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Jürgen Birnbaum

Roland Albrecht

Ultraschallgestützte Regionalanästhesie
Jürgen Birnbaum
Roland Albrecht

Ultraschallgestützte
Regionalanästhesie
Mit 153 Abbildungen

123
Dr. med. Jürgen Birnbaum
Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Campus Charité Mitte
Charitéplatz 1
D-10117 Berlin

Dr. med. Roland Albrecht


Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin
Kantonsspital Münsterlingen
Spital Thurgau AG
CH-8596 Münsterlingen

ISBN 978-3-540-73789-6 Springer Medizin Verlag Heidelberg

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SPIN: 11972778

Gedruckt auf säurefreiem Papier 2122 – 5 4 3 2 1 0


V

Geleitwort
Die Sonographie hält zunehmend Einzug in die Regionalanästhesie, und damit wächst der
Bedarf nach aufgearbeitetem Wissen in diesem Bereich. Eine derart dynamische Technik wie
den Einsatz des Ultraschalls für Plexus- und Nervenblockaden kurz, prägnant, praxisbezogen
und didaktisch gut in einem Buch darzustellen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Dem schwei-
zerisch-deutschen Autorenteam ist es gelungen, das Thema für Einsteiger in die Regionalan-
ästhesie aufzubereiten, aber auch dem Fortgeschrittenen eine neue Sichtweise zu bieten. Ins-
besondere den eigens entsprechend der Schallebenen angefertigten anatomischen Schnitten
ist die sorgsame Aufarbeitung anzusehen, sie erleichtern wesentlich die räumliche Vorstellung
von den einzelnen Zugangswegen. Anfängern wird so die Berührungsangst vor der relativ
neuen, aber in der Praxis sehr hilfreichen und patientenfreundlichen Technik genommen.
Ich wünsche dem Buch, dass es dazu beiträgt, die ultraschallgestützte Regionalanästhesie
als Routineverfahren weiter zu etablieren und damit einen Beitrag zur Sicherheit und Zufrie-
denheit unserer Patienten zu leisten.

Prof. Dr. med. Claudia Spies

Klinikdirektorin der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin


Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum
Charité – Universitätsmedizin Berlin
VII

Vorwort
Nachdem wir uns rein zufällig im Rahmen einer Hospitation auf dem OP-Flur der Charité
in Berlin Mitte trafen und ins Gespräch kamen, bemerkten wir sehr schnell, dass unser Herz
für die Regionalanästhesie schlägt. »Macht ihr auch Ultraschall?« »Natürlich!« Und schon
waren wir mitten drin in der Diskussion über die relativ neue Methode und auch über deren
Probleme. Wie lernt man das am besten? Wie lehrt man es? Wie kann man einem Anfänger
relativ schnell eine Vorstellung von dem vermitteln, was er auf dem Ultraschallbild anfangs
nur mit »Schneegestöber« assoziiert? Man müsste nicht nur per Ultraschall, sondern »richtig«
in den Patienten sehen können! Dann wäre es einfach. Anatomische Schnitte, die genau in
der Schallebene liegen und mit denen man das entstehende Ultraschallbild vergleichen kann,
wären perfekt! Entsprechende Bilder von der Schallkopfhaltung am Patienten machen dann
die räumliche Vorstellung von den Strukturen, die bei konventionellen Blockadetechniken
unsichtbar bleiben, möglich. »Wollen wir’s probieren?« Und so war die Idee von dem Buch
und seiner Systematik geboren.
Ein Buch sollte es werden, das die wichtigsten Zugangswege für die Anästhesie der oberen
und unteren Extremität mittels Ultraschall, aber auch mittels der konventionellen Nervensti-
mulation abdeckt. Ein Buch, mit dem man auch in die Regionalanästhesie einsteigen kann.
Ein Buch, das Grundlagen aber auch anatomisches Wissen vermittelt. Gerade in der Regio-
nalanästhesie kann der Ultraschall letzteres hervorragend.
Professor Bogusch vom Centrum für Anatomie der Charité war sofort begeistert und
machte sich auch sofort an die Arbeit. Unermüdlich präparierte und korrigierte er. Auch alle
Mitautoren, alle beteiligten Mitarbeiter der Kliniken, der Grafiker und die Mitarbeiter des
Springer-Verlages waren überzeugt von der Idee des Buches. Der Begeisterung und akribi-
schen Detailarbeit aller Beteiligten ist es zu verdanken, dass das Buch genau so geworden ist,
wie es jetzt vorliegt. Dafür herzlichen Dank!

Münsterlingen, Berlin, im August 2007

Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum


IX

Inhaltsverzeichnis

11 Organisatorische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . 65
Teil I Grundlagen und Jürgen Birnbaum

allgemeine Aspekte

1 Physikalische und technische Teil II Blockaden des Plexus


Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Edda Klotz brachialis

2 Abbildungskonventionen und
Schallkopfführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 12 Plexus brachialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Edda Klotz Gottfried Bogusch

3 Sonographische Darstellung 13 Interskalenäre Blockade . . . . . . . . . . . . . . . . 77


verschiedener Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . 17 Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum
Edda Klotz, Roland Albrecht
14 Supraklavikuläre Blockade . . . . . . . . . . . . . . 85
4 Grundlagen der elektrischen Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum
Nervenstimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Jürgen Birnbaum 15 Infraklavikuläre Blockade . . . . . . . . . . . . . . . 93
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum
5 Katheterverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Jürgen Birnbaum 16 Axilläre Blockade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum
6 Lokalanästhetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Constance Raimer 17 Blockade einzelner Nerven
in der Ellenbeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
7 Hygieneaspekte bei ultraschall- Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum
gestützten Nervenblockaden . . . . . . . . . . . 43
Jürgen Birnbaum, Volker Lesch

8 Periphere Nervenblockade und Teil III Blockaden des Plexus


gerinnungshemmende Medikation . . . . . . 47
Miodrag Filipovic lumbosacralis

9 Analgosedierung bei
Regionalanästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 18 Plexus lumbosacralis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Thierry Girard Gottfried Bogusch

10 Allgemeine Kontraindikationen, 19 Psoaskompartment-Blockade . . . . . . . . . . 131


Komplikationen und Nebenwirkungen Jürgen Birnbaum
peripherer Nervenblockaden . . . . . . . . . . . 59
Volker Lesch, Roland Albrecht, 20 N.-femoralis-Blockade . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Jürgen Birnbaum Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum
X Inhaltsverzeichnis

21 Proximale N.-ischiadicus-Blockade . . . . . 147


Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

22 Distale N.-ischiadicus-Blockade
(Poplitealblock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Teil IV Postoperatives
Management

23 Postoperative Schmerztherapie . . . . . . . . 161


Christof Heim

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Abkürzungsverzeichnis der
Bildquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
XI

Autorenverzeichnis

Albrecht, Roland, Dr. Lesch, Volker


Anästhesie, Intensiv- u. Notfallmedizin Institut für Anästhesiologie
Kantonsspital Münsterlingen/Spital Thurgau AG Kantonsspital St. Gallen
CH-8596 Münsterlingen CH-9007 St. Gallen

Birnbaum, Jürgen, Dr. Raimer, Constance, Dr.


Universitätsklinik für Anästhesiologie u. Universitätsklinik für Anästhesiologie u.
operative Intensivmedizin operative Intensivmedizin
Campus Charité Mitte Campus Charité Mitte
Charité-Universitätsmedizin Berlin Charité-Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1 Charitéplatz 1
D-10117 Berlin D-10117 Berlin

Bogusch, Gottfried, Prof. Dr.


Zentrum für Anatomie
Campus Charité Mitte,
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
D-10117 Berlin

Filipovic, Miodrag, PD Dr.


Departement Anästhesie
Universitätsspital Basel
CH-4031 Basel

Girard, Thierry, PD Dr.


Departement Anästhesie
Universitätsspital Basel
CH-4031 Basel

Heim, Christof, Dr.


Anästhesie, Intensiv- u. Notfallmedizin
Kantonsspital Münsterlingen/Spital Thurgau AG
CH-8596 Münsterlingen

Klotz, Edda
Universitätsklinik für Anästhesiologie u.
operative Intensivmedizin
Campus Charité Mitte
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
D-10117 Berlin
I

Teil I Grundlagen und allgemeine


Aspekte

Kapitel 1 Physikalische und technische Grundlagen – 3

Kapitel 2 Abbildungskonventionen und


Schallkopfführung – 11

Kapitel 3 Sonographische Darstellung verschiedener


Strukturen – 17

Kapitel 4 Grundlagen der elektrischen


Nervenstimulation – 27

Kapitel 5 Katheterverfahren – 33

Kapitel 6 Lokalanästhetika – 37

Kapitel 7 Hygieneaspekte bei ultraschallgestützten


Nervenblockaden – 43

Kapitel 8 Periphere Nervenblockade und gerinnungshemmende


Medikation – 47

Kapitel 9 Analgosedierung bei Regionalanästhesie – 53

Kapitel 10 Allgemeine Kontraindikationen, Komplikationen und


Nebenwirkungen peripherer Nervenblockaden – 59

Kapitel 11 Organisatorische Aspekte – 65


1

Physikalische und technische


Grundlagen
Edda Klotz

Geschichte – 4

Physik der Ultraschallwellen – 4

Erzeugung der Schallwellen – 4

Ausbreitung der Schallwellen im Gewebe – 5

Funktionsweise medizinischer Ultraschallgeräte – 6

Einstellungen am Ultraschallgerät – 9

Literatur – 10
4 Kapitel 1 · Physikalische und technische Grundlagen

Ultraschallwellen werden in der Natur von ver- men. 1954 folgten erste zweidimensionale Darstel-
1 schiedenen Lebewesen, z. B. Fledermäusen und lungen, bei denen der Patient in einem mit Wasser
Walen, zur Echoortung eingesetzt. Hierbei werden gefüllten Gefäß saß und von einer gleichzeitig ver-
von den Tieren Schallwellen ausgesendet, die von tikal schwingenden Ultraschallquelle (Compound-
den in der Umgebung befindlichen Objekten re- Verfahren, ⊡ Abb. 1.1) umrundet wurde.
flektiert werden. Die entstehenden Echos werden 1957 wurde der erste Kontakt-Compound-
von den Tieren wahrgenommen und durch ihre Scanner von Donald und Brown in Glasgow kon-
zeitlich gestaffelte Abfolge in komplexe Informa- struiert. Durch diese Neuentwicklung musste der
tionen umgewandelt. Patient nicht mehr in ein Wasserbad getaucht wer-
In der Medizin wurde der diagnostische Ultra- den. Der Schallkopf konnte nun direkt auf die Haut
schall erstmals in der Mitte des letzten Jahrhun- gesetzt und von Hand bewegt werden. 1965 folgten
derts angewendet. die ersten Real-Time-Geräte. Es dauerte jedoch
noch bis in die 1980er Jahre, bis die Ultraschall-
diagnostik ubiquitäre Akzeptanz und Anwendung
Geschichte fand.

Der Gebrauch von Ultraschallwellen zum Sichtbar-


machen von Gegenständen ist militärischen Ur- Physik der Ultraschallwellen
sprungs. Im ersten Weltkrieg erzeugte der Franzose
Paul Langevin mit Quarzkristallen Ultraschallwel- Als Ultraschall bezeichnet man mechanische
len, die unter Wasser ausgesandt wurden und zur Wellen, die im Frequenzbereich von 2 kHz bis
Ortung von U-Booten dienten. Zunächst waren 1 GHz liegen. Diese Schallwellen liegen jenseits
diese Ultraschallwellen zu stark für die Anwendung der menschlichen Hörschwelle. Sie breiten sich
am Menschen. Die erste medizinische Anwendung als Longitudinalwellen mit einer Geschwindigkeit
des Ultraschalls stammt aus dem Jahr 1942. Der von 1550 m/s in elastischen Medien aus.
Neurologe Karl Dussik stellte einen Seitenven-
trikel des Gehirns dar. In den folgenden Jahren
entwickelte sich die Methode in den verschiede- Erzeugung der Schallwellen
nen Fachgebieten weiter. Aus der Physik stammen
zerstörungsfreie Methoden zur Materialprüfung, Ultraschall kann künstlich durch die Ausnutzung
die besonders in der Zeit des zweiten Weltkriegs des umgekehrten piezoelektrischen Effekts erzeugt
vorangetrieben wurden. Diese Methoden wurden werden. Der Piezo-Effekt wurde 1880 von Jacques
durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Physi- und Pierre Curie entdeckt. Dieser Effekt beschreibt
kern und Ärzten vielfach in die Medizin übernom- die Entstehung von elektrischen Ladungen an der

⊡ Abb. 1.1. Compound-Verfahren


im »gun turret scanner«: Als
Wasserbehälter diente ein
Bombenabwurfschacht von der
B 29. Der Schallkopf fuhr auto-
matisch im Wasserbad um den
Patienten herum. Rechts statisches
Compound-Bild des Halses. (U)
Ausbreitung der Schallwellen im Gewebe
5 1

Oberfläche bestimmter Kristalle bei mechanischer Ausbreitung der Schallwellen im Gewebe


Verformung. Durch die gerichtete Verformung
bilden sich Dipole innerhalb des Kristalls, deren Die Ausbreitung des Ultraschalls im Gewebe un-
Summe eine messbare Ladung ergibt (⊡ Abb. 1.2). terliegt den physikalischen Gesetzen der Wel-
Ein solcher Effekt kann nur mit piezoelektri- lenoptik. Es spielen die Phänomene Reflexion,
schen Materialien erzeugt werden. Dazu gehören Brechung, Absorption und Streuung eine Rolle
Quarz, Bariumtitanat, Berlinit und Turmalin. (⊡ Abb. 1.4).
Der Piezo-Effekt kann auch umgekehrt wer- An Grenzflächen unterschiedlicher Dichte wird
den, wobei durch Anlegen einer elektrischen ein Teil der Ultraschallwellen reflektiert, wobei
Spannung ein Kristall verformt werden kann. So Einfalls- gleich Ausfallswinkel ist. Der restliche Teil
können piezoelektrische Kristalle durch elektri- breitet sich nach Brechung weiter im Gewebe aus.
sche Anregung mechanische Schwingungen aus- Bei der Ausbreitung im Gewebe wird ein Teil der
führen, damit Schallwellen erzeugen (⊡ Abb. 1.3). Energie der Ultraschallwellen durch Reibung in
Andererseits können sie durch mechanische Ver- Wärmeenergie umgewandelt. Diese Verminderung
formung auch wieder eine elektrische Spannung der Energie der Ultraschallwellen bezeichnet man
bewirken. als Absorption.
Auch Impedanz (akustischer Widerstand)
spielt bei der Ausbreitung des Ultraschalls im

+ -
Druck

Druck - + Spannung

Schall Druck
+ -

⊡ Abb. 1.2. Piezoelektrischer Effekt: Schallwellen erzeugen


Druck auf einen Kristall, der sich darunter verformt. Dadurch
bilden sich Dipole innerhalb des Kristalls, deren Summe eine
messbare Ladung ergibt

+ -
Druck

Spannung - + Druck

Druck Schall
+ -

⊡ Abb. 1.3. Umgekehrter piezoelektrischer Effekt: Piezoelek-


trische Kristalle können durch elektrische Anregung mecha-
nische Schwingungen ausführen und damit Schallwellen er- ⊡ Abb. 1.4. Schallwellenausbreitung im Gewebe: 1 Reflexion,
zeugen 2 Absorption, 3 Brechung, 4 Streuung
6 Kapitel 1 · Physikalische und technische Grundlagen

Gewebe eine Rolle. Die Impedanz hängt von der Schallwellen erzeugt und im Intervall die reflek-
1 Dichte und der spezifischen Schallausbreitungs- tierten Schallwellen wieder in Spannung umge-
geschwindigkeit eines Mediums ab. Eine Streu- wandelt. Dieses gestaffelte Senden und Empfan-
ung der Schallwellen tritt beim Kontakt mit in- gen der Schallwellen bezeichnet man als Impuls-
homogenen Grenzflächen auf. Dabei wird der Echo-Verfahren.
Schall nicht nur reflektiert, sondern durch die
unregelmäßige Oberfläche auch ungerichtet in
variablen Winkeln gestreut. Diese Streustrahlen Bilderzeugung (A-, B- und M-Mode)
können bei der klinischen Bildgebung zur Dar- Die Bilderzeugung erfolgt beim Ultraschallgerät
stellung kommen. durch computergesteuerte Verrechnung. Die Dar-
stellung erfolgt dann je nach Schallkopf und ge-
wähltem Modus.
Funktionsweise medizinischer
Ultraschallgeräte A-Mode
Der so genannte Amplitudenmodus (A-Mode)
Das Impuls-Echo-Verfahren entsteht durch Aufzeichnung der Reflexion ei-
Beim Ultraschall in der Medizin sind die Pie- nes einzeln ausgesendeten Signals als Amplituden
zo-Kristalle in Schallköpfen angeordnet. Diese entlang einer Zeitachse. Die Amplitude korreliert
dienen durch Nutzung des piezoelektrischen und dabei direkt mit der Stärke des empfangenen Si-
umgekehrt piezoelektrischen Effekts als Sender gnals. Diese Methode wurde beispielsweise in der
und Empfänger. Durch Einwirkung einer elek- Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde oder wie hier zur
trischen Spannung werden durch die Kristalle Beurteilung der Gallenblase genutzt (⊡ Abb. 1.5).

⊡ Abb. 1.5. A-Mode: Historisches


eindimensionales Amplituden-
Mode-Bild. Auf der X-Achse ist der
Weg der Schallausbreitung darge-
stellt, auf der Y-Achse die Stärke der
Reflexion; oben: normale Gallenbla-
se, unten: Gallenblasenkonkrement:
ein kräftiges Echo mit nachfolgen-
dem Schallschatten. (U)
Funktionsweise medizinischer Ultraschallgeräte
7 1

B-Mode ⊡ Abb. 1.7). Sie findet besonders in der Darstellung


Die bei weitem häufigste Darstellung ist der Bright- bewegter Strukturen, z. B. bei der Echokardiogra-
ness-Modus (B-Mode, ⊡ Abb. 1.6), wobei die emp- phie, Anwendung.
fangenen Echos der verschiedenen Piezokristalle
nach zeitlicher Abfolge und Intensität zu Graustu-
fen verrechnet werden und so ein zweidimensiona- Eindringtiefe und Auflösung
les Bild ergeben. Die Eindringtiefe der Ultraschallwellen und das
örtliche Auflösungsvermögen hängen direkt von
M-Mode der Frequenz der ausgesendeten Schallwellen ab,
Außerdem kann das Signal einer Bildzeile, und da die Laufzeit im Gewebe konstant ist. Je höher
damit eines Kristalls, kontinuierlich als Graustu- die Frequenz ist, desto geringer sind die (mögliche)
fen aufgezeichnet werden. Diese kontinuierliche Laufzeit und damit die Eindringtiefe ins Gewebe.
Darstellung nennt man Motion-Mode (M-Mode, Bei hohen Frequenzen ist dafür die örtliche Auf-

⊡ Abb. 1.6. B-Mode (Brightness-


Mode): Kodierung der Intensität und
zeitlichen Abfolge der Echos nach
verschiedenen Helligkeitsstufen

⊡ Abb. 1.7. M-Mode (Motion-


Mode): kontinuierliche Darstellung
einer einzigen Bildzeile über die
Zeit, hier am Beispiel eines Gefäß-
durchmessers
8 Kapitel 1 · Physikalische und technische Grundlagen

lösung durch weniger Streustrahlung und Absorp- Artefakte


1 tion größer. Besonderes Augenmerk sollte beim Ultraschall auf
die kritische Bildbetrachtung gelegt werden. Aus
der Methode ergeben sich aufgrund der physika-
Schallköpfe lischen Eigenschaften der Schallwellen bestimmte
Je nach Anwendungsgebiet werden unterschiedli- Fehldarstellungen, so genannte Artefakte.
che Schallköpfe verwendet. Sie unterscheiden sich
vornehmlich in Frequenz, Auflagefläche und Aus- Schallschatten
breitung des Schalls im Gewebe. Man unterschei- Ein Schallschatten (⊡ Abb. 1.9) entsteht immer bei
det drei Grundformen (⊡ Abb. 1.8): vollständiger Reflexion und/oder Absorption des
▬ Linearschallkopf Schalls an Grenzflächen zwischen Strukturen sehr
▬ Konvexschallkopf (curved array) unterschiedlicher Dichte (z. B. Gallensteine, Kno-
▬ Sektorschallkopf chen, Luft).

⊡ Abb. 1.8. Schalkopfarten:


1 Sektorschallkopf, 2 Linearschall-
kopf, 3 Konvexschallkopf (curved
array)

⊡ Abb. 1.9. Artefakt: Schallschatten


am Beispiel eines Längsschnittes
paravertebral lumbal: 1 Querfortsatz,
2 Schallschatten
Einstellungen am Ultraschallgerät
9 1

Dorsale Schallverstärkung flächlich unter der Haut liegende Strukturen wer-


Eine dorsale Schallverstärkung entsteht durch den von hochfrequenten Schallköpfen besonders
geringe Absorption und Reflexion des Schalls hochauflösend dargestellt. Zur Darstellung tiefer-
bei der Ausbreitung durch liquide Strukturen. gelegener Organe sind niederfrequente Schallköpfe
Strukturen, die dorsal einer solchen Struktur lie- mit großer Eindringtiefe notwendig.
gen, werden aufgrund der tiefenabhängig progre- Außerdem sind die Auflagefläche und Geome-
dienten Verstärkung sehr echoreich dargestellt trie der Schallausbreitung im Gewebe Kriterien zur
(⊡ Abb. 1.10). Auswahl der Schallkopfform (s. oben).

Randschatten
Hinter flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen (zysti- Gesamt- und Tiefenverstärkung
sche Strukturen) finden sich außer der Schall- Zur Optimierung des Bildes können die empfange-
verstärkung auch die so genannten Randschatten nen Echos bei der Verrechnung zum Bild verstärkt
(⊡ Abb. 1.10). Diese entstehen durch die Schall- werden. Diese Gesamtverstärkung kann individu-
abschwächung beim tangentialen Durchtritt der ell geregelt werden. Das Bild wird dadurch echorei-
Schallwellen durch die echodichte Wand der be- cher (»heller«) oder echoärmer (»dunkler«).
treffenden Struktur. Dabei werden die Schallwellen Ebenso kann die Verstärkung abhängig von
durch eine stark erhöhte Dichte der Materie über- der Eindringtiefe geregelt werden. Dazu dient eine
durchschnittlich stark reflektiert. Reihe von Reglern, die laufzeitabhängig jeweils die
Signale einer bestimmten Tiefe einzeln verstärken
(Tiefenverstärkung).
Einstellungen am Ultraschallgerät

Schallkopfauswahl Eindringtiefe
Die Schallkopfauswahl erfolgt je nach Zielgebiet Die Eindringtiefe des Ultraschalls ins Gewebe ist
der Untersuchung (⊡ Abb. 1.11). Dabei richtet sich wie bereits besprochen abhängig von der Frequenz
die Auswahl vor allem nach Eindringtiefe und Auf- der Schallwellen. Somit ist die Eindringtiefe bei
lösungsvermögen eines Schallkopfes, welche direkt einer bestimmten Frequenz immer konstant und
von der erzeugten Frequenz abhängig sind. Ober- kann an sich nicht verändert werden.

⊡ Abb. 1.10. Artefakt: dorsale


Schallverstärkung und Randschat-
ten am Beispiel der A. femoralis:
1 Randschatten, 2 Schallverstärkung
10 Kapitel 1 · Physikalische und technische Grundlagen

⊡ Abb. 1.11. Modernes, tragbares


Ultraschallgerät. (S)

Um eine optimale Darstellung des Ultraschall-


bildes zu ermöglichen, kann jedoch ein bestimmter
Tiefenbereich zur Darstellung ausgewählt werden.
Dies geschieht über einen Regler zur Tiefenein-
stellung. Der ausgewählte Bereich sollte sinnvoller
Weise möglichst so gewählt werden, dass die be-
treffenden Strukturen in der Bildmitte zur Darstel-
lung kommen.

Literatur

Aldrich JE (2007) Basic physics of ultrasound imaging. Crit Care


Med 35: S131-S137
Frentzel-Beyme B (2005) Die Geschichte der Ultraschalldia-
gnostik. Hamburger Ärzteblatt 10/05, S: 446-450
Kapral S, Marhofer P, Grau T (2002) Ultraschall in der Regional-
anästhesie. Teil I: Technische Entwicklungen und Grundla-
gen. Anaesthesist 51: 931-937
2

Abbildungskonventionen
und Schallkopfführung
Edda Klotz

Orientierung auf einem Ultraschallbild – 12

Abbildungskonventionen – 13

Schallkopfführung – 13
12 Kapitel 2 · Abbildungskonventionen und Schallkopfführung

Orientierung auf einem Ultraschallbild bezeichnet. Dabei wird der Schallkopf quer auf den
Körper aufgesetzt, die Markierung zeigt zur rech-
Um den Schallkopf entsprechend dem auf dem ten oder linken Patientenseite (⊡ Abb. 2.1).
2 Monitor dargestellten Bild zu definieren, ist an
allen Schallköpfen eine Markierung angebracht.
Diese markierte Seite repräsentiert im Bild meist Längsschnitt
die linke Bildseite. Als Längsschnitt wird in der Sonographie im All-
gemeinen die Darstellung in der Sagittalebene
bezeichnet. Der Schallkopf wird dabei in Längs-
Querschnitt richtung auf den Körper aufgesetzt, so dass die
Als Querschnitt wird in der Sonographie im All- markierte Schallkopfseite nach kranial oder kaudal
gemeinen die Darstellung in der Horizontalebene zeigt (⊡ Abb. 2.2).

⊡ Abb. 2.1. Orientierungshilfe


Querschnitt: 1 Markierung im Ultra-
schallbild, die Markierung liegt im
Ultraschallbild immer schallkopfnah
und die Seite der Markierung ent-
spricht der Schallkopfmarkierung,
2 A. carotis im Querschnitt, 3 Schall-
kopfmarkierung

⊡ Abb. 2.2. Orientierungshilfe


Längsschnitt: 1 Markierung im Ultra-
schallbild, die Markierung liegt im
Ultraschallbild immer schallkopfnah
und die Seite der Markierung ent-
spricht der Schallkopfmarkierung,
2 A. carotis im Längsschnitt, 3 Schall-
kopfmarkierung
Schallkopfführung
13 2
Abbildungskonventionen Schallkopfführung

Bei der Sonographie handelt es sich in Analogie zur Der Schallkopf kann durch unterschiedliche Be-
Computertomographie um ein zweidimensionales wegungen in seiner Position verändert werden,
Schnittbildverfahren. Aufgrund dessen stellt die um dadurch Strukturen zu verfolgen, durchzu-
anatomische Orientierung auf dem Bild anfangs scannen oder zu suchen. Diese Bewegungsarten
häufig ein Problem dar. Für CT-Bilder wurde des- unterscheiden sich in der dadurch zu erreichenden
halb eine Abbildungskonvention zur einheitlichen Bildstabilität.
Darstellung der Schnittbilder eingeführt. So ist ein
transversaler Querschnitt immer so orientiert, dass
der Untersucher von kaudal nach kranial auf die Verschieben (horizontal/vertikal)
Schnittebene schaut. Die rechte Seite des Patienten Beim Verschieben wird die Auflagefläche des Schall-
liegt also links im Bild, ventral liegt oben und dor- kopfes über den Patienten bewegt (⊡ Abb. 2.4).
sal unten (⊡ Abb. 2.3). Diese Bewegung ist zur Überwindung größerer
Distanzen sinnvoll. Die Bildstabilität lässt jedoch
aufgrund der Reibung und Unebenheit deutlich
Schnittebenen in der Regionalanästhesie nach.
Die oben besprochenen Konventionen finden haupt-
sächlich in der Abdomensonographie Verwendung.
Für die sonographische Darstellung anästhesio- Wippen
logisch interessanter Strukturen existieren solche Beim Wippen bleibt die Auflagefläche relativ
Standardebenen und Konventionen nicht. Aufgrund konstant. Der Schallkopf wird dabei seitlich in-
dessen sollte man die Darstellung möglichst pra- nerhalb der Schallebene geschwenkt (⊡ Abb. 2.5).
xisnah wählen. So kann die Schnittebene abhängig Dadurch entsteht ein vergleichsweise ruhiges Bild
von der Untersucherposition gewählt werden. Steht und der Blickwinkel kann seitlich in beide Rich-
der Untersucher z. B. am Kopfende des Patienten tungen erweitert werden. Limitierender Faktor
empfiehlt es sich die Schnittebene so zu wählen, dass dieser Bewegung ist der schnelle Verlust der Auf-
man von kranial auf die Schnittebene schaut. lagefläche.

⊡ Abb. 2.3. Abbildungskonventio-


nen der Computertomographie:
Blick von kaudal in Richtung kranial
auf die Schnittebene
14 Kapitel 2 · Abbildungskonventionen und Schallkopfführung

⊡ Abb. 2.4. Verschieben des Schall-


kopfes

⊡ Abb. 2.5. Wippen mit dem Schall-


kopf

⊡ Abb. 2.6. Kippen des Schallkopfes


Schallkopfführung
15 2

⊡ Abb. 2.7. Drehen des Schall-


kopfes

Kippen
Beim Kippen wird der Schallkopf bei konstanter
Auflagefläche orthogonal (senkrecht) zur Schall-
ebene geschwenkt (⊡ Abb. 2.6). Mit dieser Bewe-
gung können ohne Verlust der Auflagefläche Regio-
nen bei ruhiger Bildqualität und großer Sensibilität
durchgescannt werden.

Drehen
Beim Drehen wird der Schallkopf um seine Längs-
achse so gedreht, dass nur der Mittelpunkt der
Auflagefläche konstant bleibt (⊡ Abb. 2.7). Durch
dieses Manöver kann man beispielsweise durch 90°-
Drehung vom Quer- in den Längsschnitt wechseln.
3

Sonographische Darstellung
verschiedener Strukturen
Edda Klotz, Roland Albrecht

Nomenklatur – 18

Typische Ultraschallmorphologie verschiedener Gewebe – 18

Sonographische Darstellung der Nadelführung – 20

Sonographische Darstellung der Ausbreitung von Lokalanästhetika im Gewebe – 22

Literatur – 25
18 Kapitel 3 · Sonographische Darstellung verschiedener Strukturen

Nomenklatur Flüssigkeiten und Gefäße


Flüssigkeiten sind für Ultraschallwellen gut durch-
Die typische Morphologie verschiedener Gewebe lässig und bieten wenig Widerstand. Aufgrund
im Ultraschallbild geht auf die spezifische Impe- dessen erscheinen sie echoarm. Flüssigkeitsgefüll-
danz der Strukturen zurück, auf welche die Schall- te Hohlräume wie Blutgefäße, Gallenblase, Harn-
wellen treffen. Das Ausmaß, in dem der Schall blase und Zysten stellen sich im Ultraschallbild
3 reflektiert wird, bezeichnet man als Echogenität. physiologischerweise als homogene, echoarme
Echoreich oder hyperechogen nennt man oder -freie und scharf begrenzte Strukturen dar
Strukturen, die durch starke Reflexion der Schall- (⊡ Abb. 3.1).
wellen im Ultraschallbild hell erscheinen.
Echoarme oder hypoechogene Strukturen er-
scheinen durch geringe Reflexion dunkel. Muskeln und Faszien
Echofreie oder anechogene Strukturen sind für Muskeln und Faszien stellen sich im Ultraschall-
den Ultraschall nahezu widerstandslos und werfen bild gemäß ihrer anatomischen Struktur dar. So
kein Echo zurück. Aufgrund dessen erscheinen sie sind die einzelnen Muskelfasern und -bündel so-
als einheitlich schwarze Struktur. nographisch echoarm von den echoreichen binde-
Als isoechogen werden Gewebe mit gleicher gewebigen Sehnenanteilen zu unterscheiden. Die
Dichte bezeichnet, die sich ultraschallmorpholo- typische Fiederung eines Muskels stellt sich somit
gisch gleichartig darstellen. auch sonographisch dar (⊡ Abb. 3.2).

Typische Ultraschallmorphologie Nerven


verschiedener Gewebe Auch die Darstellung von Nerven im Ultraschall-
bild ist geprägt von ihrem anatomischen Aufbau
Im Folgenden soll die spezifische Ultraschallmor- (⊡ Abb. 3.3).
phologie verschiedener Gewebe an Beispielen dar- Ultraschallmorphologisch sind Nerven ein Ge-
gestellt werden, um die spätere Zuordnung und Ori- misch aus echoarmen Nervenfasern und echorei-
entierung auf dem Ultraschallbild zu erleichtern. chen Binde- und Fettgewebsanteilen (Myelinschei-

⊡ Abb. 3.1. A. carotis communis


als Beispiel für eine echoarme,
scharf begrentzte Stuktur:
1 A. carotis communis
Typische Ultraschallmorphologie verschiedener Gewebe
19 3

den). Die Echogenität hängt wesentlich von Anteil Parenchymatöse Organe


der echoreichen Bindegebsanteile ab. Charakteri- Parenchymatöse Organe wie Schilddrüse, Leber
stischerweise ist bei größeren Nerven und Plexus und Pankreas zeigen im Ultraschallbild eine typi-
häufig eine blasige Innenstruktur erkennbar, die sche Körnung (Pfeffer-Salz-Struktur). Die unter-
durch die einzelnen Faszikel hervorgerufen wird schiedlichen Organe zeigen eine jeweils typische
(⊡ Abb. 3.4). sonomorphologische Struktur, die sich besonders
in der Körnung (grob- oder feinkörnig) und der
Echogenität unterscheidet (⊡ Abb. 3.5).

⊡ Abb. 3.2. Muskulatur im Bereich


des N. ischiadicus infragluteal:
1 N. ischiadicus, 2 typische Muskel-
fiederung

⊡ Abb. 3.3. Anatomie eines


peripheren Nervs: 1 Epineurium,
2 Endoneurium, 3 Perineurium,
4 marklose Nervenfasern,
5 markhaltige Nervenfasern
20 Kapitel 3 · Sonographische Darstellung verschiedener Strukturen

⊡ Abb. 3.4. Typische Ultraschall-


morphologie eines Nervenplexus
am Beispiel des supraklavikulä-
ren Plexus brachialis: 1 Plexus,
2 A. subclavia

⊡ Abb. 3.5. Sonomorphologie der


Schilddrüse als Beispiel für ein par-
enchymatöses Organ: 1 M. sterno-
cleidomastoideus, 2 Schilddrüse,
3 Trachea, 4 A. carotis communis

Knochen und Luft Sonographische Darstellung


An Grenzflächen zwischen Strukturen mit gro- der Nadelführung
ßem Dichteunterschied kommt es typischerweise
zur Totalreflexion der Ultraschallwellen. Dies ge- In der Anästhesiologie wird die Sonographie nicht
schieht auch an der Grenzfläche zwischen Weich- nur zu diagnostischen Zwecken eingesetzt. Viel
teilen und Knochen oder Luft. Dabei stellt sich die häufiger ist hier eine Anwendung bei invasiven
Grenzfläche echoreich mit vollständiger Schallaus- Verfahren. In der Regionalanästhesie wird die Me-
löschung in der Tiefe dar. Somit sind die Binnen- thode zur Darstellung von Nerven, zur Positionie-
strukturen von Knochen und luftgefüllte Räume rung von Punktionskanülen und zur Kontrolle der
der Beurteilung mittels Ultraschall nicht zugäng- Ausbreitung des Lokalanästhetikums verwendet.
lich (⊡ Abb. 3.6). Um eine optimale sonographische Bildgebung in
Sonographische Darstellung der Nadelführung
21 3

⊡ Abb. 3.6. Totalreflexion des


Ultraschalls infraklavikulär am
Pleuraspalt: 1 Plexus, 2 Pleuraspalt,
3 V. subclavia, 4 A. subclavia

der Regionalanästhesie zu erreichen, werden zwei nur ein Teil der Kanüle abgebildet. Die Kanüle wird
verschiedene Punktionstechniken benutzt. exakt in der Schallebene zum Ziel geführt und die
Position der Nadelspitze kann zu jederzeit genau
lokalisiert werden. Das Risiko einer Läsion anderer
Punktion quer zur Schallebene Strukturen ist mit dieser Punktionstechnik sehr
(Cross-sectional-Technik) gering (⊡ Abb. 3.9, ⊡ Abb. 3.10).
Die Punktionskanüle wird senkrecht zur Schallebe- Bei der Inline-Technik entstehen durch wie-
ne vorgeschoben, so dass im Bild ein Querschnitt derholte Reflexionen an Grenzflächen mit gro-
der Kanüle sichtbar wird (⊡ Abb. 3.7, ⊡ Abb. 3.8). ßen Impedanzunterschieden teilweise ausgeprägte
Dieser Querschnitt stellt sich aufgrund des Ma- Schatteneffekte und Echophänomene unterhalb
terials der Nadel echoreich mit dorsalem Schall- der Punktionsnadel.
schatten dar. Für eine optimale Abbildung dieses
! Cave
Reflexes in der Schallebene sollte der Winkel zwi-
Bei dieser Punktionstechnik kann durch Verkippen
schen Punktionskanüle und Schallebene nicht zu
des Schallkopfes auch nur ein Teil des Kanülen-
steil gewählt werden, empfohlen wird ein Winkel
schaftes abgebildet werden, wenn Punktions- und
zwischen 30−70°.
Schallebene nicht genau übereinstimmen. Dies
bedeutet, dass der Endpunkt der Nadel in der
! Cave
Schallebene nicht der Kanülenspitze entsprechen
Der hyperechogene weiße Punkt in der Schall-
muss (⊡ Abb. 3.11).
ebene muss nicht zwangsläufig die Spitze der
Kanüle darstellen, sondern kann irgendeinen
Querschnitt auf der gesamten Länge des Kanü-
Tipp I I
lenschaftes repräsentieren! Kann die Nadelspitze nicht exakt lokalisiert wer-
den, hilft möglicherweise die Injektion von 1 ml
Lokalanästhetikum oder sehr wenig Luft (»ein
Punktion in der Schallebene (Inline-Technik) Bläschen«) bei der Orientierung. In jedem Fall
Bei dieser Punktionstechnik ist die Kanüle in ih- muss die Injektion sofort abgebrochen werden,
rer ganzen Länge sichtbar. Die Methode erfordert wenn die Ausbreitung des Lokalanästhetikums
etwas Übung, da die Punktions- und Schallebene nicht zu beobachten ist!
genau übereinstimmen müssen, ansonsten wird
22 Kapitel 3 · Sonographische Darstellung verschiedener Strukturen

⊡ Abb. 3.7. Cross-sectional-Technik:


Punktionskanüle und Schallkopf-
position

⊡ Abb. 3.8. Sonographische Dar-


stellung der Punktionsnadel im
Querschnitt in Cross-sectional-Tech-
nik: 1 Nadelquerschnitt, 2 Region
um den Plexus brachialis interska-
lenär nach Lokalanästhetikainjekti-
on, 3 A. carotis communis

Sonographische Darstellung sign«. Ist die Punktionskanüle nicht vollständig


der Ausbreitung von Lokalanästhetika entlüftet, sieht man zu Beginn des Injektionsvor-
im Gewebe ganges das Auftreten von echoreichen Reflexen
durch die austretenden Luftbläschen.
Genauso wichtig wie die kontrollierte Führung der Durch Septen, Faszien, nicht ideale Positionie-
Punktionsnadel ist die sonographische Kontrolle rung oder sekundäre Dislokation der Punktionska-
der Ausbreitung des Lokalanästhetikums. Im Ide- nüle kann sich das Lokalanästhetikum einseitig
alfall verteilt sich das Lokalanästhetikum als scharf ausbreiten. In einem solchen Fall sollte der Injek-
konturiertes, echoarmes Areal konzentrisch um tionsvorgang abgebrochen und die Nadelposition
den Nerven (⊡ Abb. 3.12). Diese Lokalanästhetika- korrigiert werden (⊡ Abb. 3.13). Hier liegt ein wei-
ausbreitung bewirkt in der Regel eine vollständige terer ganz wesentlicher Vorteil der ultraschallge-
Blockade der Zielnerven. Einige Autoren sprechen steuerten Punktionsmethode gegenüber den kon-
dabei von einem »Halo-« oder einem »doughnut ventionellen Techniken.
Sonographische Darstellung der Ausbreitung von Lokalanästhetika im Gewebe
23 3

⊡ Abb. 3.9. Inline-Technik am


Beispiel des dorsalen Zugangs
zum Plexus brachialis interskalenär:
Punktionskanüle und Schallkopf-
position

⊡ Abb. 3.10. Sonographische


Darstellung der Punktionskanüle in
Inline-Technik: 1 Plexus brachialis
interskalenär, 2 Punktionskanüle

⊡ Abb. 3.11. Fehler bei der Inline-


Technik: Schallfenster und Nadel
liegen nicht genau in einer Ebene,
die Punktionsnadel ist nicht in ihrer
gesamten Länge im Ultraschallbild
abgebildet. 1 Punktionsnadel
24 Kapitel 3 · Sonographische Darstellung verschiedener Strukturen

⊡ Abb. 3.12. Korrekte Ausbreitung


des Lokalanästhetikums (Halo- bzw.
doughnut sign) am Beispiel des
N. ischiadicus im Bereich der Knie-
kehle: 1 Punktionskanüle, 2 Lokal-
anästhetikum, 3 N. ischiadicus

⊡ Abb. 3.13. Einseitige Ausbreitung


des Lokalanästhetikums:
1 Muskulatur, 2 Punktionskanüle,
3 Plexus brachialis interskalenär,
4 Lokalanästhetikum

⊡ Abb. 3.14. Intramuskuläre Fehl-


injektion des Lokalanästhetikums:
1 typisches Bild einer intramuskulä-
ren Injektion mit echoarmen Lokal-
anästhetikaarealen
Literatur
25 3

Wird die Punktionskanüle nicht korrekt bis zum


Zielnerv vorgeschoben, so kann es zu einer fehlerhaf-
ten Injektion des Lokalanästhetikums in die angren-
zende Muskulatur kommen (⊡ Abb. 3.14). Die Injek-
tion muss in diesem Fall sofort abgebrochen und die
Lage der Punktionskanüle korrigiert werden.

! Cave
Kann die Ausbreitung des Lokalanästhetikums nicht
beobachtet werden, muss die Injektion sofort ab-
gebrochen werden. Offenbar liegt die Nadelspitze
nicht im Sichtfeld. Dies kann zu akzidentellen Verlet-
zungen und zu intravasalen Injektionen führen. In-
travasale Injektionen können auch auftreten, wenn
die Nadelspitze im Sichtfeld liegt und nicht als
solche erkannt wird. In diesen Fall ist ebenfalls keine
Ausbreitung des Lokalanästhetikums zu beobach-
ten. Plötzlich im Gefäß sichtbare kleine, helle Refle-
xe (Luftbläschen) können ein Warnzeichen sein!

Literatur

Riopelle J (2001) Use of ultrasound to control depth of needle


insertion. Reg Anesth Pain Med 26: 384-385
Schafhalter-Zoppoth I, McCulloch CE, Gray AT (2004) Ultra-
sound visibility of needles used for regional nerve block:
an in vitro study. Reg Anesth Pain Med 29: 480-488
Tsui BC, Finucane B (2005) Practical recommendations for im-
proving needle-tip visibility under ultrasound guidance?
Reg Anesth Pain Med 30: 596-597
4

Grundlagen der elektrischen


Nervenstimulation
Jürgen Birnbaum

Physiologische Grundlagen – 28

Geräte – 28

Klinische Anwendung der elektrischen Nervenstimulation – 29

Literatur – 31
28 Kapitel 4 · Grundlagen der elektrischen Nervenstimulation

Trotz der zunehmenden Verbreitung des Ultra-


⊡ Tab. 4.1. Chronaxie von Nervenfasern
schalls ist die elektrische Nervenstimulation in der
klinischen Praxis meist noch die Standardmethode Aα Motorik 0,05−0,1 ms
zur Lokalisation und Identifikation von Nerven-
Aδ Schmerz 0,15 ms
strukturen bei der Durchführung von Plexusan-
ästhesien und peripheren Nervenblockaden. Eine C Schmerz 0,4 ms
zusätzliche Sicherheit kann die Nervenstimulation
auch bringen, wenn sie mit dem Ultraschall kombi-
4 niert wird. Dies ist insbesondere dann empfehlens-
wert, wenn die ultraschallgestütze Technik erlernt
wird. Auch beim Versagen der ultraschallgestützten
Technik (geringe Erfahrung, schlechte Visualisier-
Tipp I I
Eine Änderung von auch nur einem dieser
barkeit der Strukturen) kann jederzeit auf die elek-
Parameter führt zu einer Veränderung der
trische Nervenstimulation umgestiegen werden.
Reizantwort. Daher sollten zur Beurteilung der
Reizantwort in der Praxis möglichst nicht zwei
Parameter gleichzeitig verändert werden.
Physiologische Grundlagen

Die Applikation eines Stromes über eine Stimula-


tionsnadel führt ab einer bestimmten Stromstärke Geräte
zu einer Depolarisation des motorischen Nervs
und nachfolgend zu einer Kontraktion des zugehö- Für die Klinik zugelassene Geräte (⊡ Abb. 4.1) er-
rigen Muskels. Die Stromstärke, ab der in vitro bei füllen praktisch alle folgende Voraussetzungen:
direktem Kontakt der Elektrode mit dem Nerv bei ▬ Die differente Elektrode ist die Nadel, die indif-
unendlich langer Reizdauer eine Depolarisation ferente Elektrode ist die Hautelektrode
ausgelöst wird, nennt man Rheobase. ▬ Abgabe eines konstanten Stromflusses während
Praktikabler ist die Chronaxie oder Kennzeit. der Impulsdauer
Sie bezeichnet jene Reizdauer, die bei doppelter ▬ Abgegebener Stromfluss entspricht dem einge-
Rheobase (Stromstärke) gerade zu einer Depolari- stellten Wert
sation des Nervs führt. ▬ Abgegebener Strom ist messbar
Die Chronaxie der verschiedenen Nervenfasern ▬ Optische und akustische Anzeige des abgege-
spielt auch in der Praxis eine Rolle (⊡ Tab. 4.1). benen Impulses
▬ Unterbrechung des Stromkreises wird ange-
Tipp I I zeigt
▬ Impulsfrequenz einstellbar (1−2 Hz)
Je niedriger die Impulsbreite, desto unwahr-
scheinlicher die Auslösung von Schmerzen bei ▬ Impulsbreite wählbar (0,1−3 ms)
der Nervenstimulation.
! Cave
Während der Punktion muss sichergestellt sein,
Die übertragene Energie ist das Produkt aus Strom- dass der Stromfluss nicht unterbrochen ist
stärke und Impulsdauer. Somit ist die auf den Nerv (Hautelektrode lose, Schaden am Kabel, unsiche-
übertragene Energie und damit die Stärke der aus- rer Steckkontakt, Gerätefehler etc.)! Die Geräte
gelösten Stimulationsantwort von folgenden Fakto- zeigen praktisch alle eine Unterbrechung des
ren direkt abhängig: Stromkreises an! Nichtbeachten kann zu Nerven-
▬ Stromstärke schäden führen!
▬ Impulsbreite
▬ Nähe der Nadelspitze (Stimulationselektrode) Das Bedienfeld eines Nervenstimulators ist in
zum Nerv ⊡ Abb. 4.2 dargestellt.
Klinische Anwendung der elektrischen Nervenstimulation
29 4

⊡ Abb. 4.1. Beispiele für in der


Klinik gebräuchliche Nervenstimu-
latoren. (B, P)

⊡ Abb. 4.2. Bedienfeld eines


Nervenstimulators. (B)

Klinische Anwendung der elektrischen


Nervenstimulation
Tipp I I
Erreicht man bei einer Impulsbreite
von 0,1 ms und einer Stromstärke von
Stimulationsschwelle
0,3−0,4 mA (»Stimulationsschwelle«) eine ge-
Ziel bei der Verwendung der elektrischen Nerven-
rade sichtbare motorische Reaktion, kann man
stimulation ist es, die Spitze der Stimulationsnadel
von einer guten Position der Nadelspitze in
so an den Nerv zu bringen, dass das Lokalanästhe-
Bezug zum Nerv ausgehen.
tikum den Nerv einerseits sicher erreicht. Anderer-
seits soll die Nadel den Nerv nicht berühren oder
gar beschädigen.
30 Kapitel 4 · Grundlagen der elektrischen Nervenstimulation

Verlust der Stimulationsantwort hierfür ist dann möglicherweise eine durch die Ge-
Ein immer wiederkehrendes Problem in der Praxis webstraumatisierung bedingte Einblutung in der
ist neben dem Finden und Beurteilen einer geeig- Nähe der Nadelspitze. Dies hat eine Veränderung
neten Stimulationsantwort der Verlust der vorher der elektrischen Eigenschaften um die Nadelspitze
guten Stimulationsantwort. zur Folge. Eine Nervenstimulation wird so unter
Folgende Ursachen können zu Verlust der Sti- Umständen gänzlich unmöglich.
mulationsantwort führen: Den gleichen Effekt beobachtet man bei der
▬ Unterbrechung des Stromkreises Injektion des Lokalanästhetikums oder ionenhalti-
4 ▬ Vorbeistechen am Nerv ger Kochsalzlösung, nicht jedoch bei Injektion von
▬ Einblutung Glukoselösung.
▬ Injektion von Lokalanästhetikum oder Koch-
salzlösung
Stimulationskatheter
Beim Verlust der Stimulationsantwort muss zu- Eine Elektrode an der Spitze des stimulierba-
nächst eine Unterbrechung des Stromkreises als ren Katheters (⊡ Abb. 4.3) wird mit der Intenti-
Ursache ausgeschlossen werden. on verwendet, nicht nur die Stimulationsnadel,
Geht der Stimulationserfolg während der sondern auch den Katheter möglichst nahe am
Punktion verloren, ist eine räumliche Vorstellung Nerv zu platzieren. So soll vermieden werden,
von den anatomischen Strukturen notwendig. Ein dass sich die Katheterspitze beim Vorschieben
Verlust der Stimulationsantwort ist beim weiteren des Katheters durch die Nadel wieder vom Nerv
Vorschieben der Nadel möglich. Ursächlich ist entfernt. Eine Lagekontrolle mittels Nervensti-
häufig das Vorbeistechen am Nerv. Die Nadel wird mulation ist auch postoperativ möglich und kann
nun bis zum erneuten Auftreten und folgender helfen, Dislokationen zu erkennen. Hierzu muss
Abschwächung der Stimulationsantwort zurück- allerdings die Zufuhr des Lokalanästhetikums
gezogen und die Stichrichtung wird korrigiert. abhängig von Konzentration und Infusionsrate
Dies mag zunächst banal klingen, ist jedoch für Stunden vor der Kontrolle unterbrochen wer-
die systematische Suche nach den Nervenstruktu- den. Der Katheter wird jetzt unter Stimulati-
ren von immenser Bedeutung. on zurückgezogen. Verbessert sich die Stimula-
Insbesondere nach längeren Punktionsversu- tionsantwort nicht, kann der Katheter entfernt
chen kann die Stimulation erschwert sein. Ursache werden.

⊡ Abb. 4.3. Stimulationskatheter-


set. (A)
Literatur
31 4
Vorschlag für das praktische Vorgehen dererseits die Schwelle von 0,3 mA nicht deut-
bei Nervenstimulation lich unterschritten werden
▬ Impulsbreite 0,1 ms, Frequenz 2 Hz
▬ Beginn mit einem Strom von 2 mA
▬ Annäherung an den Nerv, bis eine kräftige mo-
Tipp I I
Geht die Stimulationsantwort beim Vorschie-
torische Antwort erreicht wird ben des Katheters verloren, den Katheter
▬ Vermindern des Stromes auf 1 mA vorsichtig zurückziehen, Nadel 1−2 mm zu-
▬ Weiteres Annähern an den Nerv, bis erneut rückziehen oder bei seitlicher Öffnung der Na-
eine kräftige Antwort erreicht wird delspitze evtl. auch drehen und Katheter erneut
▬ Vorsichtiges Korrigieren der Nadel, auch nach vorschieben.
seitlich vom erwarteten Nervenverlauf, um die
Grenzen der Nervenstruktur zu »ertasten«
▬ Absenken des Stroms auf die Stimulations-
! Cave
schwelle von 0,4 mA, Zurückziehen der Nadel,
Ein Abscheren des Katheters an der Nadelspitze
bis die Stimulationsantwort gerade verloren
muss unbedingt vermieden werden. Bei einigen
geht und bei geringem Vorschieben gerade wie-
Stimulationskathetern ist das Zurückziehen des
der erreicht wird
Katheters durch die Nadel nicht erlaubt (s. jewei-
▬ Injektion des Lokalanästhetikums
lige Anwenderinformation)! In diesem Fall muss
dann die Nadel samt Katheter zurückgezogen
und ein neuer Punktionsversuch unternommen
Vorschlag für das praktische
werden.
Vorgehen bei Anwendung eines
Stimulationskatheters
▬ Impulsbreite 0,1 ms, Frequenz 2 Hz
▬ Beginn mit einem Strom von 2 mA Literatur
▬ Annäherung an den Nerv, bis eine kräftige mo-
torische Antwort erreicht wird De Andres J, Alonso-Inigo JM, Sala-Blanch X, Reina MA (2005)
▬ Vermindern des Stromes auf 1 mA Nerve stimulation in regional anesthesia: theory and
practice. Best Pract Res Clin Anaesthesiol 19: 153-174
▬ Weiteres Annähern an den Nerv, bis erneut Hadzic A, Vloka JD, Claudio RE et al. (2004) Electrical nerve
eine kräftige Antwort erreicht wird localization: effects of cutaneous electrode placement
▬ Vorsichtiges Korrigieren der Nadel auch nach and duration of the stimulus on motor response. Anesthe-
seitlich vom erwarteten Nervenverlauf, um die siology 100: 1526-1530
Grenzen der Nervenstruktur zu »ertasten« Karaca P, Hadzic A, Yufa M et al. (2003) Painful paresthesiae are
infrequent during brachial plexus localization using low-
▬ Absenken des Stimulationsstromes auf 0,6 mA,
current peripheral nerve stimulation. Reg Anesth Pain
die Stimulationsantwort sollte beim weiteren Med 28: 380-383
vorsichtigen Vorschieben der Nadel nicht ver- Kill C, Steinfeldt T (2006) Stimulating catheters for regional
loren gehen, sondern eher stärker werden anesthesia: considerations in routine clinical use. AINS
▬ Einführen des Stimulationskatheters einige Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 41:
476-481
Zentimeter in die Stimulationsnadel, Herstel-
Liguori GA, Zayas VM, YaDeau JT et al. (2006) Nerve localizati-
len des Kontaktes zwischen Nervenstimulator on techniques for interscalene brachial plexus blockade:
und Stimulationskatheter a prospective, randomized comparison of mechanical
▬ Die Elektrode der Katheterspitze hat jetzt Kon- paresthesia versus electrical stimulation. Anesth Analg
takt zur Innenwand der Nadel (Anzeige des 103: 761-767
Nervenstimulators beachten!), die Stimulation Urmey WF (2006) Using the nerve stimulator for peripheral
or plexus nerve blocks. Minerva Anestesiologica 72: 467-
erfolgt noch über die Nadelspitze
471
▬ Jetzt vorsichtiges Vorschieben des Katheters Wehling MJ, Koorn R, Leddell C, Boezaart AP (2004) Electrical
2−3 cm über die Nadelspitze. Dabei sollte die nerve stimulation using a stimulating catheter: what is
Stimulationsantwort erhalten bleiben, aber an- the lower limit? Reg Anesth Pain Med 29: 230-233
5

Katheterverfahren
Jürgen Birnbaum

Katheterarten – 34

Katheteranlage mit Ultraschall – 34

Fixation von Plexuskathetern – 34

Hygienestandards – 35

Postoperatives Management bei Katheterverfahren – 35

Literatur – 36
34 Kapitel 5 · Katheterverfahren

Für die kontinuierliche Applikation von Lokalan- klinische Routine eingeführt ( Kap. 4). Über eine
ästhetika ist die Anlage eines Katheters notwendig. Elektrode an der Spitze des Katheters kann nun
Die Anlage ist in »blinder« Technik aber auch un- auch die Stimulierbarkeit eines in der Nähe der
ter Verwendung des Ultraschalls möglich. Ob und Katheterspitze liegenden Nervs überprüft werden.
wo die Verwendung von stimulierbaren Kathetern Eine spätere Lagekontrolle des Katheters ist eben-
Vorteile bringt, ist gegenwärtig noch in der Diskus- falls möglich.
sion und Gegenstand klinischer Untersuchungen.
Theoretisch wäre es nahe liegend zu vermuten, dass
die ultraschallgestützte Anlage von Plexuskathetern Katheteranlage mit Ultraschall
den konventionellen Methoden in Bezug auf die Ef-
5 fizienz und Wirksamkeit überlegen ist, hierzu exi- Problematisch an der Katheteranlage mit Ultra-
stieren bisher jedoch keine ausreichenden Daten. schall ist die relativ schlechte Sichtbarkeit her-
Prinzipiell ist die Katheteranlage an allen Stel- kömmlicher Katheter im Schallbild.
len möglich, an denen Plexus- oder auch Einzel- Folgende Vorgehensweisen sind möglich:
nervenblockaden durchgeführt werden können. ▬ Der Katheter wird nach der ultraschallgestütz-
ten Applikation des Initialbolus blind über die
Nadel vorgeschoben. Eine Ultraschallkontrolle
Katheterarten der Ausbreitung von weiterem über den Ka-
theter injiziertem Lokalanästhetikum kann die
Konventionelle Katheter korrekte Lage bestätigen
Üblicherweise werden Katheter über eine Stimula- ▬ Das Vorschieben des Katheters über die Na-
tionsnadel an die Nervenstrukturen heran gebracht, delspitze kann direkt im Schallbild beobachtet
nachdem diese mittels Nervenstimulation aufge- werden. Hierzu bietet sich die Inline-Technik
sucht wurden. Danach wird der Katheter blind über an. Voraussetzung ist allerdings ein im Schall-
die Nadel meist 3−4 cm über die Nadelspitze vorge- bild ausreichend sichtbarer Katheter. Schwierig-
schoben. Ein weiteres Vorschieben erhöht potenzi- keiten kann dabei auch das Handling bereiten,
ell das Risiko einer Knotenbildung! da gleichzeitig die Nadel fixiert, der Katheter
▬ Der Initialbolus des Lokalanästhetikums kann vorgeschoben und der Schallkopf exakt ausge-
dazu vor Einführen des Katheters über die richtet werden muss (evtl. zweiter Untersucher)
Stimulationsnadel injiziert werden, wobei an- ▬ Kombination von Ultraschall und Nervensti-
genommen wird, dass das Lokalanästhetikum mulation über Stimulationskatheter. Diese Ka-
dabei Raum für den Katheter schafft. theter sind auch im Schallbild durch ihre Elek-
▬ Der Initialbolus kann auch nach Platzieren des trode besser erkennbar
Katheters über selbigen injiziert werden.

Ein Vorteil für die eine oder andere Methode konnte


Tipp I I
Lässt sich die Lage der Katheterspitze nicht
bisher nicht gezeigt werden. Bei beiden Methoden exakt bestimmen, kann die Injektion von sehr
kann sich der Katheter beim Vorschieben von der wenig Luft möglicherweise helfen. Dies erzeugt
Position der Nadelspitze und somit von der mittels einen hellen Fleck (echoreich) im Schallbild,
Nervenstimulator bestimmten Position entfernen. verschlechtert aber nachfolgend die Sicht.
Der Katheter kann unter Umständen auch eine
gefährliche Lage einnehmen (z. B. Migration des Ka-
theters nach intrathekal bei einer Skalenusblockade).
Fixation von Plexuskathetern

Stimulationskatheter Um eine Dislokation des Plexuskatheters zu vermei-


Um die Lage der Katheterspitze besser kontrollie- den, muss dieser fixiert werden. In jedem Fall sollte
ren zu können, wurden Stimulationskatheter in der ein steriler und idealerweise transparenter Klebe-
Postoperatives Management bei Katheterverfahren
35 5

verband angebracht werden, welcher eine Beurtei- Postoperatives Management


lung der Einstichstelle ermöglicht (⊡ Abb. 5.1). bei Katheterverfahren
Folgende Fixationen sind möglich:
▬ Transparente Klebefolie Vor Abklingen der Wirkung des Initialbolus wird
▬ Konfektionierte Klebefixation mit der Applikation eines Lokalanästhetikums be-
▬ Annaht (wird von den Autoren bevorzugt) gonnen.
▬ Tunnelung Folgende Varianten sind möglich:
▬ Bolusapplikation in festgelegten Intervallen
Bei der Auswahl des Verfahrens werden folgende ▬ Kontinuierliche Infusion
Aspekte berücksichtigt: ▬ Kontinuierliche Infusion mit Möglichkeit der
▬ Ort der Punktion (mechanische Beanspru- Bolusapplikation durch den Patienten (PCA)
chung?)
▬ Hautbeschaffenheit an der Punktionsstelle Die letzte Variante ist dabei sicherlich die gün-
(Haare, Schweiß) stigste. Zu beachten ist in jedem Fall die tägliche
▬ Geplante Liegedauer des Katheters Maximaldosis ( Kap. 7 und ⊡ Tab. 6.1).
Patienten mit Plexuskathetern sollten zweimal
täglich visitiert werden ( Kap. 23). Dabei werden
Hygienestandards beurteilt:
▬ Schmerzgrad
Insbesondere bei der Anlage von Kathetern kommt ▬ Sensibilität und Motorik
dem sterilen Vorgehen eine große Bedeutung zu ▬ Mögliche Nebenwirkungen der Lokalanästheti-
( Kap. 7). Folgende Empfehlungen können gege- kaapplikation
ben werden: ▬ Pumpenlaufrate, ggf. Anpassung der Laufrate
▬ Feuchthalten der Punktionsstelle mittels Des- ▬ Gesamtverbrauch an Lokalanästhetika
infektionsmittel vor Beginn der Punktion über ▬ Kathetereintrittsstelle
mindestens 10 min ▬ Fixation des Katheters
▬ Steriler Kittel ▬ Patientenzufriedenheit
▬ Steriler Überzug über den Schallkopf
▬ Sterile Handschuhe, Kopfhaube und Mund-
schutz

⊡ Abb. 5.1. Fixation eines Skale-


nuskatheters (Zugang von dorso-
lateral) mittels Annaht und steriler
transparenter Klebefolie
36 Kapitel 5 · Katheterverfahren

Literatur

Assmann N, McCartney CJ, Tumber PS, Chan VW (2007) Ul-


trasound guidance for brachial plexus localization and
catheter insertion after complete forearm amputation.
Reg Anesth Pain Med 32: 93
Guzeldemir ME, Ustunsoz B (1995) Ultrasonographic guidance
in placing a catheter for continuous axillary brachial ple-
xus block. Anesth Analg 81: 882-883
Swenson JD, Bay N, Loose E et al. (2006) Outpatient manage-
ment of continuous peripheral nerve catheters placed
using ultrasound guidance: an experience in 620 patients.
5 Anesth Analg 103: 1436-1443
van Geffen GJ, Gielen M (2006) Ultrasound-guided subgluteal
sciatic nerve blocks with stimulating catheters in children:
a descriptive study. Anesth Analg 103: 328-333
6

Lokalanästhetika
Constance Raimer

Einteilung der Lokalanästhetika – 38

Grundlagen – 38

Auswahl des Lokalanästhetikums – 40

Klinische Beispiele – 41

Dosierung – 41

Literatur – 41
38 Kapitel 6 · Lokalanästhetika

Einteilung der Lokalanästhetika Base oder hydrophile Säure. Veränderungen am


aromatischen Rest bestimmen im Wesentlichen die
Gemeinsamer Wirkort der Lokalanästhetika ist der Unterschiede in den Eigenschaften der Lokalanäs-
spannungsabhängige Natriumkanal der Nerven- thetika (Lipophilie, Proteinbindung, Wirkintensi-
zellmembran. Durch seine Blockade werden der tät, Abbauort, Abbaurate; ⊡ Tab. 6.1).
Natriumeinstrom und damit die Weiterleitung des
Aktionspotentials verhindert.
Die chemische Struktur des Lokalanästheti- Grundlagen
kums als Säureamid (z. B. Lidocain) oder Ester
(z. B. Procain) ist v. a. bedeutsam für die allerge- pKa-Wert
ne Potenz, nicht aber für die anästhetische. Ester Der pka-Wert ist der negative dekadische Logarith-
werden durch die Pseudocholinesterase im Blut mus der Säurekonstante Ka, er ist ein Maß für die
abgebaut, während Amide in den Mikrosomen der Stärke einer Säure. Nach Henderson-Hasselbalch
6 Leber desalkyliert werden. gilt:
Die Protonisierung des substituierten Amino- ▬ log (cHA/cA–) = pKa-pH
stickstoffs bestimmt das Vorliegen als lipophile ▬ pH = pKa + log(cA–/cHA)

⊡ Tab. 6.1. Übersicht Lokalanästhetika

Substanz, An- Wirk- Struk- pkA- Maximal- Verteilungs- Plasma- Po- Besonderheiten
Konzen- schlags- dauer tur Wert dosis; koeffizient protein- tenz
tration zeit (25°C) Single shot bindung
bzw. konti-
nuierlich

Mepivacain schnell 1,5−3 h Amid 7,6 300 mg 0,8 78% 3−4


1−1,5%
(Scandicain)

Prilocain schnell 1−3 h Amid 7,7 600 mg 0,9 55% 3−4 Met-Hb-Bildung,
1−2% Antidot Methy-
(Xylonest) lenblau, geringe
Vasodilatation,
Metabolisierung:
Leber, Niere, evtl.
Lunge

Lidocain schnell 142 h Amid 7,7 400 mg 2,9 64% 2−4 Perfusionslimitierte
1−1,5% Metabolisierung
(Xylocain) (MEG-X Test)

Bupivacain/ langsam 1,5−8 h Amid 8,1 150 mg bis 27,5 96% 16 Levobupivacain
Levobu- 18,75 mg/h weniger kardio-
pivacain toxisch
0,25−0,5%
(Carbostesin/
Chirocain)

Ropivacain mittel- 8−14 h Amid 8,1 300 mg bis 6,7 94% 14− Differenzialblock
0,5−0,75% schnell 28 mg/h 16
(Naropin)

Procain 2% langsam 0,5−1 h Ester 8,9 500 mg 0,02 5,8% 1 Allergie,


(Novocain) hitzeinstabil
Grundlagen
39 6

Hierbei entspricht cHA der Konzentration der verlängern die Wirkdauer. Die meisten Lokalanäs-
Säure und CA– der Konzentration der Base. Je thetika führen in therapeutischer Dosierung über
niedriger also der pKa-Wert einer Substanz ist, eine Sympathikolyse auch zu einer Vasodilatation.
umso mehr lipophile Basen liegen bei physiologi-
schem pH-Wert vor, was eine kürzere Anschlags-
zeit mit sich bringt. Bei einem pH-Wert von 7,4 Toxizität
liegen je nach pKa des Lokalanästhetikums nur Zentralnervöse Nebenwirkungen kommen in der
3−20% der Moleküle als lipophile (basische) Form Regel zeitlich vor den kardiozirkulatorischen Ne-
vor. Nur diese Moleküle passieren die Lipidmem- benwirkungen vor. Sie reichen von metallischem
bran und entfalten ihre Wirkung. Geschmack, perioralem Kribbeln, Ohrensausen
Ester zeigen mit einem vergleichsweise hohen und Verwirrtheit über Sprachstörungen und Be-
pKa ungünstige Diffusionseigenschaften. Das er- nommenheit bis hin zum Krampfanfall.
klärt neben ihrer relativ hohen allergenen Potenz Vital bedrohlich sind toxische Reaktionen des
ihre klinische Unbedeutsamkeit. Herz-Kreislauf-Systems. Kardiozirkulatorische Ne-
Theoretisch senkt eine Erwärmung des Lokal- benwirkungen reichen von Hypertonie und Tachy-
anästhetikums auf 37ºC den pKa-Wert und ver- kardie über Bradykardien, Extrasystolien und Hy-
kürzt damit die Anschlagszeit. potonie bis hin zur Asystolie, wobei verschiedene
Mechanismen verantwortlich sind. Die frühzeitige
Normalisierung des Blutdrucks mit Vasokonstrik-
Lipophilie toren ist neben Vermeidung von Hypoxie und
Die Lipophilie eines Lokalanästhetikums beein- Azidose vorrangig.
flusst aufgrund der damit zusammenhängenden
! Cave
Passagefähigkeit von Lipidmembranen (Neuronen,
Bei Zeichen von ZNS-Nebenwirkungen sollte
ZNS, Myokard) seine Potenz und Toxizität. Sehr
eine Sauerstoffgabe (neben dem Stoppen der
lipophile Lokalanästhetika (z. B. Bupivacain) füh-
Lokalanästhetikazufuhr) erste Maßnahme sein.
ren zu einer stärkeren Motorblockade, als weniger
Benzodiazepine sind zur Unterbrechung eines
lipophile (z. B. Ropivacain).
Krampfanfalls indiziert. Falls langwirksame Lo-
kalanästhetika verwendet wurden, kann eine
Proteinbindung mehrmalige Gabe von Benzodiazepinen (z. B.
Midazolam) notwendig sein.
Eine hohe Proteinbindung geht mit einer hohen
Affinität zum Rezeptor und einer entsprechenden
Wirksamkeit einher. Nur freie, nicht an α1-Glyko-
protein gebundene Moleküle passieren die Blut-
Tipp I I
Eine Befragung des Patienten zu etwaigen Ne-
Hirn-Schranke und die Plazenta. benwirkungen während der Anlage, besonders
! Cave zu Frühsymptomen, wie perioralem Kribbeln
Hypoproteinämie führt zu einer erhöhten oder metallischem Geschmack, lässt ZNS-Sym-
Systemtoxizität. ptome, einschließlich der Sprachstörungen re-
lativ leicht und zeitig diagnostizieren (verbalen
Kontakt halten)!
Wirkdauer
Die Wirkdauer eines Lokalanästhetikums hängt
von der applizierten Dosis, seinen physikochemi-
schen Eigenschaften, den anatomischen Verhält- Elimination
nissen (Vaskularisierung, Fettanteil), der Perfusion Amidlokalanästhetika werden in der Leber ver-
des Applikationsortes (Entzündung, Arzneistoff) stoffwechselt. Eine Besonderheit weist Prilocain
und anderen Faktoren ab. Entzündung und Nie- auf, das hepatisch und renal, evtl. auch pulmonal
reninsuffizienz verkürzen, Vasokonstriktorzusätze eliminiert wird.
40 Kapitel 6 · Lokalanästhetika

! Cave der Lokalanästhetika ist in den meisten Fällen bei


Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion der peripheren Regionalanästhesie ein Adjuvanz
haben ein erhöhtes Risiko für Intoxikationen. nicht notwendig.
▬ Clonidin: Clonidin perineural (Single shot:
Ester-Lokalanästhetika werden über die Plasma- 0,5–1 µg/kgKG als Zusatz zum Lokalanästheti-
cholinesterase hydrolysiert, ihre Plasmahalbwerts- kum, kontinuierlich 1–2 µg/ml) bewirkt keine
zeit ist entsprechend kurz. eindeutige Wirkdauerverlängerung bei peri-
pheren Blockaden. Verlängerung der motori-
! Cave
schen Blockade, Sedierung und Hypotonie sind
Paraaminobenzoesäure als Abbauprodukt stellt
mögliche Risiken
das wesentliche Antigen für allergische Reaktio-
▬ Opioide: Bei peripheren Regionalanästhesien
nen auf Lokalanästhetikaester dar. Methylparaben
kann ein Zusatz (z. B. Tramadol 1,5 mg/kgKG)
als gelegentlich zugesetzter Konservierungsstoff
aufgrund widersprüchlicher Studien bisher
6 in Amidlokalanästhetikazubereitungen weist ein
nicht als wirksam empfohlen werden
ähnliches Allergierisiko auf.
▬ Vasokonstriktoren: Der Zusatz von Adrenalin
(1:200.000 bzw. 5 µg/ml) kann die Wirkdau-
er eines Lokalanästhetikums verlängern, den
Differenzialblock Plasmaspiegel verringern und die Clearance
Die Eigenschaft eines Lokalanästhetikums, senso- verlängern
rische und motorische Fasern eines Nervs unter-
schiedlich stark zu blockieren, ist bei Ropivacain ! Cave
besonders ausgeprägt. Erwünscht ist dies zum Bei- Kontraindikationen für einen Adrenalinzusatz:
spiel in der Schmerztherapie und in der Geburts- Hyperthyreose, schwere Hypertonie, Koronarste-
hilfe, um Patienten unter suffizienter Analgesie nose, tachykarde Rhythmusstörungen, Phäochro-
mobilisieren zu können. Verwendung findet hier mozytom und Regionalanästhesie in Endstrom-
z. B. Ropivacain 0,2%, Bupivacain 0,25% oder Le- gebieten.
vobupivacain 0,25%.

Karbonisierung und Alkalisierung


Tachyphylaxie Karbonisierung mit CO2 oder Natriumbikarbonat
Bei kontinuierlicher oder wiederholter Gabe von führt zur Vasodilatation und damit im gut vasku-
Lokalanästhetika kann eine Dosiserhöhung not- larisierten Gewebe über eine schnellere Resorption
wendig werden, um den gleichen Effekt zu erzie- zur Wirkdauerverkürzung (z. B. 1 ml 8,4% NaH-
len. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines CO3 auf 10 ml Prilocain 1% oder Mepivacain 1%).
solchen Effektes hängt mit der applizierten Ge- In schlecht vaskularisiertem Gewebe (z. B. Plexus
samtdosis zusammen. brachialis) wird durch eine Karbonisierung (mit
konsekutiver Alkalisierung) die Latenzzeit, nicht
aber die Wirkdauer verkürzt. Die Alkalisierung
Adjuvanzien von Bupivacain führt zu einer Ausfällung.
Adjuvanzien haben in der Regel das Ziel, die An-
schlagszeit der Regionalanästhesie zu verkürzen,
die Wirkdauer zu verlängern, oder die notwendige Auswahl des Lokalanästhetikums
Menge des Anästhetikums zu verringern. Unter
optimalen Bedingungen (rechtzeitiges Eintreffen Die Auswahl des Lokalanästhetikums richtet sich
des Patienten im Vorbereitungsraum, ausreichend nach gewünschter Blockadedauer, relevanten Ne-
Personal zur parallelen Einleitung, ultraschall- benerkrankungen und der erwünschten Anschlags-
kontrollierte Anlage der Regionalanästhesie) und zeit. Wenn Katheterverfahren geplant sind, können
einer passenden Auswahl und/oder Kombination in der Regel für den Single-shot bei Katheteranlage
Dosierung
41 6

kürzer wirksame Substanzen verwendet werden.


⊡ Tab. 6.2. Lokalanästhetikadosierungen
Die Kenntnis des geplanten postoperativen Procede-
res führt manchmal zur Auswahl kürzer wirksamer Blockade Gebräuchliche
Substanzen, um z. B. nach Knieprothesen etwaige Lokalanästhetika-
Peronaeusläsionen nicht zu verschleiern und eine menge

frühe Mobilisierung nicht durch einen länger persi- Interskalenäre Blockade 20−30 ml
stierenden Motorblock zu beeinträchtigen. Für mit-
Infraklavikuläre Blockade 20−30 ml
tellange Blockadedauern kommen zum Beispiel Pri-
locain 1% oder Mepivacain 1% in Frage. Mögliche Axilläre Blockade 30 ml
langwirksame Lokalanästhetika sind Bupivacain,
Einzelnerven obere Extremität je nach Lokalisation
Levobupivacain 0,5% oder Ropivacain 0,75%. etwa 5 ml

Psoaskompartmentblockade 30 ml
Klinische Beispiele Femoralisblockade 20 ml

Ischiadikusblockade 20 ml
▬ Metallentfernung: mittellang wirksam, z. B.
Prilocain (postoperative Schmerzen nicht zu Psoas- + Ischiadikusblockade 25 ml + 15 ml
erwarten) Ischiadikusblockade distal 20 ml
▬ Knieendoprothese: mittellang wirksam, z. B. (Kniekehle)
Prilocain (längere OP, aber evtl. Testung der
Obturatoriusblockade 10 ml
Peronaeusfunktion nach Abklingen des Ischia-
dikusblocks postoperativ gewünscht) Die angegebenen Lokalanästhetikamengen sind in der Klinik
▬ Schulterendoprothetik: Lang wirksam, z. B. gebräuchliche Mengen
Ropivacain (mit frühestens am postoperativen
Tag geplanter Mobilisierung)

Dosierung öffnen auf Ansprache), eine ständige Überwa-


chung gewährleistet sein (»verbalen Kontakt
Für die meisten peripheren stammnahen Regio- halten!«) und ein Kreislaufmonitoring verwendet
nalanästhesien sind 30 ml eines mittellang wirksa- werden. Eine Prämedikation mit Benzodiazepinen
men Lokalanästhetikums ausreichend. Wenn zwei erhöht die Krampfschwelle. Da dadurch dramati-
Blockaden notwendig sind, wie z. B. zur Knie-OP, sche ZNS-Nebenwirkungen entsprechend später
müssen dementsprechend die einzelnen Mengen sichtbar werden, ist es wichtig, kardiozirkulatori-
angepasst werden, um in der Gesamtmenge nicht sche Parameter gut zu überwachen.
die Toxizitätsgrenze zu überschreiten. Bei Verwen-
dung von Ultraschall reicht oft deutlich weniger
Lokalanästhetikum aus (z. B. 20 ml), wenn ersicht- Literatur
lich ist, dass alle Nervenfasern von Lokalanäs-
Bouaziz H, Kinirons BP, Macalou D et al. (2000) Sufentanil does
thetikum umspült sind. Man verwendet so wenig
not prolong the duration of analgesia in a mepivacaine
Lokalanästhetikum wie möglich und so viel wie brachial plexus block: a dose response study. Anesth
nötig − unter Berücksichtigung der Maximaldosie- Analg 90: 383-387
rungen (⊡ Tab. 6.2). Buttner J, Klose R (1991) Alkalisierung von Mepivacain zur axil-
lären Katheterplexusanästhesie. Reg Anaesth 14: 17-24
Casati A, Vinciguerra F, Cappelleri G et al. (2005) Adding clo-
! Cave
nidine to the induction bolus and postoperative infusion
Um Nebenwirkungen rechtzeitig erkennen zu during continuous femoral nerve block delays recovery
können, sollte der Patient bei Anlage eines Blok- of motor function after total knee arthroplasty. Anesth
kes nicht zu tief sediert/prämediziert sein (Augen Analg 100: 866-872
42 Kapitel 6 · Lokalanästhetika

Dreesen H, Buttner J, Klose R (1986) Wirkungsvergleich und


Serumspiegel von Mepivacain-HCl und Mepivacain-CO2
bei axillärer Plexus brachialis-Anaesthesie. Reg Anaesth
9: 42-45
Duma A, Urbanek B, Sitzwohl C et al. (2005) Clonidine as an ad-
juvant to local anaesthetic axillary brachial plexus block: a
randomized, controlled study. Br J Anaesth 94: 112-116
Erlacher W, Schuschnig C, Orlicek F et al. (2000) The effects of
clonidine on ropivacaine 0.75% in axillary perivascular
brachial plexus block. Acta Anaesthesiol Scand 44: 53-57
Heath PJ, Brownlie GS, Herrick MJ (1990) Latency of brachial
plexus block. The effect on onset time of warming local
anaesthetic solutions. Anaesthesia 45: 297-301
Ilfeld BM, Morey TE, Enneking FK (2003) Continuous infraclavi-
cular perineural infusion with clonidine and ropivacaine
compared with ropivacaine alone: a randomized, double-
6 blinded, controlled study. Anesth Analg 97: 706-712
Krebs P, Hempel V (1985) Mepivacaine for axillary plexus anes-
thesia. Comparison of mepivacaine-CO2 and mepiva-
caine-HCI. Reg Anaesth 8: 33-35
Magistris L, Casati A, Albertin A et al. (2000) Combined scia-
tic-femoral nerve block with 0.75% ropivacaine: effects
of adding a systemically inactive dose of fentanyl. Eur J
Anaesthesiol 17: 348-353
Mannion S, Hayes I, Loughnane F, Murphy DB, Shorten GD
(2005) Intravenous but not perineural clonidine pro-
longs postoperative analgesia after psoas compartment
block with 0.5% levobupivacaine for hip fracture surgery.
Anesth Analg 100: 873-878
Mannion S, O’Callaghan S, Murphy DB, Shorten GD (2005)
Tramadol as adjunct to psoas compartment block with le-
vobupivacaine 0.5%: a randomized double-blinded study.
Br J Anaesth 94: 352-356
Meier G, Buttner J (2006) Atlas der peripheren Regionalanäs-
thesie. Thieme, Stuttgart
Niesel H, van Aken H (2002) Lokalanästhesie, Regionalanästhe-
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of local anesthetic solutions with sodium bicarbonate:
laboratory evaluation of alkalinization and precipitation.
Reg Anesth 14: 265-270
7

Hygieneaspekte bei ultraschall-


gestützten Nervenblockaden
Jürgen Birnbaum, Volker Lesch

Single-shot-Plexus- und Nervenblockaden – 44

Katheterverfahren – 44

Literatur – 46
44 Kapitel 7 · Hygieneaspekte bei ultraschallgestützten Nervenblockaden

Die Beachtung der Asepsis ist oberstes Gebot bei reichendem Abstand zur Punktionsstelle auf der
der Anlage von peripheren Blockaden. Beim Vor- bereits desinfizierten Haut aufgesetzt. In jedem Fall
gehen wird zwischen Single-shot-Blockaden und darf die Punktionsnadel den Schallkopf und der
Katheterverfahren unterschieden. Die Vorgaben Schallkopf die Punktionsstelle nicht berühren. Eine
gelten sinngemäß auch für nicht ultraschallgestütz- einfache, im klinischen Alltag bewährte Variante ist
te Blockaden. das Anbringen eines transparenten Klebeverban-
des am Schallkopf. Die Folie wird unter leichtem
Tipp I I Zug angebracht, damit der Schallkopf möglichst
faltenfrei »eingepackt« wird (⊡ Abb. 7.1).
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die hygie-
nische Händedesinfektion mit einem alkoholi- Im Zweifel sollten jedoch immer Überzug und
schen Händedesinfektionsmittel vor jeglichem Abdecktuch verwendet werden.
Berühren eines Patienten. ! Cave
Keinesfalls versehentlich mit der Nadel in den
Schallkopf stechen! Dies kann insbesondere dann
Single-shot-Plexus- und Nervenblockaden vorkommen, wenn der Schallkopf tief ins Gewebe
7 gedrückt wird!

Eine Single-shot-Regionalanästhesie wird vom


Wissenschaftlichen Arbeitskreis Regionalanästhe-
Tipp I I
Als steriler Überzug für einen üblichen Linear-
sie der DGAI als Punktion mit geringem Infekti-
schallkopf kann man einen sterilen OP-Hand-
onsrisiko gewertet.
schuh verwenden. Dazu Gel in den Handschuh
▬ Hygienische Händedesinfektion nach Ablegen
geben und den Schallkopf bis in einen Finger
von Ringen, Uhren und sonstigem Schmuck
des Handschuhs schieben (⊡ Abb. 7.2).
▬ Kopfhaube, Mundschutz und sterile Hand-
schuhe
▬ Der Schallkopf wird mit einer sterilen Hülle Alternativ können auch konvektionierte sterile
überzogen Schutzhüllen verwendet werden (⊡ Abb. 7.3).
▬ Es erfolgt eine Hautwischdesinfektion mit Ein-
haltung der empfohlenen Einwirkzeit (s. Bei-
packzettel des verwendeten Präparates). Die Katheterverfahren
Einwirkzeit richtet sich nach der jeweiligen
Hautpartie und ist z. B. bei talgdrüsenreicher Eine Katheterregionalanästhesie wird vom Wissen-
Haut (Haare, vordere und hintere Schweiß- schaftlichen Arbeitskreis Regionalanästhesie der
rinne) verlängert. Nach der Wischdesinfektion DGAI als Punktion mit höherem Infektionsrisiko
sollte die Haut bis zum Trocknen des Desinfek- gewertet.
tionsmittels nicht mehr berührt werden. Laut Die Katheternlage erfolgt analog zur Durch-
Herstellerangaben reicht meist eine Einwirkzeit führung der Single-shot-Verfahren, zusätzlich er-
von 1 Minute aus forderlich sind:
▬ Die Punktionsstelle sollte mit einem sterilen ▬ Steriler Kittel
Tuch abgedekt werden ▬ Einwirkzeit der Hautdesinfektion von 10 Mi-
▬ Als Ankopplungsmedium für den Schallkopf nuten (feucht) möglichst einhalten
wird Alkoholspray oder steriles Gel verwendet ▬ Kanülen und Katheterspitzen sollten möglichst
nicht berührt werden, auch nicht mit sterilen
Ist die Punktionsstelle übersichtlich und der An- Handschuhen
ästhesist versiert, kann prinzipiell auf den sterilen
Überzug des Schallkopfes und das Abdecktuch Benötigt der Patient aufgrund des operativen Ein-
verzichtet werden. Dazu wird des Schallkopf selbst griffs eine Antibiotikaprophylaxe, sollte diese vor
einer Sprühdesinfektion unterzogen und in aus- Anlage des Katheters appliziert werden.
Katheterverfahren
45 7

⊡ Abb. 7.1. Schallkopfüberzug mit


steriler, transparenter Klebefolie:
Der Schallkopf wird mit der Folie
beklebt, Gel zwischen Schallkopf
und Folie ist nicht notwendig

⊡ Abb. 7.2. Schallkopfüberzug mit


sterilem OP-Handschuh: Der Schall-
kopf kann leicht in einen Finger
gezogen werden

⊡ Abb. 7.3. Schallkopfüberzug mit


konfektionierter, steriler Schutzhülle
46 Kapitel 6 · Hygieneaspekte bei ultraschallgestützten Nervenblockaden

Die Kathetereintrittsstelle wird mit einer steri-


len und transparenten Klebefolie abgedeckt, wel-
che eine regelmäßige Kontrolle ermöglicht und
unnötige Verbandswechsel verhindert. Nur bei
optisch nicht kontrollierbaren Verbänden ist ein
täglicher Verbandswechsel notwendig. Durch den
Schmerzdienst erfolgt eine Katheterkontrolle mög-
lichst zweimal im Laufe von 24 Stunden.
Die Indikation für den Katheter sollte täg-
lich überprüft werden, um die Infektionsgefahr zu
begrenzen. Lokale Rötung oder neu auftretende
Schmerzen an der Kathetereintrittsstelle oder gar
der Austritt von auffälligem Sekret aus der Punk-
tionsstelle sind Warnzeichen einer sich entwik-
kelnden Infektion. Bei Verdacht sollte der Katheter
7 entfernt und der Patient engmaschig überwacht
werden. Eine Antibiotikagabe erfolgt bei systemi-
schen Infektionszeichen.
Die hier gegebenen Empfehlungen sollten zu-
sammen mit einem Krankenhaushygieniker in ei-
nen auf die jeweilige Einrichtung zugeschnittenen
Hygieneplan aufgenommen werden.

Literatur

Capdevila X, Pirat P, Bringuier S et al. (2005) Continuous pe-


ripheral nerve blocks in hospital wards after orthopedic
surgery - A multicenter prospective analysis of the quality
of postoperative analgesia and complications in 1,416
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Cuvillon P, Ripart J, Lalourcey L et al. (2001) The continuous
femoral nerve block catheter for postoperative analgesia:
bacterial colonization, infectious rate and adverse effects.
Anesth Analg 93: 1045-1049
Kinirons B, Mimoz O, Lafendi L et al. (2001) Chlorhexidine
versus povidone iodine in preventing colonization of
continuous epidural catheters in children: a randomized,
controlled trial. Anesthesiology 94: 239-244
Meyer J, Herrmann M (1998) Prävention katheterassoziierter
Infektionen. Die offiziellen amerikanischen Empfehlun-
gen - fundierte Antworten auf alltägliche Fragen. Anae-
sthesist 47: 136-142
Neuburger M, Breitbarth J, Reisig F, Lang D, Buttner J (2006)
Komplikationen bei peripherer Katheterregionalanästhe-
sie. Untersuchungsergebnisse anhand von 3491 Kathe-
tern. Anaesthesist 55: 33-40
Wissenschaftlicher Arbeitskreis Regionalanästhesie der DGAI
(2006) Hygieneempfehlungen für die Anlage und weiter-
führende Versorgung von Regionalanästhesie-Verfahren.
Anästh Intensivmed 47: 372-379
8

Periphere Nervenblockade und


gerinnungshemmende Medikation
Miodrag Filipovic

Nutzen-Risiko-Abwägung – 48

Medikamentenanamnese – 48

Blutungsanamnese – 48

Art der Nervenblockade – 48

Chirurgische Erfordernisse an die Blutgerinnung – 49

Leitlinien und Empfehlungen – 49

Literatur – 52
48 Kapitel 8 · Periphere Nervenblockade und gerinnungshemmende Medikation

Eine große Anzahl Patienten nehmen im Vorfeld Fall ist auf eine umfassende und ehrliche Infor-
chirurgischer Eingriffe gerinnungshemmende Me- mation des Patienten und auf eine entsprechende
dikamente, wie Kumarine, fraktionierte und un- Dokumentation Wert zu legen.
fraktionierte Heparine, Acetylsalicylsäure, Clopi-
dogrel und andere mehr, ein. Gründe dafür können
internistische, kardiologische oder neurologische Medikamentenanamnese
Begleiterkrankungen sein, oder der Patient wurde
vor kurzem operiert und steht noch unter der post- Folgende Punkte müssen erwogen werden:
operativen Thromboembolieprophylaxe. Für den ▬ Detaillierte Medikamentenanamnese: Welche
Anästhesisten ist es entscheidend zu wissen, unter Medikamente wurden mit welcher Indikation
welcher Medikation er welche anästhesiologischen eingenommen?
Interventionen durchführen darf, wie lang die The- ▬ Wann erfolgte die letzte Gabe?
rapiepausen gewählt werden müssen, aber auch ▬ Welche postoperative Therapie ist vorgese-
wann die Medikation nicht oder nur mit größter hen?
Zurückhaltung modifiziert werden darf. Gerade
diese Entscheidung ist für den Nicht-Spezialisten Eine Empfehlung für das Vorgehen bei Patienten
mitunter schwierig. unter oraler Antikoagulation (Kumarintherapie)
Als Grundsatz muss gelten: Nie gerinnungs- und bei Patienten unter Therapie mit Thrombo-
8 hemmende Medikamente absetzen, einzig um die zytenaggregationshemmern wird in ⊡ Abb. 8.1 und
Durchführung einer speziellen anästhesiologischen ⊡ Abb. 8.2 gegeben.
Technik (z. B. einer Nervenblockade) zu ermögli-
chen. Praktisch in jeder Situation stellt die Allge-
meinanästhesie eine gangbare Alternative dar. Blutungsanamnese

Welche Blutungsanamnese hat der Patient? Gibt es


Nutzen-Risiko-Abwägung zum Beispiel Hinweise für
▬ vermehrtes Nasenbluten,
Die Datenlage über die Durchführung peripherer ▬ verstärkte Nachblutungen nach früheren Ein-
Nervenblockaden unter gerinnungshemmender griffen oder
Medikation ist äußerst dürftig. Die vorliegenden ▬ verstärkte Menstruationsblutungen seit der
Empfehlungen stützten sich denn auch weitge- Menarche?
hend auf Expertenmeinungen und theoretische
Überlegungen. Weder Daten noch spezifische Ergeben sich anamnestische Hinweise auf eine
Richtlinien liegen bis heute für die ultraschall- von der Medikamenteneinnahme unabhängigen
gesteuerte Durchführung von Nervenblockaden erhöhten Blutungsneigung, ist auch vor oberfläch-
vor. Da die Ultraschalltechnik bei genügender lichen Blockaden auf das Abklingen der Wirkung
Erfahrung die akzidentelle Punktion größerer sämtlicher gerinnungshemmender Medikamente
Gefäße mit großer Sicherheit ausschließt, ist an- zu achten.
zunehmen, dass diese Technik in Hinsicht auf
Blutungskomplikationen der klassischen Punkti-
onstechnik überlegen ist. Allerdings verhindert Art der Nervenblockade
auch der Einsatz des Ultraschalls die Punktion
kleinerer Gefäße, wie sie zum Beispiel intramus- Welche Nervenblockade ist vorgesehen?
kulär vorkommen, nicht mit Sicherheit. Letztlich ▬ Handelt es sich um eine oberflächliche oder
liegt es in der Verantwortung jedes Einzelnen, je tiefe Blockade?
nach Erfahrungsgrad, anatomischen Begebenhei- ▬ Ist die Einlage eines Katheters vorgesehen?
ten und Patientensituation, das individuelle Nut- ▬ Wie lange soll dieser belassen werden?
zen-Risiko-Verhältnis abzuschätzen. Auf jeden ▬ Gibt es Alternativen?
Leitlinien und Empfehlungen
49 8

! Cave
⊡ Tab. 8.1. Beispiele für oberflächliche und tiefe
Blockaden Vor einem unüberlegten Absetzten der gerinnungs-
hemmenden Medikation sei eindringlich gewarnt!
Tiefe Blockaden Oberflächliche
Blockaden

Plexus Interskalenäre, Axilläre Blockade Leitlinien und Empfehlungen


brachialis supra- und infrakla-
vikuläre Blockade Im Folgenden werden die Leitlinie der Deutschen
Obere Nn. radialis, Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedi-
Extremität ulnaris, medianus, zin für die Vorgehensweise im Zusammenhang mit
suprascapularis, einer Thromboembolieprophylaxe bei peripheren
cutaneus antebra- Blockadetechniken zur Regionalanästhesie sowie
chii lateralis
die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Perioperati-
Untere Transgluteale Nn. femoralis, ve Gerinnung (AGPG) der Österreichischen Ge-
Extremität Blockade des fibularis commu- sellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
N. ischiadicus nis, tibialis und
(ÖGARI) zur Thromboembolieprophylaxe bei pe-
N. obturatorius saphenus,
Fussblockaden ripheren Blockadetechniken zur Regionalanästhe-
sie dargestellt.
Rumpf Nn. intercostales, Nn. iliohypogast-
N. pudendus, Sym- ricus, genitofemo-
pathisches Nerven- ralis, ilioinguinalis
system, Neuroaxia-
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für
le Blockaden Anästhesiologie und Intensivmedizin zur
Thromboembolieprophylaxe bei peripheren
Blockadetechniken zur Regionalanästhesie
1. Wenn möglich, sollten die gleichen Vorsichts-
Abhängig von den Strukturen, die bis zum Errei- maßregeln für die Anlage peripherer Blocka-
chen des peripheren Nerven passiert werden müs- den eingehalten werden, wie sie für die rücken-
sen und abhängig davon, wie gut eine Kompression marksnahen Blockaden gelten. Dies liegt bei
im Bedarfsfall durchgeführt werden könnte, wer- geplanten Operationen im Allgemeinen auch
den tiefe und oberflächliche Blockaden unterschie- im Interesse der operativen Disziplin.
den. Beispiele finden sich in ⊡ Tab. 8.1. Während 2. Können die unter 1. genannten Vorsichtsmaß-
bei oberflächlichen Blockaden und unauffälliger regeln nicht eingehalten werden, hat für jeden
Gerinnungsanamnese eine gewisse medikamen- einzelnen Fall eine sorgfältige Nutzen-Risiko-
töse Hemmung der Gerinnung akzeptiert werden Analyse zu erfolgen. Die Überlegungen zur
kann, sollte die Wirkung gerinnungshemmender Durchführung einer peripheren Blockade un-
Medikamente vor tiefen Blockaden oder bei auf- ter Einwirkung gerinnungshemmender Medi-
fälliger Anamnese zum Zeitpunkt der Punktion kamente sollten mit dem Patienten erörtert
vollständig abgeklungen sein. und schriftlich fixiert werden.
3. Im Falle einer Nervenblockde in Verbindung
mit einer Thromboembolieprophylaxe bzw. an-
Chirurgische Erfordernisse an die tithrombotischer Medikation sollte diese von
Blutgerinnung erfahrenen Kollegen oder unter der Aufsicht
erfahrener Kollegen durchgeführt werden, ggf.
Abschließend sei noch einmal darauf hingewiesen, unter Einsatz der Sonographie zur Vermeidung
dass chirurgische Eingriffe bei Patienten unter ge- von Gefäßpunktionen.
rinnungshemmender Therapie sorgfältig geplant 4. Alle Techniken, welche eine bewusste Gefäß-
sein müssen. Dabei ist die postoperative Phase punktion in Kauf nehmen, sind zu vermeiden
genau so wichtig, wie die präoperative. (z. B. transarterielle Techniken).
50 Kapitel 8 · Periphere Nervenblockade und gerinnungshemmende Medikation

5. Eine engmaschige Überwachung nach Anlage zügigere Indikationsstellung als die Medikation
der Blockade im Hinblick auf sich anbahnen- mit Fondaparinux, Clopidigrel oder Ticlopidin.
de Nervenschäden, die durch ein Hämatom 7. Bei Patienten unter gerinnungshemmender Me-
hervorgerufen werden, ist zu gewährleisten. Es dikation ist die Indikation für oberflächliche
hat eine dokumentierte Aufklärung über die Blockaden, welche eine problemlose Kompressi-
Symptome einer sich infolge eines Hämatoms on ermöglichen, sowie für Blockaden, die extrem
anbahnenden Nervenschädigung (motorische selten mit einer Gefäßpunktion einhergehen,
Schwäche, Gefühlsstörungen) stattzufinden mit großzügiger zu stellen als für tiefe Blockaden in
der Aufforderung, sich beim Eintreten entspre- Gebieten, die keine Kompression erlauben.
chender Symptome sofort an entsprechender
Stelle bemerkbar zu machen. Folgende Blockaden sind im Zusammenhang mit
6. Die Medikation mit ASS, NSAIDs oder nieder- Thromboembolieprophylaxe oder der Einnahme
molekularen Heparinen, sofern keine weitere von Thrombozytenaggregationshemmern weitest-
die Gerinnung beeinträchtigende Medikation gehend problemlos durchzuführen:
erfolgt und keine klinischen Hinweise auf eine ▬ Axilläre Plexusanästhesie (Ausnahme: transar-
Gerinnungsstörung vorliegen, erlaubt eine groß- terielle Technik)

8
⊡ Tab. 8.2. Empfohlene Therapiepausen von gerinnungshemmenden Medikamenten bei Lokoregionalanästhesie
(leicht modifiziert nach den Empfehlungen der AGPG der ÖGARI)

Therapieende VOR Therapiebeginn NACH Laborkontrolle


Punktion/Katheter- Punktion/Katheter-
entfernung entfernung
Unfraktionierte Heparine 4h 1h PTT oder Thrombinzeit
Fraktionierte Heparine (low dose) 12 h 2−4 h –
Fraktionierte Heparine (high dose) 24 h 2−4 h Anti-Xa-Aktivität
Heparinoide (Danaparoid-Natrium) 1−2 Tage 4h Anti-Xa-Aktivität
Synthetische Pentasacharide 24−36 h 4h Anti-Xa-Aktivität
(Fondaparinux)
Direkte Thrombininhibitoren
(Xi-) Melagatran 8−10 h 4h aPTT
Hirudine (Lepirudin) 10 h 4h aPTT
Adenosinrezeptorantagonisten
Clopidogrel 7 Tage Sofort –
Ticlopidin 10 Tage Sofort –
COX-Hemmer
Acetylsalicylsäure 2−3 Tage Sofort –
Nicht-selektive COX-I-Hemmer 3-mal HWZ Sofort –
Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren
Abciximab >2 Tage 4h –
Tirofiban 8h 4h –
Kumarine bis INR <1,4 Sofort INR

PTT Partielle Thromboplastinzeit, aPTT aktivierte partielle Thromboplastinzeit, INR International Normalized Ratio der Thrombin-
zeit , HWZ Halbwertszeit
Leitlinien und Empfehlungen
51 8

▬ Interskalenäre Plexusblockade (nur Techniken, Empfehlungen der Arbeitsgruppe


die keine Gefahr der Punktion der A. vertebra- Perioperative Gerinnung (AGPG)
lis beinhalten, z. B. Technik nach Meier) der Österreichischen Gesellschaft
▬ 3-in-1-(N. femoralis-)Blockade für Anästhesiologie und Intensivmedizin
▬ Distale Ischiadikusblockade (hinterer oder seit- (ÖGARI)
licher Zugang) Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Periopera-
▬ Alle Blockaden im Bereich von Ellbogen- und tive Gerinnung (AGPG) der Österreichischen Ge-
Kniegelenk sowie distal dieser Gelenke sellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
(ÖGARI) sind weiterreichend formuliert und leh-
Diese Techniken ermöglichen eine problemlose nen sich an die Empfehlungen für rückenmarks-
Kompression bei versehentlicher Gefäßpunk- nahe Blockaden an. Es werden Zeitintervalle von
tion. Die distale Ischiadikusblockade sowie die der letzten Einnahme eines gerinnungshemmen-
interskalenäre Plexusblockade nach Meier sind den Medikamentes bis zur Punktion oder Kathe-
darüber hinaus so gut wie nie mit einer Gefäß- terentfernung bzw. Zeitintervalle bis zur ersten
punktion verbunden. Folgende Verfahren sollten (Wieder)einnahme angegeben (⊡ Tab. 8.2).
unter o. g. Voraussetzungen nur bei entsprechen-
der Erfahrung und nach besonders gründlicher
Abwägung von Nutzen und Risiko durchgeführt Empfehlungen zur perioperativen
werden Vorgehensweise bei oraler Antikoagulation
▬ Interskalenäre Plexusblockaden, die das Risiko oder Thrombozytenaggregationshemmung
einer Punktion der A. vertebralis beinhalten Im Folgenden werden Empfehlungen zur Vorge-
(z. B. Technik nach Winnie) hensweise bei Patienten mit oraler Antikoagulation
▬ Infraklavikuläre Blockaden (⊡ Abb. 8.1) sowie mit Thrombozytenaggregations-
▬ Proximale Ischiadikusblockaden hemmung (⊡ Abb. 8.2) dargestellt.

Liegt eine Hochrisikosituation vor?


5 Thromboembolie <1 Monat
5 Klappenprothese »alter Bauart« (Björk-Shiley, Starr-Edwards)
5 St. n. Aortenklappenersatz plus 3 Risikofaktoren
5 St. n. Mitralklappenersatz plus 1 Risikofaktor

5 Risikofaktoren
- Mechanische Herzklappe
- Vorhofflimmern
- Erniedrigte linksventrikuläre Auswurffraktion (<50%)
- Bekannte Hyperkoagulabilität
- St. n. Thromboembolie

NEIN JA

Niedermolekulare Heparine in
Niedermolekulare Heparine in THERAPEUTISCHER Dosis
PROPHYLAKTISCHER Dosis bis 24 h präoperativ und
Prä- und postoperativ bis INR >2 innerhalb 8 bis 24 h postoperativ bis INR >2
Oder
Unfraktioniertes Heparin in
THERAPEUTISCHER Dosis

⊡ Abb. 8.1. Perioperatives Management bei Patienten mit oraler Antikoagulation


52 Kapitel 8 · Periphere Nervenblockade und gerinnungshemmende Medikation

Liegt eine Hochrisikosituation vor?


5 Koronare Stentimplantation mit »Drug Eluting« Stents innerhalb der letzten 12 Monate
5 Koronare Stentimplantation mit »Bare Metal« Stents innerhalb des letzten Monats

NEIN JA

Clopidogrel 7 Tage vor dem Eingriff Therapie wenn immer möglich weiterführen.
absetzten und möglichst bald Falls aus wichtigen und dringenden Gründen
danach wieder einsetzten. nicht möglich: Kontakt mit invasiv tätigem
Acetylsalicylsäure, wenn möglich Kardiologen und in dieser Situation erfahrenem
lückenlos weiterführen. Anästhesisten aufnehmen.

⊡ Abb. 8.2. Perioperatives Management bei Patienten mit Thrombozytenaggregationshemmung

Literatur
8
Albaladejo P, Marret E, Piriou V, Samama CM (2006) Manage-
ment of oral antiplatelet treatment for patients with coro-
nary stents. Ann Fr Anesth Reanim 25: 796-798
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivme-
dizin (2005) Thromboembolieprophylaxe bei peripheren
Blockadetechniken zur Regionalanästhesie. Leitlinie der
Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv-
medizin. Anästh Intensivmed 46: 319-322
Eagle KA, Berger PB, Calkins H et al. (2002) ACC/AHA guideline
update for perioperative cardiovascular evaluation for
noncardiac surgery–executive summary a report of the
American College of Cardiology/American Heart Asso-
ciation Task Force on Practice Guidelines (Committee to
Update the 1996 Guidelines on Perioperative Cardiovas-
cular Evaluation for Noncardiac Surgery). Circulation 105:
1257-1267
Kozek-Langenecker SA, Fries D, Gutl M et al. (2005) Lokoregio-
nalanästesien unter gerinnungshemmender Medikation.
Empfehlungen der Arbeitsgruppe Perioperative Gerin-
nung (AGPG) der Österreichischen Gesellschaft für An-
ästhesiologie und Intensivmedizin (ÖGARI). Anaesthesist
54: 476-484
9

Analgosedierung
bei Regionalanästhesie
Thierry Girard

Monitoring – 54

Pharmaka – 55

Klinische Beispiele – 57

Literatur – 57
54 Kapitel 9 · Analgosedierung bei Regionalanästhesie

Eine Analgosedierung während einer Regional- klare Flüssigkeiten) unterscheiden sich Regional-
anästhesie hat zum Ziel, dem Patienten nicht nur anästhesien nicht von Allgemeinanästhesien.
eine optimale Analgesie anzubieten, sondern im
Bedarfsfalle auch eine Sedierung und ihm zu er- Tipp I I
lauben, sich während des Eingriffes so wohl wie Musik über Kopfhörer (evtl. auch vom Patienten
möglich zu fühlen (⊡ Abb. 9.1). Trotzdem ist es selbst mitgebracht) wirkt oft besser, als jede
nicht Zweck einer Analgosedierung, einen zur Re- Sedierung. Entsprechende Geräte sollten in der
gionalanästhesie ungeeigneten Patienten »ruhig zu Klinik vorgehalten werden!
stellen«. In diesem Falle ist eine Allgemeinanästhe-
sie vorzuziehen.
Beim Erwachsenen wird davon abgeraten, die
eigentliche Punktion für Regionalanästhesien unter Monitoring
Allgemeinanästhesie oder unter tiefer Analgose-
dierung durchzuführen, weil die Schmerzreaktion Während einerseits schon die bei Regionalanäs-
eines Patienten als »Warnsystem« vor potenziellen thesie oft hohe Lokalanästhetikadosierung ein ad-
Nervenschädigungen verstanden wird. Aus dem äquates Monitoring des Patienten verlangt, wird
selben Grund sollte eine tiefere Sedierung, wenn dieses im Rahmen einer Analgosedierung beson-
überhaupt, erst nach Anlage der Regionalanäs- ders wichtig. Hierzu gehören eine Kreislaufüber-
thesie begonnen werden. Selbstverständlich kön- wachung mittels automatischer Blutdruckmessung
nen moderate Dosen von Analgetika oder Sedativa und Elektrokardiogramm sowie eine kontinuierli-
9 auch vor der Nervenblockade appliziert werden. che Überwachung der Sauerstoffsättigung mittels
Das stellt gerade bei Frakturen für den Patienten Pulsoxymetrie. Eine intravenöse Verweilkanüle
eine wesentliche Erleichterung dar. stellt die Medikamentenapplikation sicher. Optional
Zur Analgosedierung werden Substanzen ein- wird nasal oder per Maske Sauerstoff angeboten.
gesetzt, die grundsätzlich auch bei einer Allge-
meinanästhesie Verwendung finden. Entsprechend Tipp I I
ist mit Vorsicht und nach Wirkung zu dosieren. Es Das Fixieren des sonst für die Allgemeinanäs-
ist wichtig, von den verwendeten Pharmaka ne- thesie verwendeten Kapnometrieschlauches in
ben der korrekten Dosierung auch die wichtigsten der Nähe von Mund und Nase oder unter der
Nebenwirkungen sowie deren Komplikationen zu Sauerstoffmaske ermöglicht eine orientierende
kennen und behandeln zu können. In Bezug auf Kapnometrie unter Spontanatmung.
die Einhaltung der Nüchternzeit (2 Stunden für

⊡ Abb. 9.1. Analgosedierter Patient


Pharmaka
55 9
Pharmaka Metabolisierung durch unspezifische Plasma- und
Gewebeesterasen aus. Die Plasmahalbwertszeit
Sedative und analgetische Komponenten der Anal- von Remifentanil ist von der Infusionsdauer un-
gosedierung können nicht immer streng getrennt abhängig (konstante kontextsensitive Halbwerts-
werden. Während Opiate in der Regel eine sedative zeit).
Komponente besitzen, weisen Sedativa kein we- Aufgrund des tiefen Verteilungsvolumens sollte
sentliches analgetisches Potenzial auf. Remifentanil nach idealem Körpergewicht dosiert
Für eine intraoperative Sedierung eignen sich werden. Im Gegensatz zu anderen Opioiden sind
Medikamente mit einer kurzen Halbwertszeit. Dies interindividuelle Unterschiede in der notwendigen
vermindert einerseits das Bedürfnis einer post- Remifentanildosis relativ gering. Die Kombinati-
operativen Überwachung, andererseits schätzen es on mit Propofol oder Midazolam ist im Hinblick
die meisten Patienten, postoperativ frühzeitig ganz auf die Atemdepression synergistisch und entspre-
wach zu sein. Dies v. a. deshalb, weil die Regional- chend vorsichtig zu gestalten.
anästhesie in der Regel eine über die Operations- Remifentanilboli müssen aufgrund der erhöh-
dauer hinausreichende Analgesie gewährt. ten Gefahr von Bradykardien über mindestens
Die wichtigsten pharmakokinetischen Parame- 30 s injiziert werden. Aufgrund der zu erwarten-
ter und pharmakologischen Besonderheiten der den Atemdepression sind jedoch Bolusapplikation
gängigen Analgetika und Sedativa sind in ⊡ Tab. 9.1 beim spontanatmenden Patienten nicht zu emp-
zusammengefasst. Im Text wird zusätzlich knapp fehlen und eine kontinuierliche Applikation via
auf wesentliche Punkte ausgewählter Substanzen Spritzenpumpe vorzuziehen.
eingegangen.

Sedativa
Opioide Als Sedativa bei Regionalanästhesien sind die in-
Opioide wirken sowohl zentral als auch peripher travenös applizierbaren Medikamente Midazolam
über Opiatrezeptoren. Neben einer Analgesie ge- und Propofol besonders geeignet.
hört eine Sedierung zum Wirkungsspektrum. Die Beide Substanzen wirken über eine Verstär-
wichtigsten Nebenwirkungen bei der intravenösen kung zentraler GABA-Rezeptoren. Als Benzodia-
Applikation sind eine Atemdepression, sowie Nau- zepin besitzt Midazolam zudem eine ausgespro-
sea und Vomitus. chene amnestische Wirkung, welche auch schon
Die notwendige Dosis zeigt sehr hohe inter- bei nichtsedativen Dosierungen zum Tragen
individuelle Unterschiede, daher muss zwingend kommt.
nach Wirkung dosiert werden.
Propofol
Alfentanil Die gute Steuerbarkeit, sowie das vom Patienten
Aufgrund eines schnellen Wirkungseintrittes (ca. subjektiv als angenehm empfundene Einschlafen
90 s) und einer relativ kurzen Wirkdauer von ca. und Erwachen haben Propofol zu großer Beliebt-
20 min ist Alfentanil für die Blockade kurzdau- heit verholfen. Ein rasches Aufwachen sowie gerin-
ernder Schmerzreize, wie zum Beispiel Lagerung ger postoperativer »Überhang« sind herausragen-
und Anlage der Regionalanästhesie bei Frakturen, de Eigenschaften von Propofol, weshalb es immer
geeignet. Nausea und Vomitus scheinen bei Alfen- häufiger auch von anderen Fachspezialitäten, wie
tanil etwas seltener zu sein. z. B. Pneumologen, Gastroenterologen oder Kar-
diologen eingesetzt wird. Allerdings darf dabei das
Remifentanil Nebenwirkungsprofil nicht vergessen werden: ne-
Die analgetische Potenz von Remifentanil ist ähn- gative Inotropie, Sympathikolyse, Atemdepression
lich derjenigen von Fentanyl. Remifentanil zeich- und Injektionsschmerz.
net sich durch einen raschen Wirkungseintritt (ca. Patienten höheren Alters, mit Hypovolämie
1 min, ähnlich wie Alfentanil) sowie eine rasche oder einer linksventrikulären Funktionsstörung
56 Kapitel 9 · Analgosedierung bei Regionalanästhesie

⊡ Tab. 9.1. Eigenschaften und Dosierungen der häufigsten zur Analgosedierung verwendeten Medikamente

Medikament Intravenöse Dosierung Pharmakokinetik Bemerkungen


beim Erwachsenen

Morphin 1−2 mg i.v. Anschlagszeit: 1−3 min Histaminliberation, hohes sedatives


Wirkdauer: 4 h Potential, Bradykardien

Pethidin 10−25 mg i.v. Anschlagszeit: 1−3 min Atropin-like, Mydriasis, in hoher Dosis kardio-
Wirkdauer: 1−3 h depressiv, Anwendung auch bei Shivering

Piritramid 3−5 mg i.v. Anschlagszeit: 5 min


Wirkdauer:4−6 h

Fentanyl 0,5 µg/kgKG i.v. Anschlagszeit: 3−5 min Kumuliert bei repetitiver Dosis, speziell bei
Wirkdauer: 30−60 min älteren Patienten

Alfentanil 15 µg/kgKG i.v. Anschlagszeit: 90 s Seltener Nausea/Vomitus als andere Opioide;


Wirkdauer: 10−20 min mögliche Thoraxrigidität bei rascher Injektion

Remifentanil 0,05−0,1 µg/kgKG/min Anschlagszeit: 1 min Bolus bei Patienten in Spontanatmung nicht
Wirkdauer: 3−5 min empfohlen, Bradykardie

Midazolam 0,5−1mg i.v. Anschlagszeit: 1−3 min


Wirkdauer: ca. 30 min

9 Propofol 25−100 µg/kgKG/min, Anschlagszeit: 1 min Injektionsschmerz, negativ inotrop, sympa-


0,3 mg/kgKG Bolus i.v. Wirkdauer: 2−8 min tholytisch, atemdepressiv; rasches und ange-
nehmes Erwachen mit wenig Überhang.

Ketamin 0,2−0,5 mg/kgKG i. v. Anschlagszeit: 1 min Psychomimetische, halluzinogene Neben-


Wirkdauer: 5−10 min wirkungen (Kombination mit Benzodiazepin
empfohlen); sympathomimetisch

Mit Ausnahme der Dosierungen für kontinuierliche Applikation (Propofol, Remifentanil) handelt es sich um einzelne Boli, welche
bis zum erwünschten Effekt repetiert werden können.

(koronare Herzkrankheit) reagieren auf die ne- Ketamin


gative Inotropie sowie Sympathikolyse besonders Ketamin hat eine hohe amnestische, analgetische
empfindlich. und sedative Potenz bei praktisch fehlender Atem-
Aufgrund einer verminderten Clearance, wie depression. Der Hauptnachteil von Ketamin liegt
auch eines kleineren Verteilungsvolumens ist so- im Nebenwirkungsprofil, v. a. der psychomimeti-
wohl die Induktions- wie auch die Erhaltungsdosis schen Wirkung, unter welcher es beim Erwachen
bei älteren Patienten deutlich zu reduzieren. zu deliranten Zustandsbildern und Halluzinatio-
Die Inzidenz des Injektionsschmerzes kann nen kommen kann.
durch vorgängige Injektion von Opioiden, Lido- Bei bestimmten Patienten ist eine Analgosedie-
cain 1% oder Applikation in eine größere Vene rung besonders vorsichtig durchzuführen. Zu die-
vermindert werden. sen gehören Patienten mit einem erhöhten Atem-
Propofol ist aufgrund der kurzen Halbwertszeit depressionsrisiko oder verminderten Sauerstoffre-
und der raschen Äquilibration zwischen Blut und serven, wie zum Beispiel sehr adipöse Patienten
Gehirn gut titrierbar und eignet sich zur kon- oder solche mit einem Schlafapnoesyndrom.
tinuierlichen Applikation mittels Spritzenpumpe. Bei kardial kompromittierten Patienten ist der
Analgetische und amnestische Wirkungen von kardiodepressiven Wirkung praktisch aller hier er-
Propofol sind minimal. wähnten Medikamente Rechnung zu tragen.
Literatur
57 9
Klinische Beispiele Tipp I I
Lokalanästhesie durch den Operateur als
Im Folgenden einige Beispiele möglicher Konzepte
Option nicht vergessen!
einer Analgosedierung, die als Beispiele und nicht
Eine klar insuffiziente Regionalanästhesie
als Kochbuchrezepte zu verstehen sind. Auch die
wird evtl. besser in eine Allgemeinanästhesie
Kontraindikationen einer Analgosedierung sind zu
konvertiert.
beachten.
Das Augenöffnen erst auf Ansprache ist ein
! Cave gutes Maß für eine ausreichende Sedierung
Bei aspirationsgefährdeten Patienten (fehlende zur Anlage einer Nervenblockade.
Nüchternheit, Reflux etc.) ist eine tiefe Analgose-
dierung kontraindiziert!
Literatur

Regionalanästhesie zur Frakturversorgung Ayoub CM, Rizk LB, Yaacoub CI, Gaal D, Kain ZN (2005) Music
and ambient operating room noise in patients under-
Schon die Lagerung kann schmerzhaft sein. Wird
going spinal anesthesia. Anesth Analg 100: 1316-1319
zur Blockade eine Nervenstimulation eingesetzt, so Deng XM, Xiao WJ, Luo MP, Tang GZ, Xu KL (2001) The use of
sind hierbei Schmerzen an der Fraktur häufig. midazolam and small-dose ketamine for sedation and
Alfentanil 15 µg/kgKG als Bolus i.v. ca. 90 s vor analgesia during local anesthesia. Anesth Analg 93: 1174-
der Lagerung, bei Bedarf vor der Nervenstimulati- 1177
Holas A (2003) Sedation for locoregional anaesthesia. Adv Exp
on in halber Dosierung wiederholen.
Med Biol 523: 149-159
Alternativ: Fentanyl 2 µg/kgKG als Bolus i.v., Hu P, Harmon D, Frizelle H (2007) Patient comfort during regio-
hat jedoch eine längere Anschlagszeit. nal anesthesia. J Clin Anesth 19: 67-74
Nemethy M, Paroli L, Williams-Russo PG, Blanck TJ (2002) As-
sessing sedation with regional anesthesia: inter-rater
Ängstlicher Patient, wünscht agreement on a modified Wilson sedation scale. Anesth
Analg 94: 723-728
intraoperative Sedierung
Servin FS, Raeder JC, Merle JC et al. (2002) Remifentanil sedati-
Fentanyl 2 µg/kgKG i.v. 3−5 min vor der Punktion. on compared with propofol during regional anaesthesia.
Intraoperativ: Propofolperfusor mit 25−75 µg/ Acta Anaesthesiol Scand 46: 309-315
kgKG/min (d. h. bei 80 kg: 2−6 mg/min, entspre-
chend 120−360 mg/h, bei Propofol 1%: 12−36 ml/h).
Alternativ: Midazolam 1−2 mg i.v.; hat den
Nachteil einer längeren Wirkungszeit und somit
postoperativer Sedierung.

Intraoperativ partiell insuffiziente


Regionalanästhesie
Remifentanilperfusor 0,05−0,1 µg/kgKG/min (d. h.
bei 80 kg: 240−480 µg/h, entsprechend 12−24 ml/h
bei Remifentanil 20 µg/ml) evtl. in Kombination
mit niedrig dosiertem Propofolperfusor 25−75 µg/
kgKG/min (d. h. bei 80 kg: 2−6 mg/min, entspre-
chend 120−360 mg/h, bei Propofol 1%: 12−36 ml/h;
Cave: synergistische atemdepressive Wirkung).
Alternativ: Midazolam 1−2 mg i.v. kombiniert
mit Ketamin 0,2−0,5 mg/kgKG i.v., bei Bedarf re-
petiert.
10

Allgemeine Kontraindikationen,
Komplikationen und Nebenwirkungen
peripherer Nervenblockaden
Volker Lesch, Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Kontraindikationen peripherer Nervenblockaden – 60

Komplikationen peripherer Nervenblockaden – 61

Spezielle Komplikationen bei Katheteranlage – 62

Nebenwirkungen peripherer Nervenblockaden – 63

Literatur – 63
60 Kapitel 10 · Allgemeine Kontraindikationen, Komplikationen und Nebenwirkungen

Kenntnisse der Kontraindikationen, Komplikatio- im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung kann


nen und Nebenwirkungen sind für die Durchfüh- im Einzelfall eine periphere Blockade vom Er-
rung von peripheren Nervenblockaden zwingend fahrenen beispielsweise unter Ultraschallkontrolle
notwendig. Im Rahmen des Aufklärungsgespräches durchgeführt werden. In  Kap. 8 werden Hinweise
( Kap. 11) wird die vorgesehene Blockadetechnik zum Vorgehen bei Patienten unter gerinnungs-
mit dem Patienten besprochen. Dabei muss er auf hemmender Medikation gegeben.
relevante Komplikationen und Nebenwirkungen
auch hingewiesen werden.
Im Folgenden werden allgemeine Kontraindi- Antikoagulation
kationen, Komplikationen und Nebenwirkungen Bei unauffälliger Blutungsanamnese gilt auch die
behandelt, die prinzipiell bei allen Blockaden auf- Applikation von Acetylsalicylsäure (ASS), unfrak-
treten können. Die speziellen Kontraindikationen, tioniertem oder niedermolekularem Heparin nicht
Komplikationen und Nebenwirkungen der einzel- als Kontraindikation zur peripheren Nervenblok-
nen Blockaden entnehmen Sie bitte den entspre- kade. Die Anlage einer peripheren Nervenblocka-
chenden Kapiteln. de unter entsprechender Medikation durch einen
erfahrenen Anästhesisten und unter erweiterter
postoperativer Nachkontrolle kann nach sorgfälti-
Kontraindikationen peripherer ger Risiko-Nutzen-Analyse gerechtfertigt werden.
Nervenblockaden Einzig die Psoaskompartmentblockade sollte im
Bezug auf gerinnungsbeeinträchtigende Begleit-
Allgemeine absolute Kontraindikationen für pe- medikation in Analogie zu den rückenmarksnahen
riphere Nervenblockaden sind die Ablehnung Punktionen behandelt werden. Die anderen tiefen
10 durch den Patienten, klinisch manifeste Gerin- peripheren Blockaden (supra- und infraklavikulär,
nungsstörungen und die Infektionen im Bereich proximaler Ischiadikus) kann der Erfahrene nach
der Punktionsstelle. Selbstverständlich gelten die entsprechender Aufklärung des Patienten durch-
Kontraindikationen für den Einsatz der jeweiligen führen. Die eher oberflächlichen Blockaden (in-
Lokalanästhetika entsprechend (Allergie etc.). terskalenär, axillär, femoral, distaler Ischiadikus)
Eine relative Kontraindikation ist ein vorbeste- können in der Regel, insbesondere bei ultraschall-
hendes neurologisches Defizit. gesteuerter Anlage, ohne Probleme durchgeführt
werden. Weitere Informationen zum Thema Anti-
koagulation entnehmen Sie bitte dem  Kap. 8.
Ablehnung durch den Patienten
Bei fehlender Einwilligung des Patienten sollte
keine periphere Nervenblockade angelegt werden. Infektion im Bereich der Punktionsstelle
Das Erlangen der Einwilligung hängt wesentlich Infektionen (z. B. Akne, Intertrigo) im Bereich
von der Erfahrung und dem Einfühlungsvermö- der Punktionsstelle sind eine absolute Kontraindi-
gen des Anästhesisten ab. Der Patient sollte jedoch kation für die Anlage einer Nervenblockade. Die
nicht regelrecht überredet werden sondern nach ultraschallgestützte Blockadetechnik erlaubt ge-
dem Gespräch mit dem Anästhesisten den Ein- gebenenfalls jedoch die Wahl einer »atypischen«
druck haben, das das beste Verfahren mit ihm Punktionsstelle zum Erreichen eines Nerven oder
zusammen durch den Anästhesisten ausgewählt Plexus.
wurde (»shared decision making«). Infektionen im Bereich des Versorgungsge-
bietes des betroffenen Nervenbündels sind keine
Kontraindikation. Single-shot-Blockaden können
Klinisch manifeste Gerinnungsstörungen prinzipiell auch bei Bakteriämie angelegt werden.
Bei anamnestisch oder klinisch manifesten Gerin- Periphere Katheter sollten dann jedoch sehr streng
nungsstörungen sollten periphere Nervenblocka- indiziert werden, da auch lokale Infektionen be-
den in der Regel nicht durchgeführt werden. Nur günstigt werden könnten.
Komplikationen peripherer Nervenblockaden
61 10

! Cave immer einfach abgegrenzt werden. Selten wurde


Vorsicht ist geboten bei möglicher unbemerkter auch über das Auftreten einer Neuropathie im Zu-
Ausbreitung einer Infektion beispielsweise inner- sammenhang mit einer peripheren Nervenblocka-
halb eines Faszienspalts bis hin zur Punktionsstelle! de berichtet. Eine direkte Punktionsschädigung ist
nicht nachweisbar, die neurologische Symptomatik
Infektionen oder auch andere Komplikationen an lässt sich nicht einem Nerv oder Faszikel zuordnen.
der operierten Extremität können durch effektive Es wird ein immunologisch-entzündliche Genese
kontinuierliche Blockadetechniken maskiert wer- diskutiert. Ein entsprechendes Bild kann postope-
den. Im Entstehen begriffene Komplikationen wie rativ auch unabhängig vom Anästhesieverfahren
Infektionen oder ein Kompartmentsyndrom kön- auftreten. Einzelfallhaft beschrieben sind aber auch
nen zu einem »unerwartet« erhöhtem Lokalanäs- bleibende, funktionseinschränkende Nervenschä-
thetika- oder systemischen Schmerzmittelbedarf den mit Paresen und Schmerzen.
führen. Zur Beurteilung der lokalen Situation muss
der zuständige Operateur involviert werden.
Allergische Reaktion
Allergische Reaktionen auf Lokalanästhetika sind
Neurologische Defizite sehr selten, treten jedoch häufiger bei den selten
Neurologische Defizite akuter oder chronischer Ge- verwendeten Lokalanästhetika vom Estertyp auf.
nese im Ausbreitungsgebiet der geplanten Blockade Spaltprodukte (p-Aminobenzoesäure und substi-
oder andere generalisierte neurologische Vorer- tuierte Analoga) sind hier unter Umständen das
krankungen sind nur eine relative Kontraindikation auslösende Agens.
für die Anlage einer peripheren Nervenblockade. Relevanter sind jedoch Zusatzstoffe (Na-Disul-
Nach genauer Untersuchung, Dokumentation, ent- fit) insbesondere bei adrenalinhaltigen Lokalanäs-
sprechender Aufklärung und Einwilligung des Pati- thetika sowie Konservierungsmittel (Parabene), die
enten ist die Anlage einer peripheren Nervenblok- in vielen Arzneimittelzubereitungen, Lebensmit-
kade möglich. Eventuell kann dazu ein Neurologe teln und Kosmetika enthalten sind. Meist manife-
konsultiert werden. Eine individuelle Nutzen-Risi- stiert sich hier eine Paragruppenallergie gegenüber
ko-Abwägung sollte vorgenommen werden. Substanzen mit paraständiger Amino- oder Hy-
Insbesondere die ultraschallgesteuerte Blocka- droxylgruppe am Benzolring, die zu haptogenen
de bietet möglicherweise einen Sicherheitsgewinn. Chinonen metabolisiert werden. Eine Paragruppe-
Auch macht die visuelle Kontrolle einen wegen nallergie schließt meist auch Lokalanästhetika vom
Vorerkrankung aus pathophysiologischen Grün- Estertyp und Sulfonamide mit ein.
den unter Umständen erschwert stimulierbaren Anamnestisch sind daher die Fragen nach Le-
Nerven auffindbar und damit blockierbar. bensmittelunverträglichkeit, Allergien und Reaktio-
nen auf »zahnärztliche« Lokalanästhetikagabe re-
levant. Viele »vermeintliche« Allergien sind oft die
Komplikationen peripherer systemische Wirkung von Adrenalinzusätzen. Dies
Nervenblockaden kann eventuell anamnestisch abgegrenzt werden.

Nervenschäden
Nervenläsionen nach peripheren Blockaden werden Infektionen
mit einer Häufigkeit zwischen 0,19–3% angegeben. Infektionen nach Single-shot-Regionalanästhesie
Sie können punktions-, Lokalanästhetika- und/ sind sehr selten. Bei der Durchführung der Blocka-
oder kompressionsbedingt (Hämatom/Abszess) den muss in jedem Falle auf ein steriles Vorgehen
sein und haben in der Regel eine gute Prognose; geachtet werden. Sehr wichtig ist die Einhaltung
sie sind nach Tagen bis Monaten meist vollständig der Hygienestandards im Zusammenhang mit Ka-
regredient. Auch Lagerungs- und operationsbe- theteranlagen, bei denen das Infektionsrisiko höher
dingte Schäden sind möglich und können nicht ist. Empfehlungen zu den Hygienemaßnahmen im
62 Kapitel 10 · Allgemeine Kontraindikationen, Komplikationen und Nebenwirkungen

Zusammenhang mit Regionalanästhesieverfahren Spezielle Komplikationen


finden sich im  Kap. 7. bei Katheteranlage

Infektion nach Katheteranlage


Hämatom Oberflächliche Rötungen bei peripheren Nerven-
Hämatome können zu sekundären Nervenschäden kathetern kommen mit einer Häufigkeit von 3−10%
durch Druck oder Infektionen mit Abszessbildung vor. Schwere, tiefe Infektionen werden selten beob-
führen. achtet (0,07–1%).
Bei der Anlage einer peripheren Nervenblocka- Präventiv muss die Asepsis beim Legen der
de bei einem Patienten mit Blutungsneigung sollte Katheter eingehalten werden und die mindestens
die Gesamtsituation des Patienten bei dem geplan- tägliche Kontrolle der Katheter erfolgen ( Kap. 7).
ten Eingriff im Sinne einer Risiko-Nutzen-Analy- Wird für den durchzuführenden operativen Ein-
se abgewogen werden. Bei sicherer Beherrschung griff eine Antibiotikaprophylaxe benötigt, sollte
der ultraschallgesteuerten Methoden lässt sich eine diese bereits vor Anlage des Katheters gegeben
Gefäßpunktion weitgehend vermeiden ( Kap. 8). werden. Auch die Indikation für den Katheter
muss täglich überprüft werden, um die Infektge-
fahr zu begrenzen.
Intoxikation Wichtiger als die lokale Rötung ist der Austritt
Die klinische Symptomatik einer Lokalanästhe- von auffälligem Sekret aus der Punktionsstelle. Neu
tikaintoxikation lässt sich in Erregungs- und De- auftretende Schmerzen an der Kathetereintrittsstel-
pressionsphase teilen. Symptome der Erregungs- le sind ein Warnzeichen einer sich entwickelnden
phase sind: Unruhe, Angst, Schwindel, Dysarthrie, Infektion. Bei Verdacht sollte der Katheter entfernt
10 metallischer Geschmack, Ohrgeräusche, optische und der Patient engmaschig überwacht werden.
Wahrnehmungsstörungen, Übelkeit und/oder Er-
brechen. In der Depressionsphase kann es zur Vi-
gilanzminderung bis zum Koma, zur Atemdepres- Katheterabscherung, Schlingenbildung
sion bis zur Apnoe, zu Hypotonie, zur Bradykardie Das Durchtrennen, Abscheren oder der Abriss ei-
bis zur Asystolie und kommen. nes Katheters ist möglich. Ein verbliebenes Frag-
Bei der unbeabsichtigten intravasalen Gabe von ment sollte chirurgisch entfernt werden, um eine
Lokalanästhetika reicht eine geringe Menge aus, andauernde Nervenreizung mit Symptomatik oder
um eine toxische Reaktion auszulösen. Bei Über- eine Infektion zu verhindern. Ein Abschneiden
dosierung des Lokalanästhetikums tritt die entspre- des Katheters kann insbesondere beim Entfernen
chende Symptomatik unter Umständen verzögert des Katheters auftreten, wenn eine Annaht durch-
nach Erreichen toxischer maximaler Plasmaspiegel trennt werden soll!
durch Resorption auf.
! Cave
Auch eine sekundäre Katheterdislokation nach
Immer, nach Anfeuchten des Fadens mit Des-
intravasal ist möglich. Weitere Informationen ent-
infektionsmittel, zuerst den Katheter aus der
nehmen Sie bitte dem  Kap. 6.
Eintrittsstelle heraus ziehen und dann erst die
Verringern läst sich das Intoxikationsrisiko
Annaht durchtrennen!
durch korrekte Auswahl und Dosierung des Lokal-
anästhetikums und möglicherweise durch die ultra- Um ein Abschneiden eines Katheters definitiv zu
schallkontrollierte Injektion von möglichst wenig vermeiden, kann auch eine Befestigung mittels er-
Lokalanästhetikum. hältlicher Fixationssets und Verband mit durch-
sichtigen Klebefolien empfohlen werden.
Tipp I I Bei zu weitem Vorschieben sind Schlingen und
Das beste »Neuromonitoring« ist der wache, Knoten möglich. Sollten Schwierigkeiten, wie star-
kooperative Patient. ker Widerstand oder insbesondere ausstrahlende
Schmerzen beim Entfernen auftreten, kann eine
Literatur
63 10

radiologische Darstellung mit (oder bei Stimula- Capdevila X, Pirat P, Bringuier S et al. (2005) Continuous pe-
tionskathetern wegen der schattengebenden Elek- ripheral nerve blocks in hospital wards after orthopedic
surgery: a multicenter prospective analysis of the quality
trode auch ohne) Kontrastmittel sinnvoll sein.
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! Cave patients. Anesthesiology 103: 1035-1045
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Stimulationskatheter sind wegen der Elektrode
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in der Regel nicht MRT-kompatibel! Anesthesiology 90: 1062-1069
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedi-
Blutungsrisiko
zin (2003) Rückenmarksnahe Regionalanästhesien und
Man geht davon aus, dass die Katheteranlage Thromboembolieprophylaxe/antithrombotische Medika-
grundsätzlich risikoreicher als eine Einmalpunk- tion. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Anästhe-
tion ist, bei Anlage, wie auch bei der Entfernung siologie und Intensivmedizin. Anästh Intensivmed 44:
des Katheters. Erhöhte Vorsicht sollte man bei der 218-230
Kombination verschiedener gerinnungshemmen- Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivme-
dizin (2005) Thromboembolieprophylaxe bei peripheren
der Medikamente oder anamnestischer Blutungs-
Blockadetechniken zur Regionalanästhesie. Leitlinie der
neigung walten lassen ( Kap. 8). Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv-
medizin. Anästh Intensivmed 46: 319-322
Eagle KA, Berger PB, Calkins H et al. (2002) ACC/AHA guideline
Nebenwirkungen peripherer update for perioperative cardiovascular evaluation for
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American College of Cardiology/American Heart Asso-
ciation Task Force on Practice Guidelines (Committee to
Eine relevante Nebenwirkung stellt die Sympathi- Update the 1996 Guidelines on Perioperative Cardiovas-
kolyse infolge der Mitblockierung der sympathi- cular Evaluation for Noncardiac Surgery). Circulation 105:
schen Nervenfasern dar, welche mit den periphe- 1257-1267
ren Nerven mitziehen. Teilweise ist diese Neben- Fanelli G, Casati A, Garancini P, Torri G (1999) Nerve stimulator
and multiple injection technique for upper and lower
wirkung auch eine erwünschte Wirkung, so etwa
limb blockade: failure rate, patient acceptance, and neu-
bei der Therapie des M. Sudeck (Algodystrophie) rologic complications. Study Group on Regional Anesthe-
oder bei Anlage peripherer Nervenblockaden zur sia. Anesth Analg 88: 847-852
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64 Kapitel 10 · Allgemeine Kontraindikationen, Komplikationen und Nebenwirkungen

Meier G, Bauereis C, Heinrich C (1997) Der interskalenäre Ple-


xuskatheter zur Anästhesie und postoperativen Schmerz-
therapie. Erfahrungen mit einer modifizierten Technik.
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10
11

Organisatorische Aspekte
Jürgen Birnbaum

Aufklärungsgespräch – 66

Organisation im OP – 67

Dokumentation – 68

Aufwachraum – 69

Akutschmerzdienst – 70

Literatur – 70
66 Kapitel 11 · Organisatorische Aspekte

Der unter Umständen wichtigste Aspekt bei der sche Ablauf gut organisiert ist und wenn die Me-
Durchführung regionaler Blockadetechniken ist thode allseits akzeptiert ist. Spätestens hier »beißt
die Organisation. Mit der Organisation der inner- sich die Katze in den Schwanz« (⊡ Abb. 11.1).
klinischen Abläufe steht und fällt die Regionalan-
ästhesie in einem Krankenhaus. Die Akzeptanz der
Methode bei Patienten, operativen Kollegen und Aufklärungsgespräch
auch bei den Anästhesisten selbst hängt wesentlich
von der Erfolgsrate ab. Eine hohe Erfolgsrate kann Dem Aufklärungsgespräch (⊡ Abb. 11.2) zwischen
nur mit einiger Erfahrung erzielt werden. Erfah- Anästhesisten und Patienten kommt eine wesent-
rung kann man nur sammeln, wenn häufig Re- liche Bedeutung in Bezug auf die Etablierung von
gionalanästhesien durchgeführt werden, und diese Regionalanästhesietechniken in einem Kranken-
können nur durchgeführt werden, wenn der klini- haus zu. Das Gespräch soll den Patienten umfas-
send über die geplanten anästhesiologischen Maß-
Regionalanästhesie nahmen informieren. Nur so kann ihm die Mög-
geringe wird selten lichkeit gegeben werden, am Entscheidungsprozess
Akzeptanz durchgeführt
teilzuhaben. Der Anästhesist selbst muss natürlich
alle alternativen Anästhesietechniken kennen. Die
Einwilligung der Patienten wird er regelmäßig nur
erlangen, wenn er selbst von der Effizienz der
Techniken überzeugt ist.
hohe geringe
Versagerrate Erfahrung Tipp I I
Wenn der Operateur von den Regionalanäs-
thesieverfahren überzeugt ist, wird er unter
Umständen den Patienten in seinem Aufklä-
11 rungsgespräch ebenfalls auf die Vorzüge dieser
Arbeiten mangelhafte Methode hinweisen. Nicht nur deshalb ist es
unter Zeitdruck Organisation
wichtig, die operativen Kollegen in die Umset-
⊡ Abb. 11.1. Organisatorischer Teufelskreis der Regionalan- zung dieser Techniken mit einzubeziehen.
ästhesie

⊡ Abb. 11.2. Aufklärungsgespräch


Organisation im OP
67 11
Rechtliche Aspekte Die Aufklärung des Patienten und seine Einwilli-
Der Patient sollte im Gespräch über alle für den gungserklärung bedürfen der Schriftform.
Eingriff in Frage kommenden Anästhesieverfahren Prinzipiell ist es auch möglich, dass der Patient
aufgeklärt werden. Nur so kann er an der Entschei- nicht aufgeklärt werden möchte und auf eine Auf-
dungsfindung beteiligt werden (»shared decision klärung verzichtet. Dies sollte ebenfalls schriftlich
making«). Dazu gehört z. B. bei Extremitätenope- niedergelegt und vom Patienten unterschrieben
rationen neben der Allgemeinanästhesie fast immer werden.
auch die Regionalanästhesie. Üblicherweise wählt
der Anästhesist das für den Patienten geeignete
Verfahren aus und erklärt dem Patienten die Hin- Organisation im OP
tergründe dieser Auswahl. Dem Patienten sollte
nicht allein die Auswahl des Verfahrens überlassen Der Organisation des Ablaufs im Operationssaal
werden, da manche Patienten damit völlig überfor- kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Ziel ist es,
dert sind. Andererseits darf der Patient nach dem die Blockaden einerseits ohne Zeitdruck durchfüh-
Gespräch nicht den Eindruck haben, dass er zu ei- ren zu können, andererseits sollen durch die Re-
nem bestimmten Verfahren aus ihm nicht nachvoll- gionalanästhesieverfahren keine unnötigen Warte-
ziehbaren Gründen regelrecht überredet wurde. zeiten entstehen.
Die Aufklärung sollte in der Regel spätestens
am Vortag der Operation erfolgen, damit dem
Patienten Zeit zur reiflichen Überlegung bleibt. Patientenfluss
Dabei muss der Patient auch auf mögliche Risiken Entsprechend des Operationsplanes müssen Regio-
des Verfahrens hingewiesen werden. nalanästhesieverfahren insbesondere dann, wenn
Über folgende allgemeine Risiken der Regio- diese Verfahren noch nicht zur täglichen Routine
nalanästhesie sollte der Patient aufgeklärt werden: gehören, in der Organisation des Patientenflusses
▬ Nervenschäden (auch bleibend) besondere Berücksichtigung finden. Folgende As-
▬ Infektion pekte müssen entsprechend den Gegebenheiten
▬ Blutung des jeweiligen Krankenhauses beachtet werden:
▬ Verletzung von Nachbarorganen ▬ Absprache mit den operativen Kollegen über
▬ Toxische Medikamentenwirkungen das geplante Anästhesieverfahren
▬ Versagen der Methode ▬ Rechtzeitiges Bestellen des Patienten in den
Einleitungsraum
Zusätzlich muss der Patient über spezielle Risiken ▬ Rechtzeitige Bereitstellung von Personal für
des jeweiligen Zugangsweges in Kenntnis gesetzt ggf. »überlappende« Einleitung
werden (z. B. mögliche Querschnittslähmung bei ▬ Rechtzeitiges Vorbereiten der Utensilien für die
rückenmarknahen Verfahren, Pneumothorax bei Regionalanästhesie
infraklavikulärer Blockade etc.). ▬ Rechtzeitiger Beginn der Durchführung der
Blockade
Tipp I I
Insbesondere bei der Aufklärung über Risiken
Tipp I I
kommt es auf das Einfühlungsvermögen des Das Wesentliche bei der Durchführung von re-
Anästhesisten an. Der Patient kann meist die gionalen Blockadetechniken ist das Vermeiden
Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Kom- von Zeitdruck!
plikationen nicht abschätzen. Wie wird er wohl
die Frage »Möchten Sie eine Spinalanästhesie? Die Organisation des Ablaufs im OP wird sehr von
Davon können Sie allerdings eine Querschnitts- den Gegebenheiten des einzelnen Krankenhauses
lähmung bekommen! Oder möchten Sie lieber geprägt. Ein OP-Koordinator oder eine zentrale
schlafen?« beantworten? Einleitungseinheit können im optimalen Fall sehr
hilfreich sein.
68 Kapitel 11 · Organisatorische Aspekte

! Cave zumindest angestrebt werden (⊡ Abb. 11.3). Wich-


Kommt es im OP-Ablauf regelmäßig zu Verzöge- tig ist, dass der Anästhesist während der Durch-
rungen wegen der Anwendung von Regional- führung der ultraschallgestützten Blockade sowohl
anästhesieverfahren, ist dies nicht nur unöko- die Punktionsstelle als auch das Ultraschallbild gut
nomisch. Eine Akzeptanz seitens der operativen im Blick hat, ohne z. B. den Kopf extrem wenden
Kollegen wird so nur schwer zu erreichen sein! zu müssen. Auch die Position der assistierenden
Schwester ist wichtig.
Nach Erfahrung der Autoren führt die Anwendung
! Cave
des Ultraschalls zu einer deutlichen Verkürzung
Das für eine Plexusblockade notwendige
der Zeitspanne, die insbesondere bei Single-shot-
kontinuierliche Monitoring entspricht dem
Techniken notwendig ist, um eine Nervenblockade
einer Allgemeinanästhesie!
durchzuführen. Auf diese Art sind fast alle Plexus-
blockaden etwa so schnell durchzuführen, wie die
Einleitung einer Intubationsnarkose. Berücksichtigt
man die Zeit, die für die Lagerung und das sterile Dokumentation
Abwaschen benötigt wird, kann man bis zum Haut-
schnitt auch eine chirurgische Toleranz erwarten. Folgende Punkte sollten bei der Dokumentation
Insbesondere das Beobachten der Ausbreitung des ultraschallgestützter Blockaden Berücksichtigung
Lokalanästhetikums um die nervalen Zielstruktu- finden:
ren im Ultraschall erhöht das Vertrauen des Anäs- ▬ Arbeiten unter sterilen Kautelen, Hautdesin-
thesisten in den Blockadeerfolg wesentlich. fektion
▬ Lokalanästhesie der Punktionsstelle
▬ Nadelart
Räumliche Ordnung im Einleitungsraum ▬ Schmerzen, Parästhesien oder Blutung bei Punk-
Bei der Durchführung der Regionalanästhesie soll- tion
11 te für den Anästhesisten ein möglichst entspanntes ▬ Sichere Visualisierung der Nadelspitze während
Arbeiten möglich sein. Dazu ist es notwendig, eine der Punktion
möglichst standardisierte räumliche Ordnung her- ▬ Beobachtung der Ausbreitung und Menge des
zustellen. Die optimale Anordnung der Utensilien Lokalanästhetikums
wird nicht immer zu erreichen sein, sollte aber ▬ Blockadeerfolg

⊡ Abb. 11.3. Beispiel für die räum-


liche Anordnung bei der Durchfüh-
rung von ultraschallgestützten Ner-
venblockaden. Die Punktionsstelle
und das Ultraschallgerät liegen gut
im Blickfeld des Anästhesisten
Aufwachraum
69 11

Bei konventionellen Blockaden mittels Nervensti- mentiert werden (⊡ Abb. 11.4). Nach zusätzlicher
mulation sollte entsprechend zusätzlich dokumen- Analgosedierung werden auch Wachheit und die
tiert werden: Suffizienz der Spontanatmung dokumentiert.
▬ Schwelle des Stimulationsstromes (z. B. 0,4 mA)
! Cave
▬ Impulsbreite (z. B. 0,1 ms)
Insbesondere nach sehr kurzen Eingriffen sollte
der Patient im Zweifel noch einige Zeit postope-
Bei Katheteranlagen sollte zusätzlich dokumen-
rativ überwacht werden. Bei fast allen Blockaden
tiert werden
kann das Lokalanästhetikum teilweise intramus-
▬ Tiefe des Vorschiebens des Katheters über die
kulär injiziert werden, was auch mit einiger Latenz
Nadelspitze (üblicherweise ca. 3 cm)
noch zu toxischen Reaktionen führen kann!
▬ Tiefe der Einlage des Katheters ab Hautniveau
▬ Art der Katheterfixierung (Annaht, steriler, Eine kontinuierliche Beschickung von Kathetern
transparenter Verband, ggf. Tunnelung). mit Lokalanästhetika kann bereits im Aufwach-
raum oder nach primärer Applikation von lang-
! Cave
wirksamen Substanzen auch später durch den
Plexuskatheter sollten auch als solche kenntlich
Akutschmerzdienst begonnen werden. Da die Blok-
gemacht (beschriftet) werden!
kade bei Verlegung der Patienten meist noch anhält,
Stimulierbare Plexuskatheter sind in der Regel
ist auf eine entsprechende Lagerung der betreffen-
nicht MRT-tauglich. Auch das sollte am Katheter
den Extremität zu achten! Der Patient kann unmit-
kenntlich gemacht werden!
telbar nach Verlegung aus dem Aufwachraum auf
eine periphere Station bei Wohlbefinden mit dem
Essen und Trinken beginnen, wenn der Eingriff in
Aufwachraum reiner Regionalanästhesie durchgeführt wurde.

Entsprechend den Gegebenheiten des Krankenhau- ! Cave


ses kann der Patient in den Aufwachraum oder direkt An kontinuierlich analgesierten Extremitäten
auf die Station verlegt werden. Im Aufwachraum, oder Körperpartien besteht eine deutlich erhöhte
jedoch spätestens bei Verlegung, sollten Schmerz- Gefahr der Ausbildung von Druckulzera. Auf eine
grad, sensible und motorische Blockadeausbreitung entsprechende Lagerung muss unbedingt geach-
und das Fehlen von Intoxikationszeichen doku- tet werden!

⊡ Abb. 11.4. Patient mit Plexus-


blockade im Aufwachraum
70 Kapitel 11 · Organisatorische Aspekte

Akutschmerzdienst

Optimalerweise sollten Patienten mit kontinuier-


lichen Analgesieverfahren 2-mal am Tag visitiert
werden ( Kap. 23). Diese Visite kann durch einen
Anästhesisten oder eine entsprechend ausgebilde-
te Schwester (»pain nurse«) durchgeführt werden.
Zusätzlich muss das ärztliche und pflegerische Per-
sonal der Station mit der Problematik der konti-
nuierlichen Analgesieverfahren vertraut sein und
mögliche Komplikationen kennen und erkennen.
Folgende Punkte sollten vom Akutschmerz-
dienst kontrolliert und dokumentiert werden:
▬ Schmerzgrad
▬ Sensibilität und Motorik
▬ Mögliche Nebenwirkungen der Lokalanästheti-
kaapplikation
▬ Pumpenlaufrate, ggf. Anpassung der Laufrate
▬ Gesamtverbrauch an Lokalanästhetika
▬ Kathetereintrittsstelle
▬ Fixation des Katheters
▬ Patientenzufriedenheit

Tipp I I
Es klingt banal, dass der Schmerzgrad erfasst
11 werden sollte. Jedoch wird noch nicht immer
der Schmerzgrad standardisiert erfragt und
dokumentiert. Wie ist das an ihrem Haus?

Literatur

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of anaesthesia. Eur J Anaesthesiol 16: 160-165
II

Teil II Blockaden des Plexus brachialis

Kapitel 12 Plexus brachialis – 73

Kapitel 13 Interskalenäre Blockade – 77

Kapitel 14 Supraklavikuläre Blockade – 85

Kapitel 15 Infraklavikuläre Blockade – 93

Kapitel 16 Axilläre Blockade – 101

Kapitel 17 Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge – 109


12

Plexus brachialis
Gottfried Bogusch

Innervation des Arms – 74

Trunci – 74

Skalenuslücke – 74

Supraklavikuläre Äste – 74

Divisiones und Faszikel – 75

Periphere Nerven – 75

Sensible Versorgung des Arms – 75


74 Kapitel 12 · Plexus brachialis

Innervation des Arms Skalenuslücke

Bis auf die Haut der oberen Schulterregion (Inner- Die Skalenuslücke zwischen M. scalenus anterior
vation durch die Nn. supraclaviculares des Plexus und M. scalenus medius definiert sich allein durch
cervicalis; vornehmlich aus C4) und die Haut der die A. subclavia mit dem Sulcus arteriae subclaviae
Achselhöhle (Innervation durch die lateralen Äste auf der 1. Rippe. Die Trunci des Plexus brachi-
der Interkostalnerven 2 und 3) wird die gesamte alis zeigen in Bezug auf die Skalenuslücke viele
obere Extremität vom Plexus brachialis versorgt. Er Variationen. So tritt relativ häufig der Truncus
wird aus den ventralen Ästen der Spinalnerven C5 superior durch den M. scalenus medius. Solche
bis Th1 gebildet. Variabel erhält der Plexus Anteile Variationen sind im Ultraschallbild oftmals gut
aus C4 und Th2. Eine schematische Darstellung sichtbar. Die Skalenusmuskulatur ist zusammen
des Plexus brachialis findet sich in ⊡ Abb. 12.1. mit dem Plexus brachialis und der A. subclavia
von der Lamina prävertebralis der Fascia cervicalis
bedeckt. Im Bereich der Skalenuslücke geht sie auf
Trunci den Plexus brachialis und die A. subclavia über
und hüllt diese Strukturen in ein mehrgliedriges
Die Nervenfasern aus (C4) C5 und C6 vereinigen System von Bindegewebsscheiden ein. Das Durch-
sich zum Truncus superior. Er tritt durch die dringen dieser Faszie mit der Punktionsnadel ist
kraniale Partie der vom M. scalenus anterior und bei der Durchführung einer ultraschallgestützten
M. scalenus medius gebildeten Skalenuslücke. Die Blockade praktisch regelmäßig im Ultraschallbild
Durchtrittsstelle liegt etwa auf Höhe der Cartilago zu erkennen.
cricoidea oder des Proc. spinosus des 6. Halswir-
bels. Markiert man die halbe Länge des M. sterno-
cleidomastoideus, dann findet man diese Stelle von Supraklavikuläre Äste
dort 3 cm dorsal des Muskels.
Der ventrale Ast von C7 bildet den Truncus Supraklavikulär gehen aus dem Plexus brachialis
medius. Der Truncus inferior geht aus C8 und Th1 vier motorische Nerven ab. Zu ihnen gehören der
12 (Th2) hervor. Er liegt direkt auf der 1. Rippe hinter N. dorsalis scapulae und der N. suprascapularis.
der A. subclavia und hat somit als einziger direkten Der N. dorsalis scapulae (Innervation des
Kontakt zu diesem Gefäß. M. levator scapulae und der Mm. rhomboidei)

⊡ Abb. 12.1. Schema des Plexus brachialis:


1 Truncus superior, 2 Truncus medius,
3 Truncus inferior, 4 Divisiones anteriores,
5 Divisiones posteriores, 6 Fasciculus
lateralis, 7 Fasciculus posterior, 8 Fasciculus
medialis, 9 N. dorsalis scapulae,
10 N. suprascapularis, 11 Nn pectorales,
12 N. musculocutaneus, 13 N. axillaris,
14 N. radialis, 15 N. medianus, 16 N. ulnaris,
17 Nn. Intercostales, 18 N. cutaneus ante-
brachii medialis, 19 N. intercostobrachialis,
20 N. cutaneus brachii medialis
Sensible Versorgung des Arms
75 12

durchbricht dorsal des Ramus ventralis des Spinal- Zusammen mit der Arterie ziehen die Faszikel in
nerven C5 den M. scalenus medius. Anschließend engen räumlichen Kontakt etwa unter der Mitte der
überquert er die kraniale Partie des M. scalenus Klavikula zur Achselhöhle. Dabei findet sich unmit-
posterior und kommt unter den M. levator scapu- telbar infraklavikulär der Fasciculus medialis mehr
lae zu liegen. dorsolateral von der A. axillaris, der Fasciculus late-
Der N. suprascapularis (Innervation des M. su- ralis mehr ventrolateral und der Fasciculus posterior
praspinatus und des M. infraspinatus) geht aus dem am weitesten lateral. Erst im mittleren Abschnitt der
Truncus superior ab. Er zieht relativ frei durch das A. axillaris nehmen die Faszikel eine ihrer Bezeich-
seitliche Halsdreieck zur Incisura scapulae. nung entsprechende Position zur A. axillaris ein.

Tipp I I Periphere Nerven


Relevant für die Praxis ist, dass eine alleinige
Stimulation der genannten Nerven bei der mit
Nervenstimulation durchgeführten Plexusanäs- Noch in der Achselhöhle teilt sich der Fasciculus
thesie zu einer inkompletten Plexusanästhesie posterior in den N. axillaris und in den N. radialis,
führen kann. der Fasciculus medialis in den N. ulnaris und die
mediale Wurzel des N. medianus und der Fascicu-
lus lateralis in die laterale Wurzel des N. medianus
und den N. musculocutaneus. Hin und wieder ist
Divisiones und Faszikel ein eigenständiger N. musculocutaneus nicht aus-
gebildet. In solchen Fällen zweigen aus dem N. me-
Nach kurzer Verlaufsstrecke verzweigen sich die dianus auf unterschiedlicher Höhe Nerven zur Ver-
Trunci jeweils in eine Divisio ventralis und eine Di- sorgung der ventralen Oberarmmuskulatur und der
visio dorsalis. Die Divisiones ventrales des Truncus Haut auf der radialen Seite des Unterarms ab.
superior und medius bilden den Fasciculus latera-
lis und die Divisio ventralis des Truncus inferior
den Fasciculus medialis. Die Divisiones dorsales Sensible Versorgung des Arms
aller drei Trunci vereinigen sich zum Fasciculus
posterior. Etwas kranial der Klavikula werden die Die sensible Versorung des Arms und der Hand
Faszikel vom Venter inferior des M. omohyoideus wird in ⊡ Abb. 12.2 dargestellt. Hingewiesen sei be-
überkreuzt. In Bezug auf die A. subclavia liegt der sonders auf die sensible Versorgung der Radialseite
Fasciculus medialis dorsal und der Fasciculus po- des Unterarms durch den N. cutaneus antebrachii
sterior und lateralis kranial. lateralis (Ast des N. musculocutaneus).

⊡ Abb. 12.2. Sensible Versorgung


des Arms: 1 N. medianus, 2 N. ulnaris,
3 N. radialis, 4 N. cutaneus antebrachii
lateralis (N. musculocutaneus),
5 N. cutaneus antebrachii medialis,
6 N. cutaneus brachii medialis,
7 N. axillaris
13

Interskalenäre Blockade
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 78

Spezielle Kontraindikationen – 78

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 78

Anatomie – 79

Lagerung – 79

Sonographische Darstellung – 79

Ultraschallgestützte Punktion – 79

Klinisches Beispiel – 82

Konventioneller Zugang – 82

Literatur – 84
78 Kapitel 13 · Interskalenäre Blockade

Die interskalenäre Blockade wurde erstmals von ! Cave


Winnie 1970 beschrieben. Der interskalenäre Zu- Vorsicht bei im Aufklärungsgespräch heiseren
gang ermöglicht die kranialste Blockade des Plexus Patienten (möglicherweise bisher unbekannte
brachialis und ist das Verfahren der Wahl bei Rekurrensparese)!
Schulteroperationen. Eine gute Indikation stellen
auch die Reposition bei Schulterluxation und die
Schultermobilisation dar. Die interskalenäre Ple- Spezielle Komplikationen
xusblockade erfreut sich einer großen Beliebtheit und Nebenwirkungen
im klinischen Alltag, da die Technik einfach ist,
die oberflächlichen Landmarken problemlos zu Auch bei der ultraschallgezielten interskalenären
identifizieren sind und die Blockade ungeachtet Blockade können die bekannten nachstehenden
der Armposition durchgeführt werden kann. Dies Komplikationen auftreten.
ist v. a. ein wichtiges Kriterium bei Traumapatien- ▬ Horner-Syndrom: Entsteht durch eine Blockade
ten oder bei Patienten mit anderen schmerzhaf- des in der Nähe liegenden Ganglion stellatum,
ten Prozessen an der Schulter oder am Oberarm. v. a. nach Applikation einer größeren Menge
Da die tieferen Wurzeln C8 und Th1, aus denen eines Lokalanästhetikums. Zur Trias des Hor-
der N. ulnaris hervorgeht, oft nicht geblockt wer- ner-Syndroms gehören die Miosis, die Ptosis
den, eignet sich diese Blockadetechnik weniger und der Enophthalmus. Das Horner-Syndrom
für Operationen an der Innenseite von Ober- und kann den Patienten irritieren, verläuft aber in
Unterarm. der Regel harmlos.
▬ Konjunktivale Injektion: Diese kann als Binde-
hautentzündung fehlinterpretiert werden.
Indikationen ▬ Phrenikusparese: Durch den Verlauf des
N. phrenicus über den Vorderrand des M. sca-
▬ Anästhesie und Analgesie der Schulter, der la- lenus anterior kann es zu einer spontan rever-
teralen Klavikula, des Oberarms und des radi- siblen, meist symptomlosen Parese des Dia-
alen Anteils des Unterarms phragmas kommen.
▬ Reposition bei Schulterluxation ▬ Rekurrensparese: Auch der N. recurrens kann
noch von einer relevanten Menge des Lokalan-
Ob für eine bevorstehende Schulteroperation eine ästhetikums erreicht werden.
13 alleinige interskalenäre Plexusblockade ausreicht, ▬ Bronchospasmus: Die glatte Muskulatur der
hängt im Wesentlichen von der Schnittführung ab. Bronchien wird aus den sympathischen Thora-
Der halbaxilläre oder der vordere axilläre Zugangs- kalganglien versorgt. Die durch die interskalen-
weg mit Schnittführung in der vorderen Achselfalte äre Blockade verursachte Sympathikolyse kann
können problematisch sein, da dieses Hautareal in seltenen Fällen zu einem Bronchospasmus
vom N. intercostobrachialis (Th2) versorgt wird führen.
und daher eine zusätzliche Blockade der Interko- ▬ Hörverlust: Auch hier ist eine Sympathikolyse
stalnerven 1−3 notwendig wäre. Bei den arthrosko- der Grund für diesen reversiblen Hörverlust.
pischen Eingriffen an der Schulter ist häufig der ▬ Bezold-Jarisch-Reflex: Die interskalenäre Blok-
N. suprascapularis nicht ausreichend geblockt. kade ist die Methode der Wahl für eine Schul-
teroperation. Dazu werden die Patienten in die
so genannte »Beach Chair Position« gebracht.
Spezielle Kontraindikationen Ca. 10% der Patienten reagieren dabei mit Bra-
dykardie und Hypotonie. Der Zeitpunkt dieses
▬ Kontralaterale Phrenikusparese Ereignisses wird in der Regel erst ca. 60 Minuten
▬ Kontralaterale Rekurrensparese nach erfolgter Blockade beobachtet und kann in
▬ Relative Kontraindikation: COPD mit deutlich seinem schwersten Verlauf bis zu einem reanima-
eingeschränkter Lungenfunktion tionspflichtigen Herz-Kreislaufstillstand führen.
Ultraschallgestützte Punktion
79 13
Anatomie Rippe aufliegt. Die Darstellung der Nervenbün-
del des Plexus brachialis supraklavkulär erfolgt
Der Plexus brachialis wird im Wesentlichen aus durch leichtes Schieben, Kippen und Drehen des
den ventralen Wurzeln C5 bis Th1 gebildet (ge- Schallkopfes. Der Plexus brachialis befindet sich
ringe Anteile auch aus C4 und Th2). In Höhe des im Schallbild lateral von der A. subclavia und
lateralen Randes des M. scalenus medius vereini- stellt sich als eine Anhäufung von hypoecho-
gen sich der 5. und 6. Zervikalnerv und bilden den genen Knötchen dar (vergleichbar mit einer
Truncus superior. Aus dem 7. Zervikalnerv geht Traube). Durch Verschieben des Schallkopfes
der Truncus medius hervor. Hinter dem M. sca- kopfwärts lassen sich die Nervenbündel ohne
lenus anterior wird der Truncus inferior aus dem Mühe bis in die Skalenuslücke verfolgen. Die
8. Zervikal- und dem 1. Thorakalnerv gebildet. Die drei Trunci (superior, medius, inferior) stellen
Skalenuslücke, durch welche der Plexus brachialis sich zwischen den Mm. scaleni anterior und
zieht, wird begrenzt durch den M. scalenus anteri- medius als rundliche bis ovale, hypoechogene
or und den M. scalenus medius (⊡ Abb. 13.1). Sie Strukturen dar, welche meist übereinander lie-
lässt sich relativ einfach hinter dem Hinterrand gend in einer Linie (»Ampel«) angeordnet sind.
des M. sternocleidomastoideus palpieren. Kaudal 2. Eine andere Möglichkeit, die Skalenuslücke
des Plexus brachialis zieht die A. subclavia durch aufzufinden, ergibt sich durch Aufsetzen des
die Skalenuslücke. Der Punktionsort liegt in der Schallkopfes in Höhe des Krikoids in der Hals-
Skalenuslücke in Höhe C6, dies entspricht etwa mitte. Zunächst identifiziert man die Halsgefä-
der Höhe des Ringknorpels. Oft kreuzt auch die ße, wobei die A. carotis leicht als pulsierende,
V. jugularis externa in Höhe C6 die Skalenuslücke. runde, hypoechogene Struktur zu erkennen ist.
Wichtige oberflächliche Landmarken (⊡ Abb. Die V. jugularis interna liegt in der Regel leicht
13.2) sind der Ringknorpel und der M. sterno- lateral von der Arterie. Ihre Darstellung hängt
cleidomastoideus mit der dahinter liegenden Ska- vom Venenfüllungszustand und dem mittels
lenuslücke. des Schallkopfes ausgeübten Kompressions-
druck ab. Verschiebt man den Schallkopf nun
nach lateral, so lässt sich an der Oberfläche der
Lagerung M. sternocleidomastoideus, welcher sich nach
lateral zunehmend verjüngt und unter ihm den
▬ Rückenlage Muskelbauch des M. scalenus anterior erken-
▬ Den Kopf leicht zur Gegenseite drehen (nicht nen. Durch optimale Einstellung der Schallebe-
zu stark, damit die Mm. scaleni nicht zu sehr ne in Bezug auf den Verlauf der Nevenbündel
angespannt werden) in der Skalenuslücke (bei einem Winkel von
▬ Den Arm seitlich dem Körper anlegen etwa 90° zur Schallebene stellen sich die Trunci
am besten dar) können die drei Trunci oft zwi-
schen den Mm. scaleni anterior und medius
Sonographische Darstellung zur Darstellung gebracht werden.

Der Anästhesist steht am Kopfende des Patienten.


Die Identifikation der Skalenuslücke kann Ultraschallgestützte Punktion
auf 2 verschiede Arten erfolgen (⊡ Abb. 13.3 bis
⊡ Abb. 13.6): Cross-sectional-Technik
1. Bei der 1. Methode wird der Schallkopf unmit- Bei der Punktion quer zur Schallebene (Cross-
telbar supraklavikulär parallel zum Schlüssel- sectional-Technik) orientiert man sich anhand von
bein aufgesetzt und die A. subclavia in der Fossa indirekten Zeichen wie Gewebeverschiebung oder
supraclavicularis als pulsierende hypoechogene -verdrängung. Ein oval bis runder hyperechoge-
runde, scharf begrenzte Struktur identifiziert, ner Reflex (weißer Punkt) mit Schallschatten zeigt
die unmittelbar auf der hyperechogenen ersten den Schnittpunkt der Schallebene mit der Punk-
80 Kapitel 13 · Interskalenäre Blockade

⊡ Abb. 13.1. Anatomie der


Skalenuslücke links: 1 M. sterno-
cleidomastoideus, 2 Plexus cervica-
lis, 3 Plexus brachialis, 4 M. scalenus
medius, 5 M. scalenus anterior,
6 A. subclavia, 7 V. subclavia,
8 Klavikula, 9 M. splenius,
10 N. accessorius, 11 N. dorsalis
scapulae, 12 M. levator scapulae,
13 M. trapezius, 14 M. omohyoideus

⊡ Abb. 13.2. Landmarken inter-


skalenärer Zugang links: 1 M. sterno-
13 cleidomastoideus, 2 Jugulum
3 M. levator scapulae, 4 M. trapezius,
5 M. scalenus medius, 6 Klavikula

⊡ Abb. 13.3. Beispiel für Schall-


kopf- und Nadelhaltung beim
interskalenären Zugang links
Ultraschallgestützte Punktion
81 13

⊡ Abb. 13.4. Querschnitt durch


die Skalenuslücke links mit Blick
von kranial auf die Schnittebene:
1 M. scalenus medius, 2 Plexus
brachialis, 3 V. jugularis interna,
4 M. scalenus anterior, 5 A. carotis
communis

⊡ Abb. 13.5. Ultraschallbild


des interskalenären Zugangs
links mit Blick von kranial auf
die Schallebene (entsprechend
Abb. 13.3/13.4)

⊡ Abb. 13.6. Schema des


Ultraschallbildes interskalenär:
1 M. sternocleidomastoideus;
2 M. scalenus medius; 3 Plexus
brachialis; 4 M. scalenus anterior;
5 V. jugularis interna, 6 A. carotis
82 Kapitel 13 · Interskalenäre Blockade

tionskanüle, dies muss aber nicht unbedingt die Blick von kranial auf die Schallebene dargestellt
Nadelspitze sein. Die Punktionsstelle liegt 2−3 cm (Untersucher hinter dem Kopf). Die Punktion er-
oberhalb des quer über die Skalenuslücke aufgesetz- folgt in der Schallebene (Inline-Technik) von late-
ten Schallkopfes, die Punktion erfolgt nach medial ral nach medial. Die Nadelspitze liegt dem Truncus
und kaudal. Die Stichrichtung bei dieser Technik medius an. Die Aufnahme zeigt die Situation nach
entspricht der Stichrichtung der Technik nach Mei- Einspritzen von wenigen Millilitern eines Lokalan-
er (Punktion in Richtung der Skalenuslücke). ästhetikums (⊡ Abb. 13.8).

Inline-Technik Konventioneller Zugang


Die Punktionstechnik in der Schallebene (Inline-
Technik) mit Stichrichtung von dorsolateral nach Bei der interskalenären Blockade wird zwischen
anteriomedial (entspricht der konventionellen einem anterioren und einem posterioren Zugang
Technik nach Boezaart;  Kap. 13) wird von den unterschieden. Der anteriore Zugang mit der klas-
Autoren bevorzugt, weil damit die Nadelposition sischen Technik nach Winnie wurde 1997 mit
zu jeder Zeit genau lokalisiert werden kann und der modifizierten Technik nach Meier erweitert
dadurch Verletzungen von komplikationsträchti- (⊡ Abb. 13.9).
gen Strukturen vermieden werden können. Falls
die Kontrolle über die Nadelspitze verloren geht,
darf die Punktionskanüle nicht mehr weiter vor- Anteriore interskalenäre Blockade nach
geschoben werden. Es empfiehlt sich, die Nadel Meier
etwas zurückzuziehen und unter Sicht einen neuen ▬ Lagerung wie bei der sonographiegesteuerten
Versuch zu unternehmen. Punktion
Meistens kann die Nadelspitze beim ersten Ver- ▬ Punktion entspricht der der Cross-sectional-
such so gut im Bereich des Truncus inferior am Technik
lateralen Rand der Skalenuslücke platziert werden, ▬ Leitstrukturen: Hinterrand des M. sternocleido-
dass sich unter langsamer Injektion eine vollständi- mastoideus und das distale mediale Ende der
ge Ausbreitung des Lokalanästhetikums innerhalb Skalenuslücke, d. h. unmittelbar lateral der
der Skalenuslücke erreichen lässt, so dass eine Kor- A. subclavia
rektur der Nadelspitze nicht nötig ist. ▬ Anheben des leicht zur Gegenseite gedrehten
13 Kopfes lässt den M. sternocleidomastoideus
Tipp I I deutlicher hervortreten. Die Skalenusmuskeln
sind Atemhilfsmuskeln, entsprechend verdik-
Aufgrund der kompakten Anordnung der Trun-
ci interskalenär genügt schon eine Menge von ken sie sich bei tiefer Inspiration. Dadurch lässt
15−20 ml eines Lokalanästhetikums, um eine sich die Skalenuslücke deutlich besser palpie-
ausreichende Blockade zu erzielen. ren, bei schlanken Patienten ist sie evtl. sogar
Hinweise für eine tiefe erfolgreiche Blockade sichtbar
sind das »deltoid sign« (Abduktion des Arms ▬ Gleiten die palpierenden Finger vom Hinter-
ist nicht mehr möglich) und das »money sign« rand des M. sternocleidomastoideus weiter
(Daumen und Mittelfinger können nicht mehr nach dorsal, so kommen sie auf dem M. scale-
aneinander gerieben werden). nus anterior zu liegen
▬ Die A. subclavia markiert das kaudale Ende der
Skalenuslücke
▬ Die Einstichstelle befindet sich ca. 2 cm höher
Klinisches Beispiel als bei der klassischen Technik nach Winnie in
Höhe der Incisura thyroidea hinder dem Hin-
In ⊡ Abb. 13.7 ist ein Querschnitt des Plexus bra- terrand des M. sternocleidomastoideus in der
chialis des linken Arms in Höhe C6 (Krikoid) mit Skalenuslücke
Konventioneller Zugang
83 13

⊡ Abb. 13.7. Klinisches Beispiel


einer linksseitigen interskalenären
Blockade des Plexus brachialis mit
beginnender Ausbreitung des Lo-
kalanästhetikums. Blick von kranial
auf die Schallebene

⊡ Abb. 13.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 M. sternocleidoma-
stoideus, 2 Punktionsnadel, 3 Lokal-
anästhetikum, 4 Plexus brachialis

⊡ Abb. 13.9. Nadelhaltung bei


konventionellem interskalenären
Zugang links nach Meier
84 Kapitel 13 · Interskalenäre Blockade

▬ Der Stichwinkel beträgt ca. 30° zur Hautober- ▬ Gefäße (A. carotis, V. jugularis interna) liegen
fläche, die Stichrichtung entspricht dem Ver- lateral und Myelon medial der Punktions-
lauf der Skalenuslücke nach kaudal strecke
▬ Bei Durchstechen der Fascia cervicalis super-
ficialis wird oft ein deutlicher Klick verspürt.
In der Regel wird der Plexus brachialis nach Literatur
3−4 cm erreicht
▬ Eine motorische Antwort aus dem M. delto- Boezaart AP, De Beer JF, Nell ML (2003) Early experience with
continuous cervical paravertebral block using a stimula-
ideus oder dem M. biceps brachii zeigt eine
ting catheter. Reg Anesth Pain Med 28: 406-413
Stimulation des Truncus superior an und ist Chan VW (2002) Nerve localization–seek but not so easy to
ausreichend für eine erfolgreiche Blockade für find? Reg Anesth Pain Med 27: 245-248
Schultereingriffe Chan VW (2003) Applying ultrasound imaging to interscalene
brachial plexus block. Reg Anesth Pain Med 28: 340-343
Tipp I I Meier G, Bauereis C, Maurer H, Meier T (2001) Interscalene ple-
xus block. Anatomic requirements–anesthesiologic and
Bei einer Stimulation des N. phrenicus (Zwerch- operative aspects. Anaesthesist 50: 333-341
fellzuckungen) liegt die Nadel zu weit ventral. Peterson MK, Millar FA, Sheppard DG (2002) Ultrasound-gui-
ded nerve blocks. Br J Anaesth 88: 621-624
Bei einer Außenrotation und Abduktion in der
Schulter oder bei einem »Klopfen« im Schul-
terblatt durch eine Stimulation des N. supras-
capularis (M. supra- und infraspinatus) liegt die
Kanüle zu dorsal. Ebenfalls bei einem Anheben
der Schulter (N. dorsalis scapulae, M. levator
scapulae) oder gar beim Nach-hinten-Ziehen
der Schulter (N. accessorius, M. trapezius) muss
die Nadel nach ventral korrigiert werden.

Auch bei korrekter Durchführung obiger Techni-


ken ist eine inkomplette Anästhesie im Innervati-
onsgebiet des N. ulnaris ist möglich, da der Trun-
13 cus inferior, aus dem der N. ulnaris hervorgeht,
nicht immer mitblockiert wird.

Dorsolateraler Zugang nach Boezaart


▬ Die Punktion entspricht in etwa der ultra-
schallgestützten Inline-Technik (s.o.)
▬ Punktion in Seitenlage, zu anästhesierende Sei-
te oben
▬ Der dorsolaterale Zugang orientiert sich an
dem vom M. trapezius und M. levator scapulae
gebildeten »V«, dessen Spitze die Punktions-
stelle markiert
▬ Punktion erfolgt in Richtung Jugulum
▬ Nach etwa 5 cm wird der Plexus erreicht
▬ Bei Knochenkontakt (Querfortsatz C6) nach
lateral korrigieren
14

Supraklavikuläre Blockade
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 86

Spezielle Kontraindikationen – 86

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 86

Anatomie – 87

Lagerung – 87

Sonographische Darstellung – 87

Ultraschallgestützte Punktion – 88

Klinisches Beispiel – 91

Konventioneller Zugang – 91

Literatur – 91
86 Kapitel 14 · Supraklavikuläre Blockade

Die supraklavikuläre Blockadetechnik, erstmals ▬ Relative Kontraindikationen: COPD und Ein-


durch Kulenkampff 1911 beschrieben, wird heute griffe bei ambulanten Patienten
wegen der relativen Häufigkeit von Komplikatio-
! Cave
nen, insbesondere der Möglichkeit eines Pneumo-
Vorsicht bei im Aufklärungsgespräch heiseren
thorax, nur noch selten durchgeführt und als obso-
Patienten (möglicherweise bisher unbekannte
let bezeichnet. Mehrere Autoren haben Variationen
Rekurrensparese)!
von der klassischen supraklavikulären Blockade
nach Kulenkampff beschrieben, mit der Hoffnung,
dieses Risiko reduzieren zu können.
Mit Hilfe des Ultraschalls können die Größe, die Spezielle Komplikationen und
Tiefe und die exakte Lokalisation des Plexus bra- Nebenwirkungen
chialis und der benachbarten Strukturen bestimmt
werden, so dass man nicht mehr auf oberflächliche Auch bei der ultraschallgezielten supraklavikulären
»Landmarks« angewiesen ist. Die Punktionsnadel Blockade können die bekannten nachstehenden
lässt sich somit unter Umgehung der komplikations- speziellen Komplikationen und Nebenwirkungen
trächtigen Strukturen (Pleurakuppel, A. subclavia) auftreten.
unter Sicht genau an die Zielnerven heranführen, ▬ Pneumothorax: Eine typische Komplikation
womit sich das Komplikationsrisiko möglicherweise der supraklavikulären Plexusblockade. Die
deutlich vermindern lässt. Aus diesem Grund wird Häufigkeit wird mit 0,5−6% angegeben. Ge-
der ultraschallgeführte, supraklavikuläre Zugang fährdet sind v. a. junge, asthenische Patien-
zum Plexus brachialis in Zukunft sicherlich wieder ten sowie Emphysematiker, da bei ihnen die
vermehrt im klinischen Alltag Verwendung finden. Pleurakuppel proportional weiter nach krani-
Aufgrund der kompakten Anordnung der drei al reicht. Dadurch kann mit der Nadelspitze
Trunci des Plexus brachialis auf Höhe der 1. Rippe leichter die Pleura visceralis und das Lungen-
ist der supraklavikuläre Zugang sehr effizient, be- parenchym verletzt werden. Klinisch werden
reits eine kleinere Menge eines Lokalanästhetikums diese Pneumothoraces häufig nicht manifest,
resultiert in einer raschen und tiefen Blockade, können aber bei einer unvollständigen Blok-
mit welcher operative Eingriffe am Oberarm, am kade mit der Notwendigkeit einer Allgemein-
Ellbogen, am Unterarm und an der Hand durchge- anästhesie zu einem Spannungspneumothorax
führt werden können. führen.
Ein weiterer großer Vorteil der supraklavi- ▬ Horner-Syndrom: Entsteht durch eine Blocka-
kulären Blockadetechnik besteht darin, dass die de des in der Nähe liegenden Ganglion stel-
14 Nervenstrukturen relativ nahe unter der Haut- latum, insbesondere nach Applikation einer
oberfläche liegen und deren Nähe zur A. subclavia größeren Menge eines Lokalanästhetikums.
praktisch bei allen Patienten eine schnelle sonogra- Zur Trias des Horner-Syndroms gehören die
phische Orientierung erlaubt. Miosis, die Ptosis und der Enophthalmus. Das
Horner-Syndrom kann den Patienten irritie-
ren, verläuft aber in der Regel harmlos.
Indikationen ▬ Phrenikusparese: Durch den Verlauf des
N. phrenicus über den Vorderrand des M. sca-
▬ Anästhesie und Analgesie des Oberarms, des lenus anterior kann es zu einer spontan rever-
Unterarms und der Hand siblen, meist symptomlosen Parese des Dia-
phragmas kommen.
▬ Rekurrensparese: Auch der N. recurrens kann
Spezielle Kontraindikationen noch von einer relevanten Menge des Lokalan-
ästhetikums erreicht werden.
▬ Kontralaterale Phrenikusparese
▬ Kontralaterale Rekurrensparese
Sonographische Darstellung
87 14
Anatomie Sonographische Darstellung

Von Interesse bei der supraklavikulären Blockade ▬ Der Anästhesist steht am Kopfende des Patien-
ist die Beziehung zwischen dem Plexus brachia- ten
lis, der 1. Rippe, der A. subclavia und der Pleura- ▬ Aufsetzen des Schallkopfes unmittelbar supra-
kuppel (⊡ Abb. 14.1). Der Plexus brachialis zieht klavikulär parallel zum Schlüsselbein
ungefähr medioklavikulär zwischen Klavikula und ▬ Identifikation der A. subclavia in der Fossa su-
der 1. Rippe nach peripher in Richtung Axilla. Die praclavicularis als pulsierende hypoechogene
drei Trunci des Plexus brachialis durchqueren die runde, scharf begrenzte Struktur
Skalenuslücke zwischen dem M. scalenus anterior ▬ Die A. subclavia liegt unmittelbar auf der hy-
und dem M. scalenus medius zusammen mit der perechogenen 1. Rippe
A. subclavia. In Bezug auf die A. subclavia sind ▬ Die V. subclavia ist häufig nicht gut sichtbar, da
die drei Trunci lateral angeordnet. Die Lungen- sie von der Klavikula verdeckt ist.
spitze liegt hinter der A. subclavia. Der Plexus ▬ Unmittelbar unter der 1. Rippe (gut zu erken-
brachialis ist von einer Faszienhülle umgeben, die nen an der hyperechogenen Kortikalis, »dün-
mit der A. subclavia als Gefäß-Nerven-Scheide in ner weißer Strich«) kann man nach Kippen des
die Axilla zieht. Diese Faszienhülle ist wiederum Schallkopfes auch die Pleurakuppel als helle,
durch Septen unterteilt, welche mitverantwortlich weiße Linie erkennen
für eine lückenhafte oder unzureichende Anästhe- ▬ Optimale Darstellung der Nervenbündel durch
sieausbreitung sein können. leichtes Schieben, Kippen und Drehen des
Die A. subclavia als wichtigste Landmarke Schallkopfes. Der Plexus brachialis befindet
(⊡ Abb. 14.2) lässt sich oft einfach supraklavikulär sich im Schallbild lateral von der A. subclavia
am Übergang des medialen/mittleren Drittels der und stellt sich als eine Anhäufung von hy-
Klavikula in der Tiefe der Skalenuslücke tasten. poechogenen Knötchen dar (vergleichbar mit
einer Traube)
▬ Durch Verschieben des Schallkopfes kopfwärts
Lagerung lassen sich die Nervenbündel ohne Mühe bis in
die Skalenuslücke verfolgen
▬ Rückenlage
▬ Der gestreckte Arm liegt dem Körper an Um eine gute Übersicht zu erhalten, sollte der
▬ Der Kopf ist leicht zur Gegenseite gedreht Schallkopf zunächst etwas medial von der Klavi-

⊡ Abb. 14.1. Lage des Plexus


brachialis rechts in Bezug zur
A. subclavia: 1 M. sernocleido-
matoideus, 2 Plexus brachialis,
3 A. subclavia, 4 Klavikula
88 Kapitel 14 · Supraklavikuläre Blockade

⊡ Abb. 14.2. Landmarken für den


supraklavilulären Zugang rechts:
1 Pulsation der A. subclavia am
unteren Ende der Skalenuslücke,
2 Hinterrand des M. sternocleido-
mastoideus

⊡ Abb. 14.3. Beispiel für Schallkopf-


und Nadelhaltung beim supraklavi-
kulären Zugang rechts

14
kulamitte platziert werden. Damit die A. subclavia Ultraschallgestützte Punktion
gut als rundliche, pulsierende, scharf begrenzte hy-
poechogene Struktur dargestellt werden kann, emp- Die Punktion wird von den Autoren in der Schall-
fiehlt es sich, den Schallkopf unmittelbar hinter der ebene (Inline-Technik) in Stichrichtung von late-
Klavikula leicht »in den Thorax hineinzudrücken«. ral nach medial empfohlen, damit die Nadelposi-
Die V. subclavia ist meistens nicht gut darstellbar, da tion zu jeder Zeit genau lokalisiert werden kann
sie vor (anterior) der A. subclavia liegt und zudem und dadurch Verletzungen von komplikations-
noch durch den Ansatz des M. scalenus anterior an trächtigen Strukturen vermieden werden können
der ersten Rippe von jener getrennt ist. Des Wei- (⊡ Abb. 14.3 bis ⊡ Abb. 14.6). Falls die Kontrol-
teren liegt die V. subclavia mehrheitlich unter der le über die Nadelspitze verloren geht, darf die
Klavikula, so dass der Schallkopf mehr abgewinkelt Punktionskanüle nicht mehr weiter vorgeschoben
werden muss, um sie zur Darstellung zu bringen. werden. Es empfiehlt sich, die Nadel etwas zurück-
Entlasten des Schallkopfes kann ebenfalls zur Dar- zuziehen und unter Sicht einen neuen Versuch zu
stellung des vorher komprimierten Gefäßes führen. unternehmen.
Ultraschallgestützte Punktion
89 14

⊡ Abb. 14.4. Querschnitt suprakla-


vikulär rechts mit Blick von kranial
auf die Schnittebene: 1 A. subclavia,
2 erste Rippe, 3 Plexus brachialis,
4 Pleura mit darunter liegender
Lunge

⊡ Abb. 14.5. Ultraschallbild des


supraklavikulären Zugangs rechts
mit Blick von kranial auf die
Schallebene (entsprechend den
Abb. 14.3/14.4)

⊡ Abb. 14.6. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Plexus brachialis,
2 A. sublavia, 3 Pleura
90 Kapitel 14 · Supraklavikuläre Blockade

⊡ Abb. 14.7. Klinisches Beispiel


einer rechtsseitigen supraklavikulä-
ren Blockade des Plexus brachialis
mit Ausbreitung des Lokalanäs-
thetikums, Blick von kranial auf die
Schallebene

⊡ Abb. 14.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Lokalanästhetikum,
2 A. subclavia, 3 Punktionsnadel,
4 Plexus brachialis

14

⊡ Abb. 14.9. Nadelhaltung beim


konventionellen supraklavikulären
Zugang rechts nach Winnie und
Collins. Punktion unmittelbar lateral
des die A. subclavia palpierenden
Fingers
Literatur
91 14

Meistens kann die Nadelspitze beim ersten in Klavikulamitte, 1,5−2 cm lateral des klaviku-
Versuch so gut an dem Plexus brachialis platziert lären Ansatzes des M. sternocleidomastoideus
werden, dass sich unter langsamer Injektion eine sowie 2 cm oberhalb der Klavikula
vollständige, konzentrische Ausbreitung des Lo- ▬ Die Punktion erfolgt kranial und leicht late-
kalanästhetikums erreichen lässt, so dass eine Kor- ral des palpierenden Fingers (⊡ Abb. 14.9), die
rektur der Nadelspitze oft nicht nötig ist. Aufgrund Stichrichtung folgt dem Verlauf der Skalenus-
der kompakten Anordnung der Trunci suprakla- muskulatur, d. h. in kaudaler und leicht late-
vikulär genügt schon eine Menge von 15−20 ml raler Richtung (eine mediale Stichrichtung ist
eines Lokalanästhetikums, um eine ausreichende zu vermeiden). Bei Punktion der A. subclavia
Blockade zu erzielen. muss die Punktionsrichtung leichtgradig nach
dorsal und lateral korrigiert werden
Tipp I I ▬ Da der Plexus brachialis supraklavikulär mit
einer Faszienhülle umgeben ist, kann evtl.
Die Lungenspitze liegt gewöhnlich hinter der
bei deren Durchdringen ein »Klick« verspürt
Punktionsebene und stellt sich somit nicht dar,
werden
kann aber vor der Punktion durch Kippen der
Schallebene dargestellt werden.
Eine zu starke Drehung des Kopfes zur Gegenseite
sollte vermieden werden, da sonst das Aufsuchen
der Skalenuslücke erschwert wird. Die A. subclavia
Klinisches Beispiel kann auch leicht mit einem Gefäßdoppler identifi-
ziert werden.
Dargestellt ist ein supraklavikulärer Querschnitt
! Cave
des Plexus brachialis des rechten Arms (⊡ Abb. 14.7,
Wegen der Pneumothoraxgefahr sollte ohne
⊡ Abb. 14.8) mit Blick von kranial auf die Schallebe-
Verwendung des Ultraschalls anderen Zugangs-
ne. Die Punktion erfolgt in der Schallebene (Inline-
wegen zum Plexus brachialis der Vorzug gegeben
Technik) von lateral nach medial. Die Nadelspit-
werden.
ze liegt dem Plexus brachialis an. Die Aufnahme
erfolgte nach Einspritzen von wenigen Millilitern
eines Lokalanästhetikums.
Literatur

Konventioneller Zugang Brown DL, Cahill DR, Bridenbaugh LD (1993) Supraclavicular


nerve block: anatomic analysis of a method to prevent
Die supraklavikuläre Blockade nach Kulenkampff pneumothorax. Anesth Analg 76: 530-534
Chan VW, Perlas A, Rawson R, Odukoya O (2003) Ultrasound-
wird in der Literatur wegen des hohen Risikos für
guided supraclavicular brachial plexus block. Anesth An-
einen Pneumothorax als obsolet betrachtet. Des- alg 97: 1514-1517
halb wird hier nicht auf diese im klinischen Alltag De Andres J, Sala-Blanch X (2002) Ultrasound in the practice of
verlassene Technik eingegangen. brachial plexus anesthesia. Reg Anesth Pain Med 27: 77-89
Fanelli G, Casati A, Garancini P, Torri G (1999) Nerve stimulator
and multiple injection technique for upper and lower
limb blockade: failure rate, patient acceptance, and neu-
Perivaskuläre supraklavikuläre Blockade
rologic complications. Study Group on Regional Anesthe-
nach Winnie und Collins sia. Anesth Analg 88: 847-852
▬ Die Lagerung erfolgt wie bei der sonographie- Kapral S, Krafft P, Eibenberger K et al. (1994) Ultrasound-gui-
gesteuerten Punktion. Als Leitstruktur dient ded supraclavicular approach for regional anesthesia of
the brachial plexus. Anesth Analg 78: 507-513
das distale Ende der Skalenuslücke
Moorthy SS, Schmidt SI, Dierdorf SF, Rosenfeld SH, Ana-
▬ Die A. subclavia ist oft gut unmittelbar über gnostou JM (1991) A Supraclavicular Lateral Paravascular
der Klavikula zu palpieren. Bei schwieriger Pal- Approach for Brachial-Plexus Regional Anesthesia. Anes-
pation der A. subclavia liegt der Punktionsort thesia and Analgesia 72: 241-244
92 Kapitel 14 · Supraklavikuläre Blockade

Peterson MK, Millar FA, Sheppard DG (2002) Ultrasound-gui-


ded nerve blocks. Br J Anaesth 88: 621-624
Williams SR, Chouinard P, Arcand G et al. (2003) Ultrasound
guidance speeds execution and improves the quality
of supraclavicular block. Anesthesia Analgesia 97: 1518-
1523
Yang WT, Chui PT, Metreweli C (1998) Anatomy of the normal
brachial plexus revealed by sonography and the role of
sonographic guidance in anesthesia of the brachial ple-
xus. AJR Am J Roentgenol 171: 1631-1636

14
15

Infraklavikuläre Blockade
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 94

Spezielle Kontraindikationen – 94

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 94

Anatomie – 94

Lagerung – 95

Sonographische Darstellung – 95

Ultraschallgestützte Punktion – 95

Klinisches Beispiel – 98

Konventioneller Zugang – 99

Literatur – 99
94 Kapitel 15 · Infraklavikuläre Blockade

Die vertikal-infraklavikuläre Plexusblockade (VIP) Spezielle Komplikationen und


nach Kilka, Geiger und Mehrkens und die Technik Nebenwirkungen
nach Raj, modifiziert nach Borgeat haben sich
im klinischen Alltag als Zugangswege zum Plexus Auch bei der ultraschallgezielten infraklavikulä-
brachialis unmittelbar unterhalb des Schlüsselbeins ren Blockade treten die bekannten klavikulanahen
etabliert. Beide Verfahren zeichnen sich durch ein- nachstehenden speziellen Komplikationen und Ne-
deutige Leitstrukturen und einfache Punktions- benwirkungen auf:
techniken aus. Die infraklavikuläre Blockadetech- ▬ Pneumothorax: Eine mögliche Komplikati-
nik eignet sich für Patienten, bei denen ein »hoher« on der infraklavikulären Plexusblockade. Die
Block angestrebt wird. Häufigkeit wird mit 0,5−6% bei konventio-
Vorteilhaft ist dabei, dass der Arm zur Blockade nellen Techniken angegeben. Gefährdet sind
nicht in der Schulter abduziert werden muss, was vor allem junge, asthenische Patienten sowie
Patienten mit vorbestehenden Gelenkbeschwerden Emphysematiker, da bei ihnen die Pleurakup-
oder komplexen Armverletzungen Schwierigkeiten pel proportional weiter nach kranial reicht.
bereiten kann. Auch nach Mammachirurgie mit Dadurch können mit der Nadelspitze leichter
axillärer Lymphknotenausräumung bietet sich ein die Pleura visceralis und das Lungenparen-
infraklavikulärer Zugang anstelle einer kontrain- chym verletzt werden. Klinisch werden diese
dizierten axillären Blockade als gute Alternative Pneumothoraces häufig nicht manifest, können
an. Ein weiterer Vorteil der klavikulanahen Blok- aber bei einer unvollständigen Blockade mit
kadetechniken, sei es supra- oder infraklavikulär, der Notwendigkeit einer Allgemeinanästhesie
ist eine meist komplette, tiefe Blockade, bedingt zu einem Spannungspneumothorax führen.
durch die kompakte Anordnung des Gefäß-Ner- ▬ Horner-Syndrom: Entsteht durch eine Blockade
ven-Bündels. des in der Nähe liegenden Ganglion stellatum,
Nachteilig gegenüber der axillären Blockade ist v. a. nach Applikation einer größeren Menge
das Risiko eines Pneumothorax, welches bei allen eines Lokalanästhetikums. Zur Trias des Hor-
klavikulanahen Verfahren besteht. ner-Syndroms gehören die Miosis, die Ptosis
und der Enophthalmus. Das Horner-Syndrom
kann den Patienten irritieren, verläuft aber in
Indikationen der Regel harmlos.
▬ Phrenikusparese: Gegenüber dem interskalen-
▬ Anästhesie und Analgesie vom distalen Ober- ären oder supraklavikulären Zugang scheint
arm bis zur Hand die Häufigkeit einer Phrenikusparese bei infra-
klavikulärer Blockadetechnik geringer zu sein.
▬ Rekurrensparese: Auch der N. laryngeus re-
Spezielle Kontraindikationen currens kann noch von einer relevanten Men-
15 ge des Lokalanästhetikums erreicht werden, so
▬ Beidseitige Punktion, kontralateraler Pneumo- dass die Patienten über Heiserkeit und Fremd-
thorax körpergefühl im Hals klagen. Die Beschwerden
▬ Z. n. kontralateraler Pneumonektomie klingen in der Regel vor der infraklavikulären
▬ Kontralaterale Phrenikusparese Blockade ab.
▬ Kontralaterale Rekurrensparese
▬ Relative Kontraindikationen: schwere COPD
und Eingriffe bei ambulanten Patienten Anatomie

! Cave Der Plexus brachialis zieht ungefähr medioklavi-


Vorsicht bei im Aufklärungsgespräch heiseren kulär zwischen Klavikula und der 1. Rippe nach
Patienten (möglicherweise bisher unbekannte peripher in Richtung Axilla. Die drei Trunci des
Rekurrensparese)! Plexus brachialis ziehen zusammen mit der A. sub-
Ultraschallgestützte Punktion
95 15

clavia durch die Skalenuslücke. Die Trunci teilen gener Binnenstruktur, oft lassen sich auch die
sich oberhalb der Klavikula in einen vorderen und einzelnen Faszikel abgrenzen, die hier noch
hinteren Anteil, wobei sich die drei hinteren Antei- sehr eng beieinander liegen
le zum posterioren Faszikel vereinen. Der laterale
Faszikel bildet sich aus den vorderen Anteilen des
Truncus superior und medius. Der Truncus inferi- Ultraschallgestützte Punktion
or geht über in den medialen Faszikel. Unmittelbar
infraklavikulär liegen die drei Faszikel sehr nahe Es existieren in der Literatur mehrere ultraschall-
beisammen und lateral der A. axillaris (⊡ Abb. 15.1, gesteuerte Zugangsmöglichkeiten zur infraklavi-
⊡ Abb. 15.2). Der laterale Faszikel liegt dabei am kulären Blockade des Plexus brachialis. Wir gehen
oberflächlichsten, unter ihm und etwas lateral be- nachstehend auf eine klavikulanahe Technik, wel-
findet sich der posteriore Faszikel und am tiefsten che dem supraklavikulären Zugang sehr ähnlich
gelegen ist der mediale Faszikel, welcher aber in ist, ein.
dieser Höhe unmittelbar infraklavikulär immer ▬ Bei der klavikulanahen Technik wird der Schall-
noch lateral der A. axillaris liegt! Die korrekten kopf etwa in Klavikulamitte (Mohrenheim-Gru-
anatomischen Bezeichnungen (medial, lateral und be) parallel zur Klavikula aufgesetzt (⊡ Abb. 15.3
dorsal) der Faszikel haben erst weiter distal ihre bis ⊡ Abb. 15.6)
Berechtigung. ▬ Identifizieren der A. axillaris
Der Plexus brachialis ist von einer Faszienhülle ▬ Medial der Arterie befindet sich die kompri-
umgeben, in der er mit der A. axillaris innerhalb mierbare V. axillaris. Lateral der A. axillaris
dieser Gefäß-Nerven-Scheide in die Axilla zieht. kann man nun die drei Faszikel mit ihren hy-
Diese Faszienhülle ist wiederum durch Septen un- perechogenen Reflexen gut erkennen
terteilt, welche mitverantwortlich für eine lücken- ▬ In dieser Höhe des Plexus brachialis liegen die
hafte oder unzureichende Anästhesieausbreitung drei Faszikel noch lateral der A. axillaris. Dabei
sein können. liegt der laterale Faszikel am oberflächlichsten,
unter ihm und etwas lateral befindet sich der
posteriore Faszikel und am tiefsten gelegen ist
Lagerung der mediale Faszikel
▬ Die Punktionsnadel wird nun von lateral her
▬ Rückenlage (inline) meistens durch den medialen Anteil
▬ Spezielle Lagerung des Arms ist nicht erforder- des M. deltoideus, danach durch den M. pecto-
lich ralis major und minor zum Fasciculus posteri-
or vorgeschoben
▬ Injektion des Lokalanästhetikums unter Sicht
Sonographische Darstellung unterhalb des Plexus. Dabei fließt das Lokal-
anästhetikum oft von unten U-förmig um alle
▬ Der Schallkopf wird unmittelbar am Schlüssel- Faszikel
bein quer zum vermuteten Verlauf des Plexus
aufgesetzt
▬ In einer Tiefe von etwa 3 cm zeigt sich die
Tipp I I
Versager kann es hier eigentlich nur dann ge-
A. axillaris als hypoechogene, runde. pulsie- ben, wenn der Schallkopf zu weit entfernt von
rende Struktur der Klavikula aufgesetzt und ein bereits weiter
▬ Unmittelbar medial davon kann die V. axillaris medial liegender Faszikel übersehen wird.
dargestellt werden, oft erst durch Entlastung
des Schallkopfes oder wenn der Patient nach
Aufforderung »presst« Die Kontrolle der Nadelspitze bereitet in der Regel
▬ Unmittelbar lateral findet sich der Plexus bra- wegen der geringen Tiefe der Strukturen keine
chialis als »Traube« mit hyper- und hypoecho- Probleme.
96 Kapitel 15 · Infraklavikuläre Blockade

⊡ Abb. 15.1. Anatomie des Plexus


brachialis infraklavikulär links:
1 M. sternocleidomastoideus,
2 Plexus brachialis, 3 Klavikula,
4 1. Rippe, 5 2. Rippe, 6 M. pectoralis
major, 7 N. pectoralis medialis,
8 M. trapezius, 9 M. deltoideus,
10 N. musculocutaneus, 11 A. axillaris,
12 V. axillaris, 13 A. thoracoacromialis,
R. pectoralis 14 V. cephalica (unter-
brochen)

⊡ Abb. 15.2. Landmarken für


den infraklavikulären Zugang links:
1 Jugulum, 2 Punktionsstelle am
Unterrand der Klavikula unmittel-
bar unterhalb des kaudalen Endes
der Skalenuslücke auf der Mitte
zwischen Jugulum und ventralem
Akromion, 3 ventrales Akromion

15

⊡ Abb. 15.3. Beispiel für Schallkopf-


und Nadelhaltung beim infraklavi-
kulären Zugang links
Ultraschallgestützte Punktion
97 15

⊡ Abb. 15.4. Querschnitt infra-


klavikulär links mit Blick von kranial
auf die Schnittebene: 1 Plexus bra-
chialis (alle Faszikel gut erkennbar),
2 V. subclavia, 3 A. subclavia,
4 Pleura mit darunterleigender
Lunge, 5 erste Rippe

⊡ Abb. 15.5. Ultraschallbild des


infraklavikulären Zugangs links mit
Blick von kranial auf die Schallebene
(Entsprechend den Abb. 15.3/15.4)

⊡ Abb. 15.6. Schema des


Ultraschallbildes: 1 V. subclavia,
2 A. subclavia, 3 Plexus brachialis,
4 erste Rippe, 5 Pleura
98 Kapitel 15 · Infraklavikuläre Blockade

⊡ Abb. 15.7. Klinisches Beispiel


einer rechtsseitigen supraklavikulä-
ren Blockade des Plexus brachialis
mit Ausbreitung des Lokalanästhe-
tikums

⊡ Abb. 15.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Lokalanästhetikum,
2 A. subclavia, 3 erste Rippe,
4 Punktionsnadel, 5 Plexus
brachialis

15 ! Cave von der Entfernung vom Schlüsselbein liegen die


Bei dieser Punktionstechnik muss die Nadelspitze Faszikel auch schon unterhalb der Arterie (dor-
im Schallbild unbedingt genau verfolgt werden, saler) und zwischen Arterie und Vene (medialer
da sonst eine Punktion in die Gefäße oder die Faszikel).
Lunge erfolgen kann!

Für Katheteranlagen ist auch ein Aufsetzen des Klinisches Beispiel


Schallkopfs einige Zentimeter entfernt vom Schlüs-
selbein (bis paracoracoidal) möglich. Die Punktion Dargestellt ist eine rechtsseitige infraklavikuläre
erfolgt nun in Cross-sectional-Technik von kranial Blockade mit Blick von kranial auf die Schallebene.
unmittelbar unterhalb des Schlüsselbeins in Rich- Der Plexus »schwimmt« bereits in einem Lokalan-
tung der im Schallfenster sichtbaren A. axillaris ästhetikumsee. Die Nadelspitze liegt im Bild ober-
und in Richtung des lateralen Faszikels. Abhängig halb des Plexus (⊡ Abb. 15.7, ⊡ Abb. 15.8).
Literatur
99 15

⊡ Abb. 15.9. Nadelhaltung beim


konventionellen infraklavikulären
Zugang links: Punktion unmittelbar
unterhalb der Klavikula in der Mitte
zwischen Jugulum und Akromion
(unterhalb der Skalenuslücke) in
Richtung der möglichst hoch in der
Achselhöhle zu tastenden A. axillaris

Konventioneller Zugang ! Cave


Wegen der Pneumothoraxgefahr sollte ohne Ver-
Die infraklavikuläre Blockade wird traditionell als wendung des Ultraschalls anderen Zugangswegen
vertikale infraklavikuläre Plexusblockade (VIP) zum Plexus brachialis der Vorzug gegeben werden.
nach Kilka, Geiger und Mehrkens oder als infra-
klavikuläre Plexusanästhesie nach Raj mit diversen
Modifikationen beschrieben. Hier wird auf die in- Literatur
fraklavikuläre Plexusanästhesie nach Raj, modifi-
ziert nach Borgeat eingegangen. Durch die modi- Arcand G, Williams SR, Chouinard P et al. (2005) Ultrasound-
guided infraclavicular versus supraclavicular block.
fizierte Stichrichtung scheint ein Pneumothorax
Anesth Analg 101: 886-890
eher unwahrscheinlich. Bloc S, Garnier T, Komly B et al. (2007) Spread of injectate asso-
ciated with radial or median nerve-type motor response
during infraclavicular brachial-plexus block: an ultrasound
Infraklavikuläre Plexusanästhesie nach Raj, evaluation. Reg Anesth Pain Med 32: 130-135
modifiziert nach Borgeat Borgeat A, Ekatodramis G, Dumont C (2001) An evaluation of
the infraclavicular block via a modified approach of the
▬ Die Lagerung erfolgt wie bei der sonographie-
Raj technique. Anesth Analg 93: 436-441
gesteuerten Punktion. Als Leitstruktur dient Chan VW, Perlas A, Rawson R, Odukoya O (2003) Ultrasound-
die Klavikula guided supraclavicular brachial plexus block. Anesth An-
▬ Ermittlung des Punktionsortes bei anliegen- alg 97: 1514-1517
dem Arm, Markierung setzen, dann zur Punk- Deleuze A, Gentili ME, Marret E, Lamonerie L, Bonnet F (2003)
A comparison of a single-stimulation lateral infraclavicu-
tion Abduktion des Arms um 90°
lar plexus block with a triple-stimulation axillary block.
▬ Die Punktion erfolgt 1 cm kaudal der Kla- Reg Anesth Pain Med 28: 89-94
vikulamitte (Mitte zwischen ventralem Ende Dingemans E, Williams SR, Arcand G et al. (2007) Neurostimu-
Akromion und Jugulum), 45° zur Haut, in lation in ultrasound-guided infraclavicular block: a pro-
Richtung des am proximalsten Punktes, an spective randomized trial. Anesth Analg 104: 1275-1280
Gaertner E, Estebe JP, Zamfir A, Cuby C, Macaire P (2002) In-
dem die A. axillaris noch palpiert werden kann
fraclavicular plexus block: multiple injection versus single
(⊡ Abb. 15.9) injection. Reg Anesth Pain Med 27: 590-594
▬ Nach 3−8 cm Vorschieben Stimulationsantwort Greher M, Retzl G, Niel P et al. (2002) Ultrasonographic assess-
im Bereich der Hand/Finger ment of topographic anatomy in volunteers suggests a
100 Kapitel 15 · Infraklavikuläre Blockade

modification of the infraclavicular vertical brachial plexus


block. Br J Anaesth 88: 621-624
Kapral S, Jandrasits O, Schabernig C et al. (1999) Lateral in-
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the brachial plexus. Anesth Analg 78: 507-513
Marhofer P, Sitzwohl C, Greher M, Kapral S (2004) Ultrasound
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Miller RD (2005) Miller’s anaesthesia. Elsevier, Philadelphia
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infraclavicular brachial plexus block. Br J Anaesth 90:
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to anatomical landmark-guided approaches. Reg Anesth
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and injection posterior to the axillary artery may predict
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Williams SR, Chouinard P, Arcand G et al. (2003) Ultrasound
guidance speeds execution and improves the quality
of supraclavicular block. Anesthesia and Analgesia 97:
1518-1523

15
16

Axilläre Blockade
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 102

Spezielle Kontraindikationen – 102

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 102

Anatomie – 102

Lagerung – 102

Sonographische Darstellung – 102

Ultraschallgestützte Punktion – 105

Klinisches Beispiel – 106

Konventioneller Zugang – 106

Literatur – 107
102 Kapitel 16 · Axilläre Blockade

Die axilläre Plexusanästhesie ist eine in der Klinik finden (⊡ Abb. 16.1). Die Nerven sind zusammen
häufig durchgeführte Nervenblockade. Es erstaunt mit den Gefäßen von einer mehr oder weniger
deshalb nicht sonderlich, dass dieser Zugang ge- septierten Gefäß-Nerven-Scheide umgeben.
wählt wurde, als Ting 1989 bei zehn Patienten Orientierend finden sich am zur Punktion um
erstmals versuchte, mit Hilfe der Sonographie eine 90° abduzierten Arm beim liegenden Patienten
Blockade des Plexus brachialis durchzuführen. Ob- häufig folgende Lagebeziehungen:
wohl sich die einzelnen Nerven und Gefäße beim ▬ N. medianus oberhalb der Arterie
axillären Zugang sonographisch gut darstellen und ▬ N. ulnaris unterhalb der Arterie
auch im Verlauf gut verfolgen lassen, ist bekannt, ▬ N. radialis hinter der Arterie
dass es viele Variationen der topographischen Be- ▬ Der N. musculocutaneus hat bereits in variabler
ziehung der Nerven und Gefäße zueinander gibt. Höhe in der Achselhöhle die Gefäß-Nerven-
Die individuell unterschiedlich ausgebildeten Bin- Scheide verlassen und verläuft im M. coracobra-
degewebshüllen, welche eine Gefäß-Nerven-Schei- chialis noch weiter oberhalb vom N. medianus
de im Bereich der Achselhöhle bilden, geben immer ▬ Die A. axillaris als wichtigste Landmarke lässt
wieder Anlass zu Diskussionen und gelten als eine sich einfach (möglichst hoch) in der Achsel-
mögliche Ursache für eine unvollständige Ausbrei- höhle tasten (⊡ Abb. 16.2)
tung der Plexusanästhesie bei einer Bolusinjektion.
Die Sonographie vereinfacht gerade beim axillären
Zugang die Blockade des Plexus brachialis, weil Lagerung
jeder Nerv selbst bei schwierigeren Verhältnissen
(Adipositas) meist gut identifiziert und mit Lokal- ▬ Rückenlage
anästhetikum umspült werden kann. ▬ 90° Armabduktion
▬ 90° Beugung im Ellbogengelenk

Indikationen
Sonographische Darstellung
▬ Anästhesie und Analgesie ab dem distalen
Oberarm über den Ellbogen bis zur Hand ▬ Identifikation der A. axillaris im Querschnitt
möglichst proximal in der Achselhöhle
(⊡ Abb. 16.3)
Spezielle Kontraindikationen ▬ Blickrichtung von distal nach proximal auf die
Schallebene
▬ Keine speziellen, sich nur aus diesem Zugangs- ▬ Optimale Darstellung der einzelnen Nerven
weg ergebende Kontraindikationen durch leichtes Schieben, Kippen und Drehen
des Schallkopfes

Spezielle Komplikationen und Der axilläre Plexus zeichnet sich durch eine große
16 Nebenwirkungen anatomische Variabilität aus, welche zusätzlich
durch Lagerungsänderungen des Arms und/oder
▬ Keine speziellen Komplikationen und Neben- durch Lageänderung des Schallkopfes sowie
wirkungen Druck mit dem Schallkopf verstärkt werden kann.
Durch Drücken und Entlasten des Schallkopfes
können die gut komprimierbaren venösen Gefäße
Anatomie besser dargestellt und gegenüber der A. axillaris
abgegrenzt werden (Cave: intravasale Injektion).
In Höhe der Axilla haben sich die Faszikel bereits Die Venen erscheinen im anatomischen Schnitt-
aufgeteilt, und es liegen einzelne periphere Nerven bild (⊡ Abb. 16.4) mit einem relativ großen Lu-
vor, die sich in unmittelbarer Nähe der A. axillaris men, werden aber in der Praxis durch den Druck
Sonographische Darstellung
103 16

⊡ Abb. 16.1. Schematische Dar-


stellung der Anatomie der Achsel-
höhle links: 1 Fasciculus lateralis,
2 A. axillaris, 3 Fasciculus medialis,
4 Ramus lateralis nervi intercosta-
lis II, 5 N. cutaneus antebrachii
medialis, 6 N. ulnaris, 7 N. axillaris,
8 N. musculocutaneus, 9 N. media-
nus, 10 N. radialis

⊡ Abb. 16.2. Landmarken für den


axillären Zugang links: 1 M. pecto-
ralis major; 2 Punktionsstelle um die
hoch in der Axilla tastbare A. axilla-
ris; 3 M. biceps brachii

⊡ Abb. 16.3. Beispiel für Schallkopf-


und Nadelhaltung beim axillären
Zugang links, hier Cross-sectional-
Punktion. Auch eine Inline-Punktion
ist eine gute Alternative
104 Kapitel 16 · Axilläre Blockade

⊡ Abb. 16.4. Querschnitt durch den


linken Oberarm unmittelbar unter-
halb der Achselhöhle mit Blick von
distal auf die Schnittebene:
1 V. axillaris; 2 N. ulnaris; 3 N. radialis;
4 N. medianus; 5 A. axillaris;
6 N. musculocutaneus; 7 Humerus

⊡ Abb. 16.5. Ultraschallbild


des axillären Zugangs links mit Blick
von distal auf die Schallebene (ent-
sprechend den Abb. 16.3/16.4)

16

⊡ Abb. 16.6. Schema des


Ultraschallbildes des axillären
Zugangs: 1 N. ulnaris; 2 A. axillaris,
3 N. radialis; 4 Humerus; 5 N. me-
dianus; 6 N. musculocutaneus. Die
Venen sind durch den Druck des
Schallkopfes komprimiert
Ultraschallgestützte Punktion
105 16

⊡ Abb. 16.7. Klinisches Beispiel


einer axillären Plexusblockade links
mit Blick von distal auf die Schall-
ebene

⊡ Abb. 16.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 N. ulnaris, 2 A. axilla-
ris, 3 N. radialis, 4 N. medianus,
5 Nadel

des Schallkopfs fast immer komprimiert. Durch Ultraschallgestützte Punktion


Schieben des Schallkopfes von proximal nach distal
»wandert« der N. musculocutaneus im Ultraschall- Die Punktion ist sowohl in der Schallebene als
bild scheinbar nach außen (im M. coracobrachialis) auch quer zur Schallebene möglich. Obwohl eine
und ist so leichter erkennbar. Durch ein »Wandern komplette Blockade aller genannten Nerven auch
mit der Schallebene um die A. axillaris herum« durch eine einfache Injektion in die Gefäß-Ner-
können sich deutliche Änderungen der Lage der ven-Scheide erreicht werden könnte, bietet gerade
Nerven in Bezug zur Arterie ergeben. Dieses Phä- hier der Ultraschall den Vorteil, dass jeder einzelne
nomen kann man sich auch bei der Differenzierung Nerv (inkl. N. musculocutaneus) aufgesucht und
der einzelnen Nerven zu Nutze machen. Eine Ab- gezielt mit Lokalanästhetikum umspült werden
duktion des Arms über 90° ist unter Umständen für kann (⊡ Abb. 16.5, ⊡ Abb. 16.6).
den Patienten unangenehm und kann zur Dehnung Vorschlag für das Vorgehen:
und Kompression des Gefäß-Nerven-Bündels füh- ▬ Position des Untersuchers auf Brusthöhe des
ren (Verschlechterung der Darstellbarkeit). Patienten
106 Kapitel 16 · Axilläre Blockade

▬ Punktion in der Schallebene (bei 90° abduzier- ▬ Bei adäquater Nervenstimulation (meist N. me-
tem Arm von kranial nach kaudal) oder auch dianus, aber auch N. radialis oder N. ulnaris
quer zur Schallebene (von distal nach proximal) möglich) Injektion von 30−40 ml Lokalanästhe-
▬ Aufsuchen des N. musculocutaneus, Injektion tikum
von 5 ml Lokalanästhetikum
▬ Aufsuchen des N. radialis, des N. medianus und Auch eine Multistimulationstechnik (Aufsuchen
(falls noch nicht mit umspült) des N. ulnaris, jedes einzelnen Nervens und Injektion von jeweils
Injektion von jeweils 5−10 ml Lokalanästheti- 5−10 ml Lokalanästhetikum) ist möglich, dazu er-
kum folgt eine Punktion oberhalb und unterhalb der
Arterie von der gleichen Einstichstelle aus. Diese
Technik ist jedoch nicht unumstritten (potenzi-
Klinisches Beispiel elle Gefahr von Nervenschäden durch Punktion in
möglicherweise schon teilanästhesierte Nerven).
In ⊡ Abb. 16.7 und ⊡ Abb. 16.8 ist ein Querschnitt Das Aufsuchen des N. musculocutaneus erfolgt
des Plexus brachialis in der Achselhöhle des linken durch eine Punktion von oberhalb der Arterie nach
Arms dargestellt, Blickrichtung von distal nach kranial in Richtung M. coracobrachialis bis zum
proximal. Die Punktion erfolgt in der Schallebene Auslösen einer adäquaten Nervenstimulation.
von lateral nach medial. Die Nadelspitze liegt am
N. radialis. Stimulationserfolge der einzelnen Nerven:
▬ N. medianus: Flexion der Finger, Flexion im
Handgelenk
Konventioneller Zugang ▬ N. ulnaris: Flexion der Finger, Adduktion des
Daumens
▬ Palpation der A. axillaris möglichst proximal in ▬ N. radialis: Extension der Finger, Dorsalflexion
der Achselhöhle im Handgelenk oder Streckung im Ellbogenge-
▬ Punktion unmittelbar oberhalb der Arterie nach lenk (»einziger Strecker«)
proximal parallel zur Arterie im Winkel von ▬ N. musculocutaneus: Beugung im Ellbogenge-
etwa 30−45° zur Hautoberfläche (⊡ Abb. 16.9) lenk

16

⊡ Abb. 16.9. Nadelhaltung bei


konventionellem Zugang einer
axillären Plexusblockade links
Literatur
107 16
Literatur

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ciated with radial or median nerve-type motor response
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17

Blockade einzelner Nerven


in der Ellenbeuge
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

N.-radialis-Blockade – 110
Indikationen – 110
Spezielle Kontraindikationen – 110
Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 110
Anatomie – 110
Lagerung – 110
Sonographische Darstellung – 110
Ultraschallgestützte Punktion – 114
Klinisches Beispiel – 114
Konventioneller Zugang – 114

N.-medianus-Blockade – 114
Indikationen – 114
Spezielle Kontraindikationen – 114
Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 114
Anatomie – 115
Lagerung – 115
Sonographische Darstellung – 115
Ultraschallgestützte Punktion – 116
Klinisches Beispiel – 116
Konventioneller Zugang – 116

N.-ulnaris-Blockade – 119
Indikationen – 119
Spezielle Kontraindikationen – 119
Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 119
Anatomie – 119
Lagerung – 119
Sonographische Darstellung – 119
Ultraschallgestützte Punktion – 119
Klinisches Beispiel – 119
Konventioneller Zugang – 123
Literatur – 123
110 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

Eine Plexus-brachialis-Blockade (interskalenär, su- Anatomie


praklavikulär, infraklavikulär oder axillär) kann zu
einer inkompletten Anästhesie an Unterarm und Der aus dem Fasciculus posterior stammende N. ra-
Hand führen. Zur Komplettierung einer solchen dialis verläuft zusammen mit der A. profunda brachii
ungenügenden Blockade kann jeder der drei gro- im Sulcus n. radialis um die Rückseite des Humerus.
ßen terminalen Nerven des Plexus brachialis ein- Nach seinem Durchtritt durch das Septum intermu-
zeln im Ellenbeugenbereich nachblockiert werden. sculare laterale, ca. 10 cm proximal der Ellenbeuge,
Außerdem können für kleinere Eingriffe im Ver- zieht der N. radialis weiter nach distal auf die Außen-
sorgungsgebiet der einzelnen Nerven diese selektiv seite des Oberarms. Im Bereich der Ellenbeuge liegt
blockiert werden. er lateral der Bizepssehne zwischen M. brachialis und
M. brachioradialis (»Radialistunnel«, ⊡ Abb. 17.1).
Danach erfolgt die Aufteilung in einen oberflächli-
N.-radialis-Blockade chen, sensiblen Ramus superficialis und einen tiefen,
vorwiegend motorischen Ramus profundus. In enger
Eine N.-radialis-Blockade eignet sich als alleiniges Nachbarschaft, aber deutlich oberflächlicher gelegen,
Verfahren für Eingriffe am Daumen. Meist wird befindet sich der N. cutaneus antebrachii lateralis,
diese aber, wie alle Blockaden in der Ellenbeu- der sensible Endast des N. musculocutaneus.
ge, wegen der häufig eingesetzten Blutsperre zur Als Landmarken zum Auffinden des N. radialis
Supplementierung inkompletter Plexusanästhesien im Bereich der Ellenbeuge dienen vorwiegend der
durchgeführt. Eine radiale Lücke tritt zuweilen laterale Rand des M. biceps brachii und der M. bra-
bei der axillären Plexusanästhesie auf, wenn der chioradialis (⊡ Abb. 17.2). Teilweise ist im Sulcus
N. radialis nicht vom Lokalanästhetikum erreicht zwischen diesen Muskeln auch der schmale Rand
wird. Davon abzugrenzen ist eine erhaltene Sensi- des M. brachialis tastbar.
bilität im Bereich der Haut des lateralen Unterarms
über dem M. brachioradialis. Dieses Gebiet liegt
im Versorgungsbereich des N. cutaneus antebra- Lagerung
chii lateralis als Ast des N. musculocutaneus.
▬ Rückenlage
▬ Arm gestreckt, ausgelagert, aussenrotiert und
Indikationen im Unterarm supiniert

▬ Ergänzung einer inkompletten Plexus-brachia-


lis-Blockade Sonographische Darstellung
▬ Selektive Blockade im Innervationsgebiet des
N. radialis beispielsweise für kleine Eingriffe an Die Identifikation des N. radialis wird durch den
der Dorsalseite des Daumens charakteristischen Verlauf um den Humerus her-
um mit anschließendem Verlauf nach distal auf die
Oberarmaußenseite zwischen M. brachialis und
Spezielle Kontraindikationen M. brachioradialis erleichtert. Somit lässt sich der
17 N. radialis in Oberarmmitte gut als hyperechogene,
▬ Keine speziellen Kontraindikationen ovale Struktur, welche dem Oberarmknochen eng
anliegt, erkennen. Durch Verschiebung des Schall-
kopfes nach distal kann man den hyperechogenen
Spezielle Komplikationen und Reflex des N. radialis sehr gut verfolgen. Dabei
Nebenwirkungen entfernt er sich zunehmend vom Oberarmknochen
und wird gut zwischen den Muskelbäuchen des
▬ Keine speziellen Komplikationen und Neben- M. brachialis und des M. brachioradialis im sog.
wirkungen Radialistunnel sichtbar.
Sonographische Darstellung
111 17

⊡ Abb. 17.1. Lage des N. radialis


in der rechten Ellenbeuge:
1 M. brachioradialis, 2 N. radialis,
3 M. biceps brachii, 4 M. brachialis

⊡ Abb. 17.2. Landmarken zum


Auffinden des N. radialis in der rech-
ten Ellenbeuge: 1 M. brachioradialis,
2 lateraler Rand des M. biceps brachii

⊡ Abb. 17.3. Beispiel für Schall-


kopf- und Nadelhaltung bei der
rechtsseitigen Blockade N. radialis
(Cross-sectional-Technik)
112 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

⊡ Abb. 17.4. Lage des N. radialis


proximal der Ellenbeuge (Quer-
schnitt des rechten Arms mit Blick
von distal auf die Schnittebene):
1 M. brachioradialis, 2 N. radialis,
3 Humerus, 4 M. biceps brachii,
5 M. brachialis

⊡ Abb. 17.5. Ultraschallbild


einer rechtsseitigen Blockade
des N. radialis mit Blick von distal
auf die Schallebene (entsprechend
den Abb. 17.3/17.4)

17

⊡ Abb. 17.6. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 N. radialis, 2 Humerus
Sonographische Darstellung
113 17

⊡ Abb. 17.7. Klinisches Beispiel


einer linksseitigen Blockade des
N. radialis mit Blick von distal auf
die Schallebene (konzentrische Aus-
breitung des Lokalanästhetikums)

⊡ Abb. 17.8. Schema des


Ultraschallbildes: 1 N. radialis,
2 Humerus, 3 Punktionskanüle

⊡ Abb. 17.9. Nadelhaltung bei kon-


ventioneller rechtsseitiger Blockade
des N. radialis: Palpation des Sulcus
zwischen M. biceps brachii und
M. brachioradialis
114 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

Ultraschallgestützte Punktion ximal auf die Schallebene. Die Punktion erfolgt in


der Schallebene (Inline-Technik) von lateral nach
Um einen Überblick zu erhalten, wird der Schall- medial. Die Nadelspitze liegt am oberen Rand des
kopf etwas proximal von der interkondylären Li- N. radialis (⊡ Abb. 17.7 und ⊡ Abb. 17.8).
nie quer zur Verlaufsrichtung des N. radialis an
der Oberarmaußenseite aufgesetzt. Als Leitstruk-
turen dienen der M. brachialis und lateral der Konventioneller Zugang
M. brachioradialis. Dazwischen befindet sich im
sog. Radialistunnel der N. radialis. Bei der Punk- ▬ Die Lagerung erfolgt wie bei der sonographie-
tionstechnik in der Schallebene (Inline-Technik) gesteuerten Punktion
mit Stichrichtung von lateral nach medial durch- ▬ Einstichstelle: 1−2 cm radial der gut palpablen
dringt die Kanüle zuerst den M. brachioradialis Bizepssehne in Höhe der interkondylären Li-
und danach den lateralen Anteil des M. bra- nie in der Lücke zwischen M. brachialis und
chialis. M. brachioradialis (⊡ Abb. 17.9)
Im Normalfall kann die Nadelspitze problem- ▬ Stichrichtung: 30−45° zur Haut nach proximal
los unmittelbar dorsal des N. radialis positioniert und lateral in Richtung des Epicondylus hume-
werden. Falls nach Injektion von 2−4 ml eines Lo- ri lateralis
kalanästhetikums der N. radialis noch nicht kon- ▬ Eine motorische Reizantwort in Form einer
zentrisch umflossen wird, empfiehlt es sich, die Streckung im Handgelenk oder der Finger
Punktionskanüle etwas zurückzuziehen und die zeigt eine korrekte Lage der Stimulationska-
Spitze nun vor dem Nerven zu platzieren und nüle an
nochmals 2−3 ml Lokalanästhetikum zu injizieren.
Die Punktion quer zur Schallebene (Cross-sec-
tional-Technik) ist dem konventionellen Zugang N.-medianus-Blockade
sehr ähnlich. Wird der Schallkopf einige Zentime-
ter proximal der interkondylären Verbindungslinie Eine selektive Nachblockade des N. medianus kann
aufgesetzt, so wird die Nadel durch den M. biceps z. B. zur Neurolyse bei einem Karpaltunnel-Syn-
brachii vorgeschoben, bis sie den Radialistun- drom notwendig werden.
nel mit dem N. radialis erreicht (⊡ Abb. 17.3 bis
⊡ Abb. 17.6). Die Kriterien für die Injektion des
Lokalanästhetikums bleiben die gleichen, wie bei Indikationen
der Inline-Technik.
▬ Ergänzung einer inkompletten Plexus-brachia-
Tipp I I lis-Blockade
▬ Eingriffe an Mittel- und Zeigefinger distal der
Als zusätzliche Orientierungshilfe kann der
Ramus anterior der A. profunda brachii dienen, proximalen Interphalangealgelenke
welche ebenfalls zusammen mit dem N. radialis
um den Humerus herum zieht und als pulsie-
Spezielle Kontraindikationen
rende, runde, hypoechogene Struktur identifi-
17 ziert werden kann.
▬ Keine speziellen Kontraindikationen

Spezielle Komplikationen und


Klinisches Beispiel Nebenwirkungen

Dargestellt ist ein Querschnitt der Ellenbeuge des ▬ Keine speziellen Komplikationen oder Neben-
linken Arms mit Blickrichtung von distal nach pro- wirkungen
Sonographische Darstellung
115 17
Anatomie Lagerung

Der N. medianus verläuft von der Axilla bis zur ▬ Rückenlage


Ellenbeuge zusammen mit der A. brachialis ober- ▬ Arm gestreckt, ausgelagert, aussenrotiert und
flächlich unter der Faszie. In seinem Verlauf legt im Unterarm supiniert
sich der N. medianus leicht spiralförmig um die
A. brachialis, so dass er in der Ellenbeuge medi-
al (ulnar) der Arterie zwischen der Aponeuro- Sonographische Darstellung
sis bicipitalis dem M. brachialis zu liegen kommt
(⊡ Abb. 17.10). Zur Identifikation des N. medianus wird der
Als Landmarke zum Auffinden des N. medi- Schallkopf proximal der interkondylären Linie auf-
anus im Bereich der Ellenbeuge dient vornehmlich gesetzt und als Leitstruktur die A. brachialis als
die A. brachialis, deren Pulsation gut palpabel ist pulsierende, hypoechogene, runde, scharf begrenz-
(⊡ Abb. 17.11). te Struktur verifiziert. Unmittelbar medial (ulnar)

⊡ Abb. 17.10. Lage des N. medi-


anus in der rechten Ellenbeuge:
1 A. brachialis, 2 N. medianus

⊡ Abb. 17.11. Landmarke zum


Auffinden des N. medianus in der
rechten Ellenbeuge: 1 Puls der
A. brachialis
116 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

der A. brachialis kommt der hyperechogene, runde Klinisches Beispiel


bis ovale N. medianus zur Darstellung. Das Gefäß-
Nerven-Bündel liegt dem M. brachialis auf. Lateral Dargestellt ist ein Querschnitt unmittelbar oberhalb
liegt der M. biceps brachii. Medial (ulnar) liegt der Ellenbeuge des rechten Arms mit Blickrichtung
der M. brachialis und proximal des Epicondylus von distal nach proximal. Die Punktion erfolgt
medialis der M. triceps brachii. Durch Verschie- in der Schallebene (Inline-Technik) mit Stichrich-
ben des Schallkopfes nach proximal in Richtung tung von ulnar nach radial. Die Nadelspitze liegt
Axilla entlang der Oberarminnenseite lässt sich am medialen Rand des N. medianus. Die sono-
der hyperechogene, rundliche bis ovale Reflex des graphische Darstellung erfolgte nach Einspritzen
N. medianus gut in seinem Verlauf verfolgen. von wenigen Millilitern eines Lokalanästhetikums
mit beginnender Verteilung konzentrisch um den
N. medianus (⊡ Abb. 17.16 und ⊡ Abb. 17.17).
Ultraschallgestützte Punktion

Bei der Punktion innerhalb der Schallebene (Inline- Konventioneller Zugang


Technik) mit Stichrichtung von ulnar nach radial
wird die Punktionskanüle unter Sicht auf kurzer ▬ Die Lagerung erfolgt wie bei der sonographie-
Strecke durch den ventralen Anteil des M. triceps gesteuerten Punktion
brachii bis an den Unterrand des N. medianus ▬ Einstichstelle: unmittelbar ulnar der gut pal-
vorgeschoben (⊡ Abb. 17.12 bis ⊡ Abb. 17.15). Dies pablen A. brachialis in Höhe der interkondylä-
gelingt in der Regel problemlos. Beim Einspritzen ren Linie (⊡ Abb. 17.18)
des Lokalanästhetikums zeigt sich meist eine typi- ▬ Stichrichtung: In einem Winkel von 45° zur
sche konzentrische Verteilung um den N. medi- Haut parallel zur A. brachialis oder leicht nach
anus herum. medial wird die Kanüle nach proximal vorge-
Bei der Punktion quer zur Schallebene (Cross- schoben
sectional-Technik) orientiert man sich ebenfalls an ▬ Eine motorische Reizantwort in Form einer
der A. brachialis als Leitstruktur. Die Punktionska- Volarflexion der Hand, Daumenbeugung, Beu-
nüle wird ähnlich der konventionellen Technik me- gung im distalen Interphalangealgelenk Dig. II
dial der Arterie parallel zu ihr nach proximal vor- und III sowie einer Pronation des Unterarms
geschoben. Idealerweise lässt sich die Nadelspitze zeigt eine erfolgsversprechende Lage der Sti-
unmittelbar neben dem N. medianus darstellen. mulationskanüle an

17

⊡ Abb. 17.12. Beispiel für die


Schallkopf- und Nadelhaltung bei
der rechtsseitigen Blokade des
N. medianus
Konventioneller Zugang
117 17

⊡ Abb. 17.13. Lage des N. medi-


anus im Bereich der Ellenbeuge
(Querschnitt des rechten Arms mit
Blick von distal auf die Schnitt-
ebene): 1 N. medianus, 2 A. brachia-
lis, 3 V. brachialis, 4 V. basilica,
5 M. brachialis,

⊡ Abb. 17.14. Ultraschallbild


einer rechtsseitigen Blockade des
N. medianus mit Blick von distal auf
die Schallebene (entsprechend den
Abb. 17.12/17.13)

⊡ Abb. 17.15. Schema des


Ultraschallbildes: 1 N. medianus,
2 Venen, 3 A. brachialis, 4 Humerus
118 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

⊡ Abb. 17.16. Klinisches Beispiel


einer rechtsseitigen Blockade des
N. medianus mit konzentrischer
Ausbreitung des Lokalanästheti-
kums

⊡ Abb. 17.17. Schema des


Ultraschallbildes: 1 A. brachialis,
2 Lokalanästhetikum, 3 Humerus,
4 N. medianus, 5 Punktionskanüle

17

⊡ Abb. 17.18. Nadelhaltung bei


konventioneller rechtsseitiger
Blockade des N. medianus; die
Punktion erfolgt unmittelbar medial
der A. brachialis
Klinisches Beispiel
119 17
N.-ulnaris-Blockade schen dem Olecranon und dem Epicondylus me-
dialis humeri erleichtert. Die Identifikation im Sul-
Eine N.-ulnaris-Blockade kann gut für Eingriffe cus ulnaris und proximal davon als hyperechogene,
am kleinen Finger eingesetzt werden. rundlich bis ovale Struktur bereitet in der Regel
keine Schwierigkeiten. Verschiebt man den Schall-
kopf vom Sulcus ulnaris nach proximal, so kann
Indikationen man gut erkennen, wie der N. ulnaris zwischen den
Mm. brachialis (radial) und triceps brachii, caput
▬ Ergänzung einer inkompletten Plexus-brachia- mediale (ulnar) zu liegen kommt.
lis-Anästhesie
▬ Eingriffe am kleinen Finger
Ultraschallgestützte Punktion

Spezielle Kontraindikationen Die Blockade des N. ulnaris sollte proximal des


Sulcus ulnaris erfolgen. Aufgrund der sehr ober-
▬ Keine speziellen Kontraindikationen flächlichen Lage des Nervs bietet sich die Punktion
quer zur Schallebene wie bei der konventionellen
Technik als einfaches Verfahren an (⊡ Abb. 17.21
Spezielle Komplikationen und bis ⊡ Abb. 17.24).
Nebenwirkungen Andererseits kann der N. ulnaris durch die sehr
oberflächliche Lage sehr schön im Längsverlauf ab-
▬ Keine speziellen Komplikationen oder Neben- gebildet werden. Die Punktionsnadel kann nun in
wirkungen einem sehr flachen Winkel zur Haut in der Inline-
Technik tangential an den N. ulnaris herangeführt
werden. Bei der Injektion des Lokalanästhetikums
Anatomie sieht man, wie sich im Idealfall ventral und dorsal
des Nervs ein hypoechogener Saum als Zeichen
Im Bereich des Ellbogengelenks verläuft der N. ul- der konzentrischen Verteilung des Lokalanästheti-
naris sehr oberflächlich durch den Sulcus nervi ul- kums ausbildet.
naris zwischen dem Epicondylus medialis humeri
und dem Olecranon (⊡ Abb. 17.19). In diesem Be-
reich ist der Nerv gut palpabel und es können dabei
Tipp I I
Die A. collateralis ulnaris superior und weiter
Parästhesien im kleinen Finger ausgelöst werden distal auch die A. collateralis inferior verlaufen
(⊡ Abb. 17.20). Der N. ulnaris ist im Sulcus von ganz in der Nähe des N. ulnaris und mit diesem
einer derben Bindegewebshülle umschlossen. nach distal zur Ellenbeuge. Als zusätzliche
Orientierungshilfe können sie als pulsierende,
runde, hypoechogene Strukturen medial bzw.
Lagerung
lateral des Nervs dargestellt werden.

▬ Rückenlage
▬ Der Arm ist abduziert, außenrotiert und im
Ellenbogengelenk gebeugt
Klinisches Beispiel

Sonographische Darstellung Dargestellt ist ein Querschnitt der Ellenbeuge pro-


ximal des Sulcus ulnaris des linken Arms mit
Die Identifikation des N. ulnaris wird durch den Blickrichtung von distal nach proximal. Die Punk-
charakteristischen Verlauf im Sulcus ulnaris zwi- tion erfolgt in der Schallebene (Inline-Technik).
120 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

⊡ Abb. 17.19. Lage des rechtsseiti-


gen N. ulnaris proximal des Sulcus
nervi ulnaris: 1 Epicondylus medialis
humeri, 2 N. ulnaris, 3 Olecranon

⊡ Abb. 17.20. Landmarken


zum Auffinden des rechtsseitigen
N. ulnaris: 1 Olecranon, 2 Epicondy-
lus medialis humeri

17

⊡ Abb. 17.21. Beispiel für


Schallkopf- und Nadelhaltung
bei einer rechtsseitigen Blockade
des N. ulnaris
Klinisches Beispiel
121 17

⊡ Abb. 17.22. Lage des N. ulnaris


proximal der Ellenbeuge (Quer-
schnitt des rechten Arms mit Blick
von distal auf die Schnittebene):
1 N. ulnaris, 2 Venen, 3 N. medianus,
4 A. brachialis, 5 M. triceps brachii,
6 Humerus

⊡ Abb. 17.23. Ultraschallbild


einer rechtsseitigen Blockade des
N. ulnaris mit Blick von distal auf
die Schallebene (entsprechend den
Abb. 17.21/17.22)

⊡ Abb. 17.24. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 N. ulnaris, 2 Humerus
122 Kapitel 17 · Blockade einzelner Nerven in der Ellenbeuge

⊡ Abb. 17.25. Klinisches Beispiel


einer linksseitigen Blockade des
N. ulnaris mit beginnender Ausbrei-
tung des Lokalanästhetikums

⊡ Abb. 17.26. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Lokalanästhetikum,
2 Punktionskanüle, 3 N. ulnaris,
4 Humerus

17

⊡ Abb. 17.27. Nadelhaltung


bei einer konventionellen links-
seitigen Blockade des N. ulnaris
Literatur
123 17

Die Nadelspitze liegt neben dem N. ulnaris. Die


Darstellung erfolgte nach Einspritzen von wenigen
Millilitern des Lokalanästhetikums (⊡ Abb. 17.25
und ⊡ Abb. 17.26).
! Cave
Da der N. ulnaris sehr empfindlich auf Irritationen
reagiert, sollte die Punktionskanüle sehr vorsich-
tig und nur unter Sicht vorgeschoben werden.
Wegen der derben Faszie, welche den N. ulnaris
im Sulcus bedeckt, sollte die Injektion etwas ober-
halb des Sulcus erfolgen.

Konventioneller Zugang

▬ Die Lagerung erfolgt wie bei der sonographie-


gesteuerten Punktion
▬ Einstichstelle: Punktion 90° zur Haut ca 4 cm
proximal einer Verbindungslinie von Olecra-
non und Epicondylus medialis humeri
▬ Stichrichtung: Die Stimulationskanüle soll-
te tangential nach proximal an den N. ulnaris
herangeführt werden (⊡ Abb. 17.27)
▬ Eine motorische Reizantwort in Form von Ul-
narflexion des Handgelenks, einer Adduktion
des Daumens oder eine Flexion in den proxi-
malen Interphalangealgelenken Dig. III bis V
zeigt eine erfolgsversprechende Lage der Sti-
mulationskanüle an

Literatur

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ulnar nerve block in the forearm. Reg Anesth Pain Med
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nar nerve block in the presence of a superficial ulnar
artery. Reg Anesth Pain Med 29: 297-298
18

Plexus lumbosacralis
Gottfried Bogusch

Innervation des Beins – 128

Plexus lumbalis – 128

Plexus sacralis – 129

Sensible Versorgung des Beins – 129


128 Kapitel 18 · Plexus lumbosacralis

Innervation des Beins henden Nerven durchsetzen den M. psoas major in


verschiedenen Richtungen.
Der Plexus lumbosacralis (⊡ Abb. 18.1) wird aus Der N. obturatorius durchbricht etwa auf Höhe
den ventralen Ästen der Spinalnerven Th12 bis S3 des 5. Lendenwirbels den M. psoas major nach me-
gebildet und versorgt die gesamte untere Extremi- dial und verläuft unterhalb der Linea terminalis
tät. Üblicherweise wird er in den Plexus lumbalis zusammen mit der A. obturatoria zum Canalis ob-
(Th12 bis L4) und in den Plexus sacralis (L4 bis turatorius. Nach dem Durchtritt durch den Kanal
S3) gegliedert Die kaudalen Anteile von L4 und L5 teilt er sich in einen Ramus anterior und posterior.
vereinigen sich zum Truncus lumbosacralis. Der N. cutaneus femoris lateralis verlässt nach
Vom Plexus lumbalis werden motorisch die ven- lateral den M. psoas major und überquert in Rich-
tralen Muskeln des Oberschenkels und die Addukto- tung auf die Spina iliaca anterior superior den
ren innerviert. Sensibel ist er verantwortlich für die M. iliacus, von dessen Faszie er über die gesamte
Haut auf der lateralen, ventralen und medialen Seite Strecke im Becken bedeckt wird. Unmittelbar me-
des Oberschenkels, der ventralen und medialen Sei- dial der Spina zieht er durch das Leistenband oder
te des Unterschenkels bis hin zur medialen Seite des die Lacuna musculorum und dann weiter auf der
Mittelfußes. Alle übrigen Muskeln und Hautareale Fascia lata nach distal.
der unteren Extremität werden vom Plexus sacralis Der N. femoralis ist der dickste Nerv des Ple-
versorgt. Allein der M. adductor magnus wird so- xus lumbalis. Auch er durchsetzt den M. psoas
wohl vom Pexus lumbalis (N. obturatorius) als auch major auf der lateralen Seite aber deutlich weiter
vom Plexus sacralis (N. tibialis) innerviert. distal als der N. cutaneus lateralis. Anschließend
liegt er in der Rinne zwischen dem M. psoas major
und dem M. iliacus. Umschlossen von der Fascia
Plexus lumbalis iliopsoica unterquert er mit beiden Muskeln das
Leistenband im Bereich der Lacuna musculorum
Das Nervengeflecht des Plexus lumbalis findet man unmittelbar lateral zur A. femoralis, die durch die
im M. psoas major zwischen der tiefen, dünneren Lacuna vasorum zieht. Distal des Leistenbands teilt
Portion (Ursprung: Querfortsätze der Lendenwir- er sich in viele Äste auf. Sie durchbrechen die Fa-
bel 1–5) und der oberflächlichen, dickeren Portion scia iliopsoica vornehmlich nach medial, um Mus-
(Ursprung: Körper des 12. Brustwirbels und der keln und Haut zu innervieren. Einzelne Hautäste
Lendenwirbel 1–4). Die aus dem Plexus hervorge- können sich auch schon weiter proximal aus dem

18
⊡ Abb. 18.1. Plexus lumbosacralis:
1 N. iliohypogastricus, 2 N. ilioinguinalis,
3 N. genitofemoralis, 4 N. cutaneus femoris
lateralis, 5 N. femoralis, 6 N. obturatorius,
7 N. ischiadicus
Sensible Versorgung des Beins
129 18

N. femoralis lösen. Sie durchqueren den M. poas solchen Fällen tritt der N. fibularis communis durch
major in mehr ventralen Lagen, ziehen aber immer den M. piriformis hindurch, während der N. tibialis
innerhalb seiner Faszie nach distal. allein durch das Foramen infrapiriforme zieht.
Der N. genitofemoralis durchquert den Der N. cutaneus femoris posterior ist ein
M. psoas major nach ventral und verläuft anschlie- Hautnerv, der distal des M. gluteus maximus un-
ßend auf der Vorderfläche dieses Muskels nach terhalb der dorsalen Muskelfaszie verläuft und bis
distal. Der R. femoralis zieht durch die Lacuna va- in die Kniekehle reicht.
sorum und versorgt die Haut im Bereich des Hia-
tus saphenus; der Ramus genitalis gelangt durch
den Leistenkanal zum äußeren Genitale. Sensible Versorgung des Beins

Die sensible Versorgung des Beins ist in der


Plexus sacralis ⊡ Abb. 18.2 dargestellt.

Der Plexus sacralis liegt im kleinen Becken. Nach


dorsal wird er vom M. piriformis unterlagert und
nach ventral von den Ästen der A. iliaca interna
bedeckt. Die aus ihm hervorgehenden Nerven ver-
lassen das Becken durch das Foramen supra- oder
infrapiriforme.
Der N. gluteus superior (Innervation des
M. gluteus medius und minimus sowie des M. ten-
sor fasciae latae) tritt als einziger Nerv aus dem
Plexus sacralis durch das Foramen suprapiriforme
und verläuft dann zwischen dem M. gluteus medi-
us und minimus zum M. tensor fasciae latae.
Der N. gluteus inferior (Innervation des M. glu-
teus maximus) gelangt durch das Foramen infrapiri-
forme zum M. gluteus maximus.
Der N. ischiadicus ist der größte und wichtigste
Ast des Plexus sacralis. Nach dem Durchtritt durch
das Foramen infrapiriforme überquert er etwa in der
Mitte zwischen dem Tuber ischiadicum und dem
Trochanter major den M. quadratus femoris, liegt
dann direkt lateral von den kräftigen Ursprungsseh-
nen der ischiocruralen Muskulatur und unterquert
schließlich den langen Kopf des M. biceps femoris.
In den meisten Fällen teilt er sich erst im proximalen
Bereich der Fossa poplitea in den medial verlau-
fenden N. tibialis (Innervation der meisten Muskel
auf der dorsalen Seite des Ober- und Unterschen-
kels sowie der Fußsohle) und den lateral ziehen-
den N. fibularis communis (Innervation des kurzen
Kopfs des M. biceps femoris, der ventralen und la-
teralen Muskulatur des Unterschenkels sowie des
Fußrückens). Gelegentlich kann die Teilungsstelle ⊡ Abb. 18.2. Sensible Versorgung des Beins: 1 N. cutaneus fe-
auch deutlich weiter proximal liegen. Manchmal ist moris lateralis, 2 N. femoralis, 3 N. obturatorius, 4 N. ischiadicus,
der N. ischiadicus überhaupt nicht ausgebildet. In 5 N. cutaneus femoris posterior
III

Teil III Blockaden des


Plexus lumbosacralis

Kapitel 18 Plexus lumbosacralis – 127

Kapitel 19 Psoaskompartment-Blockade – 131

Kapitel 20 N.-femoralis-Blockade – 139

Kapitel 21 Proximale N.-ischiadicus-Blockade – 147

Kapitel 22 Distale N.-ischiadicus-Blockade (Poplitealblock) – 153


19

Psoaskompartment-Blockade
Jürgen Birnbaum

Indikationen – 132

Spezielle Kontraindikationen – 132

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 132

Anatomie – 132

Lagerung – 132

Sonographische Darstellung – 133

Ultraschallgestützte Punktion – 133

Konventioneller Zugang – 134

Literatur – 137
132 Kapitel 19 · Psoaskompartment-Blockade

Die Psoaskompartment-Blockade hat sich bisher ▬ Spinalanästhesie (auch hohe oder totale!), Epi-
möglicherweise wegen der Furcht vor Komplika- duralanästhesie
tionen nicht auf breiter Basis als Standardmethode ▬ Nieren- oder Harnleiterläsion
durchsetzen können. Hier kann der Ultraschall ein ▬ Retroperitoneales oder subkapsuläres Häma-
deutliches Plus an Sicherheit bringen. Insgesamt tom der Niere
ist die Psoaskompartment-Blockade eine relativ ▬ Psoasabszess
einfach durchzuführende Methode, die in der kli-
! Cave
nischen Praxis auch sehr effektiv ist. Als Vorteil
Um eine intrathekale Lage von Injektionsnadel
für den Patienten ist die auf das operierte Bein
oder Katheter zu erkennen, empfiehlt sich neben
beschränkte einseitige Blockade zu sehen (Mobili-
dem zusätzlichen Einsatz der elektrischen Nerven-
sation, Patientenkomfort).
stimulation (auch über Stimulationskatheter) die
Applikation einer Testdosis wie bei der Epidural-
Indikationen anästhesie.

▬ Anästhesie und Analgesie im Versorgungsbe- Anatomie


reich von N. femoralis, N. obturatorius und
N. cutaneus femoris lateralis Der Plexus lumbalis liegt als eine aus dicken Ner-
ven aufgebaute Schicht eingebettet zwischen der
Tipp I I oberflächlichen und der tiefen Partie des M. psoas
major. Hinter dem Psoaskompartment-Block ver-
Die Psoaskompartment-Blockade bietet sich in
Kombination mit einem infraglutealen Ischia- birgt sich die Idee, in diesem Nervenkompartment
dikusblock für alle Eingriffe am Bein unterhalb den gesamten Plexus mit einer einzigen Injektion
des Hüftgelenks auch als alleiniges Anästhesie- zu erreichen. Man muss dabei aber berücksichti-
verfahren an. Ein gutes Beispiel hierfür ist die gen, dass bei dem Zugang zwischen dem 4. und
Knieendoprothetik, hier empfiehlt sich der Ein- 5. Lendenwirbel in die kaudale Partie des Plexus
satz von Psoaskompartment-Katheter und Ischi- injiziert wird. Der N. genitofemoralis, gelegentlich
adikus-Katheter in Kombination – insbesondere einzelne Hautnerven des N. femoralis und selten
für die postoperative Schmerztherapie. auch der N. cutaneus femoris lateralis haben sich
aber bereits weiter kranial aus dieser Plexusschicht
gelöst und durchziehen in anderen Ebenen den
M. psoas major. Daher kann es bei dieser Tech-
nik gelegentlich zu einer inkompletten Anästhesie
Spezielle Kontraindikationen kommen. Den Zugangsweg zum Plexus lumbosac-
ralis zeigt die ⊡ Abb. 19.1.
Die Kontraindikationen entsprechen denen der Die wichtigste Landmarke für den Psoaskom-
Spinal- oder Epiduralanästhesie. Dies gilt auch für partment-Block ist der Beckenkamm. Die Ver-
die Antikoagulation. bindungslinie beider Beckenkämme liegt etwa auf
▬ Gerinnungsstörungen, Antikoagulation Höhe des Dornfortsatzes von L4. Die klassische
▬ Relativ: Zustand nach Wirbelsäulen-OP, Hypo- Punktionsstelle (nach Chayen) findet sich etwa
volämie und Schock 3 cm kaudal und 5 cm lateral des Dornfortsatzes
von L4 (⊡ Abb. 19.2).

Spezielle Komplikationen und


19 Nebenwirkungen Lagerung

Die möglichen Komplikationen entsprechen eben- ▬ Stabile Seitenlage


falls denen einer Spinal- oder Epiduralanästhesie. ▬ Die zu anästhesierende Seite nach oben
Ultraschallgestützte Punktion
133 19
Ultraschallgestützte Punktion

Das Wesentliche bei der ultraschallgestützten


Punktion ist die Vermeidung einer akzidentellen
Punktion von Niere oder großen Gefäßen. Auch
wenn die Nadel nicht exakt verfolgt werden kann,
bietet die einfache Lokalisation des unteren Nie-
renpols ein Plus an Sicherheit.
Die Punktion kann unmittelbar unterhalb
des Querfortsatzes von L4 erfolgen. Wegen der
schwierigen Identifikation der Nadelspitze in der
Tiefe sollte zusätzlich die Nervenstimulation ver-
wendet werden! Eine Kontraktion der ventralen
Oberschenkelmuskulatur zeigt die korrekte Nadel-
lage an. Die Nervenstrukturen sind in der Tiefe oft
⊡ Abb. 19.1. Zugang zum Plexus lumbosacralis beim Psoas-
nicht verlässlich darstellbar.
kompartment-Block rechts
▬ Punktion in der Schallebene (inline). Dazu
wird der Schallkopf parallel zu den Dornfort-
sätzen aufgesetzt und ca. 4−5 cm nach lateral
verschoben. Orientierend wird die Schallebene
Sonographische Darstellung kurz nach lateral gekippt, bis sich der untere
Nierenpol darstellt (⊡ Abb. 19.7). Die maxi-
Wegen der Punktionstiefe von etwa 6−8 cm erfor- male Punktionstiefe sollte die Entfernung des
dert die sonographische Darstellung des Psoas- Nierengleitlagers von der Hautoberfläche nicht
kompartments und insbesondere der Punktions- wesentlich überschreiten. Bei der eigentlichen
nadel Übung. Da die Punktion an sich auch ohne Punktion in Höhe L4 (Schallfenster wieder in
Ultraschall einfach ist, sollte die Sonographie in der Sagittalebene) sollte die Niere nicht im
jedem Falle jedoch zur Identifikation des unteren Schallfenster sichtbar sein (liegt weiter lateral)
Nierenpols (⊡ Abb. 19.7) verwendet werden. ▬ Leichtes Kippen der Schallebene nach kaudal,
▬ Abdomen-Schallkopf (curved array) verwenden um die Nadel besser im Schallfenster zu haben
▬ Aufsetzen des Schallkopfes in Höhe L4 unmit- (⊡ Abb. 19.3)
telbar lateral der Dornfortsätze parallel zur Wir- ▬ Punktion unmittelbar kaudal des Schallkopfes
belsäule (Längsschnitt, ⊡ Abb. 19.3, ⊡ Abb. 19.4) und Verfolgen der Nadelspitze bis zum Vorder-
▬ Verschieben des Schallkopfes nach lateral, da- rand des M. psoas major
bei werden die Querfortsätze als Schallschatten ▬ Bei ausreichender motorischer Antwort Injek-
sichtbar (⊡ Abb. 19.5, ⊡ Abb. 19.6) tion des Lokalanästhetikums (zunächst Testdo-
▬ Identifikation von L4, der letzte sichtbare Quer- sis zum Ausschluss einer intrathekalen Lage!)
fortsatz oberhalb des Beckenkamms ist der von
L5 Auch andere Punktionstechniken sind möglich, wie
▬ Weiteres Verschieben des Schallkopfes (immer beispielsweise das Aufsuchen des unteren Nieren-
90° zur Hautoberfläche) weiter nach lateral; die pols im Querschnitt, Verschieben des Schallkopfs
Grenze zwischen M. quadratus lumborum und nach kaudal bis etwa L4, Kippen des Schallkopfs
M. psoas major erscheint in etwa 6 cm Tiefe als etwas nach lateral (und damit des Schallfensters
helle Linie etwas nach medial) und Punktion unmittelbar
▬ Identifikation des unteren Nierenpols, bei tie- medial des Schallkofs (Inline-Techik). Auch von
fer Inspiration gleitet die Niere entlang der medial zum Schallkopf kann punktiert werden
oben genannten beiden Muskeln nach kaudal (Cross-sectional-Technik), jedoch lässt sich die
(⊡ Abb. 19.7) Nadelspitze so schlechter verfolgen.
134 Kapitel 19 · Psoaskompartment-Blockade

⊡ Abb. 19.2. Landmarken für den


rechtsseitigen Psoaskompartment-
Block: Die Verbindungslinie beider
Beckenkämme liegt etwa auf Höhe
des Dornfortsatzes von L4

⊡ Abb. 19.3. Beispiel für Schall-


kopf- und Nadelhaltung beim
rechtsseitigen Psoaskompartment-
Block: Schallfenster leicht nach
kaudal gekippt

Tipp I I Konventioneller Zugang


Für die Psosakompartment-Blockade sind 30 ml
Lokalanästhetikum ausreichend. ▬ Identifikation des Dorfortsatzes von L4 (Höhe
Werden bei der Nervenstimulation Kontrak- Verbindungslinie beider Beckenkämme; Na-
tionen dorsaler Muskelgruppen oder am Fuß delhaltung ⊡ Abb. 19.8)
erreicht (Truncus lumbosacralis), Nadelspitze ▬ Punktionsstelle etwa 3 cm unterhalb und 5 cm
nach kranial oder etwas nach lateral korrigieren. lateral des Dornfortsatzes von L4 (⊡ Abb. 19.2)
▬ Langsames Vorschieben der Nadel in sagittaler
Stichrichtung (⊡ Abb. 19.7), bei Knochenkon-
Eine Epiduralanästhesie kann wegen der Nähe zu takt (5-8 cm Tiefe, Querfortsatz L5), korrigie-
den von Dura umhüllten Wurzeltaschen vorkom- ren der Nadel nach kranial, nach etwa 2-3 cm
men, ist jedoch meist (abhängig von der Ausbrei- wird das Psoaskompartment erreicht
19 tung) eine ungefährliche Nebenwirkung. ▬ Kontraktionen der ventralen Oberschenkel-
muskulatur zeigt die korrekte Nadellage an
▬ Nach Testdosis Injektion von etwa 30 ml Lokal-
anästhetikum
Konventioneller Zugang
135 19

⊡ Abb. 19.4. Rechtsseitiger Längs-


schnitt durch das Psoaskompart-
ment in Höhe L4: 1 Querfortsatz L3,
2 autochtone Rückenmuskulatur,
3 Querfortsatz L4, 4 Nervenfasern
im Psoaskompartment, 5 unge-
wöhnlich tief liegende Niere,
6 Querfortsatz L5, 7 Os sacrum

⊡ Abb. 19.5. Ultraschallbild bei


einer rechtsseitigen Psoaskom-
partment-Blockade: Längsschnitt
paravertebral rechts am Rand der
Querfortsätze
136 Kapitel 19 · Psoaskompartment-Blockade

⊡ Abb. 19.6. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 autochtone Rücken-
muskulatur, 2 Querfortsatz L4,
3 Querfortsatz L5, 4 Os sacrum

⊡ Abb. 19.7. Darstellung des


unteren Nierenpols im Längsschnitt:
1 Nierenbeckenkelchsystem,
2 M. quadratus lumborum,
3 unterer Nierenpol

19 ⊡ Abb. 19.8. Nadelhaltung


beim konventionellen rechts-
seitigen Zugang zum Psoas-
kompartment
Literatur
137 19

! Cave
Die Nadel nach Knochenkontakt (Querfortsatz)
nicht weiter als 2−3 cm vorschieben! Auch bei adi-
pösen Patienten sollte die Nadel niemals tiefer als
12 cm ab Hautniveau vorgeschoben werden!

Literatur

Brooks DM (2000) Psoas compartment block. CRNA 11:62-65


Capdevila X, Macaire P, Dadure C et al. (2002) Continuous psoas
compartment block for postoperative analgesia after to-
tal hip arthroplasty: new landmarks, technical guidelines,
and clinical evaluation. Anesth Analg 94: 1606-1613
Ganidagli S, Cengiz M, Baysal Z, Baktiroglu L, Sarban S (2005)
The comparison of two lower extremity block techni-
ques combined with sciatic block: 3-in-1 femoral block vs.
psoas compartment block. Int J Clin Pract 59: 771-776
Jankowski CJ, Hebl JR, Stuart MJ et al. (2003) A comparison of
psoas compartment block and spinal and general anes-
thesia for outpatient knee arthroscopy. Anesth Analg 97:
1003-1009
Kirchmair L, Entner T, Kapral S, Mitterschiffthaler G (2002) Ul-
trasound guidance for the psoas compartment block: an
imaging study. Anesth Analg 94: 706-710
Mannion S, O’Callaghan S, Walsh M, Murphy DB, Shorten GD
(2005) In with the new, out with the old? Comparison of
two approaches for psoas compartment block. Anesth
Analg 101: 259-264
Raimer C, Priem K, Wiese AA et al. (2007) Continuous psoas
and sciatic block after knee arthroplasty: good effects
compared to epidural analgesia or i.v. opioid analgesia:
A prospective study of 63 patients. Acta Orthop 78: 193-
200
20

N.-femoralis-Blockade
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 140

Spezielle Kontraindikationen – 140

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 140

Anatomie – 140

Lagerung – 141

Sonographische Darstellung – 141

Ultraschallgestützte Punktion – 141

Klinisches Beispiel – 144

Konventioneller Zugang – 144

Literatur – 145
140 Kapitel 20 · N.-femoralis-Blockade

Die Blockade des N. femoralis ist ein einfaches, ▬ Bei Schenkelhals- oder Femurfrakturen kann
schnell erlernbares, risikoarmes Verfahren mit ei- mit einer N.-femoralis-Blockade eine gute An-
ner meist guten Erfolgsrate. Dies führt zur häufi- algesie für Untersuchungen, zur Durchführung
gen Anwendung dieser peripheren Blockade im einer rückenmarksnahen Regionalanästhesie
klinischen Alltag. oder für das Umlagern des Patienten auf den
Da sich die isolierte Blockade des N. femoralis OP-Tisch erreicht werden
lediglich für Eingriffe am ventralen Oberschenkel ▬ In Kombination mit einer proximalen N.-ischi-
sowie für kleinere Eingriffe an der Unterschenkel- adicus-Blockade können sämtliche Eingriffe
innenseite eignet, wird für ausgedehnte Operatio- am distalen Oberschenkel, am Knie und Unter-
nen am Knie, Unterschenkel und Fuß eine Kombi- schenkels sowie am Fuß durchgeführt werden
nation mit einer proximalen Ischiadikus-Blockade ▬ Postoperative kontinuierliche Schmerzthera-
erforderlich. pie bei Eingriffen am Femur und der Patella,
Im Zusammenhang mit einer Blockade des Schmerzreduktion bei Knieoperationen
N. femoralis stößt man immer wieder auf den Be-
! Cave
griff der sog. 3-in-1-Blockade nach Winnie, auch
Die dorsalen Anteile des Kniegelenks werden
bekannt als inguinal-paravaskuläre Blockade. In der
vom N. ischiadicus versorgt und bleiben deshalb
Erstbeschreibung von Winnie 1973 wird festgehal- bei einer Femoralisblockade von der Anästhesie
ten, dass der N. femoralis, der N. cutaneus femoris ausgespart.
lateralis und der N. obturatorius (alle drei Nerven
sind Äste des Plexus lumbalis) von einem gemein-
samen Faszienschlauch umgeben sind, welcher sich Spezielle Kontraindikationen
vom proximalen Psoaskompartment bis zur dista-
len Aufzweigung unter dem Lig. inguinale erstreckt. ▬ Keine speziellen Kontraindikationen
Basierend auf dieser Annahme glaubte man, mit
! Cave
einer Injektion unterhalb des Leistenbandes alle
Eine strenge Indikation ist bei Patienten mit femo-
drei Nerven blockieren zu können. Lang konnte
ralen Gefäßrekonstruktionen und/oder Gefäßpro-
aber nachweisen, dass mit dieser 3-in-1-Technik der
thesen zu stellen. Hier ist der Ultraschall hilfreich!
N. obturatorius lediglich in 4% der Fälle erfolgreich
blockiert wurde. Marhofer et al. konnten mittels
MRT zeigen, dass die Verteilung des Lokalanäs-
thetikums bei den 3-in-1-Blockaden hauptsächlich Spezielle Komplikationen und
nach lateral, medial und kaudal erfolgte. Bei keinem Nebenwirkungen
Patienten wurde der Plexus lumbalis erreicht. Der
N. cutaneus femoris lateralis verlässt diese Faszien- ▬ Keine spezielle Komplikationen und Neben-
loge relativ hoch zwischen dem M. quadratus lum- wirkungen
borum und dem M. psoas major. Ähnliche Resultate
publizierte Capdevila mit einer kontinuierlichen 3-
in-1-Blockade (Katheter 16−20 cm vorgeschoben). Anatomie

Der N. femoralis ist der größte und längste Nerv


Indikationen des Plexus lumbalis. Er erhält seine Faserantei-
le aus den Rückenmarksegmenten L1 bis L4,
▬ Als alleiniges intraoperatives Anästhesieverfah- manchmal auch nur aus L2 bis L4. Von der Fas-
ren ist die N.-femoralis-Blockade lediglich für zie des M. iliopsoas bedeckt gelangt der N. femo-
kleinere chirurgische Eingriffe am ventralen ralis in die Rinne zwischen dem M. psoas ma-
Oberschenkel (z. B. Muskelbiopsie aus dem M. jor und dem M. iliacus zur Lacuna musculorum.
quadriceps femoris zur Diagnostik der malignen A. und V. femoralis sowie die Lymphgefäße verlaufen
20 Hyperthermie) oder an der Patella geeignet weiter medial durch die Lacuna vasorum und sind
Sonographische Darstellung
141 20

von der Lacuna musculorum durch den Arcus ilio- ▬ Um einen Überblick zu erhalten, wird der
pectineus getrennt (⊡ Abb. 20.1 und ⊡ Abb. 20.2). Schallkopf in Höhe des Leistenbandes (Verbin-
Distal des Leistenbandes durchbrechen die dungslinie zwischen der Spina iliaca anterior
zahlreichen Muskel- und Hautäste des N. femora- superior und Tuberculum pubicum; die Lei-
lis, unter ihnen der bis zur medialen Seite des Mit- stenbeuge liegt tiefer!) quer zur Verlaufsrich-
telfußes reichende N. saphenus, den Fasziensack tung der A. femoralis aufgesetzt (⊡ Abb. 20.3).
des M. iliopsoas. ▬ Als Leitstruktur dient die A. femoralis, gut zu
In Höhe des Leistenbandes liegt der N. femo- erkennen als pulsierende, hypoechogene, scharf
ralis unmittelbar neben der A. femoralis. Etwas begrenzte, rundliche Struktur (⊡ Abb. 20.4 bis
weiter distal in der Leistenbeuge liegt er etwa 1 cm ⊡ Abb. 20.6). Medial der A. femoralis erkennt
lateral der A. femoralis. man die gut komprimierbare V. femoralis.
▬ Gelegentlich kann die Darstellung von 2 Arte-
Tipp I I rien direkt unterhalb des Leistenbandes auf den
IVAN = Innen, Vene, Arterie, Nerv; das gilt ersten Blick Verwirrung stiften. Dies ist dann
übrigens auch infraklavikulär! der Fall, wenn sich der Abgang der A. profunda
femoris relativ weit oben befindet. Normaler-
Da der Nerv sich wenige Zentimeter unterhalb des weise befindet sich die Aufteilung einige Zenti-
Leistenbandes verzweigt, ist es günstig, möglichst meter unterhalb des Leistenbandes.
nahe am Leistenband zu punktieren. ▬ Der N. femoralis befindet sich unmittelbar late-
ral der A. femoralis und stellt sich als rundlich
bis ovale, hyperechogene Struktur dar. Als Ge-
Lagerung samtes erscheint der N. femoralis mit der über
ihm liegenden Fascia iliaca oft dreieckförmig.
▬ Rückenlage Die kurze Seite des Dreiecks liegt der A. femo-
▬ Das Bein ist leicht abduziert und außenrotiert ralis an, die beiden längeren Seiten ziehen nach
▬ Gelegentlich kann das Anbringen einer Pol- lateral. Der im Bild unten liegende Rand grenzt
sterung unter dem Becken die topographische den M. iliacus ab. Oberhalb des N. femoralis
und sonographische Übersicht verbessern. befindet die ebenfalls hyperechogene, gut sicht-
bare Fascia lata.

Sonographische Darstellung
Ultraschallgestützte Punktion
▬ Die Leistengegend lässt sich sonographisch
leicht darstellen, selbst nach Voroperationen Bei der Punktion in der Schallebene (Inline-Tech-
oder bei adipösen Patienten. nik) mit Stichrichtung von lateral nach medial

⊡ Abb. 20.1. Anatomie der linken


Leistenregion mit Blick von distal
auf die Schnittebene: 1 Nodus
lymphathicus inguinalis profundus,
2 V. femoralis, 3 A. femoralis,
4 Ramus femoralis N. genitofemo-
ralis, 5 Fascia lata, 6 Lig. inguinale,
7 Fascia iliaca, 8 N. cutaneus femoris
lateralis, 9 Arcus iliopectineus,
10 N. femoralis, 11 M. iliacus
142 Kapitel 20 · N.-femoralis-Blockade

⊡ Abb. 20.2. Landmarken in der


linken Leistenregion: 1 Tuberculum
pubicum, 2 Verlauf der A. femoralis
auf Höhe des Leistenbandes (zwi-
schen Tuberculum pubicum und
Spina iliaca anterior superior),
3 Punktionsstelle in Höhe der
Leistenbeuge etwa 1 cm lateral
der A. femoralis, 4 Spina iliaca
anterior superior

⊡ Abb. 20.3. Beispiel für Schall-


kopf- und Nadelhaltung bei einer
linksseitigen Blockade des Nervus
femoralis: Punktion von lateral
nach medial (Inline-Technik), auch
eine Cross-sectional-Technik mit
Punktionsrichtung von distal nach
proximal ist gut durchführbar

(⊡ Abb. 20.3) durchdringt die Nadelspitze auf dem bei durchdringt die Nadelspitze zuerst die Fascia
Weg zum N. femoralis den M. tensor fasciae latae lata und im Anschluss die Fascia iliaca (oft gut als
(am rechten Bildrand), den M. rectus femoris und »Doppelklick« spürbar). Idealerweise lässt sich die
den M. iliopsoas. Zum Schluss wird die Fascia Nadelspitze als hyperechogener Punkt unterhalb
iliaca durchstoßen (meistens als »Klick« wahrge- der Fascia iliaca abbilden. Beim Vorschieben der
nommen) und die Kanülenspitze kommt an den Nadel dienen die indirekten Zeichen wie Gewe-
Unterrand des N. femoralis zu liegen. Bei vorsich- beverschiebung oder -verdrängung als Orientie-
tigem Durchdringen der Fascia iliaca unter Sicht- rungshilfe.
kontrolle der Nadelspitze sollte es zu keiner Punk-
tion der unmittelbar medial liegenden A. femoralis
kommen.
Tipp I I
Unter der Injektion breitet sich das Lokalanäs-
Bei der Punktion quer zur Schallebene (Cross- thetikum üblicherweise keilförmig (Spitze late-
sectional-Technik) ist das Vorgehen demjenigen
20 bei der konventionellen Technik sehr ähnlich. Da-
ral) in der Lacuna musculorum aus.
Ultraschallgestützte Punktion
143 20

⊡ Abb. 20.4. Querschnitt unterhalb


des linken Leistenbandes mit Blick
von distal auf die Schnittebene:
1 A. femoralis, 2 V. femoralis, 3 N. fe-
moralis, 4 M. iliopsoas, 5 Femur

⊡ Abb. 20.5. Ultraschallbild einer


linksseitigen Blockade des N.-fe-
moralis mit Blick von distal auf die
Schallebene (entsprechend den
Abb. 20.3/20.4)

⊡ Abb. 20.6. Schema des


Ultraschallbildes: 1 N. femoralis,
2 A. femoralis, 3 V. femoralis,
4 Femur, 5 M. iliopsoas
144 Kapitel 20 · N.-femoralis-Blockade

⊡ Abb. 20.7. Klinisches Beispiel


einer rechtsseitigen Blockade des
N. femoralis mit Ausbreitung des
Lokalanästhetikums in der rechten
Leistenbeuge. Blick von distal auf
die Schallebene

⊡ Abb. 20.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Punktionsnadel,
2 M. iliacus, 3 N. femoralis, 4 Femur,
5 Lokalanästhetikum, 6 A. femoralis,
7 V. femoralis

Klinisches Beispiel Konventioneller Zugang

Dargestellt ist ein Querschnitt des rechten Ober- Labat beschrieb 1924 die klassiche Technik der N.-
schenkels in Höhe der Leistenbeuge mit Blick- femoralis-Blockade mit Einstich 1 cm unterhalb des
richtung von distal nach proximal auf die Schall- Leistenbandes und 1−2 cm lateral der A. femoralis.
ebene. Die Punktion erfolgt in der Schallebene In Höhe des Leistenbandes liegt der N. femoralis
(Inline-Technik) mit Stichrichtung von lateral unmittelbar neben der A. femoralis.
nach medial. Die Nadelspitze befindet sich lateral ▬ Die Lagerung erfolgt wie bei der sonographie-
des N. femoralis. Die sonographische Darstellung gesteuerten Punktion
erfolgte nach Einspritzen von wenigen Millili- ▬ Als Leitstruktur dienen das Leistenband (Ver-
tern eines Lokalanästhetikums (⊡ Abb. 20.7 und bindungslinie zwischen Spina iliaca anterior
20 ⊡ Abb. 20.8). superior und Tuberculum pubicum) und die
Literatur
145 20

⊡ Abb. 20.9. Nadelhaltung bei


einer konventionellen linksseitigen
Blockade des N. femoralis

A. femoralis (auch mit Hilfe eines Gefäßdopp- Literatur


lers gut aufzufinden)
▬ Die Einstichstelle befindet sich günstiger- Esteve M, Veillette Y, Ecoffey C, Orhant EE (1990) Continuous
block of the femoral nerve after surgery of the knee:
weise unmittelbar unterhalb des Leistenban-
pharmacokinetics of bupivacaine. Ann Fr Anesth Reanim
des und unmittelbar lateral der A. femoralis 9: 322-325
(⊡ Abb. 20.9) Fournier R, Van Gessel E, Gaggero G et al. (1998) Postoperative
▬ Der Stichwinkel beträgt ca. 45° zur Haut oder analgesia with »3-in-1« femoral nerve block after prosthe-
auch weniger, die Stichrichtung entspricht dem tic hip surgery. Can J Anaesth 45: 34-38
Gruber H, Peer S, Kovacs P, Marth R, Bodner G (2003) The ultra-
Verlauf der A. femoralis, d. h. die Kanüle wird
sonographic appearance of the femoral nerve and cases
parallel zur A. femoralis nach kranial und dor- of iatrogenic impairment. J Ultrasound Med 22: 163-172
sal vorgeschoben, bis ein »Klick« beim Durch- Lang SA, Yip RW, Chang PC, Gerard MA (1993) The femoral 3-
dringen der Fascia lata verspürt wird. Nach in-1 block revisited. J Clin Anesth 5: 292-296
weiterem Vorschieben kann eventuell noch- Madej TH, Ellis FR, Halsall PJ (1989) Evaluation of »3 in 1« lum-
bar plexus block in patients having muscle biopsy. Br J
mals ein »Klick« beim Durchtritt durch die
Anaesth 62: 515-517
Fascia iliaca wahrgenommen werden Marhofer P, Oismuller C, Faryniak B et al. (2000) Three-in-one
▬ Die Verwendung eines Nervenstimulators wird blocks with ropivacaine: evaluation of sensory onset time
empfohlen. Eine Kontraktion des M. quadri- and quality of sensory block. Anesth Analg 90: 125-128
ceps femoris mit dem typischen Zeichen der Marhofer P, Schrogendorfer K, Koinig H et al. (1997) Ultrasono-
graphic guidance improves sensory block and onset time
sog. »tanzenden Patella« zeigt eine korrekte
of three-in-one blocks. Anesth Analg 85: 854-857
Lage der Nadelspitze an Marhofer P, Schrogendorfer K, Wallner T et al. (1998) Ultraso-
nographic guidance reduces the amount of local anesthe-
Bei einer motorischen Reizantwort im Bereich des tic for 3-in-1 blocks. Reg Anesth Pain Med 23: 584-588
M. sartorius kann entweder eine direkte Muskelsti- Sites BD, Beach M, Gallagher JD et al. (2004) A single injection
ultrasound-assisted femoral nerve block provides side
mulation desselben vorliegen (Korrektur der Nadel
effect-sparing analgesia when compared with intrathecal
nach medial) oder es wird der den M. sartorius morphine in patients undergoing total knee arthroplasty.
motorisch versorgenden Anteil des N. femoralis Anesth Analg 99: 1539-1543
stimuliert (Korrektur nach lateral). Soong J, Schafhalter-Zoppoth I, Gray AT (2005) The impor-
tance of transducer angle to ultrasound visibility of the
femoral nerve. Reg Anesth Pain Med 30: 505
21

Proximale N.-ischiadicus-Blockade
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 148

Spezielle Kontraindikationen – 148

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 148

Anatomie – 148

Lagerung – 148

Sonographische Darstellung – 148

Ultraschallgestützte Punktion – 151

Klinisches Beispiel – 151

Konventioneller Zugang – 151

Literatur – 152
148 Kapitel 21 · Proximale N.-ischiadicus-Blockade

Soll das gesamte Bein anästhesiert werden, ist neben N. tibialis und der M. fibularis communis die is-
21 der Blockade von Ästen des Plexus lumbalis (insbe- chiocrurale Muskulatur und ab der Kniekehle mo-
sondere N. femoralis) eine Blockade des N. ischia- torisch und sensibel Unterschenkel und Fuß.
dicus notwendig. Viele Zugänge zum N. ischiadicus Tuber ischiadicum und Trochanter major als
sind beschrieben worden, folgend wird ein relativ Landmarken für den infraglutealen Zugang sind
einfacher Zugang behandelt, der sowohl für eine recht einfach zu finden (⊡ Abb. 21.2).
ultraschallgestützte als auch für eine konventionelle
Blockade gut geeignet ist. Für diesen infraglutealen
Zugang muss man sich im Vergleich zum transglu- Lagerung
tealen Zugang keine umständlichen Konstruktions-
zeichnungen merken und weniger Muskelmasse ▬ Seitenlage
penetrieren. Entsprechend einfacher ist auch die ▬ Zu anästhesierendes Bein oben, 90° Beugung in
Darstellung im Ultraschallbild zu realisieren. Hüft- und Kniegelenk
Tipp I I
Indikationen In dieser Lagerung kann einfach die häufige
Kombination von Psoaskompartment- und
▬ Eingriffe am gesamten Bein in Kombination Ischiadikusblockade durchgeführt werden.
mit einer Psoaskompartment-Blockade (oder
N.-femoralis-Blockade)
▬ Eingriffe am Fuß (ohne Blutsperre) Sonographische Darstellung

▬ Linear-Schallkopf oder auch Curved-Array-


Spezielle Kontraindikationen Schallkopf wegen der besseren Übersicht ver-
wenden. Auflösung gegebenenfalls wegen der
▬ Keine speziellen Kontraindikationen besseren Darstellbarkeit in der Tiefe auf etwa
5 MHz reduzieren
▬ Aufsetzen des Schallkopfs quer über den zu
Spezielle Komplikationen und erwartenden Verlauf des N. ischiadicus in der
Nebenwirkungen Mitte zwischen Tuber ischiadicum und Tro-
chanter major
▬ Keine speziellen Komplikationen oder Neben- ▬ Die Innenseite des Femur und der Tuber ischia-
wirkungen dicum sind als Schallschatten zu erkennen
▬ In etwa 5 cm Tiefe ist der N. ischiadicus als
rundliche Struktur zu erkennen. Die Tiefe kann
Anatomie jedoch erheblich in Abhängigkeit von der Dicke
der Gewebeschichten und dem Druck, der mit
Der N. ischiadicus entspringt aus dem Plexus sac- dem Schallkopf ausgeübt wird, variieren
ralis. Er ist der dickste Nerv des menschlichen Kör- ▬ Unmittelbar medial des N. ischiadicus liegen
pers. Er zieht durch das Foramen infrapiriforme die Sehnen der ischiocruralen Muskulatur und
und gelangt etwa in der Mitte zwischen Trochanter können leicht als N. ischiadicus fehlgedeutet
major und Tuber ischiadicum zum Oberschenkel werden.
(⊡ Abb. 21.1). Folgend unterquert er das Caput lon- ▬ Schieben des Schallkopfes etwas nach kaudal
gum des M. biceps femoris und zieht in der Loge bis in die Falte unterhalb des M. gluteus ma-
der ischiocruralen Muskulatur zur Fossa poplitea. ximus, so dass dieser nicht mehr mit dem Ul-
Oberhalb der Kniekehle teilt sich der N. ischiadi- traschall und der Nadel durchdrungen werden
cus in seine Hauptäste N. tibialis und N. fibularis muss. Der N. ischiadicus lässt sich in seinem
(peronaeus) communis. Motorisch versorgen der Verlauf meist gut verfolgen.
Sonographische Darstellung
149 21

⊡ Abb. 21.1. Topographie des


N. ischiadicus rechts in der Gesäß-
region: 1 Trochanter major,
2 N. ischiadicus, 3 Tuber ischiadi-
cum, 4 ischiocrurale Muskulatur

⊡ Abb. 21.2. Landmarken für


den rechtsseitigen infraglutealen
Zugang: 1 Trochanter major, 2 Tuber
ischiadicum, 3 Glutealfalte

⊡ Abb. 21.3. Beispiel für Schall-


kopf- und Nadelhaltung beim
rechtsseitigen infraglutealen
Zugang
150 Kapitel 21 · Proximale N.-ischiadicus-Blockade

21

⊡ Abb. 21.4. Rechtsseitiger Quer-


schnitt auf der Linie Tuber ischiadi-
cum und Trochanter major mit Blick
von distal auf die Schnittebene:
1 M. glutaeus maximus, 2 ischio-
crurale Muskulatur, 3 Tuber ischia-
dicum, 4 M. quadratus femoris,
5 N. ischiadicus, 6 Trochanter major,
7 Femur

⊡ Abb. 21.5. Ultraschallbild für


den rechtsseitigen infraglutealen
Zugang mit Blick von distal auf die
Schallebene (entsprechend den
Abb. 21.3/21.4)

⊡ Abb. 21.6. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Tuber ischiadicum,
2 ischiocrurale Muskulatur, 3 M. glu-
taeus maximus, 4 N. ischiadicus,
5 Trochanter major, 6 Femur
Konventioneller Zugang
151 21

⊡ Abb. 21.7. Klinisches Beispiel


einer rechtsseitigen infraglutealen
Blockade des N. ischiadicus mit
Blick von distal auf die Schallebene

⊡ Abb. 21.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Lokalanästhetikum,
2 N. ischiadicus, 3 Punktionskanüle

Ultraschallgestützte Punktion im Bild oberhalb des N. ischiadicus. Die Aufnahme


erfolgte nach Injektion von einigen Millilitern des
Die Punktion ist quer zum Schallkopf (⊡ Abb. 21.3 Lokalanästhetikums.
bis ⊡ Abb. 21.6) oder auch inline möglich, bei letz-
terer Variante ist die Punktion von lateral nach me-
dial oder auch von medial nach lateral möglich. Konventioneller Zugang

▬ Die Punktionsstelle liegt in der Mitte zwischen


Klinisches Beispiel Trochanter major und Tuber ischiadicum
(⊡ Abb. 21.9)
Dargestellt ist ein infraglutealer Querschnitt des ▬ Die Punktion erfolgt im 90°-Winkel zur Haut-
rechten Beins (⊡ Abb. 21.7 und ⊡ Abb. 21.8). Die oberfläche oder auch etwas flacher mit Stich-
Nadel kommt von lateral, die Spitze der Nadel liegt richtung nach kranial
152 Kapitel 21 · Proximale N.-ischiadicus-Blockade

21

⊡ Abb. 21.9. Nadelhaltung bei


konventionellem Zugang infraglu-
teal rechts

▬ Der N. ischiadicus findet sich in einer Tiefe


von etwa 5−8 cm, die Tiefe ist jedoch abhängig
von Punktionshöhe und Stichrichtung sowie
Konstitution des Patienten sehr variabel
▬ Senken oder Heben der Fußspitze zeigt die
Nähe der Nadelspitze zum N. ischiadicus an

Literatur

Casati A, Baciarello M, Di Cianni S et al. (2007) Effects of ultra-


sound guidance on the minimum effective anaesthetic
volume required to block the femoral nerve. Br J Anaesth
98: 823-827
Chan VW, Nova H, Abbas S et al. (2006) Ultrasound examinati-
on and localization of the sciatic nerve: a volunteer study.
Anesthesiology 104: 309-314
Karmakar MK, Kwok WH, Ho AM et al. (2007) Ultrasound-gui-
ded sciatic nerve block: description of a new approach at
the subgluteal space. Br J Anaesth 98: 390-395
22

Distale N.-ischiadicus-Blockade
(Poplitealblock)
Roland Albrecht, Jürgen Birnbaum

Indikationen – 154

Spezielle Kontraindikationen – 154

Spezielle Komplikationen und Nebenwirkungen – 154

Anatomie – 154

Lagerung – 154

Sonographische Darstellung – 154

Ultraschallgestützte Punktion – 155

Klinisches Beispiel – 155

Konventioneller Zugang – 155

Literatur – 158
154 Kapitel 22 · Distale N.-ischiadicus-Blockade (Poplitealblock)

Der popliteale Zugang zum N. ischiadicus ist ein Spezielle Kontraindikationen


relativ einfach durchzuführender Block. Praktisch
der gesamte Fuß kann anästhesiert werden und der ▬ Keine speziellen Kontraindikationen
22 Poplitealblock ist damit leichter durchzuführen als
der klassische Fußblock, bei dem mehrere Injektio-
nen durchgeführt werden müssen. Limitiert ist der Spezielle Komplikationen und
Einsatz des Poplitealblocks nur durch den häufigen Nebenwirkungen
Einsatz einer Blutsperre und durch die sensib-
le Versorgung der Innenseite des Sprunggelenks ▬ Keine spezielle Komplikationen oder Neben-
durch den N. saphenus als Ast des N. femoralis wirkungen
(⊡ Abb. 18.2).

Anatomie
Indikationen
Der N. ischiadicus teilt sich auf variabler Höhe
▬ Eingriffe am gesamten Fuß (mit Ausnahme ei- über der Kniekehle in den N. tibialis und den late-
nes kleinen Teils im Bereich mediales Sprung- ral liegenden N. fibularis communis (⊡ Abb. 22.1).
gelenk) Unmittelbar medial und ventral des N. tibialis ver-
läuft die A. poplitea.
Als Landmarken können die in der Tiefe tast-
bare A. poplitea sowie die Kniekehlenfalte in Höhe
von Epicondylus medialis und Epicondylus late-
ralis genutzt werden (⊡ Abb. 22.2). Die Punktion
erfolgt etwa 10 cm oberhalb der Kniekehlenfalte
etwas lateral der A. poplitea und medial des Ran-
des des M. biceps femoris.

Lagerung

▬ Seitenlage
▬ Zu anästhesierendes Bein oben

Sonographische Darstellung

▬ Aufsetzen des Schallkopfs quer über den zu


erwartenden Verlauf des N. ischiadicus etwa
10 cm oberhalb der Kniebeuge (⊡ Abb. 22.3)
▬ Identifikation der A. poplitea
▬ Lateral davon ist der N. ischiadicus meist ein-
fach zu erkennen, er liegt der Hautoberfläche
etwas näher
▬ Schieben des Schallkopfs weiter nach proximal
⊡ Abb. 22.1. Topographie des N. ischiadicus in der Fossa popli-
und distal, um die Aufzweigung des N. ischia-
tea des linken Beins: 1 N. fibularis (peronaeus) communis, 2
M. biceps femoris, 3 N. cutaneus surae lateralis, 4 M. gastrocne-
dicus in N. tibialis und N. fibularis communis
mius, 5 M. semitendinosus, 6 N. tibialis, 7 M. semimembrano- zu erkennen
sus, 8 A. poplitea, 9 V. poplitea, 10 N. cutaneus surae medialis
Konventioneller Zugang
155 22

⊡ Abb. 22.2. Landmarken für den


poplitealen Zugang am linken Bein.
Punktionsstelle etwa 10 cm proxi-
mal der Kniekehlenfalte lateral der
Pulsation der A. poplitea und medi-
al des M. biceps femoris:
1 Caput longum des M. biceps
femoris, 2 Punktionsstelle

⊡ Abb. 22.3. Beispiel für Schallkopf-


und Nadelhaltung beim poplitealen
Zugang links

Ultraschallgestützte Punktion reits angedeutet. Das injizierte Lokalanästhetikum


ist deutlich zu erkennen.
Die Punktion ist quer zum Schallkopf (⊡ Abb. 22.3
bis ⊡ Abb. 22.6) oder auch inline möglich, bei letz-
terer Variante ist die Punktion von lateral oder Konventioneller Zugang
auch von medial möglich.
▬ Die Linie zwischen den beiden Femurkondylen
bildet die Basis eines gleichschenkligen Drei-
Klinisches Beispiel ecks, dessen Spitze etwa 10 cm oberhalb der
Kniekehlenfalte etwa an der kranialen Grenze
Dargestellt ist ein Querschnitt oberhalb der linken der Fossa poplitea liegt. Ca. 2 cm lateral dieser
Fossa poplitea (⊡ Abb. 22.7 und ⊡ Abb. 22.8). Die Spitze findet sich die Punktionsstelle unmittelbar
Nadel kommt von lateral, ihre Spitze liegt im Bild lateral der Pulsation der A. politea. Die Punkti-
oberhalb des N. ischiadicus, dessen Aufzweigung on erfolgt senkrecht zur Haut oder flacher mit
in N. fibularis communis und den N. tibialis ist be- Stichrichtung nach proximal (⊡ Abb. 22.9). Der
156 Kapitel 22 · Distale N.-ischiadicus-Blockade (Poplitealblock)

22

⊡ Abb. 22.4. Querschnitt oberhalb


der linken Kniebeuge mit Blick
von distal auf die Schnittebene:
1 M. biceps femoris, 2 N. fibularis
communis, 3 N. tibialis, 4 V. poplitea,
5 A. poplitea, 6 Femur, 7 M. semi-
membranosus

⊡ Abb. 22.5. Ultraschallbild eines


linksseitigen poplitealblocks mit
Blick von distal auf die Schallebene
(entsprechen den Abb. 22.3/22.4)

⊡ Abb. 22.6. Schema des


Ultraschallbildes: 1 N. fibularis
communis, 2 Femur, 3 N. tibialis,
4 V. poplitea, 5 A. poplitea
Konventioneller Zugang
157 22

⊡ Abb. 22.7. Klinisches Beispiel


einer linksseitigen poplitealen
Blockade des N. ischiadicus

⊡ Abb. 22.8. Schema des Ultra-


schallbildes: 1 Punktionsnadel,
2 Lokalanästhetikum, 3 N. ischiadi-
cus, 4 Femur, 5 A. poplitea

⊡ Abb. 22.9. Nadelhaltung bei kon-


ventionellem Zugang zum N. ischia-
dicus links oberhalb der Kniekehle
158 Kapitel 22 · Distale N.-ischiadicus-Blockade (Poplitealblock)

N. ischiadicus wird in etwa 5 cm Tiefe erreicht.


Eine Fußsenkung oder Fußhebung zeigt die
Nähe der Nadel zum Nerv an.
22 ▬ Auch die Benutzung eines Doppler-Ultraschalls
kann die Orientierung erleichtern.

Tipp I I
Erreicht man eine Fußsenkung oder Fußhe-
bung, kann man die Lage der Nadel leicht
nach lateral bzw. medial korrigieren, um die
entsprechende andere Stimulationsantwort
zu erreichen und so sicher zu stellen, dass die
Aufzweigung in N. tibialis und N. fibularis (pe-
ronaeus) communis nicht wesentlich oberhalb
der Punktionsstelle liegt.

Literatur

Gray AT, Huczko EL, Schafhalter-Zoppoth I (2004) Lateral popli-


teal nerve block with ultrasound guidance. Reg Anesth
Pain Med 29: 507-509
Hullander M, Spillane W, Leivers D, Balsara Z (1991) The use of
Doppler ultrasound to assist with sciatic nerve blocks. Reg
Anesth 16: 282-284
McCartney CJ, Brauner I, Chan VW (2004) Ultrasound guidance
for a lateral approach to the sciatic nerve in the popliteal
fossa. Anaesthesia 59: 1023-1025
Minville V, Zetlaoui PJ, Fessenmeyer C, Benhamou D (2004)
Ultrasound guidance for difficult lateral popliteal catheter
insertion in a patient with peripheral vascular disease.
Reg Anesth Pain Med 29: 368-370
Schwemmer U, Markus CK, Greim CA et al. (2005) Sonographic
imaging of the sciatic nerve division in the popliteal fossa.
Ultraschall Med 26: 496-500
Sinha A, Chan VW (2004) Ultrasound imaging for popliteal
sciatic nerve block. Reg Anesth Pain Med 29: 130-134
IV

Teil IV Postoperatives Management

Kapitel 23 Postoperative Schmerztherapie – 161


23

Postoperative Schmerztherapie
Christof Heim

Postoperative Hyperalgesie – 162

Multimodales Schmerzkonzept – 162

Kernaussagen zur postoperativen Schmerztherapie – 163

Schmerzbahnen und Therapieansätze – 163

Stufenkonzept der postoperativen Schmerztherapie – 164

Basisanalgetika (Nichtopioidanalgetika) – 165

Opioide – 167

Kontinuierliche Plexus- und Leitungsanalgesie – 168

Literatur – 169
162 Kapitel 23 · Postoperative Schmerztherapie

Regionalanästhesien, gesteuert durch Neurostimu- chung der Schmerzbahnen im Sinne einer so ge-
lation oder Ultraschall, können schmerzarm und in nannten präemptiven Analgesie verhindern lassen
kurzer Zeit durchführt werden. Bei guter Wirkung (⊡ Abb. 23.1).
bieten sie einen hohen intraoperativen Komfort. Dass Regionalanästhesien durch die periphere
Postoperativ ermöglichen die Nervenblockaden je Leitungsblockade eine effektive präemptive Anal-
nach Einsatz von länger wirkenden Lokalanästhe- gesie bewirken, konnte in klinischen Studien beim
23 tika, Zusatz von Adjuvantien oder Fortführung Menschen bis heute nicht signifikant belegt werden.
mit Kathetertechniken eine über mehrere Stunden Möglicherweise ausschlaggebend für die Reduk-
bis Tage dauernde Schmerzfreiheit oder zumindest tion der Hyperalgesie ist neben dem suffizienten
Schmerzreduktion. Sie sind daher ein wichtiger initialen Schmerzblock durch eine Regional- oder
Baustein der postoperativen Schmerztherapie. Im Allgemeinanästhesie der individuell zeitgerechte
Folgenden soll auf wesentliche Aspekte sowohl der Beginn und die genügende Dauer der späteren an-
systemischen Schmerztherapie als auch der konti- algetischen und antiphlogistischen Maßnahmen.
nuierlichen Plexus- und Nervenblockaden einge-
gangen werden.
In den letzten Jahren wurde durch mehrere Multimodales Schmerzkonzept
medizinische Fachgesellschaften, die in der Be-
handlung von akuten Schmerzen involviert sind, Viele periphere Eingriffe werden heute in am-
eine neue S3-Leitlinie zur akuten perioperativen bulanten, tageschirurgischen oder kurzstationären
und posttraumatischen Schmerztherapie erarbei- Rahmenbedingungen durchgeführt. Die Patienten
tet. Diese findet sich unter www.awmf-online.de. sind auf eine einfache und möglichst opioidfreie
Analgesie nach Entlassung angewiesen. Unter die-
sen Vorgaben ist auch nach banalen peripheren
Postoperative Hyperalgesie Eingriffen die rechtzeitige und vorausblickende
postoperative Nachsorge prioritär. Das dazu not-
Die Gewebsveränderungen nach einem operativen wendige multimodale Konzept beinhaltet neben
Trauma sind geprägt von einer lokalen Entzün- einer optimalen allgemeinen Schmerzbehandlung
dungsreaktion mit Ausschüttung verschiedenster alle Maßnahmen zur Förderung der Durchblutung
Mediatoren, Störung der Mikrozirkulation und und der lymphatischen Wunddrainage mit den
erhöhter Gefäß- und Gewebspermeabilität mit Zielen der Abschwellung, Förderung der Beweg-
Schwellung. Diese pathophysiologischen Verän- lichkeit und Funktionserhaltung. Die bedeuten-
derungen führen über aktivierte Nozizeptoren, de indirekte Schmerzlinderung durch frühzeitige
Neurotransmitter und teils bekannte »Wind-up- intensive Physio- und Ergotherapie (Lagerung,
Mechanismen« zu peripherer und zentraler Hyper- Bewegungstherapie, Mobilisation, Muskeltraining,
algesie. Rein theoretisch sollte sich diese erhöhte Lymphdrainage, TENS etc.) wird üblicherweise
Schmerzempfindlichkeit kausal durch Unterbre- unterschätzt und zu wenig genutzt.

⊡ Abb. 23.1. Verhinderung der


Hyperalgesie: Modellvorstellung
Schmerzbahnen und Therapieansätze
163 23
Kernaussagen zur postoperativen ▬ erfolgt pharmakologisch sinnvoll durch eine
Schmerztherapie Kombination verschiedener Analgetika zur ge-
genseitigen Wirkverstärkung und Reduktion
▬ Die Schmerztherapie erfordert eine enge Zu- von Nebenwirkungen
sammenarbeit der verschiedenen Berufsgrup- ▬ erleichtert sowohl Mobilisation, Physiotherapie
pen und Fachgebiete wie auch die allgemeine Rehabilitation
▬ Ein einheitliches Schmerzkonzept verbessert ▬ kann eine Chronifizierung verhindern
die Behandlungsqualität für den einzelnen Pa- ▬ reduziert die Magen-Darm-Atonie nach Ope-
tienten rationen und bei Bettlägerigkeit
▬ Die individuelle Anpassung der standardisierten ▬ kann die Dauer von Intensivpflege und Kran-
Schmerztherapie für den einzelnen Patienten ba- kenhausaufenthalt verkürzen
siert auf einer konsequenten Schmerzmessung
▬ Nach Ausschöpfung der analgetischen Stan-
dardtherapie soll frühzeitig und gezielt Hilfe Schmerzbahnen und Therapieansätze
von Schmerzspezialisten angefordert werden
Viele Details des äußerst komplexen und vernetz-
Eine suffiziente Schmerzlinderung in akuten und ten Schmerzsystems sind nur wenig bekannt. Die
postoperativen Situationen individuelle Schmerzempfindung lässt sich bestens
▬ kann am besten durch die Anwendung eines durch die Modulationsschritte der auf- und ab-
Stufenschemas erreicht werden, in dem, wenn steigenden Schmerzbahnen und durch die Inter-
möglich, eine kontinuierliche Regionalanästhe- ferenzen mit zentralen Kerngebieten (Thalamus,
sie bzw. -analgesie eingesetzt wird Limbisches System etc.) erklären (⊡ Abb. 23.2).

⊡ Abb. 23.2. Schmerzsystem, vereinfachtes Schema


164 Kapitel 23 · Postoperative Schmerztherapie

Das Schema in ⊡ Abb. 23.3 zeigt die Ansatz- operative Analgesie ein Stufenschema formulieren.
punkte der Schmerzbehandlung und gibt eine Dabei definieren Größe und Lokalisation des Ein-
Übersicht über die verschiedenen Schmerzmetho- griffes die Stufen, da die Schmerzimpulse mit Aus-
den und -mittel und die so genannten Adjuvanzien maß von Wundfläche und Trauma von sensiblem
(Antidepressiva, Antiepileptika, α2-Rezeptoragoni- Gewebe zunehmen (⊡ Abb. 23.4).
sten etc.). Vor Beginn einer postoperativen Schmerzthe-
23 Auf die weitere Beschreibung der Adjuvanzien rapie sollen folgende Fragen geklärt werden:
wird verzichtet, da sie entweder bei komplexen ▬ Antiphlogistischer Effekt im postoperativen Be-
Situationen oder bei chronischen Schmerzen ange- handlungskonzept im Vordergrund, erwünscht
wendet werden. Sie modulieren die Schmerzbah- oder unwesentlich
nen auf Rückenmarksebene oder stimulieren bzw. ▬ Lokal- oder Regionalanästhesie therapeutisch
blockieren zentralnervöse Kerngebiete, die mit den möglich und ausgenutzt
Schmerzbahnen eng vernetzt sind. ▬ Längerfristige Analgesie über peripheren oder
rückenmarksnahen Schmerzkatheter möglich,
sinnvoll oder dringend indiziert
Stufenkonzept der postoperativen ▬ Sind renale, hepatische, kardiovaskuläre und
Schmerztherapie zentralnervöse Organreserven eingeschränkt?
Ulkusanamnese des oberen Gastrointestinal-
Entsprechend dem WHO-Konzept für die chroni- traktes? Gerinnungsstörung, Blutungsgefahr,
sche Schmerztherapie lässt sich auch für die post- erhöhtes Thromboembolierisiko

⊡ Abb. 23.3. Angriffsorte der Anal-


getika und Adjuvanzien
Basisanalgetika (Nichtopioidanalgetika)
165 23

▬ Präoperative Schmerzmedikation, speziell chro- chert, dass die Basisanalgetika Wechselwirkungen


nischer Analgetikagebrauch oder -abusus mit anderen Mediatoren und Enzymsystemen ha-
▬ Mögliche Interferenzen der Analgetika mit üb- ben, welche die Immunantwort beeinflussen und
riger Medikation wahrscheinlich auch die Bildung von Sauerstoffra-
dikalen reduzieren.
Tipp I I
Um die selbständige Handlungsfähigkeit des
⊡ Tab. 23.1. Saure Analgetika (NSAR)
Behandlungsteams zu erweitern, sollten Anal-
getika immer mit einer Basis- und Reservemedi- Gruppen Wirkstoffe
kation verordnet werden Unselektive COX-Hemmer ASS, Diclofenac, Ibuprofen,
Ketorolac, Mefenaminsäure

Präferentielle COX-2- Celecoxib, Etodolac,


Basisanalgetika (Nichtopioidanalgetika) Hemmer Meloxicam

Selektive COX-2-Hemmer Rofecoxib, DFP


Zu den Basisanalgetika zählt eine große Reihe von
Substanzen. Sie sind pharmakologisch in die bei-
den Stoffklassen der sauren und nichtsauren Anal- ⊡ Tab. 23.2. Nichtsaure Analgetika
getika einzuordnen (⊡ Tab. 23.1 und ⊡ Tab. 23.2). Gruppen Wirkstoffe
Die immer noch gängige Bezeichnung der
Anilinderivate (COX-3- Paracetamol
peripheren Analgetika ist nicht korrekt, da die
und NMDA-Hemmer)
hauptsächliche pharmakologische Wirkung durch
die Inhibition der Cyclooxygenase (COX) sowohl Pyrozolderivate (COX-3- Metamizol, Phenylbutazon
Hemmer)
peripher als auch zentral abläuft. Daneben ist gesi-

⊡ Abb. 23.4. Stufenkonzept der postoperativen Schmerztherapie


166 Kapitel 23 · Postoperative Schmerztherapie

Die COX katalysiert die Umwandlung der Ara- 1, COX-2 und COX-3 eine COX-Hemmung ver-
chidonsäure in Prostanoide. Dazu zählen die Pro- mittelt wird, können sie je nach klinischer Haupt-
staglandine und Thromboxane, die als Mediatoren indikation gezielt und auch kombiniert eingesetzt
u. a. neben Bradykinin und Histamin die Entzün- werden. Eine Kombination ist in sofern vorteilhaft,
dungsreaktion und damit die Schmerzimpulse im da die Basispräparate durch einen so genannten
traumatisierten Gewebe auslösen. Die Unterdrük- Ceiling-Effekt in ihrer analgetischen Potenz be-
23 kung der Prostaglandinsynthese durch eine COX- grenzt sind und keine sehr große therapeutische
Hemmung reduziert damit zwar die Schmerzim- Breite besitzen.
pulse, stört aber gleichzeitig auch die physiologische Zum praktischen Einsatz der Basisanalgetika
Funktion der konstitutiven COX-1-Hormonachse, werden im Folgenden unter Berücksichtigung der
die für die Regulation von Magen-Darm-Trakt, individuellen COX-Hemmung und der spezifi-
Nieren, Gerinnung etc. verantwortlich ist. Heute schen Nebenwirkungen einige Tipps zu den einzel-
sind mindestens drei COX-Mechanismen bekannt, nen Substanzgruppen gegeben.
die teils peripher, teils zentral ablaufen und somit
die unterschiedliche Selektivität der verschiedenen
Substanzen erklären. Paracetamol
Die Basisanalgetika wirken in unterschiedli- ▬ Postoperatives Basisanalgetikum der 1. Wahl,
cher Prägung analgetisch, antiphlogistisch, antipy- da trotz eher schwacher analgetischer Potenz
retisch und teils auch spasmolytisch (⊡ Abb. 23.5). bestes Verhältnis von Nutzen, Verträglichkeit
Da deren spezifische klinische Wirkung höchst und Nebenwirkungen
verschieden ist und über die drei Isoenzyme COX- ▬ Oral, rektal und parenteral applizierbar

⊡ Abb. 23.5. Basisanalgetika


Opioide
167 23
Klassische, unselektive NSAR an spezifischen Rezeptoren im Rückenmark und
Einsatz, wenn: im Zentralnervensystem über eine Hemmung der
▬ eine Abschwellung im Vordergrund der Nach- Weiterleitung von Schmerzimpulsen.
sorge steht und Bis heute sind die vier Opioidrezeptoren mit
▬ keine Kontraindikation (Nieren- und Herzin- den griechischen Buchstaben μ (my), κ (kappa), δ
suffizienz, Asthma, Blutungsneigung, manifeste (delta) und σ (sigma) und die zusätzlichen Unter-
oder potenzielle Gerinnungsstörung, Schwan- gruppen μ1 und μ2 bekannt. Die unterschiedliche
gerschaft oder Stillzeit) dagegen spricht Affinität der einzelnen Opioide an den vier Re-
zeptoren bestimmt die analgetische Potenz spinal
Wenige Präparate (Diclofenac, Dexketoprofen) sind und supraspinal und die zusätzlichen zentralen
auch parenteral verabreichbar. Wirkungen Sedation und Euphorie. Ebenso wird
auch die individuelle Inzidenz von Atemdepres-
sion, Nausea und Erbrechen, Harnretention, Ob-
Präferentielle COX-2-Hemmer stipation, Pruritus, Dysphorie, Suchtpotential und
▬ Einsatz im postoperativen Bereich ebenfalls bei anderen Nebenwirkungen beeinflusst.
starker Schwellung Die analgetische Potenz der einzelnen Opioide
▬ Alternative für unselektive NSAR bei reduzier- orientiert sich am Morphin, wobei die schwächste
ten Organreserven, allerdings nur für eine be- Substanz 0,05-mal, die stärkste beinahe 100-mal so
grenzte Zeitdauer und unter strenger Kontrolle stark wie Morphin wirkt. Neben reinen Agonisten
von Klinik und Labor (Morphin, Fentanyl, Oxycodon, Methadon, Pethi-
din, Piritramid, Tramadol etc.) gibt es partielle
Agonisten (Buprenorphin, Tilidin), die Mischung
Selektive COX-2-Hemmer Agonist/Antagonist (Nalbuphin, Pentazocin) und
Aktuell kann keine Empfehlung zum postoperati- reine Antagonisten (Naloxon, Naltrexon).
ven Einsatz abgegeben werden.

Allgemeine Leitsätze zur


Metamizol Opioidanwendung
▬ Neben guter Analgesie ausgeprägte spasmolyti- ▬ Opioide sind Mittel der Wahl bei starken und
sche und muskelrelaxierende Wirkung sehr starken Schmerzen, die auf eine Basisme-
▬ Optimal als Reservemedikament speziell in der dikation ungenügend ansprechen
Viszeralchirurgie, Orthopädie, Traumatologie ▬ Die pragmatische Anwendung der Opioide
und bei Koliken geeignet deckt mit wenigen Medikamenten alle Schmerz-
▬ Keine antiphlogistische Wirkung phasen nach Eingriffen ab
▬ Hypotonie bei schlechter Gefäßfüllung und ▬ Für den frühen postoperativen Einsatz im Er-
starkem Schwitzen wachsenenalter kann Morphin als Mittel der
▬ Anaphylaktische Reaktionen Wahl empfohlen werden, da es bestens be-
▬ Gefahr von dosisunabhängiger Agranulozytose kannt, kostengünstig und gut haltbar ist und
oder aplastischer Anämie leicht und meist vorteilhaft sediert
▬ Hinweise für aggregationshemmende Wirkung ▬ Als gängige Alternativen sind Piritramid, Ni-
auf Thrombozyten comorphin und Pethidin (zeitlich begrenzter
Einsatz, da Metabolit Norpethidin Krämpfe
auslösen kann) zu nennen. Bei Niereninsuffizi-
Opioide enz eignet sich als Alternative Hydromorphon
▬ Tramadol wirkt unmittelbar postoperativ bei
Die Opioide unterscheiden sich chemisch von den mittleren bis starken Schmerzen wegen schwa-
körpereigenen Endorphinen in der Peptidstruktur cher analgetischer Potenz und limitierter Ta-
und somit in der Pharmakokinetik. Sie wirken gesdosis ungenügend
168 Kapitel 23 · Postoperative Schmerztherapie

▬ Die initiale postoperative Aufsättigung mit Piritramid


Opioiden erfordert eine adäquate klinische Dosierung initial:
und apparative Überwachung von Atmung und ▬ 5 mg i.v. (etwa 0,1 mg/kgKG)
Kreislauf ▬ Mittlere Wirkdauer 6 h
▬ Eine Suchtentwicklung von Opioiden bei der
Behandlung von starken Schmerzen ist nicht Erhaltung nach Stabilisierung:
23 zu befürchten. Fluktuationen der Plasmaspie- ▬ Repetition 6-stündlich oder
gel begünstigen eine Toleranz bzw. Tachyphy- ▬ i.v.-PCA (Beispiel: 60 mg auf 20 ml, Bolus
laxie 1,5 mg, Sperrintervall 5 min

Zur Langzeitmedikation mit Opioiden: Nalbuphin


▬ Die perorale, transdermale oder rectale Zufuhr In der pädiatrischen Schmerztherapie hat Nalbu-
muss in Form von Retardpräparaten mit konti- phin wegen ausgewogener Sedation und wenig
nuierlicher Wirkstofffreisetzung erfolgen und atemdepressorischer Potenz eine gerechtfertigte
darf nie abrupt unterbrochen werden Nische gefunden.
▬ Eine Maximaldosis ist nicht definierbar. Da Dosierung initial:
eine Kombination verschiedener Opioide phar- ▬ bis 0,2 mg/KgKG i.v. (Einzeldosis max. 10 mg)
makologisch wenig Sinn macht, soll bei un- ▬ Intervall: Injektion bei Bedarf bis zur Schmerz-
genügender Wirkung trotz adäquat steigender freiheit
Dosierung ein Präparatewechsel (Opioidrotati- ▬ Mittlere Wirkdauer 3−4 h
on) vorgenommen werden
▬ Die Nebenwirkungen Obstipation sowie Übel- Erhaltung nach Stabilisierung:
keit und Erbrechen müssen zur Erhöhung der ▬ Repetition 2- bis 3-stündlich
Compliance prophylaktisch angegangen wer-
den
▬ Eine vorbestehende Langzeitmedikation kann Kontinuierliche Plexus- und
perioperativ ohne Unterbrechung weiter ge- Leitungsanalgesie
führt und je nach postoperativem Verlauf ggf.
gesteigert werden Der kontinuierlichen Applikation von Lokalanäs-
thetika über Katheter kommt im Rahmen der Re-
gionalanästhesie eine große Bedeutung zu. Immer
Dosierungsempfehlungen für eine dann, wenn eine Plexus- oder Einzelnervenblok-
postoperative Opioidgabe kade durchgeführt wird, sollte darüber nachge-
Morphin dacht werden, ob ein Katheter zur postoperativen
Dosierung initial: Schmerztherapie platziert werden sollte. Im be-
▬ 2−5 mg i.v. (über 1 min) sten Falle erübrigt sich durch die kontinuierlichen
▬ Intervall 5−15 min Applikation von Lokalanästhetika eine zusätzliche
▬ Maximal 15−20 mg in 2−3 h systemische Analgesie.
▬ Mittlere Wirkdauer 3−4 h Folgende Voraussetzungen sollten in der Klinik
dazu geschaffen werden:
Erhaltung nach Stabilisierung: ▬ Akutschmerzdienst
▬ 2(−5) mg i.v., max. 10 mg/h; am besten mittels ▬ Einweisung des Stationspersonals
i.v.-PCA (Beispiel: 100 mg auf 100 ml, Bo- ▬ Standardisierung des Vorgehens
lus 2 mg, Sperrintervall 8 min, max. 4 Boli/h)
oder
▬ 5−10 mg s.c., Repetition 3-stündlich oder Akutschmerzdienst
▬ 2 mg i.v. und gleichzeitig 5−8 mg s.c., Repetiti- Bei allen Patienten mit einem kontinuierlichen Ka-
on 3-stündlich theterverfahren sollte zweimal am Tag eine Visite
Literatur
169 23

durchgeführt werden. Optimalerweise wird dazu Procedures (SOP)« erleichtert das Vorgehen und
extra ein Akutschmerzdienst (»acute pain service«, fördert die Sicherheit.
APS) eingerichtet oder die Aufgaben werden von Folgende Empfehlungen für die Beschickung
einem Klinikdienst mit übernommen. Die Visiten von Kathetern für die kontinuierliche Plexus- und
können von einem Arzt oder einer speziell ausge- Nervenblockade können gegeben werden:
bildeten Schwester (»pain nurse«) durchgeführt ▬ Beginn der kontinuierlichen Zufuhr von Lokal-
werden. Folgende Punkte sind vom Akutschmerz- anästhetika im Aufwachraum oder nach Ab-
dienst zu überprüfen und dokumentieren: klingen der Blockade, falls eine postoperative
▬ Schmerzgrad Testung von Sensibilität und Motorik nötig ist
▬ Sensibilität und Motorik ▬ Medikamente:
▬ Mögliche Nebenwirkungen der Lokalanästheti- – Ropivacain 0,2%, Beginn mit 6 ml/h, max.
kaapplikation 15 ml/h oder
▬ Pumpenlaufrate, ggf. Anpassung der Laufrate – Levobupivacain 0,125%, Beginn mit 6 ml/h,
▬ Gesamtverbrauch an Lokalanästhetika max. 15 ml/h oder
▬ Kathetereintrittsstelle – Bupivacain 0,125%, Beginn mit 4−6 ml/h,
▬ Fixation des Katheters max. 12 ml/h
▬ Patientenzufriedenheit ▬ Eine Basis-Bolus-Applikation als PCA ist mög-
lich
! Cave
▬ Anpassen der Zufuhrmenge im Rahmen der
An kontinuierlich analgesierten Extremitäten
Visiten oder bei Bedarf (Schmerzen bzw. zu
oder Körperteilen besteht eine erhöhte Gefahr
starke motorische Blockade oder andere Ne-
der Bildung von Druckulzera! Auf entsprechende
benwirkungen)
Lagerung achten!
▬ Ggf. Kombination mit Basis- oder Opioidanal-
getika bei nicht ausreichender Analgesie
Tipp I I ▬ Vor Physiotherapie ist eine Bolusapplikation
möglich (durch Personal oder PCA, aber mög-
Ein Feedback des Schmerzdienstes an den ver-
lichst kein zu starker Motorblock!)
antwortlichen Anästhesisten kann die Qualität
▬ Ausschleichen der Applikationsrate gemäß
der Schmerztherapieverfahren erhöhen!
Wundheilung, Schwellung, Funktion und
Schmerzen, ggf. additiv orale Analgetika

Stationspersonal
Das ärztliche und pflegerische Personal der Nor-
Literatur
malstation muss die Grundsätze der kontinuierli-
chen Verfahren kennen und insbesondere Kom-
Aubrun F, Marmion F (2007) The elderly patient and postope-
plikationen und Nebenwirkungen erkennen kön- rative pain treatment. Best Pract Res Clin Anaesthesiol
nen. Dazu ist eine systematische Unterweisung 21: 109-127
des Personals unerlässlich. Routinearbeiten, wie Jage J (2004) Essentials der Postoperativen Schmerztherapie
das Wechseln der Reservoire der Pumpen, können – Ein Leitfaden für chirurgische Fächer. Thieme, Stuttgart
Kamming D, Chung F, Williams D, McGrath BM, Curti B (2004)
vom Pflegepersonal übernommen werden. Eine
Pain management in ambulatory surgery. J Perianesth
wesentliche Aufgabe des Stationspersonals besteht Nurs 19: 174-182
in der Überwachung der Patienten und in der ent- Kienecker K (2007) Kontinuierliche periphere Nervenblocka-
sprechenden Dokumentation. den. Effektivere Maßnahme zur postoperativen Schmerz-
therapie als die systemische Analgesie? Anaesthesist 56:
398-400
Kox WJ, Spies CD (2005) Check-up Anästhesiologie. Springer,
Standards
Berlin Heidelberg
Eine Standardisierung der postoperativen Schmerz- Myles PS, Power I (2007) Clinical update: postoperative analge-
therapie im Rahmen von »Standard Operating sia. Lancet 369: 810-812
170 Kapitel 23 · Postoperative Schmerztherapie

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preemptive analgesia for acute postoperative pain ma-
nagement: a meta-analysis. Anesth Analg 100: 757-73
Power I, McCormack J (2007) Postoperative pain management:
new, convenient analgesic therapies. Expert Opin Phar-
macother 8: 391-399
Pyati S, Gan TJ (2007) Perioperative pain management. CNS
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Richards J, Hubbert AO (2007) Experiences of expert nurses in
caring for patients with postoperative pain. Pain Manag
Nurs 8: 17-24
Wall P, Melzack R (2005) Textbook of pain, 5th edition. Churchill
Livingstone
Stichwortverzeichnis
172 Stichwortverzeichnis

proximale N.-ischiadicus-
A Blockade 148 C
Psoaskompartment-Blockade
A-Mode 6 132 Chronaxie 28
A. axillaris 75, 102 supraklavikuläre Blockade Clonidin 40
A. brachialis 115, 116 87 Clopidogrel 48, 50
A. femoralis 128, 141 Anechogenität 18 Compound-Verfahren 4
A. iliaca interna 129 Antibiotikaprophylaxe 62 COX-2-Hemmer 167
A. obturatoria 128 Antikoagulation 48, 60 COX-Hemmer 50
A. poplitea 154 Nervenblockaden 60 Cross-sectional-Technik 21, 82
A. subclavia 74, 75 Empfehlungen 51 infraklavikuläre Blockade 98
Abbildungskonvention, CT-Bild Arm interskalenäre Plexusblockade
13 Innervation 74 79
Abciximab 50 Sensibilität 75 N.-femoralis-Blockade 142
Absorption 5 Artefakte 8 N.-medianus-Blockade 116
Acetylsalicylsäure 48, 50, 60 Asepsis 44, 62 N.-radialis-Blockade 114
Adenosinrezeptorantagonisten Atemdepression, Opioide 55 Psoaskompartment-Blockade
50 Aufklärungsgespräch 66 133
Adjuvanzien 40 Nervenblockaden 60 Curved-Array 8
Adrenalin 40 Aufwachraum 69 Schallkopf 148
Akne 60 Axilla, Anatomie 102
Aktionspotential 38
Akutschmerzdienst 69, 70, 168,
169
D
Alfentanil 55
B
Alkalisierung 40 Deltoid sign 82
Allergie 61 B-Mode 7 Depressionsphase 62
Amidlokalanästhetika 39 Basis-Bolus-Applikation 169 Differenzialblock 40
Aminobenzoesäure 61 Basisanalgetika 165 Divisio dorsalis 75
Amplitudenmodus 6 Bein Divisio ventralis 75
Analgesie, präemptive 162 Innervation 128 Dokumentation
Analgosedierung 54 Sensibilität 129 Katheteranlage 69
Konzepte 57 Bezold-Jarisch-Reflex 78 Nervenstimulator 69
Monitoring 54 Bilderzeugung 6 ultraschallgestützte Blockade
Anatomie Blockadedauer 40 68
axilläre Plexusblockade 102 Blutgefäße, Darstellung 18 Dosierung, Lokalanästhetika 41
infraklavikuläre Blockade 94 Blutgerinnung, perioperative Doughnut sign 22
interskalenäre Plexusblockade Empfehlungen 51 Drehen, Schallkopfführung 15
79 Blutungsanamnese 48, 60
N.-femoralis-Blockade 140 Blutungskomplikationen,
N.-medianus-Blockade 115 Nervenblockaden 48
N.-radialis-Blockade 110 Boezaart-Technik 82, 84
E
N.-ulnaris-Blockade 119 Borgeat-Technik 94, 99
Plexus brachialis 73 Bradykardien, Remifentanil Echogenität 18
Plexus lumbalis 128 55 Eindringtiefe 9
Plexus lumbosacralis 127 Brightness-Modus 7 Einwilligungserklärung 67
Plexus sacralis 129 Bronchospasmus 78 Elimination, Lokalanästhetika
Poplitealblock 154 Bupivacain 41, 169 39
Stichwortverzeichnis
173 A–K

Epiduralanästhesie 134 Hyperechogenität 18 Psoaskompartment-Blockade


Erregungsphase 62 Hypoechogenität 18 133
supraklavikuläre Blockade 88,
91
Interkostalnerven 74
F I Interskalenäre Blockade 41, 78
konventioneller Zugang 82
Fascia iliopsoica 128 Impedanz 5 Thromboembolieprophylaxe
Fasciculus lateralis 75 Impuls-Echo-Verfahren 6 51
Fasciculus medialis 75 Impulsbreite 28 Intertrigo 60
Fasciculus posterior 75 Indikationen Ischiadicusblockade 41
Faszien, Darstellung 18 axilläre Plexusblockade 102 distale 153
Femoralisblockade 41 infraklavikuläre Blockade 94 infragluteale 132
Flüssigkeiten, Darstellung 18 interskalenäre Plexusblockade proximale 147
Fossa poplitea 155 78 Thromboembolieprophylaxe 51
Frakturversorgung, Analgo- N.-femoralis-Blockade 140 Isoechogenität 18
sedierung 57 N.-medianus-Blockade 114 IVAN 141
N.-radialis-Blockade 110
N.-ulnaris-Blockade 119
Poplitealblock 154
G proximale N.-ischiadicus-
K
Blockade 148
Gerinnungsanamnese 49 Psoaskompartment-Blockade Karbonisierung 40
Gerinnungshemmung 48 132 Karpaltunnel-Syndrom 114
Gerinnungsstörungen 60 supraklavikuläre Blockade Katheter, konventionelle 34
Gesamtverstärkung 9 86 Katheterabscherung 62
Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren Infektionen 61 Katheteranalgesieverfahren 168
50 Punktionsstelle 60 Katheteranlage 34
Gun turret scanner 4 Infektionsrisiko 44 Infektion 62
Infraglutealer Zugang 148 infraklavikuläre Blockade 98
Infraklavikuläre Blockade 41, 94 Komplikationen 62
Katheteranlage 98 ultraschallgestützte 34
H konventioneller Zugang 99 Katheterbeschickung 169
Sonographie 95 Katheterdislokation 62
Halo-Zeichen 22 ultraschallgestützt 95 Katheterregionalanästhesie 44
Hämatome 62 Thromboembolieprophylaxe Katheterverfahren, postoperatives
Hautwischdesinfektion 44 51 Management 35, 46
Heparin 48, 50, 60 Inguinal-paravaskuläre Blockade Kennzeit 28
Hirudin 50 140 Kerngebiete, zentrale 163
Horner-Syndrom 78, 86, 94 Injektion, konjunktivale 78 Ketamin 56
Hörverlust 78 Inline-Technik 21, 34, 84 Kilka, Geiger u. Mehrkens-Technik
Hydromorphon 167 Fehler 23 94, 99
Hygiene 44 interskalenäre Plexusblockade Kippen, Schallkopfführung 15
Hygienemaßnahmen 61 82 Knieendoprothetik 41, 132
Hygieneplan 46 N.-femoralis-Blockade 141, 144 Knochen, Darstellung 20
Hygienestandards, Katheter- N.-medianus-Blockade 116 Komplikationen
anlage 35 N.-radialis-Blockade 114 axilläre Plexusblockade 102
Hyperalgesie, postoperative 162 N.-ulnaris-Blockade 119 infraklavikuläre Blockade 94
174 Stichwortverzeichnis

interskalenäre Plexusblockade Adjuvanzien 40


78 L Auswahl 40
N.-femoralis-Blockade 140 chemische Struktur 38
N.-medianus-Blockade 114 Labat-Technik 144 Differenzialblock 40
N.-radialis-Blockade 110 Lacuna musculorum 128 Dosierung 41
N.-ulnaris-Blockade 119 Lacuna vasorum 128 Eigenschaften 38
Nervenblockaden 60, 61 Lagerung Einteilung 38
Poplitealblock 154 analgesierte Körperteile 69, Elimination 39
proximale N.-ischiadicus- 169 kontinuierliche Applikation 34
Blockade 148 axilläre Plexusblockade 102 Lipophilie 39
Psoaskompartment-Blockade infraklavikuläre Blockade 95 pKa-Wert 38
132 interskalenäre Plexusblockade Proteinbindung 39
supraklavikuläre Blockade 86 79 Tachyphylaxie 40
Konservierungsmittel 61 N.-femoralis-Blockade 141 Toxizität 39
Kontraindikationen N.-medianus-Blockade 115 Wirkdauer 39
infraklavikuläre Blockade 94 N.-radialis-Blockade 110 sonographische Kontrolle 24
interskalenäre Plexusblockade N.-ulnaris-Blockade 119 Luft, Darstellung 20
78 Poplitealblock 154
N.-femoralis-Blockade 140 proximale N.-ischiadicus-
N.-medianus-Blockade 114 Blockade 148
N.-radialis-Blockade 110 Psoaskompartment-Blockade
M
N.-ulnaris-Blockade 119 132
Nervenblockaden 60 supraklavikuläre Blockade 87 M-Mode 7
Poplitealblock 154 Landmarken Medikamentenanamnese 48
proximale N.-ischiadicus- axilläre Plexusblockade 102 Meier-Blockade 82
Blockade 148 interskalenäre Plexusblockade Melagatran 50
Psoaskompartment-Blockade 79 Mepivacain 41
132 N.-femoralis-Blockade 142 Metallentfernung 41
supraklavikuläre Blockade 86 N.-medianus-Blockade 115 Metamizol 167
Konventioneller Zugang N.-radialis-Blockade 110 Methylparaben 40
axilläre Plexusblockade 106 Poplitealblock 154 Midazolam 55
infraklavikuläre Blockade 99 proximale N.-ischiadicus- Money sign 82
interskalenäre Plexusblockade Blockade 148 Monitoring, Analgosedierung 54
82 Psoaskompartment-Blockade Morphin 167
N.-femoralis-Blockade 144 132 Motion-Mode 7
N.-medianus-Blockade 116 supraklavikuläre Blockade 87 Multistimulationstechnik 106
N.-radialis-Blockade 114 Längsschnitt, Orientierung 12 Muskeln, Darstellung 18
N.-ulnaris-Blockade 123 Leitstrukturen
Poplitealblock 155 N.-femoralis-Blockade 141
proximale N.-ischiadicus- N.-medianus-Blockade 115
Blockade 151 N.-radialis-Blockade 114
N
Psoaskompartment-Blockade Meier-Blockade 82
134 Leitungsanalgesie 168 N.-femoralis-Blockade 140, 148
supraklavikuläre Blockade Levobupivacain 40, 41, 169 konventioneller Zugang 144
91 Linear-Schallkopf 8, 148 Sonographie 141
Konvexschallkopf 8 Asepsis 44 N.-ischiadicus-Blockade 140
Kulenkampff-Technik 86, 91 Lipophilie 39 distale 153
Kumarine 48, 50 Lokalanästhetika 61 proximale 147
Stichwortverzeichnis
175 K–R

N.-medianus-Blockade Thromboembolieprophylaxe 49 supraklavikuläre Blockade 86


konventioneller Zugang Nervenschäden 61 Plexus cervicalis 74
116 Nervenstimulation 28, 29 Plexus lumbalis 128, 132, 140,
Sonographie 115 praktisches Vorgehen 31 148
N.-radialis-Blockade 110 Neuropathie 61 Anatomie 128
konventioneller Zugang Nichtopioidanalgetika 165 Plexus lumbosacralis
114 Nicomorphin 167 Anatomie 127
Sonographie 110 Nierenpollokalisation 133 Plexus sacralis 128, 148
N.-ulnaris-Blockade 119 NSAR 167 Anatomie 129
konventioneller Zugang Pneumothorax 86, 94
123 Infraklavikuläre Blockade 94
Sonographie 119 supraklavikuläre Blockade 91
N. axillaris 75
O Poplitealblock 153
N. cutaneus femoris konventioneller Zugang 155
lateralis 128, 132, 140 Obturatoriusblockade 41 Sonographie 154
posterior 129 Opioide 40, 55 Prilocain 41
N. dorsalis scapulae 74 postoperative Schmerztherapie Propofol 55
N. femoralis 128, 132, 140, 154 167 Proteinbindung 39
N. fibularis communis 129, 154 Opioidrotation 168 Psoaskompartment-Blockade 41,
N. genitofemoralis 129 Organe, parenchymatöse 60, 132, 148
N. gluteus inferior 129 Darstellung 19 konventioneller Zugang 134
N. gluteus superior 129 Organisation Sonographie 133
N. ischiadicus 129, 140, 148, OP-Ablauf 67 Punktionstechniken 21
155 Regionalanästhesie 66
Anatomie 148
Poplitealblock 154
N. medianus 75, 102, 106, 114,
Q
115
P
N. musculocutaneus 75, 102, Querschnitt, Definition 12
106, 110 Paraaminobenzoesäure 40
N. obturatorius 128, 132, 140 Parabene 61
N. peronaeus communis 148 Paracetamol 166
N. phrenicus 84 Paresen 61
R
N. radialis 75, 102, 106, 110 PCA 169
N. saphenus 141, 154 Pethidin 167 Radialistunnel 110
N. suprascapularis 74 Pharmaka 54 Raj-Technik 94, 99
N. tibialis 129, 148, 154 Analgosedierung 55 Randschatten 9
N. ulnaris 75, 102, 106, 119, Katheterbeschickung 169 Regionalanästhesie 168
123 Phrenikusparese 78, 86, 94 Analgosedierung 54
Nalbuphin, Dosierung 168 Piezoelektrischer Effekt 4 Aufklärung 67
Nebenwirkungen Piritramid 167 Durchführung 68
Nervenblockaden 60, 63 pKa-Wert 38 Organisation 66, 67
Nerven, Darstellung 18 Plexuskatheter, Fixation 34 Regionalanästhesie, insuffiziente
Nervenblockaden 28, 60 Plexus brachialis 91, 95, 102, Analgosedierung 57
Gerinnungshemmung 48 110 Rekurrensparese 78, 86, 94
Komplikationen 61 Anatomie 73, 79, 94 Remifentanil 55
Kontraindikationen 60 infraklavikuläre Blockade 94 Rheobase 28
Nebenwirkungen 63 interskalenäre Blockade 78 Ropivacain 40, 41, 169
176 Stichwortverzeichnis

Widerstand, akustischer 5
S T Winnie 3-in-1-Block 140
Winnie-Technik 78, 82
Schallkopf, Asepsis 44 Tachyphylaxie 40 Winnie u. Collins-Technik 91
Schallkopfarten 8 Thrombininhibitoren 50 Wippen, Schallkopfführung 13
Schallkopfauswahl 9 Thromboembolieprophylaxe 48 Wirkdauer, Lokalanästhetika 39
Schallkopfführung 13 Leitlinien 49 Wirkort, Lokalanästhetika 38
Schallschatten 8, 148 Thrombozytenaggregations-
Schallverstärkung, dorsale 9 hemmung
Schallwellenausbreitung 5 Empfehlungen 51
Schmerzkonzept, multimodales Ticlopidin 50
Z
162 Tiefenverstärkung 9
Schmerztherapie 162, 163 Ting-Plexusblockade 102 Zysten, Darstellung 18
Kinder 168 Tirofiban 50
Standardisierung 169 Toxizität, Lokalanästhetika 39
Schulterendoprothetik 41 Tramadol 167
Schulteroperationen 78 Truncus inferior 74
Sedativa 55 Truncus lumbosacralis 128
Sektorschallkopf 8 Truncus medius 74
Single-shot-Regionalanästhesie Truncus superior 74
44, 68
Skalenuslücke 74, 79, 87, 91, 95
Sonographie 79
Sonographie
U
axilläre Plexusblockade 102
infraklavikuläre Blockade 95 Ultraschallbild, Orientierung 12
interskalenäre Plexusblockade Ultraschallmorphologie 18
79 Ultraschallwellen
N.-femoralis-Blockade 141 Eindringtiefe 7
N.-medianus-Blockade 115 Geschichte 4
N.-radialis-Blockade 110 Physik 4
N.-ulnaris-Blockade 119
Poplitealblock 154
Psoaskompartment-Blockade
133
V
supraklavikuläre Blockade 87
Sonomorphologie 18 Vasokonstriktoren 40
Spinalnerven 74, 128 Verschieben, Schallkopfführung
Stimulationsantwort, Verlust 30 13
Stimulationskatheter 30, 34, 63 Vertikal-infraklavikuläre Plexus-
praktisches Vorgehen 31 blockade 94
Stimulationsnadel 28
Stimulationsschwelle 29
Streuung, Schallwellen 6
Stromstärke 28
W
Supraklavikuläre Blockade 86
konventioneller Zugang 91 Wellenoptik, Gesetze 5
Sonographie 87 WHO-Konzept 164
177

Abkürzungsverzeichnis der Bildquellen

A: Foto Charité, mit freundlicher Genehmigung der Firma Arrow

B: Foto Charité, mit freundlicher Genehmigung der Firma B. Braun

P: Foto Charité, mit freundlicher Genehmigung der Firma Pajunk

S: Foto Charité, mit freundlicher Genehmigung der Firma Sonosite

U: Mit freundlicher Genehmigung des Ultraschallmuseums e.V.

Grafiken: Christiane und Dr. Michael von Solodkoff, Neckargemünd

Die Rechte aller nicht genannten Abbildungen liegen bei den Herausgebern.

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