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)
L. Steinmüller (Hrsg.)
J.R. Döhler (Hrsg.)
OP-Handbuch
Grundlagen, Instrumentarium, OP-Ablauf
5. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
M. Liehn (Hrsg.)
L. Steinmüller (Hrsg.)
J.R. Döhler (Hrsg.)
OP-Handbuch
Grundlagen, Instrumentarium, OP-Ablauf
123
Margret Liehn
Zentrale Operationsabteilung
Asklepios Klinik Altona
Paul-Ehrlich-Str. 1
22763 Hamburg
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SPIN: 12758807
Geleitwort
Der rasante Fortschritt in der Medizin erfordert von allen beteiligten Berufsgruppen die ständige Aktua-
lisierung des vorhandenen Wissens. Dazu zählen auch neue und weiterentwickelte Operationsverfahren
sowie das dafür benötigte Instrumentarium und das medizintechnische Equipment. Darüber hinaus wird
speziell von den pflegerischen Mitarbeitenden erwartet, dass sie ihre Flexibilität weiter steigern und in
zunehmend mehr chirurgischen Fachdisziplinen eingesetzt werden können.
Um diese große Flexibilität erreichen zu können, kann ein umfassendes Handbuch für
den operativen Bereich hilfreich sein, wobei die Anforderungen an ein solches Handbuch vielfältig sind.
Es soll zum einen als Nachschlagewerk für neue und für erfahrene Mitarbeitende einsetzbar sein und zum
anderen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung Anwendung finden können. Der Einsatz im Rahmen der
Instrumentation und der Springertätigkeit in unterschiedlichen operativen Fachdisziplinen erfordert von
den Mitarbeitenden das Wissen um z. B. anatomische Grundlagen, Instrumentenkunde, Krankheitslehre,
Operationslagerungen und um Operationsabläufe. Dieses Wissen sollte in einem Handbuch übersichtlich,
kompakt und präzise dargestellt sein, damit die Mitarbeitenden die erwartete hohe Flexibilität erreichen
können und somit zur qualitativ guten Patientenbetreuung und -behandlung beitragen.
Das OP-Handbuch in der nun 5. Auflage wird diesen Anforderungen gerecht. Alle Kapitel wurden
überarbeitet und aktualisiert. Neue Themenbereiche wie beispielsweise das Riskmanagement und die
Transplantationschirurgie wurden ergänzt. Die übersichtliche inhaltliche Ausgestaltung wurde beibehal-
ten und ermöglicht auch in neuen operativen Fachdisziplinen die schnelle Orientierung für die Mitarbei-
tenden.
Herzlichen Glückwunsch den Herausgebern zur 5. überarbeiteten und erneut erweiterten Auflage.
Petra Ebbeke
Vertreterin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK)
im Board of Directors der European Operating Room Nurses Association (E.O.R.N.A.)
VII
Dieses Buch erscheint nun schon das 5. Mal, und wir haben wieder versucht, mit der Entwicklung der
Chirurgie Schritt zu halten. Durch zunehmende Zentralisierung wird für die OP-Pflegekräfte das Spek-
trum immer breiter, und die Anforderungen wachsen mit kürzer werdenden Wechselzeiten, Zunahme
des Einsatzes der Technik und sich verändernden OP-Abläufen. Die Vorbereitung des Patienten, der
Materialien und der Instrumente ist ebenso wichtig wie die Durchführung der Lagerung, das Instrumen-
tieren und die Springertätigkeit. Die Anforderungen an das medizinische Assistenzpersonal hinsichtlich
der Gesamttätigkeiten im OP steigen ständig und erfordern ein hohes Maß an Kompetenz und einen
ständigen Lernprozess.
Am Konzept des Buches haben wir nichts geändert, aber wir haben vieles Neues eingefügt, Kapitel
ergänzt und alles überarbeitet. Durch neue Autoren konnten wir den Anspruch auf inhaltliche Qualität
erhalten.
In 7 Kap. 1 hat Frau Ina Welk (Zentrumsleitung Pflege, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein) ein
Unterkapitel zu dem brisanten Thema des Risikomanagements geschrieben. Frau Margret Liehn aktua-
lisierte u. a. das Kapitel Nahtmaterial, das im Anschluss freundlicherweise von Frau Andrea Anbergen-
Langer (Marketing-Koordinatorin, Ethicon Medical) auf Richtigkeit überprüft wurde.
7 Kap. 2 wurde von Frau Liehn und Herrn Dr. Lutz Steinmüller in großem Umfang aktualisiert und
neu geschrieben. Das Kapitel der minimal-invasiven Chirurgie wurde erweitert, und für die Proktologie
konnte Herr Prof. Dr. Dr. Hendrik Schimmelpenning gewonnen werden. Frau Dr. Ursula Engel schrieb
das Kapitel der Schilddrüsenchirurgie neu, und Frau Sabine Bröker (Universitätsklinikum Hamburg-
Eppendorf) erweiterte den Inhalt um die Lebertransplantation.
7 Kap. 3 wurde aktualisiert und um einige pflegerische Aspekte erweitert. Hier konnte Frau Silke
Mein (Orthopädie, Schön-Klinik Eilbek) als zusätzliche Fachautorin gewonnen werden. Die Zehenchi-
rurgie wurde ausführlich von Frau Dr. Angela Simon beschrieben.
Die Handchirurgie, von Frau Gabi Walura, Herrn Dr. Rainer Thönnessen (beide Agaplesion Diako-
nieklinikum Hamburg) und Frau Margret Liehn verfasst, ist an das Kapitel der Traumatologie gekoppelt
und rundet es ab. Die Inhalte der Gefäßchirurgie und der Shunt- und Portsysteme (7 Kap. 4 und 5) wurden
wieder von Frau Annette Kormann überarbeitet und mit Herr Dr. Marc Liedke (Westküstenklinikum
Heide) abgestimmt.
In dem Kapitel der Thoraxchirurgie (7 Kap. 6) überarbeitete Herr Dr. Masaki Nakashima mit
Frau Rosa Böttger die Inhalte neu. Die Kardiochirurgie (7 Kap. 7) wurde überarbeitet und Neues von
Frau Ulla Kammin (Cardiochirurgische OP-Abt. des Albertinen-Krankenhauses Hamburg) eingefügt.
Für das Kapitel der Gynäkologie konnten mit Frau Ulrike Havemann und Frau Dr. Bazargan zwei erfah-
rene Mitarbeiterinnen gewonnen werden, die diesen Abschnitt ganz neu erstellten.
Auch 7 Kap. 9 wurde völlig neu von Frau Brigitte Knöffler und Herrn Dr. Cord Matthies (Bundes-
wehrkrankenhaus Hamburg) unter Mithilfe von Frau Margret Liehn und Frau Anke Baumgarten er-
arbeitet. Auch hier leistete Frau Sabine Bröker einen Beitrag zur Nierentransplantation. Um dem tech-
nischen Fortschritt Rechnung zu tragen, wurde die Roboterchirurgie anhand der Prostatektomie von
Frau Denise Oppermann und Herrn Dr. Alexander Haese (Martiniklinik Hamburg-Eppendorf) anschau-
lich beschrieben.
Die Neurochirurgie (7 Kap. 10) wurde erweitert und aktualisiert, ebenso die HNO-Chirurgie, die MKG-
Chirurgie, die Kinderchirurgie, die Augenchirurgie und die Verbrennungschirurgie. Für die Augenchirurgie
(7 Kap. 14) konnte Herr Dr. Florian Rüfer gewonnen werden, die Verbrennungschirurgie (7 Kap. 15) wurde
von Herrn Dr. Frank Bisgwa wieder fachlich durchgesehen.
Den Abschluss der 5. Auflage bildet neu 7 Kap. 16 der Multiorganentnahme, das von Frau Margret
Liehn erstellt wurde. Unser besonderer Dank gilt hier Herrn Dr. Helmut Kirschner von der DSO (Deut-
sche Stiftung Organspende) für die fachliche Durchsicht.
Ohne die Hilfe der Mitarbeiter des Zentral-OP’s der Asklepios Klinik Altona – hier seien insbeson-
dere Frau Annegret Nietz und Frau Heike Burzlaff genannt – wären viele Informationen nicht einge-
flossen.
VIII Vorwort zur 5. Auflage
Unser besonderer Dank gilt wieder dem Springer Verlag, dessen Mitarbeiter mit viel Engagement und
Kompetenz an der Erstellung beteiligt waren: Frau Barbara Lengricht, die gewohnt kompetent diese
Neuauflage plante, Frau Susanne Moritz, die die Planung fortführte, sowie Frau Dr. Ulrike Niesel, die das
Projektmanagement innehatte. Last not least gilt unser besonderer Dank Frau Michaela Mallwitz, die als
Lektorin dieses umfangreiche Buch von Anfang bis Ende intensiv redaktionell überarbeitete, Texte und
Abbildungen prüfte und immer wieder geduldig Fragen beantwortete.
Wir danken allen Lesern, ohne die es dieses Buch nicht gäbe, und wir freuen uns über konstruktive
Kritik, damit es eine überabeitete 6. Auflage geben kann.
Im Mai 2011
Die Herausgeber
Margret Liehn
Fachkrankenpflegekraft im Operationsdienst in einer zentralen OP-Abteilung, freiberufliche Dozentin
für OP-Pflege und Operationslehre
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
M. Liehn, J. Caselitz, L. Steinmüller, I. Welk
1.1 Aufgaben einer Pflegekraft im Operationsdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2 Operationslagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3 Aspekte zur pflegerischen Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4 Risikomanagement im OP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.5 Chirurgisches Nahtmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.6 Werkstoffe des chirurgischen Instrumentariums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.7 Grundinstrumente und ihre Handhabung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.8 Drainagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.9 Operationsindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.10 Wunden und ihre Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
4 Gefäßchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
A. Kormann, M. Liedke
4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
4.2 Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
4.3 Lagerungen und Abdeckungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
4.4 Erkrankungen des arteriellen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
4.5 Intraluminale Dilatation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
X Inhaltsverzeichnis
6 Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
M. Liehn, R. Böttger, M. Nakashima
6.1 Anatomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
6.2 Thoraxinstrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
6.3 Typische Zugangswege und Lagerungstechniken in der Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 320
6.4 Thoraxdrainagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
6.5 Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
6.6 Eingriffe an der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
6.7 Eingriffe an der Trachea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
6.8 Eingriffe an der Pleura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
6.9 Eingriffe am Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
6.10 Knöcherne Thoraxwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
7 Kardiochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
F.-Ch. Rieß, U. Kammin, M. Liehn, B. von Essen, A. Urbans, L. Hansen
7.1 Geschichte der Kardiochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
7.2 Kardiochirurgische Operationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
7.3 Herz-Lungen-Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
7.4 Chirurgische Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
7.5 Koronarchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
7.6 Linksventrikuläre Aneurysmektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
7.7 Aortenklappenchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
7.8 Mitralklappenchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
7.9 Trikuspidalklappenchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
7.10 Aortenaneurysmachirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
7.11 Chirurgie kongenitaler Herzfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
7.12 Erkrankungen des Herzbeutels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
7.13 Herztumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
7.14 Pulmonale Thrombektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
7.15 Behandlung von Herzrhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374
7.16 Kreislaufunterstützungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376
7.17 Herztransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378
8 Gynäkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
U. Havemann, M. Bazargan
8.1 Anatomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
8.2 Zugänge in der Gynäkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
8.3 Lagerungen und Abdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
8.4 Gynäkologisches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
8.5 Medikamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
8.6 Operative Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391
8.7 Laparoskopie/Pelviskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
8.8 Mammachirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418
XI
Inhaltsverzeichnis
9 Urologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423
B. Lengersdorf, C. Matthies, M. Liehn, D. Oppermann, A. Haese, A. Baumgarten, S. Bröker
9.1 Anatomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424
9.2 Spezielles urologisches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
9.3 Transurethrale und perkutane Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431
9.4 Äußeres Genitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
9.5 Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456
9.6 Blase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
9.7 Harnleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470
9.8 Harninkontinenz der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
9.9 Blasen-Scheiden-Fisteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480
9.10 Harninkontinenz des Mannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
9.11 Harnröhrenplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484
9.12 Eingriffe an der Niere und am Nierenbecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
9.13 Nierentransplantation (NTX) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493
10 Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497
M. Liehn, M. Brunken, M. Weissflog, A. Gudat
10.1 Anatomische und physiologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498
10.2 Neurochirurgisches Basiswissen im Operationssaal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507
10.3 Diagnostische Untersuchungen in der Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516
10.4 Intrakranielle Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
10.5 Intrakranielle Gefäßmissbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
10.6 Entzündliche Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529
10.7 Schädel-Hirn-Traumata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530
10.8 Erkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks, seiner Hüllen und der Wirbelsäule . . . . . . . 536
10.9 Schädigung peripherer Nerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
11 Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
M. Liehn, G. Nehse
11.1 Besonderheiten der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
11.2 Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552
11.3 Frakturen und ihre Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
11.4 Tumor- und rekonstruktive Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
11.5 Weichteilchirurgie des Gesichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560
11.6 Mikrochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560
11.7 Chirurgische Kieferorthopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561
12 Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
M. Liehn, T. Grundmann, A. Paul
12.1 Grundlagen der Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
12.2 Diagnostisches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
12.3 Operationsinstrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
12.4 Aufgaben der Operationspflegekraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568
12.5 Hals-Nasen-Ohren-Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572
13 Kinderchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583
P. Reifferscheid, M. Liehn
13.1 Arbeitsbedingungen in der Kinderchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
13.2 Thorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
13.3 Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597
13.4 Bauchwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622
13.5 Urogenitaltrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631
XII Inhaltsverzeichnis
14 Ophthalmologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665
I. Welk, A. Bunse, F. Rüfer
14.1 Anatomie des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666
14.2 Besonderheiten bei Operationen am Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667
14.3 Aufgaben der Operationspflegekraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
14.4 Beispiele für die häufigsten Eingriffe am Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 670
15 Verbrennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679
Chr. Westphal, M. Liehn
15.1 Verbrennungen und Versorgungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680
15.2 Erstversorgung Brandverletzter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680
15.3 Infektionsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681
15.4 Hautersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681
15.5 Operative Versorgung Schwerstbrandverletzter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
15.6 Elektrotrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685
15.7 Postakutphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707
Herstellerverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719
XIII
Mitarbeiterverzeichnis
Steinmüller, Lutz
Dr. med., MBA
Abteilung für Visceral-, Gefäß- und
Allgemeinchirurgie
Klinikum Eilbek / Schön-Kliniken
Dehnhaide 120
22081 Hamburg
Thönnessen, Rainer
Dr. med.
Handchirurgie
Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg
Hohe Weide 17
20259 Hamburg
Urbans, Anja
Cardiochirurgische OP-Abteilung
Albertinen-Krankenhaus Hamburg
Süntelstraße 11a
22457 Hamburg
Walura, Gabriele
Zentrale OP-Abteilung
Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg
Hohe Weide 17
20259 Hamburg
Weissflog, Martin
Dr. med.
Neurochirurgische Abteilung
Asklepios Klinik Altona
Paul-Ehrlich-Str. 1
22763 Hamburg
1
Grundlagen
M. Liehn, J. Caselitz, L. Steinmüller, I. Welk
1.2 Operationslagerungen –4
1.4 Risikomanagement im OP – 12
1.8 Drainagen – 24
1.9 Operationsindikationen – 28
1.1 Aufgaben einer Pflegekraft Schon mit dem Betreten einer Operationsabteilung kom-
1 im Operationsdienst men besondere Anforderungen auf das OP-Personal zu.
Korrektes Einschleusen setzt Wissen über die Hygiene vor-
M. Liehn aus, denn das richtige Tragen von Kleidung, Mütze und
Mundtuch resultiert aus der Einsicht in die Notwendigkeit.
Trotz steigender Anforderungen existiert kein festgelegtes Alle neuen Mitarbeiter, Schüler und Gäste müssen da-
Berufsbild einer Fachkrankenpflegekraft im Operations- hingehend eingewiesen werden.
dienst. In der folgenden 7 Übersicht werden die wichtigs- Im Saal selbst gehören ruhige Bewegungen zum »nor-
ten allgemeinen Anforderungen und operationspezifischen malen« Arbeitsablauf; Hektik darf nur im äußersten Not-
Aufgaben zusammengefasst. fall aufkommen.
jSonstige Aufgaben
Allgemeines Kenntnis- und Leistungsspektrum
Das OP-Personal lernt neue Kollegen, operationstech-
4 Aktuelle Kenntnisse der Hygienerichtlinien des nische Assistenten (OTA) oder Schüler an. Das Wissen
RKI und der Arbeitssicherheitsvorschriften über die organisatorischen Notwendigkeiten in einem OP-
4 Sicherer Umgang mit der Pflegedokumentation Betrieb ist hierfür die Voraussetzung. Die Erstellung und
4 Qualitätssicherung in der OP-Abteilung regelmäßige Überprüfung von Standards sind im Rahmen
4 Team- und Konfliktfähigkeit
der Qualitätssicherung unerlässlicher Bestandteil der Ar-
4 Gutes Kommunikationsvermögen
beit des OP-Personals.
4 Organisationsfähigkeit
Die Einhaltung der Hygienerichtlinien und der Unfall-
4 Didaktische Kenntnisse zur Vermittlung fach-
verhütungsvorschriften ist obligat.
praktischer und theoretischer Fertigkeiten
Für einen reibungslosen Tagesablauf muss die Bevor-
4 Fähigkeit zur psychischen Betreuung von Patienten
ratung ausreichend sein. Dazu muss die Bestellung von
4 Kenntnisse über pflegerische Maßnahmen, z. B.
Bedarfsartikeln und Implantaten geregelt sein.
Katheterismus
Je nach Spezialisierung und Abteilung kommen zu-
4 Kenntnisse bezüglich des Strahlenschutzes
sätzliche spezifische Anforderungen hinzu.
4 Kenntnisse der Unfallverhütungsvorschriften
4 Kenntnisse über die korrekte Vorbereitung des Pa-
jOP-Vorbereitung
tienten, z. B. für die Anwendung hochfrequenter
Elektrochirurgiegeräte Das OP-Pflegepersonal bereitet anhand bestehender Stan-
4 Kenntnisse des Medizinproduktegesetzes (MPG) dards den benötigten Operationstisch mit Lagerungshilfs-
mitteln vor. Der Patient wird eingeschleust, nach Standard
und/oder Checkliste und entsprechend der geplanten
Operation gelagert.
Operationsspezifische Aufgaben Die instrumentierende Kraft und die »Saalassistenz«
sollen kooperativ die Operation vorbereiten. Das setzt ein
4 Vorbereitung des OP-Saales mit allen medizi-
gut geplantes OP-Programm voraus, in dem auch die indi-
nischen Geräten, Instrumentarien und Ver-
viduellen Probleme des Patienten berücksichtigt werden.
brauchsmaterialien
Alle medizintechnischen Geräte werden vor der Operation
4 Vorbereitung der OP-Tische
gemäß dem Medizinproduktgesetz (MPG) geprüft. Ins-
4 Einschleusung der Patienten
trumente, Wäsche, Kittel, Textilien und Nahtmaterialien
4 Durchführung und Überwachung der operations-
spezifischen Lagerung des Patienten
werden gemeinsam zusammengestellt. Die/der Instrumen-
4 Anlegen einer Blutsperre/Blutleere tierende deckt die Tische steril ab und bereitet die Instru-
4 Situationsgerechtes, schnelles Instrumentieren mente für die geplante Operation übersichtlich vor.
4 Saalassistenz (»Springertätigkeit«) ! Die Anordnung der Instrumente auf dem Tisch
4 Durchführung der Dokumentation sollte in einer Operationsabteilung einheitlich
4 Vorbereitung und das Anlegen von Gipsen und sein. Im OP-Protokoll wird die Anzahl der Instru-
Verbänden mente und Textilien prä-, intra- und postoperativ
4 Annahme, Beschriftung und Versendung von
dokumentiert.
Präparaten für die Bakteriologie, Pathologie und
Histologie
4 Dokumentation und Kontrolle der Raumluft Tech- jOperation
nischen Anlagen (RLTA) Kenntnisse der Anatomie des menschlichen Körpers und
das Wissen um den Ablauf der geplanten Operationen sind
1.1 · Aufgaben einer Pflegekraft im Operationsdienst
3 1
für ein situationsgerechtes Instrumentieren, insbesondere jAufgaben einer operationstechnischen Assistentin
in kritischen Phasen der Operation, unerlässlich. Das An- Die Aufgaben einer OTA unterscheiden sich nicht von de-
reichen der Instrumente während der Operation in der nen der OP-Pflegekraft. Die OTA bekommt in einer von
richtigen Reihenfolge sollte ohne direkte Aufforderungen der DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft) geregelten
möglich sein. 3-jährigen Ausbildung das Wissen und die Fertigkeiten
Nach der Operation müssen alle Instrumente, Nadeln vermittelt, die im laufenden OP-Betrieb benötigt werden.
und Textilien noch einmal gezählt und das korrekte Ergeb- Hinzu kommen die Instrumentenaufbereitung, die Tätig-
nis im OP-Protokoll festgehalten werden. keit in der chirurgischen Ambulanz sowie einführende
Kenntnisse für die Endoskopie und Anästhesie.
jSaalassistenz Nach Ablauf der 3-jährigen Ausbildung kann die/der
Die Saalassistenz hilft bei der operationsspezifischen Lage- OTA die oben geschilderten Aufgaben übernehmen und so
rung des Patienten nach der Narkoseeinleitung. Dies erfor- in das OP-Team integriert werden.
dert neben körperlicher Kraft und technischem Verständ-
nis auch das Wissen über die Vermeidung von Lagerungs- jVorbereitung von Operations- und Biopsiematerial
schäden. für die nachfolgende histologische Untersuchung
Dekubitalgeschwüre werden durch die Lagerung des Biopsie- und Operationsmaterial werden in der Regel his-
Patienten auf Gelmatten oder Vakuummatratzen verhin- tologisch von einem Pathologen untersucht. Die feinge-
dert (7 Abschn. 1.2). webliche Untersuchung trägt maßgeblich zur Diagnostik,
Eine Thromboseprophylaxe erfolgt durch korrektes insbesondere bei der Abklärung einer möglichen Krebser-
Lagern der Beine und ggf. durch das Tragen von angepass- krankung, bei. Für die Behandlung des Gewebes und/oder
ten Antithrombosestrümpfen, die keine Falten schlagen des Biopsiematerials gibt es prinzipiell 2 Möglichkeiten:
dürfen. 4 Schnellschnitt,
Eine Wärmematte, entsprechend gewärmte Decken 4 übliche Verarbeitung nach Fixierung.
oder Isolierfolie vermindern den Wärmeverlust des Pa-
tienten. Schnellschnitt Bei der Schnellschnittdiagnostik wird
Die Saalassistenz reicht das benötigte Sterilgut an und Frischmaterial unmittelbar nach der Entnahme in der Pa-
steht hierzu immer mit dem Gesicht zum sterilen Bereich. thologie untersucht. Während des Transports darf das
Die Bedarfsartikel werden nie über den sterilen Tischen Material nicht austrocknen und wird deshalb mit einem
geöffnet, aber immer so, dass die Instrumentierende pro- Tupfer mit physiologischer Kochsalzlösung oder Ringer-
blemlos das Material abnehmen kann. Lösung abgedeckt. Das native Gewebe wird eingefroren
Nach dem sterilen Abdecken des Patienten durch das und anschließend am Gefrierschnitt untersucht. Die Dia-
operierende Team schließt der Springer die benötigten me- gnose kann nach etwa 5–10 min am Mikroskop erstellt
dizintechnischen Geräte an, u. a. den Sauger und bei Be- werden.
darf das Hochfrequenz (HF)-Gerät (7 Abschn. 1.2.3). Die Da das Material beim Schnellschnitt frisch in die Ab-
Abwurfbehältnisse werden bereitgestellt. Die Saalassistenz teilung für Pathologie gelangt, sind alle anderen metho-
verfolgt den Ablauf der Operation, um bei Bedarf unauf- dischen Aufbereitungen noch möglich und können vom
gefordert neue Materialien anzureichen. Pathologen in die Wege geleitet werden (z. B. mikrobio-
Sie versorgt anfallende Präparate, kümmert sich um logische, biochemische Untersuchungen, molekularbiolo-
die korrekte Dokumentation, zählt am Ende einer Opera- gische und genetische Analysen).
tion die abgeworfenen Textilien und bestellt den nächsten Zu beachten sind die korrekte Beschriftung des Be-
Patienten. gleitscheins und die Angabe einer Telefon- oder Fax-Num-
Nach erfolgter Hautnaht werden die neutrale Elektrode mer, damit das Untersuchungsergebnis dem Chirurgen
sowie Gurte und Lagerungshilfen vom Patienten entfernt mitgeteilt werden kann.
und zur Reinigung und Desinfektion bereitgelegt. Die
Drainagen und der Verband werden vor der Verlegung des Fixierung Für die übliche Gewebsaufbereitung ohne
Patienten in die Aufwacheinheit kontrolliert. Schnellschnitt wird das Gewebe in der Regel fixiert, d. h.
Die Abfälle und der Saugerinhalt bzw. -beutel werden konserviert. Die Fixierung hat folgende Aufgaben:
gemäß den Hygienerichtlinien entsorgt. 4 Sie härtet das Gewebe und macht es damit für die
Geräte und Instrumente, die für die Operation not- nachfolgende histologische Untersuchung geeignet.
wendig waren, werden aus dem Saal entfernt, damit das 4 Sie macht das Gewebe haltbar.
Reinigungspersonal den OP-Raum, die Möbel und die OP- 4 Sie tötet Keime (Bakterien, Viren) ab und verhindert
Lampe reinigen kann. so fast alle relevanten Infektionen.
4 Kapitel 1 · Grundlagen
Für die Fixierung gibt es zahlreiche unterschiedliche Mit- aber gleichzeitig unterliegt jede Operationslagerung den
1 tel. In der Praxis wird überwiegend 4- oder 6%iges Forma- folgenden festen Kriterien.
lin verwendet, das durch Verdünnen der ca. 40%igen wäss- Der OP-Tisch ist immer mit einer Gelmatte abgedeckt,
rigen Formaldehydstammlösung mit der entsprechenden um den Druck auf das Gewebe zu minimieren. Alternativ
Menge Leitungswasser hergestellt werden kann. Besser als stehen z. B. Vakuummatratzen zur Verfügung. Armschie-
Leitungswasser eignet sich phosphatgepufferte physiolo- ne und Beinausleger sind im Regelfall mit einer Gelmatte
gische Kochsalzlösung. Die entsprechenden Rezepte und bedeckt. Für besonders gefährdete Patienten, wie alte,
die Herstellung erfolgen in der klinikeigenen Apotheke kachektische oder gefäßkranke Personen, empfiehlt sich
oder in der Abteilung für Pathologie. Obwohl Formalin bei längeren Eingriffen eine Vakuumauflage, die sich an die
sehr lange haltbar ist, muss es in regelmäßigen Abständen Konturen des Körpers anpasst.
neu angesetzt werden, damit keine Abbauprodukte wie Die Mitarbeiter müssen in die Anwendung der OP-
Ameisensäure das Gewebe verändern. Tischauflagen eingwiesen sein.
Gepuffertes Formalin ist insbesondere bei Tumorge-
! Immer gilt, den Patienten vor Schäden jeder Art
webe angezeigt, wenn eine ungewöhnliche Differenzierung
zu schützen. Ein Wärmeverlust während der
zu erwarten ist. Für besondere Untersuchungen (z. B. am
Operation kann zu einer erheblichen Gefahr für
Elektronenmikroskop) wird gepuffertes Formalin verwen-
den Patienten werden.
det. Im Einzelfall sollte jedoch vor dem Eingriff kurz Rück-
sprache mit dem Pathologen bzw. dem Histologielabor Während der Narkose muss mit Wärmeverlust gerechnet
gehalten werden, der das Material nachbearbeitet. werden. Großflächige OP-Zugänge, kalte Spüllösungen,
Infusionen und zu geringe Raumtemperatur müssen vom
Praktische Hinweise Im OP-Raum und in der Poliklinik Patienten kompensiert werden. Die Abdeckung des Kör-
sollte die Telefonnummer der Abteilung für Pathologie pers mit vorgewärmten Tüchern, das Liegen auf einer
oder bei Bedarf die Piepernummer für entsprechende Wärmematte und angewärmte Spüllösungen sollten zum
Rückfragen hinterlegt sein. Standard gehören. Die Anwendung von energetisch betrie-
benen Wärmedecken (Warm Touch) ist unabdingbar. Sie
! Ein Tipp für die Praxis: Sollte unter Notfallbedin-
können über 3 Temperaturstufen eine konvektive Erwär-
gungen Formalin fehlen, so können ersatzweise
mung erreichen (Fa. Covidian).
Alkohol oder Lösungen wie Sterillium eingesetzt
Auskühlung des Patienten wirkt sich auf die Narkose-
werden. Diese Fixierungsart sollte aber die Ausnah-
führung aus. Die Aufwachphase wird verlängert, die Ge-
me sein und dem Pathologen mitgeteilt werden.
fahr einer Dekubitusentstehung steigt. Die Wundheilung
kann verzögert einsetzen.
4 IT-Begleitung vor Ort, essant ist dabei auch die Verknüpfung zwischen Tages-
1 4 Kooperation und Kommunikation mit den Herstellern, geschäft und administrativen Anforderungen der Kran-
4 Transparenz der Projektkomplexität (auch im Hin- kenhausverwaltung. So kann z. B. nur bei vorhandener
blick auf zunehmende Arbeitsverdichtung), Fallnummer für jeden Behandlungsfall eine OP-Doku-
4 Schnittstellenintegration, mentation angelegt werden (die Fallnummer erhält der
4 Wünsche und Fehlerkultur. Patient bei Aufnahme).
Nutzerspezifische Zugangsberechtigungen ermögli-
chen den Zugang zur Dokumentation durch die Berufs-
1.3.3 Datenschutz gruppen, die an der Operation beteiligt sind. Vorausset-
zung dafür ist die Definition und personengebundene
Spezielle Anforderungen an ein EDV-gestütztes Doku- Zuordnung der Zugriffsberechtigungen (wer dokumen-
mentations- und Erfassungssystem werden auch durch das tiert wann und was).
Datenschutzgesetz vorgegeben, da es sich überwiegend um Unterstützend für die Dokumentation sind definierte
personenbezogene Daten handelt. Diese Anforderungen Prozesse, die auch in einem Qualitätsmanagement-Hand-
müssen ebenfalls durch den Software Hersteller berück- buch hinterlegt sind. Ist das Zeitfenster für die Dokumen-
sichtigt werden. So gilt z. B. die Wahrung der Vertraulich- tation aufgrund vieler kurzer Eingriffe sehr klein, können
keit von Daten. Eng verknüpft sind damit die Regelung von Standardfelder hinterlegt werden, die den Zeitaufwand für
Zugriffsberechtigungen, Freigabeverfahren und die Archi- die Dokumentation reduzieren.
vierung (Art, Dauer). Diese Vorgaben müssen mit den Die sog. ärztliche Dokumentation (z. B. Verschlüsselung
betrieblichen Abläufen gesetzeskonform harmonisiert wer- von Diagnosen und Prozeduren bezogen auf eine bestimmte
den. Weitere Regelungen ergeben sich aus dem Bundes- Operation) kann grundsätzlich durch Pflegepersonal aus-
datenschutzgesetz (BDSG regelt den Umgang mit perso- geführt werden. Diese Absprache ist in Anbetracht der orga-
nengebundenen Daten), der Datenschutzverordnung (die nisatorischen Abläufe im OP-Bereich Zeit sparend, da bereits
DSV formuliert notwendige Sicherheitsanforderungen bei während der Operation die Eingaben durchgeführt werden
der automatisierten Datenverarbeitung), sowie aus dem können. Der verantwortliche Arzt gibt die Eingaben nach
Landesdatenschutzgesetz, das aktuelle Schnittstellen zwi- Beendigung der Operation frei. Die Freigabe der gesamten
schen Datenschutzkonzepten und dem Fortschritt der In- Dokumentation kann nur erfolgen, wenn alle Pflichtfelder
formationstechnologie aufzeigt. vollständig ausgefüllt sind. Die einzelnen Schritte der Ein-
Die Zunahme der Dokumentationsanforderungen ver- gabe sind für den Anwender möglichst in selbsterklärenden
deutlicht die Komplexität der Datenschutzaspekte und die Masken im Programm hinterlegt (Bestandteil des durch den
Notwendigkeit einer Informationstransparenz im Rahmen Anwender definierten Anforderungsprofils für die Soft-
einer Prozessoptimierung im täglichen Umgang mit hoch- ware!) und führen durch die Reihenfolge der Dateneingabe-
sensiblen Daten. felder. Abschließend kann ein Papierausdruck für die Patien-
tenakte direkt mitgegeben werden. Eine Unterschrift bestä-
tigt, dass die Papierversion mit der elektronischen Datenein-
1.3.4 Was kann elektronische gabe übereinstimmt. Da auf dem Markt bereits eine Vielzahl
Dokumentation? von Systemen angeboten wird, sollen hier nur das allgemei-
ne Leistungsspektrum und die Anforderungen an solche
Schon vor Einführung elektronischer Medien zur Doku- Produkte aufgeführt werden:
mentation im Krankenhaus wurden in Papierform die 4 Qualitätssicherung nach § 137 SGB V,
wichtigsten Leistungsnachweise, bezogen auf die Maßnah- 4 Unterstützung des Operationsschlüssels nach § 301
men am Patienten dokumentiert (z. B. OP-Bücher). Ziel SGB V und Diagnoseschlüssel ICD-9 und ICD-10,
der elektronischen Dokumentationsform ist die Loslösung 4 Integration standardisierter Datensätze (z. B. ambu-
von Papier sowie im Rahmen wachsender Vernetzungen lantes Operieren nach § 115b SGB V),
Insellösungen für einzelne Bereiche zu vermeiden. Dabei 4 Schnittstellen- und Systemkompatibilitäten (z. B. SAP,
sollen individuelle Anforderungen der Berufsgruppen und SQL etc.),
Bereiche im Krankenhaus Berücksichtigung finden. Der 4 normierte Exportfunktionen für diverse Auswer-
Anbietertrend entwickelt sich verstärkt in Richtung Ge- tungsprogramme (z. B. Excel, Access),
samtpaketlösungen, die den Patienten von der Aufnahme 4 Vernetzung mit z. B. Anästhesiedokumentations-
bis zur Entlassung begleiten. Diese, in sog. Modulen aufge- systemen.
baute EDV-Lösungen gibt es für alle Krankenhausbereiche.
Planung, Dokumentation und Auswertung stehen allen Man unterscheidet in der OP-Dokumentation zwischen
berechtigten Mitarbeitern zeitaktuell zur Verfügung. Inter- geplanten und nicht geplanten Eingriffen. Die geplanten
1.3 · Aspekte zur pflegerischen Dokumentation
11 1
Eingriffe finden sich im OP-Planungsmodul (OP-Pro- 4 Drainagen (incl. verwendetem System),
gramm) wieder und können im jeweiligen Saal direkt auf- 4 Verbände/Gipsanlage,
gerufen werden. Für Notfälle muss vorab eine Fallnummer 4 Zählkontrolle der Textilien (Kompressen, Bauchtü-
vorhanden sein und eine OP angelegt werden. cher, Tupfer etc.), Instrumente und z. B. Nadeln vor
und nach der OP,
4 Implantate, Materialverbrauch (Chargendokumenta-
1.3.5 Dokumentationszeitpunkt tion, Anzahl),
4 Operation nach Operations- und Prozedurenschlüs-
Die Dokumentation soll möglichst zeitnah erfolgen. Bei sel (OPS) 301 durch Operateur (. Tab. 1.1),
Notfällen ist es aus zeitlichen Gründen erforderlich, die 4 Diagnosen nach Diagnoseschlüssel ICD-9/-10 durch
Dokumentation nachträglich durchzuführen und den Um- Operateur.
stand der zeitlichen Verzögerung zu benennen. Die meis-
ten EDV-Systeme bieten durch sog. Plausibilitätsprüfungen Beispiel Operationsschlüssel
eine Dokumentation in chronologischer Abfolge. So kann
z. B. die Hautnaht nicht vor dem Erstschnittzeitpunkt ein-
. Tab. 1.1 Beispiel Operationsschlüssel
gegeben werden und ein Dokumentationsabschluss ist
nicht möglich. Eine Änderung im System nach Freigabe ist 5–10 Operationen an den Augenmuskeln
nur mit ausgewählten Nutzerrechten möglich. Sinnvoll Hinweis: Die Angabe des Augenmuskels ist für
ist eine Einführung sog. elektronischer Archive, um die die Kodes 5–100 bis 5–109 nach folgender Liste
zu kodieren
Dokumentationsflut zu konzentrieren. Hierbei kommt zu-
nehmend eine elektronische Signatur als Unterschrift zum 0 M. rectus internus
Einsatz. 1 M. rectus externus
5 M. rectus superior
Ursache 4 Notfalleingriff
4 Verständigungsschwierigkeiten
4 Patient unter Prämedikation
4 kurzfristiger Operateur- (Personal-)wech-
sel
4 Namensähnlichkeiten
4 Fehlende Identifikation der zu operie-
renden Seite
4 Zeitdruck
leitet Verbesserungsmaßnahmen ab. Der Rückmeldebe- Für die Nachvollziehbarkeit von Prozessabläufen kom-
1 richt wird ebenfalls ins Intranet gestellt, um die Mitarbeiter men Standards, Handlungs- und Verfahrensanweisungen
über die Fehlermeldung, die Auswirkung und die abgelei- zur Anwendung. Ergänzend dazu finden sich Behand-
teten Maßnahmen zu informieren. Dieses Feedback ist lungspfade und SOPs als Instrumente mit Verbindlichkeit
wichtig, um den Mitarbeitern Aktivitäten und Motivati- und Transparenz.
onsanreize zu signalisieren, das CIRS interaktiv zu nutzen Patientenidentifikationshilfen (z. B. Patienenarmband,
(»es tut sich was«, »es bringt was«). Kennzeichnung der OP-Seite am wachen Patienten) ver-
mindern das Verwechslungsrisiko.
Umsetzungsschwierigkeiten Die Reproduzierbarkeit der Teilprozesse (z. B. Aufbe-
Mit welcher Intensität Inhalte gemeldet werden, hängt von reitungszyklus von Instrumenten im Sterilisationsprozess
der Akzeptanz des CIRS innerhalb der Klinik und der Auf- bis zur nächsten Anwendung am Patienten), die detaillierte
klärung der Mitarbeiter ab. Es muss deutlich werden, dass Materialerfassung (z. B. Chargendokumentation, Implan-
Meldungen keine persönlichen Konsequenzen oder ar- tatepass), das Vier-Augen-Prinzip (z. B. Zählkontrolle der
beitsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Schulungen OP-Textilien) sowie Schulungs- und Qualifikationsnach-
und Aufklärung reduzieren Ängste und erhöhen die An- weise und das Führen von Gerätepässen zählen zu den
wenderakzeptanz. Ursachen einer Fehlerentstehung sind Bausteinen in der praktischen Arbeit zur Erhöhung der
in der Regel multifaktoriell, z. B.: Patienten- und Mitarbeitersicherheit.
4 erhöhte Arbeitsbelastung, Speziell für den OP- und Anästhesiebereich gilt es,
4 Qualifikationsmängel, auch Verzögerungen und Notfälle einzuplanen, um ein re-
4 Kommunikationsdefizite, alistisches Zeitmanagement durch Optimierung der Ab-
4 patientenbezogene Risikofaktoren, läufe durch ein zentrales OP-Management zu sichern.
4 restriktive Rahmenbedingungen. Interdisziplinäre und berufsgruppenübergreifende
Kommunikation und Kooperation sowie Harmonisierung
Das Auftreten von Fehlern wird oftmals mit personenge- der sog. Schnittstellen tragen zu einer Risikominimierung
bundenem Versagen assoziiert. Durch Angst vor Konse- bei.
quenzen bleiben Fehler unbemerkt oder werden subjektiv
als unvermeidbar passiv »hingenommen«.
1.4.3 Zusammenfassung
Umgang mit identifizierten Risiken
In den Bewältigungsstrategien sind die folgenden Elemente Risikomanagement im Krankenhaus dient der Erhöhung
zu finden: der Patientensicherheit. Voraussetzung dafür ist die Schaf-
4 Risikovermeidung (z. B wird ein Patient bei nicht aus- fung einer konstruktiven Fehlermeldekultur mit der syste-
reichender Intensivbehandlungskapazität in ein ande- mischen Fragestellung »wie kam es dazu?« und nicht »wer
res Krankenhaus verlegt). hat Schuld?«. Die Implementierung eines Critical Incident
4 Risikoreduzierung (z. B. Einhaltung von Arbeitszeit- Reporting Systems (CIRS) ermöglicht eine nachvollzieh-
gesetz, Arbeitssicherheitsbestimmungen). bare Schwachstellen- und Fehleranalyse und bietet als
4 Risikoakzeptanz (z. B. ist ein 100% Ausschluss von Feedbackinstrument Transparenz über den Umsetzungs-
Sturzereignissen im Krankenhaus nicht möglich). grad abgeleiteter Maßnahmen.
4 Risikotransfer (z. B. Erhöhung des Versicherungs- Ein Risikomanagement ist Bestandteil der Unterneh-
schutzes bei finanziellem Regress im Schadensfall). menskultur und des klinikinternen Qualitätsmanagements.
Risikomanagement erfordert die Bereitschaft aller Be-
! Auch nach klarer Identifikation anzunehmender
teiligten, sich mit dem Thema aktiv auseinanderzusetzen,
und tatsächlicher Risiken ist es ausgeschlossen,
aber:
alle Risiken dauerhaft und vollständig auszu-
Ein CIRS allein ist noch kein Risikomanagement!
schließen.
kennt die Beschaffenheit des Materials, die benötigte Stär- metric USP Durchmesserspanne in mm
ke des Fadens sowie die Größe und Form der Nadel, um in
unvorhergesehenen Situationen korrekt das passende 0,01 12–0 0,001-0,009
Nahtmaterial anreichen zu können. 0,1 11–0 0,010-0,019
. Abb. 1.5 Aufsicht auf einen monofilen Faden. (Fa. Ethicon) . Abb. 1.6 Aufsicht auf einen polyfilen Faden. (Fa. Ethicon)
Resorbierbarkeit MRSA oder MRSE, wie auch mit E. coli und K. pneu-
Resorbierbar: Nach einer definierten Zeit werden alle syn- moniae zu verhindern.
thetischen Fäden durch Hydrolyse abgebaut. Dabei wird
das Material durch Gewebeflüssigkeit aufgespalten und Nicht resorbierbares Nahtmaterial
gleichmäßig vom Körper abgebaut. Die Fäden behalten einen Großteil ihrer Reißfestigkeit,
Die Resorptionszeit darf nicht mit dem »Reißkraftab- werden aber über einen längeren Zeitraum auch partiell
fall« gleichgesetzt werden, der angibt, wie lange der Knoten abgebaut. Sie verbleiben dauerhaft im Gewebe oder wer-
seine Funktion erfüllt. den entfernt. Sie werden dort angewendet, wo über einen
Der Faden des resorbierbaren Nahtmaterials ist noch langen Zeitraum eine konstante Fadenfestigkeit gewünscht
zu sehen, wenn er seine Reißkraft schon verloren hat. ist, z. B. bei Gefäßnähten.
4 Polyamidfäden (Ethilon, Fa. Ethicon, Premilene,
Synthetisches resorbierbares Nahtmaterial Fa. BBD)
Monofiles, geflochtenes und pseudomonofiles Nahtmate- Sie werden aus synthetischen Polyamiden (fadenbil-
rial wird unabhängig von Gewebefaktoren abgebaut dende Polymere) hergestellt. Polyamidfäden werden
(s. oben). Dabei entstehen kaum Gewebereaktionen und geflochten, gezwirnt und monofil/pseudomonofil an-
Fadengranulome. Beispiele sind im Folgenden dargestellt. geboten. Sie eignen sich aufgrund eines allmählichen
4 Vicryl (Polyglactin 910, Fa. Ethicon) Zersetzungsprozesses im Wesentlichen für Hautnähte,
Ein synthetischer polyfiler Faden, der nach 21 Tagen zeichnen sich aber durch Geschmeidigkeit, Reißfestig-
noch ca. 50% seiner Ausgangsreißkraft besitzt. Nach ca keit, Knotensitz sowie geringe Gewebereaktionen und
60–70 Tagen vollständig resorbiert. Durch Oberflä- eine wasserabweisende Eigenschaft aus.
chenbeschichtung gleitet er im Gewebe und lässt sich 4 Polyesterfäden (Mersilene, Ethilon Excel,
problemlos knoten. In sehr dünnen Stärken wird er Fa. Ethicon, Dagrofil, Fa. BBD)
monofil angeboten. Sie werden monofil, geflochten mit und ohne Umman-
4 Vicryl rapide (Polyglactin 910, Fa. Ethicon) telung hergestellt und verfügen über sehr gute Gewe-
Ein synthetischer Faden mit einer polyfilen Struktur beverträglichkeit, Geschmeidigkeit, hohe Reißkraft
und einer beschichteten Oberfläche, der sich durch und wasserabweisende Wirkung.
kurze Resorptionszeit (nach 5 Tagen Verlust von 50% 4 Polypropylenfäden (Prolene, Fa. Ethicon)
der Reißkraft, nach ca 40 Tagen resorbiert) auszeich- Sie nehmen kein Wasser auf und verändern ihre Eigen-
net. schaften im Gewebe nicht. Die Knoteneigenschaften
4 Monocryl (Poliglecapron 25, Fa. Ethicon) und die Reißfestigkeit sind gut. Eingesetzt werden sie
Ein monofiler resorbierbarer Faden, nach 7 Tagen insbesondere in der Gefäß- und Kardiochirurgie und
noch 60% der Reißkraft, nach ca. 120 Tagen vollstän- für Hautnähte.
dig abgebaut. Seide und Zwirn kommen nur noch sehr selten zum
4 Vicryl Plus, Monocryl Plus, PDS Plus Einsatz.
Diese Fäden in der oben genannte Struktur wurden mit
Triclosan beschichtet und bilden so eine bakterizide
Zone um den Faden herum, um Infektionen, z. B. mit
18 Kapitel 1 · Grundlagen
c
d
. Abb. 1.9 Aufbau einer Nadel. (Fa. Ethicon) . Abb. 1.10 a Halbkreisnadel, b asymptotische Nadel, c J- oder An-
gelhakenform, d Ski- oder Kufenform; e gerade Nadel
Atraumatische öhrlose Nadel det aber auch im Gastrointestinaltrakt und der Dentalchi-
Die atraumatische Nadel besitzt im Schaft eine axiale rurgie Anwendung. Die Schlitten- und Ski-Nadel (. Abb.
mechanische oder, bei feinen Nadeln, gelaserte Bohrung, 1.10d) ist für die laparoskopischen Eingriffe konzipiert.
in die der Faden eingebracht wird. Die Vorteile sind gra- J-Nadeln (. Abb. 1.10c) werden für den Faszienver-
vierend: schluss nach Trokarinzisionen benötigt. Gerade Nadeln
4 Geringe Gewebetraumatisierung durch den stufen- (. Abb. 1.10e) werden im arthroskopischen Bereich wie
losen Nadel-Faden-Übergang. auch im laparoskopischen Bereich als »Tabakbeutelnaht«
4 Schlankere Nadelform durch fehlendes Öhr. in Kombination mit einer Tabakbeutelklemme (7 Kap. 2)
4 Als Einmalartikel immer optimaler Zustand. benötigt.
4 Kombination mit einfacher oder doppelter Armie-
rung (eine Nadel oder an beiden Enden des Fadens Nadelspitze
eine Nadel für zirkuläre Nähte). Die Nadelspitzen im Überblick zeigt . Abb. 1.11.
4 Sonderform
Die »Abziehnadel«, bei der die Armierungsfestigkeit Nadelkode
der Nadel am Faden so gewählt wurde, dass durch Die Nadeln werden nach einem Buchstaben-Zahlen-Code
leichten Zug sich die Nadel vom Faden trennt (Control und einem Symbol-Code unterschieden. Dieser Code wur-
Release = CR, Fa. Ethicon). de teilweise willkürlich gewählt und ist nicht immer nach-
zuvollziehen. Der Code der Firma Ethicon lässt sich viel-
Biegeformen und Nadelformen fach aus dem Amerikanischen ableiten, z. B.:
Die Biegeform muss der geplanten Naht entsprechen. Je 4 RB = »round body«,
enger die Gewebeverhältnisse sind, desto gebogener muss 4 BV = »blood vessel«.
die Nadelform sein (. Abb. 1.9).
Spezielle Nadelformen
Die asymptotische Nadel (. Abb. 1.10b) ist speziell für enge
Verhältnisse in der Gefäßchirurgie entwickelt worden, fin-
20 Kapitel 1 · Grundlagen
. Abb. 1.14 Ein OP-Messer wird mit der Klinge nach unten so an- . Abb. 1.15 Pinzetten werden senkrecht angereicht, sodass die
gereicht, dass der Operateur es mit der rechten Hand greifen und Branchen nach unten zeigen
schneiden kann
. Abb. 1.16 Scheren müssen von der/dem Instrumentierenden an . Abb. 1.17 Tupferzangen werden senkrecht mit dem Tupfer nach
den Branchen so gefasst werden, dass der Daumen auf der Arbeits- unten angereicht, denn der Operateur greift hier an den Stiel und
teilbiegung liegt nicht in die Griffe
1.7 · Grundinstrumente und ihre Handhabung
23 1
. Abb. 1.18 Die gebogene Spitze der Overholt-Klemme zeigt vom . Abb. 1.19 Wundhaken werden vorn an den Blättern gefasst und
OP-Gebiet weg, wenn der Operateur das Instrument gefasst hat angereicht
Präparierscheren, z. B. nach Wittenstein, Metzenbaum Es gibt anatomisch gebogene Klemmen zum Präparieren
etc., werden zur Trennung verschiedener Gewebsschich- und Abklemmen, zum Anzügeln und zum Fadenführen in
ten verwendet. Form, Länge und Biegung richten sich der Tiefe (z. B. Overholt-Klemme; . Abb. 1.18).
nach dem Anwendungsgebiet und der Anwendungsart
(. Abb. 1.16).
1.7.7 Klemmen
Polyvinylchlorid
Polyvinylchlorid (PVC) wird fast nur für Redon-Drainagen
verwendet. Bei PVC besteht immer das Risiko, dass toxische
Weichmacher austreten. Außerdem kann es durch Eiweiß-
ablagerungen im Lumen zu Abflussstörungen kommen.
Polyvinylchlorid besticht durch seine Festigkeit, sodass
die unter Sog stehende Redon-Drainage nicht kollabieren
kann.
. Abb. 1.20 Die Nadel wird zumeist im hinteren Drittel eingespannt.
Vorbereitete Nadelhalter werden mit der Nadelspitze nach oben an-
gereicht Silikon
Silikon ist ein siliziumhaltiger Kunststoff von großer Wär-
me- und Wasserbeständigkeit. Es eignet sich als Lang-
1.7.9 Nadelhalter zeitdrainage, denn im Vergleich mit anderen Materialien
weist es die beste Gewebeverträglichkeit auf. Es werden
Sie haben meist ein mit Hartmetall beschichtetes »Maul«, keine Weichmacher und organische Zusatzstoffe hinzuge-
um die Nadel sicher fassen zu können. Es gibt sie mit oder fügt; daher finden keine Veränderungen im Körper statt.
ohne Arretierung (. Abb. 1.20). Die vorbereiteten Nadel- Silikon ist äußerst flexibel und löst keine Inkrustationen
halter werden mit der Nadel nach oben angereicht. Der aus. Da Silikon die Granulation nicht fördert, kann es nicht
Chirurg bekommt in die andere Hand immer eine Pinzet- als Gallengangdrainage (Kurzzeitdrainage) verwendet
te angereicht. werden.
kIndikation
1 4 Vorwiegend bei akuten oder chronischen Weichteil- Vakuumverband
defekten, z. B. in der Traumatologie, Gefäßchirurgie, 7 Ausschneiden der Wundränder.
Allgemein- und Viszeralchirurgie. 7 Nekrotisches oder schlecht durchblutetes Gewe-
be im Wundbereich wird entfernt.
kKontraindikation 7 Die Wundfläche wird mit einem Skalpell und/oder
4 Allergien gegen das verwendete Material. scharfen Löffel angefrischt, danach wird die
4 Patienten mit sehr dünner, empfindlicher Haut. Wunde gründlich gespült, entweder mit Ringer-
4 Wunden durch maligne Tumoren. Lösung und/oder einem Wund- und Schleimhaut-
4 Unbehandelte Osteomyelitis. antiseptikum.
7 Der Schwamm wird in der Form und Größe der
kPrinzip Wunde zugeschnitten und auf die Wundfläche
4 Durch Einlegen eines Schwammes, luftdichtes Ver- aufgelegt; ggf. werden Hydrogel-Streifen um die
schließen mittels Folie und Anbringen eines Wunde geklebt.
Schlauch-Pumpen-Systems wird ein Unterdruck er- 7 Die transparente Folie wird über den Schwamm
zeugt, der sich gleichmäßig auf die ganze Wunde ver- und auf die gesunde Haut geklebt. Dabei ist darauf
teilt. zu achten, dass der Bereich luftdicht abgeschlossen
ist, da sonst kein Vakuum erzeugt werden kann.
kInstrumentarium 7 An der Stelle, an der das Schlauch-Pad aufgeklebt
Schwamm, Folie, Schlauchsystem, Reservoir, Pumpe, evtl. werden soll, wird ein kleines Loch in die Folie ge-
Hydrogelstreifen, evtl. reizfreier Hautschutz. schnitten, das Pad über das Loch geklebt und das
4 Den Schwamm gibt es in verschiedenen Größen und Reservoir in die Pumpe eingesetzt und mit dem
unterschiedlichen Materialien. Er besteht entweder Schlauch verbunden.
aus 7 Nachdem die gewünschte Saugleistung einge-
stellt wurde, kann die Pumpe gestartet werden.
5 Polyuretan (PU): schwarz, grob, großporig, trocken,
für stark sezernierende, infektiöse Wunden oder
aus Der Schwammwechsel erfolgt nach ca. 2 (PU-Schwamm)
5 Polyvinylalkoholschaum (PVA): weiß, kleinporig, bis 5 (PVA-Schaum) Tagen.
hydrophil für nicht verunreinigte Wunden, schützt
empfindliches Gewebe und fördert das Anwachsen Drainagekomplikationen
von Hauttransplantaten. 4 Gewebereaktionen aufgrund des Drainagematerials, -
systems,
! Der Schwamm darf keinen direkten Kontakt mit
4 schlechte Förderung durch Drainageverlegung,
Organen oder Gefäßen haben.
4 Verwachsungen,
4 Die Folie besteht aus aus Polyuretran, ist selbst- 4 Organverletzung durch die Drainagespitze,
klebend, transparent, luftdicht, bakterien- und 4 Sekretreflux bei unsachgemäßer Handhabung,
dampfdurchlässig 4 versehentliches Festnähen der Drainage bei tiefen
4 Die Hydrogel-Streifen sind doppelseitig klebend, Nähten,
haften auf der Haut und ermöglichen ein besseres 4 Infektionen.
Abdichten der aufgeklebten Folie.
4 Das Schlauchsystem besteht aus einem Schlauch mit
Konnektor und Pad zum Aufkleben. Das Reservoir 1.9 Operationsindikationen
dient dem Auffangen des Wundsekrets.
4 Die benötigte Pumpe kann vom Hersteller gemietet L. Steinmüller
werden.
4 Instrumente: Definition
5 kleines Grundinstrumentarium, Die OP-Indikation ist definiert als der Grund zur Ver-
5 scharfer Löffel ordnung eines bestimmten diagnostischen oder the-
rapeutischen Verfahrens in einem definierten Krank-
heitsfall, der seine Anwendung hinreichend rechtfer-
tigt. Grundsätzlich besteht Aufklärungspflicht gegen-
über dem Patienten.
1.10 · Wunden und ihre Versorgung
29 1
1.9.1 Absolute OP-Indikation Die Übersichten . Tab. 1.6 und . Tab. 1.7 unterscheiden
nach den Hautverhältnissen und nach der Entstehung der
4 Notfallmäßig, d. h. sofort! Wunden.
Beispiele: Blutung als Traumafolge (Milzruptur), rup-
turiertes Aortenaneurysma usw.
4 Lebensrettend akut, d. h. innerhalb weniger Stunden.
. Tab. 1.6 Unterscheidung von Wunden nach den Hautver-
Beispiele: Appendizitis, mechanischer Ileus, Peritoni- hältnissen
tis usw.
4 Subakut, d. h. innerhalb weniger Tage. Offene Wunden Geschlossene Besondere Wunden
Beispiele: blande akute Cholezystitis, Magenausgangs- Wunden
stenose.
Oberflächlich Schädel Ablederung –
Décollement
Jede Überlegung zur OP-Indikation muss immer die mög- Risswunden Unregelmäßige Wundränder, oft ober-
flächlich, zerklüftete Wundhöhle, Infek-
lichen Kontraindikationen miteinbeziehen! tionsgefahr
Quetschungen Unregelmäßige Wundränder, Schädigung
auch benachbarter Gewebe
1.10 Wunden und ihre Versorgung
Schnittwunden Glatte Wundränder, klaffend, evtl. stark
blutend, meist problemlose Heilung
L. Steinmüller, M. Liehn
Bisswunden Durch Tier oder Mensch; besonders in-
fektionsgefährdet, schlechte Heilungs-
Definition
tendenz
Als Wunde bezeichnet man die Durchtrennung oder
Schusswunden Ausgedehnte Gewebezerstörung in der
Zerstörung der Haut oder Schleimhaut, der tiefen Ge-
Tiefe, hohe Infektionsgefahr, schlechte
webe oder der inneren Organe. Heilung
Ablederung Abriss der Haut von der Faszie mit Aus-
bildung von Hämatomhöhlen
Skalpierung Abriss der Kopfschwarte
1.10.1 Wundarten
Verbrennung Schädigung durch chemische/thermische
Einwirkung auch im Rahmen einer Be-
Allgemeine Kennzeichen und Folgen von Wunden sind:
strahlung/Nuklearexplosion
4 Defektbildung von Gewebe, ggf. mit Oberflächenver-
letzung,
4 Austritt von Blut und Serum bis hin zum Schock,
4 Verlust der Schutzfunktion.
30 Kapitel 1 · Grundlagen
Klinik Schmerz (Dolor), Rötung (Rubor), Überwärmung Vorkommen Als sog. infektiöses Granulom bei rheuma-
1 (Calor), Schwellung (Tumor) stellen die klassischen Ent- tischem Fieber, Tuberkulose, Lepra, Aktinomykose, Syphi-
zündungszeichen dar. Der flüssige Abszessinhalt ist durch lis, bei tiefen Mykosen und Wurminfektionen.
seine Fluktuation feststellbar. Auch bei Fremdkörpern (z. B. Talkum, Asbest, chirur-
gisches Nahtmaterial).
Vorkommen Haut, z. B. gluteal, perianal und in Organen.
Lymphangitis, Lymphadenitis, Phlebitis
Keime Überwiegend Staphylokokken, selten E. coli oder
Mischflora. Definition
Es handelt sich um meist von einem primären Infek-
Phlegmone tionsherd fortgeleitete Entzündungsformen.
Definition
Eine diffuse eitrige Entzündung ohne Kapselbildung. Klinik »Roter Strich«, häufig mit Fieber und Lymphkno-
tenschwellung einhergehend, im Volksmund als »Blutver-
giftung« bezeichnet.
Klinik In der Regel schwere allgemeine Entzündungszei-
chen. Flächenhaftes Fortschreiten mit Schmerzen. Keime Staphylokokken, Streptokokken.
Definition
Eine Eiteransammlung in einer präformierten Körper- Vorkommen Nacken, Unterarm, Gesicht, äußerer Gehör-
höhle durch direkte oder fortgeleitete Infektion. gang, Naseneingang.
Klinik Graugrüne bis schwarze Färbung, evtl. mit Gasbil- Panaritium ossale Knöcherner Befall
dung. Charakteristisch ist der faulig-süße Geruch. Panaritium articulare Befall des Fingergelenks
Definition
Es handelt sich um eine relativ häufige postoperative
Wundinfektion mit typischer Blaugrünverfärbung des recht verlaufenden Bindegewebssepten begünstigen die
Verbandes begleitet von süßlichem Fötor. Tiefenausbreitung der Entzündung.
Definition
Vorkommen Häufig sind Finger, Hände und angrenzende Sie verläuft als chronisch-eitrige Entzündung. Der
Gelenke, hauptsächlich bei Arbeitern in Fleisch-, Geflügel- Eiter ist gekennzeichnet durch drusenartige
und Fischbetrieben, befallen. Die Infektionspforten sind Körnchen, die wie kleine gelbe Schwefelkörnchen aus-
meist Bagatellwunden. sehen.
Klinik Prominente Schwellung mit Hautrötung und ggf. Keime Erreger ist das Clostridium tetani, ein sporenbil-
auch Fluktuation. dender, streng anaerober, grampositiver Keim mit speziel-
ler Verbreitung in gedüngter Erde und Fäzes. Die Sporen
Vorkommen Bevorzugt im Bereich der Ellenbogen, wei- sind hitzeresistent und überleben in Trockenheit bei Tem-
tere Lokalisationen im Schulterbereich (Bursa subdeltoi- peraturen von 60–150°C.
dea), im Kniescheibenbereich (Bursa praepatellaris) und
weitere. Pathogenese Während der Inkubationszeit von 1–3 Wo-
chen wandelt sich der Erreger unter Sauerstoffmangel von
Keime Meist Staphylokokken, selten Streptokokken und als der Sporen- in die Vegetativform. Die Clostridien bilden
Begleiterkrankung bei generalisierter Gonokokkeninfektion ein Neurotoxin, das Tetanospasmin. Die Folge sind to-
und bei tuberkulöser Arthritis bzw. Lymphadenitis. nisch-klonische Krampfanfälle.
! Bei allen oben aufgeführten Infektionen handelt
Klinik Nach der Inkubationszeit treten Kopf- und Muskel-
es sich um lokale Infektionen, d. h. die Eintritts-
schmerzen, Schweißausbrüche, Abdominal- und Rücken-
pforte in den Körper und der Ort der Reaktion
schmerzen auf (Prodromalstadium). Erstsymptome sind
auf den Erreger sind identisch. Lokalinfektionen
dann häufig Steifheit im Kiefergelenk, Schluckstörungen
hinterlassen keine Immunität. Die Infektionsaus-
und Hyperreflexie. Im weiteren Verlauf kommt es schließ-
breitung und Begleitreaktionen des Gesamtorga-
lich zur Lähmung der Zwerchfellmuskulatur. Hypoxisch
nismus sind jedoch möglich.
bedingtes Herzversagen führt als Folge der krampfbe-
dingten Insuffizienz der Atemmuskulatur zum Tod.
Chirurgische Handlungsprinzipien bei lokalen Prognose Je kürzer die Inkubationszeit (weniger als
Infektionen 10 Tage) und je kürzer die Anlaufzeit (Intervall zwischen
4 Versuch der lokalen Herdsanierung durch Eröff- ersten klinischen Symptomen und ersten Krampfanfällen,
nung bzw. Ausscheidung lokaler Eiteransamm- weniger als 3 Tage), desto schlechter die Prognose.
lungen, Entfernung von Fremdkörpern.
4 Falls Ersteres möglich ist, sollte immer Material Therapieregime Eine kausale Therapie nach Ausbruch der
(Abstrich/Punktat/Gewebe) für eine bakteriolo- Erkrankung gibt es nicht.
gische Untersuchung gewonnen werden. Nur da- 4 Wundexzision zur Erregereliminierung,
mit ist eine ggf. erforderliche Antibiotikatherapie 4 Immunbehandlung mit Tetanushyperimmunglobulin,
gezielt möglich. bis 35.000 IE,
4 Immer erfolgt eine Ruhigstellung, falls nötig mit 4 Krampfprophylaxe, Kupierung, ggf. Relaxation unter
Gips- oder Schienenverband; die Hochlagerung Intubation und Beatmung,
bei Extremitäteninfektionen ist obligat, ebenso 4 intensivtherapeutische Maßnahmen.
eine Kühlung der betroffenen Region mit Ausnah-
me bei Durchblutungsstörungen. Tetanusprophylaxe
4 Falls die ersten beiden Punkte nicht durchführbar 4 Vorbeugende Impfung mit Tetanustoxoid 7 unten,
sind, erfolgt neben den geschilderten allgemei- 4 frühe chirurgische Wundversorgung,
nen Maßnahmen die breit abdeckende, den wahr- 4 Immunisierung:
scheinlichen Erreger einschließende Antibiotika- 5 Passiv: Gabe von 250 IE Tetanusimmunglobulin im
therapie. Verletzungsfall, wenn kein ausreichender Impf-
4 Vakuumtherapie 7 Abschn. 1.8.3. schutz besteht. Es resultiert ein 1–4 Wochen anhal-
tender Schutz.
5 Aktiv: Gabe von 0,5 ml Tetanustoxoid. Das Immun-
system antwortet hierauf mit der Bildung eigener
Immunglobuline (daher: aktiv). Um diese Immun-
1.10 · Wunden und ihre Versorgung
35 1
antwort zur Erlangung einer langjährigen Schutz- Die Clostridienmyositis und Myonekrose stellen die
wirkung zu verstärken, erfolgen eine 2. Impfung schwersten Verlaufsformen der Infektion mit rascher zen-
nach 2–6 Wochen und eine 3. Impfung nach 6–12 tripetaler Infektionsausbreitung auf die gesunde Muskula-
Monaten. tur dar.
5 Im Verletzungsfall erfolgt die erste Impfung als Si- Dagegen verläuft die Clostridienzellulitis günstiger, da
multanimpfung von aktiver und passiver Impfung. sie auf den unmittelbaren Wundbereich beschränkt bleibt,
Die Schutzwirkung der kompletten aktiven Imp- ohne auf die gesunde Muskulatur überzugreifen. Außer-
fung beträgt (5–)10 Jahre. Eine einmalige Auffri- dem fehlen die Allgemeinsymptome (Unruhe, Schwäche-
schung nach jeweils 5 Jahren ist sinnvoll. gefühl, delirante Verwirrung, Tachykardie und leichtes
Fieber). Im Spätstadium führen akutes Nierenversagen,
Das Impfprogramm für Klein- und Schulkinder enthält toxinbedingte Hypotonie und Herz-Kreislauf-Versagen
heute die aktive Immunisierung gegen Tetanus. Daher ist die zum tödlichen Ausgang.
Bevölkerung fast lückenlos geschützt. Eine anhaltend gute
Impfdisziplin ist auch in den Unfallambulanzen wichtig. Therapie Die operative Therapie ist primär dringlich nach
Mit einem Schnelltest ist der aktuelle Tetanusim- klinischer Verdachtsdiagnose. Maßnahmen sind:
munstatus ermittelbar! 4 Die Längsspaltung durch Haut, Faszie und Muskel.
4 Die Exzision von Nekrosen, je nach Verlauf ggf.
Gasbrand frühzeitige Amputation im Gesunden, Offenlassen
der Wunden.
Definition 4 Als adjuvante Maßnahmen sind Antitoxingaben und
Zunächst lokale Weichteilinfektion exotoxinbildender evtl. die hyperbare Sauerstoffbehandlung in einer
Erreger mit gasbildender, foudroyant verlaufender Druckluftkammer anzusehen,
Gewebsnekrose und konsekutiver Toxinämie. 4 Antibiotika wie Penicillin und Metronidazol sowie
Intensivtherapie.
Keime Grampositive, obligat anaerobe, sporenbildende Prognose Die Mortalität beträgt 30–50%.
Clostridien:
! Nicht jede gasbildende Phlegmone ist ein Gas-
4 in über 80% Clostridium perfringens,
brand! Als Differenzialdiagnose kommen in Frage:
4 selten C. novyi, C. histolyticum oder C. septicum.
Streptokokkenmyositis und infizierte Gangrän.
Die Sporen der Bakterien sind Saprophyten (Fäulnisbakte- Weitere chirurgische Infektionen sind: Tuberkulose, Toll-
rien) des menschlichen und des tierischen Darmes. Ge- wut und parasitäre Infektionen wie Echinokokkose (7 Ab-
häuftes Vorkommen in gedüngtem Boden. schn. 2.8.2), chirurgische Komplikationen der Amöbiasis
(7 Abschn. 2.8) und der Askaridiasis. Diese Krankheits-
Pathogenese Folgende Faktoren begünstigen eine Gas- bilder werden hier nicht näher betrachtet.
brandinfektion:
4 ausgedehnte Weichteilkontusion mit Verschmutzung, Methicillin-/Oxacillin-resistenter Staphylococcus
4 arterielle Minderdurchblutung, aureus
4 Mischinfektionen mit anaeroben und aeroben Erregern,
4 freigesetzte Kalziumsalze (Trümmerfrakturen! Sie be- Definition
günstigen die Wirkung der teilweise kalziumabhän- Multiresistente Staphylococcus-aureus-Stämme, die in
gigen Toxine). unseren Krankenhäusern immer häufiger vorkommen.
Der MRSA-Stamm gilt als besonders umweltresistent. Der Nachweis des MRSA ist in jedem bakteriologischen
1 Er ist widerstandsfähig gegenüber Trockenheit und Wärme Labor und inzwischen auch mit einem Schnelltest leicht
und haftet stark an Instrumenten und Pflegeutensilien. möglich.
Aus den eigentlich nur bedingt pathogenen Staphylo- Bis zum Ergebnis der Tests ist eine vorsorgliche Isola-
kokken haben sich durch Mutation Stämme entwickelt, die tion des Patienten sinnvoll. Nach der Diagnose ist ein kon-
durch die Bildung eines Penicillin-bindenden Proteins ge- sequentes Hygienemanagement entscheidend.
gen Methicillin (heute bekannt unter dem Namen Oxacil-
lin) resistent sind. Planung einer Operation eines MRSA-Patienten
Davon sind besonders Stämme betroffen, die in erster 4 Die Operation an das Ende des geplanten Pro-
Linie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vor- grammes setzen.
kommen. 4 Der Patient muss allein in der OP-Schleuse sein;
Wartezeit vermeiden.
Ursachen für die zunehmende Verbreitung 4 Die Schleuse muss danach zuverlässig mit einer
4 Die Antibiotikagabe ist teilweise zu häufig, zu kurz Scheuer-Wisch-Desinfektion für die anderen Pati-
oder zu unspezifisch. enten vorbereitet werden.
4 Hygienepläne werden nicht konsequent eingehalten. 4 Wenn möglich sollte die Operation in einem ausge-
4 Intensivmedizinische, invasive Maßnahmen, die das gliederten OP-Saal vorgenommen werden, zumindest
Risiko einer Infektion erhöhen, nehmen zu. Zudem aber in dem Saal, der der Schleuse am nächsten liegt.
haben Patienten in schlechtem Allgemeinzustand 4 Alle Gegenstände, die nicht benötigt werden, sind aus
und/oder immunsupprimierte Patienten dem MRSA dem Saal zu entfernen.
geringe Widerstände entgegenzusetzen. 4 Während der Operation ist der Saal zu isolieren.
4 Als prädisponierende Faktoren gelten außerdem der 4 Materialien, die der Aufbereitung zugeführt werden
Diabetes und die dialysepflichtige Niereninsuffizienz. müssen, sind in einem geschlossenen Behälter in
die zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA)
zu transportieren; hier reicht die zur Desinfektion
Richtlinien zur Prävention und Behandlung übliche Einwirkzeit aus.
Die Kommission für Krankenhaushygiene des Robert- 4 Wäsche flüssigkeitsdicht verpacken und verschlossen
Koch-Instituts hat Richtlinien zur MRSA-Infektion, zur der Wäschedesinfektion zuführen.
Prävention und zur Behandlung herausgegeben: 4 Abfälle ebenfalls flüssigkeitsdicht verpacken und ent-
4 Der MRSA-Stamm muss frühzeitig erkannt und sorgen.
spezifiziert werden. 4 Der Patient wird nicht über den Aufwachraum gelei-
4 Der betroffene Patient muss isoliert werden und
tet, sondern isoliert in einem Zimmer überwacht.
kann nur mit anderen MRSA-infizierten Patienten
zusammengelegt werden. Kontaktpersonen
MRSE (Methicillin-resistenter Staphylococcus
müssen jedoch nicht isoliert werden.
epidermis)-Infektion
4 Die Zahl der behandelnden Personen muss auf
ein Minimum reduziert und das Personal muss Dieser Keim ist ein patienteneigener Keim, der sich ver-
umfassend geschult werden. mehrt an Fremdkörpern und Implantaten festsetzt. Eine
4 Die konsequente Einhaltung aller hygienischen Infektion mit diesem Erreger weist alle Zeichen einer Sep-
Richtlinien, insbesondere die hygienische Hände- sis auf.
desinfektion, ist obligat. Die Antibiotikatherapie zeigt sich häufig als wirkungs-
4 Die Sanierung nasaler MRSA-Besiedelung muss los, da die anhaftenden Keime nicht erreicht werden. In der
vorrangig sein, da die Minimierung der Keime in Regel ist die Entfernung des Fremdkörpers (z. B. Dauerka-
der Nase zumeist auch eine Minimierung der
theter, zentraler Zugang) indiziert.
Keime an anderer Stelle nach sich zieht.
4 Einzelne MRSA-Erkrankungen müssen nicht dem
zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden.
Bei epidemischem Auftreten schreibt das Bundes-
seuchengesetz eine sofortige Meldung an das Ge-
sundheitsamt vor.
4 Gezieltes Eingangsscreening für Risikopatienten
bei Krankenhausaufnahme mittels Schnelltest.
2
Allgemeinchirurgie
und Viszeralchirurgie
M. Liehn, L. Steinmüller, S. Bröker, U. Engel, H. Schimmelpenning
2.2 Schilddrüse – 46
2.3 Hernien – 51
2.4 Speiseröhre – 58
2.5 Magen – 65
2.6 Milz – 78
2.8 Leber – 85
2.9 Bauchspeicheldrüse – 94
2.1 Zugangswege und Instrumentarium mie) bis auf die Halsfaszie durchtrennt. Um Störungen der
Hautdurchblutung zu vermeiden, sollte das Platysma auf
M. Liehn, L. Steinmüller keinen Fall von der Haut abpräpariert werden.
2 Teils stumpf mit Präpariertupfer oder Finger, teils
2.1.1 Beschreibung der Zugangswege scharf mit der Schere wird der Haut-Platysma-Lappen von
kranial bis in Höhe des oberen Schildknorpels nach kaudal
Die Schnittführung (. Abb. 2.1) hängt immer von der ge- bis zum Manubrium sterni von der Halsfaszie abgelöst.
planten Operation ab. Das OP-Gebiet muss gut einsehbar Die Längs- oder Querspaltung der Halsfaszie erfolgt
sein. Anatomische Strukturen, Wundheilung und auch mit einer Präparierschere. Zur besseren Übersicht und ge-
kosmetische Gesichtspunkte sollten berücksichtigt werden. ringeren Gefährdung der Epithelkörperchen kann die ge-
Grundsätzlich ist zu bedenken, dass große Schnitte zwar rade Halsmuskulatur in 2 Schichten durchtrennt werden.
die Übersicht erhöhen und der Radikalität nutzen können, Die spannungsfreie Hautnaht ist zumeist gut möglich.
jedoch die Hospitalisierungsdauer der Patienten erhöhen. Mit der Intrakutannaht werden günstige kosmetische Er-
gebnisse erzielt.
Kocher-Kragenschnitt
Beispiel: Schilddrüsenoperation, Epithelkörperchenentfer- Rippenbogenrandschnitt nach Kocher
nung, Zugang zum vorderen Mediastinum. oder Courvoisier
Die Spaltlinien der Haut verlaufen am Hals quer. Im Beispiele:
Hinblick auf kosmetische Aspekte sollten Schnitte mög- 4 rechts: klassische Cholezystektomie, Leberresektion,
lichst parallel zu den Spaltlinien ebenso verlaufen. 4 links: Splenektomie, subphrenischer Abszess.
Bei rekliniertem Kopf erfolgt eine bogenförmige, fast
horizontale Schnittführung 2 cm über dem Jugulum zwi- Dieser Schnitt ist kosmetisch günstig. Narbenhernien tre-
schen den beiden Mm. sternocleidomastoidei. Die Schnitt- ten kaum auf. Er bietet aber einen schlechten Zugang zum
länge richtet sich nach der Größe der Struma. Abdomen, falls eine Verlängerung erforderlich wird.
Haut, Subkutis und Platysma werden mit einem Skal- Der Schnitt verläuft vom Xiphoid bis zur vorderen
pell oder mit Hilfe von Hochfrequenzströmen (Diather- Axillarlinie, ca. 1–2 cm unterhalb des Rippenbogens, und
wird ungefähr 8–10 cm lang.
In der medialen Wundhälfte werden die vordere Rek-
tusscheide und in der lateralen Wundhälfte der M. obliquus
externus abdominis mit der Diathermie durchtrennt.
Der M. rectus wird quer durchtrennt. An seiner Hin-
terwand verlaufen 2 Äste der A. epigastrica, die ligiert oder
koaguliert werden müssen. Die einsprießenden Äste des 8.
Interkostalnervs werden durchtrennt, lateral wird der
M. obliquus internus abdominis in Faserrichtung stumpf
auseinander gedrängt.
Medial soll der Schnitt nur bis zum Ligamentum falci-
forme hepatis reichen. Lateral wird mit dem Peritoneum
gleichzeitig der M. transversus abdominis durchtrennt.
Beim Wundverschluss kann das hintere Blatt der Rektus-
scheide zusammen mit dem Peritoneum gefasst werden.
Oberbauchquerschnitt
Beispiele: Pankreasoperationen, Magenoperationen, Le-
bereingriffe.
Diese Schnittführung bietet eine gute Übersicht; die
Wundheilung ist zumeist ungefährdet. Der Hautschnitt
verläuft quer oder leicht bogenförmig. Die Länge richtet
sich nach der erforderlichen Übersicht im OP-Feld.
Die Haut wird mit dem Skalpell eröffnet; für die Sub-
kutis und die nachfolgenden Schichten wird häufig die
Diathermie verwendet. Durchtrennung der Faszie des
. Abb. 2.1 Mögliche Schnittführungen in der Viszeralchirurgie M. rectus abdominis, des M. obliquus externus abdominis
2.1 · Zugangswege und Instrumentarium
39 2
und des M. transversus. Bei der Durchtrennung der Mus- Paramedianschnitt
kulatur mit der Diathermie sollte sie zum Schutz des da- Diese Schnittführung wird sowohl im Ober- als auch im
runter liegenden Peritoneums vorher mit einer Kunststoff- Unterbauch, 2–3 cm rechts oder links der Medianlinie,
rinne unterfahren werden. ausgeführt.
Das Peritoneum wird mit 2 chirurgischen Pinzetten Nach der Subkutisdurchtrennung wird die vordere
angehoben und mit dem Skalpell oder der Schere inzidiert; Rektusscheide eröffnet. Die epigastrischen Gefäße müssen
ggf. können die Inzisionsränder mit je einer Peritoneal- bei langen Inzisionen durchtrennt werden.
klemme nach Mikulicz angeklemmt werden, bevor der Stumpfes Ablösen des M. rectus abdominis, Eröffnen
Schnitt mit einer Präparierschere oder der Diathermie zu der hinteren Rektusscheide gemeinsam mit dem Perito-
beiden Seiten verlängert wird. In der Mittellinie kreuzt das neum.
Lig. teres hepatis. Es wird mit Overholt-Klemmen und Li-
gaturen durchtrennt. Transrektalschnitt
Der Hautschnitt verläuft ähnlich wie beim Paramedian-
Mediane Längslaparotomie schnitt. Die Subkutis wird durchtrennt, die Rektusscheide in
Beispiel: fast alle intraabdominellen Operationen im Ober- der Mitte längs inzidiert, der M. rectus abdominis in Faser-
und Unterbauch, insbesondere Notfalloperationen. richtung durchtrennt und beiseite gedrängt. Hinteres Rek-
Hierbei ist eine problemlose Verlängerung von der Sym- tusscheidenblatt und Peritoneum werden längs eröffnet.
physe bis zum Xiphoid möglich. Die Schnittführung erhöht
wahrscheinlich die Gefahr eines Platzbauches oder einer Pararektalschnitt/Kulissenschnitt
Narbenhernie v. a. im Oberbauchbereich. Höhe und Länge nach Lennander
des Schnittes richten sich nach dem geplanten Eingriff. Beispiel: Appendektomie.
Die Hautinzision erfolgt streng in der Mittellinie, der Dieser Schnitt kann beliebig verlängert werden. Der
Nabel wird linksseitig umschnitten. Hautschnitt verläuft parallel zum äußeren Rektusrand. Die
Oberhalb des Nabels wird im Verlauf des Linea alba Rektusscheide wird längs gespalten, der M. rectus abdomi-
inzidiert; deshalb wird die Muskulatur bei exakter Schnitt- nis stumpf ausgelöst und mit Roux-Haken nach medial
führung nicht freigelegt. gezogen. Hintere Rektusscheide und Peritoneum werden
Beim unteren Medianschnitt liegt die peritoneale Um- angehoben und inzidiert.
schlagfalte ventral der Harnblase. Hier werden nacheinan-
der die Faszia transversalis und das Peritoneum durch- Mediane Sternotomie
trennt. Die Peritoneumspaltung erfolgt 7 Abschn. 6.3.3; Pfannenstiel-Schnitt 7 Kap. 8 Gynäkologie.
4 im Unterbauch in der Mittellinie,
4 im Oberbauch bei Magen- und Milzoperationen
links, 2.1.2 Instrumentarium für
4 bei Leber- und Gallenoperationen rechts des Lig. teres die Laparotomie
hepatis.
Für abdominalchirurgische Eingriffe werden zusätzlich
Wechselschnitt nach McBurney zum Grundinstrumentarium größere und längere Haken,
Beispiel: Appendektomie. Der Schnitt ist schlecht erweiter- Scheren, Pinzetten und Klemmen, oft Organfasszangen
bar, führt aber selten zu Narbenbrüchen. und weitere Instrumente benötigt. Einige sollen beispiel-
4 Hautschnittbeginn ca. 2 cm medial der Spina iliaca haft vorgestellt werden.
superior in fast horizontaler Richtung. Subkutis-
durchtrennung. Haken und Pinzetten
4 Inzision der Aponeurose des M. obliquus externus im
! Nach der Eröffnung des Peritoneums gilt die
Faserverlauf.
Regel,dass alle scharfen Instrumente vom
4 Umsetzen der stumpfen Haken, stumpfes Ablösen des
Operateur abgegeben werden.
M. obliquus externus vom M. obliquus internus und
Spalten des M. obliquus internus in Faserrichtung mit Jetzt werden anatomische und atraumatische Dissekti-
einer Präparierschere. onspinzetten und Klemmen benutzt (. Abb. 2.2 und
4 Transversusfaszie und Peritoneum werden mit Pin- . Abb. 2.3). Als lange Haken kommen zum Einsatz:
zetten angehoben und inzidiert. 4 Bauchdeckenhaken (. Abb. 2.4).
4 Leberhaken (. Abb. 2.5). Zum Schutz des Gewebes
Die nachfolgenden Schnittführungen werden der Voll- sollten sie feucht angereicht oder mit einem feuchten
ständigkeit halber hier aufgeführt: Bauchtuch unterlegt werden.
40 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
2.6 2.7
. Abb. 2.2 Pinzette nach Cushing. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 2.6 Weiche Darmklemme nach Kocher. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 2.3 Pinzette nach de Bakey. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 2.7 Weiche Darmklemme nach Doyen; sie soll den Darm
. Abb. 2.4 Bauchdeckenhaken nach Fritsch. (Fa. Aesculap AG) federnd abklemmen, ohne ihn zu traumatisieren. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 2.5 Leberhaken nach Mikulicz (Fa. Aesculap AG)
2.1 · Zugangswege und Instrumentarium
41 2
Klemmen richtung eingehängt, die wiederum am Befestigungsbügel
Weiche Darmklemmen eingehakt ist.
Für sie gilt ebenfalls, dass sie nur feucht mit dem Darm in Das Gestell ist zerlegbar und autoklavierbar.
Berührung kommen sollten (. Abb. 2.6 und . Abb. 2.7).
Rektum- und Sigmaklemmen haben eine 90°-Krümmung Klammernahtinstrumente (Stapler)
und eine atraumatische Riefelung. Maschinelle Klammernahtinstrumente gehen in ihrer Ent-
wicklung auf Hütl und von Petz (1924) zurück. Der Näh-
Harte Darmklemmen apparat nach von Petz setzt eine doppelte Klammerreihe.
Sie dürfen nur für die wegfallenden Anteile des Darmes Die Klammern sind aus Silber und müssen nach jedem
benutzt werden, weil sie eine anatomische quer gestreifte Gebrauch einzeln wieder aufgefüllt werden. Dieses Klam-
Riefelung haben und den Darm dicht verschließen und merinstrument kommt in der Magenchirurgie nur noch
traumatisieren. sehr selten zur Anwendung.
Friedrich entwickelte den ersten Nähapparat mit
Magenklemmen auswechselbaren Magazinen, die ebenfalls postopera-
Sie sind länger als die vorgenannten Instrumente, weil der tiv mit Silberklammern wieder aufgefüllt werden muss-
Magen in seiner gesamten Breite abgeklemmt wird, und ten.
atraumatisch, um die Anastomose nicht zu gefährden. Sie Seit ihrer Einführung haben die Klammernahtin-
werden durch den Einsatz der Klammernahttechnik nur strumente einen festen Platz in der Chirurgie eingenom-
noch selten angewendet. men. Sie bieten einen weiten Anwendungsbereich in der
Allgemein-, Thorax- und Gefäßchirurgie, sowie in der
Organfasszangen MIC.
Organfasszangen sind häufig gefenstert; einige sind an den Die Klammern werden durch das Nahtinstrument zu
Maulenden gezahnt, um derbes Gewebe besser halten zu einem B geformt. Sie liegen bei Ausführung einer End-zu-
können (. Abb. 2.8). End-Anastomose quer zur Darmlängsachse und damit
Es gibt dreieckig gefensterte Klemmen in verschie- parallel zu den intramuralen Darmgefäßen. Die Form der
densten Größen, z. B. die Gewebe- oder die Lungenfass- Klammern bewirkt eine effiziente Blutstillung, ohne dass
zange nach Duval oder Collin (. Abb. 2.8). Minderdurchblutungen resultieren.
In der Darmchirurgie werden die Lumina häufig mit Unterschiedliche Darmlumina können durch Bougie-
der Allis-Klemme (. Abb. 2.10) aufgespannt. rung vor der Anastomosierung angeglichen werden. Die
Eine weitere Organfasszange mit den verschiedensten Anastomosenregionen müssen im Bereich der Klammer-
Einsatzgebieten ist die Gewebefasszange nach Museux nahtreihe von Fettgewebe befreit sein. Eine Stapleranasto-
(. Abb. 2.11). mose wird mit Tabakbeutelnähten vorbereitet. Das Legen
einer Tabakbeutelnaht wird durch spezielle Klemmen und
Rahmen und Bauchdeckenhalter Nadel-Faden-Kombinationen vereinfacht.
Zum Offenhalten der Körperöffnung gibt es spezielle Ha- Stapler sind von verschiedenen Herstellern erhältlich
kensysteme, die in einen vorgeformten Rahmen einge- als Mehrweg- und als Einweginstrumente mit nachlad-
hängt werden. Sie haben unterschiedliche Formen und baren Magazinen. Diese sind farblich kodiert für unter-
Valven; hier einige Beispiele: schiedliche Größen. Es gibt sie mit Titanklammern wie
4 Bauchdeckenrahmen nach Kirschner (. Abb. 2.12), auch mit resorbierbaren Klammern.
4 Bauchdeckenhaken nach Rochard (. Abb. 2.13), Die bis jetzt entwickelten Instrumente lassen sich in die
4 Goligher-Rahmen (. Abb. 2.14), folgenden 4 Gruppen unterteilen.
4 diverse selbsthaltende Systeme im Baukastenprin-
zip. Lineare Klammernahtinstrumente
Dies sind reine Verschlussinstrumente, deren Klammern
Der Rahmen nach Rochard hat seinen festen Platz in der in einer geraden Linie gesetzt werden (. Abb. 2.16).
Magenchirurgie. Er setzt sich zusammen aus dem Befesti- Diese Instrumente setzen eine doppelte Klammerreihe
gungsgestell, mit dem er an den Seiten des OP-Tisches be- mit gegeneinander versetzten Klammern aus Titan oder
festigt wird (. Abb. 2.13), der Fixiervorrichtung für den resorbierbarem Material. Die Magazine unterscheiden sich
Haken (. Abb. 2.15a) und den Valven unterschiedlicher zur Kennzeichnung der unterschiedlichen Klammerlän-
Größe (. Abb. 2.15b). gen in der Farbkodierung; die Länge der Magazine ist aus
Die passende Valve wird so angelegt, dass die Sicht der Gerätebezeichnung ersichtlich.
auf den OP-Situs bis zum Rippenbogenrand durch ständi-
gen Zug gewährleistet ist. Das Blatt wird in die Fixiervor-
42 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
2.11
2.12
. Abb. 2.8 Gallenblasenfasszange nach Glassmann. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 2.12 Bauchdeckenrahmen nach Kirschner. Die einzelnen
. Abb. 2.9 Organfasszange nach Collin. (Fa. Aesculap AG) Blätter des Rahmens können durch mehrere Raster in unterschied-
. Abb. 2.10 Die Allis-Klemme hat 4–6 kleine Zähnchen, die in lichen Stellungen eingehakt werden. Die breiten Valven sind für adi-
einander greifen. (Fa. Aesculap AG) pöse Patienten einsetzbar. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 2.11 Gewebefasszange nach Museux. (Fa. Aesculap AG)
2.1 · Zugangswege und Instrumentarium
43 2
Zirkuläre Anastomosierungsinstrumente
Diese sog. intraluminalen Stapler dienen der End-zu-End-
Anastomosierung von 2 Hohlorganen und setzen zirkulär
invertierende zweireihige Klammernähte.
Es gibt Modelle (. Abb. 2.17) mit geradem oder mit
gebogenem Schaft; der Kopf ist abnehmbar.
Das Nahtinstrument wird mit der Andruckplatte von
einer gesonderten Inzision aus in den einen Anastomosen-
schenkel eingeführt und mit einer vorher gelegten Tabak-
beutelnaht fixiert. Der andere Anastomosenschenkel, in
dem der Kopf des intraluminalen Staplers ebenfalls mit
einer Tabakbeutelnaht fixiert ist, wird durch Zusammen-
drehen des Schraub- oder Steckmechanismus mit der An-
druckplatte dem Instrument genähert. Danach wird der
Klammermechanismus ausgelöst und die zirkuläre, inver-
. Abb. 2.14 Goligher-Rahmen. (Fa. Aesculap AG) tierende Klammernahtreihe entsteht.
44 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
jContour-Stapler
Ein gebogenes Klammer- und Schneideinstrument, setzt
4 Reihen Titanklammern und ermöglicht eine Anastomo-
se auch tief im kleinen Becken (. Abb. 2.21).
Zusatzinstrumente, die die Anwendung der Anastomo- . Abb. 2.19 Tabakbeutelklemme. (Fa. Ethicon)
Gefäßversorgung Ursache
Jeder Schilddrüsenlappen wird durch zwei kräftige Arte- Exogener Nahrungsjodmangel, sog. strumigene Substan-
rien versorgt: zen und angeborener Fermentmangel können zunächst zu
4 die obere Polarterie, die A. thyreoidea superior, ent- einer Vergrößerung der einzelnen Schilddrüsenzelle und
springt als 1. Ast aus der A. carotis externa, im Verlauf dann auch zu einer Zunahme der Zahl an
4 das untere Polgefäß, die A. thyreoidea inferior, ent- Schilddrüsenzellen führen, d. h. zu einer Struma. Da sich
springt aus dem Truncus thyreocervicalis. nicht alle Zellen in gleicher Weise vergrößern, kommt es
mit der Zeit zu knotigen Veränderungen.
Letztere kreuzt in sehr variabler Weise den N. recurrens
(den Stimmbandnerv) vor seinem Eintritt in den Kehl- Formen
kopf. Unterscheidung nach der Gewebebeschaffenheit:
Der venöse Abfluss vom oberen Pol erfolgt entspre- 4 Struma diffusa,
chend den Ästen der gleichnamigen Arterien meist direkt 4 Struma uninodosa,
in die V. jugularis interna, die Venen vom kaudalen Pol 4 Struma multinodosa.
2.2 · Schilddrüse
47 2
Unterscheidung nach der Funktion: Knoten, die im Szintigramm kein entsprechendes Korrelat
4 euthyreote Struma: normale Schilddrüsenhormon- finden (kalte Knoten). Vor dieser Untersuchung muss eine
produktion, Schwangerschaft ausgeschlossen sein.
4 hyperthyreote Struma: gesteigerte Hormonproduktion,
4 hypothyreote Struma: verminderte Hormonproduktion. jPunktionszytologie
Bei in der Sonographie vom sog. echoarmen Knoten, ggf.
Die Knotenbildung entsteht durch umschriebene Gewebs- mit unscharfem Rand, sollte eine Punktionszytologie unter
degeneration, die sich in vermehrter Bindegewebsbildung, sonographischer Kontrolle durchgeführt werden. Aller-
Zysten, Einblutungen oder Verkalkungen manifestieren dings ist die Befundung aufgrund spezifischer Probleme
kann. Sogenannte Adenome können mit vermehrter, nor- bei der Schilddrüse (unterschiedliche Zellarten, Kapsel der
maler oder verminderter Hormonbildung einhergehen. Knoten) im Gegensatz zu Punktionszytologien anderer
Knoten mit vermehrter Hormonbildung werden autonome Organe sehr schwierig. Bei Karzinomverdacht ist die Ope-
Adenome genannt, sie unterliegen nicht mehr dem hypo- ration indiziert.
thalamo-hypophysär-thyreoidalen Regelkreis und geben
ungesteuert Hormon an die Blutbahn ab, was schwere Hyperthyreose
Krankheitsbilder im Sinne einer Schilddrüsenüberfunkti-
on sowie Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Definition
Die Hyperthyreose ist durch eine starke Erhöhung der
Diagnostik Schilddrüsenhormone im Blut und ein erniedrigtes
jAnamnese TSH gekennzeichnet. Symptome: motorische Unruhe,
4 Zufallsbefund oder Beschwerdesymptomatik. verstärkte psychische Erregung, ängstliche Verstim-
4 Herkunft aus einem Endemiegebiet? mung, Affektlabilität, feinschlägiger Tremor der Hän-
4 Dauer der Schilddrüsenveränderung. de, Heißhunger, Durchfall, Gewichtabnahme. Hervor-
4 Familiäre Belastung. stehende Augen, endokrine Orbitopathie, gehört zum
Krankheitsbild des M. Basedow (s. unten).
jInspektion und Palpation
Größe, Lage, Konsistenz, Knotenbildung, Verschieblich-
keit der Schilddrüse. Abtauchen nach retrosternal, Druck- Vor einer Operation muss eine hyperthyreote Stoffwechsella-
dolenz, Lymphknotenvergrößerung am Hals? ge erkannt und behandelt werden (z. B. mit Thyreostatika).
jUltraschall Formen
Hauptdiagnostikum bei morphologischen Veränderungen Autoimmunprozess Hierzu gehört u. a. der M. Basedow,
ist der Ultraschall zur Differenzierung der Strukturen (Vo- bei dem Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor zu einer
lumenbestimmung, gleichmäßige Vergrößerung, Knoten, unkontrollierten Stimulation der Schilddrüsenzelle und
Zysten, Randbeschaffenheit der Knoten). damit zur Überfunktion führen. Ein sehr häufig anzutref-
fendes Symptom ist der Exophthalmus, bedingt durch eine
jLaboruntersuchungen Ödembildung und im Verlauf auftretende Fibrosierung
Basisuntersuchung ist die TSH-Bestimmung (TSH: thyre- des retrobulbären Gewebes in der Orbita, weshalb dieser
oideastimulierendes Hormon). Erhöhte Werte bedeuten Prozess endokrine Orbitopathie genannt wird.
eine Schilddrüsenunterfunktion, die chirurgisch nur in Zu-
sammenhang mit Knotenbildungen eine Rolle spielt. Er- Funktionelle Autonomie Hier liegt eine diffus verteilte
niedrigte Werte zeigen eine Schilddrüsenüberfunktion an (disseminierte) oder knotige (uni- oder multifokale) Auto-
und können bei diffuser Vergrößerung und bei autonomen nomie vor.
Adenomen vorkommen. Zur weiteren Differenzierung er- Im Rahmen einer Entzündung kann durch Zellunter-
folgt die Bestimmung der Schilddrüsenhormone Tetrajod- gang vorübergehend eine hyperthyreote Stoffwechsellage
thyronin (Thyroxin, T4) und Trijodthyronin (T3). auftreten.
Thyreotoxische Krise Ein akut lebensbedrohliches Krank- wurde früher das sog. »Plummern« durchgeführt.
heitsbild. Die Symptome sind schwerste psychomotorische Durch sehr hohe intravenöse Gabe von Jod kam es zu
Unruhe, Schlaflosigkeit, allgemeine Hinfälligkeit, rascher einer akuten Blockade der Schilddrüsenhormonpro-
2 Temperaturanstieg bis zu hyperpyretischen Werten, Pulsja- duktion, was die Durchblutung der Schilddrüse redu-
gen, verwaschene Sprache, Bewusstlosigkeit und Kreislauf- zierte, die Gewebskonsistenz verbesserte und somit
kollaps. Unbehandelt führt diese Erkrankung zum Tod. die Operation erleichterte. Heute ist diese Maßnahme
in der Regel nicht mehr erforderlich, da die Patienten
Diagnostik meist bereits längere Zeit mit Thyreostatika vorbe-
Laborwerte, Ultraschall. handelt und somit euthyreot sind.
4 HNO-ärztliche Untersuchung zur Prüfung der
Konservative Therapie Stimmbandfunktion.
Medikamentös mit Thyreostatika und ggf. zusätzlicher Gabe 4 Kalziumbestimmung im Serum (zur Prüfung der Ne-
von β-Blockern wegen der kardialen Symptomatik. Radio- benschilddrüsenfunktion).
jodtherapie bei kleineren Strumen (bis maximal 50 ml). 4 Röntgenaufnahme des Thorax.
kInstrumentarium
Grundinstrumentarium mit zarten Péan- und Kocher-
Klemmen, Overhold (klein), feinen Pinzetten, Dissektor,
feine Präparierschere, Allis- oder Lockwood-Klemmen,
Museux, ggf. Kocher-Rinne und Deschamps, Ultraschall-
dissektion, bipolare Schere oder LigaSure (7 Abschn. 2.5.5)
wie auch der Einsatz eines Einzelclipstaplers kann er-
wünscht sein.
Bei kleinen Strumen Instrumentarium für minimal-
invasives Vorgehen (s. unten). a
Neuromonitoring
Strukturen, die geschont werden müssen, sollten bei einer
Operation immer dargestellt werden. Dies gilt nicht nur
für z. B. den Ureter bei der Sigmaresektion, auch der
Stimmbandnerv und die Nebenschilddrüsen müssen ge-
nau lokalisiert werden, damit sie nicht versehentlich ge-
schädigt werden.
Diese sog. Visualisierung wird heute bei der Schilddrü-
senoperation grundsätzlich gefordert. Als zusätzliche Hilfe
und Sicherung bei der Präparation kann das sog. Neuro-
b
monitoring dienen. Es gibt verschiedene Geräte dafür im
Handel. Bei allen Modellen wird der Nerv elektrisch stimu-
liert, die evozierte Muskelaktion kann durch Aufzeichnung
des Muskelaktionspotenzials beobachtet und/oder durch
ein akustisches Signal verdeutlicht werden (. Abb. 2.23).
Entweder werden Elektroden in den Kehlkopf einge-
stochen, oder ein spezieller, mit Elektroden versehener
Endotrachealtubus wird so in die Trachea eingeführt, dass
die Elektroden genau in Höhe der Stimmbänder im Kehl-
kopf zu liegen kommen. Bei Nervenreiz kommt es dann
durch die Nervenleitung zu Muskelaktivität, die wiederum
die Stimmbänder bewegt und über die Elektroden die Auf-
zeichnung ermöglicht.
c
Schilddrüsenresektion
7 Kocher-Kragenschnitt, die Länge richtet sich nach . Abb. 2.23 Neuromonitoring. a Monitor, b Tubus für das Neuro-
der Größe der Schilddrüse. Seitliche Begrenzung monitoring, c Darstellung des N. Vagus
ist beidseits der M. sternocleidomastoideus.
7 Ligatur der Vv. jugulares anteriores, kleinere Äste
können mit dem Elektrokauter verschorft werden.
7 Spalten der vorderen geraden Halsmuskulatur in 7 Anklemmen der Schilddrüse (z. B. mit Kocher-
Längsrichtung, bei großen Strumen auch quere Klemmen o. Ä.).
Durchtrennung. 7 Freipräparieren des oberen Pols (manche Opera-
7 Abtasten beider Schilddrüsenlappen, auch der teure beginnen am kaudalen Pol) und Durchtren-
dorsalen Anteile, damit keine Knoten übersehen nen der Polgefäße nach Ligatur bzw. anderer Blut-
werden. stillung.
6 6
50 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Formen Reposition
Unterschieden werden äußere und innere Hernien. Der Zeitpunkt der Inkarzeration kann häufig vom Pati-
enten genau angegeben werden. Dies ist wichtig, da
Äußere Hernien die Reposition eines akuten eingeklemmten Bruches
Brüche der Bauchwand, die von außen sichtbar sind. Bei- nur innerhalb der ersten 4 h versucht werden sollte. Nur
spiele: die komplette, also gut gelungene Repositon führt zur
4 Leistenhernie (Hernia inguinalis), raschen Beschwerdefreiheit. Dagegen ist eine Reposition
4 Nabelhernie (Hernia umbilicalis), en bloc gefährlich, da bei ihr der Bruch zwar äußerlich
52 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
verschwunden ist, die wirksame Bruchpforte aber nur ge- tenkanals vorn von der Externusaponeurose und dor-
waltsam in die Tiefe verlagert wurde ohne eine echte Re- sal von der Transversalisfaszie begrenzt.
position des Bruchinhalts erzielt zu haben (sog. Pseudore-
2 position). Indirekte und direkte Hernien
Eine indirekte Hernie wird auch als schräger, äußerer oder
Indikationen zur Operation lateraler Bruch, eine direkte Hernie als senkrechter, innerer
Jede palpatorisch oder zusätzlich sonographisch diagnos- oder medialer Bruch bezeichnet.
tizierte Hernie kann als Wahleingriff zu einem beliebigen Diese beiden Formen unterscheiden sich durch die
Zeitpunkt operiert werden. Eintrittsstellen in den Leistenkanal. Indirekte Hernien tre-
ten am inneren Leistenring und damit lateral der epigas-
! Eine Notfallindikation zur Operation besteht
trischen Gefäße in den Leistenkanal ein. Direkte Hernien
immer dann, wenn die Reposition eines akut
sparen den seitlichen Umweg zum inneren Leistenring aus
inkarzerierten Bruches nicht möglich ist oder
und treten »direkt« auf halber Strecke und damit medial
wenn das Zeitintervall nach akut eingetretener
der epigastrischen Gefäße in den Leistenkanal ein.
Inkarzeration 4 h überschreitet.
Herniotomie
7 Der Hautschnitt verläuft parallel und etwa 2 cm
über dem Leistenband.
7 Durchtrennung des Subkutangewebes und Ein-
setzen der scharfen Haken. Dadurch stellen sich
die Vasa epigastricae superficiales dar, die unter-
bunden werden. Darstellung der Externusaponeu-
rose inklusive des äußeren Leistenringes. Die Apo-
neurose wird, beginnend am äußeren Leistenring,
mit der Präparierschere gespalten.
7 Die Verklebungen zwischen dem M. cremaster
und dem Leistenband sowie zwischen der Hinter-
wand des Leistenkanals und dem M. obliquus
internus abdominis können mit einem feuchten . Abb. 2.24 Anlegen einer Tabakbeutelnaht an der Bruchsackbasis
Stieltupfer oder Präparierstiel gelöst werden.
7 Nach der Eröffung des Leistenkanals liegt das
Samenstranggebilde frei, umgeben vom M. cre-
master, der gespalten wird. Daraufhin kann der Bruchpfortenverschluss nach Bassini
Samenstrang mit einem Gummizügel angeschlun- Diese Reparationsform kommt nur noch sehr selten
gen werden. zur Anwendung.
7 Der Bruchsack wird dargestellt, er wird entweder 7 Voraussetzung hierfür ist die vollständige Spal-
mit 4 kleinen Klemmchen oder mit einem kleinen tung der Fascia transversalis.
Duval angeklemmt und vom Samenstrang bis zur 7 Die Nähte vereinigen durchgreifend den M. obli-
Bruchpforte mit einer Metzenbaum-Schere frei- quus internus, die Fascia transversalis und den
präpariert. Damit ist die Sicht frei auf den inneren M. transversus abdominis mit dem Leistenband.
Leistenring und die epigastrischen Gefäße, die Zur Sicherung kann die erste Naht durch das
entweder medial oder lateral der Bruchpforte Schambeinperiost gelegt werden. Wegen mög-
liegen. licher postoperativer Schmerzzustände und der
7 Der Bruchsack wird an der Spitze eröffnet, der In- erhöhten Rezidivrate kann diese Maßnahme nicht
halt inspiziert. generell empfohlen werden.
7 Wenn möglich, wird der Bruchsackinhalt stumpf
(unter Zuhilfenahme eines feuchten Stieltupfers)
in die Bauchhöhle reponiert. Der Bruchsack
Bruchpfortenverschluss nach Shouldice
wird mit einer Tabakbeutelnaht verschlossen
(. Abb. 2.24) und abgetragen. 7 Dieses Verfahren stellt durch die Doppelung der
ausgedünnten Fascia transversalis eine anatomie-
gerechte Rekonstruktion der Hinterwand des Leis-
tenkanals dar.
Der Verschluss der Bruchpforte beinhaltet als wichtigsten 7 Hat diese Faszie einen Defekt oder eine fühlbare
Arbeitsschritt die Verstärkung der Hinterwand des Leis- Schwäche, ist eine Doppelung indiziert. Dazu wird
tenkanals. Dafür gibt es u. a. die im Folgenden beschrie- sie vom inneren Leistenring an mit einer Schere
benen Methoden. gespalten. Dabei muss besonders auf die darunter
liegenden Gefäße geachtet werden.
6
54 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
. Abb. 2.25 Shouldice-Technik, anteriorer Zugang. (Nach Siewert . Abb. 2.26 Lichtenstein-Technik, anteriorer Zugang. (Nach Siewert
2010) 2010)
7 Der obere Anteil der Faszie wird von der Bruch- band und M. obliquus internus wird ein keilförmig
pforte aus mit Kocher-Klemmen gefasst, dann zugeschnittenes Polypropylennetz (z. B. Prolene,
wird die Faszie teils stumpf (mit Präpariertupfer Atrium) oder ein Titan-Kunststoffnetz (T-MESH)
oder Finger) teils scharf mit der Schere vom mit nicht resorbierbarer Naht oder Titan-Clips
präperitonealen Fett abpräpariert. Nun wird auch spannungsfrei fixiert. Seitlich wird ein Schlitz zur
der untere Faszienteil angeklemmt. Die untere Aufnahme des Samenstranges angelegt. Die bei-
Hälfte der Fascia transversalis wird unter die obere den schmalen Schenkel des Netzes werden lateral
genäht (gedoppelt; . Abb. 2.25). überkreuzt, sodass sie einen inneren Leistenring
7 Über die erste Nahtreihe wird zur Doppelung die bilden. Darüber werden die Externusaponeurose
Zweite fortlaufend gelegt. An der Oberkante kann und die übrigen Wandschichten wieder verschlos-
der M. cremaster in die Naht einbezogen werden. sen (. Abb. 2.26).
7 Danach werden der M. transversus abdominis und
der M. obliquus internus als zweite Schicht an das
Leistenband geheftet. Diese Operation wird häufig in Lokalanästhesie vorge-
7 Mit einer fortlaufenden Naht wird die Externusa- nommen.
poneurose verschlossen. Schichtweiser Wundver- Wegen der geringeren Rezidivrate kann eine Netzim-
schluss, Verband. plantation schon bei jungen Patienten erfolgen.
In der Nachbehandlung ist keine längere Schonung
nötig.
Die endoskopische Versorgung einer Leistenhernie
Bruchpfortenverschluss nach Lichtenstein nimmt ständig an Bedeutung zu (für die Varianten dieser
7 In den letzten Jahren wird zunehmend ein span- Therapie 7 Abschn. 2.15 MIC).
nungsfreier Bruchpfortenverschluss durch Im-
plantation eines nicht resorbierbaren oder teilre- Leistenbruch bei Frauen
sorbierbaren Kunststoffnetzes propagiert. Es handelt sich fast immer um eine indirekte Hernie. Der
7 Zunächst werden Bruchsack und Bruchpforte dar- Bruchsack liegt oberhalb des Leistenbandes. Der Bruch-
gestellt. sackverschluss und die Verstärkung der Hinterwand ent-
7 Die Präparation verzichtet jedoch auf die Durch- sprechen dem Vorgehen beim Mann. Das Lig. rotundum
trennung der Transversalisfazie und im Regelfall (Lig. teres uteri) wird im Leistenkanal fixiert und in die
auf die Bruchsackabtragung. Zwischen Leisten Bassini-Nähte einbezogen oder bei der Fasziendoppelung
6 im lateralen Anteil eingenäht. Eine oft gleichzeitig vorhan-
dene Hydrozele wird reseziert.
2.3 · Hernien
55 2
a b
. Abb. 2.27a, b Operative Versorgung der Femoralhernie (a). inferior, 10 Fascia transversalis. b Versorgung des Bruchsacks und
1 Externusaponeurose, 2 Lig. inguinale, 3 M. obliquus internus Bruchpfortenverschluss nach McVay. M. obliquus internus und trans-
4 M. transversus, 5 Pecten ossis pubis, 6 Lig. rotundum, 8 Femoral- versus werden an das Os pubis genäht. (Nach Siewert 2001)
hernie, 9 A. und V. femoralis mit Abgang der A. und V. epigastrica
kLagerung
4 Rückenlage, leicht überstreckt,
4 Dispersionselektrode an einem Oberschenkel.
kInstrumentarium
Grundinstrumentarium.
2. OP-Schritt:
Nun erfolgt die spannungsfreie Reparation der Bruch-
2 pforte. Hierzu stehen mehrere Verfahren zur Verfügung:
7 Kleinere Narbenhernien: direkte einreihige Stoß-
auf-Stoß-Naht mit durchgreifenden Einzelknopf-
nähten.
7 Selten bei noch erkennbarer intakter Schichtung
der Bauchdecke: mehrreihiger, schichtgerechter
Wundverschluss.
7 Implantation von Fremdmaterial, falls die Adapta-
tion der Faszienränder nicht gelingt: (nicht resor-
bierbare Kunststoffnetze wie Gore-Tex, Mersilene,
Prolene, Atrium, Surgipro mesh), Vollhaut- oder
. Abb. 2.30 Narbenhernie, intraopertiver Situs. (Nach Siewert 2010)
Koriumlappen.
7 Wichtig: das implantierte Material muss breitflä-
chig (3–5 cm überlappend) an den intakten
Bruchrändern fixiert werden, um ein belastungs-
stabiles Einwachsen der Prothese zu ermöglichen.
Ein Kontakt der Netzprothese zum Darm muss
vermieden werden. Prinzipiell ist die Fixierung des
Netzes auf der Faszie oder zwischen Peritoneum
und Bauchwand möglich (»Onlay-« bzw. »Under-
lay-Technik«).
7 Als Innovation gilt die laparoskopische Versor-
gung in »Sublay-Technik« mit neuen Netzmaterali-
en, die Kontakt zum Darm haben dürfen (z. B. Pro-
ceed, Physiomesh).
2.4 Speiseröhre
Narbenhernie
2.4.1 Anatomie
1. OP-Schritt:
7 Exzision der Narbe; der Bruchsack und intakte Die Speiseröhre (Ösophagus) ist ein ca. 28 cm langes Mus-
nahtfähige Faszienränder müssen exakt darge-
kelhohlorgan. Sie verbindet den Schlund (Pharynx) mit
stellt werden. Die Eröffnung des Bruchsackes mit
dem Magen.
dem Lösen der Bruchsackadhäsionen erleichtert
Vom zervikalen Anteil (zwischen Halswirbelsäule und
das Vorgehen. Durch Austastung von innen kön-
nen die Bauchdeckensubstanz und die Bruchpfor- Trachea gelegen) tritt der Ösophagus in den Thorax ein.
tenränder beurteilt sowie zusätzliche Faszienlü- Hier verläuft er S-förmig im hinteren Mediastinum hinter
cken erkannt werden. Um die zur Rekonstruktion der Trachea und dem Herzen. Mit Ausnahme des Kardia-
verwendbaren Faszienränder darzustellen, wird bereichs unterhalb des Zwerchfells (erst hier gibt es einen
die gesunde Faszienvorderseite über einige Zenti- Serosaüberzug) ist die Speiseröhre relativ beweglich.
meter im gesamten Bruchbereich zirkulär vom Im Übergang des Ösophagus zum Magen befindet sich
subkutanen Fettgewebe abgetrennt. Insuffiziente der sog. His-Winkel, der zur Refluxverhinderung wichtig
Faszienanteile werden reseziert. ist (. Abb. 2.32).
6 Entsprechend der Organdrehung während der Embry-
onalentwicklung verläuft der linke Ast des N. vagus distal
2.4 · Speiseröhre
59 2
auf der Vorderseite, der rechte Ast distal auf der Hintersei-
te des Ösophagus.
Die Speiseröhre erhält ihre Blutversorgung im zervi-
kalen Abschnitt aus den Aa. thyreoideae inferiores, im tho-
rakalen Abschnitt direkt aus dem Aortenbogen bzw. aus
den der thorakalen Aorta entspringenden Ästen. Im un-
teren Drittel erfolgt die arterielle Versorgung aus der
A. phrenica und der A. gastrica sinistra. Die Gesamtblut-
versorgung ist entsprechend des relativ geringen Sauer-
stoffbedarfs spärlich.
Die Versorgung mit Lymphbahnen ist dagegen reich-
lich. Der D. thoracicus verläuft als große Lymphabfluss-
bahn parallel zur Speiseröhre. . Abb. 2.32 Ösophagus mit Übergang in den Magen
jIndikationen
Chirurgische Eingriffe am Ösophagus sollen die Nah-
rungspassage gewährleisten bzw. wiederherstellen. Behan-
delt werden Funktionsstörungen und organische Verände-
rungen, deren Krankheitswert, Diagnostik und chirur-
gische Therapie nachfolgend besprochen wird.
2.4.2 Achalasie-Ösophagospasmus
kPrinzip
Anteriore Myotomie nach Gottstein/Heller mit Durch-
trennung der Ösophagusmuskulatur im Stenosebereich
(. Abb. 2.33).
kLagerung
4 Rückenlage, leicht überstreckt, ggf. mit rekliniertem
Kopf,
4 neutrale Elektrode an einem Oberarm. b
kInstrumentarium
. Abb. 2.33a, b Myotomie des distalen Ösophagus bei Achalasie
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium, (a). Deckung der Myotomie durch Fundoplastik (b). (Nach Siewert
4 Gummizügel. 2010)
60 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
kLagerung
Diese Operation kann minimal-invasiv durchgeführt 4 Rückenlage, Oberkörper leicht aufgerichtet, Kopf re-
werden kliniert und nach rechts gedreht,
4 neutrale Elektrode am linken Oberarm.
Ätiologie
Das Hauptkennzeichen der Refluxkrankheit ist ein ge-
Abtragen des Divertikels
störter Verschlussmechanismus des unteren Ösophagus-
7 Mit einem linearen Stapler (. Abb. 2.35). Es ist sphinkters. Fast immer liegt gleichzeitig eine axiale Hiatus-
darauf zu achten, dass kein Anteil der Ösophagus- hernie vor (s. unten).
wand mit in die Klammerreihe gelangt. Eine zu- Die Refluxösophagitis ist gekennzeichnet durch pep-
sätzliche Übernähung der Klammernahtreihe tische Epitheldefekte und ihre Folgen, verursacht durch die
kann entfallen. Nach der Abtragung sollte mit zurücklaufenden aggressiven Verdauungssäfte des Ma-
warmer Kochsalzlösung gespült werden. gens. Je nach Schwere wird die Refluxösophagitis in die
7 Geschlossene Resektion zwischen 2 weichen folgenden 4 Stadien eingeteilt.
Klemmen.
7 Offene Resektion mit Schere und Pinzette, nach- Stadien der Refluxösophagitis
dem an der Basis eine Tabakbeutelnaht gelegt . Tab. 2.1.
wurde. Nach der Resektion wird der kurze Stumpf
versenkt und mit einer zusätzlichen Naht ver-
. Tab. 2.1 Stadieneinteilung der Refluxösophagitis
schlossen.
7 Einlegen einer dünnen Drainage, Adaptation der Stadium Kennzeichen
Halsmuskeln und des Platysma, Subkutan-, Haut-
naht, Verband. I Fleckförmige entzündliche Schleimhaut-
infiltration
II Zusammenlaufende Schleimhautläsionen
Diese Operation kann als endoskopische »Schwellen- III Tiefgreifende zirkuläre Ulzerationen
durchtrennung« heute meist von HNO-Ärzten durchge-
IV Peptische Stenose
führt werden.
a b c
. Abb. 2.35 a–c Abtragung eines Zenker-Divertikels mit einem linearen Verschlussstapler. (Nach Siewert 2001)
62 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Symptome
a b
Die Symptomatik ergibt sich aus der Einklemmungsge-
fahr der Magenwand mit Blutungs- und Perforationsge-
2 fahr.
Diagnostik
Die exakte Anamnese hat zu klären, ob die Beschwerden
auf einen Reflux vom Magen in die Speiseröhre zurückzu-
führen sind.
Die Ösophagus-Magen-Röntgenuntersuchung unter
c
Provokationstest in Kopftieflage und unter Bauchpresse
des Patienten macht die Diagnose bezüglich des vorlie-
genden Hernientyps und der Kardiainsuffizienz möglich.
Insbesondere bei der axialen Hiatushernie kann die En-
doskopie klären, welches Stadium der Refluxösophagitis
vorliegt. Die Gewebeprobenentnahme zur Histologie ist
zur Klärung der malignen Entartungstendenz im Barrett-
Ösophagus wichtig. Hier liefert die Endoskopie wertvolle
Zusatzinformationen.
Die pH-Metrie und Manometrie des Ösophagus sind
. Abb. 2.36a–c Klassifikation der Hiatushernien: a axiale, b para- beurteilende Untersuchungen vor der OP-Planung.
ösophageale, c gemischte Hiatushernie. (Nach Siewert 2010) Die operative Versorgung in Form einer Fundoplicatio
erfolgt in der Regel minimal-invasiv über einen laparosko-
pischen Zugang (7 Abschn. 2.15.8).
Das Hauptsymptom ist Sodbrennen mit Verstärkung
in Rückenlage. Komplikationen sind die narbige Schrump-
fung sowohl im Durchmesser als auch in der Längsausdeh- 2.4.5 Ösophaguskarzinom
nung. Daraus folgen die narbige Stenosierung und der sog.
Endobrachyösophagus mit Verschiebung der Ösophagus- Das Karzinom ist die häufigste Erkrankung des Ösophagus
Magenschleimhaut-Grenze in den Ösophagus hinein. und kommt öfter bei Männern als bei Frauen vor. Dieser
Frühkomplikationen sind Blutung und Perforation. Tumor wächst bevorzugt submukös, also zwischen den
Für die Entartung des sog. Barrett-Ösophagus wird der Wandschichten, sodass intraoperativ die Grenzen häufig
gallige Reflux aus dem Duodenum verantwortlich ge- sehr schlecht erkennbar sind.
macht. Die Barrett-Schleimhaut hat Ähnlichkeit mit der Neben geographischen Unterschieden spielen Kanze-
Darmschleimhaut (sog. intestinale Metaplasie). rogene wie Tabak, Teerprodukte und Alkohol für die Ent-
stehung eine wesentliche Rolle. Der Schwerpunkt der The-
Formen rapie liegt in der operativen Behandlung.
Die häufigste Form der Hiatushernie ist die axiale Hiatus- Folgende präoperative Untersuchungen klären die Di-
hernie. Es handelt sich um einen Gleitbruch (7 Abschn. agnose und Operabilität ab:
2.3), der mit einer intrathorakalen Verlagerung der Kardia 4 Gastroskopie mit Biopsie,
einhergeht (Barrett-Syndrom). Ein Krankheitswert ergibt 4 Breischluckröntgenuntersuchung des Ösophagus,
sich erst aus der Kombination mit einer Sphinkterinsuffi- 4 CT-Untersuchung des Thorax, des Oberbauchs und
zienz. ggf. der Halsregion zur Abklärung der lymphogenen
Als weitere Form der Hiatushernie ist die paraöso- Metastasierungswege.
phageale Hernie anzusehen. Bei dieser Hernienform ist die 4 Endosonographie, falls verfügbar, da hier die Infiltra-
Lage der Kardia konstant, der Sphinkter ist in der Regel tionstiefe und die benachbarten Lymphknoten zuver-
nicht beeinflusst. Es wölben sich jedoch Magenanteile lässiger beurteilt werden können als bei der Compu-
neben der Speiseröhre am Zwerchfellschenkel vorbei ins tertomographie.
Mediastinum vor. Im Extremfall kann ein totaler Magen-
volvulus (»upside-down stomach«) mit kompletter Magen- Die operative Behandlung findet heute nur noch in »Zen-
verlagerung in den Thorax auftreten (. Abb. 2.36). tren« statt (Voraussetzung: 10 Eingriffe/Jahr/Klinik).
2.4 · Speiseröhre
63 2
Transmediastinale Ösophagusexstirpation
Die transmediastinale Ösophagusexstirpation erfolgt über
einen abdominalen und ggf. kollaren Zugang. Der abdo-
minothorakale Zugang sollte gewählt werden, wenn eine
stumpfe Dissektion nicht möglich ist, die Anastomose in-
trathorakal angelegt werden soll und eine radikale Lymph-
adenektomie geplant ist (. Abb. 2.37).
kIndikation
Karzinome im mittleren und unteren Abschnitt und Ma-
genkarzinome im Kardiabereich, die auf den Ösophagus
übergreifen.
kPrinzip
Subtotale Entfernung des Ösophagus inklusive der Kardia
und Wiederherstellung der Passage durch Ösophagogas-
trostomie. Eine Ösophago-Ösophagostomie ist in der Re-
gel nicht möglich, da die Anastomose aufgrund der
schlechten Durchblutung der Speiseröhre nicht heilen
würde.
OP-Verlauf: Handnahtanastomose
7 Die Muskulatur des Ösophagus wird mit der Serosa
des Magenfundus anastomosiert. Nach der Lumen-
eröffnung des Magenschlauches folgt eine all-
schichtige Hinterwandnaht als zweite Nahtreihe.
7 Je nach Nahttechnik können bei zweireihiger
Naht die Knoten der ersten Vorderwandnaht
lumenseitig ausgeführt werden. Darüber Anlage
einer fortlaufenden zweiten Nahtreihe. Auch eine
b
einreihige fortlaufende Naht ist möglich. Bei ma-
. Abb. 2.38a, b Speiseröhrenersatz durch Interposition eines
nuellen Anastomosennahttechniken sollten aus
Magenschlauchs. (Nach Siewert 2010) theoretischen Überlegungen doppelte Nahtrei-
hen vermieden werden, da sie zur Durchblutungs-
minderung an der Anastomose führen können.
Alternativen
4 Maschinelle intrathorakale Anastomose, anwendbar
beim mittleren und distalen Ösophaguskarzinom. Da-
bei wird nach Anlage einer Tabakbeutelnaht die Ge-
gendruckplatte eines zirkulären Staplers von abdomi- a
nal in den vorbereiteten Ösophagusstumpf eingeführt.
4 Zweihöhleneingriff mit rechtsseitiger Thorakotomie,
nach Umlagerung mit Hand- oder Stapleranastomose.
4 Koloninterponat (. Abb. 2.39).
Inoperables Ösophaguskarzinom
Wenn prä- oder intraperativ festgestellt wird, dass ein
Ösophaguskarzinom nicht mehr resezierbar ist, erfolgt die
innere Schienung im Tumorbereich. Hierbei wird durch
Tubuseinlage zumindest eine freie Passage für Flüssig-
keiten und pürierte Speisen erreicht. Dazu werden Tubus-
typen nach Häring, Celestine oder Buess sowie selbstex-
pandierende Stents aus Metallgeflecht verwendet.
Je nach Behandlungskonzept geht eine Bestrahlung des
Tumors voraus, die das Gewebe festigt und damit bei der
Dehnung durch den Tubus die Gefahr einer Schleimhaut-
zerreißung verringert.
Die Platzierung des Tubus bzw. der Stents wird zumeist
endoskopisch vorgenommen (. Abb. 2.40); eine operative b
Tubuseinlage über eine Gastrotomie erfolgt heute nur noch
selten. Nachteil der Endoprothese ist, dass sie verstopfen . Abb. 2.39a, b Speiseröhrenersatz durch Kolon (linke Kolonflexur
oder aus der Stenose rutschen kann. Außerdem kann es zur mit Colon transversum, ggf. mit rechter Kolonflexur, gestielt an der
A. colica sinistra). (Nach Siewert 2010)
Arrosion kommen. Die Buess-Endoprothese ist z. B. daher
so konstruiert, dass sie ohne großen Aufwand gewechselt
werden kann. Sie hat am proximalen Ende eine Schlaufe, 4 Fundus,
die das Fassen und Entfernen erleichtert. 4 Korpus,
4 Antrum.
2.5 Magen Der Mageneingang wird als Kardia, der Magenausgang als
Pylorus bezeichnet, kranial liegt die kleine Kurvatur, kau-
2.5.1 Anatomie dal die große Kurvatur.
Folgende 4 Wandschichten werden von innen nach au-
Der Magen ist ein muskuläres Hohlorgan, das in 3 Ab- ßen unterschieden:
schnitte unterteilt werden kann: Mukosa → Submukosa → Muskularis → Serosa.
66 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Gefäßversorgung
Bis auf das Fundusgebiet ist der Magen reichlich durch-
blutet. Sein Hauptarterienstamm ist der Truncus coelia-
2 cus. Von diesem zweigt die kräftige A. gastrica sinistra
ab, um in der Nähe der Kardia die kleine Kurvatur zu er-
reichen.
Von der A. hepatica communis entspringt die zartere
A. gastrica dextra, die durch Arkaden an der kleinen Kur-
vatur mit der A. gastrica sinistra verbunden ist.
Auch die große Kuvatur wird ähnlich von Gefäßen um-
fasst. Links verläuft die A. gastroomentalis sinistra (sie
entspringt aus der A. splenica), rechts die A. gastroomen-
talis dextra (aus der A. gastroduodenalis).
Die Aa. gastricae breves, die aus der A. gastroomentalis
sinistra bzw. aus der A. splenica entspringen, versorgen
den Fundus und einen Teil des Korpus (. Abb. 2.41).
! Die Blutversorgung der kleinen Kurvatur erfolgt
aus den Aa. gastricae sinistra et dextra, die Blut-
versorgung der großen Kurvatur aus den Aa. gas-
troomentales sinistra et dextra.
Die verschiedenen Zelltypen der Mukosa produzieren 2.5.2 Allgemeines zur Magenchirurgie
folgende Substanzen:
4 Salzsäure in den Parietal- oder Belegzellen der Kor- Indikationen
pus- und Fundusdrüsen, Es bestehen folgende Behandlungsindikationen:
4 Gastrin in der Antrumschleimhaut, 4 Ausschließlich konservativ: entzündliche Verände-
4 Schleim in den Nebenzellen, v. a. in der Pylorusregion, rungen, dyspeptisch-ulzeröse Störungen.
4 Pepsinogen in den Hauptzellen. 4 Vorwiegend konservativ: Ulkusleiden, unkompli-
zierte Ulkusblutung.
Die täglich produzierte Magensaftmenge beträgt 3.000 ml. 4 Chirurgische Therapie: komplizierte Ulkusblutung,
Dabei werden in den 9 Nachtstunden 60% der täglichen Ulkusperforation, Magenausgangstenose als Spät-
Salzsäuremenge sezerniert. Die Säureproduktion unter- komplikation, Magenkarzinom.
liegt den folgenden Einflüssen:
Vagusreiz → Magenwanddehnung → Gastrinausschüt- Etwa 10% unserer Bevölkerung entwickeln im Laufe ihres
tung → Fettresorption im Duodenum. Lebens gastroduodenale Ulzerationen. Die Ulkuskrank-
Der Magen ist im Bereich der Kardia am Zwerchfell heit verläuft chronisch, schubweise rezidivierend. Bei an-
fixiert, mit der Leber durch das Lig. hepatogastricum, mit steigender Ulkushäufigkeit sinkt die OP-Frequenz dank
der Milz durch das Lig. gastrosplenicum und zum Querko- medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten.
lon über das Lig. gastrocolicum verbunden.
Das Omentum minus (kleines Netz oder auch Lig. he- Operation
patogastricum) nimmt von der kleinen Kurvatur seinen Als Zugangsweg in der Magenchirurgie eignet sich die
Ausgang, das Omentum majus (großes Netz) von der gro- quere Oberbauchlaparotomie, aber auch die mediane
ßen Kurvatur. Oberbauchlaparotomie findet häufig Anwendung.
2.5 · Magen
67 2
Klammernahttechniken und manuelle Nahtverfahren 4 Die wichtigste Ursache ist die Keimbesiedelung mit
werden bei Resektionen und Anastomosierungen ange- Helicobacter pylori. Die sog. Eradikationsbehandlung
wendet. dieses Keimes führt zu einer deutlichen Senkung von
In der Ulkuschirurgie werden nichtresezierende und Ulkusrezidiven.
resezierende OP-Verfahren unterschieden.
In der Notfallsituation richtet sich die Auswahl des OP- Komplikationen des gastroduodenalen Ulkus
Blutung
Verfahrens nach hausinternen Schemata und nach der Er-
fahrung des Operateurs. Mit einer Häufigkeit von 20% stellt die Blutung die häufigste
Komplikation dar. Die Endoskopie klärt, ob weiter konser-
Pathophysiologie der Ulkuskrankheit vativ behandelt werden kann. Ziele der Notfallendoskopie:
Die aggressiven Lumenfaktoren überwiegen gegenüber 4 Lokalisation der Blutungsquelle,
4 endoskopische Blutstillung durch Unterspritzung.
den defensiven Phänomenen.
4 Ziele der Kontrollendoskopie:
Aggressive Lumenfaktoren 4 Verlaufsbeurteilung der Ulkusabheilung,
4 Aussage über die Gefahr einer Rezidivblutung,
4 Säure, Pepsin,
4 ggf. durch Probeexzision Klärung der Ulkusdignität.
4 endogen zytotoxische Substanzen
4 Gallensäuren, Lezithin etc.
Kriterien zur OP-Indikation
Defensive Phänomene
4 Die endoskopische Blutstillung gelingt nicht.
4 Durchblutung, 4 Nach schwieriger endoskopischer Blutstillung ist von
4 intakte Schleimhautbarriere (adäquater Schleim, re- der Ulkusgröße her oder bei einem großen Gefäß-
gelrechte Epithelregeneration) und ausreichende Bi- stumpf kurzfristig eine neue Blutung zu erwarten.
karbonatsekretion. 4 Die Kreislaufstabilisierung erfordert in den nächsten
24 h mehr als 4 Blutkonserven (grobe Faustregel).
Zwar gilt »ohne sauren Magensaft kein peptisches Ge- 4 Zusätzlich besteht eine langjährige Ulkusanamnese
schwür«, jedoch bestehen weitere Faktoren, die zur Ulkus- mit mehreren medikamentösen Behandlungsphasen.
entstehung beitragen können.
68 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Die Operation im Blutungsstadium weist eine erhöhte pe- Klinisch anamnestisch besteht neben der langen Ulkus-
rioperative Letalität auf. Daher sollte möglichst nach endo- erkrankung eine Gewichtsabnahme mit zunehmendem
skopischer Blutstillung und nach einer kurzen Stabilisie- Erbrechen angedauter Nahrung. Die Endoskopie, ggf. er-
2 rungsphase die sog. früh-elektive Operation unter dann gänzt durch die Endosonographie, mit Gewebeentnahme
optimalen Bedingungen durchgeführt werden. zur histologischen Untersuchung klärt die Dignität der
Stenose.
Ulkusperforation Es besteht absolute OP-Indikation, jedoch mit aufge-
Die Häufigkeit beträgt 10%. Wie auch die Blutung kann schobener Dringlichkeit.
die Perforation die erste klinische Manifestation des Ulkus-
leidens darstellen. Die freie Perforation tritt klinisch als Konservative Ulkustherapie
»akutes Abdomen« mit den Zeichen der Peritonitis in Er- Die medikamentöse Therapie macht wiederholte endosko-
scheinung. Bei der Untersuchung findet man ein »brett- pische Kontrollen erforderlich. Neben säureblockierenden
hartes Abdomen«. Die Diagnose wird durch die Röntgen- Medikamenten werden mit gutem Erfolg Antibiotika im
untersuchung des Abdomens und des Thorax am stehen- Rahmen einer zeitlich befristeten Eradikationsbehandlung
den Patienten gesichert; hierbei wird freie Luft unter dem eingesetzt.
Zwerchfell nachgewiesen. Beweisend ist freie Luft rechts-
seitig zwischen Zwerchfell und Leber. Ist eine Aufnahme Operative therapeutische Verfahren
des stehenden Patienten nicht möglich, wird die Abdo- Nichtresezierende Verfahren
menaufnahme in Linksseitenlage durchgeführt. (Freie Luft Diese Verfahren wurden besonders in den 60er Jahren an-
findet sich dann zwischen Bauchdecke und Leber.) Nach gewendet, bevor die medikamentöse Therapie des Ulkus-
der Diagnosestellung besteht eine absolute OP-Indika- leidens möglich wurde. Die Bedeutung der Vagotomie für
tion. die Ulkuschirurgie ist abnehmend, deshalb hier nur kurz
erwähnt.
Magenausgangstenose
! Bei allen Vagotomieverfahren gilt, dass eine Py-
Die Häufigkeit beträgt 7–11%. Die narbige Magenaus-
loroplastik erforderlich wird, wenn das Antrum
gangstenose ist als Spätkomplikation chronisch-rezidivie-
denerviert wird oder wenn der Magenausgang
render Ulzera anzusehen. Die bindegewebig-narbige
durch Vernarbungen funktionell stenosiert ist.
Schrumpfung der Entzündungsreaktion um das Ulkus
herum führt am Duodenalrohr zur Lumeneinengung.
kLagerung
4 Rückenlage, leicht überstreckt,
4 neutrale Elektrode an einem Oberschenkel.
2
kInstrumentarium
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 weiche Darmklemmen,
4 90° abgewinkelte Klemmen,
4 Rahmen,
4 Rochard-Haken,
4 im Ausnahmefall Magenklemmen (z. B. Moynihan,
Billroth),
4 langes, lineares Klammernahtinstrument, Einzelclip-
stapler,
4 LigaSure, ein Instrument, das durch den thermischen
Effekt Gefäße versiegelt, indem das Kollagen der Ge-
fäßwände verschmolzen wird (. Abb. 2.44).
4 Alternativ Ultraschalldissektionsinstrumente oder bi-
polare Schere.
. Abb. 2.43 Schematische Darstellung des Resektionsausmaßes ei-
ner Billroth-I-Operation. (Nach Siewert 2001)
Magenresektion
7 Quer verlaufende oder mediane Oberbauchlapa-
rotomie mit ggf. linksseitiger Umschneidung des
Nabels. Nach der Revision des Abdomens mit aus-
gedehnter Exploration werden Leberhaken, der
passende Rochard-Haken und bei Bedarf ein Rah-
men eingesetzt.
7 Die Magenteilresektion beginnt mit der magen-
nahen Skelettierung der großen Kurvatur unter
Erhalt der gastroomentalen Gefäße.
7 Der OP-Assistent übt unter Anspannung des
Lig. gastrocolicum Zug am Colon transversum aus.
Mit seiner Durchtrennung ist die Bursa omentalis
eröffnet; die Skelettierung wird nach proximal
bis zu den kurzen Magenarterien fortgesetzt, ent-
weder mit Rinne und Deschamps, mit Overholt-
Klemmen und Ligaturen oder mit einem Einzel-
clipstapler.
. Abb. 2.44 LigaSure-Gerät mit möglichen Instrumenten. 7 Verklebungen der Magenhinterwand mit dem
(Fa. Covidien)
Pankreas werden stumpf oder scharf gelöst.
Am Pylorus wird direkt an der Magenwand prä-
kIndikation pariert, um die A. gastroomentalis dextra zur
4 Ulcus ventriculi, Durchblutung des großen Netzes erhalten zu
4 selten Ulcus duodeni, können. Äste der A. gastroomentalis dextra wer-
4 jedoch bei komplizierter Blutung, den ligiert.
4 bei komplizierter Ulkusperforation, 7 Zur Skelettierung der kleinen Kurvatur wird in das
4 bei Magenausgangsstenose. kleine Netz eingegangen. Zum Duodenum hin
wird die A. gastrica dextra, zur Kardia hin die
kPrinzip A. gastrica sinistra unter einer doppelten Ligatur
Klassische Methode: Zweidrittelresektion des Magens, ein- abgesetzt. Circa 5 cm unterhalb der Kardia wird
schließlich des Pylorus (. Abb. 2.43) mit anschließender 6
Wiederherstellung der Nahrungspassage.
2.5 · Magen
71 2
Billroth I
7 Nach der Resektion wird der Restmagen an den
Duodenalstumpf angenähert. Dieses sollte span-
nungsfrei möglich sein, in der Regel muss zuerst b
das Duodenum nach Kocher mobilisiert werden
(7 Abschn. 2.5.7). Ein 6–7 cm langer Streckenge-
. Abb. 2.45a, b Magenresektion mit Rekonstruktion nach Billroth I.
winn ist durch das Kocher-Manöver möglich. a Zustand nach Magenresektion und Verkleinerung des Magenquer-
Komplett ausgeführt lässt sich anschließend der schnitts, b abschließende Situtation nach Gastroduodenostomie.
Pankreaskopf dorsal umfassen, und der Einblick (Nach Siewert 2001)
auf die V. cava ist möglich.
7 Bei Staplerverschluss des Magenstumpfes und
des Duodenums müssen die Klammernahtreihen 7 Der Magenrest und das Duodenum werden mit je
am Duodenalstumpf und an der großen Kurvatur einer weichen Klemme gefasst oder mit Haltefäden
des Restmagens auf Anastomosenweite entfernt einander genähert, damit zunächst die seromusku-
werden. läre Hinterwandnaht ausgeführt werden kann.
6 6
72 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
kLagerung
7 Die beiden Eckfäden bleiben lang und dienen als Siehe Magenresektion.
Haltenähte. Die Vorderwandnaht wird wieder fort-
2 laufend oder in Einzelknopftechnik ausgeführt. kInstrumentarium
Am Schwachpunkt der Billroth-I-Anastomosen- Siehe Magenresektion und zusätzlich ein linearer Anasto-
technik, der sog. »Jammerecke«, treffen die Anas- mosenstapler.
tomosennähte mit der Nahtreihe des Magen-
stumpfverschlusses zusammen. Zur Sicherung
Billroth II
wird eine zusätzliche U-Naht gelegt.
7 Nach der Staplerresektion wird häufig erst die 7 Der OP-Zugang, die Skelettierung und die Magen-
Hinterwandnaht seromuskulär genäht, dann teilresektion erfolgen in der gleichen Weise wie bei
werden die Klammern exzidiert. Anschließend der Billroth-I-Resektion beschrieben. Nach der Ske-
wird eine zweite lumenseitige Nahtreihe ausge- lettierung über das Duodenum hinaus werden 2
führt und die Anastomose mit der Vorderwand- Haltefäden an den Übergang zwischen Magen und
naht beendet. Duodenum gelegt und angeklemmt. Danach kann
7 Vor dem Verschluss der OP-Wunde kann eine das Duodenum mit einer 90° gewinkelten Klemme
Zieldrainage gelegt werden, v. a. nach intensiver abgeklemmt und das Resektat abgesetzt werden.
Präparation in der Pankreaskopfregion. 7 Der Blindverschluss des Duodenalstumpfes er-
7 Blutstillung, Kontrolle der Textilien und der Instru- folgt meist durch eine doppelte Tabakbeutelnaht.
mente, Dokumentation der Vollzähligkeit, schicht- Bei der Anwendung von Staplern kann das Duo-
weiser Wundverschluss, Verband. denum mit einem linearen Anastomosenstapler
geklammert und durchtrennt werden. Danach
sollte der Stumpf zusätzlich übernäht werden, um
Magenresektion und Anastomose einer Nahtinsuffizienz sicher vorzubeugen. Die
nach Billroth II Duodenalstumpfinsuffizienz ist mit einer Letalität
Bei dieser Anastomosenform wird die Duodenalpassage von 50% belastet. Je nach Ulkus- oder Narbenlo-
ausgeschaltet, der Duodenalstumpf muss also verschlossen kalisation kann der Duodenalstumpfverschluss
werden. technisch schwierig sein.
Zahlreiche Modifikationen sind bekannt. Die zur Anas- 7 Die Magen-Darm-Passage wird mit einer 60– 80 cm
tomose benötigte Jejunumschlinge kann sowohl ante- langen Jejunumschlinge, ca. 40 cm hinter dem
als auch retrokolisch hochgezogen werden; dies hängt u. a. Treitz-Band, hergestellt. Am angehobenen und im
von der Mobilität der Jejunumschlinge und der Beschaffen- Gegenlicht ausgespannten Mesocolon transver-
heit des Mesocolon transversum und des großen Netzes sum wird ein gefäßfreier Abschnitt gesucht und
ab. mit Overholt-Dissektion und Ligaturen, oder
Die Gastroenterostomie nach Y-Roux ist heute eben- maschinell, eine 6–8 cm lange Öffnung gebildet,
falls weit verbreitet (s. unten). Obwohl die maschinellen durch die die Jejunumschlinge spannungsfrei bis
Techniken sich immer mehr durchsetzen, wird im Fol- an den Magen ante- oder retrokolisch hochgezo-
genden auch die Handnaht angesprochen. gen werden kann (antekolisch; . Abb. 2.47).
7 Der Nahtverschluss des Mesokolonschlitzes ist obli-
kIndikation gat, variabel ist der Zeitpunkt. Manche Chirurgen
4 Verwachsungen des Duodenums, die erhebliche ziehen es vor, diesen Schritt erst am Ende der Ope-
technische Schwierigkeiten bei der Mobilisation ver- ration zu machen. Am Scheitelpunkt der Jejunum-
ursachen (z. B. Perforation mit Peritonitis), sodass schlinge wird eine Seit-zu-Seit-Anastomose mit
eine spannungsfreie Billroth-I-Anastomose nicht dem Magenrest hergestellt, die eine Lumenweite
möglich ist; von ca. 6 cm aufweist. Dazu wird das Jejunum an
4 subtotale Resektion in der Karzinomchirurgie. die Magenhinterwand gelegt und oral der Klam-
merreihe am Magenrest mit Ecknähten fixiert, die
kPrinzip als Haltefäden dienen.
Zweidrittelresektion des Magens mit Duodenalblindver- 7 Der Magen und die Jejunumschlinge werden mit
schluss und anschließender Gastrojejunostomie mit dem Elektrokauter eröffnet, das Lumen abgesaugt
Braun-Fußpunktanastomose (. Abb. 2.46, . Abb. 2.47). oder trockengetupft.
Dabei kann die Jejunalschlinge sowohl antekolisch als auch 6
retrokolisch (wie beschrieben) hochgezogen werden.
2.5 · Magen
73 2
Alternative Stapleranastomose
7 Stapleranastomose mit linearem Stapler oder line-
arem Anastomosenklammernahtinstrument zur Er-
stellung einer Seit-zu-Seit-Anastomose: beide anein-
ander gelegten Jejunumschenkel werden mit je einer . Abb. 2.46 Schematische Darstellung des Resektionsausmaßes
kleinen Stichinzision versehen, nachdem die Anasto- und der antekolischen Schlingenführung einer Magenresektion
nach Billroth II. (Nach Siewert 2006)
mosenlänge mit 2 Haltefäden markiert wurde.
7 Zur Herstellung der Braun-Anastomose werden
beide Branchen des linearen Anastomosenstap-
lers in die Öffnungen eingeführt, miteinander ver-
bunden und das Instrument ausgelöst.
7 Nach Kontrolle der Anastomosenlinien auf Blut-
trockenheit können die Inzisionsöffnungen
schnell mit einem linearen Klammernahtinstru-
ment verschlossen werden.
Diagnose
Die Diagnose muss durch Gastroskopie mit u. U. mehr-
facher Biopsieentnahme gesichert werden. Bei einer sub-
mukösen zirrhösen Ausbreitung kann die Biopsie mehrfach
negativ sein. Röntgenologisch lässt sich bei der Kontrast-
mitteluntersuchung eine Wandstarre darstellen. Die Abdo-
mensonographie dient dem Ausschluss bzw. Nachweis von
(Leber)metastasen. Der Vorhersagewert der CT-Untersu-
chung beschränkt sich auf den Nachweis von Kriterien der
a b Inoperabilität (Metastasen und Tumorinfiltration).
Die Endosonographie bietet als neue Technik zusätz-
. Abb. 2.48 a Distale Magenresektion mit Y-Roux-Anastomose, liche Beurteilungsmöglichkeiten.
b distale Magenresektion und Rekonstruktion in Y-Roux-Technik.
(Nach Siewert 2006)
Lokalisation
Das Magenkarzinom entsteht bevorzugt im Antrum, in
Y-Roux; . Abb. 2.48) oder in Staplertechnik erfolgen der kleinen Kurvatur oder im Fundus-Kardia-Bereich. In
(s. oben). 10% der Fälle wächst das Karzinom multizentrisch.
Bei der alleinigen Gastroenterostomie (GE) nach Y-
Roux (Indikation: nicht resezierbare Magenausgangsteno- Operative Therapie
se) wird ohne vorherige Magenteilresektion die dargestell-
! Als Grundsatz gilt, dass jedes Magenkarzinom,
te Jejunumableitung angelegt.
das mit kurativem Ansatz operiert werden soll,
Auch in der Magenchirurgie sind viele Eingriffe lapa-
radikal operiert wird.
roskopisch durchführbar (7 Abschn. 2.15.8).
Das bedeutet, dass die Gastrektomie mit Entfernung des
großen und des kleinen Netzes durchgeführt wird. Ob die
2.5.6 Operation des Magenkarzinoms ausgedehnte Lymphadenektomie eine Prognoseverbesse-
rung bezüglich Rezidivfreiheit und Überlebenszeit mit
Für die Entstehung des Magenkarzinoms werden ursäch- sich bringt, ist noch nicht nachgewiesen. Die Milzentfer-
lich im Rahmen der Nahrungsaufnahme entstehende Kar- nung ist nur dann indiziert, wenn durch die Karzinomlo-
zinogene verantwortlich gemacht. kalisation im oberen Magenkorpus/-fundus ein Lymph-
Die Häufigkeit des Magenkarzinoms nimmt insgesamt knotenbefall am Milzhilus wahrscheinlich wird. Bei Nach-
ab. Bei einem Überwiegen der Männer in der Geschlech- weis eines lokal fortgeschrittenen Tumors ist eine Progno-
terverteilung liegt der Häufigkeitsgipfel bei Männern im 6., severbesserung durch eine präoperative neoadjuvante
bei Frauen im 5. Lebensjahrzehnt. Nur etwa ein Drittel der Chemotherapie möglich.
Patienten mit Magenkarzinom, die in chirurgische Be- An die Magenentfernung schließt sich die Herstellung
handlung kommen, können nach intraoperativem und einer Anastomose zwischen Ösophagus und Jejunum an
histologischem Befund kurativ radikal operiert werden. (. Abb. 2.49 und . Abb. 2.50).
Hauptgrund sind nur unspezifische Symptome, die
den Patienten oft zu spät zum Arzt führen. Gastrektomie
kIndikation
Symptome 4 Kardia- und Funduskarzinom,
Folgende »Leitsymptome« können jedoch erste Hinweise 4 andere Magenmalignome,
liefern: 4 jedes Magenkarzinom, das in kurativer Hinsicht radi-
4 diffuse Oberbauchschmerzen mit gelegentlich dump- kal operiert werden soll.
fen Dauerschmerzen, 4 Auch mit palliativer Zielsetzung kann eine Gastrekto-
4 fehlende Regelhaftigkeit der Schmerzen, Druck- und mie durchgeführt werden.
Völlegefühl,
2.5 · Magen
75 2
kPrinzip
Resektion des gesamten Magens, häufig en bloc mit Milz,
großem und kleinem Netz mit Lymphknotendissektion,
Vorbereitung einer ösophagointestinalen Anastomose.
kLagerung
4 Rückenlage, leicht überstreckt,
4 Dispersionselektrode an einem Oberschenkel.
kInstrumentarium
Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 bipolare Schere,
4 weiche und harte Darmklemmen,
4 ggf. 90° abgewinkelte Klemmen,
4 Duval-Klemmen, Allis-Klemmen,
4 Rahmen,
4 Rochard-Haken,
4 Gummizügel, a
4 lineare Stapler und/oder lineare Anastomosenstapler,
4 ein zirkuläres Anastomosenklammernahtinstrument,
4 LigaSure (. Abb. 2.44),
4 alternativ: Ultraschalldissektionsinstrumente.
Gastrektomie
7 Quer verlaufende, bogenförmige Oberbauchlapa-
rotomie oder obere mediane Laparotomie.
7 Über eine ausgedehnte Exploration des Abdomens
werden die Tumorausdehnung und damit die Ope-
rabilität geprüft. Die Austastung dient gleichzeitig
der Suche nach verdächtigen Lymphknoten, die,
soweit erreichbar, entfernt und zur histologischen
Schnellschnittuntersuchung gegeben werden. Bei
einem metastasierenden Karzinom muss entschie-
den werden, ob eine palliative Gastrektomie mit
vertretbarem Risiko durchgeführt werden kann.
7 Nach der Entscheidung zur Gastrektomie wird das
große Netz mit Schere, Overholt und Ligaturen
oder mit dem Elektrokauter, alternativ maschinell
mit Einzelclipstapler oder bipolarer Schere, Li-
gaSure oder Ultraschalldissektion, vom Colon
transversum abpräpariert.
7 Danach kann der Magen hochgeschlagen und
evtl. vorhandene Verwachsungen können an der
Hinterwand gelöst werden. Das Duodenum wird
ggf. nach Kocher (7 Abschn. 2.5.7) mobilisiert. Er-
b
öffnung der Bursa omentalis an der kleinen Kurva-
tur, die Skelettierung erfolgt duodenalwärts, die . Abb. 2.49a, b Standardrekonstruktion nach Gastrektomie.
A. gastrica dextra wird ligiert und abgesetzt. a Transmediastinal erweiterte totale Gastrektomie, b totale abdo-
7 Am Magenausgang wird an der großen Kurvatur minale Gastrektomie (Ösophagojejunoplicatio mit Pouch) (Öso-
die A. gastroomentalis dextra ligiert und abgesetzt. phagojejunostomie nach Y-Roux; nach Siewert 2006)
6
76 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Ersatzmagenbildung durch
Ösophagojejunostomie (nach Y-Roux)
Diese OP-Methode wird auch als »Krückstockanastomo-
se« bezeichnet (. Abb. 2.50).
. Abb. 2.50 Magenersatz mittels Ösophagojejunostomie. (Nach
Hansis 2000)
OP-Verlauf: Ersatzmagenbildung
7 Die Rekonstruktion beginnt mit dem Aufsuchen
einer geeigneten mobilen Jejunumschlinge ca.
7 Nach der zirkulären Präparation des Pylorus inklu- 40 cm hinter dem Treitz-Band. Diese Schlinge wird
sive 2–3 cm des Duodenums kann Letzteres abge- so skelettiert, dass sie spannungsfrei, zumeist re-
setzt werden, entweder zwischen 2 Klemmen trokolisch, an den Ösophagus geführt werden
oder mit einem linearen Klammernahtinstrument. kann. Zwischen 2 Klemmen oder mit einem line-
7 Das Absetzen mit einem Stapler zum Duodenal- aren Cutter wird die Schlinge durchtrennt.
stumpfverschluss wird bevorzugt bei vorgese- 7 Die Anastomosierung mit dem Ösophagus sollte
hener Rekonstruktion nach Y-Roux angewandt. End-zu-Seit mit Einzelknopfnähten oder besser
Die Klammernahtreihe am Duodenum sollte über- mit einem zirkulären Klammernahtinstrument er-
näht werden. folgen.
7 Die Präparation und Mobilisation des Fundus 7 In den Ösophagus wird nach Abnehmen der Ta-
führt zum Lig. gastrosplenicum, das bei vorgese- bakbeutelklemme die Andruckplatte des zirku-
hener Milzerhaltung zwischen 2 Klemmen durch- lären Staplers in die Speiseröhre eingeführt.
trennt und ligiert, ggf. umstochen wird, oder mit 7 Eine spezielle Fasszange (. Abb. 2.20) erleichtert
dem LigaSure-Gerät versorgt wird (. Abb. 2.44). das Einführmanöver. Die Tabakbeutelnaht wird
7 Der Magen wird nach kranial über den distalen angezogen und am Dorn geknüpft.
Ösophagus hinaus freipräpariert, die A. und V. ga- 7 Der Stapler wird in das offene Darmende einge-
strica sinistra möglichst nahe am Truncus coelia- führt; seitlich gegenüber dem Mesenterialansatz
cus abgesetzt. wird mit der Trokarspitze des Zentraldornes punk-
7 Nach Anzügeln des Ösophagus und Unterfahren mit tuell die Jejunalwand perforiert.
einem Overholt wird der Magen über die liegende 7 Durch die Konnektierung der Andruckplatte mit
Magensonde noch einmal abgesaugt und die Sonde dem Zentraldorn des Klammernahtgerätes und
zurückgezogen. Bei vorgesehener Stapleranastomo- die Auslösung des Klammermechanismus nach
se wird am terminalen Ösophagus eine Tabakbeu- dem Zusammendrehen wird die End-zu-Seit-
telklemme angelegt und die dazugehörende Naht Anastomose hergestellt.
6 6
2.5 · Magen
77 2
Reservoirbildung
7 Nach Entfernung des Nahtinstruments kann der Neben der technisch einfachen »Krückstockanastomose«
offene Jejunumschenkel mit einem linearen werden eine Reihe weiterer Rekonstruktionsverfahren
Stapler verschlossen werden. Die Dichtigkeit der nach Gastrektomie, z. T. mit Reservoirbildung (z. B. nach
Anastomose wird folgendermaßen geprüft: Longmire), angegeben. Bezüglich weiterer Einzelheiten
– Die Geweberinge im Stapler werden auf ihre wird auf OP-Lehren verwiesen.
Vollständigkeit kontrolliert 4 Subtotale Magenresektion (Dreiviertel- bzw. Vierfünf-
– Eine gefärbte Lösung (z. B. PVP) wird vom An- telresektion):
ästhesisten in die bereits liegende Magenson- Dieses OP-Verfahren ist bei kurativem Ansatz nur
de gegeben. selten indiziert (z. B. kleines Antrumkarzinom vom
7 Anastomosen können ggf. mit einer Jejunoplica- intestinalen Typ ohne Lymphknotenbefall, Berück-
tio gedeckt werden, d. h. der überstehende Jejun- sichtigung der allgemeinen OP-Risiken).
umteil wird wie eine Manschette um die Anasto- 4 Palliative Operationen:
mose gelegt und mit wenigen Nähten fixiert. Das operative Vorgehen richtet sich nach der lokalen
7 Die End-zu-Seit-Anastomose der zuführenden Je- Operabilität, nach tumorbedingten Komplikationen
junumschlinge an die abführende Schlinge unter- (Blutung, Stenosierung, Perforation) und nach dem
halb der Mesokolonlücke wird in der Y-Roux-Tech- Allgemeinzustand des Patienten. Neben der Gastrek-
nik vorgenommen. tomie kommen Magenteilresektionen, die Anlage ei-
7 Sowohl Handnaht als auch Staplertechnik als Seit- ner GE und in seltenen Fällen eine chirurgische oder
zu-Seit-Anastomose sind möglich. Die Stapler- endoskopische Tubuseinlage in Frage.
technik wird im Folgenden beschrieben.
! Das sog. Magenstumpfkarzinom in einem Restma-
gen wird ebenfalls durch Gastrektomie behandelt.
Staplertechnik
7 Eine Branche des linearen Anastomosenstaplers 2.5.7 Kocher-Manöver
wird über eine Zusatzinzision in den abführenden
Jejunumschenkel eingeführt, die 2. Branche kIndikation
kommt in dem offenen Teil des zuführenden Jejun- Duodenalmobilisierung von rechts bei Magenteilresekti-
umschenkels zu liegen. Beide Teile werden anein- onen, Gastrektomien, Pyloroplastiken und Pankreasope-
ander gelegt, konnektiert, und der Klammervor- rationen.
gang wird ausgelöst.
7 Nach der Fertigstellung wird die nun gemeinsame kPrinzip
Inzisionsöffnung mit einem linearen Stapler ver- Das rechtsseitig retroperitoneal fixierte Duodenum lässt
schlossen. sich mit dem Pankreas nach lateraler Durchtrennung der
7 Bei retrokolischem Jejunumhochzug wird die Me- Umschlagfalte zum parietalen Peritoneum stumpf von
sokolonlücke verschlossen, ggf. werden Draina- dorsal aus dem Retroperitonealraum herauslösen. Da-
gen in die Milzloge und subhepatisch gelegt. durch wird das Duodenum beweglicher; ein Streckenge-
7 Nach der Zählkontrolle der Textilien und des Ins- winn von 6–7 cm wird erreicht.
trumentariums sowie der Dokumentation der
Vollzähligkeit erfolgen der schichtweise Wundver-
schluss und Verband. Duodenalmobilisation nach Kocher
7 Die Leber wird nach oben, das Colon transversum
nach unten gehalten (. Abb. 2.51a). Das Peritone-
Alternativen um wird lateral bogenförmig im Verlauf des Duode-
Bei Vorliegen eines Kardiakarzinoms eignet sich die Gas- nums inzidiert. Mit dem Finger lässt sich dann eine
trektomie in der Regel bezüglich der Lebensqualität besser dünne gefäßfreie Gewebsschicht aufladen, die das
als die Kardiafundusresektion. Bei letzterem Verfahren Duodenum mit dem Retroperitoneum verbindet.
bleibt zwar Restmagen erhalten, aber häufig leiden die Pa- 7 Teils scharf mit der Schere, teils stumpf wird diese
tienten postoperativ an den Folgen des Magensaftrefluxes Schicht durchtrennt, bis die V. cava sichtbar wird
in den Ösophagus, zumal die Pylorusfunktion im Sinne und der Pankreaskopf unterfahren werden kann
einer Engstellung (bei trunkulärer Vagotomie) gestört sein (. Abb. 2.51b).
kann.
78 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
a b
. Abb. 2.51a, b OP-Schritte des Kocher-Manövers zur Duodenal- trennt, bis die V. cava sichtbar wird und der Pankreaskopf unterfah-
mobilisierung. a Die Leber wird nach oben, das Colon transversum ren werden kann
nach unten gehalten. b Die gefäßfreie Gewebsschicht wird durch-
2.6 Milz therapiert, weil Erkenntnisse über die Funktion und die
Folgen des Verlustes der Milz ihre physiologische Bedeu-
2.6.1 Anatomie tung belegen.
Als folgenschwere Komplikation des Milzverlustes gilt
Die Milz (Lien, Splen) liegt im linken Oberbauch vollstän- das sog. OPSI-Syndrom (»overwhelming postsplenectomy
dig intraperitoneal, ist relativ klein und wiegt ca. 150 g. infection syndrome«), Postsplenektomiesyndrom; Gesamt-
Vom Hilus ausgehend zieht eine Bauchfellduplikatur, inzidenz von 4–8%, Letalität von ca. 50%).
das Lig. gastrosplenicum, zum Magen. Es enthält die Vasa 4 Elektiv:
gastrica brevia der großen Kurvatur des Magens. Das 5 Bei hämatologisch-onkologischen Erkrankungen.
Lig. phrenicosplenicum hält die Milz in ihrer Lage durch 5 In einem Abstand von 3–4 Wochen vor der Opera-
Fixation an der dorsalen Bauchwand. Das Lig. pancreati- tion kann eine Impfung mit polyvalenten Pneumo-
cosplenicum führt die A. und V. splenica aus dem Retro- kokkenvakzinen vorausgehen. (Diese Impfung wird
peritonealraum vom Pankreasschwanz zum Milzhilus. kontrovers diskutiert.)
Die Milz ist von einer Kapsel und Serosa (Peritoneum) 5 Bei sog. Riesenmilzen kann der intraoperative
umhüllt. Alle Gefäße treten aus dem Hilus aus. Die Milz- Blutverlust durch vorherige angiographische Milz-
oberfläche ist gefäßfrei. arterienembolisation vermindert werden. Eine
perioperative Antibiotikaprophylaxe wird em-
pfohlen.
2.6.2 Splenektomie 4 Notfallmäßig:
5 Bei stumpfem Bauchtrauma mit Milzzerreißung.
kIndikation 5 Die Notfallindikation zur Splenektomie liegt dann
Die Indikation zur Splenektomie wird heute sehr differen- vor, wenn ein milzerhaltendes Vorgehen technisch
ziert gestellt. Wann immer möglich wird organerhaltend nicht möglich ist oder ein zeitlicher Verzug hin-
2.6 · Milz
79 2
sichtlich lebensbedrohlicher Begleitverletzungen
nicht toleriert werden kann. Schonung des Pankreasschwanzes präpariert,
4 Diagnostisch: hilusnah mit Hilfe der Overholt-Klemmen ab-
5 Zum Beispiel bei M. Hodgkin, bei der Gastrektomie geklemmt, doppelt ligiert und durchtrennt. Das
wegen Magenkarzinom, bei Metastasen im Lig. gas- Präparat entfällt.
trosplenicum. 7 Eine sorgfältige Blutstillung u. a. mit warmen
Tüchern ist erforderlich.
kPrinzip 7 Das Legen einer Drainage in die Milzloge wird
Frühzeitige Ligatur und Durchtrennung der Milzgefäßver- unterschiedlich diskutiert. Bei Verletzungen des
sorgung und Totalexstirpation des Organs. Pankreasschwanzes bzw. dessen Gefäßversorgung
ist die Einlage einer Spüldrainage anzuraten.
kLagerung 7 Nach der Zählkontrolle der Textilien und Instru-
4 Bei Zusatzverletzung: Rückenlage. mente sowie der Dokumentation der Vollzählig-
4 Bei gezielter Splenektomie: Rückenlage, leicht aufge- keit schichtweiser Wundverschluss und Verband.
klappt (Gallenlagerung), neutrale Elektrode am lin-
ken Oberschenkel.
Die Entwicklung laparoskopischer OP-Techniken schließt
kInstrumentarium die Splenektomie ein (7 Abschn. 2.15.8).
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 lange Overholt-Klemmen,
4 lange Schere, Einzelclipstapler, 2.6.3 Milzerhaltende Operationstechniken
4 evtl. bipolare Schere.
Der Milzerhalt ist nur sinnvoll, wenn 30–50% Parenchym-
rest erhalten werden können.
Splenektomie
Gelingt die milzerhaltende Operation nicht, muss
7 Bei stumpfen Bauchverletzungen wird eine quer splenektomiert werden. Generell muss die Milz vor der or-
verlaufende oder eine mediane Oberbauchlaparo- ganerhaltenden Versorgung komplett schonend mobili-
tomie gewählt, um auch Leber, Magen und Darm siert werden. Bei isolierten kleineren Milzverletzungen
revidieren zu können. kann bei guter Übersicht ggf. auf die komplette Mobilisati-
7 Zur alleinigen Splenektomie: linksseitiger Rippen- on verzichtet werden.
bogenrandschnitt.
7 Der operative Zugang muss in jedem Fall eine kIndikation
gute Übersicht gewährleisten. 4 Häufig bei akzidentellen Milzverletzungen im Rah-
7 Nach der Eröffnung des Bauchraumes wird die men elektiver Oberbaucheingriffe. Der Einsatz milz-
Milz freigelegt und, wenn möglich, mit der Hand erhaltender OP-Techniken bei polytraumatisierten
umfasst, um an der ventralen oder dorsalen Seite Patienten und beim stumpfen Bauchtrauma orientiert
des Hilus mit der Skelettierung beginnen zu sich u. a. am Schweregrad der Milzverletzung und an
können. Bei der Präparation muss die enge räum- der Schwere der übrigen Verletzungen.
liche Beziehung zu Magen, Pankreas, Kolon und 4 Erhaltende OP-Verfahren werden v. a. bei verletzten
Nebenniere berücksichtigt werden (Verletzungs- Kindern sowie bei seltenen isolierten benignen Milz-
gefahr). erkrankungen (Beispiel: Milzzyste) eingesetzt.
7 Die Inzision des Lig. splenorenale mit einer Schere
und das stumpfe digitale Auslösen der Milz zu- OP-Techniken
sammen mit dem Pankreasschwanz setzt die Prä- Naht und Netzplombe
paration fort. Die direkte Parenchymnaht an der Milz wurde in vielen
7 Die Milz wird vor die Bauchdecke luxiert und die technischen Varianten beschrieben. Bei Kapsel- und Par-
Milzloge zur Lagefixierung mit feuchten warmen enchymdefekten kann die Naht durch eine Netzplombe
Tüchern abgestopft. Das Lig. gastrosplenicum ergänzt werden, die wie eine Tamponade oder ein Nahtwi-
wird nahe des Milzhilus zwischen mehreren Liga- derlager funktioniert.
turen durchtrennt. Dann werden von ventral und/ Die Anwendung beschränkt sich in der Regel auf das
oder dorsal die Äste der A. und V. splenica unter Vorliegen einer nahtfesten Parenchym- und Kapselkonsis-
6 tenz. Diese Voraussetzungen werden ideal von der kind-
lichen Milz erfüllt.
80 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
4 Gallenblasenhydrops,
4 Gallenblasenempyem, Lig. hepatoduodenale kann durch Zug am Duode-
4 Gallenblasenperforation. num angespannt werden. Hierdurch wird die Prä-
2 paration des Ductus cysticus erleichtert.
kPrinzip 7 Das viszerale Peritoneum wird am Infundibulum
Entfernung der Gallenblase. mit einer Schere inzidiert, Verwachsungen der
Gallenblase mit der Leberunterfläche werden mit
kLagerung Schere und Präpariertupfer gelöst. Die (bipolare)
4 Rückenlage: Der Patient wird so unterstützt gelagert, Schere muss dabei so angereicht werden, dass
dass sich das OP-Feld anhebt. Dabei sollte darauf ge- ihre Krümmung der Gallenblasenwand folgt.
achtet werden, dass die dadurch entstehende Kopf- 7 Die Präparation der Gallenblase kann auf retro-
tieflage aufgehoben wird. Bei geplanter Cholangiogra- gradem oder antegradem Weg erfolgen (s. unten).
phie wird ein strahlendurchlässiger OP-Tisch gewählt 7 Der »Springer« erhält das Präparat und eine Schere
und ein Gonadenschutz angelegt. mit Pinzette, schneidet damit die Gallenblase auf
4 Neutrale Elektrode an einem Oberschenkel, ggf. Be- und entnimmt aus ihrem Inhalt einen Abstrich für
reitstellung des Bildwandlers. die bakteriologische Untersuchung. Dieser Arbeits-
schritt erfolgt aus hygienischen Gründen nicht
kInstrumentarium im OP-Saal. Häufig werden die Gallensteine gesam-
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium, melt und gereinigt dem Patienten mitgegeben.
4 Gallenblasenfasszange, ggf. Steinfasszangen, 7 Das Gallenblasenbett kann zur Blutstillung mit
4 bipolare Schere, einer fortlaufenden Naht verschlossen werden.
4 bei intraoperativem Röntgen: Eine Drainage wird in Abhängigkeit vom OP-Situs
5 Knopfkanüle, eingelegt.
5 50-ml-Spritze, 7 Nach der Zählkontrolle der Textilien und Instru-
5 Kontrastmittel. mente und der Dokumentation ihrer Vollzählig-
keit schichtweiser Wundverschluss und Verband.
Cholezystektomie
7 Rippenbogenrandschnitt nach Kocher oder Cour- Retrograde Cholezystektomie
voisier. Diese Schnittführung bietet eine gute 4 Am Infundibulum Inzidieren der Serosa.
Übersicht, ermöglicht die Exploration der Bauch- 4 Gallenblasennahes Identifizieren und Absetzen der
höhle und ist erweiterbar. Allerdings wird die Rek- A. cystica zwischen Ligaturen oder Clips.
tusmuskulatur rechtsseitig durchtrennt. Dies 4 Stumpfe zirkuläre gallenblasennahe Präparation des
scheint für den postoperativen Wundschmerz und Ductus cysticus, die Darstellung der Einmündung in
für die Einschränkung der Atemmechanik von Be- den Ductus choledochus ist nicht obligat.
deutung zu sein. Seltener wird eine obere media- 4 Bei Indikation zur intraoperativen Cholangiographie
ne Laparotomie als Zugang gewählt. Ligatur des Ductus cysticus gallenblasenwärts, An-
7 Nach der Eröffnung des Peritoneums erfolgt die Ex- schlingen nach distal.
ploration der Bauchhöhle. Kurze Leberhaken nach 4 Inzision des Ductus cysticus, Einführen der Angio-
Mikulicz machen das OP-Gebiet zugänglich. Hinter graphiekanüle, Einknüpfen, Dichtigkeitsprobe und
die Gallenblase wird mit Richtung auf das Foramen Röntgen (. Abb. 2.52). Das Kontrastmittelsystem
Winslowii ein feuchter Streifen eingebracht, der muss absolut luftleer angereicht werden (Luftblasen
evtl. austretende Gallenflüssigkeit aufsaugt, bevor erscheinen im Röntgenbild wie Steine), kontrastge-
sie in die freie Bauchhöhle gelangen kann. bende Textilien und Haken werden entfernt.
7 Mit einem flachen Spatel wird das Lig. hepatoduo- 4 Durchtrennung des Ductus cysticus und retrogrades,
denale nach links gezogen und so die Sicht auf die subseröses Auslösen der Gallenblase aus dem Leber-
Gallenblase freigegeben. Sie wird mit einer Fass- bett mit einer Metzenbaumschere unter fortwäh-
zange am Fundus angeklemmt, damit der Zug die render Blutstillung durch punktförmige Elektrokoa-
Präparation erleichtert. Bei Bedarf muss Gallenflüs- gulation.
sigkeit abpunktiert werden, um das Anklemmen
ohne Perforationsgefahr zu ermöglichen. Das Antegrade Cholezystektomie
6 Der antegrade Präparationsweg wird in allen Situationen
angewendet, in denen die Hilusgebilde nicht mit völliger
2.7 · Gallenblase und Gallenwege
83 2
Sicherheit identifiziert werden können (bei Entzündung
oder anatomischer Variante). Die Präparation beginnt am
Fundus und führt an der Gallenblasenwand zur A. cystica.
Bei der Minilaparotomie ist die antegrade Präparation
eine technische Notwendigkeit.
Besondere Situationen
7 Gallenblasenhydrops/Cholezystitis/Empyem:
– In dieser Situation empfiehlt sich die Punktion
des Gallenblaseninhalts ggf. mit Nahtver-
schluss der Punktionsstelle. Das Punktat wird
bakteriologisch untersucht.
7 Blutung:
– Kann die Blutungsursache nicht übersichtlich
und sicher versorgt werden, ist eine großzü-
gige Laparotomie erforderlich. Mit einer Tour-
. Abb. 2.52 Cholangiographie über den Ductus cysticus.
niquetanlage am Lig. hepatoduodenale (Nach Heberer et al. 1993)
(gefahrlos bis zu 30 min) kann die Blutung
vorübergehend gedrosselt werden.
– Die manuelle Kompression wird als Baron- Gallensteinlöffel
oder Pringle-Handgriff bezeichnet. Hiermit werden vorhandene Steine aus dem Gallenwegs-
– Die Ligatur der A. hepatica propria geht mit system entfernt (. Abb. 2.56).
einer hohen Letalität einher und muss daher
vermieden werden. Schere nach Potts de Martell
– Zu beachten sind immer die zahlreichen Vari- In den Branchen ist diese Schere um ca. 70° abgewinkelt.
anten im Verlauf und in den Aufzweigungen Deshalb nennt man sie auch »Knieschere«. Mit ihr lassen
der A. hepatica. sich englumige Strukturen (z. B. Ductus choledochus)
7 Choledocholithiasis/T-Drain-Einlage: nach einer Stichinzision längs verlängern (. Abb. 2.57).
– In Situationen, in denen die Gallengangsanie-
rung durch ERC nicht möglich ist, muss diese Gallensteinzange
chirurgisch erfolgen. Dazu kann eine Laparo- Sie wird feucht in den Ductus choledochus eingeführt und
tomie (Rippenbogenrandschnitt) erforderlich fasst dort die Steine (. Abb. 2.58).
sein, aber auch laparoskopisch sind eine Cho-
ledochusrevision und eine T-Drain-Einlage
möglich. 2.7.4 Choledochusrevision
mit T-Drain-Einlage
kIndikation
2.7.3 Zusatzinstrumentarium für 4 Choledochussteine, die während einer ERC (endo-
die Gallenwegchirurgie skopisch retrograde Cholangiographie) nicht zu ent-
fernen waren. Der Eingriff wird im Anschluss an die
Gallengangsonden Cholezystektomie durchgeführt.
Sie werden benutzt, um bei einer Revision des Ductus cho- 4 Seltener Steine, die bei einer Operation der Gallenbla-
ledochus nach Steinen zu tasten. Die Sonden werden gera- se übersehen wurden, da die ERC auch postoperativ
de und gebogen angeboten, die Spitze ist zumeist oliven- eingesetzt werden kann.
förmig (. Abb. 2.53).
kPrinzip
Gallengangdilatatoren Eröffnung des Ductus choledochus zum Entfernen der
Diese Instrumente (. Abb. 2.54 und . Abb. 2.55) weiten Steine mit speziellen Instrumenten. Gegebenenfalls kann
den Ductus choledochus, um ggf. bis zur Papilla Vateri ge- die Papilla Vateri nach der Steinbergung mit Bougies vor-
langen zu können und diese zu spalten. Deshalb werden sie sichtig geweitet werden. Verschluss der Choledochotomie
auch als »Papillotom« bezeichnet. unter Einnähen eines T-Drains.
84 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
. Abb. 2.53 Gallengangsonde nach Mayo. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 2.55 Gallengangdilatator nach Bakes mit verschiedenen
. Abb. 2.54 Gallengangdilatator nach Stücker. Nach der Passage Oliven. (Fa. Aesculap AG)
des Dilatators durch die Papille wird der Griff abgeschraubt und ein . Abb. 2.56 Gallensteinlöffel nach Luer-Körte. (Fa. Aesculap AG)
Konus aufgesetzt. Ein erneutes Aufsuchen der Papille wird dadurch . Abb. 2.57 Knieschere nach Potts de Martell. (Fa. Aesculap AG)
vermieden. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 2.58 Gallensteinfasszange nach Blake. (Fa. Aesculap AG)
2.8 · Leber
85 2
kLagerung
Siehe Cholezystektomie. 7 Das T-Drain wird durch Naht der Choledocho-
tomie mit feinem resorbierbarem Nahtmaterial
kInstrumentarium (4–0) lagefixiert. Über eine gesonderte Haut-
4 Siehe Cholezystektomie. inzision wird es in der rechten Flanke ausge-
4 Zusätzlich: leitet.
5 Steinfasszangen, 7 Entscheidend ist, dass sich eine fibrinöse Reaktion
5 Gallensteinlöffel, um das Drain vom Choledochus bis zur Bauchde-
5 Gallengangsonden, cke innerhalb weniger Tage abspielt, die abschlie-
5 Fogarty-Katheter, ßend das gefahrlose Herausziehen des Drains er-
5 Schere nach Potts de Martell, möglicht (ohne gallige Peritonitis durch austre-
5 T-Drain (7 Abschn. 1.7). tende Galle, daher keine Silikondrainage verwen-
den). Zusätzliche Einlage einer subhepatischen
Drainage.
Revision des Ductus choledochus 7 Kontrolle der Textilien und Instrumente, Doku-
7 Im Anschluss an die Cholezystektomie wird der mentation ihrer Vollzähligkeit, schichtweiser
Ductus choledochus nach der Spaltung des Wundverschluss und Verband.
Lig. hepatoduodenale an der Vorderseite freige-
legt. Das Duodenum wird dabei stumpf mit einem
Präpariertupfer abgeschoben.
7 Distal der Einmündung des Ductus cysticus werden 2.8 Leber
2 Haltefäden gelegt und angeklemmt. Mit einem
11er-Skalpell wird der Choledochus längs eröffnet 2.8.1 Anatomie, Diagnostik,
und die Inzision mit einer Knieschere erweitert. Zur Operationsindikationen
Steinbergung können u. a. die folgenden beiden
Instrumente zur Anwendung kommen Anatomie
– Fogarty-Katheter Die unter der rechten Zwerchfellhälfte liegende Leber
Er wird feucht ohne Blockung vorgeschoben, (Hepar) wird vorn vom Rippenbogen bedeckt; 5 Bänder
hinter den Steinen geblockt, dann zurückge- fixieren sie in ihrer Lage unter dem Zwerchfell: 1. Lig. teres
zogen und schiebt so die Steine zur Choledo- hepatis (zum Nabel); 2.+3. Ligg. triangulares sinistrum et
chotomie. Häufig muss mit Gallenlöffeln oder dextrum; 4. Lig. falciforme hepatis; 5. Lig. coronarium
einer Steinfasszange nachgeholfen werden. hepatis.
– Cholangioskop Die Leber ist zwischen 2 venöse Kreisläufe geschaltet:
Eine weitere Möglichkeit der Steinentfernung Der venöse Abfluss des Magen-Darm-Traktes, der Bauch-
bietet das Cholangioskop, das in die Choledo- speicheldrüse und der Milz bildet über die Pfortader die
chotomie vorgeschoben wird, um unter Sicht Besonderheit einer venösen Blutversorgung. Der venöse
mit einer Fasszange Steine zu bergen. Blutabstrom erfolgt über die Vv. hepaticae zur V. cava. Die
7 Der Ductus hepaticus sollte in gleicher Weise revi- arterielle Blutversorgung, die nur 20% der gesamten Blut-
diert werden. zufuhr darstellt, erfolgt über die Leberarterien. Die por-
7 Abschließend gibt es die Möglichkeit die Papille talen Gefäße werden an ihrer ersten Verzweigung als Pfort-
zu bougieren, oder – wenn sie nicht passiert wer- adertriade bezeichnet. Im intrahepatischen Verlauf werden
den kann – eine Papillotomie vorzunehmen. sie von einer bindegewebigen Scheide umhüllt. Das Blut
7 Sollte die Steinfreiheit der Gallenwege nicht verlässt die Leber über die Lebervenen, die unterhalb des
eindeutig feststellbar sein, muss noch einmal Zwerchfells in die V. cava inferior münden und nicht bin-
geröntgt werden. degewebig eingescheidet sind.
7 Nun wird ein T-Drain aus Latex oder (rotem) Gum- Äußerlich sichtbare Segmente der Leber teilen sich in
mi eingelegt, das vorher zu einem Halbrohr zuge- ihrem Inneren weiter auf; für den chirurgischen Eingriff ist
schnitten wurde. Seine Schenkel müssen so ge- die Kenntnis über die innere Segmentarchitektur bedeut-
kürzt werden, dass sie weder einseitig in einem sam (. Abb. 2.59)
Ast des Ductus hepaticus noch in der Papille plat- Äußerlich werden ein rechter und ein kleinerer lin-
ziert werden. ker Leberlappen unterschieden, die im Bereich der Fis-
6 sura principalis durch das Lig. teres hepatis und das
Lig. falciforme getrennt werden. Auf der Unterseite liegen
86 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
OP-Indikationen
Leberresektionen zählen heute zu den sicheren und stan-
dardisierten chirurgischen Eingriffen. Lebertransplantati-
onen dagegen werden nur in spezialisierten Zentren durch-
geführt. Wenn weniger als 50% des Leberparenchyms rese-
ziert werden, ist eine klinisch bedeutsame Leberinsuffizienz
weitgehend auszuschließen; eine gesunde Leber vermag
. Abb. 2.59 Segmentale Gliederung der Leber nach Couinaud. Le-
sogar eine bis zu 80%ige Resektion zu kompensieren. Das
bervenensystem hell, Portalvenensystem dunkel. (Nach Siewert 2006) Indikationsspektrum zur Leberresektion umfasst gutartige
und bösartige Läsionen und Traumafolgen.
a b
c d
. Abb. 2.62 a Pringle-Manöver, b »Hemi-Pringle«, c totale vaskuläre Okklusion (TVO), d TVO unter Erhalt des kavalen Blutflusses. (Nach Lang 2007)
kLagerung
Hemihepatektomie rechts
4 Rückenlage, leicht überstreckt,
4 die Dispersionselektrode klebt am rechten Ober- 7 Weiträumige Eröffnung der Bauchhöhle durch die
schenkel. bogenförmige quer verlaufende Oberbauchlapa-
rotomie, die bei Bedarf winkelförmig nach intra-
kInstrumentarium thorakal erweitert werden kann. Für eine geplante
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium, Segmentresektion reicht manchmal der rechtssei-
4 Rochard-Haken, tige Rippenbogenrandschnitt.
4 Kirschner-Rahmen oder anderes Selbsthaltesystem, 7 Schrittweise werden die Strukturen innerhalb des
4 Einzelclipstapler, Lig. hepatoduodenale (Ductus choledochus,
4 Tourniquetschlingen, V. portae, A. hepatica propria) mit der Präparier-
4 Vesselloops (Gefäßschlingen), schere (z. B. nach Metzenbaum) und Overholt-
4 lange Instrumente, Klemmen dargestellt. Zuerst wird die A. hepatica
4 atraumatische Gefäßklemmen (z. B. Satinsky, De Ba- communis aufgesucht, mit einem Overholt unter-
key), fahren und mit einem Vesselloop angeschlungen;
4 Ultraschalldissektion, bei der weiteren Präparation stellen sich der
4 Infrarotkoagulationsgerät mit variablen Ansätzen, Gallengang, die V. portae und die Leberarterie
4 alternativ: Argon-Beamer. (A. hepatica propria) dar.
6
2.8 · Leber
91 2
Die linksseitige Hemihepatektomie ist wegen geringer Par-
7 Das Duodenum wird ggf. nach Kocher mobilisiert. enchymmasse und besserer Übersicht insgesamt einfacher
7 Das temporäre Anschlingen des Lig. hepatoduo- durchführbar.
denale mit einer Tourniquetligatur ist vielfach ob-
ligat, da so jederzeit eine Blutstillung über die
2.8.5 Lebertransplantation (LTX)
Drosselung möglich ist.
7 Die Entfernung der Gallenblase sollte regelhaft er- S. Bröcker
folgen.
7 Rechter und linker Gallengang werden ange- kIndikationen
schlungen. Der Ductus hepaticus communis muss 4 Cholestatische Lebererkrankungen (z. B. primäre/se-
bei schwierigen anatomischen oder präparato- kundäre biliäre Zirrhose),
rischen Verhältnissen geschient werden, um eine 4 postnekrotische Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis
verletzungsbedingte postoperative Gallefistel zu A, B, NANB, alkoholtoxische Zirrhose),
vermeiden. 4 akutes Leberversagen (z. B. Hepatitis A, B, NANB,
7 Der rechte Gallengang wird zentral ligiert und Buddy-Chiari-Syndrom),
durchtrennt, die A. hepatica dextra so weit freige- 4 Stoffwechselerkrankungen (z. B. M. Wilson, Hämo-
legt, dass sie an ihrem Abgang unterbunden wer- chromatose),
den kann. Dadurch wird der Blick auf den darun- 4 in Einzelfällen Lebertumoren (z. B. hepatozelluläres
ter liegenden Pfortaderstamm möglich. Dieser oder zentrales Gallengangkarzinom).
wird bis zum Hilus dargestellt, wo er sich auf-
zweigt. Nach vorsichtiger Präparation mit Over- kMöglichkeiten der Transplantation
holt und Metzenbaum-Schere wird der rechte Ab- 4 Orthotope Lebertransplantation (OLTX):
gang zwischen Ligaturen durchtrennt. Der zu- Implantation einer Spenderleber (Leichenspende) an
rückbleibende Stumpf wird zusätzlich mit einer der anatomischen Position.
Durchstechungsligatur gesichert. 4 Split- oder Segmenttransplantation (SLTX):
7 Zur Darstellung des oberen Leberhilus muss die Implantation eines Leberteiles oder Segmentes an der
rechte Lebervene unterbunden werden. anatomischen Position (kann als Leichenspende oder
7 Die Mobilisation des rechten Leberlappens erfolgt Lebendspende erfolgen).
durch die Inzision der peritonealen Umschlagfalte 4 »Living related« LTX (LRLTX):
an der Rückfläche der Leber. Die V. cava inferior wird Die Lebersegmentspende erfolgt durch einen Ange-
dargestellt; alle ihre kleinen Abgänge, die in das Re- hörigen.
sektat gehen, werden sorgfältig unterbunden.
7 An der Leberoberfläche macht sich die Minder- kPrinzip
durchblutung des gefäßisolierten Abschnitts nun Entfernung der patienteneigenen Leber, ohne Erhalt der
durch bläuliche Verfärbung bemerkbar. Entlang retrohepatischen V. cava, anschließend orthotope Leber-
dieser Linie wird die Glisson-Kapsel zunächst inzi- transplantation (OLTX) eines Vollorgans mit folgenden
diert; das Lebergewebe wird mit dem Finger Anastomosen:
zerteilt (Finger-fracture-Technik), Gefäße und 4 End-zu-End-Anastomose der V. cava inferior supra-
Gallengänge werden mit Clips versorgt oder mit hepatisch und infrahepatisch,
Klemmen gefasst und durch Ligaturen versorgt. 4 End-zu-End-Anastomose der Pfortader, der A. hepa-
Alternativ wird auch die Durchtrennung des Le- tica sowie des Gallengangs.
bergewebes mit Ultraschalldissektoren empfoh-
kLagerung
len. Auch der Einsatz von Staplern ist möglich.
7 Zusätzlich kann die Resektionsfläche mit Fibrin- 4 Rückenlagerung, ggf. den rechten Arm anlagern.
kleber und/oder Kollagenvlies abgesichert wer- 4 Halterung für das Rahmensystem am OP-Tisch an-
den. Auch eine Infrarotkoagulation ist möglich. bringen.
7 Insbesondere bei atypischen Resektionen wird 4 Neutrale Elektrode an einem Oberschenkel.
eine fortlaufende Parenchymnaht durchgeführt. ! Beachtung der Hygienerichtlinien bei infektiösen
7 Nach dem Einlegen von 2 weichen Drainagen erfol- Patienten.
gen die obligate Zählkontrolle der Textilien und der
Instrumente sowie deren Ergebnisdokumentation, kInstrumentarium
der schichtweise Wundverschluss und der Verband. 4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 Rahmensystem, z. B. Rochard-Haken,
92 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
. Abb. 2.63 Lebertransplantation in der Standardtechnik. Die V. cava ist supra- und infrahepatisch jeweils End-zu-End anastomosiert.
(Nach Nagel u. Löhlein 2006)
2.9 Bauchspeicheldrüse
7 Die obere V.-cava-Klemme wird entfernt. Bei Be-
darf müssen blutende Gefäße umstochen werden. M. Liehn, L. Steinmüller
2 Anschließend wird die untere V.-cava-Klemme ab-
genommen. 2.9.1 Anatomie und Physiologie
7 Die Pfortaderklemme wird langsam geöffnet
und das Gallenblasenbett mit der monopolaren Anatomie
Kugelelektrode koaguliert. Die Leber füllt sich Die 60–85 g schwere, retroperitoneal gelegene Bauchspei-
progressiv wieder mit Blut, deshalb muss die cheldrüse (Pankreas) wird in die Abschnitte Kopf, Körper
Kreislaufsituation des Patienten kritisch beobach- und Schwanz unterteilt.
tet werden. Der Pankreaskopf wird rechts vom Duodenum um-
7 Ab diesem Zeitpunkt nur noch warmes NaCl ver- schlossen. Beide haben eine gemeinsame Blutversorgung.
wenden! Das exokrine und endokrine Organ ist von zahlreichen
7 Die zuvor ligierte Arterie wird mit einer Nieren- Ausführungsgängen durchzogen.
arterienklemme abgeklemmt und mit der Gefäß- Im Duodenum mündet der Hauptausführungsgang
schere eröffnet. Üblicherweise wird die Anasto- des Pankreas, der Ductus Wirsungianus, gemeinsam mit
mose mit 6–0 doppelt armiertem, nicht resorbier- dem Ductus choledochus in die Papilla Vateri; in der sog.
barem monofilem Nahtmaterial fortlaufend oder Minorpapille mündet in der Regel ein weiterer Ausfüh-
mit Einzelknopfnähten hergestellt. Dafür nutzt rungsgang.
der Chirurg eine Lupenbrille. Die Vorderfläche des Pankreas grenzt an die Magen-
7 Die abgeklemmte A. hepatica wird freigegeben, hinterwand und ist von dieser lediglich durch die Bursa
für ggf. undichte Anastomosen liegt eine Naht omentalis getrennt. Der Pankreasschwanz steht in enger
bereit. Beziehung zum Milzhilus; A. und V. splenica verlaufen an
7 Bevor die nächste Phase der Operation beginnt, der Oberkante des Pankreas. Dabei geben sie aber viele
erfolgt eine sorgfältige Blutstillung. kleine Äste an die Bauchspeicheldrüse ab (. Abb. 2.64).
Das retroperitoneal gelegene Organ liegt ventral der
Wirbelsäule der Aorta auf.
Die arterielle Blutversorgung erfolgt aus Ästen der
Postanhepatische Phase A. gastroduodenalis (A. pancreaticoduodenalis superior),
7 Die Gallengangsanastomose wird üblicherweise aus Ästen der A. mesenterica superior (A. pancreaticodu-
durch eine End-zu-End-Anastomose mit 5–0 mo- odenalis inferior) und aus der Milzarterie.
nofilem resorbierbarem Nahtmaterial doppelt Das Pankreas bietet durch seinen anatomischen Auf-
armiert fortlaufend oder mit Einzellknopfnähten bau ungünstige Verhältnisse für einen chirurgischen Ein-
genäht. griff, weil es wenig Bindegewebe, jedoch ein außergewöhn-
7 In Ausnahmefällen, z. B. bei Erkrankungen des lich reiches Gefäßnetz enthält. Die bindegewebige Kapsel
Gallengangs, wird eine Hepatikojejunostomie der Bauchspeicheldrüse ist hauchdünn.
durchgeführt.
7 Nach einer letzten Blutstillung und dem Spülen Physiologie
des Abdomens werden durch Stichinzisionen Das Pankreas ist auf 2 verschiedenen Wegen an der Ver-
rechts und links Penrose-Drainagen eingebracht dauung und der Stoffwechselregulierung beteiligt:
(je ein langes hinter den rechten und linken Le- 4 Es hat eine exkretorische Funktion und gibt zur Nah-
berlappen und je ein kurzes von rechts und links rungsverdauung die folgenden Enzyme aus den Azini
an den Leberhilus führend). über die Ausführungsgänge in das Duodenum ab:
7 Entfernung des Retraktors und der Umlegungen. 5 Trypsin → Eiweißspaltung,
7 Zählkontrolle der Textilien sowie der Instrumente 5 Lipase → Fettspaltung,
mit anschließender Dokumentation des Zähl- 5 Amylase und Maltase → Kohlenhydratspaltung.
standes. 4 Die inkretorische Funktion beinhaltet die Regulie-
7 Aufheben der Lagerung. rung des Kohlenhydratstoffwechsels durch Hormon-
7 Schichtweiser Wundverschluss. abgabe in die Blutbahn:
7 Verband der Hautnaht und der Drainagen. 5 Langerhans-Inselzellen → Insulinabgabe → Gluka-
gonsekretion.
2.9 · Bauchspeicheldrüse
95 2
2.9.2 Krankheiten der Bauchspeicheldrüse
Akute Pankreatitis
Die akute Pankreatitis ist zunächst ein internistisches
Krankheitsbild, verursacht durch Gallengangsteine, Alko-
holismus und seltene andere Ursachen.
Die intrapankreatische Aktivierung der oben genann-
ten Verdauungsenzyme und die Verminderung der Zell-
membranstabilität führen zu einer »Selbstverdauung« des
Organs, die auch über die Organgrenzen hinaus fortschrei-
ten kann.
Symptome
Die Erkrankung beginnt mit Oberbauchschmerzen, die
charakteristischerweise gürtelförmig v. a. links in den Rü-
cken ausstrahlen.
Häufig treten Übelkeit und Erbrechen mit einem Sub-
ileusbild als Ausdruck der begleitenden Paralyse des
Darmes auf. Neben Meteorismus tritt Fieber auf. Als Zei-
chen des peritonealen Reizes kann zusätzlich zu den hef- . Abb. 2.64 Arterielle Versorgung des Pankreas. (Nach Siewert 2010)
tigen Schmerzen eine Abwehrspannung im Oberbauch
bestehen.
Operativ Nur bei kompliziertem Verlauf nach Ausschöp-
Verlauf fung der konservativen Therapie möglichst erst Wochen
Von den akuten Pankreatitiden heilen 80% über die öde- nach Krankheitsbeginn, da die frühe operative Therapie
matöse Verlaufsform aus, 20% können in die nekrotisie- mit hoher Letalität belastet ist. Nekrosektomie bei infi-
rende Verlaufsform übergehen. Bei den nekrotisierenden zierten Nekrosen, Operation bei Perforation benachbarter
Verlaufsformen gehen 50% mit einem septischen Krank- Hohlorgane im Rahmen einer nekrotisierenden Pankrea-
heitsbild einher. titis, bei Kolonstenosierung.
2 Nur bei 5–10% der Patienten stellt sich das Problem der
Differenzialdiagnose zur chronischen Pankreatitis intra-
operativ.
Die Karzinome des Pankreasschwanzes sind seltener,
ihre Klinik ist häufig erst in fortgeschrittenem Stadium er-
kennbar, da die Stenosierung der Gallenwege fehlt.
kOP-Indikation
Ein kurativer Therapieansatz für das Pankreaskopf- und
das Papillenkarzinom ergibt sich nur bei frühen Erkran-
. Abb. 2.65 Laterolaterale Pankreatikojejunostomie. (Nach Reding kungsstadien mit der partiellen Duodenopankreatektomie
1988)
nach Whipple. Verschiedene Modifikationen der Rekons-
truktionen werden beschrieben.
Operationstechnische und tumorradikale Gründe
sprechen beim Pankreaskopfkarzinom zwar für die totale
Duodenopankreatektomie (DPE). Nach totaler DPE tritt
zwangsläufig ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus auf!
Die Langzeitergebnisse sind jedoch nicht günstiger,
zumal die Lebensqualität bei der pyloruserhaltenden par-
tiellen Duodenopankreatektomie (PPPD) besser ist. Eine
Operation nach Whipple mit Resektion des distalen Ma-
gens wird vorgenommen, wenn der Tumor auch im Bulbus
duodeni zu finden ist.
Das Pankreasschwanzkarzinom wird, falls die Opera-
bilität lokal gegeben ist, durch die Linksresektion des Or-
gans therapiert.
Bei einer chronischen Kopfpankreatitis wird der Pank-
reaskopf reseziert. An das verbleibende Bauchspeicheldrü-
sengewebe wird eine Jejunumschlinge als Korpusdrainage
anastomosiert (. Abb. 2.67).
brennen« des Organs wird es funktionslos. Es kommt zu »Operationsindikationen bei der chronischen Pankreatitis
Fettstühlen und insulinpflichtigem Diabetes mellitus. sind medikamentös schwer beherrschbare Oberbauch-
schmerzen, Stenosen des Gallen- und Pankreasganges, des
Diagnostik Duodenums und der Pfortader. Ziel der Operation ist ne-
In 90–95% der Fälle lässt sich präoperativ die Diagnose ben der Beseitigung der oben genannten Komplikationen
eines Pankreaskopfkarzinoms und die lokale Operabilität auch die andauernde Schmerzfreiheit oder Schmerzmin-
folgendermaßen sichern: derung« (Keim et al. 2009).
4 Laborwerte und Tumormarker (CA 19–9), Bei der chronischen Pankreatitis werden heute die ent-
4 Sonographie/Computertomographie, Endosonogra- zündlichen Pankreaskopftumoren zunehmend duodenum-
phie, erhaltend operiert. 2 Operationsverfahren haben sich
4 perkutan oder endosonographisch Feinnadelpunkti- durchgesetzt:
onszytologie oder Endosonographie, 4 die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
4 ERCP, ggf. mit Gangzytologie, MRCP, nach Beger und
4 Angiographie, Splenoportogramm, MDP (Darstel- 4 die lokale Pankreaskopfresektion mit longitudinaler
lung der Magen-Darm-Passage durch Schlucken von Pankreatikojejunostomie nach Frey.
2.9 · Bauchspeicheldrüse
97 2
OP nach Beger
kPrinzip
Das Pankreas wird auf Höhe der Mesenterialvene vollstän-
dig durchtrennt und der Pankreaskopf im Anschluss »aus-
gehöhlt«.
OP nach Frey
kPrinzip
Es wird bei der partiellen Pankreaskopfresektion belassen
ohne Durchtrennung des Parenchyms, aber mit Erweite-
rung um eine longitudinale Spaltung des Pankreasganges.
a
Es gibt Modifikationen (z. B. nach Büchler), bei der
ebenfalls auf die – bei chronisch entzündlich verändertem
Pankreasparenchym – nicht unkomplizierte Organdurch-
trennung auf der V. mesenterica superior, aber auch auf die
Längsspaltung des D. Wirsungianus verzichtet wird. Der
Pankreaskopf wird unter Erhalt der dorsalen Pankreaskap-
sel partiell reseziert, wobei der D. choledochus türflügelar-
tig eröffnet und so abgeleitet werden kann.
Bei allen duodenumerhaltenden Operationsverfahren
wird mit einer antimesenterial eröffneten, nach Y-Roux
ausgeschalteten Jejunumschlinge gedeckt.
b
kIndikation
4 Multiple Pseudozysten im Pankreasschwanz,
4 das seltene Insulinom,
4 selten Pankreasschwanzkarzinome,
4 vom Schwanz ausgehende Pankreasfistel,
4 diffus sklerosierende Pankreatitis.
kPrinzip c
Resektion des Pankreasschwanzes mit einem Teil des
Pankreaskörpers mit Unterbindung der A. splenica und . Abb. 2.67 Duodenumerhaltende Resektion des Pankreaskopfes
deshalb zumeist kombiniert mit einer Splenektomie. Bei nach Beger et al. a Der Pankreaskopf ist durchtrennt. b Ein Teil des
benignen Befunden kann milzerhaltend vorgegangen Pankreaskopfes zwischen der duodenalen Seite der Portalvene und
des intrapankreatischen Ductus choledochus ist rezesiert. c Rekons-
werden.
truktion mit einer End-zu-End-Pankreatikojejunostomie mit dem
Diese Operation kann laparoskopisch durchgeführt Pankreaskorpus und einer Seit-zu-Seit-Pankreatikojejunostomie zur
werden. Resektionshöhle des Pankreaskopfes
kLagerung
4 Rückenlage, leicht überstreckt, 4 Rahmen,
4 neutrale Elektrode an einem Oberschenkel. 4 überlange Präparationsinstrumente,
4 Zügel,
kInstrumentarium 4 Vesselloops,
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium, 4 bei Bedarf Einzelclipstapler und linearer Verschluss-
4 evtl. Rochard-Haken, stapler.
98 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Enterotomie
Leider ist beim Pankreaskopfkarzinom häufig nur noch ein
Palliativeingriff möglich, da es meist zu spät diagnostiziert Definition
wird. Als Entscheidungskriterien gelten: Als Enterotomie bezeichnet man die zeitweilige Eröff-
4 Nachweis der Lymphknoten-/Fernmetastasierung nung des Dünndarmlumens. Nachdem die erforder-
(Schnellschnitt, CT, MRT), liche Manipulation im Lumen beendet ist, muss die
4 lokale Infiltration des Tumors in die A. mesenterica Darmwandwunde wieder verschlossen werden.
superior oder in die Pfortader bzw. in die Nachbar-
organe.
Man spricht von einer Duodenotomie, einer Jejunotomie
Fernmetastasen und Peritonealkarzinose verhindern häu- oder einer Ileotomie.
fig selbst einen Palliativeingriff. Der Darm wird mit dem Skalpell zwischen 2 Haltefä-
den quer eröffnet, der Fremdkörper, ein Polyp oder ein
Adenom wird entfernt und die quer verlaufende Öffnung
2.10 Dünndarm ein- oder zweireihig wieder verschlossen. Auf diese Art
engt man das Darmlumen, wenn überhaupt, nur geringfü-
2.10.1 Anatomie und Physiologie gig ein.
kLagerung
4 Rückenlage,
4 Dispersionselektrode an einem Oberschenkel.
kInstrumentarium
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 Rahmen,
4 Duval- und Allis-Klemmen,
4 weiche Darmklemmen,
4 90° abgewinkelte Klemmen, a
4 bei Bedarf Rinne und Deschamps,
4 Einzelclipstapler und linearer Anastomosenstapler.
Dünndarmresektion
7 Der Zugang erfolgt zumeist über eine mediane
Unterbauchlaparotomie; zuerst wird die Bauch-
höhle exploriert.
7 Nach dem Einsetzen des Rahmens oder großer
Bauchdeckenhaken (z. B. nach Fritsch) ist das große
Netz zu sehen, das hochgeschlagen wird. Die be-
troffene Schlinge wird aufgesucht und der zu die-
sem Dünndarmsegment gehörende Mesenterial-
b
bezirk V-förmig skelettiert. Dazu wird das Peritone-
um beiderseits eingeschnitten, das Fettgewebe mit . Abb. 2.69a, b Dünndarmresektion. a Onkologische Dünndarm-
Präpariertupfern abgeschoben. Mit Hilfe von Over- resektion mit weitem Sicherheitsabstand und Lymphadenektomie
holt-Klemmen werden zwischen Ligaturen seitlich durch keilförmige Skelettierung des Mesenteriums. b Knappe Resek-
die Gefäßarkaden unterbrochen und ggf. das Zen- tion einer benignen Stenose ohne Lymphadenektomie
Dagegen lässt sich der Querschnitt beliebig ver- Schwieriger gestaltet sich die Appendektomie bei retrozä-
längern und ist so bei perityphlitischen Befunden kal gelegenem Wurmfortsatz. Häufig muss auf die eben
vorteilhaft. Nach der Eröffnung des Peritoneums beschriebene antegrade Appendektomie verzichtet wer-
und dem Einsetzen der stumpfen Haken (nach den. Es wird zuerst der Zäkumpol mobilisiert, um dann die
Roux, Kocher oder Mikulicz) wird der Dünndarm Appendix an der Basis zu unterfahren und zu ligieren. Da-
abgedrängt, mit Haken beiseite gehalten und so nach wird durch dosierten Zug an sog. »Kletterligaturen«,
die Sicht auf das Zäkum ermöglicht. Wenn mög- die abschnittweise wie die Basisligatur angelegt wurden,
lich sollte auf das Verlegen des Zäkums vor die die Appendix bis zur Spitze mobilisiert und freipräpariert.
Bauchdecke verzichtet werden, weil hierdurch Nachfolgend wird die Appendix wie oben beschrieben ske-
Wandschäden entstehen können. Solche Läsionen lettiert und abgesetzt
sind wahrscheinlich die Ursache von postopera-
tiven Adhäsionen oder Darmverschlüssen. Komplikationen
7 Mit einer Klemme (nach Péan oder Kocher) wird Die Komplikationen sind:
das Mesenteriolum an der Appendixspitze ge- 4 Wundinfektion,
fasst. Der Wurmfortsatz selbst sollte so wenig wie 4 Abszessbildung (intrapelvin/subphrenisch/interente-
möglich berührt werden. Die meist im Gegenlicht risch),
sichtbare A. appendicularis wird mit einem Over- 4 Kotfistel und
holt unterfahren und doppelt ligiert. Anschlie- 4 bei 1% aller Operierten Entwicklung eines operati-
ßend wird das Mesenteriolum mit Overholt und onsbedürftigen Ileus.
Schere oder mit Rinne und Deschamps bis zur Zä-
kumbasis skelettiert (. Abb. 2.70). Das Komplikationsrisiko ist bei einer gangränösen oder
7 An der Basis wird die Quetsche angesetzt und perforierten Appendizitis erhöht. Durch den Einsatz von
vorher mehrfach zusammengedrückt. Im ge- Antibiotika als perioperative Prophylaxe lässt sich die
quetschten Bereich wird eine kräftige Ligatur ge- Wundinfektionsrate senken.
legt. Mit einem Skalpell wird der Wurmfortsatz Perforationsgefahr besteht bei weniger als 20% in den
zwischen Appendixklemme und Ligatur durch- ersten 24 h, bei mehr als 70% nach 48 h.
6 Das laparoskopische Vorgehen gilt als das Verfahren
der Wahl (7 Abschn. 2.15).
2.12 · Dickdarm
105 2
2.12 Dickdarm Rektum
Das Rektum beginnt dort, wo das Darmrohr sein Meso
2.12.1 Anatomie und Physiologie verliert (Mesocolon sigmoideum). Es hat eine Länge von
ca. 15–20 cm. Zwei Krümmungen finden sich in der Sagit-
Anatomie talebene:
Kolon 4 Flexura sacralis: durch die Kreuzbeinkrümmung be-
Als Dickdarm (Kolon) bezeichnet man den etwa 1,5 m lan- dingt,
gen Darmanteil von der Ileozäkalklappe bis zum Anus. 4 Flexura perinealis: konvex nach vorn zur Umgehung
Das Kolon wird noch einmal von rechts unten ausgehend des Steißbeins.
in die folgenden Abschnitte unterteilt:
4 Appendix: Sie entspricht einem rudimentären Zä- Das Rektum zeigt meist 3 halbmondförmige Querfalten.
kumabschnitt. Oberhalb dieser Querfalten liegt die Rektumampulle, ein
4 Zäkum: Es reicht bis zur Ileozäkalklappe (Bauhin- besonders erweiterungsfähiger Darmabschnitt, in dem
Klappe). Dies ist der weiteste Dickdarmabschnitt, all- sich der Darminhalt vor der Defäkation ansammeln kann.
seitig von Serosa umgeben und somit intraperitoneal Die Ampulle verjüngt sich analwärts trichterförmig und
frei beweglich. geht in den Analkanal über.
4 Colon ascendens.
4 Flexura coli dextra: An der Unterseite der Leber; das Arterielle Gefäßversorgung
Kolon liegt retroperitoneal, im Gegensatz zu den bei- 4 A. mesenterica superior: Sie entspringt unterhalb des
den vorherigen Abschnitten. Truncus coeliacus vor dem 1. LWK und hinter dem
4 Colon transversum: Es liegt intraperitoneal und ist Pankreas aus der Aorta und gibt folgende Äste ab:
an der dorsalen Bauchwand mittels eines Mesokolons 5 A. ileocolica,
fixiert, das Ober- und Mittelbauch abgrenzt. Das Co- 5 A. colica dextra,
lon transversum geht über in die 5 A. colica media.
4 Flexura coli sinistra.
4 Colon descendens, das retroperitoneal liegt. Die A. mesenterica superior versorgt den Darmkanal von
4 Sigma: Es liegt im linken Unterbauch intraperitoneal der unteren Duodenalhälfte bis zur linken Kolonflexur
und hat dementsprechend ein Mesosigma. (Cannon-Böhm-Punkt).
4 Rektum: Es liegt retroperitoneal und ist der unterste 4 A. mesenterica inferior: Sie entspringt gegenüber dem
Abschnitt des Dickdarmes. 3. LWK aus der Aorta und gibt folgende Äste ab:
5 A. colica sinistra,
Das Colon transversum ist mit dem Netz locker verwach- 5 Aa. sigmoideae,
sen. Auch das Zäkum liegt intraperitoneal und ist bis zu 5 A. rectalis superior.
einem gewissen Grad mobil.
Die anderen Dickdarmstrecken sind breit an der hin- Die A. mesenterica inferior versorgt das Colon descen-
teren Bauchwand fixiert. Der Dickdarm unterscheidet sich dens, das Sigmoid und den größten Teil des Rektums.
vom Dünndarm durch 4 auffallende Merkmale: 4 A. iliaca interna mit folgenden Ästen:
4 Tänien: 3 Längsstreifen aus zusammengebündelten 5 Aa. rectalis mediae
Fasern der Längsmuskulatur. 5 Aa. rectalis inferiores.
4 Haustren (Schöpfgefäße): Ausbuchtungen zwischen
den Tänien, die durch Einschnürungen gegeneinan- Venöse Gefäßversorgung
der abgesetzt sind. 4 V. mesenterica superior: Sie entspricht dem Ausbrei-
4 Appendices epiploicae: kleine, von Serosa überzo- tungsgebiet der Arterie. Sie bildet hinter dem Pank-
gene Fettläppchen längs der Tänien. reas mit der V. splenica die Pfortader.
4 Plicae semilunares coli: halbmondförmige Kontrak- 4 V. mesenterica inferior: Sie entspricht dem Ausbrei-
tionsfalten, die das Innenrelief des Dickdarmes bil- tungsgebiet der Arterie und mündet hinter dem
den. Sie entsprechen Kontraktionszuständen der Pankreas in die V. splenica (. Abb. 2.71).
Ringmuskulatur und wandern mit der Peristaltik
(sog. Fließen der Haustren). Lymphgefäße
In der Darmwand liegt ein submuköses, intermuskuläres
Der Dickdarm umgibt den Dünndarm wie ein Rahmen. und subseröses Netzwerk.
Alle Netzwerke hängen miteinander zusammen und
leiten die Lymphe von der Darmwand ab. Die Lymphkno-
106 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
. Abb. 2.71 Arterielle und venöse Blutversorgung des Dickdarmes. (Nach Siewert 2006)
ten nehmen die Lymphe des Darmes auf. Sie liegen in 3 Der Dickdarm scheidet keine Enzyme aus. Die sog.
Gruppen: Lieberkühn-Drüsen liefern ein seromuköses Sekret, das als
4 am Darmrand, Gleit- und Schmiermittel dient.
4 in der Mitte des Mesenteriums, Bei pflanzlicher Nahrung kann die Verdauung durch
4 an der Mesenterialwurzel. Dünndarmenzyme fortgesetzt werden. Ein Teil der Spalt-
produkte wird resorbiert, der andere wird durch Gärung
Die Lymphknoten münden schließlich in Lymphknoten und Fäulnis zerstört.
vor der Aorta und der V. cava inferior. Die gesamte Der Dickdarm besitzt eine physiologische Flora von
Lymphe des Darmes sammelt sich im Truncus intes- Bakterien, die Eiweiße und Kohlenhydrate zu energiear-
tinalis. men Abbauprodukten spalten. Die Eiweißabbauprodukte
werden teils aus dem Darm ausgeschieden, teils vom Dick-
Physiologie darm resorbiert, in der Leber entgiftet und als gepaarte
Die Hauptaufgaben des Kolons sind Aufnahme, Eindi- Schwefelsäuren im Harn ausgeschieden.
ckung und Weitergabe unverdauter Nahrungsreste. Der Darminhalt ist nach 3- bis 4-stündigem Aufenthalt
Wie alle übrigen Darmabschnitte besitzt auch der im Dünndarm noch relativ dünnflüssig. Er wird im Dick-
Dickdarm eine Vagusversorgung (fördert Peristaltik) und darm durch Wasserresorption auf ca. ein Viertel seines
eine Sympathikusversorgung (hemmt Peristaltik). Volumens eingedickt.
Kontraktionen und Bewegungen sind stark von den Ist das Dickdarmepithel, z. B. durch Cholerabazillen,
Funktionen des übrigen Magen-Darm-Kanals abhängig geschädigt, entstehen dünnflüssige Stühle, die zu großem,
(= gastrokolischer Reflex). lebensgefährlichem Wasserverlust führen. Der Dickdarm
2.12 · Dickdarm
107 2
ist auch Ausscheidungsorgan für Quecksilber, Wismut, Ei- Vier verschiedene makroskopische Kolonkarzinomtypen
sen, Kalzium, Magnesium und Phosphate. lassen sich unterscheiden:
Aus dem Ileum gelangen täglich ca. 1,5 l Stuhl in das 4 Blumenkohlartiges oder polypoides Karzinom: Es
Zäkum, davon werden ca. 1.000–1.200 ml Wasser rückre- wächst v. a. in das Darmlumen hinein (= exophytisch).
sorbiert. Die Rückresorption von Natrium erfolgt aktiv im 4 Ulzeriertes Karzinom: Im Zentrum liegt ein Ulkus
Austausch mit Kalium. Die Bakterien benötigen die von vor, der Tumor wächst an seinem Randwall weiter.
ihnen abgebauten Kohlenhydratreste im Wesentlichen zur 4 Ringförmig stenosierendes Karzinom.
Bestreitung ihres eigenen Stoffwechsels. 4 Diffus infiltrierendes Karzinom.
Eine größere Rolle spielt die Resorption von Wirkstof-
fen durch das Kolon. Es handelt sich dabei um Vitamine, Von den Kolonkarzinomen gehören 80% zu den Adeno-
die durch die Darmflora gebildet werden: Biotin, Folsäure, karzinomen. Die 5-jährige Heilungsquote bei kurativ rese-
Nikotinsäure und Vitamin K. zierten Patienten liegt bei 70%. Rund die Hälfte aller Pati-
Die Passagezeit des Dickdarminhalts beträgt zwischen enten haben zum OP-Zeitpunkt bereits befallene Lymph-
10 und 90 h. knoten.
Beschwerden treten in Abhängigkeit von der Lokalisa-
tion erst bei fortgeschrittenem Tumorwachstum auf durch
2.12.2 Diagnostik, Einteilung und Therapie Änderung der Stuhlgewohnheiten (Verstopfung im Wech-
kolorektaler Karzinome sel mit Diarrhöen), Blut- und Schleimabgang im Stuhl und
die sog. Spätsymptome wie Gewichtsverlust, Blutarmut
Das kolorektale Karzinom gilt bei beiden Geschlechtern und ein mechanischer Ileus. Die Diagnostik erfolgt wie
als zweithäufigstes Malignom. Der Haupterkrankungsgip- nachfolgend beschrieben.
fel findet sich im 6.–7. Lebensjahrzehnt (Durchschnittsal-
ter 65 Jahre), aber auch ein Auftreten im 2. und 3. Jahr- Diagnostik
zehnt ist möglich. Die Anamnese erfragt Schmerzen, Begleitsymptome, z. B.
Die Ursachen sind multifaktoriell. Umweltfaktoren Fieber oder Erbrechen, Änderung der Stuhlgewohnheiten,
(chronische Karzinogenexposition) und insbesondere die Blut und Schleimabgang, Gewichtsverlust, Blutarmut oder
Zusammensetzung der Nahrung spielen eine wesentliche aufgetretene Schwäche.
Rolle. Ballaststoffreiche Ernährung reduziert das Kolon- Zum klinischen Untersuchungsbefund gehören die Be-
karzinomrisiko. Ein familiär gehäuftes Auftreten ist eben- urteilung des Abdomens (Peritonitis, Ileus etc.), die rektale
falls bekannt. digitale Untersuchung sowie die Beurteilung der Gesamt-
Operationen beim Dickdarmkrebs werden im Wesent- situation des Patienten.
lichen durch die anatomischen Gegebenheiten der Gefäße, Zur endoskopischen Diagnostik gehören die Proktos-
der Lymphknoten und Faszien bestimmt. kopie, die Rektoskopie sowie die komplette Koloskopie, die
Der Schwierigkeitsgrad der Eingriffe ist bedingt durch von den gesetzlichen Krankenkassen ab dem 55. Lebens-
das fortgeschrittene Lebensalter der Patienten, durch das jahr als Vorsorgemaßnahme getragen wird. Probeentnah-
oft ausgedehnte Tumorwachstum sowie das keimbesiedel- men können bei all diesen Untersuchungen entnommen
te OP-Milieu. Auch die Tatsache, dass die Dickdarmwand werden und müssen histologisch beurteilt werden.
gegenüber dem Dünndarm weniger mechanisch belastba- Die röntgenologische Abdomenübersicht gibt Aus-
re Kollagenfasern enthält, ist von Bedeutung. kunft über freie Luft im Bauchraum, die auf Perforationen
schließen lässt und zeigt ggf. Spiegel, die auf einen Ileus
Klassifikation und Stadieneinteilung hinweisen können.
Sowohl für prognostische Aussagen als auch für den Ver- Über eine Kolonkontrastdarstellung oder/und einen
gleich verschiedener Therapiemethoden in den entspre- retrograden Gastrographineinlauf können anatomische
chenden Stadien hat man sich international auf ein einheit- Verhältnisse, Tumoren, Volvulus usw. diagnostiziert
liches Dokumentationssystem geeinigt. Die sog. TNM- werden.
(Tumor-Nodulus-Metastase-)Klassifikation wird zugrun- Die Sonographie dient der Tumordarstellung und der
de gelegt: Metastasensuche, z. B. an der Leber, des Weiteren der As-
4 T: Tiefeninfiltration des Primärtumors (z. B. ziteskontrolle und der Abszessdiagnostik. Außerdem lässt
T 4=organüberschreitende Tumorinvasion in Nach- sich ein sekundärer Harnaufstau feststellen.
barorgane). Die Computertomographie, evtl. ergänzt durch MRT
4 N: Lokalisation und Zahl der befallenen Lymph- und Endosonographie, klärt die lokale Operabilität, z. B.
knoten bei großen Tumoren im kleinen Becken, die Lymphkno-
4 M: Lokalisation der nachgewiesenen Fernmetastasen tenmetastasen oder eine Peritonealkarzinose ab.
108 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Im Labor werden Tumormarker, Blutbild, Blutkörper- Bei Handanastomosen wird synthetisches, resorbier-
chensenkungsgeschwindigkeit (BSG), Blutgasanalyse bares Nahtmaterial vom Typ Polyglykolsäure der Stärke
(BGA) usw. untersucht. 3–0 empfohlen.
2 OP-Vorbereitung
Dickdarmresektionen können auch minimal-invasiv
videoassistiert durchgeführt werden.
Voraussetzung für Operationen am Dickdarm ist eine opti-
male Vorbereitung des Patienten. Um bei dem Eingriff eine jGrundsätze zur Verhütung einer Tumorzellaussaat
möglichst bakterienarme Schleimhaut vorzufinden, wird 4 präliminäre Ligatur der versorgenden Haupt-(Blut-
der Darm präoperativ orthograd und evtl. retrograd gespült. und Lymph-) gefäße,
Hierzu wird am Vortag der Operation eine sog. orale Lavage 4 Blockade des Darmlumens an den Resektionsgren-
mit 3–4 l Kleanprep o. Ä. zur hydromechanischen Darmrei- zen: »no touch isolation«,
nigung vorgenommen. Eine Kontraindikation dafür stellt 4 Einhüllung des tumortragenden Darmanteils bei Be-
der Ileus dar. Im Rahmen der »Fast-track-Therapie« wird fall der Serosa.
heute auf die Darmvorbereitung verzichtet.
Die perioperative Antibiotikaprophylaxe (bei Narko-
Allgemeine OP-Schritte bei Kolonresektionen
seeinleitung mit einem Cephalosporin und Metronidazol)
führt zu einer drastischen Senkung der postoperativen In- 4 Festlegung der Resektionsgrenzen je nach Tumor-
fektionen. Allgemeine Vorbereitungsmaßnahmen sind ein lokalisation, Lymphknotenbefall und Metastasen-
zentraler Venenkatheter, ein Blasenverweilkatheter und bildung (TNM-Klassifikation, 7 s. oben)
evtl. eine arterielle Blutdruckmessung. 4 Mobilisierung der Darmenden zur Schaffung
spannungsfreier Nahtverbindungen (keine Span-
Allgemeine OP-Prinzipien nung auf der Anastomose).
Die chirurgische Behandlung der kolorektalen Karzinome 4 Skelettierung unter Beachtung der Gefäßversor-
hat sich durch die Einführung der Klammernahttechnik gung der Darmenden (bis 1/2 cm).
deutlich gewandelt. Kontinenzerhaltende Eingriffe mit 4 End-zu-End-Anastomose, biologisch am günstigs-
Anastomosierung im kleinen Becken verdrängten zuneh- ten, abschließender Akt eines geplanten opera-
mend die abdominosakrale Rektumamputation. tiven Vorgehens.
4 Verschluss des Mesenterialschlitzes.
4 Keine Drainage bei unkomplizierten Operationen.
4 Sphinkterdehnung als Abschluss der Kolonanas-
tomosenoperation.
kIndikation
Tumoren der rechten Kolonhälfte, z. B. im Zäkum, im Co-
lon ascendens oder hinter der rechten Flexur, bei Enteritis
regionalis und Mesenterialinfarkt in der Colon-ascendens-
Region.
kPrinzip
Resektion des gesamten Colon ascendens, inklusive der
rechten Flexur, Zäkum mit Appendix, der Ileozäkalklappe
bis zum Colon transversum (. Abb. 2.72). Die Darmkonti-
nuität wird durch eine Ileotransversostomie wiederher-
gestellt.
kLagerung
4 Rückenlage, den Tisch leicht nach links gekippt,
. Abb. 2.72 Ausmaß der Resektion bei Hemikolektomie rechts. 4 die neutrale Elektrode wird an einem Oberschenkel
(Nach Siewert 2006) befestigt.
2.12 · Dickdarm
109 2
kInstrumentarium
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium, um der terminalen lleumschlinge sowie das Meso-
4 evtl. bipolare Schere, kolon des Zäkums, des Colon ascendens, der rech-
4 Kirschner-Rahmen oder ein anderes Selbsthaltesystem, ten Flexur und des Anfangsteils des Colon trans-
4 weiche und harte Darmklemmen, versum durchtrennt.
4 Gummizügel, 7 Bei einem Tumor der rechten Flexur muss die
4 bei Bedarf Einzelclipstapler, Operation erweitert werden. Dann wird die A. co-
4 linearer Verschlussstapler und/oder linearer Anasto- lica media ligiert und ca. zwei Drittel des Colon
mosenstapler transversum werden reseziert.
4 für die End- zu- End- Anastomose ggf. ein zirkuläres 7 Nach der Befreiung des zu resezierenden Darman-
Klammernahtinstrument. teils von seiner Netzschürze wird die übrige
Bauchhöhle mit feuchten Tüchern abgedeckt, da-
Hemikolektomie rechts mit ein Kontaminationsschutz bei unvorhergese-
henem Austritt von Darminhalt besteht.
7 Rechtsseitiger Mittelbauchquerschnitt oberhalb
7 Ileum und Kolon können zwischen Darmklemmen
des Nabels.
durchtrennt werden, alternativ erfolgt die Durch-
7 Die Exploration des Abdomens klärt bei einem
trennung ohne jegliche Abklemmung. Dazu wird
Karzinom ab, ob Metastasen vorhanden oder
an den verbleibenden Teil jeweils eine weiche
sonstige Begleiterkrankungen erkennbar sind.
Darmklemme und an das Präparat je eine harte
7 Der Dünndarm wird nach links verlagert, mit
Klemme angesetzt. Zwischen der weichen und
feuchten Bauchtüchern abgedeckt und mit Leber-
der harten Klemme wird der Darm mit dem Skal-
haken weggehalten.
pell durchtrennt, und das Resektat entfällt. Das
7 Mit dem Einsetzen des Rahmens wird ein über-
Lumen wird mit Stieltupfern, ggf. in Desinfekti-
sichtliches OP-Feld geschaffen.
onslösung getränkt, gereinigt.
7 Zuerst werden die Resektionslinien durch Haltefä-
7 Um die Kontinuität des Verdauungstraktes wie-
den, die angeklemmt werden, festgelegt.
derherzustellen, erfolgt in der Regel eine End-zu-
7 Zäkum und Colon ascendens werden nach links
End-Anastomosierung zwischen Ileum und Colon
gehalten und die peritoneale Umschlagfalte wird
transversum. Dazu werden die mit den weichen
seitlich des Dickdarmes von der rechten Flexur bis
Klemmen verschlossenen Darmenden einander
zur Resektionsgrenze am Zäkum mit einer Schere
angenähert und bei einreihiger Einzelknopfnaht
inzidiert.
zuerst die Hinterwandnähte, dann die Vorder-
7 Nach kranial spannen sich das Lig. hepatocolicum
wandnähte gelegt.
und das Lig. duodenocolicum an, die zwischen
7 Auch fortlaufende Nahttechniken haben sich be-
Klemmen durchtrennt werden. Das Lig. gastrocoli-
währt.
cum wird zwischen Klemmen magennah abge-
7 Der Lumenunterschied der Darmenden kann
setzt. Hier kann auch die bipolare Schere einge-
durch vorheriges Legen von Ecknähten und grö-
setzt werden.
ßeren Nahtabstand auf der Dickdarmseite ausge-
7 Das rechte Kolon kann stumpf vom Retroperito-
glichen werden; das Ileumende kann aber auch
neum gelöst werden. Dann werden die A. ileocoli-
angeschrägt werden.
ca und die A. colica dextra identifiziert und ab-
7 Die Mesenteriallücke wird verschlossen, d. h. das
gangsnah zwischen 2 Ligaturen durchtrennt. Bei
verbliebene Mesokolon und das Dünn-
einer Karzinomerkrankung muss evtl. auch die
darmmesenterium werden mit einigen Nähten
A. colica media ligiert werden.
vereinigt.
7 Die entsprechenden Venen werden gleichfalls
7 Das eröffnete Retroperitoneum kann offen blei-
ligiert und durchtrennt, die Lymphknoten ent-
ben. Eine Drainageeinlage ist in der Regel nicht
fernt.
erforderlich.
7 Die Durchtrennung des Mesokolons beginnt an
7 Nach der Zählkontrolle der Textilien und der
der terminalen Ileumschlinge etwa 10 cm vor der
Instrumente sowie der Dokumentation ihrer Voll-
Ileozäkalklappe mit der Overholt-Präparation.
zähligkeit schichtweiser Wundverschluss und
Zwischen Unterbindungen werden das Mesenteri-
Verband.
6
110 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
2.12.8 Sigmaresektion
kIndikation
Sigmakarzinom.
kPrinzip
Resektion der Sigmaschleife. Mit Rekonstruktion durch
. Abb. 2.74 Hemikolektomie links. (Nach Siewert 2006) End-zu-End-Anastomose zwischen Rektum und Colon
descendens.
6
2.12 · Dickdarm
113 2
kPrinzip
Durch eine Inzision neben der Laparotomiewunde wird
eine mobilisierte Dickdarmschlinge hervorgezogen, über
einen »Reiter« gelegt, fixiert und erst eröffnet, wenn die
Laparotomiewunde verschlossen ist.
a b
kLagerung
4 Rückenlage,
4 neutrale Elektrode an einem Oberschenkel.
kInstrumentarium
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 Gummizügel,
4 gebogene Kornzange,
c d 4 Reiter (aus Glas, Metall, Kunststoff oder Gummi).
. Abb. 2.76 a–d Endständiges (a) und doppelläufiges (b) Ileosto- AP-Anlage
ma. c, d Bildung eines prominenten und endständigen Ileostomas. 7 Zur Anlage des AP wird meist eine mediane Lapa-
(Nach Siewert 2006)
rotomie vorgenommen. Der Anus praeternaturalis
wird durch eine zweite sparsame, zirkuläre, höchs-
Die Fistel wird immer nach dem Darmanteil benannt, der tens 2–3 cm große Inzision, z. B. im rechten Ober-
zur Bauchdecke ausgeleitet wird (. Abb. 2.75). bauch, ausgeleitet. Eine Ausleitung über eine ein-
Eine solche Darmausleitung kann doppelläufig oder zige Laparotomiewunde ist komplikationsbehaftet.
im Falle der Exstirpation des Rektums und des distalen 6
Kolonanteils als endständiger AP angelegt werden.
2.12 · Dickdarm
115 2
Häufig ist die laparoskopische AP-Anlage möglich (7 Ab- Endständiger Anus praeternaturalis
schn. 2.15). (terminaler AP)
Wird eine Rektumamputation vorgenommen oder kann
Zurückverlagerung eine Anastomose zwischen dem proximalen und dem dis-
Ist der AP nicht mehr erforderlich, kann er zurückverlagert talen Darmabschnitt nach einer Resektion nicht hergestellt
werden. Voraussetzung ist, dass die Darmpassage bis zur werden, muss das Sigma den endständigen AP bilden und
Analöffnung frei ist. nach außen abgeleitet werden (. Abb. 2.76).
Der verschlossene Darm wird durch eine Inzision der
Bauchdecke seitlich der Laparotomie ausgeleitet. Bei einer
AP-Rückverlagerung geplanten Operation sollte diese Stelle vorher am stehen-
7 Die Haut wird um den AP spindelförmig (wetz- den Patienten eingezeichnet werden, um eine optimale
steinförmig) umschnitten. postoperative Stomapflege zu gewährleisten. Auch diese
7 Mit mehreren Einzelknopfnähten werden die bei- Stomaform kann laparoskopisch angelegt werden.
den Seiten der Hautumschneidung miteinander Die Haut wird im Ausleitungsgebiet rundlich so groß-
vereinigt. Dadurch wird eine Verunreinigung flächig exzidiert, dass eine Stenose des AP unwahrschein-
durch den austretenden Darminhalt vermieden. lich ist. Mit einer stumpfen Klemme, z. B. einer Kornzange,
6 wird nach der Faszieninzision eine Bauchdeckenlücke ge-
schaffen. Die durchgezogene Darmschlinge wird durch
116 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
2.12.10 Rektumresektion/-amputation
Karzinomlokalisation
Am Rektum werden ein oberes, ein mittleres und ein un-
teres Drittel unterschieden. Etwa 42% der Dickdarmkarzi-
nome sind im Rektum lokalisiert. Arteriell wird das Rek-
tum im oberen Drittel über die A. rectalis superior (ent-
springt aus der A. mesenterica inferior), im mittleren und
unteren Drittel über die paarigen Aa. rectales mediae und
Aa. rectales inferiores (entspringen aus der A. iliaca inter-
na) versorgt (. Abb. 2.71).
Der venöse Abfluss erfolgt über die V. rectalis superior
in die V. portae und über die V. rectalis media und inferior
zur V. cava inferior.
Tumoren der oberen zwei Drittel des Rektums können
meist kontinenzerhaltend operiert werden. Ein Sicher-
heitsabstand von mindestens 1–2 cm unterhalb des un-
. Abb. 2.78 Tiefe vordere Rektumresektion (Anastomose auf Höhe teren Tumorrandes wird als ausreichend angesehen.
des M. puborectalis oder der Linea dentata. (Nach Siewert 2006) Mit der Einführung der Klammernahttechnik bei der
Chirurgie des Rektumkarzinoms verdrängten sphinkterer-
haltende Rektumresektionen mit Anastomosierung im
mehrere Einzelknopfnähte am parietalen Peritoneum fi- kleinen Becken zunehmend die abdominosakrale Rektum-
xiert. amputation. Mit dieser Technik sind Anastomosen bis ca.
Die Lücke zwischen Mesosigma und Peritoneum 2 cm oberhalb der Anokutanlinie möglich.
sollte geschlossen werden, um eine innere Hernie zu ver- Eine Steigerung kontinenzerhaltender Operationen ist
hindern. durch die Vorschaltung einer Radiochemotherapie bei lo-
Verschluss der Laparotomiewunde in üblicher Art und kal fortgeschrittenen tiefen Rektumtumoren möglich ge-
Weise. worden (neoadjuvante Radiochemotherapie). Eine Weiter-
Eröffnen des Darmes und Vernähen der Sigmaschleim-
entwicklung auf diesem Gebiet sind die laparoskopischen
haut mit der Haut durch Einzelknopfnähte. Dabei wird die
Operationstechniken (7 Abschn. 2.15).
Darmwand geringfügig ausgestülpt.
Versorgung mit einem Kolostomabeutel. Kontinenzerhaltende anteriore
Rektumsigmoidresektion
Operation nach Hartmann kIndikation
kPrinzip Tumorbefall im Übergang vom Rektum zum Sigma.
Resektion des tumortragenden Abschnitts, Blindverschluss
des Rektumstumpfs, endständige Ausleitung des Sigmas kPrinzip
als Stoma im linken Unterbauch (Hartmann I). Resektion des tumorbefallenen Gebietes (. Abb. 2.78) und
Es besteht die Möglichkeit einer Reanastomose zur End-zu-End-Sigmoidorektostomie, selten per Handanas-
Wiederherstellung der Darmpassage (Hartmann II). tomose, zumeist unter Zuhilfenahme eines zirkulären
Staplers, der von anal eingebracht wird. In der Regel ist die
Palliative Umgehungsanastomosen Mobilisation der linken Kolonflexur erforderlich.
Im Allgemeinen sollte jeder resektionsfähige Tumor mit
palliativer Zielsetzung entfernt werden, um zumindest für kLagerung
eine gewisse Zeit eine bessere Lebensqualität zu erreichen. 4 Perineallage, d. h. abgewandelte Steinschnittlage, bei
Bei nichtresektablen Tumoren, z. B. im Zäkum oder Bedarf Trendelenburg-Lagerung (. Abb. 2.79 und
Colon ascendens oder bei Dünndarmmetastasen, sind . Abb. 2.80),
Umgehungsanastomosen indiziert. 4 neutrale Elektrode an einem Oberschenkel.
2.12 · Dickdarm
117 2
kInstrumentarium
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 extra lange Präparationsinstrumente für das kleine
Becken,
4 Golligher- oder Kirschner-Rahmen,
4 Gummizügel,
4 abgewinkelte Darmklemmen z. B. nach Götze,
4 weiche Darmklemmen.
Bei Stapleranwendung:
4 Tabakbeutelklemmen,
4 Allis-Klemmen, . Abb. 2.79 Lagerung mit abgesenkten Beinhaltern und Lagerung
auf Vakuummatte. (Nach Krettek u. Aschemann 2005)
Rektumresektion
7 Der Operateur steht meist an der linken Seite des
Patienten.
7 Der Zugang über die untere mediane Laparoto-
mie ermöglicht eine ausgedehnte Exploration mit
Inspektion der Leber, der Milz und des kleinen Be-
ckens.
7 Die Resektionslinien werden festgelegt und ggf.
mit Haltefäden markiert.
7 Das Sigma wird von der seitlichen Bauchwand ge-
löst, der linke Ureter dargestellt und bei Bedarf
angeschlungen. Alternativ wird präoperativ trans-
urethral geschient.
7 Das Mesenterium wird entlang der Resektionslinien
mit Overholt und Ligaturen durchtrennt, die A. und
. Abb. 2.80 Steinschnittlage in Trendelenburg mit Vakuummatte
V. mesenterica inferior an ihren Abgängen ligiert.
und Beinhaltern in Einhandbedienung; gute Dekubitus- und Ple-
7 Die Mobilisation des Colon descendens wird xusprophylaxe. (Nach Krettek u. Aschemann 2005)
durch bipolare Scherendissektion oder mit Over-
holt-Präparation der Bänder, die die linke Flexur
halten, erreicht.
7 Das Beckenbodenperitoneum um den Darm her- 7 Bei der Präparation ist die Schonung der auto-
um wird mit der Schere inzidiert. nomen Nervenversorgung zu beachten.
7 Die Auslösung des Rektums im Becken erfolgt im 7 Seitlich werden die Paraproktien mit den Gefäßen
Spaltraum der Grenzlamelle, ventral begrenzt unter Schonung der Harnleiter durchtrennt. Das
durch die Samenbläschen bzw. die Vaginalhinter- Rektum wird mit einer weichen Darmklemme im
wand, dorsal begrenzt durch die Kreuzbeinhöhle. verbleibenden Teil und mit einer abgewinkelten
Auf diese Weise entfällt mit dem Resektat der Klemme, z. B. nach Satinsky, im abfallenden Teil
gesamte mesorektale Fettkörper, der mögliche gequetscht und dazwischen mit dem Skalpell
Lymphknotenmetastasen enthält (proximale/ durchtrennt.
totale Mesorektumexzision). 7 Der gleiche Vorgang wird am Sigma wiederholt.
6 6
118 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
7 Bei der Anwendung von Klammernahtinstrumen- 7 Nach behutsamer Entfernung des Staplers werden
ten werden am Rektumstumpf ein lineares Klam- die Darmwandringe auf Vollständigkeit überprüft.
2 mernahtinstrument und am Sigmastumpf eine Ta- Zusätzlich wird die Anastomosendichte durch
bakbeutelklemme angesetzt. Auffüllen mit einer gefärbten Spülflüssigkeit über
7 Die Anastomose erfolgt entweder von Hand oder ein Darmrohr geprüft. Eventuell vorhandene Ana-
maschinell. stomosendefekte müssen sorgfältig übernäht
werden. Im Zweifelsfall muss die Anastomose re-
seziert und neu angelegt werden.
7 Als letzter Schritt der Operation kann eine Extra-
Tiefe Rektosigmoidostomie von Hand peritonealisierung der Anastomose erfolgen. Das
7 Um ein Abrutschen des Rektumstumpfes zu ver- in umgekehrter U-Form eröffnete Peritoneum des
hindern, sollten mehrere Haltefäden oder Allis- Beckenbodens wird so rekonstruiert, dass die
Klemmen angelegt werden. Wundränder vorn zusammengenäht und hinten
7 Die beiden Darmstümpfe werden spannungsfrei zirkulär an das Sigma angeheftet werden. So wird
einander genähert. Die Anastomose beginnt mit die Anastomose nach außerhalb des Peritoneums
vorgelegten seromuskulären Hinterwandnähten; verlagert. Wenn das gut mobilisierte Colon de-
hierbei werden am Sigma die Serosa, am Rektum scendens locker in das kleine Becken fällt, wird
bei fehlender Serosa die Muskelwand gefasst. der gleiche Effekt erzielt.
7 Danach werden die gelegten Hinterwandnähte 7 Eine Drainage kann neben dem Darm durch das
geknüpft. Die Vorderwand wird allschichtig ge- Peritoneum des Beckenbodens geführt werden.
näht; die Knoten ins Lumen versenkt. Bei unkompliziert verlaufener Operation ist dies
nicht erforderlich.
7 Nach der obligaten Zählkontrolle sowie der Doku-
mentation der Vollzähligkeit der Textilien und In-
Tiefe Kolorektalanastomose mit einem zirkulären
strumente beginnt der schichtweise Wundver-
Anastomosenstapler
schluss. Die Operation endet mit der Versorgung
7 Nach Freipräparation des Rektums wird unterhalb der Drainage und dem Verband.
des Tumors mit einem linearen Stapler abgesetzt.
Bei tiefster Absetzung erleichtert der Contour-
Stapler (. Abb. 2.81) die kontaminationslose freie Im Falle einer sehr dicht an den Schließmuskel reichenden
Absetzung mit beidseitigem Verschluss der Lumi- Anastomose sollte ein protektives Stoma angelegt werden.
na. Nach Sphinkterdehnung und Überprüfung der
Dichtigkeit der Klammernahtreihe am Rektum- Abdominoperineale Rektumamputation
stumpf wird der zirkuläre Stapler vor dem Einfüh- kIndikation
ren mit einem Gleitgel benetzt und über den Sehr nah am Anus gelegenes Rektumkarzinom ohne die
Analkanal eingeführt. Der Rektumstumpf wird mit Möglichkeit den Sphinkterapparat erhalten zu können.
dem Dorn des Klammernahtinstruments in der
Mitte perforiert. kPrinzip
7 Die zirkuläre Anastomose wird mit einem möglichst Totale Entfernung des distalen Sigmas, des Rektums und des
großen Magazin geklammert, nachdem die Gegen- Anus mit systematischer Entfernung des Lymphabflussge-
druckplatte in den oralen Kolonschenkel einge- bietes en bloc. Endständige Ausleitung des Restsigmas als
knüpft und in das Nahtmagazin eingerastet ist. AP. Die Operation kann nahezu gleichzeitig von abdominal
7 Bei exakter Ausführung kommen dadurch 2 zirku- und sakral mit 2 OP-Teams durchgeführt werden.
läre, konzentrische Klammerreihen zustande, Die abdominale Präparation kann laparoskopisch
während ein zirkuläres Messer geringeren Durch- durchgeführt werden.
messers das von den Klammern zusammenge-
drückte invertierte Gewebe im Kolon und Rektum kLagerung
durchschneidet. 4 Steinschnittlagerung,
6 4 Trendelenburg-Lagerung, Dispersionselektrode an
einem Oberschenkel.
2.12 · Dickdarm
119 2
a b c
. Abb. 2.81a–c Techniken der koloanalen Anastomosierung: a transanale Handnaht, b intersphinktäre Stapleranastomose, c Double-
stapling-Anastomose. (Nach Siewert et al. 2006)
kInstrumentarium
Abdominoperineale Rektumamputation
Abdominal:
4 Grund- und Laparotomieinstrumente, 7 Zur Vorbereitung der Operation wird ein Dauer-
4 lange Präparationsinstrumente, katheter gelegt, bei weiblichen Patientinnen kann
4 lange Haken, die Scheide austamponiert werden, um so eine
4 Kirschner– oder anderes Rahmensystem, Präparationshilfe zu bieten.
4 Götze-Klemmen, 7 Die Analöffnung wird mit einer dicken Naht
4 Duval-Klemmen, verschlossen.
4 weiche Darmklemmen, 7 Die Position des vorgesehenen AP wurde am
4 Gummizügel, stehenden Patienten präoperativ eingezeichnet.
4 bei Bedarf linearer Verschlussstapler und Einzelclip-
stapler, Abdominale Phase:
4 bei Bedarf bipolare Schere, 7 Der Operateur steht auf der linken Seite des Pa-
4 bei Bedarf laparoskopisches Equipment (7 Abschn. tienten, der erste Assistent ihm gegenüber, der
2.15). zweite zwischen den Beinen des Patienten. Die
instrumentierende Pflegekraft steht am günstigs-
kSakral: ten links neben dem Operateur, den Instrumen-
4 Grundinstrumentarium mit Diathermie, tiertisch über ein Bein des Patienten geschoben.
4 Allis-Klemmen. 7 Als Zugang kommt die untere mediane Laparo-
tomie, von der Symphyse bis zum Nabel, zur An-
! Wenn mit 2 Teams gearbeitet wird, müssen die In- wendung. Bei Bedarf lässt sich der Schnitt ver-
strumente und Textilien für den sakralen Eingriff längern.
streng separat gehalten und getrennt von denen 7 Der erkrankte Mastdarmabschnitt und die be-
des abdominalen Eingriffs gezählt werden. nachbarten Organe werden nach harten, tumor-
infiltrierten Lymphknoten abgetastet.
7 Die Präparation des Rektums und des Sigmas
ähnelt der für die anteriore Rektumresektion. Zu-
6
120 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
erst wird mit der Schere das Sigma aus der Ad- die verbliebenen Gewebebrücken zur Prostata
häsion zum linken Retroperitoneum gelöst, und bzw. Scheidenrückfläche durchtrennt werden.
2 nach rechts gezogen. 7 Sakral wird die Blutstillung vervollständigt und die
7 Das proximale Sigma wird mit einem linearen Ver- Sakralwunde primär mit einer fortlaufenden Haut-
schlussstapler geklammert und vom Resektat ab- naht verschlossen. Alternativ gibt es die Möglich-
gesetzt. Der gleiche Arbeitsschritt kann z. B. mit keit sie zugranulieren zu lassen. Hierzu wird ein
einem linearen Anastomosenstapler durchgeführt Folienbeutel mit Streifentamponaden eingelegt.
werden. Es sollte keine zu lange Sigmaschlinge 7 Nach einem Handschuh- und Instrumentenwech-
belassen werden, damit später kein Siphon ent- sel kann die abdominale Versorgung fortgesetzt
steht oder ein Prolaps des Sigmakunstafters auf- werden. Stand ein zweites Team zur Verfügung,
tritt. Rektum- und Sigmastumpf werden desinfi- kann der Operateur des abdominalen Teams bei
ziert und können mit einem Gummihandschuh Bedarf während des Sakralwundenverschlusses
bedeckt werden, um eine Kontamination der eine Netzplombe herstellen. Dazu wird das Omen-
Bauchhöhle zu vermeiden. tum majus vom Querkolon abgelöst und soweit
7 Retroperitoneal wird der linke Ureter dargestellt freipräpariert, dass es gestielt nur noch an den lin-
und ggf. mit einem dünnen Gummizügel ange- ken gastroomentalen Gefäßen hängt. So wird es
schlungen. dann in die Sakralhöhle gezogen, die es wie eine
7 Nach Inzision des Beckenbodenperitoneums er- Plombe ausfüllt.
folgt die Mobilisierung des Rektums durch dorsa- 7 In günstig gelagerten Fällen kann der nachfol-
les stumpfes Eingehen in die Sakralhöhle in Höhe gend beschriebene OP-Ablauf bereits komplett
des Promontoriums. Die A. rectalis superior sollte mit dem ersten Teil kombiniert werden.
ligiert werden, ggf. wird die A. mesenterica inferi- 7 Nach der Zählkontrolle der Textilien und Instru-
or dargestellt und doppelt ligiert. Nach der Frei- mente sowie der Dokumentation der Vollzählig-
präparation der Rektumvorderseite werden seit- keit wird das Beckenbodenperitoneum durch
lich die Paraproktien stumpf aufgeladen und Naht oder Einnähen eines resorbierbaren Netzes
zwischen Overholt-Klemmen und Ligaturen (z. B. Vicryl) verschlossen. Dies verhindert das
durchtrennt. Standardmäßig wird die totale Hineinrutschen von Dünndarmschlingen in die
Mesorektumexzision durchgeführt. Sakralhöhle und gilt als Schutz bei evtl. erforder-
7 Das zirkuläre Auslösen des Rektums wird soweit licher Bestrahlung.
wie möglich bis zur Levatormuskulatur von abdo- 7 Das Dünndarmpaket wird im Sinne von Noble
minal durchgeführt. angeordnet. Die beiden lateralen Peritoneal-
ränder von der Harnblase bis zur Wurzel des ver-
Perineale Phase: bliebenen Mesosigmaanteils können fortlaufend
7 Wenn nur ein Team zur Verfügung steht, beginnt vernäht werden.
diese Phase nach ausgiebiger Mobilisation des 7 An der angezeichneten Ausleitungsstelle des AP
Rektums von abdominal. Andernfalls beginnt wird eine Bauchdeckenlücke geschaffen, durch die
das zweite Team mit der perinealen Phase, wenn der geklammerte Sigmaschenkel gezogen wird.
das erste Team mit der abdominalen Rektumaus- 7 Eine seitliche Schnürnaht zwischen Sigma und
lösung beginnt. parietalem Peritoneum der Bauchwand verhin-
7 Der After wird spindelförmig mit dem Skalpell dert ein Durchrutschen der Dünndarmschlingen.
oder dem Diathermiemesser umschnitten und 7 Gegebenenfalls wird in den Douglas-Raum eine
mit Schere und Pinzette zirkulär freipräpariert. dicke Drainage gelegt. Die Laparotomiewunde
7 Es folgt die zylinderförmige Auslösung des Rek- wird verschlossen, wenn die Textilien und Instru-
tums mitsamt der Schließmuskulatur aus dem mente gezählt wurden und ihre Vollzähligkeit
ischiorektalen Fettgewebe. dokumentiert wurde.
7 Anschließend werden das Lig. anococcygeum 7 Nach dem Laparotomieverschluss wird die Haut-
dorsal und die Levatorenmuskulatur seitlich naht abgedeckt und der blindverschlossene Sig-
durchtrennt. maschenkel zirkulär wenige Millimeter über dem
7 Nach Hervorluxieren des blind verschlossenen Rek- Hautniveau abgetrennt. Die Darmwand wird
tumstumpfes aus der Sakralwunde heraus können leicht ausgestülpt, an der Haut fixiert und mit
6 einem Kolostomabeutel versorgt.
2.12 · Dickdarm
121 2
Vor- und Nachbehandlung 2.12.12 Divertikel und ihre Behandlung
Bei wandüberschreitend gewachsenen Rektumkarzino-
men oder bei Vorliegen von Lymphknotenmetastasen wird Definition
eine kombinierte Radiochemotherapie präoperativ neoad- Das Divertikel ist die häufigste erworbene Fehlbildung
juvant empfohlen. Eine weitere ambulante Nachsorge ist des Dickdarms. Es handelt sich dabei um Ausstül-
erforderlich, indem die Chemotherapie, je nach Tumorsta- pungen der Darmschleimhaut durch Lücken in der
dium, postoperativ fortgesetzt wird. Muskelschicht. Da die Wandung nicht aus allen
Schichten des Dickdarmes besteht, bezeichnet man
Komplikationen sie auch als Pseudodivertikel.
Komplikationen beim Kolon-Rektum-Karzinom sind:
4 Anastomoseninsuffizienz: Die Rate der Nahtinsuffizi-
enzen mit notwendiger Relaparotomie ist im Allge- Divertikulose
meinen gering. Divertikulose bedeutet lediglich das Vorhandensein von
4 Die Insuffizienzen treten häufiger bei sehr tiefen Divertikeln. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu; 40%
Anastomosen auf. Daher wird hier die protektive Sto- der über 60-jährigen und 50% der über 70-jährigen Men-
maanlage empfohlen. schen weisen eine Divertikulose auf. Nur jeder 10. davon
4 Wundinfektion: Die Wundinfektionsrate konnte von bedarf jedoch einer Therapie.
50–60% auf ca. 10% unter Durchführung einer peri-
operativen Antibiotikaprophylaxe und der Darm- Divertikulitis
lavage gesenkt werden. Diesem Krankheitsbild liegen entzündliche Verände-
4 Letalität: Die Letalität ist abhängig von den Begleiter- rungen der Divertikel zugrunde. Die Entzündung ist zu-
krankungen und der Tumorausdehnung. nächst in unmittelbarer Nähe der Divertikel lokalisiert
(Peridivertikulitis); bei einem Fortschreiten auf angren-
zende Organe liegt eine Perikolitis vor. Hier können sich
2.12.11 Vorgehen bei Analkarzinom
Abszesse bilden. Es kann zu freien Perforationen mit Peri-
tonitis kommen und ebenso können sich narbige Folgezu-
Das Analkarzinom ist selten und macht nur etwa 1–2% der
stände mit Stenose und Fistelbildung entwickeln. Auch
kolorektalen Karzinome aus. Zu unterscheiden sind:
Divertikelblutungen können auftreten.
4 das Analrandkarzinom,
4 das Analkanalkarzinom.
Pathogenese der Divertikulitis
Das Analkarzinom erscheint als flacher, derber, oft zentral In den Divertikeln, die sich im Bereich der Gefäß-Muskel-
ulzerierter Tumor. Lücken der Dickdarmwand ausbilden, entwickeln sich
Meist liegt histologisch ein Plattenepithelkarzinom vor sog. Kotsteine. Durch Drucknekrosen der Schleimhaut
(90%). In Übereinstimmung mit der regionalen Lymph- beginnt der Entzündungsprozess; aus Mikroperforatio-
drainage finden sich 3 Metastasierungswege: nen entwickeln sich peridivertikulitische Entzündungs-
4 in die Mesenteriallymphknoten (proximal gelegene infiltrate.
Analkarzinome),
4 in die Beckenlymphknoten (proximal gelegene Anal- Komplikationen
karzinome), 4 Gedeckte Perforation, Abszess,
4 in die oberflächlichen inguinalen Lymphknoten (Tu- 4 freie Perforation mit Peritonitis,
moren distal der Linea dentata). 4 Stenose bei chronischer Divertikulitis,
4 Blutung,
Das Behandlungskonzept hat sich zugunsten einer Konti- 4 Blasenfistel mit Abgang von Darmgas und Stuhlparti-
nenzerhaltung verändert. keln im Urin und andere Fisteln.
Nach Probeentnahme und histologischer Sicherung
erfolgt zunächst eine kombinierte Radiochemotherapie. Lokalisation
Nach einem Intervall von 6–8 Wochen wird eine Nachex- In 90% der Erkrankungen ist das Sigma beteiligt; hierbei ist
zision im Bereich des Tumorbettes vorgenommen. In vier es in 50% isoliert befallen.
Fünftel der Fälle ist der Tumor komplett eliminiert. Bei nur
einem Fünftel der Patienten ist dann noch Resttumor Anamnese
nachweisbar. Bei großem Resttumor oder einer Sphinkter- Patienten mit einer Divertikulitis kommen erst bei Schmer-
infiltration ist erst dann eine abdominoperineale Resekti- zen oder Entzündungszeichen in die chirurgische Behand-
on (s. oben) erforderlich. lung. Wichtig ist dann die Frage, ob schon früher ähnliche
122 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Beschwerden bestanden haben. Die Sigmadivertikulitis erfolgen und die obere Resektionsgrenze ca. 10 cm ober-
zeigt das Bild einer sog. »Linksappendizitis«: halb des Entzündungsherdes liegen. Die untere Grenze
4 Übelkeit und Erbrechen. sollte immer die sog. »Hochdruckzone« mit erfassen. Sie
2 4 Umschriebene Druckschmerzhaftigkeit und lokale wird für die Divertikelentstehung und für mögliche Re-
Abwehrspannung im linken Unterbauch. zidive verantwortlich gemacht. Sie entspricht dem rekto-
4 Sigma als walzenförmige Geschwulst tastbar. sigmoidalen Übergang in Höhe des Peritoneums.
4 Rektale Untersuchung schmerzhaft. Das Vorhandensein von weiter proximal gelegenen Di-
4 Fieber, Leukozytose. vertikeln bei sonst unauffälliger Kolonbeschaffenheit ist
bedeutungslos.
Diagnostik Die primäre Kontinenzresektion mit einer Deszen-
4 Sonographie, dorektostomie ist das Verfahren der Wahl.
4 bei entsprechender Klinik primär Computertomogra- Auch bei der perforierten Kolondivertikulitis wird seit
phie mit Einlauf von wässrigem Kontrastmittel, längerer Zeit eine primäre Anastomose angelegt, die nach-
4 Koloskopie im Intervall, folgend im Konzept der Etappenlavagetherapie kontrol-
4 evtl. Zystoskopie, Fisteldarstellung. liert werden kann (7 Abschn. 2.14). Der endgültige Bauch-
deckenverschluss erfolgt dann bei unauffälliger lokaler
jDivertikelblutung
Anastomosensituation und beherrschter Peritonitis.
! Diese Blutungen sind oft massiv und zum Schock Den Patienten bleibt damit die Anlage eines AP er-
führend, v. a. bei älteren Patienten mit Bluthoch- spart; ein Sekundäreingriff ist nicht mehr erforderlich. Nur
druck. Die Blutungsquelle ist selten durch eine im Ausnahmefall sollte eine Resektion des Sigmas mit
selektive Angiographie darstellbar und dann in Blindverschluss des Rektumstumpfes und Anlage eines
der Regel im Colon ascendens und in der linken endständigen Sigma-AP erfolgen (7 Abschn. 2.12.9).
Flexur zu finden. Gründe hierfür können ein kritischer Allgemeinzustand
des Patienten, die technische Undurchführbarkeit einer
Therapie Anastomose oder Anastomosenkomplikationen sein.
jKonservative Behandlung Eine alleinige AP-Anlage ist selten indiziert.
Die konservative Behandlung ist bei dem 1. Schub einer Bei allen kontinenzerhaltenden Notfalloperationen ist
einfachen Divertikulitis sowie bei einer passageren Blu- die intraoperative Darmspülung erforderlich.
tung angezeigt. Lässt sich das akute Entzündungsstadium konservativ
beherrschen, so wird die Sigmaresektion zunehmend lapa-
jOP-Indikationen roskopisch ausgeführt (7 Abschn. 2.15).
4 Elektive Frühresektion:
5 bei Beginn im jugendlichen Alter,
5 bei einem schweren Erstanfall, 2.12.13 Morbus Crohn
5 bei häufigen heftigen Attacken mit peritonitischen
Zeichen, Diese Krankheit wurde nach ihrem Erstbeschreiber be-
5 bei einem großen Divertikelkonglomerattumor, nannt.
5 bei gehäuften Fieberschüben,
5 bei rezidivierenden Blutungen. Definition
4 Absolute OP-Indikation: Die Enteritis regionalis Crohn ist eine chronische, ver-
5 Perforation mit und ohne Peritonitis, narbende Entzündung aller Darmwandschichten.
5 Ileus,
5 massive Blutung.
4 Operationen mit aufgeschobener Dringlichkeit: Die Entzündung kann ein oder auch mehrere Darmseg-
5 lokale Abszedierung, mente mit dazwischen liegenden gesunden Abschnitten
5 inkompletter Ileus, des gesamten Magen-Darm-Traktes betreffen.
5 Fistelung, Es können v. a. der untere Dünndarm, aber auch der
5 rezidivierende Blutung. Dickdarm, Mastdarm und Darmausgang abschnittweise
entzündlich verändert sein, seltener sind Duodenum, Ma-
jOperative Therapie gen, Ösophagus oder Mund befallen.
Das wichtigste Prinzip ist die Beseitigung des septischen Die befallenen Darmanteile neigen durch Vernar-
Herdes. Eine Resektion des sichtbar und tastbar verän- bungen und Verdickungen der Darmwand zu Stenose,
derten Sigmaabschnitts sollte über mindestens 20 cm Abszess- oder Fistelbildung.
2.12 · Dickdarm
123 2
Mikromorphologisch betrifft die Entzündung alle An- 4 Der Nachweis histologischer Veränderungen im Re-
teile der Wand und ist durch eine Granulombildung ge- sektionsrand hat keinen Einfluss auf die Komplika-
kennzeichnet. tions- und Rezidivrate.
Ursache und Krankheitsentstehung sind unbekannt. 4 Die Rezidivrate nach chirurgisch kurativer Operation
Bevorzugt sind junge Erwachsene beiderlei Geschlechts beträgt 40%.
betroffen. Eine familiäre Häufung wird beschrieben, au- 4 Eine End-zu-End-Anastomose wird zur Vermeidung
toimmunologische Prozesse werden ursächlich vermutet. eines Blindsackes empfohlen.
4 Die Antibiotikaprophylaxe erfolgt wie bei allen ande-
Symptome ren Darmeingriffen.
4 Immer wieder auftretende Bauchschmerzen,
Operative Eingriffe
4 Durchfälle,
4 Fieber, 4 Sparsame Ileozäkalresektion (7 Abschn. 2.12.3). Der
4 Gewichtsverlust, Unterschied besteht darin, dass nach der Teilresektion
4 verminderter Appetit u. V. m. des betroffenen Dünn- und Dickdarmes die Anasto-
mosierung als Ileoaszendostomie erfolgt.
Der Verlauf der Erkrankung ist chronisch mit unvorher- 4 Strikturoplastik: Hier handelt es sich um einen mini-
sehbaren spontanen Verschlimmerungen und Remissi- malen Eingriff bei kurzstreckigen Stenosen des Dünn-
onen. Auch nach operativer Entfernung befallener Darm- darmes. Der stenosierende Narbenring wird längs
teile sind Rückfälle häufig (40%). gespalten und quer mit Einzelknopfnähten vernäht.
Komplikationen
4 Fistelbildung, Die Erkrankung beschränkt sich primär auf die Schleimhaut
4 Analfissuren, des Rektums, erfasst nur in seltenen Fällen, die fulminant
4 Abszesse, verlaufen, tiefere Darmschichten. Die befallene Schleimhaut
4 Blutungen, ist diffus gerötet und zeigt oberflächliche Geschwüre. Ty-
4 Stenose, Ileus, pisch ist die von distal nach proximal gerichtete Ausdehnung
4 Perforation, der Erkrankung; hierbei ist das Rektum immer befallen.
4 toxisches Megakolon, Im Gegensatz zum Morbus Crohn bleibt die Colitis ul-
4 Karzinom u. v. a. cerosa immer auf den Dickdarm beschränkt.
Der Haupterkrankungsgipfel liegt zwischen dem 20.
Therapie und 40. Lebensjahr, die Krankheit kann jedoch zu jedem
Der Morbus Crohn ist z. Z. weder mit einer medikamentösen Zeitpunkt auftreten.
noch mit einer chirurgischen Therapie heilbar. Im Vorder- Ursache und Entstehung sind bisher nicht eindeutig
grund steht nach der Sicherung der Diagnose und nach bekannt. Es werden auch hier ursächlich autoimmunolo-
Kenntnis über die Ausdehnung und Aktivität der Erkran- gische Prozesse vermutet. Psychosomatische Faktoren ge-
kung die konservative medikamentöse Behandlung. hören ebenfalls zum Krankheitsbild.
Eine OP-Indikation ist dann gegeben, wenn Komplika- Es ist von einer »colitistypischen Persönlichkeitsstruk-
tionen zu einem chirurgischen Vorgehen zwingen. tur« die Rede, die durch eine starke »Über-Ich-Zensur«
und einen schwachen Willen mit abnormer Konfliktverar-
Operative Therapie beitung gekennzeichnet ist.
4 Angestrebt wird immer die Resektion des befallenen Die Colitis ulcerosa verläuft meist schubweise. Phasen
Darmabschnitts (keine palliative Bypassoperation). geringer oder fehlender Beschwerden wechseln sich mit
Die Resektion soll sparsam erfolgen. Zeiten erhöhter Entzündungsaktivität ab.
124 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Symptome Therapie
Im Vordergrund der Beschwerden stehen blutige und In der Regel ist eine konservative medikamentöse Therapie
schleimig-eitrige Durchfälle, deren Ausmaß vom Grad des erforderlich. Erst bei einer Verschlimmerung der Krank-
2 Dickdarmbefalles abhängt. Ist das gesamte Kolon betrof- heit, beim Auftreten von Komplikationen oder Ausbleiben
fen, kann es zu schweren, sehr häufigen Diarrhöen kom- von Remissionen ist eine chirurgische Therapie in ca. 25–
men, die mit erheblichem Blutverlust, Fieber, Gewichtsab- 30% der Fälle erforderlich.
nahme und Blutarmut einhergehen. Bei langfristiger Erkrankung ist die Operation im Sinne
einer Karzinomprophylaxe indiziert.
Diagnostik
7 Abschn. 2.12.13. Operative Technik
Ziel der operativen Therapie ist die Entfernung des er-
Karzinomrisiko krankten Dickdarmes, um damit das Befinden des Pati-
Das Karzinomrisiko ist bei Patienten mit einer Colitis ul- enten zu verbessern und krankheitsspezifische oder thera-
cerosa etwa 10-mal größer als das der Normalbevölkerung. piebedingte Komplikationen zu vermeiden.
Bei ausgedehntem Kolonbefall zeigt sich nach 10-jährigem Auch bei der Colitis ulcerosa hat sich die kontinenzer-
Krankheitsverlauf eine Karzinomhäufigkeit von 5%, nach haltende Operation durchgesetzt. Etwa zwei Drittel der
25-jährigem Verlauf eine von 50%. Patienten können kontinenzerhaltend operiert werden.
Komplikationen OP-Verfahren
4 Perforation in ca. 2% der Fälle. 4 Proktokolektomie mit endständiger Ileostomie.
4 Toxisches Megakolon = Kolondilatation in ca. 10% 4 Indiziert ist dieses OP-Verfahren bei schweren ent-
der Fälle; gefährliche Komplikation mit totaler oder zündlichen Veränderungen auch im distalen Rektum,
segmentaler Weitstellung des Kolons aufgrund also dem potentiellen Anastomosenbereich.
schwerer funktioneller und morphologischer Darm- 4 Proktokolektomie mit ileorektaler Anastomose, also
wandschädigung. kontinenzerhaltend:
4 Innerhalb weniger Stunden kommt es zu schwersten 4 Hierbei verbleiben ca. 5 cm des distalen Rektums. Re-
toxischen Erscheinungen mit septischen Tempera- gelmäßige Kontrollen und Rektumbiopsien sind er-
turen, Schüttelfrost, Tachykardie, Schläfrigkeit und forderlich. Dieses Verfahren ist nur bei Patienten mit
Verwirrtheitszuständen sowie zum Kreislaufschock. geringen Entzündungszeichen im distalen Rektum
4 Massive Blutung. angezeigt.
4 Perianale Abszesse. 4 Nach der Resektion des Kolons erfolgt eine terminale
Anastomose zwischen Ileum und Rektum (Technik
7 Abschn. 2.12.10).
4 Subtotale Kolektomie mit Proktomukosektomie und
ileoanalem Pouch, also kontinenzerhaltend, dieser
Eingriff sollte nicht im Notfall erfolgen.
4 Die laparoskopische Durchführung dieses Eingriffes
ist möglich.
OP-Schritte
7 Subtotale Kolektomie.
7 Skelettierung des Dünndarmes.
7 Konstruktion des J-Reservoirs (. Abb. 2.82).
Besonderheiten Symptome
Der Dickdarmileus tritt meist bei älteren Menschen auf. Er 4 Akutes, einmaliges Ereignis,
entwickelt sich im Gegensatz zum Dünndarmileus lang- 4 kolikartige Schmerzen und Stuhlverhalt,
samer. 4 typisch ist ein ballonartig aufgetriebenes Abdomen,
Das Behandlungsziel besteht in der Beseitigung des me- 4 später Entwicklung einer Ileussymptomatik.
chanischen Hindernisses und der Behandlung des auslö-
senden Grundleidens, meist durch eine Tumorresektion. Therapie
Die konservative Therapie (endoskopische Absaugung)
Anamnese weist sehr hohe Rezidivraten auf. Deshalb ist eine Sigma-
Siehe Kolonkarzinom (7 Abschn. 2.12.2). resektion bzw. Hemikolektomie rechts bei einem Volvulus
des Zäkums oder des Transversums indiziert.
Lokalisationsdiagnostik
4 Röntgen-Abdomenübersicht,
4 retrograde Kolondarstellung mit wasserlöslichem 2.13 Proktologie
Kontrastmittel, ggf. mit CT,
4 Endoskopie. H. Schimmelpenning, M. Liehn
a b
. Abb. 2.83 Corpus cavernosum recti. Der Schwellkörper wird termuskulärer Verlauf ), 8 intermuskulär verlaufende Vv. rectales me-
durch intermuskulär an ihn herantretende Äste der A. rectalis superi- diae, 9 Schwammwerk des Corpus cavernosum recti, 10 transsphink-
or aufgepumpt. Die natürliche Spontanaktivität des M. sphincter ani täre Hauptabflussgefäße des Schwellkörpers, 11 intersphinktäre Ge-
internus hält die transsphinkterischen Blutabflüsse des Schwellkör- fäßnetze, 12 Abfluss zur V. rectalis inferior, vermutlich auch für das
pers geschlossen. Damit trägt der erigierte Mastdarmschwellkörper ausgeschöpfte, venöse Blut des nutritiven Kreislaufs des Schwellkör-
zum Abschluss bei. Sagittalschnitt durch das anorektale Kontinenz- pers, 13 Fasern des M. corrugator ani, sich in der perianalen Haut
organ eines Mannes. 1 Rektumlängsmuskulatur, 2 Rektumringmus- verankernd, 14 Columnae rectales, 15 Analkrypte: unterhalb dieser
kulatur, 3 M. levator ani, 4 M. Sphincter ani internus, 5 M. canalis ani, Zone ist die Analkanalhaut mit der Unterlage verwachsen, 16 Prok-
6.1 M. puborectalis, 6.2 M. sphincter ani externus profundus, 6.3 todealdrüse, 17 »auf Vorrat« gefaltete Mastdarmschleimhaut,
M. sphincter ani externus superficialis, 6.4 M. sphincter ani externus 18 trockene Analkanalhaut und perianale Haut. (Nach Stelzner 2004,
subcutaneus, 7 zu- und abführende Gefäße des Schwellkörpers (in- aus Lange et al. 2006)
davon ist am konstantesten, liegt bei 9–11 cm und wird verlaufen nach außen und unten, zwei Drittel erreichen
Kohlrausch-Falte genannt. den inneren Schließmuskel, und die Hälfte endet zwischen
Die Linea dentata markiert die Grenzzone zwischen dem inneren und äußeren Schließmuskel. Bei Obstrukti-
der nichtsensiblen Rektumschleimhaut und dem aboral onen der Ausführungsgänge, meistens durch Fäzes, kön-
davon beginnenden, hochsensiblen Plattenepithel der nen Abszesse und Fisteln entstehen.
Analhaut. Operationen oberhalb der Linea dentata verur- Bis etwa 10 mm oberhalb der Linea dentata befindet
sachen daher kaum Schmerzen, Operationen unterhalb sich ferner eine Übergangszone (Transitionalzone), in der
davon können hingegen starke Schmerzen zur Folge ha- das Drüsenepithel der Rektumschleimhaut in das zunächst
ben. Knapp oberhalb der Linea dentata liegen die längsge- mehrschichtige, unverhornte Plattenepithel übergeht.
stellten Columnae anales, die unten durch quergestellte Dieser Abschnitt des Analkanals ist sehr fein sensibel in-
Valvulae anales verbunden sind. Sie entstehen durch ein nerviert und ermöglicht so die genaue Unterscheidung
darunter liegendes arteriovenöses Gefäßgeflecht, das sog. zwischen den Stuhlbeschaffenheiten gasförmig, flüssig
Corpus cavernosum recti (. Abb. 2.83). Dieses wird aus Äs- und fest. Damit kommt ihm eine erhebliche Bedeutung bei
ten der A. rectalis superior gespeist und hat Bedeutung für der Kontinenzleistung zu. Erst noch weiter aboral geht
die Feinkontinenz. dieser Abschnitt schließlich in die behaarte Haut der Kör-
Zwischen den Valvulae anales (auch Valvulae Mor- peroberfläche über (Linea anocutanea).
gagnii), die in Analpapillen enden, liegen halbmondför- Die Muskulatur des Sphinkterapparates besteht zum ei-
mige Einsenkungen, die Analsinus oder Analkrypten ge- nen aus einem glattmuskulären inneren Muskel (M. sphincter
nannt werden. Hier endet eine variable Anzahl von rudi- ani internus). Dieser ist dauernd kontrahiert. Er ist die Fort-
mentären Duftdrüsen (Proktodealdrüsen), die meisten setzung der Ringmuskelschicht der Tunica muscularis der
von ihnen dorsal. Die Ausführungsgänge dieser Drüsen Rektumwand und reicht bis auf Höhe der Linea anocutanea.
2.13 · Proktologie
127 2
Der quergestreifte M. sphincter ani externus umhüllt den Benennung weiterer anatomischer Landmarken (Bezug
inneren Sphinkter und ist bei Frauen ventral kürzer als bei zur Linea dentata, zur Linea anocutanea).
Männern. Er wird in einen subkutanen, einen oberfläch-
lichen und in einen tiefen Abschnitt unterteilt.
Inspektion
Die Linea dentata ist die Trennlinie zwischen dem En- Bei der Inspektion erfolgt eine Beurteilung der Haut (ver-
doderm und dem Ektoderm. Oberhalb dieser Linie ist der schmutzt, feucht, trocken, gerötet etc.), Behaarungstyp,
Darm sympathisch und parasympathisch innerviert (Ple- Narben, hervorspringende perianale Veränderungen wie
xus hypogastricus inferior), die arterielle Versorgung er- äußere Hämorrhoiden, Marisken (Analfalten), Fistelöff-
folgt im Wesentlichen über die A. rectalis superior, einen nungen o. Ä. Ferner kann eine dynamische Beurteilung er-
Endast der A. mesenterica inferior. Entsprechend dem folgen nach Aufforderung zum Pressen wie Absenken des
arteriellen Versorgungsgebiet erfolgt auch der venöse Beckenbodens, Hervortreten von Hämorrhoidalgewebe,
Rückstrom hauptsächlich zur V. mesenterica inferior. Die Anal- oder Rektumprolaps, Zystozele, Kolpozele, Rektozele.
Lymphe gelangt über Nll. rectales superiores zu den Nll.
Palpation
mesenterici inferiores. Lymphe des Analkanales wird über
Nll. inguinales superficiales drainiert. Die Palpation gibt Aufschluss über die Länge des Analka-
Der Beckenboden ist eine komplexe trichterförmige nals, den Sphinkterruhe- und Kneifdruck, das Hämorrho-
Struktureinheit aus Faszien und Muskeln, der verschie- idalgewebe, Veränderungen des Anoderms (Fissuren, Tu-
dene Aufgaben zukommen. Beim Geburtsvorgang, der moren), Indurationen inner- und außerhalb der Sphink-
Defäkation und der Miktion muss sie sich öffnen, ansons- termuskulatur (Fisteln, Abszesse), Veränderungen der
ten jedoch aktiv verschließen. Ferner hat der Beckenbo- Rektumschleimhaut sowie eine ventrale Rektozele und die
den stützende Funktionen für den Sphinkterapparat, die Funktionstüchtigkeit der Puborektalisschlinge.
Becken- sowie die übrigen Abdominalorgane. Das Dia- Proktoskopie
phragma pelvis besteht hauptsächlich aus dem M. levator
Mit dem Proktoskop werden die untersten Abschnitte des
ani, der sich aus den drei Anteilen M. pubococcygeus,
Rektums sowie der Analkanal untersucht. Sie kann durch
M. ileococcygeus und M. puborectalis zusammensetzt.
eine Spekulumuntersuchung ergänzt werden, bei der durch
Weiter dorsal liegt der M. coccygeus. Der ventral am knö-
den seitlichen Schlitz das Anoderm noch besser zur Darstel-
chernen Becken ansetzende M. puborectalis umschlingt
lung gelangt. Die Proktoskopie kann auch für therapeutische
dorsal auf Höhe der Flexura anorectalis den Enddarm
Zwecke eingesetzt werden, wie z. B. die Gummibandligatur
und geht hier in den tiefen Anteil des M. sphincter ani
oder Sklerosierung von vergrößerten Hämorrhoiden.
externus über.
Rektoskopie
Die starre Rektoskopie erlaubt die Untersuchung des Rek-
2.13.2 Proktologische Untersuchung tums, wobei die Höhe nach anatomischen Gegebenheiten
variabel ist. Die Schleimhaut kann beurteilt werden, und es
Anamnese
können Gewebeproben entnommen werden.
Die proktologische Untersuchung beinhaltet wie jede an-
dere Untersuchung zunächst eine gründliche Anamnese. Endosonographie
Neben allgemeinen Fragen zur Gesundheit und anderen Die sonographische Untersuchung des Anorektums wird
Erkrankungen, die einen Einfluss auf das Kontinenzorgan eingesetzt zur Beurteilung von Tumoren des Enddarms
haben können, gehören dazu eine Reihe von spezifischen (Infiltrationstiefe, Lymphknoten) sowie für die Diagnostik
Fragen: Schmerz? Blutung? Nässen? Ausfluss? Juckreiz von perianalen Fisteln (Lage, Verlauf) und auch für die
(Pruritus ani)? Schwellung? Prolaps? Defäkationsprobleme Exploration des Sphinkterapparates (Länge, Dicke, Mus-
(Obstipation, Häufigkeit, Intervall, digitales »Nachhelfen«, kellücken).
unvollständige Entleerung)? Entbindungen? Gynäkolo-
gische Operationen? Miktionsverhalten?
2.13.3 Hämorrhoiden
Klinische Untersuchung
Die Untersuchung erfolgt in Linksseiten- oder Stein- Ätiologie
schnittlage (SSL). Letztere ermöglicht eine gleichzeitige Oberhalb der Linea dentata befindet sich unter der
vaginale Untersuchung, die für viele Fragestellungen erfor- Schleimhaut ein arteriovenöses Gefäßgeflecht, der Plexus
derlich ist. Die Lokalisationsangabe eines Befundes orien- haemorrhoidalis oder Corpus cavernosum recti genannt
tiert sich am Zifferblatt einer Uhr (12 Uhr vorn, 3 Uhr wird. Prädilektionsstellen der aus den Aa. haemorrhoidales
rechts, 6 Uhr hinten, 9 Uhr links in SSL). Ferner erfolgt die superior, media und inferior gespeisten Geflechte liegen
128 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
a b
c d e
. Abb. 2.84 a–e Milligan-Morgan-Operation. a Fassen der Perianal- haut, d Ligatur des mobilisierten Hämorrhoidalpolsters, e Endbe-
haut mit Allis-Klemmen, b unter leichtem Zug Inzision der Perianal- fund. (Nach Lange et al. 2006)
haut und des Anoderms, c Dissektion, beginnend an der Perianal-
derms durch fortlaufende Nähte bis zum Außenrand des daher einen hohen Patientenkomfort und zeigt wenig Re-
Analkanals (. Abb. 2.85). Die Vorteile sollen in einer Re- zidive.
duktion der postoperativen Schmerzen sowie einer schnel-
leren Heilung bestehen.
2.13.4 Analfissur
Staplerhämorrhoidopexie nach Longo
Mittels eines speziellen Analdilatators werden zunächst die Ätiologie und Klinik
Hämorrhoiden reponiert. Unter Verwendung eines Naht- Es wird zwischen primären und sekundären Analfissuren
anoskops wird 3–4 cm oral der Linea dentata eine zirku- unterschieden. Klinisch präsentiert sich die akute Fissur
läre, submuköse Tabakbeutelnaht vorgelegt. Unter Scho- als ein längsverlaufender Defekt des sensiblen Anoderms
nung des Sphinkterapparates wird ein Zirkulärstapler ein- von der Linea dentata bis zur Linea anocutanea. Diese geht
geführt, die Naht um den Staplerdorn geknüpft, das Instru- über in eine chronische Fissur, bei der es zu einer Sklero-
ment geschlossen und ausgelöst (. Abb. 2.86). sierung der inneren Schichten des M. sphincter ani inter-
Es resultiert eine manschettenförmige Resektion der nus kommt. Die chronische Fissur ist nach außen häufig
Mukosa und Submukosa im aboralen Rektum mit Durch- durch eine Mariske und nach innen durch eine hypertro-
trennung der Hämorrhoidalplexus oberhalb der Linea phe Analpapille begrenzt.
dentata sowie eine Refixation des verbliebenen Hämorrho- Etwa 90% der primären Analfissuren finden sich im
idalgewebes in einer physiologischen supra- und intra- Bereich der hinteren Kommissur bei 6 Uhr SSL, nur 10–
analen Position. Dadurch kommt es in kurzer Zeit zu einer 15% bei 12 Uhr SSL. Andere Lokalisationen deuten auf
deutlichen Reduktion des verbliebenen Gewebes. Das eine sekundäre Analfissur hin, die z. B. beim M. Crohn,
schmerzempfindliche Anoderm wird nicht tangiert, es sei nach Voroperationen oder Analstenosen auftritt.
denn, die Staplerhämorrhoidopexie wird mit anderen re- Leitsymptom sind akut mit der Defäkation einsetzende
sezierenden Verfahren kombiniert. Das Verfahren bietet Schmerzen, die über Stunden anhalten können. Die Ursa-
130 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Therapie
Neben einer kausalen Therapie durch eine physiologische
Stuhlregulierung ist oberstes Therapieprinzip, den Circu-
lus vitiosus der Analfissur zur durchbrechen: Minderung
der Schmerzen, Verringerung des Sphinkterdrucks/-spas-
mus, Verbesserung der Durchblutung. Bereits warme Sitz-
bäder tragen dazu bei.
Zur Verringerung des Sphinkterdruckes finden derzeit
drei Substanzen Verwendung, nämlich Kalziumantagonis-
ten, topische Nitrate (Nitroglyzerin) sowie Botulinumto-
xin (7 Kap. 8). Die lange Zeit empfohlene Verwendung von
Analdilatatoren ist wegen der Schmerzhaftigkeit in den
Hintergrund getreten.
Erst bei Versagen der konservativen Therapie kommen
c
operative Verfahren zum Einsatz. Bei der lateralen Sphink-
. Abb. 2.85 a–c Zunächst Hämorrhoidektomie in Milligan-Morgan- terotomie werden die aboralen Anteile des M. sphincter
Technik (a), dann b Adaptation der Analmukosa mit fortlaufender ani internus inzidiert, um den Muskeltonus zu senken. Bei
Nahttechnik. c Endzustand nach Ferguson-Technik. (Nach Lange et der Operation nach Eisenhammer erfolgt die Sphinktero-
al. 2006)
tomie im Fissurgrund. Häufigere Verwendung findet heu-
te die Operation nach Gabriel, bei der chronische Verände-
rungen wie eine Vorpostenfalte, hypertrophe Analpapillen,
2.13 · Proktologie
131 2
eine Tasche oder ggf. eine inkomplette Fistel beseitigt wer-
den. (Die manuelle anale Dilatation ist heute wegen der
unkontrollierten Sphinkterschädigung mit konsekutiver
Inkontinenz obsolet).
kIndikation
Nach konservativer Therapie mit Nitroglyzerin 0,4% oder
Kalziumantagonisten 2% als Salbe, häufig in Kombination
mit Lidocain für 4–6 Wochen, ist in 50% mit einer Abhei-
lung zu rechnen. Bei Therapieversagen kommt Botulinum-
toxin zum Einsatz.
Erst bei ausbleibendem Therapieerfolg besteht eine
Operationsindikation. . Abb. 2.87 Schematische Darstellung der verschiedenen Anal-
fisteltypen: 1 intersphinktäre, 2 transsphinktäre, 3 suprasphinktäre,
kLagerung und Instrumentarium 4 extrasphinktäre Fistel. (Nach Stein 1998)
7 Abschn. 2.13.3.
Laterale subkutane Sphinkterotomie transsphinktäre Fistel (. Abb. 2.87). Bei diffuser Ausbrei-
geschlossen (nach Noteras) tung können komplexe Fistelsysteme bis hin zu Hufeisen-
Mit einer schmalen, langen Klinge wird bei 3 Uhr SSL bis fisteln entstehen.
zur gewünschten Höhe eingegangen und gegen den pal-
pierenden Finger der M. sphincter ani internus inzidiert. Klinik
Das Anoderm darf auf keinen Fall verletzt werden, weil es Männer haben 3-mal so häufig Fisteln wie Frauen.
sonst zu Fisteln kommt. Abszesse verursachen immer perianale Schmerzen, oft
verbunden mit Fieber und äußeren Entzündungszeichen
Laterale subkutane Sphinkterotomie offen (Rötung, Überwärmung, Schwellung, Perforation). Das
(nach Parks) Krankheitsbild reicht bis hin zur Sepsis. Die Diagnostik ist
Nach kurzer Hautinzision zirkulär bei 3 Uhr SSL wird der in der Regel einfach und erfolgt meist in einer sofortigen
M. sphincter ani internus identifiziert, intersphinktär frei- Untersuchung in Narkose. Nur bei einem Drittel der Fälle
gelegt und bis zur gewünschten Höhe durchtrennt. Die ist im akuten Abszedierungsstadium bereits eine innere
Inzision kann mit einer Naht verschlossen werden. Fistelöffnung vorhanden. Daher ist nach ca. 6 Wochen eine
proktologische Untersuchung erforderlich. In manchen
Fällen kann eine Endosonographie (ggf. unter Kontrastie-
2.13.5 Fisteln und Abszesse rung mit Wasserstoffperoxid) hilfreich sein. Auch eine
MRT-Untersuchung ist in einzelnen Fällen indiziert.
Ätiologie
Etwa 90% aller perianalen Fisteln gehen von den analen Therapie
Krypten auf Höhe der Linea dentata aus. Durch Stuhlreste Grundsätzliche Ziele der Therapie der perianalen Absze-
kommt es zu einer kryptoglandulären Infektion der meist dierung sind, den Abszess zu eröffnen, den Sekretabfluss
dorsal gelegenen Proktodealdrüsen. Der resultierende sicherzustellen und die Schmerzen zu beseitigen. Nur bei
Abszess breitet sich zunächst intersphinktär weiter aus und umschriebenen aboral gelegenen Fisteln gelingt beim Erst-
drainiert sich entlang des geringsten Widerstandes inter- eingriff die definitive Sanierung. Alle anderen Befunde, bei
sphinktär oder durch die externe Sphinktermuskulatur denen eine weitergehende Manipulation zu einer Beein-
nach perianal. trächtigung der Kontinenzleistung führen könnte, werden
Die innere Fistelöffnung liegt daher meist bei 6 Uhr beim Ersteingriff oder später, bei Nachweis einer Fistel,
SSL auf Höhe der Linea dentata. Sie wird auch primäre häufig zunächst mit einer Fadendrainage versorgt (Seton-
Fistelöffnung genannt, die äußere Öffnung dementspre- Technik). Die Umgebungsreaktion kann abklingen, um die
chend sekundäre Fistelöffnung. Fadendrainage (meist ein »vessel loop«) bildet sich eine
Die häufigsten Fisteln verlaufen intersphinktär mit ei- bindegewebige Narbe/Fistel.
ner sekundären Öffnung am anokutanen Übergang. Bei Fisteln können in einem späteren Stadium in bestimm-
transsphinktären Fisteln wird die äußere Sphinktermusku- ten Fällen mit Fibrinkleber oder einem konisch geformten
latur häufig auf Höhe der Linea dentata durchbrochen, je Implantat aus gereinigter Schweinemukosa (»anal fistula
nach Lokalisation entsteht eine »hohe« bzw. eine »tiefe« plug«) verschlossen werden.
132 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Die Fistulotomie (Lay-open-Technik) ist aboral gele- Sekundäre Peritonitis (ca. 80% aller Peritonitisfälle)
genen Fisteln vorbehalten. Die Rezidivraten liegen unter 4 Meist nach entzündlicher Hohlorganperforation:
10%. Kontinenzstörungen sind allenfalls gering und passa- 5 Appendizitis,
2 ger. Höher gelegene Fisteln werden mit zwei unterschied- 5 Cholezystitis,
lichen Techniken therapiert: 5 Morbus Crohn,
4 Entweder werden sie mikrochirurgisch exzidiert, die 5 Colitis ulcerosa,
innere Fistelöffnung wird vernäht und mit einem lo- 5 Divertikulitis,
kalen Verschiebelappen gedeckt. Eine unmittelbare 5 Darminfarkt,
Nahtundichtigkeit tritt in bis zu 10% der Fälle auf, 5 Dünndarm- und Ulkusperforation.
die Rezidivraten werden zwischen 5 und 30% ange- 4 Postoperative Peritonitis:
geben. Diskrete Kontinenzstörungen sind in bis zu 4 Als Folge einer Nahtinsuffizienz einer Anastomose
40% zu erwarten, höhergradige jedoch nur in Einzel- oder durch intraoperative bzw. postoperative Konta-
fällen. mination mit pathogenen Keimen.
4 Alternativ wird die Schließmuskulatur über der Fistel 4 Posttraumatische Peritonitis:
durchtrennt, das Fistelgewebe komplett entfernt und 4 Folgen eines stumpfen oder perforierenden Bauch-
die Muskulatur primär rekonstruiert. traumas, Peritonitis nach endoskopischer Perforation.
Nach wenigen Behandlungstagen ist es meist möglich, die MPG. Wichtige Zubehörteile für das Personal sind die Vi-
Naht nachzuziehen, um die Redression der Bauchdecke zu deokamera und der Monitor, denn das gesamte Team ver-
unterstützen. folgt den OP-Ablauf auf dem Monitor. Somit ist der/die In-
2 strumentierende in der Lage, situationsgerecht zu arbeiten.
Die Vorteile liegen für den Patienten in der erheblichen
2.15 Minimal-invasive Chirurgie Reduktion der postoperativen Schmerzen, durch die klei-
nen Einschnitte resultieren eine wesentlich kürzere Hei-
2.15.1 Entwicklung lungsphase, selten auftretende Wundheilungsstörungen
und damit eine verminderte Liegezeit.
Die erste Laparoskopie am Menschen wurde bereits 1910
vorgenommen. In der Gynäkologie gehörte die diagnosti-
sche Laparoskopie schon bald zum Standard. 2.15.2 Zugangsvariationen im Rahmen
Auch in die Chirurgie hat diese Technik massiv Einzug der minimal-invasiven Therapie
halten können. Die Bezeichnung als minimal-invasive Chi-
rurgie (MIC) hat sich durchgesetzt, weitere Abkürzungen Der Zugang erfolgt über eine einzelnen Trokar (»single
wie SILS, LESS und NOTES sind hinzugekommen. port«), der Zugang für Optik und Arbeitsinstrumente
Diese Art der Operation stellt an die Chirurgen und bietet:
auch an das OP-Pflegepersonal andere Anforderungen als 4 SILS: »single incision laparoskopic surgery«
die »offene« Chirurgie. (. Abb. 2.94).
Die hier benötigten Instrumente sind für die Anwen- 4 LESS: »laparo-endoscopic single-site surgery«
dung durch Trokarkanäle entwickelt, sie werden anders an- (. Abb. 2.93).
gereicht. Das technisch aufwändige Zubehör ist einfach zu
handhaben, bedarf aber einer guten Einweisung gemäß NOTES: »natural orifice translumenal endoskopic surge-
ry«. Hier wird mit flexiblen oder starren Endoskopen der
Zugang zum erkrankten Organ über eine natürliche Kör-
peröffnung gewählt.
Um zum Erfolgsorgan zu gelangen, werden Hilfs-
schnitte gesetzt, die nach Operationsende mit einer Naht
oder einem linearen Stapler verschlossen werden.
Die transvaginale Cholezystektomie wird bereits
durchgeführt, die transgastrale Kolonchirurgie z. B. befin-
det sich in der Erprobungsphase.
CO2-Insufflator
. Abb. 2.88 Mobile Arbeitsstation WMSC; alle erforderlichen tech- Das elektronisch gesteuerte Gerät bringt Kohlendioxid
nischen Geräte sind hier verfügbar. (Fa. Olympus) (CO2) in die Abdominalhöhle zum Anlegen und Aufrecht-
2.15 · Minimal-invasive Chirurgie
135 2
erhalten des Pneumoperitoneums ein. CO2 ist ein farb-
loses, reizarmes Gas, das besonders leicht über die Lunge
abgegeben wird.
Vor Beginn einer laparoskopischen Operation muss
immer der Inhalt der Gasflasche kontrolliert werden,
sofern keine zentrale Gasversorgung zur Verfügung
steht. Ein Wechseln der Flasche ist intraoperativ zu ver-
meiden. Es ist sinnvoll, das CO2 anzuwärmen, um bei län-
ger dauernden Operationen eine Auskühlung des Pati-
enten zu vermeiden. Dazu wird ein CO2-Wärmegerät
zwischen Insufflator und Insufflationsschlauch geschaltet
bzw. ein CO2-Insufflator gewählt, in den die Gaserwär- . Abb. 2.89 Chipkamera und Kaltlichtkabel sind miteinander ver-
mung integriert ist. Es werden ca. 3–5 l/min CO2 insuffliert, bunden und autoklavierbar. (Fa. Olympus)
bis ein intraabdominaler Druck von 12–15 mm Hg er-
reicht ist.
Kohlendioxid wird als medizinisches Gas mit 96%-iger Saug-Spül-Pumpe
Reinheit angeliefert. Es soll in eine Körperhöhle gelangen Das Gerät dient zur Lavage des Abdomens. Bei Blutungen
und muss deshalb dieselben Sterilitätsanforderungen wie und am Ende einer laparoskopischen Operation wird der
das Instrumentarium erfüllen. Das Insufflationsschlauch- Bauchraum gespült und anschließend die Flüssigkeit wie-
system unterliegt den strengen Auflagen der zentralen Ste- der abgesaugt. Häufig kommt hier statt dessen ein Infusi-
rilgutversorgungsabteilung (ZSVA). Über das Insufflati- onsbeutel mit Druckschlauch zur Anwendung.
onsgerät können Partikel in das Schlauchsystem gelangen,
wie auch ein Rückfluss aus dem Patienten in das Gerät Hochfrequenzgerät
nicht ausgeschlossen werden kann. Hier kann ein Insuffla- Ein Hochfrequenzgerät (HF-Gerät) muss entweder auf
tionsgasfilter durch Filtration luftgebundener Bakterien dem Geräteturm bereitgestellt werden, oder ein separat
und Viren zwischen Gerät und Patient Abhilfe schaffen. stehendes Gerät kommt zum Einsatz. Das bedeutet, dass
Dieser Filter ist nach jedem Eingriff zu wechseln. alle Regeln der HF-Chirurgie bei der monopolaren Koagu-
lation eingehalten werden müssen (7 Kap. 1). Bipolare In-
Kamera strumente können ebenfalls angeschlossen werden.
Die Chipkamera, die mit der Optik verbunden wird, ist Bei der Anwendung der HF-Chirurgie entsteht Rauch,
über ein langes Kabel an die Stromquelle angeschlossen. der erstens eine Sichtbehinderung darstellt, zweitens aber
Die Operation kann zur Dokumentation von einem digi- beim Ablassen über die Trokare das OP-Team gefährdet.
talen Aufzeichnungsgerät aufgezeichnet werden. Die Ka- Dieser Rauch enthält potentiell schädliche Substanzen, ggf.
mera wird intraoperativ mit einem sterilen Überzug verse- sogar lebensfähige Zellen. Um eine Gefährdung der Mitar-
hen. Die Weiterentwicklung hat zu ersten brauchbaren 3- beiter zu minimieren, kann auf den Trokar ein Filtersystem
D-Kameras geführt. Diese Technik ist wünschenswert, da aufgesetzt werden, das Reizstoffe und Karzinogene heraus-
die Operationsschritte in 2-D-Darstellung Orientierungs- filtert, Geruchsbelästigungen verringert und Partikel zu-
probleme bieten. Die technische Realisierung ist möglich, rückhält.
bietet jedoch noch Probleme für den Anwender. Auch die
hochauflösende Bildverarbeitung (HD) führt zu einer prä- Innovative Präparationstechnik
ziseren Bildwiedergabe. Entweder durch Ultraschall oder durch bipolare Techniken
Neuere Entwicklungen verzichten auf eine Optik, da an sind Präparations- und Blutstillungsmöglichkeiten weiter-
der Chipkamera ein Autofokussystem angebracht ist. Ka- entwickelt worden.
mera und Lichtkabel werden als Verbund autoklavierbar Mit dem Ultraschallskalpell kann der Chirurg schnei-
eingesetzt (. Abb. 2.89). den und koagulieren, ohne dass der Patient in einen Strom-
kreis einbezogen wird. Es fließt im Patienten kein elek-
Kaltlichtquelle trischer Strom, sondern die Koagulation erfolgt mecha-
Sie sollte eine hohe Leistung aufweisen, da beim Operieren nisch durch die Schwingungen der Titanklinge.
mit Hilfe des Monitorbildes eine entsprechende Helligkeit Auch mit dem LigaSure-Gerät (. Abb. 2.44) lassen sich
benötigt wird. über bipolare Technik Gefäßlumina versiegeln oder me-
Das Kaltlichtkabel muss ausreichend lang sein, um chanisch schneiden und koagulieren. Die seitliche ther-
vom sterilen OP-Gebiet an die Lichtquelle angeschlossen mische Gewebeschädigung ist verrringert. Das EnSeal-Ge-
werden zu können. Es ist autoklavierbar. rät arbeitet ebenfalls mit bipolarer Koagulations- und
136 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Veress-Nadel
Dieses Instrument zum Anlegen eines Pneumoperitone-
ums (. Abb. 2.91) gibt es in verschiedenen Durchmessern,
2 unterschiedlichen Längen, als resterilisierbares Instrument
und als Einweginstrument. Bei Mehrwegutensilien muss
vom instrumentierenden Personal grundsätzlich die Funk-
tionsfähigkeit des Schnappmechanismus für den Nadel-
schutz und die Durchgängigkeit überprüft werden.
Die Handhabung in Form einer Blindpunktion der
Bauchhöhle, meist durch eine Hautinzision unterhalb des
Nabels, birgt die Gefahr der Organ-/Darmperforation. Da-
a her werden bei der Punktion die Bauchdecken angehoben.
Mit dem Eindringen in die Bauchhöhle wird der Schnapp-
mechanismus des Nadelschutzes hörbar ausgelöst.
Vor der Gasinsufflation werden mit einer 10-ml-Sprit-
ze diverse Sicherheitstests durchgeführt:
Lässt sich 0,9%ige NaCl-Lösung leicht einbringen und
kein Blut, sondern Luft aspirieren, kann davon ausgegan-
b
gen werden, dass die Nadelspitze regelrecht und frei im
. Abb. 2.90 EnSeal-Gerät. (Fa. Johnson & Johnson) Bauchraum liegt.
Die Gasinsufflation kann nun beginnen, ein abrupter
Druckanstieg am CO2-Insufflator weist auf eine Fehllage
der Veress-Kanüle hin und zwingt zur Korrektur.
Schneidetechnik bei minimaler thermischer Abstrahlung Viele Operateure verzichten auf die Veress-Kanüle und
(. Abb. 2.90). bevorzugen nicht nur bei voroperierten Patienten das of-
Auf dem MIC-Turm stehen außerdem Videorekorder, fene Vorgehen. Dabei wird nach der Hautinzision die Fas-
die die Operation dokumentieren. Es ist darauf zu achten, zie angeklemmt und inzidiert. Mit einem stumpfen Instru-
dass die Daten des Patienten korrekt eingelesen werden. ment wird der freie Weg unter Sicht in die Bauchhöhle
geprüft und die Trokarhülse über den Führungsstab vorge-
schoben.
2.15.4 Instrumentelle Grundausstattung
Trokare
Beispielhaft werden hier einige Instrumente vorgestellt. Trokare gibt es in verschiedenen Durchmessern (13, 12, 11,
Die Entwicklung der Instrumentarien geht gerade in die- 10 und 5 mm) und verschiedenen Längen (. Abb. 2.92).
sem Bereich so schnell voran, dass kein Anspruch auf Ak- Wichtig bei allen Trokaren ist, dass die Hähne sich leicht
tualität erhoben werden kann. öffnen und schließen lassen und dass die Trokare sich ohne
Ob Einweg- oder Mehrweginstrumente zur Anwen- Kraftaufwand aus ihren Hülsen ziehen lassen.
dung kommen, ist eine Entscheidung der Operateure. Ein- Die Einwegmodelle der verschiedenen Anbieter haben
wegmaterialien sind immer steril, funktionsfähig und den Vorteil, dass die Trokarspitze nach dem Erreichen der
technisch auf dem neuesten Stand. Mehrweginstrumente Abdominalhöhle zurückschnappt, sobald es keinen Wi-
sind dem Personal bekannt, aber aufwändig und kritisch in derstand mehr zu überwinden gilt. Die Trokarspitzen kön-
der Aufbereitung. nen rundgeschliffen oder mehrkantig ausgeformt sein.
Single Port
4 LESS (s. oben und . Abb. 2.93; Fa. Olympus) oder
4 SILS (s. oben und . Abb. 2.94; Fa. Covidien).
Optiken
Zumeist kommt eine 30°- oder 45°-Optik zum Einsatz, die
über einen passenden Trokar eingeführt wird, hier werden
neben 10-mm-Optiken auch 5-mm-Optiken verwendet.
Daran werden das Lichtleitkabel und die Kamera ange-
schlossen, entweder mit einem industriell gefertigten
Überzug steril bezogen und an der Patientenabdeckung
mit einem Klebestreifen fixiert, oder sie kommen autokla-
viert aus der ZSVA (z. B. die autoklavierbaren Videoendos-
kope wie EndoEye von der Fa. Olympus). Optiken werden
. Abb. 2.93 Single-Access-Trokar (Beispiel: Triport von Fa. Olym-
körperwarm angereicht und/oder mit einem Antibeschlag- pus). (Nach Carus 2010)
mittel betupft.
Clipapplikatoren
Die Clipzangen (. Abb. 2.95) werden zumeist über eine
10-mm-Trokarhülse eingebracht, nachdem sie mit dem
gewünschten Clip gefüllt wurden. (Diese Clips stehen aus
Titan oder aus resorbierbarem Material, z. B. PDS, zur Ver-
fügung.)
Dazu wird die Zange in geöffnetem Zustand mit den
Branchen auf das Clipmagazin gedrückt. Werden beim
Anreichen der Applikatoren versehentlich die Handgriffe
zusammengedrückt, fällt der vorbereitete Clip heraus.
Scheren
Sie werden entsprechend den Trokaren mit 10 oder 5 mm
Durchmesser angeboten.
2 Die meisten Modelle, vornehmlich Einweginstrumen-
te, haben einen beweglichen Drehkopf, sodass der Opera-
teur in der Lage ist, die Schere nur in den Branchen zu
drehen, ohne den Instrumentenhandgriff umzusetzen
(. Abb. 2.96).
. Abb. 2.95 Resterilisierbarer Clipapplikator. (Fa. Olympus) Jede Schere muss vor dem Anreichen 2- bis 3-mal ge-
öffnet und geschlossen werden, um eine Hemmung auszu-
schließen.
Manche Clipzangen haben vorn am Arbeitsteil ein aus- Ein isolierter Schaft ermöglicht die Schere an das mo-
fahrbares Häkchen zur Erleichterung der Präparation. Die nopolare HF-Gerät anzuschließen, um vor dem Schneiden
Clipapplikatoren werden von vielen Anbietern als Einweg- zu koagulieren.
instrument geliefert. Hier sind die Clips in unterschied- Eine bipolare Schere steht ebenfalls zur Verfügung.
licher Anzahl im Applikator enthalten.
Gewebezange
Reduzierhülsen und -kappen Diese Zange (. Abb. 2.97) hat ein relativ großes, grobes
Diese Hülsen reduzieren den Durchmesser der schon ein- Maul und wird häufig als Zange für Präpariertupfer genutzt.
gebrachten Trokarhülsen auf den kleineren Durchmesser Der Tupfer muss fest eingespannt sein. Die Arretierung darf
der Arbeitsinstrumente. Während der Arbeitsvorgänge aber nicht bis auf die letzte Raste geschlossen werden, damit
kann also kein Gas entweichen, wenn z. B. die 5-mm-Sche- die Zange nicht durch Überspannung aufspringt.
re über eine 10-mm-Hülse eingeführt wird. Es ist darauf zu achten, dass jeder Tupfer der/dem Ins-
Anderen Trokaren werden dazu nur noch Reduzier- trumentierenden zurückgegeben wird; oder es sind Ein-
kappen aufgesetzt. Diese passen für mehrere unterschied- wegpräpariertupfer, die fest mit einem Stab verbunden
liche Instrumentenschaftdurchmesser. sind, zu benutzen.
Einwegtrokare reduzieren durch ein Ventilsystem ohne
Extrakappen. Kombinationen aus Mehrwegtrokarhülse Taststab
und Einwegkappen sind möglich. Dadurch ist die Handha- Der Taststab ist ein stumpfer, runder Metallstab, mit dem
bung von Instrumenten mit unterschiedlicher Schaftstärke sondiert, ausgetastet, ausgemessen oder auch Organe weg-
vereinfacht. gehalten werden können.
Hakenelektrode
Die Hakenelektrode ist ein langer, vorn entweder um 90°
abgewinkelter oder abgerundeter Stab, auf den Gewebe-
strukturen aufgeladen werden können. Der Stab hat einen
monopolaren HF-Anschluss (. Abb. 2.98). Das Gewebe
. Abb. 2.96 Laparoskopische Schere: a Maulteil, b offener Griff der laparoskopischen Schere (Beispiel: Karl Storz). (Nach Carus 2010)
2.15 · Minimal-invasive Chirurgie
139 2
wird koaguliert und ggfs. mit einer Schere durchtrennt.
Vielfach haben diese Hakenelektroden einen Spülkanal,
damit während des Koagulierens gespült und der entste-
hende Rauch abgesaugt werden kann.
Löffelzange
Die Branchen dieser Zange sind wie Löffel geformt. Sie
kommt beim Bergen von Steinen oder Biopsien zur An-
wendung.
Fasszange
Gewebefasszangen gibt es in vielen Größen und Stärken.
Sie sind arrettierbar und haben ein geriefeltes Maul, das
innen oft eine löffelartige Riefelaussparung hat, um das . Abb. 2.97 Gewebegreifzange für z. B. Magen oder Gallenblase.
Gewebe nicht zu traumatisieren. Sie eignen sich z. B. zum (Fa. Olympus)
Fassen der Gallenblase (. Abb. 2.99).
Dissektionszangen sind kleine Fasszangen mit konisch
zulaufenden Branchen mit Querriefelung. Sie eignen sich zur
Präparation von Gewebs-/Organstrukturen (. Abb. 2.100).
Overholt-Klemme (Dissektionszange)
Die Anwendung entspricht der in der »offenen Chirurgie«
üblichen Babcock-Zange
Eine atraumatische Fasszange, z. B. zum Fassen des
Magens bei der Fundoplicatio.
Nadelhalter
. Abb. 2.98 Hakenelektrode mit HF-Ansatz. (Fa. Olympus)
Das Nähen während einer laparoskopischen Operation
erfordert sicher das größte Umdenken. Die Nadelhalter
gibt es in verschiedenen Ausführungen; v. a. der Arbeits-
griff unterscheidet sich von anderen Instrumenten (. Abb.
2.101). Zum Knoten ist immer ein zweites Instrument not-
wendig, wenn kein vorgeknoteter Faden benutzt wird. Es
kann intrakorporal oder extrakorporal geknotet werden.
Bergesack
Ein Kunststoffbeutel, über eine Einführhilfe eingebracht,
wird intraabdominal ausgerollt, um z. B. die Gallenblase
oder die Appendix aufzunehmen, damit sie kontaminati-
onsfrei vor die Bauchdecke gezogen werden kann. Außer-
dem kann in dem Sack eine Steinzertrümmerung vorge-
nommen werden. Damit ist eine problemlose Bergung der
Konkremente möglich. . Abb. 2.99 Greifzange nach Manhes zum Greifen und Präparieren
von empfindlichem Gewebe. (Fa. Olympus)
Bergetrokar
Große Trokare, die die Inzision bis auf 33 mm dilatieren
können, um Resektate kontaminationsfrei zu entfernen einen Schlauch wird die Spülflüssigkeit ins Abdomen ge-
(z. B. bei Sigmaresektionen). leitet, über einen anderen Schlauch wird abgesaugt. Es fin-
den 5- und 10-mm-Saugrohre Verwendung.
Saug-Spül-Kanüle
Sofern nicht über die vorhandenen Spülkanäle der einzel- Endostapler
nen Instrumente gesaugt wird, kann eine Saug-Spül-Kanü- Die Anwendung des Endostaplers entspricht der in 7 Ab-
le an die Saug-Spül-Pumpe angeschlossen werden. Über schn. 2.1.2 beschriebenen Vorgehensweise. Für die Anwen-
140 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
2.15.5 Handhabung
Instrumentenaufbereitung
Nach Beendigung der Operation wird das Einmalmaterial
entsprechend entsorgt und das wiederverwendbare Instru-
mentarium der Aufbereitung zugeführt. Damit keine Blut-
und Eiweißreste antrocknen können, muss es unmittelbar
nach Gebrauch durchgespült werden.
Die Instrumente werden zerlegt; alle Hähne müssen
offen sein. Stark verschmutzte Hohlräume können, soweit
zugänglich, mit einer kleinen Bürste gereinigt werden. Die
b
Reinigungs- und Desinfektionsgeräte (RDG) müssen mit
. Abb. 2.100 Laparoskopischer Dissektor: a Maulteil, b offener Griff einem Einsatz versehen sein, auf den die Hohlschaftinstru-
des laparoskopischen Dissektors (Beispiel: Karl Storz). (Nach Carus mente aufgesteckt werden können, um eine Spülung, Des-
2010)
infektion und Reinigung zu gewährleisten.
Vor der Sterilisation müssen die Instrumente mit
vollentmineralisiertem Wasser gespült werden. Sie dürfen
nur trocken autoklaviert werden.
Das Metallinstrumentarium und die Lichtleitkabel
können dampfsterilisiert werden.
! Bitte berücksichtigen Sie die Auskühlzeit der Op-
tiken! (Niemals mit kaltem Wasser abschrecken.)
a
Ältere Optiken müssen gassterilisiert werden oder der um-
weltfreundlichen Plasmasterilisation zugeführt werden.
Die Aufbereitung unterliegt den definierten Kriterien
des Robert-Koch-Institutes (RKI) und muss den Herstel-
lerangaben Folge leisten
kPrinzip
In dem mit CO2 aufgefüllten Intraperitonealraum wird
die Gallenblase retrograd durch manchmal auch nur
3 Trokare (. Abb. 2.103) mit Schere, Clips und HF-Koa-
gulator bzw. Ultraschallskalpell entfernt, nachdem die
A. cystica und der Ductus cysticus zwischen Clips durch-
trennt wurden.
. Abb. 2.102 Klammernahtmagazin (a); Handgriff mit Auslösemechanismus (b). (Beispiel: Fa. Ethicon Endo-Surgery). (Nach Carus 2010)
142 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Laparoskopische Cholezystektomie
7 Das OP-Gebiet wird desinfiziert und der Patient
abgedeckt.
7 Der Operateur und ein fakultativer zweiter Assis-
tent stehen rechts bzw. links des Patienten, der ers-
te Assistent zwischen den Beinen des Patienten. Al-
ternativ kann der Operateur zwischen den Beinen
c d
stehen, der erste Assistent links, der fakultative
zweite rechts. Die/der Instrumentierende fährt den
Tisch über das linke Bein des Patienten.
7 Um einen Raum für die endoskopische Untersu-
chung zu schaffen, muss zunächst CO2 in den In-
traperitonealraum insuffliert werden.
7 Dazu wird eine Veress-Nadel in Kopftieflage am
Nabel in den Bauchraum unter Hochziehen der
Bauchdecken eingeführt, ohne dass dabei Darm-
schlingen verletzt werden dürfen. Durch diese Ka-
nüle werden mit dem Gasinsufflator ca. 3–6 l/min
e f
CO2 in das Abdomen gefüllt. Alternativ wird offen
. Abb. 2.103 Laparoskopische Cholezystektomie, Einbringen der die 10-mm-Trokarhülse durch eine Miniinzision
Arbeitstrokare. 1 Laparoskop (10 mm), 2 rechte Fasszange (5 mm), von Faszie und Peritoneum über einen Wechsel-
3 Diathermie-Hakensonde (5 mm), 4 Spül-Saug-Vorrichtung. (Nach
stab vorgeschoben. Über diese Hülse erfolgt die
Siewert 2006)
Gasinsufflation.
7 Währenddessen ist Zeit für den Instrumentanten
kLagerung und den »Springer«, alle benötigten Kabel anzu-
4 Steinschnittlage mit abgesenkten Beinen, neutrale schließen und bei Bedarf das Kamerakabel mit
Elektrode an einem Oberschenkel (europäische Lage- einem sterilen Bezug zu versehen.
rung). 7 Bei einigen Kameras muss der sog. Weißabgleich
4 Alternativ: Rückenlage mit gespreizten Beinen (ame- erfolgen. Dabei wird vor die Optik ein weißer Tup-
rikanische Lagerung). fer gehalten, der dann auf dem Monitor weiß er-
scheinen muss. Mit einer Korrekturtaste wird die
kInstrumentarium korrekte Farbeinstellung vorgenommen.
Laparoskopische Grundausstattung: 7 Nach der Insufflation wird die Veress-Nadel ent-
4 »Geräteturm« mit CO2-Insufflator inklusive Gasfla- fernt. Durch einen kleinen Hautschnitt am Nabel
sche, Saug-Spül-Pumpe, Optikwärmer, alternativ ste- wird unter Perforation der Faszie ein 10- oder 12-
riles Antibeschlagmittel. mm-Trokar mit Hülse eingeführt. Danach wird der
4 Kaltlichtquelle, digitale Bilddokumentation, Kamera, Trokar entfernt und durch eine 30°- oder 45°-Op-
Monitor, HF-Gerät, evtl. Ultraschallskalpell. tik ersetzt und der Gasanschluss auf die Trokarhül-
4 Veress-Nadeln und 10-ml-Spritze, Trokare mit Tro- se gesetzt.
karhülsen, Optik 0°, 30° oder 45°, Taststab, Clipappli- 6
kator mit Clips (Titan- oder resorbierbare Clips), Ha-
2.15 · Minimal-invasive Chirurgie
143 2
7 Die Optik muss entweder vorgewärmt oder aber entweder die Inzision im Faszienniveau erweitert
mit einem »Antibeschlagmittel« betupft werden, oder über einen Bergetrokar dilatiert werden.
um klare Sicht auf das OP-Gebiet zu haben und zu 7 Während laparoskopischer chirurgischer Eingriffe
behalten. Dann wird die Inspektion des Abdo- wird bei Bedarf der Intraperitonealraum gespült,
mens vorgenommen. um z. B. Blut, Koagulationsrückstände, Gallenflüs-
7 Folgende Trokare werden zusätzlich eingeführt: sigkeit oder andere Sekrete zu entfernen. Dies
– ein 5er-Trokar im rechten Unterbauch, ein beugt Infektionen und evtl. späteren Verwach-
weiterer 5er-Trokar in der Medioklavikularlinie sungen vor.
subkostal rechts und 7 Für die Spülung wird ein Zufluss- und ein Abfluss-
– paramedian links im Epigastrium ein weiterer schlauch an die Saug-Spül-Pumpe angeschlossen,
10-mm- oder 12-mm-Trokar sodass man über einen Ansatz spülen und danach
(diese Angaben sind abteilungsspezifisch). über denselben Ansatz absaugen kann.
7 Zuerst werden evtl. vorhandene Adhäsionen zur 7 Nach der Entfernung der Gallenblase muss eine
Bauchdecke durchtrennt. Ein Rundumblick durch gründliche Inspektion des Gallenblasenbettes
die Bauchhöhle wird vorgenommen, dann die und des subhepatischen Bereiches vorgenommen
Gallenblase freipräpariert. werden.
7 Durch die eine Hülse wird der Taststab geführt, 7 Die Blutstillung erfolgt mit der HF-Elektrode, bzw.
der die Leber aus dem Sichtfeld halten soll. Durch mit der Ultraschallklinge, bei Bedarf kann Kolla-
die andere Hülse wird eine Fasszange an die Gal- genvIies oder auch Fibrinkleber eingebracht wer-
lenblase geschoben, um diese am Infundibulum den. Evtl. wird subhepatisch unter Sicht eine Drai-
zu fassen und zu spannen. Häufig wird die Gallen- nage platziert.
blase auch am Fundus angeklemmt. 7 Alle Trokarhülsen werden mit den Instrumenten
7 Durch eine dritte Hülse wird eine HF-Hakenelek- unter laparoskopischer Kontrolle entfernt, das CO2
trode platziert. Mit deren Hilfe werden der Ductus abgelassen und die Inzision mit Naht oder Pflas-
cysticus und die A. cystica freipräpariert. Diese terverband verschlossen.
Elektrode wird häufig im Wechsel mit einer Ha- 7 Alle Geräte werden ausgeschaltet, die zu- und ab-
kenschere, einem Dissektor oder einem Präparier- führenden Schläuche und Kabel diskonnektiert.
tupfer benutzt.
7 Nach der Präparation wird die Elektrode oder die
Schere durch den Clipapplikator ersetzt. Der Duc- Laparoskopische Appendektomie
tus cysticus und die A. cystica werden zentral kIndikation
doppelt und peripher einfach verschlossen. Nach 4 Phlegmonöse Form der Appendizitis,
Entfernung des Applikators werden diese beiden 4 z. T. auch die gangränöse Appendizitis.
Gebilde mit der Schere abgesetzt.
7 Bei Verdacht auf eine Läsion des Ductus choledochus jKontraindikation
oder bei unklarem anatomischem Situs kann intra- 4 Adhäsionsbauch,
operativ eine Cholangiographie durchgeführt werden. 4 Abszess,
7 Die Gallenblase wird angespannt, und mit der HF- 4 diffuse Peritonitis.
Hakenelektrode oder der Ultraschallklinge retro-
grad vollständig aus dem Leberbett gelöst. Findet sich intraoperativ ein laparoskopisch nicht abtrag-
7 Nach dem Umsetzen der laparoskopischen Optik bares Meckel-Divertikel, ist ggf. auf die konventionelle
in den zweiten großen Trokar im Oberbauch wird Methode umzusteigen.
die Gallenblase unter Sicht mit dem Infundibulum
und durch Zurückziehen des Trokars in den Na- kPrinzip
beltrokar vor die Bauchdecke gezogen. Nach Er- Laparoskopische Entfernung der Appendix mittels Abtra-
öffnung und Absaugen kann sie mitsamt kleiner gung über ein Klammernahtgerät, zwischen Clips oder
Steine entfernt werden. über eine Schlingennaht mit oder ohne Versenkung des
7 Bei Bedarf müssen Steine in dem Bergebeutel zer- Stumpfes.
trümmert werden. Ist die Gallenblase zu groß für
die Extraktion am Nabel-Trokar-Einschnitt, kann kLagerung
6 4 Steinschnittlage, neutrale Elektrode am rechten Ober-
schenkel.
144 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
kIndikation
Eine einheitliche Empfehlung kann aufgrund fehlender kLagerung und Vorbereitung
abschließender Studienergebnisse immer noch nicht gege- Trendelenburg-Lagerung in 20–30°-Position, Sichern des
ben werden. Als vorteilhaft wird die elektive Indikation zur Patienten mit Schulterstützen (. Abb. 2.107), ggf. mit Ab-
Versorgung von Rezidivhernien und beidseitigen Hernien spreizung der Beine, neutrale Elektrode bei einseitiger Ver-
im Erwachsenenalter angegeben. Jedoch bekommt die pri- sorgung am Oberschenkel der OP-Seite. Unmittelbar prä-
märe Versorgung einer Leistenhernie in endoskopischer operativ sollte die Entleerung der Harnblase erfolgen.
Technik einen immer größeren Stellenwert. Sowohl die
völlige Ablehnung als auch die Forderung zur Ausweitung kInstrumentarium
der Indikation auf alle Hernienversorgungen werden in Technische laparoskopische und instrumentelle Grund-
der Literatur beschrieben. ausstattung mit einer 0°- oder 30°-Optik. Neben dem 10-
mm-Optiktrokar wird bei einseitiger Versorgung für die zu
kPrinzip operierende Seite ein 10- oder 12-mm-Trokar bevorzugt,
Transperitoneale oder präperitoneale endoskopische Frei- für die andere Seite reicht ein 5-mm-Trokar. Bei beidsei-
legung des Bruchsackes, der Bruchpforte, der Fascia trans- tiger Versorgung können ggf. zwei 12-mm-Trokare einge-
versalis und der Samenstranggebilde. Verschluss der setzt werden. Der Eingriff ist aber auch mit 2×10-mm- und
Bruchpforte und Hinterwandverstärkung mit einem 1×4-mm-Trokaren ein- und beidseitig durchführbar. Das
industriell gefertigten, nicht- oder teilresorbierbaren Ultraschallschneidegerät erleichtert die sichere Präparati-
Netz. Das Netz muss alle Bruchpforten weit überlappend on der Strukturen. Zur Netzfixation wird ein Clipapplika-
abdecken. tor benötigt, vorzugsweise ein automatisch nachladendes
a b
. Abb. 2.106 Anspannen der skelettierten Appendix (a), Platzieren des Linearstaplers (b). (Nach Carus 2010)
146 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
Adipositaschirurgie
7 Die geplante Rekonstruktion nach Billroth I, II In vielen Kliniken ist die Adipositaschirurgie ein Bestand-
oder mit der Modifikation nach Y-Roux (7 Ab- teil der täglichen Arbeit geworden. Laparoskopisch ist hier
2 schn. 2.5.5) erfolgt vor der Bauchdecke unter die Anlage eines Magenbandes (»gastric banding«) zu er-
Sicht, die Anastomosen werden in konventioneller wähnen, das die Aufnahmekapazität des Magens verrin-
Handnahttechnik oder mittels Stapler angelegt. gert.
7 Die laparoskopische Anastomosenanlage ist Über 5–6 Trokare in angemessener Länge wird ein Si-
ebenfalls möglich. Dazu wird die Minilaparotomie likonband (. Abb. 2.110) ringförmig um die Kardia gelegt
schichtweise verschlossen, um wieder ein Pneu- und verschlossen. Über einen Katheter wird die Kammer
moperitoneum herstellen zu können. Die Jeju- des Bandes mit Flüssigkeit aufgefüllt, um den Innendurch-
numschlinge wird aufgesucht und ante- oder re- messer des Bandes zu verkleinern.
trokolisch an den Magenrest gezogen. Mit einer
! Im Vorfeld solcher Operationen ist zu klären, mit
Naht wird die Schlinge an der Magenvorderwand
welchem Gewicht die OP-Tische auf der Lafette
fixiert, erst dann wird sie eröffnet. Der Darminhalt
und der Säule belastet werden dürfen, da das
sollte sofort abgesaugt werden können.
Gewicht der Patienten dieses manchmal über-
7 Nach der Eröffnung des geklammerten Magenres-
schreitet.
tes wird der Stapler durch den 12-mm-Trokar ein-
gebracht. Eine Branche des Instrumentes wird im
Jejunum platziert, die andere im Magenrest. Nach Laparoskopische Fundoplicatio nach Nissen/
Auslösen des Klammervorgangs kann durch die Rosetti (modifiziert nach de Meester)
verbliebene Öffnung an der Klammernaht die Das Krankheitsbild der Hiatushernie mit Refluxösophagi-
Anastomose kontrolliert werden. Danach wird tis und die OP-Indikation entsprechen dem von 7 Abschn.
diese Öffnung mit einer fortlaufenden Naht ver- 2.4.4.
schlossen. Wie für die konventionelle Operation gilt auch hier,
7 Die Braun-Fußpunktanastomose oder die Y-Roux- dass das chirurgische Vorgehen erst indiziert ist, wenn bei
Fußpunktanastomose erfolgt ebenfalls mittels gesicherter funktioneller und/oder endoskopischer Dia-
eines linearen Anastomosenstaplers. gnose die medikamentöse Therapie langfristig (etwa 6 Mo-
7 Der Bauchdeckenverschluss wird durchgeführt nate) versagt. Medikamentös kann zwar die Säureaus-
nach Kontrolle der Anastomose auf Dichtigkeit schüttung des Magens wirksam verhindert werden, jedoch
und auf Bluttrockenheit nach der Zählkontrolle nicht der gallige Reflux aus dem Duodenum. Nach neuerer
der Instrumente und Textilien und der Dokumen- Auffassung ist dieser messbare Gallereflux für die Entste-
tation der Vollzähligkeit. hung der intestinalen Epithelmetaplasie im distalen Öso-
7 Die Einlage einer Drainage ist fakultativ möglich. phagus (Barrett-Schleimhaut) verantwortlich. Die Verfüg-
barkeit der laparoskopischen Fundoplicatio hat unter Be-
rücksichtigung des Gallerefluxes eine häufigere Indikati-
onsstellung zur Folge.
Besonders geeignet sind Patienten, bei denen der saure
Reflux medikamentös unterdrückt werden kann, jedoch
ein erheblicher Volumenreflux verbleibt.
kPrinzip
Reposition der Hernie, Beseitigung des Refluxes durch Bil-
dung einer Manschette aus der Funduswand, die um den
distalen Ösophagus gelegt und fixiert wird, relative Einen-
gung des Hiatus.
kLagerung
4 Rückenlagerung, ein Arm ausgelagert, Anti-Tren-
delenburg-Position, Beine gespreizt.
. Abb. 2.110 »Gastric banding«, LAP-Band AP («advanced plat- 4 Die Dispersionselektrode wird an einem Oberschen-
form«). (Beispiel: Fa. Allergan) kel angebracht.
2.15 · Minimal-invasive Chirurgie
153 2
kVorbereitung
Ein kräftiger Magenschlauch wird eingelegt, evtl. Blasen- 7 Die Speiseröhre kann nun zirkulär stumpf ca. 5 cm
kathetereinlage. Der Monitor steht rechts am Kopfende. hoch in das Mediastinum mobilisiert, die Hiatus-
hernie reponiert werden, dabei werden die Vagus-
kInstrumentarium äste geschont.
Außer der Laparoskopieeinheit und dem laparoskopischen 7 Die große Magenkurvatur wird vom Übergang
Grundinstrumentarium werden neben dem Optiktrokar des Korpus zum Fundus beginnend skelettiert,
meist vier weitere Arbeitstrokare benötigt (meist drei 10- dabei werden die Aa. gastricae breves und das
mm-Trokare, ggf. ein 13-mm- und ein 5-mm-Trokar, al- Lig. gastrosplenicum entweder mit der Ultra-
ternativ ein 10-mm-, drei 5-mm-Trokare), außerdem 2 schallkoagulationsschere, dem LigaSure, oder mit
große atraumatische Haltezangen für den Magen (Bab- Clips durchtrennt. Die Präparation berücksichtigt
cock-Zangen), ein Leberretraktor, monopolare Haken- die enge Nachbarschaft zum Milzhilus bzw. zum
elektrode, Schere und mehrere Multiclipzangen. Alternativ oberen Milzpol und endet am linken Zwerchfell-
kann die Anwendung des Ultraschallschneidegerätes mit schenkel mit der kompletten Mobilität des Ma-
einer Einmalkoagulationsschere empfohlen werden oder genfundus.
das LigaSure (7 Abschn. 2.5.5). Für die Naht der Manschet- 7 Vor der Fundoplicatio erfolgt nun von rechts die
te gibt es Einweginstrumente, die das intrakorporale Kno- hintere Hiatoplastik mit 2–3 nicht resorbierbaren
ten erleichtern, z. B. das Endo Stitch der Fa. Covidien endoskopisch oder extrakorporal geknüpften Ein-
(. Abb. 1.13). zelknopfnähten unter Fassen der Muskulatur des
rechten und linken Zwerchfellschenkels, alternativ
unter Anwendung des Endo Stitch (. Abb. 1.13).
Laparoskopische Fundoplicatio nach Nissen/
7 Dabei wird der Ösophagus nach ventral hochge-
de Mester
halten.
7 Der Operateur steht zwischen den Beinen des Pa- 7 Zur Fundoplicatioanlage wird der distale Ösopha-
tienten, der erste Assistent steht rechts, der zweite gus mit einer Babcock-Zange unterfahren, die
Assistent links neben dem Patienten, die instru- Funduskante im mittleren Anteil gefasst und dor-
mentierende Pflegekraft neben dem Operateur sal als Manschette durchgezogen. Diese liegt
oder gegenüber. dann locker, wenn nach Loslassen der Zange der
7 Nach der üblichen OP-Felddesinfektion und Ab- Fundusanteil liegen bleibt. Die Vereinigung mit
deckung erfolgt zunächst die Anlage des Pneu- der Fundusvorderwand (360°-Manschette) erfolgt
moperitoneums entweder in offener Technik oder spannungsfrei mit 2–3 Einzelknopfnähten aus
mit Hilfe einer Veress-Kanüle unter Berücksichti- nicht resorbierbarem Nahtmaterial. Die Knoten-
gung der Sicherheitstests. Der Optiktrokar wird ausführung erfolgt entweder endoskopisch oder
ca. 3 cm oberhalb des Nabels in der Mittellinie in extrakorporaler Technik oder mittels Endo
eingebracht. Am linken Oberbauch werden 2 wei- Stitch. Die distale Naht fasst tangential die Ösopha-
tere 10-mm-Trokare eingebracht, ein weiterer 5- gusvorderwandmuskulatur, um eine Manschet-
mm-Trokar im rechten Oberbauch, sodass alle Tro- tendislokation zu verhindern. Während der Naht
kare auf einer Kreislinie liegen. Ein 5-mm-Trokar liegt eine dicklumige Magensonde (40 Charr). Die
wird median im Epigastrium eingebracht. Manschettenweite wird durch Unterfahren mit
7 Nach der Exploration der Bauchhöhle wird die einem Präpariertupfer, einem Taststab oder auch
Kardia-Fundus-Region eingestellt. Dazu wird mit dem vorsichtigen Spreizen der Babcock-Zange auf
dem Leberretraktor der linke Leberlappen wegge- lockeren Sitz überprüft (. Abb. 2.111).
halten. Mit Schere oder Ultraschallmesser wird im 7 Nach Kontrolle auf Bluttrockenheit bei Bedarf Ein-
Bereich des kleinen Netzes unter Schonung dort lage einer Drainage, Entfernen der Trokare unter
vorkommender kleinerer Leberarterienäste das laparoskopischer Sicht. Versorgen der Faszienlü-
Peritoneum parallel zur rechten Ösophaguskante cken mit Nähten. Hautnähte und Pflasterverbände
inzidiert. Die Inzision wird ventral um den Hiatus beenden die Operation.
nach links fortgeführt. Zunächst wird von rechts 7 Alternativ kann eine 270°-Manschette (nach Tou-
der rechte Zwerchfellschenkel, danach der linke pet) angelegt werden.
Zwerchfellschenkel dargestellt, dabei wird der
Ösophagus dorsal stumpf unterfahren.
6
154 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
kLagerung
4 Rückenlage auf einem geraden Tisch, alternativ Stein-
schnittlage,
. Abb. 2.111 Manschettenprüfung mit dem Taststab. (Nach Carus 4 neutrale Elektrode an einem Oberschenkel.
2010)
kInstrumentarium
Laparoskopische Anus-praeter- 4 Laparoskopische Grundausstattung,
bzw. Ileostomaanlage 4 Hernienzügel oder dicklumige Redondrainage zum
Die Anlage eines Kolostomas oder Ileostomas kann zum Anzügeln des Darms,
Schutz und zur passageren Ausschaltung z. B. einer im 4 linearer Endostapler bei endständiger Stomaanlage,
nachgeschalteten Darmbereich angelegten Anastomose 4 konventionelles Laparotomiesieb für den offenen Teil
erforderlich sein. In der Palliativsituation bei inoperablem der OP oder im Notfall für einen erforderlichen Um-
Darmtumor kann die vorgeschaltete Stomaanlage eine stieg auf die offene Operation.
Ileussituation verhindern. Bei kompletter Ileussituation ist
das laparoskopische Vorgehen aufgrund überblähter
Darmschlingen nicht mehr gefahrlos möglich. Prinzipiell Laparoskopisch assistierte Anlage eines
sind endständige Anlagen mit blind verschlossenem ab- doppelläufigen Sigma-Anus praeter
führendem Darmschenkel und doppelläufige Stomata zu 7 Auf dem geraden Tisch gelagert wird der Unter-
unterscheiden (7 Abschn. 2.12.9). und Oberbauch des Patienten desinfiziert und das
Die Vorbereitung des Patienten zur Stomaanlage ist Operationsareal abgedeckt.
davon abhängig, ob der Eingriff im Rahmen einer laparos- 7 Über eine kurze Inzision, selten über eine Veress-
kopischen Kolon- oder Rektumresektion oder als geson- Nadel wird das Pneumoperitoneum angelegt.
derter Eingriff erfolgt. Prinzipiell sollte die beste Stomapo- Nacheinander werden die Trokare (3 ×10 mm, je
sition vor einem geplanten Eingriff angezeichnet werden. nach Optik auch 2 × 5 mm und 1×10 mm) ca.
10 cm entfernt vom Sigmabereich eingebracht.
kIndikation 7 Nach der Inspektion des Operationssitus wird der
4 Passagere Anlage dritte Trokar an der geplanten Stomaposition ein-
5 Zum Schutz einer nachgeschalteten Darmanasto- gebracht.
mose nach kurativer Resektion, 7 Bei Adhäsionen erfolgt das Auslösen des Darmes
5 zur Ausschaltung von Darmfisteln zur Vagina, unter Mobilisation des oralwärts gelegenen Colon-
5 zur Darmruhigstellung bei Colitis ulcerosa. descendens-Abschnittes aus den benachbarten
4 Permanent anatomischen Schichten. Mit entsprechender Kip-
5 doppelläufig bei drohendem Darmverschluss durch pung des OP-Tisches wird während der Präparation
inoperablen Tumor als Palliativeingriff, der Dünndarm und das Omentum majus passiv aus
5 endständig bei Rektumexstirpation. dem Blickfeld des OP-Gebietes verlagert.
7 Am Scheitelpunkt der Sigmaschleife wird nach
kPrinzip darmnaher Peritonealinzision der Darm mit einem
Mit Hilfe von 3 Trokaren, einer davon an der zukünftigen stumpfen Instrument unterfahren (z. B. Taststab),
Stomaposition, wird laparoskopisch nach Exploration der Ausleiten des Instruments aus der Trokarinzision
Abdominalhöhle der für die Stomabildung geeignete an der Stomaposition, und Aufstecken bzw Fixie-
Darmabschnitt dargestellt. Das Mesenterium wird darm- 6
rohrnah unterfahren, der Darm angezügelt und an der
2.15 · Minimal-invasive Chirurgie
155 2
ren des Zügels/Redondrains. Nun wird das Instru- den Dünndarm zu verlagern, sodass der Zugang
ment mit Zügel zurückgezogen (Fixieren des frei- zu den Gefäßen erleichtert wird. Um an die rechte
en Endes vor der Bauchdecke) durch das Mesoko- Kolonflexur zu gelangen, wird die Anti-Trendelen-
lonfenster und erneut an der Stomaposition aus- burg-Position gewählt.
geleitet, parallel zum freien Zügelende. Nach Ab- 7 Das Pneumoperitoneum wird bei jedem Kolonein-
lassen des Pneumoperitoneums wird die griff in offener Technik angelegt. Nach der Ent-
Bauchwandinzision an der Stomaposition zur scheidung der Operabilität werden die weiteren
Darmvorverlagerung geweitet. Im Abstand von Trokare eingebracht.
ca. 5 cm subkutanes Durchführen und Ausleiten 7 Über 4 Trokare (10 mm, 12 mm, 2 × 5 mm) wird
der Zügelenden als Reiter, der mit einer Naht fi- nach der Exploration das Operationsgebiet über-
xiert wird. sichtlich dargestellt.
7 Nach Trokarentfernung Wundverschluss und Ver- 7 Der Optiktrokar wird entweder links vom Nabel
band an den übrigen Inzisionen, Eröffnung des oder subumbilikal platziert, manchmal muss zur
Stomas und zirkuläres Einnähen in die Haut. Nach Erweiterung für die Resektion der Optiktrokar um-
Austasten des Stomas in beide Schenkel Aufkle- positioniert werden.
ben der Stomaplatte. 7 Die Platzierung und die Durchmesser der Trokare
richten sich nach dem geplanten Eingriff, den vor-
handenen Instrumenten, der geplanten Position
Der orale Kostaufbau ist sofort möglich. der Miniinzision für die Bergung des Resektates
und nach den Vorlieben des Operateurs.
7 Das Verfahren, die Präparation sowie das Ausmaß
2.15.10 Laparoskopisch assistierte der Resektion sind identisch mit denen in der kon-
Kolonchirurgie ventionellen Kolonchirurgie (7 Abschn. 2.12) be-
sprochenen.
Kolonresektionen werden immer häufiger mit laparosko- 7 Zu beachten ist auch bei einem laparoskopischen
pischer Technik operiert. Dabei werden nicht mehr nur Eingriff, dass ein maligner Tumor nicht mit dem
benigne Erkrankungen wie die Divertikulitis, Colitis ulce- Taststab oder der Fasszange manipuliert wird, um
rosa oder M. Crohn als Indikation genannt, sondern auch eine Zellstreuung zu vermeiden (No-touch-isolati-
karzinomatöse Erkrankungen bis zum Tumorstadium 3. on-Technik).
Über die laparoskopische Optik sind die anatomischen 7 Das Ileum wird nach der Präparation und der Ab-
Strukturen sehr gut zu erkennen, sodass die Gefäßversor- setzung der V. und A. ileocolica ca. 5 cm vor der
gung bei malignen Erkrankungen zuerst unterbunden Ileozäkalklappe mit einem linearen Klammernaht-
werden kann, um eine Streuung der Tumorzellen zu ver- instrument abgesetzt.
hindern. 7 Das Mesokolon wird präpariert und die V. und
Da das Präparat relativ groß ist, muss ein Zusatzschnitt A. colica dextra dargestellt. Beide Gefäße werden
erfolgen, durch den der Darm entfernt oder vor der of- geclippt und durchtrennt. Großkalibrige Gefäße
fenen Absetzung ausgleitet wird. Die Minilaparotomie er- können mit einem Linearcutter und einem weißen
folgt über einen kleinen Pfannenstiel-Schnitt oder im Be- Magazin sicher abgesetzt werden.
reich einer Trokarinzision. Dieses Vorgehen führt zu ak- 7 An der Resektionsstelle des Colon ascendens oder
zeptablen kosmetischen Ergebnissen. Dieser Aspekt ist an der rechten Flexur wird das Mesokolon so weit
insbesondere für jüngere Patienten mit benignen Erkran- inzidiert, dass das Kolon mit einem linearen Stap-
kungen relevant. ler unterfahren werden kann. Absetzen des Darms
und Mobilisation des rechten Kolons inkl. rechter
Flexur für die Herstellung einer spannungsfreien
Laparoskopische Hemikolektomie rechts Anastomose.
7 Der Patient liegt in Rückenlage mit gespreizten 7 Nach dem Abstellen der Gasinsufflation wird
Beinen oder auf dem Steinschnitttisch. rechts pararektal die Trokarinzision verlängert. Um
7 Intraoperativ wird die Lagerung mehrfach verän- das Präparat kontaminationsfrei vor die Bauchde-
dert. Trendelenburg-Position, um im Ileozäkalbe- cke ziehen zu können, wird eine Wundrandfolie
reich präparieren zu können, Linkskippung, um oder Ringfolie eingesetzt. Die geklammerten
6 6
156 Kapitel 2 · Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
2.15.13 Ausblick
Rektumamputation
Auch die Rektumamputation kann in oben beschriebener
Technik mit einer laparoskopischen Präparation durchge-
führt werden, um das Operationstrauma für den Patienten
so gering wie möglich zu halten und die Sicht auf die Ge-
webestrukturen für den Operateur zu optimieren.
3
Traumatologie, Orthopädie
und Handchirurgie
J.R. Döhler, A. Gudat, K. Seide, Ch. Jürgens, J. Madert, A. Simon, S. Mein,
G. Walura, R. Thönnessen, M. Liehn
Sowohl die orthopädische Chirurgie als auch die Trauma- Grundsubstanz (Osteoid), deren Hauptbestandteile Chon-
tologie befassen sich mit dem Bewegungsapparat und der droitinsulfat und Dermatansulfat sind (. Abb. 3.1). In das
Wirbelsäule. Die Orthopäden behandeln überwiegend Osteoid sind v. a. kollagene Fasern vom Typ I, weniger
chronische, die Unfallchirurgen akute, verletzungsbe- vom Typ III und zusätzlich anorganische Substanzen (35%
dingte Probleme. Da die beiden Disziplinen auch in Kalzium, 50% anorganisches Phosphat) eingelagert. Da-
Deutschland verschmelzen und das gleiche chirurgische durch verfügt der Knochen über Festigkeit und Steifigkeit,
3 Instrumentarium verwenden, werden sie in diesem Kapitel wobei aber eine gewisse Elastizität erhalten bleibt.
gemeinsam skizziert. Im Folgenden werden jedoch mehr Durch das Einlagern der anorganischen Substanzen
unfallchirurgische als orthopädische Akzente gesetzt, da dient der Knochen auch als wichtigster Speicher für Kalzi-
Knochenbrüche zum Alltag jeder OP-Abteilung gehören um und Phosphat. Sie können bei Bedarf durch knochen-
und ihre Behandlung weitgehend standardisiert ist. abbauende Zellen (Osteoklasten) mobilisiert werden. Dies
steht unter dem Einfluss von
4 Parathormon, das in den Epithelkörperchen gebildet
3.1 Anatomie und Physiologie wird und die Osteoklasten aktiviert, wodurch der
von Knochen Kalziumspiegel im Blut steigt, und
4 Kalzitonin, das in den C-Zellen der Schilddrüse gebil-
R. Döhler, A. Gudat, M. Liehn det wird und die Osteoklasten hemmt, wodurch der
Kalziumspiegel im Blut fällt.
Knochen sind ein Stützwerk aus Kollagen und Hydroxyl- 4 Wir unterscheiden 3 Knochenformen:
apatit. Sie bilden einen Teil des Bewegungsapparates und 4 Röhrenknochen (Beispiele: Femur, Humerus),
haben folgende Aufgaben: 4 platte Knochen (Beispiele: Schädelkalotte),
4 Stützfunktion und Formgebung, 4 Würfelknochen (Beispiele: Hand-, Fußwurzelkno-
4 Schutz bestimmter Organe (Lunge, Herz), chen).
4 Bewegungsapparat,
4 Mineralspeicher, Am Röhrenknochen unterscheiden wir die Epiphysen (je-
4 Blutbildung. weils am Gelenkende) von den Diaphysen. Zu beiden En-
den hin verbreitert sich der diaphysäre Schaft in den Meta-
Knochen ist eine starre Form des Bindegewebes. Er besteht physen. Die gelenkbildenden Enden eines Röhrenknochens
aus einem Grundgerüst aus Zellen (Osteozyten) und einer sind die Epiphysen. Beim Kind und Jugendlichen steuern
. Abb. 3.1 Schematische Darstellung des Remodellings. Das Remo- hypothalamischen Steuerung als auch einer lokalen parakrinen
delling bezeichnet den physiologischen Knochenumbau durch Os- Feinabstimmung. Die integrale Rolle der Osteozyten im Remodelling
teoklasten und Osteoblasten. Unterschieden werden 4 aufeinander- ist gegenwärtig noch nicht in vivo geklärt. Es wird vermutet, dass
folgende Phasen: Aktivierung von Osteoklasten, osteoklastare Re- den Osteozyten eine Funktion in der Umschaltung mechanischer
sorptionsphase, Umschaltphase und osteoblastäre Knochenneufor- Reize in biologische Signale zukommt. (Nach Priemel et al. 2006)
mation. Das Remodelling unterliegt sowohl einer zentralen,
3.2 · Pathophysiologie von Knochen und Gelenken
163 3
die knorpeligen Wachstumsfugen zwischen der Epiphyse
und der Metaphyse das Längenwachstum eines Röhren-
knochens. Das Wachstumspotenzial ist innerhalb einer
Fuge gleich, aber anteilmäßig im Hinblick auf eine ganze
Extremität verschieden: Die untere Wachstumsfuge des
Femurs und die obere Wachstumsfuge der Tibia sind
für 70% des Längenwachstums des ganzen Beins verant-
wortlich. Die Schädigung einer noch offenen Wachs-
tumsfuge bedeutet eine teilweise Beeinträchtigung des
Wachstumspotenzials und damit die Entstehung einer
Fehlform (X-Ellbogen, O-Knie).
Apophysen sind Knochenvorsprünge, die als Ursprung
oder Ansatz von Sehnen dienen, z. B. Tuberculum majus
des Humerus, Trochanter major und minor des Femurs
und Tuberositas tibiae. Sie können ausreißen und müssen
manchmal operativ refixiert werden.
3.1.1 Spongiosa . Abb. 3.2 Aufbau des distalen Teils eines Röhrenknochens. (Nach
Hartmann 2006)
Die Spongiosa (lat. spongia = Schwamm) ist ein schwammar-
tig aufgebautes System aus feinen Knochenbälkchen (Trabe-
keln). Bei den platten Knochen heißt die Spongiosa Diploë.
Die Spongiosa liegt im Inneren der Knochen und wird nach 3.2 Pathophysiologie von Knochen
außen hin von der Kortikalis umhüllt. In den Hohlräumen und Gelenken
des von den Spongiosabälkchen gebildeten »Schwammes«
befindet sich das Knochenmark (. Abb. 3.2). Die häufigsten Störungen der Knochenfunktion:
Die Spongiosa bildet ein engmaschig vernetztes Ge- 4 Brüche,
rüst, in dem die meisten Bälkchen entlang der wichtigsten 4 Entzündungen,
Belastungslinien (Trajektorien) des Knochens angeordnet 4 Gelenkverschleiß,
sind. Das Bauprinzip der Spongiosa ermöglicht die Einspa- 4 Substanzmangel (Osteoporose).
rung an Knochensubstanz bei ausreichender Stabilität und
damit ein geringeres Gewicht des Knochens. Darüber hin- Weniger häufige Störungen der Knochenfunktion:
aus ermöglicht es die dynamische Anpassung an verschie- 4 Tumoren,
dene Belastungen durch aktive Modellierung und die Un- 4 Dystrophien,
terbringung des Knochenmarks. 4 Mineralmangel (Osteomalazie, Rachitis),
4 Fehlbildungen.
3.1.2 Kompakta/Kortikalis
3.2.1 Frakturen
Die kompakte Substanz ist eine Ausprägung der Knochen-
substanz. Sie bildet die äußere Schicht der Knochen und Entstehung, Einteilung und Lokalisation
wird daher auch als Kortikalis (lat. cortex = Rinde) be-
zeichnet. Außen wird die Kortikalis von der Knochenhaut Definition
(Periost) überzogen. Ein Knochenbruch (Fraktur = lat. frangere = brechen)
Das Grundbauelement der Kompakta ist das Osteon. ist die Unterbrechung eines Knochens unter Bildung
Es besteht aus einem zentralen Havers-Kanal mit einem zweier oder mehrerer Bruchstücke (Fragmente) mit
kleinen Blutgefäß. Der Gefäßkanal ist von konzentrischen oder ohne Verschiebung (Dislokation).
Knochenzellen umgeben, die die Speziallamellen bilden.
Die einzelnen Osteone sind durch Schaltlamellen mitein-
ander verbunden. Die Havers-Kanäle der einzelnen Oste-
one sind untereinander durch gefäßhaltige Querkanäle
(Volkmann-Kanäle) verbunden.
164 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Abschirmung
Die Dosis nimmt bei γ-Strahlung mit der Dicke der Ab-
schirmschicht d exponentiell ab. Daraus folgt:
4 Gonadenschutz für den Patienten.
4 Tragen einer dicken Bleischürze.
4 Tragen eines Halsschutzes (Schilddrüse).
3
3.4.3 Blutsperre
R. Döhler, A. Gudat, S. Mein, K. Seide, Die Drahtumschlingung dient zur vorläufigen Fixierung
Ch. Jürgens, R. Döhler, der Fragmente. Es gibt Platten, die mit Schrauben und spe-
ziellen Stahlkabeln festgesetzt werden können (Dall-Miles,
3.5.1 Allgemeines Fa. Stryker).
Knocheninstrumentarium Ein Draht wird mit einer Drahtführung um den repo-
nierten Knochen gelegt, die Enden werden mit einer Flach-
Zugang und Präparation zange verzwirbelt und mit einem Seitenschneider gekürzt
Das Instrumentarium für Zugang und Präparation ist in und angedrückt.
. Abb. 3.10 bis . Abb. 3.19 dargestellt.
. Abb. 3.10 Elevatorium (Langenbeck): dient als Hebelinstrument. . Abb. 3.15 Metallhammer oder Kunststoffhammer (Ombrédanne):
(Fa. Aesculap AG) Grundsätzlich sollte mit Metall auf Metall und mit Kunststoff auf
. Abb. 3.11 Scharfer Löffel (Schede): ovale und runde Formen mit Kunststoff geschlagen werden. (Fa. Aesculap AG)
scharfen Kanten, um den Frakturspalt zu säubern. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 3.16 Osteotome (Lambotte) gibt es in verschiedenen Brei-
. Abb. 3.12 Raspatorium (König): Knochenschaber mit scharfen ten, von 3 mm bis 4 cm. Sie werden zur Abtragung von Osteophyten
Seitenkanten, um das Periost abzuschieben. (Fa. Aesculap AG) und überschießendem Kallus benutzt. Sinnvoll ist dabei ein kleiner,
. Abb. 3.13 Scharfer Knochenhaken (Einzinker), dient der Repositi- leichter Hammer. (Fa. Aesculap AG)
on. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 3.17 Hohlmeißel (Lexer) in verschiedenen Größen, Formen,
. Abb. 3.14 Hohlmeißelzange (Luer) zum Entfernen von Knochen- Wölbungen. Sie eignen sich zur Muldung oder Glättung von Röhren-
und Knorpelsplittern. (Fa. Aesculap AG) knochen. (Fa. Aesculap AG)
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
171 3
. Abb. 3.18 Flachmeißel (Lexer). (Fa. Aesculap AG) . Abb. 3.22 Patellazange. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 3.19 Knochenhebel stumpf (Hohmann): hält Weichteile . Abb. 3.23 Knochenfasszange (groß, mittel und klein) für Frak-
zurück, hebt Knochen an und dient als Schutz beim Sägen. (Fa. Aes- turreposition und Plattenosteosynthesen von Humerus, Radius,
culap AG) Ulna, Femur und Tibia. (Fa. Ulrich)
. Abb. 3.20 Repositionszange spitz, auch mit Gewindesperre erhält- . Abb. 3.24 Periartikuläre Repositionszange. Mit dieser Zange kön-
lich. Sie reponiert ausladende Knochenfragmente. (Fa. Aesculap AG) nen reponierte perkondyläre Femurfrakturen perkutan gehalten
. Abb. 3.21 Zange mit Zahnsperre. (Fa. Aesculap AG) werden. (Fa. Johnson & Johnson)
172 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
. Abb. 3.25 Kirschner-Draht, ein wichtiges Hilfsmittel in der . Abb. 3.31 Titan-Cerclagebänder. a, b Umführungsnadeln (groß
Knochenchirurgie. (Fa. Aesculap AG) und klein), mit denen das Cerclageband um den Röhrenknochen
. Abb. 3.26 Weicher Cerclagedraht, auch mit Öse. (Fa. Aesculap AG) herumgezogen wird. c Cerclateur (Spanngerät). d, e Cerclagebänder;
. Abb. 3.27 Drahtumführung, Hohlnadel. (Fa. Aesculap AG) der optionale Dorn verhindert an Metaphysen das Abrutschen. Die
. Abb. 3.28 Flachzange. (Fa. Aesculap AG) Bänder werden hinter der Lasche umgebogen und mit einem Sei-
. Abb. 3.29 Spitzzange. (Fa. Aesculap AG) tenschneider gekürzt. (Fa. Smith & Nephew)
. Abb. 3.30 Seitenschneider, verschiedene Größen. (Fa. Aesculap AG)
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
173 3
4 Sprengung des Akromioklavikulargelenkes: Dislokati-
on durch den M. sternocleidomastoideus.
4 Abriss oder Osteotomie des Trochanter major: Dislo-
kation durch die kleinen Mm. glutaei.
Drahtinstrumentarium
Das benötigte Instrumentarium ist in den . Abb. 3.25 bis
. Abb. 3.30 dargestellt. . Abb. 3.32 Batteriebetriebene kleine Bohrmaschine. (Fa. Synthes)
kZusätzliches Instrumentarium
4 Bohrmaschine und Jakobs-Futter, res Allergierisiko als Stahl. Auch hier ist es wichtig, unter-
4 Raspatorium, schiedliche Materialien nicht zusammen zu benutzen.
4 Elevatorium,
> Eine Titanplatte sollte mit Titanschrauben
4 scharfer Löffel oder »Zahnarzthäkchen«,
besetzt werden.
4 bei Bedarf Repositionszange,
Jedes Implantat nur einmal benutzen!
4 Einzinker,
4 Hohmann-Hebel, Es werden Standard- und Kleinfragmentschrauben
4 Dreifachzielbohrbüchse, (Fa. Synthes) und die Instrumente zu ihrem Einbringen
4 2-mm-Bohrer, (. Abb. 3.32 bis . Abb. 3.47) dargestellt.
4 Hammer.
Kortikalisschraube
Titan- und Kunststoffbänder (. Abb. 3.31) sind breiter und Das Standardfragment hat einen Durchmesser (Ø) von
schneiden weniger ein als Drahtschlingen. Sehr bewährt 4,5 mm, das Kleinfragment von 3,5 mm. Wichtige Maße
haben sie sich am Femurschaft, wenn dieser bei Prothesen- der Kortikalisschraube sind in . Tab. 3.1 aufgeführt.
wechseln gefenstert werden musste.
Jeder Hersteller hat Implantate und Instrumente auf- Kerndurchmesser 3,0 2,4
[mm]
einander abgestimmt. Bei einer Osteosynthese sollten da-
her niemals Sets unterschiedlicher Firmen verwendet Bohrer [mm] 3,2 2,5 (gold)
werden. Gleitlochbohrer [mm] 4,5 3,5
Instrumente und Implantate werden aus rostfreiem
Gewindeschneider 4,5 3,5 (gold)
Stahl (Chrom-Nickel-Molybdän) oder aus Titan herge-
[mm]
stellt. Titanlegierungen und Reintitan bergen ein geringe-
174 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
3.33
3 3.39
3.34
3.40
3.35
3.41
3.36
3.42
3.37
3.43
3.38
. Abb. 3.33 Gewindeschneider für Kortikalisschrauben, Durchmes- . Abb. 3.39 DCP-Bohrbüchse 2,7 mm für Neutral- und Kompressi-
ser 4,5 mm, Länge 135/70 mm. (Fa. Synthes) onsstellung. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.34 T-Griffstück mit Schnellkupplung. (Fa. Synthes) . Abb. 3.40 LC-DCP-Bohrbüchse 3,5 mm für Neutral- und Kompres-
. Abb. 3.35 Kleiner Sechskantschraubendreher mit Haltehülse. sionsstellung. (Fa. Synthes)
(Fa. Synthes) . Abb. 3.41 Steckbohrbüchse 3,5/2,5 mm für lange Zugschrauben.
. Abb. 3.36 Tiefenmessgerät für Schrauben, Durchmesser 4,5– (Fa. Synthes)
6,5 mm. (Fa. Synthes) . Abb. 3.42 Kopfraumfräser für Kortikalisschrauben 4,5 mm.
. Abb. 3.37 Spiralbohrer, Durchmesser 4,5 mm, Länge (Fa. Synthes)
195/170 mm, zweilippig, für Schnellkupplung. (Fa. Synthes) . Abb. 3.43 Selbsthaltende Schraubenpinzette zur Entnahme der
. Abb. 3.38 Doppelbohrbüchse 3,5/2,5 mm. (Fa. Synthes) Schrauben aus den Einsätzen. (Fa. Synthes)
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
175 3
Die Kortikalisschraube wird vorwiegend im kortikalen
Knochen der Diaphyse angewendet und hat ein durchge-
hendes, enges, flaches Gewinde. Es gibt sie selbstschnei-
dend oder so, dass ein Gewindeschnitt als eigener Vorgang
in die Operation eingefügt werden muss. Durch ihren brei-
ten Kerndurchmesser ist die Stabilität im festen Knochen
erhöht. Wenn die Schraube einen Bruchspalt durchquert
und ihn als Zugschraube komprimieren soll, muss sie im
kopfnahen Fragment frei gleiten und im gegenüberlie-
genden Fragment fassen.
Beim Anziehen der Zugschraube wird interfragmen-
täre Kompression erzeugt (. Abb. 3.44).
> Das Schraubenmessgerät gibt die Länge der
Schraube einschließlich Spitze und Kopf an.
Spongiosaschraube
. Abb. 3.45 Spongiosaschraube 6,5 mm. a Gewindelänge 16 mm,
Das Standardfragment hat Ø 6,5 mm, das Kleinfragment b Gewindelänge 32 mm, c Vollgewinde. (Fa. Synthes)
Ø 4,0 mm. . Abb. 3.46 Kleinfragmentspongiosaschraube mit (a) kurzem und
Die Spongiosaschraube wird vorwiegend in der Epi- (b) langem Gewinde. (Fa. Synthes)
und Metaphyse des Knochens (= spongiöser, weicher Kno-
chen) eingesetzt. Die Spongiosaschraube besitzt einen
dünnen Kern und ein tiefes Gewinde. Neben den Schrau- durch kann die Entfernung dieser Schraube große Pro-
ben mit durchgehendem Gewinde gibt es solche mit unter- bleme bereiten.
schiedlicher Gewindelänge, sog. Schaftschrauben (. Abb. Die Verwendung eines Gewindeschneiders kann gele-
3.45 und . Abb. 3.46). Während der Knochenheilung kann gentlich in der Eingangskortikalis nötig sein. Durchquert
die Kortikalis den gewindefreien Schaft einmauern, da- die Spongiosaschraube einen Frakturspalt, sollte sie als
176 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
3.47
3.48 3.49
. Abb. 3.47 Kanülierte Schraube. Unter Bildwandlerkontrolle wird . Abb. 3.48 Malleolarschraube 4,5 mm mit verschiedenen Gewin-
der Führungsdraht korrekt platziert. Nach dem Überbohren und Ge- delängen. (Fa. Synthes)
windeschneiden wird die längengerechte Schraube über den Draht . Abb. 3.49 Metallunterlegscheibe. (Aus Müller et al. 1992/1997)
eingedreht. (Fa. Smith & Nephew GmbH, Marl)
Zugschraube eingesetzt werden; das Gewinde fasst nur im sären Knochens und werden bei Spongiosa- und Malleolar-
Gegenfragment. Ein besonderes Bohrmanöver ist dafür schrauben verwendet. (. Abb. 3.49).
nicht erforderlich; es muss die entsprechende Gewindelän- Verwendung:
ge ausgewählt werden. 4 Ø 7,0 mm für Kleinfragmentspongiosaschrauben,
Durchbohrte Spongiosaschrauben werden in verschie- 4 Ø 13 mm für Standardspongiosaschrauben.
denen Größen angeboten und können über einen Kirsch-
ner-Draht gezielt eingebracht werden. Mit diesen Schrau- Unterlegscheiben mit Zackenkranz ermöglichen die Fixie-
ben wird auch ein perkutanes Vorgehen ermöglicht. Die rung von Bändern und Sehnen am Knochen, ohne dabei
AO (Fa. Synthes) hat für diese Schrauben ein spezielles In- zu Drucknekrosen zu führen. Sie sind aus Kunststoff gefer-
strumentarium entwickelt (. Abb. 3.47). tigt und zur Darstellung im Röntgenbild mit einem feinen
. Tab. 3.2 zeigt die wichtigsten Maße der Spongiosa- Metallring versehen.
schraube.
jEinbringen einer Spongiosaschraube (Ø 6,5 mm) . Tab. 3.2 Wichtige Maße der Spongiosaschraube
Bohrer (Ø 3,2 mm) mit Bohrbüchse → Schraubenmessge-
Standardfragment Kleinfragment
rät → (selten Gewindeschneiden mit Ø 6,5 mm) → großer Ø 4,5 mm Ø 3,5 mm
Sechskantschraubendreher mit entsprechender Schraube.
Beim Einbringen einer Spongiosaschaftschraube soll Gewindedurchmesser 6,5 4,0
[mm]
bei harter Eingangskortikalis mit dem 4,5-mm-Bohrer
vorgebohrt werden. Kerndurchmesser 3,0 1,9
[mm]
Malleolarschraube (Ø 4,5 mm) Bohrer [mm] 3,2 2,5 (gold)
Anwendung nur im spongiösen metaphysären Knochen, Gleitlochbohrer Keiner Keiner
wenn keine große Zugbeanspruchung erwartet wird. Gewindeschneider 6,5 4,0
Ihr Gewinde entspricht dem der Kortikalisschraube [mm]
(Ø 4,5 mm). Sie besitzt eine speziell geformte Trokarspitze,
durch die sie sich im spongiösen Knochen ihr Gewinde
selbst herstellen kann. Daher wird ein Gewindeschneider . Tab. 3.3 Wichtige Maße der Malleolarschraube
selten benötigt. Die Malleolarschraube hat ein halbes Ge-
winde und einen glatten Schaft (. Abb. 3.48). Eingesetzt Standardfragment Ø 4,5 mm
wird sie v. a. am unteren Tibiaende (Innenknöchel).
Gewindedurchmesser [mm] 4,5
. Tab. 3.3 zeigt die wichtigsten Maße der Malleolar-
schraube. Kerndurchmesser [mm] 3,0
Bohrer [mm] 3,2
Unterlegscheiben Gleitlochbohrer Keiner
Die Unterlegscheiben verhindern das Einsinken des Schrau-
Gewindeschneider Selten! 4,5 mm
benkopfes in die dünne Kortikalis des meta- oder epiphy-
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
177 3
3.5.5 Platten
Spann-Gleitloch-Platten
jDCP (»dynamic compression plate«) 3.51
4 Eine axiale Kompression ist ohne Spanngerät durch
die ovalen und einseitig schrägen Plattenlöcher mög-
lich. Die schräge Unterseite des Schraubenkopfes glei-
tet dabei auf dem schrägen Rand des Plattenloches
nach unten und drückt damit die Platte zur Seite. Die
3.52
Schrauben können exzentrisch und zentrisch einge-
setzt werden. Mehrere Fragmente können einzeln
komprimiert werden.
4 Jede exzentrisch eingedrehte Schraube bringt Kom-
pression von 1 mm (pro Hauptfragment sind 2 exzen-
trische Schrauben möglich). 3.53
4 Es werden spezielle zentrische und exzentrische DCP-
Bohrbüchsen verwendet. . Abb. 3.51 Plattenspanner mit Gelenken, Spannweg 20 mm. Farb-
4 Die Kombination mit einer interfragmentären Zug- skala: gelb bis 500 N, grün bis 1000 N, rot über 1000 N. (Fa. Synthes)
schraube ist möglich. . Abb. 3.52 Kardanschlüssel 11 mm für Plattenspanner. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.53 Biegeschablone für DCP 4,5 und LC-DCP 4,5 (in 3 Län-
gen). (Fa. Synthes)
jAnwendung
DC-Platte 3,5 für Ulna und Radius (. Abb. 3.57).
Die exzentrische Bohrbüchse
jKugelgleitprinzip 4 ist gelb,
Der Schraubenkopf gleitet im ovalen und abgeschrägten 4 wird nur für Spannschrauben verwendet,
Plattenloch (. Abb. 3.58). 4 platziert die Schraube auf dem schmalen Plattenloch-
Zum korrekten Anbringen der Platte sind die DCP- zylinder, 1 mm von der Endposition entfernt.
Bohrbüchsen oder die Universalbohrbüchse notwendig.
Die neutrale oder zentrische Bohrbüchse Der maximale Spannweg einer Schraube beträgt 1 mm
4 ist grün, (50–80 kp). Der Pfeil auf der exzentrischen Bohrführung
4 wird am häufigsten verwendet, muss immer in Richtung Fraktur oder Osteotomie zeigen.
4 platziert die Schraube mit bestmöglichem Halt im Wichtig ist, dass zuerst die Spannschrauben frakturnah
Plattenloch. eingesetzt werden, da sonst die Fragmente auseinander-
weichen.
178 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
a
a
b
c
. Abb. 3.59a–c DC-Platte: Kompression durch DC-Platte; interfrag- . Abb. 3.61 a LC-DC-Platte, b schematische Darstellung. (Nach
mentäre Kompressionsschraube. (Nach Texhammar u. Colton 1994) Müller et al. 1992/1997)
LC-DC-Platte (»limited contact DCP«) ermöglicht die Bohrungen in Neutral-, Schräg- oder
4 Sie ist die Verbesserung der DCP und wird vorwie- Kompressionsstellung und den Einsatz der Bohrer/
gend angewendet. Gewindeschneider Ø 4,5–3,2 mm und Ø 3,5–2,5 mm
4 Sie besteht aus Reintitan, das weniger Allergien aus- (Kleinfragment).
löst als Stahl (s. oben). 4 Auch die neutrale LC-DCP-Bohrbüchse hat einen
4 Aussparungen an der knochenzugewandten Seite mi- Pfeil, der immer zur Fraktur zeigen muss (Ausnahme:
nimieren die Plattenauflagefläche. Durchblutungsstö- Wenn die Platte in Abstützfunktion am Tibiakopf an-
rungen des Knochens werden so verringert. gebracht werden soll, muss der Pfeil von der Fraktur
4 Außerdem besitzen die unterschnittenen Plattenlö- weg zeigen).
cher 2 schiefe Ebenen, sodass Kompression zu beiden 4 Die LC-DC-Platte verlangt Titanschrauben. Spezielle
Seiten hin möglich ist. Die Platte hat kein lochfreies Kortikalisschaftschrauben (7 Abschn. 3.5.4) eignen
Mittelteil (. Abb. 3.61). sich aufgrund ihrer Stabilität als interfragmentäre
4 Es werden spezielle LC-DCP-Bohrbüchsen oder die Zugschrauben und Kompressions- oder Spann-
Universalbohrbüchse (. Abb. 3.40) benötigt. Letztere schrauben.
180 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Spezialformen
Diese Platten sind für besondere anatomische Gegeben-
heiten entwickelt worden (. Abb. 3.64 und . Abb. 3.65). In
erster Linie dienen sie der Abstützung im gelenknahen Be-
reich, d. h. sie verhindern ein Absinken und bilden das
Widerlager für Schrauben in diesen Knochenabschnitten.
Etliche dieser Platten sind auch in Reintitan erhältlich.
Allen im Standardfragment enthaltenen Platten sind fol-
3.64a 3.64b gende Merkmale gemeinsam:
4 In den Plattenkopfbereich können Spongiosaschrau-
ben eingebracht werden.
4 Im Plattenschaft befindet sich ein längliches Loch,
durch das eine interfragmentäre Zugschraube oder
eine Kortikalisschraube zur vorläufigen Plattenfixie-
rung eingesetzt werden kann.
4 Das Einsetzen eines Plattenspanners ist möglich.
4 Die Lochangabe der Platte entspricht der Anzahl der
Schaftlöcher.
4 Ein Nachbiegen der Platten ist möglich.
Winkelplatten
4 Der Winkel wird zwischen Klinge und Schaft gemessen.
4 Die Löcher sind wie bei den geraden breiten Platten
versetzt.
4 Sie werden als Rundloch- oder als DC-Platten herge-
stellt.
3.65a 3.65b
4 Es werden die Schrauben des Standardfragments be-
nötigt.
. Abb. 3.62 Drittelrohrplatte. (Fa. Synthes) 4 Die Winkelplatten haben eine U-förmige Klinge; für
. Abb. 3.63 Rekonstruktionsplatte 3,5. Mit der Biegezange und
Kleinkinder gibt es T-förmige Profile.
den Schränkeisen kann sie gebogen und verdreht werden. Es gibt
sie auch aus Titan mit winkelstabilen Schrauben. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.64 a Vorgeformte (winkelstabile) Mayo-Klavikulaplatte. Osteotomieplatten
(Acumed, Fa. Ortho Aktiv). b Vorgeformte Platte mit winkelstabilen 4 130°-Winkelplatte (. Abb. 3.66) für intertrochantäre
Schrauben zur Versorgung von Mehrfragmentbrüchen des Hume- Valgisierung.
ruskopfes. (Fa. Oeka Medizintechnik)
4 Rechtwinkelplatte (. Abb. 3.67) für intertrochantäre
. Abb. 3.65 a Proximale Tibiaplatte mit winkelstabilen Schrauben
zur Versorgung von Tibiakopfbrüchen. b Röntgenbefund nach ope- und suprakondyläre Varisierung.
rativer Versorgung mit einer proximalen Tibiaplatte. (Fa. Oeka Medi-
zintechnik) Weiteres Instrumentarium zeigt . Abb. 3.68 bis . Abb. 3.73.
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
181 3
3.70
3.71
3.66 3.67
3.68
3.72
3.69 3.73
. Abb. 3.66 130°-Winkelplatte für intertrochantäre Valgisierung. . Abb. 3.69 Schlitzhammer zum Ausschlagen der Vorschlagklinge.
(Fa. Synthes) (Fa. Synthes)
. Abb. 3.67 Sogenannte Rechtwinkel- oder Hüftplatten sind für die . Abb. 3.70 Ein- und Ausschlaginstrument mit verstellbaren
intertrochantären und suprakondylären Umstellungsosteotomien Klemmbacken für Erwachsenenwinkelplatten und Hüftplatten für
des Femurs unverzichtbar. Sie haben eine Bogentiefe von 10, 15 Jugendliche und Kinder. (Fa. Synthes)
oder 20 mm und verschiedene Klingenlängen mit U- oder T-Profil. . Abb. 3.71 Nachschlagbolzen für Winkelplatten. (Fa. Synthes)
Dazu werden immer Plattenspanner benötigt. (Fa. Synthes) . Abb. 3.72 Dreieckige Zielplatte mit verschiedenen Winkeln: 40-
. Abb. 3.68 a Plattensitzinstrument; der Winkel der aufgescho- 50-90°, 30-70-80°, 20-60-100°. Mit einer Kocher-Klemme lassen sich
benen Führungsplatte ist stufenlos verstellbar b Vorschlagklinge mit diese Plättchen gut halten. (Fa. Synthes)
U-Profil für Erwachsenenwinkelplatten. (Fa. Synthes) . Abb. 3.73 Zapfenfräser zum Aufweiten des vorgebohrten Klin-
geneinschlags. (Fa. Synthes)
Prinzip
Unidirektional winkelstabile Implantate
. Abb. 3.74 Unidirektionale Winkelstabilität (LISS für das distale Fe-
Gewindetragender Schraubenkopf und komplementäres
mur). (Fa. Synthes) Gewinde im Plattenloch.
Beispiele: LISS (»less invasive stabilisation system«;
. Abb. 3.74) für Ober- und Unterschenkel, Philosplatte für
den proximalen Oberarm, PCfix für den Unterarm, CCP
(»locked compression plate«; Fa. Synthes, AO; . Abb.
3.75), Fußsysteme (Fa. Darco), winkelstabile Platten für
distalen Radius und proximalen Humerus (Fa. Königsee).
Vorteile
4 Günstige Lastübertragung zwischen Knochen und a
Implantat.
4 Deutliche Erhöhung der Verankerungsfestigkeit in
kurzen gelenknahen Fragmenten. Hier findet die her-
kömmliche Platte nur eine geringe Auflagefläche zur
Übertragung der Last durch Druck.
4 Keine Störung der Knochenperfusion durch Anpress-
druck der Platte.
4 Bei mehreren Schrauben Rahmenkonstruktion mit
zusätzlicher Festigkeit.
4 Hieraus ergeben sich insbesondere Vorteile bei der
Verankerung im osteoporotischen Knochen.
4 Durch die Einführung der winkelstabilen Implantate
ergab sich die optimierte Möglichkeit zur Anwen-
dung kurzer Schnitte und der kurzstreckigen Veran-
kerung des Implantates lediglich an den Enden der
Platte (minimal-invasive Technik). Durch die sta-
bilere winkelfeste Verankerung können auch größere
Frakturbereiche überbrückt werden. Minimal-inva- b
sive Zugänge verringern den Weichteilschaden an der
Haut und führen i. d. R. zu schnellerer und sicherer
Heilung der Weichteile. Die Überbrückung bietet zu-
sätzlich den Vorteil, dass eine Perfusionsstörung
durch Freilegen der Fraktur vermieden wird.
kIndikationen
4 Proximaler Humerus: Hier wirken sich die Vorteile
der Winkelstabilität besonders aus, da i. d. R. eine
verminderte Knochenqualität mit kleinen gelenkna-
hen Fragmenten gemeinsam auftritt.
4 Distaler Radius: Winkelstabile Schrauben stützen die
Gelenkfläche besonders gut ab, sodass i. d. R. eine
Übungsstabilität erreicht werden kann. c
4 Distales Femur: Hier ermöglicht das winkelstabile
Implantat insbesondere die Rekonstruktion multi- . Abb. 3.77 Beispiele für multidirektional winkelstabile Implantate.
a Multidirektional winkelstabile Schrauben beim internen Fixateur
fragmentärer Brüche mit gelenknahen Fragmenten.
für den proximalen Humerus (Tifix). b Beispiele für verschiedene
4 Tibiakopf: Die winkelstabile Abstützung der Gelenk- Plattendesigns der internen Fixateure für den distalen Radius (Tifix,
fläche auch bei kurzen Fragmenten ist hier ebenfalls prinzipiell gleiche Platten bei den anderen Systemen). c Platte des
von Vorteil. Kalkaneus-Fixateurs interne (Tifix). (Fa. Litos)
184 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Formen
. Abb. 3.78 Gewindedränger zur Formung des Gewindes im Plat-
Die vielen modernen Marknägel unterscheiden sich vom
tenloch. (Tifix, Fa. Litos)
klassischen Küntscher-Nagel in 2 Prinzipien:
4 Sie lassen sich am oberen und unteren Ende mit Bol-
zenschrauben verriegeln. Retrograder Nagel
4 Man kann zwischen unaufgebohrten und aufge- Die retrograden Nägel werden von distal in den Humerus
bohrten Marknägeln wählen. oder durch das Kniegelenk in den Femurschaft eingeschla-
gen. Am Femur bedeutet das zwar eine Arthrotomie, aber
Aufgebohrter Marknagel kniegelenknahe Brüche des unteren Femurendes lassen
Der Markraum wird aufgebohrt, und der Nagel kann durch sich mit den üblichen Marknägeln weder korrekt reponie-
ein Gerät eingeschlagen und entfernt werden, das durch ren noch dauerhaft halten.
ein Gewinde im aufgeweiteten oberen Nagelende einge- Eine interessante Neuentwicklung sind die langen un-
dreht werden kann. aufgebohrten retrograden Titannägel, deren Spitze im
Der Nagel besteht aus einem längs geschlitzten Hohl- oberen Femurende sagittal verriegelt werden kann. Ob
stahl in Kleeblattform; diese Form gewährleistet eine viel sich diese Nägel als praktische Alternative in der Routine-
größere Steifigkeit als ein einfaches Rohr. Aufgebohrte versorgung von Schaftfrakturen erweisen, bleibt abzu-
Marknägel gibt es in verschiedener Länge und Stärke. warten.
4 Femurnägel sind in ihrem oberen Anteil gerade. Es
gibt rechte und linke, da die proximale Verriegelungs- Verriegelung
schraube schräg eingebracht werden muss. Ein Marknagel kann an einem Ende (dynamisch) oder an
4 Tibianägel sind in ihrem oberen Anteil abgewinkelt. beiden Enden (statisch) verriegelt werden. Dabei werden
Hierdurch wird das Einschlagen erleichtert. Es wird proximal und/oder distal der Fraktur selbstschneidende
nicht in rechts und links unterschieden. Schrauben durch den Knochen eingebracht.
3.5.8 Gammanagel
Unter Dynamisierung versteht man die Umwandlung der 3.5.9 Dynamische Hüftschraube (DHS)
statischen in die dynamische Verriegelung. Wenn einige
Wochen nach einer Marknagelung genügend Kallus zu Die DHS ermöglicht das Gleitlaschenprinzip (. Abb. 3.80).
sehen ist und der Patient das verletzte Bein belasten kann, Der Schraubenschaft gleitet im Plattenzylinder und führt
beschleunigt die Dynamisierung die Knochenbildung. somit zur dynamischen Kompression von pertrochantären
Operationsverfahren 7 Abschn. 3.6.6. Femurfrakturen.
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
187 3
3.83
3.81 3.84
3.80
3.82
3.85
. Abb. 3.80 DHS-Platte und DHS-Schraube. Von den unterschied- . Abb. 3.83 DHS-Dreistufenbohrer mit Wendelmutter und langem
lichen Zylinderlängen, Winkeln und Plattenlängen werden meist Fräser. (Fa. Synthes)
38 mm Zylinderlänge, 130° oder 135°, 4 Löcher gewählt. (Fa. Synthes) . Abb. 3.84 DHS-Gewindeschneider mit kurzer Hülse. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.81 Führungsdraht mit Gewinde. (Fa. Synthes) . Abb. 3.85 DHS-Schlüssel zum Einbringen und Entfernen von
. Abb. 3.82 DHS-Messstab. (Fa. Synthes) DHS-Schrauben mit langer Zentrierhülse. (Fa. Synthes)
3 3.86
3.89
3.90
3.87
3.91
3.88
. Abb. 3.86 DHS-Zielgerät (130–150°). (Fa. Synthes) . Abb. 3.89 Führungsschaft zum Einsetzen der DHS-Schraube, zu-
. Abb. 3.87 DHS; T-Handgriff mit Schnellkupplung für Gewinde- sammen mit Verbindungsschraube. (Fa. Synthes)
schneider und Zielgeräte. (Fa. Synthes) . Abb. 3.90 Mit dem Einschläger kann die DHS über den liegenden
. Abb. 3.88 Verbindungsschraube zum Einsetzen der DHS-Schrau- Führungsdraht eingeklopft werden. (Fa. Synthes)
ben, zusammen mit Führungsschaft. (Fa. Synthes) . Abb. 3.91 Lange Verbindungsschraube zur Entfernung von DHS-
Schrauben, zusammen mit Schlüssel. (Fa. Synthes)
jTotalendoprothese
Die zementierte Totalendoprothese (TEP; . Abb. 3.92) be-
steht aus einem Metallschaft, einem Metall- oder Keramik-
kopf und einer Pfanne (meist Polyethylen).
Bei der Vielzahl der Modelle sind solche zu unterschei-
den, die sich durch ihre Form der Markhöhle anpassen,
und solche, die eine spezielle Oberflächenbeschaffenheit
aufweisen. Zementfreie Pfannen werden eingedreht oder
eingeschlagen (Pressfit) und optional mit Schrauben im
Azetabulum fixiert. In die Pfanne wird ein Polyethylen-
oder Keramikinlay eingesetzt.
Für die Verankerung im Femurschaft ist es wichtig,
einen optimalen Sitz im Trochanterbereich zu erzielen. Die
Schaftprothese wird in Pressfittechnik eingeschlagen. Auf
ihren Konus wird der Keramik- oder Metallkopf aufge-
. Abb. 3.92 Zementierte Totalendoprothese (TEP) des Hüftgelenkes steckt.
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
189 3
Die sog. Hybridprothese ist eine Kombination aus ze-
mentierter und zementloser TEP. Meistens wird die Pfanne
nicht zementiert und der Schaft zementiert eingesetzt.
Operationsverfahren 7 Abschn. 3.6.5.
Prinzip
Das Prinzip des Fixateur externe beruht auf einer äußeren
Stabilisierung durch längsverlaufende Trägerelemente, die
mit Klemmbacken oder Ringsystemen transkutan mit in
den Knochen eingebrachten Schrauben, Nägeln oder
Drähten befestigt sind. Entsprechend handelt es sich um
ein typisches minimal-invasives Verfahren. Vorteile sind
somit insbesondere die geringe Gewebetraumatisierung
und das Vermeiden von Fremdkörpermaterial im unmit-
telbaren Erkrankungs- oder Verletzungsbereich.
Fixateurtypen
Die im Folgenden beschriebenen Fixateur-externe-Typen
. Abb. 3.93 Klammerfixateur. (Fa. Stryker; Zeichnung nach Müller
zeigen . Abb. 3.93 bis . Abb. 3.97.
et al. 1992/1997)
Klammerfixateur
Schanz-Schrauben werden unilateral eingebracht (am Unter- Zeltförmiger Fixateur
schenkel von ventral oder medial) und mit ein oder zwei pa- Eine Kombination aus Rahmenfixateur mit einer zusätzli-
rallel verlaufenden Längsstangen verbunden (. Abb. 3.93). chen Klammer, die über quere Trägerelemente mit dem Rah-
men verbunden ist (seltene Konstruktion; . Abb. 3.95).
Rahmenfixateur
Steinmann-Nägel (mit oder ohne mittelständiges Gewinde) Trianguläre Montage
werden so eingebracht, dass an beiden Seiten der Extremität Typischer sprunggelenkübergreifender Fixateur mit
Längsträger angebracht werden können (. Abb. 3.94). Schanz-Schrauben in der ventralen distalen Tibia sowie
quer verlaufend durch den Kalkaneus. Darüber hinaus
V-förmiger Fixateur werden Schanz-Schrauben in dem Mittelfußknochen ver-
Schanz-Schrauben werden in 2 Ebenen, die einen Winkel ankert. Von ventral ergibt der Aspekt des Fixateurs ein
zwischen 60° und 90° in der Transversalebene bilden, ein- Dreieck.
gebracht und jeweils durch eine Längsstange verbunden.
Beide Systeme werden dann durch quer verlaufende Trä- Ringfixateur
gerelemente miteinander verbunden. Hieraus resultiert Der Ringfixateur (. Abb. 3.96) besteht aus die Extremität
gegenüber dem Klammerfixateur eine erhöhte räumliche umgebenden zirkulären Ringen, welche typischerweise
Stabilität. mit Drähten, aber auch mit Schanz-Schrauben fixiert wer-
190 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Hybridfixateur
Ein Hybridfixateur stellt eine Kombination aus einem
Ringfixateur und einem unilateralen Fixateur dar (. Abb.
3.97). Typischerweise wird das Ringelement zur Veranke-
rung kurzer gelenknaher Fragmente, das unilaterale Sys-
tem zur Verankerung im Schaftbereich verwendet.
Fixateursysteme
Rohr-/Stabfixateure a
Diese werden von der AO/Synthes sowie von Stryker/
Howmedica (Hoffmann-Fixateur) angeboten und beste-
hen aus Stäben bzw. Rohren, die mit Schraubbacken mit-
einander und mit den Knochenschrauben verbunden wer-
den. Durch Verwendung mehrerer Stäbe und Backen sind
vielfältige Konstruktionen möglich (. Abb. 3.98).
Biomechanik c
Externe Fixateure sind durch ihren Abstand vom Knochen
relativ elastische Systeme. Das Ausmaß der Elastizität
hängt ab von:
4 Durchmesser der Längsträger (. Abb. 3.100a),
4 Anzahl der Längsträger (. Abb. 3.100b),
4 Material der Längsträger (. Abb. 3.100c),
4 Durchmesser der Schanz-Schrauben (. Abb. 3.100d),
4 Abstand zwischen den Schanz-Schrauben (. Abb.
3.100e),
4 Anzahl der Schanz-Schrauben (. Abb. 3.100f),
4 Entfernung der Schanz-Schrauben vom Frakturbe-
reich (. Abb. 3.100g),
4 Abstand Knochen – Fixateur (. Abb. 3.100h).
Material
Fixateure bestanden in der Vergangenheit i. d. R. aus Stahl.
Zunehmend finden für den Längsträger auch Aluminium
und insbesondere kohlefaserverstärkter Kunststoff Ver-
f wendung. Die Backen neuerer Systeme sind, um ein MRT
zu ermöglichen, aus Titan.
. Abb. 3.98 (Fortsetzung). e Ellbogenüberbrückung, f Becken.
(Fa. Synthes) kIndikationen
4 Polytrauma: Rasche und sichere Stabilisierung von Ex-
tremitäten- und Beckenfrakturen bei Patienten im kri-
tischen Gesamtzustand. Verringerung des Blutverlus-
tes, Verringerung des Ausscheidens von Endotoxinen.
4 Offene Frakturen: Offene Frakturen gelten als poten-
ziell kontaminiert. Verringerung postoperativer In-
fektionen im Vergleich zu internen Implantaten.
4 Problematische Weichteilverhältnisse: Aufgrund der
minimalen zusätzlichen Weichteilschädigung optima-
les Verfahren bei Frakturen mit problematischen
Weichteilverhältnissen. Unter äußerer Stabilisierung
kann ein schneller Rückgang der Schwellungszustän-
de beobachtet werden. In der Regel kann nach Erho-
lung der Weichteilverhältnisse sekundär auf eine in-
terne Osteosynthese umgestiegen werden.
. Abb. 3.99 Monolateraler Fixateur, Monotube. (Fa. Stryker)
4 Osteomyelitis: Im Rahmen der Behandlung von bakte-
riellen Infektionen des Knochens ist eine vollständige
Entfernung des gesamten Fremdkörpermaterials aus
dem infizierten Bereich erforderlich. Die Stabilisie-
3.5 · Instrumente, Implantate und ihre Anwendung
193 3
rung erfolgt deshalb durch externe Fixateure, welche
außerhalb des infizierten Bereiches verankert sind.
4 Arthrodese: Arthrodesen werden sowohl mit internen
Implantaten als auch mit Fixateuren durchgeführt. a
Vorteile des Fixateur externe bestehen darin, eine
sehr hohe Stabilität erreichen sowie eine von außen b
dosierbare Kompression applizieren zu können. 3.101
4 Fehlstellungskorrekturen: Diese können mit einem Fi-
xateur sukzessive, d. h. in kleinen Schritten, die über
einen Zeitraum von einigen Tagen bis zu mehreren
Monaten verteilt werden, durchgeführt werden. 3.102
4 Extremitätenverlängerung: Durch sukzessive Kallus-
distraktion mit typischerweise 1 mm pro Tag lässt
sich die Neubildung von Knochen induzieren (Dis-
traktionsosteogenese nach Ilisarow). 3.103
4 Knochendefektrekonstruktion: In gleicher Weise wie
bei der Extremitätenverlängerung lässt sich durch
Verschiebung eines Segmentes, die durch äußeren
Zug erfolgt, eine Knochenrekonstruktion bei lang- 3.104
streckigen Knochendefekten erreichen.
4 Stabilisierung bei Gelenkluxationen: Durch temporäre
Stabilisierung mit dem Fixateur externe wird eine Re-
luxation vermieden. 3.105
4 Gelenkmobilisation: Fixateure mit entsprechenden
Gelenkmechanismen ermöglichen auch eine Be- . Abb. 3.101 a Stahlrohr und b Kohlefaserstab 11 mm, 100–650 mm.
übung von Gelenken. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.102 Selbstbohrende Schanzschraube (Seldrill) 5 und
4 Repositionshilfen: Durch die temporäre Verwendung
6 mm. (Fa. Synthes)
von Elementen externer Fixateure erfolgt die Manipu- . Abb. 3.103 Schanz-Schraube 5 mm mit leicht abgerundeter Drei-
lation von Frakturfragmenten im Rahmen interner kantspitze, vorzubohren mit 3,5 mm. (Fa. Synthes)
Osteosynthesen. . Abb. 3.104 Steinmann-Nagel mit Dreikantspitze (3,5–5,0 mm
Durchmesser, 125–275 mm Länge). (Fa. Synthes)
. Abb. 3.105 Steinmann-Nagel mit mittlerem Gewinde. (Fa. Synthes)
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium,
4 allgemeines Knocheninstrumentarium (7 Abschn. 3.5.1), 4 Backen zur Verbindung Rohr–Rohr,
4 Bohrmaschine, 4 Steinmann-Nägel bei Rahmenmontage sowie zur
4 Standardschrauben und -instrumente (7 Abschn. 3.5.4). Querverbindung von Rohren.
3
3.106
3.107
3.113
3.110
3.114
3.111
3.112
3.115
. Abb. 3.110 Dreifachtrokar für Stab- oder Rohrfixateur (AO). . Abb. 3.113 Steckschlüssel 11 mm für Stab- oder Rohrfixateur
(Fa. Synthes) (AO). (Fa. Synthes)
. Abb. 3.111 Offener Druckspanner für Stab- oder Rohrfixateur . Abb. 3.114 Ringgabelschlüssel 11 mm für Stab- oder Rohrfixa-
(AO). (Fa. Synthes) teur (AO). (Fa. Synthes)
. Abb. 3.112 Spiralbohrer 3,5, zweilippig, für Schnellkupplung, . Abb. 3.115 Universalbohrfutter mit T-Handgriff und Arretierung
Stab- oder Rohrfixateur (AO). (Fa. Synthes) des Stab- oder Rohrfixateurs (AO); zum Eindrehen von Steinmann-
Nägeln und Schanz-Schrauben. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.116 Vorgehen bei der Montage eines unilateralen Klammerfixateurs (Standardmontage). (Fa. Synthes)
a b c d e
. Abb. 3.117 Vorgehen bei der sog. modularen Montage, die die Reposition vereinfacht. (Fa. Synthes)
Weiterentwicklungen von
Fixateur-externe-Systemen
4 Material, z. B. Keramik oder Silberbeschichtung der
Pins.
4 Bewegungsfixateur (. Abb. 3.119): Hier wird in der
Position einer Gelenkachse ein Scharniergelenk in
den Fixateur integriert, sodass trotz Stabilisierung der
Frakturen eine Gelenkversteifung vermieden werden
kann.
4 Navigierter Fixateur: Kombination eines Fixateurs mit
b Navigationssystem.
4 Hexapod-Fixateur/intelligenter Fixateur (. Abb.
. Abb. 3.119 Spezielle Weiterentwicklung: Bewegungsfixateur zur
Mobilisation von Gelenken
3.120): Der Hexapod bietet die Möglichkeit von suk-
zessiven dreidimensionalen Korrekturen oder Frak-
turrepositionen durch Einstellung an 6 Einstellele-
Pinlockerung Die Lockerungen sind nicht selten Folge von menten. Einstellungen müssen mit einer Computer-
Hitzenekrosen beim Einbringen! Gelockerte Pins müssen software berechnet werden. Neuere Weiterentwick-
entfernt werden, ggf. durch neue Pins in anderer Lokalisa- lungen des Hexapod-Fixateurs betreffen die
tion ersetzt werden (. Abb. 3.118b). Integration von Motoren und Sensoren.
. Abb. 3.124 Reco-Fixateur. (Fa. Depuy Spine) . Abb. 3.125 Reposition WS-Fraktur
Bei schlechter Knochenqualität aufgrund von Osteo- Bei osteoporotischen Frakturen haben sich als
porose, Tumor oder Entzündung sind der Stabilisierung weitere Verfahren die Vertebro- und die Kyphoplas-
Grenzen gesetzt. Einigermaßen belastungsfähige Stabili- tie durchgesetzt. Hier wird perkutan durch über die
sierungen lassen sich durch Einzementieren der Schrau- Pedikel eingeführte Kanülen mit (= Kyphoplastie)
ben erreichen (durch Perforationen in den Schrauben wird oder ohne Aufdehnung (= Vertebroplastie) des Wirbel-
Knochenzement in den WK gespritzt (. Abb. 3.127) und/ körpers Zement direkt in den Wirbelkörper einge-
oder durch eine Verlängerung der dorsalen Instrumentie- spritzt. Die Stabilisierung erfolgt somit von innen
rung (2 Wirbelkörper ober- und unterhalb). (7 Kap. 10).
202 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
kIndikationen 4 Spongiosa-/Spanentnahmeinstrumentarium,
4 Auftreten neurologischer Ausfälle nach einem freien 4 Bolzenschneider,
Intervall, 4 Wirbelsäulenwundspreizer, z. B. nach Caspar (. Abb.
4 Progredienz von Lähmungserscheinungen, 3.128).
4 Hochgradige Instabilität,
4 offene Verletzungen,
3 4 inkomplettes Querschnittsyndrom, Fixateur interne
4 Nervenwurzelläsion, 7 Vor der Desinfektion und der Abdeckung muss
4 Kompressionsfaktur mit einem Gibbuswinkel >15–20°, mit dem Bildwandler die betroffene Höhe mar-
4 zur besseren Pflege und Rehabilitation. kiert werden, alternativ der Bildwandler für die
seitliche Projektion in Position gebracht werden.
kPrinzip 7 Hautschnitt mit dem elektrischen oder Stahlmesser
4 Bei Frakturen werden die intakten Nachbarwirbel mit längs über den entsprechenden Dornfortsätzen.
Schrauben besetzt. Darstellung der Intervertebralgelenke durch Ab-
4 Bei Wirbelkörperdefekten werden diese mit einem schieben der Muskulatur mit dem Raspatorium/
Knochenspan, Spongiosa (entnommen aus dem Be- breiten Meißel, alternativ perkutanes Vorgehen
ckenkamm) oder metallischen/carbonhaltigen Ersatz (Haut- und Faszienschnitt etwas lateral der Pedikel).
aufgefüllt. 7 Unter Bildwandlerkontrolle werden die Pedikel
4 Der Standardzugang ist der dorsale, allerdings ist auch mit speziellen Instrumenten eröffnet:
der dorsolaterale oder ventrale Zugang (HWS) möglich. In den verschiedenen Fixateursystemen sind sie
4 Seitliche Bildwandlerkontrolle während der Operation. etwas unterschiedlich gestaltet. Der Kanal wird
entsprechend dem Pedikelverlauf, also schräg zur
kLagerung Mitte, stumpf erweitert und ausgetastet. Dann
4 Normalerweise Bauchlage auf einem geraden Durch- werden die Schrauben gesetzt. Sie dürfen nicht zu
leuchtungstisch (Cave: OP-Säule und zu operierende lang sein, um nicht die Vorderwand des Wirbel-
Höhe). körpers zu durchdringen, weil dabei die Aorta ver-
4 Eine Unterpolsterung im Thorax- und Beckenbereich letzt werden kann.
unterstützt die LWS-Lordose. Cave: Polster sollten 7 Bei der Versorgung von Frakturen sollte bereits
unter dem Apex des Thorax zu liegen kommen, da die Lagerung zu einer gewissen Reposition ge-
ansonsten Beatmungsprobleme auftreten können; au- führt haben. Die Feineinstellung der Reposition
ßerdem Polster in Höhe der Beckenkämme, da die lässt sich mit Lordosierungszangen/-mechanis-
Gefahr des Nervenschadens (N. femoralis) oder der men des Fixateurs oder Verlängerungshebeln auf
Gefäßabklemmung besteht. den Pedikelschrauben bewerkstelligen.
4 Bei HWS-Eingriffen ist eine spezielle Kopfstütze oder 7 Direktes Einbringen der Stangen in die Backen;
eine Dreipunkthalterung nach Mayfield (7 Kap. 10) beim perkutanen Vorgehen werden die Stangen
hilfreich. u. U. mit speziellen Führungsinstrumenten durch
4 Gute Polsterung von Brust, Becken und Unterschen- die Muskulatur geschoben und in die Backen ein-
kel (z. B. Gelkissen, luftgefüllte Rolle Unterschenkel) gebracht.
sowie der Arme auf Auslegern, u. a. unter Beachtung 7 Beide Längsstangen können über Querstangen
der Schultergelenke, N. ulnaris. und Backen miteinander verbunden werden.
4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift. 7 Wird eine Fusion angestrebt bzw. ist ein Defekt
4 Bildwandler und Strahlenschutz (7 Abschn. 3.4.2). aufzufüllen, kann über einen dorsolateralen Zu-
gang, angefangen von der Größe eines Fensters
kAbdeckung (ca. 1 × 1 cm) bis zur kompletten Resektion des
Eine standardisierte Abdeckung ist wichtig. Zu beachten Facettengelenkes und Querfortsatzes, ein Spongi-
ist, dass der Bildwandler intraoperativ mehrfach neu posi- osaspan oder Cage ventral positioniert werden.
tioniert werden muss. 7 Zählen der Instrumente sowie OP-Textilien und
Dokumentation der Vollzähligkeit.
kInstrumentarium 7 Im Bedarfsfall Einlage von Redon-Drainagen.
4 Spezialinstrumente und Implantate (s. unten), 7 Schichtweiser Wundverschluss.
4 Grundinstrumentarium, 7 Postoperativ Gangschulung in aktiver Lordose un-
4 evtl. neurochirurgisches Instrumentarium (Laminek- ter Vollbelastung möglich.
tomie; 7 Abschn. 10.2.3),
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
203 3
3.6.2 Becken
Frakturen
Die Einteilung von Beckenfrakturen ist schwierig und um-
stritten. Entscheidend ist die Frage, ob das Azetabulum, die
Pfanne des Hüftgelenks, beteiligt ist. Wenn der Pfannen-
boden nach innen gedrückt ist, muss er durch einen auf-
wändigen ileoinguinalen Zugang (in Rückenlage) repo-
niert und fixiert werden. Dafür eignen sich spezielle Re-
konstruktionsplatten (Fa. Synthes) und perlschnurartige
Titanbänder (Fa. DePuy). Den Mitarbeitern im Funktions-
dienst werden dabei besondere Kenntnisse abverlangt,
denn es wird nicht nur allgemeines und spezielles Kno- a
cheninstrumentarium, sondern auch Instrumentarium
aus der Bauch- und Gefäßchirurgie benötigt.
Hintere Pfeilerfrakturen lassen sich in Seitenlage meist
gut reponieren und mit einer zurechtgebogenen Platte fi-
xieren.
Symphysensprengungen
Weite Sprengungen und solche mit Frakturen anderer
Beckenteile sollten offen reponiert und fixiert werden. Es
werden große, für die Harnblase schräge Bauchhaken,
Hohmann-Hebel und Roux-Haken für die Rektusmuskeln
eingesetzt. Spongiosaschrauben halten im Schambein bes-
ser als Kortikalisschrauben. Man kann zwei Spongiosa-
schrauben mit Unterlegscheiben an den Symphysenrän- b
dern einbringen und mit einer dicken (doppelt gelegten)
Cerclage zusammenziehen. Platten brauchen mehr Platz . Abb. 3.128a, b Casparspreitzer (b in situ)
5 Hohmann-Hebel,
5 Hammer,
5 Stößel für die spätere Spongiosaimplantation
(. Abb. 3.129),
4 oszillierende Säge für Blöcke und Keile.
a
3 kLagerung
4 Die Entnahme am vorderen Beckenkamm erfolgt in
Rückenlage auf einem geraden OP-Tisch mit Unter-
b polsterung des Beckens.
4 Die Entnahme vom hinteren Beckenkamm erfolgt in
Bauchlage.
4 Gute Abpolsterung im Brust-, Becken- und Unter-
c schenkelbereich sowie der Arme, die auf Auslegern fi-
xiert werden.
. Abb. 3.129 Spongiosastößel. a Griff mit Schnellverschluss. 4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift.
b Spongiosastößel, 6 mm, gebogen. c Spongiosastößel, 8 mm, rund.
(Fa. Synthes) kAbdeckung
4 Gemäß Abteilungsstandard.
4 Beckenkamm möglichst weit nach hinten – lateral –
freilassen, weil vorn der N. cutaneus femoris lateralis
zum Oberschenkel zieht.
Klavikulafrakturen kInstrumentarium
Die meisten Klavikulafrakturen heilen nach konservativer 4 Grundinstrumentarium,
Behandlung mit einem Rucksackverband aus. Allerdings 4 allgemeines Knocheninstrumentarium (7 Abschn.
resultieren oft eine Hautprominenz über der geheilten 3.5.1),
Fraktur und eine seitendifferente (verschmälerte) Schul- 4 Zweispitzenrepositionszange (. Abb. 3.20) oder Ku-
terkulisse. Deshalb neigen manche Chirurgen zur pri- gelspieß,
mären Reposition und Osteosynthese mit Platten oder 4 Drahtinstrumentarium.
einem Prévôt-Nagel.
Bei Pseudarthrosen und verkürzten und schmerzhaften kLagerung
Fehlstellungen sind die offene Reposition und Osteosyn- 4 Rückenlage auf einem Durchleuchtungstisch oder
these nötig. Dafür eignen sich (winkelstabile) Rekonstruk- halbsitzende Lagerung (Beach-chair-Position: das
tionsplatten und vorgeformte Titanplatten (Mayo). Beinteil ist abgeklappt, der Tisch nach hinten gekippt
und der Oberkörper angehoben; 7 Kap. 9).
Skapulafrakturen 4 Leichte Erhöhung der betroffenen Schulter.
Auch die Skapulafrakturen heilen in aller Regel folgenlos 4 Leichte Reklination und Seitdrehung des Kopfes.
aus. Die eher seltenen Trümmerfrakturen der Gelenkpfan- 4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift.
ne vom Schulterblatt müssen zur Wiederherstellung der 4 Bildwandler und Strahlenschutz (7 Abschn. 3.4.2).
Gelenkfläche (Fossa glenoidalis) operativ rekonstruiert
werden. kAbdeckung
4 Nach Abteilungsstandard.
Sprengung des Akromioklavikulargelenkes 4 Die Schulter weit nach hinten freilassen und den be-
Diese Verletzungen bedeuten eine Schädigung des Kapsel- troffenen Arm steril wickeln.
Band-Apparates am lateralen Ende der Klavikula, am
Akromion und am Processus coracoideus. Je nach ihrem
Schweregrad und dem Ausmaß der Instabilität werden Zuggurtung bei Sprengung
diese Verletzungen meist nach Tossy (Grad 1–3) eingeteilt. des Akromioklavikulargelenkes
Nicht jedes »Klaviertastenphänomen« muss operiert wer- 7 Hautschnitt: S-förmig über Akromion und Klaviku-
den. Wenn das laterale Klavikulaende um mindestens la. Freipräparieren bis zum Gelenk und Darstellung
Schaftbreite oberhalb des Akromions steht, ist die opera- der Stümpfe des Lig. coracoclaviculare. Vorlegen
tive Stabilisierung sinnvoll durch: von U-Nähten (Material z. B. Polydioxanon, monofil,
4 temporäre Arthrodese mit Zuggurtung (7 Abschn. resorbierbar), die noch nicht geknotet werden.
3.5.3), 7 Eingeschlagene Kapselreste werden aus dem Ge-
4 Hakenplatte (Wolter, Balser), lenkspalt entfernt.
4 Naht der Bänder und PDS-Kordel-Verstärkung, 7 Mit dem 2-mm-Bohrer wird ein queres Loch durch
4 Verschraubung nach Bosworth (Spongiosaschraube die Klavikula gebohrt; Durchfädeln des Cerclage-
durch die Klavikula in das Korakoid) und Bandnaht. drahtes.
6
206 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
7 Reposition der Klavikula (z. B. mit Kugelspieß). schmaler Hohmann-Hebel wird unter das Akro-
7 Einbohren eines dicken (2 mm) Kirschner-Drahtes mion geführt und am dorsalen Rand verhakt.
vom Akromion in die Klavikula. Darum wird eine In ca. 45° zu diesem Hohmann-Hebel werden mit
Achtertour mit dem Cerclagedraht gelegt. einem geraden Meißel das vordere äußere Eck
7 Mit einem Drahtspanngerät oder einer Zange den und die vordere Kante des Akromions nach dorsal
3 Cerclagedraht anziehen. abgemeißelt (Akromioplastik).
7 Die Cerclageenden und Kirschner-Drähte werden 7 Jetzt wird die Rotatorenmanschette dargestellt,
mit dem Seitenschneider gekürzt und mit der mit einer Haltenaht gefasst und sowohl unter- als
Spitzzange umgebogen. Die Drahtenden werden auch oberhalb der Manschette weit nach dorsal,
dem Knochen angelegt. teils stumpf, teils scharf, mobilisiert. Lässt sich die
7 Nun Knüpfen der zuvor gelegten korakoklaviku- Sehne gut bis zum Tuberculum majus verlagern,
laren U-Nähte. wird oberhalb des Tuberkels eine Knochennut von
7 Naht der Gelenkkapsel, Einlegen einer Redon- ca. 2 cm Länge, 3 mm Breite und 5 mm Tiefe ge-
Drainage, schichtweiser Wundverschluss, Anlegen fräst. In diese Knochennut können Fadenanker
einer Gilchrist-Bandage (. Abb. 3.131). (. Abb. 3.201) implantiert werden. Mit den an
diesen Ankern angehefteten Fäden wird die ange-
frischte Rotatorenmanschette gefasst und in die
Risse der Rotatorenmanschette Knochennut gezogen.
Risse der Rotatorenmanschette betreffen, wie die meisten 7 Nach Einlage einer Redon-Drainage wird die Bursa
Sehnenschäden, degenerativ vorgeschädigtes Gewebe. Bei subacromialis genäht, der Deltoideus am Akro-
Schmerzen und Funktionsverlusten (kraftlose Abduktion mion refixiert und die Hautwunde verschlossen.
und Außenrotation des Armes) sollten sie auch bei älteren
Patienten refixiert werden. Der Nachweis von Rissen der
Rotatorenmanschette gelingt durch die klinische Untersu-
chung, eine Ultraschalluntersuchung oder eine Kernspin- Bei älteren Patienten mit noch guter aktiver Beweglichkeit
tomographie. der Schulter genügt oft eine arthroskopische Erweiterung
des subakromialen Raums.
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium, Arthroskopische subakromiale
4 allgemeines Knocheninstrumentarium, Dekompression (ASD)
4 Bohrmaschine mit Fräsen. kInstrumentarium
4 Wenig Grundinstrumentarium (Stichskalpell),
kLagerung 4 arthroskopisches Spezialinstrumentarium,
4 Halbsitzende Position (Beach-chair-Position). 4 Kamerabezug,
4 Anbringen der Neutralelektrode nach Vorschrift. 4 Spül-, Saugsystem,
4 Überprüfung der Geräte auf Funktionstüchtigkeit:
kAbdeckung Kaltlichtquelle, Videoanlage, Spülsystem, Shaver etc.
4 Nach Abteilungsstandard.
4 Den Arm der betroffenen Seite steril wickeln. kLagerung
4 Der Patient befindet sich in Seitenlage oder in der
Beach-chair-Position (Strandstuhlhaltung).
Refixation der Rotorenmanschette 4 Die zu operierende Schulter muss gut freiliegen.
7 Nach Hautdesinfektion und sterilem Abdecken 4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift.
wird ein ca. 6 cm langer Hautschnitt vom Vorder-
rand des vorderen lateralen Akromionecks nach kAbdeckung
distal geführt. 4 Nach Abteilungsstandard.
7 Stumpfes Auseinanderdrängen der Deltoideus- 4 Den Arm der betroffenen Seite steril wickeln.
muskulatur; ca. 1 cm des Deltoideusansatzes
am vorderen äußeren Akromioneck wird abgelöst.
Längsspaltung der Bursa subacromialis. Ein
6
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
207 3
ASD-Operation
7 Nach Desinfektion und sterilem Abdecken erfolgt
ca. fingerbreit unterhalb und medial des hinteren
äußeren Akromionecks die Hautinzision, über die
das Arthroskop zunächst in das Schultergelenk
und nach dessen Inspektion in den Subakromial-
raum vorgeschoben wird.
7 Etwa 3–4 cm ventral des vorderen äußeren Akro-
mionecks wird eine zweite Hautinzision gesetzt,
über die mit dem Tasthaken das vordere äußere
Akromioneck lokalisiert wird. Über diesen Zugang
wird ein rotierendes Messer nach ausgiebiger . Abb. 3.131 Gilchrist-Verband. (Aus Siewert 2006)
Kauterisation (Synovialisresektor) in das Gelenk
eingeführt, mit dem die Unterfläche des Akromi-
ons von Bindegewebe gereinigt wird. 3.6.4 Ober- und Unterarm
7 Nach Darstellung des Knochens wird der Synovia-
lisresektor gegen einen »acromionizer« (rotierende Frakturen des oberen Humerusendes
Walzenfräse) ausgetauscht, mit dem die vordere Die Kopf- und Halsbrüche des oberen Humerusendes ge-
äußere Unterseite des Akromions abgeschrägt hören zu den häufigsten Verletzungen, insbesondere bei
wird. alten Menschen. Bei Trümmerbrüchen und osteoporo-
7 Nachdem über den Arthroskopieschaft eine Drai- tischen Knochen ist eine anatomiegerechte Rekonstrukti-
nage in den Subakromialraum eingeführt worden on des Kopfes oft nicht möglich. Das Behandlungsspekt-
ist, können die Stichinzisionen vernäht werden. rum reicht von der einfachen Ruhigstellung bis zum endo-
prothetischen Ersatz.
Leicht abgeknickte subkapitale Humerusfrakturen bei
Schulterluxationen Kindern und manche nicht dislozierte Frakturen bei äl-
Nach ihrer Entstehung können sie in 5 Formen eingeteilt teren Patienten lassen sich konservativ behandeln, z. B. mit
werden: einer Gilchrist-Bandage (. Abb. 3.131).
4 habituelle Luxationen aufgrund konstitutioneller Fak- Lässt sich der abgerutschte und reponierte Humerus-
toren, kopf nicht halten, bieten sich Kirschner-Drähte und perku-
4 verletzungsbedingte Luxationen, tane Schrauben an.
4 rezidivierte Luxation nach einer verletzungsbedingten Bei Trümmerbrüchen des Kopfes kommen die fol-
Luxation, genden 4 Verfahren in Frage:
4 willkürliche, d. h. vom Patienten beliebig oft hervor- 4 Operative Freilegung der Fraktur mit Entfernung der
zurufende Luxation, kleineren Fragmente; Abdeckung des Schaftes mit
4 angeborene (teratologische) Formen, äußerst selten. dem größten knorpelüberdeckten Kopfteil, der mit
Kirschner-Drähten und einer Drahtcerclage oder
Nach der Richtung der Schulterluxation unterscheidet PDS-Kordel fixiert wird.
man sog. unidirektionale von multidirektionalen Instabili- 4 Osteosynthese mit winkelstabilen Abstützplatten.
täten. Operiert werden können lediglich unidirektionale 4 Implantation einer (zementierten) Humeruskopfen-
Instabilitäten, während multidirektionale Instabilitäten doprothese.
eine Domäne der krankengymnastischen Behandlung 4 Perkutane Kirschner-Drähte oder kanülierte Schrauben.
sind. In Ausnahmen kann bei diesen Patienten ein sog.
Kapsel-Shrinking erwogen werden. Durch Kauterisation Schaftfrakturen
wird hierbei die Gelenkkapsel narbig geschrumpft. Viele extraartikuläre Schaftfrakturen des Humerus können
Operationen bei Schulterluxationen können offen oder konservativ behandelt werden, z. B. mit einem sog. Sar-
arthroskopisch durchgeführt werden. Prinzipiell erfolgt miento-Brace (7 Abschn. 3.3.1) oder mit einem Hängegips.
die Refixation des ausgerissenen Labrum glenoidale mit Bei ausbleibender Kallusbildung oder neurovaskulären
Fadenankern (Mitek u. a.) unter Raffung der meist ausge- Komplikationen sollten diese Humerusschaftbrüche ope-
walzten vorderen Gelenkkapsel. Es gibt auch verschiedene rativ stabilisiert werden.
plastische Verfahren zur Raffung der vorderen Kapsel (z. B. Wegen der Gefährdung des N. radialis eignen sich da-
Kapsel-T-Shift nach Neer). für Platten weniger als Marknägel, die von proximal oder
208 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Ellbogenluxation
Die Luxation des Ellbogens ist nicht selten. Operative »Re-
konstruktionen« sind schwierig und im Ergebnis meist
enttäuschend. Deshalb beschränken sich viele behandeln-
de Ärzte auf einen (zirkulären) Oberarmgips in 90°-Beu-
gung bei supiniertem Unterarm. Stabiler und zuverlässiger
3 ist ein Fixateur externe mit 2 × 2 dorsalen Gewindepins im
Humerus und in der Ulna. Nach 3–4 Wochen kann mit der
Übungsbehandlung begonnen werden.
Olekranonfraktur
Olekranonfrakturen der Ulna sind häufig und müssen als
Gelenkbrüche immer operiert werden. In den meisten Fäl-
len reicht eine Zuggurtungsosteosynthese ( 7 Abschn.
3.5.3). Wenn der Proc. coronoideus (das vordere Gegenla-
. Abb. 3.132 Bauchlagerung zur Versorgung einer Olekranonfrak-
ger der Kondylenrolle) in einem großen Stück frakturiert
tur. (Aus Krettek u. Aschemann 2005)
ist, lässt er sich mit einer Schraube am Ulnaschaft fixieren.
Bei instabilen Luxations- und Trümmerfrakturen vom
distal eingebracht werden können. Sie müssen proximal proximalen Unterarm mit Ellen- und Speichenbeteiligung
und distal verriegelt und drehstabil implantiert werden. sind aufwändige Rekonstruktionsversuche eher von Nach-
Beim antegraden Nagel kann die Einstellung des Bild- teil. Besser ist die rasche Stabilisierung der Ulna mit einer
wandlers in der halbsitzenden Position schwierig sein. Au- winkelstabilen Platte.
ßerdem wird die Rotatorenmanschette kompromittiert.
Der retrograde Nagel hat diese Nachteile nicht: Der Patient kInstrumentarium
wird in Bauchlage operiert, der Oberarm auf einer strah- Siehe Sprengung des Akromioklavikulargelenkes (s. oben).
lendurchlässigen Platte gelagert.
Suprakondyläre Humerusfrakturen dicht oberhalb kLagerung
vom Ellbogen (ohne Gelenkbeteiligung) lassen sich mit 4 Bauchlage: Der Oberarm wird gut gepolstert auf
(winkelstabilen) Platten stabilisieren. In Rückenlage des einem Brett oder einer Stütze gelagert; der Unterarm
Patienten wird der Arm auf dem Handtisch gelagert. Der bleibt frei beweglich (. Abb. 3.132).
Operateur kann sitzen und das untere Humerusende von 4 Wenn üblich, Blutsperre oder Blutleere (7 Abschn. 3.4.3).
medial freilegen. Der N. ulnaris kann mühelos dargestellt 4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift.
und nach hinten weggehalten werden. 4 Bildwandler und Strahlenschutz (7 Abschn. 3.4.2).
Epikondylenbrüche kAbdeckung
Perkondyläre Humerusfrakturen müssen wie alle Gelenk- 4 Nach Abteilungsstandard.
brüche operiert werden. In Bauchlage des Patienten wird 4 Den betroffenen Unterarm steril wickeln.
der Oberarm auf einem Armbrett oder einer strahlen-
durchlässigen Armstütze gelagert (. Abb. 3.132).
4 Zunächst muss der N. ulnaris freigelegt und ange- Zuggurtung bei Olekranonfraktur
schlungen werden. 7 Bogenförmiger Hautschnitt zur Radialseite, die
4 Um die geborstene Kondylenrolle darstellen zu kön- Olekranonspitze umfahrend.
nen, wird das Olekranon abgesägt und mit dem aus- 7 Darstellen der Frakturränder, Entfernung von Koa-
gelösten M. triceps hochgeklappt. gula und Gewebeteilen mit scharfem Löffel oder
4 Die Kondylenteile werden zusammengefügt und mit »Zahnarzthäkchen«, Ausspülen des Frakturspaltes.
Kirschner-Drähten und kanülierten Kleinfragment- 7 Reposition mit Einzinker oder Zweipunktzange.
schrauben (Titan!) stabilisiert. 7 Einbohren von 2 parallelen Kirschner-Drähten
4 Mit Rekonstruktionsplatten, besser mit vorgeformten (1,6–1,8 mm), von der Olekranonspitze in die beu-
Mayo-Platten, wird die rekonstruierte Kondylenrolle geseitige Kortikalis der proximalen Ulna.
an beiden Seiten des Humerusschafts fixiert. 7 Mit dem 2-mm-Spiralbohrer wird ein Bohrloch (ca.
3 cm distal der Fraktur) quer durch die Ulna ange-
Das Olekranon wird mit einer Zuggurtung (7 Abschn. 6
3.5.3) refixiert und übungsstabil gemacht.
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
209 3
3
Einbringen der DHS
7 Vor der Hautdesinfektion und dem Abdecken er-
folgt das unsterile Repositionsmanöver unter
Durchleuchtung auf dem Extensionstisch.
7 Mit dem Messerrücken und dem Bildwandler wird
die Hautschnitthöhe ermittelt.
. Abb. 3.134 Lagerung für DHS. Das gesunde Bein wird auf einer
7 Präparation bis zum Knochen und Einsetzen von
Göpel-Stütze hoch gelagert. (Fa. Stryker)
Hohmann-Hebeln.
7 Mit dem DHS-Zielgerät (130–135–150°) wird der
oder sogar die konservative Behandlung ausreichen. Da Führungsdraht mit Gewinde (Ø 2,5 mm) bis unter
aber von den Femurhalsfrakturen meist ältere und in redu- den Knorpel des Femurkopfes gebohrt. Idealer-
ziertem Allgemeinzustand befindliche Patienten betroffen weise liegt er im a.-p.-Bild nahe dem Adambogen,
sind, der Femurkopf abgerutscht ist, eine Kopfnekrose im Axialbild mittig im Femurhals (. Abb. 3.135).
droht und die Patienten so rasch wie möglich mobilisiert Er muss bis zum Eindrehen der DHS-Schraube be-
werden müssen, sind oft Endoprothesen (7 Abschn. 3.5.10) lassen werden.
nötig. Dazu eignen sich besonders die sog. Duokopf- oder 7 Aufstecken des Messstabes (. Abb. 3.82) auf den
bipolare Schalenendoprothesen, die eine Erhaltung der na- Gewindedraht. Die angegebene Länge ist die Stre-
türlichen Hüftpfanne ermöglichen: Der Prothesenkopf aus cke, die der Draht im Knochen liegt (. Abb. 3.136).
Keramik oder Metall steckt im Kunststoffinlay einer frei 7 Zusammensetzen und Einstellen des Dreistufen-
beweglichen Pfannenschale aus Metall, deren Größe der bohrers. Von der ermittelten Länge müssen
natürlichen Hüftpfanne entspricht. 10 mm abgezogen werden, da der Dreistufenboh-
rer nur bis 10 mm an das Gelenk herangebohrt
Laterale und pertrochantäre Frakturen wird.
Bei lateralen und pertrochantären Frakturen muss eine 7 Beispiel: Werden auf dem Messstab 105 mm abge-
möglichst belastungsstabile Osteosynthese erreicht wer- lesen, muss der Stufenbohrer auf 95 mm einge-
den. Dafür sind Platten mit Gleitlochschrauben (DHS; stellt werden (. Abb. 3.137). Der Dreistufenboh-
7 Abschn. 3.5.9) oder spezielle Nagelsysteme (PFN, rer bereitet das Lager für die Schraube und den
Gammanagel; 7 Abschn. 3.5.8) am besten geeignet. Plattenzylinder. Oft wird beim Zurückführen des
Dreistufenbohrers der Zieldraht mit herausgezo-
Dynamische Hüftschraube (DHS) gen. Mit Hilfe der kurzen Zentrierhülse und einer
kLagerung umgekehrt eingesetzten DHS-Schraube kann der
4 Rückenlagerung auf einem Extensionstisch (. Abb. Draht dann wieder korrekt platziert werden.
3.134). 7 Bei fester Knochenstruktur kann das Gewinde vor-
4 Die Füße müssen vor der Fixation gut abgepolstert geschnitten werden. Dafür werden benötigt: T-
werden. Handgriff, Gewindeschneider, kurze Zentrierhülse.
4 Der Arm der zu operierenden Seite wird am Narkose- 7 Eindrehen der Schraube mit Führungsschaft, Ver-
bügel abgepolstert aufgehängt. bindungsschraube, DHS-Schraube, DHS-Schrau-
4 Unsterile Reposition unter Bildwandlerkontrolle. benschlüssel, lange Zentrierhülse.
4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift. 7 Auf dem Schraubenschlüssel befindet sich eine
4 Bildwandler und Strahlenschutz (7 Abschn. 3.4.2). Skala (0–15). Erreicht beim Eindrehen die 0-Marke
die laterale Kortikalis, liegt die Schraube korrekt
kAbdeckung 10 mm vom Gelenk entfernt (. Abb. 3.138). Bei
4 Nach Abteilungsstandard. osteoporotischen Knochen kann die Schraube et-
4 Die sterile Abdeckung eines auf dem Extensionstisch was weiter eingedreht werden.
gelagerten Patienten und des Röntgengerätes ist im- 6
mer problematisch, da beim intraoperativen Durch-
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
211 3
7 Wichtig ist, dass der Griff des Schlüssels am Ende Platte. Er besteht aus einem Schraubenschlüssel,
des Eindrehens parallel zum Femurschaft steht. einer langen Verbindungsschraube, einer offenen
Nur so lässt sich die Platte später in korrekter Stel- Zentrierhülse und einem entsprechenden Ein-
lung über den Schraubenschaft schieben. schlagbolzen.
7 Aufschieben der entsprechenden DHS-Platte. 7 Einbringen der Kortalisschrauben mit dem 3,2-
7 Entfernung des Führungsschaftes und des Füh- mm-Bohrer, dem 4,5-mm-Gewindeschneider, der
rungsdrahtes. Leichtes Einschlagen des Platten- zentrischen DCP-Bohrbüchse usw.
zylinders mit dem Einschlagbolzen und dem 7 Eventuell wird nun die Kompressionsschraube mit
Hammer. dem großen Sechskantschraubendreher in die
7 Ein neu entwickelter DHS-Schlüssel ermöglicht DHS-Schraube eingedreht (. Abb. 3.139).
das gleichzeitige Einbringen von Schraube und 7 Zuvor muss die Extension nachgelassen werden.
6 7 Schichtweiser Wundverschluss, Verband.
3.135 3.136
3.137
3.138
3.139
. Abb. 3.135 Implantation der dynamischen Hüftschraube: Zielge- . Abb. 3.138 Eindrehen der DHS-Schraube. (Aus Müller et al.
rät mit Führungsdraht. (Aus Müller et al. 1992/1997) 1992/1997)
. Abb. 3.136 DHS-Implantation: Schraubenlängenbestimmung. . Abb. 3.139 DHS mit Kompressionsschraube. (Aus Müller et al.
(Aus Müller et al. 1992/1997) 1992/1997)
. Abb. 3.137 DHS-Implantation: Dreistufenbohrer. (Aus Müller et
al. 1992/1997)
212 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
3.140 3.141
3.142 3.143
. Abb. 3.140 Aufbohren der Kortikalis und Einschlagen der Vor- . Abb. 3.142 Ausschlagen der Vorschlagklinge und Einschlagen
schlagklinge in einem Winkel von 70° zur Schaftachse des Femurs der 130°-Winkelplatte
. Abb. 3.141 Klingenparallele Osteotomie 15–20 mm unter der liegen- . Abb. 3.143 Valgisierende Schließung der Osteotomie und Fest-
den Vorschlagklinge und Resektion eines lateralbasigen Keils von 20° setzen der Platte mit 4 Kortikalisschrauben
sollte das frei bewegliche Kopf-Hals-Stück mit einer 7 Besetzung von 2 der 4 Schraubenlöcher mit 2 neut-
Zweitpunktrepositionszange gehalten werden. ral gebohrten Kortikalisschrauben. Verwendung
7 Die 130°-Platte mit 60 mm Klingenlänge wird un- der DCP-Bohrbüchse grün, dem 3,2-mm-Bohrer
terhalb des Plattenwinkels in das Einschlaggerät und dem 3,5-mm-Gewindeschneider. Abnahme
eingespannt, sodass es in gerader Verlängerung des Plattenspanners. Einbringen einer exzent-
der Winkelplattenklinge steht, die behutsam ein- rischen (DCP-Bohrbüchse gelb; . Abb. 3.39) und
schließlich einer 3. neutralen Kortikalisschraube.
gesetzt wird (. Abb. 3.142).
Das Nachspannen der Schrauben von distal nach
7 Der Femurschaft wird an die Osteotomie und die
proximal bedeutet eine dritte Kompressionskom-
Platte gebracht und mit einer großen Repositions-
ponente auf die schräge Osteotomie.
zange (Ulrich) provisorisch gehalten. Der Platten- 7 Textilien und Instrumente zählen und Dokumen-
spanner (s. . Abb. 3.51 und . Abb. 3.60b) wird tation des Zählstandes.
montiert und mit dem Kardanschlüssel maximal 7 Refixation des M. vastus lateralis am Tuberculum
gespannt. Dabei sollte die Osteotomie »wasser- innominatum. Tiefe Redon-Drainage, Faszien-,
dicht« schließen (. Abb. 3.143). Subkutan- und Hautnaht. Steriler Verband, post-
6 operative Röntgenkontrolle.
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
215 3
3.149
3.150
3.151
3.144 3.145
3.152
. Abb. 3.144 Flachmeißel gebogen; sog. Pfannenrandmeißel für . Abb. 3.150 Raffelfräser für Pfannenlager im Azetabulum.
die Hüftendoprothetik. (Fa. Aesculap AG) (Fa. Plus-Orthopedics)
. Abb. 3.145 Fasszange. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 3.151 Setzinstrument mit Kragen für PE-Pfannen. (Fa. Plus-
. Abb. 3.146 Femurkopfauszieher (T-Extraktor). (Fa. Aesculap AG) Orthopedics)
. Abb. 3.147 Hohlmeißel, u. a. zur Eröffnung der Femurmarkhöhle. . Abb. 3.152 Geschwungener spitzer Hebel nach Hohmann-Al-
(Fa. Aesculap AG) dinger, sog. Schwanenhals. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 3.148 Femurkopf-Luxationshebel. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 3.153 Reponierstößel. (Fa. Stryker Howmedica)
. Abb. 3.149 Zwischenstück zu Raffelfräser (TEP). (Fa. Plus-Ortho-
pedics)
216 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
kSpezialinstrumentarium
4 Die Instrumente sind in ihren Einzelheiten so vielfäl-
tig wie die Implantate. . Abb. 3.144 bis . Abb. 3.156
3 zeigen einige Beispiele.
4 Jeder Hersteller bietet sein eigenes Prothesenmodell
mit dem entsprechenden Instrumentarium an. Daher
wird der folgende OP-Verlauf nur allgemein und mit
Instrumentenbeispielen beschrieben.
Hüft-TEP kAbdeckung
kAllgemeines Instrumentarium 4 Gemäß Abteilungsstandard.
4 Grundinstrumentarium, 4 Das betroffene Bein wird steril gewickelt.
4 allgemeines Knocheninstrumentarium,
4 große Bohrmaschine mit oszillierender Säge,
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
217 3
3.163
3.159
3.164
3.160
3.165
3.161
3.166
. Abb. 3.159 Pfriem zur Eröffnung der Markhöhle an der Spitze vom
Trochanter major, am Humeruskopf oder am Tibiakopf. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.160 Bohrdorn 2,5 mm. Um das Auffädeln der Fraktur zu
erleichtern, kann das Knopfende gebogen werden; es verhindert
eine unbeabsichtigte Kortikalisperforation und sichert den Bohr-
kopf. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.161 Universalbohrfutter mit T-Handgriff; damit kann der
Bohrdorn gedreht, eingeschlagen und herausgezogen werden.
(Fa. Synthes) 3.167
3.168
3.169
3
3.170
3.171
a b
3.172
7 Es gibt rechte und linke Femurmarknägel, da eine
Antekurvation eingearbeitet ist.
7 Nun wird der Marknagel mit dem jeweiligen Ein-
schlaggerät (. Abb. 3.176) über den Spieß einge-
schlagen. Proximal soll der Nagel mit der Trochan-
3.173 terspitze abschließen und distal weit in die Meta-
physe reichen.
. Abb. 3.169 Solider Titanfemurnagel (UFN), Durchmesser 9– 7 Hat der Nagel die Fraktur passiert, wird die Exten-
12 mm, Länge 300–480 mm. (Fa. Synthes) sion nachgelassen.
. Abb. 3.170 Sechskantschraubendreher 3,5 mm für Verriege- 7 Nach Entfernen des Führungsspießes und dem
lungsschrauben. (Fa. Synthes)
. Abb. 3.171 Tiefenmessgerät für Verriegelungsbolzen. (Fa. Synthes)
Wundverschluss ist die Marknagelung beendet.
. Abb. 3.172 Zielbügel für ungebohrten Femurnagel (UFN).
(Fa. Synthes)
. Abb. 3.173 Aufsatz für Standardverriegelung beim UFN.
(Fa. Synthes)
Proximale Verriegelung
7 Durch das proximale Einschlag- und Zielgerät
wird eine Zentrierhülse geschoben, die den Weg
raum eröffnet; evtl. Verwendung eines Wund-
der speziellen selbstschneidenden 130°-Verriege-
spreizers.
lungsschraube vorgibt.
7 Die Nagellänge wird bestimmt, indem das freie
7 Mit dem kleinen Pfriem wird die Kortikalis ange-
Ende des Spießes mit dem sterilen Metalllineal
körnt; der 5-mm-Spiralbohrer bohrt beide Korti-
gemessen und das Ergebnis von der Gesamtlänge
kales auf. Entfernung der Hülse; Messen der
des Führungsspießes abgezogen wird. Dazu kön-
Schraubenlänge. Durch das Zielgerät wird die
nen auch Messschablonen verwendet werden
Schraube mit dem T-Schraubendreher eingedreht.
(. Abb. 3.175).
7 Entfernung des Zielgerätes.
6
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
221 3
Distale Verriegelung
7 Wichtig ist, dass die Nagellöcher im seitlichen
Strahlengang auf dem Monitor kreisrund er-
scheinen. Dazu sollte das Bein in der Extension
abgespreizt werden.
7 Stichinzision der Haut; Ankörnen der lateralen . Abb. 3.175 Strahlendurchlässige Schablone zur Längen- und
Kortikalis mit dem kleinen Pfriem. Bohren beider Dickenbestimmung des Marknagels. (Fa. Stryker Howmedica)
Kortikales mit dem 4,5-mm-Spiralbohrer; Erwei-
tern der ersten Kortikalis mit dem 6-mm-Spiral-
bohrer. Dieses Vorgehen erleichtert das Eindrehen
der Schraube, die zum Schraubenkopf hin dicker
wird. Bestimmen der Schraubenlänge; Eindrehen
der selbstschneidenden Schraube mit dem T-
Schraubendreher.
7 Gleiches Vorgehen bei der zweiten Verriegelungs-
schraube.
7 Proximaler schichtweiser Wundverschluss.
7 Distal Hautnaht der Inzisionen.
7 Verband.
7 Wenn vorhanden, Entfernen der Drahtextension.
7 Abschließende Röntgendokumentation.
Insertionsausrisse am Knie
Ausrisse von Sehnenansätzen am Knochen sind weniger
häufig als Sehnenrisse. Der Ausriss des Lig. patellae oder
der Quadrizepssehnenausriss am Oberrand der Knieschei-
be muss operiert werden. Im ersten Fall werden die Nähte
durch eine sog. Rahmennaht mit Draht (McLaughlin) oder a b
autologem Sehnenmaterial gesichert. Bei dorsolateralen
Kapsel-Band-Schäden kann die Popliteussehne ausgeris-
sen sein und sollte dann reinseriert werden.
3.6.10 Bandschäden
Seitenbandrisse
Isolierte Risse des medialen Seitenbandes werden i. Allg.
konservativ behandelt. Häufiger sind sie bei komplexen
Kniebandschäden. Dann werden sie mit resorbierbarem
Nahtmaterial der Stärke 2–0 vernäht.
Reinsertionen können mit Krampen oder Schrauben
fixiert werden. Unterlegscheiben mit Zackenkranz geben
festen Halt. Zur Rekonstruktion von manchen Schäden der
dorsolateralen Kapselschale und der tiefen Schicht vom
medialen Seitenband kann es nötig sein, die knöcherne
Insertion eines Seitenbandes abzumeißeln und anschlie-
ßend zu refixieren. c
Kreuzbandrisse
. Abb. 3.177a–c Zuggurtungsosteosynthese bei Patellafraktur.
Rupturen der Kreuzbänder entstehen oft im Rahmen kom- (Nach Müller et al. 1992). Achtförmige Cerclagen können an den Sei-
plexer Band-, Kapsel- und Meniskusschäden. Meistens ist ten nicht abrutschen
das vordere Kreuzband betroffen, das dünner und verlet-
zungsanfälliger ist als das hintere. Die Behandlung von
Rupturen des hinteren Kreuzbandes ist umstritten. kZusatzinstrumentarium
Klinisch lassen sich die schwerwiegenden Verletzungen 4 Kirschner-Drähte, Drahtfänger, Drahtgabeln,
am besten in Narkose (vor einer Arthroskopie oder Ar- 4 durchbohrte Spiralbohrer oder Hohlbohrer,
throtomie) beurteilen. Zur präoperativen Diagnostik ge- 4 Zielgeräte für die transossären Bohrungen,
hört eine Magnetresonanztomographie (MRT). 4 Isometriemessgeräte, Tensiometer,
Bei der »klassischen« Ersatzoperation des vorderen 4 Nahtbänkchen,
Kreuzbandes wird ein freier Mittelstreifen aus dem Lig. pa- 4 Interferenzschrauben aus Titan oder resorbierbarem
tellae mit der knöchernen Insertion beider Enden verwen- Material,
det. Die (halboffene) arthroskopische Technik mit der Se- 4 Krampen,
mitendinosussehne, die weiter unten beschrieben wird, gilt 4 feine oszillierende Säge,
als Therapie der Wahl. 4 Meißel und Luer.
224 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Arthroskopische Kniegelenkoperationen
1. Operation an den Menisken
– Partielle und subtotale Meniskektomie medial
b und lateral
– Meniskusrefixationen medial und lateral
. Abb. 3.178a, b Vordere Kreuzbandplastik. a Freies Transplantat, 2. Operationen am Gelenkknorpel
b Bohrung durch den lateralen Femurkondylus über einen Kirsch- – Entfernung loser Knorpelanteile
ner-Draht – Refixationen osteochondraler Fragmente o
Kleinfragmentschraube durchbohrt, resorbier-
bares Material (Ethipin)
kLagerung – Pridiebohrungen o 1,2-mm-Kirschner-Draht
4 Rückenlagerung. – Abrasionschondroplastiken o Kugelfräse
4 Das verletzte Knie wird in Kreuzbandhalterung (»leg – Knorpel-Knochen-Plastiken o Verpflanzung ge-
holder«) gelagert, sodass das Kniegelenk um 100– sunder Knorpel- und Knochenzylinder aus
110° gebeugt werden kann. nichtbelasteten Anteilen des Kniegelenkes in
4 Eine Blutsperrenmanschette wird möglichst hoch am zerstörte Gebiete mit Hohlfräsen
Oberschenkel angelegt (7 Abschn. 3.4.3). 3. Operationen an der Gelenkinnenhaut
4 Die Neutralelektrode wird am anderen Oberschenkel – Synovialisbiopsie
nach Vorschrift fixiert. – subtotale Synovialektomie
– Resektion der Plica mediopatellaris
kAbdeckung – Zottenresektionen
4 Gemäß Abteilungsstandard. 6
4 Der Unterschenkel wird steril gewickelt.
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
225 3
4. Operationen am Hoffa-Fettkörper
– Teilentfernung des Hoffa-Fettkörpers
5. Bandoperationen
– Ersatz des vorderen Kreuzbandes (Lig. patellae,
Semitendinosus)
– Hintere Kreuzbandersatzoperationen
6. Operationen im Femoropatellargelenk
– Laterale Retinakulotomie bei Patellafehlgleiten
– Naht des medialen Retinakulums in Verbindung
mit einer lateralen Retinakulotomie bei fri-
schen, rezidivierenden oder habituellen Patella-
luxationen . Abb. 3.179 Rückenlagerung, Abklappen des unteren Segmentes
7. Frakturen im Bereich des Kniegelenks der Beinplatte. Fixierung des Oberschenkels in einem Kniehalter.
– Refixation ausgesprengter osteochondraler Blutsperre als Polsterung gegen den Druck des Kniehalters. (Aus
Krettek u. Aschemann 2005)
Fragmente o durchbohrte Kleinfragment-
schraube, PDS-Stifte (Ethipin)
– Bestimmte Formen der Tibiakopfbrüche o
durchbohrte Großfragmentschraube lateral lokalisiert, betreffen Vorderhorn, Pars intermedia
oder Hinterhorn und reichen von randlichen degenera-
tiven Veränderungen bis zu kapsulären Ausrissen. Menis-
kInstrumentarium kusschäden können isoliert oder in Kombination als Korb-
4 Geringes Grundinstrumentarium (Stichskalpell), henkel-, Lappen- oder Radiärriss auftreten. Der Ruptur-
4 arthroskopisches Spezialinstrumentarium, verlauf kann horizontal sein; es können komplette oder auf
4 Kamerabezug, der Ober- oder Unterfläche inkomplett verlaufende Längs-
4 Spül-, Saugsystem, risse vorkommen. Von großer Bedeutung sind degenera-
4 Bereitstellung eines Turmes mit dem technischen tive Veränderungen der Menisken, die von randlichen
Equipment für eine Arthroskopie. Auffaserungen bis zur Zerstörung des gesamten Gewebes
reichen.
kLagerung Meniskusschäden werden fast ausschließlich arthro-
Arthroskopische Operationen können je nach Erfordernis skopisch behandelt. Grundsätzlich stehen für die Behand-
in den folgenden Positionen durchgeführt werden: lung von Meniskusläsionen die Resektion und die Refixa-
4 Rückenlage mit einer eine Handbreit oberhalb des tion zur Verfügung. Ein spezielles Instrumentarium für die
Knies angebrachten lateralen Stütze, Meniskuschirurgie ist notwendig.
4 mit hängendem Knie auf einer abgepolsterten Knie-
rolle. kInstrumentarium
4 Lagerung in einer Arthroskopiehalterung Instrumentarium für resezierende Verfahren:
(. Abb. 3.179). 4 Korbschneider,
4 Anbringen einer Blutsperre am Oberschenkel 4 Meniskotome,
(7 Abschn. 3.4.3). 4 Punches,
4 Anbringen der Neutralelektrode nach Vorschrift. 4 Shaver,
4 Bereitstellung und Überprüfung der Geräte auf Funk- 4 Arthroresektoren,
tionstüchtigkeit: Kaltlichtquelle, Videoanlage, Shaver, 4 Laser.
Spülsystem etc.
Instrumentarium für die Meniskusrefixation:
kAbdeckung 4 Nahtkanülen oder
4 Gemäß Abteilungsstandard. 4 sog. T-Fix (Fa. Smith & Nephew) in Inside-in-, Out-
4 Der Unterschenkel wird steril gewickelt. side-in- oder Inside-out-Technik.
Meniskusschäden
Meniskusschäden können traumatischer und/oder dege-
nerativer Natur sein. Sie treten akut (Blockade, Erguss)
oder chronisch auf. Meniskusschäden sind medial oder
226 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
3.6.12 Knieendoprothese
Implantation
Bei der Vielzahl von Knieendoprothesen können gekop-
pelte, teilgekoppelte und ungekoppelte Modelle unter-
schieden werden, die ganz oder teilweise zementiert oder
zementfrei eingesetzt werden können. Zwar hat sich der
a
ungekoppelte und teilgekoppelte bikondyläre Oberflä-
chenersatz weltweit durchgesetzt, jedoch haben gekoppelte
Endoprothesen nach wie vor ihre Bedeutung bei rheuma-
tischen Deformitäten und instabilen Gelenken. Einige En-
doprothesen ermöglichen die sog. Schlussrotation des
Kniegelenkes, indem sie ein drehfähiges Inlay auf dem Ti-
biakopf haben.
Eine der weltweit am häufigsten eingebauten Knieen-
doprothesen zeigt . Abb. 3.180.
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium,
4 allgemeines Knocheninstrumentarium,
4 Knieendoprothesenspezialinstrumentarium (jede Fir-
ma bietet für ihr System das entsprechende Instru-
mentarium an),
4 Knieinstrumente,
4 oszillierende Säge,
4 evtl. Knochenzement (7 Abschn. 3.4.4).
kLagerung
4 Rückenlage,
4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift,
4 Blutsperre (7 Abschn. 3.4.3).
kAbdeckung b
4 Gemäß Abteilungsstandard.
4 Handschuhabdeckung mit Kompresse über den Ze- . Abb. 3.180 Knieendoprothese. a Eine der weltweit am häufigsten
hen; die zuverlässige Beurteilung der Tibiaachse muss eingebauten Knieendoprothesen (Sigma PFC). Bei einem solchen bi-
möglich sein. kondylären Oberflächenersatz wird wenig Knochen reseziert. In die-
ser Variante wird auch das hintere Kreuzband entfernt; das Inlay
»substituiert« es. b Das gleiche System mit modularen Ergänzungen,
die bei Wechseloperationen gebraucht werden: Zementfreie Schäfte
geben mehr Stabilität in der Markhöhle von Femur und Tibia, Aug-
mentationen gleichen Knochendefekte am unteren Femurende und
am Tibiaplateau aus. (Fa. DePuy)
228 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
b d
. Abb. 3.181 Implantation einer Knieendoprothese. a Untere Re- und in der Höhe so platziert, dass beide Gelenkflächen des Tibiapla-
sektion der Femurkondylen über intramedullär ausgerichtete Säge- teaus reseziert werden können. d Nach der vorderen und hinteren
schablone. b Vordere und hintere Kondylenresektion mit schrägem Resektion der Femurkondylen und des Tibiaplateaus wird die Größe
Abkanten über einen Block. c Die tibiale Resektionsschablone wird des tibialen Prothesenteils mit Schablonen bestimmt. (Fa. DePuy)
(meistens extramedullär) quer zur Unterschenkelachse ausgerichtet
4 Bohrmaschine,
4 Kirschner-Drähte,
4 evtl. Schränkeisen.
kLagerung
4 Rückenlagerung,
3 4 leichte Beugung im Knie durch Unterschiebung einer
Polsterrolle/Kniestütze,
4 evtl. das gesunde Bein etwas absenken,
4 Anlegen der Blutsperre (7 Abschn. 3.4.3),
4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift,
4 Bildwandler und Strahlenschutz (7 Abschn. 3.4.2).
kAbdeckung
4 Gemäß Abteilungsstandard.
a 4 Der betroffene Unterschenkel wird steril gewickelt.
4 Falls eine Spongiosaentnahme erforderlich ist, muss ein
vorderer Beckenkamm bei der Abdeckung frei bleiben.
kZugänge
4 Lateraler Zugang,
4 medialer Zugang,
4 bilateraler (mediale DC-Platte) Zugang.
> Der Mindestabstand zwischen den beiden para-
patellaren Zugängen muss 5–6 cm betragen, um
die Durchblutung nicht zu gefährden.
Laterale Tibiakopffraktur
7 Freilegen des lateralen Tibiakopfes: laterale para-
b
patellare Hautinzision, Spaltung der Faszie in
Längsrichtung, Inzision des Tractus iliotibialis bis
zum oberen Wundwinkel. Abschieben der Musku-
latur und Einsetzen eines Hohmann-Hebels nach
lateral. Quere Eröffnung des Gelenkes unterhalb
des Außenmeniskus. Ein Saum sollte am Tibiakopf
stehen bleiben, um den Meniskus später wieder
anheften zu können. Anheben des Meniskus mit
einem Langenbeck-Haken. Nach medial werden,
ebenfalls mit einem Haken, das Lig. patellae und
der Hoffa-Fettkörper weggehalten.
7 Bei einer Meißelfraktur mit einer abgesunkenen
Plateauhälfte werden zunächst Kirschner-Drähte
vorgebohrt, mit denen die Gelenkfläche angeho-
ben und korrekt eingestellt werden kann. Die Os-
c teosynthese erfolgt dann mit 2 Spongiosaschrau-
ben mit Unterlegscheiben oder besser mit einer
. Abb. 3.182 Tibiakopffraktur. a Erstellen des Kortikalisfensters, Abstützplatte.
b Anheben der Gelenkfläche mit Stößel, c Abstützplatte. (Nach 7 Vorbereiten eines 1 × 1 cm großen Kortikalisfens-
Müller et al. 1992/1997) ters an der Außenseite der proximalen Tibia mit
6
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
231 3
3.6.14 Unterschenkel
Proximale Verriegelung . Abb. 3.185 Lagerung für Tibiamarknagel. Der gebrochene Unter-
7 Proximal sollte nur quer oder schräg verriegelt schenkel kann von der Kniestütze frei herabhängen. Das gesunde Bein
werden, denn in der sagittalen Richtung droht die wird hoch gelagert und im Hüftgelenk so weit wie möglich gebeugt
Verletzung der A. poplitea (. Abb. 3.187).
7 Stichinzision der Haut; durch das Zielgerät Einbrin-
gen der Führungshülse; mit dem kleinen Pfriem
wird die Kortikalis angekörnt; beide Kortikales wer-
den mit dem 3,5-mm-Spiralbohrer durchbohrt; Er-
weitern der ersten Kortikalis mit dem 5-mm-Spiral-
bohrer (erleichtert das Schraubeneindrehen); Mes-
sen der Schraubenlänge, Einbringen der selbst-
schneidenden Schraube mit T-Schraubendreher.
Distale Verriegelung
7 Die beiden distalen Schrauben werden unter Bild-
wandlerkontrolle von medial eingebracht. Das
Vorgehen gleicht der proximalen Verriegelung:
– Hautverschluss der Inzisionsstellen,
– Verband,
– Entfernen der Drahtextension,
– abschließende Röntgendokumentation.
Pilonfrakturen
Distale Unterschenkelfrakturen mit Gelenkbeteiligung der
Tibia sind sog. Pilon-Tibial-Frakturen (. Abb. 3.188). Hin-
sichtlich des Unfallmechanismus und der Behandlung sind . Abb. 3.186 Einschlag eines Tibiamarknagels über Führungsdraht.
diese Frakturen streng von den (häufigen) Frakturen des (Fa. Stryker Howmedica)
oberen Sprunggelenkes zu unterscheiden. Da sich alle ope-
rativen Behandlungen als komplikationsträchtig erwiesen
haben, neigt man heute zu mehrschrittigen Behandlungen. 4 Besonders bei offenen und verunreinigten Frakturen
Dabei spielen die äußeren Spanner die größte Rolle. Re- sind vorsichtige Kompromisslösungen anzustreben:
konstruktionen werden i. d. R. zwei- oder dreischrittig 5 gelenkübergreifender Fixateur externe,
vollzogen, wenn durch konservative oder halbkonservative 5 perkutane Schrauben,
Maßnahmen die Weichteile konsolidiert sind. 5 Kirschner-Drähte.
4 Drittelrohrplatte an die Fibula, Pilonplatte (7 Abschn.
3.5.5 mit distalen Spongiosa- und proximalen Korti- Alternativ kann die Fraktur mit einer Platte und einem
kalisschrauben an die Tibia (. Abb. 3.189). Ringfixateur (Hybridfixateur) stabilisiert werden.
234 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
kPrinzip
. Abb. 3.187 Proximale Verriegelung des Tibianagels mit Zielgerät.
(Fa. Stryker Howmedica) 4 Fibula:
5 Außenknöchelspitze (unter der Syndesmose): Zug-
gurtung.
5 Fibula: Drittelrohrplatte (bei sehr langen Frakturen
zwei überlappende Platten).
4 Syndesmose:
5 Stellschraube (s. unten) und
5 Naht.
4 Innenknöchel:
5 Zwei Spongiosaschrauben mit Kurzgewinde, Loch-
schrauben oder
5 Zuggurtung mit Pfeilerschraube.
5 Naht des Deltabandes, wenn der mediale Gelenk-
spalt bei Durchleuchtung aufklappbar ist.
4 Hinteres Volkmann-Dreieck:
5 Reposition von medial (Einzinker),
5 perkutane Lochschraube mit Unterlegscheibe von
vorn.
4 Maisonneuve-Fraktur:
5 nur Stellschraube.
7 Stufenfreie Reposition der Fraktur und proviso- gene Tibia. Mit dem 2,5-mm-Spiralbohrer und Ge-
rische Fixation mit Repositionszangen (z. B. Repo- webeschutz werden nur 3 Kortikales durchbohrt;
sitionszange mit Spitzen). Messen; 3,5-mm-Gewindeschneider und Gewebe-
7 Einbringen einer interfragmentären Zugschraube: schutz; 3,5-mm-Kortikalisschraube. Die Stell-
mit dem 3,5-mm-Spiralbohrer und Gewebeschutz schraube wird schon nach ca. 6 Wochen entfernt,
3 Bohren im ersten Fragment; Steckbohrbuchse; um eine knöcherne Überbrückung zwischen Tibia
2,5-mm-Spiralbohrer für das zweite Fragment und Fibula zu vermeiden.
(evtl. Kopfraumfräse); Messen; 3,5-mm-Gewinde- 7 Einlegen von Redon-Drainagen lateral und medial.
schneider und Gewebeschutz; Eindrehen einer 7 Wundverschluss: feine Gelenkkapselnaht; Subku-
3,5-mm-Kortikalisschraube. tannaht; Hautnaht.
7 Anbringen der Drittelrohrplatte: Durch Biegen mit 7 Wenn die Innenseite des OSG blutunterlaufen ist,
kleinen Schränkeisen oder Plattenhaltezangen ohne dass im Röntgenbild Frakturen des Innen-
wird eine genügend lange Drittelrohrplatte dem knöchels zu erkennen sind, wird die Stabilität in-
Knochen angepasst. traoperativ mit dem Bildwandler geprüft und ggf.
7 Anschrauben der Neutralisationsplatte im kortika- durch eine Naht des Lig. deltoideum wiederher-
len Bereich: 2,5-mm-Spiralbohrer und Gewebe- gestellt.
schutz; Messen; 3,5-mm-Gewindeschneider und
Gewebeschutz; 3,5-mm-Kortikalisschraube.
7 Im spongiösen Bereich oder bei alten, spröden Chronische laterale Instabilität des OSG
Knochen: 2,5-mm-Spiralbohrer und Gewebe- Bekannte und bewährte Stabilisierungsverfahren mit distal
schutz; Messen; 4,0-mm-Spongiosaschraube. gestielter Sehne vom M. peronaeus brevis (Watson-Jones
7 Naht der vorderen Syndesmose mit feinen, resor- oder Evans).
bierbaren U-Nähten. Bei einem knöchernen Aus- Bei Kindern und Jugendlichen wird ein Perioststreifen
riss kann die Syndesmose mit einer 4,0-mm-Spon- von der Außenseite der Fibulaspitze verwendet.
giosaschraube und Unterlegscheibe mit Spitzen
transossär fixiert werden. Arthrodese des OSG
7 Versorgung des Innenknöchels: Hautschnitt leicht Wenn die Gelenkflächen von Tibia und Talus zerstört
gebogen hinter dem Knöchel. sind – bei Rheumakranken oder nach Frakturen und Syn-
7 Die V. saphena magna wird geschont. Darstellung desmosensprengungen –, kann die Versteifungsoperation
der Fraktur und Säubern des Frakturspaltes durch (Arthrodese) mit dem Ziel einer dauerhaften knöchernen
Nach-unten-Ziehen des distalen Fragments mit Durchbauung (Ankylose) sinnvoll sein. Wenn die arthro-
einem Einzinker. Entfernen von Koageln und ein- tische Zerstörung noch nicht sehr weit fortgeschritten ist,
geschlagenen Weichteilen. kann die arthroskopische oder offene Gelenklavage hilf-
7 Reposition mit Einzinker. reich sein und den Zeitpunkt der Arthrodese hinaus-
7 Zuggurtung: schräges Einbringen von 2 parallelen schieben.
Kirschner-Drähten von der Innenknöchelspitze Endoprothesen des OSG sind auf dem Vormarsch, aber
aus. Proximal der Fraktur wird eine kurze Kortika- umstritten und weniger zuverlässig als eine Arthrodese.
lisschraube mit Unterlegscheibe eingebracht. Um
sie und die Kirschner-Drahtenden wird ein Cercla- kInstrumentarium
gedraht achtförmig herumgelegt. 4 Grundinstrumentarium,
7 Anspannen des Cerclagedrahtes mit dem Draht- 4 allgemeines Knocheninstrumentarium,
spanngerät oder Verdrillen mit der Flachzange. Mit 4 Instrumente zur Blockentnahme/-anlage,
dem Seitenschneider werden der Cerclagedraht 4 oszillierende Säge (Blockentnahme aus dem Becken-
und die Kirschner-Drähte gekürzt; Umbiegen der kamm),
Kirschner-Drahtenden mit der Spitzzange; Versen- 4 Bohrmaschine mit Jakobs-Futter,
ken der Drahtenden mit Stößel und Hammer. 4 durchbohrte Schrauben mit entsprechendem Spezial-
7 Bildwandlerkontrolle der Osteosynthese. instrumentarium:
7 Die Stellschraube wird dicht oberhalb des Ge- 5 Führungsdraht mit Gewindespitze,
lenkes eingebracht. Der Bohrkanal verläuft etwas 5 Bohrbüchsen,
schräg durch die Fibula in die weiter ventral gele- 5 Bohrer,
6 5 Gewindeschneider,
5 durchbohrter Schraubendreher etc.
3.6 · Operationsbeispiele einzelner Skelettabschnitte
237 3
kLagerung 3.6.16 Rückfuß und unteres Sprunggelenk
4 Rückenlagerung auf einem Durchleuchtungstisch.
4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift. Talusfrakturen
4 Anlegen der Blutsperre (7 Abschn. 3.4.3). Brüche des Sprungbeins sind eher selten, lassen sich aber
4 Bildwandler und Strahlenschutz (7 Abschn. 3.4.2). perkutan gut reponieren. Zwei Kleinfragment-Lochschrau-
ben mit kurzem Gewinde und Unterlegscheiben lassen sich
kAbdeckung leicht und sicher von hinten (in Bauchlage) einbringen.
4 Gemäß Abteilungsstandard.
4 Frei bewegliche Abdeckung des Unterschenkels; ste- Kalkaneusfrakturen
riles Wickeln oder Abkleben des Fußes. Brüche des Fersenbeins sind viel häufiger als Talusfrakturen.
4 Für die Entnahme eines trikortikalen Blocks muss
ein vorderer Beckenkamm bei der Abdeckung frei Arthrodese des unteren Sprunggelenkes
bleiben. Bei den Komplikationen und enttäuschenden Operations-
ergebnissen neigen noch heute viele Chirurgen zur konser-
vativen Behandlung von Kalkaneusfrakturen. Dafür
Arthrodese des OSG spricht, dass die Indikation von USG-Arthrodesen viel sel-
7 Längsschnitt über der Mitte des OSG. Nach Eröff- tener ist als die »zwangsläufige« Arthroseentwicklung nach
nung des Gelenkes in Längsrichtung wird der ge- Zerstörung der kalkanearen Gelenkfläche. Winkelstabile
lenknahe Knochen von Tibia und Talus mit dem Titanplatten und die Auffüllung der Frakturhöhle mit
mittelgroßen geraden Raspatorium freigelegt und Spongiosa haben die Rekonstruktionsmöglichkeiten bei
mit schmalen Hohmann-Hebeln und Langenbeck- Kalkaneusfrakturen aber deutlich verbessert.
Haken eingestellt. Außer postraumatischen Arthrosen des Subtalarge-
7 Mit einem mittelbreiten Osteotom (Lambotte- lenkes sind lähmungsbedingte Instabilitäten und Klump-
Meißel) und einem leichten Metallhammer wer- füße beim Erwachsenen die häufigsten Indikationen für
den die tibialen und talaren Gelenkflächen rese- USG-Arthrodesen.
ziert. Die Resektionsflächen sollten parallel stehen
oder ganz leicht aufeinander zulaufen. Die Resek- kInstrumentarium
tionsweite wird mit einem Messzirkel oder einem 4 Grundinstrumentarium,
Messstab bestimmt. 4 allgemeines Knocheninstrumentarium,
7 Ein oder zwei entsprechend breite trikortikale Blö- 4 Blount- oder Coventry-Klammern (. Abb. 3.183) mit
cke vom vorderen Beckenkamm derselben Seite Anlegezange.
werden passgenau in das resezierte OSG einge-
stößelt. kLagerung
7 Um den Span zu sichern und eine anhaltende 4 Seitenlage.
Kompression auf beiden Seiten zu gewährleisten, 4 Anlegen der Neutralelektrode nach Vorschrift.
sollte die Arthrodese mit kanülierten/durch- 4 Anlegen der Blutsperre (7 Abschn. 3.4.3).
bohrten Schrauben gesichert werden: Unter Bild-
wandlerkontrolle werden die 2 oder 3 Führungs- kAbdeckung
drähte mit Gewindespitzen von der Tibia, evtl. 4 Gemäß Abteilungsstandard.
auch von der Fibula, durch den eingefalzten 4 Freibewegliche Abdeckung des Unterschenkels.
Span bis in die Unterseite des Talus vorgebohrt.
Mit dem 3,2-mm-Bohrer und Gewindeschneider
kann der ideale Sitz von kurzgewindigen Spongi- Arthrodese des USG
osaschrauben mit Unterlegscheibe gewährleistet 7 Hautschnitt von der Mitte des Fußristes an die obe-
werden. re Außenseite der Ferse.
7 Öffnung der Blutsperre, Verschluss beider Wun- 7 Mit Osteotomen (Lambotte-Meißeln von 1–3 cm
den, steriler Verband mit viel Watte und elasti- Breite) und einem leichten Hammer werden die Ge-
scher Binde. lenkflächen von Talus und Kalkaneus reseziert. Um
die Peronealsehnen nach vorn weghalten zu kön-
nen, nimmt man am besten den sog. Täger-Haken.
Als Alternative gilt die arthroskopische Entknorpelung. In den allermeisten Fällen muss diese subtalare Re-
6
238 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
7 Längsspaltung der Sehne des M. extensor digito- taren Zugang, genau mittig über dem Metatarsa-
rum longus für die ggf. erforderliche verlängernde leköpfchenbereich.
Z-Plastik. Eröffnen des PIP-Gelenkes unter akri- 7 Ist eine achsengerechte Stellung im Push-up-Test er-
bischer Schonung der Weichteile und Durchfüh- reicht, erfolgt die Stabilisierung des Operationser-
ren der vollständigen Kondylenresektion. gebnisses: Für die geplante Arthrodese des proxima-
3 7 Erster sog. Push-up-Test: Dieser Test imitiert die Be- len Interphalangealgelenkes (PIP-Gelenk) ist noch
lastungssituation durch Fingerdruck von plantar das Entknorpeln der Basis der Mittelphalanx sinnvoll,
gegen das Metatarsaleköpfchen. Verbleibt das MTP- um die Stabilität der Arthrodese zu gewährleisten.
Gelenk in Dorsalflexion kontrakt? Lösen der Streck- 7 Einbringen eines doppelspitzen 1,4-mm-Kirschner-
sehnen von der Streckerhaube und Kapsulotomie Drahts zunächst in die Mittelphalanx von proximal
des MTP-Gelenkes inkl. Ablösen der Seitenbänder. nach distal und Ausleitung unter Streckstellung
7 Zweiter Push-up-Test: Ist das MTP-Gelenk unver- des Endgelenkes über die Zehenspitze. Danach
ändert kontrakt? Dann Adhäsiolyse der plantaren wird von anterograd die Grundphalanx und das di-
Platte mit dem speziellen Mc Glamry-Elevatorium stale Metatarsale (wenn erforderlich) mit erfasst.
(. Abb. 3.192). Dieses wie ein rinnenförmiges Für die PIP-Arthrodese ist eine wasserdichte Kon-
Raspatorium an der Spitze scharfe Instrument taktierung der Knochenflächen wichtig. Hingegen
wird von distal dorsal um das Metatarsaleköpf- ist eine leichte Distraktion des MTP-Gelenkes von
chen nach plantar proximal vorgeschoben. Hier Vorteil, um Narbenkontrakturen vorzubeugen.
sollte die plantar weit ausladende Form des Meta- 7 Nun verlängernde Strecksehnen-Z-Plastik: Seit-zu-
tarsaleköpfchens berücksichtigt werden, um nicht Seit-Adaptation der Z-förmig gegeneinander ver-
mit diesem Elevatorium die plantare Knorpel- schobenen Sehnenenden mit resorbierbarem
schicht zu traumatisieren. Nahtmaterial mit leichter Spannung bei bereits
7 Ist im dritten Push-up-Test die Dorsalflexionsstel- durch axialen Kirschner-Draht fixiertem Strahl.
lung im MTP-Gelenk persistierend, kann ein Beu- 7 Die Hautnaht erfolgt als Einzelknopftechnik oder
gesehnentransfer durchgeführt werden. Dies als Intrakutannaht.
kann entweder als Transposition beider Beuge- 7 Der postoperative Verband sollte die Phalangen
sehnen auf die Streckseite oder als Transposition nicht zu sehr komprimieren, um die seitlich gele-
der distal abgelösten Sehne des M. flexor digito- genen Gefäße nicht zu drücken und die Durchblu-
rum longus erfolgen. Sie wird/werden nach tung der Zehen nicht zu gefährden.
Längsspaltung dorsal über der Grundphalanx wie-
der als Schlinge vernäht.
7 Ein Sehnentransfer nach Stainsby, mit Verlage- Die Nachbehandlung erfolgt unter 4-wöchiger Teilbelas-
rung der proximal abgelösten Sehne des M. ex- tung im Therapieschuh mit flacher stabiler Sohle, um
tensor digitorum longus als Interponat nach plan- einem Abrollen vorzubeugen.
tar auf die plantare Platte, ist speziell bei rheuma- Die Kirschner-Drahtentfernung wird 4–5 Wochen nach
tischen Vorfußerkrankungen sehr wirkungsvoll, der Operation ohne Lokalanästhesie durchgeführt.
wobei die Basisresektion des Grundgliedes zuvor Die verkürzende Metatarsaleosteotomie hat sich als
zusätzlich durchgeführt werden muss, um die In- subkapitale dorsalbasige Keilosteotomie bewährt, wobei
terposition zu ermöglichen. die Fixation mit einer kanülierten 2,0-mm-Teilgewinde-
7 Weist der vierte Push-up-Test eine weiterhin be- Kortikalis-Zugschraube sinnvoll ist.
stehende Dorsalflexionsstellung der Grundpha-
lanx auf, so ist ggf. nochmals eine Nachresektion
des Grundgliedes erforderlich, oder es ist bei rönt- 3.7 Handchirurgie
genologisch nachgewiesenem überlangem Meta-
tarsale eine Verkürzungsosteotomie indiziert. G. Walura, R. Thönnessen, M. Liehn
Auch die Ruptur der plantaren Platte ist als Ursa-
che sehr häufig nachweisbar. Hier luxiert das Me- Die menschliche Hand ist ein anatomisch komplexes Greif-
tatarsaleköpfchen durch die Lücke nach plantar. organ von höchster Bedeutung für die Funktionalität aller
Die Naht der plantaren Platte erfolgt am besten manuellen Tätigkeiten im täglichen Gebrauch.
durch einen separaten längsverlaufenden plan- Seit den 1960er-Jahren hat sich die Handchirurgie zu
6 einem Fachgebiet mit vielen international eigenständigen
Abteilungen entwickelt, die über die technischen und perso-
3.7 · Handchirurgie
243 3
nellen Möglichkeiten verfügen, auch mikrochirurgische Re-
konstruktionen von Nerven und Gefäßen durchzuführen.
Die Handchirurgie umfasst alle Erkrankungen, Fehlbil-
dungen und Verletzungen der Hand mit dem Ziel, die Greif-
funktion durch schmerzfreie und kraftvolle Beweglichkeit,
Sensibilität und Durchblutung der Hand wiederherzustellen
bzw. zu erhalten. Im Folgenden sollen einige für die Hand-
chirurgie typische Operationen beschrieben werden, ohne
den Anspruch auf Vollständigkeit erfüllen zu wollen.
Bei vielen Operationen trägt der Operateur eine Lu-
penbrille, oder es kommt ein Operationsmikroskop zum
Einsatz (7 Kap. 11 und 12).
. Abb. 3.193 Blick auf den Handrücken (Dorsalansicht) der rechten Hand. (Aus Spornitz 2006)
. Abb. 3.194 Dorsalansicht des Unterarms mit den tiefen Streckern. (Aus Spornitz 1996)
3.7 · Handchirurgie
245 3
. Abb. 3.195 Muskeln der Handinnenfläche (Palmarfläche) (FD: M. flexor digitorum superficialis = oberflächlicher Fingerbeuger). (Aus Spor-
nitz 1996)
den 4. Finger radialseitig sensibel sowie die Thenarmusku- Auf Wunsch des Patienten oder bei Operationen am
latur (Daumenballen) motorisch. Ellbogengelenk, bei tiefen Infektionen oder bei Knochen-,
Der N. radialis verläuft am streckseitigen Unterarm Sehnen- oder Nervenentnahmen am Becken/Bein wird die
und versorgt mit seinem Ramus profundus die Streckmus- Allgemeinnarkose erforderlich.
kulatur motorisch. Sein Ramus superficialis läuft radialsei- In verschiedenen Höhen sind am Arm und an der
tig zur Hand für die sensible Versorgung des Handrückens Hand folgende Anästhesieverfahren möglich:
und der Fingerrücken.
Subaxilläre Plexusanästhesie
Blutversorgung Der Plexus brachialis (N. medianus, N. ulnaris und N. ra-
Die Blutversorgung der Hand wird sichergestellt durch die dialis am Oberarm) wird nach Legen eines peripheren
A. radialis und die A. ulnaris, die beide am palmaren Zugangs mit Hilfe eines Nervenstimulationsgerätes auf-
Handgelenk gut tastbar sind. Sie vereinigen sich im tiefen gesucht und mit 30–40 ml Betäubungsmittel umspritzt.
und oberflächlichen Hohlhandbogen und geben von dort Die Einwirkzeit beträgt ca. 30 min, die Wirkdauer 2–3 h.
jeweils 2 Äste für die Finger ab. Bei Verwendung lang wirkender Anästhestetika kann die
Wirkdauer bis zu 12 h anhalten. Mit der Plexusanästhesie
lassen sich nahezu alle Operationen an Hand und Unter-
3.7.2 Anästhesie arm durchführen. Sie hat den Vorteil, dass auch der
Druck durch die Blutleeremanschette am Oberarm gut
Handchirurgische Eingriffe können überwiegend in Ple- toleriert wird.
xus-, Regional-oder Lokalbetäubung erfolgen, sodass der
Patient wach bleibt. Für diesen Fall wird vom OP-Perso- Blockaden des N. medianus, N. ulnaris,
nal neben dem geordneten Ablauf der Operation auch N. radialis am Handgelenk
ein besonderes Einfühlungsvermögen und Zuwendung Im Bereich des Handgelenks können alle drei Nerven mit
zum Patienten erwartet, der immer das Gefühl vermittelt jeweils ca. 5 ml Betäubungsmittel zuverlässig infiltriert
bekommen sollte, im Mittelpunkt des Geschehens zu werden. Sie gewähren eine schnell wirkende Anästhesie in
stehen. ihrem jeweiligen Ausbreitungsgebiet, sind jedoch nur für
246 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Gelenk Funktionsstellung
kurze Eingriffe geeignet, da die Blutleere am Oberarm nur 3.7.4 Vorbereitung und Lagerung
ca. 15 min toleriert wird. des Patienten zur Handoperation
Leitungsblockaden am Finger In der Regel wird der Patient zu Fuß in den OP begleitet.
(Oberst-Anästhesie) Nur wenn das aufgrund anderer Erkrankungen nicht mög-
Am proximalen Fingergrundglied lässt sich durch Infiltra- lich ist, wird er auf dem Operationstisch eingeschleust. Der
tion von je 0,5 ml Betäubungsmittel in jedem Quadranten Patient wird in Rückenlage auf einer Gelmatte auf dem OP-
eine rasch wirkende Anästhesie erreichen. Gut geeignet für Tisch gelagert. Der zu operierende Arm wird auf einem
Eingriffe am Fingermittel- und -endglied. Eine Blutleere feststehenden, röntgendurchlässigen Handtisch gelagert,
kann durch Aufrollen eines Fingerlings vom Handschuh der in gleicher Höhe wie der OP-Tisch an diesem festge-
erreicht werden schraubt wird (. Abb. 3.196).
Nahezu alle Patienten erhalten eine Blutleere, entweder
am Finger oder am Oberarm. Bei der Oberarmblutsperre
3.7.3 Verbände und Gipsruhigstellung handelt es sich um eine gut gepolsterte Manschette, die bis
230–250 mm Hg aufgepumpt wird (. Abb. 3.197). Damit
Wunden werden mit steriler Fettgaze/Salbentüll und Kom- werden alle feinen Strukturen der Hand besser sichtbar
pressen bedeckt. Zur Vermeidung von Mazerationen wer- und Blutverlust vermieden.
den Streifenkompressen in die Zwischenfingerfalten gelegt. Obligat ist die Vitalzeichenkontrolle bei allen Patienten
Zum Wickeln der Hand und der Finger eignen sich elasti- mit Plexusbetäubung.
sche Binden von 4 cm oder 6 cm Breite. Sie sollten ohne Der gesunde Arm wird in eine bequeme Lage mittels
stärkeren Zug angelegt werden, um Abschnürungen durch Armausleger gebracht. Dem Patienten wird eine Knierolle
postoperative Schwellungen zu vermeiden. Nach kleinen angeboten, um die Wirbelsäule zu entlasten, und er wird
Operationen am Finger (z. B. Drahtentfernungen) reicht mit einem angewärmten Tuch zugedeckt, um ein Ausküh-
oft auch ein Stülp-/Schlauchverband oder nur ein Pflaster. len zu vermeiden. Wenn Röntgenkontrolle nötig ist, be-
Bei der postoperativen Ruhigstellung von Gelenken ist kommt der Patient eine Bleischürze als Strahlenschutz ge-
darauf zu achten, dass deren Funktionsstellung eingehalten mäß Strahlenschutzverordnung (7 Abschn. 3.4.2).
wird, um Kontrakturen im Bereich des Kapsel-Band-Ap- Präoperativ ist eine Reinigung von stark verschmutzten
parates vorzubeugen (. Tab. 3.5). Wunden mit isotonischer Kochsalzlösung erforderlich.
Unterarmgipsschienen werden i. Allg. von dorsal an- Die Hautdesinfektion erfolgt mit farbloser alkoholischer
gelegt und müssen die Fingergrundgelenke frei beweglich Lösung, um die Hautfarbe und Durchblutung der Finger
lassen. Nach Strecksehnenverletzungen werden Gipse von intra- und postoperativ beurteilen zu können.
palmar angelegt. Nicht betroffene Finger müssen frei be-
weglich bleiben, d. h., dass Fingerausleger ausschließlich kInstrumentarium
operierte Finger ruhigstellen dürfen. Gipsschienen dürfen Das handchirurgische Instrumentarium zeichnet sich im
wegen der Gefahr postoperativer Schwellungen im OP nur Vergleich zur Allgemein- oder Unfallchirurgie durch über-
elastisch angewickelt werden. Am Folgetag sollte eine wiegend feine Instrumente aus, die ein möglichst atrauma-
Gipskontrolle und ggf. ein Verbandwechsel erfolgen. tisches Operieren sicherstellen; auch zarte Gewebestruktu-
3.7 · Handchirurgie
247 3
ren müssen ohne deren Schädigung gegriffen und gehalten
werden können.
Neben den Grundinstrumenten (. Abb. 3.198) verfügt
die Handchirurgie über diverse zusätzliche Spezialinstru-
mente, z. B. für die Mikrochirurgie von Nerven und Ge-
fäßen. Auch Knochenimplantate sind den Größenverhält-
nissen der Hand angepasst. Es werden Kirschner-Drähte
ab Stärke 0,6 mm, Cerclagedrähte ab 0,4 mm und Schrau-
ben ab 1,2 mm Durchmesser verwendet.
Frakturen
Die Grundlagen zur Behandlung von Frakturen sind in . Abb. 3.197 Anlegen einer Oberarmblutleere
7 Abschn. 3.3 beschrieben und gelten grundsätzlich auch
für die Handchirurgie. Wegen ihrer besonderen funktio-
nellen Bedeutung bestehen hohe Ansprüche an eine mög-
lichst rasche und folgenlose Wiederherstellung der betei-
ligten Knochen und der benachbarten Gelenke der Hand.
Es gibt für die Handchirurgie eine Vielzahl spezieller Im-
plantate, um den besonders feinen Strukturen der Hand
gerecht werden zu können.
Als Beispiel für häufige Knochenverletzungen an der
Hand werden hier einige typische Operationsabläufe be-
schrieben.
Distale Radiusfraktur
Die Fraktur des Radius am Handgelenk, oft kombiniert mit
einem Abriss des Processus styloideus ulnae, ist eine der
häufigsten Knochenverletzungen überhaupt und entsteht
meist durch Sturz auf die Hand. Bei direkter Gelenkbetei-
ligung (mit Stufenbildung) oder Abkippung/Verkürzung
des distalen Radius besteht die Indikation zur operativen
Korrektur, um einer bleibenden Schädigung (Bewegungs- . Abb. 3.198 Handchirurgische Grundinstrumente
einschränkung, Schmerzen, Früharthrose) an den beteilig-
ten Gelenken (Radiokarpalgelenk und distales Radio-
ulnargelenk) vorzubeugen.
Während bei Frakturen ohne Gelenkbeteiligung und 4 Bereitstellung des Bildwandlers unter Einhaltung der
mit einem großen Fragment die geschlossene Reposition Strahlenschutzrichtlinien (7 Abschn. 3.4.2).
und perkutane Kirschner-Drahtfixierung möglich ist,
kommt bei allen anderen dislozierten Frakturen nur die kInstrumentarium
offene Reposition und Osteosynthese mit einer (winkelsta- 4 Handgrundsieb mit Skalpell, Pinzetten (atraumatisch
bilen) Platte, meist von palmar, in Frage. und chirurgisch), Scheren, scharfe Zweizinkerhaken,
Langenbeck-Haken, Nadelhalter, bipolare Koagulati-
jGeschlossene Reposition onspinzette,
kIndikation 4 Spezialinstrumente wie ca. 3–4 Kirschner-Drähte,
4 Bei Frakturen ohne Gelenkbeteiligung mit einem Bohrmaschine, Spülspritze.
großen Fragment.
kLagerung
4 Rückenlage, der betroffene Arm wird auf einem
Handtisch ausgelagert.
248 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
Perkutane Schraubenostheosynthese
mit dem Twinfix-System Offene Reposition und Twinfix-Schraubenosteo-
7 Plexusanästhesie, Anlegen einer Oberarmblutlee- synthese mit Entnahme eines spongiösen oder
re, Desinfektion und Abdeckung des Operations- kortikospongiösen Spans aus dem Beckenkamm
gebietes. 7 Hand, Unterarm und Beckenkamm werden desin-
7 Kleine Hautinzision über dem Os trapezium am fiziert und steril abgedeckt.
radiopalmaren Handgelenk. Eingehen mit dem 7 Begonnen werden kann mit der Entnahme des
kanülierten Führungsspieß auf den distalen Kahn- Spans aus dem Beckenkamm:
beinpol. – Inzision mit dem Skalpell dorsal der Spina ilia-
ca anterior direkt über dem Beckenkamm. Da-
7 Unter Röntgenkontrolle Vorschieben eines 1 mm
durch wird eine Schädigung des N. cutaneus
dicken und 16 cm langen Kirschner-Drahtes zen-
femoris lateralis sicher vermieden. Die Narbe
tral in das Kahnbein.
liegt später weit lateral und stört nicht.
7 Abmessen der Schraubenlänge über dem vorste-
– Einsetzen von scharfen Haken, um die Haut
henden Draht, Vorschieben und dann Überbohren
wegzuhalten; mit dem Skalpell wird die Faszie
des Kirschner-Drahtes mit dem kanülierten Bohrer
bis auf den Knochen durchtrennt. Die Musku-
(Ø 2,4 mm).
latur wird nach dorsal abgeschoben.
7 Einbringen der kanülierten Schraube über den
– Mit Meißel und Hammer wird ein Kortikalisde-
Draht. Entfernen des Drahtes und Aufbringen von ckel angehoben und dann ein passender Kno-
Kompression auf die Fraktur durch Nachziehen chenspan aus der Außenseite des Becken-
nur des proximalen Schraubengewindes. kamms herausgemeißelt (spongiös oder korti-
7 Röntgenkontrolle und Dokumentation, Blutstil- kospongiös). Der Knochendeckel wird zuge-
lung, Hautnaht, Unterarmgipsschiene mit Dau- klappt und die Faszie genäht.
menausleger. 6
250 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
kPrinzip
– Wundverschluss mit Redon-Einlage (8 Ch), Rekonstruktion der Gelenkfläche des Daumensattelgelenks.
Verband.
kLagerung
Offene Reposition und Einlage des Spans bei Pseud- 4 Rückenlage,
arthrose 4 der betroffene Arm wird auf einem Handtisch ausge-
3 7 Je nach Frakturhöhe des Kahnbeins wird der Zu- lagert.
gang von palmar oder dorsal gewählt. 4 Bereitstellung des Bildwandlers unter Einhaltung der
7 Hautschnitt mit dem Skalpell, Darstellen des Strahlenschutzrichtlinien (7 Abschn. 3.4.2).
Kahnbeins und der sklerosierten ehemaligen Ge-
lenkfläche. Mit scharfen Haken wird die Wunde of- kInstrumentarium
fen gehalten und die Fraktur durch Hohmann-He- 4 Handgrundsieb, Spülspritze,
bel (. Abb. 3.19) dargestellt. Mit einem Luer oder 4 Spezialinstrumente wie Zahnarztspatel, Dissektor,
einem kleinen Meißel wird die Pseudarthrose ab- Flachzange, Seitenschneider, Repositionszange,
getragen. Der dadurch entstehende Spalt wird Schrauben oder Kirschner-Drähte, Bohrmaschine.
mit dem Beckenkammspan oder mit der Spongio-
sa des Beckenkamms aufgefüllt, um so eine stabi-
le Frakturheilung des Kahnbeins zu ermöglichen. Operative Versorgung einer Bennett-Fraktur
Der Span wird mit der Knochensplitterzange und 7 Plexusanästhesie, Anlegen der Oberarmblutleere,
einer breiten Flachzange in die passende Form Desinfektion und Abdeckung des OP-Gebietes.
gebracht, damit er in den Frakturspalt eingepasst 7 Der Hautschnitt liegt radiopalmar an der Basis des
werden kann. Spongiosa wird mit einem Stößel 1. Mittelhandknochens und des Sattelgelenks.
oder kleinen Stopfinstrumenten (Zahnarztinstru- 7 Unter Schonung von Radialästen wird die Kapsel
mente; . Abb. 3.200) in den Frakturspalt einge- mit dem Skalpell längs gespalten.
bracht. Füllt das Transplantat den Frakturspalt aus, 7 Eingehen in das Gelenk, Spülung und Darstellung
kann mit der Fixation durch die Twinfix-Schraube der Fraktur mit Langenbeck-Haken.
begonnen werden (gleiche Verfahrensweise wie 7 Reposition der Fraktur und Rekonstruktion der
bei der geschlossenen Verschraubung, s. oben). Gelenkfläche mit einem Zahnarztspatel, kleinem
7 Kapselnaht, Blutstillung, evtl. Redon-Drainage, Löffel, evtl. kleinem Einzinkerhaken, ggf. Fixation
Wundverschluss, Anlegen des Unterarmgipses mit mit einer Repositionszange.
Daumenausleger. 7 Retrogrades Fixieren (sog. indirekte Fixierung, bei
der auf die Fraktur zu gebohrt wird) mit Kirschner-
Drähten bzw. Einbringen von Zugschrauben, un-
Bennett-Fraktur ter Röntgenkontrolle.
Als Folge einer Daumendistorsion durch Sturz oder Schlag 7 Kapselnaht, Blutstillung, Wundverschluss, Anle-
finden sich an der Basis des 1. Mittelhandknochens oft gen einer Unterarmgipsschiene mit Daumenaus-
Frakturen mit Beteiligung der Knorpelfläche zum Sattelge- leger.
lenk mit Stufenbildung, sodass fast immer Operationsbe-
dürftigkeit besteht, um bleibenden Kontrakturen, Schmer-
zen und Arthrose vorzubeugen. Mittelhandfraktur (MHK-Fraktur) subkapital
(unterhalb des Mittelhandköpfchens)
Meist als Folge von Schlageinwirkung entstehen insbeson-
dere am 5. Strahl häufig subkapitale Frakturen des Köpf-
chens mit Dislokation nach palmar. Ab einer Abkippung
von ca. 30° ist die Korrektur indiziert. Ist die Fraktur noch
frisch (maximal 2 Wochen alt), wird die im Folgenden be-
schriebene geschlossene Reposition mit intramedullärer
Kirschner-Drahtosteosynthese als innere Schienung
durchgeführt. Sie hat gegenüber der offenen Reposition die
Vorteile, dass nur ein minimales Operationstrauma eintritt
und dass das für Bewegungsstörungen empfindliche
. Abb. 3.200 Stopfinstrumente zur Spongiosaeinlage Grundgelenk nicht tangiert wird.
3.7 · Handchirurgie
251 3
jIntramedulläre Kirschner-Drahtosteosynthese 4 Titanschrauben von 1,2–2,3 mm Ø für Zugschrau-
am 5. Finger (Kleinfinger) benosteosynthesen.
kPrinzip 4 Titanplatten für die oben genannten Schraubengrö-
Geschlossene Reposition und minimales Operations- ßen, in verschiedenen, den Fingergliedern angepass-
trauma ohne Traumatisierung des Gelenkes. ten Formen, auch winkelstabil.
Beugesehnendurchtrennung, Beugesehnennaht
7 Nach der Reposition erfolgt die Osteosynthese kPrinzip
entweder mit einer oder zwei Minischrauben oder Wiederherstellung der vollen Beweglichkeit durch eine
mit einer Zuggurtung. Ist das Fragment sehr klein, Beugesehnennaht
wird die Zuggurtung bevorzugt. Dafür wird zuerst
eine Kanüle in den Bohrer eingespannt und quer kLagerung
3 durch die Endgliedbasis gebohrt. Durch das Lu- 4 Rückenlage,
men der Kanüle wird der 0,5 mm dünne Cerclage- 4 der betroffene Arm wird auf einem Handtisch ausge-
draht wieder zurückgeführt (= transossäre Draht- lagert.
naht).
7 Das Minifragment wird mit einem 0,6 mm starken kInstrumentarium
Kirschner-Draht aufgefädelt und somit fixiert. Die 4 Handgrundsieb, Spülspritze,
Drahtnaht kann nun vorsichtig um den Kirschner- 4 Spezialinstrumente wie Sehnenhaken, Kanüle zur
Draht geschlungen und ihre Enden miteinander Sehnenfixierung, (um die Sehne bis zur Naht vorü-
verzwirbelt werden. bergehend zu fixieren) 2 chirurgische Mosquito-
7 Röntgenkontrolle und Dokumentation, Blutstil- klemmchen, evtl. Kirschner-Drähte und Bohrmaschi-
lung, Hautnaht und Anlegen einer Fingergips- ne, Seitenschneider.
schiene.
Beugesehnennaht
7 Plexusanästhesie oder Vollnarkose, Anlegen der
Beuge- und Strecksehnenverletzungen Oberarmblutleere, Desinfektion und Abdeckung
Kommt es bei Verletzungen zur Durchtrennung von Seh- des OP-Gebietes.
nen, so ist ihre möglichst frühzeitige, d. h. primäre Naht 7 Der Hautschnitt verläuft S- oder Z-förmig; Schnitt-
erforderlich, um der Verkürzung der Sehnen durch Kon- erweiterung nach proximal und distal.
traktur der Muskulatur und narbiger Verklebung vorzu- 7 Darstellung und Schonung beider Gefäß-Nerven-
beugen. Ist eine primäre Sehnennaht nicht möglich, sollte Bündel der Finger und der Ringbänder.
sie unmittelbar nach Abschluss der Wundheilung bei blan- 7 Aufsuchen des proximalen und distalen Sehnen-
den Narbenverhältnissen erfolgen. Spätere Sehnennähte stumpfes, die in ihr anatomisches Gleitlager zu-
haben eine deutlich geringere Erfolgsaussicht in Hinblick rückgeführt werden.
auf Wiedererlangung der freien Beweglichkeit. 7 Mit den Mosquitoklemmchen werden die Sehnen-
Insbesondere im Bereich der Sehnenscheide und der enden in der Tiefe angeklemmt und mit einer Ka-
Ringbänder am Finger ist es wichtig, dass die Sehnennaht nüle fixiert. Die Naht der Sehne erfolgt in Kirch-
nicht durch Wülste auftreibt und glatt die Ringbänder pas- mayr-Technik:
sieren kann. Die Sehnennähte erfolgen deshalb in spezi- End- zu- End-Naht, mindestens 1 cm von der
eller Nahttechnik nach Kirchmayr und erhalten i. d. R. eine Durchtrennungsstelle der Sehne entfernt; quere
zusätzliche Feinadaptation. Durchstechung, der Sehnen, sodass der Knoten
Frisch genähte Beugesehnen können die Zugkraft des zwischen den Sehnenstümpfen zu liegen kommt.
Muskels unmöglich aufnehmen, sodass in den ersten Wo- Die Naht erfolgt mit einem nicht resorbierbaren,
chen der Nachbehandlung aktives Beugen strikt untersagt geflochtenen Faden der Stärke 3–0 oder 4–0, die
ist. Zur Entlastung der Sehnennähte wird postoperativ eine Feinadaptation mit einem 6–0 monofilen Faden.
sog. Kleinert-Gipsschiene (Beugung aller Grundgelenke in 7 Hautnaht und Anlegen der dorsalen Gipsschiene
60°, Beugung des Handgelenkes in 30°) angelegt mit Gum- mit Gummibandzügelung.
mibandzügelung des betroffenen Fingers in Beugestellung, 7 Krankengymnastik ab dem 1. postoperativen Tag.
aus der dann aktiv gestreckt werden darf. Diese Anord-
nung vermeidet Rupturen der Sehnennähte und gewähr-
leistet gleichzeitig, dass die genähten Sehnen ohne Belas- Nerven- und Gefäßdurchtrennung
tung gleiten können und nicht verkleben. Nervenverletzung, Nervennaht
Versorgte Strecksehnenverletzungen werden dagegen Durchtrennte Nerven sollten möglichst primär mikrochir-
durch 3-wöchige palmare Gipsschiene in Funktionsstellung urgisch genäht werden, da verspätete Nervennähte deut-
ruhig gestellt. Bei Strecksehnennähten in Höhe der Finger- lich verminderte Erfolgsaussichten auf eine Wiedererlan-
glieder ist zur Ruhigstellung auch die temporäre Fixierung gung ihrer motorischen oder sensiblen Funktion haben.
des Gelenkes mit einem Kirschner-Draht möglich. Nervennähte bedürfen einer spannungsfreien Adaptation
3.7 · Handchirurgie
253 3
und eines mikrochirurgisch versierten Teams, das über das Gefäßdurchtrennung
notwendige Mikroinstrumentarium und ein Operations- Für primäre Nähte von Gefäßen gelten ähnliche Bedin-
mikroskop verfügt (7 Kap. 10 und 11). gungen wie bei Nähten von Nerven. Sie können im Ver-
Während monofaszikuläre Fingernerven mit 3–4 epi- gleich zu Nerven mit Mikrogefäßklemmen fixiert werden,
neuralen (die Nähte fassen nur die gefäßtragende Nerven- nachdem sie angefrischt und gespült wurden (7 Kap. 4)
hülle, das Epineurium) Nähten gut adaptiert sind, bedarf Das Zusammenführen beider Stümpfe, bis sie sich berüh-
die Naht eines großen multifaszikulären oder polyfasziku- ren, kann entweder mit zwei Mikropinzetten oder mit
lären (10–15 Faszikel) Nervs (z. B. N. medianus, N. ulna- einem kleinen Spezialinstrument (Approximator) vorge-
ris) der möglichst exakten Zuordnung der Faszienbündel nommen werden.
und entsprechenden epifaszikulärer Mikronähte, was nur
unter dem Mikroskop möglich ist. Bei älteren Nervenver- Bandrupturen
letzungen kann eine spannungsfreie Naht i. d. R. nicht Grobe Krafteinwirkung auf Gelenke kann zu Rupturen am
mehr durchgeführt werden, sodass dann ggf. eine Ner- Kapsel-Band-Apparat führen. Während Rupturen der
ventransplantation erforderlich ist. Als Spendernerv kom- Bänder (Seitenbänder und palmare Platte) an Fingergelen-
men der N. cutaneus antebrachii des Unterarms oder der ken i. d. R. keiner operativen Therapie bedürfen, sollte ins-
N. suralis des Unterschenkels in Frage. besondere das ulnare Seitenband am Daumengrundgelenk
reponiert und operativ wiederhergestellt werden. Dieses
kIndikation Band am Daumengrundgelenk rupturiert meist durch
Sensibilitätsstörungen, Taubheitsgefühl, Lähmungser- Stürze beim Skifahren (sog. Skidaumen durch Hebelwir-
scheinungen oder Muskelatrophie durch eine Nervennaht kung des Skistocks) oder bei Stürzen mit dem Fahrrad oder
zu beheben oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Motorrad (Lenker).
Die Stümpfe des rupturierten Bandes legen sich durch
kLagerung die enge Kapsel nicht wieder aneinander, sodass ohne Ope-
4 Rückenlage, ration eine bleibende Instabilität entstünde. Eine chronische
4 der betroffene Arm wird auf einem Handtisch ausge- Subluxation würde zu vorzeitigem Verschleiß (Arthrose)
lagert. führen. Sofern noch keine Arthrose eingetreten ist, können
alte Bandrupturen durch eine Bandplastik mit der Sehne des
kInstrumentarium M. palmaris longus ersetzt werden. Bei bereits eingetretener
4 Handgrundsieb, Arthrose ist die Arthrodese indiziert, um stabile Verhält-
4 Mikroskop, steriler Bezug für das Mikroskop, nisse am Daumengrundgelenk wiederherzustellen.
4 Mikroinstrumente.
Ruptur des ulnaren Seitenbandes am Daumen
kPrinzip
Nervennaht
Rekonstruktion des ulnaren Seitenbandes am Daumen.
7 Plexusanästhesie oder Narkose, Anlegen der
Oberarmblutleere, Desinfektion und Abdeckung kLagerung
des OP-Gebietes. 4 Rückenlage,
7 Schnitterweiterung der vorausgegangenen Ver- 4 der betroffene Arm wird auf einem Handtisch ausge-
letzung unter Beachtung der Hautbeugefalten. lagert.
7 Präparation der Gefäß-Nerven-Bündel vom Ge-
sunden zur Durchtrennungsstelle unter Vermei- kInstrumentarium
dung jeglicher Traumatisierung der Strukturen. 4 Handgrundsieb,
7 Bei Bedarf sparsame Anfrischung der Stümpfe 4 Spezialinstrumente wie Kirschner-Draht (Ø 1,2 mm)
und ggf. Zuordnung der Faszikel. Bei großen Ner- bei direkter Naht des Seitenbandes, Seitenschneider,
ven Zuhilfenahme des Operationsmikroskops. Bohrmaschine, Zahnarztspatel, Spülung.
7 Spannungsfreie Adaptationsnähte mit Nähten der
Stärke 10–0 oder 11–0 monofil, nicht resorbierbar, Sollte nicht ausreichend Band zum Nähen zur Verfügung
mit einer runden Nadel. stehen, da es zu dicht am Knochen ausgerissen ist, kann
7 Wundverschluss und Anlegen der dorsalen Gips- mit einem Knochenanker (Fa. Linvatec) oder Fadenanker-
schiene. dübel (. Abb. 3.201) das Band am Knochen fixiert werden.
Beim Linvatec-Anker (Knochenanker) handelt es sich um
ein System zur Refixierung von Weichteilen am Knochen.
Dieser Anker verbleibt im Knochen.
254 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
kLagerung
4 Rückenlage,
4 der betroffene Arm wird auf einem Handtisch ausge-
lagert.
kInstrumentarium
4 Handgrundsieb,
4 Nervenhaken, . Abb. 3.202 Metallfixierhand
4 Metallfixierhand (. Abb. 3.202).
kPrinzip kLagerung
Druckentlastung des N. medianus. 4 Rückenlage,
4 der betroffene Arm wird auf einem Handtisch ausge-
lagert.
OP-Verlauf bei Karpaltunnelsyndrom
7 Plexusanästhesie oder Narkose, Anlegen einer kInstrumentarium
3 Oberarmblutleere. Handgrundsieb.
7 Hautschnitt an der palmaren Handwurzel in der
Beugefalte.
7 Darstellen und vollständige Durchtrennung des Re- Verlauf bei der URS-Operation
tinaculum flexorum und der distalen Unterarmfas- 7 Hochangelegte Blutleeremanschette am Ober-
zie entlang des ulnaren Randes des N. medianus. arm, Desinfektion der Hand und des Oberarmes
7 Einsetzen von scharfen Haken und Darstellen des und sterile Abdeckung bis hoch zum Oberarm.
N. medianus, der häufig eine sichtbare Abschnü- 7 Bogenförmige Hautinzision entlang des Sulcus ul-
rung und eine livide Gefäßinjektion als Folge des naris mit dem Skalpell.
chronischen Druckes zeigt. 7 Darstellen und Freipräparieren des N. ulnaris mit
7 Darstellen des motorischen Thenar- (Daumen-)astes. Spaltung des Septum intermusculare proximal
7 Darstellen der Beugesehnen, evtl. Entfernung von und der FCU-Muskulatur distal.
deren hypertropher Synovialis (Ganglien oder 7 Einsetzen von Langenbeck-Haken.
Thrombose). Blutstillung, bei Synovektomie Einle- 7 Bei arthrotischen Veränderungen oder Luxations-
gen einer Redon-Drainage, Wundverschluss. tendenz des Nervs aus dem Sulcus bei Beugung
7 Dorsale Unterarmgipsschiene für 10 Tage in leich- des Ellbogengelenkes über 90° erfolgt die sub-
ter Streckstellung im Handgelenk, da es bei früh- muskuläre Vorverlagerung des Nervs nach Ablö-
zeitiger Beugung des Handgelenkes zu einer Vor- sen der Muskelursprünge am Epicondylus humeri
verlagerung des N. medianus kommen kann. Der ulnaris. Schaffung eines neuen Bettes für den
Nerv würde dann in den Narben des Retinaculum Nerv, der dort harmonisch ohne Engstellen oder
flexorum fixiert und könnte eine Ursache für blei- Abknickungen zu liegen kommen muss und auch
bende postoperative Beschwerden sein. bei vollständiger Bewegung des Gelenkes keine
erneute Abschnürung zeigen darf. Refixierung der
Faszie über dem Nerv mit einer geflochtenen, re-
Pronator- und Interosseus-anterior-Syndrom Beim Prona- sorbierbaren 3–0-Naht.
tor- und Interosseus-anterior-Syndrom handelt es sich um 7 Einlegen einer Redon-Drainage, Blutstillung,
seltene Kompressionen des N. medianus am proximalen Wundverschluss, Anlegen der Oberarmgipsschie-
Unterarm, die ebenfalls sowohl motorische als auch sen- ne für 10 Tage, bei Vorverlagerung für 3 Wochen.
sible Störungen verursachen können.
kInstrumentarium
4 Handgrundsieb mit längeren Langenbeck-Haken. Tendovaginitis de Quervain
Ein weiteres häufiges Engpasssyndrom für Sehnen ist die
sog. Tendovaginitis de Quervain, bei der zwei Streckseh-
OP-Verlauf bei Supinatorsyndrom nen des Daumens (M. extensor pollicis brevis und M. ab-
7 Narkose, Anlegen der Oberarmblutleere, Desin- ductor pollicis longus) im 1. Streckerfach am radialseitigen
fektion, sterile Abdeckung. Handgelenk eingeengt sind und Schmerzen verursachen.
7 S-förmiger Hautschnitt am proximalen dorsalen Ist die Therapie mit Antiphlogistika erfolglos, wird die
Unterarm. Operation durchgeführt.
7 Spalten der Muskelfaszie und stumpfes Spalten
der Muskulatur mit den Fingern.
7 Darstellen des N. radialis in seinem Aufgabelungs- Spaltung des 1. Streckerfaches bei
bereich in den Ramus profundus und superficialis. Tendovaginitis de Quervain
7 Mikroskopische Präparation des Ramus profundus 7 Radialisblockade am distalen Unterarm und Anle-
und N. radialis nach distal. gen der Oberarmblutleere.
7 Spalten der Supinatorfaszie (Arkade von Frohse), 7 Hautschnitt über dem 1. Streckerfach unter Scho-
bis der Nerv einen vollständig kompressionsfreien nung der Radialisäste mit dem Skalpell.
Verlauf hat. 7 Spaltung des 1. Streckerfaches und Tendolyse der
7 Sorgfältige Blutstillung, Redon-Drainage, Wund- Sehnen , ggf. Synovektomie.
verschluss, Oberarmgipsschiene. 7 Dorsale Unterarmgipsschiene für 10 Tage.
Ganglionentfernung
Resektionsarthroplastik (FCR-Plastik) 7 Plexusanästhesie oder Narkose, Anlegen einer
7 Plexusanästhesie oder Narkose, Anlegen der Blutleere.
Oberarmblutleere. 7 Hautschnitt über dem Ganglion, die Schnittfüh-
7 Gebogener Hautschnitt radiopalmar über dem rung wird nach dem Verlauf der Hautfalten ausge-
Sattelgelenk und Os trapezium. richtet.
7 Schonung der subkutan verlaufenden Radialisäste 7 Die ggf. verdrängten Nerven und Gefäße werden
durch Einsetzen von Langenbeck-Haken. dargestellt, damit sie geschont werden können.
7 Eröffnung der Gelenkkapsel und Darstellen des Os 7 Das Ganglion wird an seinem Stiel bis in die Gelenk-
trapezium. kapsel hinein freipräpariert und vollständig entfernt.
7 Vollständiges Entfernen des Os trapezium mit Hil- 7 Blutstillung, Wundverschluss, Gipsschiene für 10
fe von kleinen Meißeln und kleinem Luer unter Tage.
Schonung der freiliegenden FCR-Sehne. 7 Das Präparat geht zur histologischen Untersu-
7 Zusätzlicher Hautschnitt über der FCR-Sehne am chung.
Handgelenk. 7 Bei Entfernung von Ganglien im Bereich der Fin-
7 Abspalten der radialen Hälfte und Teilung der Seh- ger (Mukoidzysten) reicht i. d. R. die Oberst- Anäs-
ne bis zu ihrem Ansatz am 2. Mittelhandknochen. thesie und Anlegen einer Fingerblutleere aus. Bei
7 Schräges Bohrloch von 2–2,7 mm Ø durch die Ba- verbleibenden Hautdefekten, z. B. am Nagelwall,
sis des MHK 1 (Mittelhandknochen 1). erfolgt die Deckung mit einem Vollhauttransplan-
7 Durchziehen der Sehne durch das Bohrloch, die tat oder Verschiebelappen.
danach mit einem Spongiosablock aus dem ent- 7 Gleiches Vorgehen bei Weichteiltumoren anderer
fernten Os trapezium und einer Naht nach Distali- Genese.
sierung (durch Ziehen am Daumen) des Daumens
fixiert wird.
7 Redon-Drainage, Kapselnaht, Blutstillung, Wund- Läsionen des Discus triangularis
verschluss und Anlegen der dorsalen Unterarm- und unklare Handgelenkbeschwerden
gipsschiene mit Daumenausleger für 3 Wochen. Bei diagnostisch nicht vollständig geklärten Handgelenk-
schmerzen, bei Verdacht auf eine Diskusruptur oder inter-
karpale Bandverletzung besteht die Möglichkeit, für dia-
Ganglien, Tumoren gnostische und therapeutische Zwecke eine Handgelenk-
Ganglien, fälschlich auch »Überbein« genannt, sind tumor- arthroskopie durchzuführen.
ähnliche Zystenbildungen in der Nähe von Gelenken und
Sehnenscheiden (Ringbandganglien) mit gallertartigem Handgelenkarthroskopie
Inhalt. Sie treten häufig bei jüngeren Patienten auf und Bei einer Spiegelung des Handgelenkes können 4 verschie-
sind meist im Bereich des dorsalen oder palmaren Hand- dene Gelenkräume gespiegelt werden:
gelenkes zu finden, kommen aber auch an der Handwurzel 4 Das Radiokarpalgelenk, der Raum zwischen Speiche
und an Fingergelenken vor. Sie sind i. d. R. äußerlich sicht- (Radius), Mondbein (Os lunatum) und Kahnbein (Os
bar oder tastbar, können aber auch okkult auftreten und scaphoideum), das eigentliche Handgelenk (RUG).
sogar in den Knochen einwachsen (intraossäres Ganglion), 4 Das Ulnakarpalgelenk Ulna/Os triquetrum (Dreieck-
i. d. R. im Kahnbein und/oder im Mondbein. bein).
3.7 · Handchirurgie
259 3
4 Der Diskus-TFCC (= »triangular fibro cartilage com-
plex«). TFCC ist eine ligamentäre Struktur, die an der
Ulnaseite des Handgelenks zwischen Ulnakopf und
dem Os lunatum bzw. Os triquetrum gelegen ist. Er
dient als Puffer zwischen zwischen dem Ulnakopf
und dem ulnarem Abschnitt der proximalen Hand-
wurzelreihe.
4 Das mediokarpale Gelenk, der Raum zwischen kör-
pernaher und körperferner Handwurzelreihe, oder
Handwurzelgelenk (MCG).
4 Das distale Radioulnargelenk, das körperferne
Drehgelenk zwischen Radius und Ulna, fängt den
Druck zwischen Elle und Speiche ab, der von den
Handwurzelknochen ausgeht.
kIndikation
4 Entzündung der Gelenkschleimhaut (Synovialitis),
4 traumatische oder degenerative Schäden am Diskus
(Diskus-TFCC oder Triangularligament),
4 Ganglien oder Zysten,
4 Knorpelschäden,
4 Frakturen (SL-Band); es handelt sich um eine Zerrei-
ßung des Bandes zwischen dem Kahnbein (Scaphoid)
und dem Mondbein.
Motorische Ersatzplastiken
Als Folge von Lähmungen, Verletzungen oder Infektion
können einzelne Muskeln oder Sehnen, aber auch ganze
Muskelgruppen langfristig ausfallen, wie z. B. die Strecker
des Handgelenks und der Finger bei einer Radialisparese.
In diesen Fällen ist eine (teilweise) Wiederherstellung der
ausgefallenen Muskeln durch Umlagerung anderer Sehnen
möglich, um die Funktion der Hand aufrechtzuerhalten.
Die einfachste motorische Ersatzplastik ist die Umlage-
rung der Sehne des M. extensor indices (2. Zeigefinger-
strecksehne) auf die lange Daumenstrecksehne (EI-Umla-
gerung), die insbesondere nach Radiusfrakturen (mit und
ohne Osteosynthesematerial), aber auch durch rheuma-
tische oder arthrosebedingte Synovitis am streckseitigen
. Abb. 3.204 Galgensystem Handgelenk bevorzugt rupturiert.
Diese Operation wird hier kurz beschrieben.
EI-Umlagerung (Extensor-indicis-Umlagerung)
kInstrumentarium
4 Handgrundsieb,
4 Spülspritze,
4 Sehnendurchflechtzange (. Abb. 3.206),
4 Sehnenhaken,
4 scharfe Mosquitoklemmchen.
. Abb. 3.205 (Mini-)Optik. (Beispiel: Fa. Richard Wolf GmbH)
kLagerung
4 Rückenlage,
kInstrumentarium 4 die betroffene Hand wird auf einem Handtisch ausge-
4 Kleine Grundausstattung: Skalpell, Schere, Pinzette, lagert.
Knopfkanüle, Kanüle, Mosquitoklemmchen.
4 MIC-Turm (7 Abschn. 2.15). kPrinzip
4 Optik 1,9 mm und 30° (. Abb. 3.205), Kaltlichtkabel, Transfer der M.-extensor-indicis-Sehne auf die Extensor-
Saug-Spül-Vorrichtung, Tasthaken, Punches, Fasszan- pollicis-longus-Sehne, um die Streck- und Oppositionsfä-
ge, Kamerabezug, Minischneideblatt 2,0–2,9 mm, higkeit des Daumens wiederherzustellen.
Shaver 2,0–2,9 mm.
4 Verband: Pflaster und elastische Binde.
3.7 · Handchirurgie
261 3
M.-extensor-indicis-Umlagerung
7 Plexusanästhesie oder Narkose, Anlegen der
Oberarmblutleere.
7 Hautschnitt zwischen dem 1. und 2. Mittelhand-
knochen dorsal.
7 Schonung der Radialisäste und der Gefäße.
7 Aufsuchen und Mobilisieren des distalen EPL-Seh-
nenstumpfes (Daumenstrecksehne, M. extensor
pollicis longus).
7 Hautschnitt ca. 2 cm am streckseitigen Zeigefin-
gergrundgelenk.
7 Ablösen der Sehne des M. extensor indices (2. Zei-
gefingerstrecksehne).
. Abb. 3.206 Sehnendurchflechtzange
7 Mobilisierung und Verlagerung der Sehne nach
proximal/radial unter den Gefäß-Nerven-Bündeln
zum distalen Stumpf der rupturierten langen Dau-
menstreckersehne (EPL).
Denervation des Handgelenks nach Wilhelm
7 Nach Überprüfung der physiologischen Span-
nung durch Beugung und Streckung des Handge- 7 Plexusanästhesie oder Narkose, Anlegen der
lenkes wird die Sehne mit einer Durchflechtungs- Oberarmblutleere.
naht (nach Pulvertaft) verbunden: Die Zeigefin- 7 Hautschnitt und Durchtrennung des Ramus inter-
gerstrecksehne wird in die Daumenstrecksehne osseus posterior unter der Faszie und den Streck-
eingeflochten. sehnen.
7 Blutstillung, Wundverschluss und Anlegen der 7 Zweiter Hautschnitt dorsal zwischen der Basis des
palmaren Unterarmgipsschiene mit Daumenaus- 1. und 2. Mittelhandknochens.
leger in Streckung über 3 Wochen. 7 Durchtrennung der Rami arterii spatii interossei.
7 Dritter Hautschnitt radiopalmar am Handgelenk.
7 Durchtrennung der Begleitnerven der A. radialis.
7 Ablösen der Weichteile vom Periost.
3.7.8 Denervation des Handgelenks 7 Blutstillung, Wundverschluss und Anlegen der
dorsalen Gipsschiene für 10 Tage.
Bei schmerzhaften Arthrosen oder Teilarthrosen des
Handgelenkes oder der Handwurzel (z. B. nach Kahnbein-
pseudarthrose) und noch erhaltener Beweglichkeit kann
die Denervation zumindest für einige Jahre durchaus 3.7.9 Arthrodesen
Schmerzlinderung herbeiführen. Dazu werden gezielt die
schmerzleitenden Nerven am Handgelenk aufgesucht und Fortgeschrittene arthrotisch zerstörte Gelenke (degenera-
durchtrennt, die nach Wilhelm in die Punkte 1–12 einge- tiv, rheumatisch, posttraumatisch oder postinfektiös) füh-
teilt wurden. Für das Handgelenk ist der wichtigste ren zu erheblichen Schmerzen und Kontrakturen. Als ope-
schmerzleitende Nerv der Ramus interosseus posterior rative Möglichkeit kommt die Versteifung des betroffenen
(Punkt 1); außerdem die Punkte 2–4 und 6, die um das Gelenks in Frage, wenn alle gelenk- und bewegungserhal-
Handgelenk radial und dorsal angeordnet sind. Sie werden tenden Maßnahmen wie Analgetika, Denervation und
isoliert durchtrennt bzw. am Periost abgelöst. künstliche Gelenke nicht zu ausreichender Schmerzfrei-
heit geführt haben. Für die Versteifung kommen die Mit-
kPrinzip tel- und Endgelenke der Langfinger (PIP und DIP), das
Schmerzlinderung für einige Jahre, bevor evtl. eine Ar- Grund- und Endgelenk des Daumens, Teile der Handwur-
throdese vorgenommen werden muss. zel (STT – Os scaphoid, Os trapezium, Os trapezoideum)
oder das Handgelenk (Radiokarpalgelenk) in Frage. Fin-
kInstrumentarium gergrundgelenke sollten aus funktionellen Gründen mög-
4 Handgrundsieb, lichst nicht versteift werden, sondern eher mit künstlichen
4 Sehnenhaken, Gelenken (Swanson-Prothese, Keramik- oder Pyrocar-
4 Nervenhaken. bonimplantat) versorgt werden.
262 Kapitel 3 · Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie
3.7.11 Infektionen
Gefäßchirurgie
A. Kormann, M. Liedke
kZügel
4 Haltebänder, z. B. aus Mersilene, sind 3–4 mm breit
und dienen zum Anschlingen der Gefäße mit größe-
rem Durchmesser.
4 Flexible Silikonbänder in verschiedenen Stärken, sog.
Loops. Mit ganz feinen Loops (Ø 1 mm) können die
feinen Seitenäste gedoppelt angezügelt werden, um
a b c die Blutzufuhr zu drosseln. Würden die feinen Seiten-
äste abgeklemmt, könnten sie nachhaltig geschädigt
. Abb. 4.4 a–c Venenklappe. a Erweiterter Venendurchmesser in
Klappenhöhe. b Antegrade Strömung bei offener Klappe. c Verhin-
werden. Durch das Anzügeln reduziert sich die Klem-
derung der retrograden Strömung durch Klappenschluss. (Nach menzahl im Anastomosengebiet, das Nähen wird er-
Frömke 2006) heblich vereinfacht. Die etwas kräftigeren Loops
270 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
. Abb. 4.5 Einmalskalpell Fig. 11. (Fa. Braun) . Abb. 4.11 Cushing, Pinzette. (Fa. Martin)
. Abb. 4.6 Reynolds-Jameson, Gefäßschere. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 4.12 Intimaspatel (Dissektor). (Fa. Martin)
. Abb. 4.7 Metzenbaum, feine Präpararierschere. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 4.13 Vollmar, Ringstripper. (Fa. Martin)
. Abb. 4.8 Schere nach Potts-De Martel, 45°. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 4.14 Ringstrippergriff. (Fa. Martin)
. Abb. 4.9 De Bakey, Gefäßdilatator (»Olive«). (Fa. Aesculap AG) . Abb. 4.15 Adson, Saugrohr. (Fa. Martin)
. Abb. 4.10 De Bakey, atraumatische Pinzette. (Fa. Martin)
4.1 · Grundlagen
271 4
4.17 4.18
4.16
. Abb. 4.16 Intimaschere. (Fa. Martin) . Abb. 4.19 Schultersperrer mit gerundeten Branchen. (Fa. Link)
. Abb. 4.17 Entenschnabelzange. (Fa. Martin) . Abb. 4.20 Gemini, Präparier- und Ligaturklemme. (Fa. Martin)
. Abb. 4.18 Gelpi-Loktite, Wundsperrer. (Fa. Martin) . Abb. 4.21 Rumel, Präparier- und Ligaturklemme. (Fa. Martin)
272 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
4.26 4.27
4.37 4.38
4.39
4.41
4.40
. Abb. 4.37 Atraumatische Bulldog-Klemme gerade. (Fa. Martin) . Abb. 4.40 Aorta-Aneurysmaklemme. (Fa. Martin)
. Abb. 4.38 Atraumatische Bulldog-Klemme gekrümmt. (Fa. Martin) . Abb. 4.41 Leland-Jones Peripherieklemme. (Fa. Martin)
. Abb. 4.39 De Bakey, Gefäß- und Ligaturklemme. (Fa. Martin)
4.1 · Grundlagen
275 4
4 Kontrastmittel: Jodhaltige Lösung (z. B. Imeron, Visi-
paque), die in verschiedenen Konzentrationen im
Handel ist. Menge und Konzentration ist der Belast-
barkeit des Patienten anzupassen, die sich nach Nie-
renfunktion, Kreatininwert und evtl. Allergien des
Patienten richtet. Oft ist verdünntes Kontrastmittel
ausreichend.
4 Fibrinolytikum, z. B. Actilyse, Urokinase, Streptoki-
nase: bei Bedarf.
4 Prostavasin: Stellt Arterien weit, indem es den peri-
pheren Wandwiderstand vermindert.
b 4 Lokalanästhetikum bei entsprechender Anästhe-
sieform, z. B. Xylonest, Scandicain o. ä.
! Alle Medikamente brauchen am Instrumentier-
tisch einen hausüblichen Markierungscode, damit
a
es beim Anreichen keinerlei Verwechslungen gibt.
4.1.4 Implantate
5 Vorteile: Immer in ausreichender Menge und Kali- Polyesterprothesen gibt es auch mit einer Silberacetat-
bern vorhanden, spezielle Anforderungen können beschichtung oder -durchwirkung, die bakterizid wirkt.
erfüllt werden (Medikamentenanbindung, Spezial- Diese Prothese kann im Einzelfall bei vorhandenen In-
material, spezieller Zuschnitt). fekten zum Einsatz kommen, in der Regel wird sie verwen-
5 Nachteile: Künstliche Prothesen können Einheilungs- det, wenn eine Infektionsprophylaxe gewünscht ist (z. B.
störungen hervorrufen (Perigraftreaktion). Der Kör- Re-Operation, nicht sicher auszuschließende Kontamina-
per bildet im Lumen einer Kunststoffprothese neue tion, Präparation am Darm). Reste dieser Prothese können
Epithelzellen, die sog. Neointima, die das Lumen ein- nicht resterilisiert werden.
4 engen kann. Die Offenheitsrate der Prothesenbypasses
ist nicht so hoch wie die der Venenbypasses, das Infek- Teflonprothesen
tionsrisiko ist höher als bei biologischem Material. Prothesen aus Polytetrafluorethylen (PTFE, Teflon) haben
im Gegensatz zu den Polyesterprothesen keine Maschen,
sondern eine glatte Oberfläche. Jeder Stich in die Prothese
4.1.5 Gefäßprothesen bedeutet ein ausgestanztes Loch. Stichkanalblutungen
sind daher ein Nachteil dieser Prothesen. Verschiedene
Polyesterprothesen Ummantelungstechniken wirken diesem Problem entge-
Polyesterprothesen gibt es ab Kaliber 4 mm für die Visze- gen. Auch diese Prothesen gibt es in allen Kalibern, sie
ralgefäße bis ca. 30 mm (für die thorakale Aorta). werden aber vorzugsweise als periphere Bypasses einge-
In der Becken- und Beinetage sind Durchmesser von setzt. Heparinisierte PTFE-Prothesen sind im Handel, die
6–8 mm gebräuchlich. einem Frühverschluss durch eine kontinuierliche Abgabe
Im Wesentlichen haben sich zwei Formen durchgesetzt, von Heparin über einen definierten Zeitraum vorbeugen
die gewebte und die geköperte (kettengewirkt) Prothese. Bei sollen.
der gewebten Form wird der Polyester mit mehreren Fäden Alle Prothesen sind in verschiedenen Kalibern mit ei-
in mehreren Schichten zu einer besonders engen Webstruk- ner Ringverstärkung erhältlich. Diese bewirkt, dass die
tur verarbeitet. Geköperte Prothesen hingegen werden mit Prothese bei gelenkübergreifenden Bypasses und bei ex-
vielen Fäden (entsprechend der Anzahl der Maschen, die traanatomischem Durchzug an Knochenvorsprüngen
die Wirkware am Ende haben soll) und mindestens ebenso nicht abknickt. Außerdem gibt es noch ringverstärkten Er-
vielen Nadeln hergestellt. Beim Kettenwirken laufen die Fä- satz für die V. cava, weil die Prothese sonst durch den ge-
den vertikal, werden von den Nadeln ergriffen und durch ringen Innendruck kollabieren würde.
die vorhergehende Maschenreihe gezogen. Damit sich eine
Fläche ergibt, greifen die Nadeln nicht nur denselben Faden, Resterilisation von Gefäßprothesen
sondern abwechselnd auch benachbarte Fäden. Die Ma- Vom technischen Aspekt her kann jede Prothese resterili-
schen laufen nicht gerade, sondern leicht schräg. siert werden. Die Herstellerangaben hierzu sind jedoch
Beide Prothesen sind elastisch, aber stabil, um in ihrer nicht eindeutig. Gemäß MPG (Medizin Produkte Gesetz)
Form zu bleiben. Gewebte Prothesen fransen aufgrund ih- darf kein Artikel resterilisiert werden, der mit einer durch-
rer Struktur nach dem Abschneiden leichter aus, aber sie gestrichenen »2« gekennzeichnet ist.
sind kostengünstiger als geköperte Prothesen.
Beide Prothesen sind sowohl unbeschichtet als auch mit ! Grundvoraussetzung für das Resterilisieren von
Kollagen beschichtet erhältlich. Unbeschichtete Prothesen Gefäßprothesen ist, dass sie nicht kontaminiert
dichten nicht so schnell ab und werden durch körpereigenes sind. Daher darf eine zu resterilisierende Prothe-
Fibrin abgedichtet (Clotting). Das kann vor der Implantati- se nur mit sauberen Pinzetten angefasst und mit
on erfolgen (= Preclotting, günstig bei längeren Prothesen) einer sauberen Schere abgeschnitten werden.
oder bei kürzeren Prothesen nach der ersten Anastomose. Danach muss sie sofort in die Verpackung zurück
Beschichtete Prothesen sind primär dicht, d. h. es dringt und diese verschlossen werden. Niemals dürfen
kein Blut durch die Maschen der Prothese. Das ist besonders die Prothesen in ihrem Originalkarton resterili-
wichtig bei Patienten mit niedrigem Hämoglobin und siert werden, da dieser nicht durchgängig für
schlechtem Allgemeinzustand, damit der Blutverlust verrin- Dampf ist. Beim Verpacken der Prothese in eine
gert und die Operationszeit verkürzt werden kann. Sterilisationsfolie müssen saubere, puderfreie
Geköperter Polyester wird auch als Patch angeboten. Handschuhe getragen werden. Auf der Folie ist
An beschichtete Prothesen können durch Eintauchen zu dokumentieren, wie oft der Prothesenab-
Medikamente angebunden werden. Das Medikament (z. B. schnitt resterilisiert wurde. Laut Herstelleranga-
ein Antibiotikum) bindet sich an das Kollagen und wird mit ben sind Polyesterprothesen 3-mal, PTFE-Prothe-
dessen Abbau freigesetzt. sen 3- bis 5-mal resterilisierbar.
4.3 · Lagerungen und Abdeckungen
277 4
4 A. subclavia, A. axillaris: infraklavikulärer Quer-
schnitt.
4 Aortenbogen, Aorta ascendens, Truncus brachioce-
phalicus, A. pulmonalis (Hauptstamm): mediane
Sternotomie (7 Kap. 6) mit oszillierender Säge, Ster-
numsäge oder Sternummeißel.
4 Aorta descendens: anteroposteriore Thorakotomie im
4. Interkostalraum links, in Rechtsseitenlagerung.
a b 4 Thorakoabdominale Aorta: thorakoabdominaler Zu-
gang durch mediane abdominale Längsinzision, über
. Abb. 4.43a, b Varianten der direkten Arterienanastomose: a kon- dem linken Rippenbogen zwischen dem 4.–6. ICR
gruente Lumina, b diskrepante Lumina. (Nach Luther 2007)
(Interkostalraum).
4 A. brachialis: S-förmige Inzision in der Ellenbeuge.
Beschichtete Prothesen können zwar resterilisiert werden, 4 Aorta abdominalis, Aa. iliacae communes, Aa. re-
die Beschichtung ist dann aber unwirksam. nales, Viszeralarterien: mediane Laparotomie (Zu-
gangswege 7 Kap. 2) mit Linksumschneidung des Na-
bels oder quer ausgeführte Oberbauchlaparotomie.
4.1.6 Anastomosentechniken Dieser Zugang ist etwas zeitaufwändiger, zieht aber
weniger Narbenbrüche nach sich als andere Laparoto-
Anastomosen an Gefäßen können unterschiedlich ausge- miezugänge und wird deshalb bei adipösen Patienten
führt werden: End-zu-Seit-, End-zu-End- und Seit-zu- bevorzugt.
Seit-Anastomosen. Die Nahttechnik ist überwiegend über- 4 A. iliaca externa (z. B. Cross-over-Bypass mit A.-ilia-
wendlich (. Abb. 4.43) fortlaufend, wobei die Knoten im- ca-Anschluss, Stentprothesenimplantation): kleine In-
mer außen liegen! Zunächst wird mit einem doppelt ar- zision oberhalb des Leistenbandes und parallel dazu.
mierten Faden (2 Nadeln) ein Ausgangspunkt (Knoten) an 4 Aorta abdominalis, A. iliaca, lumbale Sympathekto-
der Hinterwand geschaffen, von dem aus man sich zur mie: extraperitonealer Zugang in Rückenlage mit auf-
Vorderwand arbeitet. Bei langstreckigen oder anatomisch geklapptem OP-Tisch. Von der 12. Rippe schräg zur
schwer zugänglichen Anastomosen wird eine weitere Ge- Rektusmuskulatur. Wechselschnitt oder Durchtren-
fäßnaht angelegt, sodass insgesamt 4 Knoten vorliegen, die nung der Muskulatur im Schnittverlauf.
sich gleichmäßig verteilen. Damit wird dem Tabakbeutel- 4 Thorakale Symphatektomie: Thorakoskopie in Links-
effekt, der bei fortlaufenden Nähten entstehen kann, ent- seitenlage (. Abb. 4.45), Trokare werden platziert im
gegengewirkt. 2., 3. und 5. ICR.
Der eine oder die drei freien Fäden während einer 4 A. femoralis, A. profunda femoris: laterale Längsinzi-
Anastomose werden mit einem bezogenen Klemmchen sion unterhalb des Leistenbandes. Durch die laterale
angeklemmt und straff gehalten. So stören sie nicht beim Inzision sollen die Lymphknoten geschont werden.
weiteren Nähen. Die Klemmchen müssen bei Verwendung 4 A. poplitea: Inzisionen im medialen Kniebereich ent-
eines monofilen Fadens mit einem Silikonschlauch bezo- weder oberhalb des Kniegelenks (Pop.-I-Segment)
gen sein, um keine Sollbruchstelle in den Faden zu drü- oder unterhalb (Pop.-III-Segment), dann medial am
cken. Alle Wandschichten werden durchstochen. Vor der Unterschenkel, dorsal der Tibiakante verlaufend,
Anastomosenanlage wird sichergestellt, dass durch die A. tibialis posterior: wie Pop.-III mit Erweiterungs-
Ausschälung des Kalks an der Intima keine Stufe entgegen möglichkeit nach distal.
dem Blutstrom entstanden ist, die eine Dissektion verursa- 4 A. tibialis anterior, A. fibularis: laterale Inzision am
chen würde. Stufen entgegen dem Blutstrom werden mit Unterschenkel, ggf. Entfernung eines Fibulasegments.
einer Gefäßnaht fixiert. 4 A. dorsalis pedis: mediane Inzision auf dem Fußrücken.
4 Karotisgabel, A. subclavia: Längsschnitt am Vorder- Die meisten neuen OP-Tische sind Multitalente. Wie bei
rand des M. sternocleidomastoideus, erweiterbar hin- den alten Durchleuchtungstischen kann die Position verän-
ter dem Ohr, Ohrläppchen hochkleben. dert werden, und sie sind an den meisten Stellen röntgen-
4 A. subclavia, A. carotis: supraklavikulär, erweiterbar durchlässig, sodass ein normaler gerader Tisch auch immer
nach proximal wie oben, nach distal zum Sternum. ein Durchleuchtungstisch ist. Deshalb ist dieser Begriff aus
278 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
4 4 Rückenlage.
4 Ipsilateralen Arm anlagern.
4 Kontralateralen Arm auslagern.
4 OP-Tischeinstellungen wie folgt:
. Abb. 4.44 Lagerung für eine Karotisdesobliteration
5 Oberkörper ca. 45° hochstellen,
5 Kopfteil ca. 30° abkippen (der Kopf darf nicht
»schweben«),
5 den ganzen Tisch kopftief kippen, sodass der Ober-
körper annähernd gerade liegt.
4 Kopf auf einem speziellen Vakuumkissen oder einem
Kopfring lagern und zur kontralateralen Seite drehen,
etwas reklinieren, das Kissen anmodellieren und Va-
kuum herstellen oder Kopf auf einem Kopfring lagern
wie oben und mit z. B. festem Pflaster am OP-Tisch
fixieren (. Abb. 4.44).
Endovaskuläre Operationen
4 Carbontisch (. Abb. 4.46) oder Durchleuchtungs-
tisch.
4 Rückenlage nach Standard.
4 Die Arme werden an- oder ausgelagert. Bei einer tho-
rakalen Stentprothese muss der Patient auf einer Va- . Abb. 4.47 Einstellung des OP-Tisches für Operationen an der Aor-
ta und der A. iliaca
kuummatte gelagert werden, damit eine Kippung des
Tisches gefahrlos durchgeführt werden kann.
4 Beine des Patienten nicht mit einem Gurt fixieren, da 4 4-Tuch-Abdeckung, Abdecken des Schambereichs,
dieser die Positionsveränderung des Tisches behin- damit die Leisten frei sind. Nach proximal muss das
dern kann. Xiphoid frei sein.
4 Neutrale Elektrode nach Standard.
4 Narkosebügel weit kopfwärts, um den C-Bogen nicht Thorakoabdominale Eingriffe
zu behindern. 4 Rückenlage und OP-Tischeinstellung s. Eingriffe an
4 Gegebenenfalls ein Stentlineal unter dem Rücken des der A. iliaca (. Abb. 4.47).
Patienten rechtsseitig und parallel zur Wirbelsäule 4 Der rechte Arm wird in Supinationsstellung und
platzieren. rechtem Winkel im Ellenbogen, nach kranial zeigend
4 Durch Drehen der Säule kann Platz geschaffen wer- (»Hände hoch«) ausgelagert.
den, wenn der OP-Saal nicht groß genug ist. 4 Der Patient liegt auf einer Vakuummatte.
4 4-Tuch-Abdeckung, Abdecken des Schambereichs, 4 Gepolsterten Narkosebügel anbringen und den linken
damit die Leisten frei sind. Nach proximal muss das Arm in eine Göbel-Stütze legen.
Xiphoid frei sein. 4 Den Thorax linksseitig etwa 60° rotiert anheben und
mit der Vakuummatte unterstützen; die Hüften des Pa-
Transabdominale Eingriffe tienten bleiben gerade liegen (sog. »Schraubstellung«).
4 Rückenlage und OP-Tischeinstellungen wie für Ein- 4 Vakuum erstellen.
griffe an der A. iliaca (dort; . Abb. 4.47). 4 Neutrale Elektrode nach Standard kleben.
4 Rochard-Bügel am obersten Ende des OP-Tisches an- 4 4-Tuch-Abdeckung, Abdecken des Schambereichs,
bringen und Narkosebügel direkt davor platzieren. damit die Leisten frei sind. Die seitliche Abdeckung
4 Gegebenenfalls Seitenschiene für den Bookwalter-Re- muss bei Bedarf verlängert werden. Das proximale
traktor anbringen. Quertuch wird so appliziert, dass die Axilla für eine
4 Neutrale Elektrode nach Standard fixieren. linksseitige Thorakotomie im 5. ICR frei bleibt.
280 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
Tiefe Bein-Becken-Venenthrombose
. Abb. 4.48 Rückenlagerung mit Armtisch. (Nach Krettek u. Asche-
4 Rückenlage nach Standard. mann 2005)
4 Anti-Trendelenburg-Lagerung (7 Kap. 2, Lagerung):
5 Oberkörper ca. 40° anheben,
5 Beine ca. 10° absenken,
5 Kopfteil etwas absenken,
5 Neutrale Elektrode nach Standard.
4 4-Tuch-Abdeckung, das Fußtuch liegt unter beiden
Beinen. Abdecken des Schambereichs. Seitentücher
ab Hüfte unter die Beine kleben. Nach proximal ist
das Sternum frei für eine notfallmäßige Sternotomie
bei Lungenembolie, wenn eine Lysetherapie erfolglos
blieb.
a b c
. Abb. 4.50 Retrograde TEA mit Ringstripper der linken A. iliaca ex- deln des präparierten arteriosklerotischen Verschlusszylinders in die
terna (die Sondierung mit einem Führungsdraht bzw. Ballonkatheter Öse des Ringstrippers. c Verschlusszylinder nach der Bergung. (Nach
war hier nicht möglich). a Präoperative MR-Angiographie. b Einfä- Schmedt et al. 2007)
Bypass
4 Ein Bypass stellt eine Überbrückung eines verschlos-
senen Gefäßabschnittes dar. Oberhalb des verschlos-
a
senen Gefäßsegmentes wird die Spenderarterie Seit-
zu-End mit dem Bypass anastomosiert, unterhalb des
Verschlusses wird die Empfängerarterie End-zu-Seit
angeschlossen. Das verschlossene Gefäß wird also
nicht entfernt. Ziel ist die direkte Reperfusion der
nachgeschalteten Gefäßregion.
4 Je nach Lage und Befund wird entschieden, mit welchem
Material der Bypass ausgeführt wird (s. Implantate).
4 Der Name des Bypasses richtet sich nach den An-
b schlussgefäßen. Das Spendergefäß wird zuerst genannt,
das/die Empfängergefäß(e) an zweiter Stelle. Beispiele:
. Abb. 4.51a,b Intramurale Desobliteration. a Desobliteration mit
einem Dissektor (TEA), b Desobliterat der A. carotis
5 iliakofemoraler Bypass = Bypass von der A. iliaca
auf die A. femoralis,
5 axillobifemoraler Bypass = Bypass von der A. axil-
Interponat laris auf beide Aa. femorales (rechts und links).
4 Interponat (interponere = lat. dazwischensetzen): Ge-
fäßbrücke bestehend aus Prothese oder Vene. Besonderheiten beim Venenbypass
4 Wenn bei einer Ausschälplastik die verbliebene Adven- Da die V. saphena magna Venenklappen hat, die den Blut-
titia stellenweise stark ausgedünnt ist, wenn eine sehr fluss in nur eine Richtung zulassen, muss sie vor dem Ein-
langstreckige Ausschälplastik notwendig wurde, oder satz als Bypass entsprechend vorbereitet werden.
4.4 · Erkrankungen des arteriellen Systems
283 4
. Abb. 4.54 Verschiedene Aneurysmaarten: 1–3 Aneurysma verum; wand fast ausschließlich aus verdickter Intima und Aventitia besteht.
bei zunehmender Ausbuchtung (2) werden die elastischen Elemente 4 Aneurysma spurium (periarterielles Hämatom. 5 Aneurysma disse-
der Media immer spärlicher, sodass schließlich (3) die Aneurysma- cans. (Nach Eder u. Gedeck 1990)
Arterielle Thrombose
Eine arterielle Thrombose ist der Verschluss einer Arterie,
der durch Verklumpung (Thrombenbildung) von Throm-
bozyten an der geschädigten Gefäßwand entsteht. Diese
Schädigung kann degenerativ durch Arteriosklerose oder
traumatisch bedingt sein.
Klinisch imponiert der akute Gefäßverschluss in Ab-
hängigkeit vom betroffenen Gefäß – durch den Blutmangel
mit der folgenden Ischämie.
. Abb. 4.56 Operativer Zugangsweg zur Thrombembolektomie der A. femoralis communis, A profunda femoris und A. femoralis superficia-
lis. (Nach Kopp et al. 2003)
deuten, bis zur Bedrohung des Lebens. Besonders betrof- tion verengter Gefäße mittels spezieller Katheter hat sich
fen sind das Gehirn, die Lunge, der Darm und die Extre- seit den 90er-Jahren als minimalinvasives Verfahren auch
mitäten. in der Gefäßchirurgie durchgesetzt. Hier wird diese Ver-
Während die Lungenembolie zumeist von einem im fahrensweise als »interventionell« bezeichnet und meint
tiefen Venensystem entstandenen Thrombus verursacht damit die Wiederherstellung der Durchblutung nicht auf
wird, ist die häufigste Ursache für die Entstehung arteriel- konventionelle Weise mittels eines Bypasses oder einer
ler Thromben eine Erkrankung des Herzens. Eine weitere TEA, sondern z. B. durch Aufdehnen des verengten Ge-
Ursache kann die Ausschwemmung von atheromatösen fäßes (Dilatation). Ist die Gefäßeinengung nach der Dila-
Ablagerungen und Thromben aus arteriosklerotischen Ge- tation noch nicht ausreichend, kann zusätzlich endovasku-
fäßen sein. lär eine Gefäßstütze, ein sog. Stent, in das aufgedehnte
Gefäßsegment eingebracht werden.
Symptome
4 Akuter Schmerz durch Verschluss der Gefäße im be- jIndikationen
troffenen Areal. 4 Risikopatienten, für die ein größerer Eingriff mit hö-
4 Kälte, Blässe und fehlender Puls an der Extremität. herem Blutverlust zu belastend wäre.
4 Kurzstreckige Stenosen an der A. iliaca, die noch
Therapie (chirurgisch) nicht zu sehr kalzifiziert sind.
4 Lokale Embolektomie (. Abb. 4.56), falls notwendig, 4 Durch retrograde Desobliteration mittels Ringstrip-
Anlage eines Bypasses. per (. Abb. 4.50) entstandene Dissektionen oder ver-
4 Antikoagulation. bliebene Reststenosen an der Absetzungsstelle des
Verschlusszylinders.
4 Stenosen der Koronararterien (perkutane translumi-
4.5 Intraluminale Dilatation nale koronare Angioplastie = PTCA).
4 Stenosen der Nierenarterien.
Die in den 1960er- und 70er-Jahren von den Radiologen 4 Stenosen an den unteren Extremitäten.
Dotter und Grüntzig entwickelte Methode der Rekanalisa- 4 Stenosen der A. carotis
286 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
jKontraindikationen jVorgehensweisen
Relative Kontraindikationen ergeben sich aus der Plaque- 4 Perkutane transluminale Angioplastie (PTA) als Sin-
morphologie (weicher plaquefreier Thrombus → Embolie- guläreingriff. Dieses Verfahren wird häufig in der Ra-
gefahr). diologie angewendet.
4 Exzentrische zirkuläre stark verkalkte Stenose → Rup- 4 Intraoperative transluminale Angioplastie (I(O)TA)
turgefahr. als Singulär- oder als Kombinationseingriff z. B. bei
4 Vollkommen kalzifizierter Gefäßverschluss. der peripheren Bypasschirurgie, um den Zufluss in
den Bypass zu verbessern.
4
4.5.1 Grundausstattung
Dilatationskatheter
Bei einem Dilatationskatheter (. Abb. 4.57) handelt es sich
um einen doppellumigen Katheter. Das zentrale Lumen
durchzieht den Katheter in seiner gesamten Länge und er-
möglicht das Verabreichen von Kontrastmittel, Spülflüs-
sigkeit oder Medikamenten wie Actilyse oder Heparin.
Vornehmlich dient es jedoch der Platzierung des Katheters
im Gefäß über einen Führungsdraht.
Das zweite Lumen endet in einem Spezialballon, der
aus einem nicht dehnbaren Polymer hergestellt wurde.
Wird der Ballon aufgefüllt, übt er eine Radialkraft auf das
Gefäß aus.
Die verschiedenen Katheterausführungen unterschei-
den sich nach Ballondurchmesser und -längen. Kleinere
Kaliber haben schmalere Schäfte, benötigen dünnere Füh-
rungsdrähte und kleinere Schleusendurchmesser. Größere
Kaliber hingegen brauchen vor allem größere Schleusen-
durchmesser. Hierauf ist bei der Auswahl unbedingt zu
achten.
a b
. Abb. 4.57 a, b Dilatationskatheter. a Schematische Darstellung. b Foto. (Fa. Cordis Johnson & Johnson Endovascular)
4.5 · Intraluminale Dilatation
287 4
Der an beiden Enden konisch zulaufende Ballon weist
am Anfang und am Ende der maximalen Aufdehnung je
einen röntgenundurchlässigen Marker auf. Damit er bei
der Röntgendurchleuchtung erkannt werden kann, wird er
mit Kontrastmittel (in einer 1:2-Verdünnung) gefüllt.
Führungsdraht
Führungsdrähte gibt es in vielen verschiedenen Ausfüh-
rungen, die sich je nach Anwendungsgebieten unterschei-
den. Für die erste Sondierung des Gefäßes wird ein hydro-
philer (»wasserliebender«), weicher Draht benötigt. Er
gleitet besonders in feuchtem Milieu gut. Außerdem haben
alle Drähte eine weiche Spitze, um eine Perforation der
Wandschichten des Gefäßes beim Vorschieben zu vermei-
den. Für die Platzierung von Dilatationskathetern ist ein
hydrophiler Draht ausreichend, für das Vorschieben endo-
vaskulärer Prothesen sind steifere Drähte erforderlich, die
eine stabile Schienung bieten können.
. Abb. 4.61 Ballonexpandierbarer Stent . Abb. 4.62 Selbstexpandierender Stent aus Nitinol
graft, Stentprothese) wird zur Abdichtung undichter Stel- . Tab. 4.2 zeigt verschiedene Stenttypen und ihre Ver-
len (Leckage) oder bei Aneurysmen verwendet. Die Ver- wendung.
wendungsmöglichkeiten sind vielseitig. Heute arbeiten Alle Arten von Stents werden i. d. R. über eine oder
Kardiologen, Radiologen und Gefäßchirurgen erfolgreich beide Aa. fem. comm. in den Körper eingebracht. Sind sie
mit endovaskulären Materialien, um Patienten mit einer verschlossen oder zu stark verkalkt, kann u. U. die Behand-
KHK, einer AVK oder mit Aneurysmen zu behandeln. lung scheitern.
Durchgesetzt haben sich bisher die Koronarangioplas-
tie, die Angioplastie der Becken- und Beinarterien und die Stenteinlage in die A. iliaca communis
Ausschaltung von Aorten- und Iliacaaneurysmen. Für Ein- bei stenosierender AVK
engungen in der Halsschlagader konnte für den Stent im Bei sehr massiven und harten Kalkablagerungen gelingt
Vergleich zur Operation bisher kein Vorteil nachgewiesen das Aufdehnen des Gefäßes nicht immer und die Stentein-
werden, sodass dieses Verfahren speziellen Indikationen lage wird unmöglich. Deshalb ist es in jedem Fall erforder-
vorbehalten bleibt. Zurzeit werden die Möglichkeiten bei lich, auf ein konventionelles Verfahren wie z. B. einen re-
einem ausgedehnten Aneurysma der thorakalen Aorta ge- troperitonealen Prothesenbypass ausweichen können.
prüft. Um Strecke zu gewinnen, werden vermehrt Äste des Außerdem kann ein Gefäß beim Dilatieren einreißen.
Aortenbogens sowie die Viszeralarterien transponiert Dann ist größte Eile geboten! Diese Gefahr muss jedem,
(Aortenbogen- bzw. Viszeralarterien-Debranching). der eine solche Operation instrumentiert, bewusst sein!
Stents werden aus verschiedenen Materialien herge-
stellt, wie z. B. Stahl oder Nitinol (. Abb. 4.61 und . Abb. kInstrumentarium/Materialien
4.62). Letzteres ist eine spezielle Metallverbindung, die die 4 Grund- und Gefäßinstrumentarium (7 Abschn. 4.1.3),
Eigenschaft besitzt, sich bei Körpertemperatur auf ein de- 4 Spezialinstrumentarium (7 Abschn. 4.5.1),
finiertes Maß auszudehnen. Dieses Material wurde zu- 4 DSA-Durchleuchtungseinheit und Strahlenschutzaus-
nächst bei Aortenstentprothesen benutzt, kommt aber rüstung (7 Abschn. 4.5.1),
auch in der Behandlung von Iliacastenosen zum Einsatz. 4 steriler Bildwandlerbezug.
Stenose der A. iliaca Stenose der A. iliaca Kurzstreckiges Iliacaaneurysma Langstreckiges Iliacaaneurysma,
communis interna oder Leckage Aortenaneurysma
Nicht ummantelt = Nicht ummantelt = Draht- Ummantelt = Drahtgeflecht aus Ummantelt = Drahtgeflecht aus
Drahtgeflecht aus Stahl geflecht aus Nitinol Stahl, ummantelt mit einer dünnen Nitinol, ummantelt mit einer dünnen
Polyester- oder PTFE-Schicht Polyester- oder PTFE-Schicht
Unmontiert oder Vormontiert auf einem spe- Unmontiert oder vormontiert auf Vormontiert in einem speziellen Ent-
vormontiert auf einem ziellen Entladekatheter einem Dilatationskatheter ladesystem mit Schleusenfunktion
Dilatationskatheter
290 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
kLagerung/Abdeckung
4 Gerade Rückenlagerung auf einem Durchleuchtungs- Katheter aufgezogen und fest angedrückt; besser
tisch. ist das Anwickeln des Stents mit einem kräftigen
4 Hohe 4-Tuch-Abdeckung mit freiem Zugang zu den Faden, der anschließend entfernt wird. So wird
Leisten (um ggf. auf ein konventionelles OP-Verfah- verhindert, dass der Stent im Gefäß vom Katheter
ren umsteigen zu können). abrutscht. Platzieren des Stents in den angezeich-
neten Grenzen und Freisetzen des Stents mittels
Aufdehnen des Katheters. Abschlussangiogra-
Stenteinlage in die A. iliaca communis
4 phie.
7 Perkutane Punktion oder Leistenschnitt und Dar-
stellen der A. femoralis comm.
7 Anschlingen mit 2 Haltebändern (wenn ein Implantation einer Stentprothese in
Schnitt erfolgte), das proximale mit einem Tourni- die infrarenale Bauchaorta bei Aneurysma
quet versehen. kInstrumentarium/Materialien
7 Einbringen der Schleuse in Seldinger-Technik. Klä- 4 Grund- und Gefäßinstrumentarium (7 Abschn. 4.1.3),
ren, welcher Stent zum Einsatz kommen soll; dies 4 Spezialinstrumentarium (7 Abschn. 4.5.1),
bestimmt das Kaliber der Schleuse. Bei perkuta- 4 DSA-Durchleuchtungseinheit und Strahlenschutzaus-
nem Vorgehen wird ab einem Schleusendurch- rüstung,
messer von 8 F ein endovaskuläres Verschlusssys- 4 steriler Bildwandlerbezug.
tem (z. B. Perclose, Fa. Abbot) zur Anwendung
kommen, um Nachblutungen zu vermeiden. kVorbereitung am Patienten
Durch diese Systeme bleibt den Patienten ein 4 Durchleuchtungstisch (Carbontisch).
Druckverband (6 h) mit Bettruhe erspart. 4 Unter den Rücken des Patienten kann parallel zur
7 Über den seitlichen Zugang der Schleuse retro- Wirbelsäule ein röntgendichtes Lineal gelegt werden,
grad in DSA-Technik angiographieren. Alternativ um die Orientierung und Kommunikation während
dazu kann ein Führungsdraht und anschließend der OP zu erleichtern.
ein Pigtailkatheter in die Aorta vorgeschoben und 4 Abdeckung wie zur offenen Bauchaortenoperation.
orthograd angiographiert werden. Auf dem Moni-
tor des Bildverstärkers die relevanten Orientie- kInstrumentelle Vorbereitung
rungspunkte anzeichnen: 4 Da für die langen Drähte und das Device (Entladesys-
– die Aortenbifurkation, tem für den Stent) eine entsprechend lange Ablageflä-
– die proximale und distale Grenze der Stenose, che benötigt wird, empfiehlt es sich, zwei Instrumen-
– den Abgang der A. iliaca interna, tiertische längs hintereinander zu stellen. Ein weiterer
– ggf. das Kaliber der A. iliaca communis, Beistelltisch kann ebenfalls ausreichen. Wenn nur ein
– Umschalten auf Durchleuchtungsmodus. kleiner OP-Saal zur Verfügung steht, kann der OP-
7 Den hydrophilen Draht wieder in der Aorta plat- Tisch diagonal im Raum platziert werden.
zieren, den Dilatationskatheter in der Stenose 4 Der erste Instrumentiertisch wird mit den benötigten
ausrichten und das Gefäß mit der Druckspritze Instrumenten gedeckt. Falls nicht vollständig perku-
nach Herstellerangaben unter Durchleuchtung di- tan vorgegangen wird, liegen die Gefäßklemmen zum
latieren, Kontrollangiographie. Ausklemmen der Femoralgefäße auf diesem Tisch.
7 Bei verbleibender Einengung kann ein Stent zum 4 Auf dem zweiten Tisch liegen die speziell zur Inter-
Einsatz kommen. Kaliber und Länge wurden vention benötigten Materialien und Flüssigkeiten
durch die Länge und den Durchmesser des Dila- (Heparin-Kochsalz-Lösung, Kontrastmittel pur, 50 ml
tationskatheters ermittelt. Ist der Stent vormon- Kontrastmittel 1:2 verdünnt) Spritzen, Drähte, die
tiert, werden keine weiteren Materialien benötigt. Schleuse etc.
Die Einführhilfe, um das hämostatische Ventil zu 4 Alle Katheter, Schleusen und Drähte werden mit He-
überwinden, ist im Lieferumfang eines vormon- parinlösung durchgespült.
tierten Stents enthalten. Bei unmontierten Stents
wird ein weiterer Dilatationskatheter der entspre-
chenden Größe und Länge sowie eine Einführhil-
fe benötigt. Der Stent wird in diesem Fall auf den
6
4.5 · Intraluminale Dilatation
291 4
. Abb. 4.66 A. carotis interna nach TEA . Abb. 4.67 Anlage des Carotis-Patches
4.6 · Weitere Operationsbeispiele
295 4
kMedikamente
brochen ist. Das Gehirn wäre dann in der Ab- 4 Heparin,
klemmphase auf der ipsilateralen Seite nicht 4 ggf. Kontrastmittel zur Kontrollangiographie.
durchblutet.
4 Weitere Möglichkeiten der Wiederherstellung sind kLagerung/Abdeckung
die Anlage eines Venenpatches, eines Veneninter- 4 Rückenlage,
ponats oder eines Protheseninterponats mit einer 4 4-Tuch-Abdeckung mit freiem Zugang zu den Leisten,
dünnwandigen PTFE-Prothese. 4 evtl. ein Bein frei zugängig abdecken – falls ein By-
4 Eine weitere Operationstechnik ist die Eversions- pass wahrscheinlich ist oder Vene für den Patch ent-
plastik. Hier wird die ACI schräg an der Gabel ab- nommen werden soll: Ein Venenpatch ist sinnvoll,
geschnitten und die Gefäße von diesem Schnitt wenn ein Infekt vorliegt, häufig bei einer Re-Operati-
aus desobliteriert. Hierfür muss die ACI umge- on. (Bei bekannter AVK ist es wahrscheinlich, dass
krempelt und die ACC ggf. etwas eingeschnitten zukünftig Venenmaterial zur Anlage eines Bypasses
werden. Anschließend wird die ACI mit einer End- benötigt wird).
zu-End-Anastomose wieder an die Gabel ange-
näht. Bei dieser Technik ist die Platzierung eines
Shunts schwierig. Profundaplastik mit Polyesterpatch und
retrograder Desobliteration mit Ringstrippern
7 Lateraler Längsschnitt unterhalb des Leisten-
bandes, präparieren von lateral nach medial, um
4.6.3 Profunda(erweiterungs)plastik die Lymphbahnen zu schonen.
7 Aufsuchen der A. femoralis comm. (AFC), An-
kPrinzip schlingen mit einem Halteband, Anlegen eines
TEA der Femoralisgabel mit evtl. retrograder Desoblite- Tourniquets.
ration (7 Abschn. 4.4.1) und anschließender Wiederher- 7 Aufsuchen der A. profunda femoris (APF) und
stellung optimaler Flussbedingungen mit einer Patchplas- A. femoralis superficialis (AFS) und mit je einem
tik von der A. profunda femoris bis zur A. femoris com- Halteband anschlingen.
munis. 7 Freipräparieren aller Gefäße von ihren Begleitve-
nen und -nerven.
kIndikation 7 Gedoppeltes Anschlingen aller Seitenäste mit fei-
4 Stenosen und/oder Verschlüsse im Bereich der Femo- nen Loops.
ralisgabel, der A. profunda femoris und der A. femo- 7 Ausklemmen der Femoralisgabel aus dem Kreislauf.
ralis superficialis, bzw. der distalen A. iliaca externa. 7 Inzision mit dem Stichskalpell, Erweiterung der
4 Die Desobliteration langstreckiger Stenosen der Arteriotomie mit der Potts-Schere.
A. fem. sup. zeigt keine guten Ergebnisse; daher wird 7 Versuch, einen hydrophilen Draht in die Aorta zu
sie eher endovaskulär interventionell behandelt. Um schieben.
die Durchblutung im Bein wiederherzustellen, wird 7 Herausschälen des Plaques aus dem Gefäß mit
die A. profunda femoris desobliteriert. Dissektor und Overholt, das distale Ende wird mit
der Schere durchschnitten.
kInstrumentarium 7 Ausmessen der ungefähr benötigten Länge des
4 Grundinstrumente, Ringstrippers und Markieren mit der Position des
4 kurze Gefäßinstrumente, Handgriffs.
4 ggf. Mikroinstrumente, 7 Aufsetzen des Ringstrippers über den Draht auf
4 Haltebänder, Loops, Clips, den Verschlusszylinder, Hochziehen des Halte-
4 in Bereitschaft: bandes, Entfernen der Femoralisklemme.
5 Ringstripper, 7 Ringstripper vorsichtig unter leichten Drehbewe-
5 Embolektomiekatheter in verschiedenen Größen, gungen nach proximal schieben, ggf. unter Bild-
5 hydrophiler Draht, wandlerkontrolle.
5 Schleuse, 7 Hat sich der Verschlusszylinder gelöst, wird er vor-
5 Embolektomiekatheter mit Zentralkanal, sichtig nach vorn gezogen, der Draht muss im Ge-
5 Gefäßprothese, fäß bleiben!
5 Polyesterpatch, 6
5 Bildwandler und Strahlenschutz.
296 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
kIndikation
4 Verschluss eines längeren Abschnitts der arteriellen
4.6.4 Venenbypass mit endoskopischer Blutversorgung im Bein durch stenosierende AVK,
Venenentnahme Aneurysma der A. poplitea.
. Abb. 4.68 Instrumente für die endoskopische Venenentnahme. (Fa. Storz): a »Schlitten«, b Optik (0° oder 30°), c Overholt und Schere,
d Ringsonden, e Clipapplikatorzange
4.6 · Weitere Operationsbeispiele
297 4
4 Haltebänder, Loops, Clips,
4 in Bereitschaft: wird der nicht eröffnete Anteil mit den Fingern
5 Ringstripper, unterminiert.
5 Embolektomiekatheter in verschiedenen Größen, 7 Absetzen der V. saphena magna und Aufbereiten:
5 hydrophiler Draht, – Die Vene wird mit Heparin-Ringer-Lösung auf-
5 Schleuse, gefüllt und begutachtet, ob sie sich genügend
5 Embolektomiekatheter mit Zentralkanal (Fogarty- aufdehnt, somit Bypass-tauglich ist.
Thru oder Over-the-wire), – Ist sie sehr sklerotisch und unflexibel und hat
5 Gefäßprothese (falls die Vene nicht als Transplantat zudem noch einen geringen Durchmesser, ist
geeignet ist), es besser, eine Prothese zu verwenden
5 Bildwandler und Strahlenschutz. – Alle Seitenäste werden entweder mit dünnen,
nicht resorbierbaren Ligaturen (4–0 gefloch-
kMedikamente ten) oder mit sehr feinen Gefäßnähten (7–0)
4 Heparin, verschlossen. Aufbewahren in Heparin-Rin-
4 Kontrastmittel zur Kontrollangiographie, ger-Lösung.
4 ggf. Actilyse, 7 Aufsuchen der A. femoralis comm. (AFC), An-
4 ggf. Prostavasin. schlingen mit einem Halteband, ggf. Anlegen
eines Tourniquet.
kLagerung/Abdeckung 7 Aufsuchen der A. profunda femoris (APF) und
4 Rückenlage, A. femoralis superficialis (AFS) und mit je einem
4 Hüfttuch bei einseitigem Vorgehen, Halteband anschlingen.
4 4-Tuch-Abdeckung mit freiem Zugang zu beiden Bei- 7 Freipräparieren aller Gefäße von ihren Begleitve-
nen (falls die Vene vom kontralateralen Bein entnom- nen und -nerven.
men werden muss). 7 Gedoppeltes Anschlingen aller Seitenäste mit fei-
nen Loops.
7 Abklemmen der AFC mit einer Pilling-Klemme.
Femoropoplitealer Bypass auf das Segment III 7 Abklemmen der APF mit eine 120°-Klemme klein.
mit endoskopischer Venenentnahme 7 Abklemmen der AFS mit einer 120°-Klemme groß.
7 Hautschnitt medial am distalen Oberschenkel. 7 Inzision mit dem Stichskalpell, Erweiterung der
7 Aufsuchen der V. saphena magna, Clippen der Sei- Arteriotomie mit der Potts-Schere.
tenäste. 7 Gibt es einen proximalen Verschluss, weiteres Vor-
7 Einbringen des Operationsschlittens (inkl. Optik) gehen wie in »Profundaplastik« beschrieben, mit
und vorsichtiges Vorschieben. dem Versuch, einen hydrophilen Draht in die Aor-
7 Aufladen der Vene auf die Ringsonde und vorsich- ta zu schieben.
tiges Präparieren. 7 Ist das Gefäß bypasstauglich, die Vene in einen
7 Unter Monitorkontrolle die weiteren Seitenäste feuchten Streifen einlegen, das markierte Ende für
der Vene clippen und durchtrennen. die Anastomose vorbereiten und Nähen der obe-
7 Weiteres Vorschieben des Schlittens und der ren Anastomose End-zu-Seit oder End-zu-End (je
Ringsonde bis zur Leiste. nach Vorbehandlung des Spendergefäßes).
7 Lateromedialer Längsschnitt unterhalb des Leis- 7 Konnte die Vene nicht umgedreht werden, weil sie
tenbandes, Präparieren von lateral nach medial, sich am distalen Ende zu sehr verjüngt, werden
um die Lymphbahnen zu schonen. nach Anlage der Anastomose die Venenklappen
7 Aufsuchen der Einmündung der V. saphena magna mit einem Valvulotom zerstört.
in die V. femoralis, Absetzen mit einem Overholt, 7 Prüfen des Blutflusses und temporärer Verschluss
Durchstechungsligatur nach zentral (. Abb. 4.69). der Vene mit einer Mikrobulldogklemme.
7 Entfernen des Schlittens und der Ringsonde, 7 Temporäres Deponieren der Vene im proximalen
Durchziehen des proximalen Anteils der Vene Schnitt in einem feuchten Streifen.
nach distal. 7 Erweiterung des distalen Schnitts in die Tiefe und
7 Weiterer Hautschnitt unterhalb des Knies, Aufsu- Freipräparieren der A. poplitea, anschlingen.
chen der V. saphena magna und auch hier Präpa- 7 Vorsichtiger Durchzug der Vene unter den noch
rieren nach proximal bis zum losen Ende. Hierfür verschlossenen Hautarealen mit einem Tunnelator
6 6
298 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
kInstrumentarium
4 Kurzes und langes Grundinstrumentarium, ! Das Präparat muss histologisch untersucht werden.
4 tiefe Haken (z. B. Leberhaken), Wundspreizer (z. B. nach Bei männlichen Patienten kann die beidseitige
Finocchietto, nach Balfour, s. . Abb. 4.26, . Abb. 4.27), Sympathektomie zu Potenzstörungen führen.
4.6 · Weitere Operationsbeispiele
301 4
4.6.7 Thorakale Sympathektomie 4.6.8 Transperitonealer Aortenersatz
kPrinzip kPrinzip
Thorakoskopische Entfernung einiger Ganglien des Ersatz der Aorta abdominalis mit einer Polyesterprothese.
N. sympathicus im thorakalen Abschnitt. Für den Verlauf der Operation ist es erforderlich, zu wis-
sen, in welcher Höhe das Aneurysma proximal beginnt:
kIndikation 4 Infrarenales Aneurysma: Das Aneurysma beginnt un-
4 Stenosierende AVK der oberen Extremität. terhalb der Nierenarterienabgänge, die Aortenklem-
4 Hyperhidrosis (exzessive Schweißbildung an den me kann unterhalb platziert werden.
Händen). 4 Juxta- oder pararenales Aneurysma: Das Aneurysma
beginnt direkt an den Nierenarterienabgängen oder
kInstrumentarium bezieht sie mit ein. Die Gefäßwand ist kurz unterhalb
4 Thorakoskopische Instrumente (7 Kap. 6), der Abgänge der Nierenarterien noch intakt, für die
4 Optik und Lichtkabel, Aortenklemme jedoch zu kurz, sie muss oberhalb der
4 Bereitstellung des Videoturms. Abgänge platziert werden, die Prothese kann aber un-
terhalb eingenäht werden.
! Die Patienten bekommen einen Doppellumentu-
4 Suprarenales Aneurysma: Das Aneurysma beginnt ober-
bus, weil die Lunge einseitig entlüftet wird, um an
halb der Abgänge der Nierenarterien, möglicherweise
der Thoraxhinterwand den N. sympathicus zu sehen.
sind auch eine oder beide Nierenarterien aneurysma-
tisch verändert und müssen mit rekonstruiert werden.
kLagerung/Abdeckung
! Müssen die Nieren für die Zeit der Anastomose
4 Stabile Seitenlage auf einer Vakuummatte (. Abb. 4.45),
aus dem Kreislauf ausgeklemmt werden, sollten
4 den ipsilateralen Arm in einer Göbel-Stütze so tief
sie durch die Instillation von heparinisierter ge-
wie möglich lagern (damit die Optik kreisend bewegt
kühlter Ringer-Lösung (4°C) heruntergekühlt
werden kann).
werden. Eine geringere Kerntemperatur verlang-
4 4-Tuch-Abdeckung unter freiem Zugang zur Wirbel-
samt den Stoffwechsel, die Nieren können eine
säule, zur Axilla und den Mamillen.
längere Abklemmzeit tolerieren, ohne einen
funktionellen Schaden zu nehmen.
Thorakale Sympathektomie
7 Hautschnitt im 3. oder 4. ICR. kIndikation
7 Erweitern mit der Schere. 4 Aneurysma des Pars abdominalis der Aorta, mit oder
7 Die betroffene Lunge wird von der Beatmung ge- ohne Beteiligung der Gefäße im weiteren Verlauf
nommen. (Aa. renales, Aa. iliacae ext. et int.). Je nach Indika-
7 Einbringen von 2 Trokaren (ID: 10–12 mm). tion ist die Rekonstruktion mit einer Rohrprothese
7 Einbringen der Optik und eines Taststabes. oder einer Y-Prothese möglich. Für den Ersatz der
7 Inspektion der Thoraxhöhle. Nierenarterien gibt es spezielle, sehr dünnwandige
7 Einbringen eines dritten Trokars. Prothesen, für eine evtl. nötige Rekonstruktion der
7 Weghalten der Lunge (mit Taststab oder Endo- Iliacagabel reicht i. d. R. die Länge der Prothesen-
Retract). schenkel an der Y-Prothese aus.
7 Aufsuchen der ersten Rippe als Orientierungshilfe.
7 Inzision des Rippenfells mit dem Elektrohaken. kInstrumentarium
7 Aufsuchen des N. sympathicus. 4 Kurze und lange Grundinstrumente,
7 Freipräparieren des N. sympathicus nach kaudal 4 kurze und lange Gefäßinstrumente,
über eine Strecke von ca. 5–8 cm (Orientierungs- 4 Bauchhaken,
punkte sind 2 Ganglien). 4 Bauchdeckenrückhaltesystem z. B. Bookwalter-Re-
7 Absetzen des freien Stücks Sympathikus (Histologie). traktor, Rochard-Haken,
7 Ggf. Blutstillung. 4 Haltebänder, Loops, Clips,
7 Einbringen einer Thoraxdrainage. 4 Polyesterprothese,
7 Entfernen aller Trokare, Instrumente und Textilien, 4 ggf. gekühlte Ringer-Lösung für die Nierenprotektion.
Zählkontrolle, Dokumentation, evtl. Redon-Drai-
nage, schichtweiser Wundverschluss, Verband. kMedikamente
Heparin.
302 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
kLagerung/Abdeckung
4 Rückenlage, OP-Tisch aufgeklappt (7 Abschn. 4.3), 7 Die A. mesenterica inferior wird geprüft: wenn ein
4 hohe 4-Tuch-Abdeckung mit freiem Zugang zu bei- guter oder kein Blutrückfluss vorhanden ist, wird
den Leisten. das Gefäß unterbunden. Gibt es nur einen
schwachen Rückstrom, wird das Gefäß in die Pro-
these eingenäht.
Rekonstruktion der infrarenalen Aorta 7 Sind alle Anastomosen genäht, werden sie noch
abdominalis einmal auf Dichtigkeit kontrolliert.
4 7 Hautschnitt vom Sternum bis zur Symphyse, der 7 Zählkontrolle aller Instrumente und Textilien, Do-
Nabel wird links umschnitten, oder quere Ober- kumentation, schichtweiser Wundverschluss. Be-
bauchlaparotomie. gonnen wird mit dem Aneurysmasack, der über
7 Präparieren bis auf die Faszie mit monopolarem der Prothese verschlossen wird, um den direkten
Strom. Kontakt der Darmschlingen mit der Prothese zu
7 Zwischen zwei Pinzetten wird mit der Schere das vermeiden. Langfristig könnte es sonst zu einer
Peritoneum eröffnet. aortoduodenalen Fistel kommen.
7 Vollständige Eröffnung des Bauchraumes. 7 Ist die Indikation zur Y-Prothese nicht ein Aneu-
7 Inspektion des Bauchraumes. rysma, sondern eine Stenose (z. B. in der Bifurkati-
7 Umlegung der Schnittränder mit feuchten Bauch- on), erfolgt der Anschluss an die Aa. femorales un-
tüchern, Einsetzen des Rochardhakens und des terhalb des Leistenbandes. Die proximale Anasto-
Retraktors. mose wird dann als End-zu-Seit-Anschluss genäht.
7 Verlagern des Dünndarmkonvoluts auf einem Dadurch können die Lumbalgefäße und auch die
feuchten Bauchtuch über die rechte Bauchseite A. mesenterica inf. offen bleiben. Das Blut wird
nach außen. über den Bypass zu den Beinen umgeleitet.
7 Einsetzen von selbsthaltenden oder fixierbaren
Haken.
7 Eröffnen des Retroperitoneums.
7 Anschlingen der A. mesenterica inferior mit einem 4.6.9 Thorakaler Aortenersatz
feinen Loop.
7 Bei einer Y-Prothese werden die Aa. iliacae comm. kPrinzip
und/oder int. und ext. angeschlungen. Ersatz von Teilen der thorakalen Aorta mit einer Polyester-
7 Abklemmen der Aorta mit einer Gefäßklemme. prothese. Für den Verlauf der Operation ist es erforderlich
7 Abklemmen der Iliacalgefäße. zu wissen, in welchem Abschnitt der thorakalen Aorta sich
7 Inzision der Aorta und weiteres Eröffnen. das Aneurysma befindet:
7 Digitale Ausräumung und Entfernen der Throm- 4 Aorta ascendens: Beginnt am linken Ventrikel und
ben, weitere Kalkablagerung mit einer stumpfen endet am Truncus brachiocephalicus
Kürette entfernen. 4 Aortenbogen: Beginnt hinter dem Truncus brachioce-
7 Blutende Lumbalgefäße werden mit gefloch- phalicus und endet am Abgang der A. subclavia sinistra
tenen, nicht resorbierbaren Nähten umstochen. 4 Aorta descendens: Beginnt hinter der A. subclavia
7 Ggf. Anlegen von Haltefäden an beide Seiten der sin. und endet am Zwerchfell
Aneurysmawand.
7 Einnähen der Prothese (End-zu-End) in die vorbe- ! Ein Ersatz am Aortenbogen kann nur unter
reitete proximale Aorta. Nach Fertigstellung der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine erfolgen
oberen Anastomose wird die Prothese etwas un- (7 Kap. 7), während eine Transposition der ab-
terhalb der Anastomose mit einer Gefäßklemme zweigenden Gefäße des Aortenbogens ohne
abgeklemmt und die Aortenklemme gelöst. Die HLM möglich ist (7 Abschn. 4.6.11).
Anastomose wird auf Dichtigkeit geprüft, ein
Streifen wird eingelegt. kIndikationen
7 Vorbereiten des unteren Anteils der Aorta, bzw. 4 Aneurysma und/oder Dissektion der thorakalen Aor-
der Iliacalgefäße für die Anastomose(n). ta. Je nach Indikation ist die Rekonstruktion offen mit
7 Nähen der unteren Anastomose bzw. der iliacalen einer Rohrprothese oder interventionell mit einer
Anschlüsse (. Abb. 4.72). Stentprothese (7 Abschn. 4.5) möglich.
6 4 Bei Implantation einer Stentprothese im Aortenbogen
müssen die abzweigenden Gefäße transponiert wer-
4.6 · Weitere Operationsbeispiele
303 4
c d
. Abb. 4.72a–d Bauchaortenaneurysma. a Die Klemme ist bereits über der Prothese wieder verschlossen werden (»Graft-inclusion-
gesetzt, die gestrichelte Linie zeigt die Schnittführung zur Eröffnung Technik«). d Ersatz der Bauchaorta und der Beckengefäße mit einer
des kranken Aortenbereichs. b Ersatz der Bauchaorta durch die Y-Prothese. (Nach Bauer u. Ennker 2003)
Rohrprothese. c Die verbleibende kranke Aortenwand kann nun
kPrinzip
Ersatz des thorakoabdominalen Aortenabschnitts, der sich 4 lange Haken,
von der zwerchfellnahen thorakalen Aorta bis zu den Nie- 4 ggf. Laparotomieinstrumente,
renarterien oder weiter nach distal erstreckt, mit einer Po- 4 ggf. Bauchdeckenrückhaltesystem z. B. Bookwalter-
lyesterprothese. Alle Veränderungen der Aorta in diesem Retraktor, Rochard-Haken,
Bereich werden über einen Zweihöhleneingriff mit Durch- 4 Haltebänder, Loops, Clips,
trennung des Zwerchfells versorgt. 4 primär dichte Polyesterprothesen in großen Kalibern
Um die Ischämiezeit (Zeit der »Nichtdurchblutung«) (20–30 mm),
so kurz wie möglich zu halten, gibt es mehrere Möglich- 4 großkalibrige Thoraxdrainagen,
keiten: 4 ggf. Aortenkanüle, Verbindungssystem und Katheter
4 Anschluss an eine Herz-Lungen-Maschine oder eine für die intraoperative Perfusion (. Abb. 4.73),
Bio-Pumpe (aktives Bypassverfahren), 4 Linearcutter für die Zwerchfelldurchtrennung,
4 vorherige Anlage eines großkalibrigen axillofemo- 4 ggf. auf 4°C gekühlte Ringer-Lösung.
ralen Bypasses auf der rechten Körperseite (passives
Bypassverfahren). Der Abfluss in die Kollateralen kMedikamente
während der Abklemmzeit ist nicht behindert, der lo- 4 Heparin,
kale Druck in der Aorta sinkt, retrograd bekommen 4 Prostavasin (für die Nierenprotektion).
alle Organe mehr Blut,
4 Punktieren des axillofemoralen Bypasses mit einer kLagerung/Abdeckung
Aortenkanüle und Anlage eines Schlauch- und Kathe- 4 Kombinierte Rücken-Seiten-Lage bei Eingriffen an
tersystems zur intraoperativen Perfusion der Nieren der thorakoabdominalen Aorta (7 Abschn. 4.3.2),
und der A. mesenterica superior. 4 Hohe 4-Tuch-Abdeckung mit freiem Zugang zu bei-
den Leisten und der rechtsseitigen Axilla (um den
Alle betroffenen Abgänge (Truncus coeliacus, A. mesenteri- temporären axillofemoralen Bypass am Ende der OP
ca superior, Aa. renalis sinistra et dextra) müssen anschlie- entfernen zu können,
ßend wieder in die Prothese eingenäht (reinseriert) werden. 4 Doppellumentubus (7 Abschn. 4.6.7).
Diese Operation eines TAAA (thorakoabdominales Aor-
tenaneurysma) ist durch die Hybridoperation weitestgehend
verdrängt worden, wenn die Ausschaltung des Aneurysmas 4.6.11 Hybridoperationen
mit einer Stentprothese vorher nicht möglich war.
Die Weiterentwicklung der interventionellen Techniken
kIndikation hat in den vergangenen Jahren die Gefäßchirurgie revolu-
4 Aneurysma und/oder Dissektion der thorakoabdomi- tioniert. Insbesondere die Aortenrekonstruktion hat sich
nalen Aorta. durch die Hybridoperation entscheidend verändert. Kon-
ventionelle Operation und endovaskuläre Techniken er-
kInstrumentarium gänzen sich, sodass die traumatischen und die kardiopul-
4 Kurze und lange Grundinstrumente, monalen Belastungen reduziert werden.
4 lange Gefäßinstrumente, Diese Kombinationseingriffe können ein- oder zwei-
4 Instrumente zur Thoraxeröffnung (Rippenschere, zeitig durchgeführt werden. Ein einzeitiges Vorgehen ist
Raspatorium nach Doyen, Rippenretraktor), bei der Versorgung einer peripheren AVK obligat.
4.6 · Weitere Operationsbeispiele
305 4
Ist der Zustrom aus dem Beckengefäß in die Femoral-
arterie nicht ausreichend, kann eine evtl. vorhandene Ste-
nose der A. iliaca mit einem Dilatationskatheter beseitigt
oder ein Stent appliziert werden. Dieses Verfahren hat auch
in der Aortenrekonstruktion von thorakoabdominalen
Aortenaneurysmen (TAAA) Einzug gehalten.
Sog. Debranchingoperationen (»debranch« = engl.
entasten) ermöglichen es, ohne den Einsatz einer Herz-
Lungen-Maschine und mit vergleichsweise kurzen Ab-
klemmzeiten ein TAAA zu versorgen.
Viszerales Debranching
kPrinzip
Rekonstruktion der Durchblutungssituation mittels einer
drei- oder vierschenkeligen Aortenprothese (Tripod/
Quadpod) über einen abdominalen Zugang. Die rele-
vanten Viszeralarterien (A. hepatica, A. mesenterica supe-
rior) sowie beide Nierenarterien werden in einen Bypass
eingenäht, der sie mit Blut aus der A. iliaca comm. dextra
versorgt (. Abb. 4.74).
In gleicher Sitzung kann auch – falls notwendig – der
interventionelle Zugangsweg (A. iliaca) durch die vorge- . Abb. 4.74 Hybridoperation: Rekonstruktion der Durchblutungssi-
schaltete Implantation einer konventionellen Y-Prothese tuation mit vierschenkeliger Aortenprothese
verbessert werden, wenn die Aortenwand infrarenal an-
schlussfähig ist.
Durch diese Transposition der viszeralen Durchblu- 4.6.12 Ablative Chirurgie
tung wird die Platzierung einer Stentprothese ermöglicht,
die von der Aortenbifurkation bis zum Abgang der Im Endstadium der AVK imponiert die Ischämie als Ne-
A. subclavia sinistra reicht. krose (Gangrän). Ist diese infiziert, spricht man von einer
feuchten Gangrän. Um eine Ausbreitung der Infektion zu
Aortenbogendebranching verhindern, muss das abgestorbene Gewebe entfernt, am-
kPrinzip putiert werden.
Transposition der supraaortalen Äste bei Aneurysmen des Das chirurgische Vorgehen bei Amputationen hängt
Aortenbogens bzw. zur Verlängerung der Landungszone vom Zustand der Extremität ab. Mögliche Amputationen,
für die Aortenstentprothese. von distal beginnend, sind:
4 Minoramputationen:
Subtotales Aortenbogendebranching 5 Zehenstrahlresektion(en),
Anlegen eines carotidosubclavialen Bypasses von rechts 5 sog. Spaltfußresektion (Zehenstrahl II–IV), inkl.
nach links mit Reinsertion der A. carotis communis Fußwurzelknochen,
(. Abb. 4.75). Diese Verlagerung ermöglicht eine Stentpro- 5 Vorfußamputation,
these, die vom Abgang des Tr. brachiocephalicus bis zum 5 distale Unterschenkelamputation.
Tr. coeliacus reicht oder darüber hinaus, wenn ein visze- 4 Majoramputationen:
rales Debranching vorgeschaltet war. 5 Unterschenkelamputation mit Kniegelenkexartiku-
lation,
Totales Aortenbogendebranching 5 Oberschenkelamputation,
Anlegen eines Bypasses von der Aorta ascendens 5 Oberschenkelentfernung mit Hüftgelenkexartiku-
zum Tr. brachiocephalicus und zur A. subclavia sinistra lation (sehr selten).
mit Reinsertion der A. carotis und subclavia (. Abb.
4.75b). Amputationen der oberen Extremität aufgrund von AVK
Diese Operation erfolgt über eine Sternotomie. Der sind sehr selten.
Pars ascendens wird tangential mit einer Satinsky-Klemme Wichtig bei Amputationen sind die richtige Schnitt-
ausgeklemmt (. Abb. 4.76); so ist der Einsatz einer Herz- ebene am Knochen (schräg nach proximal verlaufend), das
Lungen-Maschine auch hier nicht erforderlich. sorgfältige Feilen der Knochenränder und eine gute Pols-
306 Kapitel 4 · Gefäßchirurgie
a b
. Abb. 4.75a, b Partielles Bogenhybrid: a Extrathorakaler karotido- Anflanschen eines suprakoronaren aszendobrachiozephalen 10-mm-
subklavialer 8-mm-Dacron-Cross-over-Bypass prätracheal mit Re- Dacronbypasses mit jeweiliger Transposition von Subclavia und Ca-
insertion der linken A. carotis communis in den Bypass mit Über- rotis und Überstenten aller 3 supraaortischen Abgänge. (Nach Schu-
stenten der linken Subclavia und Carotis. b Komplettes Debranching macher 2009)
und totales Bogenhybrid: partielle Sternotomie, intraperikardiales
. Abb. 4.76 Tangentiale Wandausklemmung mit einer Satinsky- . Abb. 4.77 Amputationsinstrumente
Klemme. (Fa. Martin)
a b c d
. Abb. 4.78 Schematische Darstellung der 4 Stadien einer Stamm- Krankheitsbild entspricht der Seitenastvarikose der V. saphena ac-
varikose der V. saphena magna nach der topographischen Lokalisati- cessoria lateralis (Hach I). b Distaler Insuffizienzpunkt im Bereich des
on des distalen Insuffizienzpunkts. a Distaler Insuffizienzpunkt an Oberschenkels (Hach II), c am Unterschenkel (Hach III), d am Fuß
der Basis des anormal großen Mündungstrichters in der Leiste; das (Hach IV). (Aus Hach et al. 2007, mit frdl. Genehmigung)
. Abb. 4.79 Varizenoperation nach Babcock. Nach Aufsetzen des entsprechenden Extraktionssondenkopfes wird die Vene von der proxima-
len Inzision aus nach distal gezogen. (Nach Heberer et al. 1993)
Heute ist es üblich, eine stadiengerechte Therapie der kVorbereitung der Patienten
CVI (chronisch venöse Insuffizienz) vorzunehmen, bei der Die Varizen werden beim stehenden Patienten mit einem
ausschließlich die erkrankten Venenanteile entfernt werden, wasserfesten Stift angezeichnet. Perforansvenen werden
inkl. der varikösen Seitenäste. Eine sterile Blutsperre schützt gesondert gekennzeichnet (z. B. mit einem Kreis).
das umliegende Gewebe vor Einblutungen (Krossketomie).
kInstrumentarium
kIndikationen 4 Feine Grundinstrumente,
4 Symptomatische Varikosis mit Insuffizienz der Mün- 4 Hautspreizer,
dungsklappe (letzte Venenklappe der V. saphena ma- 4 Extraktionssonde (. Abb. 4.80) oder als Einmalmate-
gna vor ihrer Einmündung in die V. femoralis) und/ rial,
oder insuffizienten Vv. perforantes, 4 elastische und Babcockbinden.
4 kosmetische Gründe.
4.7 · Erkrankungen des venösen Systems
309 4
Venenthrombosen betreffen zum überwiegenden Teil die
Beine und das Becken; die Arme und der Schultergürtel
sind seltener betroffen.
Ursachen
Siehe Pathophysiologie. Außerdem kommt eine Phlegma-
sia coerulea dolens in Betracht, eine Sonderform der Phle-
bothrombose, die sehr plötzlich auftritt und alle Venen des
Beines betrifft.
Komplikationen
4 Stauungen und subfasziale Ödeme (Kompart-
mentsyndrom),
4 postthrombotisches Syndrom,
4 reflektorische arterielle Minderdurchblutung (Gewe-
beschädigung),
4 Lungenembolie.
Therapie
4 Thrombektomie,
4 Faszienspaltung,
4 Antikoagulation,
4 Lysetherapie,
4 Kompressionsverband,
4 ggf. Anlage einer arteriovenösen Fistel.
kLagerung kIndikationen
4 Rückenlagerung (V. saphena magna) oder Bauchlage- 4 Thrombose der tiefen Venen (nicht älter als 14 Tage),
rung (V. saphena parva), 4 Phlegmasia coerulea dolens (eine plötzlich auftre-
4 Neutralelektrode nach Vorschrift. tende Sonderform der Phlebothrombose);
4 eine Lysetherapie ist kontraindiziert.
kLagerung/Abdeckung
4 4 Anti-Trendelenburg-Lagerung mit angehobenem
Oberkörper und leicht abgesenkten Beinen.
4 Beide Beine und der gesamte Oberkörper bis zum Ju-
gulum dürfen nicht abgedeckt werden, um ggf. eine
Sternotomie durchführen zu können.
4 Beachtung der Strahlenschutzrichtlinien.
5.2 Portsysteme
jVorteile des Ports
Ein Portsystem ist ein Katheter in Kombination mit einer 4 Die Portsysteme werden operativ vollständig implan-
Infusionskammer, der vollständig unter der Haut implan- tiert. Das Infektionsrisiko ist vermindert.
tiert wird. 4 Für Langzeittherapien besteht ein sicherer Gefäßzu-
Spezielle Medikamente müssen zentralvenös appliziert gang, periphere Gefäße werden geschont.
werden, da sie die Venenwand reizen und zu schweren Ent- 4 Die Krankenhausverweildauer wird verkürzt, da eine
zündungen führen könnten. Ein Port bietet höchstmög- ambulante Betreuung des Patienten möglich ist.
lichen Infektionsschutz, und wiederholte schmerzhafte
Punktionen können vermieden werden.
Die Portkammer wird subkutan verlegt und der Kathe- 5.2.1 Systemarten
ter entweder offen über die V. cephalica eingeführt oder
durch Punktion der V. subclavia in Seldinger-Technik un- Zentralvenöse Systeme
ter Durchleuchtung platziert (. Abb. 5.2). Sie bieten einen dauerhaften venösen Zugang für die Zyto-
statikabehandlung von bösartigen Tumorerkrankungen,
jMaterialien für periodische und kontinuierliche Medikamentenverab-
Die verschiedenen Systeme unterscheiden sich in den Ma- reichungen und diagnostische Blutentnahmen, bei schwie-
terialien, nicht in der Implantationstechnik. rigen Gefäßverhältnissen und hohem Insulinbedarf, bei
Die Infusionskammern werden aus Titan oder Polysul- Asthmapatienten und zur parenteralen Ernährung.
fon und in unterschiedlichen Höhen hergestellt: Bei Kin- Die üblichen Zugänge sind über die rechte V. cephalica
dern werden z. B. Flachports bevorzugt. und die rechte V. jugularis interna. Letztere wird häufig nach
Die Kammern werden durch eine Silikonmembran Seldinger-Technik punktiert, d. h. Punktion der Vene, Ge-
verschlossen, die je nach Modell bis zu 3.000-mal punktiert fäßerweiterung mit dem Dilatator, Vorschieben des Kathe-
ters über einen Führungsdraht in die obere Hohlvene. An-
schließend erfolgt die Implantation des Ports (. Abb. 5.2).
Intraarterielle Systeme
Intravenöse und intraarterielle Systeme sind ähnlich auf-
gebaut. Letztere verfügen zur Fixierung im Gefäß über ei-
nen Sicherungsring.
Sie dienen der regionalen Chemotherapie bei Primär-
tumoren und Metastasen, die nicht operiert oder bestrahlt
werden können. Meist handelt es sich um Lebertumoren.
Hierbei wird der Katheter über eine Laparotomie in die
A. gastroduodenalis so weit vorgeschoben, dass die Kathe-
terspitze etwa 2 mm in die A. hepatica propria hineinragt.
Die Infusionskammer wird in einer vorbereiteten subkuta-
nen Tasche fixiert. Außerdem wird die Gallenblase zur
Vermeidung einer späteren medikamentenbedingten Cho-
lezystitis entfernt und die A. gastrica dextra wegen der
. Abb. 5.2 Venöses Portsystem. (Beispiel: nach Fa. Ohmeda) Gastritisgefahr ligiert.
314 Kapitel 5 · Shunt- und Portsysteme
5 4 Der Patient liegt in Rückenlage auf einem Durch- Hautinzision erfolgt eine Probepunktion des Sys-
leuchtungstisch. tems mit der Spezialnadel (z. B. Huber-Nadel mit
4 Der Kopf ist leicht rekliniert und zur linken Seite ge- Extraschliff ).
dreht.
4 Der Oberkörper ist etwas aufgerichtet.
4 Anbringen der neutralen Elektrode nach Vorschrift. Intraspinale Systeme
4 Patient und Personal tragen einen Röntgenschutz. Die spinalen oder periduralen Systeme unterscheiden sich
von den bisher beschriebenen Systemen im Punktionssys-
tem für den Katheter. Der Katheter wird durch einen sub-
Zentralvenöses System
kutanen Tunnel geführt und am Port angeschlossen, der
7 Nach der Hautdesinfektion und dem Abdecken gewöhnlich auf den unteren Rippen fixiert wird.
erfolgt die örtliche Betäubung. Dieses System wird zur Langzeitschmerztherapie, bei
7 Beim Zugang über die V. cephalica wird die Haut Tumorschmerzen und anderen Schmerzzuständen ein-
quer, etwa 3 cm unterhalb der rechten Klavikula gesetzt.
und bei der V. jugularis interna ca. 2 cm oberhalb
davon inzidiert.
7 Die V. cephalica wird aufgesucht, unterfahren, an- 5.2.2 Arteriovenöse Fistel nach
geschlungen und nach distal ligiert. Mit dem Sti- Brescia-Cimino
lett wird das Gefäß inzidiert und der Venenkathe-
ter vorgeschoben. Es folgt die Lagekontrolle der 1960 entwickelte Belding H. Scribner in Seattle einen
Katheterspitze mit dem Durchleuchtungsgerät, Shunt. Dabei wurde ein künstliches Blutgefäß aus Teflon in
ggf. unter Kontrastmittelgabe, ggf. mit Portfinder, den Unterarm implantiert. Auf diese Weise wurde es mög-
dann keine intraoperative Röntgenkontrolle. Nach lich, Patienten mit Nierenversagen länger am Leben zu
OP erfolgt immer eine röntgenologische Lage- erhalten. Die Weiterentwicklung ist die arteriovenöse Fis-
kontrolle im Thorax. Nach dem Knoten des nicht tel nach Brescia-Cimino: Eine arteriovenöse Fistel wird
resorbierbaren zentralen Fadens wird die Funkti- den Dialysepflichtigen, wenn möglich, am nichtdomi-
on des Systems überprüft, indem Heparin-Koch- nanten Arm zwischen der A. radialis und der V. cephalica
salz-Lösung gespritzt und anschließend Blut aspi- angelegt. Dadurch kommt es zur Erweiterung und Hyper-
riert wird. trophie der Vene. Die AV-Fistel ermöglicht einen hohen
7 Viele Systeme bieten ein Punktionsset an. Nach Blutfluss in die Vene, der ca. 600 ml/min betragen soll. Die
perkutaner oder offener Punktion der V. subclavia Shuntvene sollte möglichst oberflächlich liegen, um gut
wird unter Bildwandlerkontrolle ein Führungs- punktierbar zu sein.
draht bis in die V. cava superior vorgeschoben. Die Art der Anastomosierung kann unterschiedlich
Anschließend wird über den Führungsdraht der sein, häufig wird eine End-zu-Seit-Anastomose der Vene
Portkatheter implantiert und die Porttasche wie in die Arterie vorgenommen. Die geeigneten Gefäße kön-
im Folgenden beschrieben angelegt. Das Freile- nen präoperativ durch eine Duplexsonographie geortet
gen der V. cephalica entfällt somit. und auf der Haut markiert werden.
7 Vorbereiten der subkutanen Porttasche: Dafür
wird weiter distal erneut Lokalanästhetikum inji- ! Blutabnahme durch Punktion einer Shuntverbin-
ziert und von der gleichen Hautinzision aus eine dung ist ebenso obsolet wie die Anlage einer
entsprechend große Tasche stumpf präpariert. Manschette zur Dauerblutdruckmessung.
6
5.3 · Peritoneovenöse Shunts
315 5
kLagerung
4 Der Patient liegt auf dem Rücken.
4 Der zu operierende Arm wird auf einem seitlich am
Tisch montierten Handtisch ausgelagert.
4 Anbringen der Neutralelektrode nach Vorschrift oder
Vorbereiten der bipolaren Diathermie.
jDenver-Shunt
Der Denver-Shunt (. Abb. 5.5) besitzt eine Pumpkammer
mit Einwegventil, mit dem der Patient das System selbst
durchspülen kann.
jLe-Veen-Shunt
Der Le-Veen-Shunt ist das ältere Kathetermodell. Er unter-
scheidet sich vom Denver-Shunt dadurch, dass er zwar ein
Ventil, aber keinen Pumpmechanismus aufweist.
Beide Systeme haben an Bedeutung verloren.
Thoraxchirurgie
M. Liehn, R. Böttger, M. Nakashima
Der Thorax teilt sich in die linke und die rechte Thorax-
hälfte, in der Mitte wird er durch das Mediastinum be-
grenzt, zum Bauchraum bildet das Zwerchfell die Abgren-
zung.
Die knöcherne Thoraxwand besteht aus 12 Rippenpaa-
ren, die von muskulärem Weichgewebe umgeben sind.
Von innen unterscheidet man die Pleura,- die Peri-
kard- und die Peritonealhöhle.
6 a b
6.1.2 Pleura (Brustfell) . Abb. 6.1 a Rechte Lunge in der Ansicht von lateral. b Linke Lunge
in der Ansicht von lateral. (Nach Siewert 2001).
Die Pleura besteht aus zwei serösen Hautschichten:
4 die Pleura visceralis (Pleura pulmonalis), sie bekleidet
die Lungenflügel und geht am Hilus über in 6.1.4 Mediastinum (Mittelfellraum,
4 die Pleura parietalis (Pleura mediastinalis, P. dia- vorderer Brustraum)
phragma, P. costalis)‚ sie bildet das Rippenfell.
Als Mediastinum wird der Bereich zwischen den Lungen-
Zwischen der Pleura visceralis und parietalis befindet sich flügeln bezeichnet. Vorn (ventral) wird das Mediastinum
der Pleuraspalt, in dem ein Flüssigkeitsaustausch stattfin- durch das Sternum und seitlich (lateral) von den Rippen
det sowie Flüssigkeitsansammlungen resorbiert werden. begrenzt. Nach kranial gibt es keine besondere Begrenzung
Die Pleuraflüssigkeit verhindert eine starke Reibung der in die Halsregion. Die Pleura mediastinalis umkleidet den
Pleurablätter, wenn sich durch die Atmung die Pleura- vorderen Mediastinalraum, und das Zwerchfell begrenzt
schichten gegeneinander verschieben. den unteren Mediastinalraum.
Der physiologische negative Druck im Pleuraspalt be-
trägt 3 cm H2O und während der Einatmung –10 cm H2O.
6.2 Thoraxinstrumentarium
. Abb. 6.2 Raspatorium nach Doyen. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 6.4 Lungenfasszange nach Duval. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 6.3 Rippenschere nach Brunner. (Fa. Aesculap AG)
Klammernahtinstrumente (7 Abschn. 2.1.2), hauptsäch- Kleine Parenchymfisteln oder diffuse oberflächliche Blu-
lich Einwegstapler mit integrierter Schneidevorrichtung, tungen können durch Anwendung verschiedener Abdich-
ersetzen den klassischen Nahtverschluss immer öfter. tungsmaterialien intraoperativ thorakoskopisch verschlos-
In der Thoraxchirurgie kommen vorzugsweise lineare sen werden.
Stapler zum Einsatz, die in verschiedenen Nahtlängen und 4 Fibrinkleber wird über Sprühkatheter appliziert.
Klammergrößen angeboten werden. Sie werden zum Ab- 4 Tachosil, ein schwammähnliches Material, das mit
setzen von Lungenparenchym und bei Keilresektionen Human-Fibrinogen und Human-Thrombin beschich-
(s. unten) angewendet. 90° abgewinkelte Stapler zum Ver- tet ist, wird aufgelegt.
schluss des Bronchus bieten einen großen Vorteil gegen-
über der herkömmlichen Methode. Sie ermöglichen auch
unter schwierigen Bedingungen einen zügigen, sicheren 6.2.4 Gewebeersatzmaterial
und luftdichten Bronchusverschluss.
Ersatzmaterialien werden nach der Entfernung von Rip-
pen, Sternum, muskulären Brustwandteilen nach Peri-
6.2.2 Laserchirurgie kard-/Zwerchfellresektionen eingebracht. Die Größe des
Defektes bestimmt die Wahl des plastischen Ersatzes. Zur
In der Thoraxchirurgie kommen alternativ ND:Yag-Laser, Rekonstuktion stehen wahlweise nicht resorbierbare
Argonlaser oder Diodenlaser zum Einsatz, um Tumorge- Kunststoffnetze oder Gore-Tex-Membranen, die 1–2 mm
webe im Lungenparenchym gezielt zu verkleinern oder zu dick sind, zur Verfügung. Als Perikardersatz eignen sich
entfernen. Tumoren der Trachea oder der Bronchien kön- Gore-Tex oder resorbierbare Netze.
nen bronchoskopisch mittels eines starren Bronchoskops
entfernt oder verkleinert werden. Im Umgang mit Laserge-
räten gelten die Herstellerhinweise und die Arbeitsschutz-
bestimmungen der TRBA 250.
320 Kapitel 6 · Thoraxchirurgie
kLagerung a b
4 Der Patient liegt auf der nicht zu operierenden Körper-
hälfte, die zu operierende Körperhälfte ist frei zugänglich. . Abb. 6.5a, b Schnittführung bei Thorakotomie. a Anterolaterale
4 Der unten liegende Arm lagert nach ventral ausge- Thorakotomie: M. pectoralis und M. latissimus dorsi werden, wenn
überhaupt, nur am Rande gekerbt, lediglich der M. serratus anterior
streckt fixiert auf einer gepolsterten Armschiene. wird an seiner Rippeninsertion abgetrennt (muskelschonende, funk-
4 Der oben liegende Arm wird über den Kopf gestreckt tionell günstige Inzision; für alle Eingriffe an der Lunge ausreichend).
und auf einer gepolsterten Armhalterung befestigt. b Die posterolaterale Inzision durchtrennt neben dem M. serratus
4 An den seitlichen Schienen des Operationstisches si- den gesamten M. latissimus dorsi und Teile des M. subscapularis
chern befestigte, gepolsterte Halterungen die Lage- (funktionell ungünstige Inzision, nur für Eingriffe an Ösophagus und
thorakaler Aorta erforderlich. (Nach Heberer et al. 1991)
rung des Patienten. Eine Vakuummatratze stabilisiert
ab der Hüfte des Patienten die Seitenlagerung.
4 Der Kopf liegt ohne Abknickung der Halswirbelsäule 6.3.2 Anterolaterale Thorakotomie
gesichert auf einem Kissen.
Über diesen Zugang lassen sich fast alle Thoraxoperati-
kIndikation onen durchführen, zudem ist er kosmetisch wie auch funk-
Die posterolaterale Thorakotomie ist geeignet für: tionell günstig. Die anterolaterale Thorakotomie (. Abb.
4 bronchoplastische und angioplastische Eingriffe, 6.5a) eignet sich für
4 Pancoasttumoren, Apical-chest-Tumoren, 4 Standardlobektomien,
4 Pleuropneumektomien, 4 Pneumektomien,
4 Dekortikationen, 4 Lungensegment- und Keilresektionen.
4 distale Tracheateilresektionen.
kLagerung
Die Lagerung entspricht der bei der posterolateralen Tho-
Thoraxeröffnung
rakotomie beschriebenen (. Abb. 6.6). Ausnahme: Der
7 Der Hautschnitt verläuft bogenförmig nach dorsal Arm der zu operierenden Seite wird etwa im 90°-Winkel
zwischen dem 4. und 6. Interkostalraum (ICR; über dem Kopf des Patienten ohne Spannung gelagert und
. Abb. 6.5b). fixiert. Der OP-Tisch wird unterhalb des Thorax leicht ab-
7 Das subkutane Gewebe, die Brustwandmuskula- geknickt.
tur und der M. latissimus dorsi werden mittels
eines monopolaren Messers oder einer bipolaren
Schere durchtrennt. Thoraxeröffnung
7 Das Periost über der Rippe wird mit dem HF-Mes- 7 Der Hautschnitt erfolgt bogenförmig unterhalb
ser durchtrennt und der Rippenknochen bei Be- des Brustansatzes von der Axilla bis in Sternumnä-
darf mit einem Raspatorium freigelegt. he. Die Brustdrüse bei Frauen ist zu schonen.
7 Der freigelegte Interkostalraum wird durch Einset- 7 Nach der HF-chirurgischen Durchtrennung des
zen eines Thoraxsperrers langsam erweitert. Zum Subkutangewebes sowie der Spaltung des M. ser-
Schutz der Wundränder und der Haut werden ge- 6
faltete Bauchtücher unter die Valven gelegt.
6.3 · Typische Zugangswege und Lagerungstechniken in der Thoraxchirurgie
321 6
Lunge, z. B. bei Lungenmetastasen. Eine partielle obere Ster-
notomie ist für einige Eingriffe ausreichend wie z. B. für in-
trathorakale Strumektomien, Trachearekonstruktionen u. Ä.
kLagerung
4 Der Patient liegt auf dem Rücken, die Arme werden
seitlich am Körper geschützt angelagert (. Abb. 6.7).
4 Die Beine liegen parallel bequem mit Lagerungskis-
sen unter den Kniegelenken und Fersen.
4 Der Kopf des Patienten liegt leicht überstreckt mittig
auf einem Lagerungsring oder in einer gepolsterten
Kopfschale.
Mediastinumeröffnung
7 Der Hautschnitt verläuft in der Sternummitte un-
terhalb des Jugulum bis zum Xiphoid.
7 Das Subkutangewebe wie auch das Sternumperiost
werden mittels HF-Chirurgiemesser durchtrennt.
7 Die Eingänge oben am Jugulum und unten am Xi-
phoid werden freigelegt, um mit einem langen
stumpfen Instrument die Sternumrückwand frei-
. Abb. 6.7 Rückenlage mit angehobener Rückenplatte und abge- zupräparieren.
senkter Kopfplatte. (Nach Krettek u. Aschemann 2005) 7 Durch eine elektrische oder druckluftbetriebene
Sternumsäge (. Abb. 6.8) wird das knöchernde
Sternum eröffnet.
7 Entstehende Blutungen aus den Schnittflächen
ratus anterior wird die Interkostalmuskulatur
der Sternumspongiosa werden koaguliert oder
stumpf freipräpariert, der M. latissimus dorsi
mit Knochenwachs versorgt.
bleibt erhalten.
7 Ein Sternumspreizer wird eingesetzt, zwei Bauch-
7 Unterhalb der 4. Rippe wird der ICR eröffnet und
tücher unter den Valven schützen die Haut- und
mit einem Thoraxsperrer langsam erweitert. Unter
Wundränder.
die Valven des Sperrers werden Bauchtücher ge-
legt, um den Haut- und Wundbereich zu schonen.
Mediastinumverschluss
7 Das durchtrennte Sternum wird mit 5–6 stabilen
Thoraxverschluss Sternumdrähten mit kräftiger Nadel und Drahtna-
7 Dichtigkeitsprobe mit körperwarmer physiolo- delhalter verschlossen.
gischer Kochsalzlösung. 7 Die Drähte werden oberhalb des Sternums ge-
7 Einlegen einer Thoraxdrainage (7 Abschn. 6.4). kreuzt und mit einer Flachzange gedrillt, dann mit
7 Schichtweiser Wundverschluss (7 Abschn. 6.4.3). einem Seitenschneider oder einer Drahtschere
gekürzt und die scharfen Enden zum Sternum hin
umgebogen und versenkt.
7 Das Periost und das Subkutangewebe werden
6.3.3 Mediane Sternotomie schichtweise mit resorbierbarem Nahtmaterial
verschlossen.
Die mediane Sternotomie ist der Standardzugang bei Tumo- 7 Der Hautverschluss erfolgt durch ein Hautklam-
ren im vorderen Mediastinum oder zur thorakalen Trachea mergerät oder einer Hautnaht.
sowie gleichzeitige Keilresektionen aus rechter und linker
322 Kapitel 6 · Thoraxchirurgie
6.4.3 Thorakotomieverschluss
Thoraxdrainageneinlage
7 Die Drainagen werden über 2 separate kleine Bevor die OP-Wunde verschlossen werden kann, werden
Hautschnitte durch den Rippenzwischenraum in folgende Maßnahmen durchgeführt:
die Thoraxhöhle gelegt. 4 Wasserprobe: Dazu wird körperwarme NaCl-Lösung
7 Die Subkutanschicht wird mit einer Präparier-
in den Thorax gefüllt, der Anästhesist bläht die Lunge
schere gespreizt. Durch das Einführen einer
unter Sichtkontrolle bis zu einem maximalen Druck
stumpfen Klemme (z. B. Kornzange) in den Rip-
von 40 cm H2O. Bronchopleurale Fisteln im Bereich
penzwischenraum lassen sich die Drainageenden
der Lunge, des abgelösten Interlobiums oder des ver-
greifen und durch die Hautinzisionen von innen
schlossenen Bronchusstumpfes können so erkannt
nach außen ziehen.
und ggf. übernäht werden.
7 Eine Drainage verläuft von ventral nach kranial,
entlang der Interkostalinnenwand und sorgt für
4 Kontrolle der Blutstillung ist obligat; die Drainagen
die Entlüftung.
werden gelegt (s. oben).
7 Die zweite Drainage liegt dorsal am tiefsten Punkt 4 Textilien und Instrumente werden gezählt und ihre
in der Thoraxhöhle, um Blut und Sekret abzuleiten. Vollständigkeit dokumentiert.
7 Zur Sicherung der Thoraxdrainagen an der Haut 4 Durch Infiltration eines langwirkenden Lokalanäs-
wird nicht resorbierbares, geflochtenes Nahtma- thetikums werden die Interkostalnerven betäubt. Ein
terial der Stärke 0 verwendet. Teil der Interkostalnerven kann auch rezesiert wer-
7 Die Thoraxdrainagen werden über sterile den, um postoperative Schmerzen zu minimieren.
Schlauchverlängerungen an ein Thoraxsogsystem
(Vakuum oder druckluftbetrieben) angeschlossen. Der eigentliche Verschluss der Thorakotomie beginnt mit
Der Sog ermöglicht der verbliebenen Lunge die der Aufhebung der überdehnten Lagerung des Patienten.
Ausdehnung und Anpassung an die Thoraxhöhle Der erweiterte Zwischenrippenraum wird kontrahiert. Bei
sowie die Flüssigkeitsentlastung. Bedarf kommt ein Rippenretraktor (-approximator; . Abb.
6.9) nach Bailey zum Einsatz, der durch seine Greifarme
6.5 · Präoperative Diagnostik
323 6
4 Lymphome,
4 Darstellung mediastinaler und Brustwandprozesse,
4 Darstellung des Übergreifens eines Tumors in die
Brustwand, die BWK sowie den Ösophagus.
6.5.4 Positronenemissionstomographie
(PET-CT)
6.5.6 Bronchoskopie
6.5.2 Thorax-CT (TCT)
Die Bronchoskopie kann mit einem starren sowie mit
Die TCT ist eines der wichtigsten radiologischen Untersu- einem flexiblen Fiberendoskop durchgeführt werden.
chungsverfahren im Thoraxbereich. Der visuelle Einblick ermöglicht die Erkennung einer pa-
thologischen Veränderung der zentralen Atemwege sowie
kIndikationen die gezielte Gewinnung von Gewebe aus den Atemwegen
4 Lokalisation und Ausdehnungsbestimmung eines Tu- und dem Lungenparenchym zur histologischen Unter-
mors, suchung.
324 Kapitel 6 · Thoraxchirurgie
kIndikationen
4 Tumordiagnostik durch PE oder Punktion,
4 Feststellung der Tumorlokalisation für die Operati-
onsplanung,
4 Feststellung einer endobronchialen Entzündung, ggf.
mit Sekretbeseitigung,
4 Beurteilung einer Instabilität der zentralen Atemwe-
ge, ggf.Verordnung einer PEP-Maske,
4 Diagnostik der Lungenfibrose.
EBUS-TBNA ist eine ultraschallgestützte transbronchiale des geplanten Eingriffs und der zu erwartenden Kompli-
Feinnadelaspiration zur Diagnostik des Mediastinalpro- kationen durch oder für das vorgeschädigte Organsys-
zesses sowie zum Staging hilärer und mediastinaler tem.
Lymphknoten.
6.5.9 Kardiale Diagnostik Die Resektionen richten sich in der Regel, mit Ausnahme
der Keilresektion, nach den vorgegebenen anatomischen
4 EKG, ggf. Langzeit-EKG bei KHK, Arrhythmie, Bra- Strukturen (. Abb. 6.10).
dykardie,
4 Echokardiographie. Lungenkeilresektion
kIndikation
4 Gutartige Lungentumoren, z. B. Hamartome, Fi-
6.5.10 Diagnostik bei Metastasierung brome, Tuberkulome, Emphysemblasen, Metastasen,
4 Bullaeresektion bei bullösem Emphysem oder Pneu-
Bei dem Vorliegen von Fernmetastasen müssen weitere mothorax,
Diagnostikmaßnahmen getroffen werden: 4 diagnostische Lungen-PE bei interstitieller Lungener-
4 Abdomensonographie: Leber/Nebennieren/abdomi- krankung oder Granulom.
nelle Lymphknoten,
4 Knochenszintigraphie bei ossären Metastasen, kPrinzip
4 ggf. Röntgenzielaufnahmen nur bei klinischem Hinweis, Über eine Keilresektion wird Lungengewebe ohne Präpa-
4 zerebrales CT (bei klinischem Hinweis). ration der zugehörigen Gefäße und Bronchien entfernt.
Die Technik der videoassistierten Thorakoskopie (VATS)
Bei Einschränkung anderer Organsysteme ggf. weiter- hat sich bei Keilresektionen als Standardverfahren etab-
führende Diagnostik unter Berücksichtigung der Größe liert.
6.6 · Eingriffe an der Lunge
325 6
kLagerung
4 Seitenlage bei posterolateraler oder anterolateraler
Thorakotomie (. Abb. 6.6),
4 Rückenlage bei medianer Sternotomie.
kInstrumentarium
4 Grund- und Thoraxinstrumentarium.
4 Lineare Stapler, die eine doppelreihige Klammernaht
setzen, die mit einem integrierten Messer durchtrennt
wird.
Lungenkeilresektion
7 Thorakotomie im 4.–7. ICR, je nach Lokalisation
des Befundes.
7 Einsetzen des Thoraxsperrers.
7 Palpation des Lungenbefundes, evtl. Adhäsionen
ablösen.
7 Der betroffene Lungenabschnitt wird mit einer
Organfasszange angehoben und mit einer atrau-
matischen Klemme abgeklemmt (. Abb. 6.11a).
Die Resektion erfolgt mit dem Skalpell über der
Satinsky-Klemme (. Abb. 6.11b). Das Parenchym
wird mit 2 resorbierbaren fortlaufenden U-Nähten
zweireihig verschlossen (. Abb. 6.11c).
. Abb. 6.12 Keilförmige atypische Lungenresektion mit einem line-
7 Der betroffene Lungenabschnitt wird ange- aren Anastomosenstapler. (Nach Durst u. Rohen 1991)
klemmt und mit einem linearen Anastomosen-
stapler geklammert. Das Resektat wird mit dem
integrierten Messer zwischen den Klammer- Diese Resektionsverfahren eignen sich für peripher gele-
nahtreihen abgetrennt. gene Herde. Mehrere Keilresektionen aus beiden Lungen-
7 Mit 2 Klammernahtmagazinen eines linearen flügeln sind über eine Sternotomie möglich.
Anastomosenstaplers wird das Lungenparenchym Bei der Indikation eines Pneumothorax wird außer
winkelförmig um den Befund geklammert und dem bullös veränderten Lungenareal die Pleura parietalis
gleichzeitig durchtrennt. Parenchymdichtigkeit von den Rippeninnenseiten und Zwischenrippenräumen
mittels Wasserprobe prüfen (. Abb. 6.12). abgelöst und reseziert (s. Pleurektomie).
7 Verschluss der Thorakotomie (s. oben) unter Einla-
ge von 1–2 Drainagen. Anschließen an einen Sog Segmentresektion
von 15–20 mbar. Eine Segmentresektion ist die Entfernung eines oder meh-
rerer Lungensegmente. Als Indikation für diesen Eingriff
a b c
a b
. Abb. 6.13 Manschettenlobektomie des rechten Oberlappens. medius mit der Trachealbifurkation durch Einzelknopfnähte wieder-
a Nach Versorgung der Gefäße und Durchtrennung der Parenchym- hergestellt (resorbierbares Nahtmaterial der Stärke 4–0). Bei isolier-
brücke zwischen Ober- und Mittellappen wird eine Bronchusman- tem Befall des Oberlappenbronchus kann eine keilförmige Exzision
schette entsprechend der Tumorinfiltration, bestehend aus Haupt- aus dem distalen Hauptbronchus bzw. proximalen Anteil des Bron-
bronchusanteil und Bronchus intermedius, mit dem Skalpell rese- chus intermedius ausreichen. Entscheidend ist die Schnellschnittun-
ziert. b Nach Lobektomie und Resektion der Bronchusmanschette tersuchung der Schnittränder. (Nach Siewert 2006)
wird die Bronchuskontinuität durch Anastomose des Bronchus inter-
Pleuropneumektomie
Laserresektion
Bei einem diffus malignen Pleuramesotheliom kann es er-
forderlich werden den Lungenflügel gemeinsam mit der 7 Thoraxeröffnung und Situsdarstellung wie bei der
umgebenden parietalen Pleura zu resezieren. Lungenkeilresektion (7 Abschn. 6.6.1) beschrieben.
Bei einem ausgedehnten Karzinom müssen manchmal 7 Technisch stehen der Nd:YAG-Laser, der Argon-
Teile des Perikards und des Zwerchfells mitreseziert wer- oder der Diodenlaser mit verschiedenen Wellen-
den. längen zur Verfügung.
Die hier entstehenden Defekte müssen plastisch ge- 7 Die zu resezierende Lunge wird durch einen mil-
deckt werden. den CPAP (»continous positive airway pressure«)
belüftet.
6
6.8 · Eingriffe an der Pleura
329 6
7 Mit dem Laserstrahl wird der Tumorherd entwe- liche Spannungsfreiheit für eine End-zu-End-
der direkt karbonisiert oder aus dem gesunden Anastomose zu erhalten.
Lungengewebe scharf trennend am Rand heraus 7 Das Absetzen des unteren Stenosenrandes erfolgt
gelöst. unter bronchoskopischer Sicht, indem gleichzeitig
7 Der Lungenoberflächendefekt verschließt sich au- der orale Tubus bis oberhalb der Verengung, unter
tomatisch durch die Karbonisation. Einsatz eines Jets zur Belüftung, zurückgezogen
7 Als Sicherheitsrand entsteht im Lungengewebe wird.
eine Karbonisationszone, die ein deutlich stärker 7 Für die freiliegende untere Trachea wird eine ste-
parenchymsparendes Resezieren ermöglicht. rile Intubation vorgenommen, bei der der sterile
Beatmungsschlauch zum Narkosegerät geleitet
7 Kleine Blutgefäße in der Tiefe der Resektionshöhle
wird (Trans-OP-Feld-Intubation).
müssen ggf. durch Umstechungsligaturen oder Ti-
7 Danach folgt die Resektion der Tracheastenose
tanclips verschlossen werden.
und Entnahme des Resektats.
7 Eine der zwei Thoraxdrainagen sollte möglichst
7 Die Tracheaanastomose erfolgt durch vorgelegte
7 Tage belassen werden und erst nach einem Ab-
Einzelknopfnähte mit resorbierbarem monofilem
klemmversuch mit anschließender Röntgenkont-
Nahtmaterial der Stärke 3–0 oder 4–0; beginnend
rolle entfernt werden. mit der Tracheahinterwand bis zum vorderen Teil
der Trachea, wobei der intraoperativ gelegte Tu-
bus einem Jet-Katheter weicht, da mit sog. »low
frequency ventilation« in dieser Phase beatmet
6.7 Eingriffe an der Trachea wird, um dann die vorderen Nähte zu legen.
7 Vor dem endgültigen Anastomosenverschluss
Als Indikation für Trachealresektionen gelten entzünd- wird der orale Tubus unter bronchoskopischer
liche Stenosen oder Tumoren. Der Zugang richtet sich Sicht und mit Hilfe des Operateurs über die Naht-
nach dem betroffenen Trachealabschnitt. Entweder kann stelle in die untere Tracheahälfte geführt.
über einen Kocher-Kragenschnitt (7 Abschn. 2.1) oder 7 In besonderen Fällen ermöglicht eine Mini-Tra-
eine mediane Sternotomie die Resektion im oberen Ab- cheostomaanlage die Unterstützung der Atmung
schnitt durchgeführt werden. Teile der distalen Trachea bei postoperativer Schwellung der Trachea.
und der Tracheabifurkation werden über die übliche 7 Schichtweiser Wundverschluss und Redoneinlage
(Ch 12–16).
rechtsseitige posterolaterale Thorakotomie zugänglich.
1 Exsudatives Stadium mit diffuser Der eitige Pleuraerguss wird über eine Drainage abgeleitet und gespült; die
Eiterung Thoraxdrainage liegt am tiefsten Punkt der Ergusshöhle
2 Es sind kleine fibrinöse Phasen mit VATS: Thorakoskopisch werden Adhäsionen gelöst, alle Eiterkammern geöffnet
Kammerungen vorhanden und eine partielle Pleurektomie sowie eine Dekortikation durchgeführt; an-
schließend Saug-Spül-Therapie über die Drainage
3 Verschwielung mit Ausbildung einer Empyemausräumung + Dekortikation über eine posterolaterale Thorakotomie
Pleuraschwarte
6.8 · Eingriffe an der Pleura
331 6
kZugangswege geschränktes Sichtfeld zu, und das Biopsiematerial ist oft
4 3-Punkt-VATS (s. unten). nicht aussagekräftig. Diese Technik wird nur selten durch-
4 Thorakotomie. geführt.
4 Mediane Sternotomie.
kOperative Zugangswege
3-Punkt-VATS = 3 Hautschnitte von 2 cm Länge: 6.9 Eingriffe am Mediastinum
6 4 im axillären muskelfreien Dreieck,
4 vordere Axillarlinie (ICR 5–6), 6.9.1 Mediastinoskopie
4 z. B. hintere Axillarlinie (ICR 6–7).
Dieser diagnostische Eingriff dient der Entnahme von
Einige Eingriffe lassen sich auch über einen 2-Punkt-Zu- Lymphknotengewebe. Der Zugang erfolgt chirurgisch über
gang durchführen. eine Inzision oberhalb des Jugulums.
Die Schnitte werden so gewählt, dass die basalen Zu-
gänge als spätere Drainageaustrittsstellen der Thoraxdrai- kIndikation
nagen genutzt werden können. Ein tiefer angesetzter api- 4 Diagnostik,
kaler Zugang ermöglicht bei Bedarf ggf. ein Umsteigen auf 4 Tumorstaging beim Bronchialkarzinom,
eine Thorakotomie, da er zu einem anterolateralen Haut- 4 Materialgewinnung bei mediastinalen Lymphomen
schnitt verlängert werden kann. (z. B. malignes Lymphon, Sarkoid).
Kardiochirurgie
F.-Ch. Rieß, U. Kammin, M. Liehn, B. von Essen, A. Urbans, L. Hansen
7.4
7.8
7.5
7.9
7.6
7.7 7.10
. Abb. 7.4 Aorta-ascendens-Kanüle. (Fa. Jostra) . Abb. 7.8 Lange venöse Kanüle. (Fa. Medtronic)
. Abb. 7.5 Elongierte Trokarkanüle. (Fa. Medtronic) . Abb. 7.9 Aortenwurzelkatheter. (Fa. Jostra)
. Abb. 7.6 Venöse Zweistufenkanüle. (Fa. Jostra) . Abb. 7.10 Selektive Kardioplegiekatheter. (Fa. Krauth medical)
. Abb. 7.7 Hohlvenenkanülen. (Fa. Stöckert)
. Abb. 7.11 Intraoperativer Situs nach Anschluss der HLM und que-
rer Aortenabklemmung. (Abb. freundlicherweise überlassen vom Al-
bertinen-Krankenhaus Hamburg und RIESSmedien)
jLinksanteriore Thorakotomie
Die linksanteriore Thorakotomie wird meist im 4. oder
5. ICR angelegt (. Abb. 7.16d) und findet Verwendung bei
einem minimal-invasiven LIMA-LAD-Bypass oder bei
linksseitiger Perikardfensterung (7 Abschn. 7.12.1).
jRechtsanteriore Thorakotomie
7 Dabei wird der Thorax im 4. oder 5. ICR eröffnet (. Abb.
7.16e). Dieser Zugang wird bei minimal-invasiven Atrium-
septumdefekt- (ASD-) Operationen (7 Abschn. 7.11.1), bei
der minimal-invasiven Mitralklappenchirurgie (7 Abschn.
7.8), bei Trikuspidalklappenoperationen (7 Abschn. 7.9)
und bei rechtsseitigen Perikardfensterungen (7 Abschn.
7.12.1) benutzt. . Abb. 7.17 Prinzip der koronaren Bypass-Chirurgie (LIMA = »left
internal mammary artery« = linke innere Brustbeinschlagader; LAD
jLinksanterolaterale Thorakotomie = »left anterior descending« = vordere absteigende Koronararterie;
ACVB = Aorto Coronarer Venen-Bypass)
Dieser Zugang (. Abb. 7.16f) findet Verwendung bei der
Aortenisthmusstenosenoperation (7 Abschn. 7.11.4) und
dem Verschluss eines Ductus Botalli (7 Kap. 13). Der erste erfolgreiche aortokoronare Venenbypass
(ACVB) wurde von Garitt und Bailey 1964 durchgeführt
und der erste erfolgreiche Arteria-mammaria-Bypass ohne
7.5 Koronarchirurgie HLM von Kolessov im Jahre 1964 und mit HLM von Green
1967. Heute haben minimal-invasive Verfahren ohne Ein-
jAllgemeines satz der HLM (sog. Off-pump-Revaskularisation) und die
Die koronare Herzkrankheit ist die häufigste Erkrankung in Verwendung von arteriellen Bypasses eine immer größere
der Zivilisationsgesellschaft. Nahezu 100.000 Menschen Bedeutung. Von der Vermeidung der HLM profitieren ins-
sterben in Deutschland jedes Jahr an den Folgen eines Herz- besondere ältere Patienten mit schweren Begleiterkran-
infarktes. Im Rahmen der koronaren Herzkrankheit kommt kungen wie Nierenfunktionsstörungen, Diabetes mellitus,
es zu Einengungen (Stenosen) oder zum Verschluss von Lungenerkrankungen, neurologischen Erkrankungen,
Herzkranzarterien und damit zu einer Mangelversorgung Verkalkungen der Aorta ascendens und Tumorpatienten,
des Herzmuskelgewebes (Myokards). Risikofaktoren für die da es nicht zum Kontakt des Blutes mit Kunststoffoberflä-
Entstehung einer koronaren Herzkrankheit sind: genetische chen der HLM und daraus resultierenden Nebenwirkungen
Disposition, Hypertonus, Fettstoffwechselstörungen, Dia- auf praktisch alle Organsysteme kommt.
betes mellitus, Nikotinabusus, Übergewicht, Bewegungs-
mangel und Stress. Ein kompletter Gefäßverschluss (totale jOperationen
Ischämie) führt häufig zu einer Zellnekrose (Herzinfarkt). Die im Folgenden genannten OP-Bedingungen gelten für
Ist ein Koronargefäß nur hochgradig eingeengt und noch alle hier beschriebenen koronarchirurgischen Eingriffe.
eine Restperfusion vorhanden, so leidet der Patient in der
Regel unter bei Belastung auftretendem, anfallsweisem En- kInstrumentarium
gegefühl und Herzschmerzen (Angina pectoris). Das Prin- 4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung mit
zip der operativen Behandlung der koronaren Herzkrank- Sternumretraktor (. Abb. 7.18).
heit ist die Normalisierung des O2-Angebots an das Herz- 4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge
muskelgewebe. Dies wird erreicht durch die Überbrückung (. Abb. 6.13).
der Koronarstenosen oder -verschlüsse mit körpereigenen 4 Diathermie oder Ultraschallskalpell.
arteriellen oder venösen Gefäßen (. Abb. 7.17). 4 Sauger.
7.5 · Koronarchirurgie
343 7
7.20
7.18
7.21
7.19
. Abb. 7.18 Birnbaumsperrer. (Fa. Pilling Weck) . Abb. 7.21 Flexibler Stabilisationsarm für Off-pump-Koronarre-
. Abb. 7.19 Mammariasperrer. (Fa. Jostra) vaskularisation mit Koronar-Stabilisationsplattform nach Riess.
. Abb. 7.20 Aortenstanze. (Fa. Aesculap AG) (Fa. Geister)
kAbdeckung kRasur
4 Nach Standard. 4 Der Brustkorb (prästernal) und beide Leistenregi-
4 Zur Venenentnahme müssen beide Unterschenkel zu- onen werden rasiert.
gänglich sein. 4 Beide Beine müssen zirkulär rasiert werden, falls Ve-
4 Beide Füße steril abdecken. nenentnahme geplant.
7.5.3 Minimal-invasive
Koronarrevaskularisation des LAD
ohne Herz-Lungen-Maschine
. Abb. 7.29 Komplette arterielle Revaskularisation mittels LIMA . Abb. 7.30 a–c Stabilisation der Herzmuskelwand sowie der Koro-
und RIMA als T-Graft nargefäße während minimal-invasiver Koronarchirurgie durch Kom-
pression (a), Sog (b) oder Kompression/Zug (c)
7.6 · Linksventrikuläre Aneurysmektomie
347 7
7.5.4 Komplette arterielle
Koronarrevaskularisation
ohne Herz-Lungen-Maschine
a
7.6 Linksventrikuläre Aneurysmektomie
kPrinzip
Das Prinzip der Aneurysmektomie ist die Verkleinerung
des Innendurchmessers der linken Herzkammer. Nach
dem LaPlace-Gesetz kommt es durch die Verringerung der
Wandspannung zur Verminderung des O2-Bedarfs des
Myokards (. Abb. 7.32)
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung mit
Sternumsperrer.
4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge. b
4 Diathermie oder Ultraschallskalpell.
4 Sauger.
. Abb. 7.32 a, b Prinzip der linksventrikulären Aneurysmektomie.
4 Gefäßstandardinstrumentarium. Längsschnitt durch den linken Ventrikel vor (a) und nach (b) Aneu-
4 Diverse Gefäßklemmen, Fogarty-Klemme, Clipzange. rysmektomie (LV = linker Ventrikel). Die roten Pfeile zeigen die Be-
4 Thoraxdrainage. wegungen während der Systole
348 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
a b c
. Abb. 7.33 a–c Linksventrikuläre Aneurysmektomie mit Thrombus-Ausräumung (a), Legen von filzarmierten Nähten (b) und fertige Aneu-
7 rysmektomie (c)
jAortenklappeninsuffizienz
Durch eine nichtbakterielle Klappenerkrankung als Folge
einer immunologischen Reaktion im Rahmen eines rheuma-
tischen Fiebers (Alter bei Krankheitsbeginn 5–15 Jahre)
kann es ähnlich wie bei der Aortenklappenstenose auch zu
einer Undichtigkeit der Aortenklappe kommen. Dabei kön-
nen die Klappen verdickt und zusammengeschrumpft sein.
Ferner kann es im Rahmen angeborener Bindegewebsde-
fekte (z. B. Marfan-Syndrom) zu einer Ausweitung der Aor-
tenwurzel mit einer nachfolgenden Aorteninsuffizienz kom-
men (7 Abschn. 7.10). Bei einer akuten Aorta-ascendens- 7.34
Dissektion kann der Abriss der Klappenkommissuren zu
einer Aortenklappeninsuffizienz führen (7 Abschn. 7.10.1).
Die bakterielle Endokarditis durch direkte bakterielle
Besiedlung des Klappengewebes kann zu einer Zerstörung
der Klappentaschen mit nachfolgender Klappeninsuffizi-
enz führen. Meist sind die befallenen Herzklappen konge-
nital fehlgebildet. Risikofaktoren für eine bakterielle Endo-
karditis sind Drogenkonsum, Alkoholabusus, Steroidthe-
rapie, urologische Eingriffe sowie Zahnextraktionen. Im
Rahmen einer bakteriellen Endokarditis kann es zu Abs-
zessbildungen im Bereich der Aortenwurzel sowie zu arte- 7.35
riellen Embolisationen kommen.
. Abb. 7.34 Mechanische Zweiflügel-Kipp-Prothese. (Fa. St. Jude-
Medical)
. Abb. 7.35 Dacron-Conduit mit mechanischer Einscheiben-Kipp-
7.7.1 Klappenprothesen Herzklappenprothese. (Medtronic-Hall, Fa. Medtronic)
7.38
7
7.36
7.39
7.37
7.40
. Abb. 7.36 Ungestentete heterologe Aortenwurzel. (Freestyle, . Abb. 7.38 Heterologe Perikardklappe. (Perimount, Fa. Edwards)
Fa. Medtronic) . Abb. 7.39 Anuloplastiering Trikuspidal. (Carpentier Classic-Ring,
. Abb. 7.37 Gestentete heterologe Bioherzklappenprothese. (Mo- Fa. Edwards)
saic, Fa. Medtronic) . Abb. 7.40 Homograft-Herzklappenprothese. (Fa. Cryolife)
nik (. Abb. 7.42) oder als Aortenwurzelersatz mit Reim- Vorteil: Längere Haltbarkeit der homologen Pulmonal-
plantation der Koronarien benutzt werden. klappe in Aortenposition als die von heterologen biolo-
Vorteil: Längere Haltbarkeit als heterologe biologische gischen Klappen.
Klappen. Nachteil: Aufwändige Operation sowie ungewisse Halt-
Nachteile: Ebenfalls begrenzte Haltbarkeit mit erneu- barkeit des Homografts, der anstelle der entnommenen
tem Auftreten von Klappenverkalkungen bzw. -insuffizi- Pulmonalklappe implantiert wird.
enzen. Begrenzte Verfügbarkeit von Homografts.
Aortenklappenrekonstruktion
Autologe Klappenersatzoperationen Bei einem Aorta-ascendens-Aneurysma kann es infolge
Bei der von Lord Ross im Jahr 1967 entwickelten OP-Tech- der Kommissuren-Kippung nach auswärts zu einer Straf-
nik wird eine körpereigene Klappe (Pulmonalklappe) in fung der freien Klappenränder und damit zu einer zentra-
Aortenposition implantiert. Die Pulmonalklappe wird in len Undichtigkeit der Aortenklappe kommen. Diese insuf-
der Regel durch einen Homograft ersetzt. fizienten Aortenklappen können im Rahmen eines prothe-
7.7 · Aortenklappenchirurgie
351 7
tischen Ersatzes der Aorta ascendens rekonstruiert werden, kImplantate
indem die eigene Aortenklappe in die Aortenrohrprothese Biologische oder mechanische Aortenklappen (. Abb. 7.34
implantiert wird (7 Abschn. 7.7.7). bis . Abb. 7.40).
Vorteile: Keine dauerhafte Antikoagulation erforder-
lich. Sehr gute Hämodynamik. kLagerung
Nachteil: Aufwändige Operation. 4 Rückenlagerung.
4 Beide Arme angelagert.
Auswahlkriterien des Klappentyps 4 Gelrolle unter beide Knie.
Alloplastische Klappen werden meist jüngeren Patienten 4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken
und insbesondere in der Mitralposition implantiert. Schulterblatt.
Biologische Herzklappen sind für Patienten geeignet,
bei denen eine Behandlung mit gerinnungshemmenden kAbdeckung
Medikamenten grundsätzlich problematisch ist: Frauen Nach Standard.
mit Kinderwunsch, Patienten im Alter von über 75 Jah-
ren sowie Patienten mit entsprechenden Blutungs- kRasur
risiken. Die Körperoberfläche des Patienten ist komplett zu rasie-
In den letzten Jahren ist international ein Trend hin ren, inklusive beider Leistenregionen.
zu biologischen Klappen zu verzeichnen. Gründe dafür
sind das zunehmende Lebensalter der Patienten sowie
deren Wunsch, ohne blutverdünnende Medikamente zu 7.7.2 Aortenklappenersatz mit mechanischer
leben. Biologische Klappen haben eine bessere Haltbar- oder biologischer Prothese
keit, und das Risiko einer Re-Operation ist somit herab-
gesetzt.
Klappenersatz mit mechanischer
Operationen oder biologischer Prothese
Die im Folgenden genannten OP-Bedingungen gelten für 7 Mediane Sternotomie. Alternativ superiore parti-
alle hier beschriebenen operativen Eingriffe an der Aor- elle Sternotomie bis zum 4. ICR. Perikarderöff-
tenklappe. nung. Heparingabe.
7 Anschluss an die HLM mit Aorta-ascendens-Kanüle
kInstrumentarium sowie einer venösen Zweistufenkanüle. Aortenab-
4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung mit klemmung und kardioplegischer Herzstillstand. Bei
Sternumsperrer (. Abb. 7.18). reiner Aortenstenose kann die Kardioplegie über
4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge. den Aortenwurzelkatheter verabreicht werden. Bei
4 Diathermie oder Ultraschallskalpell. mittelgradigen Aortenklappeninsuffizienzen ist in
4 Sauger. der Regel eine Kardioplegieapplikation mit spezi-
4 Gefäßstandardinstrumentarium. ellen Kathetern (. Abb. 7.10) erforderlich, um eine
4 Diverse Gefäßklemmen, Fogarty-Klemme. Regurgitation von Kardioplegie in den linken Vent-
4 Clipzange, Luer (Hohlmeißelzange), Rongeur rikel mit einer nachfolgenden Überdehnung der
(. Abb. 10.23). linken Herzkammer zu vermeiden.
4 Thoraxdrainage. 7 Längseröffnung bzw. quere Aortotomie (. Abb.
4 Ein etwas kräftigeres Gummirohr als Tourniquet zur 7.41a). Entfernung der degenerativ veränderten
Fixierung der HLM-Kanülen. bzw. verkalkten Aortenklappentaschen mit Hilfe von
4 Schocklöffel, Schrittmacherkabel. Schere, Luer und Rongeur (. Abb. 7.41b). Dabei ist
4 Aortenklappensizer. sorgfältig darauf zu achten, dass es nicht zu Kalkem-
bolisationen in die Koronararterien kommt. Spülung
kNahtmaterial mit isotoner Kochsalzlösung und Absaugung.
4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge- 7 Implantation der Klappenprothese je nach Lokal-
fäßnahtmaterial aus Polypropylen. befund, Klappentyp sowie Vorliebe des Operateurs
4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial. mit filzarmierten U-Nähten, die supra- oder infra-
4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares geflochtenes koronar gelegt werden können (. Abb. 7.41c), Ein-
beschichtetes Nahtmaterial (grün/weiß Polyester) mit zelknopfnähten oder mehreren fortlaufenden 2–0
Teflonpatch. 6
4 Drahtnaht, Sternumband und Sternumspanner.
352 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
7
7.7.3 Subkoronarer Aortenklappenersatz
mit Homograft/Heterograft
b
b
e
. Abb. 7.42 a–e Subkoronarer Aortenklappenersatz mit homolo- pen der drei Kommissuren in die linke Herzkammer (c), fortlau-
ger bzw. heterologer Klappe. Vorlegen von drei monofilen 4–0 Näh- fendes Einnähen der Klappe in den Aortenklappenring sowie Fixie-
ten (LCA = Ostium der linken Koronararterie, RCA = Ostium der rung der drei Kommissuren an geeigneter Stelle an der Aorta ascen-
rechten Koronararterie) (a), Herunterziehen der Klappe (b), Einstül- dens (d), fortlaufendes Einnähen subkoronar wie akoronar (e)
354 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
a b c
. Abb. 7.43 a–c Ross-Operation. Explantation der Pulmonalklappe rien sowie Implantation eines Homografts in Pulmonalposition (c).
(a), Aortenwurzelersatz mit Pulmonalklappe (b) und fertig implan- (PA = Pulmonalarterie, Ao = Aorta, LCA = linke Koronararterie, RCA =
tiertes Pulmonalklappen-Autograft mit reimplantierten Koronararte- rechte Koronararterie)
a b c
. Abb. 7.44 a–c Aortenklappenrekonstruktion nach David. Exzision RCA = rechte Koronararterie; a), fertige Rekonstruktion nach David mit
des Aneurysmas und Legen der Nähte (LCA = linke Koronararterie, reimplantierten Koronarien (b) und Rekonstruktion nach Yacoub (c)
schen von innen nach außen durch die Aortenwand 2 fortlaufenden 5–0 Nähten. Fertigung der distalen
gestochen werden (. Abb. 7.44a). Ausmessen des Anastomose zwischen Dacron-Prothese und Aorta
Aortenklappenringes. Wahl einer geeigneten Aorta- ascendens mit einer fortlaufenden monofilen 3–0
ascendens-Prothese. Stechen der U-Nähte durch oder 4–0 Polypropylennaht (. Abb. 7.44b).
die Aorta-ascendens-Rohrprothese. Herunterknüp- 7 Alternativ kann eine Rekonstruktion nach Yacoub
fen der Nähte. Fixation der 3 Kommissuren an ent- durchgeführt werden (. Abb. 7.44c).
sprechender Stelle mit 4–0 Polypropylennähten so- 7 Öffnen der Aortenklemme. Wiederbeleben,
wie fortlaufende Implantation des überstehenden Rhythmisieren und Entlüften des Herzens. Passa-
Aortenwandgewebes in die Dacron-Prothese mit gere Schrittmacherelektroden auf den rechten
fortlaufenden 5–0 monofilen Nähten. Vorhof und den rechten Ventrikel. Gegebenenfalls
7 Ausschneiden von 2 Löchern in die Dacron-Prothe- intraoperativ echokardiographische Kontrolle zur
se an geeigneter Stelle mit einem batteriebetrie- Beurteilung der Aortenklappenkompetenz. Abge-
benen Elektrocauter und Implantation zunächst hen von der HLM. Dekanülierung.
der linken, dann der rechten Kranzarterie mit 7 Protamingabe. Blutstillung. Perikard- und Retro-
6 sternaldrainage. Thoraxverschluss.
356 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
7.7.7 Minimal-invasiver
Aortenklappenersatz
Minimal-invasiver Aortenklappenersatz
7 J-förmige Ministernotomie bis in den 4. ICR rechts
(. Abb. 7.16b). Perikarderöffnung.
7 Anschluss an die HLM mit einer Standardaorten-
kanüle bzw. einer elongierten Trokarkanüle sowie
einer venösen Zweistufenkanüle. Verwendung
eines Spezialsperrers mit Zusatzvalve zur Umlei- a
tung der venösen Kanüle zwecks Verbesserung
der intraoperativen Sicht auf die Klappenebene
(. Abb. 7.45).
7 Queres Abklemmen der Aorta ascendens. Gabe
7 von Kardioplegielösung über die Aortenwurzel
bzw. bei Aorteninsuffizienz getrennt über beide
Koronarostien. Quer- oder Längsinzision der Aorta
ascendens. Klappenersatz oder -rekonstruktion.
7 Vor Eröffnen der Aortenklemme wird ein ventriku-
lärer Schrittmacherdraht an der rechten Kammer
fixiert. Wiederbelebung des Herzens. Entlüftung.
Rhythmisierung, ggf. über präoperativ epikardial b
aufgeklebte Defibrillationspatches. Abgehen von
der HLM. . Abb. 7.45 a, b Minimal-invasiver Aortenklappenersatz mit Mid-
7 Dekanülierung. Protamingabe. Blutstillung. Zu- COAST-Sperrer und Zusatzvalve zur Umleitung der venösen Kanüle
(Beispiel: Fa. Aesculap AG). Seitliche Ansicht (a) und Aufsicht (b)
sätzlicher Vorhofschrittmacherdraht. Einlegen von
Perikard- und Retrosternaldrainagen, die lateral
im Bereich des 4. ICR bzw. im Bereich des Jugu-
lums ausgeführt werden. Thoraxverschluss. Sicht unter Röntgenkontrolle im Aortenklappenanulus po-
sitioniert und entfaltet. Die Klappenprothese verhakt sich
mit ihrem Metallgerüst in den Verkalkungen der nativen
Klappe und des Anulus.
7.7.8 Transapikaler Aortenklappenersatz
(TAVI = »Transcatheter Aortic Valve
Implantation«) TAVI
7 Anterolaterale Minithorakotomie im 5. ICR links
Diese Operation wird ohne HLM am schlagenden Herzen auf Höhe des Apex.
durchgeführt und stellt für Patienten mit Verkalkungen 7 Herzbeuteleröffnung, Anlage einer filzarmierten
der Aorta (»Porzellanaorta«) sowie schweren Begleiter- Tabakbeutelnaht an der Spitze der linken Kam-
krankungen eine alternative Behandlungsoption dar. Eine mer, epikardialer Schrittmacherdraht.
orale Antikoagulation ist nicht erforderlich. 7 Vorführen eines Drahtes in die Aorta thoracalis
descendens.
kIndikation 7 Vordilatieren der Aortenklappe unter schneller
Aortenklappenstenose. Ventrikelstimulation (bewirkt kurzzeitigen Kreis-
laufstillstand).
kPrinzip 7 Wechsel auf die Schleuse für die Klappenprothese,
Beim TAVI handelt es sich um eine katheterbasierte Im- Positionieren und Freisetzen der Klappe unter
plantationstechnik über die Spitze (Apex) der linken Herz- schneller Ventrikelstimulation.
kammer. Dabei wird eine auf einem Metallgerüst mon- 7 Knüpfen der Tabakbeutelnähte.
tierte Klappenprothese aus biologischem Klappenmaterial 7 Einlage einer Pleuradrainage. Schichtweiser Tho-
auf einen Implantationsballon aufgezogen und zusam- raxverschluss.
mengefaltet (»crimping«). Dieser Ballon wird ohne direkte
7.8 · Mitralklappenchirurgie
357 7
7.8 Mitralklappenchirurgie 4 Thoraxsperrer.
4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge.
jAllgemeines 4 Diathermie oder Ultraschallskalpell.
Die Mitralklappe ist das Ventil zwischen linkem Vorhof 4 Sauger.
und linker Herzkammer. Funktionsstörungen der Mitral- 4 Gefäßstandardinstrumentarium.
klappe können bestehen bei einer unzureichenden Mitral- 4 Diverse Gefäßklemmen, Fogarty-Klemme, Chit-
klappenöffnung (Mitralklappenstenose) bzw. bei einem wood-Klemme (. Abb. 7.47).
undichten Klappenschluss (Mitralklappeninsuffizienz). 4 Clipzange, Luer (Hohlmeißelzange), Rongeur.
Außerdem gibt es sog. kombinierte Mitralklappenerkran- 4 Lange Venen- oder Nervenhäkchen (. Abb. 7.48).
kungen, bei denen sowohl eine Stenose- als auch eine In- 4 Thoraxdrainage.
suffizienzkomponente besteht. 4 Haltebänder, Gummizügel.
4 Ein etwas kräftigeres Gummirohr als Tourniquet zur
jMitralklappenstenose Fixierung der HLM-Kanülen.
Hauptursache einer Mitralklappenstenose ist eine voran- 4 Schocklöffel, Schrittmacherdrähte.
gegangene rheumatische Erkrankung. Dabei kommt es zur 4 Mitralringsizer/Mitralklappensizer.
Fibrosierung und Schrumpfung des Klappenapparates (Se-
gel und Sehnenfäden) und zur Verklebung der Kommis- kNahtmaterial
suren. Schließlich verkalkt der Klappenapparat. Die Ver- 4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge-
minderung der Klappenöffnungsfläche von normal 4– fäßnahtmaterial aus Polypropylen.
6 cm2 auf 1 cm2 führt bereits in Ruhe zu Beschwerden. 4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
Dabei staut sich das Blut vor der eingeengten Mitralklappe, 4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares geflochtenes
und es kommt zur Vorhofüberdehnung mit Entstehung beschichtetes Nahtmaterial (grün/weiß Polyester),
von Vorhofflimmern sowie Thrombenbildung im linken ggf. mit Teflonpatch für Klappenersatz.
Herzohr. Als Komplikationen können arterielle Embolien 4 Drahtnaht, Sternumband und Sternumspanner.
entstehen. Bei Fortbestehen der Mitralstenose kann es
dann zur Lungenstauung bis hin zum Lungenödem und kImplantate
zur Widerstandserhöhung im kleinen Kreislauf kommen. 4 Anuloplastieringe (. Abb. 7.39).
4 Biologische oder mechanische Mitralklappen (. Abb.
jMitralklappeninsuffizienz 7.34 bis . Abb. 7.40).
Die Ätiologie der Mitralklappeninsuffizienz ist überwie-
gend nicht rheumatischer Genese. Eine akute Mitralklap- kLagerung
peninsuffizienz kann bei einer bakteriellen Endokarditis 4 Rückenlagerung.
(Segelperforation, Sehnenfadenruptur), bei einer degene- 4 Beide Arme angelagert.
rativen Erkrankung der Mitralklappe, bei einem akuten 4 Gelrolle unter beide Knie.
Myokardinfarkt (Papillarmuskelabriss) und bei einem 4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken
stumpfen Thoraxtrauma entstehen. Zur chronischen Mi- Schulterblatt.
tralklappeninsuffizienz kommt es meist im Rahmen einer
rheumatischen Endokarditis, bei Mitralklappenprolaps, kAbdeckung
z. B. beim Marfan-Syndrom, und auch beim ASD II. Nach Standard.
Bei der Mitralinsuffizienz kommt es zur Volumenbelas-
tung der linken Herzkammer. Dies resultiert in einer Druck- kRasur
belastung des linken Vorhofs, die schließlich zu Symptomen Oberkörper und beide Leistenregionen.
wie bei der Mitralstenose führt. Klinisches Leitsymptom bei
der Mitralklappeninsuffizienz ist die Luftnot.
7.8.1 Kommissurotomie
jOperationen
Die im Folgenden genannten OP-Bedingungen gelten für
alle hier beschriebenen operativen Eingriffe an den Mitral- Kommissurotomie
klappen. 7 Mediane Sternotomie. Alternativ: rechtsanteriore
Thorakotomie (minimal-invasiv). Perikarderöff-
kInstrumentarium nung. Heparingabe.
4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung. 6
4 Sternumsperrer (. Abb. 7.46).
358 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
7.47
7.46 7.48
. Abb. 7.46 Cosgrove-Sperrer. (Fa. St. Jude Medical) . Abb. 7.48 Nervenhäkchen. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 7.47 Chitwood-Klemme. (Fa. Cardiomedical)
7.8.2 Mitralklappenrekonstruktion
7 Anschluss an die HLM über eine Aorta-ascendens-
Kanüle sowie eine venöse Zweistufenkanüle. Al-
ternativ getrennte Kanülierung beider Hohlvenen Mitralklappenrekonstruktion
mit Anschlingen durch Tourniquets. Legen eines 7 Mediane Sternotomie oder rechtsanteriore Thora-
Aortenwurzelkatheters. Gegebenenfalls femorofe- kotomie (minimal-invasiv). Perikarderöffnung. He-
moraler Bypass nach Leistenfreilegung (. Abb. paringabe.
7.8) bei minimal-invasivem Zugang. 7 Anschluss an die HLM über eine Aorta-ascendens-
7 Beginn der EKZ. Queres Abklemmen der Aorta as- Kanüle oder eine elongierte Trokarkanüle bei an-
cendens ggf. mit Chitwood-Klemme und Gabe teriorer Thorakotomie. Venöse Zweistufenkanüle,
von Kardioplegielösung in den Aortenwurzelka- getrennte Kanülierung beider Hohlvenen, oder
theter. langer venöser Kanüle über die V. femoralis. Einle-
7 Öffnen des linken Vorhofs ventral der rechten gen eines Aortenwurzelkatheters.
Lungenvenen. Exposition mit einem Spezialsper- 7 Beginn der EKZ. Queres Abklemmen der Aorta.
rer (. Abb. 7.46). Klappeninspektion mit Nerven- Gabe von Kardioplegielösung über die Aorten-
häkchen. Scharfes Durchtrennen der verklebten wurzel.
Kommissuren mit einem Skalpell (. Abb. 7.49). 7 Öffnen des linken Vorhofs ventral der rechten
Gegebenenfalls Längsinzision von verklebten Lungenvenen. Exposition der Mitralklappe. Klap-
Sehnenfäden bzw. bei verkürzten Sehnenfäden peninspektion mit Hilfe von Nervenhäkchen. Bei
Spaltung des Papillarmuskels. Vorhofverschluss einem Sehnenfadenabriss im Bereich des mittle-
mit fortlaufender 3–0 monofiler Polypropylen- ren Anteils des hinteren Mitralklappensegels (ty-
naht. pische Lokalisation) ist das Klappensegel an sei-
7 Öffnen der Aortenklemme. Wiederbelebung, Ent- nem freien Rand nicht mehr durch einen Sehnen-
lüftung und Rhythmisierung des Herzens. Schritt- faden gehalten und prolabiert in der Systole in
macherelektroden auf den rechten Vorhof und die den Vorhof; hierdurch kommt es in diesem Be-
rechte Kammer. Abgehen von der HLM. reich zu einer Undichtigkeit der Mitralklappe. Zu
7 Dekanülierung. Protamingabe. Blutstillung. Peri- einem Mitralklappenabriss im hinteren Segel
kard- und Retrosternaldrainage. Thoraxverschluss. 6
7.8 · Mitralklappenchirurgie
359 7
können auch Einzelnähte, Einzel-U-Nähte oder eine 7 Anschluss an die HLM mit einer Aorta-ascendens-
fortlaufende monofile Naht verwendet werden. Bei Kanüle sowie getrennter Kanülierung beider
Implantation einer biologischen in Glutaraldehyd Hohlvenen mit Abdichtung durch 2 Tourniquets,
fixierten Klappe ist in der Regel eine Spülung von die um die obere bzw. untere Hohlvene gelegt
3-mal 3 min in isotoner Kochsalzlösung erforder- werden. Einlegen eines Aortenwurzelkatheters in
lich, die während des Legens der Einzelnähte im die Aorta ascendens. Beginn der EKZ.
Klappenring durchgeführt werden kann. 7 Eröffnen des rechten Vorhofs am schlagenden
Herzen bei künstlich induziertem Kammerflim-
7 Herunterknüpfen der Klappe. Überprüfung der
mern oder im kardioplegischen Herzstillstand. Bei
einwandfreien Klappenfunktion von mecha-
einer reinen Ringdilatation Durchführen einer
nischen Klappenprothesen. Hierbei wird insbe-
Anuloplastie, bei der wie auch bei der Mitralklap-
sondere kontrolliert, dass subvalvuläre Filznähte
penrekonstruktion Einzel-U-Nähte im Bereich des
nicht mit dem Klappenspiel interferieren. Klappenringes gestochen werden. Auswahl eines
7 Verschluss des linken Vorhofs. Abgehen von der geeigneten Anuloplastieringes (. Abb. 7.39), der
HLM und Thoraxverschluss wie bei Mitralklappen- im Bereich des sog. Koch-Dreiecks (Reizleitungs-
7 rekonstruktion. system) unterbrochen ist, um Verletzungen der
elektrischen Überleitung durch Nähte in diesem
Bereich zu vermeiden.
Unter Verwendung der HLM kann über eine limitierte an- 7 Stechen der Nähte durch den Anuloplastiering
terolaterale Thorakotomie im 4. oder 5. ICR der Mitral- und Herunterknüpfen (. Abb. 7.51). Überprüfen
klappenersatz videoassistiert durchgeführt werden. Zur der Klappenkompetenz durch Einspritzen von
Einstellung der Mitralklappe wird ein spezieller Retraktor Kochsalzlösung über die Trikuspidalklappe in den
rechten Ventrikel.
benötigt, zur Operation ist minimal-invasives Instrumen-
7 Bei isolierter Endokarditis können die Klappenta-
tarium (7 Kap. 2.15) inkl. einer Aortenklemme nötig.
schen z. T. durch mit Glutaraldehyd-fixierte Peri-
kardpatches, die mit fortlaufenden 6–0 monofilen
Nähten implantiert werden, rekonstruiert werden.
7.9 Trikuspidalklappenchirurgie Auch ist es möglich, eines der 3 Klappensegel zu
entfernen und durch Anlegen einer Plikatur im
jAllgemeines Ringbereich des resezierten Segels eine funktio-
Isolierte Trikuspidalklappenfehler sind äußerst selten. Bei nell bikuspidale Klappe herzustellen.
Drogenabusus kann es zu Trikuspidalklappenendokarditi- 7 Verschluss des rechten Vorhofs. Abgehen von der
den kommen. Trikuspidalklappeninsuffizienzen werden HLM und Thoraxverschluss wie bei Mitralklappen-
dagegen häufiger in Kombination mit Aorten- und Mitral- rekonstruktion.
klappenfehlern gesehen. Wie auch bei der Mitralklappen-
chirurgie gelten alle operationstechnischen Bemühungen
dem Klappenerhalt, da die Komplikationsrate geringer ist
als beim mechanischen oder biologischen Klappenersatz. 7.9.2 Trikuspidalklappenersatz mit
mechanischer oder biologischer
jOperationen Prothese
Die OP-Bedingungen, Instrumentarium, Lagerung und
Abdeckung entsprechen den operativen Eingriffen an der
Mitralklappe (zusätzlich 7 Anuloplastiering, . Abb. 7.39). Trikuspidalklappenersatz mit mechanischer oder
biologischer Prothese
7 Vorgehen wie bei Trikuspidalklappenrekonstrukti-
7.9.1 Trikuspidalklappenrekonstruktion on, jedoch Klappenersatz mit mechanischer oder
biologischer Prothese. Gegebenenfalls Implantati-
on mit fortlaufender Polypropylennaht, die in der
Trikuspidalklappenrekonstruktion Nähe des Koch-Dreiecks (Reizleitungssystem)
7 Mediane Sternotomie. Alternativ: rechtsanteriore ausschließlich im fibrösen Klappenansatz gesto-
Thorakotomie (minimal-invasiv). Perikarderöff- chen werden, um Überleitungsstörungen (AV-Blo-
nung. Heparingabe. ckierungen) und die Notwendigkeit einer Schritt-
6 macherversorgung zu vermeiden.
7.10 · Aortenaneurysmachirurgie
361 7
Einriss, der in den meisten Fällen in der Aorta ascendens
liegt (Stanford-A-Aneurysma), als »entry« (. Abb. 7.52).
Gibt es im weiteren Verlauf einen weiteren Einriss, der
meist im Bereich der Aorta descendens bzw. der Bauch-
aorta liegt, bezeichnet man dieses als »reentry«. Die Zer-
reißung der Aortenwand wird auch als dissezierendes Aor-
tenaneurysma benannt. Bei einem dissezierenden Aorten-
aneurysma der Aorta ascendens bzw. des Bogens besteht
immer eine absolute notfallmäßige OP-Indikation, da bei
Zuwarten pro Stunde ca. 2% der Patienten versterben.
Bei einem dissezierenden Aortenaneurysma im Be-
reich der Aorta descendens (Stanford B) besteht eine OP-
Indikation nur bei sekundären Komplikationen wie Perfo-
ration mit Blutung in die Pleurahöhlen oder Durchblu-
tungsstörungen im Bereich der abdominellen Organe wie
Niere, Leber und Darm durch Verlegung der versorgenden
Arterien durch die Dissektion. Bei einem dissezierenden
a Aorta-descendens-Aneurysma ohne diese Komplikati-
onen wird in der Regel nicht operiert. Stattdessen wird bei
einem Hypertonus der Blutdruck konsequent gesenkt. Zu-
weilen kann ein endoluminales Stenting sinnvoll sein.
jOperationen
Die im Folgenden genannten OP-Bedingungen gelten für
alle hier beschriebenen Aneurysmaoperationen.
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung.
4 Sternumsperrer (. Abb. 7.46).
4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge.
4 Diathermie oder Ultraschallskalpell.
4 Sauger.
b 4 Gefäßstandardinstrumentarium.
4 Diverse Gefäßklemmen, wie Satinsky-, Fogarty-
. Abb. 7.51 a, b Trikuspidalklappenanuloplastie mit Ringimplantati- Klemme, Chitwood-Klemme.
on. Legen von Klappennähten in den dilatierten Trikuspidalklappen-
4 Clipzange.
ring (a). Fertige Anuloplastie nach Herunterknüpfen des Ringes (b)
4 Thoraxdrainage.
4 Haltebänder, Gummizügel.
7.10 Aortenaneurysmachirurgie 4 Ein etwas kräftigeres Gummirohr als Tourniquet zur
Fixierung der HLM-Kanülen.
jAllgemeines 4 Schocklöffel, Schrittmacherdrähte.
Bei einer krankhaften Erweiterung der Aorta sprechen wir
von einem Aortenaneurysma. Dabei können die aufstei- kNahtmaterial
gende Aorta (Aorta ascendens), der Bogen und die abstei- 4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge-
gende Aorta (Aorta descendens) betroffen sein. Bei einem fäßnahtmaterial aus Polypropylen.
Überschreiten des Aortendurchmessers auf mehr als 5,5 cm 4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
ist die Indikation zur bald möglichen Operation gegeben. 4 Drahtnaht, Sternumband und Sternumspanner.
Ist es durch die Erweiterung der Hauptschlagader mit nach- 4 Chirurgischer Gewebekleber.
folgender Erhöhung der Wandspannung zum Einriss der
Gefäßinnenhaut (Intima) gekommen, kann sich eine Blu- kImplantate
tung zwischen den verschiedenen Schichten der Aorten- 4 Primär dichte Prothesen (7 Abschn. 4.1.5).
wand von der Aorta ascendens über den Bogen bis in die 4 Filzstreifen (Polytetrafluorethylen, PTFE) als Nahtwi-
Aorta descendens entwickeln. Dabei bezeichnet man den derlager.
362 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
a b c
. Abb. 7.52 a–c Suprakoronarer Aorta-ascendens-Ersatz durch Aorta ascendens (a), nach Resektion der Aorta ascendens (b) und
Rohrprothese. Dissezierendes Aortenaneurysma mit Entry in der nach suprakoronarem Aorta-ascendens-Ersatz (c)
kLagerung
4 Rückenlagerung oder rechte Seitenlagerung (Aorta- 7 Queres Abklemmen der Aorta ascendens. Queres
descendens-Aneurysma). oder längsförmiges Eröffnen der Aorta ascendens.
4 Beide Arme angelagert. Kardioplegiegabe über beide Koronarostien. In-
4 Gelrolle unter beide Knie. spektion der Aortenklappe sowie der Aorta ascen-
4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken dens. Je nach lokalem Befund entscheidet sich
Schulterblatt. das operative Vorgehen. Meist ist ein sog. Entry
(Einriss der Aorteninnenhaut) in der Aorta ascen-
kAbdeckung dens zu finden (. Abb. 7.52a).
Nach Standard. 7 Häufig sind durch Voranschreiten der Dissektion
in Richtung Aortenklappe eine Hämatombildung
kRasur in der Wand und eine Ablösung der Aortenklap-
Brustkorb und beide Leistenregionen. penkommissuren vorhanden, die die Aortenklap-
pe insuffizient werden lassen. Wenn möglich soll-
ten durch Nähte oder die Verwendung von Gewe-
7.10.1 Aorta-ascendens-Ersatz bekleber die Gewebeschichten der Aorta ascen-
dens nach Entfernung des Hämatoms wieder
vereinigt werden. Dadurch lässt sich die Aorten-
Aorta-ascendens-Ersatz klappe erhalten. In diesem Fall wird kurz oberhalb
7 Mediane Sternotomie. Perikarderöffnung. Hepa- der Koronararterien die Aorta ascendens quer
ringabe. durchtrennt, und eine Gefäßprothese geeigneten
7 Anschluss an die HLM über die Aorta ascendens, Durchmessers wird mit einer fortlaufenden, ggf.
A. subclavia oder eine A.-femoralis-Kanüle. Venöse filzarmierten Naht anastomosiert (. Abb. 7.52b).
Zweistufenkanüle. Beginn der EKZ mit ggf. Hypo- Anschließend wird bei tiefer Hypothermie (20 °C)
thermie bis 20 °C (7 Abschn. 7.3). und totalem Kreislaufstillstand die Aorta ascen-
6 6
7.10 · Aortenaneurysmachirurgie
363 7
dens distal des Entrys durchtrennt, und ggf. wird 7 Nach Aortenklappenrekonstruktion bzw. Aorta-
mit Hilfe von Gewebeklebern der Aortenbogen ascendens-Ersatz mit Reimplantation der Korona-
rekonstruiert. rien (Bentall-Operation) wird in tiefer Hypother-
7 Während des Kreislaufstillstands retrograde Kopf- mie und bei Kreislaufstillstand der kranke Aorten-
perfusion über eine Kanüle im Bereich der oberen bogen reseziert. Die 3 suprakoronaren Äste (Trun-
Hohlvene (400 ml/min) zur Kühlung des Gehirns cus brachiocephalicus, A. carotis dextra und
und zur späteren Entlüftung. Anastomosierung der A. carotis sinistra) werden meist mit einer gemein-
Gefäßprothese mit dem Beginn des Aortenbogens samen Gefäßmanschette exzidiert. Klebung der
mit fortlaufender 3–0 monofiler Polypropylennaht. Aorta descendens sowie ggf. Einbringen von
Zuvor ggf. Vereinigung der Aortenwandschichten 2 Filzstreifen außerhalb und innerhalb der Gefäß-
mit einer filzarmierten fortlaufenden Naht. Einle- wand, die durch eine monofile meandrierende 4–
gen einer Aortenkanüle in die Aszendensprothese 0 Naht fixiert werden.
mit einer 3–0 monofilen Tabakbeutelnaht mit Tour- 7 Anschließend Naht zwischen einer Dacron-Pro-
niquet und Beginn der antegraden EKZ. these geeigneter Größe und der Aorta ascendens
7 Ist die Aorta ascendens erweitert (Aneurysma) mit einer fortlaufenden 4–0 bzw. 3–0 monofilen
und zugleich die Aortenklappe verkalkt oder Polypropylennaht. Längseröffnung der Dacron-
durch Endokarditis zerstört, so wird ein Aorten- Prothese und Einnähen des Truncus brachioce-
wurzelersatz mit Reimplantation der Koronararte- phalicus, der linken A. carotis und A. subclavia
rien (Bentall-Operation) durchgeführt. Dabei wird über eine gemeinsame Gefäßmanschette mit Hilfe
eine klappentragende Dacron-Aortenprothese einer filzarmierten 4–0 monofilen Polypropylen-
(mit 2–0 filzarmierten Polyester-U-Nähten bzw. naht (. Abb. 7.53b).
mit einer fortlaufenden Naht) in den Aortenklap- 7 Während der gesamten Zeit antegrade Perfusion
penring implantiert. Anschließend werden beide der Hirnarterien (400 ml/min kaltes Blut aus der
mobilisierten Koronarostien mit fortlaufenden HLM). Entlüftung durch retrograde Kopfperfusion
4–0 oder 5–0 monofilen Polypropylennähten in über eine Kanüle (. Abb. 7.7), die in der oberen
die Dacron-Prothese implantiert. Hohlvene liegt. Beginn der EKZ ggf. über eine Ka-
7 Alternativ kann auch ein Aortenwurzelersatz mit nüle, die in die Aortenprothese eingelegt wird.
einer heterologen Aortenwurzel (. Abb. 7.36) Entlüftung des Aortenbogens sowie Setzen einer
und Reimplantation beider Koronarien durchge- Aortenklemme auf die Dacron-Prothese proximal
führt werden. der suprakraniellen Abgänge. Naht der beiden
7 Reperfusion, Entlüftung und Rhythmisierung des Gefäßprothesen mit einer fortlaufenden 3–0 mo-
Herzens. Schrittmacherdrähte. Beendigung der nofilen Polypropylennaht.
EKZ. Protamingabe. Blutstillung. Drainagen, Tho- 7 Öffnen der Aortenklemme. Wiederbeleben des Her-
raxverschluss. zens. Reperfusion. Entlüftung. Wiedererwärmung.
Schrittmacherelektroden. Abgehen von der HLM.
7 Dekanülierung. Protamingabe. Blutstillung. Peri-
kard- und Retrosternaldrainage. Gegebenenfalls
7.10.2 Aortenbogenersatz Wundverschluss der Leiste mit einer Redon-Drai-
nage. Thoraxverschluss.
Aortenbogenersatz
7 Chirurgischer Zugang und Anschluss an die HLM
wie in 7 Abschn. 7.10.1 beschrieben. 7.10.3 Aorta-descendens-Stent
7 Endet das Aortenaneurysma nicht im Bereich
der Aorta ascendens, sondern betrifft den Aor- Im Rahmen eines Aortenbogenersatzes (oder auch isoliert)
tenbogen oder es sind weitere Intimazerreißun- kann in tiefer Hypothermie und partiellem Kreislaufstill-
gen im Aortenbogen vorhanden, muss ein stand die Aorta descendens mittels einer Prothese gesten-
Aortenbogenersatz in tiefer Hypothermie und tet werden.
bei Kreislaufstillstand durchgeführt werden
(. Abb. 7.53a). kIndikation
6 Aneurysma verum oder dissecans der Aorta descen-
dens.
364 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
7.10.4 Aorta-descendens-Ersatz
Aorta-descendens-Ersatz
7 Linkslaterale/anterolaterale Thorakotomie 4. ICR.
Präparation des Aorta-descendens-Aneurysmas.
7 Femorofemoraler Bypass: Die untere Körperhälfte
wird über Kanülen in A. femoralis und V. femoralis
perfundiert (. Abb. 7.54a). Hierdurch kann das Ri-
siko der Rückenmarkschädigung (Querschnitt)
vermindert werden.
7 Abklemmen der Aorta descendens proximal und
distal des Aneurysmas. Eröffnen des Aneurysmas
und ggf. Übernähung von retrograd blutenden In-
terkostalarterien bzw. Exzision zur späteren Reim-
7 a
plantation in die Prothese. Einnähen einer
Dacron-Prothese entsprechender Größe durch
2 fortlaufende ggf. filzarmierte 4–0 oder 3–0 mo-
nofile Polypropylennähte (. Abb. 7.54b). Entfer-
nung der Aortenklemmen. Beendigung der EKZ.
7 Dekanülierung. Protamingabe. Blutstillung. Einle-
gen einer Thoraxdrainage sowie einer Redon-Drai-
nage in die Leiste. Schichtweiser Wundverschluss.
7.10.5 Hybrid-Aneurysmektomie
Hybrid-Aneurysmektomie
7 Mediane Sternotomie, Heparingabe. Anschluss
der Herz-Lungen-Maschine über A. subclavia,
Aorta-descendens-Stent
A. femoralis oder ggf. Aorta ascendens.
7 Nach antegrader Einführung der Prothese in die 7 Queres Abklemmen der Aorta ascendens.
Aorta descendens wird sie entfaltet und anschlie- 7 Aorta-ascendens-Ersatz mittels Dacron-Prothese
ßend die beigefügte Dacron-Prothese mittels (suprakoronarer Ersatz, David-Rekonstruktion,
eines Fadens herausgezogen. Mit dieser Prothese, Bentall-Operation).
die am Rande der Aorta descendens fixiert wird, 7 Kreislaufstillstand und Resektion des Aortenbo-
kann anschließend der Aortenklappenersatz mit gens. Antegrade Hirnperfusion über den Truncus
Implantation der supraaortalen Äste durchgeführt brachiocephalicus und A. subclavia sinistra.
werden. 7 Antegrades Einführen und Entfalten eines geco-
7 Der übrige OP-Verlauf entspricht dem beim Aor- verten Stents in die Aorta descendens. Herauszie-
tenbogenersatz beschriebenen Vorgehen (7 Ab- hen einer an dem Stent befestigten Dacron-Pro-
schn. 7.10.2). 6
7.11 · Chirurgie kongenitaler Herzfehler
365 7
a
. Abb. 7.55 Unterschiedliche Lokalisationen von Atrium-Septum-
Defekten mit Links-Rechts-Shunt. Ostium-secundum-Defekt (ASD II;
. Abb. 7.54 a, b Aorta-descendens-Ersatz mit femoro-femoralem a), Ostium-primum-Defekt (ASD I; b), Sinus-venosus-Defekt (c), parti-
Bypass und Aortenabklemmung proximal und distal des Aneurys- ell fehleinmündende Lungenvenen (d) (breite Pfeile: Links-Rechts-
mas (a). Resektion und Ersatz durch Rohrprothesen-Interponat (b) Shunt; schmaler Pfeil: Flussrichtung des Blutes)
4 Sauger.
4 Gefäßstandardinstrumentarium. 7 Eröffnung des rechten Vorhofs. Direktverschluss
4 Diverse Gefäßklemmen, Fogarty-Klemme, Chit- des ASD durch fortlaufende Naht (. Abb. 7.56)
wood-Klemme. oder mit Hilfe eines Kunststoff- oder Perikardfli-
4 Clipzange. ckens (Patchverschluss; . Abb. 7.57), der meist
4 Thoraxdrainage. fortlaufend eingenäht wird. Verschluss des rechten
4 Haltebänder. Vorhofs. Entfernung der Aortenklemme. Wiederbe-
4 Ein etwas kräftigeres Gummirohr als Tourniquet zur lebung des Herzens, Entlüftung, Rhythmisierung.
Fixierung der HLM-Kanülen. Schrittmacherelektroden auf den rechten Vorhof
4 Schocklöffel, Schrittmacherdrähte. und die rechte Kammer. Beendigung der EKZ.
7 Dekanülierung. Protamin. Blutstillung. Drainagen.
kNahtmaterial Thoraxverschluss.
4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge-
fäßnahtmaterial aus Polypropylen.
4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
7 4 Doppelt armierte Gore-Tex-Naht.
4 PDS-Nähte (alternativ: Drahtnähte).
kImplantate
4 Kunststoff-Patches (z. B. Gore-Tex Cardiovascular
Patch; expandiertes Polytetrafluorethylen).
4 Biologische Prothesen (z. B. Rinderperikard oder auto-
loges Perikard, in 0,25%igem Glutaraldehyd verfestigt).
kLagerung
4 Rückenlagerung.
4 Beide Arme angelagert.
4 Gelrolle unter beide Knie.
4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken
Schulterblatt.
kRasur
Oberkörper und beide Leistenregionen.
jAllgemeines
Typisch ist die Kombination von partiell fehleinmün-
denden Lungenvenen (. Abb. 7.55) mit einem ASD II
(25%). Instrumentarium, Nahtmaterial, Lagerung, Abde-
ckung und Rasur (7 Abschn. 7.11.1).
b
7.11.3 Ventrikelseptumdefekt
jAllgemeines
Der Ventrikelseptumdefekt (VSD) ist ein relativ häufiger
angeborener Defekt im Bereich der Herzscheidewand zwi-
schen rechter und linker Kammer. Es treten 25% aller VSD
isoliert auf sowie weitere 25% in Kombination mit anderen
kardiovaskulären Fehlbildungen; 25% der kleineren VSD
verschließen sich innerhalb der ersten 3 Lebensjahre spon-
tan. Es besteht ein Links-Rechts-Shunt und dadurch eine
Erhöhung der Druckwerte im kleinen Kreislauf. Bei ca.
25% der Patienten besteht das Risiko einer sog. Shuntum- c
kehr (Eisenmenger-Reaktion).
Eine OP-Indikation besteht bei einem Shuntvolumen . Abb. 7.58 a–c ASD II mit partiell fehleinmündenden rechten obe-
ren Lungenvenen (a). Tunnelungsplastik der fehleinmündenden
von mehr als 40% oder/und einer shuntbedingten Druck- Lungenvenen über den ASD II in den linken Vorhof (b) und Erweite-
erhöhung im kleinen Kreislauf mit der Gefahr der Ent- rungs-Patchplastik der oberen Hohlvene (c). (VCS = obere Hohlve-
wicklung einer Eisenmenger-Reaktion. Je nach Lokalisa- ne, VCI = untere Hohlvene)
tion unterscheidet man einen hochsitzenden, einen peri-
membranösen und einen muskulären VSD (. Abb. 7.59).
4 Thoraxdrainage.
jOperation 4 Haltebänder.
kInstrumentarium 4 Ein etwas kräftigeres Gummirohr als Tourniquet zur
4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung. Fixierung der HLM-Kanülen.
4 Sternumretraktor/Thoraxsperrer. 4 Schocklöffel, Schrittmacherkabel.
4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge.
4 Diathermie, Ultraschallskalpell. kNahtmaterial
4 Sauger. 4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge-
4 Gefäßstandardinstrumentarium. fäßnahtmaterial aus Polypropylen.
4 Diverse Gefäßklemmen, Fogarty-Klemme. 4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
4 Chitwood-Klemme. 4 Doppelt armierte nicht resorbierbare Gore-Tex-Naht.
4 Clipzange. 4 PDS-Nähte (alternativ: Drahtnähte).
368 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
7.11.4 Aortenisthmusstenose
kImplantate
Kunststoff-Patches (z. B. Gore-Tex Cardiovascular Patch; jAllgemeines
expandiertes Polytetrafluorethylen). Typisch ist die Kombination einer Aortenisthmusstenose
(Coarctatio aortae) mit einem offenen Ductus Botalli
kLagerung (. Abb. 7.61) sowie einer valvulären Aortenstenose. Man
4 Rückenlagerung. unterscheidet einen präduktalen und einen postduktalen
4 Beide Arme angelagert. Typ der Aortenisthmusstenose. Die präduktale Aorten-
4 Gelrolle unter beide Knie. isthmusstenose (sog. kindliche Form) erfordert meist eine
4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken notfallmäßige Operation in der Neugeborenenperiode.
Schulterblatt. Demgegenüber ist die postduktale Aortenisthmusstenose
in der Kindheit oft asymptomatisch. Erst später entwi-
kAbdeckung ckeln sich die Folgen der Hypertonie in der oberen Kör-
Nach Standard. perhälfte mit Linksherzbelastung und frühzeitiger Zere-
bralsklerose und dem Risiko von Schlaganfällen bereits im
kRasur Jugendalter sowie einer bakteriellen Endokarditis. Die
Oberkörper und beide Leistenregionen. mittlere Lebenserwartung ohne Operation beträgt ca.
35 Jahre.
Ventrikelseptumdefekt-Verschluss jOperation
7 Mediane Sternotomie. Perikarderöffnung. Hepa- kInstrumentarium
ringabe. 4 Grundinstrumentarium.
7 Anschluss an die HLM mit einer arteriellen Kanüle 4 Diathermie oder Ultraschallskalpell.
in die Aorta ascendens sowie getrennte Kanülie- 4 Sauger.
rung und Anschlingung beider Hohlvenen. 4 Gefäßstandardinstrumentarium.
7 Beginn der EKZ. Queres Abklemmen der Aorta as- 4 Thoraxsperrer.
cendens. Kardioplegiegabe über die Aortenwurzel. 4 Diverse Gefäßklemmen, wie Satinsky-, Fogarty-
6 Klemme.
4 Clipzange.
7.11 · Chirurgie kongenitaler Herzfehler
369 7
4 Thoraxdrainage.
4 Haltebänder, Gummizügel.
kNahtmaterial
4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge-
fäßnahtmaterial aus Polypropylen.
4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
b kImplantate
4 Primär dichte Prothesen.
4 Filzstreifen als Nahtwiderlager.
4 Kunststoff-Patches und Rohrprothesen in verschie-
denen Durchmessern.
kLagerung
4 Rechtseitenlagerung.
4 Abstützen des Patienten durch seitlich am Tisch mon-
tierte Halterungen.
4 Den linken Arm am Narkosebügel befestigen oder auf
einer Stütze lagern.
4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken
Schulterblatt.
c kAbdeckung
Nach Standard.
. Abb. 7.60 a–c Transatrialer VSD-Patchverschluss. Zugang über
die Trikuspidalklappe (a), Legen von filzarmierten monofilen Nähten
(b) und fertige Patchimplantation (c). (VCI = untere Hohlvene, VCS = kRasur
obere Hohlvene, VSD = Ventrikel-Septumdefekt) Oberkörper und beide Leistenregionen.
370 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
a b
c c
. Abb. 7.62 a–d OP-Techniken bei Aortenisthmusstenose. Ligatur des Ductus Botalli (a), Resektion der Aortenisthmusstenose (b), Rohrpro-
thesen-Interponat (c) oder End-zu-End-Anastomosierung (d)
7.12 · Erkrankungen des Herzbeutels
371 7
Bis zu 30% der akuten Herzbeutelentzündungen (Peri-
karditiden) können zu einem Panzerherz (konstriktive
Perikarditis) führen. Dabei kommt es zu zunehmender
Verschwielung und Verkalkung des Epi- bzw. Perikards.
Herzbeutelentzündungen können durch Bakterien, Pilze,
Viren und Urämie bei chronischer Niereninsuffizienz ent-
stehen. Auch eine Herzoperation kann in seltenen Fällen
zu einem Panzerherz führen. Klinisch beobachtet man bei
den Patienten gestaute Halsvenen und Aszites als Zeichen
der Stauung vor dem rechten Herzen. Das Herzminuten-
volumen ist reduziert und der Füllungsdruck der rechten
Herzkammer erhöht.
jOperation
a b kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium zur Thoraxeröffnung.
4 Sternumsperrer.
4 Elektrische oder druckluftbetriebene Sternumsäge.
4 Diathermie oder Ultraschallskalpell.
4 Sauger.
4 Gefäßstandardinstrumentarium.
4 Allis-Klemme (. Abb. 2.12).
4 Clipzange.
4 Thoraxdrainage.
kNahtmaterial
4 Nicht resorbierbares monofiles Gefäßnahtmaterial
c
aus Polypropylen.
4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
. Abb. 7.63 a–c OP-Techniken der Aortenisthmusstenose. Patcher-
4 Drahtnaht, Sternumband und Sternumspanner.
weiterung (a), Bypass mit Rohrprothese (b) und Patch-Erweiterung
des Aortenisthmus mit A. subclavia sinistra (»Subclavia-flap-Tech- kLagerung
nik«; c) 4 Rückenlagerung.
4 Beide Arme angelagert.
4 Gelrolle unter beide Knie.
7.12 Erkrankungen des Herzbeutels 4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken
Schulterblatt.
jAllgemeines
Durch Ansammlung von Blut oder seröser Flüssigkeit im kAbdeckung
Herzbeutel kommt es in Abhängigkeit vom Druck, unter Nach Standard.
dem die Flüssigkeit im Herzbeutel steht, zu einer Behinde-
rung der diastolischen Füllung der Herzkammern. Da- kRasur
durch reduziert sich das Herzschlagvolumen und es kommt Oberkörper und beide Leistenregionen.
zur Erhöhung des extravasalen Koronarwiderstandes. Dies
führt wiederum zur Durchblutungsstörung des Herzens.
Leitsymptome sind ein niedriger arterieller Druck, eine 7.12.1 Akute Herzbeuteltamponade
Tachykardie und durch schlechtere Perfusion der Nieren
eine eingeschränkte Urinproduktion.
Akute Herzbeuteltamponaden können bei Nachblu- Operation einer akuten Herzbeuteltamponade
tungen nach herzchirurgischen Eingriffen, bei Herzwand- 7 Sternotomie, ggf. Durchtrennung von Nähten und
ruptur im Rahmen eines Myokardinfarkts und bei Perfora- Drahtcerclagen. Entfernen von Thromben und fri-
tion des Herzens im Rahmen von Thoraxverletzungen ent- schem Blut. Spülung.
stehen. Auch virale und bakterielle Entzündungen können 6
über eine Perikarditis zur Herzbeuteltamponade führen.
372 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
kRasur
Oberkörper und beide Leistenregionen.
7.14.1 Operation bei akuter Lungenembolie ten Herzkammer gelegt. 40% aller Schrittmacherimplanta-
tionen erfolgen bei einem AV-Block III. Grades.
Bei krankhafter Verringerung des Sinus-Knoten-
Operation bei akuter Lungenembolie Rhythmus (Sick-Sinus-Syndrom) genügt die Implantation
7 Mediane Sternotomie. Perikarderöffnung. Hepa- eines sog. AAI-Schrittmachers. Hier ist bei intakter Über-
ringabe. leitung vom Vorhof auf die Kammer nur eine Vorhof-
7 Anschluss an die HLM mit einer Aorta-ascendens- elektrode, die einen normofrequenten Impuls abgibt, er-
Kanüle sowie einer venösen Zweistufenkanüle forderlich. Bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern
bzw. getrennte Kanülierung beider Hohlvenen. ohne adäquate Vorhofaktion genügt die Implantation eines
Beginn der EKZ. sog. VVI-Schrittmachers, bei dem nur eine Sonde im rech-
7 Längseröffnung der A. pulmonalis evtl. bis in die ten Ventrikel positioniert wird.
rechte und linke Pulmonalarterie hinein und Aus-
räumen des thrombotischen Materials. Gegebe- jOperation
nenfalls manuelles Exprimieren beider Lungenflü- kInstrumentarium
gel zum Mobilisieren von frischen Thromben. Ver- 4 Grundinstrumentarium.
7 schluss der A. pulmonalis mit fortlaufender 4–0 Po- 4 Gefäßstandardinstrumentarium.
lypropylennaht. Entlüftung. Beendigung der EKZ. 4 Clipzange.
7 Dekanülierung. Protamingabe. Schrittmacher- 4 Redon-Drainage.
elektroden. Perikard- und Retrosternaldrainage. 4 Bereitstellen des Bildwandlers; Beachtung der Strah-
Thoraxverschluss. lenschutzbestimmungen.
kNahtmaterial
4 Nicht resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial aus
7.14.2 Operation bei chronischer Polypropylen.
Lungenembolie 4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
7.15.1 Herzschrittmacher
jAllgemeines
Die erste Herzschrittmacherimplantation erfolgte im Jahre
1958. Zurzeit werden in Deutschland über 50.000 Pati-
enten pro Jahr mit einem dauerhaften Schrittmachersys-
tem versorgt. Dabei werden in erster Linie Patienten be-
handelt, bei der die Herzrhythmusüberleitung vom Sinus-
knoten auf beide Ventrikel nicht ordnungsgemäß funktio-
niert (AV-Blockierung). Diese Patienten werden in der
Regel mit einem physiologischen Schrittmacher (DDD-
Schrittmacher) behandelt; hierbei wird eine Elektrode im
Bereich des Vorhofs und eine weitere im Bereich der rech- . Abb. 7.66 Schrittmacherimplantation (DDD-Pacer)
7.15 · Behandlung von Herzrhythmusstörungen
375 7
4 Beide Arme angelagert. kInstrumentarium, Nahtmaterial, Lagerung,
4 Gelrolle unter beide Knie. Abdeckung und Rasur
4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken Siehe 7 Abschn. 7.15.1.
Schulterblatt.
jOperation
kAbdeckung Die Implantationstechnik unterscheidet sich nicht von der
4 Nach Standard. Implantation eines sog. VVI-Schrittmachers. Unter Bild-
4 Abdeckung für den Bildwandler. wandlerkontrolle wird die Sensing-Defibrillations-Elek-
trode im Bereich des rechten Ventrikels positioniert. Intra-
kRasur operativ wird getestet, ob der interne Defibrillator künst-
Rechter oder linker Hals-Thorax-Bereich. lich ausgelöstes Kammerflimmern/-flattern erfolgreich
beenden kann. Das Gerät kann von extern nach dem Prin-
zip von Induktionsschleifen eingestellt und auch abgefragt
Herzschrittmacher-Implantation
werden.
7 Hautschnitt im Bereich der Mohrenheim-Grube
links (ggf. rechts). Venae sectio der V. cephalica
bzw. Punktion der V. subclavia und Einführen der 7.15.3 Behandlung von Vorhofflimmern/
Schrittmacherelektroden, die unter Bildwandler- -flattern
kontrolle im Bereich des Vorhofs bzw. der rechten
Ventrikelspitze positioniert werden. Dabei können jAllgemeines
wahlweise Elektroden gewählt werden, die sich Im Rahmen von Mitralklappenerkrankungen, aber auch
im Trabekelwerk verhaken (Fächerelektroden) bei zunehmendem Alter kann chronisches Vorhof-
oder die ins Myokard eingeschraubt werden flimmern auftreten. Dabei kommt der Druckerhöhung
(Schraubelektroden). und gleichzeitig der Vergrößerung des linken Vorhofs
7 Durchmessen der Schrittmacherelektroden. An- eine besondere Bedeutung zu. Der amerikanische Herz-
schließen des Schrittmacheraggregats, das in ei- chirurg Jim Cox entwickelte eine OP-Technik (Maze-
ner subkutanen bzw. submuskulären Tasche unter Operation), bei der die Vorhöfe nach einem bestimmten
dem M. pectoralis mit einer nicht resorbierbaren Muster zerschnitten und anschließend wieder vernäht
Naht fixiert wird. Einlegen einer Redon-Drainage. wurden. Diese Segmentierung des Vorhofs hat zum Ziel,
Schichtweiser Wundverschluss. dass nur eine Vorhoferregung den AV-Knoten erreicht
und es damit zu einer Rhythmisierung der Herzaktionen
kommt.
In letzter Zeit sind neue Verfahren entwickelt worden,
7.15.2 Interne Defibrillatoren um eine transmurale (durch alle Wandschichten reichende)
Narbe (elektrische Leitung nicht mehr möglich) im Vorhof
jAllgemeines zu erreichen; dies geschieht durch Mikrowelle, Radiofre-
Sogenannte bösartige ventrikuläre Rhythmusstörungen quenz- (RF-)Ablation oder Kryoablation (Vereisung).
können zu Kammerflimmern/Kammerflattern führen. Auch bei dieser Methode wird der Vorhof in bestimmte
Gelingt es nicht, diese Patienten durch entsprechende An- Korridore eingeteilt (. Abb. 7.67). Bei dieser sog. unipo-
tiarrhythmika (z. B. Amiodaron) zu behandeln, besteht bei laren Vorhofablation muss eine Neutralelektrode am Rü-
Auslösbarkeit von Kammerflimmern während einer elek- cken des Patienten angebracht werden. Werden ausschließ-
trophysiologischen Untersuchung die Indikation zur Im- lich die Lungenvenen abladiert, geschieht dies am ge-
plantation eines internen Defibrillators. schlossenen Vorhof mit bipolarer Ablation.
Moderne Defibrillatoren verfügen über Sensing-
Defibrillations-Elektroden, die genau wie bei einer jOperation
Schrittmacherimplantation transvenös und endokardial kInstrumentarium
unter Bildwandlerkontrolle implantiert werden können. 4 Siehe 7 Abschn. 7.8.
Diese Sensing-Defibrillations-Elektroden können, z. T. in 4 Ablationsgenerator.
Kombination mit dem Gehäuse des Defibrillators, ein für 4 Ablationshandgriff.
eine Defibrillation ausreichendes elektromagnetisches 4 Gegebenenfalls Infusomat mit Kochsalzlösung zur
Feld aufbauen. Derzeit werden in Deutschland pro Jahr Kühlung bei RF-Ablation.
mehr als 4.500 Systeme mit steigender Frequenz im- 4 Gegebenenfalls großflächige Neutralelektrode unter
plantiert. dem Rücken des Patienten, bei unipolarer Ablation.
376 Kapitel 7 · Kardiochirurgie
7.16 Kreislaufunterstützungssysteme
jAllgemeines
Die EKG-synchronisierte »Gegenpulsation« mit einem
Ballonkatheter (intraaortale Ballonpumpe, IABP), der
über die Leistenarterie (per Punktion oder Leistenfreile-
gung) bis in die Aorta descendens vorgeschoben wird, ist
ein effektives Verfahren zur Kreislaufunterstützung bei
Herzmuskelversagen. Dabei kommt es durch das aktive
Leersaugen des Ballons während der Anspannungsphase
(Systole) des Herzens zu einer Verringerung des Aorten-
a b
druckes (. Abb. 7.68a). Die linke Herzkammer kann das
Blut gegen eine verringerte Nachlast auswerfen. Beim
. Abb. 7.68 a, b Prinzip der IABP. Entleerter Ballon während der
Aufblasen des Ballons in der Entspannungsphase (Dias- Systole (a) und entfalteter Ballon während der Diastole (b)
tole) des Herzens wird durch Druckerhöhung in der Aor-
ta die Durchblutung der Herzkranzarterien verbessert
(. Abb. 7.68b). 4 Redon-Drainage.
4 Halteband.
jOperation
kInstrumentarium kNahtmaterial
4 Grundinstrumentarium. 4 Doppelt armiertes nicht resorbierbares monofiles Ge-
4 Gefäßstandardinstrumentarium. fäßnahtmaterial aus Polypropylen.
4 Clipzange. 4 Resorbierbares geflochtenes Nahtmaterial.
7.16 · Kreislaufunterstützungssysteme
377 7
kImplantate
Intraaortaler Ballonkatheter.
kLagerung
4 Rückenlagerung.
4 Beide Arme angelagert.
4 Gelrolle unter beide Knie.
4 Anlegen der Neutralelektrode unter dem linken
Schulterblatt.
kAbdeckung
Nach Standard.
kRasur
Oberkörper und beide Leistenregionen.
kImplantate
Miniturbine.
. Abb. 7.71 Prinzip der orthotopen Herztransplantation. (Ao = Aorta, HLM = Herz-Lungen-Maschine, LA = linker Vorhof, PA = Pulmonal-
arterie, RA = rechter Vorhof )
Gynäkologie
U. Havemann, M. Bazargan
. Abb. 8.2 Äußere Geschlechtsteile. Der tragfähige Beckenboden wird vor allem vom M. levator ani (Diaphragma pelvis) gebildet
8.1 · Anatomische Grundlagen
383 8
jora pudendi), dem Kitzler (Klitoris) und Scheidenvorhof 4 Hals (Zervix),
(Vestibulum vaginae). Das äußere Genitale wird auch als 4 Mund (Portio).
Vulva bezeichnet.
Fundus, Korpus und ein Teil der Zervix liegen intraperito-
neal und sind mit Bauchfell (Peritoneum) überzogen. Die
8.1.1 Eierstock (Ovar) untere Hälfte der Zervix liegt im Beckenbindegewebe (Pa-
rametrium), die Portio mündet in die Vagina. Durch die
Der paarig angelegte Eierstock (Ovar; . Abb. 8.3) ist der Pro- Portio wird das Scheidengewölbe in ein vorderes und ein
duktionsort und das Weiterentwicklungsorgan der Eizellen hinteres Scheidengewölbe eingeteilt. Der Uterus hat nach
und weiblicher Geschlechtshormone. Er entspricht in seiner allen Seiten einen Halteapparat, der aus 3 kranialen und
Form und Größe einer flachen Pflaume. Die Blutversorgung 3 kaudalen Bändern besteht.
erfolgt über die A. ovarica, die auf Höhe der Nierenarterien- 4 Kraniale Ligamente:
abgänge aus der Aorta entspringt (7 Abschn. 8.1.4). 5 Lig. teres uteri = Lig. rotundum; rundes Mutter-
band.
Es entspringt oberhalb der Tubenabgänge, durch-
8.1.2 Eileiter (Tuben) zieht den Leistenkanal und endet in den großen
Labien. Es besitzt Zügelfunktion, hält den Uterus in
Die Tuben entspringen seitlich am Fundus des Uterus und Anteflexions- und Anteversionsstellung.
münden in einen Fransentrichter, (Fimbrientrichter), der 5 Lig. uteroovaricum = Lig. ovarii proprium.
sich beim Eisprung auf das Ovar legt. Diese Fimbrien sind Es entspringt im Tubenwinkel und zieht zum Ovar.
12–15 cm lang und nehmen die Eizelle auf. Gelangt ein 5 Lig. suspensorium ovarii = Lig. infundibulopel-
befruchtetes Ei nicht innerhalb von 4 Tagen in die Gebär- vicum.
mutter, kommt es zu einer Einnistung in die Tube und da- Es entspringt lateral am Ovar und zieht zur Becken-
mit zu einer sog. Eileiterschwangerschaft (7 Abschn. 8.7.3). wand. In ihm verläuft die A. ovarica.
Der Eileiter rupturiert dann meist nach wenigen Tagen, 4 Kaudale Ligamente:
und es kommt zu einer lebensbedrohlichen Blutung. 5 Lig. cardinale.
Es setzt mehr seitlich an der Zervix an, zieht aber
nach hinten. In ihm verlaufen die uterusversor-
8.1.3 Gebärmutter (Uterus) genden Gefäße (A. uterina).
5 Lig. sacrouterinum.
Der Uterus liegt im kleinen Becken zwischen Rektum und Es verläuft von der Zervix nach hinten – um das
Blase. Er ist üblicherweise nach vorn gewölbt (anteflek- Rektum – und bildet so eine randständige Verstär-
tiert). Die Gebärmutter wird in 4 Segmente eingeteilt: kung um die durch das Rektum entstehende Lücke.
4 Dach (Fundus), Dieses Ligament hat als einziges eine echte Halte-
4 Körper (Korpus), funktion.
4 Blasenpfeiler, bestehend aus Außen ist der Uterus mit Bauchfell (Perimetrium = Tu-
5 Lig. cervicovesicale = vesicouterinum. nica serosa) überzogen. Das Muskelgewebe (Myometrium
Es zieht von der Zervix nach vorn zur Blase. = Tunica muscularis) ist in der Lage, sich während einer
5 Lig. pubovesicale. Schwangerschaft auszudehnen und am Ende der Schwan-
Es zieht von der Blase zur vorderen Beckenwand. gerschaft das Kind auszutreiben. Nachdem das Kind gebo-
4 Parametrium = Beckenbindegewebe: ren ist, zieht sich der Uterus unter der Einwirkung des
Es verläuft von der Beckenwand zur Zervix und um- Hormons Oxytozin, das die Blutgefäße in der Muskulatur
fasst diese. Das Parametrium wirkt federnd und hält komprimiert, wieder zusammen
den Uterus im kleinen Becken. Seine wichtigsten An- Innen ist der Uterus mit einer Schleimhautschicht (En-
teile sind das Lig. sacrouterinum und das Lig. cardi- dometrium = Tunica mucosa) ausgekleidet, die die Einnis-
nale auf beiden Seiten. tung eines befruchteten Eis ermöglicht. Diese Schleim-
4 Lig. latum = breites Band = Peritoneum = Mesometri- hautschicht wächst zu Beginn des weiblichen Zyklus und
um. wird am Ende des Zyklus abgestoßen, um sich nach der
Diese Bauchfellduplikatur zieht von den Uterussei- monatlichen Regelblutung wieder aufzubauen.
tenbereichen zur seitlichen Beckenwand. Sie besitzt Der Hohlraum im Uterus, der mit dem Endometrium
wenig Bindegewebe und hat keine haltende Funktion. ausgekleidet ist, wird als Cavum uteri bezeichnet.
Das Lig. latum besteht aus:
5 Mesosalpinx, eine Bauchfellduplikatur, die die Tuben
8 umgibt, gebildet aus beiden Blättern des Lig. latum. 8.1.4 Gefäßversorgung
5 Mesoovarium, eine Bauchfellduplikatur aus dem
hinteren Blatt des Lig. latum. Das Ovar liegt diesem Die A. uterina und die A. ovarica versorgen das weibliche
Blatt an. Genitale (. Abb. 8.4). Die A. uterina entspringt aus der
5 Excavatio rectouterina, der Douglas-Raum, eine A. iliaca interna, verläuft im Lig. cardinale über den Ureter
Einsenkung des Peritoneums zwischen Uterus und und teilt sich in 2 Äste:
Rektum. 4 R. descendens (cervicovaginalis), der die Zervix und
5 Excavatio vesicouterina, Einsenkung des Peritone- das obere Scheidendrittel versorgt,
ums zwischen Uterus und Blase. 4 R. ascendens (uterotubarius), der die Tube und den
Corpus uteri versorgt.
Wandschichten des Uterus
Die Wandschichten des Uterus sind nach Art ihrer Aufga- Von beiden Rami gehen Äste ab, die die Vorder- und Hin-
ben einzuordnen. terwand der Gebärmutter versorgen.
. Abb. 8.4 Peritonealverhältnisse und Gefäßversorgung von Ovar, Tuben und Uterus. Ansicht von dorsal
8.2 · Zugänge in der Gynäkologie
385 8
. Abb. 8.5 Schematische Darstellung der Gefäßversorgung des weiblichen Genitale, der Harnblase und des Rektums
Die A. ovarica entspringt aus der Aorta in Höhe der 4 Quereröffnung der Faszie zunächst in der Mitte mit
A. renalis. Sie zieht durch das Lig. suspensorium ovarii dem Skalpell, dann Erweiterung nach rechts und
zum Ovar. Zwischen dem R. ascendens und der A. ovarica links mit einer kräftigen Schere (z. B. nach Cooper).
bestehen etliche Verbindungen (. Abb. 8.5). 4 Anklemmen der Faszienränder mit Kocher-Klemmen.
Die Aa. vesicales inferiores versorgen das mittlere 4 Lösen der Faszie von der Vorderwand der Rektus-
Scheidendrittel. Die Aa. pudendalis und rectales versorgen muskulatur (dies ist weitgehend stumpf möglich); die
das untere Scheidendrittel und die Vulva. in der Mitte verlaufende Linea alba wird scharf
durchtrennt.
4 Auseinanderdrängen der Rektusbäuche und Einset-
8.2 Zugänge in der Gynäkologie zen der Roux-Haken.
4 Unterhalb der Rektusmuskulatur liegt die Fascia
8.2.1 Suprasymphysärer transversalis, die bei schlanken Patientinnen häufig
Faszienquerschnitt nach Pfannenstiel eine Einheit mit dem Peritoneum bildet. Die Fascia
transversalis wird mit zwei chirurgischen Pinzetten
4 Hautschnitt quer, leicht bogenförmig, wenn möglich gefasst und vorsichtig mit dem Skalpell gespalten.
unterhalb des suprapubischen Haaransatzes. 4 Anschließend kann das Peritoneum gefasst und eröff-
4 Durchtrennung des Subkutangewebes bis auf die Rek- net werden (Cave: Verletzungen der Blase und des
tusscheide. Darms).
386 Kapitel 8 · Gynäkologie
4 Verlängerung des Peritonealschnittes in Längsrich- mit dem Skalpell. Längserweiterung des Schnittes mit
tung nach proximal und distal mit der Schere. der Schere.
4 Einsetzen von Haken, Sperrern oder Rahmen und Ab- 4 Einsetzen von Haken oder Rahmen und Abstopfen
stopfen der Darmschlingen mit feuchten Bauchtüchern. des Darms mit Bauchtüchern.
Verschluss Verschluss
4 Anklemmen des Peritoneums mit 3–4 Peritoneal- 4 Anklemmen des Peritoneums mit 3–4 Peritoneal-
klemmen nach Mikulicz. klemmen nach Mikulicz.
4 Textilien und Instrumente werden auf Vollständigkeit 4 Textilien und Instrumente werden auf Vollständigkeit
überprüft und der Zählstand dokumentiert. überprüft und der Zählstand dokumentiert.
4 Fortlaufende Peritonealnaht im oberen Wundwinkel 4 Unterschiedliche Nahttechniken sind möglich:
beginnend. 5 Fassen aller Schichten in fortlaufender Nahttechnik
4 Fortlaufende Adaptationsnaht der Rektusmuskeln, mit einem Schlingenfaden; schichtweiser Wund-
am distalen Wundwinkel beginnend (dazu kann die verschluss in fortlaufender oder Einzelknopfnaht-
Peritonealnaht weiter genutzt werden). technik.
4 Exakte Blutstillung. 5 Stabile Rekonstruktion der Bauchdecke: Zunächst
4 Fasziennaht, entweder fortlaufend oder durch kräf- werden Rektusaponeurose, Muskulatur und Perito-
tige Einzelknopfnähte. Bei Einzelknopfnähten werden neum durchstochen. Anschließend wird unter Bil-
8 zunächst Ecknähte angelegt, die lang gelassen werden, dung einer Schlaufe mit dieser Naht mehr ober-
danach erfolgt eine Naht in der Mitte. flächlich zurückgestochen. Subkutannaht.
4 Bei Bedarf Einlage einer subfaszialen Redon-Drainage. 4 Intrakutannaht oder Hautklammerung.
4 Weiterer Faszienverschluss in fortlaufender Naht-
technik. jVorteile
4 Evtl. Subkutannaht mit Einzelknopfnähten. 4 Ist operativ größerer Raumbedarf gewünscht, wird
4 Intrakutannaht oder Hautklammerung. dieser Zugang gewählt.
4 Gute Erweiterungsmöglichkeit.
jVorteile 4 Geringere Blutungsgefahr.
4 Geringere »Platzbauchgefahr« durch den Wechsel-
schnitt. jNachteile
4 Gute kosmetische Ergebnisse durch den Hautschnitt 4 Platzbauch-, Herniengefahr.
unterhalb des Haaransatzes. 4 Das kosmetische Ergebnis ist unbefriedigender als
beim Zugang nach Pfannenstiel.
jNachteil
4 Der Schnitt bietet kaum Erweiterungsmöglichkeiten.
8.3 Lagerungen und Abdeckung
4 Grundinstrumente:
! Alle Medikamente auf dem OP-Tisch brauchen ei-
5 Schere,
nen Markierungscode, der für alle Mitarbeiter
5 Pinzetten,
gültig ist, um Verwechslungen auszuschließen!
5 Overholt-Klemmen,
5 Peán-Klemmen, In der Beckenbodenchirurgie wird für die Präparation
5 Kocher-Klemmen, der vorderen und hinteren Plastik ein Lokalanästhetikum
5 Langenbeck-Haken, verdünnt mit Ringer-Lösung 1:1 verwendet. Das Aufsprit-
5 Roux-Haken. zen der Vaginalhaut ermöglicht eine bessere räumliche
4 Rahmen und Rückhalteinstrumente: Darstellung, und das Adrenalin vermindert Blutungen.
5 Kirschner-Rahmen, Beispiel: Xylonest 0,5% mit Adrenalin 1:250.000.
5 Sattlerrahmensystem (7 Abschn. 2.1.1). Zur lokalen Injektion in die Stichinzisionen bei lapa-
4 Organfasszangen: roskopischen Eingriffen, um den postoperativen Schmer-
5 Duval-Klemme, zen vorzubeugen.
5 Ovarienfasszange (. Abb. 8.8), Beispiel: Scandicain 0,25%.
5 Allisklemme. Alle Bio-Meshs (Netze) werden vor der Implantation
4 Uterusscheren mit unterschiedlicher Krümmung eingelegt, um eine postoperative Infektion zu verhindern
(. Abb. 8.9 und . Abb. 8.10). und das Netz für die Implantation vorzubereiten. Das
4 Museux. Mesh besteht aus getrocknetem Schweinedarm und ist des-
4 Wertheim-Parametriumklemme (. Abb. 8.11). halb sehr hart.
4 Wertheim-Hysterektomieklemme (. Abb. 8.12). Beispiel: Gentamycin 80 mg, verdünnt mit Ringer-Lö-
4 Myomheber nach Doyen (. Abb. 8.13). sung.
Botulinumtoxin (Botox) ist ein bakterielles Neuroto-
xin, das geeignet ist zur Behandlung von Erkrankungen
8.4.2 Instrumente für vaginale Eingriffe der überaktiven Blase mit und ohne Inkontinenz.
In einer kurzen Vollnarkose werden zystoskopisch
4 Scheidenspekulum nach Breisky (. Abb. 8.14), das die 20×1 ml von Botulinustoxin gemischt mit NaCl (20 ml
Einstellung des Situs vaginal in alle Richtungen erlaubt. NaCl+100 MU Botox) über die ganze Blase verteilt in den
4 Scheidenspekulum nach Kristeller (. Abb. 8.15), das Blasenmuskel gespritzt. Dadurch kommt es zu einer Ver-
vordere Blatt (. Abb. 8.15b) hält die Vaginalwand besserung der Reizblasenbeschwerden und der Inkonti-
nach oben, das hintere Blatt (. Abb. 8.155a) stellt das nenz. Der maximale Behandlungseffekt wird meist 1–
hintere Scheidengewölbe dar. Flüssigkeiten können 2 Wochen nach der Injektion erreicht und hält über
über die Rinnenform ablaufen. 6–10 Monate an.
4 Scheidenspekulum nach Scherback (. Abb. 8.16).
Durch das Gewicht hält dieses Spekulum selbst.
8.5 · Medikamente
389 8
. Abb. 8.8 Ovarienzange nach Bonney. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 8.12 Wertheim-Hysterektomieklemme. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 8.9 Uterusschere nach Sims. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 8.13 Myomheber nach Doyen (»Myombohrer«). (Fa. Aescu-
. Abb. 8.10 Uterusschere gebogen nach Bozemann. (Fa. Aesculap AG) lap AG)
. Abb. 8.11 Wertheim-Parametriumklemme. (Fa. Aesculap AG)
390 Kapitel 8 · Gynäkologie
8.15 8.16
8..14
. Abb. 8.14 Scheidenspekulum nach Breisky. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 8.18 Hakenzange nach Schröder (»Kugelzange«). (Fa. Aescu-
. Abb. 8.15a, b Scheidenspekula nach Kristeller. (Fa. Aesculap AG) lap AG)
. Abb. 8.16 Scheidenspekula nach Scherback. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 8.19 Gebogener Uterusdilatator nach Hegar. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 8.17 Kürette nach Bumm. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 8.20 Gerader Uterusdilatator nach Hegar. (Fa. Aesculap AG)
8.6 · Operative Eingriffe
391 8
8.21
8.22
8.23
. Abb. 8.21 Uterussonde, biegsam, nach Mayo. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 8.23 Morcellationsmesser nach Chardonnens. (Fa. Storz)
. Abb. 8.22 Myombohrer/Myomheber. (Fa. Storz)
8.6 Operative Eingriffe 4 Bei Bedarf wird eine Lasche als Drainage eingelegt.
4 Bakteriologieabstrichröhrchen.
8.6.1 Marsupialisation
kLagerung
kIndikation 4 Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen
4 Bartholin-Abszess. (. Abb. 8.7).
4 Eine aufwändige Abdeckung ist nicht zwingend erfor-
Die Bartholin-Drüsen (Glandulae vestibulares majores; derlich, ausreichend sind Beinlinge und zwei Abdeck-
. Abb. 8.2) produzieren ein Sekret, das die Scheide feucht tücher (ein Abdecktuch unter das Gesäß und eines
hält. Sie liegen im Diaphragma urogenitale. Ihre Ausfüh- suprasymphysär).
rungsgänge münden in den kleinen Labien. Verstopft der
Ausführungsgang, so entsteht zunächst eine schmerzlose Das Operationsteam trägt aus Gründen des Eigenschutzes
Retentionszyste. Bei einer eitrigen Sekundärinfektion bil- sterile Kittel.
det sich der Bartholin-Abszess. Diese Erkrankung tritt
meist einseitig auf und führt zu einer massiven Schwellung
Marsupialisation
des hinteren Drittels der kleinen Labie.
7 Desinfektion von Vulva und Scheide, Einmalkathe-
kSymptomatik terisierung, Abdeckung.
7 Hautinzision im Bereich der Mündungsstelle des
4 1. Tag: Missempfindungen.
verstopften Drüsenausgangs an der Innenseite
4 2. Tag: beginnende Schwellung und Schmerzen.
der kleinen Labie.
4 3. Tag: erhebliche Schwellung und Schmerzen.
7 Entnahme eines Abstrichs für die bakteriologische
4 4. Tag: Reifung des Abszesses bis zum 6. Tag.
Untersuchung.
7 Digitales Ausräumen des Abszesses.
kPrinzip 7 Beginn der Marsupialisation:
Marsupialisation (lat. marsupium = Beutel) zur Sanierung Die Zystenwand wird von ihrem Grund vorgezo-
eines Bartholin-Abszesses oder einer Zyste, indem die Zys- gen und an der Schleimhaut der kleinen Labie mit
te bzw. der Abszess eröffnet und entleert und ein neuer resorbierbaren Einzelknopfnähten fixiert.
Drüsenausführungsgang geschaffen wird. 7 Anschließend kann eine Lasche eingelegt werden,
um den neuen Ausführungsgang offen zu halten.
kInstrumentarium 7 Postoperativ wird die Wundheilung durch Sitzbä-
4 Grundinstrumentarium, der unterstützt.
4 evtl. Sauger.
392 Kapitel 8 · Gynäkologie
kLagerung kIndikationen
4 Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen 4 Gestörte Schwangerschaft,
(. Abb. 8.7). 4 legaler Schwangerschaftsabbruch.
4 Ein aufwändiges Abdecken erscheint nicht unbedingt
erforderlich, ausreichend sind Beinlinge und zwei kPrinzip
Abdecktücher (ein Abdecktuch suprasymphysär und Ausschabung des schwangeren Uterus zur Entfernung von
eines unter das Gesäß). Schwangerschaftsmaterial unter Verwendung von stump-
fen Küretten oder Saugküretten. In der Schwangerschaft ist
die Uteruswand deutlich weicher als sonst, sodass wegen
Fraktionierte Abrasio
der hohen Perforationsgefahr keine scharfen Küretten ver-
7 Zu Beginn wird die narkotisierte Patientin unter- wendet werden sollten.
sucht (Narkoseuntersuchung).
7 Desinfektion von Vulva und Scheide, Einmalkathe-
terisierung, Abdeckung. Saugkürettage
7 Einstellen der Portio mit Spekula. 7 Gleiches Vorgehen wie bei der Abrasio.
7 Anklemmen der vorderen Portio mit Hakenzangen. 7 Nach der Dilatation des Zervikalkanals wird die
7 Dilatation des Zervikalkanals mit dünnen Hegar- Saugkürette wie die Kürette geführt, die Saugöff-
nung zeigt gegen die Uteruswand.
Stiften (ca. 5–6 mm).
7 Evtl. vorsichtiges Nachkürettieren mit einer
7 Zervixabrasio mit einer kleinen, scharfen Kürette. stumpfen Kürette.
Eingehen bis zum inneren Muttermund. Die Kü- 7 Das gewonnene Material wird zur histologischen
6 Untersuchung gegeben.
8.6 · Operative Eingriffe
393 8
kZiele der Konisation
Kürettage mit stumpfen Küretten 4 Exakte histologische Untersuchung.
7 Gleiches Vorgehen wie bei der Abrasio, aber lang- 4 bei nichtinvasiven Neoplasien oder schweren Dyspla-
sames Erweitern des Zervikalkanals mit Hegar- sien der Zervix endgültige Therapie durch die Entfer-
Stiften, die größer sind als die bei der Abrasio (bis nung des veränderten Gewebes im Gesunden.
etwa 12 mm).
7 Entfernen des Schwangerschaftsproduktes mit kInstrumentarium
stumpfen Küretten und Abortzange. 4 Spekula, auch seitliche Spekula, z. B. nach Breisky
7 Vorsichtiges Nachkürettieren, um ein Perforieren (. Abb. 8.14),
des weichen Uterus zu vermeiden und die basalen 4 Hakenzangen/Kugelzangen,
Schichten des Endometriums zu schonen (ggf. 4 langer Skalpellgriff, evtl. Konisationsmesser,
nach i.v.-Gabe von Oxytozin, um die Kontraktion 4 Kornzangen,
der Uterusmuskulatur zu fördern). 4 mittellange chirurgische und anatomische Pinzette,
4 mittellange Schere,
4 Nadelhalter,
4 Uterussonde,
8.6.3 Konisation 4 scharfe Küretten,
4 Hegar-Stifte,
kIndikationen 4 monopolare Handelektrode mit Kugel- und/oder
Ektopie, ein nicht krankhaftes Hervortreten des Zervixzy- Schlingenelektrode.
linderepithels auf die Portiooberfläche, auf der sich norma-
lerweise unverhorntes Plattenepithel befindet. Leiden die kLagerung
Patientinnen unter sehr starkem zervikalem Fluor, Kon- Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen (. Abb.
taktblutung oder besteht die Ektopie über mehrere Jahre, 8.7).
kann eine Konisation vorgenommen werden. Verdächtige
zytologische Abstriche, (Papanicolaou-Abstrich):
Konisation
4 PAP III D: Der Nachweis von Zellen mit leichten bis
mittelschweren Zellveränderungen führt zum Ver- 7 Desinfektion von Vulva und Scheide, Einmalkathe-
dacht auf eine sich entwickelnde beginnende Entar- terisierung, anschließend Abdeckung.
tung (Dysplasie). 7 Einstellen der Portio mit Spekula.
4 PAP IV A, IV B: Eine weitergehende Krebsvorstufe ist 7 Evtl. Infiltration eines Lokalanästhetikums mit Ad-
sehr wahrscheinlich. renalin zur Vasokonstriktion oder beidseitige Um-
stechung des absteigenden zervikalen Astes der
Da die Grenze zwischen dem Zervixepithel und dem Por- A. uterina.
tioepithel – die karzinomgefährdete Zone, die bei jungen 7 Anfärben der Portio mit einem in Jodlösung
Frauen mehr auf der Portio, bei älteren Frauen mehr im (Lugol-Lösung) getränkten Tupfer.
Zervikalkanalbereich liegt – wird bei jungen Frauen ein 7 Gesundes Plattenepithel verfärbt sich bräunlich,
breiter, flacher Konus, bei älteren ein schmaler, hoher Ko- nicht gesunde Bezirke verfärben sich nicht oder
nus entnommen. werden weißlich. So können die Resektionsgren-
zen bestimmt werden.
kTechniken der Konisation 7 Seitliches Abklemmen der Portio mit Hakenzangen.
4 Mit dem Skalpell, für eine genauere histologische Un- 7 Dilatation des Zervikalkanals mit Hegar-Stiften
tersuchung zur Abklärung verdächtiger Abstriche, 8–8,5 mm.
4 mit Lasertechnik (CO2), 7 Umschneiden der Portio mit dem Skalpell, der
4 mit dem monopolaren Messer/Schlinge, um weniger Schere, dem abgewinkelten Konisationsmesser,
Blutungen (z. B. Behandlung der Ektopie) zu provo- dem Laser oder monopolar.
zieren. 7 Markierung des entnommenen Konus mit einem
Faden bei 12 Uhr.
kPrinzip 7 Nun erfolgt immer eine fraktionierte Abrasio
Entnahme eines Gewebekegels aus der Portio, dessen Spit- (7 Abschn. 8.6.2), um die Konisation im Gesunden
ze bis in den oberen Anteil des Zervikalkanals reicht. An- sicherzustellen.
schließend erfolgt eine fraktionierte Abrasio (7 Abschn. 6
8.6.2).
394 Kapitel 8 · Gynäkologie
kLagerung
4 Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen
(. Abb. 8.7), 8.6.8 Vaginale Hysterektomie
4 maximale Beckenhochlage.
kIndikationen
kPrinzip 4 Erhöhtes allgemeines OP-Risiko oder in Kombination
Einengung des Muttermundes. mit Deszensusoperationen.
4 Uterus myomatosus, wenn dieser Faustgröße nicht
überschreitet. [Dann muss ein Morcellement (= Zerstü-
8.6.5 Cerclage nach Mc Donald ckelung) oder eine Hemisectio durchgeführt werden.]
4 Manchmal ist es nötig, die bereits narkotisierte Patien-
Desinfektion der Scheide. Anklemmen der Portio mit tin präoperativ vaginal zu untersuchen und dann die
Ovarfasszangen. Legen der nicht resorbierbaren subcuta- definitive Entscheidung über den Zugang zu treffen.
nen Naht, die 4-mal ausgestochen wird. Dabei darf sie
nicht zu stark angezogen werden, um eine gute Durchblu- kInstrumentarium
tung zu gewährleisten. Entfernung des Fadens möglichst 4 Grundinstrumentarium,
nicht vor der 37. SSW. 4 Instrumente zum vaginalen Operieren, diverse Spe-
kula (z. B. nach Scherbak, Breisky),
4 Hakenzangen/Kugelzangen,
4 kräftige Schere (Wertheim),
8.6 · Operative Eingriffe
395 8
4 Ovarienzangen,
4 Parametriumklemmen und »Gegenklemmen« (z. B. wechselnd rechts und links in nicht zu großen
Kocher-Klemmen), Schritten abgesetzt, beginnend mit dem dorsalen
4 Einmalkatheter, Blasenverweilkatheter oder suprapu- Anteil des Parametriums und den Ligg. sacrouteri-
bische Ableitung. na (. Abb. 8.27).
7 Absetzen der Ligg. sacrouterina, die in der seit-
kLagerung lichen Scheidenwand integriert verbleiben.
Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen (. Abb. 8.7). 7 Absetzen der Uterinagefäße (. Abb. 8.28) und der
Ligg. cardinalia. Sind die Parametriumanteile ab-
gesetzt, hängt der Uterus nur noch an den Ligg.
Vaginale Hysterektomie rotunda und den Adnexen (. Abb. 8.29 und
7 Narkoseuntersuchung. . Abb. 8.30).
7 Desinfektion und Spülung der Scheide und des 7 Stürzen des Uterus: Eine Hakenzange an der Por-
Unterbauchs, falls eine Eröffnung des Bauches tio wird entfernt und an die Hinterwand des Ute-
notwendig wird, anschließend Einmalkatheterisie- rus geklemmt. Der Uterus wird vorgezogen, bis
rung und Abdeckung. der Fundus zu sehen ist. Bei einer großen Gebär-
7 Einstellen und Anhaken der Portio mit Spekula mutter ist evtl. ein Morcellement (Zerstückelung
und Hakenzangen. Nach hinten z. B. Einsetzen des Uterus mit dem Messer) oder eine Hemisectio
eines Breisky-Spekulums. Die Portio kann zu- mit sagittaler Spaltung notwendig. Dabei dürfen
nächst mit einem schmalen vorderen Spekulum die Adnexgefäße nicht verletzt werden.
eingestellt werden (. Abb. 8.24). 7 Darstellung der Adnexe. Sollen diese erhalten
7 Zirkuläres Umschneiden der Portio mit dem Skal- bleiben, werden sie am Uterusansatz umstochen
pell. und abgesetzt. Getrennte Umstechungen des
7 Vorderer Scheidenschnitt. Lig. ovarii proprium, der Tube (. Abb. 8.31) und
– Vordere Kolpotomie: Präparation und Durch- des Lig. teres uteri. Die Nähte werden lang gelas-
trennung der Bindegewebsschicht zwischen sen und angeklemmt.
der Blase und der vorderen Scheidenwand 7 Entfernen des Uterus.
(Lig. cervicovesicale) mit Präpariertupfer und 7 Inspektion der Adnexe.
Schere. Weiteres Lösen meist digital möglich. 7 Verschluss des Peritoneums: Rechts und links wird
Die Blasenpfeiler werden umstochen und eine Ecknaht gelegt, die nacheinander das vorde-
durchtrennt. re Peritonealblatt, das Lig. teres uteri, den para-
– Darstellung der vorderen Peritonealumschlag- metranen Stumpf und das hintere Peritonealblatt
falte und Eröffnung (vordere Kolpozöliotomie) fasst. Verschluss der restlichen Peritonealwunde.
mit der Schere, anschließend Fadenmarkierung Die Stümpfe liegen nun extraperitoneal.
(. Abb. 8.25). Dieser Schritt kann auch später, 7 Verschluss der Scheidenwunde (. Abb. 8.32): Le-
nach der hinteren Kolpotomie, erfolgen. gen von je einer Ecknaht, ohne dass die extraperi-
7 Hinterer Scheidenschnitt. tonealen Stümpfe mitgefasst werden, dann Ein-
– Hintere Kolpotomie: Die Hakenzangen wer- zelknopfnähte.
den nach oben gezogen. Durchtrennung der 7 Abschließend Legen eines Blasenverweilkatheters
Bindegewebsplatte zwischen dem Rektum oder einer suprapubischen Ableitung.
und der hinteren Scheidenwand (Septum rec-
tovaginale), dicht an der hinteren Zervixwand.
Es ist weniger Präparation erforderlich, da das jVorteile
Douglas-Peritoneum wesentlich weiter nach 4 Geringes operatives Trauma,
unten reicht. 4 leichtere postoperative Mobilisierung der Patien-
7 Eröffnung des Douglas-Raums (hintere Kolpozöli- tinnen,
otomie; . Abb. 8.26), 4 geringeres Thromboserisiko.
7 Absetzen der Parametrien: Mit Parametrienklem-
men, einer kräftigen Schere und resorbierbaren, jNachteile
geflochtenen, kräftigen Umstechungen werden 4 Eingeschränkte Möglichkeit, an den Adnexen zu ope-
die einzelnen Ligamente und Gewebszüge ab- rieren,
6 4 technisch schwierig bei Voroperationen am Uterus
(z. B. Sectio caesarea).
396 Kapitel 8 · Gynäkologie
8
. Abb. 8.24 Anhaken und Einstellen der Portio. (Nach Hepp et al. 1991) . Abb. 8.25 Beginn der vaginalen Hysterektomie. (Nach Briese et
al. 2002) anterior und posterior
. Abb. 8.26 Eröffnung der Excavatio rectouterina (Douglas-Raum). . Abb. 8.27 Absetzen der Ligg. sacrouterina, die in der seitlichen
(Nach Briese et al. 2002) Scheidenwand integriert verbleiben. (Nach Briese et al. 2002)
8.6.9 Genitaldeszensus Die Vagina ist in ihrem unteren Anteil durch das Peri-
neum (Damm) und die Levatormuskulatur, in ihrem oberen
Der Uterus wird in seiner korrekten Lage im kleinen Be- Anteil durch das Beckenbindegewebe fixiert. Besteht hier
cken durch folgende Bänder gehalten: ein Defekt, so entsteht der Descensus vaginae. Aus der Insuf-
4 Lig. sacrouterina: Aufhängung am Sakrum. fizienz dieser Haltevorrichtung entstehen Erkrankungen:
4 Lig. cardinale: fixiert die mittelständige Lage. 4 Durch Erschlaffung der vorderen Scheidenwand:
4 Lig. teres uteri: sichert die Anteversio. 5 Zystozele.
4 Durch Erschlaffung der hinteren Scheidenwand:
Aus einem Defekt dieses Halteapparates entsteht der Des- 5 Rektozele,
census uteri. 5 Enterozele.
8.6 · Operative Eingriffe
397 8
. Abb. 8.28 Absetzen des Uterinagefäßbündels. (Nach Briese et al. . Abb. 8.30 Durchtrennung des Lig. rotundum gemeinsam mit
2002) dem viszeralen Peritoneum des Uterus. (Nach Briese et al. 2002)
. Abb. 8.29 Das Absetzen des Lig. rotundum erfolgt vor dem »Stür- . Abb. 8.31 Durchtrennung des Lig. ovarii proprium und der Tube.
zen« des Uterus. (Nach Briese et al. 2002) (Nach Briese et al. 2002)
jUrsachen
4 Primäre oder sekundäre (altersbedingte, durch Östro-
genmangel in der Menopause) Bindegewebsschwäche,
4 Überdehnung und Verletzung durch Geburten,
4 erhöhter intraabdomineller Druck, z. B. durch chro-
nischen Husten, Heben, Übergewicht.
Descensus vaginae
jOperative Therapie durch vordere und hintere
Scheidenplastik (Kolporrhaphie)
Raffung und Stützung der Scheidenwand (. Abb. 8.33).
Hier kommen bei Rezidivsituation oder bei ausgeprägter
Bindegewebsschwäche synthetische Netzte oder Bio-Me-
shes zur Deckung vorderer und hinterer Vaginalwandde-
fekte zum Einsatz. Synthetische Netze werden aufgrund
der Schrumpfung und erhöhter Erosionsraten in der Schei-
de nur bei strengster Indikation und v. a. bei Frauen ohne . Abb. 8.32 Einschichtiger Scheidenverschluss nach zirkulärer Peri-
oder mit abnehmender sexueller Aktivität eingesetzt. tonealisierung. (Nach Briese et al. 2002)
398 Kapitel 8 · Gynäkologie
und zur Seite. Nun ist die Rektozele deutlich zu er- wird aufgrund der leichten Linkskrümmung des
kennen. Darms auf der rechten Seite durchgeführt.
7 Darstellung der Levatormuskulatur. Der Aufbau 7 Das pararektale Fettgewebe wird mitsamt dem
des Beckenbodens und damit das Versenken der Rektum nach medial gedrängt.
Rektozele beginnt mit der Raffung und Adaptati- 7 Ertasten der Spina ischiadica und des nach hinten
on des Septum rectovaginale im oberen Bereich zum Kreuzbein verlaufenden Lig. sacrospinale.
des Scheidenschnittes durch Einzelknopfnähte 7 Darstellung der präparierten Pararektalloge mit-
zweischichtig. Dabei wird streng darauf geachtet, tels Breisky-Spekula. Ein Blatt reicht etwa bis zur
dass keine M.-levator-ani-Interposition (Vereini- Spina ischiadica, ein weiteres medialisiert Rektum
gung) im Sinne einer Levatorplastik durchgeführt und pararektales Gewebe, sodass das Lig. sacro-
spinale sichtbar wird.
wird, denn eine Levatorplastik führt zu Schmerzen
7 Dieses wird etwa 2 cm medial der Spina ischiadica
beim Geschlechtsverkehr.
mit 2 nicht resorbierbaren kräftigen Fäden medial
7 Darstellung der perinealen Gruben. Die auseinan-
und lateral durchstochen. Diese Fäden werden am
dergewichenen Ansätze des M. bulbosponciosus
Scheidenende bzw. ca. 2 cm vor der Portio aus der
werden im Centrum tendineum perinei pro-
Scheide gestochen und mit Klemmchen armiert.
fundum vereinigt. Dadurch wird ein suffizienter
Die vorgelegten Fixationsnähte werden locker in
Scheidenverschluss wiederhergestellt.
8 7 Alternativ zu den beiden letztgenannten Punkten
der Tiefe geknotet. Es darf keine starke Einziehung
der Scheide Richtung des sakrospinalen Liga-
kann ein Netzinterponat spannungsfrei über der ments vorliegen.
Rektozele platziert werden (s. oben: vordere Kol- 7 Bei Bedarf Einlegen einer Drainage in die Wund-
porrhaphie). Geringfügige Resektion überschüs- höhle.
siger hinterer Scheidenhaut. 7 Verschluss der Scheidenhaut durch Einzelknopf-
7 Scheiden- und Dammhautnaht mit Einzelknopf- nähte oder fortlaufende Naht.
nähten oder fortlaufender Naht.
7 Ggf. Einlegen einer Drainage.
7 Legen eines Blasenverweilkatheters oder Auffül- Eine weitere Möglichkeit die Scheide zu fixieren, ist die
len der Blase mit Blasenspritze und Einmalkathe- Uterosakropexie (s. unten). Dieser Eingriff wird v. a. bei
ter, um den suprapubischen Blasenkatheter legen sehr jungen sexuell aktiven Frauen gewählt, denn durch
zu können. die Uterosakropexie wird die anatomisch gerechte Achse
7 Legen einer Salbentamponade (östrogenhaltige der Vagina beibehalten, was Beschwerden beim Ge-
Salbe). schlechtsverkehr verhindert.
jUterosakropexie
jVaginale Kolposakropexie kIndikation
kPrinzip Partialprolaps uteri.
Sakrospinale Scheidenstumpffixation oder sakrospinale
Fixation unter Uteruserhalt. kPrinzip
Das Netz wird vaginal eingeführt, und die Befestigung am
Promontorium wird laparoskopisch durchgeführt. Geeig-
Vaginale Kolposakropexie net ist diese Methode v. a. bei Kombination mit vorderen
7 Fixierung des Scheidenendes im kleinen Becken und hinteren Plastiken. Ein von vaginal an der Portio an-
durch Anklemmen der hinteren Scheidenhaut mit geheftetes, in den Douglas-Raum eingebrachtes Netz
Kocher-, Allis- oder Halstedt-Klemmen am Schei- (Kunststoffnetz, ggf. titanbeschichtet) wird über einen
denende sowie ca. 2 cm entfernt vom Scheiden- Einwegapplikator mit leichter Spannung mit einer Titan-
ende. spirale am Promontorium fixiert.
7 Längsinzision der Scheidenhaut zwischen den Alternativ kann die gesamte Operation laparoskopisch
Klemmen mit dem Skalpell. durchgeführt werden (s. unten).
7 Fassen der Wundränder mit Klemmen und Eröff-
nen der rechten Pararektalloge möglichst stumpf, kInstrumentarium
z. B. mit dem Finger. Die sakrospinale Fixation 4 Für den vaginalen Part:
6 5 Grundinstrumente wie Schere, Pinzette, Präparier-
klemme nach Overholt,
8.6 · Operative Eingriffe
401 8
5 Scheidenspekula nach Breisky,
5 Kugelfasszangen. Uterosakropexie
4 Für die Laparoskopie: 7 Desinfektion des Abdomens, Desinfektion des
5 endoskopische Instrumente wie Trokare, Taststab, Genitalbereichs mit Scheidenspülung.
atraumatische und traumatische Fasszangen, Na- 7 Einmalkatheterisierung und Abdeckung.
delhalter. 7 Einstellen des Vaginalgebiets, Darstellen der
Portiohinterwand.
kLagerung 7 Ggf. Unterspritzen der Scheidenwand.
4 Steinschnittlagerung. 7 Inzision der Vaginalhaut.
7 Abpräparieren der Scheidenhaut vom Mutter-
4 Während des vaginalen Eingriffs Steinschnittlagerung
mund, Eröffnen des Douglas-Raums.
mit hochgestellten Beinen (. Abb. 8.7).
7 Hier wird das Mesh mit einer Portioanhaftungsfläche
4 Während des laparoskopischen Eingriffs Steinschnitt-
von ca. 3,0–3,5 cm an der Portio faltenfrei adaptiert
lagerung mit abgesenkten Beinen (. Abb. 8.6).
(z. B. mit nicht resorbierbarem oder mit sehr lang-
sam resorbierbarem Nahtmaterial), der verbleibende
Bei diesem kombinierten Eingriff von vaginalem und lapa- Teil des Netzes wird in den Bauchraum gelegt.
roskopischem Zugang wird die Patientin für beide Ein- 7 Anschließend Verschluss der Scheide und ggf.
griffe vorbereitet: Plastiken.
4 Desinfektion des Abdomens bei abgesenkten Beinen. 7 Einlage eines Blasenverweilkatheters.
4 Hochfahren der Beine und Desinfektion und Schei- 7 Kittel- und Handschuhwechsel des operativen
denspülung des Genitalbereichs. Teams.
4 Unter das Gesäß wird ein kleines steriles Tuch ge- 7 Instrumentiertisch für die Laparoskopie vorberei-
schoben, Abdecken der Beine mit Beinlingen, Beine ten (s. oben).
wieder absenken und Seitentücher lateral ans Abdo- 7 Beine der Patientin wieder absenken.
men kleben. 7 Subumbilikale Inzision.
4 Ein großes Tuch nach kranial. 7 Eingehen mit der Veress-Nadel, Probe nach
4 Ein Abdecktuch über den Mons pubis und über die Semm, um festzustellen, dass die Nadel frei liegt.
Oberschenkel kleben und nach kranial entfalten, um 7 Insufflation von CO2.
das desinfizierte Abdomen vom Genitalbereich zu 7 Einführen des 10-mm-Trokars. Einführen der Optik.
trennen. 7 Einbringen zweier weiterer 5-mm-Trokare und
4 Die Beine werden wieder hochgefahren und ein eines 10-mm-Trokars.
großes Tuch über den Anus geklebt, seitlich herumge- 7 Auf der rechten Seite wird das Peritoneum mit einer
führt und mit stumpfen Tuchklemmen fixiert. endoskopischen Präparierschere (z. B. nach Metzen-
baum) an der Beckenwand gespalten. Der Ureter
kInstrumentarium wird vorher dargestellt. Aufspalten des Peritoneums
vom Promontorium bis zum Scheidengrund.
4 Vorbereitung der Instrumente:
7 Darstellung des Netzes.
5 Bei großen Beistelltischen können die Siebe für beide
7 Fixation des Meshs mit dem Applikator, der eine
Zugangswege gemeinsam vorbereitet werden. Bei-
oder zwei Titanspiralen (. Abb. 8.36) am Promon-
spielsweise wird die rechte Seite des Tisches für den
torium unter leichter Spannung einbringt.
vaginalen Eingriff vorbereitet (hier stehen Grund-
7 Das Netz wird im Retroperitonealraum platziert und
sieb und Vaginalsieb), die linke Seite für die Laparos-
hat keinen Kontakt zum Rektum und zum Ureter.
kopie (hier stehen die laparoskopischen Siebe). 7 Das Peritoneum wird mit verschlossen, sodass das
5 Textilien werden bei der Vorbereitung gleich aufge- Netz komplett vom Peritoneum gedeckt ist.
teilt und entsprechend dokumentiert. 7 Evtl. Blutstillung.
5 Alternativ kann mit zwei kleineren Beistelltischen 7 Zählen der Instrumente und Textilien und Doku-
gearbeitet werden. mentation des Zählstandes.
4 Vorbereitung des Instrumentiertisches: 7 Beenden der Gasinsufflation und Entfernung der
5 Die vorbereiteten laparoskopischen Instrumente Trokare.
liegen auf dem Instrumentiertisch und werden ab- 7 Verschluss der Inzisionen.
gedeckt. 7 Pflasterverband.
5 Auf der zweiten Lage werden die Instrumente für 7 Ggf. Einlegen von vaginalen Wunddrainagen.
den vaginalen Eingriff vorbereitet. 7 Einlage einer vaginalen Tamponade mit östrogen-
5 Alternativ können zwei Instrumentiertische separat haltiger Salbe.
vorbereitet werden.
402 Kapitel 8 · Gynäkologie
Laparoskopische Uterosakropexie
7 Die Operation beginnt laparoskopisch (s. oben).
7 Die Portiohinterwand wird laparoskopisch frei-
präpariert.
7 Das Netz wird über den Trokar eingeführt und mit
Hilfe eines nicht resorbierbaren Fadens an der
Portio befestigt.
7 Aufspalten des Peritoneums bis zum Promontori-
um. Darstellung der Ureter.
7 Fixation des Mesh mit der Titanspirale (. Abb. . Abb. 8.36 Titanspirale. (Beispiel: Protack, Fa. Covidien)
8.36) am Promontorium unter leichter Spannung.
7 Verschluss des Peritoneums.
8.6.10 Inkontinenzoperationen
8 Inkontinenzoperationen werden sowohl von Gynäkologen
als auch von Urologen (7 Abschn. 9.8.1) durchgeführt. Vor
jeder Operation ist eine sorgfältige, erweiterte Diagnostik
mit urodynamischer Untersuchung indiziert. Die möglichen
Befundkonstellationen haben eine hohe Relevanz für die
Differenzialdiagnostik und die therapeutische Entscheidung.
Das Ziel jeder Inkontinenzoperation ist es, die Inkontinenz
unter Vermeidung von Operationskomplikationen (Mikti-
onsbeschwerden, Organverletzungen u. a.) zu beheben.
. Abb. 8.37 Platzierung des Prolenenetzbandes bei der TVT-Plastik.
jFormen der Inkontinenz (GYNECARE, eine Division der Ethicon GmbH)
4 Belastungsinkontinenz,
4 Dranginkontinenz, überaktive Blase,
4 Belastungsinkontinenz (Urge-Inkontinenz): »Tension free vaginal tape« (TVT)
Bei der Belastungsinkontinenz handelt es sich um den kPrinzip
unfreiwilligen Harnabgang bei Belastungen, die mit Ein Prolenenetzband wird um die mittlere Urethra herum
einem Anstieg des intraabdominellen Drucks einher- durch den retropubischen Raum (Cavum Retzii) in die vor-
gehen, wie z. B. Husten, Lachen, Niesen. In schweren dere Bauchwand geführt und dort verankert (. Abb. 8.37).
Fällen kann der Harnverlust auch bei Ruhebedin- Verwendet werden kann auch bei sehr jungen Frauen
gungen auftreten. ein Bio-TVT-Band, es muss vor Implantation in eine anti-
biotische Lösung gelegt werden. Es wird mit 1–2 zarten
jUrsachen resorbierbaren Nähten fixiert. Möglich ist auch ein Durch-
4 Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur mit Des- ziehen des Bandes durch das Foramen obturatum (TVT-
zensusproblematik z. B. durch Spontangeburten, O) mit Ausleitung zur Oberschenkelinnenseite (7 Kap.
chronische Bronchitis oder Adipositas. 9.8.1). In dieses locker eingelegte Netzband sprossen Bin-
4 Verlust des Harnröhrendrucks, z. B. durch verminder- degewebszellen ein und führen so zur Verankerung.
te Durchblutung der Schleimhaut im Alter oder durch Diese Operationen sind in Lokal- bzw. Periduralanäs-
Störung der Nervenversorgung nach Verletzungen. thesie möglich. Der Erfolg der Operation kann dann intra-
operativ kontrolliert werden.
jBehandlung
4 Spannungsfreie Kunststoffschlingen [»tension free kInstrumentarium
vaginal tape« (TVT) u. a.], 4 Grundinstrumente,
4 Kolposuspensionsverfahren, 4 Spekula,
4 intra- bzw. periurethrale Injektionen, z. B. mit Bulka- 4 Allis-Klemmen,
mid. 4 chirurgische Klemmen,
8.6 · Operative Eingriffe
403 8
kInstrumentarium
4 Grundinstrumente (auch lange Instrumente),
4 Scheidenspekula nach Breisky,
4 Blasenverweilkatheter,
4 Zystoskop.
kLagerung
Steinschnittlagerung mit abgesenkten Beinen.
Kolposuspension
7 Desinfektion des Unterbauchs und des Genitalbe-
reichs, Legen des Blasenkatheters, Abdeckung.
7 Suprasymphysärer Hautquerschnitt. . Abb. 8.39 Kolposuspension. (Mod. nach Petri 2000)
7 Durchtrennung des subkutanen Fettgewebes bis
zur Rektusscheide. kIndikation
7 Quereröffnung der Rektusfaszie zunächst in der Inkontinenz durch hypotone Urethra.
Mitte mit dem Skalpell, dann beidseitige Eröffnung
8 mit einer kräftigen Schere (z. B. nach Cooper). kPrinzip
7 Die beiden Rektusbäuche werden in der Mittelli- Bulkamid-Hydrogelinjektion in die Wand der Urethra.
nie getrennt und mit Roux-Haken auseinanderge-
drängt. kInstrumentarium
7 Darstellung des Cavum Retzii (extraperitonealer 4 Urethrozystoskop,
Raum zwischen Harnblase und Bauchwand): die 4 Einmalkatheter,
seitlichen Blasenanteile sowie die Urethra können 4 Bulkamid-Hydrogel-Set, bestehend aus:
meist stumpf von der Beckenwand gelöst werden. 5 2 Spritzen mit dem Hydrogel, 2 Kanülen, Zu- und
7 Mit einer Hand wird von vaginal die Scheide an- Ablauf, Einführhülse mit Arbeitskanal,
gehoben, mit der anderen werden die Verbin- 5 Infusionsbesteck,
dungsfasern zwischen Scheidenfaszie und Blasen- 4 500 ml NaCl,
hals/Urethra abgeschoben. 4 Bereitstellung des MIC-Turms.
7 Beidseits des Übergangs von der Harnblase zur
Harnröhre (Orientierung bietet der Katheterballon) kLagerung
werden je 2–3 nicht resorbierbare Fäden tief in die Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen (. Abb. 8.7).
Scheidenwand und dann seitlich versetzt, z. B. durch
die Cooper-Ligamente, gestochen (. Abb. 8.39). Di-
ese werden so geknotet, dass die Scheide federnd fi- Bulkamid-Hydrogelinjektion
xiert ist (Handschuhwechsel des Operateurs). 7 Desinfektion, Einmalkatheterisierung und Abde-
7 Intraoperative Zystoskopie. Ist die Blase unver- ckung.
sehrt, wird erneut ein Blasenkatheter gelegt. 7 Das Urethrozystoskop wird in die Einführhülse des
7 Nach sorgfältiger Blutstillung Einlegen einer Drai- Bulkamid-Sets geschoben und in die Urethra ein-
nage in das Cavum Retzii. gebracht, das Infusionsbesteck leitet das NaCl
7 Zählen der Instrumente und Textilien und Doku- über den Zulauf in die Urethra.
mentation des Zählstandes. 7 Konnektieren der Kamera des MIC-Turmes mit der
7 Schichtweiser Wundverschluss, Verband. Optik.
7 Unter Sicht kann nun über den Arbeitskanal des
Bulkamid-Systems die Kanüle eingebracht und
Bulkamid-Injektion das Hydrogel in drei verschiedene Depots in die
Bei der Behandlung der Belastungsinkontinenz wird Bulk- Wand der Urethra injiziert werden.
amid eingesetzt, ein Hydrogel, das paraurethral injiziert
wird. Die Bulkamid-Injektion ist ein minimal-invasives
Verfahren und besonders geeignet für Patientinnen, die Dranginkontinenz bzw. überaktive Blase
infolge anderer operativer Eingriffe an Harninkontinenz Durch eine Schädigung des Blasenmuskels oder der
leiden oder bei denen andere Eingriffe erfolglos waren. -schleimhaut, z. B. durch chronische Blaseninfektionen
8.6 · Operative Eingriffe
405 8
oder die Schädigung des Nervensystems (z. B. bei multip- schwache elektrische Impulse die für die korrekte Funktion
ler Sklerose), kommt es zu einem intensiven Harndrang, des Blasen- und des Darmschließmuskels verantwortlichen
verbunden mit der Unfähigkeit, die Blasenentleerung zu- Nerven stimuliert. Daher kann der Schrittmacher auch bei
rückzuhalten. Stuhlinkontinenz eingesetzt werden. Aufgrund der Funk-
tionsweise spricht man beim Blasenschrittmacher auch
jBehandlungen von »sakraler Neuromodulation«.
4 Botoxinjektion,
4 sakrale Neuromodulation (Blasenschrittmacher). kPrinzip
Die sakrale Neuromodulation besteht aus 2 Phasen:
jBotoxinjektion bei Urge-Inkontinenz 4 der Testphase – perkutane Neuromodulation (PNE-Test)
Botox 7 Abschn. 8.5. und
kIndikation 4 der Implantationsphase.
Harndranginkontinenz. In der Testphase werden die Sakralnerven in Narkose mit-
kPrinzip tels Elektroden über die Kreuzbeinöffnungen punktiert,
Zirkuläres Umspritzen der Blasenschleimhaut mit Botox die Elektroden werden zunächst vorübergehend über die
mittels Zystoskopie. Haut ausgeleitet und über ein Verlängerungskabel mit dem
externen Impulsgeber (Testschrittmacher) verbunden. Auf
kInstrumentarium diese Weise kann die Stromstärke individuell und seiten-
4 Arbeitszystoskop, getrennt von außen geregelt werden.
4 Einmalkatheter, Unter Durchführung eines Miktions- oder Stuhltage-
4 Blasenspritze, buches wird der Effekt der sakralen Neuromodulation
4 Botox-Injektionsnadel, anschließend über mehrere Tage sowohl stationär als auch
4 20 ml NaCl, ambulant beobachtet. Zeigt sich während der Testphase
4 20 ml Luer-Lock-Spritze, eine Besserung der Symptome von mehr als 50%, wird in
4 Ringer-Lösung, einem zweiten Eingriff die endgültige Elektrode und der
4 3-Wege-Hahn mit Schlauch, Schrittmacher im Bereich des Gesäßes unter die Haut im-
4 1 Ampulle Botox, plantiert. Bei ca. 70% der getesteten Patienten ist die Test-
4 Bereitstellung des MIC-Turms. phase positiv, sodass eine Implantation des Schrittmachers
erfolgen kann. Der Schrittmacher bleibt unter der Haut
kLagerung tastbar, führt aber zu keinerlei Bewegungseinschränkung.
Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen (. Abb. 8.7). Ähnlich wie beim Herzschrittmacher werden nun perma-
nent schwache elektrische Impulse an die Sakralnerven
Botoxinjektion abgegeben. Dadurch kann die noch bestehende Restfunk-
tion dieser Nerven soweit gesteigert werden, dass die nor-
7 Desinfektion, Einmalkatheterisierung und Abde-
male Blasenfunktion wiederhergestellt wird.
ckung.
7 Auffüllen der Blase mit Ringer-Lösung. jPerkutane Neuromodulation, Testphase (PNE-Test)
7 Vorbereitung der Injektionsnadel und der kIndikationen
Schlauchverlängerung mit der 20-ml-Luer-Lock- Dranginkontinenz und Blasenentleerungsstörungen bei
Spritze mit dem aufgezogenen Botox. neurogener Ursache, z. B. MS-Erkrankung oder Verlet-
7 Arbeitszystoskop in die Blase einführen, Kamera zung der Blasen- und Darminnervation nach Operationen
des MIC-Turms mit der Optik konnektieren. im Bereich des kleinen Beckens.
7 Darstellen des Trigonum mit Identifikation der Os-
tien, da hier kein Botox injiziert wird. kInstrumentarium
7 Unter Sicht werden 20 ml Botox/NaCl zirkulär in 4 Bildwandlerbezug,
die Blasenschleimhaut injiziert. 4 steriler Stift,
4 mittelgroße Inzisionsfolien,
4 Stichskalpell,
jBlasenschrittmacher 4 Spezialequipment von z. B. Interstim (Fa. Medtronic):
Die Nerven, die die Blase, den Beckenboden und den Erdungselektrode, 2 Foramennadeln, Patientenkabel,
Darmschließmuskel versorgen, befinden sich im unteren 1 Teststimulationskabel und 2 temporäre Teststimula-
Rückenbereich und werden als Sakralnerven bezeichnet. tionselektroden.
Der Blasenschrittmacher ist ein Impulsgenerator, der durch 4 C-Bogen bereitstellen.
406 Kapitel 8 · Gynäkologie
kPrinzip
7 Es erfolgt die manuelle Entwicklung der Plazenta, Entfernung des gesamten äußeren Genitale (Klitoris, klei-
evtl. unter Zuhilfenahme von Ovarfasszangen. ne und große Labien).
7 Manchmal ist eine Nachkürettage mit einer
großen stumpfen Kürette und die Dilatation der kInstrumentarium
Zervix mit Hegar-Stiften erforderlich. 4 Grundinstrumentarium,
7 Die Plazenta und das freie Nabelschnurstück wer- 4 Blasenverweilkatheter,
den an die Hebamme abgegeben, das freie Nabel- 4 evtl. bipolare Pinzette,
schnurstück wird für Blutuntersuchungen benötigt. 4 evtl. steriler Stift.
7 Die Geburtszeit muss exakt notiert werden, dies
geschieht meist durch die Hebamme und/oder kLagerung
den Anästhesisten. Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen (. Abb. 8.7).
7 Kräftige Klemmen werden an den »Uterotomie-
ecken« gesetzt.
7 Verschluss des Uterus fortlaufend oder mit Einzel- Einfache Vulvektomie
knopfnähten, die die Uteruswand ohne Schleim- 7 Desinfektion des Genitalbereichs und Scheiden-
haut fassen. Eine zweite Nahtreihe kann deckend spülung mit Schleimhautdesinfektionsmittel.
über die Uterotomiewunde gelegt werden. 7 Einmalkatheterisierung und sterile Abdeckung.
8 7 Verschluss des Blasenperitoneums. Die Uterus- 7 Evtl. Anzeichnen der Schnittführung.
wunde liegt nun extraperitoneal. 7 Legen eines Nélaton-Katheters zur klaren Identifi-
7 Die Blutstillung muss sorgfältig erfolgen, da zu kation der Urethramündung.
Beginn der Operation nur bedingt darauf geach- 7 Es erfolgt ein ovalärer Hautschnitt vom Schamhü-
tet werden kann. gel bis zum Damm.
7 Zählen von Instrumenten und Textilien und Doku- 7 Seitliches Präparieren mit der Schere und der mo-
mentation des Zählstandes. nopolaren Messerelektrode.
7 Schichtweiser Wundverschluss und Verband. 7 Die Urethramündung und die Vaginalöffnung
werden zirkulär umschnitten, und das Präparat
kann entfernt werden.
7 Das Vulvapräparat wird auf einer Korkplatte mit
Zusätzliche Hinweise Stahlnadeln in seiner lagegerechten Anatomie fi-
4 Die Operation muss bis zur Entwicklung des Kin- xiert und erst dann in ein Histologiegefäß mit For-
des so rasch wie möglich verlaufen, um eine kurze malinlösung gegeben, damit der Pathologe die
Narkosedauer für das Kind zu gewährleisten, so- korrekte Anatomie erkennen kann.
fern der Kaiserschnitt nicht in Peridural- oder Spi- 7 Sorgfältige Blutstillung mit Elektrokoagulation
nalanästhesie erfolgt. Daher wird bei eiligen und zarten Umstechungen.
Schnittentbindungen nur das absolut Notwen- 7 Die Wundränder werden nun senkrecht mit resor-
dige an Instrumentarium vorbereitet. bierbarem Nahtmaterial vernäht.
4 Bei notfallmäßiger Indikation haben sich spezielle 7 Mit dem gleichen Nahtmaterial werden dann die
Siebe bewährt, die so vorbereitet sind, dass direkt Urethramündung und die Vaginalöffnung ein-
aus dem Sieb instrumentiert werden kann. genäht.
4 Bei einer Mehrlingssectio müssen die Kocher- 7 Evtl. Einlage einer Wunddrainage.
Klemmen zum Abnabeln gekennzeichnet werden. 7 Hautnaht.
4 Da die Patientin erst unmittelbar vor dem Haut-
schnitt narkotisiert wird oder bereits einen Peri-
duralkatheter hat, muss jegliche Unruhe bei den Radikale Vulvektomie mit Lymphono-
Vorbereitungen vermieden werden. dektomie inguinal beidseitig
kIndikationen
Vulvakarzinom.
kLagerung
8.7 Laparoskopie/Pelviskopie 4 Steinschnittlagerung mit abgesenkten Beinen
(. Abb. 8.6).
Zur Entfernung von Organteilen, z. B. Ovarien, unterstüt- 4 Intraoperativ verändert sich die Stellung der Beine.
zend bei der Hysterektomie und bei der extrauterinen Gra-
vidität (EUG), spielt die Laparoskopie eine große Rolle. Der Kopf der Patientin liegt tiefer als das Becken, dadurch
Das technische Equipment entspricht dem in 7 Abschn. sinkt der Darm in den Oberbauch, und das kleine Becken
2.15 dargestellten. ist besser überschaubar.
412 Kapitel 8 · Gynäkologie
kIndikationen
4 Wenn ein vaginales Vorgehen durch einen großen
Uterus myomatosus nicht möglich ist.
4 Wenn keine vaginale Entbindung mit hohem Uterus
vorausgegangen ist.
kKontraindikationen
Bösartige Prozesse, ggf. wird im Vorfeld zur Diagnostik
eine Hysteroskopie mit Abrasio durchgeführt.
kInstrumentarium
Laparoskopisches Instrumentarium, ggf. mit Morcellator
. Abb. 8.40 Myomenukleation. (Fa. Storz; Prof. Luca Mencaglia, MD) (. Abb. 8.23 und . Abb. 8.41).
Laparoskopische Hysterektomie
Die laparoskopische Hysterektomie kann komplett (TLH)
oder suprazervikal (LASH) unter Belassung des unteren
b
Gebärmutterhalsanteils erfolgen. Ebenfalls kann hier eine
laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie (LAVH) . Abb. 8.41 Morcellatoren (Beispiel a: Fa. Storz, Beispiel b: Wisap,
durchgeführt werden. Sauerlach). (Nach Dian et al. 2008)
414 Kapitel 8 · Gynäkologie
a b
c d
. Abb. 8.42 Endoskopische suprazervikale Hysterektomie: a Schnitt- d Endsitus mit vereinigten Ligg. rotunda und Peritonealisierung.
führung. b Präoperativer Situs. c Nach suprazervikaler Hysterektomie. (Nach Thill et al. 2010 und Dian et al. 2008)
4 Salpingotomie,
Salpingektomie bei einem ausgedehnten Defekt
4 instrumentelle Expression (»milk-out«).
4 Salpingektomie, 7 Fassen der Tube mit einer Fasszange am Fimbrien-
4 selten Adnektomie. ende.
7 Absetzen der Tube von der Mesosalpinx. Dabei
Ziel der Operation ist, die Tubenfunktion zu erhalten, wird mit der bipolaren Koagulation bei der
unabhängig davon, ob es sich um eine Tubargravidität Fimbria ovarica begonnen.
mit oder ohne Ruptur handelt. Nach der therapeutischen 7 Es folgt das Absetzen der Mesosalpinx in kleinen
Laparoskopie kann eine Kürettage erfolgen (7 Abschn. Schritten mit der Schere dicht am unteren Tuben-
8.6.2). rand, jeweils nach vorheriger Koagulation. Dabei
sind die ovarversorgenden Gefäße zu schonen.
kPrinzip 7 Evtl. Verwachsungen werden gelöst (. Abb. 8.43).
Allen Versorgungsformen gemeinsam ist: 7 Am uterusnahen Tubenabgang wird die Tube bi-
4 Legen eines Blasenkatheters, polar koaguliert und anschließend mit der Schere
4 Laparoskopie, abgetrennt und über einen Arbeitstrokar, ggf.
4 Darstellen der EUG. nach Inzisionserweiterung, aus der Bauchhöhle
entfernt.
kInstrumentarium
4 Laparoskopisches Instrumentarium,
4 feines Nahtmaterial, Instrumentelle Expression
4 Instrumentarium für die Kürettage. Diese kann bei einer weit peripher gelegenen Tubargravi-
dität durchgeführt werden, wenn die Gravidität im Bereich
des Fimbrientrichters liegt. Die Tube wird dabei mit zwei
atraumatischen Fasszangen zum Fimbrienende hin ausge-
416 Kapitel 8 · Gynäkologie
a b
. Abb. 8.43 a, b Verwachsungen zwischen rechtsseitiger Tube und Uterus (a). Laparoskopische Adhäsiolyse (b). (Nach Gätje u. Kaufmann 2006)
jLaparoskopische Operationsformen
4 Sterilisierung post partum durch Laparoskopie,
Subseröse Tubenresektion nach Labhardt
4 Tubenkoagulation durch Laparoskopie.
7 Darstellen der Tube im mittleren Drittel auf einer
jNichtlaparoskopische Operationsformen Länge von ca. 3 cm. Anschlingen oder Anklemmen
4 Sterilisierung nach Pomeroy, der Tube auf beiden Seiten der Präparationsstelle.
4 Sterilisierung nach Labhardt (u. a.). 7 Längsspaltung der Serosa und Ausschälen des Tu-
benrohrs mit der Präparierschere.
Diese Methoden finden heute ihre Anwendung anlässlich 7 Resektion eines ca. 2 cm langen Tubenanteils.
eines Kaiserschnittes oder als zusätzlicher Eingriff wäh- 7 Versenken der Stümpfe und fortlaufende Naht der
rend einer Laparotomie. Mesosalpinx.
8.7 · Laparoskopie/Pelviskopie
417 8
8.7.5 Laparoskopische Operationen
am Ovar
Voraussetzungen
Die meisten gutartigen Veränderungen des Ovars können
laparoskopisch therapiert werden. Hier sind v. a. die Ova-
rialtumoren zu nennen. Die Größe der Veränderung kann
allerdings ein limitierender Faktor für die Möglichkeit ei-
ner Laparoskopie sein.
Ovarialtumoren sind sehr häufig und bei der ge-
schlechtsreifen Frau in den meisten Fällen funktionellen
Ursprungs (z. B. Corpus-luteum-Zyste). Bei Verdacht auf
ein Ovarialkarzinom sollte nach wie vor eine Längslaparo-
tomie durchgeführt werden.
Vor der Operation erfolgt eine diagnostische Beurtei-
. Abb. 8.44 Salpingotomie: Entfernen des Schwangerschaftspro-
lung (z. B. sonographisch) des Ovarialtumors. Da viele
duktes. (Fa. Storz; Prof. Luca Mencaglia, MD) Ultraschallkriterien sowohl bei gutartigen als auch bei bös-
artigen Tumoren des Ovars auftreten können, sollten Ova-
rialtumoren, wenn sie laparoskopisch operiert werden,
immer in Bergebeuteln entfernt werden. Bei einer verse-
hentlichen Eröffnung des Tumors kann so eine Zellaussaat
(»spilling«) in den Bauchraum verhindert werden, denn
die Verteilung von Tumorzellen verschlechtert die Progno-
se. Zeigt sich direkt zu Beginn der Laparoskopie, dass es
sich um ein bösartiges Geschehen handelt, wird auf ein
abdominales Vorgehen konvertiert. Bei Frauen im ge-
schlechtsreifen Alter wird bei gutartigen Befunden darauf
geachtet, dass ausreichendes Ovarialgewebe erhalten
bleibt.
Im Folgenden werden die unterschiedlichen Versor-
gungsmöglichkeiten kurz vorgestellt. Für die folgenden
Operationen entsprechen die instrumentelle Vorbereitung
wie auch die Lagerung den oben besprochenen.
a
7 Über den zweiten Arbeitstrokar wird dicht an der mor in den Bergebeutel gelegt, um dann über ei-
Kapsel mit einem stumpfen Instrument der Tumor nen der Arbeitstrokare bzw. dessen Bauchde-
ausgeschält. Sollte es dabei zur Eröffnung kom- ckeninzision entfernt zu werden. Hierbei können
men, wird der Inhalt abgesaugt. Es ist darauf zu eine Abpunktion im Beutel und die Verwendung
achten, dass die Flüssigkeit nur in den Bergebeu- eines Bauchdeckenhakens hilfreich sein.
tel fließt! 7 Ausgiebige Blutstillung mit der bipolaren Koagu-
7 Der Bergebeutel wird an einer Schlaufe zugezo- lation und Spülung des Bauchraums.
gen und über einen der Arbeitstrokare, ggf. nach 7 Evtl. Einlage einer abdominalen Wunddrainage.
Schnitterweiterung, geborgen. 7 Beendigung der Operation wie bei der Laparosko-
7 Ist der Tumor zur Entfernung noch zu groß, kann pie (7 Abschn. 8.7.1).
er innerhalb des Bergebeutels abpunktiert wer-
den. Dieser Schritt kann auch vor der Ausschälung
des Tumors/Zyste durch eine laparoskopische
Punktionsnadel erfolgen (Gefahr des »spilling« Stielgedrehte Ovarialzyste
beachten). 7 Die Beschwerden sind die eines »akuten Abdo-
7 Das Gewebe kann dann ggf. zur Schnellschnittun- mens« und stellen eine OP-Indikation dar.
tersuchung gegeben werden, muss aber in jedem 7 Zunächst muss die Drehung der Zyste aufgehoben
8 Fall histologisch beurteilt werden. werden, dies ist meist laparoskopisch möglich.
7 Ausgiebige Blutstillung mit der bipolaren Koagu- 7 In den Stiel einbezogen sind oft das Lig. ovarii
lation und Spülung des Bauchraums zur Entfer- proprium, die Tube, das Lig. suspensorium ovarii,
nung von Blutresten zur Adhäsionsprophylaxe. das Lig. teres und Anteile des Lig. latum.
7 Das Restovar kann mit einer oder mehreren Näh- 7 Einige Minuten müssen abgewartet werden, um
ten vernäht und rekonstruiert werden. zu beurteilen, welche Gewebeanteile wieder gut
7 Evtl. Einlage einer abdominalen Wunddrainage durchblutet werden.
über einen der Arbeitstrokare. 7 Nichtdurchblutete Gewebeanteile werden nach
7 Beendigung der OP wie (7 Abschn. 8.7.1; Lapa- bipolarer Koagulation mit der Schere reseziert
roskopie) beschrieben. und über einen der Arbeitstrokare entfernt. (Bei
jungen Frauen wird immer versucht werden, ei-
nen Ovarrest zu erhalten).
Gefäßversorgung
Die arterielle Versorgung der Mamma entspringt aus
medialen Ästen der 2.–4. Interkostalarterien, die seitlich
des Sternums in die Mamma eintreten. Weiterhin über-
nehmen Äste der A. thoracica lateralis die laterale Gefäß-
versorgung.
Lymphabfluss
Aus chirurgischen Gesichtspunkten wird der Lymphab-
a
fluss der Brust, der axillären Lymphknoten in 3 Etagen
aufgeteilt (. Abb. 8.46):
4 Level I: untere axilläre Gruppe bis zum lateralen Rand
des M. pectoralis minor.
4 Level II: mittlere axilläre Gruppe dorsal des M. pecto-
ralis minor und unterhalb der V. subclavia.
4 Level III: obere infraklavikuläre, medial des M. pecto-
ralis minor gelegene Gruppe, oberhalb der V. subclavia.
Symptome Zytologie
Jeder Knoten in der Brust ist abklärungsbedürftig. Häu- Ein Zellabstrich von Mamillensekret kann den Nachweis
figster Tumor der Mamma ist das gutartige Fibroadenom. von bösartigen Zellen erbringen. Sekret kann auch durch
Bestimmte Symptome können Hinweise auf das Vorliegen Feinnadelpunktion gewonnen werden.
eines bösartigen Mammatumors geben:
4 Einziehung der Haut, einseitige Mamilleneinziehung, Stanzbiopsie
4 Verdickung der Haut: Apfelsinenhaut (»peau Hierbei wird unter sonographischer Kontrolle nach einer
d’orange«), kleinen Hautinzision ein Tumor gezielt durch eine Hoch-
4 Mamillensekretion, v. a. blutige, geschwindigkeitsnadel biopsiert. Die Stanzbiopsie dient
4 Hautulkus oder Rötung der Haut, der diagnostischen Abklärung, um einerseits eine bessere
4 neu aufgetretene Größen- und Formungleichheit der OP-Planung mit der Patientin zu erzielen, andererseits
Mammae, der Patientin während der Operation verlängerte Narko-
4 Unverschieblichkeit eines Knotens unter der Haut sen durch das Warten auf das Schnellschnittergebnis zu
oder auf der Faszie. ersparen.
8.8.3 Operationen
Tumorektomie (Lumpektomie, »wide excision«) 7 Die versorgenden Gefäße werden entweder un-
7 Hautinzision mit dem Skalpell je nach Lokalisati- terbunden oder koaguliert.
on, Größe und Dignität des Tumors. 7 Von diesem Zugang ausgehend beginnt die Axil-
7 Mobilisation des Drüsenkörpers mit der Präparati- ladissektion (s. unten).
onsschere dicht unter der Haut, ohne diese selbst 7 Einlegen von Wunddrainagen (z. B. Redon-Draina-
zu verletzen (postoperative Durchblutungsstörun- gen 10 Charr) in das Mastektomiegebiet und die
gen möglich). Axilla.
7 Präparation in alle Richtungen. 7 Kontrolle auf Bluttrockenheit.
7 Unter Tastkontrolle wird der Tumor mit einem Si- 7 Zählen von Instrumenten und Textilien und Doku-
cherheitsabstand segmentförmig mit dem Skal- mentation des Zählstandes.
pell oder der Schere entfernt. Auf ein »Anklem- 7 Subkutannaht und fortlaufende Intrakutannaht.
men« des Tumors sollte verzichtet werden. 7 Verband mit Wundpflastern und einem Wickelver-
7 Bei tiefem Tumorsitz wird die Fascia pectoralis band mit einer großen Mammabinde und evtl.
dieses Bereichs mit entfernt. Schaumstoff.
7 Fadenmarkierung des Präparates (3 Markie-
rungen) zur Orientierung für den Pathologen. Die
Schnellschnittuntersuchung soll die Entfernung
des Tumorrandes zum Gesunden sicherstellen. Je Axilläre Lymphadenektomie
8 nach Aussage des Pathologen ist evtl. eine 7 Zugang entweder direkt über die Mastektomie-
Nachresektion erforderlich. wunde oder über einen separaten bogenförmigen
7 Ausgiebige Blutstillung. Hautschnitt ca. 2 cm dorsal des M. pectoralis ma-
7 Einlegen einer Wunddrainage. jor über ca. 6 cm Länge mit dem Skalpell (bei Tu-
7 Zählen und Dokumentation von Instrumenten morektomie muss zuvor das Mammawundgebiet
und Textilien. mit einem Tuch abgedeckt werden, die Hand-
7 Rekonstruktion des Restdrüsenkörpers durch Ein- schuhe müssen gewechselt werden).
zelknopfnähte der Stärke 3–0, mit Orientierung an 7 Eröffnung des subkutanen Fettgewebes und Dar-
stellung des Randes des M. pectoralis major. Die-
der gesunden Brust.
ser wird vom Assistenten mit dem Haken nach
7 Verschluss von Subkutis und der Haut durch eine
medial gezogen.
Intrakutannaht.
7 Aufsuchen der V. axillaris durch vorsichtiges Sprei-
7 Bei einem bösartigen Befund folgt nun die Axilla- zen mit der Präparationsschere.
dissektion über einen gesonderten axillären Zu- 7 Lymph- und Blutgefäße werden monopolar koa-
gang nach Handschuhwechsel. guliert oder mit Titanclips verschlossen.
7 Ein sicher gutartiger Tumor kann auch ohne Ein- 7 En-bloc-Resektion des axillären Lymphfettgewe-
haltung eines Sicherheitsabstandes tumornah bes lateral an der V. axillaris beginnend und auf
ausgeschält werden. der Faszie des M. latissimus dorsi nach dorsokau-
dal präparierend.
7 Möglich ist auch das Entfernen der Lymphknoten
des Levels I (. Abb. 8.46) mittels gefensterter Or-
Totale Mastektomie ganfasszangen, z. B. Ovarfasszange; dabei werden
die thorakodorsalen Gefäß-Nerven-Bündel und
7 Spindelförmige Umschneidung der Haut unter
der N. thoracicus longus dargestellt.
Einschluss der Mamille mit dem Skalpell.
7 Wenn möglich, sollten auch die Nn. intercostobra-
7 Präparation der Haut und des direkt anliegenden chiales erhalten werden, die quer durch die Axilla
Subkutangewebes mit der Präparierschere oder verlaufen und die Innenhaut des Oberarms sensi-
dem Skalpell nach medial bis zum Sternum, nach bel versorgen.
kranial bis fast zur Klavikula und nach kaudal bis 7 Nach Anheben des M. pectoralis minor können nun
zum Ansatz des M. rectus abdominis. Es muss so auch die Lymphknoten des Level II präpariert und
viel Subkutangewebe erhalten bleiben, dass eine mit dem Gesamtpräparat entfernt werden. Nicht un-
Versorgung der Haut gewährleistet ist. bedingt notwendig ist die Entfernung der Lymph-
7 Entfernung des Drüsenkörpers unter Mitnahme knoten des Levels III, die durch kräftiges Anheben
der Pektoralisfaszie mit dem Skalpell. Dies ge- des M. pectoralis minor erreicht werden können.
schieht parallel zur Muskelfaserverlaufsrichtung 7 Blutstillung und Einlage einer Wunddrainage.
von medial/kranial nach lateral/kaudal; hier wird 7 Zählen und Dokumentation von Instrumenten
das Gewebe abgesetzt. und Textilien.
6 7 Wundverschluss, Verband.
9
Urologie
B. Lengersdorf, C. Matthies, M. Liehn, D. Oppermann, A. Haese, A. Baumgarten,
S. Bröker
Das Fach der Urologie beschäftigt sich mit den harnablei- Niere (Ren)
tenden Organen sowie den männlichen Geschlechtsor- Die Nieren liegen retroperitoneal, seitlich der Wirbelsäule:
ganen. 4 der obere Nierenpol in Höhe des 11. und 12. Brust-
wirbelkörpers,
4 der untere Nierenpol in Höhe des 2. und 3. Lenden-
9.1 Anatomische Grundlagen wirbelkörpers.
B. Lengersdorf, C. Matthies, M. Liehn In der Regel werden die Nieren von der 12. Rippe über-
kreuzt. Die rechte Niere liegt unterhalb der Leber und so-
. Abb. 9.1 und . Abb. 9.2 zeigen Übersichtsbilder des mit weiter kaudal als die linke Niere, die unterhalb der Milz
männlichen und weiblichen Urogenitalapparates ein- liegt. Die Niere hat die Form einer Bohne, es gibt eine Vor-
schließlich ihrer embryonalen Entwicklung. derseite (Facies anterior) und eine Hinterseite (Facies pos-
terior), die flacher ausgebildet ist. Die Nebenniere sitzt
dem oberen Pol auf. Die mediale Einstülpung der Niere
9.1.1 Harnapparat heißt Hilus renalis (. Abb. 9.3).
Die Nieren sind die Organe der Harnbereitung. Nierenbe- jNierenhilus (Hilus renalis)
cken, Nierenkelchsystem, Harnleiter, Blase und Harnröhre Im Nierenstiel befinden sich die zu- und ableitenden Blut-
dienen dem Transport und der Speicherung des Urins. gefäße der Niere sowie das Nierenbeckenkelchsystem.
. Abb. 9.1 Entwicklung des männlichen Urogenitalapparates (ge- . Abb. 9.2 Entwicklung des weiblichen Urogenitalapparates (ge-
rastert: zugrunde gehende Teile; gestrichelt: Lage vor dem Herunter- rastert: zugrunde gehende Teile; gestrichelt: Lage vor dem Deszen-
wandern der Keimdrüsen. (Nach Hofstetter u. Eisenberger 1986) sus). (Nach Hofstetter u. Eisenberger 1986)
9.1 · Anatomische Grundlagen
425 9
Nierenaufbau
Von außen nach innen (. Abb. 9.4):
4 Gerota-Faszie, sie umgibt die Niere selbst und die
Nierenfettkapsel.
4 Fettkapsel (Capsula adiposa).
4 Faserkapsel (Capsula fibrosa) des Nierenparen-
chyms.
4 Nierenparenchym, gebildet aus Rinde (Cortex renis)
und Mark (Medulla renis).
Das Mark besteht zumeist aus 14 Pyramiden, die all-
seitig von Rinde umgeben sind, sodass das Paren-
chym bis an die Nierenkelche heranreicht. Die Pyra-
midenspitzen ragen in die Kelche hinein und enden
dort als Papille. In dieser sind die Sammelrohre ent-
. Abb. 9.3 Ventralansicht der rechten Niere. Das Nierenbecken befin- halten, die wiederum mit ihrer Spitze in das Kelchsys-
det sich hinter dem Gefäßstiel und ist somit operativ gut zugänglich tem und danach in das Nierenbecken münden.
4 Nierenbecken (Pelvis). Als Beginn der harnablei-
tenden Wege münden hier die Nierenkelche, das Nie-
renbecken verjüngt sich zunehmend und geht in den
Harnleiter über.
4 Harnleiter (Ureter).
Der Harnleiter ist ein röhrenförmiges, ca. 30 cm
langes Hohlorgan. Seine Wand besteht aus einer äu-
ßeren und einer inneren Längsmuskelschicht sowie
einer ringförmigen Mittelschicht. Er ist mit Schleim-
haut ausgekleidet. Glatte Muskulatur und Eigeninner-
vation machen den Urintransport möglich. Mit peris-
taltischen Bewegungen wird der Urin in die Blase
transportiert.
Hinter der Blase wird der Harnleiter beim Mann vom Sa-
menleiter (Ductus deferens), bei der Frau von der A. uteri-
. Abb. 9.4 Längsschnitt durch die Niere. (Nach Schiebler et al. 2003)
na gekreuzt.
Die Ureteren ziehen von hinten in die Blase ein. Sie
4 Die Nierenarterie (A. renalis) entspringt der Bauch- verlaufen dort noch etwa 4 cm schräg in der Blasenwand,
aorta und teilt sich im Hilusbereich in 2 Äste auf. Häu- bevor sie spitzwinklig im Blasenboden münden. Die Ein-
fig gibt es abweichende Äste (aberrierende Gefäße), mündungsstellen, die Ostien, sind 2 Eckpunkte des Trigo-
die in den oberen oder unteren Nierenpol einmünden. num vesicae.
4 Die Nierenvene (V. renalis); beide Vv. renales mün-
den in die V. cava. Da die linke Nierenvene den Weg Harnblase (Vesica urinaria)
über die Aortenvorderwand zur V. cava nimmt, ist sie Die Harnblase sammelt den Urin zwischen den willkür-
etwas länger als die rechte Nierenvene. lichen Harnentleerungen. Sie liegt subperitoneal im klei-
4 Das Nierenbeckenkelchsystem, mit meist 7 Kelch- nen Becken hinter der Symphyse. Nur gefüllt ragt sie über
paaren. die Symphysenoberkante hinaus und schiebt so das Perito-
4 Der Harnleiter (Ureter) tritt hinter den Gefäßen aus neum nach oben (. Abb. 9.5). Ein suprapubischer Blasen-
und liegt meist außerhalb des Hilus. Er bildet die Ver- katheter sollte aus diesem Grund nur bei gefüllter Blase
längerung des Nierenbeckens. (200–300 ml) gelegt werden.
426 Kapitel 9 · Urologie
9
. Abb. 9.5 Männliche Harnblase in der Frontalebene aufgeschnit-
ten. Schraffiert: Hinter der Harnblase liegende Samenleiter und Sa-
menblasen. Die Pfeile im Bereich des Trigonum vesicae zeigen den
Verlauf der Öffnungs- (links) und Verschlussmuskeln (rechts) für die . Abb. 9.6 Schnitt durch die männliche Harnblase und den Penis.
Harnleiter an. (Nach Schiebler et al. 2003) (Nach Schiebler et al. 2003)
Hoden (Testis)
Aufgabe: Produktion von Spermien und dem männlichen
Hormon Testosteron. Die Hoden liegen außerhalb der
Bauchhöhle im Hodensack (Skrotum), da die Innentempe-
ratur des Körpers für die Produktion funktionstüchtiger
Samenzellen zu hoch wäre.
Aufbau
4 Tunica albuginea: Bindegewebige Kapsel des Hoden-
parenchyms (. Abb. 9.7).
4 Hodenparenchym: Besteht aus den Hodenläppchen . Abb. 9.7 Hoden mit Nebenhoden. Die Ductuli efferentes leiten
(Lobulus testis), den Hodenkanälchen sowie den die Spermien aus dem Hoden in den Nebenhoden
Leydig-Zwischenzellen, die zwischen den Kanäl-
chen liegen und das Testosteron bilden. Im Hoden-
hilus sammeln sich die Hodenkanälchen zu einem liculus seminalis münden. Der Ductus ejaculatoris wird
Kanälchensystem (Rete testis). Dort beginnen während der Ejakulation stark komprimiert, um das Eja-
die ableitenden Samenwege (Ductuli efferentes; kulat zu beschleunigen.
. Abb. 9.7).
Hodensack (Scrotum)
Nebenhoden (Epididymis) Das Skrotum umgibt die Hoden und die unteren Anteile
Der Nebenhoden liegt dem Hoden auf und ist teilweise mit des Samenstrangs. Die beiden Hoden sind durch eine feine
der Hodenhinterwand verwachsen. Er besteht aus dem bindegewebige Zwischenwand voneinander getrennt.
breiteren Nebenhodenkopf (Caput epididymidis), dem
Nebenhodenkörper und dem schlanken Nebenhoden- Akzessorische Geschlechtsdrüsen
schwanz, der über den Nebenhodengang (Ductus epididy- Aufgabe: Produktion eines alkalischen, fruktosehaltigen
midis) zum Samenleiter (Ductus deferens) wird. Gefäße Sekrets, das die Beweglichkeit der Spermien positiv beein-
und die Hodenausführungsgänge münden in den Neben- flusst.
hoden und gelangen über den Nebenhodengang (Ductus
epididymidis) in den Samenleiter. Der Nebenhoden dient jSamenblase (Vesicula seminalis)
als Speicher- und Reifungsorgan. Sie liegt hinter der Blase am Blasengrund, seitlich der Am-
pulla ductus deferentis. Der Ausführungsgang mündet
Samenleiter (Ductus deferens) distal der Ampulle in den Ductus deferens.
Aufgabe: Aktiver Transport der Samenzellen.
Der Samenleiter verläuft hinter dem Nebenhoden auf- jProstata (Vorsteherdrüse)
wärts in den Samenstrang und zieht weiter in den Leisten- Ein kastaniengroßes, prall-elastisches, von Muskelfasern
kanal. Der Samenstrang wird gebildet aus Nerven, der durchzogenes Drüsenorgan, das in jeweils einen rechten
A. testicularis, dem Plexus pampiniformis (Venengeflecht), und linken Lappen unterteilt ist. Die Prostata umgibt die
Lymphgefäßen und dem Ductus deferens. Die Umhüllung Urethra unterhalb des Ostium urethrae internum bis hin
des Samenstrangs bilden der M. cremaster und Bindege- zum Colliculus seminalis (Pars prostatica der Harnröhre).
webe. Vom inneren Leistenring aus zieht der Samenleiter Ihre Basis liegt am Blasengrund, die Spitze (Apex) zeigt
an der Blasenhinterwand zum Blasengrund, wo er den zum Diaphragma urogenitale. Hinten liegt sie dem Rek-
Ureter überkreuzt. Dorsal der Prostata erweitert er sich zur tum an, getrennt durch die Denonvillier-Faszie.
Ampulla ductus deferentis, hinter der der Ausführungsgang Der Apex prostatae ist der kaudale Anteil der Prostata,
der Samenbläschen mündet. Gemeinsam treten sie als nahe dem Beckenboden gelegen. Die Prostata wird in
Ductus ejaculatoris durch die Prostata, wo sie auf dem Col- 3 Zonen unterteilt:
428 Kapitel 9 · Urologie
4 Nierensteinfasszange (. Abb. 9.12). 4 PVC (Polyvinylchlorid): Hartes Material, eignet sich als
4 lange Lidhaken. Stent, es lagern sich allerdings rasch Fibrinbeläge an.
4 Allis-Klemmen (7 Kap. 2). 4 Silikon: Gewebefreundlich, große Wärme- und Was-
4 Lungenspatel nach Allis. serbeständigkeit, eignet sich v. a. bei längerer Verweil-
dauer im Körper.
9.2.2 Katheter und Schienen Die Katheter unterscheiden sich in Form und Beschaffen-
heit der Katheterspitzen (. Abb. 9.13). Die gängigsten fin-
Katheter und Schienen werden aus unterschiedlichen Ma- den hier Erwähnung:
terialien gefertigt: 4 Nélaton: Runde geschlossene Spitze, keine Krüm-
4 Latex: Ist elastisch und gleichzeitig hart, ruft mung, 2 oder 4 gegenüberliegende Augen, Anwen-
häufig Gewebereaktionen und vermehrt Allergien dung bei Frauen und Männern, meist als transure-
hervor. thraler Katheter.
430 Kapitel 9 · Urologie
9 4 Tiemann: Konisch zulaufende geschlossene Spitze, mit größerem Blockungsvolumen als ein herkömm-
leicht gebogen, meist nur ein Auge, häufig zur Ein- licher Verweilkatheter. Außerdem ist die Wand des
malkatheterisierung ohne Blockung, wird in aller Re- Katheters verstärkt, damit sie beim Aspirieren von
gel bei Männern angewendet. Koageln mit einer Blasenspritze nicht kollabiert.
4 Couvelaire: Vorn offene Flötenspitze, seitliche große Tamponadekatheter können bei der transurethralen
Augen, häufig zum Ausspülen von Koageln (. Abb. Einlage mit einem Führungsstab leichter eingeführt
9.14). werden.
4 Dufour: Ähnlich geformt wie ein Tiemann-Katheter,
! Die Stärke von Kathetern und Schienen wird
jedoch vorn offene Flötenspitze und zwei seitliche
in Charrière (Charr) angegeben, wobei 1 Charr
Augen (. Abb. 9.15).
=1/3 mm Außendurchmesser entspricht.
4 Neo-Blasenkatheter: Stirnlochkatheter, die Strecke
vor dem Ballon ist länger und hat große Augen damit Als ideales Füllmedium zum Blocken des Ballons ist Gly-
der Schleim besser ablaufen kann. cerollösung geeignet. Hierbei handelt es sich um mit Gly-
4 Stirnlochkatheter: Mit zwei oder mehreren versetzten cerin versetztes steriles Wasser; diese Lösung hat größere
Augen, und vorn offen z. B. als suprapubische Ablei- Moleküle als reines Wasser und erschwert so die Diffusion
tung. der Blockflüssigkeit aus dem Katheter. Bei den häufig an-
4 Längsgerillter Blasenkatheter mit Nélaton Spitze: nach gewendeten Silikonkathetern geschieht das schneller als
Harnröhrenplastiken, verhindert durch verbesserten bei Latexkathetern und ist dann problematisch, wenn Ka-
Sekretabfluss ein Verkleben mit der Schleimhaut. theter einen kleinen Blockballon haben (z. B. Nephrosto-
miekatheter oder Okklusionskatheter, die im Harnleiter zu
Zudem werden Blasenkatheter unterschieden in: liegen kommen).
4 Einfache Katheter ohne Blockung zur Einmalkathete- Ureterkatheter (UK) und Schienen (J-, Doppel-J- bzw.
risierung. Pigtail-Katheter=Schweineschwänzchen; . Abb. 9.16) be-
4 Doppelläufige Katheter mit Blockung als Verweilka- stehen meist aus Silikon. Häufig sind sie mit einer hydro-
theter. philen Beschichtung versehen, die das Einführen er-
4 Suprapubische Katheter mit und ohne Blockung leichtert, v. a. bei Harnleiterengen durch Tumoren, Steno-
(. Abb. 9.15). sen, Steine oder anatomische Gegebenheiten.
4 Dreiläufige Katheter als Tamponadekatheter, auch UK und Schienen besitzen einen Mandrin zur Stre-
bezeichnet als Dauerspül-/Hämaturiekatheter. Die- ckung, ein oder mehrere Augen über eine gewisse Strecke,
ser Katheter findet Anwendung nach transurethra- eine Zentimetergraduierung und eine Röntgenmarkie-
len Operationen oder bei Blutungen in der Blase. rung. Die Spitze eines UK kann geschlossen oder offen,
Er besitzt einen Kanal zur Harnableitung, einen sepa- gerade oder leicht gebogen sein. Doppel-J-Schienen wer-
raten Spülzugang und den dritten Lauf zum Blocken den mit oder ohne Faden (der dann z. B. an einem lie-
9.3 · Transurethrale und perkutane Eingriffe
431 9
. Abb. 9.16 Ureterkatheter. (Aus Archiv Bundeswehrkrankenhaus . Abb. 9.17 Einläufiges Resektoskop mit Trokar (von oben nach un-
Hamburg) ten: Halbschaft, Trokar, Sauger, Resektionsschlitten, einläufiges Re-
sektoskop). (Aus Archiv Bundeswehrkrankenhaus Hamburg)
b c d
9 e f g
. Abb. 9.19 Modernes Resektionsinstrument (a) mit verschiedenen h »Mähschlinge« für TUR-B an der Blasenhinterwand, i Resektoskop
Schlingenformen: b Resektionsschlinge, c Hakensonde, d Rollenson- mit Biopsiezange, j Maul der Biopsiezange. (Nach Hofmann 2009)
de, e Kerbsonde, f breite Schlinge, g breite Schlinge für TUR-P,
als 80 g sind. Auch vorhandene Blasensteine können auf zunehmender Blasenfüllung der Druck (und damit die Ge-
diesem Weg mittels eines Steinpunches entfernt werden. fahr der Einschwemmung) erhöht. Alternativ kann mit dem
Die Ausschälung bzw. Abhobelung erfolgt mittels eines einläufigen Resektoskop und einem suprapubisch in der
Resektoskops, das über einen Kanal für die Optik sowie Blase platzierten Trokar zur Absaugung eine »Niederdruck-
über einen Arbeitskanal verfügt. Als Spülflüssigkeit wird resektion« durchgeführt werden. Dieses Verfahren darf
wegen der Anwendung der HF-Chirurgie eine hypotone nicht bei vorhandenen Blasentumoren gewählt werden.
salzfreie Zuckerlösung, z. B. Purisole, verwendet. Die neu-
eren bipolaren Resektoskope funktionieren mit physiolo- jDiagnostik
gischer NaCl-Lösung. Damit können Komplikationen wie 4 Übliche Labordiagnostik.
das TUR-Syndrom (s. unten) vermieden werden. 4 PSA (prostataspezifisches Antigen zur Differenzial-
Bei der Hochdruckresektion wird mit dem doppelläu- diagnose des Prostatakarzinoms).
figen Resektoskop gearbeitet, wo sich wiederkehrend bei 4 Uroflowmetrie.
9.3 · Transurethrale und perkutane Eingriffe
433 9
9.20
9.21
9.22
. Abb. 9.20 Urethrotom nach Sachse zur Harnröhrenschlitzung un- . Abb. 9.22 Steinpunch zur Sichtlithotrypsie von Blasensteinen.
ter Sicht. (Fa. Storz) (Nach Hohenfellner u. Zingg 1983, mit frdl. Genehmigung von
. Abb. 9.21 Otis-Urethrotom zur »blinden« Harnröhrenschlitzung. Fa. Storz)
(Fa. Storz)
4 Sonographie. 4 Kaltlichtkabel.
4 TRUS (transrektaler Ultraschall). 4 Optiken (0°, 12° und 70°).
4 einläufiges Dauerspülresektoskop (inkl. Stromkabel,
kIndikationen verschiedene Resektionsschlingen, Kugelelektroden
4 Kleine bis mittelgroße Adenome. zum Koagulieren, Hakensonde).
4 Blasensteine. 4 Pinzette, Schere.
4 rezidivierender Harnverhalt bei BPH. 4 Trokar.
4 Überlaufinkontinenz. 4 steriler Kamerabezug.
4 Blasenspritze zum Ausspülen der Resektionsspäne
kPrinzip (mit Konnektor für das Resektoskop).
Entfernen von Prostatagewebe mit Hilfe eines in die Harn- 4 große Metallschüssel für warme physiologische NaCl-
röhre eingeführten Resektionsinstruments mit einer hoch- Lösung.
frequenzführenden Schlinge unter Sichtkontrolle. 4 Spül-Kompressions-Katheter (3-Wege-Dauerkathe-
ter) 22 Charr.
kInstrumentarium 4 bei Bedarf Ablaufsystem mit einem Pumpball, um
4 Gleitmittel. postoperativ manuell Koagel zu entfernen.
4 Stichskalpell. 4 Spülsystem.
4 lange Kanüle. 4 Katheterverschlussstopfen.
4 Zu- und Ableitungssystem. 4 Stirnlochkatheter 14 Charr (zur suprapubischen Einlage).
434 Kapitel 9 · Urologie
TUR-Syndrom
Infolge Einschwemmung der hypotonen Spülflüssigkeit
durch die eröffneten Gefäße in den Blutkreislauf kann es
zu einer Hyperhydratation mit Herz-Kreislauf-Belastung
bis hin zu einer Rechtsherzinsuffizienz kommen. Deshalb
ist es wichtig, die Resektionszeit möglichst kurz zu halten.
Das TUR-Syndrom tritt v. a. bei Patienten mit Spinalanäs-
thesie und während der Aufwachphase bei Patienten mit
Vollnarkose auf.
Symptome des TUR-Syndroms sind Übelkeit, Ver-
wirrtheit, Unruhe und Erbrechen bis hin zum Schock, aku-
tem Nierenversagen und Hirn- und Lungenödem.
kLagerung
Steinschnittlage, bei Bedarf Absenken des Beins.
Beachtung der Strahlenschutzrichtlinien (7 Abschn. 3.4.2).
kInstrumentarium
4 Ureterorenoskop (URS; . Abb. 9.25),
9.26 4 Lichtkabel,
4 Zulaufsystem und Absaugschlauch,
4 steriler Kamerabezug,
4 NaCl-Spüllösung,
4 evtl. Zystoskop mit Optik (0°, 12° oder 70°),
4 Sterilbezug für C-Bogen,
4 1–2 Terumo-Drähte.
Bei Bedarf:
4 Ureterenkatheter,
4 Kontrastmittel,
4 Laser und Lasersonde,
4 Dormia-Körbchen,
4 Steinfasszange,
9.27 4 DJ-Schiene,
4 Fasszange,
4 Nélaton-Blasenkatheter, Ablaufbeutel und Block-
mittel,
4 diverse Spritzen für Spülzytologie und Alkohol
70%ig.
Technisches Equipment:
4 MIC-Turm mit Lichtquelle, Monitor, Kamera, Dru-
cker,
4 C-Bogen.
9.28
URS
. Abb. 9.26 Abtragung eines gestielten papillären Tumors im obe-
ren Harntrakt mittels Körbchen. Der Tumorgrund muss nach dieser 7 Lagerung, Desinfektion und Abdeckung zunächst
Maßnahme vorzugsweise mit einem Laser nachbehandelt werden. wie bei der TUR.
(Nach Hofmann 2009) 7 Anschluss aller benötigten Geräte an Lichtquelle,
. Abb. 9.27 Zangenbiopsie eines Uretertumors mit einem flexiblen Kamera, Zulauf und Absaugung. Steriles Beziehen
Ureterorenoskop. (Nach Hofmann 2009)
des C-Bogens, dieser wird über den Patienten ge-
. Abb. 9.28 Schema der Abtragung eines gestielten papillären Tu-
mors im oberen Harntrakt mittels Laser. (Nach Hofmann 2009) fahren, um den Verlauf der Harnleiter bis zum Nie-
renbecken darzustellen.
7 Nun gibt es die Möglichkeit, sofort mit dem URS
kIndikationen oder zunächst mit dem Zystoskop in die Blase ein-
4 Harnleitersteine, zugehen.
4 Abklärung einer Makrohämaturie aus dem oberen
Harntrakt,
4 Füllungsdefekte des oberen Harntrakts in der Bildge-
bung.
438 Kapitel 9 · Urologie
kInstrumentarium
4 Nélaton-Blasenkatheter 16 Charr,
4 10-ml-Spritze zum Blocken, 9.3.6 Einlage einer Doppel-J-Schiene
4 Gleitmittel,
4 Blasenspritze, Die Indikationsbreite zur Einlage einer Harnleiterschiene
4 Schüssel mit steriler NaCl-Lösung, ist groß und beinhaltet diagnostische sowie therapeutische
4 suprapubisches Katheterset (. Abb. 9.15) mit (12 und Indikationen. Eine retrograde Darstellung der ableitenden
14 Charr) und ohne (10 Charr) Ballon, Harnwege mittels Kontrastmittel unter Bildwandlerkont-
4 Glycerollösung zum Blocken, rolle ist üblich, ggf. wird auf das Röntgen verzichtet, z. B.
4 ggf. ein geflochtener atraumatischer Faden der Stär- bei schwangeren Frauen mit Harnstauung.
ke 0 zur Fixation an der Haut, Anhand der Körpergröße des Patienten und ggf. eines
4 lange Kanüle, Röntgenbildes wird die Schienenlänge ermittelt. Sie beträgt
4 Stichskalpell, in der Regel beim Erwachsenen 24–30 cm, der Durchmes-
4 Kompressen, ser beträgt zwischen 4 und 10 Charr. Zumeist werden beid-
4 ggf. Sonographiegerät zur Verbesserung der Orientie- seits zentral offene Doppel-J-Schienen (DJ) verwendet. Der
rung, dann steriler Schallkopfbezug. Patient ist durch den DJ nicht in seiner Mobilität einge-
schränkt. Der Eingriff kann sowohl in Lokalanästhesie als
kLagerung auch in Vollnarkose durchgeführt werden.
Rückenlage mit abgespreizten Beinen oder Steinschnittlage.
jDiagnostik
4 Übliche Laborparameter (Nierenwerte, Entzündungs-
Suprapubische Harnableitung
parameter),
7 Hautdesinfektion einschließlich des Genitalbe- 4 Röntgenbild,
reichs, steriles Abdecken des OP-Gebiets. Instillie- 4 Anamnese (kolikartige Schmerzen?),
ren des Gleitmittels in die Urethra und Einlegen 4 Sonographie der Harnblase.
des Nélaton-Blasenkatheters, der mit 10 ml NaCl
geblockt wird. Auffüllen der Blase mittels Blasen- kIndikationen
spritze und 200 ml steriler NaCl-Lösung. Harnstauung der ableitenden Harnwege, z. B.:
7 Handschuhwechsel. 4 Obstruktionen im Rahmen von Konkrementen im
7 Punktion der Blase mit einer langen Kanüle in der Harnleiter,
Mitte der Bauchdecke ca. 2 Querfinger oberhalb 4 Tumoren im kleinen Becken, die den Harnleiter kom-
des Schambeins (alternativ Nutzung der Ultra- primieren.
schallortung), abtropfender Urin aus der Kanüle
zeigt die richtige Position der Nadelspitze. kPrinzip
7 Stichinzision an der Punktionsstelle und Entfernen Harnableitung zwischen Niere und Blase über eine Schiene
der Kanüle. mit einem Lumen.
7 Der Katheter wird über die Hohlnadel des Sys-
tems, die in Längsrichtung zwei gegenüberlie- kInstrumentarium
gende Sollbruchstellen hat, bis zur Markierung in 4 Zystoskop,
die Blase eingebracht. 4 Optiken,
7 Die Hohlnadel wird gebrochen und entfernt, der 4 Kaltlichtkabel,
Katheter geblockt oder mit einem nicht resorbier- 4 Ureterenkatheter (UK) (. Abb. 9.29),
6 4 Gleitmittel (evtl. mit Lokalanästhetikum, bei Eingriff
in Lokalanästhesie),
440 Kapitel 9 · Urologie
. Abb. 9.31 Schlitzung der Harnröhrenstriktur im bulbären Bereich durch Urethrotomie. (Nach Hofmann 2009)
442 Kapitel 9 · Urologie
kInstrumentarium
Sachse-Urethrotomie 4 Ultraschallgerät mit Punktionshilfe für den Schall-
7 Hautdesinfektion einschließlich der Genitalregion kopf,
und steriles Abdecken des OP-Gebiets. 4 steriler Bezug für den Schallkopf,
7 Anschließen des Urethrotoms an Lichtquelle, Ka- 4 steriler Bezug für den C-Bogen,
mera, Zu- und Ablauf. 4 2- oder 3-teilige Punktionsnadel,
7 Instillieren des Gleitmittels in die Urethra und 4 Grundinstrumentarium,
Einführen des Sachse-Urethrotoms mit eingezo- 4 Stichskalpell,
genem Messer unter Sicht, bis an die Striktur 4 Kontrastmittel mit Spritze,
heran, und Darstellen der Stenose. 4 Metall- oder Teflon-Bougies (7–30 Charr),
7 Ist dies problemlos möglich, wird die Stenose 4 Lunderquist-Draht,
überwunden und die proximale Harnröhre sowie 4 evtl. Gleitmittel und Blockungsflüssigkeit,
die Blase gespiegelt. 4 Nierenfisteln in verschiedenen Größen, mit und ohne
7 Danach erfolgt die Urethrotomie. Dabei wird das Ballon (Silikonkatheter mit Pigtail-Spitze mit und
Messer proximal der Stenose angesetzt und nach ohne Blockung, mit unterschiedlich positionierten
distal der Schnitt bei 12 Uhr in Längsrichtung »Augen«),
durchgeführt. 4 Ablaufbeutel,
7 Grundsätzlich kann der Schnitt antegrad oder re- 4 Naht zum Fixieren der Fistel (Stärke 0, geflochten,
trograd erfolgen. nicht resorbierbar),
7 Lässt sich die Stenose nicht überwinden, kann 4 Bereitstellung des Bildwandlers.
9 über den Arbeitskanal eine Lasersonde eingeführt
werden. Damit kann die Stenose so erweitert wer- kLagerung
den, dass ein Überwinden mit dem Urethrotom Bauchlage, evtl. auf Röntgenstrahlen durchlässigem Tisch,
möglich ist. evtl. muss der Bauch des Patienten unterpolstert werden
7 Dann Vorgehen wie oben beschrieben. (»Katzenbuckel«).
7 Nach Entfernen aller Geräte und Instrumente wird Beachtung der Strahlenschutzbestimmungen.
ein längsgerillter Harnblasenkatheter eingelegt und
die Steinschnittlage des Patienten aufgehoben. kZugang
Infrakostal in der hinteren Axillarlinie.
Perkutane Nephrostomie
9.3.8 Perkutane Nephrostomie
7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP-
Die perkutane Nephrostomie ist die röntgenologische bzw. Gebiets.
sonographisch geführte Einlage einer perkutanen Fistel in 7 Positionierung, Anschluss und steriles Beziehen
das Nierenbecken. Dies ist die Alternative zur retrograden des Bildwandlers und des Ultraschallgerätes.
Entlastung einer Harnstauung mittels DJ-Katheter. 7 Punktion des Nierenbeckens mit der Punktionsna-
del unter sonographischer Kontrolle, wenn mög-
kIndikationen lich durch die mittlere oder untere Kelchgruppe.
4 Obstruierender Harnleiterstein, 7 Liegt die Punktionsnadel im Nierenbecken, wird
4 Harnleitertumoren, der Mandrin entfernt.
4 iatrogene Harnleiterstrikturen, 7 Kontrastmittel wird über die Hohlnadel unter Rönt-
4 Kompression des Harnleiters durch Tumoren, genkontrolle in das Nierenbecken eingebracht. Ab-
4 Ableitung infizierter Harnstauungsnieren. laufender Urin aus der Nadel bestätigt nach Mand-
rinentfernung bereits die richtige Lage.
kPrinzip 7 Das Nierenbecken und der Harnleiter stellen sich
Harnableitung mittels eines Fistelkatheters aus dem Nie- dar.
renbecken über die Haut nach außen. Im weiteren Verlauf 7 Ein Lunderquist-Draht mit gekrümmter weicher
kann dann über die liegende Fistel die Diagnostik weiter- Spitze wird über die liegende Hohlnadel in das
geführt werden (antegrades Pyelogramm, Nierendruck- Nierenbecken eingebracht, die Nadel wird
messung). entfernt.
6
9.3 · Transurethrale und perkutane Eingriffe
443 9
4 Sonographie,
7 Über den nun liegenden Draht wird mit immer kräf- 4 Röntgenleeraufnahme,
tiger werdenden Bougies der Punktionskanal erwei- 4 evtl. Nierenszintigraphie,
tert (evtl. ist vorher eine kleine Stichinzision in der 4 evtl. retrograde Ureteropyelographie.
Haut erforderlich, um das Vorschieben zu erleich-
tern), bis der gewünschte Durchmesser erreicht ist. kPrinzip
7 Die Bougierung sollte immer etwas weiter als die Entfernung bzw. Zertrümmerung von Steinen des Nieren-
gewünschte Fistel sein. beckens über ein Nephroskop.
7 Bei Nierenfisteln mit kräftigem Einlagedraht kann
eine Bougierung entfallen. kIndikationen
7 Nun wird der ausgewählte Fistelkatheter über den 4 Fehlgeschlagene ESWL/URS,
noch liegenden Lunderquist-Draht mit Gleitmittel 4 große Steine der unteren Kelchgruppe (>2 cm),
in das Nierenbecken eingebracht. Unter Röntgen- 4 besondere Steinzusammensetzung (z. B. Zystinsteine)
kontrolle wird der Draht vorsichtig zurückgezo-
gen und kontrolliert, ob sich die Fistel an der ge- kInstrumentarium
wünschten Stelle aufrollt. 4 Zystoskop,
7 Ist dies nicht der Fall, kann der Draht wieder vor- 4 Optiken 0°, 70°,
geschoben und die Position durch Drehen der Fis- 4 Kaltlichtkabel,
tel verändert werden. 4 Zu- und Ablaufsystem,
7 Sobald die Fistel optimal liegt, wird der Draht ent- 4 Beutel mit steriler NaCl-Lösung,
fernt und die Fistel an der Haut doppelt fixiert. 4 sterile Bezüge für Kamera, Bildwandler und das Ul-
7 Eine blockbare Fistel wird mit der entsprechenden traschallgerät,
Menge Glycerollösung geblockt. 4 kleines Grundinstrumentarium,
7 Konnektieren des Ablaufbeutels, Kompressen-Sal- 4 Nephroskop mit integrierter Optik 0° (. Abb. 9.32),
ben-Verband mit Fixierpflaster. 4 Faszienmesser (Korth-Messer; . Abb. 9.33),
7 Entfernen aller Materialien. 4 Stichskalpell,
4 Bougie-Set groß (nach Alken aus Metall oder Kunst-
stoff mit Amplatz-Schaft, bis 30 Charr; . Abb. 9.34),
Bei gestautem Nierenbecken ist die Punktion unproblema- 4 Punktionshilfe für das Sonographiegerät,
tisch. Sollte die Punktion bei nicht gestautem Nierenbe- 4 2- oder 3-teilige Punktionskanüle,
cken nicht gelingen, kann retrograd über einen Ureterka- 4 Ureter- oder Okklusionskatheter,
theter das Kelchsystem mit Kontrastmittel gefüllt werden, 4 Fasszange für das Nephroskop zur Steinentfernung,
damit es sich radiologisch besser darstellt und evtl. aufge- 4 Kontrastmittel mit Spritze,
weitet wird. Zusätzlich kann das Kontrastmittel mit Me- 4 Gleitmittel,
thylenblau versetzt werden. Bei der Punktion entleert sich 4 Nélaton-Blasenkatheter, Verschlussstopfen,
dann gefärbter Urin, der so die richtige Position der Punk- 4 Spritze und Glycerollösung,
tionsnadel anzeigt. 4 Zulaufsystem für Kontrastmittel,
4 Nephrostomiekatheter,
4 Lunderquist-Draht,
9.3.9 Nephroskopie = PNL 4 evtl. Methylenblau,
(perkutane Nephrolithoplaxie) 4 MIC-Turm mit Lichtquelle, Kameraeinheit, Monitor,
4 evtl. Laser, Lasersonde,
Die erste erfolgreiche perkutane Steinentfernung wurde 4 Bereitstellung des Bildwandlers und des Ultraschall-
schon 1941 beschrieben, jedoch erst 1976 hielt die PNL gerätes.
ihren Einzug in die Klinik. Die PNL als gilt als Option zur
Steinentfernung aus dem Nierenbeckenkelchsystem (ne- kLagerung
ben ESWL und URS). Die offene Steinentfernung wurde so Sollte zunächst transurethral eingegangen werden (Schie-
nahezu vollständig abgelöst. neneinlage o. Ä.), zunächst Steinschnittlagerung. Die ei-
gentliche PNL erfolgt in Bauchlage mit aufgewölbter Wir-
jDiagnostik belsäule.
4 Übliche Laborparameter (Gerinnung, Nierenwerte,
Entzündungsparameter),
4 Ausscheidungsurogramm (AUG)
444 Kapitel 9 · Urologie
9 b
. Abb. 9.33 Faszienmesser nach Korth. (Aus Archiv Bundeswehr- . Abb. 9.34 Teleskop-Bougie-Set nach Alken (a). Kunststoff-Bou-
krankenhaus Hamburg) gies mit Amplatz-Schaft (b). (Nach Hofmann 2009)
Definition
Angeborene oder erworbene Verengung der Vorhaut, 9.4.2 Paraphimose
die nicht (absolute Phimose) oder nur schwer (relative
Phimose) über die Glans zurückgezogen werden kann. Definition
Anschwellen der retrahierten Vorhaut hinter der
Glans.
kIndikationen
4 Miktionsstörungen aufgrund der Vorhautverengung,
4 rezidivierende Balanitiden (eitrige Entzündungen un- Es kommt zu einem Venenstau mit ödematöser Schwel-
ter der Vorhaut), lung des Präputiums und der Glans (»spanischer Kra-
4 Paraphimose (7 Abschn. 9.4.2). gen«; . Abb. 9.35), was eine Reposition zunehmend er-
schwert. Dieses Krankheitsbild ist extrem schmerzhaft
kPrinzip und kann bei längerer Dauer zu Nekrosebildung führen
Zirkumzision, als die klassische zirkuläre Resektion der und/oder eitrig infizieren. Diese Diagnose gilt als Notfall-
Vorhaut, oder verschiedene andere OP-Techniken unter indikation.
Belassen eines Teils der Vorhaut.
kLagerung
Rückenlage, Blutstillung erfolgt in der Regel über die bipo-
lare Koagulation.
446 Kapitel 9 · Urologie
9.4.3 Penisteilamputation
kIndikationen
4 Peniskarzinom,
4 distales Urethrakarzinom.
kPrinzip
Teilweises Absetzen des Penis sowie der Urethra.
kLagerung
Rückenlage.
Wird mit monopolarem Strom gearbeitet, wird die Disper-
sionselektrode an einem Oberschenkel platziert.
. Abb. 9.35 Paraphimose
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium,
4 Gummizügel,
4 Dauerkatheter,
4 Nahtmaterial (resorbierbar, geflochten, verschiedene
Stärken: 3–0, 4–0),
9 4 evtl. Kondom.
Penisteilamputation
7 Hautdesinfektion und sterile Abdeckung des OP-
Gebiets.
7 Der tumortragende Penisanteil wird evtl. mit Hilfe
eines Kondoms oder einer Kompresse mit Tape-
. Abb. 9.36 Manuelle Reposition
Verband abgeklebt, um eine Tumorzellstreuung
durch Manipulation zu vermeiden.
7 Herstellen einer Blutleere durch das Legen eines
Gummizügels um die Peniswurzel.
7 Zirkuläres Umschneiden der Penishaut ca. 2 cm
proximal des Tumors. Durchtrennen der Schwell-
körper.
7 Die Urethra wird ebenfalls durchtrennt und dorsal
inzidiert, die verbleibende Harnröhre sollte den
Schwellkörper um ca. 1 cm überragen.
7 Die Blutgefäße werden ligiert, der Schwellkör-
per umstochen und das entfernte Präparat übli-
cherweise zur Schnellschnittdiagnostik gege-
ben.
. Abb. 9.37 Inzision des Schnürrings
7 Nach Aufhebung der Blutleere erfolgt eine sorg-
fältige Blutstillung.
jTherapie 7 Die Haut des Penisschaftes wird distal über den
Konservativ durch Kühlung mit Eiswasser oder vorsichtige Schwellkörpern vernäht und die längsinzidierte
manuelle Kompression der Schwellung. Gelingt die manu- Harnröhre mit der Haut adaptiert.
elle Reposition (. Abb. 9.36), muss in Folge die Abschwel- 7 Einlage eines Dauerkatheters.
lung abgewartet werden und evtl. später eine Zirkumzision 7 Verband.
durchgeführt werden. Bei Nichtgelingen der Reposition
muss der Schnürring längs dorsal inzidiert werden (. Abb.
9.37). Nach Abschwellen wird in zweiter Sitzung die Zir- Durch die Operation ist der Penis verkürzt, Geschlechts-
kumzision durchgeführt. verkehr ist in aller Regel nicht mehr möglich.
9.4 · Äußeres Genitale
447 9
9.4.4 Penisamputation Nach der Operation ist kein Geschlechtsverkehr mehr
möglich, die Miktion kann nur noch im Sitzen erfolgen.
kIndikationen Durch Narbenbildung kann es zur Einengung des Neome-
Peniskarzinom und Urethrakarzinom. atus urethrae kommen.
kPrinzip
Entfernung des kompletten Penis inkl. der Urethra. 9.4.5 Penisdeviation
kLagerung Definition
Steinschnittlage. Angeborene Krümmung des Penis außerhalb der physio-
Wird mit monopolarem Strom gearbeitet, wird die Disper- logischen Norm (im Gegensatz zur erworbenen Verkrüm-
sionselektrode an einem Oberschenkel platziert. mung, der Induratio penis plastica oder M. Peyronie).
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium, kIndikationen
4 Dauerkatheter, 4 Schmerzen beim Geschlechtsverkehr,
4 Nahtmaterial (resorbierbar, geflochten, unterschied- 4 Wunsch des Patienten,
liche Stärken), 4 Operation nach Nesbit.
4 evtl. Easy- flow Drainage,
4 evtl. Kondom, kPrinzip
4 bei Bedarf suprapubischer Katheter. Ellipsenförmige Exzision der Tunica albuginea der Corpo-
ra cavernosa.
Penisamputation kLagerung
7 Hautdesinfektion und sterile Abdeckung des OP- Rückenlage.
Gebiets. In der Regel erfolgt die Blutstillung mittels bipolarer
7 Der tumortragende Penisanteil wird evtl. mittels Koagulation, bei monopolarer Koagulation Platzierung
eines Kondoms oder eines Kompressen-Tape-Ver- der neutralen Elektrode an einem Oberschenkel.
bandes abgeklebt, um eine Tumorzellstreuung
durch Manipulation zu vermeiden. kInstrumentarium
7 Zirkuläre Penisschaftinzision, Freipräparieren des
4 Grundinstrumentarium,
Schaftes und Absetzen des Lig. suspensorium.
4 Allis-Klemmen,
7 Die Schwellkörper werden proximal voneinander
4 Gummizügel,
getrennt, die beiden Schwellkörperschenkel wer-
4 Butterfly-Kanüle,
den im bulbären Harnröhrenbereich an ihren Cru-
4 Maßband,
ra mit kräftigen resorbierbaren Nähten abgesetzt.
4 Perfusorspritze,
7 Das Präparat wird zur histologischen Schnell-
4 heparinisierte physiologische Kochsalzlösung,
schnittuntersuchung gegeben.
7 Sorgfältige Blutstillung.
4 Nahtmaterial (monofil, geflochten, resorbierbar und
7 Mobilisation der Urethra. nicht resorbierbar, unterschiedliche Stärken),
7 Perineal wird mit einem Stichskalpell eine Hautin- 4 suprapubischer Katheter.
zision gesetzt.
7 Mit einer Overholt-Klemme wird die Haut von dieser Fotodokumentation prä- und postoperativ.
Inzision bis zur bulbären Absetzungsstelle getunnelt
und die Urethra nach perineal durchgezogen. Spa-
Penisdeviation
tulieren der Harnröhre (Einschneiden in Längsrich-
tung zur Vergrößerung des Lumens) und Bildung 7 Zunächst wird ein suprapubischer Katheter ge-
eines perinealen Urostomas (»Boutonniere«). legt, da postoperativ ein komprimierender Penis-
7 Evtl. Einlage einer Easy-flow-Drainage. verband gewickelt wird, der eine Miktion unmög-
7 Einlage eines Dauerkatheters oder eines suprapu- lich macht.
bischen Katheters. 7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP-
7 Schichtweiser Wundverschluss. Gebiets.
7 Verband. 6
448 Kapitel 9 · Urologie
kPrinzip
OP nach Winkelmann
Freilegen des Hodens, Eröffnung und Resektion der Hy-
7 Das Vorgehen ist identisch bis zur Eröffnung der
drozelenwand zur Verhinderung einer erneuten Flüssig-
Hydrozelenwand, diese wird belassen, umgeschla-
keitsansammlung. Die Hodenfreilegung kann je nach In-
gen und hinter den Nebenhoden gelegt, sodass
dikation mittels skrotalem oder inguinalem Zugang erfol- die Innenfläche der Hydrozelenwand nach außen
gen. Bei der Operation werden die Hodenhüllen eröffnet zu liegen kommt.
und nur umgeschlagen und wieder vernäht (OP nach Win- 7 Adaptation der Wandränder hinter dem Hoden
kelmann), abgetragen (OP nach van Bergmann) oder über durch eine fortlaufende Naht.
den skrotalen Zugang mit der Tunica albuginea des Ho- 7 Weiteres Vorgehen wie oben.
dens verbunden (OP nach Salomon/Lord).
9.4 · Äußeres Genitale
451 9
4 laparoskopische Venenresektion,
OP nach Salomon/Lord 4 mikrochirurgische Venenresektion.
7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP-
Gebiets. Beschrieben werden hier die hohe Ligatur nach Bernardi
7 Über einen kleinen skrotalen Zugang wird die Hy- sowie die antegrade Sklerosierung nach Tauber, die meist
drozelenwand auf ca. 5–7 cm in Höhe des Hodens ambulant durchgeführt wird.
eröffnet.
7 Fixieren der eröffneten Hydrozelenwand am sicht- jDiagnostik
baren Rand der Tunica albuginea des Hodens. 4 Untersuchung des Patienten im Liegen und im Stehen,
7 Sorgfältige Blutstillung. 4 Sonographie des Hodens und des Samenstrangs,
7 Zählkontrolle der Textilien und Instrumente und 4 sonographische Darstellung des Retroperitoneal-
Dokumentation der Vollzähligkeit. raums,
7 Schichtweiser Wundverschluss. 4 Spermiogramm,
7 Wundpflaster bzw. Kompressenverband mit Netz- 4 Dopplersonographie zur Darstellung des venösen Re-
hose. fluxes.
Definition kInstrumentarium
Eine Krampfaderbildung im Bereich des aus den Ho- 4 Grundinstrumentarium,
denvenen gebildeten Plexus pampiniformis, einem 4 bei Bedarf längere Instrumente sowie tiefere Haken,
Venengeflecht im Samenstrang. 4 Nahtmaterial (geflochten, monofil, resorbierbar und
nicht resorbierbar).
Sie tritt häufig bei jungen Männern auf und wird unter- kLagerung
schieden in: 4 Rückenlage, evtl. Anti-Trendelenburg-Lagerung (auf
4 Symptomatische Varikozele, hier liegt eine Abfluss- korrekte Fixation des Patienten achten).
behinderung im retroperitonealen Abstromgebiet der 4 Anheben der zu operierenden Seite durch Unterlegen
V. spermatica, z. B. durch einen Tumor, vor. eines Polsters.
4 Idiopatische Varikozele, die durch einen venösen
Reflux der V. spermatica in den Plexus pampinifor- kZugang
mis entsteht. Sie ist in bis zu 90% aller Fälle linkssei- Pararektal oder Wechselschnitt suprainguinal.
tig zu finden, es wird angenommen, dass dies an der
ungünstigen Einstrombahn der linken V. testicularis
Hohe Ligatur nach Bernardi
in die linke V. renalis liegt. Auf der rechten Seite
mündet die Hodenvene auf direktem Weg in die 7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP-
V. cava inferior. Gebiets.
7 Hautschnitt.
kIndikationen 7 Längsdurchtrennung der vorderen Rektusscheide.
4 Durch den Rückstau des Blutes kommt es zu einer 7 Abdrängen des M. rectus abdominis nach medial.
Überwärmung des Hodens, was zu einer Verminde- 7 Das Peritoneum wird nicht eröffnet, sondern mit
rung der Samenqualität führen kann. tiefen Haken nach medial gezogen.
4 Schmerzen. 7 Freilegen der Vv. spermaticae, die am Peritoneal-
4 Hodenhypotrophie. sack haften (meistens verlaufen dort drei Venen).
7 Lymphgefäße sowie die Arterie sollen nach Mög-
jTherapie lichkeit erhalten bleiben.
Es gibt unterschiedliche Therapieverfahren: 7 Die Venen werden möglichst hoch mit einem
4 retrograde Sklerosierung (angiographisch), Overholt-Klemmchen angeklemmt, durchtrennt
4 skrotale antegrade Sklerosierung (nach Tauber), und doppelt ligiert.
4 hohe retroperitoneale Ligatur (nach Bernardi), 6
4 inguinale Ligatur (nach Ivanissevich),
452 Kapitel 9 · Urologie
kInstrumentarium
4 Feines Grundinstrumentarium,
4 feine Knopfkanülen,
4 Kontrastmittel, diverse Spritzen,
9 4 Gummizügel,
4 Äthoxysklerol, physiologische Kochsalzlösung,
4 Lokalanästhetikum.
kLagerung
4 Rückenlage auf einem Durchleuchtungstisch,
4 Bereitstellung des Bildwandlers unter Beachtung des
Strahlenschutzes.
kZugang
Hohe skrotale Inzision.
a
kZugangswege
Einfache Orchiektomie
Skrotaler oder inguinaler Zugang.
Beschrieben wird die einfache Orchiektomie über ei- 7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP-
nen skrotalen Zugang bei irreversiblen, benignen Erkran- Gebiets.
kungen des Hodens (z. B. alte Torsion mit Untergang des 7 Skrotale Inzision.
Hodengewebes) sowie die subkapsuläre Orchiektomie 7 Freipräparieren und Durchtrennen aller Hüllen
nach Riba, ebenfalls über den skrotalen Zugangsweg. Sie des Samenstrangs bis auf die Tunica vaginalis.
gilt als Alternative zur medikamentösen Therapie bei fort- 7 Nach Durchtrennen der Tunica vaginalis können
geschrittenem Prostatakarzinom. Durch Belassen des Ne- Hoden und Samenstrang hervorluxiert werden.
benhodens, des Samenstrangs sowie der Tunica albuginea 7 Das Vas deferens wird von den umliegenden
bleibt kein »leeres Skrotum« zurück. Strukturen separiert, zwischen 2 Klemmchen
Die radikale inguinale Ablatio testis wird angewandt durchtrennt und ligiert.
bei allen malignen Hodentumoren. Durch den inguinalen 6
Zugang können frühzeitig die testikulären Lymph- und
454 Kapitel 9 · Urologie
7 Nun wird der testikuläre Gefäßstiel zwischen 2 7 Mobilisation des Hodens aus dem Skrotum und
Overholt-Klemmen durchtrennt und ebenfalls li- Ligatur/Koagulation des Gubernaculum testis.
giert oder umstochen. 7 Feuchte Umlegung.
7 Der Hoden kann nun entfernt werden. 7 Eröffnen der Tunica albuginea.
7 Vorbereiten und Einschicken des Präparates zur 7 Aufschneiden und Inspektion des Hodens und des
histologischen Untersuchung. Tumors, bei Bedarf Entnahme von Gewebe für die
7 Blutstillung, Wundinspektion. Schnellschnittuntersuchung, sonst Fortführen der
7 Zählkontrolle aller OP-Textilien und Instrumente, Ablatio testis.
Dokumentation des Zählstandes. 7 Weitere Eröffnung des Leistenkanals unter Ab-
7 Evtl. Einlage einer Drainage (Easy-flow-Drainage). schieben des Peritoneums.
7 Schichtweiser Wundverschluss. 7 Stumpfe zirkuläre Präparation des Samenstranges
7 Wundpflaster. bis zum inneren Leistenring und der peritonealen
Umschlagfalte.
7 Samenleiter und Gefäße werden nach kranial bis
zu ihrer Aufteilung verfolgt.
Subkapsuläre Orchiektomie nach Riba
7 Getrennte Ligatur und/oder Durchstechung von
7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP- Arterie, Vene und Samenleiter.
Gebiets. 7 Blutstillung, evtl. Einlage einer Drainage.
7 Mediane, skrotale Inzision im Bereich der Raphe 7 Austupfen des Skrotalfachs, auf Patientenwunsch
9 und Eingehen in das Skrotalfach. Einlage einer Hodenprothese.
7 Aufsuchen der Tunica albuginea, Längsinzision 7 Zählkontrolle aller OP-Textilien und Instrumente
und Anklemmen der Ränder der Tunica mit 2 chi- und Dokumentation des Zählstandes.
rurgischen Klemmchen. 7 Schichtweiser Wundverschluss.
7 Stumpfes Abschieben des Hodenparenchyms von 7 Wundpflaster.
der Innenseite der Tunica albuginea.
7 Abtragen des am Rete testis noch fixierten Paren-
chyms mit monopolarer oder bipolarer Elektroko-
agulation. Kontralaterale Hodenbiopsie
7 Blutstillung, Wundinspektion. Diese wird üblicherweise als sog. Doppelbiopsie durch-
7 Verschluss der Tunica albuginea und der anderen geführt, um die Detektionsrate der TIN zu erhöhen.
subkutanen Hautschichten. 7 Handschuh- und Instrumentenwechsel.
7 Wundpflaster. 7 Den Hoden mit gespannter Haut im Skrotalfach fi-
7 Vorbereiten und Einschicken des Präparates zur xieren.
histologischen Untersuchung. 7 Kleine Inzision durch alle Hodenhüllen bis zur Tu-
7 Analoges Vorgehen auf der anderen Seite. nica albuginea.
7 Die Tunica albuginea wird am Oberpol ca. 5 mm
inzidiert, das hervorquellende Hodengewebe ab-
getragen und zur histologischen Untersuchung
Radikale, inguinale Ablatio testis gegeben.
7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP- 7 Naht der Tunica albuginea.
Gebiets. 7 Anschließend gleiches Vorgehen am Unterpol.
7 Hautinzision 2 cm oberhalb und parallel zum Leis- 7 Blutstillung.
tenband (analog einer Leistenhernie). 7 Schichtweiser Wundverschluss.
7 Durchtrennen der Subkutis bis auf die Externus- 7 Wundpflaster.
faszie.
7 Inzision der Faszie im Faserverlauf.
7 Identifikation und Anschlingen des Samenstran-
ges mit Hilfe eines Zügels.
7 Okklusion des Zügels zur Vermeidung einer Tu- 9.4.11 Radikale Lymphadenektomie (RLA)
morzellverschleppung und zur Verminderung der
Durchblutung. Hodentumoren metastasieren als erstes in die Lymphkno-
6 ten retroperitoneal beidseits und unterhalb des Nierenhi-
lus. Die Behandlung der Hodentumoren wird risikoadap-
9.4 · Äußeres Genitale
455 9
tiert durchgeführt, d. h. je nach Ausbreitung des Tumors kIndikationen
und des histologischen Typs erfolgt ein differenzierter Ein- 4 Minderung des Risikos der Metastasenbildung,
satz von Chemotherapie und/oder RLA. 4 Entfernung bereits bestehender Metastasen,
Zur Reduktion der Häufigkeit der retrograden Ejaku- 4 Resttumorbergung nach Chemotherapie.
lation ist heute die nervenerhaltende modifizierte RLA
(d. h. die Ausräumung der Lymphknoten nur der ipsilate- jDiagnostik
ralen Seite unter Einhaltung festgelegter Dissektionsgren- 4 Spezielle Labordiagnostik,
zen) das Operationsverfahren der Wahl. Die sympa- 4 CT Thorax,
thischen Nervenfasern werden dabei identifiziert und 4 CT Abdomen/Becken.
geschont.
Bei positivem intraoperativem Schnellschnittergebnis kPrinzip
wird die RLA auf die kontralaterale Seite erweitert. Entfernung der retroperitonealen Lymphknoten unter
Einhaltung der vorgegebenen Dissektionsgrenzen.
jDissektionsgrenzen
Die Dissektionsgrenzen bei linksseitigem Hodentumor kLagerung
sind: 4 Rückenlage.
4 linke Grenze: Ureter, 4 Evtl. wird der OP-Tisch etwas aufgeklappt, damit der
4 nach kranial die Nierengefäße, Patient überstreckt liegt.
4 rechte Grenze – präaortal bis zum Abgang der
A. mesenterica inferior, darunter bis zur Bifurkation kInstrumentarium
(kaudale Grenze) nur links lateral der Aorta. 4 Grundinstrumentarium,
4 Interaortokavale Lymphknoten müssen nicht entfernt 4 langes Grundinstrumentarium,
werden. 4 Gefäßklemmen,
4 spezielles Rahmenrückhaltesystem, z. B. Bookwalter-
Die Dissektionsgrenzen bei rechtsseitigem Hodentumor: Rahmen (Fa. Codman; . Abb. 4.28),
4 rechte Grenze: Ureter, 4 evtl. Clipzangen,
4 nach kranial die Nierengefäße, 4 Zügel,
4 linke Grenze: präaortal bis zum Abgang der 4 evtl. Hämostyptika.
A. mesenterica inferior,
4 interaortokaval bis zu den Vasa iliacae. ! Bei bereits bestehenden, z. T. sehr großen Metas-
tasen, die auch mit den Gefäßen verwachsen
Alle interaortokavalen Lymphknoten müssen entfernt sein können, kann es zu sehr starken Blutungen
werden. Die Ausräumungsfelder zeigt . Abb. 9.40. kommen.
a b
. Abb. 9.40 Ausräumungsfelder bei der einseitigen retroperitonealen Lymphadenektomie (RLA) im Stadium I des nichtseminomatösen Ho-
dentumors. (Nach Hautmann u. Huland 2001/2006)
456 Kapitel 9 · Urologie
. Abb. 9.43 Prostatektomie nach Millin. (Nach Höfer et al. 2000) 9.5.1 Prostatektomie nach Millin
kIndikation
4 Blasenatonie, Adenome >60–80 g.
4 Harnrückstauung mit Hydronephrose,
4 Niereninsuffizienz. jDiagnostik
4 Übliche Labordiagnostik,
Das Ausmaß der Beschwerden steht nicht immer im Zu- 4 Urinstatus, Sedimentkultur,
sammenhang mit der Prostatagröße und dem Grad der 4 digitale rektale Untersuchung,
Obstruktion. Es wird zwischen obstruktiven und irrita- 4 Sonographie.
tiven Symptomen unterschieden. Als obstruktive Be-
schwerden seien genannt: kLagerung
4 Harnstrahlabschwächung, Rückenlage, evtl. etwas überstreckt in der Lendenwirbel-
4 Startverzögerung der Miktion, säule.
4 Nachträufeln, Neutralelektrode am Oberschenkel.
458 Kapitel 9 · Urologie
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium, 7 Vorsicht: Bei Durchstoßen der Prostatakapsel
4 evtl. längeres Instrumentarium, kommt es zur Verletzung des Rektums!
4 Balfour-Sperrer, 7 Absetzen der Schleimhaut am Blasenausgang/
4 evtl. Lungenspatel nach Allis, Prostatakapsel und Durchtrennen der Harnröhre
4 evtl. Kaderspatel, oberhalb des Schließmuskels.
4 langes Diathermiemesser oder Stichel, 7 Entfernen des Drüsengewebes.
4 Blasenspritze, 7 Während der Enukleation kommt es meist zu ei-
4 evtl. suprapubische Harnableitung, ner starken Blutung, die aber häufig nachlässt, so-
bald das Adenom entfernt ist!
4 Nélaton-Katheter (intraoperativ), Dauerspül-/Kom-
7 Das Präparat wird makroskopisch auf Vollständig-
pressionskatheter (postoperativ),
keit geprüft, danach wird es gewogen und zur his-
4 Ablaufbeutel, evtl. Überleitungssystem zur postopera-
tologischen Untersuchung eingesandt.
tiven Spülung,
7 »Retrigonisationsnaht«: Durch Hereinziehen der
4 Blockungsflüssigkeit,
Trigonumspitze in die Prostataloge und Vernähen
4 Robinson-Drainage,
mit monofilen resorbierbaren Fäden (4–0) kommt
4 Nahtmaterial (monofil, geflochten, resorbierbar und es zur ersten Blutstillung.
nicht resorbierbar, verschiedene Größen und Stärken), 7 Weitere Blutstillung mittels Koagulation und Um-
4 bei Bedarf Clipzange. stechung der Gefäße am Blasenhals mit Raffen der
Prostatakapsel, Blutstillung in der Prostataloge.
kAbdeckung 7 Legen des Dauerspülkatheters in die Loge oder in
9 Gemäß Abteilungsstandard, das Genital muss jederzeit die Blase.
durch einen »Lendenschurz« erreichbar sein. 7 Bei Bedarf Einlage einer suprapubischen Harnab-
leitung.
7 Verschluss der Prostatakapsel zunächst mit Eck-
Retropubische extravesikale Prostatektomie
nähten, dann fortlaufende Naht mit resorbier-
nach Millin
baren monofilen Fäden der Stärke 0.
7 Hautdesinfektion einschließlich des Genitalbe- 7 Einlage einer Robinson-Drainage.
reichs und sterile Abdeckung des OP-Gebiets. 7 Kontrolle aller Instrumente und Textilien auf ihre
7 Legen des Nélaton-Katheters unter sterilen Kau- Vollzähligkeit, Dokumentation des Zählstandes.
telen. 7 Schichtweiser Wundverschluss, Wundpflaster.
7 Handschuhwechsel, dann den »Lendenschurz« 7 Der Dauerspülkatheter kann mit bis zu 60 ml Gly-
ankleben zur ständigen Erreichbarkeit des Penis. cerollösung geblockt werden.
7 Pfannenstiel-Schnitt oder medianer extraperito- 7 Evtl. Anschluss an die NaCl-Spüllösung und das
nealer Unterbauchschnitt. Ablaufsystem.
7 Nach dem Hautschnitt Eröffnen des extraperitone-
alen Raumes zwischen Harnblase und Bauchwand
sowie des Spatium retropubicum (Cavum Retzii).
7 Einsetzen des Balfour-Sperrers, der auch die Blase 9.5.2 Prostatektomie nach Freyer
mit zurückhält.
7 Es wird die Vorderseite der Prostatakapsel darge- kIndikationen
stellt (ähnlich wie bei der radikalen retropu- 4 Adenome >60–80 g,
bischen Prostatektomie). Die in ihr verlaufenden 4 gleichzeitiges Vorhandensein von Blasensteinen.
Gefäße werden in 2 querverlaufenden Reihen 1–
2 cm unterhalb des Blasenauslasses mit monofilen jDiagnose
Fäden der Stärke 1 umstochen. Siehe OP nach Millin (7 Abschn. 9.5.1).
7 Mit dem langen Diathermiemesser/Stichel wird
die Prostatakapsel zwischen den vorgelegten kPrinzip
Nahtreihen eröffnet. Der Zugang erfolgt ebenfalls über einen Pfannenstiel-
7 Das Drüsengewebe wird nun teils stumpf, teils Schnitt, hierbei wird jedoch die Blase eröffnet; die Prosta-
scharf mit Overholt-Klemme, der stark gebogenen taadenome werden über die eröffnete Blase entfernt. Diese
Schere und dem Finger aus der Kapsel gelöst. Methode hat den Vorteil, dass die vorhandenen Blasenstei-
6 ne gleichzeitig mit entfernt werden können und die Pros-
tatakapsel bestehen bleibt.
9.5 · Prostata
459 9
9.5.3 Radikale Prostatektomie intraoperativen Schnellschnittuntersuchung gegeben. Bei
positivem Befund kann eine beidseitige Orchiektomie
Die Diagnose Prostatakarzinom führt zur radikalen Ent- nach Riba (7 Abschn. 9.4.10) erfolgen, ansonsten wird mit
fernung der Prostata einschließlich der Samenblasen. der Entfernung der Prostata fortgefahren.
Dieses Karzinom ist der häufigste maligne Tumor in der Die Resektionsgrenzen sind nach kranial der Blasen-
Urologie. Er tritt vorwiegend bei Männern über 50 Jahren hals, nach kaudal der Beckenboden. Vorsicht bei der Prä-
auf. Im Gegensatz zur BPH entwickelt sich das Prostata- paration zur Vermeidung einer Rektumperforation!
karzinom meist in der peripheren Zone der Drüse. Durch
seine Lage ist es durch eine rektale Untersuchung früh zu kIndikationen
ertasten. Da der Tumor somit harnröhrenfern liegt, treten 4 Auf das Organ begrenztes Prostatakarzinom,
Symptome (z. B. Miktionsbeschwerden) erst spät auf. 4 Lebenserwartung des Patienten >10 Jahre.
Bei fortgeschrittenen Tumoren mit Metastasenbildung
im Becken- und/oder Lendenwirbelbereich, bei Tumor- jDiagnostik
wachstum in die Blase und/oder die Ostien sowie in die 4 Standardmäßiges Labor einschließlich Gerinnungs-
retroperitonealen Lymphknoten kann es zur Hämaturie, status, PSA,
Impotenz, Harnstauung und zu unspezifischen Symp- 4 Blutgruppe, Bereitstellung von Konserven, evtl. mit
tomen wie Rückenschmerzen kommen. vorheriger Eigenblutspende,
Männer ohne familiäre Genese sollten ab dem 45. Le- 4 histologischer Befund der durchgeführten Stanz-
bensjahr, sonst ab dem 40. Lebensjahr die regelmäßige biopsie,
Vorsorgeuntersuchung, die eine DRU (digitale rektale Un- 4 ggf. CT Abdomen/Becken und/oder Knochenszinti-
tersuchung) beinhaltet, in Anspruch nehmen. Zudem graphie.
kann der PSA-Wert im Blut bestimmt werden, wobei bei
Erhöhung (ab 2,5–4 ng/ml) eine weitere Abklärung indi- kPrinzip
ziert sein kann. 4 Entfernung der Prostata mit den Samenblasen und
Präoperativ erfolgt eine transrektal-sonographische der Ductus deferentes.
Stanzbiopsie. 4 Entfernung der pelvinen Lymphknoten.
Das lokal begrenzte Prostatakarzinom wird kurativ 4 Anastomosierung des Blasenhalses mit dem Harn-
operativ mit der radikalen Prostatektomie, das metastasie- röhrenstumpf.
rende Karzinom palliativ mit einer Antiandrogentherapie 4 Erhalten der Nn. splanchnici pelvici (frühere Bezeich-
und/oder der Orchiektomie nach Riba (7 Abschn. 9.4.10) nung: Nn. erigentes) und Vasa erigentes.
behandelt. Außerdem gibt es noch verschiedene medika- 4 Der Operateur trägt eine Lupenbrille.
mentöse und radiologische Therapieformen.
kInstrumentarium
! Die nervschonende (zur Erhaltung der Erektions-
4 Grundinstrumentarium,
fähigkeit) radikale Prostatektomie stellt eine Be-
4 bipolare Schere,
handlung mit optimalen onkologischen und
4 langes Instrumentarium einschließlich langer Lidha-
funktionellen Resultaten bezüglich der Konti-
ken,
nenz und Potenz dar und ist somit für das organ-
4 Bookwalter-Rahmen,
begrenzte Karzinom der therapeutische Stan-
4 langes Diathermiemesser und/oder Stichel,
dard.
4 evtl. Clipzange,
Erwähnt sei noch die perineale Prostatektomie, die den 4 Nélaton-Katheter zur intraoperativen Harnableitung
Nachteil hat, dass zur Lymphadenektomie ein zweiter Zu- und zur späteren Manipulation am Apex prostatae,
gang gewählt werden muss. Sie wird nur noch selten durch- 4 Blasenspritze, Gleitmittel, 20-ml-Spritze,
geführt. Die laparoskopische Variante (7 Abschn. 9.5.4) hat 4 Sterile NaCl- oder Ringer-Lösung zum Auffüllen der
zum Nachteil, dass sie eine deutlich verlängerte Lernkurve Blase,
des OP-Teams erfordert und so die OP-Zeit verlängert. 4 Dauerspül-Kompressionskatheter zur postoperativen
Vor der Resektion der Prostata kann in gleichzeitiger Harnableitung,
Operation die pelvine Lymphadenektomie zum Ausschluss 4 Glycerollösung zum Blocken des Katheters,
einer Metastasierung durchgeführt werden (je nach Risi- 4 Robinson-Drainage,
kokonstellation kann darauf verzichtet werden). Die 4 evtl. Ureterschienen zur Identifizierung, Kennzeich-
Lymphknoten im Bereich der Fossa obturatoria und ent- nung und Schienung der Ostien,
lang der Aa. Iliaca externa und interna werden entfernt 4 evtl. Darmrohr zur Schienung des Rektums,
und nach Seitenlokalisation getrennt zur histologischen 4 Nahtmaterial (resorbierbar und nicht resorbierbar,
460 Kapitel 9 · Urologie
. Abb. 9.45a, b Präparation des Präperitonealraumes: a Dissektion mittels Finger. b Präparation des Präperitonealraums mittels Bal-
entlang der eingezeichneten Linie (Pfeile) bis auf die hintere Rektus- lontrokar. (Nach Stolzenberg et al. 2004)
scheide, anschließend stumpfe Präparation des Präperitonealraums
4 Bergebeutel,
4 Nahtmaterial (geflochten, resorbierbar, atraumatisch EERPE
3–0). 7 Desinfektion, sterile Abdeckung, Einbringen eines
transurethralen Dauerkatheters mit Blockung.
kPrinzip 7 Trokarpositionierung:
Stumpfe Dissektion des Präperitonealraumes (. Abb. – Paraumbilikale Minilaparotomie, Einbringen
9.45). des 10-mm-Optiktrokars.
Der Verlauf der OP entspricht der offenen radikalen 7 Insufflation des CO2 zur Anlage des Pneumoperi-
retropubischen Prostatektomie. toneums.
Durch die ca. 10- bis 15-facheVergrößerung kann das 7 Rechts und links 2 cm lateral der Mittellinie Ein-
Gefäß-Nerven-Bündel zumeist gut identifiziert und so er- bringen von jeweils einem 5-mm-Arbeitstrokar.
halten werden. 7 Rechts und links, ca. 2–3 cm von der Spina iliaca
entfernt, Einbringen von jeweils einem 5-mm-
6
9.5 · Prostata
463 9
D. Oppermann, A. Haese
7 Die drei Roboterinstrumente (bipolarer Dissektor, bauchdeckenwärts gezogen, um die Prostata an-
Nadelhalter, monopolare Schere) werden durch zuheben.
die Da Vinci-Trokare eingeführt und an den Instru- 7 Danach beginnt die dorsale Präparation der
mentenarmen befestigt. Prostata.
7 Cave: Um ernsthafte Verletzungen zu vermeiden, 7 Die Samenbläschen werden nacheinander mit
darf der OP-Tisch auf keinen Fall bewegt werden, dem bipolaren Maryland-Dissektor und der mo-
nachdem das Da Vinci-System in Position gebracht, nopolaren Schere freipräpariert. Dabei werden die
die Trokare im Patienten platziert und die Manipu- Gefäße, die Ductus deferentes und das umge-
lationsarme an den Kanülen befestigt wurden! bende Gewebe mittels resorbierbarer Clips ligiert
7 Durch den 5-mm-Trokar wird eine Saug-Spül-Ka- und durchtrennt.
nüle geführt, die der Assistent bedient, der andere 7 Den Clipapplikator bedient der Assistent, wäh-
12-mm-Trokar wird ebenfalls von dem Assistenten rend der Operateur das zu klippende Gewebe un-
bedient und hauptsächlich für die Titanclipzange ter leichter Spannung hält.
und die PDS-Clipzange benutzt (. Abb. 9.49). 7 Es erfolgt die Mobilisation der Prostata vom Rek-
7 Aufsuchen des Cavum Retzii. Hierzu wird das Peri- tum, dabei wird die Denonvillier-Faszie auf dem
toneum jeweils lateral der Plicae umbilicales inzi- Enddarm nach Möglichkeit belassen.
diert. 7 Je nach Befund der vorherigen Prostatabiopsien
7 Nun lässt sich die Blase von der vorderen Bauch- werden die Gefäß-Nerven-Stränge, die der Prosta-
wand lösen, und der Blick auf die anteriore Prosta- ta direkt anliegen und zur Potenz notwendig sind,
9 ta wird frei. vorsichtig von der Prostatakapsel abgeschoben.
7 Aufsuchen der puboprostatischen Bänder. Hilfestellung zur Präparation dieser Gewebe-
7 Aufsuchen und Eröffnung der endopelvinen Fas- schichten leistet die 10-fache Vergrößerung des
zie, Präparation der beiden puboprostatischen Da Vinci-Systems.
Bänder, die durchtrennt werden. 7 Kleine Blutungen am Gefäß-Nerven-Strang wer-
7 Dadurch wird die Prostata am Apex mobilisiert. den mit Titanclips (5 mm) versorgt. Hier sollte
7 Der Plexus Santorini wird freipräpariert und mit nach Möglichkeit kein Strom an das Gewebe kom-
einem resorbierbaren geflochtenen Faden umsto- men, um die Nerven nicht zu verletzen.
chen. Die Nähte werden so gelegt, dass die Harn- 7 Blutungen am verbleibenden Gewebe der Prosta-
röhre dabei nicht verletzt wird. ta können mit bipolarem Strom gestoppt werden.
7 Zur Vermeidung einer Blutung wird eine Backflow- 7 Diese »nervschonende« Methode kann je nach
Naht an die Ausläufer des Plexus Santorini an der Tumorbefall beidseitig, einseitig u. U. auch gar
Prostataseite gelegt, um Blutungen aus den Ve- nicht erfolgen.
nen der Prostata zu verhindern. 7 Nach der Präparation des Nervenbündels bis zum
7 Der oben beschriebene Ablauf kann je nach Ope- Apex an beiden Seiten wird die Harnröhre unter
rateur variieren. Schonung des Schließmuskels freipräpariert und
7 Erfahrene Da Vinci-Operateure beginnen sofort durchtrennt, der Blasenkatheter bis zum Schließ-
mit der deszendierenden Freipräparation der muskel vorsichtig zurückgezogen.
Prostata. Die Prostata wird vom Blasenhals freiprä- 7 Die nun mobile Prostata wird in einen Bergebeu-
pariert. tel gelegt.
7 Eröffnung der Blase durch Lösen der Schicht zwi- 7 Erfolgt kein Schnellschnitt, wird die Prostata im
schen Blase und Prostata bis zur Urethra. Bergebeutel verwahrt, während die Anastomose
7 Der Instrumentant manipuliert den geblockten von der Blase zum Schließmuskel genäht wird.
Blasenkatheter, um dem Operateur die Abgren- 7 Soll ein Schnellschnitt erfolgen, wird die Prostata
zung vom Blasenhals zur Prostata darzustellen. unter Sicht durch Zurückziehen des 12-er Trokars
7 Kleinere Blutungen werden geclippt oder mit dem und Vergrößerung des Schnitts geborgen.
bipolaren Dissektor koaguliert. 7 Der Operateur entnimmt dem Präparat einen Gewe-
7 Nachdem die Urethra anterior eröffnet wurde, beschnitt, während der Assistent den vergrößerten
wird der entblockte DK so weit in die Prostata ge- Schnitt schichtweise so verschließt, dass der 12-er
zogen, dass die Spitze sichtbar wird. Die DK-Spitze Trokar wieder eingebracht werden kann, aber kein
wird vom Operateur mit dem dritten Roboterarm CO2 aus dem Bauchinnenraum entweichen kann.
6 6
9.6 · Blase
467 9
kIndikationen
Radikale Zystektomie bei männlichen Patienten
4 Muskelinfiltrierendes Blasenkarzinom, als Palliativ-
maßnahme bei fortgeschrittenem Blasenkarzinom 7 Hautdesinfektion, einschließlich der Genital-
mit nicht mehr beherrschbaren Blutungen, region.
4 fehlende Harnblasenkapazität mit Pollakisurie, 7 Sterile Abdeckung des OP-Gebiets.
4 ggf. andere Ursachen mit erheblicher Funktionsstö- 7 Legen des Nélaton-Blasenkatheters.
rung der Blase (z. B. Schrumpfblase nach Radiatio). 7 Handschuhwechsel, Anlegen des »Lenden-
schurzes« oder Eintuchabdeckung mit inte-
kKontraindikation grierten Beinlingen bei der Steinschnittlage.
Nicht behandelte Gerinnungsstörung. 7 Hautinzision, Spalten der Rektusscheide in Längs-
richtung, Auseinanderdrängen der Rektusbäuche.
kPrinzip 7 Durchtrennen der hinteren Rektusscheide ohne
4 Beim Mann: Eröffnung des Peritoneums.
Entfernen der Blase, der Prostata, der distalen Ureter, 7 Nach distal Eröffnen des Spatium Retzii.
der Samenblasen, bei Tumorbefall evtl. der Harnröhre 7 Einsetzen des Rahmensperrers.
sowie eine Ausräumung der pelvinen Lymphknoten; 7 Beidseitige Lymphknotenentnahme im Bereich
Anlage einer neuen Harnableitung. der Aa. iliacae und der Fossa obturatoria mittels
4 Bei der Frau: Overholt- und Scherenpräparation, bipolarer
Entfernen der Blase, des Uterus samt vorderem Vagi- Schere und/oder Clipzange.
naldach, der distalen Ureteren, evtl. der Tuben, evtl. 7 Ggf. erweiterte Lymphadenektomie nach retrope-
der Urethra sowie eine Ausräumung der regionären ritoneal.
Lymphknoten; Anlage einer neuen Harnableitung. 7 Aufsuchen und Anschlingen der Ureteren, die
möglichst weit nach distal in Richtung Blase frei-
kLagerung präpariert werden. Nach dem Legen von Haltefä-
4 Rückenlage, den werden die Harnleiter blasennah durchtrennt
4 evtl. modifizierte Steinschnittlagerung mit abge- und die Absetzungsränder nach Seitenlokalisation
senkten Beinen. getrennt zur Schnellschnittuntersuchung ge-
schickt. Bei positivem Befund müssen die Ränder
kInstrumentarium nachreseziert werden.
4 Grundinstrumentarium, 6
4 lange Instrumente,
470 Kapitel 9 · Urologie
7 Einlegen von Mono-J-Schienen in beide Ureteren, 7 Absetzen der oberen Blasenpfeiler mit der A. vesi-
wobei eine Schiene schräg abgeschnitten wird zur kalis superior.
späteren Unterscheidung zwischen rechtem und 7 Schrittweises Absetzen der seitlichen Blasen-
linkem Ureter. Die Schienen werden mit Haltefä- pfeiler.
den (resorbierbar, geflochten, 4–0) an den Harn- 7 Darstellen des Douglas-Raumes und Mobilisieren
leitern befestigt. des Uterus durch schrittweise Durchtrennung der
7 Evtl. werden die Schienen mit steriler NaCl- oder Ligg. sacrouterina und Ligg. pubovesicales.
Ringer-Lösung angespült, um sicher zu gehen, 7 Dabei zunächst Inzision der dorsalen Scheiden-
dass sie korrekt im Nierenbecken positioniert wand unterhalb der Cervix uteri (hier hilft die gut
sind. palpable Scheidentamponade als Orientierung,
7 Seitliches Ausleiten der Schienen in einem Urin- um das Rektum nicht zu verletzen).
auffangbeutel (z. B. steriler Handschuh oder Plas- 7 Beidseitige lateroventrale Inzision der Scheide mit
tikbeutel). Entfernung eines ca. 2 cm weiten Segments der
7 Dann aszendierendes Vorgehen (wie bei der radi- vorderen Scheidenwand.
kalen Prostatektomie) oder alternativ zunächst 7 Inzision der endopelvinen Faszie.
deszendierend: 7 Mobilisierung der Urethra ca. 0,5 cm distal des
– Mobilisation der Blase nach hinten und An- Blasenhalses.
heben mit einer Organfasszange, Absetzen 7 Absetzen des Gesamtpräparates und Schnell-
der oberen Blasenpfeiler mit der A. vesicalis schnittuntersuchung des Harnröhrenstumpfes zur
9 superior. weiteren Planung der neuen Harnableitung
– Schrittweises Absetzen der seitlichen Blasen- (7 Abschn. 9.7.8).
pfeiler bis in Höhe der Samenblasen. 7 Vaginalrekonstruktion durch Mobilisation der
– Schrittweises Durchtrennen und Ligieren der Vaginalhinterwand und Klappen derselben nach
tiefen Blasenpfeiler mit der A. vesicalis inferior. vorn.
7 Weiteres Vorgehen wie bei der radikalen Prostat- 7 Nach Anlage der neuen Harnableitung Einlage
ektomie (7 Abschn. 9.5.3). einer oder zweier Robinson-Drainagen und evtl.
7 Der Harnröhrenabsetzungsrand wird zur Schnell- eines Hämostyptikums.
schnittuntersuchung gegeben: Bei Tumornach- 7 Schichtweiser Wundverschluss.
weis kommt eine orthotope Harnableitung nicht 7 Wundpflaster, Anschluss aller Drainageablaufbeu-
in Frage, eine Urethrektomie sollte erfolgen tel, Entfernen der Scheidentamponade!
(7 Abschn. 9.7.4).
7 Durchtrennen und Ligieren der puboprosta-
tischen Bänder, lösen der Prostata vom Rektum.
7 Entfernung des Gesamtpräparates.
7 Blutstillung und Herstellen der neuen Harnablei- 9.7 Harnleiter
tung.
7 Danach Einlage einer oder zweier Robinson-Drai- Die Harnleiter beginnen am Nierenbecken, sie bilden dort
nagen und evtl. Einlage eines Hämostyptikums. eine Art Trichter, in dem der von der Niere gefilterte Urin
7 Schichtweiser Wundverschluss. gesammelt wird. Sie verlaufen hinter dem Bauchfell (retro-
7 Wundpflaster, Anschluss der Drainageablaufbeutel. peritoneal) über die beiden Aa. iliacae communis, bevor
sie in die Blase münden. Nach dem Eintritt in die Blase
verlaufen die Harnleiter ein kurzes Stück innerhalb der
Blasenwand (intramural); dadurch wird bei Füllung der
Radikale Zystektomie bei weiblichen Patienten
Blase ein Rückfluss (Reflux) in die Nieren durch einen na-
7 Einlage einer mit Schleimhautdesinfektionsmittel türlichen Ventilmechanismus weitestgehend verhindert.
getränkten Scheidentamponade. Durch den intramuralen Verlauf entstehen zwei konver-
7 Legen des Nélaton-Blasenkatheters. gierende Falten, die das Trigonum vesicae (Harnblasen-
7 Vorgehen bis einschließlich pelviner Lymphaden- dreieck) begrenzen. Die folgenden 3 Stellen bilden die
ektomie und Präparation der Harnleiter wie beim physiologischen Ureterengen:
männlichen Patienten. 4 Abgang aus dem Nierenbecken,
6 4 Überkreuzung der großen Gefäße,
4 Eintritt in die Blase.
9.7 · Harnleiter
471 9
Fehlbildungen am Harnleiter treten relativ häufig auf. Durch kPrinzip
Störungen im Harntransport kann es als Folge zu rezidivie- Tunnelbildung zwischen Blasenschleimhaut und Blasen-
renden Harnwegsinfekten, Harnleitersteinen und zur Nie- muskulatur zur Bildung eines neuen Ventils. Es stehen ver-
reninsuffizienz kommen. Verletzungen des Harnleiters sind schiedene Verfahren zur Verfügung:
selten. Iatrogene Harnleiterverletzungen und Steine können
zu Strikturen führen. Das Urothelkarzinom des Harnleiters
Extravesikales Vorgehen nach Lich-Grégoir
hat ähnliche Entstehungsfaktoren wie das Harnblasenkarzi-
nom (z. B. Rauchen, chemische Faktoren wie Giftstoffe am 7 Bei aufgefüllter Blase wird der/die Harnleiter an
Arbeitsplatz sowie genetische Disposition). der Blasenaußenwand aufgesucht und bis zum
Grundsätzlich sind in der Erwachsenenchirurgie Ope- Eintritt in die Blase freipräpariert.
rationen am Harnleiter relativ selten geworden, da die 7 Nach Anlegen von Haltefäden wird die Blasen-
meisten Erkrankungen frühzeitig entdeckt und dann auch muskulatur nach kranial über eine Länge von 4–
im Kindesalter operiert wurden. Auch der Fortschritt in 5 cm bis auf die Mukosa durchtrennt, ohne die
der minimal-invasiven Chirurgie führt dazu, dass Verlet- Blasenschleimhaut zu eröffnen (. Abb. 9.50a, b).
zungen und Verwachsungen weniger häufig vorkommen. 7 In diesen so geschaffenen »Graben« wird der
Ureter, ausgehend von seinem Originalostium,
hineinverlagert und submukös eingenäht
9.7.1 Antirefluxplastik (4–0 geflochten, resorbierbar; . Abb. 9.50c).
Da die Muskulatur über dem Ureter wieder ver-
Die regelgerecht angelegten Harnleiter verlaufen nach ih- schlossen wird, wird der Ventileffekt durch diesen
rem Eintritt in die Blase ca. 2–3 cm schräg durch die Bla- intramuralen Verlauf wiederhergestellt.
senwand. Der Urin kann ungehindert in die Blase fließen.
Durch die zunehmende Blasenfüllung erhöht sich der In-
nendruck, und der Harnleiter wird in der Blasenmuskula-
Operation nach Politano-Leadbetter
tur zusammengedrückt. Ein Zurückströmen von Urin in
den Harnleiter und die Nieren (Reflux) unterbleibt. 7 . Abb. 9.51.
Wenn der Verlauf intramural nicht oder zu kurz ange-
legt wurde, also ein inkompetenter vesikoureteraler Über-
gang besteht, führt dieser zu Reflux von Urin bis zurück in Intravesikales Vorgehen nach Cohen
die Niere. Es können rezidivierende Harnwegsinfekte und
7 Nach Eröffnen der Blase wird das Ostium aufge-
eine chronische Pyelonephritis bis zum Verlust der Nieren-
sucht und eine Ureterschiene (Mono-J) eingelegt,
funktion entstehen. Der vesikorenale Reflux wird nach
die am Harnleiter mit Haltenähten befestigt wird
Parkulainen in eine Skala von 1–5 eingeteilt (. Tab. 9.1).
(4–0 resorbierbar, geflochten; . Abb. 9.52a).
7 Das Ostium wird umschnitten und der Harnleiter
kIndikationen
unter leichtem Zug an der Schiene aus der Blasen-
4 Erreichen von Grad 3–4 der Parkulainen-Skala
wand gelöst, bis er in die Blase gezogen werden
(. Tab. 9.1). kann.
4 Resektion des distalen Harnleiters mit anschließender 7 Die Tunnelierung der Mukosa erfolgt ausgehend
Reimplantation. vom alten Ostium in Richtung Gegenseite.
7 Der geschiente und spatulierte Harnleiter wird
durch den Tunnel gezogen und an seiner neuen
. Tab. 9.1 Einteilung des vesikorenalen Reflux nach Parkulainen Mündungsstelle mit der Blasenmuskulatur anas-
tomosiert.
Grad Kennzeichen 7 Blasenschleimhaut und Ureter werden miteinan-
der verbunden (resorbierbar, geflochten 4–0;
1 Reflux nur in den Harnleiter
. Abb. 9.52e).
2 Reflux erreicht das Nierenbecken 7 Der Mono-J-Katheter wird evtl. belassen.
3 Reflux in das Nierenbecken, Erweiterung des Hohl- 7 Zweischichtiger Blasenverschluss (monofil, resor-
raumsystems bierbar, Stärke 0).
4 Massive Erweiterung des Hohlraumsystems 7 Weiteres Vorgehen wie bei der Boari-Plastik (s. un-
ten), der Blasenkatheter muss nicht zwingend be-
5 Starke Erweiterung, die meisten Kelche sind nicht
lassen werden.
mehr erkennbar
472 Kapitel 9 · Urologie
a b c
. Abb. 9.50 Extravesikale Antirefluxplastik nach Lich-Grégoir. (Nach Kelalis et al., zit. in Hautmann u. Huland 2001/2006)
a b c
d e f
. Abb. 9.51 Transvesikale Antirefluxplastik nach Politano-Leadbetter. (Nach Hautmann u. Huland 2001/2006)
a b c d e
. Abb. 9.52 Transvesikale Antirefluxplastik nach Cohen. (Nach Glassberg et.al., zit. in Hautmann u. Huland 2001/2006)
9.7 · Harnleiter
473 9
9.7.2 Ersatzplastik am distalen Harnleiter kAbdeckung
(Boari-Plastik) Nach Abteilungsstandard mit »Lendenschurz«, um jeder-
zeit den Genitalbereich erreichen zu können, bei Stein-
Bei angeborenem vesikouretralem Reflux mit rezidivie- schnittlage Eintuchabdeckung mit integrierten Beinlingen.
renden Infekten oder auch nach Verletzungen der Ostien
oder des distalen Harnleiters, z. B. nach TUR-Prostata,
Boari-Plastik
TUR-Blase, Ureterorenoskopie (URS) sowie bei Tumorin-
filtration des distalen Harnleiters, wenn auf eine Nephro- 7 Hautdesinfektion einschließlich des Genitalbe-
ureterektomie verzichtet wird, kann eine Rekonstruktion reichs und sterile Abdeckung des OP-Gebiets.
des distalen Harnleiters erfolgen. Aus der Blasenwand wird 7 Legen des Blasenkatheters.
ein Lappen gebildet, der durch submuköse Tunnelung des 7 Handschuhwechsel und Anlegen des »Lenden-
Harnleiters die Strecke des fehlenden Teils des Ureters schurzes«.
überbrückt. Voraussetzung zur Durchführung der Opera- 7 Pfannenstiel-Schnitt mit extra- oder transperito-
tion sind ein ausreichendes Fassungsvermögen der Blase nealem Zugang bei Verwachsungen.
sowie eine intakte Blasenwand. 7 Hautinzision mit dem Skalpell, Quereröffnung der
Rektusscheidenfaszie.
jDiagnostik 7 Auseinanderdrängen und stumpfes Unterfahren
4 Übliche Laborparameter, der Rektusbäuche.
4 Urinsediment, 7 Eröffnen des extraperitonealen Raumes (Spatium
4 Sonographie von Blase und Niere, retropubicum) und Abschieben des Peritoneal-
4 Miktionszysturethrographie (MCU), sacks von der Blasenvorderwand möglichst weit
4 ggf. Isotopennephrogramm (ING) bei Zweifel über nach kranial.
die Funktion der betroffenen Niere. 7 Schaffen eines möglichst großen Eingangs in den
paravesikalen Raum der zu operierenden Seite.
kIndikationen 7 Aufsuchen und Anschlingen des Harnleiters ober-
4 Ausgedehnte Verletzung oder Striktur des distalen halb der Kreuzung der Iliakalgefäße.
Harnleiters, 7 Präparation nach distal bis zum veränderten Ure-
4 wenn eine spannungsfreie Reimplantation des Harn- teranteil.
leiters in die Blase ohne Lappenbildung nicht mög- 7 Anlegen einer Haltenaht, Durchtrennen des Harn-
lich ist. leiters und Resektion des veränderten Anteils.
7 Einlegen einer Ureterschiene, die proximal bis in
kPrinzip die Niere hochgeschoben und mit einem feinen
Lappenbildung aus der Blasenwand. Neueinpflanzung des resorbierbaren Faden fixiert wird.
Restureters durch Tunnelbildung zwischen Blasenschleim- 7 Die Base wird aufgefüllt und die Blasenwand so-
haut und Blasenmuskulatur zur Bildung eines neuen Anti- weit mobilisiert, dass ein ausreichend großer Lap-
refluxventils. pen gewonnen werden kann. Dessen Basis sollte
in Richtung des ursprünglichen Ostiums liegen
kLagerung (Blasenhinterwand), um eine gute Durchblutung
4 Rückenlage, zu gewährleisten.
4 evtl. auch Steinschnittlagerung. 7 Anlegen von Markierungsnähten und Zuschnei-
den des Lappens, der etwas länger als der zu
kInstrumentarium überbrückende Defekt sein sollte und mindestens
4 Grundinstrumentarium, 2 cm breit sein muss.
4 feine Klemmen und Scheren, 7 Am Ende des Lappens wird mit einem feinen
4 bei Bedarf lange Instrumente, Overholt mittig ein submuköser Tunnel von ca.
4 ggf. Balfour- oder Rahmensperrer, 4 cm Länge gebildet, vorher ggf. Unterspritzung
4 Gummizügel, der Schleimhaut mit NaCl im Sinne einer Hydro-
4 Nélaton-Blasenkatheter, dissektion der Schichten.
4 Blasenspritze, 7 Der mit einem Faden markierte Ureter wird durch
4 Ureterschiene (Mono-J), den Tunnel gezogen und mit feinen resorbier-
4 Robinson-Drainage, baren Fäden mit der Blasenschleimhaut vernäht
4 Nahtmaterial nach Abteilungsstandard, u. a. feines re- 6
sorbierbares geflochtenes Nahtmaterial (z. B. 4–0).
474 Kapitel 9 · Urologie
9.7.3 Ureterfreilegung
(Antirefluxplastik nach Politano-Leadbetter;
. Abb. 9.51). Die Freilegung der Harnleiter kommt meist nur noch bei
7 Mukosa-Mukosa-Naht, Ureteradventitia und Bla- Harnleitertumoren, Stenosen und Verletzungen – zumeist
senmuskulatur werden zur Sicherheit miteinander nach urologisch-endoskopischen, gynäkologischen oder
vernäht. chirurgischen Eingriffen – in Frage. Harnleitersteine wer-
7 Verschluss des Boari-Lappens über dem Ureter den in aller Regel mittels endoskopischer Maßnahmen, wie
und der liegenden Schiene, ohne den Harnleiter der Ureterorenoskopie (7 Abschn. 9.3.4) oder der extrakor-
einzuengen (. Abb. 9.53). poralen Stoßwellenlithoplaxie (ESWL) entfernt.
7 Falls nötig, wird die Schiene belassen und separat Zugang und Lagerung richten sich nach dem Sitz der
transvesikal-transkutan ausgeleitet. Harnleiterveränderung. Bei Erkrankungen im oberen
7 Verschluss der Restblase mit groben resorbier- Drittel des Harnleiters wird ein extraperitonealer Zugang
baren Fäden der Stärke 0 oder 1. in Seitenlage, bei Erkrankungen im mittleren und unteren
7 Einlage einer Robinson-Drainage. Drittel wird ein extraperitonealer Zugang in Rückenlage
7 Zählkontrolle und Dokumentation aller Textilien mittels Pararektal- oder Parainguinalschnitt gewählt.
und Instrumente und Dokumentation des Zähl- Sollten in Ausnahmefällen Steine entfernt werden
standes. müssen, wird präoperativ röntgenologisch der genaue Sitz
7 Schichtweiser Wundverschluss. des Steins bestimmt.
7 Evtl. wird der Blasenkatheter belassen.
7 Wundpflaster. jDiagnostik
9 4 Übliche Laborparameter,
4 retrogrades Pyelogramm.
kIndikationen
4 Kurzstreckige Harnleiterstrikturen,
4 Verletzungen des Harnleiters,
4 Harnleitersteine,
4 Harnleitertumoren.
kPrinzip
Resektion der Stenose, des Tumors oder Entfernung der
Steine mit anschließender End-zu-End-Anastomose des
Ureters.
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium,
4 evtl. langes Instrumentarium,
4 bei Bedarf Balfour- oder Finocchietto-Sperrer,
4 feines Skalpell,
4 Schere nach Potts de Martell,
4 Ureterschiene (Doppel-J)
4 Zügel,
4 Robinson-Drainage,
4 evtl. Nélaton-Blasenkatheter, der postoperativ einge-
legt wird,
4 Nahtmaterial nach Abteilungsstandard (u. a. feine re-
sorbierbare, geflochtene Fäden der Stärke 4–0 sowie
. Abb. 9.53 Nahezu 2/3 des Harnleiters können mit Hilfe eines ge- monofile Fäden der Stärke 5–0),
stielten Boari-Blasenlappens und zusätzlicher Hörner-Blasenplastik 4 bei Bedarf spezielles Steininstrumentarium, z. B.
(sog. Psoas-Hitch-Technik) ersetzt werden. Hierbei wird der aus der
Steinfasszangen, biegbare Steinlöffel, Knopfsonde,
Harnblase gebildete sog. Boari-Lappen zu einem Rohr geformt und
der Harnleiter im Sinne einer Ureterozystoneostomie und Fixation
Dissektor,
des Blasenhornes am M. psoas implantiert. (Nach Hautmann u. Huh- 4 Spritze und Knopfkanüle, sterile NaCl- oder Ringer-
land 2006) Lösung.
9.7 · Harnleiter
475 9
kLagerung
Je nach Zugang Seitenlagerung oder Rückenlage. 7 Spatulieren des distalen und proximalen Endes
Falls der Bildwandler benötigt wird, ist an den Strahlen- des Ureters mit der Schere nach Potts; die Spatu-
schutz für Patienten und Personal zu denken. lierung nach kranial und kaudal erfolgt um 180°
Anlegen der Neutralelektrode am Oberschenkel. versetzt.
7 Einlage eines Doppel-J-Katheters.
kZugang 7 Legen von Ecknähten mit feinem monofilem
Flankenschnitt, Pararektal- oder Parainguinalschnitt. Nahtmaterial 5–0.
7 Verschluss von Vorder- und Hinterwand mit Ein-
zelknopf- oder fortlaufender Nahttechnik.
Ureterfreilegung
7 Hautdesinfektion und sterile Abdeckung des OP-
Gebiets.
7 Hautinzision. Striktur oder Harnleiterabriss
7 Stumpfes Ablösen des Peritoneums. 7 Ureteroureterostomie wie oben beschrieben.
7 Einsetzen eines entsprechenden Wundsperrers, 7 Zählkontrolle aller Textilien und Instrumente, Do-
ggf. vorherige Umlegung mit feuchten Tüchern. kumentation des Zählstandes.
7 Darstellen und Anschlingen des Ureters. 7 Einlage einer Robinson-Drainage.
7 Präparation und Aufsuchen des Befundes unter 7 Schichtweiser Wundverschluss, Wundpflaster.
Schonung der begleitenden Harnleitergefäße, 7 Evtl. Einlage eines Blasenkatheters.
sonst kann es zu einer Nekrose kommen.
7 Anlegen von Haltefäden (4–0 resorbierbar, ge-
flochten) distal und proximal der Veränderung.
9.7.4 Ureterokutaneostomie
. Abb. 9.55 Kolonkonduit. a Isolierung eines Sigmasegments. b, c lisches Durchziehen beider Harnleiter. Antirefluxive Implantation der
Wiederherstellung der Darmkontinuität, retroperitoneales lateroko- Harnleiter. d Retroperitonisiertes Kolonkonduit. (Nach Sigel 1993)
jDiagnostik
7 Der Vaginalschnitt wird mit resorbierbaren mono- Die Diagnose wird gesichert durch eine Zystoskopie mit
filen Fäden genäht (3–0). Biopsie, Miktionszystourethrographie (MCU), CT Abdo-
7 Einlage einer mit einer östrogenhaltigen Salbe ge- men bei Tumorverdacht und durch einen »Blaunachweis«
tränkten Streifentamponade, diese wird mit ihrem (Indigocarmininjektion in die Blase → ein vaginal einge-
Halteband am Blasenkatheter befestigt und dort legter Tupfer färbt sich blau).
belassen.
7 Tamponade und Katheter können am 1. postope- kPrinzip
rativen Tag entfernt werden. Exzision der Fistelränder, Verschluss der Blase und evtl.
Decken des Defekts mittels eines Lappens aus Peritoneum.
Bei der Peritoneallappenplastik wird die Fistel ausgeschnit-
ten, die Scheide wird verschlossen und der verschlossene
9.8.2 Inkontinenzoperation nach Burch Defekt mit einem Peritoneallappen gedeckt. Bei kleineren
Fisteln wird von vaginal, bei größeren von abdominal ein-
Die Kolposuspensionsoperation nach Burch ist mit über gegangen.
70% Langzeiterfolg das Standardverfahren in der opera-
tiven Inkontinenztherapie und in 7 Abschn. 8.6.10 beschrie- kInstrumentarium
ben. Die vaginalen Operationen wie z. B. TVT (7 Abschn. 4 Grundinstrumentarium,
9.8.1 und 8.6.10), die seit ca. 10 Jahren durchgeführt werden, 4 Scheidenspekula,
haben eine postoperative Erfolgsquote von 80% und sind 4 suprapubischer Katheter,
9 deutlich weniger invasiv als die OP nach Burch, die mit ei- 4 Robinson-Drainage,
ner Eröffnung des paravesikalen Raumes einhergeht. Das 4 Nahtmaterial (resorbierbar, monofil und geflochten),
paravaginale Gewebe wird mittels Matratzennähten an das 4 Nélaton-Blasenkatheter.
Lig. ileopectineum (Cooper-Band) genäht.
kLagerung
Steinschnittlagerung mit abgesenkten Beinen.
9.9 Blasen-Scheiden-Fisteln
kZugang
Blasen-Scheiden-Fisteln entstehen z. B. nach Hysterekto- Suprasymphysärer Faszienquerschnitt nach Pfannenstiel.
mien, nach Bestrahlungen im kleinen Becken, nach ge-
burtshilflichen Operationen, durch Traumata und Tumo-
Peritoneallappenplastik
ren. Zusätzlich besteht häufig eine Harninkontinenz. Die
Lokalisationen zeigt . Abb. 9.56. 7 Desinfektion und sterile Abdeckung des
Kleinere Fisteln werden von vaginal rekonstruiert, grö- OP-Gebiets.
ßere (>2 cm) über eine Unterbauchlaparotomie. 7 Nach Eröffnen der Bauchdecke wird das Peritone-
um vom Blasendach in Richtung Fistel abpräpariert.
7 Mediane Inzision der Blase und seitliche Inzision
des Peritoneums.
7 Blasen- und Scheidenwand werden bis unter die
proximale Urethra voneinander getrennt und die
Fistelränder ausgeschnitten.
7 Die Scheide wird mit resorbierbaren Nähten ein-
schichtig verschlossen, dabei müssen die Knoten
in der Scheide liegen!
7 Ein ca. 5 cm breiter Peritoneallappen wird seitlich
der Blase gestielt in Richtung Beckenboden prä-
pariert und auf der Scheide festgenäht.
7 Dabei muss die Scheidennaht gut abgedeckt sein.
7 Die Blase wird zweischichtig verschlossen.
7 Einlage einer suprapubischen Harnableitung.
7 Blutstillung und Verschluss des Peritoneums.
. Abb. 9.56 Fisteln des unteren Harntraktes und deren Häufigkeit. 6
(Nach Hautmann u. Huland 2001/2006)
9.10 · Harninkontinenz des Mannes
481 9
kInstrumentarium
a
Siehe oben, zusätzlich feinere längere Scheren und Pin-
zetten.
kLagerung
Steinschnittlagerung mit hochgestellten Beinen, Oberkör-
per leicht abgesenkt.
kZugang
Von vaginal.
Latzkow-Technik
7 Desinfektion des OP-Gebiets und sterile Abde-
ckung.
7 Einstellen der Fistel mit dem Scheidenspekulum.
7 Zirkuläre Umschneidung des Fistelgangs und Mobi-
lisation der vorderen Vaginalwand. Scheiden- und b
Blasenwand werden dadurch voneinander getrennt.
7 Die Blasenwand wird dann mit einer Rückstich- . Abb. 9.57 Blasen-Scheiden-Fistel. a Schnittführung zur Bildung
naht unter Belassen des Fistelgangs mit einem re- des Peritoneallappens. b Einnähen des Peritoneallappens auf die
verschlossene Scheide. (Mod. nach Petri 2001)
sorbierbaren Faden verschlossen. Diese Nahttech-
nik ist erforderlich, damit die Nähte von Scheide
und Blase nicht aufeinander zu liegen kommen. Santorini bei Blutungen während der Operation kommen.
7 Verschluss der Scheide mit innen liegenden Knoten. Auch die TUR-P und Adenektomie können zu einer
7 Entfernen aller verwendeten Instrumente und Sphinkterschwächung führen.
Textilien und Zählkontrolle mit Dokumentation. Bei der Anamneseerhebung werden Leidensdruck des
7 Einlage eines Nélaton-Blasenkatheters. Patienten, Voroperationen, Medikamente, urologische
oder auch neurologische Erkrankungen sowie das Ausmaß
der Harninkontinenz erfragt. Dabei wird der Harnverlust
nach Stamey in 3 Stadien unterteilt (. Tab. 9.2).
9.10 Harninkontinenz des Mannes Als operative Verfahren sind die Anlage eines artifizi-
ellen Sphinkters ebenso wie die Anlage eines suburethralen
Die Ursache für die Harninkontinenz des Mannes ist häu- Bandes (AdVance) zu nennen. Für den Therapieerfolg bei
fig eine postoperative Komplikation nach Eingriffen an der der Bandanlage ist eine restliche Sphinkteraktivität die
Prostata. Bei der radikalen retropubischen Prostatektomie Voraussetzung. Langzeitergebnisse existieren lediglich für
(RRP) kann es z. B. zu einer direkten Schädigung des den artifiziellen Sphinkter, andere Verfahren müssen sich
M. spincter externus nach tiefer Umstechung des Plexus erst bewähren.
482 Kapitel 9 · Urologie
kPrinzip
. Tab. 9.2 Einteilung des Harnverlustes nach Stamey Obstruktion der Harnröhre in Bereich der membranösen/
Schweregrad Kennzeichen
bulbären Harnröhre.
kInstrumentarium
Vorbereitung auf 2 separaten Instrumentiertischen.
9.10.1 Artifizielle Sphinkteranlage 4 Instrumentiertisch mit:
5 Grundinstrumentarium.
Es ist keine Sphinkteraktivität mehr vorhanden. Diese wird 5 evtl. längere Instrumente,
dann nach der Operation mechanisch durch einen um die 5 bei Bedarf größere Wundspreizer,
Harnröhre herum liegenden Cuff imitiert. Hinsichtlich der 5 Scott-Rahmen (. Abb. 9.58).
Kontinenz sind gute Ergebnisse zu erwarten, nachteilig ist 4 Instrumentiertisch mit:
hier allerdings die relativ häufige Revisionsrate in den ers- 5 AMS 800-Einmalset mit seinen drei Kompo-
ten 5 Jahren nach Operation (mechanische Defekte, Infek- nenten (druckregulierender Ballon, Harnröhren-
tionen des Systems, HR-Arrosionen). Zusätzlich erfordert Cuff, Kontrollpumpe) und Messstreifen (. Abb.
dieses System einiges an manuellem Geschick des Pati- 9.59),
9 enten sowie Einsicht in die Problematik. 5 antibiotische Lösung zum Einlegen des Systems
(z. B. Gentamycin),
jDiagnostik 5 mindestens 8 stumpfe Klemmchen, die mit Zü-
4 Übliche Laborparameter, geln, die im System enthalten sind, bezogen wer-
4 Urinkultur, Sediment, den.
4 Sonographie wegen Restharnbestimmung, 4 Kontrastmittel zum Füllen des Ballons,
4 Urodynamik, 4 Nahtmaterial,
4 Zystoskopie. 4 Nélaton-Blasenkatheter.
kIndikationen kZugang
4 Fehlende Sphinkteraktivität, Perineal- und Unterbauchwechselschnitt.
4 Versagen anderer Therapieoptionen.
a b
. Abb. 9.58a, b Scott-Rahmen (a Modell, b in situ). (Fa. AMS – American Medical Systems)
9.10 · Harninkontinenz des Mannes
483 9
kLagerung
9.12.1 Nierenbeckenplastik nach Seitenlage leicht überstreckt (Flankenlagerung) (. Abb.
Anderson-Hynes 9.61).
kIndikationen kZugang
Angeborene oder erworbene Ureterabgangsstenose mit Interkostal- (. Abb. 9.62) bzw. Flankenschnitt (. Abb. 9.63).
entsprechender Abflussbehinderung, Infektion, Steinbil-
dung, Blutung.
Nierenbeckenplastik nach Anderson-Hynes
jDiagnostik 7 Hautdesinfektion und sterile Abdeckung des Pati-
4 Übliche Laborparameter, enten.
4 Sonographie, 7 Hautschnitt, danach Durchtrennen der Zwischen-
4 Ausscheidungsurogramm, rippenmuskulatur mit dem Diathermiemesser.
4 Ggf. Isotopennephrogramm (ING). Durchtrennung der Ligg. costovertebrale, danach
lassen sich die Rippen gut spreizen.
kPrinzip 7 Laterale Eröffnung der Gerota-Faszie und der Nie-
Entfernung des zu engen Harnleitersegmentes, Verkleine- renfettkapsel.
rung des zu großen Nierenbeckens, Versorgung bzw. Verla- 7 Aufsuchen und Anschlingen des Harnleiters.
gerung abweichender (aberrierender) Gefäße, Absetzen des 7 Freipräparation des Nierenbeckens bis zum Paren-
Ureters, Anastomose zwischen Pyelon und Ureter mit/ohne chym. Aberrierende Gefäße am Übergang vom
Nephrostomiekatheter, Splint oder Doppel-J-Schiene. Nierenbecken zum Harnleiter werden zunächst
angeschlungen.
kInstrumentarium 7 Eventuelle Adhäsionen werden unter Schonung
4 Grundinstrumente, der Gefäße an der Nierenbeckenwand gelöst. Ist
4 Balfour-Sperrer, das Nierenbecken freipräpariert, erfolgt die Explo-
4 tiefe Haken, ration nach pathologischen Veränderungen (z. B.
4 Allis-Klemmen, Steinen).
4 Schere nach Potts de Martell, 7 Mit Haltefäden wird der Resektionsbereich mar-
4 Gummizügel, kiert.
4 Uretersplinte (z. B. Doppel-J-, Nephrostomiekatheter) 6
4 Robinson-Drainage,
488 Kapitel 9 · Urologie
kLagerung
Seitenlage und leicht überstreckt (. Abb. 9.61).
Nierenpolresektion/Tumorenukleation
7 Hautdesinfektion und steriles Abdecken des OP-
Gebiets.
7 Nach Hautschnitt und Durchtrennung der Zwi-
schenrippenmuskulatur Darstellen der Gerota-Fas-
zie. Diese wird eröffnet, die Niere zunächst am
Psoas mobilisiert, anschließend erfolgt die Präpara-
. Abb. 9.65 Lappenplastik zur Überbrückung einer längeren Enge
tion des Unterpols mit Anschlingen des Harnleiters,
nach Culp-de-Weerd-Scardino. Der Lappen, dem rechtwinkligen
Nierenbecken angepasst, wird heruntergezogen und in den spatu- dann die des Oberpols und zuletzt des Nierenstiels.
lierten Ureter positioniert. 7 Evtl. aberrierende Gefäße werden ligiert und
durchtrennt.
7 Unter Schonung des Fettgewebes wird so die Nie-
4 Nierentrauma, re mit dem Tumor dargestellt.
4 abgekapselte tuberkulöse Prozesse. 7 Anzügeln der nierenversorgenden Gefäße durch
Tourniquets. (Die Blutversorgung kann, ohne Nie-
jDiagnostik renschäden hervorzurufen, bis zu 20 min unter-
4 Übliche Laborparameter, brochen werden. Wird diese Zeit überschritten,
4 Sonographie, kann eine Kühlung der Niere, z. B. durch Umle-
4 CT, Röntgenaufnahme Thorax, gung mit Eiswassertüchern, Schädigungen des
4 Ausscheidungsurographie, Nierengewebes vermeiden.)
4 Nierenszintigraphie. 7 Scharfe Eröffnung der Fettkapsel ca. 1 cm neben
dem Tumor, der dann mit einem Hirnspatel und/
kPrinzip oder einer Knopfsonde atraumatisch und vollstän-
Entfernen des Nierentumors mit angrenzender Pseudo- dig aus der Pseudokapsel herausgelöst wird
kapsel und/oder mit einem Anteil der Nierenfettkapsel. (Enukleation).
7 Das Präparat wird zur Schnellschnittuntersuchung
kInstrumentarium gegeben.
4 Grundinstrumente, 7 Zeigt das Untersuchungsergebnis des Pathologen,
4 Nierenzusatzinstrumente wie z. B.: dass die Schnittränder nicht tumorfrei sind, muss
5 tiefe Haken, eine Nachresektion bzw. Nephrektomie erfolgen.
5 Wundsperrer nach Balfour, 7 Umstechung einzelner größerer Blutgefäße und,
5 Lidhaken, falls notwendig, Verschluss des eröffneten Hohl-
5 evtl. Hirnspatel bzw. Myrthenblattspatel, systems.
5 bei Bedarf Knopfsonde, 7 Blutstillung im Weiteren mit Hämostyptika.
4 Gummizügel, 7 Öffnen der Tourniquets und erneute Kontrolle der
4 Tourniquet, Blutstillung.
4 Bei Bedarf resorbierbare Hämostyptika, 7 Ggf. Deckung der Wundfläche mit der mobilisier-
4 bei Bedarf steriles Eis (tiefgefrorene Ringer-Lösung ten Fettkapsel.
zur Temperatursenkung des Organs), 7 Blutstillung, Einlegen einer Drainage.
4 ggf. Ultraschallgerät zur Diagnostik tiefliegender Tu- 7 Zählkontrolle der OP-Textilien und Instrumente
moren, und Dokumentation des Zählstandes.
4 Robinson-Drainage, 7 Aufheben der überstreckten Lagerung, schicht-
4 resorbierbares monofiles und geflochtenes Nahtmate- weiser Wundverschluss.
rial der Stärke 5–0 und 0, 7 Anschluss der Drainageablaufbeutel, Wundpflaster.
4 bei Bedarf Fibrinkleber.
490 Kapitel 9 · Urologie
9.12.4 Nephrektomie
Definition
Es wird zwischen einfacher und radikaler Nephrekto-
mie unterschieden. Bei der einfachen Nephrektomie
wird lediglich die Niere unter Belassung der Fettkap-
sel und der Nebenniere entfernt. Bei der radikalen Ne-
phrektomie wird die Niere einschließlich Fettkapsel,
evtl. der Nebenniere und der regionären, paraaortalen
bzw. parakavalen Lymphknoten entfernt.
Einfache Nephrektomie
kIndikationen
4 Funktionslose Niere bei entzündlichen Prozessen,
4 Fehlbildungen mit Funktionseinschränkung oder
-ausfall, z. B. dysplastische Niere,
4 schwere traumatische Nierenruptur,
4 Schrumpfniere mit Komplikation wie Hypertonus.
. Abb. 9.66 Nephrektomietechnik. a Stumpfe Freipräparation
jDiagnostik der Nierenstielgefäße. b Ligatur der Gefäße nach Anklemmen durch
Stielklemmen
4 Übliche Laborparameter,
4 Sonographie der Niere,
4 CT Abdomen, kLagerung
4 Ausscheidungsurographie, Seitenlage, evtl. überstreckt (. Abb. 9.61).
4 Nierenszintigraphie.
kZugang
kPrinzip Interkostal- (. Abb. 9.62) oder Flankenschnitt (. Abb. 9.63).
Entfernung der Niere unter Belassung der Nebenniere und
der Fettkapsel (. Abb. 9.66).
Einfache Nephrektomie
kInstrumentarium 7 Operative Eröffnung (s. oben).
4 Grundinstrumentarium, 7 Der obere Nierenpol wird freigelegt, ohne die Ne-
4 Gefäßinstrumente in Bereitschaft, benniere zu verletzen.
4 Nierenstielklemmen, 7 Vorsichtige Präparation von A. und V. renalis mit
4 bei Bedarf langes Instrumentarium, einer Overholt-Klemme.
4 Gummizügel, 7 Arterie und Vene werden (wenn möglich einzeln)
4 evtl. Clipzange, mit je einer Nierenstielklemme abgeklemmt. Zur
4 evtl. bipolare Schere, Aorta hin werden die Gefäße mit kräftigen Liga-
4 Robinson-Drainage, turen doppelt ligiert, zur Niere reicht eine ein-
4 kräftige Ligaturen für den Nierenstiel, evtl. Gefäß- fache Ligatur (. Abb. 9.66).
naht, 6
4 bei Bedarf resorbierbares Hämostyptikum.
9.12 · Eingriffe an der Niere und am Nierenbecken
491 9
7 Die Niere ist jetzt nur noch am Ureter fixiert, der Radikale Nephrektomie
möglichst weit distal ligiert und durchtrennt 7 Hautdesinfektion und Abdeckung des OP-Gebiets.
wird. 7 Nach Hautschnitt und Durchtrennung bzw. Zur-
7 Nach makroskopischer Inspektion des Präparates Seite-Drängen der Muskelschichten wird das Rah-
durch den Operateur wird dieses zur histolo- menhaltesystem angebaut und die entspre-
gischen Untersuchung gegeben. chenden Haken eingesetzt.
7 Nach der Blutstillung erfolgt die Zählkontrolle al- 7 Nach Präparation der entsprechenden Kolonflexur
ler verwendeten OP-Textilien und Instrumente so- werden transperitoneal die Nierenvene und -arte-
wie die Dokumentation des Zählstandes. rie aufgesucht. Die Gefäße werden in gleicher
7 Einlage einer Robinson-Drainage, Aufheben der Weise wie oben beschrieben präpariert, durch-
Überstreckung und schichtweiser Wundver- trennt und ligiert.
schluss. 7 Die Niere wird möglichst stumpf mit der Fettkap-
7 Wundpflaster und Anschluss der Drainageablauf- sel aus ihrem Bett gelöst.
beutel. 7 Aberrierende Gefäße werden unterfahren, ligiert
oder geclippt und durchtrennt.
7 Der Ureter wird aufgesucht, möglichst weit nach
distal freipräpariert, ligiert und durchtrennt. Die
Radikale Nephrektomie Niere wird mit ihrer Fettkapsel möglichst en bloc
kIndikationen entfernt.
Maligner Nierentumor. 7 Es folgt ggf. die regionäre Lymphknotenausräu-
mung.
kPrinzip 7 Sollte die Nebenniere mit entfernt werden, wer-
Entfernen der Niere, der Fettkapsel, bei Tumoren am obe- den die sehr feinen Gefäßverzweigungen geclippt
ren Pol auch der Nebenniere. und durchtrennt.
Entfernen der regionären, paraaortalen und parakava- 7 Nach der Kontrolle und Dokumentation der OP-
len Lymphknoten (die Lymphadenektomie wird häufig Textilien und Instrumente und der Dokumentati-
nicht durchgeführt). Die Gefäße werden ggf. vor der Eröff- on des Zählstandes wird eine Robinson-Drainage
nung der Nierenloge unterbunden, um eine Aussaat von eingelegt.
Tumorzellen zu verhindern. 7 Schichtweiser Wundverschluss und Wundpflaster.
7 Bei Entfernung der linken Tumorniere wird die
kInstrumentarium V. testicularis bzw. die V. ovarica ebenfalls ligiert,
4 Wie bei der einfachen Nephrektomie (s. oben), das da diese in die V. renalis münden.
Gefäßsieb ist obligat. 7 Bei einer rechten Tumorniere können Tumoranteile
4 Bei Bedarf Einzelclipstapler, in die V. cava eingewachsen sein. Dies erfordert
4 zusätzlich Rahmensperrer z. B. Bookwalter. ein tangentiales Abklemmen der V. cava mit einer
Gefäßklemme (z. B. nach Satinsky).
kLagerung 7 Je nach Ausdehnung des Tumoranteils in der
Rückenlage. V. cava muss diese ventral freigelegt werden. Zur
Unterbrechung des Blutzustroms werden alle zu-
kZugang führenden Gefäße einschließlich der V. cava ober-
Transperitonealer Zugang (Medianschnitt, Transrektal- halb des Tumors mit einem Tourniquet versorgt.
schnitt), vom Xiphoid bis unterhalb des Nabels oder Rip- 7 Nach Verschluss der Tourniquets wird die V. cava
penbogenrandschnitt, Interkostal- oder Flankenschnitt. zwischen zwei Haltefäden längs eröffnet und der
Bei sehr großen Tumoren oder bei Verdacht auf einen Tu- Tumor entfernt. Über der Längseröffnung wird
morthrombus in der V. cava wird der transperitoneale Zu- eine Gefäßklemme gesetzt und der Blutstrom der
gang bevorzugt, da hier die Kontrolle des Gefäßstiels bes- Gegenniere freigegeben. Fortlaufende Gefäßnaht
ser ist. der Vene. Gefäßklemme und Tourniquets werden
gelockert und die Naht auf Dichtigkeit überprüft,
danach Entfernen der Klemme und der Tourni-
quets.
7 Weiteres Vorgehen wie oben.
492 Kapitel 9 · Urologie
Neurochirurgie
M. Liehn, M. Brunken, M. Weissflog, A. Gudat
10.1 Anatomische und physiologische Hierzu gehören die Großhirnrinde und die im Inne-
Grundlagen ren des Gehirns liegenden Kerngebiete (Nuclei oder
Ganglien) – die Basalganglien.
M. Liehn, M. Brunken, M. Weissflog
Die Basalganglien gehören zum Hirnstamm und lassen
Unter topographischem Aspekt werden 2 Bereiche des sich in die folgenden Anteile unterscheiden:
Nervensystems unterschieden: 4 Streifenhügel oder Corpus striatum:
4 Zentrales Nervensystem (ZNS): Er besteht aus dem Nucleus caudatus (Schweifkern)
Zu diesem Teil gehören das Gehirn und das Rücken- und Putamen (Schalenkern). Eine erblich bedingte
mark. Beide Organe verarbeiten Reize und Sinnesein- Erkrankung des Streifenkerns ist der Veitstanz (Cho-
drücke aus der Umwelt oder steuern Reaktionen und rea Huntington), bei der es zum Verlust der moto-
komplexe Verhaltensabläufe. Das zentrale Nerven- rischen Kontrolle, zu Demenz und zu Wesensverän-
system besteht aus vernetzten Nervenfasern, die die derungen kommt. Der Streifenkern beeinflusst also
Gehirnzellen untereinander sowie mit den Sinnesor- die unwillkürlichen Bewegungen (Hemmungsorgan).
ganen und dem Muskelsystem verbinden. Komplexe 4 Pallidum (pallidus = blass):
Verhaltensweisen (Wut, Flucht) sind oft auf kompli- Das Pallidum gibt Anregungen u. a. zu primitiven Be-
zierte Verknüpfungsmuster der Nervenzellen zurück- wegungen. Beispiel: die »Massenbewegungen« des
zuführen. Säuglings. Die Markscheiden des Pallidum sind beim
4 Peripheres Nervensystem (PNS): Säugling bereits entwickelt. Dies führt zu weit ausge-
Es verbindet mit seinen Hirn- und Spinalnerven sowie dehnten Bewegungen und Reflexen. Der noch nicht
seinen Ganglien (Schaltstellen) die Peripherie des Kör- reife Nucleus caudatus kann seine hemmende Kon-
pers mit den zentralen Nervenbereichen. Das PNS teilt trollwirkung noch nicht ausüben.
10 sich noch einmal weiter auf in das willkürliche oder
motorische Nervensystem (von hier aus werden alle Ebenfalls dem Hirnstamm zugerechnet werden Zwischen-
willentlichen Muskelbewegungen gesteuert) und das hirn, Mittelhirn, Kleinhirn und Medulla oblongata.
unwillkürliche, auch vegetative Nervensystem. Dieser Zu Beginn der embryonalen Entwicklung ist die Oberflä-
Teil überwacht und lenkt die Funktion der inneren che des Gehirns zunächst glatt. Erst während der Entwick-
Organe mit Hilfe von 2 unterschiedlichen Systemen: lung bilden sich Windungen (Gyri) des Großhirns aus,
Während der Sympathikus anregend und mobilisie- zwischen denen dann die Furchen (Sulci) liegen.
rend wirkt, bremst und beruhigt der Parasympathikus. Wesentliche Furchen sind:
4 Zentralfurche (Sulcus centralis),
Das Nervensystem entwickelt sich aus dem embryonalen 4 Sylvi-Furche (Sulcus lateralis, Fissura Sylvii), Stirn-
äußeren Keimblatt, dem Ektoderm. Durch bestimmte Ein- Schläfenhirn-Furche.
rollungs- und Ausstülpungsvorgänge entsteht aus den
Neuralwülsten das Neuralrohr. Am Vorderende des Neu- Durch diese Furchen lassen sich 4 Lappen abgrenzen:
ralrohrs entsteht das Gehirn über zunächst 3 blasenför- 4 Stirnlappen (Lobus frontalis),
mige Erweiterungen (Vorder-, Mittel- und Nachhirn). Aus 4 Scheitellappen (Lobus parietalis),
dem Vorderhirn werden das spätere Großhirn und das 4 Schläfenlappen (Lobus temporalis),
Zwischenhirn. Aus dem Nachhirn werden Kleinhirn und 4 Hinterhauptlappen (Lobus occipitalis).
Medulla oblongata (verlängertes Mark). Die Hohlräume
der embryonalen Hirnblasen bleiben erhalten und bilden Großhirnrinde
später die 4 inneren Höhlen (Ventrikel) des Gehirns. Die Rinde oder der Kortex bildet den äußeren Rand des
Großhirns. Die Großhirnrinde ist im Bereich der Zentral-
region etwa bis zu 5 mm dick. Die Hirnrinde enthält schät-
10.1.1 Großhirn zungsweise 14 Mrd. Zellen. Das Gesamtgewicht der Zellen
beträgt 21,5 g. Das bedeutet, dass eine Nervenzelle ca.
Bei einem Anschnitt des Gehirns erkennt man 2 Bereiche. 1/25.000.000 mg schwer ist.
4 Weiße Substanz des Gehirns (Marklager): Die Rinde enthält 6 Schichten, die aus unterschied-
Hier verlaufen Nervenfasern. Die weiße Farbe ergibt lichen Nervenzellen aufgebaut sind. Die meisten Nerven-
sich aus den Markscheiden. zellen haben mehrere kurze Fortsätze (Dendriten). Außer-
4 Graue Substanz des Gehirns: dem besitzen sie einen besonderen, manchmal bis zu 1 m
Bereiche, in denen größere Mengen von nah beiei- langen Hauptfortsatz mit einem Achsenzylinder (Neurit),
nander liegenden Nervenzellkörpern zu finden sind. der von einer Markscheide als äußere weißlich-gelbe Hülle
10.1 · Anatomische und physiologische Grundlagen
499 10
umgeben sein kann. Das aus dem Nervenzellkörper, seinen 4 Nucleus niger (schwarzer Kern) oder Substantia nigra:
Verästelungen und dem Neuriten bestehende Gebilde Bei Erkrankungen dieses Kerngebietes nach einer En-
nennt man Neuron. Neben diesen Neuronen enthält die zephalitis oder durch Atrophie im Alter kommt es zur
Rinde des Großhirns auch Zellen mit nichtnervöser Funk- Parkinson-Erkrankung.
tion: die Neuroglia, die mit unterschiedlichen Zelltypen
das Stütz- und Hüllgewebe des Nervensystems darstellt Kleinhirn
und für den Stoffwechsel der Nervenzellen wichtig ist. Das Kleinhirn koordiniert das Zusammenspiel von Mus-
kelgruppen. Dem Kleinhirn gehen aus sehr weiten Be-
Nervenleitungen und Informations- reichen des Nervensystems Erregungen zu. Besonders
übermittlung wichtig sind die engen Beziehungen zum statischen Organ.
Nervenfasern leiten die Erregung grundsätzlich nur in eine Es ist für die Koordination der Bewegungsabläufe und das
Richtung, entweder vom Gehirn zur Peripherie (efferente Gleichgewicht zuständig.
Leitung) oder von der Peripherie zum Gehirn (afferente
Leitung).
10.1.4 Hirnnerven
10.1.2 Zwischenhirn Als Hirnnerven werden die direkt vom Gehirn abgehenden
12 bzw. 13 Nerven bezeichnet, die mit Ausnahme des
Zum Zwischenhirn gehören der Thalamus (Thalamus op- X. Hirnnervs (N. vagus) zu den Organen des Kopfes und
ticus = Sehhügel) und der Hypothalamus. der Kehle führen (. Tab. 10.1). Hirnnerv I und II, der Seh-
Der Hypothalamus ist dem vegetativen Nervensystem nerv und der Riechnerv, sind Ausstülpungen des Zwi-
übergeordnet. Er bildet die zentrale Regulation vegetativer schenhirns und somit Gehirnanteile, während die übrigen
Prozesse wie Temperaturempfinden, Physiologie der Erre- Hirnnerven wie die Spinalnerven aus den frühen Anlagen
gung und des endokrinologischen Geschehens. Ferner des Zentralnervensystems herauswachsen.
wird hier die Ausschüttung von Hormonen, besonders der
Hypophyse und der Nebennieren, koordiniert. Alle Vor-
gänge des Hypothalamus stehen in engster Beziehung zum 10.1.5 Rückenmark
Thalamus und zum Großhirn.
Der Thalamus gilt als wichtige Sammel- und Um- Das Rückenmark (Medulla spinalis) liegt im Wirbelkanal
schaltstelle für Erregungen aus den Sinnesorganen und der Wirbelsäule. Es ist ein langer Strang aus Nervensub-
dem Körper. Bei unangenehmen Empfindungen (Schreck, stanz. In regelmäßigen Abständen treten zahlreiche, je-
Ekel) wird die Erregung des Thalamus auch auf den Sym- weils eine vordere und eine hintere Nervenwurzeln aus
pathikus umgeleitet, sodass Übelkeit und sogar Erbrechen (. Abb. 10.1). Am Rande des Wirbelkanals vereinigen sich
die Folge sein können. Erkrankungen und Verletzungen beide Wurzeln zu einem der insgesamt 31 Spinalnerven,
des Thalamus stören die Sensibilität (Spontanschmerzen, die zu den Muskeln und zur Haut weiterziehen. Das Rü-
Rasierschmerzen). ckenmark geht ohne festen Übergang aus der Medulla ob-
Das gesamte Zwischenhirn ist der Ursprungsort aller longata hervor und endet mit dem Conus medullaris in
Affekte wie Wut, Ärger, Freude, Wohlbehagen. Zwischen Höhe des 1. oder 2. Lendenwirbels.
Thalamus und Hirnrinde bestehen zahlreiche axonale Ver- Es werden 8 Halssegmente (Zervikalsegmente),
bindungen, sodass beide Hirnregionen in ständiger Ver- 12 Brustsegmente (Thorakalsegmente), 5 Lendensegmente
bindung miteinander stehen und sich wechselseitig stimu- (Lumbalsegmente), 5 Kreuzbeinsegmente (Sakralseg-
lieren oder hemmen. Ferner bestehen engste Beziehungen mente) und 1 Steißsegment (Kokzygealsegment) unter-
vom Zwischenhirn zu den Basalganglien. schieden. Das Rückenmark ist ca. 40–50 cm lang. Da die
Wirbelsäule schneller wächst als das Rückenmark, ist
dieses schließlich kürzer als die Wirbelsäule und endet im
10.1.3 Mittel- und Kleinhirn thorakolumbalen Übergang. Daher ziehen die spinalen
Nervenfasern, insbesondere die der Lumbal- und Sakral-
Mittelhirn segmente, aus den unteren Bereichen des Rückenmarks im
Neben dem Aquaeductus cerebri Sylvii, der Verbindung Wirbelkanal noch weiter nach unten, bevor sie das für sie
zwischen dem 3. und 4. Hirnventrikel, enthält das Mittel- bestimmte Foramen intervertebrale erreichen.
hirn u. a. 2 für die Motorik sehr wichtige Kerne: Die Spinalnervenwurzeln unterhalb des Conus medul-
4 Nucleus ruber (roter Kern): laris sind zu einem dicken Faserbündel vereinigt, das wie
Er erhält v. a. Erregungen aus dem Kleinhirn. ein Pferdeschwanz aussieht und deshalb als Cauda equina
500 Kapitel 10 · Neurochirurgie
a b
unempfindlich. Diese sensorischen Rindengebiete an der sichtsfeld, rechtes Auge: mediales Gesichtsfeld) – die ho-
hinteren Zentralwindung liegen neben den entsprechenden monyme Hemianopsie nach links.
motorischen Zentren der vorderen Zentralwindung, d. h. In der Nähe der Area striata gibt es ein schwer abgrenz-
ein sensorisches Fußzentrum befindet sich neben dem bares Gebiet, das sekundäre Sehzentrum. Nach dessen
motorischen usw. Beide Zentren greifen ineinander über. doppelseitigem Ausfall kann der Mensch einen Gegen-
Die sensiblen Fasern gelangen aus allen Abschnitten stand noch richtig wahrnehmen und benutzen, er kann
des Körpers auf die hintere Zentralwindung, sodass man ihm aber nicht seinen Namen geben. Der Patient leidet an
auch hier von einer Projektion der Körperoberfläche auf Seelenblindheit.
die Hirnrinde spricht. Auch diese ist keineswegs proporti-
onsgerecht. Der Umfang des Projektionsgebietes auf der Akustische Wahrnehmung Weiter unterscheidet man im
sensorischen Rinde hängt nicht von der Größe der Kör- Schläfenlappen 2 akustische Zentren für das Hören:
peroberfläche ab, sondern von ihrer Bedeutung. Daumen, 4 das primäre Zentrum dient der akustischen Wahr-
Lippen und Gesicht haben ein verhältnismäßig großes, nehmung,
Rumpf und Hals ein sehr kleines Areal (7 Abb. 10.2). 4 das sekundäre Zentrum dient dem Erkennen des Ge-
hörten.
Störungen des optischen und des akustischen
Wahrnehmens Diese Zentren kann man in der Rinde nicht voneinander
Optische Wahrnehmung Im Bereich des Hinterhauptlap- trennen, sie sind ineinander verzahnt. Alles spricht dafür,
pens des Großhirns in der Nähe der Fissura calcarina fin- dass der Umfang eines solchen Zentrums morphologisch
det sich ein leicht streifig erscheinendes Areal, die Area nicht festliegt, sondern je nach Beanspruchung größer
striata. Dieses Areal bildet das primäre Sehzentrum. Es oder kleiner ist.
empfängt seine Erregungen von der Netzhaut des Auges
über den Sehnerv und die Sehnervenstrahlung. Werden Sprachstörungen
diese Areale in beiden Hinterhauptlappen z. B. durch ein Sensorische Aphasie Ausfälle im Bereich des Hörzentrums
Trauma, zerstört, ist der Patient blind. Ein Tumor im rech- können zu schweren Störungen des Sprachverständnisses
ten Hinterhauptlappen bewirkt dagegen eine halbseitige führen. Der Rindenbereich, auf dessen Schädigung sie zu-
Blindheit beider Augen (Ausfall linkes Auge: laterales Ge- rückzuführen sind, lässt sich vom eigentlichen Hörzen-
10.1 · Anatomische und physiologische Grundlagen
503 10
trum nicht genau abgrenzen; er liegt im Schläfenbereich wegt und sich dann gegen das darunter liegende Peri-
des Großhirns. Der betreffende Bereich heißt auch Werni- ost verschiebt. So kommt es, dass sich Hämatome in-
cke-Zentrum. nerhalb der Kopfschwarte kaum, im Raum zwischen
Galea und Perikranium (Periost) dagegen schnell aus-
Motorische Aphasie Das Sprachverständnis ist nur wenig breiten. Die Kopfschwarte ist außerordentlich gut
beeinträchtigt, aber der Patient kann Silben nicht zusam- durchblutet. Eine Besonderheit stellen die zahlreichen
mensetzen, keine Sätze bilden und Worte nicht finden. Anastomosen zwischen äußeren und inneren Schädel-
Verantwortlich sind Ausfälle am unteren Rand des Stirn- venen dar. Die Venen der Kopfschwarte besitzen eine
lappens, der Broca-Windung. Verbindung in das Schädelinnere. Dies ist ein Weg, auf
Die Sprachzentren befinden sich in der Regel bei dem Infektionen gelegentlich eindringen können.
Rechtshändern auf der linken Seite, bei Linkshändern 4 Lockeres Bindegewebe grenzt die Kopfschwarte ab
manchmal auf der rechten Seite des Gehirns → Dominanz gegen
der linken Hemisphäre. 4 das Periost (Perikranium).
4 Schädeldachknochen. Dieser besteht aus 3 Schichten:
5 Lamina externa,
10.1.7 Liquorräume 5 Diploe (enthält Knochenmark und ist gut durchblu-
tet),
Die Hohlräume der embryonalen Hirnblasen bleiben er- 5 Lamina interna.
halten und bilden später die 4 inneren Höhlen (Ventrikel)
des Gehirns. 1. und 2. Ventrikel liegen in der rechten und Gehirn und Rückenmark liegen im knöchernen Schädel
linken Hemisphäre des Großhirns, beide Ventrikel werden bzw. im Wirbelkanal gut geschützt gegen Verletzungen.
auch Seitenventrikel genannt und sind über die Foramina Der Schädel ist das Knochengerüst des Kopfes (. Abb.
Monroi untereinander und mit dem 3. Ventrikel im Zwi- 10.3 und . Abb. 10.4). Man unterscheidet:
schenhirn verbunden. Der 3. Ventrikel ist mit dem 4. Ven- 4 Neurokranium (Hirnschädel),
trikel im Rautenhirn über den Aquaeductus cerebri Sylvii 4 Viszerokranium, Splanchnokranium (Gesichtsschädel).
im Mittelhirn verbunden. Der 4. Ventrikel setzt sich fort in
den Zentralkanal des Rückenmarks. Gleichzeitig bestehen Der Schädel setzt sich wie ein Mosaik aus 29 Teilen (Schä-
vom 4. Ventrikel Verbindungen zu den äußeren Liquor- delbeinen) zusammen:
räumen (Foramina Luschkae und Foramen Magendii). 4 Schädeldach, Schädelkalotte: Stirnbein, die beiden
In den Ventrikeln befindet sich der Liquor cerebrospi- Scheitelbeine, die 2 Schuppen der Schläfenbeine und
nalis. Er wird von Gefäßgeflechten (Plexus chorioidei) in der größte Teil des Hinterhauptbeins.
den Hirnkammern gebildet und gelangt über die genann- 4 Schädelbasis: die zum Stirnbein gehörenden Dächer
ten Foramina schließlich an die Außenflächen des Gehirns der Augenhöhle, das Keilbein, die beiden Felsenbeine,
und des Rückenmarks. Er wird in den Pacchioni-Granula- die Teile der Schläfenbeine sind, und ein Teil des Hin-
tionen der Arachnoidea und im Bereich der Wurzelscheide terhauptbeins.
der Spinalnerven in das Blutgefäßsystem rückresorbiert.
Ist diese Liquorzirkulation an einem dieser vorgenannten Die Schädelbasis stellt die untere Rahmenkonstruktion des
Orte behindert, entwickelt sich ein Hydrozephalus. Knochengerüstes »Kranium« dar. Von Bedeutung sind:
4 Hypophysenregion (Sella turcica).
jFunktionen des Liquors 4 Kleinhirnbrückenwinkel.
4 Aufrechterhaltung eines konstanten Hirninnendrucks, 4 Vordere Schädelgrube; sie enthält Zugänge zur Na-
4 Aufrechterhaltung eines konstanten Hirnvolumens, senhöhle und zur Orbita.
4 Schutzfunktion nach Art eines Wasserkissens, 4 Mittlere Schädelgrube; sie enthält Zugänge zum Ge-
4 Ernährung der Zellen des Gehirns. sichtsschädel und zur Orbita.
4 Hintere Schädelgrube; sie enthält Zugänge zum In-
nenohr, zur Halsregion und zum Wirbelkanal.
10.1.8 Hüllen des Gehirns 4 Der Verbindungsknochen zum Gesichtsschädel ist
und des Rückenmarks das Siebbein, durch dessen löchrigen Grund die Fa-
sern der Riechnerven ziehen.
Von außen nach innen sind zu erkennen: Die Schädelknochen sind untereinander fest durch
4 Die äußere Haut ist fest verbunden mit der Schädelnähte verbunden; von diesen Nähten geht
4 Galea aponeurotica (Kopfschwarte) und der mi- das Schädelwachstum aus (desmoplastisches Wachs-
mischen Muskulatur, mit der zusammen sie sich be- tum).
504 Kapitel 10 · Neurochirurgie
10
10
a b c
. Abb. 10.5a–c Wirbelsäule von vorn (a), hinten (b) und seitlich ten. In der Seitenansicht (c) sind die physiologischen Wirbelsäulen-
von links (c). Beachte die Größe der Wirbelkörper sowie die Stellung schwingungen zu erkennen. (Nach Appell u. Steng-Voss 2008)
der Dornfortsätze in den unterschiedlichen Wirbelsäulenabschnit-
a c e
b d f
. Abb. 10.6a–f Vergleichende Darstellung eines Hals-, (a, b), Brust- Aufnahme der Rippen am Brustwirbel hellgrau. Beachte die unter-
(c, d) und Lendenwirbels (e, f) von oben und seitlich. Die Gelenkflä- schiedliche Ausprägung der Fortsätze und die Stellung der Gelenk-
chen der kleinen Wirbelgelenke sind blau markiert, diejenigen zur flächen. (Nach Appell u. Steng-Voss 2008)
10.2 · Neurochirurgisches Basiswissen im Operationssaal
507 10
4 Dornspitzenband (Lig. supraspinale); es liegt über al- deren Wurzeln in die weißen Verästelungen (Rr. com-
len Dornfortsätzen. municantes albi) zum Grenzstrang des Sympathikus.
4 Zwischenbogenbänder (Ligg. interarcuata) bzw. gelbe Er ist eine perlschnurartige Kette an beiden Seiten der
Bänder (Ligg. flava). Wirbelsäule.
4 Zu den parasympathischen Nerven gehört im We-
Die Form der menschlichen Wirbelsäule entspricht einem sentlichen der N. vagus. Er entspringt aus einem be-
lang gezogenen Doppel-S: Die Halswirbelsäule (HWS) ist sonderen Kern des Hirnstamms und erscheint als
nach vorn durchgebogen (Halslordose), die Brustwirbel- X. Hirnnerv aus der Medulla oblongata. Er sendet Äste
säule (BWS) nach hinten (Brustkyphose) und die Lenden- zu allen inneren Organen bis hinab zum Dünndarm.
wirbelsäule (LWS) wieder nach vorn (Lendenlordose). Enddarm und Urogenitalsystem werden durch para-
Dabei sind es die Bänder, die der Wirbelsäule ihren Halt sympathische Fasern aus dem Sakralmark versorgt.
geben. Längsmuskulatur und Bauchmuskulatur wirken
zusätzlich als elastisches Korsett. In ihrer Wirkung auf die inneren Organe sind Sympathi-
Zwischen dem 1. und 2. Halswirbel (Atlas und Axis) kus und Parasympathikus Antagonisten. Aus den unter-
besteht eine gelenkige Verbindung, um die Drehung des schiedlichen Funktionen (. Tab. 10.2) lässt sich ableiten,
Kopfes zu ermöglichen: Der Atlas dreht sich um den Zahn dass das sympathische System im Wesentlichen der
(Dens) des 2. Halswirbels. Leistungserhöhung dient, während das parasympathische
Durch die Aneinanderreihung der Wirbel mit ihren System im Wesentlichen Erholungseffekte bedingt.
Wirbellöchern entsteht der Wirbel- oder Spinalkanal, in
dem das Rückenmark liegt, das von den gleichen Häuten
umgeben ist wie das Gehirn (7 Abschn. 10.1.8). 10.2 Neurochirurgisches Basiswissen im
Operationssaal
Magen, Darm Hemmung der Peristaltik und der Drüsentätigkeit Anregung der Peristaltik und der Drüsentätigkeit
10.11 10.12
10.13
. Abb. 10.7 Elevatorium. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.11 Trepan. (Fa. Codman)
. Abb. 10.8 Dissektor. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.12 Kraniotom und Schutzschuh. (Fa. Codman)
. Abb. 10.9 Dandy-Klemmen. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.13 High-speed-Bohrsystem. a Trepane, b Bohrer
. Abb. 10.10 Raney-Clips. (Fa. Codman) (Fa. Zeppelin)
510 Kapitel 10 · Neurochirurgie
10.14 10.15
. Abb. 10.14 Stanze nach Kerrison. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.15 Stanze nach Hajek-Kofler. (Fa. Aesculap AG)
jSchädelverschluss
4 Durapinzetten, Nadelhalter, Schere.
4 Zur schnellen und passgenaueren Fixierung des Kno-
chendeckels werden in verschiedenen Formen ange-
botene Verschlussplättchensysteme verwendet
10 (. Abb. 10.18).
4 Nur noch selten wird der Knochendeckel mit nicht
resorbierbaren Fäden über 2-mm-Bohrlöcher an der
Kalotte festgeknotet.
4 Zu jeder Kopfoperation gehört ein standardisierter
Zusatz (s. unten), eine Spülspritze mit Knopfkanüle,
das Mikroinstrumentarium und andere Spezialinstru-
mente.
Laminektomieinstrumente
4 Skalpell, groß für die Haut und etwas kleiner für die
10.16 10.17 Dura, Pinzetten (chirurgisch grob, chirurgisch fein
und bajonettförmig anatomisch).
. Abb. 10.16 Bajonettpinzette. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 10.17 Duraschere. (Fa. Aesculap AG)
4 Scheren, scharfe Haken, Nadelhalter.
4 Laminektomiespreizer nach Williams (. Abb. 10.19),
der durch seine spezielle Biegung nicht die Übersicht
4 Feine chirurgische Durapinzetten (z. B. nach Adson). bei dem dorsalen Zugang behindert. Zum Teil werden
4 Feine Saugeransätze. diese Wundspreizer mit gelenkigen Verbindungen zu
4 Hirnspatel, z. T. selbsthaltend: Diese Spatel werden so den Branchen angeboten.
gebogen, dass sie sich dem Hirngewebe optimal anle- 5 Für eine Laminektomie wird ein Sperrer mit 2 gleich
gen. Das Gehirn wird dabei durch einen Streifen langen Branchen bevorzugt,
feuchter Hirnwatte geschützt. Sollte ein Spatel für 5 für eine Hemilaminektomie wird ein Wundspreizer
kurze Zeit ohne Hirnwatte eingesetzt werden, muss er mit einer langen und einer kurzen Branche gewählt.
feucht angereicht werden. 4 Laminektomiestanze nach Hajek-Kofler (nach oben
offen) oder nach Smith-Kerrison (nach unten offen;
Zum Offenhalten des OP-Feldes wird ein Halteapparat mit s. oben: Kraniotomieinstrumente).
flexiblen Armen an dem Operationstisch fixiert; in diese 4 Mit geraden oder abgewinkelten Rongeuren (Tumor-
Arme werden dann die benötigten Spatel eingesetzt. exstirpationszangen) wird das zerschlissene Band-
4 Bei Bedarf: Aneurysmaclips mit Applikationszangen scheibengewebe entfernt (. Abb. 10.20).
(7 Abschn. 10.5.1). 4 Der Nervenwurzelhaken (z. B. nach Love oder nach
Krayenbühl) hält die Nervenwurzel aus dem OP-Ge-
10.2 · Neurochirurgisches Basiswissen im Operationssaal
511 10
a c
b d
. Abb. 10.18a–d Craniofix-System mit Verschlussplättchen (Beispiel: Fa. Aesculap AG). Instrumentarium (a), Implantat (b), Craniofix-System
in situ (c) und implantiert (d)
Mikroinstrumentarium
Operationen unter dem Mikroskop erfordern neben dem
Standardinstrumentarium ein geeignetes Mikroinstru-
mentarium.
4 Nervenhäkchen mit und ohne Knopf (. Abb. 10.22).
4 Arachnoideascheren (. Abb. 10.23).
4 Mikroscheren, gerade oder bajonettförmig
(. Abb. 10.24).
4 Mikropinzetten, ebenfalls gerade oder bajonettförmig.
4 Mikronadelhalter, bajonettförmig (. Abb. 10.25).
4 Mikrodissektor, zur Unterstützung bei der Präparati-
on (. Abb. 10.26).
. Abb. 10.19 Laminektomiesperrer nach Williams
Die übliche bipolare Koagulationspinzette wird für Mikro-
skopoperationen gegen eine Mikropinzette ausgetauscht.
biet (. Abb. 10.21). Auch hier ist es wichtig, dass der Instrumentation 7 Abschn. 10.2.5.
Haken feucht angereicht wird.
4 Das Nerv- oder Durahäkchen löst nach der Inzision Neurochirurgische Spezialitäten
mit einem kleinen Messer die Dura vom Rückenmark. 4 Resorbierbares Hämostyptikum (Kollagenvlies, Tabo-
4 Bei Operationen an der Wirbelsäule und am Rücken- tamp) tamponiert die blutende Stelle.
mark gelten dieselben Regeln wie für die Gehirnope- 4 Für intrazerebrale Blutungen kann das Hämostypti-
ration; der Standardzusatz (s. unten) bleibt derselbe. kum zudem in Fibrinkleber getränkt werden.
512 Kapitel 10 · Neurochirurgie
10.20
10.21
10
. Abb. 10.20 Rongeure. a Nach Love-Gruenwald, b nach Weil- . Abb. 10.23 Arachnoideaschere. (Fa. Aesculap AG)
Blakesley. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.24 Mikroschere nach Malis. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 10.21 Nervenwurzelhaken. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.25 Mikronadelhalter nach Spetzler. (Fa. Aesculap AG)
. Abb. 10.22 Nervenhäkchen. (Fa. Aesculap AG) . Abb. 10.26 Mikrodissektor. (Fa. Aesculap AG)
10.2 · Neurochirurgisches Basiswissen im Operationssaal
513 10
4 Hirnwatte wird als Tupfer oder Streifen in verschie- unverletzt bleiben. Während des Bohrens und Fräsens
denen Größen und Längen angeboten. Sie besteht aus muss mit kalter Spülung der Knochen gekühlt werden. Die
gepresster, fusselfreier Watte. Jeder Tupfer und jeder Hochgeschwindigkeitsbohrsysteme bohren mit 80.000–
Streifen ist mit einem Faden armiert. Tupfer müssen 100.000 Umdrehungen/min und ermöglichen dadurch
häufig für den Gebrauch noch zurechtgeschnitten druckfreies, exaktes Fräsen.
werden. Sie werden immer feucht angereicht, denn sie
dienen dem Schutz des Gehirns oder der Lagefixation jLasersysteme
eines Tabotamp-Streifens. Sie sind Standard in jedem neurochirurgischen OP-Saal. In
Streifen und Tupfer werden mit einer Pinzette ange- der Regel werden der CO2-Laser und der Nd:YAG-Laser
reicht. Sie werden unter das Mikroskop gehalten, da- eingesetzt. Beide Systeme erfordern besondere Erfahrung
mit der Operateur sie abnehmen kann. Dabei ist die beim Aufbau und bei der Bedienung. Sicherheitsregeln
Hand des Instrumenteurs im Mikroskopausschnitt sind deshalb festgelegt und müssen unbedingt beachtet
nicht sichtbar. werden. (Jede OP-Abteilung hat einen Laserbeauftragten!).
4 Sollte die eröffnete Dura nicht wieder zuzunähen Alle im Saal Anwesenden müssen eine Laserschutzbrille
sein, muss die Defektdeckung durch einen »Patch« tragen, da die Streustrahlung des Lasers die Netzhaut der
erfolgen. Dazu wird ein gewebefreundliches alloplas- Augen verletzen kann. Der Zugang zum OP-Saal muss mit
tisches Material, z. B. Gore-Dura, verwendet. Sie einem Laser-Hinweisschild gekennzeichnet sein.
wird in verschiedenen Größen angeboten, zurecht-
geschnitten und eingepasst. Entweder wird sie mit jIntraoperative Ultraschalldiagnostik (Sonographie)
Spezialfäden fortlaufend eingenäht oder nur aufgelegt Bei der Ultraschalldiagnostik werden die unterschied-
und/oder mit Fibrinkleber fixiert. lichen Reflexionen von ausgesandten Schallwellen durch
Eine wenig aufwändige Alternative stellt der resorbier- verschiedene Körpergewebe genutzt, um ein Bild des Kör-
bare Durapatch (z. B. Tachosil) dar, das zunehmend perinneren zu erzeugen. Da der Schädelknochen relativ
standardmäßig genutzt wird. Das synthetische Implan- schalldicht ist, spielt diese Technik in der präoperativen
tat aus Polydioxanon wird innerhalb eines Viertel- neurochirurgischen Diagnostik keine Rolle. Eine Ausnah-
jahres durch eine körpereigene Bindegewebsschicht er- me bilden Säuglinge, bei denen die offenen Schädelnähte
setzt. Dieser Durapatch hat eine poröse Grundstruktur, und die Fontanelle ausgezeichnete Schallbedingungen bie-
um die Einsprossung von Gefäßen und Gewebe zu er- ten. Intraoperativ lässt sich der Ultraschall nach Kranioto-
möglichen. Er gilt jedoch als liquordicht. mie mit geeigneten Sondenköpfen gut zum Auffinden von
4 Knochenwachs ist ein industriell gefertigtes Wachs, das anatomischen Landmarken (Falx, Ventrikel, Plexus chori-
zur Blutstillung auf blutenden spongiösen Knochen oideus), pathologischen Prozessen und zur Resektions-
mit dem Finger oder dem Dissektor aufgetragen wird. kontrolle von Tumoren einsetzen.
4 Der bipolare Koagulator löst eine fein umschriebene
Verschorfung aus. Sie ist auf das Gewebe zwischen jDopplersonographie
den Pinzettenbranchen beschränkt, weil die Restflä- Die Frequenzverschiebung sich schnell bewegender Ob-
che der Pinzette isoliert ist. Bipolare Pinzetten wirken jekte (Doppler-Effekt) ist die physikalische Grundlage die-
zweipolig, sodass eine Neutralelektrode am Patienten ser Untersuchung. Angewandt auf die fließenden korpus-
zur Stromableitung nicht benötigt wird. Zur Siche- kulären Bestandteile des Blutes (Blutkörperchen) lassen
rung der einwandfreien Koagulation müssen die Pin- sich die Flussgeschwindigkeiten und annähernd die Weite
zettenspitzen immer sauber gehalten werden. Wegen der untersuchten Gefäße beurteilen. In der Neurochirurgie
der feinen Strukturen am Gehirn und an den Nerven wird das Verfahren zur Untersuchung von Gefäßspasmen
würde jede breitflächige monopolare Koagulation ge- als Komplikation von Subarachnoidalblutungen und zur
sunde Gehirnareale zerstören. Die benötigten Pinzet- intraoperativen Kontrolle der Durchgängigkeit zu- und
ten werden bajonettförmig, gerade und gebogen an- abführender Gefäße nach Aneurysmaclipping und bei An-
geboten. giomoperationen benutzt.
jNeuronavigation
Mit Hilfe der Neuronavigation gelingt der Transfer von
Bilddaten aus der kranialen Computertomographie (CCT)
und der Magnetresonanztomographie (MRT) in die reale
Anatomie des OP-Situs. Über Laserstrahlen werden mar-
kante Schädelstellen markiert; sie werden lasertechnisch
vermessen, und das System errechnet aus den Landmarken
die Position des Tumors.
Ist der Kopf des Patienten zur Operation fixiert, wer-
den die Marker identifiziert. Das Kamerasystem der Neu-
ronavigation erfasst die Positionen der Marker, und ein
Systemrechner stellt die Beziehung zwischen den CCT-/
MRT-Bildern und der tatsächlichen Anatomie des Pati-
enten her. Diese Kontrolle wird intra- und postoperativ
mehrfach wiederholt. Veränderungen, die intraoperativ
auftreten, können nicht real abgebildet werden.
. Abb. 10.27 Stereotaktisches Gerät nach Leksel. (Nach Siewert 2006)
10.2.5 Instrumentieren unter dem Mikroskop Ein Stoßen von außen gegen das Standmikroskop erscheint
im Situs wie ein »Erdbeben«. Alle im Saal Anwesenden
Mikroinstrumente werden in ihren Containern auf genopp- müssen darauf hingewiesen werden.
ten Gummimatten gelagert, damit sie keinesfalls mit ihren
empfindlichen Spitzen aneinander stoßen können und die
Spitzen so zerstört würden. Auf dem Instrumentiertisch sol- 10.2.6 Ende der neurochirurgischen
len sie ebenfalls auf einer Gummimatte ohne Kontakt zu Operation
anderen Instrumenten gelagert werden (. Abb. 10.28).
Mikroinstrumente werden in der Regel ohne Ver- 4 Linsen und Okulare des Mikroskops sind nach Spritz-
schlussraster benutzt. Trotzdem werden sie geschlossen flecken, Schlieren und Schmutz zu untersuchen und
angereicht und vom Operateur so in den Situs eingeführt, ggf. mit einem feuchten Leinentuch zu säubern. Alle
um periphere Verletzungen der empfindlichen Gehirn- Standardeinstellungen des Mikroskops werden wie-
masse zu vermeiden. der hergestellt, bevor alle Öffnungen staubgeschützt
Unter dem Mikroskop mit seiner Vergrößerung wirkt zugedeckt werden. Schrauben, Schalter und Handrä-
alles Fremdmaterial extrem störend, deshalb sind die In- der dürfen nicht überdreht werden.
strumente blutfrei zu halten. Dazu werden feuchte fussel-
freie Textilien benötigt. Alle Instrumente sind dem Opera- Bei vielen Operationen wird immer wieder durchleuchtet
teur am Mikroskop deshalb sanft, aber sicher in die Hand (z. B. bei Operationen an der Wirbelsäule, bei transna-
außerhalb des Sichtfeldes anzureichen. Manche Opera- salen/transsphenoidalen Hypophysenoperationen u. a.).
teure bitten gelegentlich darum, dass ihre Hand mit dem Da es schwere körperliche Arbeit bedeutet, zum Schutz vor
Instrument in Richtung des Gesichtsfeldes geführt wird. Strahlen mit einer Bleischürze mehrere Stunden instru-
Unter dem Mikroskop ändern sich die Anforderungen mentieren zu müssen, sollten diese Operationen vorzugs-
an alle an der Operation Beteiligten: weise an den Tagesanfang gelegt werden.
516 Kapitel 10 · Neurochirurgie
10.3 Diagnostische Untersuchungen in wird aber bei Patienten mit einem Herzschrittmacher oder
der Neurochirurgie als Funktionsmyelographie in Kombination mit CT ange-
wendet.
Grundlage jeder neurochirurgischen Behandlung sind die
Erhebung der Krankengeschichte des Patienten und die
neurologische Untersuchung. Voraussetzung ist eine ge- 10.3.4 Angiographie (Gefäßdarstellung)
naue Kenntnis der Anatomie und Funktion des zentralen
und peripheren Nervensystems. Zur gezielten Behandlung Über eine Beinarterie (A. femoralis) wird ein Katheter in
sind spezielle Untersuchungstechniken notwendig: der Aorta bis zum Abgang der Hirngefäße vorgeschoben
4 Nativdiagnostik, und von hier aus ein Kontrastmittel in Richtung Gehirn ge-
4 Ultraschalldiagnostik, spritzt, sodass im Röntgenbild die Gefäße sichtbar werden.
4 Dopplersonographie, 4 Karotisangiographie,
4 neuroradiologische Spezialuntersuchungen, 4 Vertebralisangiographie,
4 neurophysiologische Untersuchungen, 4 Spinale Angiographie.
4 Liquordiagnostik.
Mit Hilfe der Angiographie lassen sich durch die Verlage-
rung von Arterien und Venen ausgelöste raumbeengende
10.3.1 Ultraschalldiagnostik Prozesse nachweisen und lokalisieren. Es ergeben sich art-
diagnostische Hinweise (pathologische Gefäßneubil-
Ultraschallechoimpulse werden in elektrische Impulse dungen, Tumorkreislauf). Der Angiographie allein bleibt
verwandelt und entsprechend auf einem Bildschirm dar- auch die Darstellung von pathologischen Gefäßverände-
gestellt. rungen (arteriosklerotische Wandveränderungen, Steno-
10 4 In der Neurochirurgie: Diagnostik im Säuglingsstadium sen, Verschlüsse) und von Gefäßmissbildungen (Angiome,
durch die offene Fontanelle, zum Auffinden von Tumo- Aneurysmen) vorbehalten.
ren, Fehlbildungen, Hydrozephalus, Blutansammlung.
4 Intraoperativ: zum Nachweis tief gelegener Tumoren,
Zysten, Abszesse etc. (7 Abschn. 10.4.5). 10.3.5 Interventionelle Radiologie
Symptome und Schädigungsorte sind in . Tab. 10.3 aufge- Orientierungsstörung Scheitelhirn, Okzipitalhirn
listet. Gesichtsfelddefekte Okzipitalhirn, Sehnervenkreu-
zung
Besonderheiten der Hirntumoren gegenüber Hirnnervenlähmung Hirnstamm, Hirnbasis
anderen Tumoren
Ataxie, Nystagmus Kleinhirn
4 Alle Geschwülste innerhalb der knöchernen Schädel-
kapsel, auch die langsam wachsenden, gutartigen, Epileptische Anfälle
sind in ihrer Wirkung bösartig, da sie durch zuneh- Häufiger generalisiert als
menden Hirndruck und fehlende Ausweichmöglich- fokal
keit des Gehirns zum Tod führen, wenn nicht chirur- In etwa 1/4 der Fälle
gisch eingegriffen wird. erstes Symptom
4 Sie bewirken gewöhnlich keine Kachexie. Lokale Symptome Die Zuordnung bestimmter
4 Sie metastasieren nicht. (Herdsymptom) Herdsymptome zu einzelnen
4 Sie bevorzugen nicht das höhere Lebensalter, sondern Hirnregionen ist z. T. recht typisch
kommen auch schon in der Kindheit vor.
10.29
10.30
10
10.31
10.32
. Abb. 10.29 Bajonettdissektor. (Fa. Codman) . Abb. 10.31 Enukleatoren. (Fa. Codman)
. Abb. 10.30 Hypophysengabel. (Fa. Codman) . Abb. 10.32 Ringküretten. (Fa. Codman)
kPrinzip
Eine intraoperative Liquorfistel wird mit einem Fettpatch Osteoplastische Trepanation (7 Abschn. 10.7.5), vollstän-
oder Tachosil (7 Abschn. 10.2.3) gedeckt, ggf. wird eine dige Entfernung des hirneigenen Tumors.
passagere lumbale Liquordrainage angelegt. Eine weitere
Möglichkeit der Entfernung eines Hypophysenadenoms kLagerung
bietet die Operation über den subfrontalen Zugang. Er wird 4 Rückenlage oder Seitenlage.
bei großen supra- und parasellär gewachsenen Tumoren 4 Fixation des Kopfes in der Mayfield-Dornenhalterung.
10.4 · Intrakranielle Tumoren
523 10
jZytostatika
Zytostatische Medikamente in der Neurochirurgie sind
nur eine Möglichkeit der Behandlung. Durchgesetzt hat
a
sich die zytostatische Behandlung bislang bei den Neuro-
blastomen (Tumoren des Sympathikus, die im Wesent-
lichen im Kindes- und Jugendalter vorkommen) und bei
den Medulloblastomen. Standard ist die Radiochemothe-
rapie bei der Nachbehandlung des Glioblastoms. Nach der
Resektion eines Glioblastoms wird gelegentlich in die Re-
sektionshöhle ein Zytostatikum eingelegt.
jPalliativoperationen
10 Auch kleine Tumoren können durch ihre Lage die Liquor-
abflusswege (Foramen Monroi, 3. Ventrikel, Aquaeductus
Sylvii) behindern. Dann bleibt lediglich die Möglichkeit
einer Palliativoperation. Das Prinzip dieser Operation liegt
in der Ableitung des Liquor cerebrospinalis aus einem der
beiden Seitenventrikel in den Peritonealraum (ventrikulo- b
peritonealer Shunt, 7 Abschn. 13.6.1). . Abb. 10.34a, b Einblick in einen Ventrikel (a) mit Ballonkathe-
Die vielen, hierzu im Handel erhältlichen Systeme ha- ter (b). (Abb. freundlicherweise überlassen von Prof. Dr. Kehler, Neu-
ben alle ein Ventil im Schlauchsystem, das das Zurückflie- rochirurgie Asklepios Klinik Altona, Hamburg)
ßen des Blutes in den Ventrikel verhindert. In dem Ventri-
kel muss ein bestimmter Druck aufgebaut werden, bevor
sich das Ventil öffnet, um den Liquor abzuleiten. Dieser
Öffnungsdruck kann prä- oder intraoperativ gemessen
und entsprechend das Ventil ausgesucht werden.
Eine Alternative ohne Einbringen von Fremdmaterial
bietet die Ventrikulostomie: Mit einem starren Endoskop
gelangt man über einen Seitenventrikel zum Boden des
3. Ventrikels. Dieser wird über einen Ballonkatheter per-
foriert (. Abb. 10.34). Über das Perforationsloch kann der
Liquor dann abfließen.
Zu bevorzugen ist heute bei allen Formen des Ver-
schlusshydrozephalus diese endoskopische Ventrikulostomie
(. Abb. 10.35), bei der durch ein in den 3. Ventrikel einge-
brachtes Endoskop der Boden des Ventrikels perforiert
wird und dem aufgestauten Liquor der Weg an die Außen-
flächen des Gehirns freigegeben wird. Dieses Verfahren . Abb. 10.35a, b Ventrikulostomie. a Ort der Ventrikulostomie am
vermeidet die häufigen Shuntkomplikationen. Boden des 3. Ventrikels; b Lage und Richtung des Endoskops
10.5 · Intrakranielle Gefäßmissbildungen
525 10
10.5 Intrakranielle Gefäßmissbildungen trübung mit Schläfrigkeit, Verwirrtheit und Unruhe.
Die Kranken stürzen, z. B. nach ungewohnten An-
10.5.1 Aneurysmen strengungen, plötzlich zu Boden und sind sofort tief
bewusstlos. Zeichen einer Enthirnungsstarre mit
Definition Streckkrämpfen deuten auf einen Durchbruch der
Aneurysmen im Gefäßsystem des Gehirns sind ange- Blutung ins Ventrikelsystem hin und sind damit pro-
borene Gefäßaussackungen. Sie sind besonders häu- gnostisch sehr ungünstig zu bewerten.
fig an den Teilungsstellen der Gefäße lokalisiert, an 5 Die Diagnose liefern Angio- und 3-D-CT.
denen oft Gefäßwanddefekte im Zusammenhang mit 5 Die Lumbalpunktion mit dem Nachweis blutigen
der Gefäßentwicklung nachzuweisen sind, oder sie sit- Liquors bestätigt im Zweifelsfall die Diagnose. Nach
zen an den ursprünglichen Abgangsstellen embryo- einer abgelaufenen Subarachnoidalblutung kommt
naler, später obliterierter Arterien. es zu einer bindegewebigen Verschwartung der
Arachnoidea. Diese Verschwartung kann einer
möglichen Rezidivblutung ein unüberwindliches
Aneurysmen treten solitär und multipel im intrakraniellen Hindernis bieten. So kann es leichter zu einer Wühl-
Raum auf; sie können mit anderen Gefäßmissbildungen blutung in das Hirn kommen, häufiger mit Ein-
kombiniert sein (Angiome). Die Aneurysmen zeigen sich bruch in das Ventrikelsystem.
in sehr unterschiedlicher Größe, meist sind sie etwa kirsch- 4 Im Zusammenhang mit der Aneurysmablutung
kerngroß. In ihrer Form sind sie sack- oder beerenförmig, kommt es meist zu Kontraktionen der Gefäßwan-
gestielt (meist an den Gefäßaufteilungen) oder spindelför- dungen (Gefäßspasmen), die wiederum eine Mangel-
mig (Gefäßerweiterungen über eine größere Strecke). Ge- durchblutung der abhängigen Hirngebiete bewirken
legentlich sitzen sie auch breitbasig der Gefäßwand auf. und zum Hirninfarkt führen können. Spasmen treten
sehr häufig zwischen dem 3. und 18. Tag nach der
Lokalisation Blutung auf.
Intrakranielle Aneurysmen liegen am häufigsten an der
Hirnbasis, am Circulus arteriosus Willisii, meist im vorde- Diagnostik
ren Abschnitt (76%), seltener im hinteren Abschnitt (24%). Der Nachweis der exakten Lokalisation eines Aneurysmas
ist nur durch die Angiographie möglich. Standard ist die
Symptome »Rundumangiographie«, d. h. die Darstellung sämtlicher
Die Anlage zur Ausbildung zerebraler Aneurysmen ist in zum Hirn führenden Arterien, um die relativ häufigen,
der Regel angeboren, sie vergrößern sich in Abhängigkeit multiplen Aneurysmen auszuschließen.
von der Hämodynamik im Lauf des Lebens. Klinisch kön- Die Angiographie sollte so bald wie möglich nach der
nen sie überhaupt oder zumindest lange Zeit stumm blei- SAB durchgeführt werden, um die grundsätzliche Ent-
ben. Diagnostiziert werden sie erst, wenn sie Symptome scheidung zur Operation zu treffen. Durch die Subarach-
bewirken. noidalblutung kommt es häufig zur Hydrozephalusbil-
4 Nachbarschaftsreaktion (Aneurysmen vom paraly- dung, die dementsprechend eine externe Ventrikeldraina-
tischen Typ): genoperation nach sich zieht.
Es kommt zu Lähmungserscheinungen an den Hirn-
nerven; insbesondere die Augenmuskeln sind betrof- Therapie
fen. Die plötzlich spontan auftretenden Lähmungen Die Therapie einer Subarachnoidalblutung beginnt auf der
des III. Hirnnervs sind praktisch immer auf ein An- Intensivstation. Zunächst werden die gestörten vitalen
eurysma im supraklinoidalen (oberhalb des Klinoid- Funktionen (Atmung, Kreislauf, Temperaturregelung,
fortsatzes gelegen) Karotisabschnitt zurückzuführen. Stoffwechselvorgänge) normalisiert. Insbesondere die
4 Blutung: Senkung des meist erhöhten Blutdruckes ist notwendig.
Bei der Ruptur eines Aneurysmas kommt es plötzlich Zur Behandlung und Prophylaxe von Gefäßspasmen wird
(apoplektiform) entweder zu einer Subarachnoi- Nimodipin gegeben, das den Blutdruck senkt und die Ge-
dalblutung (SAB), zu einer intrazerebralen oder zu ei- fäße weit stellt.
ner kombinierten subarachnoidalen und intrazere- Behandlungsziel ist der sofortige und zuverlässige Aus-
bralen Blutung. Die Subarachnoidalblutung beginnt schluss aus dem arteriellen Kreislauf. Anzustreben ist die
in der Regel mit blitzartig einsetzenden unerträg- umgehende Behandlung, weil die Patienten hochgradig
lichen Kopfschmerzen. Nackensteifigkeit, Übelkeit durch eine Reblutung gefährdet sind, die meist tödlich ver-
und Erbrechen können bald folgen. In der Hälfte der läuft, mindestens jedoch mit einer Zunahme neurolo-
Fälle kommt es sehr rasch zu einer Bewusstseinsein- gischer Ausfälle verbunden ist.
526 Kapitel 10 · Neurochirurgie
kPrinzip
Clipping eines Aneurysmas
Osteoplastische Kraniotomie, Aufsuchen des Aneurys-
mas, Clipping des Aneurysmasacks unter Erhaltung 7 Ein kleiner Haut-Galea-Schnitt an der rechten
der Blutzirkulation in der betroffenen Hirnarterie Schläfe als Beginn einer osteoplastischen Trepa-
(. Abb. 10.36). nation (7 Abschn. 10.4.5).
7 Präparation auf der Kalotte in üblicher Weise mit
kLagerung anschließendem Aussägen eines kleinen Kno-
4 Rückenlagerung mit Kopffixation in der Dornenhal- chendeckels. Bogenförmige Eröffnung der Dura
terung nach Mayfield. mit Messerchen und Duraschere.
4 Der Patient liegt auf einer Wärmematte und wird mit 7 Einstellen des OP-Mikroskops.
einer Wärmedecke zugedeckt. 7 Durch das Anheben des Stirnhirns mit einem
Hirnspatel und der Hirnwatte lässt sich die A. ca-
kInstrumentarium rotis interna mit Dissektor und Häkchen darstel-
4 Kraniotomieinstrumentarium, len. Der Aneurysmahals wird aufgesucht und mit
4 Standardzusatz, Häkchen, Dissektor und Bipolator präpariert, bis
4 Mikroinstrumente und Mikroskop, er völlig frei vom umliegenden Gewebe ist.
4 evtl. Fibrinkleber für ein Muskelstück, 7 Das Aneurysma wird mit einem Clip ausgeschal-
4 Aneurysmaclips, z. B. nach Sugita, Yasargil, Pernetzky tet, ggf. wird das Clipping unter passagerem Ver-
u. a. stehen in vielen Variationen zur Verfügung 6
(. Abb. 10.37),
10.5 · Intrakranielle Gefäßmissbildungen
527 10
Komplikationen
schluss des zuführenden Gefäßes durchgeführt Die Mortalität der ersten Subarachnoidalblutung liegt bei
(Vermeidung einer intraoperativen Aneurysma- etwa 25%. In mehr als der Hälfte der Fälle kommt es zu
blutung). Hirninfarkte lassen sich bei passagerem Rezidivblutungen. Die Mortalität bei der ersten Rezi-
Clipping zuführender Gefäße nur vermeiden, divblutung ist mit etwa 50% anzusetzen, das Todesrisiko
wenn diese Phase zeitlich limitiert wird (10– bei weiteren Blutungen noch höher. Mit jeder erneuten
15 min) und die Ischämietoleranz durch tiefe Nar- Blutung sinkt die Überlebenschance erheblich. Dabei sind
kose und vorherige Beatmung mit 100% Sauer- die einzelnen Lokalisationen der Aneurysmen ebenso un-
stoff erhöht wurde. Komplexe anatomische Ver- berücksichtigt wie die Ausgangslage bzw. der Zeitpunkt
hältnisse am Aneurysmahals können die Kombi- des operativen Eingriffs. (Ein kleines gestieltes Karotis-
nation mehrerer unterschiedlicher Clips aneurysma ist z. B. risikoloser zu operieren als ein breit-
notwendig machen. basig aufsitzendes oder ein Aneurysma an der A. basilaris.)
7 Manchmal gelingt ein optimales Clipping nicht, Je besser der Allgemeinzustand des Patienten ist und je
oder das Aneurysma rupturiert während oder vor geringer die vegetativen Dysregulationen (Temperatur,
dem Setzen des ausgesuchten Clips (s. unten). Kreislauf, Atmung) sind, desto besser ist der postoperative
Dann gestaltet sich die Präparation des Aneurys- Zustand des Patienten. Zu langes Warten bringt in er-
mahalses schwieriger. höhtem Maße die Gefahr einer Rezidivblutung mit sich.
7 Häufig gibt es auch nach der Clipapplikation noch
kleine Blutungen. Dann wird ein kleines Stück
Muskel aus dem Haut-Galea-Lappen präpariert 10.5.2 Angiome
und mit Fibrinkleber auf die blutende Perforation
geklebt. Definition
7 Nach dem Setzen des Clips wird die Durchgängig- Zerebrale Angiome sind angeborene Fehlbildungen,
keit zu- und abführender Gefäße mittels intraope- deren Aufbau und Differenzierung zum Zeitpunkt der
rativer Dopplersonographie oder durch eine intra- Geburt abgeschlossen ist.
operative Fluoreszenzangiographie mit Indocyanin-
grün kontrolliert. Abschließend wird der Aneurysma-
sack mit einer feinen Kanüle zur Erfolgskontrolle Zwar wird im Verlauf des Lebens eine gewisse Größenzunah-
punktiert und das OP-Gebiet gespült. me beobachtet, es handelt sich dabei aber nicht um ein auto-
7 Der Verschluss der Dura, das Einsetzen des Kno- nomes, sondern vielmehr um ein funktionell physiologisches
chendeckels erfolgen in üblicher Weise. Eine sub- Wachstum (allgemeines Körperwachstum, Aufsaugung und
galeale Redon-Drainage, der schichtweise Wund- Aufstauung des zirkulierenden Blutes infolge der veränderten
verschluss und der Kopfverband beenden diese Kreislaufsituation). Man findet bei den Angiomen eine Viel-
Operation. zahl erheblich erweiterter (ektatischer) pathologisch verän-
derter Gefäße innerhalb des normalen Gewebes:
4 Handelt es sich dabei vorwiegend um venöse Gefäße,
Geplatztes Aneurysma so spricht man von venösen Angiomen, die aber selten
Wenn ein Aneurysma rupturiert, kann das OP-Feld sehr vorkommen.
schnell mit Blut gefüllt werden. Dann kommt sofort 4 Meist handelt es sich bei den intrazerebralen Angio-
der 2. Sauger zum Einsatz, der während der gesamten men um arteriovenöse Angiome, bei denen unter Um-
Operation funktionsfähig bereit liegt. Jetzt wird ein gehung der Kapillaren ein Kurzschluss zwischen arteri-
Höchstmaß an Ruhe und Sicherheit in der Handhabung ellem und venösem Anteil der Blutversorgung besteht,
der Clipzangen und des Mikroinstrumentariums erwar- sodass Venen z. T. mit arteriellem Blut gefüllt sind.
tet. Gegebenenfalls wird ein passagerer Clip benötigt, um
die Blutung zu stillen. Das Austauschen in einen endgül- Lokalisation
tig verbleibenden Clip bedeutet noch einmal für kurze Die meisten arteriovenösen Angiome liegen oberflächlich
Zeit eine starke Blutung. Bei Bedarf wird die Rupturstelle im Bereich der Meningen und reichen in die Gehirnsub-
mit Gewebekleber und Hämostyptika zusätzlich ver- stanz hinein. Weitaus am häufigsten ist der Sitz oberhalb des
schlossen. Tentoriums im Versorgungsgebiet der A. cerebri media.
Zusätzliche Unruhe entsteht im OP-Saal mögli-
cherweise auch durch ein Abfallen der Kreislauffunkti- Symptome
onen und die dann notwendigen Stabilisierungmaß- Klinische Symptome können u. U. ganz fehlen. In ty-
nahmen. pischen Fällen finden sich mehr oder weniger ausgeprägt
528 Kapitel 10 · Neurochirurgie
10.6.5 Meningitiden
10.6.2 Infektion der Schädelknochen
Eine Entzündung der Meningen ist nur dann eine Indika-
Die Schädelosteomyelitis ist selten. Sie entsteht meist fort- tion zu einem neurochirurgischen Vorgehen, wenn es nach
geleitet, so z. B. bei Infektionen der Kopfschwarte, nach einer Meningitis zu einer Liquorzirkulationsstörung mit
530 Kapitel 10 · Neurochirurgie
Hydrozephalus kommt (z. B. infolge eines Verschlusses des Frühphase, sondern auch über den Erfolg der anschlie-
Aquäduktes oder des Foramen Magendii) oder infolge feh- ßenden Behandlung und über das Ausmaß der bleibenden
lender Liquorresorption bei Verklebung der Zisternen und Schäden.
der Subarachnoidalräume.
Erstversorgung am Unfallort
Therapie In diesen Fällen ist eine externe Liquorableitung Zuerst sind die bekannten Maßnahmen zur Aufrechterhal-
im akuten Stadium und ein ventrikuloperitonealer Shunt tung der Vitalfunktionen erforderlich. Tritt Blut, Liquor
im chronischen Stadium notwendig (7 Abschn. 10.4.5 und oder Hirnbrei aus der Nase aus, ist für ein freies Ablaufen
7 Abschn. 13.6.1). zu sorgen, damit das Eindringen in die Luftwege verhin-
dert wird.
Jede durch ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) bedingte
10.6.6 Hirnabszess Bewusstlosigkeit bedeutet absolute Lebensgefahr und er-
fordert nach der notärztlichen Versorgung den schnellst-
Selten entsteht ein Hirnabszess traumatisch, viel häufiger möglichen und sachgemäßen Transport ins Krankenhaus.
durch Fortleitung. Die primäre Infektionsquelle ist meist Im Allgemeinen ist die optimale Lagerung für den Trans-
eine Ohraffektion, eine Entzündung der Nasennebenhöhlen port bewusstloser Hirnverletzter die 30°-Kopf-hoch-La-
oder ein eitriger Lungen oder Zahnprozess. Je nach Aktivität gerung. Nur in Ausnahmefällen, z. B. bei Vorliegen eines
der Erreger (Staphylo-, Pneumo- oder Streptokokken) tritt traumatischen Querschnittes, ist die flache Rückenlage
er als Frühabszess schon innerhalb weniger Tage bis Wo- ratsamer.
chen oder auch nach Jahren als Spätabszess in Erscheinung.
Der Spätabszess ist in der Regel immer abgekapselt und Versorgung im Krankenhaus
kann verkalken. Überwiegend ist das Großhirn betroffen. Die einzelnen Maßnahmen im Krankenhaus sind nach Art
10 Klinisch finden sich meist rasch progrediente Symp- und Schwere der Verletzung unterschiedlich (7 Übersicht).
tome eines raumfordernden intrakraniellen Prozesses mit
Herdsymptomen, evtl. epileptischen Anfällen und Hirn-
Sofortmaßnahmen beim Schädel-Hirn-Trauma im
druckzeichen, sodass in erster Linie ein Hirntumor ange-
Krankenhaus
nommen wird. Hinweisend sind dann eine Leukozytose
und eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie in 4 Einlieferung des Verletzten: orientierende ärzt-
der Regel eine CRP-Erhöhung. liche Untersuchung der Atmung, des Kreislaufs,
Die Verdachtsdiagnose eines Hirnabszesses erfordert der Bewusstseinslage, der Verletzungen und der
ein CCT mit Kontrastdarstellung und das NMR. Hiermit Pupillen
gelingen zumeist der Nachweis und die Lokalisation. 4 Sicherstellung der Atmung: Absaugen, Intubation
4 Schockbekämpfung: venöse Zugänge, Blutent-
Therapie Die Therapie ist abhängig von der Krankheits- nahmen für die Blutgruppenbestimmung und die
phase, der Größe und der Lokalisation des Abszesses, die üblichen Routineuntersuchungen, Infusion, Blut-
mit der intraoperativen Ultraschalldiagnostik kontrolliert druckkontrolle etc.
wird. Immer besteht das Ziel in einer vollständigen Entfer- 4 Sonographie
nung. Hierbei werden die frühen raumfordernden Abs- 4 Konsiliarisches Hinzuziehen der (Neuro)chirurgen,
zesse zunächst punktiert und gespült. Eine intensive anti- Ophthalmologen, des HNO-Arztes, des Kieferchi-
biotische Therapie ist obligat. rurgen, Orthopäden, Neurologen und Internisten
4 Trauma-CT (Ganzkörper-CT)
Prognose Die Mortalität bei Hirnabszessen liegt immer 4 CCT (kraniale Computertomographie)
noch bei etwa 30%. 4 Blasenverweilkatheter
4 Magensonde
4 Tetanusprophylaxe
10.7 Schädel-Hirn-Traumata 4 Operative Versorgung
4 Intensivtherapie
10.7.1 Versorgung des Patienten 4 Hirndruckmessung
Schädel-Hirn-Trauma
Offenes Schädel-Hirn-Trauma Die Dura wird genäht oder bei einem größeren Defekt
durch ein Stück Periost, synthetisches Vlies oder synthe-
Definition tische Dura verschlossen. Die Knochenlücke kann entweder
Durch eine von außen einwirkende Gewalt wird Hirn- primär durch größere Knochenfragmente wieder gedeckt
gewebe zerstört. Dabei weisen Haut, Knochen und werden, oder sie wird sekundär durch Kunststoff (z. B. Pa-
Dura gleichzeitig eine durchlaufende Wunde auf. lacos) oder angepasste Implantate aus Titan verschlossen.
! Allgemein gilt die Regel, offene Hirnwunden in-
nerhalb der ersten 12 h nach der Verletzung zu
Die Verletzungen können durch stumpfe oder scharfe Ge-
versorgen.
walteinwirkungen hervorgerufen werden. Abhängig von
der Gewalteinwirkung zeigen sich umschriebene Stichver-
letzungen oder tiefgreifende Gewebezerstörungen. Ge- Frakturen der Schädelbasis
fahren, die hierdurch entstehen können, liegen in der kom- Frakturen der Schädelbasis führen nicht selten zu beglei-
plizierenden Osteomyelitis, in der Gefahr der Meningitis tenden Komplikationen:
und der Enzephalitis mit der weiteren Gefahr des Abszesses 4 Liquorfisteln,
oder des subduralen Empyems. 4 Pneumenzephalus,
4 Gefäßverletzungen.
jKlinik
Der sehr unterschiedliche Schweregrad der Hirnverlet- jLiquorfisteln
zungen ist auch ausschlaggebend für das klinische Syn- Bei sichtbarem Abfluss von Liquor aus Nase und Ohr ist
drom, sowohl hinsichtlich der Bewusstseinslage als auch die Diagnose einer Liquorfistel leicht zu stellen. Liquor
im Hinblick auf allgemeine Hirnstörungen (Atmung, muss jedoch nicht immer fließen. Bei Fisteln besteht im-
10 Kreislauf u. a.) und fokale Ausfälle. Herdförmige Stö- mer die Gefahr einer aufsteigenden Entzündung der Hirn-
rungen werden immer dann zu erwarten sein, wenn ent- häute und des Gehirns. Sie müssen deshalb operativ ver-
sprechende Hirnareale, wie die Zentralregion, die Stamm- schlossen werden. Ohrliquorfisteln, bei denen übrigens
ganglien, das Sprachzentrum und die Sehrinde mitverletzt auch ein Riss im Trommelfell und Felsenbein vorliegen
sind. Der lokale Inspektionsbefund, das Röntgenbild des muss (häufige Begleiterscheinung bei Schädelbasisfrak-
Schädels und das CCT mit Knocheneinstellung lassen im turen), verschließen sich oftmals von selbst.
Zusammenhang mit der neurologischen Situation meist
eine ausreichende Diagnose zu. jPneumenzephalus
Der Pneumenzephalus stellt eine Komplikation insbeson-
jTherapie dere der nasalen Fistel dar. Es kommt zu einem Einströmen
Alle offenen Schädel-Hirn-Traumata bedürfen der pri- von Luft in den Schädelinnenraum, die wegen eines an der
mären operativen Versorgung, einmal zur Beseitigung Liquorfistel entstehenden Ventilmechanismus nicht mehr
gleichzeitiger raumfordernder intrazerebraler Blutungen entweichen kann.
und zum anderen zur Verhütung von Infektionen, wie sie
oben besprochen wurden. jGefäßverletzungen bei Basisfrakturen
Unter den Gefäßverletzungen bei Basisfrakturen hat die
! Ziel der Therapie muss es sein, die offene Hirnwun-
Karotis-Kavernosus-Fistel eine besondere Bedeutung.
de in eine geschlossene Hirnwunde zu verwandeln.
Durch Verletzung der A. carotis im Bereich des Sinus ca-
Bei jeder Wunde der Kopfhaut mit gleichzeitiger Knochen- vernosus entsteht ein arteriovenöser Kurzschluss. Das ar-
verletzung (Trümmerbruch, Impression, Defekt) muss terielle Blut ergießt sich sofort in den venösen Schenkel.
nach der Säuberung der Hautwunde und meist einer Exzi- Klinisch charakteristisch ist der pulsierende Exophthal-
sion der Wundränder die Knochenverletzung übersicht- mus. Zusätzlich können Schädigungen des III. V. und
lich dargestellt werden. Bei den Impressionen und pene- VI. Hirnnervs auftreten, die in der Wandung des Sinus ca-
trierenden Verletzungen muss der Knochen im Verlet- vernosus verlaufen. Die Behandlung geschieht auf endo-
zungsbereich so weit entfernt werden, bis die Duraverlet- vaskulärem Wege.
zung übersichtlich freiliegt.
Die traumatisch entstandene Duralücke muss meist Hirnödem und Hirnschwellung
noch zusätzlich erweitert werden, um die darunter liegen- Hirnödem und Hirnschwellung sind Reaktionen des Ge-
de Hirnwunde einwandfrei beurteilen zu können. Vorhan- hirns auf Schädigungen verschiedenster Art. Je nach Schwe-
dene raumfordernde Blutungen werden ausgeräumt und re und Schädigung werden sie mehr oder minder schnell
eine sorgfältige Blutstillung durchgeführt. entstehen. Beide Zustände sind gekennzeichnet durch Flüs-
10.7 · Schädel-Hirn-Traumata
533 10
sigkeitseinstrom in das Gehirn selbst. Beim Hirnödem ist
der Flüssigkeitsgehalt in den Gewebsspalten des Gehirns
vermehrt, bei der Hirnschwellung im Gewebe selbst. Hie-
raus resultiert eine Erhöhung des intrakraniellen Druckes,
der sekundär wieder zur Hirnschädigung führen kann.
Praktisch jeder neurochirurgische Eingriff und alle
schweren Schädel-Hirn-Verletzungen, aber auch intraze-
rebrale Massenblutungen, Hirninfarkte, Meningitiden und
Enzephalitiden sowie Vergiftungen können ein Hirnödem
und eine Hirnschwellung zur Folge haben. Eine zuverläs-
sige Messung gelingt durch spezielle Hirndruckmessson-
den, die meist intrazerebral platziert werden.
Eine operative Therapie dieser Zustände gibt es in der
Regel nicht. Allerdings kann als allerletzte Möglichkeit un-
ter bestimmten Voraussetzungen eine großflächige opera-
tive Entlastung z. B. bei einem malignen Hirninfarkt oder
Hirnschwellung versucht werden. Insbesondere bei Kin- . Abb. 10.38 Raumfordernde Wirkung eines epiduralen Hämatoms
dern und Jugendlichen und jungen Erwachsenen kann so auf die Hirnstrukturen (schematisierter Längsschnitt auf Höhe von
die Prognose verbessert werden. Tentoriumschlitz und Foramen occipitale magnum). 1 Lokale Wir-
kung auf die ipsilaterale Großhirnhemisphäre mit druckbedingter Is-
chämie, Verschiebung des Seitenventrikels unter die Falx cerebri zur
Gegenseite, 2 Herniation des medialen Temporallappens zwischen
10.7.3 Traumatische intrakranielle, Tentoriumrand und Mittelhirn mit Druck- und Ischämiewirkung auf
extrazerebrale Hämatome dasselbe sowie auf den gleichseitigen N. oculomotorius, 3 Tiefertre-
ten des ganzen Stammhirns durch supratentoriell stark erhöhten in-
trakraniellen Druck, Funktionsstörung und Schädigung von Mittel-
Definition
hirn; später Einklemmung des tieferen Stammhirns im Foramen oc-
Blutung innerhalb der knöchernen Schädelkapsel cipitale magnum. (Nach Heberer et al. 1993)
(außerhalb des Gehirns).
Schädeldachplastik
kIndikation 10.8 Erkrankungen und Verletzungen
Zustand nach osteoklastischer Trepanation. des Rückenmarks, seiner Hüllen
und der Wirbelsäule
kPrinzip
Deckung des Kalottendefekts. Entweder wird der pati- M. Liehn, M. Brunken, M. Weissflog, A. Gudat
enteneigene entfernte tiefgefrorene Knochendeckel be-
reitgehalten und reimplantiert, oder (heute die häufigere 10.8.1 Spinale Geschwülste
Möglichkeit) der Defekt wird mit einer während der
Zweitoperation hergestellten Refobacin-Palacos-Platte Definition
gedeckt. Alternativ kann mittels eines Dünnschicht-CT Alle raumfordernden Prozesse des Spinalkanals. Ent-
ein passender Titandeckel angefertigt werden, oder ein weder gehen sie vom Spinalkanal selbst aus oder drin-
PEEK-Deckel (Poly-Äther-Äther-Keton) wird mit Klein- gen sekundär in den Wirbelkanal ein.
fragmentplatten und Schrauben (7 Kap. 3) an der Kalotte
fixiert.
10.8 · Erkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks, seiner Hüllen und der Wirbelsäule
537 10
a b c d
. Abb. 10.39a–d Lokalisation spinaler Tumoren. a Normale Verhält- rale extramedulläre Tumoren, d intradurale, intramedulläre Tumo-
nisse, b extradurale Tumoren, vom Knochen ausgehend, c intradu- ren. (Nach Siewert 2006)
Im weitesten Sinne gehören zu den spinalen Geschwülsten etc.) besteht ausschließlich die Möglichkeit einer opera-
auch nichttumoröse raumfordernde Prozesse, wie Arach- tiven Entfernung der Geschwulst. Bei den malignen Pro-
noidalzysten, Bandscheibenvorfälle u. a. m. Entsprechend zessen (Sarkomen, Karzinomen u. a.) sollen Operation,
dem Aufbau der Wirbelsäule spricht man hinsichtlich der Bestrahlung und Chemotherapie die therapeutische Wirk-
Lokalisation von zervikalen, thorakalen, lumbalen und sa- samkeit möglichst weit spannen.
kralen Tumoren. Im Allgemeinen sind die knochenzerstörenden spinalen
Spinale Geschwülste sind im Vergleich mit Hirntumo- Tumoren prognostisch ungünstiger zu beurteilen als die bi-
ren um ein Vielfaches seltener. Alle spinalen Geschwülste ologisch gutartigen Meningeome und Neurinome. Gliome,
bewirken eine Kompression (Druckschädigung, Quet- auch die biologisch gutartigen, sind hinsichtlich ihres Sitzes
schung) des Rückenmarks oder der Cauda equina. im Rückenmark prognostisch sehr zurückhaltend zu beur-
Zur Differenzierung der spinalen Geschwülste nutzt teilen. Kleine umschriebene Geschwülste können evtl. nach
man ihre Beziehung zum Rückenmark und zu seinen Häu- dorsaler Myotomie unter Einsatz des CO2-Lasers entfernt
ten (. Abb. 10.39): werden. Über mehrere Segmente reichende Gliome und die
4 extradural = außerhalb des Durasackes, meist Karzi- sog. Stiftgliome sind operativ schwer angehbar. Je nach Sitz
nommetastasen, droht auch beim Einsatz aller technischen Einrichtungen
4 intradural = innerhalb des Durasackes: eine Para- oder Tetraplegie. Manchmal kann allein eine
5 extramedullär = außerhalb des Rückenmarks: von Strahlenbehandlung eine Besserung bewirken.
den Wurzeln ausgehende Neurinome, von den Me-
ningen ausgehende Meningeome,
5 intramedullär = innerhalb des Rückenmarks, meist 10.8.2 Spinale Gefäßmissbildungen
Astrozytome oder Ependymome.
Es können Venektasien (pathologisch erweiterte Venen)
jSymptome vorliegen oder aber häufiger arteriovenöse Angiome. Meist
Alle Prozesse, die das Rückenmark von außen komprimie- liegen sie intradural, hier vornehmlich im Bereich der wei-
ren, führen zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der chen Rückenmarkhäute. Wenn sie im Rückenmark selbst
Rückenmarkfunktionen, in erster Linie der Motorik, spä- liegen, werden die kaudalen Abschnitte bevorzugt. Sie sit-
ter der Blasenfunktion. Schließlich droht die Querschnitt- zen vornehmlich über den Dorsalseiten des Rückenmarks
lähmung. und erstrecken sich über mehrere Segmente. Männer sind
wesentlich häufiger betroffen als Frauen.
jTherapie
Je nach Geschwulstart gibt es folgende Behandlungsformen: jTherapie
4 Operation, Operation.
4 Bestrahlung und
4 Chemotherapie.
10.8.3 Entzündliche Erkrankungen
Bei einigen Karzinommetastasen (Prostata, Mamma) kön- des Spinalkanals
nen Hormonbehandlungen mit gegengeschlechtlichen
Hormonen wie auch Kastration und Ausschaltung der Hy- Unter den entzündlichen Erkrankungen des Spinalkanals,
pophyse günstig wirken. Bei den benignen Tumoren (eini- die neurochirurgisch therapiert werden, sind im Wesent-
ge Gliome, Meningeome, Neurinome, Lipome, Dermoide lichen zu erwähnen:
538 Kapitel 10 · Neurochirurgie
kInstrumentarium
4 Neurochirurgische Grundinstrumente für Laminek-
tomie (7 Abschn. 10.2.3),
. Abb. 10.40 Lumbale Diskushernie, die zwei Wurzeln kompri- 4 High-speed-Bohrmaschine mit Rosenbohrern und
miert. (Nach Siewert 2007) Diamantfräsen,
10 4 Standardzusatz,
4 Mikroinstrumentarium und Mikroskop oder Lupen-
jBandscheibenoperation brille.
Bei lumbalen Bandscheibenvorfällen ist der interlaminäre
Zugang zur Bandscheibe die Methode der Wahl. Nur selten
Operation eines Bandscheibenvorfalls
wird man sich zur Hemilaminektomie oder Laminektomie
entschließen müssen. In der Regel werden die interlami- 7 Nach Höhenlokalisation mit Röntgenbildwandler
näre Fensterung und die Prolapsentfernung mikrochirur- wird ein medianer Hautschnitt über der Mitte
gisch durchgeführt. zweier Dornfortsätze gelegt. Nach der Durchtren-
nung der Faszie entlang der Dornfortsätze mit
kIndikation dem Skalpell wird ein Wundspreizer eingesetzt
Diskusprolaps zwischen L 5/S 1 mit Ischialgie und Kom- und die Rückenmuskulatur mit dem Raspatorium
pressionssyndrom S 1. Sitz des Prolapses ist entweder late- an der Seite abgedrängt, auf dem der Vorfall dia-
ral, medial oder mediolateral. gnostiziert wurde.
7 Die medialen Muskelansätze werden durchtrennt.
kPrinzip Die Blutstillung erfolgt mit der bipolaren Pinzette
Nach genauer Lokalisation des Vorfalls mit MRT, ggf. CT und durch Kompression.
wird die Bandscheibe im Vorfallbereich inzidiert und der 7 Die beiden Wirbelbögen werden von der Basis der
Gallertkern vollständig ausgeräumt und so die Spinalwur- Dornfortsätze bis zum Zwischenwirbelgelenk dar-
zel entlastet. Bei Anwendung der Cross-over-Technik, d. h. gestellt.
Freilegen des Wirbels in der Mitte, gelangt der Operateur 7 Nochmalige intraoperative Höhenkontrolle unter
auf beide Seiten. Dazu wird der Patient wie auch das Mi- Durchleuchtung.
kroskop vom Operateur weggekippt. Das minimiert das 7 Evtl. muss durch das Abtragen von Anteilen der
Weichteiltrauma. Wirbelbögen nach kranial und kaudal die Fenste-
rung mit Stanzen erweitert werden, um die Über-
kLagerung sicht zu verbessern.
4 Bauchlage auf der Wilson-Bank (. Abb. 10.41) oder 7 Die Darstellung der Nervenwurzel und des Du-
Seitenlage. raschlauchs erfolgt mit dem Mikroinstrumentari-
4 Außerhalb des OP-Gebiets sollte der Patient mit vor- um und dem Mikroskop.
gewärmten Tüchern abgedeckt werden. 6
4 Beachtung des Strahlenschutzes.
10.8 · Erkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks, seiner Hüllen und der Wirbelsäule
541 10
Zervikaler Bandscheibenschaden
7 Vorsichtig wird die betroffene Nervenwurzel mit Die klinischen Bilder bei zervikalen Bandscheibenvorfäl-
dem feuchten Wurzelhaken nach medial verlagert len sind zahlreich. Vorbedingung für den zervikalen Vor-
und der Prolaps bzw. der Sequester mit Nervenha- fall ist, wie auch in anderen Abschnitten der Wirbelsäule,
ken und Dissektor dargestellt. die Bandscheibendegeneration. Eine viel größere Rolle
7 Der Sequester kann häufig in einem Stück mit der spielen jedoch im zervikalen Abschnitt die Halswirbelver-
Tumorexstirpationszange entfernt werden. Liegt letzungen (Schleudertrauma) durch die andersartig ablau-
der Sequester subligamentär, wird das hintere fenden Bewegungsmechanismen. Je nach Höhenlokalisa-
Längsband mit feinem Skalpell inzidiert. tion, mechanischer Reizung oder Schädigung nervöser
7 Meist wird in den Zwischenwirbelraum mit Tu- Strukturen (Wurzeln, Halsmark) und Gefäße (A. vertebra-
morfasszangen und Löffeln eingegangen. Ziel ist lis) unterscheidet man die im Folgenden beschriebenen
es, alle verschlissenen, gelösten Anteile des Nucle- Bandscheibenschäden.
us auszuräumen.
7 Nach einer Spülung mit NaCl, der sorgfältigen Blut- Nacken-Hinterkopf-Schmerz (Zephalgie) Vornehmlich
stillung mit dem Bipolator, Hirnwatte und Hä- sind dabei die oberen Halsbandscheiben (Zervikalwirbel,
mostyptika werden die Faszie und die Haut genäht. C) C 2/3 und besonders C 3/4 beteiligt. Die Nackenmus-
Die Anlage des Verbandes beendet den Eingriff. kulatur ist verspannt, Kopfbewegungen sind schmerzhaft
eingeschränkt mit Druckschmerz der paravertebralen
Muskulatur.
Der ehemalige Raum des Gallertkerns wird im Verlauf der
Wundheilung zumeist bindegewebig ausgekleidet. Nacken-Arm-Schmerzen (Brachialgie) Verspannungen der
Verglichen mit der spontan auftretenden Schädigung Nackenmuskulatur mit Bewegungseinschränkung des
von Nerven und Kaudawurzeln bei abwartender Haltung Kopfes und Zwangshaltung sind kombiniert mit einem
sind die OP-Komplikationen gering. In weniger als 1% Schulterschmerz oder einer Schmerzausstrahlung, auch
kommt es postoperativ zu einer blande verlaufenden, nicht Parästhesien in den Arm bis in die Finger. Dieses Krank-
bakteriellen Spondylitis, die u. a. einer längeren Ruhigstel- heitsbild findet sich hauptsächlich bei Schädigungen der
lung bedarf. Echte Rezidive an der bereits operierten Band- Bandscheibe C 5/6 und C 6/7.
scheibe sind selten.
Besonderes Gewicht ist auf die postoperativen Rehabi- Vertebragener Schwindel Gleichgewichtsstörungen und
litierungsmaßnahmen zu legen. Es kommen v. a. kran- Schwindel sind Begleitsymptome eines zervikalen Band-
kengymnastische und Bäderbehandlung (Schwimmen scheibenschadens. Meist wird über uncharakteristische
und gezielte Bewegungsübungen) in Frage. Eine Schonzeit Schwindelsensationen geklagt oder reiner Drehschwindel
mit allmählich steigender Belastung ist einzuhalten. bei bestimmten abrupten Kopfbewegungen oder besonde-
ren Kopfhaltungen angegeben.
Extraforaminaler Bandscheibenvorfall
Es handelt sich um einen Bandscheibenvorfall innerhalb Zervikale Myelopathie Oft handelt es sich um chronische
und außerhalb des Nervenwurzelaustrittkanals aus dem Formen der sog. diskogenen Myelopathie (Rückenmark-
Wirbelkanal. Seine operative Behandlung erfolgt über den schädigung) mit langsam fortschreitenden Para- und Te-
oberen Gelenkfortsatz, der mit einem High-speed-Bohrer traparesen und Sensibilitätsstörungen. Eventuell – jedoch
aufgefräst wird. Extraforaminale Bandscheibenvorfälle keineswegs ständig – kombiniert mit Nacken-, Hinterkopf-
werden über einen transmuskulären Zugang erreicht. oder Arm- sowie Schulter-Arm-Schmerzen. Störungen
der Blasen- und Darmfunktionen können hinzukommen.
Thorakaler Bandscheibenschaden Die Markschädigung ist entweder auf eine direkte
Bandscheibenerkrankungen der Brustwirbelsäule sind mechanische Schädigung zurückzuführen oder auf eine
nicht sehr häufig. Auch der gefürchtete Massenvorfall mit Drosselung der Blutzufuhr über die vordere Spinalarterie.
medullären Ausfällen bis hin zum Querschnitt ist außeror- Vornehmlich ist die Bandscheibe C 5/6 geschädigt. Nicht
dentlich selten. Er wird wie ein sonstiger raumfordernder selten sind mehrere Bandscheiben ursächlich verant-
Prozess des thorakalen Spinalraums diagnostiziert. Je nach wortlich.
Lage zum Rückenmark wird die Operation über eine dor- Bei einer zervikalen Myelopathie ist es notwendig, an
sale Laminektomie mit partieller Rippenköpfchenresekti- weitere Erkrankungen zu denken, wie Halsmarktumoren,
on oder einen transthorakalen Zugang operiert. Fehlbildungen (basiläre Impression, Arnold-Chiari-Syn-
drom, Densanomalien), multiple Sklerose, amyotrophe
Lateralsklerose oder Syringomyelie.
542 Kapitel 10 · Neurochirurgie
jDiagnostik
Zur Sicherung der Diagnose eines zervikalen Bandschei-
benvorfalls sind unbedingt erforderlich:
4 NMR oder
4 CT.
jTherapie
. Abb. 10.42 Operative Zugänge zum zervikalen Rückenmark und
Erfordern nicht unerträgliche Schmerzzustände oder mas-
zu den Nervenwurzeln. (Nach Siewert 2001)
sivere neurologische Ausfälle ein schnelles chirurgisches
Handeln, so ist zunächst immer die konservative Behand-
lung angezeigt. Auch hier sind alle Maßnahmen darauf bohransatz im High-speed-Bohrer aufgefräst, die Nerven-
gerichtet, durch Schmerzlinderung, Auflockerung der wurzel wird so dekomprimiert. Von diesem Zugang gelingt
10 Muskelverspannung und Beseitigung der Haltungsanoma- es, lateral gelegene freiperforierte Bandscheibenvorfälle zu
lien die mechanischen Schädigungen der Bandscheiben- entfernen bzw. lateral gelegene Randosteophyten abzutra-
verlagerungen und sekundären Wirbelveränderungen zu gen. Diese Operation sollte immer dann durchgeführt wer-
beheben (Analgetika, lokale Wärmeanwendung, Bäder, den, wenn sichere radikuläre Ausfälle vorliegen.
Bettruhe, lokale Ruhigstellung durch Schanz-Krawatte, Bei vorwiegend medial gelegenen Bandscheibenvorfäl-
Extensionen, lokale Injektionen und chiropraktische und len oder osteochondrotischen Knochenveränderungen in
krankengymnastische Behandlungen). Führen diese Maß- einer oder allenfalls 2 Höhen, v. a. wenn der Wirbelkanal
nahmen nicht zum Erfolg, muss die Frage der Operabilität von vorn her eingeengt ist und entsprechend das Rücken-
geprüft werden. mark von vorn bedrängt ist, wählt man den Zugang von
Bei medullären Störungen und Wurzelschädigungen ventral, die ventrale Fusionsoperation.
ist die Operation immer angezeigt. Ein standardisiertes OP-Verfahren wurde 1956 von
Ralf B. Cloward entwickelt. Zahlreiche Modifizierungen
jOperationsmethoden erfolgten in den nächsten Jahren. Meistens wird heute die
Bei erheblichen osteochondrotischen Veränderungen in von Caspar modifizierte OP-Technik angewandt.
mehreren Bandscheibenhöhen hat nach wie vor die Lami- Der Zugang zur vorderen Halswirbelsäule erfolgt zwi-
nektomie (Entfernung der entsprechenden Wirbelbögen) schen dem lateral gelegenen Gefäßbündel der A. carotis
ihre Bedeutung (. Abb. 10.42). Dies gilt umso mehr, wenn und V. jugularis einerseits und der medial gelegenen Tra-
gleichzeitig über mehrere Segmente ein enger Spinalkanal chea und dem Ösophagus andererseits. Nach Zurückdrän-
vorliegt und das Rückenmark von ventral und dorsal be- gen der prävertebralen Muskulatur lässt sich dann der
drängt wird. Bei der Laminektomie werden in den entspre- Zwischenwirbelraum darstellen. Die unter Bildwandler-
chenden Höhen Wirbelbögen entfernt. Dies ist daher eine kontrolle korrekt dargestellte erkrankte Bandscheibe wird
invasive operative Maßnahme, die nur unter strenger Indi- ausgeräumt, freie Bandscheibensequester werden entfernt,
kation durchgeführt werden sollte. knöcherne Randzacken abgefräst, bis die ventrale Dura
Die instrumentelle Vorbereitung entspricht der für vollständig freiliegt und sich in den Zwischenwirbelraum
eine Diskotomie. Für die seltene Laminektomie selbst sollte vorwölbt. Bei diesem OP-Verfahren ist es notwendig, die
eine Knochenschneidezange (z. B. nach Liston) bereitlie- der Bandscheibe benachbarten Wirbel zur besseren Stabi-
gen. Ein High-speed-Fräser erleichtert die Knochenarbeit lität der Halswirbelsäule zu verblocken.
wesentlich. Heute werden in den Zwischenwirbelraum zumeist
Häufiger kommt die Foraminotomie (. Abb. 10.42) Cages aus Titan oder PEEK (Poly-Äther-Äther-Keton;
zur Anwendung. Hierbei wird die geschädigte Nervenwur- . Abb. 10.43) eingesetzt, die eine stabile Halswirbelsäule
zel dargestellt. Der Wurzelkanal wird mit einem Rosen- bereits nach kurzer Zeit gewährleisten. Verschiebungen
10.8 · Erkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks, seiner Hüllen und der Wirbelsäule
543 10
ten, dass sie jedoch schmerzfrei Fahrrad fahren können.
Bei höhergradigen Stenosen können auch Gefühlsstörun-
gen und Paresen an der unteren Extremität auftreten. Sel-
tener sind Blasen-Mastdarm-Störungen. Am häufigsten
sind die Segmente L 3/4 und L 4/5 betroffen.
Für die Diagnose der Spinalkanalstenose ist eine Kern-
spintomographie der entsprechenden Wirbelsäulenab-
. Abb. 10.43 Zwischenwirbelscheibe mit Setzinstrument (Cage). schnitte zu fordern. Ergänzt werden kann die Diagnostik
(Fa. Intromed)
durch Funktionsaufnahmen und Computertomographie
der Wirbelsäule.
dieser Cages sind eher selten. Bei längerstreckigen Dekom- Eine zervikale Spinalkanalstenose wird dann operiert,
pressionen sollte zur Stabilisierung zusätzlich ein ventrales wenn die oben genannten Störungen auftreten und der
Platten-Schrauben-System mitbenutzt werden. MRT-Befund entsprechend ist. Wird der Spinalkanal der
Operative Eingriffe an degenerativen Knochen kön- HWS vorwiegend von dorsal eingeengt, kann er über eine
nen Instabilitäten hervorrufen, die mit Stabilisierungs- Laminotomie oder Laminektomie entlastet werden. Ist die
maßnahmen wie Osteosynthesen behandelt werden müs- Enge durch mediale Verknöcherungen und Bandscheiben-
sen (7 Kap. 3). protrusionen bedingt, werden die Bandscheibe und die
knöchernen Randzacken von ventral her entfernt und das
Segment mit einem entsprechenden Implantat versteift.
10.8.5 Spinalstenose Die Indikation zur Operation einer Lumbalstenose wird
meist wegen einer radikulären Schmerzsymptomatik
Im Rahmen von degenerativen Wirbelsäulenveränderungen (Claudicatio nervosa) gestellt, die die Lebensqualität der
kommt es an den kleinen Wirbelgelenken zu massiven knö- Patienten erheblich beeinträchtigt.
chernen Verdickungen. Gleichzeitig quillt das Bandgewebe
auf. Besonders betroffen ist das Lig. flavum. An den Zwi- Therapie
schenwirbelgelenken können sich, ausgehend vom Synovi- kPrinzip
algewebe, Zysten bilden. Auch Bandscheibenvorwölbungen Ziele der Operation sind die Dekompression und Entlas-
und knöcherne Randzacken sind häufig zu beobachten. Alle tung des Duraschlauches und der Nervenwurzeln.
diese Veränderungen führen zu einer deutlichen Verengung Die Lendenwirbelsäule wird an der Seite freigelegt, an
des Querschnitts des knöchernen Spinalkanals. der der Patient die meisten Schmerzen angibt oder an der
Nervale Strukturen wie Rückenmark oder Spinalner- die gravierendsten radiologischen Veränderungen zu er-
ven werden so komprimiert. Nicht selten entstehen Insta- kennen sind. Nach Darstellung des verdickten Zwischen-
bilitäten in Form von Wirbelkörperverschiebungen gegen- wirbelgelenks und der Halbbögen der Lendenwirbel des
einander, sodass der Engpass zusätzlich verstärkt wird. Die betroffenen Segments wird mit einem High-speed-Bohrer
Spinalstenosen treten am häufigsten im Lumbalbereich die verdickte Knochensubstanz entfernt. Das verdickte gelbe
auf, sind jedoch auch im Zervikalbereich zu finden. Band wird dann sichtbar und schrittweise reseziert. Das ver-
Eine zervikale Spinalstenose ist gekennzeichnet durch dickte Bandgewebe kann mit der Dura verklebt sein, sodass
eine zunehmende Gangunsicherheit, durch Störungen in bei der Entfernung des Bandgewebes darauf geachtet wer-
der Feinmotorik und der Tiefensensibilität. In schweren den muss, dass keine Duraverletzung entsteht.
Fällen sind starke Paresen und Sensibilitätsstörungen bis Dann wird der Patient vom Operateur weggekippt. Mit
zur Querschnittlähmung zu verzeichnen. Schmerzen im dem Operationsmikroskop ist es jetzt möglich, über die
HWS-Bereich und in den Armen sind nicht selten. Blasen- Mittellinie zur Gegenseite zu sehen. Das degenerative
störungen treten auf. Bandgewebe wird über die Mittellinie bis zur Gegenseite
Bei den lumbalen Spinalstenosen steht die Schmerz- hin reseziert. Auch die knöchernen Veränderungen am
symptomatik im Vordergrund, v. a. lumbale Schmerzen, Zwischenwirbelgelenk auf der Gegenseite werden reseziert
die oft in beide Beine einstrahlen. Sie verstärken sich unter oder weggefräst. Der Duraschlauch, der am Anfang der
Belastung, sodass die Patienten nur kurze Strecken Operation einen deutlichen Knick oder eine deutliche Fal-
schmerzfrei gehen können (Claudicatio nervosa). Wegen te zeigt, verläuft nach der Dekompression wieder glatt und
der heftigen Schmerzen müssen sie dann pausieren, um spannungsfrei.
erneut eine kurze Strecke gehen zu können. Manchmal erfordert eine Instabilität im operierten
Oft versagen oder kribbeln die Beine unter Belastung. Segment eine zusätzliche Stabilisierung durch ein Schrau-
Die Patienten sind in der Regel gut beweglich, ein Vorn- ben-Stab-System und durch die Einlage von Cages in den
überbeugen lindert die Schmerzen. Die Patienten berich- zuvor ausgeräumten Bandscheibenraum.
544 Kapitel 10 · Neurochirurgie
7 Die gefüllten Applikatoren werden simultan über . Tab. 10.6 Einteilung der Paresen nach Mumenthaler und
Schliak
beide Arbeitstrokare in den Wirbelkörper ge-
bracht und der Zement unter Verwendung eines Grad Kennzeichen
Stößels in den Wirbelkörper appliziert.
0 Keine Muskelaktivität
7 Nach korrekter Auffüllung der entstandenen Höh-
Völlige Plegie
le im Wirbelkörper ca. 10 min warten, bis der Ze-
ment vollständig ausgehärtet ist. 1 Sichtbare Muskelkontraktion ohne Bewegungseffekt
M. Liehn, M. Brunken, M. Weißflog Periphere Nerven sind meist gemischte Nerven, d. h. sie
enthalten motorische und sensible Fasern. Infolgedessen
Je nach der Ursache der Verletzung, die durch die Art der werden Ausfälle peripherer Nerven sich immer in sensiblen
Gewalteinwirkung bedingt ist, unterscheidet man ver- und motorischen Ausfällen zeigen. Sensible Störungen ma-
schiedene Verletzungsformen: chen sich als Minder-, z. T. auch als Missempfindung im
4 Meist durch direkte Gewalt verursacht ist die Wirbel- Hauptversorgungsgebiet des betroffenen Nervs bemerkbar.
säulenprellung, die Distorsion. Die dadurch ausgelösten Die Störungen von Empfindung, Schmerz, Temperatur,
Beschwerden und Funktionsstörungen klingen vielfach Tastsinn können vollständig oder teilweise sein.
schnell ab und bedürfen keiner speziellen Therapie. Motorische Ausfälle bei Schädigung peripherer Ner-
4 Durch ein Hyperflexionstrauma entsteht der klassische ven zeigen sich durch schlaffe Paresen (Schädigung des
Wirbelkörperbruch, überwiegend im Bereich der Brust- 2. Neurons) im Gegensatz zu spastischen Lähmungen bei
wirbelsäule, seltener auch im Bereich der Lendenwir- Schäden im Rückenmarkbereich (Schädigung des 1. Neu-
belsäule. Die Wirbelbögen und die Wirbelgelenke sind rons). Die Schwere der Parese wird entsprechend der Mus-
nicht beteiligt. Diese Wirbelkörperbrüche können mit kelkraft in Schweregrade eingeteilt (. Tab. 10.6). Schädi-
oder ohne Bandscheibenverletzung einhergehen. gungen peripherer Nerven betreffen neben den sensiblen
4 Bei der ausgeprägtesten Form der Wirbelsäulenverlet- und motorischen die vegetativen Fasern. Deshalb kann es
zung kommt es, neben der immer vorhandenen Wir- zu Störungen der Durchblutung und der Trophik (Ernäh-
belkörperfraktur, sowohl zu einer Mitbeteiligung der rung) im Versorgungsgebiet des Nervs kommen.
Bogen- und Gelenkfortsätze als auch der benachbar- Die klinische Diagnostik peripherer Nervenschädigung
ten Bänder und Muskeln. beruht auf der neurologischen Untersuchung mit Feststellung
4 Die folgenschwersten Wirbelsäulenverletzungen stellen motorischer, sensibler und vegetativer Ausfälle. Dazu kom-
die Luxationsbrüche dar; hierbei kommt es neben der men die Elektromyographie und die Elektroneurographie.
Frakturierung zu Verrenkungen und Verschiebungen
unterschiedlichen Ausmaßes in verschiedene Rich-
tungen. Diese Fälle sind meist kombiniert mit einer 10.9.1 Traumatische Schädigungen
Schädigung des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln.
4 Wirbelluxationen ohne Fraktur finden sich fast aus- Die häufigste Ursache für ein neurochirurgisches Eingrei-
schließlich im Bereich der Halswirbelsäule. Die Wir- fen ist die traumatische Schädigung.
belkörper und Gelenkfortsätze werden dabei aus ih-
Definition
ren Verbindungen mit den benachbarten Wirbeln ge-
Unter einer traumatischen Schädigung werden alle von
rissen. Diese Luxationen sind von einer Bandschei- außen auf den Nerv einwirkenden Kräfte verstanden,
benzerreißung begleitet. die eine mechanische, physikalische oder direkte Schä-
digung hervorrufen, z. B. Arbeits- und Verkehrsunfälle
In vielen Krankenhäusern werden die spinalen Verlet- mit vollständiger oder unvollständiger Durchtrennung
zungen zusammen mit den Unfallchirurgen behandelt eines Nervs.
(7 Kap. 3).
546 Kapitel 10 · Neurochirurgie
Teildurchtrennung von Nerven kann zu Neurombildung Therapie Die Therapie besteht in der offenen oder endo-
führen. Als therapeutische Maßnahmen sind dann die in- skopischen Durchtrennung des Lig. carpi transversum
terfaszikuläre Neurolyse und die Neuromentfernung mit (7 Abschn. 3.7).
gleichzeitiger Nervennaht (s. unten) angezeigt. Eine totale
Nervendurchtrennung führt zum vollständigen Ausfall Skalenussyndrom
der sensiblen, motorischen und vegetativen Versorgung im An der Stelle, an der der Plexus brachialis durch die Lücke
Ausbreitungsgebiet des durchtrennten Nervs. zwischen den Mm. scaleni und der I. Rippe tritt, kann er
Der Erfolg einer notwendigen Nervennaht (s. unten) infolge einer Einengung dieser Lücke, häufig durch eine
hängt entscheidend von verschiedenen Faktoren ab. Die Halsrippe, irritiert sein.
Reinnervation des distalen Abschnitts und der zuge-
hörigen Muskulatur ist zeitlich begrenzt. Sind die Wund- Therapie Wenn die konservative Therapie nicht zum Er-
verhältnisse frisch und ohne Verschmutzung, sind güns- folg führt, kann der M. scalenus anterior an seinem Ansatz
tige Verhältnisse für eine Nervennaht gegeben. Zerstö- an der I. Rippe durchtrennt und ggf. die Halsrippe entfernt
rende Umbauprozesse beginnen schon kurz nach der werden.
Verletzung nicht nur im distalen, sondern auch im proxi-
mal der Verletzungsstelle gelegenen Nervenabschnitt. Supinatortunnelsyndrom
Dies sind: Der N. radialis kann am proximalen Ende des Unterarms
4 Distaler Abschnitt → Untergang von Achsenzylinder in dem Bereich, wo er durch den M. supinator hindurch-
und Markscheide der Nervenfaser. tritt, teils durch narbige Veränderungen, teils durch Tumo-
4 Proximaler Abschnitt → Neurombildung. ren (Lipome) geschädigt werden.
Jenseits des ersten Jahres nach der Verletzung ist eine er- Therapie Die operative Therapie besteht in einer Teil-
10 folgreiche Nervennaht nur noch in 25% gegeben. Die durchtrennung des M. supinator oberhalb des N. radialis
Wachstumsgeschwindigkeit des proximalen Axons, z. B. profundus (7 Abschn. 3.7).
nach einer Nervennaht, ist unterschiedlich und beträgt ca.
1 mm/Tag. Tarsaltunnelsyndrom
Zu den traumatischen Schädigungen gehören auch Durch eine Kompression des N. tibialis im Bereich des In-
4 iatrogene Einwirkungen, wie z. B. Injektionsschäden, nenknöchels kommt es zu einem Engpasssyndrom, das zu
unsachgemäße OP-Lagerungen, Radialislähmung einer Gefühlsstörung am lateralen Fußrand führt, sowie zu
nach Frakturreposition, fehlerhafte Gipspolsterung. distalen Tibialisparesen mit Krallenzehenstellung.
4 Im weiteren Sinne auch chronische Druckläsionen.
Therapie Die Therapie besteht in der Spaltung des Retin-
akulums der Mm. flexorum (Lig. laciniatum).
10.9.2 Schädigung aufgrund degenerativer
Veränderungen
10.9.3 Tumoren des peripheren
Ulnarisrinnensyndrom Nervensystems
Schädigung des N. ulnaris im Bereich des Ellbogens,
der dort besonders oberflächlich und somit schädigungs- Bei diesen Tumoren müssen diejenigen, die von außen auf
anfällig in einer Knochenrinne (»Musikantenknochen«) den Nerv einwirken, von den echten Nerventumoren ab-
liegt. gegrenzt werden. Tumoren, die von außen einwirken, sind
v. a. Metastasen, das Boeck-Sarkoid, Lymphdrüsentumo-
Therapie Es besteht die Möglichkeit einer operativen Vor- ren, Lipome, Zysten, Fibrome und Ganglien. Zu den ei-
verlagerung des Nervs in die Ellenbeuge (7 Abschn. 3.7, gentlichen Nerventumoren gehören:
Handchirurgie). 4 mesodermale Geschwülste: Fibrome, Fibrosarkome,
Hämangiosarkome;
Karpaltunnelsyndrom 4 neuroektodermale Geschwülste: Neurinome, Neuro-
Schädigung des N. medianus im Handgelenk unterhalb fibrome, Neurofibromatosis Recklinghausen, Glomus-
des Lig. carpi transversum. Dieses Syndrom ist charakteri- tumoren.
siert durch typische Schmerzen im Ausbreitungsbereich
des Nervs an der Hand, die meist nachts auftreten. Des
Weiteren sind sensible Störungen im Versorgungsgebiet
und Atrophie des Daumenballens typisch.
10.9 · Schädigung peripherer Nerven
547 10
10.9.4 Operative Eingriffe an peripheren
Nerven
Neurolyse
Bei der Neurolyse wird ein Nerv aus seiner Umgebung ge-
löst. Dieser Eingriff wird v. a. bei indirekten Schädigungen
peripherer Nerven durchgeführt. Unter der interfasziku-
lären Neurolyse versteht man die Freipräparierung der
einzelnen Nervenfaserbündel. Sie wird angewendet, wenn
es zu Narbenbildung im Epineurium gekommen ist.
Nervennaht
Ist es zu einer vollständigen Durchtrennung des Nervs ge-
kommen, ist die Nervennaht zur Kontinuitätswiederher-
stellung und zur Aussprossung proximaler Nervenfasern
nach distal hin notwendig.
Wichtig ist, dass die Verbindung der beiden Nervenen-
den spannungsfrei erfolgt. Dazu ist meist ein autologes
Nerventransplantat, z. B. des N. suralis (Wadennerv), er-
forderlich. Die Vereinigung der verschiedenen Nerven-
stücke erfolgt unter dem OP-Mikroskop (7 Abschn. 10.2.4
und 7 Abschn. 10.2.5).
11
Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie
M. Liehn, G. Nehse
11.1 Besonderheiten der entweder seitlich oder von frontal so eingesetzt werden,
Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie dass sie gleichzeitig den Mund offen halten und die Zunge
herabdrücken. Der Denhart-Mundsperrer (. Abb. 11.1)
Die Mund-Kiefer-Gesichts- (MKG-)Chirurgie ist ein ei- wird seitlich in den geöffneten Mund eingeführt, mit sei-
genständiges Fachgebiet innerhalb der Chirurgie. Gerade nen Branchen auf jeweils einen Backenzahn gesetzt und
Operationen im Gesichtsbereich sind unter funktionellen langsam aufgesperrt. Der Mundsperrer nach Roser-König,
und kosmetischen Aspekten sehr anspruchsvoll. Das viel- der ebenfalls seitlich einzusetzen ist (. Abb. 11.2) hat den
fältige Spektrum der Chirurgie wird hier auf kleinstem Nachteil, dass er häufig abrutscht. Es fehlen seitliche Kan-
Raum angewandt. Weichteilchirurgie, Traumatologie, ten an den Branchen, die ein Weggleiten des Sperrers ver-
Fehlbildungschirurgie, Tumorchirurgie wie auch Mikro- hindern könnten. In der Praxis wird der Sperrer deshalb
chirurgie und die plastisch-/rekonstruktive Chirurgie sind häufig mit 2 Gummiröhrchen überzogen.
Teildisziplinen. Darüber hinaus müssen auch die häufig
! Beim Einsatz der Mundsperrer dürfen keine
auftretenden Weichteil- und Knochenentzündungen fach-
Zahnschäden provoziert werden.
spezifisch therapiert werden.
Die dentoalveoläre Chirurgie nimmt im Klinikbetrieb Ein Mundsperrer, der es erlaubt, am Gaumen und am
einen relativ kleinen Platz ein, sollte aber auf jeden Fall Rachen zu arbeiten, ist z. B. der Mundsperrer nach Kilner-
erwähnt werden. Im Folgenden werden nur die gängigsten Doughty (. Abb. 11.3). Er hat auswechselbare, unterschied-
Operationen beschrieben (Zahnchirurgie ausgenommen). lich große Spatel, die individuell für den Patienten aus-
Die Prinzipien, die in den anderen Fachgebieten bereits gesucht werden können. Die Rinne in der Valve erlaubt
besprochen wurden, wiederholen sich hier, sodass sie nicht die Platzierung und die Fixation des Tubus nach oraler In-
ausführlich behandelt werden. tubation.
Zu den schon bekannten Haken, wie z. B. nach Langen-
beck, gibt es hier die speziellen Modelle, die die Zunge iso-
11.1.1 Aufgaben der Operationspflegekraft liert weghalten können, z. B. der Zungendrücker nach To-
bold (. Abb. 11.4). Wegen seiner quer geriefelten Auflageflä-
11 Die Aufgaben und Anforderungen an die OP-Pflegekraft/ che verrutscht er auf der feuchten Zunge nicht so schnell.
OTA sind im Fachgebiet der MKG-Chirurgie sehr vielfäl- Außerdem gibt es gerade Zungenspatel (. Abb. 11.5), die
tig. Das OP-Personal benötigt Kenntnisse des umfang- aber intraoperativ ungünstig sind, da sie durch die fehlende
reichen Instrumentariums und dessen Bedeutung sowie Biegung die Sicht auf das OP-Feld behindern. Für eine kurze
Kenntnisse der Prinzipien der Allgemeinchirurgie, Gefäß- Inspektion des Situs sind sie hervorragend geeignet.
chirurgie, Traumatologie und der Neurochirurgie. Auch Die Zunge muss bei operativen Eingriffen fixiert werden,
die besonderen Aspekte der Mikrochirurgie müssen be- indem entweder eine dicke Haltenaht durch die Zungenspit-
rücksichtigt werden (7 Kap. 10). Die Abdeckungssystema- ze gezogen und vom Assistenten gehalten oder die Zungen-
tik ist schwierig, da Kopf- und Gesichtsbereich mit den fasszange nach Collin (. Abb. 11.6) eingesetzt wird.
endotrachealen Tuben problematisch abzudecken sind. Die
Kopfbehaarung sollte dabei separat abgedeckt werden. Al- Traumatologie
len Anforderungen der Asepsis gerecht zu werden, ist eine Das Grundinstrumentarium wird im Wesentlichen in
Selbstverständlichkeit, aber gerade bei kombinierten intra- 7 Kap. 3 vorgestellt. Hierzu gehören Osteosynthesemate-
und extraoralen Operationen sehr schwer zu erreichen. rialien und das entsprechende Instrumentarium zur Frak-
turversorgung.
Das Raspatorium nach Obwegeser (. Abb. 11.7) ist ein
11.1.2 Instrumentarium wichtiges Instrument. Aufgrund seiner Biegung kann der
Unterkiefer problemlos von seinem Periost befreit werden.
Neben den schon bekannten Grundinstrumentarien wer- Die Unterkieferplatten entsprechen in etwa der Größe
den in der MKG-Chirurgie Spezialinstrumente benötigt. des bekannten Kleinfragmentinstrumentariums (7 Kap. 3).
Häufig sind die Instrumente aus der Allgemeinchirurgie, Die Osteosyntheseplatten im Oberkiefer, Mittelgesicht
der Traumatologie oder der Gefäßchirurgie bekannt; z. T. oder Stirnbereich werden wegen ihrer Größe als Mini-
sind sie, dem ästhetischen Aspekt Rechnung tragend, klei- oder Mikroplatten bezeichnet. Die Schrauben haben in der
ner und zarter. Regel ein selbstschneidendes Gewinde. Die Implantate
sind ausschließlich aus Titan oder Vitallium hergestellt.
Intraorale Instrumente Solange sie keine Beschwerden bereiten, können sie im
Um in der Mundhöhle problemlos arbeiten zu können, Körper verbleiben. Eine neue Eröffnung der Gesichtsnar-
müssen selbsthaltende Sperrer bereitgelegt werden, die ben kann dadurch häufig vermieden werden.
11.1 · Besonderheiten der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie
551 11
11.3
11.5 11.6
. Abb. 11.1 Mundsperrer nach Denhart. (Fa. Martin) . Abb. 11.4 Zungendrücker nach Tobold. (Fa. Martin)
. Abb. 11.2 Mundsperrer nach Roser-König. (Fa. Martin) . Abb. 11.5 Gerader Zungenspatel. (Fa. Martin)
. Abb. 11.3 Mundsperrer nach Kilner-Doughty. (Fa. Martin) . Abb. 11.6 Zungenfasszange nach Collin. (Fa. Martin)
552 Kapitel 11 · Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie
. Abb. 11.7 Raspatorium nach Obwegeser. (Fa. Martin) . Abb. 11.9 Tamponstopfer nach Luniatschek. (Fa. Martin)
. Abb. 11.8 Transbukkale Bohrhülse mit Schraubendreher.
(Fa. Mondeal)
11
In der Unterkiefertraumatologie setzt sich der operati- Knochensegmente oder ganze Kieferabschnitte mobili-
onstechnisch schwierigere, aber ästhetisch günstigere, in- siert, verschoben und in der korrigierten Position mit Os-
traorale Zugangsweg durch. Mit einer speziellen Zielbohr- teosynthesematerialien (7 Kap. 3) stabilisiert.
hülse als Gewebeschutz (. Abb. 11.8) können der Spiral- Zu einer Osteotomie benötigt man gerade oder gebo-
bohrer durch die Wange dem Unterkiefer aufgesetzt, die gene Osteotome in verschiedenen Breiten. In Kombination
Bohrlöcher angelegt und die Osteosyntheseschrauben ein- mit einem Metallhammer können sie zum Durchtrennen
gedreht werden. eines Knochens, z. B. des Unterkiefers, benutzt werden,
In geeigneten Fällen kann durch die Verwendung eines sofern nicht die Situation die Durchtrennung mittels einer
90°-Winkelbohrers und Schraubendrehers auf die transbuk- oszillierenden Säge erfordert.
kale Bohrhülse verzichtet werden. Des Weiteren kommen in
der MKG-Chirurgie alle Instrumente für Drahtnähte bzw.
Cerclagen (Flachzange, Drahtschneider, Drahtschere etc. 11.2 Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
(7 Kap. 3) zur Anwendung. Im Besonderen wird hier der kie-
ferorthopädische Tamponstopfer nach Luniatschek (. Abb. Eine der häufigsten angeborenen Fehlbildungen ist die
11.9) erwähnt. Durch seine gespaltene Spitze kann er verhin- Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (LKG-Spalte). Die chirur-
dern, dass ein Draht auf einer kleinen Kante abrutscht, bevor gische Versorgung findet möglichst frühzeitig im Säug-
er durch Anspannung endgültig fixiert werden kann. lings- oder Kindesalter statt, und die Koordinierung der
Funktionelle und ästhetische Aspekte sind in der Ge- weiterführenden Therapie liegt in der Verantwortung der
sichtschirurgie oberstes Gebot. Das bedeutet, dass Instru- MKG-Chirurgen.
mentarium und verwendetes Nahtmaterial atraumatisch und
fein sein müssen, um Korrekturoperationen zu vermeiden.
11.2.1 Ätiologie
Chirurgische Kieferorthopädie
Fehlentwicklungen oder Deformitäten der Kieferbasen mit Die LKG-Spalten haben, ebenso wie die isolierten Spaltbil-
gestörter Okklusion (z. B. Progenie) können durch Umstel- dungen, eine multifaktorielle Genese. Die angeborenen
lungsosteotomien operativ korrigiert werden. Nach Osteo- Spalten können in vielfältigen Formen in Erscheinung tre-
tomien im Unter- und/oder Oberkiefer werden einzelne ten (. Abb. 11.10):
11.2 · Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
553 11
4 Die isolierte Lippenspalte kann vollständig (Lippen- spätere Sprechentwicklung gestört. Auffällig bei den Kin-
rot und Lippenweiß) sowie unvollständig (häufig nur dern mit Gaumenspalten ist die näselnde Sprache (Rhino-
Einkerbungen im Rot-Weiß-Bereich) auftreten; sie lalia aperta). Diese Kinder leiden oft unter Mittelohrent-
kann einseitig oder zweiseitig sein. zündungen mit Ergussbildung, denn die funktionelle Tu-
4 Ein seltenes Krankheitsbild stellen die Lippen-Kiefer- benbelüftung fehlt.
Spalten dar. Hier reicht der Spalt bis in den Alveolar-
fortsatz des Oberkiefers hinein.
4 Die isolierte Gaumenspalte betrifft den weichen Gau- 11.2.3 Therapie
men, kann aber auf den harten Gaumen übergreifen.
4 Die häufigste Variante der Spaltbildungen ist die voll- Die Rehabilitation erfordert eine interdisziplinäre Behand-
ständige LKG-Spalte, die ebenso wie die Lippenspalte lung von MKG-Chirurgen, Kieferorthopäden, HNO-
ein- oder doppelseitig auftreten kann. Sie reicht von Ärzten und Logopäden.
der Lippe weiter durch den Kiefer und durch den ge- Die operative Therapie beinhaltet den funktionellen
samten Gaumen. und plastisch-rekonstruktiven Verschluss der Spalten. Kie-
ferorthopädisch wird durch die Anpassung einer Kunst-
stoffabdeckplatte an den Gaumen erreicht, dass die Zunge
11.2.2 Klinik aus der Spalte herausgehalten, die Nahrungsaufnahme ver-
bessert wird und der Kieferbogen sich günstiger ausbilden
Die Neugeborenen sind durch ihre Fehlbildung erheblich kann. Später muss die Zahnstellung korrigiert werden.
behindert. Die Nahrungsaufnahme durch Saugen ist we- Wichtig ist die Kontrolle der Ohrenfunktion durch HNO-
gen der Spalte zur Nase nicht möglich. Unbehandelt ist die Untersuchungen. Bei Entwicklungen von Otitiden und
554 Kapitel 11 · Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie
. Abb. 11.11a–c Lippenplastik nach Tennison/Randall. a Aufge- ralen Lippenstumpf. b Aufpräparierte Spalte mit erkennbarem Aus-
zeichnete Schnittführung mit dreieckigem Austauschlappen im late- tauschprinzip. c Schichtweiser Wundverschluss. (Nach Siewert 2006)
11.3 · Frakturen und ihre Versorgung
555 11
11.2.5 Verschluss des weichen
und des harten Gaumens
11.3.2 Unterkieferfrakturen
. Abb. 11.15 Le Fort-Einteilung der Mittelgesichtsfrakturen. a Le Fort I, b Le Fort II, c Le Fort III. (Nach Boenninghaus u. Lenarz 2001)
Therapie
Die Reposition der Gesichtsknochen und die Fixation des
Repositionsergebnisses stehen auch hier an erster Stelle.
Vorher müssen der Ober- und der Unterkiefer geschient
und die individuell regelrecht eingestellte Okklusion über
11 eine IMF während der Operation gesichert werden.
Die Miniplattenosteosynthese ist das Mittel der Wahl,
um eine optimale Frakturversorgung mit regelrechter Ok-
klusion zu erreichen. Wenn der Zustand des Patienten eine
zeitaufwändige Miniplattenosteosynthese nicht zulässt,
kann durch eine kraniofaziale oder zygomatikomaxilläre
Aufhängung eine ausreichende Stabilität erreicht werden.
Hierbei wird nach einer Oberkiefer-Unterkiefer-Schie-
nung mit intermaxillärer Fixation der Oberkiefer durch
eine Drahtnaht am nächstgelegenen stabilen Gesichtskno-
chen aufgehängt. Dies ist meist ist der Jochbogen oder das . Abb. 11.16 Reposition einer Jochbeinfraktur mit einem Einzin-
Os frontale. kerhaken (A), intermaxilläre Fixation (B), Miniplattenosteosynthese
am Unterkiefer (C)
11.3.5 Jochbeinfraktur/Jochbogenfraktur
Die Versorgung besteht in einer Reposition mit einem
In einem Viertel aller Mittelgesichtsfrakturen ist das Joch- starken Einzinkerhaken (. Abb. 11.16) und in der Fixation
bein betroffen. Die üblichen Frakturzeichen wie Krepitati- des Repositionsergebnisses mit Miniplatten.
on und Beweglichkeit fehlen hier oft. Dafür findet sich Der Hautschnitt sollte dann an der lateralen Seite der
häufig eine Stufe am Infraorbitalrand und eine Sensibili- Augenbraue liegen, da dieser kosmetisch kaum sichtbar
tätsstörung durch Läsion des N. infraorbitalis. Durch eine ist. Bei einer Revision des Orbitabodens liegt der Haut-
NNH lässt sich die Diagnose bestätigen. schnitt im Unterlid. Über diesen Zugang bietet sich eine
gute Übersicht über den Orbitarand und auf den Orbita-
! Da bei einer Jochbeinfraktur der Orbitaboden boden. Darüber hinaus können auch Schnittführungen
immer mitbeteiligt ist, muss eine Augenuntersu- unterhalb der Lidkante (subziliar) oder transkonjuktival
chung stattfinden. Neben einem direkten Bulbus- gewählt werden. Bei Defektfrakturen des Orbitabodens ist
trauma stehen hier Augenbewegungsstörungen eine Rekonstruktion notwendig, damit der Orbitainhalt
und Diplopien (Doppelbilder) im Vordergrund. nicht in die Kieferhöhle absackt oder Augenmuskeln in
11.4 · Tumor- und rekonstruktive Chirurgie
559 11
11.4 Tumor- und rekonstruktive Chirurgie
kInstrumentarium
4 Feines Weichteilinstrumentarium, 11.6 Mikrochirurgie
4 dünnes, ungefärbtes Nahtmaterial,
4 monofiles Nahtmaterial zur Nervmarkierung, Operationen unter dem Mikroskop sind nur mit spezi-
4 OP-Mikroskopbezug, ellem Instrumentarium möglich. Diese Instrumente be-
4 Mikroinstrumentarium, dürfen einer besonderen Behandlung, damit sie funktions-
4 ein Nervstimulationsgerät (7 Kap. 2). fähig bleiben. Sie dürfen auf keinen Fall an einen harten
Gegenstand stoßen, da ihre Spitze sofort verbiegen würde.
Deshalb müssen sie auf dem Instrumententisch auf indus-
Versorgung einer Weichteilverletzung im Gesicht
triell gefertigten Gummiunterlagen liegen. Das Instrumen-
7 Nach der Desinfektion des Gesichtes und ggf. des tarium muss immer von Blut gereinigt angereicht werden,
Unterschenkels werden als erstes der behaarte damit der Operateur unter dem Mikroskop die Instrumen-
Kopf und danach der Körper des Patienten abge- tenspitzen erkennen kann. Diese Reinigung darf nur mit
deckt. Je nach Intubation (oral oder nasal) wird fusselfreien Tüchern erfolgen. Die Mikronadelhalter haben
der Tubus nach der Desinfektion abgedeckt oder zum großen Teil keine Arretierung. Zwischen Operateur
mit einer sterilen Folie überklebt. und instrumentierender Pflegekraft wird abgesprochen,
6 ob die Nadel-Faden-Kombination eingespannt angereicht
wird oder ob zuerst der Nadelhalter und dann der Faden
11.7 · Chirurgische Kieferorthopädie
561 11
in seiner geöffneten Verpackung angegeben werden, damit 11.7 Chirurgische Kieferorthopädie
der Operateur den Faden unter dem Mikroskop selbst fas-
sen kann. Fehlstellungen oder Deformitäten der Kieferkörper mani-
Die Instrumente werden ohne den sonst wünschens- festieren sich in Bissanomalien und können zu funktio-
werten kleinen Druck angereicht. nellen Störungen der Kiefergelenkrelation führen. Neben
der klinischen Analyse werden durch Auswertung einer
seitlichen Fernröntgenaufnahme des Schädels die Stel-
! Besonders wichtig ist, dass alle Instrumente von
lungsanomalien der Kieferbasen in Bezug auf die Schädel-
der Pflegekraft nach Gebrauch wieder abgenom-
basis berechnet und die chirurgische Therapie bestimmt.
men werden, damit der Operateur nicht vom Si-
Durch Osteotomien im Ober- oder/und Unterkiefer kön-
tus wegschauen oder die Instrumente »blind« auf
nen die Kieferfragmente in die regelrechte Position ver-
den Instrumentiertisch legen muss. Dabei
schoben und mit Osteosyntheseplatten und/ oder Schrau-
könnten die Instrumente Schaden nehmen.
ben fixiert werden. Eine begleitende konservative kieferor-
Werden Instrumente auf dem Patienten abgelegt, durch- thopädische Behandlung ist unumgänglich.
stoßen sie dabei evtl. mit ihren Spitzen die Abdeckung. Abschließend wird erwähnt, dass Abszesse, dentogene
Während der Operation sollte das instrumentierende Entzündungen der Kieferhöhlen und Erkrankungen der
Personal über ein Zweitokular (Spion) oder über einen Kopfspeicheldrüsen (Glandula submandibularis, Glandula
Monitor die Operation verfolgen können, um situations- parotis) einen großen Raum in der MKG-Chirurgie ein-
gerecht instrumentieren zu können. Es gelten alle Kriterien nehmen.
der Mikrochirurgie, die in 7 Kap. 10 besprochen wurden.
Nach dem Ende der Operation wird das gebrauchte
Instrumentarium fixiert in gesonderten Containern zur
Aufbereitung in die ZSVA gegeben. Jedes Instrument muss
in einer Halterung fixiert sein, damit es nicht beim Trans-
port mit anderen Instrumenten des Instrumentensiebes
kollidiert.
11.6.1 Nervrekonstruktion
Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
M. Liehn, T. Grundmann, A. Paul
12.1.1 Hals
12.1.2 Lymphabflüsse
12
12.1.3 Rachen
Der mittlere Oropharynx beherbergt u. a. die paarig ange- Der Kehlkopf liegt etwa in Höhe des 5. Halswirbels, beim
legten Gaumenmandeln (Tonsillen). Sie zählen zu den Mann etwas tiefer als bei der Frau. Der Kehlkopf wird aus
Lymphorganen und befinden sich rechts und links des Ra- Schildknorpel und Ringknorpel gebildet und sitzt der Tra-
chenraumes. Ihren bindegewebigen Kapseln liegen Fasern chea auf (. Abb. 12.1). Das Zungenbein liegt oberhalb und
des M. constrictor pharyngis an. Die Rachenmandel im ist mit einer Membran am Schildknorpel fixiert.
Nasopharynx dagegen ist unpaarig und befindet sich am Die beiden Stimmbänder ziehen rechts und links von
Rachendach hinter den Nasengängen. Wird sie zu groß, den Stellknorpeln aus zur Vorderkante des Schildknorpels.
v. a. bei Kleinkindern, behindert sie die Nasenatmung so- Der Raum zwischen den Stimmbändern wird als Stimm-
wie die Belüftung des Mittelohrs durch die Ohrtrompete ritze bezeichnet. Die nervale Versorgung des Larynx über-
und muss entfernt werden. Die Tuba auditiva Eustachii nehmen der N. laryngeus inferior (genannt N. recurrens,
(Ohrtrompete) verbindet den Nasenrachen mit dem Mit- der u. a. die Stimmbandinnervation übernimmt) und der
telohr. Sie kann deshalb den Druckausgleich bei Höhen- N. laryngeus superior; beide sind Äste des N. vagus. Der
veränderungen bewirken. Der Hypopharynx beginnt hin- Kehldeckel (Epiglottis) verschließt bei Reizen reflektorisch
ter den Stellknorpeln und endet an der Einmündung in den Kehlkopfeingang. Beim Schlucken drückt die Zunge
den Ösophagus. die Epiglottis nach unten (. Abb. 12.2).
12.2 · Diagnostisches Instrumentarium
565 12
12.1.5 Nase Da sie in enger Beziehung zur Nase stehen, sind sie häufig
bei Infektionskrankheiten mitbetroffen.
Die äußere Nase besteht aus einem knorpeligen und einem
köchernen Anteil. Das knöcherne Nasenbein ist paarig an-
gelegt und schließt seitlich an den Oberkiefer und nach 12.1.6 Ohr
oben an das Stirnbein an. Der knorpelige Anteil besteht aus
dem seitlichen Dreiecksknorpel (verbunden mit dem knö- Das Hörorgan des Menschen ist in 3 Teile gegliedert
chernen Nasenbein und der Nasenscheidewand) und dem (. Abb. 12.4):
Nasenspitzenknorpel, der den Nasensteg und die Nasen- 4 Äußeres Ohr mit Ohrmuschel, dem S-förmig gebo-
flügel bildet. genen äußeren Gehörgang und dem Trommelfell als
Hinter den Nasenlöchern wird die innere Nase vom Abgrenzung zum Mittelohr.
Nasenvorhof und von der Nasenhöhle gebildet. Die Schutz- 4 Mittelohr, das aus der Paukenhöhle besteht, die über
härchen (Vibrissae) im Nasenvorhof filtern die Atemluft. die Tube mit dem Nasenrachen verbunden ist, und den
Die Nasenhöhle wird vom knöchern-knorpeligen Septum darin enthaltenen Gehörknöchelchen (. Abb. 12.4):
(Nasenscheidewand) in 2 Räume unterteilt. Oben begrenzt 5 Hammer (Malleus),
das Siebbein mit den Durchtrittstellen für den N. olfacto- 5 Amboss (Incus),
rius die beiden Höhlen, unten der harte Gaumen und seit- 5 Steigbügel (Stapes).
lich die Nasenmuscheln, 3 mit Schleimhaut überzogene
Knochenvorsprünge, die der Befeuchtung der Atemluft Sie sorgen durch ihre Bewegungen für die Schallwellen-
dienen. Hinten gehen die Nasenhöhlen in den Nasopha- übertragung.
rynx über (. Abb. 12.3). 4 Innenohr, das im Felsenbein liegt. Das Hörorgan liegt
in der Schnecke; die Bogengänge enthalten das Gleich-
Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales) gewichtsorgan.
7 luftgefüllte Räume stehen mit der Nasenhöhle in Ver-
bindung:
4 die Stirnhöhle (Sinus frontalis, paarig), 12.2 Diagnostisches Instrumentarium
4 die Kieferhöhle (Sinus maxillaris, paarig),
4 die Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis), Ein wichtiges Hilfsmittel in der HNO-Heilkunde ist die
4 das Siebbeinlabyrinth (Sinus ethmoidalis, paarig) Lichtquelle. Hier kamen früher Stirnspiegel, heute Kalt-
(. Abb. 12.3). licht-Kopflampen zur Anwendung. Durch das zur Sehach-
. Abb. 12.3 Topographische Übersicht Nase und Nasennebenhöh- Raum, Rachen und Kehlkopf. Die roten Pfeile markieren die Kreu-
len. a Schnitt durch Nase und Nasennebenhöhlen mit Etagengliede- zung von Luft- und Speisewegen
rung des Schädels (I–V). b Seitliche Nasenwand, Nasen-Rachen-
566 Kapitel 12 · Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
. Abb. 12.4 Anatomische Darstellung des Ohrs. (Nach Beise et al. 2009)
se koaxiale Licht können die HNO-relevanten Strukturen 4 starres Lupenlaryngoskop, 90°-Optik (transoral;
inspiziert werden. . Abb. 12.6),
4 flexibles Larynxendoskop (transnasal; . Abb. 12.5).
12.2.1 Ohruntersuchung
12.2.4 Stimmgabeluntersuchung
kInstrumentarium
12 4 Lichtquelle und Ohrtrichter, Ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel für den HNO-Arzt
4 Binokular-Mikroskop, ist die Stimmgabel. Bei dieser grob orientierenden Unter-
4 Absaugung. suchung wird festgestellt, ob eine Schwerhörigkeit besteht,
und ob sie im Innenohr oder im Mittelohr lokalisiert ist.
jMögliche Befunde
4 Cerumen oder Fremdkörper,
4 Perforation oder Rötung des Trommelfells, 12.3 Operationsinstrumentarium
4 Entzündungen des äußeren Gehörgangs.
Das Instrumentarium ist durch die Weichteil-, Knochen-
und auch Mikrochirurgie sehr vielfältig (7 Kap. 11). Zu-
12.2.2 Nasenuntersuchung sätzlich zum immer benötigten und in 7 Kap. 1 und 2 be-
schriebenen Grundinstrumentarium kommen auch hier
kInstrumentarium viele Spezialinstrumente zum Einsatz. Um eine übersicht-
4 Lichtquelle, liche Darstellung zu ermöglichen, werden die verschie-
4 Nasenspekula verschiedener Größen (. Abb. 12.7), denen Spezialinstrumente zusammen mit den entspre-
4 ggf. Bajonettpinzette (. Abb. 12.8) oder Watteträger, chenden Operationen vorgestellt.
4 Endoskop mit starrer 0°-, 30°- oder 70°-Optik (. Abb.
12.5, . Abb. 12.6).
12.3.1 Adenotomie/Tonsillektomie
(Entfernung der Rachen-/
12.2.3 Kehlkopfuntersuchung Gaumenmandeln)
12.6
12.5
a b
12.7 12.8 12.9 12.10
. Abb. 12.5 Flexibles Laryngoskop (Fa. Storz) . Abb. 12.8 Bajonettpinzette. (Fa. Martin)
. Abb. 12.6 Lupenlaryngoskop mit Winkel (Fa. Storz) . Abb. 12.9 Zungenspatel. (Fa. Martin)
. Abb. 12.7a, b Nasenspekula. (Fa. Martin) . Abb. 12.10 Spiegel. (Fa. Martin)
4 Bei Bedarf werden lange Kanülen zur Applikation des 4 Tonsillenraspatorium nach Henke (. Abb. 12.11).
Lokalanästhetikums eingesetzt. Dies ist ein doppelseitig benutzbares, scharfes Dissek-
4 Je eine grobe, lange chirurgische und eine anato- tionsinstrument, um die Tonsille aus ihrer Kapsel zu
mische Pinzette. schälen.
4 Eine lange kniegebogene Pinzette für die bipolare Ko- 4 Eine in den breiten Branchen aufgebogene Tonsillen-
agulation. schere (. Abb. 12.12).
4 Präparierschere, z. B. nach Metzenbaum. 4 Ringmesser nach Beckmann (. Abb. 12.13).
4 Mundsperrer, z. B. nach Kilner-Doughty (7 Kap. 11). Sie müssen in verschiedenen Größen vorliegen. Da-
568 Kapitel 12 · Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
. Abb. 12.11 Tonsillenraspatorium nach Henke. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.14 Tonsillenschnürer nach Brünings. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.12 Tonsillenschere nach Good. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.15 Tonsillenfasszange nach Blohmke. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.13 Ringmesser nach Beckmann. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.16 Korbsauger nach Yankauer. (Fa. Aesculap)
570 Kapitel 12 · Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
12
. Abb. 12.17 Dilatator nach Laborde . Abb. 12.21 Nasenpinzette nach Troeltsch. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.18 Koniotom nach Ueckermann-Denker . Abb. 12.22 Nasenschere nach Heymann. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.19 Nasenspekulum nach Beckmann. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.23 Elevatorium/Raspatorium nach Freer: Eine Seite ist
. Abb. 12.20 Nasenspekulum nach Killian. (Fa. Aesculap) stumpf, die andere scharf. (Fa. Aesculap)
12.4 · Aufgaben der Operationspflegekraft
571 12
12.33
12.31
. Abb. 12.24 Ohrschlinge nach Langenbeck. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.29 Lanzettmesser nach Rosen. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.25 Ohrhebel nach Lucae. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.30 Lappenmesser nach Plester. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.26 Fasszange nach Hartmann. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.31 Mikroschere. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.27 Parazentesenadel nach Lucae. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.32 Knochenstanze. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.28 Rundschnittmesser. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.33 Knochenlöffel nach House. (Fa. Aesculap)
572 Kapitel 12 · Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
kPrinzip kPrinzip
Die Adenotomie (AT) ist die operative Abtragung der ade- Bei der Tonsillektomie (TE) werden die gesamten Gau-
noiden Wucherungen. menmandeln aus ihrer Kapsel herausgeschält. Bei kleineren
Kindern mit Atmungsaussetzern beim Schnarchen kann
kLagerung eine »Mandelkappung«, in der Regel mit dem Laser, indi-
4 In Vollnarkose: Rückenlage mit rekliniertem Kopf. ziert sein.
4 Dieser Eingriff wird nur noch selten in Lokalanästhe-
sie durchgeführt: Dann wird das Kind von einer Pfle- kLagerung
gekraft in halbsitzender Position gehalten. 4 In Lokalanästhesie: halbsitzende Position.
12 4 In Vollnarkose: Rückenlage mit rekliniertem Kopf.
kInstrumentarium
4 Mundsperrer, kInstrumentarium
4 Zungenspatel, 4 Instrumente wie bei der AT/TE,
4 Beckmann-Ringmesser, 4 mit einem Faden armierte Tupfer zur Kompression,
4 grobe Pinzetten, 4 ggf. bipolare Koagulationspinzette,
4 bi- oder monopolare Blutstillungspinzette. 4 Umstechung.
Adenotomie Tonsillektomie
7 Nach der sterilen Abdeckung wird der Mund- 7 Für die vorgesehene Lokalanästhesie werden die
sperrer nach Kilner-Doughty eingesetzt. Er drückt Tonsillen mit einer langen dünnen Kanüle mit
die Zunge nach unten und fixiert gleichzeitig den dem Anästhetikum umspritzt. Dieses hat häufig
Tubus. einen Adrenalinzusatz, um gleichzeitig eine Ge-
7 Die adenoiden Vegetationen werden mit dem fäßverengung zu erreichen.
entsprechend großen Ringmesser an ihrer Basis 7 Nach dem Einsetzen des Mundsperrers – für Pati-
abgetragen. Das Blut wird abgesaugt, eine passa- enten mit lokaler Betäubung wird ein handgehal-
gere Blutstillung mit armierten großen Tupfern tener Zungenspatel verwendet – wird eine Tonsil-
reicht zumeist aus. le mit der groben chirurgischen Pinzette gefasst,
7 Blutende Gefäße werden mit der bipolaren Koa- der vordere Gaumenbogen wird mit der Schere
gulationspinzette koaguliert. inzidiert und die »Mandel« mit der Tonsillenschere
7 Zählen der Tupfer und Dokumentation der Voll- und dem Henke-Raspatorium im Wechsel aus ih-
zähligkeit. rer Kapsel geschält. Mit dem Tonsillenschnürer
7 Die Entfernung des Mundsperrers, Absaugen und wird sie vom Zungengrund abgetrennt.
Inspektion der Mundhöhle beenden den Eingriff. 6
12.5 · Hals-Nasen-Ohren-Operationen
573 12
kInstrumentarium
7 Ein armierter Tupfer wird vorübergehend zur 4 Starre Laryngoskope in verschiedenen Durchmessern
Kompression in das Tonsillenbett geschoben; ana- und unterschiedlichen Längen mit montierbarem
loges Vorgehen auf der anderen Seite. Lichtleitstab und Kaltlichtkabel (. Abb. 12.35),
7 Erscheint die Blutstillung unzureichend, wird ab- 4 Zahnschutz für den bezahnten Oberkiefer
schließend eine Umstechung erfolgen. Die Tonsillen (. Abb. 12.36),
werden zur histologischen Untersuchung gegeben. 4 Laryngoskophalter mit Bruststütze (. Abb. 12.37).
4 Verschiedene Fasszangen:
5 Doppellöffelzange,
! Tonsillen werden immer seitengetrennt zur histo-
5 gezahnte Fasszange.
logischen Untersuchung gegeben.
4 Verschiedene Scheren (rechts gebogen, links gebogen,
Die Tonsillektomie kann auch mit alternativen Dissekti- gerade),
onstechniken wie dem CO2-Laser, dem Ultraschallskalpell 4 lange Watteträger,
oder dem Coblator durchgeführt werden. 4 Gefäß für ein adstringierendes Medikament zum Ein-
tauchen von Watteträgern für die Blutstillung,
Komplikationen 4 langer Saugeransatz,
Eine Nachblutung tritt zumeist am OP-Tag oder am 4 kleine Gefäße zum Aufnehmen der entnommenen
1. postoperativen Tag auf, kann aber noch nach 2 Wochen Präparate,
vorkommen. Leichtere Blutungen sistieren häufig spontan, 4 OP-Mikroskop mit einem Objektiv mit einer Brenn-
wenn der Patient mit einer Eiskrawatte im Nacken aufrecht weite von 400 mm,
und ruhig im Bett sitzt. Lässt sich eine aufgetretene Blu- 4 ggf. monopolare Handelektrode.
tung mit Tamponade oder Hämostyptika nicht stillen,
muss chirurgisch interveniert werden.
Stützautoskopie
7 In Intubationsnarkose wird der Kopf des Patienten
12.5.3 Stützautoskopie/Laryngoskopie rekliniert und der Zahnschutz eingesetzt. Ein
starres Laryngoskop (nach Kleinsasser oder Ne-
Die Stützautoskopie dient der direkten Untersuchung des gus) wird eingebracht und mit einer Kaltlichtquel-
Kehlkopfes, wenn die indirekte Spiegelung nicht möglich le verbunden.
oder unzureichend erscheint, kleineren operativen Eingriffen 7 Die Sicht auf den Kehlkopf wird eingestellt und das
an Kehlkopf und Pharynx sowie der Entfernung von Fremd- Laryngoskop mit der Bruststütze fixiert. Der obere
körpern, die in Lokalanästhesie nicht geborgen werden kön- Trachealanteil, die Stimmbänder und die Aryknorpel
nen. Zur besseren Übersicht wird diese Untersuchung mit (die Stellknorpel des Kehlkopfes) können betrachtet
Hilfe des OP-Mikroskops vorgenommen (. Abb. 12.34). werden. Bei Bedarf können jetzt mit Fasszange, Löf-
felzange und Schere verschiedene Proben entnom-
kIndikation men bzw. Papillome oder Polypen entfernt werden.
4 Verdacht auf Larynxpapillome, Leukoplakie, Stimm- 7 Die einzelnen Präparate müssen korrekt gekenn-
lippenpapillome, Stimmbandpolypen oder Kehlkopf- zeichnet und mit ihrer Entnahmestelle bezeichnet
karzinom. werden.
4 Verdacht auf Fremdkörper (z. B. Fischgräten).
kPrinzip
4 Direkte Betrachtung des Larynx über ein starres La- 12.5.4 Tracheotomie
ryngoskop, das auf der Brust des Patienten abgestützt
ist (deshalb Stützautoskopie) unter Verwendung des Der sog. Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) ist häufig eine
Mikroskops. Notfallmaßnahme, daher sollten die Instrumente und das
4 Bei Bedarf mikrochirurgische Abtragung des Be- Vorgehen allen Beteiligten geläufig sein.
fundes ggf. mit einem CO2-Laser oder Probeentnah-
men zur histologischen Diagnosesicherung. kIndikation
4 Langzeitbeatmung oder eine erwartete Langzeitbeat-
kLagerung mung. Ist bei intubierten Patienten nach ca. 4–14 Ta-
4 Rückenlage mit leicht angehobenem Kopfteil. gen eine Extubation nicht möglich oder nicht zu er-
4 Eine sterile Abdeckung ist nicht nötig. warten, sollte ein Tracheostoma angelegt werden.
574 Kapitel 12 · Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
12
12.35
12.36
12.37
. Abb. 12.35 Operationslaryngoskop. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.37 Laryngoskophalter mit Bruststütze. (Fa. Aesculap)
. Abb. 12.36 Zahnschutz. (Fa. Aesculap)
7 Auch die Schnittführung variiert, meist wird der 7 Der orale Tubus wird entblockt und entfernt, die
kurze Kocher-Kragenschnitt (7 2.1.1) oder ein passende Trachealkanüle, deren Blockung von der
medianer Längsschnitt gewählt. Nach der Durch- OP-Pflegekraft geprüft wurde, wird eingeführt
trennung des Platysma mit dem Skalpell kann die und an die Beatmung angeschlossen.
prätracheale Muskulatur stumpf zur Seite ge- 7 Zur künstlichen Beatmung empfehlen sich block-
drängt werden. bare Tuben. Wenn keine Aspirationsgefahr mehr
7 Vielfach kann der Isthmus der Schilddrüse erhal- besteht, wird der Patient mit einer nicht blockbaren
ten werden, indem er mit 2 Langenbeck- oder Ko- Trachealkanüle (z. B. einer Sprechkanüle) versorgt.
cher-Haken so weit kopfwärts gezogen wird, dass
der 3. und 4. Trachealring freiliegt. Gelingt das
nicht, wird der Isthmus zwischen 2 Klemmen Trachealkanülen
durchtrennt und umstochen (7 2.2.3). Nach der Tracheotomie wird eine Rügheimer Kanüle mit
7 Alle Gefäße müssen unterbunden oder elektroko- blockbarer Manschette eingesetzt, um eine Aspiration aus
aguliert werden, um postoperative Blutungen dem Wundgebiet zu verhindern und den Patienten ggf. zu
und die damit verbundene Aspirationsgefahr zu beatmen. Erst später erfolgt die Versorgung mit einer Tra-
verhindern. chealkanüle. Diese besteht meist aus einem doppellumigen
7 Nun kann die Trachea eröffnet werden durch Rohr, dessen innerer Teil, die »Seele«, beliebig oft entfernt
– die X-förmige Inzision, und wieder eingesetzt werden kann. Das erleichtert die
– den Türflügelschnitt, Reinigung und die endotracheale Absaugung.
– den rundlichen Björk-Lappen. Nach der Tracheotomie wird die Kanüle täglich ge-
7 Die Eröffnung erstreckt sich immer über 2 Knorpel- wechselt. Fallen die Trachealwände in sich zusammen,
spangen. Das entstehende Fenster wird mit polyfi- wird das Tracheostoma mit einem überlangen Spekulum,
len Haltefäden an der Haut fixiert, die sog. tracheo- z. B. nach Killian, offen gehalten. Dann lässt sich die Kanü-
kutanen Nähte (»mukokutane Anastomose«). le leichter einsetzen.
6 Die Trachealkanüle hat vorn eine Platte, die die Ka-
nüle auf der Haut aufliegen lässt. An beiden Seiten
576 Kapitel 12 · Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie
12.38 12.39
12
12.40 12.41
. Abb. 12.38 Doppelläufige Trachealkanüle. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.40 Spiral-Tracheostomiekanüle mit stufenlos justier-
. Abb. 12.39 Doppelläufige Metallkanüle mit herausnehmbarer In- barem Flansch mit Blockermanschette zur Beatmung. (Fa. Covidien)
nenkanüle. (Fa. Aesculap) . Abb. 12.41 Ventilkanüle (Sprechkanüle) mit Loch. (Fa. Aesculap)
dieser Platte wird durch vorgefertigte Ösen ein Band ge- 4 Postoperativ: Nachblutungen oder Arrosionsblu-
zogen und hinten am Hals des Patienten geknüpft. tungen, wenn die Kanüle nicht korrekt passt, Phleg-
Sprechkanülen haben in ihrer Krümmung ein Fenster, mone, Pneumonie, v. a. aufgrund einer Aspiration.
durch das die Ausatemluft nach innen in den Kehlkopf 4 Als Spätkomplikation gilt die Trachealstenose, v. a.
gelangen kann. Durch ein Rückschlagventil in der Kanü- bei Patienten mit einer Neigung zur Keloidbildung.
lenöffnung wird dem Patienten das Sprechen ermöglicht.
Die Auswahl der richtigen Kanüle (. Abb. 12.38 bis Tracheostomaverschluss
. Abb. 12.41) richtet sich danach, ob sie zur Langzeitbe- Wird die Kanüle und damit das Tracheostoma nach der
atmung oder als Dauerkanüle verwendet werden soll. Heilung oder Besserung der Grunderkrankung nicht mehr
Wichtig ist immer, dass die Kanüle dem Durchmesser benötigt, kann das Tracheostoma in Lokalanästhesie oder
der Trachea angepasst ist und weder zu kurz noch zu lang in Vollnarkose verschlossen werden.
gewählt wird.
radikalen Neck-Dissection zwischen 2 Klemmen Schilddrüse wird vom Larynx abpräpariert und,
mit dem Skalpell, besser mit dem Diathermiesti- wenn möglich, geschont.
chel, durchtrennt. Beide Muskelstümpfe werden 7 Präparation und Eröffnung des Kehlkopfes, Dar-
umstochen. stellung der Trachea, Tracheotomie, Umintubation
7 Der N. accessorius verläuft am Hinterrand des Mus- mit einer blockbaren Trachealkanüle.
kels und wird vorsichtig mit einer feinen Schere, 7 Resektion je nach Ausdehnung des Tumors:
z. B. nach Wittenstein, dargestellt und zunächst an- Das Hauptpräparat enthält den Neck-Dissection-
geschlungen. Je nach Ausdehnung des Tumors Block, den Kehlkopf, ggf. die Glandula submandi-
wird er später erhalten oder reseziert werden. bularis, Glandula thyreoidea und evtl. den N. ac-
7 Nach der Durchtrennung des Muskels liegt die cessorius.
sog. Gefäßnervenscheide mit der V. jugularis in- 7 Primäre Pharynxplastik durch Schlundnaht zur
terna, der A. carotis communis und dem N. vagus
Trennung von Luft- und Speiseweg mit 3–0, 4–0
sichtbar im OP-Feld. Die V. jugularis wird über eine
resorbierbarem, geflochtenem Nahtmaterial.
kurze Strecke mittels Overholt-Dissektion freiprä-
7 Bei ausgedehntem Hypopharynxkarzinom muss
pariert, distal doppelt ligiert und zusätzlich mit
der entstandene Rachendefekt evtl. durch einen
kräftigem Nahtmaterial umstochen.
myokutanen Lappen des M. pectoralis oder durch
7 Nach der Darstellung der A. carotis communis und
ein mikrovaskulär anastomosiertes Unterarminter-
des N. vagus kann der Dissektionsblock mit Sche-
ponat gedeckt werden.
re und Pinzette kopfwärts präpariert werden.
7 Die V. jugularis interna wird bis zum Foramen ju-
gulare freigelegt, dort wieder doppelt ligiert und
abgesetzt.
7 Das Tumorpräparat wird unter Ligatur der V. facia- 12.5.8 Septumkorrektur
lis oder ggf. der A. thyreoidea superior herausge-
löst, entfernt und zur histologischen Untersu- Eine Begradigung der Nasenscheidewand ist nur dann
chung gesandt. Wichtig ist eine topographisch erforderlich, wenn die Verbiegung die Nasenatmung be-
exakte Nadelmarkierung auf einer Korkplatte. hindert.
12 7 Nach der sorgfältigen Blutstillung und der Einlage
von 1 oder 2 Redon-Drainagen erfolgen der kIndikation
schichtweise Wundverschluss und der Halsverband. Septumdeviation: Sie kann durch ein Trauma, aber auch
durch gestörtes Wachstum entstehen.
kPrinzip
12.5.7 Laryngektomie Begradigung der Nasenscheidewand, oft kombiniert mit
einer Konchotomie (Muschelkappung).
kVorbereitung und Lagerung
Sie entsprechen denen für eine Neck-Dissection (7 Ab- kLagerung
schn. 12.5.6). Eine Tracheotomie ist obligat und muss vor- 4 Rückenlage mit leicht erhöhtem Oberkörper und re-
bereitet werden. kliniertem, zur kontralateralen Seite gedrehtem Kopf.
4 Wird monopolar gearbeitet, gehört die neutrale Elek-
trode an einen Oberarm.
Laryngektomie
7 Der Hautschnitt verläuft meist U-förmig am Vor- kInstrumentarium
derrand des M. sternocleidomastoideus beidseits, 4 Grundinstrumente,
2 Querfinger oberhalb des Jugulums (Gluck-Soe- 4 bipolare Koagulationspinzette,
rensen-Lappen). 4 Nasenspekula unterschiedlicher Größe,
7 Durchtrennung der prälaryngealen Muskulatur 4 Nasenschere,
mit dem Diathermiemesser zwischen 2 Klemmen, 4 Raspatorium nach Freer (. Abb. 12.23),
Durchstechungsligatur der Stümpfe. 4 ggf. schmale Meißel mit einem Metallhämmerchen
7 Die Thyreoidealappen werden dargestellt und der 4 abschwellend wirkende Lösung z. B. Privin,
Isthmus zwischen 2 Klemmen durchtrennt. Die 4 armierte Spitztupfer.
6
12.5 · Hals-Nasen-Ohren-Operationen
579 12
Septumkorrektur
7 Vor dem eigentlichen Beginn der Operation wer-
den Spitztupfer mit Privin in die Nasenlöcher ge-
legt, um das Anschwellen der Schleimhaut zu mi-
nimieren.
7 Der Schnitt verläuft im Nasenvorhof als Transfixi-
ons- oder Hemitransfixionsschnitt. Mit einem klei-
nen Messer (Skalpell Nr. 15) wird an der Septum-
kante eine Inzision gelegt und das Mukoperichon-
drium mit einem Raspatorium nach Freer abgelöst.
7 Die Begradigung der Scheidewand erfolgt durch
Abmeißelung des knöchernen Spornes oder
durch gezielte Resektion des deviierten Knorpels.
Das entnommene Material, Knochen und Knorpel,
wird retransplantiert.
7 Häufig sind zusätzlich die unteren Nasenmu-
scheln hyperplastisch, die dann mit einer Nasen-
schere verkleinert werden (Konchotomie). Der He-
mitransfixionsschnitt wird mit einer dünnen mo-
nofilen Naht verschlossen. Beide Nasenhöhlen . Abb. 12.42 Nasenrepositionszange nach Cottle-Walsham.
werden tamponiert. (Fa. Aesculap).
4 Bereitlegen von Gore-Dura, Orbitaplättchen oder Da- schient, um ein Eindringen von pathogenen Keimen zu
cronnetz, verhindern. Dazu muss Blut abgesaugt und umgekrem-
4 Vorbereitung von Fibrinkleber. pelte Perforationsränder müssen geglättet werden. Der
Patient erhält prophylaktisch ein Antibiotikum.
Orbitabodenreposition
7 Über den transkonjunktivalen oder den subtar- 12.5.12 Parazentese
salen Zugang wird der Orbitainhalt, der durch die
Bruchlücke in die Kieferhöhle gefallen ist, sorgfältig kIndikation
reponiert. Eingeklemmte Teile des Orbitainhalts 4 Chronischer Paukenerguss,
werden mit einem feinen Häkchen und einem Ras- 4 Tubenfunktionsstörung mit chronischem Unterdruck
patorium aus dem Bruchspalt präpariert. des Mittelohrs.
7 Der Orbitaboden muss einwandfrei reponiert sein.
Kleinere Fragmente können miteinander verkeilt Therapie
werden. Im Ausnahmefall wird eine Miniplatten- Auf das Trommelfell wird ein Oberflächenanästhetikum
osteosynthese vorgenommen. aufgebracht, über den Ohrtrichter die lanzettenartige Pa-
7 Um den Orbitaboden wieder als glatte Fläche zu razentesenadel (bajonettförmig oder kniegebogen (. Abb.
gestalten, muss er nach der Reposition mit einer re- 12.27) eingeführt und ein kleiner Entlastungsschnitt in das
sorbierbaren Kunststoffscheibe abgedeckt werden. Trommelfell gelegt. Das Sekret kann sofort ablaufen. Be-
7 Ein Wundverschluss unter genauer Adaptierung sonders bei Kindern mit rezidivierender Otitis media wird
der Schichten mit feinstem Nahtmaterial beendet das Mittelohr zur Dauerbelüftung mit »Paukenröhrchen«
den Eingriff. (in Narkose) drainiert. Diese bestehen zumeist aus Titan
und haben die Form einer Spule.
Zur Parazentese wird das Trommelfell vorn unten in-
zidiert, das Sekret mit einem feinen Ohrsauger abgesaugt
12.5.11 Trommelfellperforation und ein Paukenröhrchen eingelegt. Dieses sollte minde-
stens ein halbes Jahr verbleiben und wird in der Regel
12 Die spezielle Diagnostik des Trommelfells erfolgt mit dem spontan abgestoßen.
Binokularmikroskop. Ein gesundes Trommelfell glänzt
gräulich und zeigt keine Rötung oder Sekretansammlung
im Mittelohr. Ein pathologisch verändertes Trommelfell 12.5.13 Tympanoplastik
zeigt verschiedene Bilder:
4 Eine Einziehung hat fast immer einen Unterdruck in Die gestörte Schallleitung soll wieder hergestellt werden,
der Paukenhöhle als Ursache. indem der Trommelfelldefekt mit körpereigener Tempora-
4 Eine Vorwölbung weist auf eine Flüssigkeitsansamm- lisfaszie verschlossen wird. Defekte Gehörknöchelchen
lung im Mittelohr hin. können durch Titanprothesen ersetzt werden. Ein vorhan-
4 Eine Rötung gilt als Zeichen einer Entzündung. denes Cholesteatom (chronische Knocheneiterung) muss
aufgrund der Gefahr der Knochenzerstörung oder der ent-
Ursachen zündlichen Ausbreitung ausgeräumt werden. Die Tympa-
4 Trommelfelldefekte können vielfältige Ursachen ha- noplastik wird in verschiedene Typen eingeteilt, die ge-
ben: chronische oder akute Mittelohrentzündungen, bräuchlichsten sind:
Pfählungsverletzungen oder Rupturen aufgrund eines 4 Typ I: eine einfache Trommelfellplastik (Myringo-
plötzlichen Überdruckes (z. B. eine harte Ohrfeige). plastik),
4 Cholesteatom: kleiner Defekt mit fötider Otorrhö 4 Typ III: Trommelfellverschluss und Rekonstruktion
(stinkendem Ohrfluss). der Gehörknöchelchenkette.
4 Eine traumatische Trommelfellperforation muss
meist versorgt werden; nur kleine schlitzförmige Ein- kIndikation
risse können von selbst heilen. 4 Chronische Mittelohrentzündung mit Trommelfell-
perforation,
Therapie der akuten traumatischen 4 narbige Veränderungen,
Trommelfellperforation 4 Cholesteatom,
Über einen Ohrtrichter und das Mikroskop wird die Rup- 4 Kettenunterbrechung.
tur dargestellt und mit einem kleinen Silastikläppchen ge-
12.5 · Hals-Nasen-Ohren-Operationen
581 12
kPrinzip
Wiederherstellung der Schallleitung durch Revision der
Gehörknöchelchen und/oder Trommelfellplastik.
kLagerung
4 Rückenlage, den Kopf zur kontralateralen Seite ge-
dreht. Sollte monopolar gearbeitet werden, muss die
neutrale Elektrode an dem seitengleichen Oberarm
angebracht werden.
4 Die Operation kann sowohl in Lokalanästhesie als
auch in Vollnarkose durchgeführt werden.
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium zur Eröffnung des Mittel-
ohrs,
4 Ohrinstrumente (7 Abschn. 12.3.4),
4 zusätzlich bipolare Koagulationspinzette.
4 Bei einer knöchernen Revision muss eine Bohrma-
schine zur Verfügung stehen.
4 Das steril bezogene OP-Mikroskop wird bereitgestellt.
Tympanoplastik
7 Der Hautschnitt verläuft entweder retroaurikulär
(hinter dem Ohr) oder endaural, d. h. vorn zwischen
Tragus und Ansatz der Ohrmuschel im Gehörgang
(endaurale Schnittführung nach Heermann).
7 Sollte für die Trommelfellplastik ein Stück Faszie
benötigt werden, wird ein kleines Stück Tempora-
lisfaszie hinter dem Ohr entnommen und bis zum
Gebrauch zwischen 2 Silastikscheiben gelagert.
7 Nach der Beseitigung der Grunderkrankung wird
das Trommelfell mit der Faszie unterfüttert, Sili-
konfolien dienen der zusätzlichen Schienung.
7 Der Gehörgang wird mit Tamponaden oder mit
Salbenstreifen (z. B. bei Stapesplastik) austampo-
niert. Der Zugangsweg wird schichtweise ver-
schlossen und ein Ohrdruckverband angelegt.
Kinderchirurgie
P. Reifferscheid, M. Liehn
13.1 Arbeitsbedingungen in
der Kinderchirurgie . Tab. 13.1 Blutvolumen. (Nach Smith u. Rowe 1993)
Das Früh- und Neugeborene, aber auch das kranke Neugeborene mit 2–3 kg KG am 1. Tag 31–34
Kleinkind haben Mühe, die Körpertemperatur kon- 4 Danach bis zum 12. Tag 28–31
stant zu halten. Anatomisch und physiologisch hat
dies die folgenden Gründe:
5 Relativ größere Körperoberfläche im Vergleich zum
Körpergewicht. (Bei Frühgeborenen ist die Kör- Wärmeverluste können verringert werden durch:
peroberfläche pro kg KG 10-mal größer als beim 4 Angemessene Temperatur des OP-Saals (. Tab. 13.2).
Erwachsenen.) 4 Anwärmen von Desinfektions-, Infusions- und Spül-
5 Dünnes subkutanes Fettgewebe mit der Folge
13 schlechter Isolierung.
lösungen auf Körpertemperatur.
4 Einwickeln der Extremitäten, besonders der Hände
5 Relativ geringe Wärmeproduktion, die durch Medika- und der Füße (große Oberfläche) in Watte oder Folie,
mente (z. B. Muskelrelaxanzien) weiter reduziert wird. Bedecken des Kopfes mit Tuch oder Mütze aus tg-
Hinzu kommen Wärmeverluste durch Narkotika und Schlauch (anästhesiologische Erfordernisse berück-
daraus folgend eine gesteigerte Hautdurchblutung. sichtigen!).
Wärmeverluste entstehen durch: 4 Zügiges Abdecken nach der Hautdesinfektion unter
4 Verdunstung (z. B. der Desinfektionslösung auf der Berücksichtigung der Einwirkzeit.
Haut oder über nicht abgedeckte Darmschlingen). 4 Verwendung von elektronisch geregelten Wärmemat-
4 Wärmeleitung (direkter Kontakt mit einer kühleren ten als Unterlage (Vorsicht: Direkten Hautkontakt ver-
Oberfläche, z. B. Röntgenkasette). meiden wegen Verbrennungsgefahr der aufliegenden,
4 Kalte Spüllösungen. schlechter durchbluteten Körperpartien auch bei
4 Konvektion (Luftaustausch, z. B. offene Türen, raum- Wärmemattentemperatur im physiologischen Be-
lufttechnische Anlage). reich; Molton zwischen Wärmematte und Haut legen,
4 Strahlung (Wärme, die das Kind an eine kühlere Um- unter Beachtung der Herstellerhinweise, um Verbren-
gebung abgibt ohne sie direkt zu berühren). nungen und Hautschädigungen zu vermeiden).
4 Kontinuierliches Temperatur-Monitoring.
Nahezu alle Patienten, die unter Allgemeinanästhesie ope-
! »Es gibt keine andere einzelne Maßnahme, die der-
riert werden, werden intraoperativ hypotherm. Die Ab-
art wirksam Überlebensrate und -qualität kranker
kühlung verläuft in 3 Phasen:
Neugeborener verbessert, wie sorgfältige Kontrol-
4 in der 1. Stunde rascher Abfall der Körpertemperatur,
le der Umgebungstemperatur!« (Obladen 2001)
4 in den folgenden 2–3 h langsamer Abfall der Körper-
temperatur, Je unreifer und je kränker das Kind ist, umso höher ist das
4 danach konstant erniedrigte Körpertemperatur. Risiko von Infektionen, Druckschäden und Wärmever-
13.1 · Arbeitsbedingungen in der Kinderchirurgie
585 13
lust. Maßgebend sind nicht nur arbeitsrechtliche Verord- konserven). Um die Entwicklung einer Latexallergie zu
nungen über die Temperatur in OP-Räumen sondern v. a. verhindern, sollte bei Neugeborenen, bei denen voraus-
die Prognose des Patienten. sichtlich mehrere Eingriffe zur Behandlung einer ange-
Mindestens ebenso wichtig wie die anatomischen und borenen Anomalie erforderlich sind (z. B. Meningomyelo-
physiologischen Besonderheiten sind die psychischen Be- zele, anorektale Anomalien, Blasenexstrophie), latexfrei
dingungen, unter denen ein Kind Krankheit und Operati- gearbeitet werden (Handschuhe, Drainagen, Verbandma-
on erlebt. Die Trennung von den Eltern, die Ungewissheit terial).
über die bevorstehende Behandlung wird als Verlassenheit, Der Hautschnitt sollte einen optimalen Zugang bei
als essenzielle Bedrohung empfunden, besonders von Kin- einem Minimum an Gewebeschäden ermöglichen. Er
dern, die sich nicht krank fühlen (z. B. Hypospadie 7 Ab- wird entsprechend den Langer-Linien gelegt. Quere Lapa-
schn. 13.5.5) und/oder unzureichend auf den Eingriff vor- rotomiewunden sind weniger schmerzhaft und heilen
bereitet wurden. Gerade weil das Kind die erforderlichen besser als Längsschnitte. Gefäße werden gezielt koaguliert
Maßnahmen nicht immer vollständig begreifen kann, hat oder zwischen Ligaturen durchtrennt (Fadenstärke 4–0
es Anspruch auf wahrheitsgetreue Information (ohne er- und 5–0 ist ausreichend). Bei Früh- und Neugeborenen ist
schreckende Details) in einer für das Kind verständlichen die bipolare Mikrokoagulation zu bevorzugen, in der mo-
Sprache. Das Kind ist als Person zu respektieren. Ein ver- nopolaren HF-Chirurgie die feine Nadelelektrode.
trauter Gegenstand (Puppe, Tuch) darf in den Einleitungs- Darmoberflächen sind dauernd feucht zu halten; sie trock-
raum mitgenommen werden. Die Pflege im OP-Saal ist nen bei der hohen Raumtemperatur rasch aus. Vor dem
darauf ausgerichtet, eine Atmosphäre der Ruhe und Ge- Wundverschluss muss die Wunde bluttrocken sein. Beim
borgenheit zu vermitteln. Die Betreuung der Eltern beim Knüpfen der Nähte darf kein Zug auf das Gewebe übertra-
Eintreffen des Kindes in der Patientenschleuse schafft Ver- gen werden. Katheter und Drainagen sind kindgerecht zu
trauen und beruhigt beide, Eltern und Kind. fixieren.
Die großen angeborenen Anomalien (Ösophagusatre-
! Ein Kind im OP-Saal darf nie allein gelassen
sie, Zwerchfellhernie, anorektale Anomalien, Blasenex-
werden.
strophie) sowie die kindlichen Tumoren sind selten und
sollten in Zentren mit entsprechend erfahrenen Behand-
lungsteams versorgt werden.
13.1.2 Lagerung
Der OP-Tisch entspricht der Größe des Kindes. Die Aufla- 13.1.4 Minimal-invasive Chirurgie
gefläche ist schmaler als bei einem Tisch für Erwachsene.
Der Operateur muss im Sitzen arbeiten können. Der zu Minimal-invasive Techniken sind heute in den meisten
operierende Körperabschnitt wird durch Unterlegen einer kinderchirurgischen Abteilungen Standard. Sie können
Gelrolle hochgelagert. Eine Seitenlagerung kann mit un- auch bei Säuglingen unter 1500 g Körpergewicht ohne grö-
terpolsterten breiten Pflasterstreifen fixiert werden. Die ßeres Risiko angewandt werden.
Platzierung der neutralen Elektrode erfolgt nach den glei- Die Vorteile sind:
chen Kriterien wie in Kap. 1 beschrieben. Die Elektrode 4 Bessere Übersicht, besonders am Hiatus oesophagei
muss flexibel sein, vollständig und dicht anliegen, ihre und im kleinen Becken.
Größe muss der des Kindes entsprechen; es gibt im Handel 4 Geringere postoperative Morbidität.
geeignete Elektroden für Neugeborene. 4 Geringere postoperative Schmerzen, reduzierter Ver-
brauch postoperativer Analgetika.
4 Verbesserte Lebensqualität postoperativ: Die Kinder
13.1.3 Operationstechnik können früher essen, früher aufstehen, schneller ihre
gewohnten Aktivitäten wieder aufnehmen.
Die Grundsätze der Erwachsenenchirurgie gelten auch in 4 Kürzere Verweildauer.
der Kinderchirurgie. Die Zusammenarbeit der verschie- 4 Bessere kosmetische Ergebnisse.
denen Fachgruppen (Ärzte und Krankenpflegekräfte bzw. 4 Der Fortgang der Operation ist für das gesamte Team
OTA der Chirurgie und ATA der Anästhesie) sollte von besser zu erkennen.
gegenseitiger Achtung bestimmt sein. Besonderheiten des
Eingriffs und spezielle Instrumente werden im Voraus Dem stehen folgende Nachteile gegenüber
zwischen Chirurg und OP-Pflegekraft besprochen. Ein 4 Fehlendes Tastgefühl.
Eingriff wird erst dann begonnen, wenn alles vorbereitet 4 Zweidimensionales Bild.
ist (einschließlich Röntgenbildern, Laborbefunden, Blut- 4 Blutungen sind schwerer zu stillen.
586 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Komplikationen Definition
4 Verletzung von Blutgefäßen und von Darmschlingen, Kongenitale Anomalie, bei der die Kontinuität der
v. a. bei blindem Einbringen der Veress-Kanüle. Speiseröhre vollständig unterbrochen ist. In 90% der
4 Mechanische oder thermische Verletzung von paren- Fälle liegt zusätzlich eine Fistel zwischen Speiseröhre
chymatösen und von Hohlorganen während der Prä- und Trachea vor.
paration.
588 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
13
. Abb. 13.1 a–e Ösophagusatresieformen. a Typ II: Segmentäre At- atresie mit oberer und unterer Fistel. e Typ IV: Isolierte tracheoöso-
resie ohne Fistel. b Typ IIIa: Ösophagusatresie mit oberer Fistel. phageale Fistel (sog. H-Fistel). Häufigkeit siehe Text
c Typ IIIb: Ösophagusatresie mit unterer Fistel. d Typ IIIc: Ösophagus-
13.2 · Thorax
589 13
Folge sind Zyanoseanfälle, Atemnot und zunehmende Operation
Dyspnoe. Durch die Fistel zwischen unterem Blindsack kPrinzip
und Trachea gelangt mit jedem Atemzug Luft nicht nur in 4 Extrapleurales Vorgehen, Verschluss der Fistel, Her-
die Lunge, sondern auch in den Magen. Der Magen wird stellung der Speiseröhrenkontinuität durch End-zu-
überdehnt, das Neugeborene »erbricht« sich in seine eige- End-Anastomose (primär oder sekundär)
ne Lunge mit nachfolgender »chemischer Pneumonie« 4 Bei langstreckiger Atresie zusätzliche Gastrostomie
wegen der hohen Azidität des Magensekrets im Neugebo- zur enteralen Ernährung.
renenalter.
Bei Frühgeborenen mit einer Ösophagusatresie kann kLagerung
in den Magen gelangte Luft zur Magenruptur mit Pneumo- 4 Wärmematte.
peritoneum führen. Dadurch wird die respiratorische Situ- 4 Linksseitenlage; rechter Arm liegt auf dem Kopf, Gel-
ation des Frühgeborenen weiter verschlechtert. rolle unter den Thorax und zwischen die Beine.
4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
Diagnose 4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1).
4 Sondenprobe (10 Charr).
4 Röntgen (Thorax mit Abdomen): kInstrumentarium
5 Kontrastgebende Sonde in den oberen Blindsack 4 Grundinstrumentarium,
einführen (Kontrast durch Sonde selbst oder durch 4 Kochsalzschale,
Luftinsufflation). 4 Thoraxsperrer,
5 Luft im Magen beweist eine Fistel zwischen Trachea 4 Teflonspatel,
und dem unteren Ösophagus. 4 diverse Overholts,
5 Ausschluss weiterer Fehlbildungen (Herz, Wirbel- 4 Dissektor,
säule, Rippen). 4 Mini-Präpariertupfer,
5 Ausschluss einer Aspirationspneumonie. 4 Vessel-Loops,
4 Saugerschlauch mit kleinem Ansatz,
Erstversorgung und Transport 4 Fibrinkleber,
4 Dicke Magensonde, möglichst doppelläufig, in den 4 Spritze (5 ml), Kanüle Nr. 1 und Nr. 17,
oberen Blindsack einführen und an Dauersog [–10 bis 4 Ropivacain,
–20 Pa (–0,1 bis –0,2 mbar)]1 anschließen (Schlürf- 4 Magensonde 5 Charr,
sonde zum Ausschluss einer Aspiration). 4 Resorbierbares Nahtmaterial: 5–0 oder 6–0, lange Fä-
4 Nicht füttern! den 4–0.
4 Lagerung: Oberkörper erhöht (45°), um den Reflux
von Magensaft zu verhindern.
Ösophagusatresie
4 Keine Maskenbeatmung (führt zu Distension des Ma-
gens und zu gastroösophagealem Reflux über die Fis- 7 Dorsolaterale Thorakotomie rechts im 4. Inter-
tel in die Lunge). kostalraum (7 Kap. 6 Thoraxchirurgie).
7 Extrapleurale Darstellung des hinteren Mediasti-
Die Eltern müssen über die Fehlbildung und ihre Konse- nums.
quenzen ausführlich informiert werden. 7 Die V. azygos wird zwischen doppelten Ligaturen
durchtrennt.
Präoperative Maßnahmen 7 Der obere Ösophagusblindsack lässt sich mit
Weitere Fehlbildungen ausschließen (Echokardiographie Hilfe der präoperativ gelegten Sonde, die vom
zum Ausschluss eines Herzfehlers bzw. einer rechts des- Anästhesisten bewegt wird, leicht darstellen.
zendierenden Aorta). Infusion, Antibiotikatherapie, Säu- Er wird mit einem Haltefaden versehen
re-Basen-Haushalt ausgleichen, Vitamin-K-Gabe i.m., (. Abb. 13.2).
Körpertemperatur normalisieren. Operation innerhalb 7 Zum kaudalen Ösophagus führt der N. vagus. Der
von 12 (–48) h ist in den meisten Fällen elektiv möglich. (meist hypoplastische) untere Ösophagus wird
Einzelne Autoren befürworten eine präoperative Tracheo- mit dem Overholt unterfahren, mit einem Vessel-
skopie, da die Lokalisation der Fistel Rückschlüsse auf den Loop angeschlungen und unter Schonung seiner
Abstand zwischen oberem und unterem Ösophagusstumpf Blutversorgung und der Vagusäste bis zur Ein-
erlaubt. mündung in die Tracheahinterwand freipräpariert.
6
1 Umrechnungsfaktor: 100.000 entspricht 1 bar =105 Pa.
590 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Postoperative Behandlung
4 Röntgenaufnahme des Thorax (Pneumothorax? Ate-
lektasen? Mediastinalverschiebung? Lage der Magen-
sonde?).
4 Falls eine Anastomose unter Spannung angelegt wird:
5 Lagerung des Kindes mit ventral gebeugtem Kopf.
5 Relaxation und Beatmung für etwa 5 Tage.
4 Regelmäßiges schonendes Absaugen des oberen Öso-
phagus.
4 Magensonde für 36 h offen ablaufend, nicht ziehen,
nicht wechseln.
4 Einlauf 24 h postoperativ.
4 Nahrungsaufbau nach 36 h beginnen.
4 Antazida in den ersten 7 Tagen postoperativ (wegen
gastroösophagealem Reflux).
4 Lunge optimal mobilisieren: Kind regelmäßig umla-
gern, Vibrationsmassage des Thorax.
4 Möglichst frühzeitige Extubation.
. Abb. 13.3 Verschluss der ösophagotrachealen Fistel 4 Kontrastmitteldarstellung des Ösophagus zwischen
dem 7. und 10. postoperativen Tag.
Prognose
Die Überlebenschance ohne zusätzliche lebensbedrohliche
Anomalien beträgt fast 100%.
Definition
Symptomatische Persistenz einer für den Fetalkreis-
lauf charakteristischen Verbindung zwischen A. pul-
monalis und deszendierender Aorta (persistierender
Ductus arteriosus, PDA). Das Blut der A. pulmonalis
fließt an der Lunge vorbei direkt in die Aorta.
Anatomie
Der Ductus arteriosus Botalli (erstmals beschrieben von
Galen, griechischer Arzt, Rom, 129–199 n. Chr.; heute be-
nannt nach Botallo, Anatom und Chirurg, 1530 – ca. 1571)
verbindet beim Fetus die Pulmonalarterie mit der Aorta
descendens, in die er distal des Abgangs der linken A. sub-
clavia einmündet.
Pathophysiologie
Im fetalen Kreislauf leitet der Ductus arteriosus das vom
. Abb. 13.4a, b Mobilisation des kranialen und kaudalen Speise-
röhrensegments. a Scharfes Abtrennen des kranialen Blindsacks von
rechten Ventrikel ausgeworfene Blut aus der Pulmonalar-
der Pars membranacea der Trachea. b Annähern der beiden Speise- terie an der nichtbelüfteten Lunge vorbei in die Aorta des-
röhrensegmente zur Uberprüfung der zu überbrückenden Distanz cendens; von dort gelangt es zum Gasaustausch in die Pla-
592 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
zenta. Mit dem ersten Atemzug öffnet sich die Lungen- 4 niedriger Blutdruck,
strombahn. Die Flussrichtung des Blutes im Ductus kehrt 4 große Blutdruckamplituden (mit niedrigem diasto-
sich um, weil der systemische Gefäßwiderstand jetzt höher lischem Druck, »springender« Puls),
13 ist als der pulmonale. Der ansteigende Sauerstoffpartial- 4 präkordiale Herzaktion,
druck des jetzt durch den Ductus fließenden arteriellen 4 Systolikum,
Blutes führt über eine Kontraktion der Ductusmuskulatur 4 generalisierte Ödeme.
innerhalb von Stunden und Tagen zu einem zunächst
funktionellen Verschluss, der innerhalb von 2–3 Wochen Diagnose
bis zu 3 Monaten definitiv obliteriert. Die Diagnose kann durch Farbdopplersonographie gestellt
Je unreifer ein Neugeborenes ist, desto schwächer rea- werden, die die Flussrichtung des Blutes im Ductus fest-
giert die Ductusmuskulatur auf postnatale Kontraktions- stellen und die Flussgeschwindigkeit des Blutes in den
reize. Der dann persistierende Links-Rechts-Shunt führt großen Arterien des Gehirns, des Mesenterium und der
zur Überfüllung der Lungenarterien, zu einer Belastung Nieren messen kann. Die Indikation zur Behandlung wird
des (rechten) Herzens und schließlich zu einer Minderper- aufgrund klinischer Kriterien gestellt.
fusion der Organe des großen Kreislaufs, besonders des
Mesenterialkreislaufs (Risiko einer nekrotisierenden Ente- Therapie
rokolitis) und des Gehirns (Risiko einer Hirnblutung). Die Die Therapie obliegt i. Allg. den Kardiochirurgen
daraus resultierende Hypoxie des den Ductus durchflie- (7 Kap. 7).
ßenden Blutes unterhält seine Persistenz und etabliert so
einen Circulus vitiosus.
13.2.3 Angeborener Zwerchfelldefekt
Symptome
Klinische Hinweise auf einen PDA können sein: Definition
4 Verschlechterung der Beatmungsparameter, Angeborene Zwerchfelllücke mit Verlagerung von Ab-
4 erhöhter Sauerstoffbedarf, dominalorganen in den Thorax. Hypoplasie besonders
4 Tachykardie, der gleichseitigen Lunge.
4 Vergrößerung der Leber,
13.2 · Thorax
593 13
Die Prognose hängt wesentlich vom Grad der gleich-
zeitig bestehenden Entwicklungsstörung der Lunge ab, der
Lungenhypoplasie. Die Lunge entwickelt sich nicht über
das Stadium der 14.–16. Schwangerschaftswoche hinaus.
Das bedeutet für das Neugeborene unzureichenden Gas-
austausch (Hyperkapnie), erhöhte Empfindlichkeit für ein
Barotrauma (Pneumothoraxrisiko) sowie pulmonale Hy-
pertonie wegen der hypoplastischen Lungenstrombahn:
PPHN-Syndrom (persistierende pulmonale Hypertonie
des Neugeborenen) mit Rechts-Links-Shunt über das Fo-
ramen ovale bzw. den Ductus arteriosus und Hypoxämie.
Es entwickelt sich ein Circulus vitiosus mit Hypoxie, Hy-
perkarbie und Azidose. Zusätzlich kann die Mediastinal-
verlagerung zu einem verminderten venösen Rückstrom
zum Herzen (Volumenmangelschock) führen.
Pathogenese
Die Pathogenese ist nicht geklärt. Angeborene Zwerch-
. Abb. 13.6 Bochdalek-Hernie links. (Nach Holschneider u. Wischer- felldefekte treten sporadisch auf. Einzelne familiär ge-
mann 1993) häufte Fälle sind beschrieben. Die Entwicklung des
Zwerchfells ist am Ende der 8. SSW abgeschlossen. Die
Verlagerung von Bauchorganen in den Thorax beginnt
Häufigkeit zwischen der 10. und 12. SSW und kann wechselnde
4 1 : 2000-3000 Lebendgeburten. Ausmaße annehmen.
4 Geschlechterverhältnis männlich : weiblich = 1–2 : 1.
Begleitfehlbildungen
Über 50% der pränatal diagnostizierten Feten mit angebo- Begleitfehlbildungen (bei 15–35%) betreffen das Herz und
renen Zwerchfellhernien sterben intrauterin. Auch postna- den Aortenbogen, Chromosomenanomalien, das ZNS, die
tal hat der angeborene Zwerchfelldefekt eine Mortalität Lunge (Sequestration) und die Rotationsanomalie des
von 30–60%. Darms (Nonrotation). Eine pränatale Diagnose ist möglich
und sollte die Verlegung der Schwangeren in ein entspre-
Formen chend erfahrenes Perinatalzentrum veranlassen.
Lokalisation:
4 Posterolateral: Bochdalek-Hernie (. Abb. 13.6; >85% Symptome
links, 12% rechts, <1% beidseits; in 10–20% mit Die klassischen Symptome nach der Geburt sind Zyanose,
Brucksack; benannt nach Bochdalek, Anatom, Prag, Atemnot und Verschiebung des Herzens nach rechts. Sie
1801–1883). können progredient sein, weil mit jedem Atemzug einer-
4 Anterolateral: Morgagni-Hernie (2% aller Zwerchfell- seits mehr Bauchinhalt in den Thorax gesaugt wird, ande-
hernien, häufiger rechts, 15–30% beidseits, meist mit rerseits die Hernie durch geschluckte Luft an Volumen
Bruchsack; benannt nach Morgagni, Anatom, Padua, zunimmt. Weitere Symptome sind ein kahnförmig einge-
1682–1771) sunkenes (leeres) Abdomen, ein einseitig (meist links) ver-
4 Paraösophageal: Hiatushernie (meist erworben). größerter »athletischer« Thorax, ein abgeschwächtes
Atemgeräusch links (evtl. Darmgeräusche links) und rechts
Ein Bruchsack ist nur in 10–20% der Fälle vorhanden. Nur auskultierbare Herztöne. Treten in den ersten 12–24 h kei-
dann kann von einer »Hernie« gesprochen werden. In den ne Symptome auf (5%), ist die Prognose gut. Bei älteren
meisten Fällen handelt es sich um einen Prolaps, d.h. der Kindern stehen gastrointestinale Symptome im Vorder-
Bruchsack fehlt. Praktisch alle Organe des Bauchraums grund.
können in den Thorax verlagert sein, besonders Dünn-
und Dickdarm, Milz, Magen, (linker) Leber(lappen) und Diagnose
linke Niere. Die Folgen sind eine Kompression der gleich- Die Diagnose wird durch eine Röntgenaufnahme des Tho-
seitigen und – infolge Mediastinalverschiebung – auch der rax gestellt, die luftgefüllte Darmschlingen im Thorax, eine
kontralateralen Lunge, eine Rotationsanomalie des Darms Mediastinalverschiebung sowie ggf. eine innerhalb des
(Nonrotation) und eine zu kleine Bauchhöhle. Thorax seitlich umbiegende Magensonde zeigt.
594 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Präoperative Notfallmaßnahmen
Präoperative Notfallmaßnahmen auf der neonatologischen (. Abb. 13.7a–g). Darstellung des Zwerchfellde-
Intensivstation sind: fektes. Vorhandenen Bruchsack abtragen (leicht
4 Magensonde mit Dauersog, zu übersehen o Residualzyste o Lungenkom-
4 Lagerung auf der kranken Seite, Fußtieflage, pression).
4 keine Maskenbeatmung, 7 Durch den Defekt hindurch kann man in der
4 endotracheale Intubation nach Sedierung und Rela- Pleurakuppel die linke Lunge sehen. Keine Pleura-
xation, drainage! Sie könnte das Barotrauma der gleich-
4 Volumensubstitution, seitigen Lunge verschlimmern!
4 Hyperventilation, 7 Die dorsale Zwerchfellanlage lässt sich meist erst
4 Behandlung der PPHN. nach Inzision des parietalen Peritoneums darstel-
len. (Linke Niere sicher kaudal des Zwerchfells?)
Operation Wenn die vorhandene ventrale und dorsale
kZeitpunkt Zwerchfellanlage ausreicht, wird der Defekt unter
In der Regel 12–24 h nach Stabilisierung des Kindes: stabi- Erhaltung der Zwerchfellkuppel spannungsfrei
le Lungenstrombahn, keine Zeichen eines PPHN-Syndrom mit U-Nähten verschlossen und durch zusätzliche
(d. h. im Alter von 14 h bis 6 Tagen). Einzelknopfnähte gesichert (3–0, atraumatisch re-
sorbierbar).
! Dabei ist an das Risiko der Darminkarzeration
7 Keine Zwerchfellplastik, sondern großzügiger Ge-
und -nekrose zu denken!
brauch von Zwerchfellersatz (z. B. mit einem ke-
kPrinzip gelförmigen Patch aus biologisch degradierbarem
Beseitigung des Enterothorax und Verschluss des Zwerch- Material; . Abb. 13.8); dabei allerdings erhöhte
felldefektes. Komplikationsrate: Dehiszenz, Rezidiv, persistie-
render Hydrothorax.
kLagerung 7 Revision des Dünn- und Dickdarms. Die Darm-
4 OP-Saal auf 32°C vorheizen, Wärmematte. schlingen werden – ggf. nach vorsichtiger manu-
4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1). eller Dehnung der Bauchdecken – geordnet in die
4 Rückenlage mit Polster in Höhe der unteren Rippen. Bauchhöhle zurückverlagert.
4 Neutrale Elektrode am linken Oberschenkel. 7 Zählkontrolle und Dokumentation.
13 7 Die Laparotomiewunde wird schichtweise ver-
kInstrumentarium schlossen (Einzelknopf- oder fortlaufende Nähte
4 Grundinstrumente, mit resorbierbaren Fäden 5–0). (Wenn dies nicht
4 Bauchinstrumentarium, spannungsfrei möglich ist, wird nur die mobilisier-
4 Kochsalzschale, te Haut verschlossen.) Hautverschluss durch fort-
4 Saugerschlauch mit kleinem Ansatz, laufende Intracutannaht (resorbierbare Fäden 6–
4 Lidhaken, 0, atraumatisch).
4 Baby-Roux, 7 Verband.
4 Bauchtücher,
4 Spritze (10 ml),
4 Holzspatel, In einzelnen hochspezialisierten Zentren werden für aus-
4 biologisch degradierbares Gewebeimplantat bereit- gewählte Fälle intrauterine Behandlungsmethoden ange-
halten, wandt.
4 Pleuradrainage 12 Charr bereit halten
4 Nahtmaterial: 3–0, 4–0 und 5–0 resorbierbar. Postoperative Behandlung
4 Magensonde offen ablaufend.
4 Röntgenaufnahme des Thorax (Mediastinum mittel-
Verschluss des Zwerchfelldefektes
ständig?).
7 Eröffnung der Bauchhöhle durch Kausch-Schnitt 4 Beatmung mit niedrigem Druck fortsetzen.
links (Schrägschnitt im linken Oberbauch).
7 Einstellen des posterolateralen Zwerchfelldefektes Komplikationen
und vorsichtige Reposition des Enterothorax 4 chronische neonatale Lungenkrankheit,
6 4 gastroösophagealer Reflux,
4 Bridenileus (ca. 20%),
13.2 · Thorax
595 13
g
c
. Abb. 13.7 a–g Operation einer Bochdalek-Hernie links (nach Duha- dorsalen Zwerchfellanlage, e vorgelegte Nähte, f Verschluss des
mel). a Hautinzision, b Situs eventeriert, Zwerchfelldefekt mit Bauch- Defektes mit Matratzennähten, g zusätzliche Einzelknopfnähte zur
organen, c Defekt nach Reposition der Bauchorgane, d Präparation der Sicherung (nach Rickham 1969)
. Abb. 13.8 Operation einer Bochdalek-Hernie links: Verschluss des . Abb. 13.9 Schemazeichnung des ECMO-Kreislaufsystems. (Nach
Zwerchfelldefektes mit Implantat. (Nach Willital 1981) Heaton et al. 1988)
Diagnose
13.3 Abdomen Die Diagnose wird aufgrund der typischen Anamnese, des
in der Regel tastbaren Pylorustumors und der »Magen-
13.3.1 Hypertrophe Pylorusstenose reste« gestellt. Sonographisch ist eine typische »Pylorus-
Kokarde« nachweisbar (Pyloruswanddicke 3 mm, Länge
Definition des Pyloruskanals 15 mm), laborchemisch hypochlorä-
Subtotaler Verschluss des Magenausgangs durch Hy- mische Alkalose.
pertrophie und Fibrosierung der präpylorischen An-
trummuskulatur. Operation
Im Folgenden werden die OP-Bedingungen und der OP-
Verlauf für die Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt
Typische Erkrankung des Säuglings im 1. Trimenon. (erstmals durchgeführt im Jahr 1911; benannt nach Weber,
Chirurg, Dresden 1872–1928, und Ramstedt, Chirurg,
Häufigkeit Münster, 1867–1963) beschrieben. In der Regel wird diese
4 1 : 100–300. Operation laparoskopisch durchgeführt.
4 Geschlechterverhältnis männlich : weiblich = 4 : 1. Präoperativ muss der Magen über eine Magensonde
entleert werden.
Ätiologie
Nicht geklärt. Genetische Faktoren gesichert, exogene Fak- kIndikation
toren wahrscheinlich, aber nicht bewiesen. 4 Nach erfolgloser konservativer Behandlung.
4 Keine Notfalloperation: Flüssigkeitsdefizit und Ver-
Pathologische Anatomie änderungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haus-
Pylorusmuskulatur (Ringmuskulatur) spindelig vergrö- haltes müssen präoperativ ausgeglichen sein.
ßert (durchschnittlich ca. 3 × 1,5 cm), knorpelhart. Aboral
reicht der Pylorustumor zapfenartig ins Duodenum, oral kPrinzip
geht er fließend in die Antrummuskulatur über. Die Pylo- Längsspaltung der Pylorusmuskulatur bis auf die Submu-
ruslichtung ist bis auf ein fadenförmiges Restlumen einge- kosa ohne Verletzung der Schleimhaut.
engt, der Magen ektatisch (. Abb. 13.10).
kLagerung
Symptome 4 Wärmematte.
Nach primär unauffälligem Verlauf explosionsartiges Er- 4 Rückenlage.
brechen »im Strahl«, in der 2.–4. Lebenswoche beginnend. 4 Unterer Thorax leicht unterpolstert.
Das Erbrochene ist nie gallig, kann aber bräunlich oder mit 4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
Blutfäden durchmischt sein. Es geht weder mit Fieber noch 4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1).
598 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kInstrumentarium
4 Grundinstrumente, 7 Die Durchtrennung der aboralen Pylorusfasern
4 Kinderlaparotomieinstrumente, kann dadurch erleichtert werden, dass der Assistent
4 kleine Lidhäkchen, mit einem feuchten Präpariertupfer die bereits frei-
4 lange anatomische Pinzette oder Wangensteen- liegende Magensubmukosa nach oral hin wegzieht.
Pinzette, 7 Zur Entspannung der starren Schnittränder können
4 stumpfes gebogenes Klemmchen, zusätzliche kleine quere Inzisionen gelegt werden.
4 monopolare Stichelelektrode, 7 Sorgfältige Blutstillung mit der bipolaren Mikro-
4 Nahtmaterial: resorbierbar 3–0 (für Lig. umbilicale), koagulationspinzette.
5–0. 7 Rückverlagerung des Pylorus in die Bauchhöhle.
7 Zählkontrolle und Dokumentation.
7 Verschluss des Peritoneums mit Einzelknopfnäh-
Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt, ten (resorbierbar 5–0).
Ramstedt (offen chirurgisch) 7 Schichtweiser Wundverschluss. Subkutannaht.
7 Kleine quere Oberbauchinzision (3 cm) rechts in 7 Hautverschluss durch fortlaufende Intrakutannaht
der Mitte zwischen Nabel und Xiphoid. mit atraumatischem resorbierbarem Nahtmaterial
7 Längsspaltung des M. rectus abdominis. (5–0). Verband.
7 Eröffnung der Bauchhöhle. (Alternativ ist auch ein 7 Entfernen der Magensonde.
trans- oder supraumbilikaler Zugang möglich.)
7 Der zwischen Inzision und Magen gelegene Le-
berrand wird mit einem Spatel weggehalten. Der ! Die Muskulatur muss vollständig durchtrennt
Magen muss leer sein. sein, aber eine Verletzung der Duodenalschleim-
7 Das Antrum wird an der großen Kurvatur mit einer haut darf auf keinen Fall übersehen werden. Die
breiten stumpfen Pinzette gefasst. Folge wäre eine gallige Peritonitis (evtl. durch
7 Durch Aufhalten des rechten Wundwinkels mit Luftinsufflation über die Magensonde prüfen).
Gegebenenfalls ist eine quere Übernähung mit
einem Lidhäkchen kann der Pylorustumor ins
resorbierbarem (6–0 atraumatisch) Nahtmaterial
Wundgebiet vorgelagert werden (nicht mit Pin-
notwendig, die durch Einschlagen eines Netzzip-
zette!), wenn man gleichzeitig den Magen vor-
fels zusätzlich gesichert werden kann.
sichtig nach links zieht.
7 Der Operateur fixiert den Pylorus mit einer ausge-
13 zogenen feuchten Kompresse zwischen Daumen
und Zeigefinger der linken Hand. (Alternativ kann
der Pylorustumor auch in der Bauchhöhle belassen
und mit 2 parallel zur Darmachse gelegten Hal-
tenähten fixiert werden. 3–0 Naht mit atrauma-
tischem, monofilem nichtresorbierbarem Faden).
7 Die Seromuskularis des Pylorustumors wird in der
gefäßarmen Zone antimesenterial mit dem Skal-
pell bis etwa in Höhe der Pylorusvene inzidiert.
Die Inzision wird mit dem Ende des Skalpellgriffs
vertieft und durch Spreizen eines stumpfen, ge-
bogenen Klemmchens so weit erweitert, bis die
der Muskularis zugewandten Seite der Submuko-
sa freiliegt und breit in die Inzision prolabiert
(. Abb. 13.11). Die Inzision reicht oral bis 1 cm
über den Pylorustumor hinaus.
7 Am Übergang zum Duodenum ist Vorsicht gebo-
ten. Um eine versehentliche Verletzung der
Schleimhaut mit Eröffnung des Duodenums zu ver-
meiden, sollten die hier gelegenen Pylorusfasern
nur stumpf durchtrennt (oder belassen) werden.
6 . Abb. 13.11 Pyloromyotomie: extramuköse Spreizung der durch-
trennten Pylorusmuskulatur. (Nach Lobe 1995)
13.3 · Abdomen
599 13
Laparoskopische Pyloromyotomie
7 Lagerung des Kindes am Fußende des OP-Tisches
(. Abb. 13.12).
7 Bogenförmige Eröffnung der Haut infraumbilikal.
Schrittweise Darstellung und Eröffnung der Faszie
und des Peritoneums.
7 Legen einer Tabakbeutelnaht (Faszie und
Peritoneum).
7 Einbringen und Fixieren eines 5-mm-Trokars für
Optik und Kamera. Anlage des Pneumoperitone-
ums (maximaler Insufflationsdruck 8 mm Hg).
Einbringen zweier Arbeitstrokare (3,5 mm) nach
Stichinzision im rechten und linken Oberbauch
unter videoskopischer Sicht. Diese Trokare wer-
den mit einer Naht fixiert, die die Bauchwand und
den bauchwandnahen Rand einer zuvor auf den
Trokar geschobenen Silikonhülse fasst (3–0;
. Abb. 13.13). . Abb. 13.12 Ergonomisch optimale Anordnung des Operati-
onsteams bei Oberbaucheingriffen des Neugeborenen: Der Opera-
7 Fixierung des Magens oral des Pylorustumors mit teur steht am Fußende des Operationstisches (O = Operateur; A1 =
einer vom linken Oberbauch eingebrachten 1. Assistent; A2 = 2. Assistent; S = instrumentierende OP-Pflegekraft;
atraumatischen Zange und Inzision der Serosa N = Anästhesist). (Nach Ure u. Metzelder 2009)
über dem verdickten Pylorus mit dem endosko-
pischen Messer in gleicher Weise wie bei der of-
fenen Operation.
7 Schnittvertiefung stumpf z. B. mit der Hülse des
endoskopischen Messers. Einbringen des Pylorus-
spreizers von rechts, mit dem die Pyloromyotomie
vervollständigt wird. Kontrolle auf vollständige
Durchtrennung aller Muskelfasern.
7 Insufflation von Luft in den Magen durch den An-
ästhesisten über die liegende Magensonde zum
Ausschluss einer Schleimhautverletzung. Aufhe-
ben des Pneumoperitoneums und Entfernen der
Trokare.
7 Naht der Faszie (resorbierbar 4–0) und der Haut
am umbilikalen Zugang. Hautverschluss der üb-
. Abb. 13.13 Durch gekürzte 18-Charr- bzw. 27-Charr-Silikonhül-
rigen Zugänge mit Klammerpflastern. Entfernung
sen, die über gewindelose, wieder verwendbare Trokare geschoben
der Magensonde. werden, kann die Fixation der Trokare an der Bauchwandfaszie mit-
tels Naht erfolgen. (Nach Ure u. Metzelder 2009)
Hinsichtlich der OP-Dauer und der Ergebnisse unterschei- 4 Wundinfektion (Staphylococcus aureus) <5%,
det sich die minimal-invasive Pyloromyotomie nicht we- 4 Wunddehiszenz <2%,
sentlich von der offenen. Die Patienten sollen postoperativ 4 Blutung <1%,
weniger erbrechen, die Nahrung früher vertragen und we- 4 Rezidivstenose <1%.
niger Schmerzen haben. Andererseits ist die Rate sowohl
der unvollständigen Myotomie als auch der versehent- Postoperative Behandlung
lichen Schleimhauteröffnung höher. 4 Magensonde entfernen (Perforationsrisiko).
4 Mit oralem Nahrungsaufbau 4 h postoperativ be-
Komplikationen ginnen.
4 Aspirationspneumonie,
4 Verletzung der Duodenalschleimhaut 6–10%,
600 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Operation
13.3.3 Perkutane endoskopisch geführte kIndikation
Gastrostomie (PEG) Die PEG wird zur gastralen Ernährung gelegt, wenn eine
adäquate orale Nahrungsaufnahme nicht möglich ist.
Definition
Anlage einer intubierten Fistel zwischen Magenlumen kKontraindikationen
und Bauchhaut. Absolute Kontraindikationen sind:
Eine Fistel (fistula = »Röhre«) ist ein angeborener 4 Gerinnungsstörung.
oder erworbener röhrenförmiger Gang zwischen Kör- 4 Peritonitis.
perhöhlen und/oder der äußeren oder inneren Kör- 4 Ileus.
peroberfläche. 4 Gastroösophagealer Reflux. (Ca. 30% der Kinder mit
gastroösophagealem Reflux und PEG brauchen später
eine Fundoplikatio.)
Man unterscheidet: 4 Ösophagusstenose.
4 Röhrenfistel: 4 Portaler Hypertonus.
5 Mit Granulationsgewebe ausgekleidet. 4 Megakolon.
Zum Beispiel operativ angelegt durch eine perku-
tane endoskopisch geführte Gastrostomie (PEG). Relative Kontraindikationen sind:
4 Lippenfistel: 4 Aszites.
5 Mit Epithel ausgekleidet. 4 Ventrikuloperitonealer Shunt.
Zum Beispiel operativ angelegt durch Gastrostomie. 4 Vorausgegangene Laparotomie.
Beispiele: Witzel-Fistel (1891), Stamm-Gastrosto- 4 Mikrogastrie.
mie (1894) oder Kader-Fistel (1896), Glassman, Ja-
naway/Beck-Jianu (»kontinente« Lippenfistel mit kLagerung
Nippel). Rückenlage.
Präoperative Maßnahmen
4 Nasogastrische Ablaufsonde.
4 Intravenöser Zugang und Korrektur der Flüssigkeits-
. Abb. 13.14 Duodenalstenose/-atresie mit Pankreas anulare:
prä- und poststenotische Inzisionslinien der Duodenalwand. (Nach und Elektrolytverluste.
Menardi 1994)
OP-Voraussetzungen
Keine Notfalloperation (außer bei Malrotation mit Volvu-
Anatomie lus): Flüssigkeitsdefizit und Veränderungen des Elektrolyt-
Man unterscheidet intrinsische und extrinsische Ursachen haushalts müssen präoperativ ausgeglichen sein, Kreislauf-
(. Abb. 13.14.). verhältnisse stabil, Körpertemperatur im Normbereich.
4 Intrinsische Ursachen:
5 Atresie: vollständiger Verschluss, z. B. membranös, Operation
strangförmig oder Kontinuitätsunterbrechung mit kPrinzip
V-förmigem Mesenterialdefekt, Mehrfachatresie, Umgehung der Stenose/Atresie durch Duodeno-Duode-
Pankreas anulare mit Atresie. nostomie Seit-zu-Seit (bzw. Duodenotomie und Exzision
5 Stenose: unvollständiger Verschluss, z. B. Membran der Membran).
mit zentraler Perforation, Duodenalduplikatur,
Gewebeheterotopie. kLagerung
4 Extrinsische Ursachen: 4 Wärmematte, Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn.
5 Meist Stenose: z. B. Pankreas anulare, Ladd-Bän- 13.1.1).
der (benannt nach Ladd, Kinderchirurg, Boston, 4 Rückenlage, Gelrolle unter thorakolumbalen Über-
1880– 1967), Darmdrehungsanomalien, präduo- gang.
denale Pfortader, arteriomesenterialer Duodenal- 4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
verschluss.
5 Im Allgemeinen (85%) liegt das Passagehindernis kInstrumentarium
unmittelbar aboral der Vater-Papille (benannt 4 Grundinstrumente,
nach Vater, Anatom, Wittenberg, 1684–1751). 4 Kinderlaparotomieinstrumente,
4 Mikroinstrumentarium,
Klinik 4 Kochsalzschale,
4 Hydramnion der Mutter (50%). 4 Teflonspatel,
4 Häufig dystrophe Neugeborene oder Frühgeborene. 4 Spritze (10 ml),
Galliges Erbrechen, leicht aufgetriebener Oberbauch 4 Magensonde 6 oder 8 Charr,
in den ersten Stunden nach der Geburt, bei Stenosen 4 Lupenbrille,
später; Ikterus (30%). 4 resorbierbares atraumatisches Nahtmaterial 5–0, 6–0.
604 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Duodeno-Duodenostomie
7 Quere Oberbauchlaparotomie rechts ein Querfin-
ger kranial des Hautnabels.
7 Ausschluss einer Darmdrehungsanomalie.
7 Mobilisierung der rechten Kolonflexur nach medi-
al und des Duodenums nach Kocher.
7 Intrinsische oder extrinsische Stenose?
a
7 Vorschieben der Magensonde ins Duodenum. Ein
Stopp in Höhe des Lumensprungs und eine Ein-
ziehung der Duodenalwand oral davon weisen c
auf eine Duodenalmembran.
7 Nach Legen von Haltenähten und Abdecken des
Duodenums gegen die übrige Bauchhöhle wird
das Duodenum oral der Einziehung quer, aboral
längs eröffnet. b
7 Instillation steriler körperwarmer Ringer-Lösung
über eine sterile Sonde (6 oder 8 Charr) ins Duo- . Abb. 13.15 a–c Duodeno-Duodenostomie Seit-zu-Seit. (Nach Ki-
denum aboral des Verschlusses zum Ausschluss mura et al. 1990)
weiterer Atresien.
7 Legen der Ecknähte und Naht der Hinterwand der
Duodeno-Duodenostomie mit resorbierbaren Ein- Postoperativ
zelknopfnähten (6–0 atraumatisch) einreihig Magensonde offen ablaufend. Darmmotilitätsstörungen
(. Abb. 13.15a–c). durch das prästenotische Megaduodenum sowie Zottena-
7 In gleicher Weise Naht der Vorderwand, evtl.
trophie im postatretischen Dünndarm können den post-
nach Einlage einer transanastomotischen Schiene
operativen Nahrungsaufbau erschweren.
(6 oder 8 Charr).
7 Spülung des Wundgebietes und Entfernung sämt-
licher Blutkoagel.
7 Zählkontrolle und Dokumentation. 13.3.5 Mekoniumileus
7 Verschluss des Peritoneums mit resorbierbaren
13 Einzelknopfnähten (5–0 atraumatisch). Definition
7 Schichtweiser Verschluss der Bauchdecken (Ein- Mechanischer Neugeborenenileus durch Obturation
zelknopfnähte resorbierbar, 5–0 atraumatisch). des terminalen Ileums mit eingedicktem Mekonium.
Subkutannaht.
7 Hautverschluss durch fortlaufende Intrakutannaht
mit atraumatischem resorbierbarem Faden (6–0). Ätiologie
7 Verband. Ein Mekoniumileus ist die früheste Manifestation einer Mu-
7 Vorsicht bei der Exzision einer Duodenalmembran koviszidose (CF) und kommt bei 10–15% der Patienten mit
(Verletzungsgefahr für den Ductus choledochus, dieser Erkrankung vor. 90–95% der Kinder mit Mekonium-
der auf der Membran verlaufen kann). ileus haben eine Mukoviszidose. Hierbei handelt es sich um
7 Eine gleichzeitig vorliegende Darmdrehungsano- eine autosomal rezessive Stoffwechselerkrankung, bei der es
malie wird entweder durch eine Ladd-Operation
durch abnorme Sekretbildung u. a. der Bauchspeicheldrüse
(Durchtrennung der Bänder, Linkslagerung des
und der Becherzellen der Darmoberfläche zur Bildung eines
Dickdarmes) oder durch vollständige anatomische
besonders zähen Mekoniums kommt. Dieses Mekonium hat
Korrektur behandelt.
eine Konsistenz wie Fensterkitt oder Kaugummi, haftet an
7 Ein Pankreas anulare wird nicht durchtrennt, weil
– es häufig mit einer intrinsischen Duodenalste- der Darmwand und verlegt die Lichtung des Endileums (die
nose kombiniert ist, letzten 10–15 cm vor der Ileozäkalklappe). Die Krankheit
– es teilweise intramural liegen kann, kann bereits intrauterin beginnen.
– die Durchtrennung mit dem Risiko einer post-
operativen Pankreatitis und einer Pankreasfistel Formen
verbunden ist. 4 In zwei Drittel der Fälle liegt ein unkomplizierter Me-
7 Eventuell in gleicher Sitzung ZVK legen. koniumileus vor, der mit einem Einlauf mit N-Acetyl-
7 Eine zusätzliche Gastrostomie ist selten indiziert. cystein behandelt werden kann (evtl. Einlauf mit ver-
dünntem Gastrographin).
13.3 · Abdomen
605 13
4 In einem Drittel der Fälle ist der Mekoniumileus
kompliziert durch einen Volvulus, eine Darmperfora- Mekoniumileus
tion (Mekoniumperitonitis, Sepsis) oder eine Dünn- 7 Quere Oberbauchlaparotomie rechts.
darmatresie. 7 Abdecken des OP-Feldes mit Bauchtüchern.
7 Enterotomie zwischen Haltefäden oral des mit
Klinik perlschnurartig eingedicktem Mekonium ver-
Neugeborenenileus: stopften Endileums. Der gestaute und dilatierte
4 aufgetriebenes Abdomen meist von Geburt an, orale Dünndarm wird entleert bzw. abgesaugt.
4 galliges Erbrechen, Einbringen eines dünnen Katheters mit abgerun-
4 evtl. Stuhlerbrechen (Dünndarminhalt), deter Spitze in das aborale Ileum, das mit 2%iger
4 fehlender Mekoniumabgang. N-Acetylcysteinlösung gespült wird. Damit ge-
lingt es meist, das eingedickte Mekonium zu ent-
Differenzialdiagnose fernen und die Darmpassage wiederherzustellen.
An M. Hirschsprung mit totaler Aganglionosis coli den- 7 Sparsame Skelettierung und Durchtrennung des
ken. Dünndarms in Höhe der Enterotomie. Eine Darm-
resektion ist selten erforderlich.
Diagnose 7 Der orale Dünndarm wird antimesenterial End-zu-
4 Röntgen (Abdomenübersicht im Hängen): dilatierte Seit mit dem aboralen anastomosiert (5–0 bzw. 6–
Darmschlingen, keine Spiegel, kleinblasige Areale wie 0 atraumatisch resorbierbar), etwa 4–6 cm aboral
Seifenblasen, evtl. fleckförmige Verkalkungen. der Durchtrennungslinie (. Abb. 13.16).
4 Kolonkontrasteinlauf: Mikrokolon. 7 Das aborale lleum wird als endständiges Ileosto-
ma rechts ileakal so ausgeleitet, dass das lleum
Operation die Bauchhaut 0,5–1 cm überragt (resorbierbare
kIndikation Fäden 6–0).
Beim komplizierten Mekoniumileus ist die Indikation zur 7 Zählkontrolle und Dokumentation.
Operation dringlich. 7 Verschluss der Laparotomie in Schichten (resor-
bierbare Fäden 5–0).
kPrinzip 7 Hautnaht (resorbierbare Fäden 6–0).
Bishop-Koop-Fistel (H. Bishop und E. Koop, zeitgenös- 7 Verband.
sische Kinderchirurgen, Philadelphia): Endständiges Sto- 7 Eventuell Anlage eines ZVK in gleicher Sitzung.
ma mit aboralem Ileum, mit dem das orale Ileum End-zu- 7 Bei unkompliziertem Mekoniumileus kann ein pri-
Seit anastomosiert wird o ermöglicht Spülung des End- märer Verschluss der Enterotomie erwogen werden.
ileums, funktioniert als Überlaufventil bei gleichzeitig
möglicher Darmpassage.
Das Stoma wird bei unkompliziertem Verlauf ca. 10–
kLagerung 12 Wochen nach der Erstoperation verschlossen.
4 Rückenlage; unterer Thorax leicht unterpolstert.
4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1).
4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
kInstrumentarium
4 Grundinstrumente,
4 Kinderlaparotomieinstrumente,
4 Kochsalzschale,
4 Saugkanüle,
4 5-Charr-Katheter mit abgerundeter Spitze,
4 2 Spritzen (10 ml)
4 2%ige N-Acetylcysteinlösung,
4 Nahtmaterial: 5–0 und 6–0 resorbierbar.
13 1 Aganglionose Ultrakurze Aganglionose (bis maximal 3cm oral des anocutanen Übergangs)
(ca. 50%)
Rektum (20%)
Totale Aganglionosis coli (Zuelzer-Wilson-Syndrom – 5–10%) Bis zum terminalen Ileum (75%)
Bis zum mittleren Ileum (20%)
Bis zum Jejunum (5%)
2 Hypogang- Isoliert
lionose
Hypoganglionäres Übergangssegment bei Aganglionose
3 Neuronale in- Hyperplasie des Plexus submucosus mit Riesenganglien (NID Typ B – 41%)
testinale Dys-
Unterform mit Ganglionzellheterotopien in der Submukosa
plasie (NID)
Unterform mit Hypoplasie oder Aplasie des Sympathikus
Differenzialdiagnose
Im Neugeborenenalter: . Abb. 13.18 Schematische Darstellung der Rehbein-Operation.
4 Mekoniumileus, (Nach Herzog 1981)
4 Mekonium-Pfropf-Syndrom,
4 nekrotisierende Enterokolitis,
4 Sepsis,
4 Hirnblutung,
4 Hypothyreose,
4 Nebennierenblutung,
4 von der Mutter eingenommene Medikamente oder
Drogen.
Im Kleinkindesalter:
4 chronische habituelle Obstipation,
13 4 Analstenose (entweder angeboren in Form einer ano-
rektalen Anomalie oder erworben bei Analfissur oder . Abb. 13.19 Schematische Darstellung der Operation nach Soave.
(Nach Herzog 1981)
nach operativer Korrektur einer anorektalen Malfor-
mation).
werden kann – entweder präoperativ laparoskopisch oder
Therapie intraoperativ durch Schnellschnittuntersuchungen. 5 ver-
Eine konservative Behandlung ist allenfalls bei milden Ver- schiedene Verfahren haben sich durchgesetzt:
laufsformen möglich (Einläufe und Darmspülungen). Ver- 4 Rektosigmoidektomie mit extraanaler Anastomose
einzelt wurde über positive Behandlungsresultate mit nach Swenson (benannt nach O. Swenson, zeitgenös-
Botulinumtoxin berichtet. Bei den meisten Kindern wird sischer US-amerkanischer Kinderchirurg).
eine ein- oder mehrzeitige Resektion des aganglionären 4 Tiefe anteriore Resektion nach Rehbein 1956 (. Abb.
Darmabschnitts – meist zwischen dem 4. und 8. Lebens- 13.18; benannt nach F. Rehbein, Kinderchirurg, Bre-
monat – vorgenommen. men, 1911–1991).
4 Retrorektaler Durchzug mit transanaler Seit-zu-Seit-
Operation Anastomose nach Duhamel und Grob (1956/1960 be-
In der Regel ist nur die operative Behandlung erfolgreich. nannt nach Duhamel, Kinderchirurg, Paris, und
Grob, Kinderchirurg, Zürich, 1901–1976).
kPrinzip 4 Durchzug durch demukosierten Rektumstumpf nach
Resektion sowohl des aganglionären als auch des hypogan- Soave (1963 . Abb. 13.19; benannt nach Soave, Kin-
glionären Segmentes mit Schwächung des M. sphincter ani derchirurg, Turin).
internus. Die anorektale Kontinenz muss erhalten bleiben. 4 Die Technik der Wahl ist heute der transanale endorek-
Entscheidend für den Erfolg der Operation ist die nach oral tale Durchzug nach de la Torre-Mondragou (Kinder-
vollständige Resektion des hypoganglionären Segmentes, chirurg, Mexiko). Dieses Verfahren kann sowohl offen
das nur durch wanddurchgreifende Biopsien bestimmt als auch laparoskopisch durchgeführt werden.
13.3 · Abdomen
609 13
Alle 5 Verfahren führen zu ähnlichen Ergebnissen, jedoch 4 10-ml-Spitze mit dünner Kanüle,
ist keines für alle Situationen geeignet. Ein alternatives 4 Adrenalin (Epinephrin) 1 : 200.000 mit physiolo-
Vorgehen ist die langstreckige extraperitoneale Myekto- gischer Kochsalzlösung verdünnt,
mie, die von einem posterioren sagittalen Zugang durch- 4 Rahmen,
geführt wird und nicht zwingend die Anlage eines Kunst- 4 Nahtmaterial: resorbierbar 4–0 und 5–0 atraumatisch;
afters erfordert. nicht resorbierbar monofil 4–0 atraumatisch.
. Abb. 13.20a–f Transanaler endorektaler Durchzug (»transanal en- laris abgelöst. c Dorsale Spaltung der Muskelmanschette. d Durch-
13 dorectal pull through«; TEPT) nach de la Torre. a Der anokutane
Übergang wird mit Haltefäden aufgespannt. Zirkuläre Inzision der
zug des aganglionären Segmentes. e Resektion des aganglionären
Segmentes. f Anastomose zwischen dem normal innervierten Kolon
Schleimhaut. b Die Rektumschleimhaut wird stumpf von der Musku- und der distalen Rektumwand
Rektumatresie 1% Rektumatresie 1%
Klassifikation
. Tab. 13.6 Krikenbeck-Klassifikation anorektaler Fehlbil-
Die Klassifikation der verschiedenen Formen anorektaler
dungen
Anomalien ist Voraussetzung für die gegenseitige Verstän-
digung über Diagnose, Therapieplanung und für den Ver- Klinische Haupt- Perineale (kutane) Fisteln
gleich der Behandlungsergebnisse. gruppen Rektourethrale Fisteln
Nach der Lagebeziehung des fehlgebildeten Anorek- 4 zur prostatischen Urethra
4 zur bulbären Urethra
tums zum muskulären Beckenboden, d. h. der Levatorplat-
Rektovesikale Fistel
te und dem M. puborectalis, können hohe und tiefe For- Vestibuläre Fistel
men anorektaler Anomalie unterschieden werden. Bei den Kloake
hohen, supralevatorischen Formen endet der Rektum- Keine Fistel
blindsack oberhalb der Puborektalisschlinge, bei den tie- Analstenose
fen Formen durchsetzt der Enddarm die Levatorplatte und Seltene/regionale Pouch-Kolon
13 meist auch die tiefen Schichten der äußeren Schließmus- Varianten Rektumatresie/Rektumstenose
H-Fistel
kulatur. Eine dritte Gruppe ist die der intermediären Ano-
Sonstige
malien, bei denen der Rektumblindsack die Levatormus-
kulatur unvollständig oder in Form einer zur bulbären
Urethra bzw. zum Scheideneingang ziehenden Fistel
durchsetzt. Diese Einteilung war die Basis der Wingspread- Fakultativ:
Klassifikation von 1986 (. Tab. 13.5). 2005 hat man sich auf 4 Seitliche Röntgenaufnahme der Wirbelsäule in Knie-
die heute gebräuchliche Krikenbeck-Klassifikation geei- Ellbogen-Lage, 16–24 h nach der Geburt (Luft im
nigt, die auf einen Vorschlag von Pena zurückgeht und den Rektumblindsack?).
Verlauf der Fistel beschreibt (. Tab. 13.6). 4 Eventuell vorhandene Fistel darstellen durch Mikti-
Bei den relativ häufigen sog. Kloakenfehlbildungen onszysturethrogramm oder sekundär nach Anlage ei-
handelt es sich um komplexe, sehr variable Missbildungen, ner Kolostomie (Loopogramm).
bei denen der untere Anteil des Urogenitaltraktes, also 4 Endoskopie (urogenitale Anomalien?).
Harnröhre und Scheide, mit dem unteren Anteil des Darm-
traktes in einem gemeinsamen Kanal verläuft, der sog. Therapie
Kloake. jErstversorgung
Eine anorektale Malformation (ARM) ist als angeborener
Diagnostische Maßnahmen Dickdarmileus aufzufassen, d. h. dem Kind drohen Flüs-
Essenziell: sigkeits- und Elektrolytverluste durch Erbrechen und
4 Inspektion des Damms, evtl. Sondierung einer vor- durch Sequestration in den Darm. Aufgetriebenes Abdo-
handenen Öffnung. men meist erst nach 1–2 Tagen (tiefer Ileus!). Therapeu-
4 Urinstatus (Mekonium?). tische Maßnahmen sind:
4 Sonographie (»tethered spinal cord«? Zusätzliche An- 4 Offene Magensonde zur Entlastung des Magen-
omalien – Niere! Hydrokolpos!). Darm-Traktes und zur Vermeidung einer Aspiration.
13.3 · Abdomen
613 13
4 Infusion zur Substitution der Flüssigkeits- und Elek- 4 Operation in Bauchlage mit angehobenem Gesäß,
trolytverluste. Hüftgelenke rechtwinklig gebeugt.
4 Bei Neugeborenen ohne äußerlich sichtbare Fistel 4 Wärmematte.
Bauchlage mit angehobenem Gesäß. 4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
4 Antibiotikatherapie (Infektionsrisiko wegen Fistel 4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1)
zwischen Darm und Urogenitaltrakt).
4 i.m-Gabe von Vitamin K1 (Konakion; in den meisten kInstrumentarium
Fällen ist eine Operation im Neugeborenenalter erfor- 4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
derlich). 4 Kochsalzschale,
4 Muskelreizgerät,
Die meisten tiefen Formen können vom Damm her, meist 4 abgewinkelte bzw. abwinkelbare stumpfe Wund-
in einer einzigen Sitzung operiert werden (Analplastik, spreizer,
Analtransposition, Mini-Verfahren der posterioren sagit- 4 diverse Overholts,
talen Anorektoplastik, PSARP). (Ausnahme: vestibulärer 4 HF-Elektrode mit Nadelansatz,
Anus o Kolostomie und »limited PSARP«.) 4 Hegar-Stifte,
Bei intermediären und bei hohen Formen sowie in al- 4 Lupenbrille,
len Zweifelsfällen wird primär ein Sigmaanus mit ge- 4 Nahtmaterial: 4–0 bis 6–0 atraumatisch resorbierbar.
trennten Stomata (kurzer Abstand zur Fistel, leicht zu spü- Haltenähte monofil.
len, geringes Prolapsrisiko) angelegt:
4 Dieser Kunstafter dient als vorübergehender Darm-
Anorektale Agenesie: Posteriore sagittale
ausgang, damit das Kind ernährt werden kann.
Anorektoplastik
4 Er dient zur Umgehung der Fistel zum Harntrakt.
4 Man gewinnt Zeit die Fehlbildung genau zu diagnos- 7 Bei hohen Formen der ARM und bei Kloakenfehl-
tizieren (Loopogramm unter Druck). bildungen muss so abgedeckt werden, dass das
4 Er dient zur Umgehung des späteren OP-Gebietes. Kind intraoperativ ohne Verletzung der Asepsis
von Bauchlage in Rückenlage und zurück gedreht
Definitive Operation im Alter von 1–2(–3) Monaten, werden kann.
bei Kloake frühestens mit 6–8 Monaten. Das heute allge- 7 Stimulation der Rima ani und der mutmaßlichen
mein favorisierte definitive OP-Verfahren, das für alle Analregion mit dem Muskelreizgerät (Stromstärke
Formen der ARM anwendbar ist, ist die 1982 von de Vries zwischen 20–60 mA). Kommt es zu Kontraktionen
und Pena angegebene posteriore, sagittale Anorektoplas- der parasagittalen Fasern und des Muskelkom-
tik (PSARP). plexes? Ist ein Analgrübchen vorhanden?
Die Eltern müssen über die Fehlbildung und ihre Kon- 7 Inzision in der Medianlinie der Rima ani mit der Na-
sequenzen ausführlich informiert werden. deldiathermie von kranial der Steißbeinspitze bis
knapp 2 cm ventral der mutmaßlichen Analregion.
Operation Man sieht die parasagittalen Fasern und den Mus-
! Latexfreie Operation! kelkomplex. Markierung des zukünftigen Anus.
Schnittvertiefung streng in der Mittellinie unter
kPrinzip wiederholter Kontrolle mit dem Muskelreizgerät.
Haut und sämtliche Muskelschichten zwischen Damm 7 Verlängerung der Hautinzision nach kranial bis
und Steißbein werden streng in der Medianlinie gespalten, etwa in Sakrummitte und Darstellung des Steiß-
eine evtl. vorhandene Fistel wird transrektal versorgt, der beines, das in der Medianlinie gespalten wird.
mobilisierte Rektumblindsack, falls notwendig, verengt Über einem vor dem Steißbein eingeführten
und in den von der Levatormuskulatur gebildeten Trichter Overholt wird die Levatormuskulatur vom Steiß-
sowie in den M. sphincter ani externus gesetzt. Bei etwa bein aus in der Medianlinie gespalten.
10% der Jungen (insbesondere mit Fistel zum Blasenhals) 7 Darstellung der Hinterwand des Rektumblind-
und etwa 40% der Mädchen mit kloakaler Fehlbildung ist sackes, die aboral zwischen 2 Haltefäden in der
ein zusätzlicher abdominaler Eingriff erforderlich, entwe- Medianlinie mit der Nadeldiathermie eröffnet
der offen oder laparoskopisch. wird. Nach Legen von Haltenähten (6–0 atrauma-
tisch) in die Rektumschleimhaut oral der Fistel
kLagerung wird die Submukosa von der Hinterwand der Ure-
4 Präoperativ wird ein transurethraler Ballonkatheter 6
gelegt.
614 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Postoperative Behandlung
thra getrennt (lupenmikroskopische Präparation). 4 Meist problemlos. Keine wesentlichen Schmerzen
Weiter oral ist dann die vollständige Ablösung der (außer nach Laparotomie).
Rektumvorderwand möglich. 4 Bauchlage mit angehobenem Gesäß für mindestens
7 Zweireihiger Fistelverschluss mit Einzelknopfnäh- 2–3 Tage. Offen ablaufende Magensonde.
ten (resorbierbar, 6–0 atraumatisch). 4 I.v.-Gabe von Antibiotika für 3–5 Tage (danach je
7 Darstellung des Rektums, evtl. mit Eröffnung des nach urologischem Befund Langzeitprophylaxe gegen
Peritoneums. Wenn der Blindsack erheblich dila- Harnwegsinfekte).
tiert ist, wird eine Modellage erforderlich. Die 4 Erster Verbandwechsel nach 24 h.
Rektumwand wird mit einer zweireihigen, einstül- 4 Oraler Nahrungsaufbau, wenn die Kolostomie Stuhl
penden Naht verschlossen (6–0 resorbierbar, fördert.
atraumatisch). 4 Ballonkatheter für 5 Tage (bei kurzstreckiger Kloake
7 Rekonstruktion des anterioren Perinealkörpers für 7 Tage, langstreckige haben suprapubische
mit Einzelknopfnähten (6–0 resorbierbar, atrau- Harnableitung). Versehentlich gezogenen oder he-
matisch). rausgerutschten Katheter nicht wieder transurethral
7 Hautverschluss ventral des neu zu bildenden legen; wenn Kind nicht spontan miktioniert, suprapu-
Anus mit Einzelknopfnähten (6–0 resorbierbar, bische Harnableitung legen.
atraumatisch). Nach Legen der Levatornähte (5–0 4 Entlassung am 7.–8. postoperativen Tag.
resorbierbar, atraumatisch) wird der Rektum- 4 Postoperative Bougierung mit Hegar-Stiften beginnt
stumpf vor dem Levator durchgezogen, die Nähte zwischen dem 14. und 21. Tag. Stationäre Wiederauf-
werden geknüpft. Naht des Steißbeins (resorbier-
nahme für 1–2 Tage zur Anleitung der Eltern durch
bar, 4–0). Naht der hinteren Zirkumferenz des
den Operateur. Die Bougierung ist essenzieller Be-
standteil der Therapie! Sie dient sowohl dem Offenhal-
Muskelkomplexes, der mit Hilfe des Muskelreizge-
ten der anokutanen Anastomose, der allmählichen Di-
rätes lokalisiert werden kann. Diese Nähte fassen
latation des den Anorektalkanal umgebenden Muskel-
einen oberflächlichen Anteil der Seromuskularis
trichters als auch dem »Training« des Beckenbodens.
der Rektumhinterwand mit.
4 Bougierung zu Hause (2 -mal täglich) bis die alters-
7 Schichtweiser Wundverschluss (resorbierbare Ein-
entsprechende Weite erreicht ist (. Tab. 13.7).
zelknopfnähte 5–0 bzw. 6–0, atraumatisch).
4 Danach kann der Kunstafter reseziert werden, d. h.
7 Subkutannaht. Analplastik unter leichter Span-
13 nung, sodass sich die Analöffnung nach Abschnei-
meist 6–8 Wochen nach PSARP. Die Bougierungsfre-
quenz wird erst reduziert, wenn die Bougierung
den der Fäden retrahiert.
schmerzlos ist. Die Bougierung erfolgt z. T. unter
7 Die beiden Hälften des resezierten aboralen
Vollnarkose.
Endes des Rektumblindsackes werden zur histolo-
gischen Untersuchung abgegeben (Zusätzliche Komplikationen der posterioren sagittalen
Aganglionose?). Anorektoplastik (PSARP)
7 Die Haut der Rima ani wird mit resorbierbarem Fa- Intraoperativ:
den 5–0, atraumatisch fortlaufend verschlossen. 4 Verletzung der Urethra (o Stenose),
Kalibrierung des neu gebildeten Anus mit Hegar- 4 Verletzung eines Ureters,
Stiften. 4 Verletzung eines Samenleiters und/oder Samen-
7 Verband mit Jodoformgaze, Leukostrips und Fixo- bläschens.
mull.
7 Das Kind verbleibt in Bauchlage. Postoperativ:
4 Frühe Komplikationen:,
5 Passagere Femoralisparese (lagerungsbedingt),
Für die z. T. sehr komplexen kloakalen Fehlbildungen wird 5 Wundinfektion,
die PSARP mit vollständiger urogenitaler Mobilisation 5 Durchblutungsstörung des durchgezogenen Rek-
notwendig, d. h. gemeinsame Mobilisation von Urethra, tums (o langstreckige narbige Stenose),
Vagina und Rektum. Bei diesen Kindern ist immer das in- 5 sekundäre Atresie (bei unterlassener Bougierung),
nere Genitale zu revidieren und ggf. zu korrigieren: 5 Retraktion des durchgezogenen Rektums,
4 Tuben durchgängig? 5 Fistelrezidiv (urethrovaginal, rektovaginal, rekto-
4 Uterusdoppelanlage? urethral),
4 Vaginalatresie, -doppelung, -septum? 5 sekundäre neurogene Blasenentleerungsstörung,
13.3 · Abdomen
615 13
13.8). Praktisch alle operierten ARM-Patienten haben pri-
. Tab. 13.7 Bougiegröße in Abhängigkeit vom Lebensalter mär funktionelle Kontinenzprobleme:
Alter Hegar-Größe [H]
4 Fehlendes Stuhldranggefühl (sensorisch).
4 Ungenügende Haltefunktion (unvollständiges Konti-
1–4 Monate H 12 nenzorgan: fehlender M. sphincter ani internus, un-
4–8 Monate H 13 vollständig angelegte Externus- und Levatormuskula-
tur, fehlendes Corpus cavernosum recti u. a.).
8–12 Monate H 14
4 Ungenügende Koordination von Halte- und Entlee-
1–3 Jahre H 15 rungsfunktion.
3–12 Jahre H 16 4 Fehlendes (oder zu großes) Stuhlreservoir.
Über 12 Jahre H 17
Die Kontinenzprobleme können mit Stuhltraining oder
Biofeedbacktraining überwunden werden, wenn der Pati-
ent dazu motiviert ist (ab dem 7.–12. Lebensjahr). Ent-
. Tab. 13.8 Vollständige Kontinenz nach posteriorer sagitta- wicklung der Kontinenzfunktion zur Pubertät hin. Zusätz-
ler Anorektoplastik in Abhängigkeit vom Fisteltyp. (Nach Pena liche Maßnahmen sind »bowel management« (modifizierte
u. Levitt 2006) hohe Schwenkeinläufe) oder anterograde Dickdarmspü-
Fisteltyp Anzahl der Patienten mit
lungen nach Malone (zeitgenössischer Kinderchirurg,
vollständiger Kontinenz [%] Southampton, UK) über ein kontinentes Stoma. Hierzu
wird der Appendix nach Mitrofanoff (zeitgenössischer
Perineale Fistel 87 Kinderchirurg, Paris) oder ein in Querrichtung tubulari-
Tiefe Atresie oder Stenose 75 siertes Dünndarmsegment nach Monti verwendet. Für die
psychosoziale Anpassung sind eine intakte Familie bzw.
Vestibuläre Fistel 64
kontinuierliche elterliche und ärztliche Zuwendung not-
ARM ohne Fistel 51
wendig, evtl. ist psychotherapeutische Unterstützung er-
Bulbäre Fistel 41 forderlich.
Kloake (kurzstreckig: <3 cm) 38 Angesichts der Seltenheit und der erheblichen Konse-
Kloake (langstreckig: >3 cm) 9
quenzen für den Patienten sollten anorektale Malformati-
onen ausschließlich in entsprechend erfahrenen Zentren
Prostatische Fistel 22
operiert und nachgesorgt werden.
Blasenhalsfistel 6
4 Unter den Erkrankten sind weniger als 10% Reifge- bevorzugt im Endileum und im Kolon (zusammen in 44%
borene. befallen); bei etwa 20% Pannekrose langstreckiger Darm-
4 Geschlechterverhältnis: männlich : weiblich = 2 : 1. abschnitte.
Risikofaktoren Klinik
4 Vorzeitiger Blasensprung. Erkrankungsbeginn schleichend (selten fulminant), über-
4 Perinatale Stresssituation (erschwerte Geburt, Hypo- wiegend zwischen dem 5. und 10. Lebenstag, meist 24–
xie, Hypothermie, Schock, Hypovolämie, Azidose, 36 h nach der ersten enteralen Nahrungsaufnahme. Symp-
Hypoglykämie). tome sind:
4 Unreife. 4 Aufgetriebenes schmerzhaftes Abdomen, gallige Ma-
4 Ungenügende Infektabwehrmöglichkeiten genreste, schleimig-blutige Stühle.
(systemisch; lokal: Darmschleimhaut). 4 Trinkschwäche.
4 Atemnotsyndrom. 4 Rötung und vermehrte Venenzeichnung der Bauch-
4 Hyperviskosität des Blutes (hoher Hämatokrit). haut, Ödem der Bauchwand.
4 Austauschtransfusion über Nabelvene. 4 Lethargie, Temperaturinstabilität.
4 Nabelarterienkatheter. 4 Apnoeanfälle, Bradykardien.
4 Frühe Fütterung mit Kuhmilchpräparaten (fehlende 4 Vergrößerung von Leber und Milz.
Schutzfaktoren der Muttermilch; nichtgestillte Säug-
linge erkranken 6-mal häufiger als gestillte). Es werden die in . Tab. 13.9 genannten Stadien unterschie-
4 Hyperosmolarität der Nahrung. den (Bell 1978).
4 Drogenabusus der Mutter (Kokain).
4 Medikamente, die die Darmmotilität hemmen bzw. Diagnose
die Darmdurchblutung verringern (Methylxanthine, jLaborbefunde
Indomethacin). 4 Serumnatrium erniedrigt; Thrombozyten auf
4 Symptomatische Herzfehler (Fallot-Tetralogie, Ven- <150.000 erniedrigt, Leukopenie <6000 mit Linksver-
trikelseptumdefekt, Ductus arteriosus persistens). schiebung, C-reaktives Protein (CRP) erhöht.
4 Vorausgegangene Operationen (nach Dünndarmatre- 4 Metabolische Azidose.
sie vom Apple-peel-Typ, nach Gastroschisis). 4 Ikterus.
4 Disseminierte intravasale Gerinnung.
! Je mehr Frühgeborene infolge verbesserter Beat-
13 4 Anstieg reduzierender Substanzen im Stuhl infolge
mung und Surfactant-Gabe überleben, desto
Disaccharidase-Malabsorption (Laktasemangel).
häufiger ist eine NEC zu erwarten.
4 Blutige Stühle.
Pathophysiologie jRöntgen
Bakterielle Infektion eines anfälligen und empfindlichen Abdomenübersicht (»stehende« Schlingen, Pneumatose =
Makroorganismus. Sie wird durch die folgenden Faktoren Luft in der Darmwand; später luftleeres Abdomen; Luft in
ausgelöst: Pfortaderästen; freie Luft deutet auf eine Darmperforation
4 Darmschleimhautläsion im Zusammenhang mit Mi- hin) – Aufnahmen in 6- bis 8-stündigen Intervallen wie-
krozirkulationsstörung im mesenterialen Stromgebiet derholen.
(»Tauchreflex«, Reperfusionstrauma mit toxischen
freien O2-Radikalen, Austauschtransfusion, »diastolic jSonographie
steal phenomen« bei Ductus arteriosus persistens, er- 4 Darmmotilitätsstörung, Luft in Pfortaderästen, As-
höhter intraluminaler Druck im Darm). zites.
4 Bakterieninvasion in die Darmwand (keine spezi-
fischen Erreger; meist Erreger der eigenen Darmflora, jParazentese.
die jedoch aufgrund der äußeren Umgebung (Inten-
sivstation) und der antibiotischen Behandlung selek- Differenzialdiagnose
tioniert ist. 4 Sepsis,
4 Zeitpunkt und Art der Ernährung. 4 Rotavirusenteritis,
4 Enteritis bei Morbus Hirschsprung,
Pathologische Anatomie 4 Meningitis,
Transmurale Darmwandnekrose mit nur geringer Entzün- 4 Dünndarmileus,
dungsreaktion, überwiegend segmentär oder fleckförmig, 4 Volvulus,
13.3 · Abdomen
617 13
Anamnese Perinataler Stress und Hypoxie Perinataler Stress und Hypoxie Perinataler Stress und Hypoxie
Gastrointes- Magenreste, Erbrechen (evtl. Zusätzlich: Blutige Stühle, aufge- Zusätzlich: Peritonitis
tinale Symp- gallig), zunehmender Bauchum- triebenes druckdolentes Abdomen,
tome fang, okkultes Blut im Stuhl Verfärbung der Bauchhaut, tastbare
Resistenz
4 Nabelveneninfektion, kLagerung
4 Pfortaderthrombose, 4 OP-Saal auf 32°C vorheizen; Wärmematte.
4 Nebenniereninsuffizienz. 4 Schutz vor Wärmeverlusten 7 Abschn. 13.1.1.
4 Ausreichende Luftfeuchtigkeit, um Flüssigkeitsverlust
Therapie durch Perspiratio insensibilis gering zu halten.
4 Nahrungskarenz. 4 Rückenlage.
4 Offen ablaufende Magensonde. 4 Unterer Thorax leicht unterpolstert.
4 Hochdosierte Antibiotikabehandlung mit breitem 4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel, bei sehr kleinen
Spektrum unter Einschluss von Anaerobiern und Sta- Frühgeborenen am Rücken.
phylokokken.
4 Volumensubstitution. kInstrumentarium
4 Eventuell Transfusion. 4 Grundinstrumentarium,
4 Korrektur von Elektrolytstörungen. 4 Bauchinstrumente,
4 Sauerstoffgabe. 4 Kochsalzschale,
4 Verbesserung der mesenterialen Perfusion. 4 Sauger mit feinem Ansatz,
4 Zwei Drittel der Patienten können konservativ behan- 4 Silikondrain 8 oder 10 Charr bereithalten, ggf. Easy-
delt werden. flow oder Penrose-Drain,
4 Spritzen (10 ml),
Operation 4 2%ige N-Acetylcysteinlösung,
! In Extremfällen muss man sich zunächst auf eine 4 Nahtmaterial: 5–0 und 6–0 resorbierbar.
Peritonealdrainage in Lokalanästhesie auf der In-
tensivstation beschränken. Falls keine Besserung
Enterostomie bei NEC
eintritt o Laparotomie
7 Quere Oberbauchlaparotomie rechts.
kIndikation 7 Abstrich für bakteriologische Untersuchung.
Absolute Indikation erst bei Perforation, bei Zeichen einer 7 Das weitere Vorgehen hängt vom Befund ab.
Durchwanderungsperitonitis, bei Darmgangrän (konstant 7 Möglichst schonende Revision des Dünn- und
tastbare Resistenz). Aszites. Dickdarmes. Peritonealspülung und -drainage.
Nekrosen/Perforationen einstülpend quer übernä-
kPrinzip hen mit atraumatisch resorbierbaren Fäden 6–0.
Häufig nur doppelläufige Enterostomie oral der Darm- 7 Gegebenenfalls Spülung des Endileums mit kör-
wandläsion und/oder Peritonealspülung und -drainage perwarmer 2%iger N-Acetylcysteinlösung.
möglich. Ziel sollte sein, so viel erholungsfähigen Darm 6
wie möglich zu erhalten.
618 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Spätfolgen
4 Strikturen, überwiegend nach konservativer Behand-
lung (meist des Kolons) in ca. 10%.
4 Sekundäre Darmatresien, Enterozelen und innere a b c
Fisteln.
4 Malabsorption.
4 Kurzdarm (Dünndarmlänge <40 cm, besonders un-
günstig, wenn mit Verlust der Ileozäkalklappe kombi-
niert).
Prognose d e f g
4 Mortalität 10–50%.
4 Von den Frühgeborenen, die eine schwere NEC über- . Abb. 13.21 a–g Formen der extrahepatischen Gallengangatresie:
leben, leiden 20–40% später an Minderwuchs und a–c »korrigierbar«, d–g »nichtkorrigierbar«. d + e sind die häufigsten
psychomotorischer Retardierung. Formen. (Nach Skandalakis et al. 1994)
13.3 · Abdomen
619 13
4 Verdin-Ikterus, Stuhl acholisch, Urin dunkel gefärbt, kLagerung
4 Hepatosplenomegalie, 4 OP-Saal auf 32°C vorheizen; Wärmematte.
4 manchmal Blutung (z. B. Hämatothorax) als Erstsymp- 4 Rückenlage.
tom (Vitamin-K-Mangel). 4 Unterer Thorax leicht unterpolstert.
4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
Diagnostik 4 Bei der Lagerung Röntgenmöglichkeit bedenken.
Problem ist die Differenzierung zwischen obstruktiv und 4 Röntgenschutz für Patient und Personal.
parenchymatös bedingtem Ikterus. Folgende Diagnosekri- 4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1).
terien sind hilfreich:
4 Obstruktiv-ikterische Patienten wirken im Gegensatz kInstrumentarium
zu parenchymatös-ikterischen (Hepatitis, Stoffwech- 4 Grundinstrumente,
selkrankheiten) nicht krank. 4 Kinderlaparotomieinstrumente,
4 Diagnosesicherung durch Leberbiopsie in der 4. bis 4 lange Instrumente,
5. Lebenswoche. 4 Kochsalzschale,
4 Direktes Cholangiogramm spätestens in der 6. Choles- 4 Dennis-Brown-Rahmen,
tasewoche. 4 Mikroinstrumentarium, abgewinkelte Mikroschere,
4 Lupenbrille,
jLaborbefunde 4 Vessel-Loops,
4 Anteil des konjugierten Bilirubins auf über 20% erhöht. 4 Knopfkanüle,
4 Lipoprotein X im Serum erhöht. 4 Heidelberger Verlängerungsstück,
4 Leberszintigraphie: fehlende Gallenausscheidung in 4 Spritze 5 ml, Kanüle Nr. 1,
den Darm. 4 Kontrastmittel,
4 Nahtmaterial: Resorbierbar, atraumatisch
Die Diagnose sollte bis zur 6. Lebenswoche gesichert sein. (4–0, 5–0, 6–0),
4 linearer Anastomosenstapler.
Operation
kPrinzip
Biliodigestive Anastomose, Hepato-Jejunostomie
4 Biliodigestive Anastomose, um Schädigung der Leber
und Leberzirrhose zu verhindern (spätestens in der 7 Kleine quere Oberbauchlaparotomie rechts
1 Querfinger oberhalb des Nabels.
8. Lebenswoche; nach dem 3. Lebensmonat nicht
7 Beurteilung von Größe, Farbe, Oberfläche und Kon-
mehr sinnvoll).
sistenz der Leber. Ist eine Gallenblase mit sondier-
4 Hepato-Porto-Jejunostomie mit ausgeschalteter barem Lumen vorhanden o intraoperative Cholan-
Roux-Schlinge (benannt nach Roux, Chirurg, Paris, giographie. Liegt eine nichtkorrigierbare Atresie vor,
1857–1934) als Gallengangersatz nach Kasai 1957 wird der Schnitt nach beiden Seiten hin erweitert
(japanischer Kinderchirurg, 1922–2008) retroko- und zunächst das Lig. hepatoduodenale präpariert.
lisch: Hierbei wird versucht, blind an der Leberpforte 7 Darstellung der A. hepatica communis mit ihrer
endende, von Leberparenchym bedeckte intrahepa- Aufzweigung. Das Gefäß wird mit einem feinen
tische Gallengangreste mit dem Darm zu anastomo- Gummizügel angeschlungen. Der Gallenblasen-
sieren. Der Erfolg hängt vom Gesamtquerschnitt der rest wird aus dem Leberbett herauspräpariert, die
anastomosierten Gallengänge ab, die mindestens A. cystica zwischen Ligaturen durchtrennt.
7 Der dem Ductus cysticus entsprechende Strang
200 μm weit sein sollten. Verwachsungen zwischen
und seine Fortsetzung zum Leberhilus werden un-
der Serosa des angelagerten Dünndarms und der Le-
ter Schonung der Blutgefäße des Lig. hepatoduo-
ber schaffen eine zusätzliche lymphobiliäre Galle- denale bis zur Leberpforte über die Aufzweigung
drainage in den Darm. Das Ergebnis ist letztlich eine der V. portae hinaus dargestellt. Hier verbreitert
Autoanastomose zwischen Gallengängen und sich der Bindegewebestrang zu einem Narben-
Darmepithel. feld, das dorsal und kranial der Aufzweigung der
V. portae tangential exzidiert wird (. Abb. 13.22
! Länge der Roux-Schlinge mindestens 50 cm (je
und . Abb. 13.23). Hierbei werden einzelne win-
kürzer desto größer das Cholangitisrisiko). Keine
zigste Gallengänge eröffnet. Das Wundgebiet am
Elektrokoagulation am Leberhilus! Leberhilus wird mit einer kleinen Kompresse kom-
Präoperative Gabe von Vitamin K und Breitbandanti- primiert (keine elektrische Koagulation!).
biotika. 6
620 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
7 Darstellung des oberen Jejunum, das 10 cm aboral 7 Übernähung der Klammernahtreihe des aboralen
der Flexura duodenojejunalis mit Haltefäden verse- Dünndarmschenkels. Dieser Darmanteil wird End-
hen und mit Hilfe des linearen Anastomosenstap- zu-Seit mit dem zuvor exzidierten Gallefeld im Le-
lers durchtrennt wird. Der aborale Dünndarm- berhilus anastomosiert (resorbierbar, 6–0, atrauma-
schenkel wird unter Schonung seiner Gefäßversor- tisch, einreihig) (. Abb. 13.24 und . Abb. 13.25).
gung so weit skelettiert, dass er bis zum Leberhilus 7 Evtl. zusätzlich Hepatoporto-Omentopexie.
reicht, zu dem er durch eine im Mesocolon trans- 7 Adaptation des Mesocolon transversum in der
versum geschaffene Lücke gebracht wird. Der orale Umgebung der retrokolischen Dünndarmschlin-
Dünndarmschenkel wird 60 cm distal der Enteroto- ge. Die Darmschlingen werden geordnet in die
mie End-zu-Seit in den aboralen anastomosiert. Die Bauchhöhle zurückverlagert.
Anastomose wird mit Einzelknopfnähten (resor- 7 Zählkontrolle und Dokumentation.
bierbar, 6–0 atraumatisch) zweireihig angefertigt. 7 Schichtweiser Verschluss der Bauchdecken, Sub-
6 kutannaht. Hautverschluss. Verband.
13
. Abb. 13.22 Präparation des atretischen Restes der extrahepa- . Abb. 13.24 Operation der extrahepatischen Gallengangatresie:
tischen Gallenwege bis zur Leberpforte dorsal der Pfortaderaufzwei- Präparation der nach Roux ausgeschalteten Dünndarmschlinge.
gung. (Nach Kimura et al. 1979) (Nach Howard 1995)
. Abb. 13.23 Operation der extrahepatischen Gallengangatresie: . Abb. 13.25 Hepato-Porto-Enterostomie mit einer nach Roux aus-
Exzision der Gallenblase und des atretischen Restes der extrahepa- geschalteten retrokolischen Dünndarmschlinge. (Nach Howard 1995)
tischen Gallenwege, Eröffnung der Leberpforte. (Nach Howard 1995)
13.3 · Abdomen
621 13
Postoperativ
4 Langzeitantbiotikaprophylaxe. . Tab. 13.10 Prognose nach biliodigestiver Anastomose, He-
pato-Porto-Jejunostomie
4 Substitution fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K).
4 Ernährung mit mittelkettigen Triglyzeriden. Gruppe Kennzeichen
4 Medikamentöse Verbesserung des Galleflusses, z. B.
mit Ursodesoxycholsäure. I 30% Guter Gallefluss
Vollständige Rückbildung des Ikterus
Gute Langzeitprognose mit annähernd
Die postoperative Gabe von Steroiden ist umstritten. normaler Leberfunktion
13
. Abb. 13.27 Operation der Choledochuszyste: Ausschälung bzw. Exzision der Zyste und Hepatiko-Enterostomie mit einer nach Roux aus-
geschalteten retrokolischen Dünndarmschlinge. (Nach Rowe et al. 1995)
13.4 · Bauchwand
623 13
4 Komplexe Fehlbildungen, die mit einer supraumbili-
kalen Omphalozele einhergehen können, sind die
Cantrell-Pentalogie (nach Cantrell, amerikanischer
Kinderchirurg 1922–1983, benannter Symptomen-
komplex mit epigastrischer Omphalozele, Sternum-
spalte, zentralem Zwerchfelldefekt, Perikarddefekt
und Herzfehler) und die vesikointestinale Fissur oder
Kloakenextrophie bei infraumbilikaler Omphalozele
(Omphalozele; anorektale Agenesie; exstrophiertes
Blasenfeld, das durch ein ebenfalls exstrophiertes
Darmfeld in 2 Hälften geteilt wird; Meningozele und
kaudale Dysplasie der Wirbelsäule).
. Abb. 13.28 Omphalozele Konservative Behandlung
In Ausnahmefällen als passagere Maßnahme bei sehr gro-
Embryologie ßer Omphalozele oder bei inoperablen Kindern (Vitium):
Unvollständige Rückbildung des physiologischen Na- wiederholte lokale Applikation desinfizierender und ad-
belbruchs, die normalerweise in der 10. SSW abge- stringierender Lösungen; 0,5%iges Silbernitrat oder Sulfa-
schlossen ist. diazin-Silber-Creme). Nachteile dieser Behandlung sind:
4 lokale Infektion,
Anatomie 4 Sepsis,
Der Bauchwanddefekt hat einen Durchmesser von 4– 4 Ruptur der Zele,
12 cm. Die Bauchmuskulatur ist normal angelegt, die 4 langer Krankenhausaufenthalt,
Mm. recti abdomis setzen allerdings weiter lateral am Rip- 4 große ventrale Hernie, die später korrigiert werden
penbogen an. Häufig besteht ein Missverhältnis zwischen muss,
der Größe der Bauchhöhle und dem Volumen des vorgela- 4 dauerhaftes Missverhältnis zwischen Zeleninhalt und
gerten Bruchinhaltes (. Abb. 13.28). Größe der Bauchhöhle.
Die prolabierten Baucheingeweide sind von einer gefäß-
losen Membran bedeckt, die innen aus Peritoneum und Präoperative Maßnahmen
außen aus Amnion besteht. Unbehandelt beginnt die Zelen- 4 Plastikbeutel: Das Neugeborene wird mit den Füßen
wand nach der Geburt auszutrocknen, sie wird trübe und voran in einen handelsüblichen sterilen Plastikbeutel
nach etwa 12 h nekrotisch. Eine Ruptur der Zelenwand, die gebracht, sodass nur der Kopf und die Arme frei blei-
in ca. 10% der Fälle vorkommt, muss unter allen Umständen ben. Auf diese Weise werden Austrocknung und Rup-
vermieden werden. Bei großen Omphalozelen wird deshalb tur der Zelenwand sowie bakterielle Kontamination
eine Entbindung per Sectio empfohlen, obwohl bei vagi- vermieden. Der Plastikbeutel wird erst bei der Opera-
naler Entbindung eine Ruptur nur selten beobachtet wird. tion geöffnet.
Die Diagnose in der Frühschwangerschaft (ab 12. SSW) 4 Magensonde: ca. 8–10 Charr, um eine Volumenzu-
ist sonographisch möglich und sollte die Geburt in einem nahme des Zeleninhalts durch verschluckte Luft zu
entsprechend erfahrenen Perinatalzentrum veranlassen. verhindern.
4 Seitenlage: Zur Zwerchfellentlastung.
Assoziierte Anomalien 4 Venöser Zugang: Zur Volumensubstitution.
4 Nonrotation, Mesenterium commune. 4 Blutzuckerkontrollen: Wiedemann-Beckwith-Syn-
4 Etwa 30–60% der Kinder weisen weitere – z. T. lebens- drom (EMG-Syndrom: Omphalozele, Makroglossie
bedrohende – Fehlbildungen auf. Diese können Herz, und Gigantismus): diese Neugeborenen neigen zu
Urogenitalsystem, ZNS, Zwerchfell, Skelettsystem und schweren Hypoglykämien.
den Gastrointestinaltrakt betreffen wie Duplikaturen, 4 Ausschluss weiterer Fehlbildungen bzw. Syndrome
Atresie oder ein Meckel-Divertikel (benannt nach Me- (Chromosomenanalyse veranlassen).
ckel, Anatom und Chirurg, Halle, 1781–1833). Zur Narkose wird das Kind intubiert.
4 Nicht seltene Chromosomenanomalien sind die Tri-
somie 13 und 18 und das Wiedemann-Beckwith-Syn- ! Maskenbeatmung und Lachgas vermeiden, weil
drom (benannt nach Wiedemann, Pädiater, Kiel, dadurch das Volumen der einen Teil des Zelenin-
1915–2006, und Beckwith, zeitgenössischer Kinder- halts bildenden Darmschlingen vergrößert und ein
pathologe, Denver, geb. 1933). primärer Bauchwandverschluss erschwert wird.
624 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Operation
kIndikation 7 Wenn die Bauchhöhle groß genug ist, um den In-
Notfallindikation nur bei rupturierter Omphalozele; sonst halt der Omphalozele aufzunehmen, können die
elektiv. Bauchdecken durch Adaptation der medialen Rän-
der der vorderen Rektusscheide primär verschlos-
kPrinzip sen werden, evtl. unter Verwendung von Fremdma-
4 Kleine und mittelgroße Omphalozele: primärer terial (Patch aus biologisch degradierbarem Mate-
Bauchwandverschluss, einzeitig. rial, resorbierbare Fäden 3–0 oder 4–0).
4 Große Omphalozele: entweder primär konservativ 7 Anderenfalls kann man an die medialen Ränder
mit sekundärem Bauchwandverschluss oder primär der Mm. recti je eine Silastikfolie annähen (mög-
operativ mehrzeitig mit Bildung einer passageren lichst dünne Folie nehmen; unmittelbar präopera-
Hernie aus Silastikfolien und sekundärem Bauch- tiv sterilisieren; resorbierbares Nahtmaterial). Die
wandverschluss. Ein primär operatives Vorgehen er- Folie wird so gefaltet, dass ein nach lateral gerich-
laubt die Inspektion der Bauchorgane auf zusätzliche teter Saum auf der Rektusscheide zu liegen
Missbildungen und vermeidet die Gefahr einer Ze- kommt, der durch eine zusätzliche Nahtreihe am
lenruptur. vorderen Blatt der Rektusscheide fixiert wird (re-
sorbierbares Nahtmaterial).
kLagerung 7 Zählkontrolle und Dokumentation.
4 OP-Saal auf 32–34°C vorheizen. 7 Nach Zuschneiden werden beide Folienblätter
4 Wärmematte. über der Omphalozele verschlossen (linearer Ana-
4 Rückenlage. stomosenstapler). Die Bauchhaut wird rings um
den so konstruierten Silastikbehälter auf die Foli-
kInstrumentarium enoberfläche fixiert.
4 Grundinstrumentarium, 7 Verband mit Jodoformgaze.
4 Kinderlaparotomieinstrumentarium,
4 Kochsalzschale,
4 2 Einmalspritzen (20 ml); 2%ige N-Acethylcystein- Die künstliche Bauchwand kann in der Folgezeit in 1- bis
lösung zur Darmspülung, 3-tägigem Abstand durch Nähte verkleinert werden. Dazu
4 Nahtmaterial: Resorbierbare Fäden (3–0, 4–0, 5–0), ist in der Regel keine Narkose nötig. Mit der Verkleine-
13 4 linearer Anastomosenstapler, rung der Hernie geht eine allmähliche Vergrößerung der
4 sterile Silastikfolien bereithalten. Bauchhöhle einher, die nach 7–10 Tagen groß genug sein
sollte, um einen endgültigen Verschluss der Bauchdecken
über dem vollständig reponierten Zeleninhalt zu ermög-
Verschluss einer Omphalozele
lichen.
7 Beim primären Bauchwandverschluss wird
erst das Darmvolumen durch Darmspülung Risiken
verkleinert und dann die Bauchdecke ver- Sepsis, besonders bei mehrzeitigem Verschluss unter Ver-
schlossen. wendung von Fremdmaterial; gastroösophagealer Reflux;
7 Umschneidung der Omphalozele unter Belassung Leistenbrüche.
eines 1–2 mm breiten Hautstreifens an der Basis.
Die zelenfernen Wundränder werden allseits mo- Mortalität
bilisiert, bis der mediale Rand der Mm. recti beid- Hängt von Art und Umfang zusätzlicher Anomalien ab, bei
seits dargestellt ist. großen Omphalozelen zwischen 30 und 60%.
7 Die Nabelgefäße werden nahe der Bauchwand
unterbunden. Man kann nun versuchen, den Om- ! Von der Omphalozele zu unterscheiden ist der Na-
phalozeleninhalt in die Bauchhöhle zu reponie- belschnurbruch mit einem kleinen Bauchwandde-
ren; dabei sind Anstieg des Beatmungsdruckes, fekt (<4 cm Durchmesser). Bruchinhalt sind Dünn-
Kompression der V. cava mit unterer Einflussstau- darmschlingen, die leicht reponiert werden kön-
ung, Abknickung der V. cava zwischen Leber und nen. Der Defekt ist immer primär zu verschließen
rechtem Vorhof zu vermeiden (abdominelles (. Abb. 13.28).
Kompartmentsyndrom). Cave: Persistierender Ductus omphaloentericus.
6
13.4 · Bauchwand
625 13
13.4.2 Gastroschisis
Definition
Die Gastroschisis (besser Laparoschisis) ist ein Prolaps
von Baucheingeweiden, meist des Darmes, durch
einen angeborenen Defekt der vorderen Bauchwand,
in der Regel rechts des Nabelschnuransatzes
(. Abb. 13.29). Ein Bruchsack fehlt. Häufig sind
Frühgeborene betroffen.
Häufigkeit
4 1 : 2500.
4 Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen.
Embryologie
Ursächlich angenommen wird eine unzureichende
Entwicklung des extraembryonalen Coeloms, das zu
klein ist, den wachsenden Darm aufzunehmen. Infolge-
dessen kommt es zu einer Ruptur der Bauchwand rechts
des Nabelschnuransatzes. Wegen der Rückbildung der
rechten (ursprünglich paarig angelegten) Nabelvene in
der 4. SSW ist die Bauchwand dort weniger widerstands-
fähig. . Abb. 13.29 Gastroschisis – prolabiert sind Dünn- und Dickdarm
sowie ein Teil des Magens durch den rechts des Nabelschnuran-
satzes gelegenen Bauchwanddefekt
Anatomie
Der Bauchwanddefekt hat im Allgemeinen einen Durch-
messer von 2–3 cm. Prolabiert sind große Teile des Dünn- Begleitfehlbildungen
und Dickdarmes, gelegentlich auch des Magens, der Harn- 4 Darmatresie und -perforation;
blase und – beim Mädchen – der Adnexe. Der intrauterine 4 Nonrotation, Mesenterium commune.
Kontakt der Darmserosa mit der Amnionflüssigkeit gilt
als Ursache für eine »chemische Peritonitis«: Die Darm- Präoperative Behandlung
schlingen sind gestaut; die Darmwand ist ödematös ver- 4 Plastikbeutel: Das Neugeborene wird mit den Füßen
dickt und starr. Die proliferativ verdickte Serosa kann den voran in einen handelsüblichen sterilen Plastikbeutel
Darm wie ein dicker Schleier umhüllen und eine Darm- gebracht, sodass nur der Kopf und die Arme frei blei-
verkürzung vortäuschen. Kontaminations- und Verlet- ben. Auf diese Weise werden sowohl weitere Flüssig-
zungsrisiko der prolabierten Organe begründen die elek- keits- und Wärmeverluste als auch eine bakterielle
tive Entbindung per Sectio, deren Vorteile jedoch nicht Kontamination vermieden. Der Plastikbeutel wird
bewiesen sind. erst bei der Operation wieder geöffnet.
Postnatal führt die große Oberfläche der prolabierten 4 Magensonde: ca. 8–10 Charr, um eine Aspiration und
Eingeweide zu einem exzessiven Flüssigkeits- und Wärme- die Volumenzunahme der prolabierten Darmschlin-
verlust und damit rasch zu einem hypovolämischen Schock gen durch verschluckte Luft zu verhindern. Je größer
und zur Unterkühlung. Eine bakterielle Besiedelung der das Volumen des prolabierten Bauchinhalts desto
ungeschützten Darmoberfläche kann eine Sepsis verursa- schwieriger der operative Verschluss des Bauchwand-
chen. Die Abknickung des prolabierten Darms am Rand defektes.
eines (kleinen) Bauchwanddefektes kann zu Durchblu- 4 Rechtsseitenlage: um eine Abknickung des Mesenteri-
tungsstörungen und Atresie des Darms führen, besonders ums am Rand des – manchmal sehr engen – Bauch-
wenn der Defekt bereits vor der Geburt eine Tendenz zur wanddefektes und damit eine Durchblutungsstörung
Verkleinerung hatte. mit Gangrän des vorgefallenen Darms zu vermeiden.
Durch Ultraschall ist eine pränatale Diagnose ab dem 4 Venöser Zugang: zur Volumensubstitution.
3. Monat möglich. Die pränatale Diagnose sollte die Ent- 4 Antibiotikaprophylaxe: Unmittelbar nach der Geburt
bindung in einem entsprechend erfahrenen Perinatalzen- beginnend.
trum veranlassen. Zur Narkose wird das Kind intubiert.
626 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kleinert. In der Regel hat die Bauchhöhle innerhalb von Leistenbruch Leistenbruch mit Inkarze-
7 Tagen so an Größe zugenommen, dass der inzwischen ohne Inkarzerati- ration
deutlich weniger geschwollene Darm ausreichend Platz on
findet und der Bauchwanddefekt sekundär verschlossen
Klinik Meist symptom- Plötzlicher Krankheitsbe-
werden kann. Alternativ kann eine temporäre Defektde-
lose Schwellung in ginn mit erheblichen
ckung mit der Nabelschnur erfolgen. Dazu muss der Säug- der Leiste Schmerzen,
ling lang abgenabelt werden. Zum Schutz wird eine durch- Unruhe, Symptomen einer
sichtige Klebefolie aufgebracht. peritonealen Reizung
13.4.3 Leistenbruch
Definition Anatomie
Verlagerung von Eingeweideanteilen (Bruchinhalt) Im 3. Fetalmonat bildet sich eine fingerförmige Ausstül-
aus der Bauchhöhle durch eine angeborene oder er- pung des Peritoneums durch den Leistenkanal in Richtung
worbene Öffnung (Bruchpforte) in eine Ausbuchtung Skrotum (bzw. Labium majus). Wenn der Hoden den Lei-
des parietalen Peritoneums (Bruchsack), umgeben stenkanal Richtung Skrotum passiert hat (7.-9. SSW),
von Subkutangewebe, Haut und/oder Skrotalwand schließt sich der Processus vaginalis. Offen bleibt nur der
(Bruchhüllen). Kindliche Leistenbrüche sind ganz distale Anteil (Cavum serosum testis). Der ausbleibende,
überwiegend indirekte Leistenbrüche; sie entwickeln bzw. unvollständige Verschluss führt einerseits zu den ver-
sich entlang des Leistenkanals. Die Bruchpforte liegt schiedenen Formen des indirekten Leistenbruchs (diverti-
lateral der Vasa epigastrica. kuläre Persistenz), andererseits zu Hydrozele und Funiku-
Wegen des Inkarzerationsrisikos handelt es sich lozele (zystische Persistenz) sowie zu Kombinationen von
um einen potenziell lebensbedrohlichen Zustand Leistenbruch und Hydrozele.
(Darmverschluss und Peritonitis, Verlust eines Ho- Wann genau sich der offene Processus vaginalis
dens/Ovars oder eines Darmabschnitts). schließt, ist nicht bekannt. Bei Mädchen schließt er sich in
den meisten Fällen im 7. Schwangerschaftsmonat. Bei Jun-
gen ist er in 80–90% der Fälle bei Geburt noch offen und
Inkarzeration obliteriert in den ersten 6 Monaten bis ca. zum 2. Lebens-
Inkarzerationen in etwa 12% der Fälle; 70% der Inkarzera- jahr (links früher als rechts) nach dem Hodendeszensus.
tionen treten im 1. Lebensjahr auf (. Tab. 13.11). Sie erfor- Bei 20% der Jungen bleibt er lebenslang offen, ohne Symp-
dern grundsätzlich eine notfallmäßige Operation. tome zu verursachen.
Angeboren ist nicht der Leistenbruch, sondern der
Bruchsack. Bruchinhalt sind meist Dünndarmschlingen,
628 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
a b c d e
. Abb. 13.30 a–e Verschiedene Leistenbruchformen: a kurzer of- drocele testis, d Skrotalhernie, e Leistenhernie mit Hydrocele testis
fener Processus vaginalis; b Leistenhernie, c Leistenhernie mit Hy- et funiculi. (Nach Holschneider u. Wischermann 1993)
kPrinzip
Ursachen für einen ausbleibenden Verschluss
des Processus vaginalis testis Verschluss eines offenen Processus vaginalis peritonei in
Höhe des inneren Leistenringes; bei Maldeszensus Funiku-
4 Maldescensus testis
lolyse und Orchidopexie in gleicher Sitzung.
4 Blasenexstrophie
13 4 Vermehrte Flüssigkeit intraperitoneal: Aszites, kLagerung
ventrikuloperitonealer Shunt, Peritonealdialyse
4 Rückenlage, ggf. Polsterung unter das Gesäß, um die
4 Erhöhter interperitonealer Druck, z. B. bei zys-
Leistengegend anzuheben.
tischer Fibrose (chronischer Husten)
4 Wärmematte bei Frühgeborenen und dystrophen
4 Postoperativ: nach Omphalozele, Laparoschisis,
Säuglingen.
Zwerchfellhernie
4 Bindegewebserkrankungen: kInstrumentarium
– Marfan-Sydrom
4 Grundinstrumente,
– Ehlers-Danlos-Syndrom
4 Bipolare Koagulationspinzette,
4 Nahtmaterial: atraumatisch resorbierbar, Fadenstärke
je nach Größe des Kindes (4–0) 5–0 (6–0),
Diagnose 4 5-ml-Spritze mit Ropivacain.
Die Diagnose ergibt sich aus Anamnese und Befund.
jErworben
Verschluss einer Leistenhernie beim Mädchen
Symptomatische Hydrocele testis: pathologische Flüssig-
7 Der Zugang ist identisch zum Jungen (s. oben). keitsansammlung in der Umgebung des Hodens nach
7 Nach der Darstellung des Bruchsackes wird das Trauma, Torsion, Entzündung oder bei Hodentumor.
Lig. rotundum ligiert und durchtrennt. Der
Bruchsack wird dargestellt, eröffnet und ggf. ab- Klinik
getragen. Unterschiedlich ausgeprägte, meist symptomlose Flüssig-
7 Bruchsackverschluss durch eine Tabakbeutelnaht. keitsansammlung in der Umgebung des Hodens oder ent-
Der Bruchsackstumpf wird unter der Internusmus- lang des Samenstranges, die sich im Verlauf der ersten
kulatur fixiert. Pfeilernaht zwischen Internusmus- 2 Jahre spontan zurückbilden kann.
kulatur und Leistenband.
7 Wundverschluss wie oben beschrieben.
630 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
a b c d
e f g
. Abb. 13.31 a–g Verschiedene Hydrozelenformen: a Hydrocele te- tis et funiculi; f Leistenhernie mit Hydrocele testis; g abdominoskro-
stis; b Hydrocele funiculi; c Hydrocele testis et funiculi; d gekam- tale Hydrozele. (Nach Holschneider u. Wischermann 1993)
merte Hydrocele testis et funiculi; e Leistenhernie mit Hydrocele tes-
4 Ein Ausscheidungsurogramm macht anatomische Zeitpunkt der Diagnose haben 34–46% der Neugeborenen,
Details sichtbar, die für die OP-Planung wichtig sein aber nur 25% der Kinder und 23% der Erwachsenen bereits
können. Dies gilt besonders für Doppelnieren und eine eingeschränkte Funktion der betroffenen Niere, d. h.
Doppelureter. Für den Nachweis gestörter Abflussver- bei mindestens einem Drittel der Neugeborenen kommt es
hältnisse sind Spätaufnahmen notwendig. zu einer spontanen Besserung der Nierenfunktion. Ande-
4 Die retrograde Pyelographie zur Darstellung des rerseits ist aus klinischen Studien bekannt, dass es bei etwa
Ureters ist nur bei dorsalem Zugang präoperativ er- 25% der pränatal diagnostizierten Hydronephrosen zu einer
forderlich. Verschlechterung der Nierenfunktion kommt, die schließ-
4 Nuklearmedizinische Nierenuntersuchung: Die ein- lich eine operative Korrektur erfordert. In dieser Gruppe
gesetzten Radiopharmaka DTPA (Technetium-99m- mit operierter Hydronephrose sind auch Kinder mit primär
Diethylentriaminpentaessigsäure) und MAG3 (Tech- guter Nierenfunktion: Bei 15–20% der Neugeborenen, de-
netium-99m-Mercaptoacetyltriglycin) erlauben ren hydronephrotische Niere primär eine anteilige Nieren-
Rückschlüsse auf die anteilige Funktion beider Nieren funktion von über 40% hatte, verschlechtert sich die Funk-
und auf die Abflussverhältnisse, letzteres unterstützt tion so, dass schließlich doch operiert wird.
durch Flussbelastung mit einem Diuretikum (Furose- Etwa 10% der obstruierten Nieren haben eine so hoch-
mid 1 mg/kg). Halbwertzeiten für die Aktivität über gradig eingeschränkte Funktion (<10% der Gesamtfunkti-
dem Nierenbecken von weniger als 10 min schließen on), dass ein organerhaltender Eingriff nicht mehr sinnvoll
eine Obstruktion aus, solche von mehr als 20 min gel- ist (o Nephrektomie). Die Indikation zur operativen Kor-
ten als Hinweis auf eine Obstruktion. Voraussetzung rektur kann sich bei einem symptomlosen Patienten erst
ist eine konstante Hydratation des Kindes. Bei ekto- aus der Verlaufsbeobachtung ergeben. Sie sollte innerhalb
per Niere und bei nachgewiesenem vesikoureteralem des ersten Lebensjahres gestellt werden.
Reflux Untersuchung mit liegendem Blasenkatheter. Meistens wird eine medikamentöse Harnwegsinfektpro-
4 Markersubstanzen im Urin: u. a. NAG (N-Acetyl-β- phylaxe mindestens im ersten Lebenshalbjahr befürwortet.
D-Glukosaminidase, ein lysosomales Enzym der Tu-
buluszellen) und α2-Mikroglobulin. Operation
4 Perkutane Druck-Fluss-Studien (Whitaker-Test): in- 4 Elektiveingriff.
vasive Methode mit unzuverlässigen Ergebnissen. 4 Ausnahme: bilaterale Hydronephrose mit erhöhten
4 Funktionsfähige Nierenmasse: Die Bestimmung des Retentionswerten, tastbarer Nierentumor [o perku-
Hohlsystemvolumens in Korrelation zur Nierenpar- tane transrenale Katheterpyelostomie; perkutane Ka-
13 enchymmasse scheint eine Aussage für die Entschei- theternephrostomie (PCN), passager].
dung konservatives vs. operatives Vorgehen zu er-
möglichen. kIndikation
Die Indikation zur Nierenbeckenplastik ist gegeben bei
Differenzialdiagnose 4 beidseitiger Hydronephrose (Pyelonweite >12 mm ap),
4 Multizystische Nierendysplasie Potter IIA, 4 tastbarem »Nierentumor« (Druck im Nierenbecken
4 vesikoureterorenaler Reflux, erhöht),
4 Megaureter, 4 Abnahme der anteiligen Nierenfunktion um mehr
4 zystischer Tumor der Niere oder der Nebenniere, als 10%,
4 solitäre Nierenzyste. 4 fehlendem Nuklidabfluss im Diurese-Szintigramm,
4 zunehmender Nierenbeckenektasie (mit oder ohne
Therapie stabile Nierenfunktion),
Eine pränatale Hydronephrose ist kein Notfall, solange 4 persistierender Hydronephrose Grad 4,
nicht gleichzeitig ein Oligohydramnion vorliegt. Das Kind 4 symptomatischer Hydronephrose:
kann postpartal bei der Mutter bleiben. 5 Pyelonephritis,
5 Konkremente,
! Dilatation ist nicht gleichbedeutend mit
5 Hypertonie,
Obstruktion.
5 Gedeihstörung,
Das Dilemma bei der Behandlung der Hydronephrose be- 5 beginnender kompensatorischer Hypertrophie der
steht in der Unmöglichkeit, eine obstruktiv bedingte Nie- kontralateralen Niere,
renschädigung sicher und rechtzeitig, d. h. vor Eintritt ei- 4 Hydronephrose kombiniert mit vesikoureteralem
ner progredienten Nierenfunktionsstörung und morpho- Reflux mindestens 3. Grades
logischer Läsionen (Tubulusdilatation und -atrophie, Glo- 4 Einzelniere,
merulosklerose, interstitielle Fibrose) zu erkennen. Zum 4 mangelhafter Compliance der Eltern.
13.5 · Urogenitaltrakt
633 13
kPrinzip
Hydronephrose
Nierenbeckenplastik nach Anderson-Hynes (benannt
nach J.C. Anderson und W. Hynes, 1949, Sheffield, UK) 7 Quere Oberbauchinzision und extraperitoneale
durch Resektion des subpelvinen adynamischen Seg- Darstellung der Niere nach Längseröffnung der
mentes: lange trichterförmige Anastomose zwischen dem Gerota-Kapsel.
tiefsten Punkt des Nierenbeckens und dem Harnleiter 7 Die Adventitia des extrarenal erweiterten Nieren-
(. Abb. 13.32). Bei älteren Kindern wird ein sehr großes beckens wird medial längs inzidiert und unter
Nierenbecken verkleinert. Schonung besonders der in Richtung auf den Ure-
terabgang verlaufenden Gefäße ventral und dor-
kLagerung sal nach lateral abpräpariert. Dabei stellt sich der
4 Für die Nierenbeckenplastik sind Zugangswege von Ureterabgang an der Vorderwand des Nierenbe-
abdominal, lumbal und dorsal möglich, jeweils extra- ckens dar. Er liegt meist kranial des tiefsten
peritoneal, bei minimal-invasivem Vorgehen auch Punktes des Nierenbeckens.
transperitoneal. 7 Die Nierengefäße können mit einem Overholt un-
4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel. terfahren und mit einem Vessel-Loop angeschlun-
4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1). gen werden. Aberrierende oder akzessorische
Nierengefäße dürfen nicht unterbunden und
kInstrumentarium durchtrennt werden (Hypertonierisiko!).
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium, 7 Nach Legen einer Haltenaht (6–0 atraumatisch
4 Rahmen, monofil) an den pyeloureteralen Übergang wird
4 Spatel, der proximale Harnleiter unter sorgfältiger Scho-
4 diverse Overholts, nung seiner Blutversorgung dargestellt. Nach Le-
4 Vessel-Loops, gen einer weiteren Haltenaht an den proximalen
4 Redon-Drainage, Ureter wird dieser unmittelbar distal des pye-
4 Nahtmaterial: 5–0, 6–0 atraumatisch monofil resorbier- loureteralen Übergangs schräg von kranial medial
bar, evtl. 8–0 atraumatisch, resorbierbar, geflochten, nach kaudal lateral durchtrennt. Der laterale
4 Doppel-J-Katheter (7 Kap. 9). Wundwinkel des Ureters wird – wiederum unter
Schonung der Gefäßversorgung – einige Millime-
jVoraussetzungen ter lang längs gespalten.
Soll die Anastomose geschient werden, kann präoperativ 7 Falls nicht zuvor durch Legen des Double-pigtail-
transurethral ein Double-pigtail-Katheter (Double-J-Ka- Katheters geschehen, wird die Durchgängigkeit
theter) eingebracht werden (bei Neugeborenen und Säug- 6
lingen meist 3 Charr, 12 cm lang).
634 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Komplikationen
des Harnleiters mit einem 3-Charr-Katheter ge- 4 Blutung,
prüft, der sich ohne Anhalt für eine Stenose bis in 4 Restenosierung und Urinextravasation kommen in
die Harnblase vorschieben lassen sollte. 2–3% der operierten Fälle vor.
7 Nach Legen entsprechender Haltenähte wird das 4 Die Zahl der Rezidivoperationen liegt unter 2%, die
Nierenbecken so reseziert, dass ein an seinem der sekundären Nephrektomie <1%.
tiefsten Punkt abgehender, dreizipfliger Lappen
entsteht.
7 Ausspülen des Nierenbeckens. Verschluss des Nie- 13.5.2 Leistenhoden
renbeckens mit Einzelknopfnähten (atrauma-
tisches monofiles resorbierbares Nahtmaterial 6– Definition
0), extramukös gestochen, Knoten nach außen (lu- Der Hoden ist außerhalb des Skrotums lokalisiert und
penmikroskopische Präparation). kann nicht spannungsfrei bis zum Boden des Skrotal-
7 Lange, schräg verlaufende, trichterförmige Ana- fachs verschoben werden.
stomose zwischen Nierenbecken und Ureter mit
Einzelknopfnähten (atraumatisches resorbierbares
Nahtmaterial, monofil 6–0 oder geflochten 8–0), Häufigkeit
extramukös gestochen. Bei 30% der männlichen Frühgeborenen und bei 3–5% der
7 Die Wundränder dürfen nicht mit der Pinzette ge- Reifgeborenen haben zum Zeitpunkt der Geburt ein oder
fasst werden, die Knoten liegen nach außen. beide Hoden das Skrotum nicht erreicht. Die meisten dieser
7 Sorgfältige Kontrolle auf Bluttrockenheit. kongenital dystopen Hoden deszendieren innerhalb der
7 Lockere Adaptation der Adventitia über der Nie- ersten 3–6 Lebensmonate, sodass am Ende des 1. Lebens-
renbeckennaht. Naht der Gerota-Kapsel über ei- jahres 1,5% der Jungen eine Hodendystopie aufweisen.
ner Redon-Drainage.
! Nach Vollendung des 1. Lebensjahres stellt jeder
7 Zählkontrolle und Dokumentation.
nicht im Skrotum befindliche Hoden einen pa-
7 Schichtweiser Verschluss der Bauchdecken (5–0
thologischen Zustand dar.
atraumatisches resorbierbares Nahtmaterial). Sub-
kutannaht. Hautverschluss durch versenkt ge- Erwachsene mit beidseitigem Kryptorchismus sind über-
knüpfte intrakutane Einzelknopfnähte. Verband. wiegend infertil. Für die einseitige Hodendystopie werden
13 7 Alternative Drainagemöglichkeiten sind die Schie- Infertilitätsraten von 30–60% angegeben. Nach Verlage-
nung der Anastomose mit einem transrenalen rung des Hodens ins Skrotum liegt die Fertilitätsrate bei
Ureterkatheter und eine gleichzeitige transrenale Patienten mit beidseitiger Hodendystopie zwischen 0 und
Nierenbeckendrainage. 68%, bei Patienten mit einseitiger Hodendystopie zwischen
70 und 95%.
kIndikation
Indikationen zur Behandlung sind:
4 Verbesserung der Fertilität.
4 Verringerung der Torsionsrisikos (Torsion in dysto-
pen Hoden 22-mal häufiger).
4 Beseitigung der in über 40% der Fälle vorhandenen
Begleithernie.
4 Verringerung des Verletzungsrisikos.
4 Die Diagnose eines Hodentumors wird erleichtert
(umstritten). (Hodentumoren sind insgesamt selten:
Von 100.000 Männern erkranken pro Jahr 1,8 an
einem malignen Hodentumor (0,0018%); aber mehr
. Abb. 13.33 Verschiedene Formen des Maldeszensus: 1 orthoper
Hoden; 2–4 Retentionen: 2 Retentio testis praescrotalis; 3 Retentio als 10% aller Keimzelltumoren des Hodens entstehen
testis inguinalis; 4 Retentio testis abdominalis. A–C Ektopien: A epi- in dystopen Hoden (Risiko 5- bis 10-mal größer).
fasziale Ektopie; B femorale Ektopie; C perineale Ektopie. (Nach Köl-
lermann 1971) Die Behandlung sollte im 7. Lebensmonat begonnen und
am Ende des 1. Lebensjahres abgeschlossen sein.
Ziel ist es, durch rechtzeitige Verlagerung des Hodens
Formen Sekundärschäden zu verhindern und eine klinische Unter-
Der Deszensus kann ganz ausbleiben, unvollständig ablaufen suchung des Hodens durch Palpation zu ermöglichen. In
oder eine falsche Richtung nehmen. Entsprechend werden den Leitlinien wird eine präoperative Hormonbehandlung
Retentionen von Ektopien unterschieden (. Abb. 13.33). mit LHRH (»luteinizing hormone-releasing hormone«;
Als Kryptorchismus wird ein nichttastbarer Hoden be- Gonadotropin freisetzendes Hormon) und HCG (humanes
zeichnet (Ursachen können eine Retentio testis abdomina- Choriongonadotropin) für die Dauer von 7 Wochen emp-
lis, eine Anorchie oder eine Hodenaplasie sein. Bei 3–4% fohlen (nur im 1. Lebensjahr). Sie soll einerseits den De-
der Leistenhodenpatienten fehlt der Hoden). szensus anregen und so eine Operation evtl. vermeiden,
Nach topographisch-anatomischen Gesichtspunkten andererseits die Fertilitätschancen des retinierten Hodens
unterscheidet man bei der Retentio, also beim unvollstän- verbessern.
digen Deszensus, die Retentio testis abdominalis, inguina- Die konservative Behandlung führt bei 20% der Pati-
lis und präskrotalis. enten zu einem Deszensus, der allerdings bei jedem 4. Pa-
Die häufigste Form einer Ektopie ist der epifasziale Leis- tienten nicht von Dauer ist.
tenhoden. Seltene Ektopien sind die krurale und die peri-
neale Ektopie. Die Hodenektopie kommt zweimal häufiger Operation
als die Retentio testis vor. Die Operation wird ambulant in Allgemeinnarkose durch-
Beim Pendelhoden ist der Samenstrang normal lang, geführt, in der Regel offen chirurgisch. Ein primär laparo-
sodass der Hoden bei der Untersuchung problemlos ins skopisches Vorgehen empfiehlt sich für die Retentio testis
Skrotum verlagert werden kann; hier verbleibt er je nach abdominalis und für den Kryptorchismus. Im Folgenden
den Untersuchungsbedingungen eine Zeit lang. Durch werden die OP-Bedingungen und der -Verlauf für die Ope-
Kontraktion des im Kindesalter hyperaktiven Kremaster- ration nach Shoemaker (Chirurg, Den Haag, 1871–1940)
muskels kann der Pendelhoden jedoch zeitweilig wieder in beschrieben.
den Leistenkanal zurückgezogen werden.
kIndikation
Diagnose Absolut gegeben, wenn eines der folgenden mechanischen
4 Klinische Untersuchung! Deszensushindernisse vorliegt:
4 Bei nichttastbarem Hoden: Sonographie, Laparoskopie. 4 Narbige Fixation des Hodens nach Herniotomie.
4 Gleichzeitig bestehende Leistenhernie (>40%).
Therapie 4 Ektopie (70%).
Als Behandlungsverfahren stehen zur Verfügung: die kon- 4 Sekundärer Aszensus.
servative Behandlung mit humanem Choriongonadotro- 4 Leistenhoden in und nach der Pubertät.
636 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kPrinzip
4 Ausreichende Mobilisierung des Funikulus, rings. Hierbei darf der Funikulus nicht eingeengt
4 Durchtrennung der Kremastermuskulatur, werden. Subkutannaht.
4 vollständige Isolierung und Abtragung eines offenen 7 Inguinalblock mit Ropivacain.
Processus vaginalis peritonei, 7 Hautverschluss durch fortlaufende Intrakutannaht
4 adäquate Fixierung des Hodens im Skrotum in einer oder versenkt geknüpfte intrakutane Einzelknopf-
zwischen Haut und Tunica dartos gebildeten Tasche. nähte, alternativ mit Gewebekleber. Verband
(. Abb. 13.34a–f ).
kLagerung
Rückenlage mit leicht gespreizten Beinen und unterpol-
stertem Gesäß. Blind endende Hodengefäße mit fehlenden oder hochgra-
dig atrophierten Hoden sind wahrscheinlich das Ergebnis
kInstrumentarium einer intrauterinen Hodentorsion (»vanishing testis«).
4 Grundinstrumentarium,
4 feine Kornzange, Spezielle Verfahren
4 bipolare Koagulationspinzette, 4 Das Verfahren nach Fowler-Stephens besteht in der
4 5-ml-Spritze mit Ropivacain ein- oder mehrzeitigen laparoskopischen Operation
4 Nahtmaterial resorbierbar monofil oder geflochten mit Durchtrennung der Vasa spermatica (Risiko der
4–0 oder 5–0. Hodenatrophie) und offen chirurgischer Autotrans-
plantation des Hodens mit mikrovaskulärer Anasto-
mose der A. testicularis mit der A. epigastrica inferior.
Leistenhoden, Fixation des Hodens im Skrotum
4 Orchiektomie wegen Malignitätsrisiko bei Operation
7 Parainguinalschnitt. in und nach der Pubertät.
7 Darstellung und Längsspaltung der Externusapo-
neurose vom äußeren Leistenring aus nach kranial Komplikationen
in Faserrichtung. Der Hoden wird allseits mobili- 4 Skrotalhämatom und/oder Wundinfektion 1–2%,
siert, das Gubernaculum testis zwischen Ligaturen 4 Rezidiv 2%,
durchtrennt. Quere Durchtrennung der Kremas- 4 Ductusverletzung 1–2%,
termuskulatur. 4 Hodenatrophie 2–5%.
7 Ein offener Processus vaginalis wird unter sorgfäl-
13 tiger Schonung der Gebilde des Samenstranges Prognose
quer durchtrennt. Der proximale Bruchsackanteil 4 Normales Wachstum in 80%.
wird bis in Höhe des inneren Leistenringes allseits 4 Fertilität:
dargestellt und das Peritoneum hier mit einer 5 bei einseitiger Orchidopexie 75–80% (12–100%),
atraumatischen Tabakbeutelnaht/Durchste- 5 bei beidseitiger Orchidopexie 20% (0–68%).
chungsligatur verschlossen.
7 Das überschüssige Peritoneum wird abgetragen.
Der distale Bruchsackanteil wird der Länge nach 13.5.3 Hodentorsion
eröffnet. Eine evtl. vorhandene Hydatide wird
nach Koagulation der Basis abgetragen. Weitere Definition
Funikulolyse und quere Durchtrennung der Fa- Drehung des Hodens um seine Längsachse, d. h. um
sern der Fascia cremasterica, sodass der Samen- den Samenstrang, mit konsekutiver Drosselung der
strang schließlich nur noch aus Gefäßbündel und Hodendurchblutung und Gefahr der hämorrha-
Ductus deferens besteht. gischen Nekrose und des Organverlustes.
7 Der Hoden lässt sich nun spannungsfrei ins
Skrotum verlagern; hier wird er in einer zwischen
Haut und Tunica dartos gebildeten Tasche Anatomie
(nach Lieblein) pexiert (resorbierbares Naht- Als Ursache werden eine angeborene anatomische Ano-
material). malie der Hodenfixation und ein hyperaktiver bzw. patho-
7 Naht der Skrotalwunde. Naht der Externusapo- logisch verlaufender Kremastermuskel diskutiert. Norma-
neurose und Rekonstruktion des äußeren Leisten- lerweise ist der Hoden über den Nebenhoden durch das
6 Mesorchium dorsomedian an der Wand des Processus va-
ginalis fixiert. Fehlt diese Fixierung, wird der Hoden all-
13.5 · Urogenitaltrakt
637 13
e
b
c f
. Abb. 13.34 a–f Leistenhodenoperation. a Hautinzision, b Skrotale e Fixierung des Hodens an der Tunica dartos. (Nach Hutson 1995).
Inzision, c Bildung einer Tasche zwischen Haut und Tunica dartos, f Situs vor Abschluss des Eingriffes. (Nach Hadziselimovic u. Herzog
d Durchziehen des mobilisierten Hodens durch die Skrotalwunde, 1990)
638 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Differenzialdiagnose
4 Torsion von Anhangsgebilden des Hodens (Hydati-
dentorsion; 3- bis 4-mal häufiger als Hodentorsion)
oder des Nebenhodens. Der Häufigkeitsgipfel liegt
präpubertär. Die hämorrhagisch infarzierte Hydatide
kann gelegentlich als blauer Punkt durch die Hoden-
hüllen hindurch schimmern. Die Hydatidentorsion
muss nicht operiert werden. Eine Operation hat je-
doch den Vorteil, dass das Kind sofort beschwerdefrei
ist und der Krankheitsverlauf abgekürzt wird. Gele-
gentlich ist die Unterscheidung Hodentorsion/Hyda-
tidentorsion nur operativ möglich.
4 Hoden- und Nebenhodenentzündungen sind im
Kindesalter – im Gegensatz zum Erwachsenen – sel-
ten. Die Mumpsorchitis wird meist nach der Pubertät
beobachtet. Ursache einer Epididymitis ist entweder
. Abb. 13.35 a, b Formen der Hodentorsion: a supravaginal, b in-
travaginal. (Nach Holschneider u. Wischermann 1993)
eine hämatogene oder eine intrakanalikulär aszen-
dierende, von den Harnwegen ausgehende Infektion
(transurethraler Dauerkatheter, neurogene Blasen-
seitig von der Tunica vaginalis testis umgeben. Er kann entleerungsstörung, anorektale Anomalie, Blasen-
sich dann innerhalb der Tunica vaginalis um seine Längs- exstrophie).
achse – den Samenstrang – drehen: intravaginale Hoden- 4 Idiopathisches Skrotalödem.
torsion (. Abb. 13.35b). Dies führt zu einer Drosselung des 4 Die Hodentorsion kann auch beim Leistenhoden vor-
venösen Abflusses, schließlich auch der arteriellen Blutzu- kommen und ist dann differenzialdiagnostisch
fuhr. schwer von einer inkarzerierten Leistenhernie zu un-
Die Durchblutungsstörung des Hodens hat, wenn sie terscheiden.
länger als 4 h anhält, den teilweisen oder vollständigen Or-
ganverlust zur Folge. Dies geschieht auch bei der suprava- Operation
ginalen Torsion (s. . Abb. 13.35a), die praktisch nur im kIndikation
13 Neugeborenen- und Säuglingsalter vorkommt. Dabei dreht Notfallindikation; je länger die Torsion andauert, desto
sich der Samenstrang oberhalb der Tunica vaginalis. Die vollständiger der Organverlust (. Tab. 13.12).
Häufigkeitsgipfel der Hodentorsion liegen im Neugebore-
nenalter und präpubertär zwischen dem 12. und 15. Le- kLagerung
bensjahr. Rückenlage mit leicht gespreizten Beinen und unterpol-
stertem Gesäß.
Klinik
Im Neugeborenenalter können die Symptome einer Ho- kInstrumentarium
dentorsion unspezifisch sein. Beschwerden jenseits des 4 Grundinstrumentarium,
Säuglingsalters sind meist plötzlich einsetzende heftige 4 feine Kornzange,
Schmerzen im betroffenen Hoden, Übelkeit und Erbre- 4 bipolare Koagulationspinzette,
chen gefolgt von einer Rötung und Schwellung der Hoden- 4 Kochsalzschale,
hüllen. Warnsymptome in Form passagerer, spontan ab-
klingender torsionsähnlicher Beschwerden lassen sich bei
jedem 3. Patienten anamnestisch eruieren (wird durch in-
. Tab. 13.12 Prognose nach Hodentorsion. (Nach Nosewor-
termittierende inkomplette Torsion erklärt). thy 1993)
. Tab. 13.13 Klassifikation der Hypospadie (nach der Position des Meatus externus)
4 Beschaffenheit der Urethralplatte und des Corpus 4 Mehrzeitige Eingriffe in mindestens 6 Monate langen
spongiosum (Urethralplatte = Hautstreifen am ven- Intervallen.
tralen Penisschaft zwischen Meatus und Fossa navi- 4 Keine Zirkumzision vor Abschluss der Hypospadie-
cularis)? korrektur.
4 Mikrophallus? (Bei proximalen Hypospadieformen – 4 Transparenter haftender Silastikverband.
evtl. hormonelle Vorbehandlung.)
4 Hoden deszendiert? Komplikationen
4 Urethrokutane Fistel (5–20%),
Therapie 4 Chordapersistenz (25%),
Therapieziele sind: 4 Urethrastriktur (5%),
4 Normale Miktion (nach vorn gerichteter gebündelter 4 Meatusstenose (2%),
Harnstrahl). 4 Urethradivertikel (selten).
4 Spätere Kohabitations- und Inseminationsfähigkeit
(Penisschaft gerade, Urethra tubulär mit adäquatem Meatotomie
Kaliber, Meatus mindestens in Höhe des Sulcus coro- Dorsal/ventral; . Abb. 13.36.
narius).
4 Behandlung sollte bis Schuleintritt abgeschlossen sein. kLagerung
Rückenlage mit leicht gespreizten Beinen und unterpols-
Eine Schaftverkrümmung ist immer behandlungsbedürftig, tertem Gesäß.
auch wenn sie nicht mit einer Hypospadie kombiniert ist
(»Chorda sine Hypospadia«). Die Chordektomie ermöglicht kInstrumentarium
ein normales Längenwachstum des Penis und ist im Falle 4 Grundinstrumentarium,
einer Schaftverkrümmung unabdingbare Voraussetzung für 4 Mikroinstrumente,
eine Urethraplastik. Durch die Aufrichtung des Penis wird 4 Skalpell Gr. 11,
der Meatus urethrae externus notwendigerweise weiter 4 Hegar-Stifte,
nach proximal verlagert, d. h. der Grad der Hypospadie im 4 Gleitmittel,
Hinblick auf die Lage des Meatus wird verschlimmert. 4 Nahtmaterial: Monofil resorbierbar 6–0 bzw. 8–0,
4 Silikonsplint der Größe der Urethra entsprechend.
OP-Zeitpunkt
13 4 Meatusstenose (selten): jederzeit.
Meatotomie
4 Übrige: im Alter von mindestens 6–18 Monaten.
7 Kalibrierung des Meatus urethrae externus mit
Allgemeine Richtlinien Hegar-Stiften.
»Die Hypospadie ist eine nicht schematisierbare Anoma- 7 Längsinzision der dorsalen Zirkumferenz des Mea-
lie … Das Operationsverfahren muss individuell … ange- tus in Richtung auf die Fossa navicularis mit voll-
passt werden« (Westenfelder 1993). ständiger Durchtrennung des Weichteilseptums
4 Lupenbrille. zwischen Meatus und Fossa.
4 Penible Blutstillung (kein oder nur intermittierender 7 Hautnaht quer mit Einzelknopfnähten.
Tourniquet, Kompression mit warmen Kochsalzkom- 7 Erneute Kalibrierung des Meatus.
pressen, sparsame bipolare Mikrokoagulation). 7 Eventuell Einlegen eines Splints für einige Stunden.
4 Vollständige Chordektomie (Kontrolle durch artifizi-
elle Erektion).
4 Auf gute Durchblutung der Hautlappen achten Distale Urethraplastik (nach Mathieu)
(Wundränder nicht mit Pinzette anfassen – besser jVoraussetzung
Haltenähte. Spannungsfreie Nähte). Distale Hypospadie ohne echte Chorda: Hypospadia coro-
4 Monofile fortlaufende Naht bevorzugen. naria und subcoronaria; ausreichend dicke Haut ventral
4 Genaue Hautadaptation (»Stoß auf Stoß«). der distalen Urethra.
4 Übereinander liegende Nahtreihen vermeiden (Fistel-
bildung). kLagerung und Instrumentarium
4 Extravesikale Silikonsplints (für 5–7–10 Tage) für di- Lagerung und Instrumentarium sind bei Hypospadie/
stale Korrekturen. Meatotomie beschrieben (s. oben). Zusätzlich:
4 Suprapubische Harnableitung (für 7–10 Tage) für 4 Set für die Anlage einer suprapubischen Harnablei-
mittlere und proximale Korrekturen. tung.
13.5 · Urogenitaltrakt
643 13
a b c d
. Abb. 13.36 a,b Dorsale Meatotomie. a Inzision und Wundverschluss im Längsschnitt. (Nach Kelalis 1977). b–d Inzision und Wundver-
schluss in Aufsicht. (Nach Duckett 1988)
Distale Urethraplastik
7 Kalibrierung des Meatus urethrae externus mit
Hegar-Stiften.
7 Einbringen eines suprapubischen Katheters.
7 Umschneidung eines 6–8 mm breiten Hautstrei-
fens proximal des Meatus externus. Die Länge des
Hautstreifens entspricht dem Abstand des Meatus
urethrae externus von der Glansspitze. Die paral- b
lelen Hautinzisionen werden nach distal entlang
a
der Fossa navicularis bis zur Glansspitze verlängert
und hier durch Deepithelisation der medialen An-
teile der lateralen »Glansflügel« verbreitert.
7 Der umschnittene Hautlappen proximal des Mea-
tus wird zusammen mit dem Subkutangewebe
unter sorgfältiger Schonung seiner Blutversor-
gung mobilisiert und nach distal umgeschlagen.
Die seitlichen Ränder des Hautläppchens werden
mit den medialen Rändern der Glansinzision ver-
näht (8–0 resorbierbar, extraepithelial gestochen).
7 Adaptation der mobilisierten Glansflügel ventral c d
der Neourethra mit Matratzennähten.
7 Hautverschluss proximal der Glans. . Abb. 13.37 a–d Operation nach Matthieu. a Hautinzision, b Läpp-
7 Einbringen eines perforierten Silikonsplints in die chen nach distal einschlagen, c Mobilisierung der Penishaut, d Post-
operativer Zustand. (Nach Duckett 1988)
Urethra, der z. B. durch Naht oder durch epikutane
Fixierung gesichert wird (. Abb. 13.37a–d).
7 Der suprapubische Katheter wird mit dem sterilen
Glansspitze geführten Rinne, die in einer zweiten Sitzung
geschlossenen Auffangsystem verbunden.
tubulär verschlossen wird. Als Material für die neu zu bil-
dende Harnröhre dient ein gestielter Lappen aus dem in-
neren Blatt der dorsalen Präputialschürze.
Chordektomie (bei zweizeitigem Vorgehen)
kPrinzip kLagerung und Instrumentarium
Aufrichtung des Penisschaftes (»Orthoplastik«) durch Ent- Lagerung und Instrumentarium sind bei Hypospadie/
fernung des Chordagewebes und Bildung einer bis auf die Meatotomie beschrieben (s. oben). Zusätzlich:
644 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kPrinzip kPrinzip
Bildung einer auf der Glans mündenden tubulären Neo- 4 Mobilisierung der distalen Urethra,
urethra aus ortsständiger Haut. 4 Ventralspaltung der Glans,
13.5 · Urogenitaltrakt
645 13
4 Verlagerung des Meatus externus auf die Glansspitze
und Einscheiden der distalen Urethra durch die 7 Hautverschluss mit dem gleichen Nahtmaterial
Glansflügel. (Einzelknopfnähte).
7 Fixierung des Katheters mit der Glanshaltenaht.
kLagerung und Instrumentarium 7 Zusätzliche Blutstillung durch zirkuläre, locker
Lagerung und Instrumentarium sind bei Hypospadie/ komprimierende elastische Mullbinde.
Meatotomie beschrieben (s. oben). Zusätzlich: 7 Sicherung des Katheters, der mit einem sterilen
4 Set für die Anlage einer suprapubischen Harnableitung, geschlossenen Auffangsystem verbunden wird.
4 Vessel-loop,
4 Butterfly-Kanüle,
4 10-ml-Spritze (für artifizielle Erektion). Hypospadieplastik nach Snodgrass
jVoraussetzung
Anteriore und mittlere Hypospadieformen mit geradem
Urethraverlängerungsplastik
Penisschaft.
7 Legen einer Haltenaht (4–0 monofil, nichtresor-
bierbar) durch die Glans. kPrinzip
7 Einbringen eines Silikonsplints transurethral. Lu- Tubularisierte inzidierte Urethraplastik (TIP). Tubularisie-
penmikroskopische Präparation. rung der Neourethra über einem liegenden Stent nach tie-
7 U-förmige Hautinzision, die den Meatus externus fer Inzision der Urethralplatte.
proximal umfährt. Legen einer Haltenaht an den
proximalen Meatusrand. kLagerung und Instrumentarium
7 Darstellung der ventralen Urethra nach proximal, Lagerung und Instrumentarium sind bei Hypospadie/
hierbei wird möglichst viel Zwischengewebe auf Meatotomie beschrieben (s. oben). Zusätzlich:
der Urethra belassen. Die vorhandene Hautinzisi- 4 Set für die Anlage einer suprapubischen Harnablei-
on wird nach distal verlängert, bis der Meatus tung,
ovalär umschnitten ist. Legen einer 2. Haltenaht 4 Vessel-loop,
an den distalen Meatusrand. 4 Butterfly-Kanüle,
7 Die Harnröhre wird dorsal vollständig von den 4 10-ml-Spritze (für artifizielle Erektion).
Corpora cavernosa abpräpariert. Hierdurch wird
eine Verlängerung der Harnröhre erreicht, die mit
dem Meatus spannungsfrei bis über die Glansspit- Hypospadieplastik nach Snodgrass
ze nach distal reicht. 7 Legen eines suprapubischen Katheters.
7 Blutstillung mit der bipolaren Mikrokoagulati- 7 Haltenaht an die Glans.
onspinzette. 7 Parallele Umschneidung der Fossa navicularis bis
7 Die Glans wird ventral in der Medianlinie bis über zur Penisspitze. Inzision des so umschnittenen
die Fossa navicularis hinaus eingespalten. Bildung Glansareals in der Medianlinie.
je eines »Glansflügels« zu beiden Seiten der Mit- 7 Mobilisierung der dabei entstehenden längs verlau-
tellinie. Deepithelisierung eines gut 1 mm breiten fenden Hautläppchen, sodass sie sich spannungs-
Areals beidseits der Medianinzision der Glans. frei über einem Splint 10 Charr vereinigen lassen
7 Vollständige Exzision des Chordagewebe zwischen (fortlaufende monofile resorbierbare Naht, 6–0).
Glans und Schaft. Nachdem man sich vergewissert 7 Sicherung der Naht durch Subkutangewebe aus
hat, dass der Penisschaft gerade ist (ggf. durch arti- dem Präputium.
fizielle Erektion), wird die Harnröhre in die Glansin- 7 Rekonstruktion der Glans.
zision hinein verlagert. Die Glansflügel werden ven- 7 Hautverschluss.
tral der Urethra mit 3 Matratzennähten spannungs- 7 Splint und suprapubische Harnableitung sollten
frei adaptiert (4–0, resorbierbar, atraumatisch). frühestens nach 10 Tagen entfernt werden.
7 Fixierung des Meatus in der Glansspitze mit Ein-
zelknopfnähten (resorbierbar, 6–0, atraumatisch).
7 Sorgfältige Blutstillung. Adaptation ortsständigen Urinfistelverschluss
Bindegewebes ventral der Uretha proximal der jVoraussetzung
Glans (resorbierbar, 6–0, atraumatisch). Mindestens 6 Monate Abstand zur Voroperation.
6
646 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kLagerung und Instrumentarium aszendierender Infektionen über die fast ausnahmslos reflu-
Lagerung und Instrumentarium sind bei Hypospadie/ xiven Ureteren. Durch Metaplasie infolge chronisch-ent-
Meatotomie beschrieben (s. oben). Zusätzlich: zündlicher Reaktion der Blasenschleimhaut mit Ödem, poly-
4 Set für die Anlage einer suprapubischen Harnableitung, pöser Verdickung und Fibrose kommt es schließlich zur
4 Vessel-loop, Stenose der Ureterenmündungen mit konsekutiven Mega-
4 Butterfly-Kanüle, ureteren und Hydronephrose. Die erhöhte Inzidenz eines
4 10-ml-Spritze (für artifizielle Erektion). Blasenkarzinoms, typischerweise Adeno-, seltener Plattenepi-
thelkarzinom, besteht unabhängig von einer Therapie fort.
Urinfistelverschluss Häufigkeit
7 Kalibrierung des Meatus urethrae externus mit 4 1 : 37.000–70.000.
Hegar-Stiften.
4 Geschlechterverteilung männlich : weiblich = 5 : 1.
7 Einbringen eines suprapubischen Katheters.
7 Exzision der Fistel.
Pathogenese
7 Mehrschichtiger Verschluss des Defektes, z. B. mit
Verschiebelappen oder mit deepithelisiertem Die Pathogenese ist weitgehend ungeklärt. Vermutet wird die
Lappen. unzureichende Einsprossung von embryonalem Mesoderm
7 Wichtig sind die gute Durchblutung des Hautläpp- in den abnorm persistierenden vorderen Anteil der Kloaken-
chens, ein mehrschichtiger Verschluss und die Ver- membran – etwa zwischen 3./4. und 10. SSW. Dadurch wird
meidung übereinander liegender Nahtreihen. die Fusion der am Aufbau der vorderen Bauchwand beteilig-
7 Splint in die distale Urethra. ten Strukturen in der Mittellinie verhindert. Eher multifakto-
riell als genetisch bedingt. Wiederholungsrisiko: 1 : 100–275;
wenn ein Elternteil eine Blasenexstrophie hat: 1 : 70.
Blasenexstrophie
Die Blasenexstrophie ist die häufigste Anomalie des EEC- Pränatale Diagnose
Komplexes (»exstrophy-epispadia-complex«). Dazu zäh- Eine pränatale Diagnose ist theoretisch ab ca. der 20. SSW
len die Epispadieformen, die klassische Blasenexstrophie, möglich (fehlende Harnblase bei normal aussehenden Nie-
die Exstrophievarianten und die Kloakenexstrophie. ren, tiefer Nabelschnuransatz, Unterbauchvorwölbung,
Diastase der Symphyse). Sie wird aber nur in der Hälfte der
Definition Fälle gestellt und führt dann in 80% zu einem Schwanger-
13 Angeborener Bauchwanddefekt mit Fehlbildung der schaftsabbruch.
Harnblase, des Blasenhalses und der Harnröhre.
Begleitfehlbildungen
4 Leistenhernie (bei bis zu 80% der Jungen, 10% der
Bei der klassischen Blasenexstrophie liegt die Harnblase als Mädchen),
offen ausgebreitetes Blasenfeld über einem zwischen dem 4 vesikoureteraler Reflux.
Nabelschnuransatz und der Symphyse gelegenen Bauch-
wanddefekt (»wie ein aufgeschlagenes Buch«). Das Blasen- Erstversorgung
feld setzt sich nach kaudal fort in die dorsal gespaltene 4 Abdeckung des Blasenfeldes mit Hydrogel oder mit
Urethra, die ventral der bandartigen Struktur verläuft, die haushaltsüblicher »Frischhaltefolie«.
die verkürzten Schambeinenden miteinander verbindet – 4 Nabelschnurrest mit Ligatur statt mit Klemme ver-
nicht wie im Normalfall dorsal der Symphyse. Der Nabel sorgen
ist kaudal verlagert, und die Rami superiores ossis pubis 4 Prophylaktische antibiotische Therapie.
liegen ebenso wie die Mm. recti abdominis in der Mittelli- 4 Konakion i.m.
nie weit auseinander. Das kleine Becken ist flach, die Hüft-
gelenke sind nach außen rotiert. Der Damm ist verkürzt, Diagnostik
der Anus nach ventral verlagert. 4 Sonographie der Nieren.
Bei Jungen besteht gleichzeitig eine komplette Epispa- 4 Blutgruppenbestimmung.
die mit nach kranial gerichtetem kurzem breitem Penis
(verkürzte Distanz zwischen Glans und Verumontanum). Operation
Bei Mädchen fehlt der Mons pubis, die Klitoris ist ge- Behandlungsziele sind
spalten, der Introitus nach ventral verlagert und verengt. 4 Schutz der Nieren und der oberen Harnwege,
Unbehandelt bestehen bei der klassischen Blasenexstro- 4 Urinkontinenz und
phie eine totale Urininkontinenz und die Gefahr retrograder 4 Rekonstruktion des äußeren Genitale.
13.5 · Urogenitaltrakt
647 13
Zur funktionellen Rekonstruktion des äußeren Genitale 5 die vollständige Korrektur mit »complete penile di-
und zum Schutz der Nieren, sowie der oberen Harnwege sassemby« im Neugeborenenalter vorgenommen,
bestehen 2 Behandlungsstrategien: wodurch die Epispadie in eine Hypospadie umge-
4 Funktionelle Rekonstruktion des unteren Harn- wandelt wird (Mitchell), oder
traktes, ein- oder mehrzeitig 5 der Verschluss der Blase zusammen mit Ureterneu-
5 der Verschluss der Blase mit einer Epispadieplastik einpflanzung beidseits, Blasenhalsplastik und Epi-
kombiniert oder spadieplastik im Säuglingsalter vorgenommen (OP
nach Schrott; . Abb. 13.38).
. Abb. 13.38 a Umschneidung des Blasenfeldes und des Nabel- Tubularisierung der Urethralplatte über einem Silikon-Splint 10 Charr.
schnuransatzes, Schnittverlängerung nach kaudal beidseits der Ure- Ureterkatheter beidseits. e Die Harnblase ist zweireihig verschlossen.
thralplatte bis in Höhe des Verumontanum. b Vollständige Mobilisa- Suprapubischer Blasenkatheter und Ureterkatheter sind über den
tion der Harnblase, die Nabelarterien dienen als Leitstruktur. c Die zukünftigen Bauchnabel ausgeleitet. Das intersymphysäre Band ist
Beckenbodenmuskulatur wird subperiostal von den Schambeinästen vor dem Blasenhals adaptiert, die Schambeinäste durch horizontale
abgelöst. d Verschluss der Harnblase über einem Casper-Katheter und Matratzennaht vereinigt (f) (Gearhart 1999, Belman et al. 2002)
648 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Klassifikation
. Abb. 13.39 Hydrozephalus. Rechter und linker Seitenventrikel
sind jeweils über ein Foramen interventriculare Monroi mit dem
4 Anatomisch:
3. Ventrikel verbunden. Der Aquädukt verbindet den 3. mit dem 5 Hydrocephalus internus: Erweiterung des Ventri-
4. Ventrikel. Dieser setzt sich in den Rückenmarkkanal fort kelsystems.
Häufigkeit
4 Als isolierte Anomalie: 1:1000.
4 In Kombination mit Spina bifida: 1 : 1000 bis
3 : 1000.
Klinik
. Abb. 13.41 Dandy-Walker-Zyste. Der Wurm des Kleinhirns ist hy-
poplastisch nach vorn-oben verlagert. Der IV. Ventrikel ist zystisch jHirndruckzeichen bei Säuglingen
erweitert, zusätzlich besteht ein Hydrozephalus (Schädelnähte offen)
4 vorgewölbte Fontanelle,
4 klaffende Schädelnähte,
5 Hydrocephalus externus: Erweiterung der Sub- 4 Erweiterung der subkutanen Schädelvenen,
arachnoidalräume. 4 progredientes Kopfwachstum,
5 Hydrocephalus e vacuo. Folge hirnatrophischer 4 Krampfneigung,
Prozesse (»Normaldruckhydrozephalus«) – keine 4 Opisthotonus,
Makrozephalie. 4 Bradykardie,
4 Funktionell: 4 Trinkunlust/Spucken/Erbrechen,
4 Kommunizierender Hydrozephalus (Liquorzirkulati- 4 Unruhezustände,
on intakt, Liquorüberproduktion oder gestörte Re- 4 schrilles Schreien,
sorption). 4 Schläfrigkeit, Apathie,
4 Hydrocephalus occlusus – Verschlusshydrozephalus 4 Störungen des Wach-Schlaf-Rhythmus,
oder »nichtkommunizierender Hydrozephalus« (Li- 4 Augensymptome:
quorzirkulation behindert oder blockiert). 5 Sonnenuntergangsphänom,
652 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kInstrumentarium
4 Grundinstrumentarium,
4 Borhmaschine mit Trepan oder Kugelfräse,
4 Skalpell Größe 11,
4 Ventrikelpunktionskanüle,
4 Tunnellierungsinstrument,
4 NaCl-Spüllösung mit einem Antibiotikum zum
Durchspülen des Ventilsystems,
4 Nahtmaterial: 3–0 geflochten, nicht resorbierbar, 4–0
monofil, nicht resorbierbar, 5–0 für die Hautnaht,
a 4 Knochenwachs,
4 Ventilsystem in Absprache mit dem Operateur.
! Das Shuntsystem wird erst kurz vor der Implanta-
tion aus der sterilen Verpackung entnommen.
Das Ventilsystem darf nur mit Instrumenten
angefasst werden.
Textilien werden ausschließlich feucht ange-
reicht.
Endoskopische Ventrikulostomie
Eiweißreicher, nicht steriler oder noch blutiger Liquor wird Ein alternatives Verfahren zur Behandlung bestimmter For-
für die Dauer von 7–10 Tagen passager extern abgeleitet. men des Hydrocephalus occlusus ist die endoskopische Ven-
13 Komplikationen
trikulostomie zwischen III. Ventrikel und der Cisterna inter-
peduncularis. Auf diese Weise werden bis zu 70% der älteren
Bei fast zwei Drittel der Shuntpatienten werden Revisionen Kinder und Erwachsenen shuntunabhängig (7 Kap. 10). Bei
notwendig, am häufigsten im 1. Lebensjahr. Kindern unter 3 Jahren liegt die Erfolgsrate unter 50%.
jShuntinfektion Nachsorge
Die Bakterien einer Shuntinfektion (8–10%) stammen von Wegen der Komplikationsmöglichkeiten ist es unerläss-
der Haut und gelangen während der Operation in das Sys- lich, die mit einem Shuntsystem versorgten Kinder regel-
tem. Die Infektion tritt meistens schleichend auf mit nur mäßig zu überwachen. Die Shuntfunktion kann klinisch
leichtem Fieber, Anämie, Milzvergrößerung und allgemei- durch Messung des Kopfumfangs und Vergleich mit Norm-
ner Abgeschlagenheit. Behandlungsalternativen: werten überprüft werden. Bei einer offenen Fontanelle
4 Belassung des Systems und antibiotische Behandlung. kann der Hirndruck entweder indirekt gemessen oder tas-
4 Entfernen des Systems und gleichzeitiger Einbau tend abgeschätzt werden.
eines neuen Systems unter antibiotischem Schutz. Durch Kompression der Prüfblase des Ventils kann
4 Entfernen des Systems, vorübergehende externe Ab- festgestellt werden, ob das System offen ist. Lässt sich das
leitung des Liquors unter antibiotischer Behandlung Ventil leicht eindrücken, ist der Bauchschlauch in der
und Einbauen eines neuen Systems, wenn der Liquor Regel offen. Füllt es sich sofort wieder, kann man davon
wieder steril ist. ausgehen, dass der Ventrikelkatheter offen ist. Über ein
zwischen Ventrikelkatheter und Ventil eingebautes Rick-
jBlockierung eines Drainagesystems ham-Reservoir kann entweder Liquor zur Untersuchung
Meistens ist nicht das Ventil, sondern das Schlauchsystem entnommen oder der Hirndruck gemessen werden, voraus-
(am häufigsten der Hirnschlauch) verstopft (durch Plexus- gesetzt, der Hirnschlauch ist offen. Eine Diskonnektion
gewebe, Eiweiß, Zelldetritus oder Blutkoagel). Der Bauch- des Systems kann palpatorisch – gelegentlich erst röntgeno-
schlauch kann durch Einwachsen des Omentum oder logisch – festgestellt werden.
13.6 · Zentralnervensystem
655 13
Bei jeder Insuffizienz des Shuntsystems werden sich
Hirndruckzeichen einstellen. Sie machen zusätzliche Unter-
suchungen wie Röntgenaufnahmen oder CCT erforderlich.
Prognose
Bei guter Überwachung haben mehr als zwei Drittel der
Kinder mit isoliertem Hydrozephalus die Chance, sich
später körperlich und geistig weitgehend normal zu ent-
wickeln, sofern der Shunt frühzeitig, d. h. innerhalb der
ersten 3 Lebensmonate angelegt wurde.
13.6.2 Myelomeningozele
4 Stammhirnanomalien, Balkenagenesie. Unter »tethered spinal cord« versteht man die Anhef-
4 Syringomyelie. tung des kaudalen Endes des Rückenmarks an der Wand
4 Zusätzliche Fehlbildungen der Wirbelkörper (Keil- des Rückenmarkkanals entweder primär im Sinne einer
wirbel, Halbwirbel, Fusionen). Fehlbildung oder sekundär durch Narben nach operativen
4 Fehlbildungen der Nieren und der ableitenden Harn- Maßnahmen. Beide Formen kommen bei mindestens 20%
wege (4%). der Kinder mit einer Myelomeningozele vor. Die mit dem
Wachstum auftretende Aszension des Conus medullaris
Diagnose (= kaudales Ende des Rückenmarks) ist dadurch gestört.
Pränatal kann die Diagnose durch die Bestimmung eines Zugkräfte am Conus medullaris haben eine zunehmende
erhöhten AFP-Spiegels (AFP = α-Fetoprotein) im mütter- Aggravierung neurologischer Ausfälle zur Folge, beson-
lichen Serum zwischen der 15. und 20. SSW gestellt werden. ders in Phasen raschen Körperwachstums: Gangstörungen,
In Zweifelsfällen kann zusätzlich der Amnion-AFP-Spiegel Rückenschmerzen, Atrophie oder Asymmetrie der Beine,
gemessen werden, der mit 98%-iger Sicherheit auf einen of- neu auftretende Sensibilitätsstörungen, Verschlechterung
fenen Neuralrohrdefekt hinweist. Sonographisch kann ein der Blasenfunktion u. a.
Neuralrohrdefekt etwa ab der 20. SSW festgestellt werden. Orthopädische Probleme wie Kyphose, Gibbus, Lordo-
se, Skoliose, angeborene komplette oder inkomplette Läh-
Klinik mungen der unteren Extremitäten mit Fehlstellungen,
Ausdehnung und Grad der neurologischen Störungen sind Muskelungleichgewichten und Beugekontrakturen im Be-
abhängig von der Lokalisation der MMC. reich von Hüft-, Knie- und Fußgelenken, Hüftgelenkluxa-
Eine tief sakral gelegene MMC hat »nur« Inkontinenz tion (bei 80% der Patienten mit Läsion in Höhe von L5, bei
für Stuhl und für Urin zur Folge sowie einen Sensibilitäts- 26% der Patienten mit Läsion in Höhe von S1).
verlust der Dammregion, jedoch keine motorischen Aus- Beeinträchtigt ist nicht nur die motorische, sondern
fälle der unteren Extremitäten. Fast alle Patienten mit auch die sensible und autonome Innervation; der Sensibi-
MMC leiden an einer neurogenen Blasenentleerungsstö- litätsverlust der Haut begünstigt die Entwicklung von
rung. Die schlaffe Blasenlähmung (»Durchlaufblase«) ist Druckulzera (präsakral, Gesäß, perineal, Füße).
für den oberen Harntrakt ungefährlich. Etwa 70% der Patienten sind normal intelligent. 10%
Dagegen stellt die bei mehr als der Hälfte der Patienten leiden an fokalen oder generalisierten Krampfanfällen.
(63%) vorhandene Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie (»Re- 30% zeigen zentrale Bewegungsstörungen (Spastik
tentionsblase«) mit hyperaktiver Beckenbodenmuskulatur oder Ataxie). Unbehandelt überleben nur 20% der Pati-
13 ein hohes Risiko dar für eine frühzeitige Beeinträchtigung enten das 1. Lebensjahr. Das Wiederholungsrisiko liegt
der Nierenfunktion. Hier werden hohe Drücke innerhalb bei etwa 4%.
der Harnblase aufgebaut, die in Kombination mit Rest-
harn, Harnwegsinfektionen, vesikoureteralem Reflux (in Prophylaxe
fast 50% der Fälle) und Megaureteren (bei 5% der Fälle) zu Die Anzahl der mit Neuralrohrdefekten geborenen Kinder
einem frühen Verlust von Nierenparenchym führen. kann durch prophylaktische Gabe von Folsäure, einem
Ein Hydrozephalus (7 Abschn. 13.6.1) tritt bei vielen wasserlöslichen B-Vitamin, um 50–70% verringert wer-
Kindern mit MMC schon pränatal in Erscheinung. Mindes- den (USA, Schweiz). Deshalb sollten alle Frauen mit Kin-
tens zwei Drittel der MMC-Patienten entwickeln einen derwunsch täglich 0,4 mg Folsäure einnehmen bzw. mit
shuntpflichtigen Hydrozephalus. Wiederholte Hirndruck- Folsäure angereicherte Lebensmittel nutzen – präkonzep-
krisen infolge Shuntblockade oder -infektion haben funk- tionell und im 1. Trimenon. Die Dosis sollte auf 4 mg/Tag
tionelle und strukturelle Schädigungen des Hirngewebes erhöht werden bei Frauen, bei denen bei früheren Schwan-
zur Folge und können Ursache geistiger Behinderung sein. gerschaften ein Neuralrohrdefekt aufgetreten ist oder in
Sie können aber auch zu umschriebenen neurologischen deren Familien Neuralrohrdefekte bekannt sind.
Störungen führen, z. B. zu einem Visusverlust durch Atro-
phie des N. opticus. Erstversorgung
90% der Kinder mit MMC haben eine Arnold-Chiari- Das Neugeborene wird in einen handelsüblichen sterilen
II-Fehlbildung, die anatomisch u. a. durch Einklemmung transparenten Plastikbeutel gesteckt, sodass nur der Kopf
der Kleinhirntonsillen und von Anteilen des Hirnstamms und die Arme frei bleiben. Auf diese Weise werden Aus-
durch das Foramen magnum in den Spinalkanal charakte- trocknung, Verletzung und bakterielle Kontamination der
risiert ist. Klinische Symptome (bei fast jedem dritten Pa- Zele vermieden. Der Plastikbeutel wird erst bei der Opera-
tienten) sind inspiratorischer Stridor, Apnoe, Schluckstö- tion geöffnet. Alternativ kann die Zele mit einer folienbe-
rungen, Schwäche oder Spastik der oberen und/oder un- schichteten, nicht haftenden Kompresse oder mit Hirnwat-
teren Extremitäten und Opisthotonus. te bedeckt werden.
13.6 · Zentralnervensystem
657 13
Lagerung in Seitenlage oder Bauchlage. Intravenöser
Zugang und Gabe von Antibiotika zur Vermeidung einer Operative Versorgung der Myelomeningozele
aufsteigenden Meningitis und Enzephalitis. 7 Die Hautdesinfektion spart die Zelenoberfläche aus;
diese kann mit Ringer-Lösung abgespült werden.
Präoperative Behandlung 7 Abstrich von der Neuralplatte zur bakteriolo-
4 Dokumentation von Lage, Durchmesser und Aus- gischen Untersuchung.
buchtungsgrad der Zele. 7 Die Zele wird in der gesunden Haut nahe dem
4 Vollständige körperliche und neurologische Untersu- Übergang zur Zona epithelioserosa umschnitten.
chung mit Dokumentation des Lähmungsausmaßes Umschneidung der Neuralplatte unter Schonung
(untere Extremitäten, Beckenboden: Anus klaffend? des Nervengewebes und vollständige Resektion
Urin ausdrückbar?). Messung des Kopfumfangs. der Zona epithelioserosa.
4 Sonographie des Schädels und des Rückenmarks kra- 7 Verschluss der Medullarplatte zu einem Rohr – so-
nial und kaudal der Zele, evtl. MRT, wenn sonogra- weit spannungsfrei möglich – mit 8–0 atrauma-
phisch Anomalien festgestellt wurden. tischen Einzelknopfnähten, die in die angren-
zende Subarachnoidea gelegt werden, von kranial
4 Röntgenaufnahme der Wirbelsäule.
nach kaudal. Es dürfen keine Reste der Zona epi-
4 Sonographie der Nieren und der ableitenden Harnwege.
thelioserosa an der Neuralplatte belassen werden.
4 Dokumentation evtl. orthopädischer Anomalien
7 Verwachsungen zwischen Neuralplatte bzw. Co-
(z. B. Klumpfuß).
nus medullaris und dem kaudalen Ende des Du-
4 Konakion i.m.
ralsackes werden durchtrennt. Ein Nervreizgerät
4 Erythrozytenkonzentrat bereit halten.
verringert das Risiko, dabei funktionsfähige Bah-
nen zu durchtrennen.
Die Eltern müssen über die Fehlbildung und ihre Konse-
7 Inzision des Grenze zwischen Haut, paraspinöser Fas-
quenzen ausführlich informiert und in die Planung der
zie und Dura am kranialen Rand des Defektes. Dabei
Behandlungsschritte einbezogen werden.
sollte die Arachnoidea möglichst intakt bleiben.
7 Die Dura wird von den Wirbelbögen an den Rän-
Operation
dern des Defektes abgelöst und nach medial so
kOP-Zeitpunkt
weit dargestellt, dass ein wasserdichter Duraver-
Kein Notfall. Operation dringlich in den ersten 6 (–24) h. schluss über dem Rückenmark möglich wird (fort-
laufende Naht, 6–0 atraumatisch). Die Naht darf
kPrinzip
das Rückenmark nicht einengen. Sie kann mit einer
Verschluss der Neuralplatte zu einem Neuralrohr (wenn dünnen Schicht Fibrinkleber abgedichtet werden.
spannungsfrei möglich). Wasserdichter Verschluss der 7 Umschneidung median gestielter, halbkreisför-
Dura und der bedeckenden Weichteile. miger paramedianer Faszienlappen beidseits, die
nach Resektion einzelner vorstehender Wirbelbo-
kLagerung genhälften türflügelartig über dem Rückenmark-
4 Bauchlage. kanal mit Einzelknopfnähten (5–0 atraumatisch)
4 Der Kopf muss so gelagert werden, dass eine übermäßi- so adaptiert werden, dass das Rückenmark nicht
ge Beugung oder Streckung der HWS vermieden wird. komprimiert wird.
4 Thorax und Becken unterpolstern, sodass der Bauch 7 Sorgfältige Kontrolle auf Bluttrockenheit. Nach
nicht aufliegt. ausgiebiger Mobilisation und lumbalen Entlas-
tungsschnitten beidseits können Haut und Subku-
kInstrumentarium tis in Form von Visierlappen nach medial verscho-
4 Grundinstrumentarium, ben werden.
4 Mikroinstrumente, 7 Falls ein ausgeprägter Gibbus einen spannungs-
4 Operationsmikroskop (Lupenbrille), freien Hautverschluss verhindert, wird eine Ky-
4 bipolare Mikrokoagulationspinzette, phektomie erforderlich.
4 Nervenreizgerät, 7 Naht der Subkutanfaszie längs in der Mittellinie.
4 Fibrinkleber, Spannungsfreier Hautverschluss (Matratzennaht
4 synthetischer Duraersatz, 5–0).
4 Nahtmaterial: resorbierbar geflochten atraumatisch 7 Verband mit Gaze und selbstklebendem Pflaster.
5–0, 6–0, 8–0. Zur Analöffnung hin wird der Verband mit einer
wasserdichten transparenten Folie abgedichtet.
! Latexfreie Operation!
658 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
nach dem deutschen Pathologen und Chirurgen Max II Tumorausdehnung über die Niere hinaus, je-
Wilms, Köln 1867–1918, der 1899 eine Monographie doch vollständig entfernt
Zusätzlich histologisch bestätigte Lymphkno-
über Mischgeschwülste der Niere schrieb.
tenmetastasen am Nierenhilus oder paraaortal
Pathogenese
Die Pathogenese ist unklar. Morphologisch spielen sog. . Tab. 13.16 Einteilung des Wilms-Tumors nach Tumorhisto-
nephrogene Reste (über die 36. SSW persistierendes em- logie
bryonales Nierengewebe) eine Rolle. Sowohl den heredi-
Histologie Anteil
tären als auch den sporadischen Wilms-Tumoren liegen
genetische Veränderungen eines oder mehrerer Gene zu- Niedrig-maligne ca. 10%
grunde (z. B. Deletion am kurzen Arm von Chromo-
Intermediär-maligne 75–80%
som 11).
Hoch-maligne 10–15%
Assoziierte Anomalien
Wilms-Tumoren können gehäuft in Kombination mit fol-
genden Anomalien auftreten:
4 Aniridie, Stadien
4 WAGR-Syndrom (Wilms-Tumor, Aniridie, urogeni- Die Stadieneinteilung der Societé Internationale
tale Fehlbildungen, geistige Retardierung), d’Oncologie Pédiatrique (SIOP; Beckwith 2002) berück-
4 Hemihypertrophie, sichtigt Größe und Ausdehnung des Tumors, seine Opera-
4 urogenitale Anomalien wie Kryptorchismus und Hy- bilität, den Befall regionärer Lymphknoten, das Einwach-
pospadie, sen in Nachbarstrukturen (Leber, Zwerchfell, Mesenteri-
4 Wiedemann-Beckwith-Syndrom, um), Fernmetastasen (Lunge) und die Beteiligung der
4 Drash-Syndrom (Pseudohermaphroditismus mascu- kontralateralen Niere (. Tab. 13.15).
linus, Wilms-Tumor und Glomerulopathie). Nach der Tumorhistologie unterscheidet man Wilms-
Tumoren gemäß . Tab. 13.16.
Symptome
4 Meist zufällig entdeckter, sichtbarer und tastbarer, Diagnose
großer, rundlicher, nichtschmerzhafter Bauchtumor Folgende Fragen sind zu beantworten:
mit glatter Oberfläche und von fester Konsistenz 4 Konsistenz des Tumors (solide/zystisch)?
(62%). 4 Ausgangsorgan des Tumors (Niere, Nebenniere, Leber)?
4 Makrohämaturie in 10–15% der Fälle. 4 Funktionsfähiges Nierenparenchym auf der Gegen-
4 Mikrohämaturie in ca. 20%. seite?
4 Appetitlosigkeit, Fieber und Gewichtsverlust nur in 4 Tumorthromben in der V. cava inferior oder in der
10–15%. Nierenvene?
4 Erhöhter Blutdruck in bis zu 20%. 4 Fernmetastasen?
660 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
jUntersuchungen Operation
4 Sonographie jPräoperativ
Solider Tumor; Tumorvolumenbestimmung; Ein- Präoperative Chemotherapie bei Kindern über 6 Monaten
wachsen in V. renalis oder V. cava inferior. mit Zytostatikakombination (Vincristin und Aktomycin D,
4 Röntgen evtl. Doxorubicin) zur Verkleinerung des Tumors (Tumor-
5 Abdomenübersicht o Verdrängung der Bauchein- reduktion), Verbesserung der Operabilität, Verringerung
geweide; selten schalige Tumorverkalkungen peri- des Risikos der unbeabsichtigten Tumoraussaat durch in-
pher <10%. traoperative Tumorruptur und damit der Notwendigkeit
5 Thorax o Fernmetastasen; ggf. CT. einer postoperativen Strahlentherapie. Nachteil: Bei falsch-
4 Laboruntersuchungen positiver Diagnostik werden einzelne Kinder unnötiger-
Blutbild (Anämie/Polyglobulie), Leberwerte, Nieren- weise zytostatisch behandelt, die präoperative Stadienein-
retentionswerte, Urinstatus, evtl. Bestimmung von teilung wird unscharf.
Katecholamin-Metaboliten im 24-h-Sammelurin
und im Serum zum Ausschluss eines Neuroblas- kPrinzip
toms. Sorgfältig geplante, ausreichend vorbereitete und gut do-
4 MRT mit Kontrastmittel kumentierte Tumornephrektomie transperitoneal. Ziel der
Tumorzuordnung zur Niere, Verdrängung der Niere, Operation ist sowohl die vollständige Entfernung des vi-
Deformierung des Hohlsystems, vergrößerte Lymph- talen Tumorgewebes als auch eine präzise Dokumentation
knoten pararenal und/oder paraaortal. Bilaterales Tu- des Tumorstadiums als Voraussetzung für eine angemes-
morwachstum? sene adjuvante Therapie.
Differenzialdiagnose kLagerung
4 Neuroblastom, 4 Rückenlage.
4 Klarzelltumor, 4 Thorakolumbalen Übergang unterpolstern.
4 Rhabdoidtumor, 4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
4 andere Nierentumoren (Lymphom, Nephroblastoma-
tose, zystisches Adenom), kInstrumentarium
4 Teratom, 4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 Hamartom, 4 Kochsalzschale,
13 4 Nierenkarbunkel, 4 Rahmen,
4 xanthogranulomatöse Pyelonephritis, 4 diverse Langenbeck-Haken,
4 Hydronephrose, 4 Spatel,
4 Hepatoblastom. 4 Nierenstielklemme,
4 diverse Overholts,
Therapie 4 Gefäßklemmen,
Ohne Behandlung ist die Prognose infaust. »Standardthe- 4 Vessel-Loops,
rapieelemente sind Tumornephrektomie, systemische 4 Robinson-Drainage 12 Charr,
Chemotherapie und Radiotherapie. Durch eine Kombi- 4 Nahtmaterial: 3–0, 4–0, 5–0 resorbierbar; Gefäßnähte
nation dieser Therapieelemente sind die höchsten Hei- bereithalten.
lungsraten zu erreichen. Im Rahmen der SIOP und der
GPOH (Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hä-
Wilms-Tumor
matologie) wird das Prinzip einer 4- bis 6-wöchigen prä-
operativen Chemotherapie bei Kindern, die älter als 7 Großzügige quere Oberbauchlaparotomie su-
6 Monate und jünger als 16 Jahre sind, verfolgt. Eine prä- praumbilikal. Die Inzision muss groß genug sein,
operative Chemotherapie erhöht den Anteil der Patienten um eine Entfernung des Tumors ohne Ruptur und
mit einem postoperativen Tumorstadium I und verrin- ohne Verschleppung von Tumorzellen sowie eine
gert die Rate der Tumorrupturen.« (Leitlinien der Gesell- vollständige Revision der kontralateralen Niere zu
schaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie erlauben.
GPOH, 2010). 7 Primäre Darstellung und Unterbindung der Hilus-
Die Behandlung erfolgt interdisziplinär im Rahmen gefäße, beginnend mit der Arterie.
prospektiver randomisierter Multizenterstudien (GPOH, 7 Entfernung regionärer Lymphknoten.
SIOP, s. oben; National Wilms’ Tumor Study – NWTS) in 6
entsprechend spezialisierten Zentren.
13.7 · Tumoren
661 13
13.7.2 Steißbeinteratom
7 Subtotale Resektion des zugehörigen Harnleiters
zur Vermeidung einer urothelialen Metastasie- Definition
rung. Extragonadaler Keimzelltumor, der nicht unbedingt
7 Wächst der Tumor in die Leber ein, wird er auch Komponenten aller 3 Keimblätter enthält, von der
hier en bloc reseziert. Steißbeinvorderfläche (Hensen-Knoten; benannt nach
7 Ist der Tumor nahe der Nebenniere lokalisiert, Hensen, Physiologe, Kiel, 1835–1924) ausgeht, über-
wird diese en bloc mitentfernt. wiegend exophytisch zwischen Analöffnung und
7 Bei Stadium V ist ein individuelles Vorgehen erfor- Steißbein wachsend.
derlich, z. B. Tumornephrektomie auf der Seite des Klinisch bedeutsam ist das Steißbeinteratom des-
größeren Tumors und Nierenteilresektion auf der halb, weil es – nicht rechtzeitig oder nicht vollständig
Gegenseite. reseziert – zu einem bösartigen Tumor werden kann.
7 Eventuell Second-look-Operation nach Polyche-
motherapie primär nicht oder nicht vollständig re-
sezierbarer Tumoren. Häufigkeit
7 Eine Tumorbiopsie ist bei resezierbaren Tumoren 4 1 : 35.000 bis 1 : 40.000 Lebendgeburten.
wegen des Risikos der Aussaat von Tumorzellen 4 Geschlechterverhältnis männlich : weiblich = 1 : 3.
nicht indiziert.
Wachstumsformen
Einteilung nach Altman et al. (1974); . Abb. 13.44 und
Postoperativ . Tab. 13.17.
Die Art und Dauer der postoperativen Behandlung Sehr große Steißbeinteratome prädisponieren zur
(multimodale Chemotherapie, Bestrahlung) hängen ab Frühgeburtlichkeit und zur Tumorruptur (o Blutung).
vom Stadium des Tumors, seinem Malignitätsgrad in der
Histologie, der Größe des Tumors, seinem Ansprechen Dignität
(»response«) auf die präoperative Chemotherapie, Über 90% der im Neugeborenenalter operierten Steißbein-
von molekulargenetischen Faktoren und dem Alter des teratome sind benigne. Von den nach dem 2. Lebensmonat
Kindes. entfernten Tumoren sind über 50% maligne, nach dem 5.
Monat bis zu 90%.
Komplikationen
4 Blutung (intraoperativ und/oder postoperativ),
4 postoperative Darmparalyse, insbesondere unter zy-
tostatischer Behandlung,
4 Lebervenenverschlusserkrankung,
4 andere toxische Nebenwirkungen der Chemotherapie
auf Herz, Nieren und Lungen.
Prognose
Die Prognose ist relativ gut. Sie hängt vom Tumorstadium
und von der Tumorhistologie, vom Alter des Kindes, von
der Größe des Tumors und von der Art der Behandlung ab.
Ohne Berücksichtigung der Prognosefaktoren werden ca.
90% der Patienten langfristig geheilt.
Spätfolgen
Zur Erkennung und Behandlung von Rezidiven und Spät-
folgen ist eine mehrjährige Nachsorge erforderlich. Sie
sollte, wie die Behandlung selbst, in Zentren erfolgen, die
über ausreichende Erfahrung mit malignen Erkrankungen
im Kindesalter verfügen. Die meisten Tumorrezidive tre-
ten in den ersten beiden Jahren nach Abschluss der Be-
handlung auf. Zweittumoren können nach 5–10 Jahren . Abb. 13.44 Wachstumsformen des Steißbeinteratoms. (Nach Alt-
auftreten. man et al. 1974)
662 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
kLagerung
4 Präoperativ wird ein transurethraler Ballonkatheter
gelegt.
4 Operation in Bauchlage mit angehobenem Gesäß,
Hüftgelenke rechtwinklig gebeugt.
4 Neutrale Elektrode am Oberschenkel.
4 Anorektalkanal mit Polyvidon-Jod-getränkten Kom-
pressen reinigen und tamponieren.
4 Schutz vor Wärmeverlusten (7 Abschn. 13.1.1).
. Abb. 13.45 Resektion des Steißbeinteratoms: Resektion des
kInstrumentarium Steißbeins in Kontinuität mit dem Tumor. (Nach Doody u. Kim 1995)
4 Grund- und Laparotomieinstrumentarium,
4 Kochsalzschale,
4 Nahtmaterial: 5–0, resorbierbar, atraumatisch.
Steißbeinteratom
7 Hautinzision in Form eines umgekehrten »V« mit
Spitze über dem Kreuzbein.
7 Darstellung und Durchtrennung des sakrokokzy-
gealen Übergangs (Vorsicht: paarige mediane Sa-
kralgefäße sicher ligieren).
7 Der meist gut abgekapselte Tumor lässt sich leicht
von der Muskulatur der Mm. glutaei maximi ab-
präparieren; Kollateralgefäße werden zwischen Li-
gaturen durchtrennt.
6 . Abb. 13.46 Rekonstruktion des Beckenbodens nach Resektion
des Steißbeinteratoms. (Nach Doody u. Kim 1995)
664 Kapitel 13 · Kinderchirurgie
Untersuchungen 1. Jahr nach Therapie 2. Jahr nach Therapie 3.–5. Jahr nach Therapie
5 Stuhlinkontinenz.
5 Hartnäckige, über Jahre anhaltende Obstipation (in
ca. 25% der Fälle).
Nachsorge
Lokales Rezidiv – auch nach vollständiger Tumorentfer-
nung mit Steißbeinresektion – in ca. 4% (kann histologisch
maligne sein). Die Prognose bleibt günstig nach operativer
Entfernung und ggf. Chemotherapie des Rezidivs. AFP
und β-HCG kontrollieren (Tumormarker).
Malignes Steißbeinteratom
Etwa 20% der Steißbeinteratome sind primär maligne. Das
Malignitätsrisiko ist umso höher,
13 4 je älter der Säugling ist,
4 je größer der präsakrale Tumoranteil ist,
4 je solider der Tumor ist,
4 bei unvollständig oder mehrfach operierten Tumoren,
4 wenn das Steißbein nicht mitreseziert wurde.
Ophthalmologie
I. Welk, A. Bunse, F. Rüfer
14.1 Anatomie des Auges Augenlinse Schutz und Begrenzung. Die Aderhaut (Choro-
idea) ist von zahlreichen Blutgefäßen durchzogen. Ihr vor-
14.1.1 Wie funktioniert das Sehen? derer Anteil wird als Regenbogenhaut (Iris) bezeichnet
und liegt zwischen Hornhaut und Linse. Über Muskel-
Das von außen einfallende und von der Linse gebündelte stränge kann die Iris, je nach Lichteinfall, die Pupillenöff-
Licht trifft auf lichtempfindliche Rezeptoren auf der Netz- nung verkleinern oder vergrößern. Die Irisfarbe ist unter-
haut. Dort werden die Lichtreize durch Nervenimpulse schiedlich und definiert die Augenfarbe.
und Sehnerv an das Gehirn weiter geleitet und zu einem
Bild verarbeitet (s. Netzhaut).
14.1.3 Tränenapparat
14.1.2 Augapfel Die Augen werden durch Ober- und Unterlider geschützt.
Im Oberlid befindet sich die Tränendrüse, die eine wässrige
Die Augen liegen geschützt in einer von den Schädelkno- Flüssigkeit produziert. Durch den Lidschlag wird die Trä-
chen gebildeten Höhle (Orbita; . Abb. 14.1). Der Augapfel nenflüssigkeit verteilt und die Oberfläche kontinuierlich
(Bulbus oculi) ist von runder Form und ca. 22 mm im benetzt. Bei Fremdkörpern auf der Oberfläche wird reflek-
Durchmesser. torisch mehr Tränenflüssigkeit produziert, um den Fremd-
Die äußere Haut bezeichnet man als Lederhaut (Skle- körper auszuwaschen. Beim Weinen wird ebenfalls über die
ra). Sie ist von derber Konsistenz und bietet zusätzlichen Tränendrüse die Tränenflüssigkeit produziert. Ein Fehlen
Schutz. Im vorderen Anteil geht die Sklera in die Hornhaut des Lidschlusses führt zu einer gestörten kontinuierlichen
(Kornea) über. Die Hornhaut bietet der darunter liegenden Befeuchtung und damit zum Austrocknen der Hornhaut.
14
. Abb. 14.1 Anatomischer Aufbau des Auges. Der Schnitt führt sern in ihrer Lage befestigt. Die Iris unterteilt den Raum vor der Linse
durch die Region des blinden Flecks (Austritt der Fasern des N. opti- in eine vordere und eine hintere Augenkammer. (Nach Spornitz 2004)
cus). Im vorderen Teil des Augapfels ist die Linse durch die Zonulafa-
14.2 · Besonderheiten bei Operationen am Auge
667 14
14.1.4 Linse 4 Aus Sicherheitsgründen und bei Eingriffen in Lokal-
anästhesie werden EKG-Überwachung, Anlage eines
Die Linse liegt hinter der Pupillenöffnung. Durch Muskel- venösen Zugangs und Messung der Sauerstoffsätti-
fasern, die Linse und Sklera verbinden, kann die Form der gung empfohlen. Gegebenenfalls wird eine kontinu-
Linse verändert werden und dient der besseren Anpassung ierliche Blutdruckmessung durchgeführt. Nur in Aus-
an das Scharfsehen von Gegenständen in der Ferne (Akko- nahmefällen wird dem Patienten bei Bedarf per Na-
modation). sensonde Sauerstoff insuffliert (Cave: Gefahr einer
Knallgasexplosion bei O2-Gabe und Einsatz von Elek-
trokautern!).
14.1.5 Netzhaut 4 Ab Eintreffen des Patienten in den Verantwortungs-
bereich »OP« gelten die besondere Aufsichtspflicht
Die innere Auskleidung des Bulbus ist die Netzhaut (Reti- und die Prävention gegen Herunterfallen vom fahr-
na). Sie besteht aus lichtempfindlichen Sinneszellen (Pho- baren OP-Tisch oder Bett.
torezeptoren) und Nervenzellen, die die eintreffenden
Lichtreize verarbeiten. Desinfektion des OP-Bereiches
4 Vor der Lokalanästhesie wird die Umgebungshaut des
OP-Feldes desinfiziert. Folgende Reihenfolge bei der
14.1.6 Glaskörper Hautdesinfektion ist zu beachten: Oberlid, Unterlid,
Nasenwand, Augenbraue.
Der Glaskörper im Inneren ist eine gallertige Masse, die 4 Die Wimpern werden intraoperativ durch eine Inzisi-
den Lichteinfall ebenfalls bündelt und die prallelastische onsfolie und/oder Lidsperrer zurückgehalten. Kein
Formgebung der Bulbi vorgibt. Abschneiden der Wimpern!
kBesonderheiten
Dakryozystorhinostomie nach Toti
4 Gegebenenfalls Operation unter Einsatz des Operati-
7 Externer Zugang mittels Hautschnitt. onsmikroskops.
7 Blutstillung und Unterminierung der Haut mit Prä-
parierschere. Keratoplastik
7 Spreizen der Wunde mittels stumpfen und Eine Keratoplastik ist eine Operation der Hornhaut (Kor-
scharfen Haken. nea), bei der erkranktes Gewebe durch Spendermaterial
7 Abschieben des Periost. ersetzt wird (Hornhauttransplantation). Man unterschei-
7 Trepanation der Knochenstruktur mit Bohrtrepan det folgende Formen der Keratoplastik:
oder Meißel und Erweiterung des Zugangs durch 4 Perforierende Keratoplastik (mittels Trepan Entfer-
Knochenzangen. nen erkrankter Hornhaut und Transplantation von
7 Schlitzung der Nasenschleimhaut und kontinuier- Spenderhornhaut),
liche Blutsstillung. 4 Lamelläre Keratoplastik (isolierte Transplantation von
7 Inzision des Tränensackes. einzelnen Hornhautschichten).
7 Naht der Tränensackwand mit der Nasenschleim-
haut. kIndikation
7 Schichtweiser Wundverschluss. 4 Trübungen der Hornhaut,
7 Kompressionsverband. 4 Keratokonus,
4 perforiertes Hornhautulkus,
4 Herpes u.a.
kBesonderheiten
4 Lupenbrille, kPupillenvorbereitung
4 feiner Sauger, 4 Neutralstellung der Pupille.
4 Bipolarkauter,
4 Bohrtrepan.
Keratoplastik
7 Entnahme der ausgemessenen Spenderhornhaut
14.4.3 Operationen an der Hornhaut mittels Trepan oder Stanze.
7 Okulopression des Empfängerauges.
Eine intakte Hornhaut (Kornea) ist Bedingung für scharfes 7 Einsetzen eines Lidsperrers.
Sehen, da sie als Hauptfunktion die Lichtbrechung zur 7 Gegebenenfalls Anschlingen des M. rectus superi-
Bildfokussierung innehat. or, M. rectus inferior.
6
672 Kapitel 14 · Ophthalmologie
Therapie
Die Katarakt-OP gehört zu den am häufigsten durchge-
führten Operationen am Auge um die Sehkraft wieder her-
14.4 · Beispiele für die häufigsten Eingriffe am Auge
673 14
4 Goniotomie/Trabekulektomie/Trabekulotomie/Vis-
Extrakapsuläre Kataraktextraktion mit kokanalostomie:
Kornealschnitt Anlage einer Abflussfistel aus der vorderen Augen-
7 Okulopression. kammer unter die Bindehaut. Eröffnung des Trabe-
7 Einsetzen Lidsperrer. kelwerkes und Verbindung des Schlemm-Kanals mit
7 Präparation des Tunnels mit Phakolanze/Diamant- der Vorderkammer, um das Abfließen des Augenwas-
messer. sers zu ermöglichen.
7 Eröffnen der Linsenkapsel (Kapsulorrhexis) mit
Zum Einsatz kommen auch Glaukomimplantate zur
Drainage.
gebogener Kanüle oder Rhexispinzette.
4 Iridektomie/Iridotomie:
7 Hydrodissektion und Expression des Linsenkerns
Anlage eines peripheren Irisdefektes bei Engwinkel-
oder Phakoemulsifikation.
glaukom.
7 Anlage von Sicherungsnähten.
4 Laserzyklo- und Kryodestruktion:
7 Absaugen und Spülen von Rindenteilchen.
Verödung des Ziliarkörpers der das Kammerwasser
7 Applikation von viskoelastischer Substanz.
bildet.
7 Implantation der IOL in den Kapselsack (Shooter- 4 Lasertrabekuloplastik:
Faltlinsen). Verbesserung des Abflusses durch Lasereinsatz am
7 Absaugen des Viskoelastikums. Kammerwinkel (Nachteil: wirkt nur zeitlich be-
7 Hornhautnaht. grenzt).
7 Kortison/Antibiotikum Salbenverband.
Die angeborene Form der Augeninnendruckerhöhung
wird verursacht durch eine Störung in der Embryonalent-
kBesonderheiten wicklung mit Abflussstörung des Kammerwassers. Die
4 Operationsmikroskop, Symptome zeigen sich in einer Vergrößerung des Bulbus
4 Gerät für die Phakoemulsifikation (mittels Ultraschall (Buphthalmus). Die Behandlung, meist operativ, muss
wird das Linsenmaterial zerkleinert, gespült und ab- frühzeitig erfolgen, um dauerhafte Sehschädigungen zu
gesaugt). minimieren.
Iridektomie
14.4.5 Glaukomoperationen kIndikation
4 Chronisches Engwinkelglaukom.
Beim Glaukom (grüner Star) findet sich ein erhöhter Au- 4 Glaukomanfall mit extremen Druckwerten.
geninnendruck. Die Ursachen können angeboren oder
erworben sein. Der normale Augeninnendruck liegt zwi- kPupillenvorbereitung
schen 10 und 21 mmHg und ist tageszeitlichen Schwan- 4 Engstellung.
kungen unterlegen. Ein Glaukom entsteht durch eine Stö-
rung des Abflusses von Kammerwasser.
Iridektomie
Eine Durchblutungsstörung im Sehnerv (N. opticus)
kann zusätzlich negative Auswirkungen haben. 7 Einsetzen Lidsperrer.
Im Ziliarkörper (Corpus ciliare) wird das Kammer- 7 Mittels Luftlanze Anlegen einer Parazentese.
wasser produziert und an die hintere Augenkammer abge- 7 Greifen der Iris mit Irispinzette.
geben. Durch die Pupille gelangt es in die vordere Augen- 7 Anlage Iridektomie mittels Schere nach Wecker
kammer und fließt durch das Trabekelwerk im Kammer- oder nach Vannas.
winkel über den Schlemm-Kanal ab. 7 Verband.
Werden Schädigungen festgestellt, muss der Augen-
druck dauerhaft gesenkt und engmaschig kontrolliert wer-
den. Zunächst erfolgt eine medikamentöse Augendruck-
senkung mit Augentropfen und gelegentlich durch orale 14.4.6 Fistulierende Operationen
oder intravenöse Gabe von Azetazolamid (Diamox). Rei-
chen konservative Maßnahmen nicht mehr aus, können Drainageimplantate werden zur Senkung des Augeninnen-
augendrucksenkende Operationen durchgeführt werden, drucks eingesetzt. Ein kleines »Schläuchlein« wird in die
wobei zunehmend die operativen Laserverfahren einge- Vorderkammer des Auges eingesetzt; dieses Schläuchlein
setzt werden: ist mit einem Hohlraum verbunden, in den die Flüssigkeit
674 Kapitel 14 · Ophthalmologie
abfließt. Von dort gelangt die Flüssigkeit unter die Binde- Eine feste Verbindung der Netzhaut mit der Unterlage
haut, wo sie resorbiert wird. Um Verklebungen/Vernar- (retinales Pigmentepithel, RPE) gibt es nur im Bereich des
bungen zu vermeiden, wird Mitomycin C eingesetzt. Sehnervs (Papille) und an der Ora serrata, dem peri-
Selten erfolgt die Trabekulotomie/Goniotrepanation pheren Übergang der Netzhaut am Ziliarkörper. Hieraus
(nach Fronimopoulus oder nach Elliott), in der Regel wer- erklärt sich die rasche Progredienz einer beginnenden
den Glaukomimplantate zur Drainage verwendet. Netzhautablösung. Die Stelle des schärfsten Sehens be-
zeichnet man als Makula oder Sehgrube mit einem Zen-
kIndikation trum (Fovea).
4 Chronisches Glaukom. Als Netzhautablösung (Amotio oder Ablatio retinae)
wird die Abhebung der Netzhaut (Retina) des Auges von
kPupillenvorbereitung ihrer Versorgungsschicht (RPE) bezeichnet. In der Regel
4 Engstellung. entstehen Netzhautablösungen durch Löcher/Risse in den
peripheren Anteilen der Retina. Sie können ebenfalls durch
Zug bedingt sein (sog. Traktionsamotio), bei Diabetes mel-
Trabekulotomie/Goniotrepanation
litus auftreten oder bei Tumoren serös sein. Symptome
7 Einsetzen Lidsperrer. sind das Sehen von Blitzen (Photopsien) und schwarzen
7 Anschlingen des M. rectus sup. »Mücken« (»mouches volantes«) oder auch Rußregen, so-
7 Bindehauteröffnung. wie vorhangartige Gesichtsfeldeinschränkung, in Form
7 Freilegen und Koagulation des chirurgischen von grauem Schatten.
Limbus.
7 Einbringen eines Schwämmchens mit Mitomy- Laseroperation
cin C, das die Narbenbildung und damit den Wie- Die Laserbehandlung kann das Entstehen einer Netzhaut-
derverschluss der Abflussöffnung verhindern soll. ablösung aus einem Loch zwar aufhalten, aber nicht die
7 Präparation eines Skleralappens mit Kolibripinzet- abgehobene Netzhaut wieder an die Versorgungsschicht
te und Messer. anheften. Dies ist nur z. B. mit speziellen Plomben und
7 Eröffnung der Vorderkammer mit Messer. Ringbändern (Cerclagen) möglich, die von außen den
7 Ausschneidung eines Fensters im Trabekelwerk Augapfel eindellen und u. U. mit Punktion der subreti-
mit Kolibri und Schere nach Vannas (durch diese nalen Flüssigkeit den Kontakt wieder herstellen. Ggf. ist
Methode kann das Kammerwasser über epi- eine Glaskörperoperation (Vitrektomie) zusätzlich erfor-
sklerale Venen und Lymphgefäße aus dem Intra- derlich.
skleralspalt abfließen).
7 Periphere Iridektomie. kPupillenvorbereitung
14 7 Die Fistelstelle wird mit der Skleralamelle be- 4 Weitstellung.
deckt.
7 Wundverschluss.
7 Verband. Laserbehandlung
7 Einsetzen Lidsperrer.
7 Aufsetzen Spiegelkontaktglas/Weitwinkelglas.
kBesonderheiten 7 Setzen der Laserherde.
4 Operationsmikroskop,
4 bipolarer Kauter,
4 Mitomycin C (Zellgift). kBesonderheiten
4 Lasergerät unter Beachtung der Schutzvorschriften
für den Umgang mit Lasergeräten (z. B. Schutz-
14.4.7 Operationen an der Netzhaut brille).
Kryokoagulation Cerclage
7 Einsetzen Lidsperrer. 7 Einsetzen Lidsperrer.
7 Setzen der Kryoherde unter Kontrolle mittels Lupe 7 Eröffnung der Bindehaut.
und Augenspiegel. 7 Befeuchten der Hornhaut mit BSS.
7 Cave: Lösen des Kryostiftes mit Spülflüssigkeit 7 Anlegen von Haltefäden an den 4 geraden Augen-
notwendig, um durch die Kälteadhäsion keine muskeln (Zügelfäden).
Zerreißung zu provozieren. 7 Lokalisation des Netzhautdefektes mittels Kopf-
ophthalmoskop.
7 Kryokoagulation punktuell.
kBesonderheiten 7 Einzug eines Silikonbandes unter den Augenmus-
4 Kryochirurgiegerät, keln hindurch.
4 Kopfophthalmoskop, 7 Annähen des Bandes an der Sklera (u. U. vor Ein-
4 Lupe, zug des Silikonbandes).
4 Spüllösung. 7 Verbindung der beiden Enden des Silikonbandes.
7 Ablassen der subretinalen Flüssigkeit durch Punk-
Netzhautplombe tion und Diathermie.
kIndikation 7 Netzhautkontrolle mit Kopfophthalmoskop.
4 Netzhautablösung mit Lochbildung/Rissbildung. 7 Verschluss der Bindehaut.
7 Evtl. Gabe von Luft/Gas als innere Tamponade.
kPupillenvorbereitung 7 Verband.
4 Maximale Weitstellung.
Netzhautplombe
14.4.8 Pars-plana-Vitrektomie (ppV)
7 Einsetzen Lidsperrer.
7 Eröffnen der Bindehaut. Der operative Zugangsweg zum Glaskörper erfolgt durch
7 Anschlingen der geraden Augenmuskeln mit Hal- die Sklera auf Höhe der sog. Pars plana, einem flachen Teil
tefäden. des Ziliarkörpers.
7 Kontinuierliche Befeuchtung der Hornhaut mit Das Operationsinstrumentarium besteht aus einem
Spüllösung. geschlossenen Spül-Saug-System mit Lichtquelle, Infusi-
7 Lokalisation des Netzhautloches mittels Kopf- onszuleitung und chirurgischen Mikroinstrumenten. Für
ophthalmoskop. jeden der drei Arbeitskanäle wird eine Inzision benötigt.
7 Kryokoagulation des Netzhautdefektes durch die Die Infusion erhält den Druck im Auge, damit die Struk-
Sklera unter Augenspiegelsicht. turen nicht kollabieren. Um die abgelöste Netzhaut wieder
7 Vorlegen von Nähten zur Plombenfixierung. anzulegen, kann der Glaskörperraum am Ende der Opera-
7 Positionieren der ausgemessenen Plombe und tion mit Gas, Luft oder Silikon aufgefüllt werden.
Lagekontrolle.
7 Gegebenenfalls Ablassen der subretinalen Flüs- kIndikation
sigkeit durch Mikroinzision und Diathermie. 4 Proliferative diabetische Retinopathie: Hier kommt es
7 Bindehautverschluss. zu Blutungen aus fragilen Blutgefäßen die den Glas-
7 Verband. körper trüben. An der Grenze zur Netzhaut entstehen
fibrotische Traktionsmembranen, die unter Zug eine
Ablösung der Netzhaut bewirken.
Ringbandeinlage (Cerclage) 4 Komplizierte Netzhautablösungen.
kIndikation 4 Traumatische Netzhautablösung, z. B bei perforie-
4 Netzhautablösung. renden Verletzungen, Bulbusruptur.
kPupillenvorbereitung kPupillenvorbereitung
4 Maximale Weitstellung. 4 Maximale Weitstellung.
676 Kapitel 14 · Ophthalmologie
14
Schieloperation Enukleation
7 Eröffnung der Bindehaut. 7 Gewissenhafte Überprüfung der zu operierenden
7 Freilegen der Muskeln mit anatomischer Pinzette Seite.
und Schielhäkchen. 7 Eröffnung der Bindehaut parallel zum Limbus.
7 Vorlage von Muskelfäden. 7 Anheben der 4 geraden Augenmuskeln mit
7 Je nach Indikation erfolgt eine Rück- oder Vor- Schielhaken.
lagerung des Muskels mit/ohne Resektion von 7 Naht an alle 4 geraden Augenmuskeln.
Muskelanteilen. 7 Durchtrennen der Muskelstränge.
7 Verband. 7 Fassen des Bulbus mit einer Fixierpinzette (nach
Jess).
7 Durchtrennung des N. opticus mit der Enukleati-
kBesonderheiten onsschere.
4 Kauter, 7 Bulbusextraktion.
4 ggf. Lupenbrille. 7 Ggf. Einsetzen einer Guthoff-Plombe (später bes-
4 Cave: Durch Zug am Muskel Auslösen des okulokar- sere kosmetische Ergebnisse bei der prothe-
dialen Reflex möglich! tischen Versorgung).
7 Kreuzweises Verknoten der Augenmuskelnähte
über der Plombe.
14.4.10 Entfernung des Augapfels 7 Schichtweiser Wundverschluss.
(Enucleatio bulbi, Enukleation) 7 Ggf. Einlage eines Hämostyptikums.
7 Kompressionsverband.
kIndikation
4 Intraokulare Tumoren.
4 Augapfelschrumpfung (Phtisis).
4 Nicht beherrschbare Glaukomschmerzen.
15
Verbrennungen
Chr. Westphal, M. Liehn
Verbrennung Grad 1 Verbrennung der Epidermis mit Rö- Heilt ohne Narben aus Keine
tung und Schwellung, Schmerzen
Verbrennung Grad 2a Verbrennung der Epidermis und der Spontanheilung innerhalb von Keine
oberflächlichen Dermis. Blasenbildung 14 Tagen ohne Narben
und Rötung, starke Schmerzen
Verbrennung Grad 2b Verbrennung von Epidermis und tiefer Verzögerte Wundheilung mit Tangentiale Nekrektomie und
Dermis. Blasenbildung ohne Rötung, Bildung von Granulations- Spalthautdeckung
starke Schmerzen gewebe und starken Narben
Verbrennung Grad 3 Vollständige Verbrennung von Epider- Eine spontane Abheilung ist Frühzeitige Spalthautdeckung
mis und Dermis inklusive der Hautan- nicht möglich oder zweizeitiges Vorgehen:
hangsgebilde. Aussehen weißlich und temporäre Wundversorgung
schmerzunempfindlich und spätere Spalthautdeckung
Verbrennung Grad 4 Verbrennung der Epidermis und Der- Keine Spontanheilung möglich Bei Bedarf Nekrektomie oder
mis sowie tieferer Strukturen wie Mus- Amputation
keln und Knochen – sog. Verkohlung
15.4 · Hautersatz
681 15
Schwerstbrandverletzte Patienten werden auf der Intensiv-
station nach einem speziellen Schema zur Kreislaufstabili- Ziele des Débridements
sierung mit Plasmaersatzlösungen in Anlehnung an die 4 Eine Infektion zu vermeiden.
Parkland-Formel therapiert: 4 Ein gutes funktionelles und ästhetisches Ergebnis
4 4 ml Ringer-Laktat-Lösung × verbrannter Körper- zu erzielen.
oberfläche × kg Körpergewicht in 24 h. 4 Die Dauer und die Kosten der Behandlung zu
senken.
Ein zusätzlich erlittenes Inhalationstrauma wird ebenfalls
intensivmedizinisch therapiert.
15.4 Hautersatz
15.3 Infektionsrisiko
Um die verbrannten Areale abzudecken, muss die Haut
Das Risiko der Wundinfektion ist abhängig von der Ver- ersetzt werden. Die Aufgabe des frühzeitigen Hautersatzes
brennungstiefe, der prozentualen Ausdehnung der Ver- ist es,
brennung zur KOF sowie dem Lebensalter des Patienten 4 eine Infektion zu vermeiden,
und seinen Vorerkrankungen und Begleitverletzungen. 4 den Flüssigkeitsverlust über die Wunde zu vermeiden,
4 Die verbrannte Haut kann keine Schutzfunktion 4 ein gutes funktionelles und ästhetisches Ergebnis zu
mehr übernehmen! erreichen.
4 Die Immunabwehr des Patienten ist herabgesetzt
durch freiwerdende Toxine. Zur Abdeckung der von Nekrosen befreiten Ver-
4 Nekrotisches Gewebe und Wundschorf sind ideale brennungswunde bis zur Abheilung oder endgültigen
Nährböden für Wundinfektionen. Versorgung kann unterschiedlicher Hautersatz zum Ein-
4 Aufgrund der gestörten Durchblutung der ver- satz kommen.
brannten Haut können i.v. verabreichte Antibiotika
nicht ausreichend wirken.
15.4.1 Temporärer Hautersatz
Das Infektionsrisiko wird durch eine gezielte mikrobielle
Diagnostik (Abstrichdiagnostik und Erstellung eines An- Verwendet wird glyzerolkonservierte Haut (Leichenhaut),
tibiogramms) und Antibiotikagabe herabgesetzt. Gleich- aber auch allogene, d. h. von einem anderen Menschen
zeitig minimiert eine möglichst frühzeitig durchgeführte stammende Haut, die Spalthaut genannt wird.
operative Versorgung der Verbrennungswunden mit Ent- 4 Verbleibt bis zu 14 Tage auf der Verbrennungswunde.
fernung der Nekrosen die Gefahr der Keimbesiedelung. 4 Vermindert als Hautbarriere das Infektionsrisiko für
Die Verbandwechsel erfolgen auf der Intensivstation unter die Verbrennungswunde.
sterilen Bedingungen. 4 Die Konservierung mit Glyzerol (ein Abbauprodukt
alkoholischer Gärung) minimiert das vom Spender
jKeime auf Verbrennungswunden drohende Infektionsrisiko (HIV, Hepatitis).
In der Frühphase der Verbrennung treten zumeist gram- 4 Nachteil sind die hohen Kosten.
positive Keime auf, z. B. Staphylococcus aureus und Sta- 4 Cave: Die Haut muss vor der Anwendung sorgfältig
phylococcus epidermidis (7 Kap. 1), es besteht eine er- gewässert werden, da das Glyzerol die Verbrennungs-
höhte Gefahr einer MRSA-Infektion. 1–2 Wochen nach wunde austrocknet.
der Verbrennung treten besonders gramnegative Keime
auf, z. B. Pseudomonas aeroginosa. Aufgrund der sehr
großen Infektionsgefahr wird abgestorbenes Gewebe chi- 15.4.2 Synthetischer Hautersatz
rurgisch entfernt (Débridement); die nekrotische, ver-
brannte Haut gilt als Ursache für eine auftretende Sepsis Zur Abdeckung großflächiger Verbrennungen eignet sich
und ein mögliches Organversagen. In den Leitlinien zur synthetischer Ersatz, der steril in verschiedenen, zu-
Behandlung Brandverletzter der Arbeitsgemeinschaft für schneidbaren Größen im Handel ist.
Verbrennungen wird das frühzeitige Débridement der Epigard (ein zweischichtiges Material aus Teflon und
Verbrennungswunde ab dem 3. Tag nach dem Unfall Polyuretran: Teflon als luftundurchlässige Schicht nach
empfohlen. außen, und Polyuretran als weiche Bedeckung der Wunde)
reinigt die Wunde und erhält das feuchte Milieu für eine
spätere Hauttransplantation aufrecht.
682 Kapitel 15 · Verbrennungen
Hydrokolloidverbände nehmen das Wundsekret auf Beide Anzuchtformen können in frischer oder kryokon-
und sorgen für ein ideales Wundmilieu. Sie können bis zu servierter (mit Hilfe von Stickstoff tiefgefrorener) Form
ca. 7 Tage auf den Wunden belassen werden und eignen vorliegen. Die Züchtung der Haut ist immer noch ein sehr
sich für kleinere Verbrennungswunden und Hautentnah- kostenintensives Verfahren. Sie dauert 3–4 Wochen, in de-
mestellen. nen auf einer Trägergaze eine mehrlagige Epithelschicht
entsteht. Eine ausschließliche Deckung mit KET erfolgt auf
Wunden, die keinen hohen Belastungen ausgesetzt sind.
15.4.3 Permanenter Hautersatz Die KET eignen sich besonders zur Anwendung in
Kombination mit großflächig transplantierter Spalthaut,
Autologe Spalthauttransplantate um einen raschen Wundverschluss zwischen den Gitterma-
Autologe Spalthauttransplantate sind vom Patienten ent- schen zu erzielen. Das kosmetische Ergebnis dieser Anwen-
nommene Hautareale von gesunden Körperregionen. Die dung ist wesentlich erfolgreicher als die alleinige Anwen-
Haut wird mit einem Dermatom unter sterilen Kautelen dung von großflächig transplantierter Spalthaut, die häufig
entnommen und über ein Mesh-Instrument zu einem git- zu Narbenwucherungen und Keloidbildungen führt.
terförmigen Transplantat aufbereitet und auf die Verbren-
nungswunde aufgelegt. Durch das Gitter der Spalthaut-
transplantate können die Wundsekrete abfließen. 15.4.5 Versorgung der Hautentnahmestelle
Vorteile: Die autologe Spalthauttransplantation ist kos-
tengünstig und für den Patienten biologisch sicher (keine
Abstoßungsreaktion). Es können schnell große Wundbe- Ziele der Versorgung
reiche versorgt werden. 4 Verringerung der Schmerzen für den Patienten
Nachteile: Spalthaut neigt zur Schrumpfung. Dadurch 4 Vermeidung einer Wundinfektion durch so wenig
können komplexe Narbenwucherungen und Kontrakturen Manipulation wie möglich
entstehen. Durch die Entnahme der Spalthaut entstehen 4 Sicherstellung von idealen Wundverhältnissen
neue Wunden, die sich infizieren können. durch die Verwendung von Hydrokolloidverbän-
den, biosynthetischen Folien und anderen Wund-
Vollhauttransplantate auflagen
Vollhauttransplantate werden wegen ihrer geringen
Schrumpfungsneigung besonders nach plastisch-chirur-
gischen Gesichtspunkten zur Versorgung von Gesichtsver- Eine rasche komplikationslose Abheilung ermöglicht eine
brennungen eingesetzt. Vollhaut besteht aus Epidermis 2. oder 3. Spalthautentnahme. Diese erfolgt nach Abhei-
und Dermis ohne Unterhautfettgewebe, sie wird mit dem lung an der gleichen Entnahmestelle. Darum besteht das
Skalpell entnommen und nur leicht gestichelt, um den Se- Ziel, dass diese Entnahmestellen ohne Infekt abheilen, da
kretabfluss sicher zu stellen. Um die perfekte Einheilung zu Schwerstbrandverletzte über zu wenig intakte Haut für die
15 unterstützen, wird die Vollhaut durch Überknüpfung auf Spalthautentnahme verfügen. Eine hypertrophe Narben-
die Wunde gepresst. Weil die Haut nicht gemesht wird, bildung kann durch eine entsprechend dünne Entnahme-
neigt sie im Gegensatz zur Spalthaut nicht zum Schrump- technik vermieden werden.
fen, und die Gesichtsstrukturen wie Lider und Mundöff-
nungen behalten ihre normale Größe.
15.5 Operative Versorgung Schwerst-
brandverletzter
15.4.4 Hautzüchtungen
15.5.1 Spalthautentnahme
Kultivierte epitheliale Transplantate (KET) stellen den
Oberbegriff für gezüchtete Haut dar. Dabei werden dem kVorbereitung des OP-Saals
Patienten oder einem Spender ca. 5–10 cm Spalt- oder Die Versorgung eines brandverletzten Patienten gehört in
Vollhaut entnommen, die Keratinozyten separiert und im die Kategorie der septischen Eingriffe. Die räumliche Aus-
Labor kultiviert. stattung der Eingriffssäle ist in den Richtlinien des Robert-
4 Autologe Keratinozytentransplantate: Koch-Institutes vorgegeben. Die raumlufttechnische Aus-
Spender ist der Patient, seine entnommene Haut wird stattung wird durch die DIN Norm 1946 zur Betreibung
weiter gezüchtet. dieser Anlagen bestimmt. Besonders praktisch ist die di-
4 Allogene Keratinozytentransplantate: rekte Anbindung des Brandverletzten-OP-Saals an die In-
Die Anzuchthaut kommt von einem Fremdspender. tensivstation, um lange Patiententransporte zu vermeiden.
15.5 · Operative Versorgung Schwerstbrandverletzter
683 15
Durch die großflächige Verbrennung ist die Tempera-
turregulation als Schutzfunktion der Haut aufgehoben,
wodurch der Patient nicht in der Lage ist, seine normale
Körpertemperatur selbstständig zu halten. Deshalb muss
die Raumtemperatur im OP-Saal nach Rücksprache mit
der Intensivstation erhöht werden, um eine Hypothermie
des Patienten zu vermeiden.
Der OP-Saal wird auf die gleiche Temperatur aufgeheizt,
die in der patienteneigenen Brandverletzten-Einheit herrscht.
In der Einheit kann die individuelle Temperaturregulation
der Patienten beobachtet werden, die Umgebungstempera-
. Abb. 15.1 Akku-Dermatom zur Spalthautentnahme. (Beispiel:
tur wird diesem Verhalten angepasst. Somit kann die Raum-
Fa. Aesculap)
temperatur im OP-Saal durchaus über 30°C betragen.
Es gelten die hauseigenen Hygienevorschriften, die auf
den Regeln des RKI basieren und von der Krankenhaus-
Hygienekommission erstellt wurden; sie müssen jedem
Mitarbeiter bekannt sein.
kLagerung
4 Schwer brandverletzte Patienten gelten aufgrund der
schlechten Gewebedurchblutung als stark Dekubitus
gefährdet. Deshalb ist der OP-Tisch grundsätzlich mit
Gelauflagen zu versehen (7 Kap. 1).
4 Durch die häufig stark unterschiedliche Lokalisation
von Verbrennungswunden und Spenderarealen wird
evtl. intraoperativ eine Umlagerung notwendig. Dazu . Abb. 15.2 Humby-Messer, rechts und links schneidend. (Beispiel:
müssen ausreichend Lagerungshilfsmittel bereit liegen. Fa. Link).
4 Vorrangig finden Schaumstoffauflagen Anwendung,
mit denen die Lagerung individuell angepasst werden
kann. 4 Schüssel mit heißer (45–50°C) Ringer-Lösung,
4 sterile Blutleeremanschette,
kAbdeckung 4 Nahtmaterial zur Gefäßumstechung, zum Einnähen
4 Die Abdeckung ist durch die individuellen Verbren- der Transplantate, zumeist monofiles Material der
nungsareale und Entnahmestellen nicht standardi- Stärke 4–0,
sierbar. Deshalb wird die sterile OP-Abdeckung des 4 Hautklammmergeräte zur Fixation der Spalthaut,
Patienten in Absprache mit dem Operateur erfolgen. 4 Fettgaze und antimikrobielle Salben für die Trans-
Eventuell kann intraoperativ eine 2. Abdeckung not- plantate,
wendig werden, falls eine Umlagerung des Patienten 4 Wundauflagen für die Entnahmestellen,
geplant ist. 4 Verbandmaterial.
4 Zur Schaffung sauberer und trockener Arbeitsflächen
kann intraoperativ eine Ergänzung der Abdeckung
Spalthautentnahme
durch neue Materialien erforderlich werden.
7 Die Operation erfolgt nach genauer Absprache
kInstrumentarium mit dem Operateur, evtl. muss vorher ein Ver-
4 Grund- und Weichteilinstrumentarium, bandwechsel der schon transplantierten Haut un-
4 HF-Chirurgiegerät, bestenfalls mit bipolarer Koagula- ter sterilen Bedingungen erfolgen. So bleibt dem
tion, da die Platzierung der neutralen Elektrode Patienten eine weitere Narkose zum Verband-
Probleme bereiten kann, wechsel erspart.
4 Dermatom zur Entnahme von Haut (. Abb. 15.1), 7 Aus hygienischen Gründen erfolgt die Spalt-
4 Mesh-Gerät zur Herstellung eines Gitternetzes der hautentnahme vor der Entfernung der Nekrosen,
Haut mit unterschiedlichen Trägerplatten, um eine Keimverschleppung zu vermeiden.
4 Humby-Messer, Weck-Messer und Klingen 6
(. Abb. 15.2),
684 Kapitel 15 · Verbrennungen
. Abb. 15.5 Tangentiale Nekrosenabtragung am Unterschenkel . Abb. 15.6 Transplantation und Fixation der gemeshten Spalthaut
15.7 Postakutphase
7 Interoperativer Blutverlust verstärkt die intensiv-
medizinische Problematik. Im weiteren Verlauf der Therapie werden Second-look-
7 Erfahrungen haben gezeigt, dass die Operations- Operationen durchgeführt, um ein weiteres Débridement
zeit auf ca. 4 h begrenzt werden sollte, um inten- durchzuführen. Hier besteht eine besondere Schwierigkeit
sivmedizinische Komplikationen zu vermeiden. darin, dass sich die Nekrosen in tiefen, äußerlich gesunden
Bei Bedarf erfolgt die Transplantation in mehreren Muskelschichten befinden können.
aufeinander folgenden Eingriffen. Rekonstruktive Eingriffe sowie eine gute ästhetische
und prothetische Versorgung erfolgen nach Ausheilung
der Verletzungen.
Zur Behandlung brandverletzter Patienten gehört die
15.6 Elektrotrauma psychologische Betreuung, die auch das Pflegepersonal
betrifft. Der geschulte Umgang mit Entstellungen und Be-
Das Elektrotrauma ist eine besondere Art der Schädigung hinderungen durch Verbrennungsnarben kann den Pati-
in der Verbrennungsmedizin. Durch den Kontakt mit einer enten den Zugang zu ihrem veränderten Aussehen erleich-
hohen Stromleistung kommt es zu einer thermischen Ge- tern, um sie zur aktiven Mitarbeit bei der Behandlung zu
webeschädigung und Nekrosenbildung, da der Strom durch motivieren.
den Körper wandert und es entlang dieses Weges zu Nekro-
senbildung kommt. Betroffen sind alle Strukturen wie
Haut, Muskulatur, Sehnen, Nerven, Gefäße und Knochen.
Zur umfassenden Erstversorgung einer Starkstromver-
letzung wird der Verletzte in ein Brandverletztenzentrum
verlegt. Dort sind eine zielgerichtete intensivmedizinische
Versorgung, sowie eine sofortige chirurgische Behandlung
mit folgenden Schwerpunkten möglich:
4 Im Vordergrund steht die Muskelschädigung, da-
durch kommt es zur Ausschüttung von Hämoglobin
und Myoglobin, was die Nierenfunktion gefährdet.
4 Um dieses Risiko zu vermindern, sind u. U. eine früh-
zeitige offene Amputation der betroffenen Extremität
und ein umfassendes Débridement notwendig.
4 An den Extremitäten besteht durch Schwellung ein
hohes Risiko der Kompartementausbildung, was eine
Fasziotomie nach sich zieht.
4 Begleitverletzungen wie Knochenbrüche und Schä-
del-Hirn-Traumata werden adäquat versorgt.
16
Organexplantation –
Multiorganentnahme
M. Liehn
kMaterialien
4 10–12 l gekühlte Ringer-Lösung, 7 Nach der Perfusion der Organe ist eine Unterstüt-
4 steriles Eis, zung der Kreislaufsituation nicht mehr nötig, und
4 2 Saugsysteme, mit genügend Möglichkeiten zum Beatmung und Infusion werden abgestellt.
Wechseln der Auffangsysteme. 7 Nach Präparation und Entnahme der Organe wer-
den diese in die vorgesehenen Beutel und dann in
die mit Crusheis gefüllten Transportboxen gelegt
Multiorganentnahme und weitergeleitet.
7 Der Zugangsweg richtet sich nach dem zu ent- 7 Die Beschriftung mit der Adresse des Empfänger-
nehmenden Organ. Für die Entnahme von Leber, zentrums und dem Inhalt übernimmt der DSO-Ko-
Pankreas oder Herz und Lunge wird in der Regel ordinator, der auch für den Transport an die vor-
eine mediane Laparotomie und eine mediane gesehenen Empfänger sorgt.
Sternotomie gewählt. Eine Ausnahme bildet die 7 Beigelegt wird ebenfalls vom Koordinator der sog.
isolierte Nierenentnahme, für die ausschließlich Organ-Report mit allen relevanten Daten.
die Laparotomie benötigt wird. 7 Um das Gewebe des Spenders mit dem des Emp-
7 Die Reihenfolge der Entnahme ist standardisiert. fängers vergleichen zu können, wird die Milz ent-
7 Es wird mit der Entnahme des Herzens begonnen, nommen und separat verpackt um den »Cross-
danach erfolgt die Entnahme der Lunge, anschlie- Match-Test« durchführen zu können.
ßend die der Leber, des Pankreas und der Nieren, 7 Nach der Entnahme erfolgt der Sternumver-
ggf. des Dünndarms. schluss und nach dem Wundverschluss die Anlage
7 Wenn die Leber aufgeteilt werden soll, ist dies so- eines Verbandes.
wohl im Körper des Spenders (in situ) machbar 7 Der Leichnam wird gesäubert und kann den An-
wie auch außerhalb (ex situ) am Beistelltisch. Ent- gehörigen übergeben werden.
sprechend ihrer Segmentierung (7 Kap. 2) wird
die Leber in 2 Anteile aufgeteilt (Lebersplitting),
um an 2 Empfänger verteilt werden zu können, in jDokumentation
der Regel an einen Erwachsenen und an ein Kind. Die Dokumentation dieses Eingriffes wird häufig nicht
7 Um eine gute Perfusion der Organe vornehmen über die OP-EDV geleistet, sondern über eine handschrift-
zu können, wird zuerst die Aorta abdominalis dis- liche Dokumentation. Hier ist zu bedenken, dass die Chi-
tal und unterhalb des Zwerchfells dargestellt und rurgen aus fremden Abteilungen kommen und nach ihren
angeschlungen, ebenso die Aa. iliaca interna und vollen Namen gefragt werden müssen. Hilfreich ist hier ein
externa. entsprechend vom DSO-Koordinator ausgefülltes Formu-
7 Der Darstellung und Anzügelung der V. cava infe- lar mit relevanten Daten, das vor Ort verbleibt.
rior folgt eine Stichinzision, aus der das Perfusat
ablaufen kann und dann abgesaugt wird. ! Der Spender bleibt für den Empfänger anonym.
7 Alle Organe, die entnommen werden sollen, müs-
sen mit 2–3°C kalter Lösung durchgespült wer-
16 den, um alle Blutbestandteile des Spenders zu 16.3 Hornhautspende
entfernen. Dazu wird das arterielle Gefäßsystem
kanüliert und mit einer gekühlten Lösung perfun- Da die Entfernung der Kornea durch einen Augenarzt er-
diert, die die Aufgabe der Konservierung des Or- folgen muss, wird die Entnahme in der Pathologie durch-
gans bis zur Transplantation übernimmt. geführt, wenn eine Einwilligung in die Gewebespende
7 Die Perfusionslösung wird mit 2 Saugsystemen vorliegt. Danach bekommt der Leichnam spezielle Prothe-
abgesaugt. Der »Springer« muss die bereitgestell- sen, um eine Entstellung des Gesichtes zu vermeiden.
ten Auffangbehältnisse nutzen und die vollen Be-
hälter zügig wechseln.
7 Durch die Oberflächenabkühlung mit Eis und die
Perfusion mit gekühlter Lösung wird der Sauer-
stoffverbrauch der Organe minimiert und die
Funktionserhaltung bis zur Transplantation mög-
lich gemacht.
6
Glossar und
Abkürzungsverzeichnis
ABBA (engl.) »axillo bilateral breast approach«, Zugang Adrenalektomie Entfernung der Nebenniere
bei einer Schilddrüsenoperation
AEP akustisch evozierte Potenziale
Ablatio Ablösung, Abtrennung; (operative) Entfernung,
Abtragung, Amputation aerobe Bakterien; auch Aerobier Bakterien, die Sauerstoff
benötigen, s. a. anaerobe Bakterien
Ablatio mammae s. Mastektomie
AFC A. femoralis communis
Ablatio testis Entfernung eines Hodens
AFP α-Fetoprotein; Glykoproteid, das v. a. in fetalem Ge-
Abrasio (uteri) auch Kürettage; Gebärmutterausschabung; webe gebildet wird; erhöhte Blutspiegel finden sich u. a. bei
Ausschabung der nicht schwangeren Gebärmutter zu di-
Leberzirrhose und Tumoren
agnostischen oder therapeutischen Zwecken; fraktio-
nierte A.: zur Differenzierung von Zervix- und Korpus-
AFS A. femoralis superficialis
schleimhaut, getrennte Gewebeentnahmen aus beiden
Bereichen; zur Entfernung von Schwangerschaftsmaterial
Agenesie vollständiges Fehlen eines Organs
erfolgt die Ausschabung der Gebärmutter mit stumpfem
Instrumentarium
alloplastisch körperfremdes Gewebe
abszedieren (lat.) weggehen, sich absondern; med.: eitern,
einen Abszess bilden Amaurosis Blindheit
adjuvant (lat.) verstärkend, unterstützend AP hier: Anus praeter naturalis (s. Anus praeter)
Adnexe Anhängsel; bei der Frau Eileiter, Eierstöcke, Epo- Apex (lat.) Spitze
ophoron, Bänder; beim Mann Prostata, Samenblase, Ho-
den, Nebenhoden und Samenleiter APF A. profunda femoris
693
Glossar und Abkürzungsverzeichnis
apical chest Tumor »apical« = Spitze, »chest« = Brust; Tu- Barrett, Norman Rupert engl. Chirurg, beschrieb 1957 den
mor im Apexbereich Endobrachyösophagus (= Barrett-Ösophagus, s. dort)
Arachnoidea Spinngewebshaut; mittlere Hirnhaut; bildet Bartholin-Abszess durch den Verschluss des Ausführungs-
zusammen mit der Pia mater die weiche Hirn- und Rü- ganges einer Bartholin-Drüse (Mündung in der kleinen
ckenmarkshaut Labie) kann es zu einer Retentionszyste, bei Infektion zu
einem Abszess kommen
Argon Edelgas; wird als reaktionsträges Schutzgas eingesetzt
BC hier: Bronchialkarzinom
ARM hier: anorektale Malformation; After und Mastdarm
betreffende Fehlbildung BDA Berufsverband Deutscher Anästhesisten
Arrosion Annagen/Anfressen von Gewebe durch Entzün- BDC Berufsverband Deutscher Chirurgen
dungen, Geschwüre
BGA Blutgasanalyse
Arrosionsblutung Blutung, die aufgrund einer Arrosion
entsteht BH hier: Bindehaut
arteriovenös Verbindung von Arterie zur Vene biliodigestiv die Gallenblase und den Verdauungskanal
betreffend oder verbindend
Arthrodese Operation zur Versteifung eines Gelenkes;
meistens Knochen auf Knochen (Finger, Hand- und bipolarer Strom hochfrequenter Strom; fließt zwischen
Sprunggelenk), am Knie auch ohne Knochenkontakt mit
beiden Polen der sterilen Handelektrode und muss nicht
Verriegelungsschäften
über eine Klebeelektrode abgeleitet werden
Arthroskopie Gelenkspiegelung; Untersuchung von Ge-
Blasenekstrophie Spaltblase; angeborener Defekt der Bla-
lenken mit einem Spezialendoskop, dem Arthroskop.
se mit fehlendem Verschluss der Blasenvorderwand
ASD hier: Atriumseptumdefekt; Loch in der Herzscheide-
BPH benigne Prostatahyperplasie
wand zwischen den Herzvorhöfen
BPS benignes Prostatasyndrom
ASD arthroskopische subakromiale Dekompression
ASD Hier: Anti Siphon Device; Hydrocephalus Shunt BV-Einheit Bildverstärkungseinheit, Röntgeneinheit mit
C-Bogen
Autolog von derselben Person stammend; betrifft meist
körpereigenes Gewebe BWS hier: Brustwirbelsäule
CF hier: zystische Fibrose, Mukoviszidose DCP (engl.) »dynamic compression plate«, Osteosynthese-
platte
CHE hier: Cholestinerase; im Pankreas gebildetes Enzym,
das Cholesterinester in Cholesterin und Fettsäuren spaltet Debridement Ausschneiden von entzündetem oder abge-
und damit resorbierbar macht storbenem Weichgewebe in Wunden oder Gelenken
DSA hier: digitale Subtraktionsangiographie; Röntgen- Endokarditis Entzündung der Herzinnenhaut, des Endo-
technik kards
ET Eurotransplant, Sitz in Leiden, Niederlande GFR glomeruläre Filtrationsrate; Gesamtvolumen des Pri-
märharns, das von beiden Nieren in einer definierten Zeit-
EUG Extrauteringravidität einheit gefiltert wird; bei normalen Blutdruckwerten sind
dies ca. 0,12 Liter pro Minute bzw. ca.170 Liter pro Tag
Exenteratio Herausnehmen von Eingeweiden
GK Glaskörper; liegt zwischen Linse und Netzhaut
Extrauteringravidität Einnistung der befruchteten Eizelle
außerhalb der Gebärmutterhöhle Glans (penis) Eichel; vorderes Ende des Harnröhren-
schwellkörpers
Fast track-Behandlung (engl.) schnelle Spur, beschleunigt;
Methode, die Therapie und Nachsorge so schnell und un- Glaukom Gruppe von Augenkrankheiten mit Schädigung
belastend wie möglich für den Patienten gestaltet der Papille und des Gesichtsfeldes mit Augeninnen-
druckerhöhung
Faszie gering dehnbare Hülle um Organe und Muskeln
Glycerol (auch Glycerin) 3-wertiger Alkohol; vielseitig ver-
FCR M. flexor carpi radialis wendbare Substanz, u. a. als Feuchtigkeitsspender in Kos-
metika
FCU M. flexor carpi ulnaris
GPOH Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Häma-
Fibrin Endprodukt der Blutgerinnung; nicht wasserlös- tologie
liches Protein
gramnegativ Gram, dänischer Pharmakologe (1853–
Fibrinolyse Fibrinspaltung; Auflösung eines Thrombus 1938), erfand eine Methode, bestimmte Bakterien durch
Färbung zu identifizieren; Färbung erscheint rot und weist
FNH fokale noduläre Hyperplasie; gutartige Raumforde- auf E. coli hin
rung in der Leber
grampositiv s. a. gramnegativ; Färbung erscheint blau und
follikulär hier: knötchenförmig weist auf Staphylokokken hin
Fundoplicatio Methode zur Behandlung der Refluxkrank- Hämodialyse auch »Blutwäsche«; künstliche Entfernung
heit; dabei wird der Magenfundus als Manschette um den harnpflichtiger Substanzen aus dem Blut bei Nierenfunk-
Mageneingang gelegt und mit einzelnen Nähten fixiert; tionsstörung
dient der Refluxverhinderung
Hämorrhoiden krampfaderähnliche Erweiterung einzel-
Galea aponeurotica derbe Sehnenplatte, die mit der Kopf- ner Abschnitte des Schwellkörpers im Übergang vom Rek-
haut fest verwachsen ist und dem mimischen Ausdruck tum zum Anus
hilft (Hebung der Brauen etc.)
Hämostase, hämostatisch Blutstillung, blutungsstillend
Gastrin in der Antrumschleimhaut gebildetes Hormon;
reguliert die Salzsäureausschüttung im Magen Hämostyptikum Mittel zur Blutstillung (lokale Applikation)
die Umbildung des Gelbkörpers in den Schwangerschafts- I(O)TA hier: intraoperative transluminale Angioplastie;
gelbkörper bewirkt Verfahren zur Erweiterung oder Wiedereröffnung von ver-
engten oder verschlossenen Blutgefäßen mittels Ballondi-
HD (engl.) »high definition«; hochauflösende Bildver- latation oder anderer Verfahren
arbeitung
i.c. hier: intrakapsulär
HDI hier: Harnleiter-Darm-Implantation
ICR Interkostalraum, Zwischenrippenraum
heterolog biologisch artfremdes Gewebe; s. a. homolog
ICS International Continence Society
HF hier: Hochfrequenz
ID hier: Innendurchmesser
HH hier: Hornhaut
Ileum Krummdarm, zwischen Jejunum und Caecum
Hilum renale auch Nierenpforte; Ein- und Austrittspforte
für Nierengefäße und Harnleiter IMF hier: intermaxilläre Fixation
HLA (engl.) »human leukocyte antigen« ING hier: Isotopennephrogramm; bei der Nierense-
quenzszintigraphie erhaltene Aufnahme
HLM hier: Herz-Lungen-Maschine
inguinal Leiste oder Leistengegend betreffend
homolog biologisch artgleiches Gewebe; s. a. heterolog
Inkarzeration Einklemmung eines Organs oder Körperteils
Hypopharynx unterste Schlundgegend über und hinter Jet hier: schneller Luftstrahl zur Beatmung eines Pati-
dem Kehlkopf enten
Hysterektomie (griech.) hystera = Gebärmutter; Uterusex- Jugulum auch Drosselgrube; Grube zwischen beiden
stirpation; Entfernung der Gebärmutter Schlüsselbeinen
698 Glossar und Abkürzungsverzeichnis
Katabolie Abbaustoffwechsel in der Zelle, insbesondere krural (lat.) am Oberschenkel, den Oberschenkel betreffend
des Eiweißes
kryokonserviert Konservierung von biologischem Materi-
Katarakt auch »grauer Star«; angeborene oder erworbene al durch Tieffrieren, meist mit Hilfe von Stickstoff
Linsentrübung
KTS Karpaltunnelsyndrom
K-Draht Kirschner-Draht
Kugelspieß auch »gebremste Ahle«; Repositionshilfe mit
KET hier: kultivierte epitheliale Transplantation; einem Kugel dicht oberhalb der Spitze
Spender oder dem Patienten entnommene Spalthaut, die
im Labor präpariert wird; separierte Hautzellen werden LA hier: Lokalanästhesie, auch Leitungsanästhesie
gezüchtet, um als Transplantat zu dienen
LAD hier: left anterior descending artery, vordere abstei-
KG hier: Körpergewicht gende Koronararterie
Kolpokleisis operativer Scheidenverschluss, bei älteren, Laserkarbonisation Umbau von Eiweiß zu Kohlenstoff
sexuell nicht mehr aktiven Frauen mit Descensus genitalis durch Hitze des Lasers
(Descensus uteri und Descensus vaginae; s. dort)
LASH hier: laparoskopisch assistierte suprazervikale Hys-
Kompartmentsyndrom Überdrucksyndrom in vorge- terektomie, bei der die Zervix belassen wird
formten Muskellogen, die von unnachgiebigen Faszien
umhüllt sind; geschlossene und offene Frakturen können LAVH hier: laparoskopisch assistierte vaginale Hysterek-
bei besonderer Gewalteinwirkung zu einem drohenden tomie
oder manifesten K. führen; durch örtlichen Gewebedruck
und Störungen in der Blutzirkulation können Nerven und LC-DCP (engl.) »low contact dynamic compression plate«,
Muskeln rasch geschädigt werden; am häufigsten ist der eine Form der Osteosyntheseplatte
Unterschenkel betroffen. Haut und Faszien müssen unver-
züglich eröffnet werden LDH Laktatdehydrogenase; der Serumspiegel steigt in den
ersten 24 h nach Myokardinfarkt stark an und fällt dann
Konchotomie Nasenmuschelkappung; Teilentfernung Na- wieder ab
senmuschel
LESS (engl.) »laparo-endoscopic single-site surgery«, la-
kongenital angeboren, bei der Geburt vorhanden paroskopischer Zugang über einen einzigen Trokar mit
zumeist 3 Ports
Konisation Entnahme eines Gewebekegels aus der Portio
uteri zur histologischen Untersuchung oder zur Therapie LHRH (engl.) »luteinizing hormone-releasing hormone«
von nichtinvasiven Neoplasien (Gonadotropin freisetzendes Hormon)
LIMA hier: linke innere Brustbeinschlagader, A. mamma- Marsupialisation operative Technik zur Behandlung
ria interna (engl. left internal Mammary Artery) von Zysten, die schlecht entfernt werden können, z. B.
bei Bartholin-Abszess oder -Zyste; nach Eröffnung
LINAC hier: Linear accelerator, Linearbeschleuniger in der werden die Zysteninnen- bzw. Hohlraumränder an die
Radiotherapie Scheidenhaut genäht; es entsteht ein neuer Drüsenaus-
führungsgang
Linea alba (lat.) weiße Linie; verläuft vom Xiphoid bis zur
Symphyse, durch Verflechtung der Muskelaponeurosen Mastektomie operative Entfernung der Brustdrüse und
angrenzender Gewebe
Liquor cerebrospinalis Gehirn- und Rückenmarkflüssig-
keit MCG Metakarpalgelenk, Handwurzelgelenk
LISS (engl.) »less invasive stabilisation system«, eine Form MCP-Gelenk Metakarpophalangealgelenk
der Osteosynthese
MCU Miktionszysturethrographie
Lithotripsie medizinisches Verfahren zur Steinzertrüm-
merung MCV hier: Miktionscystourethrogramm; Röntgenkon-
trastdarstellung der ableitenden Harnwege nach intrave-
LKG hier: Lippen Kiefer Gaumen nöser Kontrastmittelgabe
LRLTX »living related« Lebertransplantation; ein kleiner Meckel Johann Friedrich Meckel von Helmsbach, Anatom
Teil der Leber eines lebenden Spenders wird entnommen aus Halle (1781–1833), beschrieb die Ausstülpung am
und sogleich transplantiert Dünndarm, ein Überbleibsel aus der Embryonalzeit, das
M. Divertikel
LTX Lebertransplantation
Mediastinum vorderer Brustraum, Mittelfellraum
Lumpektomie (s. »wide excision«)
Medulla spinalis Rückenmark, Teil des zentralen Nerven-
LW hier: Lumbalwirbel systems
Mesokolon Gekröse, mit dem der Dickdarm an der hin- MTP-Gelenk Metatarsophalangealgelenk
teren Bauchwand befestigt ist
Mukosa (lat.) Schleimhaut; Schutzschicht, die das Innere
Metaphyse Übergang eines Röhrenkochens von der Dia- von Hohlorganen auskleidet
physe zur gelenkbildenden Epiphyse
Mydriasis Weitstellung der Pupille, z. B. in der Dämme-
MHK hier: Mittelhandknochen rung, bei seelischer Erregung oder Schmerzen
MIC hier: Minimal Invasive Chirurgie Myom hier: gutartige Geschwulst der glatten Gebärmut-
termuskulatur
Miktion (lat.) das Wasserlassen
NANB Non-A-non-B-Hepatitis
Miosis Verengung der Pupille
Nasopharynx Nasenrachenraum; oberer Teil der Rachen-
Mitralklappe Klappe (Ventil) zwischen Vorhof und Herz- höhle hinter der Nasenhöhle
kammer links
Nates beide Gesäßhälften
MIVAT minimal-invasive videoassistierte Thyreoidektomie
Nd:YAG-Laser Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-
MKG hier: Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie Granat-Laser
NPL Neoplasma; Neubildung, Tumor; können jede Art OTA Operationstechnischer Assistent
von Gewebe betreffen, benigne oder maligne sein
Oxygenator medizinisches Gerät, um Blut mit Sauerstoff
NWTS National Wilms Tumor Study; nordamerikanische anzureichern und Kohlendioxid aus dem Blut zu entfernen;
Studie zum Wilms-Tumor bzw. Nephroblastom in der Herzchirurgie Teil der Herz-Lungen-Maschine
OCR hier: okulokardialer Reflex; Vagusreaktion auf Bul- Pankreatitis Entzündung der Bauchspeicheldrüse, akut
busdruck oder Zug am Muskel mit Bradykardie und/oder oder chronisch
Rhythmusstörungen
Papille kleine Erhebung; auch: Austrittstelle des Seh-
Okklusion (lat.) Verschluss; hier: das Verhältnis der Zähne nerven aus dem Augapfel
zueinander bei geschlossenem Kiefer
Parametrium unterhalb des Peritoneum gelegenes Be-
OLTX orthotope Lebertransplantation ckenbindegewebe, welches von der Beckenwand zur Zer-
vix zieht und diese seitlich umschließt; in ihm verlaufen
Omentum majus auch: großes Netz; Bauchfellfalte, die wie u. a. die Harnleiter, Blut- und Lymphgefäße
eine Schürze den Darm schützt
Parazentese auch: Myringotomie; Inzision des Trommel-
Omentum minus auch: kleines Netz; schützt die kleine fells
Kurvatur des Magens und die Leber
PASA proximaler Artikulations-Set-Angle
OMIT offen minimal-invasive Thyreoidektomie
Patch (engl.) Flicken
OPSI (engl.) »overwhelming postsplenectomy infection
syndrome« pAVK periphere arterielle Verschlusskrankheit
Oropharynx Mundrachenraum; Rachenraum direkt hin- PCN hier: perkutane Katheter-Nephrostomie, auch:
ter dem Schlund perkutane Nephrostomie; perkutane Ableitung des Urins
aus dem Nierenbecken durch einen Nephrostomie-
orthograd in physiologischer Richtung verlaufend durch- Katheter
geführt
PDA hier: persistierender Ductus arteriosus; postpartale
OSG oberes Sprunggelenk fehlerhafte Verbindung von Hauptschlagader mit Lungen-
schlagader
Ösophagogastrostomie Anastomose, d. h. operativ herge-
stellte Verbindung, zwischen Ösophagus und Magen PDS Polydioxanon
702 Glossar und Abkürzungsverzeichnis
PE hier: Prostatektomie; Entfernung der Prostata; auch PPHN persistierende pulmonale Hypertonie des Neu-
Probeexzision; Ausschneiden einer Gewebeprobe zu diag- geborenen; Lungenhochdruck bei Neugeborenen auf-
nostischen Zwecken grund einer starken Verengung der pulmonalen Blut-
gefäße
Pedikel anatomisch: Füßchen, Stiel, stielartige Struktur,
gestielter Anhang PPPD (engl.) »pylorus preserving pancreaticoduodenecto-
my«; partielle Duodenopankreatektomie
PEEP Positive Endexpiratory Pressure; positiver Ausat-
mungsdruck, u. a. zur Beseitigung von Sekretstau bei Pati- ppV pars-plana-Vitrektomie; operative Entfernung des
enten Glaskörpers aus dem Augeninneren
Perforation Einriss oder Durchbruch eines Organs Prodromalstadium Vorläuferstadium, in dem die ersten
Frühsymptome einer Erkrankung auftreten
Perikard Herzbeutel
Prolaps Vorfall eines Organs oder Gewebes durch eine na-
PFN proximaler Femurnagel türliche Körperöffnung
Phagozyten Fresszellen; nehmen belebte oder unbelebte Protrusion Vorstehen, Vortreten, Herausragen
Gewebs- oder andere Teile auf und verdauen sie
PRT periradikuläre Therapie
Phakoemulsifikation Ultraschallzertrümmerung und Ab-
saugung des Linsenkerns PSA prostataspezifisches Antigen; Tumormarker für die
Diagnose des Prostatakarzinoms
Phlebitis Venenentzündung
PSARP posteriore sagittale Anorektoplastik; operative Be-
Phlegmone sich diffus ausbreitende eitrige Entzündung handlungsmöglichkeit bei Analatresie (s. dort)
des interstitiellen Bindegewebes
Pseudarthrose Scheingelenk; wenn die Fraktur oder Oste-
Pia mater weiche Hirnhaut; innerste Schicht, bedeckt Ge- otomie nach sechs Monaten nicht verheilt ist
hirn und Rückenmark
Pseudozyste sog. Scheinzyste, nicht mit Epithel ausgeklei-
PIP-Gelenk proximales Interphalangealgelenk dete Zyste
Platysma (lat.) Hautmuskel des Halses PTA perkutane transluminale Angioplastie; Verfahren zur
Erweiterung oder Wiedereröffnung verengter oder ver-
Pleura Brustfell schlossener Blutgefäße mittels Ballondilatation oder ande-
rer Verfahren:
PNET primitiv neuroektodermale Tumoren
PTC perkutane transhepatische Cholangiographie; bildge-
Pneumonektomie operative Entfernung eines Lungen- bendes Verfahren, bei dem durch Punktion der Leber
flügels Röntgenkontrastmittel in das Gallenwegsystem einge-
bracht wird
Pneumoperitoneum Luft-/Gasansammlung in der Bauch-
höhle; pathologisch nach Perforation im Magen-Darm- PTCA perkutane transluminale koronare Angioplastie;
Trakt; diagnostisch im Rahmen einer Laparoskopie Verfahren zur Erweiterung verengter Koronararterien:
RLTA Raumluft Technische Anlagen; Klimaanlage SL-Band Band zwischen Mondbein (Os lunatum) und
Kahnbein (Os scaphoideum)
RM Risikomanagement
SLTX Split- oder Segmenttransplantation, Teiltransplanta-
ROM (engl.) »range of motion«; eine Schiene, bei der die tion einer Leber
Grenzen der Beweglichkeit eines Gelenkes eingestellt wer-
den. Passives Training nach einer Gelenkoperation. SOP (engl.) »standard operating procedure«; eine schrift-
liche Arbeitsanweisung, die einen Arbeitsablauf definiert
RöV Röntgenverordnung
SOX (engl.) »sex determining region box«; ein Gen, das
RPE retinales Pigmentepithel; enthält Melanosomen, die mit für die Geschlechtsbestimmung eines Embryos verant-
als Lichtfilter wirken wortlich ist
704 Glossar und Abkürzungsverzeichnis
SPV Selektive proximale Vagotomie; operative Maßnahme TEP totale extraperitoneale Patchplastik; Einbringen eines
bei chronischen Zwölffingerdarmgeschwüren; Nervenfa- Kunststoffnetzes über minimalinvasive Zugänge ohne Er-
sern werden so durchtrennt, dass Magenfundus und Ma- öffnung des Peritoneums zur Hernienreparatur
genkorpus denerviert sind
TEP totale extraperitoneale Plastik bzw. Totalendoprthese
SSEP somatosensorisch evozierte Potenziale (je nach Zusammenhang)
Stapes Steigbügel; ein Gehörknöchelchen TFCC (engl.) »triangular fibro cartilage complex«
Stent (engl.) ursprünglich Abstützung im Bergbau; hier Thorakotomie Eröffnung des Brustraumes
medizinisches Implantat, um Gefäße abzustützen; Gefäß-
stütze THP Tonsillenhyperplasie
Subdurales Hämatom Bluterguss unter der harten Hirn- TIA transitorisch ischämische Attacke
haut zwischen Dura mater und Arachnoidea
TIN testikuläre intraepitheliale Neoplasie
Superinfektion bakterielle Infektion auf dem Boden eines
TIP Tubularisierte (median) inzidierte Urethraplastik
viralen Infekts
T4 Thyroxin
TNM Stadiumeinteilung maligner Tumoren; T= Tumor,
N= Nodus (Lymphknoten), M=Metastase
TAAA thorakoabdominales Aortenaneurysma
Trikuspidalklappe aus drei Segelklappen bestehende Herz- Varisierung operative Verkleinerung eines zu großen
klappe zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer Schenkelhalswinkels (CCD) oder Korrektur einer schrägen
(valgischen) Kniebasislinie im suprakondylären Femur
Trokar Instrument zum Punktieren oder Perforieren eines
Körpers; ein dreikantiger scharfer oder rund-spitzer Man- VATS video assisted thoracoscopic surgery, Video-assi-
drin in einer passenden runden Hülle; nach Einstechen in stierte thorakoskopische Sympathektomie, d. h. der opera-
den Körper wird der Mandrin entfernt tiven Durchtrennung einzelner Ganglien des sympa-
thischen Nervensystems
TSH thyreoideastimulierendes Hormon
VCI Vena cava inferior
TUMT transurethrale Mikrowellenthermie
VCS Vena cava superior
TUNA transurethrale Nadelablation
Ventrikel Hohlraum; hier: im Gehirn zur Sammlung des
Tunica albuginea derbe weiße Haut, die dem Hodenpar- Liquor
enchym direkt aufliegt
VEP visuell evozierte Potenziale
TUR–B Transurethrale Resektion der Blase
Vertex Scheitel, der höchste Punkt des Schädels
TUR–P Transurethrale Resektion der Prostata
Vibrissae Schutzhärchen im Nasenvorhof
TVO totale vaskuläre Okklusion
Visus Sehschärfe
TVT (engl.) »tension free vaginal tape«; operative Möglich-
keit bei Inkontinenz mit einem locker eingelegten Netz- Viszerokranium Gesichtsschädel
band den Harnblasenhals anzuheben, um so den Ver-
schlussmechanismus der Harnröhre wiederherzustellen; VSD Ventrikel-Septum Defekt; Loch in der Herzscheide-
eine weitere Methode ist die TVTO, bei der das Netzband wand
durch das Foramen obturatum geführt wird
WAGR-Syndrom
Tympanoplastik Deckung eines Trommelfelldefektes Wilms-Tumor,
Aniridie,
UFN ungebohrter Femurnagel urogenitale Fehlbildungen,
geistige Retardierung
Ultraschall für den Menschen nicht hörbare Schallwellen
im Bereich zwischen 20KHz und 1GHz Wertheim-Meigs-Operation Radikaloperation bei operablem
Zervixkarzinom; Entfernung des Uterus und der Adnexe mit
URS Ulnarisrinnensyndrom dem parametranen Bindegewebe, dem oberen Scheidenan-
teil und des regionären Lymphknotenfettgewebes
USG unteres Sprunggelenk
wide excision auch Lumpektomie; brusterhaltende Opera-
USP United States Pharmacopeia tion beim Mammakarzinom; Entfernung des Tumors, des
umgebenden Fettgewebes sowie der darüber liegenden
VACTERL V. fasst die möglichen Fehlbildungen eines Symp- Haut
toms zusammen: »vertebral, anal, cardial, tracheal, esopha-
geal, renal, limb« Anomalien; weist ein Kind mindestens Xiphoid, Processus xiphoideus Schwertfortsatz des Ster-
3 dieser Fehlbildungen auf, zählt es zur Gruppe der Kinder nums (Brustbein)
mit V.-Assoziation
zervikofazial vom Hals bis zum Bereich des vom N. facia-
Valgisierung operative Korrektur eines zu kleinen Schenkel- lis innervierten Areals
halswinkels (CCD) oder eines O-Knies im Schienbeinkopf
Zisterne Flüssigkeitsreservoir; im Zentralnervensystem
Varikozele krankhafte Erweiterung einer Vene, Varize eine lokale Erweiterung, die mit Liquor gefüllt ist
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Herstellerverzeichnis
WISAP GmbH
Rudolf Diesel Ring 20
82054 Sauerland
Dura 513
– Eröffnung 515
F Gastroskop 601
Gastrostoma 590
– Ersatz 523 Faden 7 Nahtmaterial Gaumenmandel 572
– Erweiterungsplastik 535 Fadenanker 207 Gebärmutter 7 Uterus
– Verletzung 532 Fascia transversalis 52 Gefäßchirurgie 266
Durahäkchen 508 Fast-track-Therapie, Darmoperation 108 – Aneurysma 525
Durchleuchtungstisch 277 Femoralhernie 55 – Arterien 280
dynamic compression plate (DCP) 177, 179 Femoralisgabel 288 – Dilatation, intraluminale 285
Dynamisierung 198 Femurraspel 216 – Instrumentarium 269
Fersenbein 237 – Lagerung 277
E Fibrinkleber 511
Fibroadenom 420
– Missbildung, intrakranielle 525
– Venen 307
Easy-flow-Drainage 27 Fimbrie 407 – Zugangsweg 277
Echinococcus granulosus 87 Fingerglieder 243 Gefäßerkrankung 266
Echinococcus multilocularis 87 Fistel Gefäßprothese 276, 362
ECMO (extrakorporale Membran- – arteriovenöse 314 Gegenpulsation, intraaortale 376
oxygenierung) 595 – bronchopleurale 322 Gehirn (7 auch Hirn)
EEG 517 – perianale 131 – Apoplex 281, 529
Eichel 428 Fixateur – Anatomie 498
Eierstöcke 382 – externe 166, 182, 189 – Neurochirurgie 507
Eileiter 383 – Hybridfixateur 191 – OP-Instrumentarium 508
Eileiterschwangerschaft 383, 414 – intelligenter 198 – Ventrikelsystem 529
Einzelclipstapler 45 – interne 182, 202 Gehirnschlag 281, 525, 529
Eisenmenger-Reaktion 365 Fixation, intermaxilläre 556 Gehörknöchelchen 565
EKZ (extrakorporale Zirkulation) 338 Flachmeißel 171 Gelmatte 4
Elektroenzephalographie 517 Flachzange 172 Genitaldeszensus 396
Elektromyographie 517 Flankenlagerung 487 Genitale
Elektroneurographie 517 Flankenschnitt 488 – Frau 382
Elektrotrauma 685 Foramen jugulare 578 – Mann 427
Elevatorium 170 Foramen ovale 365 Gerota-Kapsel 633
Elle 243 Foramen Winslowii 82 Gerstenkorn 670
Embolektomie 292 Foraminotomie 542 Geschlechtsorgane 7 Genitale
Embolektomiekatheter 292 Formalin 4 Gesicht
Embolie 284 Fraktur 163 – Orbitabodenfraktur 579
EMG 517 – Ermüdungsfraktur 164 – Weichteiltrauma 560
Endokarditis 349 – Jochbein 558 Gesichtschirurgie 550
Endometriose 407 – kindliche 164 Gesichtsschädel 557
Endometrium 384 – Mittelgesicht 557 Gewebefasszange 139
Endoprothetik 187 – Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) Gewebespende 690
Endostapler 139 555 Gewindeschneider 175
ENS (Elektroneurographie) 517 – pathologische 164 Gilchrist-Bandage 207
Enteritis regionalis Crohn 122 – traumatische 164 Glandula submandibularis 561
Enterokolitis, nekrotisierende (NEC) Früh-/ Frenulum 428, 640 Glans penis 639
Neugeborenes 615 Frenulumplastik 640 Glaskörper 675
Enterotomie 100, 605 Frühgeborenes 584 Glaukom 673
Enthaarung, präoperative 7 – Gastroschisis 625 – Anfall 673
Enucleatio bulbi 668 Fundoplicatio 62 – Implantat 674
Enzephalitis, SHT 532 – laparoskopische 153 Gleithernie 51
Ependymom 519 Funikulozele 627 Glioblastoma multiforme 518
Epidermoid 520 Fußdeformität 238 Gliom 518, 521
Epiduralabszess 529 – Exstirpation 523
Epiglottis 564
Epilepsie 518
G Glisson-Kapsel 91
grauer Star 672
Epiphyse 162 Gallenblasenfasszange 42 Großhirnrinde 498
Epithelkörperchen 46 Gallengangatresie 618 Großzehengrundgelenk 239
Ersatzmagenbildung 76 Gallenstein 81 Grundinstrumentarium 21
Etappenlavage 125, 133 Gammanagel 186 grüner Star 673
EUG (Extrauteringravidität) 411, 414 Ganglion 258 Grünholzfraktur 209
Extension 165 Gasinsufflation 136 Gynäkologie 382
Extensionstisch 167, 210, 232 Gastrektomie 74 – Mammachirurgie 418
Externusaponeurose 52 gastric banding 152
extrapyramidal motorisches System 501 Gastroenterostomie 73
Extrauteringravidität 411, 414 Gastroschisis 625
Stichwortverzeichnis
723 D–I
H Hemikolektomie
– laparoskopische 155
– Torsion 638
– Tumor 453, 454, 455, 635
Haarentfernung, präoperative 7 – links 112 Hohlmeißel 170
Haken 23 – rechts 108 Hohlschaftinstrument 140
Hakenelektrode 138 Heparin 275 Homunkulus 501
Hallux rigidus 241 Hepato-Jejunostomie 621 Hornhaut
Hallux valgus 238 Hepato-Porto-Jejunostomie 619 – Abrasio 671
Hals Hernie 51 – Organspende 690
– Anatomie 564 – epigastrische 57 – Transplantation 671
– Neck-Dissection 577 – Femoralhernie 55 HTX (Herztransplantation) 378
– OP-Instrumentarium 566 – Hiatushernie 61, 152 Hüftschraube, dynamische (DHS) 186, 210
– Operationen 568 – Narbenhernie 57 Humerusfraktur 208
– Untersuchung 566 – Zwerchfell 592 Humeruskopf 207
Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie 564, 572 Hernienchirurgie 52 Hybrid-Aneurysmektomie 364
Halslymphknotenausräumung 577 – Hernioplastik, laparoskopische 144 Hybridfixateur 191
Halswirbelsäule 507, 542 – Herniotomie, Kind 629 Hybridoperation 284, 304
Hämangiom 86 Herz (7 auch Kardiochirurgie) Hybridprothese 189
Hämatom – Ischämiezeit 689 Hydramnion 603
– epidurales 533 – Reflex, okulokardialer 669 Hydrozele 450, 627
– subdurales 534 – Spenderorgan (Ablauf der Entnahme) 688 Hydrozephalus 503, 514, 519, 649, 656
Hämodialyse 312 – Transplantation 378 Hygienerichtlinien 2
Hämorrhoidektomie Herz-Lungen-Maschine (HLM) 338 Hyperplasie, fokal noduläre 86
– Ferguson, Verfahren nach 128 – Aortenbogen 302 Hyperthyreose 47
– Milligan-Morgan, Verfahren nach Herzchirurgie 338 Hypopharynx 564
128 Herzkammer 356 Hypophysektomie, transnasale 521
– Parks, Verfahren nach 128 Herzklappe 349 Hypophysenadenom 520, 521
Hämorrhoiden 128 – alloplastische 351 Hypospadie 639, 641
Hämostyptikum 80 – biologische 351 – Hypospadieplastik 645
– resorbierbares 511 – Materialien 349 Hypothalamus 499
Handchirurgie 242 Herzklappeninsuffizienz 348 Hypothermie 338, 363
Handflächenregel 680 Herzklappenprothese 350 – Brandverletzung 683
Handtisch 246 Herzklappenstenose 348 Hysterektomie 398
Handwurzel 243 Herzrhythmusstörung 374 – abdominale 407
Harnableitung 442, 468 Herzschrittmacher 374, 375 – laparoskopische 413
– kontinente 477 Herztransplantation 378 – suprazervikale 414
– suprapubische 438 – Organentnahme 688 – vaginale 394, 398
– supravesikale 476 – Spenderorgan (Ablauf der Entnahme) 688 Hysterektomieklemme 388
Harnblasenkatheter 442 HF-Chirurgie, monopolare/bipolare Hysteroskopie 392
Harnblasensteine 456, 468 Anwendung 8
Harninkontinenz 402, 405, 467
– Frau 402, 478
Hiatushernie 61, 152, 593
Hilus renalis 424
I
– Mann 481 Hirn (7 auch Gehirn) Ileoaszendopexie 600
– Sphinkter, artifizieller 483 Hirnblutung 651 Ileostoma, laparoskopische Anlage 154
Harnleiter 425, 436, 470 Hirninfarkt 525 Ileozäkalklappe 100
– Antirefluxplastik 471 Hirnkompression 535 Ileozäkalresektion 123
– Freilegung 474 Hirnnerven 499 Ileumkonduit 476
– Ruptur 475 – Trigeminusneuralgie 528 Ileus 125, 600
Harnleiterenge 488 Hirnödem 533 Implantate 173
Harnleitersteine 474 Hirnschlag 281 Infektion
Harnröhre 426, 441 Hirnschlauch 652 – Brandverletzung 681
Harnröhrenplastik 484 Hirnschwellung 532 – lokale 31
Harnwegsinfekt 468 Hirnspatel 510 – Neurochirurgie 529
Hartgaumenverschluss 555 Hirntod 688 – nosokomiale 31
Hartmann, Verfahren nach 116 Hirntumor 516 – systemische 34
– laparoskopisch 159 Hirnventrikel 499 Inkarzeration 51, 627
Haut, Sensibilitätsstörung 501 Hirnwatte 513 Inkontinenz
Hautdefekt 262 HLM (Herz-Lungen-Maschine) 228 – Fehlbildung, anoraktale 605, 615
Hautersatz 684 – Aortenbogen 302 – Urin (7 auch Harninkontinenz) 402, 405,
– Verbrennung 681 HNO-Chirurgie 564, 572 467, 478, 481
Hebedefekt (Spalthautentnahme) 682 Hochfrequenzchirurgie (HF-Chirurgie) 8 Innenohr 565
Hegar-Uterusdilatator 390 Hoden 427, 450, 634 Instrumentarium
Helicobacter pylori 67 – Biopsie 454 – Kinderchirurgie 587
Hemihepatektomie, rechts 89 – Freilegung 450 – Werkstoffe 21
724 Stichwortverzeichnis
Leistenhernie 52
Leistenhoden 634
M MIC 7 minimal-invasive Chirurgie
MIC-Turm 492
– Hodentorsion 638 Magenausgang 597 Mikroinstrumentarium 507, 511
Leistenkanal 52, 627 Magenausgangsstenose 68 Mikroskop 514
LESS (laparo-endoscopic single-site surgery) Magenkarzinom 74 – Ophthalmologie 668
134 Magenklemme 41 Miktion (7 auch Harnblase)
less invasive stabilisation system (LISS) 182 Magenresektion 69 – Blasenersatzplastik 477
Leukoplakie 573 – laparoskopische 151 – Hypospadie 642
Lidsperrer 667 Magnetresonanztomographie 516 – Inkontinenz Frau 402, 467, 478
Ligament Mainz-Pouch 649 – Inkontinenz Mann 467, 481
– Lig. cardinale 383, 396 Maldeszensus 635 – Mann 447
– Lig. conicum 577 Malformation, anorektale 612 Milligan-Morgan 128
– Lig. infundibulopelvicum 383 Malleolarschraube 176 Milz
– Lig. latum 384 Mammachirurgie 418 – Erhalt 79
– Lig. ovarii proprium 383 – ablative 421 – Resektion, partielle 80
– Lig. patellae 222 – brusterhaltende 421 – Ruptur 148
– Lig. rotundum 383 – Lagerung 387 minimal-invasive Chirurgie (MIC) 134
– Lig. sacrouterina 383, 395, 396 Mammakarzinom 419, 421 – Adhäsiolyse 147
– Lig. teres uteri 396 Mammographie 420 – Adnexe 414
Linea alba 386 Marknagel(ung) 184, 212, 218, 220 – Adrenalektomie 149
Linea dentata 126 – aufgebohrter 185 – Anus praeter/Ileostoma 154
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte 552 – unaufgebohrter 185 – Appendektomie 143
Lippenspalte 554 Markraumbohrer 219 – Cholezystektomie 141
Liquor 650, 652 Marsupialisation 391 – Gynäkologie 388, 411, 414
– cerebrospinalis 503 Mastektomie 422 – Handgelenk 260
– Druck 650, 654 Materialentfernung (Frakturversorgung) – Hernioplastik 144
– Produktion 650 184 – Instrumentarium 134
– Untersuchung 517 McBurney 102 – Kinderchirurgie 585
Liquorfistel 522, 532 Meatotomie 643 – Knie 224, 225
Liquorrhö 557 Meatusstenose 642 – Kolonchirurgie 155
LISS (less invasive stabilisation system) 182 Meckel-Divertikel 100, 104, 600 – Lagerung 6, 140
LKG-Spalte 552 Media 266 – Magenchirurgie 150
Lobektomie 326, 327 Mediastinoskopie 332 – Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) 560
Lobus pyramidalis 46 Mediastinotomie – Nahtmaterial, laparoskopisches 20
Loge de Guyon 256 – anteriore 333 – Nierenoperation 492
LTX (Lebertransplantation) 91 – kollare 333 – Ovarien 417
Luer 170 – posteriore 333 – Prostatektomie 461
Luftröhrenschnitt 568, 573 – superiore 333 – Rektumchirurgie 158
Lumbago 538 Mediastinum 318, 321, 332 – Schulter 206
Lunge 324 Medizin Produkte Gesetz (MPG) 134, 276 – Splenektomie 148
– Ischämiezeit 689 – EKG-Gerät 8 – Uterus 400, 412
Lungenembolie 269, 285, 373, 374 Medulla oblongata 499 – video-assisted thoracoscopic surgery
Lungenemphysem 329 Medulloblastom 519 (VATS) 331
Lungenfasszange 41 Megakolon 607 – Zugang 134
Lungenflügel 318 Mekonium 604 Miosis 667
Lungenkeilresektion 324 – Abgang 603, 607 Mitralklappe 357
Lungenkreislauf 266 Membranoxygenisation, extrakorporale Mitralklappeninsuffizienz 357
Lungenlappen 327 (ECMO) 595 Mitralklappenstenose 357
Lungenparenchym 319, 323 Meningen 505 Mittelgesicht 550, 555
Lungenstrombahn 592 Meningeom 519 Mittelhand 243
Lungenvenen 367 Meningitis 529 Mittelhandfraktur 250
Lupenbrille 587 – Schädel-Hirn-Trauma (SHT) 532 Mittelhandknochen 243
Lymphadenektomie Meningomyelozele 655 Mittelohr 565, 580
– axilläre 422 Meningozele 655 MKG 7 Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
– Blasenkarzinom 469 Meniskusrefixation 225 Morbus Basedow 47
– Hodentumor 455 Metaphyse 162 Morcellement 394, 414
– Prostatakarzinom 459 Metastase, Neurochirurgie 520 Morgagni-Hernie 593
Lymphgefäß 266 Metatarsale 238 MPG (Medizin Produkte Gesetz) 134, 276
Lymphknoten 106 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus – EKG-Gerät 8
– axilläre 419 (MRSA) 35 MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus
– Sentinel 420 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) 35
epidermis (MRSE) 36 MRSE (Methicillin-resistenter Staphylococcus
Metric (Nahtmaterial) 15 epidermis) 36
726 Stichwortverzeichnis