrahl- , der Plasma- und der zusammen (Trinitonbildröhre), sodass eine für das
Flüssigkristallbildschirm. Alle drei Typen gibt es Auge nicht erkennbare additive Farbmischung
als Schwarzweiß- und Farbbildschirm. stattfindet. Auf der Schlitzmaske sind Leuchtstoffe
für die drei Farben in vertikalen Streifen aufge-
Braunsche Röhre 1 bracht (Abb. 2). Zusammen mit magnetischen Kor-
Die Wiedergabe von Farbfernsehbildern erfordert rekturfeldern sorgt die Maske dafür, dass die Elekt-
einen schnellen, dreifarbigen (rot, grün, blau) ronen nur an ganz bestimmten Stellen hindurch-
elektrooptischen Wandler. Bis vor kurzem lösten, treten und auf die zugeordneten Leuchtstoffstellen
trotz ihrer großen Bautiefe, lediglich Bildröhren treffen können.
nach dem Prinzip der braunschen Röhre diese
Aufgabe befriedigend. Die Röhre besteht aus einem Flachbildschirme 3
stark evakuierten (luftleeren) Glaskolben, in dem Der Trend bei den Bildschirmen geht zu flacheren
sich zwischen zwei Elektroden Elektronen bewe- und größeren Bildflächen, geringerem Stromver-
gen. Die Kathode (negative Elektrode) wird durch brauch und breiterem Blickwinkel. Um die Bautiefe
einen Heizfaden zum Glühen gebracht und sendet zu verringern, wurde die Flachbildröhre entwickelt,
daraufhin Elektronen aus. Diese werden von der bei der die Kathode in der Größe des Leuchtschirms
Anode (positive Elektrode) angezogen (Abb. 1). Die flach ausgebildet ist.
Beschleunigung durch die Anodenspannung ist Der Flüssigkristallbildschirm (LCD- Bildschirm,
dabei so hoch, dass die Elektronen durch das engl. liquid crystal display) ist vor allem für trag-
Anodenloch treten und auf den vorderen Teil des bare Computer und Kleinstfernseher gedacht. Hier
Glaskolbens prallen. Dieser ist mit einer fluoreszie- wird der Effekt ausgenutzt, dass flüssig- kristalline
renden Schicht versehen, die dort, wo der Elektro- Substanzen, die sich genau zwischen den Aggregat-
nenstrahl auftrifft, zu leuchten beginnt. zuständen flüssig und fest befinden, ihre optischen
Um ein Auseinanderdriften der Elektronen zu Eigenschaften ändern, wenn man an sie eine Span-
verhindern, muss der Strahl fokussiert (gebündelt) nung anlegt. In LCD- Anzeigen wird eine solche
werden. Realisiert wird dies überwiegend durch Substanz von zwei parallelen Glasplatten mit ei-
elektrostatische, seltener auch magnetische Felder, nem elektrisch leitenden Raster eingeschlossen, so-
die die Elektronen ablenken (elektronische Linse). dass sich jeder Bildpunkt einzeln ansteuern lässt.
Zur Steuerung der Strahlintensität befindet sich Bei angelegter Spannung entsteht so bei ver-
vor der Kathode der Wehnelt-Zylinder, an dem eine schiedener Lichtdurchlässigkeit ein Bild.
negative Spannung anliegt. Durch Veränderung Die flachen Plasmabildschirme arbeiten nach
dieser Spannung kann die Strahlintensität und dem Prinzip der Leuchtstoffröhre (Abb. 3). An zwei
damit die Bildpunkthelligkeit genau gesteuert parallel installierten Glasplatten sind in einem
werden. Die gesamte Strahlen erzeugende Vor- Gittermuster Elektroden angebracht, zwischen
richtung im Bildröhrenhals wird als Elektronen- denen man eine Spannung anlegen kann. Der
kanone bezeichnet. Durch Ablenkelektroden wird Raum zwischen den Scheiben ist mit einem Gas
der Aufprallpunkt des Elektronenstrahls auf dem (z. B. Neon) gefüllt. Ist die Spannung hoch genug,
Bildschirm gesteuert werden. fließt ein Strom zwischen zwei Elektroden,
wodurch sich eine örtlich begrenzte Gasentladung
Farbfernsehbildröhren 2 ergibt. Dadurch beginnt das Gas zu leuchten und
Um mit dem Elektronenstrahl wieder sichtbares die einzelnen Bildpunkte entstehen. Plasmabild-
Licht zu erzeugen, braucht man einen Leucht- schirme sind immun gegen hohe magnetische
schirm, in dessen Material die Umwandlung durch Störfelder, extreme Temperaturen und mechani-
atomphysikalische Prozesse ausgelöst wird. Die sche Vibrationen. Sie lassen sich damit z. B. in der
Farbe des ausgesandten Lichtes hängt vom Leucht- Flugsicherung oder in Baufahrzeugen einsetzen.
schirmmaterial ab. Innerhalb einer Farbbildröhre Die meisten Geräte mit Flachbildschirmen er-
sind für die drei Normfarben Rot, Grün und Blau reichen noch nicht die Bildqualität von Geräten mit
(→ Farbfernsehen) drei Glühkathoden nebeneinan- herkömmlicher Bildröhrentechnik und sind um ein
der angebracht (Inlinefarbbildröhre). Sie erzeugen Vielfaches teurer.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Bildschirme 53
Digitalfernsehen 54

Um den immer größer werdenden Anforderungen prädizierten Bilder entschlüsseln zu können. Zu-
in der Fernsehtechnik gerecht zu werden, wurde sätzlich findet eine statistische Analyse statt, mit
das Konzept der digitalen Signalverarbeitung (→ Di- der häufiger auftretende Datenmuster durch kür-
gitalisierung) in Fernsehempfängern entwickelt. zere Kodierungen dargestellt werden als seltenere
Das von einer Videokamera (→) analog aufgenom- Muster (Hoffmann-Codierung).
mene Bild wird von einem Encoder (Kodierer) in di-
gitale Signale umgewandelt, mit mehreren anderen Das 16:9-Bildformat 2
zu einem Multiplex zusammengefasst und dann Durch die Digitalisierung wird auch das so genann-
über die Sendestation zum Satelliten gesendet (Abb. te hochauflösende Fernsehen (HDTV, engl. high de-
1). Der nachgeschaltete digitale Empfänger (Decoder finition television) im 16:9- Bildformat möglich, das
oder Set-Top-Box) dekodiert die Signale, sodass sie der menschlichen Sichtweite am besten angepasst
für ein normales Fernsehgerät darstellbar sind. ist (Abb. 3). Das HDTV baut seine Bilder mit 1125
Digitale Signale sind weniger störungsanfällig oder 1250 Zeilen auf, ist also wesentlich schärfer
gegen äußere Einflüsse als analoge Signale und als das herkömmliche Fernsehen mit nur 625 Bild-
man erreicht gleichzeitig eine wesentlich höhere zeilen. Eine Komprimierung der Signale ist auch
Übertragungskapazität. Mit der Umsetzung der Bil- hier notwendig, damit breitbandige HDTV- Signale
der und Töne in digitale Signale können auf jedem auch in den bestehenden Fernsehkanälen übertra-
Kanal mehrere Programme bei gleicher Qualität gen werden können. Das normale 4:3- Fernsehbild
übertragen werden. Dadurch ergibt sich jedoch ein im herkömmlichen PAL- System (→ Farbfernsehen)
größerer Datenstrom, als beim Digitalfernsehen lässt sich nicht ohne weiteres auf das 16:9- Format
über Satellit eigentlich übertragen werden kann. umsetzen, da die Bildzeilen lediglich vergrößert
Die Daten müssen deshalb mithilfe aufwendiger werden, was allerdings zu einer schlechten Bildqua-
mathematischer Kompressionsverfahren deutlich lität führt. Das PALplus als Erweiterung zu PAL ist
in ihrer Menge reduziert werden, wobei der Zu- kompatibel zur noch vorhandenen analogen Fern-
schauer weder optisch noch akustisch von diesem sehwelt, kann problemlos über Kabel, Satellit und
Datenverlust merken darf. Antenne empfangen werden und erfüllt die wichti-
gen Parameter der 16:9- Bildformate. Es bietet eine
Verfahren zur Datenkompression höhere Auflösung der Bildwiedergabe und führt zu
Die grundlegenden Datenkompressionsverfahren klaren und scharfen Bildern.
wurden von einer weltweit tätigen Normungsorga- Nach der 16:9- Kameraaufnahme werden die Bil-
nisation (MPEG-2, moving pictures expert group) der zum PALplus- Encoder des Senders gebracht,
entwickelt. Bei der Redundanzkompression werden der das 16:9- Bild in ein Breitwandbild mit schwar-
durch effiziente Kodierung Daten eingespart, ohne zen Balken oben und unten umwandelt. Gleichzei-
dass Informationen verloren gehen. So wird z. B. tig werden die Zusatzinformationen für eine bes-
statt zehn einzelner Nullen hintereinander die ko- sere Bildqualität von PALplus in den unsichtbaren
dierte Information „10 × 0 “ übertragen. Durch die Zeilen (schwarze Balken) als so genannte „Helper“
Irrelevanzkompression werden Informationen weg- versteckt und ausgestrahlt. Aus dem komprimier-
gelassen, die sich auf die Wahrnehmung des Zu- ten 16:9- Bild wird ein Breitwandbild in PALplus,
schauers nicht auswirken (z. B. nicht hörbare An- das sich auf jedem normalen Fernseher anschauen
teile des Hörspektrums). Das Fernsehbild wird in lässt. Der PALplus- Decoder errechnet aus dem
kleine Kästchen von je 8 × 8 Bildpunkten eingeteilt sichtbaren Bild wieder ein komprimiertes 16:9- Bild,
und einer mathematischen Umformung unterzo- das auf 16:9- Fernsehern mit Breitbildröhren for-
gen. Dadurch werden diejenigen Anteile weggelas- matfüllend angezeigt wird.
sen, deren Einfluss bei der Wahrnehmung nur ge-
ring ist. Bei aufeinander folgenden Bildern werden Zukunftsaussichten
nur die Änderungen, nicht die kompletten Bild- Die Digitalisierung macht Programmanwendungen
inhalte übertragen, was v. a. bei Sendungen mit möglich, die weit über das eigentliche Fernsehen
wenig Bewegung, z. B. Fernsehdiskussionen, zweck- hinausgehen. Durch neue Spartenprogramme, aber
mäßig ist. Zwischen diesen abgeleiteten (prädizier- auch interaktive Anwendungen, z. B. Einkaufen am
ten) Bildern werden immer wieder einzelne Vollbil- Bildschirm, wandelt sich das Fernsehen vom reinen
der übertragen. So erhält der Decoder nach dem Anbieter zum aktiven Dienstleister. Längerfristig
Einschalten des betreffenden Senders hinreichend ist geplant, die Möglichkeiten des Fernsehens mit
schnell eine Rechenbasis, um dann die folgenden denen der vernetzten Computer zu verbinden.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Digitalfernsehen 55
Übertragungstechnik 56

Die Übertragungstechnik ist ein Teilgebiet der Wegen des hohen Leistungsverbrauchs und der re-
Nachrichtentechnik, das sich mit der Übertragung lativ hohen Anzahl an Verstärkern wird an vielen
von Informationen unter Ausnutzung der Ausbrei- Verstärkerpunkten Strom eingespeist, wobei die
tungseigenschaften elektromagnetischer Wellen be- Anzahl der hintereinander geschalteten Verstärker
fasst. Rundfunk und Fernsehen werden in einem aufgrund von Rauschen und Verzerrungen des ana-
Bereich von 10 KHz bis 3000 MHz, vor allem im Be- logen Signals möglichst klein gehalten werden
reich von 30– 300 MHz (Rundfunk: UKW [U Ultra- muss. Das Standard- Kabelfernsehsystem ist heute
kurzwwellen], Fernsehen: VHF [engl. very high fre- bis zu 300 MHz ausgelegt (Abb. 2). Die VHF- Fern-
quency]), übertragen. sehkanäle und UKW- Rundfunkprogramme werden
in ihren Originalfrequenzen übertragen, während
Signalübertragung über Land 1 der Hörfunk von Lang- , Mittel und Kurzwelle über
Ultrakurze Wellen breiten sich nahezu geradlinig eine Weiche hinzugefügt werden muss. Pilotsignale
aus. Sie können daher nur über kurze Entfernun- werden zur Überwachung und Regelung der Ver-
gen übertragen werden. In Deutschland sind dazu stärker herangezogen und senden bei ihrem Aus-
so genannte Fernsehbrücken in Betrieb. Sie beste- fall (Defekt auf der Strecke) in der Rückrichtung
hen aus auf Fernmeldetürmen angebrachten Relais- ein Kennfrequenzsignal, das einen Alarm auslöst.
stationen (Zwischensender), die in Abständen von Über Rückkanaldaten kann der Kabelteilnehmer in-
ca. 50 km Reichweite aufgestellt sind. In den Relais- teraktiv (in beide Richtungen) mit der Verstärker-
stationen wird die Reichweite der Signale durch stelle verkehren (z. B. beim Pay-TV).
Verstärkung und Umsetzung auf eine andere Fre- Beim Glasfaserkabel (→ Lichtwellenleiter) kom-
quenz vergrößert. Die Fernmeldetürme (Abb. 1) sind men Leuchtdioden als Sender und Empfänger zum
mit Hohlspiegeln als Sende- und Empfangsanten- Einsatz. Diese Elemente eignen sich aufgrund ihrer
nen ausgestattet und geben das Sendesignal von Nichtlinearität in der Übertragungsfunktion nur
Turm zu Turm weiter. Der in einer Sendeantenne schlecht für die direkte analoge Signalübertragung,
fließende Hochfrequenzstrom erzeugt im umgeben- sodass diese Technik hauptsächlich für digitale
den Raum ein periodisch sich änderndes magneti- Übertragungen eingesetzt wird. Bei Glasfaserka-
sches Feld und die Hochfrequenzspannung ein pe- beln sind Übertragungsdistanzen bis zu 50 km
riodisch sich änderndes elektrisches Feld, wodurch ohne Verstärker überbrückbar, sodass eine größere
eine sinusförmige Schwingung entsteht. Liegt die Ausdehnung als beim Koaxialkabelnetz möglich ist.
Länge der Antenne in der Größenordnung der Wel-
lenlänge, so wird ein großer Teil der zugeführten Direktstrahlende Satelliten 3
Energie in Form elektromagnetischer Wellen in den Direktstrahlende Satelliten (→ Satelliten) befinden
Raum abgestrahlt. Das so entstandene elektromag- sich auf einer geostationären (äquatorialen) Bahn
netische Feld erzeugt in einer Empfangsantenne um die Erde und empfangen dort Signale von der
eine hochfrequente Wechselspannung, wenn diese Bodenstation, die sie verstärkt auf ein bestimmtes
eine geeignete Ausdehnung in Richtung der elektri- Zielgebiet der Erde abstrahlen. Die Empfangsan-
schen Feldlinien hat. Zur Überbrückung großer Ent- tenne (Parabolantenne; Abb. 3) muss genau auf den
fernungen werden Nachrichtensatelliten eingesetzt, Satelliten gerichtet sein. Die einfallenden Primär-
die als Relaisstationen zwischen Sende- und weiter- strahlen werden im Brennpunkt gebündelt und von
verteilenden Empfangsstationen dienen. dort an einen Satellitenreceiver weitergeleitet. Die-
ser befindet sich unmittelbar neben dem Fernseh-
Kabelfernsehen 2 gerät und verarbeitet das von der Antenne kom-
Beim Kabelfernsehen werden gleichzeitig viele mende Frequenzpaket, das er als Bild- und Tonsig-
breitbandige Rundfunk- und Fernsehkanäle über nal an den Fernseher weitergibt.
Koaxialkabel gesendet, wobei Qualitätseinbußen
durch Witterungseinflüsse und Abschattungen Digitalisierung im Kabel
(Berge, Häuser) entfallen. Koaxialkabel bestehen Bei der zunehmenden Digitalisierung der Medien
aus einem zylindrischen Innenleiter, der von einem (→ Digitalfernsehen) nimmt die Möglichkeit des di-
verlustarmen Dielektrikum (ein spezieller Isolier- rekten Rückkanals an Bedeutung zu. Hier bietet
stoff) umgeben ist und von einem rohrförmigen das Kabel durch seine interaktive Anwendung ge-
Außenleiter eingeschlossen wird. Die übertragenen genüber dem Satelliten, bei dem eine Kommunika-
elektromagnetischen Wellen werden im Dielektri- tion bisher nur übers Telefon erfolgen kann, einen
kum geführt und durch den Außenleiter begrenzt. entscheidenden Vorteil.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Übertragungstechnik 57
Videorekorder 58

Videorekorder sind Geräte zur magnetischen Auf- Bei einer Kopfradumdrehung wird ein Vollbild
zeichnung und Wiedergabe von Bild- und Toninfor- aufgezeichnet. Um die Spielzeit zu verdoppeln,
mationen. Sie arbeiten mit Magnetbandkassetten kann der Videorekorder mit halber Bandgeschwin-
und ermöglichen es, Fernsehsendungen oder Filme digkeit (Longplay) betrieben werden (mit zwei zu-
beliebig oft aufzuzeichnen und abzuspielen. sätzlichen Longplayköpfen).
Es gibt drei konkurrierende Aufnahmesysteme, die In jeder Magnetbandeinstellung wird die abge-
untereinander nicht austauschbar sind: Betamax, laufene Spielzeit von einem Mikroprozessor be-
VHS (Video Home System) und Video 2000. Trotz rechnet und angezeigt, ebenso die Gesamtspielzeit.
seiner Mängel, vor allem im Ton, hat das VHS- Sys- Wird die Kassette aus dem Rekorder herausgenom-
tem die beiden anderen vom Markt verdrängt. Alle men, so wird der frei liegende Bandteil automatisch
Systeme arbeiten (bei unterschiedlichen Kassetten- durch eine Klappe verdeckt, um ihn vor Verschmut-
abmessungen) nach demselben Prinzip. Ein ande- zung und Berührung zu schützen. So genannte
res Speichermedium für Bild und Ton ist die so ge- „Drop- outs“, Fehlstellen im Band, die zu einer Infor-
nannte Bildplatte, bei der die Bild- und Toninforma- mationslücke führen, werden so vermieden.
tion wie bei der Compactdisc (→ CD- Player) mit Mittlerweile gibt es auch Videorekorder für das
einer Laseroptik abgetastet wird. 16:9- Bildformat (→ Digitalfernsehen), die den ent-
sprechenden Aufnahmemodus erkennen und die
Prinzip der Videoaufzeichnung 1 2 Videosignale für das PALplus- Fernsehen aufberei-
Die Speicherung von Fernsehsignalen ist aufgrund ten.
der höheren Frequenzen schwieriger als bei Ton-
signalen und erfordert eine hohe Bandgeschwindig- Aufnahme und Wiedergabe des Videosignals
keit. Man verwendet daher bei der Aufzeichnung Der Videorekorder muss das vom Fernsehen kom-
von Videosignalen ein Schrägspurverfahren mit ro- mende Videosignal, die Toninformation und ver-
tierenden Videoköpfen und für den Begleitton so- schiedene Steuersignale verarbeiten. Eine direkte
wohl dieses als auch das herkömmliche Längsspur- Aufzeichnung ist nicht möglich, weshalb das Video-
verfahren. signal in ein Helligkeits- und ein Farbartsignal ge-
Das Magnetband enthält schräg liegende Spuren trennt wird. Bei allen Videosystemen setzt man
(Spurwinkel 6° gegenüber der Laufrichtung des dann das Helligkeitssignal vor der Aufzeichnung in
Bandes, Spurbreite 49 µm) mit den Videosignalen ein frequenzmoduliertes Signal um. Jedem Hellig-
(ein Halbbild pro Schrägspur) und schmale Rand- keitswert wird eine bestimmte Frequenz zugeord-
spuren mit Ton- sowie Synchron- und Kontroll- net, die dann mit konstanter Amplitude aufgezeich-
signalen. Es wird schräg an einem rotierenden net wird. Das Farbartsignal wird vor der Aufzeich-
Kopfrad vorbeigeführt (Abb. 1), auf dem zwei um nung in eine tiefere Frequenzlage umgesetzt. Bei
180° versetzte Videoköpfe sitzen, von denen der Wiedergabe gelangt das komplette Signal von
immer nur einer in Bandkontakt ist. Bei der opti- den Videoköpfen an den Kopfvorverstärker und
malen Bandgeschwindigkeit liegen die Spuren wird abermals aufbereitet. Servoeinrichtungen
exakt nebeneinander. Um eine gegenseitige Ein- („Hilfseinrichtungen“), bestehend aus mehreren
wirkung zweier in benachbarten Spuren gespei- Motoren, sorgen für sendersynchronen Band- und
cherter Halbbildsignale zu vermeiden, stellt man Kopflauf bei der Aufnahme sowie für optimale Ab-
den Spaltwinkel der Videoköpfe auf +6° bzw. - 6° tastung der Spuren bei der Wiedergabe.
zur mittleren Spurlinie gegeneinander ein. Diese
Schrägstellung der Kopfspalten gegeneinander Aufnahmehilfen
nennt man Azimut. Die Tonköpfe, die sich vor den 1985 wurde das VPS (Video- Programm- System) ge-
Videoköpfen im Bandzugriff befinden, haben nannte Programmierverfahren für Videorekorder
einen Azimut von ± 30°. Für die Umschlingung mit eingebautem VPS- Dekoder eingeführt. Von den
des Kopfrades verwendet man Fädelmechanismen Fernsehanstalten wird dazu ein 12- stelliger Code
(U-Loading bzw. M-Loading beim VHS- System, Abb. (für Kanal, Programm, Datum und Anfangszeit) un-
2), mit denen das Band aus der Kassette heraus- hörbar neben Bild und Ton ausgestrahlt. Deckt sich
gezogen und um das Kopfrad herumgeführt wird. die manuell in den Videorekorder programmierte
Das Videoband beschreibt dabei einen u- bzw. m- Sendezeit eines Programmes (VPS- Zeit) mit der
förmigen Weg im Bereich der Kopftrommel. Das Sendezeit des ausgestrahlten VPS- Codes, so schal-
M- Loading ist sehr kompakt und hat kurze Band- tet sich der Rekorder automatisch ein und bleibt
einzugszeiten. aktiv, solange das VPS- Signal ausgestrahlt wird.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Videorekorder 59
Videokameras 60

Die Videokamera (Abb. 1) ist eine elektronische Ka- führung der Bildschärfe) des Objektes (Autofokus).
mera zur magnetischen Aufzeichnung von Bild- Hierfür wurden unterschiedliche Techniken ent-
und Toninformationen. Sie ist mit Objektiv, Sucher wickelt.
und Bildaufnahmeeinrichtung zur optoelektroni- Das gängigste Verfahren nutzt das Visitronic-
schen Abtastung und Erzeugung der Bildsignale Prinzip (Abb. 3), bei dem mit einem fest stehenden
ausgerüstet. Die aufgenommenen Informationen und einem schwenkbaren Spiegel zwei Strahlen
werden auf einem Magnetband gespeichert oder di- einer Vergleichselektronik zugeführt werden. Der
rekt auf einem Fernsehgerät abgespielt. Schwingspiegel bewegt sich dabei etwa zehnmal
pro Sekunde. Aufgrund dieser Bewegung entsteht
Camcorder 2 am Ausgang der Vergleichselektronik eine Span-
1984 setzten sich die Camcorder (Kamerarekorder), nung, die den Stellmotor steuert, der wiederum die
die Videokamera und - rekorder in einem Gerät ver- Brennweite des Objektives verändert.
einen, für den privaten Nutzer durch und verdräng-
ten die klassische Videokamera. Aufgrund der zu- Systeme
nehmenden Miniaturisierung der Bauteile, Akkus Bei den Videosystemen für den Heimbereich wer-
und Videokassetten wurden die Geräte immer klei- den Bandkassetten eingesetzt, die sich in der Breite
ner und wiegen heute oft weniger als 1000 Gramm. ihrer Magnetbänder unterscheiden. Das Video-8-
Die leichten und handlichen Camcorder sind statt System ist durch ein nur 8 mm breites Magnetband
mit einer Bildaufnahmeröhre (→ Farbfernsehen) gekennzeichnet, das besonders kleine Bandkasset-
mit lichtempfindlichen Halbleitersensoren (CCDs, ten ermöglicht. Im Gegensatz zu den Oxidbändern
engl. charge coupled devices) ausgestattet. Bei den der normalen Halbzollsysteme in Videorekordern
CCD-Sensoren handelt es sich um integrierte Schalt- ist das schmale Video- 8- Band mit einer Metallbe-
kreise zur Verarbeitung elektrischer und optischer schichtung versehen. Nur wenig größer ist die so
Signale, bei denen die Informationen in Form von genannte VHS-C-Kassette, die mithilfe eines Spezial-
elektrischen Ladungen gespeichert und weiterge- adapters in jedem VHS- Rekorder (→ Videorekor-
leitet werden. Neben den geringen Abmessungen der) abgespielt werden kann. Die Systeme sind
bietet ein CCD- Sensor den Vorteil, dass er die bei nicht kompatibel (austauschbar). Das liegt daran,
Bildaufnahmeröhren notwendigen schweren Ab- dass die Kassettenabmessungen, aber auch die spe-
lenk- und Fokussierspulen nicht benötigt. Dadurch ziellen Systemparameter und die sich daraus erge-
kann nicht nur das Kameragewicht, sondern auch benden Spurlagen unterschiedlich sind. Technisch
die Stromaufnahme gering gehalten werden, was erlauben Camcorder inzwischen ein Arbeiten bei
insbesondere im Akkubetrieb sehr wichtig ist. minimaler Beleuchtung. Geräte der oberen Preis-
Abb. 2 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Cam- klasse sind mit Bildstabilisatoren, diversen Motiv-
corders aus Kamera- und Rekorderteil: Eine Minia- programmen (für eine optimale Beleuchtung) oder
turbildröhre bildet den elektrischen Sucher (→ Ka- einem digitalen Zoom ausgerüstet.
meras). Der CCD- Chip wandelt die Bildvorlage in
ein Videosignal um, das verstärkt und der Aufnah- Digitalvideo
meelektronik des Rekorders (→ Videorekorder) zu- Beim Digitalvideo wird die Bild- und Toninforma-
geführt wird. Das Gleiche geschieht mit dem vom tion digital auf dem Videoband aufgezeichnet. Die
Mikrofon empfangenen Ton. Gleichzeitig bekommt Besonderheit des Bandes ist die auf ihm enthaltene
die kleine Bildröhre im Sucher das Videosignal zu- metallbedampfte Doppelschicht. Alle Informatio-
geführt, sodass eine direkte Bildkontrolle möglich nen werden hier durch die Zerlegung in die beiden
ist. Bei der Wiedergabe dient das Sucherbild als Mo- binären Werte „0 “ und „1“ verarbeitet. Die aus
nitor, sodass unmittelbar nach der Aufnahme kon- einer Kombination dieser Zahlenwerte zusammen-
trolliert werden kann, ob die Videoaufzeichnung in gesetzten Daten können dann als Rechenoperation
Ordnung ist. Am Ausgang des Camcorders werden schnell und eindeutig gespeichert werden. Werden
Bild- und Tonsignale über separate Buchsen (An- die Informationen wieder in ihrer ursprünglichen
schlüsse) herausgeführt, an die man einen Fernse- Form als Bilder benötigt, so müssen sie entschlüs-
her für die Wiedergabe anschließen kann. selt und in die analoge Form gebracht werden. Für
die Aufzeichnung der Daten nutzt man das Schräg-
Bildschärfeneinstellung 3 spurverfahren (→ Videorekorder). Dabei werden
Neben der manuellen Schärfeeinstellung des Bil- die Helligkeits- und Farbinformationssignale ge-
des gibt es die automatische Fokussierung (Nach- trennt auf das Videoband geschrieben.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Videokameras 61
DVD 62

Die DVD (engl. digital versatile disc, von „versatile“ den. Um die Kapazität auf einer DVD weiter zu er-
= „vielseitig verwendbar“; auch oft Digital Video höhen, werden bei der Aufnahme die Informatio-
Disc genannt ) ist ein Nachfolgemedium der her- nen nach den Richtlinien der MPEG, einer interna-
kömmlichen Compactdisc (→ CD- Player) und be- tional tätigen Normungsorganisation, komprimiert
sitzt auch die gleichen Abmessungen. Gegenüber (→ Digitalfernsehen). Zusätzlich wird die Fehler-
der CD besitzt die DVD allerdings ungefähr die korrektur gegenüber der CD optimiert.
siebenfache Speicherkapazität auf einer Informa-
tionsschicht. Für künftige Entwicklungen ist es Aufteilung in Sektoren 3
sogar möglich, zwei Informationsschichten pro Die Pitspuren der DVD sind in Sektoren aufgeteilt,
Discseite zu nutzen, sodass sich die Speicherkapa- vor denen sich jeweils ein Header mit der Sektoren-
zität noch einmal ungefähr vervierfachen lässt. Die identifikation und eine Fehlererkennung befinden
DVD bietet somit genügend Platz für die Speiche- (Abb. 3). In der Sektorenidentifikation befinden
rung umfangreicher Multimedia- Anwendungen sich z. B. Angaben zur Trackingmethode, d. h. , ob die
oder das hochauflösende Fernsehen (→ Digitalfern- Disc gepresste Pits hat oder beschrieben wurde,
sehen). und in welchem Bereich der Disc sich der entspre-
chende Sektor befindet. Es folgen Informationen
Aufbau der DVD 1 2 über die Art der Disc: welcher Spezifikation sie ent-
Die Audio- und Videoinformationen werden mit so spricht, ihre Größe, mit welcher Dichte gespeichert
genannten Pits und Lands (Abstand zwischen den wurde (die Schreibdichte ist bei gepressten und be-
Pits) spurförmig auf die DVD übertragen (Abb. 1). schriebenen Discs unterschiedlich), der Discaufbau
Beim Abspielen der Disc werden die Spuren von und wo sich der Datenbereich befindet. Die eigentli-
einem Laserstrahl abgetastet. Bei den Lands wird chen Daten jedes Sektors werden in 12 Zeilen à 172
das Licht reflektiert, während es bei den Pits zu Byte angegeben. Jeder Zeile folgt ein Fehlerkorrek-
einer Streuung und teilweise zu einer Auslöschung turcode, der so genannte Parity- Inner- Code (PI). Es
durch Interferenz (Überlagerung) des Lichtes sind immer 16 Sektoren hintereinander angeordnet,
kommt. Sowohl Pits als auch Lands repräsentieren denen in weiteren 16 Zeilen der Parity- Outer- Code
den logischen Wert „0 “, während der Wert „1“ je- (PO, auch ein Fehlerkorrekturcode) folgt. Sowohl
weils an den Übergängen zwischen Pit und Land er- auf der CD als auch auf der DVD sollten die Daten
zeugt wird. Die reflektierten Laserstrahlen werden aus Gründen der Datensicherheit physikalisch
von Dioden in einer nachgeschalteten Ableseein- nicht sequenziell (fortlaufend) aufeinander folgen.
heit aufgefangen und in einer Fotodetektoreinheit Zusammengehörende Datenpakete werden nach
zu einem digitalen Datenstrom umgewandelt. Diese einem ganz bestimmten Algorithmus über die Disc
Daten enthalten die Informationen aus der Pitspur verteilt. Vor der Speicherung findet dann die MPEG-
und werden an eine Auswerteelektronik im jeweili- Kodierung der Daten statt. Bei einem DVD - Video
gen Abspielgerät weitergegeben. wird zudem ein Kopierschutz auf die Nutzerdaten
Die DVD besitzt die Maße einer herkömmlichen angewandt.
CD, besteht aber nicht mehr aus einer 1, 2 mm
dicken Scheibe, sondern aus zwei 0, 6 mm dünnen Weitere Entwicklungen
Halbdiscs, die Rücken an Rücken miteinander ver- Bei der Entwicklung der DVD wurden zunächst
bunden sind (Zweischichttechnik; Abb. 2). Die zwei fünf verschiedene Applikationen geplant: DVD-
dicht übereinander liegenden Oberflächen, deren Video für lange Spielfilme mit digitalem Video
obere halbdurchsichtig ist, können wahlweise gele- nach MPEG- 2- Standard, DVD- Audio, DVD- ROM,
sen werden, wobei der Laserstrahl im Abspielgerät die einmal beschreibbare DVD- R und die wieder-
jeweils auf eine der beiden Schichten fokussiert (ge- beschreibbare DVD- RAM. Für die Zukunft ist daran
bündelt) wird. Durch diese Technik ist die Informa- gedacht, DVDs zu entwickeln, die gepresste und be-
tionsschicht der Disc nicht mehr wie bei der CD 1, 2 schreibbare Ebenen miteinander kombinieren. So
mm von der Oberfläche entfernt, sondern nur noch wäre es möglich, dass Daten, die keinerlei Verände-
die Hälfte. Dadurch ist eine feinere Fokussierung rungen benötigen, gepresst werden, und aktuelle
des Laserstrahls (durch Veränderung der Wellen- Informationen dazu auf die beschreibbaren Ebenen
länge) und damit ein Auslesen dichter geschriebe- gebracht werden. Aufgrund der großen Vorteile der
ner Informationen möglich. Die Windungen der Pit- DVD wird sie mittlerweile längst in Serie gefertigt;
spur können auf einer DVD somit sehr viel dichter sie gilt inzwischen als Standardspeichermedium
zusammengelegt und die Pitlänge reduziert wer- der Film- und Fernsehindustrie.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

DVD 63
Radioempfänger 64

Das Radio dient der drahtlosen Verbreitung akus- dulieren (gleichrichten) und verstärken. Der ein-
tischer Signale durch elektromagnetische Wellen. fachste Empfänger besteht aus einem Schwingkreis
Seit den 1950er- Jahren werden statt der vorher übli- zur Abstimmung auf den gewünschten Sender,
chen Elektronenröhren aktive elektronische Bau- einem Demodulator zur Rückgewinnung der Ton-
elemente (Transistoren) als Verstärker, Schalter schwingungen aus dem Hochfrequenzband, einem
oder Sensoren eingesetzt. Mit der Einführung der Niederfrequenzverstärker und einem Lautsprecher
integrierten Schaltungen konnten die Empfänger (Abb. 2a). Ein Schwingkreis ist eine elektrische
wesentlich weiter verkleinert werden. Schaltung aus Spule und Kondensator, die durch
Wechselspannung oder Wechselstrom zu elektro-
Tonsignalübertragung 1 magnetischen Schwingungen angeregt wird.
Von einer Sendeantenne werden modulierte (mit- Wegen des sehr geringen Abstands benachbarter
einander multiplizierte) elektromagnetische Hoch- Sendefrequenzen braucht der Empfänger eine hohe
frequenzwellen (HF-Wellen) ausgestrahlt. Sie brei- Trennschärfe, wodurch mehrere Schwingkreise er-
ten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und erzeu- forderlich werden. Für die Lautsprecherwiedergabe
gen in der Empfangsantenne hochfrequente Wech- ist eine Verstärkung mit Transistoren und inte-
selspannungen (→ Übertragungstechnik). Aus grierten Schaltungen notwendig.
ihnen werden im Empfänger, nach einer Verstär- Heute sind Radioempfänger als so genannte
kung, durch Demodulation (Rückwandlung des mo- Überlagerungsempfänger (Superheterodynempfän-
dulierten Signals) die dem Ton entsprechenden ger) ausgebildet. Sie wandeln die durch Abstim-
Schwingungen herausgenommen, verstärkt und mung eines Schwingkreises grob ausgewählte
von einem Lautsprecher (→) wiedergegeben. Empfangsfrequenz mit einer im Empfänger erzeug-
Rundfunksender arbeiten mit Langwellen (LW: ten, einstellbaren Hilfsschwingung (Überlagerer-
150– 285 kHz), Mittelwellen (MW: 520– 1606 kHz), oder Oszillatorfrequenz) in der Mischstufe in eine
Kurzwellen (KW: 3, 95– 26, 1 MHz) oder Ultrakurz- andere Frequenz um (Abb. 2 b). Diese so genannte
wellen (UKW: 87, 5– 108 MHz). Die Art der Ausbrei- Zwischenfrequenz (ZF) ist die Differenz zwischen
tung sowie die Reichweite dieser vier Frequenzbe- der Oszillator- und der Empfangsfrequenz. Der
reiche ist unterschiedlich. Lang- und Mittelwellen- Empfangs- und Oszillatorkreis (Erzeuger elektri-
sender strahlen eine Bodenwelle entlang der Erd- scher Schwingungen) ist mit einem gemeinsamen
oberfläche und eine Raumwelle ab. Die Bodenwelle Bedienknopf abstimmbar, während die Zwischen-
reicht bis zu einigen Hundert Kilometern, die in frequenz unveränderlich bleibt. Für den UKW- Be-
der Ionosphäre (Teil der Atmosphäre) umgelenkte reich wird ein eigener Empfangsteil (Mischstufe
Raumwelle erlaubt weit größere Reichweiten (z. B. mit Oszillator, ZF- Teil und Demodulator) mit einem
Fernempfang von Mittelwellen bei Nacht). Im Kurz- Frequenzdemodulator verwendet, da zur besseren
wellenbereich wird nur mit Raumwellen gearbeitet. Funkentstörung statt der auf dem Lang- , Mittel-
Ultrakurzwellen breiten sich geradlinig aus und er- und Kurzwellenbereich gebräuchlichen Amplitu-
zielen deshalb nur verhältnismäßig geringe Reich- denmodulation die Frequenzmodulation benutzt
weiten. Die meisten UKW- Sender werden aus die- wird. Zu beiden Empfangsteilen gehört je ein An-
sem Grunde z. B. auf Bergen aufgestellt. tennenanschluss, getrennt für den AM- bzw. FM-
Während man bei UKW mit einer Frequenzmodu- Bereich. Stereosendungen werden wegen der erfor-
lation (FM) arbeitet, durch die Ton- und Klang- derlichen Bandbreite nur auf dem UKW- Bereich ge-
störungen unterdrückt werden, wird bei den übri- sendet.
gen Wellenbereichen eine Amplitudenmodulation
(AM) angewandt. Bei der AM wird die Amplitude Bauformen 3
der Hochfrequenzspannung im Rhythmus einer Bedingt durch die Ausrüstung mit Transistoren
Niederfrequenzspannung geändert (Abb. 1 a), bei und integrierten Schaltungen haben Radioempfän-
der FM ändert man die Frequenz der (hochfrequen- ger heute viele verschiedene Bauformen. Sie rei-
ten) Trägerschwingung im Rhythmus der niederfre- chen vom herkömmlichen Heimempfänger mit
quenten Informationsspannung. Die Amplitude Mono- , Stereo- und Netzbetrieb bis zum Reiseradio
bleibt konstant (Abb. 1 b). mit Batteriebetrieb Ausstattungsmerkmale moder-
ner Geräte sind ferner zusätzliche Einrichtungen
Bestandteile des Empfängers 2 wie elektronischer Sendersuchlauf, automatische
Ein Radioempfänger soll die Signale des gewünsch- Frequenzregelung, Stereoanzeige oder Fernbedie-
ten Senders empfangen, das Eingangssignal demo- nung.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Radioempfänger 65
DAB 66

Im Gegensatz zu den digitalen Hörfunksystemen Programmbreite etwa dreimal so groß wie die über
DSR (engl. digital satellite radio) und ADR (Astra- UKW ausgestrahlte. Bei Ersatz des UKW- Hörfunks
Digital- Radio) ist das DAB (engl. digital audio broad- durch DAB wird eine zwei- bis dreifache Übertra-
casting) bei der Übertragung nicht an Satelliten gungskapazität zur Verfügung stehen. Diese kann
oder Kabel gebunden, sondern für den mobilen dann für weitere Programme oder Mehrkanalton
Einsatz (z. B. im PKW) mittels einer einfachen genutzt werden.
Stabantenne gedacht. DAB- Radioprogramme haben
nur noch eine Frequenz, d. h. , eine einmalige Ein- Vorteile 3
stellung des gewünschten Senders genügt, und Gegenüber dem heutigen analogen Hörfunk bietet
das Programm ist im ganzen Empfangsgebiet das digitale Radio einen wesentlich besseren Emp-
ohne neue Suche zu hören. Derzeit erreichen DAB- fang mit der Tonqualität einer Compactdiskette
Programme etwa 70 % der Bevölkerung in Deutsch- (CD). Auch bei größerer Entfernung vom Sender
land. und mobiler Nutzung bleibt die Empfangsqualität
gleich. Durch die verdichtete Übertragung der digi-
Digitale Übertragung im Hörfunk 2 talen Signale können außer dem Audiosignal noch
Seit 1989 werden über den Satelliten Kopernikus weitere Informationen zur Kennung von Sprache,
deutsche öffentlich- rechtliche und private Hör- Musik oder Programmsparten übertragen werden.
funkprogramme in Mitteleuropa digital ausge- Je nach Programmierung schaltet sich das Emp-
strahlt. Später kam ADR auf dem Satelliten Astra fangsgerät bei der entsprechenden Kennung auch
hinzu (Abb. 2). Die Programme können nur mit ein oder aus. Es besteht zudem die Möglichkeit der
einer entsprechenden Satellitenantenne (Parabol- Übertragung von Zusatzinformationen wie Ver-
antenne, → Übertragungstechnik) oder über das kehrsnachrichten, Umweltdaten oder Stadtplänen,
Kabelnetz (Breitbandkabel) empfangen werden die unabhängig vom jeweils gehörten Rundfunk-
und benötigen neben einem speziellen Hörfunk- programm übertragen werden.
gerät einen so genannten Satellitenreceiver, eine Zum Empfang von DAB (und auch der anderen
Kombination aus einer Abstimmeinheit (Tuner) digitalen Hörfunksysteme) ist allerdings ein spezi-
und einem Verstärker (→), zum Rundfunkempfang. eller Empfänger und Receiver notwendig (Abb. 3).
In Konkurrenz zu diesen beiden Satellitensyste- DAB- Geräte sind zusätzlich mit einem kleinen Bild-
men steht das DAB- Radio. Es wird terrestrisch, d. h. schirm ausgestattet, auf dem die übermittelten Bil-
über Land, ausgestrahlt und benötigt als Antenne der dargestellt werden. Bislang können Anwender
nur eine einfache Stabantenne, wodurch DAB den nur im Rahmen verschiedener Pilotprojekte DAB in
Empfang über mobile Radios zulässt. Ein spezielles Anspruch nehmen.
Empfangsgerät und ein Receiver sind allerdings
auch hier notwendig. Seit 1995 werden alle UKW- Weiterentwicklungen
Programme terrestrisch digital verbreitet, und Mittlerweile wurden für den Computermarkt auch
zwar zunächst parallel zur herkömmlichen analo- Erweiterungskarten für den Hörfunkempfang im
gen Übertragung. Nach einer Übergangszeit von ge- stationären Betrieb am PC entwickelt. Damit kön-
planten 15 Jahren soll die UKW- Übertragung zu- nen nicht nur Radioprogramme, sondern auch DAB-
gunsten von DAB ganz eingestellt werden. Dann Zeitungen, Softwareupdates oder komplette Daten-
werden alle DAB- Programme in ganz Europa auf banken innerhalb von Sekunden über die Staban-
ein und derselben Frequenz zu empfangen sein. tenne empfangen werden, und ein zusätzliches
Eine Sendestation leistet bei DAB die Digitalisie- Modem (→) und die teure Telefonverbindung ent-
rung der Tonsignale, die von Funktürmen aus über fallen.
Radiofrequenzen verbreitet werden. Die Rückum- 1996 wurde über die Satelliten Astra und Eutel-
wandlung des digitalen Codes erfolgt dann im Digi- sat das universelle DVB (engl. digital video broad-
tal- analog- Wandler des Empfangsgerätes. casting) gestartet. Dieses weltweit verbreitete Sys-
Die digitale Daten- bzw. Signalübertragung ist tem umfasst neben dem digitalen Hörfunk auch das
erst durch eine erhebliche Datenreduktion (Daten- digitale Fernsehen (→ Digitalfernsehen) und gege-
komprimierung, → Digitalisierung) möglich, die benenfalls weitere Datendienste. Seit Ende 1997
ohne qualitative Einbußen erfolgen muss. Eine ge- steht es auch auf Breitbandkabel zur Verfügung.
ringe Frequenzbreite wird z. B. erreicht, indem Fre- Damit werden Radio- und Fernsehsignale in einem
quenzen herausgefiltert werden, die das menschli- gemeinsamen Paket übertragen, und der Anwen-
che Gehör nicht wahrnehmen kann. Damit ist die der benötigt nur noch einen Empfänger.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

DAB 67
CD-Player 68

CD- Player sind Abspielgeräte für Compact-Discs mer häufiger die so genannte FOP- Optik (Fflat Opti-
(CDs), die in den 1970er- Jahren als digitale Spei- cal Pick- Up; Abb. 2 b), die wesentlich weniger emp-
chermedien für Audiosignale entwickelt wurden. findlich gegenüber Fehlern auf der CD (z. B. Staub,
Kratzer) als andere Systeme ist. Dies kommt da-
Aufbau einer CD 1 durch, dass ein halbdurchlässiges Spiegelprisma ver-
Auf einer CD können bis zu 99 Musikstücke mit wendet wird, das das reflektierte Licht ablenkt und
einer Länge von bis zu etwa 80 Minuten und wei- durch eine zylindrische Linse dem Fotodetekor zu-
tere Informationen wie z. B. ihre Spieldauer oder führt. Die abgelenkte Lichtmenge ist dabei unab-
Anzahl in digitaler Form gespeichert werden. hängig vom Einfallswinkel auf das Prisma.
Die CD besteht aus Kunststoff, hat eine Dicke von
1, 2 mm und einen Durchmesser von 12 cm (bei Sin- Prinzipieller Aufbau eines CD-Players 3
gle- CDs 8 cm). Als Träger der gespeicherten Infor- Die vom Abtastsystem gelieferte elektrische Infor-
mationen sind kleine Vertiefungen (Pits) auf einer mation über die Pitstruktur auf der CD wird in den
spiralförmig verlaufenden Spur von innen nach einzelnen Baugruppen des CD- Players so weiter-
außen auf der CD aufgebracht (Abb. 1). Im Binär- verarbeitet, dass am Ausgang wieder die ursprüng-
code stellen die Pits und die Flächen zwischen lichen analogen Audiosignale erscheinen. Im We-
ihnen Lands logisch „0 “ dar, während die Über- sentlichen kann man die Schaltung des CD- Players
gänge Pit/Land bzw. Land/Pit logisch „1“ sind. in vier Funktionsblöcke unterteilen: Abtastsystem
mit Vorverstärker, Servoteil, digitale Signalver-
Abtastsysteme 2 arbeitung und Ablaufsteuerung (Abb. 3).
Die CD wird berührungslos und verschleißfrei auf Das Servoteil vereinigt verschiedene Hilfssteue-
der verspiegelten Unterseite durch eine Laserlicht- rungen. Das Fokus- und das Trackingservo sorgen
quelle abgetastet. Durch die Rotation der CD und für eine genaue Abtastung der Pitspur auf der CD.
den gleichzeitigen Vorschub der Abtasteinheit läuft So wird z. B. auch bei Höhenschlägen bis zu 1mm
der Laserstrahl über die gesamte Länge der Infor- das Abtastsystem den Laserstrahl exakt auf die In-
mationsspur von innen nach außen, wobei das La- formationsebene fokussieren. Das Schlittenservo
serlicht an den Pits anders reflektiert wird als an führt das Abtastsystem radial über die CD und
den Lands. Wertet man das reflektierte Licht mit sorgt dafür, dass das System innerhalb etwa 1 s in
einer nachgeschalteten Fotodetektoreinheit aus, so der Lage ist, ein beliebiges Musikstück auf der
werden die auf der CD gespeicherten Informatio- Platte anzusteuern. Das Discservo steuert die Dreh-
nen in einen seriellen Datenstrom umgewandelt. zahl der CD so, dass sich eine lineare Abtast-
Die Taktfrequenz des Signals ist von der Drehzahl geschwindigkeit ergibt. Durch die digitale Signal-
der CD abhängig, sodass die Rotationsgeschwindig- verarbeitung wird das vom Vorverstärker gelieferte
keit der CD abhängig von der Position des Lasers Signal in die ursprüngliche binäre Form gebracht
bestimmt werden muss. und im D/A- Wandler (Digital- analog- Wandler) an-
Im Abtastsystem (Abb. 2 a) wird das in der Laser- schließend in ein analoges Audiosignal umgewan-
diode erzeugte Laserlicht mithilfe der Kollimator- delt. Die Ablaufsteuerung koordiniert schließlich
linse fokussiert (gebündelt) und läuft anschließend die Zusammenarbeit aller Baugruppen unterein-
durch das Polarisationsprisma, das den hinlaufen- ander und übernimmt die Auswertung der Bedien-
den vom reflektierten Laserstrahl, der um 90 ° abge- elemente.
lenkt wird, trennt. Diese Trennung wird durch pha-
sendrehende Eigenschaften der λ/4- Platte unter- CD-Player mit Text-Standard
stützt. Die Sammellinse fokussiert den Laserstrahl Bei modernen CD- Playern können Informationen
genau auf die Mitte eines Pits. Um eventuelle Rund- wie Interpret, Titel oder Komponist eines Musik-
laufeigenschaften der CD oder Abweichungen in stückes nach dem CD-Text-Standard im so genann-
der Pitspur ausgleichen zu können, ist die Sammel- ten Subcode der CD, einem Platz für zusätzliche
linse auf ein dynamisches Stellglied, das 2- Achsen- Daten, untergebracht und auf einem Textdisplay
Element, montiert. Die Auswertung des reflektier- ausgegeben werden. Aus dem Inhaltsverzeichnis
ten Lichtes geschieht im Fotodetektor. Alle Abtast- können die Buchstaben nach dem Laden der CD in
systeme sind so konstruiert, dass die gesamte einen Speicher eingelesen werden und stehen je-
Funktionseinheit durch einen Mechanismus radial derzeit zur Verfügung. So lassen sich z. B. der Al-
über die CD geführt werden kann. Bei den kompak- bumtitel oder die Namen der Interpreten gezielt ab-
ten Gerätetypen findet man als Abtastsystem im- rufen.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

CD-Player 69
Verstärker 70

Als Verstärker bezeichnet man in mehreren Stufen terer Eigenschaften kann auch nur ein Teil des Aus-
zusammengefasste elektronische Schaltungen oder gangssignals durch Gegenkopplung (z. B. beim Ope-
Geräte, die unter Verwendung von aktiven Bauele- rationsverstärker) oder Mitkopplung (bei schwin-
menten (→ Halbleiter), wie z. B. Transistoren, oder gungserzeugenden Schaltungen) auf den Eingang
seltener (bei Spezialanwendungen) auch Elektro- zurückgelegt werden.
nenröhren Spannungen, Ströme oder Leistungen Komplexe mehrstufige Verstärker werden aus
verstärken, d. h. vergrößern. Aktive Bauelemente einer Vielzahl von Transistoren und anderen Bau-
liefern bei Zuführung von Hilfsenergie und gerin- elementen aufgebaut und als integrierte Schaltun-
ger Ansteuerleistung eine größere Ausgangsleis- gen hergestellt. Bei größeren Leistungen muss für
tung. ausreichende Wärmeabfuhr, z. B. durch Kühlkörper
auf dem Bauelement oder Chip, gesorgt werden.
Arten von Verstärkern 1
Die Verstärkung eines Signals geschieht oft in meh- Transistor und Operationsverstärker 2 3
reren Stufen, z. B. Vor- und Endstufen, wobei man Durch die Einführung von Transistoren (→ Halblei-
verschiedene Schaltungsarten unterscheidet: den terbauelemente) und deren Zusammenfassung zu
Eintaktverstärker und den Gegentaktverstärker. Der integrierten Schaltungen (IC- Technik) konnten die
Eintaktverstärker ist eine Schaltungsart zur Nie- Verstärkerschaltungen und damit die elektroni-
derfrequenzleistungsverstärkung, bei der das ge- schen Geräte deutlich verkleinert werden (Abb. 2).
samte Signal (positive und negative Halbwelle der Ein Transistor ist ein aktives elektronisches Bau-
Wechselspannung) von einem Verstärkerelement element und besteht aus einem Halbleiterkristall
(z. B. dem Transistor) verarbeitet wird. Im Gegen- (Silicium, aber auch Germanium oder Galliumarse-
satz dazu wird beim Gegentaktverstärker das zu nid). Durch eine spezielle Behandlung (Dotierung)
verstärkende Wechselstromsignal in die positiven entstehen Zonen unterschiedlicher elektrischer
und negativen Halbwellen aufgeteilt, wobei jeder Leitfähigkeit. Der Stromfluss durch den Transistor
Halbwelle ein Transistor zur Verfügung steht. Die kann von außen gesteuert werden, wodurch er
verstärkten Halbwellen werden anschließend wie- nicht nur als Verstärker, sondern auch als Schalter
der zu einem Signal zusammengefügt, das dann oder Sensor in elektronischen Schaltungen dienen
z. B. einem Lautsprecher zugeführt werden kann. kann. Zur Verstärkung wird vielfach der bipolare
Bei Verstärkern ist eine Kopplung, d. h. die Über- Transistor verwendet (Abb. 3). Er ist aus drei auf-
tragung von elektrischen Signalen von einem einander folgenden Schichten unterschiedlich lei-
Stromkreis auf einen anderen, zwischen den einzel- tender Zonen aufgebaut. Die äußeren Halbleiterbe-
nen Stufen notwendig (Abb. 1). Die Kopplungen reiche werden Kollektor und Emitter, die mittlere,
werden induktiv (mittels Spulen [Magnetfeld]), ka- wesentlich dünnere Schicht Basis genannt. Die ge-
pazitiv (mittels Kondensatoren [elektrisches Feld]), bräuchlichste Schaltung ist der npn- Transistor. Mit
galvanisch (mittels ohmscher Widerstände [lei- ihm sind Stromverstärkungen von über 1:500 mög-
tende Verbindungen]) oder optisch (z. B. mittels lich.
Optokoppler, der aus einem Lichtsender und - emp- Der Vorteil des Transistors liegt in seinem kom-
fänger besteht) realisiert. Die induktive und kapazi- pakten Aufbau, also kleinen Abmessungen und ge-
tive Kopplung lässt nur die Übertragung von Wech- ringer Verlustwärme. Er hat heute die Elektronen-
selspannungen zu, die galvanische Kopplung auch röhre weitgehend,, bis auf Gebiete mit sehr großen
Gleichspannungen. Meistens sind die einzelnen Leistungen und hohen Frequenzen (z. B. in der Mi-
Verstärkerstufen durch einen Koppelkondensator krowellentechnik), verdrängt.
(also kapazitiv) miteinander verbunden. Bei Band-
filtern findet man sowohl induktive als auch kapa- Einsatzgebiete des Verstärkers
zitive Kopplung. Als Rückkopplung bezeichnet man Man kann Verstärker nach Lage und Weite des Fre-
Schaltungen, bei denen die Ausgangsgröße (Strom quenzbereiches der zu verstärkenden Signale un-
oder Spannung) eines Vierpols (elektrisches Netz- terscheiden: Tonfrequenz- und Zwischenfrequenz-
werk mit je zwei Eingangs- und Ausgangsklem- verstärker in Radioempfängern, Videoverstärker in
men) auf den Eingang zurückgeführt wird. Eine sol- Fernsehgeräten, Niederfrequenzverstärker für elek-
che Rückkopplung wird oft in elektronischen Schal- troakustische Anlagen, Schmalband- und Breit-
tungen verwendet. Mit ihnen lassen sich z. B. Oszil- bandverstärker in der Fernmeldetechnik oder Sen-
latorschaltungen aufbauen oder die Eigenschaften deverstärker zur Verstärkung hochfrequenter Sen-
von Verstärkern verbessern. Zur Verbesserung wei- deleistungen.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Verstärker 71
Tapedecks 72

Tapedecks sind Kassettenrekorder ohne eigene Ver- ment und eine hohe Langzeitstabilität. Der Antrieb
stärkerendstufen und Lautsprecher. Sie dienen der Wickelteller erfolgt bei vielen Geräten auch
zum Abspielen und Aufnehmen von Audiosignalen über Riemen und Reibantriebe.
(Musik, Texte u. a. ) auf einem Magnetband. Bei aufwendigeren und teureren Geräten für den
Heimbedarf werden separate Motoren mit Zahnrad-
Aufbau und Funktion der Laufwerksmechanik 1 getriebe für den Antrieb der Schwungmasse und
Das doppelseitig bespielbare Magnetband befindet des Wickeltellers verwendet. Ein dritter Motor
sich in einer Kompaktkassette (CC für engl. com- sorgt als Servomotor für die elektronische Steue-
pact cassette) von der Größe 10 × 6, 3 cm. Beim Ein- rung der Mechanikteile. Die vollelektronische
legen der Kassette in das Abspielgerät werden der Steuerung der Laufwerksfunktion und des Bandzu-
Lösch- und der Tonkopf (Kombikopf) sowie die ges erlaubt ein direktes Umschalten aller Lauffunk-
Gummiandruckrolle auf einem „Schlitten“ an das tionen ohne Gefahr für das Bandmaterial (Ver-
Band herangeführt (Abb. 1). Die Transportachsen, schleiß, Reißen o. a. ). Da der Wickelteller vom Ton-
die Tonwelle und die Kassettenführungsstifte wer- wellenantrieb getrennt ist, wird der Antrieb durch
den senkrecht in die Kassette eingeführt. schwankende Reibungswerte der Kassette nicht be-
Bei der Aufnahme bzw. Wiedergabe der Informa- einflusst, woraus sich bessere Gleichlaufwerte erge-
tionen muss das Band mit einer festgelegten Ge- ben.
schwindigkeit und präzise geführt an den Köpfen
vorbeitransportiert werden. Damit die Bandge- Digital Audio Tape (DAT) 3
schwindigkeit unabhängig vom Wickeldurchmes- Um bei der Wiedergabe einer Magnetbandaufzeich-
ser der Bandspulen stets konstant bleibt, verwen- nung die Qualität einer Compactdisc (→ CD-
det man für den Bandvorschub eine eigene An- Player) zu erreichen, kam 1987 das DAT-System
triebswelle (Ton- oder Capstanwelle), an die das (engl. digital audio tape) auf den Markt, das Audio-
Band mit einer Gummiandruckrolle angedrückt signale digital auf Magnetband aufzeichnet. Auf-
wird. Hingegen soll im Umspulbetrieb das Band grund der Digitalisierung ist für die Signalaufzeich-
rasch auf- bzw. abgewickelt werden (schnelle Lauf- nung eine wesentlich höhere Bandgeschwindigkeit
werksfunktionen). Dabei dürfen die Köpfe das erforderlich als bei analogen Signalen. Der DAT-
Band nicht berühren, um einen unnötigen Ver- Rekorder (Abb. 3) greift darum auf die Technik des
schleiß des Magnetbandes zu verhindern. Videorekorders (→) zurück: das Schrägspurverfah-
ren mit rotierender Kopftrommel. Das Magnetband
Antriebe für das Bandlaufwerk 2 enthält schräg liegende Spuren und zwei Randspu-
Die exakte Geschwindigkeit des Bandes hängt maß- ren, die für Sonderzwecke bespielt werden können.
geblich vom Antrieb der Tonwelle ab, die das Band Es umschlingt die Kopftrommel, auf der sich zwei
mithilfe der Druckrolle transportiert. Beim indirek- Magnetköpfe befinden, zu 90°. Es befindet sich
ten Antrieb (Abb. 2a) ist die Tonwelle starr mit einer immer nur ein Kopf in Bandkontakt. Aus der Um-
vom Motor angetriebenen Schwungmasse verbun- drehungsgeschwindigkeit der Kopftrommel, die
den (Riemenantrieb). Die verschiedenen Tonwellen- leicht schräg zum Band steht, und des Bandvor-
drehzahlen werden durch eine Untersetzung (Dreh- schubes (beide bewegen sich in derselben Rich-
zahlübertragung ins Langsame) erreicht. Die Dreh- tung) ergibt sich eine genügend hohe Relativge-
zahl des Gleichstrommotors wird elektronisch sta- schwindigkeit zwischen Band und Kopf (3, 133 m/s).
bilisiert. Das Trägheitsmoment der Schwungmasse Das DAT- System bietet viele Vorteile: eine lange
sorgt für ausreichende Gleichlaufeigenschaften. Spieldauer von 2 bis 3 Stunden bei kleineren Kas-
Wegen der günstigen Kosten sind Kassettenlauf- settenabmessungen als bei der herkömmlichen
werke in Autoradios oftmals mit einem indirekten Kompaktkassette, schnelle Suchlauffunktion zum
Antrieb ausgestattet. Der direkte Antrieb (Abb. 2b) Auffinden und Überspringen einzelner Musiktitel,
arbeitet mit einem elektronisch geregelten Tonwel- niedrige Betriebskosten durch geringen Bandver-
lenmotor. Die Tonwelle sitzt hier direkt auf der Mo- brauch und zahlreiche Sonderfunktionen durch An-
torachse, wodurch eine Untersetzung wegfällt. Der wendung eines aufwendigen Subcodes. Durch die
Motor gestattet eine relativ einfache Antriebstech- unterschiedlichen Abmessungen und die völlig an-
nik, da alle Umschaltvorgänge wie Vorlauf, Rück- dersartige Funktionsweise sind Kompakt- und
lauf und Geschwindigkeiten des Magnetbandes DAT- Kassetten nicht kompatibel (austauschbar)
elektronisch geregelt werden. Der Direktantrieb und können somit nicht im gleichen Gerät abge-
bietet einen guten Gleichlauf, ein hohes Drehmo- spielt werden.
UNTERHALTUNGSELEK TRONIK

Tapedecks 73
Mikrofone und Lautsprecher 74

Zur Übertragung akustischer Signale sind elektro- dem eines dynamischen Mikrofons entgegenge-
akustische Wandler erforderlich, die auf der Sen- setzt ist. Das Magnetfeld wird durch einen ringför-
derseite Schalldruckänderungen in elektrische Sig- mig ausgebildeten Permanentmagneten erzeugt, in
nale (Mikrofone) und empfängerseitig elektrische dessen Luftspalt eine Schwingspule eintaucht (Abb.
Schwingungen wieder in Schall wandeln (Laut- 3). Fließt durch sie ein tonfrequenter Wechsel-
sprecher). Mikrofone und Lautsprecher enthalten strom, so ergeben sich um die Leiter der Spule
dazu als aktives Element eine Membran. magnetische Felder. Die Spule wird von Kräften, die
zwischen diesen magnetischen Feldern und dem
Aufbau eines Mikrofons 1 Feld des Dauermagneten auftreten, in Bewegung
Am häufigsten eingesetzt wird das so genannte gesetzt. Sie ist mit einer Membran verbunden, die
Tauchspulmikrofon, ein elektrodynamisches Mikro- die Schalldruckänderungen erzeugt.
fon, bei dem die Schalldruckänderung eine an der
Membran befestigte Spule bewegt, die in den Luft- Lautsprecherboxen 4
spalt eines Permanentmagneten eintaucht (Abb. 1). Die Übertragung tiefer Frequenzen ist umso besser,
In den Windungen der Spule werden tonfrequente je größer die Membran des Lautsprechers ist; für
Wechselspannungen induziert. Beim Kondensator- hohe Frequenzen ist aber ein kleiner Membran-
mikrofon (elektrostatisches Mikrofon) wird die Kapa- durchmesser erforderlich. Zur Abdeckung des ge-
zität eines Kondensators in Abhängigkeit der samten Frequenzspektrums sind also mehrere
Schalldruckänderung in elektrische Spannungen Membranen nötig. Für eine naturgetreue Musik-
umgewandelt. Im elektromagnetischen Mikrofon wiedergabe benutzt man Kombinationen aus Tief-,
verändert sich der Luftspalt eines Magneten in Ab- Mittel- und Hochtönern. Frequenzweichen (Filter)
hängigkeit der Schalldruckänderung. Durch die re- sorgen für die Aufteilung des gesamten Tonfre-
sultierende magnetische Flussdichteänderung wird quenzbereiches und die entsprechende Ansteue-
eine Spannung in den Spulen induziert. rung der Einzellautsprecher (Chassis). Für Hochton-
lautsprecher setzt man häufig Kalottenmembranen
Kenngrößen 2 ein (Kalottenlautsprecher), die wegen ihrer halbku-
Der Übertragungsfaktor T ergibt sich aus dem Ver- geligen Oberfläche den Schall in einem weiteren
hältnis der abgegebenen Spannung zur einwirken- Winkel als die Konusmembranen abstrahlen. Um
den Schalldruckänderung. Er wird bei Normfre- akustische Kurzschlüsse zu vermeiden, werden die
quenz (1 kHz) im reflexionsfreien Raum bei Leer- Lautsprecher in eine geschlossene Box eingebaut
lauf des Mikrofons gemessen und sollte möglichst (Abb. 4). Dämmwatte im Gehäuse dient dazu, even-
groß sein. Die obere und untere Grenzfrequenz tuell auftretende Resonanzen im Inneren abzu-
wird durch Messen des Übertragungsmaßes bei un- schwächen. Eine Bassreflexöffnung verbessert die
terschiedlichen Frequenzen und gleicher Schall- Abstrahlung der tiefen Töne bei kleineren Gehäu-
druckänderung ermittelt. seabmessungen. In Aktivboxen sind Lautsprecher-
Die Richtcharakteristik eines Mikrofons, d. h. von chassis und Frequenzweichen mit zwischenge-
welchen Seiten es Schall aufnehmen kann, hängt schalteten Leistungsverstärkern, einer für jeden
von seiner Konstruktion ab. Ist der Raum hinter Frequenzbereich, eingebaut.
der Membran geschlossen, kann der Schalldruck Alle Lautsprechermembranen neigen aufgrund
nur von vorne auf die Membran einwirken, und die ihrer Masse zur Trägheit, sodass sie auf Impulse
Schallwellen können bei entsprechender Membran- verzögert reagieren. Bei einer geregelten Aktivbox
anordnung aus allen Richtungen gleich gut empfan- werden die Bewegungen der Membran mit dem
gen werden. Befindet sich die Membran offen im Ausgangssignal verglichen und korrigiert (Rück-
Mikrofongehäuse, so dringen die Schallwellen von kopplung). Dabei wird die Ausgangsgröße durch
vorne und von hinten ein (offenes System). Durch Messwertwandler in einen elektrischen Wert umge-
die Kombination von offenem und geschlossenem wandelt. Neue Entwicklungen, so genannte Sound-
System ergeben sich so genannte Richtmikrofone prozessoren, setzen anstelle der Frequenzweiche
(Abb. 2), die ihre besondere Bedeutung in der einen Analogrechner ein, bei dem schon alle Eigen-
stereophonen Aufnahmetechnik haben. schaften des Lautsprechergehäuses und - chassis
einprogrammiert sind. So bieten sie z. B. mit fest
Lautsprecher 3 programmierten Akustiksimulatoren die Möglich-
Für Hifi- Anlagen werden fast nur elektrodynami- keit, eine Konzertatmosphäre im Wohnraum herzu-
sche Lautsprecher eingesetzt, deren Wandelprinzip stellen.
UNTERHALTUNGSTECHNIK

Mikrofone und Lautsprecher 75


Grundlagen der Fotografie 76

Mit der Fotografie entstand eine Technik zur und dauerhaft fixiert. Dieser Entwicklungsprozess
schnellen und scheinbar wirklichkeitsgetreuen Ab- findet normalerweise erst einige Zeit nach der Auf-
bildung der Umwelt. Neben die seit über 150 Jahren nahme in einem Fotolabor statt.
betriebene konventionelle chemische Fotografie, bei Die Entwicklung des Films erfolgt bei Dunkel-
der chemische Prozesse zur Erzeugung, Speiche- heit in einem Flüssigkeitsbad mit dem Entwickler.
rung und Darstellung von Bildern dienen, ist die Dabei ist die Zeitdauer des Prozesses genau festge-
noch am Anfang ihrer Entwicklung stehende elekt- legt. Nach der Entwicklung wird der Film in einem
ronische Fotografie (→ digitale Fotografie) getreten. Salzbad fixiert.
Diese verwendet Geräte der Computertechnik zur Beim Schwarzweißfilm setzt der Entwickler die
Bildspeicherung und Bilddarstellung. vom Licht eingeleitete Spaltung des Bromsilbers in
Das fotografische Verfahren nutzt die Tatsache Silber und Brom fort, und das entstandene Negativ
aus, dass alle durch Licht angestrahlten Gegenstän- enthält die Helligkeitsunterschiede des Aufnahme-
de das Licht entsprechend ihrer Form und Farbe zu- objekts als silbergraue Schwärzungsunterschiede.
rückstrahlen. Dieses reflektierte Licht kann durch Helle Motive führen zu dunklen Stellen auf dem
optische Linsen gesammelt und zu einem Bild proji- Film, wogegen dunkle Motive hell abgebildet wer-
ziert werden, das Form und Farbe der Gegenstände den. Ähnliches gilt für den Farbnegativfilm, der aus
wiedergibt. Grundlage des fotografischen Verfah- drei übereinander liegenden Schichten besteht, die
rens ist, dass die auf die Bildebene auftreffenden jeweils für eine Farbe sensibilisiert sind. Jede
Lichtstrahlen Energie enthalten, die chemische und Schicht wertet die Lichtenergie der jeweiligen
physikalische Prozesse auslösen können. Farbe bei der Aufnahme aus. Dabei wird aber nicht
die Originalfarbe auf dem Film wiedergegeben, son-
Bildaufnahme 1 dern die genau entgegengesetzte Farbe (Komple-
Sowohl bei der chemischen wie auch bei der elekt- mentärfarbe): Ein blaues Objekt wird von der blau-
ronischen Fotografie steht am Anfang die Bildauf- empfindlichen Schicht in gelber Farbe dargestellt,
nahme durch eine Fotokamera (→). Ein bestimmter entsprechend erzeugt ein grünes Objekt ein pur-
Ausschnitt der Umwelt wird während der Auf- purrotes Bild auf dem Film, wogegen ein rotes Ob-
nahme für einen kurzen Augenblick in der Kamera jekt blaugrün (cyan) erscheint (Abb. 2). Während
auf einem lichtempfindlichen Medium abgebildet die drei Objektfarben Blau, Grün und Rot jeweils
(Abb. 1). Bei der chemischen Fotografie ist dies der nur eine Filmschicht beeinflussen, wirken alle an-
Film, der durch Lichteinwirkung chemisch verän- deren Objektfarben auf mindestens zwei Film-
dert wird und so das Bild speichert. Bei der elektro- schichten ein und erscheinen dann als farbverkehr-
nischen Fotografie wird durch einen Halbleiter- te Mischfarben.
sensor die Licht- und Farbintensität der Abbildung Um vom Negativfilm natürlich aussehende Bil-
Punkt für Punkt gemessen und in elektrische Si- der zu gewinnen, ist ein weiterer Entwicklungs-
gnale gewandelt. Während bei der chemischen Foto- schritt erforderlich, die Positiventwicklung oder Ver-
grafie der Film gleichzeitig Bildsensor und Bildspei- größerung. Dazu werden in einer Dunkelkammer
cher ist, müssen bei der elektronischen Fotografie mit einem Projektionsapparat die farbverkehrten
die vom Sensor erzeugten Bildsignale sofort ausge- Bilder des Films auf lichtempfindlichem Papier ver-
lesen und in einem separaten elektronischen Spei- größert abgebildet. Dabei entsteht wieder eine Um-
cher abgelegt werden. kehrung der Schwarzweißtöne bzw. der Farben
Beim chemischen Verfahren registriert eine licht- (Abb. 3), sodass letztendlich durch doppelte Umkeh-
empfindliche Schicht (beim Schwarzweißfilm ist rung Papierbilder mit natürlichem Bildeindruck
es Bromsilbergelatine) die Helligkeitsunterschiede entstehen. Da sich der Negativfilm bei der Positiv-
des optischen Bildes, und es entsteht ein unsichtba- entwicklung nicht verändert, können beliebig viele
res, entwickelbares Bild, das latente Bild. Die elek- Papierbilder in unterschiedlicher Größe von einem
tronische Fotografie ermöglicht dagegen eine Bild- Negativ hergestellt werden.
betrachtung an einem Monitor unmittelbar nach Zur Erzeugung von Diapositiven wird der Film
der Aufnahme. selbst in zwei Schritten entwickelt, sodass nach
doppelter Farbumkehr zum Schluss farbrichtige
Filmentwicklung und Bildvergrößerung 2 3 Bilder auf dem Aufnahmefilm entstehen. Diese ein-
Bei der chemischen Fotografie werden durch die maligen Originalbilder können ausgeschnitten, ge-
Filmentwicklung die aufgenommenen latenten Bil- rahmt und z. B. mit einem Diaprojektor vergrößert
der in sichtbare Bilder auf dem Film umgewandelt vorgeführt werden.
FOTOGRAFIE

Grundlagen der Fotografie 77


Fotokameras 78

Mit einer Fotokamera wird ein vom Fotografen aus- schnitt verwendet, der in das Objektiv eingebaut ist.
gewähltes Motiv kontrolliert und reproduzierbar Der Verschluss wird vom Fotografen mithilfe des
auf einem lichtempfindlichen Film bzw. einem Bild- Auslösers geöffnet und schließt selbsttätig nach Ab-
sensor abgebildet. Unterschiedliche Kameratypen lauf der Belichtungszeit. Diese wird entweder vom
benötigen verschiedene Filmarten und Filmgrößen. Fotografen vorgegeben oder von einem in die Ka-
Heute verwenden Fotoamateure und Fotoreporter mera eingebauten Belichtungsmesser gesteuert.
vorzugsweise leichte, transportable Kameras im Kameras, die den Wechsel von Objektiven ermög-
Kleinbildformat (Filmbildgröße 36 × 24 mm). Diese lichen, verfügen in der Regel über einen Schlitz-
Kameras sind meistens als Sucherkameras oder ein- oder Lamellenverschluss, d. h. einen Tuch- oder Me-
äugige Spiegelreflexkameras ausgeführt. tallvorhang, der unmittelbar vor der Filmebene an-
geordnet ist und den Film z. B. beim Objektivwech-
Sucherkamera 1 sel vor Licht schützt. Bei der Aufnahme wird der
Das Objektiv (→) mit den Einrichtungen zur Ein- Vorhang mit hoher Geschwindigkeit vor dem Film
stellung der einfallenden Lichtmenge (Blende) und vorbeigezogen, und ein beweglicher Spalt im Vor-
der Entfernung (Fokussierung) befindet sich auf hang wandert über die Bildebene, wodurch der
der Vorderseite des lichtdichten Kameragehäuses. Film streifenweise belichtet wird. Ist dieser Spalt
Das Gehäuse schützt den Film vor unbeabsichtigter sehr schmal, werden extrem kurze Belichtungszei-
Belichtung und verfügt über die für ihn erforder- ten (unter 1⁄ 1000 s) möglich, umgekehrt lassen sich
lichen Halte- und Transporteinrichtungen. Da sich durch einen breiteren Spalt und durch verzögertes
die Bildebene mit dem Film unmittelbar hinter dem Schließen des Vorhangs auch sehr lange Belich-
Objektiv befindet, ergibt sich eine sehr kurze Bau- tungszeiten verwirklichen.
länge. Hochwertige Sucherkameras (Abb. 1) ermög-
lichen den Anbau unterschiedlicher Objektive. Spiegelreflexkamera 2 3
Charakteristisch für Sucherkameras ist, dass sie Einäugige Spiegelreflexkameras (Abb. 2) haben nur
zur Bildbetrachtung vor der Aufnahme einen vom einen Lichteintritt. Der Fotograf blickt bei der Bild-
Objektiv unabhängigen Sucher haben. Beim Blick einstellung durch das Objektiv und kann daher
durch den Sucher können der Bildausschnitt, die sehr genau beurteilen, wie das spätere Bild aus-
Bildschärfe und - helligkeit allerdings nur ungefähr sehen wird. Dazu befindet sich im Strahlengang
abgeschätzt werden, da das Sucherbild nicht ganz hinter dem Objektiv und vor der Filmebene ein Um-
identisch mit dem Bild hinter dem Objektiv ist. Su- lenkspiegel, der das Bild zunächst in den Sucher
cherbild und Aufnahmebild sind leicht zueinander projiziert (Abb. 3). Durch ein Umkehrprisma er-
verschoben (Parallaxefehler). Diese Nachteile spie- scheint das Bild im Sucher aufrecht und seitenrich-
len aber bei vielen Anwendungen keine Rolle, da tig. Der Spiegel ist beweglich und wird bei der Auf-
meist Objektive verwendet werden, die in einem nahme blitzschnell weggeschwenkt, sodass dann
großen Bereich scharf abbilden und nur grob ein- das Bild auf dem Film erscheint. Somit ist auch
gestellt werden müssen. Nur bei Nahaufnahmen bei Verwendung verschiedener Objektive mit stark
macht sich der Parallaxefehler bemerkbar. unterschiedlichen Brennweiten und Lichtstärken
Hochwertige Sucherkameras verfügen zur Scharf- immer ein realistisches und parallaxefreies Bild im
einstellung über einen Mischbildentfernungsmesser. Sucher zu sehen. Spiegelreflexkameras haben stets
Dazu hat die Kamera neben Objektiv und Sucher einen Schlitz- oder Lamellenverschluss.
einen dritten Lichteintritt, über den ein Teil des Die Messsensoren zum (automatischen) Einstel-
Motivs ein zweites Mal in den Sucher eingespiegelt len von Schärfe und Belichtung befinden sich im
wird. Im Sucher erscheint daher ein Bild mit dop- Strahlengang hinter dem Objektiv. Man spricht
pelten Konturen. Das optische System zum Einspie- von TTL-Messung (engl. through the lens, Messung
geln des zweiten Bildes ist mit dem Einstellring der durch das Objektiv). Die meisten Spiegelreflex-
Fokussiereinrichtung gekoppelt. Eine scharfe Bild- kameras verfügen über eine Halb- oder Vollautoma-
darstellung ohne sichtbare Doppelkontur ergibt tik, d. h. Belichtungszeit oder/und Blendenöffnung
sich, wenn sich das betrachtete Motiv in der einge- werden automatisch aufeinander abgestimmt und
stellten Entfernung befindet. eingestellt (→ automatische Kamerasteuerung).
Mit dem Verschluss wird bei der Aufnahme die Außerdem haben viele einen elektrischen Motor-
Belichtungszeit geregelt. Bei einfachen Kameras antrieb für den automatischen Filmtransport, der
mit nicht wechselbarem Objektiv wird meistens ein Aufnahmen schneller Bildfolgen ermöglicht, und
Zentralverschluss mit kreisförmigem Öffnungsquer- für die Filmrückspulung.
FOTOGRAFIE

Fotokameras 79
Sofortbildfotografie 80

Ein großer Nachteil der herkömmlichen chemi- die Entfernung zwischen Kamera und Motiv und
schen Fotografie ist der Zeitverzug zwischen Auf- justiert entsprechend die Fokussiereinrichtung am
nahme und Entwicklung des Films. Gerade im Be- Objektiv.
reich der professionellen Fotografie ist es oft wich-
tig, ein Bild unmittelbar nach der Aufnahme beur- Belichtung und Entwicklung des Integralfilms 23
teilen zu können. So möchte z. B. ein Fotograf, der Beim gängigen Einblattverfahren befinden sich Ne-
im Studio eine Person porträtiert, sichergehen, dass gativ und Positiv auf demselben Träger. Im unteren
Ausleuchtung, Hintergrund, Bildarrangement usw. Bereich des Filmblattes befinden sich drei Negativ-
stimmen. Dafür benötigt er Probebilder, die sofort schichten, die jeweils nur für eine Farbe, nämlich
nach der Aufnahme ausgewertet werden können. für Rot, Grün oder Blau, lichtempfindlich sind. Die
Die Ende der 1940er- Jahre von der Firma Polaroid darüber liegenden Schichten sind zunächst völlig
entwickelte Sofortbildfotografie hat daher beson- transparent. Bei der Aufnahme werden die Negativ-
ders im professionellen Bereich heute große Bedeu- farbschichten durch die transparenten Schichten
tung erlangt. hindurch belichtet (Abb. 2).
Das Grundprinzip der Sofortbildfotografie be- Nach der Aufnahme wird das Filmblatt mit ei-
steht darin, die für die Entwicklung eines Films nem elektromotorischen Antrieb durch zwei Wal-
erforderlichen Chemikalien (Fixierentwickler) in zen gezogen. Dadurch werden die Entwicklerchemi-
richtiger Portionierung mit dem Film mitzuliefern kalien aus Vorratskapseln im Film ausgepresst und
und den Entwicklungsprozess weitgehend automa- zwischen den Negativ- und Positivschichten gleich-
tisch ablaufen zu lassen. mäßig verteilt. Die Chemikalien enthalten neben
Grundsätzlich gilt, dass die Bildqualität von So- den für die Entwicklung erforderlichen Substanzen
fortbildern nicht mit herkömmlich entwickelten Bil- (Alkali) eine lichtundurchlässige Substanz. Sie bil-
dern vergleichbar ist. Aber gerade der etwas un- det zunächst eine Deckschicht und sorgt dadurch
natürlich wirkende Bildeindruck, insbesondere der dafür, dass kein Licht mehr zu den Negativschich-
der Farben, wird oftmals als interessant und reiz- ten gelangen kann. In Verbindung mit den entspre-
voll empfunden. chenden Entwicklersubstanzen kann sich dadurch
das Negativ ungestört entwickeln. Ist die Negativ-
Sofortbildkameras 1 entwicklung abgeschlossen, wird diese Deckschicht
Die Aufnahme von Sofortbildern erfolgt entweder wieder durchsichtig. Die entwickelten Farbschich-
mit speziellen Sofortbildkameras oder mit Kame- ten des Negativs wirken nun als „Masken“ für die
ras, bei denen die Rückwand ausgewechselt und darüber liegende Positivbildempfangsschicht (Abb.
durch Adapterkassetten mit entsprechendem Film- 3). Nur an den Stellen, wo eine Negativschicht
material ersetzt werden kann. Für normale Klein- transparent ist, kann eine Farbstoffentwickler-
bildkameras gibt es Sofortdiafilme, die der Fotograf schicht auf die oben liegende Bildempfangsschicht
mit einem einfachen Gerät in kürzester Zeit selber einwirken. In der Bildempfangsschicht bilden sich
entwickeln kann. dadurch Farben in Umkehrung zu den darunter lie-
Sofortbildkameras sind meistens Sucherkame- genden Negativschichten und es entsteht ein Farb-
ras, die im Gegensatz zu Kleinbild- Sucherkameras positiv. Ist das Bild nach Maßgabe der Entwicklung
nicht eine Filmrolle, sondern ein Paket mit gesta- gesättigt, dann wird es durch eine saure Polymer-
pelten Filmblättern (Format 78 × 79 mm oder 79 × deckschicht neutralisiert und damit stabilisiert.
91 mm), den so genannten Integralfilm, verarbeiten.
Beim Integralfilm sind Negativ, Positiv und Fixier- Trennbildverfahren
entwickler zu einem Blatt zusammengefasst und Während beim Integralfilm Positiv und Negativ
werden gemeinsam entwickelt. Das komplette Film- auch nach der Entwicklung eine Einheit bilden,
paket enthält mehrere solcher Blätter. Mit ihrem re- wird beim Trennbildverfahren nach der Entwick-
lativ großen Filmmagazin und der dazugehörigen lung die Bildempfangsschicht von den übrigen
Transporteinrichtung für das Filmmaterial hat eine Schichten abgezogen. Damit wird das Positiv vom
Sofortbildkamera ein etwas anderes Aussehen Negativ getrennt, wobei das Negativ als Abfall
(Abb. 1) als normale Sucherkameras. Sofortbild- zurückbleibt. Das Trennbildverfahren findet bei
kameras zeichnen sich durch besonders einfache Filmmaterial für professionelle Kameras Anwen-
Bedienbarkeit aus. Sie verfügen über ein integrier- dung. Die Filme werden als Packfilme geliefert und
tes Blitzgerät und oft auch über ein spezielles Auto- passen in die zumeist auswechselbaren Filmmaga-
fokussystem. Dieses misst mit Ultraschallimpulsen zine von Studiokameras.
FOTOGRAFIE

Sofortbildfotografie 81
Kameraobjektive 82

Für die Abbildungsqualität bei der Bildaufnahme rer Brennweite, die Gegenstände ungefähr mit der
ist vor allem das Linsensystem der Kamera, das Ka- gleichen Vergrößerung wie das menschliche Auge
meraobjektiv, verantwortlich. abbilden, bezeichnet man als Normalobjektive (Abb.
3b). Bei den so genannten Zoomobjektiven kann die
Wirkprinzip von Objektiven 1 Brennweite durch Verschieben von Linsen inner-
Das grundlegende Wirkprinzip eines Objektivs, das halb des Objektivs verändert werden.
im einfachsten Fall aus einer einzigen Linse be-
steht, ist in Abb. 1 gezeigt. Von jedem Punkt des ab- Lichtstärke und Blende
zubildenden Gegenstandes werden Lichtstrahlen Neben der Brennweite werden Objektive nach ihrer
in verschiedene Richtungen abgestrahlt. Die Strah- Lichtstärke unterschieden. Die Lichtstärke wird
len erreichen die Linse überall auf ihrer Oberfläche. durch eine Zahl angegeben, die den Querschnitt
Beim Durchgang durch die Linse werden sie abhän- des Objektivs zu der Brennweite in Verhältnis setzt.
gig von ihrem Einfallswinkel unterschiedlich stark Bei einem Objektiv mit einer Brennweite von
abgelenkt (gebrochen). In einem bestimmten Ab- 50 mm und einem Querschnitt von 35 mm ergibt
stand hinter der Linse treffen alle von einem Punkt sich eine Lichtstärke von 35 : 50 = 1 : 1, 4. Mit einem
ausgehenden Lichtstrahlen wieder in einem Punkt solchen Objektiv kann bei weniger Licht fotogra-
zusammen, und es entsteht ein scharfes Bild des fiert werden als beispielsweise mit einem Objektiv
Aufnahmegegenstandes. An diese Stelle wird das gleicher Brennweite mit der Lichtstärke 1 : 2, 0, das
Aufnahmemedium (Film) platziert. Die Größe des also nur Licht durch einen Querschnitt von 25 mm
Bildes und der Abstand hinter der Linse, an der das lässt. In der Praxis wird aber meistens nur ein Teil
scharfe Bild erscheint (die Bildweite), wird durch des möglichen Querschnitts für den Lichtdurch-
die Brechkraft der Linse bestimmt. Die Brechkraft gang ausgenutzt. Mit einer Irisblende im Objektiv,
kann ermittelt werden, indem man parallele Licht- einer in der Größe verstellbaren Lichtöffnung, lässt
strahlen (z. B. Sonnenstrahlen) auf die Linse schei- sich der Strahlengang durch das Objektiv verengen
nen lässt. Der Abstand hinter der Linse, in der sich und auf die mittleren Bereiche des Objektivs redu-
die Lichtstrahlen in einem Punkt vereinigen, heißt zieren. Dadurch wird die Abbildungsqualität ver-
Brennweite. Linsen mit hoher Brechkraft haben bessert. Gleichzeitig begrenzt die Blende die Licht-
eine kurze Brennweite. menge, die auf den Film trifft, wodurch die Belich-
tung der Filmempfindlichkeit angepasst werden
Mehrlinsige Objektive 2 kann. Meistens wird die Blende in festgelegten Stu-
In der Praxis werden keine einlinsigen Objektive fen verstellt. Bei jeder Stufe wird der Querschnitt
verwendet, da eine einzelne Linse Gegenstände nur um den Faktor 1, 41 vergrößert oder verkleinert
ungenau abbilden kann. Es treten Verzeichnungen (Blende 2; 2, 8; 4; 5, 6; 8 usw. ), was eine Verdoppe-
oder Farbfehler auf, z. B. dadurch, dass Licht größe- lung oder Halbierung der Öffnungsfläche und
rer Wellenlänge (rot) weniger stark gebrochen wird damit der Lichtmenge bedeutet. Die Blende wird
als kurzwelliges Licht (blau). Erst durch Kombina- entweder durch einen Einstellring am Objektiv von
tion mehrerer Linsen aus verschiedenen Glassor- Hand oder durch einen Elektromotor verstellt.
ten mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften,
durch Variation der Krümmungsradien, der Linsen- Entfernungseinstellung und Fokussierung
dicken und der Luftabstände erhält man Objektive, Objektive können nur Gegenstände scharf abbilden,
die weitgehend fehlerfreie Abbildungen erzeugen die sich in bestimmter Entfernung befinden. Durch
und sich somit annähernd wie ideale Linsen verhal- Anpassung der Bildweite lassen sich Objektive auf
ten (Abb. 2). unterschiedlich weit entfernte Gegenstände aus-
richten (fokussieren). Dazu wird das Linsensystem
Objektivbrennweiten 3 entweder manuell mit einem Einstellring oder
Objektive mit kurzer Brennweite bilden Gegen- durch einen Elektromotor vor- oder zurückgescho-
stände relativ klein ab und können daher auf ei- ben. Theoretisch kann bei gegebener Bildweite je-
nem vorgegebenen Bildformat einen großen Bild- weils nur ein ganz bestimmter Entfernungsbereich
ausschnitt darstellen. Man spricht bei solchen Ob- scharf eingestellt werden. In der Praxis lassen sich
jektiven von Weitwinkelobjektiven (Abb. 3a). Objek- aber vor allem mit einem abgeblendeten Objektiv
tive mit großer Brennweite, Teleobjektive, bilden da- kurzer Brennweite auch unterschiedlich weit ent-
gegen nur einen kleinen Bereich der Umwelt ab, fernte Gegenstände scharf abbilden (Tiefenschärfe;
diesen aber vergrößert (Abb. 3c). Objektive mittle- → automatische Kamerasteuerung).
FOTOGRAFIE

Kameraobjektive 83
Digitale Fotografie 84

Neben der herkömmlichen chemischen Fotografie • Die Bilder können mit einem Farbdrucker, der
hat sich in den letzten Jahren die digitale Fotografie über eine serielle Schnittstelle direkt mit der
verbreitet. Die Vorteile der digitalen Fotografie sind Kamera verbunden wird, auf Papier aus-
offensichtlich: schnelle Verfügbarkeit der fertigen gedruckt werden.
Bilder, dauerhafte Speicherung der Bilder ohne • Die Bilddaten werden zunächst über eine seri-
Qualitätsverlust, sofortige Aussortierung misslun- elle Schnittstelle in einen PC übertragen und
gener Aufnahmen, Fernübertragbarkeit von Bil- dort auf einer Festplatte oder einer speziellen,
dern über Datennetze, vielfältige Bearbeitungsmög- beschreibbaren Compactdiskette (Bild-CD) ge-
lichkeiten am Computer (PC) usw. Digitale Bilder speichert. Anschließend können die Bilder vom
können ähnlich flexibel genutzt werden wie Video- PC aus mit einem Farbdrucker ausgedruckt
filme, sodass man auch den Begriff Stillvideo ver- werden.
wendet (engl. still = „unbeweglich“). Im Gegensatz PCs bieten mit entsprechender Software vielfältige
zur Videotechnik, die heute noch weitgehend ana- Möglichkeiten zur Bildmanipulation, die weit über
log arbeitet (mit kontinuierlich wechselnden elekt- die Möglichkeiten der herkömmlichen Retusche
rischen Schwingungen), geht die digitale Fotografie oder Bildmontage hinausgehen. Spezielle Compu-
sehr viel weiter in Richtung Computertechnik. terprogramme für die Bildbearbeitung ermöglichen
z. B. das Entfernen oder Bewegen einzelner Bildele-
Digitalkameras 1 2 mente, den Wechsel oder die Änderung der Farbe,
Digitalkameras (CCD-Kamera; Abb. 1) haben weit- das Zusammenfügen von verschiedenen Bildern
gehend den gleichen Aufbau wie herkömmliche oder Bildteilen, die Veränderung von Schärfe und
Kameras. Sie sind mit einem Bildschirm, optischem Kontrast und anderes mehr.
Sucher oder beidem ausgestattet. Kern einer Digi- Neben dieser von der Aufnahme bis zum Aus-
talkamera ist der Lichtsensor, der so genannte CCD- druck durchgängig digitalen Bilddatenverarbei-
Chip (engl. charge- coupled device, „ladungsgekop- tung besteht auch die Möglichkeit, herkömmlich
peltes Schaltelement“; Abb. 2). Dieses Halbleiter- aufgenommene Bilder zu digitalisieren, im PC zu
bauelement besteht aus vielen schachbrettartig an- speichern und weiterzuverarbeiten. Dazu gibt es
geordneten Zellen (Pixel). Der CCD- Chip befindet Filmscanner, die Bilder von Negativfilmen oder Dia-
sich in der Kamera an der Stelle, wo sonst die Film- filmen optisch abtasten (scannen), in digitale Bil-
ebene ist. Unter Lichteinwirkung sammeln sich der umsetzen und zu einem PC übertragen.
Elektronen in den Zellen des CCD- Chips, wobei die
Zahl der Elektronen ein Maß für die Dauer und In- Grenzen der digitalen Fotografie
tensität des eingefallenen Lichtes ist. Vor einer Bild- Die herkömmliche chemische Fotografie bot neben
aufnahme werden zunächst die Elektronen in den Preisvorteilen lange Zeit die bessere Bildqualität.
Zellen gelöscht. Dann wird durch das Kameraobjek- Entscheidend war hierbei vor allem die Bildauf-
tiv ein Bild auf die Chipoberfläche projiziert. Nach lösung. Ein normales Kleinbildnegativ, mit einer
einer bestimmten Zeit werden die Zellen ausgele- einfachen Amateurkamera aufgenommen, hat eine
sen und die jeweilige Anzahl der Elektronen ge- Auflösung von ca. vier Millionen Bildpunkten. Eine
zählt. Damit ordnet man jedem einzelnen Pixel derartige Bildqualität erreichten selbst sehr teure
eine bestimmte Helligkeit zu. In Verbindung mit professionelle Digitalkameras kaum. Die Auflö-
den jeweiligen Koordinaten der Pixel lässt sich aus sungsgrenze von digitalen Amateurkameras lag bei
diesen Werten ein digitalisiertes Bild berechnen. ca. 800 000 Bildpunkten – dies entspricht gerade
Nach dem Auslesen der Zellen werden die Bild- der Auflösung eines Computermonitors mit 1024 ×
daten in einem Halbleiterspeicher innerhalb der 768 Bildpunkten. Außerdem war die Qualität der
Kamera abgelegt. Farbdrucker früher eine Schwachstelle. Die digitale
Fotografie macht jedoch rasante Fortschritte und
Digitale Bilddatenverarbeitung 3 die Bildqualität wird ständig verbessert, wodurch
Der Bildspeicher in der Kamera kann oftmals der Qualitätsvorsprung der herkömmlichen Foto-
wesentlich mehr Bilder speichern als ein herkömm- grafie schwindet. In Bezug auf die Lichtempfind-
licher Film. Wenn der Speicher voll ist, müssen die lichkeit ist die digitale Fotografie schon heute über-
Bilddaten für eine weitere dauerhafte Speicherung legen. Mit CCD- Kameras lassen sich auch bei sehr
ausgelesen werden. Für das Auslesen und Weiter- schwachem Licht Bilder aufnehmen, was z. B. in der
verarbeiten der gespeicherten Bilder gibt es fol- Astronomie beim Fotografieren von Sternen aus-
gende Möglichkeiten (Abb. 3): genutzt wird.
FOTOGRAFIE

Digitale Fotografie 85
Advanced Photo System 86

Die von Kleinbildfotografen üblicherweise verwen- Ein Vorteil des APS besteht darin, dass auch eine
deten Rollfilme haben mehrere Nachteile: teilbelichtete Filmkassette jederzeit aus der Ka-
• Das Einlegen des Films in die Kamera ist rela- mera entnommen und durch eine andere Kassette
tiv kompliziert. ersetzt werden kann. Wenn die ursprüngliche Kas-
• Ein neuer Film kann immer erst dann eingelegt sette wieder eingesetzt wird, erkennt die Kamera-
werden, wenn der alte fertig belichtet ist. So ist steuerung aus den gespeicherten Informationen,
es nicht möglich, mit einer Kamera gleichzeitig wie weit die Kassette belichtet ist und spult den
mehrere unterschiedliche Filme, z. B. verschie- Film entsprechend vor. So können verschiedene
dener Belichtungsstärke, zu verarbeiten. Kassetten mit einer Kamera verarbeitet werden.
• Die Archivierung der entwickelten Filme ist Bei der Aufnahme kann der Fotograf zwischen
problematisch. Es besteht z. B. die Gefahr, dass drei verschiedenen Bildformaten wählen (Abb. 3):
die empfindlichen Filmstreifen beschädigt wer- Das eigentliche Grundformat hat die gleichen Pro-
den. portionen wie die neuartigen Fernsehgroßbild-
Um das Fotografieren besonders für den Amateur schirme und heißt daher HDTV (engl. high- defini-
komfortabler zu gestalten, wurde das Advanced tion television). Durch Abschneiden der seitlichen
Photo System (APS) entwickelt. Dieses System um- Ränder entsteht aus dem HDTV-Format das Classic-
fasst drei wesentliche Elemente: Format mit den Proportionen des herkömmlichen
• Ein spezielles Filmmedium, die APS- Filmkas- Kleinbildfilms. Durch Abschneiden des oberen und
sette unteren Bildrandes entsteht das Panoramaformat,
• Spezielle APS- Kameras das sich z. B. für Gruppenaufnahmen gut eignet.
• Speziell ausgestattete Filmentwicklungslabors
Entwicklung und Weiterverarbeitung
APS-Film 1 2 3 der APS-Filmkassette
APS-Kameras (Abb. 1) entsprechen in ihrem Ausse- Fotolabore, die für APS eingerichtet sind, können
hen und Aufbau weitgehend herkömmlichen Klein- die auf dem Film archivierten technischen Aufnah-
bildkameras und sind als Sucher- und Spiegelreflex- medaten lesen und den Entwicklungsprozess ent-
kameras erhältlich. Die neu entwickelte APS-Film- sprechend optimieren. Die Besonderheit des APS
kassette, die einen Rollfilm enthält, kann jedoch we- besteht darin, dass auch der entwickelte Film in der
sentlich leichter als ein herkömmlicher Kleinbild- Kassette verbleibt. Damit ist der Film vor Beschädi-
film eingelegt werden: Sie wird wie eine Batterie in gungen geschützt. Um den Inhalt der entwickelten
die Kamera eingeschoben. Ein Einfädeln und Ein- Kassette zu zeigen, gehört zu jeder entwickelten
klemmen des Filmendes ist nicht erforderlich. APS- Kassette ein Indexprint, der alle Bilder auf
Der Film (Abb. 2) setzt sich aus einem lichtemp- einem Blatt darstellt.
findlichen Mittelstreifen und seitlichen Randstrei- Die APS- Fotografie basiert auf dem herkömm-
fen zusammen. Der Mittelstreifen ist für die eigent- lichen chemischen Verfahren. Um Bilder zu digita-
lichen Bilder reserviert. Er ist mit 16, 7 mm schma- lisieren und z. B. an Computern darzustellen und
ler als ein herkömmlicher Kleinbildfilm (35 mm). weiterzuverarbeiten, gibt es spezielle Scanner
Die Randstreifen sind teilweise magnetisierbar und (→ digitale Fotografie).
können wie Videobänder oder Tonbänder Informa-
tionen speichern. APS- Kameras haben einen mag- Zukunftsaussichten
netischen Schreibkopf und speichern bei einer Auf- Das APS stellt nach mehreren Versuchen (Pocket-
nahme auf dem Magnetfeld neben dem Bild techni- kamera, Diskkamera usw. ) einen neuen Anlauf dar,
sche Daten zur Aufnahme (z. B. Belichtungsdaten, den 1915 im Bereich der Fotografie eingeführten
Blitzeinsatz) sowie Archivierungsdaten (Datum, Kleinbildfilm zu verdrängen. Dabei muss sich das
Zeit). Manche Kameras ermöglichen auch das Ab- APS nicht nur mit diesem bewährten Filmmedium
speichern eines zum Bild gehörigen Stichwortes messen, sondern steht auch im Wettbewerb mit der
(z. B. Hochzeit, Urlaub). Neben den beschreibbaren neuartigen digitalen Fotografie, die keine Filme
Magnetfeldern enthält der Seitenstreifen auch op- mehr benötigt.
tisch gespeicherte Daten (Marken). Die Kamera- Im Vergleich zur herkömmlichen Fotografie sind
steuerung kann daraus generelle Angaben zum vor allem das verbesserte Archivierungsverfah-
Film (z. B. Filmempfindlichkeit, Bildanzahl) und In- ren des APS- Films, seine Austauschbarkeit und sei-
formationen zum jeweiligen Bild (z. B. Bildnum- ne leichtere Handhabung die entscheidenden Vor-
mer) ablesen. teile.
FOTOGRAFIE

Advanced Photo System 87


Blitzlichtgeräte 88

Vor allem in geschlossenen Räumen reicht die Hel- muss, dass zum Zeitpunkt des Blitzes der Ver-
ligkeit des natürlichen Lichtes für Fotoaufnahmen schluss geöffnet ist. Es wird dann das gesamte Film-
oft nicht aus. Auch ist das natürliche Licht in vielen bild durch den Blitz ausgeleuchtet. Bei Kameras
Aufnahmesituationen zu ungerichtet und diffus. mit Schlitz- oder Lamellenverschluss ist bei kurzen
Um gezielt die Ausleuchtung des Motivs zu gestal- Belichtungszeiten jedoch immer nur ein kleiner
ten, benötigen Fotografen daher künstliche Licht- Bildausschnitt freigegeben.
quellen. Der Blitz würde also nur auf einem Teil des Fil-
Während in Filmstudios starke Scheinwerfer be- mes ein helles Bild erzeugen. Daher können Schlitz-
nutzt werden, um die für Filmaufnahmen ständig verschlusskameras nur dann mit einem Blitzgerät
erforderliche Helligkeit zu gewährleisten, reicht für synchronisiert werden, wenn eine relativ lange Be-
Fotoaufnahmen ein kurzzeitiger Blitz. Früher lichtungszeit gewählt wird (z. B. 1⁄60 s). Die Schlitz-
wurde durch Verbrennung von Magnesium ein breite ist dann so groß, dass kurzzeitig der gesamte
Blitz erzeugt, heute werden fast ausschließlich elek- Vorhang geöffnet ist. Genau zu diesem Zeitpunkt
tronische Röhrenblitzgeräte (Elektronenblitzgeräte) wird der Blitz gezündet. Dies wird durch den elek-
verwendet, deren Licht von einer Gasentladungs- trischen Synchronkontakt bewirkt, der mit dem Ver-
lampe geliefert wird. schluss gekoppelt ist.

Funktionsweise 1 Belichtungseinstellung
Elektronenblitzgeräte haben eine mit Edelgas ge- Bei Aufnahmen mit Blitz hat die Einstellung der
füllte Röhre mit drei elektrischen Anschlüssen Belichtungszeit an der Kamera, wenn man vom
(Elektroden; Abb. 1). Über die Zündelektrode wird Problem der Synchronisation absieht, nur unterge-
mit einem kurzen Spannungsimpuls von ca. 10 000 ordnete Bedeutung. Die Belichtung wird vom Blitz-
Volt das Gas in der Röhre ionisiert, d. h. , Elektronen gerät und von der Kamerablende bestimmt. Bei
werden von den Atomkernen gelöst, und sind somit älteren Blitzgeräten war die Blitzenergie immer
beweglich. Dadurch wird das normalerweise nicht konstant, und die richtige Belichtung musste aus-
leitfähige Gas elektrisch leitend, und es kann über schließlich durch Einstellung der Blende vorgenom-
die beiden anderen Elektroden kurzzeitig ein sehr men werden. Dabei ist die so genannte Leitzahl des
hoher Strom fließen. Dies führt zu einem blitzarti- Blitzes maßgeblich. Die Leitzahl gibt an, wie weit
gen Aufleuchten des Gases. die Blende bei einer bestimmten Motiventfernung
Die hohe Spannung für die Zündelektrode wird geöffnet werden muss. Bei einem leistungsstarken
auf ähnliche Weise erzeugt wie der Zündfunke in Blitzgerät mit hoher Leitzahl kann auch bei großer
einem Ottomotor, d. h. , eine Spule erzeugt Span- Entfernung eine relativ kleine Blende gewählt wer-
nung, die dann nach dem Prinzip des elektrischen den.
Transformators auf das erforderliche Niveau erhöht
wird. Der für den eigentlichen Blitz verantwortliche Computerblitzgeräte 2
große Strom wird einem Kondensator entnommen, Moderne Blitzgeräte passen die Blitzenergie auto-
der vor Auslösen des Blitzes mit einer Spannung matisch an. Die so genannten Computerblitzgeräte
von ca. 500 Volt aufgeladen wurde. Um diese relativ (Abb. 2) haben einen Lichtsensor, der das vom Motiv
hohe Spannung aus Batterien zu gewinnen, wird reflektierte Licht mit einer Fotodiode misst und den
ein Wechselrichter verwendet, der die geringe Bat- Blitz bei einer genau vorgegebenen Lichtmenge
teriespannung von wenigen Volt auf das erforderli- löscht. Zum Löschen des Zündfunkens dient eine
che Spannungsniveau hochtransformiert. zweite Röhre, die ähnlich wie die Blitzröhre funk-
tioniert, aber kein Licht aussendet. Wenn diese
Synchronisation Schaltröhre durch den Löschimpuls ionisiert wird,
Der von einem Elektronenblitzgerät erzeugte Blitz leitet sie den Zündfunken ab und der Blitz erlischt
hat nur eine kurze Dauer (meist unter 1⁄1000 s). Da schlagartig.
die Helligkeit aber relativ groß ist, reicht die Licht- Die Anpassung der Blitzenergie an eine vorgege-
energie zur Belichtung eines Bildes aus. Allerdings bene Blende sowie die Objekthelligkeit funktio-
muss der Zeitpunkt der Blitzauslösung genau mit niert besonders präzise, wenn sich der Lichtsensor
der Öffnungszeit des Kameraverschlusses in Über- zur Messung des reflektierten Lichts nicht am Blitz-
einstimmung gebracht (synchronisiert) werden. gerät befindet, sondern die reflektierte Lichtmenge
Bei Kameras mit Zentralverschluss ist dies rela- durch das Objektiv der Kamera gemessen wird.
tiv unproblematisch, da nur gewährleistet sein Dies ist bei modernen Kameras üblich.
FOTOGRAFIE

Blitzlichtgeräte 89
Automatische Kamerasteuerung 90

In der Vergangenheit musste ein Fotograf bei der Belichtungsprogramme 1 2


Aufnahme viele verschiedene Einflussgrößen be- Nachdem der Belichtungsrechner die maßgebliche
achten, die für ein korrekt belichtetes und scharf Beleuchtungsstärke ermittelt hat, werden nach
eingestelltes Bild maßgebend sind. Heute helfen einem bestimmten Programm die Blende oder die
ihm bei den Einstellvorgängen Mikrocomputer in Belichtungszeit oder beide Größen gleichzeitig ver-
der Kamera. Damit kann sich der Fotograf voll auf stellt.
das Motiv konzentrieren. Hochwertige automati- Bei der Zeitautomatik gibt der Fotograf die
sche Kameras lassen dem Fotografen aber Eingriffs- Blende vor, um z. B. für ein Porträt oder eine Land-
möglichkeiten, um Einstellungen in seinem Sinne schaftsaufnahme gezielt die Tiefenschärfe zu beein-
zu beeinflussen. flussen. Der Belichtungsrechner stellt die zur vor-
gegebenen Blende passende Belichtungszeit ein.
Belichtungssteuerung Für Aufnahmen von Bewegungsabläufen (z. B.
Einfluss auf die Belichtung haben die Beleuchtungs- Sportereignissen) eignet sich besser die Blenden-
stärke, d. h. die Lichtintensität, die auf den Film automatik. Dabei wird vor der Aufnahme eine Be-
wirkt, und die Belichtungszeit, also die Einwir- lichtungszeit gewählt, die entweder kurz genug ist,
kungsdauer des Lichtes. Für ein korrekt belichtetes um auch schnelle Bewegungen „einzufrieren“, oder
Bild müssen gleichzeitig die Blende und die Belich- aber lang genug ist, um „Wischeffekte“ durch Bewe-
tungszeit an die jeweilige Objekthelligkeit ange- gungsunschärfe zu erreichen; die Blende wird ent-
passt werden. In der Regel gibt es mehrere Kom- sprechend angepasst. Reine Zeit- oder Blenden-
binationen von Blende und Belichtungszeit, die zu automatikprogramme nutzen den Belichtungsspiel-
einem richtig belichteten Bild führen. Allerdings er- raum einer Kamera nicht voll aus und stoßen
zeugen sie unterschiedliche Bildeindrücke, da die schnell an Grenzen. Moderne Kameras verfügen
Blende auch die Tiefenschärfe beeinflusst (Abb. 1) daher zusätzlich noch über eine Programmautoma-
und lange Belichtungszeiten zu Bewegungsunschär- tik, bei der gleichzeitig Blende und Belichtungszeit
fe (Abb. 2) führen. Um möglichst große Tiefen- angepasst werden.
schärfe zu erreichen und gleichzeitig ein „Ver-
wackeln“ zu vermeiden, ist die Belichtung meis- Automatische Fokussierung 3
tens ein Kompromiss aus möglichst kleiner Blende Bei Kameras mit einem Autofokussystem wird die
und möglichst kurzer Belichtungszeit. Wie dieser Motiventfernung automatisch gemessen und das
Kompromiss ausfällt, wird bei automatischen Be- Objektiv entsprechend fokussiert. Die Systeme ar-
lichtungssteuerungen durch das Programm des Be- beiten nach unterschiedlichen Prinzipien. Einige
lichtungsrechners bestimmt. Systeme senden Ultraschallimpulse aus und er-
rechnen aus der Schallreflektion die Entfernung
Lichtmessung des Objekts. Diese Systeme arbeiten auch bei Dun-
Der Belichtungsmesser misst zunächst die Hellig- kelheit.
keit des Motivs mit lichtempfindlichen Sensoren. Heute werden zunehmend passive Autofokussys-
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Helligkeit teme eingesetzt. Sie messen die Entfernung indi-
des wesentlichen Motivteils zu erfassen. Weitver- rekt und nutzen dabei aus, dass unscharfe Bilder in
breitet ist die mittenbetonte Integralmessung, die der Regel geringen Kontrast, also geringe Hell- Dun-
davon ausgeht, dass sich der wichtigste Teil des Mo- kel- Unterschiede in eng benachbarten Bildzonen
tivs in der Mitte des Bildes befindet. Daher wird in aufweisen. Mithilfe einer Kontrastmessung (Abb. 3)
diesem Bereich über eine relativ große Fläche die lässt sich beurteilen, ob das Motiv scharf eingestellt
durchschnittliche Helligkeit ermittelt. Die Spotbe- ist. Das Objekt wird dazu über einen starren und
lichtungsmessung (Selektivmessung) dient dazu, die einen drehbaren Spiegel, der mit der Einstellungs-
Belichtung gezielt auf die Helligkeit eines einzelnen vorrichtung des Objektives gekoppelt ist, auf paar-
Objektes zustimmen. Dazu wird die Helligkeit des weise angeordnete Photozellen gespiegelt. Die bei-
gewünschten Objektes gemessen und kurz gespei- den Abbildungen werden verglichen und durch die
chert. Sie steuert dann beim Auslösen die Belich- Verstellung des Drehspiegels (Objektivbewegung)
tungszeit. Neben diesen zwei Verfahren gibt es eine abgeglichen, bis maximaler Kontrast vorliegt.
Vielzahl von Mischformen, bei denen das Bild in Problematisch sind Motive mit geringem Kon-
Sektoren unterteilt wird, die unterschiedlich aus- trast oder sich schnell bewegende Motive, bei
gewertet werden. denen das Motivzentrum am Bildrand liegt.
FOTOGRAFIE

Automatische Kamerasteuerung 91
Holographie 92

1947 wurde das Prinzip der Holographie entwickelt, dem Entwickeln sieht man auf ihr ein für das Auge
ein dreidimensionales Bildaufzeichnungs- und Bild- nicht als Objekt erkennbares Muster aus Linien
wiedergabeverfahren, mit dessen Hilfe vollkom- und Kreisen von äußerst kleinem Abstand, das Ho-
men räumlich wirkende Abbildungen von Gegen- logramm (Abb. 1 b). Es enthält neben der Intensität
ständen hergestellt werden können. Heute spielt auch die Phase der vom Objekt reflektierten Wel-
die Holographie mithilfe der Lasertechnologie lenfront. Voraussetzung bei dieser Technik ist, dass
(→ Laser) nicht nur in der Bildaufzeichnung, Kunst die geteilten Lichtbündel in einer festen Phasenbe-
und Unterhaltung, sondern auch in der Sicherheits- ziehung stehen, die nur durch die Objektoberfläche
technik, der Werkstoffprüfung, der Medizin und der beeinflusst werden darf.
Datenspeicherung eine wichtige Rolle.
Hologrammwiedergabe 1
Vergleich zur Fotografie Um wieder eine Objektwelle aus dem Hologramm
Die Fotografie verwendet zur Beleuchtung die zu erzeugen, wird es mit einem aufgeweiteten La-
Sonne oder eine Lampe, wobei Intensität und Farbe serstrahl aus der gleichen Richtung beleuchtet, aus
des vom betrachteten Objekt kommenden Lichtes der bei der Aufnahme der Referenzstrahl einfiel
mithilfe einer Linse fokussiert und auf einer licht- (Abb. 1 c). Das Laserlicht wird am Muster auf der
empfindlichen Schicht gespeichert werden. Das Ob- Hologrammplatte so beeinflusst, dass die Wellen
jekt wird dabei nur flächenhaft, also zweidimensio- bezüglich Phase und Intensität weiterlaufen, als
nal abgebildet. Vor allem geht bei diesem Verfahren kämen sie vom aufgenommenen Objekt. Es er-
der Eindruck der räumlichen Tiefe verloren. Diesen scheint dort ein virtuelles Bild, wo sich bei der Auf-
Nachteil kann auch die Stereofotografie mit ihren nahme das Objekt befand. Das Auge kann, von hin-
für jedes Auge separaten Halbbildern nicht aufhe- ten durchs Hologramm schauend, das Objekt sehen
ben. Bei ihr ist der Beobachtungsstandpunkt festge- und dabei nicht mehr zwischen Realität und Bild
legt, sodass Einzelheiten von Objekten, die sich unterscheiden. Der Betrachter kann durch Kopfbe-
während der Aufnahme überdecken, für die Wie- wegung das Bild unter verschiedenen Perspektiven
dergabe verloren sind. betrachten und daher in seiner räumlichen Tiefe er-
All diese Mängel haben ihre Ursache darin, dass fassen. Gleichzeitig wird bei der Rekonstruktion
Licht zusätzlich noch durch seine Phase, d. h. durch ein Teil der beeinflussten Wellenfront hinter dem
je nach der Oberfläche des Objektes gekrümmte Hologramm zu Bildpunkten gebündelt. Dadurch
Wellenanteile, gekennzeichnet ist. Diese dreidimen- entsteht auf der Seite des Beobachters ein reelles,
sionalen Objektwellen enthalten die gesamte, auch ebenfalls dreidimensionales Bild, das sich, aller-
räumliche Information des betrachteten Gegenstan- dings unter Verlust der räumlichen Tiefe, auf einer
des, die die herkömmliche Fotografie nicht festhal- Fotoplatte speichern lässt.
ten kann. Erst in der Holographie, die zudem keine
Linsen erfordert, gelingt es, die dreidimensionale Holographie in der Bildaufzeichnung 2
Objektwelle mithilfe von Laserstrahlung in einer Eine interessante Weiterentwicklung sind die Volu-
Fotoschicht festzuhalten. Nach der Hologrammwie- menhologramme (Tiefenhologramme), die es ermög-
dergabe sind dann auch Einzelheiten sich ver- lichen, mit gewöhnlichem weißem Licht echte Farb-
deckender Objekte erkennbar. holographie zu betreiben. Im Prinzip fallen Objekt-
und Referenzwelle von entgegengesetzten Seiten
Hologrammaufnahme 1 auf eine dicke Fotoschicht (Abb. 2), wobei sich die
Das Prinzip der Aufnahme eines Hologramms zeigt holographische Struktur in der Tiefe der Schicht
Abb. 1 a: Mit einem aufgeweiteten Laserstrahl wird ausbreitet. Benutzt man bei der Aufnahme eine
das Objekt beleuchtet. Die vom Objekt reflektierte, Kombination mehrerer verschiedenfarbiger Laser,
vorher vollkommen gleichmäßige Objektwelle be- so erzeugt jede Farbe im Volumen der Schicht eine
sitzt nun eine charakteristische Verformung in Ge- eigene Struktur. Bei der Rekonstruktion mit
stalt eines komplizierten räumlichen Musters und weißem Licht wird jeweils genau die Farbe aus ihm
fällt auf eine Fotoplatte. Diese wird gleichzeitig mit herausgefiltert, die bei der Aufnahme verwendet
einem ungestörten, am Objekt vorbeigeführten Teil wurde. Da sich mehrere Bilder gleichzeitig auf
des ursprünglichen Laserstrahls (Referenzwelle) be- einer Fotoplatte speichern lassen, kann man bei der
leuchtet, der über einen Spiegel geführt wird und Aufnahme bzw. Wiedergabe die Platte jeweils
von der Seite auf die Fotoplatte einfällt. Beide Wel- etwas drehen, um eine Serie unabhängiger Holo-
lenfronten überlagern sich auf der Fotoplatte. Nach gramme zu erzeugen oder wiederzugeben.
FOTOGRAFIE

Holographie 93
Traktoren 94

Traktoren (Schlepper, Abb. 1) sind die wichtigsten umgeschaltet werden. Wenn der Traktor zusätzlich
Arbeitsgeräte in der Land- und Forstwirtschaft und über einen Geschwindigkeitsregler (Tempomat)
haben Zugtiere weitgehend ersetzt. Dabei dienen verfügt, kann die Geschwindigkeit unabhängig von
sie nicht nur als Zugmaschinen, sondern bilden der Belastung des Schleppers konstant gehalten
auch die Basis für viele unterschiedliche Maschi- werden.
nenkombinationen zur Ackerbearbeitung.
Arbeitshydraulik
Antrieb 1 2 3 Moderne Traktoren verfügen über eine oder mehre-
Traktoren müssen ein Fortkommen im unwegsa- re Hydraulikpumpen, die vom Motor angetrieben
men Gelände ermöglichen und dabei zusätzlich werden. Diese Hydraulikpumpen stellen Drucköl
noch Arbeiten verrichten (z. B. einen Pflug ziehen). zur Verfügung, das sowohl zum Betrieb des Schlep-
Um die erforderlichen Antriebskräfte auf den pers selbst dient (z. B. für die hydraulisch angetrie-
Boden zu übertragen und dabei gleichzeitig den bene Lenkung) als auch zur Versorgung der hydrau-
Boden zu schonen, sind Traktoren mit den charak- lischen Arbeitsgeräte. Über eine Summierwelle las-
teristischen großen Antriebsrädern ausgerüstet. sen sich hydraulisches und mechanisches Antriebs-
Während bei älteren oder einfacheren Schleppern moment für extern angebrachte Arbeitsgeräte kom-
nur das hintere Radpaar zum Antrieb dient und binieren. Standardausrüstung moderner Traktoren
entsprechend große Bereifung aufweist, haben mo- ist stets ein hydraulisch angetriebenes Hubwerk
derne Traktoren Vierradantrieb und daher auch am Heck. Daran befestigte Arbeitsgeräte können
vorne große Räder (Abb. 1). Dies verbessert einer- mit vorgegebener Anpresskraft auf den Boden ge-
seits die Kraftübertragung (Traktion) und führt an- drückt oder für Arbeitspausen vom Boden abgeho-
dererseits durch geringeren Auflagedruck zu einer ben werden. Mit dem Hubwerk kann sich der
reduzierten Bodenbelastung und damit zu einer ge- Schlepper auch selbst, z. B. für einen Radwechsel,
ringeren Bodenverdichtung. hochheben. Neben der Heckhydraulik verfügen man-
Als Antriebsmaschinen dienen großvolumige che Schlepper auch über ein frontseitiges Hubwerk
Dieselmotoren, deren Leistung zwischen ca. 37 kW sowie über frontseitige Hydraulikanschlüsse. Damit
(50 PS) und 184 kW (250 PS) liegt. Schlepper- können auch an der Vorderseite des Schleppers Ar-
motoren haben bei niedrigen Drehzahlen von ca. beitsgeräte angebracht und angetrieben werden.
2000 U/min einen weiten „Konstantleistungs-
bereich“ (Abb. 2), in dem sie große Antriebskräfte Zapfwellen
entwickeln. Während z. B. der hydraulische Wendezylinder ei-
Von größerer Bedeutung noch als der eigentliche nes Drehpflugs nur gelegentlich bewegt wird, müs-
Motor ist für Traktoren die Kraftübertragung vom sen andere Arbeitsgeräte (Mähmaschinen, Boden-
Motor zu den Antriebsrädern. Um neben relativ fräsen, Häcksler, Kartoffelerntemaschinen usw. )
großen Geschwindigkeiten auf der Straße (max. ständig angetrieben werden. Dazu wird anstelle der
30– 50 km/h) auch extrem kleine Geschwindig- Hydraulik eine mechanische Antriebswelle verwen-
keiten auf dem Acker zu ermöglichen, verfügen sie det, die rückseitig am Schlepper herausgeführt ist
über Getriebe mit ca. 20– 50 Vorwärts- und Rück- (Heckzapfwelle) oder bei einigen Schleppermodel-
wärtsgängen. Durch Wendegetriebe wird die Dreh- len auch zusätzlich noch nach vorne weist (Front-
richtung des gesamten Getriebes umgekehrt, so- zapfwelle). Die Zapfwellen sind über schaltbare
dass für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt gleich viele Kupplungen mit dem Schleppermotor verbunden
Fahrtstufen bereitstehen. Um die Bedienung des und können von der Fahrerkabine aus per Knopf-
komplexen Schleppergetriebes mit der Vielzahl druck eingekuppelt werden. Dadurch wird das mit
von Last- und Fahrgängen sowie von Allradzuschal- der Zapfwelle verbundene Arbeitsgerät ein- und
tungen und Differenzialsperren zu erleichtern, sind ausgeschaltet.
moderne Traktoren mit weitgehend automatisier-
ten Getriebeschalteinrichtungen (Abb. 3) ausgerüs- Kabine
tet. Damit kann der Landwirt mit einem einzigen Moderne Traktoren verfügen über eine geschlos-
Hebel („Joystick“) die Geschwindigkeit und die sene und klimatisierte Kabine mit Schall- und
Fahrtrichtung vorgeben. Die entsprechenden Gang- Vibrationsdämmung. In den Schlepperkabinen be-
stufen werden automatisch aktiviert. Mit einem finden sich heute neben den üblichen Bedien- und
Schnellreversierschalter kann zwischen einer vor- Anzeigeelementen auch vermehrt Computer, um
gewählten Vorwärts- und Rückwärtsübersetzung Arbeitsgänge zu dokumentieren.
VERKEHRSTECHNIK

Traktoren 95
Krane 96

Unter Kranen lassen sich diejenigen Hebemittel zu- gensatz zum Portalkran sind bei Brückenkranen
sammenfassen, bei denen die Last mit einem Trag- keine Stützen vorgesehen, sondern die Kranbrücke
mittel, meist einem Seil, gehoben und zudem in ver- fährt auf hoch gelegenen Fahrbahnen, sodass die
schiedene Richtungen bewegt werden kann. Krane darunter liegenden Arbeitsflächen nicht behindert
gehören innerhalb der Fördertechnik zu den so ge- werden.
nannten Unstetigförderern, d. h. , im Gegensatz zu Den Aufbau eines Hubwerks (Elektrozug), wie es
kontinuierlich arbeitenden Förderern (z. B. Trans- bei Brücken- und Portalkranen eingesetzt wird,
portbänder) erfolgen zeitlich abgrenzbare Arbeits- zeigt Abb. 3. Das Hubwerk besteht aus einer Seil-
spiele, beispielsweise nach einer Lastbewegung trommel, in die ein Planetengetriebe eingebaut ist
eine in die umgekehrte Richtung stattfindende und auf der das Drahtseil aufgewickelt wird. Ein
Leerbewegung. Zu den wichtigsten Krantypen Elektrobremsmotor treibt über eine Kupplung die
zählen Turm- , Portal- , Brücken- , Kabel- und Mobil- Seiltrommel an, wobei das Planetengetriebe die
krane. hohe Motorgeschwindigkeit in praktikable Hub-
bzw. Senkgeschwindigkeiten untersetzt. Der Motor
Turmkrane 1 ist so ausgelegt, dass eine Bremse beim Abschalten
Vor allem auf Baustellen sind Turmkrane die vor- des Hubwerks die Traglast hält. Für Feindosierun-
herrschenden Fördermittel zum Transport von gen beim Heben/Senken kann ein weiterer Elektro-
Stückgütern (Abb. 1). Charakteristisch ist der lange feinhubmotor eingebaut werden, der die Hub-
Ausleger, dessen Länge die Turmhöhe übertreffen geschwindigkeit nochmals reduziert.
kann. Im Drehbereich des Auslegers lässt sich Ma- Bei Kabelkranen ersetzt ein Tragseil die bei Por-
terial flächendeckend und punktgenau positionie- tal- und Brückenkranen starr ausgelegte Kran-
ren, wobei Turmkrane in Transport- und Hebege- brücke. Auf diesem Seil wird durch ein Fahrseil die
schwindigkeit allen anderen Hebezeugen über- Laufkatze bewegt. Die Abspannung des Tragseils
legen sind. Wesentlich für die Bestimmung der erfolgt über zwei Stützen (Türme), wobei die Win-
Krangröße sind Lastmoment und Hubhöhe. Die er- den für die Bewegung der Laufkatze und das
forderliche Standfestigkeit gegen Umkippen ge- Heben/Senken (Hubseil) in einem der Türme bzw.
währleistet neben der Eigentragkraft des Turmes in einem speziellen Windenhaus untergebracht
ein Gegengewicht. Überlastsicherungen mit auto- sind. Kabelkrane werden insbesondere bei lang ge-
matischer Abschaltung sollen die hohe Unfall- streckten Bauwerken (Staudämme, Brücken) einge-
gefahr mindern. Außer nach verschiedenen Aus- setzt und erreichen Spannweiten bis ca. 1 000 m.
legertypen lassen sich Turmkrane in die Gruppen
fahrbar und stationär unterteilen. Fahrbare Krane Mobilkrane 4
arbeiten im Allgemeinen gleisgebunden und sind Mobilkrane sind als Straßen- bzw. Schienenfahr-
entweder oben drehend (Drehpunkt unterhalb des zeuge meist selbstfahrend und werden durch einen
Führerhauses) oder unten drehend (am Unterwa- Dieselmotor bewegt. Die Kraftübertragung zur Be-
gen) ausgeführt. Ortsfeste Turmkrane sind immer wegung des Auslegers erfolgt häufig hydraulisch,
oben drehend und durch Betonfundamente mit wobei der Dieselmotor eine Hydraulikpumpe an-
dem Untergrund verankert. treibt, die einen Hydraulikzylinder mit Drucköl ver-
sorgt. Der teleskopartig aufgebaute Ausleger lässt
Weitere stationäre und fahrbare Hebezeuge 2 3 sich meist 3- oder 4fach (auch unter Last) ausfah-
Portalkrane sind insbesondere in Montagehallen ren. Die einzelnen Arbeitsbereiche bei unterschied-
und auf Werkstattvorplätzen zu finden. Dieser lichen Hubhöhen und Reichweiten des Auslegers
Krantyp besteht aus einem ebenerdig fahrbaren zeigt Abb. 4. Ausfahrbare Stützen am Unterteil des
Portal mit zwei Stützen und der Kranbrücke, die Krans verbessern die Standfestigkeit bei Arbeits-
den Arbeitsbereich des Krans (z. B. einen Lager- bewegungen.
platz) überspannt (Abb. 2). Portalkrane besitzen Mobilkrane erlauben durch den variablen Tele-
eine fest mit der Kranbrücke verbundene Fest- skopausleger sehr kurze Rüstzeiten und sind auf-
stütze sowie eine Pendelstütze, die beweglich mon- grund des Eigenantriebs für einen häufigen Stand-
tiert ist und dadurch Spurdifferenzen der beiden ortwechsel gut geeignet. Hauptanwendungsgebiete
Gleise ausgleichen kann. Es werden drei Bewegun- sind Bau- und Montagearbeiten, vor allem im Hoch-
gen ausgeführt: Heben/Senken mit dem Hubwerk, und Brückenbau, daneben kommen diese Krane
Fahren der Laufkatze und Kranfahren mit den an auch beim Aufbau verfahrenstechnischer Anlagen
beiden Stützen angebrachten Fahrwerken. Im Ge- (z. B. Chemieanlagen) zum Einsatz.
VERKEHRSTECHNIK

Krane 97
Bagger 98

Zum Lösen, Verladen und Transport von Erde, Sand die Eimer, und das Transportgut kann mit Band-
oder Abraum werden Bagger eingesetzt. Sie sind förderern weitertransportiert werden. Eimerketten-
ebenso wie Krane (→) häufig so genannte Unstetig- bagger kommen vor allem beim Aushub von Kies-
förderer. Allerdings existiert auch eine Reihe konti- gruben und für den Bau von Kanälen zum Einsatz.
nuierlich arbeitender Maschinen, z. B. Schaufelrad- Derartige Bagger sind schienen- oder raupenfahr-
bagger. Bagger finden Verwendung bei Aushebe- bar, jedoch aufgrund ihrer Größe meist schlecht ma-
und Verladearbeiten im Siedlungs- , Hoch- und In- növrierbar. In der „Schwimmversion“ sind Eimer-
dustriebau, im Straßen- und Eisenbahnbau zur Her- kettenbagger in einen Schiffskörper eingebaut, um
stellung von Dämmen und Schneisen, im Kanal- , die Fahrrinne von Kanälen oder Flüssen auszubag-
Fluss- und Hafenbau zur Erstellung von Fahrrin- gern.
nen sowie zum Abbau von Bodenschätzen. Wichti- Ebenso wie Eimerkettenbagger haben auch
ge Bauarten sind Hydraulik- , Teleskop- , Eimerket- Schaufelradbagger (Abb. 3) ein eng begrenztes Ar-
ten- , Schaufelrad- und Flachbagger. beitsfeld. Bei diesem stetig arbeitenden Mehrgefäß-
bagger sind an der Spitze des Auslegers Schaufeln
Universalbagger 1 2 angebracht, an denen sich zum Lösen fester Boden-
Hydraulikbagger haben einen weiten Einsatzbe- arten Reißzähne befinden. Das Schaufelrad hat ei-
reich („Universalbagger“). Sie sind mit einem Rau- nen Durchmesser von über 20 Metern und erlaubt
pen- oder Radunterwagen ausgerüstet, auf dem hohe Abtragraten. Zum Abtransport des gelösten
drehbar der Oberwagen mit Ausleger, an dem sich Materials ist neben dem Schaufelradausleger ein
das Grabgefäß befindet, gelagert ist. Die Bewegun- Gegenausleger mit einem Transportband installiert.
gen, z. B. Drehen, Fahren und Verstellen der Schau- Eingesetzt werden die Maschinen vorwiegend im
fel, werden durch hydrostatische Antriebe gewähr- Tagebau, z. B. zur Gewinnung von Braunkohle.
leistet. Neben dem Betriebsgewicht und der Motor-
leistung ist insbesondere das Reichweitendia- Flachbagger 4
gramm von Bedeutung (Abb. 1). Als Grabgefäße Zum Abtragen relativ dünner Erdschichten werden
kommen je nach Anwendungsbereich verschiedene Flachbagger verwendet, zu denen insbesondere Pla-
Löffel und Greifer (Abb. 2) zum Einsatz. Die Aus- nierraupen, Grader, Laderaupen und Schürfwagen
wahl richtet sich nach der Abbaumethode und ist (Scraper) gehören. Im Gegensatz zu den oben be-
an die Baggergröße anzupassen. schriebenen Baggertypen wird bei diesen Bauarten
Teleskopbagger sind ähnlich aufgebaut wie stets das gesamte Gerät bewegt.
Hydraulikbagger, besitzen jedoch einen nicht Planierraupen sind mit einem heb- und senkba-
knickbaren Ausleger, der teleskopartig ausfahrbar ren Brustschild vor der eigentlichen Raupe ausge-
und drehbar ist. Der dreieckige Teleskopausleger stattet. Wirtschaftlich sinnvoll ist ihr Einsatz nur
ist in einer Wippe gelagert und in seiner Längs- bei Transportentfernungen von maximal 60 Me-
achse beliebig drehbar. Dadurch kann nach oben tern. Die Raupen werden zum Abschieben von
und unten sowie in beide seitlichen Richtungen ge- Bodenschichten oder für grobe Planierarbeiten
arbeitet werden. Bei einer annähernd vertikalen verwendet. Feinarbeiten erlaubt dagegen der
Stellung nach unten können schmale und tiefe Grader. Grader sind zwei- oder dreiachsige Ma-
Schächte ausgehoben werden, je nach Länge des schinen, die das Planierschild (Schar) gerätemittig
Teleskopauslegers bis zu 12 Meter Tiefe. Durch die zwischen Vorder- und Hinterrädern angeordnet
große Reichweite des Auslegers und die geradlini- haben (Abb. 4). Laderaupen haben einen vergleich-
ge Führung des Arbeitswerkzeuges werden Tele- baren Aufbau wie Planierraupen, anstatt des Schil-
skopbagger jedoch vor allem zur exakten Profilie- des besitzen sie jedoch eine Ladeschaufel und der
rung von Gräben und Böschungen, aber auch im Motor ist als Gegengewicht zur Schaufel (und de-
Tunnel- und Bergbau eingesetzt. ren Inhalt) weiter hinten eingebaut. Mit Laderau-
pen kann Schüttgut oder das von den Planierrau-
Mehrgefäßbagger 3 pen gelöste Material in der Ladeschaufel aufge-
Eimerkettenbagger sind stetig arbeitende Mehrge- nommen und weitertransportiert werden. Für das
fäßmaschinen, bei denen an einer endlosen Stahl- Abräumen großer Flächen oder zum Transport von
gelenkkette schalenförmige Eimer befestigt sind. viel Material eignen sich Schürfwagen. Der Trans-
Die Eimerkette wird in einer festen Bahn geführt, portbehälter ist so angeordnet, dass er während der
die an beiden Enden mit Umlenkrollen versehen Vorwärtsfahrt in den Boden schneidet und Material
ist. Beim Lauf über die obere Rolle entleeren sich abschürft.
VERKEHRSTECHNIK

Bagger 99
Auto (Übersicht) 100

Seit dem Bau des ersten Kraftfahrzeuges im Jahre Stoßdämpfer, aber auch Bremsen und weitere Ele-
1885 durch den deutschen Ingenieur Carl Benz mente. Bei der Radaufhängung ist zwischen Kon-
(1844– 1929) hat der Automobilbau eine rasante Ent- struktionen für die Vorder- und die Hinterachse zu
wicklung genommen. Heute versteht man in Ab- unterscheiden, wobei die Fahreigenschaften eines
grenzung zu anderen Fortbewegungsmitteln (z. B. Pkw entscheidend von der Ausführung der Vorder-
Eisenbahn, Schiff) unter Kraftfahrzeugen selbstfah- achse abhängen. Sie übernimmt die Lenkbewegung,
rende, maschinell angetriebene Landfahrzeuge, die die Hauptlast beim Bremsen sowie, bei den meisten
nicht an Gleise gebunden sind und als Transport- Fahrzeugen, den Antrieb. Im Allgemeinen befinden
oder Zugmaschinen dienen. Personenkraftwagen sich bei Pkws an beiden Achsen Einzelradaufhän-
(Pkw) stellen dabei neben Lastkraftwagen und Bus- gungen, die einen optimalen Kontakt der Räder mit
sen die wichtigste Bauform von Kraftfahrzeugen der Straße gewährleisten. Unterstützend wirken
dar und bestehen aus den Elementen Motor, Kraft- dabei die Stoßdämpfer.
übertragung, Fahrwerk, Elektronik und Karosserie Insbesondere im Bereich der Bremsen (→) fan-
(Abb. 1). den in den vergangenen Jahren neue Entwicklun-
gen Einsatz, auch in kleinen und mittelgroßen
Motor und Getriebe Pkws. Scheibenbremsen gehören längst zum Stan-
Pkws werden vorwiegend von Viertakt-Ottomotoren dard, zusätzliche Sicherheit brachte jedoch in ers-
(→ Ottomotor), aber auch Dieselmotoren (→) ange- ter Linie das Anti- Blockier- System (ABS): Die Rä-
trieben. Diese Antriebskonzepte haben sich all- der können selbst bei glatter Fahrbahn und Voll-
gemein gegen den Zweitaktmotor und den in den bremsung nicht mehr blockieren. Eine Weiterent-
1950/60er- Jahren entwickelten Wankelmotor (→) wicklung stellt die Antriebs- Schlupf- Regelung
durchgesetzt. Bei der Standardbauweise liegen der (ASR) dar, die verhindert, dass die angetriebenen
Motor und das zur Kraftübertragung notwendige Räder auf Glätte beim Tritt auf das Gaspedal durch-
Getriebe vorn. Der Antrieb erfolgt bei Klein- und drehen.
Mittelklassewagen vorzugsweise auf die Vorderrä-
der, bei größeren Pkws meist auf die Hinterräder. Elektronik
Daneben haben sich seit einigen Jahren auch für Die Fortschritte im Bereich der Sicherheit waren
Straßenfahrzeuge Allradantriebe (→) etabliert. Für erst durch die Einführung der Elektronik möglich.
eine höhere Motorleistung wurden verschiedene Neue Scheinwerfersysteme mit wesentlich höhe-
Varianten der Aufladung (→) entwickelt, d. h. eine rem Wirkungsgrad (Xenon- Gasentladungslampen)
Vorverdichtung der Luft vor Eintritt in den Zylinder. sowie Airbags erfordern eine komplexe Regelungs-
Neuere Entwicklungen setzen auf alternative An- elektronik, die erst durch Entwicklungen in der
triebskonzepte, wie z. B. Brennstoffzelle (→), Erd- Mikroelektronik möglich waren. Auch im Bereich
gas- (→), Elektro- (→) oder Hybridantrieb (→). der Umwelttechnik hat die Elektronik zu Fortschrit-
Da Verbrennungsmotoren nicht „aus dem Stand“ ten geführt. So wurde erst durch elektronische Ein-
ein Drehmoment abgeben können, ist zur Übertra- spritzanlagen der Einsatz eines geregelten Kataly-
gung der Motorleistung auf die Antriebsräder eine sators (→) möglich.
Kupplung (→) notwendig, die den untersten Dreh-
zahlbereich überbrückt. Da die Leistung zudem im Karosserie
gesamten Geschwindigkeitsbereich des Pkw zur Bei der Karosserie kommt es hauptsächlich darauf
Verfügung stehen muss, ist zusätzlich ein Getriebe an, Insassen, Zuladung, Antrieb und Fahrwerk so
(→) erforderlich, durch welches Motordrehzahl, anzuordnen, dass ein möglichst großes Raumange-
Beschleunigungs- und Steigvermögen sowie Ge- bot und niedrige Betriebskosten bei minimalen
schwindigkeit einander angepasst werden. In den Herstellkosten erreicht werden. Insbesondere seit
1930er- Jahren wurden in den USA Automatik- den Ölkrisen 1973/74 und 1978/79 steht die Karos-
getriebe entwickelt, deren verwendete hydrau- serieentwicklung, neben optischen Anforderungen,
lische Drehmomentwandler und Planetengetriebe im Zeichen eines möglichst niedrigen Luftwider-
sich heute weltweit durchgesetzt haben. stands (cw- Wert).
Für die Zukunft zeichnet sich bei Pkws vor allem
Fahrwerk der verstärkte Einsatz neuer Materialien wie
Zum Fahrwerk (→) gehören alle Teile, die über die Kunststoffe und Aluminium ab, aber auch die Ent-
Sicherheit und den Fahrkomfort eines Fahrzeuges wicklung verbrauchsarmer Motoren („Drei- Liter-
entscheiden, also vor allem Radaufhängung und Auto“) und neuartiger Antriebe.
VERKEHRSTECHNIK

Auto (Übersicht) 101


Ottomotor 102

Der Ottomotor (benannt nach Nikolaus August Otto, 4. Takt (Ausstoßen): Das Auslassventil öffnet, so-
1832– 1891) ist eine Verbrennungskraftmaschine, dass die Verbrennungsgase durch den Restdruck
welche die bei der Verbrennung eines Kraftstoff- (4– 7 bar) ausströmen bzw. vom aufwärts gehenden
Luft- Gemisches frei werdende thermische Energie Kolben aus dem Zylinder geschoben werden.
in mechanische Energie umwandelt.
Dem flüssigen Kraftstoff wird in einem Ver- Zweitakt-Ottomotor 3
gaser oder einer Einspritzanlage (→) die zu seiner Im Gegensatz zum Viertaktmotor läuft der Arbeits-
Verbrennung notwendige Luft beigemischt. An- vorgang beim Zweitakter während einer Kurbelwel-
schließend wird das entstandene brennfähige lenumdrehung ab. Der Zweitaktmotor hat in der
Kraftstoff- Luft- Gemisch im Zylinder verdichtet und Regel keine Ventile, sondern eine Schlitzsteuerung:
durch den Funken einer Zündkerze gezündet Einlass- , Auslass- und Überströmschlitz. Bei die-
(Fremdzündung). sem Verfahren bilden Zylinder, Kolben und Kur-
Durch die Ausdehnung des entstehenden Ver- belgehäuse eine Pumpe. Bei jedem Kolbenhub voll-
brennungsgases wird ein Druck erzeugt, der den ziehen sich zwei Arbeitsvorgänge gleichzeitig
Kolben im Zylinder abwärts bewegt und die Kurbel- (Ansaugen/Verdichten und Arbeiten/Ausstoßen;
welle, die das Nutzdrehmoment überträgt, durch Abb. 3).
eine mit dem Kolben verbundene Pleuelstange in 1. Takt (Ansaugen/Verdichten): Der Kolben bewegt
Drehung versetzt. Schließlich drückt der sich auf- sich aufwärts, wobei zunächst noch Auslass- und
wärts bewegende Kolben das verbrannte Gas aus Überströmschlitz geöffnet sind. Dadurch strömt ein
dem Zylinder und ein frisches Kraftstoff- Luft- Ge- frisches, vorverdichtetes Kraftstoff- Luft- Gemisch
misch wird eingebracht. durch den Überströmschlitz aus dem Kurbelgehäuse
Man unterscheidet beim Ottomotor zwischen in den Zylinder, und die Abgase der vorhergehenden
Vier- und Zweitakt-Verfahren. Als Takt wird dabei Verbrennung werden durch den Auslassschlitz aus-
der Zeitraum bezeichnet, in dem der Kolben von gestoßen. Nach Verschluss von Auslass- und Über-
einem zum anderen Totpunkt (Moment, in dem der strömschlitz wird der Einlassschlitz freigegeben. Fri-
Kolben seine Bewegungsrichtung ändert) zurück- sches Kraftstoff- Luft- Gemisch wird in das Kurbel-
legt. gehäuse gesaugt und das vom vorhergehenden Takt
über den Überströmschlitz in den Zylinder ge-
Viertakt-Ottomotor 1 2 strömte Gemisch verdichtet.
Beim Viertaktmotor ist der gesamte Arbeitsvor- 2. Takt (Arbeiten/Ausstoßen): Kurz vor Erreichen
gang in vier Takte (zwei Kolbenumdrehungen) un- des oberen Kolbentotpunktes wird das Kraftstoff-
terteilt, wobei nur in einem Takt Energie frei wird Luft- Gemisch gezündet und der Kolben durch den
(Abb. 1, 2). Druck der Verbrennungsgase nach unten getrieben
1. Takt (Ansaugen): Durch den abwärts gehenden (Arbeiten). Unter dem Kolben wird nach Ver-
Kolben entsteht als Folge der Raumvergrößerung schließen des Einlassschlitzes das frische Gemisch
ein Unterdruck im Zylinder, wodurch bei geöffne- im Kurbelgehäuse leicht verdichtet. Während der
ten Einlassventilen und geschlossenen Auslassven- Abwärtsbewegung des Kolbens wird der Auslass-
tilen ein frisches Kraftstoff- Luft- Gemisch in den Zy- schlitz freigegeben, durch den die verbrannten Gase
linder gesaugt wird. ausströmen. Gleichzeitig strömt frisches Kraftstoff-
2. Takt (Verdichten): Bei geschlossenen Ein- und Luft- Gemisch aus dem Kurbelgehäuse über den
Auslassventilen drückt der aufwärts gehende Kol- Überstromschlitz in den Zylinder.
ben das Kraftstoff- Luft- Gemisch zusammen (Ver-
dichtung). Der Druck steigt dabei auf etwa 10– 15 Bauformen 2
bar, die Temperatur auf ca. 400– 500 °C. Da Einzylindermotoren einen unruhigen Lauf
3. Takt (Arbeiten): Die Verbrennung des verdich- haben, werden üblicherweise Mehrzylindermotoren
teten Gemisches wird durch Zündung (Zündkerze) in Reihen- , V- (Abb. 2) oder Boxeranordnung gebaut,
eingeleitet. Der Druck steigt auf 40– 60 bar bei einer bei denen die einzelnen Zylinder zeitlich versetzt ar-
Temperatur von 2 000 bis 2 500 °C. Der durch die beiten. Wegen der hohen Temperaturen und Drücke
explosionsartige Ausbreitung der Verbrennungs- kommen v. a. metallische Werkstoffe (Stahl, Guss-
gase entstehende Druck treibt den Kolben abwärts. eisen, Aluminium etc. ) beim Motorenbau zum Ein-
Dabei wird die thermische Energie (Kraftstoffver- satz. Sie verfügen über eine hohe Verschleißfestig-
brennung) in mechanische Arbeit (Drehung der keit, gute Wärmeleitfähigkeit, geringe Wärmeaus-
Kurbelwelle) umgewandelt. dehnung und erlauben eine einfache Verarbeitung.
VERKEHRSTECHNIK

Ottomotor 103
Dieselmotor 104

Funktionsweise Ende des Verdichtungsvorganges mit ca. 120– 140


Im Gegensatz zum Ottomotor (→) erfolgt beim Die- bar. Nach der Selbstzündung verbrennt dort auf-
selmotor (benannt nach Rudolf Diesel, 1858– 1913) grund der geringen Sauerstoffmenge nur ein Teil
die Bildung des Kraftstoff- Luft- Gemisches erst im des Kraftstoffes. Die Flamme schießt durch den
Zylinder. Dort wird reine Luft angesaugt, die weit Druckanstieg in der Vorkammer in den Hauptbrenn-
höher verdichtet (30– 55 bar) und dabei auf etwa raum, was zu hoher Turbulenz und damit zu schnel-
700– 900 °C erhitzt wird. In die verdichtete, heiße ler Verbrennung des restlichen Brennstoffes führt.
Luft wird Kraftstoff eingespritzt, der sich mit der Beide Einspritzverfahren benötigen eine Start-
Luft vermischt und verdampft. Die Temperatur im hilfe (Glühkerze) und weisen einen höheren Kraft-
Zylinder reicht aus, um das Gemisch dann zur stoffverbrauch auf als Motoren mit direkter Ein-
Selbstzündung zu bringen (keine Zündkerzen, even- spritzung.
tuell aber Glühkerzen notwendig). Die Zeit zwi-
schen dem Einspritzbeginn und der Selbstzündung Direkte Einspritzung 2
wird Zündverzug genannt und beträgt ca. 1/1000 Se- Bei diesen Verfahren, die vorwiegend bei Lkws ein-
kunde. Der Zündverzug ist umso kürzer: gesetzt werden, wird auf eine Unterteilung der
• je heißer die Luft, d. h. je höher der Kompres- Brennräume verzichtet und der Kraftstoff direkt in
sionsdruck ist, den einzigen vorhandenen Brennraum eingespritzt.
• je besser Luft und Kraftstoff vermischt sind, Um eine gute Verbrennung zu erzielen, ist eine in-
• je feiner der Kraftstoff zerstäubt ist und tensive Luftbewegung notwendig. Die Verbrennung
• je höher die Zündwilligkeit des Kraftstoffes ist findet im Zylinder oder einer Kolbenmulde statt. Es
(Cetanzahl). existieren zwei Möglichkeiten der direkten Ein-
Falls sich als Folge eines zu langen Zündverzuges spritzung:
eine große Kraftstoffmenge im Zylinder ansammelt, Wandverteilend (Abb. 2a): Der Kraftstoff wird
entzündet sich das Kraftstoff- Luft- Gemisch sehr direkt mit ca. 170– 200 bar auf die Wand des kugel-
schnell und verbrennt schlagartig: Der Motor „na- förmigen und in die Kolbenmitte eingelassenen
gelt“. Brennraumes gespritzt. Etwa 95 % des Kraftstoffes
Dieselmotoren arbeiten ebenso wie Ottomotoren bilden einen Film auf der Brennraumwand, wäh-
nach dem Zwei- oder Viertaktverfahren. Auch die rend ca. 5 % durch die Einspritzstrahlenergie fein
Abläufe im Zylinder nach der Verbrennung des zerstäubt in die verdichtete, heiße Luft gelangt. Es
Kraftstoff- Luft- Gemisches verlaufen gleich. Die Ver- findet eine Selbstzündung statt, welche die Ver-
brennung hängt entscheidend von der Gemischbil- brennung einleitet. Der Kraftstofffilm wird dabei
dung ab, für die verschiedene Verfahren entwickelt abgedampft und verbrannt. Das Verfahren zeichnet
wurden. sich durch einen niedrigen Kraftstoffverbrauch und
geringe Rußentwicklung aus.
Indirekte Einspritzverfahren 1 Luftverteilend (Abb. 2b): Bei diesem Verfahren
Diese Verfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass wird der Kraftstoff mit 175– 200 bar in eine flache
die Brennräume geteilt sind. Sie werden vorwie- Brennraummulde im Kolben eingespritzt und
gend bei Pkws eingesetzt. durch Luftdrall (Mehrlochdüsenverfahren) und/
Wirbelkammerverfahren (Abb. 1a): Kennzeichen oder durch die Energie der Einspritzstrahlung
dieses Verfahrens ist eine vor dem Hauptbrenn- (Strahleinspritzverfahren) verwirbelt. Es kommt
raum angeordnete, annähernd kugelförmige Wir- zur Selbstzündung und Verbrennung des Kraftstof-
belkammer, in die während des Verdichtungsvor- fes. Das Verfahren reagiert empfindlich auf schwan-
ganges der größte Teil der Verbrennungsluft strömt. kende Kraftstoffqualitäten.
Dabei entsteht ein starker Luftwirbel, in den mit
100– 125 bar Kraftstoff eingespritzt wird. Nachdem Vergleich Dieselmotor – Ottomotor 3
sich das Gemisch entzündet hat, greift die Verbren- Der Dieselmotor erreicht durch geringe Verluste
nung auf den Hauptbrennraum über. Das Verfahren bei den Auspuffgasen einen höheren Wirkungs-
eignet sich für hohe Drehzahlen und zeichnet sich grad als der Ottomotor (Abb. 3a und 3b). Bei guter
durch einen weichen Motorlauf aus. Verbrennung (kaum Ruß) weist er auch günstige
Vorkammerverfahren (Abb. 1b): Dabei wird über Abgaswerte auf. Infolge der höheren Spitzendrücke
eine oder mehrere Öffnungen die Luft aus dem bei der Verdichtung muss der Dieselmotor stärker
Hauptbrennraum in die Vorkammer gedrückt. Die gebaut sein und erreicht dadurch ein höheres Leis-
Kraftstoffeinspritzung in die Vorkammer erfolgt am tungsgewicht und eine längere Lebensdauer.
VERKEHRSTECHNIK

Dieselmotor 105
Wankelmotor (Kreiskolbenmotor) 106

Der von Felix Wankel (1902– 1988) bei der Firma nung frisches Kraftstoff- Luft- Gemisch einströmt.
NSU in Neckarsulm entwickelte Kreiskolbenmotor 2. Takt (Verdichten): Bei der Drehung des Kol-
arbeitet nach dem Prinzip des Viertakt- Ottomotors bens wird Kammer A allmählich zu Kammer B. Der
(→ Ottomotor), hat jedoch anstelle der Hubkolben Rauminhalt von Kammer B verkleinert sich von
dreiecksförmige Kolben/Scheiben (Abb. 1), die in Stellung a) bis in Stellung c), wodurch das Kraft-
einem ovalen, in der Mitte leicht eingeschnürten stoff- Luft- Gemisch in ihr komprimiert wird.
Gehäuse (Kurvenform einer Epitrochoide) rotieren 3. Takt (Arbeiten): Das verdichtete Gemisch in
(Abb. 2). Beim Umlauf des Kolbens bilden dessen Kammer B wird gezündet. Bei weiterer Drehung
drei Kanten mit der Gehäusewand drei Kammern des Kolbens in Stellung d) vergrößert sich Kammer
(A, B, C) mit variablem Volumen, in denen jeweils B und wird zu Kammer C. Durch die Verbrennung
während einer Kolbendrehung ein vollständiger dehnt sich das Kraftstoff- Luft- Gemisch aus und
Viertakt- Ottoprozess mit Ansaugen, Verdichten, Ar- dreht den Kolben, der wiederum die Exzenterwelle
beiten und Ausstoßen abläuft. Es spielen sich somit antreibt.
in den drei Kammern immer drei von vier Ar- 4. Takt (Ausstoßen): Kammer C wird durch die
beitstakten gleichzeitig ab und nach jeder vollen Kolbendrehung zu Kammer A, deren linker Teil das
Kolbendrehung hat der Motor dreimal den komplet- verbrannte Kraftstoff- Luft- Gemisch beinhaltet, das
ten Viertakt- Ottoprozess durchlaufen. in Stellung d) und a) durch die frei gewordene Aus-
Der Kolben ist dreieckförmig, wobei seine drei lassöffnung ausgestoßen wird.
gleich langen Seiten nach außen gewölbt (konvex) Bei jeder vollen Umdrehung des Kolbens erfol-
sind (Abb. 1). In die drei Eckkanten sowie die Sei- gen somit drei Zündungen. Damit ist der Drehmo-
tenflächen des Kolbens sind Dichtelemente einge- mentverlauf eines Wankelmotors wesentlich gleich-
lassen. Bei der Drehung liegen die drei Ecken stän- förmiger als bei einem Einzylinder- Ottomotor, bei
dig an der Gehäusewand an, wodurch der Mittel- dem lediglich eine Zündung pro zwei Kurbelwellen-
punkt des Kolbens während der Rotation einen ge- umdrehungen stattfindet. Bei einem Zweischeiben-
schlossenen Kreis beschreibt. Diese Kreisbahn Wankelmotor (Abb. 3) ergibt sich durch die um 180°
wird durch eine zentrisch im Motor angebrachte versetzten Exzenter eine bessere Laufruhe als bei
Welle bewirkt, die im Bereich des Kolbens als Ex- der zuvor beschriebenen Ausführung mit nur
zenter ausgebildet ist. Weiterhin befindet sich im einem Kolben. Ein Dreischeiben-Wankelmotor ist in
Kolben ein Hohlrad mit Innenverzahnung, das sich der Laufruhe vergleichbar mit einem Achtzylinder-
auf einem am seitlichen Motorgehäuse befestigten Hubkolbenmotor. Durch dieses Aneinanderreihen
Zahnrad abwälzt. Diese Verzahnung dient lediglich mehrerer Motorzellen lassen sich mit geringem
zur Bewegungssteuerung des Kolbens, der sich mit Bauaufwand bei kleinen Motorabmessungen große
seiner Innenverzahnung auf dem fest stehenden Leistungen verwirklichen.
Zahnrad „abstützt“ und dabei gleichzeitig eine Wichtige Entwicklungschritte waren 1963 der
Drehbewegung auf die Exzenterwelle ausübt. Die weltweit erste PKW mit Wankelmotor (NSU „Spi-
Exzenterwelle ist daher vergleichbar mit der Kur- der“), 1967 der NSU „Ro 80 “ und 1969 die Daimler-
belwelle des Ottomotors. Kolbenhohlrad und fest Benz- Studie „C 111“ mit zunächst einem Dreischei-
stehendes Ritzel (Zahnrad) haben ein Zähnezahlen- benmotor und 1970 mit vier Kolben (260 kW/350
verhältnis von 3 : 2, d. h. , der Kolben dreht sich mit PS). Obwohl in den 1970er- Jahren auch zahlreiche
zwei Drittel der Winkelgeschwindigkeit der Exzen- Motorradhersteller Wankelstudien vorstellten, wur-
terwelle. de die Entwicklung und insbesondere die Massen-
fertigung von Kreiskolbenmotoren in den Folgejah-
Arbeitsweise des Wankelmotors 2 3 ren weitgehend eingestellt.
Die einzigen bewegten Teile des Wankelmotors
sind der Kolben sowie die Exzenterwelle. Die Ein- Vor- und Nachteile des Wankelmotors
lass- und Auslassöffnungen (Schlitze) werden vom Neben der hohen Laufruhe durch den gleichmäßi-
Kolben selbst geöffnet und geschlossen. Die sichel- gen Drehmomentverlauf liegt ein weiterer Vorteil
förmigen Kammern ändern infolge der überlager- in der geringen Teileanzahl und im geringen Raum-
ten Kreis- und Drehbewegung des Kolbens ihren bedarf. Von Nachteil sind, neben der schweren Rea-
Rauminhalt. Abb. 2 zeigt die nach dem Viertaktver- lisierung eines Dieselmotors, der hohe Fertigungs-
fahren des Ottomotors ablaufenden Arbeitstakte: aufwand sowie Kraftstoff- und Ölverbrauch. Zudem
1. Takt (Ansaugen): Kammer A vergrößert sich ist die Emission gesundheitsschädigender Kohlen-
von Stellung a) bis d), sodass durch die Einlassöff- wasserstoffe höher als z. B. beim Ottomotor.
VERKEHRSTECHNIK

Wankelmotor (Kreiskolbenmotor) 107


Aufladung (Turbomotor) 108

Zur Leistungssteigerung und Verbesserung des strom und maximaler Abgastemperatur der volle
Drehmomentverlaufs werden in Verbrennungs- Ladedruck für die „Füllung“ der Zylinder bereit
motoren verschiedene Varianten der Aufladung ge- stehen würde. Um einen möglichst konstanten
nutzt. Das Prinzip: Durch Verdichtung der zur Ver- Ladedruck zu erzeugen, wird über ein Regelventil
brennung des Kraftstoffes notwendigen Luft wird ein Teil der Motorabgase ungenutzt an der Abgas-
der Luftdurchsatz im Zylinder gesteigert, was bei turbine vorbei zum Auspuff geführt.
gleicher Motordrehzahl und gleichem Hubraum zu
einer höheren Leistungsabgabe durch eine bessere „Turboloch“
Kraftstoffverbrennung führt. Zu unterscheiden Der Abgasturbolader ist nicht wie der Kompressor
sind verschiedene Arten der so genannten „Lader“: über die Kurbelwelle mit dem Motor gekoppelt
mechanische Lader, Abgasturbolader und Druck- (dort gleiche Lader- und Motordrehzahl). Eine Ver-
wellenlader. bindung besteht lediglich durch den Luft- und Ab-
gasmassestrom. Damit hängt die Laderdrehzahl
Mechanische Lader 1 nicht direkt von der Motordrehzahl ab, sondern
Der klassische Lader für Benzinmotoren ist der vom Leistungsgleichgewicht zwischen Verdichter-
Kompressor, dessen Antrieb direkt durch den Motor und Abgasturbine. Im Unterschied zur mecha-
erfolgt, d. h. , er verbraucht einen Teil seiner selbst nischen Aufladung (Kompressor) kommt dem An-
erzeugten Leistung. Der Kompressor besteht in sprechverhalten beim Turbolader wesentliche Be-
derAusführung als Roots-Lader (Abb. 1) aus zwei an- deutung zu. Bei niedriger Motordrehzahl und
nähernd luftdicht gegeneinander abgedichteten wenig „Gas“ durch den Fahrer steht unter Umstän-
Drehkolben, die wie Zahnräder ineinander greifen den nicht ausreichend Abgas zur Verfügung, sodass
(ohne sich zu berühren) und die Frischluft an den die Turbinen nur mit geringer Drehzahl laufen. Be-
Gehäusewänden entlang zur Druckseite hin ver- tätigt der Fahrer das Gaspedal, reagiert der Motor
dichten. Die Synchronisation der beiden Drehkol- mit Verzögerung, da erst Abgas erzeugt werden
ben geschieht durch Zahnräder außerhalb des La- muss, damit der Turbolader Druck für die Luftver-
ders, die wiederum von der Kurbelwelle des Motors dichtung liefern kann. Um dieses „Turboloch“ zu
angetrieben werden. Durch diesen Kurbelwellen- vermeiden, werden Turbinen heute mit möglichst
antrieb steht bereits bei kleinen Drehzahlen Lade- geringem Strömungsquerschnitt und kleinem Tur-
druck für die Zylinder zur Verfügung. Das von Ab- binenraddurchmesser gebaut. Dadurch entstehen
gasturboladern bekannte „Turboloch“ im unteren kleinere Trägheitsmomente und der Lader kann
Drehzahlbereich entfällt. schneller „hochlaufen“.

Abgasturbolader 2 Druckwellenlader 3
Motoren mit Kompressoraufladung finden nur Eine Verknüpfung mechanischer Lader mit dem
noch vereinzelt Anwendung. Die Verdichtung der Prinzip der Abgasturboaufladung erfolgt bei Druck-
Frischluft übernehmen heute vielmehr Abgasturbo- wellenladern (Abb. 3). Bei diesen strömt das Abgas
lader (Abb. 2), deren Bezeichnung von der zweifach über die Abgasleitung in den Rotor und gibt Ener-
eingesetzten Turbine (Aufladegebläse und Abgas- gie an die angesaugte Frischluft ab. Der Energieaus-
turbine) stammt. Das Aufladegebläse (Verdichter- tausch geschieht mit Schallgeschwindigkeit, wobei
turbine) verdichtet die Frischluft. Die Abgasturbine, der Rotorantrieb direkt von der Kurbelwelle des
auf die die aus der Verbrennung des Kraftstoff- Luft- Motors über einen Riemen erfolgt und dadurch
Gemisches entstandenen Abgase treffen und die eine Synchronisation von Lader- und Motordreh-
dadurch in Rotation versetzt wird, treibt über die zahl besteht. Im Rotor wird die Luft komprimiert
gemeinsame Welle die Verdichterturbine an. Turbo- sowie beschleunigt und gelangt über die Ladeluft-
lader nutzen damit die ansonsten verlorene Abgas- leitung in die Zylinder. Die Abgase werden über
energie zur Luftverdichtung. Die Abgasturbine er- den Auspuff ausgestoßen.
reicht bis über 100 000 Umdrehungen pro Minute Das Prinzip besitzt Vorteile gegenüber den ande-
bei sehr hohen Temperaturen, was hohe Anforde- ren beiden Laderarten, da sich preiswerte Materia-
rungen an die verwendeten Werkstoffe sowie die lien einsetzen lassen, wenig Antriebsenergie not-
Schmierung stellt. wendig ist und nicht die hohen Temperaturen wie
Für Turbolader in Pkws ist wegen des großen Mo- beim Abgasturbolader entstehen. Als problema-
tordrehzahlbereichs meist eine Regelung notwen- tisch erweist sich die optimale Abstimmung der Öff-
dig, da ansonsten nur bei maximalem Abgasmasse- nungen in Rotor- , Luft- und Gasgehäuse.
VERKEHRSTECHNIK

Aufladung (Turbomotor) 109


Einspritzanlagen 110

Das Kraftstoff- Luft- Gemisch zum Betrieb eines Ver- Fortschritte in der Elektronik haben jedoch dazu ge-
brennungsmotors zündet und verbrennt im Zylin- führt, dass mechanische Einzeleinspritzanlagen in
der nur innerhalb bestimmter Mischungsverhält- den 1980er- Jahren weitgehend verdrängt wurden.
nisse, die durch den Lambda-Wert (das Verhältnis
von tatsächlich zugeführter Luftmenge zum theore- Elektronische Einspritzung 3
tischen Luftbedarf) gekennzeichnet sind. Die Dosie- Eine elektronisch arbeitende und luftmengenge-
rung der für den jeweiligen Betriebszustand des steuerte Einspritzung ist die L-Jetronic. Sie erfasst
Motors notwendigen Gemischzusammensetzung alle Veränderungen im Motor (Verschleiß, Ventilein-
übernimmt entweder ein Vergaser oder eine Ein- stellungen etc. ), wodurch eine gleich bleibend gute
spritzanlage. Bis Mitte der 1960er- Jahre existierten Abgasqualität erreicht werden kann. Derartige An-
im Automobilbau fast ausschließlich Vergaser un- lagen wurden zu einem umfassenden Motorma-
terschiedlicher Ausführung; eine Wende zeichnete nagement aus kombiniertem Zünd- und Ein-
sich erst 1966 mit der erstmals in einem Großseri- spritzsystem weiterentwickelt (Motronic; Abb. 3),
enfahrzeug (VW 1600 Li) eingesetzten elektroni- deren Abstimmung durch ein Steuergerät (f) vorge-
schen Benzineinspritzung (Bosch D- Jetronic) ab. nommen wird. Dadurch ist eine gemeinsame Opti-
Durch eine derartige Anlage ist eine sehr genaue mierung von Zündsteuerung und Gemischaufberei-
Bemessung des Kraftstoffes möglich und damit tung möglich.
auch eine exakte Dosierung der Zusammensetzung Das Einspritzsystem der Motronic besteht aus
des Kraftstoff- Luft- Gemisches. Dies ist insbeson- den beiden Teilsystemen Luft- und Kraftstoffversor-
dere durch die Verschärfung der Abgasbestimmun- gung. Bei der L- Jetronic als Teil der Motronic er-
gen für Kraftfahrzeuge erforderlich. folgt die notwendige Luftzufuhr über einen Luft-
mengenmesser (n) zur Drosselklappe und von dort
Zentral- und Einzeleinspritzanlagen 1 2 in das Sammelsaugrohr (z). Die Kraftstoffversor-
Zentraleinspritzanlagen (Single-Point-Injection, SPI) gung übernimmt eine Elektrokraftstoffpumpe (b),
werden hauptsächlich für Fahrzeuge von ca. 1, 0– die über einen Druckregler (e) den Einspritzdruck
1, 8 l Hubraum bis ca. 80 kW (109 PS) Leistung ver- an den Ventilen (i) und dem Kaltstartventil (j) er-
wendet. Durch die Beschränkung auf ein Einspritz- zeugt. Jeder einzelne Zylinder besitzt ein Einspritz-
ventil (Abb. 1) sind sie kostengünstig zu produzie- ventil, das je Kurbelwellenumdrehung einmal be-
ren. Am weitesten verbreitet ist die Mono-Jetronic, tätigt wird. Diese Einspritzventile sind zur Reduzie-
bei der es sich um ein elektronisch gesteuertes Nie- rung des Schaltungsaufwandes alle parallel ge-
derdruckeinspritzsystem für Vierzylindermotoren schaltet.
handelt. Die Einspritzung erfolgt über ein zentral Der Unterschied zwischen Saugrohrdruck und
angeordnetes, elektromagnetisches Einspritzventil, Kraftstoffdruck wird auf etwa 2, 5– 3 bar konstant
das oberhalb der Drosselklappe sitzt und den Kraft- gehalten, sodass die in den Zylinder eingespritzte
stoff in sich wiederholenden Zeitabständen (inter- Kraftstoffmenge ausschließlich über die Öffnungs-
mittierend) in die von der Drosselklappe gesteuerte dauer der Ventile gesteuert wird. Die dazu notwen-
Ansaugluft einspritzt. Das Kraftstoff- Luft- Gemisch digen Steuerimpulse werden vom Steuergerät (f)
verteilt sich dann über das Saugrohr in die einzel- hauptsächlich in Abhängigkeit von der angesaug-
nen Zylinder. Um die Gemischaufbereitung optimal ten Luftmenge und der Motordrehzahl abgegeben.
dem jeweiligen Motorzustand anpassen zu können, Weitere Einflussgrößen ergeben sich je nach Be-
ermitteln verschiedene Sensoren sämtliche wichti- triebszustand (z. B. Kaltstart) aus der gemessenen
gen Motorkennwerte, aus denen die Steuersignale Motortemperatur (r) oder der Stellung der Drossel-
für das Einspritzventil, den Drosselklappenanstel- klappe (l), durch die eine Anpassung an verschie-
ler und weitere Regler berechnet werden. dene Motorlastzustände erfolgt.
Einzeleinspritzanlagen (Multi-Point-Injection, MPI) Aus der Verknüpfung der verschiedenen Mess-
besitzen je Motorzylinder ein Einspritzventil (Abb. daten berechnet das Steuergerät anhand eines ge-
2), was eine exakte Kraftstoffdosierung jedes speicherten Last-Drehzahl-Kennfeldes die optimale
einzelnen Zylinders erlaubt, sodass Füllgradun- Einspritzzeit der Ventile. Dieses Kennfeld wird
terschiede wie bei Zentraleinspritzanlagen nicht durch Versuche auf Prüfständen sowie anschließen-
auftreten. Die Ventile spritzen den Kraftstoff direkt de Fahrversuche bestimmt, und die daraus gewon-
in die Einzelsaugrohre der Zylinder. Je nach Funk- nenen motorspezifischen Daten in einen Mikrochip
tionsweise kann zwischen mechanischen und (teil- ) übertragen, der anschließend in die Motronic einge-
elektronischen Anlagen unterschieden werden. Die baut wird.
VERKEHRSTECHNIK

Einspritzanlagen 111
Fahrwerk 112

Hauptaufgabe des Fahrwerks ist die Führung eines gebräuchlichsten Bauformen der Einzelradaufhän-
Fahrzeuges auf der Fahrbahn. Wesentlich für ein gung zählen Doppelquerlenker- , Federbein- , Dämp-
Fahrwerk sind demnach die Konstruktion der Vor- ferbein- und Schräglenkerachse.
der- und Hinterachssysteme. Die Vorderachskon-
struktion muss nicht nur die normalen Achsfunktio- Stoßdämpfer 3
nen wie Radführung und bei Frontantrieb die Aufgrund der geringen Eigendämpfung der Federn
Kraftübertragung auf die Straße garantieren, son- einer Radaufhängung würden die Räder eines Fahr-
dern im Gegensatz zur Hinterachse zusätzlich die zeuges beim Überfahren von Fahrbahnunebenhei-
Lenkung aufnehmen. Die Vorderräder beeinflussen ten zu Schwingungen angeregt, die ohne Dämpfung
somit entscheidend das Fahrverhalten des Fahr- nur sehr langsam abklingen. Der Kontakt zwischen
zeugs. Als wichtiger Bestandteil sowohl der Vorder- Reifen und Fahrbahn wäre entsprechend der
als auch der Hinterachse verbindet die Radauf- Schwingfrequenz periodisch unterbrochen und die
hängung die Räder mit der selbsttragenden Karos- Karosserie würde schaukeln, worunter wiederum
serie. Jedes Rad stützt sich einzeln über ein Feder- die Fahrsicherheit leiden würde. Der zwischen
element am Fahrzeug ab und kann sich dabei vor- Fahrzeugaufbau und Radaufhängung eingebaute
wiegend vertikal bewegen, um dadurch Fahrbahn- Stoßdämpfer lässt diese Schwingungen schnell ab-
unebenheiten auszugleichen. Zu unterscheiden klingen, wobei heute insbesondere Zweirohr- und
sind bei der Achsgeometrie starre und halbstarre Einrohrstoßdämpfer eingesetzt werden (Abb. 3).
Achsen sowie Einzelradaufhängungen. Weit verbreitet ist der Zweirohrstoßdämpfer, bei
dem zwei Rohre ineinander geschoben sind. Der
Radaufhängung 1,2 vom Kolben in den oberen und unteren Arbeits-
Bei Starrachsen sind die beiden Räder durch einen raum unterteilte Arbeitszylinder ist ganz, der um-
starren Achskörper miteinander verbunden (Abb. 1a). gebende Ringraum teilweise mit Öl gefüllt. Beim
Die Führung in Längsrichtung des Fahrzeugs Einfedern des Rades wird der Kolben im Arbeits-
erfolgt bei „angetriebenen“ Hinterrädern durch raum nach unten gedrückt und über die geöffneten
Schubstreben, so genannte Längslenker. Vertikale Kolbenventile strömt Öl vom unteren in den oberen
Schwingungen werden durch Schraubenfedern ge- Arbeitsraum. Zugleich entweicht das von der ein-
dämpft, die jedoch keine Seitenkräfte aufnehmen tauchenden Kolbenstange verdrängte Öl über das
können. Diese Funktion übernimmt ein so genann- Bodenventil in den Ringraum. Das Bodenventil bie-
ter Panhardstab, der zwischen Achse und Karosse- tet dem Öl einen höheren Widerstand als das Kol-
rie angebracht ist. Halbstarre Achsen finden als Hin- benventil und bestimmt dadurch die Dämpfung.
terachsen bei Frontantrieb Verwendung (Abb. 1b). Beim Ausfedern bewegt der Kolben sich im Arbeits-
Die Achsaufhängung erfolgt über zwei mit der raum nach oben, und über die geöffneten Kolben-
Achse verbundene Längslenker, die zudem in Gum- ventile wird Öl vom oberen in den unteren Arbeits-
mielementen gelagert sind. raum gedrückt. Gleichzeitig strömt Öl über das Bo-
Gegenüber (halb)starren Achsen hat die Einzel- denventil aus dem Ringraum in den unteren Ar-
radaufhängung (Abb. 2) den Vorteil, dass keine Be- beitsraum. Zweirohrstoßdämpfer sind preiswert in
einflussung der Räder untereinander stattfindet der Herstellung, haben jedoch infolge der isolieren-
und so allzeit ein guter Kontakt mit der Fahrbahn den Wirkung des Ringraumes lediglich eine indi-
besteht. Zudem ist die ungefederte Masse des rekte und daher eher schlechte Wärmeabfuhr.
Fahrzeugs klein. Achsträger und Ausgleichsge- Beim Einrohr- oder Gasdruckstoßdämpfer wird
triebe/Differenzial (→ Allradantrieb) gehören an- die Reibungswärme direkt an die Umgebungsluft
ders als bei der Starrachse zu den gefederten Mas- abgegeben. Der Stoßdämpfer arbeitet ähnlich wie
sen, d. h. , sie machen die Radbewegungen bei Fahr- die Zweirohrausführung, besitzt jedoch nur ein
bahnunebenheiten nicht mit. Je größer die ungefe- Rohr. Dieses ist bei der Trennkolbenausführung
derte Masse im Verhältnis zum Fahrzeuggesamtge- nicht vollständig mit Öl gefüllt, sondern unterhalb
wicht ist, umso schlechter ist der Federkomfort, da des beweglichen, dichten Trennkolbens befindet
Unebenheiten stärker auf die Karosserie übertra- sich ein komprimiertes Gas. Diese Bauart ist durch
gen werden. Bei der Einzelradaufhängung, die so- die erforderliche hohe Fertigungsgenauigkeit teu-
wohl für Lenk- als auch Antriebsachsen verwendet rer als der Zweirohrstoßdämpfer, hat jedoch den
werden kann, sind daher beide Räder einer Achse Vorteil, dass keine Ölschäumung auftritt und daher
unabhängig voneinander über Lenker und Feder- auch bei hoher Beanspruchung die Dämpfwirkung
bein mit dem Fahrzeugaufbau verbunden. Zu den voll erhalten bleibt.
VERKEHRSTECHNIK

ž Starre Radaufhängung
1
ž Starrachse
a ž Halbstarre Torsionskurbelhinterachse
b

Panhardstab

Starrachse Panhardstab

Schubstrebe
Längslenker

ž Einzelradaufhängung
2
mit Federbein
Karosseriebefestigung

Schraubenfeder
Achsträger

Federbein

ž Stoßdämpfer
3
ž Zweirohrstoßdämpfer
a ž Einrohrstoßdämpfer
b

Schutzrohr
Kolbenstange

Kolbenstange

Schutzrohr

Ventile Kolben mit Ventilen


Kolben Dämpferflüssigkeit (Öl)
Dämpferflüssigkeit (Öl)
Trennkolben
Gas unter Druck

Fahrwerk 113
Allradantrieb 114

Pkws mit Allradantrieb stoßen seit Anfang der be (→ Getriebe) und einer Visco- Kupplung (Abb. 3)
1980er- Jahre auf zunehmendes Interesse. Der Vor- besteht. Die Kupplung übernimmt die Funktion des
teil des Allradantriebs, zunächst nur bei Militär- sperrbaren Differenzials und besteht aus einer An-
fahrzeugen und Geländewagen interessant, besteht zahl glatter Blechscheiben, wobei die gelochten
in einer besseren Übertragung der Motorkraft auf Außenlamellen in die Verzahnung des Kupplungs-
die Straße, was zu optimierten Fahreigenschaften gehäuses und die geschlitzten Innenlamellen in die
im Gelände und bei Schnee sowie zu Vorteilen in Abtriebswelle (Vorderachsantrieb) eingreifen. Im
der Straßenlage und bei der Sicherheit führt. Kupplungsgehäuse befindet sich ein Silikonöl hoher
Zudem lassen sich Anhängelasten besser bewegen. Viskosität (Zähigkeit), das geringe Drehzahlunter-
Abb. 1 zeigt schematisch den Antriebsstrang eines schiede zwischen Antrieb und Abtrieb zulässt, z. B.
Allradantriebs. Grundsätzlich sind zwei Systeme bei Kurvenfahrten. Bei größeren Drehzahlunter-
zu unterscheiden: schieden wird das Öl zwischen Innen- und Außenla-
• Zuschaltbarer Allradantrieb: Bei dieser einfa- mellen abgeschert und dadurch erwärmt. Die höhere
chen Lösung wird entweder die Vorder- oder Temperatur führt zu einem höheren Druck im Kupp-
die Hinterachse permanent angetrieben und lungsgehäuse, sodass das Öl einen immer größeren
nur bei Bedarf wird die andere Achse zuge- Widerstand gegen die Drehzahlunterschiede bietet.
schaltet. Dies resultiert in einem Anstieg des übertragbaren
• Permanenter Allradantrieb: Es werden immer Drehmoments, bis eine starre Verbindung herge-
alle vier Räder angetrieben. Vorder- und Hinter- stellt ist; das Differenzial ist gesperrt. Dieses Prinzip
achse sind durch ein sperrbares Differenzial ermöglicht es, dass automatisch an der Antriebs-
miteinander verbunden, wobei je nach dessen achse mit der besseren Bodenhaftung mehr Dreh-
Bauart das Motordrehmoment in einem be- moment aufgebaut wird. Ein Handbetrieb des Diffe-
stimmten Verhältnis auf die Achsen verteilt renzials durch den Fahrer ist nicht notwendig.
wird.
Ein beispielhaftes Verteilergetriebe mit zuschaltba- Torsen-Differenzial 4
rem Allradantrieb zeigt Abb. 2. Das Verteilergetrie- Eine weitere Bauform für selbstsperrende Differen-
be ist vom Schaltgetriebe (→ Getriebe) getrennt ziale ist das Torsen- Differenzial (Abb. 4). Bei dieser
und die Zuschaltung des auf der Vorgelegewelle Bauart wird das Drehmoment vom Tellerrad und
(oben) angeordneten Vorderradantriebs darf nur dem damit verbundenen Differenzialgehäuse zu-
bei stehendem oder ausrollendem Fahrzeug betä- nächst auf die Schneckenradachsen und von diesen
tigt werden. Die Umschaltung vom Straßen- auf den auf die Schneckenräder und dann auf die Schne-
Geländegang kann allerdings im Fahren erfolgen. cken übertragen. Drehzahldifferenzen gleichen die
Normalerweise sind vierradgetriebene Fahrzeu- Ausgleichsräder (Stirnräder) aus. Durch die Sperr-
ge mit einem permanenten Allradantrieb ausgerüs- wirkung des Schneckengetriebes wird automatisch
tet. Um zu verhindern, dass bei unterschiedlichen derjenigen Achse mehr Kraft zugeteilt, die einen
Wegstrecken von Vorder- und Hinterrädern (Kur- besseren Bodenkontakt hat.
venfahrt) die Reifen radieren und sich das Fahr-
zeug durch die „Verspannung“ des Antriebsstrangs Automatisch schaltender Allradantrieb
schwerer lenken lässt, ist ein Ausgleichsgetriebe Neben dem zuschaltbaren und permanenten All-
(Differenzial) notwendig. Es gleicht die Drehzahl- radantrieb wurde ein elektronisch geregelter Vier-
unterschiede der Räder aus und verteilt das An- radantrieb entwickelt, der in Abhängigkeit von
triebsmoment gleichmäßig. Für besondere Situatio- den Straßenverhältnissen automatisch umschaltet
nen (z. B. Glatteis) muss sich das Differenzial sper- (4-Matic). Drehzahlsensoren an der Hinterachse
ren lassen, da sonst die Traktion (Beschleunigungs- und beiden Vorderrädern (bei eingebautem ABS be-
und Steigvermögen) auf das Niveau der Achse mit reits vorhanden) melden, wann ein Rad oder eine
schlechtem oder gar keinem Bodenkontakt redu- Achse durchdreht, worauf ein Steuergerät Signale
ziert würde und das Fahrzeug daher keinen bzw. zum Zu- und Abschalten des Vorderradantriebs an
kaum noch Vortrieb hätte. ein Hydraulikaggregat gibt. Die 4- Matic stellt den
intelligentesten Allradantrieb dar: Bei normalen
Visco-Kupplung 3 Bodenverhältnissen wird das Fahrzeug durch den
Eine Standardantriebsanordnung ist ein Getriebe, herkömmlichen Hinterradantrieb bewegt und erst
das für die „Verteilung“ der Antriebskraft auf die unter schwierigen Fahrbedingungen schaltet die
Vorder- und Hinterräder aus einem Planetengetrie- Elektronik den zusätzlichen Vorderradantrieb zu.
VERKEHRSTECHNIK

Allradantrieb 115
Getriebe I 116

Verbrennungsmotoren geben ihre Leistung in Ein Automatikgetriebe besteht aus zwei Hauptbau-
einem begrenzten Drehzahlbereich ab. Da jedoch teilen: Drehmomentwandler und Planetengetriebe.
die Antriebskraft auf die Räder an verschiedene
Fahrsituationen angepasst werden muss, ist ein va- Drehmomentenwandler 3
riables Übersetzungsverhältnis zwischen Motor Bei Automatikgetrieben werden als Drehmoment-
und Antriebsrädern erforderlich. Diese Aufgabe wandler Strömungswandler eingesetzt (Abb. 3), wel-
übernimmt das Getriebe. che die Aufgabe der Anfahrkupplung und der ers-
ten Fahrstufe übernehmen.
Handschaltgetriebe 1 2 Analog zur Strömungskupplung (→ Kupplung)
Heute finden ausschließlich vollsynchronisierte Ge- wird das Öl im Pumpenrad auf einer Kreisbahn mit-
triebe Anwendung, bei denen alle Zahnräder stän- genommen, sodass die dann auf das Öl wirkende
dig im Eingriff sind (Abb. 1). Die einzelnen Zahn- Fliehkraft dieses nach außen in das Turbinenrad
radpaare sind so konstruiert, dass das eine Zahn- und weiter in das Leitrad drückt. Da aber die Schau-
rad drehfest mit der Vorgelegewelle verbunden ist, feln des Leitrades umgekehrt wie die der beiden an-
während das andere Rad auf der Hauptwelle lose deren Räder gekrümmt sind, wird der aus dem Tur-
drehen kann. Beim Schalten eines Ganges muss binenrad austretende Ölstrom an diesen Schaufeln
zwischen dem losen Rad und der Hauptwelle eine stark umgelenkt, wodurch eine Rückwirkung auf
feste Verbindung hergestellt werden. Dazu werden das Turbinenrad stattfindet. Der Ölstrom versucht,
Schaltelemente verwendet. Die Funktion dieser das Leitrad in umgekehrter Richtung wie Pumpen-
Synchronisierung zeigt Abb. 2: und Turbinenrad zu drehen. Das Leitrad ist jedoch
• Leerlauf: Die Schiebemuffe ist in Mittellage und durch den Einweg- Freilauf blockiert. Diese „Abstüt-
hat keine Verbindung zu dem Kupplungskör- zung“ des Ölstroms an dem blockierten Leitrad be-
per, der mit dem Losrad verbunden ist. Das Los- wirkt eine Vergrößerung des an das Turbinenrad
rad dreht sich frei. abgegebenen Drehmomentes auf das Zwei- bis
• Gangschalten: Durch Verschieben der Schiebe- Zweieinhalbfache des in das Pumpenrad geleiteten
muffe wird über das Druckstück der Synchron- Antriebsmomentes, wobei sich gleichzeitig eine Re-
ring gegen den Kupplungskörper gedrückt. duzierung der Drehzahl des Turbinenrades gegen-
Infolge der Drehzahldifferenz zwischen Syn- über der Drehzahl des Pumpenrades ergibt.
chronring und Kupplungskörper ist das Reib- Sobald Turbinen- und Pumpenrad etwa die glei-
moment an den Kegelreibflächen zwischen bei- che Geschwindigkeit haben, gibt der Freilauf das
den größer als das Rückstellmoment der Zahn- Leitrad in Drehrichtung der anderen beiden Räder
flanken. Die Schiebemuffe kann nicht weiter- frei, wodurch es mit ihnen in gleicher Richtung mit-
geschaltet werden, da die Zahnflanken des Syn- dreht. Damit arbeitet der Drehmomentwandler bei
chronrings das Durchschalten sperren. Durch Gleichlauf von An- und Abtriebswelle als Strö-
die Reibung wird jedoch der Kupplungskörper mungskupplung (Trilok-Prinzip).
beschleunigt oder abgebremst bis Gleichlauf
hergestellt ist. Planetengetriebe 4
• Schaltstellung: Sobald Synchronring und Kupp- Vom Drehmomentwandler wird die Kraft weiter auf
lungskörper die gleiche Drehzahl haben, dreht das Planetengetriebe übertragen: Um das zentrale
die Schiebemuffe den Synchronring zurück. Die Sonnenrad kreisen die Planetenräder, die wiederum
Schiebemuffe kann nun über die Verzahnung von einem Hohlrad umspannt sind (Abb. 4). Sämtli-
des Synchronrings hinweg in die Verzahnung che Zahnräder sind ständig im Einsatz; das Schal-
des Kupplungskörpers geschoben werden. ten erfolgt über wahlweises Festhalten einzelner
Zahnräder. Alle drei Wellen des Planetengetriebes
Automatikgetriebe können als Antriebswellen genutzt werden. Da je-
Bei Handschaltgetrieben muss der Fahrer das weils eine der beiden noch „ungenutzten“ Wellen
Schalten der Gänge sowie die Betätigung der Kupp- festgehalten werden kann, und die letzte Welle zur
lung selbst übernehmen. Demgegenüber wählen Abtriebswelle wird, ergeben sich sechs Überset-
Automatikgetriebe entsprechend der jeweiligen zungsmöglichkeiten („Gänge“). Dazu kommt die
Fahrgeschwindigkeit und Belastung weitgehend Verblockung des gesamten Getriebes, sodass die
selbstständig das dafür vorgesehene Übersetzungs- Drehzahl der Antriebswelle gleich der der Abtriebs-
verhältnis zwischen Motor und Antriebsrädern und welle ist (direkter Gang). Zu den einzelnen Schalt-
übernehmen gleichzeitig den Kupplungsvorgang. stufen → Getriebe II.
VERKEHRSTECHNIK

Getriebe I 117
Getriebe II 118

Bei Pkws wird oftmals für die Vorwärtsgänge nur der Kraftübertragung und somit die Fahrleistung
eine Welle als Abtriebswelle verwendet. Dadurch und führt gleichzeitig zu einer Senkung des Kraft-
reduziert sich die Zahl der Übersetzungsvarianten. stoffverbrauchs.
Von den sieben möglichen Übersetzungen eines Das dargestellte Getriebe für Pkws mit Hinter-
Planetengetriebes seien hier vier mit jeweils unter- radantrieb nutzt einen Strömungswandler mit Frei-
schiedlicher Antriebs- , Abtriebs- und Festwelle her- lauf, sodass beim Anfahren durch das Trilok- Prin-
ausgegriffen: zip (→ Getriebe I) eine stufenlose Übersetzung des
• 1. Variante (Abb. 1a): Das Sonnenrad wird ange- Drehmoments möglich ist. Bei höheren Drehzahlen
trieben und das Hohlrad festgehalten. Es dre- arbeitet der Wandler als Strömungskupplung, wo-
hen sich dann der Planetenradträger und die bei im vierten und fünften Gang die WK zugeschal-
damit verbundene Abtriebswelle in gleicher tet wird. Die nachgeschalteten Planetenradsätze
Richtung. Die Planetenräder rollen dabei auf sorgen durch wahlweises Festhalten der Wellen für
dem Hohlrad ab und drehen sich mit der Ab- die Übersetzungen der fünf Gänge und des Rück-
triebswelle langsamer als das angetriebene wärtsganges, wobei der fünfte Gang eine Überset-
Sonnenrad. zung ins Schnelle aufweist.
• 2. Variante (Abb. 1b): Das Sonnenrad wird ange- Die zum Festhalten verwendeten Lamellenkupp-
trieben und der Planetenradträger fixiert. Da lungen werden über ein Steuergerät geregelt, das
die Achsen der Planetenräder am gleichen Ort den Schaltvorgang in Abhängigkeit von der gewähl-
bleiben, drehen sich diese in der entgegenge- ten Fahrstufe, der Fahrgeschwindigkeit, dem Fahr-
setzten Richtung zum angetriebenen Sonnen- zustand sowie der Motorbelastung automatisch ein-
rad und nehmen das Hohlrad und die damit leitet. Berücksichtigung finden dabei auch vorge-
verbundene Abtriebswelle gegensinnig zum wählte Schaltpunkte (Leistungs- oder Gebrauchsop-
Sonnenrad mit. Dadurch lässt sich ein Rück- timierung) und der so genannte Kick-down (Durch-
wärtsgang mit einer Übersetzung ins treten des Gaspedals, wodurch der Wechsel in
Langsame verwirklichen. einen kleineren Gang zu einer besseren Beschleu-
• 3. Variante (Abb. 1c): Der Antrieb erfolgt auf das nigung führt).
Hohlrad und das Sonnenrad wird festgehalten.
Jetzt wälzen sich die Planetenräder auf dem Getriebezustand bei einzelnen Gängen 3
Sonnenrad ab und drehen den Planetenradträ- Abb. 3 zeigt schematisch zwei Schaltzustände des
ger und die damit verbundene Abtriebswelle in Wandlergetriebes. :
die gleiche Richtung wie das Hohlrad, wobei die Im vierten Gang (Abb. 3a) drehen sich das große
Drehzahl des Planetenradträgers bzw. der Ab- Sonnenrad und der Steg des linken Planetenradsat-
triebswelle kleiner ist als die des angetriebe- zes in gleicher Richtung mit der Motordrehzahl.
nen Hohlrades. Durch diese Steg- Sonnenrad- Verbindung ist der
• 4. Variante (Abb. 1d): Hohlrad und Sonnenrad linke Planetenradsatz im Blockumlauf (direkte
werden mit gleicher Drehzahl angetrieben. Da- Übersetzung 1 : 1). Aufgrund der geschlossenen
durch wird der gesamte Planetenradsatz mitge- Kupplung werden Hohlrad und Sonnenrad des
nommen, sodass er das Getriebe gleichsam als nachgeschalteten, rechten Planetenradsatzes ge-
ein Block umläuft: Antriebs- und Abtriebswelle koppelt (Blockumlauf). Im vierten wird ebenso wie
haben dann die gleiche Drehzahl (direkter im fünften Gang über ein Magnetventil die WK zu-
Gang). geschaltet.
Beim Rückwärtsgang (Abb. 3b) wird das Motor-
Automatikgetriebe mit Wandlerüberbrückungs- drehmoment ausschließlich hydraulisch über die
kupplung 2 Antriebswelle auf das kleine Sonnenrad des linken
Planetengetriebe lassen sich zusammen mit einem Planetensatzes übertragen. Durch Blockieren des
Strömungswandler (→ Getriebe I) zu Automatikge- Stegs erfolgt über die Planetenräder eine Drehrich-
trieben kombinieren. Moderne 5- Gang- Wandlerge- tungsumkehr zwischen kleinem Sonnenrad und
triebe (Abb. 2) überbrücken in den oberen Gängen Hohlrad. Von diesem Hohlrad wird das Drehmo-
den Strömungswandler durch eine mechanische ment über eine Stegwelle zum Hohlrad des nachge-
Kupplung. Durch diese Wandlerüberbrückungs- schalteten Planetenradsatzes geleitet, dessen Son-
kupplung (WK) lässt sich bei höheren Geschwindig- nenrad blockiert ist. Dadurch wird der Steg ange-
keiten der Energieverlust im Strömungswandler trieben, der wiederum mit der Abtriebswelle gekop-
ausschalten. Dies steigert den Wirkungsgrad bei pelt ist (gleiche Drehzahl).
VERKEHRSTECHNIK

Getriebe II 119
Kupplung 120

Verbrennungsmotoren benötigen eine bestimmte welle erzeugter Flüssigkeitsstrom dazu benutzt


Mindestdrehzahl (Leerlauf), bevor sie von selbst wird, die Abtriebswelle mitzunehmen und auf die
laufen und eine zum Antrieb des Fahrzeugs genü- gleiche Drehzahl wie die Antriebswelle zu bringen
gend große Leistung abgeben können. Bis diese (Abb. 3 a). Der Motor treibt das Pumpenrad an, das
Drehzahl erreicht ist, muss der Motor mithilfe der in einem geschlossenen Flüssigkeitskreislauf Öl
Kupplung vom Getriebe getrennt werden (Abb. 1). zum Turbinenrad fördert, in dessen Schaufelrad die
Die Kupplung hat zwei Aufgaben: Beim Anfahren Strömungsenergie in eine Drehbewegung umge-
muss sie die stillstehende Getriebeeingangswelle wandelt wird. Dadurch kann an der Antriebswelle
kontinuierlich auf die Drehzahl der Motorwelle Drehenergie abgenommen werden.
bringen und bei Zahnradgetrieben ist sie außerdem Die Schaufelräder des Pumpen- und Antriebs-
zum Schalten der einzelnen Gänge notwendig, da rades sitzen in einem gemeinsamen Gehäuse (Abb.
sich derartige Getriebe nur bei Trennung des Mo- 3 b), wobei jedes der beiden Räder einen Halbring-
tors vom Getriebe schalten lassen. In modernen raum mit radial verlaufenden Schaufeln besitzt, die
Fahrzeugen werden fast ausschließlich Reibungs- spiegelbildlich zueinander angeordnet sind. Beide
kupplungen oder hydrodynamische Kupplungen ver- Räder sind nur durch einen engen Spalt getrennt.
wendet. Die Schaufeln sind mit einer Flüssigkeit, meist Öl,
gefüllt, das zur Aufrechterhaltung der Kupplungs-
Reibungskupplung 2 funktion nicht schäumen darf und unabhängig von
Bei der gebräuchlichsten Kupplung wird die Ver- der Betriebstemperatur eine möglichst gleich-
bindung zwischen Motorwelle und Getriebeein- bleibende Viskosität (Zähigkeit) aufweisen sollte.
gangswelle durch Reibung einer oder mehrerer Abb. 3c zeigt die Wirkungsweise der beiden
Scheiben aufeinander hergestellt. Dazu besteht die Schaufelräder beim Anfahren: In dem vom Motor
Kupplung (Abb. 2) aus einer Kupplungsscheibe, die angetriebenen Pumpenrad wird das zwischen sei-
zwischen der Schwungscheibe des Motors und der nen Schaufeln befindliche Öl in Drehung versetzt.
Kupplungsdruckplatte angeordnet ist und auf die Die dadurch am Öl wirkende Fliehkraft schiebt das
beiderseits Beläge genietet oder geklebt sind, einer Öl an den äußeren Rand des Pumpenrades, von wo
Membranfeder (Tellerfeder) und dem Ausrücker. aus es dann von außen in das sich noch in Ruhe be-
Beim Treten des Kupplungspedals drückt der Aus- findliche Turbinenrad eindringt. Gleichzeitig wird
rücker gegen die Membranfeder. Die Druckplatte in Achsnähe aus dem Turbinenrad Öl in das Pum-
wird dabei entgegen der Federkraft von der Kupp- penrad gesaugt (Strömungskreislauf). Neben der
lungsscheibe weggedrückt, wodurch die Kupp- Fliehkraft erhält das Öl durch die Mitnahme im
lungsscheibe freikommt. Die Verbindung zwischen Pumpenrad eine weitere, in Drehrichtung der An-
Motor und Getriebe ist unterbrochen. triebswelle wirkende Geschwindigkeit. Dadurch
Die übertragbaren Drehmomente hängen von entsteht beim Übertritt des Öls in das Turbinenrad
der Fläche und vom Durchmesser der Kupplungs- eine Kraft in Drehrichtung des Pumpenrades, die
scheibe sowie von der Federkraft der Membranfe- das Turbinenrad allmählich mitnimmt (ruckfreies
der ab. Für große Drehmomente werden daher auch Anfahren).
Mehrscheibenkupplungen eingesetzt. Die Kupp- Solange die Drehzahl des Pumpenrades größer
lungsscheibe unterliegt vor allem beim Anfahren ist als die des Turbinenrades, ist auch die Flieh-
durch „Schleifen“ der Abnutzung und erwärmt sich kraft im Pumpenrad größer als im Turbinenrad,
durch den Reibungsvorgang. Sie werden daher aus und die in Abb. 3 c eingezeichnete Strömungsrich-
hitzebeständigem Material mit einer Metalleinlage, tung bleibt erhalten. Je stärker der Flüssigkeits-
die für eine verbesserte Wärmeabfuhr sorgt, her- strom in beiden Rädern ist, desto größer ist auch
gestellt. die Rückwirkung des einen auf das andere Rad bzw.
das übertragbare Drehmoment: Bei gleicher Dreh-
Hydrodynamische Kupplung 3 zahl von Turbinen- und Pumpenrad kommt der
Lässt man das Fußpedal bei einer Reibungskupp- Flüssigkeitsstrom zum Stillstand und beide Räder
lung zu schnell „kommen“, setzt sich das Fahrzeug sind hydraulisch gekoppelt. Während einer Berg-
mit einem Ruck in Bewegung. Ein völlig ruckfreies abfahrt und/oder bei weggenommenem Gas kehrt
Anfahren bei gleichzeitig fast verschleißfreier sich die Wirkung der beiden Räder um. Das Turbi-
Kraftübertragung ermöglicht dagegen die hydro- nenrad wird zum Pumpenrad und umgekehrt. Dies
dynamische Kupplung, auch Föttinger- oder Strö- erlaubt ein Abbremsen des Motors über die Kupp-
mungskupplung genannt, bei der ein von der Motor- lung, ohne dass der Motor ausgeht.
VERKEHRSTECHNIK

Kupplung 121
Bremsen I 122

Die Bremsanlage dient dazu, die Geschwindigkeit fläche der Bremstrommel erzeugen, kommen bei
eines Fahrzeuges kontrolliert zu verringern oder es Pkws nur noch an den Hinterrädern zum Einsatz.
im Stillstand zu halten. Sie umfasst einerseits die
zur Geschwindigkeitsreduzierung auf sämtliche Trommelbremse 3 4
Räder wirkende Betriebsbremse („Fußbremse“) Je nach Funktionsprinzip kann bei Trommel-
sowie die von der Betriebsbremse unabhängige bremsen zwischen Simplex- , Duplex- Duoduplex-
und in der Regel lediglich auf zwei Räder wirkende und (Duo- )Servobremsen unterschieden werden
Feststellbremse („Handbremse“). In Pkws erfolgt (Abb. 3). Die einfachste Form der Trommelbremse
die Betätigung der Betriebsbremse hydraulisch, bei ist die Simplexbremse (Abb. 4a), bei der durch den
der Feststellbremse meist über einen Seilzug. hydraulischen Druck in einem Radbremszylinder
beide Bremsbacken gegen die umlaufende Brems-
Pascalsches Gesetz 1 trommel gedrückt werden. Die zweiseitig wirkende
Die hydraulische Bremse nutzt das pascalsche Ge- Bremse presst die Enden der Bremsbacken (unten)
setz (nach Blaise Pascal, 1623– 1662), das besagt, gegen die Bremstrommel, sodass immer eine Backe
dass der auf eine eingeschlossene Flüssigkeit aus- aufläuft und die andere abläuft. Die ablaufende
geübte Druck sich nach allen Seiten gleichmäßig Bremsbacke wird beim Bremsvorgang gegen die
fortpflanzt. Die auf das Bremspedal ausgeübte Drehrichtung der Trommel gepresst und von der
Fußkraft wird somit über die Bremsleitungen und Bremskraft zwischen Belag und Trommel weg-
- schläuche in die einzelnen Radbremszylinder in gedrückt. Dadurch ist ihre Bremswirkung abge-
gleicher Stärke übertragen. Die Weglänge des mit schwächt. Aufgrund der Reibkraft der in Drehrich-
dem Fußpedal heruntergedrückten Kolbens im tung angepressten Auflaufbremsbacke entsteht ei-
Hauptbremszylinder verteilt sich dabei auf die ent- ne zusätzliche Anpressung und damit eine unter-
sprechende Anzahl der Bremszylinder, d. h. , die Kol- stützende Selbstverstärkung.
ben in den Bremszylindern legen jeweils eine ent- Im Gegensatz dazu hat die Duplexbremse (Abb.
sprechend kleinere Weglänge zurück. 4b) zwei gegenüberliegende, einseitig wirkende
Heute kommen in Pkws vorwiegend hydrau- Radbremszylinder, sodass bei Vorwärtsfahrt zwei
lische Zweikreisbremsanlagen zum Einsatz (Abb. 1). sich selbst verstärkende auflaufende Backen bereit-
Eine solche Anlage besteht aus zwei getrennten stehen. Beim Rückwärtsfahren ist die Bremswir-
Druckräumen, sodass bei Betätigung des Fußpedals kung dieser Bremse jedoch schlechter als bei der
die Räder des einen Bremskreises getrennt vom an- Simplexbremse, da nur ablaufende Bremsbacken
deren Bremskreis abgebremst werden. Gegenüber vorhanden sind. Diesen konstruktionsbedingten
einer Einkreisbremsanlage besteht damit der Vorteil, Nachteil gleicht die Duoduplexbremse (Abb. 4c) da-
dass bei Defekt eines Bremskreises die Bremsfunk- durch aus, dass beide Radbremszylinder zweiseitig
tion trotzdem erhalten bleibt. wirken und so unabhängig von der Fahrtrichtung
zwei auflaufende Backen bereitstehen.
Funktionsprinzip 2 3
Bei Betätigung des Bremspedals erzeugt die Fuß- (Duo-)Servobremsen 4
kraft im Hauptbremszylinder einen hydraulischen Die höchste Bremswirkung bei Trommelbrem-
Druck, der über die Bremsflüssigkeit in den Brems- sen haben Servobremsen (Abb. 4d), die wie Simp-
leitungen an die Radbremszylinder (Scheiben- und lexbremsen einen zweiseitig wirkenden Radbrems-
Trommelbremse) weitergeleitet wird. Die Kolben in zylinder (unten) besitzen. Die Backen haben jedoch
den Radbremszylindern werden auseinander ge- keinen Drehpunkt als Widerlager, sondern sind an
presst und drücken die Bremsbeläge an die Rei- dieser Stelle durch ein Gleitlager miteinander ver-
bungsflächen. Die durch die Reibung in Wärme um- bunden. Dadurch stützt sich bei einem Bremsvor-
gewandelte Bewegungsenergie wird an die Umge- gang in Vorwärtsrichtung die eine Backe (links) auf
bung abgeführt. Bei starker Beanspruchung der das obere Ende der anderen Backe (rechts) ab, die
Bremsen (z. B. lange Talfahrt) kann die Bremswir- so ebenfalls zu einer auflaufenden Backe mit
kung nachlassen („Fading“). Selbstverstärkung wird. Da das Gleitlager im Rück-
Je nach Angriffsrichtung der Bremskraft wärtsgang blockiert, wirkt die Bremse in diesem
kann zwischen axialer (Scheibenbremse; Abb. 2 ; Fall wie eine Simplexbremse. Bei der Duoser-
→ Bremsen II) und radialer (Trommelbremse; vobremse kann sich das Gleitlager in beide Richtun-
Abb. 3) Bauweise unterschieden werden. Trommel- gen bewegen, sodass die Bremswirkung in beide
bremsen, die die Bremskräfte an der inneren Ober- Fahrtrichtungen gleich ist.
VERKEHRSTECHNIK

Bremsen I 123
Bremsen II 124

Scheibenbremse 1 und damit auch deren Blockieren, verhindern sol-


Bei der Scheibenbremse liegt die Bremsscheibe len, wurde das Antiblockiersystem (ABS) entwik-
zwischen zwei zangenartig angeordneten Brems- kelt. Es bremst in jeder Fahrsituation (Glatteis, trok-
belägen. Der Bremssattel kann als Fest- oder kene Fahrbahn etc. ) die Räder bis an die Blockier-
Schwimmsattel ausgebildet sein. Bei der Festsattel- grenze ab, ohne dass diese zu rutschen beginnen.
bremse (Abb. 1a) drücken zwei Radbremszylinder Das Fahrzeug bleibt damit auch bei einer Vollbrem-
von beiden Seiten auf die Bremsscheibe. Bei sung weiter lenkbar und wird gleichzeitig optimal
Schwimmsattelbremsen sind zwei Grundausführun- gebremst. Möglich wurde der Bau von ABS- Anla-
gen zu unterscheiden: Schwimmrahmensattel und gen für Pkws erst durch die Entwicklungen in der
Faustsattel (Abb. 1b). Bei beiden Bauarten umfasst Halbleitertechnik; das erste großserienreife ABS
ein axial verschiebbarer Sattel einen Teil der wurde 1978 vorgestellt.
Bremsscheibe und es wird nur ein Radbremszylin- Das ABS (Abb. 2) besteht aus den Drehzahlfüh-
der eingesetzt. Bei Betätigung der Bremse wirkt der lern, die die Drehgeschwindigkeiten der einzelnen
hydraulische Druck auf den Kolben, wodurch der Räder messen, dem elektronischen Steuergerät
auf der Fahrzeuginnenseite liegende Bremsbelag sowie einem Hydroaggregat. Im Steuergerät wer-
(rechts) direkt gegen die Bremsscheibe gepresst den die Signale der Drehzahlfühler ausgewertet
wird. Gleichzeitig wird der Druck auch auf das Ge- und der für eine optimale Bremsung notwendige
häuse (Faust) ausgeübt, sodass sich dieses im Trä- Bremsdruck berechnet. Meldet einer der Fühler,
ger entgegengesetzt zum Kolben bewegt und da- dass die Drehzahl des Rades abfällt (Gefahr des
durch den anderen Bremsbelag (links) gegen die Blockierens), wird der Bremsdruck des entspre-
Bremsscheibe zieht. Da sich Scheibenbremsen nur chenden Rades nicht weiter erhöht. Verringert sich
bedingt als Feststellbremsen eignen, werden sie, die Raddrehzahl trotzdem weiter, erfolgt sogar eine
meist an den Hinterrädern, mit zusätzlichen Trom- Drucksenkung im Bremszylinder, sodass das Rad
melbremsen (→ Bremsen I) ergänzt. weniger stark gebremst wird. Bei einer Beschleuni-
gung des Rades wird der Bremsdruck wieder er-
Bremskraftverstärker höht und ein neuer Regelzyklus beginnt. Das ABS
Durch die fehlende Selbstverstärkung ist bei Schei- ist damit vom Prinzip her eine schnelle „Stotter-
benbremsen zusätzlich ein Bremskraftverstärker bremse“, wobei die Elektronik jedem Rad einen an-
notwendig, der die Fußkraft beim Bremsen unter- deren Stotterrhythmus erlaubt.
stützt. Die beiden gebräuchlichsten Formen sind
der Unterdruck- und der Hydraulikbremskraft- Antriebsschlupfregelung 3
verstärker. Unterdruckbremskraftverstärker nutzen Eine logische Umkehr des ABS ist die Antriebs-
den im Saugrohr des Motors herrschenden Unter- schlupfregelung (ASR; Abb. 3), durch die ein Durch-
druck, um die Fußkraft zu entlasten. Bei Ausfall des drehen der Räder beim Anfahren oder Beschleuni-
Unterdrucks, z. B. bei Motorschaden, bleibt die gen verhindert werden soll, um die Spurtreue und
Bremsanlage voll einsatzfähig. Demgegenüber ver- Lenkfähigkeit des Fahrzeugs zu erhalten. ASR wer-
wenden Hydraulikbremskraftverstärker als Kraft- den in zwei Ausführungen gebaut: Bei der einen
quelle ein bereits im Fahrzeug eingebaute Hydrau- Bauart erfolgt die Regelung ausschließlich über
likaggregat (z. B. für die Servolenkung). Dem Vor- einen Motoreingriff, z. B. eine zusätzliche Drossel-
teil eines geringeren Einbauraums und einer nied- klappe, Zündfunkenunterdrückung oder eine Leis-
rigeren erforderlichen Fußkraft steht ein meist tungsreduzierung, bei der anderen Bauart wird
„schwammiges“ Pedalgefühl gegenüber. darüber hinaus über die Bremsen in die Rad-
beschleunigung eingegriffen. Zur Steuerung der
Antiblockiersystem 2 Bremskraft nutzen diese ASR die bereits im Fahr-
Normalerweise ist die Verteilung der Bremskraft zeug eingebauten ABS- Komponenten, wobei wäh-
auf Vorder- und Hinterachse unveränderlich, was rend des ASR- Regelvorgangs ein elektronisch ge-
häufig aufgrund unterschiedlicher Belastung der steuerter Bremsdruck auf die Radbremszylinder
Räder zu deren Blockieren und damit zur Beein- ausgeübt wird, ohne dass der Fahrer das Brems-
trächtigung der Lenkfähigkeit oder gar zum Schleu- pedal betätigt.
dern des Fahrzeuges führt. Neben herkömmlichen Kombinierte ABS- /ASR- Anlagen erlauben heute
Bremskraftreglern, die nach Erreichen eines be- eine Beherrschbarkeit von Fahrzeugen bei unter-
stimmten Drucks im Bremssystem einen weiteren schiedlichsten Straßenbedingungen und damit
Druckanstieg in den Radbremszylindern der Räder, eine deutliche Verbesserung der Sicherheit.
VERKEHRSTECHNIK

Bremsen II 125
Katalysatoren und Rußfilter 126

Bei der Verbrennung von Kraftstoffen entstehen schuss betrieben wird, ist hier nur der Umsatz von
neben den unschädlichen Gasen Kohlendioxid Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen erfolg-
(CO2) und Wasserdampf (H2O) auch umwelt- und reich; eine katalytische Verminderung von Stickoxi-
gesundheitsschädigende Stoffe wie vor allem Koh- den ist derzeit noch nicht serienreif. Der im Diesel-
lenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffe (CmHn), Stick- abgas enthaltene Sauerstoffanteil reicht aus, um
oxide (NOx) und Rußpartikel. die chemische Reaktion ohne weitere Maßnahmen
Zur Verrringerung des Ausstoßes der gasförmi- zu ermöglichen. Eine Regelung der Gemischbil-
gen Schadstoffe hat sich als wirkungsvollste und dung wie beim Ottomotor wäre beim Dieselmotor
technisch einfachste Maßnahme der Einsatz von auch unpraktisch, da hier die Motorleistung von
Katalysatoren bewährt. Sie ermöglichen eine chemi- der eingespritzten Kraftstoffmenge abhängt.
sche Reaktion schon bei relativ niedrigen Tempera-
turen oder sie erhöhen die Reaktionsgeschwindig- Rußfilter 3
keit, ohne selbst verbraucht zu werden. Im Wesent- Die Verminderung partikelförmiger Abgasbestand-
lichen laufen bei der katalytischen Abgasreinigung teile (Ruß) insbesondere beim Dieselmotor ist nicht
folgende Reaktionen ab: durch Zugabe von Sauer- durch den Einsatz von Abgaskatalysatoren durch-
stoff wird Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid und führbar. Rußpartikel werden mithilfe temperaturbe-
Kohlenwasserstoff zu Kohlendioxid und Wasser- ständiger Filtermedien mechanisch aus dem Abgas
dampf, Stickoxide werden durch Reaktion mit Koh- herausgefiltert, ohne dass sich die Abgaszusam-
lenmonoxid zu Kohlendioxid und elementarem mensetzung nennenswert ändert. In der Praxis
Stickstoff (N2). haben sich Filtermonolithe aus Kordierith- Keramik
durchgesetzt. Diese sind von einer Vielzahl wech-
Abgaskatalysatoren 1 2 selseitig verschlossener Kanäle durchzogen, wo-
Technologisch haben sich der geregelte Drei-Wege- durch das Abgas gezwungen wird, durch die porö-
Katalysator (Abb. 1) für den Ottomotor und der Oxi- sen Wände des Keramikkörpers zu strömen
dationskatalysator für den Dieselmotor durchge- (Abb. 3). Die Partikel lagern sich an der Keramik-
setzt. Um die Kontaktfläche zwischen Abgas und oberfläche und in den Poren ab, sodass sich mit zu-
Katalysator möglichst groß zu halten, verwendet nehmender Betriebsdauer der Filter zusetzt und
man als Trägermaterial keramische oder metalli- der Abgasgegendruck ansteigt. Das Filterelement
sche Wabenkörper. Auf diese wird zunächst eine muss in regelmäßigen Abständen gereinigt wer-
Zwischenschicht, der Washcoat (Abb. 2), aufge- den; der angesammelte Ruß wird verbrannt. Die
bracht, welche die Oberfläche des Katalysatorträ- dazu erforderliche Energie wird entweder durch
gers um ein Vielfaches erhöht. Der eigentliche Kata- elektrische Heizelemente oder kraftstoffbetriebene
lysator aus Edelmetall wird anschließend aufge- Brenner zugeführt. Um ein zuverlässiges Abbren-
dampft. Der beschichtete Keramikkörper wird mit nen zu gewährleisten, wird in der Praxis auf kraft-
einem Drahtgestrick in ein Edelstahlgehäuse einge- stoffbetriebene Brenner zurückgegriffen, wobei ein
schlagen und der metallische Wabenkörper direkt sehr hoher Aufwand an Steuer- und Regelungstech-
in sein Gehäuse eingeschweißt. Für die oben be- nik nötig ist. Filtersysteme, die z. B. in Omnibussen
schriebenen chemischen Reaktionen im Katalysa- eingesetzt werden, bestehen in der Regel aus zwei
torbett muss beim Drei- Wege- Katalysator die Ab- parallel geschalteten Filterelementen, von denen
gaszusammensetzung optimal geregelt werden. eines ausgebrannt wird, während das andere sich
Dies wird erreicht, wenn die zur Verbrennung des im Einsatz befindet. Zur Zeit befinden sich auch
Kraftstoffes zugeführte Luftmenge gleich der theo- Brennerelemente in der Entwicklung, die die Rege-
retisch erforderlichen Menge ist. Die Beeinflussung nerierung eines Filters bei gleichzeitigem Motorbe-
der Abgaszusammensetzung erfolgt über die Rege- trieb ermöglichen (Vollstromregenerierung). Der
lung des Kraftstoff- Luft- Gemisches vor der Ver- Einsatz von Rußfilter erstreckt sich zur Zeit auf
brennung, bei der mithilfe der Lambdasonde der Nutzfahrzeuge mit speziellen Aufgaben, z. B. Lkw
Sauerstoffgehalt des Abgases gemessen wird. Bei im Tunnelbau, Kommunalfahrzeuge, Gabelstapler
Abweichungen des Lambdawertes (Luftverhältnis) und Baumaschinen.
vom Sollwert wird über ein elektronisches Steuer- Da sich die Grenzwerte der aktuellen und wahr-
gerät die Gemischbildung korrigiert. scheinlich auch der künftigen Abgasnormen noch
Der Einsatz des Oxidationskatalysators ist zwar mit motorischen Maßnahmen erreichen lassen,
wesentlich einfacher, aber auch weniger effektiv. haben sich Rußfilter aufgrund des hohen Aufwan-
Da der Dieselmotor mit sehr großem Luftüber- des im Straßenverkehr noch nicht durchgesetzt.
VERKEHRSTECHNIK

Katalysatoren und Rußfilter 127


Airbags 128

Eine der wesentlichen technischen Entwicklungen Je nach Aufprallverzögerung und den dadurch er-
der letzten Jahre zur Verbesserung der Sicherheit zeugten Widerstand wird ein Impuls zum Aufbla-
der Pkw- Fahrzeuginsassen sind Airbagsysteme. Da sen des Airbags gegeben.
derartige Anlagen ihre Schutzwirkung bei einem
Aufprall des Fahrzeugs automatisch, also ohne Auf- Zündpille
forderung durch den Fahrer, bereitstellen, zählen Der Treibstoff des Airbags wird durch Erwärmen
sie zu den passiven Sicherheitssystemen. einer Zündpille gezündet. Die anschließende Fül-
lung des Airbags mit Stickstoff erfolgt beim Fah-
Pyrotechnischer Treibsatz 1 2 rerairbag in ca. 30 Millisekunden. Beim Beifahrera-
Der Wirkungsmechanismus des Airbags besteht irbag sind etwa 50 Millisekunden vorgesehen, da
darin, dass bei einer Fahrzeugkollision ein pyro- der Abstand zwischen Beifahrer und dem im Arma-
technischer (feuerwerkstechnischer) Treibstoff ge- turenbrett untergebrachten Airbag größer ist als
zündet wird, der in Sekundenbruchteilen einen derjenige zwischen Fahrer und Lenkradairbag.
Luftsack (Airbag) aufbläst. Dadurch ist der Airbag Wichtig für die Schutzwirkung ist die exakte Ab-
schon gefüllt, bevor Fahrer und Beifahrer den Sack stimmung der Airbagauslösung mit dem Aufprall-
berühren. Beim Aufprall des Insassen wird die Be- zeitpunkt der Insassen auf den Airbag. Ein optima-
wegungsenergie des Körpers aufgenommen und ler Schutz ergibt sich erst dann, wenn der Körper
die zu schützende Person „weich“ aufgefangen genau im Augenblick der größten Airbagfüllung
(Abb. 1), wobei sich der Airbag teilweise wieder ent- auftrifft, also kurz vor dem auch ohne Berührung
leert. Je nach Anordnung werden Frontairbag- und erfolgenden Entleeren und Zusammenfallen des
Seitenairbagsysteme eingesetzt. Luftkissens. Bei mehrfachen Stößen kann ein Air-
Frontairbagsysteme verhindern den Kontakt der bag keinen Schutz bieten, da er lediglich einmal
Fahrzeuginsassen mit dem Lenkrad und dem Arma- ausgelöst werden kann.
turenbrett bei Aufprallgeschwindigkeiten unter 60
km/h und schützen damit vor Brust- und Kopfver- Schutz des Brustkorbs
letzungen. Für Fahrer und Beifahrer wird jeweils Seitenairbags sind eine Weiterentwicklung der
ein Airbag verwendet: Der Fahrerairbag verbirgt Frontairbags und sollen beim Seitenaufprall die Ge-
sich im Lenkrad, derjenige für den Beifahrer im Ar- fahr von Verletzungen reduzieren. Dazu sind in der
maturenbrett oder Handschuhfach. Die Aktivierung Tür oder der Sitzlehne, zum Kopfschutz aber auch
der Airbags erfolgt durch einen Aufprallsensor, der entlang dem Dachausschnitt, Airbags eingebaut, die
wiederum mit einem elektronischen Auslösegerät aufgrund der nicht vorhandenen Knautschzone in
verbunden ist. Normalerweise ist in diese Steue- diesem Bereich extrem schnell in nur etwa 10 Milli-
rungselektronik auch ein Gurtstraffer integriert, sekunden aufgeblasen werden müssen. Das vom
der den Sicherheitsgurt im Falle einer Kollision auf Fahrzeughersteller Volvo eingesetzte System ver-
die Gurtrolle aufwickelt und damit stramm zieht. wendet Fühler mit Aufschlagzündern („percussion
Ein derartiges kombiniertes Insassen-Sicherheitssys- cups“) ohne eigene Diagnoselogik. Die Seitenair-
tem zeigt Abb. 2. bags befinden sich in den Sitzlehnen und werden
nach vorne aufgeblasen. Im Allgemeinen werden
Aufprallsensor 3 Seitenairbags heute nur auf Wunsch eingebaut, so-
Der Aufprallsensor erfasst die bei einer Kollision dass diese Systeme unabhängig von vorhandenen
auftretende Verzögerung durch ein oder zwei Be- Steuersystemen, z. B. für die Frontairbags, arbeiten.
schleunigungsmesser und gibt bei Überschreiten
eines bestimmten Schwellenwertes (Airbag: ca. 25 Pflicht in den USA
km/h, Gurtstraffer: etwa 15 km/h) den Befehl zur Airbags waren bis Ende der 1980er- Jahre durch
Auslösung des Sicherheitssystems, bestehend aus ihre aufwendige Konstruktion mit komplexer Elekt-
Airbag und Gurtstraffer. Der Beschleunigungsmes- ronik nur gegen Aufpreis und in Fahrzeugen der
ser beinhaltet im Wesentlichen ein Feder- Masse- Oberklasse zu erhalten. Inzwischen haben auch
System (Abb. 3), wobei die Masse bei einer Kolli- kleinere Fahrzeuge entsprechende Sicherheitssys-
sion zur Verbiegung der Feder führt. Dadurch än- teme. Da Airbags, insbesondere Frontsysteme, auch
dern die auf die Feder aufgetragenen Dehnungs- Insassen ohne angelegte Sicherheitsgurte schützen,
messstreifen ihren elektrischen Widerstand und sind sie in den USA seit 1993 in PKW sowohl auf
entsprechend auch die Stärke des durchfließenden der Fahrer- als auch auf der Beifahrerseite gesetz-
Stromes. Diese Änderung wird laufend gemessen. lich vorgeschrieben.
VERKEHRSTECHNIK

Airbags 129
Autoelektronik 130

Die Autoelektronik bestimmt heute in weiten Tei- Poly-Ellipsoid-System (PES), die einen bis zu 50 %
len über den Betrieb eines Fahrzeuges. Neuere Ent- verbesserten Wirkungsgrad haben
wicklungen in der Kfz- Technik wie Airbag (→) oder • Mitte der 1980er- Jahre Entwicklung von Schein-
ABS/ASR (→ Bremsen II) wären ohne Mikroelektro- werfersystemen mit PES und Xenon- Gasentla-
nik nicht realisierbar. Abb. 1 gibt einen Überblick, dungslampen (Litronic)
wo in modernen Pkws die Elektronik eine Rolle PES-Scheinwerfer (Abb. 4) haben gegenüber konven-
spielt. tionellen Scheinwerfern die gleiche Lichtausbeute,
allerdings bei deutlich verkleinertem Licht-
Lichtmaschine 2 austrittsdurchmesser (Einbau in Fahrzeugen mit fla-
Wichtigstes Bauteil zur Erzeugung der für den Be- cher Frontpartie). Statt des herkömmlichen Parabol-
trieb sämtlicher elektrischen Anlagen notwendigen spiegels hat ein PES- Scheinwerfer einen Reflektor,
elektrischen Energie ist der Generator, auch Licht- dessen Grundform zwei Ellipsen sind, der sehr weit
maschine genannt. Gleichzeitig dient der Generator um die Lampe herumgreift und dadurch fast dessen
dazu, die Startbatterie wieder aufzuladen. Die frü- gesamtes Licht nutzt. PES- Scheinwerfer eignen sich
her eingesetzten Gleichstromgeneratoren wurden nur für Abblendlicht, für Fernlicht werden zusätz-
durch kompaktere und leichtere Drehstromgenera- lich normale Parabolspiegelscheinwerfer benötigt.
toren verdrängt, die bereits im Leerlauf Leistung Neuartige Litronic-Systeme (Light-Electronic) beste-
zur Verfügung stellen. Derartige Generatoren (Sy- hen aus PES- Abblendscheinwerfern, einer Xenon-
stem Bosch; Abb. 2) enthalten einen fest stehenden Gasentladungslampe sowie einem elektronischen
Ständer mit drei um 120° zueinander versetzten Vorschaltgerät (EVG). Das EVG beinhaltet ein Zünd-
Ständerwicklungen und einen rotierenden Klauen- gerät, das die zum Zünden der Lampe erforderliche
polläufer, der aus einer Erregungswicklung und Hochspannung (10– 20 kV) liefert, und ein Steuerge-
zwei klauenartigen Polhälften besteht. Das rotie- rät, das den Lampenstrom in der Anlaufphase er-
rende Magnetfeld erzeugt im fest stehenden Stän- höht (damit die Lampe sofort aufleuchtet) und
der drei sinusförmige Wechselspannungen gleicher zudem Lampenstrom und Stromspannung für eine
Größe und Frequenz. Um diese dreiphasige Wech- gleichmäßige Lichtausstrahlung regelt. Litronic- Sys-
selspannung gleichzurichten, sind in die teme haben im Vergleich zu Halogenlampen eine
Gleichrichterkühlkörper Leistungsdioden eingear- deutlich höhere Farbtemperatur (kein „Gelbstich“),
beitet. eine erheblich verbesserte Lichtausbeute bei gleich-
Die erzeugte Wechselspannung ist unter an- zeitig weiterer Reduzierung des Frontflächen-
derem abhängig von der Stärke des Magnetfeldes, bedarfs und eine 5fach höhere Lebensdauer.
also des Erregerstroms, und der zeitlichen Feldän-
derung, d. h. der Läuferdrehzahl. Die Aufgabe, die Anlasser 3
Generatorspannung über den gesamten Drehzahl- Ein weiteres wesentliches elektrisches Bauteil ist
bereich des Motors konstant zu halten, übernimmt der Anlasser/Starter. Da Verbrennungsmotoren
der Transistorregler. Dieser schützt die Verbraucher nicht aus eigener Kraft anlaufen können, muss ein
(Radio, Scheinwerfer etc. ) bei hohen Drehzahlen Anlasser diese Aufgabe übernehmen. Der Anlasser
vor Überspannungen und verhindert eine Überla- versetzt das Schwungrad des Motors so lange in
dung der Batterie. Drehung, bis der Motor allein weiterlaufen kann.
Üblicherweise werden in Pkws Schub-Schraub-
Scheinwerfer 4 Starter (Abb. 3) mit einer Leistung bis etwa 2 kW
Seit Einführung des elektrischen Autolichts im Jah- eingesetzt. Bei diesem Anlassertyp ist ein Ritzel
re 1910 haben verschiedene Entwicklungen zu ei- entlang der Ankerwelle auf einem Steilgewinde
ner weiteren Verbesserung des Fahrlichts geführt: verschiebbar angeordnet. Bei Betätigung des Start-
• Die Einführung des asymmetrischen Abblend- schalters betätigt das Einrückrelais gegen die Kraft
lichts führte zu größeren Sichtweiten an der der Rückstellfeder den Einrückhebel, der wiede-
rechten Fahrbahnseite rum das Ritzel vorschiebt, bis es in den Zahnkranz
• Einsatz von Halogenlampen, die ebenfalls des Schwungrades eingreift. Durch den Antriebs-
asymmetrisches Abblendlicht ausstrahlen, je- motor des Anlassers, einen aus der Batterie mit
doch gegenüber konventionellen Lampen den Gleichstrom betriebenen Elektromotor, werden das
Vorteil einer gesteigerten Leuchtdichte be- Ritzel und damit das Schwungrad des Motors in
sitzen Drehung versetzt. Wenn der Motor von alleine läuft,
• Verwendung neuer Abblendscheinwerfer mit wird das Ritzel wieder zurückgezogen.
VERKEHRSTECHNIK

Autoelektronik 131
Elektroauto 132

Während Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor beim und Lithiumionen (Li- Ionen)- Batterien haben sich
Betrieb Emissionen erzeugen, die nur zum Teil bislang erst in Kleingeräten (z. B. Mobiltelefonen,
durch Katalysatoren (→) reduziert werden können, Videokameras) durchgesetzt. Eine Anwendung die-
entstehen bei Elektrofahrzeugen weder Abgase ser Batterietypen in Elektroautos befindet sich der-
noch Lärm. Zu beachten ist allerdings, dass die Er- zeit in der Entwicklung und Erprobung. NiMH-Sys-
zeugung elektrischer Energie, außer in Atomkraft- teme eignen sich aufgrund ihrer hohen Entladelei-
werken sowie in Kraftwerken, die regenerative stung und schnellen Ladbarkeit vor allem für Hyb-
Energiequellen nutzen (z. B. Wind oder Wasser), ridantriebe (→), während Li-Ionen-Systeme durch
auch Abgase hervorruft. die hohe Energiedichte besonders für reine Elektro-
Die wesentlichen Unterschiede eines Elektroau- fahrzeuge mit großer Reichweite geeignet sind. Na-
tos gegenüber konventionellen Fahrzeugen beste- triumbatteriesysteme benötigen eine Betriebstem-
hen in der Art des Antriebs und des „Tanks“ (Batte- peratur von 260 bis 370 °C und sind daher für den
rie). Die Batterie (→ Batterien und Akkumulatoren) Fahrzeugbereich nur begrenzt geeignet.
ist das „Herzstück“ eines jeden Elektrofahrzeugs.
Reichweite 3 4
Generation mit Drehstrommotoren 1 2 Obwohl die Entwicklung von NiMH- Batterien für
Der Antrieb besteht aus mehreren Komponenten den kommerziellen Einsatz erst um 1988 begann,
(Abb. 1) und arbeitete bei der zweiten Generation besitzt dieser Akkumulator das Potenzial, Bleibatte-
von Elektroautos in den 1970er- und 1980er- Jahren rien zu ersetzen, und er gilt gleichzeitig als Nach-
mit einem Gleichstrommotor. Bei der heutigen drit- folger der weit verbreiteten Nickel- Cadmium- Sys-
ten Generation kommen dagegen vorwiegend Dreh- teme: das Schwermetall Cadmium wird durch Was-
stromantriebe zum Einsatz. Gleichstrommotoren serstoff ersetzt. Mit NiMH- Batterien lassen sich
bieten zwar in Verbindung mit weiteren notwendi- derzeit Reichweiten von 150 km erreichen (Elektro-
gen Antriebskomponenten (Steuerung, Getriebe) fahrzeug mit 1000 kg Gesamtgewicht inkl. 300 kg
insgesamt ein kostengünstiges Antriebssystem, be- schwerer Batterie); das Entwicklungspotenzial
sitzen jedoch gegenüber Drehstrommotoren ein wird auf 215 km geschätzt (Abb. 3).
höheres Gewicht, einen niedrigeren Wirkungsgrad Noch leistungsfähiger als NiMH- Systeme sind
und ein größeres Volumen. Bei Drehstrommotoren Li- Ionen- Systeme, die gegenüber den in den 1970er-
kann zwischen Synchron- und Asynchronmaschine Jahren im Mittelpunkt der Entwicklung stehenden
unterschieden werden. Der Asynchronantrieb hat Lithium- Metall- Batterien eine wesentlich höhere
den einfachsten und preiswertesten Aufbau, weist Lebensdauer von über 1000 Lade- /Entladezyklen
allerdings im Vergleich mit dem Synchronmotor haben. Li- Ionen- Systeme bestehen aus Lithium-
mit Permanentmagneten einen schlechteren Wir- Kohlenstoff (LiC6) und Lithiummanganoxid
kungsgrad im Teillastbereich auf. (LiMn2O4), wobei während des Lade- /Entladevor-
gangs beide Elektroden umkehrbar Lithium austau-
Blei-, NiMH- und Lithium-Batterien 2 schen, ohne dass sich die „Wirtsstruktur“ aus Man-
Während die Entwicklung von Drehstrommotoren ganoxid und Kohlenstoff ändert (Abb. 4). LiMn2O4
einen hohen Standard erreicht hat, sind die Ener- hat aufgrund seines geringeren Preises, höherer
giedichten der Batterien für den Einsatz in reinen Umweltverträglichkeit und geringerer Toxizität die
Elektroautos noch nicht mit herkömmlichen Ver- Elektrodenstoffe Lithiumcobaltoxid (LiCoO2) und Li-
brennungsmotoren vergleichbar. Anders als bei thiumnickeloxid (LiNiO2) abgelöst und macht die
Verbrennungsmotoren, bei denen Dauerleistung Batterien wesentlich überladesicherer. Die theoreti-
und kurzfristig zur Verfügung stehende Leistung schen Energiedichten betragen für LiMn2O4 ca. 150
identisch sind, liegt bei Elektromotoren die Dauer- mAh/g (Milliamperestunden pro Gramm) und für
leistung deutlich unter der Spitzenleistung. Wich- Kohlenstoff etwa 370 mAh/g, was, unter Abzug
tige Kenngrößen der Batterien (Abb. 2) sind die eines nicht umkehrbaren Verbrauchs von Lithium
Energiedichte (→ Batterien), die Leistungsdichte beim ersten Ladezyklus auf der Kohlenstoffseite,
sowie die Lebensdauer (meist in Zyklen angegeben, zu einer theoretischen Kapazität von 300 Wh/kg
d. h. wie oft eine Batterie ladbar ist). führt (gegenwärtig erreichbar: 120 Wh/kg). Zu den
Vor allem aus Kostengründen dominieren in derzeitigen Forschungszielen für Li- Ionen- Systeme
Elektrofahrzeugen bislang Bleibatterien, mit denen zählen die weitere Erhöhung der Lebensdauer
sich heute Reichweiten von ca. 60 km pro Batterie- sowie die Entwicklung eines thermischen und
ladung erzielen lassen. Nickel- Metallhydrid (NiMH)- elektrischen Batteriemanagements.
VERKEHRSTECHNIK

Elektroauto 133
Hybridantrieb 134

In seiner über 100 - jährigen Geschichte ist der Ver- der Motoren vorgesehen. Es besteht also eine me-
brennungsmotor als Antrieb für Kraftfahrzeuge un- chanische Kopplung beider Antriebe mit den Rä-
übertroffen. Die hohe Leistungsfähigkeit und der dern, wobei der Einsatz der Motoren wahlweise
geringe Platzbedarf bei gleichzeitig großer Fahr- oder auch gleichzeitig erfolgt. Das Lastschalt-
reichweite, bezogen auf das verwendete Energie- getriebe kann dabei entweder Verbrennungs- und
speichermedium (Benzin, Diesel), konnten bislang Elektromotor (Abb. 1, Variante 1) oder nur dem Ver-
von keiner anderen Antriebsart erreicht werden. brennungsmotor (Abb. 1, Variante 2) nachgeschaltet
Die Nachteile des Verbrennungsmotors liegen, sein. Im Gegensatz zu Variante 1 besitzt Variante 2
neben dem niedrigen Wirkungsgrad im Teillast- zwar einen besseren Wirkungsgrad bei der Kraft-
bereich, vor allem im Ausstoß von Schadstoffen als übertragung, allerdings macht diese Anordnung
Folge des Verbrennungsprozesses. Verringern las- eine Steuerung des Elektromotors erforderlich: Die-
sen sich diese negativen Effekte z. B. durch den Ein- ser muss den gesamten Drehzahlbereich zwischen
satz von Hybridantrieben, bei denen mehrere An- null und Höchstdrehzahl abdecken. Zudem ist der
triebsquellen zum Einsatz kommen. Elektromotor für ein höheres Drehmoment auszule-
gen, da die Übersetzung durch ein Getriebe entfällt,
Hybridantriebe mit Verbrennungsmotor und was aufgrund des Zusammenhangs zwischen leist-
Elektroantrieb 1 2 3 barem Motormoment und Motorgewicht insgesamt
Bedeutung haben bislang nur solche Hybrid- zu einem höheren Fahrzeuggewicht führt. Bei einer
antriebe erreicht, die aus einem elektrisch gespei- wie in Abb. 3 dargestellten Parallelanordnung wird
sten Antrieb (Batterie) und einem Verbrennungs- der Elektromotor nur dann zum Fahrzeugantrieb
motor bestehen. Diese Antriebsvariante erlaubt es, eingesetzt, wenn weniger als fünf Kilowatt Leistung
die oben genannten Vorteile des Verbrennungs- gefordert werden. Bei ausschließlichem Betrieb mit
motors und die gut ausgebaute Tankstelleninfra- dem Verbrennungsmotor ist der Antrieb identisch
struktur mit den Vorteilen des emissionslosen und mit dem eines „normalen“ Fahrzeugs.
geräuscharmen Elektroantriebs zu kombinieren.
Zu unterscheiden ist zwischen seriellen und pa- Teure und schwere Batterien
rallelen Hybridantrieben (Abb. 1). Bislang befinden sich Hybridantriebe erst im Ent-
Serielle Anordnungen: Bei dieser Antriebsanord- wicklungsstadium bzw. vereinzelt im Einsatz. Zur
nung wird auf eine direkte Verbindung des Verbren- Speicherung der elektrischen Energie kommen der-
nungsmotors mit den Rädern verzichtet. Der Motor zeit nur chemische Speicherelemente in Frage. Prob-
erzeugt vielmehr über einen Generator elektrische leme mit diesen teuren und schweren Batterien
Energie, die entweder in eine Batterie oder in den sowie die geringe Reichweite bei ausschließlichem
nachgeschalteten Elektromotor eingespeist wird. Elektrobetrieb, insbesondere bei häufigen Leis-
Diese mechanische Trennung des Verbrennungs- tungsspitzen, haben eine breite Markteinführung
motors vom Antrieb ermöglicht es, dass der Motor des Konzeptes bisher verhindert. Als sinnvoll er-
mit konstanter Drehzahl bei optimalem Wirkungs- weisen sich Fahrzeuge mit Hybridantrieb trotz der
grad und gleichzeitig möglichst niedrigem heute nur begrenzt einsetzbaren Batteriearten
Emissionsniveau läuft. Als nachteilig wirkt sich die dann, wenn lokal ein emissionsfreier Antrieb von
mehrfache Energieumwandlung aus, sodass z. B. Bedeutung ist, z. B. im Stadtverkehr, bei größeren
unter Berücksichtigung des Batteriewirkungsgra- Reichweiten jedoch die Vorteile eines konventionel-
des (aufgenommene zu bereitstehender Energie) len Verbrennungsmotors genutzt werden sollen.
der Wirkungsgrad zwischen Verbrennungsmotor
und Radantrieb bei maximal 55 % liegt. Bei dem in Kalifornische Emissionsstandards
Abb. 2 dargestellten Hybridbus mit serieller An- Insbesondere in Kalifornien wird versucht, die
triebskonfiguration erreicht der elektrische Antrieb Schadstoffbelastung in Ballungszentren durch ge-
ähnliche Fahrleistungen wie ein normaler, diesel- setzliche Maßnahmen deutlich zu reduzieren. Dort
getriebener Bus, wobei das Gewicht der Batterien le- sollen ab dem Jahr 2003 so genannte „zero emis-
diglich ca. 1/6 des maximalen Gesamtgewichtes des sion vehicles“ (emissionsfreie Fahrzeuge) mindes-
Busses beträgt. Die hohen Belastungen der Batte- tens 10 % Anteil haben. In Deutschland und Europa
rien erfordern jedoch spezielle Zusatzaggregate, ist ein derartiger Schritt noch nicht abzusehen. Die
z. B. zur Kühlung und Entgasung der Batterien. immer wieder diskutierte emissionsbezogene Be-
Parallele Anordnung: Bei parallel geschalteten An- steuerung von Pkws könnte aber zur weiteren
trieben ist eine Addition der Antriebsleistung bei- Schadstoffsenkung beim Individualverkehr führen.
VERKEHRSTECHNIK

Hybridantrieb 135
Brennstoffzellenantrieb 136

Brennstoffzellen sind elektrochemische Stromerzeu- (CO2), nur bei der Verwendung fossiler Brennstoffe
ger, welche die chemische Energie eines Brenn- (z. B. Erdgas) entstehen. Beim Betrieb mit Wasser-
stoffes und eines Oxidationsmittels direkt, ohne stoff als primärem Brennstoff und Sauerstoff wird
den Umweg einer Wärmeerzeugung, in elektrische hingegen nur Wasser bzw. Wasserdampf produziert.
Energie umwandeln. Die Technologie der Brenn-
stoffzelle geht auf die Entdeckungen von William Geringe Leistungsdichte 2
Robert Grove im Jahre 1835 zurück; erste Anwen- Aufgrund dieser Vorteile eignen sich Brennstoffzel-
dungen fanden in den 1960er- und 70er- Jahren len vor allem für die stationäre Stromerzeugung
durch die Entwicklungen in der Raumfahrt statt. sowie als Energielieferant für Fahrzeuge. Bei Ver-
kehrsmitteln ist für den Antrieb ein Motor wichtig,
Funktionsweise 1 der mit einer gut speicherbaren Energiequelle arbei-
Die Funktionsweise der Brennstoffzelle beruht auf tet und eine kompakte, gewichtssparende Bauweise
der Umkehrung der Elektrolyse von Wasser. Wäh- aufweist. Die größten Chancen werden dem Brenn-
rend bei der Elekrolyse aus Wasser durch elektri- stoffzellentyp PEM (Abb. 2) eingeräumt, da dieser
schen Strom die Gase Wasserstoff und Sauerstoff den Betrieb bei Umgebungstemperatur ermöglicht
hergestellt werden, wird die Reaktion bei der und keine zeitaufwendige Aufwärmphase auf eine
Brennstoffzelle umgedreht. Um die Aufspaltung höhere Betriebstemperatur (ca. 200∞°C) erforderlich
des Wassers zu erreichen, besteht eine Brennstoff- macht. Wichtigstes Bauteil von PEM- Brennstoffzel-
zelle aus der Dreierschicht Anode/Elektrolyt/Ka- len sind die Membran-Elektroden-Einheiten, die ge-
thode, wobei die zwei Elektroden (Anode und Ka- geneinander durch Bipolarplatten getrennt sind. Sie
thode) durch den Elektrolyten miteinander verbun- bestehen aus einer etwa 0, 1 mm dicken Protonen lei-
den werden (Abb. 1). Die Anode wird dabei mit dem tenden Elektrolytfolie, zwei auf den Seiten der Folie
Brennstoff (Wasserstoff H2 ) und die Kathode mit aufgebrachten Edelmetallkatalysatoren (z. B. aus Pla-
dem Oxidationsmittel (in Luft enthaltener Sauer- tin) und den beiden Elektroden.
stoff O2 ) versorgt.
Die beiden Elektroden haben die Aufgabe, die Wasserstoff aus Methanol als Treibstoff 3
„Verbindung“ zwischen der Energie produzieren- Die verwendeten Antriebe mit Wasserstoffzellen
den chemischen Reaktion und der entstehenden (Abb. 3) ermöglichen ein abgasfreies Fahrzeug bei
Elektrizität herzustellen, d. h. , an den Elektroden allerdings eingeschränkter Reichweite und fehlen-
findet die Umwandlung der chemischen Energie der Tankstelleninfrastruktur. Neben diesen Wasser-
(Brennstoff) in elektrische Energie statt. Der Was- stoffzellenantrieben ist insbesondere bei Individual-
serstoff oxidiert an der Anode und die gebildeten fahrzeugen auch ein Brennstoffzellenantrieb mit
Protonen (2H+) übertragen die elektrische Ladung Methanolreformer denkbar. Das Methanol wird aus
durch den Elektrolyten zur Kathode, wo durch die Erdgas oder zukünftig aus nachwachsenden Roh-
Reaktion mit dem Luftsauerstoff als Endprodukt stoffen hergestellt und im Fahrzeug zur Erzeugung
Wasser (H2O) entsteht. Der dabei produzierte Strom des Wasserstoffs verwendet. Außer aus Methanol
(2e- ) fließt über den äußeren Stromkreis und kann kann Wasserstoff auch aus normalem Benzin ge-
in ein Versorgungsnetz eingespeist werden. wonnen werden, das aber hochrein und schwefelfrei
sein muss.
Hoher Wirkungsgrad Fahrzeuge mit Brennstoffzellen werden noch
Grundsätzlich sind in einer Brennstoffzelle sämtli- nicht in Großserie hergestellt, aber seit Mitte der
che oxidierbaren gasförmigen Brennstoffe einsetz- 1990er- Jahre befinden sich unterschiedliche Mo-
bar. Heute wird hauptsächlich reiner Wasserstoff delle in Erprobung und Entwicklung. So beruht
(H2) verwendet. Die Gewinnung dieses Brenngases z. B. der 2000 von DaimlerChrysler vorgestellte
kann aber auch beispielsweise aus Erdgas, Methanol NECAR5 auf der A- Klasse und wird mit Methanol
oder Biogas durch eine Reformierungsreaktion in- betrieben. Der 1999 präsentierte Jeep „Commander“
nerhalb oder außerhalb der Brennstoffzelle erfolgen. verfügt über einen benzinbetriebenen Brennstoff-
Die Zellen zeichnen sich durch einen wesentlich zellenantrieb, seit 2001 fährt ein Minivan („Na-
höheren Wirkungsgrad (40– 65 %) als thermische trium“) mit Natriumborhydrid, und ein seit 1997
Systeme (Ottomotor: etwa 25 %, Dieselmotor: etwa erprobter Omnibus („Citaro“), der mit komprimier-
33 %) aus und haben im Vergleich mit herkömm- tem Wasserstoff fährt, wird ab 2003 im Praxisbe-
lichen Verbrennungsmotoren deutlich niedrigere trieb von Verkehrsbetrieben in zehn europäischen
Schadstoffemissionen, die, wie z. B. Kohlendioxid Großstädten getestet.
VERKEHRSTECHNIK

Brennstoffzellenantrieb 137
Erdgasantrieb 138

Die Anstrengungen der Industriestaaten zur Sen- gehalt nicht mit dem von Diesel- oder Benzintanks
kung der Schadstoffemissionen bzw. des klimabe- vergleichbar ist (der 80- Liter- Gastank entspricht
einträchtigenden Kohlendioxidausstoßes hat neben etwa einem 25- Liter- Benzintank). Um dem entge-
der Entwicklung von Elektro- , Hybrid- und Brenn- genzuwirken, werden erdgasbetriebene Fahrzeuge
stoffzellenantrieben (→) auch zu Überlegungen ge- häufig mit bivalentem Benzin- Erdgasantrieb (Abb.
führt, herkömmliche Diesel- und Benzinmotoren 2) ausgestattet, d. h. sie können wahlweise mit Otto-
mit alternativen Kraftstoffen zu betreiben. Eine kraftstoff oder Erdgas betrieben werden.
Möglichkeit bietet die Verwendung kohlenstoffar- Vom Gastank gelangt das Gas über eine Hoch-
men Erdgases, dessen Vorteil u. a. darin liegt, dass druckleitung und einen elektrisch ansteuerbaren
herkömmliche Benzinmotoren ohne wesentlichen tanknahen Absperrhahn, der vom Fahrer zum Ein-
Bauaufwand auf diese Antriebsart umrüstbar sind. und Ausschalten des Gasbetriebs genutzt wird,
Derzeit sind weltweit über 1 Mio. Kraftfahrzeuge zum Hochdruckventil und von dort zum Hoch-
mit Erdgas im Einsatz (ca. 2 500 in Deutschland). druckminderer. Diesem ist ein zweistufiger Nieder-
druckregler (Druckregler plus Niederdruckventil)
Unterschied zwischen Erdgas und Autogas 1 nachgeschaltet, der den Druck auf 0, 1 MPa (1 bar)
Der Kraftstoff Erdgas besteht überwiegend aus Me- über Saugrohrdruck reduziert. In der nachfolgen-
than (CH4) und unterscheidet sich daher chemisch den Dosiereinheit wird der Gasstrom den Motorbe-
vom Autogas, das Mitte der 1980er- Jahre eine kurze dingungen entsprechend über vier Gasventile, die
Popularitätsphase erlebte und bei dem es sich um vor den Einspritzventilen des Benzinmotors ange-
ein Gemisch aus Propan (C3H8) und Butan (C4H10) ordnet sind, den Saugrohren zugeführt (Abb. 3).
handelt. Der geringe Kohlenstoffanteil (C) führt Ein Gassteuergerät mit einer eigenen Lambda-
dazu, dass bei der Verbrennung von Erdgas etwa sonde und ein Saugrohrdrucksensor zur Lasterfas-
20– 25 % weniger Kohlendioxid (CO2) entsteht als sung ermöglichen die richtige Gemischzusammen-
bei der Benzinverbrennung. Auch bei anderen Ab- setzung. Über einen Taster kann der Fahrer jeder-
gasemissionen (Kohlenmonoxid etc. ) sowie bei Par- zeit zwischen den beiden Betriebsarten Erdgas und
tikeln erweist sich Erdgas gegenüber Benzin, Die- Benzin wählen.
sel oder Autogas als wesentlich günstiger (Abb. 1).
Methan zeichnet sich durch folgende Merkmale Reiner Erdgasantrieb
aus: Es ist ungiftig für den Menschen, es hat ein Der Wirkungsgrad eines mit Erdgas betriebenen
80 % niedrigeres Ozonbildungspotenzial als Benzin, Motors entspricht ungefähr dem eines mit Benzin
jedoch einen 20fach stärkeren Treibhauseffekt als gefahrenen Motors; allerdings ergibt sich eine etwa
CO2 (dadurch müssen von der 20– 25 %igen CO2- Re- 15 %ige Minderung der Motorleistung im Gasbe-
duktion im Vergleich mit Benzin etwa 5 % abgezo- trieb. Während die Reichweite bei bivalentem An-
gen werden) und die CH4- Umwandlung ist im Ver- trieb durch den zusätzlichen Gastank höher ist als
gleich mit anderen Kohlenwasserstoffen (HC) beim ausschließlich benzinbetriebenen Fahrzeug,
schwieriger, was spezialbeschichtete Katalysatoren ist der Aktionsradius von reinen (monovalenten)
erforderlich macht. Erdgasfahrzeugen eingeschränkt: ca. 380– 460 km
Grundsätzlich bieten sich zur Speicherung des Reichweite mit 120- Liter- Gastank (Honda Civic
Erdgases der flüssige oder der gasförmige Zustand GX). Außerdem steht erdgasbetriebenen Fahrzeu-
an. Technisch am ausgereiftesten ist die Speiche- gen der zusätzliche Platzbedarf für die Gasflasche
rung in gasförmigem Zustand. Dazu wird das Erd- entgegen, die üblicherweise im Kofferraum plat-
gas auf ca. 20 MPa (200 bar) komprimiert. Bei ei- ziert wird. Allerdings kann bei monovalenten Gas-
nem 80- Liter- Gastank ergibt sich eine Reichweite fahrzeugen der Motor optimal auf die hohe Oktan-
von etwa 200– 250 km (Daten für BMW 518 g). Eine zahl von 130 und die langsamere Verbrennung des
größere Reichweite verspricht die flüssige Speiche- Erdgases eingestellt werden, sodass zukünftig von
rung, wofür das Gas auf −163 °C gekühlt werden derartigen Motoren etwa das gleiche Leistungspo-
muss. In Europa kommt aufgrund der einfacheren tenzial wie von herkömmlichen Benzinmotoren zu
Speichermöglichkeit vor allem die Druckgasspei- erwarten ist, bei jedoch deutlich niedrigeren Schad-
cherung (gasförmig) zum Einsatz. stoffemissionen im Erdgasbetrieb. Ob sich Erdgas-
fahrzeuge in Zukunft durchsetzen werden, hängt
Bivalenter Benzin-Erdgasantrieb 2 3 entscheidend auch von der Anzahl der Erdgastank-
Der Nachteil bei der Druckgasspeicherung ist der stellen ab, die derzeit, zumindest in Deutschland,
Einsatz von großvolumigen Tanks, deren Energie- noch nicht flächendeckend vorhanden sind.
VERKEHRSTECHNIK

Erdgasantrieb 139
Motorräder 140

Das Motorrad ist ein einspuriges (mit Beiwagen schleudert wird, werden heute so genannte O- Ring-
auch zweispuriges) Fahrzeug, das zur Beförderung ketten eingesetzt, die mit Dichtringen versehen
von Personen und/oder Gütern dient und dessen sind. Gegenüber einer Kapselung in öldichten Ket-
erste Serienfertigung 1894 begann. Neben dem tenkästen wird diese Kette durch den Fahrtwind ge-
Kraftrad mit festen Fahrzeugteilen im Kniebereich kühlt, was bei hohen Geschwindigkeiten und Be-
(z. B. Tank) unterscheidet man noch Motorroller schleunigungen wichtig ist. Zahnradriemen aus
ohne feste Bestandteile im Kniebereich und Fahr- einer Gummimischung und verstärkendem Glasfa-
räder mit Hilfsmotor (Moped, Mofa). sergeflecht kommen nur vereinzelt zum Einsatz,
auch wenn Riemen leiser als Ketten laufen und
Große Motoren für hohe Leistungen weitgehend wartungsfrei sind.
Motorräder bestehen aus einem Antrieb mit Motor/ Das Fahrwerk eines Motorrades besteht aus Rah-
Kraftübertragung, einem Fahrwerk und weiteren men, Radaufhängung und Rädern. Der Rahmen
Bauelementen wie z. B. Tank. Von allen Zweirad- muss verwindungssteif sein, eine Verbindung zwi-
fahrzeugen erreichen Motorräder die höchste Ge- schen Vorder- und Hinterrad schaffen und Eigenbe-
schwindigkeit und haben die größte Motorleistung. wegungen des Motorrades verhindern. Für die Be-
Der Antrieb erfolgt meist durch einen über Lamel- anspruchung des Rahmens spielen hauptsächlich
len vom Fahrtwind gekühlten Otto- Zweitakt- oder die Radkräfte (Abb. 2) und die sich daraus ergeben-
Viertaktmotor (→ Ottomotor). Die hohen Leistun- den Drehmomente eine Rolle.
gen der Motoren, in Deutschland durch Selbstver- Die am stärksten beanspruchten Rahmenbau-
pflichtung der Hersteller auf 73 kW/100 PS be- teile sind die Vorderradführung, wo beim Bremsen
grenzt, machte allerdings auch die Entwicklung die größten Kräfte auftreten, und der hintere Rah-
von wassergekühlten Motoren notwendig. Ihr Vor- menausleger, der das Gewicht des Fahrers trägt.
teil liegt im besseren Wärmeabtransport hoch be- Für die Hinterradführung nutzen viele Hersteller
lasteter Motorbereiche (z. B. dem Brennraum). Ab eine Zweiarmschwinge mit einem Federbein auf
100 cm3 werden meist Zweizylinder- , bei größerem jeder Seite des Hinterrades. Bei unterschiedlichen
Hubraum bis Sechszylindermotoren gebaut, wobei Toleranzen und Einstellungen der beiden Feder-
die Zylinder in Parallel- , seltener in Boxer- oder V- beine kann es jedoch gegenüber der Zentralfe-
Anordnung zueinander liegen. derung mit nur einer Schwinge zu Problemen bei
den Fahreigenschaften kommen.
Technischer Aufbau 1 2 3 Bei der Vorderradführung gilt seit Jahrzehnten
Zwischen Motor und Rad sind für die Kraftübertra- die Teleskopgabel als Standardkonstruktion. Die
gung Kupplung, Getriebe und Radantrieb einge- Grundausführung besteht aus zwei ineinander lau-
baut, wobei sich Erstere vom Prinzip her nicht we- fenden Rohren (Standrohr und Gleitrohr), die das
sentlich von den Ausführungen beim Pkw unter- Rad in einer Geraden abfedern (Abb. 3). Zur Schmie-
scheiden. Der Radantrieb erfolgt beim Motorrad rung und hydraulischen Dämpfung sind die Rohre
ausnahmslos auf das Hinterrad, entweder durch mit Öl gefüllt. Bei der klassischen Ausführung liegt
einen Gelenkwellenantrieb (Kardanantrieb) oder das Gleitrohr oben im Lenkkopf bzw. in den Gabel-
einen Zugmittelantrieb (Ketten- oder Zahnrad- brücken, während das Standrohr die Vorderrad-
antrieb). Beim Kardanantrieb (Abb. 1) ermöglicht achse aufnimmt und unten liegt. Seit einigen Jah-
eine Gelenkwelle mit zwei Kardangelenken Dreh- ren werden jedoch verstärkt so genannte Upside-
momente vom vorn liegenden Motor auf die starre down-Gabeln eingesetzt, bei der das Standrohr oben
Hinterradachse zu übertragen. Die Kardangelenke und das Gleitrohr unten liegt, sodass die Konstruk-
können aufgrund ihres beweglichen Gelenkkreu- tion eine erheblich größere Biegesteifigkeit auf-
zes die Drehkräfte zwischen den Wellenenden, die weist. In den vergangenen Jahren zeigten sich je-
eine Abwinklung aufweisen, wie sie durch die Fe- doch immer häufiger die technischen Grenzen der
derbeinbewegung am Hinterrad entsteht, weiterlei- Teleskopgabel, so z. B. beim Einsatz von ABS- Sys-
ten. Der Gelenkwellenantrieb ist wartungs- und temen mit schnell pulsierenden Bremsschüben.
verschleißfrei bei hoher Betriebssicherheit, aber Hier konnten Entwicklungen verschiedener Her-
durch seinen hohen Bauaufwand vergleichsweise steller neue Impulse geben, beispielsweise die Tele-
teuer. Am weitesten verbreitet ist der Kettenantrieb, lever-Führung (Abb. 4) oder die Achselschenkellen-
bei dem eine aus gelenkigen Gliedern bestehende kung, bei der im Gegensatz zur Teleskopgabel Len-
Kette die Drehmomente überträgt. Da bei hohen Ge- kung und Federung keinen gegenseitigen Einfluss
schwindigkeiten das Öl von der Antriebskette ge- mehr aufeinander haben.
VERKEHRSTECHNIK

Motorräder 141
Fahrradschaltungen 142

Die Aufgabe der Fahrradschaltung besteht darin, Nachteile sind der schlechte Schutz gegen Schmutz
das Übersetzungsverhältnis zwischen Tretkurbel und Nässe und dass es nicht möglich ist, im Stand
und Hinterrad den Schwierigkeiten des Geländes zu schalten.
anzupassen. Das Übersetzungsverhältnis ist die
Zahl der Hinterradumdrehungen pro Tretkurbel- Nabenschaltung 4
umdrehung. Es bestimmt die Tretfrequenz und die Bei der Nabenschaltung ermöglicht ein System von
Kraft, die notwendig sind, um bei vorgegebenem Zahnrädern, das Planetengetriebe, den Wechsel der
Widerstand eine bestimmte Geschwindigkeit zu er- Übersetzung. Das Planetengetriebe befindet sich in
reichen. Um möglichst lange ermüdungsfrei fahren der Hinterradnabe. Eine 3- Gang- Schaltung besteht
zu können, sollte die Kraft auf den Pedalen mög- aus einem einfachen Planetengetriebe (Abb. 4). Auf
lichst gering und die Tretfrequenz konstant blei- der Hinterradachse befindet sich ein festsitzendes
ben. Dieses Ideal kann aufgrund der begrenzten An- Zahnrad, das Sonnenrad. Auf diesem läuft ein Satz
zahl von Übersetzungsverhältnissen, welche eine gegenseitig verbundener kleiner Zahnräder, die
Fahrradschaltung realisiert, nicht immer erreicht Planetenräder. Sie sind mit dem Planetenradträger
werden. Je nach Einsatzgebiet besitzt deshalb ein verbunden. Über den Planetenrädern befindet sich
Fahrrad eine Schaltung mit unterschiedlich vielen das Hohlrad, das mit den Planetenrädern verzahnt
Übersetzungsverhältnissen oder Gängen. Moun- ist. Über einen Kupplungsmechanismus, der durch
tainbikes haben in der Regel 21– 24, Rennräder 16 einen Seilzug bedient wird, können bestimmte
und Alltagsräder 3– 7 Gänge. Man unterscheidet Teile des Systems miteinander verbunden werden.
zwei Typen von Fahrradschaltungen: die Ketten- Der Kupplungsmechanismus besteht aus einem
schaltung und die Nabenschaltung. Kupplungsrad, das mithilfe eines Bolzens und
einer Feder verschoben werden kann, und einem
Kettenschaltung 1 2 3 Antreiber, der fest mit dem Ritzel verbunden ist.
Bei der Kettenschaltung (Abb. 1) ist das Überset- Im Normalgang (Abb. 4 a) sind Ritzel und Naben-
zungsverhältnis direkt abhängig von den verwen- schale miteinander verbunden. Die Nabe dreht sich
deten unterschiedlich großen Zahnkränzen an der also mit der gleichen Geschwindigkeit wie das Rit-
Tretkurbel (Kettenblätter) bzw. am Hinterrad (Rit- zel, das durch die Kette angetrieben wird. Im
zel), über die die Kette läuft. An der Tretkurbel be- Schnellgang (Abb. 4 b) wird das Ritzel mit dem Pla-
finden sich meist zwei oder drei Kettenblätter, am netenradträger und das Hohlrad mit der Naben-
Hinterrad bis zu neun Ritzel. Die Übersetzungsver- schale verbunden. Bei einer Drehung des Ritzels be-
hältnisse werden geändert, indem die Kette jeweils wegen sich die Planetenräder um das Sonnenrad
auf ein anderes Kettenblatt oder Ritzel umgeschal- und treiben dabei das Hohlrad an. Abhängig von
tet wird. Da Kettenblätter und Ritzel fest mit der der Anzahl der Zähne auf Sonnen- und Hohlrad
Tretkurbel bzw. dem Hinterrad verbunden sind, ist dreht sich das Hohlrad um einen gewissen Betrag
die Zahl der Umdrehungen des Hinterrades, bei schneller als das Ritzel. Im Berggang (Abb. 4 c)
einer Umdrehung der Tretkurbel, gleich der Anzahl wird das Ritzel mit dem Hohlrad verbunden und
der Zähne des Kettenblattes im Verhältnis zur Zahl die Nabenschale mit dem Planetenradträger. Bei
der Zähne des Ritzels. Drehung des Hohlrades durch das Ritzel laufen die
Zum Umlegen der Kette zwischen den Ritzeln Planetenräder wieder um das Sonnenrad herum.
dient der hintere Umwerfer (Abb. 2). Er führt die Dabei wird nun aber der Planetenradträger ange-
Kette mittels zweier Umlenkrollen im Führungs- trieben. Als Resultat dreht sich die Nabenschale
käfig. Beim Schalten der Gänge wird über einen langsamer als das Ritzel.
Seilzug der Führungskäfig mithilfe des Parallelo- Neben der 3- Gang- Version lassen sich durch
gramms seitlich verschoben. Dadurch springt die Kombination mehrerer Planetengetriebe auch 5-
Kette auf ein größeres oder kleineres Ritzel. Etwas und 7- , neuerdings auch 12- Gang- Systeme realisie-
einfacher ist der vordere Umwerfer (Abb. 3) aufge- ren. Außerdem kann zur Erhöhung der Ganganzahl
baut. Er führt die Kette im Kettenleitstück. Eben- die Nabenschaltung auch mit einer Kettenschal-
falls über eine Seilzug betätigt, drückt das Ketten- tung kombiniert werden. Ein Vorteil der Naben-
leitstück beim Schalten die Kette auf das ge- schaltung ist der gute Schutz gegen Schmutz und
wünschte Kettenblatt. Nässe, was sie relativ wartungsfrei macht. Nach-
Der Vorteil der Kettenschaltung liegt in der teile gegenüber der Kettenschaltung sind das zu-
großen Anzahl von Gängen und der Möglichkeit, meist höhere Gewicht und die fehlende Möglichkeit
Ritzel und Kettenblätter individuell auszuwählen. der individuellen Gangabstufung.
VERKEHRSTECHNIK

Fahrradschaltungen 143
Fahrradbremsen 144

Alle verwendeten Fahrradbremssysteme beruhen unzureichender Wärmeabfuhr. Dabei erhitzt sich


auf dem Prinzip der mechanischen Reibung. Die die Bremstrommel so stark, dass sie sich ausdehnt.
Bremswirkung wird durch Anpressen eines fixen Aufgrund der Zunahme des Durchmessers passen
Körpers an die Felge oder Teile der Nabe erreicht. nun Bremssegment und Trommel nicht mehr auf-
Bewegungsenergie wird dabei in Wärme umgewan- einander, was zu einem stark verschlechterten
delt. Über einen Bremshebel kann die Kraft, mit der Bremsverhalten führt. Erst nach dem Abkühlen der
angepresst wird, durch den Fahrer geregelt werden. Bremstrommel wird die volle Bremsleistung wie-
Die Reibungskraft zwischen zwei Körpern ist dabei der erreicht. Ein weiterer Nachteil ist das relativ
unabhängig von der Berührungsfläche und nur große Gewicht. Der Vorteil der Trommelbremse ist,
durch die Anpresskraft und die Beschaffenheit der dass sie vor Nässe und Schmutz geschützt ist und
Oberflächen gegeben. Dennoch wird versucht, die so gleiches Bremsverhalten bei Trockenheit und
Kontaktfläche nicht allzu klein zu machen, da die Nässe aufweist. Außerdem lässt sie sich mit einem
entstehende Wärme so auf einen größeren Bereich Planetengetriebe (→ Fahrradschaltungen) zu einer
verteilt werden kann und der Abrieb aufgrund des geschlossenen Brems- und Schaltnabe kombinie-
kleineren Anpressdrucks (Anpresskraft pro Fläche) ren.
geringer wird.
Rücktrittbremse 3
Felgenbremse 1 Bei einfachen Alltagsrädern ist die Hinterradbremse
Bei einer Felgenbremse drückt der Bremshebel oftmals als Rücktrittbremse konstruiert (Abb. 3).
über einen Seilzug zwei Bremsklötze aus abriebfes- Mit dem Ritzel ist ein Gewinde verbunden, auf dem
tem Material gegen die Felgenflanke. Eine sehr ver- der Bremskonus sitzt. Wenn rückwärts getreten
breitete Felgenbremse ist die Cantilever-Bremse wird, schiebt das Gewinde den Bremskonus zwi-
(Abb. 1). Sie besteht aus zwei Bremsarmen, die je- schen die beiden Hälften des Bremsmantels, die
weils drehbar auf einem Lagerbolzen sitzen. Durch Bremssegmente. Diese spreizen sich auf, drücken
betätigen des Seilzugs werden die miteinander ver- gegen das Nabengehäuse und bremsen damit das
bundenen Bremsarme zur Felge hin bewegt und Hinterrad ab. Der ganze Mechanismus wird durch
somit die Bremsklötze an die Felge gepresst. Wird den Bremsgegenhalthebel am Rahmen abgestützt.
der Seilzug losgelassen, sorgen Federn auf den La- Wird die Pedalkraft weggenommen, drückt ein
gerbolzen dafür, dass die Bremshebel in die Aus- Sprengring, der die Bremssegmente umfasst, den
gangsstellung zurückkehren. Der Vorteil dieser Bremsmantel wieder zusammen und dreht dabei
Bremse ist der einfache Aufbau und das damit ver- den Bremskonus auf das Gewinde zurück, die
bundene geringe Gewicht. Da die ganze Felgen- Bremse ist gelöst. Wenn nicht vorwärts getreten
flanke als Bremsfläche dient, kann kaum eine Über- wird, entkoppelt ein Mechanismus, Freilauf ge-
hitzung eintreten. Der große Nachteil ist das Nach- nannt, das Nabengehäuse vom Ritzel.
lassen der Bremsleistung bei Nässe. Da auch die Rücktrittbremse eine Nabenbremse
ist, besitzt sie die gleichen Vor- und Nachteile wie
Trommelbremse 2 die Trommelbremse. Ein weiterer Nachteil ist, dass
Die Trommelbremse benutzt die Innenfläche der nicht gebremst werden kann, wenn sich die Tret-
Radnabe als Bremsfläche (Abb. 2). Man bezeichnet kurbel im Totpunkt (senkrecht zur Längsachse des
diesen Teil der Radnabe auch als Bremstrommel. Fahrrades) befindet.
Wird der Bremshebel betätigt, dreht sich der über
Seilzug oder Stangen und Hebel angeschlossene Entwicklungen
Nocken und drückt die Bremssegmente auseinan- Neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der Fahrrad-
der und gegen die Bremstrommel. Das Bremsen- bremse sind die hydraulische Felgenbremse, welche
innere ist über einen Bremsgegenhalthebel am es erlaubt, mit geringerer Handkraft eine größere
Rahmen abgestützt, da es aufgrund der Reibung Bremskraft zu erzielen, und die schon vom Motor-
sonst von der Bremstrommel mitgezogen würde. rad bekannte Scheibenbremse. Diese beiden Brems-
Die Lösefeder zieht nach dem Loslassen des Brems- systeme sind noch sehr teuer und werden haupt-
hebels die Bremssegmente von der Bremstrommel sächlich im Mountainbikesport verwendet. Eine
weg und gibt so das Rad wieder frei. Weiterentwicklung der Trommelbremse stellt die
Trommelbremsen sind für ein Phänomen, das Rollenbremse dar, die anstelle von flächigen Brems-
man Fading nennt, sehr anfällig. Man versteht da- segmenten kippbare Rollen verwendet. Die Gefahr
runter das Nachlassen der Bremswirkung infolge der Überhitzung ist bei ihr jedoch größer.
VERKEHRSTECHNIK

Fahrradbremsen 145
Fahrradrahmen 146

Der Rahmen ist die tragende Struktur eines Fahrra- lybdän verbessern dabei die Zugfestigkeit und Dau-
des. Er bestimmt wesentlich dessen Verwendungs- erhaltbarkeit. Nachteilig ist jedoch die hohe Dichte
zweck und die Fahreigenschaften. Ein guter Rah- dieser Stahllegierungen und damit das Gewicht
men sollte leicht, verwindungssteif und über lange sowie die geringe Rostbeständigkeit. Eine gute
Zeit intensiv belastbar sein sowie Stöße bzw. Vibra- Alternative ist Aluminium. Es hat eine kleinere
tionen gut absorbieren können. Dichte und rostet nicht, besitzt aber auch nur eine
Im Allgemeinen ist der Rahmen eine Verbindung geringe Zugfestigkeit. Im Rahmenbau kommen
von Metallrohren, die direkt miteinander ver- daher nur Aluminiumlegierungen zum Einsatz. Um
schweißt oder mithilfe von so genannten Muffen die Stabilität von Stahlrohren zu erreichen ist ein
verbunden sind. Als bester Kompromiss aus Ge- größerer Außendurchmesser notwendig, weshalb
wicht und Stabilität gilt die klassische dreieckige Aluminiumrahmen immer aus OS- Rohren gebaut
Rahmenform, der Diamantrahmen (Abb. 1). Der werden.
Hauptrahmen setzt sich aus Oberrohr, Sattelrohr,
Unterrohr und Steuerrohr zusammen. Der Hinter- Verbindungsmethoden
bau wird aus Sattelstreben und Kettenstreben ge- Als Verbindungsmethoden kommen beim Rahmen-
bildet. Zur Aufnahme des Hinterrades dienen die bau Schweißen, Löten und Kleben zum Einsatz. Bei
Ausfallenden, an welchen, bei der Verwendung gelöteten Verbindungen unterscheidet man zwi-
einer Kettenschaltung, auch der hintere Umwerfer schen Auftragslöten (Fillet Brazing) und der Muf-
(→ Fahrradschaltungen) befestigt wird. Die Steg- fenlötmethode (Abb. 3). Beim Auftragslöten wird
platte sorgt für eine zusätzliche Versteifung des das Lötmaterial nicht nur in den schmalen Spalt
Hinterbaus. zwischen den Rohren ein- , sondern um die Verbin-
dung herum in Form einer Verstärkungshohlkehle
Rahmenrohre 2 aufgebracht. Die Verwendung von Verbindungsglie-
Rahmenrohre sind Zug- und Biegekräften ausge- dern (Muffen), in welche die Rohre hineingelötet
setzt. Sie sollten daher eine hohe Festigkeit, d. h. werden, erleichtern den Herstellungsprozess. Muf-
einen großen Widerstand gegen Verformung und fen bieten auch die Möglichkeit Materialien, wie
Bruch, aufweisen. Die Festigkeit ist dabei vom Ma- z. B. bestimmte Aluminiumlegierungen, zu verwen-
terial und Materialquerschnitt abhängig. Der Wi- den, welche nicht verlötet oder verschweißt werden
derstand gegen Biegung vergrößert sich mit zu- können. Dazu werden die Rohre mittels Hochleis-
nehmendem Außendurchmesser. Für hoch belaste- tungsklebstoffen in den Muffen verklebt. Das Löten
te Rahmen von Mountainbikes werden deshalb OS- wird jedoch zunehmend vom Schweißen (Abb. 4)
Rohre (engl. oversized) mit größerem Durchmesser verdrängt, da dieses schneller geht, die Winkelstel-
verwendet. Gleichzeitig ist es möglich die Wand- lung der Rohre nicht von verfügbaren Muffen ab-
stärke der Rohre zu verringern, sodass man einer- hängt und der Prozess automatisierbar ist. Aller-
seits eine höhere Stabilität gegen Biegung erhält dings ist oft eine Nachbehandlung des Rahmens
und andererseits ein geringeres Gewicht des Rah- notwendig, um die beim Schweißen aufgetretenen
mens erzielt. Die Wandstärke darf nicht zu gering Materialspannungen in der Nähe der Schweiß-
werden, da dies, neben erhöhter Beul- und Knickge- nähte abzubauen.
fahr, einen Festigkeitsverlust des Materials an den
Schweiß- und Lötstellen mit sich bringt. Bei hoch- Entwicklungen
wertigen Rahmen werden deshalb konifizierte Die Weiterentwicklung des Fahrradrahmens findet
Rohre verwendet (Abb. 2). Sie besitzen an den Roh- derzeit hauptsächlich bei den Mountainbikes statt.
renden eine größere und zur Mitte hin eine gerin- Der Trend geht dort zu gefederten Vorderradgabeln
gere Wandstärke und erlauben es somit, bei glei- und Rahmen mit gefedertem Hinterbau. Weitere Ge-
cher Stabilität leichtere Rahmen zu bauen als bei wichtseinsparungen bei Mountainbikes und auch
Rohren mit einer konstanten Wandstärke. bei Rennrädern werden durch Rahmen aus kohlefa-
serverstärkten Kunststoffen ermöglicht. Dieser
Werkstoffe für Rahmen Werkstoff ermöglicht auch die Abkehr von der
Bei der Rohrherstellung kommen hauptsächlich klasssischen Rohrkonstruktion. Bei der so genann-
Stahllegierungen zum Einsatz. Reiner Stahl wird ten Monocoque- Bauweise besteht der Rahmen aus
nur bei preiswerten Rahmen verwendet. Für quali- einem Stück bzw. aus zwei Hälften, sodass schwä-
tativ bessere Rahmen haben sich Chrom-Molybdän- chende Verbindungsstellen wegfallen bzw. redu-
Stähle durchgesetzt. Die Elemente Chrom und Mo- ziert werden können.
VERKEHRSTECHNIK

Fahrradrahmen 147
Lokomotiven 148

1829 schufen die Gebrüder Stephenson die erste gen auf den Lokomotivkörper übertragen. Im Loko-
wirklich brauchbare Dampflokomotive („Rocket“), motivrumpf bleibt Platz für die Führerstände, elekt-
die Urform aller Lokomotiven. Leistungsstarke und rische Steuerungseinrichtungen und Hilfsaggre-
wirtschaftliche Elektrolokomotiven (E-Loks) haben gate.
die Dampflokomotiven längst abgelöst. E- Loks wer-
den ständig von außen mit Energie versorgt und Gleich- und Wechselstromlokomotiven
brauchen daher keine Brennstoffvorräte mit sich Für unterschiedliche Zuggeschwindigkeiten wer-
zu führen. Auf nicht elektrifizierten Strecken wer- den Elektromotoren mit veränderlichen Drehzah-
den Lokomotiven mit Dieselmotoren (Diesel-Loks) len benötigt. Diese Forderung konnten bis zur Ent-
eingesetzt, die unabhängig von einer ständigen wicklung der modernen Leistungselektronik in den
äußeren Energiezufuhr sind. 1970er- Jahren nur aufwendige Gleichstrommotoren
oder Einphasenwechselstrommotoren erfüllen, die
Antriebsarten 1 2 mechanische Stromwender („Bürsten“) benötigen.
Lokomotiven müssen schwere Eisenbahnzüge aus Die unterschiedlichen Drehzahlen und Drehmo-
dem Stand heraus beschleunigen. Diese Anforde- mente ergeben sich dabei durch Umschalten von
rung konnten Dampflokomotiven gut erfüllen, da Stromwicklungen mit einem Schaltwerk. Der Loko-
bei Dampfmaschinen auch im Stillstand die volle motivführer betätigt mit einem Handrad das Schalt-
Antriebskraft zur Verfügung steht. Dieselmotoren werk und verändert somit die Zuggeschwindigkeit.
entwickeln dagegen wie alle Verbrennungsmotoren Die Nachteile dieser Technik sind der relativ hohe
nur in einem bestimmten Drehzahlbereich die er- Wartungsaufwand durch Verschleiß an den Strom-
forderlichen Drehmomente. Daher ist eine Leis- wendern und Schaltwerken sowie die einge-
tungswandlung erforderlich. Die Leistung der mit schränkte Verwendungsmöglichkeit.
Arbeitsdrehzahl rotierenden Kurbelwelle des Die- Herkömmliche Gleich- und Wechselstromloko-
selmotors muss beim Anfahren möglichst ruckfrei motiven sind stets nur für ein Stromnetz mit fest-
und verlustarm auf die stehenden oder langsam gelegter Spannung und Frequenz ausgelegt. Dies
drehenden Räder der Lokomotive übertragen wer- behindert vor allem den grenzüberschreitenden
den. Dazu verfügen die meisten in Deutschland ein- Zugverkehr, da die Bahngesellschaften in Europa
gesetzten Diesellokomotiven über ein hydrauli- unterschiedliche Stromnetze unterhalten. In
sches Wandlergetriebe, wie es ähnlich auch in Deutschland hat man ein Einphasenwechselstrom-
Kraftfahrzeugen mit Automatikgetrieben (→ Ge- netz (Spannung 15 000 V, Frequenz 16, 67 Hz), wo-
triebe) verwendet wird (dieselhydraulischer An- gegen z. B. in Italien ein Gleichstromnetz Verwen-
trieb). Es gleicht Drehzahlunterschiede zwischen dung findet.
dem antreibenden Dieselmotor und den Antriebsrä-
dern der Lokomotive aus. Drehstromlokomotiven 3
Beim dieselelektrischen Antrieb treibt der Diesel- Um den Einsatzbereich zu erweitern und den War-
motor zunächst einen elektrischen Generator an. tungsaufwand zu reduzieren, werden bei moder-
Damit steht eine leistungsstarke Stromversorgung nen E- Loks Drehstromasynchronmotoren verwendet,
zur Verfügung, die zum Betrieb von elektrischen die aufgrund der fehlenden Stromwender einfach
Fahrmotoren geeignet ist. Dieselelektrische Loko- aufgebaut und sehr verschleißarm sind. Dafür er-
motiven (Abb. 1) sind also E- Loks, die über ein bord- fordern diese Motoren eine Versorgung mit Dreh-
eigenes dieselbetriebenes Kraftwerk verfügen. strom, wobei die Frequenz des Stroms entspre-
Elektrische Antriebe eignen sich sehr gut für den chend der gewünschten Motordrehzahl variabel
Bahnbetrieb. Sie erzeugen aus dem Stillstand he- sein muss. Da dieser Drehstrom der Lokomotive
raus ein hohes Drehmoment und haben selbst bei nicht von außen zugeführt werden kann, muss er
hoher Leistung ein relativ niedriges Gewicht und durch eine aufwendige Leistungselektronik, dem
geringe Baumaße. Sie werden direkt in die Fahrge- Stromrichter (Abb. 3), an Bord erzeugt werden. Dazu
stelle von Lokomotiven eingebaut. Das Fahrgestell wird die über den Stromaufnehmer von außen auf-
elektrisch angetriebener Lokomotiven besteht in genommene Wechsel- oder Gleichspannung in drei-
der Regel aus zwei beweglichen Drehgestellen mit phasigen Drehstrom mit variabler Frequenz umge-
mehreren Achsen (Abb. 2). Jede Achse wird über wandelt. Die Art des zugeführten Stroms ist dabei
einen eigenen Elektromotor angetrieben. Die Dreh- unerheblich, sodass Drehstromlokomotiven prinzi-
gestelle stellen komplette Antriebseinheiten dar, piell mit jedem Bahnstromnetz betrieben werden
die ihre Antriebskraft über stabile Zug- Druck- Stan- können.
VERKEHRSTECHNIK

Lokomotiven 149
ICE 150

Seit 1991 verkehrt in Deutschland der InterCityEx- Beim ICE 3 umfasst eine Zugeinheit (Halbzug)
press (ICE). Die deutsche Bahn folgte damit der acht Wagen mit unterschiedlichen Aufgaben, wobei
französischen Staatsbahn, die bereits einige Jahre jeweils vier Wagen eine elektrische Einheit bilden
vorher ihr Hochgeschwindigkeitsbahnsystem TGV (Endwagen, Transformatorwagen, Stromrichterwa-
(frz. train à grande vitesse) in Betrieb genommen gen und einfacher Mittelwagen; Abb. 2). Zwei Halb-
hatte. Inzwischen sind bereits unterschiedliche Ge- züge sind wiederum zusammenkuppelbar.
nerationen des ICEs im Einsatz. Die Transformatorwagen haben Oberleitungs-
stromabnehmer und Transformatoren zum Herab-
ICE 1 1 setzen der Fahrdrahtspannung auf einen niedrige-
Der zuerst eingeführte ICE 1 ist ein Zug, bei dem ren Wert. Während die Transformatorwagen keine
statt einer Lokomotive Triebköpfe und statt her- angetriebenen Achsen haben, sind die Drehgestelle
kömmlicher Waggons Mittelwagen verwendet wer- der Stromrichterwagen mit Fahrmotoren versehen.
den. Triebköpfe können im Gegensatz zu Lokomoti- Die Stromrichterwagen nehmen also nicht nur die
ven nur mit einer Seite an die Mittelwagen ange- Leistungselektronik auf, die in Wechselcontainern
spannt werden. Es ergibt sich eine Triebzug- im Fußbodenbereich untergebracht ist, sondern
schlange, bestehend aus einem Triebkopf am An- treiben zusammen mit den Endwagen den Zug an.
fang des Zuges, zehn bis maximal vierzehn Mittel- Durch den Einbau der meisten Steuerungsgeräte
wagen und schließlich noch einem Triebkopf am und Hilfsaggregate in dem Bodenbereich des Zuges
Ende des Zuges. Alle Glieder sind fast übergangslos wird auch in den Endwagen (Abb. 3) Platz für Fahr-
miteinander verbunden, sodass sich eine aerodyna- gäste geschaffen.
misch sehr günstige Zugkontur ergibt. Zur Vermin- Das Antriebskonzept des ICE 3 ermöglicht eine
derung des Luftwiderstandes tragen auch die strö- sehr leichte Bauweise des Zuges, da die Antriebs-
mungsgünstig gestaltete Triebkopffrontpartie, die leistung auf viele Achsen verteilt ist und die einzel-
glatten Außenflächen ohne Kanten, die bündig ein- nen Antriebsräder nicht so fest an die Schiene
geklebten Fensterscheiben und die tiefreichenden gepresst werden müssen wie bei einer starken Ein-
Seitenschürzen bei. Durch die beiden Triebköpfe zellokomotive. Damit hat der ICE 3 ein großes
am Anfang und am Ende des Zuges wird der ICE 1 Beschleunigungsvermögen sowie die Fähigkeit,
gleichzeitig gezogen und geschoben. Jeder Trieb- starke Steigungen zu bewältigen. Die Höchstge-
kopf (Abb. 1) hat eine Dauerleistung von 4800 kW schwindigkeit liegt bei 330 km/h.
(6528 PS), wodurch der ICE 1 eine Höchstgeschwin- Während ICE 3- Züge für den innerdeutschen
digkeit von 280 km/h erreicht. Verkehr nur für die bei der deutschen Bahn übliche
Wie bei modernen E- Loks (→ Lokomotiven) er- Betriebsspannung (15 kV- Wechselstrom) ausgelegt
folgt der Antrieb des ICE 1 durch Drehstrommoto- sind (Einsystemvariante), ermöglicht die Viersys-
ren, die in den Drehgestellen der Triebköpfe einge- temvariante den grenzüberschreitenden Zugver-
baut sind und durch elektronische Stromrichter an- kehr. Bei dieser können fast alle europäischen
gesteuert werden. Beim Bremsen wirken die Moto- Bahnstromsysteme (Gleich- und Wechselspannun-
ren als Generatoren. Die zurückgewonnene Energie gen unterschiedlicher Höhe und Frequenz) zur Ver-
wird in das Stromversorgungsnetz eingespeist. sorgung der Stromrichter dienen, wodurch Hochge-
Für kleineres Fahrgastaufkommen wurde 1996 schwindigkeitszüge auch international verkehren
der ICE 2 eingeführt, bei dem ein Triebkopf, sechs können.
Mittelwagen und ein Steuerwagen (ohne Antrieb)
einen Halbzug bilden, der allein eingesetzt werden Weitere Schnellbahnsysteme
kann. Da die Triebköpfe und die Steuerwagen mit Abgeleitet vom ICE ist das Schnellbahnsystem ICT
Kupplungen ausgerüstet sind, können zwei ICE 2- (InterCityTilt, von engl. tilt = „kippen, neigen“), das
Halbzüge miteinander verbunden werden. auch auf Fahrstrecken mit engen Kurven einge-
setzt werden kann. Der ICT erreicht Geschwindig-
ICE 3 2 3 keiten bis 230 km/h. Um Kurven mit hoher Ge-
Bei der neuesten Ausführung des ICE wird der schwindigkeit zu durchfahren, sind die Wagen des
beim ICE 1 eingeschlagene Weg der verteilten An- ICT schwenkbar gelagert und werden in Kurven
triebsleistung noch konsequenter weitergegangen. hydraulisch gekippt. Für nicht elektrifizierte
Nicht nur in den Endwagen mit den Führerständen Strecken soll der ICT- VT mit dieselelektrischem
sind elektrisch angetriebene Drehgestelle, sondern Antrieb eingeführt werden, der Spitzengeschwin-
zusätzlich in jedem zweiten Mittelwagen. digkeiten von 200 km/h erreicht.
VERKEHRSTECHNIK

ICE 151
Magnetschwebebahnen 152

Magnetschwebebahnen sind räderlose Bahnen, die geschnitten“ und über den gesamten Fahrweg ge-
mithilfe von Magnetfeldern an oder auf eisernen streckt wird. Ein Teil des Motors (beim Elektro-
Fahrschienen schwebend entlanggeführt werden. motor Stator genannt) befindet sich im Fahrweg,
Sie erreichen Fahrgeschwindigkeiten bis zu 500 der andere (beim Elektromotor Läufer oder Rotor
km/h. Man unterscheidet elektrodynamische und genannt) wird durch das Fahrzeug gebildet. Der
elektromagnetische Systeme (EDS bzw. EMS). Der schwere und aufwendige Teil des Antriebs ist fest
Transrapid (Abb. 1) ist eine in Deutschland ent- im Fahrweg installiert. Das Transrapidfahrzeug
wickelte Magnetschwebebahn, die auf dem EMS- selbst ist dadurch sehr leicht und relativ unkompli-
Prinzip beruht. ziert. Während eine herkömmliche Lokomotive
stets einen Antrieb mit gleich bleibender Leistung
Prinzip des EMS 2 3 mitführt, kann die Antriebsleistung des Transrapid
Bei der herkömmlichen Eisenbahn erfüllen Schiene den Streckengegebenheiten angepasst werden. So
und Räder drei Aufgaben: Sie tragen das Gewicht können auf Bergstrecken die Wicklungen im Fahr-
des Zuges, sorgen für seitliche Führung und über- weg für höhere Leistung ausgelegt werden, woge-
tragen die Antriebs- und Bremskräfte. Die gleichen gen auf ebenen Strecken geringere Antriebsleis-
Aufgaben werden beim Transrapid durch magneti- tung installiert wird.
sche Kräfte übernommen, die berührungslos wir-
ken (Abb. 2). Vorteile
Im Fahrzeug sind starke Elektromagnete einge- Die Reisegeschwindigkeit des Transrapid liegt zwi-
baut, die anheben und seitlich führen. Die Trag- und schen 300 und 500 km/h und ist damit deutlich
Führmagnete, die über die gesamte Länge des höher als die von Hochgeschwindigkeitszügen wie
Transrapidzuges verteilt sind, wirken auf die aus dem ICE (→). Durch das gute Beschleunigungsver-
ferromagnetischem Material gefertigten Schienen mögen des Transrapid können auch auf kurzen
am Fahrweg. Während die auf der linken und rech- Streckenabschnitten hohe Geschwindigkeiten er-
ten Seite des Fahrzeuges angebrachten Führma- reicht werden. Während bei schnell fahrenden Ei-
gnete den Zug in die Mitte des Fahrweges zentrie- senbahnen die Schienen und Räder großen Belas-
ren, ziehen die Tragmagnete das Fahrzeug von un- tungen ausgesetzt sind und schnell verschleißen,
ten an den Fahrweg heran (Abb. 3), wodurch es ist der Transrapid verschleißfrei. Durch das magne-
angehoben wird. Durch ein elektronisches Regel- tische Schweben ergibt sich ein hoher Fahrkomfort
system wird die Stärke der magnetischen Kräfte so für die Passagiere. Stöße und Rollgeräusche, die bei
angepasst, dass sich stets ein gleich bleibender Ab- Radfahrzeugen unvermeidbar sind, entfallen beim
stand (ca. 15 mm) zwischen dem Fahrzeug und dem Transrapid völlig. Geräusche entstehen ausschließ-
Fahrweg einstellt. Der Transrapid kann somit klei- lich als Windgeräusche bei hohen Fahrgeschwin-
nere Hindernisse sowie eine dünne Schnee- oder digkeiten. Der Transrapid ist darüber hinaus ein
Eisdecke überwinden. Verkehrssystem mit hoher Sicherheit. Da das Fahr-
Auch der Antrieb des Transrapid erfolgt durch zeug den Fahrweg umfasst ist ein Entgleisen aus-
magnetische Kräfte. Dazu sind im Fahrweg Strom- geschlossen. Auffahrunfälle oder gar Frontalzusam-
wicklungen eingelassen, die ein bewegliches ma- menstöße sind nicht möglich, da sich alle Fahr-
gnetisches Feld erzeugen. Dieses elektromagneti- zeuge in einem Streckenabschnitt durch das vor-
sche Wanderfeld schreitet mit einer Geschwindig- gegebene magnetische Wanderfeld mit gleicher Ge-
keit vorwärts, die der Zuggeschwindigkeit ent- schwindigkeit in die gleiche Richtung bewegen.
spricht und zieht dabei das Fahrzeug an seinen
Tragmagneten mit. Dabei wird gleichzeitig elektri- Zukunftaussichten
sche Leistung zum Fahrzeug übertragen, die den Zum Jahreswechsel 2002/03 wurde in China die
Strom für die Trag- und Führungsmagnete liefert erste Transrapidstrecke offiziell eingeweiht: zwi-
sowie zum Aufladen der Bordbatterien und zum Be- schen dem Zentrum von Schanghai und dem Flug-
trieb der im Fahrzeug installierten elektrischen Ge- hafen der Stadt. In Deutschland sind die Zukunfts-
räte dient. Durch Verändern der Geschwindigkeit, aussichten dagegen weiterhin zweifelhaft. Es gibt
mit der das magnetische Feld vorwärts wandert, Pläne, den Transrapid zunächst im Ruhrgebiet oder
wird das Fahrzeug beschleunigt. Eine Abbremsung im Raum München einzusetzen. Dazu muss eine
erfolgt durch Umpolung des Magnetfeldes. spezielle, auf Ständern stehende Trasse angelegt
Das Antriebssystem des Transrapid kann als ein werden. Das Vorhaben ist wirtschaftlich und ver-
riesiger Elektromotor angesehen werden, der „auf- kehrspolitisch umstritten.
VERKEHRSTECHNIK

Magnetschwebebahnen 153
Schiffsprinzip 154

Die Sicherheit der Schifffahrt wird nach tragischen kem Seegang oder Wind führt dies dazu, dass sich
Schiffskatastrophen immer wieder neu infrage ge- Vor- und Achterschiff der Fähre abwechselnd
stellt. Vor allem nach dem Untergang von mehreren heben und senken (stampfen) bzw. abwechselnd
großen Autofähren in jüngerer Zeit werden die nach beiden Seiten aus der Fahrtrichtung heraus-
Prinzipien, nach denen ein Schiff stabil und sicher drehen (gieren).
schwimmt, neu diskutiert. Die unangenehme Schlingerbewegung kann
durch Dämpfungseinrichtungen reduziert werden.
Warum schwimmt ein Schiff? 1
Wird ein Stück Holz ins Wasser geworfen, so ist nie- Kentern eines Schiffes 3
mand verwundert, wenn es schwimmt. Wie tief das Soll eine Fähre bei Krängung nicht kentern, d. h.
Holz jedoch in das Wasser einsinkt, hängt von sei- seitlich umkippen, so muss eine gute Längsstabi-
ner Masse (in kg) bezogen auf den Rauminhalt (Vo- lität gewährleistet sein. Abb. 3 a zeigt ein Schiff in
lumen in dm3) ab. Diese Eigenschaft von Materie seiner Normallage. Die durch sein Gewicht G ge-
nennt man Dichte. Jede Holzsorte hat eine andere gebene Gewichtskraft FG greift am Schwerpunkt S
Dichte. Und manche Holzsorten schwimmen nicht! des Schiffes an, die Auftriebskraft FA hingegen am
Wasser hat eine Dichte von ca. 1 kg/dm3, d. h. , Formschwerpunkt SF der verdrängten Wasser-
1 l Wasser hat eine Masse von 1 kg. Ein Würfel aus menge. In der Normallage liegen beide überei-
Holz mit einer Masse von 0, 8 kg und einer Kanten- nander in der Mittschiffsebene. Krängt ein Schiff
länge von 10 cm (= 1 dm3) verdrängt 0, 8 kg Wasser. (Abb. 3 b), so verlagert sich der Formschwerpunkt
D. h. , 0, 2 kg oder 20 % seiner Masse sinken nicht entsprechend der neuen Unterwasserform an eine
in das Wasser ein. Es entsteht eine Auftriebskraft andere Stelle (SF). Die nunmehr hier angreifende
(Archimedisches Prinzip) (Abb. 1). Auftriebskraft FA bildet zusammen mit der Ge-
Ein massiv- stählerner Block muss also unterge- wichtskraft FG ein Kräftepaar bzw. Drehmoment,
hen, denn die Dichte von Stahl beträgt 7, 85 kg/dm3, das das Schiff um seine durch den Schwerpunkt
also fast achtmal mehr als Wasser. Damit ein stäh- gehende Längsachse zu drehen sucht. Auftriebs-
lernes Schiff schwimmt, muss das Schiffsinnere und Gewichtskraft liefern ein wieder aufrichtendes
sehr viel Luftraum enthalten, sodass seine durch- Drehmoment (Stabilitätsmoment), solange der als
schnittliche Dichte (wesentlich) geringer wird als Metazentrum bezeichnete Schnittpunkt M der Wir-
die des Wassers. Wird das Luftvolumen durch ein- kungslinie der Auftriebskraft mit der Mittelachse
strömendes Wasser verdrängt, nimmt die durch- oberhalb des Schiffsschwerpunktes S liegt. Das
schnittliche Dichte des Schiffes wieder zu, bis die Schiff richtet sich dann wieder auf, die Schwimm-
stählernen Anteile das Schiff in die Tiefe ziehen. Im lage ist stabil.
Schiffbau wird dieses Problem durch Querabteilun- Gerät aber das Metazentrum bei zu starker Krän-
gen (Schotten) vermieden, sodass nicht sofort das gung (Seegang, eingedrungenes Wasser) oder zu
gesamte Schiff vom Wasser durchflutet werden hoch liegendem Schwerpunkt (z. B. bei zu schwerer
kann. Autofähren haben meistens keine Querschot- und hoher Decksladung) unterhalb des Schwer-
ten, um Kraftfahrzeugen das ungehinderte Durch- punktes S, so wirkt das von Auftriebs- und Ge-
fahren der Fähre zu ermöglichen. Damit besteht die wichtskraft gebildete Drehmoment nicht mehr auf-
Gefahr, dass Fähren nach einem Wassereinbruch richtend, sondern verstärkt die Krängung (Abb.
innerhalb kürzester Zeit instabil werden und ken- 3 c): Die Schiffslage wird immer instabiler, und es
tern. kommt zum Kentern des Schiffes. Gegen die Ken-
tergefahr wirkt eine besonders große Schiffsbreite
Schiffsstabilität 2 (Formstabilität) oder ein Ballast im Kiel (Gewichts-
Ein seetüchtiges Schiff muss (auch nach Wasserein- stabilität).
bruch) den Kräften auf See (Wind, Seegang) stand-
halten können. Dazu muss es sich (Abb. 2) aus Sichere Schiffskonstruktionen
einer Seitwärtsneigung (Krängung) wieder aufrich- Um Autofähren sicherer zu machen, sieht eine
ten können (Längsstabilität). Bei starken Seiten- neue Konstruktionsidee dieses Schiffstyps ein ge-
kräften führt dies zu einer ständigen schwingen- steuertes Sinken bei Wassereinbruch vor. Durch
den Drehbewegung um die Längsachse (Schlin- große Auftriebskörper im Decksaufbautenbereich
gern oder Rollen). Auch muss es sich aus einer wird ein Kentern vermieden. Die unteren Auto-
Neigung um die Querachse (Trimmung oder Trimm) decks laufen voll Wasser und stabilisieren (als Bal-
wieder aufrichten können (Querstabilität). Bei star- last) die Fähre.
VERKEHRSTECHNIK

Schiffsprinzip 155
Ro-ro-Fähren 156

Fähren sind Teil des Verkehrswegenetzes und die- gen Tiefgang besonders anfällig für Seitenwind
nen zur Überquerung von Meeren und Flüssen. Ob- sind, haben sie meist zur besseren Manövrierfähig-
wohl viele Küsten inzwischen über Brücken und keit neben dem normalen Heckruder ein zusätzli-
Tunnel miteinander verbunden sind, haben Fähren ches Bugruder für die Rückwärtsfahrt und zwei leis-
nach wie vor große Bedeutung. Dabei werden heute tungsfähige Bugstrahlruder zur seitlichen Steue-
neben Passagieren vor allem auch Kraftfahrzeuge, rung. Ein Bugstrahlruder besteht aus einem Tunnel
aber auch Eisenbahnen transportiert. Zu diesem im Bug des Schiffes, in dem quer zur Fahrtrichtung
Zweck werden vorzugsweise Fähren nach dem Ro- ein Propeller angeordnet ist, der je nach Drehrich-
ro-Prinzip (engl. roll- on- roll- off, fahr rein– fahr raus) tung einen Querstrom zur normalen Fahrtrichtung
eingesetzt. erzeugen kann. Mit den Bugstrahlrudern ist ge-
währleistet, dass die Fähre z. B. auch bei starkem
Ladeprinzip 1 Seitenwind sicher am Pier an- und ablegen kann.
Bei den Ro- ro- Fähren ist das Ein- und Ausfahren Außerdem werden die oft erforderlichen Wende-
sehr einfach, weil stets im Vorwärtsgang gefahren manöver erleichtert.
wird und das vor allem für Lkws schwierige Rück- Um den Passagieren eine möglichst angenehme
wärtsfahren nicht erforderlich ist (Abb. 1). Dies ist und kurzweilige Überfahrt zu bieten, verfügen Ro-
möglich, weil die Ro- ro- Fähren am vorderen (Bug) ro- Fähren über Restaurants und Geschäfte, sowie
und hinteren Ende (Heck) mit Toren versehen sind. für längere Fahrten auch über Bordkinos und
Fahrzeuge, die im Starthafen durch die Fronttore in Schlafkabinen.
die Fähre eingefahren sind, können im Zielhafen
durch die Hecktore wieder hinausfahren. Dadurch Sicherheit
ergibt sich für die Fähre, dass sie immer abwech- Ro- ro- Fähren haben in den Autodecks keine Quer-
selnd mit dem Heck oder mit dem Bug anlegen abteilungen (Schotten), sodass bei einem Wasser-
muss. Beim Laden einer Ro- ro- Fähre wird eines der einbruch die Fähre sofort vollständig voll laufen
Tore geöffnet und zwei Einfahrrampen, die zur Ha- und kentern würde (→Schiffsprinzip). Die meisten
fenausrüstung gehören, werden auf die Fähre abge- Fähren haben aber heute zumindest ein zusätzli-
senkt. Die Lkws fahren z. B. über eine untere Rampe, ches Bug- und Heckschott, um eine ähnliche Kata-
während gleichzeitig Pkws über eine obere Rampe strophe wie bei der „Estonia“ zu vermeiden, bei der
einrollen können. Über bordeigene Auffahrrampen die Bugklappe abriss und das Schiff ungehindert
können Fahrzeuge auch in Zwischendecks gelan- voll lief und schnell sank.
gen. Alle Fahrzeuge müssen mit eingelegtem Gang
und angezogener Handbremse abgestellt werden, Flussfähren
um ein Wegrollen bei Seegang zu verhindern. Lkws Zum Transport von Kraftfahrzeugen und Personen
werden bei schlechten Wetterbedingungen zusätz- über Flüsse werden wesentlich kleinere Fähren ein-
lich festgezurrt. gesetzt. Flussfähren sind kahnähnliche Wasserfahr-
Durch das Ro- ro- Prinzip kann die Hafenliegezeit zeuge mit einem nicht überdachten Deck. Sie gibt es
einer Fähre unter einer Stunde liegen, sodass z. B. als Ketten- oder Seilfähren, die sich an einer Kette
eine Ärmelkanalfähre im 24- Stunden- Betrieb ca. (unter Wasser) oder einem Seil (über Wasser) vor-
10- mal die 42 km breite Ärmelkanalpassage queren wärts ziehen, als Gierfähren, deren Antrieb durch
kann. stromseitiges Pendelseil und Strömungsdruck er-
folgt, als Schwebefähren, die unter Brückenkon-
Technischer Aufbau 2 struktionen hängend angebracht sind, oder als Fäh-
Eine typische Ro- ro- Fähre, die im Fährdienst über ren mit dem üblichen Motor- und Propellerantrieb.
den Ärmelkanal eingesetzt wird, ist in Abb. 2 darge-
stellt. Ihre Reisegeschwindigkeit beträgt 22 kn (ca. Fahrgastschiffe
40 km/h). Sie wird von drei Dieselmaschinen über Sie dienen ausschließlich der Beförderung von Per-
Schiffsschrauben angetrieben. Stabilisierende Flü- sonen. Man unterscheidet bei ihnen die im Linien-
gel an beiden Seiten in der Mitte des Schiffs verrin- dienst eingesetzten Schiffe und die Kreuzfahrt-
gern das Rollen im Seegang. Computergesteuert be- schiffe. Infolge der Entwicklung des Luftverkehrs
wegen sich diese Stabilisationsflügel entgegen der ist der Linienverkehr jedoch weitestgehend einge-
Wellenbewegung, sodass das Schiff eine möglichst stellt worden. Bei Kreuzfahrtschiffen steht der Er-
gleichmäßig aufrechte Position einhält. Da Fähren holungs- und Vergnügungscharakter im Vorder-
wegen der hohen Aufbauten und dem relativ gerin- grund. Sie sind luxuriös ausgestattet.
VERKEHRSTECHNIK

Ro-Ro-Fähren 157
Frachtschiffe 158

Der moderne Frachter für den Transport von Waren konventionellen Frachter brauchte man ca. zehn
(Stückgut) ist heute ein Vollcontainerschiff. Im Ge- Tage, für die gleiche Menge benötigt man bei einem
gensatz zu Massengütern wie etwa Weizen oder Vollcontainerschiff in Europa maximal zwei Tage.
Erz, die geschüttet oder gepumpt werden, werden
die Güter in Behältern (Containern) eingelagert Tankerschiffe
und transportiert. Der gebräuchlichste, internatio- Für den Transport flüssiger Stoffe kommen Spezial-
nal genormte Container ist der 20-Fuß-Container schiffe, so genannte Tanker, zum Einsatz. Meistens
(1 Fuß = ca. 0, 33 m). Mit ca. 6 m Länge, 2, 44 m Breite werden Erdöl und Erdölerzeugnisse, allerdings
und 2, 6 m Höhe entspricht er einer TEU (Twenty- auch Speiseöl, Flüssiggas, Säuren usw. befördert.
Foot- Equivalent- Unit). Binnen- und Seeschiffe, aber
auch Lkw und Eisenbahn, sind für die Aufnahme Konstruktionsprinzip 3
solcher Container konstruiert. Tankschiffe sind schon von weitem gut zu erken-
nen, denn sie haben keine Umschlagmittel (Lade-
Transport der Container 1 2 kräne, Bäume usw. ) auf dem Deck. Gleichzeitig sind
Die Beladung der Containerschiffe findet in Contai- sie relativ niederbordig, sodass bei hohem Seegang
nerterminals statt (Abb. 1). Der Container wird mit- die Decksfläche überspült werden kann. Aus Si-
tels eines speziellen Heberahmens (Spreader) an cherheitsgründen gibt es deshalb mittschiffs eine
weit auskragenden Ladekränen auf das Container- Laufbrücke mit hohem Geländer.
schiff gehoben (Abb. 2). Die Ladekräne sind im vor- Entscheidend für die Stabilität eines Tankschiffs
deren Teil abklappbar, damit das Schiff mit der ist die Konstruktion der Tanks. Ihre Fläche darf
hohen Schiffsbrücke ungehindert an die Ladepier nicht groß sein, weil bei Schlingerbewegungen das
fahren kann. Am Heberahmen befinden sich an den Hin- und Herfluten der Flüssigkeit das Schiff zum
vier Ecken Drehzapfen (Twist Locks), die in die Öff- Kentern bringen würde. Aus diesem Grunde sind
nungen der Eckpfosten der Container eingeführt die Tanks durch Schotten stark unterteilt und mit
und ferngesteuert verriegelt werden können. Ab- Zwischenunterteilungen (Schwallblechen) versehen
klappbare Sicherungselemente (Flipper) führen den (Abb. 3). Neue Tanker haben eine doppelwandige
Container seitlich. Unter Deck werden die Contai- Außenhaut, um die Gefahr des Leckschlagens zu
ner in ein stählernes Zellengerüst (Cell-Guide) ein- verringern.
geschoben. Auf Deck werden die Container in Vor-
richtungen eingeklinkt und untereinander fest ver- Supertanker
bunden. Die Befestigungsvorrichtungen sind so Seit den 1950er- Jahren wurden immer größere Tan-
konstruiert, dass sie selbst starken Seegang aus- ker gebaut, um den sehr schnell anwachsenden Be-
halten. darf an Erdöl befriedigen zu können. Bereits 1980
Die seegehenden Containerschiffe fahren eine war eine Tragfähigkeit von einer halben Million
bestimmte internationale Route ab, sodass die Tonnen erreicht. Technisch gesehen sind noch
Güter schnell ihren Zielort erreichen. Wenn ein größere Schiffe möglich, aber die Wassertiefe (max.
Container, der sich an unterster Stelle befindet, aus- 20 m) der wichtigsten Tankerrouten (Ärmelkanal,
geladen werden soll, müssen alle anderen darüber Straße von Malakka) beschränken dies.
entladen und an Land zwischengelagert oder auf Supertanker sind sehr schwierig zu manövrie-
Deck umgelagert werden. Aufgrund der enormen ren, können kaum noch ausweichen und haben
Ladegeschwindigkeit ist dieses so genannte chaoti- einen „Bremsweg“ von 10 km. Das Laden von z. B.
sche Lagerprinzip immer noch effektiver und damit Schweröl geschieht durch starke Pumpen von Land
wirtschaftlicher als eine Zusammenstellung von aus. Beim Löschen der Ladung (Entladung) muss
Containern für bestimmte Zielorte. das dickflüssige Schweröl erst mithilfe von Wasser-
Der Transport von Gütern mittels Containern hat dampfleitungen, die durch die Tanks verlegt wer-
zu einer völligen Umstrukturierung auch der Um- den, erwärmt werden, um es pumpfähig zu machen.
schlagplätze geführt. Die alten Lagerhäuser (Docks) Wenn das Schweröl dünnflüssig genug ist, müssen
stehen leer und müssen abgerissen oder anders ge- bordeigene Pumpen eingesetzt werden, da die Pum-
nutzt werden. Direkt an der See entstanden neue pen an Land nicht über genügend Saugleistung
Containerterminals riesigen Ausmaßes, um die An- verfügen. Nach dem Löschen des Schweröls müs-
fahrwege für die Containerschiffe möglichst gering sen die Tanks gründlich gereinigt werden, um
zu halten (z. B. Europort Rotterdam). Für das Laden die Gefahr von Explosionen durch Öldämpfe zu ver-
und Löschen von 10 000 Tonnen Stückgut auf einem meiden.
VERKEHRSTECHNIK

Frachtschiffe 159
Tragflügelboote 160

Bei herkömmlichen Frachtern oder Passagierschif- Hafen und bei langsamer Fahrt liegt das Boot wie
fen, deren Rümpfe voll im Wasser eingetaucht sind jedes andere Verdrängerschiff bis zur Wasserlinie
(Verdrängerprinzip), nimmt der Wasserwiderstand im Wasser. Unter dem Rumpf sind stabile Stützen
mit wachsender Geschwindigkeit stark zu. Solche montiert, an denen quer zur Fahrtrichtung Tragflü-
Schiffe können kaum den Geschwindigkeitsbereich gel angebracht sind. Der Antrieb erfolgt entweder
von 15 bis 25 Knoten (ca. 28 bis 45 km/h) über- mittels konventioneller Schiffspropeller über lange
schreiten, auch wenn die Leistung der Antriebsma- und mehrfach abgestützte Propellerwellen (Abb. 2)
schine weiter gesteigert wird. Erst wenn sich das oder mittels des Rückstoßprinzips (Jet-Foil). Beim
Schiff aufgrund einer bestimmten Rumpfgestal- Rückstoßprinzip wird Wasser am Bug angesaugt
tung aus dem Wasser herausheben kann, sind und mit großem Druck über eine Düse am Heck
höhere Geschwindigkeiten möglich. Das Schiff glei- wieder ausgestoßen.
tet dann, wie alle schnellen Motorboote, nur mit Form und Gestaltung der Tragflächen bestim-
einem kleinen Teil des hinteren Rumpfes auf seiner men die Stabilität des Schiffes bei Seegang, in Kur-
eigenen Heckwelle (Gleitprinzip). Eine noch weitere venfahrt und bei starkem Wind. Bei Kurvenfahrt
Geschwindigkeitssteigerung ermöglichen Trag- müssen wiederaufrichtende Kräfte wirken können,
flügelboote. ebenso müssen Stampf- und Tauchschwingungen
bei Seegang vom Tragflügelsystem aufgefangen
Tragflügelprinzip 1 werden. Als einfachste Systeme werden trapez- ,
Beim Tragflügelboot wird das gleiche Auftriebsprin- v- oder bogenförmige Flügel eingesetzt. Diese For-
zip wie beim Flugzeug (→ Flugzeugprinzip) ge- men wirken selbststabilisierend. Wenn das Schiff
nutzt, um das gesamte Boot ab einer bestimmten sich nach einer Seite neigt oder vorne oder hinten
Grenzgeschwindigkeit aus dem Wasser zu heben. tiefer eintaucht, dann wächst auch die eingetauchte
Die vom Wasser benetzte Fläche und somit der Was- Tragflügelfläche und somit der Auftrieb. Das Schiff
serwiderstand werden dadurch sehr klein. Entspre- richtet sich wieder auf. Darüber hinaus kommen
chend hoch kann dann die Endgeschwindigkeit bei noch Mehrfachflügel und im Anstellwinkel ansteu-
vergleichbar geringer Antriebsleistung werden. An- erbare Tragflügel zum Einsatz.
ders als bei Flugzeugen können die Tragflügel rela-
tiv klein sein, da das Medium Wasser, verglichen Grenzen der Tragflügelboote 3
mit Luft, größere Auftriebskräfte pro Fläche ermög- Die Widerstandskräfte des Wassers beim plötzli-
licht. Daher ist auch die „Startgeschwindigkeit“ im chen Eintauchen der Flügel bei voller Fahrt und
Vergleich mit Flugzeugen wesentlich kleiner, d. h. , hohem Seegang können zum Abreißen der Tragflü-
Tragflügelboote heben sich schon bei relativ gerin- gelkonstruktion führen, sodass Tragflügelboote
gen Geschwindigkeiten (ca. 15 kn = 25 km/h) aus nur in ruhigen Gewässern abheben können und bei
dem Wasser. hohen Wellen wie normale Schiffe in Verdränger-
Auf die Tragfläche wirkt im Wasserstrom eine fahrt (d. h. nicht aufgetaucht) fahren müssen. Aus
hydrodynamische Kraft H (hydro = Wasser, Dyna- Festigkeitsgründen ist auch die Größe der Tragflü-
mik = Bewegung). Sie kann in die Widerstandskraft gelboote begrenzt. Die Befestigungsprobleme von
W und in die Auftriebskraft A zerlegt werden (Abb. Tragflügeln für sehr große Schiffe, z. B. für den
1). Sobald die Auftriebskraft durch die wachsende Transatlantikverkehr, sind bisher nicht gelöst.
Geschwindigkeit größer wird als die Verdrängung Ein weiteres Problem bei Tragflügelbooten ist
(Gewichtskraft) des Schiffes, hebt sich der Rumpf die Entstehung eines zu großen Unterdrucks an
aus dem Wasser. Beim Abheben wird die benetzte den Tragflächen bei sehr hohen Geschwindigkeiten.
Fläche des Rumpfes kleiner, der Widerstand nimmt Dadurch wird der Siedepunkt des Wassers so weit
weiter ab und die Geschwindigkeit wird größer. herabgesetzt, dass es explosionsartig verdampft
Dies führt wiederum zu einer Zunahme der Auf- und Werkstoffteilchen aus dem Tragflügel heraus-
triebskraft, die den Schiffsrumpf dann vollständig reißt. Diese Erscheinung nennt man Kavitation.
aus dem Wasser hebt, sodass nur noch die Tragflü- Aus diesen Gründen werden zurzeit nur Tragflü-
gel durch das Wasser gleiten. gelboote mit beschränkter Größe und Verdrängung
eingesetzt (maximal 250 t Gesamtgewicht). Sie die-
Aufbau und Gestaltung eines Tragflügelbootes 2 nen hauptsächlich für den schnellen Personenver-
Der Unterwasserrumpf eines Tragflügelbootes ist kehr in Fluss- und Küstengewässern und erreichen
mit einem konventionellen Motorboot (flacher Bo- Geschwindigkeiten bis zu 80 Knoten (ca. 150 km/h;
den und leicht angedeuteter Kiel) vergleichbar. Im Abb. 3).
VERKEHRSTECHNIK

Tragflügelboote 161
Segelboote 162

Die Nutzung der Windkraft war jahrtausendelang kraft, d. h. innen entsteht ein Überdruck (mehr Luft-
die einzige effektive Fortbewegungsmöglichkeit für teilchen pro Fläche) und außen ein Unterdruck (we-
Boote über längere Strecken, bis die Dampfma- niger Luftteilchen pro Fläche). Diese Auftriebskraft
schine erfunden wurde. Heute wird Segeln vor wirkt ca. 90 ° zur Segelstellung (Abb. 2). Nur ein klei-
allem als Sport betrieben. ner Anteil dieser Kraft bewegt das Schiff nach vorne.
Die andere Kraftkomponente (Abdriftskraft) würde
Aufbau von Einmastern 1 das Boot seitlich weggleiten lassen, wenn nicht ein
Heutige Segelboote sind High- Tech- Produkte. Neue Kiel oder Schwert im Wasser dies verhinderte.
Werkstoffe wie glasfaserverstärkte Kunststoffe mit Entscheidend für die Segelstellung ist der sog.
Karbonverstärkung, Aluminiumleichtbauten und scheinbare Wind. Fährt eine Yacht mit 60 ° zum wah-
Verbundwerkstoffe (z. B. Kevlar) werden eingesetzt. ren Wind, so stellt sich an Bord des Segelbootes eine
Ein modernes Segelboot (Abb. 1) ist zumeist ein Windrichtung ein, die zwischen dem Fahrtwind
Einmaster, das mit einem hohen dreieckigen Groß- (direkt von vorne) und dem wahren Wind liegt
segel und einem Vorsegel (Sturmfock, Fock, Ge- (Abb. 2). Dieser scheinbare Wind ist bei Am- Wind-
nua II, Genua I usw. ) versehen ist. Diese Art der Ta- Kursen stärker als der wahre Wind. Er ist maßge-
kelung, d. h. das Prinzip der Takelage (alle Vorrich- bend für die Segelstellung und die Geschwindig-
tungen die zum Ausnutzen der Windenergie an keit des Segelbootes (Abb. 3). So erreicht ein Segel-
den Segeln notwendig sind) und deren Aufbau und boot bei einer Windstärke 7 (12 km/h) die höchste
Arbeitsweise, nennt man Sluptakelung. Der Mast Geschwindigkeit bei einem Kurs von 65° bis 85°
wird durch ein Drahttauwerk stabilisiert, längs- zum wahren Wind, also bei leichtem Gegenwind.
schiff durch die Stagen (Vorstag, Achterstag) und Mit der Windkraft im Segel und der Reaktions-
seitlich durch die Wanten, die durch ein Metallpro- kraft des Wassers am Kiel/Schwert entsteht ein
fil oder Rundholz (Saling), welches am Mast be- Drehmoment über den Schwerpunkt des Schiffes –
festigt ist, gespreizt werden. Groß- und Vorsegel es legt sich auf die Seite (Kränung). Wenn das Segel-
werden mithilfe von Leinen (Schoten) bedient, ihre boot nicht über einen genügenden Ballast verfügt,
Stellung verändert und das Segelboot so auf Kurse z. B. in Form von Blei im Kiel oder bei Jollen durch
gebracht (getrimmt). Durch Verkleinern der Segel- das „Ausreiten“ der Besatzung (Verlagerung des
fläche (reffen) und/oder durch Austausch der ver- Schwerpunktes), kann es umkippen (kentern). Die
schieden großen Vorsegel lassen sich die Wind- Stabilität eines Segelbootes hängt dabei im wesent-
kräfte an Bord beherrschen. lichen von der Höhe des Gewichtsschwerpunktes
über der Wasserlinie, der Breite des Bootes und
Segeln gegen den Wind? 2 dem Ballast ab.
Durch den Luftwiderstand, den ein Segel dem Wind
entgegenstellt, wird eine Kraft erzeugt (Staueffekt). Segelmanöver 3
Auf dem Wasser würde das Boot in Richtung des Da ein Segelboot nicht direkt gegen den Wind fah-
Windes abgetrieben. Einzig sein Widerstand im ren kann, muss es in Windrichtung kreuzen. Dafür
Wasser (Tiefgang, Größe der benetzten Fläche usw. ) müssen Wenden gefahren werden. Das Boot wird
hindert ihn daran. dabei mit dem Bug in Windrichtung gesteuert (an-
Alle Segelboote segeln mit Kursen „vor dem luven), bis die Segel flattern (killen). Der Bug geht
Wind“ oder „raumen Wind“ (der Wind kommt mehr durch den Wind und das Boot wird solange vom
oder weniger von hinten) mehr oder weniger Wind weggesteuert (abfallen), bis die Segel für den
schnell und gut. Anders dagegen bei den Kursen Am- Wind- Kurs auf dem anderen Bug richtig stehen.
mit „halbem Wind“ bis „hart am Wind“ (der Wind Bei Kursen vor dem Wind werden Halsen gefah-
kommt seitlich oder gar von vorne). Hier spielt das ren, um die Richtung zu ändern. Beim Halsen wird
Profil des Segels – Aerodynamik – und die Form der Kurs zunächst genau mit Wind von hinten ge-
des Unterwasserschiffs (Kiel, Schwert) – Hydrody- fahren. Der Großbaum wird mit den Schoten dicht-
namik – die entscheidende Rolle. geholt. Nun wird das Ruder gelegt, das Heck geht
Ein Segelboot kann nur deshalb am Wind segeln, durch den Wind. Gleichzeitig wird die Großschot
weil das Segel ähnlich den Tragflächen eines Flug- vorsichtig geöffnet (gefiert). Bei Kursen vor dem
zeugs wirkt. Die Luft legt auf der Außenseite des Wind kann es aufgrund von Seegangsverhältnissen
Segels eine längere Strecke zurück als auf der In- und Steuerfehlern zu unfreiwilligen Halsen (Pa-
nenseite. Entsprechend ist die Luftgeschwindigkeit tenthalsen), die zu starken Schäden am Mast, Baum
außen höher als innen, es entsteht eine Auftriebs- und Wanten führen können, kommen.
VERKEHRSTECHNIK

Segelboote 163
Unterseeboote 164

Abgesehen von Forschungsunterseebooten dienen Tauchzellen. Die Fahrt eines U- Bootes besteht aus
Unterseeboote (U-Boote) – seit ihrer Entwicklung verschiedenen Manövern:
und Serienproduktion im späten 19. Jahrhundert • Abtauchen (Abb. 2b): Die Entlüftungen der
fast ausschließlich militärischen Zwecken. Getauch- Tauchzellen werden geöffnet, es dringt von unten
te U- Boote können nur schwer geortet werden. Wasser ein, das die Luft heraus presst. Das U- Boot
Große U- Boote operieren oft wochenlang ohne auf- wird schwerer als das von ihm verdrängte Wasser
zutauchen unter Wasser und können z. B. unter und sinkt. Mithilfe von Regel- und Trimmzellen
dem Eis der Arktis hindurchtauchen. wird das U- Boot so ausgewogen, dass sein Gewicht
möglichst genau dem des von ihm verdrängten
Aufbau eines U-Bootes 1 Wassers entspricht. Es befindet sich somit im
Der Hauptteil eines U- Bootes (Abb. 1) ist der Druck- Schwebezustand. Zusätzlich helfen Tiefenruderbe-
körper. Er besitzt meist einen kreisförmigen Quer- wegungen und Trimmzellen das U- Boot auf der ge-
schnitt, weil diese Bauform gegen Druck am wider- wünschten Tiefe zu halten.
standsfähigsten ist. Der gesamte Druckkörper ist • Schnorchelfahrt (Abb. 2c): Bei der Schnorchel-
durch Spanten ausgesteift, um dem großen Druck fahrt werden die Tauchzellen nur soweit mit Was-
des ihn umgebenden Wassers Widerstand leisten ser gefüllt, bis sich das U- Boot flach unter der Was-
zu können. Durch den Druckkörper hindurch seroberfläche in Sehrohrtiefe befindet. Schnorchel-
gehen die verschiedenen Außenbordverschlüsse, fahrten dienen bei mit Dieselmotoren angetriebe-
die Torpedorohre, die Propellerwellenabdichtung nen U- Booten zur Wiederaufladung der Batterien.
(Stevenrohr) und die Luks, durch die man an Ober- Allgemein dienen sie zur Beobachtung des Seerau-
deck oder in den etwas vor Schiffsmitte aufgesetz- mes durch das Sehrohr (Periskop).
ten Turm steigen kann. Vorne im Bug und hinten • Tieftauchfahrt (Abb. 2d): Je stabiler ein U- Boot
im Heck sind die Tauchzellen angeordnet. Die gebaut ist, desto tiefer kann es tauchen. Durch
Rumpfform moderner U- Boote ist tropfenförmig, seine Druckhülle ist es vor dem Wasserdruck in
um bei Unterwasserfahrt dem Wasser möglichst größerer Tiefe geschützt. Der Druck erhöht sich je
wenig Widerstand zu bieten. Ein Turm auf dem 10 m Tauchtiefe um 1 bar, d. h. , in 100 m Tiefe herr-
Rumpf dient bei Überwasserfahrt als Bedienungs- scht ein Druck von 10 bar, das entspricht 100 t pro
und Beobachtungsstand (Brücke). Im Druckkörper 1 m2. Nur sehr stabil gebaute Spezial- U- Boote kön-
befindet sich alles, was gegen den Wasserdruck ge- nen deshalb in große Tiefen vordringen (z. B. For-
schützt werden muss, z. B. die Antriebsanlagen und schungs- U- Boot „Trieste“ bis 11 000 m tief).
die Geräte oder Waffen für die Aufgabe, für die das ◊• Auftauchen (Abb. 2e): Mithilfe der Tiefenru-
Boot vorgesehen ist. der wird das Boot zum Auftauchen wieder an die
Um den Aufenthalt von Menschen in einem U- Wasseroberfläche gebracht (dynamisches Auftau-
Boot zu ermöglichen, müssen neben den Wohn- , chen) und dann erst durch Ausblasen der Tauchzel-
Schlaf- und Aufenthaltsräumen auch Toiletten und len mit Druckluft so weit erleichtert, dass es an der
Waschmöglichkeiten sowie eine Küche (Kombüse) Wasseroberfläche schwimmt.
vorhanden sein. Bei Überwasserfahrt wird die ver-
brauchte Luft ständig von außen her erneuert, bei Antriebe von U-Booten
Tauchfahrt wird die Lufterneuerung durch den Konventionelle U- Boote haben als Antrieb einen
Schnorchel vorgenommen. Bei Tieftauchfahrt wird oder mehrere Dieselmotoren, die entweder direkt
die Luft vom Atemkohlendioxid durch einen chemi- die Schraube(n) antreiben und/oder durch einen
schen Prozess gereinigt und mit frischem Sauer- angekuppelten Elektrogenerator die Batterien mit
stoff angereichert, der in Druckflaschen mitgeführt Strom aufladen, aus denen der Fahrelektromotor
oder durch Elektrolyse aus Meerwasser gewonnen gespeist wird. Große U- Boote verfügen über Atom-
wird. reaktoren, in denen Heißdampf erzeugt wird, der
wiederum eine Turbine antreibt.
Prinzip des U-Bootes 2 Bei einem Schiffbruch besteht bei den atomge-
U- Boot- Fahren beruht auf dem archimedischen triebenen U- Booten die Gefahr der großflächigen
Prinzip (→ Schiffsprinzip). Solange ein U- Boot Verseuchung der Ozeane durch das radioaktive
mehr Wasser verdrängt, als es wiegt, d. h. , solange Material im Reaktor. In großen Meerestiefen oder
die Tauchzellen leer sind, schwimmt es an der Ober- unter dem Eis des Nordpolarmeeres kann eine Ber-
fläche (Abb. 2a). Das Tauchen eines U- Bootes ist ein gung technisch sehr schwierig oder unmöglich
kontrolliertes Sinken und erfolgt durch Fluten der werden.
VERKEHRSTECHNIK

Unterseeboote 165
Flugzeugprinzip 166

Damit Flugzeuge, die „schwerer als Luft“ sind, auf- große Geschwindigkeiten benötigen daher nur rela-
steigen und Höhe gewinnen können, muss eine tiv kleine und nur gering gewölbte Tragflächen.
Kraft wirken, die der Gewichtskraft des Flugzeuges Die Wahl eines Tragflächenprofils richtet sich
entgegengerichtet und mindestens ebenso groß ist. nach dem Einsatzzweck eines Flugzeugs. Flug-
Diese Auftriebskraft (kurz Auftrieb) wird durch die zeuge für geringe Geschwindigkeiten (z. B. Segel-
Tragflächen („Flügel“) erzeugt, die so gestaltet sind, flugzeuge und Propellerflugzeuge) werden mit
dass durch die angeströmte Luft ein Unterdruck auf „dicken“, stark gewölbten Tragflächen versehen,
der oberen Tragflächenseite entsteht, der das Flug- die auch im Langsamflug einen großen Auftrieb er-
zeug gleichsam nach oben „saugt“. zeugen. Dicke Tragflächen haben allerdings den
Nachteil eines großen Strömungswiderstandes und
Erzeugung des Auftriebs 1 lassen keine hohen Geschwindigkeiten zu. Über-
Zur Erzeugung von Unterdruck auf der Tragflächen- schallflugzeuge haben daher nur dünne Trag-
oberseite ist das Profil der Tragfläche gewölbt. flächen mit geringer Wölbung und geringem Strö-
Wenn sich das Flugzeug vorwärts bewegt, strömt mungswiderstand. Sie müssen allerdings beim
Luft von vorn gegen die Tragfläche (Abb. 1). Dabei Start erst große Geschwindigkeiten erreichen,
teilt sich der Luftstrom auf. Die Unterseite der Trag- bevor sie vom Boden abheben.
fläche ist kaum gewölbt. Daher kann die Luft hier Damit Flugzeuge gleichermaßen für hohe Reise-
relativ ungestört vorbeiströmen. Auf der stark ge- geschwindigkeiten und niedrige Start- und Lande-
wölbten Tragflächenoberseite wird die Luft ver- geschwindigkeiten geeignet sind, muss das Profil
drängt, muss ausweichen und dadurch einen länge- der Tragflächen während des Fluges veränderbar
ren Weg zurücklegen, wodurch sich die Geschwin- sein. Eine Methode, die beispielsweise bei Düsen-
digkeit erhöht. Nach einem Gesetz der Strömungs- verkehrsflugzeugen angewandt wird, sind bewegli-
lehre („Bernoulli- Gleichung“) führt bei einem Gas che Klappen an Stirn- und Rückseiten der Tragflä-
die Zunahme der Geschwindigkeit zu einer Verrin- chen (Abb. 2). Bei Start und Landung (Abb. 3) wer-
gerung des Drucks. Wegen der höheren Luftge- den diese Klappen ausgefahren und erzeugen so ei-
schwindigkeit auf der Oberseite (Saugseite) stellt ne starke Wölbung der Tragflächen. Für den norma-
sich ein kleinerer Druck als auf der Unterseite len Reiseflug wird das Flügelprofil durch Einfahren
(Druckseite) ein, der Flügel wird nach oben geho- der Klappen wieder gestreckt und verkleinert.
ben. Die Auftriebskraft FA lässt sich mithilfe des Auf-
triebsbeiwertes cA der eine dimensionslose Größe Lenkung von Flugzeugen 4
ist und von Form und Anstellwinkel des Tragflü- Ein Flugzeug muss nicht nur den notwendigen Auf-
gels sowie der Anströmgeschwindigkeit abhängt, trieb erzeugen, sondern es muss auch sicher lenk-
berechnen: FA = cA · 1/2 ρ · v 2 · ATF, wobei ρ die bar sein. Da es über drei Achsen beweglich ist, hat
Luftdichte, v die Anströmgeschwindigkeit und ATF der Pilot drei Lenkeinrichtungen („Ruder“), die die
die den Auftrieb erzeugende Tragflügelfläche an- Drehung des Flugzeugs um jede Achse herum ge-
gibt. trennt beeinflussen (Abb. 4).
Um das Flugzeug auf dem gewünschten Kurs
Tragflächenprofile 2 3 halten zu können betätigt der Pilot üblicherweise
Die Form des Flügelprofils und der Anstellwinkel über Fußpedale das Seitenruder. Damit wird die Dre-
des Flügels gegenüber der Luftströmung sind beim hung um die Hochachse beeinflusst. Durch Ziehen
Aufbau des Druckunterschiedes und des Auftrie- oder Drücken eines Steuerknüppels oder Steuer-
bes maßgebend. Durch stark gewölbte Tragflächen horns betätigt der Pilot die Höhenruder, mit denen
werden schon bei kleinen Strömungsgeschwindig- die Bewegung um die Querachse gesteuert wird.
keiten relativ große Druckunterschiede zwischen Damit steigt oder sinkt das Flugzeug. Höhenruder
Ober- und Unterseite erzeugt. Es entsteht der erfor- und Seitenruder sind Teil des Leitwerks. Schließ-
derliche Auftrieb, der bei entsprechend großen lich kann noch mit den Querrudern die Bewegung
Tragflächen auch schwere Flugzeuge nach oben des Flugzeugs um die Längsachse beeinflusst wer-
trägt. Die Druckunterschiede und damit die Auf- den. Die Querruder befinden sich an den Tragflüge-
triebskräfte werden gesteigert, wenn die Geschwin- lenden und werden durch Schwenken des Steuer-
digkeit des Flugzeugs zunimmt. Der Auftrieb knüppels oder Steuerhorns betätigt. Sie ermögli-
nimmt mit dem Quadrat der Anströmgeschwindig- chen es, das Flugzeug seitlich zu neigen. Durch
keit zu, d. h. , bei doppelter Geschwindigkeit steigt gleichzeitige Betätigung von Seitenruder und Quer-
der Auftrieb auf den vierfachen Wert. Flugzeuge für ruder lassen sich scharfe Flugkurven fliegen.
VERKEHRSTECHNIK

Flugzeugprinzip 167
Propellerflugzeuge 168

Zum Antrieb von Flugzeugen werden seit dem ers- sich die Verbrennungsgase aus und strömen mit
ten Motorflug der Brüder Wright im Jahr 1903 Luft- hoher Geschwindigkeit in die Turbine. Diese wird
schrauben (Propeller) verwendet. Abgesehen von dadurch in Drehung versetzt. Die Drehbewegung
den selten verwendeten Druckpropellern, die ähn- der Turbinenwelle wird über das Getriebe auf den
lich wie bei einem Schiff an der Rückseite eines Propeller übertragen. Damit wird der größte Teil
Flugzeugs wirken, sind Luftschrauben üblicher- der Turbinenleistung zum Vortrieb des Flugzeugs
weise zusammen mit den Triebwerken an der genutzt. Ein Teil der Bewegungsenergie der ausströ-
Frontseite des Rumpfes oder an den Tragflächen zu menden Gase muss aber zum Antrieb des meist
finden. Man kann sich vorstellen, dass sich ein dre- aus mehreren Stufen bestehenden Verdichters ver-
hender Propeller gleichsam durch die Luft schraubt, wendet werden.
daher Luftschraube. Die hohe Betriebssicherheit von PTL- Triebwer-
Die rotierende Luftschraube erzeugt Luftdruck- ken erklärt sich aus der im Vergleich mit Ottomoto-
unterschiede, die das Flugzeug „vorwärts saugen“. ren geringen Anzahl von beweglichen Teilen. Prin-
Tatsächlich funktioniert aerodynamisch gesehen zipiell dreht sich nur die Welle mit den damit ver-
ein Propeller ähnlich wie die Tragflächen eines bundenen Verdichter- und Turbinenrädern. Die
Flugzeuges, die bei Anströmung durch die Luft Drehbewegung ist weitgehend gleichmäßig, d. h.
einen Druck an der Unterseite und einen Sog an ohne die beim Kolbenmotor typischen Vibrationen
der Oberseite erzeugen. Nur richtet sich die an den durch hin- und herbewegte Massen.
Propellerflügeln durch die Rotation erzeugte Kraft
nicht nach oben, sondern in Flugrichtung. Üblicher- Flugzeugzelle 3
weise bestehen Propeller aus zwei bis fünf sym- Stärker noch als im Automobilbau spielen im Flug-
metrisch angeordneten einzelnen Propellerblättern. zeugbau Gewicht und Strömungswiderstand eine
bestimmende Rolle. Für die strömungstechnische
Kolbentriebwerke Optimierung der Flugzeugzelle, bestehend aus
Zu Beginn der Motorfliegerei wurden ausschließ- Rumpf, Tragflächen und Leitwerk, wurden die ers-
lich Kolbenmotoren nach dem Ottoprinzip einge- ten Windkanäle entwickelt.
setzt, ähnlich wie sie in Kraftfahrzeugen verwendet Da jedes im Flugzeug wirkende Gewicht durch
werden. Die Forderung nach immer größeren und Auftrieb und damit durch Antriebsleistung kom-
schnelleren Flugzeugen führte zu leistungsstarken pensiert werden muss, ist die Zelle in Leichtbau-
Kolbenflugmotoren mit sehr großen Hubräumen weise ausgeführt. Dies bedeutet, dass fast aus-
und vielen Zylindern. schließlich Leichtmetalle und Kunststoffe Verwen-
Hochleistungskolbenmotoren für größere Ver- dung finden und massive Bauteile vermieden wer-
kehrs- und Transportflugzeuge sind sehr aufwen- den. Fachwerk- oder Schalenbauweise (Abb. 3) er-
dig, verschleißanfällig und erfordern intensive War- möglichen hohe Stabilität bei geringem Gewicht.
tung. Daher finden heute nur noch kleine Kolben- Bei der Schalenbauweise nimmt vorwiegend die
triebwerke in Reise- und Sportflugzeugen Verwen- Haut die Kräfte auf, bei der Fachwerkbauweise das
dung. innere Rohrgerüst.

Turboproptriebwerke (PTL-Triebwerke) 1 2 Sicherheit durch Redundanz


Für Transport- und Kurzstreckenverkehrsflugzeu- In der Fliegerei wird größtmögliche Sicherheit an-
ge (Abb. 1) im Geschwindigkeitsbereich bis ca. 800 gestrebt („safety first“). Sie wird vor allem dadurch
km/h stehen heute Turboproptriebwerke (Propeller- erreicht, dass alle wichtigen sicherheitsrelevanten
Turbinen-Luftstrahltriebwerke, PTL) zur Verfügung. Einrichtungen mehrfach vorhanden sind. Man
Diese sind leistungsstark, wirtschaftlich und spricht von redundanten Systemen. Verkehrsflug-
wegen ihres relativ einfachen Aufbaus wartungs- zeuge haben vor allem aus Sicherheitsgründen
freundlich. meist mehrere Triebwerke. Daneben sind alle für
Ein PTL- Triebwerk (Abb. 2) besteht aus Verdich- die Steuerung wichtigen Einrichtungen (z. B. An-
ter, Brennkammer, Turbine, Turbinenwelle mit Ge- zeigeinstrumente, elektrische Generatoren, Hyd-
triebe und Propeller. Der Verdichter saugt Luft aus raulikpumpen, Ventile usw. ) mindestens zweimal
der Umgebung an und presst sie mit hohem Druck vorhanden. Um auch bei einmotorigen Sportflug-
in die Brennkammer. In der Brennkammer wird die zeugen Sicherheit gegen Triebwerksausfall zu er-
Luft zusammen mit dem Brennstoff (Flugbenzin, reichen, ist die Zündanlage doppelt ausgeführt, da
Kerosin) verbrannt. Durch die Erwärmung dehnen sie der störungsanfälligste Teil eines Ottomotors ist.
VERKEHRSTECHNIK

Propellerflugzeuge 169
Düsenflugzeuge 170

In der Verkehrs- und Militärfliegerei haben heute werken. Für den Antrieb von Großraumflugzeugen
die Düsenflugzeuge die größte Bedeutung. Sie sind werden Fan-Triebwerke (Mantelstromtriebwerke mit
mit Turbinen-Luftstrahltriebwerken (TL-Triebwerken) großem Nebenstromverhältnis) verwendet. Fan-
ausgerüstet und ermöglichen hohe Geschwindig- Triebwerke, bei denen der Anteil der vorbeigeführ-
keiten. Verkehrsflugzeuge erreichen heute übli- ten Luft sehr groß ist, sind erkennbar an großen
cherweise Geschwindigkeiten von fast 1000 km/h. Bläserrädern am Triebwerkseingang. Etwa 70– 80 %
der angesaugten Luft werden als kalter Sekundär-
Antriebsprinzip strom um das eigentliche Triebwerk herumgeführt
Bei Düsenflugzeugen wird der erforderliche Vor- und in einer Sekundärschubdüse hoch beschleu-
trieb durch einen Abgasstrahl erzeugt. Nach hinten nigt. Der überwiegende Teil des Schubes wird
aus dem Triebwerk strömende Verbrennungsgase durch diesen Nebenstrom erzeugt. Neben gutem
üben eine nach vorne gerichtete Reaktionskraft auf Wirkungsgrad und entsprechend reduziertem
das Flugzeug aus (Rückstoß, Schub). Als Brenngas Treibstoffverbrauch ist auch die Lärmentwicklung
wird Luft verwendet, die ständig aus der Umge- durch den relativ langsam drehenden Bläser gerin-
bung angesaugt werden kann und in der Brenn- ger als bei den Triebwerken älterer Bauart.
kammer mit dem Treibstoff verbrannt wird. Durch
die Temperatursteigerung bei der Verbrennung Überschallflug 2
kommt es zu einer starken Ausdehnung der Ver- Düsenstrahltriebwerke ermöglichen Fluggeschwin-
brennungsgase, die daher mit hoher Geschwindig- digkeiten, die schneller als der Schall sind. Die
keit durch die Turbine und die Schubdüse ausströ- Schallgeschwindigkeit hat jedoch keinen konstan-
men. ten Wert, sondern hängt vom Luftdruck und damit
von der Temperatur ab, die mit zunehmender Höhe
Ausführung von Turbinen-Luftstrahltriebwerken 1 immer geringer wird. Der Mach- 1- Wert (Mach- Zahl
Im Prinzip stellt das TL- Triebwerk eine Vereinfa- Ma = 1) gibt die höhenabhängige Schallgeschwin-
chung des Propeller- Luftstrahltriebwerks (PTL) dar. digkeit an.
Da Propeller und Propeller- Getriebe entfallen, be- So wie Schiffe um sich herum Wellen erzeugen,
steht ein TL- Triebwerk prinzipiell nur aus dem Ver- so entstehen auch bei einem Flugzeug Luftschwin-
dichter, der Brennkammer und der Turbine. Die gungen, die als kugelförmige Schallwellen in alle
Luft wird angesaugt, verdichtet und in der Brenn- Richtungen abgestrahlt werden (Abb. 2). Befindet
kammer zusammen mit Treibstoff verbrannt. sich das Flugzeug in Ruhe, so sind die abgestrahl-
Während beim PTL- Triebwerk die aus der Brenn- ten Schallwellen symmetrisch. Hat das Flugzeug
kammer ausströmenden Gase fast vollständig zum eine Geschwindigkeit niedriger als die Schallge-
Antrieb des Propellers genutzt werden, haben TL- schwindigkeit, so sind die Schallwellen unsymmet-
Triebwerke nur kleine Turbinen, die gerade genü- risch. Ein entfernter Beobachter nimmt die erzeug-
gend Antriebsleistung für den Verdichter sowie für ten Luftdruckschwankungen dennoch als gleich-
einige Hilfsaggregate erzeugen. Daher können die mäßiges Geräusch wahr. Bei einem Flugzeug, das
ausströmenden Gase weitgehend ungehindert nach sich der Schallgeschwindigkeit nähert, wird der Ab-
hinten durch die Düse ausströmen und den erfor- stand der „Wellenberge“ vor dem Flugzeug immer
derlichen Schub erzeugen. Die hohe Ausströmge- geringer, da das Flugzeug den abgestrahlten Wel-
schwindigkeit der Verbrennungsgase, die ein Mehr- len folgt. Bei Erreichen der Schallgeschwindigkeit
faches der Schallgeschwindigkeit betragen kann, konzentrieren sich die abgestrahlten Wellenberge
ermöglicht sehr schnelle Düsenflugzeuge. zu einer einzigen Wellenfront mit hoher Energie-
Bei modernen TL- Triebwerken (Abb. 1) wird al- dichte, der so genannten „Schallmauer“. Ein Beob-
lerdings nicht die gesamte angesaugte Luft durch achter, der sich vor der Schallmauer befindet, hört
die Brennkammer zur Düse geleitet, sondern ein nicht, dass sich ein Flugzeug nähert. Er befindet
großer Teil wird in einem Ringkanal außen um die sich in der „Zone des Schweigens“. Beim Über-
Brennkammer herumgeführt und erst in der Düse schallflug ist der Schallbereich auf einen kegelför-
mit den Verbrennungsgasen gemischt. Es wird nur migen Raum hinter dem Flugzeug beschränkt, den
soviel Luft in der Brennkammer erhitzt, wie für den so genannten machschen Kegel, dessen Öffnungs-
Antrieb der Turbine und somit des Verdichters not- winkel µ von der jeweiligen Überschallgeschwin-
wendig sind. Diese Zweikreistriebwerke oder Mantel- digkeit des Flugzeuges abhängt. Ein Beobachter
stromtriebwerke haben einen wesentlich verbesser- nimmt den Schall als Knall erst wahr, wenn der
ten Wirkungsgrad gegenüber einfachen TL- Trieb- Schallkegel über ihn hinweg zieht.
VERKEHRSTECHNIK

Düsenflugzeuge 171
Hubschrauber 172

Während sich konventionelle Flugzeuge (Starrflüg- rend der untere Teil der Taumelscheibe keine Dreh-
ler) stets mit einer Mindestgeschwindigkeit vor- bewegung ausführt, dreht sich der obere Teil der
wärts bewegen müssen, damit die Tragflächen den Taumelscheibe mit dem Rotor mit und gleitet dabei
erforderlichen Auftrieb erzeugen, verfügen Hub- auf dem unteren Teil. Dabei führt die Schrägstel-
schrauber über bewegliche Tragflächen, die auch lung der Taumelscheibe zu einer Auf- und Abbewe-
ohne Vorwärtsbewegung des Hubschraubers Auf- gung der Schubstangen und damit im Verlauf einer
trieb erzeugen können. Damit können Hubschrau- Rotordrehung zu einem ständigen Wechsel des Ro-
ber sehr langsam fliegen, in der Luft stehen bleiben toranstellwinkels.
und sich sogar rückwärts bewegen.
Ausgleichsgelenke
Auftriebsprinzip des Hubschraubers 1 Die beim Vorwärtsflug unterschiedlichen Auftriebs-
Die bewegliche Tragfläche (Rotor) eines Hubschrau- kräfte an den einzelnen Rotorblättern würden bei
bers besteht aus mehreren Rotorblättern, die ein starrer Verbindung der Rotorblätter an den Rotor-
ähnlich gewölbtes Profil aufweisen wie die Trag- kopf dazu führen, dass der Hubschrauber seitlich
flächen eines Starrflüglers (→ Flugzeugprinzip). wegkippt und umschlägt. Diese Kippmomente
Wird der Rotor durch den Antrieb des Hubschrau- könnten entstehen, wenn die Auftriebskräfte über
bers (heute meistens ein Turbinentriebwerk) in die Rotorblätter eine Hebelwirkung auf den Rotor-
Drehung versetzt, entsteht durch die Luftströ- kopf erhalten.
mung um die Rotorblätter eine Auftriebskraft, die Um dies zu verhindern, verbindet man bei vielen
den Hubschrauber senkrecht nach oben stei- Hubschrauberkonstruktionen die starren Rotor-
gen lässt (Abb. 1). Dabei wird die Größe des Auf- blätter über Gelenke mit dem Rotorkopf. Dann wir-
triebs außer von der Rotorprofilform und der Rotor- ken nur noch senkrechte Kräfte auf den Rotorkopf
drehzahl auch vom Rotoranstellwinkel der Rotor- sowie die nach außen gerichteten Fliehkräfte der
blätter gegen die Luft bestimmt. Über ein Hebel- Rotorblätter, nicht jedoch Drehmomente, die den
werk kann der Anstellwinkel der Rotorblätter ver- Hubschrauber wegkippen können und die auch zu
größert oder verkleinert werden. So wird durch eine einer starken Belastung des Rotorkopfes und der
Vergrößerung des Anstellwinkels der Auftrieb und Blätter führen. Durch die gelenkige Befestigung
damit die Steiggeschwindigkeit des Hubschraubers machen die Rotorblätter schlagende Bewegungen
erhöht. (ähnlich wie ein Vogel seine Flügel schlägt), weil
sich im Laufe einer Umdrehung die Kräfte auf die
Vortrieb 2 3 Rotorblätter ständig ändern und die Blätter ent-
Um nicht nur eine senkrechte Bewegung, sondern sprechend den wirkenden Kräften nach oben oder
zusätzlich auch eine Vortriebsbewegung zu ermög- unten schwingen. Bei neueren Hubschrauberkon-
lichen, muss der Hubschrauber so geneigt werden, struktionen verbindet man die Blätter zwar starr
dass die Rotorachse nicht mehr senkrecht, sondern mit dem Rotorkopf, verwendet aber elastische Blät-
schräg zur Erdoberfläche steht. Dann erzeugt der ter, sodass sich ein ähnliches Bewegungsverhalten
Rotor neben einer Auftriebskraft auch eine Vor- wie bei gelenkig angebrachten Rotorblättern ergibt.
triebskraft schräg nach vorne (Abb. 2). Die für eine
Vorwärtsbewegung erforderliche Schrägstellung Seitensteuerung 4
des Hubschraubers, also das Anheben des Hecks, Nach dem Newtonschen Prinzip „Actio = Reactio“
wird dadurch bewirkt, dass jeweils das Rotorblatt, (→ Raketenprinzip) würde sich bei einem Hub-
das sich gerade über der Heckseite dreht, einen schrauber mit nur einem Rotor der Rumpf in entge-
größeren Auftrieb erzeugt. Einen großen Auftrieb gegengesetzter Richtung zum Rotor wegdrehen,
auf der Heckseite und einen kleinen Auftrieb auf wenn er nicht durch eine zusätzliche Kraft abge-
der Frontseite erreicht man dadurch, dass die An- stützt und am Drehen gehindert würde. Dazu dient
stellwinkel der Rotorblätter dementsprechend ver- der seitlich angebrachte Heckrotor (Abb. 4).
ändert werden. Er wird mit ca. 10 % der Triebwerksleistung ange-
Die ständige Änderung des Rotoranstellwinkels trieben. Er hält den Kurs des Hubschraubers stabil,
während einer Drehung des Rotors erfolgt durch indem er dem wegdrehenden Drehmoment entge-
die Taumelscheibe (Abb. 3). Entsprechend zur ge- genwirkt. Durch Ändern des Heckrotoranstellwin-
wünschten Flugrichtung stellt der Hubschrauber- kels kann der Hubschrauberpilot den Hubschrau-
pilot über Steuerstangen den unteren Teil der Tau- ber nicht nur geradeaus fliegen, sondern auch ge-
melscheibe in eine bestimmte Schrägstellung. Wäh- zielt um seine Hochachse drehen.
VERKEHRSTECHNIK

Hubschrauber 173
Segelflugzeuge 174

Segelflugzeuge stellen eine Sonderbauform von gen Höhenverlust. Ein Segelflugzeug mit einem
Flugzeugen dar, da sie über kein Triebwerk ver- Gleitverhältnis von 30 kann aus einer Höhe von
fügen. Sie werden vor allem als Sportgeräte ge- 500 m 15 km weit fliegen.
nutzt. In ihrer Form gleichen sie normalen Flug-
zeugen, sie sind aber durch extrem geringes Ge- Nutzung von Luftströmungen
wicht und große Tragflächen gekennzeichnet. In der Praxis setzen Segelflieger nicht einfach nur
Wegen des fehlenden Triebwerks können Segel- die beim Start gewonnene Flughöhe in eine Flug-
flugzeuge nicht selbstständig vom Boden aus star- strecke um, sondern versuchen durch Ausnutzung
ten. Man setzt daher Motorschleppflugzeuge oder von nach oben gerichteten Luftströmungen Flug-
Seilwinden ein, um Segelflugzeuge zu beschleuni- zeit und Flugstrecke zu verlängern. Aufwärts ge-
gen und in die Höhe zu ziehen. Dabei erzeugen die richtete Luftströmungen entstehen z. B. in bergigen
Tragflächen des Segelflugzeugs den erforderlichen Gebieten durch Wind. Segelflieger können durch
Auftrieb (→ Flugzeugprinzip). geschickte Nutzung der Aufwärtswinde an der
Windseite (Luvseite) eines Berges Höhe gewinnen.
Kräfte am Segelflugzeug 1 Nach oben gerichtete Luftströmungen entstehen
Der Flug eines Segelflugzeugs, das einmal Höhe und aber auch durch Erwärmung der bodennahen Luft.
Geschwindigkeit erreicht hat, wird durch seinen Durch Sonneneinstrahlung heizen sich der Erdbo-
Luftwiderstand gebremst. Um weiterhin genügend den und die bodennahen Luftschichten stark auf
Auftrieb durch anströmende Luft zu erhalten, muss und erwärmen die darüber liegende Luft, die da-
das Segelflugzeug einen nach unten gerichteten durch aufsteigt (Aufwind). Diese so genannte Ther-
Gleitflug ausführen. Der „Antrieb“ eines Segelflug- mik kann von Segelfliegern ausgenutzt werden,
zeugs ist die Erdanziehungskraft, sie hält das Segel- indem sie in der aufsteigenden Luft kreisen und
flugzeug in Bewegung. Bei einem nach unten gerich- Höhe gewinnen.
teten Gleitflug wirkt die in Flugrichtung liegende
Komponente V der Gewichtskraft G der Wider- Motorsegler
standskraft W entgegen (Abb. 1). Diese Komponente Motorsegler gleichen in ihrer Form den reinen Se-
wirkt in Flugrichtung und bewegt das Flugzeug vor- gelflugzeugen und haben wie diese weit ausladen-
wärts. Die zweite Komponente der Gewichtskraft de schlanke Tragflügel und einen leichten Aufbau.
wirkt senkrecht zur Flugrichtung und trägt nicht Um selbstständig starten zu können, verfügen Mo-
zur Bewegung des Flugzeugs bei. Sie muss durch torsegler über kleine Hilfsmotoren. Damit ist es
den Auftrieb der Tragflächen ausgeglichen werden. möglich, auch beim Ausbleiben von aufwärts gerich-
teten Luftströmungen Höhe zu halten. Wenn der
Gleitzahl 1 2 Hilfsmotor nicht benötigt wird, kann er bei einigen
Günstig gestaltete Segelflugzeuge haben großen Motorseglertypen in den Rumpf eingezogen wer-
Auftrieb bei kleinem Widerstand und ermöglichen den. Bei anderen Ausführungen werden zumindest
einen sehr flachen Gleitflug. Damit kann bei gerin- die Propeller in möglichst strömungsgünstige Stel-
gem Höhenverlust eine große Flugstrecke erreicht lung gebracht.
werden. Das Verhältnis von Widerstand zu Auftrieb
wird Gleitzahl genannt. Die Gleitzahl lässt sich aus Gleitschirme 3
dem Tangens des Gleitwinkels ε , d. h. des Winkels Während herkömmliche Segelflugzeuge und Motor-
zwischen Flugbahn und Horizontalebene (Abb. 1), segler weitgehend ähnlich wie Motorflugzeuge ge-
berechnen. Sie ist abhängig von der Formgebung staltet sind und z. B. über die gleichen Steuerungs-
des Flugzeuges und der Fluggeschwindigkeit. Bei einrichtungen verfügen, haben die seit einiger Zeit
der Geschwindigkeit des besten Gleitens hat die im Luftsport verbreiteten Flugdrachen und Gleit-
Gleitzahl einen Kleinstwert. Moderne Segelflug- schirme keine Steuerruder. Die rechteckige Schirm-
zeuge haben neben geringem Gewicht auch eine kappe des Gleitschirms füllt sich im Flug durch
sehr strömungsgünstige Form und große Spann- Stauluft und gewinnt dadurch ein tragflächenähnli-
weiten. So erreichen Hochleistungssegelflugzeuge ches Profil, das den Auftrieb erzeugt. Kurs und Flug-
(Abb. 2) heute eine Gleitzahl von 0, 018. Der Kehr- lage werden vor allem durch Gewichtsverlagerung
wert der Gleitzahl wird Gleitverhältnis oder aerody- des Piloten beeinflusst, oder es erfolgt eine Steue-
namische Qualität genannt. Dieses beschreibt für rung durch Ziehen von Steuerleinen, mit denen die
das in ruhender Luft gleitende Flugzeug das Ver- Form und damit das Richtungs- und Auftriebsver-
hältnis von horizontaler Flugstrecke zum zugehöri- halten des Fluggerätes verändert wird (Abb. 3).
VERKEHRSTECHNIK

Segelflugzeuge 175
Ballone und Zeppeline 176

Ballone waren die ersten Fahrzeuge, mit denen sich brenner, mit dem die Ballonfahrer die Luft im Bal-
Menschen in die Luft erhoben. Im Gegensatz zu der lon erhitzen, um aufzusteigen. Ein Segel dient als
später entstandenen Fliegerei mit „Flugzeugen Windschutz für den Brenner. Die Ballonhülle hat
schwerer als Luft“ entsteht bei Ballonen und Luft- auf der Oberseite eine Öffnung (Kalottenloch), die
schiffen der Auftrieb durch das archimedische Prin- normalerweise durch den inneren Ballondruck mit
zip (→ Schiffsprinzip). dem Parachute (Fallschirm) verschlossen wird.
Über Betätigungsleinen kann der Parachute herun-
Auftriebsprinzip tergezogen werden, sodass heiße Luft entweichen
Ballone und Luftschiffe haben einen großen Auf- kann und der Ballon sinkt.
triebskörper, der aus einer gasdichten Hülle mit
einer Traggasfüllung besteht. Wenn die Dichte des Zeppeline 3
Auftriebskörpers kleiner ist als die Dichte der um- Ballone ohne eigenen Antrieb bewegen sich mit
gebenden Luft, steigt der Ballon auf und kann gege- dem Wind und lassen sich kaum in ihrem Kurs be-
benenfalls sogar noch eine Nutzlast, z. B. eine Gon- einflussen. Erst ein angetriebener Ballon, ein Luft-
del mit Passagieren, tragen. Da Luft mit einer schiff, kann durch Ruder gesteuert werden. Nach
Dichte von ca. 1, 3 kg/m3 (bei einem Druck von 1 bar Erfindung des Verbrennungsmotors und der Luft-
und einer Temperatur von 0 °C) bereits ein leichtes schraube entwickelte man die so genannten Starr-
Gasgemisch ist, kommen als Füllung nur wenige luftschiffe oder Zeppeline. Bei diesen wird der zi-
Gase infrage. Im Wesentlichen ist dies reiner Was- garrenförmige Auftriebskörper durch ein fach-
serstoff, der rund 14- mal leichter als Luft ist, und werkartiges Metallgerüst gebildet, das mit Tuch be-
Helium, das rund 7- mal leichter als Luft ist. Wasser- spannt und mit Wasserstoff in getrennten Gas-
stoff ist einfach herzustellen und relativ preiswert, säcken gefüllt ist. Am Ende des Auftriebskörpers
hat aber den Nachteil, dass er zusammen mit Sauer- befindet sich ein Leitwerk mit Seiten- und Höhen-
stoff das hochexplosive Knallgas bildet. Das Edel- rudern. Für Besatzung und Passagiere ist eine Gon-
gas Helium hingegen ist unbrennbar, aber teuer. del fest mit dem Auftriebskörper verbunden. Die
Geringere Dichte als Luft unter Normalbedingun- Triebwerke mit den Luftschrauben befinden sich in
gen hat auch erwärmte Luft, die ebenfalls als Trag- separaten Triebwerksgondeln.
gas geeignet ist. Nach der Explosion des deutschen Zeppelins
„Hindenburg“ in Lakehurst, USA, 1937 ruhte der
Gasballone 1 Bau von Starrluftschiffen über fünfzig Jahre lang.
Gasballone haben eine kugelförmige, geschlossene Heute werden wieder Starrluftschiffe entwickelt
Hülle, meist mit Wasserstoff- oder Heliumfüllung und gebaut. Sie sollen z. B. für lang dauernde Über-
(Abb. 1). Über der Hülle befindet sich ein Netz, an wachungsflüge (z. B. im Küstenschutz) eingesetzt
dem der Korb hängt. Die Ballonfahrer können die werden, wobei der geringe Treibstoffverbrauch vor-
Vertikalbewegung außer durch gezielten Abwurf teilhaft ist. Die neuartigen Zeppeline (Abb. 3) haben
von Ballast (Sandsäcke) auch mit dem Ventil an der eine Heliumfüllung und bewegliche Propellertrieb-
Ballonoberseite beeinflussen. Durch Ablassen von werke, die eine größere Beweglichkeit des Luft-
Gas verringert sich das Volumen des Ballons und schiffes ermöglichen.
damit der Auftrieb, sodass der Ballon sinkt. Um
nach dem Landen ein Schleifen des Ballons auf Prallluftschiffe
dem Boden zu verhindern, kann durch Ziehen einer Die Technik von Prallluftschiffen (Blimps) liegt zwi-
Leine die Reißbahn geöffnet werden, sodass das Gas schen der von Gasballonen und Zeppelinen. Sie
schnell entweicht und die Ballonhülle rasch in sich haben einen zigarren- oder tropfenförmigen Auf-
zusammenfällt. triebskörper, jedoch ohne Metallgerüst. Die Strom-
linienform ist nur bei prall gefülltem Auftriebskör-
Heißluftballone 2 per gegeben. Die Passagiergondel hängt dicht am
Die modernen Heißluftballone, die als Sportgeräte Auftriebskörper. An der Gondel sind auch die Trieb-
große Verbreitung gefunden haben, unterscheiden werke befestigt. Gegenüber Starrluftschiffen ergibt
sich kaum von jenem ersten Ballon, den die Brüder sich damit eine schlechtere Manövrierbarkeit und
Montgolfier im Jahre 1783 bauten. Die Ballonhülle ein höherer Geräuschpegel für die Passagiere. Prall-
aus leichtem Stoff, der in Bahnen zusammengenäht luftschiffe werden seit langer Zeit in kleinen Stück-
ist, ist unten offen (Abb. 2). Unterhalb der Ballonöff- zahlen gebaut und vor allem für Rundflüge und
nung befindet sich der Korb mit dem Propangas- Werbung eingesetzt.
VERKEHRSTECHNIK

Ballone und Zeppeline 177


Kompass 178

Der Kompass dient zur Bestimmung des Standortes Radar


und zur Einhaltung des gewählten Kurses auf dem Der Radar ist ein elektronisches Navigationshilfs-
Land, in der Luft und auf See (Navigation). Mit mittel und Ortungsgerät für die Luft- und Schiff-
einem Kompass ist z. B. auf einem Schiff die Ermitt- fahrt. Er ermöglicht bei schlechter Sicht schon über
lung der Richtung des eigenen Kurses gegenüber große Entfernungen hinweg Landeanflüge oder das
der Nordrichtung möglich. Durchfahren enger Schifffahrtsstraßen. Darüber
hinaus dient der Radar u. a. als Hilfsmittel in der
Ablenkung des Kompasses 1 2 Meteorologie (z. B. zur Ortung und Beobachtung von
Die Achse des erdmagnetischen Feldes ist um etwa Stürmen, Schlechtwetterfronten), der Astronomie
13° gegen die Rotationsachse der Erde (Erdachse) (z. B. zur Oberflächenerforschung von Planeten) und
geneigt (Abb. 1). Die magnetischen Pole fallen somit zur Geschwindigkeitsmessung von Kraftfahrzeu-
nicht mit dem geografischen Nord- und Südpol der gen („Radarfalle“).
Erde zusammen. Eine Magnetnadel zeigt daher
auch nicht in die Richtung des geographischen Radar: Senden, Empfangen und Zeitmessen 3
Nordpols, nach dem alle Karten ausgerichtet sind Von einer Antenne mit parabolförmigem Reflektor
(rechtweisender Kurs), sondern in die Richtung des werden stark gebündelte elektromagnetische Wel-
nördlichen Magnetpols. len (im Mikrowellenbereich; → Mikrowellengerä-
An vielen Orten der Erde gibt es große Vorkom- te) in Form kurzer Impulse abgestrahlt. Treffen sie
men an eisenhaltigen Stoffen, die zu sich ständig auf ein Hindernis, so werden sie je nach Art des Ma-
ändernden Ablenkungen der Kompassanzeige füh- terials mehr oder weniger stark reflektiert und in
ren (missweisend Nord, in Deutschland zwischen 2° den Impulspausen von derselben Antenne wieder
und 4°). Alle Navigationskarten werden aus diesem empfangen. Diese Echoimpulse werden auf einem
Grund mit einer Missweisungsangabe versehen. Bildschirm sichtbar gemacht (Abb. 3). Dabei wird
Um den Kartenkurs (rechtweisend Nord) zu erhal- der Zeitabstand zwischen Abstrahlung und Echo
ten, muss das vom Kompass angezeigte misswei- gemessen. Da die Aussendung der Welle mit Licht-
send Nord um die jeweilige Missweisung (Deklina- geschwindigkeit erfolgt, kann so der genaue Ab-
tion) korrigiert werden. Der Kompass wird auch stand zum Objekt/Hindernis ermittelt werden.
durch die Eisenmassen des Schiffs, Fahr- bzw. Flug- Durch zweimaliges, kurz nacheinander erfolgendes
zeuges abgelenkt (Deviation). Zur Kompensation Vermessen des Ziels lässt sich aus der in der Zwi-
dieser Abweichungen befinden sich kleine Einstell- schenzeit veränderten Position auch dessen Ge-
magnete am Gehäuse (Abb. 2). Die noch vorhande- schwindigkeit bestimmen.
nen Restabweichungen werden in Tabellen (Devia- Die Radarantenne wird mit konstanter Ge-
tionstabellen) aufgelistet, nach denen jede Kom- schwindigkeit gedreht, sodass auf dem Bildschirm
passangabe (Kurs) entsprechend korrigiert wird. der eigene Standort in der Mitte liegt. Ringsum er-
gibt sich dann das Radarechobild der Umgebung.
Kugelkompass 2 Auf dem Bildschirm sind in vorgegebenen Abstän-
Der in Öl gelagerte Kugelkompass (ein Magnetkom- den (z. B. 5 Meilen) Kreise eingezeichnet, sodass die
pass) eines Schiffes (Abb. 2) nutzt die Richtwir- Entfernung zu den Objekten direkt abgelesen wer-
kung, die das Magnetfeld der Erde auf eine leicht den kann.
drehbar gelagerte Magnetscheibe (Kompassrose) Während in der Schifffahrt sowohl die unbeweg-
ausübt. Die Kompassrose mit Angaben der Him- ten (Küstenlinie, Seezeichen) als auch die beweg-
melsrichtungen und der Gradeinteilung kann sich ten Objekte (andere Schiffe) von Interesse sind, fin-
gegenüber dem Fahrstrich (in Schiffsrichtung vo- den in der Luftfahrt hauptsächlich die Bewegungen
raus) drehen, sodass der momentane Steuerkurs di- der Flugzeuge untereinander Beachtung. Die Fest-
rekt abgelesen werden kann. Sie ist kardanisch zielunterdrückung (Ausblenden der unbeweglichen
(nach allen Seiten drehbar) aufgehängt und am Objekte) liefert den Fluglotsen ein übersichtliches
Boden mit Blei beschwert, um eine möglichst ru- Bild der jeweiligen Verkehrslage im radarüber-
hige Lage sicherzustellen. wachten Luftraum, in dem lediglich die Flugzeuge
In Nord- und Südpolnähe arbeitet der Kugelkom- als helle Punkte erscheinen. Über einen Identifizie-
pass allerdings nicht mehr verlässlich, da die fast rungsimpuls per Radar wird gleichzeitig vom Flug-
senkrecht zur Erdoberfläche stehenden Magnet- zeug eine Information (Transponder) über Flug-
feldlinien (Abb. 1) kaum Kraft auf den Magneten höhe und Geschwindigkeit übermittelt und auf
ausüben können. dem Bildschirm angezeigt.
VERKEHRSTECHNIK

Kompass 179
GPS 180

Das GPS (Global Positioning System) ist ein welt- Standpunkt des Satelliten und den Schnittpunkten
weit genutztes Satellitennavigationssystem, das für mit Standkreisen weiterer Satelliten ist eine Stand-
jeden Punkt auf der Erde eine sehr genaue Stand- ortbestimmung des Empfängers möglich.
ortbestimmung möglich macht. So ist das System
z. B. in der Schifffahrt bei schlechten Wetterverhält- Die Empfängeruhr
nissen (starke Stürme, schlechte Sicht etc. ) und Während im Satelliten vier Atomuhren angebracht
gleichzeitig schwierigen Ansteuerungsbedingun- sind, verfügt ein GPS- Empfänger nur über eine we-
gen von hohem Nutzen. niger genaue Quarzuhr. Diese reicht für eine ge-
naue Standortbestimmung nicht aus, da schon Zeit-
Militärischer Ursprung – ziviler Nutzen differenzen von einer Hunderttausendstelsekunde
Ursprünglich wurde das GPS für die militärische eine Änderung von ca. 3 km bei der Ortsbestim-
Nutzung von den USA eingeführt und z. B. im Golf- mung ergeben. Um die Genauigkeit zu erhöhen,
krieg zur Lenkung von Raketen eingesetzt. Die Ge- werden zusätzlich spezielle Satellitenkods empfan-
nauigkeit beträgt im militärischen Nutzungsfalle gen und ausgewertet.
ca. 2 m im Zielumkreis. Für die zivile Nutzung in
der Schifffahrt, aber auch für Verkehrsleitsysteme Standortbestimmung 3
an Land und in der Luft wird die Genauigkeit von Die Satelliten senden einen etwa 1 Millisekunde an-
den Vereinigten Staaten reduziert. Sie beträgt dann dauernden Kode, der taktgleich auch vom Empfän-
noch ca. 100 m. Durch Zusatzsysteme mit land- gergerät erzeugt wird. Beim Vergleich mit den emp-
gestützten Ausgleichssendern wird die Genau- fangenen Satellitenkodes wird der Empfängerkode
igkeit für die zivile Nutzung jedoch wieder erhöht so lange variiert, bis er mit den übrigen empfange-
(Differential-GPS). nen Satellitendaten (Bahndaten, Entfernung, Kor-
rekturen der Erdoberfläche) übereinstimmt. Zur
Prinzip der Satellitennavigation 1 2 Korrektur der Empfängeruhr benötigt man die
Das Navigationssystem besteht aus 24 Satelliten, Daten von mindestens drei Satelliten. Die Stand-
die auf sechs Bahnen mit je vier Satelliten in die kreise der Satelliten bilden dann am Ort des Emp-
Umlaufbahnen der Erde gebracht wurden (Abb. 1). fängers ein Fehlerdreieck (Abb. 3a), das durch Ver-
Sie kreisen in ca. 20 200 km Höhe in 12 Stunden schieben aller Standkreise korrigiert wird. Dadurch
einmal um die Erde. In der Äquatorebene sind die erhält man den tatsächlichen Standort des Empfän-
6 Satellitenbahnen um 60° gegeneinander versetzt gers (Abb. 3b).
(6 x 60° = 360°), sodass von jedem Punkt der Erd-
oberfläche aus ständig Daten von mindestens vier Auswirkungen des GPS
Satelliten empfangen werden können. Für eine Aufgrund der durch das GPS erreichten Genau-
Standortbestimmung auf See benötigt man minde- igkeiten werden die bisherigen Verfahren der Orts-
stens drei Satelliten, für die Luftfahrt und die land- bestimmung immer unwichtiger. Andere Naviga-
gestützte Navigation vier Satelliten. tionssysteme (z. B. Decca) werden daher bald nicht
Das Prinzip der Satellitennavigation basiert auf mehr benötigt. Gleichzeitig wird die Anzahl der
der Messung von Laufzeitunterschieden der von Seezeichen (Fahrwasserbetonnung, Leuchtfeuer
den Satelliten gesendeten Signale. So ist es ent- etc. ) aus Kostengründen abgebaut. Durch die so ent-
scheidend, zu welcher Uhrzeit das Signal eines stehende Abhängigkeit vom GPS- System wäre bei
Satelliten auf der Erde empfangen wird. Für die einem Ausfall (z. B. im militärischen Nutzungsfall)
genaue Zeitmessung gibt es an Bord eines jeden die Seeschifffahrt weitgehend stillgelegt. In Kom-
Satelliten vier Atomuhren. Zur Uhrzeit werden au- bination mit einer computergestützten Navigation
ßerdem die Bahndaten des Satelliten und eine werden auch Seekarten zunehmend überflüssig.
große Anzahl von Korrekturdaten kodiert mitge- Sie werden mithilfe von Computern verarbeitet, die
sendet. Mit einem GPS-Empfänger werden die Daten Position wird über Schnittstellen der GPS- Geräte
der einzelnen Satelliten auf der Erde empfangen direkt eingelesen, ggf. mit dem Radarbild gekoppelt
und mit denen anderer Satellitenempfangsdaten und dokumentiert (elektronisches Logbuch).
verglichen. Aus der errechneten Distanz des Satelli- An Land wird das GPS zunehmend für Verkehrs-
ten ergibt sich um seinen senkrecht zur Erdoberflä- leitsysteme eingesetzt. Kraftfahrzeuge werden zu-
che liegenden (lotrechten) Punkt ein Standkreis künftig mit GPS ausgestattet werden und sie kön-
(Abb. 2). Dieser markiert alle Punkte gleichen Ab- nen dann über elektronische Landkarten geleitet
stands vom Satelliten zum Empfänger. Aus dem werden.
VERKEHRSTECHNIK

GPS 181
Raketen 182

Raketen sind Flugkörper, die durch das Rück- mig sind und erst bei Tiefsttemperaturen flüssig
stoßprinzip angetrieben werden. Dies ist das derzeit werden (Wasserstoff: −253 °C, Sauerstoff: −183 °C),
einzige bekannte Antriebsverfahren, das auch ist eine sehr gute Isolation der Tanks notwendig.
außerhalb der Erdatmosphäre funktioniert. Rake- Trotz des Mehraufwandes lohnt sich aber ihr Ein-
ten können so eine Fluggeschwindigkeit bis zu satz, da sie ca. 40 % mehr Schub erzeugen als an-
40000 km/h erreichen. dere Treibstoffgemische. Mit Wasserstoff und Sau-
erstoff arbeitet auch die Schubkammer des Vulcain-
Raketenprinzip und Raketenaufbau Triebwerks (Abb. 1), das in der neuen europäischen
Die Grundlage jedes Raketenantriebs ist das new- Trägerrakete Ariane 5 eingesetzt wird. Über ge-
tonsche Gesetz: „Actio = Reactio“, d. h. , jede Kraft trennte Einlässe und unter hohem Druck werden
(Actio) bewirkt eine gleich große entgegengesetzt der flüssige Wasserstoff und Sauerstoff in die
gerichtete Kraft (Reactio). Bei einer Rakete wird Schubkammer eingeleitet. Dabei wird der Wasser-
eine sehr große Masse an kleinen Teilchen (meist stoff nicht am Einspritzsystem, sondern an der Ver-
Gasmoleküle) mit großer Geschwindigkeit nach bindungsstelle zur Düsenverlängerung eingelassen
hinten ausgestoßen, wodurch eine Kraft entsteht, und strömt von dort durch 360 Kanäle im Mantel
die die Rakete nach vorne antreibt. der Schubkammer in das Einspritzsystem. Dabei
Um die jeweils zu beschleunigende Raketen- kühlt er die Schubkammer, die sonst der thermi-
masse möglichst gering zu halten, bestehen Rake- schen Belastung (Innentemperatur ca. 3 250 °C)
ten im Allgemeinen aus mehreren Antriebseinhei- nicht standhalten könnte. In der Düsenverlänge-
ten („Stufen“), die abgetrennt werden, nachdem sie rung, die ebenfalls durch flüssigen Wasserstoff
ihren Treibstoff verbraucht haben. Eine Antriebsein- gekühlt wird, erfolgt der größte Teil der Expansion
heit besteht aus Treibstofftanks und Triebwerk, wel- der austretenden Gase.
ches wiederum aus der Schubkammer, die sich aus
Brennraum und Düse zusammensetzt, und dem Ariane-Raketen 2
Fördersystem für Treibstofft gebildet wird. Neben Die Ariane 4 (Abb. 2) der europäischen Weltraumor-
den Antriebseinheiten sind die Lenk- und Steuer- ganisation ESA ist eines der bekanntesten Beispiele
systeme sowie der Nutzlastträger wichtige Bestand- für eine mehrstufige Weltraumrakete. Sie besitzt
teile einer Rakete. drei Stufen, die jeweils aus einer kompletten An-
triebseinheit bestehen. Die Schubkammern sind,
Raketenantrieb 1 um eine Steuerung zu ermöglichen, schwenkbar be-
Der Rückstoß beim Raketenantrieb wird meist festigt. Brennstoff und Oxidator sind jeweils in eige-
durch den Ausstoß von heißen Gasen erzeugt, die nen Tanks untergebracht. Die Ariane 4 kann meh-
beim Verbrennen des Treibstoffes, welcher aus rere Satelliten gleichzeitig als Nutzlast befördern. Je
Brennstoff und Oxidator (Sauerstoffträger) besteht, nach Gesamtgewicht werden zur Startschubverstär-
im Brennraum entstehen. Die Gase werden mit kung zusätzliche Feststoff- oder/und Flüssigtreib-
einer Düse durch allmähliche Expansion (Ausdeh- stoffbooster angebracht. Nach kurzer Brenndauer
nung) auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt. (43 s bzw. 143 s) werden sie abgetrennt und ver-
Beim Feststoffraketenantrieb befindet sich Brenn- glühen in der Atmosphäre. Auf die gleiche Weise
stoff und Oxidator als Gemisch fester Substanzen in wird in 100 km Höhe die Nutzlastenverkleidung, die
der Schubkammer. Dort wird der Treibstoff gezün- für den Start und beim Flug in der Atmosphäre aus
det und verbrannt. Aufgrund der fehlenden Schub- aerodynamischen Gründen und zum Schutz der Sa-
regulierung, der problematischen Wiederzündbar- telliten notwendig ist, entfernt. Eine Weiterentwick-
keit, der kurzen Brenndauer und dem im Vergleich lung der Ariane 4 ist die Ariane 5. Mit ihren stärke-
zu flüssigen Treibstoffen geringeren Energieinhalt ren Triebwerken soll sie auch die Möglichkeit bie-
fester Treibstoffe werden Feststoffantriebe nur als ten, als dritte Stufe eine Raumfähre mitzunehmen.
Starthilfe (so genannte Booster) sowie als Antriebe
für militärische Flugkörper eingesetzt. Zukunft der Raketentechnik
Als Haupt- und Steuerantriebe für Weltraumra- Eine interessante Neuentwicklung der Antriebs-
keten werden Flüssigbrennstoffantriebe eingesetzt. technik ist der Ionenantrieb, der sich z. B. für die La-
Die wichtigsten Brennstoffe sind Kerosin, Hydrazin geregelung von Satelliten eignet. Hier wird der
und Wasserstoff, als Oxidationsmittel dienen u. a. Schub nicht durch Verbrennung, sondern durch die
flüssiger Sauerstoff oder Stickstofftetroxid. Da Was- Beschleunigung eines ionisierten Gasstromes in
serstoff und Sauerstoff bei Raumtemperatur gasför- einem elektrischen Feld erzeugt.
RAUMFAHRT

Raketen 183
Lenkung und Navigation von Raumflugkörpern 184

Zur Beeinflussung der Flugbahn besitzen Raum- kombiniert. Durch Vergleich der aus beiden Verfah-
flugkörper immer ein Lageregelungs- und Len- ren gewonnenen Flugbahndaten und der Sollflug-
kungssystem. Grundlage jeder Lage- und Flugbahn- bahn im Bordcomputer können die Kreiseldriftfeh-
änderung (Raumflugmanöver) ist die Kenntnis der ler entweder sofort oder in Mittelkursmanövern
momentanen Position, Geschwindigkeit, Flugrich- ausgeglichen werden.
tung und Ausrichtung des Raumflugkörpers relativ
zu seinem Bezugspunkt, z. B. der Erde oder der Lenkung 2
Sonne. Als Lenkung bezeichnet man die Änderung der
Schwerpunktsbahn eines Raumflugkörpers. Eng da-
Trägheitsnavigation 1 mit verknüpft ist die Lageregelung, d. h. die
Zur Lagebestimmung benötigt jeder Raumflugkör- Winkeländerung um den Schwerpunkt. Im Bereich
per ein raumfestes Bezugssystem. Dieses liefert der Atmosphäre kann die Lenkung durch aerodyna-
eine um alle drei Raumrichtungen frei beweglich mische Hilfsmittel ähnlich wie bei Flugzeugen
gelagerte Trägheitsplattform (vollkardanische Auf- (→ Raumtransporter) erfolgen. Im leeren Raum fin-
hängung; Abb. 1). Auf ihr befinden sich jeweils um det die Lenkung nur durch Krafteinwirkung (Schub)
90° versetzt, zwei oder drei rasch rotierende Krei- in die gewünschte Richtung statt. Wegen der hohen
sel. Ein Kreisel hat die Tendenz, seine Achsrichtung Fluggeschwindigkeiten müssen die Steuerkräfte
beizubehalten (Raumstabilität). Auf quer zur Dreh- groß sein. Diese werden von den Haupttriebwerken
achse gerichtete Kräfte reagiert er durch Schwen- bereitgestellt. Eine Methode ist das Schwenken der
ken der Drehachse senkrecht dazu (Präzession). Die Haupttriebwerke. Bei größeren Lenkmanövern ist
Kreisel stabilisieren durch ihre Trägheit die Platt- der Schwenkbereich jedoch nicht ausreichend, wes-
form, die dadurch ihre Orientierung beizubehalten halb eine Lageänderung des gesamten Raumflug-
versucht. Jede Bewegung des Raumflugkörper wird körpers zum Ausrichten des Haupttriebwerkes er-
aufgrund der Lagerreibung auf die Plattform über- folgen muss (Abb. 2). Hierzu setzt man kleine Hilfs-
tragen. Überwiegt die Reibung, so bewegt sich die triebwerke (Steuertriebwerke) ein.
Plattform mit dem Raumflugkörper mit. Die Präzes-
sion der Kreisel löst dann ein Signal aus, das einem Raumflugmanöver 3
Regelkreis zugeführt wird. Dieser sendet wieder- Raumflugmanöver dienen zur Korrektur von Ab-
um Signale an die Elektromotoren an den Aufhän- weichungen zwischen der Sollflugbahn und der ge-
gungen. Die Motoren drehen die Kardanaufhän- flogenen Istflugbahn oder zur Anpassung an eine
gung, bis die ursprüngliche Lage wiederhergestellt neue Flugphase (z. B. Eintritt in einen Orbit). Dane-
ist. Damit bleibt die Plattform immer in derselben ben gibt es auch reine Lagekorrekturmanöver, um
Lage im Raum. Durch Messung der Orientierung z. B. bei Raumsonden die Antennen zur Erde und
des Raumflugkörpers relativ zur stabilisierten die Solarzellen zur Sonne auszurichten. Im Rah-
Plattform kann seine Lage bestimmt und mit der men eines Flugprogramms unterscheidet man zwi-
Solllage verglichen werden. Mithilfe von drei zuein- schen Anfangs- , Mittelkurs- und Endflugbahnma-
ander senkrecht stehenden Beschleunigungsmes- növer. Unter Anfangsflugbahnmanövern werden die-
sern auf der Plattform lassen sich die Richtung und jenigen Manöver verstanden, welche zu möglichst
Gesamtbeschleunigung des Raumflugkörpers be- genauen Ausgangswerten für die weiteren Flug-
stimmen. Aus der Integration der Beschleunigun- phasen führen. Sie werden meist noch in der Atmo-
gen in allen drei Raumrichtungen ergeben sich die sphäre und bei geringen Fluggeschwindigkeiten
Flugrichtung und Geschwindigkeit. Eine zweite In- ausgeführt. Mittelkursmanöver (Abb. 3) werden da-
tegration liefert die Position. Die so gewonnenen gegen grundsätzlich im luftleeren Raum vorgenom-
Daten werden mit der vorausberechneten Sollflug- men. Wegen der hohen Fluggeschwindigkeiten ist
bahn verglichen, und falls nötig werden Kurskor- der Energieaufwand bei Mittelkurslenkmanövern
rekturen eingeleitet. groß. Um Treibstoff zu sparen, wird deshalb nicht
Reine Trägheitsnavigation erfordert aufwendige jede Bahnabweichung sofort korrigiert, sondern zu
und teure Kreiselsysteme. Auch mit ihnen ist es vorausgeplanten Zeitpunkten die summierten Feh-
nicht möglich, Kreiseldriftfehler so weit auszuglei- ler mit jeweils einem Manöver ausgeglichen. End-
chen, dass bei Flügen über Wochen oder Monate flugbahnmanöver dienen für letzte Flugbahnkorrek-
hinweg eine ausreichende Lagereferenz gewährleis- turen unmittelbar vor dem Ziel, um möglichst ge-
tet ist. Deshalb wird die reine Trägheitsnavigation naue Ausgangswerte für die End- oder Zielanflug-
mit Zusatzsystemen wie Stern- oder Sonnenpeilern phase zu erhalten.
RAUMFAHRT

Lenkung und Navigation von Raumflugkörpern 185


Raumtransporter 186

Die Entwicklung des zurzeit (2003) einzigen ein- sich die 18, 3 m × 4, 6 m große Nutzlastbucht. In ihr
satzfähigen Raumtransportersystems, des Space- wird die zu transportierende Nutzlast platziert, die
shuttles der NASA (zivile Luft- und Raumfahrt- bis zu 22 680 kg wiegen darf. An der Längsseite der
behörde der USA; National Aeronautics and Space Nutzlastbucht kann ein Greifarm montiert werden,
Administration), begann bereits in den 1970er- Jah- mit dem sich z. B. Satelliten einfangen lassen, die
ren. Das Spaceshuttle ist ein bemanntes Raumfahr- zur Reparatur auf die Erde zurückgebracht werden
zeug, dessen wesentliche Bestandteile wieder ver- sollen.
wendbar sind. Es ermöglicht die Durchführung der Am Heck des Orbiters befinden sich die drei
verschiedenartigsten Missionen in der Raumfahrt. Haupttriebwerke und die so genannten OMS-Trieb-
Dabei kann es sich beispielsweise um den Trans- werke (engl. orbital maneuvering system, Orbital-
port, die Wartung oder Reparatur im Weltraum manöversysteme). Die Haupttriebwerke werden
oder das Einfangen und Zur- Erde- Zurücktranspor- gleichzeitig mit den Zusatz- Boostern gezündet und
tieren eines Satelliten oder die Durchführung wis- liefern mit je 1, 73 MN ein Drittel des Schubs beim
senschaftlicher Experimente handeln. Start. Nach dem Abschalten der Haupttriebwerke
dienen allein die OMS- Triebwerke dem Erreichen
Aufbau 1 des endgültigen Orbits (Umlaufbahn), der Ände-
Das Spaceshuttle (Abb. 1) besteht aus drei Hauptbe- rung und dem Verlassen des Orbits. Als Brennstoff
standteilen, dem Orbiter, dem großen Außentank werden Hydrazin und Distickstofftetraoxid verwen-
und den beigeordneten Feststoff- Boostern (→ Rake- det. Mit in das Gehäuse der OMS- Triebwerke sind
ten). Alle Bestandteile, bis auf den Außentank, sind die hinteren Triebwerke des RCS (engl. reaction con-
wiederverwendbar. trol system, „Rückstoßsteuerungssystem“) integ-
Die beiden Feststoff-Booster (je 45, 4 m hoch und riert. Zum RCS gehören noch weitere Triebwerke in
3, 7 m im Durchmesser) liefern beim Start mit 13, 8 der „Nase“ des Orbiters. Die RCS- Triebwerke die-
MN den Hauptteil des Schubs. Nachdem der Brenn- nen der Lageregelung und kleinen Geschwindig-
stoff verbraucht ist, werden sie abgetrennt und fal- keitsänderungen.
len zur Erde. Bremsfallschirme reduzieren die Auf-
schlaggeschwindigkeit auf der Ozeanoberfläche auf Typischer Flug 2
etwa 90 km/h. Ein Booster kann bis zu 19- mal ver- Einen typischen Flug des Spaceshuttles zeigt Abb.
wendet werden. 2. Nach dem Start werden in ca. 5, 8 km Höhe die
Der Außentank ist das größte Element des Space- Booster abgeworfen. In einer Höhe von ca. 114 km
shuttles. Er ist 45 m lang und hat einen Durchmes- werden die Haupttriebwerke abgestellt, und der
ser von 8, 7 m. Im Inneren befinden sich die Tanks Außentank trennt sich vom Orbiter. Jetzt wird der
für den flüssigen Wasserstoff und Sauerstoff, den Orbiter mithilfe der OMS- und RCS- Triebwerke be-
Treibstoff der drei Haupttriebwerke des Orbiters. wegt, erreicht seinen vorgesehenen Orbit und kann
Der vordere Tank enthält den flüssigen Wasserstoff seine geplanten Arbeiten durchführen. Der kriti-
und fasst ca. 500 000 Liter, der hintere Tank hat ein sche Teil des Flugs, die Landung, beginnt mit dem
Fassungsvermögen von etwa 1, 5 Mio. Liter und ent- Drehen des Orbiters und dessen Abbremsung mit-
hält den flüssigen Sauerstoff. Nach Brennschluss hilfe der OMS- Triebwerke. Der Orbiter „fällt“ da-
der Haupttriebwerke wird der Außentank vom Or- durch zur Erde zurück.
biter getrennt und fällt zur Erde, wobei er in der At- Für den Eintritt in die Atmosphäre muss der Or-
mosphäre verglüht. biter so ausgerichtet werden, dass die Hitzeschilde
Der Orbiter, das „Herzstück“ des Spaceshuttles, an der Unterseite der Atmosphäre zugewandt sind.
lässt sich bis zu 100- mal wieder verwenden. Bei der Aufgrund der zu Anfang noch sehr hohen Ge-
Rückkehr aus dem All kann er mithilfe seiner Del- schwindigkeit wird die den Orbiter umgebende
taflügel, des Höhenquerruders und des Seitenru- Luft ionisiert und unterbindet so den Funkkontakt.
ders innerhalb der Atmosphäre wie ein Flugzeug Im Weiteren bremst der wachsende Luftwiderstand
gesteuert werden. Auf dem Flugdeck im vorderen den Orbiter und heizt seine Unterseite sehr stark
Teil des Orbiters befindet sich die Flugkontrolle. auf. Mit sinkender Höhe kann der Orbiter mit sei-
Darunter liegt das Mitteldeck, das als Schlaf- und nen Höhenquer- und Seitenrudern gelenkt werden.
Essraum für die Mannschaft dient. Nur in diesem Durch den Kurvenflug bremst er immer weiter ab
vorderen Bereich herrscht eine Atmosphäre wie auf und landet dann im Gleitflug. Nach eingehender
der Erde, sodass keine Raumanzüge getragen wer- Wartung kann der Orbiter für neue Raumflüge ver-
den müssen. Im mittleren Teil des Orbiters befindet wendet werden.
RAUMFAHRT

Raumtransporter 187
Satelliten 188

Satelliten sind unbemannte Raumflugkörper, die langt der Satellit zunächst auf eine so genannte
sich auf einer festen Umlaufbahn (Orbit) um die Transferbahn, eine stark elliptische Bahn mit
Erde bewegen. Wissenschaftliche Satelliten dienen einem Perigäum von 200 km und einem Apogäum
der Erforschung der unmittelbaren Erdumgebung, von ca. 35 800 km. Im Apogäum wird ein Zusatz-
z. B. der hohen Atmosphäre (ab ca. 200 km), des triebwerk (Apogäumstriebwerk) gezündet, wo-
Erdmagnetfeldes, des Solarwindes, aber auch des durch die elliptische Bahn zu einer geostationären
Weltalls aus einer Erdumlaufbahn heraus, z. B. Kreisbahn aufgeweitet und die startplatzbedingte
mit dem Hubble- Teleskop. Anwendungssatelliten Anfangsinklination eliminiert wird.
werden für die Wetterbeobachtung, Navigation
(→ GPS) und Kommunikation (Übermittlung von Satellitenaufbau 3 4
Telefongesprächen, Fernsehübertragungen usw. ) Die Grundbestandteile eines Satelliten sind die Sys-
eingesetzt. teme zur Energieversorgung, für die Kommuni-
kation und die Lageregelung. Das Energieversor-
Umlaufbahnen 1 2 gungssystem besteht i. d. R. aus Solarzellen und
Jeder Körper, der die Erde unter dem Einfluss der aufladbaren Batterien. Die Batterien sind notwen-
Schwerkraft umkreist, bewegt sich auf einer ellipti- dig, um die Energieversorgung aufrechtzuerhalten,
schen Bahn (Abb. 1), die nur von der Geschwindig- wenn die Sonne von der Erde verdeckt wird. Die An-
keit und dem Startwinkel abhängt. Der erdnächste tennen dienen dazu, die Telekommunikations- oder
Bahnpunkt heißt Perigäum, der am weitesten ent- Fernsehsignale zu empfangen und weiterzuleiten
fernte Apogäum. Die Bahnneigung wird durch den oder, im Fall von Beobachtungssatelliten, gemes-
Winkel (Inklination) angegeben, den die Bahnebene sene Daten zur Erde zu senden. Eine weitere wich-
mit der Äquatorialebene bildet. Bei einer Inklina- tige Aufgabe der Antennenanlage ist es, Daten über
tion von 0° spricht man von einer äquatorialen Zustand (Temperatur, Stromversorgung usw. ) und
Bahn, bei 90° von einer Polarbahn. Inklination und Position des Satelliten (Telemetrie) zu übermitteln
Startort eines Satelliten hängen eng zusammen. Po- und Kommandosignale zu empfangen. Aufgrund
lare Bahnen können von jedem beliebigen Startort der Einwirkung von Störkräften, wie z. B. des Gravi-
aus erreicht werden. Für Bahnen mit einer Inklina- tationsfeldes der Sonne oder des Mondes, würde
tion kleiner 90° gilt, dass die Inklination, falls nach ein Satellit mit der Zeit seinen Orbit und seine Aus-
dem Start keine Bahnkorrekturen vorgenommen richtung verändern. Deshalb ist ein System zur La-
werden, nie kleiner als der Breitengrad des Ab- gestabilisierung und Lageregelung notwendig. Die
schussortes wird. Für äquatoriale oder schwach ge- meisten geostationären Satelliten besitzen eine
neigte Bahnen ist deshalb ein Startplatz nahe dem Dreiachsenstabilisierung (zum Erdmittelpunkt hin,
Äquator günstig. Außerdem ist es bei diesen Bah- senkrecht zur Äquatorebene und in Bahnrichtung),
nen vorteilhaft, Satelliten in östliche Richtung zu die auf der stabilisierenden Wirkung eines oder
starten. Man erhält so die Erdrotationsgeschwindig- mehrerer schnell rotierender Schwungräder bzw.
keit des Startplatzes als zusätzliche Satellitenge- Kreisel beruht (→ Trägheitsnavigation). Zur Lage-
schwindigkeit „geschenkt“. Die Rotationsgeschwin- regelung dienen Steuerdüsen, welche an der
digkeit ist am Äquator am größten (463 m/s) und Außenseite des Satellitengehäuses angebracht sind.
nimmt zu den Polen hin ab. Die notwendige Treibstoffmenge begrenzt die maxi-
Eine besonders wichtige Bahn ist die äquatoriale male Lebensdauer eines Satelliten auf ca. 10 Jahre.
Kreisbahn in ca. 35 800 km Höhe, die so genannte Moderne Satelliten wie der Fernsehsatellit TV-
geostationäre Bahn. Auf ihr ist die Umlaufzeit eines Sat (Abb. 3 und 4) sind modular aufgebaut. Sie be-
Satelliten gleich der Dauer einer Erdumdrehung. stehen aus vier Modulen: Antriebsmodul mit Treib-
Dies bedeutet, dass der Satellit für einen irdischen stofftanks, Steuerdüsen und Apogäumstriebwerk,
Beobachter am Himmel fixiert ist. Vorteile einer sol- Servicemodul mit Kommando- und Kontrollsystem,
chen Umlaufbahn sind, dass z. B. Kommunikations- Batterien, Stabilisierungsschwungrad und Strom-
satelliten 24 Stunden für ein festes Gebiet zur Ver- verteilungssystem, Kommunikationsmodul zur Ver-
fügung stehen und Empfänger und Sender von Te- stärkung und Konvertierung (Umwandlung) von
lefongesprächen oder Fernsehprogrammen fest Fernsehsignalen und Antennenmodul mit Anten-
ausgerichtet werden können und nicht nachgeführt nenturm und parabolischen Reflektoren. Das An-
werden müssen. Geostationäre Satelliten werden tennenmodul muss immer auf die Erde ausgerich-
nicht direkt auf ihre Umlaufbahn gebracht. Bei z. B. tet sein. Der modulare Aufbau ermöglicht es, auf
einem Start vom Startplatz Kourou (Abb. 2) aus ge- spezielle Anforderungen einzugehen.
RAUMFAHRT

Satelliten 189
Raumstationen 190

Raumstationen ermöglichen es Astronauten, sich Schwungradgehäuse auf die Station übertragen


über mehrere Monate im Weltraum aufzuhalten. In und bewegt sie. Die ansonsten erwünschte stabili-
der Raumstation wird eine der Erde ähnliche Atmo- sierende Kreiselwirkung (→ Trägheitsnavigation)
sphäre und Temperatur geschaffen, sodass die der Schwungräder ist in diesem Fall ein Wider-
Astronauten keine Raumanzüge tragen müssen. stand, der erst überwunden werden muss. Im Nor-
Die Schwerelosigkeit in der Raumstation ermög- malfall reichen die Schwungräder aus, um die Lage
licht eine Reihe von speziellen Untersuchungen, der Raumstation zu stabilisieren.
wie z. B. zum Kristallwachstum oder zum Einfluss Die Besatzung besteht normalerweise aus drei
der fehlenden Gravitation auf Lebewesen. Ein be- Personen. Der Sauerstoff an Bord wird durch Elek-
sonders interessantes Studienobjekt stellen dabei trolyse aus Wasser erzeugt, das in Tanks mitgeführt
die Astronauten selbst dar. Die Körperfunktionen sowie durch Luftentfeuchtung und Aufbereitung
der Astronauten werden während des Aufenthaltes aus Duschwasser und Urin gewonnen wird. Die
in der Raumstation ständig kontrolliert. Darüber Luft an Bord wird durch ein Filtersystem von Koh-
hinaus bietet die besondere Lage einer Raumsta- lendioxid und gefährlichen Spurengasen gereinigt.
tion in der Erdumlaufbahn Möglichkeiten zu Erd- Für die Ver- und Entsorgung wird eine unbe-
und Weltraumbeobachtungen. mannte Progress- M- Versorgungskapsel, die am
Die erste Raumstation war 1971 die russische Sta- Modul Kvant andocken kann, benutzt. Beim Rück-
tion Saljut 1. Sie hatte eine Lebensdauer von nur flug zur Erde verglüht diese dann in der Atmo-
sechs Monaten. Ihr folgten die Stationen Saljut 2 sphäre. Den Transport der Besatzung übernimmt
bis 5. Die so genannte zweite Generation von Raum- eine Sojus- TM- Raumkapsel. Sie bleibt am axialen
stationen (Saljut 6 und 7) war betankbar und Kopplungsstutzen angekoppelt und steht so als Ret-
konnte sich so länger im Orbit halten. Saljut 6 war tungskapsel zur Verfügung. Eine weitere Ankoppel-
von 1977– 1982 (davon zwei Jahre bemannt) und möglichkeit gibt es am Modul Kristall. Sie dient als
Saljut 7 von 1982– 1988 im All. Auch die amerikani- Anlegestelle für ein US- Spaceshuttle (→ Raum-
sche NASA betrieb ab 1973 mit Skylab eine Raum- transporter) oder eine Sojus- TM- Raumkapsel.
station. Sie war allerdings nur bis 1974 bemannt. Das Basismodul (Abb. 1) ist das Zentrum der Sta-
Danach bewegte sich die Station auf immer enge- tion. Es ist 13, 13 m lang und hat einen maximalen
ren Bahnen um die Erde, bis sie schließlich 1979 in Durchmesser von 4, 15 m. Es bietet über den axialen
die Erdatmosphäre eintrat und verglühte. und den hinteren Kopplungsstutzen sechs Ankop-
pelmöglichkeiten. Das Innere ist in Kontrollsektion
Die Raumstation MIR 1 2 und Wohnraum unterteilt. In der Kontrollsektion
Die letzte über einen längeren Zeitraum genutzte befindet sich das zentrale Kommandopult, von dem
Raumstation war die russische Station Mir („Frie- aus die ganze Station überwacht und gesteuert wer-
den“). Obwohl ursprünglich nur für eine Lebens- den kann. Im nicht druckbeaufschlagten Teil des
dauer von fünf Jahren konzipiert, umflog sie die Wohnraums befinden sich die Treibstofftanks und
Erde von 1986 bis 2001 in einer Entfernung von das Antriebssystem. Die weiteren Module enthal-
350– 400 km, mit einer Inklination (→ Satelliten) ten den Hauptteil der wissenschaftlichen Ausrüs-
von 51, 6° und mit einer Umlaufzeit von ca. 90 Mi- tung. Hierzu gehören astrophysikalische Instru-
nuten. mente zur Beobachtung von Galaxien, Quasaren
Die Mir besteht aus dem 1986 gestarteten Basis- und Neutronensternen (Kvant 1 und 2) sowie In-
modul (Abb. 1) und den nachträglich angekoppelten strumente zur Erdbeobachtung (Kvant 2, Spektr,
Modulen Kvant 1, Kvant 2, Kristall, Spektr und Pri- Priroda).
roda (Gesamtansicht in Abb. 2). Große Solarzellen-
träger an den einzelnen Modulen liefern die benö- Die Internationale Raumstation ISS
tigte Energie, solange sich die Station außerhalb Die Erfahrungen der Mir sind in den Bau und
des Erdschattens befindet. Gleichzeitig laden sich Betrieb der internationalen Raumstation ISS ein-
die Batterien auf, die die Energieversorgung sicher- geflossen, die als internationales Gemeinschafts-
stellen, wenn sich die Station im Erdschatten be- projekt unter Beteiligung von 15 Staaten betrieben
wegt. Zur Lageregelung sind mehrere Schwungrä- wird. 1998 wurde das erste Element dieser Station
der/Kreisel und Steuertriebwerke (→ Lenkung) auf in die Umlaufbahn gebracht, 2000 wurde die erste
die Module verteilt. Beim Beschleunigen eines ständige Besatzung aufgenommen. Es werden im-
Schwungrades übt dieses eine rückwirkende Kraft mer weitere Module angefügt, und die endgültige
auf den Antrieb aus. Diese Kraft wird über das Fertigstellung ist für 2006/2007 vorgesehen.
RAUMFAHRT

Raumstationen 191
Raumsonden 192

Raumsonden sind unbemannte Raumflugkörper der ganzen Raumsonde ist das Aussenden einer
zur Erforschung der Planeten und der Sonne. Missi- kleinen Landesonde. Andere Messgrößen wie z. B.
onsziele können der Vorbeiflug, das Einschwenken Magnetfelder oder geladene Teilchen können mit
in eine Umlaufbahn oder die Landung auf dem Ziel- entsprechenden Sensoren von der Raumsonde di-
objekt (z. B. Planet oder Mond) sein. Raumsonden rekt bestimmt werden.
ermöglichen Beobachtungen, die von der Erde aus Die Grundbestandteile des nicht- wissenschaftli-
nicht möglich sind. So lieferte beispielsweise 1959 chen Teils einer Raumsonde sind ein Energiever-
die Mondsonde Luna 3 die ersten Bilder von der sorgungssystem, ein Navigationssystem, Antennen
erdabgewandten Seite des Mondes. Solche Beobach- zur Übermittlung von Telemetrie- und Messdaten
tungsmissionen liefern die Planungsgrundlagen und zum Empfang von Kommandosignalen sowie
(Landeplätze, atmosphärische Verhältnisse etc. ) für je ein System zur Lageregelung und Lagestabilisie-
Missionen, die eine Landung (bemannt oder unbe- rungs (→ Trägheitsnavigation, → Satelliten).
mannt) auf dem jeweiligen Planeten vorsehen. Die Ausführung dieser Systeme lassen sich an
der Jupiterraumsonde Galileo (Abb. 2) zeigen. Da
Flug einer Raumsonde 1 die große Entfernung zwischen Jupiter und Sonne
Die vorgesehene Flugbahn der Raumsonde wird eine Energiegewinnung mit Solarzellen unmöglich
unter Berücksichtigung der Gravitationswirkung macht, besitzt Galileo zwei Radioisotopenbatterien.
der Sonne und der Planeten berechnet. Nachdem Sie nutzen die beim radioaktiven Zerfall von Pluto-
die Sonde die Anziehung der Erde überwunden hat, nium- 238- Dioxid freiwerdende Wärme zur Strom-
bewegt sie sich auf einer Umlaufbahn um die erzeugung (570 W beim Start, 485 W beim Ende
Sonne. Diese Bahn wird durch die Gravitation der der Mission). Der obere Teil von Galileo dreht sich
nahe gelegenen Planeten beeinflusst. Bei einem bis zu zehnmal pro Minute und stabilisiert so die
Vorbeiflug an einem Planeten kann die Sonde je Lage der Sonde. Der untere (nicht drehende) Teil
nach Größe des Gravitationsfeldes und der Eigenbe- enthält u. a. die zusätzliche Eintauchsonde (eine
wegung des Planeten eine zusätzliche Beschleuni- Landung ist nicht möglich, da Jupiter ein Gasplanet
gung erhalten. Man bezeichnet dies als Swing-by- ist), eine Antenne zur Kommunikation mit der Ein-
Manöver. Es ermöglicht, bei gleicher Treibstoff- tauchsonde, eine Kamera und ein Spektrometer.
menge die wissenschaftliche Nutzlast der Sonde er- Die Eintauchsonde selbst besteht aus dem Instru-
heblich zu erhöhen oder ihre Reisezeit zu reduzie- mententräger und einem umgebenden Hitzeschild.
ren, was insbesondere bei Reisen zu den äußeren Dieser wird nach dem Durchqueren der ersten Gas-
Planeten unseres Sonnensystems vorteilhaft ist. So schichten entfernt. Die atmosphärischen Bedingun-
nutzte die Raumsonde Galileo das Gravitationsfeld gen begrenzen die Funktionsdauer auf ca. 60 Minu-
der Venus und der Erde, um sich auf ihre sechs- ten. Zur Kommunikation mit der Erde hat Galileo
jährige Reise zum Jupiter zu „katapultieren“. Dabei zwei Antennen mit unterschiedlichen Übertra-
konnte sie vor Erreichen ihres eigentlichen Zieles gungsraten. Die Antenne mit hoher Übertragungs-
noch etliche Untersuchungen vornehmen (Abb. 1). rate war beim Flug durch das innere Sonnensystem
Eine solche Kursplanung erfordert beim Start zusammengefaltet, um sie vor dem Einfluss der
eine bestimmte Planetenkonstellation. Die Zeit- Sonne zu schützen. Sie ließ sich danach jedoch nicht
spanne, in der diese gegeben ist, bezeichnet man vollständig entfalten, weshalb die gesamte Kom-
als Startfenster. Es kann für mehrere Wochen offen munikation über die Antenne mit niedriger Über-
und danach für mehrere Jahre geschlossen sein. tragungsrate läuft. Trotz dieses Problems kann Ga-
lileo fast alle wissenschaftlichen Aufgaben erfüllen.
Aufbau einer Raumsonde Raumsonden werden auf längere Zeit die einzige
Die wissenschaftliche Nutzlast wird durch die Möglichkeit sein, den anderen Planeten unseres
durchzuführenden Untersuchungen und das Missi- Sonnensystems einen „Besuch“ abzustatten. Ein
onsziel bestimmt. Für Beobachtungen aus dem Problem hierbei sind die immensen Kosten, die nur
Orbit oder beim Vorbeiflug an Planeten werden durch Kooperation mehrerer Staaten aufgebracht
CCD- Kameras (→ Videokameras) verwendet. Die werden können. Dies ist einer der Gründe, warum
chemische Zusammensetzung der Oberfläche oder Raumsonden in den nächsten Jahren vornehmlich
der Atmosphäre lässt sich mit Spektrometern be- den Mars untersuchen werden: Die kürzere Entfer-
stimmen. Für genauere Untersuchungen ist dabei nung von der Erde und die, im Vergleich zu ande-
eine Landung bzw. ein Durchfliegen der Atmo- ren Planeten, nicht zu extremen Umweltbedingun-
sphäre notwendig. Eine Alternative zur Landung gen bedeuten weniger Aufwand.
RAUMFAHRT

Raumsonden 19
Marssonde und Marsfahrzeug 194

Bei Marsmissionen kommen spezielle Marssonden Elektronik des Rovers. Erwärmt wird sie durch drei
und - fahrzeuge zum Einsatz. Hauptzweck der Path- Radioisotopeneinheiten, welche die beim radioakti-
findermission 1997 war es, neue Technologien, z. B. ven Zerfall von Plutonium- 238 frei werdende Ener-
den Einsatz eines kleinen, frei beweglichen Fahr- gie als Wärme abgeben (je 1 Watt). Ein fast ge-
zeugs, zu erproben. Der wissenschaftliche Teil der wichtsloses Silikatgel isoliert die Box thermisch
Mission umfasste neben Untersuchungen des Wet- gegen die Außentemperaturen (zwischen 0 und
ters auf dem Mars auch mineralogische Studien. Zu — 80 °C).
diesem Zweck brachte ein kleines, von der Erde Das spezielle Fahrgestell des Rovers passt sich
ferngesteuertes Fahrzeug, der Marsrover Sojourner, dem Untergrund an, was eine hohe Stabilität beim
das Untersuchungsgerät AXPS zu mehreren Ge- Fahren durch felsiges, unebenes Gelände ermög-
steinsbrocken in der Nähe von Pathfinder. licht. So kann sich eine Seite des Rovers beim Über-
fahren eines Felsens bis zu 45° neigen, ohne dass
Marssonde 1 der Rover umkippt. Drei Bewegungssensoren leiten
Nach der Landung auf dem Mars und dem Ausset- bei Umkippgefahr einen Sofortstopp ein. Dies ist
zen des Rovers war die Marssonde Pathfinder (Abb. notwendig, da Signale von der Bodenstation zum
1) die zentrale Verbindungsstelle zwischen Mars Mars ca. 10 min und 40 s benötigen und deshalb
und Bodenstation. Über ihre Antennen lief die ge- eine unmittelbare Reaktion über Fernsteuerung
samte Kommunikation (auch mit dem Rover). nicht möglich ist.
Tagsüber übernahmen drei Solarzellenfelder die Jede Fahrt des Rovers wurde zuvor am Computer
Energieversorgung, nachts wurde auf wieder auf- simuliert. Hierzu wurden die von IMP aufgenom-
ladbare Silber- Zink- Batterien zurückgegriffen. menen Bilder des Landeplatzes in ein dreidimen-
Pathfinder enthielt zwei wissenschaftliche In- sionales Computermodell übertragen. Darin konnte
strumente: Mit der multispektralen Stereokamera ein „virtueller“ Rover umherfahren. So konnte der
IMP (engl. imager for Mars Pathfinder) wurde die beste Weg und die notwendigen Steuerbefehle er-
nähere und weitere Umgebung des Landeplatzes mittelt werden.
optisch erfasst und der Aerosol- und Staubgehalt
der Atmosphäre charakterisiert. Das meteorologi- Das APX-Spektrometer
sche Modul ASI/MET (engl. atmospheric structure Das APX-Spektrometer (Alpha Protron X- Ray Spect-
instrument/meteorology package) maß Temperatur, rometer) dient zur quantitativen Bestimmung der
Druck und Windgeschwindigkeit. Beim ASI/MET chemischen Elemente im Marsboden und Marsge-
wird die Temperatur von an einem Mast befestig- stein. Es besteht aus einem Sensorkopf, der sich am
ten Thermoelementen gemessen. Ein Sensor an der ausfahrbaren Arm an der Frontseite des Rovers be-
Spitze dieses Mastes bestimmt Windrichtung und findet, und der zugehörigen Elektronik. Das Instru-
Windgeschwindigkeit. Ferner befinden sich an dem ment kann die Häufigkeit der wichtigsten Elemente
Mast in verschiedenen Höhen kleine Windsäcke, außer Wasserstoff bestimmen, sofern sie wenigs-
die regelmäßig von der IMP- Kamera beobachtet tens 1/1000 der Gesamtmasse des untersuchten Ob-
wurden. Aus diesen Bildern lassen sich Windrich- jekts ausmachen. Hierzu wird das Objekt mit
tung und - geschwindigkeit in verschiedenen Alphateilchen (Heliumkernen) aus einer Curium-
Höhen ableiten. 244- Quelle beschossen. Sie können an den Atomen
des Objekts zurückgestreut werden oder die Emis-
Marsfahrzeug (Rover) 2 3 sion von Röntgenstrahlen oder Protonen bewirken.
Der Marsrover Sojourner (Abb. 2) war während der Die Energie der emittierten oder rückgestreuten
Reise zum Mars auf eine Höhe von 18 cm zusam- Teilchen ist charakteristisch für das jeweilige
mengefaltet (Abb. 3). Nach dem Ausklappen konnte Atom. So lässt sich aus der Zahl der detektierten
sich Sojourner mit einer Fahrgeschwindigkeit bis Teilchen, bei einer bestimmten Energie, auf die
zu 1 cm/s auf dem Mars fortbewegen. Häufigkeit des entsprechenden Elements im Objekt
Die Oberseite des Rovers ist mit Solarzellen be- schließen.
deckt, welche die Energieversorgung während des Die Pathfindermission bildete nur den Auftakt
Marstages sicherstellen. Zusätzlich befindet sich zu einer Reihe von Marsmissionen; es ist geplant,
dort ein Massensensor, mit dem die Menge (Masse) weitere Raumsonden zum Mars zu schicken. Diese
des anhaftenden Marsstaubes bestimmt werden werden von den Erfahrungen, die mit dem Mars-
kann. Das zentrale Element des Rovers ist die Elekt- fahrzeug Sojourner und der Landesonde Pathfinder
ronikbox. Sie enthält die Batterien und die gesamte gewonnen wurden, profitieren.
RAUMFAHRT

Marssonde und Marsfahrzeug 195


Grundlagen der Gentechnik 196

Die Erbsubstanz beinahe aller Lebewesen, vom ein- seine Schnittstelle anhand einer charakteristischen
fachen Bakterium bis zum Menschen, besteht aus Abfolge der DNA- Bausteine (Abb. 3). Dem Gentech-
doppelsträngiger DNA (engl. deoxyribonucleic acid nologen stehen heute Hunderte dieser sehr spezi-
= Desoxyribonukleinsäure) und ist in Abschnitte, so fischen „kleinen Helfer“ zur Verfügung. Die Namen
genannte Gene, unterteilt. Diese sind für die Ausbil- der meisten Restriktionsenzyme leiten sich vom
dung eines Merkmals, in den meisten Fällen die Pro- Namen des Bakteriums ab, in dem das Protein na-
duktion eines Proteins (Eiweiß), verantwortlich. Die türlicherweise vorkommt.
Umsetzung eines Genes in das von ihm kodierte Zur Rekombination von DNA müssen die zer-
Protein erfolgt bei allen Lebewesen über zwei schnittenen Fragmente wieder miteinander ver-
Schritte: die Transkription (Übertragung) der DNA in klebt werden. Diese Aufgabe nehmen Ligasen wahr,
die Boten-RNA (Messenger- RNA, mRNA; engl. ribo- die als Enzyme in jedem Lebewesen vorkommen.
nucleic acid, Ribonucleinsäure) und die Translation Sie sorgen dafür, dass Lücken im Rückgrat der
(Umsetzung) der Boten- RNA in das entsprechende DNA geschlossen werden (Abb. 3). Neben den win-
Protein (Abb. 1). Diese Gemeinsamkeiten aller Lebe- zigen Scheren (Restriktionsenzyme), mit denen der
wesen macht Gentechnik erst möglich. Gentechniker DNA zerschneidet, und dem moleku-
Alle gentechnischen Methoden dienen der geziel- laren Kleber (Ligasen), mit dessen Hilfe DNA-
ten Veränderung von Erbgut und dem Einbringen Stücke wieder verbunden werden können, benötigt
des neu kombinierten (rekombinierten) geneti- man in der Gentechnik Mikroorganismen, die re-
schen Materials in lebende Zellen, um es dort wir- kombinierte DNA aufnehmen und vervielfältigen
ken zu lassen. Diese Wirtszellen erhalten durch den können. Für diese Aufgabe werden Bakterien
Einbau der gewünschten genetischen Informatio- (z. B. das Darmbakterium E.-coli), Hefen (z. B. die
nen die Fähigkeit, Proteinstoffe zu produzieren, die Bierhefe) oder Zellkulturen von tierischen oder
sie normalerweise nicht herstellen würden. Wirts- menschlichen Zellen verwendet.
zellen werden entweder als Vervielfältigungs-
maschinen für die rekombinierte DNA eingesetzt Methoden zur Übertragung der DNA 2
oder sie dienen als „Fabriken“ für die Produktion Die Übertragung der rekombinierten DNA in die
der Proteine, deren Gene übertragen wurden. vorbereiteten Wirtsstämme, die Transformation der
DNA, kann durch verschiedene Methoden vor-
Die Geburtsstunde der Gentechnik 2 genommen werden. Die bei Mikroorganismen wie
1973 hatte Stanley Cohen, der gemeinsam mit Her- Bakterien und Hefezellen am häufigsten verwen-
bert Boyer DNA neu kombinierte, bei seinen Arbei- dete Methode ist die Elektroporation. Dabei werden
ten so genannte Plasmide entdeckt. Diese kleinen die vorbehandelten Mikroorganismen mit der re-
Ringe aus DNA findet man in Bakterien, wo sie Trä- kombinierten DNA in spezielle Gefäße gegeben
ger von zusätzlicher Erbinformation sind. Mithilfe und in ein starkes elektrisches Feld gebracht.
von Plasmiden sind Bakterien in der Lage, für sie Durch das anliegende elektrische Feld werden die
schädliche Antibiotika abzubauen und somit resis- Zellmembranen für große Moleküle durchlässig,
tent (widerstandsfähig) gegen diese Medikamente und die rekombinierte DNA kann in die Zelle ein-
zu werden. Cohen und Boyle „zerschnitten“ zwei dringen. Die Übertragung von rekombinierter DNA
Plasmide, die Bakterien gegen verschiedene Anti- in tierische Zellen erfolgt zum Teil durch direktes
biotika widerstandsfähig machten, und rekom- Einspritzen der DNA in die Zellen.
binierten diese im Reagenzglas (Abb. 2). Die so ent- Da nicht alle Zellen bei der Transformation die
standenen Plasmide wurden in Bakterien übertra- rekombinierte DNA aufnehmen, muss anschlie-
gen, die anschließend gegen beide Antibiotika resis- ßend eine Trennung (Selektion) zwischen transfor-
tent waren. mierten und nicht transformierten Zellen durch-
geführt werden (Abb. 2). Die Zellen werden dazu
Rekombination von DNA 3 auf ein Selektionsmedium gegeben. Zur Selektion
Die „Werkzeuge“, die Cohen und Boyle 1973 ver- dienen meist Antibiotikaresistenzen, die durch die
wendeten, sind auch heute noch die wichtigsten rekombinierten Plasmide vermittelt werden. Nur
Hilfsmittel der Gentechniker: Restriktionsenzyme Zellen, die rekombinierte DNA tragen, können die
(Restriktionsendonukleasen). Diese Enzyme kön- im Selektionsmedium enthaltenen Antibiotika un-
nen das Rückgrat der DNA aus Zucker- und Phos- schädlich machen und überleben. Alle nicht trans-
phorsäuremolekülen an genau definierten Stellen formierten Zellen sind empfindlich gegenüber den
zerschneiden. Jedes Restriktionsenzym erkennt eingesetzten Antibiotika und sterben ab.
GEN- UND BIOTECHNIK

Grundlagen der Gentechnik 197


Gentechnik im Lebensmittelbereich 198

Die Anwendung gentechnischer Methoden in der Inzwischen wurde eine Vielzahl von Genen
Lebensmittelproduktion beschränkt sich heute auf durch die eine oder andere Methode in Pflanzen
die Produktion von Lebensmittelhilfsstoffen und eingebracht, so z. B. ein Gen, das die Widerstands-
die Züchtung von Nutzpflanzen mit neuen Eigen- fähigkeit gegen ein nichtselektives Herbizid mit
schaften. Die Forschung versucht mithilfe der Gen- dem Markennamen BASTA vermittelt. Bei BASTA
technik Pflanzen zu züchten, die gegen Krankhei- handelt es sich um Phosphinotricin, einen Stoff, der
ten und Herbizide (Mittel zur Unkrautvernichtung) das pflanzliche Enzym Glutaminsynthetase hemmt,
widerstandsfähig sind oder als nachwachsende wodurch der Stickstoffstoffwechsel der Pflanze ge-
Rohstoffe industriell verwertet werden können. stört wird und diese abstirbt (Abb. 2). Um eine
Nutzpflanze gegen BASTA resistent zu machen,
Lebensmittelhilfsstoffe wird das Gen der Phosphinotricin- Transacetylase
Lebensmittelhilfsstoffe werden u. a. zur Herstel- (PPT- Transacetylase) aus einem Bodenbakterium
lung von Lebensmitteln benötigt wie z. B. das En- in die Pflanze eingebracht. In der entstandenen
zym Chymosin (Labferment), das zum Dicklegen transgenen Pflanze wird nun die bakterielle PPT-
von Milch bei der Käseherstellung genutzt wird. Transacetylase produziert, wodurch das Phosphino-
Chymosin kann auf natürlichem Wege aus den tricin so verändert wird, dass es die Glutaminsyn-
Mägen von geschlachteten Kälbern oder gentech- thase nicht mehr hemmen kann. Das Resultat ist,
nisch durch heterologe Expression (→ Gentechnik dass die transgene Pflanze trotz des Einsatzes von
in der Medizin) hergestellt werden. Beide Enzyme Phosphinotricin überlebt. In den Vereinigten Staa-
sind absolut identisch. Neben Chymosin gibt es ten werden BASTA- resistente Pflanzen wie Soja-
eine Reihe weiterer Enzyme, die gentechnisch pro- bohnen und Baumwolle bereits auf großen Flächen
duziert werden. Man findet sie als Fett abbauende angebaut.
Lipasen in Waschmitteln ebenso wie als Glucoseoxi- Ein weiteres Beispiel für eine auf dem Markt be-
dase in Teststreifen zur Blutzuckerbestimmung. findliche gentechnisch veränderte Pflanze ist die
Flavr-Savr oder „Anti- Matsch“- Tomate (Abb. 3). In
Pflanzenzüchtung 1 2 3 diese Tomate wird ein so genanntes Antisens-Kon-
Eine weit größere Rolle spielt die Gentechnik bei strukt (Gegensinnkonstrukt) für das Enzym Poly-
der Züchtung von Nahrungs- und Nutzpflanzen. galacturonase (PG) eingebracht. Normalerweise
Durch den Einsatz der Gentechnik in der Pflanzen- zerstört die PG in reifenden Tomaten die stabilisie-
züchtung wird versucht, den wichtigsten Nutz- renden Zellwände; die Tomate wird entsprechend
pflanzen neue Eigenschaften zu geben. matschig und unansehnlich. Um diesen Prozess auf-
Einer der wichtigsten Helfer in der „grünen Gen- zuhalten, wird das Gen für die PG in umgekehrter
technik“ ist ein Bodenbakterium mit dem Namen Orientierung in die DNA der Tomatenpflanzen ein-
Agrobacterium tumefaciens. Dieser Mikroorganis- gebracht.
mus ist in der Lage, einen Teil seines Erbgutes, die Die Transkription (Umsetzung) dieses Antisense-
so genannte T- DNA, in Pflanzenzellen zu übertra- PG- Genduplikats führt zu einer Antisense- mRNA
gen. Diese Übertragung löst bei Pflanzen das (→ Grundlagen der Gentechnik), die ergänzend zur
Wachstum von tumorartigen Geschwulsten, den so natürlichen mRNA der PG ist. Die Folge ist, dass
genannten Wurzelhalsgallen aus. Anstelle der tu- beide RNA- Stränge miteinander verkleben und in
morauslösenden Gene können andere Gene mit dieser Form nicht mehr in Proteine übersetzt wer-
speziellen Eigenschaften in die T- DNA eingebaut den können. Die Tomate bildet daher keine aktive
und so in die Pflanze übertragen werden (Abb. 1). PG und bleibt auch im vollreifen Zustand lange fest.
Diese Methode ist sehr effektiv, kann aber nicht bei In der Pflanzenzüchtung versucht man, wichtige
allen Pflanzen angewendet werden. Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Zuckerrüben oder Ge-
Eine weitere Methode zur DNA- Übertragung ist treidepflanzen mithilfe gentechnischer Methoden
die Protoplasten- Transformation. Aus Pflanzenzel- resistent gegen Schädlinge zu machen. Ziel dieser
len werden durch Behandlung mit Enzymen Pro- Bemühungen ist es, den heutigen Nutzpflanzen
toplasten, d. h. Zellen ohne Zellwand, hergestellt. wieder Abwehrmechanismen gegen Pflanzenschäd-
Diese Protoplasten werden mit der rekombinierten linge zu geben. Der Einsatz gentechnischer Metho-
DNA vermischt. Dabei dringt ein geringer Teil der den ist umstritten. Risiken und Chancen können je-
DNA in die Zellen ein. Die Effektivität dieser Me- doch oftmals noch nicht objektiv beurteilt werden,
thode ist gering. Eine weitere Übertragungs- da die Gentechnik eine noch relativ junge Wissen-
methode ist der Beschuss mit DNA. schaft ist.
GEN- UND BIOTECHNIK

Gentechnik im Lebensmittelbereich 199


Gentechnik in der Medizin 200

Auf dem medizinischen Sektor gilt die Gentechnik doppelsträngige DNA durch chemische Behand-
mittlerweile als unverzichtbares „Werkzeug“ so- lung in ihre Einzelstränge aufgeteilt und diese auf
wohl bei der Produktion von neuen Medikamenten einen DNA- bindenden Filter (z. B. aus Nitrozel-
als auch bei der einfachen und schnellen Diagnose lulose) übertragen. Dieses Verfahren nennt man
von Erb- und Infektionskrankheiten. Southern-Blot. Nun kann mithilfe von DNA- Sonden,
die die DNA- Sequenz des gesuchten Gens erken-
Herstellung gentechnischer Produkte 1 nen, nach einem Defekt gesucht werden.
Eine ganze Reihe von pharmazeutisch wirksamen Eine zweite Technik, die in der Gendiagnose häu-
Proteinen wird heute mithilfe gentechnisch ver- fig angewendet wird, ist die Polymerase-Kettenre-
änderter Mikroorganismen in großen Anlagen pro- aktion (PCR, engl. polymerase chain reaction). Mit-
duziert. Mithilfe der Gentechnik kann man heute hilfe dieser Technik ist es möglich, bestimmte Gene
menschliches Insulin durch heterologe Expression aus dem Erbgut zu vervielfältigen. Dazu benötigt
in Mikroorganismen herstellen (Abb. 1). Im ersten man nur zwei kurze DNA- Stücke vom Anfang und
Schritt dieses aufwendigen Prozesses wird Boten- vom Ende des gesuchten Gens, die so genannten
RNA (mRNA, → Grundlagen der Gentechnik) aus Primer, und ein Enzym, die DNA-Polymerase, das in
den Zellen isoliert, die normalerweise Insulin pro- der Lage ist DNA zu vervielfältigen. Anhand der Ab-
duzieren. Die gesamte mRNA wird über reverse weichungen des bei der Vervielfältigung erzielten
Transkription (umgekehrte Umsetzung) in eine zum berechneten PCR- Produkt kann eine Insertion
doppelsträngige DNA- Kopie (copyDNA, cDNA) um- (Einfügung von zusätzlicher DNA im Gen) oder
geschrieben, die für die folgenden Arbeitsschritte eine Deletion (Verkürzung) nachgewiesen werden.
notwendig ist. Anschließend wird die cDNA in Plas- Somatische Gentherapien beschränken sich der-
mide (→ Grundlagen der Gentechnik) eingebaut zeit noch auf Zellen, die außerhalb des menschlichen
(rekombiniert) und die rekombinierte DNA in Mik- Körpers kultiviert und transformiert werden kön-
roorganismen (E.- coli- Bakterien) transformiert. Es nen, wie z. B. die Zellen des menschlichen Blutes.
folgen mehrere Trennungsschritte, um den Mi- Dabei werden im ersten Schritt dem Patienten Zel-
kroorganismus zu isolieren, der die cDNA für das len entnommen, die das defekte Gen tragen (Abb. 3).
menschliche Insulin enthält. Dieser Klon wird in be- Diese werden außerhalb des Körpers kultiviert und
stimmte Nährmedien gebracht und beginnt mit der mithilfe eines speziellen Vektors (Nukleinsäuremo-
Produktion des rekombinanten Humaninsulins. lekül, das als Träger dient) mit einer intakten Kopie
Das Insulin wird über mehrere Arbeitsschritte aus des defekten Gens transformiert. Die so erhaltenen
den Mikroorganismen isoliert und aufgereinigt, bis „geheilten“ Zellen werden dem Patienten per Infu-
es schließlich verwendet werden kann. sion verabreicht. Im Körper erzeugen die transfor-
mierten Zellen dann das dem Patienten fehlende
Gendiagnose und -therapie 2 3 Protein.
Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist die In Zukunft soll durch somatische Gentherapie
Gendiagnose. Die Ursachen vieler Erbkrankheiten ein intaktes Gen direkt in genetisch defekte Zellen
sind heute bis ins Detail verstanden, und man kann geschleust werden. Dazu müsste z. B. im Falle von
mithilfe von DNA- Sonden („DNA- Sucher“) nach Diabetes ein intaktes Insulin- Gen direkt in die lan-
fehlenden oder beschädigten Genen suchen, die für gerhansschen Zellen der Bauchspeicheldrüse des
die Ausbildung der Krankheit verantwortlich sind. Patienten eingebracht werden und dort dauerhaft für
Als DNA- Sonden bezeichnet man kleine Stückchen die Expression des lebenswichtigen Hormons sorgen.
DNA, die komplementär mit dem gesuchten Gen Leider stehen bisher nicht die geeigneten Mittel zur
oder Teilen davon sind. Um die DNA- Sonden nach Verfügung, um einen so gerichteten Gentransfer zu
ihrer Bindung wieder zu finden, sind diese radio- bewerkstelligen.
aktiv oder fluoreszierend markiert. Für die Unter- Die moderne Medizin ist ohne die Anwendung
suchungen (Abb. 2) wird eine winzige Menge DNA gentechnischer Methoden praktisch nicht mehr
aus Blutproben oder Fruchtwasser der Testperson denkbar. Die Produktion vieler pharmazeutisch wirk-
isoliert und mithilfe von Restriktionsenzymen samer Proteine ermöglicht es, gezielt wirkende
(→ Grundlagen der Gentechnik) in kleine Frag- Medikamente herzustellen. Umstritten ist die An-
mente zerschnitten. Diese werden nach ihrer Größe wendung der Gentechnik in der medizinischen
auf einem elektrisch neutralen Gel (meist Agarose- Diagnose, da viele Erbkrankheiten mithilfe dieser
Gel) durch Gelelektrophorese, ein biochemisches Methoden zwar diagnostiziert, nicht aber geheilt
Trennverfahren, getrennt. Anschließend wird die werden können.
GEN- UND BIOTECHNIK

Gentechnik in der Medizin 201


Bioverfahrenstechnik 202

Verfahrenstechnik ist jene Teildisziplin innerhalb nach Komplexität des Zielmoleküls können dabei
der Ingenieurswissenschaften, die sich mit der viele Enzyme in einer langen Reaktionskette
Umwandlung von Stoffen beschäftigt. Der Bogen beteiligt sein. Sie entfalten ihre Aktivität innerhalb
reicht dabei von Bergbau und Rohstoffaufarbeitung lebender Zellen, d. h. innerhalb der Bakterien.
über Chemieindustrie und Lebensmitteltechnik bis Chemische Reaktionen werden oft bei hohen
hin zu Umwelt- und Entsorgungstechnologien. Temperaturen gefahren, weil die verwendeten
Klassisch geht es darum, physikalische und che- Katalysatoren dort besonders effektiv arbeiten.
mische Prinzipien in technische Funktionen umzu- Verlässt man das Optimum, arbeiten sie oft immer
setzen. Die Bioverfahrenstechnik speziell betrach- noch, nur eben schlechter. Ganz anders hingegen
tet Prozesse der Biotechnologie, d. h. Prozesse, die die Enzyme: Ihr Arbeitsoptimum ist sehr eng
auf biologischen Prinzipien beruhen, und setzt sie begrenzt. Für viele Mikroorganismen liegt die
in den industriellen Maßstab um (Abb. 1). optimale Temperatur zwischen 30– 50°C. Schon
kleine Abweichungen können die Synthese ganz
Biotechnologie und Mikroorganismen zum Erliegen bringen.
In entscheidenden Verfahrensschritten arbeitet die Die zum Teil sehr spezifischen Bedingungen für
Biotechnologie mit Mikroorganismen (Bakterien, Mikroorganismen schafft man in Fermentern (Abb.
Hefen u. a. Pilzen). Dabei spielt es zunächst keine 2). Sie lassen sich nach zwei grundsätzlich ver-
Rolle, ob sie gentechnisch verändert sind oder ihre schiedenen Verfahren betreiben: Bei diskontinuierli-
natürlichen Eigenschaften genutzt werden. Ihre chen Chargenverfahren muss das Reaktionsgefäß
gezielte genetische Veränderung mit dem Ziel für jede Produktion neu mit den Ausgangsstoffen
verbesserter Eigenschaften ist die Domäne der und Mikroorganismen beladen werden. Nach voll-
Gentechnik (→), die auch eine Teildisziplin der endeter Synthese lässt man die Brühe ab und
Biotechnologie ist. isoliert das in ihr enthaltene Produkt. Dieses Be-
Der Einsatz von Mikroorganismen erlaubt den und Entladen für die Produktionszyklen entfällt bei
Ablauf von biochemischen Reaktionen unter „nor- kontinuierlichen Prozessen, die in einem Fließgleich-
malem“ Druck und bei „normaler“ Temperatur. Che- gewicht arbeiten. Ausgangsstoffe und Zielprodukt
mische Produktion dagegen spielt sich oft bei ho- fließen kontinuierlich zu und ab, im Einklang mit
hen Drücken und Temperaturen ab. Deshalb ist sie der Syntheseleistung des jeweils verwendeten Or-
sehr energieintensiv. Zudem sind häufig aggressive ganismus. Diese Betriebsart hat viele Vorteile, doch
oder giftige Substanzen in den Verfahren beteiligt, der Aufwand ist oft hoch. Neben genügender Nähr-
etwa Säuren oder Lösungsmittel. Dies alles macht stoffzufuhr brauchen viele Kulturen Sauerstoff,
unter Sicherheitsaspekten einen hohen apparati- und der pH- Wert muss stabil gehalten werden. Zum
ven Aufwand erforderlich. Mikroorganismen arbei- Durchmischen sind die Reaktoren mit Rührwerken
ten dagegen in der Regel in wässrigem Milieu. ausgestattet. Für andere Kulturen ist Sauerstoff
wiederum sogar giftig. Die optimalen Wachstums-
Bioreaktoren 2 bedingungen für den jeweiligen Mikroorganismus
Die Bioverfahrenstechnik setzt einen Prozess aus stimmen nicht immer mit denen überein, bei denen
dem Labor- in den industriellen Produktionsmaß- am meisten Zielprodukte synthetisiert werden.
stab um. Da die Stoffwandlungsraten von Mikroor- Klar dominierend sind kontinuierliche Verfahren
ganismen gering im Vergleich zu den benötigten in der Abwasserreinigung.
Mengen sind, muss für eine sehr große Zahl von
Mikroorganismen das optimale Lebensumfeld ge- Aufbereitung des Produkts 3
schaffen werden, denn es ist deren natürlicher Der Bioreaktor ist aber nur eine wichtige Kompo-
Stoffwechsel, der die erwünschte Biosynthese voll- nente im Produktionsprozess (Abb. 3). Über die
zieht. Ein seit Jahrzehnten routinemäßig betrie- Wahl der technischen Realisierung eines Verfahrens
benes Beispiel für Anlagen der Bioverfahrens- entscheidet die Aufarbeitung der Produkte mit, die
technik sind Fermenter (Bioreaktoren) mit häufig im Fermenter gebildet werden. Diese müssen abge-
mehr als 100 000l Inhalt, in denen Penicilliumpilze trennt und gereinigt werden, was bei einigen Pro-
das Penicillin produzieren. dukten ihrer Instabilität wegen schwierig ist. Ver-
Bei der chemischen Synthese steuern kataly- dampfen oder Destillieren scheiden da meist aus.
tische Prozesse das Geschehen. Auch die Biosynthe- Als schonende Verfahren können in solchen Fällen
se kann man als katalytischen Prozess auffassen. Membranfiltration oder Lösungsmittelextraktion
Allerdings wirken hier enzymatische Systeme. Je eingesetzt werden.
GEN- UND BIOTECHNIK

Bioverfahrenstechnik 203
Ultraschalldiagnostik 204

Der Einsatz von Ultraschall hat in der medizi- piezoelektrische Keramik, die eine angelegte hoch-
nischen Diagnostik einen hohen Stellenwert er- frequente Wechselspannung in mechanische Eigen-
langt. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber Röntgen- schwingungen umwandelt. Diese werden als Schall-
strahlung liegt bei richtiger Dosierung in der wellen in die Umgebung abgestrahlt. Umgekehrt
Unschädlichkeit des Ultraschalls und in der ein- wird der Wandler auch als „Mikrofon“ verwendet,
fachen Handhabung. Mit diagnostischen Ultraschall- um eine auftreffende Schallwelle in ein elektri-
geräten werden Laufzeiten von Schallwellen gemes- sches Signal umzuwandeln.
sen, die im Körper reflektiert wurden. Auf diese Wird der Wandler zunächst an einem Ort fest-
Weise erhält man räumliche Informationen über gehalten, so bewegt sich der von ihm ausgesandte
das Körperinnere. Ermittelt man die Frequenzände- Ultraschallstrahl auf einer Geraden im Körper und
rung der zurückkehrenden Welle, so können Be- wird von verschiedenen Grenzflächen (z. B. Kno-
wegungen im Körper vermessen werden (Doppler- chen– Gewebe) reflektiert. Um den Wandler als Sen-
Verfahren). der und Empfänger zu nutzen, wird in kurzen Zeit-
abständen Ultraschall ausgesandt und in den Pau-
Ultraschallwellen sen der reflektierte Ultraschall empfangen. Misst
Schallwellen sind schnelle periodische Druck- man die unterschiedlichen Laufzeiten der zurück-
bzw. Dichteschwankungen, deren Ausbreitungs- kehrenden Signale, so kann man mithilfe der
geschwindigkeit vom Medium abhängt. Als Ultra- Schallgeschwindigkeit die Entfernung der Grenzflä-
schall bezeichnet man Schallwellen mit einer Fre- chen bestimmen. Stellt man die reflektierten Si-
quenz über 16 kHz (1 Hz = 1 Schwingung pro Se- gnale auf einer Geraden proportional zu Laufzeit
kunde), die vom menschlichen Gehör nicht mehr und - weg durch helle Punkte dar, so entsteht ein
wahrgenommen werden. Medizinischer Ultraschall eindimensionales Bild (Abb. 2).
liegt im Bereich zwischen 1– 10 MHz. Er lässt sich Um ein zweidimensionales Schnittbild zu erhal-
gut bündeln und kann so als Strahl eingesetzt wer- ten, werden viele solcher eindimensionalen Bilder
den. zusammengesetzt (Abb. 2). Dabei wird der Schall-
Die Wechselwirkung von Ultraschallstrahlen mit wandler auf dem Körper entlang einer geraden
biologischem Gewebe beruht, ähnlich wie bei Licht Linie gefahren oder an einem Punkt festgehalten
in Glas, auf Absorption (Schwächung), Reflexion und geschwenkt. In beiden Fällen überstreicht der
und Brechung. Reflexion und Brechung treten an Schallstrahl eine Fläche, deren Reflexionssignale
der Grenzfläche zwischen zwei Stoffen mit ver- im Rechner zu einem Bild zusammengefügt und
schiedenen physikalischen Eigenschaften auf, z. B. meistens auf einem Monitor dargestellt werden.
an der Außenhaut eines Organs oder Tumors. Da Die Richtung und Position des Wandlers wird mit-
diese Unterschiede im Gewebe oft gering sind, ist tels mechanischer Sensoren bestimmt, die seine je-
eine hohe Empfindlichkeit des Empfangsgerätes weilige Lage an den Rechner übermitteln.
Voraussetzung.
Doppler-Verfahren
Ultraschallaufnahmen 1 2 Das Doppler- Verfahren basiert auf dem gleichnami-
Ein Ultraschallbildaufnahmegerät erzeugt Schnitt- gen Effekt und wird zur Bestimmung von Bewe-
bilder des Körperinneren. Der so genannte Com- gungsabläufen im Körper verwendet. Bekannt ist
pound-Scan ist eine der verschiedenen Aufnahme- der Doppler- Effekt von vorbeifahrenden Kranken-
techniken, bei dem ein Ultraschallwandler von wagen mit eingeschaltetem Martinshorn. Dabei
Hand über das gewünschte Körpergebiet gefahren wird die Frequenz des Tons erhöht, wenn sich der
oder geschwenkt wird (Abb. 1). Das vom Ultraschall- Wagen nähert, und erniedrigt, wenn er sich ent-
strahl überstreifte Gebiet wird anschließend als fernt. Die Frequenzänderung ist dabei proportional
zweidimensionales Bild dargestellt. Solche Bilder der Geschwindigkeit des Wagens und der Frequenz
werden oft zur Untersuchung von Ungeborenen des Tones. Analog dazu ändert sich die Frequenz
oder Tumoren verwendet. Das Ultraschallgerät be- eines Ultraschallsignals, wenn es an einer beweg-
steht aus einem Ultraschallwandler, mechanischen ten Struktur im Körper reflektiert wurde. Aus der
Sensoren, einem Rechner mit Monitor und Spei- Frequenzverschiebung können Rückschlüsse auf
chermedium und einem entsprechenden Bildver- die Bewegung gemacht werden. Auf diese Weise
arbeitungsprogramm. lassen sich z. B. die Herzfrequenz eines Ungebore-
Der Ultraschall wird in dem Ultraschallwandler nen oder die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes
erzeugt. Kernstück eines solchen Wandlers ist eine ermitteln.
MEDIZINTECHNIK

Ultraschalldiagnostik 205
Röntgengeräte 206

Röntgengeräte sind ein unerlässliches Hilfsmittel effekt verantwortlich. Beim Fotoeffekt wird die ge-
der heutigen Medizin. Die bekannteste Anwendung samte Energie eines Röntgenphotons (kleinstes
liegt in der Röntgendiagnostik, bei der Abbildun- Teilchen einer Strahlung) an ein Elektron übertra-
gen des Körperinneren erzeugt werden (→ Compu- gen und dieses aus seinem Atom gelöst. Beim
tertomographie). Bewegte Vorgänge im Körper wer- Comptoneffekt wird nur ein Teil der Energie an Elek-
den mit einer Durchleuchtung sichtbar gemacht. tronen übertragen und das Röntgenphoton ge-
Neben der Diagnostik werden Röntgenstrahlen schwächt und abgelenkt. Die verbleibende Röntgen-
auch für therapeutische Zwecke benutzt, z. B. um strahlung wird zur Schwärzung eines fotogra-
bösartige Zellen im Körper (Tumore, Krebs) zu zer- fischen Materials genutzt. Auf diese Weise können
stören. Röntgenstrahlung ist radioaktive elektro- auf einem Film Körperteile verschiedener Dichte
magnetische Strahlung mit einer Wellenlänge λ ≈ dargestellt werden. Hierbei werden Körperteile grö-
100– 0, 03 10 - 12 m und entspricht einer Strahlungs- ßerer Dichte, wie z. B. Knochen, heller dargestellt.
energie E ≈ 12– 400 keV (103 Elektronenvolt). Beim Magen, Darm oder den Blutgefäßen wird ein
Kontrastmittel verabreicht, damit das entspre-
Die Röntgenröhre 1 chende Organ eine andere Dichte als das es umge-
Kernstück eines Röngtenapparates ist die Röntgen- bende Gewebe aufweist (Abb. 3).
röhre, in der die Röntgenstrahlung erzeugt wird. Die Filmkassette enthält den Film und eine da-
Sie besteht aus einem luftleeren Glaskolben mit rüber liegende Verstärkerfolie, in deren Leuchtstoff-
einer Glühkathode (negativer Pol) und einer durch schicht ein großer Teil der Röntgenstrahlung in
einen Motor drehbaren Anode (positiver Pol) mit sichtbares Licht umgewandelt wird. Dadurch kann
Wasserkühlung (Abb. 1). Zwischen den beiden Polen die Intensität der Röntgenstrahlung verringert wer-
wird eine Beschleunigungsspannung U 12– 400 kV den. Die separate Kammer mit einem Bleiglasfens-
angelegt. Die heiße Glühkathode sendet Elektronen ter enthält die zur Steuerung notwendigen Bedie-
aus, die von einem nachfolgenden Zylinder gebün- nungselemente und dient zum Schutz des Per-
delt und in Richtung der positiven Anode beschleu- sonals während der Aufnahme. Moderne Anlagen
nigt werden. Die Elektronen werden beim Auftref- benutzen anstatt des Films CCD- Kameras (CCD =
fen auf die Anode gebremst und wandeln einen Teil charge coupled device), die die Strahlung punkt-
ihrer Bewegungsenergie in den Atomen der Anode weise in elektronische Signale umwandeln und
in Röntgenstrahlung um. Die maximale Energie der über einen Rechner auswerten.
Röntgenstrahlung ist proportional zur Beschleuni-
gungsspannung der Elektronen und umgekehrt pro- Strahlenschutz
portional zur Wellenlänge der Strahlung. Da beim Röntgenstrahlung ist radioaktiv, d. h. , sie wirkt ioni-
Auftreffen der Elektronen auf die Anode auch sierend. Ionisation bezeichnet das Abtrennen von
Wärme entsteht, wird diese mit Wasser von innen Elektronen an einem Atom. Das absorbierende Ge-
gekühlt. Zur gleichmäßigen Abnutzung wird die webe wird dadurch in seiner chemischen Struktur
Anode mithilfe eines Motors gedreht. verändert. Eine biologische Veränderung des Erb-
gutes ist die mögliche Folge, wodurch Krebs aus-
Röntgendiagnostik 2 3 gelöst werden kann. Die Gefährlichkeit der Strah-
Das bekannteste Verfahren der Röntgendiagnostik lung wird in der so genannten Äquivalentdosis ge-
ist eine momentane Röntgenaufnahme auf einem messen (Einheit: Sievert Sv). Bei einer Röntgenauf-
fotografischen Film. Der dazu benötigte Röntgen- nahme nimmt der Körper je nach Verfahren 0, 5 bis
apparat (Abb. 2) besteht aus einer Röntgenröhre, 2 mSv auf. Zum Vergleich: Die Belastung durch na-
deren Stromversorgung und Hochspannungstrans- türlich vorkommende Radioaktivität beträgt rund
formator, einem Aufnahmetisch, einer Filmkassette, 1 mSv pro Jahr. Eine Ganzkörperdosis von 4 000
einem Rechner und einer separaten abgeschirmten mSv wäre nach kurzer Zeit tödlich. Da die Strah-
Kammer mit Bleiglasfenster. lung einer Röntgenröhre sehr stark ist, werden bei
Das zu untersuchende Körperteil befindet sich Aufnahmen die nicht bestrahlten Körperteile durch
auf dem Aufnahmetisch zwischen der Röntgen- Blei abgeschirmt. Eine 1 mm dicke Bleiplatte redu-
röhre und der Filmkassette. Die Röntgenstrahlung ziert die Belastung einer 100 kV Röhre auf 0, 4 %.
durchdringt den Körper und wird von diesem pro- Um die Belastung des Körpers weiter zu senken,
portional zu seiner Dichte absorbiert, d. h. ge- versucht man die Strahlendosis durch geeignete
schwächt. Für die Absorption der Röntgenstrah- Aufnahmeverfahren (z. B. Verstärkerfolien) zu ver-
lung im Körper sind der Foto- und der Compton- ringern.
MEDIZINTECHNIK

Röntgengeräte 207
Computer- und Kernspintomographie 208

Unter Tomographie versteht man die bildliche Dar- Magnetfeld ein weiteres Magnetfeld, das an jedem
stellung von Körperschnitten, wobei im Gegensatz Ort eine andere Größe besitzt. Dieses Feld wird von
zu einer herkömmlichen Röntgenaufnahme auch den Gradientenspulen erzeugt. Strahlt man gleich-
verdeckte Objekte sichtbar werden. Mehrere pa- zeitig Wellen verschiedener Energie ein, so besit-
rallele Schnittbilder können zu einem dreidimen- zen auch die ausgesandten Wellen unterschiedliche
sionalen Bild zusammengesetzt werden. Energien. Weil jede Energie ∆E der ausgesandten
Die Kernspintomographie nutzt die so genannte Wellen abhängig vom Magnetfeld B ist und dieses
Kernspinresonanz von Atomkernen in einem mag- Magnetfeld an jedem Ort im Körper verschieden ist,
netischen Feld unter Einstrahlung elektromagneti- kann die ausgesandte Welle so einem bestimmten
scher Wellen. Computertomographie kennzeichnet Ort im Körper zugeordnet werden. Die Berechnun-
ein Verfahren, bei dem in Analogie zur herkömm- gen werden von einem Computer durchgeführt, der
lichen Röntgenaufnahme die Absorption (Abschwä- anschließend die Daten zu einem Bild zusammen-
chung) von Röntgenstrahlung im Körper gemessen fügt. Neben dieser Bildverarbeitung übernimmt der
wird. Computer auch die Steuerung der Magnetfeld- und
Hochfrequenzspulen und die Verwaltung und Spei-
Was ist Kernspinresonanz? 1 cherung der Daten.
Ein Atom besteht aus einem Kern mit Protonen Meist werden durch die Kernspintomographie
und Neutronen und ihn umgebende Elektronen. die Atome des im körpereigenen Wasser vorhande-
Atomkerne mit einer ungeraden Anzahl Protonen nen Wasserstoffs angeregt. Durch Auswertung der
oder Neutronen können in einem äußeren Magnet- Stärke oder Dauer der ausgesandten Welle erhalten
feld B zwei Zustände eingehen. Diese unterschei- die Bilder Informationen über die Dichte des kör-
den sich in ihrer Energie und können ineinander pereigenen Wasserstoffs. Bei Auswertung der Fre-
übergehen (Abb. 1). Die Energiedifferenz ∆E ist quenzverschiebung bekommt man Informationen
dabei proportional zur Stärke dieses Magnetfeldes. über die vom Wasserstoff eingegangenen che-
Strahlt man eine elektromagnetische Welle der mischen Verbindungen. Damit lassen sich verschie-
Energie ∆E mit einer Frequenz von einigen MHz dene Gewebearten, wie z. B. Fett, Muskeln oder Tu-
ein, so kann der Atomkern von dem niedrigeren in more, gut differenzieren.
den höheren Energiezustand angeregt werden.
Nach kurzer Zeit kehrt der Atomkern unter Aussen- Computertomographie
dung einer elektromagnetischen Welle der gleichen Ein Computertomograph ist äußerlich ähnlich auf-
Energie in seinen Ausgangszustand zurück. Diese gebaut wie der Kernspintomograph. Er durch-
ausgesandte Welle, die Kernspinresonanz, liefert In- strahlt den interessierenden Körperschnitt mit
formationen über die Dichte und die chemische Ver- einem feinen in der Ebene aufgefächerten Röntgen-
bindung des Stoffes, der den aussendenden Atom- strahl und misst die Absorption der Strahlung über
kern enthält. Die wichtigen Daten sind die Stärke, ringförmig angeordnete Detektoren. Die Röntgen-
die Frequenzverschiebung und die Dauer der aus- strahlung wird von einer Röntgenröhre erzeugt.
gesandten Welle. Um vollständige Informationen über den Körper-
schnitt zu erhalten, wird die Röntgenröhre um den
Kernspintomographie 2 3 Patienten gedreht und viele Messungen hinterei-
Abb. 2 zeigt das Schema eines Kernspintomo- nander ausgeführt. Die Auswertung der Daten und
graphen. Der Patient wird in eine Untersuchungs- das Zusammenfügen des Bildes geschieht auch
röhre geschoben, die von großen Elektromagnet- hier durch einen Rechner.
spulen umgeben ist, welche ein konstantes Magnet-
feld erzeugen. Vor- und Nachteile der Verfahren 3
Die zur Anregung der Atomkerne erforderlichen Ein wesentlicher Vorteil der Kernspintomographie
elektromagnetischen Wellen werden von den Hoch- ist die fehlende Strahlenbelastung durch Röntgen-
frequenzspulen erzeugt, die gepulste Wellen aus- strahlung. Ein Kernspintomogramm besitzt meh-
senden. In den Pausen empfangen sie die von den rere Parameter, die zur Auswertung dienen. So kön-
angeregten Atomkernen ausgesandte Kernspinre- nen Hirnstrukturen wie z. B. luft- oder wasserge-
sonanz. Um mehrdimensionale Körperschnitte bild- füllte Gefäße, graue und weiße Hirnsubstanz oder
lich darstellen zu können, muss der Ort des Ur- Tumore differenziert werden (Abb. 3), die sich mit-
sprungs der ausgesandten Welle bestimmt werden. tels Röntgenstrahlung nicht mehr unterscheiden
Dazu addiert man zu dem bestehenden konstanten lassen.
MEDIZINTECHNIK

Computer- und Kernspintomographie 209


Herzschrittmacher 210

Herzschrittmacher verhelfen heute vielen Men- nen Widerhaken an der Herzaußenwand befestigt
schen, deren Herz zu schnell, zu langsam oder un- (Abb. 3). Über diese Elektroden werden die vom
regelmäßig schlägt, zu einem annähernd normalen Computer erzeugten Impulse (Spannung: 1– 2 V, Im-
Leben. Ohne dieses ca. 100 g schwere Kästchen von pulsdauer: wenige ms) an die Herzmuskeln abgege-
der Größe eines Fünfmarkstückes (Abb. 1) wären ben. Schlägt das Herz des Patienten unregelmäßig
sie oft nicht mehr lebensfähig. Ein Herzschrittma- oder zu langsam, so wird der natürliche Herzschlag
cher wird in einer knapp halbstündigen Operation mit genutzt. Die Elektroden empfangen die natürli-
in den Brustkorb „eingepflanzt“ und danach nur chen Impulse des Herzens, werten diese mittels
noch ca. alle 10 Jahre zum Batteriewechsel gewartet. Computer aus und geben nur dann einen künstli-
Während die ersten Schrittmacher reine Taktgeber chen Impuls ab, wenn der natürliche Schlag aus-
waren, die wegen erschöpfter Batterie oft operativ setzt. Dies kann für Vorhof und Kammer separat ge-
gewechselt wurden, sind die heutigen Geräte ohne steuert werden. Arbeiten z. B. Vorhöfe und Sinus-
operativen Eingriff programmierbar und passen knoten noch selbstständig, ist aber das natürliche
sich in die natürliche Aktivität des Herzens und Leitsystem zu den Kammern defekt, so benötigen
Körpers an. nur die Kammern, nicht aber die Vorhöfe, künstli-
che Impulse.
Wann ist ein Herzschrittmacher notwendig? Bei einer Funktionsstörung des Sinusknoten ist
Das Herz ist ein muskulöses Hohlorgan, aufgebaut zusätzlich eine Anpassung der Herzfrequenz an die
aus dem rechten und linken Vorhof sowie der rech- körperliche Belastung notwendig. Dies geschieht
ten und linken Kammer, welches das Blut durch über zusätzliche Sensoren, welche Muskelaktivität
Kontraktion (Zusammenziehen) der Herzmuskula- und Atmung überwachen. Erhöhte Muskelaktivität,
tur durch den Körperkreislauf pumpt. Diese regel- z. B. beim Sport, erzeugt im Körper mechanische
mäßige Kontraktion wird durch einen „natürli- Schwingungen, die im Schrittmacher mittels eines
chen“ Schrittmacher, den Sinusknoten, ausgelöst. Piezokristalls in elektrische Schwingungen umge-
Dieser befindet sich an der Außenwand des rechten wandelt und gemessen werden. Ein zweiter Sensor
Vorhofs und sendet regelmäßig elektrische Impulse ermittelt Stärke und Frequenz der Atmung. Der
aus. Ein solcher Impuls regt zunächst die Muskula- Einfluss der gemessenen Größen auf die Herzfre-
tur der beiden Vorhöfe an und wird dann über ein quenz wird vom Computer gesteuert, wobei das
elektrisches Leitsystem auf der Herzaußenhaut zu Steuerungsprogramm vom Arzt in den Herzschritt-
beiden Kammern weitergeleitet, wo es dann zu macher einprogrammiert wird. Die Programmie-
deren Kontraktion kommt. Dadurch füllen sich rung wird ohne operativen Eingriff individuell an-
zunächst die Vorhöfe und anschließend die Kam- gepasst. Dazu setzt der Arzt eine mit einem Rech-
mern mit Blut, das von dort in den Kreislauf ge- ner gekoppelte Sender- und Empfängereinheit auf
pumpt wird. Dieser Prozess, der natürliche Herz- den Brustkorb, sodass er die Herzschrittmacher-
schlag, wiederholt sich beim ruhenden Menschen funktionen überwachen und/oder verändern kann.
ca. 70 mal pro Minute. Zusätzlich wird die Herzfre-
quenz bei körperlicher oder geistiger Belastung Komplikationen
über das vegetative (unbewusst wirkende) Nerven- Die häufigsten Komplikationen treten durch ver-
system gesteuert, d. h. erhöht oder erniedrigt. Ist rutschte Elektroden auf, die statt des Herzmuskels
das elektrische Leitsystem gestört oder blockiert, einen anderen Muskel erregen oder falsche Im-
dann schlägt das Herz zu schnell, zu langsam oder pulse empfangen. Im Laufe der Zeit wurden jedoch
nicht rhythmisch. Hier wird ein Herzschrittmacher die Elektrodenhalterungen optimiert. Ein weiteres
eingesetzt, der die zur Kontraktion der Herzmus- Problem stellen die in den Organismus eingebrach-
keln notwendigen elektrischen Impulse liefert. ten Fremdkörper dar. Deswegen werden heute in
der Regel Titangehäuse und gewebefreundliche
Wie arbeitet ein Herzschrittmacher? 2 3 Kunststoffkabel verwendet, die meist gut verträg-
Ein moderner Herzschrittmacher (Abb. 2) besteht lich sind. Auch die Messung der körperlichen Belas-
aus einem kleinen Computer und einer Batterie, tung ist nicht immer ganz unproblematisch. So rea-
die gemeinsam in einem Titangehäuse unterge- giert der Piezokristall auch auf die mechanischen
bracht sind. Daran angeschlossen sind zwei Kabel, Schwingungen, denen z. B. ein Autofahrer in sei-
an deren Enden sich je eine Elektrode befindet. nem Fahrzeug ausgesetzt ist. Der Schrittmacher er-
Eine der Elektroden wird am rechten Vorhof, die an- höht daraufhin die Herzfrequenz (s. o. ), was für den
dere an der rechten Herzkammer mit einem klei- ruhig sitzenden Fahrer unangenehm sein kann.
MEDIZINTECHNIK

Herzschrittmacher 211
Dialyse 212

Eine gesunde Niere filtert Wasser, Stoffwechselend- Temperatur. Da auch im Dialysatkreislauf Luftbla-
produkte (z. B. Harnstoff) und andere Gifte aus dem sen die Funktion des Kreislaufs beeinträchtigen,
Blutstrom des menschlichen Organismus. Gleich- werden sie mithilfe einer Entgasungspumpe, die
zeitig sorgt sie dafür, dass der Körper mit lebens- einen Unterdruck erzeugt, entfernt. Weiterhin über-
notwendigen Substanzen wie Mineralien, Hormo- wacht ein Blutleckdetektor das Dialysat auf eventu-
nen und Eiweißbestandteilen versorgt wird. Der elle Blutspuren, die auf einen fehlerhaften Dialysa-
Körper scheidet täglich rund eineinhalb Liter Was- tor hinweisen. Schließlich überwacht ein Mano-
ser und Gifte über den Urin aus. Bei Nierenkranken meter den Druck des Dialysatkreislaufs.
kann dieser Wert bis auf null zurückgehen. Ohne Die Steuerung und Überwachung des Dialysepro-
eine so genannte Dialyse wäre der Patient nicht zesses erfolgt mithilfe der Bedienkonsole des Dia-
mehr lebensfähig. Bei der Dialyse wird das Blut des lysegerätes (Abb. 2). Der Arzt kann auf ihr alle ge-
Patienten drei- bis viermal wöchentlich für rund messenen Stoff- und Kreislaufgrößen ablesen und
vier Stunden durch eine Dialysemaschine geleitet, falls notwendig die Pumpen regeln.
die das Blut außerhalb des Körpers reinigt und ent-
wässert. Während dieses Prozesses strömt die ge- Der Dialysator 3
samte Blutmenge des Patienten (bei Erwachsenen Hauptbestandteil des Dialysators (künstliche Niere)
ca. 5 l) etwa sechsmal durch das Gerät. ist eine semipermeable (halbdurchlässige) Membran
(Abb. 3). Diese Membran ist nur durchlässig für
Wie funktioniert eine Dialysemaschine? 1 2 Wasser und kleine Teilchen bis zu einer bestimm-
Ein Dialysegerät besteht aus einem Blut- und einem ten Größe. Größere Teilchen wie Blutzellen oder
Dialysatkreislauf, die über den Dialysator mitein- Makromoleküle werden von der Membran zurück-
ander gekoppelt sind (Abb. 1). Für die Dialyse wird gehalten. Die Membran wird im Gegenstromprin-
dem Patienten das Blut meist durch einen dauer- zip auf der einen Seite von dem zu reinigenden
haft gelegten Zugang aus einer Arterie entnommen Blut und auf der anderen Seite vom Dialysat über-
und nach der Reinigung in eine Vene zurückge- strömt. Da alle beweglichen Teilchen das Bestreben
führt. Für den Reinigungsprozess wird das Blut mit- haben, sich gleichmäßig zu verteilen (Diffusion),
tels einer Rollerpumpe vom Körper zum Dialysator passieren die kleineren Partikel, nämlich die sich
gefördert. Im Dialysator findet dann die eigentliche im Blut befindlichen giftigen Stoffe, die Membran
Entgiftung und Entwässerung des Blutes statt. An- und gelangen so in das Dialysat. Die treibende
schließend wird das Blut über ein Manometer zur Kraft für diese einseitig verlaufende Diffusion (Os-
Blutdruckmessung und einen Blasenfänger zurück mose) ist der Konzentrationsunterschied der gelös-
in den Körper geleitet. Erkennt der Blasenfänger ten Stoffe in beiden Flüssigkeiten.
Luftblasen oder Schaum im Blut, so unterbricht er Eine häufig eingesetzte Dialysatorbauart besteht
den Blutkreislauf sofort, da diese für den Patienten aus einem Bündel von rund 10 000 Hohlfasern, in
tödlich wären. deren Innenraum das Blut und im Gegenstrom
Als Dialysat wird entionisiertes Wasser verwen- außen das Dialysat fließt (Kapillardialysator). Die
det. Dieses nimmt im Dialysatkreislauf im Dialysa- Hohlfasern, die sich in einem zylindrischenRohr be-
tor Gifte und Wasser aus dem Blut auf. In der Bi- finden, sind ca. 0, 2 mm dick und bestehen aus
lanzkammer wird die Differenz des zugeflossenen schaumartigen Polymeren. Die Wand dieser Fasern
und abgeflossenen Dialysatstroms gemessen und bildet die Membranoberfläche.
somit die dem Blut entzogene Wassermenge be-
stimmt. Diese kann über eine Pumpe im Dialysat- Nachteile und Risiken
kreislauf genau geregelt werden. Damit dem Blut Trotz der lebenserhaltenden Funktion der Dialyse
keine lebenswichtigen Stoffe (z. B. Elektrolyte) ent- hat dieses Verfahren gravierende Nebenwirkungen.
zogen werden, muss das Dialysat mit diesen Nähr- Weit verbreitet sind Knochen- oder Gelenkschmer-
stoffen angereichert werden. Dies geschieht mittels zen. Außerdem steigt das Risiko eines Herzinfark-
eines separaten Vorratsbehälters und einer Misch- tes bzw. Schlaganfalls durch den erhöhten Blut-
pumpe. druck und einen gestörten Fettstoffwechsel. Die Le-
Gemessen wird der Anteil dieser Nährstoffe über benserwartung eines Dialysepatienten liegt unge-
einen Leitfähigkeitsmesser im Dialysatstrom. Um fähr 15 Jahre unter der eines Gesunden. Deshalb
einen Wärmeentzug des Blutes zu verhindern, wird wird die Dialyse nicht als Dauerlösung, sondern als
der Dialysatkreislauf auf Körpertemperatur gehal- Provisorium bis zu einer möglichen Nierentrans-
ten. Ein Thermometer bestimmt die zugehörige plantation eingesetzt.
MEDIZINTECHNIK

Dialyse 213
EEG und EKG 214

Als EEG (Elektroencephalogramm) wird die Mes- Ohrläppchen) gemessen. Bei bipolarer Schaltung
sung der vom Gehirn, als EKG (Elektrokardio- misst man die Spannungen zwischen je zwei Elek-
gramm) die Messung der vom Herzen hervorgerufe- troden auf der Kopfhaut.
nen elektrischen Spannungen bezeichnet. Bei bei- Die von den Elektroden gemessenen Impulse
den Methoden werden die Spannungen über Elekt- werden über Kabel zu einem Verstärker geleitet
roden auf der Haut abgeleitet, verstärkt und von und über einen Schreiber ausgedruckt oder auf
einem Monitor oder Schreiber dargestellt. So kann einem Monitor angezeigt. Die Leitungen müssen ab-
der Arzt Aussagen über den Zustand des Gehirns geschirmt werden, um sie vor äußeren elektrischen
bzw. des Herzens machen, um z. B. eine Epilepsie, Einflüssen, wie z. B. anderen elektrischen Geräten,
einen Gehirntumor oder einen Herzinfarkt zu un- zu schützen.
tersuchen. Bei der Auswertung eines EEG unterscheidet
Elektrische Ströme im Körper werden über das man nach Frequenz und Form der gemessenen Wel-
Nervensystem in Form kurzzeitiger Impulse trans- len (Abb. 2). Bei einer Frequenz von 8– 13 Hz spricht
portiert und dienen zur Informationsübermittlung man von α-Wellen, sie treten bei geschlossenen
zwischen Sinnesorganen und Gehirn und zur Steu- Augen im entspannten Zustand auf. Öffnet man die
erung der Muskulatur. Berührt man z. B. versehent- Augen, gehen die α-Wellen in β-Wellen mit einer
lich einen heißen Gegenstand, so erzeugt ein tem- Frequenz von 14– 32 Hz über, die Aktivität und Den-
peraturempfindlicher Rezeptor unserer Haut ein ken kennzeichnen. Langsamere ϑ - und δ-Wellen
elektrisches Signal, das über das Nervensystem in haben eine Frequenz von 4– 8 Hz bzw. 1– 4 Hz und
das Gehirn transportiert wird. Dort wird im All- treten bei Kindern, zeitweise im Schlaf oder bei Ge-
gemeinen entschieden, den heißen Gegenstand los- hirnstörungen auf.
zulassen. Daraufhin wird wiederum ein Signal über
das Nervensystem an die entsprechende Muskel- EKG 3 4
gruppe geschickt, die das Loslassen bewirkt. Elekt- Das Herz ist ein muskulöses Hohlorgan, welches
rischer Strom kann in elektrisch leitfähigem Mate- das Blut in einem Kreislauf durch Körper und
rial zwischen zwei Punkten fließen, wenn zwischen Lunge pumpt. Wie jeder Muskel so wird auch das
diesen eine elektrische Spannung anliegt. Elekt- Herz durch elektrische Ströme zur Kontraktion an-
risch leitfähig sind Metalle und wässrige Salzlösun- geregt. Die dazu notwendigen elektrischen Impulse
gen, Letztere transportieren im Körper den Strom. erzeugt der Sinusknoten (→ Herzschrittmacher).
Die auf der Haut messbaren Spannungen sind sehr Ähnlich wie beim EEG kann eine Summe dieser
klein und liegen im Bereich unter 0, 3 mV. Spannungen auf der Körperoberfläche mittels
Elektroden gemessen werden. Auch hier unter-
EEG 1 2 scheidet man mono- und bipolare Schaltung. Bei
Wird ein elektrischer Impuls über einen Nerv bipolarer Schaltung wird die Spannung zwischen je
transportiert, so entsteht eine sich fortpflanzende zwei Extremitäten gemessen (Abb. 3a), im mono-
Strom- und Spannungsänderung in diesem Nerv. polaren Fall werden je zwei Extremitäten zu einer
Die Geschwindigkeit dieses Impulses liegt bei Referenzelektrode zusammengeschaltet und die
1– 120 m/s. Beim EEG werden die auftretenden elekt- Spannung gegenüber einer dritten Extremität ge-
rischen Spannungen an der Kopfhaut gemessen messen (Abb. 3b). Die Messgrößen werden analog
(Abb. 1) und als Summe der elektrischen Aktivität zum EEG mittels eines Verstärkers und eines
des Nervensystems im Gehirn dargestellt. Die Schreibers oder Monitors angezeigt.
Spannungen sind nicht konstant, sondern schwan- Ein typisches EKG ist periodisch zum Puls und
ken wellenförmig mit einer Frequenz von 1– 30 Hz. enthält eine große und mehrere kleine Zacken je
Für die Messung werden münzförmige Metall- Periode (Abb. 4). Diese unterschiedlich bezeich-
elektroden gleichmäßig über den Kopf verteilt, mit neten Zacken geben jeweils einen bestimmten
Kabeln verbunden und mittels einer Gummihaube Moment des Herzschlages wieder. Mit der P- Zacke
auf dem Kopf angedrückt. Um die Leitfähigkeit zwi- beginnen die beiden Vorhöfe Blut in die Herzkam-
schen Kopfhaut und Elektroden zu verbessern, wer- mern zu pumpen. Die Herzkammern beginnen sich
den diese mit einer Salzlösung eingerieben. Man mit der Q- Zacke zusammenzuziehen. Die R- und S-
unterscheidet zwischen monopolarer und bipolarer Zacke zeigen, wie die Erregung den ganzen Muskel
Schaltung. Bei monopolarer Schaltung werden die erfasst. Mit der T- Spitze erschlafft schließlich das
Spannungen zwischen je einer Elektrode und einer Herz, um nach kurzer Zeit den Prozess zu wieder-
festen Referenzelektrode (Bezugselektrode, z. B. am holen.
MEDIZINTECHNIK

EEG und EKG 215


Stoßwellenlithotripsie 216

Stoßwellenlithotripsie ist ein minimalinvasives Ver- schaften als der Stein besitzt und die Stoßwellen im
fahren (→ minimalinvasive Chirurgie) zur Entfer- Stein fokussiert werden, wird das umliegendes Ge-
nung von Nieren- , Harnleiter- oder Gallensteinen. webe nicht beschädigt. Die Stoßwellen bauen im
Diese Steine stellen die häufigste Erkrankung der Stein mechanische Schwingungen auf, die so stark
genannten Organe dar. Die meisten dieser Steine werden, dass dieser aufgrund seiner Sprödigkeit in
werden durch den Harn selbstständig wieder aus- Bruchstücke zerspringt. Die Bruchstücke werden
gespült. Wachsen sie jedoch über eine gewisse dann durch den Harnleiter abgeführt.
Größe, können sie für den Patienten sehr schmerz- Bei der Behandlung ist es wichtig, für eine gute
haft werden und müssen mit ärztlicher Hilfe ent- Übertragung der Stoßwellen in den Körper zu sor-
fernt werden. Die Steine entstehen durch kristal- gen. Dies geschieht, indem man den Patienten in
line Ablagerungen verschiedener Art in den harn- eine Wanne mit Wasser oder auf Gelkissen legt und
leitenden Organen. Nierensteine können beispiels- den Ultraschall vom Wandler über dieses Medium
weise aus Kalciumoxalat oder - phosphat gebildet direkt in den Körper leitet. Bei diesem Verfahren
werden. Bei gesunden Menschen existieren be- treten beim Übergang vom Medium in das Körper-
stimmte Stoffe im Harn, die die Abscheidung dieser gewebe weniger Reflexionen auf als beim Über-
Kristalle verhindern. gang von Luft in Gewebe.

Ultraschallstoßwellenlithotripter 1 2 Laserinduzierter Stoßwellenlithotripter 3


Ein Stoßwellenlithotripter (Abb. 1) erzeugt Ultra- Ein Laserlithotripter besteht aus einem Laser und
schallstoßwellen mit einer Frequenz im Bereich von einem ca. 0, 5 mm dicken Quarzfaserlichtwellen-
100 kHz und sehr hoher Intensität, welche die har- leiter. Der Laser ist eine Lichtquelle, die einen sehr
ten Steine durch die übertragenen mechanischen stark gebündelten Lichtstrahl mit einer sehr ge-
Schwingungen zerstören. Solche Stoßwellen lassen nauen Frequenz und Wellenlänge aussendet
sich gut fokussieren (bündeln) und können deshalb (→ Laser). Der Laserstrahl wird durch den Lichtlei-
als gepulster Strahl angesehen werden. Während ter, der in das zu behandelnde Organ eingeführt
einer 20- minütigen Behandlung werden dem Pati- wird, geleitet. Am Leiterausgang wird das Laser-
enten rund 1000 Stoßwellen verabreicht. Die Appa- licht fokussiert. Durch die dadurch entstehende
ratur eines Stoßwellenlithotripters besteht aus Wärme verdampft ein Teil der Körperflüssigkeit zu
einem Röntgen- oder Ultraschalldiagnosegerät zur einer heißen Gasblase. Diese dehnt sich zunächst
Ortung des Steines, mehreren Ultraschallwandlern, aus und zieht sich durch Abkühlung wieder zusam-
die den Ultraschall erzeugen (→ Ultraschallgeräte), men. Dieses Pulsieren der Gasblase erzeugt mecha-
einer Vorrichtung zur Fokussierung des Ultra- nische Stoßwellen, die in wenigen Minuten den
schalls, einem Medium zur wirkungsvollen Über- Stein zertrümmern (Abb. 3).
tragung des Schallstrahls in den Körper und einer
rechnergestützten Steuerungseinheit (Abb. 2). Risiken und Nachteile des Verfahrens
Um einen Stein effizient in viele kleine Bruch- Sind die zerfallenen Bruchstücke zu groß, kann es
stücke zerlegen zu können und umliegendes Ge- durch deren Transport im Harn beim Patienten zu
webe zu schonen, ist es notwendig, den Stein genau starken Schmerzen kommen. Manchmal müssen
zu orten, d. h. seine räumliche Position zu kennen. große Fragmente (Bruchstücke) des Steins mithilfe
Dazu verwendet man zwei sich kreuzende Röntgen- eines Katheters aus der Harnblase befördert wer-
strahlen. Werden beide Strahlen durch den Stein den.
geschwächt, liegt der Stein im Kreuzungspunkt der Viele Patienten haben nach einer Lithotripsiebe-
Strahlen. Alternativ kann auch eine Ultraschalldiag- handlung Blut im Urin. Deshalb werden bereits län-
nose verwendet werden. Um eine möglichst hohe gere Zeit vor der Behandlung alle blutverflüs-
Intensität der Schallstrahlen für die Behandlung zu sigenden Mittel wie z. B. Aspirin abgesetzt. Weiter-
erreichen, wird der Ultraschall durch viele einzelne hin ist es wichtig, für ausreichende Abschirmung
Ultraschallwandler, welche auf einer parabolisch der Umgebung des Bestrahlungsfeldes zu sorgen.
halbrunden Fläche angeordnet sind, fokussiert Die schädliche Wirkung des Ultraschalls hängt von
(Abb. 2). der Intensität und der Einwirkdauer, nicht aber
Der Fokussierpunkt wird so ausgerichtet, dass von der Frequenz ab. Bereits ab einer Leistung von
er genau auf den Stein trifft, der so die maximale 1 W/cm2 werden Zellen und Erbmaterial zerstört,
Energie des Strahls absorbiert (aufnimmt). Da das was zu irreparablen Schäden des bestrahlten Gewe-
weiche Körpergewebe andere physikalische Eigen- bes führt.
MEDIZINTECHNIK

Stoßwellenlithotripsie 217
Minimalinvasive Chirurgie 218

Minimalinvasive Chirurgie bezeichnet im allgemei- chung von Erkrankungen im Bauchraum einge-


nen Operationen, bei denen die Verletzung gesun- setzt werden.
der Organe auf ein Minimum reduziert wird. So
wird angestrebt, ohne den für die konventionelle Operationen mittels Endoskopie 3
Operation üblichen Schnitt auszukommen, um ein Der Biopsiekanal, der die Aufnahme des benötigten
erkranktes Organ zu behandeln oder zu entfernen. Instrumentes ermöglicht, bestimmt im Wesent-
Ein weites Gebiet der minimalinvasiven Chirurgie lichen auch den Durchmesser des Endoskops. Als
wird durch die Endoskopie abgedeckt. Jedoch ge- Instrumente stehen Miniaturausführungen aller
hören auch andere schonende Eingriffstechniken, bekannten chirurgischen Werkzeuge zur Verfü-
wie die Stoßwellenlithotripsie (→) oder Ballondila- gung, u. a. Scheren, Zangen, Nadeln, Klammern, Pin-
tation dazu. zetten und Schlingen. Diese werden durch den
Biopsiekanal geschoben. Am Ende des Endoskops
Endoskopie 1 2 lassen sich die Instrumente abwinkeln und bewe-
Die Endoskopie umfasst die Betrachtung des Kör- gen, um die gewünschte Position zu erreichen. Mit-
perinneren, die Entnahme von Gewebeproben für tels Endoskopie lassen sich so z. B. Blinddärme, Nie-
die Diagnose und den chirurgischen Eingriff mit- rensteine oder kleine Unterleibsgeschwulste ent-
hilfe eines Endoskops (Abb. 1). Fast alle Körper- fernen (Abb. 3). Auch die Entfernung eines größe-
höhlen, Gefäße, Gelenkinnenräume sowie die Ober- ren Tumors ist möglich: Dazu wird zunächst die
flächen innerer Organe lassen sich damit unter- Umgebung des Tumors mit Kohlendioxid aufgebla-
suchen. sen und anschließend werden die versorgenden
Das Endoskop (Abb. 2) besteht aus einem starren Blutgefäße mit einer Schlinge abgedrückt. In dem
oder flexiblen Rohr (Durchmesser: ca. 1 cm), das so geschaffenen blutleeren „Arbeitsraum“ kann der
eine Optik und meist eine Spül- und Saugvorrich- Arzt den Tumor Stück für Stück zerkleinern und
tung sowie einen so genannten Biopsiekanal, der nach außen befördern.
zur Aufnahme spezieller chirurgischer Instrumente
wie Zange oder Metallschlinge dient, enthält. Das Ballondilatation
Endoskop wird entweder durch natürliche Kör- Diese mit der Endoskopie verwandte Methode er-
peröffnungen eingeführt, z. B. in den Mund oder in möglicht die Erweiterung eines verstopften Blutge-
den After zur Untersuchung des Magen- Darm- Trak- fäßes ohne die übliche gefäßchirurgische Operation.
tes, oder durch einen kleinen Schnitt in den Körper Dabei wird zunächst ein Draht durch die Arterien
eingebracht. Flexible Endoskope sind durch ihre Be- bis zu dem erkrankten Gefäß eingeführt. Er dient
weglichkeit den starren überlegen, jedoch ist ihr als Führung für einen Ballon, der in das Gefäß ein-
Aufbau komplexer und ihre Störanfälligkeit höher. geschoben wird. Vor Ort wird der Ballon auf einer
Um mittels der Optik in das Körperinnere sehen Länge von einigen Zentimetern auf einen festen
zu können, muss eine Lichtquelle mit dem Endo- Durchmesser aufgeblasen, um so das verengte Blut-
skop eingeführt werden. Dies geschieht über ein gefäß zu erweitern. Das Geschehen betrachtet der
Glasfaserbündel, durch dessen Fasern das Licht Arzt auf einem Monitor mittels Röntgengerät, die
durch Reflexion an den Faserwänden geleitet wird Blutgefäße werden mit einem injizierten Kontrast-
(→ Lichtwellenleiter). Als Optik besitzen starre mittel dargestellt.
Endoskope ein Linsensystem ähnlich dem eines
Mikroskopes. Der Arzt kann das Vorgehen entwe- Vor- und Nachteile der minimalinvasiven Chirurgie
der durch ein Okular (Linse) betrachten oder eine Der entscheidende Vorteil der minimalinvasiven
Kamera anschließen, die das Bild auf einen Monitor Chirurgie liegt im Empfinden des Patienten. Für
überträgt und ggf. per Video aufzeichnet. Flexible ihn ist der Eingriff weniger schmerzhaft, er erholt
Endoskope besitzen einen CCD- Chip (einen Licht- sich schneller und kann früher aus der Klinik ent-
sensor, der aus vielen lichtempfindlichen Halblei- lassen werden. Während diese Chirurgie bei kleine-
terbauelementen besteht). Dieser wandelt das Bild ren Eingriffen (z. B. Entnahme von Gewebeproben)
in elektrische Signale um, die dann in einem Rech- sinnvoll ist, bietet sie bei größeren Operationen (z.
ner verarbeitet und zu einem Bild zusammenge- B. Tumorentfernungen) keine Vorzüge. Die Opera-
setzt werden (→ digitale Fotografie). Endoskopi- tion benötigt mehr Zeit, wodurch die Narkose län-
sche Methoden werden häufig mit Röntgen- oder ger dauert und das Risiko des Eingriffs sich erhöht.
Ultraschallgeräten kombiniert. So gibt es z. B. Endo- Des Weiteren ist die Ausbildung der Endoskopie-
skope mit einem Ultraschallkopf, die zur Untersu- chirurgen aufwendig und teurer.
MEDIZINTECHNIK

Minimalinvasive Chirurgie 219


Laser in der Medizin 220

Der Laser (→) zeichnet sich gegenüber konventio- weiterer Absorptionseffekt ist die photochemische
nellen Lichtquellen durch folgende Vorteile aus: Reaktion, bei der schwache Strahlung zur Aus-
spektrale Reinheit, d. h. , Laserlicht hat eine feste lösung chemischer Reaktionen im Gewebe benutzt
Wellenlänge, Parallelität der Strahlung, welche wird.
daher gut fokussierbar (bündelbar) ist, und die Er- Die Absorption ist abhängig von der Wellenlänge
zeugung kurzer energiereicher Pulse. Dadurch eig- und der Art des Gewebes. Je größer die Absorption,
net er sich besonders gut für Anwendungen in der desto geringer ist die Eindringtiefe der Strahlung
Medizin. Laser werden vor allem in den Bereichen und desto größer die Wirkung in einem bestimm-
Chirurgie, Augenheilkunde, Tumortherapie, Gynä- ten Volumen. Je nach Gewebeart und gewünschter
kologie, Urologie, Dermatologie und HNO- Heil- Eindringtiefe ist somit die Wellenlänge und Intensi-
kunde eingesetzt. In der Medizin werden sowohl tät des Lasers zu wählen.
Gas- als auch Festkörperlaser verwendet. Grund-
sätzlich muss bei jeder Anwendung eines Lasers Laserchirurgie 2
geklärt werden, ob der Einsatz im Gegensatz zu Das Schneiden von Gewebe mit einem Laserstrahl
einer konventionellen Methode rentabel und weni- beruht auf dem thermischen Effekt oder der Abla-
ger komplikationsbehaftet ist. tion. Ein typischer Schneidlaser ist der CO2- Laser
(Kohlendioxidlaser). Er hat eine geringe Eindring-
Wirkungsmechanismen medizinischer tiefe und erzeugt deshalb einen präzisen Schnitt.
Laserstrahlung 1 Die Schnitttiefe beträgt je nach Leistung und Ge-
In der Medizin wird die Wirkung von Laserstrah- schwindigkeit bis zu 10 mm. Um den Schnitt ent-
lung, die auf Reflexion, Brechung und insbesondere steht eine die Wunde verschließende Gerinnungs-
Streuung und Absorption (Aufnahme) der Strah- zone.
lung in biologischem Gewebe beruht, genutzt. Ab- Ein typisches CO2- Lasersystem (Abb. 2 a) besteht
sorptionseffekte können nach Intensität und Ein- aus einem Netzgerät, Gasvorratsflaschen für den
wirkzeit der Strahlung gegliedert werden (Abb. 1). Laser, dem eigentlichen Laserrohr mit Wasserküh-
Der thermische Effekt, der eine Erwärmung des lung, einem Spiegelgelenkarm zur Strahlführung,
Gewebes bewirkt, wird in der Lasermedizin am einem Handstück (Abb. 2 b), einem Fußschalter
häufigsten benutzt. Ab etwa 60 °C tritt eine Abtö- und einem Rechner mit Bedienkonsole. Im Laser-
tung der Zellen und Gerinnung des Eiweiß (Koagu- rohr wird der Laserstrahl erzeugt, der danach
lation) ein. Dieser Effekt verhindert Blutungen und durch das Spiegelgelenksystem zum Handstück ge-
sorgt für einen aseptischen (keimfreien) Wundver- führt wird. An der Bedienkonsole lässt sich die Leis-
schluss. Bei 100 °C tritt durch Verdampfung von tung des Lasers und die Pulsdauer einstellen. Da
Wasser die Austrocknung des Gewebes ein, bei hö- der Infrarotstrahl des CO2- Lasers unsichtbar ist,
heren Temperaturen wird das Gewebe schließlich wird parallel ein roter Strahl eines schwachen He-
verkohlt und ab 300 °C durch Vergasung abgetra- lium- Neon- Lasers mitgeführt.
gen. Wird ein solcher Laserstrahl bewegt, erzeugt
er einen Schnitt. Bei der Verdampfung und Laser in der Augenheilkunde 3
Vergasung ist eine höhere Intensität, dafür aber ge- Ein Lasersystem in der Augenheilkunde besteht aus
ringere Einwirkzeit der Laserstrahlung als bei der drei Strahlengängen: In dem ersten Strahlengang
Koagulation erforderlich. Ein anderer Absorptions- wird konventionelles Licht in das Innere des Auges
effekt ist die Ablation. Dabei wird das bestrahlte Ge- gebracht, mit dem zweiten beobachtet der Arzt das
webe durch kurze Hochleistungspulse in den gas- innen ausgeleuchtete Auge und im dritten Strahlen-
förmigen Zustand überführt, verdampft und da- gang wird der eigentliche Laserstrahl parallel zum
durch abgetragen. Die Disruption ist ein Absorp- ersten oder zweiten eingekoppelt. Mithilfe von La-
tionseffekt, der bei noch höheren Intensitäten statt- sern lassen sich z. B. Ablösungen der Netzhaut von
findet. Die Strahlung ist dabei so stark, dass Elekt- der Lederhaut verhindern. Dazu wird die Netzhaut
ronen einzelner Atome gelöst werden. Somit ent- um eine Stelle, die sich bereits zu lösen beginnt, mit-
steht ein sich ausdehnendes Plasma (Gemisch aus tels mehrerer kleiner Punkte mit der Lederhaut
freien Elektronen, positiven Ionen und Neutralteil- durch Gerinnung „verschweißt“ (Abb. 3). Auch der
chen eines Gases), das wiederum eine Druckwelle graue Star, bei dem die Linse eingetrübt und verhär-
erzeugt, die eine Amplitude bis zu 600 bar haben tet ist, kann mittels Lasertechnik behandelt werden.
kann. Plasma und Druckwelle eignen sich zum Zer- Die harte Linse wird mittels Ablation zerstört und
stören harter Stoffe (→ Stoßwellenlithotripsie). Ein durch ein künstliches Implantat ersetzt.
MEDIZINTECHNIK

Laser in der Medizin 221


Kühl- und Gefrierschränke 222

Kühl- und Gefriergeräte haben die Aufgabe, in mittel auf den niedrigen Druck entspannt wird. Das
ihrem Innenraum eine gegenüber der Umgebung flüssige Kältemittel fließt zurück in den Verdamp-
niedrigere Temperatur zu erzeugen und aufrechtzu- fer. Die Innentemperatur des Kühl- bzw. Gefrier-
erhalten. Bei einer Innentemperatur von 0 °C bis schranks wird von einem Temperaturregler kon-
+ 8 °C dienen Kühlschränke zur kurzfristigen Lage- stant gehalten, über den der Kompressormotor ein-
rung von verderblichen Waren, während Gefrier- bzw. ausgeschaltet wird (Abb. 2).
schränke bei Temperaturen unter – 18 °C zum Ge-
frieren und langfristigen Lagern von Gefriergut Absorptionsverfahren 3
und Tiefkühlkost eingesetzt werden. Unter Absorption versteht man das Auflösen eines
Dampfes oder Gases in einer Flüssigkeit. Kühl-
Kühlvorgang 1 geräte, die nach diesem Verfahren arbeiten, enthal-
Dem Kühlvorgang der Geräte liegen verschiedene ten das Kältemittel Ammoniak, das vom Wasser
physikalische Gesetzmäßigkeiten zugrunde: leicht aufgenommen (absorbiert) wird. Der Druck
Jede Flüssigkeit nimmt beim Übergang vom flüs- wird hier durch Erhitzen eines mit stark ammoni-
sigen in den dampfförmigen Zustand Wärme auf akhaltigem Wasser gefüllten Kochers erzeugt. Das
(wird erhitzt) und gibt diese beim Übergang vom Ammoniak dampft aus, und das Wasser bleibt
dampfförmigen in den flüssigen Zustand wieder ab. zurück. Im kontinuierlich arbeitenden Ausdamp-
Während des Verdampfungsprozesses bleibt die fungsprozess steigt der Druck so lange an, bis der
Temperatur der Flüssigkeit konstant. Unter Druck Ammoniakdampf im Verflüssiger kondensiert und
steigt diese Temperatur (Siedetemperatur) an, eine die aufgenommene Wärme abgibt. Wie beim Kom-
Druckminderung bewirkt ein Absinken der Tempe- pressionsverfahren strömt das Kältemittel durch
ratur. ein Drosselorgan und nimmt im Verdampfer (Ge-
Die in Kühl- und Gefriergeräten eingesetzten frierfach) bei niedrigem Druck wieder Wärme auf.
Flüssigkeiten bezeichnet man als Kältemittel (z. B. Das schwach ammoniakhaltige und noch warme
Ammoniak, Kohlenwasserstoffe). Ihr Siedepunkt Wasser aus dem Kocher läuft über einen Wär-
liegt bei normalem Atmosphärendruck (1013 hPa meaustauscher, wo es einen Teil seiner Wärme ab-
= 1, 013 bar) zwischen etwa – 100 °C und + 25 °C. Sie gibt, in den Absorber. Hier nimmt es den reinen
werden in einem Kreislauf geführt (Abb. 1) und die Ammoniakdampf, der aus dem Verdampfer strömt,
o. a. Eigenschaften genutzt. Das Kältemittel wird wieder auf und sättigt sich ab. Eine kleine Umwälz-
durch Aufnahme von Wärme aus dem Kühlschrank- pumpe fördert die entstandene Ammoniaklösung
inneren erhitzt und der entstehende Dampf ver- über den Wärmetauscher in den Kocher zurück
dichtet, d. h. , der Druck wird erhöht. Aufgrund der (Abb. 3).
Druckerhöhung verflüssigt sich der Dampf unter Absorberkühlgeräte sind kompakt und durch den
Abgabe von Wärme an die Umgebung. Der Druck fehlenden mechanischen Kompressor relativ ge-
des wieder flüssigen Kältemittels wird gedrosselt, räuschlos. Sie werden daher vorwiegend als Klein-
und der Prozess kann neu beginnen. Die heute übli- geräte gebaut und z. B. beim Camping eingesetzt.
chen Verfahren bei Kühl- und Gefriergeräten sind
das Kompressions- und das Absorptionsverfahren. Rechtliche Entwicklungen
Sie unterscheiden sich in der Druckerzeugung im Bis 1995 wurden als Kälte- und Isoliermittel so ge-
Kältemittelkreislauf. nannte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und
Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) verwandt. Auf-
Kompressionsverfahren 2 grund der stark ozonschädigenden Wirkung und
Die eigentliche Kälteerzeugung findet im Verdamp- der Entstehung des „Treibhauseffektes“ dürfen
fer statt, wo das Kältemittel bei niedrigem Druck diese Kohlenwasserstoffe nicht mehr eingesetzt
verdampft und der Umgebung (im Gefrierfach) werden. Durch weitere Entwicklungsmaßnahmen,
Wärme entzieht. Der Dampf wird vom Kompres- z. B. stärkere Isolierung, Abtauautomatik, Spartas-
sor angesaugt und auf den Kondensator- (Verflüs-- ten bei halber Beladung, konnte in den letzten Jah-
siger)druck verdichtet. Im Kondensator wird der ren der Energieverbrauch von Kühlgeräten deut-
verdichtete Dampf unter Wärmeabgabe an die Um- lich vermindert werden. Im Laufe des Jahres 1997
gebung verflüssigt. Das Kältemittel strömt ansch- sollten zudem alle Kühl- und Gefriergeräte in
ließend durch ein Drosselorgan (Kapillarrohr), wel- Deutschland mit dem Eurolabel gekennzeichnet
ches den Druckausgleich zwischen Kondensator werden, welches die Geräte in so genannte Energie-
und Verdampfer verhindert und in dem das Kälte- effizienzklassen von A bis G einteilt.
TECHNIK IM HAUS

Kühl- und Gefrierschränke 223


Herde 224

Herde gehören zu den Großgeräten im Haushalt einem Ort höherer Temperatur zu einem Ort tiefe-
und dienen zum Kochen, Braten, Backen oder auch rer Temperatur erfolgt durch Wärmeleitung, Wärme-
Grillen von Lebensmitteln. Man unterscheidet drei strömung und Wärmestrahlung sowie durch Kombi-
Herdtypen: Elektro- , Gas- und Induktionsherde. nation dieser drei grundsätzlichen Wärmeübertra-
gungsarten. Beim Standardbackofen findet die Wär-
Das Kochfeld 1 meübertragung durch Hitzestrahlung und natürli-
Der Elektroherd ist mit einer emaillierten Kochmul- che Wärmeströmung (Konvektion) statt. Die Wär-
de mit Kochplatten oder einem Glaskeramikkoch- me wird durch Gase (Luft) transportiert, die auf-
feld ausgestattet. Man unterscheidet drei Plattenty- grund von Temperaturunterschieden strömen. Da-
pen: die Standardkochplatte, die Blitz- und die Au- bei können erheblich größere Wärmemengen über-
tomatikkochplatte. Die Kochplatte (Abb. 1) besteht tragen werden als von ruhenden Medien durch
aus wärmeleitfähigem Gusseisen. In den Platten- Wärmeleitung, wie z. B. bei den Herdkochplatten.
körper sind mehrere Heizleiter, die von einer kera- Die Heizstäbe befinden sich außerhalb des Ofengar-
mischen Isoliermasse umgeben sind, eingegossen. raumes: unterhalb des Bodens (Unterhitze) und
Die Mitte der Platte ist ungeheizt, um Wärmestau oberhalb der Decke (Oberhitze). Bei Backöfen mit
und Überhitzung auszuschließen. Bei der Blitzkoch- Grillvorrichtung sind zusätzliche Heizstäbe im In-
platte, die durch einen roten Punkt in der Platten- nenraum eingebaut. Die Backtemperatur (zwischen
mitte erkennbar ist, wird die höhere Heizleistung 50 – 250 °C) wird über einen oder mehrere Tempe-
in der höchsten und niedrigsten Einstellung wirk- raturregler konstant gehalten. Die Wärmeübertra-
sam. Damit diese Kochplatte nicht überhitzt, befin- gung beim Umluftherd erfolgt durch eine Zwangs-
det sich in der Mitte ein Überhitzungsschutz (Bime- konvektion (Abb. 2). Dazu befindet sich ein Ventila-
tallregler). Bei der Automatikplatte erfolgt das Um- tor in der Rückwand des Backraumes, der von
schalten von hoher auf niedrigere Leistung selbst- einem ringförmigen Heizkörper umgeben ist. Der
tätig durch eine zeitabhängige Steuerung oder eine Ventilator saugt die Luft aus dem Backraum an,
temperaturabhängige Regelung. Ein Glaskeramik- drückt sie um den Heizkörper herum und in den
kochfeld besitzt statt ausgeprägter Kochplatten Ofen zurück. Dadurch wird eine gleichmäßige Tem-
Kochzonen, unter denen sich die Heizleiter be- peraturverteilung im Backraum erreicht. Die Tem-
finden. peraturregelung erfolgt über einen stufenlos ein-
Beim Induktionsherd werden Induktionsspulen, stellbaren Regler bei 50 – 200 °C. Im Umluftbetrieb
die sich unter der Kochzone befinden, mit mittelfre- kann auf mehreren Blechen gleichzeitig gebacken
quenten Wechselströmen gespeist. Sie erzeugen werden. Moderne Geräte besitzen zusätzlich ein
magnetische Wechselfelder, die die Energie direkt eingebautes Gebläse, das den Herd nach außen hin
in den Topfboden übertragen. Zum Kochen eignet kühl hält. Die niedrigen Außentemperaturen scho-
sich nur magnetisch leitendes Geschirr aus Guss- nen die angrenzenden Möbel und die elektroni-
eisen oder emailliertem Stahl, bei dem die magne- schen Bauteile (Abb. 3).
tischen Wechselfelder Wirbelströme im Geschirr-
boden und damit Wärme erzeugen. Die Glaskera- Reinigungssysteme 3
mikkochplatte selbst bleibt kalt und wird nur indi- Die meisten Backöfen sind mit einer Selbstreini-
rekt über das Kochgeschirr erwärmt. gungsfunktion ausgestattet. Man unterscheidet
Das Kochfeld des klassischen Gasherdes ist mit dabei zwischen der pyrolytischen und der katalyti-
einem Topfgitter und offenen Brennern ausgestat- schen Reinigung. Bei der pyrolytischen Selbstreini-
tet, aus denen das Gas austritt. Eine elektrische gung werden Verunreinigungen bei hohen Tempera-
Funkenzündung stellt die Flamme in gewünschter turen von ca. 500 °C verschwelt. Eine temperatur-
Größe bereit. Sollte die Flamme verlöschen (z. B. abhängig gesteuerte Türverriegelung verschließt
durch Überkochen), dann stoppt eine eingebaute die Tür bei ca. 300 °C automatisch, um Unfällen vor-
Zündsicherung die Gaszufuhr sofort. Ein moderner zubeugen. Backöfen mit katalytischer Selbstreini-
Gaskocher benötigt ungefähr 50% weniger Energie gungsfunktion verfügen über emailbeschichtete Sei-
als ein elektrischer Herd. tenwände, in die Katalysatoren eingelegt sind. Sie
wirken schon bei 200 °C und der Reinigungsvor-
Der Backofen 2 3 gang findet während des Bratens oder Grillens statt.
Der Backofen ist durch seine gleichmäßige und fein Beide Selbstreinigungsverfahren haben ihre Gren-
regulierbare Wärmezufuhr für die Wärmezuberei- zen bei starken Verschmutzungen, speziell durch
tung vielseitig nutzbar. Die Wärmeübertragung von zuckerhaltige Stoffe oder Säuren.
TECHNIK IM HAUS

Herde 225
Mikrowellengeräte 226

Mikrowellengeräte dienen dem schnellen Auftauen, Das Gargut verhält sich im Mikrowellengerät wie
Erhitzen oder auch Garen von Lebensmitteln. Sie ein Dielektrikum zwischen den Platten eines Kon-
eignen sich bevorzugt zum Erwärmen bereits vor- densators, der an eine Hochfrequenzspannung an-
gefertigter Gerichte und zum Auftauen von Tief- geschlossen ist (Abb. 4). Ein Dielektrikum ist ein
kühlkost. elektrischer Nichtleiter, der beim Einwirken eines
elektrischen Feldes durch Ladungstrennung ein Ge-
Mikrowellenerzeugung 1 2 genfeld aufbaut. Die Moleküle des Dielektrikums
Als Mikrowellen bezeichnet man das Frequenz- werden infolge des zwischen den Kondensatorplat-
gebiet elektromagnetischer Strahlen, welches sich ten wirkenden elektrischen Feldes laufend elekt-
im Bereich von 1 GHz (109 Hz) bis zu 1 THz (1012 Hz) risch umpolarisiert und fangen im Frequenz-
bewegt. Die Mikrowellen nehmen somit das Grenz- bereich der Mikrowelle an zu schwingen. Als Folge
gebiet zwischen den Radiostrahlen (< 1 GHz) und der Molekülbewegung entsteht Wärme. Die Auf-
den Infrarotstrahlen (> 1 THz) ein. gabe des Plattenkondensators übernehmen im Mik-
Die elektromagnetischen Strahlen werden von rowellengerät die Wände, an denen die Strahlen re-
einem Mikrowellengenerator, dem so genannten flektiert werden. Bei der Umwandlung der Mikro-
Magnetron, erzeugt. Er besteht aus einer Vakuum- wellenenergie in Wärme schwächen sich die Mikro-
röhre mit einer stabförmigen Glühkathode und wellen ab, dringen aber dennoch ins Innere des
einer dazu konzentrisch angeordneten Anode, die Gargutes vor. So entsteht gleichzeitig Wärme in
an eine Spannungsquelle angeschlossen sind. Die den äußeren und tiefer liegenden Schichten des Le-
Röhre befindet sich in einem kontinuierlich mag- bensmittels. Die Erwärmung der tieferen Schichten
netischen Feld, das von einer stromdurchflossenen sowie des Kerns erfolgt zusätzlich durch Wärme-
Spule erzeugt wird (Abb. 1). Die Kathode ist eine ne- leitung von außen nach innen.
gativ geladene Elektrode, an der Elektronen austre-
ten. Diese werden vom Magnetfeld abgelenkt und Eigenschaften
in Bahnen gezwungen, die um die Kathode laufen. Bei Mikrowellengeräten werden verschiedene Ei-
Dabei beeinflusst die Stärke des Magnetfeldes die genschaften der elektromagnetischen Strahlung
Bahnkrümmung und die Umlauffrequenz der Elekt- ausgenutzt. So werden Mikrowellen von metalli-
ronen (Abb. 2). Treffen nun die Elektronen auf die schen Flächen reflektiert, ohne dass es dabei zu
Anode, so entsteht ein Elektronenstrom, der die einer wesentlichen Erwärmung kommt. Behälter
Quelle der im Magnetron erzeugten elektro- aus Glas, Keramik oder Kunststoff werden durch-
magnetischen Strahlung darstellt. Die Frequenz drungen, und auch hier findet keine direkte Erwär-
der Strahlung entspricht der Umlauffrequenz der mung der Materialien statt. Speisen und Wasser
Elektronen im Magnetfeld. (elektrische Nichtleiter) hingegen nehmen Mikro-
wellen auf (Absorption) und wandeln sie in Wärme
Strahlungsgang in Mikrowellengeräten 3 4 um. Je größer der Wasservorrat ist, desto schneller
Die im Magnetron erzeugten Mikrowellen werden werden die Speisen erwärmt. Die Leistung der Mik-
von einer Antenne, dem so genannten Koppelstift, rowellengeräte (maximal 500 W – 1 000 W) lässt
über einen Hohlleiter in den Garraum eingespeist, sich vom Benutzer über verschiedene Bedienele-
um dort das Gargut zu erwärmen (Abb. 3). Vor der mente entsprechend der Funktionen Auftauen, Er-
Einkopplung befindet sich ein Reflektor, dessen hitzen oder Garen einstellen.
Flügel aus Blech bestehen. Ist das Mikrowellenge- Die Behälter für Lebensmittel, die im Mikrowel-
rät eingeschaltet, so dreht sich auch der Rotor im lengerät erwärmt werden sollen, müssen aus Glas,
kontinuierlichen Betrieb. Die Mikrowellen, die vom Keramik oder Kunststoff bestehen. Metalltöpfe und
Magnetron aus in den Garraum eingespeist werden, - folien sind ungeeignet, da sie die Strahlen und
werden beim Auftreffen auf die Flügel ständig un- damit die Energie reflektieren und nicht an das
terschiedlich reflektiert, sodass sich die elektro- Gargut heranlassen.
magnetischen Strahlen gleichmäßig im Garraum Zur Vermeidung von Gesundheitsschäden und
verteilen. Funkverkehrsstörungen muss ein sauberes Schlie-
Der aus Metall bestehende Garraum wirkt wie ßen der Gerätetür gewährleistet sein, damit mög-
ein Hohlraumresonator, denn die Innenmaße sind lichst wenig Strahlung nach außen dringt. Das
auf die Wellenlänge der Mikrowellen abgestimmt. Sichtfenster in der Tür ist zum Garraum hin mit
Die von den Wänden reflektierten Wellen unterstüt- einem Lochblech versehen, sodass die Mikrowellen
zen jeweils die ankommenden. vollständig reflektiert werden.
TECHNIK IM HAUS

Mikrowellengeräte 227
Geschirrspüler 228

Geschirrspülmaschinen gehören heute in vielen Ionentauscher


Haushalten zur Grundausstattung. Sie nehmen Weiches Wasser ist eine Voraussetzung für eine
dem Benutzer Arbeit ab und sind bei häufig anfal- gute, „glänzende“ Reinigungswirkung, denn hartes
lenden großen Geschirrmengen auch energiespa- Wasser hinterlässt mit der Zeit einen milchig wei-
render als das Spülen von Hand. ßen Belag auf dem Geschirr. Verantwortlich für die
Wasserhärte sind in Wasser gelöste Calcium- und
Aufbau und Funktionsweise 1 2 3 Magnesiumteilchen in Form positiver Ionen (Ca++
Im Spülraum der Maschine befinden sich zwei Ge- und Mg++). Ein so genannter Ionenaustauscher, der
schirrkörbe (Ober- und Unterkorb), die nach vorne in der Spülmaschine eingebaut ist, entzieht dem
herausgezogen werden, und mindestens ein Be- Wasser diese Ionen und tauscht sie gegen Natrium-
steckkorb oder eine Besteckschublade (Abb. 1). Das ionen (Na+) aus; damit bleibt das Wasser elektrisch
Fassungsvermögen beträgt dabei je nach Geräte- neutral. Über ein Regeneriersalz auf Kochsalzbasis
größe zwischen 8 und 14 Maßgedecke. Zum Betrieb (NaCl) werden dem Ionenaustauscher regelmäßig
werden ein Wasserzu- und - abfluss und ein Strom- Na+- Ionen zugeführt. Nach jedem Spülgang wird
anschluss (um 3 kW Anschlussleistung) benötigt. der Austauscher mit der konzentrierten Regene-
Ist zusätzlich ein Warmwasseranschluss vorhan- riersalzlösung umspült, wobei er die Ca++- und die
den, so können durch die kürzeren Aufheizzeiten Mg++- Ionen abgibt und wieder Na+- Ionen aufnimmt.
im Reinigungs- und Klarspülvorgang erhebliche Die Spülung wird anschließend abgepumpt. In der
Einsparungen in der Laufzeit und im Stromver- Spülmaschine befindet sich ein Salzbehälter, der
brauch erreicht werden. vom Benutzer je nach Bedarf aufgefüllt werden
Geschirrspülmaschinen arbeiten mit der mecha- muss. Der Verbrauch des Regeneriersalzes richtet
nischen Wirkung von Wasserstrahlen, die jede sich nach der jeweiligen Wasserhärte und wird vor
Stelle auf der Geschirroberfläche erreichen, Speise- der ersten Inbetriebnahme des Gerätes mithilfe
reste ablösen und fortspülen. Mithilfe eines Sprüh- eines Schalters von Hand eingestellt.
systems wird das Wasser umgewälzt und dem Ge-
schirr zugeführt. Das System besteht aus zwei bis Spülvorgang
drei rotierenden Sprüharmen mit zahlreichen ge- Ein Spülvorgang besteht aus mehreren Programm-
richteten Düsen, die das Wasser fächerförmig in schritten:
den Spülraum spritzen (Abb. 2). Das vom Geschirr • Vorspülen: Absprühen mit kaltem Wasser
abtropfende Wasser fließt durch ein Sieb auf die • Hauptspülen: Abspritzen mit warmer Lauge
Umwälzpumpe (Kreiselpumpe). Sie pumpt das (45 °C bis 65 °C)
Wasser während des Spülvorgangs kontinuierlich • Zwischenspülen: Entfernen der Laugenreste
zurück in den Spülraum, wobei es erst durch eine mit warmem Wasser
Heizung wieder erwärmt wird. Die abgespülten • Klarspülen: Abspülen unter Verwendung von
Speisereste werden zum Schutz der feinen Düsen Klarspüler und warmem Wasser
vom Sieb am Boden zurückgehalten oder in ein • Trocknen: Erhöhen der Lufttemperatur
trichterförmiges Sieb (Siebkombination, Abb. 3) vor Je nach Gerät und Hersteller kann der Benutzer
der Laugenpumpe gespült. Die Laugenpumpe auch zwischen mehreren Spülvorgängen wählen. Neben
Ablaufpumpe genannt, fördert das Spülwasser dem Universalprogramm für normal verschmutz-
dann in den Abfluss. Moderne Geräte sind mit tes Geschirr werden auch Spar- , Fein- und Kurzpro-
einer Filterkombination ausgerüstet, die eine weit gramme für leicht verschmutztes Geschirr oder
reichende Selbstreinigung des Wassers erzielen. halbvolle Spülmaschinen angeboten. Kurzpro-
Auf der Innenseite der Gerätetür befinden sich Ein- gramme arbeiten ohne Vorspül- und Trockengang.
spülkammern für das Reinigungsmittel und den Der Strom- und Wasserverbrauch der Spül-
Klarspüler. Die wasserdicht schließenden Kammer- maschinen wurde in den letzten Jahren erheblich
deckel werden programmgesteuert geöffnet. Eine reduziert: Im Universalprogramm verbraucht ein
elektromagnetisch betätigte Dosiereinrichtung gibt altes Modell ca. 50 Liter Wasser bei ca. 2, 5 kWh
beim letzten Spülgang eine einstellbare Menge an Leistung, ein neues Gerät benötigt z. B. nur noch
Klarspüler in den Spülbehälter. Der Klarspüler 17 Liter Wasser bei 1, 2 kWh Leistung. Die aller-
setzt die Oberflächenspannung des Wassers herab neuesten Geschirrspüler sind mit einer program-
und verhindert so die Tropfenbildung. Dadurch mierbaren Elektronik ausgestattet, deren „intelli-
liegt nur ein hauchdünner Wasserfilm auf dem Ge- gente“ Programme man neuen Erkenntnissen an-
schirr, der schnell verdunstet. passen kann.
TECHNIK IM HAUS

Geschirrspüler 229
Waschmaschinen und Wäschetrockner 230

Waschmaschinen dienen dem Reinigen ver- in unterschiedlicher Folge geöffnet oder geschlos-
schmutzter Wäsche in erwärmtem Wasser unter sen und das Schaltwerk wird im Abstand von eini-
Zugabe von Waschmitteln. Zum anschließenden gen Sekunden jeweils einen Schritt weitergeleitet.
Trocknen der ausgeschleuderten Wäsche kann ein Bei der elektronischen Steuerung überwacht ein
Wäschetrockner benutzt werden. Mikrocomputer alle Funktionen des Programm-
ablaufs.
Waschmaschinen 1 Technische Neuerungen auf dem Gebiet der
Bei den Waschvollautomaten (Abb. 1) werden die Ar- Waschvollautomaten sind unter anderem die elekt-
beitsgänge Waschen, Spülen und Schleudern unter ronische Unwuchtüberwachung beim Schleuder-
Zugabe aller Waschmittel automatisch gesteuert. gang, die Mengenautomatik mit elektrischer Be-
Frontlader sind von vorne zu beschicken, Toplader ladungserkennung und Sicherungssysteme (Water-
von oben. Die Wäschetrommel aus korrosions- proofsystem, WPS), die den unkontrollierten Was-
beständigem Edelstahl ist waagerecht im Laugenbe- serzulauf verhindern und die Wasserzufuhr stop-
hälter gelagert, an der Innenseite gelocht und mit pen, wenn kein Wasser benötigt wird.
quer laufenden Mitnehmerrippen versehen. Sie
wird abwechselnd nach beiden Seiten gedreht, Wäschetrockner 2 3
wobei der Laugenbehälter je nach Programm- Nach dem Ausschleudern der Wäsche bietet ein
zustand mit Waschlauge oder Spülwasser gefüllt Wäschetrockner die Möglichkeit, die Kleidung in-
ist. Über Magnetventile wird die Frischwasser- nerhalb relativ kurzer Zeit zu trocknen. Die Tro-
zufuhr und die Waschmitteleinspülung freigege- ckenzeiten liegen zwischen 30 Minuten und 2 Stun-
ben. Die unterschiedlichen Wasserstände zum Wa- den und sind abhängig von der Umdrehungsfre-
schen und Spülen werden über das Wasserstands- quenz im Schleudergang und dem gewünschten
steuergerät gesteuert, welches über ein Steigrohr Trockengrad, der mittels eines Wahlschalters einge-
mit dem Laugenbehälter in Verbindung steht. Beim stellt werden kann. Die Geräte sind ähnlich auf-
Wassereinlauf steigt die Waschlauge im Steigrohr gebaut wie Waschmaschinen und bestehen aus
und komprimiert die eingeschlossene Luft im Steu- einer horizontal gelagerten, gelochten Trocken-
ergerät, bis der zunehmende Druck einen Mem- trommel, die sich im ständigen Wechsel rechts- und
branschalter betätigt. Der Wasserzulauf wird so- linksherum dreht. Von einem Gebläse wird ein kräf-
dann unterbrochen, und die Heizung, die sich un- tiger Warmluftstrom durch die Wäsche geblasen.
terhalb des Laugenbehälters befindet, wird einge- Die gewünschte Trockendauer wird über einen
schaltet. Die Temperatur wird von einem (elektri- elektronischen Feuchtigkeitsfühler oder bei ein-
schen) Temperaturregler (Kapillarrohr, Heißleiter, facheren Geräten über eine Zeitschaltuhr bestimmt.
NTC- Fühler) überwacht und auf den vorgegebenen Man unterscheidet zwischen einem Ablufttrock-
Wert eingestellt. ner und einem Kondensationstrockner. Ein Abluft-
Als Antrieb für die Waschtrommel dient meist trockner (Abb. 2) saugt fortwährend Luft aus der
ein polumschaltbarer Motor für langsame und Umgebung an, erwärmt sie und führt sie der Tro-
schnelle Umdrehungsfrequenzen; in einigen Gerä- ckentrommel zu. Über ein Flusensieb und einen
ten werden auch Doppelmotoren eingesetzt. Neu ist Abluftschlauch wird dann die feuchte Luft ins Freie
der Einsatz von Gleichstrommotoren, die im Schleu- geblasen. Kondensationstrockner (Abb. 3) arbeiten
dergang eine stufenlose Umdrehungsfrequenzände- mit einem Luftkreislauf, in dem die Luft ständig
rung erlauben. Die typischen Umdrehungsfrequen- umgewälzt, erwärmt und nach Aufnahme von
zen liegen im Schongang bei 25 1/min, beim Wa- Feuchtigkeit aus der zu trocknenden Wäsche abge-
schen oder Spülen bei 50 l/min und beim Schleu- kühlt und dabei entfeuchtet wird, denn die Wasser-
dern bis zu 1600 l/min. Die Laugenpumpe fördert aufnahmefähigkeit nimmt mit fallender Tempera-
30– 50 l/min. Ein Flusensieb schützt sie vor Fremd- tur ab. Die Luftkühlung erfolgt in einem Kondensa-
körpern aus dem Spülwasser. tor, der seinerseits durch Wasser oder Luft gekühlt
Das Waschprogramm wird von einem Programm- wird. Die anfallende Feuchtigkeit (Kondensat) wird
steuergerät bestimmt, das aus einem Wahlschalter, in einem Auffanggefäß, das regelmäßig geleert wer-
einem Programm- und einem Steuerteil (Schritt- den muss, gesammelt oder mithilfe einer Ablauf-
schaltwerk oder elektronische Steuerung) besteht. pumpe in den Abfluss befördert. Zu den reinen Wä-
Ein Schrittschaltwerk ist ein mechanischer Schal- schetrocknern werden auch Vollwaschtrockner an-
ter mit mehreren Kontakten, der von einem Asyn- geboten, die einen Waschvollautomaten und Trock-
chronmotor angetrieben wird. Die Kontakte werden ner in einem Gerät vereinen.
TECHNIK IM HAUS

Waschmaschinen und Wäschetrockner 231


Kleingeräte 232

Im Haushalt finden viele elektrische Kleingeräte ih- blasfilter ein Aktivfiltersystem, mit dem die Abluft
ren Einsatz. Nur selten ist einem aber bewusst, wie sauberer als die Außenluft und weitestgehend ge-
diese „technischen Helfer“ eigentlich funktionieren. ruchsfrei gereinigt wird.

Bügeleisen 1 Kaffeemaschine 3
Bügeleisen dienen dem Glätten und in Form brin- Die wichtigsten Bauteile der Kaffeemaschine sind
gen von Wäschestücken unter der Anwendung von Heizung, Wassertank, Steigrohr, Kaffeefilter und
Wärme, Feuchtigkeit und Druck. Sie besitzen eine - gefäß. Das Wasser wird im Wassertank erhitzt und
spitz zulaufende Sohle aus Aluminium, Stahlblech durch den entstehenden Dampfdruck über ein
oder Keramik, die zur Verbesserung der Gleiteigen- Steigrohr nach oben getrieben, von wo aus es in
schaften geschliffen und poliert oder Kunststoff be- den Filter tropft und das Kaffeepulver überbrüht.
schichtet ist. An einem Temperaturwähler wird mit- Der trinkfertige Kaffee fließt dann in die auf einer
tels eines Bimetallreglers die Bügeltemperatur stu- Wärmplatte stehende Kanne unterhalb des Filters.
fenlos eingestellt. Als Heizelemente dienen z. B. in Beim Espresso-Verfahren wird heißes Wasser unter
die Sohle eingepresste oder aufgelötete Rohrheiz- Druck durch das Kaffeemehl, das sich in einem spe-
körper oder Heizwendel aus Widerstandsdraht, die ziellen Filter befindet, gepresst (Abb. 3).
in eine Isoliermasse eingebettet sind. Ein Dampf-
bügeleisen (Abb. 1) besitzt zusätzlich einen Wasser- Weitere Kleingeräte
tank mit bis zu 0, 36 Litern Inhalt. Durch Herunter- Ein Mixer wird von einem Universalmotor angetrie-
drücken des Dampfmengenwählers fließt eine ben und hat meist zwei Antriebsstellen zur Werk-
kleine Wassermenge in eine Dampfkammer zwi- zeug- und Zusatzgeräteaufnahme. Für die unter-
schen der Beheizung, verdampft, strömt durch schiedlichen Umdrehungsfrequenzen werden stu-
Dampfkanäle und tritt durch Düsen auf der Unter- fenlose Frequenzwähler eingesetzt. Der Motor
seite der heißen Bügelsohle (mindestens 130 °C) treibt über ein Schneckengetriebe zwei gegenläu-
aus. Bei einer Dampfautomatik mit stufenloser Re- fige Wellen an, in die die Rühr- und Knetwerkzeuge
gulierung wird die Dampfmenge den unterschied- eingerastet werden. An der zweiten Antriebsstelle
lichen Textilien angepasst. Durch die Sprühdüse können Zusatzgeräte wie Zerkleinerer, Mixstab
kann durch Herunterdrücken der Dampfstoßtaste oder Dosenöffner angeschlossen werden.
ein feiner Wasserstrahl aus der Dampfstoßkammer Das Heizsystem eines Eierkochers besteht aus
auf die Wäsche gespritzt werden. einer Stahlschale, unter der eine Heizspirale und
ein Temperaturfühler angebracht sind. Mit einem
Staubsauger 2 Messbecher wird eine definierte Menge Wasser in
Staubsauger dienen dem Aufnehmen von Staub, die Schale gefüllt. Bevor das Gerät eingeschaltet
Fäden oder Flusen; mit Nass- Trocken- Saugern kön- wird, werden die Eier in den dafür vorgesehenen
nen auch Flüssigkeiten aufgenommen werden. In- Einsatz gesetzt und der Kocher mit einem Deckel
nerhalb des Staubsaugergehäuses (Abb. 2) befindet geschlossen. Die Eier sind fertig, wenn alles Wasser
sich eine Gebläsekapsel mit einem Universalmotor, in der beheizten Schale verdunstet ist. Die Tempera-
mindestens einem Luftförderrad und Einrichtun- tur in der Schale steigt an, und der Temperaturfüh-
gen für die Luftführung. Der Motor treibt die Luft- ler schaltet einen Summer ein.
förderräder mit bis zu 30 000 Umdrehungen pro Mi- Bei einem Toaster wird die Heizfunktion der
nute an. Zur Ableitung der entstehenden Wärme Heizdrähte von einer Thermostatsteuerung gere-
wird Kühlluft über den Motor geleitet. Über ein gelt. Drückt man den Griff herunter, so werden die
Ausblasrohr wird die Luft aus der Gebläsekapsel Hauptheizung (Heizdrähte) und ein Bimetallther-
und aus dem Gehäuse herausgedrückt. Dadurch mostat eingeschaltet. Über einen Drehknopf kann
entsteht ein Unterdruck, sodass über den Saug- man die Röstdauer und damit die Zeit einstellen,
schlauch Außenluft mit Verschmutzungen in das nach der das Thermostat auslöst und das Gerät
Gehäuse einströmt. Der Luftstrom wird über ein selbsttätig abschaltet.
(Mikro- )Filtersystem geführt und verlässt das Ge- Ein Fön besteht aus einem Gebläse, das von ei-
rät über einen Ausblasfilter. Verschmutzungen blei- nem Universal- oder Niederspannungsgleichstrom-
ben im austauschbaren Papierfilter zurück. Moder- motor angetrieben wird. Die austretende Luft wird
ne Geräte sind mit einer elektronischen Saugkraft- durch Heizdrähte erwärmt, wobei Luftstrom und
regulierung ausgestattet, ein Temperaturbegrenzer - temperatur über die Heiz- und Motorleistung gere-
schützt sie vor Überhitzung, und sie haben als Aus- gelt werden können.
TECHNIK IM HAUS

Kleingeräte 233
Klimaanlagen 234

Klimaanlagen haben die Aufgabe, während des peratur im Bereich von 20 bis 26 °C auf jede ge-
ganzen Jahres angenehme Aufenthaltsbedingun- wünschte Temperatur einzustellen ist, wird die
gen in geschlossenen Räumen zu schaffen. Sie ge- Luftfeuchte weitgehend nach wirtschaftlichen Ge-
statten es, unabhängig von äußeren Einflüssen ein sichtspunkten gewählt.
bestimmtes Raumklima (Temperatur, Luftfeuchte,
Luftreinheit und Luftumwälzgeschwindigkeit) ein- Klimatisierung größerer Gebäude 4
zustellen und beizubehalten. Bei den beschriebenen Klimaanlagen handelt es
sich um mobile Anlagen, die in den zu klimatisie-
Funktionsweise 1 2 3 renden Räumen selbst oder in deren Nähe aufge-
Grundbestandteil der meisten Klimaanlagen ist der stellt sind. In größeren Einrichtungen (z. B. Büro-
Kühlkreislauf mit Kompressor, Kältemittel, Ver- gebäude, Rechenzentren, Museen oder Kranken-
dampfer, Verflüssiger, Expansionsventil und Ven- häuser), wo mehrere Räume gleichzeitig gekühlt
tilator (Abb. 1). In einem geschlossenen Kreislauf und/oder geheizt werden sollen, setzt man Klima-
verdampft und kondensiert das Kältemittel (meist anlagen mit einer Außeneinheit und mehreren In-
Ammoniak oder ein Halogenkohlenwasserstoff) neneinheiten ein (Abb. 4). Über Luftkanäle wird die
und folgt dabei verschiedenen physikalischen Ge- aufbereitete Luft (Zuluft) den Räumen zugeführt
setzmäßigkeiten (→ Kühlschrank). Im Verdampfer und die verbrauchte Luft (Abluft) abgeführt. Die Kli-
wird die Raumluft durch Wärmeaustausch mit dem mazentrale, mit der die Außen- und Inneneinheit
Kältemittel abgekühlt. Das Kältemittel verdampft verbunden ist, enthält alle für eine umfassende
im Verdampfer bei niedrigem Druck und entzieht Luftaufbereitung erforderlichen Anlagenteile und
dadurch der Raumluft Wärme. Der Dampf wird regelt das Zusammenwirken. In einer Mischkam-
dann vom Kompressor angesaugt und verdichtet. mer werden Außenluft und Umluft miteinander
Im Verflüssiger wird der verdichtete Kältemittel- vermischt und im Luftfilter anschließend von Ver-
dampf unter Wärmeabgabe an die Umgebung ver- unreinigungen befreit. Der Vorwärmer dient zur Er-
flüssigt und strömt anschließend durch ein Expan- wärmung der gereinigten Mischluft mit dem Ziel,
sionsventil. Dort wird das Kältemittel auf niedrigen die Luft für die anschließende Befeuchtung ausrei-
Druck entspannt und fließt wieder in den Verdamp- chend aufnahmefähig für Wasserdampf zu machen.
fer. Mithilfe eines Filters wird die Luft im Verdamp- Im Sommerbetrieb wärmt man die Luft nicht vor,
fer von Schwebestoffen gereinigt; Ventilatoren am sondern erniedrigt ihre Temperatur im Luftkühler.
Ein- und Auslass sorgen für die Luftzirkulation. Für Im Befeuchter wird die Luft durch Wasserzerstäu-
eine normale Kühlleistung reicht der Luftbetrieb bung befeuchtet und teilweise gereinigt und
aus; höhere Leistungen werden mit dem Wasserbe- gekühlt. Im Nachwärmer wird die gewünschte Tem-
trieb erzielt, bei dem die Luft zusätzlich durch Was- peratur eingestellt. Zu- und Abluftventilatoren sor-
ser abgekühlt wird, das sich in einem Tank befindet. gen für den Transport der Luft in den entsprechen-
Im Gegensatz zu den Kompaktanlagen sind zwei- den Kanalleitungen.
teilige Klimaanlagen mit Außen- und Inneneinheit Bei modernen Anlagen mit Frequenzregelung
(Abb. 2) leistungsstärker, da sie mehr Wärme abge- und Mikroprozessoren werden nur Räume mit
ben können. Beim Kühlen wird die aus dem Raum tatsächlichem Bedarf gekühlt oder beheizt. Auch
abzuführende Wärme im Innenteil vom Kältemit- eine Wärmerückgewinnung ist möglich, indem
tel aufgenommen, über ein geschlossenes Rohrlei- Wärme von im Kühlbetrieb befindlichen Innenein-
tungssystem transportiert und bei der Außeneinheit heiten an diejenigen Bereiche abgegeben wird, die
an die Umgebungsluft abgegeben. In der Außenein- beheizt werden sollen.
heit befindet sich der Kompressor, der diesen Kreis-
lauf antreibt. Der Prozess wird so lange wiederholt, Gesundheitliche Probleme durch Klimaanlagen
bis die gewünschte Raumtemperatur erreicht ist. Viele Menschen, die täglich in vollklimatisierten
Wärmepumpen können diesen Prozess auch umkeh- Gebäuden arbeiten oder leben, klagen über Kopf-
ren. Dabei wird die Außenluft abgekühlt und die so schmerzen, trockene Augen und häufige Erkältun-
entzogene Wärme durch die Inneneinheit an den gen. Verursacht werden diese Beschwerden einer-
zu beheizenden Raum abgegeben (Abb. 3). seits durch zu trockene Raumluft, andererseits
Klimaanlagen werden von Mikroprozessoren durch die zum Teil hohen Temperaturunterschiede
überwacht und gesteuert; Raumtemperatur, Luft- zwischen Raum- und Außenluft. Bei schlechter War-
menge, Be- und Entfeuchtung werden automatisch tung können die Wassertanks von Klimaanlagen
oder individuell geregelt. Während die Raumtem- auch zu Brutstätten für Krankheitserreger werden.
TECHNIK IM HAUS

Klimaanlagen 235
Kohlekraftwerke 236

Zwar gilt Kohle nicht mehr als Schlüsselfaktor der hier dient ein Rohrleitungssystem als Kern der An-
Volkswirtschaft, und gerade im Energiebereich wur- lage, das aber in diesem Fall von Kühlwasser durch-
de die einstige Vormachtstellung der Kohle in den flossen wird. Der Dampf kondensiert an den Roh-
letzten Jahrzehnten vom Erdöl und Erdgas aus- ren und gibt Wärme an das Wasser, das sich in
gehöhlt, dennoch bleibt sie vorerst mit einem An- ihnen befindet, ab. Während das Kühlwasser den
teil von 80 % der Weltenergiereserven der Primär- Kondensator durchläuft, nimmt seine Temperatur
energieträger Nummer Eins. Auch der Verbrauch um etwa 10 °C zu. Das kondensierte Kesselspeise-
dürfte weiter ansteigen, denn manche aufstreben- wasser wird erneut durch die Speisewasserpumpe
den Länder mit rasant wachsender Industrie wie dem Dampferzeuger zugeführt. Es handelt sich also
China sind klassische Kohleländer. um einen geschlossenen Wasser- Dampf- Kreislauf.
Weltweit stammen fast 40 % der Stromerzeugung Die Rotationsenergie der Turbine treibt den Ge-
aus Kohle. In Deutschland deckt sie etwa die Hälfte nerator an. Turbinenläufer und Rotor des Genera-
des Stromverbrauchs. Braunkohlekraftwerke liefern tors drehen sich dabei mit rund 3000 Umdrehun-
vor allem Grundlaststrom. Den Brennstoff gewinnt gen/min. In der Statorspule des Generators wird
man billig im Tagebau. Da die Kohle gleich am Ab- diese mechanische Rotationsenergie durch Induk-
bauort verstromt wird, entfällt teurer und aufwen- tion in elektrische Energie umgewandelt, d. h.
diger Transport. Die Stromgestehungskosten sind Strom erzeugt.
somit im Vergleich geringer als bei anderen Ener-
gieträgern, und so laufen die Kraftwerke rund um Umwelteinfluss 2 3
die Uhr. Steinkohlekraftwerke liefern neben Grund- Bei der Verbrennung von Kohle entstehen in
laststrom auch Mittellaststrom. großen Mengen Schadstoffe (Abb. 2). Die „klassi-
schen“ Schadstoffe wie Schwefeldioxid und Stick-
Komponenten eines Kohlekraftwerkes 1 oxide, Flugstaub und Schlacke hat man „im Griff“.
Die wesentlichen Komponenten zur Stromerzeu- Als Reaktion auf entsprechende Verordnungen wur-
gung in Kohlekraftwerke sind (Abb. 1): Dampfer- den alte Kraftwerke mit modernen Reinigungsanla-
zeuger, Turbine und Generator. gen (→ Rauchgasreinigung) aufgerüstet, die bei
Als Dampferzeuger dient ein Kessel von besonde- neuen Kraftwerken gleich mit eingebaut werden.
rer Bauart: Die Flammen und heißen Rauchgase Problematisch bleibt allerdings die Emission von
übertragen ihre Wärme auf ein umfangreiches Kohlendioxid. Es entsteht zwangsläufig beim Ver-
Rohrsystem direkt im Feuerraum und heizen so brennen fossiler Stoffe und gilt als Treibhausgas,
das in den Rohren fließende Wasser (Kesselspeise- das die Erdatmosphäre aufheizt. Da man es bislang
wasser) auf. Dabei bildet sich überhitzter Dampf, weder ausfiltern noch binden kann, lässt es sich
der unter Druck steht. Zur Verbrennung der Kohle nur durch effizienten Brennstoffeinsatz reduzieren,
nutzt man verschiedene Feuerungsanlagen (→). Im z. B. indem man aus der gleichen Menge Kohle
Brennraum findet eine Energieumwandlung von mehr Strom gewinnt (Abb. 3). Derzeit liegen die
chemischer Energie zu Wärmeenergie statt. Dabei Spitzenwerte für den Wirkungsgrad eines Kohle-
entstehen Rückstände in großen Mengen. Die kraftwerks bei gut 45 %. Sehr viel besser lässt sich
festen (z. B. Asche) lassen sich direkt im Feuerraum der Brennstoff ausnutzen, wenn man nicht nur
abziehen, die Rauchgase werden vor dem Einleiten Strom produziert, sondern die Abwärme gleichzei-
in den Kamin gereinigt (→ Rauchgasreinigung). tig für Heizzwecke nutzt (Kraft- Wärme- Kopplung).
Die nächste Energieumwandlung erfolgt in der
Turbine (→ Dampf- und Gasturbinen). Der Hoch- Zukunftsaussichten
druckdampf, er hat eine Temperatur von etwa Aber auch beim reinen Dampfkraftwerk für die
540 °C und einen Druck von bis zu 180 bar, strömt Stromerzeugung lässt sich die Leistungsfähigkeit
auf die Laufräder, gibt dort Energie ab und ent- weiter steigern. Mit neuen Werkstoffen ist es mög-
spannt sich. Dabei geht die Wärmeenergie des lich, Dampfzustände mit noch höheren Temperatu-
Dampfes in Rotationsenergie der Turbinenwelle ren zu realisieren. Durch den Übergang zu Hoch-
über. Bei großen Anlagen setzt sich die Turbine aus temperaturprozessen erscheinen sogar Wirkungs-
mehreren Teilen (Hochdruck- , Mitteldruck- und grade nahe 50 % erreichbar. Außerdem entwickeln
Niederdruckteil) zusammen, um den Druck konti- die Kraftwerksbauer effizientere Techniken zur
nuierlich abzubauen. Hinter der Turbine gelangt Kohleverbrennung, etwa die Kohlendruckverga-
der entspannte Dampf in den Kondensator, wo er sung in Kombination mit Gas- und Dampfturbinen-
sich vollends abkühlt und wieder verflüssigt. Auch kraftwerken.
ENERGIETECHNIK

Kohlekraftwerke 237
Feuerungsanlagen 238

Jede Feuerungsanlage erzeugt Wärme. Als Energie- trocknet und dann in hohem Maße verbrannt.
lieferanten dienen in erster Linie Kohle, Erdöl und Meist kommen Wanderroste zum Einsatz, die sich
Erdgas, aber auch Biomasse wie Holz oder Stroh. mit rund 1 mm/s durch den Brennraum bewegen.
Für gasförmige und flüssige Brennstoffe gibt es Dadurch kann kontinuierlich Brennstoff zu- und
viele verschiedene Brennertypen. Sie alle sollen Asche abgeführt werden.
Brennstoff und Verbrennungsluft gut durchmi-
schen. Flüssige Brennstoffe werden deshalb z. B. Wirbelschicht 2 3
zerstäubt und dadurch homogen verteilt, um sie op- Bei der Wirbelschichtfeuerung (Abb. 2) wird fein-
timal zu nutzen. So entstehen auch weniger Schad- körnige Kohle oder geschnittenes Stroh in einer
stoffe. Die gängigen Feuerungsanlagen für feste schwebenden Schicht verfeuert. Das Verfahren
Brennstoffe eignen sich prinzipiell für Kohle wie kann auch dürftige Brennstoffqualitäten verarbei-
Biomasse gleichermaßen. Bei Kohlekraftwerken ten. Bei der stationären Wirbelschicht (Abb. 3) reißt
sind heute vor allem zwei Arten verbreitet: die die von unten in den Brennraum einströmende Luft
Rostfeuerung für stückige Kohle und die Staubfeue- die Brennstoffteilchen mit sich und lässt sie im
rung für gemahlenen Kohlenstaub. Zunehmend ge- Brennraum schweben. Der Brennstoffanteil im
winnt aber auch die Wirbelschichtfeuerung an Be- Brennraum beträgt nur etwa 3 %. Er verbrennt sehr
deutung, bei der die Brennkammer mit feinkörni- gleichmäßig und fast vollständig. Die Wirbelschicht
ger Kohle beschickt wird. Alle Verfahren nutzen die besteht vor allem aus rot glühender Asche. Da die
bei der Verbrennung entstehenden heißen Rauch- Temperaturen niedrig sind (850 °C, konventionell
gase um in Verdampfern Dampf zu erzeugen, der befeuerte Kohlekraftwerke 1200 °C– 1600 °C), entste-
z. B. Turbinen zur Stromerzeugung antreibt. Die hen kaum Stickoxide. Zugleich bindet direkt in die
Verdampfer sind meist im oberen Teil des Brenn- Wirbelschicht eingegebener Kalk entstehendes
raumes angeordnet. Schwefeldioxid schon während der Verbrennung
zu Gips. Dem Vorteil niedriger Emissionen steht
Staubfeuerung der hohe Energiebedarf zum Lufteinblasen gegen-
Mit einem Anteil von über 90 % dominiert in den über. Zudem fallen relativ viel Aschen mit besonde-
deutschen Kraftwerken die Staubfeuerung. Hierbei rer Zusammensetzung an. Bei der zirkulierenden
wird die Kohle zunächst fein gemahlen und dann (instationären) Wirbelschicht wird die Luft mit grö-
mit der vorgewärmten Verbrennungsluft in den ßerer Geschwindigkeit eingeblasen (bis 8 m/s statt,
Feuerungsraum geblasen. Die Verbrennung ist mit sonst 3 m/s). Dadurch wirbeln die Stoffe in der
dieser Methode gut regelbar, und die Leistung liegt Brennkammer 40 m hoch. Unvollständig verbrann-
höher als in anderen Verfahren. Zwei Varianten te Schwebeteilchen werden wieder in die Wirbel-
sind gebräuchlich: Trocken- und Schmelzfeuerun- schicht zurückgeführt, was den Ausbrand verbes-
gen. Bei Braunkohle wird ausschließlich die sert. Die aufgeladene Wirbelschicht (Wirbelschicht-
Trockenfeuerung verwendet, bei der die Feuerraum- verbrennung unter Druck) verbessert die Reakti-
temperatur unter der Schmelztemperatur der onsabläufe im Feuerraum, wobei die Emissionen
Asche liegt. Asche und Schlacke fallen als Staub an. mit zunehmendem Druck abnehmen.
Bei Steinkohle dagegen werden meist Schmelzfeue-
rungen (Feuerraumtemperatur 100– 200 °C über der Verbesserung des Wirkungsgrads
Ascheschmelztemperatur) eingesetzt, wobei Asche Da es bislang keine praktikable Technik gibt, das
und Schlacke in geschmolzenem Zustand abgezo- Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aufzufangen, ist
gen und im Wasserbad granuliert werden. optimale Brennstoffnutzung derzeit der einzige
Weg, die Emission von CO2 zu begrenzen. Mit einer
Rostfeuerung 1 Reihe von Ansätzen will man die Wirkungsgrade
Für stückige Brennstoffe (z. B. Kohle und Biomasse, steigern, z. B. lässt sich die Verbrennung über die
aber auch Müll) sind Rostfeuerungen geeignet. Mit Dampfparameter (höherer Druck und Temperatur)
dieser Technik lassen sich selbst sehr schlechte verbessern. Bei einer andern Variante wird Kohle
Brennstoffqualitäten bewältigen, denn Luftzufuhr unter Druck vergast. Das gereinigte Synthesegas
und Verweilzeit des Brennstoffs können weitge- und der ebenfalls entstandene Hochdruckdampf
hend auf dessen Güte eingestellt werden. Der dienen dann zum Beaufschlagen kombinierter Gas-
Brennstoff wird lose auf ein Feuerrost geschüttet, und Dampfturbinen. Auch die Verbrennung in ei-
zwischen dessen Stäben von unten hindurch Luft ner Druckstaubfeuerung kann den Wirkungsgrad
strömt (Abb. 1). Der Brennstoff wird zunächst ge- heben.
ENERGIETECHNIK

Feuerungsanlagen 239
Dampf- und Gasturbinen 240

Dampfturbinen sind die „Arbeitstiere“ der Strom- Luft und Verbrennungsgasen dehnt sich aus und
erzeugung. Mit ihrer Hilfe wird etwa 90 % des dreht eine Turbine. Da rund zwei Drittel der erzeug-
Strombedarfs gedeckt. In Kohle- und Kernkraftwer- ten Leistung allein schon zum Antrieb des Verdich-
ken setzen sie die in Brenner und Kessel erzeugte ters nötigt werden, liegt der Wirkungsgrad bei etwa
thermische Energie in mechanische zum Betrieb 33 %. Der Wirkungsgrad lässt sich allerdings stei-
der Generatoren um, welche die Drehbewegung gern, indem man die heißen Gase nach Verlassen
fast vollständig in elektrische Energie umwandeln. der Turbine dazu nutzt, die verdichtete Luft vor der
Verbrennung in einem Wärmetauscher (Rekupera-
Dampfturbinen 1 2 tor) vorzuwärmen.
Vom Prinzip her sind Dampfturbinen mit Dampf- Gasturbinenprozesse sind i. d. R. offene Kreisläu-
maschinen verwandt. Allerdings verfügen sie statt fe, d. h. , die Luft wird aus der Umgebung vom Ver-
über einen Kolben über ein Schaufelrad, wodurch dichter angesaugt und nach Durchströmen der Tur-
nicht das Auf und Ab eines Kolbens in eine Kreisbe- bine wieder an sie abgegeben. Vom technischen
wegung umgesetzt werden muss. Der heiße Dampf Prinzip ist die Gasturbine mit dem Flugzeugstrahl-
strömt die Schaufeln an und lässt sie direkt rotie- triebwerk verwandt (→ Propeller- Flugzeuge). Sie
ren. Ein zweiter Vorteil beruht auf den hohen Drü- ist aber einfacher gebaut, braucht jedoch mehr Zeit,
cken und Temperaturen, denen man eine Dampftur- um auf volle Leistung zu kommen. In Kraftwerken
bine aussetzen kann; sie ermöglichen einen hohen erzeugen Gasturbinen Strom, früher vornehmlich
Carnot- Wirkungsgrad. Der Carnot- Wirkungsgrad für die Spitzenlast, heute zunehmend auch für die
gibt den theoretisch maximalen Wirkungsgrad Grundlast. Das hat vor allem ökonomische Gründe:
einer Wärmekraftmaschine an und hängt theo- Solche Anlagen sind in zwei Jahren zu planen und
retisch nur von der Temperaturdifferenz zwischen zu bauen, und sie sind um gut die Hälfte billiger als
Eingang und Ausgang der Maschine ab (Abb. 1). andere thermische Kraftwerke.
Der eigentliche Wirkungsgrad liegt wegen der Ver-
luste darunter. Kombiprozesse 4
Eine Dampfturbine setzt sich zusammen aus Gasturbinen können auch für rationellen Energie-
Laufrädern auf der Turbinenwelle und fest stehen- einsatz interessant sein, wenn man sie mit einer
den Leiträdern (Düsen), die aus Schaufeln bestehen. Dampfturbine kombiniert. Dann fallen die prinzi-
Der Dampf durchströmt die Turbine längs der Läu- piellen Nachteile der Gasturbine nicht so ins Ge-
ferachse (Abb. 2). Er strömt erst durch das Leitrad, wicht. Denn obwohl sie mit 1 100 °C hohe Gastempe-
in dem er umgelenkt und durch die Druckernied- raturen aufweist, sind die Abgastemperaturen von
rigung beschleunigt wird, Anschließend kommt er 500 °C ebenfalls sehr hoch, was für den Wirkungs-
auf das Laufrad, wo seine kinetische Energie in me- grad ungünstig ist.
chanische umgewandelt wird, wodurch sich seine Beim Kombiprozess nutzt man die heißen Ab-
Geschwindigkeit verringert. Moderne Dampfturbi- gase dazu, in einem Wärmetauscher Dampf zum
nen haben mehrere Druckstufen, in denen sich der Antrieb einer Dampfturbine zu erzeugen. Beide
Dampf nacheinander entspannt. Aus dem Überhit- Turbinen treiben Generatoren an, wodurch der Wir-
zer des Feuerraums gelangt der Dampf mit einem kungsgrad der Stromerzeugung auf mehr als 50 %
Druck von 160– 180 bar und einer Temperatur von gesteigert werden kann. Abb. 4 zeigt das Schema
rund 540 °C zunächst in den Hochdruckteil der Tur- eines solchen Kombikraftwerks. Legt man die An-
bine. Dort wird er, je nach Auslegung der Anlage, lage als Heizkraftwerk aus, entnimmt also einen
auf etwa 40 bar abgebaut und danach in den Mittel- Teil der Wärme für Heizzwecke, dann ist sogar ein
druckteil weitergeleitet. Diesen verlässt er dann Gesamtwirkungsgrad von 85 % und mehr zu errei-
mit rund 10 bar, um im anschließenden Nieder- chen.
druckteil bis etwa 0, 04 bar entspannt zu werden. Im Vergleich zu der getrennten Erzeugung glei-
cher Mengen an Strom durch Gas- und Dampfturbi-
Gasturbinen 3 nen benötigen Kombiprozesse weniger Brennstoff
Zwar werden Gasturbinen (Abb. 3) meist mit Erd- wodurch sie also wesentlich ökonomischer arbei-
gas betrieben; der Name verweist aber auf das ten. Weil sie deshalb bei gleicher Stromerzeugung
Funktionsprinzip, bei dem die Verbrennungsgase auch weniger Schadstoffe freisetzen, sind sie
eine wichtige Rolle spielen. Zunächst komprimiert zudem ökologisch günstiger, und dies umso mehr,
ein Verdichter Luft auf einige bar, die danach in da derzeit in Kombikraftwerken meist Erdgas ver-
einer Brennkammer erhitzt wird. Das Gemisch aus feuert wird.
ENERGIETECHNIK

Dampf- und Gasturbinen 241


Rauchgasreinigung 242

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe setzt nicht gasentstickung nötig. Besonders verbreitet ist das
nur Energie frei, sondern auch Schadstoffe. Neben SCR-Verfahren, die selektive katalytische Reduktion
festen Abfällen wie Asche und Schlacke fallen vor (Abb. 3). Darunter versteht man die Entfernung von
allem Rauchgase an. Ungereinigt belasten sie die Sauerstoff aus einer sauerstoffhaltigen Verbindung
Umwelt stark. Rauchgase enthalten hauptsächlich (hier die Stickoxide) mithilfe von Katalysatoren (sie
Kohlen- und Schwefeldioxid, Stickoxide, Staub und ermöglichen oder beschleunigen chemische Reak-
Ruß. Bei Anlagen zur Müllverbrennung kommen tionen, ohne dabei selber verbraucht zu werden).
noch Schwermetalldämpfe und unverbrannte Koh- Die verwendeten Katalysatoren bestehen überwie-
lenwasserstoffe hinzu. Für einzelne Schadstoffe gend aus Titanoxid, dem andere Komponenten wie
wurden verbindliche Grenzwerte festgeschrieben, Eisenoxid, Nickel, Kupfer und Silber in kleinen
und fossil befeuerte Verbrennungsanlagen brau- Mengen beigemischt sind. Die Stickoxide werden
chen seither eine Rauchgasreinigung. mit Ammoniak reduziert, das in den Rauchgas-
strom eingedüst wird. Als Reaktionsprodukte ent-
Reinigungsmaßnahmen 1 2 stehen molekularer Stickstoff und Wasser.
Neben der Rauchgasentstaubung handelt es sich da-
bei um technische Einrichtungen zur Rauchgasent- Rauchgasentstaubung 4
schwefelung und Rauchgasentstickung. Die meisten Auch zur Minderung der Staubemissionen gibt es
Verfahren haben gemein, dass dabei erneut Rück- verschiedene Verfahren; verbreitet sind neben
stände oder Abwässer entstehen, die ihrerseits zu Elektrofiltern vor allem Fliehkraftabscheider und Ge-
beseitigen oder, wenn möglich, zu verwerten sind. webefilter (→ Luftreinhaltung).
Prinzipiell gibt es zwei unterschiedliche Heran- Die Elektroentstauber („E- Filter“) nutzen die elek-
gehensweisen. Einerseits wird man über Primär- trostatische Aufladung von Staubteilchen in einem
maßnahmen versuchen, schon die Verbrennung starken elektrischen Feld, die sich an Elektroden
selbst möglichst schadstoffarm zu gestalten. So niederschlagen. Aufgebaut sind E- Filter (Abb. 4)
lässt sich beispielsweise Schwefeldioxid durch das aus meist plattenförmigen positiv geladenen Nie-
Trockenadditivverfahren begrenzen. Dabei wird derschlagselektroden (Anode) und senkrechten, oft
mit dem Brennstoff zugleich Kalk in den Ver- gezackten Drähten, die als negativ geladene Sprüh-
brennungskessel geblasen. Meist sind auf solchen elektroden (Kathode) dienen. Die Sprühelektroden
Wegen die Grenzwerte für Schwefeldioxid und senden Elektronen aus, die von Gasteilchen auf-
Stickoxide aber nicht einzuhalten. Keine Mühe genommen werden. Die aufgeladenen Gasmoleküle
damit hat die Wirbelschichtfeuerung, bei der auf lagern sich an die Staubteilchen, die somit auch ne-
diese Art entschwefelt wird (→ Feuerungsanlagen). gativ aufgeladen werden. Dadurch wandern sie zur
Die Sekundärmaßnahmen sind dem Verbrennungs- Niederschlagelektrode, an der sie sich abscheiden.
prozess nachgeschaltet, dienen also dazu, das be- E- Filter können deutlich über 99 % des Staubs zu-
reits entstandene Rauchgas zu reinigen. Art und rückhalten.
Anwendung sind vom Kraftwerkstyp und dem
Brennstoff abhängig. Bei Steinkohlekraftwerken Rauchgasentschwefelung
reinigt man die Rauchgase in drei Schritten, meist Zur Rauchgasentschwefelung sind mehrere Verfah-
in der Reihenfolge Entstickung – Entstaubung – Ent- ren geeignet. Bei großen Kohlekraftwerken ist aber
schwefelung (Abb. 1). Dabei strömen die noch hei- meist das Nasswaschprinzip im Einsatz. Das schwe-
ßen Rauchgase zuerst in einen Katalysator, dessen felhaltige Rauchgas tritt in den Waschturm der
Arbeitsoptimum bei 350 °C liegt. Die Temperaturen Rauchgas-Entschwefelungs- Anlage (REA) und wird
sind nach der Entschwefelung so weit abgesunken, mit einer kalkhaltigen Suspension besprüht. Dabei
dass die gereinigten Abgase erst wieder auf min- geht das gasförmige Schwefeldioxid zunächst in Lö-
destens 72 °C aufgeheizt werden müssen, bevor sung und reagiert danach zu Kalziumsulfit. Nach
man sie mit genügend thermischem Auftrieb in weiterer Oxidation entsteht daraus Gips, der prinzi-
den Kamin (Abb. 2) entlassen kann. piell für Bauzwecke verwendbar ist. Durch moder-
ne Nassverfahren lässt sich ein Entschwefelungs-
Rauchgasentstickung 3 grad von über 95 % erzielen.
In Braunkohlekraftwerken lässt sich der vor- Die Rauchgasentschwefelung und - entstickung
geschriebene Grenzwert für Stickoxide mit Primär- sind auch in einem Katalysatorraum möglich; man
maßnahmen erreichen. Bei Steinkohlekraftwerken spricht dann von Simultanverfahren. Auch von
sind dagegen sekundäre Maßnahmen zur Rauch- ihnen gibt es unterschiedliche Ausführungen.
ENERGIETECHNIK

Rauchgasreinigung 243
Nah- und Fernwärme 244

Bei der Nah- und Fernwärme wird die eingesetzte entspannt und anschließend in einem Kondensator
Primärenergie (→ Kohlekraftwerk) sehr viel effi- abgekühlt und wieder verflüssigt. Dabei gibt der
zienter genutzt als bei der getrennten Erzeugung Dampf Wärme an das Kühlwasser ab und erwärmt
von Strom und Wärme. Auch ist der Ausstoß an es auf 20– 30 °C, also nicht hoch genug für Heizwas-
Schadstoffen und Kohlendioxid wesentlich gerin- ser. Um eine höhere Temperatur zu erhalten, darf
ger. Allerdings zeigen sich Vorteile nur bei richti- der Dampf in der Turbine nicht vollständig ent-
ger Auslegung der Systeme, die jedoch technischen spannt werden. So kann der Wärmeaustausch zwi-
und ökonomischen Grenzen unterliegt. schen Dampf und Wasser bei höherer Temperatur
und Druck stattfinden und Heizwasser liefern.
Fernwärmenetz 1 Kraftwerke, die nach diesem Prinzip arbeiten und
Eine Schlüsselrolle ist die Zahl der Anschlüsse. primär Heizwärme erzeugen, nennt man Gegen-
Zentrale Versorgung mit Heizenergie und Warm- druck-Heizkraftwerke. Eine andere Möglichkeit be-
wasser über ein Verteilnetz ist nur bei genügend steht darin, einen Teil des Dampfes vor dem Nieder-
hoher Abnehmerdichte sinnvoll, was den Aufbau druckteil der Turbine zu entnehmen und ihn dem
von Fernwärmenetzen auf Ballungsräume begrenzt. Heizkondensator zuzuführen (Entnahmebetrieb).
Wirtschaftliche Gründe erfordern zudem einen Werden gleichzeitig in einem Kraftwerk Strom und
über das Jahr möglichst konstanten Wärmebedarf. Wärme produziert, so spricht man von Kraft-Wärme-
Deshalb sollten zu den Kunden nicht nur Haushalte Kopplung (Abb. 1). Die Entnahme von Dampf zur Er-
gehören, sondern auch Großabnehmer wie Kran- wärmung von Heizwasser verringert allerdings
kenhäuser, Gewerbe und Industrie. Auch die sinn- den Wirkungsgrad der Elektrizitätserzeugung. Den-
volle Ausdehnung von Verteilnetzen ist beschränkt. noch ist Kraft- Wärme- Kopplung vorteilhaft, da die
Zwar ist es mit moderner Wärmedämmung mög- eingesetzte Primärenergie insgesamt besser ge-
lich, die Übertragungsverluste im Schnitt unter nutzt wird (Abb. 2). Dieses Verfahren kann nicht
10 % zu halten, doch selbst das bedeutet den Verlust nur in Kohlekraftwerken, sondern auch in Kern-
beträchtlicher Energiemengen. Vakuumisolierte kraftwerken zur Heizwärmegewinnung eingesetzt
Rohre können die Verluste zwar weiter drücken, werden.
sie sind aber sehr teuer. Deshalb sind Transportent- In der Praxis unterscheidet man von der Fern-
fernungen von mehr als 50 km ökonomisch meist wärme die Nahwärme. Sie wird in Blockheizkraftwer-
nicht zu vertreten. ken erzeugt, die nur einen kleinen Kreis von Abneh-
Während die Versorgungsnetze früher überwie- mern versorgen. Auch sie funktionieren nach dem
gend mit bis zu 250 °C heißem Dampf versorgt wur- Prinzip der Kraft- Wärme- Kopplung; hier sind es
den, fließt heute fast ausschließlich heißes Wasser aber Verbrennungsmotoren oder Gasturbinen, die
durch die Rohre. Es steht unter hohem Druck (etwa die Generatoren zur Stromerzeugung antreiben.
20 bar), um Dampfbildung zu vermeiden, und hat Die dabei entstehende Abwärme wird über Wär-
gewöhnlich Temperaturen um 140 °C. Das Verteil- metauscher in den Heizkreislauf gespeist. Die Leis-
netz besteht meist aus zwei Rohrsystemen: Der tung solcher Blockheizkraftwerke ist mit einigen
Vorlauf bringt das heiße Wasser zu den Verbrau- Hundert Kilowatt bis zu wenigen Megawatt viel
chern, der Rücklauf das abgekühlte wieder zur kleiner als die der Heizwerke oder Heizkraftwerke.
Heizzentrale, wo es erneut erwärmt wird (Abb. 1).
Fernwärmeleitungen liegen entweder in der Erde Auswirkungen auf die Umwelt
oder aber auf Stützen (z. B. in Berlin), wobei Wär- Die Umweltbilanz der Fernwärmesysteme hängt
medehnungsbögen mit eingebaut werden müssen. von der Wahl des Brennstoffes ab. So werden man-
Außerdem sind Pumpen im Fernwärmenetz not- che Blockheizkraftwerke mit Deponiegas betrieben,
wendig, um Druckverluste wieder ausgleichen zu das beim Verrotten von Müll in Deponien entsteht.
können. Beim Verbraucher wird über einen zentra- Dadurch kann dies klimabelastende Gas noch sinn-
len Wärmetauscher das Heizungs- oder Brauchwas- voll zur Energieversorgung genutzt werden. Ähn-
ser erwärmt. liches gilt, wenn Müll als Brennstoff in Müllheizkraft-
werken eingesetzt wird. In den letzten Jahren wur-
Erzeugung von Heizwasser 1 2 den verstärkt Biomassekraftwerke (→) für Holz,
Zur Erwärmung des Heizwassers für das Fernwär- Stroh oder organische Abfälle als Komponenten in
mesystem nutzt man einen Wärmetauscher, oft- Fernwärmenetzen eingesetzt. Auch kann man teil-
mals einen Heizkondensator. In konventionellen weise die bei industriellen Prozessen anfallende Ab-
Kraftwerken wird Dampf erzeugt, in einer Turbine wärme zur Erzeugung von Fernwärme nutzen.
ENERGIETECHNIK

Nah- und Fernwärme 245


Umwandlung und Transport von Energie 246

Energie tritt in vielen Formen auf, aber nicht jede ein Kohlekraftwerk ist der Gesamtwirkungsgrad
eignet sich gleich gut für technische Verwendun- also das Verhältnis aus der elektrischen Energie,
gen. Meist ist es nötig, Energie von einer Form in die vom Generator abgegeben wird, zur chemi-
eine andere umzuwandeln, bevor sie nutzbar ist. schen Energie, die aus der Kohle aufgenommen
wird. Analog kann man für jede Komponente des
Energieformen komplexen Gesamtsystems Kraftwerk (z. B. Kessel,
Kohle enthält chemische Energie, die jedoch in der Turbine oder Generator) einen eigenen Wirkungs-
molekularen Struktur gebunden und in dieser grad definieren. Der Wirkungsgrad ist wegen der
Form unbrauchbar ist. Beim Verbrennen der Kohle unvermeidlichen Verluste stets kleiner als 100 %.
wird die chemische Energie umgewandelt in Wär- Der Wirkungsgrad eines modernen, reinen Kohle-
meenergie und ist damit nutzbar: Die Wärmeener- kraftwerkes liegt heute bei gut 40 %.
gie kann man zum Heizen oder Erhitzen verwen-
den. Mit durch Erhitzen von Wasser entstandenem Transport 2
Dampf lassen sich Turbinen und über diese Genera- Energie, sei es Primärenergie vor oder Sekundär-
toren antreiben. Dabei geht die Wärmeenergie erst energie nach der Umwandlung in einer technisch
in mechanische und diese dann in elektrische Ener- günstigeren Form, muss vor der Nutzung zum Ver-
gie über. Neben chemischer und Wärmeenergie braucher transportiert werden: z. B. elektrischer
tritt Energie in der Natur zudem als mechanische Strom in Hochspannungsleitungen; Kohle per
Energie auf, wenn z. B. Wind oder Wasser Rotoren Schiff oder Bahn ins Kraftwerk; Öl und Gas über
oder Turbinen dreht, als elektrische Energie beim Pipelines von den Förderfeldern in Aufbereitungs-
Austausch elektrischer Ladungen oder in Form stationen oder Holz, Brikett und Heizöl mit Last-
elektromagnetischer Energie, z. B. als sichtbares kraftwagen zum Endverbraucher. Dabei treten Ver-
Licht. Aber nicht alle Formen sind für die Energie- luste auf, wie z. B. Reibungsverluste beim Strom-
versorgung gleich wichtig. transport. Auch die Logistik selbst benötigt Energie.
In der Energieanwendung haben sich eine Reihe Die Verluste spielen nicht nur für den Preis eine
von Begriffen eingebürgert, die für technische Rolle, sondern dienen auch als Grundlage für die
Zwecke griffiger sind als die physikalisch korrekte Beurteilung der Umweltbelastung durch unter-
Bezeichnung der Energieformen. Als Primärenergie schiedliche Energieoptionen.
werden alle Energiequellen und - rohstoffe vor Eine besondere Bedeutung hat der Transport
einer Umwandlung, also in ihrer natürlichen Er- elektrischer Energie von den Kraftwerken zu den
scheinungsform, zusammengefasst: Wasserkraft Verbrauchern. Dafür sorgt ein dichtes Netz von
und Sonnenstrahlung, Wind und Erdwärme, Kohle, Stromleitungen (Abb. 2). Die Netze der einzelnen
Öl, usw. Sekundärenergie bezeichnet Energieformen Anbieter sind miteinander verknüpft und bilden so
und - rohstoffe, die durch Umwandlung von Primär- ein äußerst flexibles Instrument zum Verteilen von
energien entstehen, z. B. Benzin, Strom oder Fern- Energie. Die internationale Verflechtung ermög-
wärme. Der Verbraucher bezieht sie als Endenergie, licht weiträumigen Stromaustausch über Grenzen,
etwa Strom aus dem Netz oder Benzin von der etwa bei Ausfall oder ungenügender Kapazität
Tankstelle, und macht sie als Nutzenergie für seine während Verbrauchsspitzen. Die Übertragungsver-
Zwecke dienstbar. Bei all diesen Umwandlungen luste sind umso geringer, je höher die elektrische
kommt es zu Verlusten. So stellt z. B. die Nutzener- Spannung ist. Daher verwendet man zur Übertra-
gie nur einen Teil der Endenergie dar. gung hoher Leistungen über große Entfernungen
Höchstspannungsnetze von 380 kV oder 220 kV.
Wirkungsgrad 1 Von diesen laufen Hochspannungsnetze mit 110 kV
Unter realen Bedingungen geht mit jeder Ener- zu den Verbrauchszentren. Das Mittelspannungs-
gieumwandlung ein Verlust einher: Die eingesetzte netz mit 10 kV oder 20 kV besorgt die weitere Ver-
Energie (z. B. Kohle) wird nicht vollständig in die er- teilung zu den örtlichen Transformatorstationen.
wünschte Form umgesetzt (z. B. Heizung oder Von dort schließlich liefert das Niederspannungs-
Strom). Ein Teil bleibt immer ungenutzt, z. B. als Ab- netz mit 230 V und 400 V Strom in Haushalte und
wärme oder sonstige Verluste (Abb. 1). Gewerbe. Zwischen den einzelnen Netzen liegen
Der Wirkungsgrad eines energiewandelnden Sys- Umspannwerke, die den Übergang vom einen zum
tems gibt an, wie effizient die Energieumwandlung andern Spannungsbereich herstellen. Die Übertra-
erfolgt. Dazu setzt man die abgegebene Energie- gungstechnik arbeitet meist mit Drehstrom, d. h.
menge ins Verhältnis zu der aufgenommenen. Für Dreiphasen- Wechselstrom.
ENERGIETECHNIK

Umwandlung und Transport von Energie 247


Batterien und Akkumulatoren 248

Die Funktion von Akkumulatoren und Batterien be- gen geeignet zu versorgen. Im Sprachgebrauch hat
ruht auf der direkten Umwandlung von chemischer sich der Begriff Batterie aber auch für die Zellen
in elektrische Energie. Der Vorgang ist bei Batte- selbst eingebürgert.
rien (Primärzellen) nicht umkehrbar, während Sehr verbreitet sind die zylinderförmigen Rund-
Akkumulatoren (Sekundärzellen) wieder aufgela- zellen vom Typ der Zink- Kohle- Batterien. Diese „Ve-
den werden können. teranen“, erfunden im letzten Jahrhundert, verwen-
Es war Alessandro Volta, der im Jahre 1800 das den Kohle- und Zink- Elektroden und Kalilauge als
erste galvanische Element entwickelte und die Elektrolyt. Etwas leistungsfähiger sind Alkali- Man-
Spannungsreihe der Elemente aufstellte. In ihr sind gan- Batterien. Sie werden z. B. in Kofferradios und
die Metalle nach zunehmendem elektrischen Poten- Taschenlampen verwendet. Quecksilberoxidzellen
zial gegenüber einem Bezugselement (üblich Was- kommen in Uhren, Taschenlampen und Taschen-
serstoff) geordnet. Die Potenzialdifferenz zwischen rechnern zum Einsatz. Nur wenige Systeme kamen
beiden entspricht der elektrischen Spannung zwi- zu diesen etablierten hinzu, vor allem die Lithium-
schen ihnen. Metalle mit einem kleinen Potenzial Zellen. Sie werden z. B. in Herzschrittmachern und
werden als unedel, solche mit einem großen als Kameras verwendet.
edel bezeichnet. Unedle Metalle geben leicht Elek-
tronen ab, edle nehmen leicht Elektronen auf. Akkumulatoren 2 3
Im Gegensatz zu Batterien sind Akkumulatoren
Batterien 1 wieder aufladbar, weil das Lade- und Entladeverhal-
Alle galvanischen Zellen funktionieren nach dem ten umkehrbar ist. Im Idealfall sind die grundlegen-
gleichen Prinzip: Zwei Elektroden mit unterschiedli- den elektrochemischen Vorgänge an den Elektro-
chem elektrischem Potenzial (z. B. Zink und Kupfer) den während des Lade- und Entladebetriebs glei-
tauchen in einen Elektrolyten (Ionen leitende Flüs- chermaßen reversibel. In der Realität bleibt die An-
sigkeit, meist Salz- oder Säurelösung, z. B. Kupfer- zahl möglicher Lade- Entlade- Zyklen (je nach Typ)
sulfatlösung) ein, der im Innern der Zelle eine lei- auf einige Tausend beschränkt, da die chemischen
tende Verbindung zwischen den Elektroden her- Prozesse während des Beladens beim Entladen
stellt. Die Materialien sind so gewählt, dass sich zwi- nicht vollständig zurückzunehmen sind.
schen den beiden Leitern eine Potenzialdifferenz Am bekanntesten ist der Bleiakkumulator, in Au-
aufbaut. Verbindet man sie über einen äußeren Lei- tos als Starterbatterien millionenfach verbreitet
ter, so bewegen sich Elektronen von der einen zur (Abb. 2). Als Elektrolyt dient verdünnte Schwefel-
anderen Elektrode, d. h. , es fließt ein Strom. Beispiel säure. Im geladenen Zustand besteht die Kathode
Abb. 1: Von der unedleren Zinkelektrode gehen (Minus) aus reinem Blei (Pb), die Anode (Plus) aus
Zinkionen in Lösung, an der Kupferelektrode wer- Bleioxid (PbO2). Beim Entladen diffundieren Bleiio-
den Kupferionen aus der Lösung mittels freier nen in den Elektrolyten und reagieren dort zu Blei-
Elektronen zu Kupfer reduziert. Ein Strom fließt so sulfat (PbSO4); die frei werdenden Elektronen
lange, bis alle gespeicherte chemische in elektri- fließen über den Verbraucher zur Anode (Abb. 3a).
sche Energie umgewandelt ist, d. h. , bis alle Kupfer- Beim Wiederaufladen kehrt sich die Reaktion um,
ionen aus der Lösung verbraucht sind. aus Bleisulfat und Wasser entstehen wieder Blei,
Die beiden Elektroden bilden den positiven und Bleioxid und Schwefelsäure (Abb. 3b). Die Zellen-
den negativen Pol der Zelle, zwischen denen eine spannung beträgt rund 2 V, weshalb man mehrere
Spannung messbar ist. Typische Werte liegen zwi- Zellen zu einer Batterie zusammenfasst, um höhere
schen 1, 2 V und 4 V. Die Spannung hängt nicht von Spannungen zu erreichen.
der Größe der Elektroden, sondern nur von den ver- Eine wichte Kenngröße von Batterien und Akku-
wendeten Materialien ab. Zwar ist eine große Zahl mulatoren ist die Energiedichte. Sie gibt an, welche
an Kombinationen verschiedener Elektroden denk- Energiemenge je Liter Batteriegröße gespeichert
bar, aber nur wenige Systeme sind von praktischer werden kann. Die Energiemenge ist bestimmt
Bedeutung. durch das Produkt der entnommenen Kapazität
Die Bezeichnung Batterie steht ursprünglich für und der mittleren Entladespannung.
einen Verbund mehrerer Primärelemente. Da die Neben Bleiakkumulatoren sind der Nickel- Cad-
Zellenspannung begrenzt ist, muss man eine pas- mium- und der Nickel- Hydrid- Akku gebräuchlich.
sende Anzahl Zellen elektrisch in Reihe schalten, Andere Kombinationen sind im Test, um höhere
um zu höheren Spannungen zu gelangen und Ver- Energiedichten zu realisieren. Doch oft sind sie
braucher mit unterschiedlichen Betriebsspannun- konstruktiv aufwendig und kompliziert im Einsatz.
ENERGIETECHNIK

Batterien und Akkumulatoren 249


Kernkraftwerke 250

Auch Kernkraftwerke sind thermische Kraftwerke, lang kein Verfahren, die Fusionsreaktion kontrol-
die sich aber von anderen Wärmekraftwerken liert zur Energiegewinnung zu nutzen.
durch den Brennstoff unterscheiden: Statt der Bei der Kernspaltung entstehen aus einem
sonst verwendeten fossilen Brennstoffe wie Kohle schweren Kern in der Regel zwei etwa gleich große
oder Erdöl ist es hier Uran oder ein anderer Kern- Folgekerne, ausgelöst meist durch den „Einfang“
brennstoff. Bei der Kernspaltung wird die Kernbin- eines Neutrons. Neben den Spaltprodukten werden
dungsenergie im Reaktor freigesetzt. Mit dieser dabei zwei bis drei Neutronen und Energie (ca. 210
Wärme kann man Dampf erzeugen, der dann Turbi- MeV) frei. Die freigesetzten Neutronen können wei-
nen und Generatoren zur Stromerzeugung antreibt. tere Kerne zur Spaltung anregen, also eine Ketten-
Ein Kernkraftwerk (Abb. 1) gliedert sich in einen reaktion aufrechterhalten (Abb. 4). Genau das ge-
Anlagenteil mit konventioneller Technik sowie den schieht kontrolliert in Kernreaktoren (→).
Nuklearteil mit dem Reaktor (Abb. 2; → Kernreakto- Mögliche Kernbrennstoffe sind die radioaktiven
ren). Das Reaktorgebäude enthält auch die Strah- Schwermetalle Uran (U) und Thorium (Th). Aller-
lenschutz- und Sicherheitseinrichtungen wie den dings besteht Natururan nur zu rund 0, 7 % aus dem
Reaktordruckbehälter, die Rückhalteanlagen zur Ver- spaltbaren Isotop U- 235, der Rest aus dem prak-
minderung der Aktivität abgebrannter Brennstäbe tisch nicht spaltbaren U- 238. Für eine kontrollierte
und den gas- und druckfesten Sicherheitsbehälter Kettenreaktion muss im Mittel eines der bis zu drei
(Containment). bei einer Kernspaltung freigesetzten Neutronen ei-
ne weitere Kernspaltung auslösen (kritische Kern-
Kernenergie reaktion). Dafür reicht der natürliche Gehalt an
Die Bausteine der Atomkerne, die Nukleonen, sind U- 235 nicht aus. Deshalb muss man den Spaltstoff
durch die innere Bindungsenergie der Kerne anei- auf etwa 3 % anreichern.
nander gebunden, und zwar je nach Atomsorte un-
terschiedlich stark. Dabei liegt die maximale Bin- Bau und Funktion von Kernkraftwerken
dungsenergie pro Nukleon etwa bei der Massen- In den meistverbreiteten Kernkraftwerken mit
zahl 60. Daraus folgen zwei mögliche Wege der Leichtwasserreaktoren (→ Kernreaktoren) dient
Kernumwandlung: Kernenergie kann freigesetzt vor allem Uran als Brennstoff. Kühlmittel ist ge-
werden entweder durch Spaltung schwerer Kerne wöhnliches, leichtes Wasser (H2O). Der Brennstoff
wie Uran (Kernspaltung) oder durch Verschmelzen befindet sich in langen, dünnen Brennstäben, die
von leichten Kernen wie Wasserstoff (Kernfusion). zu Brennelementen zusammengefasst sind. Dazwi-
Die Fusion von Deuterium und Tritium zu 1 kg schen sind Steuerelemente aus Neutronen absorbie-
Helium setzt rund 120 Mio kWh frei, die Spaltung rendem Material (Bor, Cadmium o. Ä. ) angebracht.
von 1 kg Uran (U- 235) ca. 23 Mio kWh. Zum Ver- Brenn- und Steuerelemente bilden den Reaktor-
gleich: Die Verbrennung von 1 kg Steinkohle liefert kern, der von einem mit Wasser gefüllten stähler-
eine Energie von etwa 10 kWh. nen Druckbehälter umschlossen ist. Eine Beton-
kammer mit rund zwei Meter dicken Wänden um-
Kernfusion und Kernspaltung 3 4 gibt das Reaktordruckgefäß, um mögliche radioak-
Theoretisch sind mehrere Fusionsreaktionen denk- tive Strahlung abzuschirmen. Das Wasser hat als
bar. Aus heutiger Sicht scheint die Reaktion von Moderator und Kühlmittel eine zweifache Funktion.
Deuterium (schwerer Wasserstoff, D) und Tritium Als Moderator bremst es die Geschwindigkeit der
(überschwerer Wasserstoff, T), wenn überhaupt, schnellen Neutronen aus der Kernspaltung ab, wo-
technisch am einfachsten realisierbar. Das Grund- durch diese andere Kerne zur Spaltung anregen
problem der Fusion besteht darin, Atomkerne so und eine Kettenreaktion in Gang setzen können
nahe zusammenzubringen, dass sie verschmelzen (→ Kernreaktoren). Als Kühlmittel nimmt es die
(Abb. 3). Dem wirkt die elektrische Kraft der Kern- Energie der Spaltprodukte (meist Krypton- und Ba-
ladung entgegen, da beide Kerne positiv sind und riumkerne) als Wärme auf. Der damit erzeugte Was-
sie sich dadurch abstoßen. Die Abstoßung lässt sich serdampf dreht Turbine und Generator.
überwinden, wenn die Teilchen sehr schnell sind, Als erstes kommerzielles Kernkraftwerk ging
was bei einer sehr hohen Temperatur der Fall ist 1956 „Calder Hall“ in England ans Netz. 1998 gab
(Teilchentemperatur etwa 100 Mio °C). Solch heiße es weltweit bereits 437 Kernkraftwerke mit einer
Plasmen kann man nur durch elektrische und ma- installierten elektrischen Gesamtleistung von ca.
gnetische Felder einschließen. Wegen der dabei auf- 363 Mio. MW. Sie dienen vor allem der Strom-
tretenden technischen Schwierigkeiten gibt es bis- erzeugung in Grundlast.
ENERGIETECHNIK

Kernkraftwerke 251
Kernreaktoren 252

Im Jahre 1938 entdeckten Otto Hahn und Fritz aber auch Graphit. Während der Moderierung
Straßmann, dass Urankerne von langsamen Neutro- geben die energiereichen Neutronen ihre Bewe-
nen gespalten werden können. Lise Meitner er- gungsenergie von etwa 1 MeV aus der Kernspal-
klärte den Vorgang 1939 theoretisch. Sie stellte fest, tung durch Stöße bis auf einen Wert von rund 0, 025
dass bei der Spaltung („Fission“) weitere Neutro- eV ab. Die abgebremsten Neutronen können dann
nen entstehen, dass es also zu einer Kettenreaktion viel länger mit den U- 235- Kernen in Wechsel-
kommen kann, und berechnete die frei werdende wirkung treten und die Wahrscheinlichkeit ihres
Energie. Die technische Umsetzung gelang Enrico Einfangs und somit einer Spaltung steigt. Grund-
Fermi, der im Dezember 1942 mit seiner Arbeits- sätzlich unterscheidet man demzufolge zwischen
gruppe bei Chicago den ersten Kernreaktor in Be- thermischen und schnellen Reaktoren.
trieb nahm. Bei den ersten wird die Kettenreaktion durch die
abgebremsten, d. h. thermischen Neutronen aufrecht-
Spaltstoffe und Brutstoffe erhalten. Der Name rührt daher, weil sie im ther-
Alle schweren und mittelschweren Atomkerne sind mischen Gleichgewicht mit ihrer Umgebung ste-
durch Kollision mit langsamen (abgebremsten) hen; bei Raumtemperatur haben sie eine Energie
Neutronen spaltbar. Doch verhalten sich dabei nicht von etwa 0, 025 eV (entsprechend einer Geschwin-
alle gleich. Einen entscheidenden Unterschied zei- digkeit von 2200 m/s). Bei schnellen Reaktoren
gen die Uran- Isotope 233 und 235 (U- 233, U- 235) hingegen sind es schnelle Neutronen, die die
ebenso wie die Plutonium- Isotope 239 und 241 Kettenreaktion tragen. Diese Reaktoren haben kei-
(Pu- 239, Pu- 241). Während nämlich andere Kerne nen Moderator. Das unterscheidet sie von den
nur ein Neutron freisetzen oder auch gar keines, thermischen, die im Betrieb nach Anzahl und
emittieren diese gleich zwei oder drei so genannte Leistung weit überwiegen.
schnelle Neutronen. Nur so kann überhaupt eine
Kettenreaktion in Gang kommen. Deshalb sind al- Leichtwasserreaktoren 1 2
lein diese Kerne als Brennstoffe für Kernreaktoren Alle Reaktoren, die mit leichtem Wasser (H2O) statt
geeignet. Man nennt sie Spaltstoffe, im Unterschied mit schwerem (D2O) moderiert und gekühlt sind,
zu Brutstoffen wie Thorium- 232 (Th- 232) und Uran- nennt man Leichtwasserreaktoren. Sie sind die meist-
238 (U- 238), die sich durch Einfang schneller verbreiteten Typen im praktischen Einsatz. Der Re-
(unabgebremster) Neutronen in Spaltstoffe umwan- aktorkern aus Brenn- und Steuerelementen wird
deln können. Technisch lässt sich das in Brutreakto- hier von einem Stahldruckbehälter umfasst, der
ren nutzen. mit Wasser gefüllt ist. Dieses nimmt die Wärme auf,
Kernbrennstoffe zerfallen bei der Spaltung in die während der Spaltung entsteht. Handelt es sich
(meist zwei) leichtere Folgekerne. Gleichzeitig setzt um einen Siedewasserreaktor (Abb. 1a), so verdampft
das Spaltmaterial Neutronen (Spaltneutronen) frei: das Wasser unmittelbar im Druckbehälter (Abb. 2).
entweder sofort als prompte Neutronen oder nach Bei einer Auslegung als Druckwasserreaktor
wenigen Sekunden als verzögerte Neutronen. Die (Abb. 1b) findet dieser Vorgang erst im Dampferzeu-
verzögerten Neutronen spielen für die Reaktorrege- ger eines zweiten Kreislaufs statt. Der entstehende
lung eine wichtige Rolle. Die Masse der Spaltpro- Dampf dient dazu, eine Turbine anzutreiben.
dukte ist immer etwas kleiner als die Masse des
Ausgangskerns. Dieser Massedefekt entspricht der Brutreaktoren 3
Energie, die bei der Spaltung entsteht. So genannte Brutreaktoren können mehr Spaltstoff
erzeugen, als sie verbrauchen. Hierzu gehört der
Thermische und schnelle Reaktoren Schnelle Brutreaktor („Schneller Brüter“), bei dem
Das Prinzip der Wärmeerzeugung durch Kernener- schnelle Neutronen die Kettenreaktion tragen
gie nutzt man in Kernkraftwerken aus, deren zent- (Abb. 3). Durch Neutroneneinfang wandelt sich der
rale Komponente der Reaktor ist. In ihm ist es mög- Brutstoff U- 238 in den Spaltstoff Pu- 239 um. Da
lich, eine Kettenreaktion in Gang zu setzen und dieser Typ schnelle Neutronen zum Aufrechterhal-
kontrolliert aufrechtzuerhalten. Ein Reaktor be- ten des Brutprozesses benötigt, scheidet Wasser als
steht aus der Spaltzone, die den Kernbrennstoff ent- Kühlmittel aus, weil es die Neutronen zu stark ab-
hält, aus einer Abschirmung und Regeleinrichtun- bremst. Stattdessen verwendet man Natrium, das
gen. Bestimmte Typen haben auch einen Moderator oberhalb von 97 °C flüssig wird. Schnelle Brüter
zum Abbremsen von schnellen Neutronen. Hierfür können das Uran um einen Faktor 60 besser aus-
wird z. B. leichtes oder schweres Wasser verwendet, nutzen als konventionelle Leichtwasserreaktoren.
ENERGIETECHNIK

Kernreaktoren 253
Brennelemente und Wiederaufbereitung 254

Uran ist das am häufigsten verwendete Mineral für dem ist das entstandene Plutonium für die Herstel-
Kernbrennstoffe. Aber selbst in ergiebigen Minera- lung neuer Brennelemente geeignet. Deshalb er-
lien ist der Urananteil so gering, dass er in mehr- scheint die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brenn-
stufigen Verfahren erhöht werden muss, bis ein Ge- elemente attraktiv. Immerhin lassen sich rund 97 %
halt zwischen 70 % und 90 % erreicht ist. Als Spalt- der Inhaltsstoffe danach wieder verwenden, nämlich
material für Leichtwasserreaktoren (→ Kernreakto- die Uran- Isotope, das Plutonium und ein geringer
ren) ist jedoch auch dieses Konzentrat nicht geeig- Anteil der Transurane. Die restlichen Spaltprodukte
net, denn nur 0, 7 % des Urananteils bestehen aus aber sind hochradioaktiver Abfall, der sicher ent-
dem für die Spaltung benötigten Isotop U- 235, der sorgt werden muss. Ein Schema der Entsorgungs-
Rest ist das (nicht spaltbare) U- 238. Zur Verwer- wege zeigt Abb. 2.
tung muss man das U- 235 auf mindestens 3 % an- Die chemische Wiederaufarbeitung wurde erst-
reichern. Dieser Prozess umfasst mehrstufige phy- mals 1944 in den USA praktiziert. Allerdings war
sikalische und chemische Verfahren. damals die Gewinnung von Plutonium für Kernwaf-
fen der entscheidende Antrieb. In der Nachkriegs-
Brennelemente 1 zeit modifizierte man die Verfahren für eine echte
Über mehrere Zwischenprodukte wie Uranhexafluo- Wiederaufarbeitung. Großtechnisch erprobt ist das
rid (UF6) erhält man Urandioxid (UO2), das durch Purex-Verfahren (Plutonium- Uran- Reduktion und - Ex-
Pressen und Sintern bei 1700 °C zu Brennstofftablet- traktion). Grundaufgabe der Wiederaufbereitung
ten verarbeitet wird. Reines Uran wäre wegen sei- ist, das noch vorhandene Uran und das neu entstan-
nes niedrigen Schmelzpunktes von 1132 °C untaug- dene Plutonium von den anderen während der Re-
lich für den Einsatz in Kernkraftwerken; Urandioxid aktion erzeugten Spaltprodukten zu trennen. Beim
hingegen schmilzt erst bei 2800 °C. Je nach Reaktor- Purex- Verfahren löst man dazu den abgebrannten
typ werden auch andere Kernbrennstoffe in unter- Brennstoff in Salpetersäure auf. Für die eigentliche
schiedlichen Formen verwendet. Extraktion (Herauslösen bestimmter Substanzen
Am meisten verbreitet sind die standardisierten aus flüssigen oder festen Stoffgemischen durch Lö-
Brennelemente aus mehreren dünnen Brennstäben sungsmittel) benutzt man das Lösungsmittel Tribu-
von einigen Meter Länge, gefüllt mit 50 bis 300 tylphosphat, mit dem sich dann auch noch das Uran
Brennstofftabletten und ummantelt von einer gas- und Plutonium chemisch trennen lassen. Die ver-
dichten Hülle aus Metall. Ein Brennelement für bleibende Lösung mit den Spaltprodukten muss für
Druckwasserreaktoren etwa enthält ca. 530 kg Uran, die Endlagerung konditioniert (herstellen von Ab-
solche für Siedewasserreaktoren 190 kg. In einem fallgebinden) werden. Das zurückgewonnene Pluto-
Kraftwerk können bis zu 1000 Brennelemente einge- nium und Uran werden wieder verwertet.
setzt sein (Abb. 1).
Nach etwa drei Jahren kann ein Brennelement Verglasung
nicht mehr seine Normalleistung abgeben. Deshalb Hochradioaktive Abfälle werden mit Borosilikat-
wird bei der jährlichen Revision das älteste Drittel glas verfestigt. Standardverfahren in Frankreich ist
der Brennelemente gewechselt. Die ausgetauschten es, durch Erhitzen der Lösung ein Granulat zu er-
Elemente müssen zwischengelagert werden, bevor zeugen, das danach mit der Glasfritte zu Glas ver-
man sie in ein Endlager oder zur Wiederaufberei- schmolzen wird. Bei einem anderen Verfahren gibt
tung bringen kann. man die hochaktive Lösung direkt in die Glas-
schmelze, wobei die Flüssigkeit verdampft und die
Wiederaufbereitung 2 radioaktiven Feststoffe in der Glasschmelze einge-
Die Kernreaktion vermindert nicht nur den Gehalt bunden bleiben. In beiden Fällen wird die Schmelze
an Spaltstoff U- 235 in den Brennstäben, es bildet dann in Stahlbehälter von 150 l Inhalt gefüllt.
sich auch eine Reihe radioaktiver Isotope. Die meis- Diese 400 kg schweren Kokillen erzeugen wegen
ten davon zerfallen in kurzen Zeiträumen zu stabi- des fortlaufenden radioaktiven Zerfalls immer noch
len Isotopen, weshalb die Brennelemente nach dem Wärme. Nach oberirdischer Abklingzeit sollen sie
Wechsel erst in einem speziellen Lagerbecken im in unterirdischen Endlagern verstaut werden. Dort-
Reaktorgebäude zwischengelagert werden. Ein Teil hin könnte man nach geeigneter Konditionierung
der Isotope hat allerdings lange bis sehr lange Halb- die Brennstäbe auch direkt geben. Wiederaufarbei-
wertszeiten, so z. B. das Plutonium. tung oder direkte Endlagerung, die Diskussion ist
Vom Brennstoff U- 235 ist in den verbrauchten noch nicht abgeschlossen und wird international
Brennstäben noch etwa ein Viertel vorhanden. Zu- unterschiedlich bewertet.
ENERGIETECHNIK

Brennelemente und Wiederaufbereitung 255


Transport und Zwischenlagerung von Kernbrennelementen 256

Pro Jahr fallen beim Betrieb eines Druckwasserre- Pressen und dergleichen im Volumen reduziert, um
aktors von 1 GW elektrischer Leistung mit den ab- die Menge der nötigen Behälter klein zu halten, in
gebrannten Brennelementen rund 40 t radioaktive die sie danach kommen, die dann in Beton oder Ze-
Stoffe an. Die unterschiedlich strahlenden Substan- ment eingebunden werden. Diese Arbeiten können
zen haben z. T. nur eine kurze Lebensdauer. Des- im Kraftwerk selbst vorgenommen werden, noch
halb werden die Brennelemente nach der Entfer- vor dem Transport.
nung aus dem Reaktorkern nicht sofort zur Wieder-
aufarbeitung oder in ein Zwischenlager transpor- Zwischenlager
tiert, sondern zuvor in Abklingbecken (wasserge- Ausgediente Brennelemente müssen zunächst zwi-
füllte Becken direkt neben dem Reaktordruckbehäl- schengelagert werden, bis man sie weiterverarbei-
ter) gelagert (Abb. 1). ten oder direkt endlagern kann. Das ist in den Kern-
kraftwerken selbst oder in Zwischenlagern mög-
Brennelementwechsel lich. Dabei werden sie in speziellen Behältern gela-
Das Auswechseln der Brennelemente ist Teil der gert, z. B. vom Typ Castor. Während der Zwischenla-
jährlichen Revision. Jeweils das älteste Drittel der gerung zerfallen die kurzlebigen Radionuklide,
Elemente ist davon betroffen, während man gleich- womit die Abgabe von Wärme einhergeht. Die Küh-
zeitig die übrigen versetzt, um einen gleichmäßi- lung der Behälter in den Lagerhallen besorgt die
gen Abbrand zu erzielen. Luft durch Konvektion. Danach werden die Brenn-
Wegen der starken Strahlung wird der Reaktor- elemente zur Wiederaufarbeitungsanlage gebracht
druckbehälter mit Wasser geflutet. Die abgebrann- oder einer direkten Endlagerung zugeführt.
ten Elemente bleiben während des Wechsels stän-
dig untergetaucht. Über eine Schleuse gelangen sie Transportbehälter 3
in das benachbarte Abklingbecken, wo sie ein Jahr Der Transport über öffentliche Wege bedarf einer
und länger aufbewahrt werden. Das Wasser Genehmigung. Auch die Art der Verpackung ist ge-
schirmt nicht nur Strahlung ab, sondern nimmt regelt. Die Transportbehälter müssen einer Reihe
auch die dadurch erzeugte Wärme auf. Während von Belastungsproben standhalten:
der Abklingzeit verringert sich die ursprüngliche • Freier Fall aus 9 m Höhe auf einen Betonsockel
Aktivität beträchtlich. von 1000 t, der mit einer 35 t schweren Stahl-
platte abgedeckt ist.
Radioaktive Abfälle und ihre Konditionierung 2 • Freier Fall aus 1, 2 m Höhe auf einen Dorn.
Nach der Abklingzeit werden die Brennelemente • Feuertest bei 800 °C während einer Zeitdau-
zur Wiederaufarbeitung oder in Zwischenlager ge- er von 30 min.
bracht, die als zentrale Sammelstationen für Brenn- • Untertauchen in Wasser bei einer Tiefe über 90
elemente aus verschiedenen Kernkraftwerken die- cm für 8 h lang.
nen. Auch direkte Endlagerung der abgebrannten In weitergehenden Testreihen ließ man die Behäl-
Kernbrennelemente ist möglich. In diesem Fall ter aus 600 m Höhe auf harten Wüstenboden fallen.
müssen sie zuvor konditioniert, also in geeigneter Auch der Zusammenstoß mit einer Lokomotive bei
Weise dafür vorbehandelt werden. einer relativen Geschwindigkeit von 130 km/h wur-
Neben den Brennelementen fällt noch weiterer de untersucht.
radioaktiver Müll an. Die große Masse sind Die Brennelemente werden für den Transport
schwach- und mittelaktive Stoffe, die während des und für die Zwischenlagerung in so genannte Cas-
Betriebs entstehen und nur geringe Wärme abge- tor-Behälter (engl. cask for storage and transporta-
ben. Dazu gehören etwa Filterschlämme und Rück- tion of radioactive material; Abb. 3) verpackt. Die
stände aus dem Kühlmittel, aber auch kontami- Behälter sind aus Gusseisen mit Kugelgraphit ge-
nierte Arbeitskleidung und aktivierte Austausch- fertigt und haben rund 45 cm dicke Wände zur Ab-
teile. Diese Abfälle nehmen rund 95 % des Gesamt- schirmung der Gammastrahlung. Zusätzliche
volumens ein, tragen aber lediglich 1 % der Aktivität Kunststoffstäbe dienen der Neutronenabschir-
(Abb. 2). mung. Im Innern stehen die Brennelemente in
Brennelemente und hochaktiver Müll machen einem Gestell aus Borstahl, das ebenfalls Neutro-
nur 5 % des Volumens, aber 99 % der Radioaktivität nen absorbieren soll. Die rund 5 m bis 6 m langen
aus. Entsprechend ist auch die Konditionierung für Typen haben außen Kühlrippen zur besseren Wär-
beide Arten unterschiedlich. Schwach- und mittel- meableitung. Ein mehrfach ausgelegtes Deckelsys-
aktive Abfälle werden zunächst durch Eindampfen, tem sorgt für den Verschluss.
ENERGIETECHNIK

Transport und Zwischenlagerung von Kernbrennelementen 257


Wasserkraftwerke 258

Auch Wasserkraft ist eine erneuerbare Energie, hin- führt und dient als Regel- und Absperrorgan. Die
ter der sich die Sonne als eigentliches Kraftzent- Turbinenwelle ist mit der Generatorwelle meist
rum verbirgt. Die Sonne wirkt als „Motor“, der den fest gekuppelt.
Wasserkreislauf auf der Erde treibt. Sie lässt das
Wasser verdunsten und sorgt für seinen Aufstieg Laufwasserkraftwerke 1 2
von den Meeren in die Atmosphäre. Als Nieder- Laufwasserkraftwerke erzeugen Strom im Grund-
schlag fällt das Wasser auf die Erde zurück und lastbereich. Ihre Lage an Flüssen bestimmt die kon-
strömt dort zurück in die Ozeane, wobei es oft struktiven Charakteristika. Die Fallhöhe liegt unter
große Höhenunterschiede durchläuft. etwa 15 m, dafür laufen große Wassermengen über
Das Wasserkraftpotenzial der Erde ist sehr groß, die Turbinen, aber meist mit großen jahreszeitli-
selbst das technisch erschließbare könnte den heu- chen Schwankungen. In solchen Anlagen sind vor
tigen Strombedarf leicht decken. Allerdings zeigen allem Kaplan- sowie Durchströmturbinen (Abb. 1) ge-
einige Großprojekte der Vergangenheit, dass die bräuchlich. Das Wasser wird durch ein Wehr aufge-
Planer sehr weit reichende ökologische Zusammen- staut und strömt stetig durch die Turbine (Abb. 2).
hänge prüfen müssen. Umweltaspekte könnten das Diese Kraftwerke dienen neben der Energieerzeu-
technisch verfügbare Potenzial also deutlich redu- gung häufig auch dem Hochwasserschutz und, in
zieren. Kombination mit Schleusen, der Schifffahrt.
Ohne das Zutun des Menschen verliert sich die
Energie des fließenden Wassers über Reibung in Speicherkraftwerke 1 3 4
Wärmeentwicklung. Mittels Turbinen aber kann Speicherkraftwerke sind neben dem Einsatz im
man die potenzielle (Lageenergie) und kinetische Grundlastbereich vor allem für die Stromerzeu-
Energie (Bewegungsenergie) des Wassers in mecha- gung im Spitzenlastbereich geeignet. Das nötige
nische Rotationsenergie umsetzen und damit einen Wasser steht in Speicherseen bereit. Sind sie als
Generator drehen, der schließlich elektrischen Talsperren konzipiert, dienen sie häufig zusätzlich
Strom liefert. Eine Schlüsselgröße ist die Höhe des der Trinkwasserversorgung oder Bewässerung. Das
nutzbaren Gefälles, sowohl für die Art der Nutzung eigentliche Kraftwerk, das in der Regel mit Kaplan-
als auch für den Wirkungsgrad der Umwandlung in oder Francis-Turbinen (Abb. 1) ausgestattet ist, befin-
elektrische Energie. det sich meist am Fuß der Staumauer. Üblich sind
außerdem Bergspeicher, die ebenfalls künstlich auf-
Typen von Turbinen 1 gestaut oder aber natürlichen Ursprungs sind. Bei
Als zweite Schlüsselgröße bestimmt die Durchfluss- Bergspeichern wird das Wasser über Druckrohre
menge die Konstruktion und Leistung von Wasser- oft weit hinab ins Tal zum Maschinenhaus geleitet.
kraftwerken. Grundsätzlich unterscheidet man Unter günstigen Verhältnissen kann man für sol-
zwei Typen für den Hoch- und Niederdruckbereich. che Hochdruck- Wasserkraftwerke auf große Stau-
Während eine Variante an Flüssen mit kleinen Fall- werke mit all ihren ökologischen Implikationen ver-
höhen, aber großen Wassermengen arbeitet (Lauf- zichten. Bei Fallhöhen von oft tausend Metern und
wasserkraftwerk), nutzt der andere Typ in Gebirgsre- mehr werden meist Pelton-Turbinen für die Energie-
gionen die kleineren Durchflussmengen mit umwandlung eingesetzt.
großen Fallhöhen von gelegentlich mehr als 1 000 Eine Sonderform sind die Pumpspeicherkraft-
m. Der zweite Typ kann ohne große Wehre aus dem werke mit hoch gelegenen Speicherbecken, in die
natürlichen Gerinne direkt gespeist oder aus Stau- während verbrauchsarmer Zeiten mit Überschuss-
seen versorgt werden (Speicherkraftwerke). strom Wasser gepumpt wird. Bei Bedarfsspitzen
Im Wesentlichen decken die vier Turbinenkon- kann man damit Strom erzeugen (Abb. 3 und 4). Je
struktionen Durchström- , Kaplan- , Francis- und nach Fallhöhe kommen Pelton- oder Francis- Turbi-
Pelton- Turbine die verschiedenen Einsatzarten ab nen zum Einsatz. Francis- Turbinen dienen im Füll-
(Abb. 1). Man unterscheidet dabei Gleichdruck- und betrieb auch als Pumpen.
Überdruckturbinen. Bei Gleichdruckturbinen wird Streng genommen liefern Pumpspeicherkraft-
die potenzielle Energie des Wassers in einer oder werke keine erneuerbare Energie, da man hier be-
mehreren Düsen vollständig in Geschwindigkeit reits erzeugte elektrische Energie als Lageenergie
umgewandelt; am Laufrad ändert sich der Druck des Wassers speichert. Anders sieht es aus, wenn
nicht. Bei Überdruckturbinen nimmt der Wasser- Strom aus regenerativen Quellen die Pumpen
druck stetig vom Eintritt gegen den Austritt hin ab. treibt, also ein Wasserspeicher im Verbund mit
Das Leitrad wird mit drehbaren Schaufeln ausge- Windkraft- oder Photovoltaikanlagen arbeitet.
ENERGIETECHNIK

Wasserkraftwerke 259
Gezeitenkraftwerke 260

Im Wechsel von Ebbe und Flut steckt Energie. Die Turbinen arbeiten (Abb. 3). Dank ihrer Verstellpro-
Kraft des Tidenhubs nutzte man an der Kanalküste peller können sie die Bewegung des Wassers in bei-
in England und Frankreich schon im 11. Jahrhun- den Richtungen nutzen. An die Rohrturbine ist ein
dert. Auch zu späteren Zeiten gab es immer wieder Generator angeschlossen, der zur Stromerzeugung
neue Entwürfe für Gezeitenmühlen. So bauten etwa dient.
die Holländer im 17. Jahrhundert Flutmühlen, wobei Gezeitenkraftwerke ohne Speicherbecken nut-
sie Wasserräder verwendeten. zen den gesamten Tidenhub beim Gezeitenwechsel.
Sie haben so zwar eine hohe Leistungsausbeute, un-
Voraussetzungen terliegen aber dem wechselnden Energieangebot
Die Gezeitenenergie wird nutzbar, wenn man geeig- der Gezeiten. Um einen kontinuierlichen Kraft-
nete Meeresbuchten mit einem Damm abschließt. werksbetrieb zu erhalten, werden Gezeitenkraft-
Ein Minimum an Tidenhub (Wasserstandsunter- werke mit Speicherbecken gebaut; der nutzbare Ti-
schied der Gezeiten) ist allerdings nötig, was die denhub ist dann allerdings geringer.
Nutzbarkeit der Gezeiten drastisch einschränkt. In Das erste Gezeitenkraftwerk der Welt wurde
Deutschland wäre allenfalls der Jadebusen denkbar, 1966/67 an der französischen Atlantikküste errich-
der mit einer Gezeitenhöhe von knapp 4 m aller- tet, in der Mündungsbucht des Flusses Rance bei St.
dings kein wirklich geeigneter Standort ist. Fordert Malo (Abb. 4). Hier beträgt der Gezeitenhub 12 m
man einen mittleren Hub von 5 m, gibt es weltweit und mehr. Ein 750 m langer Betondamm schließt
rund 100 geeignete Buchten, von denen nur die die Bucht ab; er ist durchbrochen von 24 Durchläs-
Hälfte einen wirtschaftlichen Betrieb zulässt. Und sen, in denen die Rohrturbinen installiert sind. Jede
auch dort, wo der Gezeitenhub 10 m und mehr er- dieser Rohrturbinen hat eine Leistung von 10 MW,
reicht, liegen die Bedingungen die meiste Zeit des die gesamte Anlage also 240 MW. Das Kraftwerk er-
Jahres außerhalb des Optimums. Ebbe und Flut lau- zeugt im Jahr rund 600 Millionen kWh Strom. Die
fen alle 12 Stunden und 24 Minuten ab, wodurch Baukosten betrugen etwa das Zweieinhalbfache
ein ausreichend hoher Tidenhub also nicht immer eines vergleichbaren Flusskraftwerkes.
zur gleichen Tageszeit zur Verfügung steht. Wäh- Günstige Verhältnisse für den Bau von Gezeiten-
rend hoher Springtiden, wie sie bei Neu- oder Voll- kraftwerken herrschen auch an einigen Standorten
mond auftreten, können die Anlagen zudem ein in Großbritannien, z. B. an der Mündung des Severn
Vielfaches der Energie als bei schwachen Nipptiden in den Bristol- Kanal. Die Flut steigt hier auf 10 m
erzeugen, die entstehen, wenn die Sonne einen Teil an, ein Kraftwerk mit 700 MW Leistung ist geplant.
der Gezeitenkräfte des Mondes wieder aufhebt. In Russland nahm Ende der 1960er- Jahre in Kis-
Aus diesen Gründen wird die Leistung von Gezei- logubsk bei Murmansk eine Versuchsanlage mit
tenkraftwerken wenig gleichmäßig abgegeben. 1 MW den Betrieb auf. Außerhalb Europas hat vor
Leistungs- und Bedarfsspitzen fallen nicht immer allem die Fundybay im Osten Kanadas einen sehr
zusammen. Mit Speicherbecken kann man die Spit- großen Tidenhub von mehr als 20 m. Ein Kraftwerk
zen zwar in Maßen glätten, dennoch sind Gezeiten- mit 20 MW läuft bereits seit 1984 bei Annapolis
kraftwerke nur dort wirtschaftlich, wo große Strom- Royal, und weitere sind für diesen Küstenabschnitt
verbraucher in der Nähe ansässig sind. vorgesehen. Auch in Argentinien und Indien, Süd-
korea und Australien gibt es lohnende Standorte,
Bauarten 1 2 3 4 teils auch konkrete Projekte.
Allen Gezeitenkraftwerken gemeinsam ist der
Grundaufbau (Abb. 1): Eine geeignete Meeresbucht Umwelteinfluss
wird durch einen Damm mit einigen Durchlässen Auch bei Gezeitenkraftwerken ist die Frage nach
abgeschlossen. Bei Flut strömt Wasser ein und Umwelteffekten nicht überflüssig. Selbst wenn die
treibt die in den Durchlässen installierten Turbinen Küstengewässer nur sehr begrenzt verändert wer-
an. Bei Ebbe verrichtet das abfließende Wasser den, müssen diese Eingriffe vor dem Bau geprüft
diese Arbeit (Abb. 2). Technisch möglich wird diese werden. So misst das vom Damm abgetrennte Be-
Form der Stromgewinnung durch Rohrturbinen cken der Anlage bei St. Malo immerhin 22 km2, und
(Kaplan- Turbinen; → Wasserkraftwerke), für die im Becken kann es ebenso zu Verlandung kommen
schon ein geringes Wassergefälle ausreichend ist. wie vor dem Damm. Außerdem sind Einflüsse auf
Allerdings muss ein Mindesthöhenunterschied zwi- die lokalen Meeresströmungen nicht auszuschlie-
schen den beiden Wasserspiegeln (Wasserspiegel ßen. Beides aber würde wieder auf die Pflanzen-
im Becken– Meeresspiegel) vorliegen, damit die und Tierwelt dort rückwirken.
ENERGIETECHNIK

Gezeitenkraftwerke 261
Windkraftanlagen 262

Im Grunde ist Windkraft eine Form von Sonnen- Windkraftanlagen mit horizontaler Rotorachse 2 3
energie: Die Sonneneinstrahlung erwärmt die Luft- Bei den meisten Windkraftanlagen (Abb. 2 und 3)
massen unterschiedlich stark. Es bilden sich da- liegt die Rotordrehachse waagerecht. Generator, Ge-
durch Gebiete ungleichen Drucks, zwischen denen triebe und Nabe sind in einer Gondel unterge-
Luftmassen strömen. Diese Luftströmungen (Wind) bracht, die drehbar auf dem Turm sitzt, damit die
enthalten Bewegungsenergie, die man über Wind- Rotorblätter optimal in den Wind gestellt werden
kraftanlagen aufnehmen und in elektrische Ener- können. Die Blätter bestehen meist aus faserver-
gie umwandeln kann. stärkten Kunststoffen. Sie sind über die Rotornabe
Rein rechnerisch übersteigt das geschätzte Po- mit der Rotorwelle verbunden. Je nach Anordnung
tential an Windenergie weltweit den aktuellen En- der Rotorblätter unterscheidet man Lee- und Luv-
ergieverbrauch um das Vielfache. Dieses theoreti- läufer.
sche Potenzial lässt sich allerdings in der Praxis Bei Leeläufern befinden sich die Rotorblätter auf
nicht ausschöpfen, selbst wenn alle technischen der windabgewandten Seite des Turms. Solche An-
Möglichkeiten ausgenützt würden. Eine prinzi- lagen benötigen keine Vorrichtungen zur aktiven
pielle physikalische Grenze bildet der aerodynami- Windrichtungsnachführung. Nachteilig ist aber, dass
sche Wirkungsgrad des Rotors. Die Leistung hängt sich die Rotorblätter durch den „Turmschatten“ dre-
neben der Luftdichte auch von der Fläche, die der hen, wobei die Windanströmung kurzzeitig unter-
Wind durchströmt, sowie von der Windgeschwin- brochen wird. Bei den üblicherweise verwendeten
digkeit ab. Luvläufern befinden sich die Rotorblätter auf der
windzugewandten Seite des Turmes. Dadurch wer-
Einflussgrößen 1 den periodische Belastungen der Blätter und Leis-
Die Windgeschwindigkeit ist eine Schlüsselgröße, tungsschwankungen, die beim Durchlauf des Turm-
weil sie mit der dritten Potenz zur Leistung schattens entstehen, vermieden. Allerdings benöti-
beiträgt. Das heißt: Verdoppelt sich die Windge- gen Luvläufer eine aktive Windnachführungsvor-
schwindigkeit, so führt das zur achtfachen Wind- richtung, die die Rotorwelle entsprechend der
leistung. Wegen der im Durchschnitt höheren Wind- Windrichtung ausrichtet, um einen Leistungsver-
geschwindigkeit an Küsten baut man Windkraftan- lust durch eventuelle Schräganströmung zu vermei-
lagen vorzugsweise dort. Einfluss auf die Leistung den. Damit die Rotordrehzahl auf einen konstanten
hat auch die durchströmte Fläche. Sie wird von der Wert geregelt werden kann (Pitch-Regelung), wird
Anlage durch die Länge der Rotorblätter bestimmt: der Blattanstellwinkel in Abhängigkeit von der
Verdoppelt man die Rotorblattlänge, so liefert das Windgeschwindigkeit verändert. Durch konstrukti-
wegen der geometrischen Beziehungen des Kreises onsbedingten Strömungsabriss an den Blättern
die vierfache Fläche und so die vierfache Windleis- (Stall-Regelung) lässt sich die Drehzahl bei kleinen
tung. Aus diesem Grund baut man Windkraftanla- Rotoren begrenzen.
gen mit immer längeren Rotorblättern. Gleichzeitig Bei zu hohen Windgeschwindigkeiten (etwa ab
geht man zu größeren Nabenhöhen über, weil die 25 m/s, Windstärke 10) muss zum Schutz vor me-
Windgeschwindigkeit in den höheren Luftschich- chanischer Überlastung der Rotor gebremst oder
ten deutlich zunimmt. stillgesetzt und die Blätter auf Leerlauf oder Still-
Neben Windgeschwindigkeit und Fläche wird stand geschaltet und ggf. aus dem Wind gedreht
die Leistung noch durch den Leistungsbeiwert cp be- werden.
stimmt. Der theoretisch maximal erreichbare Leis-
tungsbeiwert ist der Betz- Faktor (cp = 0, 583). Der Windkraftanlagen mit vertikaler Rotorachse 4
Leistungsbeiwert ist von der Schnelllaufzahl λ ab- Anderen Konstruktionsprinzipien folgen die Roto-
hängig (Abb. 1), die sich aus dem Verhältnis der Um- ren mit senkrechter Drehachse, so der Darrieus-
laufgeschwindigkeit an den Flügelspitzen zur und der Savonius-Rotor. Darrieus- Rotoren (Abb. 4)
Windgeschwindigkeit ergibt. Die Schnelllaufzahl bestehen meist aus zwei oder drei gekrümmten Ro-
und somit der Leistungsbeiwert sowie die Fläche torblättern, die oben und unten an der Drehachse
sind von der Bauart der Windenergieanlage abhän- befestigt sind. Sie sind von der Windrichtung unab-
gig. Üblich sind Windkraftanlagen mit horizontaler hängig, wodurch die Nachführung entfällt. Nachtei-
Rotorachse und zwei oder drei Rotorblättern, aber lig ist, dass sie erst bei Windgeschwindigkeiten von
auch Prototypen mit nur einem Rotorblatt befinden annähernd 6 m/s (Windstärke 4) selbsttätig anlau-
sich im Einsatz. Daneben gibt es auch Anlagen mit fen können. Sie werden daher meist mit leicht an-
vertikaler Rotorachse. laufenden Savonius- Rotoren kombiniert.
ENERGIETECHNIK

Windkraftanlagen 263
Thermische Solaranlagen 264

Anders als Photovoltaik (→), die elektrische Ener- für den praktischen Bau. Eine möglichst hohe Tem-
gie aus Licht gewinnt, wandelt Solarthermik das ein- peratur des Absorbers erhält man durch das Ab-
fallende Sonnenlicht direkt in Wärme um. Eine der decken mit einer Glasplatte, um die Abstrahlung
bekanntesten und auch in unseren Breiten wirt- des Kollektors zu reduzieren (Abb. 2). Die Glasplat-
schaftlich zu betreibende Methode ist die Erzeu- te muss für Licht durchlässig sein, nicht jedoch für
gung von Warmwasser mit Sonnenkollektoren. Die Wärmestrahlung. Außerdem soll der Kollektor mög-
Option Raumheizung spielt allerdings eine weniger lichst viel Licht absorbieren. Für sichtbares Licht
wichtige Rolle, da gerade zu Zeiten des größten ist das am besten durch schwarze Absorber erfüllt.
Heizbedarfs (im Winter) die verfügbare Sonnen- Die Röhren mit der Wärmeträgerflüssigkeit (meist
strahlung am geringsten ist. Für zwei Anwendungs- Wasser) befinden sich auf der vom Licht abgewand-
fälle ist solarthermisches Heizen aber in unserem ten Seite des Absorbers.
Klima sinnvoll. Bei Niedrigenergiehäusern ist dank
guter Dämmung, Lüftung und passiver Nutzung Bauarten von Solarkollektoren 3 4
von Sonnenenergie der Bedarf an zusätzlicher Der einfachste Typ sind Kollektormatten aus
Energie so weit abgesenkt, dass solares Heizen schwarzem Kunststoff. In ihnen zirkuliert Wasser
einen bedeutsamen Anteil liefern kann (→ Solar- und wird dabei erwärmt. Sie sind zwar billig, aber
architektur). Und bei Niedertemperaturheizungen auch nicht besonders leistungsfähig. Man kann
kommen die geringen Vorlauftemperaturen thermi- damit nur niedrige Temperaturen erzielen. Für das
schen Solaranlagen entgegen, da sie niedrige Be- Erwärmen von Badewasser in Freibädern ist die
triebstemperaturen im Kollektor erlauben. Methode allerdings ausreichend. Höhere Tempera-
turen brauchen mehr technischen Aufwand. So
Aufbau und Platzierung von Solaranlagen 1 kann eine schwarze Metallplatte als Absorber die-
Häufig bieten sich die Dächer der zu versorgenden nen, in die Röhren eingebettet sind oder an der
Gebäude als Träger für die Kollektoren an. Durch Röhren anliegen, durch die der Wärmeträger fließt.
die Kollektoren zirkuliert Wasser, das dabei von Die Platte nimmt direkte und diffuse Sonnenstrah-
der aufgenommenen Sonnenenergie erhitzt wird. lung auf und überträgt die Wärme an den Wärme-
Es lässt sich danach entweder direkt nutzen, z. B. träger, der sie zum Nutzort leitet.
für Schwimmbecken, oder indirekt über Wärme- Am weitesten verbreitet sind Flachkollektoren,
tauscher, die Wärme vom Heizkreislauf auf das mit denen sich Temperaturen von 40 °C bis rund
Brauchwasser übertragen. Im zweiten Fall sind 100 °C gewinnen lassen (Abb. 3). Sie dienen im We-
dem Kollektorwasser Zusätze (z. B. Frostschutzmit- sentlichen der Versorgung von Gebäuden mit
tel) beimischbar. Bei der indirekten Brauchwasser- Warmwasser. Sie bestehen aus einem flachen Kas-
wärmung ist die thermische Solaranlage mit einem ten, der zur Sonnenseite mit einer Glasplatte abge-
Speicher (Kessel) ausgerüstet, der möglichst gerin- deckt und ansonsten mit Dämmstoffen abgedichtet
ge Wärmeverluste aufweisen sollte. Der Kessel soll- ist. Im Kasten befinden sich der Absorber und die
te außerdem konventionell beheizbar sein, damit Röhren mit dem zirkulierenden Wasser. Zum Hei-
auch zu Zeiten geringen Sonnenscheins ausrei- zen reichen die üblichen Flachkollektoren nicht
chend Warmwasser (Brauchwasser) erzeugt wer- aus. Mit Vakuum-Flachkollektoren ist das allerdings
den kann. Die Regelung des Systems besorgen Sen- möglich. Hier wird der Raum zwischen Absorber
soren im Kollektor. Erst wenn eine genügend hohe und Wand evakuiert, was die Wärmeverluste durch
Wassertemperatur im Kollektor erreicht ist, wird Luftbewegung zwischen Absorber und Verglasung
das Kollektorwasser durch den Wärmetauscher ge- vermeidet. Die Temperaturobergrenze für solche
pumpt (Abb. 1), wobei es seine Wärme an den Wär- Systeme liegt bei ca. 150 °C.
mespeicher abgibt. Höhere Leistungen lassen sich mit Röhrenkollek-
toren erzielen (Abb. 4). Hier umgibt eine luftleere
Sonnenkollektoren 2 Röhre den Absorber und die Kanäle für den Wär-
Solarkollektoren können einfallende kurzwellige meträger. Das Hochvakuum reduziert die Wärme-
Sonnenstrahlung (direktes und diffuses Licht) auf- verluste und erlaubt Temperaturen bis 250 °C. Will
nehmen und in Wärme umwandeln. Die gewon- man die Temperaturen noch steigern, muss man
nene Wärme kann als Nutzwärme entnommen oder das einfallende Licht mit Spiegeln bündeln. Solche
als längerwellige Wärmestrahlung emittiert wer- konzentrierenden Kollektoren liefern z. B. Prozess-
den. Die Prozesse stehen im thermischen Gleichge- wärme im Bereich von 100 °C bis 300 °C für indust-
wicht. Daraus ergeben sich einige Konsequenzen rielle Anwendungen.
ENERGIETECHNIK

Thermische Solaranlagen 265


Solarthermie-Kraftwerke 266

Solarthermische Kraftwerke erzeugen Strom, wie große Zahl von schwenkbaren, fast ebenen Spie-
die photovoltaischen auch (→ Photovoltaik). Doch geln (Heliostaten) wird computergesteuert der Son-
während die Solarzellen elektrische Energie direkt ne nachgeführt. Alle Spiegel reflektieren die Son-
aus der Sonnenstrahlung erzeugen, gehen Solar- nenstrahlung auf einen einzigen Brennpunkt. Dort
thermie- Kraftwerke den Weg über Wärme und nimmt der Absorber, der in der Spitze eines Tur-
Dampf. Sie konzentrieren die Sonnenstrahlen und mes von etwa 50 m bis 150 m Höhe sitzt, die gebün-
erzeugen mit der gewonnenen Wärme Dampf, der delte Sonnenstrahlung auf. Solartürme haben eine
dann eine Turbine mit Generator antreibt und auf solche Höhe, damit alle Spiegel dorthin reflektieren
diese Weise Strom erzeugt. können, ohne sich gegenseitig zu behindern.
Mit den Niedertemperatur- Solaranlagen (→ ther- Im Absorber, durch den wiederum das Wärme-
mische Solaranlagen) haben sie den ersten Arbeits- trägermedium fließt, lassen sich Temperaturen von
schritt gemeinsam, nämlich die eingefangene Son- mehr als 1 000 °C erzeugen. Der über Wärmetau-
nenenergie in Wärme umzuwandeln. Doch wäh- scher erzeugte Dampf steht unter hohem Druck
rend im Bereich der niedrigen Temperaturen einfa- und treibt eine Turbine an. Die Technik ist kompli-
che Kollektoren zum Erwärmen von Brauchwasser zierter als bei den Farmkraftwerken mit Rinnenkol-
genügen, sind im Hochtemperaturbereich viel auf- lektoren, was sich im Preis zeigt. Das derzeit (2003)
wendigere Systeme zur Absorption und Umwand- größte Solarturm- Kraftwerk „Solar Two“ in der kali-
lung der Solarenergie nötig. Zur Konzentration der fornischen Mojave- Wüste hat eine elektrische Leis-
Lichtstrahlen braucht man spezielle Konstruktio- tung von 10 MW. Dort sind 1926 Heliostaten kreis-
nen, die nur direkt eingestrahltes Licht nutzen kön- förmig um den 104 m hohen Turm in der Mitte an-
nen. Für einen optimalen Betrieb sorgen daher geordnet.
teure Nachführungen. Einfache Flachkollektoren
hingegen können auch diffuses Licht ausnützen. Aufwind-Solarkraftwerke 5
Dafür lassen sich mit den aufwendigeren Anlagen Auch bei diesen Kraftwerken (Abb. 5) ist die Sonne
höhere Temperaturen erzielen und zusätzliche An- primärer Energielieferant. Wie in einem Treibhaus
wendungen erschließen. Über die Bereitstellung fallen ihre Strahlen durch ein transparentes Dach
elektrischen Stroms hinaus ist es beispielsweise und heizen den darunterliegenden Boden auf, der
möglich, sehr hohe Prozesswärme für die Grund- dann Wärme abgibt. Dadurch erwärmt sich die Luft
stoffindustrie zu liefern. unterhalb der Abdeckung und steigt nach oben. Die
Kaminwirkung eines möglichst hohen Turmes in
Solarfarm-Kraftwerke 1 2 der Mitte des Daches erzeugt einen kräftigen Auf-
Solarfarmen „ernten“ Sonnenenergie auf großen wind, der eine Windturbine, die sich in dem Turm
Flächen mit Rinnenkollektoren (Abb. 1 und 2). Diese befindet, antreibt. Die Machbarkeit wurde mit einer
bestehen aus lang gestreckten Spiegelsegmenten Anlage in Spanien, sie hatte eine Turmhöhe von
in parabolischer Form, die das eingefangene Son- 200 m und eine Leistung von 50 kW, gezeigt. Für
nenlicht in ihrem Brennpunkt konzentrieren, der große Anlagen zur Stromerzeugung sind Turm-
von Röhren durchzogen ist. Die Neigung der Kollek- höhen von 1 000 m in der Diskussion. Als Standorte
toren lässt sich nach dem Stand der Sonne ausrich- kommen Wüsten in sonnenreichen Weltregionen
ten. Ein Wärmeträger, z. B. ein spezielles Öl, durch- infrage.
fließt die Röhren und wird auf rund 400 °C erhitzt.
In einem Wärmetauscher gibt das Öl seine Wärme- Sonnenteiche
energie ab und Dampf zum Antrieb einer Turbine Salzseen in heißen Gegenden erlauben ebenfalls
wird erzeugt. Ein Speicher für das Wärmeträgerme- die Umwandlung solarer Wärme in Strom. Fließt
dium kann kurze Zeiten ohne Sonnenschein über- Süßwasser, das eine geringere Dichte als Salzwas-
brücken. Statt Öl in den Kollektoren zu erhitzen, ist ser hat, an der Oberfläche einem Salzsee zu, so
es alternativ möglich und billiger, Wasser zu ver- steigt der Salzgehalt in den ersten Metern mit zu-
dampfen. In den 1980er- Jahren wurden neun Rin- nehmender Tiefe stark an. Sonnenlicht wird bevor-
nenkollektor- Kraftwerke in der Mojave- Wüste zugt in diesen tieferen Schichten absorbiert. Das
(USA) mit insgesamt 354 MW gebaut. erwärmte Salzwasser kann aber wegen seiner
hohen Dichte nicht an die Oberfläche steigen. Das
Solarturm-Kraftwerke 3 4 Temperaturgefälle zwischen den Wasserschichten
Auch Turmkraftwerke (Abb. 3 und 4) brauchen viel lässt sich mit Wärmepumpen (→) zur Stromerzeu-
Fläche und gehen zusätzlich noch in die Höhe. Eine gung nutzen.
ENERGIETECHNIK

Solarthermie-Kraftwerke 267
Photovoltaikanlagen 268

Die Photovoltaik ist eine Technik zur direkten xion zu verringern, wird auf der Oberseite eine
Umsetzung von Lichtenergie in elektrische Energie. bläuliche Antireflexschicht aufgetragen.
Obwohl das Prinzip schon seit 1839 bekannt ist,
begann die Nutzung von Strom aus Sonnenlicht Arten von Solarzellen
mithilfe von Solarzellen erst im Raumfahrtzeit- Den besten Wirkungsgrad erreichen monokristal-
alter. line Zellen. Allerdings ist die Herstellung von Sili-
Allerdings standen von Anfang an sehr hohe zium- Einkristallen aufwendig und teuer. Etwas bil-
Preise einer nur geringen Leistung gegenüber, was liger lassen sich polykristalline Zellen (aus vielen
bis heute ein wesentliches Hemmnis für die breite Kristallen) fertigen, die aber weniger effizient sind.
Einführung dieser Technik ist. Dennoch ist die Idee Als technisch machbar gilt es, rund 30 % der einfal-
bestechend: Die Sonne ist eine schier unerschöpfli- lenden Sonnenenergie in Strom umzuwandeln. Mit
che Energiequelle, die Zellen benötigen keinen speziellen Tandemzellen (Doppelzellen) konnten
Brennstoff, arbeiten ohne Emissionen und sind in im Laborversuch Werte deutlich darüber erzielt
dieser Hinsicht im Betrieb umweltfreundlich. Frei- werden. Für den praktischen Einsatz genügen bil-
lich sinkt bei schwachem Sonnenschein die Leis- lig herstellbare Zellen mit einem über längere Zeit
tungsabgabe und man braucht bei einem großem konstanten Wirkungsgrad von 15 %.
Energiebedarf viel Fläche. Zudem wird die Klima- Große Hoffnungen ruhen auf der Dünnfilmtech-
bilanz deutlich schlechter, wenn man nicht nur den nik. Dazu wird amorphes Silizium (die Moleküle
Betrieb, sondern auch den Aufwand für die Herstel- sind nicht als Kristallgitter regelmäßig angeordnet)
lung bewertet. auf ein Trägermaterial wenige Millionstel Meter
(µm) dick aufgebracht. Diese Zellen sind erheblich
Grundprinzip von Solarzellen 1 2 billiger, Wirkungsgrad und Langzeitstabilität sind
Die Photovoltaik nutzt den inneren Photoeffekt: Ein- aber noch unbefriedigend. Deshalb wird an ande-
gestrahltes Licht löst Elektronen aus ihrem Bin- ren Materialsystemen gearbeitet, beispielsweise
dungszustand heraus. Bei Halbleiterkristallen ver- aus Gallium- Arsenid (GaAs) oder Kupfer- Indium-
lassen die Elektronen den Festkörper nicht, werden Diselenid (CIS).
aber im Kristall frei beweglich, wodurch sich die Einzelne Solarzellen liefern, je nach Halbleiter-
elektrische Leitfähigkeit erhöht. Unter Halbleitern material, eine Spannung von circa 0, 5 V bis gut 1 V.
versteht man Stoffe, deren elektrische Leitfähigkeit Für technische Anwendungen ist das meist zu we-
bei Zimmertemperatur zwischen der von Metallen nig. Deshalb schaltet man mehrere Zellen in Reihe,
und der von Isolatoren liegt, die jedoch mit zuneh- wobei sich die Spannungen aufsummieren. Solche
mender Temperatur ansteigt. Je nachdem, ob sie Module haben meist 0, 5 m2 Grundfläche und lei-
zur Leitung Elektronen abgeben oder aufnehmen, sten bei einer Gleichspannung von 6– 30 V zwi-
unterscheidet man n- leitende und p- leitende Halb- schen 5– 150 W. Durch Zusammenschalten mehre-
leiter. Dieses Verhalten kann man durch den Ein- rer Module lassen sich hohe Leistungen erzielen.
bau bestimmter Fremdatome wie Bor oder Phos-
phor in den Halbleiter erzeugen (→ Halbleiterbau- Einsatz 3
elemente). Bislang beschränkt sich der wirtschaftliche Betrieb
Bislang werden die meisten Solarzellen aus hoch- noch auf spezielle Anwendungen wie Parkschein-
reinem Silizium gefertigt (Abb. 1). Sie setzen sich automaten oder Taschenrechner. Doch auch an ent-
aus einer n- leitenden und einer p- leitenden Schicht legenen Standorten weitab von einem Stromnetz
zusammen. An der Grenzfläche beider Schichten kann Solarstrom mit einem Preis von z. Z. etwa 1, 50
baut sich ein elektrisches Feld auf. Fällt Licht auf DM pro Kilowattstunde schon heute mit Strom aus
die Zelle, so setzt es unterschiedliche Ladungsträ- einem Dieselaggregat konkurrieren. Eine Photovol-
ger frei. Das elektrische Feld trennt die Ladungsträ- taikanlage (Abb. 3) läuft im Idealfall drei Jahr-
ger, was eine Spannung über die Anschlusskon- zehnte und mehr fast wartungsfrei. Um die Strom-
takte der Zelle erzeugt. Schaltet man ein Gerät versorgung auch nachts sicherzustellen, brauchen
zwischen diese Kontakte, so kann Strom fließen Photovoltaiksysteme als zweite wichtige Kompo-
(Abb. 2). Die Anschlusskontakte bestehen aus einer nente einen Energiespeicher. Die Batterien müssen
ganzflächigen Metallschicht auf der Unterseite und jedoch hohen Anforderungen genügen, und bislang
aus fingerartig gestalteten Metallkontakten auf der gibt es keine wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit
Oberseite, damit noch Sonnenlicht auf die Halblei- der Energiespeicherung, um die jahreszeitliche
terschicht einfallen kann. Um Verluste durch Refle- Schwankung auszugleichen.
ENERGIETECHNIK

Photovoltaikanlagen 269
Wasserstofftechnologie 270

Wasserstoff hat als Energieträger viele Vorteile. Auch andere Substanzen, die Wasserstoff enthal-
Deshalb gilt er als möglicher Nachfolger der fossi- ten, sind als Ausgangsstoffe geeignet, z. B. Methan,
len Energieträger in einer künftigen Energiewirt- Kohle, Erdöl oder Erdgas. In thermisch- katalyti-
schaft. Seine Vorzüge: Er ist praktisch unerschöpf- schen Prozessen gewinnt man Wasserstoff aus Koh-
lich, und bei seiner Umwandlung in Strom oder lenwasserstoffen, ebenso in Pyrolyseverfahren un-
Wärme entsteht fast nur Wasserdampf. Zudem sind ter Einsatz von Plasmabrennern. Freilich sind diese
die Komponenten der Wasserstoffwirtschaft im Ausgangsstoffe nicht unerschöpflich, und die Ver-
Prinzip verfügbar. Allerdings steht dem gegenüber, fahren selbst werden oft fossil befeuert.
dass man für die Gewinnung von Wasserstoff Ener- Regenerativ hingegen ist die photobiologische Er-
gie aufwenden muss. Er ist also nur so umwelt- zeugung von Wasserstoff. Es gibt zwei aussichtsrei-
freundlich wie der Prozess für seine Herstellung. che Verfahren: Photolytisch lässt sich Wasserstoff
Deshalb favorisiert man hierfür erneuerbare Ener- durch Ausnutzen der Photosynthese gewinnen;
gien und betrachtet Wasserstoff als Speicherme- denn Pflanzen, Algen und manche Bakterien zerle-
dium für Wind- und Wasserkraft, für Biomasse und gen Wasser mit Sonnenlicht in Wasserstoff und
Solarenergie. Man könnte ihn beispielsweise in Sauerstoff (Abb. 2). Das zweite Verfahren beruht
sonnenreichen Ländern gewinnen und dann als darauf, dass viele Mikroorganismen Biomasse ab-
Gas per Pipeline oder in flüssiger Form mit Tank- bauen und dabei auch Wasserstoff produzieren.
schiffen zu den Verbrauchern bringen. Der Auf-
wand für Erzeugung und Transport verschlechtert Speicherung und Transport
die Bilanz. Ökonomisch ist Wasserstoff heute nur Als Gas lässt sich Wasserstoff mit geringerem Auf-
mit Wasserkraft regenerativ herzustellen. wand speichern als in flüssigem Zustand. Die Me-
Speichert man Wasserstoff als Gas und erzeugt thoden sind im Prinzip vom Erdgas her vertraut. In
damit in Brennstoffzellen Strom, so müssen für der Praxis wird Wasserstoff meist in Druckgasfla-
1 kWh elektrischer Energie insgesamt 2 kWh Ener- schen und in Drucktanks aufbewahrt. Auch die
gie aufgewendet werden. Zudem ist Wasserstoff als Speicherung in unterirdischen Kavernen ist mög-
Gas, bezogen auf die Volumeneinheit, ein schlech- lich. Wegen der höheren Energiedichte ist es vor-
ter Energieträger. Seine Energiedichte, bezogen auf teilhafter, Wasserstoff als Flüssigkeit zu speichern.
die Gewichtseinheit, ist für flüssigen Wasserstoff Da man das Gas aber auf −253 °C abkühlen muss,
wesentlich höher. Die Verflüssigung ist aber sehr um es zu verflüssigen, ist diese Variante sehr ener-
energieaufwendig. gieintensiv. Eine weitere Option ist die Speicherung
und der Transport in gebundener Form. Eine Mög-
Erzeugung von Wasserstoff 1 2 lichkeit ist die Adsorption, d. h. eine physikalische
Wasserstoff kann durch Elektrolyse direkt aus Was- Bindung gasförmigen Wasserstoffs an eine Oberflä-
ser gewonnen werden. Dazu legt man eine Gleich- che, etwa an Aktivkohle. Eine andere ist die Absorp-
spannung an zwei Elektroden in einer wässrigen, tion in Metallhydriden, bei der atomarer Wasser-
alkalischen Lösung (Abb. 1). Ein Diaphragma zwi- stoff chemisch in Metallen gebunden wird.
schen den Elektroden trennt die Reaktionsräume,
damit sich die Reaktionsgase (Wasserstoff und Sau- Einsatz von Wasserstoff 3
erstoff) nicht vermischen. Allerdings ist das Dia- Der Energieträger Wasserstoff ist für alle energeti-
phragma für Hydroxidionen (OH- ) einseitig durch- schen Zwecke nutzbar: Wärme lässt sich damit
lässig. Mit weniger elektrischer Energie kommt die ebenso erzeugen wie Strom, und er ist als Treib-
Hochtemperatur-Dampf-Elektrolyse aus, bei der stoff von Automobilen wie von Flugzeugen einsetz-
Dampf statt Wasser verwendet wird. Elektrolyt ist bar (Abb. 3). Zur Wärmeerzeugung sind katalyti-
eine Keramik, die Sauerstoffionen leitet. Der Was- sche Brenner interessant, weil sie die Emissionen
serdampf wird auf der Kathodenseite zugeführt. An weiter mindern. Das Brenngas reagiert an der Ober-
der Kathode entsteht durch Elektronenaufnahme fläche eines porösen, katalytisch aktiven Metallsin-
Wasserstoff, während die Sauerstoffionen durch die terkörpers mit Luftsauerstoff. Neben Wasserdampf
Keramik hindurch zur Anode wandern und dort zu können Stickoxide entstehen, die aber wegen der
Sauerstoff reduziert werden. Bei dem Verfahren der niedrigen Verbrennungstemperaturen in geringe-
Membranelektrolyse dient eine Ionenaustauscher- rer Konzentration als bei Flammenbrennern auftre-
membran mit protonenleitenden Eigenschaften als ten. Für die Stromerzeugung und als Antriebe sind
Festelektrolyt. Das Wasser wird bei diesem Verfah- Brennstoffzellen aussichtsreich (→ Brennstoffzel-
ren auf der Anodenseite zugeführt. lenantrieb).
ENERGIETECHNIK

Wasserstofftechnologie 271
Geothermische Energieanlagen 272

Die Erde ist ein großer Wärmespeicher, dessen ther- Hydrothermale Geothermie 1
mische Energie den Wärmeinhalt aller fossilen La- Schon in wenigen Hundert Meter Tiefe kommen an
gerstätten um Größenordnungen übersteigt. Mes- günstigen Stellen heiße Tiefenwasser vor, die bis
sungen bis zu einer Tiefe von etwa 10 000 m zeigen: gut 2 000 m hinabreichen können. Geologisch han-
In der äußeren Erdkruste steigt die Temperatur alle delt es sich dabei meist um Ablagerungsbecken ur-
1 000 m um rund 30 °C an. Werte für größere Tiefen zeitlicher Meere. Auch in weniger vulkanischen Re-
ergeben sich aus Modellrechnungen. Im Erdkern gionen gibt es also Formationen, die eine Nutzung
dürfte die Temperatur bei einigen Tausend Grad lie- der Erdwärme nahe legen. Hierzu werden zwei Boh-
gen. Diese Hitze speist jedoch die Wärme in der rungen in die wasserführende Schicht (Aquifer) ab-
Erdkruste nur zum kleineren Teil, der größte Teil geteuft, eine Förder- und eine Injektionsbohrung,
(rund 70 %) stammt aus dem radioaktiven Zerfall die etwa 2 000 m auseinander liegen. Eine Tauch-
von Uran und Thorium, das im Gestein der Erdkrus- pumpe hebt das heiße Wasser nach oben und mit-
te enthalten ist. tels eines Wärmetauschers wird die thermische En-
Die Erdwärme gilt als erneuerbare Energie. ergie auf einen Heizwasserkreislauf übertragen
Unter diesen ist sie die einzige, die nicht von der (Abb. 1). Je nach Wassertemperatur kann bei Bedarf
Sonne abhängt. Die Gesamtwärmemenge liegt zwar eine Wärmepumpe hinzugefügt werden. Das ab-
nur im Promillebereich dessen, was die Erde aus gekühlte Wasser wird über die Injektionsbohrung
der eingestrahlten Sonnenenergie absorbiert. Den- wieder zurück in den Untergrund geleitet.
noch sind die erzielbaren Leistungen interessant
für eine energetische Nutzung. Geothermische Kraftwerke
In geothermischen Kraftwerken erzeugen Dampf-
Natürliche Erdwärmenutzung turbine und Generator Strom. Beim Trockendampf-
In den vulkanisch und geologisch aktiven Zonen prinzip wird überhitzter Dampf direkt aus dem Erd-
der Erde herrschen günstige Bedingungen für rege reservoir auf die Turbinenschaufeln geleitet. Beim
Wärmeströme. Das zeigt z. B. die Aktivität von Gey- Flashverfahren wird überhitztes Wasser aus Heiß-
siren. Ihre Ursache ist Grundwasser, das durch wasserquellen einem unter geringem Druck ste-
Klüfte und Spalten tief in die Erdkruste eindringt henden so genannten Flashkessel zugeführt, wobei
und in einigen Tausend Meter Tiefe durch heiße Dampf entsteht, der anschließend die Turbine
Magmen aufgeheizt wird. Danach steigt es unter treibt. Beide Verfahren haben den Nachteil, dass
Druck nach oben und tritt an Rissen und Öffnun- mögliche Verunreinigungen zu Korrosion führen
gen in der Erdoberfläche als Heißwasser- und Heiß- können. Um dies zu vermeiden, wird beim Binärver-
dampfquelle zutage. Der Heißdampf kann bei Drü- fahren ein niedrig siedendes Arbeitsmedium in
cken von 8 bis 10 bar eine Temperatur von 250 °C einem zweiten Kreislauf über einen Wärmetau-
erreichen. Bei Heißwasser liegen die Drücke zwi- scher durch das Heißwasser der geothermischen
schen 1 und 10 bar, die Temperatur reicht von 80 bis Lagerstätte erhitzt und so der Dampf für die Tur-
150 °C. Diese Erdwärmereservoirs werden weltweit bine erzeugt.
an geeigneten Standorten genutzt, um daraus elekt-
rischen Strom oder Heiz- und Prozesswärme zu ge- Hot-Dry-Rock-Verfahren 2
winnen. Viel schwieriger gestaltet sich das Hot- Dry- Rock-
Verfahren, bei dem heißes, trockenes Gestein mit
Künstliche Entnahme von Erdwärme einer Temperatur von etwa 200 °C in einigen Kilo-
Wo Heißwasser und Heißdampf nicht von alleine meter Tiefe als natürlicher Wärmetauscher fun-
austreten, gibt es mehrere technische Verfahren giert (Abb. 2). Um eine große Oberfläche für den
zur Nutzung. Zu den Verfahren, die die Erdwärme Wärmeaustausch zu erhalten, wird in das Gestein
aus dem Erdinneren nutzen, zählen die hydrother- unter hohem Druck (etwa 200 bar) stehendes Was-
male Geothermie, geothermische Kraftwerke und ser gepresst, das jenes zerklüftet. In der Betriebs-
das Hot-Dry-Rock-Verfahren. Die oberflächennahe phase wird weiterhin Wasser unter Druck einge-
Erdwärme lässt sich über Wärmepumpen (→) und presst. Durch die Erdwärme verdampft das Wasser.
Erdwärmesonden nutzen. Dazu bringt man u- för- Der Dampf steigt durch eine zweite Bohrung wie-
mig gebogene Rohre in Bohrungen (einige Hun- der nach oben und kann dort zum Antrieb einer
dert Meter) ein, durch die Wasser geleitet wird. Turbine genutzt werden. Es ist jedoch noch nicht
Das Kaltwasser nimmt beim Durchströmen Erd- endgültig geklärt, wie lange diese Klüfte offen ge-
wärme auf. halten werden können und wie ergiebig sie sind.
ENERGIETECHNIK

Geothermische Energieanlagen 273


Energie aus Biomasse 274

Der Begriff Biomasse wird nicht immer einheitlich beim Gleichstromverfahren. Hier durchlaufen die
gebraucht. Man versteht darunter eine Reihe unter- Schwelgase die Oxidationszone, und dabei entste-
schiedlicher Substanzen biogenen Ursprungs, häu- hen aus Schadstoffen wie Phenolen und Teer eben-
fig eingeschränkt auf die Pflanzenwelt. Damit ist falls brennbare Gase. Es ist möglich, die Vorteile
Biomasse ein nachwachsender Rohstoff, dessen beider Verfahren zu kombinieren. So sind Umwand-
Energiegehalt sich vielfältig nutzen lässt. Genau be- lungsraten von 85 % erzielbar.
sehen handelt es sich dabei um gespeicherte Son-
nenenergie, die während des Wachstums der Pflan- Vergärung 4 5
zen in Zellmaterial umgesetzt wurde. Im Gegensatz zur Vergasung entsteht bei der Ver-
In der Praxis bezeichnet der Begriff Biomasse je- gärung von Biomasse unter Luftabschluss Biogas.
doch häufig auch organische Abfälle, die z. B. bei Im Gärbehälter wandeln Bakterien die organischen
der Verarbeitung pflanzlichen Materials anfallen, Bestandteile des Substrats in Biogas um. Der Pro-
etwa Stroh und Holzreste in Land- und Forstwirt- zess verläuft umso schneller, je wärmer das Sub-
schaft. Die Lebensmittelindustrie ist eine weitere strat ist. Gewöhnlich stellt man die Temperatur auf
wichtige Quelle, auch Hausmüll sowie tierische und 30– 35 °C ein, was eine Faulzeit von 25 bis 30 Tagen
menschliche Exkremente enthalten Biomasse. nach sich zieht. Ein Rührwerk durchmischt die Sub-
Die Verfahrenstechnik bietet verschiedene Mög- stanz und sorgt so für überall gleiche Temperatur.
lichkeiten, Biomasse energetisch zu nutzen. Die ein- Zudem verhindert der Rührvorgang das Auf-
fachste und älteste Methode ist es, sie zu trocknen schwimmen leichterer Inhaltsstoffe und damit
und zu verbrennen. Man kann sie aber auch zuvor Schichtbildung im Substrat (Abb. 4). Das entste-
vergasen oder vergären. hende Biogas enthält rund 60 % Methan und ca.
40 % Kohlendioxid; in Spuren sind außerdem Was-
Vergasung 1 2 3 serstoff und Schwefelwasserstoff vertreten (Abb. 5).
Unter Vergasung versteht man die Umwandlung Nach einer Reinigung kann man das Gas in Leitun-
eines festen oder flüssigen Stoffes in brennbare gen einspeisen und verbrauchen, z. B. in Gasherden,
Gase. Bei der Vergasung von Biomasse (Abb. 1) ent- für die Heizung oder zur Warmwasserbereitung.
steht aus der zerkleinerten Masse unter Luftzufuhr Beschickt man damit einen Gasmotor, lässt sich
ein Gasgemisch, das 47 % Stickstoff, ferner 18 % über einen Generator auch Strom erzeugen. Das
Wasserstoff, 2 % Methan, 23 % Kohlenmonoxid und ausgefaulte Substrat ergibt Dünger. Energetisch
10 % Kohlendioxid enthält (Abb. 2). Die Biomasse entspricht 1 m3 Biogas ca. 0, 6 l Heizöl.
darf bei diesem Prozess feuchter sein als beim Ver- Für die Vergärung kommt vor allem Gülle in-
brennen. frage, wie sie bei der Tierhaltung anfällt. Je Groß-
Die meisten Vergaser arbeiten nach dem Gleich- vieheinheit, z. B. ein Rind von 500 kg Lebendge-
strom- oder dem Gegenstromprinzip (Abb. 3). Beim wicht, ist pro Tag eine Gasausbeute von maximal
einen strömt das entstehende Schwelgas in Rich- 1, 5 m3 erzielbar. Biogasanlagen sind daher beson-
tung des Brennstoffs, beim andern entgegengesetzt. ders im landwirtschaftlichen Umfeld interessant.
Beide Anlagentypen werden von oben mit Biomas- Sie können Einzelhöfe oder über ein gemeinsames
se beschickt, die nacheinander eine Trocknungs- , Netz, in das Gas aus mehreren Gärbehältern zuge-
eine Schwel- und eine Verkohlungszone durchläuft. führt wird, mehrere Höfe versorgen. Auch Zentral-
Die dabei gebildete Holzkohle verbrennt mit der anlagen sind möglich, bei denen die Gülle zum Gär-
eingeblasenen Luft in der Oxidationszone teils zu behälter eines großen Verbrauchers herangefahren
Kohlendioxid. Je nach Verfahren werden dabei Tem- wird. Die Wirtschaftlichkeit fordert einen möglichst
peraturen von über 1 000 °C erreicht. Freier Kohlen- gleichen Gasbedarf im Jahresverlauf.
stoff reagiert in der Reduktionszone mit Luftsauer- Eine Variante des Biogases ist Deponiegas, das
stoff zum brennbaren Kohlenmonoxid. durch Vergären von Müll entsteht. Es bildet sich
Während im Gleichstromverfahren allenfalls unter Luftabschluss in Deponien und lässt sich in
65 % der Biomasse vergast werden können, erreicht Gasbrunnen auffangen. Im ersten Jahrzehnt des De-
die Gasausbeute im Gegenstromverfahren 75 %. Al- poniebetriebs bringt eine Tonne Hausmüll im
lerdings entstehen bei diesem Prozess auch mehr Schnitt 10 m3 Gas hervor. Man kann es direkt auf
Schadstoffe, denn hier durchlaufen die Schwelgase der Deponie verstromen oder zur Strom- und Wär-
keine heiße Zone mehr, in der Schadstoffe abgebaut meerzeugung an Gasmotoren großer Verbraucher
werden. Diese müssen ausgewaschen und das Ab- leiten. Auch direktes Einspeisen in eine Erdgaslei-
wasser gesondert behandelt werden. Das entfällt tung ist möglich.
ENERGIETECHNIK

Energie aus Biomasse 275


Biomasse-Kraftwerke 276

Die thermische Nutzung (Verbrennung) von Bio- Maximum für Anlagen, die allein mit Biomasse be-
masse ist die älteste Form bewusster Energieerzeu- aufschlagt werden.
gung durch den Menschen. Seit einigen Jahren ge- Anlagen dieser Leistungsklasse liefern (meist in
nießt sie erneut hohe Aufmerksamkeit, denn Bio- Kraft- Wärme- Kopplung) Wärme, Prozessdampf
masse ist ein nachwachsender Rohstoff, und ihre und Strom. Im Bereich von 1– 10 MW überwiegen
Verbrennung ist klimaneutral. Zwar setzt auch das die Rostfeuerungen, bei Anlagen oberhalb von 10
Verfeuern von z. B. Holz Kohlendioxid (CO2) frei, MW ist auch die Wirbelschichtfeuerung interessant.
doch wird es während des Heranwachsens von Liegt der Brennstoff schon in sehr feiner Form vor
neuem Holz wieder in die Biomasse eingebaut. Die (z. B. Abfälle aus der Holz verarbeitenden Industrie),
Zyklusdauer dieses geschlossenen CO2-Kreislaufs so lassen sich ebenso Staubfeuerungen einsetzen.
beträgt bei Gräsern ein Jahr, bei schnell wachsen- Auch eine Kombination verschiedener Techniken
den Hölzern sind es 25 bis 30 Jahre. kann für bestimmte Biomassen sinnvoll sein.
Im unteren und mittleren Bereich sind Schacht-
Brennstoff Biomasse feuerungen (20– 250 kW) und Unterschubfeuerun-
Zum Verbrennen von Biomasse in Kraftwerken gen (von 20 kW bis 2 MW) gebräuchlich. Während
sind z. B. Holz- und Strohabfälle aus Land- und die erste vornehmlich von Hand mit Holzstücken,
Forstwirtschaft geeignet, die andernfalls verrotten Holzschnitzeln und Spänen geschürt wird, verfeu-
oder ohne direkten energetischen Nutzen ver- ert die zweite fast vollautomatisch Hackschnitzel,
brannt würden. Andere Pflanzenreste sind interes- Späne und bedingt auch Holzstaub. Hier beschickt
sant, wenn sie in genügender Menge bei der Verar- eine Förderschnecke die Brennraummulde kontinu-
beitung von Agrarprodukten anfallen. So dient in ierlich mit Biomasse aus dem Silo, die bei Zugabe
Zuckerrohranbaugebieten die Bagasse als Brenn- von Primärluft entgast wird. Anschließend steigen
stoff. Auch eigens zur Verbrennung angebaute die Pyrolysegase durch die Glutschicht auf, entzün-
Pflanzen kommen infrage, wie z. B. Chinaschilf den sich dabei und brennen im Feuerraum vollstän-
oder Elefantengras, ebenso Pappeln und Weiden. dig aus. Die gut dosierbare Brennstoff- und Luftzu-
In Deutschland würden allein die Reststoffe hin- fuhr erlaubt es, den Ausstoß von Schadstoffen ge-
reichen, zwischen 3 und 5 % des Primärenergiebe- ring zu halten.
darfs zu decken. Bislang ist es noch nicht einmal
1 %. Motivation ist aber meist nicht der energetische Biomasse in konventionellen Kraftwerken 1 2 3
Nutzen, viel öfter handelt es sich um die Entsor- Wegen der schwierigen Brennstofflogistik liegt die
gung störender Abfälle (z. B. in der Holzindustrie). typische Anlagengröße reiner Biomasse- Kraftwer-
Den höchsten Anteil in Europa hält Österreich, wo ke zwischen 1 und 10 MW. Solche im Vergleich zu
rund 12 % des Primärenergieverbrauchs aus Bio- konventionell befeuerten Kraftwerken recht klei-
masse stammen, vor allem aus Holz. nen Anlagen passen gut in dezentrale Versorgungs-
Trotz der Vorteile hat die Nutzung von Biomasse konzepte, etwa für Dörfer. Allerdings hat man dabei
Grenzen. Erstens ist für den Anbau von Pflanzen ei- mit einer Reihe von Nachteilen zu kämpfen. Stroh
gens zur thermischen Nutzung ein hoher Einsatz als Brennstoff sorgt beispielsweise für Lagerprob-
an Dünger oder Treibstoff nötig und zweitens ist leme, da die ganze Menge im Herbst anfällt. Daher
der Heizwert von Biomasse dem der Steinkohle ist der Einsatz von Biomasse als zusätzlicher
weit unterlegen. Zudem sind wegen der geringen Brennstoff in bestehenden Kohlekraftwerken oft
Dichte viel höhere Volumenströme zu bewältigen. günstiger (Abb. 1 und 2). Der Grundbedarf wird
Das schließt weite Transportwege aus. Setzt man durch Kohle gedeckt, je nach Bedarf kann man zu-
den Nutzen ins Verhältnis zu den Treibstoffkosten, sätzlich mit Biomasse verbrennen. Das ist grund-
so ist ein Radius von 30 km um den Standort noch sätzlich machbar, zu den optimalen Betriebspara-
akzeptabel, wo der Brennstoff gesammelt und zum metern laufen noch Forschungen. Eigene Lager-
Kraftwerk gebracht wird. und Aufbereitungsanlagen für Holz (Abb. 3) oder
Stroh braucht man aber auch hier.
Feuerungstechniken Man kann Biomasse auch zur Kraft- Wärme-
Biomasse eignet sich im Prinzip für solche Feue- Kopplung in Blockheizkraftwerken nutzen. Dafür
rungssysteme, die für feste Brennstoffe ausgelegt werden Holzschnitzel in einem atmosphärischen
sind (→ Feuerungsanlagen). Da die Bereitstellung Wirbelschichtreaktor vergast. Mit diesem Gas lässt
des nötigen Brennstoffs aber recht aufwendig ist, sich dann ein Gasmotor betreiben, der Strom und
ist eine thermische Leistung von 50– 100 MW das Wärme erzeugt.
ENERGIETECHNIK

Biomasse-Kraftwerke 277
Wärmepumpen 278

In Boden, Wasser und Luft ist Wärme gespeichert. Absorptionswärmepumpen (Abb.2) haben anstelle
Da die Temperaturen aber meist vergleichsweise eines mechanischen einen thermischen Verdichter.
gering sind, ist sie nicht zum Heizen nutzbar. Erst In ihm zirkuliert zwischen Absorber und Austrei-
mit einer Wärmepumpe lässt sich diese aufnehmen ber ein Lösungmittel, von einer Lösungsmittelpum-
und damit ein Wärmeträgermedium auf die ge- pe umgepumpt. Der Arbeitsmitteldampf wird da-
wünschte höhere Temperatur erwärmen. Dazu ist durch verdichtet, dass er im Absorber bei niedri-
Energie nötig. Die Hauptbestandteile einer gem Druck von dem Lösungsmittel absorbiert und
Wärmepumpe sind der Verdampfer und der im Austreiber (Kocher) bei hohem Druck unter
Kondensator sowie der Kompressor (Verdichter) Wärmezufuhr aus der reichen Lösung wieder aus-
und das Expansionsventil. Bei richtiger Auslegung getrieben wird. Ansonsten arbeiten Absorptions-
des Systems übersteigt die gewonnene Nutzener- und Kompressionswärmepumpen gleich.
gie die hineingesteckte Antriebsenergie mehrfach. Die Wahl der Wärmequelle (Abb. 3) ist von ent-
Den genauen Faktor gibt die Arbeitszahl an, die scheidender Bedeutung, denn die Energieausbeute
vom Temperaturunterschied zwischen Verdampfer ist umso besser, je weniger sich die Temperaturen
und Kondensator abhängt. Sie sollte über die im Verdampfer und Kondensor unterscheiden, da
gesamte Heizperiode wenigstens den Wert 3 betra- dann weniger Energie zugeführt werden muss. Da-
gen. her arbeitet eine Wärmepumpe im Sommer effek-
Das Prinzip der Wärmepumpe lässt sich auch tiver als im Winter. Für hohe Wirkungsgrade ist es
umkehren. Beispielsweise können erdgekoppelte zudem günstig, die Vorlauftemperatur im Heizkreis
Wärmepumpen das Erdreich ebenso als Wärme- möglichst niedrig zu halten. Wird in unseren Brei-
senke verwenden und auf diese Weise Gebäude ten Außenluft als Wärmequelle verwendet, braucht
kühlen. In den USA dienen solche Systeme schon man eine zusätzliche Heizung. Die Außenluft ist
seit fünf Jahrzehnten zur Gebäudeklimatisierung. zwar problemlos verfügbar, doch ihre großen
Temperaturschwankungen im Tages- und Jahres-
Funktionsweise 1 2 3 lauf sind sehr ungünstig. Meist wird der Luft in
Wärmekraftmaschinen und Wärmepumpen sind großflächigen Wärmetauschern durch Abkühlen
zwar ähnlich aufgebaut, unterscheiden sich aber in Wärme entzogen und dabei das Treibmittel der
einem wichtigen Punkt: Während die einen Wärme Wärmepumpe verdampft. Eine sehr viel günstigere
hoher Temperatur in Arbeit umwandeln, sollen die Wärmequelle ist das Erdreich als Speicher von Son-
anderen Wärme niedriger Temperatur unter Ein- nenenergie. Temperaturschwankungen sind hier
satz von Arbeit in solche von höherer Temperatur schon in einigen Meter Tiefe kaum noch bemerkbar.
überführen. Dabei unterscheidet man zwei Bauar- Die Erdwärme sollte zumindest in der frostfreien
ten von Wärmepumpen: Kompressions- und Ab- Zone entnommen werden. Auch Grundwasser ist
sorptionswärmepumpen. Das Arbeitsmedium von eine gute Wärmequelle. In 10 m Tiefe liegt die
Wärmepumpen sind leicht siedende Flüssigkeiten. Temperatur konstant bei etwa 10 °C. Über einen
Im Heizbetrieb funktionieren Kompressionswär- Förderbrunnen kommt es in den Kondensor, gibt
mepumpen wie folgt (Abb. 1): Der Verdampfer dort Wärme ab und fließt durch einen Schluck-
nimmt Wärme niedriger Temperatur auf, etwa aus brunnen ins Grundwasser zurück. Auch Oberflä-
dem Boden oder Grundwasser. Schon 10 °C genü- chenwasser ist als Wärmequelle nutzbar.
gen, das Kältemittel verdampfen zu lassen. Der
Kompressor verdichtet und erhitzt den Dampf. Ein Wärmepumpensysteme mit Erdwärmesonden
Kondensor dient als Wärmetauscher mit dem Dünne Kunststoffrohre in Form eines sehr lang ge-
Heizkreislauf. Hier verflüssigt sich der Dampf und zogenen U in Bohrungen von rund 100 m Tiefe die-
die freigesetzte Kondensationswärme geht auf den nen als Quellen, wenn durchfließendes Wasser Erd-
Heizkreislauf über. Die Temperatur liegt hierbei wärme aufnimmt und an eine Wärmepumpe bringt.
über der im Verdampfer. Danach entspannt ein Ven- Das System ist winters zum Heizen und sommers
til den Druck, die Arbeitsflüssigkeit kühlt ab und zum Kühlen nutzbar. Zudem lässt es sich als Wär-
fließt in den Verdampfer zurück. In der Nutzung me- und Kältespeicher einsetzen, indem etwa im
des Kompressorprinzips ist die Wärmepumpe mit Sommer überschüssige Gebäudewärme in die Tiefe
dem Kühlschrank verwandt. Wird unter Nutzung geleitet wird, um das Erdreich für den Heizbetrieb
dieses Prinzips ein Temperaturniveau nicht aufge- aufzuwärmen. Analog kann man im Winter Kälte
heizt, sondern abgekühlt, so spricht man von Kälte- für die Kühlung während der heißen Jahreszeit
maschinen. speichern.
ENERGIETECHNIK

Wärmepumpen 279
Solararchitektur 280

Solararchitektur zielt auf eine umfassende Nut- Beim indirekten Gewinn wird hinter der Südver-
zung der Sonne. Daraus ergeben sich zwei funda- glasung eine Wand aus Stein, Beton, Ziegeln oder
mentale Forderungen: Einerseits soll das Haus Lehm angeordnet. Diese meist geschwärzten
Sonnenenergie einfangen und speichern, um den Speicherwände (Trombe-Wände) erwärmen sich
Wärmebedarf möglichst ohne Zusatzheizung bereit- tagsüber durch die einfallende Strahlung und ge-
zustellen; andererseits gilt es, starke Sonnenein- ben nachts Wärme an den Raum ab. Eine zusätz-
strahlung von den Räumen abzuhalten, damit sie liche Raumerwärmung ist erzielbar, wenn die
sich nicht überhitzen. Dazu lässt sich Solarenergie Wand oben und unten einen Luftdurchtritt enthält.
auf aktive oder passive Weise einsetzen. Elemente Durch den unteren Kaltlufteintritt strömt kühle
aktiver Nutzung sind z. B. Solarkollektoren für Raumluft zwischen das Fenster und die Trombe-
Heizzwecke oder Warmwasserbereitung (→ ther- Wand, erwärmt sich dort, steigt auf und strömt
mische Solaranlagen), passive Nutzung setzt bei durch den oberen Warmluftaustritt zurück in den
Planung und Ausstattung des Gebäudes an. Raum. Im Sommer sollten Ein- und Austritt
geschlossen sein.
Passive Solarenergienutzung 1 2 Zu den speziellen Einzelmaßnahmen zählt man
Die passive Nutzung der Sonnenenergie beginnt das Thermosiphonsystem. Die tagsüber in einem Luft-
mit konsequenter Südorientierung der Gebäude. kollektor erwärmte Raumluft wird durch Schwer-
Während sich die Wohnräume nach Süden öffnen, kraftzirkulation und eventuell durch einen Venti-
um vor allem winters viel Sonnenstrahlung lator besonderen Wärmespeichern im Boden zuge-
aufzunehmen, bleibt die Nordseite möglichst ohne führt. Nachts wird dann die gespeicherte Wärme
Öffnungen. Die Energie der Sonnenstrahlung kann wieder abgegeben.
dabei direkt oder indirekt genutzt werden. Man
spricht dann vom direkten bzw. indirekten Gewinn. Transparente Wärmedämmung 3
Beim direkten Gewinn dringt die Sonnenstrah- Nur eine gute Dämmung der Außenwände kann
lung durch die Fenster in das Rauminnere. Die Wärmeverluste durch Transmission vermindern.
kurzwellige Strahlung wird von Mauern und Allerdings lässt sich mit gängigen Dämmsystemen
Fußböden absorbiert, gespeichert und später als die auftreffende Strahlungsenergie nicht gezielt für
langwellige Wärmestrahlung an den Raum ab- Heizzwecke nutzen. Dies schafft erst eine transpa-
gegeben. Vordächer und Blenden, Läden und Ab- rente Wärmedämmung (Abb. 3).
schattungen sorgen dafür, dass die Räume som- Trifft Sonnenstrahlung auf eine opak (licht-
mers nicht zu stark aufgeheizt werden (Abb. 1). Im undurchlässig) gedämmte Wand, so wird sie zwar
Winter sollten die Fenster nachts mit Rollläden absorbiert, und die Außenfläche erwärmt sich, doch
verschlossen werden, um Abstrahlverluste zu mini- wegen der geringen Wärmeleitfähigkeit der Dämm-
mieren. Eine Schlüsselrolle kommt der Dimen- schicht kommt kaum etwas nach innen. Dage-
sionierung der Fenster zu. Zwar können vor allem gen lassen hochtransparente Dämmstoffe Solar-
Südfenster auch an kalten Tagen für Wärmegewinn strahlung großenteils passieren. An der dunklen
sorgen. Der Energiespareffekt wird allerdings Wand dahinter, die als Absorber wirkt, wird diese
durch die Verluste relativiert. Die Qualität der Energie in Wärme umgewandelt und in das Mauer-
Verglasung ist ebenso ein wesentlicher Faktor. Im werk geleitet. Von dort gelangt sie mit Verzögerung,
Vergleich zu Isolierverglasung spart Wärmeschutz- abhängig von Wandstärke und Baumaterialien,
verglasung rund 50 % an Heizenergie (Abb. 2). in die Räume dahinter und erwärmt diese. Die
Kleine Fensterflächen für Südseiten können Wand wirkt also wie eine Niedertemperaturheiz-
günstiger sein, zudem bei ihnen an Wintertagen fläche.
bei der dann schräger einfallenden Sonne die In der Praxis haben sich Kapillar- und Waben-
Gefahr der Überhitzung kleiner ist. Das gilt analog strukturen aus Kunststoff oder Glas als transpa-
für Ost- und Westfenster. Gegen große Verglasun- rente Wärmedämmschicht (TWD- Material) be-
gen spricht außerdem der höhere Verbrauch an währt, die senkrecht zur Absorberfläche liegen.
Heizenergie. Gegenüber gut isolierten Wänden Auch mit transparenten Schäumen (Aerogelen) hat
strahlt ein Nordfenster pro Quadratmeter das Vier- man gute Ergebnisse erzielt. Im Prinzip fällt aber
fache, ein Ost- oder Westfenster das Doppelte an jedes Material mit hoher Lichtdurchlässigkeit und
Wärmeenergie ab. Auch ein Wintergarten spart nur wärmedämmenden Eigenschaften darunter. Der in-
bei richtiger Auslegung Energie. Dazu gehört, dass direkte Gewinn mittels Glasfenster und Trombe-
er nicht selbst beheizt wird. Wand kann also auch hierzu gezählt werden.
ENERGIETECHNIK

Halbleiterbauelemente 281
Luftreinhaltung durch Abscheider 282

Im Abgas industrieller Prozesse vorhandener Staub Staubpartikel an Wassertropfen an. Da deren


ist ein Gemisch von Teilchen unterschiedlicher Durchmesser mindestens eine Größenordnung
Größe. Die Korngröße hängt ab vom Prozess, der über dem der Staubteilchen liegt, sind sie leichter
die Teilchen freisetzt. Beispielsweise sind Stäube abzuscheiden als diese selbst. Je nach Bauart des
aus der Aufarbeitung mineralischer Rohstoffe weit Wäschers werden die benötigten Tropfen durch
weniger fein als jene aus metallurgischen Verfah- Düsen, Rotoren oder die Gasströmung erzeugt. In
ren. Insgesamt reichen die Korngrößen in Abgasen der Kontaktzone des Wäschers sind die Geschwin-
etwa von 0, 1– 100 µm. Staubabscheider, d. h. Stoff- digkeiten so eingestellt, dass für die Wassertropfen
trennapparate, nutzen verschiedene physikalische günstige Bedingungen zum Einfangen der Partikel
Effekte, um Staubpartikel und Gase zu trennen, wo- bestehen. Danach folgt ein Tropfenabscheider.
bei oftmals die Massenträgheit oder elektrische Die einfachste Bauart ist der einfache Waschturm,
Kräfte ausgenutzt werden. Nach ihrem Funktions- bei dem die Waschflüssigkeit mittels Düsen im Ge-
prinzip werden Abscheider in vier Grundtypen ein- genstrom zum Gasstrom in den Waschturm einge-
geteilt: Massenkraftabscheider, nass arbeitende, elekt- sprüht wird (Abb. 3). Eine besonders hohe Abschei-
rische und filternde Abscheider (→ Rauchgasreini- deleistung (Grenzkorn bis unter 2, 0 µm) erreicht
gung, → Luftreinhaltung durch Filter). Diese eig- man mit Venturiwäschern. In ein Rohr mit düsenför-
nen sich jeweils nur zur Abscheidung bestimmter miger Verengung wird das Rohgas eingeleitet und
Korngrößen (Abb. 1). dann in der „Kehle” auf 50– 100 m/s beschleunigt.
Die Waschflüssigkeit wird quer zur Gasströmungs-
Massenkraftabscheider 2 richtung an der Verengung eingedüst und durch
In Zyklonen werden die Staubteilchen durch Flieh- die Scherkräfte des beschleunigten Gases in feinste
kraft abgetrennt. Anders als aufwendig gebaute Tröpfchen zerrissen, die dann die Staubteilchen
Zentrifugen sind diese Fliehkraftabscheider sehr binden.
einfache Konstruktionen. Allerdings haben sie nur Bei feinerem Staub steigt der Energieverbrauch
eine geringe Trennschärfe. des Wäschers, da man bei abnehmender Korngröße
Im Radialzyklon strömt das staubbeladene Gas die relative Geschwindigkeit zwischen Abgas und
tangential in den Zylinder und folgt dann einer spi- Tropfen erhöhen sowie den Durchmesser der Trop-
ralförmigen Bahn (Abb. 2). Axialzyklone haben dage- fen verkleinern muss. Anders als bei den Zyklonen
gen einen axialen Einlauf, und Leitschaufeln ver- gibt es aber keine Probleme wegen Mitreißens
setzen das Gas in eine Drehbewegung. Innerhalb der schon abgeschiedenen Staubs, da dieser in Wasser
Drehströmung werden die Teilchen nach außen eingebunden ist. Wäscher können außerdem gas-
geschleudert und an der Zyklonwand abgeschieden, förmige Schadstoffe oder Gase und Stäube gleich-
massereiche (schwere) Teilchen schneller als solche zeitig abscheiden. Hier genau liegt auch ein
mit geringerer Masse. Die bestimmende Größe für Einsatzschwerpunkt. Neben der Abscheideaufgabe
die Abscheidung ist der Teilchendurchmesser: Die ist für die Wahl eines Wäschers als Abscheider zu
Dichte der Staubteilchen ist ziemlich konstant (rund beachten, ob das Waschmedium im Betrieb ver-
2– 5g /cm3), die Masse eines Teilchens hängt von der wendbar ist oder doch wenigstens kein zusätzli-
dritten Potenz des Durchmessers ab. Daher können ches Abwasserproblem schafft.
Zyklone grob nach der Größe trennen. Der Grenzkorn-
durchmesser, d. h. die Korngröße mit einer Abscheide- Elektrische Abscheider
wahrscheinlichkeit von 50 %, liegt bei etwa 5 µm. Diese Art der Abscheider nutzt die Kraftwirkung
Demnach ist die Einhaltung von Grenzwerten allein auf geladene Teilchen im elektrischen Feld (Aufbau
mit Zyklonen oft nicht gesichert, zumal bei indus- und Funktionsweise → Rauchgasreinigung). Klei-
triellen Prozessen mit feinen Stäuben. Höhere Gasge- ne Elektrofilter haben eine Abscheidefläche von
schwindigkeiten können die Abscheiderate nicht ver- rund 100 m2, die größten in Kohlekraftwerken weit
bessern, denn damit steigt auch der Anteil von be- über 10 000 m2.. Dabei werden bis zu 50 einzelne
reits abgeschiedenem Staub, der wieder mitgerissen Elektroden zu Feldern zusammengefasst und von
wird. Außerdem nehmen Energieverbrauch und Ver- einem Hochspannungsaggregat versorgt. Die ein-
schleiß zu. zelnen Elektroden können 15 m hoch und die Fel-
der 5 m lang sein. Mit zunehmendem Abscheide-
Nassarbeitende Abscheider 3 grad benötigt man auch eine größere Abscheide-
Auch bei Wäschern beruht das Abscheideprinzip fläche. Am besten arbeiten Elektrofilter bei gleich-
auf der Massenträgheit. Trägheitskräfte lagern die mäßiger Abgasgeschwindigkeit.
UMWELTTECHNIK

Luftreinhaltung durch Abscheider 283


Luftreinhaltung durch Filter 284

Es gibt eine Reihe technischer Vorrichtungen, um chemisch beständig. In besonderen Fällen setzt
Feststoffe aus Gasen abzuscheiden, die nach ver- man auch Membranen ein. Sie sind in der Lage,
schiedenen physikalischen Prinzipien arbeiten. Die sogar noch Mikroorganismen aus dem Gasstrom
Wahl hängt von der Trennaufgabe ab. Kriterien abzuscheiden. Die Anströmgeschwindigkeiten lie-
sind die Art der zu trennenden Stoffe, der gen bei Abreinigungsfiltern zwischen 0, 005 m/s
gewünschte Abscheidegrad, ferner der Teilchen- und 0, 1 m/s. Das Prinzip der Kuchenfiltration
größenbereich und der Volumenstrom (→ Luftrein- bringt es mit sich, dass mit anwachsender Dicke
haltung durch Abscheider). der Staubschicht der Druckverlust zunimmt. Um
Die Filtration eignet sich im industriellen Einsatz ihn zu begrenzen, muss man daher die Staub-
für einen großen Bereich zum Abscheiden fester schicht immer wieder entfernen (abreinigen). Je
Teilchen. Besonders wichtige Filter sind nach Abscheidegrad ist manchmal schon nach we-
Gewebeabscheider aus Textilien wie Geweben, nigen Minuten ein Abreinigen der Filter notwendig.
Filzen oder Vliesstoffen. Während der Anlaufphase
scheiden Trägheits- und Diffusionskräfte Staub an Schlauchfilter 2 3 4
den Filterfasern ab. Doch rasch ist Siebung der Eine der wichtigsten Bauarten von Abreinigungs-
beherrschende Abscheidemechanismus. Ihre filtern sind Schlauchfilter. Bei Schlauchfiltern sind
höchste Wirkung erreichen Gewebeabscheider Filterschläuche über Stützkörben angeordnet, die
dann, wenn die Poren des Filtermaterials zu hohem von außen nach innen durchströmt werden (Abb. 2
Grad vom Staub verschlossen sind. und 3). Der Staub lagert sich auf dem zylindrischen
Filtermittel ab. Ab einem vorgegebenen Druckver-
Speicherfilter und Abreinigungsfilter 1 lust kommt es zur Abreinigung mittels eines Sys-
Nach dem wirksamen Prinzip lassen sich Faserfil- tems von Druckluftdüsen. Durch einen Druckstoß
ter in Speicherfilter und Abreinigungsfilter unter- wird die Staubschicht entfernt (Druckstoßabreini-
scheiden. Speicherfilter nutzen die Tiefenfiltration, gung oder Puls-Jet). Der Staubgasstrom braucht
d. h. die Teilchen werden im Innern des Filters dazu nicht unterbrochen zu werden. Die verwen-
festgehalten. Dieses Prinzip lässt sich bei geringem deten Filterschläuche können Längen bis etwa 3 m
Staubgehalt anwenden (z. B. in der Klimatechnik). haben, die Filterflächen liegen dann bei ca. 100 m2.
Abreinigungsfilter dagegen verbleiben nur kurz in Für sehr große Gasvolumenströme werden aber
einer Phase der Tiefenfiltration und wirken dann auch Schlauchfilter mit mehr als 10 000 m2 Filter-
als Kuchenfilter. Hier bildet der abgeschiedene Stoff fläche verwendet. Als Abreinigungsverfahren
über dem Filtermedium eine immer dickere kommt hier jedoch hauptsächlich die Niederdruck-
Schicht, den Filterkuchen, der für die Abtrennung rückspülung zum Einsatz (Abb. 4), wobei Reinluft
der Partikel sorgt. Sie werden im industriellen den Filter durchströmt. Der Abgasstrom muss dazu
Bereich eingesetzt, wenn hohe Staubbeladungen zu unterbrochen werden.
bewältigen sind.
In Speicherfiltern setzt man Fasermatten aus Glas- Dimensionierung von Filtern
oder Kunststofffasern als Filtermedien ein. Für Wie man einen Filter für eine konkrete Entstau-
Feinstaub liegt der Faserdurchmesser bei 0, 001 mm bungsaufgabe zu dimensionieren hat, ist nume-
(ein menschliches Haar ist etwa 60- mal so dick) risch sehr schwer zu erfassen und wird oftmals von
und die Dicke der Fasermatte bei 1 mm. Für andere Experimenten und Erfahrung abgeleitet. Die Be-
Stäube verwendet man 30 mm dicke Matten aus Fa- rechnung der Abscheideleistung von Faserfiltern
sern von 0, 1 mm Stärke. Die Anströmgeschwindig- ist vor allem deshalb nicht leicht, weil sich die
keiten liegen zwischen 0, 1 m/s und 3 m/s. Sind die Abscheidemechanismen selbst mit zunehmender
Filter mit Staub gesättigt, werden sie meist ersetzt, Staubbeladung ständig verändern. So wird schon
teils auch mit Flüssigkeit oder Luft gereinigt. der Transport der Teilchen an die Oberfläche der
Die Abreinigungsfilter bestehen meist aus Vlies Fasern von einer Reihe verschiedener Kräfte beein-
oder Filz. Die Faserdurchmesser liegen zwischen flusst, namentlich durch Wiederstand, Trägheit und
0, 005 mm und 0, 03 mm, die Dicke der Filtermittel Schwerkraft. Doch auch elektrostatische Kräfte
beträgt 1, 5 mm bis 3 mm. Die Fasern bestehen machen ihren Einfluss geltend. Sind die Teilchen
meist aus Kunststoff, aber auch Glas, Mineralien hinreichend klein, kommt überdies molekulare Dif-
oder Metalle werden eingesetzt. Solche Nadelfilze fusion mit ins Spiel. Nach dem Transport der
sind dann hitzefest (z. T. bis 1000 °C, wichtig z. B. Teilchen ist schließlich auch noch deren Anhaftung
für die Rauchgasreinigung) und teilweise auch von zahlreichen Parametern abhängig.
UMWELTTECHNIK

Luftreinhaltung durch Filter 285


Thermische Abfallbehandlung 286

Verfahren zur thermischen Behandlung von Abfall der Rauchgase entsprechend ausgerüstet sind. Spe-
sind Verbrennung und Pyrolyse. Je nach Art des Ab- ziell in Drehrohröfen der Zementindustrie werden
falls, z. B. Haus- oder Sondermüll, kommen unter- von Altreifen bis Altölen viele verschiedene Rest-
schiedliche Techniken zum Einsatz. Ziel dieses Ent- stoffe verbrannt, hochtoxische Chemikalien einge-
sorgungswegs ist es, die großen Abfallmengen zu schlossen. Hohe Verweilzeiten von wenigstens 3 s
reduzieren und die darin enthaltenen Schadstoffe bei Verbrennungstemperaturen über 1 200°C und
den Kreisläufen zu entziehen. Die entstehende Wär- die stark basischen Verhältnisse erlauben die Be-
me lässt sich zugleich zur Stromerzeugung nutzen handlung schadstoffbelasteter Abfälle. Die verblei-
oder in Fernwärmenetze einspeisen. Deshalb sind benden Substanzen wie Schwermetalle oder Chlor
viele Müllverbrennungsanlagen als Kraftwerke werden in den Zementklinker eingebunden.
oder Heizkraftwerke ausgelegt (Abb. 1 und 2). Im Gegensatz zur Verbrennung laufen Verfahren
Am Ende einer thermischen Abfallbehandlung wie die Verschwelung und Vergasung unter Aus-
sollen alle Reststoffe oxidiert und mineralisiert sein. schluss von Sauerstoff ab.
Dazu müssen die giftigen und problematischen
lnhaltsstoffe, z. B. Fluor, Chlor, Schwefel und Pyrolyse und Schwel-Brenn-Verfahren 3
Schwermetalle sowie deren Verbindungen, frei- Kernstück der Pyrolyse ist eine rotierende, beheizte
gesetzt und anschließend aus den Abgasen abge- Schweltrommel. Der zerkleinerte Müll wird unter
schieden werden. Zudem entstehen während und Luftabschluss auf 400°C– 700°C erhitzt. Dabei
nach dem Verbrennungsprozess neue Schadstoffe zersetzt er sich in Schwelgas und Feststoffe. Das
wie Stickoxide oder Dioxine, die ebenfalls eliminiert Schwelgas ist nach seiner Zusammensetzung ein
werden müssen. Schließlich sollen die im Prozess Biogas, (allerdings mit Schadstoffen belastet) mit
anfallenden Reststoffe so beschaffen sein oder dem z. B. ein Blockheizkraftwerk betrieben werden
aufbereitet werden, dass sie verwertbar sind. kann. Die gasförmigen Schadstoffe müssen dann
über die Rauchgasreinigung abgeschieden werden.
Feuerungssysteme für die Verbrennung Jene Feststoffe, die sich nicht verwerten oder aufbe-
Technisch kommen verschiedene Feuerungsarten reiten lassen, kommen auf die Deponie.
in Betracht (→ Feuerungsanlagen). Besonders für Das Schwel- Brenn- Verfahren kombiniert die Ver-
Hausmüll sind Rostfeuerungsanlagen verbreitet. Sie schwelung mit einer nachgeschalteten Hochtempera-
sind sehr robust, eignen sich allerdings für turverbrennung (Abb. 3). In der Konversionstrommel
feinkörnige und flüssige Abfälle nicht so gut. Die entsteht aus dem Müll ein energiereiches Gas, das
Wirbelschichtfeuerung dagegen hat mit feinkör- unmittelbar in Wärme und Strom umgewandelt
nigen Reststoffen wie Klärschlamm keine Probleme. werden kann, und ein Reststoff. Der grobe Anteil
Ferner können die Abgase durch Zugabe von Kalk enthält vor allem Metalle sowie Glas, Steine und
direkt gereinigt werden. Sie ist allerdings weniger Keramik, welche ebenfalls direkt verwertbar sind.
robust. Gerade darin zeichnet sich der Drehrohrofen Die verbleibende Feinfraktion enthält den gesamten
besonders aus, weshalb er für alle anfallenden Ab- festen Kohlenstoff, sie wird bei Temperaturen von
fälle geeignet ist und selbst schlechteste Qualitäten rund 1 300°C verbrannt. Dabei werden alle organi-
akzeptiert. Er besteht aus einem leicht geneigten schen Schadstoffe zerstört. Die mineralischen Be-
und sich drehenden feuerfest ausgekleideten Rohr, standteile laufen als flüssige Schlacke aus, die
dessen Durchmesser bis über 4 m betragen kann. beispielsweise im Straßenbau verwendbar ist. Beim
Beim Durchwandern des Rohres wird der Brenn- Abkühlen der Rauchgase auf rund 230°C wird Wär-
stoff ständig umgewendet. Drehrohröfen dienen me frei, mit der sich Dampf erzeugen und eine
häufig zur Verbrennung von Sondermüll. Für Dampfturbine antreiben lässt. Die Rauchgase kön-
spezielle Aufgaben, z. B. Verbrennen flüssiger Rest- nen wie bei der Müllverbrennung gereinigt werden,
stoffe in der chemischen Industrie, verwendet man indem man Elektrofilter, Nasswäscher, katalytische
Muffelöfen, die indirekt beheizt werden. In fossil Entstickung und Flugstromreaktor kombiniert. Die
oder elektrisch betriebenen Schmelzöfen werden entstehenden Schlämme und Rückstände sind als
kontaminierte Reststoffe wie Galvanikschlämme Sondermüll zu deponieren.
verbrannt. Pyrolyse und vor allem Schwel- Brenn- Verfahren
Im Prinzip könnten Abfälle, außer in eigens sind flexibler als die herkömmliche Müllverbren-
dafür ausgelegten Müllverbrennungsanlagen, auch nung, wenn die Abfälle von stark wechselnder Zu-
in Kraftwerken, Industriefeuerungen oder Zement- sammensetzung sind und viel Wasser enthalten. Zu-
öfen verbrannt werden, wenn sie für die Reinigung dem fällt weniger Staub an.
UMWELTTECHNIK

Thermische Abfallbehandlung 287


Werkstoffliches Kunststoffrecycling 288

Beim werkstofflichen Recycling bleibt die chemi- und Sortieren der Abfälle. Die Makrotrennung un-
sche Struktur der Werkstoffe vollständig erhalten; terscheidet die Produkte, sortiert also z. B. Flaschen,
man spricht daher auch vom materiellen Recycling. Becher und andere Formen nach der Gestalt, sei es
Es geht also stets darum, die anfallenden Kunst- über Bildverarbeitung oder manuell. Auch optische
stoffabfälle geeignet in den Produktionskreislauf Methoden kommen zum Einsatz, ebenso wie Dreh-
einzubinden und Kunststofferzeugnisse daraus teller und Bänder, die Schwer- und Zentrifugal-
herzustellen, wofür erst Granulate hergestellt wer- kräfte für diesen Zweck nutzen. Die zweite Klasse
den (Abb. 1). hingegen sortiert erst die aufgemahlenen Produkte.
Werkstoffliches Recycling lässt sich problemlos Diese Mikrotrennung ist deutlich effektiver als die
mit Produktionsabfällen praktizieren, da sie sorten- Makrotrennung, aber auch apparativ aufwendiger.
rein anfallen. Meist genügt hier Zerkleinern und er- Eine ganze Reihe von physikalischen Trennmetho-
neutes Aufschmelzen. Ganz anders sieht es da- den kommen zum Einsatz oder sind im Versuchs-
gegen mit dem eigentlichen Kunststoffmüll aus, stadium. So kann man nach der Dichte klassieren,
der in der Regel aus einem Gemisch verschiedener sei es mit Hydrozyklonen, d. h. Zyklonen (→ Luft-
Sorten besteht und verschmutzt ist. Zusätzlich kön- reinhaltung durch Abscheider) für Flüssigkeiten,
nen sich die Materialeigenschaften durch unbe- oder in Schwimm- Sink- Behältern. Auch die Geo-
kannte chemische und physikalische Einflüsse metrie (Größe) kann als Trennparameter dienen,
während des Gebrauchs verändert haben. Eine z. B. bei Windsichtern, bei denen ein vertikal nach
werkstoffliche Verwertung führt deshalb nicht un- oben geleiteter Luftstrom alle Teilchen mit sich
bedingt zu qualitativ ähnlichen Erzeugnissen wie fortführt, deren Fallgeschwindigkeit kleiner als die
die Ausgangsprodukte. Über mehrere Gebrauchs- Aufwärtsgeschwindigkeit der Sichtluft ist.
zyklen kann diese Form des Recyclings schnell
zum „Downcycling“ werden, d. h. einer steten Ver- Verfahrensablauf 3
schlechterung der Sekundärrohstoffe. Daraus noch Beim materiellen Recycling (Abb. 3) verschmutzter
herstellbare Produkte wie Parkbänke oder Kunst- und vermischter Kunststoffabfälle wird der Abfall
stoffleisten kann der Markt nicht unbegrenzt auf- von Vorzerkleinerern und Schneidmühlen zerstü-
nehmen. ckelt. Mit Sieben lässt sich die gewünschte Größe
einstellen, z. B. Stücke von 10 mm. Diese kommen
Sortier- und Trenntechniken 2 dann zum Waschen in ein Trommelsieb und durch-
Der Schlüssel für eine optimale werkstoffliche Ver- laufen eine Waschstrecke. Anschließend werden
wertung liegt im Zustand des Materials. Daher emp- die Stücke nochmals zerkleinert. In der ersten
fiehlt es sich, wann immer möglich, organisierte Trennstufe wird weiterer Schmutz durch Scher-
Systeme zur Rücknahme einzurichten. Nach tech- kräfte beseitigt. Im Schwimm- Sink- Scheider wer-
nischem Aufwand für die Verwertung unterschei- den die Polyolefine (Gemische von Kohlenwasser-
det man drei Gruppen von Altkunststoffen: stoffen) von der absinkenden Schwerfraktion ge-
• Sortenreine Produktionsabfälle sind handels- trennt. Diese enthält vor allem Polystyrol (PS), PVC
typspezifisch, d. h. , sie sind definiert bis hin zur und weitere Verunreinigungen. Die Polyolefinfrak-
speziellen Sorte eines Herstellers. Waschen, Sortie- tion wird danach getrocknet und granuliert, die
ren und Trocknen sind in der Regel nicht nötig. Schwerfraktion im Hydrozyklon in eine PS- und
• Sortenähnliche Gewerbeabfälle aus Industrie eine PVC- Fraktion separiert. Nahezu sortenreine
und Gewerbe entsprechen bestimmten Produkt- Fraktionen sind das Resultat.
gruppen wie z. B. Polyethylen (PE), Polypropylen
(PP) oder Polyvinylchlorid (PVC). Da diese Abfälle Recycling von Duromeren
oft verschmutzt sind, kann man hier meist nur auf Verwertung durch Umschmelzen scheidet für Duro-
das Trennen verzichten. mere (→ Kunststoffe) aus, da es vernetzte und
• Bei den heterogenen und stark verdreckten Ab- nicht thermoplastisch verformbare Kunststoffe
fällen aus dem Konsumbereich wie dem Hausmüll sind. Im Prinzip lassen sich Bauteile aus glasfaser-
sind viele Verfahrensschritte wie Trennen (Abb. 2) verstärkten Duromeren aufmahlen und der Neu-
und Waschen nötig, um daraus sortenähnliche Gra- produktion anteilig zuschlagen. Polyurethane kön-
nulate zu erhalten. Beim Verzicht darauf können nen fein gemahlen als Rezyklat anteilig in der Her-
die vermischten Altkunststoffe nur zu einfachen stellung wieder verwendet oder als Partikel mit
Formteilen umgeschmolzen werden. einem Bindemittel zu Folien und Platten verar-
Es gibt zwei Klassen von Verfahren zum Trennen beitet werden.
UMWELTTECHNIK

Werkstoffliches Kunststoffrecycling 289


Rohstoffliches Kunststoffrecycling 290

Während das werkstoffliche Recycling von Kunst- lagerung von Wasserstoff durch Hydrierreaktionen
stoffen ein physikalisches Verfahren ist, handelt es abgesättigt. Die entstehenden stabilen Moleküle
sich beim rohstofflichen um ein chemisches Verfah- sind wie Benzin oder Mittelöle einsetzbar.
ren. Im Gegensatz zur thermischen Verwertung Ein Verfahren, das auf der klassischen Kohlever-
(Verbrennen mit energetischer Nutzung) ist es aber flüssigung aufbaut, arbeitet vereinfacht wie folgt
dennoch eine stoffliche Verwertung. Es verwandelt (Abb. 2): Das Gemisch aus Kunststoffabfall, Vaku-
hochmolekulare Kunststoffabfälle in niedermoleku- umrückstandsöl aus der Erdölverarbeitung und Ad-
lare Stoffe, die erneut in die Synthesewege der Che- ditiven wird auf 300 bar verdichtet und ca. 490 °C
mie eingeführt werden können. Dies ist besonders aufgeheizt. Dann werden erhitzter Wasserstoff und
interessant für sehr inhomogene und stark ver- Kreislaufgas sowie Neutralisationsmittel für die
schmutzte Kunststoffabfälle. entstehende Salzsäure vor der Hydrierung zuge-
Unter den zahlreichen Verfahren ragen zwei mischt. Die erste Hydrierstufe enthält drei in Reihe
Klassen heraus: angeordnete Sumpfphasenreaktoren. Das Produkt
• Petrochemische Verfahren spalten Polymere sta- des Letzten kommt in einen Heißabscheider, der es
tistisch zu niedermolekularen Produkten (einer Mi- in die gasförmigen, flüssigen und festen Bestand-
schung aus verschiedenen und unterschiedlich lan- teile auftrennt. Vakuumdestillation fraktioniert
gen Kettenmolekülen), die als Gase oder Flüssigkei- flüssige Phase und Feststoffe in das Vakuumgasöl
ten anfallen. Aus ihnen lassen sich dann entweder und den festen Hydrierrückstand. Die gasförmige
Monomere herstellen, oder sie dienen als Sekun- Fraktion des Heißabscheiders und das in den Kreis-
därrohstoffe in der Petrochemie. lauf zurückgeführte Vakuumgasöl werden durch
• Solvolytische Verfahren dienen dagegen zur ge- katalytische Gasphasenhydrierung in Flüssigpro-
zielten Rückspaltung in niedermolekulare Stoffe. dukte verwandelt, die anschließend vom Restgas
Sie können aufgearbeitet und erneut polymerisiert getrennt und stabilisiert werden. Die entstandenen
werden, fließen also wieder in die Herstellung von synthetischen Öle (Syncrude) können in Raffine-
Kunststoffen ein. rien weiterverarbeitet werden.
Aus der Petrochemie bekannte Verfahren wer-
den vor allem bei Polyolefinen verwendet, der Solvolytische Verfahren
Menge nach die wichtigste Gruppe. Die Wahl der Technische Kunststoffe wie Polyester, Polyamide
Aufbereitung hängt davon ab, wie der Altkunststoff oder Polyurethane lassen sich durch Einwirkung
danach als Sekundärrohstoff genutzt werden soll. von Chemikalien hoch selektiv zu niedermolekula-
Bei den meisten Verfahren sorgt dabei die Zufuhr ren Stoffen (meist Monomere) spalten. Je nach den
von Wärme für das Aufbrechen der Bindungen in benutzten Spaltchemikalien unterscheidet man ver-
den Polymerbindungen. schiedene Typen: Hydrolyse (Wasser), Alkoholyse
(Methanolyse einwertiger Alkohole, Glykolyse
Petrochemische Verfahren 1 2 mehrwertiger Alkohole) und Acidolyse (Säure).
In der Pyrolyse wird organisches Material weitge-
hend unter Luftabschluss zersetzt. Es gibt eine Hochofenprozess 3
ganze Reihe solcher Verfahren zum Verschwelen Einen dritten stofflichen Verwertungsweg bietet
oder Verkoken, unterschieden vor allem nach dem der Hochofen (Abb. 3). Dem Eisenerz wird durch Re-
Temperaturbereich und den Produkten, die als Aus- duktion bei Reaktion mit einem Gas, das reduzie-
gangsstoffe dienen bzw. am Ende entstehen. Das rende Verbindungen wie Wasserstoff enthält, Sauer-
gängigste Verfahren ist die Pyrolyse in einem Dreh- stoff entzogen. Meist erzeugt man das Reduktions-
rohrofen bei Temperaturen von 400– 700 °C (→ ther- gas aus Koks oder Öl, aber auch Kunststoffabfälle
mische Abfallbehandlung). Die Pyrolyse eignet sich lassen sich dabei einsetzen. Sie werden dem Hoch-
für Thermoplaste, Duromere und Elastomere. Die ofen von unten zugeführt. Bei Temperaturen von
Kunststoffabfälle dürfen vermischt und ver- mehr als 2000 °C entsteht ein Synthesegas. Im Auf-
schmutzt sein (Abb. 1). Der Rohstoff wird bei der steigen reduzieren dessen Bestandteile Wasserstoff
Umsetzung in vier Produktfraktionen (Gase, Öle, und Kohlenmonoxid das Eisenerz. Die noch ver-
Teere und Koks) zerlegt. bleibenden brennbaren Anteile werden nach Ver-
Bei der Hydrierung werden Kohlenstoffbindun- lassen des Hochofens thermisch genutzt. Anders
gen bei hohen Temperaturen und Drücken in einer als bei der reinen Verbrennung nutzt die Reduktion
Wasserstoffatmosphäre gespalten. Die entstehen- rund die Hälfte des Energieinhalts als chemische
den Spaltprodukte sind reaktiv und werden bei An- Energie.
UMWELTTECHNIK

Rohstoffliches Kunststoffrecycling 291


Abwasserbehandlung 292

Abwässer müssen gereinigt werden, bevor man sie sätzlicher Sauerstoff zugeführt werden. In beiden
in offene Gewässer einleiten kann. Auf welche Wei- Fällen werden hochmolekulare Stoffe in niedermo-
se das geschieht und wie die Kläranlagen aus- lekulare wie Wasser und Kohlendioxid umgewan-
zulegen sind, das hängt von der Art der Abwässer delt. Dabei lassen sich gelöste Stoffe wie Zucker
ab. Hausabwässer sind vor allem mit organischen oder Harn abbauen. Auch Krankheitserreger wer-
Verschmutzungen und gelösten Stoffen belastet. den in biologischen Reinigungsanlagen weitge-
Abwässer aus Industrie und Gewerbe sind dagegen hend entfernt, vollständig abgetötet aber nur bei
gewöhnlich zwar stark, aber einseitig verschmutzt, Zusatz von Entkeimungsmitteln. Beim Belebt-
z. B. , je nach Art des Betriebes, mit mineralischen schlammverfahren (36) wird das Abwasser mit Bak-
Stoffen oder organischen Substanzen. Säuren und terienschlamm versetzt, der durch Gebläse belüftet
Laugen treten ebenso auf wie hohe Temperaturen wird und im Nachklärbecken (33; Abb. 2) sedimen-
und Färbungen. Kommunales Abwasser ist eine tiert. Eine Alternative zum Belebtschlammbecken
undefinierte Mischung aus Haus- und Industrie- sind hohe geschlossene Tanks (Abb. 3), in denen
abwasser. Durch die unterschiedliche Zusammen- über spezielle Injektoren feinste Luftbläschen er-
setzung kann eine Klärung eventuell schwieriger zeugt und dem mit aeroben Bakterien versetztem
sein als bei einem hochgiftigen Industrieabwasser, Abwasser zugeführt werden. Vorteile sind der ge-
dessen Beschaffenheit man genau kennt. ringere Platzbedarf, die geringere Geruchsbelästi-
gung und die bessere Umsetzung.
Kläranlagen 1 2 3 Bei der Schlammbehandlung wird der in den Ab-
Abwasser transportiert Schmutz von ganz unter- setzbecken (Vor- (26) und Nachklärbecken (33))
schiedlicher Beschaffenheit. Man muss also ver- anfallende Schlamm voreingedickt (13) und im
schiedene Techniken kombinieren, um ihn mög- Faulturm (16) bei etwa 35 °C durch anaerobe Bak-
lichst umfassend zu entfernen. Dazu durchläuft der terien ausgefault. Das dabei anfallende Faulgas
Abwasserstrom mehrere Stufen, in denen die ver- (etwa 65 % Methan und 35 % Kohlendioxid) lässt
schiedenen Inhaltsstoffe entfernt werden (Abb. 1). sich z. B. zum Beheizen der Faulräume verwenden.
Eine Kläranlage unterteilt sich meist in folgende Man kann es aber auch in eine Gasversorgung ein-
Reinigungsstufen: mechanische, biologische und speisen oder über einen Gasmotor Strom damit er-
eventuell chemische. zeugen. Der verbleibende Faulschlamm wird unter
Die grobe mechanische Reinigung entfernt die Luftabschluss bei ca. 200 °C und 20 bar konditio-
Sperr- und Sinkstoffe. Häufig befinden sich hinter niert und dann nochmals eingedickt (21), bevor er
dem Abwasserzulauf Schneckenhebewerke (1), die gepresst (19) wird. Derzeit werden 60 % des Klär-
das Abwasser auf ein höheres Niveau fördern. Von schlamms auf Mülldeponien gelagert, 25 % als Dün-
dort läuft es in die Rechenstation, wo Grob- und ger in der Landwirtschaft eingesetzt und der Rest
Feinrechen (3, 4) Sperrstoffe wie Büchsen, Frucht- verbrannt.
schalen oder Papier zurückhalten. Schwere Sink-
stoffe wie z. B. Sand nimmt der anschließende Sand- Industrielle Abwässer
fang (7) auf. Diesem Becken ist seitlich ein zweites Die Reinigung industrieller Abwässer kann je nach
angelagert, wo Fette und Öle abgeschieden werden. Art und Grad der Verunreinigung zusätzliche Rei-
Absetzbare Feststoffpartikel wie Speisereste setzen nigungsstufen erforderlich machen. Hier kommen
sich dann im Vorklärbecken (26) ab, ebenfalls un- chemische Fällungs- und Flockungsmittel zum Ein-
ter dem Einfluss der Schwerkraft. Dort verweilen satz sowie Neutralisationsmittel, um allzu saure
die Abwässer etwa anderthalb bis zwei Stunden. und zu stark basische Abwässer zu neutralisieren.
Den anfallenden Schlamm (9) fördern Pumpen (11) Industrieabwässer, die giftige Substanzen enthal-
von dort zur Schlammbehandlung. ten, müssen vor dem Einleiten in eine biologische
Die anschließende biologische Reinigung holt ge- Kläranlage entgiftet werden, da sie sonst die Bak-
löste, organische und nicht absetzbare Schweb- terien ausschalten würden. Hierfür kommen che-
stoffe heraus. Mit geeigneten Bakterienstämmen mische Umsetzungen infrage sowie die Entgiftung
lässt sich das mechanisch gereinigte Abwasser mittels Ionenaustauschern.
weiter klären. Man unterscheidet dabei zwischen Neben die klassischen Reinigungsverfahren ist
aeroben und anaeroben Reinigungsverfahren, d. h. bei Produktionsabwässern in den letzten Jahren
Verfahren mit oder ohne Sauerstoffzufuhr. Bei der verstärkt die Wiederaufbereitung getreten. Dafür
anaeroben Reinigung ist die Abbaugeschwindig- sind Umkehrosmose und Ionenaustauscher ebenso
keit wesentlich geringer, allerdings muss kein zu- einsetzbar wie Mikro- und Ultrafiltration.
UMWELTTECHNIK

Abwasserbehandlung 293
Kunststoffe 294

Kunststoffe sind aus organischen Verbindungen kann den Werkstoff um ein Vielfaches seiner Aus-
(Basiselement Kohlenstoff) bestehende Werkstoffe. gangslänge auseinanderziehen und er zieht sich
Als Ausgangsstoffe dienen Erdöl, Erdgas oder Koh- immer wieder auf das Ausgangsmaß zurück. Dieses
le. Durch verschiedene Verfahren werden aus ein- Gummiverhalten ändert sich auch nicht bei Erwär-
fachen Molekülen langkettige Moleküle (Makromo- mung. Vielen Kunststoffteilen werden Gummiantei-
leküle) mit verschiedenartigen Strukturen aufge- le zugemischt, um sie weniger zerbrechlich (schlag-
baut. Je nach Stuktur unterscheidet man die drei zäher) zu machen (z. B. Telefongehäuse aus Polysty-
Kunststoffarten: Duroplaste, Thermoplaste und rol [PS] mit Butadienanteilen).
Elastomere.
Zu den wichtigsten Eigenschaften zählen: ge- Verarbeitungsverfahren 2 3
ringe Dichte (0, 9– 2, 0 kg/dm3), geringe Wärmeleit- Thermoplaste werden in rein physikalischen Ver-
fähigkeit, sehr gute chemische Beständigkeit und, fahren verarbeitet (Abb. 2). Das Formteil (Produkt)
dass sie elektrische Isoliereigenschaften aufweisen. wird allein durch Umformen und Erstarren von
zuvor aufgeschmolzenem Kunststoffgranulat oder
Kunststoffarten 1 - pulver hergestellt. Das Granulat oder Pulver wird
Duroplaste bestehen aus langfädigen, engmaschig in einem Extruder, der mit einer regelbaren Hei-
vernetzten Kunststoffmolekülen (Abb. 1 a). Als zung versehen ist, aufgeschmolzen. Durch Dreh-
Ausgangsstoffe dienen meist Epoxid- , Polyurethan- und/oder Vorwärtsbewegungen der Extruderschne-
oder Polyesterharze, die bei der Herstellung flüssig cke wird der aufgeschmolzene Kunststoff gleich-
oder pulverförmig vorliegen. Unter der Wirkung mäßig (kontinuierlich) oder stoßweise (diskonti-
eines Härters und/oder durch Wärme und Druck nuierlich) dem weiterverarbeitenden Werkzeug zu-
verbinden sich die Makromoleküle an vielen Stel- geführt. Die wichtigsten weiterverarbeitenden
len. Beim Aushärten entsteht ein engmaschiges Verfahren sind: Extrusion, Spritzgießen, Hohlkör-
Netz (Duro = Hart). Duroplaste lassen sich durch Er- perblasen, Folienblasen und Pressen. Bei der Extru-
wärmen nicht mehr erweichen, sondern zersetzen sion wird die Kunststoffschmelze gleichmäßig
sich ab einer bestimmten Temperatur. Es entstehen durch ein Werkzeug mit formgebender Öffnung
reine oder im Verbund mit anderen Stoffen (Glas- , gedrückt. Auf diese Art werden z. B. Rohre, Profile
Kohlefaser) sehr feste und langlebige Produkte. Es oder Stäbe hergestellt (Abb. 3). Beim Spritzgießen
werden z. B. Boote, Gehäuse und Karosserieteile wird die Kunststoffschmelze unter hohem Druck
aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) herge- portionsweise durch eine Düse in ein geschlos-
stellt. Besonders feste Verbindungen, die die Festig- senes Werkzeug gespritzt, das zur Formgebung
keit von Stählen erreichen, werden aus carbonver- dient. Beim Hohlkörperblasen oder Blasenformen
stärktem Kunststoff hergestellt (z. B. Kolbenpleuel wird ein zuvor extrudiertes Schlauchstück im
für Rennwagen; → Verbundwerkstoffe). plastischen Zustand innerhalb des formgebenden
Thermoplaste sind Kunststoffe, die ebenfalls aus Werkzeuges mithilfe von Druckluft aufgeblasen
sehr langen Molekülketten bestehen, aber gegen- und gegen die Innenwände gedrückt. Es enstehen
seitig keine Verbindungen und Vernetzungen ein- so Hohlkörper wie Flaschen oder Kanister. Zur
gehen (Abb. 1 b). Bei normalen Temperaturen sind Herstellung von Schlauchfolien, die zu Beuteln
die Moleküle sehr eng verschlungen, der Kunststoff oder Folien weiterverarbeitet werden können, dient
ist fest. Über einer bestimmten Temperatur (z. B. das Folienblasen. Dabei wird die Kunststoffschmel-
bei Polyethylen [PE] über 115 °C) werden die Kunst- ze kontinuierlich durch eine im Werkzeug befind-
stoffe erst teigig- verformbar und schließlich flüssig. liche Ringdüse gedrückt. Aus dem Werkzeug strö-
Thermoplaste (Thermo = Wärme) lassen sich warm mende Druckluft bläst den dünnwandigen
verformen, extrudieren, schweißen, pressen und Schlauch auf. Beim Pressen wird die Kunststoff-
gießen, wodurch sie kostengünstig zu verarbeiten schmelze portionsweise in ein Presswerkzeug
sind. Weil zudem viele Thermoplaste Eigenschaften gespritzt, wo sie unter hohem Druck geformt wird.
für viele verschiedene Verwendungszwecke bieten, Pressen dient zur Herstellung größflächiger, oft-
stellen sie die meistverwendete Kunststoffart dar. mals mit Matten oder Vliese verstärkter Teile. Ne-
Elastomere bestehen aus Makromolekülen, die ben diesen Verfahren sind noch das Kandalieren
verknäult und an wenigen Stellen miteinander ver- (Herstellung von Folien aus plastischem Kunststoff
netzt sind (Abb. 1 c). Aus diesem Grund sind diese durch Walzen) und das Schäumen (Einbringen von
Werkstoffe (z. B. Styrol- und Acryl- Butadien- Gum- Luftteilchen in den Kunststoff) von großer Bedeu-
mi, Silikongummi) außergewöhnlich elastisch. Man tung.
WERKSTOFFE

Kunststoffe 295
Biokunststoffe 296

Da sich viele konventionelle Kunststoffe durch De- tels herkömmlicher Verfahren verarbeiten. Solche
ponierung oder Verbrennung nur problematisch Polymere werden vorwiegend in der Medizin einge-
entsorgen lassen und sie nur beschränkt recycel- setzt: als Nahtmaterial zum Wundverschluss oder
bar sind, gewinnen so genannte Biokunststoffe zu- als Material zur Fixierung von Knochen nach Frak-
nehmend an Bedeutung. Dahinter verbirgt sich turen (z. B. Schrauben, Platten, Stifte).
zweierlei: Einerseits fallen biologisch abbaubare
oder kompostierbare Kunststoffe unter diesen Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen
Oberbegriff; andererseits sind damit polymere Unter den Begriff „nachwachsende Rohstoffe“ fällt
Werkstoffe gemeint, die nicht aus Erdölprodukten, eine Vielzahl land- und forstwirtschaftlicher Roh-
sondern auf der Basis nachwachsender Rohstoffe stoffe, die nicht oder nicht nur für den Nahrungs-
hergestellt werden. bereich erzeugt und verwendet werden, wie Cellu-
lose oder Polysaccharide (C6H10O5)n, z. B. Stärke, Zu-
Biologisch abbaubare Kunststoffe 1 2 3 cker, Öle oder Fette. Aus Stärke gefertigte essbare
Beim biologischen Abbau werden die Molekülket- Verpackungen sind in vielen Bereichen eine Alter-
ten dieser Kunststoffe durch Bakterien, Pilze, native zur Einwegverpackung oder zum Kunststoff-
Hefen oder Algen gespalten und vollständig zu Koh- einweggeschirr: Esspapier statt Kunststoffeinlagen
lendioxid, Wasser und Methan (CO2, H2O und CH4) für Süßwaren und Gebäck; beschichtete Getränke-
umgesetzt. Diese Vorgänge sollen nicht länger als becher aus Stärke statt Polystyrolbecher; gebacke-
etwa ein Jahr dauern. Für Produkte, die zudem als ne Schalen aus Stärke statt Kunststoff- oder Papp-
kompostierbar gelten, darf die Zeit des Abbaus schalen für Fastfood.
nicht die Dauer des Kompostiervorganges über- Bei der Produktion von Geschirr aus Stärke kön-
schreiten. Im weiteren Sinne zählt man auch den nen ähnliche Verfahren eingesetzt werden, wie sie
photochemischen Abbau durch Licht (UV- Strah- sich bei der Produktion von herkömmlichen Kunst-
lung) zum biologischen Abbau. Entscheidend für stoffprodukten etabliert haben. Ihre mechanischen
den Einsatz ist, dass der Abbau nicht schon wäh- und physikalischen Eigenschaften lassen sich im
rend des normalen Gebrauchs abläuft, es sei denn, Wesentlichen mit denen konventioneller Kunst-
dies ist ausdrücklich gewünscht (Abb. 1). stoffe vergleichen. Sie lassen sich auf unterschiedli-
Bekannteste Ausgangselemente biologisch ab- che Weise entsorgen: Verbrennung, Kompostierung
baubarer Kunststoffe sind aliphatische Polyester, (Abb. 3), Biovergasung und in Zukunft ggf. Weiter-
Stärkemassen und regenerierte Cellulose. Sie wer- verwendung als Tierfutter.
den mit konventionellen Verfahren, z. B. durch Ext- Celluloseacetat ist seit über 40 Jahren als thermo-
098rusion, Blasformen oder Spritzgießen, verarbei- plastischer Kunststoff bekannt. Ausgangsmaterial
tet (→ Kunststoffe). Typisches Produktionsverfah- für Celluloseacetat ist Baumwolllinters, ein Abfall-
ren ist die Extrusion von Thermoplasten; zur Her- produkt, das nach dem Entfernen der Baumwoll-
stellung von Folien wird zudem das Gießverfahren fasern von der Baumwollfruchtkapsel übrigbleibt.
eingesetzt. In ihren mechanischen Eigenschaften Die Celluloseform des so gewonnenen Baumwolllin-
lassen sich die biologisch abbaubaren mit den her- ters führt zu glasklarem Kunststoff. In Nordame-
kömmlichen Kunststoffen vergleichen (Abb. 2). Al- rika und in Kanada angepflanzte Kiefernarten lie-
lerdings sind sie relativ stark für Wasserdampf fern eine ähnlich reine Cellulose. Man kann Cellulo-
durchlässig, teilweise sogar wasserlöslich. Zudem seacetat damit als einen der ersten Kunststoffe aus
ist ihre thermische Stabilität nicht überall ausrei- nachwachsenden Rohstoffen bezeichnen. Der
chend. Moderne Oberflächenveredelungsverfahren, größte Verbraucher von Celluloseacetat ist die Bril-
z. B. das Bedampfen mit Aluminium oder Silizium- lenindustrie: Die meisten Kunststoffbrillengestelle
oxid, verbessern die Durchlässigkeitseigenschaften. werden aus diesem Material gefertigt. Da Cellulose-
Wichtigste Anwendung, neben dem Hygiene- oder acetat sehr hautfreundlich ist, wird es ferner auch
Agrarbereich, sind Verpackungen. für die Produktion von Kämmen oder Haar-
Eine besondere Form der biologisch abbaubaren schmuck eingesetzt. Weitere positive Eigenschaften
Kunststoffe sind Polyester auf Milchsäurebasis: wie hoher Glanz und angenehmer Griff prägen das
Solche Polymere zeigen im Vergleich zu anderen breite Einsatzspektrum von Celluloseacetat: So-
abbaubaren Polymeren eine nur geringe Wasser- wohl Schraubendrehergriffe als auch Parfumflacon-
aufnahme und lassen sich hydrolytisch abbauen. kappen und Verpackungsfolien für Blumen oder
Zudem zeigen sie die mechanischen Eigenschaften Bücher werden aus diesem nachwachsenden Roh-
typischer Thermoplaste und lassen sich daher mit- stoff hergestellt.
WERKSTOFFE

Biokunststoffe 297
Hochleistungskeramiken 298

Zu den Keramiken gehören alle nichtmetallischen und zeigen hohe thermische und elektrische Leit-
und anorganischen Werkstoffe. Die Fertigung er- fähigkeit.
folgt durch Mischen feinkörniger Rohstoffe, For-
men zu Gegenständen bei Raumtemperatur und an- Einsatz technischer Keramik 3
schließendes Brennen (fachsprachlich Sintern ge- Aluminiumoxid gilt hinsichtlich seiner technischen
nannt; Abb. 1). Neu entwickelte so genannte Hoch- Bedeutung heute als die wichtigste Oxidkeramik.
leistungskeramiken werden heute zunehmend in Durch Variation des Aluminiumgehaltes lassen
der Technik eingesetzt (Abb. 2), wo sie sowohl an- sich sowohl die Druckfestigkeit als auch der spezi-
dere Werkstoffe substituieren als auch völlig neue fische elektrische Widerstand und die maximale
Einsatzgebiete ermöglichen. Einsatztemperatur variieren. Dementsprechend
kann man Aluminiumoxide je nach Zusammenset-
Eigenschaften keramischer Werkstoffe zung für chemisch und mechanisch beanspruchte
Zu den wesentlichen Eigenschaften von Keramiken Teile ebenso einsetzen wie als Isolierstoff oder als
gehört die Druckfestigkeit, der hohe Schmelzpunkt medizinisches Implantat. Daher werden Alumini-
sowie ihre chemische Beständigkeit. Nachteilig ist umoxide heute z. B. sowohl bei der Herstellung von
ihre hohe Sprödheit. Weitere Eigenschaften, z. B. Zündkerzen und Lambdasonden, bei der Beschich-
die thermische Leitfähigkeit, werden in besonde- tung von Katalysatoren als auch bei der Produktion
rem Maße durch die Gefügestruktur bestimmt, die von Hüftgelenkskugelköpfen oder als Knochener-
wiederum von der Art der Herstellung abhängt. satz verwendet (Abb. 3). In der Zerspanungstech-
Von den metallischen Werkstoffen grenzen sich die nik setzt man Aluminiumoxid mit metallischen Zu-
keramischen durch den Temperaturkoeffizienten sätzen (→ Verbundwerkstoffe) als Schneidkeramik
des elektrischen Widerstandes ab: Metalle leiten ein. Diese so genannten Cermets haben den Vorteil,
bei höheren Temperaturen immer schlechter, bei dass sich die Teilchen der keramischen Phasen bis
Keramiken ist es umgekehrt. zum Erreichen des Schmelzpunktes weder vergrö-
ßern noch auflösen, wie es z. B. bei hartmetalli-
Arten keramischer Werkstoffe schen Schneiden der Fall ist.
Nach ihrer chemischen Zusammensetzung unter- Bereits in den 1980er- Jahren wurden oxidkera-
scheidet man drei Gruppen von keramischen Werk- mische Supraleiter (in ihnen fließt Strom verlust-
stoffen: Oxidkeramik, Silikatkeramik und Nicht- frei) entdeckt, deren kritische Temperatur gegen-
oxidkeramik. wärtig bis auf 125 K (= - 148 °C) erhöht werden
Oxidkeramiken bestehen aus Oxiden oder Oxid- konnte.
verbindungen. Typische Vertreter sind die Oxide Siliciumkarbid (SiC) hat sich wegen seiner Härte
von Aluminium (Al2O3), Zirkonium (ZrO2), Magne- vor allem als Schleifmittel etabliert. Da es zudem
sium (MgO) oder Beryllium (BeO) sowie Titan- sehr gut wärmeleitend und oxidationsbeständig ist,
dioxid (TiO2). Werkstoffe dieser Gruppe sind sehr lässt sich mit seinem Einsatz z. B. im Turbinenbau
hart, druckfest, chemisch resistent und elektrisch der thermodynamische Wirkungsgrad durch eine
isolierend. Erhöhung der Turbineneintrittstemperatur errei-
Silikatkeramiken werden meist aus den drei Roh- chen. Aus Siliciumnitrid (Si3N4) werden sowohl Ven-
stoffen Quarz, Ton (Koalin) und Feldspat (SiO2, tile und Ventilsitze für Otto- und Dieselmotoren als
Al2O3 und K2O) hergestellt, die einen mehrphasigen auch Dichtleisten von Kreiskolbenmotoren (→
Werkstoff, einen Verbund, bilden. Der Grundstoff- Wankelmotor) gefertigt, da sie wegen der hohen
anteil bestimmt, ob Steingut oder technisches Por- Härte nicht durch Reibung verschleißen. Daneben
zellan entsteht. In den Oxidgemischen müssen gilt Siliciumnitrid als zukünftiger Werkstoff für die
dabei möglichst reine Oxide eingesetzt werden. Herstellung bewegter Teile im Bereich der Energie-
Typische Eigenschaften dieser spröden Werkstoffe technik, da es bis 1400 °C einsetzbar ist.
sind ihre Beständigkeit gegen Temperaturwechsel In der Mikroelektronik hat Aluminiumnitrid
und chemisch aggressive Substanzen. (AlN) als Keramik große Bedeutung erlangt, da es
Hartstoffe wie Karbide, Nitride, Boride oder Sili- hohes elektrisches Isolationsvermögen und gerin-
vide sind die Nichtoxidkeramiken. Aufgrund der be- gen Wärmeausdehnungskoeffizienten vereint. Da-
sonderen Bindung ihrer Moleküle zeichnen sie sich mit könnte es das bisher eingesetzte Berylliumoxid
durch hohe Schmelztemperaturen, hohen Elastizi- (BeO) ersetzen, das wegen seiner Toxizität bei der
tätsmodul, hohe Festigkeit und hohe Härte aus. Die Herstellung und Entsorgung nicht unbedenklich
meisten dieser Werkstoffe sind chemisch resistent ist.
WERKSTOFFE

Hochleistungskeramiken 299
Verbundwerkstoffe 300

Als Verbundwerkstoffe bezeichnet man Werkstoffe matrix gibt es für Sportartikel, z. B. Fahrradrahmen
aus mindestens zwei Komponenten, die nebenei- für Mountainbikes oder Tennis- und Golfschläger.
nander vorliegen, also nicht ineinander gelöst sind. Neben der metallischen Matrix hat auch die kera-
Der Stoff, der den Zusammenhalt des Verbundes si- mische, die glasige bzw. die glaskeramische Matrix
cherstellt, heißt Matrix, der die Festigkeit erhö- an Bedeutung gewonnen. Beispiel eines Verbund-
hende Stoff wird Verstärkungsmaterial genannt. Ver- werkstoffs mit keramischer Matrix ist Stahlbeton.
bundwerkstoffe lassen sich durch Sintern, Einbet-
tung von Fasern z. B. in Kunststoffe oder Tränken Teilchenverbundwerkstoffe
von porösen Körpern herstellen. Bestimmend für Hartmetalle und Cermets sind typische Vertreter
ihre Herstellung und Eigenschaften sind die Ober- der Teilchenverbundwerkstoffe: Bei Hartmetallen
flächenreaktionen der Grenzflächen, d. h. chemi- handelt es sich um ein Phasengemisch aus einem
sche Reaktionen, Adhäsion und Diffusion innerhalb kleinen Anteil metallischer Phasen (z. B. Kobalt,
der Oberflächenzone. Nickel, Eisen) und einem größeren Anteil, bis zu
Verbundwerkstoffe werden dort eingesetzt, wo 94 % Volumenanteil, keramischer Phasen, meist
das Eigenschaftsprofil konventioneller Werkstoffe Karbide der Übergangsmetalle (z. B. Wolfram- oder
den Anforderungen nicht mehr gerecht werden Titankarbid). Sie weisen einen hohen Schmelz-
kann. Durch die geeignete Kombination von Einzel- punkt und eine hohe Härte auf. Eingesetzt werden
stoffen lassen sich Verbundwerkstoffe herstellen, Werkzeuge aus Hartmetall vor allem dann, wenn
die die positiven Eigenschaften der Einzelstoffe ver- eine hohe Verschleißfestigkeit und eine Erwär-
einigen und die negativen Eigenschaften möglichst mung erwartet wird, so z. B. in der Zerspanungs-
überdecken. So lassen sich Werkstoffe für be- technik bei hohen Schnittgeschwindigkeiten
stimmte Anforderungen „maßschneidern“, z. B. Werk- (Arbeitstemperatur bis ca. 700 °C), oder in der
stoffe, die sehr zugfest und dennoch leicht sind, Umformtechnik als Werkzeug für die plastische
eine hohe Warmfestigkeit oder besondere Ober- Verformung. Cermets bestehen zu einem größeren
flächeneigenschaften aufweisen. Nach der Form Anteil (etwa 80 % Volumenanteil) aus einer Oxidke-
der im Verbund vorliegenden Stoffe unterscheidet ramik (→ Hochleistungskeramiken) und zu einem
man Faserverbundwerkstoffe, Teilchenverbundwerk- kleineren Teil aus einer metallischen Phase. Sie
stoffe und Schichtverbundwerkstoffe (Abb. 1). werden innerhalb der Fertigungstechnik wie Hart-
metalle eingesetzt, dienen aber auch als Reaktor-
Faserverbundwerkstoffe 2 3 werkstoffe, da man in die keramische Phase der
Bei Faserverbundwerkstoffen lassen sich alle Werk- Cermets kernphysikalisch wirksame Atomarten
stoffgruppen, also Metall, Keramik und Kunststoff, einbauen kann.
miteinander kombinieren; es muss jedoch berück-
sichtigt werden, dass Fasern nur in ihrer Längsrich- Schichtverbundwerkstoffe
tung verstärkend wirken. Durch die Dichte und Ori- Durch die Beschichtung von Oberflächen werden
entierung der Fasern kann man die Werkstoffe und Schichtverbundwerkstoffe hergestellt. In der Regel
Bauteile ihrem Einsatzbereich anpassen: Teile aus wird dabei auf die Oberfläche eines Werkstoffes
kohlefaserverstärkten Polymeren werden beispiels- eine fest haftende Schicht eines zweiten Werkstof-
weise im Airbus (Abb. 2), aber auch für Sportgeräte fes aufgebracht. Das Aufbringen dieser Schicht ist
eingesetzt (Abb. 3). Zunehmende Bedeutung gewin- aus dem gasförmigen (z. B. Aufdampfen), flüssigen
nen Verbundwerkstoffe mit metallischer Matrix, (z. B. Eintauchen, elektrolytisches Auftragen) oder
die MMC (engl. metal matrix composites). Als Mat- festen Zustand (z. B. Sprengplattieren) möglich
rix verwendet man meist, um das Gewicht zu redu- (→ Oberflächenbeschichtung). Die Eigenschaften
zieren, Aluminium- oder Magnesiumlegierungen, des Inneren des beschichteten Werkstoffs bleiben
die Fasern bestehen aus Keramik. Solche Bauteile dabei unberührt. Durch die Beschichtung erreicht
sind hochfest und steif, dabei aber sehr leicht. Sie man z. B. eine chemische Beständigkeit in aggressi-
werden in der Luft- und Raumfahrtindustrie, in der ver Atmosphäre, eine elektrische Isolation, eine hö-
Automobiltechnik (z. B. Pleuelstangen oder Brems- here Abriebfestigkeit oder eine Veränderung der
scheiben [in der Erprobung]) sowie im Maschinen- Reflexionsfähigkeit oder der Farbgebung. Eine be-
bau eingesetzt, wo schnellbewegende Komponen- sondere Form der Schichtverbundwerkstoffe sind
ten wie Wellen oder Roboterarme verwendet wer- Laminate, flächige Verbunde aus mehreren Schich-
den. Weitere Anwendungsmöglichkeiten von ten mit einem Bindemittel. Das Pressen eines Lami-
Leichtmetall- Verbundwerkstoffen mit Aluminium- nats ist meist mit einer Formgebung verbunden.
WERKSTOFFE

Verbundwerkstoffe 301
Oberflächenbeschichtung 302

Die Oberflächen vieler Materialien müssen gegen hitzt wird, bis die Elektronen und Atomkerne der
Umwelteinflüsse durch Beschichten geschützt wer- Gasteilchen frei sind (ionisierter Zustand). Dadurch
den. Dazu steht eine Vielzahl von Oberflächenbe- wird ein sehr hoher thermischer Energiezustand
schichtungsverfahren zur Verfügung. erreicht. So können auch nichtmetallische Werk-
stoffe (z. B. Quarze auf Silizium- Basis) gespritzt
Bewährte Technologien werden.
Zu den bewährtesten Oberflächenbeschichtungs-
verfahren gehören das Emaillieren und das Verzin- Beschichten mit Hartstoffen 2
ken. Email ist ein glasartiger Überzug (u. a. aus Sili- Um die Verschleißanfälligkeit eines Werkzeugs zu
ziumoxid), der z. B. durch Eintauchen, Spritzen senken, d. h. die Standzeit zu erhöhen, werden z. B.
oder Aufpudern auf die Oberfläche aufgetragen Bohrer, Drehwerkzeuge, Fräser und Schraubbits
und anschließend bei 800– 900 °C eingebrannt wird. mit Hartmetallen beschichtet. Die Werkzeuge erhal-
Email ist beständig gegen Säuren und Laugen, ten z. B. einen goldfarbenen Überzug aus Titannit-
elektrisch isolierend und schlag- , stoß- und biege- rid, wodurch sie bis zu 10- mal länger standhalten
unempfindlich. Verzinken schützt z. B. die Karosse- (Abb. 2). Das Titannitrid wird dazu unter Zugabe
rie eines Kraftfahrzeuges vor Korrosion. Durch Tau- von Gasen (z. B. Stickstoff) verdampft und in einen
chen in flüssiges Zink (Feuerverzinken) entsteht auf Ofen geleitet. Dort befinden sich die Werkstücke
den zuvor gereinigten und vorbehandelten Stahltei- bei einer Temperatur von 700– 1100 °C. An der Ober-
len ein Zinküberzug von ca. 0, 1 mm. Das Zinkbad fläche des Werkstücks wandern die Hartmetallteil-
hat eine Temperatur von 450– 460 °C, die Tauch- chen in das Gefüge (Diffusion) und verbinden sich
dauer beträgt einige Minuten. Zur Erhöhung der mit den Werkstoffteilchen. Dieses Verfahren ist
Korrosionsbeständigkeit werden die Zinküberzüge unter der Kurzbezeichnung CVD (engl. chemical
oft noch chromatisiert, geölt oder mit Kunststoffen vapor deposition) bekannt.
beschichtet.
Galvanisieren – elektrolytisches Abscheiden 3
Thermisches Spritzen 1 Beim Galvanisieren nutzt man elektrisch leitende
Beim thermischen Spritzen werden Metallschmel- Flüssigkeiten (Elektrolyte), in die die Werkstücke
zen auf einen kalten Haftgrund aufgespritzt. Dabei eingetaucht und in denen sie mit einem Metallüber-
werden Metallpulver (z. B. sehr harte Wolframcar- zug beschichtet werden. Als Elektrolyte werden
bide, Titannitride, Chromboride oder Zirkonium- wässrige, saure oder alkalische Lösungen verwen-
oxide) oder Spritzdrähte aus Leicht- und Schwerme- det. Die Anoden bestehen meist aus dem sich abzu-
tallen (Zink, Aluminium, Bronze oder Stähle) ein- scheidenen Metall. Zum Verkupfern von z. B. Mes-
gesetzt. Die Teilchen haften hierbei nicht durch Ver- sing wird eine Kupfersulfatlösung (CuSO4) verwen-
schmelzen mit dem Grundwerkstoff, sondern durch det (Abb. 3). Man taucht das Werkstück in den
mechanisches Verzahnen und Verklammern. Die Elektrolyt ein und legt es an den Minuspol (Ka-
Untergründe müssen zuvor durch Schrupp- Schlei- thode) einer Gleichspannung an. Zusätzlich taucht
fen, Drehen oder chemische Verfahren (Beizen) gut man eine sich auflösende Kupferanode (Pluspol) in
aufgeraut werden. das Bad. Unter dem Einfluss der Gleichspannung
Beim Lichtbogenspritzen (Abb. 1a) wird in einer trennen sich die aufgespalteten Salzmoleküle je
Lichtbogenspritzpistole zwischen zwei Spritzdräh- nach ihrer Ladung. Die positiven Kupferionen wan-
ten ein Lichtbogen gezündet, in dem die beiden dern zum negativen Pol, dem Werkstück, und la-
Drähte bei ca. 4000 °C aufgeschmolzen werden. gern sich dort ab. Auf dem Werkstück entsteht
Mittels Druckluft wird die Schmelze zerstäubt und durch Reduktion (Elektronenaufnahme) der positi-
auf das zu beschichtende Werkstück gebracht. Ver- ven Kupferionen die Beschichtung. Gleichzeitig
wendet man Drähte aus unterschiedlichen Metal- gibt die Anode Kupferionen an die Lösung ab, wo-
len, so lassen sich Legierungen auf die Werk- durch sie sich langsam auflöst. Die negativen Sul-
stückoberfläche aufbringen. Beim Plasmaspritzen fationen geben ihre Ladung an der Anode ab.
können Pulver mit sehr hohen Schmelztemperatu- Es können so nicht nur metallische (leitende)
ren (bis 20 000 °C) verarbeitet werden (Abb. 1b). Werkstücke beschichtet werden, sondern auch
Das Pulver wird mithilfe eines Trägergases in die Kunststoffe. Dazu werden sie chemisch metallisiert,
Plasmaflamme eingeblasen, dort aufgeschmolzen d. h. leitend gemacht. Der Einsatzbereich ist weit:
und verspritzt. Plasma bedeutet hierbei, dass das Es können Haushaltsgegenstände, Sanitärartikel
verwendete Gas in einem Lichtbogen so hoch er- oder Kraftfahrzeugteile beschichtet werden.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Oberflächenbeschichtung 303
CNC und SPS 304

CNC – Computerized Numerical Control 1 zeugaufruf auf Revolverposition 2, M4: Hauptspin-


Mit computergesteuerten Werkzeugmaschinen (CNC- del Linkslauf):
Werkzeugmaschinen, engl. computerized numerical • N2 G1 X0 Z0 (Punkt P1 mit Vorschub anfahren)
control) lassen sich komplizierte Dreh- oder Fräs- • N3 G3 X20 Z10 I0 K10 (Kreisprogrammie-
teile (Abb. 1) schnell und mit hoher Wiederholungs- rung auf P2, I und K: Mittelpunktskoordi-
genauigkeit herstellen. Auch in anderen Bereichen naten)
werden CNC- Steuerungen eingesetzt. • N4 G1 X20 Z45 (Gerade bis Kegelansatz P3)
• N5 G1 X50 Z80 (Kegel bis Punkt P4)
Maschinentechnische Voraussetzungen 2 • N6 G2 X60 Z85 I5 K0 (Kreisprogrammierung
CNC- Maschinen besitzen einen Computer für die bis P5)
Steuerung und Programmierung der geometri- • N7 G1 X65 Z85 (Aus dem Werkstück herausfah-
schen Informationen (Kontur des Werkstücks), der ren P6)
technologischen Informationen (z. B. Drehzahl, Vor- • N8 Go X150 Z150 (Eilgang zum Werkzeugwech-
schub) und der Werkzeuginformationen (z. B. Geo- selpunkt
metrie, Position). • N9 M30 (Programmende)
CNC- Drehmaschinen (Abb. 2) lassen sich in zwei
Achsen frei programmieren: eine Achse für die Län- SPS – Speicherprogrammierbare Steuerung
genmaße (Koordinatenachse Z) und eine Achse für Mithilfe von speicherprogrammierbarer Steuerung
die Durchmessermaße (Koordinatenachse X). Dafür (SPS) können Produktionsmaschinen, Montagebän-
sind zwei Schlitten mit Kugelumlaufspindeln an der, automatisch arbeitende Sortiereinrichtungen
den drehzahlgesteuerten Vorschubmotoren gekop- usw. schnell und ohne großen Verkabelungsauf-
pelt. wand programmiert werden. Im Gegensatz zu einer
Über ein optoelektronisches Messgerät kann die verbindungsprogrammierten Steuerung, bei der
Position der Schlitten für die Steuerung genau er- der Steuerablauf durch die Bauteile und die Leis-
kannt werden. Die Hauptspindel wird ebenfalls tungsverbindungen hergestellt wird, werden bei
über einen drehzahlgesteuerten Antriebsmotor an- SPS die Leitungen der Schalter, Messsensoren usw.
getrieben, sodass für jeden Drehdurchmesser die an die Eingänge einer Zentralsteuereinheit, der SPS,
optimale Schnittgeschwindigkeit am Drehmeißel und die Ventilmagnete, Motoren usw. an die Aus-
vom CNC- Rechner eingeregelt werden kann. gänge angeschlossen.
Die Zentralbaugruppe einer SPS besteht aus
Programmtechnik 3 einem Mikroprozessor, dem Programmspeicher,
Die Kontur des Werkstücks wird in Koordinaten- Zeitgebern und Merkern (RAM). Das Programm be-
technik programmiert. Jeder Punkt (P) der Werk- steht aus einer Folge von Steueranweisungen. Jeder
stückkontur des Drehteils (Abb. 3) wird im Koordi- Anweisung wird eine Adresse im Programmspei-
natensystem durch zwei Zahlen genau festgelegt: cher zugewiesen. Die Programmanweisung besteht
die X- Koordinate (Durchmesser) und die Z- Koordi- aus einem Befehlsteil (Operationsteil) und einem
nate (Länge). Mit den G- Befehlen (G = go) wird die Zuordnungsteil (Operandenteil). Im Befehlsteil ste-
Art, wie das Werkzeug bewegt wird, festgesetzt: hen logische Verknüpfungen (UND, ODER, NICHT
• G0 – Werkzeugposition im Eilgang verändern und andere organisatorische Anweisungen, z. B. Zu-
• G1 – Geradenverbindung weisung „=“), im Zuordnungsteil wird angegeben,
• G2 – Kreisverbindung im Uhrzeigersinn mit welchen Eingängen, Ausgängen, Zählern oder
• G3 – Kreisverbindung gegen den Uhrzeigersinn Merkern die Operation durchgeführt werden soll.
Jede Programmzeile beginnt mit einer Nummerie- Mehrere SPS- Zentraleinheiten können über BUS-
rung. Für das in Abb. 3 dargestellte Drehteil ergibt Systeme (spezielle Leitungssysteme) miteinander
sich für die Herstellung der Fertigkontur aus dem verknüpft werden.
vorbearbeiteten Werkstück (durch Doppelpunkt- So ist die vollautomatische Steuerung einer
Strich- Linie gekennzeichnet) folgendes Programm: Brauerei möglich. Alle Prozesse, ob sie nun zeitab-
• N1 G0 X0 Z4 S280 F0. 15 T2 M4 hängig (z. B. Rührdauer) oder stoffabhängig (z. B.
Alle wichtigen Informationen werden mit Buchsta- nächster Verfahrensschritt beim Erreichen eines
ben gekennzeichnet, ihre Spezifikation mit nachge- bestimmten Alkoholgehaltes) sind, werden von
stellten Ziffern (Satznummer 1, GO: Eilgang auf den einer SPS gesteuert. Der Vorteil besteht in der
Startpunkt, S: Schnittgeschwindigkeit 280 m/min, flexiblen Programmierbarkeit und der einfachen
F: Vorschub 0, 15 mm pro Umdrehung, T2: Werk- Erweiterbarkeit der Anlage.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

CNC und SPS 305


CIM 306

CIM (engl. computer integrated manufacturing, Steuerung) werden u. a. Stücklisten für die einzel-
rechnerintegrierte Fertigung) bedeutet Fertigung im nen Aufträge verwaltet, Kosten- und Zeitberech-
Rechnerverbund und hat für eine moderne, flexible nungen durchgeführt, die Maschinenbelegung mit
Produktion große Vorteile. den Aufträgen geplant und überwacht und die
Alle Entscheidungen und Aufgaben im Werde- Läger verwaltet (Materialwirtschaft).
gang eines Produktes können mit CIM von der Auf- In der Fertigung kommen CNC- Programme zum
tragsannahme bis zur Auslieferung bestmöglich Einsatz. Mithilfe von DNC (engl. direct numerical
unterstützt und beschleunigt werden. Gleichzeitig control, direkte numerische Steuerung) wird der
entsteht mit CIM eine lückenlose Informations- Datenaustausch von und zur einzelnen Fertigungs-
kette vom Meldebestand im Lager, dem Fortschritt maschine einfacher, denn jede Maschine ist mit
in der Produktion eines Auftrags bis hin zum Aus- einem zentralen Fertigungsrechner verbunden und
lastungsgrad einer Maschine. erhält über ihn die Programme aus der Arbeitsvor-
bereitung.
Einsatz computerunterstützter Systeme 1 Gleichzeitig erfasst die DNC- Software die Ma-
Die Warenproduktion erfolgt gewöhnlich in drei schinen- und Betriebsdaten (Belegungsgrad, Leis-
Schritten: tung, Größe usw. ). Mithilfe von CAQ (engl. compu-
1. Schritt: Entwickeln und Konstruieren ter aided quality, computerunterstützte Qualitäts-
2. Schritt: Produktion planen und steuern (PPS) sicherung) können Messprotokolle und Prüfpläne
3. Schritt: Fertigen und kontrollieren verwaltet und überwacht werden.
Meistens sind diese drei Schritte den Abteilun- Viele Informationen bei der Abwicklung eines
gen Konstruktion, Arbeitsvorbereitung und Ferti- Auftrages interessieren allerdings alle drei Abtei-
gung zugeordnet. In jeder Abteilung gibt es in nor- lungen gemeinsam. Es ist aber sehr unwirtschaft-
malen Betrieben eigene Regeln und Methoden, um lich und beinahe unmöglich, alle Informationen
einen Auftrag abzuwickeln. Für diese Zwecke wer- allen Abteilungen gleichzeitig zugänglich zu ma-
den Computerprogramme eingesetzt, die dafür spe- chen, wenn die Computersysteme nicht auf eine
ziell entwickelt worden sind. zentrale Datenbank zugreifen können.
In der Konstruktionsabteilung werden beispiels-
weise 2- D- und 3- D- CAD- Programme eingesetzt. Zentrale Datenbank
CAD (engl. computer aided design, computerunter- Eine zentrale Datenbank ist das „Herz“ von CIM
stütztes Konstruieren) ermöglicht das Zeichnen und ermöglicht z. B. der Konstruktionsabteilung,
und Gestalten von Bauteilen, - gruppen und - ele- die Länge der Werkstücke so zu gestalten, dass
menten in zweidimensionaler (2- D) und dreidimen- diese auch gefertigt werden können, da die für die
sionaler (3- D) Ansicht. Die Zeichnungen entstehen Fertigung wichtigen Daten wie Größe und Leistun-
also nicht mehr auf einem Zeichenbrett mit Tusche gen der Fertigungsmaschinen in der Datenbank ab-
und Lineal, sondern am Bildschirm. Änderungen gelegt sind. Sie ermöglicht der Arbeitsvorbereitung,
von Zeichnungen oder Umkonstruktionen sind auf Zeichnungsdaten (CAD) der Konstruktion
mit CAD sehr viel einfacher und Kosten sparender zurückzugreifen, um mit den Zeichnungsdaten
durchführbar. Über eine Bauteilbibliothek mit CNC- Programme für die Fertigung durch CAM-
Normteilen (Schrauben, Lager, Stifte usw. ) wird das Software erstellen zu können, und der Fertigung,
Zeichnen schneller. Mit einem CAE- Programm Zeichnungen, CNC- Programme, Prüfdaten usw. di-
(engl. computer aided engineering, computerunter- rekt von der Konstruktion oder der Arbeitsvorberei-
stütztes Berechnen) können Bauteile oder - ele- tung abrufen zu können.
mente, z. B. Schraubenfestigkeiten und Schweiß-
nahtdicken, ausgelegt werden. Voraussetzungen
In der Arbeitsvorbereitung kommen andere Pro- Die betriebsinternen Abläufe müssen „kompatibel“
gramme zur Anwendung. Mit CAM (engl. computer (zusammenpassend) sein, um sie miteinander ver-
aided manufacturing) werden Zeichnungsdaten für knüpfen (integrieren) zu können. Der Einsatz von
die Fertigung an einer CNC- Maschine (→ CNC) um- CIM ist deshalb gerade für alte, „gewachsene“ Be-
gesetzt. Die geometrischen Informationen eines triebe schwierig, da die organisatorischen Prob-
Teils der CAD- Zeichnung (z. B. die Kontur des Werk- leme nur langfristig gelöst werden können. CIM
stücks ohne Bemaßung) dienen dann als Grundlage kommt deshalb meist nach Produktionsumstellun-
für die automatische CNC- Programmerstellung. gen oder bei neuen Produktionsstätten zum Ein-
Mit PPS- Programmen (Produktionsplanung und satz.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

CIM 307
Handhabungstechnik und Roboter 308

Betritt man heute die Fertigungshalle eines moder- Achsen (Gelenke) ein Roboter hat, desto beweg-
nen Unternehmens (z. B. in der Automobilindust- licher ist er, d. h. umso mehr Freiheitsgrade besitzt
rie), so sind nur wenige Mitarbeiter zu sehen. er. Dabei zählen die Bewegungsmöglichkeiten des
Fahrerlose Wagen bringen Zuliefermaterial von Greifers nicht mit.
einer Maschine zur nächsten. Handhabungsgeräte, Auch Roboter mit sechs Freiheitsgraden (f = 6;
die die Teile sicher und zuverlässig stapeln, bela- z. B. Schweißroboter Abb. 3) sind in ihrem Arbeits-
den die Maschinen. Computergestützte numerisch raum begrenzt und können nicht immer alle Stel-
gesteuerte Werkzeugmaschinen (→ CNC) drehen, len eines zu bearbeitenden Werkstückes erreichen.
fräsen und bohren Werkstücke, die anschließend Mithilfe von Positionierungseinrichtungen muss das
von Robotern geschweißt oder montiert werden. Werkstück in seiner Lage verändert werden kön-
Die arbeitsintensiven manuellen Tätigkeiten des nen. Diese Vorrichtungen sind z. T. selbst frei pro-
Einlegens, Spannens, Sortierens, Transportierens, grammierbar, sodass das Werkstück z. B. während
Montierens usw. werden heute zu weiten Teilen des Bearbeitens gedreht oder gehoben werden
von Robotern und Handhabungsgeräten durch- kann. Ein wichtiges Kriterium für die Güte einer
geführt. Roboterfertigung ist die Wiederhol- und Positio-
niergenauigkeit. Sie liegt bei Industrierobotern
Handhabungsgeräte 1 zwischen 0, 2 und 4 mm.
Zu den Handhabungsgeräten zählen Manipulato- Als Antriebssysteme für Industrieroboter wer-
ren und Einleggeräte. Manipulatoren dienen zum den Elektromotoren, Hydraulikmotoren bzw. - zylin-
Bewegen schwerer Bauteile (z. B. in Gießereien) der oder pneumatische Systeme eingesetzt.
oder gefährlicher Lasten (z. B. in Kernkraftwerken).
Sie werden manuell ferngesteuert und besitzen im Programmierung von Robotern
Gegensatz zu Robotern keine Programmsteuerung. Die Programmierung eines Roboters kann auf drei
Einlegegeräte werden in der Großserienfertigung verschiedene Arten erfolgen:
eingesetzt. Sie sind z. B. für das Beladen von Werk- Bei der textuellen Programmierung wird der Pro-
stücken an Werkzeug- oder Blechverarbeitungs- grammablauf durch Anweisungsbefehle für jede
maschinen vorgesehen. Die Bewegungen gesche- Achse in einer „Roboter- Programmiersprache“ ge-
hen meist von Punkt zu Punkt. Eine koordinierte, schrieben, was bei vielen Freiheitsgraden sehr auf-
gleichzeitige Bewegung mehrerer Achsen ist i. d. R. wendig ist. Im Teach-in-Verfahren wird der Roboter
nicht vorgesehen. Bei der Beladung einer Dreh- von Hand an die Raumpunkte angefahren. Die Stel-
maschine (Abb.1) kann das Einlegegerät über einen lung der Achsen wird gespeichert und an-
langen Träger (Portal) die Strecke von der Ma- schließend vom Roboter nachgefahren. Bei beson-
schine zum Magazin zurücklegen, fertige Werk- ders schwierigen Bahnen (z. B. beim Lackieren)
stücke transportieren, sortiert ablegen, mit dem wird auch die Play-back-Programmierung eingesetzt.
Greifer ein neues Rohteil aufnehmen und über das Hierbei wird die Roboterhand (oder eine entspre-
Portal von oben in die Maschine zum Spannen ein- chende Messsensorik) manuell geführt. Etwa alle
legen. Je nach Stückzahl werden die Einlegegeräte 20 Millisekunden wird die jeweilige Position der
entweder fest oder frei programmiert (flexible Ferti- Bahnbewegung gespeichert.
gung). Frei programmierbare, z. T. sensorgesteuerte
Handhabungseinrichtungen mit einer Beweglich- Fertigen mit Robotern 3
keit in möglichst vielen Dimensionen nennt man Ein wichtiges Einsatzgebiet für Industrieroboter ist
Roboter. das Schweißen. Mit ihrer Hilfe können auch kompli-
zierte Werkstücke (z. B. Heizkesselwärmetauscher;
Aufbau von Industrierobotern 2,3 Abb. 3) gefertigt werden. Während der Schweißer
Industrieroboter sind mit Greifern und Werkzeu- sein Arbeitsergebnis ständig vor Augen hat und kon-
gen ausgerüstete, programmierbare Handhabungs- trolliert, ist der Roboter „blind“. Selbst das Fehlen
einrichtungen. Will man mit ihnen einen Körper im des Werkstücks würde er ohne Sensorik nicht bemer-
Raum beliebig drehen und verschieben, sind sechs ken. Deshalb werden Roboter mit berührenden (takti-
Bewegungsrichtungen erforderlich (Abb. 2): Die len), optischen oder elektrischen Sensoren ausgestat-
drei Dimensionen des Raumes (Länge, Breite und tet. Mit ihnen „fühlt“ der Roboter z. B. die Lage und
Höhe) müssen durch die Hauptachsen 1– 3 erreicht Form des Werkstücks und kann den Abstand dazu
werden und um jede dieser Achsen muss eine Dre- selbstständig korrigieren. Ein weiteres großes Ein-
hung (Nebenachsen 4– 6) möglich sein. Je mehr satzgebiet von Industrierobotern ist die Montage.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Handhabungstechnik und Roboter 309


Mikrotechnik I 310

Während man die Verfahren zur Herstellung von werktechnische Bearbeitungsverfahren und geht
Mikrostrukturen oft unter dem Begriff Mikrotechnik zudem ganz neue Wege.
zusammenfasst, versteht man unter Mikrosystem- Siliziumoberflächen können dort, wo sie nicht
technik eher die Disziplin, die sich um die Konzepte durch eine vorherstrukturierte Schicht, etwa aus
des technisch optimalen Zusammenwirkens einzel- Fotoresist oder einem anderen Material, geschützt
ner Mikrokomponenten zu einem kompletten Sys- sind, durch Nass- oder Trockenätzprozesse abgetra-
tem kümmert. Jedoch verwischen sich die Grenzen gen werden. Die Form der geätzten Bereiche kann
zwischen diesen Begriffen zusehends. sehr unterschiedlich sein. So richten sich einige
Ätzprozesse nach der Ausrichtung der Kristall-
Mikroelektronik 1 struktur relativ zur Oberfläche. Andere Prozesse
Durch die Miniaturisierung elektronischer Bauele- ätzen das Siliziummaterial nicht nur „in die Tiefe“,
mente (Mikroelektronik) und ihre optimierte funk- sondern auch „seitwärts“. Dadurch können neben
tionale Zusammenfassung (Integration) zu Schalt- senkrechten Strukturwänden auch geneigte er-
kreisen hoher Komplexität mittels ausgeklügelter zeugt werden oder die geschützten Bereiche kön-
Parallelfertigungsmethoden, bei denen viele Bau- nen gezielt unterätzt werden. Dies ermöglicht bei-
elemente auf demselben Träger gleichzeitig einem spielsweise die Realisierung von dünnen „Brücken-
Herstellungsschritt unterworfen werden, können strukturen“, die statisch bewegt werden können,
strukturierte Siliziumplättchen (Chips; Abb. 1) in oder von frei schwebenden „Sprungbrettern“ (Bie-
großen Stückzahlen hergestellt werden. Vor allem gebalken).
lithographische und Dünnschichttechniken werden Auch Laserstrahlung (→ Laser) lässt sich zur
dabei benutzt. Mikrostrukturierung nutzen. UV- Pulse hoher Ener-
Das Siliziumrohsubstrat (Wafer) wird mit einer gie, produziert von Excimerlasern, können z. B. dazu
weniger als einen Mikrometer (1 µm = 0, 001 mm) benutzt werden, Materie zu verdampfen. Dazu
dünnen Fotolackschicht bedeckt und diese durch wählt man meist ein Direktschreibverfahren, das auf
eine „Maske“ mit UV- Licht bestrahlt. Die Maske be- einer Bewegung des Werkstücks relativ zum Laser-
steht aus einem UV- durchlässigen Träger (z. B. strahl beruht. So können je nach Anzahl der depo-
Quarzglas) und UV- undurchlässigen Strukturen nierten Pulse flachere oder tiefere Abtragsmuster
(z. B. Chrom). Je nachdem, ob ein Positiv- oder Ne- nebeneinander mit Mikrometerpräzision produ-
gativlack benutzt wird, werden die durch die Strah- ziert werden (Abb. 2). Mit Laserstrahlen anderer
lung veränderten oder unveränderten Bereiche des Wellenlänge können winzige Schweißpunkte und
Lackes chemisch entfernt. Sie können anschließend - nähte erzeugt werden, mit denen Mikrosysteme
einem Ätz- , Aufdampf- oder Ionenimplantations- aufgebaut oder abgedichtet werden können
schritt ausgesetzt werden. So kann man die Mate- (Abb. 3). Bei Verwendung spezieller Gase in der Be-
rialeigenschaften der freigelegten Bereiche gezielt arbeitungskammer kann mit fokussierten Laser-
verändern: Leiterbahnen oder Isolationsschichten strahlen sogar Materialabscheidung und damit der
können erzeugt oder p- bzw. n- Dotierungen Aufbau filigraner Mikrostrukturen betrieben wer-
(→ Halbleiterbauelemente) eingebracht werden. den.
Für komplexere Schaltungen können sich diese Ebenfalls auf Materialabtrag beruht das Mikro-
Vorgänge mehrfach wiederholen. funkenerodieren. Hier wird zwischen eine Bearbei-
Die Maske selbst muss einmal „direkt“ geschrie- tungselektrode und dem Werkstück, die sich beide
ben werden. Dazu dient ein Elektronenstrahlschrei- in einer elektrisch isolierenden Flüssigkeit befin-
ber, der einen fein gebündelten Strahl von Elektro- den, eine Spannung angelegt. Nähert man die Elekt-
nen erzeugt, mit dem eine sensitive Lackschicht be- rode dem Werkstück, so kommt es zu Funkenüber-
schrieben wird. Die mit dieser Maske danach durch- schlägen. Diese führen zu einem Materialabtrag am
geführte UV- Lithographie wird in ihrem Auflö- Werkstück. Die entstandene Vergrößerung des Ab-
sungsvermögen durch die UV- Wellenlänge be- standes wird durch den Vorschub der Elektrode
schränkt und kann standardmäßig derzeit Struktur- ausgeglichen. Diese so genannte Senkerosion lässt
breiten bis herab zu 0, 35µm erzeugen. sich vergleichen mit dem Eindrücken eines heißen
Stempels in einen Eisblock. Die Drahterosion, bei
Weitere Verfahren der Mikrotechnik 2 3 der man einen dünnen Metalldraht (oft nur 30µm
Neben den Verfahren der Lithographie- , Beschich- dünn) als Elektrode wählt, gleicht eher dem Vor-
tungs- und Ätztechniken nutzt die Mikrotechnik gang des Laubsägens. Auf diese Weise sind z. B.
auch konventionelle, aber weiterentwickelte fein- Stahlrohlinge sehr präzise mikrostrukturierbar.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Mikrotechnik I 311
Mikrotechnik II 312

In der Mikrotechnik geht es darum, neben elektro- den heute neben vielerlei mikroelektronischen Sen-
nischen, auch mechanische, fluidische (flüssige) soren, Steuer- und Regeleinheiten auch kleinste Be-
und optische Funktionselemente zu miniaturisie- schleunigungssensoren Verwendung: Ihr Kern-
ren, zu integrieren und in großen Stückzahlen zu stück besteht z. B. aus einer winzigen, beweglich
fertigen. Diese Strukturen sind in aller Regel aber aufgehängten Masse. Wird die Masse durch einen
nicht wie Schaltkreise planar (eben) aufgebaut, son- Zusammenprall des Autos mit einem zweiten Ge-
dern dreidimensional. Außerdem muss eine we- genstand massiv ausgelenkt, so führt dies z. B. zur
sentlich größere Vielfalt von Materialien struktu- Auslösung des Airbags (→). In der Telekommunika-
riert werden, angefangen bei Metall über Keramik tion und der Datenverarbeitung ist die Glasfaser
bis hin zu Glas und Kunststoff. Das wirft auch Prob- auf dem besten Weg, das Transportmedium der Zu-
leme bei der Integration unterschiedlicher Bauele- kunft für Informationen jedweder Art zu werden
mente zu einer Funktionsgruppe oder einem Sys- (→ Lichtwellenleiter). Beim Koppeln von Glasfa-
tem auf. Meist zieht man in der Mikrotechnik eine sern miteinander oder an entsprechende optoelekt-
hybride (zusammengesetzte) Integration vor, wo- ronische Sende- und Empfangsbausteine ist auf-
durch den entsprechenden Aufbau- und Verbin- grund des geringen Faserquerschnitts höchste Prä-
dungstechniken eine wichtige Rolle zukommt. zision gefragt, um Lichtverluste möglichst gering
zu halten. Mikrotechnische Positionierelemente,
LIGA-Technik 1 z. B. in Steckverbindern, schaffen hier Abhilfe. Um
Will man Mikrostrukturen in großen Stückzahlen optische Signale zu führen, zu verzweigen und
produzieren, so bietet sich das in Deutschland ent- auch zu manipulieren, können mit Methoden der
wickelte LIGA- Verfahren an, das aus den Haupt- Dünnschichttechnik auf Siliziumbasis oder mit der
schritten Lithographie (LI), Galvanoformung (G) LIGA- Technik optische Chips mit Lichtleiterbahnen
und Abformung (A) besteht (Abb. 1). Für eine dreidi- realisiert werden (Integrierte Optik).
mensionale Struktur wird beim Lithographieschritt
eine bis zu 1 mm dicke Fotolackschicht (Resist) aus- Mikrofluidtechnik
geformt. Um eine solche Schichtdicke durchstrah- In Zukunft sollen mithilfe fluidischer (Flüssigkei-
len und chemisch verändern zu können, benutzt ten führender und lenkender) Systeme chemische
man vorzugsweise Synchrotronstrahlung (Röntgen- Reaktionen auf kleinstem Raum kontrolliert durch-
licht mit typischerweise 1 nm Wellenlänge) gerin- geführt werden. Mikrostrukturierte Kanälchen füh-
ger Divergenz (Streuung) und hoher Intensität. ren Flüssigkeiten zusammen, die von miniaturisier-
Nach dem Entwickeln dient die elektrisch leit- ten Pumpen (→‡Mikrotechnik I) gefördert werden.
fähige Trägerplatte in einem Galvanikbad als Ka- Durch geeignete Auslegung der Mischkammern
thode. Dies führt dazu, dass die Zwischenräume des wird erreicht, dass sogar nichtmischbare Flüssig-
Fotolackreliefs sich mit Metall füllen und eine me- keiten, die nur an ihrer Grenzfläche zueinander re-
tallene Komplementärstruktur entsteht. Diese wird aktionsbereit sind, sehr große Grenzflächen mitein-
von den Lackresten befreit und kann nun in einem ander bilden. Die winzigen Kanäle und Kammern
Prägewerkzeug oder einer Spritzgussmaschine als besitzen ein hohes Verhältnis von Oberfläche zum
Urform (Master) zum massenhaften Übertragen der eingeschlossenen Volumen, wodurch eine gute Tem-
Präzisionsstrukturen in Kunststoffprodukte be- peraturkontrolle möglich wird, die bei schwierigen
nutzt werden. Das Verfahren ist auf Massenpro- biochemischen Reaktionen oft Grundvorausset-
dukte aus Metallen, Legierungen und keramischen zung für eine gute Ausbeute ist. Die Integration
Werkstoffen erweiterbar. von Glasfasern in ein solches System ermöglicht
die Kontrolle von Durchfluss und Produktreinheit
Anwendungen 2 3 und zusammen mit miniaturisierten Mischerele-
Die Anwendung mikrotechnischer Strukturen menten, Reaktionskammern und Pumpen auf
bringt in allen Bereichen der Technik Vorteile: Chi- einem Baustein spricht man auch vom „lab on a
rurgen wünschen sich immer kleinere und präzi- chip“ („Labor auf einem Chip“). Will man das che-
sere Instrumente, um mit möglichst geringen Ein- mische Produkt in größeren Mengen produzieren,
griffen (→ minimalinvasive Chirurgie) optimale so schaltet man eine Vielzahl von Mikroreaktoren
Therapieergebnisse erzielen zu können. Miniaturi- parallel. Hier bedient man sich desselben Prinzips
sierte Mechaniken (Abb. 2) und winzige Motoren wie die Natur, wo die Zelle als Mikroreaktor arbei-
(Abb. 3) in der Spitze von Endoskopkathetern befin- tet. Solche Parallelschaltungen sind störunanfällig
den sich in der Entwicklung. Im Automobilbau fin- gegen Ausfälle einzelner Mikroreaktoren.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Mikrotechnik II 313
Nanotechnologie 314

Einsparung von Raum, Energie, Material und Kos- Atomlagen dicke Halbleiterschichten Elektronen in
ten sind die Triebfedern aller Bemühungen, tech- ganz spezifischer Weise eingefangen werden, was
nische Funktionsgruppen zu verkleinern. Will man zur Verbesserung von optoelektronischen Bauele-
die Mikrotechnik (→), die Bauelemente mit Dimen- menten geführt hat.
sionen zwischen einem Tausendstel Millimeter
(einem Mikrometer, µ) und einem Zehntel Milli- Rastertunnelmikroskop 1 2 3
meter mit Mikrometerpräzision hervorbringt, noch Auch das Rastertunnelmikroskop beruht auf einem
weiter treiben, dann betritt man den Bereich der Quanteneffekt: Eine extrem spitze Nadel wird ganz
Nanometerdimensionen. nahe an eine Materialoberfläche herangebracht
Ein Nanometer (nm) ist der millionste Teil eines (Abb. 1). Ist der Abstand zum äußersten Atom der
Millimeters. Das entspricht etwa dem Verhältnis Spitze nur noch wenige Nanometer groß, können
der Länge eines Lastzuges zum Erddurchmesser. Elektronen die eigentlich nicht leitende Lücke
Die Wellenlänge von Röntgenstrahlen bewegt sich „durchtunneln“, und es fließt ein Strom (Abb. 2).
im Bereich von Nanometern, während sichtbares Durch Aufzeichnen der Stromstärke beim Abras-
Licht Wellenlängen von einigen Hundert Nano- tern einer Oberfläche ergibt sich also ihre Höhen-
metern aufweist. Auch die Abmessungen von Mole- struktur, oft mit atomarer Auflösung (Abb. 3). Der-
külen lassen sich gut in Nanometern beschreiben, artige Rastersondentechniken sind bei der Struk-
z. B. ist der Durchmesser eines DNA- Doppelstran- turaufklärung von Oberflächen in der Forschung,
ges etwa 3 nm breit. aber auch bei der industriellen Qualitätskontrolle
nicht mehr wegzudenken. Man kann mit diesen
Physikalische Grenzen Sondenspitzen auch mit der untersuchten Oberflä-
Den Methoden der Mikrostrukturierung, wie etwa che „Kontakt aufnehmen“ und Strukturen eingra-
der Lithographie, sind allerdings physikalische vieren oder gar einzelne Atome auf der Oberfläche
Grenzen gesetzt (→ Mikrotechnik). So misst die hin- und herschieben.
kleinste Strukturbreite in einem Pentiumprozessor
immer noch 0, 35 µm. Das lithographische Auf- Molekulare Technik
lösungsvermögen ist durch die verwendete Wellen- Die Verfahren der Lithographie, die Benutzung von
länge bestimmt. Excimerlaser, die UV- Pulse von gebündelten Strahlen oder von Sondennadeln sind
193 nm Wellenlänge abgeben, können noch eine aber nicht fein genug, um sehr komplexe Struktu-
Verbesserung bringen, ebenso der Einsatz von ren mit Nanometerpräzision aufzubauen. Einen
Röntgenstrahlen anstelle von UV- Licht. Für Rönt- ganz anderen Weg geht hier die Natur: Sie hat die
genstrahlen genügend guter Parallelität und Inten- lebenden Zellen mit Molekülen ausgestattet, wel-
sität braucht man aber aufwendige Elektronen- che andere, geeignete Moleküle erkennen können
beschleuniger (Synchrotrons). und diese zur Reaktion mit wieder anderen Mole-
Zur Herstellung extrem dünner Schichten aus külen bringen. Nach diesem Schlüssel- Schloss-
einer definierten Anzahl von Atomlagen existieren Prinzip arbeiten vor allem Enzyme. Ziel der Nano-
Verfahren wie die Molekularstrahlepitaxie, bei der technologie ist es deshalb, so genannte Nanorobo-
Atome gesteuert Schicht für Schicht auf ein Sub- ter herzustellen, die nach diesem Prinzip das ge-
strat (Träger) abgelagert werden, dessen kristalline wünschte Produkt aus den molekularen Grundbau-
Struktur dabei die „Landeplätze“ der aufgebrachten steinen aufbauen können. Diese Nanoroboter hat
Atome vorbestimmt und für eine Anordnung in man sich als komplizierte Molekülanordnungen
„Reih und Glied“ sorgt. Bettet man die Teilchen in vorzustellen. Die Vision ist, mit ihrer Hilfe z. B.
eine Matrix, so wird diese beeinflusst (z. B. bei Nahrungsmittel ohne Umweg über die Landwirt-
Keramiknanoteilchen in einer Polymermatrix). schaft direkt zusammenzubauen, die in der Blut-
Solche als Nanokomposite bezeichneten Verbund- bahn eines Kranken eingedrungenen Viren zu be-
werkstoffe haben im Vergleich zur nicht komposi- kämpfen oder in den Boden eingesickerte Schad-
tierten Matrix eine wesentlich höhere Härte und stoffe unschädlich zu machen. Natürlich müssen
sind z. B. bei einer transparenten Matrix weiterhin solche „Assembler“ (Zusammenbauer) vor allem
transparent. eine grundsätzliche Eigenschaft mitbringen: Sie
Strukturen mit Abmessungen im Nanometer- müssen sich selbst reproduzieren (wiederherstel-
bereich erlauben es in vielen Fällen, quantenphysi- len), damit ein ausreichender Stoffumsatz und
kalische Effekte zu nutzen, die sich in der „Makro- damit z. B. eine effiziente Produktion stattfinden
welt“ gar nicht zeigen. So können durch wenige kann.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Nanotechnologie 315
Laser I 316

Anders als natürliche und konventionelle Licht- tung fort, d. h. , sie sind zeitlich und räumlich kohä-
quellen (z. B. Sonne, Glühlampe) ist Laserlicht sehr rent (Abb. 3). Da sich die vielen parallelen Wel-
intensiv, einfarbig und scharf gebündelt. Jede ein- lenzüge deckungsgleich, d. h. in Phase, überlappen,
zelne dieser Eigenschaften zeichnet den Laser aus erhält man so bei Überlagerung (Interferenz) der
und erschließt ihm dadurch neue Anwendungsmög- Wellenzüge eine große Laserstrahlungsintensität.
lichkeiten in der Medizin, Wissenschaft, Unterhal- Diese phasengleiche Interferenz der Wellenzüge be-
tungselektronik, Holographie, Nachrichtentechnik dingt eine maximale Addition der Wellenberge
oder Materialbearbeitung. (Amplituden).
Die theoretischen Grundlagen zum Laserprinzip
wurden bereits 1917 von Albert Einstein in der Hohe Intensität und Fokussierbarkeit 3 4
Quantentheorie des Lichts aufgestellt, aber erst Aufgrund der räumlichen Kohärenz bewegen sich
Jahrzehnte später in ihrer praktischen Bedeutung die Wellenzüge auch auf große Entfernungen na-
erkannt. Theodore Harold Maiman konnte 1960 den hezu parallel und erzeugen einen scharf gebündel-
ersten Laser, einen Rubinlaser, der tiefrotes Licht ten, intensiven Lichtstrahl (Abb. 3 und 4). Seine
ausstrahlt, technisch realisieren. Heute existiert räumliche Ausdehnung zeigt im Gegensatz zu der
eine große Vielzahl verschiedenster Lasertypen, so- einer konventionellen Lampe (Taschenlampe) auch
dass nicht nur für den sichtbaren Wellenlängen- in der Ferne nur eine sehr geringe Strahlaufwei-
bereich des elektromagnetischen Spektrums geeig- tung (Strahldivergenz). Daher kann der Laserstrahl
nete Lasersysteme zur Verfügung stehen (Abb. 1). über längere Strecken in Lichtleitern geführt wer-
Genau wie das von allen anderen Lichtquellen aus- den. Dies erlaubt eine flexible Strahlführung und
gesandte Licht, so ist auch Laserlicht eine elektro- exakte Positionierung des Strahls.
magnetische Strahlung, die sich in Wellenform aus- Aufgrund der geringen Strahldivergenz ist es
breitet. Zu den besonderen Eigenschaften des La- möglich, den Laserstrahl mit Linsen auf einen
sers gehören: Monochromasie und Kohärenz. Punkt zu bündeln (fokussieren), dessen Durchmes-
ser bis in die Größenordnung der Laserwellenlänge
Monochromasie 2 verkleinert werden kann. Eine Eigenschaft, die be-
Herkömmliches weißes Licht zeigt, durch ein sonders in der präzisen industriellen Materialbear-
Prisma geschickt, ein Spektrum aus vielen Farben. beitung (Bohren, Schneiden; → Laser in der Ferti-
Jede einzelne dieser Farben zeigt für sich ein rela- gung) und in der Medizin (z. B. Laserskalpell;
tiv breites Band im Frequenzbereich. Bei der Laser- → Laser in der Medizin) genutzt wird. Hierbei
strahlung besitzen alle Wellenzüge nahezu die glei- kommt den Anwendern neben der geringen Strahl-
che Frequenz bzw. nur eine einzige Wellenlänge divergenz die bereits relativ große Ausgangsinten-
(Abb. 2). Laserlicht ist somit spektral schmalban- sität zugute, die durch Bündelung weiter gesteigert
dig bzw. einfarbig (monochromatisch). Es gibt Laser, wird.
die prinzipiell nur eine einzige feste Frequenz aus- Die Intensität der Strahlung wird außerdem
strahlen, und solche, bei denen sogar einzelne Wel- durch die Betriebsart des Lasers bestimmt. Es gibt
lenlängen mit extrem geringer Linienbreite inner- Lasersysteme, die kontinuierlich Strahlung aussen-
halb eines bestimmten Spektralbereichs aus- den und solche, die Licht in kurzen Pulsen aus-
gewählt werden können (z. B. Farbstofflaser). Mit- strahlen. Im normalen Pulsbetrieb liegen die Puls-
tels in den Laser integrierter Prismen oder Gitter dauern bei 10- 3 s bis 10- 9 s. Beim Kohlendioxidlaser
werden diese Wellenlängen herausgesucht (Wellen- (CO2- Laser) sind beide Betriebsarten möglich. Im
längendurchstimmbarkeit). Besondere Techniken kontinuierlichen Betrieb (Dauerstrichbetrieb) wer-
ermöglichen es, den Spektralbereich zu ergänzen den mit diesem Laser Leistungen von einigen
oder auszudehnen. So kann die ausgestrahlte Laser- 10 kW und im Pulsbetrieb von 100 W bis 1012 W
frequenz vervielfacht werden, wenn das Licht erreicht. Derart hohe Spitzenleistungen können
durch geeignete Kristalle geschickt wird. Die Inten- allerdings nur mit zusätzlichen speziellen tech-
sität des Laserlichtes wird dabei aber deutlich ver- nischen Verfahren wie der so genannten Güteschal-
ringert. tung und Modenkopplung realisiert werden,
bei denen die Ausgangsleistung durch Herabsetzen
Kohärenz 3 der Strahlungsdauer vergrößert wird. Auf diese
Alle Wellenzüge der Laserstrahlung haben die glei- Weise können heute extrem kurze, intensive
che Amplitude. Sie entstehen zur gleichen Zeit und Lichtpulse im Bereich von 10- 12 s bis 10- 15 s erzeugt
bewegen sich im „Gleichschritt“ in dieselbe Rich- werden.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Laser I 317
Laser II 318

Laser unterscheiden sich durch ihre Größe sowie lierten Emission sind sowohl die Ausstrah-
insbesondere durch die Frequenz ihrer ausgesand- lungsrichtungen als auch die Phasen und Wel-
ten Strahlung. Die Ausstrahlung (Emission) von La- lenlängen der beiden Photonen gleich. Das
serlicht kommt durch die Wechselwirkung der emittierte Licht ist kohärent und intensiv. Die
Atome bzw. Moleküle des jeweiligen laseraktiven beiden emittierten Photonen können nun ihrer-
Materials (aktives Medium) mit Photonen zustande. seits wieder zwei angeregte Elektronen syn-
Eine Einteilung der Laser erfolgt in der Regel nach chron zur stimulierten Emission veranlassen.
ihren aktiven Medien in: Gas- , Flüssigkeits- , Fest- Dieser Prozess führt zu einer lawinenartigen
körper- , Halbleiter- (Dioden) und Plasmaröntgenla- Verstärkung der Photonenanzahl. Der Laser ar-
ser. beitet also als Lichtverstärker.
Der dritte Prozess allein wäre der ideale Fall, je-
Das Laserprinzip 1 2 doch konkurrieren mit der stimulierten Ausstrah-
Das der Laserlichterzeugung zugrunde liegende lung die spontanen Emissions- und die Absorpti-
Prinzip findet sich abgekürzt in den Anfangsbuch- onsprozesse. Die induzierte Emission kann aber
staben des Wortes LASER wieder: light amplifica- dann begünstigt werden, wenn sich mehr Atome
tion by stimulated emission of radiation. D. h. , eine im angeregten als im Grundzustand befinden.
Lichtverstärkung wird durch eine erzwungene Aus- Diese Verteilung ist Voraussetzung für die Erzeu-
sendung von Strahlung (stimulierte bzw. induzierte gung kohärenter Strahlung. Sie wird Inversion ge-
Emission) hervorgerufen. Dieser Prozess wird nannt, da es sich entgegen der möglichen Beset-
durch die atomare Struktur der aktiven Medien, zung der Energieniveaus bei normalen Temperatu-
insbesondere der Energiezustände (Energie- ren um eine zahlenmäßige Besetzungsumkehr han-
niveaus) bzw. der Elektronenverteilung innerhalb delt. Die Inversionsbedingung kann durch ein Drei-
der Atome, bestimmt (Abb. 1): oder Vierniveaulasersystem (Abb. 2) realisiert wer-
• Absorption: Um ein Elektron in ein höheres den. Beim Dreiniveaulasersystem (z. B. Rubinlaser)
Energieniveau im Atom zu heben, muss es werden die Elektronen durch Licht in das Niveau E3
Energie aufnehmen (absorbieren). Bei der Anre- „gepumpt“, wechseln strahlungslos in das obere La-
gung des Elektrons und damit des Atoms serniveau E2, in dem sich nun viel mehr Elektronen
(z. B. durch Licht) muss die Frequenz des als im Grundzustand E1 befinden. Es hat eine Inver-
Photons (kleinstes Energieteilchen der elektro- sion stattgefunden, da die Elektronen im oberen La-
magnetischen Strahlung) genau der Energie- serniveau eine relativ lange Zeit verweilen, bis sie
differenz zwischen ∆ E zwei Energieniveaus stimuliert Laserstrahlung aussenden. Fast allen La-
entsprechen. sertypen liegen jedoch Vierniveausysteme zu-
• Spontane Emission: In dem angeregten Zustand grunde, da diese eine geringere Pumpleistung zur
verweilt das Elektron etwa 10−8 s und springt Inversionserzeugung erfordern.
dann spontan wieder auf das untere Niveau,
den Grundzustand des Atoms, zurück. Das ur- Aufbau eines Lasers 3 4
sprünglich absorbierte Photon wird in beliebi- Der typische Aufbau eines jeden Lasers besteht aus
ger Raumrichtung spontan emittiert. In einer drei Grundbausteinen (Abb. 3 und 4):
konventionellen Lichtquelle werden viele • Laseraktives Medium: Hier wird die Laserstrah-
Atome bzw. Moleküle gleichzeitig angeregt, lung durch stimulierte Emission erzeugt.
aber der Übergang in den Grundzustand findet • Pumpquelle (Energiezufuhr): Diese führt die
statistisch statt, sodass zu verschiedenen Zei- zur Erzeugung der Inversion nötige Energie zu,
ten und in alle Raumrichtungen Wellenzüge je nach Lasertyp z. B. durch Lichtquellen (Blitz-
emittiert werden. Diese Strahlung ist inkohä- lampen oder ein zweiter Laser), durch eine Gas-
rent. entladung, durch chemische oder elektrische
• Stimulierte Emission: Wird ein zweites Photon Anregung.
mit derselben Frequenz wie das erste einge- • Resonator: Dieser besteht aus einer Spiegel-
strahlt, so werden sowohl das absorbierte als anordnung und dient zur Rückkopplung der La-
auch das zweite aufgenommene Photon gleich- serstrahlung. Zwischen zwei oder mehreren
zeitig vom Atom wieder ausgestrahlt. Eine hochreflektierenden Spiegeln wird die Laser-
Emission wird erzwungen, d. h. stimuliert bzw. strahlung aufgebaut und verstärkt, die dann
induziert, bevor das absorbierte erste Photon durch einen teildurchlässigen Spiegel aus-
spontan emittiert ist. Beim Prozess der stimu- gekoppelt wird.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Laser II 319
Laser in der Fertigungstechnik 320

Gebündelte, intensive Strahlung wie die eines La- Laser für die Fertigung 2 3
sers (→ Laser) eignet sich gut als Werkzeug, um be- Um die vielfältigen Anforderungen zu erfüllen, ar-
liebige Materialien zu bohren, schneiden, schweis- beitet man überwiegend mit drei Lasertypen: dem
sen oder anderweitig zu bearbeiten. In den letzten Kohlendioxidlaser (Gaslaser), dem Neodymlaser
Jahren hat sich die Laseranwendung in der Ferti- (Festkörperlaser) und dem Excimerlaser (Gaslaser).
gungstechnik zu einer Technologie entwickelt, die Der Kohlendioxidlaser (CO2- Laser; Abb. 2) stellt
ihren festen Platz in verschiedenen Technikberei- die bisher wichtigste Strahlquelle für die Fertigung
chen wie z. B. in der Feinmechanik, Optik, Elektro- dar. Er arbeitet im Infrarotbereich und wird sowohl
nik und Halbleitertechnik besitzt. kontinuierlich als auch gepulst betrieben. Er be-
sitzt einen guten Wirkungsgrad von bis zu 20 %.
Prinzip der Materialbearbeitung 1 Sein Strahl lässt sich unter 1/10 Millimeter bündeln,
Die Wirkung des Lasers in der Fertigungstechnik was bei hohen Ausgangsleistungen zu enormen
beruht hauptsächlich darauf, dass die eingebrachte Leistungsdichten führt. Bei Stahlblechen lassen
Strahlungsenergie durch die Materialoberfläche sich damit Schnitt- und Schweißgeschwindigkeiten
aufgenommen und örtlich begrenzt in Wärme um- von einigen Metern pro Minute erreichen. So wird
gewandelt wird. Innerhalb von Milli- oder Mikrose- der CO2- Laser vor allem zur Bearbeitung mittlerer
kunden können Temperaturen von mehreren Tau- und größerer Werkstücke eingesetzt, wobei sich ein
send Grad entstehen. Je nach Stärke und Dauer der Großteil der Anwendungen auch heute noch auf
Einstrahlung schmilzt oder verdampft das Material Schneid- und Schweißarbeiten (Abb. 3) sowie Mate-
(Abb. 1). Unterhalb der Schmelztemperatur kann rialhärtungen in der Automobilindustrie und ihren
man mithilfe von Lasern Oberflächen härten. Nach Zulieferern konzentriert. Industrielle CO2- Laser
dem Schmelzen lassen sich Materialien schweißen, sind relativ großvolumige Geräte. Kosten und appa-
legieren und beschriften. Die Verdampfung des Ma- rativer Aufwand setzen den Anwendungen daher
terials kann dazu genutzt werden, Löcher zu boh- gewisse Grenzen.
ren, Drähte zu schneiden oder, wenn das Material Der Neodymlaser arbeitet ebenfalls im Infrarot-
bewegt wird, Schlitze zu fräsen. Verdampftes Mate- bereich, allerdings bei geringerer Wellenlänge und
rial kann auch aufgetragen werden, um dünne Strahlleistung. Er wird vorwiegend im Pulsbetrieb
Überzüge und Beläge zu erzeugen. gefahren. Da sich seine Strahlung aufgrund der
geringen Wellenlänge noch schärfer bündeln lässt,
Vorteile der Laserfertigung kommt dieser Laser hauptsächlich in der Feinwerk-
Entgegen herkömmlichen Verfahren bietet die La- technik, der Optik und der Elektronik zum Ein-
serfertigung neben der oft höheren Produktqualität satz. Man kann mit ihm fast alle metallischen und
weitere entscheidende Vorteile: nichtmetallischen Werkstoffe schneiden, mikroboh-
• Durch berührungslose und fast kräftefreie ren oder schweißen. Auch zur Markierung oder
Strahleinwirkung entfällt der sonst übliche Beschriftung von z. B. Gläsern oder Schmuck durch
Werkzeugverschleiß. Selbst harte und spröde Aufschmelzen oder Verdampfen von Material wer-
Werkstoffe können leicht bearbeitet werden, den Neodymlaser verwendet. Außerdem lässt sich
wobei das Werkstück nicht einmal eingespannt die Strahlung gut durch Quarzfasern leiten, sodass
werden muss. sie direkt an Industrieroboter gekoppelt werden
• Der Laserstrahl kann beliebig geformte Profile kann.
schnell und sauber, meist ohne Nachbearbei- Der Excimerlaser sendet seine energiereiche,
tung, herstellen. kurzwellige UV- Strahlung in kurzen Pulsen von
• Es gibt Bearbeitungsverfahren, die nur mit dem nur wenigen Nanosekunden Länge aus. Sie lässt
Laser möglich sind. Dazu gehört u. a. das sich bis unter einen Mikrometer bündeln und wird
Schweißen von Elektroden in Vakuumröhren überwiegend dazu benutzt, Mikrostrukturen zu
durch das Glas hindurch. trennen oder feinste Löcher, z. B. für Siebe und
• Laserstrahlung ist über Spiegel und Quarzfa- Düsen, zu bohren. In der Mikroelektronik wird die
sern leicht zu führen. Das ermöglicht, vor allem gepulste Strahlung ausgenutzt, um Mikrostruktu-
im Zusammenhang mit Robotersystemen, fle- ren in der Halbleitertechnik aufzubauen. Zukunfts-
xible Arbeitsverfahren. weisend ist die Möglichkeit, durch Photoablation
Beim Bearbeitungsvorgang können allerdings auch (Materialabtragung ohne Umgebungserwärmung)
gasförmige Schadstoffe entstehen, die abgesaugt ganze Schaltkreise aus Mikrochips herauszuarbei-
werden müssen. ten.
MODERNE BEARBEITUNGSTECHNIK

Laser in der Fertigungstechnik 321


SACHWORTREGISTER 323
A Anwendungssatelliten 188
α-Wellen 214 Apogäum 188
Abblendlicht 130 APS 86
Abfallbehandlung, thermische 286 APS-Filmkassette 86
Abfälle aus dem Konsumbereich 288 APS-Kameras 86
Abdriftskraft 162 APX-Spektrometer 194
Abgaskatalysatoren 126 Äquivalentdosis 206
Abgasreinigung, katalytische 126 Ariane 4 182
Abgasturbine 108 Ariane 5 182
Abgasturbolader 108 Archimedisches Prinzip 154
abgebremste Neutronen 250 ASCII-Kode 26
Ablation 220 ASI/MET 194
Ablaufsteuerung 68 ASR 124
Ablufttrockner 114 asymmetrisches Abblendlicht 130
Abreinigungsfilter 284 ATM 22
ABS 124 Aufladegebläse 108
Abscheider 282 Aufladung 100, 108
Absorber 264 Aufprallsensor 128
Absorption 318 Auftrieb 166
Absorptionseffekte 220 Auftriebsbeiwert 166
Absorptionsverfahren 222 Auftriebskörper 176
Absorptionswärmepumpen 278 Auftriebskraft 162
Abtastsysteme 68 Auftriebsprinzip 160
Abtastrate 42 Aufwind-Solarkraftwerke 266
Abwasserbehandlung 292 Ausgleichsgetriebe 114
Achselschenkellenkung 140 Außeneinheit 234
Acidolyse 290 Außenluft 278
Advanced Photo System 86 Außentank 186
Airbags 128 Autoelektronik 130
Akkumulator 248 Autofocus 60
Aktivboxen 74 Autofocussystem 90
Aktivdatei 14 Autogas 138
Alkoholyse 290 Automatikgetriebe 100, 114, 118
Allradantrieb 100, 230 Axialzyklone 282
Allradantrieb, permanent 114 Azimut 58
Allradantrieb, zuschaltbar 114
ALU 28 B
Aluminiumlegierungen 146 β-Wellen 214
Aluminiumnitrid 298 Bagger 98
Aluminiumoxid 298 Ballone 176
AM 64 Ballondilatation 218
Amplitudenmodulation 64 Bandlaufwerk 72
Analog-digital-Geräte 18 Bandspeicher 34
Analog-digital-Wandler 42, 48 Basismodul 190
Anfangsflugbahnmanöver 184 Basisstation 12
Anlasser 130 Batterie 132, 248
Anode 52, 302 Befehlsregister 28
Anrufbeantworter 18 Befehlszähler 28
Anschlagdrucker 36 Benzin – Erdgasantrieb 138
Antennenmodul 188 Belebtschlammverfahren 292
Antiblockiersystem 124 Beleuchtungsstärke 90
Antisens-Konstrukt 198 Belichtungszeit 90
Antrieb, dieselelektrischer 148 Beschleunigungsmesser 128
Antrieb, dieselhydraulischer 148 Betamax 58
Antrieb, direkt 72 Besucherdatei 14
Antrieb, indirekt 72 Betriebsbremse 122
Antriebskonzepte, alternative 100 Bildauflösung 84
Antriebseinheit 184 Bild-CD 84
Antriebsmodul 188 Bildelemente 42
Antriebsschlupfregelung 124 Bewegungsunschärfe 90
SACHWORTREGISTER 324
Bildempfangsschicht 80 CAQ 306
Bildplatte 58 Castor-Behälter 256
Bildröhren 52 CC 72
Bildschärfeneinstellung 60 CCD-Chip 84
Bildschirme 52 CCD-Kamera 84
Bildsensor 76 CCD-Sensoren 60
Bildspeicher 76 CCITT 20
Bildverarbeitung 48 Cd 68
Bildweite 82 CD-Player 68
Blitzlichtgerät 88 CD-ROM 34
Binärsystem 26, 42 CD-Text-Standard 68
Binärverfahren 272 Cell-Guide 158
Biogas 274, 286 Cellulose 296
Biomasse 274 Celluloseacetat 296
Biomasse-Kraftwerke 276 Cermets 298, 300
Biokunststoffe 296 Cetanzahl 104
Biopsie Kanal 218 Chargenverfahren 202
Bioreaktoren 202 Chassis 74
Bioverfahrenstechnik 202 Chips 26, 310
bipolare Schaltung 214 Chromianzsignal 50
bipolarer Speicher 32 Chrom-Molybdän-Stähle 146
Bit, 8-Bit-Kode 26 CIM 304
B-Kanäle 22 Cityruf 16
Blasenformen 294 Classic-Format 86
Blattanstellwinkel 262 CMOS 30
Bleiakkumulator 248 CNC 306
Blendenautomatik 90 CNC-Werkzeugmaschinen 304
Blimps 176 C-Netz 14
Blitzlichtgeräte 88 CO2-Kreislauf 276
Blockheizkraftwerk 244 Compactdisk 62
Booster 184 Compound-Scan 204
Boten-RNA 196 Comptoneffekt 206
Braunkohlekraftwerk 236 Computer 26
braunsche Röhre 52 Computerblitzgeräte 88
Bremsen 100, 122, 124 computergesteuerte
Bremskraftverstärker 124 Werkzeugmaschinen 304
Bremstrommel 144 Computernetzwerk 40
Brennelemente 250, 254 Computertomographie 208
Brennelementewechsel 256 Containement 252
Brenner, katalytische 270 Container, 20-Fuß 158
Brennstäbe 254 Containerterminal 158
Brennstoffzellen 270 Controller 32
Brennstoffzellenantrieb 136 control unit 28
Brennweite 82 CT0-Standard 12
Brutreaktoren 252 CT1+-Standard 12
Brückenkran 96 CT2-Standard 12
Brutstoffe 252 CVD 302
bubble-jet 36 Cyberspace 42
Bügeleisen 232
Bugschott 156 D
Bugruder 156 DAB 66
Bugstrahlruder 156 δ-Wellen 214
Byte 26 DAT 72
Dampfblasenverfahren 36
C Dampfbügeleisen 232
CAD 306 Dampferzeuger 236
CAE 306 Dampfturbine 240
CAM 306 Dampflokomotive 148
Camcorder 60 Darrieus-Rotor 262
Cantilever-Bremse 144 DAT-System 72
SACHWORTREGISTER 325
Datenhandschuhe 46 DSR 66
Datenkompression 38, 48 Dualsystem 26
Datenpaket 40 Dünnfilmtechnik 268
Datenübertragung 38 Duoduplexbremse 122
Decoder 54 Duoservobremse 122
DECT 12 Duplexbremse 122
Deletion 200 Durchflussmenge 258
Demodulation 50, 64 Durchströmturbinen 258
Deponiegas 274 Duroplaste 294
Deuterium 252 Düsenflugzeuge 170
Dialysat 212 DVB 66
Dialysator 212 DVD 62
Dialyse 212 dynamischer Schreib-Lese-
Dialysegerät 212 Speicher 32
Dialysemaschine 212
Diamantrahmen 146 E
Diapositiv 76 Echoimpulse 178
Dielektrikum 226 ECL 30, 32
Dieselmotor 100, 104 EDS 152
Differential-GPS 180 EEG 214
Differenzial 114 EEPROM 32
Diffusion 302 Eierkocher 232
Digital Audio Tape 72 Eimerkettenbagger 96
digitale Fotografie 84 Ein-/Ausgabewerke 28
Digitalfernsehen 54 Einblattverfahren 80
Digitalkameras 84 Einkreisbremsanlage 122
digitale Signalverarbeitung 68 Einlegegeräte 308
Digitalisierung 42, 48, 56 Einmodemfaser 24
Digitalvideo 60 Einrohrstoßdämpfer 112
Direktschreibverfahren 310 Einspritzanlagen 110
direkter Gewinn 280 Einspritzung 104, 110
Diskette 34 Einspritzverfahren 104
Disruption 220 Eintaktverstärker 70
D-Kanal 22 Einzeleinspritzanlagen 110
DNA 196 Einzelradaufhängung 112
DNA-Polymerase 200 EKG 212
DNC 306 Elastomere 294
D-Netz 14 elektrische Abscheider 284
Domainnamen 40 Elektroauto 132
Doppelkassettengeräte 18 elektrochemische Stromerzeuger 136
Doppler-Verfahren 204 elektrodynamische Lautsprecher 74
Downcycling 288 elektrodynamisches Mikrofon 74
Drahterosion 310 Elektroentstauber 242
DRAM 32 Elektrofilter 284
Drehmomentwandler 116 Elektroherd 224
Drehrohrofen 286 Elektrolokomotive 148
Drehstromasynchronmotoren 148 Elektrolyse 136, 270
Drehstromgenerator 130 Elektrolyte 302
Dreiachsenstabilisierung 188 Elektromagnete 152
Dreifarbentheorie 50 elektromagnetisches Mikrofon 74
Dreischeiben-Wankelmotor 106 Elektronenblitzgeräte 88
Drei-Wege-Katalystor 126 Elektronenkanone 52
Drucker 36 elektronische Post 114
Druckkörper 164 Elektroporation 196
Druckseite 166 elektrostatisches Mikrofon 74
Druckstoßabreinigung 284 elektronische Linse 52
Druckstufen 240 Elektrozug 96
Druckwasserreaktor 252 E-Lok 148
Druckwellenlader 108 E-Mail 40
DSP-Chips 18 Email 302
SACHWORTREGISTER 326
Emaillieren 302 Fernsehnormfarben 50
Emission, spontane 318 Fernwärme 244
Emission, stimulierte 318 Fernwärmenetz 244
Empfängeruhr 180 Fertigung, flexible 308
Empfangsantennen 52 Fertigung, rechnerintegrierte 306
EMS 15 Festsattelbremse 124
Encoder 50, 54 Feststellbremse 122
Endenergie 246 Feststoff-Booster 186
Energie aus Biomasse 274 Feststoffraketenantrieb 184
Energieformen 246 Festwertspeicher 32
Endoskop 216 Festzielunterdrückung 178
Endoskopie 216 Feuerungsanlagen 238
Endflugbahnmanöver 184 Feuerverzinken 302
E-Netz 14 Film 76
Entnahmebetrieb 244 Filter 284
E-Plus-Netz 14 Filmscanner 84
EPROM 32 Filterschläuche 284
Erdgasantrieb 138 Filtration 282
Erdreich 278 Fixierentwickler 80
Erdwärme 270 Flachbildröhre 52
Erdwärmesonden 278 Flachbildschirme 52
Ermes 18 Flachkollektoren 264
Espresso-Verfahren 232 Flashverfahren 272
Europiepser 16 Flavr-Savr 198
Eurosignal 16 flexible Fertigung 308
EVA-Prinzip 26 Fliehkraftabscheider 242, 284
EVG 130 Flipper 158
Excimerlaser 310, 320 Flugzeugprinzip 166
execution unit 28 Flugzeugzelle 158
Expression, heterologe 198, 200 Flüssigbrennstoffantriebe 182
externe Speicher 34 Flussfähren 156
Extrusion 294 Flüssigkristallbildschirm 52
Eyephone 46 FM 64
Folienblasen 294
F Fön 232
Fachwerkbauweise 168 FOP 68
Fading 144 Formstabilität 154
Fahrgastschiffe 156 Fotoeffekt 206
Fahrradbremsen 144 Fotografie 76
Fahrradrahmen 146 Fotografie, chemische 76
Fahrradschaltungen 142 Fotografie, digitale 84
Fahrwerk 100, 112 Fotografie, elektronische 76
Fan-Triebwerk 170 Fotokamera 78
Farbfernsehbildröhren 52 Föttinger-Kupplung 120
Farbfernsehen 50 Frachtschiffe 158
Farbdifferenzsignale 50 Francis-Turbinen 258
Farbhilfsträger 50 Freiheitsgrade 308
Farbnegativfilm 76 Frequenzmodulation 64
Faserverbundwerkstoffe 300 Frequenzmultiplexverfahren 12
Faustsattel 124 Frequenzweichen 74
Faxgeräte 20 Frontairbagsysteme 128
Faxweiche 20 Frontlader 230
FDM 12 Frontzapfwelle 94
Fehlerdreieck 180 FTP 40
Felgenbremse 144 Führmagnete 152
Felgenbremse, hydraulische 144 Funkfeststationen 14
Fermenter 202 Funknetz 14
Fernabfrage 18 Funkrufdienste 16
Fernmeldetürme 56 Funkrufempfänger 16
Fernsehbrücken 56 Funktionsspeicher 32
SACHWORTREGISTER 327
G Halbleiterdiode 30
Galileo 192 Halbleiterspeicher 32
galvanische Zellen 248 halbstarre Achsen 112
Gang 116 Halogenlampen 130
Gasballone 176 Halsen 162
Gasdruckstoßdämpfer 112 Handhabungsgeräte 308
Gasfahrzeug, monovalent 138 Handhabungstechnik 308
Gegendruck-Heizkraftwerk 244 Hand-over 14
Gegenkopplung 70 Handschaltgetriebe 116
Gegenstromprinzip 274 Handy 14
Gegentaktverstärker 70 Hardware 26
Gelenkwellenantrieb 140 Hauptbremszylinder 122
Gendiagnose 200 Hauptspeicher 28
Generator 236 Haupttriebwerke 186
Gentechnik, Grundlagen 196 Hauptwelle 116
Gentechnik, Lebensmittel- Hauptwerk 28
bereich 198 HDTV 54
Gentechnik, Medizin 200 HDTV-Format 86
Gentherapie 200 Header 62
Getriebe 116, 118 Heckhydraulik 94
Getriebe, vollsynchronisiert 114 Heckrotor 172
Getriebeschalteinrichtung, Heckruder 156
automatisch 94 Heckschott 156
geostationäre Bahn 188 Heckzapfwelle 94
Geothermie 270 Heimatdatei 14
geothermische Energieanlagen 270 Heißluftballone 176
geothermische Kraftwerke 272 Heizkraftwerk 244
Gewebefilter 242 Heliostaten 266
Gewerbeabfälle, sortenähnliche 288 Herd 224
Gewichtsstabilität 154 Herz 210
Gezeitenenergie 260 Herzschrittmacher 210
Gezeitenkraftwerk 260 heterologe Expression 198, 200
gieren 154 HF-Wellen 64
Glasfasern 24 Hinterradbremse 144
Glasfaserkabel 56 Hinterradführung 140
Glasherd 224 Hochleistungskeramiken 298
Glaskeramikkochfeld 224 Hochofenprozess 290
Gleichdruckturbinen 258 Hochspannungsnetze 246
Gleichstromprinzip 274 Hochtemperatur-
Gleitflug 174 Dampf-Elektrolyse 270
Gleitprinzip 160 Hochtöner 74
Gleitschirm 174 Hoffmann-Codierung 54
Gleitverhältnis 174 Höhenruder 166
Gleitwinkel 174 Hohlrad 116, 142
Gleitzahl 174 Hohlraumresonator 226
Global Positioning System 180 Hologramm 92
Glucoseoxidase 198 Holographie 92
GPS 180 Homepage 40
GPS-Empfänger 180 Hot-Dry-Rock-Verfahren 272
Grader 98 HTML 46
Grenzkorndruchmesser 282 Hubschrauber 172
Großsegel 162 Hubwerk 96
Grundwasser 278 Hubwerk, frontseitig 94
GSM-Norm 14 Hybridantrieb 134
Gülle 274 Hydraulikbagger 96
Hydraulikbremskraftverstärker 124
H Hydraulikpumpen 94
halbdurchlässige Spiegelprisma 68 hydrodynamische Kraft 160
Halbleiter 30 Hydrierung 290
Halbleiterbauelemente 30 hydrodynamische Kupplungen 120
SACHWORTREGISTER 328
Hydrolyse 290 Kernspinresonanz 208
hydrothermale Geothermie 272 Kernspintomographie 208
Kettenantrieb 140
I Kettenblätter 142
ICE 150 Kettenreaktionen 250
ICT 150 Kettenschaltung 142
IMP 194 KI 48
Indexprint 86 Kick-down 118
indirekter Gewinn 280 klappern 166
Induktionsherd 224 Kläranlagen 292
Industrieroboter 308 Kleingeräte 232
Informationseinheit 26 Klimaanlage 234
Inklination 188 Klon 200
Inlinefarbbildröhre 52 Koaxialkabel 56
Innenteil 234 Kode 180
Insassen-Sicherheitssystem 128 Kodierung 26
Insertion 200 Kognition 46
Integralfilm 80 Kohärenz 316
Integralmessung 90 Kohlekraftwerk 236
Inter City Express 150 Kohlendioxidlaser 320
Interferenz 316 Kolben 102
Internet 40 Kolbentriebwerke 168
Internetprotokoll 40 Kollektormatten 264
Inversion 318 Kombiprozesse 240
Ionentauscher 228 Kommunikationsmodul 188
Irisblende 82 Kompaktanlage 234
Irrelevanzkompression 54 Kompaktkassette 72
ISDN 22 Kompass 178
ISDN-Basisanschluss 22 Kompassrose 178
Komplementärfarbe 76
J Kompressionsverfahren 42, 222
Jet-Foil 160 Kompressionswärmepumpen 278
JPEG 38, 48 Kompressor 108
Kondensationstrockner 230
K Kondensator 88, 236
Kaffeemaschine 232 Kondensatormikrofon 74
Klimaanlage 234 Konditionierung 256
Kabelfernsehen 56 konifizierte Rohre 146
Kabelkran 96 Kontraktion 210
Kalottenlautsprecher 74 Kontrastmessung 90
Kalottenloch 176 Konvektion 224
Kältemaschine 278 Konzentration der Lichtstrahlen 266
Kältemittel 222 Koordinatentechnik 304
Kameraobjektive 82 Kopfrad 58
Kamerarekorder 60 Kopplung 70
Kamerasteuerung, automatische 90 Kraft-Wärme-Kopplung 244
Kandalieren 294 Krane 96
Kapillardialysator 212 Krängung 154
Kaplan-Turbinen 258 Kreiseldriftfehler 184
Kardanantrieb 140 Kreiskolbenmotor 106
Kassettenrekorder 72 Kreislauf, offener 240
Katalysator 100, 126 Kreuzfahrtschiffe 156
Kathode 52, 302 Kuchenfilter 284
Kavitation 160 Kugelkompass 178
Kernbrennstoffe 252 Kühlschrank 22
Kernenergie 250 künstliche Intelligenz 48
Kernfusion 250 künstliche Niere 212
Kernkraftwerke 250 künstliches Neuron 48
Kernreaktoren 252 Kunststoffe 294
Kernspaltung 250 Kunststoffrecycling,
SACHWORTREGISTER 329
rohstoffliches 290 Litronic-Systeme 130
Kunststoffrecycling, L-Jetronic 110
werkstoffliches 288 Lokomotiven 148
Kupplung 100, 120 Longplay 58
Kupplungscheibe 120 Luftsack 128
Kurbelwelle 102 Luftschrauben 168
KW 64 Luftverteilend 104
Luminanzsignal 80
L Luvläufer 262
Labferment 198 LW 64
Ladeprinzip 156
Laderaupen 98 M
Lader, mechanisch 108 Magnetron 226
Ladestation 12 Makromoleküle 294
Lageregelung 184 Magnetschwebebahn 152
Lagerprinzip, chaotisches 158 Makrotrennung 288
Lambdasonde 126 Manipulatoren 308
Lambda-Wert 110 Mantelstromtriebwerke 170
Lamellenverschluss 78 Marsfahrzeug 194
LAN 22 Marsrover Sojourner 194
Lands 62, 68 Marssonde 194
Längsspurverfahren 58 Maschinenbefehlszyklus 28
Länksstabilität 154 Maske 310
Laser 316, 318 Massedefekt 250
laseraktives Medium 318 Massenkraftabscheider 282
Laserchirugie 220 Master 310
Laserdiode 24 Matrixdruckverfahren 34
Laserdrucker 36 Materialbearbeitung 320
Laser, Fertigung 320 Matrix 300
Laser, Medizin 220 Mehrfrequenzwahl 10
Laserlithotripter 216 Mehrzylindermotoren 102
Laserstrahl 92 Membran-Elektroden-
Last-Drehzal-Kennfeld 110 Einheiten 136
latentes Bild 76 Membranelektrolyse 270
Laufrad 240 Membran, semiperneable 212
Laufwasserkraftwerke 258 Mikrofluidtechnik 312
Laufwerkmechanik 72 Mikrofunkenerosion 310
Lautsprecher 74 Mikroelektronik 310
LCA 32 Mikrofone 74
LCD 52 Mikrokassette 18
LED 24 Mikroprozessoren 28, 110
Leeläufer 262 Mikrosystemtechnik 310
Leerlauf 116 Mikrotechnik 310
Leichtwasserreaktoren 252 Mikrotrennung 288
Leistungsbeiwert 262 Mikrowellen 226
Leistungsdichte 136 Mikrowellenerzeugung 226
Leitwerk 28 Mikrowellengeräte 226
Leitzahl 88 minivalinvasive Chirurgie 218
Lenkung 184 MIR 190
Lernmechanismus 46 Mischbildentfernungsmesser 78
Lichtbogenspritzen 302 Mitkopplung 70
Lichtmaschine 130 Mittelkursmanöver 184
Lichtsensor 84, 88 Mitteltöner 74
Lichtwellenleiter 24 Mixer 232
Li-Ionen System 132 M-JPEG 42
lineare Bauelemente 30 M-Loading 58
LIGA-Technik 312 MMU 28
Ligasen 196 Mobilfunk 14
Links 40 Mobilkran 96
Lipasen 198 Mobiltelefon 14
SACHWORTREGISTER 330
Modem 38 Objektfarben 76
Moderator 250 Objektwelle 92
Molekularstrahlepitaxie 312 OMS-Triebwerke 186
Mono-Jetronic 110 opak 280
Monochromasie 316 Objekthelligkeit 90
monokristalline Zellen 268 Objektwelle 92
monopolare Schaltung 214 Operationsverstärker 70
MO-Speicher 34 Orbit 188
MOS-Speicher 32 Orbiter 186
Motorräder 140 Ortungsgerät 178
Motorsegler 174 OS-Rohre 146
Motronic 110 OSI-Referenzmodell 22
MPEG 42, 62 Osmose 212
MPEG-2 54 Ottomotor 102
MROM 32 Oxidkeramik 398
Muffelofen 286
Müllheizkraftwerk 244 P
Multi-Point-Injection 110 Pager 16
Multiplex 54 PAL 32, 50
MW 64 PALplus 54
Panhardstab 112
N Panoramaformat 86
Nabenbremse 144 Parabolantenne 56
Nabenschaltung 142 Parachute 176
Nachrichtensatelitten 56 Parallaxefehler 78
nachwachsender Rohstoff 274, 276 Parallelrechner 44
Nadeldrucker 36 Parallelrechner mit
Nahwärme 244 gemeinsamem Speicher 44
Nanotechnologie 312 Parallelrechner mit
NASA 186 verteiltem Speicher 44
nassarbeitende Abscheider 284 pascalsches Gesetz 122
Nasswaschprinzip 242 passive Solarenergienutzung 280
Navigation 178, 184 passives Sicherheitssystem 128
Nebenschaltung 142 passive Solarenergienutzung 280
Negativschichten 80 Pathfinder 194
Neodymlaser 320 PCR 200
Netzebene 10 Pelton-Turbine 258
Neuron 48 PEM 136
neuronales Netz 48 Perigäum 188
Neutronen 250 Periskop 164
Neutroneneinfang 250 PES 130
Newsgruppen 40 PES-Scheinwerfer 130
newtonsches Gesetz 182 petrochemisches Verfahren 290
nichtlineare Bauelemente 30 Phase 92
Nichtoxidkeramik 296 photobiologische Erzeugung 270
Niederdruckrückspülung 284 photochemische Reaktion 220
Nipptiden 260 Photoeffekt, innerer 268
n-Leitung 30 Photovoltaikanlagen 268
NiMH-System 132 Photodiode 24
Nordpol, geografischer 178 Piepser 16
Normalobjektiv 82 Pits 62, 68
n-Schicht 30 Pitch-Regelung 262
NTSC 50 Pixel 42, 84
Nuklearteil 252 PLA 32
Nummernscheibe 10 Planetengetriebe 116, 142
Nutzenergie 246 Planetenräder 116, 142
Planierraupen 98
O Plasmabildschirme 52
Oberflächenbeschichtung 302 Plasmaspritzen 302
Oberflächenwasser 278 Plasmide 196, 200
SACHWORTREGISTER 331

Play-back-Programmierung 308 Rahmenrohre 146


PLD 32 Raketen 182
Plattenspeicher 34 Raketenaufbau 182
p-Leitung 30 Raketenprinzip 182
Pleuelstange 102 RAM 32
Plotter 36 Rastertunnelmikroskop 312
Pol, magnetischer 178 Rauchgasentschwefelung 242
Poly-Ellipsoid-System 130 Rauchgasentstaubung 242
Polyester 296 Rauchgasentstickung 242
polykristalline Zellen 268 Rauchgasreinigung 242
Polymerase-Kettenreaktion 200 Raumflugkörper 184
Polysaccharide 296 Raumflugmanöver 184
Portalkran 96 Raumsonden 192
Positionierungseinrichtungen 308 Raumstabilität 184
Positivbildempfangsschicht 80 Raumstationen 190
Positiventwicklung 76 Raumtransporter 186
Prallluftschiffe 176 RCS 186
Präzession 184 REA 242
Pressen 294 Reaktor, thermischer 252
Primarenergie 246 Reaktordruckbehälter 250
Primärmaßnahmen 242 Rechenleistung 44
Primer 200 Rechenwerk 28
Produktionsabfälle, sortenweise 288 rechnerintegrierte Fertigung 306
Programme 26 Rechnersysteme, massiv parallel 44
Progammierung, textuelle 308 Recycling 288, 290
Programmsteuergerät 230 Redundanzkompression 54
PROM 32 Referenzwelle 92
Propeller 168 Reibungskupplungen 120
Propellerflugzeuge 168 Reinigung, biologische 292
Propeller-Turbinen- Reinigung, mechanische 292
Luftstahltriebwerke 168 Reinigungssysteme 224
Proteine 200 Reinigungsverfahren, aerob 292
Protokoll 40 Reinigungsverfahren, anaerob 292
p-Schicht 30 Reißbahn 176
PTL-Triebwerke 168 Relaisstationen 56
Puls-Jet 284 Repeater 24
Pulswahl 10 Resonator 318
Pumpenrad 120 Restriktionsenzyme 196, 200
Pumpquelle 318 Richtcharakteristik 74
Pumpspeicherkraftwerke 258 Richtmikrofone 74
Purex-Verfahren 254 Rinnenkollektoren 266
PVP 44 Ritzel 142
Pyrolyse 286, 290 Roots-Lader 108
pyrolytische Selbstreinigung 224 Ro-Ro-Fähren 156
Ro-Ro-Prinzip 156
Q Roboter 308
Qualität, aerodynamische 174 Röhrenblitzgeräte 88
Quantisierung 42 Röhrenkollektoren 264
Querruder 166 Rohrturbinen 260
Querstabilität 154 Rollenbremse 144
ROM 32
R Röntgenapparat 206
Radar 178 Röntgendiagnostik 206
Radaufhängung 100, 112 Röntgengerät 206
Radbremszylinder 122 Röntgenröhre 206
Radialzyklon 282 Rostfeuerungen 238, 276
Radio 64 Rostfeuerungsanlagen 286
Radioempfänger 64 Rotor 172
radioaktive Abfälle 256 Rotoranstellwinkel 172
SACHWORTREGISTER 332
Router 40 SECAM 50
Rückkopplung 70 Segelboote 162
Rückstoßprinzip 160, 182 Segelflugzeuge 174
Rücktrittbremse 144 Segelmanöver 162
Rufklassen 16 Seitenairbag 128
Rußfilter 126 Seitenruder 166
Sektoren 62
S Sekundärenergie 246
Saling 162 Sekundärmaßnahmen 242
Savonius-Rotor 262 Selbstreinigung, katalytische 224
Satelliten 188 Selbstreinigung,
Satellitennavigationssystem 180 pyrolytische 224
Satellitenreceiver 56, 66 Selbstzündung 104
Saugseite 166 Selektionsmedium 196
Scall 16 semipermeable Membran 212
Schachtfeuerungen 276 Sendeantennen 56
Schalenbauweise 168 Sensoren 48
Schallmauer 170 Sensorik 308
Schaltelemente 116 Servicemodul 188
Schaltröhre 88 Servobremsen 122
Schaltstellung 116 Servoteil 68
Schaufelradbagger 96 Set-Top-Box 54
Schäumen 294 Sicherheitsbehälter 252
Scheibenbremse 122, 144 Sicherheitssystem, passiv 128
Scheinwerfer 130 Siedewasserreaktor 252
Scheinwerfersysteme 100 Signalübertragung 56
Schichtverbundwerkstoffe 300 Siliciumkarbid 398
Schiffsprinzip 154 Silikatkeramik 398
Schiffspropeller 160 Silzium, amorphes 268
Schiffsstabilität 154 Simplexbremse 122
Schlammbehandlung 292 Single-Point-Injection 110
Schlauchfilter 284 Sinusknoten 210
Schlepper 94 SMP 44
Schlitzsteuerung 102 Software 26
Schlitzverschluss 78 Sofortbildfotografie 80
Schmelzfeuerung 238 Solaranlagen, thermische 264
Schmelzöfen 286 Solarfarm-Kraftwerke 266
Schneidlaser 220 Solararchitektur 280
Schneller Brutreaktor 252 Solarthermik 264
Schnelllaufzahl 262 Solarthermie-Kraftwerke 266
Schnittstellen 24 Solarturm-Kraftwerke 266
Schnorchelfahrt 164 Solartürme 266
Schnurloses Telefon 12 Solarzellen 268
Schoten 162 solvolytisches Verfahren 290
Schotten 154, 158 somatische Gentherapie 200
Schrägspurverfahren 58, 60, 72 Sonnenkollektoren 264
Schreib-Lese-Speicherbausteine 32 Sonnenrad 116, 142
Schub 170 Sonnenteiche 266
Schubkammer 184 Soundprozessor 74
Schub-Schraub-Starter 130 Southern-Blot 200
Schubstreben 112 Spaceshuttle 186
Schürfwagen 98 Spaltstoffe 252
Schwallblech 158 Spaltzone 252
Schwel-Brenn-Verfahren 286 Speicher 34
Schwerelosigkeit 190 Speicherchips 18
Schwerpunktsbahn 184 Speicherfilter 284
Schwimmrahmensattel 124 Speicherkraftwerke 258
Schwimmsattelbremsen 124 Speicherzelle 26
Schwingkreis 64 Spiegelreflexkamera, einäugig 78
SCR-Verfahren 242 Spotbelichtungsmessung 90
SACHWORTREGISTER 333
Sprachverarbeitung 48 Telefon 10
Spreader 158 Telelever-Führung 140
Spritzgießen 294 Telemtrie 188
Springtiden 260 Teleobjektive 82
Sprüharm 228 Teleskopgabel 140
Sprühsystem 228 Teleskopbagger 96
Spülraum 228 Telex 20
Spülvorgang 228 Telnet 40
SPS 304 TEU 158
SRAM 32 textuelle Programmierung 308
Stabilisationsflügel 156 thermischer Effekt 220
Stabilitätsmoment 154 Thermodrucker 36
Stagen 162 Thermoplaste 294
Stahldivergenz 316 Thermosiphonsystem 280
Stall-Regelung 262 Thermoverfahren 20
stampfen 154 Thorium 252
Standardauflösung 20 Tidenhub 260
Stand-by-Betrieb 14 Tiefenfiltration 284
Standkreis 180 Tiefenhologramm 92
Starrachsen 112 Tiefenschärfe 90
Starrluftschiffe 176 Tieftauchfahrt 164
Starter 130 Tieftöner 74
Startfenster 192 Tintenstrahldrucker 36
Statusregister 28 Tintenstrahlverfahren 20
Staubfeuerung 238 Tip-Send 16
Staubsauger 232 TL-Triebwerk 170
Steinkohlekraftwerk 236 Toaster 232
Steuerelemente 252 Tonwahl 10
stoffliche Verwertung 290 Tonsignalübertragung 64
Stoßdämpfer 100, 112 Toplader 230
Stoßwellenlithotripsie 216 Torsen-Differenzial 114
Strahldivergenz 316 Totpunkt 102
Strahlenschutz 206 Tragenflächenprofil 166
Stromerzeuger 136 Tragflügelboote 160
Stromrichter 148 Tragflügelprinzip 160
Strömungskupplung 120 Traggasfüllung 176
Strömungswandler 116 Trägheitsplattform 184
Subcode 68 Trägheitsnavigation 184
Sucher 78 Tragmagnete 152
Sucherkamera 78 Traktion 94
Südpol, geografischer 178 Traktoren 94
Supercomputer 44 Transistor, bipolar 30
Supertanker 158 Transistoren 30, 64, 70
Swing-by-Manöver 192 Transistorregler 130
Synkronkontakt 88 Transkription 196
Translation 196
T transparente Wärmedämmung 280
Tabellenspeicher 32 Transportbehälter 256
Takelung 162 Transport von Energie 246
Tanker 158 Transrapid 152
Tankschiffe 158 Trennschärfe 64
Tapedecks 72 Triebkopf 150
Tastenwahlblock 10 Triebwerk 184
Tauchspulmikrofon 74 Trilok-Prinzip 116
Tauchzellen 164 Trimmung 154
Taumelscheibe 172 Trinitonbildröhre 52
TCP 40 Tritium 252
Teach-in-Verfahren 308 Trockendampfprinzip 272
Teilchenverbundwerkstoffe 300 Trockenfeuerung 236
Telekommunikationsnetze 22 Trockentransferelektrofotografie 36
SACHWORTREGISTER 334
Trombe-Wand 280 Verkupfern 302
Trommelbremse 122, 144 verlustbehaftete Methode 48
Turboproptriebwerke 168 verlustfreie Methode 48
TTL 30, 32 Vermittlungsstelle 10
TTL-Messung 78 Vermittlungstechnik,
Turbine 236 elektromagnetische 10
Turbinen-Luftstrahltriebwerke 170 Verschluss 78
Turbinenrad 120 Verschwelung 286
Turbolader 108 Verstärker 70
Turbolock 108 Verstärkungsmaterial 300
Turbomotor 108 Verteilergebiete 114
Turboproptriebwerke 168 Verzinken 302
Turmkran 96 VHF 56
Twist Locks 158 VHS 58
VHS-C-Kassette 60
U Video 2000 58
U-Boote 164 Video-8-System 60
Überdruckturbinen 258 Videokameras 60
Überlagerungsempfänger 64 Videoköpfe 58
Überschallflugzeug 170 Videorekorder 58
Übersetzungsverhältnis 142 Videotext 50
Übertragungsfaktor T 74 Vierradantrieb 94, 114
Übertragungsgeschwindigkeit 20 Viertakt-Ottomotor 100, 102
Übertragunsstandard 12, 40 Viertaktverfahren 102
Übertragungstechnik 56 virtuelle Realität 40, 46
Übertragungsverluste 246 virtuelles Bild 92
UKW 56, 64 Visco-Kupplung 114
U-Loading 58 Vistronic 60
Ultraschallaufnahme 204 Vollcontainerschiff 158
Ultraschalldiagnostik 204 volldigitalisierte Geräte 18
Ultraschallwandler 216 Vollwaschtrockner 230
Ultraschallstoßwellen 204, 216 Vollzeichendruckverfahren 36
Ultraschallstoßwellen- Volumenhologramm 92
liththripter 216 Vorderradführung 140
Umlaufbahn 168 Vorgelegewelle 116
Umlenkspiegel 78 Vorkammerverfahren 104
Umluftherd 224 Vorsegel 162
Umwandlung von Energie 246 VPS 50, 58
Umwerfer, hinterer 142 VR-Geräte 46
Umwerfer, vorderer 142 VRML 46
Universalbagger 96 VRML-Browser 46
Unterdruckbrems- VRML-Viewer 46
kraftverstärker 124
Unterschubfeuerungen 276 W
Unterseeboote 164 Wafer 310
Upsidedown-Gabeln 140 WAN 22
Uran 252 Wanderfeld, elektro-
magnetisches 152
V Wandlerüberbrückungs-
υ-Wellen 214 kupplung 118
Vakuum-Flachkollektoren 264 Wankelmotor 100, 106
Vektorisierung 44 Wanten 162
Vektorrechner 44 Wärmedämmung 280
Venturiwäscher 282 Wärmeleitung 224
Verbrennungskraftmaschine 102 Wärmepumpen 234, 278
Verbundwerkstoffe 300 Wärmequelle 278
Vergärung 274 Wärmerückgewinnung 234
Vergasung 274, 286 Wärmestrahlung 224
Verglasung 254 Wärmeströmung 224
Verknüpfungen, logische 26 Wäscher 282
SACHWORTREGISTER 335
Wäschetrockner 230 Zwischenlager 256
Wäschetrommel 230 Zyklone 282
Waschmaschine 230 Zylinder 102
Waschturm 282
Waschvollautomat 230
Washcoat 126
Wasserkraftwerke 258
Wasserstofftechnologie 270
Wehnelt-Zylinder 52
Weitwinkelobjektiv 82
Wendegetriebe 94
Werkzeugmaschinen,
computergesteuert 304
Wiederaufbereitung 254
Windgeschwindigkeit 262
Windkraftanlagen 262
Windrichtungsnachführung 262
Windturbine 266
Wirbelschicht 238
Wirbelkammerverfahren 104
Wirbelschicht-
feuerung 236, 276, 286
Wirkungsgrad 246
Wirtszellen 196
wissenschaftliche Satelliten 188
Wissenspeicher 46
World Wide Web 40
WWW 40

X
Xerografie 36

Z
Zapfwellen 94
Zeilensprungverfahren 50
Zeitautomatik 90
Zeitduplexverfahren 12
Zeitmultiplex 10
Zeitmultiplexsystem 12
Zentraleinspritzanlagen 110
Zentralsteuereinheit 304
Zentralverschluss 78
Zeppelin 176
ZF 64
Zoomobjektiv 82
Zugmittelantrieb 140
Zugriff, sequentiell 34
Zugriff, wahlfrei 34
Zündelektrode 88
Zündverzug 104
Zwangskonvektion 224
Zweikreisbremsanlagen 122
Zweikreistriebwerk 170
Zweirohrstoßdämpfer 112
Zweischeiben-Wankelmotor 106
Zweischichttechnik 62
Zweitakt-Otomotor 102
Zweitaktverfahren 102
zweiteilige Klimaanlage 234
Zwischenfrequenz 64
BILDQUELLEN 336
ABB, Butzbach 283 Institut für Mikrotechnik, Mainz 311,
ADtranz, ABB Daimler- Benz Transpor- 313, 315
tation, Kassel 149 Institut für Verbundwerkstoffe,
ADtranz, ABB Daimler- Benz Transpor- Kaiserslautern 301
tation, Hennigsdorf 149 Kernkraftwerk Philippsburg 257
AEG Hausgeräte, Nürnberg 229 Klimmer Foto- Studio, Lingen 251
Prof. Dr. F. Aldinger, Stuttgart 299 Kodak, Stuttgart 85
Prof. Dr. A. Anders- von Ahlften, Krupp Fördertechnik, Duisburg- Rhein-
Hannover 221 hausen 99
AutoBild, Hamburg 113 Krupp Kautex Maschinenbau, Bonn 305
BASF, Ludwigshafen am Rhein 291 Kühnle, Kopp & Kausch, Frankenthal 109
Bauknecht Hausgeräte, Stuttgart 225 Leica Camera, Solms 79
Bayer, Leverkusen 269, 293, 295, 297 Lucas KFZ- Ausrüstung, Neuwied 123
Bayerische Motorenwerke, München 141 Mannesmann Dematic, Wetter 97
Bayernwerk Konventionelle Wärmekraft- Mercedes- Benz, Stuttgart 101, 103
werke, Schwandorf 277 Messerschmitt- Bölkow- Blohm, Otto-
Bilderberg, Archiv der Fotografen, Ham- brunn 173
burg 319 Metz Werke, Fürth 89
Blaupunkt- Werke, Hildesheim 67 Micronas Intermetall, Freiburg im
Robert Bosch, Hildesheim 13 Breisgau 31
Canon Europa- Photo, Willich 79 Mielewerke, Gütersloh 231
Canton Elektronik, Weilrod 75 NASA, Washington D. C. 191
Carl Cloos Schweisstechnik, Haiger 309 NASA/JPL/RPIF/DLR 193
Corbis, London und Frankfurt am Main Nikon, Düsseldorf 83
29, 179 OLYMPUS OPTICAL (EUROPA),
Daimler- Benz Aerospace, Bremen 183 Hamburg 85
Daimler- Benz Aerospace, München 189 Panasonic Klimageräte und EDV- Klima-
Daimler- Benz Aerospace Airbus, anlagen Westamatic, Eschborn 235
Hamburg 167 Polaroid, Offenbach am Main 81
DeTeMobil Deutsche Telekom MobilNet, Dr. D. Rau, Kaiserslautern 139
Bonn 11, 17, 21, 25 Rheinisch- Westfälische Elektrizitäts-
Deutsche Aerospace, München 169, 171 werke, Essen 237, 239, 269
Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und St. Jude Medical, Nürnberg 211
Raumfahrt e. V. , Köln 193 Sandia National Laboratories,
Die deutsche Kunststoffindustrie, Albuquerque 45
Frankfurt am Main 289 Prof. em. Dr.- Ing. H. Schönfelder,
Deutsche Verbundgesellschaft, Bad Harzburg 55
Heidelberg 247 Seagate Technology, München 35
dpa Bildarchiv, Frankfurt am Main und H. Seidl, Salzburg 147
Stuttgart 57, 195, 261, 317 P. F. Selinger Luftfahrt- Archiv,
ELSA, Aachen 39 Stuttgart 175
Enercon, Aurich 263 Siemens, Erlangen und Mannheim 151,
B. Eusemann, Ihringen 243, 263 205, 207, 209, 217, 241, 255
Falken Verlag, Niedernhausen 19 Siemens, München 15, 57
Flachglas Solartechnik, Köln 267 Sony Deutschland, Köln 61, 65
Forschungszentrum, Karlsruhe 219 Springer- Verlag, Heidelberg 101, 119
Forschungszentrum, Zentralabteilung W. Tessendorf, Wuppertal 77, 91
Technologie, Jülich 311 thermo/solar Energietechnik,
Fotostudio Druwe/Polastri, Weddel 59 Regensburg .265
Fraunhofer Institut (IAO), Stuttgart 43 Thyssen Henschel, Kassel 151
Fresenius Medical Care Deutschland, THYSSEN TRANSRAPID SYSTEM,
Oberursel 213 Kassel 153
FUJI PHOTO FILM, Düsseldorf 87 Tierbilder Okapia, Frankfurt am Main .321
C. Graefen, Duisburg 159 A. Tsiaras, New York 219
Graphikbüro Formgeber, Nußloch 175 Verband Deutscher Reeder e. V. ,
Hamburgische Electricitätswerke, Hamburg 157
Hamburg 253, 259 Volkswagenwerk, Wolfsburg 125
Heinemann Publishers, Oxford 185 Von Roll Inova, Frankfurt am Main 287
HOWALDTSWERKE – DEUTSCHE WERFT, Vorwerk Deutschland, Wuppertal 233
Kiel 165 Windhoff, Rheine 293
H. Huckfeldt, Hamburg 113 R. Wolf Endoskope, Knittlingen 219
IBM, New York 71 Zeppelin Luftschifftechnik,
Friedrichshafen 177

Weitere grafische Darstellungen, Karten und Zeichnungen Bibliographisches Institut


& F. A. Brockhaus, Mannheim

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