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Wiesmann

Linn
Brückmann

Atlas Klinische
Neuroradiologie
Wirbelsäule
und Spinalkanal
Atlas Klinische Neuroradiologie
Martin Wiesmann
Jennifer Linn
Hartmut Brückmann
(Hrsg.)

Atlas Klinische
Neuroradiologie
Wirbelsäule und Spinalkanal

Mit 1030 Abbildungen

Bearbeitet von Martin Wiesmann und Omid Nikoubashman

123
Herausgeber
Prof. Dr. Martin Wiesmann Prof. Dr. Hartmut Brückmann
Uniklinik Aachen RWTH, Deutschland Klinikum der Universität München-Großhadern, Deutschland

PD Dr. Jennifer Linn


Klinikum der Universität München-Großhadern, Deutschland

ISBN-13 978-3-642-38108-9 ISBN 978-3-642-38109-6 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6

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V

Vorwort

Bereits in den Jahren, die zur Erstellung dieses Buches Wie beim ersten Band des Atlas Klinische Neuro-
nötig waren, hat sich manches von dem, was »gute« radiologie ist auch dieses Buch kein Sammelwerk
neuroradiologische Wirbelsäulendiagnostik aus- vieler Spezialisten, sondern quasi »aus einer Hand«
macht, verändert. Jedes Jahr wird es Innovationen konzipiert und verfasst.
geben, die uns schneller und sicherer zur Diagnose
führen. Die wichtigste Grundlage unserer Arbeit Wir möchten, dass dieser Atlas Ihr Lieblingsbuch
aber, die Anatomie des menschlichen Körpers, bleibt bei der neuroradiologischen Wirbelsäulendiagnostik
immer gleich. Selbst mit den neuesten Geräten und wird. Und wir freuen uns über Verbesserungsvor-
den modernsten MRT-Sequenzen wird man immer schläge und Korrekturen, damit die nächste Auflage
nur höchstens so viel wiedererkennen, wie man schon noch besser wird.
vorher kannte. Dieses Buch beginnt daher mit einem
ungewöhnlich umfangreichen Anatomieteil. Martin Wiesmann
Jennifer Linn
Unser Ziel war es ferner, in diesem Buch das »ge- Hartmut Brückmann
samte« neuroradiologische Spektrum der Wirbel- Aachen, im Juli 2013
säulen- und Rückenmarksdiagnostik abzubilden.
Deshalb haben wir auch Dinge behandelt, die in
anderen neuroradiologischen Büchern häufig ausge-
spart sind. Dazu zählen zum Beispiel die wichtigsten
Knochentumoren der Wirbelsäule, die rheumati-
schen Erkrankungen, die metabolischen Erkran-
kungen der Wirbelsäule, oder die embryologischen
Grundlagen der Fehlbildungen.

Wir haben den Atlas Klinische Neuroradiologie für


die tägliche Arbeit geschrieben. Der Textteil ist daher
knapp gehalten. Stichpunktartig werden die patho-
physiologischen Grundlagen der einzelnen Erkran-
kungen, wichtige Klassifikationen, charakteristische
Bildbefunde und die relevanten Differentialdiagno-
sen mit Hinweisen zur Abgrenzung genannt. Beson-
ders hervorgehoben sind typische Befunde, Pitfalls
und Merkregeln.
Danksagung

Für die kritische Korrektur einzelner Kapitel möchten Für die Unterstützung bei der Erstellung und Nach-
wir uns bei Frau PD Dr. Dagmar Honnef, Herrn PD verarbeitung der Abbildungen möchten wir uns bei
Dr. Georg Mühlenbruch, Herrn Dr. Rico Badenschier, Frau Dr. Katja Bochmann, Frau Dr. Katharina Stein-
Herrn PD Dr. Michael Mull und Herrn Prof. Armin hagen, Herrn Tim Wesemann und den MTRAs der
Thron bedanken. Klinik für Neuroradiologie der Uniklinik Aachen
bedanken.
Zahlreiche Kollegen haben uns mit Abbildungen
unterstützt. Dafür danken wir Frau Prof. Birgit Ertl- Vielen Dank!
Wagner, Herrn Dr. Stefan Gottschalk, Frau Dr.
Susanne Leykamm, Herrn PD Dr. Georg Mühlen- Martin Wiesmann
bruch, Herrn PD Dr. Michael Mull, Herrn Prof. Dirk
Petersen, Herrn PD Dr. Marc Steinborn und Herrn
Prof. Armin Thron. Unser ganz besonderer Dank gilt
diesbezüglich Herrn Prof. Rainer Erlemann und
Herrn Dr. Hermann Kapp.
VII

Die Autoren

Univ.-Prof. Dr. med. Martin Wiesmann ist Direktor der Klinik für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie
an der Uniklinik Aachen. Er absolvierte sein Studium der Humanmedizin in Würzburg, Charleston/USA und Houston/
USA. 1994 promovierte er in Würzburg mit einem Thema aus der Neuroendokrinologie. Anschließend begann er
seine Ausbildung als Assistenzarzt in der Neurologie und Neurochirurgie. An den Universitätskliniken in Lübeck und
München-Großhadern absolvierte er dann die Ausbildung zum Facharzt für Radiologie und Neuroradiologie. Ab
2003 war er als Oberarzt in der Abteilung für Neuroradiologie am Universitätsklinikum München-Großhadern tätig.
2004 habilitierte er sich mit einem Thema der MRT-Bildgebung. 2008 wechselte er als Chefarzt für Neuroradiologie
an die Helios Kliniken Schwerin. 2010 nahm er den Ruf auf die W3-Stelle für Neuroradiologie an der Uniklinik der
RWTH Aachen an. Prof. Wiesmann ist Autor und Koautor von mehr als 130 wissenschaftlichen Publikationen und
Herausgeber von 2 Büchern. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten wurde er von der Europäischen Gesellschaft
für Neuroradiologie, der Deutschen Röntgengesellschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung
ausgezeichnet.

Priv.-Doz. Dr. med. Jennifer Linn ist Leiterin der MRT-Sektion der Abteilung für Neuroradiologie des Klinikums
der Universität München. Sie studierte Humanmedizin an der Universität des Saarlandes und der Université libre
de Brussels/Belgien. Während ihrer Promotion am Institut für Neurowissenschaften der Technischen Universität
München war sie in der neurophysiologischen Grundlagenforschung tätig. Schon als Ärztin im Praktikum in der
Abteilung für Neuroradiologie des Klinikums der Universität München interessierte sie sich schwerpunktmäßig für
die strukturelle und funktionelle Bildgebung des ZNS. Ihre Facharztausbildung zur Radiologin und Neuroradiologin
komplettierte sie im Institut für Klinische Radiologie und in der Abteilung für Neuroradiologie des Klinikums der
Universität München. Seit 2009 ist sie in der Abteilung für Neuroradiologie des Klinikums der Universität München
als Oberärztin tätig. 2010 habilitierte sie sich zum Thema »Bildgebung des hämorrhagischen Schlaganfalls«. Ihre
Arbeitsgruppe beschäftigt sich v. a. mit den zerebralen Mikroangiopathien und der multimodalen Diagnostik der
Hirntumoren. Frau Dr. Linn hat dazu mehr als 100 wissenschaftliche Arbeiten und 10 Buchkapitel veröffentlicht und
ist Herausgeberin von 2 Büchern. Für ihre Forschungsprojekte wurde sie von der Technischen Universität München,
der Deutschen Physiologischen Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie mehrfach aus-
gezeichnet und erhielt den Perovich Grant für European Neuroradiologists der Johns Hopkins University.

Univ.-Prof. Dr. med. Hartmut Josef Brückmann ist Direktor der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum der
Universität München. Studium der Humanmedizin in Aachen und Bonn. Anschließend begann er seine Ausbildung
als Assistenzarzt in der Radiologie und Neurologie in Bardenberg und Aachen und schloss die Ausbildung zum
Facharzt für Radiologie und Neuroradiologie in Aachen ab. 1983 promovierte er in Aachen mit einem Thema zur
Röntgendiagnostik entzündlicher Dickdarmerkrankungen. Er war als Oberarzt in der Neuroradiologischen Unter-
suchungsstelle der Neurologischen Klinik der Universitätskliniken in Aachen und im Radiologischen Institut der
Universitätsklinik Lübeck tätig. 1993 habilitierte er sich mit einem Thema zur Gefäßanatomie des Hirnstammes.
Seit 1996 leitet er die Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum der Universität München. Er ist Herausgeber und
Mitherausgeber von 4 Büchern. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten wurde er von der Deutschen Gesellschaft für
Neuroradiologie mit dem Kurt Decker Preis ausgezeichnet.

Dr. med. Omid Nikoubashman ist als Assistenzarzt in der Klinik für diagnostische und interventionelle Neuroradio-
logie an der Uniklinik Aachen tätig. Er absolvierte sein Studium der Humanmedizin in Düsseldorf, Paris und London.
Danach war er als Assistenzarzt in den Kliniken für Neuroradiologie und Neurologie an der Uniklinik Aachen tätig.
2013 promovierte er an der RWTH Aachen mit einem Thema aus der Neuroradiologie. Von der Deutschen Gesell-
schaft für Neuroradiologie wurde er für seine wissenschaftliche Arbeit mit dem Marc-Dünzl-Preis ausgezeichnet.
Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Verzeichnis der Exkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Sektion I: Neuroanatomie Wirbelsäule und Rückenmark

1 Knöcherne Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Aufbau der Wirbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3 Säulenmodell der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4 Kraniozervikaler Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.5 Halswirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.6 Brustwirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.7 Lendenwirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.8 Sakrum und Steißbein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

2 Bandscheiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3 MRT-Signalcharakteristika der Wirbelkörper und Bandscheiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4 Bandstrukturen der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

5 Normvarianten und Fehlbildungen der knöchernen Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

6 Rückenmarkshäute und intraspinale Kompartimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39


6.1 Epiduralraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
6.2 Subduralraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
6.3 Subarachnoidalraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

7 Spinale Liquorzirkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
7.1 Subarachnoidalraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
7.2 Zentralkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

8 Rückenmark und Spinalnerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45


8.1 Anatomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
8.2 Normvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
8.3 Innerer Aufbau des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
8.4 Graue Substanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
8.5 Weiße Substanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
8.5.1 Sensible Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
8.5.2 Motorische Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

9 Gefäßversorgung von Wirbelsäule und Rückenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55


9.1 Oberflächliches arterielles Gefäßnetz des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
9.2 Arterielle Gefäßterritorien des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
9.3 Zuflüsse zu den spinalen Arterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
9.4 Venöses System des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
9.5 Venöses System des Spinalkanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

10 Paraspinale Weichteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
IX
Inhaltsverzeichnis

11 Dermatome und Kennmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69


11.1 Dermatome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
11.2 Kennmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Sektion II: Pathologien

12 Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75


12.1 Verletzungsmechanismen und bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
12.2 Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs und der oberen Halswirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . 77
12.2.1 Frakturen der Okzipitalkondylen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
12.2.2 Okzipitozervikale Luxationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
12.2.3 Frakturen des Atlas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
12.2.4 Densfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
12.2.5 Erhängungsfraktur des Axis (Hanged-man’s Fraktur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
12.3 Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
12.3.1 Einfache Keil- oder Kompressionsfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
12.3.2 Berstungsfraktur der mittleren und unteren HWS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
12.3.3 Flexions-Tränentropfenfraktur (Teardrop-Fraktur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
12.3.4 Hyperextensions-Tränentropfenfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
12.3.5 Wirbelbogenfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
12.3.6 Dornfortsatzfraktur (Schaufelarbeiterfraktur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
12.3.7 Verletzungen der Facettengelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
12.4 Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
12.4.1 Einfache Keil- oder Kompressionsfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
12.4.2 Berstungsfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
12.4.3 Distraktionsfrakturen (Chance-Fraktur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
12.4.4 Luxationsfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
12.4.5 Traumatische Spondylolisthesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
12.5 Traumatische Bandscheibenvorfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
12.6 Traumatische spinale Blutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
12.7 Verletzungen des Myelons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
12.8 Verletzungen der Nervenwurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

13 Degenerative Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111


13.1 Einführung und Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
13.2 Klinische Symptomatik und Untersuchungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
13.3 Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben . . . . . . . . . . . 117
13.3.1 Osteochondrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
13.3.2 Einriss des Anulus fibrosus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
13.3.3 Bandscheibenprotrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
13.3.4 Bandscheibenvorfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
13.3.5 Schmorl-Knötchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
13.3.6 Limbus vertebrae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
13.3.7 M. Scheuermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
13.4 Degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
13.4.1 Unkovertebralarthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
13.4.2 Spondylarthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
13.4.3 Synovialzyste der Facettengelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
13.5 Stenosen im Spinalkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
13.5.1 Spinalkanalstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
13.5.2 Neuroforamenstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
13.6 Gefügestörungen der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
13.6.1 Spondylolisthesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
13.6.2 Pseudospondylolisthesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
13.7 Ossifikation spinaler Ligamente (DISH, OLLP, OLF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
X Inhaltsverzeichnis

14 Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157


14.1 Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
14.1.1 Rheumatoide Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
14.1.2 Seronegative Spondylarthropathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
14.1.3 Erregerbedingte Spondylitis/Spondylodiszitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
14.1.4 Wirbelsäulentuberkulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
14.1.5 Paravertebraler Abszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
14.2 Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
14.2.1 Epiduraler Abszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
14.2.2 Subdurales Empyem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
14.2.3 Leptomeningitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
14.2.4 Infektiöse Myelitis/intramedullärer Abszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
14.2.5 Myelitis transversa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
14.2.6 Arachnoiditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
14.2.7 Guillain-Barré-Syndrom (GBS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
14.2.8 Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
14.3 Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
14.3.1 Lyme-Borreliose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
14.3.2 Neurosyphilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
14.3.3 Listeriose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
14.3.4 Tuberkulöse Arachnoiditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
14.3.5 Pilzinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
14.3.6 Spinale Neurozystizerkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
14.3.7 Spinale Toxoplasmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
14.3.8 HIV-Myelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
14.4 Demyelinisierende Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
14.4.1 Multiple Sklerose (MS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
14.4.2 Neuromyelitis optica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
14.4.3 Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
14.5 Granulomatöse Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
14.5.1 Tuberkulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
14.5.2 Sarkoidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

15 Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215


15.1 Diagnostisches Vorgehen und anatomische Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
15.2 Extradurale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
15.2.1 Primäre Knochentumoren der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Osteom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Osteoidosteom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Osteoblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Osteochondrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Chondrosarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
Riesenzelltumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Wirbelhämangiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
Chordom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Aneurysmatische Knochenzyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
15.2.2 Sekundäre Tumoren der Wirbelsäule und des Epiduralraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Wirbelmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Solitäres Plasmozytom der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Multiples Myelom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Langerhans-Zell-Histiozytose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
15.3 Intradurale extramedulläre Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
15.3.1 Meningeom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
15.3.2 Schwannom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
15.3.3 Neurofibrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
15.3.4 Spinales Paragangliom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
15.3.5 Durale Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
XI
Inhaltsverzeichnis

15.3.6 Leptomeningeale Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248


15.4 Intradurale intramedulläre Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
15.4.1 Astrozytom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
15.4.2 Ependymom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
15.4.3 Myxopapilläres Ependymom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
15.4.4 Hämangioblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
15.4.5 Intramedulläre Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

16 Vaskuläre Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259


16.1 Spinale Blutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
16.1.1 Intramedulläres Hämatom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
16.1.2 Subarachnoidalblutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
16.1.3 Subdurales Hämatom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
16.1.4 Epidurales Hämatom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
16.1.5 Spinale Siderose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
16.2 Spinale vaskuläre Malformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
16.2.1 Arteriovenöse Malformation (AVM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
16.2.2 Spinale durale AV-Fistel (DAVF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
16.2.3 Spinales Kavernom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
16.3 Spinale Ischämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

17 Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279


17.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
17.2 Dysraphische Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
17.2.1 Offene dysraphische Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
Myelozele/Myelomeningozele/Hemimyelozele/Hemimyelomeningozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
Dermalsinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
17.2.2 Geschlossene dysraphische Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Einfache Bogenschlussstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Wirbelkörperfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
Anomalien des kraniozervikalen Übergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
Klippel-Feil-Syndrom (KFS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
Dorsale Meningozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
Lipomyelozele/Lipomyelomeningozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
Split-Notochord-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
Diastematomyelie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
Enterogene Zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
Dorsal-enterische Fistel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
17.3 Nicht-dysraphische Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
17.3.1 Tethered-cord-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
17.3.2 Tight filum terminale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310
17.4 Kongenitale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
17.4.1 Fibrolipom des Filum terminale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
17.4.2 Intradurales Lipom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
17.4.3 Dermoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
17.4.4 Epidermoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
17.4.5 Sakrokokzygeales Teratom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
17.4.6 Neuroblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
17.5 Durch Fehlbildungen oder Normvarianten bedingte intramedulläre Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
17.5.1 Syringohydromyelie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
17.5.2 Ventriculus terminalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

18 Metabolische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323


18.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
18.2 Osteomalazie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
18.3 Osteoporose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
18.4 Renale Osteodystrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
XII Inhaltsverzeichnis

18.5 Morbus Paget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330


18.6 Epidurale Lipomatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
18.7 Funikuläre Myelose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

19 Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337


19.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
19.2 Meningeale Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
19.3 Syringohydromyelie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
19.4 Duraleck/Liquorverlustsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
19.5 Rückenmarkherniation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

Serviceteil

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
XIII

Tabellenverzeichnis

Tab. 12.1 Stabilität der häufigsten HWS-Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77


Tab. 14.1 Kriterien zur Unterscheidung zwischen bakterieller und tuberkulöser Spondylitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Tab. 16.1 MR-Signalverhalten parenchymatöser Blutungen in Gehirn und Myelon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

Verzeichnis der Exkurse

Pathologische Wirbelkörperfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Röntgenzeichen akuter und chronischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Terminologie der degenerativen Bandscheibenveränderungen im deutschen Sprachraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Nordamerikanische Terminologie der degenerativen Bandscheibenveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Verlauf der Osteochondrose (Einteilung nach Modic) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Unterscheidung zwischen Spondylolisthesis und Pseudospondylolisthesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Vermehrte KM-Aufnahme spinaler Nervenwurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Opportunistische Infektionen des Spinalkanals bei HIV-Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Assoziierte Fehlbildungen und typische postoperative Komplikationen bei Myelozelen/Myelomeningozelen . . . . . . . . . 283
Definition von Anomalien des kraniozervikalen Übergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
Entwicklung des Dens axis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
Differentialdiagnose spinaler Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
Abkürzungsverzeichnis

A. Arteria KFS Klippel-Feil-Syndrom


Aa. Arteriae KM Kontrastmittel
ADC Diffusionskoeffizient (Apparent Diffusion Coefficient)
ADEM Akute disseminierte Enzephalomyelitis Lig. Ligamentum
AIDP Akute inflammatorische demyelinisierende Ligg. Ligamenta
Polyneuropathie LWK Lendenwirbelkörper
AIDS Aquired Immune Deficiency Syndrome LWS Lendenwirbelsäule
ASA Arteria spinalis anterior
ASR Achillessehnenreflex M. Musculus/Morbus
AV Arteriovenös MPR Multiplanare Rekonstruktionen
AVF Arteriovenöse Fistel MRA Magnetresonanzangiographie
AVM Arteriovenöse Malformation MRT Magnetresonanztomographie
MS Multiple Sklerose
BAI Basion-Axis-Intervall
BDI Basion-Dens-Intervall N. Nervus
BFFE Balanced-Fast-Field-Echo-Sequenz NHL Non-Hodgkin-Lymphom
BSG Blutsenkungsgeschwindigkeit Nn. Nervi
BSP Bandscheibenprolaps NP Nucleus pulposus
BSR Bizepssehnenreflex NPP Nucleus pulposus Prolaps
BSV Bandscheibenvorfall
BWK Brustwirbelkörper OLF Ossifikation des Ligamentum flavum
BWS Brustwirbelsäule OLLP Ossifikation des Ligamentum longitudinale posterius

Ca Carcinoma PCR Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction)


CE Kontrastmittelunterstützt (Contrast Enhanced) PDW Protonendichtegewichtet
CIDP Chronische inflammatorische demyelinisierende PICA Arteria cerebellaris posterior inferior
Polyneuropathie PLSA Arteria posterolateralis
CISS Constructive Interference in Steady State Proc. Processus
CMV Cytomegalievirus PSA Arteria spinalis posterior
CR Cremasterreflex PSR Patellarsehnenreflex
CRP C-reaktives Protein
CT Computertomographie R. Ramus
CTA CT-Angiographie RF Radiofrequenz
Rr. Rami
DAVF Durale arteriovenöse Malformation RP Retropharyngealraum
DD Differentialdiagnose RPR Radius-Periost-Reflex
DISH Diffuse idiopathische Skeletthyperostose RT Retrotrachealraum
DSA Digitale Subtraktionsangiographie
DPX Osteodensitometrie (Dual photon x-ray absorptiometry) SA Spondylitis ankylosans
DTI Diffusions-Tensor-Imaging SAB Subarachnoidalblutung
DWI Diffusionsbildgebung (Diffusion Weighted Imaging) SACD Subacute combined degeneration of the spinal cord
SCM Split cord malformation
ED Encephalomyelitis disseminata SE Spinecho
EPI Echo-planar imaging SPECT Single Photon Emission Computed Tomography
STIR Short-Tau Inversion Recovery
FIESTA Fast Imaging Employing Steady State Acquisition SSW Schwangerschaftswoche
FLAIR Fluid Attenuated Inversion Recovery SWK Sakralwirbelkörper
For. Foramen
TIRM Turbo-Inversion Recovery-Magnitude
GBM Glioblastom TPR Tibialis-posterior-Reflex
GBS Guillain-Barré-Syndrom Tr. Tractus
GE Gradientenecho TSE Turbospinecho
Gl. Glandula TSR Trizepssehnenreflex
GRE Gradientenecho T1w T1-gewichtet
T2w T2-gewichtet
HIV Humanes Immundefizienzvirus T2*w T2*-gewichtet
HLA Human Leukocyte Antigen
HMSN Hereditäre motorisch-sensible Neuropathien V. Vena
HWK Halswirbelkörper Vv. Venae
HWS Halswirbelsäule
HSV Herpes simplex Virus ZNS Zentralnervensystem

IR Inversion Recovery
1

Sektion I:
Neuroanatomie Wirbelsäule
und Rückenmark
Kapitel 1 Knöcherne Wirbelsäule – 3
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

Kapitel 2 Bandscheiben – 29
Martin Wiesmann

Kapitel 3 MRT-Signalcharakteristika der Wirbelkörper


und Bandscheiben – 31
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

Kapitel 4 Bandstrukturen der Wirbelsäule – 35


Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

Kapitel 5 Normvarianten und Fehlbildungen der knöchernen


Wirbelsäule – 37
Martin Wiesmann

Kapitel 6 Rückenmarkshäute und intraspinale Kompartimente – 39


Martin Wiesmann

Kapitel 7 Spinale Liquorzirkulation – 43


Martin Wiesmann

Kapitel 8 Rückenmark und Spinalnerven – 45


Martin Wiesmann

Kapitel 9 Gefäßversorgung von Wirbelsäule und Rückenmark – 55


Martin Wiesmann

Kapitel 10 Paraspinale Weichteile – 63


Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

Kapitel 11 Dermatome und Kennmuskeln – 69


Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman
3 1

Knöcherne Wirbelsäule
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

1.1 Überblick –4

1.2 Aufbau der Wirbel –5

1.3 Säulenmodell der Wirbelsäule –6

1.4 Kraniozervikaler Übergang –7

1.5 Halswirbelsäule – 14

1.6 Brustwirbelsäule – 20

1.7 Lendenwirbelsäule – 23

1.8 Sakrum und Steißbein – 26

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
4 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

Die Wirbelsäule besteht aus den Wirbeln, den dazwischen lie- Die Halswirbelsäule (HWS) artikuliert mit dem Schädel am
1 genden Bandscheiben und den sie stabilisierenden Bändern. Die kraniozervikalen Übergang, mit der Brustwirbelsäule (BWS) am
Wirbelsäule umhüllt den Spinalkanal, in dem der Duralsack zervikothorakalen Übergang. Die Brustwirbel artikulieren mit
liegt. Zwischen knöcherner Wirbelsäule und Duralsack befindet den Rippenköpfchen in den costovertebralen Gelenken, dazu an
sich der Epiduralraum. Im Duralsack liegen die Spinalnerven den Querfortsätzen der Wirbel mit den Rippen in den Costo-
und das Rückenmark, das nach kranial in den Hirnstamm über- transversalgelenken. BWS und Lendenwirbelsäule (LWS) sind
geht. Die Arachnoidea ist mit der Innenseite des Duralsacks ver- am thorakolumbalen Übergang verbunden. Das Sakrum artiku-
wachsen. Auf dem Rückenmark liegt die Pia mater. Zwischen Pia liert mit der LWS am lumbosakralen Übergang, mit den Os iliae
mater und Arachnoidea befindet sich der liquorgefüllte spinale in den Iliosakralgelenken und mit dem Steißbein im Sakrokok-
Subarachnoidalraum (. Abb. 1.1). zygealgelenk.
Etwa 80 % der Länge der Wirbelsäule ist durch die Wirbel-
körper bedingt, etwa 20 % durch die Bandscheiben. Durch tages-
1.1 Überblick zeitabhängige Veränderungen des Flüssigkeitsgehaltes der Band-
scheiben schwankt die Länge der Wirbelsäule um durchschnitt-
Die Wirbelsäule besteht normalerweise aus 33 Wirbeln: 7 Hals- lich 16 mm. Die Längenabnahme erfolgt zum größten Teil in den
wirbeln (HWK 1–7), 12 Brustwirbeln (BWK 1–12), 5 Lenden- ersten 3 Stunden des Tages und ist bei Jugendlichen und jungen
wirbeln (LWK 1–5), dem aus 5 Wirbeln (SWK 1–5) verschmol- Erwachsenen am ausgeprägtesten.
zenen Kreuzbein (Os sacrum) und dem Steißbein (Os coccy- HWS und LWS zeigen eine physiologische Lordose, die BWS
gis), das aus 4 zusammengewachsenen Knochenstücken besteht eine Kyphose. Sakrum und Os coccygis weisen zusammen wie-
(. Abb. 1.2). Der HWK 1 wird als Atlas bezeichnet, der HWK 2 der eine Kyphose auf. . Abb. 1.1 zeigt diese auch als »Doppel-S-
als Axis. Form« bezeichnete reguläre Konfiguration der Wirbelsäule.

a b

. Abb. 1.1 Wirbelsäule im frühen Kindesalter. Sagittale Aufnahme der Wir- . Abb. 1.2a, b CT der gesamten Wirbelsäule. 31. SSW. Im Sagittalschnitt
belsäule eines 3-jährigen Kindes in T2-Wichtung. (a) und der 3D-Rekonstruktion (b) ist die noch fehlende Fusion der einzel-
A = HWS; B = BWS; C = LWS; D = Sakrum/Os coccygeum. 1 = Sella turcica; nen Sakralwirbel zu erkennen. Darüber hinaus sind auch die Knochenkerne
2 = Clivus; 3 = Atlas; 4 = Axis. Der Knochenkern des Dens (oben) ist noch des Dens axis und des Corpus axis einzeln voneinander abgrenzbar
nicht mit der Basis (unten) fusioniert; 5 = Vorderes Längsband; 6 = HWK 7;
7 = Nucleus pulposus der Bandscheibe BWK 2/3; 8 = Myelon; 9 = Hinteres
Längsband; 10 = Conus medullaris; 11 = Subarachnoidalraum; 12 = Epidu-
ralraum; 13 = Proc. spinosus des LWK 2; 14 = SWK 1
1.2 · Aufbau der Wirbel
5 1
Durch muskuläre Ungleichgewichte weisen Rechtshänder häufig Querfortsätzen (Proc. transversus), den als Laminae arcus verte-
eine leichte Vorwölbung der oberen BWS nach rechts lateral, brae bezeichneten hinteren Anteilen des Wirbelbogens und den
Linkshänder eine Vorwölbung nach links lateral auf. Dornfortsätzen (Proc. spinosus). Die Bogenwurzeln entspringen
am posterolateralen Oberrand der Wirbelkörper. In koronarer
Ansicht ist der Querschnitt der Bogenwurzeln rundlich, in late-
1.2 Aufbau der Wirbel raler Ansicht weisen Oberrand und Unterrand der Bogenwur-
zeln flache Einbuchtungen auf. Die Laminae sind schräg zur
Von HWK 3 bis LWK 5 besteht jedes Segment aus einem Wirbel- Mittellinie orientiert und fusionieren miteinander, um den
körper und einem daraus nach dorsal entspringenden Wirbelbo- Dornfortsatz zu bilden. Der Abschnitt der Massae laterales, der
gen, die zusammen den Spinalkanal umschließen (. Abb. 1.3 und zwischen oberem und unterem Gelenkfortsatz liegt, wird als Pars
. Abb. 1.4). Die Wirbelkörper ähneln einem kurzen Zylinder, interarticularis oder Isthmus bezeichnet. Die Wirbelbögen mit
dessen Endflächen als Deckplatte (kranial) und Grundplatte ihren Fortsätzen werden auch als (posteriore) Wirbelanhangsge-
(kaudal), oder zusammen als Endplatten bezeichnet werden. Die bilde bezeichnet. Die innere Form des knöchernen Spinalkanals
Seitenwände dieser Zylinder sind leicht konkav. Am äußeren ist in HWS und LWS dreiseitig, in der BWS rund. Der Innen-
Rand besitzen die Endplatten der Wirbelkörper eine ringförmi- durchmesser des knöchernen Spinalkanals nimmt von kranial
ge, nach oben bzw. unten gerichtete Verdickung (Wirbelkörper- nach kaudal ab. Der normale sagittale Durchmesser beträgt beim
apophyse oder Ringapophyse), mit der die Bandscheiben beson- Erwachsenen in Höhe HWK 1/2 etwa 15–16 mm und in der LWS
ders intensiv verbunden sind. Der Wirbelbögen setzt sich zusam- etwa 12 mm.
men aus den auch Bogenwurzeln genannten Pedikeln (Pediculus Aus den Massae laterales entspringen die Querfortsätze nach
arcus vertebrae), den Massae laterales mit den oberen und unte- lateral, die oberen Gelenkfortsätze nach oben und leicht nach
ren Gelenkfortsätzen (Proc. articularis superior et inferior), den vorne, und die unteren Gelenkfortsätze nach unten und leicht

HWS BWS LWS

Wirbelkörper Querfortsatz

Pedikel Massa lateralis mit Gelenkfortsätzen Lamina mit Dornfortsatz

. Abb. 1.3 Aufbau der Wirbelkörper. Gliederung der Wirbelbögen in Pedikel, Querfortsatz, Massa lateralis und Lamina an Hals-, Brust- und Lendenwirbeln

a b c

. Abb. 1.4a–c Aufbau der Wirbelkörper. Axiale CT-Reformationen durch den HWK 4 (20 Jahre, weiblich) (a), den BWK 5 (17 Jahre, männlich) (b) und den
LWK 5 (22 Jahre, männlich) (c) analog zu . Abb. 1.3
6 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

vorderes hinteres Ligamentum


1 Längsband Längsband flavum

Ligamentum
supraspinosum

Anulus
fibrosus Ligamentum
interspinosum
a b

. Abb. 1.5a, b Foramina intervertebralia. Sagittale CT-Reformationen (a)


und T1w-MRT-Aufnahmen (b) durch die linken Neuroforamina der unteren
Band-
BWS eines 17 Jahre jungen Mannes (a) und einer 27 Jahre jungen Frau (b).
scheibe
Die anteriore Begrenzung der Neuroforamina (Stern) wird von den angren-
zenden Wirbelkörpern und der entsprechenden Bandscheibe gebildet
(a und b dünner Pfeil). Die dorsale Begrenzung besteht aus den Facettenge-
lenken, der Pars interarticularis der entsprechenden Wirbel sowie dem Lig.
Flavum (a und b Pfeilspitze). Die kraniale und kaudale Begrenzung der Neu-
roforamina wird von den Incisurae vertebralis inferior (a und b großer Pfeil)
und superior (a und b kleiner Pfeil) der entsprechenden Pediculi arcus verte-
brae gebildet

vordere mittlere hintere


Säule Säule Säule
nach hinten. Die Facettengelenke werden aus den oberen und . Abb. 1.6 Drei-Säulen-Modell
unteren Gelenkfortsätze benachbarter Wirbel gebildet. Die Stel-
lung der Gelenkfacetten ist in HWS, BWS und LWS unterschied-
lich (s. u.). Durch die Orientierung der oberen und unteren Ge-
lenkfortsätze ist es aber in jedem Facettengelenk so, dass auf einer 1.3 Säulenmodell der Wirbelsäule
transversalen Schicht die Gelenkfacette des unteren beteiligten
Wirbels vor der des oberen Wirbels liegt. 4 Anatomische Unterscheidung zwischen anterioren Ele-
Die Facettengelenke gehören zu den »Schiebegelenken«, d. h. menten (Wirbelkörper) und dorsalen Elementen (Wir-
die Bewegung in den Gelenken erfolgt nur durch Verschiebung belbögen)
entlang der Gelenkflächen. Das Ausmaß der Beweglichkeit wird 4 Drei-Säulen-Modell (v. a. zur Frakturbeurteilung ange-
durch Bandscheiben und Bänder begrenzt. wandt, . Abb. 1.6):
Durch die Bogenwurzeln zweier übereinanderliegender Wir- 5 vordere Säule (anteriore Hälfte von Wirbelkörpern und
bel ergibt sich auf beiden Seiten dorsolateral des Wirbelkörpers Bandscheiben, vorderes Längsband)
eine Öffnung (Foramen intervertebrale, Neuroforamen), durch 5 mittlere Säule (posteriore Hälfte von Wirbelkörpern und
die die Spinalnerven den Spinalkanal verlassen (. Abb. 1.5). Die Bandscheiben, hinteres Längsband)
For. intervertebralia werden oben und unten durch die konkaven 5 hintere Säule (Wirbelbögen, Facettengelenke, verbin-
Ränder der Bogenwurzeln begrenzt. Der Vorderrand des Neuro- dende Ligamente wie z. B. Lig. interspinosum, Lig. su-
foramens besteht, von oben nach unten, aus der Rückwand des praspinosum, Lig. infraspinosum, manche Autoren be-
oberen beteiligten Wirbelkörpers, aus der Rückwand der Band- zeichnen die hintere Säule auch als »hinteren Bänder-
scheibe und aus der Rückwand der Deckplatte des unteren betei- komplex«)
ligten Wirbelkörpers. Der hintere Rand des Neuroforamens wird 4 In der Regel sind 1-Säulen-Frakturen stabil, 3-Säulen-Frak-
gebildet aus dem Periost der Pars interarticularis der beiden Wir- turen immer instabil. 2-Säulen-Frakturen können je nach
bel, der synovialen Kapsel des Facettengelenks und teilweise auch Ausmaß der Verletzungen stabil sein, meist sind sie jedoch
vom Lig. flavum (s. u). instabil.
1.4 · Kraniozervikaler Übergang
7 1
Ansicht von vorn Ansicht von seitlich Ansicht von oben
1 1
11
2 2 11
4
8 9
7 10 5
1

3 4 2

8
7

10 9 12
5 6

Alantoaxialgelenk 1 Dens (Proc. odontoideus des Axis) 5 Processus costotransversarius 9 Dornfortsatz


2 Massa lateralis des Atlas 6 untere Gelenkfacette 10 Foramen transversarium
Atlas-Dens-Abstand 3 Körper des Axis 7 Bogenwurzel 11 vorderer Atlasbogen
4 obere Gelenkfacette 8 Lamina 12 hinterer Atlasbogen
. Abb. 1.7 Anatomie von HWK 1 (Atlas) und HWK 2 (Axis)

1.4 Kraniozervikaler Übergang Densspitze und dem Lig. transversum wird als hinteres
Atlantodentalgelenk bezeichnet.
4 Der kraniozervikale Übergang besteht aus den beiden 4 Ligamenta (von anterior nach posterior) (. Abb. 1.8, . Abb.
Okzipitalkondylen, Atlas, Axis, ihren Gelenken und Liga- 1.11 und . Abb. 1.12):
menten 5 Membrana atlanto-occipitalis anterior: zwischen vorde-
4 Der Aufbau der HWK 1 und 2 weicht von der übrigen rem Atlasbogen und vorderem Rand des For. magnum
Wirbelsäule ab (. Abb. 1.7) 5 Lig. apicis dentis: dünnes Band zwischen der Spitze des
4 Der HWK 1 (Atlas) besteht im wesentlichen aus einem Dens und dem vorderen Rand des For. magnum
ringförmigen Wirbelbogen, ein Wirbelkörper im eigent- 5 Ligg. alaria: kräftige Bänder von den lateralen oberen
lichen Sinne fehlt. Die verstärkten Seiten dieses Bogens Rändern des Dens zu den seitlichen Rändern des For.
(Massa lateralis) tragen den Schädel und bilden zwischen magnum
ihren oberen Gelenkfacetten und den Kondylen des 5 Lig. transversum atlantis: verbindet die beiden Massae
Os occipitale das Atlantooccipitalgelenk. Seine unteren laterales des Atlas und verläuft hinter dem Dens
Gelenkfortsätze bilden mit dem Atlas das Atlantoaxial- 5 Lig. cruciatum: kraniokaudale Faserzüge laufen vom
gelenk. Vorderrand des For. magnum über den hinteren Rand
4 Der HWK 2 (Axis) besitzt im Gegensatz zu den anderen des Lig. transversum zum Hinterrand des Axis. Zusam-
Wirbeln einen großen, nach kranial gerichteten Fortsatz, men mit dem Lig. transversum bezeichnet man diese
den Dens axis (. Abb. 1.9 und . Abb. 1.10). Der Dens geht Faserzüge als Lig. cruciatum
aus dem vorderen Anteil des Wirbelkörpers hervor und 5 Membrana tectoria: Fortsetzung des hinteren Längs-
reicht mit seiner Spitze bis knapp unter das Foramen bandes (Lig. longitudinale posterius) über den Vorder-
magnum. Der vordere Anteil der Densspitze artikuliert mit rand des For. magnum zum Clivus
dem vorderen Ring des Axis (vorderes Atlantodentalge- 5 Membrana atlanto-occipitalis posterior: zwischen hin-
lenk). Die Kontaktfläche zwischen dem hinteren Anteil der terem Atlasbogen und hinterem Rand des For. magnum
8 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

Clivus
1 Basion

Crus superius ligamenti cruciformis

Membrana tectoria

Membrana atlantooccipitalis anterior

Ligamentum apicis dentis Opisthion


Atlas Membrana atlantooccipitalis posterior
Dens axis

Ligamentum transversum
Ligamentum longitudinale anterius

Axis Ligamentum longitudinale posterius

Ligamentum nuchae
a

Clivus ossis occipitalis

Ligamenta alaria

Ligamentum apicis
dentis

Dens axis

Axis

Clivus ossis occipitalis

Ligamenta alaria

Crus superius ligamenti


cruciformis

Ligamentum transversum

Crus inferius ligamenti


cruciformis Atlas

Axis

. Abb. 1.8a–f Kraniozervikaler Übergang. Sagittaler Mittellinienschnitt (a). Koronare Ansichten von dorsal auf die Innenseite des Wirbelkanals (von ventral
nach dorsal: b bis d) und die Dorsalfläche der Wirbelsäule (e) sowie koronare Ansicht auf die Vorderfläche der Wirbelkörper von ventral (f)
1.4 · Kraniozervikaler Übergang
9 1
Clivus ossis occipitalis

Atlas

Membrana tectoria

Axis

Os occipitale

Membrana atlantooccipitalis posterior

Ligamentum flavum
Atlas

Axis

Clivus

Membrana atlantooccipitalis
anterior Atlas

Ligamentum longitudinale
anterius

f
. Abb. 1.8a–f (Fortsetzung)
10 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

. Abb. 1.9 Atlas und Dens. Konventionelle Röntgen-Dens-Zielaufnahme. Typische Dens-Zielaufnahme mit Darstellung des Atlas und des Axis

a b c

d e f

. Abb. 1.10a–f Kraniozervikaler Übergang. 20-jährige Frau. Axiale CT-Reformationen mit Darstellung von Atlas und Axis von kranial nach kaudal (a–d)
sowie sagittale und koronare CT-Reformationen des kraniozervikalen Übergangs. Dargestellt sind der Dens axis (a und d Pfeilspitze) und der Atlas (a und b
Pfeil), in c und d ist lediglich die Basis des Axis zu erkennen
1.4 · Kraniozervikaler Übergang
11 1

a b c

. Abb. 1.11a–c Kraniozervikaler Übergang. Axiale CT-Reformationen bei einer 20-jährigen Frau (a) sowie axiale und koronare T2w-MRT-Aufnahme bei
einem 29-jährigen Mann (b und c). Das Lig. transversum atlantis (a–c dicker Pfeil) entspringt von Tuberkeln der Massae laterales (a und b Pfeilspitze) und
bildet die dorsale Begrenzung des atlantodentalen Gelenks. Weiter apikal liegen die Lig. alaria (c dünner Pfeil), die schräg vom Dens axis zu den Condyli
occipitales ziehen

a b

. Abb. 1.12a, b Kraniozervikaler Übergang. Sagittale T2w-MRT-Aufnahme bei einer 40-jährigen Frau (a) sowie sagittale CT-Reformation in Weichteil-
fenstertechnik bei einem 47-jährigen Mann (b). Ventral an den Retropharyngealraum angrenzend findet sich das Lig. longitudinale anterius, welches ent-
lang der Wirbelkörpervorderkanten verläuft und vom Clivus bis zum Os coccygis reicht (a kleine Pfeilspitze). Dorsal hiervon befindet sich das Lig. atlanto-
occipitale anterius (a und b Pfeilspitze), das das Tuberculum anterius atlantis flächig mit dem anterioren Foramen magnum verbindet. Dahinter liegt das
Ligamentum apicis dentis, das zwischen dem Apex des Dens axis und dem Basion ossis occipitalis liegt (a und b dünner Pfeil). In der MRT-Untersuchung
sind darüber hinaus flau die apikalen longitudinalen Fasciculi des Lig. cruciformis abgebildet (a kleiner dünner Pfeil). Zum Spinalkanal hin liegt die Mem-
brana tectoria (a und b kräftiger Pfeil), die kaudal in das Lig. longitudinale posterius übergeht
12 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

jNormmaße des kraniozervikalen Übergangs


1 Wackenheim-Linie (. Abb. 1.13 und . Abb. 1.14)
kSagittale Aufnahmen
McRae Linie 4 Als Referenzpunkte für die Stellung des kraniozervikalen
Chamberlain-Linie Übergangs werden benutzt:
5 Basion: vorderer Mittelpunkt des Foramen magnum
5 Opisthion: hinterer Mittelpunkt des Foramen magnum
McGregor Linie 5 Nasion: Verbindungsstelle zwischen Nasenbein und
Redlund-Johnell-Linie Os frontale (Nasenwurzel)
5 Hinterer Rand des harten Gaumens
5 Sphenoidlinie: Verbindung zwischen Nasion und Spitze
des Tuberculum sellae
5 Hinterrand des Clivus: Verbindung zwischen Spitze des
a a Tuberculum sellae und Basion
4 Abstand zwischen den Dornfortsätzen von HWK 1 und
2: ≤10 mm
4 Atlas-Dens-Abstand (Abstand zwischen Hinterrand des
vorderen Atlasbogens und Vorderrand des Dens, gemessen
auf halber Höhe des Atlasbogens): Erwachsene <3 mm
(auch in Flexion oder Extension), bei Kindern in Flexion
<5 mm
4 ap-Durchmesser des Foramen magnum : McRae-Linie
(Basion – Opisthion): bei Erwachsenen ist 35 mm normal
Welcher-Basiswinkel 4 Zum Nachweis eines Dens-Hochstand (basiläre Impression)
werden verschiedene Maße verwendet:
5 Chamberlain-Linie (Hinterrand des harten Gaumens –
Opisthion): der Dens darf diese Linie höchstens um ein
Clivus-Kanal-Winkel Drittel (5 mm) überragen
5 McGregor-Linie (Hinterrand des harten Gaumens –
b b tiefster Punkt des Occiputs): Dens darf diese Linie
höchstens 7 mm überragen
5 Wackenheim-Linie (Hinterrand des Clivus): Dens darf
diese Linie nicht schneiden
4 Eine basiläre Impression tritt oft mit einer primären oder
sekundären Abflachung der Schädelbasis (Platybasie) auf:
5 Welcher-Basiswinkel (Winkel zwischen Sphenoid-Linie
und Hinterrand des Clivus):
– normal <140°
– Platybasie >140°
Atlantooccipitaler 5 Redlund-Johnell-Linie (Distanz zwischen der Axis-
Gelenkwinkel
Grundplatte und der Chamberlain-Linie):
– die Länge darf nicht <34 mm (Männer) oder <29 mm
(Frauen) betragen
c c 5 Clivus-Kanal-Winkel: (Winkel zwischen Wackenheim-
. Abb. 1.13a–c Maße des kraniozervikalen Übergangs Linie und hinterer Wirbelkörperlinie):
– normal: zwischen 150° in Flexion und 180° in Extension
– <150° ist typisch für eine basioccipitale Hypoplasie
– bei <150° Gefahr einer Myelonkompression)

kKoronare Aufnahmen
4 Laterale Ränder von HWK 1 und 2 sollten bei Erwachsenen
übereinstimmen
4 Atlanto-occipitaler Gelenkwinkel:
5 normal 125–130°
5 <124° kann durch Hypoplasie der Okzipitalkondylen be-
dingt sein
1.4 · Kraniozervikaler Übergang
13 1

a b

c d

e f

g h

i j

. Abb. 1.14a–j Normmaße des kraniozervikalen Übergangs. a und b Chamberlain Linie. c und d Wackenheim Linie. e und f Welcher-Basiswinkel.
g und h Clivus-Kanal-Winkel. i und j Atlanto-occipitaler Gelenkwinkel. (Aus Smoker u. Khanna 2008)
14 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

1.5 Halswirbelsäule den darüber liegenden Wirbelkörpern die Unkovertebral-


1 gelenke (auch Luschka-Gelenk genannt) bilden. Anato-
4 Die Wirbelkörper der HWK 3–7 haben eine angedeutet misch betrachtet handelt es sich aber nicht um echte Ge-
rechteckige Grundform. Ihre Größe nimmt von HWK 3 lenke, da eine Synovia fehlt. Stattdessen reicht bandschei-
nach 7 allmählich zu (. Abb. 1.15, . Abb. 1.16, . Abb. 1.17, benartiges Gewebe nach lateral bis in den »Gelenkspalt«.
. Abb. 1.18, . Abb. 1.19 und s. . Abb. 1.21, . Abb. 1.22) 4 Die Querfortsätze der HWK weisen die Foramina transver-
4 Im Gegensatz zu den anderen Wirbeln besitzen die HWK saria auf, durch die die Aa. und Vv. vertebrales verlaufen.
nach oben gerichtete Fortsätze (Proc. uncinatus), die seit- Die Foramina transversaria werden meist durch ein Liga-
lich von der Oberkante der Wirbelkörper ausgehen und mit ment in zwei Hälften getrennt. Durch den anteriomedialen,

Ansicht von vorn Ansicht von seitlich Ansicht von oben


2 1
2 7
4

HWK 4 2 HWK 4
1 3 4
4 1 5
6
10 9
HWK 5
2
1 1 6
8
5
2
6

Facettengelenk 1 Wirbelkörper 5 Lamina


2 Bogenwurzel (Pedikel) 6 Dornfortsatz
3 unterer Gelenkfortsatz 7 Foramen transversarium 9 Spinalkanal (Foramen vertebrale)
4 Processus transversarius 8 oberer Gelenkfortsatz 10 Processus uncinatus
. Abb. 1.15 Aufbau der Halswirbel

a b

. Abb. 1.16a, b Halswirbelsäule. Konventionelle Röntgenaufnahme der HWS a/p und seitlich. Normalbefund mit einer typischen Lordose der HWS und
einem harmonischen Alignement der Halswirbelkörper
1.5 · Halswirbelsäule
15 1
. Abb. 1.17 Konturlinien der HWS. Die 4 Konturlinien der HWS werden z. B. in der Traumadiagnostik
verwendet. Sie sollten weichbogig ohne Knick oder Unterbrechung verlaufen. Die Vorderkanten der
Wirbelkörper (vordere Wirbellinie, gelb) sollten kongruent sein und eine harmonische Lordose zeigen.
Die hintere Wirbellinie (Hinterkanten der Wirbelkörper, grün) und die spinolaminäre Linie, die aus den
Vorderrändern der Ansatzstellen der Dornfortsätze am Wirbelbogen gebildet wird (blau), verlaufen an-
nähernd parallel zur vorderen Wirbellinie. Die hintere Dornfortsatzlinie markiert den Hinterrand der
Dornfortsätze von HWK 2–7. Die prävertebrale Weichteillinie (orange) kann z. B. traumatisch bedingte
Einblutungen anzeigen. Der Retropharyngealraum (RP) wird üblicherweise am Unterrand des Axis ge-
messen. Er sollte in Höhe des Atlasbogens nicht mehr als 10 mm, ansonsten nicht mehr als 7 mm be-
tragen. Der Retrotrachealraum (RT), gemessen am Unterrand des HWK 6, beträgt bei Erwachsenen nor-
malerweise höchstens 22, bei Kindern 14 mm

a b c

d e f

. Abb. 1.18a–f Halswirbelsäule. CT-Reformationen in Knochenfenstertechnik bei einer 20-jährigen Frau. Axial mit Darstellung des HWK-3/4-Übergangs
(a) und des HWK 4 (b). HWK 2/3 bis HWK 5/6 sagittal in der Mittellinie (c), parasagittal auf die linken Neuroforamina anguliert (d) sowie parasagittal durch
die Proc. transversi (e). Koronar von HWK 2/3 bis zum Unterrand des HWK 5 (e). Das dargestellte Unkovertebralgelenk (auch: Luschka-Gelenk) im Segment
HWK 3/4 wird vom Proc. uncinatus des HWK 4 (a und f kräftiger Pfeil) und dem darüber liegenden Wirbelkörper gebildet. Der Proc. articularis (zygapophy-
sis) inferior des HWK 3 (a, d, e dünner Pfeil) und der Proc. articularis (zygapophysis) superior des HWK 4 (a, d, e weiße Pfeilspitze) bilden gemeinsam das
HWK-3/4-Facettengelenk. Die kraniale und kaudale Begrenzung des Neuroforamens C4 (a und e Stern) werden von den Incisurae vertebralis inferior (d gro-
ßer Pfeil) und superior (d kleiner Pfeil) der entsprechenden Pediculi arcus vertebrae gebildet. Das Foramen transversum (b Plus-Zeichen) verläuft im Proc.
transversum (b, e, f schwarze Pfeilspitze)
16 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

a b

. Abb. 1.19a–c Halswirbelsäule. Sagittale T2w-MRT-Untersuchung der


HWS durch die Mittellinie (a) bei einer 26-jährigen Frau (erfasst ist der Be-
reich vom kraniozervikalen Übergang bis BWK 5). Parasagittale T1w-MRT-
Untersuchung bei einer 28-jährigen Frau (b und c). Die Schichtführung ist
etwas schräg eingestellt. In der Aufnahme, die median durch die obere
HWS verläuft (b), wird in Höhe von BWK 3 der Eingang in das Neuroforamen
mit erfasst. In der parasagittalen Aufnahme (c) werden die Facettengelenke
und Neuroforamina abgebildet. 1 = A. basilaris; 2 = Clivus; 3 = Medulla
oblongata; 4 = Atlantoaxialgelenk; 5 = Atlas (Arcus anterior); 6 = Dens axis;
7 = Bandscheibe HWK 2/3; 8 = HWK 4; 9 = Lig. longitudinale anterius;
10 = Bandscheibe HWK 7/BWK 1 (Anulus fibrosus); 11 = Vv. basivertebrale;
12 = Bandscheibe BWK 3/4;13 = Kleinhirntonsille; 14 = Cisterna cerebello-
medullaris; 15 = Atlas (Arcus posterior); 16 = Axis (Proc. spinosus); 17 = Liquor
im ventralen Subarachnoidalraum; 18 = zervikales Myelon; 19 = Lig. longi-
tudinale posterius; 20 = HWK 7 (Proc. spinosus); 21 = Lig. supraspinosum;
22 = Dura mater; 23 = Liquorflussartefakt im dorsalen Subarachnoidalraum;
24 = Epiduralraum mit Fett und venösen Gefäßen; 25 = HWK 2 (Basis);
26 = Spatium retropharyngeale; 27 = Os occipitale (hintere Begrenzung des
Foramen magnum); 28 = Recessus des Foramen intervertebrale BWK 3/4;
29 = Condylus occipitalis; 30 = A. vertebralis (V2-Abschnitt, im Verlauf durch
die For. proc. transversi); 31 = A. vertebralis (V3-Abschnitt, Atlasschlinge);
32 = Proc. articularis inferior des BWK 1; 33 = Proc. articularis superior des
BWK 2; 34 = For. intervertebrale BWK 2/3 mit Nervenwurzel Th2 (dorsales
c
Ganglion)
1.5 · Halswirbelsäule
17 1

3
11
1 4
5
6

b c

. Abb. 1.20a–c Zervikaler Spinalkanal. Schematische Abbildung des zervikalen Spinalkanals in axialer Orientierung (a). Axiale T2w-MRT-Untersuchung
(Gradientenecho) in Höhe des HWK 5 (b) bei einer 26-jährigen Frau. Axiale T2w-MRT-Aufnahme (Turbospinecho) durch den Unterrand der Bandscheibe
HWK 3/4 (C) bei einer 46-jährigen Frau. Beide Aufnahmen erlauben eine gute Beurteilbarkeit der Neuroforamina HWK 3/4. Im Vergleich zur GRE-Aufnahme
(b) zeigen sich aber auf der TSE-Aufnahme (c) deutliche Liquorflussartefakte im Subarachnoidalraum und eine Unterscheidung zwischen grauer und wei-
ßer Substanz im Myelon ist nicht möglich. 1 = Liquor im Subarachnoidalraum. Beachte, dass die GRE-Aufnahmen nahezu frei von Liquorflussartefakten
sind; 2 = Vorderwurzel des Spinalnerven (intraduraler Anteil); 3 = Hinterwurzel des Spinalnerven; 4 = Spinalnerv im Foramen intervertebrale; 5 = Dura. Die
Arachnoidea liegt der Dura direkt an und ist nicht abgrenzbar; 6 = Myelon. Die schmetterlingsförmige graue Substanz des Rückenmarks ist als hyperinten-
se Struktur erkennbar; 7 = A. vertebralis im Foramen processus transversi; 8 = Proc. articularis inferior des HWK 3; 9 = Proc. articularis superior des HWK 4;
In der axialen Ebene stehen die Gelenkflächen der Facettengelenke fast parallel zur Hinterkante der Wirbelkörper

größeren Anteil verläuft die A. vertebralis, durch den poste- 4 Der HWK 7 wird wegen seines großen Dornfortsatzes auch
riolateralen Anteil die Venen. Eine Verknöcherung dieses als Vertebra prominens bezeichnet.
Ligaments führt zu zwei benachbarten, in der CT separat 4 An der HWS sind die Gelenkflächen der Facettengelenke in
abgrenzbaren Foramina. Da die Aa. vertebrales bei den der sagittalen Ansicht um 45° gegen die Horizontale von
meisten Menschen erst ab der Höhe HWK 6 durch die Fo- vorne oben nach hinten unten geneigt. In der axialen An-
ramina transversaria ziehen, sind die Foramina transversa- sicht stehen die Gelenkflächen fast parallel zur Wirbelkör-
ria des HWK 7 meist sehr klein und enthalten nur Venen perhinterkante. Dabei liegen die oberen Gelenkfortsätze je-
(. Abb. 1.20). weils vor den unteren, d. h. auf axialen Aufnahmen gehören
4 Die Dornfortsätze der HWK 3–5 sind häufig zweigeteilt die ventralen Gelenkfortsätze zum darunterliegenden, die
und relativ kurz. dorsalen zum darüber liegenden Wirbel (. Abb. 1.23).
18 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

a b

. Abb. 1.21a, b Halswirbelsäule. Koronare Reformation der oberen HWS aus einem T2-gewichteten 3D-Datensatz (CISS-Sequenz). Schichtführung durch
den Dens axis (a): in der koronaren Ebene sind die Gelenke am kraniozervikalen Übergang sowie die zervikalen Unkovertebralgelenke besonders gut beur-
teilbar. Um das Myelon von HWK 2 bis HWK 7 optimal abzubilden, wurde in (b) eine etwas andere Ebene gewählt als in (a). Man erkennt beidseits im Suba-
rachnoidalraum, wie die Faserbündel der Spinalnervenwurzeln gruppiert das Myelon verlassen und nach lateral ziehen.
1 = Pons; 2 = Condylus occipitalis; 3 = Massa lateralis atlantis; 4 = A. vertebralis (V2-Abschnitt); 5 = Dens axis; 6 = Basis des HWK 2 (Axis); 7 = A. vertebralis
(V4-Segment); 8 = C5-Vorderwurzel; 9 = Myelon

a b c d

. Abb. 1.22a–d Halswirbelsäule. Sagittale CT-Reformationen in Weichteil- (a) und Knochenfenstertechnik (b) bei einem 47-jährigen Mann sowie sagittale
T2w- (c) und T1w- (d) MRT-Aufnahmen bei einer 27-jährigen Frau. Es handelt sich um Normalbefunde mit einer physiologischen Lordose der Halswirbel-
säule und einem harmonischen Alignement der Halswirbelkörper
1.5 · Halswirbelsäule
19 1

a b

. Abb. 1.23a, b Schrägaufnahmen zur Beurteilung der zervikalen Foramina intervertebralia. Die zervikalen Foramina intervertebralia verlaufen nicht wie
die thorakalen und lumbalen Foramina nach lateral, sondern schräg nach anterolateral. Daher sind sie auf sagittalen Aufnahmen oft nicht ausreichend ab-
gebildet. Besser erfasst werden sie mit einer an den Verlauf der Foramina angepassten schrägen Schichtführung. Schräge (paracoronare) T2w-Gradienten-
echo (GRE)-MRT-Aufnahme von HWK 1 bis BWK 1 (a) sowie axiale T2w-MRT-Aufnahme der oberen HWS. Die zervikalen Spinalnerven sind als signalarme
Strukturen im signalreichen Fettgewebe der Foramina intervertebralia abgrenzbar. Das Foramen HWK 5/6 wird von ventral durch degenerativ bedingte
knöcherne Randanbauten der Wirbelkörper eingeengt. Auf der axialen T2w-TSE-MRT-Aufnahme (b) ist erkennbar, wie die Schrägaufnahmen orthogonal
auf die Verlaufsrichtung der Spinalnerven in den Foramina intervertebralia geplant werden. (Mit freundl. Genehmigung von Prof. D. Petersen, Lübeck)
20 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

1.6 Brustwirbelsäule 4 Die Gelenkflächen der Facettengelenke stehen in der BWS


1 nahezu in der Frontalebene
4 Die thorakalen Wirbelkörper haben eine angedeutet drei- 4 Die thorakalen Wirbel artikulieren mit den Rippen sowohl
eckige Grundform und sind auf sagittalen Aufnahmen leicht am Wirbelkörper selbst (Fovea costalis superior et inferior)
keilförmig konfiguriert. Ihre Höhe nimmt von rostral nach als auch am Proc. transversus (Fovea costalis transversalis)
kaudal allmählich zu (. Abb. 1.24, . Abb. 1.25, . Abb. 1.26, 4 Die Dornfortsätze der mittleren BWS sind lang und über-
. Abb. 1.27, . Abb. 1.28) decken sich dachziegelartig

Spinalkanal

Bogenwurzel Proc. transversus

Proc. articularis superior


Fovea costalis superior

Proc. transversus

Wirbelkörper Proc. spinosus

Foramen intervertebrale
Fovea costalis transveralis

a Fovea costalis inferior Proc. articularis inferior

Fovea costalis superior

Wirbelkörper

Fovea costalis
superior
Spinalkanal
Bogenwurzel
Proc. articularis Proc.
superior transversus

Lamina
Fovea costalis
b Proc. spinosus transveralis
. Abb. 1.24a, b Aufbau der Brustwirbel
1.6 · Brustwirbelsäule
21 1
. Abb. 1.25a, b Brustwirbelsäule. Konventionelle Röntgenun-
tersuchung der Brustwirbelsäule ap (a) und seitlich (b). In der ap-
Aufnahme wird deutlich, wie die Größe der Brustwirbelkörper
nach kaudal hin zunimmt. Im seitlichen Bild ist insbesondere die
physiologische Kyphosestellung der Brustwirbelsäule gut zu er-
kennen

a b

a b c

d e f

. Abb. 1.26a–f Brustwirbelsäule. CT-Reformationen in Knochenfenstertechnik bei einem 17 Jahre jungen Mann. Axial mit Darstellung des BWK 5 von kra-
nial nach kaudal (a–d). Sagittal (e) und auf parasagittal auf die linken Neuroforamina anguliert (f) von BWK 3/4 bis BWK 6/7. In der Articulatio capitis costae
(a Pfeil) artikulieren die Facies articularis capitis costae und die Foveae costales inferior und superior der Wirbelkörper. Die Facies articularis tuberculi cos-
tae und die Fovea transversalis costae bilden die Articulatio costotransversaria (a Pfeilspitze). Beide genannten Gelenke bezeichnet man als Articulationes
costovertebrales (a Pfeil und Pfeilspitze). Typisch für die BWS sind die steil gestellten Facettengelenke, die in diesem Beispiel vom Proc. articularis (zygapo-
physis) inferior des BWK 5 (b, d, f dünner Pfeil) und dem Proc. articularis (zygapophysis) superior des BWK 6 (d und f Pfeilspitze) gebildet werden. Die krani-
ale und kaudale Begrenzungen des Th-6-Neuroforamens (c und f Stern) werden von den Incisurae vertebralis inferior (f großer Pfeil) und superior (f kleiner
Pfeil) der entsprechenden Pediculi arcus vertebrae gebildet
22 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

. Abb. 1.27 Brustwirbelsäule axial. Hochauflösende Darstellung der intra-


duralen Strukturen mit einer stark T2-gewichteten 3D-Sequenz (CISS). Axi-
ale Reformation in Höhe der unteren BWS. Durch die starke T2-Gewichtung
ist der Weichteilkontrast sehr gering. Dafür lassen sich auch sehr dünne
Strukturen im subarachnoidalen Liquor abgrenzen. In der Regel gelingt
aber auch mit dieser Technik die Abbildung der subarachnoidalen Liga-
mente nicht. In diesem Fall waren die Ligg. mutmaßlich durch postentzünd-
liche Veränderungen verdickt.
1 = Vorderwurzel des Spinalnerven (im Subarachnoidalraum); 2 = Hinter-
wurzel des Spinalnerven; 3 = Fettgewebe im Epiduralraum; 4 = Subarach-
noidalraum; 5 = Septum posterius (auch: Septum dorsale), das von der me-
dianen Rückseite des Myelons zur Dura verläuft

. Abb. 1.28a, b Thorakolumbaler Übergang. Abbildung des thorakolum-


balen Übergangs bei zwei Probanden. Sagittale T2w-Turbospinecho-MRT-
Sequenz (a) und koronare Reformation aus einem T2-gewichteten 3D-Da-
tensatz (CISS-Sequenz) (b). 1 = V- basivertebralis (hyperintens) an der Hin-
terkante des BWK 11; 2 = Conus medullaris; 3 = Nach caudal verlaufende
Vorderwurzeln im Subarachnoidalraum; 4 = Filum terminale, umgeben von
Nervenwurzeln der Cauda equina; 5 = Dura mater; 6 = Cauda equina;
7 = Spinalnerv im linken Neuroforamen BWK 11/12
1.7 · Lendenwirbelsäule
23 1
1.7 Lendenwirbelsäule
Wirbelkörper
4 Die 5 Wirbelkörper der LWS haben eine bohnenartige
Grundform (. Abb. 1.29, . Abb. 1.30, . Abb. 1.31, . Abb.
1.32, . Abb. 1.33, . Abb. 1.34, . Abb. 1.35)
4 Aufgrund der erhöhten Belastung durch das Körpergewicht
Spinalkanal
sind sie auch größer als die Wirbelkörper der HWS und BWS Bogenwurzel
4 Weil es sich bei den Querfortsätzen der Lendenwirbel ei- Wirbelbogen Proc. costalis
gentlich um rudimentäre Rippenanlagen handelt, werden
sie auch als Proc. costalis bezeichnet
Proc. articularis
4 Die Gelenkflächen der Facettengelenke sind im oberen superior
LWS-Abschnitt annähernd sagittal, im unteren etwas schräg
nach außen ausgerichtet Proc. spinosus
4 Die Dornfortsätze der Lendenwirbel sind kräftig entwickelt
und gerade nach hinten ausgerichtet
. Abb. 1.29 Aufbau der Lendenwirbel. Ansicht von oben

Lig. longitudinale Conus medullaris


anterius
Lig. longitudinale
posterius
Dura mater

Epiduralraum

Cauda equina

Filum terminale
internum

Filum terminale
externum

a b

. Abb. 1.30 Aufbau des lumbalen Spinalkanals. Der Epiduralraum ist zur . Abb. 1.31a, b Lendenwirbelsäule. Konventionelle Röntgenaufnahme der
Veranschaulichung besonders prominent dargestellt. LWS a/p (a) und seitlich (b). Im a/p-Bild ist gut zu erkennen, wie die Größe
der Lendenwirbelkörper von LWK 1 nach LWK 5 zunimmt. Typisch für die
LWS sind die Proc. costales der Lendenwirbel (a) sowie die harmonische
Lordose (b)
24 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

. Abb. 1.32a–d Lendenwirbelsäule. CT-Reformationen in Knochen-


1 fenstertechnik bei einem 22 Jahre jungen Mann. Axial mit Darstellung
des LWK-4/5-Übergangs (a) und des LWK 5 (b). LWK 1 bis SWK 1 sagit-
tal in der Mittellinie (c) und links parasagittal auf die linken Neurofora-
mina anguliert (d). Typisch für die Lendenwirbelkörper sind die Proc.
costales (b Pfeil). Die Facettengelenke der unteren Lendenwirbelsäule
sind in der Regel schräg nach außen gestellt (a Pfeilspitze und dünner
Pfeil). Das Facettengelenk im Segment LWK 4/5 vom Proc. articularis
(zygapophysis) inferior des LWK 4 (a und d dünner Pfeil) und dem Proc.
articularis (zygapophysis) superior des BWK 6 (a und d Pfeilspitze) ge-
bildet. Die kraniale und kaudale Begrenzung des L-4-Neuroforamens
(a und d Stern) wird von den Incisurae vertebralis inferior (d großer
a b Pfeil) und superior (d kleiner Pfeil) der entsprechenden Pediculi arcus
vertebrae gebildet

c d

a b c d

. Abb. 1.33a–d Brust- und Lendenwirbelsäule. Sagittale, kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Aufnahmen (von median nach rechts lateral) der Brust- und
Lendenwirbelsäule eines 63-jährigen Patienten. Die erfassten Wirbelkörper von BWK 6 bis SWK 2 zeigen ein grobfleckiges Muster, das durch eine recht irre-
guläre Verfettung des Knochenmarks hervorgerufen wird. a Im Medianschnitt zeigt sich eine physiologische KM-Aufnahme der Vv. basivertebrales und der
Meningen (diskret) (exemplarisch: a Pfeil). b Etwas weiter lateral, noch vor dem Eingang in die Foramena intervertebralia, werden die lumbalen Wurzelta-
schen erfasst, die hier den Duralsack verlassen und nach kaudolateral verlaufen (exemplarisch: L4; b Pfeilspitze) . Der Austrittspunkt der lumbalen Wurzelta-
schen liegt etwa in Höhe des Bandscheibenfaches. c Sagittale Aufnahme in Höhe des Eingangs in die For. intervertebralia. Die Nervenwurzeln treten schräg
von kranial in die Foramina ein (exemplarisch: L4; c Pfeilspitze). d Aufnahme durch den lateralen Bereich der For. intervertebralia. Die lumbalen Spinalner-
ven verlaufen durch den oberen Teil der Foramina, kranial der Bandscheibenfächer, und sind von epiduralem Fettgewebe und kleinen Gefäßen umgeben
(exemplarisch: L4; d Pfeilspitze). Beachte den unterschiedlichen Durchmesser der Spinalnerven im Foramen, in Abhängigkeit davon ob die Spinalnerven
selbst (z. B. im Foramen BWK 12/LWK 1) oder die Spinalganglien (z. B. im Foramen LWK 3/4) erfasst werden
1.7 · Lendenwirbelsäule
25 1

a b

. Abb. 1.34a, b Lendenwirbelsäule. Sagittale T2w-MRT-Aufnahmen der


Lendenwirbelsäule eines 40-jährigen Mannes. In der Medianebene (a) sind
die Vv. basivertebrales and den Wirbelkörperhinterkanten gut abgrenzbar.
Der Conus medullaris (a Pfeil) steht in Höhe LWK 1/2. Als Zeichen degenera-
tiver Veränderungen zeigt der Anulus fibrosus der Bandscheiben eine deut-
liche horizontal verlaufende zentrale Signalminderung. Die Bandscheibe
LWK 5/SWK 1 weist kein reguläres Flüssigkeitssignal mehr auf und ist kon-
kav nach hinten vorgewölbt. In der um 6 mm nach links versetzten Aufnah-
me (b) sind die nach kaudolateral zu den Foramina vertebralia verlaufenden
Spinalnerven der Cauda equina (exemplarisch: b Pfeilspitzen) hypointens im
Subarachnoidalraum abgrenzbar

. Abb. 1.35a–c Lendenwirbelsäule. Axiale T2w-MRT-Aufnahme des thora-


kolumbalen Übergangs und der Lendenwirbelsäule eines 37-jährigen
Mannes in den Höhen BWK 12/LWK 1 (a), LWK 3 (b) und LWK 3/4 (c). a In
Höhe der Bandscheibe BWK 12/LWK 1 ist der Conus medullaris bereits deut-
lich verschmälert und liegt zentral im Duralsack. Die Vorder- und Hinter-
wurzeln der Spinalnerven verlassen den Conus in somatotoper Reihenfolge.
Lateral in der Cauda equina liegen die lumbalen Fasern, innen die sakralen
und coccygealen. b Schichtführung durch den unteren Anteil des LWK 3. In
den Foramina intervertebralia LWK 3/4 ist beidseits das Spinalganglion L3
erfasst. c In Höhe der Bandscheibe LWK 3/4 liegt die Nervenwurzel L3 be-
reits im lateralen Anteil der Foramina. Die Spinalnerven L4 liegen auf dem
Weg zu den darunterliegenden Foramina bereits im anterolateralen Sub-
arachnoidalraum. 1 = Vorderwurzeln in der Cauda equina; 2 = Hinterwur-
zeln in der Cauda equina; 3 = L1-Vorderwurzel 4 = Conus medullaris;
5 = rechtes L3-Spinalganglion im Foramen intervertebrale; 6 = Nervenwur-
zeln der Cauda equina; 7 = linke L4-Nervenwurzeln im lateralen Duralsack;
8 = rechte L3-Nervenwurzel (extraforaminal); 9 = Proc. articularis superior
des LWK 4; 10 = Proc. articularis inferior des LWK 3; 11 = Anulus fibrosus der
Bandscheibe LWK 3/4; 12 = Nucleus pulposus der Bandscheibe LWK 3/4;
c
13 = Lig. flavum
26 Kapitel 1 · Knöcherne Wirbelsäule

1.8 Sakrum und Steißbein 4 Die Querfortsätze der Sakralwirbel 1–3 sind fusioniert und
1 bilden eine Platte (Pars lateralis), die als Ansatz für Bänder
4 Die annähernd dreieckige knöcherne Struktur, die aus der und als Gelenkfläche zum Darmbein dient (Iliosakralge-
Fusion der 5 sakralen Wirbel resultiert, wird als Sakrum be- lenk)
zeichnet (. Abb. 1.36 und . Abb. 1.37) 4 Die Pars lateralis teilt die Öffnungen für die sakralen Spi-
4 Der Sakralkanal ist schmal nalnerven. Ventral davon befinden sich die Foramina sacra-
4 Die Dornfortsätze der Sakralwirbel 1–3 (gelegentlich auch lia anteriora, die den kräftigen Rami anteriores der Spinal-
4) sind fusioniert und formen einen durch die Haut tast- nerven zum Austritt dienen und dorsal die kleineren Fora-
baren Kamm (Crista sacralis mediana). Die Laminae des mina sacralia posteriora für die entsprechenden, schmäch-
5. Sakralwirbels (oder 4. und 5. Sakralwirbels) sind nicht fu- tigeren Rami posteriores
sioniert, wodurch ein bogenförmiger Zugang zum Sakral-
kanal entsteht (Hiatus sacralis)

Promontorium Canalis sacralis


ossis sacri Basis ossi sacri Ala major

Foramen
sacrale Foramen
anterius sacrale
anterius
Hiatus
sacralis

Cornu sacrale
a
b Apex ossis sacri
Apex ossis sacri

Foramen sacrale anterius


Canalis sacralis

Foramen
sacrale
c anterius Foramen
intervertebrale

. Abb. 1.36a–c Aufbau des Os sacrum. a Ansicht von ventral, b Ansicht von dorsal, c axiale Ansicht
1 = Basis ossi sacri; 2 = Apex ossis sacri; 3 = Ala major; 4 = Canalis sacralis; 5 = Foramen intervertebrale; 6 = Foramen sacrale anterius; 7 = Foramen sacrale
posterius; 8 = Hiatus sacralis; 9 = Cornu sacrale; 10 = Promontorium ossis sacri
1.8 · Sakrum und Steißbein
27 1

a b c

d e f

g h i

j k

. Abb. 1.37a–k Sakrum. CT-Reformationen in Knochenfenstertechnik bei einem 22 Jahre jungen Mann (a–h). MRT-Aufnahmen bei einer 23 Jahre jungen
Frau (i und j) sowie einer 58-jährigen Frau (k). Axial mit Darstellung des gesamten Sakrums von S1 (a) bis S5 (e). Paraaxiale Reformation durch den Über-
gang von SWK 3/4 (f). Sagittale Darstellung des gesamten Sakrums und Os coccygis (g). Koronare Darstellung des gesamten Sakrums (h). T2w-MRT-Aufnah-
men koronar durch den Spinalkanal (i) und das vordere Os sacrum (j) sowie axial durch den SWK 1 (k). Die S1-Nervenwurzeln (a Pfeil und h–j Pfeil sowie k
Pfeil und Pfeilspitze) verlassen das Os sacrum durch die SWK-1/2-Neuroforamina. Die S2-Nervenwurzeln (a und k dünner Pfeil) ziehen mit den übrigen Fa-
sern der Cauda equina (i dünner Pfeil) weiter nach kaudal. In der axialen MRT-Aufnahme (k) sind deutlich die motorische S1-Vorderwurzel (k Pfeilspitze) und
das prominente S1-Ganglion der afferenten Nerven (k kräftiger Pfeil) zu erkennen. Die Neuroforamina des Os sacrum (a–c Stern) öffnen sich nach ventral
und dorsal in die Foramina sacralia anteriores (f Pfeil) und posteriores (f Pfeilspitze), durch die die entsprechenden anterioren und posterioren Rami der Spi-
nalnerven ziehen. Dorsomedial der anterioren Neuroforamina verläuft der Sakralkanal (b, c, d, g Pfeilspitze), der sich kaudal in den Hiatus sacralis (e und g
Pfeilspitze) öffnet. Die kranialen Anteile der Pars lateralis ossis sacri bezeichnet man als Alae ossis sacri (h–j Stern), welche über eine entsprechende Facies
articularis mit dem Os iliacum artikulieren. In der sagittalen CT-Reformation (g) ist punktförmig der rudimentäre fünfte Wirbelkörper des Steißbeins zu er-
kenn (g dünner Pfeil)
29 2

Bandscheiben
Martin Wiesmann

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
30 Kapitel 2 · Bandscheiben

Zwischen den Wirbelkörpern, von HWK 2/3 bis LWK 5/SWK 1, Deckplatte Nucleus pulposus
liegen die knorpeligen Bandscheiben, die aus einem zentralen
gallertigen Kern (Nucleus pulposus) und einer umgebenden
2 Schicht aus Fasern (Anulus fibrosus) bestehen. Der Übergang
zwischen Nucleus pulposus und Anulus fibrosus ist fließend. Die
Bandscheiben absorbieren Kompressions- und Stoßkräfte, die
auf die Wirbelkörper einwirken. Außerdem erlauben sie eine ge-
wisse Beweglichkeit zwischen den Wirbelkörpern. Indem sie die
an den Wirbeln ansetzenden Ligamente unter Spannung halten,
sind sie auch für die Stabilität der Wirbelsäule verantwortlich
(. Abb. 2.1).
Die etwa 1 mm dünnen Wirbelkörperendplatten sind fester
mit den Bandscheiben als mit den Wirbelkörpern verbunden.
Von manchen Autoren werden sie deshalb sogar als Teil der
Bandscheiben betrachtet. Besonders fest ist die Verbindung zwi-
schen Bandscheibe und Endplatte im Außenbereich der Wirbel- kollagene Fasern in der Deckplatte Apophyse
körper. Hier sind Fasern des Anulus fibrosus direkt mit der ring- des Wirbelkörpers
. Abb. 2.1 Anatomie der Bandscheiben
förmigen Wirbelkörperapophyse verbunden (s. 7 Abb. 3.1).
Der Anulus fibrosus besteht überwiegend aus Kollagen und
ist in allen Sequenzen signalarm. Auf T2-gewichteten Aufnah-
men, nicht aber in T1-Wichtung, lassen sich bei Kindern und und Proteoglykanen im Nucleus pulposus nimmt allmählich ab.
Erwachsenen Nucleus pulposus und Anulus fibrosus differenzie- Dafür treten nun immer mehr kollagene Fasern im Nucleus
ren (s. 7 Abb. 3.1). pulposus auf. Solange die Höhe und äußere Form der Bandschei-
Der Nucleus pulposus besteht aus Kollagen und Proteogly- be noch überwiegend erhalten sind, und das Binnensignal im
kanen und enthält einen hohen Anteil an gebundenem Wasser. Nucleus pulposus in T2w noch deutlich heller als das im Anulus
Daher stellt er sich in T1-Wichtung mäßig signalarm, in T2- fibrosus ist, spricht man von physiologischer Alterung. Die
Wichtung signalreich dar. Mit zunehmendem Alter nimmt der Übergänge zu degenerativen Veränderungen sind aber fließend.
Wassergehalt und damit das Signal in T2-Wichtung ab (s. 7 Abb.
3.1). Zentral im Nucleus pulposus liegt eine dünne, horizontale
Schicht von kollagenen Fasern. Diese Schicht ist erst ab dem
20. Lebensjahr vollständig entwickelt. In der MRT zeigt sie sich
auf sagittalen Aufnahmen als eine in T2-Wichtung in der Mitte
liegende horizontale hypointense Linie (s. 7 Abb. 3.1). Nur in
sehr jungen Jahren gibt es eine scheinbar klare Grenze zwischen
Anulus fibrosus und Nucleus pulposus. Später entsteht ein all-
mählicher Übergang zwischen außen gelegenen, sehr harten kol-
lagenen Fasern und faserigem Knorpel, der auch den Nucleus
pulposus durchsetzt.
Etwa bis zum 2. Lebensjahr enthält der Anulus fibrosus noch
Blutgefäße. Danach werden die Bandscheiben avaskulär und ihr
Stoffwechsel erfolgt ausschließlich durch Diffusion. Auch größe-
re Moleküle wie MRT-Kontrastmittel gelangen durch Diffusion
in die Bandscheiben. Nach einem längeren Intervall (z. B. 40–
60 min) können daher auch gesunde Bandscheiben in der MRT
eine leichte KM-Aufnahme zeigen.
Die Hinterkante der lumbalen Bandscheiben hat, sofern kei-
ne degenerativen Veränderungen vorliegen, eine leicht konkave
Form. Die Bandscheibe LWK 5/SWK 1 kann auch physio-
logischerweise eine leicht rundliche Hinterkante zeigen. Mit
fortschreitendem Alter zeigen die lumbalen Bandscheiben
nahezu immer eine zum Spinalkanal konvexe Hinterkante
(s. 7 Abb. 1.34).
Mit zunehmendem Alter wird die Binnenstruktur der Band-
scheibe zunehmend inhomogen. Es kommt zur Einlagerung von
Kalziumsalzen und Pigmenten. Einrisse im Anulus fibrosus
treten auf, die meist keinen Krankheitswert besitzen (s. 7 Kap.
13.3.2, »Einriss des Anulus fibrosus«, S. 122). Der Gehalt an Wasser
31 3

MRT-Signalcharakteristika der
Wirbelkörper und Bandscheiben
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
32 Kapitel 3 · MRT-Signalcharakteristika der Wirbelkörper und Bandscheiben

Die Wirbelkörper bestehen aus einer äußeren kompakten Schicht Bis zum 2. Lebensjahr ist eine deutliche KM-Aufnahme der Wir-
(Kortikalis) und der darunter liegenden, trabekulär aufgebauten belkörper physiologisch, bis zum 7. Lebensjahr eine geringfügi-
Spongiosa. Zwischen den spongiösen Knochenbälkchen liegt das ge. Bei Erwachsenen ist visuell normalerweise keine KM-Auf-
Knochenmark. Kortikale und spongiöse Anteile der Wirbelkör- nahme der Wirbelkörper erkennbar, ein Signalanstieg ist aber
per sind in allen Sequenzen hypointens. Die spongiösen Anteile messbar. Nach dem 30. Lebensjahr nimmt das Ausmaß der KM-
werden aber normalerweise vom kräftigen Signal des fetthaltigen Aufnahme weiter ab. Aufgrund dieser physiologischen Varianz
3 Knochenmarks überdeckt (. Abb. 3.1). Erst bei pathologischen kann das Ausmaß der KM-Aufnahme bei gesunden, jungen Er-
Veränderungen, die zu einer Volumenzunahme der Trabekel wachsenen größer sein als bei alten Patienten mit einer diffusen
führen (z. B. Hämangiomwirbel), wird trabekulärer Knochen in tumorösen Infiltration der Wirbelkörper.
der MRT sichtbar.
4 Das Knochenmark besteht aus blutbildendem (rotem) und
fetthaltigem (gelbem) Mark:
5 blutbildendes Knochenmark zeigt in T1w eine mittlere
Signalintensität, in T2w ein mittleres bis hohes Signal.
Auf fettsupprimierten Aufnahmen nimmt sein Signal
nur wenig ab
5 fetthaltiges Knochenmark zeigt in T1w ein hohes, in
T2w ein mittleres bis hohes Signal. Bei Fettsuppression
kommt es zu einer deutlichen Signalminderung
4 Von der Geburt bis zum 2. Lebensjahr befindet sich in den
Wirbelkörpern nahezu ausschließlich blutbildendes Kno-
chenmark
4 Im Kindes- und Jugendalter kommt es zu einer annähernd
linearen und homogenen Zunahme von fetthaltigem Kno-
chenmark in den Wirbelkörpern, die aber überwiegend
noch aus blutbildendem Knochenmark bestehen
4 Im Erwachsenenalter ist das Verhältnis zwischen den Mark-
arten im Wirbelkörper meistens ausgewogen. Mit zuneh-
mendem Alter überwiegt dann das fetthaltige Knochen-
mark. Zwischen der 3. Dekade und dem hohen Lebensalter
nimmt der Anteil fetthaltigen Marks in den Lendenwirbel-
körpern durchschnittlich von 27 % auf 70 % zu
4 Bei Kindern und jungen Erwachsenen findet man gelegent-
lich schmale lineare Bänder von signalreichem Fettmark
entlang der Vv. basivertebrales, oder schmale lineare Bänder
von signalreichem Fettmark entlang der Endplatten
4 Bei den meisten Erwachsenen erscheint die Struktur des
Knochenmarks normalerweise homogen bis kleinfleckig.
Im höheren Alter, wenn sich neben dem Fettmark auch eine
fibröse Komponente entwickelt, kann sich auch ein grobfle-
ckiges Muster zeigen (s. 7 Abb. 1.33)
4 Wichtig ist, dass auch bei blutbildendem Knochenmark das
Wirbelkörpersignal in T1-Wichtung über dem der Band-
scheibe liegt. Bei gleicher oder sogar niedrigerer Signalin-
tensität liegt ein pathologischer Knochenmarkprozess vor
(»bright disc sign«).
Ausnahmen: das Wirbelkörpersignal in T1-Wichtung kann
ohne Krankheitswert niedriger als das der Bandscheibe sein
bei Kindern <6 Monate (selten bis 2 Jahre), oder auch sehr
selten in der BWS bei jungen Erwachsenen

> Wenn bei Erwachsenen das Signal der Bandscheibe in


T1-Wichtung heller ist als das der angrenzenden Wir-
belkörper (»bright disc sign«), spricht dies für einen pa-
thologischen Knochenmarkprozess.
3 · MRT-Signalcharakteristika der Wirbelkörper und Bandscheiben
33 3

. Abb. 3.1a–c Signalverhalten der Bandscheiben und Wirbelkörper


MRT-Aufnahmen von Wirbelkörpern bei einem 9 Monate alten Jungen (a), einem 11-jährigen Jungen (b) und einem 55-jährigen Mann (c). Sequenzen von
links nach rechts: T1w, T2w und fettsupprimierte T2-STIR.
a Das noch blutbildende Knochenmark dieses 9 Monate alten Jungen weist ein noch physiologisches, zur Bandscheibe T1w-isointenses Signal auf (a links).
Die Fettsuppression bewirkt angesichts des geringen Fettgehalts der Wirbelkörper einen allenfalls leichten Signalabfall (a rechts). Der wasserreiche und da-
her T2w-hyperintense Nucleus pulposus ist in den T2w-Aufnahmen deutlich vom Anulus fibrosus abgrenzbar.
b Das Wirbelkörpersignal beim 11 Jahre alten Jungen (b) ist im Vergleich zur angrenzenden Bandscheibe bereits deutlich hyperintens. Darüber hinaus
finden sich in den Wirbelkörpern flau hyperintense Areale entlang des Verlaufs der Venae basivertebrales (b links Mitte). Dieses hyperintense Signal lässt
sich – als Hinweis, dass es sich hierbei um Fetteinlagerungen handelt – in der fettgesättigten Sequenz (b rechts) supprimieren.
Die T2w-Signalintensität des Nucleus pulposus nimmt als Ausdruck eines abnehmenden Wassergehalts bereits ab (b Mitte und rechts). Zentral in der Band-
scheibe ist als Ausdruck einer beginnenden Fibrosierung des Nucleus Pulposus bereits eine flaue horizontale Linie zu erkennen.
c Beim 55-jährigen Mann (c) dominiert Fett das Signal der Wirbelkörper. Erkennbar ist dies an der deutlichen Signalabsenkung in der fettsupprimierten
Sequenz (c rechts).
Als Folge des abnehmenden Wassergehalt des Nucleus pulposus nimmt sein T2w-Signal zunehmend ab (c Mitte). Des Weiteren ist die zentral im Nucleus
pulposus gelegene Fibrosierungszone nun deutlich als T2w-hypointenses Band erkennbar.
35 4

Bandstrukturen der Wirbelsäule


Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
36 Kapitel 4 · Bandstrukturen der Wirbelsäule

Von den Bandstrukturen der Wirbelsäule werden nur die wich- in bis zu 70 % der Segmente ein schmaler Spalt (ca. 1 mm),
tigsten kurz genannt: durch den anastomosierende Venen verlaufen können. In
4 Das vordere Längsband (Lig. longitudinale anterius) ver- der übrigen BWS und LWS ist die Inzidenz solcher Mittelli-
läuft vom Unterrand des Clivus bis zum SWK 1 über die nienspalten deutlich niedriger.
ventrale Fläche der Wirbelkörper und Bandscheiben. Mit 4 Das Lig. interspinosum verbindet benachbarte Dornfort-
den vorderen Rändern der Endplatten und Bandscheiben sätze.
ist das vordere Längsband sehr fest verbunden, an den kon- 4 Das Lig. supraspinosum verläuft über die Spitzen der Dorn-
kaven Vorderflächen der Wirbelkörper dagegen nur lose fornsätze. Nach kranial geht es in das Lig. nuchae über.
4 befestigt. 4 In den For. intervertebralia finden sich häufig kleine Bänder
4 Das hintere Längsband (Lig. longitudinale posterius) er- (Ligg. corporatransversa, Ligg. transforaminalia), die von
streckt sich vom HWK 2 bis zum SWK 1 über die dorsale den Bandscheiben zu den Pedikeln, oberen Gelenkfortsät-
Fläche der Wirbelkörper (. Abb. 4.1). Nach kranial geht es zen oder Ligg. flava ziehen. Sie können den verfügbaren
in die Membrana tectoria über. Das hintere Längsband ist Raum für die Spinalnerven einengen.
im Bereich der Bandscheiben adhärent und verstärkt deren 4 Ligamentäre Strukturen stellen sich in der MRT in allen
Rückflächen. Mit der Dorsalfläche der Wirbelkörper ist es Wichtungen signalarm dar und nehmen kein Kontrastmit-
nur teilweise verbunden. Auf sagittalen Aufnahmen er- tel auf. Im Rahmen degenerativer Veränderungen werden
scheint es manchmal wie eine Bogensehne über die konka- gelegentlich Fetteinlagerungen im Lig. flavum beobachtet.
ve Dorsalfläche der Wirbelkörper gespannt. Dadurch ent-
steht zwischen Wirbelkörperhinterkante und hinterem
Längsband ein freies Kompartiment, in dem neben Fett vor
allem die Venen des epiduralen Venenplexus (Plexus veno-
sus vertebralis internus) liegen. Zwischen hinterem Längs-
band und Vorderfläche der Dura befinden sich im Epidu-
ralraum dagegen meist nur geringe Anteile des epiduralen
Venenplexus. Über den Konkavitäten der Wirbelkörper ist
das hintere Längsband in der MRT als hypointense Linie
sichtbar, während es im Bereich der Bandscheiben auf-
grund des ähnlichen Signals normalerweise nicht abgrenz-
bar ist. Vorderes und hinteres Längsband sind jeweils im
Bereich der BWS am kräftigsten ausgebildet.
4 Das Lig. flavum verläuft zwischen benachbarten Laminae.
Degenerativ bedingte Verdickungen des Lig. flavum treten
häufig auf und führen zu einer Einengung des Spinalkanals.
Im Bereich der HWS und oberen BWS besteht in der Mit-
tellinie zwischen linkem und rechtem Anteil der Ligg. flava

Lig. longitudinale posterius Ligg. flava

Lig. longitudinale anterius

Ligg. interspinosa

Lig. supraspinosum

. Abb. 4.1 Ligamente des Spinalkanals


37 5

Normvarianten und Fehlbildungen


der knöchernen Wirbelsäule
Martin Wiesmann

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


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38 Kapitel 5 · Normvarianten und Fehlbildungen der knöchernen Wirbelsäule

Die Anomalien der knöchernen Wirbelsäule sind mannigfal-


tig. Zu den häufigeren Befunden zählen (s. 7 Kap. 17, »Fehlbildun-
gen und Entwicklungsstörungen«):
4 Störungen des Wirbelbogenschlusses, die vom gespaltenen
Dornfortsatz bis zu breiten Defekten des Wirbelbogens
(Spina bifida) reichen, finden sich bei etwa 10 % der Er-
wachsenen. In den meisten Fällen bleiben sie klinisch
asymptomatisch.
4 Spalten in der Pars interarticularis des Wirbelbogens (Spon-
dylolyse), die auch degenerativ bedingt sein können, finden
5 sich bei etwa 5–7 % der Bevölkerung. Am häufigsten sind
die LWK 4 und 5 betroffen. Sie führen häufig zu einem
Wirbelgleiten (Spondylolisthesis).
4 Die normale Anzahl der Wirbel von 33 findet sich nur bei
etwa zwei Dritteln der Menschen. Die übrigen besitzen
meist 32 bis 35 Wirbel. Die Zahl der Coccygealwirbel vari-
iert am häufigsten und kann von 2 bis 8 reichen. Die Ge-
samtzahl der Wirbel von HWS, BWS und LWS ist zwar
meistens konstant, Übergangsvarianten zwischen den ein-
zelnen Bereichen sind aber recht häufig. Am zervikothora-
kalen Übergang stellen die Halsrippen die häufigste Varia-
tion dar (1–3 %). Am thorakolumbalen Übergang finden
sich häufig fehlende oder verkürzte Rippen (Stummelrip-
pen) an den BWK 11 und 12 (4 %), selten auch kräftig aus-
gebildete Proc. costales (Lendenrippen) an den oberen
LWK. Auch lumbosakrale Übergangsvarianten sind häufig
(5–10 %). Eine unterentwickelte bzw. fehlende Bandschei-
benanlage zwischen LWK 5 und SWK 1 wird als Sakralisa-
tion bezeichnet. Eine vollständige Bandscheibenanlage zwi-
schen SWK 1 und SWK 2 als Lumbalisation. Zur sicheren
Höhenzuordnung bei Übergangsvarianten kann eine Dar-
stellung der gesamten Wirbelsäule erforderlich sein. Die ge-
nannten Anomalien sind klinisch in den meisten Fällen
ohne Bedeutung. Dagegen sind Übergangsanomalien des
kraniozervikalen Übergangs zwar selten, können aber zu
erheblichen Störungen führen. Die sog. Atlasassimilation
(partielle oder komplette Verschmelzung des Atlas mit dem
Okziput) kann zum ossären Schiefhals oder zu neurologi-
schen Störungen führen (Pyramidenbahnstörungen,
Arnold-Chiari-Missbildung).
39 6

Rückenmarkshäute und
intraspinale Kompartimente
Martin Wiesmann

6.1 Epiduralraum – 40

6.2 Subduralraum – 40

6.3 Subarachnoidalraum – 40

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
40 Kapitel 6 · Rückenmarkshäute und intraspinale Kompartimente

Das Rückenmark wird, wie das Gehirn, umhüllt durch eine nuierliches Lig. meningovertebralis dorsalis, das die Dura in der
äußere harte (Dura mater) und eine innere weiche Rücken- Mittellinie mit dem Lig. flavum verbindet. Mit einer beträchtli-
markshaut, die aus zwei verschiedenen Schichten besteht (Arach- chen Variation, je nach Segmenthöhe und von Individuum zu
noidea und Pia mater). Dadurch kann man den Spinalkanal in Individuum, existieren weitere nach anterolateral, lateral oder
mehrere Kompartimente untergliedern. dorsolateral gerichtete kleine Bänder.
Im klinischen Alltag ist es üblich, die Lage eines spinalen Prozes- Histologisch besteht die spinale Dura aus drei Schichten: ei-
ses mit einer ursprünglich aus der Myelographie abgeleiteten Eintei- ner dünnen, äußeren Zellschicht; einer kräftig vaskularisierten,
lung drei Kompartimenten zuzuordnen (s. . Abb. 15.1): mittleren Zellschicht und einer dünnen, inneren Zellschicht.
4 Epidural: Innerhalb des knöchernen Spinalkanales aber
außerhalb der Dura gelegen
4 Intradural extramedullär: Im Duralsack aber nicht im 6.2 Subduralraum
Rückenmark gelegen (subdural oder subarachnoidal)
4 Intramedullär: Im Rückenmark gelegen Der Dura mater liegt innen die dünne Arachnoidea an. Anders
6 als im Gehirn ist die Arachnoidea des Rückenmarks mit der
Dura mater relativ fest verwachsen. Ein Subduralraum im
6.1 Epiduralraum eigentlichen Sinne existiert daher im Spinalkanal in der Regel
nicht. Pathologische subdurale Prozesse (Subduralhämatom,
Die Dura mater des Gehirns geht am Foramen magnum direkt in subduraler Abszess) werden zwar gelegentlich beobachtet, sind
die Dura mater des Rückenmarks über. Sie besteht aus straffem aber im Spinalkanal, anders als im Gehirn, außerordentlich
Bindegewebe und bildet den Duralsack. Im Sakrum verjüngt sich selten.
der Duralsack kegelförmig und reicht meistens bis zum SWK 2. Die dünne, innere Zellschicht der Dura (s. o.) kann relativ
Ab da ist er mit dem Filum terminale verwachsen. Dura und leicht von der mittleren Zellschicht der Dura abscheren. Wie in-
Filum sind schließlich am Periost des 2. Steißwirbels befestigt. trakraniell liegen pathologische »subdurale« Prozesse daher ei-
Ventrale Abschnitte der Dura bilden strangförmige Verbindun- gentlich »intradural« zwischen mittlerer und innerer Dura-
gen zum hinteren Längsband der Wirbelsäule (Lig. meningover- schicht. Die Bezeichnung Subduralhämatom wird aber weiter
tebrale). Im zervikalen Abschnitt kommen auch spärlicher aus- klinisch verwendet, obwohl sie anatomisch nicht korrekt ist.
geprägte dorsale Faserzüge zur Wand des knöchernen Spinalka- Gelegentlich kann die Arachnoida kleine Verkalkungen auf-
nals vor. weisen.
Der Raum zwischen Dura mater und dem Periost des Wir-
belkanals wird als Epiduralraum (oder Periduralraum) bezeich-
net. Dadurch, dass das hintere Längsband den Wirbelkörpern 6.3 Subarachnoidalraum
nur an den Endplatten, aber nicht über den Konkavitäten der
Wirbelkörper anliegt, wird der Epiduralraum vom hinteren Die sehr dünne Pia mater liegt direkt auf der Oberfläche des
Längsband in jedem Segment über den Konkavitäten in ein vor- Rückenmarks und überzieht es bis in seine Furchen hinein. Zwi-
deres und ein hinteres Kompartiment unterteilt. Beide Kompar- schen Arachnoidea und Pia mater liegt der Subarachnoidal-
timente enthalten hauptsächlich Binde- und Fettgewebe, das raum. Er gehört zu den äußeren Liquorräumen des ZNS.
vordere Kompartiment zusätzlich zahlreiche kleine Venen, die Die Spinalnerven verlaufen vom Rückenmark bis zu der Stel-
sich zwischen der Dorsalfläche des Wirbelkörpers und dem hin- le, an der sie den Duralsack verlassen, durch den Subarachnoi-
teren Längsband zu einem dichten Venenplexus verbinden (Ple- dalraum. Dabei werden sie noch von Pia umhüllt. Der zervikale
xus venosus vertebralis internus). In diesen Venenplexus drainie- Subarachnoidalraum weist einen sagittalen Durchmesser von
ren auch die Vv. basivertebrales, die die Wirbelkörper durchzie- etwa 10–15 mm auf, der thorakale von etwa 12–13 mm. Lumbal
hen und diese im Bereich der medianen Hinterkante verlassen ist der Subarachnoidalraum mit einem sagittalen Durchmesser
(. Abb. 6.1). Besonders ausgeprägt ist der epidurale Venenplexus von etwa 15–20 mm am größten.
im Bereich der HWS, hier vor allem von HWK 1 bis HWK 3. Der Subarachnoidalraum wird durch ein System von Trabe-
Der Duralsack besitzt seitliche Ausziehungen (Duratrichter) keln stabilisiert und offengehalten.
für die Austritte der Wurzeln der Spinalnerven. Die Dura um- Im Bereich der HWS und oberen BWS finden sich auf der
hüllt die Spinalnerven noch auf ihrem Weg durch den Epidural- Dorsalseite septumartig angeordnete Trabekel. Diese median ge-
raum zu den Foramina intervertebralia. Dort geht sie dann kon- legenen Trabekel werden auch als Septum posterius (auch: Sep-
tinuierlich in die Bindegewebskapsel und das Epineurium von tum dorsale) bezeichnet (. Abb. 6.2).
Spinalganglion und Spinalnerven über. An beiden Seiten des Rückenmarks weist die Pia longitudi-
Der Duralsack wird durch zahlreiche kleine Bänder im knö- nale Verstärkungszüge auf, die nach lateral in 18–24 dünnen Za-
chernen Spinalkanal verankert, die in ihrer Gesamtheit als Ligg. cken aus kollagenem Bindegewebe auslaufen. Die Spitzen dieser
meningovertebralia bezeichnet werden. Am konstantesten ist das Zacken setzen an der Dura mater zwischen den Duratrichtern
Lig. meningovertebralis ventralis, das in jedem Segment jeweils an. Dieses im Subarachnoidalraum gelegene Bindegewebssystem
auf Höhe der Endplatten bzw. Bandscheibe von der Ventralseite wird in seiner Gesamtheit als Lig. denticulatum bezeichnet
der Dura zum hinteren Längsband führt. In der HWS, aber nur (. Abb. 6.2 und 6.3). Die Ligg. denticulata stabilisieren das Rü-
selten in BWS oder LWS, existiert ein entsprechendes diskonti- ckenmark im Spinalkanal (s. . Abb. 6.2 und 6.3).
6.3 · Subarachnoidalraum
41 6

a b

c d

. Abb. 6.1a–d Epiduralraum. Axiale T2w- (a), T1w- (b), fettsupprimierte T2w- (c) und fettsupprimierte, kontrastmittelangehoebene T1w- (d) MRT-Auf-
nahmen auf Höhe des SWK 1 bei einem 25 Jahre alten Mann. Der Epiduralraum weist aufgrund des epiduralen Fettpolsters in T1w und T2w ein hyperin-
tenses Signal auf (a und b Pfeilspitzen), das sich in der fettgesättigten Untersuchung T2w-Untersuchung vollständig unterdrücken lässt (c Pfeilspitzen).
Nach Kontrastmittelgabe findet sich eine kräftige Signalanhebung, die auf eine Kontrastierung von epiduralen Venen im gesamten Epiduralraum (d Pfeil-
spitzen) zurückzuführen ist. Darüber hinaus nimmt auch das Ganglion der Hinterwurzel kräftig Kontrastmittel auf (d Pfeil)

. Abb. 6.2 Subarachnoidalraum. Der Dura mater liegt die Arachnoidea an. Im Subarachnoidalraum zwischen der Arachnoidea und der Pia mater befindet
sich die intermediäre Zellschicht, der sog. »intermediate Layer«. Eine Duplikatur dieser Zellschicht bildet das Septum posterius (dorsale). Die Ligg. denti-
culata sind medial mit der Pia mater und lateral (inkonstant) mit der Dura mater verbunden. Die Gefäße im Subarachnoidalraum sind umgeben von einer
leptomeningealen Zellschicht, die in die Pia mater übergeht
42 Kapitel 6 · Rückenmarkshäute und intraspinale Kompartimente

b c

. Abb. 6.3a–c Lig. denticulatum. T2w-MRT-Aufnahmen axial durch den HWK 3 (a) und den HWK 4 (b) sowie rechts parasagittal (c) einer 23 Jahre alten
Frau. Das Lig. denticulatum (a–c Pfeilspitze) verläuft lateral des Myelons nahezu in der Koronarebene und verbindet die Pia mater des Myelons mit der Dura
bzw. Arachnoidea mater. Das Lig. denticulatum liegt zwischen den Vorderwurzeln (b und c dünner Pfeil) und den Hinterwurzeln (b und c Pfeil) der Spinal-
nerven und weist Aussparungen auf, durch die die Nervenwurzeln zum Neuroforamen gelangen

jNormvarianten
Arachnoidalzysten, die zu einer Auftreibung der Wurzeltaschen
führen (Wurzeltaschenzysten, Tarlov-Zysten), sind eine häufige
Normvariante. Ihre Prävalenz wird mit 4–5 % angegeben. Sie tre-
ten häufig multipel auf, bevorzugt in der Sakralregion, und sind
meistens klinisch bedeutungslos. Wenn sie Druck auf die Ner-
venwurzeln ausüben, können sie zu radikulären Schmerzen oder
einer Blasenstörung führen (s. 7 Kap. 19, »Spinale Zysten und Stö-
rungen der Liquorzirkulation«, S. 338).
43 7

Spinale Liquorzirkulation
Martin Wiesmann

7.1 Subarachnoidalraum – 44

7.2 Zentralkanal – 44

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


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44 Kapitel 7 · Spinale Liquorzirkulation

7.1 Subarachnoidalraum

Der spinale Subarachnoidalraum (s. o.) enthält etwa 30 ml Li-


quor und geht kranial am Foramen magnum direkt in die basalen
Zisternen über. Von der Cisterna cerebellomedullaris fließt der
Liquor nach kaudal in den spinalen Subarachnoidalraum. Die
größte Strömung besteht ventral vor den Ligg. denticulata (s. o.).
Im hinteren Teil des Subarachnoidalraums strömt der Liquor
dann wieder nach kranial zu den basalen Zisternen zurück. In
den Duratrichtern, an den Austrittsstellen der Spinalnerven,
wird ein Teil des Liquors resorbiert.
Durch Septum posterius und Ligg. denticulata, die in ihrer
Ausprägung allerdings recht variabel sind, wird der Subarach-
noidalraum in einzelne Kompartimente unterteilt, die zwar mit-
einander kommunizieren, aber einen unterschiedlich schnellen,
7 teilweise erheblich turbulenten Liquorfluss aufweisen. Dadurch
erklären sich die hauptsächlich im Bereich der HWS und obe-
ren BWS auftretenden und von Person zu Person stark vari-
ierenden Liquorflussartefakte im spinalen Subarachnoidalraum
(. Abb. 7.1).

7.2 Zentralkanal

Neben dem spinalen Subarachnoidalraum gehört auch der


schmale Zentralkanal des Rückenmarks zu den Liquorräumen
des ZNS. Er beginnt in der Cisterna magna direkt unter der
Apertura mediana (F. Magendii) des 4. Ventrikels und kommu-
niziert daher mit beiden Strukturen. Von hier verläuft er zentral
im Myelon bis zum Beginn des Filum terminale (s. 7 Abb. 1.30).
. Abb. 7.1 Liquorflussartefakte im spinalen Subarachnoidalraum. Sagittale
Der kaudalste Abschnitt des Zentralkanals zeigt über eine Länge T2w-MRT-Aufnahme der mittleren Wirbelsäule eines 13-jährigen Jungen. Es
von 8–10 mm eine (i.d.R. nicht sichtbare) Aufweitung, die dem zeigen sich ausgeprägte Liquorflussartefakte im Subarachnoidalraum dor-
im Rahmen der normalen embryologischen Entwicklung zurück sal des Myelons (Pfeilspitzen). Die hypointensen rundlich-tubulären Arte-
gebildeten Ventriculus terminalis entspricht (7 Kap. 17.5.2, »Ven- fakte sind im Bereich der unteren HWS und oberen BWS am ausgeprägtesten
triculus terminalis«, S. 320).
Entgegen früherer Annahmen fließt der Liquor im Zentral-
kanal von kaudal nach kranial zum 4. Ventrikel und nicht umge- Der Zentralkanal ist normalerweise auch auf hochauflösen-
kehrt. Das Verhältnis zwischen Querschnittsfläche des Kanals den MRT-Aufnahmen nicht sichtbar. Er hat im thorakalen Mye-
und Gesamtquerschnitt des Rückenmarks liegt im gesamten Ver- lon eine durchschnittliche Weite von ca. 0,7 mm und wird damit
lauf relativ konstant bei etwa 0,7 %. Allerdings ist der Zentralka- bei typischer Schichtdicke und Auflösung durch Partialvolumen-
nal nur bei Feten und Säuglingen frei durchgängig. Schon im effekte überlagert. Ist er eindeutig sichtbar, muss daher von einer
Kindesalter kommt es zu umschriebenen Einengungen. Bei na- pathologischen Erweiterung (Syringohydromyelie) ausgegangen
hezu allen Erwachsenen ist der Zentralkanal an einer oder meh- werden. Wenn sich auf sagittalen T2-gewichteten Aufnahmen
reren Stellen hochgradig stenosiert bzw. verschlossen. Dies führt im Myelon eine dünne signalreiche Linie zeigt, kann dies aber
offensichtlich nicht zu klinischen Symptomen. Die funktionelle auch durch Kantenoszillationen bedingt sein (Gibbs-Artefakt,
Bedeutung des Zentralkanals ist bislang unklar. Allerdings beein- Trunkations-Artefakt). Diese Artefakte treten vor allem dann
flusst seine Konfiguration die Entwicklung einer Syrinx. Bis zum auf, wenn in Phasenkodierrichtung mit reduzierten Matrizen
Kleinkindesalter, mit noch komplett durchgängigem Kanal, füh- gemessen wird. Zusätzliche Aufnahmen in axialer Schichtfüh-
ren Krankheiten wie etwa eine Arnold-Chiari-Malformation rung klären den Befund.
häufig zu einer Holosyrinx, d. h. der gesamte Zentralkanal ist er-
weitert. Dies wird kaum beobachtet, wenn im späteren Leben eine
Erkrankung auftritt, die zu einer Syrinx führen kann, wie z. B. ein
intramedullärer Tumor. Dann hängt es von der Durchgängigkeit
des Kanals in der betroffenen Höhe bzw. der Lage benachbarter
Stenosierungen ab, welche Höhenausdehnung eine Erweiterung
des Zentralkanals annimmt oder ob sich eine parazentrale Syrinx
(s. 7 Kap. 19.3, »Syringohydromyelie«, S. 342) im Myelon bildet.
45 8

Rückenmark und Spinalnerven


Martin Wiesmann

8.1 Anatomische Grundlagen – 46

8.2 Normvarianten – 50

8.3 Innerer Aufbau des Rückenmarks – 50

8.4 Graue Substanz – 50

8.5 Weiße Substanz – 52


8.5.1 Sensible Bahnen – 52
8.5.2 Motorische Bahnen – 53

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
46 Kapitel 8 · Rückenmark und Spinalnerven

8.1 Anatomische Grundlagen ihren Zellkörper im Seitenhorn haben, durch den R. commun-
cans albus zum paravertebralen Ganglion. Die postganglionären,
Die Medulla oblongata des Hirnstammes geht an der Austritts- nicht-myelinisierten Fasern ziehen durch den R. communicans
stelle des ersten Zervikalnervs im Foramen magnum in das zer- griseus zu ihren Zielgebieten. Rami interganglionares verbinden
vikale Rückenmark über. Von hier verläuft das Rückenmark im die paravertebralen sympathischen Ganglia.
knöchernen Spinalkanal nach kaudal. Beim Fetus reicht es noch Das Rückenmark wird in einzelne Segmente untergliedert.
bis in den Sakralkanal, beim Säugling bis in Höhe des LWK 3. Jedes Segment entspricht dem Abschnitt, aus dem die Fasern für
Beim Erwachsenen endet es etwa in Höhe des LWK 1. Dies liegt ein Spinalnervenpaar entspringen. Als Segment C5 bezeichnet
daran, dass die Wirbelsäule im Laufe der Entwicklung schneller man beispielsweise den Abschnitt des Zervikalmarks, aus dem
wächst als das Rückenmark, dieses aber durch die Verbindung der 5. Zervikalnerv (ebenfalls mit C5, oder im klinischen Alltag
mit dem Gehirn sozusagen am Schädel fixiert ist. auch als Wurzel C5, bezeichnet) entspringt.
Das Rückenmark hat die Form eines runden Stranges, der Es gibt 8 Zervikalnerven, aber nur 7 Halswirbelkörper. Der
dort, wo die Spinalnerven für die oberen und unteren Extremi- 1. Zervikalnerv (C1) verlässt den Spinalkanal zwischen den
täten entspringen, zwei geringfügige physiologische Verdickun- Occipitalkondylen und HWK 1, die Wurzel C8 verläuft durch
gen aufweist (Intumescentia cervicalis und Intumescentia lum- das Neuroforamen zwischen HWK 7 und BWK 1. Das heißt, dass
balis). Im Querschnitt besitzt das zervikale Rückenmark eine an der HWS ein Spinalnerv (auch als Nervenwurzel bezeichnet)
leicht querovale Form, das thorakale ist annähernd rund. Nach nach dem darunterliegenden Wirbelkörper benannt ist. Die
kaudal läuft das Rückenmark im Conus medullaris aus und setzt Wurzel C4 verläuft beispielsweise durch das Neuroforamen zwi-
8 sich dann im Filum terminale fort, mit dem es am Ende des knö- schen HWK 3 und HWK 4. In der BWS, LWS und im Sakralbe-
chernen Spinalkanals im Os coccygis befestigt ist. Das Filum ist reich entspricht die Zahl der Spinalnerven der der Wirbelkörper,
etwa 20 cm lang und besteht aus zwei Anteilen: der subarachno- d. h. es gibt 12 thorakale (Th1–12), 5 lumbale (L1–5) und 5 sak-
idale Anteil verläuft vom Conus medullare bis zum Ende des rale (S1–S5) Spinalnerven bzw. Rückenmarkssegmente. Die Ner-
Duralsacks in Höhe von SWK 2, der distale extradurale Anteil venwurzeln sind hier nach dem darüberliegenden Wirbelkörper
läuft dann durch den Sakralkanal und setzt am ersten Kokzyge- benannt, beispielsweise verläuft die Wurzel L4 durch das Fora-
alwirbel an. Das Filum terminale enthält kein Nervengewebe men zwischen LWK 4 und LWK 5. Von Mensch zu Mensch vari-
mehr, sondern nur noch Gliazellen. abel gibt es schließlich 1–3 coccygeale Spinalnerven (Co1–3).
An der Vorderseite des Rückenmarkes ist eine kleine Rinne Im Bereich der HWS verlaufen die Spinalnerven in axialer
erkennbar, die Fissura mediana anterior (. Abb. 8.1). Links und Ansicht in einem Winkel von etwa 45° vom Rückenmark nach
rechts davon verlaufen die Vorderstränge von oben nach unten anterolateral (. Abb. 8.2). In sagittaler Ansicht verlaufen sie da-
(Funiculi anteriores). Eine ähnliche Rinne findet sich auch auf gegen nahezu horizontal vom Rückenmark zu den Foramina
der Rückseite, der Sulcus medianus posterior. Neben dem Sulcus intervertebralia (. Abb. 8.2). Auch die Rückenmarkssegmente
verlaufen die Hinterstränge (Funiculi posteriores). Zwischen liegen in der HWS in ähnlicher Höhe wie die gleichlautenden
Vorder- und Hintersträngen verläuft lateral der Seitenstrang (Fu- Wirbelkörper. Die zervikalen Nervenwurzeln liegen meistens im
niculus lateralis). Zwischen Vorder- und Seitenstrang verlassen unteren Anteil der Foramina, etwa in Höhe der Bandscheibenfä-
die motorischen Vorderwurzeln, zwischen Seiten- und Hin- cher (. Abb. 8.2). Die obere Hälfte der zervikalen Foramina ent-
terstrang die sensorischen Hinterwurzeln als Fila radicularia hält in der Regel nur Fett und kleine Venen. Die sensorischen
kontinuierlich das Rückenmark. Dabei treten aus dem Rücken- Ganglien der Hinterwurzeln liegen in der HWS außerhalb des
mark in Längsrichtung jeweils multiple kleine Faserbündel aus Foramen intervertebrale (extraforaminal), lateral zu den Pedi-
(Fila radicularia), die sich kurz danach zu einer einheitlichen keln. Anders als in der LWS (s. u.), schädigen zervikale Band-
Vorder- bzw. Hinterwurzel bündeln (Radices anterior et posteri- scheibenvorfälle aufgrund ihrer engen Lagebeziehung zu den
or) (. Abb. 8.1 und . Abb. 8.2). Im Verlauf zu ihrem Foramen Nervenwurzeln in den Foramina in der Regel die zum jeweiligen
intervertebrale oder auch erst darin vereinigen sich Vorder- und Segment gehörigen Nervenwurzeln.
Hinterwurzel einer Seite dann zum Spinalnerven (N. spinalis). Wie oben geschildert, entspricht die Länge des thorakalen
Das zu jedem Spinalnerven gehörende sensorische Spinalgang- und lumbalen Rückenmarks nicht mehr der Länge der thoraka-
lion (Ganglion spinale) liegt im jeweiligen Foramen. Gleich len und lumbalen Wirbelsäule. Dieser Zusammenhang ist von
nachdem die Spinalnerven die knöcherne Wirbelsäule durch die klinischer Bedeutung: Eine Läsion, die beispielsweise nach dem
Foramina intervertebralia verlassen haben, zweigen sie sich in neurologischen Befund auf das Rückenmarkssegment Th10 hin-
jeweils 3–4 Äste auf: Der Ramus anterior innerviert die Extremi- weist, liegt nicht in Höhe des BWK 10, sondern deutlich weiter
täten sowie den vorderen und seitlichen Rumpf sensibel und cranial. Es bedeutet auch, dass die Nervenwurzeln, nachdem sie
motorisch. Der R. posterior teilt sich in einen medialen und la- das Rückenmark verlassen haben, erst ein Stück nach kaudal lau-
teralen Ramus auf und innerviert die autochthone Rückenmus- fen müssen, bis sie ihr jeweiliges Neuroforamen erreichen. Diese
kulatur (s. 7 Kap. 1–10) sowie die Haut des Rückens, Nackens und Distanz nimmt bei den thorakalen Nervenwurzeln von kranial
Hinterkopfes. Der R. meningeus (oder recurrens) zieht durch das nach kaudal immer weiter zu. Ab dem Ende des Rückenmarks im
Neuroforamen wieder in den Spinalkanal zurück und innerviert Conus medullaris in Höhe LWK 1 verläuft schließlich ein Strang
die Dura sensibel. Soweit autonome Nervenfasern im jeweiligen von Nervenfaserbündeln (Cauda equina) weiter nach sakral, aus
Segment vorhanden sind, verlaufen sie im R. communicans. dem nach und nach die jeweiligen Nervenwurzeln abzweigen.
Hierbei verlaufen die präganglionären myelinisierten Fasern, die Die sakralen Fasern liegen in der dorsalen Cauda equina, nach
8.1 · Anatomische Grundlagen
47 8
Commissura alba anterior
Vorderwurzel Fissura mediana anterior
Vorderstrang
Vorderhorn
Zentralkanal
Seitenhorn

Spinalnerv
im Foramen intervertebrale

Seitenstrang

Sensorisches Ganglion

Hinterhorn

Hinterwurzel Hinterstrang

Commissura grisea Sulcus medianus posterior


. Abb. 8.1 Querschnitt durch das Rückenmark.
Graue Substanz (schmetterlingsförmig, innen): 1 = Vorderhorn; 2 = Seitenhorn; 3 = Hinterhorn; 4 = Commissura grisea; 5 = Zentralkanal
Weiße Substanz: 6 = Commissura alba anterior; 7 = Fissura mediana anterior; 8 = Sulcus medianus posterior; 9 = Vorderstrang; 10 = Seitenstrang;
11 = Hinterstrang
Spinalnerv: 12 = Vorderwurzel; 13 = Hinterwurzel; 14 = sensorisches Ganglion; 15 = Spinalnerv im Foramen intervertebrale

Ramus interganglionaris

N. splanchnicus

Ramus communicans
sympathisches paravertebrales
Ramus communicans griseus Ganglion

Ramus anterior N. spinalis Ramus communicans albus

N. spinalis (Truncus)

Radix anterior

Ramus posterior N. spinalis

Ramus meningeus
motorische Bahnen
Ganglion spinalis sensorische Bahnen
Radix posterior sympathische Bahnen
Filum radicularium

. Abb. 8.2 Spinalnerv. Schematische Darstellung zweier Spinalnerven. Rot: Motorische Bahnen; blau: sensorische Bahnen; gelb: sympathische Bahnen.
Ansicht von dorsokranial: 1 = Filum radicularium; 2 = Radix anterior; 3 = Radix posterior; 4 = Ganglion spinalis; 5 = N. spinalis (Truncus); 6 = R. anterior
N. spinalis; 7 = R. posterior N. spinalis; 8 = R. meningeus; 9 = R. communicans albus; 10 = R. communicans griseus; 11 = R. communicans; 12 = sympathisches
paravertebrales Ganglion; 13 = N. splanchnicus; 14 = R. interganglionaris
48 Kapitel 8 · Rückenmark und Spinalnerven

Lig. longitudinale posterius Lig. longitudinale posterius Lig. flavum


Lig. flavum
Lig. longitudinale Proc. articularis
anterius superior
Lig. longitudinale
anterius
A. und
Foramen V. radicularis LWK 4
Proc. articularis
intervertebrale
Foramen inferior

Proc. articularis intervertebrale Facettengelenk


HWK 5 superior Ganglion der
(Wirbelkörper) Nervenwurzel L5
Proc. articularis LWK 5 A. und
inferior V. radicularis
Nucleus pulposus
der Bandscheibe Facettengelenk
Nucleus pulposus
HWK 5/6 Nervenwurzel C6 der Bandscheibe
(sensorische LWK 4/5
Hinterwurzel)
SWK 1
Pedikel
Nervenwurzel C6
a (motorische Vorderwurzel) b
Nervenwurzel S1
8
. Abb. 8.3a, b Lage der Nervenwurzeln in den Foramina intervertebralia von HWS und LWS. a Schematische Zeichnung HWK 4–6. Die Nervenwurzeln ver-
laufen annähernd horizontal vom Myelon zu den Foramina und liegen dort etwa in Höhe der Bandscheibenfächer. Die Facettengelenke sind relativ flach
gestellt. b Schematische Zeichnung LWK 4–SWK 1. Die Nervenwurzeln verlaufen vom Conus zunächst im Spinalkanal abwärts und dann nach kaudolateral
durch den oberen Anteil der Foramina. Die Facettengelenke sind steil gestellt

a b

. Abb. 8.4 Lage der lumbalen Nervenwurzeln in den Foramina inter- . Abb. 8.5a, b Neuroforamina. Sagittale CT-Reformationen (a) und T1w-
vertebralia. Koronare T2w-MRT-Untersuchung bei einer 58-jährigen Frau. MRT-Aufnahmen (b) durch die linken Neuroforamina der BWS eines 17 Jah-
Anhand der linken L4-Wurzel (Pfeil) ist exemplarisch zu erkennen, wie re jungen Mannes (a) und einer 27 Jahre jungen Frau (b). Im Neuroforamen
die lumbalen Nervenwurzeln den Spinalkanal am Oberrand der Neuro- sind die linken Th-10-Wurzeln (a und b Pfeilspitze) vor ihrer Vereinigung
foramina verlassen zum Spinalnerven zu erkennen, wobei sich Vorder- und Hinterwurzel nicht
voneinander abgrenzen lassen. Begleitet werden die Nervenwurzeln bzw.
der Spinalnerv von den entsprechenden neuroforaminalen Venen und Ar-
terien (a und b Pfeile)

anterolateral sind dann in somatotopischer Reihenfolge beidseits webe in den Foramina intervertebralia abgrenzbar (s. . Abb. 8.4,
die lumbalen Nervenwurzeln angeordnet. Die lumbalen Nerven- . Abb. 8.5 und . Abb. 8.6). An der HWS können schräge (para-
wurzeln verlassen den Spinalkanal in einem Winkel von etwa 45° coronare) Aufnahmen die Beurteilung der Foramina erleichtern
nach anterolateral und unten. (s. 7 Abb. 1.23). Die lumbalen Foramina intervertebralia sind in
Zur Darstellung der Nervenwurzeln eignet sich neben der ihrem kranialen Anteil, oberhalb des Bandscheibenfaches, je-
axialen Untersuchungsebene in der LWS besonders gut die sagit- weils am weitesten. Durch diesen Anteil verlaufen auch die lum-
tale. Auf T1-gewichteten Aufnahmen sind Nervenwurzeln und balen Nervenwurzeln (. Abb. 8.2, . Abb. 8.3, . Abb. 8.4, . Abb.
Gefäße als signalarme Strukturen gut vom signalreichen Fettge- 8.5 und . Abb. 8.6). Ein lumbaler Bandscheibenvorfall erreicht
8.1 · Anatomische Grundlagen
49 8

a b c

d e f

g h i

. Abb. 8.6a–i CT-Myelographie. CT-Myelographie bei einem 22-jährigen Mann (a und c bis i) und einem 57-jährigen Mann (b). Axiale Reformationen in
Höhe von HWK 4/5 (a), HWK 7 (b), BWK 12 (c), LWK 1 (d), LWK 3/4 (e) und LWK 4/5 (f). Sagittale (g) und koronare (h) Reformationen der HWS sowie koronare
Reformation der LWS (i).
Während die zervikalen Nervenwurzeln gut voneinander abgrenzbar sind (a: kräftiger Pfeil und Pfeilspitze), verlaufen die unteren thorakalen Nervenwur-
zeln bereits teils parallel zu ihren weiter kaudal gelegenen Neuroforamina und sind nicht immer sicher einem Segment zuzuordnen (c). Unterhalb des
Conus medullaris verlaufen die Nervenwurzeln in der Cauda equina (d dünner Pfeil), wobei die Nervenwurzeln kranialerer Segmente eher lateral in der
Cauda equina liegen. Die lateral gelegenen Nervenwurzeln verlassen – wie beispielsweise die L-1- und L-3-Vorderwurzeln (d und e: Pfeilspitze) sowie die
L1- und L3-Hinterwurzeln (d und e Pfeil) – sukzessive den Spinalkanal durch ihre entsprechenden Neuroforamina. Anhand der L4-Nervenwurzeln (f Pfeil
und Pfeilspitze) ist zu erkennen, wie lumbale Nervenwurzeln steil nach kaudal ziehen und dann am Oberrand des Neuroforamens durch dieses hindurch-
treten (i: Pfeilspitze). Die Länge der zervikalen Nervenwurzeln ist – verdeutlicht am Beispiel der linken C-5-Vorderwurzel (a, g, h Pfeilspitze) – wesentlich
kürzer und ihr Verlauf weniger steil. Des Weiteren ist zwischen der C-5-Vorderwurzel (a Pfeilspitze) und C-5-Hinterwurzel (b Pfeil) eine kräftige Vena radi-
cularis (a dünner Pfeil) zu erkennen, die u. a. Blut aus der dorsal des Myelons verlaufenden Vena spinalis posterior drainiert (b Pfeil)
50 Kapitel 8 · Rückenmark und Spinalnerven

8
a b cc d
d e
. Abb. 8.7a–e Vereinfachte Darstellung von Nervenwurzelanomalien. a Zwei benachbarte Nervenwurzeln mit einer gemeinsamen Wurzeltasche und
einer Aufteilung vor Durchtritt durch das Neuroforamen. b Zwei benachbarte Nervenwurzeln mit Durchtritt durch ein Neuroforamen und einem sukzessive
leeren Neuroforamen. c Zwei benachbarte Nervenwurzeln mit Durchtritt durch ein Neuroforamen und einer akzessorischen Nervenwurzel. d Intersegmen-
tale Anastomose. e Bifurkation einer Nervenwurzel

daher in der Regel nicht mehr die im Neuroforamen verlaufende Neuroforamen (intraforaminale Bifurkation) oder lateral des
Nervenwurzel, sondern schädigt die zum nächsttieferen Segment Pedikels (extraforaminale Bifurkation).
gehörende Nervenwurzel am Abgang aus dem Duralsack. Das Bei Unkenntnis dieser Anomalien werden Doppelwurzeln
sensorische Ganglion liegt meistens im unter dem Pedikel gele- häufig als »Schwellung« oder »Verdickung« der Nervenwurzel
genen Anteil des Foramens (intraforaminal). Die Größe der Gan- beschrieben (. Abb. 8.8). Vor allem auf axialen CT-Aufnahmen
glien variiert erheblich. Sie beträgt bei L1 im Durchschnitt etwa führt die zweite Wurzel im Foramen auch nicht selten zur Fehl-
6 mm, bei S2 dagegen 15 mm. diagnose eines foraminalen Bandscheibenvorfalles. In zweifel-
haften Fällen sind in der MRT koronare Aufnahmen oder hoch-
auflösende T2-gewichtete axiale Aufnahmen (z. B. CISS-Se-
8.2 Normvarianten quenz) besonders hilfreich.

Von den kongenitalen Anomalien der Spinalnerven ist die Dop-


pelwurzel die häufigste Normvariante. Ihre Häufigkeit wird in 8.3 Innerer Aufbau des Rückenmarks
Sektionsstudien mit 14 % angegeben. In klinischen Schnittbild-
untersuchungen findet sich bei sorgfältiger Untersuchung in Anders als im Gehirn besteht das Rückenmark im Innern aus
etwa 4–5 % der Patienten mindestens eine Doppelwurzel. Am grauer Substanz, die nach außen von weißer Substanz umgeben
häufigsten betroffen sind die Nervenwurzeln L4–S1. wird. Graue und weiße Substanz lassen sich in der MRT unter-
Man unterscheidet drei verschiedene Formen: scheiden (. Abb. 8.9). Eine Identifizierung der im folgenden Ab-
1. Die Nervenwurzeln von zwei benachbarten Segmenten schnitt beschriebenen Nervenbahnen ist jedoch bildmorpholo-
können den Duralsack in einer gemeinsamen Wurzeltasche gisch nicht möglich. Die topographische Zuordnung einer Läsi-
verlassen, die sich auf dem Weg zu den F. intervertebralia on setzt daher die Kenntnis der normalen Anatomie voraus.
aufteilt (. Abb. 8.7a).
2. Die häufigste Variante ist, dass zwei Nervenwurzeln den Spi-
nalkanal durch das gleiche Foramen intervertebrale verlas- 8.4 Graue Substanz
sen. Das zweite Foramen bleibt leer (. Abb. 8.7b), oder in ihm
findet sich eine akzessorische Nervenwurzel (. Abb. 8.7c). Die graue Substanz, die die Zellkörper der Rückenmarksneurone
3. Es kommt auch vor, dass mehrere Nervenwurzeln zwar re- enthält, zeigt eine typische, schmetterlingsähnliche Konfigura-
gelrecht zu ihren Foramina ziehen, aber noch im Spinalka- tion (. Abb. 8.9 und . Abb. 8.10). Der vordere, breitere Anteil der
nal durch Anastomosen verbunden sind (. Abb. 8.7d). Schmetterlingsflügel wird als Vorderhorn bezeichnet, der hintere
und schmalere Anteil als Hinterhorn. Zwischen Vorder- und
Eine weitere Art der Anomalie ist eine frühe Aufteilung (Bifur- Hinterhorn liegt die Pars intermedia. Die beiden Hälften der
kation) einer Nervenwurzel (. Abb. 8.7e), entweder noch im grauen Substanz sind medial durch die Commissura grisea mit-
8.4 · Graue Substanz
51 8

a b c

. Abb. 8.8a–c Spinale Doppelwurzel L5/S1. Axiale T1w-MRT-Untersuchung im Segment LWK 4/5. Während die rechte L5-Wurzeln (a–c Pfeilspitze) am
LWK-4/5-Übergang schon erkennbar sind, sind die linksseitigen L5-Wurzeln zunächst nicht abgrenzbar (a). Die linken L5-Wurzeln (b und c dicker Pfeil) ver-
lassen schließlich als plumpe Struktur gemeinsam mit den S1-Wurzeln (b und c dünner Pfeil) das linke L5-Neuroforamen. (Aus Weyreuther 2006)

a b

. Abb. 8.9a, b Axiale Abbildung des zervikalen Myelons. Axiale Darstellung des zervikalen Myelons bei zwei Probanden. T2w-MRT-Sequenz (Gradienten-
echo) (a) in Höhe HWK 5. Protonendichtegewichtete TSE-Sequenz in Höhe HWK 3/4 (b). Mit beiden Sequenzen ist die graue Substanz als hyperintense
schmetterlingsförmige Struktur im Inneren des Myelons abgrenzbar

Vorderhorn einander verbunden, die in ihrer Mitte den Zentralkanal enthält.


(Rexed VIII bis IX) Die graue Substanz ist im Thorakalmark spärlicher ausgebildet
IX
als in den zervikalen und lumbalen Abschnitten des Rücken-
IX
X marks, die die Extremitäten versorgen.
VIII Seitenhorn Die Vorderhörner enthalten die efferenten Motoneurone,
VII IV (Rexed VII)
V deren Axone das Rückenmark in den Vorderwurzeln verlassen
IV
II III und zu den Skelettmuskeln ziehen. Wie viele Teile des ZNS besit-
I zen auch die Vorderhörner eine somatotopische Gliederung. Im
intermediäre Zone Zervikalmark versorgen die medialen Zellgruppen die Nacken-
(nicht fest umrissen: muskulatur, die ventralen die Schulter- und proximale Armmus-
Rexed VII und X)
kulatur, die lateralen die distale Arm- und Fingermuskulatur.
Ähnlich ist der Aufbau im Lumbalmark: medial im Vorderhorn
Hinterhorn
(Rexed I–VI) ist der kaudale Rumpfbereich repräsentiert, ventral Gesäß und
Oberschenkel, lateral Unterschenkel und Fuß. Eine spinale
. Abb. 8.10 Graue Substanz. Links: Hörner der grauen Substanz. Rechts:
Raumforderung, die zu einer beidseitigen Lähmung der proxi-
Laminae der grauen Substanz nach Rexed.
1 = Hinterhorn (Rexed I–VI); 2 = intermediäre Zone zwischen Vorder- und malen Extremitätenmuskulatur bei erhaltener distaler Beweg-
Hinterhorn (nicht fest umrissen: Rexed VII und X); 3 = Seitenhorn (Rexed VII); lichkeit führt, liegt daher mutmaßlich im Bereich der Fissura
4 = Vorderhorn (Rexed VIII bis IX) mediana und komprimiert von medial beide Vorderhörner.
52 Kapitel 8 · Rückenmark und Spinalnerven

absteigende Bahnen (motorisch) Pyramidenbahn


aufsteigende Bahnen (sensibel)
Tractus corticospinalis
anterior
Tractus vestibulospinali Tractus spinothalamicus anterior

Tractus olivospinalis Tractus spinoolivaris


sensible
extrapyramidale Tractus reticulospinalis Tractus spinothalamicus Vorderseitenstrangbahn
Bahnen lateralis
C (somatotopisch gegliedert)
Tractus reticulospinalis
T L
Tractus rubrospinalis S Tractus spinocerebellaris
C anterior
Tractus corticospinalis lateralis T
Pyramiden- (somatotopisch gegliedert) L Kleinhirnseiten-
bahn S strangbahn
Tractus spinocerebellaris
posterior
C
S L T

Hinterwurzel (Radix dorsalis)


Fasciculus gracilis
8 (Fasern aus Sakral-, Lumbal- und kaudalen Thorakalsegmenten)
Fasciculus cuneatus
(Fasern aus kranialen Thorakal- und allen Zervikalsegmenten)

. Abb. 8.11 Lokalisation der auf- und absteigenden Rückenmarksbahnen. Links: absteigende Bahnen (motorisch), rechts: aufsteigende Bahnen (sensibel)

Die Hinterhörner enthalten sensible Neurone. Hier enden media wie Säulen aus grauer Substanz. Sie werden daher auch
die meisten Axone, die als Hinterwurzeln von den sensiblen als Columnae anterior, posterior, lateralis und intermedia be-
Neuronen der Spinalganglien zentralwärts ziehen. Die meisten zeichnet.
Afferenzen werden im Hinterhorn auf ein zweites Neuron umge-
schaltet.
Das Thorakalmark weist zusätzlich zum Vorder- und Hinter- 8.5 Weiße Substanz
horn noch ein kleineres Seitenhorn auf. Am Lumbal- und Sakral-
mark ist das Seitenhorn zwar makroskopisch nicht mehr sichtbar, Auch die weiße Substanz der beiden Rückenmarkshälften hat
aber prinzipiell ebenfalls vorhanden. Das Zervikalmark besitzt eine Verbindung. In der Commissura alba, die ventral der Com-
dagegen kein Seitenhorn. Die Seitenhörner enthalten die Neuro- missura grisea liegt, kreuzen die aufsteigenden Bahnen von einer
nengruppen des vegetativen Nervensystems. Im ventralen Anteil Seite auf die andere. Die weiße Substanz ist im Zervikalmark am
des Seitenhorns des Thorakal- und Lumbalmarks liegen die ers- stärksten ausgeprägt und wird bis zum Sakralmark immer
ten Neuronen der sympathischen efferenten Bahnen, deren Fa- schmächtiger, da nach und nach die efferenten und afferenten
sern zu den Ganglien des prävertebralen Grenzstranges ziehen, Fasern das Rückenmark verlassen.
im dorsalen Anteil enden die sympathischen Afferenzen. In den Die Einteilung der weißen Substanz in Vorder-, Seiten- und
Seitenhörnern des Sakralmarks sitzen die ersten Neuronen der Hinterstrang wurde oben bereits beschrieben. Sie entspricht
parasympathischen efferenten Bahnen. Wieder liegen ventral die nicht gleichzeitig einer funktionellen Einteilung. Vorder- und
efferenten Neurone, dorsal die Afferenzen. Der Parasympathikus Seitenstränge enthalten beide sowohl sensible wie auch motori-
hat zusätzlich noch einzelne Kerne im Hirnstamm, der Sympathi- sche Bahnen. Die Lage der wesentlichen auf- und absteigenden
kus nicht. Die autonomen Fasern schließen sich, nachdem sie das Bahnen des Rückenmarks ist in . Abb. 8.11 zusammengefasst.
Rückenmark verlassen haben, den Spinalnerven an. Da sie kernspintomographisch nicht differenziert werden kön-
Zwischen dem Vorder- und Hinterhorn befindet sich eine nen, werden nur die wichtigsten Bahnen kurz besprochen.
intermediäre Zone, die eine nicht scharf abgrenzbare Grenze
zwischen dem Vorder- und Hinterhorn bildet.
Die graue Substanz wird zudem nach Rexed in zehn histolo- 8.5.1 Sensible Bahnen
gisch abgrenzbare Schichten aufgeteilt, die jedoch MRT-mor-
phologisch nicht voneinander abgrenzbar sind. Die Laminae I– Die afferenten Fasern aus der Körperperipherie für Schmerz-
VI befinden sich im Hinterhorn. Die Laminae VII nimmt den und Temperaturempfindung treten in der jeweiligen ipsilatera-
mittleren Teil der grauen Substanz ein und beinhaltet das Seiten- len Segmenthöhe in das Rückenmark ein, werden im Hinterhorn
horn. Die Laminae VIII–IX bilden das Vorderhorn. Die Lami- auf das zweite Neuron umgeschaltet und kreuzen dann in der
na X schließlich umgibt den Zentralkanal. Commissura alba auf die Gegenseite. Als Tractus spinothalami-
In Längsausdehnung des Rückenmarks betrachtet erschei- cus lateralis ziehen sie dann im Seitenstrang nach oben zum
nen Vorder-, Hinter- und Seitenhörner sowie die Pars inter- Thalamus.
8.5 · Weiße Substanz
53 8
Die afferenten Fasern für grobe Druck- und Tastempfindun- stamm als schmaler Tractus corticospinalis anterior ganz medial
gen werden ebenfalls im ipsilateralen Hinterhorn auf ein zweites neben der Fissura mediana anterior nach kaudal. Sie kreuzen erst
Neuron umgeschaltet. Dann kreuzen sie in der Commissura alba in der jeweiligen Segmenthöhe zum gegenseitigen Vorderhorn.
zur Gegenseite und laufen als Tractus spinothalamicus anterior Der Tractus corticospinalis anterior existiert nur im Zervikal-
im Vorderstrang nach oben zum Thalamus. mark. Der Tractus corticospinalis lateralis weist ebenfalls eine
Im Fasciculus cuneatus und Fasciculus gracilis, die beide in somatotopische Gliederung auf. Von medial nach lateral liegen
den Hintersträngen liegen, verlaufen die Fasern für die epikriti- zunächst die zervikalen, dann die thorakalen, lumbalen und sa-
sche Sensibilität. Darunter versteht man zum einen die genaue kralen Bahnen. Die Funktion der Pyramidenbahn besteht vor
Lokalisation und Qualität einer Berührungsempfindung (extero- allem in der Steuerung der distalen Extremitätenmuskulatur
zeptive Sensibilität), zum anderen die Information aus Muskel-, (Feinmotorik), daneben aber auch in einer Kontrollfunktion
Sehnen- und Gelenksrezeptoren über die Lage und Stellung der über synaptische Prozesse im Rückenmark (z. B. Unterdrückung
Extremitäten und des Rumpfes (propriozeptive Sensibilität). Im primitiver Fremdreflexe).
Fasciculus cuneatus sind die diesbezüglichen Fasern aus den Als extrapyramidale Bahnen werden alle motorischen Pro-
oberen Extremitäten zusammengefasst. Er existiert daher nur im jektionen bezeichnet, die zum Rückenmark ziehen und nicht
Zervikal- und oberen Thorakalmark. Der Fasciculus gracilis ent- über die Pyramidenbahn verlaufen. Sie entspringen von Zentren
hält die Fasern aus den kaudaleren Abschnitten. Die epikritische im Hirnstamm, v. a. vom N. ruber, den Nn. vestibulares und der
Bahn kreuzt nicht im Rückenmark zur Gegenseite, sondern ver- Formatio reticularis. Entsprechend werden sie als Tractus rubro-
läuft zunächst ipsilateral nach oben bis zum Hirnstamm. Erst spinalis, Tractus vestibulospinalis und Tractus reticolospinalis
hier erfolgt die Verschaltung auf das zweite Neuron, die Fasern bezeichnet. Sie sind eher diffus im Seiten- und Vorderstrang der
kreuzen zur Gegenseite und erreichen schließlich den Thalamus. weißen Substanz verteilt. Die Funktion der Extrapyramidalmo-
Die Hinterstränge weisen eine somatotopische Gliederung auf. torik besteht zum einen in Massenbewegungen der proximalen
Ganz medial liegen die Fasern aus dem Sakralbereich, dann fol- Extremitäten, zum anderen am Rumpf vor allem in Orientie-
gen nach lateral Lumbal-, Thorakal- und Zervikalbereich. rungs-, Ausweich- und Stützbewegungen. Anders als früher an-
Der Tractus spinocerebellaris posterior und der Tractus genommen innervieren auch die extrapyramidalen Bahnen die
spinocerebellaris anterior bilden zusammen die Kleinhirnsei- distale Extremitätenmuskulatur mit, allerdings nur zu einem
tenstrangbahnen. Beide Bahnen entspringen von Neuronen im geringen Grad, und können so bei einem Ausfall der Pyramiden-
Hinterhorn und leiten propriozeptive Informationen über die bahn noch ein gewisses Maß an distaler Extremitätenbeweglich-
Stellung von Rumpf- und Extremitäten nach oben zum Klein- keit ermöglichen.
hirn. Der Tractus spinocerebellaris posterior verläuft ausschließ- Die aufgeführten sensiblen und motorischen Faserzüge, wer-
lich ipsilateral zum Kleinhirn, der Tractus spinocerebellaris pos- den auch lange Bahnen genannt, weil sie das Gehirn mit dem
terior sowohl gleichseitig als auch gekreuzt. Beide Bahnen ent- Rückenmark verbinden. Daneben gibt es die Bahnen des sog.
springen überwiegend im Thorakal-, Lumbal- und Sakralmark. Eigenapparates, die im Rückenmark entstehen und auf- oder
Propriozeptive Informationen aus den oberen Extremitäten er- absteigend in diesem verbleiben. Dadurch kann bereits auf Rü-
reichen das Kleinhirn auf einem anderen Weg. Im Fasciculus ckenmarksebene eine afferent-efferente Informationsverarbei-
cuneatus (s. o.) verlaufen die Afferenzen zur Medulla oblongata, tung erfolgen. Dies ist die Grundlage der spinalen Reflexe (z. B.
werden im Nucleus cuneatus umgeschaltet und erreichen das Eigen-, Fremd- und viszerale Reflexe).
Kleinhirn dann über cuneocerebelläre Projektionen.
Ebenfalls im Hinterhorn entspringen der Tractus spino-oli-
varis und der Tractus spinovestibularis, die beide propriozep-
tive Informationen zum Hirnstamm leiten.
Der Tractus spinoreticularis endet in der Formatio reticula-
ris des Hirnstamms und spielt eine wichtige Rolle in der Wahr-
nehmung tiefer, dumpfer und chronischer Schmerzen.

8.5.2 Motorische Bahnen

Die Pyramidenbahn ist die größte und bedeutendste motorische


Bahn. Sie nimmt ihren Ursprung überwiegend von der Rinde des
Motokortex. Von dort läuft sie als Tractus corticospinalis durch
den Hirnstamm und bildet in der Medulla oblongata eine von
außen sichtbare Vorwölbung, die sog. Pyramiden. Unmittelbar
unterhalb der Pyramiden kreuzen 70–90 % der Fasern auf die
Gegenseite. Als Tractus corticospinalis lateralis laufen sie dann
im Seitenstrang nach unten. Nach und nach treten sie schließlich
in die Vorderhörner ein, um die jeweiligen Motoneurone zu in-
nervieren. Die restlichen ungekreuzten Fasern laufen vom Hirn-
55 9

Gefäßversorgung von
Wirbelsäule und Rückenmark
Martin Wiesmann

9.1 Oberflächliches arterielles Gefäßnetz des Rückenmarks – 56

9.2 Arterielle Gefäßterritorien des Rückenmarks – 56

9.3 Zuflüsse zu den spinalen Arterien – 56

9.4 Venöses System des Rückenmarks – 59

9.5 Venöses System des Spinalkanals – 62

M. Wiesmann et al. (Hrsg.), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
56 Kapitel 9 · Gefäßversorgung von Wirbelsäule und Rückenmark

9.1 Oberflächliches arterielles Gefäßnetz bzw. PLSA Abschnitte mit deutlich verlangsamtem Fluss
des Rückenmarks (»Wasserscheiden«).

4 Die arterielle Versorgung des Myelons erfolgt durch ein


dichtes Gefäßnetz, das auf der Oberfläche des Rückenmarks 9.3 Zuflüsse zu den spinalen Arterien
liegt und eine große Variabilität aufweist. Idealisiert erkennt
man folgende Gefäße: 4 Von kranial werden die ASA und die PSA bzw. PLSA aus
5 auf der Vorderseite des Myelons verläuft über die ganze Ästen der A. vertebralis gespeist.
Länge des Rückenmarks die A. spinalis anterior (ASA) 4 Jede A. vertebralis gibt (typischerweise) zwischen dem Ur-
5 auf der Rückseite des Myelons verlaufen über die Länge sprung der A. cerebelli inferior posterior (PICA) und dem
des Rückenmarks die beiden Aa. spinales posteriores Übergang in die A. basilaris einen Zufluss zur ASA ab. Die
(PSA) und Aa. posterolaterales (PLSA) beiden Gefäße ziehen nach mediokaudal und vereinigen
5 zwischen den beiden PSA und PLSA gibt es zahlreiche sich zur ASA.
Anastomosen. Typischerweise finden sich arkadenför- 4 Aus jeder A. vertebralis entspringt zwischen Duradurchtritt
mige Anastomosen zwischen der ASA und den posterio- und Ursprung der A. cerebelli inferior posterior (PICA) eine
ren Arterien am Conus medullaris. Die Anastomosen A. spinalis posterior, die nach mediokaudal zur Rückseite
zwischen der ASA und den PSA bzw. PLSA sind jedoch des Myelons verläuft und den Beginn der PSA darstellt.
inkonstant 4 Im weiteren Verlauf wird das Gefäßnetz des Rückenmarks
5 in manchen Abschnitten existieren auf jeder Seite so- aus einer variablen Anzahl von Ästen der A. subclavia, der
wohl eine PSA und eine PSLA, häufiger ist pro Seite nur Aorta descendens und der Aa. iliacae gefüllt.
9 eines der Gefäße angelegt 4 In der Embryonalzeit gibt es in jedem Segment der Wirbel-
4 Durch die Anastomosen entsteht in horizontaler Ansicht säule links und rechts je einen R. spinalis, der aus den
ein inkonstantes Kollateralnetz zwischen PSA und PLSA. genannten Arterien entspringt und durch die Foramina
Zwischen ASA und PSA bzw. PLSA gibt es jedoch in der intervertebralia in den Wirbelkanal eintritt. Hier gibt der
Regel keine Verbindung R. spinalis an Spinalganglien, Wurzeln und Rückenmark
4 Die ASA ist normalerweise kontinuierlich angelegt, ihr eine A. medullaris segmentalis ab, an Wirbel und Bänder
Durchmesser variiert aber entsprechend der Menge zu ver- einen R. anterior und posterior.
sorgender grauer Substanz. Zervikal und thorakolumbal 4 Im Laufe der Entwicklung bilden sich von den ursprünglich
beträgt ihr Durchmesser meist um 1 mm, thorakal oft nur 2 × 31 Aa. medullares segmentales etwa 3/4 zurück.
ca. 0,5 mm 4 Bei den meisten Menschen finden sich noch 6–8 Segmen-
4 Die PSA und PLSA sind schmaler als die ASA und haben tarterien mit einem Zufluss zur ASA. Diese werden auch als
einen relativ konstanten Durchmesser (<0,5 mm) »radikulomedulläre Arterien« bezeichnet. Der kräftigste
Zufluss zur ASA findet sich meist zwischen T9 und T12
und wird als A. radicularis magna oder A. Adamkiewicz
9.2 Arterielle Gefäßterritorien bezeichnet.
des Rückenmarks 4 Daneben gibt es meist 10–20 schmächtige segmentale
Zuflüsse zu einer der beiden PSA bzw. PLSA, die auch als
4 Aus der ASA entspringen Äste, die zunächst in die Tiefe der »radikulopiale Arterien« bezeichnet werden.
Fissura mediana anterior laufen und dann sozusagen von 4 Manche Autoren bezeichnen alle Zuflüsse nach intradural
innen in das Rückenmark eindringen. Diese Gefäße werden als »radikulomedulläre Arterien« und unterscheiden dann
auch als zentrales arterielles System des Rückenmarks be- noch »anteriore radikulomedulläre Arterien« (zur ASA)
zeichnet (s. . Abb. 9.3). und »posteriore radikulomedulläre Arterien« (zu den PSA
4 Die zahlreichen kleinen Arterien, die aus dem ober- bzw. PLSA).
flächlichen Gefäßnetz entspringen und von außen in das 4 Im Verlauf der Aorta descendens finden wir typischerweise
Rückenmark eintreten, bezeichnet man dagegen als peri- folgende Gefäße (. Abb. 9.1):
pheres arterielles System. 5 in jedem Segment entspringen aus der Aorta eine linke
4 Nach ihrem Eintritt in das Rückenmark sind alle intrame- und eine rechte Segmentarterie, die um die Wirbelkör-
dullären Arterien funktionelle Endarterien. per nach dorsal ziehen
4 Die ASA versorgt annähernd die vorderen zwei Drittel des 5 die Segmentarterien teilen sich im Verlauf in einen vent-
Rückenmarksquerschnittes einschließlich dem überwiegen- ralen Ast, der in die Interkostalarterie übergeht und die
den Anteil der grauen Substanz, während die zwei PSA bzw. Innenseite der Thorax- und Abdominalwand versorgt,
PLSA jeweils das hintere Drittel ihrer Seite übernehmen und einen dorsalen Ast (. Abb. 9.2)
(s. . Abb. 9.4). 5 der dorsale Ast verläuft an der Außenseite der Neuro-
4 Von den Einmündungen der segmentalen Zuflüsse in die foramina vorbei zwischen den Rippen nach dorsal zur
ASA und PSA bzw. PLSA kann der Blutfluss bidirektional Rückenmuskulatur
nach kranial und kaudal erfolgen. Dadurch entstehen 5 wenn vorhanden, entspringt aus dem dorsalen Ast am
zwischen den segmentalen Zuflüssen in den ASA und PSA Neuroforamen eine radikulomedulläre Arterie, die in die
9.3 · Zuflüsse zu den spinalen Arterien
57 9

A. radicularis anterior
(C4-5)

A. vertebralis

Truncus costocervicalis A. radicularis anterior


(C 6–8)
Truncus Aorta
thyreocervicalis Segmentarterie
A. carotis communis (z. B. A. intercostalis)
Truncus A. radicularis
brachiocephalicus A. spinalis
anterior anterior
A. spinalis anterior A. intercostalis
(Th 4–6) Ramus spinalis
A. radicularis
posterior
A. radicularis magna A. intercostalis Ramus
(Adamkiewicz) (Th 9–L1) ventralis

Ramus dorsalis A. spinalis


posterior

. Abb. 9.1 Arterielle Zuflüsse der A. spinalis anterior. Schematische Zeich- . Abb. 9.2 Segmentarterien. Schematische Zeichnung der wichtigsten
nung der wichtigsten Arterien Arterien des Rückenmarks

A. spinalis anterior Gefäßterritorien


A. spinalis anterior
Aa. sulcales (centrales) Piale Arterien
(Vasocorona medullaris,
Aa. marginales) Aa. sulcales (centrales)
A. radicularis Transversale und (aus A. spinalis anterior)
anterior longitudinale piale
Kollateralarterien Piales A. spinalis anterior
Kollateralnetz

A. radiculo- Aa. marginales


medullaris
A. spinalis
Ramus spinalis A. radicularis A. spinalis
posterolateralis
der Segmentarterie posterior posterolateralis
A. spinalis posterior
A. spinalis A. spinalis A. spinalis posterior
posterior posterolateralis A. spinalis posterior

. Abb. 9.3 Arterielle Versorgung des Rückenmarks. Schematische Zeich- . Abb. 9.4 Arterielle Versorgung des Rückenmarks. Schematische Zeich-
nung der wichtigsten Arterien des Rückenmarks. Ansicht von dorsal nung der wichtigsten Arterien (linke Bildhälfte) und der Gefäßterritorien
(rechte Bildhälfte blau markiert) des Rückenmarks. Die Grenzen der Gefäßter-
ritorien sind fließend. Auf der Dorsalseite des Myelons ist beidseits jeweils
eine A. spinalis posterior und eine A. spinalis posterolateralis eingezeichnet.
In der Realität ist von Abschnitt zu Abschnitt pro Seite oft jeweils nur eines
der Gefäße angelegt

Wurzeltasche des Spinalnerven zieht. Direkt vor dem obliteriert sein, oder es sind noch beide nachweisbar. Die
Duradurchtritt gibt die radikulomedulläre Arterie noch Äste folgen aber immer der Vorder- bzw. Hinterwurzel
einen kleinen Ast ab, der zwar durch das Neuroforamen des Spinalnerven zum Myelon. Deshalb zeigen sie in
zieht, aber extradural bleibt und die Rückseite des Wir- koronarer Ansicht einen typischen »haarnadelförmigen«
belkörpers versorgt Verlauf, durch den sie in der Angiographie identifiziert
5 in der Embryonalzeit teilt sich die radikulomedulläre werden können. Am ausgeprägtesten ist diese haar-
Arterie im Verlauf durch die Wurzeltasche in einen an- nadelförmige Konfiguration in der unteren BWS und
terioren und einen posterioren Ast, die dann zur ASA LWS, da die Nervenwurzeln hier am steilsten nach
und zur ipsilateralen PSA bzw. PLSA ziehen (. Abb. 9.3 kaudal verlaufen (. Abb. 9.5, . Abb. 9.6, . Abb. 9.7 und
und . Abb. 9.4). Später kann einer der beiden Äste . Abb. 9.8).
58 Kapitel 9 · Gefäßversorgung von Wirbelsäule und Rückenmark

. Abb. 9.5 Aorta und Segmentarterien. Kontrastmittelangehobene MR-


Angiographie mit Darstellung der aortalen Segmentarterien. Ansicht von
lateral. Rechts im Bild sind die paarig aus der Aorta stammenden thoraka-
len und oberen lumbalen Segmentarterien zu erkennen. (Mit freundlicher
Genehmigung von Herrn Dr. Mull, Aachen)

. Abb. 9.6 Spinale Arterien. Posthume Mikroradiographie der spinalen


Arterien von ventral. Die spinalen Arterien sind in dieser posthumen Mikro-
radiographie deutlich prominenter als in einer in-vivo-Untersuchung
(s. . Abb. 9.7) dargestellt. Median ist die A. spinalis anterior (große dicke
Pfeile) zu erkennen, die vorrangig aus einer prominenten rechtsseitigen
A. radicularis magna (A. Adamkiewicz) (Pfeilspitze) gespeist wird und sich in
einer schmächtigen A. fili terminalis (dünner Pfeil) fortsetzt. Am lateralen
Rand des Myelons befinden sich die Aa. posterolaterales (kleiner dicker Pfeil),
die am Conus medullaris arkadenförmig mit der A. spinalis anterior anasto-
misieren. (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Thron, Aachen)
9.4 · Venöses System des Rückenmarks
59 9

. Abb. 9.7 A. spinalis anterior. DSA mit Darstellung der rechten Th11-Seg- . Abb. 9.8 Arterien des Myelons. Mikroradiographie in axialer Ansicht.
mentarterie. Aus der rechten Th11-Segmentarterie (dünner Pfeil) entspringt (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Thron, Aachen)
die A. radicularis magna (A. Adamkiewicz) (Pfeilspitze), die wiederum der 1 = A. spinalis anterior; 2 = Aa. sulcales; 3 = Piale Arterien; 4 = A. spinalis
Hauptzubringer der A. spinalis anterior (dicker Pfeil) ist. Hierbei ist hervorzu- posterolateralis; 5 = A. spinalis posterior; 6 = V. spinalis anterior;
heben, dass die kaliberschwache A. spinalis anterior in vivo selbst in der 7 = V. spinalis posterior.
DSA nur als fadenförmiges Gefäß zu erkennen ist, während sie in posthu-
men Darstellungen (s. . Abb. 9.6) deutlich prominenter wirkt. (Mit freund-
licher Genehmigung von Herrn Dr. Mull, Aachen)

V. spinalis anterior
9.4 Venöses System des Rückenmarks
akzessorische
longitudinale Venen
4 Die radiär angeordneten Binnenvenen des Rückenmarks V. radicularis
bilden ähnlich wie die Arterien ein peripheres und zentrales anterior
System (. Abb. 9.9).
4 Auf der Vorder- und der Rückseite des Myelons verläuft je-
weils eine V. spinalis anterior und eine V. spinalis posterior
(. Abb. 9.10).
4 Die V. spinalis anterior hat einen Durchmesser von 0,5–
1 mm und ist kaliberstärker als die parallel verlaufende
A. spinalis anterior. V. radicularis bzw. V. radicularis
4 Die V. spinalis anterior verläuft meist nach kaudal entlang V. intervertebralis
V. spinalis
posterior
des Filum terminale und ist hier sehr kräftig. posterior
4 Zwischen V. spinalis anterior und V. spinalis posterior gibt . Abb. 9.9 Venöse Versorgung des Rückenmarks. Schematische Zeich-
es echte transmedulläre venöse Anastomosen, die in ap- nung der wichtigsten Venen des Rückenmarks. Ansicht von dorsal
Richtung das Rückenmark durchziehen.
4 Zusätzlich gibt es auf der Pia mater der Rückenmarksober-
fläche ein sehr dichtes Venennetz.
4 Das venöse Blut wird segmentweise über die Vv. radiculares
drainiert, die mit den Nervenwurzeln durch die Foramina
intervertebralia ziehen. Eine prominente V. radicularis mag-
na findet sich häufig zwischen den Segmenten Th6 und S3.
4 Vom venösen System des Rückenmarks gibt es zahlreiche
Verbindungen zum epiduralen Venenplexus (Plexus veno-
sus vertebralis internus) (. Abb. 9.11, . Abb. 9.12 und
. Abb. 9.13).
60 Kapitel 9 · Gefäßversorgung von Wirbelsäule und Rückenmark

a b

. Abb. 9.10a, b Spinale Venen. Schematische Darstellung der spinalen Venen von ventral (a) und dorsal (b). Die V. spinalis anterior (a dicker Pfeil) befindet
sich median an der Vorderseite des Myelons und setzt sich als V. fili terminalis (a dünner Pfeil) entlang des Filum terminale fort. Dargestellt sind darüber
hinaus prominente Radikularvenen (a Pfeilspitzen), wobei sich häufig nur eine einzige prominente Radikularvene, die V. radicularis magna genannt
wird, findet. Dorsal verläuft median entlang des Myelons die V. spinalis posterior (b dicker Pfeil), die in dieser Abbildung in eine prominente Radikularvene
(V. radicularis magna) drainiert (b Pfeilspitze)

Plexus venosus vertebralis


internus posterius

Plexus venosus vertebralis


externus anterius

Plexus venosus vertebralis


internus anterius
V. radicularis bzw.
V. intervertebralis Plexus venosus vertebralis
externus posterius
V. basivertebralis

. Abb. 9.11 Venöse Versorgung des Rückenmarks. Schematische Zeichnung der wichtigsten Venen des Rückenmarks
9.4 · Venöses System des Rückenmarks
61 9

a b

. Abb. 9.12a–c Spinale Venen. Posthume Mikroradiographie der spinalen Venen von ventral (a) und lateral (b). Detail aus b (c). Die V. spinalis anterior
(a–c dicker Pfeil) befindet sich median an der Vorderseite des Myelons und weist in den verschiedenen Segmenten unterschiedliche Durchmesser auf.
Dorsal verläuft die V. spinalis posterior (b und c Pfeilspitze), die über viele oberflächliche Venen (c dünner Pfeil) mit der V. spinalis anterior kommuniziert.
Die prominente V. radicularis magna (a Pfeilspitze) verläuft hier mit den rechten L1-Nervenwurzeln. (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Thron,
Aachen)
62 Kapitel 9 · Gefäßversorgung von Wirbelsäule und Rückenmark

9.5 Venöses System des Spinalkanals

4 Die Gefäße des Plexus venosus vertebralis internus sind


dünnwandig und klappenlos. Der Plexus erhält seine Zu-
flüsse aus den Vv. radiculares ventrales, den Vv. radiculares
dorsales (beide aus dem Rückenmark), sowie über die
Vv. basivertebrales aus den Wirbelkörpern.
4 Der ventrale Anteil des Plexus venosus vertebralis internus
wird durch zwei longitudinal verlaufende Venen gebildet,
die strickleiterartig miteinander anastomosieren. Sie stellen
eine Verlängerung des Plexus basilaris dar.
4 Der dorsale Anteil des Plexus besteht wie der ventrale An-
teil aus einem miteinander vernetzten Venenpaar. Es steht
via Sinus occipitalis mit dem Confluens sinuum in Ver-
bindung.
4 Der epidurale Venenplexus reicht nach lateral bis in die
Neuroforamina, wo er die Nervenwurzeln umgibt und mit
dem Plexus venosus vertebralis externus verbunden ist.
Zwischen internem und externem Venenplexus ist, je nach
intraabdominellem Druck, ein Fluss in beide Richtungen
9 möglich.
4 Im Bereich der HWS und BWS weisen viele Ligg. flava in
der Mittellinie einen schmalen Spalt auf. Häufig verlaufen
durch diese Spalten anastomosierende Venen zwischen
dem dorsalen Anteil des epiduralen Venenplexus und dem
dorsalen Anteil des externen Venenplexus.

. Abb. 9.13 Spinale Venen. Sagittale kontrastmittelangehobene T1w-MRT-


Untersuchung des lumbalen Spinalkanals von BWK 10/11 bis SWK 1.
In dieser medianen kontrastmittelangehobenen Aufnahme sind am Vorder-
und Hinterrand des Myelons deutlich zwei geschlängelte Gefäße zu er-
kennen, die ventral der V. spinalis anterior (dicker Pfeil) und dorsal der
V. spinalis posterior (Pfeilspitze) entsprechen. Die V. spinalis anterior setzt
sich als V. fili terminalis (dünner Pfeil) fort.
Bei den dargestellten Gefäßen handelt es sich nicht um die spinalen Arte-
rien, da diese beim Gesunden so kaliberschwach sind, dass sie in einer
üblichen MRT-Untersuchung nicht zu erkennen sind. (Mit freundlicher Ge-
nehmigung von Herrn Dr. Mull, Aachen)
63 10

Paraspinale Weichteile
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

M. Wiesmann et al. (Hrsg.), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
64 Kapitel 10 · Paraspinale Weichteile

a b

10

c d

. Abb. 10.1a–n Paraspinale Weichteile. Axiale T2w-MRT-Aufnahmen (links) und CT-Reformationen (rechts)
Nachfolgende Legende ist nach anatomischen Systemen und von kranial nach kaudal geordnet:
Arterien: 1 = A. carotis interna, 2 = A. carotis externa; 3 = A. carotis communis; 4 = A. vertebralis; 5 = Aorta; 6 = A. renalis; 7 = A. lumbalis; 8 = A. iliaca communis
Venen: 9 = V. jugularis interna; 10 = diverse Venen; 11 = V. cava superior; 12 = V. cava inferior; 13 = V. renalis; 14 = V. lumbalis; 15 = V. iliaca communis
Nerven: 16 = Nn. IX, X, XI; 17 = Plexus cervicalis
Autochthone Rückenmuskeln – medialer Muskelstrang: 18 = M. semispinalis capitis; 19 = M. semispinalis cervicis; 20 = Mm. multifidi; 21 = M. spinalis;
22 = M. semispinalis thoracis
Autochthone Rückenmuskeln – lateraler Muskelstrang: 23 = M. intertransversarius posterius cervicis; 24 = M. obliquus capitis inferior; 25 = M. rectus capi-
tis posterior major; 26 = M. splenius capitis; 27 = M. longissimus capitis; 28 = M. longissimus cervicis; 29 = M. longissimus thoracis; 30 = M. iliocostalis thora-
cis; 31 = M. iliocostalis lumborum; 32 = M. intertransversarius medialis lumborum
Sonstige Muskeln: 33 = M. longus cervicis; 34 = M. longus capitis; 35 = M. levator scapulae; 36 = M. bigastricus (venter posterius); 37 = M. stylohyoideu;
38 = M. stylopharyngeus; 39 = M. styloglossus; 40 = M. pterygoideus medialis; 41 = M. sternocleidomastoideus; 42 = M. trapezius; 43 = M. scalenus posteri-
or; 44 = M. scalenus medius; 45 = M. constrictor pharyngis; 46 = M. rhomboideus minor; 47 = M. rhomboideus major; 48 = M. intertransversarius lateralis
lumborum; 49 = M. quadratus lumborum; 50 = M. psoas major; 51 = M. psoas minor; 52 = M. iliacus; 53 = Diaphragma
Sonstige Strukturen: 54 = Lig. interspinale; 55 = Lig. nuchae; 56 = Tonsilla palatina; 57 = Gl. parotis; 58 = Nodus lymphaticus; 59 = Gl. thyroidea;
60 = Trachea; 61 = Ösophagus; 62 = Ligg. sacroiliaca

Die paraspinalen Weichteile bestehen aus unterschiedlichen hinaus können neben traumatischen Veränderungen auch
Geweben wie beispielsweise Muskeln, Arterien und Venen, Tumorerkrankungen (s. 7 Kap. 15, »Tumoren der Wirbelsäule und
Lymphgefäße und -knoten, Nerven und Faszien (. Abb. 10.1, des Spinalkanals«) oder degenerative Erkrankungen (s. 7 Kap. 13,
. Abb. 10.2 und . Abb. 10.3). »Degenerative Erkrankungen«) die paraspinalen Weichteile be-
Die Kenntnis der paraspinalen Weichteile ist von hohem treffen.
klinischem Wert. Beispielsweise können sich entzündliche Pro- Der Großteil der paraspinalen Weichteile wird von Muskeln
zesse der spinalen Achse auf die paraspinalen Weichteile fort- gebildet. Diese können nach antamischen Kriterien in verschie-
setzen (s. 7 Kap. 14.1.5, »Paravertebraler Abszess«, S. 180). Darüber dene Gruppen eingeteilt werden.
10 · Paraspinale Weichteile
65 10

e f

g h

i j

. Abb. 10.1a–n (Fortsetzung)


66 Kapitel 10 · Paraspinale Weichteile

k l

10

m n

. Abb. 10.1a–n (Fortsetzung)

Die autochthone Rückenmuskulatur, auch primäre Rücken- Spinalnerven innerviert, wobei der mediale Muskelstrang von
muskulatur genannt, entwickelt sich von Anfang an entlang der medialen und der laterale Muskelstrang von lateralen Ästen der
spinalen Achse und wird in ihrer Gesamtheit auch M. erector Rami dorsales innerviert wird.
spinae genannt, da sie den Rücken gestreckt hält. Man kann Die übrige Rückenmuskulatur, die auch sekundäre Rücken-
einen medialen von einem lateralen Muskelstrang unterscheiden. muskulatur genannt wird, stammt aus ventralen Muskel-
Der mediale Muskelstrang besteht aus tief gelegenen Muskeln, gruppen, die entwicklungsgeschichtlich nicht primär dem
die vornehmlich in der Rinne zwischen den Processus spinosi Rücken zuzuordnen sind, die jedoch bis zum Rücken vor-
und transversi liegen und nur wenige Segmente überbrücken. gedrungen sind. Zu diesen Muskeln zählen beispielsweise der
Der laterale Muskelstrang besteht aus eher oberflächlich gelege- M. trapezius oder die Mm. rhomboidei. Die sekundäre Rücken-
nen Muskeln, die meist mehrere Segmente überbrücken. Die muskulatur wird von den Rami anteriores der Spinalnerven in-
autochthone Rückenmuskulatur wird von den Rami dorsales der nerviert.
10 · Paraspinale Weichteile
67 10

. Abb. 10.3 Muskelverfettung. Axiale T2w-MRT-Aufnahmen auf Höhe des


SWK 2 bei einer 53-jährigen Patientin mit einem ca. 10 Jahre zurückliegen-
den Bandscheibenvorfall mit Kompression der linken L5-Wurzeln und einer
anhaltenden klinischen Symptomatik. Deutlich ist eine seitenasymmetri-
sche Atrophie und Verfettung der linksseitigen autochtonen Rückenmusku-
latur zu erkennen (Pfeil)

. Abb. 10.2a, b Muskelatrophie. Axiale T2w-MRT-Aufnahmen auf Höhe


des LWK 3 bei einem 50-jährigen Patienten mit Bandscheibenvorfällen, wel-
che die linken L3- und L4-Wurzeln komprimieren. Initiale Untersuchung (a)
und Folgeuntersuchung nach drei Jahren (b) bei einer anhaltenden klini-
schen Symptomatik. Der von den betroffenen Segmenten versorgte Muscu-
lus psoas major weist in der initialen Untersuchung keinen Größenunter-
schied zur Gegenseite auf (a Pfeil). Drei Jahre später hingegen ist der Mus-
kel deutlich atrophiert (b Pfeil)
69 11

Dermatome und Kennmuskeln


Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

11.1 Dermatome – 70

11.2 Kennmuskeln – 71

M. Wiesmann et al. (Hrsg.), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
70 Kapitel 11 · Dermatome und Kennmuskeln

11.1 Dermatome einer zuweilen erheblichen diagnostischen Unsicherheit (Head


u. Campbell und Keegan u. Garrett) sind die Karten jede für sich
Ein Dermatom ist ein zu einem spinalen Segment gehörendes stellenweise nur eingeschränkt aussagekräftig. So weisen sie vor
Hautareal, das von einem Spinalnerven bzw. einer Hinterwurzel allem an den Extremitäten mitunter große Unterschiede auf.
versorgt wird. Zum Beispiel ist die von Keegan u. Garrett stammende und weit
Es gibt viele verschiedene Dermatomkarten, die jedoch na- verbreitete Darstellung bandförmig von kraniolateral nach kau-
hezu alle entweder auf den Arbeiten von Head u. Campbell domedial verlaufender lumbaler Dermatome weder im klini-
(1900), Foerster (1933) oder Keegan u. Garrett (1948) beruhen schen Alltag noch in nachfolgenden Studien reproduzierbar.
(. Abb. 11.1). Unterschiede der Dermatomgrenzen sind teils methodisch
Die genannten Dermatomkarten basieren auf Fotos und und teils anatomisch/physiologisch bedingt. So sind während
Zeichnungen von Herpes-Zoster-Patienten (Head u. Campbell), der Embryogenese die Nervenzellen eines Somiten nicht streng
Rhizotomien (Foerster) und Bandscheibenvorfällen (Keegan u. mit einem entsprechenden Hautareal verbunden. Vielmehr
Garrett). Angesichts der teils geringen Fallzahl (Foerster) und wachsen die Nerven ab der 5. Embryonalwoche in die entspre-

11

. Abb. 11.1 Evidenz-basierte Dermatomkarte nach Lee, McPhee und Stringer (2008). Die dargestellten Dermatomgrenzen stammen aus unterschiedlichen
Publikationen mit möglichst hoher Evidenz. Weiße Areale entsprechen Hautarealen mit großer Variabilität der Dermatomzugehörigkeit
11.2 · Kennmuskeln
71 11

. Tab. 11.1 Kennmuskeln. Zuordnung einiger klinisch relevanter Muskeln zu ihren zugehörigen spinalen Segmenten.

C3 C4 C5 C6 C7 C8 Th1 L1 L2 L3 L4 L5 S1 S2 S3 S4

M. trapezius* M. biceps M. triceps M. iliopsoas M. gluteus M. sphincter


brachhii brachii maximus vesicae

Diaphragma M. pronator Hypothenar- XXX M. quadriceps femoris M. biceps M. sphincter


teres muskeln femoris ani externus

M. levator scapulae M. extensor Mm. interossei XXX Mm. adductores M. soleus M. levator ani
carpi radialis

XXX M. brachio- M. abductor XXX M. tibialis M. gastrocne- XXX


radialis pollicis longus anterior micus

M. deltoideus Mm. extensores M. gluteus minimus XXX


pollicis

M. supinator XXX M. abductor XXX M. gluteus medius XXX


pollicis brevis

XXX M. adductor XXX M. tibialis XXX


M. opponens pollicis pollcis posterior

XXX Kurze Fußmus- XXX


keln

*Mitinnervation durch den N. accessorius (Hirnnerv XI).

. Tab. 11.2 Kennreflexe. Zuordnung von Reflexen und spinalen Segmenten. Bei Reflexen, die sich über drei Segmente erstrecken, ist das mittlere
dargestellte Segment das prädominante

C5 C6 C7 C8 Th1 L1 L2 L3 L4 L5 S1 S2

BSR TSR CR TPR (Zehenbeuger)

RPR Trömner PSR ASR

XXX PTR XXX

BSR = Bizepssehnenreflex; TSR = Trizepssehnenreflex; RPR: Radius-Periost-Reflex; Trömner = Trömner-Reflex; CR = Cremasterreflex; PSR = Patellarseh-
nenreflex; TPR = Tibialis-posterior-Reflex; ASR = Achillessehnenreflex; Zehenbeuger = Zehenbeugerreflex (pathologisch).

chenden Myotom- und Dermatomareale, was insbesondere wäh- aller bekannten Karten dar und versucht, nur Informationen mit
rend der Bildung der Extremitäten zu einer interindividuellen relativ hoher Evidenz zu berücksichtigen.
Variabilität der Dermatomgrenzen führt. Auch der Austausch
intersegmentaler Nervenfasern in den Plexus brachialis und
lumbosacralis und das Vorhandensein intersegmentaler Anasto- 11.2 Kennmuskeln
mosen führen zu einer physiologischen Variabilität.
Der Ausfall eines einzelnen sensiblen Spinalnerven führt Zwar wird ein Muskel meist von einem einzigen Nerven inner-
nicht immer zu einem relevanten Sensibilitätsausfall, da Derma- viert. Ein Nerv führt jedoch nach seinem Verlauf im Plexus bra-
tome meist stark überlappend sind. Die Überlappung ist hierbei chialis bzw. lumbosacralis in der Regel die Fasern mehrerer Seg-
entlang der Mittellinie am geringsten ausgeprägt. Zudem ist die mente. Daher führt der Ausfall eines spinalen Segments nicht
Überlappung epikritischer Dermatome stärker ausgeprägt als zwangsläufig zu einem vollständigen Funktionsausfall eines
jene von protopathischen Dermatomen. Muskels. Da in den muskelversorgenden Nerven jedoch ge-
Als eine Besonderheit besitzt die C1-Nervenwurzel kein sen- wöhnlich die Fasern einzelner Segmente überwiegen, ist bei Aus-
sibles Dermatom. C7 hingegen weist große Überlappungen mit fall eines Segments klinisch eine Schwächung bestimmter Mus-
den benachbarten Dermatomen C6 und C8 auf. Der dorsale Hal- keln und der dazugehörigen Reflexe feststellbar. Solche Muskeln
lux wird meist von L5, zuweilen aber auch von L4 innerviert. nennt man Kennmuskeln (. Tab. 11.1 und . Tab. 11.2). Ebenso
Hervorzuheben ist zudem, dass die einzige Beschreibung dorsa- wie bei den Dermatomen sind die Zuordnungen von Segmenten
ler thorakaler Dermatome (Th3 bis Th12) von Head u. Campbell und Muskel jedoch nicht strikt, sondern es herrscht eine gewisse
stammt. Die hier vorgestellte Dermatomkarte stellt eine Synthese interindividuelle Variabiltät.
73

Sektion II:
Pathologien
Kapitel 12 Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark – 75
Martin Wiesmann

Kapitel 13 Degenerative Erkrankungen – 111


Martin Wiesmann

Kapitel 14 Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule


und des Spinalkanals – 157

Kapitel 15 Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals – 215

Kapitel 16 Vaskuläre Erkrankungen – 259

Kapitel 17 Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen – 279

Kapitel 18 Metabolische Erkrankungen – 323

Kapitel 19 Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation – 337


75 12

Verletzungen von Wirbelsäule


und Rückenmark
Martin Wiesmann

12.1 Verletzungsmechanismen und bildgebende Verfahren – 76

12.2 Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs


und der oberen Halswirbelsäule – 77
12.2.1 Frakturen der Okzipitalkondylen – 77
12.2.2 Okzipitozervikale Luxationen – 77
12.2.3 Frakturen des Atlas – 79
12.2.4 Densfrakturen – 81
12.2.5 Erhängungsfraktur des Axis (Hanged-man’s Fraktur) – 83

12.3 Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule – 85


12.3.1 Einfache Keil- oder Kompressionsfraktur – 85
12.3.2 Berstungsfraktur der mittleren und unteren HWS – 85
12.3.3 Flexions-Tränentropfenfraktur (Teardrop-Fraktur) – 88
12.3.4 Hyperextensions-Tränentropfenfraktur – 89
12.3.5 Wirbelbogenfraktur – 90
12.3.6 Dornfortsatzfraktur (Schaufelarbeiterfraktur) – 90
12.3.7 Verletzungen der Facettengelenke – 91

12.4 Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule – 92


12.4.1 Einfache Keil- oder Kompressionsfrakturen – 92
12.4.2 Berstungsfrakturen – 94
12.4.3 Distraktionsfrakturen (Chance-Fraktur) – 101
12.4.4 Luxationsfrakturen – 101
12.4.5 Traumatische Spondylolisthesis – 104

12.5 Traumatische Bandscheibenvorfälle – 105

12.6 Traumatische spinale Blutungen – 105

12.7 Verletzungen des Myelons – 105

12.8 Verletzungen der Nervenwurzeln – 109

M. Wiesmann et al. (Hrsg.), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
76 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

12.1 Verletzungsmechanismen hohen physiologischen Schwankungsbreite überlappen sich


und bildgebende Verfahren normale und pathologische Werte jedoch teilweise.

Bei jeder Verletzung der Wirbelsäule hängt das Ausmaß der jComputertomographie (CT)
Schädigung von Wirbelkörpern, Gelenken, Bändern, Myelon Die CT ist der konventionellen Röntgendiagnostik an der Wir-
und Spinalnerven vom Verletzungsmechanismus ab, einer ex- belsäule deutlich überlegen. Bei begründetem Verdacht auf eine
zessiven Bewegung im Sinne von Flexion, Extension, Rotation, Wirbelsäulenverletzung ist sie immer indiziert. Um keine Frak-
Vertikalkompression, Abscherung, Distraktion oder einer Kom- turen zu übersehen, müssen immer Rekonstruktionen in koro-
bination davon. narer und sagittaler Richtung mitbeurteilt werden. Mit der CT
Aus klinischer Sicht ist eine der wichtigsten Fragen die werden auch traumatische Bandscheibenvorfälle und größere
Stabilität einer Fraktur oder Luxation (s. . Tab. 12.1). Stabilität spinale Einblutungen erfasst. Insbesondere am kraniozervikalen
ist im klinischen Sinn so definiert, dass es unter physiologischer und zervikothorakalen Übergang sind mit der CT deutlich mehr
Belastung nicht zu einer über das normale Maß hinausgehenden Frakturen nachweisbar als mit der konventionellen Röntgen-
Bewegung der Wirbelsäule kommt und keine neurologische diagnostik.
Schädigung eintritt. Viele Wirbelkörperfrakturen sind noch
stabil, wenn die benachbarten Bandstrukturen intakt geblieben jMagnetresonanztomographie (MRT)
sind. Je schwerer das Ausmaß der begleitenden Bandver- Nur mit der MRT sind Verletzungen des Myelons, traumatische
letzungen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit von Bandscheibenvorfälle und intraspinale Flüssigkeitsansammlun-
Fehlstellungen und damit auch das Risiko für eine Schädigung gen sicher nachweisbar. Mit Sequenzen, die eine hohe Sensitivität
des Rückenmarks. Zur Stabilitätsbeurteilung an der BWS für ein Knochenmarködem besitzen (z. B. STIR) sind auch Wir-
und LWS wird meist das Drei-Säulen-Modell verwendet belkörperfrakturen recht zuverlässig nachweisbar. Bei kleinen
(s. 7 Kap. 1.3, S. 6 und 7 Kap. 12.4, »Verletzungen der Brust-und knöchernen Strukturen (z. B. Proc. transversus) ist die Sensitivi-
Lendenwirbelsäule«, S. 92). tät der MRT aber nicht optimal. Auf der anderen Seite ist die
Es gibt Verletzungen, die in allen Abschnitten der Wirbelsäu- MRT im Bereich der Wirbelkörper eher zu sensitiv, da z. B. bei
le auftreten (z. B. Kompressionsfrakturen) und andere, die recht einer Wirbelkörperkompressionsfraktur auch die benachbarten
spezifisch für einen bestimmten Abschnitt sind. Unter diesem Segmente häufig ein pathologisches Ödem zeigen. Dies ist
Gesichtspunkt unterscheidet man meist drei Abschnitte: bedingt durch spongiöse Mikrofrakturen (»bone bruise«) mit
12 4 kraniozervikaler Übergang (Okzipitalkondylen bis HWK 2) reaktivem Knochenmarködem (s. . Abb. 12.28). Ligamentäre
4 mittlere und untere HWS (HWK 3–7) Verletzungen sind nur mit der MRT nachweisbar. Die MRT
4 BWS und LWS kann oft die direkte Konturunterbrechung der Bänder zeigen,
daneben aber eine pathologische Flüssigkeitsansammlung
jKonventionelle Röntgendiagnostik (Weichteilödem, Einblutung) am Ort der Läsion (s. . Abb. 12.24
In der Regel erfolgt die Abklärung mittels a.-p.- und Seitauf- und . Abb. 12.28).
nahmen von HWS, BWS und LWS. An der HWS ist eine zusätz- Wegen des hohen Aufwands und der verlängerten Unter-
liche Dens-Zielaufnahme (a.-p.-Densaufnahme bei geöffnetem suchungszeit werden Patienten mit frischen Wirbelsäulenver-
Mund) hilfreich. Neben der Suche nach direkten und indirekten letzungen aber nur selten primär in der MRT untersucht. In der
Frakturzeichen beurteilt man die Stellung der Wirbelsäule Spätphase nach Wirbelsäulenverletzung dominiert dagegen die
(s. 7 Kap. 1, »Knöcherne Wirbelsäule«). MRT-Bildgebung.
Direkte Frakturzeichen an der Wirbelsäule sind (s. . Abb. Eine Indikation für den Einsatz der MRT in der Primärdiag-
12.28 und . Abb. 12.29): nostik besteht:
4 Unterbrechung der Kortikalis oder Stufenbildung 4 bei unklaren neurologischen Ausfällen, die mit dem
4 Abtrennung, Überlagerung oder Verkeilung von Knochen- CT-Befund nicht erklärt werden können (z. B. zum Nach-
anteilen weis einer spinalen Kontusion)
4 Änderung der Wirbelkörperform (z. B. Keilwirbelbildung 4 wenn zur OP-Planung eine Darstellung des Myelons und
bei Kompressionsfrakturen) der Nachweis intraspinaler Blutungen erforderlich ist
5 HWS: V.a.-Fraktur, wenn die Wirbelkörpervorderkante 4 wenn zur Planung stabilisierender OP-Verfahren der Nach-
>3 mm niedriger ist als die Hinterkante weis begleitender Bandverletzungen erforderlich ist
4 Progrediente Höhenminderung im Vergleich zu Vorauf- 4 bei traumatisch bedingten Radikulopathien zum Nachweis
nahmen einer Nervenwurzelschädigung
4 Verdichtung der Wirbelkörperspongiosa bei Kompressions-
frakturen (Impaktationszone)
Indirekte Frakturzeichen sind:
4 Prä- oder paravertebrale Weichteilschwellung als Folge
eines Ödems bzw. einer Einblutung, hilfreich vor allem
zum Nachweis zervikaler Verletzungen (s. 7 Abb. 1.17 und
. Abb. 12.17 und . Abb. 12.19). Sie ist bei zervikalen Ver-
letzungen fast immer vorhanden. Aufgrund der relativ
12.2 · Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs und der oberen Halswirbelsäule
77 12
12.2 Verletzungen des kraniozervikalen
. Tab. 12.1 Stabilität der häufigsten HWS-Verletzungen Übergangs und der
oberen Halswirbelsäule
Verletzungstyp Stabilität

Kraniozervikaler Übergang 12.2.1 Frakturen der Okzipitalkondylen


Okzipitozervikale Dissoziation Instabil
jEpidemiologie
Okzipitozervikale Luxation Instabil Frakturen der Okzipitalkondylen (. Abb. 12.1) sind relativ selten
Okzipitalkondylenfraktur Typ I/II Stabil (3–5 % aller Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma), die genaue
Okzipitalkondylenfraktur Typ III Instabil
Inzidenz ist jedoch nicht bekannt. Häufigste Ursache sind Ver-
kehrsunfälle.
Atlasfrakturen

Vordere Atlasbogenfraktur (Gehweiler I) Stabil jÄtiologie und Einteilung nach Anderson und Montesano
Hintere Atlasbogenfraktur (Gehweiler II) Stabil 4 Typ I: Trümmerbruch einer Okzipitalkondyle durch axiale
Krafteinwirkung auf den Schädel (. Abb. 12.2). Die Frag-
Jefferson-Fraktur (Gehweiler III) Instabil
mente sind nicht oder nur minimal in das Foramen magnum
Fraktur der Massa lateralis (Gehweiler IV) Stabil verlagert. Die Fraktur ist stabil, wenn die Gegenseite intakt
Querfortsatzfraktur (Gehweiler V) Stabil ist. Sind beide Seiten betroffen, liegen meist auch ligamentäre
Verletzungen vor und die Fraktur ist in der Regel instabil.
Frakturen des Axis (nach Anderson und D´Alonso)
4 Typ II: Schädelbasisbruch durch einen direkten Schlag auf
Densfraktur Typ I Stabil den Kopf mit einer Frakturlinie, die vom Okzipitalkondylus
Densfraktur Typ II Instabil bis in das Foramen magnum zieht. Die Fraktur ist stabil.
4 Typ III: Abrissfraktur des medialen Kondylusanteils durch
Densfraktur Typ III Stabil
das Lig. alare, bedingt durch eine Rotation oder Seitneigung
Hanged-man’s Fraktur (Traumatische Spon- Instabil des Kopfes. Ein Kondylusfragment wird in Richtung Dens-
dylolisthesis des Axis)
spitze verlagert. Durch die Zugwirkung des gegenseitigen
Distraktionsverletzungen Lig. alare und der Membrana tectoria ist die Fraktur poten-
Atlantoaxiale Subluxation Stabil oder instabil tiell instabil.
Kompressionsverletzungen an der mittleren/unteren HWS
jBildgebung
Berstungsfraktur Stabil oder instabil kRöntgennativaufnahmen
Einfache Kompressionsfraktur Stabil Frakturen der Okzipitalkondylen werden häufig übersehen
Flexionsverletzungen an der mittleren/unteren HWS
(50 %). Am besten sind sie noch auf Dens-Ziel-Aufnahmen
erkennbar.
Einfache Keil-/Kompressionsfraktur Stabil

Dornfortsatzfraktur (Schaufelarbeiterfraktur) Stabil kCT


Teardrop-Fraktur Instabil Durch die CT mit axialer und koronarer Rekonstruktion sind
Frakturen der Okzipitalkondylen sicher nachweisbar
Berstungsfraktur Stabil oder instabil

Einseitige Facettengelenksluxation Stabil kKriterien für Instabilität


Reitende Facettengelenke (beidseitige Instabil 4 Verlagerung eines Frakturfragmentes um >5 mm
Subluxation) 4 Okzipito-atlantale Dislokation
Beidseitige Facettengelenksluxation Instabil
4 Bilaterale Fraktur der Okzipitalkondylen

Extensionsverletzungen an der mittleren/unteren HWS

Isolierte Wirbelbogenfraktur Stabil 12.2.2 Okzipitozervikale Luxationen


Extensions-Teardrop-Fraktur Stabil
jSynonyme
Hyperextensions-Luxationsfraktur Instabil
Atlanto-occipitale Dislokation
Scher- oder Rotationsverletzungen an der mittleren/unteren HWS

Seitliche Wirbelkompression Stabil jDefinition


Luxation in einem oder beiden Atlantookkzipitalgelenken und
Laterale Luxation Instabil
Verletzung der benachbarten Bänder
Querfortsatzfraktur Stabil

Luxationsfraktur Instabil jEpidemiologie und Ätiologie


Facetten- und Pfeilerfraktur Stabil oder instabil
Luxationsverletzungen am kraniozervikalen Übergang ver-
laufen oft bereits primär tödlich oder es entsteht eine Myelon-
78 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

Typ I Typ II Typ III

Lig. alare

Dens axis

. Abb. 12.1 Schemazeichnung zur Einteilung der Frakturen der Okzipitalkondylen nach Anderson und Montesano (koronare Ansicht)

12
a b

. Abb. 12.2a, b Trümmerfraktur der Okzipitalkondylen als Folge einer axialen Stauchung (Typ 1 nach Anderson und Montesano). Axiale (a) und koronare
(b) CT-Aufnahme. Das Foramen magnum wird nicht eingeengt. Auf der rechten Seite ist der obere Anteil der Massa lateralis des HWK 1 in die Okzipital-
kondyle eingestaucht (Pfeile). Da beide Kondylen betroffen sind, ist die Fraktur instabil

verletzung mit Tetraplegie. Sie entstehen am häufigsten bei Auf- jBildgebung


fahrunfällen oder bei Fußgängern, die von Autos angefahren kRöntgennativaufnahmen
werden. Meist sind alle wichtigen Bänder (Membrana tectoria, 4 Laterale Luxationen erkennt man am besten auf einer Dens-
Ligg. alaria und Gelenkkapseln der atlantookzipitalen Facetten) Zielaufnahme
zerrissen. 4 Alle anderen Luxationsformen werden auf der lateralen
HWS-Aufnahme nachgewiesen
jEinteilung 4 Nicht alle Luxationen sind auf Röntgennativaufnahmen
Man unterscheidet erkennbar
4 Ventrale Luxationen (Okzipitalkondylen gegenüber den 4 Am zuverlässigsten ist die Bestimmung des Basion-Dens-
Atlasgelenkfacetten nach ventral verschoben) (. Abb. 12.3 Intervalls (BDI) und Basion-Axis-Intervalls (BAI) nach
und . Abb. 12.4) Harris (. Abb. 12.5), die beide höchstens 12 mm betragen
4 Vertikale Luxationen (Abstand zwischen Okziput und Atlas dürfen
erhöht)
4 Dorsale Luxationen (Hinterhaupt gegenüber Atlas nach kCT
dorsal verschoben) 4 Immer indiziert bei V.a.-Dislokation, ist der Röntgennativ-
4 Laterale Luxationen (Atlas gegen Hinterhaupt nach lateral diagnostik überlegen
verschoben) 4 Indirekte Zeichen sind: prävertebrale Weichteilschwellung
in Höhe des Atlasbogens (normal bis 10 mm) und SAB am
Alle okzipitozervikalen Luxationsformen (. Abb. 12.5) sind in- kraniozervikalen Übergang
stabil
kMRT
Zeigt zusätzlich eine evtl. Kontusion der Medulla oblongata und
intraspinale Hämatome
12.2 · Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs und der oberen Halswirbelsäule
79 12

. Abb. 12.3 Schemazeichnung zur Einteilung der okzipitozervikalen Luxationen

a b

. Abb. 12.4a, b Ventrale okzipitozervikale Luxationsverletzung. Sagittale CT-Aufnahmen in der Mittellinie (a) und durch das rechte Atlantookzipitalgelenk
(b). a HWK 1 und 2 sind gegen das Foramen magnum nach ventral versetzt. Als Folge der begleitenden ligamentären Verletzungen ist am Dens ein kleiner
knöcherner Ausriss erkennbar (Pfeil). b Die Massa lateralis des HWK 1 ist gegenüber der Okzipitalkondyle nach ventral luxiert und eingestaucht (Pfeil). Die
Okzipitalkondyle ist zertrümmert mit einem nach ventral verschobenen Fragment (Pfeilspitze)

12.2.3 Frakturen des Atlas jBildgebung


4 Sicherer Nachweis mit der CT
jSynonyme 4 Typ-III-Frakturen (Jefferson-Fraktur) sind auf Nativ-Rönt-
4 Jefferson-Fraktur (nur Typ III der Atlasfrakturen), Atlasber- genaufnahmen am besten auf einer a.p.-Dens-Zielaufnahme
stungsfraktur (nur Typ III) erkennbar: seitliche Begrenzungen des HWK 1 überragen
nach lateral den HWK 2 (. Abb. 12.6)
jEpidemiologie 4 Bei kleinen Kindern darf der HWK 1 den HWK 2 auf
4 Betrifft 2–13 % aller HWS-Verletzungen a.p.-Aufnahmen 1–2 mm weit nach lateral überragen,
4 Begleitende Dens-Frakturen (25–50 %) oder Frakturen der bei Erwachsenen höchstens 1 mm
Okzipitalkondylen sind häufig
4 Typ-III-Frakturen (Jefferson-Fraktur) machen etwa ein
Drittel aller Atlasfrakturen aus
4 nur Typ-III-Frakturen (Jefferson-Fraktur) sind instabil
80 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b

. Abb. 12.5a, b Normmaße zum Nachweis okzipitozervikaler Luxationen. a Der Abstand vom Unterrand des Clivus bis zur verlängerten Hinterkante des
Axis (Basion-Axis-Intervall, BAI) darf höchstens 12 mm betragen. b Der Abstand vom Basion bis zur Densspitze (Basion-Dens-Intervall, BDI) darf ebenfalls
höchstens 12 mm betragen

I II III

12

IV V
. Abb. 12.6 Schemazeichnung zur Einteilung der Atlasfrakturen nach Gehweiler

a b c

. Abb. 12.7a–c Durch Hyperextension verursachte instabile Fraktur an der oberen HWS. Es liegt eine Kombination aus einer Fraktur des vorderen Atlas-
bogens (Typ-I-Fraktur nach Gehweiler) und einer Querfraktur durch die Densbasis vor (Typ II nach Anderson und D’Alonzo). a Sagittale CT-Aufnahme. Die
Schädelbasis und die Densspitze sind nach dorso-kaudal abgekippt. Dadurch ist der hintere Atlasbogen nach kranial in das Foramen magnum luxiert.
b Axiale Aufnahme in Höhe des Atlas. Das ausgebrochene Fragment des vorderen Atlasbogens ist nach ventrokaudal verschoben, der Atlas-Dens-Abstand
ist auf 5 mm vergrößert. c Axiale Aufnahme in Höhe der Densbasis. Der Spinalkanal wird durch ein nach kaudal verschobenes Fragment des Dens zusätzlich
eingeengt
12.2 · Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs und der oberen Halswirbelsäule
81 12
erkennt man den vergrößerten Abstand zwischen Dens und
Massae laterales (Distanz 3–5 mm: V.a. partielle Ruptur des
Lig. transversum atlantis, Distanz >5 mm: V.a. vollständige
Ruptur), in der axialen CT die Fraktur der Atlasbögen. Die
Jefferson-Fraktur ist instabil.
> Als Folge der axialen Stauchung erleiden 25–50 % der
Patienten mit einer Jefferson-Fraktur noch weitere
Kompressionsfrakturen: Daher immer gesamte Wirbel-
säule beurteilen!

4 Typ IV: Einseitige Fraktur der Massa lateralis des Atlas.


Diese Fraktur wird durch eine Scherverletzung verursacht
und ist, wenn die Atlasbögen intakt sind, stabil.
4 Typ V: Fraktur des Proc. transversus (. Abb. 12.11). Diese
Fraktur kann durch Rotations- oder Scherverletzungen ver-
ursacht werden. Sie ist stabil, kann aber zu einer Verletzung
der A. vertebralis führen (s. . Abb. 12.10).
. Abb. 12.8 Fraktur des hinteren Atlasbogens (Typ II-Fraktur nach Gehwei-
> Bei einer Atlasfraktur, die den Proc. transversus
ler). Axiale CT- Aufnahme. Die Fraktur ist stabil (Pfeil)
betrifft, Untersuchung immer mit KM durchführen!
Aa. vertebrales intakt?
jÄtiologie und Einteilung der Atlasfrakturen nach Gehweiler
4 Typ I: Fraktur des vorderen Atlasbogens (. Abb. 12.7). Am 12.2.4 Densfrakturen
vorderen Atlasbogen setzt ein Muskel der tiefen vorderen
Halsmuskulatur an (M. longus colli). Hyperextension des jDefinition
Kopfes führt an dieser Stelle zu einem knöchernen Ausriss. Fraktur im Dens axis (Proc. odontoideus des HWK 2)
Die Fraktur ist, wenn sie isoliert auftritt, stabil.
4 Typ II: Fraktur des hinteren Atlasbogens (. Abb. 12.8). jEpidemiologie
Kann durch Hyperextension, Flexion oder axiale Stauchung 4 Densfrakturen gehören zu den häufigen Frakturen an der
verursacht werden. Bei axialer Stauchung wird der hintere HWS (ca. 10 %)
Atlasbogen zwischen Hinterhaupt und Axis zerquetscht. 4 Besonders gefährdet sind ältere Menschen mit Osteoporose
Eine isolierte Fraktur des hinteren Atlasbogens ist stabil. 4 Bei 15 % aller Densfrakturen liegt auch eine Atlasfraktur
4 Typ III: Berstungsfraktur des Atlas mit gleichzeitigem Bruch vor
von vorderem und hinterem Atlasbogen (Jefferson-Fraktur, 4 Andere assoziierte Frakturen: Jefferson-Fraktur, Tränen-
. Abb. 12.9 und . Abb. 12.10). Bei axialer Stauchung (z. B. tropfenfraktur
durch einen Schlag auf den Schädel) wird die Kraft über die
Okzipitalkondylen auf die oberen Gelenkfacetten der jÄtiologie und Einteilung der Densfrakturen nach
Massae laterales des Atlas übertragen. Bei hoher Kraftein- Anderson und D’Alonzo (. Abb. 12.12)
wirkung werden die Massae laterales dadurch auseinander 4 Typ I: Fraktur des oberen Densanteils, meist in Form einer
getrieben und es kommt zu kombinierten Brüchen des vor- Schrägfraktur (sehr selten, 4 % aller Densfrakturen). Ent-
deren und hinteren Atlasbogens sowie zu einer Zerreißung steht bei einer atlanto-occipitalen Dislokation durch Ausriss
des Lig. transversum atlantis. In der a.-p.-Densaufnahme der Ligg. alaria. Die Fraktur ist stabil.

gerissenes
Lig. transversum atlantis symmetrisch versetzte Seltmassen

dorsal
a b c

. Abb. 12.9a–c Jefferson-Fraktur des Atlas. Klassische Fraktur in koronarer (a) und axialer Ansicht (b). Die Massae laterales des Atlas ragen seitlich über
den Axis hinaus, die Distanz zwischen Dens und Massae laterales ist erhöht. Das Lig. transversum atlantis ist zerrissen. c Als Variante kann auch nur auf
einer Seite der Gelenkpfeiler verschoben sein
82 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c

. Abb. 12.10a–d Instabile Fraktur des vorderen und hinteren Atlasbogens (Pfeilspitzen) (Jefferson-
Fraktur, Typ-III-Fraktur nach Gehweiler). a, b Axiale (a und b) und koronare (c) CT-Aufnahmen. Zur
Kontrastierung der A. vertebralis (Pfeile) wurde Kontrastmittel appliziert. Die axiale Stauchung durch
die Okzipitalkondylen hat auch zu einer Trümmerfraktur der rechten Massa lateralis des Atlas ge-
führt. c In der koronaren Aufnahme zeigt sich, dass die Massae laterales des Atlas seitlich über den
12 Axis hinausragen. Auf der linken Seite ist das Lig. transversum atlantis zerrissen, die Distanz zwi-
schen Dens und linker Massa laterales ist auf 7 mm erhöht. Als Nebenbefund erkennt man auch,
dass der HWK 4 frakturiert ist. d CE-MRA mit selektiver Rekonstruktion der Aa. vertebrales und
A. basilaris. Die Fraktur verläuft durch den rechten Proc. transversus und hat zu einer Dissektion der
A. vertebralis an der oberen Atlasschleife geführt (Pfeile in a und d). Der rechte V4-Abschnitt wird
d retrograd bis zur PICA perfundiert

4 Typ II: Querfraktur durch die Densbasis (. Abb. 12.13). 4 Bei Nachweis einer Densfraktur: Atlas-Dens-Abstand er-
Entsteht durch Flexion oder Extension (häufigste Form, höht (>3 mm)?, zusätzliche Atlasfraktur?
60 % aller Densfrakturen). Dieser Frakturtyp ist instabil
> Die Frakturlinie bei einer Querfraktur durch die
und kann zu einer Subluxation zwischen HWK 1 und
Densbasis kann auf axialen CT-Schichten übersehen
2 führen. Aufgrund der kleinen Bruchfläche besteht ein
werden, daher immer koronare und sagittale Rekon-
erhöhtes Risiko für eine Pseudarthrosebildung (35 % bei
struktionen!
konservativer Behandlung).
4 Typ III: Fraktur durch die Densbasis mit Ausdehnung in den
Körper des Axis (. Abb. 12.14). Entsteht durch Flexion. Die jDD
Fraktur ist stabil. 4 Ossiculum terminale Bergmann: Normvariante mit einem
kleinen Knöchelchen an der Densspitze (vollständiger Kor-
jBildgebung tikalisrand, abgerundete Konturen, keine Weichteilschwel-
kRöntgennativaufnahmen lung, keine Traumaanamnese, in der MRT kein knöchernes
4 Auf der a.p.-Dens-Zielaufnahme (Typ I und II) und der Ödem)
seitlichen HWS-Aufnahme (Typ III) sind Frakturlinien bei 4 Os odontoideum: Normvariante in Form einer Denshypo-
Densfrakturen meist gut erkennbar plasie mit kompensatorischem Wachstum des Ossiculum
4 Auf prävertebrale Weichteilschwellung als indirektes terminale
Zeichen achten 4 Ältere, nicht verheilte Densfrakturen sind nicht immer von
4 Bei Typ-III-Frakturen evtl. »Fat-C2-Sign« (s. . Abb. 12.16) einem Ossiculum terminale Bergmann/Os odontoideum zu
unterscheiden
kCT 4 Rheumatoide Arthritis mit Subluxation von HWK 1/2
4 Höhere Sensitivität als Röntgennativaufnahmen (Dens ist arrodiert, KM-aufnehmendes Pannusgewebe,
4 Immer Rekonstruktion in 3 Ebenen! Anamnese)
12.2 · Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs und der oberen Halswirbelsäule
83 12
12.2.5 Erhängungsfraktur des Axis
(Hanged-man’s Fraktur)

jSynonyme
Traumatische Spondylolisthesis des HWK 2, Hanged-man’s
Fraktur (. Abb. 12.15)

jDefinition
Beidseitige Fraktur der Wirbelbögen des HWK 2

jEpidemiologie
4 Erhängungsfrakturen des Axis gehören zu den häufigeren
Frakturen an der HWS (ca. 6 %)
4 Bei ca. 10 % aller Hanged-man’s-Frakturen liegt auch eine
Atlasfraktur vor

jÄtiologie
. Abb. 12.11 Fraktur des Proc. transversus des Atlas (Typ-V-Fraktur nach 4 Klassische Verletzung durch Erhängung führt zu einer Dis-
Gehweiler). Axiale CT-Angiographie-Aufnahme. Der Proc. transversus ist traktion der HWS und Hyperextension des Kopfes nach dor-
zertrümmert, einzelne Fragmente sind nach dorsal verlagert (Pfeilspitze). sal. Dadurch kommt es zu einer Fraktur beider Bogenwurzeln
Die A. vertebralis (Pfeile) ist nicht verletzt
des Axis und einer Zerreißung von Bandscheibe und Bändern
zwischen HWK 2 und 3. Folge ist eine traumatische Spondylo-
listhesis (ventrale Subluxation des HWK 2 gegen den HWK 3)
und dadurch bedingte Durchtrennung des Rückenmarks
4 Ähnlicher Pathomechanismus ist bei Verkehrsunfällen
möglich, wenn ein Aufprall des Kopfes mit der Stirn den
Kopf in extreme Hyperextension zwingt
4 Bruchlinien können in Bogenwurzeln oder Laminae liegen
4 Alle Frakturen dieses Typs sind instabil, auch wenn bei der
initialen Untersuchung noch keine Fehlstellung vorliegt.
Kommt es zusätzlich zu einer Bandzerreißung oder trauma-
tischen Bandscheibenschädigung steigt das Risiko für eine
Fehlstellung mit anteriorer Subluxation des Axis

Typ I Typ II Typ III

. Abb. 12.12 Einteilung der Densfrakturen nach Anderson und D‘Alonzo


84 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c

. Abb. 12.13a–c Instabile Densfraktur (Querfraktur durch die Densbasis, Typ II nach Anderson und D’Alonzo). Auf den seitlichen Röntgen- (a) und CT-Auf-
nahmen (b) ist der Frakturspalt durch die Densbasis gut erkennbar (Pfeil). Atlas und Dens sind nach dorsal subluxiert. Auf der parasagittalen CT-Aufnahme
(c) erkennt man die Subluxation auch am Versatz zwischen der Massa lateralis des HWK1 und der Gelenkfläche des HWK 2 (Pfeile)

12

a b

. Abb. 12.14a, b Fraktur durch die Densbasis mit Ausdehnung in den Körper des Axis (Typ III nach Anderson und D’Alonzo). Auf der sagittalen (a) und
koronaren (b) CT-Aufnahme steht der Dens regelrecht. Die Frakturlinien setzen sich von der Densbasis (a) irregulär in den Körper des HWK 2 fort (b)

jBildgebung 4 Nicht selten liegt eine zusätzliche Fraktur der Basis des
kRöntgennativaufnahmen HWK 2 vor und der ap-Durchmesser des HWK 2 ist ver-
4 Nachweis auf lateraler Aufnahme (Sensitivität ca. 90 %) breitert (»Fat-CT-Sign«, . Abb. 12.16)
4 Unterbrechung (Frakturlinie) der Bogenwurzeln des
HWK 2, mit oder ohne Ventralversatz des HWK 2 gegen kCT
den HWK 3 (traumatische Spondylolisthesis) 4 Asymmetrische Frakturen besser erkennbar
4 Spinolaminäre Linie zwischen HWK 2 und 3 erhalten, 4 Sicherer Nachweis assoziierter Atlasfrakturen
zwischen HWK 1 und 2 unterbrochen 4 Ruptur des vorderen Längsbandes erkennbar durch kleine
4 Prävertebrale Weichteilschwellung (HWK 1–3) nicht knöcherne Ausrissfragmente (von der ventralen Grundplat-
immer vorhanden! te des HWK 2 oder ventralen Deckplatte des HWK 3)
12.3 · Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule
85 12
1 Dens axis
2 obere Gelenkfacette des Axis 1
3 untere Gelenkfacette des Axis
1 4 Lamina

2 2

4
3
3 4

a b c d

. Abb. 12.15a–d Hanged-man’s Fraktur. Beidseitige Fraktur der Wirbelbögen des HWK 2 ohne Fehlstellung in sagittaler (a) und axialer Ansicht (b). In Ver-
bindung mit Bandzerreißungen oder Verletzung der Bandscheibe oder Facettengelenke kann es zu einer anterioren Subluxation und Abknickung des
HWK 2 nach vorne kommen (c, d)
1 = Dens axis, 2 = obere Gelenkfacette des Axis, 3 = untere Gelenkfacette des Axis, 4 = Lamina

12.3.1 Einfache Keil- oder Kompressionsfraktur

jEpidemiologie
4 An der HWS im Gegensatz zu BWS oder LWS relativ selten

jÄtiologie
4 Stauchung (axiale Kompression), Flexion der HWS oder
eine Kombination davon kann zu einer einfachen Kompres-
sionsfraktur der mittleren oder unteren HWK führen
4 Der Wirbelkörper ist meist nach ventral keilförmig
deformiert. Wirbelkörperhinterkante, Wirbelbögen und
die hinteren Bänder bleiben intakt. Die Fraktur ist daher
stabil

. Abb. 12.16 »Fat-C2-Sign. Normalerweise besitzt die Basis des HWK 2 den jBildgebung
gleichen ap-Durchmesser wie der HWK 3. Bei Frakturen des HWK 2 kann
4 Wie bei Kompressionsfrakturen der BWS/LWS
dieser Durchmesser erhöht sein (s. . Abb. 12.17)
(s. 7 Kap. 12.4.1)

12.3 Verletzungen der mittleren


und unteren Halswirbelsäule 12.3.2 Berstungsfraktur der mittleren
und unteren HWS
An der mittleren und unteren HWS (HWK 3–7) können je nach
Richtung und Stärke der einwirkenden Kraft viele unterschiedliche jSynonyme
Verletzungen auftreten. Bei einem Trauma können auch gleichzei- Instabile Kompressionsfraktur
tig oder nacheinander unterschiedliche Kräfte auf die Wirbelsäule
einwirken (z. B. Flexion und Rotation), wodurch auch Kombina- jDefinition
tionen der unten genannten Verletzungen entstehen können. Trümmerfraktur eines Wirbelkörpers, bei dem Grund- und
Deckplatte frakturiert sind
jTypische Verletzungsmuster
4 Stauchung (axiale Kompression): Einfache Kompressions- jEpidemiologie
fraktur, Berstungsfraktur An der HWS relativ häufig (15–20 % aller HWS-Frakturen)
4 Flexion: Einfache Keil-/Kompressionsfraktur, Dornfortsatz-
fraktur (Schaufelarbeiterfraktur), Verletzungen der Facetten- jÄtiologie
gelenke mit oder ohne anteriore Luxation des Wirbelkörpers 4 Stauchung (axiale Kompression), die Krafteinwirkung auf
4 Sequentielle Flexion und Hyperextension (Peitschenschlag- die HWS erfolgt über den Schädel, z. B. bei einem Kopf-
verletzung): Tränentropfenfraktur (Teardrop-Fraktur) sprung in flaches Wasser
4 Extension: Hyperextensions-Tränentropfenfraktur, Wirbel- 4 Als Folge der axialen Kompression wird der Nucleus pulposus
bogenfraktur, Dornfortsatzfraktur einer Bandscheibe durch eine gebrochene Grund- oder Deck-
4 Abscherung/Rotation: Seitliche Wirbelkompression, Quer- platte in einen Wirbel eingetrieben und der Wirbelkörper zer-
fortsatzfraktur, einseitige Verletzung der Facettengelenke birst »von innen heraus« (. Abb. 12.18 und . Abb. 12.19)
86 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b

12

c d

. Abb. 12.17a–d Hanged-man’s Fraktur. Beidseitige Fraktur der Wirbelbögen des HWK 2 mit anteriorer Subluxation des HWK 2 nach vorne. Zusätzlich
liegt eine Fraktur der Basis des HWK 2 vor mit einem geringfügig nach dorsal versetzten Frakturfragment. Die Basis des HWK 2 überragt daher den HWK 3
(Fat-C2-Sign, . Abb. 12.16). Auf den nativen seitlichen Röntgenaufnahmen (a, b) erkennt man die durch den Frakturspalt unterbrochenen Bogenwurzeln
(rote Pfeilspitzen). Der Retropharyngealraum (orange Linie) ist durch eine Einblutung verbreitert (vgl. auch 7 Abb. 1.17 zur normalen Anatomie). Die vordere
Wirbellinie (gelb) ist durch die anteriore Subluxation des HWK 2 unterbrochen. Die hintere Wirbellinie (grün) ist ebenfalls unterbrochen, durch das nach
dorsal versetzte Frakturfragment aber scheinbar gedoppelt. Durch die Fraktur der Bogenwurzeln ist der Dornfortsatz nicht mit nach ventral luxiert, die
spinolaminäre Linie (blau) und die hintere Dornfortsatzlinie (rot) sind daher in Höhe des HWK 2 intakt. Der Atlas ist dagegen mit nach ventral versetzt, hier
ist die spinolaminäre Linie unterbrochen. Auf der sagittalen (c) und axialen (d) CT-Aufnahme sind die Frakturen durch die Basis (c) und beide Bogenwurzeln
(d) des HWK 2 gut erkennbar
12.3 · Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule
87 12
4 Das hintere Trümmerfragment wird häufig nach dorsal
verlagert und kann zur Verletzung des Rückenmarks
führen
4 Solange der hintere Bänderkomplex (v. a. das Lig. longi-
tudinale posteriorus) nicht reißt, bleibt die Fraktur stabil.
Bei gleichzeitigem Bänderriss sind die Berstungsfrakturen
instabil.

jBildgebung
kRöntgennativaufnahmen
4 Wirbelkörper höhengemindert
4 Distanz zwischen den Pedikeln vergrößert

kCT
4 Wirbelkörper höhengemindert und in mehrere Fragmente
zerbrochen
4 Wirbelkörperhinterkante meist nach dorsal verlagert mit
Einengung des Spinalkanals

kMRT
. Abb. 12.18 Berstungsfraktur der Wirbelsäule. Durch eine starke axiale
Kompression wird eine angrenzende Bandscheibe in den Wirbelkörper ein- 4 Ödem im frakturierten Wirbelkörper (T2w: hyperintens,
getrieben, der Wirbelkörper zerbricht in mehrere Fragmente. Meist wird ein T1w: hypointens)
dorsales Fragment in den Spinalkanal verlagert 4 Prävertebrales Hämatom

a b

. Abb. 12.19a–c Berstungsfrakturen der mittleren HWS. Sagittale (a) und


koronare (b) CT der HWS und axiale (c) Aufnahme durch den HWK 5. In den
HWK 4 und 5 sind Frakturlinien nachweisbar, die von der Grund- bis zur
Endplatte verlaufen (b). Die axiale Aufnahme zeigt, wie der HWK 5 in meh-
rere Fragmente zerbrochen ist (c). Als Folge der axialen Kompression sind
auch die Wirbelbögen des HWK 5 frakturiert (Pfeile). Auf den sagittalen Auf-
nahmen (a) ist das Ausmaß der Frakturen in diesem Fall weniger gut er-
kennbar. Dafür zeigt sich gut der Abriss des Dornfortsatzes des HWK 3 vom
Wirbelbogen (Pfeil). Als Folge eines prävertebralen Hämatoms ist die prä-
vertebrale Fettlamelle in Höhe HWK 3 und 4 abgehoben (Pfeilspitzen). Der
c HWK 5 ist nach dorsal versetzt und engt den Spinalkanal ein
88 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

4 Evtl. assoziierte Läsionen: intraspinales Hämatom, trauma- Kompression


tischer Bandscheibenvorfall, Myelonkontusion mit oder Rückenmark
ohne Einblutung

jDD
Flexion Ligamentum
4 Einfache Kompressionsfraktur (meist ventrale Keilform, interspinosum
Fraktur reicht nicht von Grund- bis Deckplatte, Hinterkante
intakt, Spinalkanal nicht eingeengt)
4 Pathologische Kompressionsfraktur (keine multiplen
Frakturlinien in der CT, in der MRT Nachweis einer Weich- Dorsal-
verschiebung
teilmasse im Wirbelkörper, die sich anders darstellt als ein der Wirbel
Frakturödem)
traumatischer
Teardrop- Bandscheiben-
Fragment vorfall
12.3.3 Flexions-Tränentropfenfraktur
(Teardrop-Fraktur)

jSynonyme
Peitschenhiebverletzung, klassische Tränentropfenfraktur,
Teardrop-Fraktur, Tränentropfenfraktur

jDefinition Ligamentum Ligamentum


Schwere instabile Fraktur der HWS, bei der es als Folge einer longitudinale longitudinale
anterius posterius
sequentiellen Flexion und Hyperextension der Wirbelsäule zu kyphotische Fehlstellung
einer Zerreißung von vorderem und hinterem Längsband, einer in Frakturhöhe
Wirbelkörperfraktur mit vorderem knöchernem Ausriss und ei- . Abb. 12.20 Mechanismus der Flexions-Tränentropfenfraktur. Meist
ner Subluxation des Wirbelkörpers in den Spinalkanal kommt kommt es initial zu einer Hyperflexion, dann zu einer Extension der Wirbel-
12 säule
jEpidemiologie
An der HWS relativ häufig (10–15 %)
jBildgebung
jÄtiologie kLokalisation
4 Durch sequentielle Flexion und Hyperextension (in be- 4 Am häufigsten ist die mittlere HWS betroffen (HWK 5)
liebiger Reihenfolge) zerreissen sowohl die hinteren Band- 4 Zusätzliche Frakturen benachbarter Wirbelkörper sind
strukturen (Lig. interspinosum, Lig. flavum und Lig. longi- häufig (25 %)
tudinale posterius) wie auch das vordere Längsband. Beim
Riss des vorderen Längsbandes entsteht meistens auch ein kRöntgennativaufnahmen
knöcherner Ausriss aus der Wirbelkörpervorderkante 4 Knöcherner Ausriss an der unteren Wirbelkörpervor-
(»Tränentropfen«). Auch die Bandscheibe im betroffenen derkante, selten auch an der oberen Wirbelkörpervor-
Segment wird geschädigt. Als Folge der entstehenden In- derkante
stabilität subluxiert der Wirbelkörper nach dorsal in den 4 Meistens (87 %) besteht nicht nur ein knöcherner Ausriss
Spinalkanal (. Abb. 12.20). sondern eine Trümmerfraktur des Wirbelkörpers mit
4 Das Verletzungsmuster kann sowohl enstehen, wenn im in- einem Frakturspalt, der den ganzen Wirbelkörper in
itialen Moment des Traumas eine zusätzliche Stauchung sagittaler Richtung durchzieht
(axiale Kompression) der Wirbelsäule bestand (z. B. beim 4 Wirbelkörper (oder dorsales Frakturfragment) nach dorsal
Kopfsprung in flaches Wasser) wie auch bei einer initialen in den Spinalkanal subluxiert
zusätzlichen Dehnung (Hyperextension) der Wirbelsäule 4 Die Hinterkante des nach dorsal luxierten Wirbelkörpers ist
(wie bei einem Verkehrsunfall ohne Kopfstütze). kongruent mit den darüber liegenden Wirbelkörpern
4 Durch den in den Spinalkanal subluxierten Wirbelkörper 4 Prävertebrale Weichteilschwellung (Hämatom)
kommt es meist bereits initial zu einer schweren Kompres- 4 Meistens vergrößerter Abstand zwischen den Dornfort-
sion des Rückenmarks mit einer Querschnittssymptomatik. sätzen des betroffenen Segmentes und kyphotische Fehl-
4 Zusätzlich können auch Verletzungen entstehen, die sonst stellung
bei einer reinen Extension beobachtet werden (z. B. Fraktur
der Bogenwurzeln). kCT
4 Die klassische Teardrop-Fraktur ist hochgradig instabil, Assoziierte Verletzungen: Dornfortsatzfraktur, Wirbelbogen-
führt häufig zu schweren Myelonverletzungen und hat eine fraktur, Trümmerfraktur des Wirbelkörpers, Facettengelenks-
schlechte klinische Prognose. verletzungen (. Abb. 12.21)
12.3 · Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule
89 12

a b

. Abb. 12.21a, b Flexions-Tränentropfenfraktur des HWK 4. Sagittale CT der HWS (a) und axiale (b) Aufnahme durch den HWK 4. a An der unteren Wirbel-
körpervorderkante ist ein größeres knöchernes Fragment ausgerissen und nach ventral verschoben. Der HWK 4 ist nach dorsal subluxiert und engt den
Spinalkanal ein. b Zusätzlich liegt eine Trümmerfraktur des HWK 4 vor, der in mehrere Fragmente zerbrochen ist. Auch die Wirbelbögen des HWK 4 sind
frakturiert

kMRT 4 Dieser Frakturtyp ist stabil, die Stellung der HWS regelrecht
4 Intraspinales Hämatom? 4 Gehäuftes Auftreten bei älteren Patienten mit Osteoporose
4 Traumatischer Bandscheibenvorfall?
4 Myelonkontusion mit oder ohne Einblutung? jBildgebung
kLokalisation
jDD Tritt von HWK 2–HWK 7 auf, am häufigsten am HWK 2
Hyperextensions-Tränentropfenfraktur (kleiner knöcherner Aus- (. Abb. 12.22)
riss an der Wirbelkörpervorderkante ohne weitere Frakturen oder
Bandverletzungen, ohne Anhalt für eine Bandscheibenschädigung kRöntgennativaufnahmen
(Vakuumphänomen!) und mit regelrechter Stellung der HWS) 4 Kleine knöcherne Aussprengung an der Wirbelkörpervor-
derkante auf seitlicher Aufnahme erkennbar
! Cave:
4 Reguläre Stellung der Wirbelsäule, keine weiteren
Die klassische Tränentropfenfraktur darf nicht mit der
Frakturen
Hyperextensions-Tränentropfenfraktur verwechselt
4 Wenn die Dornfortsätze im betroffenen Segment eine
werden (s. u.).
vergrößerte Distanz zeigen, spricht dies dafür, dass die Ver-
letzung nicht durch Hyperextension, sondern durch Flexion
verursacht wurde: in diesem Fall handelt es sich um eine
12.3.4 Hyperextensions-Tränentropfenfraktur Flexions-Tränentropfenfraktur (s. 7 Kap. 12.3.3, S. 88)!

jSynonyme kCT
Stabile Hyperextensionsfraktur, Extensions-Teardrop-Faktur 4 Weitere Frakturen als Hinweis darauf, dass es sich doch um
eine Flexions-Tränentropfenfraktur handelt?
jDefinition
Isolierter knöcherner Ausriss aus der Wirbelkörpervorderkante jDD
ohne weitere Frakturen oder Bandverletzungen und mit regel- 4 Flexions-Tränentropfenfraktur
rechter Stellung der HWS 4 Instabile Hyperextensionsverletzung (komplexe Verletzung
mit Schädigung der Bandscheibe (Vakuumphänomen oder
jÄtiologie und Epidemiologie traumat. Bandscheibenvorfall?) oder weiteren Frakturen
4 Eine Hyperextension der HWS, oft unter gleichzeitiger (Wirbelbogenfraktur, Dornfortsatzfraktur, hintere Wirbel-
axialer Belastung, kann zu einem isolierten kleinen körperkompressionsfraktur))
knöchernen Ausriss aus der Wirbelkörpervorderkante 4 Limbus vertebrae (kleines, randständig sklerosiertes
durch das vordere Längsband führen, ohne dass weitere Knochenfragment vor dem oberen, vorderen Rand eines
Frakturen am betroffenen Wirbelkörper oder Verletzungen Wirbelkörpers; am Wirbelkörper besteht ein zum Fragment
der hinteren Bandstrukturen auftreten passender, randständig sklerosierter Defekt)
90 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

. Abb. 12.22 Hyperextensions-Tränentropfenfraktur. An der unteren Wir- . Abb. 12.23 Hyperextensionsverletzung mit Fraktur des Wirbelbogens
belkörpervorderkante des HWK 2 zeigt sich als Folge eines Hyperextensi- des HWK 7 (Pfeil). Axiale CT- Aufnahme. Die Fraktur ist stabil
onstraumas ein kleiner knöcherner Ausriss (Pfeil). In der CT waren keine
weiteren Verletzungen der HWS nachweisbar

12.3.5 Wirbelbogenfraktur 12.3.6 Dornfortsatzfraktur


(Schaufelarbeiterfraktur)
12 jSynonyme
Hyperextensionsverletzung der Wirbelbögen jSynonyme
Schaufelarbeiterfraktur, Clay-Shoveler-Fraktur
jDefinition
Traumatisch bedingte Fraktur der Wirbelbögen jDefinition
Fraktur der Dornfortsätze der Wirbelkörper (Proc. spinosus)
jÄtiologie und Epidemiologie
4 Frakturen der Wirbelbögen können Teil komplexer HWS- jÄtiologie
Frakturen (z. B. Berstungsfrakturen) sein (. Abb. 12.23) 4 Starke muskuläre Anspannung in Flexionsstellung, wie bei-
4 Wenn sie isoliert, oder in Verbindung mit Frakturen der spielsweise bei schwerem Schaufeln, aber auch ein Schlag
Dornfortsätze auftreten, sind sie Folge einer starken Hyper- gegen die HWS oder in den Nacken, können zu einer
extension der HWS, vor allem bei gleichzeitiger axialer Be- Fraktur der Dornfortsätze der Wirbelkörper der unteren
lastung HWS oder oberen BWS führen
4 Am häufigsten sind die Laminae betroffen 4 Am häufigsten sind die HWK 6 und 7 betroffen
4 Isolierte Verletzungen der dorsalen Wirbeklkörperelemente 4 Begleitende Bandverletzungen kommen in der Regel nicht
sind stabil. Hyperextensionsfrakturen können aber instabil vor, Schaufelarbeiterfrakturen sind daher stabil
sein, wenn gleichzeitig noch Bandstrukturen verletzt sind 4 Bei atypischen Schaufelarbeiterfrakturen (selten) verläuft
(vorderes und hinteres Längsband, Facettengelenkskapsel). die Frakturlinie bis in die Lamina. Dann ist evtl. auch eine
4 Isolierte Verletzungen der Wirbelbögen sind selten Schädigung des Myelons möglich

jBildgebung jBildgebung
kRöntgennativaufnahmen 4 Frakturlinie verläuft meist etwas schräg durch den mittleren
Isolierte Frakturen der Wirbelbögen häufig nicht nachweisbar Abschnitt des Dornfortsatzes
4 Am besten nachweisbar auf seitlichen Röntgen- oder
kCT axialen CT-Aufnahmen (. Abb. 12.24)
4 Sicherer Nachweis 4 MRT nur indiziert bei atypischen Frakturen:
4 Einengung des Spinalkanals durch Frakturfragmente? asso- 5 Hämatom im Lig. interspinosum?
ziierte Frakturen? 5 bei Beteiligung der Laminae: intraspinales Hämatom?
Myelonkontusion?
12.3 · Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule
91 12

. Abb. 12.24a–d Schaufelarbeiterfraktur. a Sagit- b


tale CT von Unterkante HWK 7 bis Mitte BWK 4.
b Axiale CT durch BWK 2. c Axiale CT durch BWK 3.
d MRT mit sagittaler fettunterdrückter T2-Sequenz
(TIRM). Durch eine kräftige Flexionsbewegung bei
einem Verkehrsunfall kam es zu einer Fraktur der
Dornfortsätze von BWK 2–4. Durch einen Riss des
Lig. interspinosum ist der Abstand zwischen den
Dornfortsätzen des BWK 1 und 2 erhöht (a Stern,
d Pfeilspitze). Die Frakturspalten in den Dornfort-
sätze sind auf der sagittalen CT-Aufnahme (a)
nicht so gut zu erkennen wie auf den axialen
Aufnahmen (b und c). Auf der T2-gewichteten
MRT-Aufnahme (d) sieht man ein erhöhtes Flüssig-
keitssignal (Ödem bzw. Hämatom) im Bereich des
rupturierten Lig. interspinosum (Pfeilspitze) sowie
in den Frakturspalten der BWK 2–4 (Pfeil) c d

12.3.7 Verletzungen der Facettengelenke 4 Beidseitige Facettengelenksluxation: Die schwerste Ver-


letzung der Facettengelenke ist eine beidseitige Facetten-
jSynonyme blockade: Durch eine heftige Flexionsbewegung zerreißen
Facettengelenksluxation, Facettenblockade, Subluxation der das hintere Längsband, der hintere Bänderkomplex, der
Facettengelenke, reitende Facettengelenke Anulus fibrosus und häufig auch das vordere Längsband.
Dadurch subluxiert der ganze Wirbelkörper nach ventral.
jDefinition Die unteren Gelenkfacetten des Wirbels werden dabei zu-
Verletzung der kleinen Wirbelgelenke mit oder ohne Verhakung nächst nach ventral verlagert, und verhaken sich dann bei
(Blockade) in Subluxationsstellung der Rückwärtsbewegung mit den oberen Gelenkfacetten des
darunter gelegenen Wirbels (. Abb. 12.26).
jÄtiologie und Einteilung 4 Eine einseitige Facettenblockade ist meist stabil, nur in etwa
4 Verletzungen der Facettengelenke sind immer Folge 25 % der Fälle liegt noch eine ventrale Subluxation vor und
einer Flexion der HWS. Dabei kommt es zur Ruptur die Verletzung ist instabil.
der Gelenkkapsel und des hinteren Bänderkomplexes 4 Beidseitig reitende Facettengelenke oder eine beidseitige
(. Abb. 12.25). Facettenblockade sind immer instabil
4 Einseitige Facettengelenksluxation: Wenn gleichzeitig zur 4 Wenn Facettengelenke in Subluxationsstellung stehen, be-
Flexion eine Rotationskomponente vorhanden ist, wird steht ein hohes Risiko für eine Schädigung der durch das
möglicherweise nur einseitig die Gelenkkapsel zerstört und betreffende Neuroforamen verlaufenden Nervenwurzel
es kommt zu einer einseitigen Facettenblockade: Auf einer 4 Assoziierte Verletzungen: traumatischer Bandscheibenvor-
Seite wird die untere Gelenkfacette des kranial gelegenen fall, Kompressionsfrakturen der Gelenkfacetten, andere
Wirbels zunächst nach ventral verlagert und verhakt sich Flexionsverletzungen (Keilfraktur des unteren Wirbel-
dann bei der Rückwärtsbewegung mit der oberen Gelenk- körpers, Riss des Lig. longitudinale anterior und anteriore,
facette des darunter gelegenen Wirbels. Luxation des oberen Wirbelkörpers, . Abb. 12.26)
4 Beidseitig reitende Facettengelenke: Sind beide Facetten-
gelenke betroffen, kann es zur Subluxation kommen. Durch ! Cave:
den Riss des hinteren Bänderkomplexes rutschen die Der Begriff Facettenblockade ist irreführend, da er eine
oberen Gelenkfacetten nach ventral, bis sich die Spitzen der stabile Stellung suggeriert. Tatsächlich sind einseitige
betroffenen oberen und unteren Gelenkfortsätze in einem Facettenblockaden manchmal, beidseitige Facetten-
Punkt berühren (s. . Abb. 12.36). blockaden immer instabil.
92 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

Reitende Facettengelenke Facettenblockade

Riss des
Ligamentum flavum

Riss des
Ligamentum
„reitende“ Facetten interspinosum

Riss des
Abriss des Ligamentum
Ligamentum supraspinosum
longitudinale
anterius
Riss des Ligamentum
a longitudinale posterius b

. Abb. 12.25a, b Mechanismus der Facettengelenksluxation. a Reitende Facettengelenke, b Facettenblockade

jBildgebung 4 Distraktionsfrakturen (Chance- oder andere Sicherheits-


kLokalisation gurtfrakturen)
Am häufigsten an der unteren HWS 4 Luxationsfrakturen

kRöntgennativaufnahmen Zur Stabilitätsbeurteilung wird vor allem das Drei-Säulen-


4 Nachweis auf der seitlichen Aufnahme: Modell angewandt (s. . Kap. 1.3, S. 6). In der Regel sind 1-Säulen-
4 Wirbelkörper nach ventral luxiert/subluxiert (bei reitenden Frakturen stabil, 3-Säulen-Frakturen immer instabil. 2-Säulen-
Facettengelenken oft nur angedeutet, bei beidseitiger Frakturen können je nach Ausmaß der Verletzungen stabil sein,
12 Facettengelenksluxation oft >50 % des Wirbelkörperdurch- meist sind sie jedoch instabil.
messers)
4 Gelenkfacetten sind nicht mehr kongruent
4 Häufig prävertebrales Weichteilhämatom 12.4.1 Einfache Keil- oder
4 Verschmälertes Bandscheibenfach als Hinweis auf einen Kompressionsfrakturen
evtl. traumatischen Bandscheibenvorfall
4 Evtl. keilförmige Kompressionsfraktur des darunter gelege- jEpidemiologie
nen Wirbelkörpers 4 Häufigster Frakturtyp an der BWS oder LWS (50 %)
4 Erhöhtes Risiko bei Osteoporose
kCT
4 Zusätzliche Frakturen, die auf den Röntgennativaufnahmen jÄtiologie
evtl. nicht nachweisbar waren: Wirbelbögen, Gelenkfacet- 4 Durch Stauchung (axiale Kompression) bei gleichzeitiger
ten, Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper? Flexion nach vorne oder zur Seite kommt es zu einer
4 Traumatischer Bandscheibenvorfall? keilförmigen Deformierung des vorderen oder seitlichen
Wirbelkörperabschnittes (. Abb. 12.27)
kMRT 4 Eine keilförmige Deformierung (anstelle einer Berstungs-
4 Bei beidseitigen Facettengelenksluxationen immer indiziert fraktur mit gleichmäßiger Kompression) entsteht dann,
4 Traumatischer Bandscheibenvorfall? wenn die Kraft auf der Wirbelkörpervorderkante höher als
4 Myelonkompression? auf der Hinterkante ist. Dies trifft zu,
4 Knöchernes Ödem an Gelenkfacetten und Wirbelkörper als 5 wenn die einwirkende Kraft beim Trauma nach ventro-
Hinweis auf okkulte Frakturen kaudal gerichtet ist
5 wenn die Wirbelsäule im Moment der Stauchung nach
vorne geneigt ist
12.4 Verletzungen der Brust- 5 in Abschnitten mit einer physiologischen Kyphose
und Lendenwirbelsäule 4 An der BWS (Kyphose!) führt eine axiale Belastung daher
fast immer zu keilförmigen Kompressionsfrakturen
Nach dem Verletzungsmechanismus teilt man die Verletzungen 4 Bei Keilfrakturen ist die vordere Säule immer beteiligt. Die
der Brust- und Lendenwirbelsäule in 4 Haupttypen ein: mittlere Säule, d. h. die Wirbelkörperhinterkante und das
4 Kompressionsfrakturen hintere Längsband, bleibt aber intakt und wirkt als Schar-
4 Berstungsfrakturen nier. Bei sehr hoher Krafteinwirkung kann es daher zu einer
12.4 · Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule
93 12

a b d

e f g

. Abb. 12.26a–g Beidseitige Facettengelenksluxation. Röntgennativaufnahmen (a, b). Sagittale CT von HWK 3 bis Oberkante BWK 1 (c, d). Axiale CT in
Höhe HWK 5/6 (e, g) und HWK 6/7 (f). a Als Folge eines schwere Flexionstraumas ist der HWK 5 um nahezu 50 % nach anterior luxiert. Die Verletzung ist
instabil (beachte die unterschiedliche Stellung in der direkt nacheinander aufgenommenen Röntgenaufnahme (a) und CT (c). Durch die Ruptur des
hinteren Bandapparates sind die Dornfortsätze aufgeklappt (a, c). b Auch auf der ap-Aufnahme ist der vergrößerte Abstand zwischen den Dornfortsätzen
erkennbar (Sterne). Die Facettengelenke sind blockiert: Die obere Gelenkfacette liegt vor der unteren (d, e Pfeile). Zum Vergleich: regelrechte axiale
Abbildung der Facettengelenke bei HWK 5/6 (f). Auf den axialen Aufnahmen ist die anteriore Luxation des HWK 5 durch die Doppelkontur der Wirbelkörper
(»double vertebra sign«) erkennbar (g)
94 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b

. Abb. 12.27a. b Einfache Keil- oder Kompressionsfrakturen der Wirbelsäule. a Die axiale Kompression erfolgt exzentrisch oder unter Flexion. Der Wirbel-
körper wird an der Vorderseite keilförmig deformiert. b Mäßig starke axiale Kompression. Die angrenzenden Bandscheiben führen zur Impression einer
oder beider Wirbelkörperabschlussplatten. Die Hinterkante des Wirbelkörpers ist intakt, die Fraktur ist stabil

Distraktionsverletzung an der hinteren Säule kommen. zur Deckplatte reicht, Hinterkante nicht höhengemindert, keine
Dennoch sind Kompressionsfrakturen in der Regel stabil. Frakturlinie, die bis in die Hinterkante reicht).
12 4 Bei sehr hoher Krafteinwirkung kann die Distraktionsverlet-
zung an der hinteren Säule (ligamentäre Zerreissung) so stark jDD
sein, dass eine Keilfraktur instabil ist. Dafür sprechen: Hö- 4 Physiologische Keilform der Wirbelkörper ohne Fraktur
henminderung an der Wirbelkörpervorderkante >50 % oder (BWK 11–LWK 2 zeigen normalerweise eine Keilform von
deutlich erhöhter Abstand zwischen den Dornfortsätzen 10–15 %, dabei ist die Vorderkante höchstens 1–3 mm nied-
riger als Hinterkante)
jBildgebung 4 Berstungsfraktur (s. o.)
kLokalisation 4 Pathologische Fraktur (s. u.)
Am häufigsten sind BWK 12, LWK 1 und LWK 2 betroffen

kRöntgennativaufnahmen 12.4.2 Berstungsfrakturen


4 Keilförmig deformierter und höhengeminderter Wirbel-
körper jSynonyme
4 Subkortikale Verdichtung der Spongiosa (Impaktationszone) Instabile Kompressionsfraktur
4 Evtl. kleine Stufenbildung an der Deckplatte oder an der
Wirbelkörpervorderfläche (kann einziges Zeichen sein!) jDefinition
4 Auf Zeichen achten, die für eine ausgeprägte Verletzung der Trümmerfraktur eines Wirbelkörpers, bei dem Grund- und
hinteren Säule und damit eine mögliche Instabilität sprechen: Deckplatte frakturiert sind oder Vorder- und Hinterkante betei-
5 ventrale Höhenminderung >50 % ligt sind
5 ausgeprägte kyphotische Fehlstellung >20°
5 Dornfortsätze im betroffenen Segment sind deutlich jEpidemiologie
»aufgeklappt« an der BWS und LWS relativ häufig (15 % aller Frakturen)
4 Auf ap-Aufnahmen darf der Abstand zwischen den Bogen-
wurzeln nicht erhöht sein (= nicht höher als der Abstand im jÄtiologie
darüber- und darunterliegenden Segment), sonst handelt es 4 Stauchung (axiale Kompression), meistens durch einen
sich um eine Berstungsfraktur Sturz mit Aufprall auf den Füßen oder dem Gesäß
4 Als Folge der axialen Kompression wird der Nucleus pulpo-
kCT sus einer Bandscheibe durch eine gebrochene Grund- oder
Zeigt besser als die Nativdiagnostik, dass es sich nicht um eine Deckplatte in einen Wirbel eingetrieben und der Wirbel-
Berstungsfraktur handelt (keine Frakturlinie, die von der Grund- körper zerbirst »von innen heraus« (. Abb. 12.31)
12.4 · Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule
95 12

Pathologische Wirbelkörperfraktur

Als pathologische Fraktur bezeichnet man 4 Gleichbleibender oder zunehmender 4 Multiple Wirbelkörperfrakturen (v. a. bei
eine Fraktur, die aufgetreten ist, weil die Schmerz (hervorgerufen durch die erniedrigter Knochendichte)
Stabilität des Knochens durch eine Erkrankung Grunderkrankung) 4 Fraktur der Grund- aber nicht der
so vermindert ist, dass die Tragfähigkeit des 4 Positive Tumoranamnese Deckplatte
Knochens bereits bei relativ geringer Belas- 4 Bekannte Osteoporose 4 In der MRT erkennbarer Weichteil-
tung nicht mehr ausreicht. Die häufigste Ursa- prozess im Wirbelkörper
che für pathologische Frakturen an der Wirbel- Bildmorphologische Kriterien, die für 4 Beteiligung der Bogenwurzeln
säule ist Osteoporose. Andere Ursachen sind eine pathologische Fraktur der Wirbelkörper 4 Veränderte Wirbelkörperbinnenstruktur
Tumoren, Entzündungen oder Knochenstoff- sprechen (fokale Osteolysen, Salz-und-Pfeffer,
wechselstörungen. 4 Schwere generalisierte Osteoporose Mottenfraß)
Klinische Hinweise auf eine pathologische 4 Vollständiger Kollaps des 4 Ausdünnung oder Osteolyse der
Fraktur Wirbelkörpers Kortikalis an den Grund- oder Deck-
4 Inadäquates oder fehlendes Trauma 4 Atypische Lokalisation (v. a. bei platten
4 Vorbestehender Schmerz (hervorgeru- Tumoren)
fen durch die Grunderkrankung) 4 Multiple jüngere Frakturen

Röntgenzeichen akuter und chronischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen (. Abb. 12.28, . Abb. 12.29 und . Abb. 12.30)

Physiologischer Befund: Frische Kompressionsfraktur (<2 Monate) Alte Kompressionsfraktur (>2 Monate)
BWK 11–LWK 2 zeigen normalerweise eine (. Abb. 12.28): (. Abb. 12.29):
Keilform von 10–15 % (Vorderkante 1–3 mm 4 Impaktationszone (bandförmige Ver- 4 Keilwirbelbildung ohne Impaktationszo-
niedriger als Hinterkante) dichtung der Spongiosa) ne oder step defect
4 Kleine Stufe an der Deckplatte 4 Fehlendes Ödem in der MRT
4 Kleine Stufe an der oberen Vorderkante 4 Evtl. überbrückende Spondylophyten
(»step defect«) oder Verkalkung des vorderen Längs-
4 Wirbelkörperödem in der MRT bandes

4 Die Entstehung einer Berstungsfraktur ist wahrscheinlicher, 5 Höhenminderung der Hinterkante?


wenn die einwirkende Kraft genau in Längsachse des Wir- 5 Frakturlinie, die bis in die Hinterkante läuft?
belsäulensegements verläuft (im Gegensatz zu einer kombi- 5 Formänderung der Hinterkante als Minimalzeichen
nierten Stauchung und Flexion, die bei gleicher Stärke eher (Wirbelkörper sind normalerweise auf axialen und
zu einer stabilen Keilfraktur führt). Daher sind Berstungs- sagittalen Aufnahmen konkav zum Wirbelkörper. Wenn
frakturen an »geraden« Wirbelsäulenabschnitten (HWK 1, die Hinterkante gerade oder konvex zum Spinalkanal
untere HWS, thorakolumbaler Übergang) häufiger als z. B. verläuft besteht V.a. eine Berstungsfraktur)
in der mittleren BWS, die eine physiologische Kyphose auf- 5 Sagittale Frakturlinie, die von der Grund- bis zur Deck-
weist platte läuft, beweist eine Berstungsfraktur; jeder sagittale
4 Das hintere Trümmerfragment wird häufig nach dorsal Frakturspalt macht eine Berstungsfraktur wahrschein-
verlagert und kann zur Verletzung des Rückenmarks lich (bei einfachen Keilfrakturen normalerweise nicht
führen vorhanden)
4 Berstungsfrakturen sind in der Regel instabil
kMRT
jBildgebung 4 Ödem im frakturierten Wirbelkörper (T2w: hyperintens,
kRöntgennativaufnahmen T1w: hypointens)
4 Wirbelkörper höhengemindert 4 Evtl. assoziierte Läsionen: intraspinales Hämatom, trauma-
4 Distanz zwischen den Pedikeln vergrößert (sensitives tischer Bandscheibenvorfall, Myelonkontusion mit oder
Zeichen, aber nicht obligat) ohne Einblutung
4 15 % aller Berstungsfrakturen werden auf Nativaufnahmen
als einfache Keilfrakturen fehldiagnostiziert jDD
4 Einfache Kompressionsfraktur (meist ventrale Keilform,
kCT Fraktur reicht nicht von Grund- bis Deckplatte, Hinterkante
4 Wirbelkörper höhengemindert und in mehrere Fragmente intakt, Abstand zwischen Pedikeln nicht erhöht, Spinal-
zerbrochen kanal nicht eingeengt, s. o.)
4 Wirbelkörperhinterkante meist nach dorsal verlagert mit 4 Pathologische Kompressionsfraktur (keine multiplen
Einengung des Spinalkanals Frakturlinien in der CT, in der MRT Nachweis einer Weich-
4 Beteiligung der Hinterkante beweist eine Berstungsfraktur teilmasse im Wirbelkörper, die sich anders darstellt als ein
(. Abb. 12.32 und . Abb. 12.33): Frakturödem)
96 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b
12

d e

. Abb. 12.28a–h Kompressionsfrakturen am thorakolumbalen Übergang. a–c Röntgennativaufnahmen ap, seitlich und Ausschnittvergrößerung. d Sagit-
tale CT-Aufnahme von BWK 11–Mitte LWK 3. e Axiale CT-Aufnahme durch den BWK 12. f–h Sagittale MRT-Aufnahmen von Mitte BWK 10–SWK 2 in T2- (f),
T1- (g) und TIRM-Wichtung (h). Auf den Röntgennativaufnahmen zeigen sich am BWK 12 als Frakturzeichen eine ventrale Höhenminderung um ca. 5 mm
und eine Konturunregelmäßigkeit an der Wirbelkörpervorderkante (b, c, Stern). Am LWK 2 beträgt der Höhenunterschied zwischen Vorder- und Hinterkan-
te nur 2 mm und ist damit nicht sicher pathologisch. Allerdings sind als typische Zeichen einer akuten Fraktur eine Stufe an der anterosuperioren Wirbel-
körperkante und eine bandförmige Kortikalisverdichtung (Impaktationszone) nachweisbar (b, c Pfeil und Pfeilspitze). Dass die Veränderungen am BWK 12
nicht älter sind, sondern ebenfalls einer akuten Fraktur entsprechen, zeigt sich auf der sagittalen CT-Aufnahme: Auch am BWK 12 sind eine Stufenbildung
an der Wirbelkörpervorderkante und eine zarte, bandförmige Impaktationszone nachweisbar (d Pfeilspitze). Auf der axialen Aufnahme zeigt sich auch
der Frakturspalt im BWK 12 (e). Anzeichen dafür, dass es sich nicht um einfache Kompressionsfrakturen sondern um Berstungsfrakturen handeln könnte
(Höhenminderung der Hinterkante, Höhenminderung der Vorderkante >50 %, Beteiligung der Hinterkante, klaffende Dornfortsätze, Zunahme des Ab-
stands der Bogenwurzeln auf der ap-Aufnahme) sind nicht nachweisbar.
12.4 · Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule
97 12

f g h

. Abb. 12.28a–h (Fortsetzung) Auf den MRT-Aufnahmen ist als weiteres Zeichen einer akuten Fraktur ein Ödem in den BWK 12 und LWK 2 nachweisbar
(hypointens in T1w (g) und hyperintens auf der fettgesättigten T2w (TIRM)-Aufnahme (h) erkennbar. Beachte, dass das Wirbelkörperödem auf der nicht
fettgesättigten T2w-Aufnahme (f) aufgrund der partiellen Verfettung des Wirbelkörpers nicht abgrenzbar ist. Auf der TIRM-Aufnahme zeigt sich auch ein
vermehrtes Flüssigkeitssignal zwischen den Dornfortsätzen von BWK 12 und LWK 1 (h, Stern) sowie in der supraspinalen Muskulatur durch ein Ödem bzw.
eine Einblutung. Dieser Befund zeigt, dass zumindest eine teilweise Verletzung des posterioren Bandapparates (Lig. interspinosum) und der tiefen
Rückenmuskulatur vorliegt
98 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c

12

d e

. Abb. 12.29a–e Typischer Verlauf der Frakturheilung bei thorakolumbalen Kompressionsfrakturen (gleicher Patient wie in . Abb. 12.28). Sagittale CT-Auf-
nahmen von Mitte BWK 11 bis Oberkante LWK 3 am Tag der Fraktur (a), nach 1 Monat (b), nach 2 Monaten (c), nach 3 Monaten (d) und nach 6 Monaten (e).
a Am BWK 12 zeigen sich typische Frakturzeichen: eine ventrale Höhenminderung um ca. 5 mm, eine Konturunregelmäßigkeit an der Wirbelkörpervorder-
kante (Pfeilspitze), eine bandförmige Kortikalisverdichtung (Impaktationszone) (Pfeilspitze) und zwei Unterbrechungen der Kortikalis der Deckplatte (Pfeile).
Am LWK 2 beträgt der Höhenunterschied zwischen Vorder- und Hinterkante nur 2 mm und ist damit nicht sicher pathologisch. Allerdings sind als typische
Zeichen einer akuten Fraktur eine Stufe an der anterosuperioren Wirbelkörperkante (Pfeilspitze) und eine bandförmige Kortikalisverdichtung (Impaktati-
onszone) (Pfeilspitze) nachweisbar. Beide Frakturen zeigten in der MRT auch ein Wirbelkörperödem (. Abb. 12.28f–h). b Nach einem Monat hat die ventrale
Höhenminderung des BWK 12 noch weiter zugenommen. Die spongiösen Frakturen in der Impaktationszone wurden teilweise resorbiert, daher ist in die-
sem Bereich sowohl im BWK 12 wie im LWK 2 nun ein hypodenser Frakturspalt abgrenzbar. c Nach 2 Monaten ist die Kortikalis an der Vorderkante und der
anterioren Deckplatte noch nicht wieder vollständig hergestellt. Deckplattennah finden sich als Zeichen der regenerativen Knochenneubildung nun auch
kleinere hyperdense Areale. Am vorderen Rand der Deckplatte beginnt sich ein kleiner, nach superior gerichteter Spondylophyt zu entwickeln (Pfeil). Auch
im vorderen, deckplattennahen Anteil des LWK 2 zeigt die Spongiosa aufgrund der Knochenneubildung eine diffus vermehrte Dichte. d Nach 3 Monaten
ist die Kortikalis der beiden Wirbelkörper wieder hergestellt, weist aber teilweise noch Unregelmäßigkeiten auf (LWK 2, Pfeil) und subkortikal wirkt die
Spongiosa noch partiell verdichtet. Der Spondylophyt an der Vorderkante des BWK 12 ist entlang des vorderen Längsbandes etwas größer geworden
(Pfeil). e Nach 6 Monaten ist die Frakturheilung abgeschlossen. Die Kortikalis der beiden Wirbelkörper ist als kontinuierliche, dünne Linie abgrenzbar. Die
Spongiosa zeigt wieder eine regelmäßige Struktur. Als Zeichen der alten Fraktur bleiben am BWK 12 die ventrale Keilform und der Spondylophyt am vorde-
ren Längsband (Pfeil) erhalten
12.4 · Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule
99 12

a b

. Abb. 12.30a, b Etwas ungewöhnlicher Verlauf der Frakturheilung bei thorakolumbalen Kompressionsfrakturen. Sagittale CT-Aufnahmen von Mitte
BWK 11 bis Mitte LWK 1 am Tag der Fraktur (a) und nach 6 Monaten (b).
a Am BWK 12 zeigt sich eine akute Kompressionsfraktur. Im vorderen oberen Anteil des Wirbelkörpers ist ein größeres, dreieckförmiges Frakturfragment
abgrenzbar, das etwas nach ventral verschoben ist. Der Frakturspalt ist durch Unterbrechungen der Kortikalis etwa mittig an der Deckplatte und in mittle-
rer Höhe der Vorderkante definiert. Im Verlauf des Frakturspaltes ist auch eine Zone erhöhter Dichte abgrenzbar, die durch Impaktation der Spongiosa ent-
standen ist. b Nach 6 Monaten ist die Fraktur komplett abgeheilt. Die Kortikalis ist wieder durchgehend abgrenzbar, die Spongiosa zeigt eine weitgehend
gleichmäßige Struktur. Als Folge der frakturbedingten Insuffizienz der Deckplatte ist es zum Einbruch von Bandscheibengewebe in den Wirbelkörper ge-
kommen (intravertebraler Bandscheibenvorfall, Schmorl’sches Knötchen). Vom ehemaligen Frakturspalt an der Wirbelkörpervorderkante geht eine nach
kaudal gerichtete Verkalkung des vorderen Längsbandes aus (Pfeil)

. Abb. 12.31 Berstungsfraktur der Wirbelsäule. Durch eine starke axiale Kompression wird eine angrenzende Bandscheibe in den Wirbelkörper eingetrie-
ben, der Wirbelkörper zerbricht in mehrere Fragmente. Meist wird ein dorsales Fragment in den Spinalkanal verlagert
100 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c

. Abb. 12.32a–c Durch eine Kombination aus Flexion und axiale Kompression verursachte instabile Berstungsfraktur an der oberen BWS. a Auf der sagit-
talen CT-Aufnahme zeigt sich eine keilförmige Kompressionsfraktur des BWK 3 (Pfeil) und eine Berstungsfraktur des BWK 4. Die Hinterkante des BWK 4 ist
beteiligt, ein Fragment ist minimal in den Spinalkanal verschoben. b Auf der koronaren Aufnahme erkennt man die im Rahmen der Kompression verdichte-
te Spongiosa im BWK 3 (Pfeil) und den in mehrere Fragmente zerborstenen BWK 4. c In der sagittalen fettunterdrückten T2w-Sequenz (STIR) der MRT zei-
gen die BWK 3 und 4 eine Konturunterbrechung an den Deckplatten und ein kräftiges Frakturödem. Auch der in der CT unauffällige BWK 2 zeigt ein band-
förmiges Wirbelkörperödem (Pfeil), das einer spongiösen Fraktur (»bone bruise) entspricht. Als Folge der Flexion ist es zu einer Verletzung der Ligg. inter-
spinosa zwischen den Dornfortsätzen der BWK 3, 4 und 5 gekommen. Zwischen den Dornfortsätzen, die einen vergrößerten Abstand aufweisen, zeigt sich
eine Signalsteigerung durch Ödem bzw. Einblutung

12

. Abb. 12.33a, b Instabile Berstungsfraktur des LWK 3. Sagittales CT-Topo-


gramm (a) und axiale CT-Aufnahme (b) durch den oberen Anteil des LWK 3.
Vorder- und Hinterkante des Wirbelkörpers sind höhengemindert. Die an-
grenzenden Bandscheiben sind durch Grund- und Deckplatte in den Wirbel
eingebrochen, der Wirbelkörper komplett zerborsten. Im oberen Bereich
des Wirbels engt ein von der Hinterkante ausgehendes großes Frakturfrag-
a ment den Spinalkanal um knapp 50 % ein und komprimiert den Duralsack
12.4 · Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule
101 12

Chance-Fraktur Riss von Bändern Fraktur der hinteren Säule; Fraktur der hinteren und der
horizontale Wirbeldurchtrennung; und der Bandscheibe Bänder- und mittleren Säule; Bänder- und
ohne Bandriss Bandscheibenruptur Bandscheibenruptur

hinteres Längsband Ligamentum


supraspinosum

vorderes Ligamentum
Längsband interspinosum

eine Höhe zwei Höhen


. Abb. 12.34 Ausgewählte Varianten von Distraktionsverletzungen der BWS und LWS. Distraktionsverletzungen der Wirbelsäule treten rein ossär, rein
ligamentär oder kombiniert auf

12.4.3 Distraktionsfrakturen (Chance-Fraktur) 4 Obwohl es sich per Definition um eine 3-Säulen-Fraktur


handelt, können Chance-Frakturen noch relativ stabil sein,
jSynonyme wenn der Bandapparat erhalten bleibt
Chance-Fraktur, Sicherheitsgurtverletzung 4 Wenn die Bandscheibe oder der hintere Bandapparat mit
verletzt werden sind Chance-Verletzungen absolut instabil
jDefinition
Instabile Verletzung der BWS oder LWS, bei der alle 3 Säulen jBildgebung
beteiligt sind und der oberhalb der Verletzung gelegene Anteil kRöntgennativaufnahmen
der Wirbelsäule nach ventral gleitet. Entweder liegt eine horizon- 4 Auf seitlichen Aufnahmen sind ggf. Wirbelkörperfraktur, an-
tale Wirbelkörperfraktur vor oder das Bandscheibenfach ist in teriore Luxation und aufgeklappte Facettengelenke erkennbar
ganzer Länge zerrissen (. Abb. 12.34). 4 Zur genauen Beurteilung des Verletzungsausmaßes CT
oder MRT erforderlich (. Abb. 12.35)
jEpidemiologie
Seltene Verletzung kCT
4 Je nach Verletzungstyp annähernd horizontale Frakturlinie
jÄtiologie in Wirbelkörper, Wirbelbögen, Gelenkfacetten oder Dorn-
4 Durch gleichzeitige Distraktion und Flexion verursachte fortsatz
Verletzung der unteren BWS oder LWS 4 Hinweis auf Verletzung der Bandscheibe (Bandscheiben-
4 Entsteht am häufigsten bei einem Verkehrsunfall, wenn die vorfall, Vakuumphänomen)?
Vorwärtsbewegung des Patienten durch einen Beckengurt 4 Zeichen einer anterioren Subluxation (Wirbelkörper nach
gebremst wird. Die Wirbelsäule oberhalb des Gurts wird ventral versetzt, Facettengelenke subluxiert, Dornfortsätze
nach vorne gerissen und von dem Teil der Wirbelsäule, der aufgeklappt)?
durch den Gurt festgehalten wird, weggezerrt
4 Dabei entsteht meistens eine horizontale Fraktur, die vom kMRT
Dornfortsatz oder den Laminae durch die Pedikel bis in den Zusätzliche Befunde: Hämatom (prävertebral, intraspinal, para-
Wirbelkörper zieht spinal)?, Bandscheibenvorfall, Myelonkontusion?
4 Die Bänder können dabei intakt bleiben, dann kommt es
nicht zu einer Fehlstellung
4 Es gibt eine Variante der Chance-Verletzung ohne Wirbel- 12.4.4 Luxationsfrakturen
körperfraktur. Dann verläuft ein Riss in ganzer Länge durch
das Bandscheibenfach jDefinition
4 Manchmal kommt es zusätzlich zu einer keilförmigen Kom- Absolut instabile 3-Säulen-Verletzung mit Fehlstellung der
pressionsfraktur des vorderen Wirbelkörperanteils Wirbelsäule
102 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b

. Abb. 12.35a–c Distraktionsverletzung des BWK 12 ohne Luxation. Sagittale CT von Unterkante BWK 9 bis Unterkante LWK 2 (a und b) und axiale CT-Auf-
nahme (c) durch den BWK 12. Die Verletzung verläuft annähernd horizontal durch die Wirbelsäule (b). Im BWK 12 liegt eine Querfraktur vor, die von der
oberen Wirbelkörpervorderkante bis in die hintere Grundplatte verläuft. Die linke Gelenkfacette ist ebenfalls frakturiert (a–c). Die Patientin weist, vermut-
lich auf dem Boden einer Spondylosis ankylosans, ausgeprägte Verkalkungen des Lig. supraspinosum auf. Im betroffenen Segment verläuft auch eine
Fraktur durch diese Verkalkungen (a und b). Mutmaßlich sind das hintere Längsband und ein Teil des posterioren Bandkomplexes intakt und haben so eine
Luxation verhindert

Flexions-Rotation Abscherung nach ventral Abscherung nach dorsal Flexions-Distraktion


12

. Abb. 12.36 Ausgewählte Varianten von Luxationsfrakturen der Wirbelsäule. Die Art der Verletzung hängt von Richtung und Stärke der beim Unfall auf
die Wirbelsäule einwirkenden Kräfte ab

jEpidemiologie letzungen kommt es meist auch zu schweren Schäden an


Seltene Verletzung Myelon oder Spinalnerven.
4 Luxationsverletzungen können auch ohne Frakturen, nur
jÄtiologie durch Verletzung von Bandscheibe und Bandapparat, auf-
4 Wenn die auf die Wirbelsäule einwirkenden Kräfte so stark treten
sind, dass alle drei Säulen versagen, entstehen instabile
Frakturen, deren Anteile zueinander in Subluxations- oder jBildgebung
Luxationsstellung stehen Je nach Verletzungstyp unterschiedliche Frakturmuster
4 Ist bei allen Verletzungsmechanismen (z. B. Flexion, Rota- (. Abb. 12.37)
tion, Distraktion) möglich
4 Je nach Richtung der einwirkenden Kräfte entstehen ver-
schiedene Luxationsmuster (. Abb. 12.36). Bei diesen Ver-
12.4 · Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule
103 12

a b

c d

. Abb. 12.37a–d Luxationsfraktur mit beidseitig reitenden Facettengelenken. Seitliche Röntgennativaufnahme (a). Sagittale CT-Aufnahmen von Unter-
kante BWK 1 bis Oberkante LWK 3 in Mittellinie (b) sowie rechts (c) und links (d) parasagittal. Die Verletzung wurde vor allem durch eine Flexion und Kom-
pression verursacht. Der LWK 1 ist keilförmig deformiert. Es handelt sich aber nicht um eine einfache Kompressionsfraktur, sondern um eine Berstungsfrak-
tur: Die Frakturlinie durchzieht den Wirbelkörper von der Vorder- bis zur Hinterkante, die Hinterkante ist ebenfalls höhengemindert, als Zeichen der Hinter-
kantenbeteiligung ist die normale konkave Kontur zum Spinalkanal aufgehoben (a, b). Der BWK 12 ist um ca. 25 % nach ventral luxiert. Der hintere Band-
apparat ist zerstört (beachte die aufgeklappten Dornfortsätze, b). Somit sind alle 3 Säulen der Wirbelsäule verletzt, die Fraktur ist absolut instabil. Die
Facettengelenke sind beidseits verletzt. Die unteren Gelenkfacetten des BWK 12 sind nach ventral luxiert und stehen auf den oberen Gelenkfacetten des
LWK 1, was als »beidseits reitende Gelenkfacetten« bezeichnet wird (c, d)
104 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c

. Abb. 12.38a–c Luxationsfraktur mit Abscherung nach ventral und Verhakung der Wirbelkörper HWK 5/6. Sagittale CT (a) und axiale CT-Aufnahmen in
Höhe HWK 5/6 (b) und Unterrand HWK 4 (c). Der HWK 5 ist anteluxiert und ventral mit dem HWK 6 verhakt (a). Die Bogenwurzeln des HWK 5 sind beidseits
abgerissen (b Pfeilspitzen). Es resultiert eine traumatische Spondylolisthesis. Der Wirbelbogen des HWK 5 ist zertrümmert. Der Spinalkanal ist durch die
Fehlstellung und zusätzlich durch Fragmente des zertrümmerten Wirbelbogens hochgradig eingeengt (c). Die Verletzung entstand bei einem Auffahrun-
fall, den die Patientin nicht angeschnallt auf der Rückbank eines PKW erlitt. Durch die schwere Myelonverletzung bestand bereits initial eine nicht reversib-
le Tetraparese. (Aufnahmen mit freundl. Genehmigung von S. Gottschalk, Lübeck)

12

a b

. Abb. 12.39a, b Traumatischer Bandscheibenvorfall als Folge einer Berstungsfraktur des HWK 4. Axiale CT im Weichteilfenster in Höhe HWK 4/5 (a) und
im Knochenfenster in Höhe HWK 4 (b). a In Höhe des Bandscheibenfachs wird der Spinalkanal von ventral durch einen medianen Bandscheibenvorfall ein-
geengt. b Der HWK 4 ist zerborsten. Auch die Laminae sind frakturiert

kCT 12.4.5 Traumatische Spondylolisthesis


Obligat zur Abklärung dieser komplexen Verletzungen
(. Abb. 12.38) jDefinition
Abgleiten eines Wirbels nach ventral gegenüber dem darunter-
kMRT liegenden Wirbel, bedingt durch eine Fraktur der Pedikel
4 Meist Ödem im Myelon (hyperintens in T2w, hypointens in
T1w) als Hinweis auf spinale Kontusion jEpidemiologie
4 Hämorrhagie im Myelon (hypointens in T2*w) spricht für Eine Spondylolisthesis als Folge eines akuten Traumas ist selten
schlechte Prognose
4 Spinales Hämatom?
12.7 · Verletzungen des Myelons
105 12
jBildgebung (. Abb. 12.39)
Da sich traumatische Bandscheibenvorfälle bildmorphologisch
nur wenig von degenerativ bedingten Bandscheibenvorfällen un-
terscheiden, werden sie bei den degenerativen Erkrankungen
näher beschrieben (s. 7 Kap. 13.3.4, »Bandscheibenvorfall«, S. 125).

12.6 Traumatische spinale Blutungen

4 Im Gegensatz zum Schädel sind subdurale spinale Blutun-


gen sehr selten
4 Am häufigsten epidural (. Abb. 12.40 und . Abb. 12.41)
4 Die extramedullären intraspinalen Blutungen (epidural,
subdural, subarachnoidal) werden im Abschnitt vaskuläre
Erkrankungen (s. 7 Kap. 16.1, »Spinale Blutungen«, S. 260)
näher beschrieben
4 Zu den intramedullären Blutungen s. 7 Kap. 12.7, »Verlet-
zungen des Myelons« und 7 Kap. 16.1, S. 260

. Abb. 12.40 Epidurale Blutung als Folge einer okzipitozervikalen Luxa- 12.7 Verletzungen des Myelons
tion mit ligamentären Verletzungen am kraniozervikalen Übergang. Sagit-
tale CT im Weichteilfenster. Das Hämatom (Pfeile) ist hyperdens zum Myelon jSynonyme
und engt den Spinalkanal von ventral deutlich ein
Kompression des Rückenmarks, Contusio spinalis, Commotio
spinalis, spinale Kontusion, transiente traumatische Rückenmar-
jÄtiologie kapraxie
4 Eine traumatische Fraktur in der Pars interarticularis des
Wirbelbogens kann zu einem Wirbelgleiten (Spondylolis- jDefinition
thesis) führen 4 Sofortiger posttraumatischer neurologischer Funktions-
4 Teil des Verletzungsmusters bei der Erhängungsfraktur des ausfall, meist in Form einer vollständigen Parese und
HWK 2 (s. . Abb. 12.15, . Abb. 12.16, . Abb. 12.17) und bei unterschiedlich stark ausgeprägten Sensibilitätsstörung.
schweren Luxationsfrakturen (s. . Abb. 12.38) Propriozeption und Vibrationsempfindung sind meistens
4 Ermüdungs- oder Belastungsfrakturen durch chronische intakt.
Belastung sind als Ursache einer Spondylolisthesis viel häu- 4 Das Krankheitsbild umfasst ein breites Spektrum von
figer als ein akutes Trauma. Die Spondylolisthesis wird da- Rückenmarksverletzungen von der bildmorphologisch
her bei den degenerativen Erkrankungen näher beschrieben unauffälligen und völlig reversiblen Commotio spinalis bis
(s. 7 Kap. 13.6, »Gefügestörungen der Wirbelsäule«, S. 149). zur schweren Rückenmarkskompression mit Einblutung.

jEpidemiologie
12.5 Traumatische Bandscheibenvorfälle 4 Je nach Frakturmechanismus deutlich gehäuft (z. B. bei der
Hangman’s-Fraktur, klassischen Teardrop-Fraktur und bei
jDefinition Berstungsfrakturen)
4 Durch ein akutes Trauma entstandene Vorwölbung von 4 Deutlich erhöhtes Risiko bei vorbestehendem engem Spi-
Bandscheibengewebe nalkanal. Bei hochgradiger zervikaler Spinalkanalstenose
können bereits Bagatelltraumen (z. B. PKW-Unfall mit
jEpidemiologie »leichtem« Schleudertrauma) zu einer spinalen Kontusion
4 Als isolierte Verletzung selten führen, wenn dorsale Spondylophyten oder Bandscheiben-
4 Nicht selten assoziiert bei manchen Wirbelkörperfrakturen vorfälle als Hypomochlion wirken
(z. B. Berstungsfraktur)
4 Erhöhtes Risiko wenn bereits degenerative Bandscheiben- jÄtiologie
veränderungen bestehen 4 Kompression des Myelons, z. B. durch in den Spinalkanal
verschobene Frakturfragmente, Luxationsfrakturen oder
jÄtiologie einen traumatischen Bandscheibenvorfall, kann zu einer
4 Bedingt durch eine axiale Kompression (Stauchung) der Kontusion des Myelons führen
Wirbelsäule 4 Aufgrund der Dynamik des Verletzungsvorgangs (z. B.
4 Erfordert einen beim Trauma entstandenen oder schon vor- Schleudertrauma) ist die Kompression zum Zeitpunkt der
bestehenden Einriss im Anulus fibrosus Untersuchung evtl. nicht mehr nachweisbar
106 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c

12

d e

. Abb. 12.41a–e Traumatisches spinales Epiduralhämatom. 72-jährige Patientin, die nach einem Sturz eine schnell progrediente Paraparese entwickelte.
Nachdem in einer CT-Untersuchung keine Frakturen nachweisbar waren, wurde 8 Stunden nach dem Trauma eine MRT-Untersuchung durchgeführt. Sagit-
tale MRT in T1- (a), T2- (b) und fettgesättigter T2 (TIRM)- Wichtung (c). Axiale T2-Wichtung in Höhe HWK 7/BWK 1 (d) und BWK 2 (e). a–c Auf den sagittalen
Aufnahmen erkennt man, dass das Myelon von dorsal bedrängt wird durch eine raumfordernde Läsion, die sich in T1- und T2-Wichtung mäßig hyperintens
zum Myelon, in T2-Wichtung aber signalärmer als Liquor oder Fett darstellt. Die Läsion zeigt eine konvexe Kontur zum Myelon. Zwischen der Läsion und
dem Myelon ist in allen Wichtungen die verlagerte Dura als signalarme Linie erkennbar. Dadurch handelt es sich eindeutig um eine epidurale Raumforde-
rung. d–e Auf den axialen T2w-Aufnahmen ist die Läsion (d Pfeil) nicht homogen, sondern enhält auch signalärmere Anteile. Dies ist typisch für ein erst
wenige Stunden altes Hämatom, in dem Oxyhämoglobin noch nicht komplett in Deoxyhämoglobin umgewandelt ist. Auf der sagittalen TIRM-Aufnahme
(c) zeigt sich in den deckplattennahen Abschnitten des BWK 1 und 2 ein Signalsteigerung, einem Wirbelkörperödem entsprechend. In der CT waren hier
keine Frakturen nachweisbar. Das Ödem ist daher am ehesten Folge spongiöser Mikrofrakturen (bone bruise). Auch zwischen den Dornfortsätzen HWK 3–5
und HWK 6–7 zeigt sich ein Ödem, hier sind ligamentäre Verletzungen anzunehmen
12.7 · Verletzungen des Myelons
107 12

a b

c d

. Abb. 12.42a–d Flexions-Tränentropfenfraktur des HWK 4 mit ausgeprägter Kompression des Myelons (gleicher Patient wie in . Abb. 12.21). Sagittale
MRT der HWS in T2- (a), T1- (b), GE-T2*-Wichtung (c). Axiale SE-T2-Wichtung durch den HWK 4 (d). a–c Auf den sagittalen Aufnahmen ist das von der unte-
ren Wirbelkörpervorderkante abgerissene Frakturfragment gut erkennbar. Die Hinterkante des HWK 4 ist nach dorsal in den Spinalkanal versetzt (a). Das
Myelon zeigt als Folge der im Moment des Traumas erlittenen Kontusion in Höhe HWK 3/4 ein ausgeprägtes Ödem. Dies ist auf der T2w-Aufnahme (b) gut
als Auftreibung und zentrale Hyperintensität erkennbar, nicht dagegen auf der T1w-Aufnahme (a). Auf der sagittalen GE-T2*w- und der axialen SE-T2w-Auf-
nahme zeigen sich im Ödembereich ausgeprägte, inhomogene Signalminderungen im Myelon, hervorgerufen durch Einblutungen in das Kontusionsareal.
Dies ist ein für die Rückenmarksschädigung ungünstiges prognostisches Zeichen. Der Patient erlitt bereits initial eine Tetraparese, die sich im Verlauf nicht
besserte

! Typischer Befund 4 T2*: evtl. umschriebene Hypointensitäten durch Hämor-


Spinalkanalstenose mit umschriebenem Myelonödem rhagien

jBildgebung jKlinik und Verlauf


kCT 4 Prognose korreliert mit dem Befund der Bildgebung:
4 Evtl. vorbestehende Spinalkanalstenose, begleitende 5 bei unauffälligem MRT-Befund häufig Rückbildung in-
knöcherne Verletzungen oder traumatischer Bandscheiben- nerhalb von 72h (Commotio spinalis)
vorfall 5 bei nachweisbarem Ödem langsamere Erholung und
4 Myelon meist unauffällig, selten intramedulläre Einblutung größere verbleibende Ausfälle
5 schlechte Prognose beim Nachweis intramedullärer Ein-
kMRT (. Abb. 12.42) blutungen
4 Myelon normal oder leicht aufgetrieben
4 T2w: je nach Verletzungsschwere unauffälliges Signal oder
hyperintenses Ödem
108 Kapitel 12 · Verletzungen von Wirbelsäule und Rückenmark

a b c d

. Abb. 12.43a–d Traumatische Pseudomeningozele. Akute Paresen im rechten Arm nach einem Motorradunfall. Post-Myelographie-CT der HWS. Axiale
CT-Aufnahmen in Höhe HWK 7/BWK 1 (a) und BWK 1 (b–d). a Auf der linken Seite ist im Durasack die Wurzel C8 abgrenzbar (Pfeil), auf der rechten Seite ist
keine Nervenwurzel erkennbar. Dafür zeigt sich lateral des Duralsacks eine Kontrastmittelansammlung. b–d Die Wurzeltasche C8 rechts ist abnorm erwei-
tert und lässt sich bis weit nach peripher verfolgen. Typischer Befund einer Pseudomeningozele nach Wurzeltaschenausriss

12

a b

c d

. Abb. 12.44a–d Nervenwurzelausriss T2w-MRT-Aufnahmen der HWS in koronarer (a) und sagittaler (b) Schnittführung sowie axial durch die C8- (c) und
Th1- (d) Neuroforamina. 3 Monate alter Junge mit einer konnatalen, linksseitigen, unteren Plexuslähmung. Pseudomeningozelen in den linken Neurofora-
mina der Segmente C8 (a und b oberer Pfeil) und Th1 (a und b unterer Pfeil) weisen auf eine Verletzung der Nervenwurzeln hin. Im Vergleich mit der gesun-
den kontralateralen Seite ist deutlich zu erkennen, dass die linken C8-Wurzeln (c Pfeilspitze) frei in der Pseudomeningozele (c Pfeil) liegen und keinen Kon-
takt zum Myelon aufweisen. Ein vergleichbares Bild findet sich auch im Th1-Segment (d)
12.8 · Verletzungen der Nervenwurzeln
109 12
12.8 Verletzungen der Nervenwurzeln jDD
4 Postoperative Pseudomeningozele, z. B. nach Band-
jSynonyme scheibenoperation mit Duraverletzung (Anamnese)
Nervenwurzelausriss, traumatische Plexusläsion, traumatische 4 Nervenscheidentumor (Anamnese, KM-Aufnahme)
Pseudomeningozele 4 Duradysplasie bei Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-
Syndrom, Neurofibromatose Typ 1 (Anamnese, klinische
jDefinition Stigmata, Nervenwurzel in der Wurzeltasche nachweisbar)
Abriss von Nervenwurzeln aus dem Rückenmark oder Durch- 4 Wurzeltaschenzyste (Anamnese, Nervenwurzel in der
trennung von Anteilen des Plexus Wurzeltasche nachweisbar)

jÄtiologie
4 In der Regel sind zervikale Nervenwurzeln betroffen
4 Eine Schädigung der Nervenwurzeln kann durch Zugbelas-
tung (am häufigsten bei Motorradunfällen) oder penetrie-
rende Verletzung (Stich- oder Schussverletzungen) erfolgen.
4 Bei penetrierenden Verletzungen werden in der Regel
Fasern im Plexus brachialis durchtrennt, bei Zugbelastung
kommt es zum Ausriss einer oder mehrerer Nervenwurzeln.
Die Nervenwurzel reisst meist direkt an der Wurzeleintritts-
zone vom Myleon ab.

jEpidemiologie
Relativ seltene Verletzung
! Typischer Befund
Laterale Ausstülpung des Duralsackes

jBildgebung
kCT
Hämatom paravertebral oder im Bereich der Skalenusmuskeln

kPost-Myelo-CT (. Abb. 12.43 und . Abb. 12.44)


4 Erweiterte Wurzeltasche (Pseudomeningozele), selten auch
mit einem Liquorleck
4 Die Wurzeltasche ist leer
4 Evtl. ist in der Wurzeltasche oder am Myelon die retrahierte
und geschwollene oder kugelig aufgerollte Nervenwurzel zu
sehen

kMRT
4 T2w: erweiterte Wurzeltasche, selten auch mit einem Li-
quorleck
4 Hochauflösende T2w (z. B. CISS): zeigt am besten die leere
Wurzeltasche bzw. die retrahierte oder kugelig aufgerollte
Nervenwurzel
4 Auflösung der Nervenfasern im Plexus gelingt meist nicht
4 Auf Verletzungszeichen (Ödem, Hämatom) im Plexusbe-
reich achten

jEmpfehlung
4 MRT als primäre Untersuchung: Pseudomeningozele?
4 Untersuchung des Plexus brachialis mit koronaren und
schräg sagittalen T1w- und fettsupprimierten Sequenzen:
Hämatom, Ödem?
4 Post-Myelo-CT bei V.a.-Ausriss und unklarem oder negati-
vem Befund (höchste anatomische Auflösung der Wurzel-
taschen)
111 13

Degenerative Erkrankungen
Martin Wiesmann

13.1 Einführung und Terminologie – 112

13.2 Klinische Symptomatik und Untersuchungsstrategie – 115

13.3 Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten


und Bandscheiben – 117
13.3.1 Osteochondrose – 117
13.3.2 Einriss des Anulus fibrosus – 122
13.3.3 Bandscheibenprotrusion – 124
13.3.4 Bandscheibenvorfall – 125
13.3.5 Schmorl-Knötchen – 132
13.3.6 Limbus vertebrae – 132
13.3.7 M. Scheuermann – 134

13.4 Degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke – 136


13.4.1 Unkovertebralarthrose – 136
13.4.2 Spondylarthrose – 137
13.4.3 Synovialzyste der Facettengelenke – 141

13.5 Stenosen im Spinalkanal – 142


13.5.1 Spinalkanalstenose – 142
13.5.2 Neuroforamenstenose – 147

13.6 Gefügestörungen der Wirbelsäule – 149


13.6.1 Spondylolisthesis – 149
13.6.2 Pseudospondylolisthesis – 152

13.7 Ossifikation spinaler Ligamente (DISH, OLLP, OLF) – 153

M. Wiesmann et al. (Hrsg.), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
112 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

13.1 Einführung und Terminologie

Normale Veränderungen in der MRT-Bildgebung der Wirbel-


körper und Bandscheiben von der Kindheit bis zum höheren
Alter sind in 7 Kap. 3, »MRT-Signalcharakteristika der Wirbelkörper
und Bandscheiben«, S. 32 beschrieben.
Durch körperliche Belastung kommt es mit zunehmendem
Alter zu einem allmählichen Wasserverlust und zu einem a b
fibrösen Umbau des Nucleus pulposus der Bandscheiben. . Abb. 13.1 a Protrusion: Vorwölbung der Bandscheibe, bei der der Anu-
Dadurch nimmt die Höhe der Bandscheibenfächer ab und es lus fibrosus intakt ist. b Prolaps: Vorwölbung der Bandscheibe, bei der der
entwickelt sich eine Sklerose der angrenzenden Wirbel- Anulus fibrosus durchbrochen ist
körperendplatten. Diese Veränderungen werden als Osteo-
chondrose bezeichnet.
Durch die Höhenminderung der Bandscheibenfächer nimmt
die Vorspannung der an den Wirbelkörpern ansetzenden Bänder
ab. Dadurch werden Vorwölbungen der Bandscheiben (Band-
scheibenprotrusionen) begünstigt und es kommt zu statischen
Veränderungen, die zu Fehlbelastungen der kleinen Wirbelge-
lenke führen können.
Als Reaktion auf Bandscheibenprotrusionen oder eine verän-
derte statische Belastung bilden sich osteophytäre Ausziehungen
an den Rändern der Wirbelkörper, die, wenn sie in den Spinal-
kanal oder die Neuroforamina ragen, zu neurologischen Symp-
tomen führen können. Das Auftreten dieser osteophytären Aus-
ziehungen bezeichnet man als Spondylose (Spondylosis defor-
nal

mans).
mi
ora

eral
Degenerative Veränderungen an den kleinen Wirbelgelen-
l
raf

ina

iolat
ken werden als Spondylarthrose bezeichnet. Dazu gehören die
ext

am

median
med
for

Verdickung der Ligg. flava, eine Hypertrophie der Facettengelen-


13 ke und die Ausbildung juxtaartikulärer Zysten. Spondylarthroti-
sche Veränderungen können zu einer Spinalkanalstenose führen
oder Nervenwurzeln im Recessus lateralis oder Neuroforamen . Abb. 13.2 Nach ihrer Ausdehnung in axialer Schichtführung werden
Bandscheibenvorfälle eingeteilt in mediane, mediolaterale, foraminale
bedrängen.
(intraforaminale) und extraforaminale (laterale) Vorfälle
Auch degenerative Veränderungen an den Unkovertebralge-
lenken der HWS (Unkovertebralarthrose) mit osteophytären
Randanbauten können zu radikulären Symptomen führen.
Zu den degenerativen Veränderungen der Bandscheiben ge-
hören die Höhenminderung bei der Osteochondrose, die breit-
basige Vorwölbung der Bandscheibe (Protrusion), der Einriss
des Anulus fibrosus, die umschriebene Vorwölbung von Band-
scheibengewebe durch den Anulus fibrosus (Bandscheibenvor-
fall, Herniation) und die Verlagerung freier Bandscheibenanteile
z. B. in den Spinalkanal (Sequester). Die verwendete Nomen-
klatur dazu ist aber uneinheitlich. Insbesondere der Begriff
Protrusion wird mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet
(s. S. 113–114).
Im deutschen Sprachraum wird überwiegend eine Termino-
logie verwendet, die sich an der Pathologie der Bandscheibe ori-
entiert (s. 7 Exkurs »Terminologie der degenerativen Bandschei-
benveränderungen im deutschen Sprachraum« und . Abb. 13.1,
. Abb. 13.2, . Abb. 13.3 und . Abb. 13.4).
Ein Nachteil dieser Terminologie ist aber, dass man eigent-
. Abb. 13.3 Bandscheibenvorfälle, die so groß sind, dass sie fast den
lich erkennen können müsste, ob der Anulus fibrosus noch
ganzen Spinalkanal verlegen, werden als Massenprolaps bezeichnet
intakt ist, um zwischen einer Protrusion und einem nicht-
sequestrierten Prolaps zu unterscheiden. Dies ist aber auf
CT-Aufnahmen nie, und selbst auf MRT-Aufnahmen meist
nicht möglich.
13.1 · Einführung und Terminologie
113 13

a b c
. Abb. 13.4a–c Bei einem subligamentären Prolaps (a) ist das hintere Längsband noch intakt, bei einem extraligamentären Prolaps (b) ist es durchbro-
chen. Hat ein Teil des prolabierten Bandscheibengewebes keinen Kontakt mehr zur ursprünglichen Bandscheibe, spricht man von einem Sequester (c)

a b c d

. Abb. 13.5a–d a Zirkuläre breitbasige Bandscheibenvorwölbung (»symmetrical disc bulge«); b lateralisierte breitbasige Bandscheibenvorwölbung
(»asymmetrical disc bulge«); c breitbasiger Bandscheibenvorfall (»broad-based herniation«); d fokaler Bandscheibenvorfall (»focal herniation«)

Exkurs: Terminologie der degenerativen Bandscheibenveränderungen im deutschen Sprachraum

4 Protrusion: Vorwölbung der Band- minal oder lateral (extraforaminal) be- 4 Sequester: Das prolabierte Band-
scheibe, bei der der Anulus fibrosus zeichnet. scheibenmaterial hat keinen Kontakt
noch intakt ist. Die Protrusion kann 4 Subligamentärer Prolaps: Das prola- mehr zur ursprünglichen Bandscheibe.
breitbasig oder umschrieben sein. bierte Bandscheibenmaterial ist durch 4 Massenprolaps: Bandscheibenvorfall,
4 Prolaps (Bandscheibenvorfall): Vor- den Anulus hindurchgetreten, liegt aber der so groß ist, dass er den Spinalkanal
wölbung von Bandscheibenmaterial noch unter dem hinteren Längsband. subtotal verlegt und zu einer Kompres-
(Nucleus pulposus) durch einen Defekt 4 Exraligamentärer Prolaps: Das hintere sion des Myelons oder der Kaudafasern
im Anulus fibrosus. Nach ihrer anatomi- Längsband ist durchbrochen, es besteht führt.
schen Lage werden Bandscheibenvor- aber noch ein Kontakt zur usprüngli-
fälle als median, mediolateral, intrafora- chen Bandscheibe.

jIn Nordamerika wird deshalb eine rein an der Form ringgradige fokale Vorwölbungen der Bandscheibe als »fokale
der Bandscheibe orientierte Terminologie verwendet Protrusion«, stärker ausgeprägte Vorwölbungen dann als »Band-
(s. Exkurs »Nordamerikanische Terminologie der scheibenvorfall«, »Prolaps« oder »Herniation«.
degenerativen Bandscheibenveränderungen Glücklicherweise hängt die Auswahl der richtigen Therapie
Breitbasige Bandscheibenvorwölbung (»disc bulge«) und in diesem Fall nicht von der korrekten Unterscheidung zwischen
. Abb. 13.5, . Abb. 13.6 und . Abb. 13.7). »Protrusion« und »Herniation« ab. Entscheidend ist vielmehr ein
Vor allem die unterschiedliche Verwendung der Begriffe möglicher Kontakt zu den Spinalnerven und das Ausmaß der
»Protrusion« und »Herniation« zwischen deutschsprachiger und raumfordernden Wirkung. Diese Befunde müssen daher korrekt
nordamerikanischer Nomenklatur führt häufig zur Verwirrung. beschrieben werden.
Da der Einriss im Anulus fibrosus oft nicht erkennbar ist, be- Aus Gründen der Konvention wird in diesem Buch die
zeichnen viele Radiologen im deutschsprachigen Raum ge- deutschsprachige Terminologie verwendet.
114 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

Protrusion

Extrusion

b
. Abb. 13.6a, b Protrusion vs. Extrusion. a Protrusion (»protruded disc herniation«) mit einer breiten Basis, wobei im sagittalen Bild die Protrusion das
Bandscheibenfach nicht überragt; b Extrusion (»extruded disc herniation«) mit einer schmalen Basis, wobei im sagittalen Bild die Extrusion das Bandschei-
benfach überragen kann

13

a b c

. Abb. 13.7a–c Protrusion (a), Extrusion mit Migration (b), Extrusion mit Sequestration (c)

Exkurs: Nordamerikanische Terminologie der degenerativen Bandscheibenveränderungen

4 Breitbasige Bandscheibenvorwölbung Umfangs der Bandscheibe) (»focal hernia- 4 Extrusion (»extruded disc herniation«):
(»disc bulge«): Das Ausmaß der Vor- tion«) und breitbasigen Bandscheiben- Bandscheibenprolaps, der am Übergang zur
wölbung ist relativ gering (meist <3 mm), vorfällen (25–50 % des Umfangs) (»broad- ursprünglichen Bandscheibe eine Taillie-
umfasst aber mehr als 50 % des Umfangs based herniation«). rung aufweist (d. h. der größte Durchmesser
der Bandscheibe. Weiter unterscheiden 4 Protrusion (»protruded disc herniation«): des vorgewölbten Anteils ist größer als der
lassen sich zirkuläre Bandscheibenvor- Ein Bandscheibenprolaps (s. Definition Durchmesser am Übergang zur ursprüng-
wölbungen (»symmetrical disc bulge«) oben), bei dem der vorgewölbte Band- lichen Bandscheibe). Die Unterscheidung
und lateralisierte Bandscheibenvorwöl- scheibenanteil eine breite Basis besitzt zwischen Protrusion und Extrusion ist zu-
bungen (»asymmetrical disc bulge«). (d. h. der größte Durchmesser des vor- weilen nur im sagittalen Bild möglich.
4 Herniation/Bandscheibenprolaps/Band- gewölbten Anteils findet sich am Über- 4 Sequestration (»sequestration«): Der
scheibenvorfall (»disc herniation«): Alle gang zur Bandscheibe). Der vertikale prolabierte Bandscheibenanteil weist
Bandscheibenvorwölbungen, die weniger Durchmesser einer Protrusion kann im keinen Kontakt mehr mit der ursprüng-
als 50 % des Umfangs der Bandscheibe be- sagittalen Bild per definitionem die lichen Bandscheibe auf.
treffen. Man unterscheidet weiter zwischen Höhe des Bandscheibenfachs nicht über-
fokalen Bandscheibenvorfällen (<25 % des steigen.
13.2 · Klinische Symptomatik und Untersuchungsstrategie
115 13
13.2 Klinische Symptomatik 4 Langzeittherapie mit Steroiden oder Immunsuppressiva
und Untersuchungsstrategie 4 Drogenabusus, HIV
4 Schmerz, der unabhängig von körperlicher Bewegung ist
Die Korrelation zwischen radiologisch sichtbaren degenerativen oder sich in Ruhe verstärkt
Veränderungen der Wirbelsäule und klinischen Beschwerden ist 4 Gleichzeitige thorakale Schmerzen
überraschend gering. Osteochondrotische Veränderungen fin- 4 Befundpersistenz über 4–6 Wochen oder sogar Verschlech-
den sich bei den meisten älteren Menschen. In Reihenuntersu- terung unter konservativer Therapie
chungen weisen mehr als 50 % aller asymptomatischen Patienten
Bandscheibenprotrusionen, nahezu 30 % Bandscheibenvorfälle jEinteilung
auf. Daher ist die Beurteilung degenerativer Wirbelsäulenverän- kNach der Dauer des Schmerzes
derungen nur möglich, wenn man die Art der klinischen Be- 4 Akute Rückenschmerzen: weniger als 6 Wochen
schwerden (Rückenschmerzen/pseudoradikuläre/radikuläre 4 Subakute Rückenschmerzen: 6 bis 12 Wochen
Beschwerden) und ggf. die Zuordnung zu einem Segment kennt 4 Chronische Rückenschmerzen: mehr als 12 Wochen
(s. 7 Kap. 11, »Dermatome und Kennmuskeln«, S. 70). Auch die 4 Rezidivierende Rückenschmerzen: akute Schmerzen, die
Beurteilung der paraspinalen Weichteile kann hilfreich sein, da nach einem symptomfreien Intervall wieder auftreten
anhand von Ausfällen betroffener Muskeln (Atrophie) Rück-
schlüsse auf das betroffene Segment gemacht werden können (s. kNach Lokalisation und Ausstrahlung
7 Kap. 10, »Paraspinale Weichteile, S. 64« . Abb. 10.2 und 10.3). 4 Cervicalgie (Nackenschmerzen, Halswirbelsäulensyndrom,
HWS-Syndrom, Zervikalsyndrom, chronische Halswirbel-
jDefinition säulenbeschwerden, Halswirbelsäulenschmerzen, Nacken-
kEinfache Rückenschmerzen (diffuse Rückenschmerzen) schmerzen): akute oder chronische Schmerzen im Bereich
4 Inzidenz 60–80 % der Bevölkerung, betrifft eher jüngere als der Halswirbelsäule
ältere Menschen 4 Brachialgie: bezeichnet im engeren Sinn einen Schmerz im
4 Meistens muskulär bedingt (myofaszial) Arm, der durch mechanische Reizung oder Kompression
4 Häufigste Ursache für Fehlzeiten im Arbeitsleben des Plexus brachialis hervorgerufen wird. Wird aber auch
4 In den meisten Fällen teilweiser oder vollständiger Rück- gebraucht zur Beschreibung von Schmerzen, die durch
gang der Beschwerden innerhalb von Tagen bis Wochen Affektion eines zervikalen Spinalnerven verursacht werden.
4 Kann durch degenerative Veränderungen bedingt sein oder 4 Zervikobrachialgien (HWS-Syndrom): Schmerzen im
ohne fassbare Ursache auftreten Bereich der Halswirbelsäule, die in das Versorgungsgebiet
4 Bildgebende Diagnostik nicht indiziert, kann sogar die eines oder mehrerer Spinalnerven ausstrahlen
Tendenz zur Chronifizierung der Beschwerden verstärken 4 Lumbalgie (Kreuzschmerzen, Lumbago, LWS-Syndrom):
akute oder chronische Schmerzen im Bereich der Lenden-
kKomplizierte Rückenschmerzen wirbelsäule
4 Die Schmerzen sind Folge einer therapiebedürftigen 4 Lumboischialgien (LWS-Syndrom): Schmerzen im Bereich
Erkrankung (z. B. Tumor, Fraktur), oder: die Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die in das Versorgungsgebiet eines
treten zusammen mit neurologischen Ausfällen auf, die oder mehrerer Spinalnerven ausstrahlen
eine chirurgische Behandlung der Ursache erfordern (z. B. 4 Radikuläre Ausstrahlung: die Schmerzen beginnen im
Kompression eines Spinalnerven mit Parese) Bereich der Wirbelsäule und strahlen dann in Arm oder
4 Komplizierte Rückenschmerzen machen nur etwa 1% aller Bein aus, entsprechend dem Dermatom eines oder mehre-
Fälle von Rückenschmerz aus rer Spinalnerven. Kombination mit sensiblen Ausfällen
4 Wenn der Verdacht besteht, dass es sich um komplizierte oder Paresen des betroffenen Spinalnerven möglich.
Rückenschmerzen handelt, muss eine bildgebende 4 Pseudoradikuläre Ausstrahlung: die Schmerzen beginnen
Diagnostik erfolgen (i.d.R. CT oder MRT) im Bereich der Wirbelsäule und strahlen dann in Arm, Bein
oder Hüfte aus, sind aber keinem Spinalnerven genau zuzu-
kWarnhinweise, dass es sich möglicherweise um ordnen. Leichtere sensible Störungen sind möglich. Das
komplizierte Rückenschmerzen handelt (»red flags«) Auftreten von Paresen spricht dagegen für eine Radikulo-
4 Es bestehen sensible Ausfälle, Paresen, oder eine Blasen-/ pathie.
Mastdarmschwäche
4 Alter <20 oder >55 Jahre jKlinische Syndrome und Befundkonstellationen
4 Bekannte Tumoranamnese kTiefe Rückenschmerzen ohne Ausstrahlung oder mit
4 Klinische Hinweise auf eine mögliche Tumorerkrankung pseudoradikulärer Ausstrahlung
oder Entzündung, z. B. Gewichtsabnahme, allgemeines 4 Nur in 15 % der Fälle findet sich eine Ursache
Krankheitsgefühl, Fieber 4 Meistens muskulär bedingt (myofaszial)
4 Kurz zurückliegende Verletzungen 4 In den meisten Fällen teilweiser oder vollständiger Rück-
4 Bekannte Wirbelsäulendeformitäten, z. B. Skoliose, Morbus gang der Beschwerden innerhalb von Tagen bis Wochen
Bechterew, Wirbelgleiten 4 Wenn keine Warnhinweise (»Red Flags«, s. oben) vorhanden
4 Bekannte Osteoporose sind, ist zunächst keine bildgebende Diagnostik erforderlich.
116 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

kHexenschuss (Lumbago) kNeuritis des Plexus brachialis (Plexusneuritis,


Volkstümliche Bezeichnung für einen plötzlichen, stechenden neuralgische Schulteramyotrophie, neuralgische
Schmerz im Rücken, der durch Reizung der sensiblen Eigen- Amyotrophie, Parsonage-Turner-Syndrom,
innervation der Wirbelsäule ausgelöst wird, d. h. der Nerven, Schultergürtel-Syndrom)
welche die Wirbelsäule selbst versorgen – also nicht durch Kom- Ätiologisch unklare Entzündung des Plexus brachialis mit akut
pression der aus der Wirbelsäule austretenden Spinalnerven. einsetzenden Brachialgien. Nach mehreren Tagen treten erste
Meist ist die LWS betroffen mit einem zunächst umschriebenen, Lähmungen der Schulter- und Armmuskulatur auf. Taubheit
meist stechenden Kreuzschmerz, oft verbunden mit einer und Gefühlsstörungen treten nur in einem Drittel aller Fälle
Zwangshaltung, Bewegungssperre, Hartspann, Dornfortsatz- auf. Die motorischen Ausfälle der Muskulatur bilden sich nach
druckschmerz. Sensibilitätsstörungen oder Paresen im Ver- einigen Monaten wieder zurück. Die Therapie erfolgt mit
sorgungsbereich eines Spinalnerven bestehen nicht. entzündungshemmenden Medikamenten oder einer Blockade
Wenn keine Warnhinweise (»red flags«, s. oben) vorhanden des Plexus brachialis (Skalenusblockade).
sind, ist zunächst keine bildgebende Diagnostik erforderlich.
kClaudicatio spinalis (Claudicatio intermittens spinalis)
kFacettensyndrom (Facettengelenksyndrom) Schmerzsyndrom, das durch einen zu engen Spinalkanal ver-
Schmerzsyndrom, das durch eine meist chronische Reizung der ursacht wird. Die Patienten sind in Ruhe meistens beschwerde-
Facettengelenke bedingt ist. Ursache sind meist degenerative frei. Unter Belastung beim Gehen treten nach einer Weile tiefe
Gelenkveränderungen (Spondylarthrose). Typisch sind tiefe Rückenschmerzen auf, oft mit pseudoradikulärer oder radikulä-
Rückenschmerzen in Höhe der krankhaft veränderten Gelenke rer Ausstrahlung in die Beine. Dazu können eine Unsicherheit
bzw. knapp darunter, häufig mit pseudoradikulärer Ausstrahlung beim Gehen (Ataxie), Kribbelparästhesien oder Paresen auftre-
in Richtung der Beine (in der Regel nicht tiefer als Knie). Paresen ten. Die maximale Gehstrecke ist verkürzt. Die Beschwerden
oder klare sensible Ausfälle treten nicht auf. Typischerweise bilden sich zurück, wenn sich die Patienten hinsetzen oder vorn-
verschlimmern sich die Schmerzen bei Belastung (z. B. bei Ret- über beugen (Lordosierung der LWS, z. B. durch Aufstützen auf
roflexion oder längerem Stehen oder Gehen). Ist klinisch oft zu- einen Einkaufswagen). Im Unterschied zur arteriellen Ver-
nächst nicht von einfachen Rückenschmerzen (s. oben.) zu un- schlusskrankheit reicht bloßes Stehenbleiben meist nicht zur
terscheiden. Erholung aus, desweiteren fehlen die abgeschwächten Fußpulse.
Wenn keine Warnhinweise (»red flags«, s. oben) vorhanden Bei typischer klinischer Symptomatik ist eine bildgebende
sind, ist keine bildgebende Diagnostik erforderlich. Bei länger Diagnostik indiziert.
dauernden Beschwerden (>6–12 Wochen) ohne Besserungsten-
13 denz ist eine Bildgebung indiziert. kKonus-Syndrom (Conus-Syndrom)
Kombination neurologischer Ausfälle, die durch massiven Druck
kIliosakralgelenksblockade auf den Conus medullaris entstehen. Mögliche Ursachen sind
(Sakroiliakalgelenksblockade) z. B. Tumoren, ein Massenprolaps oder eine Ischämie des
Myofaszial bedingte, tief lumbale Schmerzen mit Ausstrahlung Rückenmarks. Im Conus medullaris liegen die Segmente S3–S5.
in die laterale Seite des Oberschenkels bis in Höhe des Trochanter Beim isolierten Konus-Syndrom kommt es daher zu einer Reit-
majors. Differentialdiagnostisch hilfreich ist, dass die Schmerzen hosenanästhesie, einer Harn- und Stuhlinkontinenz und einem
auch auftreten, wenn die Patienten im Bett liegen und sich reduzierten Sphinktertonus, aber nicht zu Paresen oder Reflex-
drehen. ausfällen an den Beinen. Meist tritt das Konus-Syndrom aber
zusammen mit dem Kauda-Syndrom auf (Konus-Kauda-
kRadikulopathie (Radikulitis, Wurzelneuritis, Syndrom, neurologische Ausfälle s. unten).
Wurzelsyndrom) Absolute Notfallindikation: Erfolgt nicht innerhalb von
Akute oder chronische Reizung oder Schädigung der Nerven- Stunden eine Dekompression des Conus, muss mit einer dauer-
wurzeln. Kann sich in Störungen der Empfindung, Schmerzen haften Schädigung gerechnet werden.
oder Lähmungen im Versorgungsgebiet einer (Monoradikulitis)
oder mehrerer (Polyradikulitis) Spinalnerven äußern. Zu den kCauda-equina-Syndrom (Cauda-Syndrom)
typischen Sensibilitätsausfällen und Paresen, die mit der Radi- Kombination neurologischer Ausfälle, die durch eine massive
kulopathie einzelner Wurzeln verbunden sind, vgl. 7 Kap. 11, Kompression der Nervenfasern der Cauda equina verursacht
»Dermatome und Kennmuskeln«). Mögliche Ursachen neben werden. Mögliche Ursachen sind z. B. große Bandscheibenvor-
degenerativen Veränderungen (z.B. Kompression durch einen fälle oder Tumoren. Mögliche Symptome sind u. a. radikuläre
Bandscheibenvorfall) auch Entzündungen (Herpes zoster) oder Schmerzen, Reithosenanästhesie, Reflexausfälle, Paresen, Harn-
Tumoren mit kompressiver Wirkung. und Stuhlinkontinenz, reduzierter Sphinktertonus.
Schwere sensible Ausfälle oder manifeste Paresen sind eine Absolute Notfallindikation: Erfolgt nicht innerhalb von
Indikation für eine kurzfristige Bildgebung und ggf. auch chirur- 6 Stunden eine Dekompression der Nerven, muss mit einer
gische Entlastung des komprimierten Spinalnerven. dauerhaften Schädigung gerechnet werden.
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
117 13

Verlauf der Osteochondrose (Einteilung nach Modic)

Durch die degenerativen Veränderungen in tion mit Ausbildung von fibrovaskulärem bildenden Knochenmarks in Fettmark
den Bandscheiben werden in den angrenzen- Gewebe und einem deckplattennahen stattfindet.
den Abschnitten der Wirbelkörper Umbaupro- Wirbelkörperödem. Ist die Entzündungs- 4 Typ 3 (Sklerosierung): Chronisches
zesse induziert. Diese Umbauprozesse folgen reaktion stark ausgeprägt, kann es zu Endstadium der Osteochondrose mit
einem typischen zeitlichen Ablauf, der in der tiefen Rückenschmerzen kommen. Dies Sklerosierung der betroffenen deck-
MRT unterschieden werden kann. Modic wird auch als »aktivierte« oder »erosive« plattennahen Wirbelkörperanteile.
(1983) hat dafür anhand der Signalverände- Osteochondrose bezeichnet. Auch in das
rung im Knochenmark der Wirbelkörper eine normalerweise gefäßfreie Bandschei- Der Modic-Typ-1 kann sich in einen Typ 2 oder
Einteilung in drei Stadien vorgeschlagen bengewebe kann fibrovaskuläres Gewe- Typ 3 umwandeln. Die Modic-Typen-2 und 3
(. Abb. 13.14, . Abb. 13.15, . Abb. 13.16 und be einwachsen (KM-Aufnahme!). bleiben in diesem Stadium meistens chronisch
. Abb. 13.17): 4 Typ 2 (Fettgewebskonversion): Frühes erhalten. Modic-Typ-3-Veränderungen sind am
4 Typ 1 (Ödemphase): Zunächst kommt es chronisches Stadium, in dem eine streifi- seltensten, Typ 1 ist etwa 4-mal so häufig,
zu einer ödematösen Entzündungsreak- ge Umwandlung des subkortikalen blut- Typ 2 etwa 16-mal so häufig.

13.3 Degenerative Veränderungen jÄtiologie und Epidemiologie


der Wirbelkörperabschlussplatten Zum Ablauf der degenerativen Veränderungen s. auch 7 Kap. 13.1,
und Bandscheiben »Einführung und Terminologie«, S. 112. Ein Verschleiß der Wirbel-
säule tritt beim Menschen regelmäßig im Alter auf. Osteochon-
13.3.1 Osteochondrose drotische Veränderungen sind bei nahezu allen älteren Men-
schen nachweisbar. Eine genetische Prädisposition ist wahr-
jSynonyme scheinlich. Übergewicht und sonstige unangemessene Belas-
Osteochondrosis (inter)vertebralis, aktivierte Osteochondrose, tungen beschleunigen das Auftreten der Osteochondrose.
erosive Osteochondrose Modic-Typ-1-Veränderungen treten häufig bei Instabilitäten auf.
! Typischer Befund
jDefinition
Höhengemindertes Bandscheibenfach mit vermehrter
Degenerative Veränderungen von Bandscheiben und angren-
Sklerosierung der angrenzenden Grund- und Deck-
zenden Wirbelkörpern. Zum Krankheitsbild gehören auch
platten und spondylophytären Randausziehungen der
osteophytäre Ausziehungen an den Wirbelkörpern (Spondylose)
Wirbelkörper
und degenerative Veränderungen an den Wirbelbogengelenken
(Spondylarthrose) (. Abb. 13.8, . Abb. 13.9, . Abb. 13.10,
. Abb. 13.11, . Abb. 13.12 und . Abb. 13.13). jBildgebung
Als Spondylosis deformans im engeren Sinne bezeichnet man kLokalisation
eine Verlaufsform, bei der nur geringe degenerative Ver- am häufigsten an der mittleren/unteren HWS sowie an der unte-
änderungen in den Bandscheibenfächern auftreten, dafür aber ren LWS
ausgeprägte Spondylophyten an den ventralen und lateralen
Wirbelkörperrändern.

a b c d

. Abb. 13.8a–d Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten bei der Osteochondrose. a Spondylophytäre Randanbauten. b Subchon-
drale Sklerosierung. c Unregelmäßige Konturierung der Abschlussplatten: d Degenerative Formveränderung der Wirbelkontur mit einer Zunahme des
sagittalen Wirbelkörperdurchmessers
118 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

. Abb. 13.9 Osteochondrose. Laterale konventionelle Röntgenaufnahme . Abb. 13.10 Spondylosis deformans. Laterale konventionelle Röntgen-
der LWS von LWK 1 bis SWK 1/2. Insbesondere in den Segmenten LWK 2/3 aufnahme der LWS von LWK 1 bis LWK 5/SWK 1. In den Segmenten LWK 1/2
und LWK 3/4 finden sich fortgeschrittene osteochondrotische Veränderun- bis LWK 4/5 finden sich entlang der Wirbelkörpervorderkanten Spondylo-
13 gen mit einer Verschmälerung der entsprechenden Bandscheibenfächer.
Ausgeprägte Transparenzminderungen entlang der Wirbelkörperabschluss-
phyten, die die Wirbelkörperzwischenräume (außer im Segment LWK 4/5)
kontinuierlich überbrücken (Pfeilspitzen). Typisch für eine Spondylosis de-
platten weisen auf eine starke Sklerosierung der Wirbelkörper hin (Pfeile). formans ist hierbei, dass die sonstigen Zeichen der Osteochondrose (Hö-
Darüber hinaus finden sich im Rahmen der degenerativen Veränderungen henminderung der Bandscheibenfächer, Sklerosierung der Abschlussplat-
in den Segmenten LWK 1/2 bis LWK 3/4 entlang der Wirbelkörpervorder- ten) nur gering ausgeprägt sind
kanten osteophytäre Anbauten (exemplarisch: Pfeilspitze)

kRöntgennativaufnahmen und CT
4 Höhenminderung des Bandscheibenfachs
4 Selten auch intradiskale Verkalkungen
4 Vermehrte subchondrale Sklerosierung an den Grund- und
Deckplatten
4 Osteophytäre Ausziehungen an den Rändern der Wirbel-
körper (Spondylophyten), die in den Spinalkanal oder die
Neuroforamina ragen können
4 In frühen Stadien der Osteochondrose sind die Spondylo-
phyten oft nur nach horizontal gerichtet, später wachsen sie
auch in vertikaler Richtung unter dem vorderen Längsband
zum nächsten angrenzenden Wirbelkörper und können das
Segment auch überbrücken
4 Im Stadium Modic 1 können die betroffenen Endplatten
unregelmäßig konturiert sein (verschmälert oder sogar
kurzstreckig unterbrochen), dies führt zum Begriff erosive
Osteochondrose
4 Ventrale Randanbauten finden sich bei fast allen Menschen
. Abb. 13.11 Intradiskale Verkalkung bei Osteochondrose. Axiale Post-My-
>40 Jahren und haben daher keine klinische Wertigkeit;
elographie-CT durch ein Bandscheibenfach in der mittleren BWS bei einer
40-jährigen Patientin. Im Nucleus pulposus zeigt sich eine grobschollige in-
dorsale Randanbauten sind dagegen immer pathologisch
tradiskale Verkalkung. Ventral bestehen mäßig ausgeprägte spondylophy-
täre Randanbauten. (Aus van Goethem 2007)
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
119 13

a b

. Abb. 13.12a, b Osteochondrose. Sagittale CT-Reformation der LWS einer 62-jährigen Patientin. Im Segment LWK 4/5 zeigen sich typische osteochondro-
tische Veränderungen. Das Bandscheibenfach ist stark höhengemindert und weist ein Vakuumphänomen auf. Die Deckplatten sind unregelmäßig, die an-
grenzenden Wirbelkörperabschnitte vermehrt sklerosiert. Dazu finden sich ventrale spondylophytäre Randkantenanbauten. (Aus van Goethem 2007)

a b

. Abb. 13.13a, b Osteochondrose. Sagittale CT-Reformation der LWS und axiale Aufnahme in Höhe LWK 4/5 bei einer 79-jährigen Patientin. In den
Segmenten LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1 zeigt sich ein ausgeprägtes Vakuumphänomen im Bandscheibenfach. An weiteren osteochondrotischen Verände-
rungen finden sich eine Höhenminderung der Bandscheibenfächer sowie ventrale und dorsale spondylophytäre Randkantenanbauten (am deutlichsten
am LWK 3). Auf der axialen Aufnahme sieht man außerdem noch eine zirkuläre Bandscheibenprotrusion, eine ausgeprägte Spondylarthrose und eine
resultierende, hochgradige Spinalkanalstenose. (Aus van Goethem 2007)
120 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b c d

. Abb. 13.14a–d Osteochondrose-Typ-1 nach Modic. Sagittale T2w- (a), fettsupprimierte T2w- (b) sowie T1w-MRT-Aufnahmen vor (c) und nach Kontrast-
mittelgabe (d). Die an das Bandscheibenfach LWK 4/5 angrenzenden Wirbelkörperabschnitte weisen einen ödembedingten erhöhten Wassergehalt auf:
hyperintens in T2w (a und b Pfeile) und hypointens in T1w (c Sterne). Nach Kontrastmittelgabe nehmen die betroffenen Areale zum größten Teil Kontrast-
mittel auf (d Pfeile). Im bandscheibenfernen Übergangsbereich fehlt die KM-Aufnahme (d Pfeilspitzen). Darüber hinaus weisen alle dargestellten Segmente,
wie beispielsweise das Segment LWK 2/3, teils ausgeprägte osteochondrotische Veränderungen wie diffus destruierte Wirbelkörperabschlussplatten und
höhengeminderte Bandscheibenfächer auf

13

a b c

. Abb. 13.15a–c Osteochondrose Typ 2 nach Modic. Sagittale T2w- (a), T1w- (b) sowie fettsupprimierte T2w-MRT-Aufnahmen (c) der HWS (Mitte HWK 4
bis Mitte BWK 2). Zu erkennen sind degenerativ veränderte Wirbelkörper sowie Bandscheibenfächer. Besonders betroffen ist das Segment HWK 6/7, in
dem die Wirbelkörper abschlussplattennah ein T1w- und T2w-hyperintenses Signal aufweisen, das in der fettsupprimierten Sequenz unterdrückt werden
kann und somit einer Verfettung entspricht
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
121 13

a b c

. Abb. 13.16a–c Osteochondrose Typ 3 nach Modic. Sagittale CT-Reformation (a) sowie T1w- (b) und T2w-MRT-Aufnahmen (c) der LWS bei einer 80-jähri-
gen Patientin mit einer Claudicatio spinalis (BWK 12/LWK 1 bis LWK 5/SWK 1). In der CT-Untersuchung sind degenerative Veränderungen der Bandscheiben
(Höhenminderung, Vakuumphänomen) und der Lendenwirbelkörper (spondylophytäre Randkantenausziehungen) zu erkennen. Eine Dichteanhebung des
ventral gelegenen Bandscheibenfach-nahen Knochens (a Pfeilspitzen) mit einem korrespondierend deutlich hypointensen Signal in T1w und T2w (b und c
Pfeilspitzen) im Segmnent LWK 2/3 zeigt, dass es im Rahmen der Osteochondrose bereits zu einer Sklerosierung gekommen ist

a b c

. Abb. 13.17a–c Osteochondrose Mischtyp. Sagittale CT-Reformation (a) sowie T1w- (b) und T2w-MRT-Aufnahmen (c) der LWS (LWK 1 bis LWK 4/5) bei
einer 63-jährigen Patientin mit Z.n. OP eines Bandscheibenmassenprolaps im Segment LWK 2/3. In der CT-Untersuchung ist eine Höhenminderung des
Bandscheibenfachs LWK 2/3 mit Vakuumphänomen sowie eine deutliche Sklerosierung des bandscheibenfachnahen Knochens zu erkennen (a Pfeilspitzen).
Korrespondierend hierzu weist der Knochen ein in T1w hypointenses Signal auf (b Pfeilspitzen), ist jedoch in der T2w-Aufnahme nahezu isointens zur
Spongiosa (c Pfeilspitzen). Es handelt sich also nicht um eine vollständig sklerosierte Osteochondrose (Typ 3 nach Modic), sondern um eine teilsklerosierte
Zwischenform mit vorhandenem Wirbelkörperödem
122 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

kMRT 13.3.2 Einriss des Anulus fibrosus


4 Verminderter Wassergehalt und Höhenminderung der
Bandscheibe (Signalverlust in T2w) jSynonyme
4 Mit der MRT lassen sich die unterschiedlichen Stadien der Anulus-fibrosus-Riss, Bandscheibenriss, High-intensity-Zone
Osteochondrose der Wirbelkörper unterscheiden (s. Exkurs)
5 Typ 1 (Ödemphase): jDefinition
– die betroffenen deckplattennahen Wirbelkörperab- Einriss der konzentrischen Fasern des Anulus fibrosus einer
schnitte zeigen ein Ödem: hypointens in T1w und Bandscheibe
hyperintens in T2w
– das Ödem ist durch das unterdrückte Fettsignal der jÄtiologie
Wirbelkörper besonders gut als Hyperintensität auf Folge degenerativer Veränderungen. Riss entsteht durch die Be-
STIR-Sequenzen erkennbar lastung bei der repetitiven Bewegung der Wirbelsäule. Es gibt
– das Wirbelkörperödem findet sich meist in beiden konzentrische, meist asymptomatische Einrisse und radiale
Wirbelkörpern des betroffenen Segments, geht aber in Risse, die häufiger zu Schmerzen führen und die Entwicklung
der Regel in vertikaler Richtung nicht über die Mitte eines Bandscheibenvorfalls begünstigen. In den verletzten Be-
des Wirbelkörpers hinaus. Die gegenüberliegende reich des Anulus fibrosus wandert Granulationsgewebe mit
Endplatte wird normalerweise nicht vom Ödem kleinen Gefäßen ein (KM-Aufnahme!)
erreicht
– bei vielen Patienten zeigt sich eine bandförmige KM- jEpidemiologie
Aufnahme im Bandscheibenfach in der Grenzzone 4 Bei älteren Menschen sehr häufig (meist asymptomatisch)
zwischen Bandscheibe und Wirbelkörperabschluss- 4 Genetische Prädisposition
platte (fibrovaskuläres Gewebe), selten kommt es auch 4 u. a. assoziiert mit M. Scheuermann
zu einer fokalen KM-Aufnahme im Anulus fibrosus
! Typischer Befund
5 Typ 2 (Fettgewebskonversion): die betroffenen deckplat-
Kleine, umschriebene Signalsteigerung in T2w am
tennahen Wirbelkörperabschnitte zeigen einen vermehr-
Rand einer degenerativ veränderten Bandscheibe
ten Fettgehalt:
– hyperintens in T1w und iso- bis hyperintens in T2w
- keine KM-Aufnahme jBildgebung
5 Typ 3 (Sklerosierung): kMRT
13 – die betroffenen deckplattennahen Wirbelkörperab- 4 T2w: hyperintenses Areal am Rand der Bandscheibe
schnitte sind sklerosiert: hypointens in T1w und T2w (. Abb. 13.18)
– keine KM-Aufnahme 4 T1w: Rand der Bandscheibe nimmt KM auf (nicht obligat)
4 Andere degenerative Veränderungen der Bandscheibe:
jKlinik Signalverlust durch verminderten Wassergehalt, Höhen-
Die Osteochondrose ist zunächst nur ein deskriptiver radiologi- minderung des Bandscheibenfaches
scher Begriff, der in den meisten Fällen keinen Krankheitswert
besitzt. Im Frühstadium (Typ 1), das auch als »aktivierte« oder jKlinik
»erosive« Osteochondrose bezeichnet wird, können aber tiefe Meist asymptomatisch, da der überwiegende Anteil der Band-
Rückenschmerzen auftreten (nicht obligat!). scheibe keine Nervenfasern besitzt.. Kann zu tiefen Rücken-
schmerzen führen, vor allem wenn ein radialer Riss den Außen-
jDD rand der Bandscheibe erreicht, der Nervenfasern enthalten
4 Spondylodiszitis als DD zu einer ausgeprägten Osteochond- kann.
rose in der Ödemphase (bei der Spondylodiszitis deutliche
Kontrastmittelaufnahme, vermehrtes Wassersignal in der jDD
Bandscheibe, Mitreaktion der umgebenden Weichteile) 4 Diszitis (ganze Bandscheibe betroffen, KM-Aufnahme
4 Modic-Typ-1-Veränderungen können durch eine Band- parallel zu den Endplatten, angrenzende Wirbelkörper mit
scheibenoperation verursacht werden betroffen)
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
123 13

a b

c d

. Abb. 13.18a–d Einriss des Anulus fibrosus. Sagittale (a) und axiale (b, LWK 4/5)) T2w- sowie sagittale T1-MRT-Aufnahmen der LWS (LWK 3/4 bis SWK 1)
vor (c) und nach (d) Kontrastmittelaufnahme bei einem Patienten, der über tiefe Lumbalgien klagte. Der Einriss des Anulus fibrosus ist in den T2w-Sequen-
zen als eine schmale, länglich der Bandscheibenkontur folgende Signalanhebung am dorsalen Rand der Bandscheibe zu erkennen (a, b Pfeil). Die Einriss-
stelle ist im T1w-Bild nahezu isointens zur restlichen Bandscheibe (c Pfeil), weist aber eine deutliche Signalanhebung nach Kontrastmittelgabe auf (d Pfeil).
Darüber hinaus findet sich ein intravertebraler Bandscheibenvorfall (Schmorl-Knötchen) in der Grundplatte des LWK 4 (a, c, d Pfeilspitze)
124 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

. Abb. 13.19a, b Breitbasige Bandscheibenprotrusion (»asymmetrical disc bulge«). Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der HWS bei einer
39-jährigen Patientin. Im Segment HWK 5/6 ist in der sagittalen Aufnahme eine Vorwölbung der Bandscheibe zu erkennen (a Pfeil). Diese Vorwölbung folgt
den Wirbelkörperkonturen (b Pfeilspitzen) breitbasig, ein Einriss des Anulus fibrosus ist nicht nachweisbar. Auf der axialen Aufnahme erkennt man, dass
die natürliche, zum Spinalkanal konkave dorsale Kontur der Bandscheibe noch erhalten ist

jÄtiologie
Meist Folge degenerativer Veränderungen. Andere Ursachen
sind Skoliose (laterale Vorwölbung) oder Spondylolisthesis (dor-
sale Vorwölbung).

jEpidemiologie
13 Häufig (bei 50 % der asymptomatischen Erwachsenen)
! Typischer Befund
Bandscheibe wölbt sich breitbasig nach außen.
Die zum Spinalkanal konkave, natürliche Form der
Bandscheibe bleibt bei breitbasigen Bandscheiben-
protrusionen in der Regel erhalten.

jBildgebung
kCT
4 Auf axialen Aufnahmen glattrandige Vergrößerung der
Bandscheibe
4 Evtl. andere Zeichen osteochondrotischer Veränderungen:
. Abb. 13.20 Umschriebene Bandscheibenprotrusion (»focal disc protrusi-
5 Gas im Bandscheibenfach (Vakuumphänomen)
on«). Axiale T2w-MRT-Aufnahme der LWS. Der Duralsack wird durch eine
flachbogige Vorwölbung der Bandscheibe eingeengt, die weniger als 25 % 5 intradiskale Verkalkungen
des Bandscheibenumfangs umfasst (fokale Protrusion). (Mit freundlicher 5 Höhenminderung der Bandscheibe
Genehmigung von Herrn. Prof. Erlemann, Duisburg)
kMRT
4 Auf axialen Aufnahmen glattrandige Vergrößerung der
13.3.3 Bandscheibenprotrusion Bandscheibe (. Abb. 13.19 und . Abb. 13.20)
4 Andere Zeichen degenerativer Veränderungen:
jDefinition 5 Verlust des normalen Wassersignals in der Bandscheibe
Vorwölbung von Bandscheibenmaterial über die Kontur der (Signalminderung in T2w) und Höhenminderung des
angrenzenden Wirbelkörper hinaus (»breitbasig« wenn > 50% Bandscheibenfachs
des Bandscheibenumfangs, sonst »umschrieben« oder »fokal«)
bei noch erhaltenem Anulus fibrosus.
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
125 13
jKlinik kCT
4 Meist asymptomatisch 4 Weichteildichter Prozess, der von ventral in den Spinalkanal
4 Kann aber auch zu Lumbalgien, Ischialgien oder einer ragt
Spinalkanalstenose führen 4 Herniierte Bandscheibenanteile können selten sekundär
verkalken
jDD 4 Evtl. andere Zeichen osteochondrotischer Veränderungen:
Bandscheibenvorfall (Unterscheidung zwischen einer fokalen Pro- 5 Gas im Bandscheibenfach (Vakuumphänomen)
trusion und einer kleinen Herniation nur möglich, wenn auf den 5 intradiskale Verkalkungen
MRT-Aufnahmen der Einriss im Anulus fibrosus erkennbar ist). 5 Höhenminderung der Bandscheibe
4 Post-Myelographie-CT bietet die höchste Auflösung zur
Beurteilung der Weite von Spinalkanal und Neuroforamina
13.3.4 Bandscheibenvorfall und der Beziehung zwischen Bandscheibenvorfall und
Nervenwurzeln
jDefinition
Vorwölbung von Bandscheibengewebe, in der Regel durch einen kMRT
Einriss im Anulus fibrosus. 4 T1w: isointens zur ursprünglichen Bandscheibe
(. Abb. 13.22, . Abb. 13.23, . Abb. 13.24, . Abb. 13.25,
jSynonyme . Abb. 13.26, . Abb. 13.27, . Abb. 13.28, . Abb. 13.29,
Bandscheibenherniation, Discusprolaps, Discusherniation, Nuc- . Abb. 13.30 und . Abb. 13.31)
leus pulposus-Prolaps 4 T2w: isointens oder hyperintens (N. pulposus) zur ur-
sprünglichen Bandscheibe.
jÄtiologie 4 An der HWS oder BWS können größere Bandscheibenvor-
Meist als Folge degenerativer Bandscheibenveränderungen. Selten fälle zu einer Myelonkompression führen mit einer Signal-
traumatisch bedingt nach axialer Stauchung der Wirbelsäule. steigerung durch Ödem (akut) oder Gliose (chronisch)
4 Unterscheidung zwischen Extrusion und Protrusion
jEpidemiologie (s. . Abb. 13.3) am besten auf sagittalen Aufnahmen:
4 Sehr häufig (bei ca. 30 % der asymptomatischen 60-jährigen Extrusionen zeigen eine »Pilzform« mit einer Taillierung
Bevölkerung) am Übergang zur ursprünglichen Bandscheibe
4 Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu 4 Intraforaminale Bandscheibenvorfälle sind sehr gut auf
sagittalen Aufnahmen beurteilbar, wenn die Foramina
! Typischer Befund
noch komplett erfasst werden: beurteilt wird, ob die
Raumforderung im ventralen Spinalkanal, die einen
Nervenwurzel noch regelrecht von epiduralem Fettgewebe
Kontakt zur Bandscheibe aufweist und ein bandschei-
umgeben ist
benähnliches Signal zeigt.
4 Andere Zeichen degenerativer Veränderungen:
5 Verlust des normalen Wassersignals in der Bandscheibe
jBildgebung (Signalminderung in T2w) und Höhenminderung des
kLokalisation Bandscheibenfachs
4 An der LWS sind 90 % der lumbalen Bandscheibenvorfälle 5 Einriss des Anulus fibrosus (auch bei gesicherten Band-
in den Segmenten LWK 4/5 und LWK5/SWK1 lokalisiert scheibenvorfällen in der MRT oft nicht erkennbar)
4 An der HWS betreffen 60–75 % der Bandscheibenvorfälle 4 Ältere Bandscheibenvorfälle können vaskularisiert sein und
das Segment HWK 6/7 und 20–30 % das Segment zeigen dann in der Frühphase eine geringe, randständige
HWK 5/6 KM-Aufnahme, in der Spätaufnahme (>30 min) manchmal
4 Nach der Lokalisation auf den axialen Schichten unterschei- auch eine diffuse KM-Aufnahme. Dies gilt auch für ältere,
det man mediane, mediolaterale, intraforaminale und latera- freie Sequester.
le (extraforaminale) Bandscheibenvorfälle (s. . Abb. 13.2)
> Sagittale Schichten soweit nach lateral planen, dass
4 Für die Korrelation zur Klinik ist es wichtig, die Beziehung
die Neuroforamina komplett erfasst werden. Dadurch
des Bandscheibenvorfalls zur betroffenen Nervenwurzel zu
sind intraforaminale Bandscheibenvorfälle am besten
beschreiben (Einteilung nach Pfirrmann, . Abb. 13.21)
erkennbar.
4 Freie Sequester weisen keinen Kontakt mehr zur Bandschei-
An der HWS ist die beste Beurteilung der Neurofora-
be auf
mina durch parasagittale, senkrecht auf die Neurofora-
mina angulierte Aufnahmen möglich (s. 7 Abb. 1.23).
kMyelographie
Zeigt den Bandscheibenvorfall indirekt durch Kompression des
Duralsacks oder der Nervenwurzelscheide, oder durch Verlage-
rung der Nervenwurzel
126 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b c d

. Abb. 13.21a–d Pfirrmann-Einteilung. a Grad 0 (normal): Kein Kontakt der Bandscheibe zur Nervenwurzel. Epidurales Fett zwischen Bandscheibe und
Nervenwurzel erhalten. b Grad 1 (Kontakt): Sichtbarer Kontakt der Bandscheibe zur Nervenwurzel. Zwischen Bandscheibe und Nervenwurzel ist kein epidu-
rales Fett abgrenzbar. Nervenwurzel in normaler Position, nicht nach dorsal verlagert. c Grad 2 (Verlagerung): Nervenwurzel durch Bandscheibe nach dor-
sal verlagert. d Grad 3 (Kompression): Nervenwurzel von der Bandscheibe nach dorsal verlagert und an der dorsalen Wand des Spinalkanals komprimiert.
Nervenwurzel evtl. schwer von Bandscheibe abgrenzbar

13

a b

. Abb. 13.22a, b Zervikaler, links mediolateraler Bandscheibenvorfall. Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der HWS bei einem Patienten mit
Parästhesien im linken C7-Dermatom. Im HWK-6/7-Segment findet sich ein links mediolateraler, in das linke Neuroforamen hineinreichender Bandschei-
benvorfall mit Kompression der linken C7-Wurzel (Pfirrmann Grad 3). In der sagittalen Aufnahme ist die im Verhältnis zum gesamten Bandscheibenprolaps
schmächtige Basis des Vorfalls zu erkennen (Extrusion). Teile des Ligamentum longitudinale posterius und der Dura mater werden durch das prolabierte
Bandscheibengewebe abgehoben (a, b Pfeilspitzen), der Vorfall liegt somit noch subligamentär
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
127 13

a b

. Abb. 13.23a, b Zervikaler, linksseitiger, intraforaminaler Bandscheibenvorfall. Links parasagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der HWS bei ei-
ner 67-jährigen Patientin mit Cervicobrachialgien mit Ausstrahlung in die linksseitigen C6- und C7-Dermatome. In den Segmenten HWK 5/6 und HWK 6/7
finden sich linksseitig intraforaminale Bandscheibenvorfälle (Pfeilspitzen). Im Segment HWK 5/6 (b) ist das linke Neuroforamen vollständig verlegt und der
linke C6-Spinalnerv bzw. die linken C6-Nervenwurzeln sind nicht sicher abgrenzbar (Pfirrmann Grad 3)

a b c

. Abb. 13.24a–c Zervikaler medianer Bandscheibenvorfall. Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT- sowie axiale CT- Aufnahme (c) der HWS bei einer 90-jähri-
gen Patientin mit einer progredienten Tetraplegie. In den Segmenten HWK 4/5 und HWK 5/6 finden sich zwei Bandscheibenvorfälle, von denen jener des
Segments HWK 4/5 median liegt (b und c Pfeile). In Verbindung mit ligamentären Hypertrophien (a Pfeile) im Rahmen degenerativer Veränderungen führen
die Vorfälle zu einer zangenförmigen Einengung des Spinalkanals mit vollständig aufgebrauchten Liquorräumen, einer Deformation des Myelons sowie
einem pathologischen, in T2w flau hyperintensen Myelonsignal als Ausdruck eines Myelon-Ödems (a, b Pfeilspitzen)
128 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

13

c d

. Abb. 13.25a–d Lumbaler mediolateraler Bandscheibenvorfall. Sagittale (a, b) und axiale (c, d) T2w-MRT-Aufnahmen der LWS bei einer 52-jährigen
Patientin mit Schmerzen sowie Kribbelparästhesien im linken S1-Dermatom. Im Segment LWK 5/SWK 1 findet sich ein großer, links mediolateraler Band-
scheibenvorfall, der in das Neuroforamen des linken L5-Spinalnerven hineinragt (a, d). Die periradikuläre Fettmanschette ist verschmälert und der
L5-Spinalnerv nach kranial und ventral verlagert. Eine relevante Kompression besteht jedoch nicht (Pfirrmann Grad 2) (b, c Pfeilspitzen). Der Bandscheiben-
vorfall verlagert und komprimiert jedoch die noch im Spinalkanal absteigenden, linken S1-Nervenwurzeln (d Pfeil, Pfirrmann Grad 3), die im Vergleich zu
den rechten (d Pfeilspitze) nicht mehr frei abgrenzbar sind
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
129 13

a b

. Abb. 13.26a, b Lumbaler mediolateraler Bandscheibenvorfall. Sagittale CT-Aufnahme der LWS (a) und axiale Aufnahme in Höhe des Oberrandes des
LWK 5 (b) eines Patienten mit einem rechtsseitigen sensomotorischen L5-Syndrom. Im Segment LWK 4/5 ragt ein großer Bandscheibenvorfall nach rechts
mediolateral und kaudal in den Spinalkanal (a, b Pfeile). Die rechte L5-Wurzeln werden auf dem Weg zum Neuroforamen komprimiert und sind nicht mehr
abgrenzbar (Pfirrmann Grad 3). Im Segment LWK 5/SWK 1 besteht eine geringgradige Bandscheibenprotrusion (a). (Mit freundlicher Genehmigung von
Herrn Prof. Thron, Aachen)

a b

. Abb. 13.27a, b Lumbaler Bandscheibenvorfall mit Sequester. Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der LWS bei einem 44-jährigen Patienten
mit diffusen linksseitigen Lumboischialgien. Im Segment LWK 4/5 findet sich ein großer nach links mediolateral und kranial umgeschlagener Bandschei-
benvorfall (a, b Pfeil), der den Duralsack nach dorsal und medial verlagert (b Pfeilspitze). Der Bandscheibenvorfall hat das hintere Längsband durchbrochen.
Zwischen der ursprünglichen Bandscheibe und dem prolabierten Gewebe besteht keine sichere Verbindung mehr, es liegt ein echter Sequester vor
130 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

. Abb. 13.28a, b Lumbaler Massenvorfall. Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der LWS bei einem 38-jährigen Patienten. Ein breitbasiger
Bandscheibenvorfall im Segment LWK 5/SWK 1 verlegt nahezu den gesamten Spinalkanal. Im Duralsack ist zwischen den komprimierten und nach dorsal
verlagerten Nervenwurzeln kein Liquorsignal mehr erkennbar

jKlinik
4 Die meisten Bandscheibenvorfälle sind asymptomatisch
4 Lokale Rückenschmerzen
4 Bei Affektion einer Nervenwurzel: radikulär ausstrahlende
Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Paresen
13 4 An der HWS und BWS entspringen die Nervenwurzeln
etwa in Höhe der Bandscheibenfächer und verlaufen dann
weitgehend horizontal zu den Neuroforamina: dadurch
komprimieren sowohl mediolaterale als auch intraforami-
nale und laterale Bandscheibenvorfälle die zum jeweiligen
Segment gehörige Nervenwurzel (also z. B. bei HWK 6/7
die Wurzel C7, bei BWK 5/6 die Wurzel Th5)
4 An der unteren BWS und LWS verlaufen die Nerven-
wurzeln auf dem Weg zu ihren Neuroforamina nach kaudo-
lateral und erreichen den Eingang in ihr Foramen noch
oberhalb der Höhe des Bandscheibenfachs: dadurch er-
reichen nur größere intraforaminale und laterale Band-
scheibenvorfälle sowie weit nach kranial umgeschlagene
Vorfälle die zum jeweiligen Segment gehörende Nerven-
wurzel (also z. B. bei LWK 4/5 die Wurzel L4); mediolatera-
le Vorfälle affizieren in der Regel die nächsttiefere Nerven-
. Abb. 13.29 Extraforaminaler Bandscheibenvorfall. Axiale T2w-MRT-Auf-
nahme der LWS in Höhe der Bandscheibe LWK 5/SWK 1. Der Ausgang des
wurzel am Austritt aus dem Duralsack (also z.B. bei
linken Neuroforamens wird durch einen großen lateralen Bandscheibenvor- LWK 4/5 die Wurzel L5; s. 7 Kap. 8.1, »Anatomische Grundla-
fall verlegt (Pfeil). Die Nervenwurzel L4 wird dadurch komprimiert und ist gen«, 7 Abb. 8.3, S. 46)
nicht abgrenzbar (Pfirrmann 3). (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn
Prof. Erlemann, Duisburg) jDD
4 Fokale Bandscheibenprotrusion (Unterscheidung zwischen
einer fokalen Protrusion und einer kleinen Herniation nur
möglich, wenn auf den MRT-Aufnahmen der Einriss im
Anulus fibrosus erkennbar ist)
4 Postoperatives Narbengewebe (Narbengewebe umschließt
oft die Nervenwurzel, Narbengewebe nimmt bereits in der
Frühphase homogen KM auf)
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
131 13

a b c

. Abb. 13.30a–c Alter vaskularisierter Bandscheibensequester. Sagittale MRT-Aufnahmen der LWS in T2w (A), T1w nativ (b) und fettsupprimierter T1w
nach KM-Gabe (c). Im Segment LWK 2/3 liegt eine ausgeprägte Osteochondrose in der Ödemphase vor (Modic I). Die betroffenen Deckplatten sind un-
regelmäßig konfiguriert, die deckplattennahen Wirbelkörperabschnitte zeigen ein ausgeprägtes Ödem (hypointens in T1w, hyperintens in T2w). Auf der
fettsupprimierten T1w-Aufnahme (c) zeigt sich in diesem Bereich auch eine intensive KM-Aufnahme der Wirbelkörper. Wie für eine erosive Osteochondrose
typisch, geht das Wirbelkörperödem in vertikaler Richtung nicht über die Mitte des Wirbelkörpers hinaus. Im Bandscheibenfach LWK 2/3 besteht schon
seit längerer Zeit ein Bandscheibenvorfall mit einem großen, nach kranial umgeschlagenen subligamentären Sequester (a Pfeil). Der Bandscheibenseques-
ter ist sekundär vaskularisiert und zeigt deshalb eine linienförmige, randständige KM-Aufnahme (c Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof.
Erlemann, Duisburg)

a b c

. Abb. 13.31a–c Alter verkalkter Bandscheibenvorfall. Axiale MRT-Aufnahmen der HWS in Höhe HWK 4/5 in T2w (a) und T1w nativ (b). Korrespondierende
CT-Aufnahme (c). Das linke Neuroforamen wird durch einen großen intraforaminalen Bandscheibenvorfall eingeengt (a und b Pfeil). In T1w und T2w ist der
Vorfall hypointens zu Knochenmark und Myelon, die Signalminderung erreicht aber nicht ganz die Werte der Kortikalis (a und b Pfeil). In der CT-Aufnahme
(c) erkennt man, dass der Bandscheibenvorfall komplett verkalkt ist (c Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Erlemann, Duisburg)
132 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

4 Nervenscheidentumor (nimmt frühzeitig und kräftig KM 4 Reformatierungen zeigen den direkten Kontakt des
auf) Defektes zur Bandscheibe
4 Epiduralhämatom (liegt häufiger dorsal des Duralsacks, in 4 Die herniierten Bandscheibenanteile können sekundär
der Akutphase ähnliches Signal wie Bandscheibengewebe, verkalken
in der subakuten Phase hyperintens in T1w)
kMRT
> Zur Unterscheidung zwischen älteren, vaskularisierten
4 Unterschiedlicher Befund je nach Stadium. Herniation ent-
Bandscheibenvorfällen und postoperativem Narben-
spricht einer lokalen Endplattenfraktur des Wirbelkörpers:
gewebe oder Nervenscheidentumoren dienen Frühauf- daher im akuten/subakuten Stadium Wirbelkörperödem
nahmen nach KM-Gabe: Narbengewebe oder Nerven- und KM-Aufnahme möglich (. Abb. 13.32)
scheidentumoren reichern sofort nach KM-Gabe und 5 T1w: direkte Verbindung zwischen Läsion und Band-
weitgehend homogen an. Bandscheibengewebe zeigt scheibe, im akuten Stadium hypointenses perifokales
eine randständige und verzögerte KM-Aufnahme. WK-Ödem
5 T2w: Läsion ist isointens zur Bandscheibe, im akuten
> Mit der MRT ist eine sichere Unterscheidung zwischen Stadium hyperintenses perifokales Ödem, gelegentlich
einem Bandscheibenvorfall, osteophytären Randan- ist das Ödem weit ausgedehnt
bauten oder einem verkalkten Bandscheibenvorfall oft 5 im akuten Stadium diffuse KM-Aufnahme des Wirbel-
nicht möglich. Ggf. ist präoperativ eine ergänzende CT körpers, im subakuten Stadium periphere KM-Aufnahme
erforderlich. 4 Zentrale KM-Aufnahme bei Vaskularisation des Schmorl-
Knötchens in ca. 10 % der Fälle

jKlinik
13.3.5 Schmorl-Knötchen
4 Zufallsbefund
jSynonym 4 Bei traumatischer oder osteoporotischer Genese evtl. tiefe
Rückenschmerzen
Intravertebrale Bandscheibenherniation, intravertebraler Band-
scheibenvorfall
jDD
4 Akute Kompressionsfraktur (teilweise Überlappung der
jDefinition
Krankheitsbilder, aber bei Schmorl-Knötchen nur um-
Einbruch von Bandscheibengewebe in den Wirbelkörper durch
schriebener Defekt der Endplatte und herniiertes Band-
13 geschwächte Abschlussplatten
scheibenmaterial)
4 Wirbelkörpermetastase (nicht isointens zur Bandscheibe,
jÄtiologie
kein direkter Kontakt zur Bandscheibe; aber nicht immer
Entweder durch akute axiale Belastung im Rahmen eines Trau- unterscheidbar)
mas (selten) oder durch »normale« Schwerkraftbelastung bei
vorbestehender Schwäche der Abschlussplatten.
13.3.6 Limbus vertebrae
jEpidemiologie
4 Sehr häufig (bei 75 % aller normaler Wirbelsäulen) jDefinition
4 Tritt oft schon bei jungen Menschen auf (in Verbindung mit Intravertebrale Bandscheibenherniation, die zur Absprengung
einer Abschlussplattenschwäche bei M. Scheuermann) eines kleinen Apophysenfragments führt
4 Erhöhtes Risiko im höheren Alter bei Schwächung der
Abschlussplatten, z. B. durch Osteoporose, Neoplasie oder jÄtiologie
Infektion Die Ringapophysen der Wirbelkörper fusionieren erst im
! Typischer Befund Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter mit den Wirbelkörpern.
Umschriebene Ausdehnung von Bandscheibenmaterial Wenn es im Randbereich des Wirbelkörpers zu einer intraverte-
in den Wirbelkörper, das von normalem kortikalem bralen Bandscheibenhernie (s. o.) kommt, bevor diese Fusion
Knochen umgeben ist stattgefunden hat, kann ein knöchernes Fragment der Apophyse
vom restlichen Wirbel abgetrennt werden (. Abb. 13.33).

jBildgebung jEpidemiologie
kLokalisation 4 Häufiger Befund im Erwachsenenalter, gelegentlich auch
4 Am häufigsten am thorakolumbalen Übergang schon bei Kindern
4 Grundplatten häufiger betroffen als Deckplatten 4 Traumatische Genese relativ häufig (gehäuftes Auftreten bei
sportlich aktiven Kindern, oft ohne bewusstes Trauma)
kCT 4 Gehäuftes Auftreten in Verbindung mit anderen, vorzeitigen
4 Weichteildefekt im Abschlussplattenbereich, der von degenerativen Wirbelsäulenveränderungen (M. Scheuermann,
spongiösem Knochen mit sklerosiertem Rand umgeben ist multiple intravertebrale Bandscheibenhernien)
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
133 13

a b c

d e

. Abb. 13.32a–e Vaskularisiertes Schmorlknötchen bei einem lumbalen Morbus Scheuermann. Sagittale MRT-Aufnahmen der LWS eines 64-jährigen
Patienten in T2w (a) und T1w (b). Aufnahmen des selben Patienten ca. 3 Jahre später in T2w (c) sowie T1w vor (d) und nach (e) Kontrastmittelgabe (e). Es
findet sich das typische Bild eines M. Scheuermann mit wellenförmigen Wirbelkörperabschlussplatten, multiplen Schmorl-Knötchen (a Pfeile) sowie de-
generativen Veränderungen der Bandscheiben. Hervorzuheben ist ein größerer intravertebraler Bandscheibenvorfall in die Grundplatte des LWK 4 (b Pfeil)
mit anfänglichem Umgebungsödem (a, b Pfeilspitzen). Drei Jahre später ist dieser Bandscheibenvorfall narbig umgebaut. Sowohl Teile der Bandscheibe
(e Pfeilspitze) als auch das Schmorl-Knötchen (e Pfeilspitze) nehmen Kontrastmittel auf
134 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

. Abb. 13.33 Ein Limbus vertebrae entsteht, wenn es im Kindesalter zu


einem Bandscheibenvorfall zwischen die noch nicht fusionierte Ringapo-
physe und den Wirbelkörper kommt

! Typischer Befund
Kleines, randständig sklerosiertes Knochenfragment
vor dem oberen, vorderen Rand eines Wirbelkörpers. . Abb. 13.34 Limbus vertebrae. Konventionelle Röntgenaufnahme eines
Am Wirbelkörper besteht ein zum Fragment passender, 21-jährigen Patienten mit einem M. Scheuermann (Zufallsbefund). An der
randständig sklerosierter Defekt. Vorderkante der Deckplatte des LWK 4 befindet sich im Rahmen eines Lim-
bus vertebrae ein winziges Knochenfragment (Pfeil), wobei sowohl das
jBildgebung Fragment als auch der angrenzende Wirbelkörper sklerosiert sind. Auffällig
ist neben wellenförmigen Wirbelkörperabschlussplatten auch ein kleiner
kLokalisation
sklerosierter Defekt, der sich in der Deckplatte des LWK 3 befindet und
4 Am häufigsten an der mittleren BWS, seltener an der einem Schmorl Knötchen entspricht (Pfeilspitze)
mittleren HWS und an der LWS
13 4 An der BWS und LWS fast immer am anterioren Wirbel-
körperrand (meist anterosuperior), nur selten dorsal jDD
4 An der HWS am häufigsten anterioinferior, seltener antero- 4 Traumatische Fraktur (stärkeres Wirbelkörperödem, Stö-
superior rung der Trabekelarchitektur, benachbartes Weichteilödem,
vorbestehender Limbus vertebrae wird im Rahmen eines
kRöntgennativaufnahmen und CT Traumas oft als akute Fraktur fehlgedeutet)
4 Dreieckiges, randständig sklerosiertes Fragment, benach- 4 Frakturierter osteophytärer Randanbau (korrespondieren-
bart zu einem zum Fragment passenden sklerosierten der Wirbelkörperdefekt fehlt)
Wirbelkörperdefekt am Ober- oder Unterrand des Wirbel- 4 Verkalkte Bandscheibenhernie (korrespondierender
körpers (. Abb. 13.34) Wirbelkörperdefekt fehlt)
5 bei akuter Genese fehlt die randständige Sklerosierung
5 bei Kindern ist das Fragment eventuell nicht sichtbar
(wenn noch nicht sklerosiert) 13.3.7 M. Scheuermann

kMRT jSynonyme
4 Fragment in T1w und T2w hypointens und meist nicht Adoleszentenkyphose, Kyphosis dorsalis iuvenilis, juvenile
von den ebenfalls hypointensen Ligamenten unterscheid- Osteochondrose
bar
4 Bei akuter Genese evtl. relativ gering ausgeprägtes Wirbel- jDefinition
körperödem (STIR) Degenerative Veränderungen der thorakalen (Typ I) oder lum-
4 Oft ist das nach intravertebral herniierte Bandscheiben- balen (Typ II) Wirbelsäule, die bereits im jugendlichen oder jun-
gewebe in T2w hyperintens abgrenzbar gen Erwachsenenalter beginnen und durch intraspongiöse
Bandscheibenvorfälle (Schmorl-Knötchen), eine wellige Form
jKlinik der Wirbelkörperabschlussplatten und eine Höhenminderung
4 Bei anteriorer Lage nur Rückenschmerzen oder Zufalls- der Bandscheibenfächer gekennzeichnet sind. Bei der thorakalen
befund Verlaufsform kommt es zusätzlich noch zu einer vorderen Keil-
4 Bei posteriorer Lage gelegentlich radikuläre Symptomatik form (≥5°) von mindestens drei aufeinander folgenden Wirbel-
durch Nervenwurzelkompression körpern.
13.3 · Degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben
135 13

a b

. Abb. 13.35a, b Lumbaler Morbus Scheuermann mit multiplen Schmorl-Knötchen. Sagittale MRT-Aufnahmen der LWS in T2w (a) und T1w (b) bei einem
27-jährigen Patienten. Als Zufallsbefund finden sich in nahezu allen Lendenwirbelkörpern kleine intravertebrale Bandscheibenvorfälle unterschiedlichen
Altes entlang der wellig geformten Wirbelkörperabschlussplatten. Während das Schmorl-Knötchen in der Grundplatte des LWK 1 scharf begrenzt und eher
chronisch ist, weist der Knochen um den Schmorlknoten der LWK-4-Deckplatte ein in T1w- und T2w hyperintenses Signal als Hinweis auf eine Verfettung
im intermediären Stadium auf (a, b Pfeil). An der Grundplatte des LWK 1 ist erkennbar, wie sich der Nucleus pulposus in die Wirbelkörpgrundplatte drängt
(a, b Pfeilspitze)

jÄtiologie jBildgebung (s. auch . Abb. 13.32 und . Abb. 13.34)


Familiäre Häufung. Es besteht eine biochemische Anomalie mit kLokalisation
einer veminderten Zahl oder Stärke der Kollagenfasern in der 75 % BWS, 25 % thorakolumbal, <5 % lumbal
Matrix der knorpeligen Wirbelkörperabschlussplatten. Durch
die kongenital geschwächten Bereiche der Abschlussplatten kRöntgennativaufnahmen
kommt es zu intraspongiösen Bandscheibenvorfällen. Der Aus- 4 Ventrale Keilform mehrerer aufeinander folgender Wirbel
bruch der Erkrankung wird begünstigt durch chronische Be- 4 Irregularitäten der Wirbelkörperabschlussplatten
lastung vor der Skelettreife (Gewichtheben, Gymnastik, harte 4 Höhenminderung der Bandscheibenfächer
körperliche Arbeit). Die thorakale Kyphose beim M. Scheuer-
mann führt zu einer verstärkten lumbalen Lordose, die wieder- kCT/MRT
um die Entstehung von Spondylolysen begünstigt (nachweisbar 4 Intraspongiöse Bandscheibenvorfälle (Schmorl-Knötchen)
in 30–50 % der Fälle). (. Abb. 13.35 und . Abb. 13.36)
4 Bandscheibenprotrusionen
jEpidemiologie 4 Limbus vertebrae
Relativ häufig (Prävalenz 0,4–8 %). Gipfel der Inzidenz von 4 Spondylolysen
13–17 Jahren

! Typischer Befund
Thorakale Kyphose bei jungen Patienten mit welliger
Form der Wirbelkörperabschlussplatten
136 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

13 a b

. Abb. 13.36a, b Thorakaler Morbus Scheuermann. Sagittale MRT-Aufnahmen der LWS in T2w (a) und T1w (b) bei einem 44-jährigen Patienten im Rahmen
einer Routine-Untersuchung bei einer zerebral und spinal manifestierten multiplen Sklerose (BWK 2 bis LWK 2). Bis auf wenige Ausnahmen (a, b Pfeile)
weisen alle Wirbelkörper ausgeprägte, teils wellenförmige Unregelmäßigkeiten ihrer Abschlussplatten auf. Auch sind die meisten Bandscheibenfächer
deutlich höhengemindert. Auch das typischerweise T2-hyperintese Nucleus pulposus-Signal ist nicht mehr nachweisbar. Insbesondere die Wirbelkörper
der unteren BWS sind durch Kompressionsfrakturen teils gleichmäßig (untere Pfeilspitzen), teils keilförmig (obere Pfeilspitze) deformiert

jKlinik 13.4 Degenerative Veränderungen


4 Häufig asymptomatisch, es fällt lediglich die Kyphose auf der kleinen Wirbelgelenke
4 Typisch ist ein durch Belastung verschlimmerter thorakaler
Schmerz mit Druckschmerzempfindlichkeit 13.4.1 Unkovertebralarthrose
4 Neurologische Symptome sind selten
4 Nach Abschluss der Skelettreifung nur noch geringe jDefinition
Progredienz Arthrose der kleinen Unkovertebralgelenke an der HWS

jDD jÄtiologie
4 Multiple Ermüdungsfrakturen der Wirbelsäule (generali- Durch degenerative Veränderungen (z. B. Osteochondrose)
sierte Osteopenie?) kommt es zu statischen Veränderungen, die zu Fehlbelastungen
4 Traumatische Kompressionsfrakturen (ausgeprägtes der kleinen Wirbelgelenke führen. Wie bei Arthrose anderer
Wirbelkörperödem, Trauma?) Gelenke kommt es zu knöchernen Anpassungsvorgängen.
13.4 · Degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke
137 13
jEpidemiologie
4 Mit zunehmendem Alter in unterschiedlicher Ausprägung
bei nahezu allen Menschen nachweisbar
4 Verstärktes Auftreten nach früherem Trauma, bei Skoliose,
Instabilität des betroffenen Segmentes oder vermehrter
Belastung durch operative Fusion des Nachbarsegmentes
4 Häufig gemeinsames Auftreten mit degenerativen Band-
scheibenveränderungen
! Typischer Befund
Knöcherne Hypertrophie der Proc. uncinati

jBildgebung
kRöntgennativaufnahmen
Zeigen die knöchernen Veränderungen gut (. Abb. 13.37)

kCT
4 Gelenkfacetten hypertrophiert mit osteophytären Randan-
bauten (. Abb. 13.38)
4 Neuroforamina können eingeengt sein

kMRT
Nicht gut geeignet zum Nachweis der knöchernen Veränderungen

jKlinik
4 Häufig asymptomatisch
4 Eine Affektion der Nervenwurzel führt zu radikulären Be- . Abb. 13.37 Unkovertebralarthrose. Konventionelle .p.-Röntgenauf-
schwerden nahmen der HWS von HWK 3 bis BWK 1. Im Rahmen fortgeschrittener
degenerativer Veränderungen finden sich u. a. ausgeprägte Unkovertebral-
arthrosen. Insbesondere die rechtsseitigen Unkovertebralgelenke der
Segmente HWK 3/4 und HWK 5/6 weisen deutliche degenerative Verände-
13.4.2 Spondylarthrose rungen mit Randsklerosierungen und verschmälerten Gelenkspalten auf
(Pfeilspitzen). (Aus Hodler 1996)
jSynonyme
Facettengelenksarthrose, Spondylarthrosis deformans
! Typischer Befund
jDefinition
Knöcherne Hypertrophie der Gelenkfacetten und Ver-
Arthrose der kleinen Wirbelgelenke
dickung der Ligg. flava
jÄtiologie
Durch degenerative Veränderungen (z. B. Osteochondrose) jBildgebung
kommt es zu statischen Veränderungen, die zu Fehlbelastungen kLokalisation
der kleinen Wirbelgelenke führen. Wie bei Arthrose anderer Am häufigsten an der mittleren/unteren HWS sowie an der un-
Gelenke kann es zu Knorpelschäden, knöchernen Anpassungs- teren LWS
vorgängen und Schwellungen der Gelenkkapsel mit Ergussbil-
dung kommen. kRöntgennativaufnahmen
4 Zeigen die knöchernen Veränderungen gut (Schrägauf-
jEpidemiologie nahmen!), aber nicht die Verdickung der Ligg. flava
4 Mit zunehmendem Alter in unterschiedlicher Ausprägung 4 Funktionsaufnahmen (Flexion/Extension) im Stehen zum
bei nahezu allen Menschen nachweisbar Nachweis einer Bewegungsinstabilität
4 Verstärktes Auftreten nach früherem Trauma, bei Skoliose,
Instabilität des betroffenen Segmentes, Spondylolisthesis
oder vermehrter Belastung durch operative Fusion des
Nachbarsegmentes
4 Häufig gemeinsames Auftreten mit degenerativen Band-
scheibenveränderungen
138 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

c d

. Abb. 13.38a–d Unkovertebralarthrose. Axiale CT-Aufnahmen der HWS in Höhe HWK 4/5. Als Folge der Unkovertebralarthrose bestehen ausgeprägte
13 laterale Randkantenanbauten der HWK, die zu einer Einengung der Neuroforamina führen. (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Erlemann,
Duisburg)

kCT sich in den knöchernen Anteilen der Gelenkfacetten ein


4 Gelenkfacetten hypertrophiert mit osteophytären Randan- Ödem, evtl. auch eine KM-Aufnahme des umliegenden
bauten (. Abb. 13.39 und . Abb. 13.40) Weichteilgewebes (. Abb. 13.41)
4 Verdickung der Ligg. flava
4 Neuroforamina eingeengt, manchmal auch Einengung des jKlinik
Spinalkanals von lateral 4 Häufig asymptomatisch, ein ausgeprägter Befund kann je-
4 Sklerose des Knochens am Gelenkspalt bei ansonsten doch zu belastungsabhängigen, lokalen Rückenschmerzen
normaler Mineralisierung führen
4 Intraartikuläre Gaseinschlüsse (»Vakuumphänomen«) 4 Aktivierte Facettengelenksarthrose führt häufig zu be-
4 Post-Myelographie-CT bietet die höchste Auflösung zur lastungsabhängigen Rückenschmerzen, oft mit pseudora-
Beurteilung der Weite der Neuroforamina und der Be- dikulärer Ausstrahlung
ziehung zwischen osteophytären Randanbauten und 4 Eine Affektion der Nervenwurzel führt zu radikulären
Nervenwurzeln Beschwerden

kMRT jDD
4 Zeigt die Einengung der Neuroforamina 4 Subakute Fraktur der Gelenkfacetten (Anamnese?
4 T2w: Gelenkspalt verschmälert, bei Reizung der Synovialis Bruchlinie nachweisbar?)
und Ergussbildung auch paradoxerweise verbreitert 4 Inflammatorische Arthritiden (Begleitbefunde an anderen
4 Analog zur Osteochondrose der Wirbelkörper (Modic I) ist charakteristischen Lokalisationen; normal mineralisierter
auch ein akut ödematöses Stadium der Spondylarthrose Knochen bei der Spondylarthrose, aber nicht bei der
möglich (»aktivierte Facettengelenksarthrose«). Dabei zeigt rheumatoiden Arthritis)
13.4 · Degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke
139 13

a b c

. Abb. 13.39a–c Spondylarthrose. CT-Aufnahmen der LWS in axialer, sagittaler und koronarer Schnittführung. Die fortgeschrittene Spondylarthrose ist an
einer ausgeprägten Sklerosierung und Deformation der Facettengelenke mitsamt Vakuumphänomen im Gelenkspalt zu erkennen (a–c Pfeilspitzen). Auch
darüber hinaus bestehen degenerative Veränderungen, die sich beispielsweise in Form osteochondrotischer Prozesse manifestieren (b Pfeile)

a b c

. Abb. 13.40a–c Spondylarthrose. Axiale CT- (a) sowie axiale (b) und sagittale (c) T2w-MRT-Aufnahmen der LWS bei einer 78-jährigen Patientin mit Lum-
balgien. Neben einer Sklerosierung des periartikulären Knochens (a, b Pfeile) und einem Vakuumphänomen im Gelenkspalt (a Pfeilspitze) ist am verbreiter-
ten T2w-hyperintensen Synovialraum auch eine Erweiterung des rechten Facettengelenkspalts zu erkennen (b, c Pfeilspitze)
140 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

13

c d

. Abb. 13.41a–d Aktivierte Facettengelenksarthrose. MRT-Aufnahmen der LWS. Axiale T2w (a) und fettsupprimierte T1w nach KM (b) in Höhe LWK 4/5.
Sagittale fettsupprimierte T2w-Aufnahmen (STIR) durch das linke Facettengelenk LWK 4/5 (c und d). Beide Facettengelenke in Höhe LWK 4/5 zeigen einen
verbreiterten Gelenkspalt mit einem Gelenkerguss (a Pfeile). Auch die Hypertrophie der Gelenkfacetten ist gut erkennbar. Nach KM-Gabe zeigt sich eine
vermehrte KM-Aufnahme im periartikulären Weichteilgewebe (b Pfeilspitzen). Auf den sagittalen Aufnahmen durch das linke Facettengelenk erkennt man
nicht nur den Gelenkerguss (c Pfeil) sondern auch das Ödem in den knöchernen Anteilen des Facettengelenks (d Pfeilspitze). (Mit freundlicher Genehmi-
gung von Herrn Prof. Erlemann, Duisburg)
13.4 · Degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke
141 13

a b c

d e f

. Abb. 13.42a–f Synovialzyste des Facettengelenks. Konventionelle (a) sowie koronare CT-Myelographie (b). CT- (c) und T2w-Aufnahmen (d) in axialer
Schnittführung in Höhe von LWK 4/5. Sagittale MRT-Aufnahmen der unteren LWS in T2w (e) und T1w (f). In der konventionellen und CT-Myelographie wird
deutlich, wie der Duraschlauch etwas oberhalb des Bandscheibenfachs LWK 4/5 von rechts komprimiert wird (a, b Pfeile). Auffallend sind darüber hinaus
eine Hypertrophie und Sklerosierung des an die Facettengelenke angrenzenden Knochens im Sinne einer Spondylarthrose (b Pfeilspitze).Intraspinal rechts
an das Facettengelenk angrenzend findet sich eine zystische, liquorisodense Raumforderung (c Stern) mit einer verkalkten und somit hyperdensen Kapsel
(c Pfeilspitze). Im MRT weist diese Zyste ein nahezu liquorisointenses Signal auf (e, f Stern), während die verkalkte Kapsel in T1w flau und T2w deutlich hypo-
intens ist (d, e, f Pfeilspitze). Im MRT zeigt sich auch, dass die Zyste Anschluss an das Facettengelenk hat (d Pfeil) und die Kaudafasern erheblich kompri-
miert (d kurzer Pfeil)

13.4.3 Synovialzyste der Facettengelenke ! Typischer Befund


Zystische Läsion im dorsolateralen Spinalkanal mit
jSynonyme Kontakt zum degenerativ veränderten Facettengelenk
Juxtaartikuläre Zyste, Facettengelenkszyste
jBildgebung
jDefinition kLokalisation
Zystische Aussackung der Gelenkkapsel des Facettengelenks 4 Zysten liegen im dorsalen Spinalkanal und weisen einen
Kontakt zum Facettengelenk auf
jÄtiologie 4 Am häufigsten im Segment LWK 4/5
Degenerativ bedingte Proliferation von Bindegewebe und
Synovialmembran kCT
Zyste nur gut erkennbar bei Einblutung, Verkalkung oder
jEpidemiologie Gasfüllung durch Vakuumphänomen im Facettengelenk
4 Selten, Prädilektionsalter 50–70 Jahre (. Abb. 13.42)
4 Immer in Verbindung mit Spondylarthrose
142 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

kMRT Subarachnoidalraums und die Kompression von Myelon


4 Meist gut abgegrenzte, homogen liquorisointense rundliche und/oder Spinalnerven
Läsion im dorsolateralen Spinalkanal (5-Uhr- oder 7-Uhr-
Postition) mit Kontakt zum Facettengelenk jEpidemiologie
4 Binnensignal der Zyste kann als Ausnahme variieren (Zys- 4 Rein kongenitale Spinalkanalstenosen sind sehr selten
teninhalt kann serös, eiweißreich oder hämorrhagisch sein) 4 Patienten mit kongenital engem Spinalkanal werden bereits
4 Zystenrand ist signalarm in allen Sequenzen (fibrös oder bei geringen degenerativen Veränderungen symptomatisch
verkalkt) (2.–4. Lebensjahrzehnt)
4 Zystenrand nimmt meistens ringförmig KM auf 4 Degenerativ bedingte Spinalkanalstenosen treten fast
4 Bei starker Verkalkung kann die gesamte Zyste signalarm sein immer in höherem Lebensalter (5.–9. Lebensjahrzehnt) auf

! Typischer Befund
jKlinik
Auf den sagittalen Aufnahmen verringerter Durchmes-
Rückenschmerzen. Bei Einblutung akuter Beginn der Sympto-
ser des Spinalkanals mit Verlust des normalen Liquorsi-
matik. Wenn die Läsion sehr groß ist, evtl. auch klinisches Bild
gnals um das Myelon (zervikal/thorakal) oder deutli-
einer Spinalkanalstenose oder Kompression eines Spinalnerven
cher Kompression des Duralsacks (lumbal)
mit radikulärer Symptomatik

jDD jBildgebung
4 Bandscheibensequester (nur selten im dorsolateralen kLokalisation
Spinalkanal, kein direkter Kontakt zum Facettengelenk) Am häufigsten in der unteren LWS (LWK 3/4 und 4/5), dann in
4 Ganglionzyste (nicht immer unterscheidbar, enthält der unteren HWS sowie am zerviko-thorakalen Übergang
myxoides Material)
4 Dermoid (enthält Fett) kCT
Gut geeignet zur Unterscheidung, ob die Einengung knöchern
bedingt ist (Osteophyten, Hypertrophie der Gelenkfacetten)
13.5 Stenosen im Spinalkanal oder bindegewebig (Bandscheibe, Ligg. flava) (. Abb. 13.46)

kMyelographie
13.5.1 Spinalkanalstenose
4 Am besten geeignet zur Beurteilung des Stenosegrads in
jSynonyme Abhängigkeit von Funktionsstellungen (. Abb. 13.47)
13 4 Post-Myelographie-CT am besten geeignet zur Beurteilung
Spinale Stenose, spinale Enge
der Weite des Spinalkanals und der Einengung des
jDefinition Subarachnoidalraums
Einengung des Spinalkanals, die zu einer Kompression des Mye-
kMRT
lons (zervikal/thorakal) oder der Spinalnerven (lumbal) führt
4 Auf sagittalen Aufnahmen ist die Einengung des Spinal-
kanals (»Sanduhr«-Form, bei multisegmentaler Stenose
jÄtiologie
auch »Waschbrett«-Form des Spinalkanals) zu erkennen
4 Kongenitale Spinalkanalstenose durch zu kurz angelegte
(. Abb. 13.43, . Abb. 13.44 und . Abb. 13.45)
Pedikel
4 Lumbal: ober- und unterhalb der Stenose evtl. in die Länge
4 Degenerative Veränderungen, die den Spinalkanal einengen
gezogene oder geschlängelte Nervenwurzeln und gestaute
(Bandscheibenvorwölbung, spondylophytäre Randan- spinale Venen, Nervenwurzeln können gelegentlich KM
bauten der Wirbelkörper, Spndylarthrose mit spondylophy- aufnehmen
tären Randanbauten an den Facettengelenken und einer 4 Axiale Aufnahmen zeigen ggf. zu kurze Pedikel, kleeblattar-
Verdickung der Ligg. flava, Spondylolisthesis) tige Konfiguration des Spinalkanals, verdickte Ligg. flava,
4 Oft kombinierte Ursache: degenerative Veränderungen bei hypertrophierte Facettengelenke, Einengung der Recessus
Patienten mit relativ kurz angelegten Pedikeln lateralis und Neuroforamina
4 In Abhängigkeit von der Ursache gibt es verschiedene 4 Zervikal:
Formen der Einengung des Spinalkanals 5 Subarachnoidalraum in Höhe der Stenose ausgepresst
4 Grenzwerte der Spinalkanalstenose aus der Literatur (sagit- 5 eine Signalsteigerung des Myelons in T2w kann einem
taler Durchmesser der HWS <14 mm, LWS <12 mm – kompressionsbedingten akuten Ödem entsprechen
relative Stenose – und <10 mm – absolute Stenose) sind (Myelopathie) oder einer bereits irreversiblen Schädi-
klinisch nicht relevant. In Abhängigkeit von der Form des gung (Gliose, Myelomalazie); Signalminderung in T1w
Spinalkanals und individueller Faktoren des Patienten entspricht in der Regel einer irreversiblen Schädigung
können Patienten unterhalb der Grenzwerte asymptoma- 4 DWI vermutlich sensitiver und spezifischer zum Nachweis
tisch bleiben oder bereits bei einem größeren sagittalen kompressionsbedingter irreversibler Schäden im Myelon
Durchmesser eine schwere klinische Symptomatik zeigen. 4 Verschmächtigung (Atrophie) als chronisches Endstadium
Entscheidend ist allein die Einengung des spinalen nach Myelonkompression
13.5 · Stenosen im Spinalkanal
143 13

a b

c d

. Abb. 13.43a–d Zervikale Spinalkanalstenose. Sagittale (a) und axiale (c) T2w-MRT-Aufnahmen sowie sagittale (b) und axiale (d) CT-Aufnahmen der HWS
einer 80-jährigen Patientin mit einer Gangverschlechterung und Parästhesien beider Arme. Auf Höhe des Bandscheibenfachs HWK 3/4 wird der Spinalkanal
von ventral und dorsal hochgradig eingeengt. Das Myelon wird dadurch komprimiert und zeigt ein Ödem (hyperintens in T2w, a und c Pfeil). Ursache hier-
für sind vor allem mehrere in den Spinalkanal ragende Osteophyten (a, b, d Pfeilspitzen), die den Duralsack zangenförmig komprimieren. Darüber hinaus
bestehen weitere degenerative Veränderungen, wie beispielsweise eine Spondylarthrose (d), Osteochondrosen und spangenbildende ventrale Osteophy-
ten (b Pfeil)
144 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b c

13 . Abb. 13.44a–c Lumbale Spinalkanalstenose. Sagittale (a) und axiale (c) T2w-MRT-Aufnahmen sowie koronare MR-Myelographie (b) bei einer 78-jährigen
Patientin mit Lumbalgien und einer beidseitigen L4- und L5-Symptomatik. Durch eine ligamentäre Hypertrophie und Bandscheibenvorfälle bestehen mul-
tisegmentale Spinalkanalstenosen (a, c Pfeilspitzen), von denen insbesondere die Stenose im Segment LWK 3/4 zu einer hochgradigen Kompression des
Duraschlauchs führt. Sowohl in der MR-Myelographie als auch in der axialen T2w-Aufnahme ist in diesem Segment aufgrund der ausgeprägten Stenose im
Duralsack kein Liquorsignal mehr nachweisbar (b, c Pfeile)

> Solange bei einer Myelonkompression nur eine Signal- 4 Zervikale Stenose: chronische Nackenschmerzen (nur
steigerung in T2w erkennbar ist, kann es sich um ein zervikal), beidseitige radikuläre Beschwerden, spastische
bei baldiger Entlastung vollständig reversibles Ödem Paraparese, Verlust von Lage- und Vibrationssinn
handeln. Ist bereits eine Signalminderung in T1w er-
kennbar, ist die Schädigung in der Regel ganz oder jDD
teilweise irreversibel. 4 Ossifikation des hinteren Längsbandes (seltene Ursache der
zervikalen Spinalkanalstenose, breites hypointenses Band
am Hinterrand der Wirbelkörper)
jKlinik 4 Epiduralhämatom (akuter Beginn der Symptomatik, Hyper-
4 Lumbale Stenose: chronische Rückenschmerzen, evtl. beid- densität in der CT, inhomogenes Signal in der MRT)
seitige radikuläre Schmerzen und Ausfälle, klassisch ist das 4 Traumatisch bedingte Kontusion des Myelons (akut ein-
Auftreten von beidseitigen Schmerzen und Paresen bei setzende Symptomatik, bei vorbestehender degenerativer
längerem Gehen, aber nicht beim Radfahren (Claudicatio Stenosierung führt oft schon ein Bagatelltrauma (Auffahr-
spinalis) unfall) zu einer spinalen Kontusion)
13.5 · Stenosen im Spinalkanal
145 13

a b

c d

. Abb. 13.45a–d Lumbale Spinalkanalstenose. Sagittale (a) und axiale (c) T2w-MRT-Aufnahmen sowie sagittale (b) und axiale (d) CT-Aufnahmen der LWS
einer 73-jährigen Patientin mit Lumboischialgien, welche insbesondere in die L5-Dermatome einstrahlen. Eine Spondylarthrose mit einer ausgeprägten
Hypertrophie der Ligamenta flava (a–d Pfeilspitzen) sowie eine geringgradige Pseudospondylolisthesis von LWK 4 auf LWK 5 bewirken eine Spinalkanalste-
nose im Segment LWK 4/5. Hierbei wird der Duralsack so stark komprimiert, dass auf Höhe der Stenose kein Liquorsignal mehr erkennbar ist (c Pfeil)
146 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

. Abb. 13.46a, b Lumbale Spinalkanalstenose bei einem kongenital engen Spinalkanal und degenerativen Veränderungen. Sagittale CT-Aufnahme der
LWS (a) und axiale Aufnahme in Höhe LWK 5/SWK 1 (b). Kongenital eng angelegter Spinalkanal und degenerative osteochondrotische Veränderungen der
unteren LWS mit osteophytären Randanbauten und einem Vakuumphänomen in den deutlich höhengeminderten Bandscheibenfächern. Als Folge der de-
generativen Veränderungen besteht eine Pseudospondylolisthesis mit einer geringen Retrolisthesis im Segment LWK 5/SWK 1. Auch eine zirkuläre Band-
scheibenprotrusion ist in diesem Segment erkennbar. Alle Faktoren zusammen führen hier zu einer höchstgradigen Spinalkanalstenose, der Duralsack ist
stark eingeengt. (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Thron, Aachen)

13

. Abb. 13.47a–c Lumbale Spinalkanalstenose


bei degenerativen Veränderungen mit Pseudo-
spondylolisthesis. Funktionsmyelographie mit la-
teralen Aufnahmen in leichter Inklination (a) und
Reklination (b) sowie einer ap-Aufnahme in Re-
klination (c). Nur in Reklination ist erkennbar, wie
die degenerativen Veränderungen im Segment
LWK 4/5 zu einer höchstgradigen, im Segment
LWK 5 /SWK 1 zu einer deutlichen Einengung des
Duralsacks führen. (Mit freundlicher Genehmi-
gung von Herrn Prof. Thron, Aachen) a b c
13.5 · Stenosen im Spinalkanal
147 13

Osteophyt Osteo- Synovialis-


chondrose zyste

a b c

Prolaps

Spondyl- Ligamentum-flavum-
arthrose Hypertrophie

d e f

. Abb. 13.48 Degenerative Ursachen einer Neuroforamenstenose

13.5.2 Neuroforamenstenose ! Typischer Befund


4 In sagittalen Aufnahmen deutliche Verringerung
jSynonyme des neuroforaminalen Durchmessers mit einer Ver-
Foraminale Enge, Foramenstenose schmälerung der periradikulären Fettmanschette.
4 Osteophytärer Knochensporn
jDefinition
Einengung eines Neuroforamens, die möglicherweise zu einer jBildgebung
Kompression des Spinalnerven führt kLokalisation
Am häufigsten an der mittleren/unteren HWS sowie an der un-
jÄtiologie teren LWS
4 Meist hervorgerufen durch degenerative Erkrankungen wie
z. B. Spondylarthrosen, (intraforaminale) Bandscheibenvor- kCT
fälle, oder Spondylolisthesen (s. 7 Kap. 13.6, »Gefügestörun- Hilfreich zur Unterscheidung, ob eine foraminale Enge knöchern
gen der Wirbelsäule«, S. 149) (. Abb. 13.48). bedingt ist
4 Selten andere Ursachen wie z. B. primäre Knochentumoren
oder Metastasen

jEpidemiologie
Auftreten fast immer in höherem Lebensalter in Verbindung mit
degenerativen Veränderungen
148 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b c

13

d e

. Abb. 13.49a–e Neuroforaminale Enge. Sagittale CT-Aufnahmen der LWS in Knochen- (a) und Weichteilfenstertechnik (b) sowie sagittale T2w-MRT-Auf-
nahme (c). Axiale T2w-MRT (d) sowie CT-Aufnahme (e) der Neuroforamina in Höhe LWK 5/SWK 1. 73-jährigen Patientin mit Lumboischialgien und Hypäs-
thesien im Dermatom L5 links. Durch Retrospondylophyten (a, e Pfeilspitze) sowie eine Spondylarthrose (a Pfeil; c, d Stern) besteht eine deutliche Einen-
gung des linken L5-Neuroforamens, während die rechten L5-Wurzeln das entsprechende Neuroforamen ungehindert passieren (d, e Pfeil). Im Weichteil-
fenster sowie in der MRT-Untersuchung ist zu erkennen, dass die Fettmanschette der L5-Wurzel (b, c Pfeilspitze) durch die Einengung im Gegensatz zu den
darüber liegenden Segmenten (b, c Pfeile) aufgebraucht ist und die Nervenwurzel erheblich nach ventral verlagert wird

kMRT sowie hypodens in der CT). Ab einem ap-Durchmesser des


4 Die Beurteilung der Neuroforamina erfolgt am besten an- Foramens von <5 mm (gemessen auf lateralen Schichten von
hand axialer und sagittaler Schichten. der Wirbelkörperhinterkante zum Vorderrand des oberen Ge-
4 Die beste Beurteilung neuroforaminaler Engen an der BWS lenkfortsatzes) sind Foramenstenosen häufig symptomatisch
und LWS ist durch sagittale oder parasagittale, senkrecht 4 Eine gute Übersicht über den gesamten Verlauf eines Neu-
auf die Neuroforamina angulierte Aufnahmen zu erzielen roforamens bieten axiale Schichten.
(. Abb. 13.49). Hier zeigt sich eventuell eine teilweise oder 4 An der HWS eignen sich zur Beurteilung der Foramina
vollständig aufgebrauchte periradikuläre Fettmanschette axiale T2w-Gradientenecho-Sequenzen besser als sagittale
(normalerweise T1w- und T2w-hyperintens in der MRT Aufnahmen
13.6 · Gefügestörungen der Wirbelsäule
149 13

Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4

4 3 2 1 4 3 2 1 4 3 2 1 4 3 2 1

. Abb. 13.50 Ausmaß des Wirbelgleitens bei Spondylolisthesis und Pseudospondylisthesis nach Meyerding. Zur Graduierung wird die Deckplatte des
unteren Wirbels in 4 Teile unterteilt. Aus der Position der Hinterkante der Grundplatte des oberen Wirbels ergibt sich der Grad nach Meyerding (Position im
dorsalen Viertel = Grad 1 usw.)

4 Steht kein CT zur Verfügung, sind die knöchernen Ver- Das Ausmaß des Wirbelgleitens wird nach Meyerding ein-
hältnisse in der MRT sehr gut in auf die Neuroforamina geteilt (. Abb. 13.50). Wenn die Wirbel den Kontakt zueinander
angulierten T2w-Gradientenecho-Sequenzen zu beurteilen verloren haben und der obere frei nach vorne unten gleitet,
(s. . Abb. 1.23). spricht man von einer Spondyloptose (auch als Meyerding 5°
4 Zu beachten ist, dass in der MRT die Enge eher überschätzt bezeichnet).
wird
jÄtiologie
jKlinik Voraussetzung ist eine Spondylolyse, ein Defekt in der Pars inter-
Meist radikuläre Beschwerden. articularis des Wirbelbogens (»Hals des Scotchterriers«). Die
Spondylolyse kann bedingt sein durch einen angeborenen Isth-
musdefekt, eine traumatische Fraktur oder eine degenerative
13.6 Gefügestörungen der Wirbelsäule Stressfraktur. Durch die Unterbrechung in der Pars interarticu-
laris gleitet der Wirbelkörper mit der oberen Gelenkfacette und
13.6.1 Spondylolisthesis der darüberliegenden Wirbelsäule nach ventral, während die
untere Gelenkfacette und der Dornfortsatz in der ursprünglichen
jSynonyme Position verbleiben. Eine einseitige Spondylolyse führt norma-
Echtes Wirbelgleiten, echte Spondylolisthesis lerweise nur zu einer geringgradigen Spondylolisthesis. Für eine
höhergradige Spondylolisthesis muss eine beidseitige Spondylo-
jDefinition lyse vorliegen. Eine Spondylolyse bedingt zunächst nur eine ge-
Abgleiten eines Wirbels nach ventral (Antero- bzw. Ventrolis- ringe Instabilität, die aber wiederum zu vorzeitiger Degeneration
thesis) gegenüber dem darunterliegenden Wirbel, bedingt durch der Bandscheibe führt. Erst wenn die degenerativen Vorgänge
einen Defekt in der Pars interarticularis (Isthmus) des Wirbel- weit genug fortgeschritten sind, kommt es zur eigentlichen
bogens. Ventrolisthesis.
150 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

Spondylolisthesis Pseudospondylolisthesis Dornfortsatzzeichen


Defekt der intakte Verschiebung oberhalb Verschiebung unterhalb
Pars interarticularis Pars interarticularis der Höhe des Gleitens der Höhe des Gleitens

L4 L4

L5 L5 L5
L5

S1 S1
Höhe des
Höhe des Gleitens
Gleitens

a b

. Abb. 13.51a, b Unterscheidung zwischen Spondylolisthesis und Pseudospondylolisthesis. a Nur bei der echten Spondylolisthesis liegt ein Defekt in der
Pars interarticularis des Wirbelbogens vorl. Bei der Pseudospondylolisthesis ist die Pars interarticularis intakt, aber die kleinen Wirbelgelenke stehen in Sub-
luxationsstellung. b Zur Unterscheidung zwischen einer echten Spondylolisthesis und einer Pseudospondylolisthesis ist das Dornfortsatzzeichen hilfreich:
Die hintere Dornfortsatzlinie zeigt bei der echten Spondylolisthesis eine Stufe oberhalb der Höhe des Wirbelgleitens, bei der Pseudospondylolisthesis liegt
die Stufe dagegen unterhalb der betroffenen Höhe

jEpidemiologie
13 4 Angeborene Isthmusdefekte sind sehr selten (gehäuftes
Auftreten bei Marfan-Syndrom, Osteogenesis imperfecta
und Osteopetrosa)
4 Akute traumatische Frakturen in der Pars interarticularis
können in jedem Alter auftreten, sind aber selten
4 Am häufigsten sind Stressfrakturen im Erwachsenen- oder
Kindesalter (zu frühe Reklinationsbelastung durch z. B.
Schmetterlingsschwimmen, Gewichtheben, Boden- und
Geräteturnen, Ringen oder Fußball). Prädisponiert dafür
sind Patienten, bei denen die Pars interarticularis nicht voll-
ständig verknöchert, sondern knorpelig angelegt ist.
4 Gehäuftes Auftreten von Spondylolysen bei Patienten mit
M. Scheuermann
4 Häufigkeit mit 6 Jahren 4,4 %, bei Erwachsenen 5–7 %
4 Bei Leistungssportlern aus Sportarten mit starker Hyperex-
tension (z. B. Bodenturnen oder Speerwerfen) finden sich . Abb. 13.52 Spondylolyse. Auf Schrägaufnahmen der Wirbelsäule zeigt
sich bei einer Spondylolyse die Unterbrechung in der Pars interarticularis
Spondylolysen in bis zu 50 %
(»Hals des Scotchterriers«)
! Typischer Befund
Stufe zwischen zwei Wirbelkörpern auf sagittalen Auf-
kRöntgennativaufnahmen
nahmen, bei der der obere Wirbelkörper nach ventral
4 Funktionsaufnahmen (Flexion/Extension) im Stehen zum
versetzt ist und der Abstand zwischen Wirbelkörper
Nachweis einer Bewegungsinstabilität
und Dornfortsatz erhöht ist.
4 Zur Unterscheidung zwischen Spondylolisthesis und Pseu-
dospondylolisthesis ist das Dornfortsatzzeichen sehr hilf-
jBildgebung reich (. Abb. 13.51)
kLokalisation 4 Defekt in der Pars interarticularis oft schon auf Seitaufnah-
Meistens in der LWS (90 %), am häufigsten bei LWK 4/5 oder men sichtbar, besser nachweisbar auf Schrägaufnahmen
LWK 5/SWK 1 (Unterbrechung im »Hals des Scotchterriers«, . Abb. 13.52)
13.6 · Gefügestörungen der Wirbelsäule
151 13

a b

. Abb. 13.53a, b Spondylolisthesis (Meyerding Grad 2). Mediane (a) und links paramediane (b) sagittale T2w-MRT-Aufnahmen der LWS eines 68-jährigen
Patienten mit einer Claudicatio spinalis aufgrund einer spinalen Enge im Segment LWK 2/3. Es besteht eine Ventrolisthesis von LWK 5 auf SWK 1. Das Aus-
maß der Verschiebung beträgt mehr als ein Viertel der Länge der Deckplatte von SWK 1 (Meyerding Grad 2). Als Folge der chronischen Beanspruchung
ist das Bandscheibenfach aufgebraucht und die Grundplatte von LWK 5 zeigt eine Stufe (a Pfeil). In der paramedianen Ansicht ist die Spondylolyse als
T2w-hypointenser Spalt kurz oberhalb des Processus articularis inferior des LW 5 zu erkennen (b Pfeil). Die linke L5-Wurzel ist trotz der Deformation des
Neuroforamens noch abgrenzbar (b Pfeilspitze)

kCT Exkurs: Unterscheidung zwischen Spondylolisthesis


4 Zeigt die Unterbrechung im Wirbelbogen am besten und Pseudospondylolisthesis
(Defekt kann wie ein »zusätzliches« Facettengelenk
Bei der echten Spondylolisthesis kommt es zum Wirbelgleiten, weil
erscheinen)
ein Defekt in der Pars interarticularis des Wirbelbogens vorliegt.
4 Auf den sagittalen Rekonstruktionen ist das Ausmaß der Bei der Pseudospondylolisthesis ensteht das Wirbelgleiten als Folge
Spondylolisthesis und die Einengung des Spinalkanals be- degenerativer Veränderungen von Bandscheibe und kleinen Wirbel-
urteilbar (. Abb. 13.53, . Abb. 13.54 und . Abb. 13.55) gelenken, die in Subluxationsstellung stehen (s. . Abb. 13.51).
4 Degenerative Veränderungen der Facettengelenke und des
Bandscheibenfachs (s. 7 Kap. 13.2, »Klinische Symptomatik
und Untersuchungsstrategie«, S. 115 und 7 Kap. 13.3, »Dege- jKlinik
nerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten Eine Spondylolyse verursacht an sich keine Beschwerden. Sobald
und Bandscheiben«, S. 117) es zum Wirbelgleiten kommt treten tiefe Rückenschmerzen
durch Dehnung der vorderen und hinteren Längsbänder auf, die
kMRT sich bei körperlicher Belastung verstärken. Bei höher gradigem
4 Zeigt die Erweiterung (Ventrolisthesis) der Neuroforamina Ausmaß des Wirbelgleitens kommt es auch zur Dehnung der
und die Einengung des Spinalkanals Spinalnerven, was zu radikulären Schmerzen führt.
4 Defekt in der Pars interarticularis in der MRT manchmal
> Kreuzschmerzen bei Kindern sind nie normal: immer
schwierig abzugrenzen
an eine mögliche Spondylolyse denken!
4 Degenerative Veränderungen der Facettengelenke und des
Bandscheibenfachs (s. 7 Kap. 13.2, »Klinische Symptomatik
und Untersuchungsstrategie«, S. 115 und 7 Kap. 13.3, »Dege- jDD
nerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten 4 Subakute Fraktur der Gelenkfacetten (Anamnese? Bruch-
und Bandscheiben«, S. 117) linie nachweisbar?)
4 4 Pseudospondylolisthesis (Pars interarticularis des Wirbel-
> Eine Bewegungsinstabilität liegt vor, wenn sich zwei bogens intakt, Dornfortsatzzeichen)
Wirbelkörper zwischen Flexion und Extension, gemes- 4 Inflammatorische Arthritiden (Begleitbefunde an anderen
sen an den Hinterkanten, um mehr als 2 mm (HWS) charakteristischen Lokalisationen; normal mineralisierter
bzw. mehr als 3 mm (LWS) verschieben. Knochen bei der Spondylarthrose, aber nicht bei der
rheumatoiden Arthritis)
152 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b

. Abb. 13.54a, b Einseitige Spondylolyse. Sagittale CT-Aufnahmen der LWS eines Patienten mit rechtsseitigen pseudoradikulären Schmerzen. Es besteht
eine Ventrolisthesis von LWK 5 auf SWK 1 (b Pfeilspitzen). Das Ausmaß der Verschiebung beträgt weniger als ein Viertel der Länge der Deckplatte von SWK 1
(Meyerding Grad 1). Der linke Processus articularis inferior des LWK 5 ist unterbrochen (a Pfeil). Auf der rechten Seite liegt keine Spondylolyse vor (b Pfeil).
(Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Erlemann, Duisburg)
13
13.6.2 Pseudospondylolisthesis

jSynonyme
Degeneratives Wirbelgleiten

jDefinition
Abgleiten eines Wirbels nach ventral (Antero- bzw. Ventrolis-
thesis) oder dorsal (Retrolisthesis) gegenüber dem darunter-
liegenden Wirbel bei intaktem Wirbelbogen, bedingt durch
degenerative Veränderungen im Bandscheibenfach und eine
Subluxationsstellung der Facettengelenke

jÄtiologie
4 Nahezu immer liegen schwere degenerative Veränderungen
der Bandscheibe und der Facettengelenke vor, in deren
Folge die Gelenkfacetten in Subluxationsstellung stehen.
Der gesamte Wirbelkörper gleitet in der Regel nach ventral,
seltener auch nach dorsal.
4 Sehr selten ist eine Pseudosponylolisthesis durch dysplas-
. Abb. 13.55 Spondylolisthesis. Sagittale Post-Myelographie CT-Reforma- tisch angelegte Facettengelenke bedingt. Dies betrifft prak-
tion der LWS eines Patienten mit Lumbalgien. Es besteht eine Ventrolist- tisch nur das Segment LWK 5/SWK 1, z. B. durch sagittal
hesis von LWK 4 auf LWK 5 (b Pfeilspitzen). Das Ausmaß der Verschiebung nebeneinander stehende Gelenkfacetten, die ein Abrut-
beträgt weniger als ein Viertel der Länge der Deckplatte von LWK 5
schen nicht verhindern können
(Meyerding Grad 1). Eine relevante Spinalkanalstenose liegt nicht vor. Wie
bei der echten Spondylolisthesis typisch, zeigt das Dornfortsatzzeichen 4 Andere seltene Ursachen sind traumatisch bedingte
eine Stufenbildung oberhalb des betroffenen Segments (weiße Linie). (Mit Frakturen am Wirbelbogen (außer Pars articularis) oder
freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Thron, Aachen) den Facettengelenken, oder eine postoperative Instabilität
13.7 · Ossifikation spinaler Ligamente (DISH, OLLP, OLF)
153 13
jEpidemiologie
4 Auftreten in höherem Lebensalter
4 Frauen häufiger betroffen als Männer
4 Häufigkeit jenseits des 60. Lebensjahrs 4–10%
! Typischer Befund
Stufe zwischen zwei Wirbelkörpern auf sagittalen Auf-
nahmen, bei der der dislozierte Wirbelkörper mitsamt
Wirbelbogen und Dornfortsatz verschoben ist.

jBildgebung
kLokalisation
Meistens in der LWS (95%), am häufigsten bei LWK 4/5 oder
LWK 3/4

kRöntgennativaufnahmen
4 Graduierung der Schwere des Wirbelgleitens auf Seitauf-
nahmen (Einteilung nach Meyerding, s. . Abb. 13.50)
4 Auf Schrägaufnahmen ist keine Spondylolyse nachweisbar
(Unterbrechung im »Hals des Scotchterriers«,
s. . Abb. 13.52)
4 Funktionsaufnahmen (Flexion/Extension) im Stehen zum
Nachweis einer Bewegungsinstabilität . Abb. 13.56 (vgl. auch . Abb. 13.46) Pseudospondylolisthesis
4 Zur Unterscheidung zwischen Spondylolisthesis und (Meyerding Grad 1). Sagittale Post-Myelographie-CT-Aufnahme der LWS
Pseudospondylolisthesis ist das Dornfortsatzzeichen sehr von LWK 2/3 bis SWK 1 bei einer 67-jährigen Patientin mit seit langem
bestehenden Rückenschmerzen. Es findet sich ein Ventralversatz des LWK 4
hilfreich (s. . Abb. 13.51)
auf den LWK 5 mit einer hochgradigen spinalen Enge auf dieser Höhe (Pfeil-
spitze). Wie bei einer Pseudospondylolisthesis typisch, zeigt das Dornfort-
kCT satzzeichen eine Stufenbildung unter dem betroffenen Segment (schwarze
4 Zeigt die intakte Pars interarticularis im Wirbelbogen Linie). (Aus Stoffel et al. 2010)
4 Auf den sagittalen Rekonstruktionen ist das Ausmaß
des Wirbelgleitens und eine evtl. Einengung der Neuro-
foramina beurteilbar 4 Spondylolisthesis (Spondylolyse, Dornfortsatzzeichen)
4 Degenerative Veränderungen der Facettengelenke und des 4 Inflammatorische Arthritiden (Begleitbefunde an anderen
Bandscheibenfachs (s. 7 Kap. 13.2, »Einführung und Termino- charakteristischen Lokalisationen; normal mineralisierter
logie«, S. 115 und 7 Kap. 13.3, »Degenerative Veränderungen Knochen bei der Spondylarthrose, aber nicht bei der rheu-
der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben«, S. 117) matoiden Arthritis)
4 Sklerose des Knochens am Gelenkspalt bei ansonsten
normaler Mineralisierung
4 Intraartikuläre Gelenkeinschlüsse (»Vakuumphänomen«) 13.7 Ossifikation spinaler Ligamente
4 Post-Myelographie-CT am besten geeignet zur Beurteilung (DISH, OLLP, OLF)
der Weite der Neuroforamina und der Beziehung zwischen
osteophytären Randanbauten und Nervenwurzeln jSynonyme
(. Abb. 13.56) 4 Diffuse idiopathische Skeletthyperostose (DISH,
M. Forestier)
kMRT 4 Ossifikation des Lig. longitudinale posterius (OLLP,
4 Zeigt die Erweiterung (Ventrolisthesis) oder Einengung »japanische Krankheit«)
(Retrolisthesis) der Neuroforamina 4 Ossifikation des Lig. flavum (OLF)
4 Degenerative Veränderungen der Facettengelenke und des
Bandscheibenfachs (s. 7 Kap. 13.2, »Einführung und Termino- jDefinition
logie«, S. 115 und 7 Kap. 13.3, »Degenerative Veränderungen Ossifikation spinaler Bänder. Kann im Prinzip jedes Band be-
der Wirbelkörperabschlussplatten und Bandscheiben«, S. 117) fallen (DISH, OLLP und OLF sind die häufigsten Formen)
4 T2w: Gelenkspalt der Facettengelenke verschmälert, bei
Reizung der Synovialis auch paradoxerweise verbreitert jÄtiologie
4 DISH: überschießende Reaktion auf Stimuli zur Knochen-
jDD neubildung
4 Subakute Fraktur der Gelenkfacetten (Anamnese? Bruch- 4 OLLP und OLF: unbekannt
linie nachweisbar?)
154 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

a b c

. Abb. 13.57a–c Diffuse idiopathische Skeletthyperostose (DISH, M. Forestier). Laterale Röntgenaufnahme sowie sagittale CT- und T1w-MRT-Aufnahmen
mit Abbildung der HWK 2 bis BWK 2 bei einer 66-jährigen Patientin mit chronischen Cervicobrachialgien. Deutlich ist eine Verdickung und Transparenzmin-
dung bzw. Dichteanhebung des Lig. longitudinale anterius zu erkennen, das sich plattenartig von HWK 3 bis 7 erstreckt

13 jEpidemiologie 4 OLLP: Verknöcherung des Lig. longitudinale posterius


4 DISH: mittleres und höheres Lebensalter, gehäuft bei über mehrere Segmente, die den Spinalkanal einengt
Diabetes, Alkohol, unausgewogene Ernährung (. Abb. 13.58)
4 OLLP: in Japan sehr häufig (Prävalenz 2 %), in Europa 4 OLF: Verkalkung im Lig. flavum (. Abb. 13.59)
selten, Erkrankungsalter 50–60 Jahre, DISH und OLLP
treten oft gemeinsam auf kMRT
4 OLF: unbekannt, selten 4 Kriterien s. CT
4 Verkalkte Bänder meistens hypointens in allen Sequenzen
! Typischer Befund
4 Verkalkungen können fetthaltiges Knochenmark enthalten:
Multisegmentale Ossifikation ventral (DISH) oder dor-
dann zentral im verkalkten Abschnitt iso- bis hyperintenses
sal (OLLP) der Wirbelkörper bei relativ gering ausge-
Signal in T1w und T2w
prägten degenerativen Veränderungen
4 Kompression des Myelons kann zu einem hyperintensen
Signal im Myelon in T2w (Ödem oder Gliose) führen
jBildgebung 4 Auf GRE-Aufnahmen wird das Ausmaß der Einengung des
kLokalisation Spinalkanals evtl. überschätzt
4 DISH: zuerst an der BWS, dann HWS und LWS 4 Keine pathologische KM-Aufnahme
4 OLLP: am häufigsten an der HWS und BWS
4 OLF: am häufigsten an der mittleren HWS und unteren jKlinik
BWS 4 DISH: asymptomatisch, evtl. Bewegungseinschränkung der
Wirbelsäule oder Dysphagie durch Bedrängung des
kCT Ösophagus
4 DISH: nur wenn die folgenden 3 Kriterien alle erfüllt sind 4 OLLP: häufig asymptomatisch, 22 % entwickeln im Verlauf
(. Abb. 13.57): aber eine progrediente Paraparese durch Myelonkompres-
5 »Brückenbildende« Ossifikation über mindestens 4 auf- sion
einander folgende Wirbelkörper 4 OLF: meist asymptomatisch, kann zu einer dorsalen
5 keine Spondyl- oder Sakroiliakalarthrose Kompression des Myelons führen
5 nur gering ausgeprägte degenerative Bandscheibenver-
änderungen
13.7 · Ossifikation spinaler Ligamente (DISH, OLLP, OLF)
155 13

a b c

d e

. Abb. 13.58a–e Ossifikation des Lig. longitudinale posterius (OLLP, »japanische Krankheit«). Sagittale CT (a) sowie T2w (b) und T1w-MRT-Aufnahmen (c)
der HWS einer 57-jährigen Patientin mit einer progredienten Paraplegie der Beine. Axiale CT (d) sowie T2w-MRT-Aufnahme (e) in Höhe des HWK 4. Das
Ligamentum longitudinale posterius ist von HWK 3 bis 7 schollig verkalkt (a, d Pfeil) und im MRT als T1w- und T2w-hypointenses intraspinales Band
abgrenzbar (b, c Pfeil). Hierbei bilden sich teils breitbasige Brücken zwischen Wirbelkörper und dem hinteren Längsband (a Pfeilspitze). Deutlich ist zu er-
kennen, wie die Dura mater (e Pfeilspitzen) verlagert und das Myelon (e Pfeil) komprimmiert wird
156 Kapitel 13 · Degenerative Erkrankungen

jDD
4 Degenerative Spondylose (selten kontinuierlich über
4 Segmente, ausgeprägte Spondylarthrose und deutliche
degenerative Bandscheibenveränderungen)
4 Meningeom (nahezu immer kräftige KM-Aufnahme, evtl.
durale Ausläufer)
4 Verkalkte Bandscheibenhernie oder juxtaartikuläre Zyste
(monosegmental)

a b

. Abb. 13.59a, b Ossifikation des Lig. flavum (OLF). Sagittale (a) und axiale
(b) CT-Aufnahme der BWS einer 72-jährigen Patientin. Es findet sich eine
Plaque-förmige Ossifikation des Lig. flavum im Segment BWK 11/12
(a, b Pfeile), die den Spinalkanal deutlich einengt. (Aus Uchida et al. 2011)

13
157 14

Entzündliche Erkrankungen der


Wirbelsäule und des Spinalkanals
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

14.1 Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule – 158


14.1.1 Rheumatoide Arthritis – 158
14.1.2 Seronegative Spondylarthropathien – 165
14.1.3 Erregerbedingte Spondylitis/Spondylodiszitis – 174
14.1.4 Wirbelsäulentuberkulose – 176
14.1.5 Paravertebraler Abszess – 180

14.2 Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals – 180


14.2.1 Epiduraler Abszess – 180
14.2.2 Subdurales Empyem – 182
14.2.3 Leptomeningitis – 182
14.2.4 Infektiöse Myelitis/intramedullärer Abszess – 187
14.2.5 Myelitis transversa – 187
14.2.6 Arachnoiditis – 190
14.2.7 Guillain-Barré-Syndrom (GBS) – 193
14.2.8 Chronische inflammatorische demyelinisierende
Polyneuropathie (CIDP) – 195

14.3 Spezifische Infektionen des Myelons


und spinalen Subarachnoidalraums – 197
14.3.1 Lyme-Borreliose – 197
14.3.2 Neurosyphilis – 198
14.3.3 Listeriose – 198
14.3.4 Tuberkulöse Arachnoiditis – 198
14.3.5 Pilzinfektionen – 203
14.3.6 Spinale Neurozystizerkose – 205
14.3.7 Spinale Toxoplasmose – 205
14.3.8 HIV-Myelitis – 205

14.4 Demyelinisierende Erkrankungen – 208


14.4.1 Multiple Sklerose (MS) – 208
14.4.2 Neuromyelitis optica – 208
14.4.3 Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) – 211

14.5 Granulomatöse Erkrankungen – 212


14.5.1 Tuberkulose – 212
14.5.2 Sarkoidose – 212

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
158 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

14.1 Entzündliche Erkrankungen jEpidemiologie


der Wirbelsäule 4 Die Erkrankung beginnt im jungen bis mittleren Lebens-
alter und betrifft häufiger Frauen (m:w = 1:3)
14.1.1 Rheumatoide Arthritis 4 Bei 50 % der Patienten tritt im Verlauf der Erkrankung ein
Befall der HWS auf; BWS und LWS sind nicht oder nur ge-
jDefinition ring betroffen.
Entzündliche Gelenkerkrankung unbekannter Ätiologie, die zu 4 Ein Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis zeigen
knöchernen Erosionen und lokaler Osteoporose, aber nur mini- in Flexion eine atlantoaxiale Instabilität, 5 % in Neutral-
malen produktiven Veränderungen führt stellung eine atlantoaxiale Subluxation. 5–8 % der Patienten
bekommen nach langem Krankheitsverlauf eine basiläre
jÄtiologie Impression (s. u.).
Unbekannt. Autoimmungeschehen am wahrscheinlichsten.
! Typischer Befund
jLabordiagnostik Vergrößerter Atlas-Dens-Abstand (atlantoaxiale
Positiver Nachweis von Rheumafaktor (80–95 %) und erhöhtes Subluxation), knöcherne Erosionen am Dens und
Auftreten des HLA-DR4-Antigens, erhöhte Blutkörperchensen- Osteopenie der oberen HWS
kungsgeschwindigkeit
jBildgebung
jBefallsmuster (. Abb. 14.6) kRöntgennativaufnahmen
4 Ein Subtyp ist die Gruppe der juvenilen rheumatoiden Ar- Röntgenaufnahmen von Händen und Füßen sichern die Diagno-
thritis, die Kinder betrifft und aus drei Unterformen besteht se (praktisch nie Befall der Wirbelsäule ohne Befall der Extremi-
(M. Still, Polyarthritis, oligoartikuläre juvenile rheumatoide täten). Typisch sind folgende Veränderungen:
Arthritis).
4 Entzündung des Atlantoaxialgelenkes mit entzündlichem
4 Die Erkrankung betrifft große und kleine Gelenke und
Weichteilgewebe (Pannus) und Lockerung der Ligamente
führt zu:
bzw. Destruktion des Lig. transversum atlantis, dadurch
5 Gelenkspaltverschmälerung
4 Vergrößerter Atlas-Dens-Abstand (≥ 3 mm, anteriore
5 marginalen oder zentralen Erosionen an den knöcher-
atlantoaxiale Subluxation) und atlantoaxiale Instabilität
nen Gelenkflächen
(s. 7 Kap. 1.4 »Kraniozervikaler Übergang«, S. 7)
5 periartikuläre Osteoporose (im Spätstadium auch
generalisierte Osteoporose) 4 Verlagerung der Densspitze zum Foramen magnum (atlan-
5 periartikuläre Weichteilschwellung toaxiale Einstauchung, basiläre Impression) (s. 7 Kap. 1.4
5 Periostreaktionen (bei der juvenilen rheumatoiden »Kraniozervikaler Übergang«, S. 7)
4 Osteopenie an der oberen HWS
14 Arthritis )
4 Knöcherne Erosionen am Dens (bei 15–35 % der Patienten),
4 Typischerweise fehlen folgende, bei anderen Gelenkerkran-
kungen beobachtete Veränderungen: beginnt meist an der Vorderfläche des Dens
5 subchondrale Sklerose (allenfalls gering) (s. . Abb. 14.1)
5 Osteophyten 4 Erosionen an den kleinen Wirbelgelenken, sekundäre An-
4 Betroffen sind in absteigender Reihenfolge: Hände (Finger- kylose (gehäuft bei der juvenilen rheumatoiden Arthritis)
grundgelenke und proximale Interphalangealgelenke), (. Abb. 14.10 und . Abb. 14.12)
Füße, Knie, Hüften, HWS, Schulter, Ellenbogen 4 Erosionen der Dornfortsätze (»zugespitzte« Dornfortsätze,
4 An der Wirbelsäule ist fast ausschließlich die HWS betroffen bei 10 % der Patienten) (. Abb. 14.11)

a b

. Abb. 14.1a, b Rheumatoide Arthritis. Konventionelle Röntgen-Tomographie des kraniozervikalen Übergangs sagittal (a) und koronar (b) bei einem
Patienten mit einer langjährig bestehenden rheumatoiden Arthritis. Deutlich sind erosive Veränderungen des Dens axis zu erkennen. (Mit freundlicher
Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
159 14

a b

. Abb. 14.2a, b Rheumatoide Arthritis. Sagittale (a) und koronare (b) CT-Aufnahmen des kraniozervikalen Übergangs bei einem Patienten mit einer
langjährig bestehenden rheumatoiden Arthritis. Neben fortgeschrittenen Erosionen der Dens-Spitze ist auch eine Osteopenie der Dens-Basis erkennbar
(a Pfeil). Hervorzuheben ist ebenfalls eine Beteiligung der Atlantoaxialgelenke (b Pfeile). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg)

a b

c d

. Abb. 14.3a–d Rheumatoide Arthritis. Sagittale MRT-Aufnahmen des kraniozervikalen Übergangs bis HWK 5 in T2w (a), fettgesättigter T2w (STIR, b), T1w
nativ (c) und T1w mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe (d). Die Kontur des Dens axis ist als Folge der knöchernen Erosionen unregelmäßig. Zwischen
Dens und vorderem Atlasbogen und unmittelbar am Hinterrand des Dens liegt KM-aufnehmendes Weichteilgewebe (entzündlicher Pannus; d Pfeil). Das
Pannusgewebe zeigt in T2w ein intermediäres Signal und nur eine mäßige KM-Aufnahme (d Pfeil), ist somit hypovaskularisiert (s. oben). (Mit freundlicher
Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg)
160 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 14.4 a–c Rheumatoide Arthritis. Sagittale MRT-Aufnahmen des kraniozervikalen Übergangs bis HWK 6 in T1w vor (a) und nach (b) Kontrastmittel-
gabe sowie axiale MRT-Aufnahmen auf Höhe des HWK 1 in T1w nach Kontrastmittelgabe (c). Der Abstand zwischen dem vorderen Atlasbogen und dem
Dens axis ist deutlich vergrößert. Zwischen Dens und vorderem Atlasbogen und unmittelbar am Hinterrand des Dens liegt KM-aufnehmendes Weichteil-
gewebe (a–c Pfeil). Das Pannusgewebe zeigt eine deutliche KM-Aufnahme (c Pfeile), ist somit hypervaskularisiert (s. o.). (Mit freundlicher Genehmigung von
Prof. Erlemann, Duisburg)

14

a b

. Abb. 14.5a, b Rheumatoide Arthritis. Seitliche konventionelle Röntgenaufnahme des kraniozervikalen Übergangs in Reklination und Inkliniation bei
einem Patienten mit einer bekannten rheumatoiden Arthritis. Bei Inklination kommt es als Ausdruck einer atlantoaxialen Instabilität zu einer pathologi-
schen Zunahme des Abstands zwischen dem vorderen Atlasbogen und dem Dens axis. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
161 14

2
3

Rheumatoide Arthritis
3
4 1 Erosion der Densvorderfläche
2 atlantoaxiale Subluxation mit
5 Hochsteigen des Axis
3 Erosion und Ankolyse der
kleinen Wirbelgelenke
4 Erosion und Zuspitzung der
Dornfortsätze
6 5 Bandscheibenzerstörung
6 Wirbelkörpererosion

5
1

3
Degenerative Veränderungen
1 Höhenminderung des
4 Bandscheibenraums
2
2 Osteophyten
3 Einengung der Zwischenwirbellöcher
4 Gelenkspaltenverschmälerung
und Sklerose der Facettengelenke
5 Spinalkanalstenose

5 5

1 4 2 6

2 1 2

Morbus Bechterew Arthritis psoriatica und Morbus Reiter


1 Rechteckform der Wirbelkörper 4 Ankolyse der Facettengelenke 1 einzelner breitbasiger,
2 schmale Syndesmophyten 5 Verknöcherung der paravertebralen Bänder grober Syndesmophyt
3 erhaltender Bandscheibenraum 6 „Bambuswirbelsäule“ 2 paravertebrale Ossifikationen
. Abb. 14.6 Röntgenmorphologie von degenerativen Veränderungen, rheumatoider Arthritis und seronegativen Spondylarthropathien an der Wirbelsäule
162 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 14.7a–c Rheumatoide Arthritis. T1w- (a) sowie fettsupprimierte T2w-MRT Aufnahmen (b und c) der HWS (kraniozervikaler Übergang bis BWK 3/4)
einer Patientin mit rheumatoider Arthritis. Es ist eine Gefügestörung im atlantoaxialen Gelenk mit einer basilären Impression und einem vergrößerten
Abstand zwischen Dens axis (a Pfeilspitze) und dem vorderen Atlasbogen (a und b Pfeile) zu erkennen. Hierbei führt der nach kranial dislozierte Dens axis
zu einer hochgradigen Einengung des Foramen magnum und folglich zu einer Kompression der Medulla oblongata (b Pfeilspitze). Auch die Bandscheiben-
fächer HWK 3/4, 4/5 und 5/6 sind destruiert, die angrenzenden Abschlussplatten weisen Erosionen auf. In diesem Bereich der HWS resultiert eine Spinal-
kanalstenose, die mutmaßlich die Syringohydromyelie des Myelons bedingt hat (c Pfeilspitze)

14 4 Selten Spondylodiszitis-artiges Bild mit Zerstörung einer 4 Häufig Erguss in den kleinen Wirbelgelenken
Bandscheibe, Höhenminderung des Bandscheibenfachs 4 Gelenkergüsse bei rheumatoider Arthritis zeigen folgendes
und Erosionen am angrenzenden Wirbelkörper Verhalten: T1w hypointens, T2w hyperintens, nach KM-
4 Zum Nachweis einer okkulten atlantoaxialen Subluxation Gabe initial randständige KM-Aufnahme, nach etwa
auch Aufnahmen in Flexion und Extension anfertigen 10 min Diffusion des Kontrastmittels in den Gelenkspalt
(Atlas-Dens-Abstand muss in Flexion ≤4 mm sein) 4 Wirbelkörperödem möglich (STIR)
(. Abb. 14.5) 4 Auf fettgesättigten T1w sieht man manchmal eine durch
entzündliches Gewebe bedingte KM-Aufnahme von
kCT Wirbelkörpern, Bandscheiben, Bändern und Gelenk-
Zum Nachweis von Osteopenie und knöchernen Erosionen am facetten der kleinen Wirbelgelenke
Dens besser geeignet als Röntgennativaufnahmen (. Abb. 14.2) 4 Evtl. MRT-Aufnahmen in Flexion zur Beurteilung, ob das
Myelon in Flexion komprimiert wird
kMRT
4 Zeigt das entzündliche Pannusgewebe und eine evtl. jDD
Myelonkompression durch atlantoaxiale Subluxation, atlan- 4 Seronegative Spondylarthropathien (s. u., Befall des
toaxiale Einstauchung oder das Pannusgewebe selbst Sakroilialkalgelenkes, produktive Veränderungen an der
(. Abb. 14.7, . Abb. 14.8 und . Abb. 14.9) Wirbelsäule)
4 Pannusgewebe kann hypervaskularisiert sein (T1w hypo- 4 HWS-Trauma (traumatische Ruptur des Lig. transversum
ointens, T2w hyperintens, kräftige KM-Aufnahme), hypo- atlantis, subakute Densfraktur: Traumaanamnese,
vaskularisiert (T1w hypointens, T2w intermediäres Signal, Knochenmarködem, Begleitverletzungen, fehlende Zeichen
mäßige KM-Aufnahme) oder fibrös (T1w und T2w hypoin- der rheumatoiden Arthritis an Händen und Füßen)
tens, geringe oder fehlende KM-Aufnahme) (. Abb. 14.3
und . Abb. 14.4)
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
163 14

a b c

. Abb. 14.8a–c Rheumatoide Arthritis. Konventionelle laterale Röntgenaufnahme (a) sowie CT-Untersuchung in sagittaler (b) und koronarer (c) Schnitt-
führung. Abbildung des kraniozervikalen Übergangs bis zum BWK 1. Während in der Röntgenaufnahme zunächst eine basiläre Impression auffällt, ist in der
CT-Untersuchung zu erkennen, dass der Axis (b, c Stern) weit in das Foramen magnum hinein disloziert ist und es der HWK 3 (a und b Pfeil) ist, der mit dem
vorderen Atlasbogen (a und b Pfeilspitzen) artikuliert. Hervorzuheben sind darüber hinaus die destruierten HWK 4 und 5 sowie eine Blockwirbelbildung der
HWK 6 und 7

. Abb. 14.9 Rheumatoide Arthritis. Sagittale MRT-Aufnahme des kraniozervikalen Übergangs bis BWK 1 in T1w bei einem Patienten mit einer langjährig
bekannten rheumatoiden Arthritis. Zu erkennen sind fortgeschrittene Erosionen des Dens axis mit einer vollständigen Zerstörung des kraniozervikalen
Übergangs. Als Folge der hochgradigen atlantoaxialen Instabilität sind der Atlas und der destruierte Dens axis weit nach dorsal verlagert. Die Medulla ob-
longata wird erheblich nach dorsal verlagert und komprimiert. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)
164 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b

. Abb. 14.10a, b Rheumatoide Arthritis. Seitliche Röntgenaufnahme der mittleren HWS (HWK 3 bis HWK 6) bei einem Patienten mit einer bekannten
rheumatoiden Arthritis. a zeigt im Segment HWK 4/5 ein spondylodiszitisartiges Bild mit einer Höhenminderung des Bandscheibenfachs und Erosionen
der angrenzenden Wirbelkörperendplatten. b 3 Jahre später ist es im Segment HWK 4/5 zu einer vollständigen Blockwirbelbildung (b Stern) gekommen.
Typisch sind ebenfalls Fusionen der Facettengelenke (b Pfeilspitze). (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)

14

a b

. Abb. 14.11a, b Rheumatoide Arthritis. Seitliche Röntgenaufnahme der HWS (HWK 1 bis HWK 7) bei zwei verschiedenen Patienten (a und b) mit
einer bekannten rheumatoiden Arthritis. Auffällig sind die spitz zulaufenden Dornfortsätze der HWK 3 bis 6. Darüber hinaus imponieren Erosionen der
Densspitze (a), Fusionen der Facettengelenke (a) sowie ein in Funktionsstellungen instabiler Versatz der Wirbelkörper in den Segmenten HWK 3/4 und
HWK 4/5 (b). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg)
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
165 14

. Abb. 14.13 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Koronare CT-Refor-


mation des Sakrums bei einem Patienten mit einer bekannten Spondylitis
ankylosans. Es findet sich eine ausgeprägte, symmetrische Sakroiliitis mit
multiplen Erosionen der Gelenkflächen und einer vermehrten Sklerosie-
rung der angrenzenden Knochstrukturen. (Mit freundlicher Genehmigung
von Dr. Kapp, Schlangenbad)

. Abb. 14.12 Juvenile rheumatoide Arthritis. Seitliche Röntgenaufnahme


der HWS bei einem Patienten mit einer bekannten juvenilen rheumatoiden
Arthritis. Als typischen Befund für eine juvenile rheumatoide Arthritis lie-
gen vollständige Fusionen der Facettengelenke der HWS vor (exemplarisch:
Sterne). (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)

14.1.2 Seronegative Spondylarthropathien jBefallsmuster


4 Die Erkrankung betrifft:
jSynonyme 5 nahezu immer die Sakroiliakalgelenke: Verschmälerung
Seronegative Polyarthritiden, rheumatoide Varianten des Gelenkspalts, Erosionen, Ankylose (symmetrisch
bei SA, einseitig oder asymmetrisch bei reaktiver
jDefinition Arthritis und Psoriasisarthritis) (. Abb. 14.13 und
Entzündliche Gelenkerkrankungen unbekannter Ätiologie mit . Abb. 14.14)
negativem Rheumafaktornachweis. 5 proximale Gelenke: gemischt produktive und erosive
Zur Gruppe der seronegativen Spondylarthropathien werden Veränderungen
mehrere eigenständige Krankheitsbilder gezählt: 5 Wirbelsäule: produktive Veränderungen (. Abb. 14.15)
4 Spondylitis ankylosans (SA) (ankylosierende Spondylitis, 5 reaktive Arthritis: Füße
M. Bechterew) 5 Psoriasisarthritis: Hände (distale und proximale Inter-
4 Reaktive Arthritis (M. Reiter) phalangealgelenke)
4 Psoriasisarthritis 4 Wenn eine Ankylose der Wirbelsäule eingetreten ist,
4 Enteropathische Arthropathien kommt es gelegentlich zu schweren instabilen Frakturen
(»zerbrochener Bambusstab«)
jÄtiologie 4 Bei der SA beginnt die Erkrankung normalerweise sak-
Unbekannt. Autoimmungeschehen am wahrscheinlichsten. roiliakal, betrifft dann thorakolumbale und lumbosakrale
Übergänge (Differenzierungsmerkmal zu anderen Spon-
jLabordiagnostik dylarthritiden)
Rheumafaktor negativ, aber Anstieg von Blutsenkungsgeschwin-
digkeit und C-reaktivem Protein. 10 % der Patienten mit SA
haben unauffällige Laborwerte.
Positiver Nachweis des HLA-B27-Haplotyps (SA: 95 %, reak-
tive Arthritis: 60–80 %, Psoriasarthropathie: 50–60 %, enteropa-
thische Arthropathien: 70 %)
166 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 14.15 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Axiale CT-Reformati-


on eines Wirbelkörpers bei einem Patienten mit einer bekannten Spondyli-
tis ankylosans. Zu erkennen sind erosive Veränderungen der Facettengelen-
ke im Rahmen einer Spondylitis ankylosans (Pfeil)

4 HIV-Infektion führt in ca. 70 % der Fälle zu rheumatischen


Beschwerden, oft unter dem Bild einer reaktiven Arthritis
oder Psoriasisarthritis (Mechanismus ungeklärt, Arthritis
kann den klinischen Symptomen einer HIV-Infektion vor-
ausgehen)
b
! Typischer Befund
. Abb. 14.14a, b Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Koronare T2-STIR- 4 Fast immer Erosion oder Ankylose der Sakroiliakal-
(a) sowie kontrastmittelangehobene T1w- (b) MRT-Aufnahmen der Iliosak- gelenke
ralgelenke bei einem 12-jährigen Patienten mit einer bekannten Spondyli- 4 Thorakolumbale Syndesmophyten
tis ankylosans. Als typische Frühform für die ankylosierende Spondylitis ist
(Bambusstabwirbelsäule) bei der SA
hier eine in diesem Falle unilateral linksseitige Entzündung des Iliosakral-
14 gelenks zu erkennen, die sich in Form eines T2w-hyperintensen Ödems 4 Grobe, einzelne laterale Osteophyten bei der
(a Pfeil) mit Kontrastmittelaufnahme (b Pfeil) manifestiert reaktiven Arthritis und Psoriasisarthritis

jBildgebung
jEpidemiologie kRöntgennativaufnahmen
4 Spondylitis ankylosans Gut geeignet zur Diagnosestellung (s. 7 Abschn. »Typischer Befund«)
5 Männer deutlich häufiger betroffen (m:w = 4:1), assozi- 4 Spondylitis ankylosans:
iert mit entzündlichen Darmerkrankungen, Iritis, Aorti- 5 Erosion oder Ankylose der Sakroiliakalgelenke
tis, Fibrose der Lungenoberlappen). Prävalenz 0,2–1,4 %. Cave: Ankylose auf Röntgennativaufnahmen erst nach
Krankheitsbeginn meist zwischen 15. und 35. Lebens- mehrjährigem Verlauf erkennbar!
jahr 5 BWS-Kyphose
4 Reaktive Arthritis 5 Rechteckige Wirbelkörper (»Squaring«, betrifft untere
5 Männer deutlich häufiger betroffen (m:w = 5:1), parain- BWS und die LWS, am besten an der Wirbelkörper-
fektiöses (?) Auftreten nach Urethritis oder bakterieller vorderfläche erkennbar)
Dysenterie 5 Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf kommt es zu
4 Psoriasisarthritis einer vermehrten Sklerose an den Ecken der Wirbel-
5 10–15 % der Patienten mit Psoriasis vulgaris entwickeln körper (»shiny corners«)
eine Arthritis. Bei 10% der Patienten mit einer Psoriasis- 5 Paravertebrale Weichteilverkalkungen (. Abb. 14.24)
arthritis tritt die Arthritis vor den Hautveränderungen auf 5 Syndesmophyten (wirbelkörperüberbrückende Verkal-
4 Enteropathische Arthropathien kungen von vorderem/hinterem Längsband und Anulus
5 Patienten mit Colitis ulcerosa, M. Crohn, M. Whipple fibrosus, gehen vor allem von der Wirbelkörpervorder-
oder bakterieller Dysenterie (Salmonellen, Shigellen, fläche aus). Im Gegensatz zu Spondylophyten (osteophy-
Yersinien) können eine sekundäre Arthritis entwickeln, tären Randanbauten bei degenerativen Veränderungen)
die von einer reaktiven Arthritis oder Psoriasisarthritis sind Syndesmophyten von Anfang an vertikal orientiert.
nicht unterscheidbar ist Syndesmophyten führen im Verlauf zur Ankylosierung
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
167 14

a b

. Abb. 14.16a, b Spondylitis ankylosans (M. Bechterew) Fettsupprimierte T1w-MRT-Untersuchung der thorakalen Wirbelsäule nach Kontrastmittelgabe
sagittal (a) und axial (b). Patient mit einer bekannten Spondylitis ankylosans. Es liegt ein typischer Befund mit Befall von Bändern und Gelenken der Wirbel-
säule vor. Als Ausdruck entzündlicher Veränderungen imponieren im sagittalen Bild Kontrastmittelaufnahmen der Ligg. interspinalia (a Pfeil) und supraspi-
nalia (a Pfeilspitze). In der axialen Aufnahme ist zudem eine Beteiligung des linken Costovertebral- bzw. Costotransversalgelenks zu erkennen (b Pfeil)

des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts (Bambusstab- kommt es hier zu einer Sklerose (Signalminderung in


wirbelsäule) (. Abb. 14.20, . Abb. 14.21, . Abb. 14.22, T1w und T2w, entspricht den »shiny corners« auf Rönt-
. Abb. 14.23, . Abb. 14.24, . Abb. 14.25) gennativaufnahmen) (s. . Abb. 14.16, . Abb. 14.17,
5 Erosive Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten . Abb. 14.18, . Abb. 14.19)
4 Reaktive Arthritis/Psoriasisarthritis (. Abb. 14.26, Aseptische Spondylodiszitis (»Anderson-Läsionen«, Sig-
. Abb. 14.27, . Abb. 14.28, . Abb. 14.29) nalminderung in T1w, Signalanstieg in T2w, manchmal
5 Grobe, asymmetrische laterale paravertebrale Weich- mit KM-Aufnahme); benachbarte Wirbelkörperhälften
teilverkalkungen oder Parasyndesmophyten an der können mitreagieren und Begleitentzündungen zeigen;
thorakolumbalem Wirbelsäule (Verkalkungen der peri- manchmal kommt es dabei zu osteoporotisch bedingten
artikulären Weichteilgewebe, die mit der Wirbelsäule Kompressionsfrakturen (bikonvex konfigurierte Band-
verschmelzen) scheiben mit Impression der angrenzenden Grund- und
4 Enteropathische Arthropathien (. Abb. 14.30) Deckplatten)
5 Rechteckform der Wirbelkörper und Syndesmophyten 5 im Spätstadium, nach Ankylose einzelner Wirbel, ist im
(wie bei SA), manchmal auch Parasyndesmophyten (wie Bandscheibenraum manchmal Knochenmark nachweisbar;
bei reaktiver Arthritis) Entzündung der Facettengelenke sowie der kostotrans-
versalen und kostovertebralen Gelenke kann zusammen
kCT mit den typischen o.g. Läsionen, gelegentlich aber auch
4 Bei klinischem Verdacht, wenn Röntgennativaufnahmen eigenständig auftreten;
unauffällig Spinalkanal in der Regel nicht eingeengt (außer nach
4 Keine Osteopenie (Abgrenzung zur rheumatoiden Arthritis, pathologischer Fraktur)
außer im Spätstadium der SA) 5 seltene Wirbelsäulenläsionen bei der Spondylitis
ankylosans:
kMRT – Verkalkung des hinteren Längsbandes kann zur
Beste Methode zum frühen Nachweis der seronegativen Spon- Myelonkompression führen
dylarthritiden (Sensitivität und Spezifität bei der SA 90–100 %) – entzündliche Veränderungen am Atlantoaxialgelenk
4 Spondylitis ankylosans können zu Erosionen am Dens führen wie bei rheu-
5 Enthesitis am diskovertebralen Übergang führt zu einer matoider Arthritis
sekundären Osteitis mit fokalen Läsionen an den Ecken 4 Entzündliche Veränderungen an den Sakroiliakalgelenken
der Wirbelkörper (»Romanus-Läsionen«, Ödem mit Sig- sind mit der MRT bereits nachweisbar, wenn konventionelle
nalanstieg in T2w, KM-Aufnahme), im weiteren Verlauf Aufnahmen noch unauffällig sind
168 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

14

. Abb. 14.17a–d Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). MRT der LWS bei einem Pati-
enten mit Lumbalgien und positivem HLA-B27-Nachweis. Sagittale MRT in T2w (a), T1w
nativ (b), fettgesättigter T2w (STIR, c), axiale T1w nach KM-Gabe (d). Am BWK 12, LWK 1
und LWK 2 zeigen sich am oberen und unteren Rand der Hinterkanten Romanus-Läsio-
nen, bestehend aus umschriebenen Arealen mit einem Ödem (exemplarisch: a, b, c Pfeil)
und einer KM-Aufnahme (d). Die entzündliche Reaktion reicht hier auf der rechten Seite
bis in den Wirbelbogen (d Pfeil) und breitet sich in die umgebenden Weichteile aus
d (d Pfeilspitze). Diese sekundäre Osteitis ist typisch für die Spondylitis ankylosans

4 Zur Verlaufsbeurteilung der inflammatorischen Aktivität > MRT ist am besten geeignet zur Verlaufsbeurteilung
der seronegativen Spondylarthropathien ist die MRT am der inflammatorischen Aktivität unter Therapie.
besten geeignet (Signalanstieg auf fettsupprimierter T2w
oder STIR, KM-Aufnahme) jDD
Rheumatoide Arthritis (kein Befall des Sakroilialkalgelenkes,
> Bei V.a. eine Erkrankung der seronegativen Spondylar- keine produktiven Veränderungen an der Wirbelsäule)
thropathien (z .B. Spondylitis ankylosans) ist die MRT
die Methode, mit der man die Diagnose am frühesten
stellen kann (entzündliche Veränderungen an den
Sakroiliakalgelenken).
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
169 14

. Abb. 14.18 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Seitliche konventio- . Abb. 14.19 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Seitliche konventio-
nelle Röntgenaufnahme der LWS (LWK 1 bis LWK 5) bei einem Patienten mit nelle Röntgenaufnahme der LWS (BWK 12 bis LWK 5) bei einem Patienten
einer langjährigen Spondylitis ankylosans. Im Rahmen eines fortgeschritte- mit einer bekannten Spondylitis ankylosans. Hervorzuheben sind die typi-
nen Krankheitsverlaufs finden sich an den ventralen Ecken der Wirbelkörper schen rechteckigen Wirbelkörper (»squaring«) mit einer Streckfehlstellung
relativ scharf umgrenzte Verschattungen (Shiny Corners), die Sklerosierun- der LWS. Darüber hinaus ist ein kleiner, von der Deckplatte des LWK 3 aus-
gen von Romanus-Läsionen entsprechen (Pfeilspitzen). Auffällig sind da- gehender, ventraler Syndesmophyt erkennbar. (Mit freundlicher Genehmi-
rüber hinaus die typischen rechteckigen Wirbelkörper, erkennbar an den gung von Dr. Kapp, Schlangenbad)
geraden Wirbelkörpervorderkanten (Squaring). (Mit freundlicher Genehmi-
gung von Dr. Kapp, Schlangenbad)

. Abb. 14.20 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Sagittale CT-Reformation der HWS (HWK 2/3 bis HWK 7/BWK 1) bei einem Patienten mit einer
bekannten Spondylitis ankylosans. Am Oberrand des HWK 5 findet sich ein typischer ventraler Syndesmophyt ohne vollständige Überbrückung des
Bandscheibenfachs (Pfeil). Die Wirbelkörperabschlussplatten der HWK 5 bis 7 weisen zudem typische erosive Veränderungen auf (Usuren) (exemplarisch:
Pfeilspitzen). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg)
170 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 14.21 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Konventionelle . Abb. 14.22 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew): Sagittale CT-Refor-
Röntgenaufnahme der LWS (BWK 12 bis zum Os sacrum) in a/p bei einem mation des terminalen Spinalkanals ab BWK 12 bei einem Patienten mit
Patienten mit einer bekannten Spondylitis ankylosans. Es liegt ein typisches einer bekannten Spondylitis ankylosans. Neben einer ausgeprägten
Bild einer Bambusstabwirbelsäule vor, bei der ausgeprägte Syndesmophy- Sklerosierung der Ligg. interspinalia (Pfeil) finden sich auch Ossifikationen
ten zu einer Ankylosierung der Wirbelkörpersegmente führen. Hervor- des Lig. longitudinale anterius. (Mit freundlicher Genehmigung von
zuheben ist ebenfalls eine deutliche Sklerosierung der von LWK 2 bis zum Prof. Erlemann, Duisburg)
Os sacrum reichenden Ligg. interspinalia bzw. des Lig. supraspinale (Pfeil).
(Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)

14

a b

. Abb. 14.23a, b Spondylitis ankylosans (M. Bechterew): Konventionelle Röntgenaufnahmen der BWS/LWS a/p (a) und lateral (b). Im Rahmen einer
fortgeschrittenen Spondylitis ankylosans ist eine typische Bambusstabwirbelsäule mit vollständig ankylosierten Wirbelsäulensegmenten zu erkennen
(a Pfeil). Auffällig ist zudem eine deutliche Kyphosierung der abgebildeten Wirbelsäule (b). Cerclagen nach Sternotomie sind ebenfalls abgebildet
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
171 14

. Abb. 14.24 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Axiale CT-Reforma- . Abb. 14.25 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew). Sagittale CT-Auf-
tion in der LWS bei einem Patienten mit einer bekannten Spondylitis nahme von BWK 9 bis LWK 1 bei einem 67-jährigen Patienten mit einer be-
ankylosans. Im Rahmen einer ausgeprägten Spondylitis ankylosans kannten Spondylitis ankylosans nach einem Sturz. Im Segment BWK 10/11
zeigen sich deutliche, vom Wirbelkörper ausgehende Verkalkungen findet sich eine Luxationsfraktur mit einer Spondylolyse (Pfeil) und Luft
der paravertebralen Weichteile (exemplarisch: Pfeil). (Mit freundlicher im Bandscheibenfach. Die übrigen dargestellten Segmente weisen vor
Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg) allem an den Vorderflächen deutliche, vertikal orientierte Verkalkungen
der Längsbänder auf (Syndesmophyten), die schon zur Ankylosierung
geführt haben (Pfeilspitzen). Beachte die erosiven Veränderungen (Usuren)
an den Abschlussplatten des Segments BWK 11/12. Bei Patienten mit
fortgeschrittener Ankylosierung der Wirbelsäule führen Traumata häufig zu
schweren instabilen Frakturen (»zerbrochener Bambusstab«)

. Abb. 14.26 Psoriasis-Arthritis. Konventionelle Röntgenaufnahme der


unteren BWS (BWK 10 bis LWK 1) bei einem Patienten mit einer Psoriasis-
Arthritis. Es finden sich für die Psoriasis-Arthritis typische Parasyndes-
mophyten, die entweder lediglich Kontakt zu einem einzelnen Wirbel-
körper (Pfeil) oder keinen Kontakt zu den Wirbellkörpern (Pfeilspitze) haben.
(Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)
172 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b

c d

14 . Abb. 14.27a–d Psoriasis-Arthritis. Darstellung der oberen LWS mittels koronaren und axialen (LWK 2/3) CT-Reformationen sowie kontrastmittelange-
hobenen koronaren und axialen (fettsupprimiert, LWK 2/3) T1w-MRT-Untersuchungen. Patient mit einer bekannten Psoriasis-Arthritis. Es findet sich
ein für die Psoriasis-Arthritis typischer Parasyndesmophyt, der vom Oberrand des LWK 3 ausgeht und keinen Kontakt zum LWK 2 aufweist (a, b, d Pfeil).
In den MRT-Untersuchungen ist eine Kontrastmittelaufnahme als Ausdruck einer ausgeprägten Mitreaktion des angrenzenden M. psoas zu erkennen
(c und d Stern). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg)
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
173 14

. Abb. 14.28 Psoriasis-Arthritis. Konventionelle a/p-Röntgenaufnahme . Abb. 14.29 Reiter-Arthritis (reaktive Arthritis). Konventionelle a/p-Rönt-
der LWS (LWK 2 bis Os sacrum) bei einem Patienten mit einer Psoriasis-Arth- genaufnahme der LWS (LWK 2 bis Os sacrum) bei einem Patienten mit einer
ritis. Als Ausdruck einer ausgeprägten Form einer Psoriasis-Arthritis finden Psoriasis-Arthritis. Typisch für eine Reiter-Arthritis ist ein Parasyndesmophyt
sich von LWK 3 ausgehende Syndesmophyten, die die Bandscheibenfächer (Pfeil), der in diesem Fall vom LWK 4 ausgehend nach kranial wächst, ohne
überbrücken und Kontakt zur angrenzenden Deckplatte des LWK 4 haben. einen Kontakt zum LWK 3 aufzuweisen. (Aus Mustafa u. Khan 1996)
(Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)

a b

. Abb. 14.30a, b Enteropathische Arthritis. Konventionelle Röntgenaufnahme der LWS (LWK 2/3 bis zum Os sacrum) in a/p (a) sowie Sellink-Röntgen-
aufnahme (b) bei einem Patienten mit einem Morbus Crohn. a Es findet sich ein typisches Bild einer Bambusstabwirbelsäule mit ausgeprägten Syndesmo-
phyten, die zu einer Ankylosierung der Wirbelkörpersegmente führen. Deutlich ist eine Sklerosierung der von LWK 3/4 bis zum Os sacrum reichenden Ligg.
interspinalia bzw. des Lig. supraspinale zu erkennen. b Es findet sich ein typisches Bild eines M. Crohn mit Strikturen der Darmwand. (Mit freundlicher
Genehmigung von Dr. Kapp, Schlangenbad)
174 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

14.1.3 Erregerbedingte Spondylitis/ kRöntgennativaufnahmen


Spondylodiszitis Können noch 2–8 Wochen nach Symptombeginn unauffällig
sein, danach zeigen sich eine Unschärfe oder Erosionen der
jSynonyme Wirbelkörperabschlussplatten, eine Höhenminderung der
Eitrige/pyogene/bakterielle Spondylitis, Diszitis, vertebrale Bandscheibe und manchmal Osteolysen in den angrenzenden
Osteomyelitis Wirbelkörperanteilen, im Spätstadium Sklerosierung und Fusion
der betroffenen Wirbelkörper über den Bandscheibenraum
jDefinition
Infektion von Wirbelkörpern, der dazwischenliegenden Band- kCT
scheibe und den angrenzenden Weichteilstrukturen durch Zeigt besser und früher als Röntgennativaufnahmen die osteoly-
Bakterien oder Pilze tischen Veränderungen der Wirbelkörperendplatten und die pa-
ravertebralen Abszesse, epidurale Ausbreitung meist ebenfalls
jÄtiologie abgrenzbar

kInfektionsweg kMRT
4 Am häufigsten hämatogene Streuung eines bakteriellen 4 Befall der Wirbelkörper zeigt sich durch Erosion der End-
Mikroembolus zum subchondralen Knochen im ventralen platten (Unterbrechung der hypointensen Endplatte in T1w
Anteil des Wirbelkörpers. Der Embolus führt zu einem und T2w), kräftiges Ödem im Wirbelkörper (T1w: hypoin-
umschriebenen Wirbelkörperinfarkt, in dessen Gebiet sich tens, T2w: iso-/hyperintens, STIR: hyperintens, kräftige
ein Osteomyelitisherd entwickelt. Von hier aus breiten sich KM-Aufnahme). Das Ödem ist nicht nur nahe dem be-
die Erreger vorwiegend durch die intravertebralen Arterien troffenen Bandscheibenfach lokalisiert, sondern reicht in
aus, entweder durch den Wirbelkörper zur anderen End- den meisten Fällen zumindest stellenweise durch den
platte, oder sie überwinden eine Endplatte, dringen in das ganzen Wirbelkörper bis zur gegenüberliegenden End-
Bandscheibenfach ein und von dort in den gegenüber platte. Die KM-Aufnahme im Wirbelkörper ist meist relativ
liegenden Wirbelkörper. flächig und homogen (. Abb. 14.31 und . Abb. 14.32).
4 Ausbreitung von einer benachbarten Infektionsstelle (per 4 Befall der Bandscheibe zeigt sich durch Höhenminderung
continuitatem), z. B. paravertebraler Abszess (nicht im Frühstadium), abnormes Flüssigkeitssignal (T1w:
4 Direkte Inokulation der Erreger durch Lumbalpunktion, hypointens, T2w/STIR: hyperintens, oft als horizontale
Wirbelsäulenoperation oder penetrierendes Trauma Linie). In den meisten Fällen ist das Signal in den befalle-
nen Bandscheiben in einzelnen Arealen sogar wasser-
kErreger äquivalent. In den betroffenen Bandscheiben findet sich im
4 Meistens bakterielle Infektion, häufigster Erreger ist Staphy- Frühstadium eine bandförmige, endplattennahe KM-Auf-
14 lococcus aureus (90 %) nahme, die später ohne Unterbrechung in die KM-Auf-
4 Pilzinfektionen der Wirbelsäule sind in Europa sehr selten, nahme im Binnenraum des Wirbelkörpers übergeht. Durch
im Südwesten der USA sind sie dagegen endemisch die Schwächung der Endplatten kann es im Rahmen einer
(Kokzidioidomykose) Spondylodiszitis auch zu intravertebralen Bandscheiben-
4 Wirbelsäulentuberkulose (s. 7 Kap. 14.1.4, »Wirbelsäulen- herniationen kommen.
tuberkulose«, S. 176) 4 Paravertebrale Ausbreitung: Weichteilödem (hyperintens in
T2w/STIR), diffuse oder randständige KM-Aufnahme
jEpidemiologie (Abszedierung)
4 Altersgipfel 50–70 Jahre 4 Eitrig eingeschmolzene Areale in Wirbelkörper oder Band-
4 Gehäufte Inzidenz bei Diabetes mellitus, Sepsis und einge- scheibe zeigen eine Diffusionsstörung
schränkter Immunkompetenz (z. B. HIV, Lymphom) 4 Epidurale Phlegmone/Abszess: KM-Aufnahme der Menin-
gen/der Abszesswand, Abszessinhalt hyperintens in T2w/
! Typischer Befund
STIR
4 Höhengeminderte Bandscheibe, die sich in T2w
4 In der Frühphase nach Einsetzen der klinischen Symptoma-
hyperintens darstellt und KM aufnimmt
tik kann die MRT noch unauffällig sein: ggf. Kontrolle nach
4 Ödem in den angrenzenden Abschnitten der
1 Woche
Wirbelkörper, Erosionen und partielle KM-Auf-
4 Als Sonderform kann auch ein umschriebener Befall eines
nahme der Wirbelkörperabschlussplatten
kleinen Wirbelgelenkes, ggf. mit Ausbreitung nach epidural
oder paravertebral, vorliegen (Spondylitis der kleinen Wir-
jBildgebung belgelenke)
kLokalisation 4 Bei erfolgreicher Therapie kann die Normalisierung der
Die bakterielle Spondylodiszitis betrifft am häufigsten die untere MRT-Befunde gegenüber der klinischen Heilung um Wochen
LWS verzögert sein (Laborwerte zeigen die Heilung früher an)
4 Nach erfolgter Abheilung zeigen die betroffenen Segmente
oft Veränderungen wie bei degenerativer erosiver Osteo-
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
175 14

a b c

. Abb. 14.31a–c Salmonellen-Spondylodiszitis. Fettsupprimierte T2w-STIR- (a) sowie T1w-MRT-Aufnahmen vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe. LWS
(LWK 1/2 bis SWK 1/2) einer 64-jährigen Patientin mit Z.n. Salmonellensepsis. Im Rahmen der Spondylodiszitis sind die Bandscheibe und große Teile der
abschlussplattennahen Wirbelkörperknochen des Segments LWK 3/4 deformiert bzw. destruiert. Hierbei ist die Bandscheibe sowohl in die ventral angren-
zenden Weichteile (a Pfeil) als auch in die Spongiosa der angrenzenden LWK 3 und 4 herniert (a und c Pfeilspitzen). Als Ausdruck eines eher milden Wirbel-
körperödems findet sich in der fettsupprimierten T2-Aufnahme (a) eine flaue Signalanhebung der betroffenen Wirbelkörper. Kontrastmittelaufnahmen
der betroffenen Bandscheibe (c Pfeilspitzen), des bandscheibennahen Wirbelkörpers (c Pfeil) sowie der angrenzenden Weichteile (b und c Stern) weisen auf
einen diffus infiltierenden, entzündlichen Prozess hin

a b c d

. Abb. 14.32a–d Staphylococcus aureus-Spondylodiszitis Sagittale T2w- (a), T2w-STIR (b) sowie T1w-MRT-Aufnahmen vor (c) und nach (d) Kontrastmittelga-
be. LWS (LWK 2/3 bis SWK 1/2) einer 52-jährigen Patientin mit Fieber und Lumboischialgien. (s. . Abb. 14.38, paravertebraler Abszess). Die Bandscheibe im
destruierten Segment LWK 4/5 ist deformiert und weist ein T2w- hyperintenses Signal auf (a und b Pfeil). Die angrenzenden Wirbelkörperabschlussplatten
lassen Erosionen erkennen. Vom Übergang von Bandscheibe zum Wirbelkörper bis über die mittlere Höhe des Wirbelkörpers hinaus zeigt sich eine diffuse
Kontrastmittelaufnahme (d Pfeilspitzen und Sterne). Die Beteiligung des Knochens äußert sich auch in Form eines ausgeprägten Ödems, das die Mittellinie
überschreitet und besonders gut in den fettsupprimierten T2-Aufnahmen (b) zu erkennen ist (a, b, c Sterne)
176 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Tab. 14.1 Kriterien zur Unterscheidung zwischen bakterieller und tuberkulöser Spondylitis

Spondylitis tuberculosa Bakterielle Spondylitis

MRT
Wirbelkörperdestruktion mit Höhenminderung >50 % Häufig Selten
KM-Aufnahme der betroffenen Wirbelkörper Meist heterogen / fokal Meist homogen
Abszedierung im Wirbelkörper mit randständiger KM-Aufnahme Häufig Sehr selten
Befall von mehr als 2 Wirbelkörpern Häufig Eher selten
Skip lesions (s. u.) Nicht selten Selten
Ausmaß der Bandscheibendestruktion Bandscheiben häufig nicht / Bandscheiben fast immer befallen,
nur gering befallen häufig mit weitgehender Destruktion
Abszess im Bandscheibenfach mit randständiger KM-Aufnahme Selten Bei etwa 65 %
Begrenzung des entzündlichen Gewebes nach paravertebral (T1+KM) Meist glatt begrenzt Meist unscharfe Grenze
Paravertebraler Abszess mit randständiger KM-Aufnahme Häufig Eher selten
CT
Verkalkungen in paraspinalen Abszessen Bei etwa 50 % Selten
Destruktion der Pedikel Bei etwa 50 % Selten

chondrose, manchmal sind die Segmente auch knöchern 14.1.4 Wirbelsäulentuberkulose


fusioniert, in den Wirbelkörpern ist als Zeichen der Hei-
lung häufig das Knochenmark homogen verfettet jSynonyme
M. Pott, Spondylitis tuberculosa
jKlinik
4 Rückenschmerz, umschriebener Klopfschmerz, bei epidu- jDefinition
raler Ausbreitung Paraparese, Sensibilitätsstörungen Tuberkuloseinfektion der Wirbelsäule
4 Fieber, Leukozytose, CRP- und BSG-Anstieg (nicht zwingend)
jÄtiologie
14 jDD 4 Hämatogene Streuung aus einem Primärherd (z. B. Lunge
4 Degenerative Spondylose (CRP und BSG nicht erhöht, oder Urogenitaltrakt). Meist beginnt die Spondylitis im
Bandscheibe hypointens in T2w, meistens kein Wirbelkör- subchondralen Knochen im ventralen Anteil des Wirbel-
perödem (außer bei erosiver Osteochondrose, s. u.), kein körpers. Von hier aus breiten sich die Erreger unter den
wasserisointenses Flüssigkeitssignal im Bandscheibenfach, Längsbändern zu anderen Wirbelkörpern oder nach para-
keine KM-Aufnahme von Bandscheibe und angrenzenden spinal aus. Dabei können auch Wirbelkörper übersprungen
Wirbelkörpern, bei Osteochondrose ist in der CT oft ein werden (»skip lesions«). Anders als bei bakteriellen Spon-
Vakuumphänomen im Bandscheibenfach nachweisbar) dylodiszitiden werden die Bandscheiben meistens nicht
4 »Aktivierte«/erosive Osteochondrose (CRP und BSG nicht oder nur in geringem Umfang befallen (Mangel an proteo-
erhöht, Bandscheibe ist meist hypointens in T2w, kann aber lytischen Enzymen?).
manchmal auch hyperintens in T2w sein und eine band- 4 Ausnahme: Aufgrund der unterschiedlichen Gefäßversor-
förmige KM-Aufnahme zeigen, bei der Osteochondrose ist gung kann die Wirbelsäulentuberkulose bei Kindern auch
aber im Gegensatz zur Spondylodiszitis das Bandscheiben- zu einem primären Befall der Bandscheiben führen.
signal an keiner Stelle wasserisointens, bei Osteochondrose
ist in der CT oft ein Vakuumphänomen im Bandscheiben- jEpidemiologie
fach nachweisbar, bei der Osteochondrose ist das Wirbel- 4 <1 % der Patienten mit bekannter Tuberkulose entwickeln
körperödem weniger stark ausgeprägt und erreicht norma- eine Spondylitis tuberculosa
lerweise nicht die gegenüberliegende Endplatte des Wirbels, 4 Bei etwa 10 % der Patienten mit Spondylitis tuberculosa
bei der Spondylodiszitis ist fast immer die signalarme End- findet sich eine Lungentuberkulose
platte in T1w nativ an einer Stelle unterbrochen) 4 Gehäufte Inzidenz bei Diabetes mellitus, Sepsis und einge-
4 Spondylitis tuberculosa (. Tab. 14.1) schränkter Immunkompetenz (z. B. HIV, Lymphom)
4 Wirbelkörpermetastasen (Bandscheibe bleibt erhalten, kein
paravertebraler Abszess, vom isolierten Wirbelkörperbefall
bei der tuberkulösen oder fungalen Osteomyelitis aber
nicht sicher unterscheidbar)
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
177 14

a b c

d e

. Abb. 14.33a–e Laterale konventionelle Röntgenaufnahme (a) sowie sagittale CT-Reformation (b), sagittaleT2w-(c) T2w-STIR (d) und native T1w-MRT-
Aufnahme (e) der HWS vom kraniozervikalen Übergang bis HWK 6.
34-jähriger Patient mit akut eingesetzten Schmerzen der HWS sowie einer nicht genauer differenzierbaren Hyposensibilität des linken Armes. Der HWK 3
ist bis auf einen minimalen Rest nahezu vollständig destruiert (a und b Pfeil). Der destruierte HWK 3 sowie die angrenzende Basis des HWK 2 weisen als
Ausdruck eines Wirbelkörperödems ein T2-hyperintenses Signal auf (d Pfeile). Hierbei sind, typisch für den Verlauf der Erkrankung im Erwachsenenalter, die
Bandscheiben der Segmente HWK 2/3 und 3/4 (c Pfeilspitzen) intakt. Die Hinterkante des HWK 3 ist größtenteils erhalten und in den Spinalkanal verlagert.
Durch die Kompression zeigt sich in T2w ein schmales Ödemsignal im Myelon (c und d). Begleitend findet sich darüber hinaus im betroffenen Segment
HWK 3/4 proliferiertes Gewebe in Form einer prävertebralen Raumforderung (c Pfeil)

! Typischer Befund kRöntgennativaufnahmen


4 Befall mehrerer Wirbelkörper mit intraossären Abs- 4 In den ersten Wochen meist unauffällig
zessen und knöcherner Destruktion, dabei Band- 4 Diffuse Wirbelsklerose oder Zerstörung
scheiben nur gering beteiligt 4 Oft Gibbus-Deformität
4 Psoasabszess mit Verkalkungen 4 Im Spätstadium Wirbelfusion über das Bandscheibenfach
hinweg
jBildgebung
kLokalisation kCT
Am häufigsten thorakolumbaler Übergang, Befall beginnt 4 Zeigt besser und früher als Röntgennativaufnahmen die
meistens in der vorderen Wirbelkörperhälfte ossäre Destruktion, manchmal mit Knochenfragmenten
(Sequester) (. Abb. 14.33)
4 Oft auch Zerstörung der Pedikel
4 Typisch sind Verkalkungen in paraspinalen Abszessen
178 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b

. Abb. 14.34a, b Spondylitis tuberculosa. Sagittale T2w- (a) und koronare (b) T1w-MRT-Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe. BWS eines 11-jähringen
Jungen. Bei dieser juvenilen Form einer tuberkulösen Spondylitis ist der vollständige Befall zweier Wirbelkörper mit Beteiligung des zugehörigen Band-
scheibenfachs zu erkennen (Höhenminderung, Verlust des physiologischen Wassersignals, a Pfeil). Darüber hinaus finden sich bilateral paravertebral
vom oberen Wirbellkörper ausgehende, große Abszesse (a Pfeilspitzen). (Aus Tortori-Donati 2005)

kMRT 4 Bei erfolgreicher Therapie kann die Normalisierung der


4 Befall der Wirbelkörper zeigt sich durch Ödem im Wirbel- MRT-Befunde gegenüber der klinischen Heilung um Wochen
14 körper (T1w: hypointens, T2w: iso-/hyperintens, STIR: verzögert sein (Laborwerte zeigen die Heilung früher an)
hyperintens, kräftige KM-Aufnahme). Die KM-Aufnahme 4 Nach erfolgter Abheilung zeigen die betroffenen Segmente
im Wirbelkörper ist meist inhomogen und fokal. Oft sind oft Veränderungen wie bei degenerativer Osteochondrose,
intraossäre Abszedierungen mit randständiger KM-Auf- manchmal sind die Segmente auch knöchern fusioniert, in
nahme nachweisbar. den Wirbelkörpern ist als Zeichen der Heilung häufig das
4 Befall der Bandscheibe zeigt sich durch Höhenminderung Knochenmark homogen verfettet
(nicht im Frühstadium), abnormes Flüssigkeitssignal (T1w:
hypointens, T2w/STIR: hyperintens, oft als horizontale Li- jKlinik
nie), KM-Aufnahme. Ein Befall der Bandscheiben ist mög- 4 Rückenschmerz, umschriebener Klopfschmerz, bei epidu-
lich, aber deutlich seltener als bei der bakteriellen Spondylo- raler Ausbreitung Paraparese, Sensibilitätsstörungen
diszitis. Intradiskale Abszedierungen mit randständiger KM- 4 Fieber, Leukozytose, CRP- und BSG-Anstieg
Aufnahme sind im Gegensatz zur bakteriellen Spondylodis- 4 Meist langsamere Entwicklung der klinischen Symptome
zitis sehr selten. Dies gilt nicht bei Kindern: Aufgrund der als bei bakterieller Spondylitis
noch bestehenden Vaskularisation der Bandscheiben befällt
die Spondylitis tuberculosa bei Kindern Wirbelkörper und jDD
Bandscheiben (. Abb. 14.34, . Abb. 14.35 und . Abb. 14.36) 4 Bakterielle Spondylitis (. Tab. 14.1)
4 Isolierter Befall von dorsalem Wirbelkörper oder Wirbel- 4 Wirbelkörpermetastasen (Bandscheibe bleibt erhalten, kein
anhangsgebilden möglich paravertebraler oder epiduraler Abszess, ansonsten nicht
4 Häufig paravertebrale Ausbreitung mit Abszedierung: sicher unterscheidbar)
Weichteilödem (hyperintens in T2w/STIR), KM-Aufnahme, 4 Erosive Osteochondrose (Bandscheibenfach verschmälert,
meist glatte Begrenzung des KM-aufnehmenden Gewebes Deck- und Grundplatten vermehrt sklerosiert)
4 Eitrig eingeschmolzene Areale in Wirbelkörper oder Band-
scheibe zeigen eine Diffusionsstörung > Aufgrund der noch bestehenden Vaskularisation der
4 Epidurale Phlegmone/Abszess: KM-Aufnahme der Meningen/ Bandscheiben befällt die Spondylitis tuberculosa bei
der Abszesswand, Abszessinhalt hyperintens in T2w/STIR Kindern Wirbelkörper und Bandscheiben.
14.1 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
179 14

a b c

. Abb. 14.35a–c Spondylitis tuberculosa. Sagittale T2w- (a) sowie sagittale (b) und koronare (c) T1w-MRT-Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe. Thorako-
lumbaler Übergang eines 13-jähringen Jungen. Bei dieser juvenilen Form einer tuberkulösen Spondylitis ist der vollständige Befall zweier Wirbelkörper
mit der für dieses Alter typischen Beteiligung des zugehörigen Bandscheibenfachs zu erkennen (a und b Pfeil). Das Bandscheibenfach ist höhengemindert
und zeigt eine starke, randständige KM-Aufnahme. Darüber hinaus findet sich links ein vom Bandscheibenfach ausgehender, großer, scharf umgrenzter
Abszess (c Pfeilspitzen). (Aus Tortori-Donati 2005)

a b c d

. Abb. 14.36a–d Spondylitis tuberculosa. Sagittale T1w- (a) T2w- (b) STIR- (c) und T1w-MRT-Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe (d). LWS eines 18-jähri-
gen HIV-negativen drogenabhängigen Patienten. Die Wirbelkörper LWK 3 und 4 zeigen eine Ödem, das sich in T1w als Signalminderung (a), auf der STIR-
Aufnahme als Signalsteigerung zeigt (c). Durch die Kontrastmittelaufnahme in diesem Bereich weisen die betroffenen Wirbelkörper auf den kontrastmitte-
langehobenen Aufnahmen ein fast normales Signal auf (d). Das Bandscheibenfach LWK 3/4 zeigt kein normales Wassersignal mehr. Ob es von der Infektion
mit betroffen ist, ist unklar. Vor der Wirbelsäule ist KM-aufnehmendes Gewebe zu erkennen, das sich unter dem vorderen Längsband von der Oberkante
LWK 2 bis zum LWK 5 erstreckt (d). Dieser Befund, ohne dass die überbrückten Bandscheibenfächer betroffen sind, sprach für eine tuberkulöse Spondylitis.
(Aus Thurnher et al. 2000)
180 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

14.1.5 Paravertebraler Abszess jKlinik


4 Fieber, Rückenschmerzen und Klopfschmerzhaftigkeit
jDefinition 4 Bei epiduraler Ausbreitung ggf. auch Paraparese, Sensibili-
Infektion der die Wirbelsäule umgebenden Weichteile (s. 7 Kap. 10 tätsausfälle
»Paraspinale Weichteile«, S. 64)
jDD
jÄtiologie 4 Primärer nekrotischer/zystischer paravertebraler Tumor
kInfektionsweg oder Metastase (in der Regel weniger Umgebungsreaktion,
4 Am häufigsten hämatogene Streuung weniger zentrale Einschmelzung, kann manchmal schwer
4 Ausbreitung von einer benachbarten Infektionsstelle (per unterscheidbar sein, evtl. Abszessnachweis durch Diffu-
continuitatem), z. B. Spondylodiszitis, abdominelle oder sionsstörung)
retroperitoneale Infektion 4 Retroperitoneales Hämatom (Anamnese, abweichendes
4 Direkte Inokulation der Erreger durch Injektion, Wirbel- Signal je nach Alter des Hämatoms wie bei intrazerebralen
säulenoperation oder penetrierendes Trauma Blutungen (s. 7 Kap. 16.1, S. 260), im akuten Stadium keine
KM-Aufnahme)
kErreger
4 Meistens bakterielle Infektion, häufigster Erreger ist Staphy-
lococcus aureus (90 %) 14.2 Entzündliche Erkrankungen
4 Mycobakterium tuberculosis (s. 7 Kap. 14.1.4, »Wirbelsäulen- des Spinalkanals
tuberkulose«, S. 176)
4 Pilzinfektionen sind in Europa sehr selten (gehäuft bei ver- 14.2.1 Epiduraler Abszess
minderter Immunkompetenz), im Südwesten der USA sind
Pilzinfektionen dagegen endemisch (Kokzidioidomykose) jDefinition
Epidurale Infektion mit Abszessbildung
jEpidemiologie
4 Tritt am häufigsten in Verbindung mit einer Spondylodiszi- jÄtiologie
tis auf (s. 7 Kap. 14.1.3, »Erregerbedingte Spondylitis/Spondy- kInfektionsweg
lodiszitis«, S. 174) 4 Am häufigsten Ausbreitung von einer benachbarten Infek-
4 Gehäufte Inzidenz bei Diabetes mellitus, Sepsis und einge- tionsstelle (per continuitatem), z. B. Spondylodiszitis, Spon-
schränkter Immunkompetenz (z. B. HIV, Lymphom) dylarthritis des Facettengelenks, paravertebraler Abszess
4 Direkte Inokulation der Erreger durch Injektion, Wirbel-
! Typischer Befund
säulenoperation oder penetrierendes Trauma
14 Randständig KM-aufnehmende Flüssigkeitsansamm-
4 Hämatogene Streuung
lung in der paravertebralen Muskulatur
kErreger
jBildgebung 4 Meistens bakterielle Infektion, häufigster Erreger ist Staphy-
kCT lococcus aureus (60 %)
4 Weichteildichte, zentral auch flüssigkeitsisodense Raum- 4 Zweithäufigster Erreger ist Mycobakterium tuberculosis
forderung paravertebral, z. B. im M. psoas, mit breiter und 4 Pilzinfektionen sind in Europa sehr selten (gehäuft bei ver-
unregelmäßiger, randständiger KM-Aufnahme minderter Immunkompetenz), im Südwesten der USA sind
4 Umgebendes Gewebe kann ödematös sein und eine diffuse Pilzinfektionen dagegen endemisch (Kokzidioidomykose)
KM-Aufnahme zeigen
jEpidemiologie
kMRT 4 Tritt am häufigsten in Verbindung mit einer Spondylodiszi-
4 Paravertebrale Gewebe wirken aufgetrieben und sind öde- tis auf (s. 7 Kap. 14.1.3 »Erregerbedingte Spondylitis/Spondy-
matös (herdförmig oder diffus): T1w hypo- oder isointens, lodiszitis«, S. 174)
T2w / STIR: hyperintens, diffuse oder ringförmige KM- 4 Gehäufte Inzidenz bei Diabetes mellitus, Sepsis und einge-
Aufnahme. Bei eingetretener Abszedierung: Zentrum der schränkter Immunkompetenz (z. B. HIV, Lymphom)
Läsion in T1w meistens isointens, T2w und STIR hyperin-
tens, Zentrum zeigt eine Diffusionsstörung (. Abb. 14.37). ! Typischer Befund
4 Besonders achten auf Zeichen einer gleichzeitig vorlie- Flüssigkeitsansammlung im Epiduralraum mit flächiger
genden Spondylodiszitis (s. 7 Kap. 14.1.3, »Erregerbedingte oder randständiger KM-Aufnahme
Spondylitis/Spondylodiszitis«, S. 174) oder epiduralen Aus-
breitung (s. 7 Kap. 14.2.1, »Epiduraler Abszess«) (. Abb.
14.38)
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
181 14

b c

. Abb. 14.37a–c Paravertebraler Abszess. Axiale, fettsupprimierte, kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Aufnahme auf Höhe des LWK 5 (a) und des SWK 1
(b) sowie sagittale T2w-MRT-Aufnahme des Spinalkanals von BWK 10/11 bis SWK 2 (c) bei einer 33-jährigen Patientin mit Rückenschmerzen und einem
epiduralen Abszess (c Pfeil, s. . Abb. 14.39, epiduraler Abszess). Intraspinal ist ein mehrfach gekammerter Abszess zu erkennen (a Pfeil). Der entzündliche
Prozess breitet sich hierbei unter Bildung von mehreren Abszesshöhlen, die randständig KM aufnehmen (a Pfeilspitzen), diffus infiltrierend bis in die para-
vertebralen Weichteile aus (b Pfeilspitzen). Auch im linken M. iliopsoas ist eine größere Abszesshöhle entstanden (b Pfeil)

b c

. Abb. 14.38a–c Paravertebraler Abszess. Sagittale (a) und axiale (c) sowie koronare fettsuprimierte
(B) T1w-MRT-Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe in Höhe von LWK 2/3 bis SWK 1/2 (sagittal, LWK 1/2 bis
LWK 5/SWK 1 (koronar, links) bzw. LWK 5 (axial). 52-jährige Patientin mit Fieber und Lumboischialgien
bei einer Staphylococcus-aureus-Spondylodiszitis (s. . Abb. 14.32, Spondylodiszitis). Im Rahmen einer
Spondylodiszitis im Segment LWK 4/5 (a Pfeile) breitet sich der entzündliche Prozess entlang der angren-
zenden Weichteile bis in die linken Mm. psoai aus (b, c Stern) und führt dort zu einem septierten Abszess
a (b, c Pfeilspitzen). (Metallartefakte hervorgerufen durch einen Fixateur interne)
182 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

jBildgebung: 14.2.2 Subdurales Empyem


kLokalisation
Tritt in allen Wirbelsäulenabschnitten auf, kann sich über viele jDefinition
Segmente erstrecken, ventrale Lage meist bei ursächlicher Spon- Infektion mit Ansammlung von entzündlichem Gewebe und
dylodiszitis, dorsale Lage häufiger bei hämatogener Streuung Eiter im Subduralraum

kMRT jÄtiologie
4 T1w: meist hypo- oder isointens, selten auch leicht hyper- 4 Infektionsweg:
intens 5 hämatogene Streuung
4 T2w: hyperintens (kann schwer von normalem Liquor 5 subdurale Empyeme sind eine sehr seltene Komplikation
zu unterscheiden sein) einer Leptomeningitis
4 PDW/FLAIR: hyperintens zum Liquor (besser geeignet 5 Infektion als Folge seltener kongenitaler Fehlbildungen
als T2w) mit einer offenen Verbindung zum Duralsack (z. B. Der-
4 Im phlegmonösen Stadium: flächige, homogene oder malsinus, neuroenterale Zyste, Myelomeningozele)
heterogene KM-Aufnahme
4 Wenn sich eine Abszesskapsel formiert hat: randständige jEpidemiologie
KM-Aufnahme (. Abb. 14.39 und . Abb. 14.40) Da die Arachnoidea im Bereich des Spinalkanals relativ fest ver-
4 DWI: Diffusionsstörung (gut geeignet zur Abgrenzung wachsen ist, sind subdurale Empyeme eine Rarität.
von Tumor oder Bandscheibenherniation)
! Typischer Befund
4 Diffuse KM-Aufnahme der angrenzenden Dura möglich
Homogen KM-aufnehmende, in T2w hyperintense
4 Auf typische Zeichen für Spondylodiszitis, Spondylarthritis
Läsion an der Innenseite der Dura, die vom Subarach-
und paravertebralen Abszess achten
noidalraum mit normalem Liquorsignal abgrenzbar ist
5 Signalsteigerung des Myelons in T2w kann bedingt
sein durch:
– Kompressionswirkung des Abszesses jBildgebung
– Ischämie des Myelons durch begleitende Vaskulitis kMRT
– Ausbreitung der Erreger mit Infektion des Myelons 4 Lokalisation: Läsion an der Innenseite der Dura
4 Rückläufige BSG- und CRP-Werte sind bezüglich des An- 4 T1w: hypointens
sprechens auf eine Therapie verlässlicher als der kurzfristige 4 T2w: hyperintens (evtl. nicht von Liquor abgrenzbar)
MRT-Verlauf 4 PDW/FLAIR: hyperintens zu Liquor
4 Bei erfolgreicher Behandlung ist auf Verlaufsaufnahmen 4 Flächige oder randständige KM-Aufnahme (. Abb. 14.41)
manchmal noch eine lineare epidurale KM-Aufnahme ohne 4 DWI: Diffusionsstörung
14 raumfordernde Wirkung zu sehen, die in der Regel sterilem
Granulationsgewebe oder einer Fibrose entspricht jDD
4 Sarkoidose (Durabefall, systemische Läsionen)
jKlinik 4 Subdurales Hämatom (Signal hängt vom Alter des Häma-
Rückenschmerzen, lokaler Klopfschmerz, neurologische Ausfäl- toms ab, s. 7 Kap. 16.1 »Spinale Blutungen«, S. 260, meist hy-
le bei Affektion des Myelons, meistens Fieber, BSG- und CRP- perintens in T1w und hypointens in T2w, im akuten Stadi-
Erhöhung um keine KM-Aufnahme)

jDD
4 Epidurale Metastase (meist kontinuierlicher Übergang 14.2.3 Leptomeningitis
zum benachbarten Wirbelkörper, befallener Wirbelkörper
wirkt aufgetrieben, homogene KM-Aufnahme, fehlende jDefinition
Diffusionsstörung) Infektion von Leptomeningen (Pia mater und Arachnoidea) und
4 Epidurales Hämatom (Signal hängt vom Alter des Häma- Subarachnoidalraum
toms ab, s. 7 Kap. 16.1 spinale Blutung, S. 260, meist
hyperintens in T1w und hypointens in T2w) jÄtiologie
4 Bandscheibenherniation (meist Übergang zum Band- 4 Erreger: bakteriell, tuberkulös, viral oder fungal
scheibenfach, in T2w meist hypo-/isointens, randständige 4 Auf die Entzündung reagieren die Leptomeningen mit einer
KM-Aufnahme schwach oder fehlend, keine Diffusions- Hyperämie und Hyperpermeabilität der Gefäße, die in der
störung) MRT als vermehrte KM-Aufnahme sichtbar wird
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
183 14

a b c

. Abb. 14.39a–d Epiduraler Abszess. Sagittale T2w-(a) und T1w-MRT-Aufnahmen vor


(b) und fettsupprimiert nach (c) Kontrastmittelgabe mit Abbildung der BWK 10/11 bis
SWK 3 sowie axiale kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Aufnahme in Höhe des LWK 4
(d). 33-jährige Patientin mit Rückenschmerzen (s. . Abb. 14.37, Paravertebraler Abszess).
Von der Deckpklatte des LWK 3 bis zur Grundplatte des SWK 2 findet sich ein spindel-
förmiger, epidural gelegener Abszess (a und b Pfeil), der den Duralschlauch von dorsal
deutlich komprimiert (d Pfeil) und zu einer Syringohydromyelie im Bereich des Conus
medullaris führt (a Pfeilspitze). Nach Kontrastmittelgabe ist eine signalangehobene
Kapsel zu erkennen (c Pfeil und d Pfeilspitze). Der entzündliche Prozess bezieht hierbei
d auch die Cauda-equina-Fasern mit ein (c Pfeilspitze)
184 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

14

d e

. Abb. 14.40a–e Epiduraler Abszess. Sagittale fettsupprimierte T2w- (a) und T1w-MRT-Sequenzen vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe mit Darstellung
der HWK 2 bis BWK 3 sowie fettsupprimierte T2w- (d) und kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Sequenzen (e) in axialer Ausrichtung auf Höhe des Band-
scheibenfachs HWK 5/6. 44-jähriger Patient mit Rückenschmerzen bei Z.n zervikaler Spondylodiszitis. Von der Deckpklatte des HWK 4 bis zur Grundplatte
des HWK 7 findet sich unmittelbar dorsal der Wirbelkörper ein epidural gelegener Abszess (a bis d Pfeil) mit einer randständigen Kontrastmittelaufnahme
(e Pfeilspitze). Der Abszess führt zu einer deutlichen Kompression des Myelons (e Pfeilspitze). Hierbei reicht der entzündliche Prozess bis auf die Höhe der
BWK 2-Grundplatte und es besteht eine entzündliche Mitbeteiligung der an den Abszess angrenzenden HWK 5 bis 7, welche als Ausdruck eines Wirbelkör-
perödems ein T2w-hyperintenses Signal aufweisen (a Pfeilspitzen). Auch prävertebral ist bereits KM-aufnehmendes entzündliches Gewebe nachweisbar (c)
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
185 14

a b c

. Abb. 14.41a–d Subdurales Empyem. Sagittale T2w- (a) und T2-FLAIR-MRT-Aufnahmen


(b) sowie sagittale (c) und axiale (d) T1w-Aufnahme nach Kontrastmittelgabe. BWK 10/11
bis LWK 3 (sagittal) sowie BWK 11 (axial) bei einem 44-jährigen Patienten mit Rücken-
schmerzen. In der T2w-Sequenz erscheint zunächst der dorsale Subarachnoidalraum in
Höhe der BWK-11-Deckplatte bis zur BWK-12-Grundplatte verbreitert (a Pfeil). Nach Un-
terdrückung des Liquorsignals und Kontrastmittelgabe ist zu erkennen, dass es sich hier-
bei um ein randständig Kontrastimittel-aufnehmendes Empyem handelt (d Pfeilspitze
und b bis d Pfeil), das deutlich vom epiduralen Fettgewebe abgrenzbar ist (a Pfeilspitze).
Ein T2-FLAIR-hyperintenses Liquorsignal (b Pfeilspitze) und eine Kontrastmittelaufnahme
des Subarachnoidalraums (c Pfeilspitze) weisen auf eine subarachnoidale Beteiligung der
d Entzündung hin
186 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 14.42a–c Herpes zoster-Meningitis. Sagittale T1w- vor (a) und nach (b) Kontrastmittelgabe sowie T2w- (c) MRT-Sequenzen. BWK 10/11 bis LWK 5
bei einem 75-jährigen Patienten mit einem akut aufgetretenen Meningismus. Typisch für eine Leptomeningitis ist die hier erkennbare teils lineare, teils
knotige Kontrastmittelaufnahme entlang des Myelons sowie der Kaudafasern (b Pfeil). Im T2w Bild sind zusätzlich fleckige, T2w-hyperintense Veränderun-
gen des Myelons im Sinne einer myelitischen Mitbeteiligung erkennbar (c Pfeil)

14 jEpidemiologie 4 Seltene Komplikationen:


Meist sekundäre Infektion nach intrakranieller Meningitis, 5 intramedulläres Ödem mit Schwellung und Signalsteige-
Spondylodiszitis oder operativem Eingriff rung in T2w oder fokale intramedulläre KM-Aufnahme
(mögliche Ursachen: Ischämie durch Vaskulitis, venöse
! Typischer Befund
Stauung, direkte Infektion des Myelons)
Vermehrte KM-Aufnahme der Meningen in der MRT
5 subdurale Empyeme
> Ein direkter Befall von spinalen Gefäßen bei einer
jBildgebung
Meningitis kann zu einer spinalen Ischämie führen.
kCT
Meistens unauffällig, evtl. aufgetriebenes Rückenmark oder ver-
dickte Nervenwurzeln jKlinik
4 Akuter Beginn mit Fieber, Kopfschmerz, Meningismus und
kMRT Bewusstseinstrübung
4 Initial meist noch unauffällig, bei ausgeprägtem Krank- 4 Generalisierte Krampfanfälle, neurologische Ausfälle
heitsverlauf: 4 Bei tuberkulöser oder fungaler Meningitis langsamere
5 erhöhter Eiweißgehalt im Liquor führt zu Signalanstieg Entwicklung der Symptomatik
in T1w, T2w, PDW, FLAIR
5 bei bakterieller Meningitis und ausgeprägter Eiterent- jDD
wicklung manchmal Spiegel im lumbosakralen Dural- 4 Meningeosis carcinomatosa (bekannter Primärtumor,
sack Nachweis von Tumorzellen im Liquor)
5 lineare oder knotige KM-Aufnahme an der Duraober- 4 Sarkoidose (systemische Manifestationen, Rö-Thorax mit
fläche oder auf den Nervenwurzeln der Cauda equina Hilusvergrößerung, oft mit intrazerebralen oder intrame-
(. Abb. 14.42) dullären KM-aufnehmenden Läsionen)
5 An der HWS geht die leptomeningeale KM-Aufnahme
in die hintere Schädelgrube über
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
187 14
14.2.4 Infektiöse Myelitis/intramedullärer 14.2.5 Myelitis transversa
Abszess
jSynonyme
jDefinition Idiopathische akute Myelitis transversa, Querschnittsmyelitis
Intramedulläre Infektion mit oder ohne Abszessbildung
jDefinition
jÄtiologie Sammelbegriff für das klinische Bild einer sich akut entwickeln-
kErreger den Rückenmarksaffektion mit bilateralen motorischen und
4 Bakterien sensiblen Ausfällen und einer Blasen-/Mastdarmstörung, wenn
4 Viren keine spezifische Ursache gefunden werden kann.
4 Pilze
4 Protozoen jÄtiologie
Zumindest ein Teil der Fälle ist autoimmun vermittelt (als ver-
kInfektionsweg zögerte Reaktion auf z. B. eine Virusinfektion) und führt zu einer
4 Hämatogene Streuung Demyelinisierung. In anderen Fällen ist eine spezifische Ursache
4 Ausbreitung per continuitatem (z. B. bei epiduralem vorhanden, wird aber nicht erkannt (z. B. atypischer spinaler In-
Abszess) farkt, direkte virale Infektion des Myelons).
4 Infektion als Folge seltener kongenitaler Fehlbildungen mit
einer offenen Verbindung zum Duralsack (z. B. Dermalsinus, jEpidemiologie
neuroenterale Zyste, Myelomeningozele) Gehäuftes Auftreten im späten Winter und Frühling
! Typischer Befund
jEpidemiologie
Zentrales Ödem im Rückenmark, das nahezu die
4 Infektiöse Myelitiden sind relativ selten
gesamte Querschnittsfläche einnimmt und sich über
4 Intramedulläre Abszesse sind eine Rarität
mehr als 2 Segmente erstreckt
! Typischer Befund
4 Myelitis: Myelonödem mit oder ohne KM-Auf-
jBildgebung
nahme (unspezifischer Befund)
kLokalisation
4 Intramedullärer Abszess: randständig KM-aufneh-
Gehäuftes Auftreten im thorakalen Myelon
mende Läsion im Myelon mit zentralem Flüssig-
keitssignal und Diffusionsstörung
kCT
Nicht hilfreich
jBildgebung
kMRT kMRT
4 Myelitis: 4 In 40–50 % der Fälle ist die initiale MRT unauffällig
5 Myelonödem, T1w: hypo-/isointens, T2w: hyperintens, 4 Zentrales Ödem im Rückenmark, das gewöhnlich >2/3 der
mit oder ohne fleckige KM-Aufnahme (. Abb. 14.43) Querschnittsfläche einnimmt (hyperintens in T2w und
5 Viren zeigen manchmal einen selektiven Befall der grau- STIR, iso-/hypointens in T1w) (. Abb. 14.44)
en Substanz 4 Läsion erstreckt sich in den meisten Fällen über >2 Seg-
4 Intramedullärer Abszess: mente (typisch sind 3–4 Segmente)
5 T1w: Myleon aufgetrieben, evtl. diskret hypointens 4 Kontur des Myelons ist normal oder leicht aufgetrieben
5 T2w: unscharf begrenztes Ödem (50 % der positiven Fälle)
5 zunächst fokale KM-Aufnahme; sobald sich eine 4 KM-Aufnahme in 50 % der positiven Fälle (wenn KM-Auf-
Abszesskapsel formiert hat: randständige KM-Aufnahme nahme, dann sehr variabel: fokal/diffus/randständig/
4 DWI: Diffusionsstörung (gut geeignet zur Abgrenzung von meningeal)
Tumor) 4 Abheilung bei einem Teil der Fälle mit residualer Gliose
und Myelonatrophie
jDD
4 Intramedullärer Tumor (fehlende Diffusionsstörung) jEmpfehlung
4 Entzündliche/demyelinisierende Erkrankungen, z. B. 4 MRT: sagittale T2w, STIR (Wirbelkörperinfarkt als Hinweis
ADEM oder Multiple Sklerose (multiple Läsionen, intra- auf spinale Ischämie?), T1w –/+ KM, axiale T2w und
kranieller Befall) T1w + KM
4 Sarkoidose (Durabefall, systemische Läsionen) 4 Verlaufskontrolle in 3–7 Tagen, wenn initiale MRT unauf-
fällig
4 MRT des Gehirns mit axialer FLAIR und sagittaler T2w
(Läsionen in Marklager oder Corpus callosum als Hinweis
auf MS oder ADEM?)
188 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

14

. Abb. 14.43a–d Herpes-Simplex-Virus-Myelitis. Sagittale T1w- vor (a) und nach (b)
Kontrastmittelgabe sowie fettsupprimierte sagittale (c) und axiale T2w- (d) MRT-Aufnah-
men. Darstellung des Spinalkanals von BWK 10/11 bis SWK 1 (sagittal) und BWK 12/LWK 1
(axial) bei einem 54-jährigen Patienten mit einem Cauda-equina-Syndrom. Der Conus
medullaris ist im Rahmen einer Myelitis spindelförmig ödematös aufgetrieben und weist,
typisch für einen viralen Befall, eine zentrale T2w-Signalanhebung (c und d Pfeil) sowie
d eine Schrankenstörung im Bereich der grauen Substanz auf (b Pfeil)
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
189 14

a b c

. Abb. 14.44a–d Thorakale Myelitis transversa. Sagittale fettsupprimierte T2w- (a), T1w-
vor (a) und nach (b) Kontrastmittelgabe sowie axiale T2w- (d) MRT-Sequenzen. HWK 5/6
bis BWK 5/6 (sagittal) sowie BWK 2 (axial) bei einem 35-jährigen Patient mit einer linksbe-
tonten Fußheberschwäche und Kribbelparäesthesien. Auffallend ist eine vorwiegend
zentral betonte, T2w-hyperintense, spindelförmige Auftreibung des Myelons, die sich
von HWK 7 bis BWK 4 erstreckt und einem entzündlichen Ödem entspricht (a Pfeil). In
Höhe des BWK 2 nimmt dieses Ödem nahezu den gesamten Querschnitt des Myelons ein
(d Pfeil). Innerhalb des entzündlichen Prozesses findet sich darüber hinaus intramedullär
d in Höhe des BWK 3 ein ovaläres, schrankengestörtes Areal (c Pfeil)
190 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

jKlinik Die Arachnoiditis kann lokal auf den Ort des Traumas be-
4 Prodromi sind diffuse Schmerzen grenzt sein (meist asymptomatisch) oder als generalisierte und
4 Neurologische Ausfälle, die innerhalb von Tagen ihr manchmal chronisch progrediente Reaktion erfolgen.
Maximum erreichen Warum eine Arachnoiditis auch nach einer extraduralen
4 Querschnittssyndrom mit bilateralen motorischen und Bandscheibenoperation auftreten kann, ist unklar. Aber auch
sensiblen Ausfällen und einer Blasen-/Mastdarmstörung eine Bandscheibenherniation selbst löst nicht nur eine Entzün-
dungsreaktion im Epiduralraum, sondern auch an der Arachno-
jDD idea aus. Die Arachnoiditis ist mit 15–20 % eine häufige Ursache
4 Multiple Sklerose (häufiger exzentrisch gelegen und <50 % für chronische Beschwerden nach einer Wirbelsäulenoperation
der Querschnittsfläche, Ausdehnung <2 Segmente, aber (»failed back surgery«).
bildmorphologisch nicht sicher unterscheidbar, in 90 % mit Selten kommt es an den Verklebungen zu Verkalkungen
begleitenden intrakraniellen Läsionen, remittierender/rezi- (Arachnoiditis ossificans)
divierender klinischer Verlauf)
4 ADEM (viraler Infekt oder Impfung in den letzten Wochen, jEpidemiologie
fast immer begleitende intrakranielle Läsionen) 4 Operative Eingriffe am Spinalkanal (vor allem wenn multi-
4 Intramedullärer Tumor (immer mit Auftreibung des pel oder mit Duraverletzung oder sekundärer Infektion), in
Myelons, nahezu immer mit KM-Aufnahme, langsamere einer Studie lag die 1-Jahres-Prävalenz nach extraduraler
Entwicklung der klinischen Symptome) Wirbelsäulenoperation bei 4,6 %
4 Spinale Ischämie (schnellere Entwicklung der klinischen 4 Intrathekale Injektion von Kontrastmitteln oder Medika-
Symptome, häufig mit Wirbelkörperinfarkt oder positivem menten (Risiko bei den nicht mehr verwendeten öligen
Cauda-Zeichen, Diffusionsstörung)
Kontrastmitteln, z. B. Lipiodol: 60–70 %)
4 Andere Erkrankungen, die ausgeschlossen werden müssen:
4 Wirbelsäulenverletzungen
5 Vaskulitis durch z. B. Lupus erythematodes, Sarkoidose,
4 Häufige Lumbalpunktionen
M. Behcet, Sjögren Syndrom
4 Meningitis oder spinale Subarachnoidalblutung
5 spinale Gefäßmalformationen (Flussartefakte?)
4 Selten auch nach epiduraler Injektion von Anästhetika oder
5 Strahlennekrose (Radiatio in der Vorgeschichte?)
anderen Medikamenten
5 paraneoplastische Myelopathie durch einen extraspina-
4 Spinalkanalstenose oder Durakompression durch Band-
len Primärtumor
scheibenherniationen
5 spezifische Infektionen, die zu einer Beteiligung des
Myelons führen können (Syphilis, Borreliose, Myco- ! Typischer Befund
plasma, Viren: HIV, Herpes, Varizella zoster, Epstein- Verklumpte Nervenwurzeln im Zentrum des Duralsacks
Barr, Zytomegalie, Enteroviren) oder »leerer« Duralsack, bei dem die Nervenwurzeln
14 mit der Innenseite des Duralsacks verklebt sind

14.2.6 Arachnoiditis
jBildgebung
jSynonyme kMyelographie/Myelo-CT
Chronische Arachnoiditis, Arachnoiditis adhaesiva, Arachnoidi- Fehlende Füllung von Wurzeltaschen, Unregelmäßigkeiten am
tis ossificans (wenn Verkalkungen auftreten), Arachnopathie, Duralsack, »leerer Duralsack« (Nervenwurzeln an der Innenseite
Post-Arachnoiditis-Arachnopathie des Duralsacks verklebt) (. Abb. 14.45)

jDefinition kCT
Entzündliche Reaktion, die zu Adhäsionen im Subarachnoidal- Geringe Sensitivität, evtl. Nachweis von intraspinalen Zysten und
raum und Verwachsungen zwischen Nervenwurzeln führt Septierungen, selten Verkalkungen an Nervenwurzeln

jÄtiologie kMRT
Jede Verletzung (selbst eine Lumbalpunktion) oder Reizung der 4 T1w: Reste von öligem Kontrastmittel sind als hyperintense
Leptomeningen (z. B. durch Kontrastmittel oder intrathekale Knötchen an Dura oder Nervenwurzeln erkennbar (CT zur
Medikamentengabe) führt zu einer lokalen Entzündungsreak- Unterscheidung zwischen Verkalkungen und KM)
tion. Im Rahmen der narbigen Abheilung wird eine übermäßige 4 Hochauflösende T2w Sequenzen: Verdickung des Dural-
Bildung von Narbengewebe normalerweise durch Fibrinolyse sacks, Septierungen im Subarachnoidalraum, gering ausge-
begrenzt. Je häufiger oder schwerer die Affektion des Subarach- prägter Befund: Verklebungen einzelner Nervenwurzeln,
noidalraums ist, desto höher wird das Risiko, dass die Fibrino- klassischer Befund: Nervenwurzeln verklebt in Form von
lyse unvollständig bleibt und Fibrinauflagerungen auf Nerven- einem oder wenigen dicken Strängen im Zentrum des
wurzeln oder Leptomeningen zu Verklebungen führen. Mögli- Duralsacks oder Bild des »leeren Duralsacks«, bei dem die
cherweise gibt es auch individuelle Faktoren, die dazu führen, Nervenwurzeln mit der Innenseite des Duralsacks verklebt
dass manche Patienten bereits auf relativ geringe Traumata mit sind (. Abb. 14.46)
einer ausgeprägten Arachnoiditis reagieren.
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
191 14

a b

. Abb. 14.45a–c Arachnoiditis. Sagittale T2w-MRT-Aufnahme (BWK 10/11 bis SWK 1/2) (a),
laterale konventionelle Myelographie (LWK 3 bis SWK 1) (b) sowie axiale CT-Myelographie
(LWK 3/4) (c) bei einem 71-jährigen Patienten mit Verdacht auf eine Spinalkanalstenose. In
der MRT-Aufnahme (a) und der konventionellen Myelographie (b) findet sich eine Strang-
bildung der Cauda-equina-Fasern. Hierbei ist die Verschmelzung der Fasern am eindrücklichs-
c ten in der axialen postmyelographischen CT-Aufnahme zu erkennen. (Aus Struffert et al. 2001)
192 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

14
d e

. Abb. 14.46a–e Arachnoiditis. Sagittale T1w- (a), T2w- (b) und T2-Gradientenecho- (c) MRT-Sequenz von LWK 2 bis SWK 1. Koronare T2-Gradientenecho-
MRT-Sequenzen von LWK 2 bis SWK 1 von ventral nach dorsal (d) sowie axial von LWK 3 bis SWK 1 in unterschiedlichen Abständen (e). 25-jährige Patientin
mit Z.n. Bandscheiben-OP im Segment LWK 4/5. Während in der T1w-Sequenz (a) eine Pathologie des Subarachnoidalraums allenfalls zu erahnen ist, ist
in den T2w-Sequenzen (b–e) ein gestörter Verlauf der Cauda equina-Fasern zu erkennen. Insbesondere in den Gradientenecho-Sequenzen (c–e) sind
septierte Kompartimente im Subarachnoidalraum erkennbar (c Pfeilspitzen und e Pfeile), die zum Teil mit dem übrigen Subarachnoidalraum kommunizie-
ren (d Pfeilspitzen). Die teilweise verplumpt miteinander verklebten Caudafasern sind hierbei nicht unterbrochen, sondern werden, den Septen teils anlie-
gend, in ihrem Verlauf verlagert (e Pfeilspitze)

4 Selten: gekammerte Zysten im Subarachnoidalraum, jKlinik


sekundäre Syringohydromyelie 4 Kann völlig asymptomatisch sein
4 Selten: fokale oder lineare Verkalkungen: hypointens in 4 Chronische Lumbalgien, pseudoradikuläre oder radikuläre
T1w und T2w, Verkalkungen können Fettmark enthalten Beschwerden
(hyperintens in T1w und T2w) 4 Symptome wie bei Spinalkanalstenose oder Polyneuropathie
4 KM-Aufnahme: Nervenwurzeln zeigen manchmal eine 4 In schweren Fällen Paraparese oder Blasen-/Mastdarm-
geringe KM-Aufnahme (korreliert nicht mit der Schwere schwäche
der Arachnoiditis)
jDD
jEmpfehlung Meningeosis carcinomatosa (stärkere KM-Aufnahme, auch
MRT mit hochauflösenden sagittalen und axialen T2w-Sequen- linear und knotig)
zen, KM-Gabe nicht erforderlich
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
193 14

a c

. Abb. 14.47a–c Guillain-Barré Syndrom. Kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Aufnahmen sagittal von BWK 9/10 bis LWK 5/SWK 1 (a) sowie axial (b und
c) bei einem 2-jährigen Jungen mit einem Guillain-Barré-Syndrom. Es handelt sich um einen isolierten Befall der Vorderwurzeln mit einer Kontrastmittel-
aufnahme der vorderen Cauda equina-Fasern (a–c Pfeile). Insbesondere in den axialen Aufnahmen ist die Kontrastmittelaufnahme der Vorderwurzeln unter
Ausparung der Hinterwurzeln deutlich zu erkennen (b und c Pfeile). (Aus Tortori-Donati 2005)

14.2.7 Guillain-Barré-Syndrom (GBS) jBildgebung


kCT
jSynonyme Meist unauffällig
Akute inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie
(AIDP) kMRT
4 Lineare, kräftige KM-Aufnahme der Pia mater des Conus
jDefinition medullaris und der Nervenwurzeln der Cauda equina (nicht
Akute entzündliche Demyelinisierung von Hirnnerven, spinalen knotig!) (. Abb. 14.47 und . Abb. 14.48)
Nervenwurzeln und peripheren Nerven 4 Häufig sind die Vorderwurzeln stärker betroffen als die
Hinterwurzeln
jÄtiologie 4 Nervenwurzeln manchmal verbreitert oder verdickt
Entzündliche (autoimmun bedingte?) Demyelinisierung, meist
in Folge einer akuten Virusinfektion, einer Infektion durch jEmpfehlung
Campylobacter jejuni oder einer Impfung MRT: Sagittale und axiale T1w nativ und nach KM

jEpidemiologie jKlinik
Häufigste Ursache einer akuten Paralyse 4 Beginn mit distalen Parästhesien, dann rasch »aufsteigende
Paralyse«, teilweise mit Atemlähmung, Ausfälle sind relativ
! Typischer Befund symmetrisch
Diffuse KM-Aufnahme der Oberfläche von Conus me- 4 Häufig mit Beteiligung der Hirnnerven (N. facialis 50 %,
dullaris und Cauda equina Augenmuskellähmung 10–25 %)
194 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

14 a b c

. Abb. 14.48–d Guillain-Barré-Syndrom. Sagittale T2w- (a) und T1w-MRT-


Aufnahmen der gesamten spinalen Achse vor (b) und nach (c) Kontrastmit-
telgabe sowie kontrastmittelangehobene axiale T1w-MRT-Aufnahmen bei
einer Patientin mit einem Guillain-Barré-Syndrom. Nach Kontrastmittelgabe
(c–d) findet sich eine Signalanhebung der Cauda-equina-Fasern. Insbe-
sondere in der axialen Aufnahme (d) ist die Affektion beider Vorder- und
Hinterwurzeln unter Aussparung des Myelons zu erkennen. (Aus Ahlhelm
d et al. 2011)
14.2 · Entzündliche Erkrankungen des Spinalkanals
195 14

a b c

. Abb. 14.49a–e CIDP. 16-jähriges Mädchen mit einer seit zwei


Jahren bestehenden Schwäche aller vier Extremitäten. Koronare
MRT-Untersuchungen des Plexus lumbalis in T2-STIR (fettsuppri-
miert) (a), T1w vor (b) und nach Kontrastmittelgabe (c) sowie
diffusionsgewichteten EPI-Sequenzen (DWI) (d) mitsamt korres-
pondierender ADC-Map (e). Ein T2w-hyperintenses Signal der
Nervenfasern weist auf ein entzündliches Ödem hin . Korrespon-
dierend finden sich Signalanhebungen auch im DWI-Bild und
der ADC-Map (»shine-through«) (d und e). Ein allenfalls flau hyper-
intenses Signal im T1w-Bild weist zudem auf Verfettungen im
Rahmen von De- und Remyelinisierungsprozesse hin (b). Hervor-
zuheben ist die kräftige Kontrastmittelaufnahme der Spinalgang-
d e lien (»onion bulb«) (c). (Aus Adachi et al. 2011)

Exkurs: Vermehrte KM-Aufnahme spinaler Nervenwurzeln jÄtiologie


Entzündliche, am ehesten autoimmun bedingte Demyelinisie-
4 Arachnoiditis rung. Im Gegensatz zum GBS (s. o.) geht einer CIDP in weniger
4 Meningeosis carcinomatosa
4 Virale Infektionen: Cytomegalie, Herpes zoster
als 30 % der Fälle ein immunologisches Ereignis (z. B. Infekt,
4 Bakterielle Infektionen: Neuroborreliose Impfung) voraus. Auslösende Faktoren konnten bisher nicht aus-
4 Sarkoidose oder andere granulomatöse Erkrankungen findig gemacht werden.
4 Guillain-Barré-Syndrom
4 Schwannome/Neurofibrome jEpidemiologie:
4 Hereditäre motorisch-sensible Neuropathien
(HMSN1: Charcot-Marie-Tooth, HMSN3: Dejerine-Sottas)
4 Prävalenz: ca. 0,8 bis 8,9/100.000
4 Hauptsächlich im Alter von 30–60 Jahren
! Typischer Befund
jDD
Symmetrisch aufgetriebene Nervenfasern (Zwiebel-
4 Akute Myelitis transversa (Ödem im Myelon, Nerven-
form = »onion bulb«) mit einem T2w-hyperintensem
wurzeln unauffällig)
Signal und einer Kontrastmittelaufnahme.
4 Meningeosis carcinomatosa (KM-Aufnahme oft unregel-
mäßig und Nachweis knotiger Auflagerungen, nicht immer
unterscheidbar, Nachweis pathologischer Zellen im Liquor) jBildgebung
kCT
Meist unauffällig
14.2.8 Chronische inflammatorische
demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) kMRT
4 T2w: hyperintens (Ödem)
jSynonyme 4 DWI: hyperintens (»shine-through«) (. Abb. 14.49)
Chronisches Guillain-Barré-Syndrom 4 T1w: gelegentlich flau hyperintenses Signal (De- und
Remyelinisierung der betroffenen Nerven) (. Abb. 14.50)
jDefinition 4 KM-Aufnahme der Nervenwurzeln und der Nervenplexus in
Chronische immunvermittelte Neuropathie mit Beteiligung von ca. 30 % der Fälle (wahrscheinlich kein prognostischer Faktor).
Plexus, Nervenwurzeln und peripheren Nerven 4 Nervenwurzeln aufgetrieben
196 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

d e

. Abb. 14.50a–e CIDP. 34-jähriger Mann mit einer seit 6 Monaten bestehenden Schwäche aller vier Extremitäten sowie sensiblen Defiziten beider Arme.
Koronare MRT-Untersuchungen des Plexus lumbalis in T2-STIR (fettsupprimiert) (a), T1w vor (b) und nach Kontrastmittelgabe (c) sowie diffusionsge-
wichteten EPI-Sequenzen (DWI) (d) mitsamt korrespondierender ADC-Map (e). Die Nervenfasern weisen als Ausdruck eines entzündlichen Ödems ein
T2w-hyperintenses Signal auf. Korrespondierend finden sich Signalanhebungen auch im DWI-Bild und der ADC-Map (shine-through) (d und e). Das flau
hyperintense Signal im T1w-Bild weist zudem auf eine Verfettung im Rahmen von De- und Remyelinisierungsprozesse hin (b). Die Kontrastmittelaufnahme
14 ist in diesem Fall eher mild (c). (Aus Adachi et al. 2011)

jKlinik jDD
Meist monophasische (in ca. 30 % der Fälle rezidivierend), lang- 4 GBS (per definitionem kürzerer Verlauf. Unterscheidung zu
sam progrediente, symmetrische motorische und sensible Aus- CIDP bei prolongierten Verläufen jedoch nicht möglich)
fälle über eine Dauer von mindestens 2 Monaten. Die Schwere 4 Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung (Anamnese: hereditär)
der klinischen Symptome nimmt hierbei meist über 2 Monate zu. 4 Multifocal motor neuropathy (meist unilateral, rein moto-
Eine Hirnnervenbeteiligung findet sich in ca. 15 % der Fälle. Im risch)
Gegensatz zum GBS ist meist kein genauer Zeitpunkt für den 4 Chronische Neuropathien anderer Ursachen, z. B. Alkohol,
Beginn der klinischen Symptomatik benennbar. Urämie, HIV, Neoplasie (CIDP hier Ausschlussdiagnose, da
30-40 % der Patienten sind unter Therapie (Corticosteroide, seltener)
Immunglobuline, Plasmapahrese) entweder geheilt oder in einer
sog. »chronischen Remission«.
14.3 · Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums
197 14

a b c

. Abb. 14.51a–d Lyme-Borreliose. Sagittale T2w- (a), T1w- vor (a) und nach (b) Kon-
trastmittelgabe sowie axiale T2w- (d) MRT-Aufnahmen. BWK 9/10 bis LWK 4 (sagittal)
und BWK 9 (axial) bei einem 11-jährigen Kind mit unklaren Rückenschmerzen und einem
Nachweis von Borrelien im Liquor. Die Cauda-equina-Fasern nehmen im Rahmen einer
entzündlichen Beteiligung der Nervenwurzeln deutlich Kontrastmittel auf (c Pfeil). Darü-
ber hinaus weisen fleckige T2-hyperintense Areale im kaudalen Myelon (a Pfeil) auf eine
Myelitis hin, die beispielsweise auf Höhe des BWK 9 nahezu den gesamten Querschnitt
d des Myelons einnimmt (d Pfeil)

14.3 Spezifische Infektionen des Myelons jBildgebung (spinale Bildgebung der Neuroborreliose)
und spinalen Subarachnoidalraums kCT
In der Regel unauffällig
14.3.1 Lyme-Borreliose
kMRT
jSynonym 4 Entweder Nachweis fokaler Myelonläsionen wie bei MS
Neuroborreliose (T1w: iso-/hypointens, T2w/PDw: hyperintens)
4 Oder Auftreten wie bei akuter transverser Myelitis (raum-
jDefinition und Ätiologie fordernde ödematöse Läsion, die nahezu den gesamten
Die Lyme-Borreliose ist eine entzündliche Multisystemer- Myelonquerschnitt einnimmt (T1w: iso-/hypointens, T2w/
krankung, die (meist als Folge eines Zeckenbisses) durch eine PDw: hyperintens)
Infektion mit der Spirochäte Borrelia burgdorferi verursacht 4 Auch Verlaufsformen ohne Myelonbeteiligung, dafür mit
wird einem Bild wie bei einer Leptomeningitis oder einer Radi-
kulitis sind möglich (. Abb. 14.51)
! Typischer Befund 4 T1w + KM: Myelonläsionen können KM-Aufnahme zeigen
In T2w hyperintense Myelonläsionen mit oder ohne
KM-Aufnahme (wie bei MS)
198 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

jKlinik 14.3.3 Listeriose


Erythema migrans (Beginn der Erkrankung), später Organbe-
teiligungen jSynonym
Neurolisteriose
jDD
4 MS/ADEM (Serologie, Liquorbefund, bildmorphologisch jDefinition und Ätiologie
nicht sicher unterscheidbar) Die Listeriose ist eine bakterielle Infektion mit Listeria monocy-
4 Akute transverse Myelitis (Serologie, bildmorphologisch togenes. Die Übertragung erfolgt vor allem durch Tierkontakt
nicht sicher unterscheidbar) oder durch Rohmilchprodukte.
4 Sarkoidose (anderer Organbefall, leptomeningeale
KM-Aufnahme) jEpidemiologie
Tritt gehäuft, aber nicht ausschließlich bei immunkompromit-
tierten Patienten auf. Macht etwa 1 % der akuten bakteriellen
14.3.2 Neurosyphilis Meningitiden aus. In Deutschland werden pro Jahr 20–60 Fälle
gemeldet.
jSynonym
Neurolues jBildgebung
kLokalisation
jDefinition und Ätiologie 4 Kann zu Meningitis, Enzephalitis oder spinalen Abszessen
Syphilis ist eine bakterielle chronische Infektion mit Treponema führen.
pallidum 4 Gehäuft in Hirnstamm und kraniozervikalem Übergang

jEpidemiologie kMRT
Ein sekundärer Befall des ZNS (Neurosyphilis) ist selten und Uncharakteristisches Bild wie bei Leptomeningitis oder intrame-
wird fast nur bei immunkompromittierten Patienten beobachtet. dullärem Abszess (. Abb. 14.53)

jBildgebung jDD
kLokalisation Bakterieller Abszess oder Leptomeningitis anderer Ätiologie
4 Es kommt vor allem zu entzündlichen perivaskulären (Serologie, Listeriose sehr häufig mit Befall von Hirnstamm oder
Infiltraten der Meningen und Pia mater kraniozervikalem Übergang, ansonsten bildmorphologisch
4 Die Neurosyphilis kann zu einer Polyradikulitis oder einer nicht sicher unterscheidbar)
Meningomyelitis führen
14 4 Bei ausgeprägtem Befall der Gefäße können auch große
ischämische Infarkte des Myelons entstehen 14.3.4 Tuberkulöse Arachnoiditis

kMRT jDefinition
4 Bei der syphilitischen Polyradikulitis zeigt sich eine ver- Intradurale Tuberkuloseinfektion.
mehrte KM-Aufnahme der Pia mater und der spinalen
Nervenwurzeln (betrifft vor allem die Hinterwurzeln) jEpidemiologie
4 Bei der syphilitischen Meningomyelitis kann neben der Tritt gehäuft, aber nicht ausschließlich bei immunkompromit-
KM-Aufnahme der Meningen und Pia mater ein ausgepräg- tierten Patienten auf. Seltene Komplikation einer tuberkulösen
tes Myelonödem wie bei der akuten transversen Myelitis Meningitis oder Spondylodiszitis, kann aber gelegentlich auch
auftreten und auch eine fleckige KM-Aufnahme des Mye- primär auftreten (hämatogene Streuung).
lons wird beobachtet (eher dorsal lokalisiert) (. Abb. 14.52)
jBildgebung
jDD kLokalisation
4 Waller’sche Degeneration (Anamnese, keine KM-Auf- 4 Führt zur Bildung von Tuberkulomen im spinalen Sub-
nahme) arachnoidalraum, einer Leptomeningitis und/oder einem
4 Sarkoidose (Anamnese, anderer Organbefall) Myelonbefall
4 Guillain-Barré-Syndrom (Vorderwurzeln stärker betroffen) 4 Meist Befall mehrerer separater Regionen (86 %)
4 CIDP (Nervenwurzeln auch verdickt)
14.3 · Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums
199 14

a b c

. Abb. 14.52a–c Neurosyphilis. Sagittale T2w- (a und b) und T1w-MRT-Aufnahmen nach (c) Kontrastmittelgabe. HWS/BWS einer 57-jährigen Frau mit
einer progredienten Schwäche der unteren Extremität. Bei dieser myelitischen Form der Neurosyphilis ist in den T2w-Aufnahmen deutlich eine flächige,
T2w-hyperintense Auftreibung des Myelons zu erkennen, die sich vom kraniozervikalen Übergang bis in die untere BWS fortsetzt und einem entzündlichen
Ödem entspricht (a und b). Darüber hinaus findet sich im Rahmen des entzündlichen Prozesses ein schrankengestörtes Areal, das sich von der Deckplatte
des BWK 8 bis zur Grundplatte des BWK 9 erstreckt (c). (Aus Tsui et al. 2002)

a b

. Abb. 14.53a, b Neurolisteriose. T1w-MRT-Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe sagittal vom kraniozervikalen Übergang bis BWK 2/3 (a) und axial
in Höhe HWK 3 (b) bei einer 40-jährigen Patientin mit holozephalen Kopfschmerzen und einer Taubheit der linken Körperhälfte bei einer intrakraniell
bioptisch gesicherten Listeriose. Im Rahmen des entzündlichen Prozesses findet sich links betont im Myelon ein von der Grundplatte des HWK 2 bis zur
Deckplatte des HWK 4 reichendes, schrankengestörtes Areal, das sowohl die graue als auch die weiße Substanz affektiert. Eine Abszessbildung ist hierbei
jedoch nicht zu erkennen. (Aus Nguyen-Huu et al. 2005)
200 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

14

. Abb. 14.54a–d Tuberkulöse Arachnoiditis. Sagittale T2w- (a) und T1w-


MRT-Aufnahme vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe vom kraniozervika-
len Übergang bis BWK 6 sowie fettsupprimierte, kontrastmittelangehobene
T1w-MRT-Aufnahmen axial befundzentriert (d). Von HWK 3 bis BWK 4 findet
sich eine teils knotige meningeale Kontrastmittelaufnahme (c Pfeile) mit
partieller Beteiligung des Subarachnoidalraums (d unten: Pfeile). Begleitend
findet sich eine T2 hyperintense, spindelförmige Auftreibung des Myelons,
d die von der HWK-5-Deckplatte bis zur HWK-7-Grundplatte reicht

kMRT jDD
4 Aufgrund des erhöhten Eiweißgehalts im Liquor ist in T1w 4 Leptomeningitis (Liquorbefund, bildmorphologisch nicht
das Liquorsignal erhöht (73 %), manchmal sogar isointens sicher unterscheidbar)
zum Myelon 4 Guillain-Barré-Syndrom (Anamnese, klinischer Verlauf,
4 Im Subarachnoidalraum Tuberkulome: kleine knotige Liquorbefund)
Auflagerungen oder Verklumpung/Verdickung der Cauda 4 Arachnoiditis anderer Genese
equina-Fasern (. Abb. 14.54 und . Abb. 14.55)
4 In T2w hyperintense Areale im Myelon (82 %)
4 KM-Aufnahme der Meningen (80 %), der spinalen Nerven-
wurzeln (30 %) oder des Myelons (20 %, entweder ober-
flächlich oder fokal) (. Abb. 14.56 und . Abb. 14.57)
14.3 · Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums
201 14

a b c

. Abb. 14.55a–d Tuberkulöse Arachnoiditis und Radikulomyelitis. T1w-MRT-Untersu-


chungen sagittal vor (a) und nach Kontrastmittelgabe (b, c) sowie axial nach Kontrastmit-
telgabe auf Höhe der BWS (d). Die entzündlichen Prozesse im Subarachnoidalraum und
entlang der Dura mater (b und d Pfeilspitze) lassen im nativen Bild die Grenzen zwischen
Myelon und Subarachnoidalraum verschwimmen (a). Typisch ist hierbei eine kräftige
Kontrastmittelaufnahme des Subarachnoidalraums im Rahmen der Entzündung (b und d
Pfeilspitze). Bei den Liquor-isointensen Arealen (a und d Pfeile) handelt es sich um Liquor-
einschlüsse. Hervorzuheben sind auch die stark verdickten Cauda-equina-Fasern, die
eine prominente Signalanhebung nach Kontrastmittelgabe aufweisen (d Pfeil). (Aus Ber-
d naerts et al. 2003)
202 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 14.56a, b Intramedulläres tuberkulöses Granulom. Sagittale T2w-MRT-Untersuchung der thorako-


lumbalen Myelons nativ (a) sowie axiale kontrastmittelangehobene T1w-Untersuchung auf Höhe der
Pathologie (b). Auf Höhe des Übergangs von BWK 11/12 findet sich ein in T2w Myelon-hypointenses, intra-
medulläres Granulom (a Pfeil) mit einem flauen Perifokalödem und einer deutlichen Kontrastmittelaufnahme
a (b Pfeil). (Aus Bernaerts et al. 2003)

14

b c

. Abb. 14.57a–c Intramedulläres tuberkulöses Granulom und tuberkulöse Arachnoiditis. Sagittale kontrastmittelangehobene T1w-Untersuchungen des
Kraniums (a) und der HWS (c) sowie sagittale T2w-Untersuchung der HWS (b). Im oberen zervikalen Myelon findet sich ein großes, unregelmäßiges Granu-
lom, das sich in Form eines Abszesses manifestiert (b und c Pfeil). Des Weiteren liegt eine kräftige Kontrastmittelaufnahme der suprasellären (a Pfeil) und
präpontinen Zisternen mit verdickten Meningen vor. (Aus Bernaerts et al. 2003)
14.3 · Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums
203 14

a b c

. Abb. 14.58a–c Spondylitische Aspergillose. Sagittale T2w- (a) sowie T1w- vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe vom kraniozervikalen Übergang bis
BWK 7 bei einem 18-Monate alten immunsupprimierten Jungen. In Höhe der BWK 1 und 2 findet sich eine vornehmlich weichteilisointense Raumdorde-
rung, die zu einer Destruktion der genannten Wirbelkörper führt und sowohl in den Spinalkanal als auch in die umgebenden Weichteile wächst. Hierbei ist
die Beteiligung der zugehörgen Bandscheibe eher ungewöhnlich. Die Raumforderung nimmt inhomogen Kontrastmittel auf und weist zentrale Nekrose-
herde auf. Das Myelon ist hochgradig komprimiert und zeigt ein langstreckiges zentrales Ödem. (Aus Beluffi et al. 2008)

14.3.5 Pilzinfektionen zu bakteriellen Spondylitiden relativ häufig auf die Wirbel-


körper beschränkt und greift nicht auf die Bandscheiben
jEpidemiologie über.
Pilzinfektionen der Wirbelsäule treten vor allem als opportunis- 4 Kryptokokkose:
tische Infektionen bei immuninkompetenten Patienten auf. Die 5 vermehrte KM-Aufnahme der spinalen Leptomeningen
häufigsten Erreger systemischer Pilzinfektionen sind Candida im Rahmen einer Meningitis
und Aspergillus. Die häufigste Pilzinfektion des ZNS und gleich- 5 Spondylitis der Wirbelsäule
zeitig die häufigste pilzbedingte Meningitis ist die durch den 5 Die durch C. neoformans bedingte Spondylitis weist
Hefepilz Cryptococcus neoformans verursachte Kryptokokkose. große Ähnlichkeiten mit der Spondylitis tuberculosa
Sie tritt ebenfalls vorwiegend bei immuninkompetenten Patien- auf: Befall der Wirbelkörper und Wirbelbögen (mit
ten auf (11 % aller AIDS-Patienten). Ein spinaler Befall ist relativ Osteolysen und Wirbelkörperödem), weitgehende Aus-
selten. sparung der Bandscheiben, ausgedehnte paraspinale
Raumforderungen
jBildgebung
kLokalisation jDD
4 Spinale Pilzinfektionen können in Form einer Spondylitis, 4 Bakterielle Spondylitis/Spondylodiszitis (befällt Wirbel-
Spondylodiszitis, Meningitis, Abszessen und einer Myelitis körper und Bandscheiben)
auftreten (. Abb. 14.58 und . Abb. 14.59) 4 Spondylitis tuberculosa (bildmorphologisch oft nicht sicher
4 Bei Infektion der Gefäßwände können sie auch spinale unterscheidbar)
Infarkte verursachen 4 Leptomeningitis/Myelitis anderer Genese (bildmorpholo-
4 Kommt es zu einer Spondylitis der Wirbelkörper durch gisch nicht sicher unterscheidbar)
Aspergillus oder Candida, bleibt die Infektion im Gegensatz
204 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 14.59a, b Myelitische Candidosis. Sagittale T2w-


(a) sowie fettsupprimierte T1w- nach Kontrastmittelgabe
(b) bei einem 10-jährigen immunsupprimierten Jungen. Es
findet sich eine kleine Läsion mit einem in T2w Myelon-
hypointensen Randbereich (a Pfeilspitze) und einer schran-
kengestörten Kapsel, die einem Granulom bzw. Abszess
entspricht. Des Weiteren nehmen der Conus medullaris
sowie die Cauda equina-Fasern im Rahmen einer meninge-
alen Mitbeteiligung Kontrastmittel auf. (Aus Tortori-Donati
a b 2005)

14

. Abb. 14.60a, b Neurozystizerkose. Sagittale T2w-


(a) und kontrastmittelmittelangehobene T1w- (b) MRT-
Untersuchung der HWS und BWS bei einem 49-jährigen
Mann mit seit einem Jahr bestehenden Schmerzen und
einer zunehmenden Gangverschlechterung. Im gesamten
abgebildeten Spinalkanal finden sich subarachnoidal ge-
legene, zystische Veränderungen (a und b Pfeile) mit einer
randständigen Kontrastmittelaufnahme (b Pfeil). Ein axialer
Schnitt durch Th 11/12 (b Box auf Höhe der gestrichelten
Linie) verdeutlicht die ausgeprägte raumfordernden
Wirkung mit Kompression des Myelons nach ventral und
a b rechts (b Box: Pfeil). (Aus de Feo et al. 2012)
14.3 · Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums
205 14
14.3.6 Spinale Neurozystizerkose ! Typischer Befund
KM-aufnehmende intramedulläre Läsion bei einem
jSynonym Patienten mit verminderter Immunkompetenz
Zystizerkose
jBildgebung
jDefinition und Ätiologie kMRT
Parasitäre Infektion mit der Larve des Schweinebandwurms 4 Ödematöse Auftreibung des Myelons (T1w: iso-/hypoin-
(Taenia solium) tens, T2w: hyperintens)
4 Fokale KM-Aufnahme
jEpidemiologie 4 Manchmal zusätzliche leptomeningeale KM-Aufnahme
Ein spinaler Befall ist selten und tritt bei 1–6 % der Patienten mit (. Abb. 14.61)
Neurozystizerkose auf. Meistens kommt es zur Entwicklung von
zystischen Läsionen im spinalen Subarachnoidalraum, am häu- jDD
figsten zervikal. Ein intramedullärer Befall ist deutlich seltener 4 Spinales Lymphom (evtl. Diffusionsstörung, bildmorpholo-
(thorakaler Befall noch am häufigsten). gisch oft nicht unterscheidbar)
4 Tuberkulöse Myelitis (andere Organmanifestationen)
! Typischer Befund
4 CMV-Myelitis (oft mit begleitender Polyradikulitis)
Multiple zystische Läsionen im spinalen Subarachnoidal-
raum oder intramedullär, von denen manche auf T2w-
Aufnahmen in der Zyste ein kleines Knötchen enthalten.
14.3.8 HIV-Myelitis
jBildgebung jSynonym
kMRT
Vakuoläre Myelopathie
4 Zystische Läsionen, meistens multipel, im spinalen Sub-
arachnoidalraum oder intramedullär (. Abb. 14.60) jDefinition und Ätiologie
4 Zysteninhalt meistens liquorisointens, manchmal auch er-
Spezifische Infektion des Myelons mit dem HIV-Virus
höhter Eiweißgehalt, dann erhöhtes Signal in T1w und T2w
4 Auf hochauflösenden T2w-Aufnahmen ist in den Zysten jEpidemiologie
meistens ein kleines Knötchen (Skolex) nachweisbar
Im Gegensatz zu HIV-assoziierten Myelitiden durch opportunis-
4 Randständige KM-Aufnahme
tische Infektionen ist die primäre HIV-Myelitis selten. Im fort-
4 Bei intramedullärer Lage variables Umgebungsödem
geschrittenen Stadium (AIDS) allerdings autoptisch bei >50 %
4 Im Rahmen der Abheilung können die Läsionen partiell
der Patienten.
verkalken
jBildgebung
jDD
kLokalisation
4 Patienten mit einer spinalen Neurozystizerkose haben fast
immer auch intrakranielle Läsionen 4 Thorakal > zervikal > lumbal, aber kraniokaudaler Progress
4 Arachnoidalzyste (liquorisointens, meist singulär, kein Skolex) 4 Meistens lateral betont (. Abb. 14.62 und . Abb. 14.63)
4 Zystisches Schwannom (meist ausgehend von der Hinter-
kMRT
wurzel, singulär, KM-Aufnahme)
4 Echinokokkose (Patient aus Endemiegebiet, Leber-/ 4 Hyperintens in T2w
Lungenbeteiligung, mehrfach septierte Zyste) 4 Die primäre HIV-Myelitis kann im akuten Stadium eine
ödematöse Auftreibung des Myelons verursachen (wie
andere virale Myelitiden)
14.3.7 Spinale Toxoplasmose 4 Im akuten Stadium ist (selten) eine KM-Aufnahme mög-
lich. KM-Aufnahme spricht aber eher für opportunistische
jDefinition und Ätiologie Infektion (z. B. Toxoplasmose, Lymphom)
Parasitäre Infektion mit dem Protozoon Toxoplasma gondii 4 Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Atrophie des
Myelons, meist mit einer zentralen Hyperintensität in T2w
jEpidemiologie (Gliose?)
Die Durchseuchung der normalen Bevölkerung ist hoch. Die > Bei zervikalem Befall kann eine HIV-Myelitis aussehen
Infektionen bleiben bei immunkompetenten Personen aber wie eine funikuläre Myelose (Labor!)
normalerweise asymptomatisch. Bei verminderter Immunkom-
petenz kommt es zur Reaktivierung. Toxoplasmose ist die häu-
figste Ursache fokaler ZNS-Läsionen bei HIV-Patienten. Ein jDD
spinaler Befall tritt nur selten auf, muss bei Patienten mit vermin- 4 Andere virale Myelitiden wie z.B. Herpes simplex (PCR)
derter Immunkompetenz aber in Betracht gezogen werden, 4 Bei zervikalem Befall: Funikuläre Myelose (Vitamin-B12-
wenn eine intramedulläre Läsion nachgewiesen wird. Spiegel)
206 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 14.61a–c Sagittale T2w- (a), T1w- vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe vom kraniozervikalen Übergang bis BWK 1 bei einem 54-jährigen
Patienten mit einer bekannten zerebralen Toxoplasmose und einem neu aufgetretenen Brown-Séquard-Syndrom. Es findet sich eine T2w-hyper- und
T1w-hypointense, spindelförmige Auftreibung des Myelons, die vom Dens axis bis zur HWK-7-Deckplatte reicht und einem ausgeprägten entzündlichen
Ödem entspricht (a Stern). Am kranialen Ende dieser Läsion befindet sich ein Schrankengestörtes Areal (c Pfeil). Eine oberflächliche Kontrastmittelauf-
nahme deutet auf eine leptomeningeale Mitbeteiligung hin (c Pfeilspitzen). (Aus Thurnher et al. 2000)

14

. Abb. 14.62a, b HIV-Myelitis. T2w-MRT-Aufnahmen sagittal mit Darstellung der HWK 7 bis BWK 8
sowie axial mit Darstellung der BWK 4 und 5 bei einem 27-jährigen Patienten mit einer bekannten
HIV-Enzephalitis. Im gesamten dargestellten Myelon findet sich ein T2-hyperintenses Signal, ohne dass
dieses ödematös aufgetrieben ist. In den axialen Aufnahmen (b) ist die für die HIV-Myelitis typische
a laterale Lage der Myelonherde zu erkennen (b Pfeile). (Aus Thurnher et al. 2000)
14.3 · Spezifische Infektionen des Myelons und spinalen Subarachnoidalraums
207 14

a b

. Abb. 14.63a, b HIV-Myelitis Sagittale T2-FLAIR- (kraniozervikaler Übergang bis BWK 3) (a) sowie axiale T2w-MRT-Aufnahmen (befundzentriert) (b) bei
einem HIV-positiven Patienten mit einer zunehmenden Schwäche der unteren Extremitäten. Im Myelon finden sich auf Höhe der HWK 2/3 sowie der HWK 7
bis BWK 2 T2-hyperintense Areale ohne Ödembildung. In den axialen Aufnahmen (b) ist die für die HIV-Myelitis typische laterale Lage der Myelonherde zu
erkennen (b Pfeile). (Aus Tortori-Donati 2005)

Exkurs: Opportunistische Infektionen des Spinalkanals bei HIV-Patienten

KM-aufnehmende intramedulläre KM-aufnehmende intramedulläre 4 Neurosyphilis


Läsion Läsion mit Einblutung 4 Pilzinfektion (Candida, Aspergillus)
4 CMV (Cytomegalievirus) 4 HSV (Herpes simplex Virus Typ 2) 4 Nokardiose
4 HSV (Herpes simplex Virus) 4 Toxoplasmose
4 Pilzinfektion (Candida, Aspergillus) KM-aufnehmende intramedulläre Läsion 4 Lymphom
4 Toxoplasmose und leptomeningeale KM-Aufnahme
4 Lymphom 4 CMV (Cytomegalievirus) Polyradikulitis mit KM-Aufnahme
4 Listeriose 4 Tuberkulose der spinalen Nervenwurzeln
4 HSV (Herpes simplex Virus) 4 CMV (Cytomegalievirus)
4 Neurosyphilis
208 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

14.4 Demyelinisierende Erkrankungen 4 T1w + KM:


5 transiente KM-Aufnahme akuter Plaques, homogen oder
14.4.1 Multiple Sklerose (MS) ringförmig (. Abb. 14.64)
5 zeitverzögerte Aufnahmen (15–20 min nach KM-Gabe)
jSynonym oder die Gabe einer höheren KM-Dosis (dreifach) er-
Encephalomyelitis disseminata (ED) höhen die Sensitivität
4 im Verlauf Atrophie der betroffenen Rückenmarksabschnit-
jDefinition te möglich
Chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems
mit unterschiedlicher Ausprägung von Demyelinisierung und jDD
axonalem Schaden (s. 7 Kap. 4.8 in Band 1) 4 Neuromyelitis optica (Visusverlust Wochen bis Monate vor-
her, AQP4-Antikörper positiv, Ausdehnung über mehr als
jBildgebung (spinale Bildgebung der Multiplen Sklerose) 2 Segmente)
kLokalisation 4 Transverse Myelitis (am häufigsten zentrale Lage im
4 Die MS gilt zwar als Erkrankung der weißen Substanz, be- Myelon, >50 % der Querschnittsfläche, Ausdehnung meist
fällt aber zu einem geringeren Anteil auch graue Substanz >2 Segmente, aber bildmorphologisch nicht sicher unter-
4 Bei den meisten Patienten entwickeln sich sowohl intrakra- scheidbar, keine begleitenden intrakraniellen Läsionen,
nielle wie spinale Läsionen relativ akuter klinischer Verlauf)
4 In Autopsiestudien zeigen 99 % der Patienten mit MS auch 4 ADEM (viraler Infekt oder Impfung in den letzten Wochen,
einen spinalen Befall, bei MRT-Untersuchungen etwa 75 % relativ akuter monophasischer Verlauf)
4 5–24 % der Patienten zeigen initial nur spinale Läsionen 4 Intramedullärer Tumor (immer mit Auftreibung des Mye-
4 Typisch für intramedulläre Läsionen ist: lons, nahezu immer mit KM-Aufnahme, evtl. perifokales
5 exzentrische Lage Ödem)
5 am häufigsten dorsolateral 4 Spinale Ischämie (schnellere Entwicklung der klinischen
5 Grenze zwischen grauer und weißer Substanz wird nicht Symptome, häufig mit Wirbelkörperinfarkt oder positivem
respektiert Cauda-Zeichen, Diffusionsstörung)
5 nehmen in der Regel weniger als die Hälfte des Myelon- 4 Neuroborreliose (Anamnese, Serologie, Liquor)
querschnitts ein 4 Sarkoidose (Anamnese, Organbefall, Serologie, Liquor)
5 relativ wenig raumfordernde Wirkung 4 Durale AV-Fistel (pathologische Gefäße, chronischer, evtl.
5 erreichen oft die konvexe Oberfläche des Myelons undulierender Verlauf)
5 kraniokaudale Ausdehnung über höchstens 2 Segmente

14 ! Cave
14.4.2 Neuromyelitis optica
Die MS ist eine häufige Erkrankung, eigentlich seltene
Läsionsmuster werden daher im klinischen Alltag im-
jSynonym
mer wieder beobachtet, z. B.:
Devic-Syndrom
4 Multiple singuläre oder punktförmige Läsionen
4 Zentrale Lage im Myelon
jDefinition
4 Auftreten unter dem Bild einer Myelitis transversa
Chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems
mit Läsionen, die nahezu den gesamten Myelon-
mit Befall von Gehirn und Rückenmark und positiven Anti-
querschnitt einnehmen oder sich über eine Länge
Aquaporin-4(AQP4)-Antikörpern (s. 7 Kap. 4.8 in Band 1)
von mehr als 2 Segmenten erstrecken
jBildgebung
kMRT (spinale Bildgebung der Neuromyelitis optica)
4 T1w kLokalisation
5 frische Plaques: iso- bis leicht hypointens 4 Bei den meisten Patienten beginnt die Erkrankung mit
5 alte Plaques: hypointenses Zentrum, evtl. leicht hyper- akutem Visusverlust, zu diesem Zeitpunkt sind in der Regel
intenser Randsaum weder kranielle noch spinale Läsionen nachweisbar
4 T2w/PDw 4 Mit einem Intervall von Wochen bis Monaten entwickeln
5 frische und alte Plaques: hyperintens sich dann spinale Symptome und Läsionen
5 Zum Nachweis spinaler MS-Läsionen sind T2w-GRE- 4 Im weiteren Verlauf treten bei 60% der Patienten zerebrale
Sequenzen schlechter geeignet (geringer Läsionskont- Läsionen auf (häufig stumm)
rast) als SE- oder FSE-Sequenzen 4 Typisch für intramedulläre Läsionen ist:
4 FLAIR: 5 kraniokaudale Ausdehnung über mehr als 2 Segmente
5 zum Nachweis spinaler MS-Läsionen geringere Sensi- (typisch sind 3–9 Segmente) (. Abb. 14.65)
tivität als T2w- oder PDw-Sequenzen
14.4 · Demyelinisierende Erkrankungen
209 14

a b c

d e

. Abb. 14.64a–e T2w- (a), T1w- vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe sagittal (kraniozervikaler Übergang bis BWK 1) sowie axiale (HWK 4) T2w- (d)
und kontrastmittelangehobene T1w- (e) MRT-Aufnahme bei einem 57-jährigen Patienten mit einem inkompletten sensiblen Querschnitt unterhalb
des Dermatoms Th 10. Im zervikalen Myelon findet sich ein zum Myelon in T2w hyperintenser (a und d Pfeil) sowie in T1w isointenser Herd, der sich von
der Deckplatte des HWK 4 bis zur Deckplatte des HWK 5 erstreckt. Dieser Herd ist, typisch für einen akuten MS-Herd, randständig schrankengestört
(c und e Pfeil) und befindet sich links betont in der weißen Substanz des Myelons (d Pfeil)

kMRT 4 T1w + KM:


4 T1w: iso- bis leicht hypointens 5 transiente KM-Aufnahme akuter Läsionen möglich,
4 T2w/PDw: homogen oder ringförmig
5 hyperintens 5 zeitverzögerte Aufnahmen (15–20 min nach KM-Gabe)
5 zum Nachweis spinaler MS-Läsionen sind T2w-GRE- oder die Gabe einer höheren KM-Dosis (3fach) erhöhen
Sequenzen schlechter geeignet (geringer Läsionskont- die Sensitivität
rast) als SE- oder FSE-Sequenzen 4 Im Verlauf Atrophie der betroffenen Rückenmarksab-
4 FLAIR: schnitte möglich
5 zum Nachweis spinaler Läsionen geringere Sensitivität
> Bei der Neuromyelitis optica können im späteren
als T2w- oder PDw-Sequenzen
Verlauf auch intrakranielle Läsionen vorhanden sein.
210 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 14.65a–d Neuromyelitis optica. 13-jähriger Junge mit einer Neuritis des
14 rechten N. opticus und einschießenden Bewegungen beider Arme. Sagittale T2w- (a)
und T1w-MRT-Untersuchung vor (b) und nach Kontrastmittelgabe (c) mit Darstellung
des Myelons vom kraniozervikalen Übergang bis zum BWK 3. Axiale T2w-Untersuchung
auf Höhe des HWK 3 (d). Als Ausdruck eines ausgeprägten entzündlichen Ödems findet
sich eine Schwellung und T2-Signalanhebung des Melons (a, d Pfeil). Die Veränderungen
sind zervikal am ausgeprägtesten, reichen jedoch von der Medulla oblongata bis in
das thorakale Myelon. Im Rahmen der Entzündung kommt es zu einer unregelmäßig dis-
d seminierten, girlandenförmigen Kontrastmittelaufnahme (c Pfeil)

jDD 4 Intramedullärer Tumor (immer mit Auftreibung des


4 Multiple Sklerose (AQP4-Antikörper negativ, Ausdehnung Myelons, nahezu immer mit KM-Aufnahme, evtl. peri-
über höchstens 2 Segmente) fokales Ödem)
4 Transverse Myelitis (am häufigsten zentrale Lage im 4 Spinale Ischämie (schnellere Entwicklung der klinischen
Myelon, >50 % der Querschnittsfläche, Ausdehnung meist Symptome, häufig mit Wirbelkörperinfarkt oder positivem
>2 Segmente, aber bildmorphologisch nicht sicher unter- Cauda-Zeichen, Diffusionsstörung)
scheidbar, keine begleitenden intrakraniellen Läsionen, 4 Neuroborreliose (Anamnese, Serologie, Liquor)
relativ akuter klinischer Verlauf) 4 Sarkoidose (Anamnese, Organbefall, Serologie, Liquor)
4 ADEM (viraler Infekt oder Impfung in den letzten Wochen, 4 Durale AV-Fistel (pathologische Gefäße, chronischer, evtl.
relativ akuter monophasischer Verlauf) undulierender Verlauf)
14.4 · Demyelinisierende Erkrankungen
211 14

. Abb. 14.66a–c ADEM. Sagittale T2w- (a) und kontrastmittelangehobene


T1w- (b) mit Darstellung der HWK 2 bis BWK 12 sowie axiale T2w- (c) MRT-
Aufnahme auf Höhe des BWK 4 bei einem somnolenten 7-jährigen Mädchen
mit einer zerebralen ADEM. Es finden sich mehrere zentral gelegene (c Pfeil),
T2-hyperintense Myelonherde ohne relevante Auftreibung des Myelons.
Auch eine Schrankenstörung ist nicht nachweisbar. Hervorzuheben sind
mehrere größere Herde, von denen sich einer von BWK 1 bis BWK 5 erstreckt
a b (a Pfeile) und der andere im Conus medullaris gelegen ist (a Pfeilspitze)

14.4.3 Akute disseminierte Enzephalomyelitis kMRT


(ADEM) 4 Zentrales Ödem im Rückenmark, das oft >2/3 der Quer-
schnittsfläche einnimmt (hyperintens in T2w und STIR,
jDefinition und Ätiologie iso-/hypointens in T1w)
Akut auftretende, autoimmun vermittelte demyelinisierende Er- 4 Läsion erstreckt sich in den meisten Fällen über >2 Seg-
krankung des ZNS (entzündliche Reaktion der Myelinscheiden), mente (typisch sind 3–4 Segmente) (. Abb. 14.66)
gehäuft nach Impfungen oder viralen Infekten (s. 7 Kap. 4.8 in 4 Kontur des Myelons ist normal oder leicht aufgetrieben
Band 1) 4 KM-Aufnahme ist häufig
4 Abheilung bei einem Teil der Fälle mit residualer Gliose
jBildgebung (spinale Bildgebung der ADEM) und Myelonatrophie
kLokalisation 4 Unterscheidung von MS manchmal nur retrospektiv
4 Erkrankung kann alle Anteile des ZNS befallen möglich aufgrund des monophasischen Verlaufs
4 Befall des Myelons in 11–28 % der Fälle nachgewiesen,
> Bei ADEM ist das Gehirn immer mit befallen und alle
wahrscheinlich unterdiagnostiziert
Läsionen sind im gleichen Stadium (außer wenn es sich
4 In seltenen Fällen dominanter Befall des Myelons mit nur
um den anamnestisch bekannten zweiten Schub bei
geringen intrakraniellen Veränderungen
der seltenen multiphasischen Variante handelt)
4 Spinaler Befall typischerweise als Myelitis transversa mit
schweren neurologischen Ausfällen oder komplettem Quer-
schnitt, gehäuftes Auftreten im thorakalen Myelon jEmpfehlung
4 Oft relativ kontinuierlicher Befall von Hirnstamm und 4 Spinale MRT:
Myelon 5 sagittale Aufnahmen in T2w, STIR (Wirbelkörperinfarkt
als Hinweis auf spinale Ischämie?)
kCT 5 T1w –/+ KM
Nicht hilfreich 5 axial in T2w und
5 T1w + KM
4 Verlaufskontrolle in 3–7 Tagen, wenn initiale MRT
unauffällig
212 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

4 MRT des Gehirn mit axialer FLAIR und sagittaler T2w Röntgennativaufnahmen/CT
(Läsionen in Marklager oder Corpus callosum als Hinweis Multiple Läsionen, die entweder osteolytisch oder sklerotisch
auf MS oder ADEM?) sein können

jDD MRT
4 Transverse Myelitis (am häufigsten zentrale Lage im Multiple, rundliche Läsionen im Knochenmark, T1w: hypointens,
Myelon, >50 % der Querschnittsfläche, Ausdehnung meist T2w: hyperintens, heterogene oder homogene KM-Aufnahme,
>2 Segmente, aber bildmorphologisch nicht sicher unter- bei Befall der Bandscheibe ist keine Unterscheidung zu einer
scheidbar, keine begleitenden intrakraniellen Läsionen, bakteriellen Spondylodiszitis möglich (Biopsie!) (. Abb. 14.68)
relativ akuter klinischer Verlauf)
4 Multiple Sklerose (häufiger exzentrisch gelegen und <50 % kIntraspinale Läsionen
der Querschnittsfläche, Ausdehnung <2 Segmente, aber Sind sehr selten. Beschrieben wurden:
bildmorphologisch nicht sicher unterscheidbar, in 90 % mit
begleitenden intrakraniellen Läsionen, remittierender/ Leptomeningealer Befall
rezidivierender klinischer Verlauf) 4 Breitbasig der Dura aufsitzende Raumforderung, manchmal
4 Intramedullärer Tumor (immer mit Auftreibung des Mye- mit duralen Ausläufern (wie ein Meningeom), oder länger-
lons, nahezu immer mit KM-Aufnahme, evtl. perifokales streckige leptomeningeale Verdickung
Ödem) 5 MRT: T1w: hypo-/isointens, T2w: hyperintens, kräftige
4 Spinale Ischämie (schnellere Entwicklung der klinischen KM-Aufnahme
Symptome, häufig mit Wirbelkörperinfarkt oder positivem
Cauda-Zeichen, Diffusionsstörung) Intramedullärer Befall
4 Neuroborreliose (Anamnese, Serologie, Liquor) 4 Singuläre oder multiple intramedulläre Raumforderungen
4 Sarkoidose (Anamnese, Organbefall, Serologie, Liquor) 4 Bei intramedullärem Sarkoidose-Befall immer auch ver-
4 Durale AV-Fistel (pathologische Gefäße, chronischer, evtl. mehrte leptomeningeale KM-Aufnahme (DD!)
undulierender Verlauf) 4 MRT: Myelon aufgetrieben (kann aussehen wie ein Tumor)
(s. . Abb. 14.67)
5 T1w: isointens, T2: hyperintens
14.5 Granulomatöse Erkrankungen 5 punktförmige und/oder randständige KM-Aufnahme
> Ein intramedullärer Befall bei der Sarkoidose kann
14.5.1 Tuberkulose
aussehen wie ein Tumor. Bei intramedullärem Befall
sind in der Regel auch die Leptomeningen beteiligt.
Siehe auch 7 Kap. 14.1.4, »Wirbelsäulentuberkulose«, S. 176 und
14 7 Kap. 14.3.4 »Tuberkulöse Arachnoiditis«, S. 198.
jDD
4 Leptomeningealer Befall: Leptomeningitis, Meningeosis
14.5.2 Sarkoidose carcinomatosa, Guillain-Barré-Syndrom, CML-Polyradiku-
lopathie, Arachnoiditis
jSynonym 4 Intramedullärer Befall: z. B. Multiple Sklerose, Metastasen,
M. Boeck ADEM, Ependymom

jDefinition
Granulomatöse Systemerkrankung unklarer Ätiologie (s. 7 Kap.
4.6.5 in Band 1)

jBildgebung (spinale Bildgebung der Sarkoidose)


kKnöcherne Wirbelsäule
Ein Knochenbefall ist bei der Sarkoidose relativ häufig (1–13 %),
betrifft aber meistens Hände und Füße und bleibt oft asympto-
matisch. Ein Befall der knöchernen Wirbelsäule ist relativ selten,
in der Regel aber symptomatisch (Rückenschmerzen). Am häu-
figsten sind die Wirbelkörper am thorakolumbalen Übergang
betroffen. Als Ausnahmen wurden beobachtet: Befall der Wir-
belbögen, zusätzlicher Befall einer Bandscheibe, zusätzliches
Auftreten einer paraspinalen Weichteilraumforderung.
14.5 · Granulomatöse Erkrankungen
213 14

a b c

. Abb. 14.67a–d Sarkoidose. Sagittale T2w- (a), T1w- vor (b) und nach (c) Kontrastmittel-
gabe sowie axiale kontrastmittelangehobene T1w- (d) MRT-Aufnahmen. Darstellung des
kraniozervikalen Übergangs bis BWK 1/2 (sagittal) sowie HWK 5 (axial) bei einem 64-jähri-
gen Patienten mit seit einem Jahr zunehmenden Hypästhesien beider Arme. Das Myelon
weist eine von HWK 2 bis BWK 2 reichende dorsale Verdickung auf, die zu einem Verstrei-
chen des vorderen und hinteren Liquorbandes führt (a Pfeil). Diese Verdickung ist zum
Myelon T2-hyperintens (a Pfeil) und T1-isointens und weist eine kräftige, homogene
Kontrastmittelaufnahme auf (c Pfeil). In der axialen Aufnahme wird deutlich, dass der Pro-
zess aus mehreren intramedullären Herden besteht (d Pfeile) und auch eine leptomenin-
d geale Komponente vorliegt (d Pfeilspitze)
214 Kapitel 14 · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 14.68a–c Sarkoidose der Wirbelsäule. Sagittale MRT-Aufnahmen von BWK 11/12 bis SWK 2. Fettgesättigte T2w (STIR) (a), T1w vor (b) und nach (c)
Kontrastmittelgabe. Als Folge des Sarkoidosebefalls weisen die Lendenwirbelkörper multiple Areale auf, die ein Ödem zeigen (hyperintens in a, hypointens
in b). Diese Areale nehmen homogen und kräftig Kontrastmittel auf und sind daher auf den T1w-Aufnahmen nach KM-Gabe nicht von normalem Knochen-
mark abgrenzbar (c). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Erlemann, Duisburg)

14
215 15

Tumoren der Wirbelsäule


und des Spinalkanals
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

15.1 Diagnostisches Vorgehen und anatomische Einteilung – 216

15.2 Extradurale Tumoren – 217


15.2.1 Primäre Knochentumoren der Wirbelsäule – 217
Osteom – 217
Osteoidosteom – 217
Osteoblastom – 220
Osteochondrom – 222
Chondrosarkom – 223
Riesenzelltumor – 227
Wirbelhämangiom – 228
Chordom – 230
Aneurysmatische Knochenzyste – 232
15.2.2 Sekundäre Tumoren der Wirbelsäule und des Epiduralraums – 234
Wirbelmetastasen – 234
Solitäres Plasmozytom der Wirbelsäule – 235
Multiples Myelom – 238
Langerhans-Zell-Histiozytose – 238

15.3 Intradurale extramedulläre Tumoren – 241


15.3.1 Meningeom – 241
15.3.2 Schwannom – 242
15.3.3 Neurofibrom – 244
15.3.4 Spinales Paragangliom – 246
15.3.5 Durale Metastasen – 247
15.3.6 Leptomeningeale Metastasen – 248

15.4 Intradurale intramedulläre Tumoren – 249


15.4.1 Astrozytom – 249
15.4.2 Ependymom – 252
15.4.3 Myxopapilläres Ependymom – 254
15.4.4 Hämangioblastom – 255
15.4.5 Intramedulläre Metastasen – 257

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_15, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
216 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

15.1 Diagnostisches Vorgehen > Von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen, nehmen
und anatomische Einteilung alle epiduralen, intraduralen extramedullären und
intramedullären Tumoren Kontrastmittel auf. Dies
Die Liste der möglichen Differentialdiagnosen spinaler gilt auch z. B. für niedrigmaligne Astrozytome des
Tumoren ist umfangreich. Eine sichere Entscheidung ist Rückenmarks. Eine fehlende KM-Aufnahme spricht
deshalb nicht allein nach bildmorphologischen Kriterien daher differentialdiagnostisch gegen einen Tumor.
möglich.
Primäre Knochentumoren treten bevorzugt in der Nähe von
> Am Anfang jeder diagnostischen Überlegung sollte die
enchondralen Ossifikationszonen auf. Da in der Wirbelsäule
Entscheidung stehen, in welchem anatomischen
bevorzugt eine membranöse Ossifikation stattfindet, sind
Kompartiment eine spinale Läsion liegt:
primäre Knochentumoren hier relativ selten. Die enchondrale
4 extradural (einschließlich ossär): in der knöchernen
Ossifikation findet an der Wirbelsäule überwiegend im Bereich
Wirbelsäule oder im Epiduralraum
der Wirbelbögen statt, was die Prädilektion der meisten primä-
4 intradural extramedullär: innerhalb des Dural-
ren Knochentumoren für die dorsalen Wirbelanhangsgebilde
sackes, aber nicht im Myelon
erklärt. Eine Ausnahme davon macht der Riesenzelltumor, der
4 intramedullär: im Myelon selbst
bevorzugt im Wirbelkörper auftritt.
Manchmal ist diese Zuordnung einfach. In schwierigeren Fällen Dagegen ist die Wirbelsäule reich an gut perfundiertem
helfen Kriterien, die ursprünglich für die Myelographie ent- Knochenmark. Damit ist sie ein Prädilektionsort für Metastasen
wickelt wurden, aber auch in der CT oder MRT gut verwendet von anderen Organtumoren und für Tumoren des hämatopoe-
werden können (. Abb. 15.1). tischen Systems, wie z. B. das Plasmozytom (. Abb. 15.2).

extradural intradural extramedullär intramedullär

15

a b c

. Abb. 15.1 Bildmorphologische Kriterien für die anatomische Lage spinaler raumfordernder Läsionen (koronare Ansicht von dorsal). Hilfreich ist die
Morphologie des Myelons und des Subarachnoidalraums ober- und unterhalb des raumfordernden Prozesses.
Extradural: Raumfordernde Prozesse in der Wirbelsäule oder im Extraduralraum verlagern die Dura zum Myelon hin. Dadurch wird auch der Subarachnoi-
dalraum eingeengt. Der kranial und kaudal angrenzende Subarachnoidalraum verengt sich spitzwinklig zur Läsion hin.
Intradural extramedullär: Ein raumfordernder Prozess innerhalb des Duralsacks drängt Dura und Myelon auseinander. Das Myelon wird komprimiert und zur
Gegenseite verlagert. Der anliegende Epiduralraum wird eingeengt, der kranial und kaudal angrenzende Subarachnoidalraum ist zur Läsion hin aufgeweitet.
Intramedullär: Ein raumfordernder Prozess, der im Myelon liegt, treibt das Myelon spindelförmig auf. Der Subarachnoidalraum ist auf Höhe des Prozesses
beidseits eingeengt. Der kranial und kaudal angrenzende Subarachnoidalraum verengt sich auf beiden Seiten spitzwinklig zur Läsion hin
15.2 · Extradurale Tumoren
217 15
jBildgebung
Plasmozytom
malignes Lymphom kRöntgennativdiagnostik
Riesenzelltumor Elfenbeinartige, scharf begrenzte Verdichtung (Osteoma durum)

Metastasen kCT
Osteom
Hämangiom Rundliche solide Sklerosierung (Osteoma durum) oder scharf
begrenzte Sklerosierung mit multiplen Hohlräumen (Osteoma
medullare) (. Abb. 15.3)

kMRT
4 Osteoma durum stellt sich in allen Sequenzen hypointens
dar
Osteoidostenom
Osteoblastom 4 Beim Osteoma medullare stellen sich innerhalb des
aneurysmatische Knochenzyste sklerosierten Tumors (hypointens in allen Sequenzen) die
. Abb. 15.2 Bevorzugte Lokalisationen einzelner Tumoren und tumor- knochenmarkhaltigen Areale mit iso- bis hyperintensem
ähnlicher Läsionen in einem Wirbelkörper Signal in T1w und T2w dar (je nach dem Anteil von fett-
haltigem und blutbildendem Knochenmark). Bei ausge-
prägter Sklerosierung können die knochenmarkhaltigen
Besteht der Verdacht auf einen primären Tumor der Wirbel- Areale evtl. ausgelöscht (hypointens) sein
säule, besitzen konventionelle Röntgenaufnahmen heute kaum
noch einen diagnostischen Wert. In den meisten Fällen ist es am kSkelettszintigraphie
sinnvollsten, mit einer MRT zu beginnen, und dann in dem in Keine Aktivität.
Frage kommenden Bereich noch eine gezielte CT zu ergänzen.
! Typischer Befund
Eine zusätzliche Skelettszintigraphie macht immer dann Sinn,
Scharf begrenzte, rundliche Sklerosierung als Zufalls-
wenn die Aktivität eines sklerosierenden Prozesses beurteilt
befund bei einem asymptomatischen Patienten
werden muss (z. B. zur Unterscheidung zwischen Osteom und
Osteoidosteom).
jKlinik
> Bei stark sklerosierten Prozessen in einem Wirbel kann
In den allermeisten Fällen asymptomatisch
ein evtl. vorhandenes Ödem in der Läsion oder im
Randbereich in der MRT hypointens überlagert (aus-
jTherapie
gelöscht) sein. In diesen Fällen zeigt die Skelettszinti-
In der Regel nicht erforderlich
graphie besser als die MRT die Aktivität des Prozesses.
jDD
4 Osteoidosteom (Osteolyse mit zentralem Nidus und reak-
15.2 Extradurale Tumoren tiver Umgebungssklerose, hohe Aktivität in der Skelett-
szintigraphie)
15.2.1 Primäre Knochentumoren der Wirbelsäule 4 Osteosklerotisch wachsende Metastase/malignes Lymphom
(ältere Patienten, Zerstörung des Kortex der Wirbelkörper,
Osteom häufig mit Weichteilraumforderung)
jDefinition 4 Aneurysmatische Knochenzyste (größer, expansiv wach-
4 Benigner Knochentumor des reifen Knochens mit langsa- send, oft multizystisch mit Flüssigkeitsspiegeln durch Ein-
mem Wachstum blutung)
4 Tritt in zwei Varianten auf: 4 Benigne (nichtneoplastische) reaktive Sklerose (z. B. Sklero-
5 das kompakte Osteoma durum besteht nur aus solidem sierung der Facetten bei Spondylolyse oder bei chronischer
Knochengewebe Infektion)
5 beim schwammartigen Osteoma medullare befinden
sich im Osteom auch knochenmarkhaltige Hohlräume
Osteoidosteom
jEpidemiologie jDefinition
4 Osteome treten am häufigsten am Schädel und in den 4 Benigner osteoblastischer Tumor
Nasennebenhöhlen auf 4 Besteht aus gefäßreichem Osteoidgewebe mit peripherer
4 Befall der Wirbelsäule sehr selten Sklerose
4 Gehäuftes Auftreten beim Gardner-Syndrom (intestinale 4 Führt oft zu einer reflektorischen, schmerzhaften Skoliose,
Polyposis) d. h. die Skoliose ist nur durch einen extremen Hartspann
der Rückenmuskulatur bedingt
218 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.3a–c Osteom. Konventionelle seitliche Röntgenaufnahme (a), axiale CT-Aufnahme (b) sowie sagittale T2w-MRT-Sequenz eines Osteoma durum.
Das Osteoma durum stellt sich als knochendichte Raumforderung am Wirbelkörperbogen des HWK 3 dar (a, b). Es engt den Spinalkanal deutlich von
links dorsal ein (b), führt zu einer Kompression des Myelons und weist in der MRT-Untersuchung ein typisches, flächig hypointenses Signal auf (c). (Aus Wang
et al. 2006)

jEpidemiologie 4 Manchmal zeigt die umgebende Rückenmuskulatur eine


4 12 % aller benignen Skelettneoplasien Volumenzunahme und ein in T2w hyperintenses, ödembe-
4 Typisches Alter: Kinder – junge Erwachsene dingtes Signal
4 10 % aller Osteoidosteome liegen in der Wirbelsäule 4 KM-Aufnahme variiert von minimal bis stark, KM-Auf-
nahme findet sich im nichtverkalkten Anteil des Nidus und
jBildgebung in der ödematösen Umgebung (. Abb. 15.5)
kLokalisation
4 Wirbelbögen häufiger betroffen (75 %) als Wirbelkörper kSkelettszintigraphie
(10 %) oder Quer-/Dornfortsätze (15 %) 4 Starke Speicherung im Nidus
4 Läsionen liegen oft konkavseitig am oder nahe am Scheitel- 4 Zusätzliche, weniger starke Speicherung in der Umgebung
15 punkt einer Skoliose (Knochenreaktion)
! Typischer Befund
kRöntgennativaufnahmen
Bis zu 1,5 cm große, osteolytische (hypodense) Läsion
4 Diskreter Nidus mit Umgebungssklerose (. Abb. 15.4)
im knöchernen Skelett bei Kindern und jungen Er-
4 Häufig Normalbefund oder nur leichte Sklerose; Nidus
wachsenen mit einem Kalk enthaltenden Nidus und
muss nicht sichtbar sein
einer Umgebungssklerose.
Wenn die Läsion im konkaven Scheitelpunkt einer
kCT
schmerzhaften Skoliose liegt, ist die Diagnose nahezu
4 Rundliche osteolytische (hypodense) Läsion (entspricht
sicher.
dem Nidus)
4 Nidus weist in der Regel zentrale, kompakte Matrixver-
kalkungen auf jKlinik
4 Variable Umgebungssklerose 4 Nächtlicher Schmerz, der durch Salicylate/nichtsteroidale
4 Betroffene Wirbelbögen sind oft etwas volumenvermehrt Antiphlogistika gelindert wird
4 Meist mit zentraler KM-Aufnahme 4 Häufig schmerzhafte Skoliose, bei Kindern auch Tortikollis
oder Wirbelsäulensteife (muskulärer Hartspann ist oft
kMRT tastbar)
4 T1w: Nidus ist iso- bis hypointens, verkalkte Anteile sind
deutlich hypointens > Bei einem Kind, das über eine schmerzhafte Skoliose
4 T2w: Nidus ist überwiegend hyperintens, verkalkte Anteile klagt, immer nach einem Osteoidosteom suchen.
sind stark hypointens Idiopathische Skoliosen sind nicht schmerzhaft!
4 Die knöcherne Umgebung kann eine Entzündungsreaktion
mit einem Ödem (hyperintens in T2w) zeigen
15.2 · Extradurale Tumoren
219 15

a b

. Abb. 15.4a, b Osteoidosteom. Konventionelle Röntgenaufnahme (a) und axiale CT-Aufnahme (b). Die Wirbelsäule ist skoliotisch verändert und weist
konkavseitig am rechten oberen Wirbelkörperrand von LWK 4 eine rundliche, scharf begrenzte Verschattung auf (a Pfeil). Das osteolytische Osteoidosteom
(hypodens) befindet sich an der rechten Bogenwurzel und zeigt eine zentrale Verkalkung (b Pfeil) sowie eine den Tumor umgebende scharf begrenzte
sklerotische Reaktion des Knochens (b Pfeilspitzen). (Aus Tortori-Donati 2005)

a b

. Abb. 15.5a, b Osteoidosteom. Sagittale MRT-Aufnahmen in T1w vor (a) und nach KM (b). Das Osteoidostom befindet sich an der kaudalen Wirbelkörper-
grundplatte von LWK 5. Der Tumor ist sklerosiert (hypointens) und weist eine peritumorale Kontrastmittelaufnahme als Zeichen eines reaktiven Ödems auf
(b). Der Nidus des Osteoidosteoms ist nativ Knochen-isointens (a) und nimmt KM auf (b). (Aus van Goethem 2007)
220 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.6a–c Osteoblastom. CT- (a) und MRT-Aufnahme in T1w (b) in axialer Schnittführung sowie koronare T1w-Aufnahme nach KM (c). Das Osteo-
blastom liegt rechts am Übergang von Wirbelkörper und -bogen von HWK 3 und 4. Der expansiv in das umliegende Weichteilgewebe wachsende Tumor
weist sowohl osteolytische als auch osteosklerotische Anteile auf und treibt den Wirbelkkörper merklich auf (a). Dabei ummauert und komprimiert das
Osteoblastom die rechte A. vertebralis (b Pfeil). Die Knochen-isointense Tumormasse (b Stern) nimmt deutlich KM auf (c Stern). (Aus Tortori-Donati 2005)

jTherapie 4 Meist gut abgegrenzt und von einer Schale kortikalen


4 RF-Ablation oder interstitielle Laserablation Knochens und Periost umgeben
4 Chirurgische Resektion 4 Ausnahmen mit Unterbrechungen des kortikalen Randes
sind möglich
jPrognose 4 Subtyp des »aggressiven Osteoblastoms« (wie Osteosarkom,
Nach vollständiger Resektion fast nie Rezidive enthält epitheloide Osteoblasten)

jDD jEpidemiologie
4 Bei passender Klinik und CT-Befund ist die Diagnose 4 Selten
nahezu sicher 4 Typisches Alter: Kinder – junge Erwachsene
4 Osteom (solide Sklerose, asymptomatisch, keine erhöhte 4 40 % aller Osteoblastome liegen in der Wirbelsäule
15 Aktivität in der Skelettszintigraphie) jBildgebung
4 Osteoblastom (>1,5 cm, expansiv wachsend) kLokalisation
4 Osteosklerotisch wachsende Metastase/malignes Lymphom
4 Osteoblastome liegen fast immer in den dorsalen Wirbel-
(ältere Patienten, Zerstörung des Kortex der Wirbelkörper,
elementen, bei 25 % der Fälle erstreckt sich der Tumor aber
häufig mit Weichteilraumforderung)
von den Wirbelbögen bis in den Wirbelkörper, alleiniger
4 Aneurysmatische Knochenzyste (größer, expansiv wachsend,
Befall der Wirbelkörper in 14 % der Fälle
oft multizystisch mit Flüssigkeitsspiegeln durch Einblutung)
4 50 % der Patienten weisen eine Skoliose auf. Der Tumor
4 Benigne (nichtneoplastische) reaktive Sklerose (z. B. Sklero-
sitzt meist (aber nicht so oft wie beim Osteoidosteom)
sierung der Facetten bei Spondylolyse oder bei chronischer
konkavseitig im Scheitelpunkt der Skoliose
Infektion)
kRöntgennativaufnahmen
Expansiv wachsende Läsion mit »Milchglasaspekt«
Osteoblastom
jSynonym kCT
Riesenosteoidosteom 4 Expansiv wachsende, gut abgegrenzte osteolytische Läsion
mit sklerosiertem Rand (. Abb. 15.6 und . Abb. 15.7)
jDefinition 4 Zentral osteolytischer Bereich (wie Osteoidosteom), Nidus
4 Langsam wachsender Knochentumor, der Gefäße, Osteoid ohne oder mit singulärer Verkalkung (wie Osteoidosteom)
und Knochen bildet oder mit multiplen kleinen Verkalkungen
4 Ähnliche Pathologie wie Osteoidosteom, aber größer als 4 Ausmaß der Umgebungssklerose ist variabel
1,5 cm (»großer Bruder des Osteoidosteoms«) 4 Mit oder ohne zentrale KM-Aufnahme
4 Stärker vaskularisiert und enthält mehr Osteoid als 4 Subtyp des aggressiven Osteoblastoms zeigt Knochenzer-
Osteoidosteom störung und Infiltration der umliegenden Weichteile,
15.2 · Extradurale Tumoren
221 15

a b d

e f g

. Abb. 15.7a–g Osteoblastom. Seitliche Röntgenaufnahme der LWS (a), sagittale CT-Reformation von Mitte LWK 2–SWK 2 (b) und axiale CT-Aufnahmen
durch den LWK 3 (c, d), sagittale MRT-Aufnahmen der LWS in fettsupprimierter T2w (g), T1w (e) und fettsupprimierter T1w nach Kontrastmittelgabe (f). Im
LWK 3 liegt eine große, expansiv wachsende, randständig sklerosierte, osteolytische weichteildichte Läsion mit zentralen Matrixverkalkungen (a–d). In T2w
zeigt die Läsion ein inhomogen, partiell hyperintenses Signal und nimmt intensiv Kontrastmittel auf. (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. R. Erlemann,
Duisburg)
222 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

Nidus zeigt dann meistens multifokale Matrixverkalkungen, 4 Knorpelbildende Tumoren wie Enchondrom,
auch ring- oder bogenförmige Verkalkungen wie bei chon- Osteochondrom (typische punkt- bzw. popcornartige
droiden Tumoren sind möglich Verkalkungen)
4 Riesenzelltumor (Patienten 20–40 Jahre alt, Wirbelkörper
kMRT häufiger betroffen als dorsale Strukturen)
4 T1w: hypointens bis isointens 4 Fibröse Dysplasie (häufig polyostotischer Befall –
4 T2w: überwiegend hyperintens, verkalkte Anteile sind stark Osteoblastom fast nie multipel)
hypointens, häufig ausgedehntes peritumorales Ödem 4 Langerhans-Zell-Histiozytose (Befall des Wirbelkörpers, oft
4 KM-Aufnahme variiert von minimal bis stark mit Vertebra plana, weniger stark expansiv wachsend)
4 Große Weichteilkomponente möglich (bei aggressiven
Osteoblastomen)
Osteochondrom
kSkelettszintigraphie jSynonym
Meist starke Speicherung (Osteo)kartilaginäre Exostose, Exostose

kAngiographie jDefinition
Vaskularisiert (intensive, lang andauernde KM-Aufnahme) Von Knorpel bedeckter Knochenvorsprung

! Typischer Befund jÄtiologie


Jüngerer Patient mit expansiv wachsender osteolyti- 4 Entsteht während der Entwicklung, wenn Epiphysen-
scher Läsion >1,5 cm in Wirbelbogen/Bogenwurzel, gut knorpel außerhalb der Wachstumsfuge gefangen ist
abgegrenzt mit sklerosiertem Rand, mit oder ohne 4 Kann strahleninduziert sein (in der Peripherie von Feldern
kalkhaltige Matrix und starker Vaskularisierung einer Röntgenbestrahlung, typischerweise bei Kindern
<2 Jahren)
> 10–15 % aller Osteoblastome enthalten eine sekundäre
aneurysmatische Knochenzyste. jEpidemiologie
4 Häufigste benigne Knochenläsion (30–45 % aller benignen
jKlinik Knochentumoren)
4 Häufig Skoliose 4 Nur <5 % aller Osteochondrome sind an der Wirbelsäule
4 Dumpfer, umschriebener Rückenschmerz mit oder ohne 4 Typisches Alter 10–30 Jahre
neurologische Symptome
4 Kein nächtlicher Schmerz wie beim Osteoidosteom, kein jBildgebung
Ansprechen auf Salicylate kLokalisation
4 Bei größeren Tumoren und Beteiligung des Wirbelkörpers 4 HWS am häufigsten betroffen
15 kann es zu Spontanfrakturen kommen 4 Entspringen meist aus den dorsalen Wirbelelementen, nur
selten aus den Wirbelkörpern
jTherapie
Chirurgische Resektion (keine RF-Ablation!) kRöntgennativaufnahmen
Typisch ist eine Ausdünnung des Kortex am Abgang des Osteo-
jPrognose chondroms
Nach chirurgischer Resektion Rezidive in 10–15 % (bei aggressi-
ven Osteoblastomen 50 %) kCT
4 Breitbasiger oder gestielter Knochenvorsprung
jDD 4 Kortex des Wirtsknochens geht in den Kortex des Osteo-
4 Osteoidosteom (<1,5 cm, nie mit expansiv wachsendem chondroms über, Knochenmark des Wirtsknochens reicht
Aspekt oder Weichteilkomponente) kontinuierlich bis in die Exostose hinein (. Abb. 15.8)
4 Osteosklerotisch wachsende Metastase/malignes Lymphom 4 Knorpelkappe kann Verkalkungen enthalten
(ältere Patienten)
4 Aneurysmatische Knochenzyste (zeigen keine Matrixver- kMRT
kalkung, oft multizystisch mit Flüssigkeitsspiegeln durch 4 T1w: zentral hyperintens (gelbes Mark), Kortex hypointens
Einblutung, 10–15 % der Osteoblastome enthalten eine an- 4 T2w: zentral hyperintens (gelbes Mark), Kortex hypointens,
eurysmatische Knochenzyste, aneurysmatische Knochen- Knorpelkappe hyperintens, Knorpelkappe >1,5 cm spricht
zyste kann kontinuierlich mehrere Wirbel befallen – bei für maligne Entartung zum Chondrosarkom)
Osteoblastomen extrem selten) 4 Gelegentlich periphere KM-Aufnahme
4 Osteosarkom (an der Wirbelsäule selten, periostale
Knochenneubildung, auffallende Weichteilkomponente)
15.2 · Extradurale Tumoren
223 15

a b c

. Abb. 15.8a–c Osteochondrom. Konventionelle Röntgenaufnahme (a) sowie axiale CT- (b) und MRT-Aufnahmen in T2w (c). Das Osteochondrom befindet
sich am rechten Randbereich des BWK 12 (a). Es entspringt aus der rechten Bogenwurzel des BWK 12. Kortex und Mark von Wirbelkörper und Tumor
gehen ineinander über (b). Das Osteochondrom ist dorsal unscharf begrenzt und wächst in die autochtone Rückenmuskulatur hinein. In der MRT weist der
Tumor ein heterogenes Signal auf (c). Die Knorpelkappe stellt sich in T2w hyperintens dar. (Aus Gunay et al. 2010)

! Typischer Befund jEpidemiologie


Mark und Kortex von Osteochondrom und Wirts- 4 Dritthäufigster primärer maligner Knochentumor bei Er-
knochen gehen ineinander über. wachsenen (nach Plasmozytom/multiplem Myelom und
Chordom)
> Wenn die Knorpelkappe eines Osteochondroms 4 3–12 % aller Chondrosarkome treten an der Wirbelsäule
dicker als 1,5 cm ist, muss an eine Entartung zum auf
Chondrosarkom gedacht werden. 4 Am häufigsten bei Männern im mittleren Lebensalter
(Mittelwert 45 Jahre)
jKlinik 4 2 % aller Chondrosarkome sind weniger maligne Klarzell-
4 Meist schmerzlose, langsam wachsende Raumforderung Chondrosarkome, die radiologisch Osteoblastomen und
4 Bei Wachstum nach dorsal ist Myelopathie möglich, bei Riesenzelltumoren ähneln
Wachstum nach ventral Dysphagie oder Heiserkeit
jBildgebung
jDD kLokalisation
4 Chondrosarkom (osteolytisches zerstörendes Wachstum, 4 BWS am häufigsten betroffen
Osteochondrom weist keinen Weichteiltumor auf, kann 4 Meist in den dorsalen Wirbelelementen (40 %) oder in dor-
durch maligne Entartung eines Osteochondroms entstehen, salen Wirbelelementen und Wirbelkörpern (45 %), seltener
Knorpelkappe >1,5 cm spricht für Chondrosarkom) nur in den Wirbelkörpern (15 %)
4 Osteoblastom (expansiv wachsende Läsion von Wirbel- 4 Ausbreitung durch das Bandscheibenfach in den angren-
bogen oder Bogenwurzel) zenden Wirbelkörper in 30 % der Fälle
4 Aneurysmatische Knochenzyste (expansiv wachsend, oft 4 Ausbreitung in angrenzende Rippen möglich
multizystisch mit Flüssigkeitsspiegeln durch Einblutung) 4 Sekundäre Chondrosarkome: verdickte Knorpelkappe
(>1,5 cm) auf der Exostose; bei weiterer Größenzunahme
ist auch die Zerstörung des Knochenstiels und Invasion der
Chondrosarkom umgebenden Strukturen möglich
jDefinition
Maligner Knochentumor, der von Knorpelgewebe ausgeht kRöntgennativaufnahmen
Osteolytische Läsion mit chondroiden Matrixverkalkungen
jÄtiologie
4 Am häufigsten primäre Entstehung
4 Seltener sekundäre Entstehung als maligne Transformation
eines Osteochondroms
224 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 15.9 Chondrosarkom. Axiale CT-Reformation. Das Chondrosarkom führt zu einer Osteolyse im Wirbelkörper und weist multiple Kalzifikationsherde
auf. (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. R. Erlemann, Duisburg)

a b c
15 . Abb. 15.10a–c Zervikales Chondrosarkom. Sagittale (a), koronare (b) und axiale (c) T2w-MRT-Aufnahmen der HWS. Im HWK 3 befindet sich ein Chondro-
sarkom mit einer typischen lubulären Binnenstruktur. Der Tumor breitet sich in die paraspinalen Weichteile aus und führt intraspinal zu einer Verlagerung
des Myelons

kCT jKlinik
4 Weichteildichte Läsion mit chondroiden (ringförmigen/bo- 4 Lokaler Schmerz
gigen) Matrixverkalkungen (. Abb. 15.9 und . Abb. 15.12) 4 Neurologische Ausfälle bei 50 % der Fälle
4 Weichteildichte Tumoranteile weisen oft eine niedrigere
Dichte auf als Muskelgewebe jDD
4 Osteoblastom (nicht sicher unterscheidbar)
kMRT 4 Riesenzelltumor (keine Matrixverkalkungen)
4 T1w: hypo- bis isointens zu Muskel, verkalkte Anteile deut- 4 Plasmozytom (keine Matrixverkalkungen)
lich hypointens 4 Chordom (Lage meistens im Klivus oder Sakrum, in MRT
4 T2w: stark hyperintens, oft mit lobulierter Binnenstruktur, ähnlich wie Chondrosarkom, kann Matrixverkalkungen
verkalkte Anteile hypointens (. Abb. 15.10, . Abb. 15.11 enthalten, Befall der Wirbelbögen spricht für Chondrosar-
und . Abb. 15.13) kom)
4 Tumor nimmt KM auf, Muster kann variabel sein (homo-
gen/inhomogen)

! Typischer Befund
Osteolytische Läsion mit Matrixverkalkungen
15.2 · Extradurale Tumoren
225 15

a b c d

e f

. Abb. 15.11a–f Chondrosarkom. Sagittale CT-Reformation (a) von BWK 8 bis LWK 4. T2w- (b) sowie native (c) und kontrastmittelangehobene (d)
T1w-MRT-Untersuchung der BWS (BWK 2 bis BWK 12). Axiale T2w- (E) und kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Untersuchung (f) durch den BWK 10. Im
BWK 10 findet sich ein Chondrosarkom mit einem hypodensen, knorpeligen Kern und einem hyperdensen, sklerosierten Randsaum (a). In der MRT-Unter-
suchung ist die heterogene, lobulär anmutenden Struktur zu erkennen (b–f). Die Kontrastmittelaufnahme des Chondrosarkoms ist eher irregulär (d und f).
(Aus Krauthammer et al. 2013)
226 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 15.12 Klarzell-Chondrosarkom. Axiale CT-Reformation durch den BWK 1 bei einem 35-jährigen Patienten. Das Klarzell-Chondrosarkom imponiert
als Weichteil-isodense Tumormasse mit Matrixverkalkungen (Pfeile). Als seltene Variante des Chondrosarkoms weist es radiologische Züge von Riesen-
zelltumoren und Osteoblastomen auf und ist nicht sicher von diesen Tumoren zu unterscheiden. (Aus Collins et al. 2003)

15

a b

. Abb. 15.13a, b Sekundäres Chondrosarkom. Axiale CT-Aufnahme (a) sowie sagittale T2-MRT-Aufnahme (b) in der mittleren LWS. In der axialen CT-Auf-
nahme (a) ist ein großer Tumor mit Knorpelkappe und multiplen Matrixverkalkungen zu sehen. Die sagittale T2-w MRT-Aufnahme (b) zeigt ein stark hyper-
intenses lobuliertes Chondrosarkom mit multiplen Kalzifikationsherden (hypointens). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. R. Erlemann, Duisburg)
15.2 · Extradurale Tumoren
227 15

a b c

. Abb. 15.14a–c Sakraler Riesenzelltumor. Konventionelle Röntgenaufnahme des Sakrums in a/p (a), axiale CT-Reformation des Sakrums (b) sowie
sagittale T1w-MRT-Aufnahem des Sakrums und der LWS (c). Der vom Os sacrum ausgehende, osteolytische Riesenzelltumor (a–c Pfeile) nimmt beinahe
das gesamte Os sacrum ein und wächst in die umgebenden Weichteile sowie in den Spinalkanal hinein. Der Tumor ist Weichteil-isodens und weist ver-
einzelte Matrixverkalkungen auf (b). (Aus Stratil u. Stacy 2005)

Riesenzelltumor kMRT
jSynonym 4 T1w: hypo- bis isointens
Osteoklastom 4 T2w: hypo- bis isointens
4 Inhomogenes Signal in allen Wichtungen möglich, weil
jDefinition häufig hämorrhagische Anteile vorhanden sind
4 Besteht hauptsächlich aus osteoklastischen Riesenzellen 4 Deutliche, etwas inhomogene KM-Aufnahme
4 Tumor enthält oft auch zystische Areale und unterschied- (. Abb. 15.15)
lich alte Einblutungen 4 Zystische Anteile mit Flüssigkeitsspiegeln sind häufig
! Typischer Befund
jÄtiologie
Osteolytische Läsion im Sakrum ohne Matrix-
Bestehen aus dicht gepackten osteoklastischen Riesenzellen
verkalkung
jEpidemiologie
4 Nur 5 % aller Riesenzelltumoren treten an der Wirbelsäule jKlinik
auf 4 Lokaler Schmerz, radikuläre Ausstrahlung möglich
4 Dritthäufigster Tumor im Sakrum (nach Plasmozytom und 4 Radikuläre Ausfälle möglich
Chordom)
4 Typisches Alter 20–40 Jahre jDD
4 Sakrale Lage: Chordom (leichte Matrixverkalkungen in der
jBildgebung CT, hyperintens in T2w) oder Plasmozytom (homogen
kLokalisation hyperintens in T2w)
4 Sakrum am häufigsten betroffen 4 Lage in der übrigen Wirbelsäule: Chondrosarkom (ring-
4 Entspringen meist aus dem Wirbelkörper, reichen aber förmige Verkalkungen in der CT, hyperintens in T2w, oft
häufig bis in die Wirbelbögen ringförmige KM-Aufnahme), Osteoblastom (Lage in den
4 Alleiniger Befall der Wirbelanhangsgebilde ist selten Wirbelanhangsgebilden, häufig mit Skoliose, meist mit
4 Können durch das Bandscheibenfach bis in den benach- Matrixverkalkung) oder aneurysmatische Knochenzyste
barten Wirbelkörper wachsen (überwiegender Anteil des Tumors in den dorsalen Wirbel-
4 Häufig mit extraossärem Weichteilanteil (. Abb. 15.14) anteilen, Spiegelbildungen, meist septiertes Muster der
KM-Aufnahme)
kRöntgennativaufnahmen
Expansiv wachsende osteolytische Läsion

kCT
4 Osteolytische Läsion ohne oder allenfalls mit minimaler
Matrixverkalkung
4 Dünner sklerotischer Randsaum möglich
228 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c d

. Abb. 15.15a–d Thorakaler Riesenzelltumor. Sagittale CT-Reformation von BWK 2 bis BWK 7 (a). Sagittale T2w- (b) sowie native (c) und kontrastmittel-
angehoebene (d) T1w-MRT-Aufnahmen von BWK 2 bis BWK 12. Vom BWK 4 geht ein Riesenzelltumor aus, der zu einer Osteolyse führt (a) und sich in
die paravertebralen Weichteile ausbreitet (a–d). Der Tumor ist in T1w und T2w hypointens und nimmt kräftig und flächig Kontrastmittelaufnahme auf.
Hervorzuheben ist ein zystischer Anteil, der T2w-hyperintens ist (b Pfeil) und kein Kontrastmittel aufnimmt (d Pfeil). (Aus Krauthammer et al. 2013)

Wirbelhämangiom kCT
jDefinition 4 Hypodense, fetthaltige Läsion im Wirbelkörper mit groben,
4 Benigner Gefäßtumor des Wirbelkörpers senkrecht verlaufenden Trabekeln (gepunktetes Aussehen
4 Läsion besteht aus vertikal verlaufenden, blutgefüllten, auf axialen Schnitten = »white polka dots«) (. Abb. 15.16)
sinusoidalen Hohlräumen 4 KM-Aufnahme möglich (sehr starke Aufnahme bei aggres-
4 Subtyp des »aggressiven« Hämangioms zeigt schnelleres siven Hämangiomen) (. Abb. 15.19)
Wachstum und kann klinisch symptomatisch werden
kMRT
jEpidemiologie 4 Hyperintens in T1w und T2w (. Abb. 15.17)
15 4 Häufigster Tumor der Wirbelsäule (10–12 % aller Erwach- 4 Aktive Hämangiome zeigen eine deutliche KM-Aufnahme
senen) (. Abb. 15.18)
4 Bei 20–30 % multipel 4 Obwohl Hämangiome Fett enthalten, sind sie aufgrund
4 Meist asymptomatischer Zufallsbefund ihres Gefäßreichtums auf fettgesättigten MRT-Aufnahmen
4 Bei den meisten »klassischen« Hämangiomen handelt es oft nicht hypointens (. Abb. 15.17)
sich um Residuen eines in der Kindheit aufgetretenen 4 Aggressive Hämangiome sind in T1w hypo- bis isointens
Hämangioms, das sich bereits zurückgebildet hat, dabei (wie Metastasen) mit starker KM-Aufnahme
aber eine Spongiosararefizierung mit verstärkten Trabeln 4 Aggressive Hämangiome führen oft zu einer pathologischen
zurückgelassen hat, zwischen denen Fettgewebe oder Fraktur oder zeigen eine epidurale Ausdehnung
Knochenmark liegt
4 Bei noch aktiven Hämangiomen liegt zwischen den rare- kAngiographie
fizierten Trabekeln neben Fettgewebe auch angiomatöses 4 Normal bis hypervaskularisiert
Gewebe 4 Aggressive Hämangiome zeigen eine frühzeitige und starke
4 Aggressive Hämangiome sind selten Anfärbung

jBildgebung ! Typischer Befund (. Abb. 15.18 und . Abb. 15.19)


kLokalisation 4 CT: hypodense Läsion mit groben, senkrecht
Befällt nur selten die dorsalen Wirbelelemente/Bogenwurzeln verlaufenden Trabekeln
(10 %), am häufigsten sind die Wirbelkörper in der unteren 4 MRT: hyperintens in T1w und T2w mit KM-Auf-
BWS/oberen LWS betroffen nahme

kRöntgennativaufnahmen
»Bienenwabenmuster« (. Abb. 15.16)
15.2 · Extradurale Tumoren
229 15

a b

. Abb. 15.16a, b Typisches Wirbelkörperhämangiom. Die groben, senkrecht verlaufenden Trabekel sind auf der Röntgennativaufnahme (a) als »Bienen-
wabenmuster« zu erkennen. In der axialen CT-Aufnahme (b) entspricht die Struktur den »white polka dots«. (Aus van Goethem 2007)

a b c

. Abb. 15.17a–c Wirbelkörperhämangiom. Sagittale MRT-Aufnahmen von LWK 1–LWK 3 in T2w (a), T1w (b) und fettgesättigter T2w (TIRM-Sequenz) (c). Im
hinteren Anteil des LWK 2 liegt ein kleines Wirbelhämangiom, das sowohl in T1w wie in T2w hyperintens ist. Auf der fettgesättigten T2w-Aufnahme ist das
Zentrum des Hämangioms signalarm, der vermutlich gefäßreichere Randbereich dagegen signalreich

a b

. Abb. 15.18a, b Wirbelkörperhämangiom. Sagittale MRT-Aufnahmen des LWK 1 in T1w nativ (a) und nach KM-Gabe (b). Im LWK 1 befindet sich ein
kleines, in T1w hyperintenses Wirbelhämangiom (a), das nach KM-Gabe eine mäßig starke, gleichmäßige KM-Aufnahme zeigt (b)
230 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.19a–c Aggressives Wirbelkörperhämangiom. Axiale CT (a) mit koronaren (b) und sagittalen (c) Reformationen. Das aggressive Wirbelkörper-
hämangiom erstreckt sich über drei zervikale Wirbelkörper und führt (im Gegensatz zum typischen Wirbelkörperhämangiom) zu einer scharf begrenzten
kompletten Osteolyse der betroffenen Areale. Zudem ist das Fehlen von Sklerosierung an den Osteolyserändern ein Zeichen der Aggressivität des Tumors.
(Aus van Goethem 2007)

jKlinik jÄtiologie
4 Benigne Hämangiome sind Zufallsbefunde Im Rahmen der Embryonalentwicklung wird aus der Chorda
4 Aggressive Hämangiome: umschriebene Rückenschmerzen, dorsalis (Notochord) die Wirbelsäule. Das Notochord bildet sich
bei pathologischer Fraktur oder Übergreifen auf die Dura in der 7. Schwangerschaftswoche zurück. Einzelne Notochord-
auch Myelopathie/Radikulopathie zellen kommen aber in der Wirbelsäule vom Dorsum sellae
bis zum Steißbein vor. Aus diesen Zellen kann sich später ein
jTherapie und Prognose Chordom entwickeln.
4 Benigne Hämangiome: keine Behandlung, sehr gute Prog-
nose jEpidemiologie
4 Aggressive Hämangiome: Kombination aus Vertebroplastie 4 Selten (2–4 % der primären malignen Knochentumoren)
und Embolisation, evtl. zusätzliche Operation, Prognose 4 Altersgipfel: 50–60 Jahre
variabel
jBildgebung
15 jDD kLokalisation
4 Wirbelmetastasen (dehnen sich oft auf Bogenwurzeln aus, 4 Sakrokokzygeal 50 %, Clivus/kraniozervikaler Übergang:
Hämangiome nur selten; benigne Hämangiome in T1w hy- 35 %, übrige Wirbelkörper: 15 % (meist zervikal)
perintens, Metastasen hypointens; aggressive Hämangiome 4 Entsteht im Wirbelkörper
sind in der MRT schwer von Metastasen zu unterscheiden, 4 Kann sich nach epidural/perivertebral ausbreiten oder ent-
CT mit Knochenfenster hilfreich) lang der Nervenwurzeln wachsen und die Neuroforamina
4 Umschriebene Markverfettung (Hämangiome enthalten aufweiten
zwar auch Fett, bleiben auf fettgesättigten Sequenzen wie 4 Über eine Ausbreitung in die ventralen und lateralen paros-
z. B. STIR aber wegen ihres Gefäßanteils meistens hyperin- salen Weichteile können die Nachbarwirbel erfasst werden
tens) (. Abb. 15.23)
4 Vaskuläre Malformationen (als DD zu aggressiven Häman- 4 Langsames Wachstum, daher bei Diagnosestellung oft rela-
giomen mit Nachweis von angiomatösem Gewebe im Epi- tiv groß
duralraum; ggf. spinale DSA)
kRöntgennativaufnahmen
> Nur Hämangiome, der M. Paget und einige Metastasen
Transparente Läsion mit umgebender Sklerose
eines malignen Melanoms haben im Wirbelkörper eine
hohe Signalintensität in T1-Wichtung. Wenn Fett nach-
kCT
weisbar ist, handelt es sich dann um ein Hämangiom.
4 Destruierende osteolytische Läsion, meistens mit begleiten-
dem Weichteiltumor
Chordom 4 In etwa 50 % mit Sklerose oder amorphen intratumorösen
jDefinition Verkalkungen
Maligner Tumor der Wirbelsäule, der aus Notochordresten ent- 4 Leichte bis mäßig starke KM-Aufnahme
steht
15.2 · Extradurale Tumoren
231 15

. Abb. 15.20a–d Zervikales Chordom. Sagittale


T2w- (a) sowie native (b) und kontrastmittelange-
hobene (c) T1w-MRT-Aufnahmen. Axiale T2-MRT-
Aufnahme durch den HWK 2 (d). Das Chordom des
HWK 2 breitet sich in die umgebenden Weichteile
aus und komprimiert den Spinalkanal. Der Tumor
wirkt in T2w (a und d) lobuliert und weist ein hete-
rogenes Signal auf. In T1w ist das Chordom hypo-
intens (b) und nimmt heterogen Kontrastmittel
a b c auf (c). (Aus Krauthamer et al. 2013)

a b

. Abb. 15.21a, b Zervikales Chordom. Axiale MRT-Aufnahmen in T1w vor (a) und nach (b) Kontrastmittelgabe. Der Tumor nimmt große Teile des Wirbel-
bogens ein, wächst nach rechts und ventral in den Spinalkanal und das umgebende Weichteilgewebe. Der Spinalkanal ist nahezu komplett verlegt. Das
Neuroforamen ist aufgeweitet und komplett verlegt, die rechte A. vertebralis nach lateral verdrängt. Das Chordom ist heterogen muskel-isointens und scharf
begrenzt. Besonders nach KM-Gabe wird die septierte Struktur mit kreis- und bogenförmigen Anreicherungen erkennbar (b). (Aus van Goethem 2007)

kMRT kSkelettszintigraphie
4 T1w: heterogen hypo- bis isointens (zum Mark) Keine Anreicherung
(. Abb. 15.20)
4 T2w: hyperintens zu Liquor und Bandscheiben, manchmal jTypischer Befund
mit hypointensen (fibrösen) Septen In T2w gegenüber Bandscheiben hyperintenser, destruierender
4 KM-Aufnahme: mäßig bis stark, oft leicht lobuliertes Aus- Tumor am Clivus oder Sakrum
sehen (. Abb. 15.21 und . Abb. 15.22)
232 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 15.23 Sakrokokzygeales Chordom. Axiale CT-Aufnahme. Das


osteolytische Chordom des Sakrums weist einen großen Weichteilanteil
auf, der sich dorsal bis an das Hautniveau ausdehnt. Zudem sind diffuse
fleckförmige Kalzifikationen zu erkennen. (Aus Smith et al. 1987)

jÄtiologie
. Abb. 15.22 Thorakales Chordom. Koronare MRT-Aufnahme in T1w
4 Primäre aneurysmatische Knochenzysten sind wahr-
nach KM-Gabe. Das Chordom erstreckt sich über drei Wirbelkörper und
weist eine septierte Struktur auf. (Aus van Goethem 2007) scheinlich Folge eines Traumas, bei dem eine Störung der
Blutzirkulation entsteht
4 Selten entstehen auch »sekundäre« aneurysmatische
jKlinik Knochenzysten innerhalb eines vorbestehenden Tumors
Je nach Lokalisation: Schmerz, Sensibilitätsstörungen, Paresen, (Riesenzelltumor, Osteoblastom, Osteochondrom)
Inkontinenz
jEpidemiologie
jTherapie und Prognose 4 Selten (1–2 % der primären Knochentumoren, 10–30 %
4 Chirurgische Resektion mit Strahlentherapie davon in der Wirbelsäule)
4 Häufig Lokalrezidiv 4 Die meisten Patienten (80 %) sind <20 Jahre alt
4 Fernmetastasen bei 5–40 % (Lunge, Leber, Lymphknoten,
Knochen) jBildgebung
15 4 5-Jahres-Überlebensrate ca. 80 % kLokalisation
jDD 4 Meist Befall des Wirbelbogens, Ausdehnung von dort
häufig auf Wirbelkörper (75–90 %) und Spinalkanal
4 Chondrosarkom (in der MRT ähnlich, Lokalisation häufi-
4 Am häufigsten ist die thorakale Wirbelsäule betroffen
ger in Wirbelbögen als Wirbelkörpern, Knorpelmatrix mit
4 Ausdehnung in Paravertebralraum möglich
Ringen und Bögen)
4 Kann sich selten über die Bandscheibe bis zum benachbarten
4 Riesenzelltumor (heterogen hypo- und hyperintens in T2w,
Wirbel ausbreiten (wie Riesenzelltumoren und Chordome)
keine Matrixverkalkungen in der CT)
4 Metastasen/Plasmozytom/malignes Lymphom (multifokal,
kCT
heterogen in T2w, keine Matrixverkalkungen in der CT)
4 Expansiv wachsende, zystische, septierte Raumforderung
4 Sakrokokzygeales Teratom (durch Fett in T1w hyperintens,
4 Ist meist von schmalem »Eierschalenkortex« umgeben,
pädiatrische Patienten) (. Abb. 15.23)
auch die Septen können gelegentlich verkalken, es sind aber
keine echten Matrixverkalkungen vorhanden (. Abb. 15.24)
4 Flüssigkeitsspiegel (Einblutung, Sedimentation)
Aneurysmatische Knochenzyste 4 KM-Aufnahme von Randbereich und Septen
jDefinition
4 Expansiv wachsende, dünnwandige, blutgefüllte Läsion mit kMRT
zystischen Hohlräumen 4 Gelappte, multizystische Läsion mit heterogenem Signal
4 Septen zwischen den Hohlräumen bestehen aus Bindege- (Blutabbauprodukte) und Flüssigkeitsspiegeln (. Abb. 15.25)
webe, Knochen oder Riesenzellen 4 Randsaum ist hypointens in T1w und T2w (Periostmembran)
4 Variante der »soliden aneurysmatischen Knochenzyste« ist 4 KM-Aufnahme von Randbereich und Septen
selten (5 %): Zwischenräume nehmen mehr Raum ein als 4 Variante der »soliden aneurysmatischen Knochenzyste«
die zystischen Anteile zeigt relativ homogene KM-Aufnahme
15.2 · Extradurale Tumoren
233 15

b d

a c

. Abb. 15.24a–d Aneurysmatische Knochenzyste. Konventionelle Röntgenaufnahme (a) sowie axiale CT- (b) und T2w -MRT-Aufnahme (c) und DSA (d).
Die Wirbelsäule ist skoliotisch verändert und weist im BWK 11 konkavseitig eine scharf begrenzte Transparenzerhöhung auf (a Pfeilspitze). Die aneurysmati-
sche Knochenzyste geht vom linken Übergang zwischen Bogenwurzel und Wirbelbogen aus und wächst expansiv nach dorsal sowie in den Wirbelkörper
hinein. Dabei wird das Rückenmark verdrängt ohne zu einem pathologischen Signal zu führen (c Pfeil). Die aneurysmatische Knochenzyste ist von einem
Eierschalenkortex umgeben (b Pfeilspitzen) und besteht aus mehreren zystischen Räumen mit Flüssigkeitsspiegeln (c kleine Pfeile). In der zugehörigen DSA
(d) ist ein hypervaskularisiertes Gefäßkonvolut mit einer großen abführenden Vene zu erkennen. (Aus Tortori-Donati 2005)

a b c e

. Abb. 15.25a–e Aneurysmatische Knochenzyste. Sagittale T2w- (a) sowie native (b) und fettsupprimierte, kontrastmittelangehobene (c) T1w-MRT-Untersu-
chung der mittleren BWS. Axiale T2w- (d) und fettsupprimierte, kontrastmittelangehobene (e) T1w-MRT-Untersuchung durch den BWK 4. 40-jährige Patientin
mit Sensibilitätsstörungen beider Beine. Am BWK-4/5-Übergang findet sich eine von den Wirbelbögen ausgehende aneurysmatische Knochenzyste (a–e Pfeil).
Im T2w-Bild ist gut die multizystische Struktur mit heterogenen Spiegeln zu erkennen (a und d Pfeil). Der Tumor ist in T1w nativ hypointens (b Pfeil). Die
Kontrastmittelaufnahme verläuft teils entlang der Septen (c Pfeil), ist teils flächig (e Pfeil) und erstreckt sich auch auf das perifokale epidurale Fettgewebe (c)
234 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

kRöntgennativaufnahmen jBildgebung
Expansive Remodellierung des Knochens kLokalisation
4 Markinfiltration zuerst im dorsalen Wirbelkörperanteil,
kSkelettszintigraphie dann in der Bogenwurzel
Peripher vermehrte Anreicherung, fehlende zentrale Anreiche- 4 Im weiteren Verlauf kann es zur Ausbreitung in das Neuro-
rung foramen oder nach epidural kommen, oder zur patholo-
gischen Fraktur
kAngiographie 4 Epidurale Kompression des Myelons bei 5 %
Hypervaskularisiert 4 Oft bricht der Tumor von beidseits dorsolateral in den Epi-
duralraum ein und verschont dabei scheinbar die Mittellinie
! Typischer Befund
(Zeichen des »drapierten Vorhangs«/»draped curtain sign«)
Expansive Läsion des Wirbelbogens bei einem jünge-
4 Bandscheiben nahezu immer verschont
ren Menschen mit Zysten und Flüssigkeitsspiegeln, die
bis in den Wirbelkörper hineinreicht und keine Matrix-
kRöntgennativaufnahmen
verkalkungen enthält
4 Am sensitivsten ist die fehlende Darstellung der Bogen-
wurzel auf a-p Aufnahmen
jKlinik 4 Verlust der hinteren kortikalen Wirbelkörperlinie auf
Meist nur Rückenschmerzen, selten Myelonkompression bei seitlichen Aufnahmen
pathol. Fraktur oder Expansion in den Spinalkanal 4 Sicherer Nachweis auf Röntgennativaufnahmen erst bei
Wirbelkörperbefall >50 %
jTherapie und Prognose
4 Chirurgische Resektion kCT
4 Evtl. präoperative Embolisation 4 Meist: osteolytische, permeativ destruierende Läsion mit
4 Rezidivrate 20–30 % Beteiligung des hinteren Wirbelkörperanteils/der Bogen-
wurzel
jDD 4 Seltener: diffuse Sklerose (»Elfenbeinwirbel«) oder Osteo-
4 Osteoblastom (expansiv wachsende Läsion des Wirbel- lyse mit Sklerosesaum (. Abb. 15.27)
bogens >2 cm, Matrixverkalkung) 4 In der CT häufig keine KM-Aufnahme nachweisbar
4 Metastasen (ältere Patienten, begleitender Weichteiltumor,
Metastasen haben nur selten Flüssigkeitsspiegel) kMRT
4 Riesenzelltumor (Patienten >30 Jahre, Osteolyse mit beglei- 4 T1w: hypointens (Metastase ersetzt das fetthaltige Mark),
tendem Weichteiltumor, überwiegender Anteil des Tumors Wirbelkörperkortikalis zerstört (besonders dorsal)
liegt im Wirbelkörper) (. Abb. 15.26)
4 T2w: hypo-/isointens zu normalem Knochenmark
15 4 STIR: hyperintens
15.2.2 Sekundäre Tumoren der Wirbelsäule 4 Diffusionswichtung: hyperintens (Aussagekraft umstritten)
und des Epiduralraums 4 Flächige KM-Aufnahme (. Abb. 15.28)

Wirbelmetastasen ! Cave
Nach KM-Gabe kann sich die Signalintensität einer
jDefinition
Metastase der des umliegenden Marks angleichen
Metastatische Infiltration eines Wirbels
(immer native T1w vergleichen!).
jÄtiologie
4 Nahezu immer hämatogene Infiltration kSPECT
4 Zuerst wird das Knochenmark zerstört, dann die Trabekel, Hochsensitiv
dann der knöcherne Kortex
! Typischer Befund
4 Die Lokalisation von Wirbelmetastasen korreliert mit der
4 In T1w hypointense Läsion, die den dorsalen Kortex
Menge roten Marks: LWS>BWS>HWS
bzw. die Bogenwurzel zerstört
4 Läsionen sind am besten erkennbar auf nativen
jEpidemiologie
T1w- und STIR-Aufnahmen
4 Häufig (bei 10–40 % der Patienten mit systemischen
Karzinomen)
4 Stellen ca. 40 % aller ossären Metastasen jKlinik
4 Progrediente Rückenschmerzen, seltener radikuläre
Schmerzen
4 Bei Kompression des Myelons Paresen, Sensibilitätsstörun-
gen, Inkontinenz
15.2 · Extradurale Tumoren
235 15

a b d e

. Abb. 15.26a–e Multiple osteolytische Wirbelkörpermetastasen bei Mamma-Ca. Sagit-


tale MRT-Aufnahmen. In der nativen T1w-Sequenz (a) erkennt man die Metastasen am pa-
thologischen Fettverlust in LWK 1 und 2, sowie z. T. in LWK 3–5. Nach KM-Gabe (b) ist das
Signal der tumorinfiltrierten Areale flächig erhöht, wodurch sich das Wirbelkörpersignal
z. T. normalisiert. Zu sehen ist zudem eine pathologische Fraktur von LWK1 mit einem
Frakturstempel, der in den Spinalkanal ragt. Eine Ausschnittsvergrößerung (c) (aus b) zeigt
die destruierte Kortikalis der Wirbelkörpergrundplatte von LWK 1 (c Pfeil). In der T2w-
Sequenz (e) stellen sich die betroffenen Wirbelkörper inhomogen hypointens dar. In der
TIRM-Sequenz (d) stellen sich die Metastasen unterschiedlich stark hyperintens dar.
c Zudem zeigt sich, dass auch die Dornfortsätze BWK 9–LWK 1 betroffen sind (d Pfeilspitzen)

jDD > Der Duralsack ist ventral in der Mittellinie durch einzel-
4 Wirbelkörperinfiltration durch maligne Tumoren des hä- ne strangförmige Bänder mit dem hinteren Längsband
matopoetischen Systems: Plasmozytom, multiples Myelom, der Wirbelsäule verbunden (Lig. meningovertebrale).
malignes Lymphom, Leukämie (diffuser Knochenmark- Maligne Tumoren, die vom Wirbelkörper aus in den
befall häufiger als bei Metastasen) Epiduralraum einbrechen, »verschonen« daher oft
4 Benigne (osteoporotische) Kompressionsfraktur: scheinbar die Mittellinie und wölben sich beidseits von
5 Unterscheidung zu maligner Kompressionfraktur kann ventrolateral gegen den Duralsack vor (Zeichen des
schwierig bis unmöglich sein (DWI hilfreich ?) »drapierten Vorhangs«/»draped curtain sign«). Diese
5 1/3 aller Frakturen bei Patienten mit bekanntem Primär- Form des Wachstums ist z. B. typisch für Metastasen
tumor sind benigne oder Lymphome und weniger typisch für infektiöse
5 1/4 aller Frakturen bei Osteoporose entstehen durch eine Prozesse oder Blutungen.
maligne Erkrankung
5 im subakuten / chronischen Stadium zeigen osteoporoti-
sche Frakturen eine Signalintensität wie normales Kno-
chenmark Solitäres Plasmozytom der Wirbelsäule
4 Inhomogenes Mark (durch fleckige Verfettung bei älteren jDefinition
Menschen: dorsaler WK-Kortex und Bogenwurzel sind in- Solitärer Plasmazelltumor des Knochens
takt)
236 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c d

. Abb. 15.27a–d Diffuser Befall der gesamten Wirbelsäule mit osteoplastischen Wirbelkörpermetastasen bei Prostata-Ca. Sagittale CT- (a) und MRT-Auf-
nahmen (b–d) der thorakolumbalen Wirbelsäule. Die Wirbelkörper stellen sich durch die osteoplastischen Metastasen in der CT (a) diffus sklerosiert dar.
Weiterhin zeigt sich in der nativen T1w (b) und nach Kontrastmittelgabe (c) eine epidurale Läsion, die den Spinalkanal komprimiert (b–d Pfeil). Der Befall
von Dornfortsätzen (exemplarisch: d Pfeilspitzen) und umgebender Muskulatur (d Stern) ist zusätzlich in der TIRM-Sequenz (d) durch Signalanhebungen
erkennbar, die Ödemen entsprechen

15
a

. Abb. 15.28a–c Wirbelkörpermetastase bei Mamma-Ca. Axiale MRT-Aufnahmen (a–c) in Höhe von BWK 4. Es findet sich eine große metastatische Raum-
forderung, die vom dorsalen Wirbelkörper ausgeht und den rechten Thorax befällt. Der Tumor breitet sich nach epidural aus, umwächst den Duralsack
zirkulär und komprimiert ihn (a Pfeil). In der nativen T1w MRT-Aufnahme (a) stellt sich die Metastase isointens zur Muskulatur dar, nimmt aber nach
Kontrastmittelgabe flächig Kontrastmittel auf (b). Die beachtliche Ausdehnung der Metastase wird insbesondere in der T2w MRT-Sequenz (c) deutlich, wo
zu erkennen ist, dass Tumoranteile bis in die rechte laterale Thoraxwand, nach links bis zum Aortenbogen, und nach dorsal bis in die autochthone Rücken-
muskulatur reichen (c Stern)
15.2 · Extradurale Tumoren
237 15
jÄtiologie
4 Infiltration des Knochenmarks durch maligne veränderte
Plasmazellen (B-Lymphozyten, monoklonale Gammopathie)
4 Kann in jedem Knochen auftreten, häufigster Ort ist aber
die Wirbelsäule
4 Ist ein Frühstadium des multiplen Myeloms

jEpidemiologie
4 Eher selten (ca. 2 % aller Knochentumoren)
4 Ältere Patienten (40–80 Jahre)

jBildgebung
kLokalisation
. Abb. 15.29 Solitäres Plasmozytom. Sagittale CT-Reformation. Das
4 Meist sind sowohl Wirbelkörper als auch dorsale Struk- Plasmozytom liegt in der Basis des HWK 2 sowie im Dens axis und bewirkt
turen befallen eine ausgeprägte Osteolyse sowie eine pathologische Impressionsfraktur
4 Mit oder ohne begleitenden Weichteiltumor (paravertebral des Wirbelkörpers
oder epidural)
4 Manchmal Befall der Bandscheibe und eines Nachbarwirbels
4 Bei Untersuchung der gesamten Wirbelsäule: Zweitläsion
in 33 %! (Multiples Myelom)

kCT
4 Meist: osteolytische, zerstörende Läsion im Wirbelkörper
mit Kompressionsfraktur (. Abb. 15.29)
4 Wenn keine Kompressionsfraktur: meist scharf begrenzte
Läsion, keine Matrixverkalkungen
4 Selten: diffuse Sklerose (»Elfenbeinwirbel«)
4 In der CT häufig keine KM-Aufnahme nachweisbar

kMRT
4 T1w: hypointens (Tumor ersetzt das fetthaltige Mark), ent-
hält bogig-strichförmige hypointense Linien oder Korte-
xunregelmäßigkeiten (Endplattenfrakturen): »mini brain«
(. Abb. 15.30)
4 T2w: heterogen, partiell hyperintens, enthält bogig-strich-
förmige hypointense Linien
4 STIR: hyperintens . Abb. 15.30 Solitäres Plasmozytom. Sakrales Plasmozytom bei einem
4 KM-Aufnahme: eher schwache, diffuse KM-Aufnahme; anderen Patienten. Koronare MRT-Aufnahme in T1w. Das Plasmozytom
selten nur randständige KM-Aufnahme nimmt große Teile des Sakrums ein. Es ist hypointens zum Knochenmark
und weist Fältelungen mit bogig strichförmigen hypointensen Linien auf
! Typischer Befund (»mini brain«). (Aus van Goethem 2007)
4 In T1w hypointenser Wirbelkörper mit kortikalen
»Einfaltungen« und bogig-strichförmigen hypo-
intensen Linien (Endplattenfrakturen), sog. »Mini
4 Metastase (befällt nicht die Bandscheibe, Unterscheidung
Brain«
kann unmöglich sein)
4 Läsionen sind am besten erkennbar auf STIR-Auf-
4 Benigne (osteoporotische) Kompressionsfraktur:
nahmen
5 Unterscheidung zu maligner Kompressionfraktur kann
jKlinik schwierig bis unmöglich sein (DWI hilfreich?)
4 Kann asymptomatisch sein 5 im subakuten/chronischen Stadium zeigen osteoporoti-
4 Häufigstes Symptom sind Rückenschmerzen sche Frakturen eine Signalintensität wie normales Kno-
4 Bei pathologischer Fraktur/epiduraler Ausbreitung: Kom- chenmark
pression des Myelons mit Paresen, Sensibilitätsstörungen, 4 Wirbelhämangiom (atypisches »aggressives« Wirbelhäman-
Inkontinenz giom kann das Marksignal eines Plasmozytoms oder einer
Metastase imitieren, aggressive Hämangiome zeigen meist
jDD eine sehr intensive KM-Aufnahme)
4 Multiples Myelom (wenn bei Untersuchung der gesamten 4 Sakrale Lage: Chordom (leichte Matrixverkalkungen in der
Wirbelsäule eine zweite Läsion nachweisbar ist) CT, hyperintens in T2w mit eher lobuliertem Aussehen)
238 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

oder Riesenzelltumor (heterogen hypo- und hyperintens in 4 Diffuser Knochenmarkbefall: ganzer Markraum hypointens
T2w) in T1w und hyperintens in T2w und STIR, flächige KM-
4 Lage in der übrigen Wirbelsäule: Chondrosarkom (Matrix- Aufnahme des Wirbels (. Abb. 15.31)
verkalkungen in der CT, hyperintens in T2w mit eher lobu- 4 Kleinfleckiger Knochenmarkbefall: gesprenkelt aussehende,
liertem Aussehen, oft ringförmige KM-Aufnahme) oder in T1w hypointense Areale, heterogene KM-Aufnahme
Riesenzelltumor (heterogen hypo- und hyperintens in T2w) 4 Kompressionsfrakturen
! Typischer Befund
jTherapie und Prognose
4 In T1w fokale oder diffuse Hypointensität der
4 Strahlentherapie oder Abwarten, bis Progredienz nach-
Wirbelkörper, oder gesprenkeltes Aussehen mit
weisbar
kortikalen »Einfaltungen« und bogig-strichförmi-
4 70 % aller solitären Plasmozytome entwickeln sich in
gen hypointensen Linien (Endplattenfrakturen)
10 Jahre zum multiplen Myelom
4 Läsionen sind am besten erkennbar auf STIR-Auf-
4 Mediane Überlebenszeit 10 Jahre
nahmen oder T1w nativ + KM
4 Sehr strahlensensitiv (Heilungschance bei früher Diagnose!)

jKlinik
Multiples Myelom 4 Leichter, belastungsabhängiger Knochenschmerz (75 %)
jDefinition 4 Anämie, Fieber, Gewichtsverlust
Maligne Proliferation von Plasmazellen im Knochenmark 4 Pathologische Frakturen

jÄtiologie jDD
4 Infiltration des Knochenmarks durch maligne veränderte 4 Metastasen (zuerst Befall des dorsalen Wirbelkörpers und
Plasmazellen (B-Lymphozyten, monoklonale Gammo- der Bogenwurzel/beim Myelom wird die Bogenwurzel
pathie) meist erst spät befallen; Metastasen zeigen in der Szinti-
4 Kann in jedem Knochen auftreten, häufigster Ort ist aber graphie eine vermehrte Aktivität)
die Wirbelsäule 4 Schwere Osteoporose (im Röntgenbild kein »Scalloping«, in
4 Entwickelt sich aus einem solitären Plasmozytom der MRT kaum von einem diffusen Knochenmarkbefall
unterscheidbar)
jEpidemiologie
4 Häufigster maligner Primärtumor des Knochens jTherapie und Prognose
4 Nach Wirbelkörpermetastasen häufigster maligner Tumor 4 Strahlen- und Chemotherapie
der Wirbelsäule 4 Evtl. Vertebroplastie zur Schmerzbehandlung
4 Ältere Patienten (40–80 Jahre, Altersgipfel bei 65 Jahren) 4 Überlebenszeit 3–5 Jahre unter Chemotherapie

15 jBildgebung
Langerhans-Zell-Histiozytose
kLokalisation
jSynonyme
4 Meist sind sowohl Wirbelkörper als auch dorsale Struk-
Eosinophiles Granulom, Histiozytosis X
turen befallen
4 Befallsmuster im Wirbel entweder fokal, diffus oder jDefinition
kleinfleckig 4 Ansammlung abnormer Histiozyten (Langerhans-Zellen)
im Knochenmark
kRöntgennativaufnahmen 4 Tritt in 3 klinischen Syndromen auf:
4 Diffuse Osteopenie (85 %) 5 eosinophiles Granulom (70 %): umschriebene Form, nur
4 Multiple, scharf begrenzte, »ausgestanzte« Läsionen (80 %) Knochenläsionen, betrifft ältere Kinder (5–15 Jahre)
4 Selten sind Läsionen auch sklerotisch (1 %) 5 M. Hand-Schüller-Christian (20 %): chronische dissemi-
4 Ausdünnung der Kortikalis von innen (»Scalloping«) nierte Form, jüngere Kinder (1–5 Jahre)
4 Pathologische Frakturen 5 M. Abt-Letterer-Siwe (10 %): akute disseminierte Form,
Säuglinge/Kleinkinder (<3 Jahre)
kCT
4 Meist: osteolytische, zerstörende Läsionen im Wirbelkörper kÄtiologie
mit Kompressionsfraktur Störung der Immunregulation mit Proliferation abnormer
4 Selten: diffuse Sklerose (»Elfenbeinwirbel«) Histiozyten
4 In der CT häufig keine KM-Aufnahme nachweisbar
jEpidemiologie
kMRT 4 Selten (<1 % der biopsierten primären Knochenläsionen)
4 Fokaler Knochemarkbefall: in T1w hypointens, in T2w und 4 Tritt fast immer bei Kindern auf
STIR hyperintens, mäßige KM-Aufnahme 4 Bei Kindern häufigste Ursache einer Vertebra plana
15.2 · Extradurale Tumoren
239 15

a b c

. Abb. 15.31a–e Ausgedehnter Befall der Wirbelsäule bei einem multiplen Myelom. Sagittale MRT-Aufnahmen von BWK 1–BWK 8 in T2w (a), fettunter-
drückter T2w (TIRM) (b), T1w nativ (c) und nach KM (d). Axiale Subtraktionsaufnahme in Höhe BWK 6 in T1w nach KM (e). Die Wirbelkörper BWK 1, 5 und 6 zei-
gen ein diffuses Befallsmuster, gut erkennbar durch die Signalsteigerung auf der fettunterdrückten T2w-Aufnahme (TIRM, b), die relativ homogene Signal-
minderung in T1w (c) und die flächige KM-Aufnahme (d). Der BWK 6 weist eine Kompressionsfraktur mit Beteiligung der Hinterkante auf, die den Spinalkanal
einengt. Die Wirbelkörper BWK 3 und 7 zeigen ein eher fokales Befallsmuster. Als Folge des fortgeschrittenen Krankheitsverlaufs sind auch bereits dorsale
Wirbelsäulenanteile befallen: Auf den sagittalen Aufnahmen erkennt man die Infiltration der Dornfortsätze der BWK 3–7. Auf der axialen Aufnahme (e) in
Höhe von BWK 6 zeigt sich, dass nicht nur die Wirbelbögen infiltriert sind, sondern auch die proximale rechte Rippe befallen und erheblich aufgetrieben ist

> Wenn bei Kindern eine Höhenminderung eines kRöntgennativaufnahmen


Wirbelkörpers ohne adäquates Trauma auftritt, Zusammengesinterter Wirbelkörper/Vertebra plana (. Abb. 15.32)
immer an eine Langerhans-Zell-Histiozytose denken.
kCT
jBildgebung 4 Osteolytische, zerstörende Läsion im Wirbelkörper ohne
kLokalisation Sklerose
4 Wirbelsäule nur selten betroffen (6 %) 4 Häufig Sinterung (Keilwirbelbildung) bis zu Vertebra plana
4 An der Wirbelsäule ist am häufigsten die HWS betroffen 4 Falls Weichteilraumforderung vorhanden: homogene KM-
4 Befallshäufigkeit: Schädel > lange Röhrenknochen > Rippen Aufnahme
> Becken > Wirbelsäule
4 Mit oder ohne begleitenden Weichteiltumor (paravertebral kMRT
oder epidural) 4 T1w: hypointenser Wirbelkörper, oft mit Weichteiltumor
4 Betrifft fast immer den Wirbelkörper, primärer Befall der 4 T2w: inhomogen hyperintens
Wirbelbögen sehr selten 4 Homogene kräftige KM-Aufnahme
4 Bandscheiben nicht betroffen
240 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.32a–c Langerhans-Zell-Histiozytose bei einem 5-jährigen Kind. Seitliche Röntgenaufnahme (a) sowie sagittale MRT-Aufnahme in T2w (b) und
T1w nach KM-Gabe (c). Der betroffene HWK 4 weist eine Sinterung sowie eine Keilwirbelbildung auf (a Pfeil). In der dazugehörenden sagittalen MRT-Auf-
nahmen ist zu erkennen, dass der Wirbelkörper beinahe vollständig durch Tumorgewebe ersetzt ist, die anliegenden Bandscheiben jedoch ausgespart blei-
ben. Ein Weichteilanteil, der sich nach prävertebral und epidural ausbreitet und dabei das Myelon leicht komprimiert (b Pfeilspitzen), nimmt deutlich KM
auf (c Pfeilspitzen). (Aus Tortori-Donati 2005)

kSkelettszintigraphie 4 PNET (ähnliche Bildmorphologie wie Langerhans-Zell-


Anreicherung in 65 % der Fälle Histiozytose, aber »aggressiveres Aussehen« in der CT:
permeative Knochenzerstörung und Mottenfraßmuster)
! Typischer Befund
4 Osteomyelitis (Beteiligung der Bandscheibe)
Kind mit zusammengesintertem Wirbelkörper
4 Tuberkulose (Befall mehrerer Wirbelkörper, intraossäre
(Vertebra plana)
15 Abszesse)
4 Metastasen/Leukämie/Lymphom (bei multifokalem Befall
jKlinik häufig nicht unterscheidbar)
4 Je nach Syndrom: 4 Riesenzelltumor (Patienten >30 Jahre, expansiv wachsende
5 eosinophiles Granulom (70 %): betrifft einen oder zahl- Osteolyse)
reiche Knochen, meist nur lokale Schmerzen, evtl. Fieber
und Leukozytose jTherapie und Prognose
5 M.-Hand-Schüller-Christian (20 %): chronische, disse- 4 Je nach Syndrom konservative Therapie oder Strahlen-
minierte Knochenläsionen, große klinische Variations- therapie/Chemotherapie:
breite z. B. mit der Trias aus Diabetes insipidus, Exoph- 5 eosinophiles Granulom: in der Regel Spontanremission,
talmus und Knochenzerstörung (15 %) oder mit Otitis selbstbegrenzend, gute Prognose, teilweise sogar
media, Hautbefall oder Lymphadenopathie Wiederaufbau der Wirbelkörper
5 M. Abt-Letterer-Siwe (10 %): akute disseminierte Form, 5 M. Hand-Schüller-Christian: tödlicher Verlauf in
Befall zahlreicher Organe, z. B. mit Fieber, Kachexie, 10–30 %
Anämie, Hepatosplegomenalie, Lymphadenopathie, 5 M. Abt-Letterer-Siwe: meist tödlicher Verlauf innerhalb
Exanthem von 2 Jahren

jDD
4 Ewing-Sarkom (permeative Knochenzerstörung: schlecht
abgrenzbare Ausbreitung im Mark)
15.3 · Intradurale extramedulläre Tumoren
241 15

a b c

. Abb. 15.33a–c Meningeom in Höhe des thorakolumbalen Übergangs. Sagittale MRT-Aufnahmen in T2w (a), T1w nativ (b) und T1w nach KM (c). a Der
Tumor sitzt der ventralen Dura breitflächig auf und verdrängt den Conus medullaris nach dorsal. Die dorsale Dura ist als dünne hypointense Linie erkenn-
bar (a), die ventrale Dura liegt der Wirbelsäule an und ist nicht abgrenzbar. Typisch für die intradurale, extramedulläre Lage des Tumors ist, dass der Liquor-
raum kranial und kaudal des Tumors aufgeweitet ist. Wie bei den meisten Meningeomen, ist der Tumor hyperintens zum Myelon in T2w (a), isointens in
T1w (b) und nimmt homogen und kräftig KM auf (c)

15.3 Intradurale extramedulläre Tumoren kMRT


4 T1w: isointens zum Rückenmark
15.3.1 Meningeom 4 T2w: iso- bis hyperintens, bei starker Verkalkung auch hy-
pointens, selten mit Flussartefakten (wenn sehr gefäßreich)
jDefinition 4 Starke und homogene KM-Aufnahme (. Abb. 15.33)
Langsam wachsender, benigner, meningealer Tumor 4 Breitbasiger Kontakt zur Dura, KM-aufnehmende Aus-
läufer auf die Dura (»dural tail«) sind seltener als bei in-
jEpidemiologie trakraniellen Meningeomen
4 Zweithäufigster intraduraler extramedullärer Tumor
! Typischer Befund
4 Tritt häufiger bei Frauen auf (4:1)
KM-aufnehmender intraduraler extramedullärer Tumor
4 Altersgipfel: 50–70 Jahre
in Höhe der BWS oder HWS mit breitbasigem Kontakt
zur Dura
jBildgebung
kLokalisation
Intradural (90 %), seltener extradural (an der Außenseite der jDD
Dura nach epidural wachsend) oder extra- und intradural; am 4 Schwannom (kein breitflächiger Kontakt zur Dura, häufig
häufigsten an der BWS (80 %), nur selten an der LWS (4 %) mit Zysten oder Einblutungen)
4 Paragangliom (sehr selten)
kCT 4 Intradurale Metastasen (bildmorphologisch nicht unter-
Iso- bis hyperdens zu Muskel, kräftige und homogene KM-Auf- scheidbar)
nahme, selten mit Verkalkungen (<5 %) 4 Malignes Lymphom (fast immer multiples Auftreten)
242 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b a b

. Abb. 15.34a, b Neurinom. Koronare T2w- (a) und sagittale T1w- (b) MRT- . Abb. 15.35a, b Multiple Neurinome. Sagittale T1w-MRT-Aufnahmen vor
Aufnahmen. Zu sehen ist ein großer »Sanduhrtumor«, der das rechte Neu- (a) und nach KM (b). Bereits auf der nativen Aufnahme erkennt man zwei
roforamen an der Austrittsstelle der L2-Wurzel einnimmt und aufweitet. Die große, zum Rückenmark isointense Raumforderungen im Verlauf der Ner-
Tumorstruktur ist heterogen und weist zystische Einschlüsse auf (a). In der venwurzeln L5 und S2 (a Pfeile). Beide Neurinome nehmen kräftig KM auf.
sagittalen Aufnahme (b) ist das Schießscheibenzeichen mit einem hyper- Zudem stellen sich nun drei weitere, vormals nur schwer zu erkennende,
intensen Randsaum und einem hypointensen Zentrum zu erkennen. kleinere Neurinome hyperintens dar (b Pfeilspitzen). (Mit freundlicher
(Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Petersen, Lübeck) Genehmigung von Prof. Petersen, Lübeck)

15.3.2 Schwannom kCT


4 Isodens zum Rückenmark, häufig Zysten, selten größere
jSynonyme Einblutungen oder Verkalkungen
15 Neurinom, Neurilemnom 4 Arrosion oder Remodellierung benachbarter Knochen
sind häufig, bei Sanduhrtumoren Aufweitung des Neuro-
jDefinition foramens
Langsam wachsender, benigner Nervenscheidentumor der
spinalen Nervenwurzeln kMRT
4 T1w: meist gering hypointens zum Rückenmark
jEpidemiologie 4 T2w: hyperintens (75 %), zystische Einschlüsse (40 %),
4 Häufigster intraduraler extramedullärer Tumor hypointense Anteile durch Einblutungen (10 %), gelegent-
4 Meist solitär, außer bei Neurofibromatose Typ 2 lich »Schießscheibenzeichen« (hyperintenser Randsaum
4 Maligne Entartung sehr selten (außer bei Neurofibromatose um hypointenses Zentrum, nicht pathognomonisch)
Typ 2) (. Abb. 15.36) (. Abb. 15.34)
4 Altersgipfel: 40–70 Jahre 4 Starke KM-Aufnahme, homogen oder randständig
(. Abb. 15.35)
jBildgebung 4 STIR: hyperintens
kLokalisation
4 Intradural (70 %), seltener extradural (15 %) oder als ! Typischer Befund
»Sanduhrtumor« extra- und intradural (15 %) Scharf abgrenzbare, KM-aufnehmende Raumforde-
4 Schwannome wachsen nur auf einer Seite der Nerven- rung der Nervenwurzel
scheide, d. h. die Nervenwurzel verläuft meist am Rand des
Tumors
15.3 · Intradurale extramedulläre Tumoren
243 15

a b c

d e

. Abb. 15.36 a–f Maligner Nervenscheidentumor. Sagittale T2w- (a) sowie native (b) und kontrastmittelangehobene (c) T1w-MRT-Untersuchung der LWS.
Axiale T2w- (d) und fettsupprimierte, kontrastmittelangehobene (e) T1w-MRT-Untersuchung in Höhe des LWK 1. Sagittale kontrastmittelangehobene
T1w-MRT-Untersuchung von BWK 8 bis LWK 3/4 nach 6 Monaten. 56-jähriger Patient mit unspezifischen Lumbalgien. Von den linken L1-Nervenwurzeln
bzw. dem Spinalnerven geht ein zum Myelon in T1w und T2w isointenser Nervenscheidentumor (a und b Pfeil) mit einer kräftigen Kontrastmittelaufnahme
(c und e Pfeil) aus. Der Tumor erweitert nicht nur das linke L1-Neuroforamen (d Pfeil), sondern infiltriert auch in die umgebenden Weichteile (e Pfeil).
Sechs Monate nach Resektion des Tumors (f) finden sich neben einem aggressiv in die umgebenden Weichteile wachsenden Lokalrezidiv (f Stern) auch
Metastasen in den Segmenten BWK 8/9 (f oberer Pfeil) und BWK 11/12 (f unterer Pfeil). Kleinere, punktförmige Metastasen befinden sich in der Cauda equi-
na (f Pfeilspitzen)

jDD 4 Gemeinsam abgehende Nervenwurzel (keine KM-Auf-


4 Neurofibrom (bildmorphologisch nicht unterscheidbar, nahme)
jüngere Patienten, Schießscheibenzeichen häufiger bei Neu- 4 Bandscheibensequester (können längs der Nervenscheide
rofibromen, Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 haben wandern, isointens zur Bandscheibe, keine KM-Aufnahme,
Neurofibrome, mit Neurofibromatose-Typ-2-Schwannome) Cave: können von KM-aufnehmendem Narbengewebe um-
4 Ependymom (meist größer und gefäßreicher, häufiger mit geben sein)
Einblutungen)
244 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.37 a–c Umschriebenes Neurofibrom. Sagittale MRT-Aufnahmen in T2w (a) und T1w nach KM in axialer (b) und koronarer (c) Schnittführung. Das
Neurofibrom weitet das Neuroforamen HWK 1/2 rechts auf und komprimiert von dort das Myelon. Das Neurofibrom stellt sich als scharf begrenzte Raum-
forderung dar, die deutlich Kontrastmittel aufnimmt (b und c). In der T2w-Sequenz (a) ist ein Schießscheibenphänomen mit hyperintensem Randsaum und
hypointensem Zentrum zu erkennen. (Aus Kornienko u. Pronin 2009)

15.3.3 Neurofibrom kCT


4 Isodens zum Rückenmark, leichte bis mäßige KM-Auf-
jDefinition nahme
Langsam wachsender, benigner Nervenscheidentumor der spi- 4 Aufweitung des Neuroforamens möglich
nalen Nervenwurzeln
kMRT
jEpidemiologie 4 T1w: isointens zum Rückenmark
4 Seltener als Schwannome 4 T2w: iso- bis hyperintens, häufig »Schießscheibenzeichen«
4 Altersgipfel: 20–30 Jahre (hyperintenser Randsaum um hypointenses Zentrum, nicht
pathognomonisch)
jKlassifikation
4 Kräftige, teilweise inhomogene KM-Aufnahme
4 Es gibt 3 verschiedene Typen von Neurofibromen
4 STIR: hyperintens
4 Umschriebene Neurofibrome (. Abb. 15.37):
5 häufigste Erscheinungsform (90 %) ! Typischer Befund
5 solitärer Befall eines Nerven, der spindelförmig auf- 4 Scharf abgrenzbare, KM-aufnehmende Raumfor-
15 getrieben ist derung der Nervenwurzel (umschriebene Neuro-
5 sporadisches Auftreten, kein Zusammenhang mit fibrome)
Neurofibromatose Typ 1 4 Umschriebene oder diffuse, stark KM-aufnehmen-
4 Diffuse Neurofibrome (. Abb. 15.38):
de Raumforderung in Haut oder Subkutis mit
5 infiltrierender Weichteiltumor bei Kindern und jungen
Gefäßeinschlüssen (diffuses Neurofibrom)
Erwachsenen
4 Grobknotige, langstreckige Auftreibung der
5 meist Befall peripherer Nerven im subkutanen Gewebe
von Kopf und Hals Nervenwurzeln (plexiforme Neurofibrome)
5 plaqueartiges Wachstum in Haut oder Subkutis möglich
5 meist sporadisches Auftreten (90 %), kein Zusammen- jDD
hang mit Neurofibromatose Typ 1 4 Schwannom (bildmorphologisch nicht unterscheidbar, älte-
4 Plexiforme Neurofibrome (. Abb. 15.39):
re Patienten, Schießscheibenzeichen häufiger bei Neuro-
5 pathognomonisch für Neurofibromatose Typ 1
fibromen, Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 haben
5 meist bilateraler Befall der Spinalnerven in mehreren
Höhen Neurofibrome, mit Neurofibromatose-Typ-2-Schwannome)
5 häufig Befall von Plexus brachialis oder N. ischiadicus 4 Andere Ursachen, die zu einer Auftreibung multipler Ner-
5 Nerven sind langstreckig grobknotig aufgetrieben venwurzeln führen können:
5 plexiforme Neurofibrome entarten in 5 % 5 leptomeningeale Metastasierung (nicht unterscheidbar)
5 malignes Lymphom
jBildgebung 4 Seltene Ursachen:
kLokalisation 5 angeborene hypertrophische Polyradikulopathien, chro-
Neurofibrome wachsen zirkulär um die Nervenwurzel (anders nische interstitielle demyelinisierende Polyneuropathien,
als Schwannome), d. h. die Nervenfasern verlaufen diffus durch inflammatorische Neuritis
den Tumor
15.3 · Intradurale extramedulläre Tumoren
245 15

. Abb. 15.38 a, b Diffuses Neurofibrom. Sagittale MRT-Auf-


nahmen der thorakalen Wirbelsäule in T1w nativ (a) und
T2w (b). In der Kutis und Subkutis zeigt sich eine große,
plaqueartig wachsende Raumforderung (b weiße Pfeile), die
zu den tieferen Schichten der Subkutis scharf abgegrenzt ist
(a schwarzer Pfeil). Die Läsion ist in T2w deutlich hyperintens
zu Muskelgewebe (b schwarzer Pfeil) und enthält prominen-
te Gefäßeinschlüsse mit Flussartefakten (a weiße Pfeile).
(Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. D. Hassell,
a b Minneapolis)

a b c

. Abb. 15.39a–d Plexiformes Neurofibrom. Koronare fettsupprimierte T2w- (STIR) (a) sowie
sagittale native (b) und kontrastmittelangehobene (c) T1w-MRT-Aufnahmen der HWS. Axiale
T2w-MRT-Aufnahme durch das Os sacrum (d). 17-jähriger Patient mit einer bekannten Neuro-
fibromatose Typ 1. Bei dieser ausgeprägten Form einer Neurofibromatose Typ 1 sind alle ab-
gebildeten Spinalnerven mitsamt dem Plexus brachialis betroffen. Die Nerven sind massiv
aufgetrieben und in T2w hyperintens (a, d Pfeil). Hervorzuheben sind auch Neurofibrome der
Nervenwurzeln, die knotig anmuten und kräftig Kontrastmittel aufnehmen (b und c Pfeile).
Auch periphere subkutane Nerven sind betroffen (a und d dünner Pfeil). Zudem imponiert
der massive Befall von Mesenterialnerven, die hyperintens und verdickt zur Geltung kommen
(d Stern). Einzelne Neurofibrome zeigen das typische Schießscheibenzeichen mit einem hypo-
d intensen Kern und einem hyperintensen Saum (d)
246 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b

. Abb. 15.40a, b Paragangliom. Sagittale T1w-MRT-Sequenz vor (a) und nach Kontrastmittelgabe (b). Der gut abgegrenzte, rundliche Tumor nimmt den
Spinalkanal in Höhe von LWK 4 ein. Während sich das Paragangliom in der nativen Aufnahme isointens zum Myelon darstellt (a), zeigt sich eine deutliche
flächige KM-Anreicherung nach Kontrastmittelgabe (b). Im Tumor sind einzelne punktförmige Flussartefakte durch intratumoröse Gefäße erkennbar. (Aus
Sundgren et al. 1999)

15.3.4 Spinales Paragangliom 4 Paragangliome können als Ausnahme über den Liquor
disseminieren und multipel auftreten
jSynonyme
Chemodektom, Glomustumor kCT
15 Zum Myelon isodense Raumforderung, starke KM-Aufnahme,
jDefinition evtl. mit Auftreibung und Remodellierung des Spinalkanals
Seltener intraduraler Tumor der Wirbelsäule, der von Zellen der
Neuralleiste abstammt und Anteile autonomer Ganglien (Para- kMRT
ganglien) enthält 4 T1w: isointens zum Myelon
4 T2w und PDW: hyperintens zum Myelon
jEpidemiologie 4 Einblutungen sind häufig (dann gemischtes Signal), evtl.
4 Die meisten Tumoren der Neuralleiste treten im Nebennie- mit »Kappenzeichen«: hypointenser Saum am oberen oder
renmark auf (Phäochromozytome), von den extraadrenalen unteren Tumorrand durch Hämosiderin
Paragangliomen liegen 80–90 % im Glomus caroticum bzw. 4 Flussartefakte durch intratumoröse Gefäße sind häufig
Bulbus venae jugularis (. Abb. 15.40)
4 Die Wirbelsäule ist eine seltene Lokalisation für Para- 4 Kräftige KM-Aufnahme
gangliome, hier ist am häufigsten die Cauda equina
! Typischer Befund
betroffen
Gefäßreicher, KM-aufnehmender Tumor der Cauda equina
4 Spinale Paragangliome sind meistens hormoninaktiv
4 Kommen in allen Altersgruppen vor
4 Niedrigmaligne (WHO-Grad-I), langsames Wachstum, jDD
maligne Entartung extrem selten 4 Myxopapilläres Ependymom (nicht unterscheidbar, wenn
Flussartefakte nachweisbar: Paragangliom und myxopapil-
jBildgebung läres Ependymom möglich)
kLokalisation 4 Großer Nervenscheidentumor (Schwannom, Neurofibrom)
4 Höhenausdehnung meist über 1–2 Segmente kann nicht unterscheidbar sein (Einblutungen und Fluss-
4 Gut abgegrenzter, runder oder lobulierter Tumor artefakte sind selten)
15.3 · Intradurale extramedulläre Tumoren
247 15
4 Meningeom (meist ohne Einblutung und Aufweitung des
Spinalkanals)
4 Intradurale extramedulläre Metastase (nicht unterscheidbar
wenn gefäßreich)

jTherapie und Prognose


Bei vollständiger Resektion sehr gute Prognose

15.3.5 Durale Metastasen

jDefinition
Metastatische Infiltration der Dura

jEpidemiologie
4 Meist hämatogene Metastasierung (häufigste Primärtumo-
ren: Lunge, Mamma, Melanom, Non-Hodgkin-Lymphom)
4 Relativ selten

jBildgebung
Meist nicht von Meningeomen unterscheidbar

kLokalisation
4 Intradural oder extradural (an der Außenseite der Dura . Abb. 15.41 Durale Metastase. Sagittale, Kontrastmittel-angehobene
T1w-MRT Sequenz. In der mittleren BWS liegt im Spinalkanal flächig kont-
nach epidural wachsend)
rastmittelaufnehmende Raumforderung, die der Dura breitbasig anliegt,
4 Tritt an allen Abschnitten des Duralsackes auf nach intradural gerichtet ist und zu einer hochgradigen spinalen Enge
4 Singulärer oder multipler Befall führt. Ähnlich wie Meningeome zeigt diese Metastase eines bekannten
malignen Melanoms eine langstreckige Infiltration der benachbarten Dura
kCT mater (Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Petersen,
Lübeck)
Iso- bis hyperdens zu Muskel, kräftige und homogene KM-Auf-
nahme

kMRT
4 T1w: isointens zum Rückenmark
4 T2w: iso- bis hyperintens
4 Starke und homogene KM-Aufnahme
4 Breitbasiger Kontakt zur Dura, KM-aufnehmende Aus-
läufer auf die Dura (»dural tail«) möglich (. Abb. 15.41)

> Bei entsprechender Anamnese ist jedes »Meningeom«


suspekt auf eine durale Metastase

> Lumbale Meningeome sind extrem selten:


immer an eine durale Metastase senken!

! Typischer Befund
KM-aufnehmender Tumor mit breitbasigem Kontakt
zur Dura

jDD
4 Meningeom (manchmal mit Verkalkungen, ansonsten bild-
morphologisch nicht sicher unterscheidbar; Meningeome
in Höhe der LWS sind sehr selten)
4 Schwannom (kein breitflächiger Kontakt zur Dura, häufig
mit Zysten oder Einblutungen)
4 Paragangliom (sehr selten)
4 Malignes Lymphom (fast immer multiples Auftreten)
248 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 15.42a–c Leptomeningeale Metastasierung bei


Mamma-Ca. MRT in sagittaler T2w- (a) und T1w-Sequenz
nach KM in sagittaler (b) sowie axialer (c) Schnittführung. Es
sind kleine knotige Auftreibungen der Caudafasern erkenn-
bar (a Pfeile). Nach KM-Gabe ist ein zuckergussartiger dün-
ner KM-Saum auf dem Conus medullaris zu sehen (b Pfeil-
spitzen). Die Caudafasern nehmen diskret KM auf (b). Zu-
dem sind sie verdickt und etwas signalreicher als normal
a b (KM-Aufnahme) (c Pfeil)

15.3.6 Leptomeningeale Metastasen 5 dünne, oberflächliche KM-Aufnahme auf Myelon oder


Spinalnerven (klassische Meningeosis carcinomatosa)
15 jSynonyme 5 strangförmige Verdickung der Cauda equina
Meningeosis carcinomatosa, Abtropfmetastasen 5 multiple noduläre Läsionen auf Myelon oder Spinal-
nerven
jDefinition
Metastatische Infiltration der Leptomeningen kCT
Meist unauffällig, manchmal KM-Aufnahme der Cauda equina
jEpidemiologie
4 Entweder hämatogene Metastasierung (häufigste Primär- kMRT
tumoren: Lunge, Mamma, Melanom, Non-Hodgkin- 4 T1w: isointens zum Myelon, bei massivem Befall manchmal
Lymphom) oder »milchglasartiger« Signalanstieg des Liquors im caudalen
4 Liquoraussaat über den Subarachnoidalraum (»Abtropf- Duralsack
metastasen«) 4 T2w: isointens zum Myelon, evtl. Verdickung der Spinal-
4 Bei Erwachsenen: anaplastische Astrozytome, Glioblasto- nerven
me, Ependymome 4 Metastasen nehmen KM auf, je nach Befallsmuster »zucker-
4 Bei Kindern: Medulloblastome, Germinome, gussartiger Überzug« von Myelon oder Spinalnerven,
Ependymome flächige oder ringförmige KM-Aufnahme der nodulären
4 Relativ selten (5 % aller spinalen Metastasen) Läsionen (. Abb. 15.42)
4 STIR: hilfreich zum Nachweis zusätzlicher Wirbelkörper-
jBildgebung metastasen
kLokalisation
4 Vier Hauptbefallsmuster ! Typischer Befund
5 solitäre Raumforderung am Boden des Duralsacks oder Oberflächliche KM-Aufnahme auf dem Myelon oder
auf der Oberfläche des Myelons (. Abb. 15.43) den Spinalnerven, evtl. mit knotigen Verdickungen
15.4 · Intradurale intramedulläre Tumoren
249 15
15.4 Intradurale intramedulläre Tumoren

15.4.1 Astrozytom

jDefinition
Meist langsam und infiltrativ wachsender, von Astrozyten des
Rückenmarks ausgehender Tumor

jEpidemiologie
4 Zweithäufigster Primärtumor des Rückenmarks (nach
Ependymom)
4 Häufigster Primärtumor des Rückenmarks bei Kindern
4 Bei Erwachsenen sind 30 % aller intramedullären Rücken-
marktumoren Astrozytome, bei Kindern 60 %
4 Altersgipfel: 30–50 Jahre
4 Meist niedrigmaligne: häufig langsam und infiltrierend
wachsend (WHO-Grad-II, 80–90 %), seltener als pilozyti-
sche Astrozytome (WHO-Grad-I), Gangliogliome oder
gemischte Gliome
4 Seltener sind hochgradig maligne Astrozytome:
anaplastische Astrozytome (WHO-Grad-III, 10 %),
selten Glioblastome (WHO-Grad-IV)

jBildgebung
kLokalisation
4 Intramedullär, meist zervikal oder thorakal
. Abb. 15.43 Leptomeningeale Metastasierung bei einem malignen 4 Höhenausdehnung über 1–4 Segmente
Melanom. Sagittale MRT-Aufnahme in T1w nach KM-Gabe. In Höhe von 4 Meist exzentrische Lage im Myelon, am häufigsten im pos-
HWK 7 ist eine solide Raumforderung auf der Oberfläche des Myelons terioren Myelon, vor allem pilozytische Astrozytome kön-
nachweisbar. Kranial und kaudal davon zeigt sich noch eine lineare,
nen scheinbar den gesamten Myelonquerschnitt einnehmen
schmale KM-Aufnahme auf der Oberfläche des dorsalen Myelons, die
ebenfalls Folge der leptomeningealen Metastasierung ist
4 Als Rarität gibt es exophytisch wachsende Astrozytome mit
intradural extramedullärer Lage
4 Multifokales Auftreten ist selten, findet sich vor allem bei
jDD hochgradig malignen Astrozytomen (. Abb. 15.47)
4 Multifokales Astrozytom (selten)
4 Bakterielle oder virale Meningitiden (Liquorbefund) kCT
4 Granulomatöse Erkrankungen (Tuberkulose, Sarkoidose: Isodens, evtl. aufgetriebenes Myelon, leichte bis mäßige KM-
Liquorbefund) Aufnahme, evtl. mit Auftreibung und Remodellierung des Spi-
4 Meningealer Reizzustand (reaktive Meningitis) nach nalkanals
Operationen
kMRT
jTherapie und Prognose 4 T1w: isointens zum Myelon, evtl. aufgetriebenes Myelon,
Infauste Prognose trotz Radio- und Chemotherapie (6–12 Mo- Einblutungen sind möglich (dann gemischtes Signal),
nate) 4 Zystische Anteile sind häufig (30 %, Zysteninhalt gering hy-
perintens zum Liquor), entweder als intratumorale Zysten
(randständige KM-Aufnahme) oder als benigne »tumor-as-
soziierte« Zysten am rostralen oder kaudalen Rand des Tu-
mors (wahrscheinlich durch Liquoraufstau mit Erweiterung
des Zentralkanals bedingt, keine randständige KM-Aufnah-
me) (. Abb. 15.44, . Abb. 15.45 und . Abb. 15.46)
4 T2w und PDW: hyperintens zum Myelon
4 Alle Astrozytome (auch niedrigmaligne) nehmen KM auf,
aber oft nur partiell und inhomogen, fehlende KM-Auf-
nahme ist extrem selten

> Alle Astrozytome des Rückenmarks, auch niedrig-


maligne, nehmen KM auf.
250 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

. Abb. 15.44a, b Solitäres Astrozytom. Sagittale T2w- (a) und T1w- (b)
MRT-Aufnahmen. Großes zervikales Astrozytom, das die Medulla oblongata
und das zervikale Mark auftreibt. Der Tumor ist überwiegend solide (hyper-
intens in T2, iso- bis gering hypointens in T1w) mit heterogenen, zystischen
Einschlüssen (hyperintens in T2w, hypointens in T1w). (Aus Kornienko
a b u. Pronin 2009)

15

a b c

. Abb. 15.45a–d Solitäres Astrozytom. Sagittale T2w- (a) sowie T1w- vor (b) und nach Kontrastmittel-
gabe in sagittaler (c) sowie axialer (d) Schnittführung. Im T2w-Bild (a) ist ober und- unterhalb des hyper-
intensen Tumors eine hyperintense Auftreibung zu erkennen, bei der es sich am ehesten um ein Perifo-
kalödem handelt, bei dem jedoch auch infiltrative Tumoranteile nicht von einem Ödem unterscheidbar
sind (b Pfeile). Am Ober- und Unterrand der Tumorhauptmasse sind unterschiedlich alte Hämorrhagien
nachweisbar: hypointens in T2w und T1w (a und b Pfeilspitze), hypointens in T2w und hyperintens in
T1w (a und b Stern). Der Tumor ist in T1w nativ weitgehend isointens zum Myelon (b). Nach KM-Gabe
erscheint der Tumor als scheinbar scharf begrenzte KM-aufnehmende Raumforderung, die nahezu den
d gesamten Querschnitt des Myelons einnimmt (c und d). (Aus Kornienko u. Pronin 2009)
15.4 · Intradurale intramedulläre Tumoren
251 15

a b c d e

. Abb. 15.46a–e Solitäres Astrozytom. Sagittale T2w- (a und b) sowie T1w- vor (c) und nach KM-Gabe in sagittaler (d) und koronarer (e) Schnittführung.
Das thorakale Myelon ist langstreckig befallen und aufgetrieben. Im T2w-Bild (a und b) sind innerhalb und außerhalb des Tumors multiple Zysten zu erken-
nen. Die Zysten sind von einem hypointensen Hämosiderin-Saum umgeben (c Pfeil), der auf vorangegangene Blutungen hinweist. Nur die soliden Tumor-
anteile nehmen KM auf (d und e Pfeilspitzen). (Aus Kornienko u. Pronin 2009)

! Typischer Befund
KM-aufnehmender, das Rückenmark auftreibender
Tumor

jDD
4 Ependymom (nicht sicher unterscheidbar, Patienten sind
älter, KM-Aufnahme stärker, häufiger mit Einblutungen,
Ependymome liegen meist zentral im Myelon)
4 Hämangioblastom (ältere Patienten, intensive KM-Aufnah-
me, evtl. mit Flussartefakten)
4 Intramedulläre Metastasen (nicht unterscheidbar)
4 Syringohydromyelie (Zysteninhalt liquorisointens, keine
KM-Aufnahme)
4 Multiple Sklerose (im Akutfall auch KM-Aufnahme, aber
im Verlauf regredient, multiple Läsionen, intrakranieller
Befall)
4 Myeloninfarkt (Klinik: abrupter Beginn, Verlauf)

jTherapie und Prognose


4 Abhängig von Malignitätsgrad und Vollständigkeit der
Resektion: 5-Jahres-Überlebensrate 80 % bei niedrigmalig-
nen, 30 % bei hochmalignen Astrozytomen (. Abb. 15.47)
4 Wirksamkeit von Radio- oder Chemotherapie nicht nach-
. Abb. 15.47 Multilokuläres Astrozytom (Glioblastom). Sagittale, kontrast-
gewiesen mittelangehobene T1w-MRT-Untersuchung der HWS. Hervorzuheben ist
ein größerer intramedullärer Tumor in Höhe von HWK7. Darüber hinaus
finden sich mehrere, kleinere schrankengestörte Raumforderungen im
zervikalen Myelon (Pfeile). (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof.
Petersen, Lübeck)
252 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.48a–d Ependymom. Zervikales Ependymom. Sagittale T2w- (a) sowie native (b) und
kontrastmittelangehobene (c) T1w-MRT-Aufnahmen der HWS. Koronare, kontrastmittelangehobene
T1w-MRT-Aufnahme (d). Das Ependymom nimmt das obere zervikale Myelon ein und treibt dieses
merklich auf. Der Tumor weist zentrale zystische Anteile auf (a und b Pfeil) und verursacht ein aus-
gedehntes Ödem im kaudal angrenzenden Rückenmark (a Pfeilspitze). Der Tumor nimmt in seinen
15 soliden Anteilen Kontrastmittel auf, der zentrale zystische Anteil bleibt ausgespart (c und d).
d (Aus Kornienko u. Pronin 2009)

15.4.2 Ependymom kCT


Symmetrisch aufgetriebenes Myelon, fokale KM-Aufnahme,
jDefinition evtl. mit Auftreibung und Remodellierung des Spinalkanals
Langsam wachsender, vom Ependym des Zentralkanals ausge-
hender Tumor kMRT
4 T1w: iso- oder hypointens zum Myelon, evtl. aufgetriebenes
jEpidemiologie Myelon
4 Häufigster Primärtumor des Rückenmarks 4 T2w und PDW: hyperintens zum Myelon (. Abb. 15.48)
4 Bei Erwachsenen sind 60 % aller intramedullären Rücken- 4 Einblutungen sind häufig (20–64 %, dann gemischtes
marktumoren Ependymome, bei Kindern 30 % Signal), typisch ist das »Kappenzeichen«:
4 Altersgipfel: 30–60 Jahre 5 hypointenser Saum am oberen oder unteren Tumorrand
4 Meist niedrigmaligne (WHO-Grad-II), selten anaplastisch durch Hämosiderin) (. Abb. 15.49)
(WHO-Grad-III) 4 Zystische Anteile sind häufig (50 %, Zysteninhalt meist
isointens zum Liquor), entweder als intratumorale Zysten
jBildgebung (randständige KM-Aufnahme) oder als benigne »tumor-
kLokalisation assoziierte« Zysten am rostralen oder kaudalen Rand des
4 Höhenausdehnung über 1–3 Segmente Tumors (wahrscheinlich durch Liquoraufstau mit Erweite-
4 Meist relativ symmetrische Lage im Myelon, Zentrum des rung des Zentralkanals bedingt, keine randständige KM-
Myelons ist beteiligt Aufnahme)
15.4 · Intradurale intramedulläre Tumoren
253 15

a b

c d

. Abb. 15.49a–d Ependymom. Benachbarte sagittale T2w- (a) sowie native (b) und kontrastmittelangehobene (c) T1w-MRT-Aufnahmen der HWS. Korona-
re, kontrastmittelangehobene T1w-MRT-Aufnahmen (d). Darstellung der HWS. Hier ist deutlich das »Kappenzeichen« als hypointenser Saum ober- und un-
terhalb des Tumors zu erkennen (a Pfeile). Nach KM-Gabe können deutlich solide und zystische Anteile des Tumors unterschieden werden. (Aus Kornienko
u. Pronin 2009)

4 Meist intensive, scharf abgegrenzte, homogene oder irregu- 4 Hämangioblastom (ältere Patienten, evtl. mit Flussarte-
läre KM-Aufnahme fakten)
4 Fehlende KM-Aufnahme ist extrem selten 4 Syringohydromyelie (Zysteninhalt liquorisointens, keine
KM-Aufnahme)
! Typischer Befund
4 Multiple Sklerose (im Akutfall auch KM-Aufnahme, aber
Umschriebener, KM-aufnehmender intramedullärer
im Verlauf regredient)
Tumor mit Einblutung
4 Myeloninfarkt (Klinik: abrupter Beginn, Verlauf)

jDD jTherapie und Prognose


4 Astrozytom (nicht sicher unterscheidbar, Patienten sind 4 Chirurgische Resektion, Radiotherapie bei subtotaler
jünger, KM-Aufnahme weniger intensiv, Astrozytome Resektion
liegen häufiger exzentrisch im Myelon) 4 5-Jahres-Überlebensrate 82 %
254 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.50a–c Kleines myxopapilläres Ependymom. Sagittale MRT-Aufnahmen in T2w (a), T1w nativ (b) und nach KM (c). In Höhe LWK 1 liegt ein
rundlicher Tumor im Duralsack, der die Caudafasern nach ventral verdrängt. Wie für Ependymome typisch, ist der Tumor in T2w hyperintens zum Myelon,
in T1w isointens mit kräftiger KM-Aufnahme. Im Tumor sind einzelne kleine zystische Anteile erkennbar

15.4.3 Myxopapilläres Ependymom kMRT


4 T1w: isointens zum Myelon
jDefinition 4 T2w und PDW: hyperintens zum Myelon
Eigenständiger Subtyp des Ependymoms, langsam wachsender 4 Einblutungen sind häufig (20–64 %, dann gemischtes
Tumor an Conus/Cauda equina/Filum terminale Signal), typisch für Ependymome ist das »Kappenzeichen«:
hypointenser Saum am oberen oder unteren Tumorrand
jEpidemiologie durch Hämosiderin)
15 4 Häufigster Tumor (80–90 %) von Conus, Cauda equina 4 Zystische Anteile sind häufig (50 %, Zysteninhalt meist
oder Filum terminale isointens zum Liquor) (. Abb. 15.50)
4 10-15% aller Ependymome 4 Flussartefakte durch intratumoröse Gefäße sind möglich
4 Kommt in allen Altersgruppen vor, häufigstes Alter 4 Kräftige KM-Aufnahme
30–40 Jahre 4 Kann die Ursache einer rezidivierenden spinalen Subarach-
4 Niedrigmaligne (WHO-Grad-I), keine maligne Entartung noidalblutung sein mit spinaler Siderose (7 Kap. 16.1.5,
4 Oft lange Beschwerdedauer bis zur Diagnosestellung (im »Spinale Siderose«)
Durchschnitt 2 Jahre)
! Typischer Befund
KM-aufnehmender Tumor der Cauda equina mit
jBildgebung
Einblutung
kLokalisation
4 Höhenausdehnung meist über 2–4 Segmente, Tumor kann
sehr groß werden und den gesamten lumbosakralen Dural- jDD
sack ausfüllen 4 Großer Nervenscheidentumor (Schwannom, Neurofibrom)
4 »Weicher« Tumor passt sich der Form des Spinalkanals an, kann nicht unterscheidbar sein (Einblutungen sind selten)
kann durch die Neuroforamina hindurchwachsen 4 Meningeom (meist ohne Einblutung und Aufweitung des
(. Abb. 15.51) Spinalkanals)
4 Auch niedrigmaligne Ependymome können gelegentlich 4 Paragangliom (nicht unterscheidbar, gefäßreich, selten)
über den Liquor disseminieren und multipel auftreten
jTherapie und Prognose
kCT Bei vollständiger Resektion sehr gute Prognose
Isodense Raumforderung, starke KM-Aufnahme, evtl. mit Auf-
treibung und Remodellierung des Spinalkanals
15.4 · Intradurale intramedulläre Tumoren
255 15

. Abb. 15.51 Großes myxopapilläres Ependymom. Sagittale MRT-Aufnahme . Abb. 15.52a, b Hämangioblastom. Axiale CT-Aufnahmen vor (a) und
in T1w nach KM. Von LWK 2 bis LWK 5 wird der Spinalkanal durch einen gro- nach KM (b). Im zervikalen Myelon stellt sich das anfangs noch isodense
ßen Tumor ausgefüllt, der etwas inhomogen KM aufnimmt. Auf der nicht ganz Hämangioblastom (a) nach Kontrastmittelgabe (b) als Folge der kräftigen
in der Mittellinie liegenden Aufnahme erkennt man bereits das typische »plas- Kontrastmittelaufnahme als hyperdense Raumforderung im dorsolateralen
tische« Wachstum des Ependymoms, das sich in Richtung der Neuroforamina rechten Myelon dar. (Aus Kornienko u. Pronin 2009)
ausdehnt. (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Petersen, Lübeck)

15.4.4 Hämangioblastom kCT


Isodense Raumforderung, starke KM-Aufnahme, evtl. mit Auf-
jDefinition treibung und Remodellierung des Spinalkanals (. Abb. 15.52)
Niedrigmaligner, gefäßreicher Tumor des Kleinhirns oder
Rückenmarks. Tumor besteht vor allem aus dicht gepackten kMRT
Kapillaren. 4 T1w: isointens zum Myelon
4 T2w und PDW: hyperintens zum Myelon, oft mit starkem
jEpidemiologie perifokalem Myelonödem
4 Selten (3–5 % aller intramedullären Tumoren) 4 Einblutungen sind häufig (dann gemischtes Signal)
4 Tritt sporadisch (75 %) oder in Verbindung mit von- 4 Assoziierte Zyste ist häufig (65 %), Zysteninhalt ist hyperin-
Hippel-Lindau-Syndrom auf (25 %) tens zum Liquor (proteinreich)
4 Solitär (sporadische Fälle), beim Von-Hippel-Lindau- 4 Flussartefakte durch intratumoröse oder zuführende bzw.
Syndrom häufig multiple Tumoren (. Abb. 15.54) drainierende Gefäße sind bei größeren Tumoren fast immer
4 Kommt in allen Altersgruppen vor, häufigstes Alter erkennbar (. Abb. 15.53)
30–40 Jahre 4 Kräftige KM-Aufnahme, Läsion ist gut abgegrenzt, assozi-
4 Niedrigmaligne (WHO-Grad-I), keine maligne Entartung ierte Zyste zeigt keine randständige KM-Aufnahme
4 Durchschnittsalter bei Diagnosestellung: 30 Jahre
kDSA
jBildgebung Intensiver Gefäßblush, evtl. AV-Shunt, evtl. Kaliberzunahme der
kLokalisation zuführenden Arterien
4 Subpiale Lage, meist am dorsalen Rand des Myelons
4 Die meisten Hämangioblastome sind wenige Millimeter ! Typischer Befund
klein, Größe bis mehrere Zentimeter möglich. Häufig ist die KM-aufnehmender intramedullärer Tumor mit intra-
Kombination aus einer großen Zyste und einem kleinen, tumorösen Gefäßen
KM-aufnehmenden Nidus
4 Die meisten Hämangioblastome liegen intramedullär,
seltener treten sie auch intradural extramedullär, als Rarität
auch extradural auf
256 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c

. Abb. 15.53a–c Hämangioblastom. Sagittale MRT-Aufnahmen in T2w (a) und T1w nach Kontrastmittelgabe (b). Darstellung der unteren BWS und LWS.
Das Hämangioblastom zeigt eine ausgeprägte KM-Aufnahme (b). Im Hämangioblastom sind Flussartefakte durch die im Tumor enthaltenen kräftigen
Gefäße erkennbar (b unterer Pfeil). Die spinalen Venen sind aufgestaut und sowohl in T2w (a Pfeil) wie auch nach KM-Gabe gut sichtbar (b oberer Pfeil).
Die DSA (c) zeigt die dichte Vaskularisation des Tumors und eine dilatierte drainierende Vene (c Pfeilspitze). (Aus Bosström et al. 2008)

15

a b

. Abb. 15.54a, b Multiple Hämangioblastome. Sagittale MRT-Aufnahmen in T1w nach KM (a und b) bei einem Patienten mit einem Von-Hippel-Lindau-
Syndrom. Neben einer größeren intramedullären Läsion in Höhe HWK 5/6 sind zahlreiche weitere KM-aufnehmende Tumoren erkennbar (b Pfeil). Das be-
troffene zervikale Myelon ist aufgetrieben und weist ein ausgeprägtes, langstreckiges perifokales Ödem auf (a Stern). (Aus Kornienko u. Pronin 2009)
15.4 · Intradurale intramedulläre Tumoren
257 15
jDD kCT
4 Spinale AV-Malformation (normalerweise im Myelon keine Isodens, zuweilen heterogen (Nekrosen, Blutungen)
Syrinx, keine fokale KM-Aufnahme)
4 Cavernom (popcornartiges Binnensignal, nur wenig KM- kMRT
Aufnahme) 4 T1w: isointens zum Myelon; Einblutungen und Nekrosen
4 Andere intramedulläre Tumoren (Ependymom, Astrozy- sind möglich (dann gemischtes Signal).
tom, intramedulläre Metastasen) sind normalerweise 4 T2w und PDW: hyperintens zum Myelon (Signal der
nicht so stark vaskularisiert, Ausnahmen sind nicht unter- Metastase in Verbindung mit einem Perifokalödem)
scheidbar (. Abb. 15.55)
4 Alle intramedullären Metastasen nehmen KM auf. Die
jTherapie und Prognose KM-Aufnahme ist kräftig, kann aber beim Vorliegen von
Bei vollständiger Resektion gute Prognose. Bei Von-Hippel- Blutungen und Nekrosen heterogen sein.
Lindau-Syndrom hängt die Lebenserwartung meist von anderen
! Typischer Befund
Manifestationen ab (z. B. Hämangioblastome der hinteren Schä-
KM-aufnehmender, das Rückenmark auftreibender
delgrube oder Nierenzellkarzinome)
Tumor mit einem kräftigen Perifokalödem

15.4.5 Intramedulläre Metastasen jDD


4 Astrozytome (nicht sicher unterscheidbar; häufiger
jDefinition zystische Anteile)
Intramedulläre metastatische Raumforderung 4 Ependymom (nicht sicher unterscheidbar; häufiger
zystische Anteile und Einblutungen)
jEpidemiologie 4 Hämangioblastom (ältere Patienten, intensive KM-Auf-
4 Selten: ca. 1–3 % aller intramedullärer Tumoren und <2 % nahme, evtl. mit Flussartefakten)
aller Tumorpatienten 4 Syringohydromyelie (Zysteninhalt liquorisointens, keine
4 Durchschnittsalter ca. 55 Jahre KM-Aufnahme)
4 Ca. 60 % Männer 4 Multiple Sklerose (im Akutfall auch KM-Aufnahme, aber
4 Meist im Kontext einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung im Verlauf regredient, intrakranieller Befall)
4 Meist hämatogene Metastasierung; seltener auch lympho- 4 Myeloninfarkt (Klinik: abrupter Beginn, Verlauf)
gen oder als Abtropfmetastasen über den Liquor.
4 Häufigste Primärtumoren: Lunge (ca. 55 %), Mamma (ca. jKlinik
15 %), Melanome (ca. 10 %), seltener Nierenzellkarzinome, 4 Zunächst meist Schwäche und Schmerzen, im Verlauf
Kolorektalkarzinome, Lymphome und Tumoren unklaren Harn- und Stuhlkontinenz
Ursprungs 4 Schnell progredienter Verlauf (Wochen bis wenige Monate)

jBildgebung jTherapie und Prognose


4 Häufig weitere metastatische Prozesse 4 Abhängig von der Grunderkrankung
4 Unspezifischer Befund; zuweilen mit Einblutungen und 4 Mittlere Überlebenszeit nach Diagnose ca. 20 Wochen; fast
Nekrosen immer letal innerhalb eines Jahres
4 Häufig mit einem ausgeprägten Perifokalödem und einer 4 Multimodale Therapie, insbesondere der Grunderkrankung
begleitenden Syringohydromyelie
4 Zystische Anteile sind im Vergleich zu primären intrame-
dullären Tumoren seltener
258 Kapitel 15 · Tumoren der Wirbelsäule und des Spinalkanals

a b c d

15

e f

. Abb. 15.55a–f Intramedulläre Metastase. 43-jährige Patientin mit einem metastasierten Bronchialkarzinom. Sagittale MRT-Untersuchungen mit Darstel-
lung des Spinalkanals vom kraniozervikalen Übergang bis BWK 4 in T2w (b) sowie T1w vor (c) und nach (d) Kontrastmittelgabe. Axiale MRT-Untersuchung
in Höhe der Raumforderung in T2w (e) und T1w (kontrastmittelangehoben) (f). Vier Monate zuvor durchgeführte sagittale T2w-MRT-Aufnahme (a). Auf
Höhe des HWK 5 findet sich ein intramedullär gelegener Tumor, der sowohl die graue als auch die weiße Substanz einnimmt und zu einer Auftreibung des
Myelons führt (b, d, e und f dicker Pfeil). Der Tumor ist in T2w homogen hyperintens zum Myelon und gut abgrenzbar (b und e dicker Pfeil), während er in
T1 isointens zum Myelon ist (c dicker Pfeil) und erst nach Kontrastmittelaufnahme abgrenzbar ist (b und f dicker Pfeil). Angrenzend findet sich eine Syringo-
hydromyelie (b Pfeilspitzen). Zudem ist das umgebende Myelon als Ausdruck eines Perifokalödems hyperintens (b dünner Pfeil). Des Weiteren finden sich
multiple Knochenmetastasen (c und d Pfeilspitzen). In einer vier Monate zuvor durchgeführten Untersuchung (a) ist das Myelon unauffällig (Cave: hyperin-
tense Artefakte auf Höhe des später diagnostizierten Tumors)
259 16

Vaskuläre Erkrankungen
Martin Wiesmann

16.1 Spinale Blutungen – 260


16.1.1 Intramedulläres Hämatom – 260
16.1.2 Subarachnoidalblutung – 260
16.1.3 Subdurales Hämatom – 260
16.1.4 Epidurales Hämatom – 263
16.1.5 Spinale Siderose – 264

16.2 Spinale vaskuläre Malformationen – 266


16.2.1 Arteriovenöse Malformation (AVM) – 266
16.2.2 Spinale durale AV-Fistel (DAVF) – 270
16.2.3 Spinales Kavernom – 270

16.3 Spinale Ischämie – 273

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_16, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
260 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

16.1 Spinale Blutungen ! Typischer Befund


Patient mit akut einsetzenden Rückenschmerzen und
Wie beim Gehirn werden spinale Blutungen nach dem anato- hyperintensem Liquorsignal in PDW oder FLAIR
mischen Kompartiment, in dem sie auftreten, unterschieden
in epidurale, subdurale, subarachnoidale und intramedulläre jBildgebung
Blutungen. kCT
4 Hyperdenser Liquorraum
4 Besonders gut um die Fasern der Cauda equina erkennbar
16.1.1 Intramedulläres Hämatom
kMRT
jDefinition 4 Analog zu einer intrakraniellen SAB weist der Liquorraum
Einblutung in das Myelon ein erhöhtes Eiweißsignal auf, d. h. hyperintenses Signal auf
PDW- und Flair-Aufnahmen (. Abb. 16.2)
jEpidemiologie und Ätiologie 4 Die typischen Signalcharakteristika intraaxialer Hämatome
4 Insgesamt seltenes Ereignis (Signalminderung in T2w, Signalanstieg in T1w) können
4 Häufigste Ursachen: Gefäßmalformation (z. B. Kavernom, gering ausgeprägt sein oder fehlen
AVM) oder Tumor (z. B. Ependymom, Hämangioblastom) 4 Manchmal sind Sedimentationsphänomene im kaudalen
4 Seltene Ursache: spinales Trauma mit medullärer Kontusion Duralsack erkennbar
! Typischer Befund
jKlinik
Raumfordernde intramedulläre Läsion, in der CT hyper-
Akutes Schmerzereignis, abhängig von der Ätiologie evtl. mit
dens, in der MRT unterschiedliches Signal je nach Alter,
zusätzlichen medullären oder radikulären Symptomen
aber in der T2*w immer partiell oder komplett hypointens
jDD
jBildgebung 4 Eiweißerhöhung anderer Genese (z. B. entzündlich (Menin-
Raumfordernde intramedulläre Läsion gitis), dann mit KM-Aufnahme der Dura)
4 Meningeosis carcinomatosa (pathologische KM-Aufnahme,
kCT langsam progrediente neurologische Symptomatik)
Hyperdens (kleine Hämatome sind in der CT nicht nachweisbar) 4 Zur Diagnosesicherung ggf. Lumbalpunktion mit Nachweis
von Hämosiderophagen
kMRT
4 Signalverhalten und Zeitverlauf wie intrazerebrale Blutungen
(s. 7 Band 1, 7 Kap. 2.5.8), in der MRT in T2*w immer partiell 16.1.3 Subdurales Hämatom
oder komplett hypointens (. Abb. 16.1 und . Tab. 16.1)
4 Ätiologische Abklärung zunächst mittels MRT/MRA jÄtiologie
4 Beim Nachweis pathologischer Gefäße ist eine spinale DSA 4 Trauma
16 zum Ausschluss einer vaskulären Malformation erforderlich 4 Iatrogen (Lumbalpunktion, Lumbaldrainage, Spinalanäs-
(Ausnahme: die pathologischen Gefäße sind prominente thesie), insbesondere bei Gerinnungsstörung
Drainagevenen eines gleichzeitig nachgewiesenen spinalen 4 Spontan bei prädisponierender Gerinnungsstörung oder
Tumors, wie z. B. Ependymom, Hämangioblastom, Para- Antikoagulation
gangliom) 4 Selten durch Tumor oder Gefäßmalformation (AVM,
AV-Fistel)
jKlinik
Je nach Lokalisation unterschiedliche Querschnittssyndrome jEpidemiologie
4 Sehr selten
4 Meist ältere Patienten (>50 Jahre) betroffen
16.1.2 Subarachnoidalblutung
! Typischer Befund
Patient mit Rückenschmerzen und einer gelappten
jEpidemiologie und Ätiologie
Flüssigkeitsansammlung im Duralsack über mehr als
4 Insgesamt seltenes Ereignis
3 Segmenthöhen, die sich in der CT hyperdens, in der
4 Meist bedingt durch Gefäßmalformationen (z. B. AVM)
MRT in T2*w hypointens darstellt
4 Arterielle Aneurysmen sind an den spinalen Gefäßen au-
ßerordentlich selten
4 Andere Ursachen für eine spinale SAB: stark vaskularisierte jBildgebung
Tumoren, Trauma, iatrogen (Lumbalpunktion, Lumbaldrai- 4 Gelappte Flüssigkeitsansammlung im Duralsack
nage), intrakranielles Aneurysma in der hinteren Schädel- 4 Epidurales Fett meist noch nachweisbar
grube 4 Oft Ausdehnung über >3 Segmenthöhen
16.1 · Spinale Blutungen
261 16
. Abb. 16.1a–e Intramedulläres Hämatom. Sagittale
T2w- (a) und T1w- (b) sowie axiale T2w- (c), T1w- (d) und
T2*-MRT-Aufnahmen (e). Darstellung des Spinalkanals
von HWK 7/BWK 1 bis BWK 6/7 (sagittal) sowie axial in
Höhe des BWK 4.
51-jähriger Patient mit seit einer Woche bestehenden
Parese des rechten Beines sowie positivem Babinski-Zei-
chen rechts. Intramedullär, auf Höhe des BWK 4 findet
sich eine rundliche, scharf begrenzte Blutung (a und b
Pfeil) mit einem geringen raumfordernden Effekt und ei-
nem allenfalls mäßig ausgeprägten Perifokalödem (a
Pfeilspitze). Als Blutungsursache fand sich ein kleines Ka-
vernom. Ungewöhnlich ist ein »Hämatokrit-Effekt«: Int-
razelluläres Methämoglobin (T1w-hyperintens sowie
T2w-hypointens) befindet sich in sedimentierten Eryth-
rozyten der unteren Phase (c und d Pfeile). Plasma und
extrazelluläre Blutabbauprodukte (hyperintens in T1w
und T2w) bilden die obere, flüssige Phase (c und d Pfeil-
spitze). Hervorzuheben sind darüber hinaus Hämoside-
rinablagerungen im umgebenden Gewebe, die in Form
eines schmalen Randsaums eine Signalabsenkung in
T2w und T1w (b Pfeilspitze) sowie ausgeprägte Suszepti-
bilitätsartefakte in der T2*-Sequenz hervorrufen (e Pfeil)
und auf das zugrundeliegende Cavernom hinweisen

a b

c d e

. Tab. 16.1 MR-Signalverhalten parenchymatöser Blutungen in Gehirn und Myelon

Stadium Zeit Vorherrschendes T1w T2w T2*w


Blutabbauprodukt

hyperakut < 6h Oxyhämoglobin iso- bis leicht hyperintens, evtl. mit (partiell) hypointens
hypointens schmalem hypointensem
Randsaum

akut 6h - 3d Deoxyhämoglobin iso- bis hypointens hypointens deutlich hypointens

früh subakut 3 - 7d Intrazelluläres hyperintens (evtl. hypointens deutlich hypointens


Methämoglobin hypointenses Zentrum)

spät subakut 7d - 4 Wochen Extrazelluläres hyperintens hyperintens (oft hypointens


Methämoglobin hypointenser Randsaum)

früh chronisch Monate Extrazelluläres Methämo- hyper- bis isointens hyperintens mit hypointens mit
globin und Randsaum aus hypointensem Randsaum deutlich hypoin-
Hämosiderin/Ferritin tenserem Randsaum

spät chronisch Monate - Jahre Hämosiderin iso- bis hypointens hypointens hypointens
262 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

. Abb. 16.2a, b Subarachnoidalblutung. Sagittale T2w- (a) und T1w- (b)


MRT-Aufnahmen der LWS mit Darstellung des Spinalkanals von LWK 1 bis
SWK 3 bei einem 26-jährigen Patienten mit seit langem bestehenden po-
chenden Schmerzen in der rechten Hüfte und seit ca. 2 Wochen zunehmen-
den Beschwerden. Intradural findet sich eine solide anmutende Blutung mit
einem zum Liquor T2w-hypointensen und T1w-hyperintensen Signal. Die
Blutung reicht von der Deckplatte des LWK 4 bis zur Deckplatte des SWK 2
und entspricht einer subarachnoidal gelegenen, organisierten Blutkollek-
tion mit Blutbestandteilen im subakuten Stadium. Als Blutungsursache
fand sich eine oberflächlich gelegene spinale AVM

a b

16
d

a b c e

. Abb. 16.3a–e Subdurales Hämatom. Sagittale T2w- (a), fettsupprimierte T2w- (b) und T1w- (c) sowie axiale T2w- (d) und T2*- (e) MRT-Aufnahmen mit
Darstellung des Spinalkanals von BWK 2–8 (sagittal) sowie axial in Höhe des BWK 5. 70-jährige Patientin mit einer am selben Tag aufgetretenen, schlaffen
Paraparese der Beine und einem sensiblen Querschnitt ab dem Dermatom Th 5 abwärts. Im dorsalen Spinalkanal findet sich eine gelappt anmutende Blu-
tung mit noch weitgehend liquorisointensen Blutbestandteilen im hyperakuten Stadium. Die Blutung reicht von der Mitte des BWK 4 bis zur Grundplatte
des BWK 5 und komprimiert das Myelon merklich (d Pfeilspitze). Das epidurale Fettgewebe (a und c Pfeilspitze) ist gut von der subdural gelegenen Blutung
abgrenzbar. Wie bei hyperakuten Blutungen typisch, ist lediglich an der Oberfläche des Hämatoms eine Signalminderung auf den T2w- und T2*w-Aufnah-
men erkennbar (b und e Pfeilspitze)
16.1 · Spinale Blutungen
263 16
kCT jEpidemiologie
Hyperdens (kleine Hämatome sind in der CT oft nicht nachweis- 4 Selten (<1 % der spinalen raumfordernden Läsionen)
bar) 4 Meist sind ältere Patienten (>50 Jahre) betroffen
! Typischer Befund
kMRT
Patient mit akut einsetzendem Rückenschmerz und
4 In T2*w oder T2w sind größere Anteile der Läsion hypoin-
einer spindelförmigen, den Epiduralraum auftreiben-
tens (. Abb. 16.3)
den Raumforderung, die sich in der CT hyperdens, in
4 Variables Signal in T1w je nach Alter, wie bei intrazerebra-
der MRT in T2*w hypointens darstellt
len Hämatomen (s. 7 Kap. 2.5.8 in Band 1, und . Tab. 16.1)
4 In T2w und T1w kann sich ein subdurales Hämatom weit-
gehend liquorisointens darstellen, FLAIR zeigt hyperinten- jBildgebung
ses Signal 4 Glatt begrenzte spindelförmige Läsion mit Auftreibung des
4 Keine KM-Aufnahme Epiduralraums
4 Auf axialen Aufnahmen ist die Dura oft als hypointense 4 Raumfordernde Wirkung auf Dura und Myelon, Mye-
Linie erkennbar und das Hämatom kann einem Kompar- lonödem aber eher selten
timent zugeordnet werden 4 Reicht über eine oder mehrere Segmenthöhen (meist ≤ 3)
4 Axiale hochauflösende T2w-Aufnahmen obligat zur siche-
ren anatomischen Zuordnung und Diagnosesicherung kCT
Hyperdens (kleine Hämatome sind in der CT oft nicht nachweis-
jKlinik bar) (. Abb. 16.4)
4 Akute/subakute Rückenschmerzen
4 Mit zunehmender Raumforderung: Radikulopathie, dann kMRT
Sensibilitätsausfälle, Cauda-equina-Syndrom und progre- 4 Hypointens in T2*w, Signalcharakteristika sonst abhängig
diente Paraparese vom Alter wie bei intrazerebralen Hämatomen (s. 7 Kap.
2.5.8 in Band 1und . Tab. 16.1) (. Abb. 16.5)
> Bei einem spinalen Subduralhämatom hängt die
4 In T2w oft heterogen hyperintens mit zentralen hypointen-
Prognose des Patienten direkt vom Zeitpunkt der
sen Herden (fibröse Septen? mehrzeitige Blutung?)
Hämatomentfernung ab, daher bei klinischem Ver-
4 In T2w und T1w kann sich ein epidurales Hämatom liquo-
dacht möglichst rasche Bildgebung!
risointens darstellen, FLAIR zeigt hyperintenses Signal
4 KM: periphere KM-Aufnahme häufig (Hyperämie der be-
jDD nachbarten Dura?), gelegentlich auch zentrale KM-Aufnah-
4 Epidurales Hämatom (stumpfer Winkel zwischen Liquor im me möglich (KM-aufnehmende epidurale Septen?)
Duralsack und Hämatom, oft randständige KM-Aufnahme,
epidurales Fett ist verdrängt) jKlinik
4 Abtropfmetastasen von ZNS-Tumoren (diffuse, scheidenar- 4 Akut einsetzender Schmerz, Radikulopathie
tige oder fokale KM-Aufnahme) 4 Mit zunehmender Raumforderung: progrediente Para-
parese, Sensibilitätsausfälle, Cauda-equina-Syndrom
> Bei einem spinalen Epiduralhämatom hängt die
16.1.4 Epidurales Hämatom
Prognose des Patienten direkt vom Zeitpunkt der
Hämatomentfernung ab, daher bei klinischem Ver-
jÄtiologie
dacht möglichst rasche Bildgebung!
4 Die meisten spinalen Epiduralhämatome sind »spontan«,
d. h. es lässt sich keine spezifische Ursache nachweisen.
Mögliche Ursachen sind dann jDD
5 geringfügiges Trauma mit Ruptur des epiduralen Venen- 4 Epiduraler Abszess (meist auch Zeichen einer Spondylitis/
plexus Spondylodiszitis, diffuse KM-Aufnahme bei Phlegmone,
5 transiente venöse Hypertonie (plötzliches Valsalva-Ma- kräftige periphere KM-Aufnahme bei Abszess)
növer o. ä.) 4 Epidurale Metastase, Lymphom, Plasmozytom (diffuse
5 Antikoagulation oder Gerinnungsstörung KM-Aufnahme, oft Befall des benachbarten Knochens)
4 Spezifische Ursachen sind selten: 4 Bandscheibenextrusion/-migration (Vorwölbung der be-
4 Lumbalpunktion nachbarten Bandscheibe, weniger große vertikale Ausdeh-
4 postoperativ nung)
4 Gefäßmalformation (AVM, AV-Fistel)
4 schweres Trauma mit Wirbelkörperfraktur und Gefäßver- ! Cave
letzung Ein Bandscheibenvorfall kann (sehr selten!) zu einem
epiduralen Hämatom führen (s. o.)
264 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

a b c

d e

. Abb. 16.4a–e Epidurales Hämatom. Sagittale T2w- (A) und T1w- (b) sowie axiale T2w- (d) MRT-Aufnahmen mit Darstellung des kraniozervikalen Über-
gangs (sagittal) sowie axial in Höhe HWK 2/3. CT-Aufnahmen mit sagittaler Reformation (c) sowie axial in Höhe HWK 2/3 (e).
62-jährige Patientin, bei der akut heftige Nackenschmerzen auftraten und sich kurz darauf eine rechtsseitige Arm- und Beinparese entwickelte. Die MRT-
und CT-Untersuchungen wurden ca. 1,5 Stunden nach Beginn der Symptomatik durchgeführt. Im rechten Anteil des dorsalen Spinalkanals findet sich eine
hyperakute Blutung, die spindelförmig vom Foramen magnum bis zur Unterkante des HWK 3 reicht (a Pfeil). Das Hämatom komprimiert das Myelon deut-
16 lich. Die epidural gelegene Blutung geht unmittelbar in das epidurale Fettgewebe über und ist in ihrem Randbereich nicht von diesem abgrenzbar (a Pfeil).
Die nach ventral verlagerte Dura ist als hypointense Linie am besten auf den sagittalen T2w-Aufnahmen erkennbar (a Pfeilspitze). Das hyperakute Hämatom
weist in T2w ein zum Liquor gering hypointenses, etwas inhomogenes Signal auf, in T1w ist es isointens zum Myelon. In der CT ist das Hämatom bereits
klar hyperdens zum Myelon (c, e Pfeil)

16.1.5 Spinale Siderose ! Typischer Befund


T2*w-hypointenser Saum auf der Oberfläche des Myelons
jSynonym Subakut verlaufende Symptomatik (bilaterale Taub-
Superfizielle Siderose, ZNS-Siderose heit, Ataxie, Pyramidenbahnzeichen)

jÄtiologie jBildgebung
4 Wiederholte subarachnoidale Blutungen mit konsekutiver kCT
Hämosiderinablagerung; häufig chronischer Verlauf über
Evtl. schmächtiges Myelon durch die sich entwickelnde Atrophie
>10 Jahre
4 Seltene Ursache: Liquorleck mit chronischem Liquorunter-
kMRT
drucksyndrom
4 Nachweis in T2*w-, seltener auch auf T2w-Sequenzen.
jEpidemiologie Typisch ist ein in T2w bzw. T2*w hypointenser, schmaler
4 Sehr selten Randsaum auf der Oberfläche des Myelons (subpial).
4 Meist Männer (75 %) in höherem Alter (Durchschnittsalter Dieser kann der spinalen Oberfläche bis zu den Nerven-
50 Jahre) wurzeln folgen (. Abb. 16.6)
16.1 · Spinale Blutungen
265 16

a b c

. Abb. 16.5a–c Epidurales Hämatom. Sagittale T2w- (a) und T1w- (b) sowie axiale fettsupprimierte T2w- (c) MRT-Aufnahmen mit Darstellung des Spinal-
kanals von HWK 3 bis BWK 4 (sagittal) sowie axial in Höhe des BWK 1.
73-jährige Patientin mit einer seit einem Sturz am selben Tag (Bildgebung ca. 8,5 Stunden nach dem Sturzereignis) zunehmenden sensomorischen Quer-
schnittsymptomatik sowie einer hochgradigen Parese beider Beine. Im dorsalen Spinalkanal findet sich eine hyperakute Blutung, die spindelförmig von
HWK 7 bis BWK 2/3 reicht und das Myelon stark komprimiert (a bis c Pfeil). Die epidural gelegene Blutung geht unmittelbar in das epidurale Fettgewebe
über und ist in ihrem Randbereich nicht von diesem abgrenzbar (a Pfeilspitze). Die nach ventral verlagerte Dura ist als hypointense Linie am besten auf den
sagittalen T2w-Aufnahmen erkennbar (a)

a b c

. Abb. 16.6a–c Spinale Siderose. Sagittale T2w-MRT-Aufnahmen des gesamten Spinalkanals (a, b) sowie axiale T2*-MRT-Aufnahme des Gehirns auf Höhe
des Pons cerebri. Das gesamte Myelon wird in Folge von subpialen Hämosiderin-Ablagerungen von einem schmalen, T2w-hypointensen Randsaum umge-
ben (a und b Pfeil). Auch intrakraniell findet sich entlang des Hirnstamms (c Pfeil) und der Kleinhirnfurchen (c Pfeilspitze) der für die ZNS-Siderose typische
T2w-hypointense Randsaum
266 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

4 T1w: meist normal, bei längerem Verlauf gelegentlich AVM auch mit hoher Flussgeschwindigkeit (high-flow-
hypointens AVM)
4 Keine KM-Anreicherung 4 Als Folge des AV-Shunts kommt es zu varikösen Erweite-
4 Typischerweise auch Affektion von Kleinhirn und Hirnstamm rungen der beteiligten Gefäße, manchmal auch zu flussas-
soziierten Aneurysmen der beteiligten Arterien oder Venen
jKlinik 4 Spinale AVM können zu Blutungen führen, am häufigsten
4 Leitsymptom zum Diagnosezeitpunkt ist der komplette intramedullär
bilaterale zentrale Hörverlust (95 %) 4 Durch den erhöhten Druck in den arterialisierten Venen
4 Zudem typisch: Ataxie (88 %), Pyramidenbahnzeichen wird die Drainage der regulären intramedullären Venen ge-
(76 %), Demenz (20 %) stört. Es kann zu einem venösen Stauungsödem, später
4 Subakut verlaufende Symptomatik auch zu chronischen venösen Infarkten und einer Myelo-
malazie kommen
jPrognose 4 Auch Steal-Effekte durch Rekrutierung anderer spinaler Ar-
4 Gute Prognose bei frühem Nachweis und zeitiger Besei- terien können zu einer Schädigung des Myelons führen
tigung der Blutungsursache 4 Schädigung des Myelons auch durch den raumfordernden
4 Kompletter Hörverlust unvermeidbar bei später Diagnose Effekt selbst

jDD jEinteilung
4 MRT-Artefakt (Signalunterschiede abhängig von Wichtun- 4 In Abhängigkeit vom Aufbau des Nidus und der gesamten
gen) Gefäßarchitektur unterscheidet man
4 Subdurales Hämatom (Signal variiert je nach Hämatomal- 5 fistulöse AVM
ter; s. o.) 5 glomeruläre AVM
4 Spinale Hyperintensitäten des Myelons diverser Ursachen 5 juvenile AVM
(z. B. Entzündung, Infarkt) können den Randsaum hypoin- 4 Bei fistulösen AVM besteht eine direkte Verbindung zwi-
tens erscheinen lassen schen einer intraduralen Arterie (Ästen der A. spinalis ante-
4 Spinale durale AV-Fistel (oberflächliche spinale Hypointen- rior oder A. spinalis posterior) und einer spinalen Vene. Die
sitäten durch dilatierte Venen; s. u.) meisten fistulösen AVM liegen auf der ventralen Seite des
Myelons, oft in Höhe des Conus medullaris. Der Begriff der
fistulösen AVM ist weitgehend deckungsgleich mit der peri-
16.2 Spinale vaskuläre Malformationen medullären AVM«.
4 Bei glomerulären AVM liegt zwischen den versorgenden
jDefinition: Arterien und den drainierenden Venen ein Nidus, ein
4 Bei den meisten vaskulären Malformationen des Spinalka- rundlich-ovaläres Knäuel aus pathologischen Gefäßen.
nals liegt eine pathologische arteriovenöse Verbindung Die meisten glomerulären AVM liegen intramedullär, eine
(AV-Shunt) vor. Dazu gehören die verschiedenen Subtypen partielle oder vollständige intradural extramedulläre Lage
der arteriovenösen Malformationen (glomeruläre AVM, (oft im Sulcus anterior) ist aber möglich.
16 fistulöse AVM, juvenile AVM) und die durale AV-Fistel 4 Juvenile AVM sind komplexe, sehr seltene Gefäßfehlbildun-
(DAVF). gen, bei denen ein ganzes Metamer betroffen sein kann:
4 Zu den anderen vaskulären Malformationen, die keinen nicht nur das Myelon, sondern auch die Gefäße des Wirbel-
AV-Shunt aufweisen, gehören Cavernome, die im Rücken- körpers, der Muskulatur oder der Haut des entsprechenden
mark deutlich seltener auftreten als im Gehirn, und arteriel- Segments. Eine juvenile AVM, die alle embryonalen Gewe-
le Aneurysmen, die intraspinal eine Rarität darstellen. be eines Segments betrifft, wird auch als Cobb-Syndrom
4 Vaskuläre Malformationen machen <5 % der spinalen bezeichnet. Juvenile AVM können sich auch über mehrere
Raumforderungen aus. Segmenthöhen erstrecken. Zwischen den verschiedenen ni-
dalen Anteilen kann sich dann noch reguläres Myelon be-
finden.
16.2.1 Arteriovenöse Malformation (AVM)
jÄtiologie
jDefinition Angeborene, embryonale Entwicklungsstörung der Gefäße
4 Innerhalb des Duralsacks liegende direkte Verbindung zwi-
schen einer das Rückenmark versorgenden Arterie und spi- jEpidemiologie
nalen Venen ohne zwischengeschaltetes normales Kapillar- 4 Seltene Erkrankung
bett des Rückenmarks 4 Diagnosestellung meist im Alter von 20–40 Jahren
4 Alle spinalen AVM liegen intradural, entweder intra- oder 4 Erste Symptome traten häufig aber schon vor dem
perimedullär 16. Lebensjahr auf
4 Bei allen spinalen AVM werden Venen mit arteriellem
Druck perfundiert, insbesondere bei den perimedullären
16.2 · Spinale vaskuläre Malformationen
267 16
! Typischer Befund kSpinale DSA
Intramedulläre Blutung mit Nachweis von Fluss- 4 Erlaubt die genaue Segmentzuordnung und die Einteilung
artefakten (Fistelpunkt dural/intradural? Nidus vorhanden? Nidus
intra-/perimedullär? Beteiligung der Gefäße von Wirbel-
jBildgebung säule/Muskelloge/Haut?)
kCT 4 Spinale DSA nur in spezialisiertem Zentrum durchführen
Nativ-CT Nachweis der hyperdensen Blutung (falls vorhanden) (erhöhtes Komplikationsrisiko)
4 Spinale DSA i.d.R. erst beim Vorliegen suspekter MRT-
KM-CT Befunde
4 Gelegentlich KM-Aufnahme des Nidus und der vergrößer-
ten intraspinalen Gefäße jKlinik
4 CT mit CTA kann zwar manchmal die Diagnose erlauben, 4 Häufigstes Symptom, das zur Abklärung führt, ist eine
führt aber zu einer hohen Strahlenbelastung. Daher CT bei intramedulläre oder subarachnoidale Blutung
V.a. AVM nicht als erste Untersuchung durchführen, son- 4 Beginn auch möglich mit Kraftminderung (30 %) oder
dern allenfalls zur Bestätigung eines spinalen Hämatoms, Rückenschmerzen (20 %)
falls nötig 4 In der Regel progredienter Verlauf mit zunehmenden
Paresen, Sensibilitätsstörungen und Blasen-/Mastdarm-
kMRT schwäche
4 Bei klinischem Verdacht ist die MRT/MRA mit KM die Me- 4 Unbehandelt werden 50 % der Patienten innerhalb von
thode der Wahl (sehr hohe Sensitivität) (. Abb. 16.7) 3 Jahren rollstuhlpflichtig oder bettlägerig
4 Intramedulläre Einblutung zeigt je nach Alter ein unter-
schiedliches Signal, in T2w oder T2*w zumindest partiell jTherapie
hypointens (s. 7 Kap. 2.5.8 in Band 1, »Intrazerebrale Blutun- 4 Interdisziplinäres Therapiekonzept in spezialisiertem
gen« und . Tab. 16.1) Zentrum
4 Subarachnoidale Blutung am besten durch erhöhtes 4 Endovaskuläre Embolisation und/oder chirurgische
Eiweißsignal nachweisbar (s. 7 Kap. 16.1.2, »Subarachnoidal- Resektion
blutung«, S. 260) 4 Gute Prognose bei glomerulärer und fistulöser AVM,
4 Die vergrößerten perimedullären Gefäße und der Nidus schlechtere Prognose bei juvenilem Typ
zeigen bei schnellem Fluss in T1w und T2w teilweise 4 Schlechtere Prognose bei Beteiligung des Spinalis-anterior-
Signalauslöschungen (»flow voids«) Systems
4 Die erweiterten Gefäße und der Nidus zeigen eine partielle
KM-Aufnahme jDD
4 Intramedulläres Ödem, venöse Infarkte und Myelomalazie 4 Ependymom, Astrozytom (zystische Anteile in der raum-
in T2w hyperintens, Infarzierung des Myelons kann partiel- fordernden Läsion, keine pathologischen Gefäße)
le KM-Aufnahme zeigen 4 Hämangioblastom (Flow voids im Tumor, aber keine patho-
4 Evtl. Auftreibung des Myelons durch Ödem oder im logischen perimedullären Gefäße)
Bereich des Nidus 4 Paragangliom (kräftig KM-aufnehmender solider Tumor-
4 Rezidivierende SAB kann zur spinalen Siderose oder anteil)
Arachnopathie führen (s. 7 Kap. 16.1.5, »Spinale Siderose«, 4 Cavernom (randständige Signalminderung in T2*w, keine
S. 264 und 7 Kap. 14.2.6, »Arachnoiditis«, S.190) pathologischen Gefäße)
4 MRA mit KM vor der Behandlung dient als Ausgangsbe-
fund für weitere Kontrollen

kMyelographie
4 Erweiterte Gefäße als geschlängelte Füllungsdefekte längs
der Myelonoberfläche
4 Myelographie bei klinischem Verdacht nicht indiziert
(außer bei Kontraindikationen für MRT)
268 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

a b c

16

d e f

. Abb. 16.7a–i
16.2 · Spinale vaskuläre Malformationen
269 16

g h i

. Abb. 16.7a–i Spinale AVM. Sagittale T2w- (a) sowie T1w-MRT-Aufnahmen vor (b) und nach (c) Kontrastmittelgabe (kraniozervikaler Übergang bis
BWK 6/7) sowie koronare T2w-MRT-Aufnahmen des ventralen (d) und dorsalen (e) Myelons am cervico-thorakalen Übergang. Dynamische MR-Angiogra-
phie des Aortenbogens sowie der Karotiden und Vertebralarterien in der früh-arteriellen Phase (f). DSA mit einer selektiven Darstellung des linken Truncus
costocervicalis (g ap), der linken A. vertebralis im V2-Segment (H, sag) sowie der Venae spinales anterior und posterior (i sag).
17-jährige Patientin mit thorakalen Rückenschmerzen und Dys- und Parästhesien in Armen und Beinen seit mehreren Wochen. Intramedullär, auf Höhe des
HWK 7/BWK 1 findet sich eine große arteriovenöse Malformation, deren Gefäße als tubulär anmutende Strukturen erkennbar sind (a und b Pfeil). Die AVM
nimmt nahezu den gesamten Querschnitt des Myelons ein und weist eine flaue Kontrastmittelaufnahme auf. Es besteht eine venöse Kongestion mit einem
ausgeprägten intramedullären Ödem (a schwarze Pfeilspitze) und pathologischen oberflächlichen Gefäßen (a und b weiße Pfeilspitzen). Koronare T2w-Auf-
nahmen des ventralen (d) und dorsalen (e) Myelons zeigen, dass es sich bei diesen Gefäßen um die Venae spinales anterior (d Pfeil) und posterior (e Pfeil)
handelt, die aus der AVM gespeist werden. In der dynamischen MR Angiographie (früh-arterielle Phase) ist aufgrund des arteriovenösen Shunts neben der
stark kontrastierten AVM (f Pfeil) auch die arterialisierte Vena spinalis anterior (f Pfeilspitze) zu erkennen. In den DSA-Serien wird deutlich, dass der Nidus
der AVM (g Pfeil) arterielle Zuflüsse zum einen aus Ästen der A. cervicalis profunda ascendens aus dem Truncus costovertebralis (g Pfeilspitze) und zum an-
deren über den spinalen C 7-Ast der linken A. vertebralis (h Pfeil) erhält. Die venöse Drainage erfolgt über die dilatierten und elongierten Aa. spinales ante-
rior (h und i Pfeilspitze) und posterior (i Pfeil), wobei die aus dem Vertebralis-Ast versorgten AVM-Anteile vorrangig über die V. spinalis anterior drainiert
werden (h Pfeilspitze)
270 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

16.2.2 Spinale durale AV-Fistel (DAVF) 4 Sehr selten nur Nachweis von dilatierten Gefäßen ohne
Myelonödem
jDefinition 4 Zeitaufgelöste MRA kann den Fistelpunkt zeigen und so
4 Direkte Fistel zwischen dem duralen Ast einer radikulären eine gezielte spinale DSA ermöglichen
Arterie und dem venösen System, kein Nidus
4 Fistelpunkt liegt meist in der Dura einer Wurzeltasche kSpinale DSA
4 Venöse Drainage in die Venen des Rückenmarks, in denen 4 I.d.R. erst beim Vorliegen suspekter MRT-Befunde
es zu Flussumkehr und Rückstau kommt 4 Spinale DSA nur in spezialisiertem Zentrum durchführen
(erhöhtes Komplikationsrisiko)
jÄtiologie 4 Fistelpunkt liegt nicht immer im Bereich des Myelonödems
4 Nicht angeboren, sondern erworben (Z.n. lokaler Venen- 4 Fistelpunkt kann vom kraniozervikalen Übergang bis nach
thrombose?) tief sakral lokalisiert sein: ggf. selektive DSA der gesamten
4 Spinale DAVF führen nicht zu einer Blutung spinalen Achse einschließlich kraniozervikalem Übergang
4 Klinische Symptomatik entsteht durch die Flussumkehr mit und lumbosakraler Gefäße erforderlich, Übersichtsangio-
retrograder venöser Drainage in die Radikularvenen und graphie der Aorta nicht ausreichend!
dann weiter in die perimedullären Venen des Rückenmarks:
der erhöhte Druck in den spinalen Venen führt dann zu ei- jKlinik
nem venösen Stauungsödem, einem reduzierten Druckgra- 4 Typisch sind progrediente Paresen, häufig auch Blasen-/
dienten zwischen Arterien und Venen mit verminderter Mastdarmschwäche
Gewebsdurchblutung und einer progredienten Ischämie des 4 Meist chronisch progredienter Verlauf, manchmal mit
Rückenmarks phasenweisen partiellen Erholungen
4 Beginn mit Rückenschmerzen möglich
jEpidemiologie: 4 Unbehandelt innerhalb von 2 Jahren meistens irreversible
4 Häufigste spinale vaskuläre Malformation (70 %) Paraplegie
4 Männer (80 %) in höherem Lebensalter (meist >50 Jahre) 4 Wird oft lange verkannt
Cave: Altersverteilung 20–80 Jahre möglich
4 Häufigstes Vorkommen am thorakolumbalen Übergang jTherapie
4 In der Regel operative Ausschaltung der Fistel, endovasku-
! Typischer Befund
läre Embolisation möglich, aber höheres Komplikations-
Myelonödem und vermehrte perimedulläre Gefäße
und Rezidivrisiko
4 Gute Prognose nur bei rechtzeitiger Diagnosestellung
jBildgebung
kCT jDD
4 Evtl. Auftreibung des Myelons und vermehrte spinale Gefäße 4 AV-Malformation (werden häufig durch Blutung sympto-
4 CT hat für spinale DAVF eine geringe Sensitivität und ist matisch, Nidus bei glomerulärem und juvenilem Typ)
nicht indiziert 4 Spinalkanalstenose
16 4 Polyneuropathie (Elektrophysiologie)
kMyelographie 4 In Ausnahmefällen, wenn in der MRT nur ein Mye-
4 Erweiterte Gefäße als geschlängelte Füllungsdefekte längs lonödem, aber keine vermehrten Gefäße nachweisbar sind:
der Myelonoberfläche intramedullärer Tumor (KM-Aufnahme), Infarkt (Verlauf),
4 Myelographie bei klinischem Verdacht nicht indiziert (au- Syringohydromyelie (stärkere Hypointensität in T1w), Mye-
ßer wenn eine Kontraindikation für eine MRT besteht) litis (evtl. KM-Aufnahme, Verlauf, Liquorbefund)
4 Verschlechterung der Symptomatik nach Myelographie
möglich (selbst nach Lumbalpunktion)
16.2.3 Spinales Kavernom
kMRT
4 Bei klinischem Verdacht ist die MRT mit KM Methode der jSynonym
Wahl Cavernom, Kavernöses Hämangiom, kavernöses Angiom
4 Rückenmark aufgetrieben und ödematös (T2w: hyperin-
tens, T1w: hypointens) jDefinition
4 Bei venöser Infarzierung des Myelons partielle KM-Auf- 4 Rundliche Läsion, die aus lobulierten Hohlräumen besteht,
nahme möglich die mit Gefäßendothel ausgekleidet sind
4 Zahlreiche kleine Gefäße auf der Oberfläche des Myelons 4 Innerhalb des Kavernoms ist kein reguläres ZNS-Gewebe
(dilatierte perimedulläre Venen) mit Signalminderung in 4 Identisch zu den intrakraniellen Kavernomen
T2w (»flow voids«) und KM-Aufnahme (. Abb. 16.8) 4 In den Kavernomen besteht kein pathologischer AV-Shunt
4 In seltenen Fällen in der MRT nur Myelonödem (i.d.R.
>3 Segmenthöhen) ohne pathologische Gefäße
16.2 · Spinale vaskuläre Malformationen
271 16
. Abb. 16.8a–d Spinale Durale AV-Fistel (DAVF). Sagittale T2w- (a) MRT-
Aufnahme (BWK 5 bis LWK 2), dynamische MR-Angiographie der Aorta und
der Segmentarterien Th7 bis L4 in der früh-arteriellen Phase (b) sowie DSA
(ap-Ansicht) mit einer selektiven Darstellung der linken Th7-Segmentarterie
mit (c, früh- und spät-arterielle Phase) und ohne (d) Subtraktion.
60-jähriger Patient mit einer seit einem Jahr langsam progredienten
Gangstörung und einem Taubheitsgefühl ab dem Dermatom L 2 abwärts.
Es finden sich ein ausgeprägtes Ödem des kaudalen Myelons (a Pfeil) sowie
pathologische Gefäße im dorsalen Spinalkanal (a Pfeilspitzen), beides typi-
sche Veränderungen im Rahmen einer venösen Kongestion. Ursächlich
hierfür ist ein arteriovenöser Shunt mit einer in der dynamischen MR-An-
giographie (früh-arterielle Phase) erkennbaren Arterialisierung der V. spina-
lis posterior (b Pfeilspitze) auf Höhe der Th7-Segmentarterie (b Pfeil). In der
spinalen Angiographie zeigt sich eine Fistel zwischen der linken Th7-Seg-
mentarterie und einer konsekutiv dilatierten und elongierten Vena spinalis
posterior (c und d Pfeilspitzen) mit einem einzigen Fistelpunkt im Foramen
intervertebrale (c und d Pfeile)

a b

c d
272 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

a b

. Abb. 16.9a–d Spinales Kavernom. Sagittale T2w- (a) und T1w- (b) sowie axiale T2w-
(c) und T1w- (d) MRT-Aufnahmen mit Darstellung des Spinalkanals von BWK 10/11 bis
LWK 4 (sagittal) sowie in Höhe des BWK 12 (axial).
65-jähriger Patient mit einer seit einer Woche bestehenden Fußheberschwäche rechts.
Bereits seit einigen Monaten bestand eine Gangverschlechterung. Im rechts mediolate-
ralen Conus medullaris auf Höhe des BWK 12 findet sich ein Kavernom mit einem eher
geringen raumfordernden Effekt (a und b Pfeil). Korrespondierend zu Blutabbaupro-
dukten im subakuten Stadium (intrazelluläres Methämoglobin) weist das Kavernom ein
zum Myelon T1w-hyperintenses und T2w-hypointenses Signal auf (a und d Pfeil). Ferner
ist in den T2w-Aufnahmen der typische Aspekt eines Kavernoms mit einem heteroge-
nen, retikulär anmutenden Zentrum (c Pfeilspitze) sowie einem in Folge von Hämoside-
rin-Ablagerungen hypointensen Randsaum (c Pfeil) zu erkennen d

16 jÄtiologie jBildgebung
4 Angiogenetisch unreife Läsion mit vermehrter Endothelp- kCT
roliferation 4 Meist normal (außer bei akuter Einblutung)
4 Tritt spontan auf oder im Rahmen eines familiären, autoso- 4 Selten Auftreibung des Myelons
mal-dominanten Syndroms mit multiplen Kavernomen des 4 Selten zarte KM-Aufnahme
ZNS 4 Spinale Kavernome zeigen nur selten Verkalkungen
4 Im Kavernom kommt es zu rezidivierenden Mikroblutun-
gen mit langsamem Größenwachstum oder zu einer Makro- kMRT
blutung mit akut raumfordernder Wirkung 4 Rundliche Läsion mit hypointensem Saum in T2w und
T2*w (Hämosiderin)
jEpidemiologie 4 Heterogenes Binnensignal in T1w und T2w (Blutabbaupro-
4 Spinale Kavernome häufiger bei Frauen (70 %) dukte unterschiedlicher Stadien), teilweise mit Flüssigkeits-
4 Kommt in allen Altersgruppen vor, Altersgipfel bei 40– spiegeln, »popcornartiges« Bild (. Abb. 16.9 und . Abb.
50 Jahre 16.10)
4 Nur 5 % aller ZNS-Kavernome liegen spinal 4 T2*w: »blooming« (sehr kräftige Signalminderung im
Vergleich zur T2w)
! Typischer Befund 4 Fehlende oder nur minimale KM-Aufnahme
Rundliche Läsion im Myelon mit einem hypointensen 4 Spinale DSA: unauffällig
Saum in T2*w und fehlender oder nur geringer KM-
Aufnahme
16.3 · Spinale Ischämie
273 16

a b c

. Abb. 16.10a–c Kavernom mit intramedullärem Hämatom. Sagittale T2w- (a) sowie axiale T1w- (b) und T2*- (c) MRT-Aufnahmen. Darstellung des Spinal-
kanals von BWK 1 bis BWK 6/7 (sagittal) sowie axial in Höhe des BWK 4.
12-jähriges Mädchen mit einer seit 6 Monaten bestehenden Schwäche des linken Beines. Auf Höhe des BWK 4 findet sich eine unregelmäßig begrenzte,
deutlich raumfordernde Blutung eines intramedullären Kavernoms (a und b Pfeil). Passend zur chronischen Klinik finden sich - wie bei Kavernomblutungen
nicht untypisch - heterogene Signalveränderungen als Hinweis auf Blutabbauprodukte unterschiedlichen Alters. Diese rufen ein heterogenes, vornehmlich
T1w- und T2w-hyperintenses Signal (a und b Pfeil) sowie ausgeprägte Suszeptibilitätsartefakte in der T2*-Sequenz hervor (c Pfeil)

jKlinik scheibenmaterial über physiologische AV-Shunts, vor allem


4 Am häufigsten langsam progrediente sensomotorische bei Kindern)
Ausfälle, progrediente Paraparese 4 Gefäßverschluss kann an verschiedenen Lokalisationen
4 Bei akuter Einblutung auch akuter Symptombeginn auftreten (s. 7 Kap. 9, »Anatomie«, S. 56):
oder akute Verschlechterung 5 Segmentarterie (dann häufig mit assoziiertem Wirbel-
körperinfarkt)
jTherapie 5 Radikulomedulläre Arterie (mit oder ohne Wirbel-
4 Bei asymptomatischen Fällen nur Verlaufskontrolle körperinfarkt)
4 Chirurgische Resektion mit guter Prognose (abhängig von 5 A. spinalis anterior, A. spinalis posterior, sulcale Arterie
der Lage und dem Bezug zur Oberfläche) (aus ASA)
5 Funktionelle Endarterien im zentralen oder peripheren
jDD arteriellen System
4 Intramedulläre Tumoren: Ependymom, Astrozytom, 4 Durch die unterschiedlichen Gefäßverschlüsse (s. o.) und
Hämangioblastom (deutliche KM-Aufnahme) die sehr variablen Kollateralisationsmöglichkeiten zeigen
4 AVM (Nidus, Flow voids, pathologische Gefäße in der spinale Infarkte eine unterschiedlich hohe Ausdehnung in
spinalen DSA) kraniokaudaler Richtung und ein sehr variables Muster auf
axialen Schnitten (s. . Abb. 16.13)
4 Die häufigsten Infarkttypen sind:
16.3 Spinale Ischämie 5 Spinalis anterior-Infarkt (kraniokaudale Ausdehnung
meist 1–3 Segmenthöhen)
jDefinition 5 zentraler Spinalis anterior-Infarkt (durch Verschluss der
Ischämische Schädigung des Myelons (Infarkt) durch Verschluss sulcalen Arterie)
einer spinalen Arterie 5 unilateraler (selten) oder bilateraler (sehr selten) Spinalis
posterior-Infarkt (kraniokaudale Ausdehnung ≤2 Seg-
jÄtiologie und Einteilung menthöhen)
4 Häufigste Ursachen: Arteriosklerose, kardiale Embolie, 5 lateraler Infarkt (durch Verschluss eines kleinen Gefäßes
postoperativ (Aorta), Aortendissektion aus dem peripheren arteriellen System)
4 Seltenere Ursachen: z. B. systemische Hypotonie, fibrokarti-
laginäre Embolie (retrograde Verschleppung von Band-
274 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

a b c

16

d e

. Abb. 16.11a–f Spinaler Infarkt. Sagittale T2w- (a), fettsupprimierte T2w- (b), T1w- (c) MRT-Aufnahmen sowie diffusionsgewichtete EPI-Sequenz (d) mit
einer korrespondierenden ADC-Map (e) von HWK 3 bis BWK 3. Axiale T2w- MRT-Aufnahme in Höhe des HWK 7.
69-jährige Patientin mit einem am Vortag plötzlich aufgetretenen, inkompletten sensomotorischen Querschnittsyndrom mit Beteiligung beider Arme.
Während das Myelon in der T1w-Aufnahme (c) unauffällig ist, findet sich in den T2w-Aufnahmen im ventralen Myelon eine bandförmige Signalanhebung,
welche von der Grundplatte des HWK 6 bis zur Deckplatte des BWK 2 reicht und keinen raumfordernden Effekt aufweist (a und b Pfeil). In der axialen Auf-
nahme ist zu erkennen, dass die Signalveränderungen hauptsächlich die Vorderhörner der grauen Substanz betreffen (f Pfeil). Korrespondierend hierzu fin-
det sich als Ausdruck einer Diffusionsstörung im Rahmen eines ischämisch bedingten zytotoxischen Ödems in der ADC-Map eine deutliche Signalabsen-
kung (e Pfeil). Ein begleitendes Wirbelkörperödem als Hinweis auf einen zusätzlichen Wirbelkörperinfarkt besteht hierbei jedoch nicht (b Pfeilspitzen)
16.3 · Spinale Ischämie
275 16
jEpidemiologie 4 In der initialen MRT Aorta mit darstellen (Dissektion?)
4 Seltene Erkrankung 4 Cave: spinale Infarkte zeigen einen anderen Signalverlauf
4 Meist Patienten >50 Jahre als zerebrale Infarkte
5 Infarktödem in T2w frühestens nach 4 h sichtbar, nach
jBildgebung 24 h nur in 50 %, nach 3 Tagen nur in 67 % der Fälle
kCT 5 In 33 % der Fälle ist in T2w zu keinem Zeitpunkt kein
Nicht indiziert Infarktödem sichtbar!
5 Subakute KM-Aufnahme frühestens nach 5 d sichtbar
kSpinale DSA 5 Maximum der KM-Aufnahme nach 1–3 Wochen, kann
4 Nur ausnahmsweise indiziert (zum Ausschluss einer Gefäß- über viele Wochen persistieren
malformation) 5 KM-Aufnahme nicht in jedem Fall nachweisbar!
4 Bei Nachweis einer spinalen Ischämie (MRT) oder unauf- 4 Initiale MRT-Untersuchung bei V.a. spinalen Infarkt oft
fälliger MRT aber fortbestehendem klinischem V.a. spinale unauffällig, dann Verlaufskontrolle nach einigen Tagen
Ischämie: abdomineller Ultraschall zum Ausschluss eines durchführen. Dabei nicht nur auf Myelonödem und KM-
Bauchaortenaneurysmas Aufnahme achten, sondern auch auf zwei weitere Zeichen:
5 Wirbelkörperinfarkt in 1/3 der spinalen Infarkte (betrifft
kMRT meist das hintere 1/3 des WK): Ödem im WK ist am bes-
4 Myelon hyperintens in T2w (ischämisches Ödem), manch- ten mit fettgesättigten T2w-Sequenzen nachweisbar
mal leicht aufgetrieben (z. B. STIR), Ödem frühestens nach 5 h, oft erst nach
4 T1w meist unauffällig 1–2 d nachweisbar (. Abb. 16.15)
4 Infarkteinblutung sehr selten möglich, dann Hypointensität 5 Positives Cauda-Zeichen in 1/3 der spinalen Infarkte
in T2w, nach einigen Tagen Hyperintensität in T1w (vermehrte KM-Aufnahme am Conus medullaris und an
4 Spinale Infarkte weisen eine Diffusionsstörung auf, spinale den Cauda-Fasern): Ursache unklar, positives Cauda-Zei-
Diffusionssequenzen aber technisch bedingt derzeit noch chen erscheint auch, wenn der Infarkt den Conus über-
häufig artefaktüberlagert (. Abb. 16.11) haupt nicht erreicht. Cauda-Zeichen frühestens nach 5 d
4 In der subakuten Phase leichte, fleckige KM-Aufnahme im nachweisbar, persistiert oft bis 1–3 Monate nach Infarkt
Infarkt (. Abb. 16.12) (am längsten nachweisbares Zeichen) (. Abb. 16.14)
276 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

a b c d

f g

16

. Abb. 16.12a–g Spinaler Infarkt. Sagittale T2w- (a) und kontrastangehobene T1w-MRT-Aufnahmen (B)
der HWS am Aufnahmetag. Sagittale und axiale T2w- (c, f) und T1w- vor (d) und nach (e, g) KM-Gabe am
8. Tag nach Beginn der Symptomatik.
45-jährige Patientin mit einem zervikalen Spinalis-anterior-Infarkt. 12 Stunden nach Beginn der Sympto-
matik ist im ventralen Anteil des Myelons von HWK 5/6 bis HWK 7 ein Ödem nachweisbar (a). Zu diesem
Zeitpunkt nimmt die Läsion kein Kontrastmittel auf (b). In der Verlaufsuntersuchung nach 8 Tagen hat das
e Infarktödem an Größe zugenommen. Jetzt zeigt sich eine fleckige Kontrastmittelaufnahme
16.3 · Spinale Ischämie
277 16

. Abb. 16.13 Axiale T2w-MRT-Aufnahmen des Myelons von 5 verschiedenen Patienten mit einem spinalen Infarkt. Die infarzierten Anteile des Myelons
zeigen ein in T2w hyperintenses Ödem. Die Aufnahmen illustrieren gut die variable Beteiligung des Myelons, je nachdem welches Gefäß betroffen ist und
ob eine Kollateralisierung möglich ist

. Abb. 16.14a, b MRT-Aufnahmen der LWS bei einer 55-jährigen Patientin am 19. Tag nach
spinalem Infarkt im Conus medullaris. Sagittale (a) und axiale (b) T1w-Aufnahmen nach KM-Gabe.
An der Oberfläche des Conus medullaris und entlang der Cauda equina zeigt sich eine KM-Auf-
nahme (positives Cauda-Zeichen; Pfeile) b
278 Kapitel 16 · Vaskuläre Erkrankungen

a b c d

. Abb. 16.15a–d Sagittale MRT-Aufnahmen der LWS bei einem Patienten mit einem Infarkt im Conus medullaris. T2w- (a) und fettsupprimierte T2w- (b)
Aufnahmen am Tag 1 nach Ischämie und nach 19 Tagen. In Höhe LWK 1 zeigt sich bereits am Tag 1 in T2w ein signalreiches Ödem im Conus medullaris
(a Pfeil). Das medulläre Ödem ist auch am Tag 19 in T2w noch nachweisbar (c Pfeil). Nur in der fettsupprimierten T2w-Aufnahme am Tag 19 erkennt man,
dass es zusätzlich auch zu einer Infarzierung des dorsalen Anteils des LWK 1 gekommen ist (d Pfeil). Infarktödeme in den Wirbelkörpern entwickeln sich
oft später als Infarktödeme im Myelon. Am Tag 1 war auf der fettsupprimierten T2w-Aufnahme im LWK 1 noch kein Ödem erkennbar (b)

jKlinik 4 Daher besonders auf folgende Zeichen der spinalen


4 Variabler Beginn der Symptomatik Ischämie achten (s. o.): beginnende KM-Aufnahme nach
16 4 Entweder abrupter Beginn mit neurologischen Ausfällen, einigen Tagen, Wirbelkörperinfarkt, positives Cauda-
oder allmählich progrediente Symptomatik Zeichen, Aortendissektion
4 Manchmal Beginn mit Rückenschmerzen, die sich wieder 4 MR-Diffusion DD sehr hilfreich, derzeit aber meist noch zu
zurückbilden, dann über Stunden progrediente Quer- artefaktanfällig
schnittssymptomatik 4 Multiple Sklerose (<50 % der Querschnittsfläche einneh-
4 Art der Symptomatik abhängig von betroffenem Gefäß- mend, klinischer Verlauf mit Schüben und Remissionen, in
abschnitt und Kollateralisation: 90 % begleitende intrakranielle Läsionen)
5 Spinalis-anterior-Syndrom: dissoziierte Empfindungs- 4 Intramedulläre Tumoren (deutlichere Auftreibung des
störung, schlaffe Paresen Myelons, kräftigere und diffusere KM-Aufnahme, peri-
5 Spinalis-posterior-Syndrom: spinale Stand- und Gang- tumorales Ödem, evtl. zystische Anteile, klinisch lang-
ataxie, gelegentlich auch (bei Seitenstrangaffektion) samerer Beginn, KM-Aufnahme bildet sich im Verlauf
zentrale Parese mit Pyramidenbahnzeichen nicht zurück)
4 Häufig zusätzliche Blasen-/Mastdarmstörung 4 Myelitis transversa (meist zentrales Ödem und große Aus-
dehnung über >2/3 der Querschnittsfläche, nicht ganz so
jDD plötzlicher Beginn)
4 Aufgrund der variablen Erscheinungsmuster spinaler In- 4 Venöses Stauungsödem (z. B. bei spinaler AV-Durafistel,
farkte ist eine sichere DD aufgrund der axialen Ausdehnung Ausdehnung über >3 Segmenthöhen)
des Ödems wenig hilfreich
279 17

Fehlbildungen
und Entwicklungsstörungen
Martin Wiesmann

17.1 Überblick – 280

17.2 Dysraphische Fehlbildungen – 280


17.2.1 Offene dysraphische Fehlbildungen – 283
Myelozele/Myelomeningozele/Hemimyelozele/
Hemimyelomeningozele – 283
Dermalsinus – 284
17.2.2 Geschlossene dysraphische Fehlbildungen – 289
Einfache Bogenschlussstörung – 289
Wirbelkörperfehlbildungen – 290
Anomalien des kraniozervikalen Übergangs – 294
Klippel-Feil-Syndrom (KFS) – 298
Dorsale Meningozele – 300
Lipomyelozele/Lipomyelomeningozele – 302
Split-Notochord-Syndrom – 304
Diastematomyelie – 304
Enterogene Zyste – 307
Dorsal-enterische Fistel – 308

17.3 Nicht-dysraphische Fehlbildungen – 308


17.3.1 Tethered-cord-Syndrom – 308
17.3.2 Tight filum terminale – 310

17.4 Kongenitale Tumoren – 311


17.4.1 Fibrolipom des Filum terminale – 311
17.4.2 Intradurales Lipom – 313
17.4.3 Dermoid – 315
17.4.4 Epidermoid – 316
17.4.5 Sakrokokzygeales Teratom – 317
17.4.6 Neuroblastom – 319

17.5 Durch Fehlbildungen oder


Normvarianten bedingte intramedulläre Zysten – 320
17.5.1 Syringohydromyelie – 320
17.5.2 Ventriculus terminalis – 320

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_17, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
280 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

17.1 Überblick Hypoblast

Spinale Fehlbildungen entstehen zwischen der 3. und 6. Schwan- Epiblast


gerschaftswoche (SSW). In diesem Zeitraum verläuft die Ent- Amnionhöhle
wicklung von Wirbelsäule und Rückenmark in drei Schritten:
Gastrulation (SSW 2–3, primäre Neurulation (SSW 3–4) so-
wie sekundäre Neurulation und retrogressive Differenzierung
(SSW 5–6). Fehler in diesen Entwicklungsschritten führen je-
Dottersack
weils zu spezifischen Fehlbildungen (s. 7 Exkurs »Embryologische
a
Grundlagen spinaler Fehlbildungen«).
Die meisten spinalen Fehlbildungen werden heute bereits in
utero oder in den ersten Lebensmonaten per Ultraschall diagnos-
tiziert. In einigen Zentren erfolgt bereits die operative Versor- Hypoblast
gung in utero. Offene Dysraphien, bei denen über einen Hautde-
fekt eine Verbindung zum Spinalkanal besteht, werden wegen des Epiblast
Infektionsrisikos innerhalb von 48 Stunden operiert. Eine prä- Amnionhöhle
operative MRT-Untersuchung ist dafür nur ganz selten nötig.
> Bei Verdacht auf eine spinale Fehlbildung oder zur Ver-
laufskontrolle nach Operation einer offenen Dysraphie Epiblast
wird immer die MRT eingesetzt. Spinale Fehlbildungen Dottersack
sind oft assoziiert mit anderen Anlageanomalien des b Primitivrinne
ZNS. Typische postoperative Komplikationen (Hydro-
zephalus, Syringohydromyelie) können auch weit ent-
fernt vom operierten Segment auftreten. Deshalb
Ektoderm
muss immer die gesamte Wirbelsäule einschließlich
Amnionhöhle
des kraniozervikalen Übergangs abgebildet werden,
bei der ersten Diagnostik auch das Gehirn. Neuronales
Ektoderm

17.2 Dysraphische Fehlbildungen

jDefinition Dottersack
Chorda
kDysraphien c Mesoderm dorsalis Entoderm
Gruppe von angeborenen Fehlbildungen des Schädels, der Wir- . Abb. 17.1a–c Gastrulation. a Längsschnitt durch einen Embryo mit
belsäule und des Rückenmarks, bei denen die Umwandlung der zweiblättrigem Keimblatt. Der Epiblast liegt der Amnionhöhle (a) an, der
Neuralplatte des Embryos zum vollständig geschlossenen Neu- Hypoblast dem Dottersack (d). b Längsschnitt durch ein zweiblättriges
ralrohr gestört wurde (griech.: Raphe = Naht). Zu den Dysra- Keimblatt, in dem sich bereits die Primitivrinne gebildet hat. c Querschnitt
phien gehören die Störungen der primären Neurulation (Spina durch einen Embryo. Nach Abschluss der Gastrulation liegt ein dreiblättri-
ges Keimblatt vor mit Ektoderm, Mesoderm und Entoderm. In der Längs-
bifida), aber auch einige Fehlbildungen, die während der Gastru-
17 lation entstehen (Diastematomyelie, Fisteln).
achse der Keimscheibe verläuft die Chorda dorsalis. Der über der Chorda
dorsalis gelegene Streifen des Ektoderms hat sich bereits zu neuronalem
Ektoderm differenziert
kSpina bifida
Bedeutet eigentlich »Spaltwirbel«, wurde aber als Oberbegriff für
die spinalen Dysraphien und Wirbelkörperanomalien mit Wir- kSpina bifida occulta
belkörperspalten oder fehlenden oder nicht geschlossenen Wir- Wird auch als Synonym für geschlossene Dysraphien benutzt. Im
belbögen benutzt. weiteren Sinne bezeichnet man damit aber auch Wirbelkörper-
anomalien mit Wirbelkörperspalten oder fehlenden oder nicht
kOffene Dysraphien/Spina bifida aperta geschlossenen Wirbelbögen
Dysraphien, bei denen sich wegen des nicht erfolgten Neural-
rohrschlusses die Haut über der Wirbelsäule nicht geschlossen jÄtiologie
hat. Im Bereich des Hautdefektes liegt die Neuralplatte (Plakode) Der wichtigste ätiologische Faktor für dysraphische Fehlbildun-
offen zur Umgebung. gen ist ein Folsäuremangel in der entscheidenden Phase zwi-
schen 3. und 6. Schwangerschaftswoche. Nach Einführung einer
kGeschlossene Dysraphien großzügigen Folsäuresubstitution bei Schwangeren ging die
Dysraphien, bei denen die Haut über dem betroffenen Segment Häufigkeit von dysraphischen Fehlbildungen in den USA um
geschlossen ist. Dazu gehören z. B. Meningozelen oder spinale 50–70 % zurück.
Fehlbildungstumoren.
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
281 17

Exkurs: Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen

Gastrulation: zwischen Ento- und Ektoderm verlaufenden den Hohlraum nennt man Zentralkanal (Cana-
Die Gastrulation beschreibt den Vorgang, bei Strang, die Chorda dorsalis (Notochord) lis centralis). Der Zentralkanal besitzt zwei Öff-
dem sich in der 2. und 3. Schwangerschafts- (. Abb. 17.1c). Wenn sich die Chorda dorsalis nungen, kranial den Neuroporus cranialis, kau-
woche aus der Blastocyste die Keimblätter entwickelt hat, kommt es im Bereich der Primi- dal den Neuroporus caudalis. Bei der Fusion
entwickeln. Die Blastocyste hat beim Men- tivgrube zu einer Besonderheit: Die Zellen der des Neuralrohrs treffen sich nicht nur die bei-
schen die Form einer Hohlkugel. Die Zellen der Chorda dorsalis verschmelzen an dieser Stelle den Schichten des neuralen Ektoderms, son-
Blastocyste differenzieren sich zum an der Au- mit dem darunter gelegenen Entoderm und dern auch zwei dünne Schichten oberflächli-
ßenseite der Kugel gelegenen Trophoblasten degenerieren dann. Dadurch entsteht an der chen Ektoderms, die an der Außenseite des
(aus dem später die Plazenta wird) und zu ei- Stelle der Primitivgrube eine offene Verbin- neuralen Ektoderms fusionieren und später
nem an der Innenseite der Kugel gelegenen dung zwischen Amnionhöhle und Dottersack, die Rückenhaut bilden. Nach der Fusion wer-
Zellhaufen, dem Embryoblasten. Die Zellen der Canalis neurentericus. Diese Verbindung den Entoderm und Chorda dorsalis vom Neu-
des Embryoblasten wachsen zu einem zylind- besteht nur für einen Tag. Dann, am 22. Tag, ralrohr weg nach ventral verlagert. Dadurch
rischen Zellverband, dem Epiblasten oder äu- verschließt sich der Canalis neurentericus wie- können Mesodermzellen in die Zwischenräu-
ßeren Keimblatt. Im Inneren des Zylinders ent- der. Die Umwandlung der zweiblättrigen zur me zwischen Entoderm, Chorda dorsalis und
wickelt sich die Amnionhöhle. Zusätzlich diffe- dreiblättrigen Keimscheibe mit der Entste- Neuralrohr wandern. Unter dem Einfluss der
renziert sich aus dem Embryoblasten eine hung von Ektoderm, Mesoderm, Entoderm Chorda dorsalis entstehen aus diesen Meso-
dünne Zellschicht, die den Embryoblasten zur und Chorda dorsalis nennt man Gastrulation. dermzellen die Wirbelkörper. Auch in den
Blastocystenhöhle begrenzt und Hypoblast 4 Assoziierte Fehlbildungen: Spalt zwischen Neuralrohr und oberflächli-
oder inneres Keimblatt genannt wird. Aus dem – Werden Teile der Chorda dorsalis nicht chem Ektoderm wandern Mesenchymzellen.
Hypoblast entsteht später der Dottersack. regelrecht angelegt, entstehen Seg- Aus diesen Zellen entstehen unter dem Ein-
Am Ende der 2. SSW ist dieser Schritt abge- mentationsstörungen der Wirbelsäule, fluss des Neuralrohrs die Wirbelbögen. Den
schlossen und es besteht ein zweiblättriges segmentale spinale Dysgenesien und Vorgang von der Entstehung der Neuralplatte
Keimblatt (. Abb. 17.1a). Die aneinander lie- kaudale Regressionssyndrome. bis zu ihrer Umwandlung in das Neuralrohr
genden Zellschichten des Epiblasten und Hy- – Bleibt an einer Stelle eine Verbindung bezeichnet man als primäre Neurulation.
poblasten haben die Form einer flachen Schei- zwischen Entoderm und Ektoderm 4 Assoziierte Fehlbildungen:
be und werden als Becherkeim oder Gastrula erhalten, kann sich dazwischen die – Ein unvollständiger Schluss des Neural-
bezeichnet. Das spätere Kopfende des Epiblas- Chorda dorsalis nicht wie gewöhnlich rohrs und/oder des darüber gelegenen
ten erkennt man an einer kleinen Verdickung, als einteiliger Strang entwickeln. Statt- Ektoderms führt zu offenen oder ge-
der sog. Prächordalplatte. Am anderen, kauda- dessen bleibt die Chorda dorsalis auf schlossenen spinalen Dysraphien
len Ende des Epiblasten entsteht zwischen Höhe der persistierenden Verbindung (Spina bifida occulta, Myelozele, Mye-
dem 13. und 16. Tag eine kleine Verdickung, zweigeteilt oder wird (sehr selten) in lomeningozele, Lipomyelozele, Lipo-
die sich entlang der Mittellinie nach kranial dieser Höhe nur auf einer Seite ange- myelomeningozele, zervikale Myelo-
ausbreitet und als Primitivstreifen bezeichnet legt. Dies wird als Split-Notochord-Syn- zystozele). Wenn sich die Verbindung
wird. In der Medianebene entsteht im Primitiv- drom bezeichnet. Zu dieser Gruppe zwischen epidermalem Ektoderm und
streifen eine kleine, längsgerichtete Vertie- von Fehlbildungen gehören u.a. Wirbel- neuronalem Ektoderm nach Schluss
fung, die Primitivrinne, deren tiefster Punkt, körperspalten und andere Wirbelfehl- des Neuralrohrs nicht oder zu spät
am kranialen Ende, als Primitivgrube bezeich- anlagen (z. B. Halbwirbel) oder persis- löst, entsteht ein Dermalsinus. Löst
net wird (. Abb. 17.1b). In diese Rinne wan- tierende Fisteln. Die persistierende Ver- sich an einer Stelle die Verbindung
dern, beginnend an der Primitivgrube, Zellen bindung kann auch als bindegewebige zwischen epidermalem und neurona-
aus der oberflächlichen Schicht des Epiblas- oder knöcherne Lamelle den Spinal- lem Ektoderm bereits vor Schluss des
ten. Die ersten Zellen wandern zur Innenseite kanal durchziehen und zu einer Dias- Neuralrohrs, können Mesodermzellen
der Keimscheibe und verdrängen die Zellen tematomyelie führen. in das noch offene Neuralrohr einwan-
des Hypoblasten nach lateral. Damit bilden sie – Wenn an einer Stelle der Canalis neu- dern und es entsteht ein intradurales
an Stelle des früheren Hypoblasten eine neue rentericus nicht oder nur teilweise Lipom.
Zellschicht, das Entoderm, aus dem sich später obliteriert, oder sich ein akzessorischer – Eine kombinierte Störung in der Gastru-
z. B. das Epithel des Atmungs- und Verdau- Kanal entwickelt, kann eine dorsal- lation und primären Neurulation kann
ungstrakts entwickelt. Die nächsten Zellen, die enterische Fistel oder eine neuro- zu einer Hemimyelozele oder Hemimye-
in die Primitivrinne einwandern, breiten sich enterale Fistel entstehen. lomeningozele führen.
paramedian zwischen den Schichten des Ento- – Ist die reguläre Einwanderung von Me-
derm und Epiblasten aus. Sie bilden das Meso- Primäre Neurulation: sodermzellen zwischen Chorda dorsalis
derm, aus dem später Fibro-, Chondro- und Am Ende der 3. SSW sezerniert die Chorda dor- und Entoderm nicht möglich, kommt
Osteoblasten entstehen. Dann wandelt sich salis bestimmte Signalmoleküle, durch die sich es zu Störungen in der Anlage des ven-
die verbleibende Schicht des Epiblasten zum der über ihr gelegene Streifen des Ektoderm in tralen Anteils der Wirbelkörper. Ist die
Ektoderm, aus dem sich später Haut, Nerven- neurales Ektoderm umwandelt (auch Neural- Einwanderung von Mesodermzellen
system und Sinnesorgane entwickeln. Die platte oder Plakode genannt). Der mediale An- zwischen Chorda dorsalis und Neural-
Keimscheibe besteht nun nicht mehr aus Epi- teil der Neuralplatte ist an der Chorda dorsalis rohr gestört, entstehen Spaltbildungen
und Hypoblast, sondern hat einen dreischich- fixiert (. Abb. 17.1c). Die beiden lateralen An- oder Aplasien der hinteren Wirbelkör-
tigen Aufbau aus Ektoderm, Mesoderm und teile der Neuralplatte verdicken sich, wachsen peranteile. Ist die Einwanderung von
Entoderm. Schließlich wandern noch Zellen dadurch nach oben, biegen sich wieder nach Mesodermzellen zwischen Neuralrohr
aus dem Ektoderm entlang der Mittellinie in innen und fusionieren schließlich in der Mittel- und oberflächlichem Ektoderm gestört,
die Tiefe zwischen die Zellen des Mesoderms linie (. Abb. 17.2). Dadurch entsteht das sog. resultieren Fehlbildungen der Wirbel-
und formen einen längsgerichteten, median Neuralrohr (Tubus neuralis), den darin liegen- bögen.
6
282 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

Sekundäre Neurulation und retrogressive masse. In dieser Zellmasse entstehen Zysten, wieder obliteriert. Den Vorgang, bei dem der
Differenzierung: die zu einem Kanal verschmelzen. Dieser Kanal Conus medullaris entsteht und die kaudale
Der Neuroporus cranialis verschließt sich am findet Anschluss an den kaudalen Neuroporus Zellmasse regrediert, nennt man sekundäre
24.–25. Tag, der kaudale am 27.–28. Tag. Dabei des Neuralrohrs. Ab dem 38. Tag beginnt die Neurulation und retrogressive Differenzierung.
gibt es aber eine Besonderheit. Der kaudale sog. retrogressive Differenzierung. Bei diesem 4 Assoziierte Fehlbildungen:
Neuroporus liegt etwa in Höhe des Segmen- Vorgang verkleinern sich kaudale Zellmasse – Störungen der sekundären Neurulation
tes S2. Die kaudal davon gelegenen Anteile und kaudaler Kanal durch programmierten führen zu Fehlbildungen am Conus
von Wirbelsäule und Rückenmark entstehen Zelltod und weitere Differenzierung der Zel- medullaris oder Sakrum (Fibrolipom
zwischen dem Ende der primären Neurulation len. Dabei entstehen aus der kaudalen Zell- des Filum terminale, Tethered-Cord-
und dem 48. Tag durch einen besonderen Vor- masse der distale Conus medullaris und das Fi- Syndrom, Tight Filum terminale, termi-
gang. Die kaudal von S2 gelegenen Zellen des lum terminale. An der Verbindungsstelle zwi- nale Myelozystozele, sakrokokzygeales
neuralen Ektoderms fusionieren mit der Chor- schen Neuralrohr und kaudalem Kanal ent- Teratom)
da dorsalis zur sogenannten kaudalen Zell- steht der Ventriculus terminalis, der später

epidermales epidermales Ektoderm


neuronales Ektoderm
Ektoderm

Chorda Zentralkanal neuronales


a Mesoderm dorsalis Ektoderm

epidermales
Ektoderm
Mesoderm
Chorda dorsalis
neuronales
Ektoderm
c

b Mesoderm
Chorda dorsalis

17 . Abb. 17.2a–c Primäre Neurulation. a Querschnitt durch einen Embryo am Ende der 3. SSW zu Beginn der primären Neurulationsphase (die Dorsalseite
des Embryos ist am oberen Bildrand). Epidermales Ektoderm, neuronales Ektoderm, Chorda dorsalis, Zellen des Mesoderms. b Die lateralen Anteile des
neuronalen Ektoderms sind nach oben gewachsen und biegen sich bereits nach innen. Dadurch nähern sich auch die beiden Enden der Schicht aus
epidermalen Ektoderm einander an. c Nach Abschluss der primären Neurulation sind die beiden Anteile des neuronalen Ektoderms und die beiden Anteile
des epidermalen Ektoderms fusioniert. Innerhalb des Neuralrohrs ist ein Hohlraum entstanden, der Zentralkanal. Die Chorda dorsalis wurde nach ventral
verlagert und zwischen Neuralrohr und epidermalem Ektoderm ist ein Spalt entstanden. Mesodermzellen bewegen sich in die Zwischenräume um Chorda
dorsalis und Neuralrohr
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
283 17

Neuralplatte

a b c Neuralplatte

. Abb. 17.3a–c Myelozele/Myelomeningozele. a und b Myelomeningozele, c Myelozele. Haut und subkutanes Fett weisen über der Wirbelsäule einen
Spalt auf, in dem der Duralsack mit Meningen und Subarachnoidalraum liegt. Die Wirbelbögen fehlen im betroffenen Abschnitt. Das Rückenmark endet in
einer verdickten Neuralplatte (rot), die im Hautniveau liegt (c Myelozele) oder sich über das Hautniveau vorwölbt (a und b Myelomeningozele). Aus der
Neuralplatte entspringen Nervenwurzeln nach ventral

Exkurs: Assoziierte Fehlbildungen und typische postoperative Komplikationen bei Myelozelen/Myelomeningozelen

Assoziierte Fehlbildungen: Typische postoperative Komplikationen: 4 Hydrozephalus


4 Chiari-II-Malformation (nahezu 100 %) 4 Wiederanheftung (Retethering) des Ner- 4 Skoliose (50–100 %) durch begleitende
4 Hydrozephalus (80 %) vengewebes an der dorsalen Dura durch Wirbelkörperanomalien, neurologische
4 Syringohydromyelie (30–75 %) Narbengewebe (25–30 %) Ausfälle oder Retethering des Nerven-
4 Diastematomyelie (30–45 %, aber nur in 4 Intraspinale Lipome, Dermoide oder gewebes
10–20 % in der gleichen Höhe) Epidermoidzysten, entweder als ange- 4 Raumfordernde Arachnoidalzysten
4 Balkenagenesie borene Zweitfehlbildungen oder durch 4 Myelonischämie durch Gefäßkompres-
4 Segmentierungsanomalien Verschleppung von Gewebe im Rahmen sion
der OP (10–20 %) 4 Einschnürende Duraringe
4 Sekundäre Syringohydromyelie (30–50 %)
durch die veränderte Liquordynamik

17.2.1 Offene dysraphische Fehlbildungen sein (Hemimyelozele, Hemimyelomeningozele). Der Zentral-


kanal ist in Höhe der Fehlbildung nicht geschlossen und endet
Myelozele/Myelomeningozele/Hemimyelozele/ auf der Dorsalseite der Neuralplatte. Dadurch tritt ständig Liquor
Hemimyelomeningozele im Bereich des Hautdefekts aus. Die Nervenwurzeln sind ange-
jSynonyme legt, entspringen alle von der Ventralseite der Neuralplatte und
Offene spinale Dysraphie, Spina bifida aperta, MMC (Myelome- ziehen in der korrekten Höhe durch die Neuroforamina.
ningozele)
jÄtiologie
jDefinition Fehlerhafter Verschluss des Neuralrohrs in der Embryonalphase
Hautdefekt über der Wirbelsäule. Im Defekt liegt, offen zur Um- (s. 7 Exkurs, »Assoziierte Fehlbildungen und typische postoperative
gebung, Nervengewebe (die nicht im Rahmen der Embryonal- Komplikationen bei Myelozelen/Myelomeningozelen«), meist be-
entwicklung zum Neuralrohr umgewandelte Neuralplatte), am dingt durch mütterlichen Folsäuremangel.
Rand des Defekts eventuell auch Meningen. In Höhe des Defekts
sind die Wirbelbogenanteile nicht angelegt oder weisen Defekte jEpidemiologie
auf. Wenn die Neuralplatte im Hautniveau liegt, bezeichnet man Häufigkeit ca. 0,3–0,6 % aller Lebendgeburten
die Dysraphie als Myelozele, wenn die Neuralplatte nach außen
vorgewölbt ist, als Myelomeningozele. In den seltenen Fällen, in ! Typischer Befund
denen in der gleichen Höhe auch eine Diastematomyelie vorliegt, Umschriebene Erweiterung des Spinalkanals, der die
können beide Myelonhälften oder nur eine der beiden betroffen Hautoberfläche erreicht oder überschreitet
284 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

. Abb. 17.4 Myelomeningozele bei einem 8 h alten Neugeborenen. Sagit- . Abb. 17.5 Myelozele bei einem 12 h alten Neugeborenen. Sagittale
tale MRT in T1w. Der Duralsack wölbt sich deutlich über das Hautniveau MRT in T1w. Das Myelon endet in einer leicht trichterförmigen Neuralplatte
vor und beinhaltet den Subarachnoidalraum und das Myelon (Pfeilspitzen), (Plakode P) im Hautniveau. Zwar ist auch hier das umliegende subkutane
das in einer oberflächlichen Neuralplatte (Plakode P) endet. Das subkutane Fettgewebe ausgespart, es ist jedoch im Gegensatz zur Myelomeningozele
Fettgewebe ist entlang des Duralsacks ausgespart (Sterne). kein aufgeweiteter Duralsack zu erkennen und die Neuralplatte wölbt sich
(Aus van Goethem 2007) nicht über das Hautniveau vor. (Aus van Goethem 2007)

jBildgebung 4 Typische postoperative Komplikationen (s. 7 Exkurs,


Präoperativ normalerweise nur sonographische Darstellung, »Assoziierte Fehlbildungen und typische postoperative
außer bei sehr komplexen Fällen Komplikationen bei Myelozelen/Myelomeningozelen«, S. 283)
(. Abb. 17.7 und . Abb. 17.8)
kLokalisation 4 Fettgesättigte Sequenzen: hilfreich zur Identifikation von
Prinzipiell in jeder Höhe möglich, am häufigsten aber lumbal Lipomen und Dermoiden
4 FLAIR-Sequenzen: hilfreich zur Identifikation von
kCT Epidermoidzysten
4 Nicht indiziert 4 Hochauflösende T2w-Sequenzen (z. B. CISS): hilfreich zur
4 Ausnahmen: Beurteilung eines Retetherings
5 Entscheidung, ob bei einer begleitenden Diastema-
17 tomyelie ein knöcherner Sporn vorliegt jDD
5 Kraniale Verlaufskontrollen bei begleitendem Geschlossene Dysraphien (Duralsack von Haut bzw. Fettgewebe
Hydrozephalus (wenn kein MRT möglich) bedeckt)

kMRT
4 Aufgeweitete, nicht geschlossene Wirbelbögen Dermalsinus
(. Abb. 17.6) jDefinition
4 Präoperativ: Angeborener, in der Medianebene liegender Fistelgang, der von
5 Tiefstand des Myelons der Hautoberfläche in die Tiefe verläuft und bis in den Spinal-
5 Duralsack erreicht die Oberfläche, ist nicht von kanal reichen kann.
subkutanem Fett und Haut bedeckt (. Abb. 17.4 und
. Abb. 17.5) jÄtiologie
5 von der dorsal gelegenen Neuralplatte »hängen« Nerven- Fehlbildung, die in der Embryonalentwicklung entsteht (s. 7 Ex-
wurzeln herab (zu den Neuroforamina) kurs, »Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen«, S. 281),
4 Assoziierte Fehlbildungen, z. B. Arnold-Chiari-II-Malfor- wenn im Rahmen der primären Neurulation beim Verschluss des
mation (s. 7 Exkurs, »Assoziierte Fehlbildungen und typische Neuralrohrs die Fusion des epithelialen Ektoderms fehlerhaft
postoperative Komplikationen bei Myelozelen/Myelomeningo- verläuft und die Verbindung zwischen epithelialem Ektoderm
zelen«, S. 283) und Neuralrohr nicht oder zu spät getrennt wird.
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
285 17

a b

. Abb. 17.6a, b Spina bifida aperta bei einem 14-jährigen Jungen mit einer Myelomeningozele. a Rechts-konvexe Skoliose mit Scheitelpunkt in der unte-
ren BWS. Langstreckige Fehlanlage der Wirbelbögen von der unteren BWS bis zum Sakrum mit fehlendem Bogenschluss und breitem dorsalem Spalt. In
der Ausschnittvergrößerung der LWS (b) erkennt man besser den Spalt zwischen den inkomplett angelegten, nach vertikal orientierten Bogenwurzeln

a b

. Abb. 17.7a–c Zustand nach operativer Korrektur einer Myelomeningozele bei einem 14-jährigen Jungen
(gleicher Patient wie in . Abb. 17.4). a Axiale T2w-Aufnahme. Die Haut ist nach der operativen Korrektur ge-
schlossen. Die Wirbelbögen (Pfeile) sind nicht geschlossen und weisen eine breite dorsale Lücke auf, durch
die der erweiterte Duralsack prolabiert. Die im Rahmen der OP gelöste Neuralplatte (Pfeilspitze) liegt im dor-
salen Anteil des Duralsacks, aus ihr entspringen in der gezeigten Höhe Vorder- und Hinterwurzel eines rechts-
seitigen Spinalnerven. b Axiale T1w-Aufnahme (etwa in Höhe des Pfeils in c). Im Rahmen der OP ist Fettgewe-
be im Wirbelbogenspalt zwischen Dura und subkutaner Faszie verblieben (hyperintens, Stern). c Sagittale
T2w-Aufnahme. Das in b gezeigte epidurale Fett (Pfeil) ist etwas signalärmer als Liquor. Am Vorderrand des
epiduralen Fettgewebes besteht eine postoperative Verwachsung mit den Kaudafasern (Retethering) c
286 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b

17

c d

. Abb. 17.8a–d Typische Komplikationen nach operativer Korrektur einer Myelomeningozele und assoziierte Fehlbildungen bei einem 14-jährigen
Jungen (derselbe Patient wie in . Abb. 17.4). a Sagittale T2w-Aufnahme der HWS. Typischer Befund einer Chiari-II-Malformation. Medulla oblongata und
kaudale Anteile des Kleinhirns sind durch das erweiterte Foramen magnum weit nach kaudal verlagert. Im thorakalen Myelon ist der Zentralkanal erweitert
(Syringohydromyelie). Dieser Befund zeigt sich auch auf der axialen T2w-Aufnahme in Höhe BWK 2 (c). b Auf der koronaren T1w-Aufnahme des thorako-
lumbalen Übergangs erkennt man die rechtskonvexe Skoliose. Die BWK 10 und 11 (Pfeile) weisen eine dorsale Wirbelkörperspalte auf. Diese Wirbelkörper-
fehlanlage ist Teil des Split-Notochord-Syndroms (s. 7 Abschn. »Lipomyelozele/Lipomeningomyelozele«, S. 302). Dazu passend ist das Myelon in Höhe der
mittleren BWS (d axiale T2w-Aufnahme in Höhe BWK 6) zweigeteilt (Diastematomyelie)
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
287 17

a b

. Abb. 17.9a–c Dermalsinus mit Tethered cord bei einem 64-jährigen Patienten. Sagittale MRT-Aufnahmen in
T1- (a) und T2-Wichtung (b). Axiale stark T2-gewichtete hochauflösende Aufnahmen in Höhe LWK 4/5 (c). An der
Hautoberfläche besteht eine Einziehung (a und b Pfeilspitze), von der ein Fistelgang in die Tiefe reicht. Der Fistel-
gang ist in T1- wie in T2-Wichtung als hypointense Linie im subkutanen Fett erkennbar (a und b, c Pfeil). Das
Myelon steht zu tief und ist in Höhe LWK 5/SWK 1 dorsal an der Dura fixiert (b Pfeil). In Höhe LWK 1/2 liegt eine
Syringohydromyelie vor. Auf der axialen Aufnahme (c) erkennt man, dass in Höhe des Fistelgangs eine Bogen-
schlussstörung besteht. Der Fistelgang (c Pfeil) reicht bis in das epidurale Fettgewebe. Ob eine Verbindung zur
Dura besteht, ist bildmorphologisch nicht beurteilbar c

jEpidemiologie jBildgebung
4 Seltene Fehlbildung kLokalisation
4 In etwa der Hälfte der Fälle reicht der Fistelgang bis in den Prinzipiell in jedem Segment möglich, am häufigsten lumbo-
Spinalkanal (z. B. bis nach intramedullär, zu einer Nerven- sakral und okzipital
wurzel, oder zu einem intra- oder extradural gelegenen
Dermoid/Epidermoid) kSonographie
4 Wird manchmal erst im Erwachsenenalter durch Kompli- Methode der Wahl bei Säuglingen
kationen (z. B. Meningitis, Abszess, Epidermoid) sympto-
matisch kCT/Post-Myelo-CT
4 Assoziierte Fehlbildungen: 4 Wirbelbogenanomalie
5 fehlender Wirbelbogenschluss (häufig) 4 Evtl. ist der Duralsack zipflig nach dorsal ausgezogen
5 Tethered cord (häufig) 4 Fistelgang in der Regel nicht erkennbar
5 intraspinale Dermoide/Epidermoide (30–50 %)
kMRT
! Typischer Befund: 4 T1w: Fistelgang als hypointense Linie im subkutanen Fett
4 Subkutaner Fistelgang zwischen Hautoberfläche erkennbar (. Abb. 17.9)
und Spinalkanal bei einem Patienten mit fehlen- 4 Bei V.a. Dermalsinus immer auch KM-Gabe durchführen
dem Wirbelbogenschluss (T1w mit Fettsättigung): Fistelgang manchmal nur erkenn-
4 Fistelgang ist am besten auf T1w-Aufnahmen als bar durch eine KM-Aufnahme der Fistelwand (entzünd-
hypointense Linie im hyperintensen subkutanen liches Granulationsgewebe)
Fettgewebe erkennbar 4 T2w: Fistelgang in der Regel nicht abgrenzbar
288 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

b c

d e

. Abb. 17.10a–e Dermalsinus mit Tethered cord und intraduralem Dermoid bei einem 53-jährigen Patienten. Sagittale MRT-Aufnahmen in T2- (a) und T1-
Wichtung (b, e). Stark T2-gewichtete hochauflösende Aufnahmen in sagittaler Schichtführung (c). T2-gewichtete axiale Aufnahmen in Höhe LWK 1 (d). An
der Hautoberfläche besteht über den Dornfortsätzen LWK 2/3 eine Einziehung, von der ein Fistelgang in die Tiefe reicht. Der Fistelgang ist in T1- und T2-
Wichtung als hypointense Linie im subkutanen Fett erkennbar (a, b). In Höhe BWK 12 ist der Zentralkanal irregulär aufgeweitet, bei LWK 1 zeigt das Myelon
eine auf dieser Aufnahme nicht genau charakterisierbare Auffälligkeit (a). Auf den hochaufösenden stark T2-gewichteten Aufnahmen erkennt man, dass
das Myelon zu tief steht und in Höhe LWK 3 dorsal an der Dura fixiert ist (c Stern). Bei LWK 2 liegt eine Bogenschlussstörung vor, erkennbar am dysplastisch
in zwei Teilen angelegten Dornfortsatz. Die Dura ist zur Bogenschlussstörung hin zipflig ausgezogen (a, c). Von hier aus verläuft der Fistelgang innerhalb
der Dura, die dorsal des Fistelgangs abgrenzbar ist, nach kranial bis in Höhe LWK 1, wo er in einer raumfordernden Struktur endet (c Pfeil). Diese Raumfor-
derung liegt im Myelon und teilt es in dieser Höhe in zwei Hälften (c, d). In T2-Wichtung ist die Raumforderung mäßig hyperintens zum Myelon. In T1-Wich-
17 tung stellt sie sich diskret hyperintens zum Myelon dar (b Pfeil), was aber nur bei sehr enger Fenstereinstellung (e) sicher erkennbar wird. Differentialdiag-
nostisch kommen in Verbindung mit dem Dermalsinus entweder ein Dermoid oder ein Epidermoid in Frage. Aufgrund des Signalverhaltens in T1-Wichtung
handelt es sich um ein Dermoid (s. 7 Kap. 17.4.3, »Dermoid«, S. 315).

4 Auf Komplikationen achten: 4 Epitheliale Zellen, die im Rahmen der Entstehung des
5 Tethered cord? Dermalsinus im Spinalkanal verbleiben, können im Kinder-
5 Dermoid/Epidermoid (s. 7 Kap. 17.4.3, »Dermoid«, S. 315 oder Erwachsenenalter als Dermoide oder Epidermoide
und 7 Kap. 17.4.4, »Epidermoid«, S. 316) (. Abb. 17.10) wachsen
5 Abszess/Meningitis
> Beim Nachweis eines intraspinalen Dermoids oder
Epidermoids immer daran denken, dass ein Dermal-
jKlinik
sinus vorliegen kann (Verbindungsgang vom
4 Grübchen oder kleines Ostium an der Hautoberfläche
Dermoid/Epidermoid zur Hautoberfläche). Der
(manchmal schwer erkennbar)
Dermalsinus ist erkennbar als dünne hypointense
4 Kann mit Hautveränderung (z. B. hyperpigmentierter Fleck
Linie auf nativen T1w-Aufnahmen oder durch die
oder Haarnävus) auftreten
linienförmige KM-Aufnahme der Fistelwand (auf
4 Durch die offene Verbindung in den Spinalkanal kann es zu
fettgesättigten T1w-Aufnahmen).
Entzündungen (Abszess, Meningitis) kommen
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
289 17

a b c d e

. Abb. 17.11a–e Wirbelbogenspalten. Schematische Darstellung der häufigsten Spaltbildungen an den Wirbelbögen. a und b Einfache Bogenschluss-
störung mit schmalem (a) oder breitem (b) medianem Spalt, c beidseitige Spondylolyse mit Spalten in den Zwischengelenksteilen (Pars interarticularis),
d beidseitige Spalten in den Bogenwurzeln, e retrosomatische Spalte

. Abb. 17.12 Einfache Bogenschlussstörung. Schmaler medianer Spalt . Abb. 17.13 Einfache Bogenschlussstörung. Röntgennativaufnahme der
durch Wirbelbogen und Dornfortsatz des HWK 2. Die angrenzenden LWS a.p. bei einer 49-jährigen Patientin. Am Wirbelbogen des LWK 5 be-
Knochenränder sind regulär sklerosiert steht eine einfache Bogenschlussstörung mit einem schmalen Spalt (Pfeil).
Der Dornfortsatz ist hypoplastisch und geht vom rechten Anteil des Wirbel-
bogens aus

17.2.2 Geschlossene dysraphische Fehlbildungen ! Typischer Befund


Spalte in einem Wirbelbogen
Einfache Bogenschlussstörung
jSynonyme jBildgebung
Spina bifida occulta kLokalisation
Am häufigsten bei LWK 5/SWK 1, am zweithäufigsten ist der
jDefinition kraniozervikale Übergang betroffen
Fehlende Fusion der Wirbelbögen
kNativ-Röntgen/CT/MRT
jÄtiologie Teile des Wirbelbogens fehlen oder weisen eine Spalte auf.
Minimalvariante geschlossener spinaler Dysraphien. Wenn sie Prinzipiell kann der Defekt zwar in jedem Abschnitt der post-
isoliert vorkommt, ist die Ursache eine Störung im letzten Ab- erioren Wirbelelemente auftreten, normalerweise findet sich
schnitt der Neurulation (s. 7 Exkurs, »Embryologische Grundlagen aber eine Spalte im dorsalen Abschnitt der Laminae oder im
spinaler Fehlbildungen«) Dornfortsatz (. Abb. 17.11, . Abb. 17.12 und . Abb. 17.13). Bei
einem Defekt in der Pars interarticularis ist eine erworbene
jEpidemiologie Spondylolyse sehr viel wahrscheinlicher als eine angeborene
Sehr häufig. Milde Formen finden sich bei 20 % der Bevölkerung. Fehlbildung.
290 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b c d e f g h

. Abb. 17.14a–h Wirbelkörperfehlbildungen. a–c Formationsstörungen: a ventraler Keilwirbel (seitliche Ansicht), b Lateraler Halbwirbel (ap-Ansicht),
c Schmetterlingswirbel (ap), d–h Segmentationsstörungen: d dorsale Segmentationsstörung (seitlich), e ventrale Segmentationsstörung (seitlich), f Laterale
Segmentationsstörung (ap), g Blockwirbel (ap), h hemimetamere Segmentverschiebung (ap)

jKlinik tisch angelegt ist. In vollständiger Ausprägung sind


Einfache Bogenschlussstörungen sind immer asymptomatisch. Bogenwurzeln und Wirbelgelenke auf einer Wirbel-
Wenn neurologische Störungen auftreten, ist die Bogenschluss- seite überhaupt nicht angelegt, bei leichten Formen
störung Teil einer komplexeren Fehlbildung. besteht nur eine seitliche Abschrägung der Wirbel-
kontur.
jDD – Mittlere Formationsfehler (Schmetterlingswirbel)
4 Degenerativ oder traumatisch bedingte Spondylolyse (. Abb. 17.17): Besteht ein zentraler Wirbelkörper-
(Defekt in der Pars interarticularis) defekt (. Abb. 17.18), kommt es zur Ausbildung eines
4 Offene oder geschlossene Dysraphie mit begleitender Schmetterlingswirbels. Die vorhandenen Wirbelan-
Bogenschlussstörung (z. B. Myelozele, Lipomyelozele) teile können Wachstumsfugen aufweisen, sie können
4 Fraktur (Ränder nicht sklerosiert, Ödem in der MRT) aber auch mit Wirbelkörpern des benachbarten
Wirbelsegments verwachsen sein.
> Im Rahmen der normalen Entwicklung ist ein fehlender
5 Segmentationsstörung: Der Bandscheibenzwischenraum
Bogenschluss bei LWK 5 bis zum Alter von 6 Jahren
ist unvollständig oder überhaupt nicht angelegt und die
physiologisch.
Wachstumsfuge des Wirbels fehlt. Fehlt der gesamte
Bandscheibenzwischenraum, entsteht ein Blockwirbel.
Ist der Bandscheibenzwischenraum nur in bestimmten
Wirbelkörper fehlbildungen Arealen nicht angelegt, resultiert eine Spangen- oder
jSynonyme Stabbildung zwischen den Wirbelkörpern, die dorsal,
17 Formationsstörungen/Segmentationsstörungen der Wirbelsäule, lateral oder posterolateral liegen kann.
Wirbelkörperdysplasie – Dorsale Segmentationsstörung: Wirbelbögen und
Wirbelgelenke sind nicht getrennt angelegt. Dadurch
jDefinition können die hinteren Anteile der betroffenen Wirbel
4 Bei Wirbelkörperfehlbildungen unterscheidet man Forma- zusammenwachsen. Durch ein stärkeres Wachstum
tionsstörungen, Segmentationsstörungen und kombinierte der vorderen Anteile der Wirbel kann eine verstärkte
Anlagestörungen (. Abb. 17.14): Lordose (Hohlkreuz) entstehen.
5 Formationsstörung: Unvollständige Anlage eines – Ventrale Segmentationsstörung: Die Wirbelkörper von
Wirbelkörpers zwei oder mehr Wirbeln sind ohne Anlage der Band-
– Ventrale Formationsfehler (Keilwirbel) (. Abb. 17.15): scheiben zusammengewachsen. Durch ein vermehrtes
Ein Keilwirbel liegt vor, wenn ein Wirbelkörper dys- Wachstum der hinteren Wirbelanteile ensteht eine
plastisch (fehlangelegt) ist, die Pedikel (Bogenwurzeln) Kyphose (Buckelbildung).
aber noch erhalten sind
– Laterale Formationsfehler (Halbwirbel) (. Abb. 17.16):
Halbwirbel entstehen, wenn eine Wirbelseite dysplas-
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
291 17

a b

. Abb. 17.15a, b Ventraler Keilwirbel (Formationsstörung). Sagittale Auf-


nahmen der LWS in T1 (a) und T2-Wichtung (b). Keilförmige Deformität des
LWK 2 mit normaler Kontur und Größe der dorsalen Anteile von LWK 2 und
fehlender Anlage der ventralen Anteile. Konsekutive degenerative Signalal-
terationen der Bandscheiben LWK 1/2 und 2/3. Gibbusartige Knickbildung . Abb. 17.16 Laterale Halbwirbel (Formationsstörung). Die LWK 4 und 5
in Höhe von LWK 2 und relativer dorsaler Versatz von LWK 2 gegen LWK 3 sind als laterale Halbwirbel ausgebildet. Als Folge besteht eine links-
mit Einengung des ventralen Subarachnoidalraums. (Aus Weyreuther 2006) konvexe Skoliose

a b c

. Abb. 17.17a–c Schmetterlingswirbel (Formationsstörung). Koronare (a und b) und axiale (c) T2w-Aufnahmen des thorakolumbalen Übergangs. Schmet-
terlingsförmige Deformität des BWK 12 mit annähernd symmetrischer Anlage der lateralen Wirbelkörperanteile, einer Taillierung im mittleren Wirbelkör-
perdrittel und regelrechter Konfiguration der Wirbelbögen. Beachte auf den koronaren Aufnahmen die typische konvexe Konfiguration der angrenzenden
Grund- und Deckplatten. (Aus Weyreuther 2006)
292 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b

. Abb. 17.18a. b Unvollständige Ausprägung einer mittleren Formationsstörung mit partiellem Schmetterlingswirbel. Koronare (a) und axiale (b) CT-
Aufnahme der Wirbelsäule einer 37-jährigen Patientin. Auf der koronaren Aufnahme (a) zeigt der BWK 9 die typische Konfiguration eines Schmetterlings-
wirbels. Beachte die typische konvexe Konfiguration der angrenzenden Grund- und Deckplatten. Auf der axialen Aufnahme (b) erkennt man, dass der Spalt
im Wirbelkörper nicht bis zur Wirbelkörperhinterkante reicht. Die benachbarten Bandscheibenfächer sind vorhanden, aber etwas hypoplastisch angelegt

– Laterale Segmentationsstörung (. Abb. 17.19): Durch jÄtiologie


eine Fehlanlage der Bogenwurzeln kommt es zu einer 4 Minimalvariante eines Split-Notochord-Syndroms
seitlichen Verwachsung mehrerer Wirbel mit Ausbil- (s. 7 Exkurs, »Embryologische Grundlagen spinaler
dung eines lateralen Knochenstabs. Durch ein ver- Fehlbildungen«, S. 281)
mehrtes Wachstum der nicht zusammengewachsenen 4 Fehlerhafte Entwicklung des Notochords anderer Genese
Gegenseite entsteht eine Skoliose.
– Blockwirbelbildung: Die komplett ausbleibende Seg- jEpidemiologie
mentation von zwei Wirbeln führt zu einer Blockwir- Milde Formen sind nicht selten. Die genaue Prävalenz ist nicht
belbildung. Es resultiert eine Höhenminderung, aber bekannt.
keine Fehlstellung der Wirbelsäule (. Abb. 17.20 und
17 s. . Abb. 17.28). Eine Blockwirbelbildung an der HWS
! Typischer Befund
Skoliose mit Wirbelkörpern, die eine abnorme Kontur
von mehr als 2 Wirbeln wird als Klippel-Feil-Syndrom
zeigen oder fusioniert sind
bezeichnet (s. 7 Abschn. »Anomalien des kraniozervika-
len Übergangs« )
– Hemimetamere Segmentverschiebung: Störung in der jBildgebung
Embryonalentwicklung, bei der es in einem Abschnitt kNativ-Röntgen
der Wirbelsäule zu einer vertikalen Verschiebung der Bestes Verfahren, um die Wirbelkörper abzuzählen und das Aus-
Somiten einer Seite kommt, bevor die Fusion der bei- maß einer Skoliose zu bestimmen
den Wirbelkörperhälften erfolgt. Dadurch fusionieren
die Wirbelkörperhälften jeweils um ein Segment ver- kCT
setzt, so dass ober- und unterhalb des betroffenen Ab- 4 Zeigt Wirbelkörperspalten am sensitivsten
schnitts zwei gegenläufige Halbwirbel übrig bleiben. 4 Wirbelkörperanomalien am besten auf sagittalen oder
5 Kombinierte Anlagestörungen: Segmentationsstörungen koronaren Reformationen beurteilbar, Wirbelbogenanoma-
und Formationsstörungen können zusammen, sowie in lien auf axialen Aufnahmen
Kombination mit zusammengewachsenen Rippenansät-
zen (Rippensynostosen) auftreten. kMRT
4 Normales Signal in Wirbelkörpern und Bandscheiben
(außer bei chronischer Fehlbelastung)
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
293 17

a b c

. Abb. 17.19a–d Laterale Segmentationsstörung. Röntgenübersichtsaufnahmen und T1w-Auf-


nahmen in koronarer (a, c) und sagittaler (b, d) Orientierung. Die LWK 2 und 3 sind rechts lateral
nicht segmentiert und durch eine knöcherne Spange verbunden. Auch die Dornfortsätze der bei-
d den Wirbel (a Pfeilspitzen) (b, d Stern) sind fusioniert

. Abb. 17.20a, b Ventrale Segmentationsstörung. Koronare


(a) und sagittale (b) T1w-Aufnahmen. Die BWK 9 und 10 sind
a b ventral nicht segmentiert
294 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

4 Wirbelkörperanomalien in der Regal am besten auf außer wenn gleichzeitig der knöcherne Spinalkanal in Höhe
sagittalen oder koronaren Aufnahmen beurteilbar des Dens auf <19 mm eingeengt ist)
4 Bedrängung/Kompression des Myelons? 4 Andere Anomalien des Atlas: Aplasie, Hypoplasie, Atlas
4 Auf assoziierte Fehlbildungen achten: Lipom, Tethered bipartitus
cord, Diastematomyelie, Fisteln
kAnomalien des Axis
jKlinik 4 Segmentationsstörung von HWK 1/2
Meist asymptomatisch, Diagnosestellung meist im Rahmen einer 4 Dysplasie des Dens axis (s. 7 Exkurs, »Entwicklung des Dens
Abklärung der Skoliose. Wenn neurologische Störungen auftre- axis«, S. 297)
ten, auf Myelonkompression oder assoziierte andere spinale 5 Aplasie/Hypoplasie
Fehlbildungen achten. 5 Ossiculum terminale Bergmann
5 Os odontoideum
jDD 4 Dysplasien des Dens axis können mit einer ligamentären
4 Wirbelkörperfraktur vs. Keilwirbel/Wirbelkörperspalten Insuffizienz verbunden sein:
(Anamnese, frakturierte Wirbel besitzen nur einen Wirbel- 5 gehäuft bei Trisomie 21, Klippel-Feil-Syndrom
bogen und zeigen evtl. ein Knochenmarködem, Frakturrän- 5 kann zu atlantoaxialer Instabilität mit möglicher
der weisen keinen sklerotischen Rand auf) Schädigung des Zervikalmarks führen
4 Spondylitis ankylosans vs. Blockwirbel (Syndesmophyten,
! Typischer Befund
Befall der Sakroiliakalgelenke, HLA-B27 positiv)
Abflachung des Clivus, basiläre Impression oder anomale
Konfiguration von vorderem Atlasbogen oder Dens axis
Anomalien des kraniozervikalen Übergangs
jDefinition jBildgebung
Varianten der Verbindung zwischen Schädelbasis und Hals- kNativ-Röntgen (s. Kap. 1.4, »Anatomie: Normmaße des
wirbelsäule mit oder ohne pathologische Relevanz kraniozervikalen Übergangs«, S. 12)
4 Bestimmung des Welcher-Basiswinkels (Platybasie)
jÄtiologie 4 Nachweis einer basilären Impression
Eine Störung der Entwicklung von ZNS- oder Knochengewebe 4 Stellung und Konfiguration von Atlas und Dens
zwischen der 4. und 7. intrauterinen Woche kann zu Hypoplasie,
Formations- oder Segmentationsstörungen des kraniozervikalen kRö-Funktionsaufnahmen (Flexion/Extension)
Übergangs führen 4 Nachweis einer atlantoaxialen Instabilität, selten auch
zwischen Schädelbasis und Atlas
jEpidemiologie 4 Indiziert vor allem bei Assimilation des Atlas und
Anomalien des kraniozervikalen Übergangs sind insgesamt Dysplasien des Dens
selten (0,14–0,25 % der Bevölkerung), umfassen aber eine Viel-
zahl von Anomalien, die von bloßen Normvarianten bis zu kCT
schwerwiegenden Störungen reichen 4 Koronare und sagittale Rekonstruktionen zeigen
Anomalien am besten
jEinteilung der wichtigsten Anomalien 4 Anomalien des Atlasbogens am besten auf axialen Auf-
17 (Definition s. 7 Exkurs, »Definition von Anomalien nahmen erkennbar
des kraniozervikalen Übergangs«, S. 295)
kAnomalien der Schädelbasis kMRT
4 Meist verbunden mit basilärer Impression und/oder 4 Chiari-I-Malformation/Syringohydromyelie?
Platybasie (s. 7 Kap. 1.4, »Anatomie: Normmaße des kranio- 4 Bedrängung/Kompression des Myelons?
zervikalen Übergangs«, S. 12) 4 Bei Vorliegen einer Instabilität kann KM-aufnehmendes
4 Häufig assoziiert mit Chiari-I-Malformation und/oder Granulationsgewebe nachweisbar sein (sieht aus wie
Syringohydromyelie »Pannus« bei rheumatoider Arthritis)
4 Wichtigste Formen: Condylus tertius, Hypoplasie der
Kondylen, Hypoplasie des Basiocciputs, atlanto-occipitale jKlinik:
Assimilation (s. u.), Spaltbildungen im Clivus 4 Wird meist erst im Erwachsenenalter symptomatisch
4 Häufigste Symptome sind:
kAnomalien des Atlas 5 occipitale Kopfschmerzen, Nackenschmerzen
4 Assoziiert mit Klippel-Feil-Syndrom, basilärer Impression 5 Myelopathie mit progredienten Paresen/Ataxie
und Syringohydromyelie 5 vaskuläre Symptome (z. B. TIA, Schwindel) bei starker
4 Assimilation des Atlas (atlanto-occipitale Assimilation): Bewegung des Kopfes
Segmentationsstörung mit fibröser oder knöcherner
Verbindung von Atlas und Occiput (meist asymptomatisch,
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
295 17

Exkurs: Definition von Anomalien des kraniozervikalen Übergangs

Condylus tertius (s. . Abb. 17.21) Spaltbildungen im Clivus Atlas bipartus (. Abb. 17.25)
Knochenfortsatz, der vom unteren Rand des Der Clivus entsteht durch Verschmelzung aus Bogenschlussstörung des Atlas mit Spalt-
Clivus ausgeht, und mit dem vorderen Atlas- den vier von kranial nach kaudal angeordne- bildung im vorderen und/oder hinteren Atlas-
bogen, der Densspitze oder beiden in gelenk- ten occipitalen Sklerotomen. Bei fehlerhafter bogen
artiger Verbindung stehen kann. Alternativ Entwicklung können querverlaufende Spalten
können auch ein oder mehrere separate akzes- im Clivus bestehen bleiben. Im Rahmen einer Ossiculum terminale Bergmann
sorische Knöchelchen am unteren Rand des Formationsstörung können im Clivus aber (. Abb. 17.26)
Clivus vorliegen. auch längsverlaufende Spalten auftreten. Normvariante mit einem kleinen akzessori-
schen Knöchelchen an der Densspitze.
Kondyläre Dysplasie Processus suboccipitalis Ursache ist eine Fusionsstörung (s. 7 Exkurs
Größere Knochenformationen, die von den Medial von der Hinterhauptsschuppe im Be- »Entwicklung des Dens axis«, S. 297)
Kondylen ausgehen und das Foramen mag- reich des Opisthions ausgehender Knochen-
num einengen können fortsatz. Als Normvariante in der Regel ohne Os odontoideum (. Abb. 17.27)
klinische Relevanz. Fehlende Verbindung zwischen Dens axis und
Hypoplasie der Kondylen HWK 2, meist verbunden mit einer kompensa-
Eine oder beide Kondylen sind unterent- Platybasie (. Abb. 17.22) torischen Verdickung des vorderen Atlas-
wickelt und abgeflacht. Führt zu basilärer Abflachung der Schädelbasis. Im Verhältnis bogens. Ursache kann eine Anlagestörung
Impression und kann mit einer atlanto-occipi- zum Sphenoid (Linie vom Nasion zum Tuber- oder eine Stressfraktur im kaudalen Anteil des
talen Assimiliation verbunden sein. culum sellae) steht der Hinterrand des Clivus Dens sein (s. 7 Exkurs »Entwicklung des Dens
weniger steil als gewöhnlich (zur Bestimmung axis«, S. 297). Ein »orthotopes« Os odontoide-
Hypoplasie des Basiocciputs s. 7 Kap. 1.4, S. 12) um steht und bewegt sich anatomisch regel-
Der kaudale Anteil des Clivus ist unterentwickelt recht mit dem vorderen Atlasbogen. Ein
und verkürzt. Führt zu basilärer Impression. Basiläre Impression (. Abb. 17.23) »dystopes« Os odontoideum steht nach
Hochstand des Dens. Im schwersten Fall über- kranial versetzt und kann mit dem Basion
Atlanto-occipitale Assimilation schreitet der Dens die Foramen-magnum-Linie fusioniert sein. Ein Os odontoideum führt
(s. . Abb. 17.24) und komprimiert die Medulla oblongata häufig zu atlantoaxialer Instabilität.
Segmentationsstörung mit fibröser oder (s. 7 Kap. 1.4, S. 12 und . Abb. 17.24)
knöcherner Verbindung von Atlas und Occiput

a b

. Abb. 17.21a, b Anomalie des kraniozervikalen Übergangs: Condylus tertius. Koronare (a) und axiale (b) CT-Aufnahmen. a Der Dens axis (D) ist ver-
kürzt und asymmetrisch angelegt. Vom linken Unterrand des Clivus (C) entspringt eine knöcherne Struktur (Stern: Condylus tertius), die sowohl mit dem
linken Atlasbogen wie mit der Densspitze artikuliert. b Auf der axialen Aufnahme durch den vorderen Atlasbogen sind Densspitze (Pfeilspitze) und Condy-
lus tertius (Pfeil) nebeneinander angeschnitten
296 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

. Abb. 17.22 Anomalie des kraniozervikalen Übergangs mit Platybasie, . Abb. 17.24 Atlanto-occipitale Assimilation. Sagittale T2-gewichtete Auf-
basilärer Impression und Klippel-Feil-Syndrom. Sagittale T2-gewichtete Auf- nahme. Es liegt eine Segmentationsstörung des Atlas vor, der vollständig
nahme. Die Schädelbasis ist abgeflacht, erkennbar an der Hinterkante des mit der Schädelbasis assimiliert ist. Ventral ist die Verbindung mit dem Un-
Clivus, die weniger steil steht als gewöhnlich (Platybasie). Der Dens steht zu terrand des Clivus (Pfeil), dorsal am Hinterrand des Foramen magnum die
hoch und imprimiert den Hirnstamm (basiläre Impression). Bei der Patientin Verbindung mit dem Os occipitale (Pfeil) erkennbar. Zusätzlich liegt eine
liegt außerdem ein Klippel-Feil-Syndrom vor (vgl. . Abb. 17.27) basiläre Impression vor. Die Spitze des Dens steht zu hoch und imprimiert
die Medulla oblongata

17
a b

. Abb. 17.23a, b Basiläre Impression. a und b Sagittale T1-gewichtete Aufnahme. a Der HWK 2 steht erheblich zu weit kranial. Die Spitze des Dens erreicht
den Hirnstamm am pontomedullären Übergang. b Der Clivus ist regelrecht angelegt. Der Welcher-Basiswinkel (Winkel zwischen den Linien über das Sphe-
noid (Nasion – Sella) und den Hinterrand des Clivus (Sella – Basion)) beträgt 120° (Normalwert <140°). Somit liegt keine Platybasie vor. Der Dens schneidet
die Wackenheim-Linie (Hinterrand des Clivus), wodurch das Kriterium für eine basiläre Impression erfüllt wird
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
297 17

a b c

. Abb. 17.25a–c Anomalie des kraniozervikalen Übergangs mit Atlas bipartius. Koronare (a) und axiale (b und c) CT-Aufnahmen. Auf der koronaren Auf-
nahme (a) erkennt man eine schmale längsverlaufende Spalte (Pfeil) im Clivus. b und c Atlas bipartus mit fehlendem Schluss des vorderen (b) und hinteren
(c) Atlasbogens

a b
. Abb. 17.26a, b Ossiculum terminale Bergmann. CT-Aufnahme in sagittaler (a) und koronarer (b) Schnittführung. Zu sehen ist ein kleines akzessorisches
Knöchelchen an der Spitze des Dens axis. (Aus Strohm 2003))

Exkurs: Entwicklung des Dens axis

Die besondere Form des HWK 2 entsteht Unterbleibt die Fusion zwischen der aus dem zum Alter von 4 Jahren noch bei fast allen
durch die Fusion von drei verschiedenen Proatlas gebildeten Densspitze und dem aus Kindern zu sehen. Mit 8 Jahren sind Dens und
Sklerotomen: C1 gebildeten Densanteil, entsteht ein kleines HWK 2 in der Regel fusioniert. Unterbleibt diese
4 Aus dem vierten (untersten) okzipitalen separates Knöchelchen an der Densspitze, das Fusion, bezeichnet man den »freien« Dens als
Sklerotom (Proatlas) entwickelt sich die als Ossiculum terminale Bergmann bezeich- Os odontoideum. In der Mehrzahl der Fälle ist
Spitze des Dens axis und das Lig. apicis net wird. ein Os odontoideum aber durch eine Stressfrak-
dentis Bei Geburt sind der aus C1 entstandene Dens- tur im untersten Anteil des Dens entstanden,
4 Der übrige Anteil des Dens entsteht aus anteil und der aus C2 entstandene Wirbelkörper was auch bereits bei Kindern möglich ist. Ge-
dem ersten spinalen Sklerotom (C1) des HWK 2 noch nicht fusioniert, sondern noch legentlich kann man in diesen Fällen unterhalb
4 Aus dem zweiten spinalen Sklerotom durch eine schmale Knorpelplatte getrennt. des Spalts zwischen HWK 2 und Os odontoide-
(C2) entwickeln sich der Wirbelkörper Diese Knorpelplatte entspricht embryologisch um noch eine zweite dünne Linie erkennen, die
des HWK 2 und die Wirbelbögen einer rudimentären Bandscheibe. Sie ist bis dem eigentlichen Fusionsniveau entspricht.
298 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b c

d e

. Abb. 17.27a–e Anomalie des kraniozervikalen Übergangs: Os odontoideum. a Koronare konventionelle Tomographie. Zwischen der Basis des HWK 2
und dem Os odontoideum ist ein breiter Spalt erkennbar (Pfeil). b–e Sagittale (b) und koronare (c) CT-Aufnahmen sowie funktionelle konventionelle
Röntgenaufnahmen in Inklination (d) und Reklination (e) bei einem anderen Patienten. Anstelle des normal konfigurierten Dens axis artikuliert ein großes
Os odontoideum (a, b Pfeil) mit dem HWK 1. Der Atlas weist an seinem vorderen Bogen eine vermehrte Sklerosierung auf und ist nach ventral versetzt.
Dadurch wird der Spinalkanal zwischen hinterem Atlasbogen und Oberrand von HWK 2 eingeengt. Anamnestisch gab der Patient kein HWS-Trauma an,
eine länger zurückliegende traumatische Genese kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Der kraniozervikale Übergang ist instabil. In den funktionellen
Aufnahmen (d und e) stehen die Wirbelkörper in Reklination (e) physiologisch zueinander, bei Inklination (d) verschiebt sich der Atlas dagegen nach vent-
17 ral. Die Untersuchung erfolgte wegen einer seit einem Jahr langsam progredienten Tetraparese

jDD jÄtiologie
4 Entzündliche oder degenerative Erkrankungen (z. B. Rheu- Segmentationsstörung (s. 7 Abschn. »Wirbelkörperfehlbildungen«,
matoide Arthritis, Psoriasis Arthritis, Spondylitis ankylos- S. 290), häufig bedingt durch eine Mutation auf Chromosom 8.
ans): meist ausgeprägte Pannusbildung mit Zunahme der Das KFS tritt aber auch gehäuft bei anderen Chromo-
atlanto-dentalen Distanz somenaberrationen oder bei Kindern mit einer Alkoholembryo-
4 Sekundäre basiläre Impression als Folge von Erkrankungen, pathie auf.
die die ossäre Stabilität beeinträchtigen (M. Paget, Osteoge-
nesis imperfecta, Rachitis, Rheumatoide Arthritis, Hyper- jEpidemiologie
parathyreoidismus) 4 Selten (1:40.000)
4 Trauma (Frakturen weisen nicht sklerosierte Ränder auf) 4 Mit dem KFS sind weitere Fehlbildungen assoziiert:
4 Andere Wirbelkörperfehlbildungen (z. B. Schmetterlings-
wirbel, Bogenschlussstörungen) mit oder ohne Skoliose
Klippel-Feil-Syndrom (KFS) (häufig)
jDefinition 4 Platybasie und basiläre Impression (s. 7 Abschn. »Anomalien
Angeborene Fehlbildung der HWS mit Blockwirbelbildung von des kraniozervikalen Übergangs«, S. 295)
mehr als 2 Halswirbeln 4 Chiari-1-Malformation (8 %)
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
299 17

. Abb. 17.28 Klippel-Feil-Syndrom. Blockwirbelbildung der HWK 4 und 5. . Abb. 17.29 Anomalie des kraniozervikalen Übergangs mit Platybasie
Beachte die typische Taillierung in Höhe des fusionierten Bandscheiben- und Klippel-Feil-Syndrom. Die HWK 2–7 sind fusioniert. Die Schädelbasis ist
segmentes zu flach angelegt (dieselbe Patientin wie in . Abb. 17.20)

4 Diastematomyelie (20 %) 4 Der Spinalkanal ist auf Höhe der Blockwirbel normal weit,
4 Einseitiger Skapulahochstand (Sprengel-Deformität, eine Aufweitung kann Zeichen einer Syringohydromyelie
30–40 %) sein
4 Syringohydromyelie, neuroenterische Zysten, Enzephalo- 4 Evtl. Spinalkanalstenose der angrenzenden Segmente als
zelen (selten) Folge der sekundären degenerativen Veränderungen
4 Hörstörung durch Innenohrfehlbildungen (30 %)
4 Herzfehler (14 %) kMRT
4 Fehlbildungen anderer innerer Organe (Lunge, Niere, 4 Normales Signal in den fusionierten Wirbelkörpern (außer
Analatresie) bei chronischer Fehlbelastung)
4 Syndaktylie, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte 4 Bedrängung/Kompression des Myelons durch sekundäre
degenerative Veränderungen
! Typischer Befund
4 Auf assoziierte Fehlbildungen achten (s. o.) (. Abb. 17.29)
Fusion von zwei oder mehr Halswirbelkörpern
jEmpfehlung
jBildgebung 4 Nativ-Rö mit Funktionsaufnahmen: Instabilität?
kNativ-Röntgen 4 MRT: Spinalkanalstenose mit Affektion des Myelons,
4 Blockwirbelbildung. Häufig sieht man eine kleine Taillie- begleitende Fehlbildungen?
rung des Wirbelkörperdurchmessers auf Höhe des fusio-
nierten Bandscheibenfachs (. Abb. 17.28) jKlinik
4 Bandscheibenfächer sind nur rudimentär angelegt oder Klassische Trias bei KFS: Kurzhals, Bewegungseinschränkung
fehlen der HWS, tief liegende Nackenhaargrenze (alle 3 Symptome
4 Häufig auch Fusion der Facettengelenke oder Dornfortsätze gleichzeitig nur bei 30–50 % der Patienten)
4 Funktionsaufnahmen: kompensatorische Hypermobilität Am häufigsten wird das KFS symptomatisch durch die
der angrenzenden Segmente, evtl. Instabilität sekundären degenerativen Veränderungen der angrenzenden
HWS-Segmente (Nackenschmerzen, Zervikobrachialgien,
kCT Spinalkanalstenose mit Myelopathie).
4 Zeigt besser als Nativ-Rö degenerative Veränderungen der
angrenzenden Segmente als Folge der kompensatorischen
Hypermobilität
300 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

5 dorsale Bogenschlussstörung (immer)


5 Liquorzirkulationsstörung: Chiari-I-Malformation,
Hydromyelie (häufig)
5 Tethered-Cord, Diastematomyelie (selten)
! Typischer Befund
Umschriebene Aussackung des Duralsacks. Meist ist
die Haut über der Meningozele nach außen vorge-
wölbt. Die Haut über der Vorwölbung kann normal
oder ulzeriert sein. Die Patienten sind meist neurolo-
gisch unauffällig.

jBildgebung
kLokalisation
Prinzipiell in jeder Höhe möglich, am häufigsten aber lumbo-
sakral

kCT
4 Nicht indiziert
4 Ausnahme: Kraniale Verlaufskontrollen bei begleitendem
Hydrozephalus (wenn kein MRT möglich)

. Abb. 17.30 Dorsale Meningozele. MRT in sagittaler T1w-Sequenz. Zu kMRT


sehen ist eine einfache Meningozele in Höhe von HWK 7 bis BWK 2 bei 4 Aufgeweitete, nicht geschlossene Wirbelbögen
einem 1-jährigen Kind. Der Duralsack ist durch den Spina bifida Defekt bis 4 Duralsack ist erweitert und zur Hautoberfläche vorgewölbt,
unter das subkutane Fettgewebe vorgewölbt. Das Myelon erscheint unauf-
wird aber von Haut bedeckt (. Abb. 17.30 und
fällig. (Aus Kornienko u. Pronin 2009))
. Abb. 17.31)
4 Zwischen Duralsack und Haut findet sich meistens kein
subkutanes Fett
jDD 4 Manchmal ist ein dünnes Gewebsband als hintere Grenze
4 Sekundäre Blockwirbelbildung nach HWS-OP (Anamnese, des Myelons zeltartig zur Meningozele hin aufgestellt
OP-Defekt, Taillierung des Wirbelkörperdurchmessers auf 4 Auf mögliches Tethering achten (tief stehender Conus
Höhe der Fusion fehlt) medullaris, angeheftete Nervenwurzeln)
4 Spondylitis ankylosans (Syndesmophyten, Befall der Sak- 4 Hochauflösende T2w-Sequenzen (z. B. CISS): hilfreich zur
roiliakalgelenke, HLA-B27 positiv) Abbildung der Dura, zur Beurteilung eines Tetherings und
zur Frage, ob sich im Zelensack Nervengewebe befindet

Dorsale Meningozele jDD


jSynonyme 4 Offene Dysraphien (dorsal gelegene Neuralplatte, Dural-
17 Einfache Meningozele sack nicht von Haut bzw. Fettgewebe bedeckt)
4 Lipomyelomeningozele (Lipom zwischen Dura und
jDefinition Hautoberfläche)
Herniation des erweiterten Duralsacks durch eine posteriore 4 Myelozystozele (Hydromyelie auf Höhe der Zele, Patienten
Spina bifida. Das Rückenmark ist normal angelegt. Der Dural- zeigen in der Regel neurologische Ausfälle)
sack ist regelrecht geschlossen, ein Hautdefekt liegt nicht vor. Im
Zelensack kann sich entweder nur Liquor oder Nervenwurzeln > Bei Verdacht auf Meningozele immer hochauflösende
bzw. das Filum terminale befinden. T2-gewichtete Sequenzen verwenden (Nervengewebe
im Zelensack?). Wenn eine große Vorwölbung der Haut
jÄtiologie besteht Untersuchung evtl. in Seitlage durchführen,
Nicht bekannt (Folsäuremangel?). Voraussetzung ist ein fehlen- damit der prolabierte Zelensack nicht durch die Rücken-
der dorsaler Bogenschluss. Vermutet wird eine Störung der lage komprimiert wird.
Liquordynamik mit erhöhtem Liquordruck, die in der Höhe der
Bogenschlussstörung zur Erweiterung des Duralsacks führt.

jEpidemiologie
4 Selten (ca. 0,03 % aller Lebendgeburten?)
4 Assoziierte Fehlbildungen:
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
301 17

a b c

d e f

. Abb. 17.31a–f Dorsale Meningozele. Die sagittale T2w-Sequenz (a) und die sagittale T1w nach KM in der Medianebene (b) und paramedian (c) zeigen
eine Ausziehung des Duralsacks, der als hypointenser Kanal (a, c Pfeilspitze) durch das subkutane Fett bis unter die geschlossene Haut läuft und dort in
einer ovalären, liquorisointensen Vorwölbung ausläuft (a und b dicker Pfeil). Am Hinterrand des Myelons ist ein dünnes Gewebsband zeltartig zur Meningo-
zele aufgestellt (a dünner Pfeil). Eine Myelozystozele kam differentialdiagnostisch in Frage, dagegen sprach aber die Tatsache, dass es sich um einen Zufalls-
befund bei einem 42-jährigen, neurologisch unauffälligen Patienten handelte. Die axialen (d und e) und koronaren (f) CT-Aufnahmen nach KM zeigen die
dorsale Bogenschlussstörung (d und e). Im Verlauf der schmalen Verbindung von der spinalen Dura zur Vorwölbung unter der Hautoberfläche (e Pfeilspitze)
sind die verdickten Ränder der Meningozele hyperdens zur umgebenden Muskulatur abgrenzbar (d und f Pfeil). Möglicherweise ist die Meningozele hier
von Granulationsgewebe umgeben
302 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

Dura
Lipom

Laminae
Neuralplatte Neuralplatte

Lipom
a b

. Abb. 17.32a, b Lipomyelozele. Sagittale (a) und axiale (b) Zeichnung einer Lipomyelozele. Das Myelon endet in einer Neuralplatte. Aus der Neuralplatte
entspringen die spinalen Nervenwurzeln nach ventral. Die Neuralplatte ist mit einem Lipom verbunden, das in das subkutane Fett übergeht. Anders als bei
einer Myelomeningozele ist die Haut über der Fehlbildung geschlossen. Die Wirbelbögen sind nicht geschlossen, zwischen den Laminae besteht ein brei-
ter Spalt. Die Dura (rot) endet in Höhe der Laminae. Wenn die Dura ein- oder beidseitig in das Lipom vorgewölbt ist, bezeichnet man die Fehlbildung als
Lipomyelomeningozele

Lipomyelozele/Lipomyelomeningozele 5 Wirbelkörperanomalien (häufig)


jSynonyme 5 Syringohydromyelie des Conus medullaris (25 %)
Lipomyeloschisis 5 weitere Auffälligkeit der Haut am Ort der Vorwölbung
(Grübchen, Haarbüschel, Hämangiom)
jDefinition
! Typischer Befund
Bei der Lipomyelozele liegt unter der intakten, aber meist vor-
Subkutane Fettansammlung, die Kontakt zu einer
gewölbten Haut ein Lipom, das durch eine Spina bifida bis
Neuralplatte am dorsalen Rand des Duralsacks hat.
zum Duralsack reicht. Der Duralsack ist nicht regelrecht ange-
legt. Auf seiner dorsalen Seite liegt eine Neuralplatte (wie bei der
Myelozele), die mit dem Lipom verbunden ist. Wenn der Dural- jBildgebung
sack nach dorsal vorgewölbt ist, spricht man von einer Lipomy- kLokalisation
elomeningozele (. Abb. 17.32). 4 Prinzipiell in jeder Höhe möglich, am häufigsten aber
lumbosakral
jÄtiologie 4 Bei rotiertem Komplex aus Neuralplatte und Lipom kann
17 Störung der Neurulation in der Embryonalphase (s. 7 Exkurs, das Lipom asymmetrisch auftreten
»Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen«, S. 281),
meist bedingt durch mütterlichen Folsäuremangel. Kutanes und kCT
neuronales Ektoderm trennen sich zu früh, noch bevor sich das 4 Hypodenses dorsales Lipom mit einer am ventralen Rand
Neuralrohr geschlossen hat. Dadurch schieben sich Zellen des gelegenen, myelonisodensen Neuralplatte
Mesoderms zwischen kutanes Ektoderm und Neuralrohr und 4 Fehlender Wirbelbogenschluss
gelangen durch die Lücke im Neuralrohr bis in den Zentralkanal.
Unter dem Einfluss des neuronalen Ektoderms wandeln sich die kMRT
Mesodermzellen in Fettgewebe um und verhindern dadurch so- 4 Lipom ist hyperintens in T1w und T2w (. Abb. 17.33,
wohl dauerhaft den Schluss des Neuralrohrs wie auch die regu- . Abb. 17.34 und . Abb. 17.35)
läre Anlage von Wirbelbögen und paraspinaler Muskulatur. 4 Ggf. fettunterdrückte Sequenzen zum eindeutigen Nach-
weis des Fettes
jEpidemiologie 4 Auf Tethering achten (tief stehender Conus medullaris,
4 Häufigste geschlossene spinale Dysraphie (20–50 %) und angeheftete Nervenwurzeln)
häufigste Erscheinungsform spinaler Lipome (ca. 75 %) 4 Hochauflösende T2w-Sequenzen (z. B. CISS): hilfreich zur
4 Assoziierte Fehlbildungen: Abbildung der Dura und zur Beurteilung eines Tetherings
5 dorsale Bogenschlussstörung (immer)
5 Tethered-Cord (immer)
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
303 17
. Abb. 17.33a, b Lipomeningozele. MRT-Aufnahme in T1w-Sequenz. In der sagittalen Auf-
nahme (a) ist zu sehen, wie das Myelon in einer Neuralplatte endet (a Pfeil) und sich von dorsal
ein Lipom (a, b Pfeilspitze) anschließt. In der axialen Aufnahme (b) erscheint die Neuralplatte
verdickt und asymmetrisch nach rechts lateralisiert (b Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung von
Herrn Dr. Steinborn, München)

a b

. Abb. 17.34a–e Lipomyelomeningozele am


lumbosakralen Übergang bei einem 2 Jahre
alten Kind. Sagittale MRT-Aufnahme in T1w (a)
und fettgesättigter T1w nach KM (b) sowie
axiale Aufnahmen in T2w (c und d) und T1w (e).
Der Conus medullaris liegt zu tief und zeigt am
Ende eine Syringohydromyelie (a Pfeil). Dorsal
schließt sich ein intraspinales Lipom an, das in
das subkutane Fettgewebe übergeht (a, b Pfeil-
spitzen). In axialer Schnittführung ist eine stark
verdickte und von signalreichem Liquor spinalis
umgebene Neuralplatte (c Pfeil) zu sehen, die
nach dorsal in ein Lipom übergeht (c Pfeilspitze).
Weiter kaudal ist zu erkennen, dass sich Dural-
sack und Neuralplatte (d, e Pfeile) in das Lipom
vorwölben. (Mit freundlicher Genehmigung von
Herrn Dr. Steinborn, München)

a b

c d e
304 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

jÄtiologie
4 Wenn bei der Gastrulation (s. 7 Exkurs, »Embryologische
Grundlagen spinaler Fehlbildungen«, S. 281) an einer Stelle
des Embryos eine Verbindung zwischen Entoderm und
Ektoderm erhalten bleibt, kann sich dazwischen die Chorda
dorsalis nicht wie gewöhnlich als einteiliger Strang ent-
wickeln. Stattdessen bleibt die Chorda dorsalis auf Höhe der
persistierenden Verbindung zweigeteilt oder wird (sehr
selten) in dieser Höhe nur auf einer Seite angelegt. Dies
wird als Split-Notochord-Syndrom bezeichnet. Die Chorda
dorsalis beeinflusst die Bildung der Wirbelkörper und des
Myelons, daher kommen beim Split-Notochord-Syndrom
sowohl Anomalien der Wirbelkörperentwicklung wie des
Myelons vor.
4 Die persistierende Verbindung kann als bindegewebige,
knorpelige oder knöcherne Lamelle den Spinalkanal durch-
ziehen und zur Entwicklung eines zweigeteilten Myelons
führen (Diastematomyelie)
4 Selten verschließt sich der Canalis neurentericus nicht
regelrecht und stört auf der entsprechenden Höhe die Ent-
wicklung der Chorda dorsalis. Dadurch können enterogene
Zysten oder dorsal-enterische Fisteln entstehen

Diastematomyelie
. Abb. 17.35 Lipomyelomeningozele. Sagittale T1-gewichtete MRT-
jSynonyme
Aufnahme. Das Myelon endet in einer dicken Neuralplatte, die mit einem Split cord, Split cord Malformation (SCM)
Lipom verbunden ist, das in das subkutane Fett übergeht. Dura und Neural-
platte sind in das Lipom vorgewölbt. (Aus Muthukumar 2009) jDefinition
Sagittale Spaltung des Myelons in zwei Rückenmarkhälften. Die
beiden Hälften sind durch ein im Spinalkanal verlaufendes
jKlinik bindegewebiges Septum oder einen Knochensporn getrennt.
Meist besteht eine milde Klinik mit einer leichten Schwäche eines
Beines, selten Blasen-/Mastdarmstörungen. Ca. 30 % sind asym- jÄtiologie
ptomatisch, wobei die Erhebung milder klinischer Symptome bei 4 Häufigste Fehlbildung aus dem Split-Notochord-Syndrom
Neugeborenen schwierig ist. (s. 7 Abschn. »Split-Notochord-Syndrom«, S. 304)
4 Eine persistierende Verbindung zwischen embryonalem
jDD Ektoderm und Entoderm durchzieht als bindegewebige,
4 Offene Dysraphien: Myelozele, Myelomeningozele (kein knorpelige oder knöcherne Lamelle den Spinalkanal und
17 Lipom, Duralsack nicht von Haut bzw. Fettgewebe bedeckt) führt zur Entwicklung eines zweigeteilten Myelons
4 Intradurales Lipom (intakte Dura über dem Lipom) 4 Die beiden Myelonhälften haben entweder separate
Rückenmarkshäute oder einen gemeinsamen Durasack
4 Einteilung der Split-Cord-Malformationen (SCM):
Split-Notochord-Syndrom 5 SCM Typ 1: Diastematomyelie mit getrennten Dural-
jDefinition säcken und einem knorpeligen oder knöchernen Septum
Gruppe von Fehlbildungen, bei denen während der embryonalen (. Abb. 17.36 und . Abb. 17.38)
Entwicklung aus unterschiedlichen Gründen die Chorda dorsalis 5 SCM Typ 2: Diastematomyelie mit gemeinsamer Dura-
nicht regelrecht in der Mittellinie zwischen Ektoderm und Ento- hülle und bindegewebigem Septum (. Abb. 17.37)
derm angelegt wird. Dadurch können Wirbelkörperfehlbildun- 4 Meistens haben beide Myelonstränge einen eigenen Zent-
gen, ein geteiltes Rückenmark, Fistelverbindungen zwischen ralkanal, jeweils eine Hälfte der Schmetterlingsfigur der
Rückenhaut, Spinalkanal und Thorakal- bzw. Abdominalraum grauen Substanz und eine Vorder- und Hinterwurzel. Selten
sowie intraspinale Zysten entstehen. kommen aber auch komplette Myelonduplikaturen (Diplo-
Zum Split-Notochord-Syndrom zählen: myelie), verschiedene Zwischenstufen, asymmetrische
4 Diastematomyelie Teilungen des Myelons oder Spaltbildungen, die nur die
4 Enterogene Zysten ventralen oder dorsalen Anteile des Myelons betreffen, vor.
4 Dorsal-enterische Fisteln
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
305 17

a b

. Abb. 17.36a, b Diastematomyelie (SCM Typ 1). Axiale (a) und sagittale (b) CT bei einem Mädchen mit einer Diastematomyelie. Der trennende Sporn ist
knöchern (Pfeil) – es liegt also eine Split-cord-Malformation vom Typ I vor. (Aus Ertl-Wagner 2007)

a b

. Abb. 17.37a–c Diastematomyelie (SCM Typ 2). T2w-Aufnah-


men in sagittaler (a), koronarer (b) und hochaufgelöster axialer
(c) Schnittführung. Durch den Spinalkanal läuft in Höhe LWK 4 ein
dünner fibröser Sporn (a Pfeil). In den drei koronaren Schnitten
(b) von ventral nach dorsal ist der Sporn jeweils als kleiner Punkt
erkennbar (Pfeil), der das Myelon in dieser Höhe in zwei Hälften
trennt. Oberhalb (b mittleres Bild) und unterhalb (b rechtes Bild)
des Sporns vereinigen sich die beiden Myelonhälften wieder. Auf
den axialen Aufnahmen knapp oberhalb des Sporns (c) erkennt
man, dass die beiden Myelonhälften von einer gemeinsamen
Dura umgeben sind (Pfeil). Damit handelt es sich um den Typ 2
der Split-cord-Malformation. Aus jeder Myelonhälfte entspringen
regelrecht Vorder- und Hinterwurzel des ipsilateralen Spinal-
c nerven (c)
306 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

b c

a d

. Abb. 17.38a–d Diastematomyelie (SCM Typ 1). Sagittale T2w-Aufnahme der LWS (a). Axiale T1w-Aufnahmen in Höhe LWK 3 nativ (b) und nach KM (c). Axi-
ale T2w-Aufnahme in Höhe LWK 2 (d). Durch den Spinalkanal läuft in Höhe LWK 3 ein dünner, hypointenser Sporn (a). Der Sporn trennt den Spinalkanal in
zwei Hälften, ist bindegewebig und nimmt KM auf (b, c). Auf der oberhalb des Sporns in Höhe LWK 2 aufgenommenen T2w-Aufnahme (d) erkennt man,
dass beide Myelonhälften jeweils eine eigene Dura besitzen. Somit handelt es sich um den Typ 1 der Split-Cord-Malformation. Aus jeder Myelonhälfte ent-
springen regelrecht Vorder- und Hinterwurzel des ipsilateralen Spinalnerven (d). Auf der sagittalen Aufnahme (a) erkennt man außerdem, dass in Höhe
LWK 1 eine Syringohydromyelie vorliegt. Der Conus medullaris steht zu tief und weist in Höhe LWK 4 dorsal eine Anheftung (Tethering) auf. Auf allen Auf-
nahmen erkennt man zudem, dass die Dornfortsätze der LWK 2 und 3 fusioniert und dysplastisch sind. Es liegt eine laterale Segmentationsstörung vor

jEpidemiologie kCT
4 Seltene Fehlbildung 4 Zwei Myelonhälften
4 Assoziierte Fehlbildungen: 4 Fibröses Septum in der Nativ-CT meist nicht erkennbar,
17 5 Segmentierungsstörungen der Wirbelsäule (fast immer), knöcherner Sporn gut sichtbar (. Abb. 17.36)
häufig mit Skoliose 4 CT besonders gut geeignet zum Nachweis begleitender
5 Chiari-II-Malformation (15–20 %) Wirbelkörperfehlbildungen
5 Hautstigmata auf dem medianen Rücken, z. B. Hyper- 4 Post-Myelo-CT besonders gut geeignet zur präoperativen
pigmentationen, Nävi oder vermehrte Behaarung (50 %) Darstellung der Beziehung von Dura, Nervenwurzeln und
5 Tethered cord (fast immer bei SCM Typ 1, eher selten bei Septum
SCM Typ 2)
jMRT
! Typischer Befund 4 Auf Höhe der Läsion liegen zwei Myelonhälften vor, über
Zwei Rückenmarkhälften mit einem in der Mittellinie und unter der Läsion vereinigt sich das Myelon wieder
des Spinalkanals liegenden, sagittal verlaufenden 4 T1w: fibröses und knorpeliges Septum isointens zum Mye-
Septum lon, knöcherner Sporn oft hyperintens (Knochenmark)
4 T2w: begleitende Syringohydromyelie? (. Abb. 17.38)
jBildgebung 4 Hochauflösende T2w (z. B. CISS): Unterscheidung, ob ein
kLokalisation oder zwei Durasäcke vorliegen, Darstellung der anatomi-
Am häufigsten thorakolumbal oder lumbal schen Beziehung von Dura, Nervenwurzeln und Septum
17.2 · Dysraphische Fehlbildungen
307 17

a b c

. Abb. 17.39a–c Enterogene Zyste. Die sagittale T2w-Sequenz (a) und die sagittale T1w nativ (b) und nach KM (c) zeigen eine ventral des Myelons gelegene
Zyste ohne pathologische Kontrastmittelaufnahme (Pfeile). Es besteht eine Blockwirbelbildung von BWK 9 und 10 (Pfeilspitzen). (Aus Ertl-Wagner 2007)

jEmpfehlung 4 Durch die persistierende Verbindung zwischen Ektoderm


4 Bei V.a. Diastomatomyelie zunächst MRT-Untersuchung mit und Entoderm wird auf der betroffenen Höhe die regel-
sagittaler T2w (Syringohydromyelie?), koronarer T1w (Wir- rechte Anlage der Chorda dorsalis gestört. Dies führt häufig
belkörperfehlbildungen, Skoliose, geteiltes Myelon?) und auch zu Wirbelkörperfehlbildungen.
axialer T1w und T2w (Wirbelkörper, geteiltes Myelon, Sep-
tum im Spinalkanal?). Bei Nachweis eines geteilten Myelons jEpidemiologie
hochauflösende T2w zur genauen anatomischen Darstellung 4 Seltene Fehlbildung
4 Wenn eine OP-Indikation besteht: ergänzende CT zur 4 Auftreten meist zwischen 20. und 30. Lebensjahr
Unterscheidung zwischen fibrösem Septum oder 4 Männer häufiger betroffen
knöchernem Sporn, falls anatomische Verhältnisse unklar: 4 Assoziierte Fehlbildungen:
Post-Myelo-CT 5 Segmentierungsstörungen der Wirbelsäule (50 %),
häufig mit Skoliose
jKlinik 5 dorsal-enterische Fisteln
Klinisches Bild entsprechend dem des assoziierten Tethered cord 5 Zysten in Bauchhöhle oder Thorax
Syndroms (s. 7 Kap. 17.3.1, »Tetherd-Cord-Syndrom«, S. 308), wo-
! Typischer Befund
bei die betroffenen Kinder in bis zu 50 % der Fälle asymptoma-
Liquorisointense oder in T1w leicht hyperintense
tisch sind. Ein Untethering symptomatischer Patienten wird
intradurale Zyste ventral des Myelons
empfohlen, die operative Therapie asymptomatischer Patienten,
insbesondere Erwachsener, wird kontrovers diskutiert.
jBildgebung
kLokalisation
Enterogene Zyste 4 Am häufigsten zervikothorakal, prinzipiell aber in jeder
jSynonyme Höhe möglich
Neurenterische Zyste, endodermale Zyste, bronchogene Zyste 4 Meistens intradural ventral des Myelons, prinzipiell können
die Zysten aber auch eine andere intradurale oder intra-
jDefinition medulläre Lage aufweisen, oder prävertebral oder retrospinal
Auftreten von einer oder mehrerer Zysten im Spinalkanal, selten auftreten
auch prävertebral oder retrospinal als Folge einer unvollständi- 4 Selten multiple Zysten
gen Obliteration des Canalis neurentericus. Im Unterschied zu 4 Selten extramedulläre Zyste mit intramedullärem Anteil
den dorsal-enterischen Fisteln besteht aber keine Verbindung (10–15 %)
mehr von der Hautoberfläche zum prävertebralen Raum.
kMRT
jÄtiologie 4 Rundlich-ovaläre Zyste mit glattem Rand (. Abb. 17.39)
4 Seltene Fehlbildung aus dem Split-Notochord-Syndrom 4 Inhalt ist meist liquorisointens in T1w und T2w, bei
(s. 7 Abschn. »Split-Notochord-Syndrom«, S. 304). erhöhtem Proteingehalt auch isointens in T2w und iso- bis
4 Unvollständige Obliteration des Canalis neurentericus. hyperintens in T1w
Dadurch können entlang des Kanals Zysten entstehen, die 4 Normalerweise keine KM-Aufnahme, selten leichte ring-
von einem sezernierenden Epithel ausgekleidet sind. förmige KM-Aufnahme
308 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

4 Kleine liquorisointense Zysten werden leicht übersehen und 5 Spaltbildung des Myelons (Diastematomyelie)
sind evtl. nur durch fokale Myelonkompression oder -ver- 5 Fehlbildungen innerer Organe, z. B. Herzfehler, Lungen-
lagerung erkennbar hypoplasien oder Zwerchfellhernien
4 Koronare und axiale T1w zum Nachweis von Wirbelkörper-
! Typischer Befund
fehlbildungen
Zwei Rückenmarkhälften mit einem in der gleichen
4 Hochauflösende T2w (z. B. CISS): besser geeignet zum
Höhe vorliegenden Fistelgang (als hypointense Linie in
Nachweis der Zystenwand
T1w im subkutanen Fett erkennbar)

> Wenn sich auf der Höhe einer Wirbelkörperfehlbildung


eine fokale Kompression oder Verlagerung des Mye- jBildgebung
lons zeigt, kann eine kleine liquorisointense Zyste vor- kLokalisation
liegen: Am häufigsten thorakal, prinzipiell in jeder Höhe möglich
4 hochauflösende T2w-Sequenz oder
4 Post-Myelo-CT zum Nachweis der Zyste kMRT
4 Auf Höhe der Läsion liegen meist zwei Myelonhälften vor,
> Wenn eine enterogene Zyste vorliegt: nach dorsal- über und unter der Läsion vereinigt sich das Myelon wieder
enterischen Fisteln oder Zysten in Bauchhöhle oder (. Abb. 17.40)
Thorax suchen 4 T2w: Fistelgang in der Regel nicht erkennbar, auf enteroge-
ne Zysten achten
jKlinik 4 T1w: Fistelgang meist als hypointense Linie im subkutanen
4 Häufige Symptomatik: Rückenschmerzen mit progredienter Fett erkennbar
Myelopathie 4 Bei V.a. dorsal-enterische Fistel immer auch KM-Gabe
4 Symptomatische enterogene Zysten führen in 50 % zu einer durchführen: Fistelgang manchmal nur erkennbar durch
Harninkontinenz eine KM-Aufnahme der Fistelwand (entzündliches Granu-
4 Bei intramedullären enterogenen Zysten kann die Symp- lationsgewebe)
tomatik fluktuierend sein 4 Hochauflösende T2w (z. B. CISS): Anatomische Beziehung
von Dura und Myelon auf Höhe des geteilten Rückenmarks
jDD 4 Koronare T1w zum Nachweis von Wirbelkörperfehlbildun-
Intradurale Arachnoidalzyste (Meningeale Zyste Typ 3) (entero- gen
gene Zysten liegen am häufigsten ventral des Myelons, Arach- 4 Beim Nachweis einer dorsal-enterischen Fistel immer er-
noidalzysten dorsal) gänzende Untersuchung von Thorax und Abdomen

Dorsal-enterische Fistel 17.3 Nicht-dysraphische Fehlbildungen


jDefinition
Fistelgang zwischen dorsaler Hautoberfläche und Bauchhöhle 17.3.1 Tethered-cord-Syndrom
oder Thorax
jDefinition
jÄtiologie Klinisches Syndrom mit neurogener Blasenstörung, Parästhesien
17 4 Seltene Fehlbildung aus dem Split-Notochord-Syndrom und Paresen der unteren Extremitäten, Rückenschmerzen, Skoli-
(s. 7 Abschn. »Split-Notochord-Syndrom«). ose und Deformitäten der Füße, das entsteht, wenn Conus medul-
4 Persistenz des Canalis neurentericus. Dadurch besteht eine laris und Kaudafasern unter chronischer Zugspannung stehen.
Fistelverbindung zwischen dorsaler Rückenhaut und
Bauchhöhle oder Thorax. jÄtiologie
4 Auf dem Rücken zeigt sich eine sezernierende Öffnung Verschiedene Ursachen können zu einem »gefesselten« oder »an-
oder ein kleines Grübchen gebundenen« (Tethering) Conus medullaris führen:
4 Durch die persistierende Verbindung zwischen Ektoderm 4 Narbige Verwachsungen der Caudafasern mit Dura oder
und Entoderm wird auf der betroffenen Höhe die regel- Spinalkanal (sehr häufig nach OP einer Myelomeningozele,
rechte Anlage der Chorda dorsalis gestört. Meist sind im aber auch nach anderen spinalen Operationen, Traumata
betroffenen Segment um den Fistelgang herum Wirbelsäule oder Entzündungen, s. 7 Abschn. »Myelozele/Myelomenin-
und Myelon gespalten. gozele«, S. 283, s. . Abb 17.5)
4 Tight filum terminale (s. 7 Abschn. »Tight filum terminale«,
jEpidemiologie S. 310)
4 Sehr seltene Fehlbildung 4 Fibrolipome des Filum terminale (s. 7 Kap. 17.4.1 »Fibroli-
4 Assoziierte Fehlbildungen: pom des Filum terminale«, S. 311)
5 Segmentierungsstörungen der Wirbelsäule (fast immer), 4 Diastematomyelie (s. 7 Abschn. »Split-Notochord-Syndrom«,
häufig mit Skoliose S. 304, s. . Abb. 17.33 und . Abb. 17.35)
17.3 · Nicht-dysraphische Fehlbildungen
309 17

a b c

d e f

. Abb. 17.40a–f Split-Notochord-Syndrom mit dorsal-enterischer Fistel, Diastematomyelie, Tethered cord, spinalem Lipom und Segmentationsstörung
der Wirbelsäule. Sagittale T2-gewichtete TSE-Aufnahmen rechts parasagittal (a und b). Stark T2-gewichtete hochauflösende sagittale Aufnahme in der
Medianebene (c). Stark T2-gewichtete hochauflösende axiale Aufnahmen in den Höhen LWK 2 (d), LWK 3 (e) und LWK 4 (f). Auf der linken Seite (b) liegt eine
Blockwirbelbildung der LWK 2–4 vor, während auf der rechten Seite (a) die Bandscheibenfächer rudimentär angelegt sind. Der LWK 3 ist als Schmetterlings-
wirbel angelegt: Zwischen den beiden Wirbelkörperhälften liegt Fettgewebe (c großer Pfeil, e Stern). Der Spinalkanal ist in Höhe LWK 3/4 durch ein binde-
gewebiges Septum in zwei Hälften getrennt (c kleiner Stern). Im bindegewebigen Septum ist auch ein kleiner, vom Oberrand des LWK 4 ausgehender
Knochensporn enthalten (f Pfeil). Das zu weit kaudal stehende Myelon ist in Höhe der Diastematomyelie in zwei Hälften geteilt (f), die Abgänge der Spinal-
nerven aus den Myelonhälften sind gut erkennbar. Auf den axialen Aufnahmen ist die dorsale Bogenschlussstörung sichtbar (f Stern). In Höhe der Bogen-
schlussstörung wird der Spinalkanal von dorsal durch proliferierendes Fettgewebe eingeengt (c Pfeile, e »L«). In Höhe LWK 3 ist auf der dorsalen Haut
ein kleines Grübchen erkennbar, von dem ein rudimentärer Fistelgang in die Tiefe zieht (c Dreieck). In Höhe LWK 2 liegt im Spinalkanal eine große Zyste
(c Stern, d Stern). Die beiden Myelonhälften werden durch Zyste und intraspinales Fettgewebe nach lateral verlagert (c Pfeile, d Pfeile). Durch die raumfor-
dernde Wirkung der Zyste ist die rechte Myelonhälfte ausgedünnt und liegt der Zyste breitflächig auf. Als Folge der dorsal-enterischen Fistel liegt auch
abdominell eine kleine Zyste vor (a Stern)
310 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

jEpidemiologie Störungen nachweisbar. Es ist wichtig, den Verdacht auf ein


4 Insgesamt seltenes Krankheitsbild Tethered cord möglichst frühzeitig zu äußern, da dies die
4 Häufige Komplikation nach OP offener spinaler Dysraphien Erfolgsaussichten einer operativen Behandlung verbessert.
(bis 30 %) 4 Neurologische Symptome durch ein Tethered cord treten
4 Wird meist in Wachstumsphasen klinisch symptomatisch meist in Wachstumsphasen in der Kindheit oder Jugend
(Kindheit, Adoleszenz) auf. Als Ausnahme können Patienten mit z. B. einem
kleinen Fibrolipom des Filum terminale aber auch erst im
! Typischer Befund
Alter (>65. Lebensjahr) neurologische Ausfälle entwickeln.
Tiefstand des Conus medullaris mit verdicktem Filum
terminale > Pathologische Befunde am Filum terminale müssen
auch bei asymptomatischen Patienten beschrieben
werden, damit es beim Auftreten von Symptomen
jBildgebung
nicht zu diagnostischen Verzögerungen kommt.
kNativ-Rö
Skoliose, Spina bifida (Bogenschlussstörungen an LWS/Sakrum)

kCT 17.3.2 Tight filum terminale


4 Skoliose, Spina bifida (Bogenschlussstörungen an
LWS/Sakrum) jDefinition
4 Post-Myelo-CT am besten geeignet zum Nachweis post- Fehlbildung mit einem abnorm dicken Filum terminale, die zum
operativer narbiger Septen oder Verwachsungen der klinischen Bild eines Tethered-cord-Syndroms führt.
Caudafasern sowie Septen bei Diastematomyelie
jÄtiologie
kMRT 4 Störung der retrogressiven Differenzierung (s. 7 Exkurs,
4 Tiefstand des Conus medullaris (bei Erwachsenen oder »Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen«, S. 281),
Kindern >3 Monaten: unterhalb von LWK 2, bei Neuge- bei der sich die kaudale Zellmasse nicht vollständig zu ei-
borenen: unterhalb von LWK 3) nem normalen Filum terminale zurückbildet.
4 Filum terminale verdickt (>2 mm auf Höhe LWK5/SWK1, 4 Meist ist das Filum terminale abnorm verdickt. In 10–15 %
s. 7 Abschn. »Tight filum terminale«, S. 310) liegt kein abgrenzbarer Conus medullaris vor und das
4 Nachweis von Fett am Filum terminale oder einer fett- Myelon verläuft bis zu einer Anheftungsstelle an der
haltigen Raumforderung im kaudalen Duralsack oder im kaudalen Dura.
Sakralkanal (hyperintens in T1w und T2w, ggf. Bestätigung 4 Führt meist zu einem Tiefstand des Conus medullaris
durch fettunterdrückte Sequenzen, s. 7 Kap. 17.4.1, (86 %) und zum klinischen Bild des Tethered-cord-
»Fibrolipom des Filum terminale«, S. 311) Syndroms.
4 Caudafasern verdickt oder am dorsalen Duralsack ange- 4 Assoziierte Fehlbildungen:
heftet (unsicheres Zeichen) 5 lumbosakrale Bogenschlussstörungen (fast immer)
4 Septum im Spinalkanal oder gedoppelter Duralsack bei 5 Skoliose (15–25 %)
Diastematomyelie 5 Fibrolipome des Filum terminale (29 %)
4 Evtl. Syringohydromyelie als Folge des Tetherings
jEpidemiologie
17 jDiagnostisches Vorgehen 4 Selten
4 Wenn es bei Patienten nach OP einer offenen spinalen 4 Kann klinisch asymptomatisch bleiben
Dysraphie zu neuen neurologischen Störungen kommt 4 Wird meist in Wachstumsphasen symptomatisch (Kindheit,
(progrediente Spastik, Paresen oder Sensibilitätsstörungen Adoleszenz)
der Beine, Lumbalgien oder Beinschmerzen, Blasenstörun-
! Typischer Befund
gen) oder sich eine Skoliose entwickelt, liegt sehr wahr-
Tiefstand des Conus medullaris mit verdicktem Filum
scheinlich ein Tethered-cord-Syndrom vor
terminale
4 Bei einem Tiefstand des Conus medullaris (s. o.) liegt fast
immer ein Tethered cord vor, aber dies ist kein Ausschluss-
kriterium: In 18 % der Fälle mit Tethered cord und neuro- jBildgebung
logischen Ausfällen steht der Conus in normaler Höhe kNativ-Rö
4 Wenn der Conus medullaris zu tief steht, darf nur dann von Skoliose, Spina bifida (Bogenschlussstörungen an LWS/Sakrum)
einer (sehr seltenen!) Normvariante ausgegangen werden,
wenn der Patient neurologisch unauffällig, das Filum termi- kCT
nale nicht verdickt und kein Fett am Filum terminale nach- 4 Skoliose, Spina bifida (Bogenschlussstörungen an
weisbar ist LWS/Sakrum)
4 Ein Fibrolipom am Filum terminale oder ein Tight filum 4 Post-Myelo-CT gut geeignet zur Bestimmung der Dicke des
terminale sind evtl. bereits vor Auftreten neurologischer Filum terminale
17.4 · Kongenitale Tumoren
311 17

. Abb. 17.41a, b Tight Filum Terminale bei einem 9 Jahre alten Kind mit
Tethered-cord-Syndrom. MRT-Aufnahmen in sagittaler T1w (a) und axialer
T2w (b). Sowohl in der sagittalen als auch in der axialen Aufnahme erscheint
das Filum terminale verdickt. Die Höhe des Übergangs vom Conus medulla-
ris in das Filum terminale ist nicht genau lokalisierbar. Während das Filum
anfangs anatomisch korrekt frei liegt (b Pfeil), ist es weiter kaudal sakral
fixiert (a). Zudem ist ein Tiefstand des Conus medullaris zu erkennen (a).
a (Aus van Goethem 2007)

kMRT nem normalen Filum terminale zurückbildet und sich plu-


4 Tiefstand des Conus medullaris (bei Erwachsenen oder ripotente Zellen der kaudalen Zellmasse zu Fettzellen ent-
Kindern >3 Monaten: unterhalb von LWK 2, bei Neuge- wickeln.
borenen: unterhalb von LWK 3) 4 Führt zu einer Verdickung des Filums und zum Tethered-
4 Filum terminale verdickt (>2 mm auf Höhe LWK 5/SWK 1) cord-Syndrom
(. Abb. 17.41) 4 Minimalvarianten sind häufig: Mit der MRT ist bei 1–5 %
4 Nachweis von Fett am Filum terminale oder einer fett- aller Patienten Fett am Filum terminale nachweisbar
haltigen Raumforderung im kaudalen Duralsack oder im 4 Ab einer Dicke des Filum terminale >2 mm spricht man
Sakralkanal (hyperintens in T1w und T2w, ggf. Bestätigung von einem Fibrolipom
durch fettunterdrückte Sequenzen, s. 7 Kap. 17.4.1, S. 311) 4 Unterschiedliche Morphologie:
4 Evtl. Syringohydromyelie als Folge des Tetherings 5 längliche Ausbreitung entlang des Filum oder rundliche,
raumfordernde Läsion
jDiagnostisches Vorgehen 5 kann im intraduralen oder extraduralen (im kaudalen
Siehe Tethered-cord-Syndrom (7 Kap. 17.3.1, S. 308) Sakralkanal) Verlauf des Filum auftreten
5 selten liegt zusätzlich zu einem kaudalen Fibrolipom des
Filum noch ein Lipom im Conus medullaris (der eben-
17.4 Kongenitale Tumoren falls aus der kaudalen Zellmasse gebildet wird) vor

17.4.1 Fibrolipom des Filum terminale jEpidemiologie


4 Als Minimalvariante mit 1–5 % häufig
jDefinition 4 Kleine Befunde bleiben oft asymptomatisch, ab einem
Fehlbildungstumor am Filum terminale, der meist zum klini- Durchmesser >2 mm häufig klinisch symptomatisch
schen Bild eines Tethered-Cord-Syndroms führt. 4 Wird meist in Wachstumsphasen symptomatisch (Kindheit,
Adoleszenz)
jÄtiologie 4 Auch Minimalvarianten müssen beschrieben werden, da es
4 Störung der retrogressiven Differenzierung (s. 7 Exkurs, auch im hohen Alter (als Ausnahme) zu einer Progredienz
»Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen«, S. 281), mit neurologischen Ausfällen kommen kann
bei der sich die kaudale Zellmasse nicht vollständig zu ei-
312 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b

. Abb. 17.42a, b Fibrolipom des Filum terminale. Sagittale T2w-Aufnahme der LWS und axiale T1w-Aufnahme in Höhe des Sakrums. Das Filum ter-
minale ist verdickt und sakral fixiert (Tethered-Cord). Der Conus medullaris ist nicht eindeutig abgrenzbar. Fusionsstörung der dorsalen Wirbelelemente
des Sakrums mit entsprechendem Knochendefekt. Im aufgeweiteten sakralen Duralsack ist das Fibrolipom als fettisointense Raumforderung erkennbar.
(Aus Weyreuther 2006)

17

a b c

. Abb. 17.43a–c Fibrolipom des Filum terminale; Minimalvariante. Sagittale T2w- (a), sowie native (b) und fettsupprimierte, kontrastmittelangehobene
(c) T1w-MRT-Aufnahmen. Zufallsbefund bei einem 70-jährigen Patienten mit einer bekannten Multiplen Sklerose. Das Filum terminale ist leicht verdickt, lang-
streckig mit Fettgewebe durchsetzt und zeigt ein homogenes, zum Myelon hyperintenses Signal, das sich in der fettgesättigten Sequenz supprimieren lässt
(a–c Pfeile). Der Conus medullaris endet in Höhe von LWK 3/4 und somit zu tief, verjüngt sich mit kaum merklichem Übergang in das Filum terminale und weist
eine intramedulläre Flüssigkeitsansammlung (Syringohydromyelie, DD Ventriculus terminalis) auf (a Pfeilspitze). Dorsal des Konus lässt sich kein sicherer
Liquorraum abgrenzen und es fällt eine dorsalseitige Gruppierung der Cauda-equina-Filamente auf, so dass hier zusätzlich ein Tethering vorliegen kann
17.4 · Kongenitale Tumoren
313 17
! Typischer Befund ! Typischer Befund
Fettsignal des Filum terminale mit oder ohne Im Duralsack gelegene, zu Fettgewebe isointense
Auftreibung Raumforderung bei intakten Meningen

jBildgebung jBildgebung
kNativ-Rö kLokalisation
Skoliose, Spina bifida (Bogenschlussstörungen an LWS/Sakrum) 4 Meist zervikal oder thorakal
4 Tumor erstreckt sich meist vom Zentralkanal durch eine
kCT Myelonlücke nach dorsal bis zur Dura
Skoliose, Spina bifida (Bogenschlussstörungen an LWS/Sakrum) 4 Multiple Lipome möglich

kMRT kCT
4 Fettsignal im Verlauf des Filum terminale (hyperintens in 4 Hypodens (wie Fettgewebe)
T1w und T2w, ggf. Bestätigung durch fettunterdrückte 4 Evtl. ist der Spinalkanal aufgeweitet
Sequenzen) (. Abb. 17.42 und . Abb. 17.43)
4 Auf Zeichen eines Tethered-Cord (Tiefstand des Conus kMRT
medullaris, Syringohydromyelie) oder andere Fehlbildun- 4 T1w und T2w: hyperintens (wie Fettgewebe), evtl. fettun-
gen achten terdrückte Sequenzen zur Bestätigung (. Abb. 17.44)
4 Die meisten Lipome sind von einer glatten Kapsel begrenzt
jDiagnostisches Vorgehen und von fibrösen Septen durchzogen
Siehe Tethered-Cord-Syndrom (7 Kap. 17.3.1, »Tethered-cord- 4 Sekundäre Syringohydromyelie möglich
Syndrom«, S. 308) 4 Hochauflösende T2w-Sequenzen (z. B. CISS) zur Identifi-
kation der Dura und zur Darstellung der Lagebeziehung zu
den Nervenwurzeln
17.4.2 Intradurales Lipom 4 Lipome umwachsen oft die benachbarten Gefäße und Ner-
ven (im Gegensatz zu Dermoiden)
jDefinition
Langsam wachsender, intradural gelegener Fehlbildungstumor, jDD
der aus Fettgewebszellen besteht. 4 Dermoid (häufiger lumbosakral, meistens inhomogen, ver-
drängt Nerven und Gefäße, nicht immer unterscheidbar)
jÄtiologie 4 Lipom des Filum terminale (Kontakt zum Filum terminale)
Wenn sich im Rahmen der embryologischen Entwicklung 4 Lipomyelozele/Lipomyelomeningozele (Lipom liegt zwi-
(s. 7 Exkurs, »Embryologische Grundlagen spinaler Fehlbildungen«, schen Haut und Duralsack)
S. 281) bei der Neurulation das kutane und das neurale Ektoderm
voneinander lösen, bevor das Neuralrohr vollständig geschlossen
ist, können Mesenchymzellen in das Neuralrohr einwandern.
Diese, nach Schluss des Neuralrohrs intradural gelegenen Zellen
differenzieren sich später zu Fettgewebe.

jEpidemiologie
4 Selten
4 Langsames Wachstum
4 Manchmal kommt es erst nach massiver Gewichtszunahme
im Erwachsenenalter oder bei einer Schwangerschaft zu
einem Größenwachstum des Tumors mit klinischer Symp-
tomatik
314 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b c

d e f

. Abb. 17.44a–f Intradurales Lipom. a, b Sagittale (a) und axiale (b) MRT-Aufnahmen in T1w. In Höhe von HWK 3 liegt ein intradurales Lipom dem Myelon
breitbasig von dorsal an und stellt sich homogen fettisointens dar. c–f Thorakales intradurales Lipom bei einem anderen Patienten. Axiale CT-Aufnahme (c)
sowie sagittale MRT-Aufnahmen in T2w (d), T1w (e) und fettgesättigter T1w (f). In der CT (c) liegt das Lipom dem Myelon von dorsal an und ist zum Myelon
hypodens. Der Tumor verlegt den Spinalkanal von BWK 3–7 und stellt sich in der MRT homogen fettisointens dar (d und e). In der fettgesättigten Sequenz
(f) ist das Signal des Lipoms unterdrückt. (Aus Kornienko u. Pronin 2009)

17
17.4 · Kongenitale Tumoren
315 17

a b

. Abb. 17.45a, b Dermoid. Sagittale T1- (a) und T2- (b) gewichtete MRT-Aufnahme. Das Myelon endet in Höhe LWK 3/4. Darunter liegt eine intraspinale
Raumforderung, die in T1-Wichtung ein weitgehend zum Myelon isointenses Signal, in T2-Wichtung ein deutlich hyperintenses Signal aufweist. Eine KM-
Aufnahme war nicht nachweisbar. Als Folge des langsamen, expansiven Wachstums sind die Hinterkanten der LWK 4 und 5 konkav remodelliert (»scallop-
ping«). (Aus Muthukumar 2007)

17.4.3 Dermoid jBildgebung


kLokalisation
jSynonyme 4 Wenn angeboren: 40 % intramedullär, 60 % intradural
Dermoidtumor, Dermoidzyste extramedullär
4 Wenn erworben: intradural extramedullär
jDefinition 4 Dermoide liegen häufig lumbosakral
Langsam wachsender intraspinaler Tumor, der aus Zellen des
epithelialen Ektoderms (Hautzellen) besteht. kCT
4 Hypodens, manchmal fettisodens
jÄtiologie 4 Myelo-CT zur sicheren Identifikation extramedullärer li-
4 Meist angeboren: wenn im Rahmen der embryologischen quorisodenser Läsionen
Entwicklung (s. 7 Exkurs »Embryologische Grundlagen spina-
ler Fehlbildungen«, S. 281) Zellen des epithelialen Ektoderms kMRT
bei der Neurulation im Neuralrohr eingeschlossen werden 4 T1w: meist hyperintens (Fett) (s. . Abb. 17.10), manchmal
4 Selten erworben: wenn Hautzellen bei einer Lumbalpunk- auch iso-/hypointens zum Myelon (. Abb. 17.45), keine
tion oder Operation nach intraspinal verschleppt werden KM-Aufnahme
4 T2w: hyperintens zum Myelon
jEpidemiologie 4 Dermoide verdrängen Gefäße und Nerven (im Gegensatz
4 Selten (1–2 % der spinalen Tumoren) zu einem Lipom)
4 In 20 % mit einem Dermalsinus assoziiert 4 Ruptur eines Dermoids kann zu einer chemischen
Arachnoiditis (s. 7 Kap. 14.2.6, S. 190) führen; dann kann
! Typischer Befund das Dermoid mit den benachbarten Gefäßen und Nerven
Intramedulläre oder intradural extramedulläre Raum- verbacken sein
forderung, die kein KM aufnimmt und das Signal von
Fett (Dermoid) aufweist jEmpfehlung
4 Wenn hyperintens in T1w: fettgesättigte Sequenzen zum
Fettnachweis bei Dermoid
4 KM-Gabe zur Unterscheidung von anderen intraspinalen
Tumoren
316 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a b c

. Abb. 17.46a–c Epidermoid. Sagittale MRT-Aufnahmen in T1w (a) und T2w (b) sowie T1w nach KM (c). Das intradurale, extramedulläre Epidermoid
nimmt den Spinalkanal in Höhe von LWK 3–5 ein. Sowohl in der T1w als auch in der T2w ist es annähernd isointens zum Liquor spinalis. Eine KM-Aufnahme
(c) ist nicht erkennbar. (Aus van Goethem 2007))

4 Hochauflösende T2w-Sequenzen (CISS) zur genauen jÄtiologie


Lagebeziehung zu Dura und Nervenwurzeln 4 Meist angeboren: wenn im Rahmen der embryologischen
Entwicklung (s. 7 Exkurs »Embryologische Grundlagen spina-
jKlinik ler Fehlbildungen«, S. 281) Zellen des epithelialen Ektoderms
4 Rückenschmerzen bei der Neurulation im Neuralrohr eingeschlossen werden
4 Evtl. langsam progrediente neurologische Ausfälle 4 Selten erworben: wenn Hautzellen bei einer Lumbalpunk-
(z. B. Paraparese) tion oder Operation nach intraspinal verschleppt werden
4 Dermoide werden meist im 1.–2. Lebensjahrzehnt sympto-
matisch jEpidemiologie
4 Selten (1–2 % der spinalen Tumoren)
jDD 4 In 20 % mit einem Dermalsinus assoziiert
4 Andere intradural extramedulläre oder intramedulläre
17 Tumoren (in T1w meist isointens zum Myelon, praktisch
! Typischer Befund
Intramedulläre oder intradural extramedulläre Raum-
immer KM-Aufnahme)
forderung, die kein KM aufnimmt und das Signal von
4 Intraspinales Lipom (Dermoide verdrängen Blutgefäße und
Liquor aufweist
Nerven, Lipome umwachsen oft Gefäße und Nerven)
4 Epidermoid (liquorisointens in T1w und T2w, werden meist
im 3.–5. Lebensjahrzehnt symptomatisch) jBildgebung
kLokalisation
4 Wenn angeboren: 40 % intramedullär, 60 % intradural
17.4.4 Epidermoid extramedullär
4 Wenn erworben: intradural extramedullär
jSynonyme 4 Epidermoide können in jeder Höhe auftreten
Epidermoidzyste, Epidermoidtumor
kCT
jDefinition 4 Meist liquorisodens (hypodens)
Langsam wachsender intraspinaler Tumor, der aus Zellen des 4 Myelo-CT zur sicheren Identifikation extramedullärer
epithelialen Ektoderms (Hautzellen) besteht. liquorisodenser Läsionen
17.4 · Kongenitale Tumoren
317 17
kMRT jEpidemiologie
4 Epidermoide: 4 Seltener Tumor (Inzidenz ca. 1:40.000 Geburten), aber
5 in T1w und T2w weitgehend liquorisointens häufigste perisakrale Raumforderung bei Kindern
(. Abb. 17.46) 4 Häufiger bei Mädchen als bei Jungen (4:1)
5 manchmal in T2w hyperintens zu Liquor 4 Benignes Teratom: 80–90 % der Fälle
5 FLAIR: mäßig hyperintens zu Liquor 4 Malignes Teratom: 10–20 % der Fälle. Selten bei Kindern,
5 DWI: stark hyperintens (Diffusionsstörung mit Prävalenz nimmt mit dem Alter zu
Absenkung des ADC)
! Typischer Befund:
5 meist keine KM-Aufnahme, manchmal zarte randständige
Inhomogene perisakrale Raumforderung bei einem
KM-Aufnahme
Kind, die fettige Anteile enthält
5 FLAIR und DWI erlauben Nachweis und Unter-
scheidung von Arachnoidalzyste
jBildgebung
jEmpfehlung kLokalisation
4 Wenn liquorisointens: FLAIR oder DWI zum Nachweis 4 Am häufigsten dorsal des Sakrums (dann ist der Tumor oft
und Unterscheidung eines Epidermoids von einer als Schwellung in Höhe oder oberhalb der Glutäalfalte er-
Arachonidalzyste kennbar)
4 KM-Gabe zur Unterscheidung von anderen intraspinalen 4 Weniger häufig präsakral mit Ausdehnung in das kleine
Tumoren Becken
4 Hochauflösende T2w-Sequenzen (CISS) zur genauen Lage- 4 Selten im Spinalkanal oder Ausdehnung über mehrere
beziehung zu Dura und Nervenwurzeln Kompartimente

jKlinik kCT
4 Rückenschmerzen Inhomogene Raumforderung, häufig mit zystischen und / oder
4 Evtl. langsam progrediente neurologische Ausfälle (z. B. lipomatösen Anteilen, gelegentlich auch mit Verkalkungen
Paraparese)
4 Epidermoide werden meist im 3.–5. Lebensjahrzehnt kMRT
symptomatisch 4 Nachweis von Fett in der Läsion (hyperintens in T1w und
T2w, ggf. Bestätigung durch fettunterdrückte Sequenzen)
jDD und KM-aufnehmenden soliden Anteilen sichert die
4 Andere intradural extramedulläre oder intramedulläre Diagnose (. Abb. 17.47)
Tumoren (in T1w meist isointens zum Myelon, praktisch 4 Bei präsakraler Ausdehnung Beziehung zu den Organen im
immer KM-Aufnahme) kleinen Becken beurteilen
4 Spinale Arachnoidalzyste (in allen Sequenzen liquoriso-
intens) jPrognose
4 Dermoid (fettisodens in CT, hyperintens in T1w wegen 4 Benignes Teratom: Sehr gute Prognose bei chirurgischer
Fettgehalt) Therapie
4 Malignes Teratom: Schlechtere Prognose als beim
benignem Teratom
17.4.5 Sakrokokzygeales Teratom
jDD
jDefinition 4 Chordom (Altersgipfel 50–60 Jahre, enthält kein Fett)
4 Sakraler Missbildungstumor bei Kindern und Jugendlichen 4 Myxopapilläres Ependymom (typische Lage im Filum
4 Benignes Teratom: Zystischer, inhomogener Tumor mit terminale, enthält kein Fett)
einem hohen Fettgehalt 4 Rhabdomyosarkom des Beckens (enger Bezug zur Musku-
4 Malignes Teratom: Vornehmlich solide Tumoranteile. latur. MRT-Charakteristika differieren je nach Ursprung
Metastasierend (Blase, Vagina, etc.)

jÄtiologie
Wenn sich die kaudale Zellmasse im Rahmen der retrogressiven
Differenzierung (s. 7 Exkurs »Embryologische Grundlagen spinaler
Fehlbildungen«, S. 281) nicht vollständig zurückbildet, können
pluripotente Zellen verbleiben, aus denen sich später ein Teratom
entwickelt.
318 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

a c d

. Abb. 17.47a–d Sakrales Teratom bei einer 31-jährigen Patientin. a Auf der sagittalen T1w-Aufnahme der LWS erkennt man eine große, überwiegend
präsakral gelegene weichteilisointense Raumforderung, die in eine im aufgeweiteten sakralen Spinalkanal liegende zystische Läsion übergeht. b Die native
axiale CT in Höhe des kleinen Beckens zeigt, dass die große Raumforderung (Stern) auf der rechten Seite größere zystische Areale enthält (schmaler Pfeil),
auf der linken Seite größere fettisodense Areale (Pfeilspitze) und am dorsalen Rand Verkalkungen aufweist (dicker Pfeil). c Auch die native axiale T1w-Auf-
nahme zeigt, dass der Tumor sehr inhomogen ist mit großen zystischen, weichteilisointensen und fetthaltigen Arealen. d Auf der fettsupprimierten axialen
T1w-Aufnahme nach KM-Gabe erkennt man, dass die weichteilisointensen Areale (Stern) kräftig KM anreichern, während sich die fetthaltigen Areale (Pfeile)
nahezu signallos darstellen. Die Kombination aus KM-aufnehmenden, fetthaltigen und verkalkten Arealen in einer Läsion ist pathognomonisch für ein
sakrales Teratom

17
17.4 · Kongenitale Tumoren
319 17

a b

c d e

. Abb. 17.48a–e Neuroblastom mit multiplen Metastasen. MRT des Abdomens mit axialer T2w-HASTE- (a) und fettgesättigten T1w-FLASH-Aufnahmen nach
KM in axialer (b), koronarer (c) und sagittaler (d) Schichtführung. Sagittale T1w-TSE nach KM des Schädels (e). Im rechten Abdomen ist eine große, rundliche
Raumforderung (Stern) erkennbar, die die Leber nach ventral und kranial verdrängt. Die Grenze zwischen Tumor und Leber ist auf a und c markiert (Pfeilspit-
zen). Die rechte Niere wird nach kaudal verdrängt (c kurzer Pfeil). Der Tumor enthält zystische Anteile (signalreich in A) und nimmt inhomogen KM auf (b, c).
Ventral der Wirbelsäule liegt eine Reihe erheblich vergrößerter Lymphknoten (b »L«, d großer Pfeil). Das Neuroblastom ist nicht durch Neuroforamina in den
Spinalkanal gewachsen, hat aber zu multiplen Skelettmetastasen geführt: Beachte die KM-Aufnahme des BWK 12 (c langer Pfeil) und des gesamten Sakrums
(d). Ventral des Sakrums ist im kleinen Becken noch eine Tumorabsiedlung erkennbar (d kleiner Pfeil). Auch die Schädelkalotte ist infiltriert (e Pfeil)

17.4.6 Neuroblastom jEpidemiologie


4 Zweithäufigste Krebserkrankung im frühen Kindesalter
jSynonyme nach der Leukämie (7–8 % aller Tumorneubildungen)
Ganglioneurom, Ganglioneuroblastom 4 Ca. 130 neue Erkrankungsfälle/Jahr in Deutschland
4 Die benignen Formen (vor allem Ganglioneurome) können
jDefinition asymptomatisch bleiben, daher genaue Inzidenz unbekannt
Krankheitsgruppe mit Tumoren aus embryonalen Zellen des
! Typischer Befund
sympathischen Nervensystems
Paraspinale Raumforderung bei kleinen Kindern, häufig
mit stippchenförmigen Verkalkungen, mit oder ohne
jÄtiologie und Klassifikation
Ausbreitung durch das Neuroforamen nach epidural
4 Die meisten Fälle sind Folge einer Spontanmutation
4 Seltene hereditäre Variante (5 %) mit Mutation auf
Chromosom 2 jBildgebung
4 Krankheitsgruppe umfasst Tumoren mit unterschiedlicher kLokalisation
Malignität: 4 Abdominell > thorakal > sakral> zervikal
4 Ganglioneurom: besteht aus reifen Ganglionzellen, relativ 4 Bei Säuglingen am häufigsten thorakal und zervikal, bei
benigne Kindern >1 Jahr am häufigsten abdominell
4 Ganglioneuroblastom: enthält differenzierte und 4 Tumor beginnt paraspinal, kann sich aber durch das Neuro-
undifferenzierte Zellen, variabler Malignitätsgrad foramen nach intraspinal in den Epiduralraum ausbreiten
4 Neuroblastom: besteht aus undifferenzierten Zellen, maligne oder die knöcherne Wirbelsäule infiltrieren (. Abb. 17.48)
320 Kapitel 17 · Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen

kCT jÄtiologie
4 KM-aufnehmende paraspinale Raumforderung 4 Entsteht regelmäßig im Rahmen der Embryogenese, bildet
4 Stippchenförmige Verkalkungen sind häufig sich meist in den ersten Wochen nach Geburt zurück
4 Bei langsamem Wachstum analog zur Wachstumsrichtung 4 Kann persistieren, Größe variiert dann über die Lebenszeit:
Erweiterung der Neuroforamina und Intercostalräume am kleinsten im mittleren Erwachsenenalter, normale
4 Zerstörung angrenzender knöcherner Strukturen möglich Größenzunahme im höheren Lebensalter
4 Gelegentlich mit Einblutungen 4 Sehr selten kommt es zur weiteren Größenprogredienz und
zur Entwicklung neurologischer Symptome
kMRT
4 T1w: hypo- bis isointens zum Myelon jEpidemiologie
4 T2w: variable Signalintensität Zufallsbefund bei 2–3 % aller normal entwickelten Kinder, bei
4 Variable KM-Aufnahme Erwachsenen seltener
4 Einblutungen/Verkalkungen/Nekrosen möglich
! Typischer Befund:
4 Infiltrierte Wirbelkörper sind hypointens in T1w (Ver-
Kleine, liquorisointense Spalte im Conus medullaris
drängung des normalen Knochenmarks)
(s. auch . Abb. 17.43)
4 Auf Ausbreitung nach epidural achten, dann auch ggf. mit
Myelonkompression
jBildgebung
jEmpfehlung kSonographie
4 Zur Diagnosesicherung und OP-Vorbereitung multiplanare Echofreier, leicht dilatierter Zentralkanal im Conus medullaris
MRT der gesamten Wirbelsäule mit KM und native CT
(Beteiligung ossärer Strukturen?) kCT
4 In der MRT auf epidurale Ausbreitung achten (wichtig für Meist nicht hilfreich
OP-Planung)
kMRT
jDD 4 Spindelförmige, längsgerichtete Spalte im unteren Conus
4 Ewing-Sarkom (geht von benachbarten Knochen aus medullaris (s. . Abb. 17.49)
(Rippen, Becken), Infiltration der Wirbelsäule ist sekundär) 4 Durchschnittliche Größe: Länge 8–10 mm, Querdurch-
4 Wirbelmetastasen (evtl. multifokaler Befall, Primärtumor messer 2–4 mm
nachweisbar?) 4 Läsion ist liquorisointens (T1w: hypointens, T2w:
4 Nervenscheidentumor (paraspinaler Anteil kleiner) hyperintens) und allseits von Myelon umgeben
4 Lymphom 4 Benachbartes Myelon zeigt keine Signalanomalien
4 Wilms-Tumor (entspringt aus der Niere, etwas höheres 4 Keine KM-Aufnahme. Ist eine KM-Aufnahme an der
Alter der Patienten) Zystenwand oder im benachbarten Myelon nachweisbar,
besteht dringender Verdacht auf einen intramedullären
Tumor
17.5 Durch Fehlbildungen oder Normvarianten
bedingte intramedulläre Zysten jEmpfehlung
4 MRT: Dünne sagittale (3 mm) und axiale (4 mm) Auf-
17 17.5.1 Syringohydromyelie nahmen in T1w und T2w. Zum Ausschluss einer okkulten
Dysraphie: axiale T1w und T2w vom Conus medullaris bis
Eine Erweiterung des Zentralkanals (Hydromyelie) oder in- zum Sakrum. Zum Ausschluss eines Tumors: T1w nach
tramedulläre Zystenbildung (Syringomyelie) kann primär oder KM.
sekundär im Rahmen von Fehlbildungen auftreten. Zur ausführ- 4 Bei neurologischen Symptomen, oder wenn es sich um
lichen Darstellung s. 7 Kap. 7.2, S. 44 und Kap. 19, S. 342). einen Zufallsbefund bei einem Kind oder Erwachsenen
handelt und das Vorliegen eines Ventriculus terminalis
nicht bereits bekannt ist, sollte bei jedem Patienten einmal
17.5.2 Ventriculus terminalis im Leben eine MRT-Untersuchung mit KM-Gabe durchge-
führt werden, um auszuschließen, dass es sich um einen
jSynonyme zystischen Tumor handelt. Bei negativem Befund ist bei
Ventriculus quintus, fünfter Ventrikel evtl. Kontrolluntersuchungen keine KM-Gabe mehr er-
forderlich.
jDefinition 4 Bei Neugeborenen ist die Sonographie hinreichend genau
Aufgeweiteter Zentralkanal im distalen Conus medullaris ohne zur Unterscheidung eines Ventriculus terminalis von einer
Krankheitswert (Normvariante) pathologischen Syrinx oder einem Tumor (MRT nicht er-
forderlich).
17.5 · Durch Fehlbildungen oder Normvarianten bedingte intramedulläre Zysten
321 17
jKlinik
4 Asymptomatisch
4 Sehr selten Größenzunahme mit neurologischen Sympto-
men (z. B. Blasen-/Mastdarmschwäche)

jDD
4 Syringohydromyelie (Ausdehnung nach kranial, evtl. exzen-
trische Lage, deutlichere Auftreibung des Myelons, evtl.
assoziierte Anomalien wie Chiari-Malformation)
4 Zystischer intramedullärer Tumor (Astrozytom, Ependy-
mom, Hämangioblastom; wichtigste DD; intramedulläre
Tumoren zeigen bis auf extrem seltene Ausnahmen immer
eine KM-Aufnahme)
4 Myelomalazie (Anamnese mit Trauma oder anderer Mye-
lonschädigung, Defekt im Myelon mit gliotischer Narbe,
Myelon atrophisch statt aufgetrieben, in T1w nicht liquori-
sointens, allerdings sind zystische Anteile möglich)

a b

. Abb. 17.49a, b Ventriculus terminalis bei einer 47-jährigen Patientin mit


Rückenschmerzen und einer Blasenentleerungsstörung. Sagittale MRT-
Aufnahmen in T1w (a) und T2w (b). Der Ventriculus terminalis stellt sich als
zystische, liquorisointense Raumforderung im Conus medullaris dar (a und
b Pfeile). Aufgrund seiner außergewöhnlichen Größe wird der Spinalkanal
in Höhe von BWK12–LWK1 nahezu ausgefüllt. (Aus Sansur 2006) )
323 18

Metabolische Erkrankungen
Martin Wiesmann

18.1 Überblick – 324

18.2 Osteomalazie – 324

18.3 Osteoporose – 326

18.4 Renale Osteodystrophie – 330

18.5 Morbus Paget – 330

18.6 Epidurale Lipomatose – 332

18.7 Funikuläre Myelose – 333

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_18, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
324 Kapitel 18 · Metabolische Erkrankungen

18.1 Überblick

Metabolische Erkrankungen unterschiedlichster Genese wirken


sich auf die Struktur der Wirbelsäule aus, indem sie entweder
die Aktivität der Osteoblasten und Osteoklasten oder die Mine-
ralisierung der Knochensubstanz verändern. Die beiden häufigs-
ten metabolischen Ursachen für Veränderungen der Wirbelsäule
sind die Osteoporose und die renale Osteodystrophie. Der
Morbus Paget (Osteitis deformans) ist zwar keine metabolische
Erkrankung, bewirkt aber ebenso eine veränderte Funktion der
Osteoblasten und Osteoklasten und wird daher in diesem Kapitel
mitbesprochen.
Metabolische Erkrankungen des Rückenmarks werden sehr
viel seltener diagnostiziert als metabolische Erkrankungen des
Gehirns oder der peripheren Nerven. Gut charakterisiert ist der
Vitamin-B12-Mangel. Es ist anzunehmen, dass weitverbreitete
metabolische Erkrankungen wie z. B. der Diabetes mellitus auch
Auswirkungen auf das Rückenmark haben. Dazu ist aber noch
wenig bekannt.

18.2 Osteomalazie

jSynonyme
Rachitis, Knochenerweichung

jDefinition
Unzureichende Mineralisierung der Knochengrundsubstanz. Im
Kindesalter spricht man von Rachitis, bei Erwachsenen von
. Abb. 18.1 Rachitis. Laterale Röntgenaufnahme der BWS eines 10-jähri-
Osteomalazie. gen Jungen mit einem langjährig bekannten nephrotischen Syndrom und
Im Unterschied zur Osteoporose nimmt die Substanz der Rachitis. Neben der ubiquitären, homogenen Transparenzerhöhung der
Knochenmatrix bei der Osteomalazie und der Rachitis nicht ab, Wirbelkörper sind keilförmige Sinterungsfrakturen der BWK 7 und 8 zu er-
sondern es wird nur zu wenig Kalzium und Phosphat in die kennen (Pfeile) (Aus Sbrocchi et al. 2011)
Matrix eingelagert. Dadurch verliert das Skelett an Stabilität, der
Knochen wird weich und biegsam. ! Typischer Befund
4 Relativ homogene, flächige Dichteminderung aller
jÄtiologie Wirbelkörper in der Röntgenuntersuchung
Die häufigsten Ursachen sind Vitamin-D- oder Calciummangel. 4 Pathologische Kompressionsfrakturen: »Fisch-
Eine häufige Ursache bei Erwachsenen ist die renale Osteodys- wirbel« (LWS) bzw. »Keilwirbel« (BWS)
trophie. Daneben sind über 30 weitere Ursachen und verwandte
Krankheiten bekannt, z. B. renale tubuläre Funktionsstörungen, jBildgebung
18 Phosphatasemangel, Fluoridtherapie oder Therapie mit Fumar- kRöntgennativaufnahmen
säure. Bei Erwachsenen (Osteomalazie):
4 Knochendichte der Wirbelkörper vermindert, Knochen-
jEpidemiologie struktur milchglasartig verwaschen (. Abb. 18.2)
Mit der Osteomalazie ist vor allem bei älteren Menschen eine 4 An den Röhrenknochen Nachweis von »Looser-Umbau-
Osteoporose assoziiert. Besonders oft findet sich ein Vitamin-D- zonen« (quer zur Längsachse des Knochens verlaufende
Mangel bei Bewohnern von Altenheimen, aber auch grundsätz- bandförmige Aufhellungen: unverkalktes Osteoid)
lich gehäuft bei älteren Menschen. Studien zeigten einen Mangel 4 Schleichende Frakturen am vorderen Beckenring, sehen aus
bei 40–100 % der über 65-jährigen Männern und Frauen in wie Pseudarthrosen
Europa und in den USA. Daneben haben auch Jugendliche
und schwangere oder stillende Frauen ein erhöhtes Risiko eines Bei Kindern (Rachitis: vor Schluss der Epiphysenfugen):
Vitamin-D-Mangels. 4 Wachstumsstörungen mit Verformungen der Knochen, ins-
Seit routinemäßig bei Säuglingen und Kleinkindern besondere Auftreibungen der Knorpel-Knochen-Grenzen
eine Rachitisprophylaxe mit Vitamin D durchgeführt wird, ist an den Wachstumsfugen: Sitzbuckel (v. a. im Sitzen auf-
die Rachitis im Kindesalter in Deutschland sehr selten ge- fallende Kyphosierung am thorakolumbalen Übergang),
worden. Beindeformierung, Glockenthorax, Skoliosen (. Abb. 18.1)
18.2 · Osteomalazie
325 18

a b

. Abb. 18.2 Laterale Röntgenaufnahmen der BWS und LWS bei einer 29-jährigen Patientin mit bekannter Zöliakie, die seit 2 Jahren unter progredienten
Knochenschmerzen litt. Laborchemisch zeigten sich eine Hypokalzämie, nicht mehr messbare Vitamin-D-Spiegel und erhöhte Werte für Parathormon
und Alkalische Phosphatase. Die Osteomalazie wurde durch eine Knochenbiopsie bestätigt. Die Wirbelkörper wirken unscharf und verwaschen. An der LWS
zeigen sich Sinterungsfrakturen (Fischwirbel). (Aus Rabelink et al. 2011)

4 Wenn die Rachitis bereits im Säuglingsalter beginnt, macht jKlinik


sie sich zuerst an den Schädelknochen bemerkbar (Kranio- Die unzureichende Mineralisierung der Knochengrundsubstanz
tabes) führt zu dumpfen Schmerzen (oft am Rücken), teilweise zu
4 Im Kindesalter sind die Handwurzelknochen gut zur pathologischen Frakturen.
Diagnosestellung geeignet Durch den Vitamin-D-Mangel entsteht oftmals auch eine
Muskelschwäche, und im Rahmen der Osteomalazie eine er-
kCT höhte Knochenbruchgefahr, besonders für Schenkelhalsfraktu-
4 Flächige Transparenzerhöhung bzw. Dichteminderung des ren. Darüber hinaus scheint Vitamin-D-Mangel auch das Risiko
gesamten Wirbelkörpers, insbesondere der Spongiosa und die Ausprägung zahlreicher chronischer Krankheiten, wie
4 An der Wirbelsäule Sinterungsfrakturen (Fischwirbel an Tumorleiden, Autoimmunerkrankungen, Infektionskrankheiten
der LWS, Keilwirbel an der BWS) wie bei Osteoporose, zu- und kardiovaskulärer Krankheiten zu erhöhen.
nehmende Kyphosierung der Wirbelsäule
4 Bei Patienten mit einer renalen Osteodystrophie finden sich jDD
häufig Zeichen des sekundären Hyperparathyreoidismus: 4 Osteoporose (nur schmerzhaft wenn Frakturen auftreten,
vermehrte Sklerosierung der Endplatten an der BWS und Serumparameter: Vitamin-D, Calcium, Alkalische
LWS (Rugger-Jersey-Spine) Phosphatase)
4 Multiples Myelom (fokale osteolytische Herde)
kMRT 4 Andere osteolytische Tumoren (selten generalisiert,
MRT sensitiv zum Nachweis osteoporotisch bedingter frischer Überschreiten der Knochengrenzen, Raumforderung)
Frakturen (Ödemnachweis mittels STIR-Sequenzen) und gut
geeignet zur Differentialdiagnose pathologischer Frakturen
326 Kapitel 18 · Metabolische Erkrankungen

18.3 Osteoporose scheibenvorfällen. Die Wirbelkörper weisen eine bikon-


kave Form auf (»Fischwirbel«)
jSynonyme 5 Stadium 4: Sinterungsfrakturen der Wirbelkörper (s.
Knochenschwund . Abb. 18.3), meistens keilförmig, seltener Vertebra
plana. Oft resultieren eine vermehrte thorakale Kyphose
jDefinition oder eine Skoliose (. Abb. 18.4, . Abb. 18.5, . Abb. 18.6)
Generalisierte Knochendichteminderung sowie Verschlechte- 4 Semiquantitative Graduierung der osteoporotischen
rung der knöchernen Mikroarchitektur mit erhöhtem Fraktur- Kompressionsfrakturen nach Genant (s. . Abb. 18.3)
risiko. Betrifft am Wirbelkörper sowohl die Kortikalis wie die
Trabekel. Im Unterschied zur Osteomalazie weist die Knochen- kMRT
matrix einen normalen Gehalt an Kalzium und Phosphat auf, 4 Flächig T1w- und T2w- hyperintenses Signal der Wirbel-
allerdings geht immer mehr Knochenmatrix verloren. körper aufgrund des steigenden Fettanteils bei Osteoporose
und Osteopenie
jÄtiologie 4 Veränderungen der Trabekelstruktur mit Standard-MRT-
4 95 % primär: postmenopausal, senil, idiopathisch Sequenzen nicht nachweisbar
4 5 % sekundär: u. a. hormonelle und stoffwechselbedingte 4 Intraspongiöse Bandscheibenvorfälle und Veränderungen
Ursachen (z. B. Hypercortisolismus, Hyperparathyreoidis- der Wirbelform gut erkennbar
mus, Hyperthyreose, Vitamin-D-Mangel), Medikamente 4 Ödem in Wirbelkörpern (Signalerhöhung in T2w- und
(z. B. Cortisol, Chemotherapeutika), Immobilisation, STIR-Aufnahmen) zeigt frischere osteoporotische Wirbel-
Malnutrition, chronisch entzündliche oder myeloprolifera- körperfrakturen an
tive Erkrankungen 4 MRT wenig sensitiv zum Nachweis der Osteoporose, aber
sehr sensitiv zum Nachweis osteoporotisch bedingter frischer
jEpidemiologie Frakturen (Ödemnachweis mittels STIR-Sequenzen) und gut
4 Genaue Prävalenz in Deutschland unbekannt. Geschätzt geeignet zur Differentialdiagnose pathologischer Frakturen
sind ca. 25 % aller Menschen über 50 Jahre betroffen,
davon ca. 83 % Frauen (postmenopausale Osteoporose) und kOsteodensitometrie
17 % Männer 4 Nach WHO-Definition erfolgt die Diagnosestellung mittels
4 Jede 2. Frau >50 Jahre erleidet im Laufe des Lebens eine Osteodensitometrie (DPX, »dual photon x-ray absorp-
osteoporotische Fraktur tiometry«): die gemessene Knochendichte wird verglichen
4 Mit steigendem Alter nimmt die Prävalenz zu (ca. 60 % mit gesunden, jungen Erwachsenen (= T-Wert).
aller Frauen bzw. ca. 17 % aller Männer >75 Jahre) (senile 4 Osteoporose: T-Wert: geringer als –2,5 Standardab-
Osteoporose) weichungen
5 Manifeste Osteoporse: Vorliegen von Frakturen
! Typischer Befund
5 Osteopenie: T-Wert: zwischen –1 und –2,5 Standardab-
4 Relativ homogene, flächige Dichteminderung aller
weichungen
Wirbelkörper in der Röntgenuntersuchung
5 Normal: T-Wert größer als –1
4 Pathologische Kompressionsfrakturen: »Fischwir-
bel« (LWS) bzw. »Keilwirbel« (BWS)
jKlinik
4 Die Osteoporose selbst ist nicht schmerzhaft. Von
jBildgebung klinischer Bedeutung ist nicht die Knochendichteminde-
kRöntgennativaufnahmen und CT rung allein, sondern die dadurch bedingten Frakturen
18 4 Modalität der Wahl 4 Das Frakturrisiko ist – bei vergleichbarem Alter und
4 Flächige Transparenzerhöhung bzw. Dichteminderung des T-Wert – bei Frauen doppelt so hoch wie bei Männern
gesamten Wirbelkörpers, insbesondere der Spongiosa 4 Je höher der Fraktur-Grad nach Genant, desto höher das
4 Die Erkrankung verläuft typischerweise in 4 Stadien: Risiko für erneute Frakturen
5 Stadium 1: Resorption der Spongiosa (Trabekel) lässt die
Wirbelkörperabschlussplatten akzentuiert erscheinen jDD
(Bild der »leeren Schachtel«). Zunächst Resorption 4 Traumatische Frakturen (Knochendichte nicht vermindert)
der horizontalen Trabekel mit Akzentuierung der 4 Osteomalazie (schmerzhaft, Serumparameter: Vitamin-D,
Wirbelkörperabschlussplatten und der vertikalen Calcium, Alkalische Phosphatase)
Trabekel 4 Multiples Myelom (fokale osteolytische Herde)
5 Stadium 2: Resorption betrifft nun auch die vertikalen 4 Andere osteolytische Tumoren (selten generalisiert, Über-
Trabekel und die Dicke der Kortikalis nimmt ab. Die schreiten der Knochengrenzen, Raumforderung)
Dichte des ganzen Wirbelkörpers scheint vermindert
(»Milchglasaspekt«)
5 Stadium 3: Durch die geschwächten Wirbelkörperab-
schlussplatten kommt es zu intraspongiösen Band-
18.3 · Osteoporose
327 18

Normal
(Grad 0)

Keilwirbel Bikonkavität (Fischwirbel) Plattwirbel

Mild
(Grad 1: Höhen-
minderung 20–25%)

Mäßiggradig
(Grad 2: Höhen-
minderung 25–40%)

Schwer
(Grad 3: Höhen-
minderung >40%)

. Abb. 18.3 Semiquantitative Einteilung der Wirbelkörper-Kompressionsfrakturen bei Osteoporose


328 Kapitel 18 · Metabolische Erkrankungen

a b

. Abb. 18.4a–d Manifeste Osteoporose. Laterale Röntgen-


aufnahme (a) sowie sagittale CT- (b) und MRT-Aufnahmen
der LWS in T2w (c) und T1w (d) bei einer 79-jährigen Patientin
ohne bewusste Traumata in der Vorgeschichte. Auffällig ist
hier die ubiquitäre, homogene Transparenzerhöhung bzw.
Dichteminderung des dargestellten Knochens im Rahmen
der osteoporotischen Veränderungen. Diese manifestieren
sich in der MRT als fleckige, T1w- und T2w- hyperintense
Verfettungen der Wirbelkörper. Hervorzuheben sind eine
Kompressionsfraktur des LWK 2 (b Pfeilspitze) sowie eine
keilförmige Sinterungsfraktur des LWK 4 (Pfeil), welcher nach
dorsal disloziert ist und eine dorsale Entlastungsoperation
erforderlich machte (Stern) c d

18

. Abb. 18.5a, b Manifeste Osteoporose. Laterale Röntgen-


aufnahme (a) sowie sagittale CT-Reformation (b) des thorako-
lumbalen Übergangs (Mitte BWK 10 bis Mitte LWK 3) einer
76-jährigen Patientin ohne bewusste Traumata in der Vor-
geschichte. Deutlich ist die relativ homogene Transparenz-
erhöhung bzw. Dichteminderung der dargestellten Wirbel-
körper im Rahmen der Osteoporose zu erkennen (Stern). Dar-
über hinaus sind mehrere Sinterungsfrakturen zu erkennen,
die im Falle des LWK 2 zu einer bikonkaven Fischwirbelbil-
dung führen (a Pfeilspitze). Hierbei stellt die Fraktur des
BWK 12 eine Extremform mit einem nahezu vollständig in
sich zusammengesunkenen Wirbelkörper dar (Pfeil) a b
18.3 · Osteoporose
329 18

a b

c d

. Abb. 18.6a–d Traumatische Fraktur ohne osteoporotische Veränderungen zum Vergleich. Laterale Röntgenaufnahme (a) sowie sagittale CT- (b) und
MRT-Aufnahmen der LWS in T2w (c) und T1w (d) bei einer 32-jährigen Patientin mit multiplen Frakturen nach einem Reitunfall im Alter von 15 Jahren.
Hervorzuheben ist eine Kompressionsfraktur des LWK 4 (Pfeil), welche aufgrund einer Einengung des Spinalkanals eine dorsale Entlastungsoperation er-
forderte (b Pfeilspitze). Wenngleich auch weitere Wirbelkörper, wie etwa der LWK 3, traumatische Veränderungen aufweisen, so ist jedoch hier die Knochen-
dichte ubiquitär regelrecht. Der Knochen hat ein homogenes T1w- und T2w-Signal und weist keine Transparenzerhöhungen oder Dichteminderungen
auf (Stern)
330 Kapitel 18 · Metabolische Erkrankungen

18.4 Renale Osteodystrophie

jSynonym
Renale Osteopathie

jDefinition
Sammelbegriff für alle mit einer chronischen Niereninsuffizienz
assoziierten Skelettsymptome und Störungen des Mineralstoff-
wechsels

jÄtiologie
Bei Patienten mit einer länger bestehenden Niereninsuffizienz,
vor allem unter Hämodialysetherapie, treten häufig pathologi-
sche Veränderungen der Elektrolyt- und Hormonspiegel auf
(z. B. Anstieg von Phosphat-, Alkalische Phosphatase- und
Parathormonspiegel, Anstieg oder Erniedrigung der Calcium-
Spiegel). Typisch ist die Kombination eines sekundären Hyper-
parathyreoidismus (führt zu Osteitis fibrosa und Osteosklerose)
und einer Vitamin-D-Hormon-Stoffwechselstörung (führt zur
Osteomalazie). Auch die Häufigkeit der Osteoporose ist bei
Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz erhöht.

jEpidemiologie . Abb. 18.7 Rugger-Jersey-Spine. Seitliche Röntgenaufnahme eines


Häufige Erkrankung bei Patienten mit chronischer Nierenin- Patienten mit einem sekundären Hyperparathyroidismus. Die Wirbelkörper
suffizienz weisen eine diffuse Sklerosierung der Abschlussplatten auf (Rugger-Jersey-
Spine). (Aus SPRINGER IMAGES: rugger_jersey_spine_MEDI-
! Typischer Befund UM_978-3-642-03709-2_34_Fig3_HTML
4 Vermehrte Sklerosierung der Endplatten an der
BWS und LWS (Rugger-Jersey-Spine, wenn die
Osteosklerose im Vordergrund steht)
jKlinik
4 Relativ homogene, flächige Dichteminderung aller
4 Knochen- und Gelenkschmerzen, Schwellungen und
Wirbelkörper in der Röntgenuntersuchung (wenn
Deformationen
die Osteomalazie im Vordergrund steht)
4 Proximal betonte Muskelschwäche
4 Erhöhte Knochenbrüchigkeit
jBildgebung
kRöntgennativaufnahmen und CT jDD:
4 Zeichen der Osteomalazie (s. 7 Kap. 18.2, »Osteomalazie«, 4 Osteomalazie anderer Genese (keine chronische Nieren-
S. 324): Knochendichte der Wirbelkörper vermindert, Kno- insuffizienz)
chenstruktur milchglasartig verwaschen 4 Osteoporose (nur schmerzhaft wenn Frakturen auftreten,
4 An der Wirbelsäule Sinterungsfrakturen möglich (Fisch- Serumparameter: Vitamin-D, Calcium, Alkalische
wirbel an der LWS, Keilwirbel an der BWS) wie bei Osteo- Phosphatase)
18 porose (s. 7 Kap. 18.3, »Osteoporose«, S. 326), zunehmende 4 Hämodialysebedingte Amyloidose (Knochenzysten)
Kyphosierung der Wirbelsäule 4 Primäre Osteosklerose (betrifft das gesamte Skelett)
4 Häufig Zeichen des sekundären Hyperparathyreoidismus: 4 Multiples Myelom (fokale osteolytische Herde)
5 vermehrte Sklerosierung der Endplatten an der BWS
und LWS (Rugger-Jersey-Spine) (. Abb. 18.7)
5 Veränderungen der Iliosakralgelenke: erweiterter 18.5 Morbus Paget
Gelenkspalt, subchondrale Erosionen, fleckige
Verkalkungen jSynonym
Osteitis deformans, Osteodystrophia deformans, Paget-Syn-
kMRT drom, Paget-Krankheit
MRT sensitiv zum Nachweis osteoporotisch bedingter frischer
Frakturen (Ödemnachweis mittels STIR-Sequenzen) und gut jDefinition
geeignet zur Differentialdiagnose pathologischer Frakturen Chronisch progrediente Störung des Knochenstoffwechsels mit
abnormer Knochenremodellierung durch überaktive Osteo-
blasten und Osteoklasten
18.5 · Morbus Paget
331 18

a b

d c

. Abb. 18.8a–d M. Paget. Sagittale T2w-MRT-Aufnahmen des lumbosakralen Übergangs (a, b). Sagittale CT-Reformation von Mitte LWK 3 bis Unterkante
LWK 5 (c). Axiale CT-Aufnahmen durch den LWK 4 (d). Der LWK 4 besitzt auf den MRT-Aufnahmen ein inhomogenes, fleckiges Signal. Auf den CT-Auf-
nahmen fällt auf, dass der Wirbelkörper vergrößert ist. Die Abschlussplatten, sowie Vorder- und Hinterkante sind verdickt und vermehrt sklerosiert. Die
Trabekel im Wirbelkörper sind vergröbert (für den M. Paget typisches Bild eines Rahmenwirbels). (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Erlemann,
Duisburg)

jÄtiologie ! Typischer Befund


4 Genese unklar (viral?) Vergrößerter Wirbelkörper mit verdickter Kortikalis
4 Krankheitsverlauf mit aktiven (osteolytischen) Phasen und
inaktiven (Ruhe-)Phasen jBildgebung
4 Aktive Phase: aggressive Knochenresorption, Osteolysen, kLokalisation
Ersatz von blutbildendem Knochenmark durch fibröses 4 Befall der Wirbelsäule bei 75 % der Patienten, Schädel ist
Bindegewebe, Zunahme der Vaskularisierung nach dem Becken die dritthäufigste Lokalisation
4 Ruhephase: Sklerose, Verdickung der Trabekel, Abnahme 4 Am häufigsten in der mittleren LWS
der Vaskularisierung 4 Pedikel, Lamina und Dornfortsatz ebenfalls befallen
4 Zwischen aktiver Phase und Ruhephase liegt eine Inter-
mediärphase, in der sowohl Osteolyse wie Sklerosierung kRöntgennativaufnahmen:
vorkommen 4 Wirbelkörper vergrößert mit rechteckiger Form (physiolo-
4 Trotz Sklerose und Verdickung der Trabekel ist die gische Konkavität aufgehoben)
Knochenbrüchigkeit erhöht 4 Trabekel im Randbereich des Wirbels vergröbert, Trabekel
4 Entartung zum Sarkom in <1 % der Fälle im Zentrum des Wirbels rarefiziert: »Rahmenwirbel«
(. Abb. 18.8)
jEpidemiologie 4 Manchmal auch diffuse Verdichtung des ganzen Wirbels:
4 Häufige Erkrankung (3 % aller Menschen >40 Jahre, 10 % »Elfenbeinwirbel« (. Abb. 18.9)
aller Menschen >80 Jahre), verläuft aber oft symptomlos 4 Kompressionsfrakturen möglich, selten auch solitäre
und ist nicht behandlungsbedürftig Osteolysen (aktive Phase)
4 Beteiligung der Wirbelsäule in 30–75 % der Fälle
4 Familiäre Häufung
332 Kapitel 18 · Metabolische Erkrankungen

a b

. Abb. 18.9a, b Konventionelle Röntgenaufnahmen der LWS eines Patienten mit einem seit längerer Zeit bestehenden M. Paget. Der LWK 3 ist vergrößert
und weitgehend rechteckig konfiguriert. Die typische Verdickung und Sklerosierung der Abschlussplatten ist noch erkennbar. Inzwischen ist aber bereits
fast der gesamte Wirbelkörper vermehrt sklerosiert (Elfenbeinwirbel). (Aus SPRINGER IMAGES: paget_MEDIUM_978-1-59745-355-4_10_Fig45_HTML)

kCT 18.6 Epidurale Lipomatose


4 Zeigt Größenzunahme, Verdickung der Kortikalis und
Vergröberung der Trabekel jSynonyme
4 In der aktiven Phase deutliche KM-Aufnahme Spinale Lipomatose
4 Destruktionen der Kortikalis oder weichteildichte Raum-
forderungen bei bekanntem Morbus Paget sprechen für jDefinition
eine sarkomatöse Entartung Zunahme des epiduralen Fettes im Spinalkanal mit raum-
fordernder Wirkung, die zu Myelonkompression und neuro-
kMRT logischen Ausfällen führt
4 Meist zeigen befallene Wirbelkörper ein inhomogenes,
fleckiges Signal in T1w und T2w jÄtiologie
4 Bei diffuser Verdichtung (»Elfenbeinwirbel«) hypointens in 4 Hypertrophie des epiduralen Fettes wird verursacht durch
T1w und T2w 5 chronische Steroidtherapie (75 % der Fälle)
18 4 In der aktiven Phase ist das Knochenmark in T2w mit Fett- 5 endokrine Störungen, die zu einem Hyperkortisolismus
sättigung hyperintens und kann eine KM-Aufnahme zeigen führen (z. B. M. Cushing)
5 Adipositas
jKlinik 5 idiopathisch
4 Tiefer Rückenschmerz 4 Das Auftreten neurologischer Symptome wird begünstigt
4 Bei pathologischer Fraktur oder ausgeprägter Vergrößerung durch einen vorbestehenden oder degenerativ bedingten
eines Wirbelkörpers auch Neoroforamenstenose oder engen Spinalkanal
Spinalkanalstenose und ggf. Myelonkompression möglich
jEpidemiologie
jDD Selten
4 Osteoblastische Metastasen (meist schärfer abgegrenzt, bei
ausgedehntem Befall nicht von einem »Elfenbeinwirbel« ! Typischer Befund
unterscheidbar) Verdickung der dorsalen epiduralen Fettschicht im
4 Hämangiom (meist in T1w und T2w hyperintens, keine mittleren thorakalen oder unteren lumbalen Wirbel-
Wirbelvergrößerung, auf axialen CT-Aufnahmen getüpfel- säulenabschnitt, die zu einer Kompression des Dural-
tes Aussehen – »white polka dots«) sackes führt
18.7 · Funikuläre Myelose
333 18

a c

. Abb. 18.10a–c Spinale epidurale Lipomatose. Sagittale T1w-Aufnahme der LWS (a) und axiale T1w (b) in Höhe SWK 1 bei einer 54-jährigen Patientin.
Axiale T1w-Aufnahme in Höhe LWK 5 (c) bei einer 52-jährigen Patientin. Beide Patientinnen waren adipös und litten unter einer symptomatischen epidura-
len Lipomatose (Cauda-Symptomatik). Das signalreiche epidurale Fett führt zu einer starken Kompression des Duralsacks. Bei der ersten Patientin ist der
Duralsack rundlich konfiguriert, bei der zweiten zeigt sich die für die epidurale Lipomatose pathognomonische Y-Form des Duralsacks. (Aus Borré 2003)

jBildgebung jKlinik
kLokalisation 4 Zeichen der Spinalkanalstenose mit oder ohne Rücken-
4 Bevorzugt betroffen ist der mittlere thorakale Wirbel- schmerzen
säulenabschnitt (vor allem dorsaler Epiduralraum) und der 4 Bei Kompression von Nervenwurzeln auch Radikulopathie
untere lumbale Abschnitt (gesamter Epiduralraum) 4 Bei lumbosakraler Betonung auch Cauda-Symptomatik
4 Fettschicht ist dicker als 7 mm und reicht über mehrere möglich
Wirbelkörperhöhen
jDD
kCT 4 Subakutes epidurales Hämatom (kein Signalverlust nach
Fettisodense, langstreckige epidurale Raumforderung Fettsuppression, akuter Symptombeginn)
4 Spinales Angiolipom (Flussartefakte, diffuse KM-Auf-
kMRT nahme)
4 Homogenes, fettisointenses Gewebe (hyperintens in T1w
und T2w)
4 Nach Fettsuppression Signalverlust 18.7 Funikuläre Myelose
4 Keine KM-Aufnahme
4 Kompression des Duralsackes oder der Nervenwurzeln jSynonyme
4 Lumbosakral ist der Duralsack in 50 % der symptomati- Funikuläre Spinalerkrankung, Vitamin-B12-Mangel, perniziöse
schen Fälle Y-förmig komprimiert (pathognomonisches Anämie, Kupfermangel-Myelopathie, »subacute combined dege-
Zeichen), in den anderen 50 % ist der Duralsack rundlich neration of the spinal cord« (SACD)
komprimiert (s. . Abb. 18.10)
jDefinition
Entmarkungserkrankung mit Befall der spinalen Seiten- und
Hinterstränge, in den allermeisten Fällen verursacht durch einen
Vitamin-B12-Mangel
334 Kapitel 18 · Metabolische Erkrankungen

a b

. Abb. 18.11a, b Funikuläre Myelose. Sagittale T2w-MRT-Aufnahme des kraniozervikalen Übergangs (a) und axiale T2w in Höhe des HWK 1 (b) bei einem
mangelernährten alkoholabhängigen Patienten, der wegen einer sensorischen Polyneuropathie und Gangunsicherheit aufgenommen wurde. Die MRT-
Aufnahmen zeigen eine langstreckige Signalsteigerung im dorsalen Myelon, die auf die Hinterstränge beschränkt ist. (Mit freundl. Genehmigung von Prof.
D. Petersen, Lübeck)

jÄtiologie jEpidemiologie
4 Mangel an Vitamin B12 führt zur Degeneration der 4 Gehäuftes Auftreten bei Männern im höheren Lebensalter
Myelonscheiden (Demyelinisierung), betrifft bevorzugt die (50–70 Jahre)
spinalen Seiten- und Hinterstränge, aber auch periphere 4 Wegen der guten Vitamin-B12-Speicherung in der Leber
Nerven treten bei Erwachsenen Mangelsymptome erst nach
4 Nach längerem Bestehen kommt es auch zu einer zerebralen 2–7 Jahren ohne neue Vitamin-B12-Zufuhr auf
Schädigung (Leukenzephalopathie)
! Typischer Befund
4 Vitamin-B12 muss über die Nahrung aufgenommen werden
Langstreckige Signalsteigerung des dorsalen Myelons
und kommt in ausreichenden Mengen nur in tierischen
in T2w
Nahrungsprodukten (Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier)
vor. Vitamin-B12 wird im terminalen Ileum resorbiert,
dazu ist der von den Parietalzellen des Magens sezernierte jBildgebung
»intrinsic factor« nötig kCT
4 Ein Vitamin-B12-Mangel entsteht bei Nicht hilfreich
5 mangelnder Zufuhr: streng vegetarische Diät, Fehl-
ernährung (z. B. bei Alkoholabusus) kMRT
18 5 mangelnder Resorption: Autoantikörper gegen den »in- 4 Relativ symmetrische Signalsteigerung des dorsalen oder
trinsic factor« oder gegen die Parietalzellen des Magens dorsolateralen Myelons in T2w, in T1w iso- oder gering
(perniziöse Anämie), M. Crohn, Zöliakie, Befall mit hypointens (. Abb. 18.11 und . Abb. 18.12)
Fischbandwurm 4 Myelon kann gering aufgetrieben wirken
4 Es gibt eine Reihe anderer, seltener Ursachen, die ebenfalls 4 Meistens keine KM-Aufnahme, selten geringe KM-Auf-
zum Bild der funikulären Myelose führen können: nahme
5 Lachgasnarkosen (bei Patienten mit latentem Vita- 4 Kann sich nach kranial bis in die Medulla oblongata
min-B12-Mangel; Auftreten der Symptome 2–6 Wochen erstrecken
nach der Narkose) 4 Oberes Thorakalmark am häufigsten betroffen
5 chronischer Lachgas-Abusus (auch bei unauffälligen 4 Typischerweise zeigen sich in T2w im dorsalen Myelon
Vitamin-B12-Spiegeln) langstreckige Signalsteigerungen, die durchgängig über
5 Kupfermangel mehrere Wirbelkörperhöhen verlaufen (differential-
diagnostisch hilfreich!)
4 In ausgeprägten Fällen auch zerebrale Beteiligung: fleckige
oder konfluierende Signalsteigerungen in T2w im zerebralen
Marklager
18.7 · Funikuläre Myelose
335 18

. Abb. 18.12a, b Kupfermangel-Myelopathie. 71-jährige Patientin mit


seit einem halben Jahr progredienter Panzytopenie und spinaler Ataxie, die
bis zu einer nahezu vollständigen Gehunfähigkeit geführt hatte. Als Ur-
sache fand sich ein Kupfermangel, bedingt durch eine Resorptionsstörung
bei Z.n. partieller Gastrektomie (modifizierter Billroth-I-Magen) und eine
vermehrte Kupferausscheidung im Urin bei mesangioproliferativer
Glomerulonephritis. MRT der HWS mit axialer (a) und sagittaler (b) T2w. Im
Querschnitt (a) keilförmige, im Längsschnitt (b) langstreckige Signalan-
hebung des Myelons (Pfeil) als Zeichen einer Hinterstrangdegeneration.
(Aus Bartner et al. 2005) b

4 Signalveränderungen in Myelon und zerebralem Marklager jDD


sind nach Vitamin-B12-Substitution langsam, teilweise oder 4 Myelitis transversa (akuter Beginn, Läsion nicht auf Hinter-
vollständig regredient stränge begrenzt)
4 Bei der Kupfermangel-Myelopathie finden sich die gleichen 4 Multiple Sklerose (zusätzliche andere neurologische Aus-
Signalveränderungen wie beim Vitamin-B12-Mangel. Zu- fälle, Läsionen nicht auf Hinter-/Seitenstränge beschränkt,
sätzlich kann aber eine zentrale Signalsteigerung im Myelon evtl. KM-Aufnahme)
vorhanden sein. Als seltene Ausnahme ist nur eine zentrale 4 ADEM (akuter Beginn, Läsionen nicht auf Hinter-/Seiten-
Signalsteigerung nachweisbar stränge beschränkt, evtl. KM-Aufnahme)
4 Spinale Ischämie (akuter Beginn, Diffusionsstörung,
jEmpfehlung KM-Aufnahme im subakuten Stadium)
MRT: sagittale T1w und T2w, axiale T2w. KM-Gabe bei passen- 4 Amyotrophe Lateralsklerose (charakteristische neuro-
der Klinik und Bildbefund nicht erforderlich. logische Symptome, betrifft Tr. corticospinalis und
motorische Vorderhornzellen, daher Hyperintensität in
jKlinik T2w im ventralen Myelon und Verschonung der Hinter-
4 Erstes Symptom ist meist eine sensorische, symmetrische, stränge)
distal- und beinbetonte Polyneuropathie 4 HIV-Myelitis (zervikaler Befall kann bildmorphologisch
4 Spastische Paraparese und Gangunsicherheit wie eine funikuläre Myelose aussehen)
4 Bei zerebraler Beteiligung: progredientes hirnorganisches
Psychosyndrom, geistige Verlangsamung
4 Labor: makrozytäre Anämie, erniedrigter Plasmaspiegel
von Vitamin B12
337 19

Spinale Zysten und Störungen


der Liquorzirkulation
Martin Wiesmann, Omid Nikoubashman

19.1 Überblick – 338

19.2 Meningeale Zysten – 338

19.3 Syringohydromyelie – 342

19.4 Duraleck/Liquorverlustsyndrom – 345

19.5 Rückenmarkherniation – 348

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6_19, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
338 Kapitel 19 · Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation

19.1 Überblick Exkurs: Differentialdiagnose spinaler Zysten

Wie bei Tumoren ordnet man Zysten einem anatomischen 4 Zystische intramedulläre Tumoren (Ependymom, Astrozytom)
Kompartiment zu und unterscheidet so zwischen extraduralen, 4 Zystische intradurale extramedulläre Tumoren (Dermoid,
Epidermoid, Schwannom, Meningeom)
intradural extramedullären und intramedullären Zysten. Dies ist
4 Fehlbildungszysten (enterogene Zyste, ependymale Zyste)
zwar essentiell für eine eventuelle operative Behandlung, diffe- 4 Ventriculus terminalis
rentialdiagnostisch aber oft nur wenig hilfreich: Die meisten 4 Syringohydromyelie
Arten von Zysten können in unterschiedlichen Kompartimenten 4 Meningeale Zysten
auftreten oder sich über mehr als ein Kompartiment ausdehnen. 4 Degenerative Zysten (Synovialzyste der Facettengelenke,
Vakuumphänomen)
Eine Vielzahl von Ursachen kann zur Entstehung von Zysten
4 Parasitosen (Echinokokkus, Neurozystizerkose)
im Spinalkanal führen (s. 7 Exkurs, »Differentialdiagnose spinaler
Zysten«). Eine sichere Diagnosestellung ist manchmal nur durch
eine histologische Untersuchung der Zystenwand möglich. Mit
der Bildgebung, in erster Linie der MRT, können aber solide Typ 1A Extradurale Arachnoidalzyste. Durch einen Defekt in
Anteile (z. B. Skolex bei Neurozystizerkose, solide Tumoranteile der Dura kommt es zu einer Ausstülpung der Arachnoidea in den
bei zystischen Tumoren), eine KM-Aufnahme der Zystenwand Epiduralraum (. Abb. 19.2).
(als Hinweis auf eine infektiöse Ursache oder einen zystischen
Tumor), ein Anhalt für den Inhalt der Zyste (z. B. liquorähnlich, Typ 1B Sakrale Meningozele. Ausstülpung der Dura mater im
proteinreich), ein evtl. vorhandener raumfordernder Effekt und Sakralkanal, meist mit einem stielförmigen Ursprung und einer
die anatomische Lage der Zyste bestimmt werden. Zusammen zystischen Auftreibung, in die der Subarachnoidalraum prola-
mit dem Alter des Patienten, der Anamnese und der klinischen biert (. Abb. 19.3).
Symptomatik ist dann häufig doch eine Diagnosestellung
möglich. Typ 2 Extradurale Zyste mit Nervenfasern, die durch die Zyste
oder in der Zystenwand verlaufen (Wurzeltaschenzyste, Perineu-
> Bei jedem Patienten mit einer Zyste im Myelon (Syrinx)
ralzyste, Tarlov-Zyste). Entstehen durch Auftreibung der
oder Spinalkanal sollte einmal im Leben eine MRT-
Nervenscheide eines Spinalnerven (. Abb. 19.4).
Untersuchung mit KM-Gabe durchgeführt werden,
um auszuschließen, dass es sich um einen zystischen
Typ 3 Intradurale Zyste (Arachnoidalzyste). Die Zysten liegen
Tumor handelt. Bei negativem Befund ist bei Kontroll-
intradural und können komplett unabhängig vom Subarachnoidal-
untersuchungen keine KM-Gabe mehr erforderlich.
raum sein oder mit ihm kommunizieren. Entstehung kongenital
Ausnahme: Bei typischen Wurzeltaschenzysten ist
(Duplikation/Fehlanlage der Arachnoidea) oder sekundär als
keine KM-Gabe erforderlich.
Folge von Verklebungen der Arachnoidea (nach Trauma, Ent-
zündung oder Operationen) (. Abb. 19.5).

19.2 Meningeale Zysten jEpidemiologie


4 Typ 1A: bevorzugt bei Jugendlichen, meist thorakale Lage,
jSynonyme selten
Arachnoidalzyste, meningeales Divertikel, Meningozele, Tarlov- 4 Typ 1B: bevorzugt im mittleren und höheren Lebensalter,
Zyste, Wurzeltaschenzyste, Perineuralzyste fast immer sakrale Lage, selten
4 Typ 2: im mittleren und höheren Lebensalter, häufig, Lage
jDefinition vor allem im Sakralbereich, in der Mehrzahl der Fälle sind
Inhomogene Gruppe von intra- oder extraduralen Zysten, die multiple Wurzeltaschenzysten nachweisbar, meist asymp-
durch eine umschriebene Ausstülpung (Divertikulum) der tomatisch
Arachnoidea, der Dura mater oder der Nervenscheide der 4 Gehäuftes Auftreten von extraduralen Zysten (Typ 1 und 2)
19 Spinalnerven bedingt sind. Die meisten Zysten kommunizieren bei Patienten mit Bindegewebserkrankungen (z. B. Marfan-
mit dem Subarachnoidalraum und enthalten Liquor, sie können Syndrom) oder Neurofibromatose.
aber auch komplett unabhängig vom Subarachnoidalraum sein. 4 Typ 3: sehr selten, am häufigsten in thorakaler Höhe und
Auch bei den Zysten, die mit dem Subarachnoidalraum dorsal des Myelons, oft multiples Auftreten
kommunizieren, kann ein Ventilmechanismus vorliegen, der
dazu führt, dass Liquor »gefangen« wird und die Zyste an Größe ! Typischer Befund
zunimmt. 4 Multiple, liquorisointense intra- oder extra-
foraminale Zysten im Sakralbereich (Typ 2, Wurzel-
jÄtiologie und Einteilung taschenzysten)
kEinteilung nach Nabors (1988) (. Abb. 19.1) 4 Raumfordernde liquorisointense Zyste im dorsalen
Typ 1 Extradurale meningeale Zyste ohne Beteiligung von thorakalen Subarachnoidalraum (Typ 3, Arachnoi-
Nervenfasern (extradurale Arachnoidalzyste, meningeales dalzyste) oder Epiduralraum (Typ 1A)
Divertikel, Meningozele).
19.2 · Meningeale Zysten
339 19

Dura mater Arachnoidea


Dura mater
Pia mater Arachnoidea
a b

Dura Arachnoidea
mater
d

Dura mater
c

Dura mater
Dura mater und
Arachnoidea
e

. Abb. 19.1a–e Einteilung der meningealen Zysten nach Nabors (1988). Zur Beschreibung s. 7 Abschnitt »Ätiologie und Einteilung«. a Normale Anatomie,
b Nabors Typ 1A, c Nabors Typ 1B, d Nabors Typ 2, e Nabors Typ 3
340 Kapitel 19 · Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation

a b

c d

. Abb. 19.2a–d Meningeale Zyste (Nabors Typ 1A). Axiale (a und b), sagittale (c) und koronare (d) T2w-MRT-Untersuchung des lumbosakralen Spinal-
kanals. Im lumbalen Spinalkanal befindet sich links dorsolateral des Duralsacks eine extradural gelegene, multilobulierte Zyste, die den Duralsack leicht
nach rechts und ventral verlagert (Nabors 1A). (Aus Krauthamer et al. 2013)

jBildgebung 4 Zystenwand nimmt kein Kontrastmittel auf


4 Die meisten Zysten im Spinalkanal liegen dorsal 4 Manchmal ist die Zystenmembran nicht sichtbar und nur
19 4 Bei kombinierter intra- und extraforaminaler Ausdehnung eine leichte Kompression des Myelons oder Verlagerung der
ist eine Sanduhrkonfiguration möglich Nervenfasern weist auf das Vorliegen einer Zyste hin

kCT kMyelographie mit Post-Myelo-CT


Aufweitung der Neuroforamina (Typ 2), durch das langsame 4 Zum Nachweis, ob eine Zyste frei mit dem Subarachnoidal-
Größenwachstum auch Remodellierung (Verdünnung) der Pedikel raum kommuniziert (sofortige Kontrastierung), einen
Ventilmechanismus besitzt (verzögerte Kontrastierung)
kMRT oder unabhängig vom Subarachnoidalraum ist (fehlende
4 Die meisten Zysten sind liquorisointens, selten besitzt Kontrastierung)
der Zysteninhalt eine gering erhöhte Proteinkonzentration 4 Zum Nachweis, ob die Zyste so raumfordernd ist, dass sie
(hyperintens zum Liquor in T1w) einen partiellen oder kompletten Liquorstopp verursacht
4 Nachweis der Zystenmembran gelingt häufig nur durch
hochauflösende T2w-Sequenzen (z. B. CISS, FIESTA)
19.2 · Meningeale Zysten
341 19

a b

. Abb. 19.3a, b Meningeale Zyste (Nabors Typ 1B). T2w-MRT-Aufnahmen sagittal mit Abbildung des lumbosakralen Spinalkanals (a) und axial durch den
SWK 2 (b). Zufallsbefund bei einer 50-jährigen Patientin mit unspezifischen Lumboischialgien. Auf Höhe des SWK-1/2-Übergangs findet sich eine intra-
spinale Zyste (a und b Pfeil), die extradural zwischen den S2-Nervenwurzeln (b Pfeilspitzen) liegt

a b c

. Abb. 19.4a–c Meningeale Zyste (Nabors Typ 2). T2w-(a) und T1w- (b) MRT-Aufnahme des rechtsseitigen lumbosakralen Spinalkanals. Axiale T2w-MRT-
Aufnahme durch den SWK 1 (c). 76-jährige Patientin mit unspezifischen Lumboischialgien. Die S1- Nervenwurzeln bzw. die S1-Spinalnerven (a–c Pfeil-
spitzen) sind in ihrem Verlauf von zystischen Aufweitungen umgeben, die Wurzeltaschenzysten entsprechen (a–c Pfeile) (Nabors Typ 2). Diese führen zu
einer Aufweitung der entsprechenden Neuroforamina
342 Kapitel 19 · Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation

a b

. Abb. 19.5a, b Meningeale Zyste (Nabors Typ 3). Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der BWS. Darstellung des Spinalkanals von BWK 4 bis
BWK 10 (a) und axial in Höhe des BWK 7 (b). 52-jährige Patientin mit gürtelförmigen thorakalen Schmerzen. Dorsal des Myelons ist eine zystische Erweite-
rung des Liquorraums zu erkennen (a und b Pfeil). Diese erstreckt sich über mehrere Segmente, verlagert das Myelon nach ventral und komprimiert dieses
erheblich. Ein Durchtritt durch die Dura mater ist nicht zu erkennen (Nabors Typ 3)

> Wenn eine meningeale Zyste einen Ventilmechanismus 19.3 Syringohydromyelie


besitzt, kann die Kontrastierung der Zyste nach einer
Myelographie auch mit größerer zeitlicher Verzöge- jSynonyme
rung erfolgen (z. B. 3–24 Stunden). Daher ggf. zweite Syringomyelie, Hydromyelie, Hydrosyringomyelie, spinale Syrinx,
Post-Myelo-CT durchführen zum Nachweis, ob die parazentrale Syrinx, Syringobulbie
Dichte in der Zyste im Verlauf ansteigt.
jDefinition
jKlinik Zystische Höhle im Rückenmark. Kann einer lokalen Aufweitung
Die meisten meningealen Zysten sind asymptomatisch und wer- des Zentralkanals entsprechen (Hydromyelie) oder ohne Ver-
den als Zufallsbefund entdeckt. Bei größeren, raumfordernden bindung zum Zentralkanal im Myelon liegen (Syringomyelie,
Zysten hängt die Symptomatik von der Lage ab. Zervikale und spinale Syrinx, parazentrale Syrinx). Da eine sichere Unter-
thorakale Zysten führen zu sensorischen Störungen und einer scheidung bildmorphologisch nicht möglich ist, verwendet man
progredienten spastischen Tetraparese, typischerweise aber ohne besser den Begriff Syringohydromyelie, der beide Möglichkeiten
Rückenschmerzen. Da die meisten Zysten dorsal des Myelons einschließt. Eine Syrinx im kaudalen Hirnstamm (Medulla
liegen, stehen sensorische Störungen im Vordergrund. Lumbale oblongata) wird auch Syringobulbie genannt.
oder lumbosakrale Zysten können zu tiefen Rückenschmerzen,
Beinschmerzen, sensorischen oder motorischen Ausfällen oder jÄtiologie
zu einer Blasen-/Mastdarmschwäche führen. Typisch ist, dass die 4 Ursachen:
Beschwerden durch Lageänderungen oder ein Valsalva-Manöver 5 Störung der spinalen Liquorzirkulation (s. auch
19 zunehmen (nicht bei allen Patienten nachweisbar). 7 Kap. 7.2, »Zentralkanal«, S. 44), entweder als primäre
Syringohydromyelie im Rahmen angeborener Fehlbil-
> Ein Liquorverlustsyndrom kann Folge einer rupturier-
dungen (Chiari-I- oder Chiari-II-Malformationen, spi-
ten meningealen Zyste sein.
nale Dysraphie, Diastematomyelie) oder als sekundäre
jDD Syringohydromyelie bei spinalen Tumoren oder Ver-
4 Zystische Tumoren (KM-Aufnahme, Nachweis von Fett, klebungen der subarachnoidalen Räume nach einem
Diffusionsstörung bei Epidermoiden) Trauma, einer Blutung oder einer Entzündung (Menin-
4 Fehlbildungszysten (assoziierte Defekte) gitis, Arachnoiditis). Man nimmt an, dass der Liquor im
4 Synovialzyste der Facettengelenke (Verbindung zum Subarachnoidalraum durch die Abflussbehinderung
Facettengelenk, degenerative Veränderungen) unter erhöhtem Druck steht und durch perivaskuläre
4 Wurzeltaschenzysten sind bildmorphologisch nicht immer Räume in das Myelon getrieben wird.
von einer traumatischen Pseudomeningozele nach Wurzel- 5 Eine sekundäre Syringohydromyelie tritt oft erst Monate
ausriss unterscheidbar (Anamnese) oder Jahre nach dem auslösenden Ereignis auf
19.3 · Syringohydromyelie
343 19

a b

. Abb. 19.6a, b Syringohydromyelie. Sagittale (a) und axiale (b) T2w-MRT-Aufnahmen der HWS. 2 Monate altes Mädchen mit einer Arnold-Chiari-
Malformation (Typ 1). Bei diesem Kind mit einer Arnold-Chiari-Deformität (Typ I) sind die Kleinhirntonsillen durch das Foramen magnum hierniert und
führen zu einer Kompression des Myelons (a Pfeilspitze). Als Minimalvariante einer Syringohydromyelie ist über zwei Segmente eine strichförmige
Flüssigkeitskollektion zu erkennen (a und b Pfeil)

5 Selten handelt es sich lediglich um eine mit Flüssigkeit kMRT


gefüllte Defekthöhle nach einer primären Zerstörung des 4 Spindelförmige, längsgerichtete Spalte im Myelon
Myelons (z. B. durch eine intramedulläre Blutung) (. Abb. 19.6 und . Abb. 19.7)
4 Syrinx ist liquorisointens (T1w: hypointens, T2w: hyper-
jEpidemiologie intens) und allseits von Myelon umgeben. Gelegentlich ist
4 Selten bei Kindern, dann in der Regel bei angeborenen die Syrinx in T1w gering hyperintens zu Liquor (minimal
Fehlbildungen wie einer Chiari-Malformation (Auftreten erhöhter Eiweißgehalt)
bei Chiari-I in 20–85 % der Fälle, bei Chiari-II in 48–88 % 4 An die Syrinx angrenzende Gliose oder Myelomalazie zeigt
der Fälle) in T2w eine Signalsteigerung
4 Häufiger bei Erwachsenen, z. B. nach spinalem Trauma 4 Gelegentlich sieht man mit hochauflösenden T2w-Sequen-
oder einer infektiösen Entzündung zen (z. B. CISS) pathologische Membranen im Subarachno-
idalraum nach Trauma oder Entzündung
jTypischer Befund 4 Eine »normale« Syringohydromyelie zeigt keine KM-Auf-
Aufgetriebenes Myelon mit einer längsgerichteten Spalte, die nahme. Ist eine KM-Aufnahme an der Zystenwand oder
eine liquorisointense Flüssigkeit enthält im benachbarten Myelon nachweisbar, besteht dringender
Verdacht auf einen intramedullären Tumor oder einen
jBildgebung infektiösen Prozess
kCT 4 Prominente Liquorpulsationen in einer Syrinx (Cine-
4 Auftreibung des Myelon Phasen-Kontrast MRT) sind ein prognostisch ungünstiges
4 Syrinx ist liquorisodens, kleinere Läsonen sind in der CT Zeichen und weisen auf eine mögliche Größenzunahme
aber oft nicht erkennbar. hin, wenn keine chirurgische Dekompression erfolgt
4 Größere Befunde können, wenn sie lange bestehen, zu einer
reaktiven Aushöhlung an der Wirbelkörperrückseite führen kMyelographie mit Post-Myelo-CT
(»scalloping«) Zum Nachweis arachnoidaler Adhäsionen oder meningealer
Zysten als Ursache für die Syringohydromyelie
344 Kapitel 19 · Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation

a b c

. Abb. 19.7a–c Syringohydromyelie. Zufallsbefund bei einer 51-jährigen Patientin mit einer initialen, linksseitigen, sensiblen C6- und C7-Symptomatik
bei operierten, links intraforaminalen Bandscheibenvorfällen in den entsprechenden Segmenten. Sagittale T2w- (a) und kontrastmittelangehobene T1w-
(b) MRT-Untersuchung des zervikalen und oberen thorakalen Spinalkanals. Axiale T2w-MRT-Untersuchung auf Höhe des HWK 7. Im Myelon findet sich eine
liquorisointense Aufweitung, die sich spindelförmig über mehrere Segmente (HWK 5 bis BWK 2) erstreckt (a–c Pfeil). Eine pathologische Kontrastmittelauf-
nahme lässt sich nicht nachweisen (B). Die vorliegende Syringohydromyelie ist derart ausgeprägt, dass das Myelon am punctum maximum nur noch als
dünnes Band abgrenzbar ist (c). Insbesondere die vordere Myelonkommissur ist zwischen der Fissura mediana anterior und der Syringohydromyelie nur
noch als dünner Strich zu erkennen (c Pfeilspitze)

jEmpfehlung jDD
4 MRT: Sagittale und axiale Aufnahmen in T1w und T2w. 4 Zystischer intramedullärer Tumor (Astrozytom, Ependy-
Bei erstmaliger Untersuchung Darstellung des gesamten mom, Hämangioblastom; wichtigste DD; intramedulläre
Myelons (weitere Syrinx, Chiari-Malformation?). Tumoren zeigen bis auf extrem seltene Ausnahmen immer
4 Bei jedem Patienten mit einer Syrinx sollte einmal im Leben eine KM-Aufnahme)
eine MRT-Untersuchung mit KM-Gabe durchgeführt wer- 4 Ventriculus terminalis (Normvariante, relativ geringe
den, um auszuschließen, dass es sich um einen zystischen Aufweitung des Zentralkanals im Conus terminalis,
Tumor handelt. Bei negativem Befund ist bei Kontrollunter- s. 7 Kap. 17.5, »Durch Fehlbildungen oder Normvarianten
suchungen keine KM-Gabe mehr erforderlich. bedingte intramedulläre Zysten«, S. 344)
4 Myelomalazie (Anamnese mit Trauma oder anderer
jKlinik Myelonschädigung, Defekt im Myelon mit gliotischer
4 Kann asymptomatisch bleiben Narbe, Myelon atrophisch statt aufgetrieben, in T1w nicht
19 4 Affektion der zentralen Bahnen mit »mantelartigen« liquorisointens, allerdings sind zystische Anteile möglich)
Schmerzen und Verlust des Temperaturempfindens
4 Bei längerem Bestehen auch Paresen und weitere Sensi-
bilitätsstörungen
4 Hirnnervenstörungen bei Syringobulbie

> Beim verzögerten Auftreten von Schmerzen oder


neurologischen Ausfällen (Monate bis Jahre) nach
einem spinalen Trauma oder einer Infektion an eine
sekundäre Syringohydromyelie oder Arachnoidalzyste
denken!
19.4 · Duraleck/Liquorverlustsyndrom
345 19
19.4 Duraleck/Liquorverlustsyndrom 4 In anderen Fällen sind überhaupt keine Flüssigkeitsdepots
nachweisbar oder die Flüssigkeitsdepots erlauben allenfalls
jSynonyme eine grobe Zuordnung zu einem Wirbelsäulenabschnitt
Spinales Liquorunterdrucksyndrom, spontane intrakranielle 4 Bei Verletzung der Dura durch Trauma oder Operation
Hypotension, Pseudomeningozele zeigt sich evtl. eine Ausziehung der Dura am Ort der Läsion
(Pseudomeningozele, s. 7 Kap. 12.8, »Verletzungen der Ner-
jDefinition venwurzel«, S. 109, Nachweis mit der MRT in T2w)
Permanenter Verlust von Liquor durch eine spinale Duraläsion 4 Untersuchung des suspekten Wirbelsäulenabschnitts oder
des gesamten Spinalkanals mit axialen dünnschichtigen,
jÄtiologie hochauflösenden T2w-Sequenzen (z. B. CISS, FIESTA):
4 Verletzung der Arachnoidea und Dura durch Operation, Pseudomeningozele, Duralücke, meningeale Zyste?
Lumbalpunktion oder Trauma 4 Konventionelle Myelographie nur wenig sensitiv
4 Spontaner Einriss im Bereich einer Wurzelscheide (häufig) 4 Myelographie nur indiziert in Verbindung mit Post-Myelo-
oder der Dura (seltener), z. B. im Rahmen eines Bagatell- CT:
traumas oder starkem Husten 5 CT möglichst rasch nach KM-Injektion durchführen:
4 Spontaner Einriss einer vorbestehenden meningealen KM-Austritt in den Epiduralraum oder aus einer
Zyste Wurzeltasche
Cave: geringfügiger KM-Austritt aus einer Wurzeltasche
jEpidemiologie kann physiologisch sein?
4 Spontane Duralecks treten am häufigsten zwischen dem 5 wenn unauffällig: Post-Myelo-CT wiederholen
30. und 40. Lebensjahr auf (z. B. nach 1 h)
4 Risiko eines spontanen Duralecks deutlich erhöht bei Vor- 4 Alternativen zur Post-Myelo-CT sind die MRT nach intrathe-
liegen eines Marfan-Syndroms kaler Gadolineumgabe (off-label use!) oder die Szintigraphie
! Typischer Befund
jEmpfehlung
4 Intrakranielle und spinale Dura verdickt und
4 Bei klinischem Verdacht auf Liquorunterdrucksyndrom
KM-aufnehmend
zunächst kranielle MRT: typische Zeichen vorhanden?
4 Prominenter epiduraler Venenplexus im anterioren
4 Bei OP-Anamnese: auf den OP-Bereich fokussierte MRT
Epiduralraum der HWS
und Entscheidung, ob eine operative Revision indiziert ist
oder zunächst ein epiduraler Blutpatch versucht werden soll
jBildgebung 4 Bei Z.n. Lumbalpunktion: i.d.R. zwei Therapieversuche mit
Allgemeine Zeichen des Liquorverlustes (Liquorunterdruck- einem epiduralen Blutpatch. Wenn erfolglos, Darstellung
syndrom, s. auch 7 Kap. 6.2.16 in Band 1): des Duralecks (s. u.)
4 In allen anderen Fällen: konventionelle MRT der gesamten
kCT Wirbelsäule einschließlich dünnschichtiger hochauflösen-
4 Evtl. symmetrisch erweiterter anterolateraler spinaler der T2w-Sequenzen (z. B. CISS, FIESTA): Verteilung der
Epiduralraum durch gestauten epiduralen Venenplexus (vor Flüssigkeitsdepots? Meningozele? Meningeale Zyste?
allem zervikal), der intensiv KM aufnimmt Duradehiszenz? Dann Entscheidung, ob zunächst zwei
4 Evtl. Nachweis von Flüssigkeitsdepots paraspinal, epidural Therapieversuche mit einem epiduralen Blutpatch erfolgen
oder subdural ( . Abb. 19.8 und . Abb. 19.9) sollen, oder direkt das Duraleck lokalisiert werden soll
4 Lokalisation des Duralecks: zunächst Untersuchung mit Post-
kMRT Myelo-CT. Wenn erfolglos, entweder MRT nach intratheka-
4 Intrakranielle und spinale Dura verdickt und ler Gadolineumgabe (»off-label use«!) oder Szintigraphie
KM-aufnehmend
4 Prominenter epiduraler Venenplexus im anterioren jKlinik
Epiduralraum der HWS mit intensiver KM-Aufnahme 4 Kopfschmerzen, typischerweise mit Besserung im Liegen
4 Evtl. Nachweis von liquorisointensen Flüssigkeitsdepots 4 Seltener auch Hirnnerven- oder Sehstörungen
paraspinal, epidural oder subdural 4 Selten Progredienz bis zu Bewusstseinsstörungen, Koma
4 Evtl. Nachweis einer meningealen Zyste (s. 7 Kap. 19.2, und Tod
»Meningeale Zysten«, S. 338)
jDD
jLokalisation des Duralecks 4 Andere Ursachen für Verdickung und KM-Aufnahme der
4 Veränderungen der Dura im Rahmen des Liquorunter- Meningen: Pachymeningitis, Tolosa-Hunt-Syndrom (basale
drucksyndroms (Verdickung, KM-Aufnahme) sind räum- Betonung)
lich unabhängig vom Ort der Duraläsion 4 Andere Ursachen für postoperative Flüssigkeitsansamm-
4 In manchen Fällen zeigt ein großes Flüssigkeitsdepot den lungen: Hämatom (nicht liquorisointens), Abszess
Ort der Duraläsion an (KM-Aufnahme, Diffusionsstörung)
346 Kapitel 19 · Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation

a b f

19
c d e

. Abb. 19.8a–f Liquorleck. MRT-Aufnahmen des Kopfes axial in T2w (a) und koronar in T1w (kontrastmittelangehoben) (b). Sagittale T2w-MRT-Aufnahme
des gesamten Spinalkanals (c und d). Post-Myelographie CT-Reformationen koronar durch den thorakalen Spinalkanal (e) und axial durch das Th-8-Neuro-
foramen (f). 67-jähriger Patient mit einem klinischen Liquorverlustsyndrom. Als typische Zeichen eines Liquorverlustsyndroms finden sich bilaterale Hygro-
me (a und b Pfeile) sowie ein ubiquitäres durales Enhancement (b Pfeilspitzen). Spinal lässt sich zunächst keine größere extradurale Liquorkollektion nach-
weisen (c und d). In der post-Myelographie-CT-Untersuchung findet sich schließlich entlang der rechten Th-8-Nervenwurzeln eine extradurale Kontrast-
mittelkollektion, die Folge eines Liquorlecks im Rahmen einer rupturierten Wurzeltasche ist (e und f Pfeile)
19.4 · Duraleck/Liquorverlustsyndrom
347 19

a b c

e f

. Abb. 19.9a–f Sagittale MRT-Aufnahmen des gesamten Spinalkanals in T2w (a und b) und
T2w-STIR (fettsuprimmiert) (c und d). Axiale post-Myelographie CT-Reformationen durch die
Th-11- (e) und Th-12- (f) Neuroforamina. 22-jähriger Patient mit einem klinischen Liquor-
verlustsyndrom. Ventral des zervikalen (a und c oberer Pfeil) und dorsal des thorakalen
Duralschlauchs (a und c unterer Pfeil; b und d Pfeil) finden sich intraspinale, extradurale
Flüssigkeitskollektionen, die erst in den fettsupprimierten Aufnahmen (c und d) vom epidu-
ralen Fettgewebe unterscheidbar sind. Extradurale Kontrastmittelkollektionen entlang der
der Th-11- (e Pfeile) und Th-12-Wurzeltaschen (f Pfeile) weisen auf Wurzeltaschenrupturen als
d Ursache für den Liquorverlust hin
348 Kapitel 19 · Spinale Zysten und Störungen der Liquorzirkulation

19.5 Rückenmarkherniation kCT


4 Native CT wenig sensitiv
jDefinition 4 Beste Darstellung mit Post-Myelo-CT
Herniation des Rückenmarks durch einen ventralen Duradefekt
kMRT
jÄtiologie 4 Auf sagittalen T2w-Sequenzen ist das Myelon kurzstreckig
Ventraler Duradefekt durch Trauma, Operation, eine vorbe- nach ventral verlagert (knick- oder bogenförmig)
stehende extradurale Arachnoidalzyste oder spontan (. Abb. 19.10)
4 In dieser Höhe ist kein anteriorer Epiduralraum nachweis-
jEpidemiologie bar und der dorsale Subarachnoidalraum ist erweitert
Sehr selten 4 Beste Darstellung mit hochauflösenden T2w-Sequenzen
(z. B. CISS, FIESTA)
! Typischer Befund
Myelon im mittleren thorakalen Bereich kurzstreckig
jKlinik
nach ventral verlagert
4 Myelopathie mit Paresen der Beine
4 Blasen-/Mastdarmstörungen möglich
jBildgebung
kLokalisation jDD
Am Ort der Duraverletzung (Trauma, Operation), ansonsten am 4 Dorsale Arachnoidalzyste (Verlagerung des Rückenmarks
häufigsten im mittleren thorakalen Bereich flachbogig, nicht so umschrieben)
4 Dorsales epidurales Hämatom (Signal nicht liquorisointens)

19
19.5 · Rückenmarkherniation
349 19

a b c

d e

. Abb. 19.10a–e Rückenmarkherniation. Sagittale T2w-MRT-Aufnahmen (a), sagittale post-Myelographie-CT-Reformation (b) sowie MR-Myelographie (c)
mit Darstellung des zervikalen und mittleren thorakalen Spinalkanals. Axiale T2w-MRT-Aufnahmen auf Höhe des BWK 3 als Turbo-Spin-Echo- (TSE) (d) und
stark T2-gewichtet als Balanced-Fast-Field-Echo-Sequenzen (BFFE) (e).
60-jährige Patientin mit Rückenschmerzen nach einem Autounfall. Auf Höhe des BWK 3 ist das Rückenmark knickförmig nach ventral verlagert (a und b
Pfeil). Ein intramedulläres Ödem als Hinweis auf eine Schädigung des Myelons ist hierbei nicht nachweisbar. Während das ventrale Liquorband auf Höhe
der Herniation in der axialen TSE-Aufnahme nicht abgrenzbar ist (d), ist es in der dünnschichtigen BFFE-Aufnahme als schmales Band (e Pfeil) erkennbar.
Als mögliche Ursachen der Herniation sind auf Höhe der Herniation weder ein Bandscheibenvorfall, noch ein Liquorleck im Rahmen einer Duraverletzung
zu erkennen (a und c Pfeil)
351

Serviceteil
Literatur – 352

Stichwortverzeichnis – 355

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355 A–E
Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis

A Arthropathie, enteropathisch 165


Aspergillose 203, 207
C Differenzierung, retrogressive 280,
282
Abszess, epiduraler 180 Astrozytom 249 Calciummangel 324 Diffusionsstörung 187, 275
Abszess, intramedullärer 187, 203 atlantoaxiale Instabilität 158, 294 Canalis neurentericus 281, 304, Diplomyelie 304
Abszess, paravertebraler 180 atlantoaxiale Subluxation 158, 77 307, 308 disc bulge 113
Abtropfmetastase 248, 257 Atlantoaxialgelenk 7 Candidosis 204, 207 Discusherniation 125
ADEM 211 Atlantodentalgelenk 7 Cauda equina 46 Discusprolaps 125
Adoleszentenkyphose 134 atlanto-occipitale Assimilation Cauda-Syndrom 116 DISH 153
AIDP 193 294, 295 Cauda-Zeichen 275, 277 Distraktionsfraktur 101
Akute disseminierte Enzephalo- atlanto-occipitale Dislokation 77 Cavernom 270 Diszitis 174
myelitis 211 atlanto-occipitaler Gelenkwinkel Chamberlain-Linie 12 Divertikel, meningeales 338
Akute inflammatorische demyelini- 12 – Chance-Fraktur 101 Doppelwurzel 50
sierende Polyneuropathie 193 Atlantooccipitalgelenk 7 Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung Dornfortsatzfraktur 90
Amyloidose, hämodialysebedingte Atlas 7 196 Dornfortsatzlinie, hintere 15, 86
330 Atlas, Anomalien 294, 295 Chemodektom 246 Dornfortsatzzeichen 150, 153
Amyotrophe Lateralsklerose 335 Atlasassimilation 38, 294 Chiari-I-Malformation 294, 300, Dorsal-enterische Fistel 281, 304,
Anderson und D’Alonzo, Klassifi- Atlas bipartus 294, 295 342 307, 308, 309
kation nach 81 Atlas-Dens-Abstand 7, 12, 158 Chiari-II-Malformation 283, 306, draped curtain sign 234
Anderson und Montesano, Klassifi- Atlasfraktur 79 342 Drei-Säulen-Modell 6, 76, 92
kation nach 77 Ausstrahlung, pseudoradikuläre Chondrosarkom 222, 223 Dura mater 40
Anderson-Läsionen 167 115 Chorda dorsalis 230, 281, 304 Duradysplasie 109
Aneurysma 260 Ausstrahlung, radikuläre 115 Chordom 230 durale AV-Fistel (DAVF) 270
Aneurysmatische Knochenzyste AV-Fistel, durale 270 chronische inflammatorische Duraleck 345
232 AVM 266 demyelinisierende Polyneuro- dural tail 241, 247
Angiom 266 Axis 7 pathie 195 Duratrichter 40
Angiom, kavernöses 270 Cervicalgie 115 Dysgenesie, segmentale 281
Ankylose, bei M. Bechterew 166 CIDP 195 Dysplasie, fibröse 222
Ankylose, der Sakroiliakalgelenke
166
B Cisterna cerebellomedullaris 44
Cisterna magna 44
Dysplasie, kondyläre 295
Dysraphie 280, 281, 283, 289
Anomalien des kraniozervikalen Balkenagenesie 283 Claudicatio spinalis 116, 144
Übergangs 294, 295 Bambusstabwirbelsäule 165 Clay-Shoveler-Fraktur 90
Anti-Aquaporin-4(AQP4)-Antikörper
208
Bandscheibe 30
Bandscheibenherniation 112, 125
Clivus 7
Clivus-Kanal-Winkel 12
E
Anulus fibrosus 30, 112 Bandscheibenherniation, intra- Clivus, Spaltbildung 294, 295 Echinokokkose 205, 338
Anulus fibrosus, Einriss 30, 112, vertebrale 132 CMV 207 Ehlers-Danlos-Syndrom 109
122 Bandscheibenprotrusion 112, 124, CMV-Myelitis 205 Eierschalenkortex 232
Aortendissektion 273 135 Cobb-Syndrom 266 Eigenapparat 53
Apertura mediana 44 Bandscheibenriss 122 Commissura alba 52 Elfenbeinwirbel 234, 237, 238, 331
Apophysenfragment 132 Bandscheibenvorfall 112, 125 Commissura grisea 50 Embolie, fibrokartilaginäre 273
Aquaporin-4-Antikörper 208 Bandscheibenvorfall, intra- Commotio spinalis 105 Empyem, subdurales 182
Arachnoidalzyste 42, 283, 317, vertebraler 132 Condylus tertius 294, 295 Encephalomyelitis disseminata 208
338 Bandscheibenvorfall, traumatischer Contusio spinalis 105 enchondrale Ossifikation 216
Arachnoidea 40 105 Conus medullaris 46, 282 Endplatte 5
Arachnoiditis 190, 267, 315 Bandscheibenvorwölbung, breit- Conus-Syndrom 116 endodermale Zyste 307
Arachnoiditis, adhaesiva 190 basige 114 Cornu sacrale 26 enterogene Zyste 307
Arachnoiditis, ossificans 190 basiläre Impression 12, 158, 294, Crista sacralis mediana 26 enteropathische Arthropathie 165
Arachnoiditis, tuberkulöse 198 295 Cytomegalievirus 207 eosinophiles Granulom 238
Arachnopathie 190 Basion 8, 12 Ependymom 252
Arteria Adamkiewicz 56 Basion-Axis-Intervall 78 Ependymom, myxopapilläres 254
Arteria medullaris segmentalis 56
Arteria radicularis magna 56
Basion-Dens-Intervall 78
Berstungsfraktur 85, 94
D Epidermoid 283, 287, 316
Epidermoidzyste 283, 316
Arteria spinalis anterior 56, 269, Bienenwabenmuster 228 Deckplatte 5 epidurale Lipomatose 332
273 Blockwirbel 290, 298, 309 Dens axis 7 epiduraler Abszess 180
Arteria spinalis posterior 56, 269, blooming 272 Dens axis, Dysplasie 294, 295 Epiduralhämatom 263
273 Blutung, spinale 260 Dens axis, Entwicklung 297 Epiduralraum 40
Arteria spinalis posterolateralis 56 Blutung, traumatische spinale 105 Dermalsinus 281, 284 Erhängungsfraktur des Axis 83
Arteria sulcalis 56, 273 Bogenschlussstörung 289, 300, Dermatom 70 Erosionen 158
Arteriovenöse Malformation 266 302, 309 Dermoid 142, 283, 287, 315 Exostose 222
Arthritis Bogenwurzel 5 Dermoidzyste 315 Extrapyramidale Bahnen 53
– Psoriasisarthritis 161, 165 bone bruise 76 Devic-Syndrom 208 Extrusion 114, 125
– psoriatica 161, 165 Borreliose 197 Diastematomyelie 281, 283, 304, Ewing-Sarkom 240, 320
– reaktive 165 Brachialgie 115 309
– juvenile rheumatoide 158 bright disc sign 32 Densfraktur 81
– rheumatoide 82, 158 bronchogene Zyste 307 Dens-Hochstand 12

M. Wiesmann et al. (Hrsg), Atlas Klinische Neuroradiologie,


DOI 10.1007/978-3-642-38109-6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
356 Serviceteil

F – Schaufelarbeiterfraktur 90
– Sicherheitsgurtverletzung 101
Hinterwurzel 46
Histiozytosis X 238
Kokzidioidomykose 174, 180
Kompartimente, spinale 216
Facettenblockade 91 – Teardrop-Fraktur 88 HIV-Myelitis 205 Kompressionsfraktur 85, 92, 235
Facettengelenke 6 – Tränentropfenfraktur 88 HWS-Syndrom 115 Kondyläre Dysplasie 295
Facettengelenke, reitende 91 – Trümmerfraktur 85 Hydromyelie 320, 342 Kondylen, Hypoplasie 294, 295
Facettengelenke, Subluxation 91 – Wirbelbogenfraktur 90 Hydrosyringomyelie 342 Kongestion, venöse 269, 270, 278
Facettengelenksarthrose 137 Frakturheilung 98, 99 Hydrozephalus 283 Kontusion, spinale 105, 144
Facettengelenksluxation 91 Frakturmechanismen 77 Hypercortisolismus 326, 332 Konus-Syndrom 116
Facettengelenksyndrom 116 Frakturzeichen 76, 95 Hyperextensions-Tränentropfen- kraniozervikaler Übergang 7
Facettengelenksverletzungen 91 Fumarsäuretherapie 324 fraktur 89 kraniozervikaler Übergang,
Facettengelenkszyste 141 Funiculi anteriores 46 Hyperextensionsverletzung 89, 90 Anomalien 294, 295
Facettensyndrom 116 Funiculi posteriores 46 Hyperparathyreoidismus 326, 330 Kryptokokkose 203
Fasciculus cuneatus 53 Funiculus lateralis 46 Hyperthyreose 326 Kupfermangel-Myelopathie 333
Fasciculus gracilis 53 Funikuläre Myelose 205, 333 Hypoplasie der Kondylen 294, 295 Kurzhals 299
Fat-C2-Sign 82 Hypoplasie des Basiocciputs 12, Kyphosis dorsalis iuvenilis 134
Fehlbildungen 280 294, 295
Fehlbildungen, dysraphische 280
G Hypotension, spontane intra-
Fehlbildungen, nicht-dysraphische
308 Ganglioneuroblastom 319
kranielle 345
L
fibröse Dysplasie 222 Ganglioneurom 319 Lachgas-Abusus 334
fibrokartilaginäre Embolie 273
Fibrolipom des Filum terminale
Ganglion spinale 46
Ganglionzyste 142
I Lachgasnarkose 334
Laminae arcus vertebrae 5
282, 308, 310, 311 Gardner-Syndrom 217 Iliosakralgelenk 26 lange Bahnen 53
Fila radicularia 46 Gastrulation 280, 281 Iliosakralgelenksblockade 116 Langerhans-Zell-Histiozytose 238
Filum terminale 40, 46, 282, 310 GBS 193 Impaktationszone 76, 94 Längsband, hinteres 36
Fischwirbel 324, 326, 330 Gefügestörungen 149 Infarkt, spinaler 186, 203, 273, 283 Längsband, vorderes 36
Fissura mediana anterior 46 Gehweiler, Klassifikation nach 81 Infarkt, venöser 270 Lendenrippe 38
Fistel, dorsal-enterische 281, 304, Genant, Klassifikation nach 326 Infarkt, Wirbelkörper 275 Leptomeningitis 182, 203
307, 308, 309 Gibbs-Artefakt 44 Instabilität 76, 77, 149 Lig. alare 7
Fistel, neuroenterale 281 Gibbus-Deformität 177 Instabilität, atlantoaxiale 158, 294 Lig. corporatransversum 36
Fistelgang 284, 308 Glioblastom 251 Intumescentia cervicalis 46 Lig. meningovertebrale 40, 235
Flexions-Tränentropfenfraktur 88 Glockenthorax 324 Intumescentia lumbalis 46 Lig. transforaminale 36
Fluoridtherapie 324 Glomustumor 246 Ischämie, spinale 186, 203, 273, Lig. apicis dentis 7
Folsäuremangel 280, 283 Granulomatöse Erkrankungen 212 283 Lig. cruciatum 7
Foramen intervertebrale 6, 19 Grundplatte 5 Isthmus 5 Lig. denticulatum 40
Foramen magnum 7 Guillain-Barré-Syndrom 193 Isthmusdefekt 149 Lig. flavum 36
Foramen sacrale 26 Guillain-Barré-Syndrom, chronisches Lig. interspinosum 36
Foramenstenose 147 195 Lig. longitudinale anterius 36
Foramina transversaria 14
Formationsstörung 290
J Lig. longitudinale posterius 7, 36
Lig. nuchae 8
Fovea costalis 20 japanische Krankheit 153 Lig. supraspinosum 36
Fraktur
– akute versus chronische Fraktur
H Jefferson-Fraktur 79
juvenile Osteochondrose 134
Lig. transversum atlantis 7
Limbus vertebrae 89, 132, 135
95 Halbwirbel 281, 290 juvenile rheumatoide Arthritis 158 Lipiodol 190
– Atlasfraktur 79 Halsrippe 38 juxtaartikuläre Zyste 112, 141 Lipom, intradurales 281, 283, 311,
– Berstungsfraktur 85, 94 Hämangioblastom 255 313
– Chance-Fraktur 101 Hämangiom 228 Lipom, subkutan 302, 309
– Clay-Shoveler-Fraktur 90
– Densfraktur 81
Hämangiom, kavernöses 270
Hämatokrit-Effekt 261
K Lipomatose 332
Lipomyelomeningozele 281, 302
– Distraktionsfraktur 101 Hämatom, epidural 263 Kappenzeichen 246, 252, 254 Lipomyeloschisis 302
– Dornfortsatzfraktur 90 Hämatom, intramedullär 260 Kartilaginäre Exostose 222 Lipomyelozele 281, 302
– Erhängungsfraktur des Axis 83 Hämatom, retroperitoneal 180 kaudale Regressionssyndrome 281 Liquorflussartefakte 44
– Flexions-Tränentropfenfraktur Hämatom, subdural 182, 260 Kavernom 270 Liquorleck 264, 345
88 Hämosiderinablagerung 264 Keilfraktur 85, 92 Liquorunterdrucksyndrom 345
– Facettenfraktur 91 Hals des Scotchterriers 150 Keilwirbel 290, 324, 326, 330 Liquorunterdrucksyndrom,
– Hanged-man’s Fraktur 83 Halswirbelsäulensyndrom 115 Kennmuskeln 71 chronisch 264
– Hyperextensions-Tränentropfen- Hanged-man’s Fraktur 83 Kennreflexe 71 Liquorverlustsyndrom 342, 345
fraktur 89 hemimetamere Segmentverschie- Klarzell-Chondrosarkom 223 Listeriose 198, 207
– Jefferson-Fraktur 79 bung 292 Klippel-Feil-Syndrom (KFS) 292, Looser-Umbauzonen 324
– Keilfraktur 85, 92, 324, 326 Hemimyelomeningozele 281, 283 294, 298 Lumbago 116
– Kompressionsfraktur 85, 92, Hemimyelozele 281, 283 Knochenerweichung 324 Lumbalgie 115
235 Herniation 112 Knochenmark 32 Lumbalisation 38
– Luxationsfraktur 101 Herpes simplex Virus 207 Knochenschwund 326 Lumboischialgie 115
– Mikrofraktur 76 Hexenschuss 116 Knochentumoren, primäre 216, Luschka-Gelenk 14
– Okzipitalkondylenfraktur 77 Hiatus sacralis 26 217 Luxationsfraktur 101
– pathologische Fraktur 95, 235, High-intensity-Zone 122 Knochentumoren, sekundäre 234 LWS-Syndrom 115
237, 324, 326, 330 hintere Dornfortsatzlinie 15, 86 Knochenzyste, aneurysmatische Lyme-Borreliose 197
– Querfortsatzfraktur 81 Hinterhorn 52 232 Lymphom 207
357 F–S
Stichwortverzeichnis

M neuralgische Schulteramyotrophie
116
Osteomalazie 324, 330
Osteomyelitis, vertebrale 174
Q
Malformation, arteriovenöse 266 Neuralplatte 281, 283, 302 osteophytäre Ausziehungen 112 Querschnittsmyelitis 187
Malformation, vaskuläre 266 Neuralrohr 281 Osteoporose 235, 324, 326, 330
Marfan-Syndrom 109, 150, 338, Neurenterische Zyste 307 Osteosklerose 330
345
Massae laterales 5
Neurilemnom 242
Neurinom 242
R
Massenprolaps 113, 130
McGregor-Linie 12
Neuritis des Plexus brachialis 116
Neuroblastom 319
P Rachitis 298, 324
Radikulitis 116
McRae-Linie 12 Neuroborreliose 197 Pachymeningitis 345 Radikulopathie 116
Medulla oblongata 46 Neuroenterale Fistel 281 Paget-Syndrom 330 Rahmenwirbel 331
Membrana atlanto-occipitalis Neurofibrom 244 Pannus 158, 294 Reaktive Arthritis 165
anterior 7 Neurofibromatose Typ 1 109, 243, Paragangliom 246 Redlund-Johnell-Linie 12
Membrana atlanto-occipitalis 244, 338 Parasyndesmophyten 167 Regressionssyndrome, kaudale
posterior 7 Neurofibromatose Typ 2 242, 243, paravertebraler Abszess 174, 180 281
Membrana tectoria 7, 36 244, 338 Pars interarticularis 5, 149, 289 Renale Osteodystrophie 324, 330
meningeales Divertikel 338 Neuroforamen 6 Parsonage-Turner-Syndrom 116 Renale Osteopathie 330
Meningeom 241 Neuroforamenstenose 147 Pathologische Fraktur 95, 235, Retethering 283
Meningeosis carcinomatosa 248 Neurolisteriose 198 237, 324, 326, 330 Retrolisthesis 152
Meningitis 182, 203, 288 Neurolues 198, 207 Pedikel 5 Retropharyngealraum 15, 86
Meningozele 300, 338 Neuromyelitis optica 208 Peitschenhiebverletzung 88 retrosomatische Spalte 289
Meningozele, dorsale 300 Neurosyphilis 198, 207 Perineuralzyste 338 Retrotrachealraum 15
Metastase, durale 247 Neurozystizerkose 205 Perniziöse Anämie 333 Rexed-Schichten 51, 52
Metastase, intramedulläre 257 Neurulation 280, 281 Pfirrmann, Einteilung nach 125, Rhabdomyosarkom des Beckens
Metastase, leptomeningeale 248 Niereninsuffizienz 330 126 317
Metastase, Wirbel 234 Nokardiose 207 Pia mater 40 Rheumatoide Arthritis 82, 158
Meyerding, Einteilung nach 149 Notochord 230, 281, 292 Phäochromozytom 246 Riesenosteoidosteom 220
Milchglasaspekt 220, 324, 326, 330 Nucleus pulposus 30, 112 Phosphatasemangel 324 Riesenzelltumor 227, 232
mini brain 237 Nucleus pulposus-Prolaps 125 Pilzinfektion 203 Ringapophyse 5, 132
Modic, Einteilung nach 117 Plakode 281, 283 Romanus-Läsionen 167
M. Abt-Letterer-Siwe 238 Plasmazelltumor 235 Rückenmark 46
M. Bechterew 161, 165
M. Boeck 212
O Plasmozytom 235
Plattwirbel 327
Rückenmarkskompression 105
Rückenmarkapraxie, transiente
M. Forestier 153 Okzipitalkondylen 19 Platybasie 12, 294, 295 traumatische 105
M. Hand-Schüller-Christian 238 Okzipitalkondylenfraktur 77 Plexusläsion, traumatische 109 Rückenmarkherniation 348
M. Paget 298, 330 okzipitozervikale Dissoziation 77 Plexusneuritis 116 Rückenmuskulatur, autochthone
M. Pott 176 okzipitozervikale Luxation 77 Plexus venosus vertebralis externus 66
M. Reiter 161, 165 OLF 153 62 Rückenschmerzen 115
M. Scheuermann 132, 134, 150 oligoartikuläre juvenile rheumatoide Plexus venosus vertebralis internus Rugger-Jersey-Spine 324, 330
M. Still 158 Arthritis 158 36, 40, 59, 62
Multiple Sklerose 208 OLLP 153 PNET 240
Multiples Myelom 238
Musculus erector spinae 66
onion bulb 195
Opisthion 12
polka dots 228
Polyarthritis 158
S
Myelitis, infektiöse 187, 203 Os odontoideum 82, 294, 295, Polyarthritis, seronegative 165 SACD 333
Myelitis transversa 187, 208, 211 297 Polyneuropathie, akute inflamma- Sakralisation 38
Myelom, multiples 238 Ossiculum terminale Bergmann torische demyelinisierende 193 Sakroiliakalgelenksblockade 116
Myelomalazie 321, 343 82, 294, 295, 297 Polyradikulitis 198 Sakrokokzygeales Teratom 282,
Myelomeningozele 281, 283 Ossifikation spinaler Ligamente Post-Arachnoiditis-Arachnopathie 317
Myelonduplikaturen 304 153 190 Sanduhrtumor 242
Myelonverletzung 105 Osteitis deformans 330 Primäre Knochentumoren 216, Sarkoidose 212
Myelopathie, vakuoläre 205 Osteitis fibrosa 330 217 Scalloping 238, 343
Myelose, funikuläre 205, 333 Osteoblastom 220, 232 Proc. costalis 23 Schaufelarbeiterfraktur 90
Myelozele 281, 283 Osteochondrom 222, 232 Proc. spinosus 5 Schiefhals, ossärer 38
Myelozystozele, zervikale 281, 301 Osteochondrose 112, 117, 176, Proc. suboccipitalis 295 Schießscheibenzeichen 242, 244
Myelozystozele, terminale 282 178 Proc. uncinatus 14 Schmetterlingswirbel 290, 309
myxopapilläres Ependymom 254 Osteochondrose, juvenile 134 Promontorium ossis sacri 26 Schmorl-Knötchen 132, 134
Osteodensitometrie 326 Prolaps 113 Schultergürtel-Syndrom 116
Osteodystrophia deformans 330 Protrusion 112, 124, 125 Schwannom 242
N Osteodystrophie, renale 324, 330
Osteogenesis imperfecta 150, 298
Pseudomeningozele 109, 342,
345
Segmentarterie 56
Segmentationsstörung 281, 283,
Nabors, Einteilung nach 338 Osteoidosteom 217 Pseudospondylolisthesis 151, 152 290, 309
Nasion 12 Osteokartilaginäre Exostose 222 Psoasabszess 177 Segmentverschiebung, hemi-
Nervenwurzel 46 Osteoklastom 227 Psoriasisarthritis 165 metamere 292
Nervenwurzel, Darstellung 48 Osteopathie, renale 330 Pyramidenbahn 53 Seitenhorn 52
Nervenwurzelanomalien 50 Osteopetrosa 150 Pyramidenbahnzeichen 264 Septum dorsale 22, 40
Nervenwurzelausriss 109 Osteom 217 Septum posterius 22, 40
Nervenwurzelverletzung 109 Osteoma durum 217 Sequester 113
neuralgische Amyotrophie 116 Osteoma medullare 217 Sequestration 114
358 Serviceteil

seronegative Polyarthritiden 165


seronegative Spondylarthropathie
T von-Hippel-Lindau-Syndrom 255
Vorderhorn 51
165 Tarlov-Zyste 42, 338 Vorderwurzel 46
shiny corners 166 Teardrop-Fraktur 88
Sicherheitsgurtverletzung 101 Teratom, sakrokokzygeales 282,
Siderose, spinale 254, 264
Sitzbuckel 324
317
Tethered-cord-Syndrom 282, 288,
W
Skeletthyperostose, diffuse idio- 300, 302, 306, 308, 309 Wackenheim-Linie 12
pathische 153 Tight filum terminale 282, 308, Weichteillinie, prävertebrale 15
Skelettszintigraphie 217 310 Welcher-Basiswinkel 12, 294
skip lesions 176 Tolosa-Hunt-Syndrom 345 white polka dots 228
Skolex 338 Toxoplasmose 205, 207 Wilms-Tumor 320
Skoliose 283, 292, 310, 324 Tractus corticospinalis 53 Wirbelbogen 5
Spaltbildung, Wirbelkörper 281, Tractus corticospinalis anterior 53 Wirbelbogenfraktur 90
295 Tractus corticospinalis lateralis 53 Wirbelbogenspalten 38, 289
Spaltbildung, Clivus 294 Tractus reticolospinalis 53 Wirbelgleiten 105, 149, 152
Sphenoidlinie 12 Tractus rubrospinalis 53 Wirbelhämangiom 228
Spina bifida 38, 280, 281, 283 Tractus spinocerebellaris anterior Wirbelkörper 5, 32
Spina bifida aperta 280, 281, 283 53 Wirbelkörperapophyse 5, 30
Spina bifida occulta 280, 281, 289 Tractus spinocerebellaris posterior Wirbelkörperdysplasien 281, 290
spinale Kompartimente 216 53 Wirbelkörperinfarkt 275
Spinalganglion 46 Tractus spino-olivaris 53 Wirbelkörperfehlbildung 38, 290
Spinalnerv 46 Tractus spinoreticularis 53 Wirbelkörperspalte 281, 289
Spinalkanalstenose 112, 142, 299 Tractus spinothalamicus anterior Wirbellinie, hintere 15, 86
spinolaminäre Linie 15, 86 53 Wirbellinie, vordere 15, 86
Split cord Malformation 304 Tractus spinothalamicus lateralis Wirbelmetastase 176, 178, 234
Split-Notochord-Syndrom 281, 52 Wirbelsäulentuberkulose 174, 176
292, 304, 309 Tractus spinovestibularis 53 Wurzelneuritis 116
Spondylarthropathien, seronega- Tractus vestibulospinalis 53 Wurzelsyndrom 116
tive 165 Tränentropfenfraktur 88 Wurzeltaschenzyste 109, 338
Spondylarthrose 112, 117, 137 traumatischer Bandscheibenvorfall
Spondylarthrosis deformans 137 105
Spondylitis ankylosans 165
Spondylitis, erregerbedingte 174,
traumatische Spondylolisthesis 83,
104
Z
203 Trümmerfraktur 85 Zentralkanal 44, 281
Spondylitis tuberculosa 176, 203 Trunkations-Artefakt 44 Zervikalsyndrom 115
Spondylodiszitis 174, 203 Tuberkulose 176, 198, 207, 212 Zervikobrachialgien 115
Spondylodiszitis, aseptische 167 tuberkulöse Arachnoiditis 198 ZNS-Siderose 264
Spondylolisthesis 38, 149 Zyste
Spondylolisthesis, traumatische – Arachnoidalzyste 338
83, 104
Spondylolyse 38, 135, 149, 289
U – bronchogene 307
– degenerative 338
Spondyloptose 149 Übergangsvarianten 38 – endodermale 307
Spondylose 112, 117 Unkovertebralarthrose 112, 136 – enterogene 304, 307
Spondylosis deformans 112, 117 Unkovertebralgelenk 14 – meningeale 338
squaring 166 – meningeales Divertikel 338
Stauungsödem 270, 278 – neurenterische 307
Stenose, spinale 142
Steroidtherapie 332
V – Perineuralzyste 338
– Tarlov-Zyste 338
Stummelrippe 38 vakuoläre Myelopathie 205 – tumor-assoziierte Zyste 249,
subacute combined degeneration Vakuumphänomen 138, 153 252
of the spinal cord (SACD) 333 Vaskuläre Malformation 266 – Wurzeltaschenzyste 338
Subarachnoidalblutung 260 Venae basivertebrales 40, 62 Zystizerkose 205
Subarachnoidalraum 40, 44 Vena fili terminalis 59
subdurales Empyem 182 Vena radicularis magna 59
Subduralhämatom 182, 260 Vena spinalis anterior 59
Subduralraum 40 Vena spinalis posterior 59
Sulcus medianus posterior 46 Ventriculus quintus 320
Syndesmophyten 166 Ventriculus terminalis 44, 282, 312,
Synovialzyste der Facettengelenke 320
141 Ventrolisthesis 149, 152
Syphilis 198, 207 Verkalkung, intradiskale 118
Syrinx 44, 342 Vertebra plana 238, 326
Syringobulbie 342 Vertebra prominens 17
Syringohydromyelie 44, 183, 258, Vitamin-B12-Mangel 333
283, 294, 302, 312, 320, 342 Vitamin-D-Hormon-Stoffwechsel-
Syringomyelie 342 störung 330
Vitamin-D-Mangel 324, 326

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